Staats- und
sozialwissen.
Forschungen
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Staats-
und
socialwissenschaftliche Forschimgen.
Herausgegeben
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Gasta? Sehmolle r.
Zehnter Band. | tat ^
Leipzig,
Verlag von Danc^ker & Uumbiot.
1891.
Goo^
iDbaltsyerzeiolmis.
1. t'l>er sociale Differenzierung. Sociologische und psychologische Unter-
bu» uungen. Von G. Simmel.
2. Die aligemeiüc-u philosophischen Grundlagen der von F. Quesnay und
A. Smith begründeten politischen Ökonomie. Von W. Hasbach.
3. Beitrage nur wirtschafUicben EntwicketnngsgeBchidite der vereinigten
Kiederlande im 17. und 18. Jahrhundert Von 0. Frings he im.
4. Japans Volkswirtschaft und Staatshaushalt Von K. Bathgen.
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' ' Staats- 1111(1
1
Band. X.
söcialwissciiscliaftl
Heraus^egobci) von
Gustav Scliinoll
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orscliiiiijen.
Heft 1.
1
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)cial(
3 Differenzierung.
Soeiologiscbo und psychologische
Untersuchungen
' von
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G. Siiiiiiirl.
I Zwoltor aiin.HtatiM'lior Noiidriirk ilor AiiH^rabo von IHJX).
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I
! Verlap von Duncker & Humblot.
1906.
1
Staats- und socialwissensohaftliche
Eorschuugeü
heimusgegebeu
TOO
GusttT Sehmoller.
Zehnter Band. Erstes lielt.
(Dar pMW WM» «wihwWiwIgitei Hdl.)
Qm Bimmel, Über sociale Oiffierenaierung.
Verlag von
Leipsig,
Du ncker & Ilumblot
1890.
sociale Differenzierung.
Sociologische und psychologische
Untersuchungen
von
6. SimmeL
Verlag toq Duacker & UumbioU
1890.
- Ici ^»-.'^'^IC
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Inhalt.
1. Ki^iteJ. £ialeituug. Zur KrkenntDistheorie der
8oeiftlwiss«asebtft I— SD
Du Msterial der SoctalwiesenBcluift: komplmerter Cha-
rakter desselben Die UnnOgfiehkeh aoeiologiealier Ge»
aetxe a 1—9.
B^ri£F der Geeellaehatt; die Kritik deaaeiben rom
Slandpimkte dei IndividaeliftMeheB fieeltamiB. Begriff
des Individuums S. 10—12.
Die Einheit dar GesellschRft ala Weclisci wirkling
ihrer Teile. Die Verdichtung dieser Wechselwirkung
M old«kthree Gebildea &
2. Kapitel. Über KollektivverantwortHchkeit . . . 21—44
1 Die HeioDsaekuDg der persönlichen ächuid an der ganzen A
ioaalen OruDpe in priiuMfeieii Epochen. ObjektiYe und
subjektive VcranlasBungcn. Die Einheitlichkeit der
Gruppe als Folge des solidarischeu Verhaltens dem
Dritten sregenfiber 8. 21—^.
Dm Mlmihliehe LOasikg dieser Verbindung, Herme*
differoimerunr der verantwortlichem Einzelpersönlichkcit,
Fortsetzung aieser IHfferensianing auf die VorBtellongs-
gmppea dee MiviAmM S. 89— W.
1 Scheinbare Rückkehr zu dem frilheren Standpunkt;
Erkenntnis der 8<^huld der Gesellschaft an der Schuld
d«sB EioaelneD. Änderung des mor&lifichen Charakters
einer Handlung durch bloiBe VergrOfterang des Kreieee»
in dem sie geaehieht Kollektivistiscbe Mafsrepcln, wm
auch der UnättHchkeit socialen Mutaen al»u£ewinnen
45-6»
Die EnnrieUinig in sieh bomomer, aber eisender eebr
ent^^egengeeetzter Gnif^pen: DitTerPu zierung in jeder Är
lieh l^wirkt Anähnlichung und Annüherang unter den
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VI XI.
etilen Kreise: 1) durch In'jividuaUgieruiJii; der TeilnetMuer,
Mityliedern der yergchiedenen Gruppen. Auflö^ng der
i^n Kreise: 1) durch IndividuaUgieruiJii; der Teilrieht
2) durch Auabreituiig und Anknüpfung an enüemtere
Je iodividueller die Gruppe als solche, desto weniger
ihre Mitjiflieder. dem Plu^ der UiilenMizierutig auf 8<xMalem
Gebiet entspricht ein Minu» auf per»<>nJichem t>. 49— 6.'">.
l>ie allKememe (iieichbeit und der Individuaiiamm
8. 55-57. ]
Ethische Anwenduoffen : die unpersönlichen Interessen^
die Pflichten gegen sich gelb»t die sittliche Autonomie,
daa (ipfühl der Persönlichkeit S. 57 — 64.
Pa)chologi3che [)ar«tcliuDg der Korrelation »wischen
Erweiterung und Difteren zierung der Voratellungaobjekte
K. fi4-69. ■
4, tUpitcl. Das »ocUU Niveaa 70- 99
Dit Scb&tgnng' des Seltenen als solchem , ihre theore-
tischen und prsiitiBcben VeranlasBuiigen. Daa Verbreitete
ist das Niecnrigere. weil es daa ältere ist, auf die Ver»
mrbung aua priaiitiveren Epochen zunickgeht. Lhiraus
sich ergebend^ Niveau der grofaen iMaaae 70—74.
Das Verhältnis zwiachen dem geistigen Inhalt der
Griipj>e und dem doa Einy.clnen. Die mannigfaltigen Be-
ziehuiigen dieses Vcrhiütniasea zu. der absoiutea Höhe
der Inhalte 74 -79. ^
Die Vereinheitlichung der Gruppe und das Niveau
denselben. Überwiegen der gcfuhlsm&faiigen Bewufat-
seinsYorgtoge. Die tagenait des koiieklivutischen Han-
dflins s 79-.gr \ \
Die beiden Bedeutungen des socialen Niv«^us: für
des individuellen, aber gieichartigeD Besit/> uud fiir den
KoUektirbeeitx; die Y^eniÜltuitise zwischen beiden. Die
Ausgleichung der individnelleo Niveaus: psychologischer
Ursprung der socialistischen Forderung ». d2— 9^.
5. Kapitel. Über die Kreasung socialer Kreise . , . 100—116
Der sociale Kreis als »ufälHge Vereinigmifjr ver«
schiedeiiartiger Kiemente; Fortschritt zu nsHiciativen
Verhältnissen homogener Elemente äüä heterogenen
Kr€>\t».n S. 100-102. ' "
Möglichkeit fiir den Einzelnen. Mitglied verschiedener
Gnippeu zu »ein; daraua folgende tSeatimmtheit der Per-
aflnlichkoit S. 1U3-107. 7^ \ 7^
Neue Differeruierung innerhalb neugebildeter Kreise,
die Konkurrenz, die Zugehörigkeit zu entgegen gesetzten
Gruppen. Die individuolie h>eibeit in der Wahl koliek-
tiwstiscber Anlehnung IQK.
Association nach Rachticher. statt nach äufserücher.
lokaler und mechanischer Zuaamnipngehörigkeit; ab-
fctmkfpir Charakter der zusammenschlieLsenden Gesichts-
punkte. Herstellung superordinierter Kreise aus in-
dividuellen: Losung koDrainierter Kreise von einander
S. 109-113. ]
Grelegentiiche Zweckmäfsigkeit der ZusammenschUe-
fsung nach schematiscben Nonnen S. ilo — IIBI
r 1, ■ I H Coosle
X 1. Yll
6L Kxpftct DIp DKferenzieran^ uBd dai PHaiip der
&rtfter»parni« » v^j, r , - • 117— U7
V'-yrbi»i'lie Kraftrrs|tanii!5 diircC njff'ercti/.jcrang' der
Deakinhalte. AbsoUite V^ermehroae und relative Ver-
iibd«nuig des KniftvcrbmociM bei böhercn Oebildeo
a. 117-120.
Die Part^eihlldtiD^ und die von ihr auggehgade Krafl-
«atiricklaog. Teilung der höheren und der aiedtreo
Awcinanderlegin^^; älterer Komntexe,^u»aroinei*»ehhir.'
ihrer Eiemeiite /u nf-nen CJebiUicn; BeherrsKihtwerdeo
dieses Prozesses darck die leudeoz der KrafienpaiDis
& m-12i.
Kraftverschwendun^' bo: m weit gehender Diff^rcn-
sienutt, Rtkikfaiidmtg derselben. CK« leltgiöse und die
■BDomKao unrarauuei uug ▼om uMicnvpQBKvB «mt
Rraftcrspsmis S. 128-137.
Ge^pTisntz dor Differenziemn^ der Orappe, die die
Einseitigkeit des In^viduoois fordert, zu der des Indl-
▼iduoms, die seine Vieieeitigkeit fordert. Uimhew md
Feicen diepp^ Widprppruchs S.
UM Nebeneinauder und das >iax:hetnander der Diflfe-
renaerancen; Uteote und aktuelle IXfierensienmgeiij
CH^hgewich t bf^ Ider Aoflnbe der tociekn Itrift-
£l4i-147.
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£iüleitaag«
Zur Erkenntiiuflieorie der SodalwisBeiiaohaft.
Die häufig beobachtete £igentOmliclik«il konqpluiarter |
Gebilde: dafii das VerhAltnis eines Ghmzen zu einem andern;
sich innerhalb der Teile eines dieser Gkuiaen wiederholt —
liegt auch in dem Verhältnis zwischen Theorie und PnuLis
▼or. Wenn man innerhalb der theoretischen Erkenntnis nicht
auf den rein ideellen Inhalt, sondern auf das Zustandekommen
deutteiben achtet, auf die psychologischen Motive, die metho-
diidMii Wcffe, die systiffmititelwn Ziel6| so mlüiiit doch
aneh di» Ermmjatam ab mn Chslnek meoMUiehAr Fmm, dM
nan gameiieita wieder zum Gkgenatand des tlieofStiBierenden
Btkmnmm wird. Damit ist Ba([^eich ein Wertmais fUr dia
aikeiiiitniatheoretiache and methodologische Betrachtung der
Wissenschaften gegeben; sie verhält sich als Theorie der
Theorie zu der auf die Objekte gerichteten Forsch uag, wie
sich eben die Theorie aar Praxis verhält, d. h von geringerer
Bedeutung, unselbatAndiger, mehr im Charakter des Regiatrie-
reuä sdh Erwerbens, nur die fonn&len Seiten eines ächon
gegebenen Inhaltes auf höherer Bewotoeinsstafe wiederholend.
im allfBMiiMtt liegt d«a Ifenadiaii mslir dMaa^ 6tivis iil
ayMshoB, als n wiaseo, wie er es macht, und die IWeaelie
daa mtarea ist auch stets der Klarheit über daa letstere •
vorausgingen. Ja« nicht nur das Wie, SMideni aneh das
Wozu des Erkennens pflegt im Unbewulsten zu bleiben, so-
bald es über die nächste Stufe der Zweckreihe hinaus nach
den entfernteren oder letzten Zielen desselben fragt; die Ein-
ordnung der einzelnen Erkenntnis in ein geschlossenes System
▼on Wahrheiten, ihre Dienstbarkeit als idittel zu einem hOch*
yorMbiutfcn {bt) XI. — SimmcL 1
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2
XI.
tian Ericennan, Empfinden oder Handeln^ ihre Zurtlcklklbru]ig
anf «rste Pnnzipien — dies alles Bind Angelegenheiten, die in
einem idedlen Weltbild obenan stehen mögen, bei der tibat-
ftftcYilichen Bildung desselben »her sowohl der Zeit als der
Wichtigkeit nach nur Epilog sind.
Di^em geschichtlichen Gang sich entwickeln der Er-
kenntnis entspräche es, wenn man insbesondere bei einer erst
beginnenden Wissenschaft, wie die Socioiogie ist, alle Kraft
an die Einaelfonehang setate, nm ihr snnMist einen Inhal^
eine geetcherte Bedeutmur lu geben, und die IVaM der
Methode und der letstoi Zide so lange bei Seite lieTse, Ins
man hinrsiohendes thaMehliehes Material ihr ihre Beantwor-
tung hat, auch weil man andemfUls in die Glefahr gerftth,
eine Form zu schaffen, ohne die Sicherheit eines möglichen
Inhaltes, ein Gesetzbuch ohne äubjckte, die ihm gehorchen,
eine Regel ohne Fälle, aus denen sie gesogen wini und die
ihre Richtigkeit gewährleiäteten.
Dies im allgemeinen zugegeben, begründet doch der jetzige
Zustand der Wiasensoiiallen einen Unterschied gegen die oben
ehaxakterisierten früheren Arten, eine solche sustande in
bringen. Wie sich moderne politische Revolutionen dadurch
Iran denen primitiverer Zeiten untmcheiden^ dafs man heute
schon bekannte, anderwärts vermrklichte und erprobte Zu»
stände zu verwirklichen sucht, dafs eine bewufste Theorie
vorangeht, der man die Praxis nachbildet: so wird es auch
durch die höhere Bewufsthett des modernen Geistes gerecht-
fertigt, dafs man aus der Fülle vorhandener Wissenschaften
und bewfthrter Theorieen herans die Umrissa^ Formen und
Ziele «iner Wissensehaft fixiere^ bevor man an den tiuMeh-
Kohen Aufbau derselben geht.
'Ein besonderes Moment kommt noch für die Socioloffie
hinzu. Sie ist eine eklektische Wissenschaft^ insofern die
, Produkte an^^er^r Wissenschaften ihr Material bilden. Sie ver-
fahrt mit den Ergebnissen der Geschichtsforschung, der An-
thropologie, der StatisUk, der Fsycholo^'-io wie mit Halb-
produkten; sie wendet sieh nicht unmittel})ar an das primitive
Material, das andere Wissenschaften bearbeiten, sondern, als
Wissenaehaft foinsagen aweiter Potens, schaA sie neue Syn-
thesen ans dem, was fllr Jene schon Synthese ist In ihrem
jetzigen Zustande gicbt sie ntir einen neuen Standpunkt ftlr
die Betrachtung liekannter Thatsachen. Deshalb aber ist es
für sie besonders erforderlich, diesen Standpunkt zu fixieren,
weil die Wissenschaft nilein von ihm ihren specifischen Cha-
rakter entlelnit, nicht aber von ihrem, den Tlmtsfichon nach
sonst schon bekannten Material. In di^em Faii sind die all-
gemeinen Gesichtspunkte, die Einheit des letzten Zwecks, die
Art der Forschung mit Recht das Erste, was in das Bewufst-
sein SU heben ist; denn dies mnls thatsMeUieh in ilim tot-
XL S
baBdsa tem. dimit es m d<v nmiaii Wliwtwelnft komiiM^
wllurend «adm nehr twi dem- Material ab voii latner For^
muig m^A/BOf wdohe letetere bei ihnm unntitleilMurer diueh
das entere gegeben wird. Es braoclit kaam erwähnt zu
wenlrn, dafs es sich dabei nur um graduelle Unterschiede
handelt , dafs im letzten Grunde der Inlialt keiner Wissen-
schaft aua biofyen objektiven Thatsachen bosteht, eondeni
immer eine Deutung und Formunff derselbeu nach Kategt»rieon
und Normen enthält, die fUr die betreifende Wisseuächa^
a miori sind. d. h. von dem au£b«aenden Geiste an die an
«nd fllr sieli isolierten Thatsaehen herangalmielit wenien.
Bei der Sociahnssensoluit findet mir ein qiiantMiTes üeber>
wiegen des konünnatorisefiAi Hementes gegenüber anderen
Wissenschaften statt, woher es denn bei ikr besonders geveoht-
fertigt erscheint, sich die Gesichtspunkte, nach denen ihre
Kombinationen erfolgen, sa theoretischeci Bewnlstsein an
bringen.
Damit ist indes natürlich nicht gemeint, dafs es imbe-
strittener und fcätunigrenzter Definitionen die Grund«
begriffe der Seeiok>fi;ie bedilrfe, dah man s. B. von vom-
heran die fVsgen oeantworlen kdnne: was ist eine Gesell-
aohaft? was »t ein Indiyiduom? wie aiad gegenseitign
psfelnselie Wirkungen der Individuen anf einander mflglicli?
tu 8. w. ; viebn^r wird man sich auch hier mit einer nur un»
gcftlhren Umgrenzung des Gebietes begnügen und die vfSlli^
Einsicht In dm Wesen der Objekte von , aber nicht vor der
Vollendung der Wissenschaft erwarten mlisDeu, wenn man
nicht in den Irrtum der älteren Psychologie verfallen will:
man müsse zuerst das Wesen der iSoele definiert haben, ehe
man die seeÜsehen Ersdieimingen wissenseltslllieh erikemen
kOnne. Nach immer eilt die aristotelische Wahrheit, dais^
was der Sache nach das Erste ist, ftr unsere Emnntnia
das Spiteste ist Ln logisch systematisehen Aufbau der
Wissenschaft bilden freilich die Definitionen der Grundbegrifle
dm Erste; allein erst eine fertige Wissenschaft kann «ich so
vom Einfachnten und Klarsten aufbfiuefi. Wenn eine Wiösen-
fchaft erst zustande gebracht werden soll, muss man von den
unmittelbar gegebenen Problemen ausgehen, die immer höchst
kompliziert sind und sich erst allmlUilich in ihre Elemente
anllAssn huMen. Das einfiMdiate Besnltat des Denkens Ist ehen
nicht das Besnltat des etufrchsten Denkens»
Vielleicht ist das onmHtelbar gegebene Problem anch
Serade bei der Socialwissenschaft eines der kompliziertesten,
ie Oberhaupt denkbar sind. Ist der Mensch das höchste
Gebilde, zu dem die natürliche Ent^^tckehmg sieh nufgipfeit,
so ist er dies doch nur dadurch, dals ein MaKimum ver-
schiedenartiger Kriitte sich in ihm gehäuft hat, die durch
gegenseitige Modifizierung , Ausgleichung und Auslese eben
4
diawQ MikiokosiiiM lostanda bnchten; offenbar iift jad»
Oiffanuation eine um m liOhere, je maoniehftltigm IMIW
sieh in ihr im Gleiohgeiriohi befinden. Ist nun aehon das
menschliche Einzelwesen mit einer fast iiTi1}bersf*hhftren Fülle
Utentcr und wirkender Kräfte ausgestattet, so muTs die Kom-
plikation da iinoh eine viel gröfsere werden, wo gegenseitigpe
Wirkungen hoK her Wesen auf einander vorliegen und die
Kompliziertheit des einen, gewis^ermafsen mit der des andern
sich moltiplisiereiid, eine Unermefsliohkeit Ton Kombinationen
ermOglieht Wenn aa also dia Aufgabe der Sociologie ist, die
Formell daa Zknammeneiiia TOn Menaebeii an baa^3reibaii ud
die Kegeln su finden, nach denen das Individaimi , in»ofam
ea Mitglied einer Gruppe ist, und die Gruppen untereinander
sich verhalten, so hat aio Kompliziertheit dieser Objekte eine
Folge f^ir imsere Wi8sen9<*haft , die sie in einer erkenntnis-
tlimnitischen Beziehung, der ich Rine ausführliche Begründung
widiiicn mufs, neben <lie Metajiiiyaik und d'w Psychologie
stellt. Die«e beiden haben nämlich da« Eigentümliche, dnfs
durchaus entgegengesetzte Sätze in ihnen das gleiche MaTs
von WahfachdmielilEeit imd Bewaiab«ikeit aoMmu Dftb die
Welt im letalen Grande abioliit einheitlieh und aUe findtvi-
duaiisieniiig und aller Unterschied nur ein tlnachender ScheiB
sei, kann man ebenso plausibel machen, wie den Glauben an
die absolute Individualität jedes Teilen der Welt, in der nicht
einmal ein Bfnimblatt dem andern vöütq- gifirh ist, und dafs alle
Vereinheitlichung nur eine auijjektivc Zuthat unsres Geistes,
nur die Folge eines psychologischen Einheitstriebea »ei, ftir
den keine objektive Berechtigung nachweisbar wäre; der durch-
fehende Mechanismus und Materialismus im Weltgeschehen
üdet ehenio einen lelaten metaphyriachen Zielpunkl^ wie im
Gegentheil die Hinweitung auf em "Oeiatigefl, daa ttbenül dnreh
die Erscheinungen hindurehbliekt und den eigentlichen letzten
Sinn der Welt ausmacht; wenn ein Philosoph das Gehirn
als das Ding- an -sich des Geistes bezeichnet hat, und ein
anderer den Geist als das Ding -an -sich des Gehirns, so
hat der eine ebenso tiefe und gewichtige Gründe flir seine
Meinung angeführt, wie der andere. Und Ahnliches be-
obachten wir iu der Psychologie, wo ihr noch nicht der Zu-
sammenhang mit der Physiologie die Isolierung and damit die
enktere Beobaehtung der primitiven ainidicheii Grundlagen
dea Seelenlebens eimöglicht, sondern wo ea sich um Kanaal-
Terhältnisse der an der Oberfläche des Bewufstseins auf-
tauchenden Gedanken, Geftihle, Willensakte handelt. Da
sehen wir denn, dafs uersönliche Glückssteigerung die Uraaehe
von fflbatloHcr Freunalichkeit ist, die den Andorn gern ebenso
gltlckiicli s» Iu II ino( htf«, wie man selbst int, — ebenso oft aber
von harthcrxigoni Stulz, (iom das Verst^uMlnis für daa Leiden
anderer abhanden gekommen ist; boidcsö iälst sich ps^cho-
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5
hf/mk fßMaa^ iribrnnM WMthm. Und m Mummna
wir mit gleicher Walinelieiiiliclikei^ dafs die Entfemuii^ g»>
wiaae Empfindungen zweier Menschen fUr einandflr altmgeetf
wie dafo sie sie fchwieht; dafs der Optimiimiit, aber auch
gerade der Peesimismus die Vorbedingung eines kräftigen
ethischen Handelns ist; dafs die Liebe zu einem engeren
Kreise von Menschen das Herz nun auch für die Interessen
weiterer Kreise empOlnglich macht, wie dafi sie dasselbe gegen
die letzteren abschliefst und verbaut Und ebenso wie der
Inlialt iKfirt nch andi die Biehtiuiff der pejchologiachen Vor-
kiiflpfun^ imikahreny obne an BmüglDeit aimiiblifiNB. Dils
ünstttKebkeit die Ursache ImMm Un^floks ist, wird mit mit
abeoao aterim Ghrttnden Tim dem einen Psjehologen be>
wieeon, wie von. dem andern, dafs das Unglück die Ursache
der Demoralisierung ist; f^afs der Qlaube an gewisse religiöse
Dogmen die Ursache geistiger Unselbständigkeit und Ver-
dommung wird, ist mit nicht schlechteren Gründen und Bei-
spielen bewiesen, wie das umgekehrte, dafs die geistige Un-
zulänglichkeit der Menschen eigentlich die Ursache sei, die
rie snm Glauben an ttberirdiache! Dinge greifen lieb. Korsy
weder ib -aÜapbjrieeiieD nodi in psjchologiidien Dingen
findet lieh die Eindeutigkeit eincfr wissensduifiliolien lUgeli
fondem stets die Mfl^^i^ke^ jeder Beobeditang oder Wiuuv
■oheinlichkeit die entgegengesetzte entgegenzustellen.
Die Ursaolie rÜoser au^*ll'^nden Zwf»id<^iit— ^ ' * ^<;nbar
die, dafs die Objekte, über deren Beziehungen ausgesagt wird,
schon an und für sich nicht eindeutig sind. Das Ganze der
Welt, von dem metaphysische Behauptungen sprechen, enthält
eine solche FtlUe und Afannigfaltigkeit von Einzelheiten, dafs
iait Jede beliebige Behaaptong Aber dasselbe eine Aniahl
▼on otittaen findet, die oft genug soViel psycbologisohee Qe-
wielit beeitMOi um entg^genslebende Erfidunnimi nnd Den-
tnngen aus dem Bewufstsein zu verdrängen, die nun ihrer-
seits in andern, gerade fflr sie disponierten Geistern den Ge-
samtcharakter des Weltbildes bestimmen. Das Falsche liegt
nur darin, dafs entweder eine partielle Wahrheit zu einer
absolut gültigen verallgemeinert, oder aus der Beobachtung
gewisser Thatsachen ein Schlufs auf das Ganze gezogen wir^
der unmöglich wäre, wenn die Beobachtung noch weiter aus-
cedebnt wire; also eomsagen weniger Inrtitaier im Inhalt
des Urteils als in dessen Betonung, mehr in der Quantität
als in der Qualität. Habe dabei fliefst die Quelle für die
Unanlänglichkeit der psychologisehen Urteile. Die Alleemein-
bogriffe pe^chischer Funktionen, zwischen denen sie Yerbin-
dnnfen stiften, sind so sehr allgemein und schliefsen eine
solche Fülle von Nüancen ein, dafs je nach der Betonung
der einen oder der andern ganz verschiedene Folgen aus dem
der Beseicbnung nach identischen Affect hervorgehen können;
üiyitizcü by GoOglc
6
X L
6ia 10 ireite» Gebiet umfafet z. B. dar Begriff des Glücks
oder der Religiosität, diifs die von einander abstehendsten
Funkte desselben trotz des Enthaltenseins unter dem gloicben
Begriff durchaus als Ursachen heterog'ener Fnlp^rn vcratMndlich
Bina. Gans Unrecht hat mithin keine jener allgemeinen peycho-
lögischen Sentenzen; sie irren meistens nur darin, aaü sie
die specifische Differenz vernachlässigen, die, die in Rede
stehenden AUgemeinbegriffe näher bestimmend, sie bald
in difite, bd» in jene gans entgegengesetala verlilndang
briogt fes ist gms riehtig, dais Trennnng die liebe eteigerl;
«her nicht Trennung (Iberaaupt und Liebe überhaupt, sondern
nur eine bestimmte Art beider steht in diesem Verhältnis;
und ebenso ist richtig, dafs Trennung die Liebe schwächt;
aber nicht jede Trennung jede Liebe, sondern eine gewisse
NtJance der ersteren schwächt eine gewisse Nüance der letz-
teren Hier ist auch inr.besondere der Einflufs der Quantität
des seelischen Aifekta im Auge zu behalten. Wir können
freilich gewisse Abänderungen einer Elmpfindune; nur unter
die Denk- wid Smchkttegorie der Qnantitit bringen nnd
beneiehneo sie deshalb noch immer mit dem gleidiett Begriff;
thatalclilleh aber sind es auch innerliche, qnalitalive Verän-
derungen, die auf diese Weise mit ihr yorgehen. Wie ein
ffrofses Kapital zwar nur quantitativ anders ist, als ein kleines,
dennoch aoer fjnalitativ ganz anders geartete wirtechaftliche
Wirkungen ausübt, so und noch viel melir ist der Unterschied
«wischen einer grofsen und einer geringen Empfindung in
Liebe und Hafä, Stolz nnd Demut, Lu^t und Leid ein nur
scheinbar quantitativer, thatsächlich aber ein so genereller,
dafii| wo Uber die psvchologiBchen Besiehnngen einer Empfin*
dang als Mdoher nna im allgemeinen ausgesagt werden soll^
je luidi dem Quantum derselben, ttber das man gerade Gr-
Nahrungen gesammelt hat, die neterottenaten Verbindungen
derselben Mweisbar sind. Und nun &b , was fUr die Ansr
logie, die ich im Auge habe, das Wichtigste ißt. Wo wir
von der Verursachung irgend eines psychischen Ereignisses
durch ein anderes ^^prechen, da ist da» letztere in der Isolie-
rung und Selbutäudigkeit, die sein sprachlicher Andruck un*
zeigt) doch nie die an sich zureichende Veranlassung des
enteren; vielmehr gehOit der ganae Obrige bewufate uim un-
bewoCbte Heelcminhait dann, um , im Verein mit der neu ein^
soferetenen Bewegung, den weiteren Vei|;aitf zuwege zu bringen.
Insefem man psychische Ereignisse wie Liebe, UaD», Glttck^
oder Qualitäten wie Klugheit ^ Reizbarkeit, Demut und ähn-
liche als üreachen bezeichnet, fafst nijin in ihnen einen ganzen
Komplex maunichfa]tifj:er Kräfte EUBnnnncn, die nur von jener
besondere hervorgeiiobenen die Färbun^^ oder die Richtung
empfangen. Das B^timmende hierbei ist nicht nur der all-
gemeine erkenntnistheoretische Grund, dafs die Wirkung jeder
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XL f
Kr&ft Ton dem sonstrgen Q^eamtKostand des Weaens abhängt,
an dem sie sich ftufiBert, und so gewissermaTsen als die Ke-
auitante swischen der henrorgehobenen Elraft und einer An-
lahl anderer, im gleichen Augenblick auf den gleichen Punkt
wirkender anzusehen ist; sondern specieU die menschliche
iat ein so auiserordentüch kompliziertes Qebildei dafs,
wmi mm dnen Vorgang od«r Zoitasd ia ihr antir «nen
cblwidieliioa Bcigriff bringt» diet immer nur eine Benennung
n fO/Hori ist; es fielen stets so viele Prosesse zugleich in
unserer B^le, so viele Kfifie sind su^eich in ilir wiriuHUa,
dafs die Feetst^ung einer Kausalverbindung zwischen ein-
fachen psychologischen Begriffen, wie in den bitslierigen Bei-
spielen, immer ganz einseitig ist; nicht der eine ciulieitliche
Affekt geht in den andern einheitlichen über, sondern (»esarot-
sufitÄüdü thiin die», in denen jene etwa die Hauptsachen oder
besonders hdl beleuchtete Punkte sind, deren entscheidende
NüMMMrung aber von mudlbligen gleiehaeitigen Seeloninhaitep
hetrOhrt Wie ein Ton seine Klangfiffbe y<m den sugleioli
aUiQsenden ObertOn^ arbilt, wir Jso nieht dn reinen Te%
sondern eine grofse Anzahl von Tönen hören, von denen einer
nur der hervortretendste , keineswi^ aber über den ästheti-
schen Eindruck allein entscheidende ist: so hat jede Vor-
stellung und jedes Qeftlhl eine grofse Zahl psychischer Be-
fleiter, die es individualisieren und über seine weiteren
l^irkungen entscheiden. V^on der Fttlle des gleichzeitigen
nsydrisoien Inhaltes treten immer nur wenige führende
Vorsteilnngen in das klare BewnfiMsein, und die Knnsnlverbinr
dnng, die man einmal iwisdiea iluMn beobachtel bat iit das
nldme Mal sehen niebt mehr gültig, weil iniwiedm der
Oesamtasastand der Seele sich geändert hat und anderweitige
Vorgänge etwa das erste Mal in der Richtung jener Verbin-
dung, das zweite Mal aber ihr entgegenwirkten. Dies ist der
Grund, weshalb die Psychologie keine Gesetze im naturwissen-
»chattlichen Sinne erreichen kann : weil wegen der Kom-
pliziertheit ilixer £rscheinimgen keine isolierte ein£sche KraÜ-
wirfcnng in der Seele zu beobachten ist, sondern jede von so
vielen Sebenersehetnnngen b^fldeitet wird» dafii nie mit volt
kommener Sicherheit nstsosteUen iil» was denn non wirklich
die üisache einer gegebenen Fo^ oder die Folge einer ge-
gebenen Ursache ist
Trotzdem wäre es falsch, den metaphysischen und psycho-
logischen Aufstellungen deshalb nun den wissenschat'tUchen
Wert ahnprechen zu wollen. Wenn »ie auch nicht exakte
Erftenntnis riind, bo bind »ie doch Vorläufer derselben. Sie
orientiereu doch eiuigenuafsen Uber die Erscheinungen und
ichsfci die Begrifie, durch deren allmfthliche Verfeineruiigy
Wiedemnllasang nnd Zossmmenfllgiuig nac& anderen Gesiehts-
pnnklen eine immer gitfisere Annihening an die Wahrheit
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erreicht wird; sie stiften nnter diesen iwar einseitige Verbio-
dangen, deren Einseitigkeit aber durch die entgegengesetzte
panüysirt wird ; sie ßtellen wenigstens eine erste Organisierung
aer Massen dar, wenn sie diese auch noch nicht soweit be-
herrschen, um zu den Beziehungen der letzten einfachen Teile
vorzudringen, in die die komplexen ErscheiDungen aufzulösen
das l0lito Ziel der Winensduill ist
In einer Ihnliefaeo VerfiMniDg nmi befindet lieli die Soeio-
logie. Weil ihr Gegenstand eine solche Fülle toq Bewegungen
in lieh schliefst, wird je nach den Beobachtungen una Ten*
dfluen des Forschers bald die eine, bald die andere als tjrpisch
und innerlich notwendig erscheinen; das Verhältnis des In-
dividuums zur Allgemeinheit f die Ursachen und die Formen
der Qruppenbildung , die G^egensätze und Übergänge der
Klassen, die Entwickelung des Verhältnisses zwischen Füh-
renden und Beherrschten and unzfthlige andere Angelegen-
Mten vamnr Winenicliaft leigen einen aolclien BeieMnin
TOQ Teneliiedeiiartigen geediiebtuchenVerwirklielimigen. dab
jede einheitliche Konniening, jede Feststellung einer darcli*
gehenden Fem dieser Verhältnisse einieitig sein mufis und
die entgegengeeetstesten Behauptungen darüber sich durch
vielfache Beispiele belegen lassen. Der tiefere Grund liegt
auch hier in der Kompliziertheit der Objekte, die der Auf-
lösung in einfache Teile und deren primitive Kräfte und Ver-
hältnisse völlig widerstehen. Jeder gesellschaftliche Vorgang
oder Zustand, den wir uns zum Objekt machen, ist die £r-
•fliiHnung, liinr« Wirkung uuridilig vieler tiefer goldenen
TeOvorgänge. Da nun fie fliehe Wiilrang yon aehr ref
aduedenen Ursachen ausj;elien kann , ao kl ea möglich , dafa
die genan gleiche Erscheinong durch ganz versdiiecmie Kom-
pleze von Kräften hervorgebracht werde, die, nachdem sie
an einem Punkte zu der gleichen Wirkung zusammengegangen
sind, in ihrer weiteren, darüber hinausgehenden Entwickelung
wieder völlig verschiedene Formen annehmen. Aus der
Gleichheit zweier Zustände oder Perioden in grofsen Ent-
wickelungsreihen läfst sich deshalb noch nicht scbliefsen, dafs
die Fdge dieaea Abadnütto In der einen der des gleiob er-
aeheinenden in der andern aiooli aein werde; im weiteren
Verlaufe kommt dann die VMtehiedenheit der Auagange-
ponkte wieder zur Geltung, die nur einer zufiüligen und
vorübergehenden Gleichheit Platz gemacht hatte. Eine Häufig-
keit dieses Verhaltens wird natürlich da am wahrscheinlicn-
sten sein, wo die BMlle, die Komplikation und die Erkenntnis-
schwierigkeit der einzelnen Faktoren und Teilursachen die
gröfste ist. Dies aber trifft, wie gesagt, bei den geselUchaft-
lichcn Er»cheinungeQ im höchsten Mafne zu; die primären
Teile und Krftfite, die dieee anstände bringen, sind eo nnflber-
eelibar mannichlaltig, da(a hnndertiach gleiche Ereeheinnngen
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XI.
9
eiatreleiiy die im sieiurtflD AagenUicke in ganx Yenduedene
W^tttnakmcMuDgoi auslaufen — gerade wie die Kompli*
sierdieit der seelisäteo Krlfte die gans gleiche BewnlstMiiia-
ersolietimiig Ud mit ei&er, bald mit einer andern, genau ent-
gegengesetzten Folge ▼erbindet Anch in sonstigen Wissen-
scfiaften Tat ähnliches rji bfobaohten; In äef Geschichte der
Oeeundheitslphrc. insbesondere in den Theorieen der Ernährung,
sehen wir oft die entgegengesctzteeten Behauptungen über den
Wert Nahrungsmittels einander ablösen. Innerhalb
dm meüiicklicben Rörpers äiud aber that«ftcblich &o viele
Krifte thitig, dafr eine nen eintretende Einwirknnf die Ter*
seyedenartigsten Felgen haben, die eine fifrdenny die andere
hoBBien kann* Deshalb irrt vieneicht keine jener Theorieen
gans in dem KaoialTerhiltnis, das sie swiseiien dem Nahrungs*
nittel and dem menschliehen Organismus aufstellt, sondern
nur darin, dafs sie dieses fWr dai? einzige und dofinitiro hftlt.
Sie vergifet, dals dasjenige, was in einem sehr komplizierten
System nach einer Seite hin entschieden wirkt, nach einer
andern eine entschieden ent^e^ngesetrte Nebenwirkung haben
kann, und übersüringt die zeitlichen und sachlichen Zwischen-
dieder, die siea swisehen die anmittelbare Wijkong einer
Krall waA den seUiefidichen Gesamtsnstand des Gänsen, aof
das sie einseitig wirkt, einschieben. Eben- diese ünbestnnmt-
hett in den sehfielsliclien Erfolgen eines Vorgangs am socialen
KArper, die sa so vielen Entgegengesetztheiten im sociologi*
sehen Erkennen fÖhrt, veranlafst die gleichen auch in den
praktisch socialen Angelegenheiten; die Mannichfaltigkeit und
Feindseligkeit der Parteien in diesen, von denen doch jede
mit ihren Mitteln das gleiche Ziel eines GlOckseligkeitsmaxi-
mums für die Gesamtheit zu erreichen glaubt, beweist jenen
eigentümlichen, darek seine Komplliiertheit Jeder «laelen
Berodurang widerBtrebenden Charakter des socialen Materials.
Von OesetMn der socialen Entwiekelung kann man deshalb
nkkt sjnrechen. Zweifellos bewegt sich jedes Element einer
Gesellschaft nach Natorgesetzen ; allein nlr das Ganse giebt
es kein Gesetz; so wenig hier wie sonst in der Natur erhebt
sich tlber die Gesetze, die die Bewegungen der kleinsten Teile
r^eln, ein höheres Gesetz, das die«e Bewegungen nun in
immer gleicher Weise und zn dem gieiehcn Gesamteffect zn-
sammenschlööse. Deshalb können wir nicht wissen, ob nicht
in jedem toh awei i^eidi ersoheineDden gesellsehalllldien
Zoellnden Krifts ktent sind, die im niehstsn Aogenbück
TöUig Terschiedene Erscheinangen ans jenen herrorlreiben.
So ist aach die Diffierenziening , tkber me im folgenden ge-
handelt wird, keine besondere Kraft, kein io das Spiel der
primÄren Mächte der socialen Gestaltiinir eingreifend e« Geset?;,
s<>ndern nur der Ausdruck fiJr ein Phänomen , das aus der
Wirkung der realen elementaren Kräfte hervorgeht. Und
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ftniAr: wo wir die Folffe eines KonqplttKeB einfacher Erschei-
mingon festzustellen suchen, ist es nur doreh die schwierig'
sten und auf höheren Gehieten oft gnn?. nnanwendbiiren Me-
tfioden möglich, diejenige Erscheinung febteuRtellen , die die
allein oder wcsentlicn wirksame ist; wo Uberhaupt Mannich-
faltiges mit Manniehfaltigem in eine einheitlich erscheinende
Beziehung tritt, da ist überall dem Irrtum über die eigent-
Udi0n Trä^r dar Ursache wie der Wirkung ThOr und Thor
geOftiet
Dieser G^iclitipunkt filhrt auf einen Einwand, den man
▼om erkenntnistheoretischen Standpunkt gegen die Oesett-
•chaftswissensdiaft ttberhaapt erheben kann. Der Begriff der
Gesellschaft hat offnnljar nur dann einen Sinn , wenn er in
irgend einem Gegensatz gegen die blofBc Summe der Einzölnen
steht Denn fiele er mit letzterrr zfisammen, so scheint er
nicht anders da« Objekt einer Witi^euschaft sein 7.11 können,
als etwa ,der Sternhimmel** als Gegenstand der Astronomie
m beaeklmeii iat; ihaMi^ieli iit dies doch nur ein KollektiT*
amdmelcy and was die Aetronomie festeteUt lind nnr die Be-
wegongen der einzelnen Sterne und die wsetze, die dieae
re(^]ii. lat die Qeaellschaft nur eine in nnaerer Betrachtungs-
weise vor sich gehende Zusammenfassung von Einzelnen, oie
die eigentlichen Realitäten sind, so bilden diese und ihr Ver-
halten auch dsLH eigentliche Oltji kt der Wissenschaft, und der
Begnif der Gesellscluift veiiiachtigl sich. Und wirklich
scheint es sich so zu verhalten. Was greifbar cxiaiicrt, sind
doch nur die einzelneu Menschen und ihre Zustände und Be-
wegungen: dealialb könne es aicli nur darum liandeln dies»
jw verstehen, wtthrend das rein dureh ideelle Sjnthese ent>
standene, nirgend zu greifende Gei>ellachafl$we8en keinen Oet-
gcnstand eines auf £>forschung der Wirklichkeit geriebtelen
i>enken8 bilden dUrfe.
Der GrnT)do^*'d?ink(» dieses Zweifels an dfm Sinn der So-
ciolügie ist durcliaus richtig: wir mtiüseu in der 'l'h;U so scharf
wie moj;lich zNN-ischen den realen Wesen, die wir ais objek-
tive Einheiten ansahen dürien und den Zusammenfassungen
derselben zu Komplexen, die als solche nur in unserem syn-
tbedsdien Geiste existieren» untwiclieidaD. Und anf dein
Rttckgang auf jene beruht frettieh alles realistisclie Wissen;
ja, die Erkenntnis der AUgemeinbcgriiSB, die ein noch inuner
spukender Piatonismus als HeaU täten in unsere Weltanschauung
emschwÄrzt, als blols subjectivcr Gebilde und ihre Auflösung
in die Summe der allein realen EinzelerschoiTmugen ist eines
der Hauptziele der modernen Gei8teHl)ildung. AlU;in woim
der Individualismus diese Kritik ^■•'e'en den Gef^ellschati-^-
bt^riff richtet, so braucht man die Reflexion 11 ui noch eino
Stufe zu vertiefen, um zu sehen, dafs er damit zugleich sein
eigenes Urteil spricht Denn ancb der einaelne Meoscb ist
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11
iMit die abBolute Einheit, die ein nor mit den letit» ReaK*
tMm rechnendes Erkennen fordert Die VieUiei^ die schon
dw individaeUe Maisch in und an sich aufweist^ als solche
tu diirchRcHanen, ist wie Ich glaube f^hie der wichtigstoii Vor-
bedingungen für eine rationelle Grundlegung der Gesellschafts-
wissenschaft, der ich deshalb hier näher treten möchte.
Solange der Mensch, ebenno wie alk organischen Arten,
als ein iSchi^piungögedaiike Gottea galt, ald ein W^eii, daa
nit all seinen ^^schafleii fertig Aasgestattot in die Welt
trat, dft 1^ ea nahe und war fest erferdert, dm einaelnen
MeiHdiai als eine geschlossene Einheit anzusehen, als anteil-
bare PeraDnliehkcit, deren „einfache" Seele in der cinheit-
lidben 2«usammengehörigkeit ihrer körperlichen Organe Aus-
druck und Analogie fand. Die entwicklnngs^eächichtliche
Weltanschauung macht die« unmöglich. Wenn wir die un-
ennefslicben Wandlungen bedenken, die die Org^anismen durch-
machen mufstea, ehe aie von ihren pnmitivsteu Formen pich
Eiun Menschengeschlecht au%ipfeln konnten, die entsprechende
ÜBsnneMiciikeit der RinflHase nnd Lebensbed ingnngen, deren
2nilllU|^eiian und En^egengesetstheiten jede Generation aus-
gsiaetit ist, endlich die organische Bildsamkeit und die Ver-
«ffanng, vermöge deren jeder dieser wechselnden Zuslllnde
irgend ein Merkma1| eine Modifikation auf jeden Nachkommen
abgelagert iiat: so erscheint jene absolute, metaphysische Kinheit
des Menschen in einem sehr bedenkhcl^en Lichte. Er ist viel-
mehr die Summe und das Produkt der allermannichfalttgsten
Faktoren, von denen man sowohl der Qualität wie der Funktion
nach nur in sehr ungeüthrein und relativem Sinne sagen kann,
dafe rie m einer Ebheit snaammengehen. Aneh ist es phyaio*
kgiaeli lianl aneifauint dafs Jeder Organiamna sosusagen ein
' BttmX ans Stuten ist, dafs seme Teile immer noch eine ge*
wisse gegenseitige Unabhängigkeit besitsen und als eigentUdie
organische Einheit nur die Zelle anzusehen ist; und auch
diese letatere ist nur für den Physiologen und nur insofern
eine Einheit, al« sie, abgesehen von den aus biuisem Proto-
plasma bestehenden W^cn, da^ einfachste Gebilde ist, an das
sich noch Lebenserscbeinun^eu knüpfen, während sie an und
Ulr «ieli «iaa hOdiat komfitiiienft Znsammenselaung chemischer
Urbaaiandteile ist. Wenn man den bidiTidualiemna wirklieh
kMEMequent- verfolgt, so bleiben ab reale Weaen nur die
ponktueilen Atome übrig und alles Zusammengesetzte feilt
als solches unter den Gesichtspunkt der Realität geringeren
Grade«. Und was man sich unter der Einheit der Seele kon-
kret zu denken habe, weife kein Mensch. Dafs irgendwo in
uns ein bestimmtes Wesen säfse, das der alleinige und ein-
fecbe Trägej- der psychischen Erscheinuugeu wäre, ist ein
▼OlÜg unbewieaener und erkenntnistiheoretisch unhaltbarer
QUidienanrtikcL Und nidit nur anf die einheitliche Sabstann
12
X 1.
der Seele mfissen wir Yensichten, aondem auch imtar ilum
Inhalten ist keine wirkliche Einheit lu entdecken; swiachen
den Gedanken des Kindes und denen des Mannes , zwischen
unfern theoretieclieTi Überzeugungen und uns(*rm praktischen
Handeln, zwischen den Leistungen unserer besten und denen
unserer schwächsten Stunden bestehen so viele Gegensätze, dafs
es absolut unmöglich i«t einen Punkt zu entdecken, von dem
aus dies alles als harmonische Entwickelung einer ursprüng-
lichen Seeleneinheit erschiene. Nichts ab der gans leers^ for*
male Ckdaake eines Ich bleibe an dem alle diese Wandhingea
und Gegenstttse vor sieh gingen, der aber eben andk nur ein
Gedanke ist und deshalb nicht das sein kann, was, voigeblich
Uber allen einaelnen Vorstellongen stehend, sie cinbeitiieh
nmschlfefHit.
Dafs wir also eine Summo von Atombewagungen und
einzelnen Vorstellungen zu der Geschichte eines „ Individuums*
zuflammenfusspn , ist schon nnexakt und nubjektiv. Dtlrfen
wir, wie jener Individualismus will, nur das als wahrhaft ob>
iectiYe intens ansehen, was an und für sieh im objectiTen
Sinne eme länheit bildet, und ist aDe Znsammensetsmig
soleher Einheiten lu einem höheren Gebilde nur menschliche
Sjnthese, der cegenUber die Wissenschaft die Aufjsabe der
analysiersDdsii ZorfickAihrung auf jene Einheiten nahe: so
können wir auch nicht bei dem menschlichen Individmim i
stehen bleiben, sondern müssen auch dieö als eine subjektive
Zusammenfassung betrachten, während den Gegenstand der
Wissenschaft nur die einheidichen, atomistischen Bestandteile
derselben bildeteu.
Ebenso richtig wie diese Fordeninf In der Theorie des
Erkennens ist, ebenso nnerftlllbar ist sie in der PriKts des^ l
selben. Statt des Ideales des Wissens, das die Gescbiehte
jedes kleinsten Teiles der Welt schreiben kann, müssen uns \
die Geschichte und die Begelmäfsigkeiten der Konglomerate ;
genllgen, die nach Hnnem subjektiven DenkkatcgonVen nns der ■
objektiven Gesamtheit des Beins herausgescbrutlcn werden; ;
der Vorwurf, der diese PraxiF trifft, gilt jedem (Jj«enereM mit |
dem menschlichen Individuum so gut, wie dem mit der mensch-
lichen Gesellschaft Die Frage, wie viele und welche realen
Einheiten wir au einer höheren, aber nur saljektiTen Ein-
heit susanunensttlassen haben, deren Schicksale den Gegen-
staad einer besonderen Wissenschall bilden sollen — ist nur
eine Frage der Praxis. Wir haben also, die blofiie Vorläufig*
keit und den blos morphologischen Charakter solcher Erkennt-
nisse ein für allemal zuc^ef^ebf n , nach dem Kriterium der-
artiger Zusammen iHsBungen, und wie weit diejenige zu einer
Gesellschaft ihm i,^';iuL:t, zu fraicen !
Es \ät mir nun unzweitelhatt , dafs es nur einen Grund
giebt, der eine wenigstens relative Objektivität der Verein-
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18
Mtiiehiuipr abgiebt: die Wedudwirkmigr derTeUa. Wir be- /
seiduMn jeden GegemlHnd in demtelben Mafse als einheitUeh,
in dem seine Teile in gogmiseitiRen djnaniieehen Besiehungen
ftehen. Darum gewfthrt ein Leb eweeen so besonders die Er* i
»cheinang von Einheit, weil wir in ihm die energ^ischste Wir- '
kling jeoes Teila auf jeden beobachten, während der Zu-
sammenhang eines unorganischen Naturgebildet» schwach genug
ist, um nach Abtrennuiig eines Teiles die andern in ihren
Eigenschaften und Funktionen im wesentlichen unverletzt zu
Imwcp., iDneriialb des pexeOnlidMD SeoleiikbeBa iet trete der
Torliiii flnviluiteii Didoepein eeiner Inhalte deeh die loiik-
tieneUe Beiiebaiig biOehet eng; jede entlegenste oder noch to
Incn TeigaQMie VortteHung kann so sehr auf jede andere
wirken, dafs nierfUr fireilich die Vorstellung einer Einheit von
dieser Seite her die gröfste Berechtigung besitzt. Natürlich
sind die Untert^chiede solcher Berechtigungen nur gradweise ;
&)» regulative« Weitprinzip nitlssen wir annehmen, dafs Ailesj
mit Allem in irgend einer Wechselwirkung steht, dafs zwischen
jedem I^uukte der Welt und ledeui andei'n Kräfte und hin- \
nnd bttS^liende Boniehnngen besteben; es kann ans deshalb i
logisch nieht verwehrt wefden, beliebige Etnheiteii beraosso- '
greifen und sie su dem Begriff eines Wesens ansaipmenea- ^
sehlie&en, dessen Natur und Bewegungen wir nach bistori-
echen wie gesetzlichen Gesichtspankten festsustellen bitten.
Das Entscheidende hierbei int nur, welche ZusiaTnmeTifa«8ungf
wissenschaftlich zweckniftC^^ig ist, wo die Wechselwirkung'
zwihchen Weseu kräftig genug ist, um durch ihre isolierte
Beliaiidlung gegcnttber den Wechselwirkungen jedes derselben
mit aUeu andern Wesen eine hervorragende AufkUruug zu
versprechen, wobei es baapMohliob danuif ankommt, ob die •
behandelte Kembination eine bltofige ist^ so dals die Eikenntnii
derselben typisch sein kann and, wenn auch nicht Oeseti*i
nOUaigkeit, die fbr die Erkenntnis den Wirkungen der ein-
gehen Teile vorbehalten ist, so doch BegelnUÜsigkeiten nach*
weist. Die Auflösung der Gesellschaftsseele in die Summe
der Wechselwirkungen ihrer Teilhaber liegt in der Kichtung
des modernen Geisteslebens überhaupt: das Feste, «ich öelbst
Gleiche, Substantielle in Funktion, Kraft, Bewegung auizu-
losen und in allem Sein den historischen Prozeis seines VVer-
d^is an eriLcnnen. Dafe nun eine Wechselwirkung der Teile
nnter dem statt bal» was wir eine €tasellscb«ft nennen« wird
niemand leugnen. Em in sidi völlig geschlossenes Wesen^
eine absolute Einheit ist die Gesellschaft nichl| so wenig wie
das menschliche Individuum es ist Sie ist gegentlber den
realen Wechselwirkungen der Teile nur sekundär, nur Re-
sultat, und zwar sowohl sachlich wie für die Betrachtung-,
Wenn wir hier von der morphologischen Jb^rscheinung absehen,
in der freilich der Einaelne gana und gar das Produkt seiner
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u
X 1.
McialoB Gruppe ist, toodm Tidnifllir «iif den ieliln er-
keiminiidieoreaecheii Grund zurückgreifen, lo mflaeen wir
Hagen : es ist nicht eine GeeeUich»lbeiiiheit da, aus deren «Ul-
li ei tlichem Charakter sich nun BeBchaffenheiten, Beziehungen,
Wandlungen der Teile ergäben, sondern e« finden sieh Be-
zi< liungPTi und Thätigkeiten von Elementen, auf Örund deren
dann erst die Eid hei t ausgesprochen werden darf. Diese Ele-
mente sind nicht etwa an sich wirkliche Einheiten; aber sie
bind hier fUr die höheren Zusammeufasäun^en so zu behan-
weü jedet im Yerhiltnls som «ndem ettheHlieli wirkt;
dannn brandien et nnefa nielift nur meniiebliehe Penonen in
sein, deren Wecbeehrirkong die GeMlIeehaft konetttnier^
aondiBni et kOnnen auch gamee Gruppen teiny die mit andern
zusammen wieder eine Gesellschaft ergeben. Ist doch andi
dfis phyMikalische und chomigche Atom kein einfaches We«en
im Sinne der Metaphysik, öondem absolut genommen immer
weiter zerlf^^bar; aber für die Betrachtung der betreffenden
Wissenschaften iat dien gleichgültig, weil es thafejächlicli als
Einheit wirkt; so kommt es auch für die äocioiogifiche Be-
trachtung nor eomaaffen nof die empinacbea Atome m, enl
Vomtdlungen, fiidlTidaen, Gruppen, die «le Einheiten wnen,
gleichviel ob sie aa und fUr sich noch weiter teilbar sind*
In dieiem Sinme^ der von beiden Seiten her ein relativer iet|
kann man sagen, dafs die (Jeseliscliall eine Einheit aus Ein*
heiten ist. Es ist aber nicht etwa eine innerliche, gescldo*?9ene
Volkseinheit da, welche das Kccht, die Sitte, die Religion,
die Sprache aus sich hervorgehen licfse, sondern äufserlich
in Berührung stehende sociale Einheiten bilden dureh Zweck-
mäibigkeit, ISot und Gewalt bewogen diese Inlialtc und Formen
unter sich aus, und dieses bewirkt oder vielmehr bedeutet
erst iiure Veretnheidioknng. Und so darf nan anch für die
Erkenntnis nicht etwa mit dem G^sellschaftsbegrilF beginnen,
aus dessen Bestinuntheit sich nun die Besiehnngen nnd gegen-
seitigen Wirkungen der Bestandteile ergäben, sondern diese
mUssc)'. festgestellt werden, und Gesellschaft ist nur der Name ftr
die SuTViitie dieser Wechselwirkungen, der nur in fi- m Mafse der
Festgestelltheit dieser anwendbar ist. Eh let desiiaib kein ein-
heitlich festdtehender, .sondern ein gradu toller Begriff, von dem
auch ein Mehr oder Weniger anwendbar ist, je nach der
gröfseren Zahl und Innigkeit der zwischen den gegebenen
Penonen bestehenden Wechselwirkangnn.) Auf diese Weise
^ Terliert der Begriff der Gesellschaft ganz das Mystische, das
der individualistische Realismu» in ihm sehen wollte.
Man scheint freilich nach dieser Definition der Gesell-
^ Schaft auch xwei kämpfende Staaten etwa für eine Gesell-
scKrtft erklären zu müssen, da unter ümen doeh zweifellose
AWrli>>( Uvirkuiig Ktattfindet, Trotz dies^es Kontiiktes mit dem
Spraciigebraucii wuräo icii glauben, es methoUologiscb ver-
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X 1.
15
«ntironeii in kdimen, wenn ich hier einibch eine Ansnalime
lOjgflbe, einen FiU, auf den die Definition nicht paGrt. Die
DinjKe und Ereignine sind viel m kompliziert undluiben viel
SU nüssige Grenzen, «la daCi man eine ErklSning» die
fiir eine Thaü^achf» «^eeig^et ist, verzichten sollte, weil sie
auch auf andere und sehr abweichende That^achen pafst.
Man hat danu eben nur die specifische DitTereiiz zu suchen,
die zu dem Begriff der wechselwirkenden Personen oder \
Gruppen uoch hinzugesetzt werden muis, um den üb-
liehen Begriff der Gesellschaft im Gegensatz zu dem der
kimpfenden Parteien sn eingeben. ( Man konnte etwa sagen,
er aei eine Weekeelwirkong, bei der daa Handeln ftr die
e^nen Zwecke zugleich die der andern fördert. Allein gana
rewlit auch dies nicht an; denn man wird auch dasjenige Zu-
sammen noch immer Gesellschaft nennen, da.s nur durch den
Zwang von einer Seite und zum ausschliefslichen Nutzen dieser
gestiftet und gehalten wird. Ich glaube tlberhaupt: welche
einlache und einheitliche Definition der Gesellschaft man auch
aufätellen mag, es wird immer ein Grenzgebiet uutzuünden
sein, auf dem sie sich nicht mit dem von unserer Vorstellimg
der Geeelhdiaft umechriebenen Gebiete deckt Aach ist dies
dai Looe aller Definitionen, die noch etwas mehr wollen, ab
einen selbetgemacfalen Begriff beschreiben, und die infolge-
dessen ihren G^enstand völlig decken, weil ihr Gegenstiud
eben nichts anderes ist, als was sie beschreiben; will man
aber eine Definition so geben, dafs zie zugleich in der Ein-
heit ihres Inhalts einen gewissen sachlichen, in der Natur der
darunter fallenden Dinare selbst liegenden Zusaminenhan^
kenntlich macht, so macht sich in denibelbun Mafse auch gleich
die Inkongrueuz zwidcheu der Abrundung unserer B^riffe und
der FlnkfiuitioA dm Dinge geltend. & ist aber anch Tiel
wichtiger, statt unsere Begri£fo als ahgeeefalossene Gebilde an-
ansehen, deren implizierten Inhalt man sich nur zu explizieren
hätte, sie als bloise Hinweisungen auf Wirklichkeiten zu be-
handeln, deren eigentlicher Inhät erst zu ergründen ist, nicht
als Bilder, die nur die helle Beleuchtung brauchen, um einen
in sich vollendeten Inhalt zu zeigen, sondern als ümriis-
skizzen, die erst der Erfliliun^ haiTen. So scheint mir die
Vorstellung der wecheelwirkenden Wesen jedenfalls die im
Gesellschattsbegrifi' liegende Hiuweisung aui die üeziehungeu
iwiaehen Personen einigennalsen an enUllen.1
Aliein diese Bestimmnng mnfs wenigstens-'quantitatiT ver-
engert werden, nnd Tielleicbt erzielt sich hiennit wenkfstens
eine nfthere Hinweisong anf den Inhalt dessen, was wir Gcseil-
schafl nennen. Denn auch zwei Mensehen, zwischen denen nur
eine ephemere Beziehung exisdrt, würden d(;ni Ohip^en geniäfs
eine Gesellschaft bilden. Prinzipiell muis das auch zugegeben
werden; es ist nur ein UntenMUiied des Grades zwischen der
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losesten Vereinigung von Menschen bu eiaem graieinsanm
Werk oder Gespräch, dem flüchtigsten Auftauchen einer Ver-
änderuug iu jeaem von ihnen , die durch eine vom ündorn
au&geheude Kraft bewirkt wird — und der umfaHsendtston
Einheit einer Kl}iHS(^ oder tuiicH Volke^^ in Sitte^, Sprache, po-
litischer Aktion. M&u kauu aU^r die Grtiu^e däü eigentlich
socialen Wesens Tielleicht da erUioken, wo dia Weobael-
I wiikang der Pearaonen antereimuider nicht nur in «uicni tn^t-
I i j«kftly«ii Zustand oder fitandeln dflnelbeo bettelili «mdens «in
, iolneküves Gebilde zustande hriogt^ das eine gewisse Un-
. abhAngigkeit von den einzelnen darim teilhabenden PersOn-
Hchkeiten besitzt Wo eine Vereinigung statteefimden hat^
deren Formen beharren, wenngleich einzelne Mitglieder aus-
scheiden und neue eintreten; wo ein gemeiuBamer äuü»erer
Besitz existiert, dee^en Erwerb und über den die Verfügung
nicht Sache eine» Eiuzelueii ibt^ wo eine bumme von £r>
kenntnisseu und sittlichen Lebensinhalten ▼orhaaden ist, die
dnveh die Teilnabme der Kinwilnun weder TeraMiirt noch ver-
mindert werden, die, gewissennelsen snbetentiell gewesen,
für jeden bereit Hegen, der daran teilfanben will; wo Beeli^
Sitte ; Verkehr Formen «»^gebildet haben, denen jeder sich
(Ü^ und fligen muJOs, der in ein gewissM räumliches Zusammen-
8ein mit and«m eintritt — da ttberall ist GesellHchaft, da hat
die Wechselwirkung sich zu einem Körper verdichtet, der sie
eben als geHcllachaftHche von derjenigen uuterbcbeidet, die
mit den unmittelbar ins Spiel kommenden Subjekten und ihrem
augenblicklichen Verhalten verschwindet
Man kann das Allgemdne In doppdteni Sinne ▼mlehen:
. als4>daBjenige, was, gewisseimafsen awisohen den Einaelnen
stehend, sie dadnmi ansammenhilt, dafs zwar jeder dann
Teil hat, aber keiner es doch ganz und allein besitit; oder
alsldaaienige, was jeder besitzt und was nur durch den be-
ziehennen oder verj^leiehenden Geist als Allgemeinem kon-
statiert wird. Zwischen beidt n Bedeutungen aber, die man
die reale und die ideeile Allgemeinheit nennen könnte, be-
öttihen sehr tief gelegene Beziehungen. Obgleich es nämlich
sehr Wühl möglich iat, daiö die letztere ohne die erstere vor- /' • •*'
kinnmt, so wini man (tO(ii wenigsten! ak heniMichMi Qmd-
salB annehmen k0nnen: wo steh gleiche Enchflimmmi an
Inlserlich in Bertthrang stehenden Individuen- aelgen, ist Ton
vornherein eine gemeinsame Ursache anzunehmen; ent>
sprechend dedoziert Laplace ans der Thatsache, dsXs die
Umläufe der Planeten säratlich in einer Richtung nnd
fast in einer Ebene vor «ich gehen , es müsse dem eine ge-
meinsame Ursache zu Grunde liegen, weil di^e Überein-
stimmung bei gegenseitiger Unabhängigkeit ein nicht anzu-
nehmender Zufall wäre; so beruht die Entwicklungblehie
auf dem Gedanken, dafs die Ähnlichkeiten aller Lebewesen
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untmiu&oder es gar 2u nawaiirächeinlicli iu»oheü, d&Tb dit»
ArtAü unfcbhtiTigig von ainander entolanden nnd. So giebt
jede GAnohfaeit «aer grOllMten Aunld toh QasaDtelttfti^'
« ledern Anweimuig auf eine gemeinsame, beeinflussende
mche, auf eine Einheit, in der die Wlrkoiigen und Wechsel-
tnrkini^Ba der Gesamtheit Körper gewonnen haben und die
nun, ihrerseits auf die Geeemtheit weitenrirkeiidy dies in ftr
aUe «leichem Sinne thut
D&is hierin sehr irieie erkenntnistheoretische Schwierig- 1
keiten tiegen, darf nicht verkannt werden. Jene mystische
Einheit des GeBellschaftswesens, die wir Oben Terwarfen,
scheint sich hier auf dem Wege wieder einschleichen zu
lu wollen, dafii «ein Inball mm deeh von der Vielheit und
Znfiüligkett der IndiTidiieii sieh eblOeea «nd üumii gageniber-
fftehen soll. Es stellt sich wieder das ein, dafs ge-
wisse Bealitäten jemwits der Einzelnen eaWenn und doch
offenber, abgesehen Ton diesen, nichts haben, woran sie exi-
stieren k5nTiten "Es ist ungefähr die gleicbe Schwierigkeit,
wie sie »ich in dem Verhältnis zwischen den Natui'g'esetzen
und den Einzeldingen, die ihnen unterworfen sind, aafthat.
Denn ich wüfstf» keine Art von Wirklichkeit, die, jenen Ga-
^izen zuau^hreiben wäre, wenn es keine Dinge gäbe, auf
die «e Anwendung finden; «ndereieeils eoheint dmsh die Kraft
dee Qeeethoe Uber den Sinaelfidl Miner VerwirMielwng hineiie»
raragen. Wir Italien nns yor, dalb^ wenn ein aolelier «oeh
bis jetzt nie eingetreten wäre, deimoch das G^eeeta ab ein
allgemeinee» sobald er nvr eintrftte, seine Wirkung unweiger*
lieh üben würde; ja, wenn tiberhaupt die Kombinationen der
Wirklichkeit nie zu den Bedingungen dieser Wirkung ftihrten,
so haben wir dennoch die Vorstellung, dafs dieses unrealiniertc,
biofs ideelle Natui^esetz noch eine Art von Giltigkeit hätje,
die es von einem bloföön Traume oder einer logiöch und
physisch unmöglichen Phantaeie unterechiede. In diesem
imdm Bat^m nnd Ideelitit ichwebenden Znetsnde sieht
aneb dee AOgeiMaie, dM die Individnen n einer Gewtliiehaft
sHMaunenbindet, jedüm von dieien gegenüber* mi ihm ge>
tBi^;en and doch ron ihm unabhängig. So wen% man zu
ügen wOOste, wo denn der Ort der Satoigesetze sei, die wir
•b wahr anerkennen, wenn sie auch vielleicht nie eine abeolut
reine Verwirklichung erfahren haben (wie z. B. die geometri-
schen Sätze), so wenig iät der Ort dieser ungreifbaren inter-
Bubjektiven Substanz ssu nennen, die man als Volksseele oder
aU deren Inhalt beseichneu könnte. 6ie umhiebt jeden in
jedem Augenblick, sie bietet uns den Lebensinhalt dar, in
MMn weeheelndm Xnmbiiinlionen die Individoeliiit m be-
rtihwi pflegt ^ aber wir wiaeen niemand«! namhaft sn
mMihm, Ton dmi ue entepraiigen wire^ keinen dnaelnen^
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18
tiber den d& niebt Unmungto , und MÜtmi wo wir don M-
tns einzelner Menschen meinen festetaUen ma kOnnen, d»
bleiDt noeh immer die Frs^t, ob diese nicht anch ihr We-
BentÜches yon jenem öffentlichen Berits empfiuigen haben, der
sich in ihnen nur konzentrierte oder originell formte. Die
Schwierigkeiten, die sich in dem Verhältniaae zwischen dem
Allgemeinen und dem Individuellen in sociologischer Be-
siehttD^ finden, entsprechen gans denen, die es in rein er^
kenntniBtheoretiBcher Hinsicht aufweist, wie ue sich denn
andi In den praktiieben Sdiwieri^keiton nnd KontroTerson
Uber die reale Geelaltnnff dieses Verbiltniwei ^^^In.
Ich glaube nun, dals die eigentümlichen Wioersprttche^
die jenes VerhMltnis im Theoretiecben seigl und die in dem
mittelalterlichen, aber noch immer in andern Formen fort-
lebenden G^egensatz van NominaliÄmus und Roaliaraus auf-
fälligste Oci^taltung gewonnen haben, eigenüich nur aus mangel-
I hafter Denk^owohaheit stammen können. Die Formen und
Kategor ieen unseres Denkens und unserer Ausdrucke {Ur das
Gedachte haben sich zu Zeiten gebildet, in denen die primi-
tiven CMster von einenelts hükSbat einfiMhen, anderaneiti
verworren komplizierten Vbreteilnngen erftlQt waren, wm
durch die Einmchheit unkultivierter Lebensinteressen nnd
dnreh daa Verherrschen der psychologischen Association vor
der logischen Abstraktion begreiflich wird. Die Probleme
späterer Zeiten dn?hen sich tim Bo^riffe und VerhältnisHC,
von denen die früheren keine Ahnung hatten, zu deren Be-
wftltigung aber nur diejenigen Denk- und 8pret hformen da
sind, die von den leUtcreu zu ganz auderen Zwecken ge-
prägt sind; diese Formen sind llngst entarrt^ wenn es rieh
darum bandet^ einen gans neuen Inbalt in sie anfimnefamen,
der sich nie vollkommen mit ihnen decken wird und der
eigentlieb ganz andere, jetzt aber nicht mebr herstellbare Denk-
bewegungen fordert. Schon für die psychischen Voigftnge
haben wir keine befionderen Ausdrücke rarhr sondern müssen
uns an die Vorst^^llungon äufserer Sinne iuiiteu, wenn wir
uns ifire Bewegun^^en, Beibungen, ouantitutiven Verhültnisse
etc. zum Bewuistaein bringen wollen, weil viel eher die
Auiseuwelt ald die psychischen Ereignisse aU solche Gegen-
stünde der menscbliehen Anfinerksanikeit waren nnd, als die
letateren diese errangen, die Spraebe nicht mebr sehSpferisdi
genug war, um eigenartige Ausdrücke ftlr sie an formen,
sondern au Analogieen mit den gana inadignaten Vorstellun-
gen des räumlichen Geschehens greifen mufste. Je allg^
meiner und umfftSHender die Gegenstände umvror Fragen
Rteüung sind, desto weiter liegen 8ie hinter dem IlonTsonte,
dar (Iii- Epoche der Sprach- und Denkbildung umgrenzte,
desto unhaltbarere, oder nur durch eine Umbildung der Denk- •
XL * 19
fonuen »ich lösende Wider@prUc;hü uilisAeu »ich ergeben, wenn
wir denrtigc Fkobkiiie. aUo etwm die Frage nach dem Yer-
Utaua Bwiaehen EioMloiiig und AUgemeinbegniF, mit mueren
jetzigen Kategorieen behandeln. Es scheint mir, ab ob die f
Erkenntmaaehwierigkeiten, die das Verblltnia awiaehen dem •
IndiTidnitm und sdner socialen Grufqie umgeben, aus einer |
entsprechenden Ursache stammten. Die Abhängigkeit von l
der Gattung und der GeseiUchaft n&miich, in der der Ein-
zelne in den grundlegenden und wesentlichen Inhalten und
Beziehungen seine« Lebens steht, ist eine so dnrchgängige
und undurchbrechlich gütige, dai'ä &ie nur »chwer ein beson-
derea und klares Bewufstsein fttr sich erwirbt Der Menacb
iat ein üntertehiedaweaeii; wie wir nie die abaolale GiOiae r
einea Beiaeai sondern nur aeinen ünteraelued gegen den bis-
herigen Empfindnngssostand wahrnehmen, so haflet auch ^
nnaer Interease nicht an denjenigen Lebensinhalten, die von
jeher und überall die verbreiteten und allgemeinen sind,
sondern an denen, durch die sich jeder von jedem unter-
scheidet Die gemeinsame Gnmdlage, auf der sich alles In-
dividuelle erst erliebt, ist etwaä Selbst verständliches und kann
deshalb keine besondere Aufin erksamkeit beanspruchen, die
vielmehr ganz von den individuellen Unterschieden verbraucht
wird; denn alle j^nktischen Intereaien, alle Beatioimung nnaerer
Stellung in der Well, alle Benatiang anderer Menschen ruht
auf dieaen Üntefeeiueden zwiicHen Mensch und Menseb» wäh-
rend der gemeinsame Boden, auf dem alles dtea TOiveht, ein
konstanter Faktor ist. den unser Bewufstsein vernachlässigen
darf, weil er jeden aer allein wichtigen Unterschiede in der
gleiehon Weise bertthrt. Wie Licht und Luft keinen ökono-
mischen Wert haben, weil sie allen in gleicher Weise zu-
gute kommen, so hat der Inhalt der Volksseele als solcher
oft insoweit keinen Bewufstseinswert, als keiner ihn in au-
deram Mafae beiitit, ab der andere. Audi hier kommt ee
aar €kltnng, dala, waa der Sache nadi daa Erato tat, für \
unsere Erkcnntnia daa Letite iat; nnd da findet denn die neu 1
flaforderte Erkenntnis nur schwer Kategorieen, in denen die >
Verhältnisse ihres Inhalts sich widerspruchslos formulieren
Kefsen, insbesondere da, wo es sich um weiteste Gebiete han-
delt, flir die e« keine Analogieen giebt
Das einzige Gebiet, auf dem das Socialgebilde nh solches
früh in das BewuCatsein getreten ist, ist diis der praktischen
Politik, viel suäter duä der kirchlichen Grcmeinde. Hier war
der m allem oewollitwerden erforderte Unteroohied dorch den
Oegensati g^en andere Grappen gegeben, nnd anlserdem
feraert daa Verblltnia iwischen dem Einzelnen und der All-
gemeinheit nach aeiner polltiaohen Seite hin sehr fdlilbare
Beitrage dea enteren, waa denn immer ein stftrkeres Bewu£bl-
8*
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so
Min erweckt als dM £iDp&ii^n, wie ee in anderen Be-
nehungen swiadien dem IndiTidnom nnd aeiner Qrnppe filr
' {enea ▼orikemohl La G^nsati in den Bewcfnincen der
^ ganzen Grujioe , die aieh dem aoeiologischen Denken ab
nächstes ObjeKt darboten, sollen die folgenden Überlegnngm
im weflentlichen die Stollung und die Schickgale rlea Ern-
zelneu zeiohneo, wie sie ihm durch diejenige Weehselwirkaog
! mit den andern bereitet werden, die ihn nüt diesen au einem
'socialen Ganzen zusanunenachiiefst
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Über KoUeUvreraiitwortliehkeit.
Bo^re Epochen Eoigen durdbffftngig dio Tantals, dittX- '
wdMigmde Thai des ^naabai lui strafbares VersoliiildMi
mSrnm aoeiakn Kroises, der gaiiM Famüie, des Stammes^ '
u. 8, wr. anmiJiehen. Innerhai d einer politisch einheitlichen
Ghrappe geachieht, wo eine Centraigewalt die Missethat heim-
sucht, dies oft bis ins dritte und vierte Qlied^ nnd Strafen
jeder Art treffen Familienglieder, die an dem Vergehen völlig
nnsclLiüdig aind^ in noch stärkerem Mafse findet dasselbe bei
Pnva:traoEe statt, die häufig auf eine Schftdfgong des Ein-
safanen dnroli eiiMn Bmiabieii Inn Ir aiiun Krieg der ganien
Fümlioi nntaNliittider aasartet, und «rar tovroU ilner gansen
Breite nadi, wie auf di« Foige ganser Generationen hin. Bei
poÜtifleh gvtnnnten Qrappen foraert die Qesamtheit der einen
▼OB der Oesamtheit der andern G^ngthnung für die Be-
•c^ildigung, die ihr oder einem ihrer Mitglieder von einem
Mitgliede der andern widerfahren ist Ein Differenzierongs-
mangel kann hierin nach swei Seiten liegen : zunächst OD-
jectiv, inaofem die Verschmekung zwischen Individaom nnd
Qeaamdieit thatslchlioh eine so enge sein kann, dsls die Thaten
dfls Entam nffBeekt mlit ab iadmdaeUa im tlrengen 8nm»,
•ODdm mm einer gtmimm Midarittit jedes mit jedem Imrot^
mpsngen gelten können ;i^eÜ8Ds subjektiv vermUge derün-
fidijgisej^dw BeMTtaii^ das teknldige Individnnm Yon
Gruppe zu sondern , mit der es sich in allen übrigen Be-
aiohungen, aber doch gerade nicht in der der vorliegenden
Schuld in Verbindung befindet. — Da Öfters indes eine und
dieselbe Ursache nach beiden Seiten hin wirkt, so scheint es
sweckm&fsig, dafs die folgende Begründung dieser MOglich-
keiten sie nicfat in scharfer Sonderung behandelt
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22
^ '. In Boziig auf die reale Zusaimnengehörigkeit scKeint et
^ allerdings, als ob in der primitiven Qrappe das Vererbungs-
prinzip, das auf Znsaniinemiang und Gleichneit der Individuen
^oht, gegenüber dem Anpasaungspvinzip, das auf Verselbetin-
I «Gigling und Vaiiabilität geht im Oborgewichi wäre. Man bat
mit Recht henrm|pehoben, dkb d«r toeiale ZoMuiime&aeUiib
eines der wesentlichsten Mittel der Menschen im Kampfe umt
Dasein ist und sich deshalb wahrschetiilich durch lUttttrUcha
Zuchtwahl zu seiner thatsächlichea Enge und Strenge erhoben
4 : hat Je kleiner aber die Gruppe ist, die dem Einzelnen die
iuiW, Gtjsamtheit der ihm nötigen Anlehnungen bietet, und je weniger
er aufserhalb gerade dieser die Möglichkeit einer Existenz
findet, desto mehr mufs er mit ihr verschmelzen. Die Ver-
selbständigung und Loslösung des Individuums von dem Boden
,der AUpemcinlieit «echiabt durch die Fülle und VerBcliiedeii-
nrtigkeit der Veremogen und Lebencbenebnnfpen ; je mehre
davon jeder m Leben trigt, desto nnwahrschenüicher iit die
Wiederholung der gleichen KombukeHon^ desto grOfser die
Möglichkeit, sich von einer Anzahl von Besiehungen zu Gun-
sten anderer zu linken. Wir fühlen uns enger verknüpft und
sind es auch thatsAchlich, wenn nur wenige Fäden uns binden,
die aber doch alle Richtungen unseres Thuns und Empfindens
leiten und eben wegen dieser geringen Anzahl stets ganz im
Bewulstsein bleiben ; wo viele nach den verschiedensten Rich-
jtungen vwknlMe BiiMlun^n etfctfliebeny ereeheint die Ab-
Thliigigkett von dieser Totidtttt kkmer, weil ae in Hineieht
Jeder eimeliien kleiner iat, und sie ist es auch insofern , all
/die hervorragende Bedratnng deai^en oder des Andern uns
iedonfalls dem Ganzen als (Kanzem gegenüber gröfsere Frei-
heit giebt. Je einfacher die realen und idealen Kräfte sind«
die eine Gemeinschaft zusammenbinden, welche die wesent-
lichen Lebenebeziehungen des Einzelnen einschliefst, desto
enger und solidarischer ii»t der Zusammenhang zwischen diesen
iuid dem Osnien; Aber deeto kkaner kenn neSiilich das letitere
«nur leiiL Die Qesdilchte der Religionen giebt delbr trefcide
Analogieen. Die kleinen Gemeinden des Ürobristentuns
batten einen verblltnismäfsig gerii^pen Besits aa Dogmen;
aber sie wurden durch diese in Zusammenhänge gebracht,
die, von unzerreifsbarcr StÄrke, jeden an jeden unbedingt
banden. In demselben MaCse, in dem der Kreis des christ-
lichen Glaubens sich &uIiBerlich erweiterte, wuchs auch der
Dogmenbesitz und verminderte sich zugleich die solidarische
Zugehörigkeit des Einzelnen zur Gemeinde. Der Entwicke-
lungsproMfl imt aller Parteien seiet den debben Typua:
in der eraten Periode dea Grundgeoankena der Partei, alao
f leichsam in der primitiven Form der Ghruppenbtldnng, iat
ie Partei einerseits klein, andereraetta aber nm einer Ent-
acUoaaenbeit und Featigkeit dea Zuaatnmenbangeai der ge»
28
wölmÜch yerioren geht, sowie die Partei sich vergröfsert, was
Hand in Hand mit der Erweiterung des Parteiprogramms zu
geschehen pÜe^t.
Dm KMuIe QaiiM ab MlchM fordert, um bestehen sai ^
kSüBeii) ein gewlim Quaatom von Enlbrung, wekshea gum^^^^ V '
wie beim einxeliien Oi^;aiusmus nicht im gleichen VerbdlDia ^-^."^
der Gröfse jenee wlchat; infolge deaeen wird, wo nur yei^
hihniamKaig wenige Mitglieder die Gruppe bilden, jedea der-
selben mehr snr JErhaltuDg der Onippe beitragen mttaaen,
als wo die« einer gröfseren Anzahl obUegt; so bemerken wir.
dafa oft die Kommunallaaten in kleinen Stidten relativ yiel
grOfsere aind, als in gröfseren; gewiaae Ansprüche der Geaell-
achaft bleiben die bleichen, ob diese nun klein oder grofa iat,
und ftvdeni deiliatb von dem Einielnai nm to ttMi^m Opfer,
msd je wenigere lie tkh Torteilen. Der Umweg der folgenden
Oberlegnng fUhrt bq dem f^eichen Endpunkt
Der aociale Organiamua seigt deq}enigeii «nalege £iidiei->^.
nungen, die ftlr das einzelne Leb<*we8en «ur Ami»bnie einer
besonderen Lebenskraft geführt haben. Die wunderbare
Zfthigkeit, mit der der Körper die Entziehung von Bedingungen
erträgt, an die normalerweise seine Emähning und der Be-
stand seiner Form geknüpft ist^ der Widerstand, den er po-
iltiTen Störungen entgegensetzt, indem er von innen heraoa
KflAe entfdtet^ die gmdo in dem Habe dieponibel tcheinen,
deeeen ea zur Überwindung des «ngenblicklichen Angrifls be-
darf; endlich darüber noch hinausgehend daa Wiedorwaehaen
Terietater oder verlorner Teile, das gewissermaTsen von selbst
und durch eine innerliche Trieokraft das wie fiueh immer be-
schttdigte QtBnae herzustellen vermag oder wenigstens strebt —
das alles achien auf eine besondere Kraft hinxuweiaen, die, >
Uber allen einzelnen Teilen stehend und von ihnen unab-
hängig, das Ganse als solches in seinem Bestände erhält ^
OkoB nm eine myatiflehe Haimonie binanauaiehen^ bemevkmi '
wir dodi an dem geeeUaehafttichen Ganaen eine ähnBehe [
Widenrtandakraft, wdche aicb proportional den An»nrUcKen i
enlfiütott ^o aufsere Angriffe an na itetten, eine Heilkraft \
g^enfiber angeftlgten Beschädigungen , eine Selbsterhaltiing,
deren ftofsere Quellen scheinbar nicht aufieufinden aind, und
die oft das Ganze noch zusammenhüll. wenn ihm läng^st die
gesunden Säfte vertrocknet und der Zuflufs neuer Naliiung
abgeschnitten ist Nun hat man sich aber Überzeugt, dafs
jene Lebenikraft doch kein beeonderea, ttber den Teilen dea
Orgeniemni eeliwebettdea Agens itl^ eondem hOchetena aia an^
MBMiifiniender Anedmek ftlr die Wechselwiikung der Teile
gillm kann; kein einziger Teil eines Körpers bewegt, erhält
oder eigftnat sich in einer Weise, die nicht auch auifserhalb
des Organismus herstellbar wJire, wenn man ihm die gleichen
aechsnischea und chemiaehen Eeize darböte; und nicht werden
84
X 1.
die einzelnen Oi^ne und Zellen ziim Zusammenhalt und
Waciustum bewogen durch eine jenseit» ihrer, sondern nur
durch die in ihnen selbst befindlichen Kräfte, nnd die Form
imd Daaer ihres BdiAAmmdnaeiiiä hängt nur ¥on den Spann-
kräften ab, die jeto nutbringt imd d«m Entwieklang ne
Menatt% ImrofwifeiL Kur -me QBeraiafiiifihe FdiÜMrift und
Ycdastlaii^ di«Mr Wccfatelwirkuiigen, die die Einnolit in ihre
S^aellMiten und in den Beitrag jedes Teiles YenrehrtBii,
schienen auf eine beeondere Knft ieiiieitB der in d^ Memeiiten
selbst liegenden Anweisung «u geoen. Je höher, ansg-ebilfleter
und feiner ein Gebilde, desto mehr scheint es von einer ihm
eigentttmlioben, nur dem Ganzen als (lanztmi geltenden Kraft
dirigiert bu werden, desto unm* rkl)?irer wird der Anteil der
Elemente an dem Bestehen und der Entwicklung des G&nzen.
Während in einem rohen und unorganischen oder nur aus
wenigen TeÜAB wiMiinmengesetrtMt Aggregate die Binwirkaiig
jodee Teil« sn dem Sdiicksal d«i Qnmm eich eoinsagen
makroskoplMli IbetetoUen lälst, ist sie in einem feinen und
▼ielgliedngen nur dem geschärften BUck sichtbar; dieses ge-
stattet dem Teile eine solche Fülle von Beziehungen, dafs er,
^wissermafsen zwischen diese gestellt, sich keiner röllip- hin-
giebt und so eine Selbständigkeit gewinnt, die seine Mit-
wirkung am Ganzen objektiv und Subjektiv verdeckt So
wichtig für primitive Verhaltnisse da^ AugewieHeusein des
jEiinselnen auf seine Gruppe ist, 99 werden sie doch noch cha-
taktarietiaelier dmxsh diM hohe Mafr beBdehneti in dem die
Gruppe «of den Efimeliieii angewiesen ist und das einfiush
die Folge dieeer cering^ Mi1gued«mhl ist. Trotzdem nun
die einfacheren Lebensbedingungen und das Übergewicht
körperlicher Thätigkeit tlber die geistige dem Naturmenschen
vielleicht zu einer gesunderen und normaleren Oonstitutton
verhelfen, als der CuUurmensch sie besitzt, so ist doch infolge
des eben genannten Verhältnissei? seine Gruppe aufserordentlich
viel empfindlicher und angreifbarer und zersplittert auf un-
yergleichlich leichtere Anstöfse hin als etwa ein grofeer Kultur-
•teat, demen LidiTidaen yielleieht. ftr rieh betrachtet, viel
achwiohlicher sind. Gerade aus aieeem Verhältnis mrd die
wachsende Unabhängigkeit dee Ganzen und seiner Kraft von
jedem seiner Individualelemente klar; Je mehr das Ganze auf
diese angewiesen ist, d. h. je gröfsere Beiträge sie ihm leisten
mii??sen , desto znp:;lTi^!icher mufs es fUr die von Finzebxm
ausi^'elieuden oHer irgendwie durch sie hindurehgehenden Kr-
schütierunjiren sein; dies ändert sich mit der Zuriahme und
Kultivierung des ötlentlicheii Wesens derart, dafs dieses sogar
nach gewissen Seiten hin eine Depravierung seiner Mitglieder
gegen den früheren Zuatand verträgt, ohne dafs die Über*
legenheit seiner Selbeterhaltung diesem gegenttber vermindert
wttrde. Weon aber die sociale Gruppe deshalb den Antchetn
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85
erweckt, als ob eine eigene , Ton ihren Elementen relativ
!mab)»an^ge LebenRkraft ihre Selbste rhal hing; bewirkte und
ihre Störungen ausgliche, m beweist dies nur dm hohe Aus-
bildung und innerliche Verknüpftheit ihrer Vereinigungsform;
und mit dem Steigen dieser Eigenschaften wird auch jene
Folge wachsen, das Ganse wird selbständiger den Teilen
MeBlIlwr BnmSnm und aein. der Teil imiiMr wmifger tich
dem Gknsen hinsogeben brmaclieii* ' So ist die TlifttMclie der-
•luipracliaTolleren Verpflichtung des Einsdnen durch die klei--
nere (trappe, seine engere Verschmebsung mit ilur als mit der
fseren nur als ein specieller Fall einer ganz allgemeinen^i
den Zusammenban«!: der Diiig^^' jr^^ltenden Nonn nnziis^^hen.
Eine etwas einfacher»- Uberlef^ung stellt da-s gleiche Ver- '^i
hftltnis noch von einer andern Seite dar. Da die Differen-| '
sierung auch der individuellen Eräfle und ThMtigkeiten bei
primitiven socialen Zuständen noch eine unvoUkommne ist, so
juain anoli eine achuh Sonderung swisehen dem, was des\
Kaisers ist, and dem, was die privaten oder anderweitigen \
soofaden LitsresseB des Einzelnen beanspmchtni und bean-
spraoben dürfen, noch nicht eintreten, und das dem Gemein- {
Wesen gebrachte Opfer ist deshalb leicht umfiCnglicber. aU die ^
Sache es fordert ; wegcm der noch zu engen Verbindung zwi-
schen den einzelnen Willeiisakten und Interessenkreiieu setzt
die einzelne Zweckthätigkeit noch viele andere, eigentlich
nicht dazu gehörige iu Bewegung und verbraucht sie — un- .
gef)lhr wie Kinder und ungeschickte Menschen sa einer vor- >
gesetaten Tätigkeit viel mehr Uoskel^uppen innervieren,
als ftfar sie erforaerlich ist, wie sie oft den gansen Arm be-
vregeUj wo sie nur einen Finger, den gansen Körper, wo sie
nur einen Arm zu bewegen muchten. Wo die Ansprüche
der socialeTi Gruppe fin den Einzelnen, wo das Maffl, in dfxn
CT sich ihnen hingeben kann, in »charter Umgrenzung heraus-
differenziert ist, da kennen sie eeteris paribus geringere »ein,
als wo ein ungefüges Ineinander und Durcheinander der
Lebt^namomente die einzelne Forderung noch so und so viel
BenadibartaB gewissennafoen mit mch Itoretfeen Iftfst Idi
eriDBere daran, wie die Mitgliedschaft in einer Zunft sehr oft
eine politfsdia Parleistellung erforderte, die eine httbere Ent-
wicklung gans von dem Zwecke der Zunft ablOste, an die
ziemlich unbedingte Notwendigkeit in engeren und primitiven
Staatsgruppen aueh dem religittsen Rek^^nntnis derselben an-
»ligehören. an den Znang früherer Zeiten bei Zugehörigkeit
tu einer gewissen FainiHe auch den in ihr erblichen Beruf
zu ergreifen, z. ß. in AKypteu, Mexico u. s. w. Wie die5or
Znstand noch in die höchsten Kulturen hineinragt, lehrt jeder
unbefiuigene Blick; ich nsnne nnr ein etwas abgelegeneres
Betsptel: in England war Ihs 1865 jeder Arbeiter oder An-
gsswitef der doi^ Gewinnanteil besoldet waide, eo ipso
» XL
als Teilnehmer (partner) des Geschällniiihaber« angesehen,
ako it^olidariiäch liaflbar für ihn. Kin GecieU die^eä Jähre«
ent lOtte di«M Verbindang, indem es durch feinere Dxffereii-
mnmg gcrtde rnv diejenigeii beelolMD ]iel% mf die m ankam.
Dar Arbeitar konnte non Teil am Oewinne haben^ ohne in daa
nachlich nngerechifertigla Biaiko der ToDkommenen Teilhabar*
■chaft hinoungeriBsen an werden. [ Em ist fHr alle diasa Var-
hältnisse vn beachten, dafs die mangeihafte Differenzierung
nic})t nur, im ObjektiTen stattfind^d, die Funktion eines
TeÜB mit der eines andern, die teleologisch nicht dazu er-
forderlich wäre, verschmelzen läfst, solidem dafg auch das
subiektive Urteil oft die Möglichkeit der Sonderung nicht
entdeckt und nun, wenn das Geschehen von bewoibter Er-
kciuitiuai Pbm oder BdM abklngiff ist, die HenttMondeniqg
4m allein Erford^icbeii dedialb aeltet dann niciii atattfinde^
wo diea aacblidi a^on geschehen kttniile. lUe Difiesenaiemiig
in unserm Vorstellen der Dinge steht keineswega in gleichem
Verhältnis zu dieser thataächlichen Differenzierung oder Dif-
ferenziertingsmöglichkeit, wenngleich im grofsen und ganzen
die erstere von der letzteren bestimmt wenlen wird; da nun
aber auch viel&ch die erstere die letztere bestimmt, eo wird
bei Mangelhaftigkeil derselben sich der Zirkel ergeben, dais
der Glaube y die Personen oder Funktionen gehörten zu*
lanuDen, atich thatrtiyiMioh ihre LudiTidnalisiening yevhindert
nnd dieaer reale ]f«igd wieder Jene mangelhafte Eikenntnia
sttttst So hat gerade der Glaube an die unlösliche Solidarititt
der Familie, der einem undifferenzierten Voiatellen entsprang,
zu dem Heimsuchen der gegen dritte Personen gerichteten in-
dividuellen That an der Familie als Ganzem gefUhrt und
dieser Uiii-iUiiid wiederum die Familie genötigt aich zur Ab-
wehr des AngriÜö wirklich aufs engste zu»ammLrizuschlief»en,
vfm dann jenem Glauben wieder eine verstärkte Grundlage
gab.
Man mala nan aaob im Auge behalteni dafii in denielben
MaCse, in dem sich der Elnacine an den IKenat aeiner Grappe
hingiebty er von ihr auch Form und Inhalt seines eigenen
Wesens empütngt Freiwillig oder unfreiwillig amalgamiert
der Angehörige einer kleinen Gruppe seine Interessen mit
den CD der Gesamtheit, und so werden nicht nur ihre In-
teressen die seinen, sondern auch seine Int^eressen die Ihren.
Und echon dadurch wird 6eine Natur gewi&sermal'ben der dm
Ganzen eingeschmolzen, dafs namentlich im Verlauf vieler
Generationen die Eigenschaften sich immer den Interessen
anpassen und so die £inheii der Zweeke mr Einheit dea
getatigen nnd leiUich^ Wesena fUirt
Wir sehen, wie die Beziehungen , die den Einzelnen in
völliger I^heitlichkeit mit seiner Gruj^pe erscheinen lassen,
wwm Typen anfweisen, welche mit deigenigen Hanp^rOnden
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suiuimmenfallen, die im indivi(^uellen Oeiste rlie AsHociation \
der Vorstellungen bewirken: einenseits die Gleichheit, anderer-
seits der reale Zosammenhang.v^ Trotzdem die Anpassung |
scUiefalich, wie eben erwälint, die erstere aus dem_ letzteren
k&nn hervoi^ehen I&^cd, obgleich femer die Entwickelung der
gotellielialttMlwn 0rappe aus der Funilie eim gwiMwnmme
UfMohe Air baidarin Baneliangeii tt^kaät, 90 mä lie dodi in
Imhon Gilde von einaiider unabhängig; awii VorBtellangen
ebenso ¥ne swei Individuen können einander im höchsten
Ma(se ähnlich sein, ohne dafs iigend eine funktionelle Be-
rührung zwischen ihnen existiert; nur in dem auffassenden
Q^te entsteht der Zusammenhang und die vielfache Ver-
Schmelzung von Oy)jikten, die nichts Anderes al» gewisse
Qiiaiiiilien gemeinäaüi haben.'' Durch diese Eigenschaft des
Qeistes, dais das gleich Erscheinende sich in ihm associiert
vnd wprodmlert, wmeik oftlQilich «ich die €Ml]ile^ die «kdi
ea einen der gleich quaHfinertea Gc>gen8titaide oder j renonen
knappen, auf den andem flberlragen, der sachlich durchaus
keine Veranlassung dasn gegeben hat Kein Mensch wird
•ich ganz frei davon ftlhlen, dafs er einem andern eine wenig
freundliche und nicht ganz vorurteilslose Stimmung entgegen-
br.ngt, der etwa mit seinem Todfeinde eine tfiuschcnde
Ähnlichkeit hat. Umgekehrt fesseln uns einzelne Züge an
Menschen oft mit einer Stürke , die aus ihren eigentlichen
Werten und Heizen nicht versUindiich isL und die sich einem
nibefen NaeblbrBehen eft so enihflUt, ade ein anderer um
teurer Menech eb«i diese Eigenschaft beaceeen h«t und nnn
die Gleichheit derselben die Obertragnng des GelUU» yer-
mitteli. das ehemals mit ihr veiltnttpn WKt, auch wenn die
sachlicnen Qrtlnde, die es in jenem Falle erzeugten, in diesem
völlig fehlen ; die formale Gleichheit in einem Punkte gentigt,
um ftir unöer Empünden ein annilherndes Verh.lltnis zu dieser
wie einst eu jener Person herzustellen. Wie sehr dies unser
praktisches Verhalten beeinflufst, liegt auf der Hand. Freund-
achaftliche wie feindselige Gesinnungen gegen eine Gruppe
werim mwibUge Male udoreb benroigernfen oder TerBtibiLt, j
dnb ein einidnes Ifitglted derselben aachlicbe Venudairang |
daau gegeben hat. und nun die psvchologische Association i
zwischen den gleicn charakterisierten Vorstellungen das gleiche
Gel^hl auch auf alle dieienigen ttbertrfigt, die, wie es in einer
Familie oder einem Volksstamme der Fall zu sein pflegt,
durch AhnUchkeit oder äufsere Kennzeichen — »ei es auch
nur die Führung des gleichen Namens — diese Zusamnu ri-
äclilieföUDg im Geiste des Dritten begünstigen. Und , worauf
es Hir unsere Beweisführung aukuumit, dies wird m 2Seiten
einet nnantfebildetaren und roheren BewnCstseins in etbOhtem
Mate ttefttnndeni weil ein solches gans besonders von der
AMoeiatien durch Inlseriicbe Oleiehbeit beherrscht wird; so
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28
XL
wird ans von NatiirvOlkem borichtet, dafe sie die VorBteUnng
eine« Menschen, die »ein Bild hervorrnft, nicht von der neiüf^r
wirklieben G^enwart zu untersoheiden wissen. Je nnklarer
und verworrener da« Denken is^ de«to anmittelbarer zieht die
Aösociation auf Grund irgend einer Aulserlichkeit die Identi-
fizierung der Objekte auch in jeder anderen Beziehung nach
•ich. und in dwneelben M$tnf in dem draees psycholonacke
Veriialten ftbeiliMpt eliitt raUger Saebüdikeit eme vmmnelle
SttbjektivitSt kemchen l^st, wird oe ohne weiteres dunenigen
Empfindungen und Handlungsweisen, die einer beetiinmten
Person ans sachlichen Gründen gelten, auf den ganzen Kreis
derjenigen übertragen , die durch irgend weiche Gleickiieiten
die AsBOciatrön hcrt orruien.
^ 1 Andererseits aber bedarf es einer Gleichiieit erscheiDender
Eigenschaften nicht, um die Gesamtheit einer Gruppe ftlr die
That eines üirer Mitglieder verantwortbar zu machon, sobald
toktiondle Tedbindnngen, Einkeit der Zwecke, gegenseitige
Iiiglniungi gemeininmee Verkahen m einem Oberhaupt o. s. w.
•tettfnden. Hier lieg^ C^be icb> der Haupterklämngsgrund
Ulr das Fkokleni; von dem wir nusginren. Die fein&Ugie
Aktion gegen den fremden Stamm, handle es sich nun um
Erbeutung von Frauen, Sklaven oder sonstigem Besitz, um
Befriedigung eines Racnegefühk oder um was immer, wird
kaum je von einem Einzelnen unternommen, sondern immer
in Gemeinschaft wenigstens mit einem wesentlichen Teile der
Stammesgenossen; schon deshalb ist das nötig, weil, wenn sich
dir Angriff anek nor gegen ein einselnee Ifilpied ainee
fremden Stmnmee ricbtot, dennodi dieeer als ganner an deeaen
Verteidigung karbeieilt; nnd dies wiederum geschieht nickt
anr, weil die an^fe^irano Panönlichkeit vielleicht dem Gan-
zen von Kntzen ist, sondern weil jeder weifs, dafs das Ge-
lingen des ersten Angriflfes dem zweiten Thür und Thor
öffnet^ und dais der Feind, der heut den Nachbar beraubt
hat, sich morgen mit gewachsener' Kraft gegen ihn selber
wenden wird. Die^e Ainalogisierung des eigenen Schi< k^alö
mit dem des Nachbars ist einer der mächtigsten Uebel der
yeigesellaekaftang ttberhauj^t, indem eie die' BdsokrttiÜLung
des Handeba au das nnmitialbare dgene Intereaae anfkebt
'nnd das letatere dnioh den ZnaammenscUnfil gewahrt ti^t
der zunächst nur dem anderem angute kommt. In jedem Fall
ist klar, wie die Vereinigung zur Offensive und die aar De-
fensive in We<'h8elwirkung stehen, wie der Angriff nur in der
Zusammen Wirkung der Vielen erfolgreich ist, weil di*" Ver-
teidigung die Vielen aufruft, und umgekehrt dies nötig ist,
weil der Angriff ein kombinierter zu sein pflegt. Die Folp-e
mu(s die sein, dafs in allen feindlichen Begegnungen^ in denen
mbo jeder einer Geaamtbeit ge^eanbenlebt, er anek in iedem
Gegner nickt aowoU diese beatmunte Penon, ala Tiebnwr m
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Itlofö^ Mitglied d^r feiudÜcheu Gruppe erbückk Femdliclie
Bertüiniiigen lind in viel hfllimni lufts koDektiviitiidi «It
fimmdlidie. und umgekehii pHegen koIlektiHitiMli« Be-
sielniiigMi der Grappen m einander überwiegend feindseliger
Kalor EU sein und swar bis in die höchsten Kulturen hinein,
weil auch in diesen noch jeder Staat abeolnt egoistisch iat;
wo seibat solche freundlicherer Art von Stamm zu Stamm
stattfinden , sind sie doch im ganzen nur die Grundlage für
individuelle jBeziehnngen — Handel, Connubium, Gastfreund-
schaft II. a. w. — , räumen nar die Hindemisse weg, die diesen
sonst von Stammes wegen entgegenstehen^ und wo sie positi-
veren Inhalt annehmen, wo cUe Vereinigung ganzer St&nune
mit ehumder uden als doioh gewaltMune Untenir^ilHiiff ood
Vendimelsiing geschieht, da äegt dooh der Zwieek OMVoa
kein anderer als ein kri^g^scner, eine gemeinsame Offensive
oder DefenaiTe an sein, so dafs auch hier nicht nur dem
Dritten gegenüber der Einzelne seine Bedeutung nur als Mit-
glied des Stamme« und durch die SolidaritÄt mit diesem hat,
i^ondem auch die Verbünd '^t<*n untereinander nur vom Stand-
punkt dee Stamm^intere^hes aus miteinander zu thun haben;
was sie aber zusammenfaiirt und verknüpft, ist nur das ge-
meinsame Verhältnis zum Feinde, und der Einzelne hat einen
Wert nur inaofenni ala die Gruppe hinter flim steht. Dieao
«na pnktiachflii Gründen aiforderte Solidaritftt hat mm man-
cherlei Fölsen, die sich weit über Daner und Umfimg ihrer
wrsprünglicheo Veranlaiiiiiig htnans erstrecken. Es ist mit
Recht hervorgehoben worden, dafs gerade bei den Völkern^
die sich durch Freiheitssinn auszeichneten, Griechen, Röra«m,
Germanen, die vornehme Geburt einen Wert bej^afs, der weit
über die reale Macht und Bedeutung der Persönlichkeit
hinausreichte. Die edle Abstammung, die Ahnen reihe, die von
den Götteru ausgeht, erscheint fast als das höchste dessen,
mm der ^^riechiiMshe Dichter preiat; Bir den Römer drückte
die «afireie AhetMPmmig einen dareh nichts m tikenden
Ifakel auf, nnd hei den Germanen begründete dar Unter-'
schied der Geburt zugleich einen rechtlichen Gegensatz. Dies
ist wohi die Naehwiniiiiig der Zeit der unbedingten Familien-
solidaritst, in der die ganze Familie zu Schutz und Trutz
hinter dem Einzelnen stand, welcher da<lureh in demselben
Kafse ans^eheuer und bedeutender war, als seine Familie
grofs und rajiehti^^ wui . Wenn etwa bei den Sat'hsen das
Webrgeld eines Adligen das Sechsfache dessen für einen (tQ-
meinä^eien betrug, so erscheint dies nur als roihiliche
Wbommg dir ThiilBache. dab eine grofte und mMchtige IV
BÜie den Meid eines ihrer Mitglieds vul kräftiger und
•ekiiftr ridien konnte und richte als eine unbedeutendere
Die Zugehörigkeit zu dner solchen Familie behielt diese so*
iiile^. WaA/ag noch dann, ak das eigentlich wirkende luul
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80
verbindende Glied : die Unterstützung durch diese Familie,
•chon längst wegRefallen war. Mit einer starken freiheit-
lichen Tmeos aer VQlker konnte dies maoimenlfeffiBQf
weil unter Yttlkeni , die tyrannisch regiert wurden nnd ihre
socialen Verhlltnisse diesem R'^me angepafst hatten, mflch-
tige Familieneruppen nicht bestanden haben können. Eine
starke Centraigewalt mufs derartige Staaten im Staate zu be-
seitigen nnd ihrorseita dem Einzelnen die sociale, politische,
reliei?5se AiiUihnung und vor allem den persönlichen und
Rechtsschutz zu gewähren siu hen, den er in politisch freieren
Gruppen nur durch den Anbchlufs der Familie findet. De«-
halb ist fUr das römische Kaisertum gerade dies so bexeich-
nendf daft es Freigelassene an die höchsten Stellen seilte
und so im G^^ensati an allen Ansehannngen der Meven
Zeit aus demienigen. der seitens seiner Familie nichts war,
willkürlich alles machte. So löst sich der scheinbar nrnho»
logische Widerspruch zwischen dem Freiheitssinn der Volker
und ihrer Bindung der individuellen Bedeutung an den Zu-
fall der Geburt, sobald unsere Hypothese pfilt, dafs die letztere
dem realeu Schutze durch die Familie entötunimt, der seiner-
seits nur in freiereu Staaten möglich ist, in donen die Fa-
milie selbständige Macht besitzen dar£ Wie sehr übrigens
die Solidarität auch der weiteren Familie sich noch in nnsre
Kultur hinmnerstreekt^ sieht man recht aus der Ängstlichkeit^
mit der die meisten Personen selbst ontlemte Verwandte von
social niedrigerer Stellung von sich entfernen und manchmal
gendeiu Terieugnen; gerade die Besorgnis^ durch sie kom-
promittiert zu wei*den . und die Bemühung , die Zusammen-
^'cb^irigkeit m\t ihnen fil>zuweisen , zeigt, welche Bedeutung
man diesn Zusaiumengelirui^^keit doch noch zutraut.
I Der praktische Zusaninienschlufs, in «lern der Dritte die
Faniilio erblickt, i«t von vornherein kein völlig gt^enseitiger.
sondern nur der Schutz, den die Eltern den Kindern zu teil
, werden lassen. Ifan kann dies wohl als eine Fortwtiung der
Sdbsterhaltung ansehen und iwar schon von einer sianUch
tiefen Stufe der Organismen an : das Weihchen mnÜs die Eier
oder den Fötus zu sehr als oars viscerom fühlen, vor allem
mufs die Ausstofsung derselben, ebenso wie für das Mftnn-
ehen die Eiaculation des Satnens, mit einer zu grofsen Er-
regung verbunden sein, um nicht dem Wesen, mit dessen Er
scheinuag diese Erregungen associiert sind, eine hochgradige
Aufmerksamkeit zuzuwenden und e« noch als zur Sphäre des
eigenen Ich gehörig zu behandeln; das gleiche Interesse, so
hat ein Zoologe dies ausgedrtlekt| das der Eneuger die
associiert gebfiebenen Teile seines KOrpeis filhlt, bewahrt er
eine Zeit lang fast in demselben Mafse IHr jene Elemente,
welche sich von ihm losgelöst haben ^ ohne ihm schon fremd
SU sein. Daher ist bei den Insekten das Minnchen gegon
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«eine Kachkommenschatt so gleichgiltig, weil die Befruchtung
dort eine innere ist und die im Innern des weiblichen Kör-
pers vorgehende Entwickelung ihm verborgen bleibt, wahrend
umgekehrt der minnlicfae Fisch häufig die MatterroUe Uber^
wmmtf weil «r mum GeMUeefatiproaiikte suMit über die
Eior ergteCrt^ tn^Men das W^ibdieo, das von flinen gctrenai
«ie Id dttn unbeständigen fSemente, in d«B sie gewoffon
worden» nkht melir erkenneii kann. Indem so zwischen Er-
senger and Enengtem die organische Oemeinschaft fort*
besteht, auch wo ihre phyBisehc Erscheinung abgeschlossen
ist, wird grewisBermafsen eine farailienhafte Einheit a priori
hergestellt Der ZueanunenschhiTa geht hier nicht aus dem
Bestreben do^ Individuums hervor, sich oder andere zu er-
halten, sondern umgekehrt folgt dieser Trieb, die Geaamtiteit
dflr Familie m aobtttBeoi an dem Qeflilil der Biüieit, das
den Emoger ah dieser «teannnenwehliefet Dafii die wadi-
sende Intendtlt dieeer Beziehuniren, wie wir eie bei den
höheren Tieren and schlieüsiich beiitt Menaehen beobachten,
eine Ober die anmittelbare Abstammung hinausreichende So*
lidaritÄt der Familie bewirkt, ist psycholopsch leicht ver-
ständlich; ebenso, dafs auch die Jungen Mchliefslich aus der
Passivität bei-aus treten , die EunÄchst ihr Verhalten in der
Famitieneinheit charakterisiert, und wenigstens dadurch, dafs
sie den elteriichen Schutz äuchen, sich ihm unterordnen und
die Ifaase der sneammenbaltenden Gruppe vermehren, zum
Beilande und Ftortsdiritl dieser beilragen. /
Überblicken wir dieie E>wttgungen, so tritt uns neben i
dem Seite 96 L genannten ein weiteres Einteilungsprinzip der
Ureachen entgegen, die dem Dritten geffenttber das Mitglied
einer Gruppe nur als ein solche.s, nicht aner alf? In di%n Qualität
erscheinen lassen, jl^unächst machen sich uns dahin wirkende
Beziehungen bemerkbar, die von den Verhältnissen zu dritten
Personen relativ unabhängig sind: die organische Zusammen-,
gebOrigkeit von Eitern und Kindern, die Ähnlichkeit der-'
•elben untereinander, die Anpassung der Interessen an gleiche
Lebenebedingungen , ibre venchmelsung anch an solefaen
Ptankten, die abseits von der Benebung zu anderen Stimmen
•leben — alles dies verunMidit eine Einheitlichkeit, die es
einerseits dem Dritten erschwert, den Einzelnen als Individu-
alität zu erkennen und zu behandein, andererseits die Aktion
der Gruppe gegen alle AufBenstehenden hinreichend zu-
sammenscmiefst, um das Verhsltnis zu Emern auch mit sach-
licher Richtigkeit aU ein solches zur Gesamtheit gelten zu
las&en . auch gegen diese diejenigen Gefühle und Reaktionen
solidarisch zu richten, die ein Einzelner hervoi^erufen liat
Wibreod bier abo-eine nreprfllngliebe j&beit den Qnmd
bildet» dafo dem Dritten raenttber elnbeitUch gehandelt wird,
mben wirisweitettSt da» die Kot dea Lebens vielfadi eine '
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* 32
QemeiiiMnikflit dm Voigebens TerankTst, und ätJk di«M^ MOk
' ohne (UIb eine reale Einheit vorheigehl^ nun omgekehrt eine
floldke bewirkt. Ich halte dies iär den tiefimn und wich*
tii^eren, wenngleich verborgenecen ProzeTs. Aach auf ent-
wickeltsten Gebieten glauben wir oft , dafs die solidarische
Aktion zweier Persönlichkeiten am einer inneren Zusammon-
gehörigkeit derselben hervorginge, während tbAtsächHch die»e
erst durch die ^Notwendigkeit jener voruborgehend , aber oft
• auch dauernd bewirkt wurdej hier wie sonst bilden sich die
Organe nach den Funktionen, die die Umatinde von ihnen
▼erlangen, nksht aber aind jene, reap« die Subjekte , inuner
Ton vomheroin so eingerichtet^ aale aiok die geforderke Leiat-
uiig von selbst^ wie von innen herana etgiebt Auch inner-
halb det) Individuums ist dasjenige, was man Einheit der
.Persönlichkeit nennt, keineswegs die Grundlage des Wesens,
aus der mm die Einheit des Verhalten» gegenüber Menschen
und Aufgabeu folgte, sondern umgekehrt hat oft erst die
praktische NotwendigKcit für die v<^rschiedeuen Seelenkräfte,
sich einem Ihitten gegenüber gleich d.a verhalten, innere Be-
zieh uageu und Vereinheitlichungen unter ihnen zur Folge.
So gewinnt s. ein 'Menaoh, der von widenpreobenden
Neigungen tmd LridensobaftBii erfüllt is^ den etwa atnnlicbe^
inteUekluelle, ediische Triebe iiaoh gana venchiedenen Seiten
reifsen, die ^Einheitlichkeit seines Wesens daduroh, dsSa die
religiöse Idee über ihn kommt; indem die versohiedenen
Seiten seiner Natur sich plcichmäfsig dem ftlgen , was als
göttlicher Wille für jede derselben offenbart i«t, und so in
das gleiche Verhftltnis zu der Goltesidee treten, entsteht eben
hierdurch eine Einheitlichkeit unter ihnen , die ihnen ur-
sprünglich voUkonunen fremd war. Oder wo etwa dick-
teriache Phantasie sich mit starkem Verstände zusammenfindet
and dadnrcb dm Bewdalsein in einen ataten Zwieapalt
Bwiscbea idea]iatiacber und realistischer Anscbawing der
Dinge venetat, da wird die Notwendi^Efli^ eia baatiwmtaa
Lebensziel zu erreieben, oder einer Pttson gegenüber eine
bestimmte Stellung einzunehmen, die zersplitterten Krftfte oft
zur lüinheit zusammenftshren und wird der Phantasie die
gleiche Riclitun^ mit dem Denken geben u. w. Zu zusammen-
gesetzteren Gebilden fortschreitend, erwähne ich als Beispiel,
wie das gemeinsame Verhalten zu einem Dritten den kolWk-
tivistischeu Zusammenlialt bewirkt und stärkt» die öokte der
Hertnbtiter. Zu GbriatnSf den ai* ala den vmtüMkmtm
Herrn ihrer Ckmeinde anseheB, bat jedes Miti^ied ein gami
individueilea, man konnte sagen, ein iBteMiaverbiltnis; und
dies fuhrt zu einem so unbedingten "»m— **fhHff der
Mitglieder der Gemeinde, wie er in keiner anderaii an finden
ist. Dieser Ffill ist deshalb ho belehrend, weil jenes Verhält-
nis des J2«inaelnen an dem m\ sammenhai ten4en Phnaip eiA
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83
rein persönliches ist, eine Verbindung zwischen ihm und
Christus herstellt, die von keiner anderen gekreuzt wird, und
dennoch die bloise Thatsache^ dafs die^e Fäden alle in
Christas zusammenlaufen, sie gewissermalsen nachtrttglich ver»
webt Und im Gnmde benut die imeniielUiclie soeiftlisie*
rende Wirkung der Religion ttberhaupt weeendich auf der
Gkmetnsaiiikeit des Verliältnieaet «m höchsten Prinmp; ge-
rade das specifische Gefühl , ans dem man geni die Religion
herleitet, aas der Abhängigkeit^ ist ganz besonders g^eignotj
unter den in gleiclier Weise von ihm Erfüllten Religion, d. h.,
nach der alt^ ri, wenn auch sprachlich falschen Deutung, Ver-
bindung zu «titten. Ich hebe femer in die«er Hinsicht her-
vor, dafs der ercite Zubammenhalt der patriarchalischen Far
milienfenn «ieh nicht auf der Emeugang dnfdi den Vater^
Bondem auf seiner Hemehaft aufbante, flire Einheit im
Rmofinden und Handeln sich also gleichfalls nicht a priori^
•onaem nachträglich doreh das gleiche Verhlütnts zu einem
Dritten herstellte; und was die zusammenschliefsende Wir-
kung eines gemeinsamen feindseligen Verhaltens betrifft, so
hat schon der Verfasser des Gesetzbuches des Manu betont,
der Fürst möge seinen Naclibar stets für seinen Feind, den
liachbar seines ISachbars aber für seinen Freund halten, und
es braucht imlar irielfrehen Beispielen nnr daran erinnert zu
werden, dals Frankreich das Mwafstsein seiner nationalen
Zusammengehörigkeit wesenÜich erst dem Elampfe gegen die
Engländer verdankt, wozu dann die G^chichte der letatsn
deutschen Reichsbildung das Seitensttlck 'geliefert hat Kurz,
dafs das Nebeneinander zum Miteinander, dafs die lokale,
gleichsam anatomische Einheit zur physiologischen werde, ist
unzählige mal dem gemeinsamen, freiwilligen oder erzwungenen
Verhalten einem Dritten gegenüber zuzuschreiben. Was die
Sprache sehr bezeichnend vom Einzelnen sagt, dafs er bei
Betiiltigung gegen andere «sieh snaammennebnen* miiA|
wenn er auch sonst „aerstrent* eder-^ „aerfthren" ist, das gilt
genan ebenso von ganzen Gruppen.^
Aus alledem ist es hinreicnend klar, d&Ds das ethische
Verschulden des Einzelnen einem Dritten gegenüber diesen
zu lieaktior^en grgcn tlie gunze Gruppe anregen inurs, der
iitncT aiigrhort, und dafs eine äufserst feine Differenzierung
äuvvuld ubjckliv iun urhalb der Chruppe, wie subjektiv im Er-
kenntnisvermögen des Verletzten vorgehen muis, um das re-
agierende Empfinden und Handeln genaa lu lokalisieren..
IHa ihatrilohliAe DiffBranaiemng hinkt indes« namendich wo
es sich um strafende Reaktionen handelt, der dieoretiaelien
oft bedeutend nach. So sehr jeder knlÜTiertere Mensch und
jf de höhere Gesetzgebung es verwerfen mag, die Angehf5ngen
feiiie.5 Verbrechers für dessen That mit büfsen zu lausen, f^o
gti^clu^i t <1h ih;<ts;ieh1ich doch noch in hohem Maise und
fancte^ (42J X 1. - ataiaaL 3
a4
X 1.
«war unmittelbar dadurch, dafs Frau und Kinder eine?? Straf-
mittelbar, mdem die OeselUchaft die-Bo und selbst erittenitere
Verwandte zwar nicht zugestand enermafseu, aber doch that-
, sächlich lichtet — Das Streben zu höherer Differenzierung
/ in dieser Btehtung macht mm ttbrigens bei dem Individamn
/ nicht Halt, sondern setzt sich noch in dem Verhalten gegen
/ dieses fort Mit yerfeinerter Erkenntnis machen wir immer
weniger den ganzen Menschen für ein ethisches Verschulden
verantwortbar nnd begreifen vielTnehr, dafs Erziehung, Bei-
spiel, Naturaniage einen einzelnen Trieb oder Vorstellungs-
kreis verdorben haben können, während der Übrige Teil der
Persönlichkeit sich durchaus sitÜich verhalten mag. Die fort-
schreitende Differenzierung unter den praktischen Elementen
unserer Kntur trägt objektiT dam ebensoviel bei wie snbjek-
tiT die unter ihren theoretischen Kräften; je feiner die rer-
•Onlichkeit ausgebildet int, je gesonderter und selbständiger
ihre Terachiedenen Triebe^ Fähigkeiten und Interessen neben-
einander stehen, desto eher kann die Schuld thatsftchlicli auf
einem Teil ihrer haften , ohne ihrer Gesamtheit '/ureclienbar
zu sein; dies ist z. B. auf dem sexiu !leii fM ljiet recht klar,
dan oft eine zienüich lujcligradige üii.sittliclikeit bei völliger
Und nun snbjektiT: in dem Mafse, in dem der Beurtei-
lende nicht mehr seine, ganae Persönlichkeit in die Emi^n-
dang hineinlegt, die der andere ihm bereitet, und der Tiiat
desselben keine andere Folge gestattet als die ihr genau ent-
sprechende, in diesem Mafse wird er auch jenem gegenüber
t oDjektiv, beschränkt seine Reaktion auf äon Umfang, in dem
die That selbst nur ein Teil der Peraoniichkeit jenes ist,
lernt er die Sache von der Person, das Einzelne vom Ganzen
zu trennen^ so erkennt die Gesellscliatt den eben angeführten
Fall der sexuellen Unsitdichkeit bekanntlich sofl»r im ex-
tremsten Mafse an, indem sie dem männlichen Sünder auf
diesem Qebiete kaum ein Minimum derjenigen sodalen Strate
audiktierti die: sie sonst schon auf eine geringere Immoralität
setst — wovon die Ursachen freilich aufser in jener Dif-
ferenzierung gerade in einem Rudiment des Barbarismus
gep^enüber den Frauen liegen. Die Verbindung der subjek-
tiven Differenzierung mit der höheren Entwicklung zeigt
sich auch an den gegenteiligen Erscheinun^^en , an dem die
ganj^ Person packenden Jähzorn roher Naturen, an der voll-
kommenen Errallthait des unkultivierten Menschen durch den
angenUidklichen Affokt, an den Urteilen in Bausch und
Bo^^ SU denen ungebildetere Geister neigen \ sie zeifft sich
an f^o» eigentllmli<men Emniindung von Solidarität, der ge-
mäfs man „Bache an der Menschheit" oder „Rache an den
MänneiUt F^en etc.*' fordern hört, und awar insbesondere
gefa
X 1.
35
von unreifen Meucliea od6r •oldie& yon entweder niedrige-
rer OeiBteeaiubUdong oder imbdierrschteren Empfindungeo*
Übrigeos ist noch aitt unserer angenbliokliehen Eotwicklnngih
stufe kaum jemand ganz frei davon, nach grofsem Leid, das ans
namentlicb Bosheit und Betrug zugefügt haben, gegen dritte,
unschuldige Personen unbarmherziger als sonst zu sein —
freilich nicljt ohne das Nachgeftlhl, durch diesen Mangel an
Differenzierung im Kmptinden uns selbst zu degradieren.
Ans jener doppelten Differenzierung ergeben «ich z, B. für /
die ndagogik wichtige Folgen. Niederen Kultnrepoehen itt
es eigen y mit dem Begriff der lärziehung vor allem den der
Züchtigung zu verbinden, deren Ziel die Unterdrückung und
Ausrottung der Triebe ist; ie mehr die Kultur steigt, desto
mehr wird dahin gestrebt, die Kraft die auch in den unsitt-
lichen Trieben liegt, nicht «chlechthin durch ZtUhtigung zu
brechen, sondern solche Zustände zu schaffen, in denen sie
«ich nützlich bethfttigen kann , ja in denen die thatsächliche
Uusittlichkeit als solche selbst anderweitig nützliches schafft,
ungefiUir wie die technische Kultur das fraher Weggeworfene
oder sogar Hinderliche immer mehr awaunutsen TerBteht,
Dies ist nur durch Differenzierung möglich, indem die Arten
und Beziehungen dee Handelns und Empfindens immer mehr
aus der Form umfassender Komplexe gelöst werden, in der
sie zunächst auftreten, und in der das Loos des einen Gliedes
das des anderen solidarisch mitbestimmt Erst wenn jede
Bezieliung, jeder Bestandteil des öffentlichen und persönlichen
Lebens sich zu derartiger Öelbständigkeit diÖereuiiiert hat,
d&Ts ihm ein individuelles Leiden und Handeln möglich ist,
ohne dais meohaaiidie Verflechtungen mit aachfich heteroge*
nen Elementen diese in das ^^aohe Schicksal hineinzögen, —
erat dann wird ee möglich, die schädlichen Elemente in rein«
licher Ahgrensung au entfernen, ohne die angrennenden nlltir
liehen anzugreifen. So erlauben differenziertere medizinische
Kenntnisse, erkrankte Körperteile in genau eireumscripter
Weise zu entfernen, wo früluT ^^leich ein ganzes Glied abgch
schnitten wunie; z. B. bei sdiweren Knie^^elenkentzündungen
wird jetzt nur G«lenkreaektion vorgenommen, während früher
der ganze Oberschenkel amputiert wurde, und ähnliches. Nun
hat indes die Difierensierung in da Strafe, insbesondere der
kriminaliatischeD, sehr bald «ine Grense. Man nimmt eine
•0 weit einheitliche Seele an, dafs eben da, von wo die That
anaging, auch der Schmers der Strafe empfunden werde, und
kann deshalb flir eine Ehrenkränkung, einen Betrug, ein Sitt-
liehkeitsvergehen auf dieselbe Strafe erkennen. Die Anfänge
einer Differenzierung in diesen Punkten sind sehr dürftig:
daf» etwa Festungshaft auf solche Vergehen gesetzt ist, die
die gesellschattiiche Ehre des Thäters unberührt lassen,
und einiges ähnliche. Indessen ist jedenfalls schon die
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sa X 1.
gröfsere Milde, die forteeschnttenere Zeiten dem Verbrecher
gegenüber zeigen, ein Zeichen düvou, daTä man die einzelne
Tbai Ton dem Oaiuen der PmOnliehkeil dHBHrensierty und
defo die einzelne ünnttliehkeit nicht melir, wie et einem rer-
gchwonuneneren Vorstellen natürlich ist, als durdigehende
Verderbtheit der Seele erscheint ganz analog der Di^
ferenzierung , die daf sociale Gunze von der Verantwortung
für die Thal eines Mitgliedes entlastet. Auch die Besserung
bestrafter Personen, die eines der Hauptziele höherer Kultur
ist, wird eine Ausaicht auf Erfolg wesentlich auf die gleiche
usychologische Voraussetzung gründen können, dafs auch die
Verbrecherseele differenziert genug ist um neben den Tcrdor*
benen Trieben noch gesunde einznsehlieben; denn eine tielSnr
hÜckende Psychologie darf nicht von mer direkten ßeseiti*
gnng jener, sondern nnr von Stärkung und Hebung dieser
eine dauernde Besserune des Sünders hoffen. Man kann
Hbrigens die Milderung der Strafen, die Verjährung, wie die
Versuche, den gesellschaftlichen Kuin dessen, der sich einmal
ein Vergehen zu Schulden kommen lief«, zu hindern, «iifser
auf die Differenzierung des Nebeneinander seiner Seelenteile
auf eine solche des Nacheinander seiner sedischen Entwick-
lung bauen^ indem man spfttere Epochen nicht mehr filr das
bfkfeen lassen wiU, was früheren zur Last ftUt J
Auf dem Standpunkfee der höchsten Kultur zeigt sich in-
des eine eigentttmliehe Form der Rückkehr zu der früheren
An^<ch?iuungr. Gerade in der letztf*n Zeit ist wieder die Nei-
gung hcrvorijrtretf'n , die Gesellschaft für die Schuld dos Tu-
aiviauums verantwortlich zu machen. Der äul^f reu Stellung,
in die sie den Einzelnen hineinsetzt, den entweder atrophi-
schen oder hypertrobhiäciieu Lebeusbediugungen. die sie ihiu
hiete^ den flnermllciktigen Elndrttcken nnd lanfltlssen. denen
er settsos ihrer aasgesetzt ist, — all diesem, aber nicht einer
J^Vsilieit* der Individualität, schrei lit man jetfet gern die
Verantwortung fUr die Missetbat des Individuums zu. Die
transcendontale Erkenntnis von der ausnahmsloBeu Herrschaft
natürlicher Kausalität, die die Schuld im Sinne des liberum
arbitrium ausschliefst, verengt sieh zum Glauben an die
durchgängige Bestimmtheit durch öociale Einflüsse. In dem
MaTse, in dem die alte individualistische Weltanschauung
durch die historisch sociologische ersetzt wird, die in dem
LidiYidnum nnr einen 8cbnit^tinkt socialer Fiden siehl,
muüi an die Stelle der Individualschald wieder die KollektlT-
schuld treten. Ist der üinzebne seinen angeborenen Anlagen
nach das Produkt der vorangegangenen Generationen, der
Ausbildung derselben nach das Produkt der gegenwärtigen,
trägt er den liilialt seiner Persttnlichkeit von der Gosellsüliaft
zu Lehen, so können wir ihn nicht mehr für Thaten verant-
wortlich machen, für die er, nicht anders als das Werk>
XL
87
leoff, mit dem er sie anac^efUirt hat, nur der Dorchgangs-
vmiKt ist Em liegt non freilieli nahe einmwendeo, dük die
den Einzelnen determinierende VerfiwBung der Qeiellaehaft
doch irgendwo von einzelnen ausgegangen sein müsse, an
denen dann die Schuld dieser schliefslichen Wirkung haften
bleibt; folglfoh könne do( h das Individuum als solches ^rhul-
<üg werden, und einen wie grofspii Teil seiner Verantwortung
€ß auch auf die Gesellschaft a})\valze, so gelänge dies nicht
vollständig) weil die Gesellschaft doch aus Individuen besteht
und deshalb nicht schuldig sein könnte, wenn diese es nicht
wlren; sn jeder unvollkommenen uaa nngerechten locielen
Hinrichtung; die den in sie Hineingeborenen eaf die Bahn
dee Verbrechens drängen mag, muis doch der Anstofs von
einem einzelnen ausgegangen sein; jede Vererbung, die den
K^im oinf's Lasters in uns legt, ist doch nicht von Ewig^keit
her vui handen, sondern mufs ihren Ursprung in irgend einem
primären Verhalten eines Vorfahren haben. Und wenn nun
auch die Mehrzahl der Fäden, von denen da« Handeln des
IndivitiuuiüJä geleitet wird, von früheren Generationen her
angesponnen sei, so gehen doch auch yon ihm wiederam nena
m»f die die kflnftigen Qesddeohter mltbertinmien; und die
YerantworCang ftr diese müsse gerade nm so schärfer betont
werden, je tiefer man davon durchdrungen sei, dafs keine
That innerhalb des socialen Kosmos folg^os bleibe, dais die
Wirkun«? einer individuellen Ünaittlichkeit sich bis ins tau-
sendste (iiied geltend mache. Wenn also auch die sociale
Bestimmtheit, nach der Vergangenheit hin betrachtet, den
Einzelnen entlastet, so belastet sie ihn in demselben Mafse
schwerer, wenn man nach der Zukauft ^u blickt, deren
Kananlgewebe eben deshalb ein immer komplinertares. das
IndirkktiQm immer Tielaeitiffer bestSrnmendes werden kann,
weil jeder Einselne wa der Qattangserbschaft ein Teil hinm-
gefiigt hat, d* es sonst m einer solchen ttberkaapt niefat ge-
koBimen wäre.
Ohne hier in den Streit über die Prinzipien einzutreten,
der das Schicksal der Unfruchtbarkeit mit allen Diskussionen
über die Freiheit teilen müföte, will ich hier nur auf den fol-
geiidun Gesichtspunkt hinweisen. Die Folgen einer That
wechseln leicht ihren Charakter auf das vollkommenste^ wenn '
sie sich von den persönlichen Verhältnissen oder dem kleinen
Kreise, auf den sie sich aaerst und in der Absicht des Han-
delnden beziehen, auf einen grOCseren Kreis verbreiten.
Wenn z. B. die Bestrebungen der Kirche, die Geeamtheit
auch der irdischen Lebensinteressen sich unterthäni^ zu
machen, als unrecht verurteilt werden, so kann zunächst, so-
bald sieh die Anschuldigung gegen bestimmte Personen etwa
des Mittelalters richtet, erwidert werden, dafs hier eine Tra-
dition von den aitedieu Zeiten des Christentums her vorlag,
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86 XL
die der £inselne als nndurolibrechliche Tendenz , seibeCver^' «
stündliches Dogma, vorfand,* so dafs auf jenen frühsten Per-
sönlichkmten, die sie ausbildeten, aber nicht auf dem einzel-
nen Epigonen, den sie ohne weiteres in ihren Bann zwang,
die Schuld haften bleibt Allein lür jene war e« eben keine
Schuld, weil in den kleinen urchristlichen Gemeinden die voll-
koBnme Durohdringung des Lebens mit der religiösen Idee, die
Hingibe alles Seins und Habens an das christliehe Interesse
eine durchaus sittliche^ ftr den Bestand jt ner Gemeinden an-
entibehzliehe Anforderung war, die auch den Kulturinteressea
solange unschädlich blieb, als es noch anderweitige, hinreichend
frofse Kreise gab, die »ich der Besorgiing der irdischen
)inge widmeten. Das änderte sitdi rrst mit der Verbreitung
der ciiriötliehen Religion; würdf diejenige Lebensform, die in
der kleinen Gemeinde zu rechte bestand, sich über die Ge-
samtheit des Staates erstrecken, so würde damit eine Reihe
▼on Interessen Terletzt, die fitr dnrohans nnenÜMbriich, deren
Verdrängung durch die kircUiefae Hemobaft ftlr nnsitdicb
gehalten wird. Eben diesdbe Tendenz also, die bei einer ge-
ringen Ausdehnung des socialen Kreises verdienstvoll ist,
wird durch dessen Erweiterung schuldvoll; und wird nun im
letzteren Falle die Schuld vom Einzelnen fortgeschohen, indem
sie durch die Tradition erklärt wird, so liegt auf der Hand,
dafö öie nicht auf jenen Ersten, von denen die Tradition ans-
ang, hatten bleibt, Bondem ihre Veranla^äung ausi^chliersiich
m der Quantitfttrilnderang des geseilschafUiehen Kreises bat.
Es ist eine der Üntersndiang noch sehr bedürftige Frage, in
wiefern die blos nnmeriscbe Vermehrung einee Kreises die
sittUehe Qnnlitit der auf ihn bezüglichen Handlungen ab-
ändert Da es aber zweifellos der Fall ist, können Schuld
und Verdienst, die der Handlung in einem kleineren Kreise
zukommen, oft bei Erweiterung desselben in ihr direkte«
Gegenteil verwandelt werden, ohne dafa die nun geltende
sittliche Qualifikation der Handlung einer persönlichen yer-
antwortung unterläge, weil sie dem Inhalt nach blos Uber-
Uefert ist, die Abinderung ihres Wertes aber von keinem
einseineii Mensehen, sondern nur von dem Znsammen der-
selben ausgeht Wir finden s. B. in dem Berglande von
Tibet noch jetzt Polyandrie herrschend, und zwar offenbar,
wie selbst Missionäre anerkennen, zum gesellschaftlichen
Wohle; denn der Boden ist dort so unfruchtbar, dafn ein
rasches Anwachsen der Bevölkerung^ niir das gröfste allge-
meine Elend hervorbringen würtie. Um dieses aber zurück-
zuhalten, ist die Polyandrie ein vortreiFliches I^ittel; auch
sind die Männer dort oft genötigt, um entfernte Herden zu
weiden oder Handel au treibet, sich lange Ton der Heimat
SQ entfernen, und d» wird denn der Umstand, daCs von meh-
reren Männern einer Frau wenigstens einer immer su Hause
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XI. 80
Ueibea wud| mm Schate der Frau und sum Zmammailuilt
d«r Ftmilie dimn. Diese aehi^Msh bestätigten, günstigen
T^inflflssr auf die Sitten des Landen würden aber sofort nm-
schlagen, sobald etwa durch Aufschliefsung neaer Erofthrungs-
qucUen eine Vermehrung der Volkszahl möglich nr\ä erfordert
würde-, gerade die Geschichte der Famiiienformen zeigt oft
genu^ , wie das einst Sittliche durch die blof&e und oit blos
quantitative Änderung äufserer Verhältnisse zu einem sittlich
Verwerflichen wurde. Wenn nun ein Einzelner die jetzt
sdinldvolle Tiiat befi'inge, also etwa in dem obigen Belspiei
ein Weib anch naen gebiderleii Yerbiltnlssen noch poljan-
driscben Neigungen folgte oiod die Verentwortung danir Yon
sich weg auf die Generationen schöbe^ die durch Vererbung,
Rudimente ihrer Zustände und Ähnliches sie auf diesen Wecr
getrieben, m würde, dies als richtig zugegeben, die Schulä
auf keinem Einzelnen haften bleiben, weil sie für ihre Ur-
heber eben noch nicht Schuld war. Freilich wird auch die
Gejaellschaft , deren Modiiikationen die Schuld schufen, nicht
im vSiime einer moralischen Verantwortimg schuldig sein, weil
jene Modifikationen sich aus Ghünden Tofisogen,^ die mit dem
fraglichen moralischen Vorgang an sich gar nichts an thun
haben und ihn nur zuMÜg aar Folge hatten. Wie gewisse
Bchädlidie Maisregeln, die ftlr einen Teil der socialen Gesamt-
heit gelten, diesen Cluurakter manchmal dann verlieren, wenn
sie über das Ganze derselben verbreitet werden [so hat der
Socialisrous betont^ dais die erfahrungsmäfsigen Nachteile der
Regie Wirtschaft, die man ihm entgegenhält nur dadurch ent-
standen sind, dafs die Regie bisher überall in eine in allem
übrigen individualiöHäche Wirtäciiai'tspolitik liineingesetzt
wnioe^ dagegen Terschwinden würden, wenn sie einheiibehea
Ökonomisches Prinzip wäre] — gans ebenso wird vngekebi
die ^Weiterung des Wirkungskreises einer lUndlnngsweise
Vemnnft in Unsinn, Wohlthat in Plage umwandeln können
und so ermöglichen, dafs die Schuld, die der Einzelne von
sich abwihsen kann, dennoch anf keinen anderen £inaelnen
Mle.
Indessen iöt die rein quantitutive Erweiterung der Gruppe
nur der deutiichc^te Fall aer moralischen Entlastung der In-
dividuen; andere Modifikationen der Gruppe können zu dem
ideicben Besnitat ftr den Einaehien filhren, indem sie die
Sebald, die der nnmittelbare Thiter yon sich w^gsobiebli
auf keinem anderen Einadnen brauchen haften ku lassen. V^e
die chemische Mischung zweier Stoffe einen dritten zustande-
bringen kann, dessen Eigenschaften völlig andere sind als die
seiner Kiemente, so kann eine vSclmld dadurch entstehen, dais
eine bestirnnite Naturanlri{:;e mit bestimmten socialen Verhält-
nissen zu.surnmentriilt, wäl^rend keiner dieser Faktoren an bjch
UuÄittiiciieb enthält. Von dieser Möglichkeit aus läfst sich
üigmzea by GoQglc
40
die von neuMten antiiroDologiiciieii Fonehungen bestitigte
Behraptung aufeteUen, dau Lutdr sehr häufig gar nichts an-
dflrai sind als Atavismen.
Wir wissen, d.ifs Raub und Mord, Lüge und Gewaltthat
jeder Art in früheren Zuständen unseres G*^schlechte8 eine
Sanz andere Beurteilung erfuhren aU jetzt; sie waren, gegen
en fremden Stamm gerichtet, teils g'leichpltige Privatsache,
teils gepriesene Heldenthaten, inucrhalij dea eigenen Stammes
abar nneoliMlixlidie Ifittel der KoltuTsteigemn«;, indem sie
einerseits eine Znditwahl an gansten der £migen nnd
Kittgen einleiteten, andererseits die Mittel der Tyrannis and
der Versklavung worden^ von denen die erste Dissiplinierung
und Arbeitsteilung unter den Massen ausging. 'Ehen dieselben
Handlungsweisen aber sind unter späteren Verhältnissen laster-
haft, und so int gewifs das Laster oft ein Vererbungsrück-
schlag in jene frühere Entwicklungsstufe unseres Geschlechts,
in der es eben noch nicht Laster war. Ein iiervorragender
Aniatom iiat die Bemerkung gemacht, die ich für hOchst fol-
genreich halte: es lasse sieb naehweiseo, dab alles das, wie
wir ab kOrpeilidie Häfslichkeit beurteilen , eine Ähnlichkeit
mit dem Typus der niederen Tiere, einen Rückfall in ihn
aufweise. So ist vielleicht seelische Hftfslichkeit ein RUckikll
in die Nnturstufe, der durch das disharmonische nnd destruk-
tive Verhältnis, das aus s(tincm Ilineingesetztsein in ganz ver-
änderte Umstände hervorgeht, als Laster erscheint. Damit
stimmt zusammen, dai's mit specitischen Lastern sehr häutig
Bohheit nnd Wildheit des ganaen Wesens, also offisnhar ein
allgemeiner AtaWsmna verbunden ist; und femer: sehr viele
Laster finden in den kindlichen Ungezogenheiten ihre Par-
allele^ wie die Neignng zur Lüge, die Grausamkeit, die Zer-
störnngslust, die rücksichtslose Selbstsucht, ungefähr wie man
nachgewiesen hat, dals alle Sprachstörungen Erwachsener ihr
genaues Gegenbild in den Unvol[kommenh( iien des kindlichen
Sprechens haben. Und da nun aller Waln scheinlichkeit nach
überhaupt die Kindheit des Individuums die Kindheu seiner
Gattung wenigstens in den Hauptattgen wiederhol!» so bt aa-
«mehmen, dais die moralischen ünsnllnglichkeiten jener die
darchgehenden Eigenschaften dieser absnicgeln; und wenn
wir nun das Kind von eigentlicher Schuld ftlr solche Fehler
entlasten, weil wir wissen, dafs es eben in stärkstem Mafae
das Produkt der Gattungsvererbungen ist, so wird das
Gleiche für denjenigen gelten, der durch atavistischen Rück-
schlag auf jener moralischen Stufe der Gattungsentwickhing
stehen geblieben ist, die der normale Mensch als Kuid in ab^
fekarater Form durchlluft und ttberwindet, die aher nur dar
urch einstmals in der Gattung fixiert werden konnte, daib
sie zulässig und nützlich war. In diesem Fall aber lastet die
moralische Schuhl der Handlung, die der Thfttsr seinem .£rfo-
X 1.
41
litöäer; der Gattung, zuschiebt, überhaupt nirgends alä auf deu
ferindertai Verhflitnissen, die dem ehemals GKiten und Nttte-
lichen jetrt die entgtgeugeseüste Folge geben.
Kun ist nicht zu Terkennen, dafs in vielen Fällen dfio
fortschreitende Socialisierung umgekehrt den schlechten und
unsittlichen Trieben die Möglichkeit eines sittlichen Erfolges
giebt. Tob habe scbon oben envähnt, dafs vermöge ge-
steigerter Differenzierungen aueii die im UnsittUclien liegende
Kraft noch den Zwecken der Kultur dienstbar gemacht wer-
den kann. • Daun fällt der Gesellschaft mindestens in dem-
selben Sinne ein Verdienst an der Sittlichkeit des Einzelnen
■Oy wie sie in obigen F&Uen Sebuld an seiner Unsittlichkeit
MgL Mir wurde Ton einer Baimkerzigen Seliwester in einem
KrankenluMise erzählt, die sich dorcn einen nnersätdiehen
Blatdnrst auszeichnete und sich sä den allergransigsten
and abschreckendsten Operationen drängte; aber crerade
durch diese Kaltblütigkeit und Unerschrockenheit ieistru- sie
die aüerwertvüllst* n Dienste, zu denen die erforderliche Hube
einer mitf^iihlenden Pornon abpregangen wnre. Dieselhe Natur-
aulage also, die m roheren Zeiten waliröclieinÜch em ver-
brecherisdiss Sehensal festaltet hätte, lenken die Yorf^
ecbrittenen gesdlsebatUieben Verhältnisse in die Bahn sitfc-
Jicber BethAtigong. Schon das rein nnmeriscbe Anwachsen
der Gruppe, wie es nach den obigen Aaslührungen die rich-
tige Handlungsweise des Individuums zur fabchen machen
vermag umgekehrt die angeborene oder sonst llber-
heterte unsittliche Neigunp: zu einer social nützlichen zu
maeben. Denn die Vermehnint^ der Gruppe fordert in dem-
selben Mafäc auch DifFerenzieiung; je grölser da» Ganze ist,
desto nötiger ist es ihm, bei der stets vorhandenen Knappheit
der Lebensbedingungen, daCs — innerbalb gewisser selbst-
TenHIndlieher Sehnmken ^ jeder sich andere Ziele setee als
der andere and, wo er sich die gleichen setzt wenigstens an-
dere Wege zu ihnen einschlägt als der miaan» Dies muft
5!ur Folge haben, dafs Einseitigkeiten, Bizarrerieen, individu-
ellste Neigungen in einem groCsen Kreide peei<27iete Stellen
und Möglichkeiten, sich in social ntttzUcher VVeiae auszuleben,
finden werden, wührend ebendieselben für diejenigen allge-
meineren Ansprüche untauglich machen, die der engere Kreis
an dea Einseinen stellt, und sich deshalb in diesem dem Wesen
der Unsittlichkeit nähern.
Kodi durch die folgende Besiebon^ wirkt die Vei^^fse-
rung des socialen Kreises derart auf die Handlungsweise des
Individuums versittlichend, dafs das Verdienst davon dennoch
nicht diesem Kreise selbst, sondern, wie oben die Schuld,
dem ZuHamnientreÖen zweier Faktoren zuzusclireiben i«t, von
denen keiner es fUr sich allein in Anspruch nehmen kann,
in den ein£»cben Verhältnisseu einer kleinen Gruppe wird
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42
X 1.
der Einielne seine egoistischen oder altruistischen Zwecke^
soweit er sie überhaupt durchseta^n kann, mit relativ ein-
fachen Mitteln erreichen. Je e^rf^fser sein socialer Kreis wird,
desto mehr Umwege braucht er dazu, weil die komplizierteren
Verhältnisse uns vielerlei Dinge wünschenswert machen, die
von imserer augenblicklichen Machuuhäre weit entfernt sind,
weil sie ferner an unsere Ziele manche Nelmerfol^e knüpfen,
die ▼ermiedeii werden mlisaeiiy weil endlieh das einselne toh
ao yielen Bewerbern geeoeht wird, dafs der direkte Weg anf
ienee xn oft das Letzte ist, und die Hauptsache in dem oft sehr
komplinerten UnachädLichmachen der Konkurrenten und in
der Gewinnung von BeistMnflcn hc^teht, die ihrerseits wieder
nur indirekt nrlanf^har und verweiid^Hr sind. Die Folge von
alledem ist, dai's zum Erreichen des eigentlichen egoistischen
Zieles wir in gröfseren Kreisen vielerlei thun müssen, wfu» mcht
unmittelbar egoistisch ist, vielerlei Kräfte in Bewegung setzen,
die ihren eigenen Gtoselm und Zwecken folgen, wenn lie
auch iddierilieh die nnaeren fordern. In pe weiteren Ver-
hlltniasen wir lehen, desto weniger pflegt die Arbeit für das
eigene Glück dieses unmittelbar zu bereiten, sondern besteht
in der Bearbeitung äufserer und hauptsächlich menschlicher
Objekte, welche dann erst lusterweckend auf uns zurück-
wirken, der Endzweck noch so sehr ein persönlicher sein
— zu den Mitteln mtissen wir uns aus uns selbst entfernen.
Abgesehen uuu davon , dafs dies die Sittlichkeit der subjek-
ÜTen Qettnnung insofern fördert, als das ao erforderliehe
Kennenlernen objektiTer VerhXltniaee lehr oft auch ein In-
tereane Air aie hervorruft nnd die Hingabe an andere Men-
achen nnd Dinge um selbstischer Endzwecke willen häu£g in
einer selbstlosen Hingabe an sie gemündet hat — abgesehen
hien^on, sind die Umwege zu jeneTn Endzwecke oft durchaus
sitilichcr Natur; je gröfser der sociale Kreis ist, je ent-
wiikelter namentlich die wiitsch.iftlTchen Beziehungen, desto
häutiger mufs ich den Interessen anderer dienen, wenn ich
will, daJa sie den meinen dienen aollen. Dies bringt «ne
VeiBtttliehung der gesamten socialen Lebensatmospli£e mit
sieh, die nur deshalb im Unbewufiten zu bleiben pflegt, weil
die Endzwecke, um derentwillen sie entstellt, egoistische
sind. Die innere Sittlichkeit des Individuums wird darum
zunächst noch keine höhere, weil über dioso nicht die That
zu gunstoii f\ov anderen, sondern die Gesinnung entscheidet,
aus der heraiiö sie geschieht; dennoch müssen die thatsäch-
licheu Erfolge sittlich genannt werden, insofern sie die För-
derung anderer mit sich bringen; und da dies mit der Aus-
dehnung unserer Beaiehungen immer notwendigeres Vehikel
in nnsem Zwecken wird, so Ittfst die Vergrbfserung des
Kreises uns thatsüchlich sittlicher handeln, ohne dafs wir
eigentlich ein Verdienst daran hAtten. Auch lisgt die Ur>
X 1.
I
48
aadie dsvon lueht etwm in emer KoDekti^itllidikdt» sondern
in dem ZuBammentveffen istischer Ziele mit einer der-
arlimi GiObe det locialen Kreises^ dtSa jene nur durcli eine
BeiEe von Umwegen altruistischer Natur zu erreichen sind.
In etwas höherem Grade Ittfst eine andere Station des
gleichen ümwegeä die Sittlichkeit im Handein des Einzelnen
als Resultat einer Kollektivsittlichkeit erscheinen. Nicht nur
Menschen brauchen wir zu unsem Zwecken, sondern auch
objektive £inrichtun|[en. Die Festsetzungen des Rechts, der
Sitte y dor YerkehrBtormen jeder Art, die die Allgemonheit
sa ihrem Nnteen, d. h. im ntdichen Interesse, geprägt hat,
erstrecken eidi Bchliefjslich soweit in alle LebeiUYerfaältnisae
des Einzelnen bineiny data er in jedem Augenblick von ihnen
Gebrauch machen miifH. Auch die egoistischsten Absichten
köniK^n, abgesehen von unmittelbarer Gewaltthat, nicht anders
verwirklicht werden als in den social vorgeschriebenen
Formen. Mit jedem Male aber, wo man sich dieser Formen
bedient, werden öie /^e^tärkt, und dadurch muls die unäiti-
Üehifte Abeidit gewieaermafsen der Sittlichkeit ihre Steoer
entrichten, indem sie die Formen anwendet, in denen die
Öffentliche Mond objektiv geworden ist. Es ist die An%ahe
der fortschreitenden Sociausierung, diese Steuer immer zu er-
höhen, so dafs der Weg zur Unsittlichkeit, der freilich nie
raiz verlegt werden kann , wenigstens durch möglichst viele
Gebiete des Sittlichen hinaurchgehen mufs und so den Weg
durch yie verbreitem und festigen hilft. Der Gauner, der eine
betrügerieche Transaktion in streng rechtlichen l ormen voll-
zieht, der Schurken der die Regeln der gesellschaftlichen Höf-
lichkeit genan beohachtet, der Sybaril, dessen nnaittheh ▼«r»
sohwenderische Ansgdben sicii wenigstens in dsn ökonomischen
Formen vollziehen, die seine Gruppe als die sweckmalaigstsn
konstituiert hat. der Heochler, aer vm irgend welcher per-
sönlichen ZwecKe willen sein Leben nach religiösen Normen
einrichtet — sie alle leisten der Sittlichkeit, der Förtlerung
des Allgemeinen sozusagen im Vorbeigehen einen Beitrag, an
dem das Verdienst freilich nicht ihrem Willen, sondern der
socialen Verfassung zuzuschreiben ist, die den Einzelnen in
seinen unsittlichen Bestrebungen auf Wege zwingt, auf denen
er den Offendiehen Institntionen nnd damit dem öffentlichen
Wohle steuerpflichtig wird. ^
Die beeprochene Abwälzung der individuellen Schuld auf ^
die Glesellscbaft gehört im übrigen zu denjenigen Erkennt-
nissen, deren Verbreitung: der Social pädagogik bedenklich er-
wheinen könnte. Denn xif möchte leicht zu einer Art Abluis
für die persönliche Schuld werden, und in demMalVr, in dem
das Gewissen sich erleichtert fühlt, dttrfte die Veriührung zur
That wachsen. Der Gewinn der Unsittlichkeit bleibt dem
hktiyidnum, wahrsnd soaosagen die moraUschen Unkostm der
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X i.
Allgemeinheit sur Last fallen. Fttr diesee Verhiltnfs hftben
wir ein Symbol, das aucli an sich fUr die Frage der KoUek-
tiYTerantwortlichkeit wichtig ist, an den Aktiengesellschahen.
Wo persönliche Haftbarkeit stattfindet, da wird schon das
eigene Interesse Tendenz haben, vor allzu gewagter Spe-
kulation, vor Übei*8chulduiJg, Überprodnktif»n ii. s. w. zu be-
wahren. Für den Vorstand einer Akiieugesellschaft dagegen,
der mit fremdem Oelde operiert, fehlt dieser Regulator; er
kann in ein Risiko eintreten, von dessen Gelingen er mit pro*
litiert, dessen MUslingen aber weiter keine Konsequenien ftr
ihn kst, als dals er ein&ch herausgeht, wenn die Sache %nr
sammengebrochen ist, während die Gläubiger das Nachsehen
haben. Wit in jenem moralischen Falle die Sehuldy lasten im
ökonomischen die Schulden auf einem Wesen, dwwen Unper-
sönlich keit diese Überwälzung duldet uthI /ti ihr verlockt.
Hier int jedoch recht zu beobachten, wie em tortschreiteudcr,
in sehr verwickelte Verhältnisse eingreifender Gedanke dif-
' fereuzicrcnd wirkt, d. h. Förderung und Zuäuitzung ganz eut-
gegengesetster Tendensen in gleichem Haue briofft Denn
wihrend .einerseits die Erkenntnis unserer socialen Abhftngig-
kdt das individuelle Gewissen abstumpfen kann, mufs sie
dasselbe anderersttitB schärfen, weil sie lenrt, dafs jeder Mentjch
im Schnittpunkt unzähliger so i aler Fäden steht, so dafs jede
seiner Handhingen die mannichfachsten socialen Wirkungen
haben ninf«' ; innerhalb der socialen Gruppe f)t1lt sozusagen
kein Samenkorn auf den Felsen, wofür die an keinem Punkt
unterbrochenen Wechselwirkungen mit der lebenden Gene-
ration in Hinäicht der Gegenwart, der EiüÜufs Jodes Thuns
auf das Vmrbungsmateruil aber in Himieht aar Zukunft
^ sorgen. Die Besonrinkung des Individuums auf sieh selbst
hOrt sowohl a parte ante wie a parte post auff so dafs die
sociologischc Betrachtung sowohl seine Entlastung wie seina
Belastung steigert und sich so als echtes Kulturprinzip er-
weist, das von der Einheit einer Idee aus differenteste In-
halte des Lebens zu weiterer Ausgeprägtheit und Vertiefuug
differenziert
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UI.
Die Aosdehnang der Gruppe und die Ausbiidung
der Individualität.
Bei* dem Verbiiitais zwischen der Audbilduug der Indi-
viduaiität und dem socialen Interesse ist vielfach zu lieobacliten,
dafs die Höhe der ersteren Schritt hAlt mit der Erweiterung
dee Kreises, anf den sich das letitere erstreckt Haben wir
jBwei sociale Gruppen, M und N. die sich scharf von einander
unterscheiden, sowohl nach den charakteristiseheii Eigen-
schaften wie nach den gegenseitigen Gesinnungen« deren jede
aber in sich ?ius hoTTiogoiien und eng zusamm<'iih;iiigenden
KlemenU'n besteht: hü bnn^;t dit^ gewöhnliche Kritwicklung
unter den letzteren eine steigende Differenzierung hervor; die
ursprünglich minimalen Unterschiede unter den Individuen
nach äufserlichen und innerlichen Anlagen und deren Bethä-
tigung venelilrfen sich durch die Notwendigkeit, den um-
ktapnen Lebensuuteilialt durch immer eigenartigere Mittel i
EU gewinnen ; die Konkurrenz bildet bekanntlich die Specia-'
litit des Individuums aus. Wie verschieden nun auch der'
AiH^angsnunkt dieses Prozesses in M und N gewesen sei, so
mxiiB er niese doch allmählich einander veHihnlichen. ist
von vornherein wahrscheinlich, dais, je gröfser die Unähnlirh-
keit der Bestandteile von M unter sien und derer von N unt* r
sich wird, sich eine immer wacliM^nde Anzalü von Bildungen
im einen finden werden, die solchen im andern ähnlich sind;
die nach allen Seiten gehende Ahwetehnng von der bis dahin <
jeden Complex für sich gütigen Nonn mufs notwendig
«ine Annlhemng der Glieder des einen an die des andern
^ Diese« Rapit<>i ertchien in rerkür^tfr Fnrm vor mehreren Jahren
in der Zeitschrift üQr wissiaiichaft liehe i'hiiosophie, M. XU, Heft 1.
46
X 1.
ersengenu Schon deshalb wird dies geschelicn, well unter
nocli 80 verschiedenen socialen Gruppen die Formen d^r
einfncheii Konkurrenz, dii; \'('r<;iiu^ng vieler Schwacher ^egon
einen Starken, die Pleoaexie Einzelner, die Prog^sbion, ia
der einmal angelegte individuelle Verliilitniiätte sich bteigem
Q. 8. w. Die Wirkung dieses Prozesses — Ton der blos fbr-
malen Seite — kann man häufig in der intemationaleii Sym-
pathie beobachten, die Ari.stokraten unter einander liegen und
die von dem speciti^chen Jubalt des Wesens , der sonst über
Anziehung und Abstofsung enticheidet, in wunderlicher Weise
unabhängig ist. Kachdeni th^r socinle Differenzierung8prn7.er8
zu der Scheidung zwisdien Hoch und Niedrig geführt hat,
bringt die blos fonnule ThatKache einer bestimmten socialen
Stellung die durch sie charakttiH gierten Mitglieder der %^er-
schiodenartigsten Gruppen in innerliche, oft auch äuTberliche
/ Beziehung.
Dazu kommt, dafs mit einer solchen Differenzierung der
! socialen Gruppe die Nötigung und Neigung waehnen wird,
' Aber ihre ursprünglichen Grenzen In räumlicher, ökonomischer
und geistiger Beziehung hinauszugreifen und neben die an-
Oingliehe OpntriiK'talit^U der einzelnen Gruppe bei wachsender
ln(ljvidii;ili-i' rung und d«dur>-h eintretena»^r Repulsion ihrer
Elemente eine centritugale Tendenz als Brücke zu anii«M-n
Gruppen zu setzen, Wi nige Beispiele wenlon ftir diesen an
sich einleuchtenden Vorgang genügen. Während ursprünglich
in den Zünften der Geist strenger Gleichheit hemehte, der
den Etnzeben einerseits auf diejenige Quantität und Qualität
der Produktion einschränkte, die alle andern gleichfalls leisteten,
andererseits ihn durch Nonnen des Verkaufs und Umsatzes
vor Überflttgelung durch den andern ru schützen suchte, —
war dncli Muf die D«uor nieht möglich, diej^en Zustand der
Undirterenziertheit aufrecht zu halten. Der durrh irgend-
welche Umstände reich gewordene Meister wolh-^ <ieh nicht
Turin iu die Schranken fügen, nur das eigene Fabrikat zu ver-
schränkte AnzsJil von Gtöhülfen zu kalten, und Ähnliches,
t Indem er aber das Recdit dazu, zum Teil unter schweren
i Kämpfen, gewann, mufsto ein Doppeltes eintreten :iieinmal
■ mufste sieh die ursprünglich homogene Masse der Zunft-
' genossen mit wachsender Entschiedenheit in Reiche und Arme,
lCapit.'di«;tr>n und Arbeiter differenzieren; nachdem das Gleich-
heitspnnzip einmal su weit durchbrochen war, dafs Einer den
Andern für sich arheiten lassen und .seinen Absatzmarkt frei
nach seiner persr>nlichen Fälligkeit und Energie, auf seine
Kenntnis der Verhältuisiie und seine Chaucenberechnung hin,
wählen durfte, so mtiTsten eben jene perslJnlichen Eigen-
schaften mit der Möglichkeit, sich zu entfalten, sich auch stei-
Differ-
kaufen, nicht mehr als eine
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47
gern und zu immer schärferen Öpet ialisiörungeii und Indivi-
dualisierungen innerhalb der QenosstMischaft und schliefsiich
zur Sprengung derselben fuhren. j.Anderer:it iLs al>er wunl«'
dnieh diaie Umgestaltung ein weiteres Hinausgreifen über
dai bisherke Abutsgebiet gegeben; dadurch , £ifii der Pro«
ducent und der Händler, froher in einer Person vereuiigt,
nek TOD einander differenzierten, gewann der letztere eine
unvergleichlich fireiere Beweglichkeit und wurden früher un-
mögliclie kommerzielle Anknüpfungen erzielt. Die individuelle
Freiheit und die Vergröfserung <\o>< Betrieben stehen in
Wechselwirkuiii::. So zeigte »ich bei dem Zusammen bestehen
zünftiger Beschränkungen und grofser fabrikmUfstger Betriebe,
wie es etwa anfangs dieses Jahrhunderts in Deuuchland statt-
finde »teCt die Notwendigkeit, den letsteren die Produktions-
und Handeiefireiheit su lassen, die man den Kreisen kleinerer
und engerer Betriebe kollektivistisch einschrftnken konnte oder
wollte. £b war also eine zwie£Mshe Richtung, in der die Ent- ,
wicklang von dem engen homogenen Zunftkreise aus führte
uTid dif* in ihrer Doppelheit die Auflösung desselben vorbo-i
reiten sollte: einmal die imii viduHlinierende Differenzierung'
und dann die an das Ferne anknuptende Ausbreitung, r Dioj
Geschiclito der Bauernbefreiung zeigt z. B. in Preufsen einen ^
in dieser Beziehung ähnlichen Frozefs. Der orbunterthänige
Bauer» wie er in Preufsen bis etwa 1810 existierte, befiind
sich sowohl dem Lande wie dem Herrn gegenüber in einer
eigentOmüchen Mittelstellung; das Land gehörte zwar dem
letKteren, aber doch nicht so, dafs der Bauer nicht gewisse
Rechte auf dasselbe gehabt hätte. Andererseits mufste er zwar
dem Heim auf dessen Acker frohnden, bearbeitete aber da-
neben das ihm zugewiesene Land für seine »»ig^^ne Rechnung.
Bei der Auf hebung der Leibeigenschatt wurd< nun dem Bauer
ein gewisser Teil seines bisherigen, zu beschränkten liechten
beaessenen Landes zu vollem und freiem Eigentum Übermacht,
und der Chitsherr war auf Lohnarbeiter angewiesen, die sieh
jätet anmeist ans den Besitsem kleinerer, ihnen abgekaufter
Btellen rekrutierten. Während also der Bauer in den frUbe*
ren Verbältnissen die teilweisen Qualitäten des Eigentümers
und des Arbeiters für fremde Rechnung in sich vereinigte,
trat nun scharfe Difteronziorung ein: der eine Teil wurde zu
reinen Eigentümern, der andere zu reinen Arbeitern. Wie
aber hierdurch die freie Bewegung der Person, diis Anknüpfen
entfernterer B^iehungen hervorgeruteu wurde, liegt auf der
Hand; nicht nur die Aufhebung der äufserlichen Bindung an
die Seholle kam daftr in Betracht^ sondern auch die Stellung
des Arbeiters als solchen, der bald hier, bald dort angsateltt
wild, andereneitB der freie Besits, der Veräuiserlichungen und
damit kommeraielle Beziehungen , Umsiedlungen u. 9* w. er-
mi^icht. So begrOndet sich die im ersten Sata ausgesprochene
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Beobachtung: die Differenzierung und lndividuaii«ierung Inckert
daa Band mit den Nächsten^ um daftlr ein neues — reales und
idealM — BQ den Bntfeniteren zu spinnenj
f Ein ganB entipreclieiides VerhUtnia findet sieh in der
I Tier- nnd Pflanzenwelt. ^Bei nnsem HaoftieiTaaien (nnd das-
selbe gilt fUr die Kulturpflanzen) ist zu bemerken« dais die
Individuen derselben Unterabteilung sich schärfer voneinander
untei^scheiflpn, als es mit den Individuen einer entsprechenden
im Naturzustände dti Fall ist; dagegen stehen die Unter-
abteilungen einer Art als Ganze einander näher, als m bei
unkultivierten Species der Fall ist. Die wachsende AusbiU
dang durch Kultivierang bewirkt also einerseits ein schir»
ferea Herrortrelen der udividiialitllt innerhalb der eigenen
Abteflnng, andererseits eine Annäherung an die fremden, ein
Hervortreten der über die ursprQnglioh homogene Gruppe
hinausgehenden GleicHheit mit einer gröfseren Allgemeinheit.
Und es stimmt damit vollkommen üherein . wenn uns ver-
sichert wird, tlrtis die Haustierrassen unziviÜyi* rter Vttlker
viel mehr den (viiarakter gesonderter Bpecies tragen, al» die
bei Kulturvölkern gehaltenen Varietäten; denn jene sind eben
nodi nicht auf den Standpunkt der Ausbildung gekommen^
der bei längerer Zähmung die Verschiedenheiten der Ab-
teilungen vermindert, weil er die der Individuen vermehrt
Und hierin ist die Entwicklung der Tiere der ihrer Herren
roportional: in roheren Zeiten sind die Individuen eines
tammes so finheitlicli und einander so erleich als möp^Uch;
dagegen stehen die iStänuiif als (lanze einander tronid und
feindlich p:ep:enüber: je enger die Synthese innerhalb des
eigenen Staiames, desto strenger die Antithese gegenüber dem
fimnden; mit fortschreitender Kultur wächst die Differenzie*
ruiig unier den Individuen nnd steigt die Annäherung an den
firemden Stamm. Dem entspricht ea durchaus, dab die breiten
nngnbildeten Masaen einea Kulturvolkes unter sich homogener,
dagegen von denen eines andern Volkes durch schärfere Cha-
rakteristiken geschieden sind, als Beides untor den Gebildeten
beider Völker statthat. Und in Bezug auf die Reflexe, die
dieses Verhältnis in den beobachtenden (reist wirft, muis
Gleiches stattfinden, und zwar auf Grund der wichtigen psycho-
logischen Regel, dafs differente, aber zu dem gleichen Genus
cehörige und in einer gewiaaoi Einheit susammengeiafste
Eindrlleke miteinander rmchmelaen und sich dadurch gegen-
aeitig derart paralysieren, dafs ein mittlerer Eindruck heraua*
kommt ; eine der extremen Qualitäten wird durch die andere
ausgeglichen, und wie die äufserst verschiedenen Farben das
farblose weif^o TArht zusammensetzen, so bewirkt eine Mannich-
faltigkeit sehr vorschietien veranlagter und bethätigfcer Peraön-
lichkeiten, dals das Ganze, in dem die Vorstellung sie zu-
sammen fafst, einen indiüerentercn , der schart kantigen Ein-
XI.
•eitigkeit entbehrenden Charakter trägt Die Keibungzwi^
•chen »eliarf au^ebiUetan IsdiridiiaUtUeBy die In der Wiik-
lid^eit SQ Attigleiclniiigen oder Konflikieii fBihH, findet ameh
im subiektiven Geiste statt Je differenzierter ein Kreis seinen
Bcstandtenen nach ist, desto weniger wird er als ganaer einen
individnellen Eindruck machen, weil jene sich sozusagen gegen-
BPi'tic: nicht zu Worte kommen lassen , sich gegenseitig zu
einem Durehschnittseindruck auHieben, der um so unbestimmter
sein wird, je mehre und je verschiedenere Faktoren zu ihm
zusammenwirken. ^
l>ieser Gedanke lä(st sich auch veraUfi^emeinemd so i
wenden y dafs in jedon Menidieii oeleria parons gleiebiain \
«ine miverliidcrliclie Proportion swiadieD aam bMUTidmllen >
und den^ Socialen besteht, die nur die Form weehaelt: je 1
enger der Kreis ist, an den wir uns hingeben, desto weniger
Freiheit der Individualität besitzen wir; daftir aber ist dieser
Kreis selbst etwas Individuelles, scheidet sich, eben weil er
ein kleiner ist, mit scharfer Begrenziinp; g^en die tibrigen
uh. Die Kocinle Ordnung des Quäker tums zeig^ dies recht
klar. Als Ganses, &I0 Keli^onsprinzip von dem extremsten
Individualismus und Subjektiyiflmus, bmdet es die Gemeinde-
^eder in bOehBt dmelifennige, demokraliacbe, alle indivi*
dlldien üntenduede möglichst ansaehliefsfinde Lebens- nnd
Wesensart; daftr mangelt ihm aber jedes Ventändnis ftr die
kohere staatliche Einheit und ilire Zwecke, sodaTs die Indi-
vidualität der kleineren Gruppe einerseits aie der Einzelnen,
andererseits die Hirgabe an die gro&e Gruppe ausschliefst.
Und nun stellt sich dies im einzelnen darin dar: in dem, was
Gemeindesache ist in den gottesdienstlichen Versammlungen,
darf jeder als Prediger auftreten und reden , was nnd wann
es ihm beliebt*, dagegen wacht die Gemeinde Uber die nersön-
Uehcn AsgelegBiilieiteny s. B. die Ebesohlielsung, sodan ^Beie
ohne Einwilligung einet snr Untersuchnng des FaUes ein-
geselitn Konutees nieki stattfindet Sie sind also individueQ
nur im Ckmansamen, aber social gebunden im Indiyidaellen.
Und nun entspreehend : erweitert sich der Kreis, in dem wir
uns bethätigen und dem unsere Interessen gelten, so ist darin
mehr Spielraum f^r die Entwicklung unserer Individuali tfit;
aber als Teile dieses Ganzen haben wir weniger Eigenart^
di&^e« letztere ist als sociale Gruppe weniger individuell.
Wenn so die Tendenaen aurlndividuiuisierun^ eincröeits,
nir ündifcrenmerdieit andererseiti sieh derart gleieh Ueiben,
dafs es rdativ ^eichgillig ist, ob sie sidi auf dem reb per-
sönlichen oder anf dem Gebiet der socislen Gemeinschaft, der
die Penon angeh()rt, rar Geltung bringen ^ *^ so wird das
Plus an Individualisierung oder ihrem Gegenteil auf dem
einen Gebiet ein Minus auf dem andern fordern. Auf diese
Weise kommen wir zu einer allgemeinsten Nonn, welcher die
r«nck8afw <4D X 1. — Siauoci. 4
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€hrO(aenunteraduede der socialen Gruppen nur die häufigste
€tolcig6nheit zum Hervortreten Rieten, die sich indes auch
aus andern Veranlassungen zeigt So bemerken wir z. B. bei
gewissen Völkern, wo duH Ext^a^':l^;lTUe, ITberspanntp, In^uien-
haft Impulsive sehr voriierrscht, doch eine sklavische Ft's^e-
lung an die Mode. Die Verrttcktlioit, die Einer be^( lit, wird
Hutomatenhaft von allen andern nachgeäfft. Andere dagegen
mit mehr nüchterner und soIdMuci zugeechnittener Form
dee Lebens, die als Ganzes lange nicht so hnnt ist, haben
doch einen viel stärkeren Individualitätstrieb , unterscheiden
sich innerhalb ihres gleichibmugen and einfachen Lebens*
Stiles viel schärfer und präfipianter voneinander, als jene in
ihrer bunten und wechselnden Art. So liat also einerseits
das Ganze sehr individuellen Charakter, aber seine TeiU« sind
untereinander sehr «gleich; andererseits ist das Ganze üii bioscr,
weniger nach einem Extrem zu gebildet, aber seine Teile sind
untereinander stark differenziert Im Augenblick indessen
kommt es uns hauptsächlich auf das KonrelatioiiSTerliiltnit
an, das sicii an den Umfang der socialen Kreise knttpft und
die Freiheit der Gruppe mit der Gebundenheit des Indivi-
duums au verbinden pflegt; ein gutes Beispiel davon seigt
das Zusammenbestelv n kommunaler Gebundenheit mit politi-
scher Frtnheit, wie ^^ ir es in der ruösischen Verfassung der
vorzarisi hen Zeit hnden. Besonders in der Epoche der
Monjtcol eilkämpfe gab es in Rufsland eine groi'se Anzahl terri-
torialer Einheiten, FtlrstentUmer, biädte, Dorfgemeinden, welche
untereinander von keinem einheitlichen staatlichen Bande zu-
sammengehalten wurden und also als Qnme grofscr politi-
Boher Freiheit grossen: dafür aber war die Gebundenheit
des Lidividuunis an die kommunale Gemeinschaft die denkbar
engste, so selir, dafs Uberhaupt kein Privateigentum an Grund
und Boden bestand, sondern allein die Kommune diesen
besafs. Der engen Einge^chlossenheit in dfn Kreis rler Ge-
meinde, die dem Individuum den persunliehen Besitz und
gewilä auch oft die persönliche Beweglichkeit versagte, ent-
sprach der Mangel an bindenden Beziehungen zu einem wei-
teren politischen Kreise. Die Kreise der socialen Interessen
liegen konzentrisch um uns: je enger sie uns umsohlie&en,
desto kleiner müssen sie sein« Nun ist aber der Mensdi nie
blofses Kollektivwesen, wie er nie bloüses Lndividualwesen ist;
darum lumdelt es sich hier natürlich nur vaa ein Mehr oder
Minder und nur um einzelne Seiten und Bestimmungen der
Existenz, an denen sich die Entwicklung vom Übergewicht
des Einen zu (\f^m des Andern zeigt Und die^e Entwicklung
wird Stadien lialx n köiuu n, in denen die Zugehörigkeiten zu
liom kleinen wie dem gröiseren socialen Kreise neben-
einander in charakteristischen Folgen hervortreten. Während
also die Hingabe an einen engeren Kreis im allgemeinen dem
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Bestände der Inclmdiialitit als solcher weniger gOnstig ist als
Ibre Existenz in einer möglichst grofsen AUgemeinheit, Ist
psychologisch doch zu bemej*ken, dafs innerhalb einer sehr
erofren Kulturgeraeinschaft die Zugehörigkeit zu einer Familie
die Individualisierung befördert. Der JEinzelne vermag sich
fegen die Gesamtheit nicht zu retten; nur indem er einen
'eil seines absoluten Ich an ein paar andere aufgiebt, sich
mit ihnen zusammenschliefst, kann er noch das Gefiihl der
Individualität und zwar ohne fihertriehenes AhschlieTsen, ohne
Bitterkeit und Absonderlichkeit wahren. Aach indem er seine
Persönlichkeit und seine Interessen nm die einer Reihe an-
derer Personen erweitert, setzt er sich dem tlhngen Ganzen
sozusagen in breiterer Masse entgegen. Zwar der Individua-
lität im Sinne des Sonderlingtums und der Innormalitilt jeder
Art wird durch ein famiiienloses Leben in einem weiten Kreise
weiter Spielraum gelassen; aber für die Differenzierung, die
dann auch dem gröfsten Ganzen zugute kommt, die aus der
Kraft, aber nicht aus der Widerstandslosigkeit gegenüber ein*
seitigen Trieben hervorgeht — fllr diese ist die Zogehttrigkeit
SU einem engeren Krose inno^ialb des weitesten oft von
Nutzen, vielfach freilich nur als Vorbereitung und Übergang.
Die Familie, deren Bedeutung zuerst eine politisch reale, mit
wachsender Kultur mehr und mehr eine psychologisch ideale
ist. bietet als Kollektivindividuum ihrem Mitglied einerseits
eine vorläufige Differenzierung, die es auf diejenige im Sinne
der absoluten Individualität wenigstens vorbereitet, andererseits
einen Schutz, unter dem die letztere sich entwickeln kann,
bis sie der weitesten Allgemeinheit gegentlber bestandsfahig
ist Die Zugehörigkeit zu einer Famäle stellt in höheren
Kulturen, wo doch zugleich die Rechte der Individualität und
der weitesten Kreise sich geltend machen, eine Mischung der
charakteristiachen Bedeutung der engen und der erweiterten
aoeialen Gruppe dar.
Wenn ich oben andeutete, dafs die gröfste Gruppe den
extremen Bildungen und Verbildungen des Individualismus,
der misauthropischen Vereinzelung, den barocken und launen-
haften Lebensformen, der krassen Selbstsucht gröfseren Spiel-
raum gewährt, so ist dies doch nur die Folge davon, dafs die
weHere Gruppe geringere Ansprttdie an uns stellt, sich weniger
um den Eimwlnen kümmert und deshalb das volle Auswachsen
auch der perversesten Triebe weniger hindert als die engere.
Die Gröfse des Kreises trägt also nur die negative Schuld,
und 03 handelt sioh mehr um Entwicklungen aufserhalb als
innerhalb der Gruppe, zu welch' (jrstcren die gröfsere ihren
Mitgliedern mehr Siöglichkeit giebt, als die kleinere. Wah-
rend dies einseitige Hypertrophieen sind, deren Urr^ache oder
deren Folge eine Schwäche des Individuums ist, sehen wir
doch auch, wie gerade in der Einseitigkeit, die die Stellung
4'
üiyitizcü by GoOglc
52
X 1.
I in einer grofsen Qitme mii nefa bringt, eine unvergleichfidi
I starke KnaAqiielle fliast und zwar nicht nur fUr die Qesfiint-
keit; sondern auch ftir den Einzelnen. Durch nichts wird
diV^ klarer dargelegt^ als durch die unzählige Male >>eobaclitete
Tliar.saclie, dafs l*ersnr)en, die in einem be.stimn]t<'ii Wirkungs-
kreise alt geworden «ind, unmittelbar nach dem Ausscheiden
auB denselben die Kräfte verlieren, durch die sie bisher ihren
Beruf ganz zureichend erfUllt haben; nicht nur, dafs dieses
Kraftqnantum, ntdit mehr ISugs der gewohnten Balmen ver-
lanfend, sidi nicht in nen gebotene hindnfindeD kann und
deshalb modert^ sondern die gesamte Persitailichkeit in allen
ihren, auch aufserhalb des Berufes liegenden Bethätigungen
klappt in der Mehrzahl solcher FiÜle zusammen, sodafs es
uns nachtrÄglich scheinen mag, als habe der Organismus an
unfl für sieh schon lange nic'tt mclir dip zu »einer Bethäti-
giui^ ( rfürderiichen Kräfte beaeasen und habe gerade mir in
dieser bestimmten Form derselben ein in ihm selbst eigentlich
nicht mehr liegendes Vermögen entfalten können . — ungefähr
wie man aich ron der Lebenakraft Tomtellte, daTs sie, Uber
die Uofi natllriichei^ in den Bestandteilen des Körpers wob-
nenden Krifte hinaus, den diemiachen nnd physikalischen
Wirkungen in demselbiBn noi^ eine besondere, der apecififlchen
Form des Organischen eigeno Kraft hinzufügte. So gut man
min dipsf dt'm Leben abgesjnochcn und die scheinbar durch
dasselbe erzeugte Krnftgumme auf fine besondere Zusammen-
stellung der Bonst b> kannten, im itatiirlichen Kreislauf befind-
lichen Kräfte zurückgeführt hat, so gut wird man den ener-
gischen Zusammenhalt der Persönlichkeit nnd den Kraft-
snaehnla. den der Beruf uns su verleihen nnd den die Folgen
des VerayHieiiB desselben sn beweisen scheinen, nnr als eine
besonders günstige Anpassung und Anordnung der anch sonst
in der Persönlichkeit vorhandenen Kräfte erkennen ; die Form
erzeugt eben keine Kraft. Wie nun aber dennoch das Lieben
t)i ritsächlich eben die^ besondere, mit nichts anderem ver-
gleichbare Kombination und Konzentration der Naturkräfte
ist, so bewirkt auch der Beruf durch die Art, wie er die
Kräfte des Individuums uuorduet, eben doch Eutfaliuiigen
nnd Bwec&mäfsige Znaammenfifuwnngen dmelben, die sonst
nmnöglich wflren. Und da nar innerhalb einer grofsen nnd
sehr arbeitsteilig gegliederten Gruppe diese specinsehe Foitn*
gebnng für den Einzelnen stattfinden kann, so wurd auch anf
diesem Wege wieder durchsichtig, in wie engem Zusiumnen-
hange die Kräftigung und Durchbildung der Persönlichkeit
mit dem Leihen innerhalb eines gröföten Kreis« s steht.
Aus weiter(*r Entwicklung dieses ZusanimenhangeR ver-
stehen wir, dafs eine starke Ausbildung der Individualität
und eine starke Wertschätzung derselben sich häufig mit
kosmopolitischer Gesinnung paart, dafs umgekehrt die Hingabe
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S8
an «ine engbegrenitB sociale Gruppe beides yerhindert Und
dia tafimrea Formen, in denen die Gesinnong «ich ausspricht,
folgen dem gleichen Schema. Die Renaissanceaett bildete in
Italien einerseits die vollkomniene Individualität aus, anrlerfr-
seits die weit über die Grenzen der ong« ren socialen Um-
gebung hinausgehende GcBiunung" und Gesittung; dies spricht
nch direkt z. B. im Worte Dantes aus, dafa — bei all seiner
leidenachafÜidieu Liebe zu Florenz — ihm und seinesgleichen
die Welt das Valeriand aei, wie daa Heer den Fiaehen; in-
direkt und gleiehaam a posteriori beweist es sieh dadufck
dsGi die Lebensfomen, die die itaUeDiaelie Renaissance Bchn^
▼OB der ganzen gebildeten Welt angenoimiisn weiden sind
und zwar gerade, weil sie der Individualitftt, welcher Art sie
auch immer »ei, einen vorher ungeahnten Spielraum g"a])on.
Als Symptom dieser Entwicklung nenne ich nur die Oüring-
schatzung dt.ä Adels in dieser Epoche. Der Adel ist nur so
lange von eigentlicher Bedeutung, aU er einen i^ocialen Kreis
beMichnet, der, in steh eng zusammengehörend, sich um so
enofgiseher von der Masse aller anderen und zwar nach unten
und nach oben abhebt; seinen Wert zu leugnen bedeutet
das Dnrdibreehen beider Kennzeichen, bedeutet einerseits die
Ei^enntnis vom Werte der PorsOnliehkei^ ^eichTiei welchem
Oeburtskreise sie angehört, andererseits eine Nivellierung
gegenüber (lenjenigen, über die man sich sonst erhoben hat.
Und beide» hiidet sich thatsäcbüch in der Litterator jener
Zeit deutlich ausgesprochen.
Aus solchen ZusammenhlUigen erklärt sich übrigens der I
Verdacht der Hendosigkeit nnd des Egoismus, der so hfl«£ig
auf gTofsen Mtonem lastet» weil <jüe objektiTen Ideale^
ron denen sie entflammt sind, nach ihren Ursachen und Folgen
weit über den engeren sie umgebenden Kreis hinansreiehen
und die Möglichkeit dazu eben in dem starken Herausreden
ihrer Tndi\nmialität über den socialen Durchschnitt gegeben ist;
um so weit sehen zu können y muCs man tlber die l^ilichst-
stcheaden hin wegblicken.
Die bekannteste Analogie dieses Verhältnisses bietet der
Zusammenhang, den Repubiikanismus und Tvrannis, Nivelle-
ment nnd Despotismus und iwar sowohl nn Naeheinander
wie im Zugleicn aufweisen. AUe Ver&ssung, die ihren Cha-
Tskter von der Aristokratie oder der Bourgeoisie entlehnt,
kurz, die dem socialen und politischen Bewufstsein eine Mehr-
zahl aneinander grenzender engerer Kreise bietet, drängt, so-
bald sie überhaupt über sich hinauswill , einerseits nach der
Vereinheitlichung in f-iner persönlichen führenden Gewalt,
andererseits zum Socialismus mit anai-chischem Anstnch, der
mit dem Auslöschen aUer Unterschiede das absolute Recht der
freien Persönlichkeit herstellen will. So fUhrte der PoIy-
Mraa» des Altertums mit seinen bkal geeefaiedenen und m
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54
vielfachen Verhältnissen der Über- und Nebenordnung stellenden
Bezirken giUtlicher WirLsamkeiten gegen Beginn unserer Zeit-
rechnung aufwärts zum Monotheismus, abwärts zum Atheismus;
■0 haX der JesnitismiiB im Ge^enMts m der aristokmtiw^en
KirobenTer&Mimg eineneits eine gleichmtushende Demagogie,
andererseits einen päpstlichen ÄbiolutiRmas sn Zielpunkten.
Deshalb ist das NiveUement der Massen in der Regel da*
Korrelat des Despotismus, und deshalb läTst gerade diejenige
Kiri'he, die am energischsten in einer persönlichen Spitze
gipfelt, die Individualität ihrer Bekenner am wenigsten auf-
kommen und hat den mei-^ten Erfolg im Aufbau eines welt-
umspannenden, die Persönlichkeiten als solche möglichst nivellie-
renaen Reiches gehabt.
In diesen Beispielen nimmt unsere Korrelation swischen
individualistischer und kollektivistischer Tendens also eine
andere Form an: die Erweiterung des Kreises steht mit der
Ausbildung der Persönlichkeit nicht fiir die Angehdrigen de*
Kreises selbst in Zusammenhang, wohl ^ber mit ner Idee einer
höch:>ten PcrHrtnlichkeit, an die gleicheani diT ii:rlividaelle
Wille abgegeben wird, die dafUr, wie in anderer Beziehung
die Hcilijrojj. Stellvertretung übernimmt
Die iuiit Wicklung, die von der engeren Gruppe aus
gleichseitig cor IndiTraualisierung und mr gisateigertian oodsli-
siernng lutirt l^ucht freilich nicht immer beides in gleichem
MaTse zu realisieren > sondern das eine Element kann unter •
Umständen das andere sehr überwiegen, da es sich ja nicht
um eine metaphysische Harmonie oder um ein Naturgesetz
handelt, das mit innerer Notwendigkeit jerJe?' Qnnntuin des
einen mit dem gleiclieii des andern verbände, sondern das
ganze Verhältnis nur als ein sehr allgemeiner ausammen-
fassender Austlruck für diis Ki*sultat sehr komplizierter und
modifizierbarer historischer Bedingungen gelten darf. Wie
oben schon angedeutet, begegnen wir auch dem Fall, dafs
die Entwicklung nicht nach beiden Seiten sugleich, sondern
vor die Aitemative zwischen beiden führt und doch auch so
die Korrelation zwischen ihnen beweist. In sehr bewufster
Weise zeigt dies eine Phase in der Geschichte der Allmend,
des KoJlektivbesitzes der schweizerischen TTemeinden. Inso-
weit dif Allmenden in den Besitz; von Teilgtunninden, Orts- und
Dorfkf>rp(natioiien ub<'r«regangen sind, werden sie jetzt in
einigen Kantonen (Zürich, 6t. ü allen u. a.j von der Gesetz-
Sebung mit der Tendenz behandelt, dieselben entweder an
ie einzelnen Genossen au&uteilen, oder an grOfsere Land-
gemeinden ttbeigehen zu lassen, weil jene kleinsten VerbMnde
eine zu geringe personale und territoriale Basis besfifsen, um
ihren Bcmtz für das Öffentliche Wesen recht fruchtbar wmen
zu lassen.
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Man könnte vielleicht das jc^finze Verhältnie, dan wir hier
meinen und das in den maimichfachstt n Modis de» Zugleich,
de« Nncheinaruler, dei^ i'jütvvetler-Oder (rt '^it<llt gewinnt, H>Tn-
boliscii so ausdrücken, dafs die engere Gruppe gcwisöcmiafsen
eine mittlere Proportiüiiale zwischen der erweiterten und der
Individiulitftt Ime^ ao dab jene^ in sich gc«chlo«aen nnd
keines weiteren Fnkton bedtlriend, das gk^che Besnltat der
LebensmOglichkeit ei|;iebty das ans dem Zusammen der beiden
letzteren hervorgeht. So hatte a. B. die Allgewalt des römi-
schen Staatsbegriffes zum Korrelat, dafs es neben dem ius
Sublienm ein ius privatum gab; die fiir nich ftusgeprägto Ver-
altun^';siiorm j«*!ies allumfassenden Ganzen tordcrte eine ent-
gprecliende für die Individuen, die es in sich schlofs. Es gab
nur die Gemeinschaft im gröfsten Sinne einerseits und die
einzelne Person andererseits : das älteste römische Recht kennt
keiiie Koiporationen, und dieaer Geiat Ueibl ihm im all^e-
memen. UiQgekehrt giebt es im deatsohen Recht kerne
andern Bechtsgrundsätze ffXr die Gemeinachafit wie ftlr die
Emaelnen; aber diese Allgemeinheiten sind nim aach nicht
die allumfassendeu des rOmischen Staates, sondern kleinere,
durch die wechselnden und manniehfaltigcn B^^dürfniBse der
Einzelnen hervorgerufene. In kleineren Gemeinwesen bedarf
es nicht jener Abtrennung des öffentlichen Rechts vom pri-
yaten, weil das Individuum in ihnen inniger mit dem Gamsen
▼erbunden ist
£• iat nur eine Folge des Gedankens einer soldien Be-.
sEehiuig swiachen Individuellem and Socialem, wenn wir sagen:!
ja mehr statt des Menschen als Socialelementes der Mensch <
«la Individuum and damit di(|ienigen Eigenschaften, die ihm
blofs als Menschen zukommen , in den Vordergrund des
Interesses treten, desto enger Tnuis die Verbindung sein, die
ihn gleichsam über den Kopf seiner socialen Gruppe hinweg
zu allem, was idierhaupt Mensch ist, hinzieht uufl ihm den
Qedanken einer ide^den Einheit der Meubchcnwclt nahe legt.
Für diese Korrelation liefert die stoische Lehre ein dentliches
BeiapieL Wahrend der poÜtiaeh sociale Znsammenhaagy in
dem der Kinzehie steht, noch bei Aristoteles den Quellpunkt
der etfaischen Bestimmungen bildet, heftet sich das stoische
Interesse, was das Praktische betrifft, eigentlich nur an die
Einzelperson, und die Heranbildung des Individuums zu dem
Ideale, welchem da^ System vorf^chricb, wurde so ausschliefslich
zur Aegide der stoisclu n I'i axis, dals der Zusammeuhaug der
Lndividuvii untereinander nur ak Mittel zu jenem idealen in-
dividualiotibciicn Zweck erscheint. Aber dieser freilich wird
ieiiiMii Inhalt nach von der Idee einer allgemeinem durch aUes
Einaelne hindorchgehenden Vernunft bestimmt Und an dieser
Vemunft, deren ^alisierung im Individuum das stoische Ideal
bildel^ hat jeder Mensch TeU; sie schlingt, ttber alle Schranken
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der Naüonaiität und der socialen At^p^azung hinweg, ein
Band der Gleichheit und Brüderlichkeit um alleft, w<i8 Menwh
heifflt Und »o liat denn der Individualismus der Öboikor
ihren KosmopoIitismiiB cum Komdlement; die Sprengung der
eogerai uocüSkn Baader in jener X^»odie nicht wenlror dnnh
die politiMhen VerhiltniMe wie doxch theoretitche Üterlapuig
begünstigt y schob, unserm Torangeftellten Prinnp smlgei
den Schwerpunkt des ethischen InteresM einerseits nach dem
Individuum hin, andererseits nach jenem weitesten Kreise, dem
jedes menschliche Individuum als solches angehört, Daf« die
Lehre von der Gleichheit aller MenHchen häuiige Verbindungen
mit einem extremen IndividuaiLsiiiob eingeht, verstehen wir
aus diesem und den folgenden GrUnden. Es liegt ps^cholo-
tisch nahe genug, dals die furchtbare Ungleichheit, in welche
er Einielne in gewissen Epochen der Socielgeschichte hinein-
geboren wurde, die Reaktion nach zwei Seiten hin eatfosadte:
aewohl nach der Seite des Rechts • der Individualität , wie
nach der der allgemeinen Gleichheit; denn beides nflegt im
fleielien Grade den gröfsoren MaRsen zu kurz zu kommen,
[ur au8 diesem zweiseitigen Zusammenhange heraus ist eine
J^rscheiuung wie Rousseau su verstellen; und die steigende
Kutwicklung der allgemeinen Schulbildung zeigt dieselbe
Tendenz: sie will einert^^its die schroÜ'eu Unterschiede der
geistigen Niveaas beseitigen und gerade dnidi die HersteHung
einer cewissen Gleichheit iedem Etnselnen die früher yersagte
Höglidkieti mr Geltendmachttiig seiner individuellen Be-
fiUiigungen gewihren. Ich glaube sogar, dafs die VorsteUung
der allgemeinen Gleichheit psychologisch durch nichts melir
^efHrdert werden kann, als dureh oin scharfes Bemifstsein
von dem Wesen und dem Werte der Individualität, von der
Thatsache, dafs jeder Mensch doch ein Individuum mit cha-
rakteristischen, in genau dieser ZuhaiunitjjKsetzung nicht zum
zweiten Male auftindbaieu Eigeoschafteu ist; gleichviel wie
diese Eigenschafien inbeltlich beschaffen s«en: die Fora der
individnalitit kommt doch jedem Menschen sn und bestimmt
seinen Wert gemäfs dem Seltenheitsmoment Hierdurch wird
eine formale Qleichheit geschaffen; gerade wenn jeder etwaa
Besonderes ist, ist er insoweit jedem andern gleich. Und das
Dogma vom absoluten Ich. von der pers^^nliehen unsterblichen
Seele, die jedem Menschen eigen sei, muibte mehr aly alles
andere zu der Vorstellung der allgemeinen Gleichheit bei-
tragen, weU die empirischen Unterschiede, die man im Inhalte
der Seelen vorfindet, gegenüber ihren ewiffen und absoluten
Qualtttten, in denen sie gleich sind, nicht in Betracht kommen«
Wenn man yon dem soeialistisolien Charakter des ürohrwtsii-
tune gesprochen hat« so geht dieser TisUeicht weniger aoa
positiven Grttnden, als aus den negativen der vollständigen
Gieiohgilt^kett herror, die die ersten Christen alledem
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feg8iillib«r empfandfliit wis ■onst Untenehied« VBler den Men-
sehen aosmacnt — und zwar gerade wegen des absoluten
Wertes df^r Einzelseele. Hört dm absolute Individualität auf,
so werden die Einzelcen nur als Summe ihrer Eigenachaftcn
gerechnet und sinrl natürlich .^o verschieden, wie diese es sind;
Rind diese Eigeiiächaftfm über etwas Nebensächliches gegen-
über der Uauptsache, iiämlicb der Persönlichkeit, Freiheit und
Ünsterbliclikeit der Seele, die etwa noch dasu wie bei BooueMi
Ton Tonihereiii ncü einer ToUkommeneii, ent dmth Ernehong
und Gesellschalt verdorbenen Güte erfireut^ so ist die Gleiok-
heit alles Menschenwesens die natürliche Folge. Übrigens
fuhrt, wie ersichtlich, dieser metaphysische Sinn der Persön-
!ic!ikeit zur VemficKlässigung ihres empirischen und eiVentlich
be<ieutung8vo!h'Ti Inhalts. Da nun aoor die weit« rj^eh ende
Üociahsiening m einer natürlichen und innerlich notwendigen
Beziehung zu einer weitergehenden Individualisierung steht^
so ist das eUeu charakterisierte Verhältnis, wo es praktisch
wird. aUenud TerderbUGfc, Betvolntionftre Bewegungen, wie
die der Wiedertänfer oder die yon 1789 , kommen zu ihren
logischen und ethischen ünmdglichkeiten dadnrch, dnls sie
zwar die niedere Allgemeinheit zu gunsten einer höheren auf-
heben, aber ohne zugleich das Recht der Individualitilt za
wahren. Besonders die französische Revolution zeigt durch
ihre Beziehung zu Rousseau ^ wie leicht die metaphysische
Bedeutung der Persönlichkeit zur Vernachläaaigung ihrer
realen Bedeutung fuhrt und wie durch diese nun auch die
Soetaliaierung leidet, die von jener ausging* Wenden wir uns
nun wieder m dem Verhidtnis des Individiinlinnni lam Koe-
mopoUlismue zurück, so stellt sieh in ethischer Beziehung der
errtere oft als Egoismus dar, wie es da sehr nahe liegt, wo
das Baad der patriotischen Gesinnung zer&llen ist, das den
Einzelnen zwar an einen Ivlcineren Kreis fesselt, der
KoanKjpolitisnuifl es thut, aber dafür dem Egoismus ein knif-
a^eres Gegengewicht bietet. Schon die Cyniker zeigen die
eiche Korrelation zwischen Kosmopolilfsmas und Kgoismus,
indem sie dai« Zwischenglied des Patriotismus aus64;ii alten,
dessen es fUr die meisten Menschen bedarf am den JESgoismas
im attmietioohen Sinne an beogen. Wenn andereneits die
We^iichn Phflosophie vidiach noch über Aristoteles hinane
6i an keiner scharfen begrifflichen Fassung der Persönlich-
keit gebtacht hat^ wenn aw B^riff der Vemunfit ihr sie oft
genug zwischen alfefemeinster Weltvernnnft und rein per?>ön-
licher Denkkralt schwankt, so ist d\m doch flie Folge der an
den engeren sta^tiichen Kreis al« an ein gewisses Mittleres
•wischen Allgemeinstem und PerBönlit hstem gebundenen Denk-
gewohnheit. Die Anwendbariieit diei>er Formel von der Kor-
lebtiott swisdien St^gentn^ des IndiTidneUen und Anwacheen
dsr Soeialgiuppe anf etibiaäe VeriilltaiMe labt sieb lemer in
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58
folgender Wendune darstellen. Solange dae wirtschaftliche
oder aoDfttige Produzieren innerhalb einoB eqgerai Kreises
vorgeht , ho dafs dem Schaffenden sein Pnhlikum mehr oder
weniger bekannt ist, wird die unvermeidHrhe psychologische
Association zwischen der Arbeit und den Perhoueii , für die
sie bestimmt ist, oft zweierlei verhindern: einerseits das rege
Interesse an der Sache selbst und ihrer ohjektiven Vollkommen-
heit, gleichgültig dagegen, welchen zufälligen imd sobjektiT
bestimmten mlllrlniiKPen sie gemde dienen wird, andererseits
aber auch den reinen Egoismus, dem ntur an dem Preise seiner
Arbeit liegt, aber gar nicht daran, von wem er gezahlt wird.
Beides aber wird durch die Vergröfserung des Kreises, an
den die Arbeit sich wendet, begünstigt. Wie im Theoreti-
schen dasjenige als objektive Wahrheit erscheint, was Wahr-
heit für die Gattung^ ist, wovon sich die Gattung, von vorüber-
gehenden psychoiogiöchen Hindernissen abgesehen, miifs über-
zeugen lassen: so erscheinen uns Ideale und Interessen in
demselben Mab« objeküT, als sie einem grOfstsn bteressenten-
kreise gelten ; attes SubjektiTe, Einseitige, wird aus ihnen da-
durch nerausgeläutert, daTs sie sich an eine möglichst grofse
Anaahl von Subjekten wenden, in der der Einzelne als solcher
verschwindet und die das BewuTstsein an die Sache zurück-
weist. Ich halte e» nicht flir zu kühn, wenn ich da*? soge-
nannte sachliche, unpersönliche, ideale Interesse ausdeute als
enttitandea aus einem Maximum in ihm zusammenströmender
Interessen; dadurch erhält es seinen verklärten, scheinbar
über allem Persönlichen stehenden Charakter. Deshalb \MÜt
es sich anch nachweisen , dafs diejenigen Bethätigungen , die
am häufigsten und gritndlidisten die selbstlose Vertiefung in
die Angabe, die reine Hingebung für die Sache aufweisen,
also die wissenschaftlichen, kOnsuerischen , die grofsen sitt-
lichen und praktisL'hon Probleme, sich ihren Wirkungen nach
immer an das weiteste Publikum wenden. Wenn man z. B.
sagt, dafs die Wissenschaft nicht um ihrer NlUzlichkeit oder
überhaupt nur um irgendwelcher „Zwecke", sondern um ihrer
selbst willen betrieben werden müsse, so kann dies nur ein
ungenauer Ausdruck sein, weil ein Handeln, dessen Erfolg
nidnt ron Menschen als ntttdich und fordernoh empfanden
wllrde^ nicht ideal, sondern sinnlos wäre ; die Bedeutung davon
kann nur jene psychologische Verdichtong und gegenseitige
Paralysierung unzähliger Einzelinteressen sein, im Gegensata
g^en welche die Verfolgung der im Einzelnen erkannten
und be^^^l^8ten Interessen eines engeren Kreises als Ntttzlifh-
keit oder Zweckmäfsigkeit xai* ^^oxt^v erscheint. Wir seiien
hier also, wie die Beziehung: zum allcrißTörsten Kreise zwar
auch Uber den iudividuelleu Eguismu^» hinaustragen kann,
aber doch das Bewnfstsdn eigennicher socialer Zweckmftfsig-
keit anfhebt^ das ▼ielmehr den Bethätigimgcn fbr eine kldnere
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X 1.
9$
Gruppe eigen üt; andereraeite aber führt die bei Vergrttlbe-
rung des socialen Kniies eintretende Schwächung des so»
cialen BewuHstseins gerade auf dem Gebiete der Wirtschaft-
liehen Pro^^uktion zum vollständigen Elgoismiis. Je weniger
der Produzent seine Konsumenten kennt, desto ausschlie&-
licher richtet sich sein Interesse nur auf die Höhe d^
Preises, den er von diesen erzielen kann; je unpersönlicher
nnd qualitätloser ihm sein Publikum gegenübersteht, um so
melir entipricht dem die amachliefaliche Hicktuiig auf das
qualititloae Beaultat der Arbeit^ auf daa Geld; von jenen
hachsten Gebieteu abgesehen, anf denen die Energie der
Arbeit «ua dem abatnükten Idealismua stammt, wtid der Ar-
beiter um 80 mehr von seiner Person nnd seinem tjtliihcfien
Interesse in die Arbeit hineinlegen , je mehr \hm sein Ab-
nehmerkreis auch persönlich bekannt ist und nahe steht, wie
es eben nur in kleineren V^erhäitnissen statthat. Mit der
wachsenden Grorae der Gruppe, für die er arbeitet, uüt der
wachsenden Gleichgiitigkeit; mit der er dieser nur gegenüber-
ataben kann, fidlen Tielerlei Momente dahin, die dm wirt-
fcbafilichen Egoiamua einschränkten« Kach vielen Seiten ist
die menschliche Natnr nnd sind die mensclUichen Verhältnisse
•0 anf^sgtt da(s, wenn die Besiekungen des Individuums
eine gewisse Qröfse des Urafanges überschreiten, es um SO
mehr auf sich selbst zurückgewiesen wird.
Und nun zeigt eine noch weiter in das Gebiet des Indi-
viduellen und Socialen vorschreitende ethische Betrachtung,
wie auch für die äu£sersten Punkte beider noch unsere Kor-
relation gilt Was man als Pflichten gegen sieh selbst im
gebietenden wie yeiliielenden Sinne beeeteknety ist gerade
das, was andererseits auch als Würde und Pflicht des „Men^
sehen überhaupt* au gelten pflegt Die Selbsterhaltung,
Selbstbeherrschung, das rechte Selbstgefühl ^ die Vervoll-
kommnung der eigenen Persönlichkeit — das alles sind
Pflichten, die wenigstens in dieser abstrakten Form alle spe-
cielle Beziehung zu dem engeren socialen Kreise ablehnen,
der uns sonst, hier andern als dort, seine besonders charak«
terisierten Verpflichtungen auferlegt Sie gelten nicht nur
unter aUen mOgllcken Yeriialtnuseiiy sondern ihre teleologische
Bestimmung gebt auch auf die weitesten und allgemeinatsn
Kreias^ mit denen wir überhaupt in Berührung kommen und
kommen können. Nicht als Angehörige dieses und jenes
Kreises sollen wir solche Selbstpflichten erfüllen, sondern als
Menschen überhaupt; und es ist gar kein Zweifel, dfifs dn.s all-
gemeine MenHchentum, das uns dieselben auferlegt, mir der
weitere sociale Kreis im Gegensatz zu dem engeren ist, der
unmittelbarere und in ihrer Beziehung auf dritte Personen
dentlickere Leistungen von uns fordert Gerade weil man
gewohnt 18% dafii Aickt nur Pflicht gegen Jemand sei, wird
sie als Pflicht gegen sick seibat voiigestellt, sobald man sie
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60
XL
empfindet, ohne dafs aie lieh in greifbarer Weise auf andere
Menschen besöge. Die erweiterte und verdichtete Qattungs-
erfahrung hat aie»*»n Pflichten volle sittliche Würfle v*»rHehen,
indem sie zugleich wegen der Weite des Kreises und der
Fülle der Juteressen und Zwecke, die sich in ihiiou zu-
ftanmiciifauden, alle einzelne teleologische Beziehung derselben
hinter den Horizont des BowuTstseins rückte und dieses, da«
doch einen Zweck, ein Objekt dee PflichlgefilliU anclite^ nur
an mck seHiet snrtIcksnweiMii woiete, aodnft mnde die
Pflicht gegen die grOfste AUgemeinheit una ab Flucht ge^en
das eigenste Ich encheint.
Mit einer etwas anderen Wendung, die statt des Wohin
mehr das W^oher der Sittlichkeit ins Auge faG^t. stellt sich
dies so dar. Wir unterf^oheiden nach Kants Voruant^: sittliche
Heteronomie, d. h. sittlichtjft Handeln auf Grund auisereu
Gebotes, von stttlicher Autonomie, die von innen heraus und
nur um dem eigenen Püich^efUhl an genügen Gleiches thut
Wie nnn ab«r alle Pflicht ihrem Zwecke nach Pflicht gegen
Jemand und dieser Jemand orsprttngUch eine inlsere Person
is^ 00 ist sie auch ihrem Ursprung nach ein lUdkeres CMot,
das erst durch einen langwierigen, durch die ganze Oattunge-
geschichte sich hindurchziehenden Prozef« in oiis Gefühl eines
roin innerlichen' Sollons fi])ergeht. Nini e*^hört« aber offen-
bar die ninfasaende Fülle einzelner äuiserer Impulse dazu, um
den üi's[jruiif^ deM einzelnen sittlichen Ge botes ftlr das Be-
wurstdeiu zu verlöschen^ denn Uberall bemerken wir, wie
einer einaelnen Ersdieinung ihre Gteneeis psjehologisch an-
klebt, solange sie nur ans dieser einen henrorgegangen ist,
dafs sie aber psychologische Selbstindigkeit erlangt, sobald
das H(;rs'orgehen des Gleichen ans einer grofsen Anzahl und
Mannichfaltigkeit von Vorbedingungen beobachtet wird. Die
psycholofi^ischi' Verbindung mit jwler einzelnen derselben löst
sich in dem Mar?<% ;df< dir Erscheinung anderweitige eingeht
Taui^endfflch können wir tis schon im individu<'ll»3n Leben be-
obachten, wie ein gewisser Zwang nur oft genüge nur von
genügend vielen Seiten, ausgeübt zu werden braucht, um eine
Gewohnheit und schlielslich einen selbstftndigen, des Zwanges
gar nicht mehr brauchenden Trieb au der betreffenden
Handlung au erzeugen* Und das Gleiche wird vermöge der
Vererbung atattflnden. Je öfter und aus je mannichfaltigeren
Verhältnissen heraus innerhalb der Gattung die Nötigung zu
social nützlichen Handlnntren ertVdf^t ist, desto rfifr werden
diese aU an sich notwendig cin}»tui)den und ann eiiu'ni auto-
nom erscheinenden Triebe des Individuum« heraus ausgeführt
werden, — «odafs auch hier die grofste Fülle, der weiteste
Umkreis der Impulse sich unter Ausschaltung der dazwischen
liegenden Sphlren als das AUerindividnellste dantellt län
Blick auf den Inhalt der sittlichen Autonomie bestttigt
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61
diesen Zommiieiihang. Engere und epeeiellere Pfliehten
pflegen nicht unmittelbar an diese Autonomie zu anpeHierea;
in deme^bea Ma&e, in dem unsere Pflichten inbaltÜcn weiteren
Charakt^ tragen, hängen sie dagegen nur von persönlichem
Pflichtgefiihl ab. Untersuchen wir. wodurch sicn f^enn das
,aus blofser Sittlichkeit^ zu Vollbringende von den äufser-
hchen Geboten des Staates, der Kirche, der Sitte unter-
scheidet, so finden wir immer, dals ein aligemein Mensch-
liches ist; — mag das Allgemeine nun qualitativen Sinn wie
bei den Fffichten der Familie ge^flber oder ooantatetiTeii
wie bei der Pflicht der allgememen Menedieiiliebe haben.
Die Specialzwecke haben eine Spedalexekutive; das allgemein
Menschliche liegt dem Einzelnen aus sich aelbat anaanfUhren
ob. Die autonome Sittlichkeit enthält das, was „an sich*^ gut
ist; das i-^t aber mir das, was für den Menschen überhaupt,
d. h- für die maxi male Allgemeinheit, gut ißt. Ks läl>^t sich,
wie icli glaubr. behaupten, dafs, um wieder Kiindscbe Aus-
drücke zu brauchen, zwischen dem fStatuiari^chon und dem
autonom Gebotenen ein gradaellcr Übergang, parallel dem
swiadien dem kleineren und dem grölaeren socialen Kreisei
stattfindet Man mnfs im Aoge haben, dafo dies ein kon-
tinuierlicher Plroeers ist, dafs nicht etwa nur die Extreme des
IsdividaaÜBmus und des Koamopolitismua sich psychologisch
und ethisch berühren, sondern aafs echnn auf den Wegen zu
diesen von der socialen Gruppe aus die zurückgelegten
Strecken heider Richtungen sich zu ent.s|»recben pflegen.
Und zwar gilt dies nicht nur für Einzel-, bondern auch Kol-
lektivindividuen. Die Kutwicklungsgeschichte der Familieii-
formen bietet uns daftUr manchen Beleg, z. B. den folgenden«
Als die Mntterfionilie (wie Bachofen und Lipnert sie lekon*
stmiert haben) durch die Geltung der mitnnlichen Macht ver-
dringt war, war es zunächst nicht sowohl die Thatsache der
Eraeogong durch den Vater, die die Familie als eine dar-
stellte, HH vielmehr die Herr^'ehHft, die er über eine be-
stimmte Anzahl von Ment-ciien ausübte, unter deneii sich
nicht nur seine ibesiiaclikommen, sondern Zugelaufene, Zu-
gekaufte, Angeheiratete und deren ganze Familien u. s. w,
befanden und unter einheitlichem Kegimente zusammenge-
halten worden. Aus dieser nnprttngliäien patriarchalischen
Familie heraus difierenaierC sieh erst spller die jüngere der
hloiSMm Blutsverwandtschaft) in der Eltern und Kinder ein
sdbatlndiges Haus ausmachen. Diese war natürlich bei
weitem kleiner und indiTiduelleren Charakters als jene um-
&ssende patnarebalische; allein eben dadurch ermöglichte
sich ihr Z^u.-^aunnenschhifs j^u eiuem nun vi<d trr^>rKeren staat-
lichen Ganzen. Jene aiiere Gruppe konnte aiienlaUs sich
selbst genügen, sowolil zur Beschafmng des Lebensunterhaltes
wie /^ixr kriegerischen Aktion; hatte sie sich aber erst in
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62
Z 1.
kleine Familien individualisiert, so war ans Daheliegenden
örlinden der Zusammnnaohhirs der letzteren zu einer nun er-
weiicricii Gruppe möi^Uch und erfordert, und Plato hat diesen
Prozeib nur in der glniclien Richtunj? fortgesetzt, wenn er die
Familie Uberhaupt aufhob, um die btoatliche Gemeinschaft als
solche auf ein Maximum von ZusammeDBchluCB und Kraft zu
bringen.
Es ist »chan für die Tierweit die gaaa gleiche Beobach-
tung gemacht worden, dafs die Neigung zur Familienbildong
in umgekehrtem VerhÄltnis zur Bildung gröfserer Gruppen
steht;- diis Tnonog^amo und selbst polygame Verhältnis liat
etwa?! so ExkUisivetj, die Sorge für die Nachkomme nschaft
beansprucht die Kitern in so hohem Mafse, daf« die weiter-
gehende Socuilisiening l>ei derai'tigen Tieren darunter leidet
Darum sind die orgauidierten Gruppen unter den Vögeln
Terhiltnituftfsig selten, wahrend z, B. die wilden Himde^ hei
denen v^dlige Promiskuität der Geschlechter und g^naeitige
Fremdheit nach dem Akt herrscht, meistens in eng zusammeik-
heltendeTi Meuten leben, und bei den Säugetieren, bei denen
sowohl familienhafte wie sociale Triebe herrschen, bemerken
wir sfetf. daf? in Zeiten des Vorherrschens jen*»r. siIho w^h-
rmd der l^aarungs- und Erzeugungszeit, die letzteren bedeu-
tend abnehmen. Auch ist die Vereinigung der Eltern und
der Jungen zu einer Familie eine um so engere, je geringer
die Zahl der Jungen ist, ich erwähne nur das bezeichnende
Beispiel, dafe innerhalb der Klaaae der Fische diejenigen,
deren Nachkommenschaft völlig sich selbst Überlassen ist, ihre
Eier zu ungezählten Millionen ablegen, während die brütenden
und bauenden Fische, bei denen sich also die Anfibige eines
familienliaften Zusammenhaltes finden, nur wenige Eier pro-
duzieren. Man hat in diosem Sinn*^ behauptet, dafs die so-
cialen Verhältnisse unter den Tieren nicht von den ehelichen
oder elterlichen, sondern nur von den geschwisterlichen Be-
ziehungen ausgingen 2 da ditbc dem Individuum viel grofsere
Freiheit Helsen als jene und es deshalb geneigter machen,
sich eng an den gröfseren Kreis anzuschlieuen, der sich ihm
eben xunAchst in den Geschwistern bietet, sodafs man das
Eingeschlossensein in eine tierische Familie als das gröfste
Hemmnis für den Anschlufii an eine grOfsere tierische Gesell-
schaft angesehen hat.
Wie sehr ühri^ijens die Sprengung der kleineren Gruppe
in Wechselwirkung steht mit Erweiterung der Social iftieiu 112:
einerseits, der Durchsetzung des Individuums andererseits, zei^t
auf dem Gebiete der Familienfonnen weiterhin etwa die
Sprengung der patriarchalischen Gruppierung im alten Rom.
Wenn die bttigerltchen Hechte und Pflichten in Krieg und
Frieden ebenso den Söhnen zukommen wie dem Vater, wenn
die ersteren persönliche Bedeutung > EinfluTs, Kriegsbeule
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6g
o. 8. w. erwerben konnten, so war damit in die patria po-
tBBtas ein Rifs gekommen, der das patriarGhalisdie Veriiiltnii
immer weiter spalten mufste und zwar zu gunsfcon der erwei-
terten staatlichen ZwockmÄfsigkeit, de« Kochtes des grofsen
Ganzen über jedes seiner Mitglieder, aber auch zu gunstcn
der Persönlichkeit, die nun aus dem Verliältnia zu diosem
Ganzen eine Geltung gewinnen konnte, die das patriarcha-
lische Verhältnis anvei^leichlich eingeschränkt hatte. Und
nach der subjektiven Seite, auf das Gefühl der Ihdividoali-
tRt hin angesehen, seigt eine nicht seihr schwierige nsycholji-
gtsche ÜIh riegung, in wie viel höherem Uafiie das Leben in
und die Wechselwirkung mit einem weiteren als mit einem
bescliränkten Kfftise dns Pf^rsönlichkeitsbewuratsein entwickelt.
Dasjenii^f^ n.imlieh, wodurch und woran die Persönlirhkeit
sich (liikuin iitiert, ist der Wechsel der einzelnen (Tcfühlc,
Gedanken, Bethätigunj^n ; je gleichmäfbiger und unlx wef^ter
das Leben iortäciireitet, je weuiger sich die Extreme deä Em-
pündungslehens Ton seinem Darchschnittsniyeau entfernen,
desto went^r stark tritt das OeAihl der PersOnlidikeit aof ;
1*e wilder aber jene Hchwanken, desto kräftiger fühlt sicJl der
lensch als Persönlichkeit. Wie sich Uberall die Dauer nur am
Wechselnden feststellen, wie erst der Wechsel der Accidenzen die
BehaiTÜcTikeit der Substanz hervortrclen liefst, so wird offenbar,
das Ich dann besonders als das Bleibende in allem Wechsel
der psychologischen Inhalte empfunden , wenn eben dieser
letztere besonders reiche Gelegenheit dazu giebt. Solange die
psychischen Anregungen, insbesondere der Gefühle, Jiur in
geringer Zahl stattfinden, ist das leh mit ihnen verschmoken,
bleibt latent in ihnen stecken ; es erhebt sieh Uber sie erst in
dem Mafse^ in dem gerade durch die FuUe des Verschieden-
artigen unserem Bewulstsein deutlich wird, was doch allem
diesem gemeinsam ist, gerade wie sich uns der höhere Begriff
über Einzelerscheinungen nicht dann erhebt, wenn wir erst
eine oder wenig«; Ausgeätaitungen desselben kennen, sondern
erst durch Kenntnis sehr vieler derselben, und um so höher
und reiner, je deutlicher sich d&ü Verschiedenartige an diesen
gegenseitig abhebt. Dieser Wechsel der Inhalte des Ich, der
dieses letrtere als den ruhenden Pel in der Flueht der psy-
diisehen Erscheinungen eigentlich erst filr das Bewnfstsem
markiert, wird aber innerhalb eines grofsen Kreises auTser-
oidentlich viel lebhafter sein, als bei dem Leben in einer en-
geren Gruppe. Man wird zwar einwenden können, dafs doch
ferade die Differenzierung und Specialisierung in jenem den
linzflneri in eine v\e\ ein8eit!^^<!r gir'ichnläfsige Atmoö})häro
bannt als es bei geringerer ArbeitbUuluiig stattfindet; allein
dies als negative Instanz selbst zugegeben, gilt es doch
wesentlich vom Denken und Wollen der Individuen; die An-
regungen des GMlhls, auf die es fllr das subjektive Icfabe-
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64
wuistoem betondera aakommti find«! gmde iiitft, wo
der Mlir differenzierte £uisebe inmitton Mlir düareuierter
anderer Enuielnen darin sieki «nd nmi Veii^elw, Rei-
bungen, specialiaierte Beziehungen eine FfÜle von Eeak-
tionra Auslösen, die im engeren un differenzierten Kreise latent
bleiben, hier aoer gerade durch ihre Fülle und Venichieden-
artigkeit das Gefdhl der eigenen Person steigern oder Tiel-
leicht erst hervorbringen.
Es bedarf sogar durchaus der Differenxierung der Teile^
wenn bei g^Kebeaem Baum und bcadnUokleii £ebanibedm'
gunrai ein Wadiflen der Gruppe ttettfinden aott, eine Not-
wendigkeit, die auch auf Gebieten stettfindet. denen der
Zwang wirtachaftlicher Verhiltnisse ganz fem liegt Nach-
dem z. B. in der frühesten christlichen Gemeinde eine voll-
kommene Durchdringung des Lebens mit der religiösen Idee,
eine Erhebung jeder Funktion in die äphftre derselben ge-
herrscht hatte, konnte bei der Vwbreitung auf die Massen
eine gewiböe VerÜachung und Profanierung nicht ausbiaibeo;
das Weltlidie^ mit dem sieb daa Religiöse mischte, Oberwog
ietel qiientiteti7 in sehr, eis dafii der hininßesetete teligiOee
iettandteil Dan sofort und ganc bitte aem Gepräge auf-
drücken können. Zugleich aber bildete sich der Mönchsstand^
filr den das Weltliche ToUkommen surttcktrat, um daa Leben
ansHchlterslich sich mit religiösem Inhalt erfüllen tai lassen.
Das Einesein von Religion und Leben zerüel in weltliehen
und religiösen St^nd, — eine Differenzierung innerhalb des
Kreises der christlichen Religion, die zu ihrem Weiterbestande
durchaus erforderlich war, wenn sie die ursprtingliohen engen
Grenien ftbcvaehreiten sollte. W^om Dante den scbärfivlen
Dnaliamna iwiadien weltliehem nnd IdieUiehein Regime, die
völlige c^egenaeitige Unabhängigkeit awisolien den Nonnen der
Religion nnd denen des Staates predigt, ao setat er dies in un-
mittelbaren und aachlichen Zusammenbang mit dem Gedanken
des Weltkaiserreichs, der völligen Vereinheitlichung dea gamen
Menschengeschlecht« zu einem orgiinisrhen Ganzen.
Wo ein grofses Ganzes sich bildet, da finden sich bo viele
Tendenzen, Triebe, Interessen zusammen, dafs die Einheit des
Ganzen^ sein Bestand als lieber, verloren gehen wtirde, wenn
nieht dlie DiffBrenaiemitf daa aMsfaHob Verschiedene anch auf
▼ersehiedene Penonen , ustitntionen oder Gnijyen Tertoilte»
Das undifferenaierte Zusammensein erzeugt feindselig wer-
dende Ansprüche auf das gleiche Objek^ imirend bei völliger
Getrenntheit ein Kebeseinanderhergehen und Be&fstsein in
dem fi^leichen Rahmen viel eher möglich hi. Gerade daa
VerhitUnis der Kirche zu anderen Elementen des Gesamt-
lebens, nicht nur zum Staat, läfst dies häutig hervortreten.
Solange z. B. die Kirche zugleich als Quelle und BehUterin
Vüu Erkeaniniö galt und gilt, bat die in ihr erstandene
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XI. 6S
WiateoBcliaft lieh BoUielUieh doch koiner hi irgendwdche
OppoBitioii sa ihr S^^tet; es kam su den entgegengesetetestea
Ansprachen, die Wahrheit über ein bestimmtes Objekt aut>
zumachen, und zu den «sweieriei Wahrheittti'*^ die immerhin
den Anfang einer Differenzierung vorstellten , aber in dem-
selben Mafse umg:ekehrt 7ai um so scblimmeren Konflikten
führten, je einheitlicher im Ganzen noch Kirche und Wiasen-
schatt aul'gefafst wurden. Erst wenn beide sicli vollkommen
auQdem, können sie aich vollkommen vertragen. Erst die
differenzierende Übertragung der Erkenntniflfunktion an an-
dere Organe «Ii die der reli^dseii Fnnkttoneii emöglicht
ihr Kebeneiiuuiderbeetehen bei jenem An^ewaehseneein bäder,
da» in einer umfitaigliehen Gruppen einheit besteht.
Auch eine auf den ersten Blick e&lg^gengeietste £i>
scheinung führt doch in gleicher Weise auf unseren Gmnd-
predanken. Wo nämlich schon diflferen zierte und zur Dif-
ferenzierung angelegte Elemente in eine umfassende Einheit
zui>animengezwungen werden, da iet gerade oft gesteigerte
Unvertrlnfichkeit, stärkere gegenseitige Repulsion die Folge
davon; der grobe gemeinsame Rahmen, der doch einerseits
Differenaiemng fordert, um ab solcher beetehen au kOnnent
bewirkt anderersttts eine gegenieitige Reibniig der Elemente,
eine Geltendmadnmg der Gegensitze, die ohne dies Anein*
anderdrücken innerhalb der Einheit nicht entstanden wäre,
und die leicht zur Sprengung dieser letzteren führt. Allein
auch m diesem Fall ust die Vereinheitlichung in einem grofsen
Gemeinsamen das wenngleich vorübergehende Mittel zur In-
'lividualibierung und ihrem BewuTst werden. So hat gerüde
dje weltherrächatdiche ruliiik deti mittelalterlichen Kaisertums
den Partikularismns der Volker, Stimme und FtUrsten erst
eiitfeiMlt, ja ina Leben gemfen; die beabiiehtigte and teil-
weise dvrchgeAlhrte Einheitlichkeit and Zusammenfassung in
eincBBi grofim Garnen hat dasjenige, was sie freilich dann an
aprengen bemfen war: die Individualität der Teilen erst er-
ichafien, g^^steigert, bewufst gemacht.
Für dieses ReziproziLätsverhältiils von Individufdiaierung
und Verallgemeinening finden wir Beispiele auf äuiserlichen i
Gebieten. Wenn statt der Geltung von Amts- und Standes-
tracht Jöder aich kleidet, wie es ihm gefällt, so erecheint die.s
einerseits individueller, andererseits aber menschlich allgemeiner,
inaoftrn jene doch etwas Anneichnendee jiat» eine engere,
besonde» eharakterisierte Gruppe zusammemehliefiiti deren
Auflösung gktchadtig eine weite Socialisiemng nnd Indivi-
dualisierung hedeatei Noch entschiedener aejgt der folgende
Fall, dafs nicht nur im realen Verhalten, sondern auch in der
psyohoiogiycben Vorstellungsart die Korrelation zwischen dem
Hervortreten der Individualitat und der Erweiterung der
Gruppe statthat. Wir vernehmen von Reisenden und
FmehMfCB (42) I L. ~ Simnri. 5
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66
köaneu es auch in gewissem MaTse leicht selbst beoUaclitcn,
dafii bei der enten MEanntieliift mit einem frenden Volks-
Btamme alle Individaen desselben unantorseheidber ähnlich
erscheinen, und swar in um so höherem Mafse^ je Terschte-
dener von uns dieser Stamm ist; bei Negern, Chinesen a. A.
nimmt cliesc Differenz daa Bewnfstsein so sehr trefangen, dafs
die individuellen Verschiedenlieiten unter jenen völli«» davor
verschwinden. Mehr und mehr aber treten sie hrrvoi-, jo
länjjer man diese, zuniiehst .L'^loichförmig erachcinenJen Mon-
öchfn kennt; und entsprechend verschwindet das stete Bo-
wul^tsctn des generellen und fundamentalen Unterschiedes
fewiscfaea ans and ibnen; sobald sie ans nicht mehr als ge-
schlossene, in sich homogene Einheit entgegentreten, ge*
«"^hnen wir uns an sie; die Beobaehtnns zeigt, dafs sie in
demselben Mafse als uns homogener erscheinen ^ in dem sie
als unter sich heterogener erkannt werden: di« allgemeine
nioidiheit, die sie mit uns vorbindet, wächst in dem Verhält-
nis, in dem die Individualität unter ihnen erkannt wird.
Auch unsere BegriflTsbilduug ninunt den Weg, dafs zu-
nächst eine gewisse Anzahl von Objekten nach sehr hervor-
stechenden Merkmalen in eine Kategorie einheitiich zn-
sammenge&fst and einem andern ebenso entstandenen Begriff
schroff entgegengestellt wird. In demselben Mafse nun, in
dem man neben jenen, zunächst aufifaUenden und bestimmen-
den Qualitäten andere entdeckt, welche die unter dem zuerst
konzipierten Begriff enthaltenen Objekte Ind? vidualisirjvn. — -
in demselben müssen die scharfen begriri liehen Cirenzen
falb II. Die CTeschichte des menschlichen Geisten ist voll von
Beispielen für dic^^en Prozefs, von denen eines der hervor-
ragendsten die Umwandlung der alten Artlehre in die l>c-
seendenztheorte ist Die frühere Anschaaung ^laabte zwischen
den organischen Art«m so scharfe Grenzen, eine so geringe
Wesengleichheit zu erblicken, dafs sie an kcir.e gemeinsame
Abstammung, sondern nur an gesonderte Schöpfiingsakte
glatiben konnte; das Dopj>elbedürfnis nns^res Geistes, einer-
seit«; nach Znsammenfassung, andererseits nach ünlei-^iT.lieidun'.;.
befriedigte sie so, dafs sie in einen cinheitliclien Begi ift' eine
grofse Snmme von gleichen Einzelnen einsclilofs, diesen Be-
griff aber um so schärfer von allen andern abschlofs und,
wie es entfiprechend der Aasgangspunkt der oben entwickelten
Formel ist, die geringe Beachtung der Individualität innerhalb
der Gruppe dnrch um so schärfere Individuali^iernng dieser
den andern gegenüber und darch Ausschlufs einer allgemeinen
Gleichheit grofser Klassen oder dci- ger*amten organischen
^^'elt ausglich. Dieses Verhalten verjüchiebt die neuere Er-
kenntnis nach beiden ISeit<'n hin; i>ie befriediirt den Trieb
nach Zusammenfassung durch den (ied.inken eii»ei allgemeinen
Einheit alles Lebenden, weklie «Ue Fülle der Erscheinungen
67
als blutsverwandte aus eiaem urspi UngUchen Keime her vor-
treibt; der Neigung zurDtfierensierung tmdSpocifikAtioii kommt
lie dadoieh «ntgegen, dftfo ihr Jedw Indiyidimm gletehitm
Wkb bttwmdMre^ für sich zu betrftchteiide Stufe janM £atwiek*
luOgifiroMaaes alles Lebenden Ut; indem sie die starren Art-
gmuen flOB^ig macht zerstOrt sie sagleich den eingebildeten
WCTentlichen Unten^rhif^d zwisohf'n den rein individuellen und
den Arteigenschatten ; »o fafst nie das Allgemeine allgemeiner
und das Individuelle individueller, ak rüo frühere Theorie es
konnte. Und dies el>en ist das Komplementärverhllltnis , das
üicb auch in den realen öociaien Entwicklungen geltend macht.
Die psvchologisclie Entiriddiiiig umem Ermimiu idgt
aiiek gßmm un allmMiiMo iliese Bwifllidia Bicbtug . Eoi rohor
Zustand des Deiikfliit ist memeits imfilbig, au den kOokmea
VenülfMDMiMrviigmi aiifirasteigen, die Ukmll gilticen Gesetze
zu ergreifen, aua deren Kreuzung das einzelne Individuelle
hervorg^eht. Und andererseits fehlt ihm die Schürfe der Auf-
£MSon;^ und die liebevolle HingabsL durch dif* die Individua-
lität ab .solche verstanden oder auch nur wahlgenommen wird,
je liöher ein Geist steht, desto vollkommener differenziert er
»ich nach diesen beiden Seiten; die Erscheinungen der Welt
lassen ihm keine Buhe, hie er rie auf ao aQgweiBe Geeetee
nuHckgefOhrt hat* dus alle Besonderheit ToUkommen ver-
schwunden ist nna keine noch so entlegene Kombinatton der
Erscheinungen der Aufl(touQg in jene widerstrebt. Allein wie
zufällig und flüchtig diese Kombinationen auch sein mögen, sie
sind doch nun eimnal da, nnd wer die allgemeinen und ewigen
Hemente des Seins sich zum Bewufstsein zu bringen vermag,
mufs auch die Form dee Individuellen, in der sie sich zu-
sammenfinden, ächarf percipieren, weil gerade nur der ge-
naueste Einblick in die einzelne Erscheinung die allgemeinen
Oeeetse wd Bedingungen erkennen llfet, die eieb in ihr
krennen. Die Versehwemmenheit dee Denkens eetet eidi hei*
dem en^;egen, da die Bestandteile der Erseheinmig eich ihr
weder klar genug sondern, um ihre iadhridaeUe EigeDart, noek
um die höheren OesetzmÄTsigkeiten zu erkennen, die ihnen
mit andern gemeinsam sind. K» ^teht damit in tieferem Zu-
«^ammenhange, dai's der Anthropomorphienus der Weltanschau-
UD^ m demselben Mafse zurttckweichtr in dem die naturgesetz-
liche Gleichheit der Maischen mit allen anderen Weaen für
die Erkenntnis hervortritt; denn wenn wir das Höhere er-
kennen, dem wir lelbet imd nllee andere nntergeoidnet eind^ eo
fermckten wir daranl^ nach den speciellen Nonnen dieser eu-
fiUligen Komplikation^ die wir selbst ausmachen, auch die
übrigen Weltwesen vomialeUen und zu benrteilen. Die l^r
sich bestehende Bedeutun«^ und Berechtigung der anderwei-
tigen Krücheinungen und Vorgänge in der Natur f^^eht in der
lathrtypoientrischen Betrachtungsart verioren und t^rbt gan;^
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68
X 1.
und gar von dem Kolorit des Menschentums ab. Erst die
Erhebung m dem, wae aach ttbar dieeem steht, m der allge-
meinsten NatoigeMtilichkeit, schafft jene Gerechtigkeit der
Weltanschauung, die jedes Ding in aetnem Fürsichsein, «einer
Xadividualität erkennt und anerkennt. Ich bin ttbeneogt:
wenn alle Bewegungen der Welt auf die allbeherrschende
Gesetzmäl'sigkeit der Mechanik der Atome zurückgeführt
wären, so wünlen wir schärfer als je vorher erkennen, worin
sich jedes Wesen von jedem andern unterscheidet.
. Dieses erkenntnistheoretische und psycholoKi»che Verhält-
I nie erweitert sich, wenngleich dieselbe j^ntwiekTungsfonn bei*
bdialtend. aobald ea aich atatt um NatoiveBelBe nm metaphy-
sische Allgemeinheiten handelt Neben der Abetraktionaknm
- des Verstandes ist es hier die Wärme des Gemtttes, die aus
seinem Innersten die metaphysische Blüte hervortreibt, die
Innigkeit des MitJebens mit den Erscheinungen der Welt, die
uns die allgemeinsten, Uberempirischen Triebkräfte ahnen läfst,
von denen sie im Innersten zusammengehalten wird. Und
ebendieselbe Tiefe und Sammlung des Empfinden« liöfst uns
oft eine heilige Scheu vor dem Individuellen der innem und
lolberen Bneneinnn|pen ein, die nns nun gerade hindert, in
transcendenten Begriffen und Bildern eleicbsam ein Asyl ftür
die Not oder auch nur ftr die Unenuärltchkeit des augen-
blicklichen Erlebens au suohen. Nicht woher dieses Sohieksal
kommt und wohin es geht, macht das aus, worauf es Tins
ankommt, sondern düfs es gerade dieses Eigenartige, in dieser
bestimmten Kombination mit nicht» anderem Vergleichbare
ist Während die höchsten metaphysischen Vcrallgemeine-
' rungen dem verfeinerten Gefühlsleben entspringen, ist gerade
ein solehes oft genug Ton dem Aufhehmen und Betrachtsn
der empirisehen Welt der Einaelheiten au sehr ergriffen, ist
lart g^ug organisiert, um alle die Schwankungen, Gegen-
SÜM^ Wunderlichkeiten in dem Verhältnis des Individuellen
EU bemerken, an denen der Stumpfsinnigere vorüberempfindet,
und begnügt sich mit dem blof?;en Anschauen und Anstaunen
dieseji weehselvoUen Spieles der Einzelheiten. Ich brauche es
' kaum auszuijprechen , dafs es die ä.8theüöche ^aturanlage ist,
die diese Differenzierung am vollendetsten darstellt; sie sucht
einerseits die Eiigänsung des Irdisch-Unvollkommenen im Bau
einer Idealwelt m der die reinen ^isehen Fonnen wohnen,
andereraeits die Versenkung in das Aliereigenste, AUerindividu-
ellste der KrscheinTingen uuä ihrer ochicksale. Und im
Praktisch - Ethischen kntipft sich das Interesse des Uenena
am wärmsten gerade an die engsten und dann wieder an die
\vt itenten Kreise der Pflichterfüllung: einerseits an die engste
Faitnlir, andererseits an das Vaterland, einerseits an die Indi»
viduaJitüt, andererseits ;u\ dm Weltbüi^ertum ; die Verpflich-
tungen für die dazwiäciien übenden Kreise, so enge und
69
strenge sie »ein mögen, entbehren doch der Wärme und In-
nigkeit der Empfindung, die an jene Pole de« socialen Lebens
sich heftend auch von dieser öeite deren innere Zusammen-
gehörigkeit zeiget. Und wie die hingebend optimistische Stim-
mung pflegt tiich aucli «iie äkeptisch- pessimistische zu ver-
lialteo: sie verbindet gern die Verzweiflung am eigenen Ich
mit der «n der weiteeten AUgemeiiüieit, DruUeiert das GMthl
innerer Wertlosigkeit, das aus rein subjektiven Momenten
Soillt, gar zu oft auf die Welt als Ganzes. Was dazwischen
e^, räaelne Seiten und Bezirke der Welt können dabei
objektiv und selbst optimistisch beurteilt werden. Und nm-
^kehrt kann ein Pessimismus, der nur diese Einzelheiten
trifft^ sowohl das Ich wie das Ganze der Welt unberührt
lassen.
IV.
Das sociale Niveaiu
Es ist allgemein zu beobachten, dafa das Seltene, Indivi-
duelle, von der Norm sich Abhebende, eine Wertschätzung
geniefst, die sich an seine Form als solchee knüpft und inner-
Laib weiter Grenzen von seinem specitischen Inhali unab-
hängig ist. Scbon die Sprache lifst die .Seltenheit*' zugleich
als YoraUgfichkeit und etwas »gans Beeonderee* ohne weiteren
Znaatiy an etwa« gans hesonden Gutes gelten , während das
Gemein« y d. h. das dem weitesten Kreise Eügene, ünindivi-
duelle, zugleich das Niedrige und Wertlose bezeichnet Es
lieg:t nahe, zur Erklärung»; dieser Vorstellungsart darauf hin
zuweisen, daLs alles Gute, alles was ein bewuTstes ObiekK-
gefllhl erregt, selten ist; denn die Lust stumpft sich aufser-
ordentlich schnell ab, und in dem Mafse ihrer HäuHgkeit tritt
eine Gewöhnung an sie ein, die dann wieder das Niveau
bildet, Uber das ma neuer Reia hinausgdien woSb^ um als
solcher bewoTst zu werden. Verstellt man deshalb anter dam
Guten die Ursache bewulster Lebsnsreize, so bedarf es keines
besonderen Pessimismus, um ihm die Seltenheit als notwen-
diges Prädikat zuzusprechen. Ist man sich aber hierüber
klar, so liegt psychologisch die Umkehning sehr nahe: dafs
auch alle» Seltene gut »ei ; 00 völlig falscli es logischerweise
ist, dafs, weil alle a = b sind, nun auch alle b ^ a sein
sollen, so begeht doch das thatsäcUlicho Denken und Fuhlen
nnaähligemal diesen FeUschlofs: ein gewisser Styl in kttnst^
lorischen oder realen Dingen geCUlt uns, und ehe wir es uns
▼ersehen, wird er uns zum Mafsstabe alles Gefallens über-
haupt Der Satz: der Styl M ist gut, wandelt sich uns Ukr
die Praxis in den: alles (Jute mufs den Styl M zeigen; ein
Partei |>rogramm erscheint uns richtig — und gar zu bald
71
halten wir nicht« aiwlrres iür richtig, aU was in tlie^t'm ent-
halten iftt u. f. w. Kiiitir sulchen Umkehrung de« Satzes, dafn
aiks Gute selten ist, mag die durchgehende Scliützung des
SchenereD eotitanimen.
Ein praictiaches Moment kommt kinio. Die Oleickhait
roit Anderen ist zwar aU Thatsache wie als Tendens von
flicht geringerer Wichtigk^t als die UnterBcbflidQllg gvgeo
sie, und Keide sind in den TOHnnirbfaltTg^ten Formen die grofsen
Prinzipien liir alle iiulsen! und innere Entwicklung, »^odafs
die Kulturgeschichte der MenscliLeit schlechthin al« die Ge-
schichte des Kauipte.s und der Versöhnuugs versuche zwischen
ihnen auikefafst werden kann; allem für das Handeln inner-
halb der Yerhaltnisae dea Einzelnen ist dock der Untersehied
gegen die Anderen von weit gröfserem Interease, als die Qleich*
beit mit ilineti. T^ic Differenzierung ge^^{ ti andere Wesen iat
es, waa unsere Thätigkeit grofsenteils herausfordert und be-
stimmt; auf di** Beobachtimg ihrer Verschiedenheiten sind wir
anpTwiesen, wenn wir «ie Ijenutzen und die rfchti^^ Stellung
unter ihnen einnehmen wollen. Der Gegenstand des prakti-
schen Interesses ist das, \sns uns ihnen gegenüber Vorteil
oder Nachteil verschafft, aber nicht das, worin wir mit ihnen
ftberdnattmmeD , das Tiehnehr die selbstverstibidlicbe Gnind-
lage vorschreitenden Bandeins bildet. Darwin eraihlt, er
hiu>e bei seinem \1( Ifachen Verkehr mit Tierffichtern nie efnen
getroffen, der an die gemeuisame Abstammung der Arten ge-
glaubt habe; das Interesse an derjenjgen Ahweichung, die die
von ihm gezüchtete Spielart charakterisiere und ihr den prak-
tischen Wert für ihn verleihe, fülle das BewuTstsein so aus,
daiö für die Gleic lilirit in allen Baupi-sachen mit deu übrigen
Ilasscn oder ( iaitungcn kein Raum aarin mehr vorhanden sei.
Dieses Interesse au der Differenziertheit des Besitzes erstreckt
•idi begreülich auch auf alle anderen BesiehitneeD des Ich.
llan wird im allg^eineii sa^en können, dafs bei objektiv
gldcher Wichtigkeit der Gleichheit mit einer Allgemeinheit
und der Individualisiemiig ihr gegenllber für den subjektiven
Geist die erstere mehr in der Form von Unbewufstheit, die
letztere mehr in der der Bewufstheit existieren wird. Die
organischo Zweckmäfh^igkeit spart das Bewufstscin in jenem
Fall, weil es in diesem für die jjrakiischen Lebcii.-*zw»'cke
nötiger ist Bis zu welchem Grade aber die Vorstellung der
Verschiedenheit die der Gleichheit verdunkeln kann, zeigt
vidleidit kein Beispiel lehrreicher, als die konfessionaUsti-
schen Streitigkeiten swischen Luthtiranem und Reformierten,
namentlich im 17. Jahrhundert. Kaum war die grofse Ab-
sonderung gegen den Katholicismus geschehen, so spultet sich
das Ganze um der nichtigsten t)ingc willen in Parteien, die
man nft ;^'enu^ äufseni hört: man l^ tnnte eher mit d-^n Papi«*tcn
Gcmcinschalt halte», als mit denen von der anderu Koniesston !
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72
So weit kann über der Differenzierung die Hauptsache, ixher
dem Treuuenden das Zusammenschliersonde vergessen werden!
Dafi dies IntAretta an 6at Differenziertheit» das also die
Grundlage des eigenen WertbewnÜstsans nnd des prdcthM^en
Handelns bihlet. an einer Wertsciiätzung derselben psycbolo-
isch emporw&cnst, ist leicht verständlich, und ebenso, dafs
ies Interesse hinreichend praktisch wird, um eine Differen-
zierung ?iTich da zu erzeugen , ^vo eigentlich kohi sachlicher
Grund dazu vorlieprt. So ])emerkt man. dafs Vereinigungen —
von gesetzgebenden Körperschaften bis zu Vergnügungs-
komitees — j diu durchaus einheitliche Gesichtspunkte und
Ziele habeUi nach einiger Zeit in Parteien auseinandergehen,
die sich an «nander Teraalten, wie die ganae sie einschliefsende
Vereinignng etwa an einer von radikal andern Tendenaen be-
wegten. Es ist, als ob jeder Einaelne seine Bedeutung so
selir nur im Gegensatz gegen andere fühlte, dafs dieser Gegen-
satz künstlich geschaffen wird , wo er von vornherein nicht
da ist, ja wo die ganze Gemeinsamkeit, innerhalb deren nun
der Gegensatz gesucht wird, auf Einheitlichkeit anderen Gegen-
sätzen gegenüber gegründet ist.
War die zuerst genannte Ursache fUr die Schätzung der
Diflferenaiemns^ eine indlTidneU psychologische, die awetie
aus individueuen und sociologischen Motiven gemischt, so
läfst sieh nun eine dritte von rein entwicklungsgeschiehtlichem
Charakter aufdnden. Wenn nämlich die Oiganismenwelt eine
allmilliliche Entwicklung dMrcI) die niedrigsten Formen hin-
durch zu den höheren durchniaeht, m ^ind die niedng;er0a
und primitiveren Eigenschaften jedenfalls die älteren ; sind es
aber die älteren, so sind es aucn die verbreite teren, weil die
Gattun^serbschaft um so sicherer jedem Individuum vererbt
wird, le länger sie sich schon eHialten und gefestigt hat
Kttralich erworbene Organe, wie die höheren und kompli-
cierteren es in relativem Grade immer sind, erscheinen stets
variabler, und man kann nicht mit Bestimmtheit sagen« dafs
jedes Exemplar der Gattung schon an ihnen teilhaben wird.
Das Alter der Vererbung einer Eigenschaft ist aUo das Band,
da« zwischen der Niedrigkeit und der Verbreitung derselben
eine reale und synthetische Verbindung knüpft. Wenn es
uns deshalb scheint, als ob die individuelle und belit;nerc
Qualität die ToraUglichere wäre, so ist dies freilich auch von
diesem Oesiebtipunkte aus ein oft irrender, aber oft auch
treffender Induktionsschlufs. Die Differensierung kann freilich
auch nach der 8eite des Häfslichen und Bösen stattfinden.
Allein eine tiefere Analyse zeigt hier häufig, dafs bei hoch-
diff»'v*»nziertem Charakter «!owohl dea etbiHcb wi.» de*? ästhetisch
kSchlechten die Differenzierung mehr die Mit td und Ausfirucks-
weise betrifft, also etwa.s an sich Gutes und Zweckmäfsiges,
das nur durch einen bösen Endzweck, zu dem es gebraucht
73
wird und (^nr an sich kein differenziertes Wesen zeigt, das
negative Werturteil rechtfertig-t ■ 'lies ist bei allen Raffine-
ment?; des Svbaritentiims und der nn8!ttHc}ikf>it der Fall.
Auiiererdeit-H snhon wir auch g^^radc, wie tMit«c}iiedeu iüilsliche,
also auf priraitive Kutwiekelurigsstuteu zuriickschlageiide Er-
scheinungen, die uns dennoch fesseln, dies durch Beimischung
■ehr individueller Züge «atande bringen; dUe sogenannte
beaut^ du diable ist dafilr ein bäufig an^otroffenee Beispiel.
Koch mehr Wertorteflen dieser Art begegnen wir, wenn
wir, statt nach der Schätzung des Seltenen, narai der des Neuen
fragen. Jedes Neue ist ein F^oltenes, wer>n ancTi nicht immer
im VerhÄltnis zu dem aktuellen Infmll drs Bewufstseins , so
doch zu der TotalitÄt der Erfahrungen überhaupt, nicht immer
im VerhÄltnis zu dorn, was neben ihm ist so doch j edenfalb
im Verhältnis zu döm, was vor ihm v. ar und in irgend einer
psyditscfaen Form ^Msh noch gegenwärtig sein mufe, um jenes
■ich eben, eis Neues abheben au lassen. Das Neue ist daa
aus <ler Masse dos Gewohnten Heransdifferenzierte , es ist in
der Form der Zeit dasjenige, was dem Inhalt nach als Seltenes
erscheint. Welche Schätzung aber das Neue rein als solches
und ohne Rücksicht auf seinen specifischcn Inhalt geniefst,
bedarf nur der Erwähnung. Verdankt es di^elbe nun auch
w(»8entlieh unserer Unterschiedsempfindlichkeit, die einen Reiz
nur an dasjenige knüpft, was sich vom bisherigen Empfin-
dungsttiTean abnebt, so wirkt doch zweifellos die Erfahrung
mit, dafs das Alte — wdehes das durch die Zeiirethe Ver^
breitete ist, wie das bisher als verbreitet Angesprochene duroh
die Raomreihe — die primitive Gestaltung gegenttber dem
Späteren, erst einen bescnränkteren Zeitteil hindurch Existie-
renden bedeutet. So finden wir, dafs in Indien die sociale
Stufenordnung der Gewerbe von ihrem Alter abhängig istr
die jrmperen sind in der Rep:el die höher geachteten — wie
mir scheint, aus dem Grunde, dafs sie die kompUcierteren,
feineren, dif&cileren sein mtlssen. Wenn wir dem entgegen
auch yielfrch einer Schätaung des Alten, GMesteten, lange
Bewttlirten begegnen, so ruht dieses seinerseiis auf sehr realen
und durchsichtigen Grflnden, die die Kraft jener wohl fär
die einaelne Eracheinang einschränken, aber nicht zunichte
machen können. — Was in diesen Fragen so leicht irre führt,
ist dies, dafs so allgemeine Tendenzen, wie die Schätzung des
Neuen und Seltenen oder des Alten und allgemein Verbiei-
teten, als Ursachen der einzeln «mi f]racheinung, als Kräfte
oder psychologische Naturgesetze aufgefafbt werden und dann
freilicD in den Widersprudi verwickän, dafs ein Natnrgeeetx
das genane Gegenteil des andern aussusagen scheint. Der-
artige allgemeine Prinxipicn ind vielmehr die Folgen des
Zusammentreffens primärer Krilte^ nichts als ein zusammen«
fassender Ausdruck fUr Erscheinungen, deren jede aus besonders
n X 1.
EU untersuchenden Uraachen hervorgeht. Au» der uiiermefs-
Hchen Kombinationsmöglichkeit jener primären Ursachen er-
kiän üich die VerBchiedeuheit der allgemeinen Tendenzen,
die ab Widerspruch nur dann erscheint, wenn sie als allge-
meine Unachen, allgamem gültige GtoeelBe geütüt werden imd
«Im gleicliaeitige und gleichmäfnge Anwendung auf jede Er-
scheinung fordern. Daiu sie freilich, nachdem eie lange genqc
als blofse Folgeerscheinung im Bewufstsein waren, dann auch
im Verlauf des Seelenlebens tai Ursachen weiterer psycholo-
gischer Gesohrhnisse weMen, ist sicher. In keiacni Fall aber
kann die Hcrleitung des notwendigen Eintretens einer derartigen
'i enden/, dadurch widerlegt werden, daf» aucli eine entgtjgon-
gei»etzte Geltung hat Der Nachweis der Notwendigkeit, dala
dai Neue und »olteiic geschätit wird, leidet nicht unter der
Thatsaehe^ dafa auch das Alte und Überlieferte geschätzt wird.
Die Niedrigkeit des letzteren nun in der hier betrach-
teten evolutionistischen Beziehung hat gegenüber dem Jün-
geren und Individuelleren die grtifBcr^' 8tch«*rheit d**r Ver-
erbung, die gröfsere Gewifsheit, jedeni Kni/ e inen üln rliefert
au werden, zum Korrelat. Daher ist es klar, dal's groiden
M&%Ben ah Ganzen nur die niedrigeren Bestandteile der bisher
erreichten Kiütur eigen sein werden.
Von dieser Grundlage aus wird una a. B. die aa£Ulende
Biskrepans yerständlich, die sswiaehen den theoretischen Über-
zeugungen und der ethischen Uandlungsweise so vieler Men-
schen herrscht und zwar meistens im Sinne eines Zurückbleibens
dieser hint»^r jenen. Es ißt nämlich richtig bemerkt worden,
dal's ein KinAufs des Wiesens auf die Charakterbildung nur
insoweit f*tatttinden könne, als er von den Wisaensiulialton
der socialen Gruppe ausginge : denn zu der Zeit, wo der Ein-
zelne dasu käme, sich ein wirklich individuelles, über seine
Umgebung durch differenzierte Qualitäten binauf^gehendes
Wissen zu erwerben, — an dieser Zeit sei sein Charakter
und die Uichtung seiner Sittliclikcit längst abgcBchlossen. lu
der Periode der Bildung dieser ist er ausschliefslich den Ein-
flüssen des in der socialen Gruppe objektivierten G**istofa, de«
in ihr aü^^omein verbreiteten Wissens ausgebeizt, die tVciliLh
je nach der angebomen tii^^enurt des Individuums zu seiir
verschiedenen Resuitateii tiliireu werden — man denke z. B.
daran, wie Terschteden die den Individuen social entgegen-
gebrachte Übeizeugung einer jenseitigen Veigettung auf starke
oder sehwache, heuchlerische oder aufrichtige, leichtsinnige
oder ängsth'che Nataranla^en ethisch einwirken muis. Ist nun
aber das Wissensniveau der Gruppe als soklies ein niedriges,
HO verntehen wir .nns »«HnT Wirkiin«^ auf die ethische For-
mierung, dais diese ofi «o wnn^^ nm dorjeni^on r]!<v)rf^ tischen
Bildung übereinstimmt, die wir dunn an dem fertigen, mit
individuellem Inhalt erfüllten Geiste wahrnehmen. Wir mögen
75
ttbenengt sem, dafs d«8 selbstlose Handeln unvergleichlich
höheren Wert hat als das egoistische, — und handeln doch
eaoistisch; wir sind davon durchdrungen, dafs die geistigen
Freuden viel dauerndere, rouelosere, tiefere sind als die sinn-
lichen, — und jagen doch wie blind und toll hinter diesen her;
wir sagen uns tausendmal vor, dais der Beifall der Menge
w«itMa durch den von ein paar Einstchtigen aufgewogen wM^
— imd wwvkley dia dies mobt nur iagen, aondara anfirklitig
glauben, lassen nicht hundertmal diflMn im Stich um jenai
willen! Dm knnn woihl nur daher etammen, dnCb aokiie
höheren und vornehmeren Erkenntnisse uns erst kommen, wenn
unser Bittllches Wesen schon fertig ist und in der Zeit, wo es
sich bildet, nur die allgemeineren, d. Ii« niedrigeren tlieoreti>
sehen Auffassungen uns umgeben.
Wenn nun aber auch jeder Einzelne aus dei* Masse
höhere und feinere Eigenschaiten besitzt, so sind diese doch
individiMllenp d. h. er nnlerscheidet aich in dar Art und IBk^
tung derselben von jedem andarSi dar qnaliialiT ebenso boch>
atohande Eigenschaften anfireiit Dia goneinsama Gnmdhiga^
Yen der sie sieh ahawalgwi mOssen , um höher zu komman«
wird von den niedrigeren Qualitäten gebildet, d«r*?n Ver-
erbung allein eine unbedingte ist. Von hier aus wird uns
das Öchillersche Eiiigratnm verständlich: ^Jeder, sieht man
ihn einzeln, ist leidÜLh klug und vcibUlndig, Sind sie in cor-
p<»'e, gleich wird euch ein Dununkopf daraus/ Und ebenso
der Haiaaiahe Vara: »Selten habt ihr mieh Taralandan, Selten
•ach Tanitaiid ich auch» Nur wenn wir im Kot una fimdaii,
Dann verstanden wir uns gleich.** Von hier aus die Tlwt-
■aeha^ dafs Essen und Trinken, also die 'Altesten Funktionen^
das gesellige Vereinignngsniittel oft sogar sehr heterogener
Personen und Kreise bilden, von hier auH auch die eigen-
artige Tendenz selbst gebildeter iierrengeseüschaften, sich in
der Erzählung niedriger Zoten zu ei^ehen; je niedriger ein Ge-
biet ist, de^to sicherer kann man daraui rechnen, von allen
▼erstanden au werden; das wird um so zweifelhafter, je höher
man kommt, weil es in demselfaen Yerhiütnis diiferenzierter,
individudlar wird. Die Handlungen von Massen werden hier-
durch in entsprechender Weise charakterisiert Der Kardinal
Kctz bemerkt in seinen Memoiren, wo er das Verfahren des
Pariser Parlaments zur Zeit der Fronde beschreibt, dafs zahl-
reiche Körperschaften , wenn sie auch noch so viel hoch-
stehende und gebildete PerBonen einschlieiiien, doch bei ge-
meinschaftlichem Beraten und Vorgehen immer wie der Pobel
handeln, d. h. durch solche Vorstellungen und Leidenschaften
wie das gemeine Volk r^ert werden, — nur diese aind eben
allen gemeinsam, während die höheren differenaicrt, also bei
d«ni Verncliiedenen Terschieden sind. Wenn eine Masse ein-
hailbeh haadeh, so geschieht es immer auf Onind mögÜnhat
76
X 1.
einfnohor Vurstelhuigen; die Wahrscheinlichkeit ist zu gering,
dal's jtxUd Mitglied einer gröfseren Masse einen niannichfalti-
gcren Gedanken komplex in BewufstÄeiii und Uberzeugung
trägt Da nun aber angesicbtv der Komnlimertfaeit unserer
Verhältnisse jede einlache Idee eine radikale, vielerlei andere
Ansprüche negierende sein mufs, so begreifen wir darc-uLs die
Macht der radikalen Parteien in Zeiten, wo die grofsen Massen
in Bewegung gcs»'tzt sind, und die Schwäche der vermittelnden,
für heif^e Seiten dns Gegensatzes Recht fordernden, und ver-
stellen auch, weshalb gerade diejenigen Religionen, die alle
Vermitteluug, alle Aufnahme Hudersartiger Bestandteile am
schroffsten und einseitigsten von sich abweisen, die gröfste
Herrschaft über die Qemüter der Masse erlangten.
Dem stdlt sidk seheinbar die manchmal gehörte Behaup-
tung entgegen, da& religiöse Gemeinseliaften um so kleiner
seien, je gennger ihr dogmatischer Belitz, und daas der Um-
fang des Glaubens im geraden Verhältnis zu der Zahl der
Bekenner stehe. Da ein differenzierterer Geist dazu gehfirt,
um eine grofne An7:ahl von Vorstellungen, als um wenige
au beherbergen, so würde hiemaeii gerade die gröfsere Gruppe,
falls ihr als solcher die mann ichfaltigere Giaubenamaase zu-
käme, sich in der gröfseren geistigen Differenziertheit zu-
sammenfinden. Allein die Thatsaehe selbst zugegeben, be-
stätigt sie doch die Regel, statt eine Ausnahme von ihr zu
hilden. Denn auf religiösem Gebiet stellt gerade £inheit und
Einfachheit sehr viel gröfsere Ansprüche an Vertiefung des
Denkens und Fühlens als bunte Fülle, wie d^nn ancTi die
scheinhfire Differenziertheit des Polytheismus dem Monotheis-
mus gegenüber als die primitive Stufe auftritt.
Steht nun ein Angehöriger einer Gruppe sehr niedrig,
so ist das Gebiet, das ihm mit dieser gemeiiiüam ist, relativ
groXs. Dieses Gemeinsame selbst mufs aber, afaacdat genommen,
um so niedriger und roher sein, je mehr sokdier Einaelnen
es giebt, da ein höheres Gemeinsames natürlich nur da möglich
ist, wo die einzelnen Bestandteile der Gruppe ein solches auf-
weisen; die relative Niedrigkeit der Ausbildung, die die Mit-
glieder einer Gruppe zeigen — relativ in ihrem Verhältnis
zum Gru]ipenbe>itz — hedeutet zutrieieh die absolute Niedrigkeit
des letzteren nnd umgekehrt Ks wäre ein wenngleich be-
stechender, so doch oherflachlieher Schlufs, dafs bei hoher
Differenziertheit der Einzelnen von einander das gemeinsame
Gebiet mehr und mehr Terkleinert und auf die unentbehrlich-
sten und also niedrigsten E«igenscbaften und Funktionen ein-
geschränkt würde. Unsere TOrige Abhandlung beruht zwar auf
dem (MUmken, dafs, je ausgedehnter ein socialer Kreis ist, desto
Wenigeres mir ihm gemeinsam sein kann, und dafs die Aus-
dehnung nur durch geÄteigerte Differenzierunpr möglich sei,
»odafs diese letztere der Gröise des gemeinsamen Inhalts um-
77
pkehrtproportionftl Boi. Wir kOnnen mis^ um dieMen schein*
baren widmpraeli gegen die obige Behauptung zu lOeen, das
Yeihlltnis scm-matisch so denken, da& der früheste Zustand
ein sehr niedriges Socialniveau mit gleichzeitiger Gering-
fügigkeit individueller Differenziertheiten dargestellt habe.
Dte Entwicklung habe nun beifles gesteigert, aber so, dafs
die Vcrrachrun«: de.s gemeinsamen Inhalts nicht in dem gleicläen
Verhaitiiis wie die der Differenzierungen st;ittge.funden habe.
Die Folge davon wird sein, diü«» der Ab-^tand zwischen beiden
sich immer yeigröDsert, daXis das sociale Niveau im Verhältnis
au den darüber aicb erhebenden Differanxtemngeii immer
niedriger und inner wird, an sieh betraehtet emt dodi in
fortwährender Steigerung bogrifien ist Die drei BeHtimmungen :
eilieUiehe absolute Höhe des gemeinsamen Besitaes der Gruppe,
ebensolche der Individualisierungen, Armut des ersteren im
Verhältnis zum letzteren, sind alHo durchaus zu vereinigen.
Vielerlei analoge Entwicklungen finden nach diesem Schema
statt Dem Proletarier sind heut vielerlei Komforts und Kultur-
vorteile zugänglich, die er in früheren Jaiirliiuiderten ent-
behrte, und doch ist die Kluft zwischen seiner Lebenshaltung
und der der oberen Stände aniserordentlich viel welter ge-
worden. Bei hoher Knhur sind schon die Kinder geweckter
und gewitater, als in roheren Epochen, und doch ist zweifellos
f der Wogt den sie zur höchsten Ausbildung durchmachen
mfisaeDy ein gröfserer, als in den Uberhaupt «kindlicheren
Zeiten des Menschengeschlechts. Auch innerhalb des Indivi-
duums stehen sich in der Jugend etwa die sinnlichen und die
intellektuellen Funktionen nahe; mit vorschrei ten<i er Entwick-
lung werden nun zwar die ersteren reicher und sUirker aus-
gebildet, aber wenigstens bei vielen ^iaturen lange nicht in
gleic]i«Di Verhiltnis mit den letaleren« sodaTs erhebliehe ab-
solute Hohen beider sich mit reialiTer Annut der ersteren
gegenüber den letzteren sehr wohl vertragen. Und so sehen
wir in unserm Falle: der geistige Unterschied zwischen ge-
bildeten und Ung^ildeten ist in solchen Zeiten der gröfste, wo
auch die letzteren schon ein höheres Mafs von Bildung besitzen,
als bei gröfserer allgemeiner Gleichheit des jf^eistigen Inhalts.
Und im Sittlichen verhält es sich wenigstens ähnlich; gewifs ist
die sociale Sittlichkeit, wie sie einerseits in der Rechtavei^
iassung; den Verkehrsiormen etc. objektiviert itft, anderer-
seits im Dnrdischnttt der bewufiiten Gesinnungen an den
T9ß tritt, eine höhere geworden; ebenso gewifs aber ist die
Sehwinpingsweite swisdien den tugendhaften und den laster-
haileo Handlungen vergröbert; die absolute Höhe der Diffe-
renzierungen kann sich also ttber die des socialen Niveaus
beliebig erheben, wenigstens gleichgtütig gegen die absolute
Höhe des letztereri. In den meisten Fällen aber ist sogar,
wie wir sahen, eine gewisse absolute Höhe des gemeinsamen
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78
Inlialte die Bedingung flOr seine rebtive Niedrigkeit gegenttber
der Hohe der Dinbrensieniiigeii, wem dann dae Korralet der
obige Satz int, dafs hctx nnauHcrobildelein socialem Niveau auch
ein Mangel an individueller Differenziertheit herraehm maU,
Die« lÄt ein «ehr wichtige« VerhlltniBi da es nn« v^r-
ytch**r} lohrt, wie wpTtii? dazu geh'^rt. um weh in einpr rulieo
und tipf'^tHliend**Ti H onie zum Führer und Herro aufzu-
schwingen. Dies ist auch an den rudelweise lel)endeü Tieren
charakteristisch, bei denon da« führende Tier Aivh keineswegs
immer durch so besondere Eigenschaften auszeichnet) dafa sie
dieee gans beioiidere SteUang leohtfortigten; auch unter Kin-
dern in Sdiulklaanen ist es häufig m beobachten, dafa ein
Kind in einer Art führender Stdlung unter seinen Kameraden
gelangt, ohne durch besondere kOrpeiliefae oder geistige KdllWi
dazu pfftdentiniert zu sein. Ein sehr geringes oder sehr ein*
seitigf*« H'-raiteragen ül»er (Inn Durchschnitt bringt da schon
oin Überwiesen über nfhr viele mit sich, wo die Schwau-
kung^(»n um den Durchuehnitt herum iiufserst geringe sind;
ober eine stark differenzierte Oesellschuft sich zu erheben
ist deshalb um bo viel tK.hwerer, weil, wenn man auch in ge-
wiaaeu Hinsichten den Durcfaachnitt ttberraet, immer andm
nach anderen Seiten Ausgebildete da aind, die et in Hinaiebt
dieser thun. Ea iat deshalb besonders charakteiMaeh, wenn
TOtt den KUstennegem berichtet wird, dafs der gescbickteate
Kann im Dorfe gewöhnlich Schmied, Tischler, Baumeister
und Weber in einer P^jrson ist, und wenn bei don niedrig-
sten Stämm< n die klno^en Mftniif^r immer zugleich Priester,
Arzte, Zauberer, .) ug^oiidleiirer u. s. w. sind. EÜno Vereinigung
wirklicher specifischer Begabungen f^lr alle diese verschie-
denen Funktionen ist kaum anzunehmen, sondern nur ein
Herrorragen nach irgend einer Seite, das eieb aber bei der
Niedrigkeit dos umgehenden allgemeinen NiTeana zu einer
Oberhaupt ausgeaeicnneten Stellung ausbildet. Das gleiche
Verhalten lie^rt der pe)rchologis< hen Thatsacbe su Grande^ daia
ungebildete Menschen von demjenigen, der auf irgend einem
O^'hiote UnE'ftwöhnliches und ihnen Imponiereii<le.s leistet, tiuu
auch gleich in jeder sonstigen Hinsicht Aiifserordentliches
voraussetzen und iordern. Bei der Fej>Relung des Individuums
an das gemeinsame und dej*}iall» niedrigere Nivean genügt
schon ein geringes Mafs von differenzierender Krhebung
darüber, um nach allen l^eiten die Situation au beherrschen.
Kan möchte ea lllr eine der Zweekmäfsigkeiten djer aocialen
Evolution halten, dafa gerade mif den Stufen , wo Hemcbaft
und Unterordnung den ersten und wichtigsten Qrund der
Kultur zu legen liaben, der durchgehende Mangel an Diffe-
renziertheit das Aufkommen herrschender Persönlichkeiten
erleichtert Ein analoges Verhalten zej^^en auch die Vor-
ateiluDgen des Individuums. Je weniger difforcnziei t, je uu-
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ausgebildeter die Voratellungsmasso ist, lua so leichter wird
eine abweichende Vorstellung eine führende Steilua^ gewirmeu
und mit Leidenschaft ers'nifen werden, gMchviel, ob «ie dazu
Mchlieh borerhtigt ist ocler nicht; die luipuLnvitlU und eigen*
ainiiiee Leidenschaftlichkeit roher und daramer Menschen ist
eine faiafig beobachtete Ersc-hpinung in dieeem Sinne. AUenl-
bnlben sehen wir so, dafs das Differenzierte und Aparte
einen Wert erhält, <^er zn seiner sachlichen Bedeutung nur
ein -^ehr unstetigi'jj Verhältnis aufweist; je niedriger eine
GnijijH", desto bemerkbarer wird j' de Di^erenzierung, weil
Nietirigkeit durchgehende GleickUeit der lüdividuen bedeutet
und jede Besonderheit deshalb gleich sehr rielen gegenüber
eine AnsnahmetteUnng bewirkt
Soll nnn in einer schon differenasierteren Masse dasjenige
Nivellement, das zur Einheitlichkeit ihree Handelns K6^^>*t»
enifllt werden, so kann es nickt so geschehen, dafs der Nie-
dern Tum Hoher**n , der auf pnTnitiv^^r Entwicklungsstufe
Str^Vsengebliehf'iie zu dem DtfferoTiy.ierteren autsteige, sondern
nur so. dafs der Höchste zu Jener von ihm schon überwun-
denen Stufe herabsteige; was Allen gemeinsam ist, kann nur
der Besitz des am wenigsten Besitzenden sein. Wo sich über
Klassen t von denen sine Insher die hemchende, die nndete
die behemcbte wnr, ein Regiment erhebt, pflegt es sich des-
halb auf die letztere zu stutzen. Denn um sich gleich-
miCsig ober alle Schichten erheben zu ktfnnen, muf«) es diese
nivellieren. Nivellement aber ist nur so möglich, dafs die
Höheren weiter herali<,'ed rückt, als die rieteren enipor-
gezogcn werden Deshalb rindet der Usurpator in letzteren
bereitwilligere k^iutzen. Damit hangt es zusammen, daf?*, wer
auf die Massen wirken will, dies» niciiL duich iheoretische
Überzeugungen, sondern wesenüieh nur duich Appell an ihre
GefilUe dorehsetnen wird. Denn des QefW ist sweifellos
fegcnüber dem Denken phylogenetisch die niedere Stnfe;
•ust und Schmei-z, sowie, gewisse triebhafte Gefühle znr Er-
haltung des Ich und der Crattung haben sich jedenfalls vor
allem Operieren mit Begriffen, Urteilen und iSchiüssen ent-
wickelt; nnd deshall) wirtl Hicli eine Menge viel olicr in pri-
mitiven GeBUilen nnd durch ditiselben zusammeiiünden , als
durch abf^traktere Verstandesfunktiouen. Hat man den £in-
xelncn vor sich, so darf man hinreichende Differenzierung
■euMT Seelenkiifte TOfMissetien, die den Versuch rechtfertigt,
dnrok Erweekimg themtischer Überaeugwigen anf seine Ue-
Üdile zu wirken. Beiderlei Seelenenergieen müssen erst eine
gewisse Selbstftndigkeit erlangt haben, um eine durch den
sachlichen Inhalt bestimmte Gegenseitigkeit der Wirkung aua-
?rtiliVt»^n Wo die Differenzierung noch nicht so weit vor-
geschntten ist, wird die Beeintlfisnung nur in derjenigen Ku Ii
tung stattfinden, die die natürliche, psychologische Eutwick-
80
X 1.
lung innehält ; da nun die Maise ab solche nicht differenziert,
isty 80 wird der Weg sa ikren Überseugungcn im allgemeiiieB
dnxeh ihre Gefikhle nindurchgehen; man intd also nmgekelurt
wie beim Einselnen aaf diese wirken mtaen, um jene an
gestalten.
Hier7iU mag eine Erscheinung beitragen, die sich beson-
der» <lrMitlich an einer aktuell zusaminenbefindlichen Menge
beobachte II läfst: di»' Verstärkung fine« Eindrucks oder Im-
pulsen dadurch, dafs er zugleich eine grofse Anzahl von Ein-
zelnen trifft. Kbenderselbc Eindruck, der una, wenn er sich
nur auf uns richtet, zienalich külü lassen würde, kann eine
sehr starke Reaktion henrormfen, sobald wir uns unter einer
n^fseren Menge befinden, wenngleich jedes einsebe Mitglied
derselben im genau gleichen Falle ist; hundertfach lachen
wir im Theater oder in Versammlungen ttber Scherze, ttber
die wir im Zimmer nur die Achseln zucken wtirden, irgend ein
Impuls , dem jeder Einzelne nur 8ehr bedingt folgen würde,
bewegt ihn, «obald er sieh in einer grofsen Menge befindet,
zum Mitmachen der eothusiastischsten , lobens- oder tadelns-
werten Handlungsweisen. Das Mitgerissen werden des Ein-
zelneu bei den Empfindungsäulserungen einer Menge bedeutet
keineswegs, dafs jener an si^ yoUkommen passiv wMre und
SU seinem Verhalten nur durch die anderen, anders C^timmten
angeregt würde; ihm mag es yon seinem subjektiven Stand-
punkt AUS so erscheinen ; allein thatsächlich besteht die Masse
doch aus lauter Einzelnen, deren jedem es ebenso geht Es
findet hier die rumste WeeheelwirKun^^ statt; jeder Einzelne
leistet seinen Beitrag zu der Geearatstimmung , die auf ihn
freilich mit <'inem Quantum wirkt, in dem sein eigener Bei-
trag sich ihm verbirgt. Wenn man auch durchaus kein Ge*
setz aufstellen kann, das die Wirkung eines Reizes und die
Zahl der gleielueitig Ton ihm Getroffenen in durchgängige
funktionelle Beaiehuiw brichte, so ist doch im Oannen kein
Zweifel, dafs jene sicm zugleich mit dieser erhöht Daher die
oft ungeheure Wirkung flüchtiger Anregungen, die einer Masse
gegeben werden , das lawinenartige Anschwellen, das den
leisesten Impulsen von Liebe und Hafs oft zu teil wird. Schon
an den heerdeweise lebenden Tieren ist dies festzustellen: der
leiseste Flügelschlag, der kleinste Sprung eines einzelnen artet
Ott in einen panischen Schreeken der ganzen Heerde aus.
Eine der eigentümlichsten und durchsichtigsten Steigerungen
des Gefühls vermöge des gesellschaftlichen Zusammenseins
zeigen die Qnlker. Obgleich die innerliclikeit und der Sub-
jektivismus ihres religideen Prinsips eigendich jeder Gemein-
samkeit des Oottesdienstes widerstreitet, findet diese dennoch
statt, indessen oft so, dafs sie stundadan^ schweigend su-
sammensitzen ; und nun rechtfertigen sie oiese Gemeinsam-
keit dadurch, dafs sie ans dienen kOnne, uns dem Geiste
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81
Gottes näher lu briDgen: da dies aber Air ne nur in einer
Impiralioii moA mar799m Eialtetion betlebt^ »o mutk offenbir
das blofiMy aneb acliweiffende BeieiaanderMin die letstere be»
gflnatigen. Eiu CDgb'scher QuMker am Ende dee 17. Jahr-
hunderts beschreibt eketatiicbe Eraoheinungen^ die an einem
Mitglied der Versammlung vorgehen, und fthrt fort: In Kraft
der VerKindung aller Gliener erirtpr Gemeinde zu einein Leibe
kmIc sich hütifig ein solcher Zustand eine» Einzeln en allen mit,
sodafs eine ergieifende fruchtbare Erscheinung zu Tage ge-
fördert werde, die sciion viele dem Vereine unwiderstehlich
gewonnen habe. Man kann geradeau von einer Nervositttt
groeser Maieen sprechen; eine Empfindlichkeit^ atne Leiden-
aehaft, eine Ezeentrieitllt iat ihnen Sh wbl eigen, die an keinem
einiigen ikrer Mitglieder oder vielleicbt nur an Aoaaerst
vanigen, fUr sich aUein betiaebte^ au konstatieren wäre.
Alle diese Erscheinungen weisen auf diejenige psychn*
losgehe Stufe hin, auf der das Seelenleh^'n unoh überwiegend
von der A«8ociRti*)n bestimmt wird. Höhere ^joistige Ent-
wicklung unterbricht die associativen Zubanunenhän^e, die
die Elemente des Seelenlebens so mechanisch untereinander
verknüpfen, daXs sich an die Erregung irgendeiueb Puaktes
oft die wtttgehendste Erschtttterong in einer Stärke and durch
Gebiete bindoreh heftet, die in gar kemam saehtiehen Ver-
kMltaia an jenem Aosgangspuikte stehen; steigende Diffsren-
sientng verselbständigt die einseinen Bewnnrtaeinaelementa
derart, da(e sie mehr and mehr nnr logisch gaieditfertigte
Verbindungen eingehen und sich aus den Verwandtschaften
lösen, die aus der versehwimmenden Unklarheit und dem
Manjt^el scharter Umgreiiirung bei jtrimitiven Vorstellungen
hervorgehen. Solang* ■ aber diese noch her tischen, ist auch
ein Uberwiegen der Getuhle über die Verstaiidesfunkticjncn zu
beobachten. Denn wie viel oder wenig Wahrheit jene Lehre
kaben mu^ dafii die CMtfile nur nndaatlieha Oadaaken sind,
Jn jedem Falle bewirkt Venebwonunenheit, unklares Durch-
einandergehen der Vorstdliingnnhalte eine relativ lebhafte
Anregung des GefbhlsvermQgena. Je niedriger also das in*
teUektueUe Niveau ist, je mehr unsichere Begrenzung dar
Vor^tellungsinhaltp jeden derselben mit jedem irgendwie ver-
knüpft, desto ^ rregoHrf r flind die Geftllile und desto weniger
weraen naraenthch WillensäuTserungcn durch scharf um-
grenzte und logisch gegliederte Verstellungsreihon hervor-
gerufen werden, suiidoni durch jene Gesaraterregung des
Qeifltesy die aus der Fortpflanzung eine» gegebenen Anstolses
«rIbUrt and ebento ünache wie Folge vOn FLnktuiemagen
das GeMils iat Lodern also die Anfnakma eines Gedankana
oder Impulses dnick aina gröfsere Menge ihm die begrifflidie
Schärfe nimmt — schon weil die Auffassung jedes Einaelnen
dorek die seiner Gknosaea beeinilafst wird ist die pegrcbo*
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8S XL
logische Grundlage für die Stinunung und Bestimmung der
Menge durch den Appell an ihre Genlhle geschaffen; wo die
Unklarheit der Begriffe dem Gefüiiiäleben einen weiten Spiel-
raum giebt, da wird auch in Wechselwirkung das Geftiid
«nen grOfseren Einflufs auf die anderen und bOberen Funk-
tionen ausüben, und Entschlüsse, die sonst «ns einem deutlioh
gegliederten teleologischen BewuistseinsproieilB betrongehen,
wmen aus jenen yiel tmklareren Überlegungen und Impuleen
entspring^ei!, die der Erregung der Geftime folgen. Wesentlicb
ißt auch die Widerstandslosigkeit, die .aus dieser psychischen
Verfassung folgt und öo das oben charakterisierte Mitgerissen-
werden erklären hilft; je primitiver und undifferenzierter der
BewuIätbeiiiBzuätaud ist, desto weniger findet ein auftauchender
Impuls sofort die nOtlgea Gegengewicbte. "Dsa besobränkte
geistige lÜTeaa bat nur Air eine einzige VorsteDungsgruppe
Kaum, die siob vermöge der Grensverschwommenheit seiner
Elemente widerstandslos fortoflanzt Daher erklllrt sich aber
auch das ebenso rasche Umschlagen der Stimmungen und
Entschlüsse einer Volksmenge, das nun dem früheren Inhalte
80 wenig Rauni gü'bt, wie sie damals ftir den jetzigen übrig
hatte; Schnelligkeit und Schroffheit im Nacheinander der
Vürdtelluügen und Entschlüsse ist das begreifliche Korrelat
SU dem Mangel ihres Nebeneinander.
'Die weiteren psfobologiscben GrOnde dessen, was ich
alsKoUeküyneiTOsittt beceicnnete, geboren wohl bauptsicblich
in das weite Gebiet der Ersclieluungen der ^Sympatnie''. Es
ist sunächst anzunehmen, dais durch das enge Zusammensein
mit vielerlei Menschen eine grofse Anzahl dunkler Empfin-
dungen sympathischer und antipathischer Art ausgelöst wird,
dafs sich vielerlei Reize, Triebe und Associationen an die
Mannichfaltigiseit der Eindrücke knüpfen, die wir etwa in einer
Vülkaverbammlung, in einer Zuhörorachatt u. s. w. erfahren;
und wenn auch keiner derselben zu klarem BewuijBtsein kommL
so wirken sie doch gerade in ihrer Gesamtheit anregend
und bewiiken eine innere nervöse Bewegnnf , jeden sieb
darbietenden Inhalt mit Leidenschaft ergreift und ihn weit
über das Mafs hinaus steigert, das ihm ohne diesen subjek-
tiven Rcizzustahd zukäme; wir begreifen hieraus ganz im
allgemeinprt die Steigerung des Nervenlebens, die die Ver-
gesellschaftung mit sich bringt, und dafs sie um ao gröfser
sein mufs, je verschiedenartiger die von dieser ausgehenden
Kindrücke und Anr^ungeu ö^nd, d. h. je weiter und differen-
zierter unser Kultuncren ist Eine andere Form der Sym*
paÄie ist bier indes nocb wiebtiger. ünwiSkttrlicfa abmen
wir Bewegungen nach, die wir um uns herum vorgehen sehen;
wie wir häimg beim Anhören eines Musikstücks dieses gana
oder halb unb«wuist mitsingeny beim Anblick einer lebhaften
Aktion dieselbe mit unserm Körper oft in der seltsamsten
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XL sat
Weiae akkompagmeren, üo machen wir ;£Uiiächst rein phyaisch
die Bewc^KOD^eiii Ändemngen der QesichtszUge u. a. w. mit in
itoMtt wUm ose OcnttlMKre^uug naban uns Mfindiiehar P«i^
«um aibiliMt Tenntlg« i&t AwocirtMH aber» die ineli in
Uli swiechen einem Geftihl und eeiaer Anfterunff gebildet iel
nnd auch in rflcklAufiger Biohtnng wiiktom wird^ erregt jene
rein lofserliche Mitbewegipg auch weni^tens ein Teilchen
des ihr entsprechenden inneren EreigniBses. Alle höhere
Schauspielkunst ruht auf diesem pHVchologischen Vorgang.
Indem der Schauapieler zunftchst äufserüch die geforderte Lage
und Bewegung nachahmt, lebt er sich achlieCslich in daa
innere Sein deraeliben ein, veraeUt aich ttber die Brücke der
Infoeni Nadiabaivng gana in dieeei^ aodafr er dann TOUig aus
der psychologisehen Beeohaffimheit der betrsAuiden Pereon
heraus spieli Auch ist hingst festgestellt^ dafii die rein mecha-'
nische Nachahmung der Cmerden eines 2iOmigen in der Sesle
seihst einen Anklang von zornigem Affekt hervorruft. Durch
die Mittelglieder also der sinnlichen Äufserung des Affekt»
und der sympathisch reflektorischen Nachahmung derselben
lieht eine in imsenn Geaichtskreise befindliche Erregung uds
mehr oder weniger in ihren Bann. Das findet natürliclj um
so auagedebnter und sicherer statt, je vielfacher der gleiche
Affekt um una herum zur AuCserung kommt Und geschieht
das aeboiiy weim wir nnbefimgen in iBine Menge luneintceten,
so wird ea da« wo die eigene Stimfiiiing die gleiche iBt| aar
erheblichsten Steigerung derselben, an jenem gegenseitigen
Skhhinreifsen , zur Überwucherung aller Terstandesmäfsigen
und individaeilen Momente durch dasjenige GefUhl führen,
das nn« mit dieser Zahl geraeinsam ist; die Wechselwirkung
der Individuen untereinander strebt dahin, jede g^ebene
ät&rke der Empfindung Uber sich hinaufzutreiben.
Hiermit aber scheinen wir unserm bisherigen Resultat zu
widersprechen y d&£ö die Vereinigung einer Menge aui^ dem
^eiolm Ni^ean immer eine reiatm Ißedrigkeit des letateren
nnd ein Herabeteigen der Einaelnen vomiiBeelM. Allein wenn
auch das Indiyidnelle eine relative Höhe gegentlher dem so-
eialen Kiveau einnimml: so mufs dpch das letztere inmier eine
gewisse absolute Höhe haben, und diese wird eben doreh die
wechselseitige Steigenin^ der Empfindungen und Energieen
( rreiclit. Auch ist es nur das voll auagebildete Individuum,
daa, uni auf da.^ nociaic Niveau zu kommen, herabsteigen
mofs; HO lange und so weit sich seine Anlagen noch im Zu-
ßt&ude der blofsen Potenz befinden, kann es sehr wohl zu
jenem noch heraufsteigen müssen. Auch ist die Nachahmung,
die die GHeielilieit des Niveaus hemteUt^ eine der niedrigeren
geitti|en Fonktienen, wenngleich sie m eooialer Beeiehnng
▼oa der gröfirten nad noch keineswe^ genttgend hervoi^
liobenen Bedentung ist Ich erwähne m dieser Hinsicht nur
6*
84
dafs die NAchahmong ein« dar liMpWtoUichen Mittel gfigett-
•eitigen VeintändniiaM ist; vermüge dar Torfain betonten Alto*
ciation zwischen der ftafeeren Hundlong und dem ihr zu gründe
liegenden Bewufst«nin»vorpftng g-iebt uns die NaclialimMnp der
Handlnn*]^ einos jindern oft erst den Schldsael zu ihrem inner-
lichen Vorständnifl, indem die ÜefUhle, die frtdier auch bei
uns die Handlung hervorriefen , er»t durch jene psycholu^*-
ache Hülfe ihre Reproduktion erfahren. Dem volk«tüiiilicheQ
Ausdruck I dafs man, um irgendeine Handlungaweiae eines
anderen leeht au begreifen, erst in aeiner Hanl aleeken mHaae^
liegt eine tiefe psychologische Wahrheit an Qrunde» nnd die
Nachahmang des anderen Ulftt uns wenigstens soweit in smner
Haut steeken, ab sie eiae partielle Qleichbeit mit ihm bedeutet;
wie sehr aber das gegenseitige Verständnis die Schranken
uwj^^c'hf^Ti Mo nach und Mansch Tiiederreifst, wieviel es zur Her
Stellung eines ^gemeinsamen geistigt^n Besitzes beiträgt, betlarf
keiner Ausführung. Auch ist kein Zweifel, dafs wir für die
vngehenre Mehrzahl unserer Thätigkeiten auf Nachahmung
Torgefundener Formen angewiesen sind, was uns nur nicht
ins BewnÜBtsein tritt, weil das uns und aadera Interaaierande
eben nicht diee, aondem das Eigene nnd Ori|pnelle an nna
ist Ebenso sicher ist freilich die Niedrigkeit des Qeiatea^
desHen Bewegungen in der Form der Nachahmnng befangen
bleiben, weil, bei der durchgehenden Tendena auf diene, daa
am hftnfig^ten Of^jchehendo, am häufigBien zur Nachahmung
Auffordernde dip Norm des HandeluH hI>^( ben wird, da» sich
demnach mit d' m trivialnten Inhalt tulien wird. Wenn nun
auch diese Art des geiötigen Lebens ihrem Begriff«^ nach die
weit ttberwit^ende sein muf«, so hat doch das wachsende
Streben nach Differenzierung eine Form geschaffen, die alle
Vorteile der Nachahmung und socialen Anlehnung,, zugleich
aber auch den Reift einer wechselvollen Differenzierang be-
sitzt: die Mode. Im Mitmachen der Mode auf jeglichem Qe-
biet ist der Einsselno 80(^iale< Wesen aar i^ox^w» Die Qual
der Wahl, die Verantwortung derselben anderen gegenüber ist
ihm erspart; mit der Bequemlichkeit des Thuns verbindet sich
die Sicherheit der all j'f'meinen Billis^unc. Indem aber die
Mode nun ihrem Inhalte uacli in Hteteni Wechsel begritfen
ist, befriedigt f»ie zugleich dH.s Bedürfnis der Verschiedenheit
und stellt eine Differenzienmg im Nacheinander dar; der Un-
terschied der heutigen Mode gegen die Ton gestern und vor-
gestern, die Zusammendrltngung des auf sie gerichteten Be-
wnfstseins an einem Fünkt, der sich gegen das Vorher und
das Nachher oft aufs schtfrftte abscheidet, die Abwechselungen
und Übergänge in ihr, die an die Verhältnisse^ Streitigkeiten,
Kompromisse zwischen Individualitäten erinnern, — alles
dieses eraetat Tiden Geistern in der Mode die Reiae einen
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individuell differenzierten Verhaltens uad UUischt sie Uber di^
Niedrigkeit de» Niveau«, an das «ie sich binden.
Au» dieser YerleyMung der Masae, insofern »le einheitlich
«üftritty erUirt neh angeswungen eii» Bnofaeinung, die sti
den sbeiitemrlielitteii aoctologiaciiMi Ideen VennileMung ge-
geben liAl Die Handlungen einer G^dJachnft haben geflen*
fiber denen des Individuums eine schwanknageloie TrelbicneF*
heit nnd Zweckmäfiiigkett Der Einselne wird Ton wider*
sprechenden Emnfindnngen. Autrieben und Gedanken hin- und
herrezogen, und seinem Geiste bieten sich in jedem Augen-
blick vielfache Handlungsmögiichkeiten dar, zwischen denen
er nicht immer mit objektiver Richtigkeit oder auch nur mit
subjektiver Gewilsheil zu wählen woii's; die sociale Gruppe
dagl^en ist sich stets darüber klar» wen sie fiir ihren Freund
vnd wen Ikir ihren Tmod hMXt, und iwnr nidit so eehr in
tiieoietieeheni SinncL als wenn es nnfr Handeln ankonunt.
Zwischen dem Wollen and dem Thun, dem Eistreben und
dem Erreichen, den Mitteln und den Zweimen der Allgemein-
heit ist eine geringere Diskrepanz, als zwischen denselben
Momenten im Individuellen. Die« hat man so zu ^»rklären
^':<ucht. dnfs die Bewegungen der Mass'^ im Gegensatz zu
em freien Individuum naturges e tzi ich bestimmt werden,
dafs sie schlechthin dera Zuge iiircr Interessen folgen, deui
enttber sie so wenig wählen und schwanken köiiueu, wie
Mntarlenmassen gegenttber dem - Znge der Gravitation.
£ine ganse AnsaU fuidamentnier eikenntnistfieeretiBoher Un-
Uarfaeiten steckt in dieser Krklärungsweise. Gäben wir selbst
sn, dnCi die Handlungen der Kasse als solche in besonderem
Ma(se nmtnii^esetsliGh sind g^nübw den HMidlvngen der
Einzelnen, m bliebe es noch immer ein Wunder, wenn hier
Naturgesetz und Zweckmälsigkeit immer zusammenfielen. Die
N«tur kmint Zweckmftfsi^keit nur in der Fonn, dafa sie eine
j^rofse Anzahl von Produkten mechanisch hervorbringt, von
denen dann zuftUig eines besser als die andern sich «ieu Uui-
slinden anpassen kann und sich dadurch ab iweckmäduges
erweist Aber sie hat kein CMiiet, avf dem jede Henror-
bringong von ▼«imherein wid unbedingt gewissen teleolegi-
sehen Forderungen genügte. Den alten Satz, dnis die Natur
immer den kOrsesten Weg in ihren Zwecken einiscUage,
können wir in keiner Weise mehr anerkennen; da die Natur
überhaupt keine Zwecke hat, so können auch ihre Wege nicht
durch eine Beziehung zu einem solchen als lange oder kurze
charakterisiert werden; deshalb wird auch die Überti-aj?nng
dieses Prinzips auf das Verhältnis zwischen den socialen
Zwecken und ihren Mitteln nicht zutreffen. Im Ernst wird
doch «nch diese Meinung nicht behnmiten woUen, dafii das
Wihlen und Irren des ISninehien eine Ansnahme yon der nU-
famsimeii NatnikMisnlittl daisteiie; aber selbsl wenn das so
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wäre und d&a Handeln der Ma«8e tich dem gegenüber streng
natürlich verhielte, so wAren noch immer die Deiden Fragen
£u erledigen, ob denn nicht auch innerhalb der reinen Katur-
kMiMÜtit ein Wahlen und Schwanken atettfinden kAiine, und
fener, dmh welehe mMabilierle HanMnie Meie m dm
socialen Bettrehnngen der Erfolg neh inuMr bH der Ahaioht
decken mftCite. Wenn auch beide Momente^ das Wollen und
das Handein, naftwgesetilich bestimmt «od» Jft gerade sie
es sind, bliebe es doch ein Wunder, wenn der Erfolg des
letzteren genau die Umriase anafUltei die das entere doch
nor ideell gezeichnet hat.
Diese Erscheinungen indes, insoweit «ie überhaupt feet-
zustellen sind, erklären sich leicht unter der Voraussetzung,
dats die Ziele des Öffentlichen Geistes viel primitivm uä
cinfiscliere lind als die das Indiridmaiis; mm eine grolie
Amahl von Menadm IlbereinstimBity am maStj wie eben
nugMtaif im aOjgemeinen d«n Niveaii dea NiedngalHi volar
ihiMii adäquat aein. Ea kann nur die primAren Grundlagen
der einzelnen Existenzen betreffen , Aber die sich erst daa
höher Ausgebildete, feiner Differenzierte derselben zu erheben
hat Daraus verstehen wir die Sicherhett sowohl dei Wullens
wie des Gelingens der socialen Zwecke. In demselben MafBc,
in dem der Einzelne in seinen primitivsten Zwecken schwan-
kungslos und irrtumslos ist^in ebendem Malse ist es die so«
aiale Chnqipe ttberhanpt Die 8iAeffum| der EliiteUl dar
Gewinn neuen Beeitaes, der fiklitttB dea ArwotlMBeii, die Lnat
an der Behauptung und Erweiterung der ei^^en Machtrohire
— dies sind grundlegende Triebe Air den Emselnen, in danen
er sich mit oeliehig vielen anderen awecknUUsigerweise su-
BamroenBehliefsen kann. Weil der Einzelne in diesen prin-
zipiellen Strebnngon nicht wählt noch schwankt, kennt auch
die sociale Strebung, die jene zueammenBchliefst, keine Wahl
oder Schwankung. Es kommt hinzu, dafs, wie der Einzelne
bei rein egoistischen Handlungen klar bestimmt und sielsicher
liaadelt, die Ifaaae ea bei aDen ihren Zielaetnuigen thnt; aie
kennt nioht den DnaUanna swiMsban aalbataiohen ond aelbai-
losen Trieben, in dem der Einzelne rathlos schwankend atabt,
und der ihn so oft zwischen beiden hindurch ins Leere
Ipreifen Ixlat» Dals aber auch die Ikreichung der Ziele
irrtumsloser und gelingender ist als beim Einzelnen , folgt
sunächst aus der Thatsache — die unseren augenblick-
lichen Erörterungen femer liegt — , daCs innerhalb eines
Ganzen Reibungen und Hemmungen der Teile stAtifinden,
von denen das Ganze als solches firei ist, dann aber daraus,
dafs der primitive Charakter der socialen Zwecke sich aufser
in der einfacheren Qoalitlt ibiea Inhalts andi in ibiem Nibe^
licMi bekundet; d« iu die Alteemeinbeit bedarf für ihre Zwecke
mSat der Umwege und BoUeiobw^, auf die der Einaatoe
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fto oft angewiefieu ist. D&b Iic>gt aber nicht an irgendeinem
mytÜBchen Cbankter besonderer Katttriiclikeit, sondern nur
dmn, dafii ent hAhere DiAren^eniiiK der fflele und Wm
«• nötig macht, mehr und mehr Mittelglieder in die teleolo>
l^aohe Klette dimscliieben Worin sich aber viele differen-
sierte Wesen snsammenschlieiseD, das kann selbst nicht in
gleichem Mafse differenziert sein; und wie sich der Einzelne
Aber diejenigen Zweckverbindungen nicht zu irren pflegt, in
denen Ausgangs- und Zielpunkt nahe aneinander liegen, und
wie eben die Zweclie am sichersten von ihm erreicht werden,
bei denen die erste Initiative am unmittelbarsten dazu hin-
reicht, so wird natürlich auch der sociale Kreis, insotero der
ein&chere Libalt eeiner Ziele den eben beseichiieteii formalen
Ghanikler denelben nur Folge hat, weniger LrrtClmeni und
Milserfolgen anigesetit sein.
Bei grO&eren Gruppen, die den Verlauf ihrer Entwiek-
hingen nicht mehr durch augenblickliche ümpiüsei sondern
durch umfassende und feste, allmählich herangewachsene In-
stitutionen bestimmen, müssen die letzteren eine gewisse
Weite, einen objektiven Charakter tragen, um der ganzen
Füile verachiedenartiger Bethätigungen den gleichen Raum,
die gleiche Sicherung und Förderung zu gewähren. Sie müasen
nicht aur irrtumsloser sein, weil jeder lirtum sich bei der
nngebenren ,,Anaaiil davon abhiliigender Verbaltniflse aitli
•oliwaivte rftchen würde und deshalb mit der grofsten Vonidit
wnueden werden muls, sondern sie werden ▼on TonilieMiii
und abg^esehen von diesem Zweckmärsigkeitsgesichtspunkt
echon deshalb als besonders richtig, erhaben ttber Sdiwankuagen
und Einseitigkeiten auftreten, weil sie aus dem Zusammen-
prall der Gegensätze, au8 dem Streite der Interessen, aus dem
gegenseitigen Sicbabschleifen der in einer Gruppe enthaltenen
Verschiedenheitt n überhaupt entstanden sind. Für den Ein-
Eelnen entstellt die Waiirheit und Sicherheit in der Theorie
wie in der Prajü^ dadurch, daTs die zunächst einseitige sub*
iektire Maxime an eiqer grcÜBeii Anaahl tod Verhiltnisaen
m BenehnQg tritt; die Biehtigkett eines allgemeineren Yor^
•tsOeiia beateht ttberhaunt nur darin, dafs es durch yieleriei
nnd möglichst verschieae&e Falle durchHÜirbar iai; alle Ob-
lektiTitat erhebt sich onr aus der Krenaung und gegeoaeitigeii
Einischränkung einzelner Vorstellungen, deren keiner man es
sn und f\\r sich ansehen kann, ob sie nicht etwa blofs sub-
jektiv ist; sowohl in realer wie in erkenntniatheoretischer Be-
ziehong läutert sich die Übertriebenheit, die falsche Subjek-
tivität, die Einseitigkeit nicht durch das plötzliche Hinein-
£reifen eines absolut anders gearteten Objektiven« sondern nur
weh das Zusammenströmen einer gröisten Zanl subjektiver
Vmlettungen, die ihre Einseitigkeiten gigenaeitig korrigiereo
nd paralyneren und so daa OlgektiTe gewiasennafisen ala
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X 1«
Verdichtung des Subjektiven herstellen. Offenbar bildet aich
nun der Öffentliche Geist von vomherein auf dem Weß:e, der
den Einzelgeibt relativ spät zur ßichtigkoit und iSickeriieit
•einer lahiiite flthrt Gerade weil so Aureeivt Tenchieden-
artige Interesten in Reichem Mafse an den Offentliehen Ein-
ricktangon und Maleregeln beteilig sin l, mllwen diese sosu-
sagen im Indifferenzpunkt aller jener Entgegengesetxtheiten
stehen; sie müssen den Charakter der Objektivität tragen,
weil die Subjektivität jedes Einzelnen schon dafitr »orgt, dafs
nicht der eines anderen ein zu grofser Einilufs auf sie ein-
geräumt werd"'*. Als gemeinsanio Grundlage, aber, worauf es
für die jetzige Betrachtung aukomiut, auch als gemeiusames
Besultat der Bewährung alier möglichen Tendensen und Be-
nningungen mufii das Handeln der Gruppe eine umftsaende
Objektiyität zeigen und den Durchschnitt bilden, der selbst
von der Excenü-icität seiner Faktoren frei ist Dieser Sicher-
heit und Möglichkeit entspricht nun freilich ein gewisser For-
malismufi und Mangel an konkreten Inhalten in g:rorsen Be-
zirken dos öffentlichen Wesens Je gröfser der sociale Kreis
ist, desto mehr interesäim kreuzen sich in ihm und desto
farbloser müssen die Bestimmungen sein, die iim als gMixen
treffen und die nun ihre specielle und konkrete Er^Uuug
von engeren KreiteD nnd Ton IndiTidnen erwarten mUssen«
Wenn es also auch genetiseh eine höhere nnd spätere Stofe
Ulf die das Niveau der Allgemeinheit objektiv sicher und
Bweckmäfsig bestimmt erscheinen läfst, so sehen wir doch anch
in dieser Beziehung, dafs mit jenen Vorzögen eine gewisse
liliedrigkeit seines Inhalts in bedingfnder Verbindung steht
Die anscheinende rrrtiinisloai<^keit der Allgemeinheit dem
Einzelnen gegenüber maj^ aber auch so zusammenhängen, dais
ihr Vorstellen und Handeln die Norm bildet, au der sich für
den Einaelnen Richtigkeit oder Irrtum meesen. Wir haben
achlieCslieh kein anderes Kriterium ftlr die Wahrheit als die
Möglichkeit, jeden hinreichend ausgebildeten Qeist von ihr
an flbenengen. Die Formen, in denen dies möglich ist, haben
allerdings allmählich eine solche Festigkeit und Selbständig-
keit erlangt, dafs sie, als losfisrho und erkenntniRtheoreti-
sehe Gesetze, auch da zu der subjektiven Übt rzf ugung von
Wahrheit fahren ^ wo im einzelnen Fall die Allgemeinheit
noch anderer Überzeugung ist; aber immer murs auch dann
der Glaube vorhanden sein, dafs irgendwann auch diese sich
wird daron durchdringen lassen; ein Sats, Ton dem ee fest-
stände, daCs die Allgemmheit ihn nie annehmen wird, wtlrde
auch ftlr den Einzelnen nicht den Stempel der Wahrheit
tragen. Und das Gleiche gilt für die Richtigkeit des Han-
delns: wo wir g^egen den Widerspruch ein^»r {ganzen Welt
überzeugt sind, recht und sittlich zu handeln, muls doch der
Glaube zu gründe liegen, dafs eine voigeschritienere Gesell-
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XI.
■chaft, eine solche, die eine tiefere Einsicht in das ihr wahr-
haft NütiHche haben wird, unsere HanfHiings weise billigen
wini. \iiB difser, wenn auch unbewuTsten Anlahnung an eine
ideale üesÄmtheit, auf den n Niveau die jetzt vorhandene nur
relativ zufiülig noch nicht «telit, schöpfen wir die Stärke und
Siegessicherheit fttr unsere theoretischen und praktischen
Obmeugungen, die augenbUekUeh noeli TOlUg individuelle
aind. In der Gewi&heit eben dieser anticipiert daa Indivi»
daum ein MiTean der Allgeimeinheit^ auf dem daa jetat Dille-
renzierte zum Gemeingut geworden iat
Die Begründung dieser Annahmen liegt wesentlich auf
praktischem Crebiet. Der Einzelne kann seine Zwecke so sehr
nur im An^chluTs an eine Allgemeinheit und durch ihre Mit-
wirkung erreichen, daj'a die Isolierung von ihr ihm zugleich
auch in Jeder andeiu Beziehung alles das nehmen wUrde, was
er aU »orm, ab GhioUtea empfindet, und daTa, wo er Mä
ihr dennoch entgegenaetet, diea nur durch eine individuelle
Kombination der von der Gesamtheit dennoch ausgehenden
Kormen geschieht, die in ihr selbst zwar noch nicht realisiert
ist, aber ohne die Möglichkeit einer solchen Reaiitfierung Über-
haupt wertlos wäre. Welches nun aber auch die t^attungs-
psychoiogischen Motive seien, es scheint mir unbezweifeibar,
dafe das subjektive Ot^fuhl der Sicherheit in theoretischer und
ethischer Beaieliung zusanaraenfalle mit dem mehr oder minder
klaren Bewufstsein der Übereinstimmung mit einer Gesamt-
htti; bei der dorchgängigen Wechselwirkung dieser Be-
Miuncen ist dann die mherolle Befriedigung , die Meeres-
atflie der Seele, wie sie ans der Unerschutterllchk« it von
Überzeugungen quillt, eben daraus zu erklären, dafs diese
letztere nur einen Ausdruck für die Übereinstimmung mit
einer Gesamtheit nnd flir das (iretragensein durch sie bildet.
Hierdurch verstehen wir den eigenartigen Reiz des Dogmati-
scheu als solchen ; was »ich uns als Bestimmtes. Unanzweifel-
bares und zugleich als allgemeiu Gelteades giebl, gewährt an
und flir sidi ^ne Befriedigung und einen inneren Halt, dem
ffegenaber der Inhalt des Dogmaa rektiv gleichgültig ist In
dieser Form der absoluten Sicherheit, die nur ein Korrelat
der Überetnitimmung mit dei- Gesamtheit ist, liegt eine der
hauptsächlichen Anziehungskräfte der katholischen Kirche;
indem sie dem Individuum eine Lein e })ictet, welche xa^ ÖÄov
gilt, nnd von der jede Abweichung eigentlich unmöglich,
je<lenfalls völlig ketzerisch ist — wie es denn Piuü iX. tlirett
auü^prach, d&Ts jeder Mensch in irgendeinem Sinne der ka
Müschen Kirche zugehöre — , apueUiert aie in stärkatem Mala
an daa soelale Element im Menschen und liftt den Binzehien
in der sachlichen Bestimmtheit des Glaubenii zugleich alle
Sicherheit gewinnen, die in der Übereinstimmung mit der
Gesamtheit liegt; und umgekehrt, weil aich Objektivität und
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90
X U
Wahrlieit mit der Annahme durch die GeoÄmtheit deckt, ge-
gewährt die Lehre, vuii der die letztere allen Rückhalt
und alle Befriedigung dir milM'in. Eine doroluRii saw-
llssige PeraOnlielikeit enlUte mir Ton einer Ünfesnredifii^ mit
«inem der ht^chaten Wttidentiiger der katiioliaclien Kirche,
in deren Yeiiauf dieser äufserte: Die innigsten und nützlicb-
ilen Aablnger der kalhidiichen Kirche seien immer Menschen
gewesen, ^le eine schwere Stlnde oder einen grofsen Irrtum
Eintcr sich hatten. Das ist psychologiach durchaus b^n*eiflich.
Wer sehr geirrt hat, sei es im Sittlichen oder im Theoreti-
schen, wirft sich allem, wa« öich ihm als unfeldbare Wahr-
heit darbietet, in die Arme; d. h. daa subjektive individuali-
stische Prinzip hat sich ihm als so unzulftn^ch erwiesen, dafs
er nun das Nm«n mdki, md dem ihm die Übereinetimmung
mit der Qeeemiheit Siehttdidt and Ruhe gewihrt
Indessen ist der Naditefl eines solchen Vorkeils nicht nur
der, dnfr nach den obigen Anefilliningen ein sodologiieiiee
Niveau, um allen zugänglich zu sein, so niedrig liegen moft^
dafs es den Höheren viel tiefer hinanzustcigen nötigt, als ee
den Niedrigen hinaufsieht, sondern die Entlastung von indi-
vidueller Verantwortung und Initiative lÄf^t die zu dieser er-
forderlichen Kräfte rosten und giebt dem Individuum eine
sorglose Sicherheit, die die Schärfung und Ausbildung seiner
Anuigen verhindert In der Vogelwelt finden wir aunaUende
Beispiele dafilr; Ton den anstraliachen Loriketi, Ton den
Tdcenc, von den emeiflnniiehen Tauben wird lu» berichtet^
dafs sie sich anfiMrordentiich dumm und unvortichtig benehmen,
sobald sie in grofsen Zügen auftreten, dagegen scheu und ge-
witzt, wenn sie sich allein halten. Indem der einzelne Vogel
sich Hilf seine Geführten verläfst, erspart er gewisse höhere
individuelle Funktionen, wodurch indes dann schliefslich auch
das Niveau der Gesamtheit leidet.
Doch wird im groisen und ganzen ein sociales Niveau
um so mehr Chancen zu seiner Erhöhung haben, je mehr
Mitglieder es zahlt; denn erstens ist der Kampf um die £xi-
itens und imi die bevonugte Stellmig ein aebirferer enter
viilen, als anter wenigen,^ und die Aoslese eine nm so stren-
snre. Auf dem hohen Kulturniveau der oberen Zehotansendi
deran Lege behaglich genug ist, um schon anf einea yiel ge-
ringeren Kampf den Preis des Lebenkönnens zu setzen , auf
dem auch die Specialität des Einzelnen früh ^pvnfi^ ausge-
bildet wird, um ihn für relativ wpnij2;er umkämpfte Stellungen
zu })efähigen, nim'lien yich die Nachteile der weniger strengen
Auslese hier und da hemerklich. Schon in äulserer Beziehung
glaube ich, dafs die zunehmende körperliche Schwächlichkeit
miierer höheren Stände zum grofsen TeU daher rührt, dafs
sie elende, an sieh kaom lebens&hige Kinder ▼ermOse aos-
geietchneter Pfleige nnd Hygiene aufbringen, natürlich aber
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XI.
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olme sie auf die Daaer zu normalea und kräftigen Meuschen
Bachen zu können. In roheren Zeiten und in niedrigeren
Stftndeni in die die nur wenijgen zugibi|^lichen hygiemachen
Ifittal iMMib nieht gedrungen arndf im die mktllriiehe Andeea
^ idiiiidilidieii EkisteiuMn weg und lilit nur die kiftftigen
grofa werden. Aufserdem ist aber von yemherein die WaW-
•elidnlieUcjeit whandeii, daili unter der gritfieren Anzahl von
Teilnehmern auch eine gröfsere Anzahl hervorragender Na-
toren vorbanden »ei, sodafs jener Knmpf ein gllnsti^es
Ifaterial vorfindet und durch energische Verdrängung dea
SchwÄcheren ein immer günstigerer Durchschnitt für die Qe-
»amtheit erreicht wird. Durch die ganze Natur geht dieser
Nutzen der gröfseren Zahl. Über die Schafe in einem Teile
TDA Y^akMkm sagt ein Kenner, dab, weil sie gewöhnlich
anneo Lraten geboren, welche nur wenige benteen, aie nie
Teredelt werden können; andererseita haben Handeliqgftrtner,
welche dieselben Pflanzen in grofsen Massen ziehen, gewöhn-
lich mehr Erfolg als die blofsen Liebhaber in Bildung neuer
und wertvoller v anetflten , wie Darwin bemerkt, unter dem
Hinzufügen, dafs die verbreiteten und gemeinen Arten gv^^sere
Wahrscheinlichkeit als die selteneren haben, in einer gege-
benen Zeit vorteilhafte Änderungen hervorzubringen. I>ie8er
Vorgang scheint mir ein bedeutsames Licht auf die organische
Xntwickiuig fiberluHipt m werfen. Naefadem eininal eine
gewiaee Art verbreitet und hemehend geworden ist, sondert
tieh dnreh besondere Bedingungen eine Unterart ab, welche^
in wen^r EMnpiaren vorhanden, eine gewisse Stabilität
leigt Treten nun neue Lebensumatinde ein, die yerftnderte
Anpassungen fordern, po wird die auf df^r früheren Stnfe
lu rückgebliebene und zahlreichere Art auf Grund der oben
angeführten Vorteile der grofsen Zahl eine grölsere Wahr-
scheinlichkeit haben, wenigstens teilweise den neuen Anforde-
rungen gemäfö zu variieren, als jene schon aubgeutiudcrte,
welche Mker Tielleicht die besser angepafiBte war. Wir rer-
Mkm danmii wieao arietokratieehe UiffBraisiennigeii Aber
daa allgemeine Niveau, naehdem «le eine Zeit lans ein hOheree
Mirena Ar aicb gebildet, später so oft ihre Lebenafthigkeit
gegenüber jenem tieferen verlieren. Denn dieses hat znnftohst
Termöge der tiberwiegenden Zahl seiner Teilnehmer diegröreere
W&hrscheiniichkett, bei geänderten Verhältnissen ftihrende
Persönlichkeiten hervorzubringen, die jenen besonders gut
mngeimfst sind; dann aber ist die niedrige Entwicklung, in
der aie schärferen Differeuzierungen erst im Keime vorhanden
find, Oberhaupt fOar manche Anforderungen die günstigere
Bedingung, weil sie «n weiches, der Formung sich leidit
«kniegendee Material bietet, wahrend scharf nmiiaeene niid
individanWerte Femen swar ihren ursprttnglichen Lebene-
hedingVBi90Q bemer entsprechen, geftnderten and en^^gen«
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esetzten aber oft schlechter. Daher erklärt es sich auch,
afs Klasaen mit einseitig ausgeprägtem socialem Besitz in
lebhaft bewegten und wechseivoUen Zeiten weniger Vorteile
haben als eolehe^ die nur geringere Gemeinnamkeiten besitien;
ao treten in den Bewegungen der modenwten Kultur die
Chancen des Bauernstandes wie der Aristokratie zurück vor
denen dei industriellen und handeltreibenden Mittelstandes,
der keine so festen und bestimmt differenaierten socialen Pallap
dien besitzt wie jene.
Wenn man von dem socialen Niveau und «einem Ver-
hältnis zur Individualität spricht, ist der zweierlei Bedeutungen
desselben au gedenken, die in den vorhergehenden Betrach-
tungen i^eht immer gesondert werden konnten. Der gemein-
aame geistige Bealta emer AnnU tob Menschen kann den
Sinn desjenigen Teils des individuellen Besitzes haben, der
gleichmälsig in jedem derselben vorhanden ist; dann kann er
aber auch den KoUektivbesitz bedeuten, der keinem Einzelnen
als solchem eigen ist. Man könnte die letztere Gemeinsam-
keit als eine reale, die erstere als eine ideale im crkenntnis-
theoretischen Sinne bezeichnen, insofem diese nur durch den
gegenseitigen Vera;leich, durch die beziehende £rkcimtnis als
Gmeinaamkeit erkannt werden kann; an und fhr sich brauchte
es den Einaelnen nieht im Sinne eines einheitliohen Zusaiumen-
gehörcns zu berühren, dafs so und so Tiele Andere noch die
gleichen Eigenschaften besitaen wie er selbst. Zwischen den
Höhen dieser beiden socialen Niveaus bestehen nun die man-
nichfaltigsten Verhältnisse. Man wird die aufsteigende Ent-
wicklung zunächst von der einen Seite in die Formel bringen
können, dafs der Umfang des socialen Niveaus im Sinne der
Gleichheit abnimmt zu gunsU3n des socialen Niveaus im Sinne
des KoUektivbesitzes ; die Grenze für diese Entwicklung wird
dadurch gezogen ^ dalh die In^vlduen einen gewiasan Ghnad
von Gleichheit bewahren mflssen, um noch von emm einheit-
lichen gemeinsamen Besitz profitieren au können; freilich mufs
mit der Ausdehnung dieses letatoren seine Einheitlichkeit im
strengeren Sinne leiden und sich in vielspältige Teile zer-
legen, deren Einheit statt der substantiellen mehr und mehr
eine blofs dynamische wird . d. h. sich nur noch in einem
• funktionellen Ineinandergreifen von inhaltlich f>ehr getrennten
Bestandteilen zeigt, welche nun auch entsprechend verschieden-
artigen IndividumitUen die Teilnahme «n dem gemdnaamen
Offsndichen Besitz erm(^lichen. So wird a. B. ein durch-
greifendea und vielgliedriges Bechtssjstem da heranwachsen,
wo eine starke Differenzierung der Persönlichkeiten nach
Stellung, Beruf und Vermögen eintritt und die möglichen
Kombinationen unter dios<Mi eine Fülle von Fragen schaflcn,
denen primitive RechLsbeatiniinungen nicht mehr genügen
können; trotzdem wird immer noch eine gewisse Einheitlich-
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keit aller dieser Personen vorhanden sein mttsien, damit dieM
Becht wirklich allseitig befriedige und dem inoraliichen Be-
wufstBein der Einzelnen entspreche. Die Auadehnimgen de«
aofialfü Niveaus ira Sinne der Gleichheit nnd im Sinne des
gi'ineiusamen Besitzes werden also auf ein Kom^romifs selbst
da angewiesen sein, wo die fortschreitende Differenzierung
solche Formen des öffentlicheu Geistes schafft oder vortindet,
die die Möglichkeit eines rechtlich sittlichen Znsammenbe-
•lehens der nuuiiuck^tigBten Bestrebui^gen und Lebensftih*
mngen gewährrä. umeekehrt mofs die irgendwie horbei-
Mnhrle Verbrtttemng des Kollektivbesitzes auch eine solche
Oer persönlichen Ähnlichkeiten zur Folge haben. Dies liegt
Am aup^enfHIlipaten da vor, wo eine Nation p;^ewonnenc Pro-
vinzen durch gewaltsame Einführung ihrer Sprache, ihres
Rechts, ihrer Religion auch innerlich sich anzugliodern sucht;
im Verlauf mehrerer Generationen werden dann die schnrt'en
Differenxen zwischen den alten und den neuen Provinzen aus-
gegliehen Min, die Gleiebkett^et objektiTen Gelstee zu gröfserer
Oleiehlittt der sdbjektiYeD Qeistor geAlhrt haben. Als ein
der Saiistuut nach hiervon sehr entmites Beisniel nenne ick
die merkwürdige Antthnlichung des Wesens, aes Charakters
und schlie&lich der Gesichtazi^e, die manchmal unter alten
Ehegatten zu beobachten ist. Die Schicksfile, Intf»ro8»en und
Sorgen des Lebens haben ein sehr umfassendes genieinsauios
Niveau ftlr sie geschaffen, das keintowega urspritnglich in dem
Sinne gemeinsam ist^ dais persönliche EigeriHchatien in je^em
ron beiden in gleicher Weise vorhanden wären, sondern es
entsteht und besteht gewissennnCsen swischen innen als ein
KollektiTbesitB, «iis dem der Anteil des Einseinen nicht
herauszulösen Ist, weil er Oberhaupt als solcher gar nicht
existiert; so wenig bei der Oravitstion zwischen nrei Materien
die Schwere dem einen oder dem andern im Sinnf» einer in-
dividuellen Quülitüi ziikümc, weil der eine immer nur im Vor^
häitnis zum andern schwer ibt, so wenig kann man bei den
Erlebnissen und inneren Erwd imngen, bei der Konstituierung
des objektiven Geistes innerhalb eiues £helebens immer dem
einen und dem andern einen, wenn aneh gleichen Teil des-
selben inadireiheny weil er jn nur in der Qemeinsamkeit
nnd dnroh sie auBtande kommt Aber diese Gemeinsamkeii
wirkt nun zurück aal;* dasjenige, was jeder fUr sich ist, und
schafft eine Gleichheit des persönlichen Denkens, FtthlenK und
Wollen», die sich, wie gesagt, sehh'efslich aui h in der MufKeren
&»c!ieinung ausprägt. Die Voraussetzung dazu ist freilich,
daf^ die individuellen UntersLlu'ode schon von vomherein keine
Ubermäfsig grofsen gewesen seien, weil sonst die Bildung jenes
objektiv gemeinsamen JSiveaus Schwierigkeiten finden würde.
Aneh hat die alisolnte Gröfse dieses letslaren eine Grenze,
'Vwn iie m dem in Bede stehenden Erfolge ftüuren soll; bei
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X 1.
einer ^ewi^sen AuBdehmuig nILmiicli gestattet sie wieder, da£i
je nach der YmeUadcnlim dar penOiiU€iie& AiiUig«!! der eina
mehr toh dem eben Teil, von der «nen Bendnmff dee
KeUektiTbenteet beeinflobl wiid^ der andere von der anderen;
es kann darum noch immer ein gemeinBamer Besitz sein; aber
während seine Gröfse relativ zum individuellen Besitz der
Teilhaber in geradem Verhältnis zu seiner verilhnlichenden
Wirkung steht, giebt sie, absolut betrachtet, mit ihrem eignen
Wachstum auch wachsende Möglichkeit ungleicher Wir-
kungen. Deshalb findet man jenes allmähliche Gleich werden
besonders an Ehepaaren in ruhigen tmd einfiMshen Verhält-
niasen, und wenn man es besonders an kinderioeen Ehepaaren
bemerken wollte, so ist das gana in diesem Sinne; denn so
sehr jenes gemeinsame Niveau gerade durch den Besitz von
Kindern vergröfsert wird, so erlebt es doch dadurch eine
Mnnnichfaltigkeit und Differenzierung, die die (rleichheit seiner
Wirkungen auf die Individuen fraglich macht.
Eine andere Kombination zwischen den beiden Bedeu-
tungen des socialen Niveaus und der DifFeienzierung zeigt
sich auf wirtschaftlichem Gebiet. Das vielfache Angebot der
gleichen Leistnng bei beschrlnkler Nachfinge enengt die Kon-
Kurrena^ weldie in Tiel weiterem ümfimgeb als man es sieh
gewöhnlich klar macht, schon nnmittelbar Differenaiening ist.
Denn wenn auch die angebotene Ware die genau gleiche
ist, 80 ninfi^ doch jeder verbuchen, sich wenigstens in der Art
des Angebot» von dem andern zu unterscheiden, weil der
Konsument sich sonst in der Buridanischen Lage befinden
wiinle. In der Formung oder wenigstens im Arrangement
der Ware, in der Anpreisung oder weui^öteas ia der Miene,
mit der man die Leistung anpreis^ mufs jeder sieli Ton jedem
an nnterscheiden suchen. Je gleichartiger das Angebot dem
Inhalt nach ist, desto gröfsere Verschiedenheiten werden die
Anbietenden in den persönlichen Seiten desselben ansbildeni
wozu noch beiträgt, dafs die unmittelbare Konkurrenz gegen-
seitig antagoniHtisehe Gesinnungen hervorruft, die die Persön-
lichkeiten auch, ihrem Denken und Fühlen nach von einander
entfernen. Die persönlichen Gemeinsamkeiten, die in der
Gleichheit der Beschäftigung und in der des Abbatzkreises
liefen, erzeugen eine um so schärfere Differenzierung nach
anderen Seiten der PersOnliciikeit bin. Jene Gldchkeit aber
drängt doch wieder aar Schaffung eines socialen NiToans in
dem anderen Sinne , insofern der Beruf oder Geschäftszweig
als Ganzes gewisse Interessen hat, zu deren Wahrnehmung
sieh alle Beteih'gten zusamraenHehliefsen müssen, sei es in
K;irti'l!eT!, die die Konkurroii/. zeitweilig beschränken oder auf-
heben, sei es in Vereinigungen, die sich auf aufserhalb der
Konkurrenz liegende Zweeke be7iehen, wie RepräsenUition,
Rechtsschutz, Entscheidung iu Kliren^achen, Verhalten gegen
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X 1.
95
andere in sich geschlossene Kreise u. s. w. , die in manchen
Fällen zur Bildung eine« ^nUchiedeuen ÖtaadeabewuüstöeioB
HlhreD. Eine bedeatende Hoha aodalen NrroMis im Ssnm
der Gleichheit «mQglieht eine eDtsjweehende anoh im letoteren
Sinne, woftU* die Zunft das entscheidende Beispiel giebt Dem
g^enüber erscheint die durch den Wettbewerb lud die kom-
plizierteren Verhältnisse ausgebildete Differenzierung all die
nöherp Stufe, währtmd wiederum chen diese Differen?;ierung
einen gei nein« amen Besitz von neuen Gesichtspunkten aus
schafft. Denn eiTi*^r*<e>ts ist das sehr apecialisierte Individuum
zur Erreicliung der obengenannten Zwecke dringender auf
andere angewiesen, als eines, welches mehr die Totalität eines
Zweiges in sich darstellt^ andererseits bringt gerade erst die
fiainere DiffBrensieEung BedOifinsBe imd Znapitsongeii der ein-
selnen Weeeneaeiten znataiidey die die Gründl agc für koUek-
tiye Bildungen abgeben. Wenn alao Konkurrenten^ die dae-
aelbe Bedürfnis mit verschiedeDartigen Mitteln decken wetten,
wie etwa in der Leibwäschenbranche Leinen, Baumwolle una
Wolle mit einander konkurrieren, sich vpreinifjen, um ein
Prpi«nusschreibeii über dir* beste Art der Befriedigung!; jenes
Beciurfnieees zu erlassen, so hofft zwar jeder, dafs die Ent-
scheidung gerade flir ihn günstig sein werde ; allein es ist doch
Ton einem Funkte aus ein gemeinsames Vorgehen zustande ge-
kommen, SU dem nwar ohne die Torangegangene Differenzie-
mng keine Veranlaeanng gewesen wäre, dl!» aber nun der
Ansfangspunkt weiterer Socialiaiemngen werden kann. Ich
werde nocii in and r rem Zusammenhange zu erwähnen haben, dafs
gerade die Mannichlaltigkeit und Differenzierung der Beschäf-
tigungszweige den Begriff des Arbeiters überhaupt, den Ar-
bcitpr^»tnnd als HclbstbewuTHteg Ganzes geschaffen hat. Die
Gleichheit der Funktion tritt erst recht hervor, wenn sie sich
mit sehr verschiedenartigem Inhalt ftillt; erst dann löst sie
eich aus der psychologischen Association mit ihrem Inhalt,
die bei gröisercr Gleichförmigkeit desselben statthat, und kann
flocialisierende Macht zeigen.
Bewirkt die Differenzierung der Individnen hier eine
Vennehrang des socialen Niveaus, so wird einem oben ange-
deuteten Momente zufolge auch die umgekehrte Wirkung statt-
finden« Je mehr geistige Produkte nämlich aufgehäuft und
allen zugänglich sind, desto eher werden schwächliche Be-
anla^iuiger. dip der Anregung und des Beispiels bedürfen,
zur BethKtigung <rrdangen. Unzählige Fähigkeiten, eine in-
dividuellere Ausbildung und Stellung zu gewinnen, bleiben
latent, wenn kein hinreichend weites, jedem sich darbietendes
sociales Niveau da ist, dessen mannichfaltige Inhalte aus
federn henrorlocken , was nur in ihm iat, wenn dieeea andi
nicht stark genug ist. um sieh gana originett und ohne
solchen Anreix zu entfalten. Daher sehen wir allenthalben^
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X 1.
wie der Epoche der Genies die der Talente folgt: in der
griechisch-römiBohen Philopnpliie. in der Kunat der Renaissance^
m der zweiten Blüteperiode der deutschen Dichtung, in der
Muöikgei*chichte dieses Jahrhunderts. Unzähli^i^e Male wird
um berichtet, vrie Personen, die sich in untergeordneter, un-
differenzierter Stellung befanden, bei der Anschauung einet
kltnsderiscben oder tonischen Produkts plfitdick die Augen
ÜMr ihre Flhigkflhen und ihren eigentliehen Beruf aufgingen,
mnd wie sie nun von da aas bu einer indiTidusHen Ausbildung
▼orffedrungen wären. Je mehr Munter schon vorliegen, desto
grOuer ist die Wahrscheinlichkeit, clafs jede nur einiger-
mafsen besondf^rf» Anlauf ihre Entfaltung und also eine difff>~
reuziertr LebeiisHtollun^ gewönne. Das sociale iJiveau iin
Sinne des KoliektivbeÄitze« verringert von diesem (jesicht«
Diese Un^leichmälsigkeiten im VerhiÜtnis der socialen
HiveaiiB in beiderlei Sinne seheinen indes nnr so lange herr-
eohen sn können, als beide unter ihren hOdisten erreiehbaren
Graden bleiben und als es neben der Steigerung derselben
noch andere Zwecke des Individunmi und der ABgemeinhnt
giebl, die die Entwicklung jener modifisieren und ?5war na-
türlich mcht sn, dafR beide stets in gleichem Mafs^ davon
getroffen wllnieu. Das absolute Maximum de« einen wird
inde« mit dem dun andern zuj^ammcnfailen. Ilm nämlich
er&tens ein Maximum indiMdueiler Gleichheit iiuicriialb einer
Gruppe hermtellen und namentHck zu erhalten, ist da»
iicherate Mittel, dais ihr KoUektiTbesits ein mllglichst grofser
ist; wenn jeder Stnaehie einen mO^ichst gleichen Teil seines
innem und ttolsern Besitaes an die Gesra^eit abgiebt und
der Besitz dieser dafUr grofs genug ist, um ihm ein Maxi-
mum von Formen nud Tnl-altr»!! zu liefern, so ist dies jeden-
falls die grOfste Garantie dutur, dnl% der eine im weKentiiehen
dasselbe hat und ist wie der andere; und umgekehrt, wenn
eine maximale Gleicliheit der Individuen herrscht und über-
haupt Sooialisierung stattfindet, wird auch der sociale Besitz
deshalb im YeriiMltois mm individuellen ein maximaler werden»
Ausnahmen, die wir in unserm letzten Kapitel au behandeln
haben - und möglichst vielen Anhalt von ihr zu entlehnen,
während die Verfir^iedonheit der Individuen , die dieser Ten-
denz sonst Schranken netrAe , der VorausHetzuug nach auf-
gehoben ist. Der Rociali^müö hat debbaib die Maximisierung
beider Niveau» gleichmäfsig im Auge^ die Gleichheit der Indi-
viduen wt eben nur durch Konkurreualosigkeit, diese aber nur
bei Centrallsierung aller Wirtschaft dureh den Staat zu enreiehen.
Psychologisch ist es mir indessen noch zweifelhaft , ob
die Forderung der Ausgleichung der KiToaus dem Triebe der
punkt au8 eben dasselbe
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XI.
•7
Diffmnnerung wiiUieh lo abiolttt entg^engeeetst ist, wie ei
scheint. Durch die ganze ISatur Kuiduren idiflii wir dai
Streben der Lebewesen, höher zu kommen, ttber ihre «igen*
blickliche Stellung hinweg eine günstigere zu erwerben; in
der Menschen weil steigert sieh dies zu dem lobhaftesten
b'^wuldte Wun8c}j, mehr /,u haben und zu raiiefsen, als jeder
^et; bene Augenblick e^* darbietet, und die Differenzierung
ht nichu liU dae Mittel dazu oder die Folge davon. Kie*
nand begnHgt aieh mit der SteUung, die er seinen Mit-
gMchdpfen gegentlber einniiimit, sondern jeder will eine in
irgendeinem Sinne gtlnsllgere erobern, und dft die Krttflte und
Gliiek^f^tlle verschieden sind, ae gelingt et Einem, sich über
die ffro£se Mehrsabi der andern mehr oder weniger hoch su
erheben. Wenn nun die unterdrückte MajoritÄt den Wunsch
nach erhöhter Lebenshaltung weiter empfindet, so wird der
nächfltliegende Ausdruck dafür sein, dafs sie dasselbe haben
und sein will, wie die obem ZthnUiasend. Die Gleichheit
mit den Höheren ist der erste sich darbietende Inhalt, mit
dem sich der Trieb eigener Erhöhung erllillt, wie es sich in
jedem belielngen engeren Kreiae seigt, meg es <rine fkkvl-
kkeee^ ein Kmiauninflstand, eine Beuntenhierarehie sein. Das
gehört zu den Grfinden der ThAtsaehe j dafs der Groll des
ProlstarierB sich meistens nicht gegen die höchsten Stände^
sondern gegen den Bourgiaois wenaet; denn diesen sieht er
unmittelbar Uber siVh er bezeichnet ftir ihn dip-jenigo Staffel
der Giückyleiter , die er zunächst zu ersteigen hat, und auf
die sich deshalb ttir den Aii^^erblick sein Bewufstsein und
sein Wunsch nach Erhöbung konzentriert. Der Niedere will
zonUchst deuL Höheren gleich sein; ist er ihm aber gleich,
80 zeigt tausendfache Erfahrung, dafe dieser Zustand, früher
der InoegrüF seines Strebens, nichts weiter als der Ausgaugä-
imnkt fVOf Weiteres ist, nur die ersle Slatioa des ins Unendp
fiche gehenden Wsfas nur begftn^tig taten Stellang. Übendlp
wo man die Oleiehmadiiuig xn verwirklichen suchte, hat sidi
von diesem neuen Boden aus das Streben des Einzelnen, die
Andern zu überflügeln, in jeder möglichen Weise geltenfl ge-
macht; so z. B. in der häuftgren Thatsachc, dafs sich über (lern
vollzo^renen socialen Nivellement flie Tymnnis erhebt. In
Frankreich , wo von der grofsen Revulutioii her die Gleich-
heitsideea noch am energischsten wirkten, und wo die Juli-
revolutioD diese Traditionen wieder au^efirischt hatte, tauchte
dodi knn nneii der letiteren nebenr der scbamlosen Pleonexie
ESncdner eine allgemeine Ordenssuchi aujL ein onstiHbATes
Veilangen« sich dureh ein Bändchen im Knopfloch vor der
grofsen Menge auszuzeichnen. Und es giebt ▼lelleicht keinen
treffenderen Beweis für unsere Vermutung ttber den psycho-
lo^iaehen Ursprung der Gleiobbeitsidee, als flie Aufsening
etner Kohlenträgerin aus dem Jahre au einer vomehmen
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06 XI.
DMne: .Ja, gnädige Frau, ietst wird alles gleich werden;
ich werde in Seid** gehen und Sie werden Körnen tragen" —
eine ÄuDierung, deren historische ZuverllLMiigkeit gleicbgttltig
Ut gegenüber ihrer inneru psychologischen Wahrheit.
Diese Geiieais des SucialismuB bedeutete freilich den
denkbar schärfsten Gegensats gegen die meisten theoretischea
B^grOndimgoii dMMlbeii. Fttr diese ist die Gleidiiielt der
Henschen ein durch sich selbst gereditfertigtes, ftbr mtk be-
stehendes und beffiedigendes Ideal , eine ethische causa sui«
ein ZiMtmif dessen Wert unmittelbiur einleuchtet Ist er statt
dessen nur em Durchgangspunkt, nur das zunächst erreich-
bare Ziel der Pleonexie der Massen^ so verliert er den kate-
gorischen und id^len Charakter, den er nur do^halh uTi^^e-
nommen hat, weil den meisten Menschen derjenige Funkt
ihres W^egos, den sie zunächst erreichen lutissen, so lange er
nodi aidit efrekiit ist| ab ibr definitivee Ziel mvebwebt
£• ist dnteliM keift «äderet Inteiesse, at» dem der Niedrig-
■tehende die Qleichheit durchseücen wiU, als es dn Höhere
an der Erhaltung der Ungleichheit hat; wenn diese Forderung
indes durch langen Bestand ihren relativen Charakter ver-
loren und sich verselbständigt hat, so kann sie auch zum
Idejül solcher Personen werden, bei denen sie jene Genesis
subjektiv nicht durcligemacht hat. Die Behauptung eine« logi-
schen Rechtes der Gieichheitsforderung — ala folgte es ana-
lytisch aus der Wesensgleichheit der Menschen, dafi auch ihre
Bedite, Ffltciiteii und Gitter jeder Art gleich sein mtUaten —
httt aar den «Ueroberflächlichsten Sdiein fiUr eich; denn erstens
seht aus einem wiridichen Verhalten nie TermOge der blofsen
Logik ein blofs Qesolltes, nie vennOge dieser ue einer Realitil
ein Ideal hervor, sondern es bedarf dazu stets eines Willens,
der sich ans dem hlofscn logisch theoretischen Denken nie
ergiebt; zweitens gieljt es insbesondere keine logische Regel,
nach der die substantielle Gleichheit von Wesen ihre funk-
tionelle Gleichheit zur Folge iiaben mUiäte. Drittens ist aber
ftueh die Gleichheit der Menechen als solcher eine sehr he*
dingte, und ee ist ir611ig willkflrlich, über demjenigen, worin
sie gleich sind, ihre vielfachen VerHchiedenheiten in TerDach-
läas^^en und an den blofsen Begriff Meosoh, unter dem wir
so Terschiedenai-tige Erscheinungen zusammenfassen, der-
artig reale Folgen knüpfen zn wollen — ein Überbleibsel
des BegriffsrüidlHnmH der Naturaufkassung , der statt des
spezifischen Inhalts der einzelnen Erscheinnng nur den AM-
gemeinbegri^ dem sie zugehörte, ihr Wesen ausmachen liefs.
Die ganze Vorstellung von dem selbstverständlichen Rechte
der CfleicUieitsfordening ist nur «n Beispiel &a cUe Neigung
des meosohlichen Geistes, die Resoltato historiseher ProMsse^
wenn sie nur hinreichend lange bestanden haben, als logische
Notwendigkeiten sninsehen. Suchen wir aber nach dem
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XI. 99
DH/chiaehMi Triebe^ dem die Oleieblieitifoidennif der onteren
Made entniricht, so finden wir ihn nur in demjenigen, der
ferade auch der Ursprung aller Ungleichheit iat, in dem
'riebe nach GlQckserhOhung. Und da dieser ins Unendliche
S>ht, so ist durchaus keine Gkwähr dafür gegeben, dafs die
erstellung eines gröfsten socialen Niveaus im Sinne der
Gleichheit nicht zum blofsen Durch^angspunkt für weiter wir-
kende Differenzierung werde. Deshalb mufs der Socialismtis
sugieicb auf ein grOfiites sociales Niveau im Sinne des Kollektiv-
bititMa liallea, weil Uerdnrdi den Lidiridnen mehr viid mehr
dfo GekMaheil md der O^genstand indMdndler AoMeieb-
Bang und Diffenaiierung entzogen wird.
Es ist indes noch immer die Frage, ob aiobl die gering-
illglgen Unterschiede des Seins und Habens^ die selbst die
gesteigertste Socialisierung nicht beseitigen kann, diesdben
psychologischen uiid also auch ftufseren Folgen haben wUrden,
wie Jetzt die viel gröfseren. Denn da es nicht die absolute
GröUe eines Eindrucks oder eines Objekts ist, die unsere
Beaetion daiaaf bestimmt, sondern sein Unterschied gegen
aadsfweitin Bnkbrttckey 'wo kaaa eiae gewaebsene uatsr
■cihiBdisaiwtniHiebteit aa die verringerten Differenzen unyer-
ringerte Folgen knOpfen. AUeathalben findet dieser ProieTs
statt. Das Auge pafst sich an geringe Helligkeitsgrade derart
an^ dafs e8 schOerslich die Farbenunterschiede ebenso empfindet
wie frtlher nur in viel heilerer Beleuchtung; die geringen
Differenzen in St<dlun^ und Lebensgenufs , die sich innerhalb
des bleichen socialen Kreises finden, erregen einerseits Neid
und Nacheiferung, andererseits Hochmut, kurz alle Folgen der
BMhmiimig m demaelben Qfade, wie die iwiaehen sekr
ystieaalea Sebiditaa beetabeaden üaleracbiede o. s. w. Ja, es
ist sogar vieUbab in beobadUen, dafii die Empfindung des
Ualenebiedes gegen aadere Fenonen am so schftrfer ist. ie
mehr wir im übrigen mit ihnen fi;emeinsam haben. Deshalb
aind einerseits diejenigen Folgen Differenzierung, die dem
Soctalismus als schfioliche und zu beseitigende erscheinen,
noch keineswegs durch ihn aufgehoben ; andererseits aber sind
die Kulturwerte der Differenzierung nicht in dem MaTse von
ibn bedroht y wie seine Gegner es wollen; die Anpassung
aaiirer PaiapüfciiilmBiflinillichkeit kaaa ebea den genngeran
persönlichen Differenzen eines aoeialistertea Znstandes die
gWche Macht nach der guten wie nach der aeUaebton Seite
wie dia jataigen sie besitaen.
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Cioogk
über die Kreazuog socialer Kreise.
Der Untenehied des Toigesebritlenen vor dem roberea
Denken seigt sich am Unterschied der Motive, wdohe die
AHOciationen der VortleUangeii beettmmeii. Da« zafiültfe
Zuaammensem in Raum und Seit reicht sonfloliat hin, um £e
Vorstellungen mychologuich zu verknüpfen; die Vereinigung
vop Eigenschaften, die einen konkreten Gegenstand bildet,
erscheint zunftcKst als ein einheitliches Ganzes, und jede d^'r-
ßclln n steht mit den auderrr , in deren Umgebunjff afl<;iii nrnn
sie kennen gelernt hat, in engem associativein Zu8anuiienhang.
AU ein fUr sich bestehender Vorstellungsinlialt wird 8ie erst
bewafst, wenn sie in nodr mehreren und andersartigen Ver*
bindungen aeftritt; das Qleiohe ra atten dieMn tritt iq betta
Beleacbtung und an^eich in gegenseitige Verbindniigy indem
es aieh von den Verknttpfun^n mit dem taehUcb Andern,
nur im zufiüligen Zusammensem am gleichen Gegenstand mit
ihm Yerbundenen mehr und mehr frei macht. So erhebt sieb
die Association i\hev die Anrpgnng durch das aktuell Wahr-
nehmbnre zu der aut dem lulialt der \'or8fccllungen ruhenden,
auf der die liülM'i-e Begriffsbildim^^ sich aufbaut, und die das
Gleiche auch aus meinen Verschlinguiigon mit den verschieden-
artigsten Wirklichkeiten herausgewinot.
Die Entwiokliiiig, die hier unter den VorsteUungen vor
Bich ^eht; findet in dem Verhftltni< der Individneiü nnter-
einander eine Analogie. Der Einzelne «iebt sich snnäehst in
einer Umgebung, die, geeen seine Individualitftt relativ gleich-
gttltig, ihn an ihr Schicksal fesselt und ihm ein enges Zu-
sammensein mit denjenigen auferlegt , neben die der Zufall
der Geburt ihn gestellt hat; und zwar bedeutet dies Zunächst
sowohl die Anfangszustande ph/logenetisoher wie ontogeneti*
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101
•ober Entwicklung. Der Fortgang deraelben i^er sielt aun
auf a88ociative Verhältnisse homogener Bestandteile aus hete-
rogenen Kreisen. So uraschliefut die Familie eine Anzahl ver-
schiedenartiger Individualitäten, die sunächät auf di<vse Ver-
bindung im eugsten MaTse angewiesen sind. Mit fortschrei-
tender fkitwkskliuup aber spinnt jeder Etnieine derselben ein
Band m PereOnlicSkeiteii, welche «daerhalb dieeee ursprüng-
lichen Associationskreises liegen and etalt dessen dorch saM*
liehe Gleichheit der Anlagen, Neigungen und Thfttigkeim
tL 8. w. eine Beziehung zu inm besitzen; die Association durch
ÄufseriichetJ Zusaramenfeiii wii*d mehr und mehr durch eine
solche nach mlialtlichen Heziehungcn ersetzt. Wie der höhere
Begriff dai* ztisainmenbiudet, wa« eiuer ^Tofsen Anzahl sehr*
Terscbiedenartigor Anschauungskomplexe gemeinsam ist, so
•chlielsen die höheren praktischen Gesichtspunkte die eieichen
Indmdiien M durchaus fremdeii und unTerboiidenmi Gruppen
saaemnien; es eteUen sich neue Berahrungskretse her, wetohe
die früheren, relatiT mehr natorgegebeaen, mehr durah sinn-
lichere Beziehungen zusammengeludteneD, in den munnjchfirt»
tigetert Winkeln durclisetzen.
Kins der einfachsten Heit>plele ist da* angeführte, dafs
der ursprüngliche Zusammenhang de« Familienkreisea d^viorch
modifiziert wird, dafs die Individualität des Einzelnen diesen
in anderweitige Kreise einreiht: eins der höchsten die »Ge-
IfihrtWflpubliB*'. Jene halb IdeeUe^ halb reele Verbindung aller
ia eio«i ao hOenek ailgeoMuieu Ziel wie Erltenntnia Oberhaupt
sich susammenfind enden PenOnKdakfliten, die im übrigen den
aUenrerschiedenaten Gruppen in Besag auf Nationalitil, per>
sönhVhe und specipllc Interensen, sociale Stellung u. 8. w. an-
gehören. Noch stiirker und charakteriatiseiier aJs in der Gegen-
wart zeigte sich die Kraft des geistigen und Biidiingsinteretses,
Zu^auuneiigohürigc aus höchst verschiedenen Kreisen
heraus zu differenzieren und zu einer neuen Gemeiuöciiaft
maMMMRiaclilieben. in der BeuMiienceneit Dne huflunii-
tüacbo IntateM duronlnaofa die miClelilteiÜche Abeonderung
der Kreiee und Stinde und gab Leuten, die von den ver-
aehiedeoaten Ausgangspunkten hergekommen, und die eftnoch
r?»>i, vr..r-*^i Beruffr: treu blieben, eine gemeinsame
aktive oder pageive Teilnahme an Gedanken und Erkennt-
nisften, welche die bisherigen Formen und Einteilungen des
Lebens auf dae mannichfaltigste kreuzten. Die Vorstellung
herrschtt^dait» das Bedeutende zujüammengehöre^ das zeigen
die im aIV. Jahrliundert auftatiehenden Sammlungen Tim
lohenibeachreilHingwi, die eben au«geMiclinele Ijeute «Ia
•olche in einem einheitlichen Werke zusammen aohildem,
mochten aie nnn Theolegin oder Künstler, Staatamtener oder
T*h*!'»logrrt sein. Nur so ist es möglich , dnfs ein mSehtiger
iM^nig^ Keberi von Neapel, mit dem Dichter Petrarka Freund-
108
XL
•cbaft schliefst and ihm seinen eignen Parpmniiaiitd schenkt;
nur so war die Sonderang der rein geistii^en Bedeutung von
alledem mOglich, was sonst als wertvoll galt, infolge deren
der venetianische Senat bei der Auslieferung Oiordano Bruno 's
an die Kurie schreiben konnte : Bruno sei einer der schlimm-
steoKetier, habe die Yorwerflicbsten Dinge gethaiL ein lockeres
md goradiM imßSmAm Leben pftkii — tm illinge« eei er
aber einer der aosgeaeichnetsten Oetiter, die man enh denken
kOnne, von der seltensten Oeteluemkeit und GeietesgrSfee»
Der Wandertrieb imd die Abentenerival der Humanisten, ja
ihr teilweise schwankungsreicher und unsuTerlftssiger Cha-
rakter entsprach dieser Unabhttngigkeit des Geistigen, daa
ihr Lebenszentrum bildete, top allen sonstigen Anfonierungen
an den Menschen; sie mufste eben g^en diese gletchgttitig
machen. Der einzelne Humanist wiederholte, indem er sich
in der bunten Maouiclifaltigkeit der Lebensverhältnisse be-
werte, dee Loe dee Hmnantamney der den eimen Sdwieren
und Mandl ebcnio wie den michtigen Feldhem nnd din
glanzvolle Füretin in einem Bahmen geistigen Inlerossee
umfafste.
Di^ Zahl der verschiedenen Kreise nun, in denen der
Einzelne darin steht, ist einer der Gradmessot* der Kultur.
Wenn der moderne Mensch zunächst der elterlichen Familie
angehört, dann der von ihm selbst gegründeten und damit
auch der seiner Frau, daun seinem Berufe, der ihn schon ftlr
sich oft in mehrere Interessenkreise eingliedern wird (z. B.
in jedem Beruf, der Aber- und QnlBf9e(»dnele Peceonen ea^
hält, steht jeder in dem Kreise aeinea besonderen Geeehifti^
Amtee, Bttreaus etc. darin, der jedesmal Hohe nnd Niedere
loeammenschliefst, nnd anlserdem in dem Kreise, der sieh ana
den Qleidigeetottten in den verschiedenen Geschäften etc.
biUlet); wenn er sich seines Staatshürgertums und der Zu-
gettörigkeit zu einem bestimmten socialen Stande bewufst ist,
aufserdem Reserveoffizier ist, ein paar Vereinen angehört und
einen die verschiedensten Kreise oerUhrenden geselligen Ver-
kehr besitzt: so ist dies schon eine sehr grolse Mannichfaitig>
keil von Gruppen, von denen mandie swar koordiniert sind,
andere aber Mch so anordnen laieen, dafe die eine ab die
nnprttngliehere Verbindung erKheint, von der aus das Indi-
vidunm aaf Grand aeiner besondem QnalitiIeD, durch die ea
sich von den ttbrigen Mitgliedern des ersten Kreises ab-
scheidet, sich einem entfernteren Kreise zuwendet Der Zu-
wie eine Seite einer komplexen Vorstellung, wenn sie psycho-
logisch auch Ittngst rein sachliche Associationen gewonnen
hat, doch die zu dem Komplex, mit dem uie nun einmal in
rinmlidi-Beidieher Verbindung existiert, keineawega an ver-
lieren braneht .
weiter bestehen bleiben.
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lOB
Hieraus ergeben sich nun vielerlei Folgen. Die Gruppen,
zu denen der Einzelne ^liört bilden gletchaam ein Koordinaten-
aystera , derart, dafs jede neu hinzukommende ihn genauer
nnd unzweideutiger bcBtinunt Die Zugehörigkeit zu je einer
derselben läfst der Individualität ni>cU einen w(-iten Sinelraum;
aber je mehre ea werden, deäto unwahrscheinlicher ist es,
dal« nodi andm P«noiMii die clttobe GruppenkombiiuilMni
•nftreiieD werden, dab dieee Tiden Kfeiie Mch nodi einmal
in einem Punkte •elmeiden. Wie der kenkrele Gegeneland
für unser Erkennen seine IndividnaUttt verliert, wenn man
ihn einer Eigenschaft nach unter einen allgoneinen Begriff
bringt, Hie «her in dem Mafsc wiedergewinnt, in dem die
andern Begriffe hervorgehoben werden, unter die seine andern
Eigenschaften ihn einreihen, so dafs jedes Ding-, pUtonisch
zu reden, an so vielen Ideen Teü hatj wie es vielerlei Qua
litäten besitzt, uud dadurch seine individuelle BeHtimmtheit
erlangt: gerade so verhttlt sich die Persönlichkeit gegenüber
dm^jjHmOf denen de angehört Inneriialb des psvcnotogiseh-
tbeoie^eelMii Gebielee ist gans daa Analoge an beobachten;
was wir das Objektive in unserm WeRbild nennen, waa sieh
als das Sachliche der SubjdLÜvität des Einzeleindrneka gegen-
fibercustellen scheint, das ist doch thatsächlich nur ein sehr
gehäuftes und wiederholtes Subjektives ~ wir nach Hnme's
Meinung die Kausiüität, das sachliche Erfolgen nur in einem
oft wiederholten, zeitlich sinnlichen Folgen, und wie der sub-
stautielle Gegenstand uns gegenüber nur in der Synthese
sinnlicher Eindrücke besteht So nun bilden wir aus diesen
abjakÜT gewofdenen Elementen dasjenige, waa wir die Sab-
jeKtmtM iMTf ifoff,v nennen, die PenOnliehikeit, die die Ele*
inent<L- der Kultur in individueller Weiae kombiniert« Nachdem
die Syntbeie des Subjektiven dai Objditiye hervoigebraeht^
erseogt nun die Synthese des Objektiven ein neueres und
höhere? Subjektives — wie die I^ersOnlichkeit sich an den
socialen Kreis hingiebt und sich in ihm verliert, um dann
durch die individuelle Kreuzung der socialen Kreise in ihr
wieder ihre Eigenart zurückzugewinnen. Übrigens wird ihre
aweckmttfsiffe Bestimmtheit so gewissermafseu zum Gegen bild
ihfir kanaakpt an ihrem Un|irai^ iil aie dodi ancdi nnr der
Kiwumngepnnkt nmihliger socialer Flden» daa Ergebnis der
Vererbung von verschiedensten Kreisen und Anpassunge-
Mrioden her,« nnd wird zur Individualitit dnroh die Besonder-
heit der Quanten und Kombinationen, in denen sich die
Gattungselemente in ihr zn!»nn)Tnenfinden. Schliefst sie sich
nun mit der Mann?chf'alti;^'kf'it ilirer Triebe und Interessen
wieder an sociale Gfhilde an, so ist das sozusagen ein Aup-
strahlen und Wiedergeben dessen, was sie empfangeii, in ana-
loger, aber bewufster und erhöhter B'orm.
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104
X 1.
Ihre Bestimmtheit wird nun eme um no gröf«ere setn,
wenn die bestimmenden Kreise mehr nebeneinamier liegende,
als konzentrische sind^ d. h. allmälilicK mch vereugende Kreise^
wie Nation, aoetale SteUitng, Beruf, besondere Katcigorie inner-
lialb dfeeee, werden der an ihnen teilhabeaden Pmon keine
an individiK^llf^ Stelle anweisen, weil der engaie derselben gnu
Ten aelbet die TeÜhaberaehaft an den weiteren bedeutet, ala
wenn jemand aufser seiner BerufssteUnng etwa noch einem
wiseenschaftlichen Vereine angfthrtrt, Aufjjichtsrat einer Aktien-
gesellschaft ist und ein städtisches Ehrenamt bekleidet; je
weniger d^iR t eilhaben an dem einen Kreise von selbst An-
weisung giebt auf das Teilhaben an dem andern, desto iie-
•tinnnter wird die Person dadurch beaeidinet, dafs sie in
einem Sehnit^jninkt beider steht loh will hier nur andentani
wie die Mö^ehkeit der Individualisierung aodi dadnr<idi ina
UnermerslicEe wUehst, dafa dieaelbe Peraon in den yeraehi»>
denen Kreisen, denen sie gleichzeitig angehört, ganz ver-
8chi«?one relative Stellungen einnehmen kann. Denn jeder
neue Zusammenschlidls unter gleiehoni (resichtspunkt erzeugt
sofort wieder in sich etno gewisse Ungleichheit, eine Differen-
zierung zwischen Fuhrenden und Geführten; wenn ein ein-
heitliches Interesse, wie es etwa das erwähnte humanistische
war, für hohe nna niedere Personen dn gemeinsamea Band
war, daa ihre sonstige Veraehiedenheit pandjlierte, ao eni»
anfangen nnn innerhalb dieser Qaneinsamkeit und nach den
ihr eigenen Kal^rieen neue Unterschiede awisohen Hoch und
Niedrig, welche g^nz aufser Korrespondenz mit dem Horb
und Niedrig innerhalb ihrer sonstigen Krei«o stehon Indem
die Höhen der Stollungen, welche eine und dieselbe Person
in verschiedenen Gruppen einnimmt, von einander TöUig un-
abhängig sind, können so seitsame Korabinationen entstehen,
wie dtn» dafo In Lindem wa% allMieiner Wehrpaieht der
geistig and aocdal hOehatstehende Mann aich einem
offizier nnterzuordnen hat und dafs dte Pariser Betdeigflda
einen gewählten „König" besitzt, der ursprünglich nur ein
Bettler wie alle, und, so viel ich weifs, auch weiter ein solcher
^bleibend, mit wahrhaft filrstlichen Ehren und Bevorzugungen
ausgestattet ist — vielleicht die merkwürdigste un<i indivi-
dualisierendste Vereinigung von Niedrigkeit in einer und
Höhe in anderer äocialen Stellung. Auch sind hier diejenigen
KomplUEationen in Betraeht an neben , die dnrch die Kon-
knrreni innerhalb einer QTttiy|>e entstehen; der Kanfianuin lat
etnerseitB mit anderen Kaufleuten an einem Kreise vecbunden,
der eine grofse Anzahl gemeinsamer Interessen hat: wirt-
schaftspolitische Gesetzgebung, sociales Ansehen des Kauf-
mannsötandes, Repräsentation desselben, Zusammenschlufs ge-
genüber dem Publikum zur Aufrechterhaltung bestimmter
Preise und vieles andere — geht die gesamte Handelswelt als
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106
M^che ia und liwt sie Dritten gegenttber als Einliflit fit*
■elieiiieii* AndmtMitB aber befindet tich jeder Kaufnumii in
konknrrierendem Qegeneate gegen so und so viele andere,
da« Eintreten in diesen Beruf schafft ihm im gleichen Moment
Verbindang und Isolierung, Gleichstellung und Sonderstellung ;
er wahrt sein Interesse durch die erbittertste Konkurrenz mit
denjenigen^ mit denen er sich doch um desgleichen Interesses
willen Ott aufs engste zusamnienschliessen mufs. Dieser inner-
liche Gegensatz ist zwar auf dem kaufmännischen Gebiet wohl
am krassesten f indes auch auf allen andern bis herab zu der.
eplMilMra Socialinenmg einer Abendgeeellwihaft iiwendwie
Torlinnden. Und wenn wir nun bedenken, welche Bedeutung
filr die PenOnlidikeit das MaTs hat^ in dem sie Anaohlufii oder
GcigeuMte in ilven socialen Gruppen findet, so thut sich
nne eine unermefsliche Möglichkeit von indivtdnalinerenden
Kombinationen dadurch auf, dafu der Einzelne einer Mftnnioh-
Konkurrenz und Zu^^ammenschluls stark variiert, und da jedem
Menschen ein gewisse« Mafs kollektivistischen Bedürfnissen
eigen ist, so emebt die Mischung zwischen Kollektivismus
nml IioKenuig, die jeder Kreie Metel einen neuen neonaten
CtoBchtipnnkt fibr nie Zniammensteliung der Kreise, denen
tidh der jSinndne an«clifiefet: wo innerhalb eines Kreiaee starke
Konkorrenz herrscht, Werden die Mitglieder sich gern solche
anderweitigen Kreise «neben, die möglichst konkurrenilos
sind; so findet sich im Kaufmannsstand eine entschiedene
Vorliebe für gesellige Vereine, während da« die Konkurrenz
innerhalb des eigenen Kreises ziemlich ausschliefsende Stand es-
bewufstsein des AriHtokraten ihm derartige Ergänzungen
ziemlich überflüssig macht und ihm vielmehr die VergeäelU
«ebaflangen iriiber legt, die in aieb stRrkere Konknrreni aus-
bOdes. 1. B, alle durch Sportinteraien nMOBmenjg^ehaltenen.
'Endlicn erwähne ich hier noeh drittens die oft diskrepanten
didnach entetebenden Krenanngen, dafe ein Einzelner oder
ebie Gruppe von Interessen beherrscht werden, die einander
entgegengesetTit sind und jene deshalb zu gleich er Zeit ganz
entgegengesetzten Parteien angehören lassen. Kür Individuen
liegt ein solches Verhalten dann nahe, wenn bei vielseitig
auRgebildeter Kultur ein starkes j)olitische8 Parteileben herrscht J
dann pfi^t nämlich die £rschümung einzutreten, dafts die po-
lieben Parteien die ▼erscbiedenen Standpunkte aneb in den-
jenigen FngeOj die mit der Politik gar nichts an thnn haben,
unter lieb verteilen,. sodaTs eine bestinunte Tendena der
Idtteratmr, der Knntt, der Religiosität etc. mit der einen
Partei, die entgegengeeetite mit der andern associiert wird;
die Linie, die die P?\rteien sondert, wird schliefslich durch die
Ge.sarütheit der Lplicnsinteressen hindurcii verlttngert. Da
es denn auf der Hand, da(s der Einzelne, der sich nidit
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XI.
vottkomnen in den Bann der Partei geben will, Moii etiva
mit seiner JUthetischen oder reltetösen Überseugong einer
Gruppierung anschliefsen wird, die mit seinen politischen
Gegnern nmalgamicrt ist. Er wird im Schnit^>unKt zweier
Gruppen stehen, die sich sonst als einander entg^engesetzte
be Wulst sind. Gänsen Massen wurde eine solche Doppel-
' steUung zur Zeit der grausamen Unterdrttckang der irischeii
Kadioliken durch Enciaiid au^eswuitfen. Hmte fUUten tieli
die Proteitantaii Eni^ds und Iriands Terbimden gegen den
gemeinsameii Beligionifeind ohne Rttckneht auf die Lande-
mannsdiaft, moi^gen waren die ProtestMiton und Katholiken
Irlands gegen den Unterdrücker ihres geroeinsamen Vater-
kuidee verbunden ohne Rücksicht auf Religionsverschiedenheit.
Die Ausbildung des öffentlichen Geistes zeigt sich nun
darin , dafs genügend viele Kreise von irgendwelcher objek-
tiven Form und Organisierung vorhanden sind, um jeder
Wesensseite einer xnannichfach beanlagten Persönlichkeit Zu-
■iiiiaienieblufi und genoaaeiucliaftliche Betliätigung zu ge-
wlUireD. Hierdurch wird eine gleicbmilaige Annlberung an
das Ideal des Kollektivismus wie des Individualismus ^boten.
Denn einerseiH findet der Einzelne für jede seiner Keigungeu
und Bestrebungen eine Gemeinschaft vor, die ihm die Be-
friedigung derselben erleichtert, «einen Thätigkeiten je eine
uls zweckmäfsig erprobte Form und alle Vorteile der Gruppen-
nncehörigkeit darbietet; andererseits wird das Specifische der
Individualität durch die Kombination der Kreise gewahrt,
die in jedem Fall eine andere sein kann. Wenn die vor-
geschrittene Kultur den aodalen Kreis, dem wir mit unaeier
nuiien PertOnltchkeit angehören, mehr und mehr erweiterti
dafür aber das Individuum in höherem Mafee auf tich selb«!
stellt und es mancher Stutzen und Vorteile des enggeechlossenen
Kreises beraubt: so liegt in jener Herstellung von Kreisen
und Genossenschaften, in denen sich beliebig viele, ftir den
gleichen Zweck interessierte Menschen zusammenfinden können,
eine Ausgleichung Jener Vereinsamung der Persönlichkeit, die
aus dem Bruch mit der engen Umsdurftnktheit früherer Zu-
stände hervorgeht
Die Enge dieses Znsemmensehlnsses ist daran su er-
messen, ob uid-in welchem Qrade ein soldter Kreis eine be-
sondere i^Ehre* ausgebildet bat, derart, dala der Veriust oder
die Kränkung der Ehre eines Mitgliedes Ton jedem andern
Miteliede als eine Minderung der eigenen Ehre empfunden
wird, oder dafs die Genossenschaft eine koliektivpersönliche
Ehre besitzt, deren Wandiunf(en sich in deni Elir-Erapfinden
jedes Mitgliedes abspiegeln. Durch ilenstellung dieses apeci-
fischen Ehrbegriffes (Familienehre, Ofitiziersehre, kaufmänni-
sche Ehre u. s. w\) sichern sich solche Kreise das xweck-
mifsige Verhalten ihrer Mitglieder besonders auf dem Gebiete
Oigitized by
«
deijenigeD specifischen Differeni, darch welche sie sich von
dem weitemten socialen Kreise ab8che?<!en, sodafs die Zwangs-
maTsreeeln fbr dius richtige Verhalten diesem gegenüber, die
«LHatlichen Gesetze, keine Bestinmmngeu für jenes enthalt«!.
Einer der fi^fsten socialoüiischea Fortßchritte vollzieht sich
auf diese WeiBe : die en^ und strenge Bindung früherer Zu-
•ttDde, in dfiiMn di« loa»!« Gruppe alt Oaaieiy retp. ihi»
Zentralgewaliy das Tbtm und Lmmo det Sinselnen nach den
mwshtedensten Richtungen hin regnlier^ beschränkt üire Ba»
gvlatiTe mehr und mehr auf die notwendigen InteresMa der
Allgemeinheit; die Freiheit des Individuoms gewinnt mehr
. und mehr Gebiete für sich. Diese aber werden von neuen
Gruppenbildungen Ixisetzt, aber so, dafs die Interessen dea
Einzelnen frei entschf^iden , zu welcher er gehören wül; in-
folge dessen genügt statt äuTserer Zwanesmittel schon daa
OmU d«Br Ehre, um Ilm aa diejenigen Aotnifln an üwwln,
tem es ann Beetuile dar Gruppa badatC Übrigens BlmiBt
dieser Proaeih nkbt nur von aar stMtlicben Zwaa^Mewalt
aeinen Ursprung; flbo'all, wo eine Ghruppenmacht eine An^^ahl
von individnollen Lebensbeziebungen, (Ire sachlich aulser Be-
aiehung zu ihren Zwecken stehen, ursjinuiglich beherrscht —
auch in der Familie, in der Zunft, in der religit^sen Gemein-
schaft u. 8. w. — , giebt sie die Anlehnung und den Zunammen-
schluis in Beaug auf ^ene schliefslich au besondere Vereine
ab^ aa dHMO dw Batailigung Sache der pMBnliehan Freibeit
kt» wodareh denn die Aufgabe der Soeiaknerang in yiil toU-
kommnerer Weiea gelllet werden kann, als durch die frttbere^
die Individualität mehr vernachlässigende Yereioigong.
Es kommt hinzu, dafs die undifferenzierte Herrschaft
einer socialen Macht über den Menschen, wie ausgedehnt und
streng sie auch sei, doch irnnier noch um eine Reihe von
Lebensbeidehungen sich nicht kümmert und nicht kümmern
kann, und dafs diese der rein individuelleu Willktir um so
iOigloMr imd beetimmangiloser flberlaiMii Warden, je grOfiwrer
Zwao^ In den llbrigen BeaiehuiiMi bemcbt; so mafite der
piechische und noch mehr der altrOmisebe Bttiger aich zwar
m allaa mit der Politik nur irgend im Znsammeiduiiig stehenden
Fragen den Normen und Zwecken seiner vaterlftndischen Ge-
meinschaft Wlingrimg«?! )^ unterordnen; aber er besafs dafür
als Herr seine» Hause« ame um so unumschränktere Helbstherr-
Kehkeit; so j^iebt jener engste ftottiale ZusammeaHrhlLifs , wie
wir ihn an den in kiemen Gruppen lebenden Naturvölkern
beobaibten, dem Einaelnen TallkomineDe Freiheit, eieb gecen
4le «atebalb des Stammet ttebenden Personen in jeder ihm
bcUebeaden Weise an benehmen; io findet der Deepotiamiie
binfig eetn Korrelat und sogar seine Unterstützung in der
vollkommensten Freiheit und selbst ZtigelloHigkeit der wenigen
ihm nicht wichtigen Bealehungen der renttnlichkeiten. Nach
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liieser unzweckmäfsigen Verteilung kollekäTiititchai Zwmagm
urt(\ individaalistischer Willkür tritt eine angemessenere und
genehtcre da ein, wo der sachliVhe Inhalt der Sitten und
Tendenzen der PerBonen über die associativc Gestaltung ent-
scheidet, weil sich dann auch für ihre bis dahin ganz un-
kontrollierten und rein individualistisch bestimmten Bethäti-
Sungeu leichier kollektivistische Anlehnungen finden werden;
enn in deonielbeii Halbe, in dem die PenOnlicfakeil eis
Ganse» befrat wird, tnckt sie auch filr ihre einsebien Seiten
socialen Zusammensehlufs and besehrinkt freiwillig die indivi«
dualistische Willkür, in der sie sonst einen Ersatz für die
undifferenaierte Fesselung an eine KoUektivmacht findet; »o
sehen wir 7, B. in Ländern mit ^rofser politischer Freihpit
ein besonders stark aasgc.hildetes Vereiiisleben, in religt<toen
Ot'Hicinschaitcri ohne ?ttarke hienu^hisch ausgeübte Kirchen-
f: walt eine K bJiafte Sektenbildung u. s. w. Mit einem Wort,
reihet t und Bindung verteilen sich gleichmftfsigei^ wenn die
8oeialisterung, statt die heterogenen Beetandteile der Peraön-
Hchkeit in einen einlieitliehen Kreit an awingen, vielmelo* die
Möglichkeit gewllhrti dafs das Homogene aus heterogenen
Kreisen sich zusammensch liefst
Dies ist einer der wichtigsten Wege, den fortschreitende
Entwicklung einschlägt: die Differenzierung und Arbeits-
teilung ist zu'^rst sozusagen quantitativer Natur ujkI verteilt
die Thätigkeitäkreise derart, dafs zwar einem Individuum oder
einer Gruppe ein anderer als einer andern zukommt, aber
jeder derselben eine Summe qualitativ verschiedener Be-
aiekungen etnadiliefet; allein später wird dieaea Veraehiedene
heransdtiFerenziert and aua allen diesen Kreisen an einem
non qualitativ einheidichen Thlltigkeitskreise zusammenge*
aehloaien. Die Staatsverwaltung entwickelt sich hänüg ao, dalk
das zuerst ganz nndüFerenzicrte Verwaltungszentrum eine
Reihe von Gebieten anssontlert, wpIcHp je f>iner einzelnen Be-
hörde oder Persöniichkeit unlersteben. Aber diese Gebiete
sind zunächst lokaler Natur; es ist also z. H. ein Intendant
von Seiten des französischen Staatsrats in eine Provinz geschickt
um nun dort alle die verschiedenen Funktionen auszuUbeu,
die aonat der Staatnat aelbat Uber daa Ganae des lAndea üVt;
es ist eine Teilung nach dem Quantum der Arbeit Davon
unterscheidet aich die spAter henrorgehende Teilung der
Funktionen, wenn sich dann z. B. aus dem Staatsrat die ver-
schiedenen Ministerien herausbilden, deren jedea seine Thätig-
keit über das ganTie Land, aber nur in oiner qualitativ be-
stinimten Beziehung erstreckt. Wenn die Speci^insierung der
Heilkunst schon im alten Aegypten ftlr den Arm einen andern
Arrt ausbildete, als für das Bein, so war auch dies eine
I>iÜerüiizieruug nach lokalen Gesichtspunkten, der gegenüber
die moderne Medizin gleiche pathologische Zustände, gleich-
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109
riel an welchem KOrpcrgliede sie auftreten, dem gleichen
Specialai-zt flberantwortet; sodafs wiederum die funktionelle
Gleichheit m Stelle der zußüligen Äusserlichkeit die Zu-
sammenfassung beherrscht. Die gleiche Form einer Uber die
ältere Differenzierung und Zusammenfassung hmausg^eh enden
neuen Verteilung zeigen jene Geschäfte, die alle verscbiedeneu
Materialien für die Herstellung komplizierter Objekte fiihreii,
a. B. daa gesamte Eiäeubahnljaumatcrial, alle Artikel ftir Gast-
wirte, Zahnärzte, Schuhmacher, Magazine fUr sämtliche Haus-
und Kttcbeneionebtiiiig n. s. w. Der eunkeitüche GtcMickte-
pttokti nach dem hier die ZusammenAigung der aus den vei^
■chiedenaten Heretdlmgekreieen stammenden Objekte erfolgt,
iat ibre Beziehong auf einen einheitlichen Zweck, dem sie
niBgesamt dienen, auf den terminus ad quem, während die
Arljeit'^terlung sonst nach der EinheitHehkoit des terminu« a
quo, der gleichen Herstellungart, stattfindet. Diese Geschäfte,
welche die letztere freilich zur Voraussetzung liaben, stellen
eine potenzierte Arbeitsteilung dar, indem sie aus ganz hete-
rogenen Branchen, die aber an bieii schon sehr arbeitsteilig
wirken, die nach einem Gesichtspunkt auaammengehöngen^
aoniaagen die an einem neuen Grundton haimoiMionen Teil»
einechliefiien«
Eine Zusanmnenfassung zu einheitlichem socialem Bewnfst-
sein, die durch die Höhe der Abstraktion Uber den indivi-
duellen Besonderheiten interessant ist, findet sich in der Zii-
sammengehurigkeit der Lohnarbeiter als Boleher. Gleichviel,
was der Einzeln^^ arbeite, ob Kanonen oder Spielzeug, die
Normale Thatsache, dafs er überhaupt für Lohn arbeitet,
schliefst ihn mit den in gleicher Lage befindlichen zui^ammen;
das gleichmäfsige Verhältnis zum Kapital bildet gewisser-
malaen den EEponenten, der an eo yerM^hiedenartigen Be»
ikfttigungen daa Qleic]iarti|€ cieh heraasdifforenneren
and eine Vereinheitlichung lur alle daran Teilhabenden schafit»
Die vnermefsliche Bedeutung, die die psychologische Differen-
lientng dea B^riffs des „Arbeiters*^ überhaupt aus dem des
Webers, Maschinenbauers , Kohlcnhäuers cte. heraus harte,
wunle schon der englischen Reaktion am Anfang dieses .Jahr-
hunderts klar: durch die Corrosponding Societics Act setzte
sie durch, dafb alle schriftliche Verbindung der Arbeitervereine
untereinander und auläcrdeni alle Gesellschaften verboten
wurden, welche aus verschiedenen Branchen zusammengesetzt
waren. Sie war eich offmbar bewufety dafa, wenn die Ver-
iebneknng der allgemeinen Form des ArbeiterrerhlltniMea
mit dem speciellen Fach erat einmal geldat sei, wenn die ge-
nossenschaftliche YereinigUDg einer Reihe von Brauche^ erat
einmal durch gegenseitige Paralysierung des Verschiedenen
d«R ihnen allen Gemeinsame in helle Belenehtung rllckte, —
cia£s damit die Formel, und die A^d« eines neuen socialen
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110
Krttbes eeachaffen Mi, detMO VMilteii n tei früheren im*
berechenbare KampUkationeii «geben würde. Nachdem die
Pifferenstenmg der Arbeit ihre Teraehiedenarttgen Zweige fd*
schAffen. 1^ das abßtr&ktere Bewafstsein wiMcr eine Linie
hindurrn, das Gemeinsame dimmr in einem neuen soeialen
KmHc BUBammetischHeiift. Ein ähnlicher, lu realen koUektt-
Tiatischen Einrichtungen Bihrender Zusammensohlufs schafft
den Kaufmanuaatand als solchen. 80 lange die Arbeitsteilung
noch nicht aehr vorgeschritten ist, sondern eine ganse Anzam
T«rwaiidler Au£nb«i vmi dam gieidMa IMiWditvBi, res^ dM
riflklMn Beroftkrain, g<BlOat wird, als« mnr eioe geringm
ZaU von solchen vorbaam ist, da fiadeii folgenreiche p^m^
locische VerschmelBan^en leioht naab wmm oehen bia statt,
oder vielmehr eine Einheit von Elementen, die von dem
Standpunkte späterer Differenziertheit ala Verschmelzung W
zeichnet wird, indes nngenau, da dieser Ausdruck eine vor-
herige Getrenntheit von erst spllter mit einander verschmel-
zenden Elementen anzudeuten ^heint Erstens ist der höhere
Begriff, der einer Anzahl verschiedenartiger Betliätigungen
Bvflinaam iat, aoeb aiabt bfamtebend vaa diMon in ilu^
naelbeit gamt, um gamaiaiaBM Haadbnigaa «ad ISmiab*
langen hervorsomfeiL 80 war es 8.B. erst Sache dar aava»
•Im Kaltor» dafr die Fnnaa sich in grolser Aaaabl inwniiiaB
thaten, vm polttische and sociale Rechte in awiugen adar
kollektive Veranstaltnngen zn ökonomiBchen Üntersttltzungs-
und anderen Zwecken zu treffen^ die nur die Frauen als
solch© an^ngen; wir können annehmen, dafs der Allgeraein-
begriff Frau bis dalün für jede noch zu eng mit derjenigen
Ausgebtaltung desselben, die sie selbst darstelltü, verbchmolzen
war, wofür es natürlich keinen Unterschitsd macht, ob dia
Losweung diaaea Allgemeinbegnft dia QaaUa pnUaebar
Oastahnngen iaC odar uaMakabrl lalaaia Matiiaadigkailaa aa
jener dribijgtaa. Die BatMHtoingen der FVauen waren aad
aiad abaa iai allgemei&en noch in fthnliche, als daCs ein voa
realem und praktischem Inhalt erftülter AUcemeinbeffiiff hätte
entstehen hönnen, der ja überall erst dnrdb verschieden-
artige Einzelerscheinungen zum Bewurstsein gebracht wird;
fäbe es nur eine einzige Art von Bäumen, so würde es zur
tfldungf dt'8 Be^riffö Baum überhaupt nivht gekommen sein,
So neigen auch Menschen, die in sich stark differenziert,
▼lalfiMh ausgebfldet and betbfttigt sind, eher zu kosmopoliti-
sehen Empfimlnngen and Übeneaniigen , ab afaaeitige 'Sm^
tnren, denen sidi das allgemein Meaaebliehe nur in clfaaar
baaehränkten Ausgestaltung daiatallt, da sie skb in andere
FeisOnlichkeiton nicht biaainauversetBen nnd also aar Empfin-
dung des allen Gemeinsamen nicht durchzudringen vemOgen.
Die Normen für den kaufmÄnni^ehen Verkehr werden um so
reiner von den spedeUan, Bkt einen Zweig erforderlichen Be-
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111
sttimiiaiHpan allgeltet, in )6 mehr Zweige die wirtuduilttielie
Produktion au«eiiiaiidergeht , während z. B. in Indnstrie-
sUdteo, die sich wesentlich auf je eine Branche beschriiikeny
zu beobachten ist, wie sich der Begriff des Industriellen noch
weni^ von dem des Eisen- , Textil- , Spielwaarenindustriellen
losgelöst bat und die Usancen auch des anderweitigen, des
industriellen Verkehrs Oberhaupt ihren Charakter von der
das BewuTstsein bauptsächlicb nkllenden Branche entiehnen.
Dabei stellen sich, wie angedeutet, die praktischen Konse-
«vonen einer HeMHwlHldttnff liOhefer AllgemeinlieilMi nicht
immer duonologisch als sowbe dar, sondern büden weebsel-
wirkend auch hftofig die Anregung ^ die das Bewnfeliein der'
socialen Gemeinsamkeit her^ormliBn hilft. So wird i. B. dem
Handwerkerstand seine Znaammengehörigkeit durch das Lehr-
Hngswesen nahe gelegt; wenn durch tiberraftfsige Verwendung
von Lehrlingen die Arbeit verbilligt und verschlechtert wird,
so würde die Eindämmung diese« Übel» in einem Fache nur
bewirken , dafs die aua ihm herausgedrängten Lehrlinge ein
anderes überschwemmten, sodal's also nur eine gemeinsame
Aktion helfen kann, — eine Folge , die natürlich nur durch
die Mamrieiifidtigkett der Handwerke ml^gfieh ist, aber die
Bialiail aller dieier Aber ibre epeeifiaeken Diflbrenien hYnant
Mm Bewofstsein bringen muTs.
Bewirkt die Differennemng hier die Heraoagliedening
des superordinierten Kreises aus dem individuelleren, in dem
er vorher nur latent lag, so hat sie nun zweitens auch mehr
koordinierte Kreise von einander zu lösen. Die Zunft z. B.
übte eine Aufsicht über die ganze Persönlichkeit in dem Sinne,
dafs das Interesse des Handwerks deren ganzes Thun zu re-
fiUieren hatte. Der in die Lehrliogsschaft bei einem Meister
Aa%enoinBieoe wnde dadun^ zugleich ein Mi^ed aeitter
FloBiüd IL 8. w.; kniii die faehmtfrige Bcechaftignng lentraB*
aierle daa ganae Leben, das politiacne nnd das Heraensleben
oft mit eingeseUossen , in der energischsten Weiseb Von den
Momenten, die aar Auflösung dieser VerBchmelaun|;en führten,
kommt hier das in der Arbeitsteilung li^ende in Betracht,
In jedem Mensclien, dessen mannichfaltige Lebensinhalte von
einem Interessenkreise aus gelenkt werden, wird die Kraft
dieses letzteren in demselben Mafse abnehmen, als er in sich
an Umfang verliert Die Enge des j^i wuTstsein» bewirkt, dafs
eine Tielgliederige Beschäftigung, eine Mannichialtigkeit au ihr
ffehdrurer VewteHnngen aiMsb die übrige Voratelran^nrelt in
imn Bann stellt Saeldiche Beaiebnngen awiseben dieaer nnd
jenor brauchen dabei gar nicht zu bestehen; durch die Kotr
irandirtiit, bei einer nicht arbeitageteilten Beschilftigune' die
Vortttthmgen relativ schnell an wechseln, wird ein solches
lia(s von psychischer Energie verbraucht, dafs die Bebauunt^
andmr Interessen darunter leidet and nun die so geschwächten
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112
1UB 80 eher in associative oder sonstige Abhängigkeit von
jenem zentralen Vorstellungskreise geraten. Ein Mensch, den
eine grofse Leidenschaft erfüllt, setzt auch da» Entfernteste,
jeder inhaltlichen Berührung mit jener Entbehrende, das durch
sein Bewufstsein geht, mit ihr in irgendwelche Verbindung.
Sein ganzes Seelenleben empi^ngt von ihr aus gein Licht und
leinen Schaltmi; nnd eine entqneelMnde psjcliiaelie Binheit
wird jeder Bernf bewirlum, der für die aonstigen Lebens-
bezieliungen nur ein relativ geringes Quantum von BewuCil*
sein übrig UUst. Hier Uefijt eine dor wichtigsten inneren
Folgen der Arbeitsteilung; sie grUndet sich auf die erwähnte
psychologiflche Thatsache, dafs in einer gegebenen Zeit, alles
Übrige gleichgesetzt, um so mehr VorHtellung«kraft aufgewandt
wird , je häutiger das Bewurstsein von einer Vorstellung zur
andern wechseln mnfs. Und dieser Wechsel der Vorstellungen
hat die gleiche Folge, wie in dem Falle der Leidenschaft ihre
Intensität. Deshalb wird eine nicht arbeitsgetcilte Beschäfti-
gung, wiedenun aUet Übrige gleichgeMtst, dier nie «ne lelir
•penalieierfte sn einer sentralen, lulee Übrige in sieh ein-
■engenden Stellung in dem Lebenslmofe eines Menichen kom-
men, und zwar insbesondere in Ferioden, in denen es in den
Übrigen Lebensbesiehnagen neeh an der Buntheit und den
wechselvollen Anre^ngen der modernen Zeit fehlte. Und in
dem Malse, in dem die einseitigere und deshalb mehr mecha-
nische Beschäftigung jenen annern Beziehungen mehr Kaum
im Bewufstsein gestattet, mufn auch deren Wert und Selb-
ständigkeit wachsen. Diese koordinierende Sonderung der
Interessen, die vorher in ein zentrales eingeschmolzen waren,
wird auch noch durch eine andere Folge der Aibeitolailung
SBfbrdert, die mit der oben besprochenen LOtnng dea höheren
ooialbegriflb ana den specielter bestimmlen fieiaen heraus
zusammenhängt Associationen zwischen zentralen und peri-
pheren Vorstcflungen und Interessenkreisen, die sich aus nlofs
psychologiseh^n und historischen Ursachen gebildet haben,
werden meist so lange für suclilich notwendig gehalten, bis
die Erfahrung uns Persönlichkeiten zeigt, die ebendasselbe
Zentrum bei ganz anderer Peripherie oder eine gleiche Pe-
ripherie bei anderem Zentrum aufweisen. Wenn also die
Berufsangehörigkeit die Übrigen Lebensinteresaen tod sich
abhängig machte, so miifste sich diese Abhängigkttt mit der
Zunahme der BeschiLftigungszweiffe lod^ern, ^'^^^h
Verschiedenheit die^^er, yieierlei Gleichheiten in auen übrigen
Literessen an den Tag traten. So gewinnen wir auch in den
feinsten Beziehungen des Seelenlebens manche innere und
äufsere Freiheit, wenn wir ein sittlich nötip^cs Handeln und
Fühlen bei Andern von ganz anderon Vorbedingungen ab-
hängig sehen, als sie bei uns mit jenem verbunden waren;
dies gilt z. B. in hohem Mafse von den ethischen Beziehungen
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113
der ReU^oD; ao welche letetere sich manche Menschen im-
helb gebunden lUhlen, weil alte psychologische Ciewohnlieit
ihre sittlichen Impulse stets an religiöse knüpfte; da bringt
denn erst die Erfahrung, dafs auch rdigifts ^anz anders ge-
sinntr^ Menschen in ganz örleichttin Malae sittlich -sind, die Be-
freiung von jener Zentralisierung des ethischen Lebens und
die Versolbötamliguug du^^ letzteren mit sich. So muißte die
wachsende Differenzierung der Berufe dem Individuum zeigen^
wie die ganz gleiche Sichtung anderweitiger Lebeiiainlialte
mit difeenten Berufen ▼erknilpft «ein kann und also vom
Beruf überhauDt in erheblicherem Mafte nnaUhlnng sein mula.
Und m deraelben Folffe führt die gleichfalb mt der Kultur-
bf^w^ung vorschreitende Diflerenzierung jener anderen Lebens-
inhalte. Die Vecschiedeubei! des Bf^nif;^ bei Gleichheit di^r
übrigen Interessen und die Verschiedenheit dieser bei iiieich-
heit des Berufs rouüite in gleicher Weise zu der psychologi-
sciieii und realen Loslöj^ung des einen vom andern tühmn.
Sehen wir auf den FortBchritt von der Difieceniierang und
Zuamminikming naeh Sul<erliclien ichematiaehen Geiidila*
pmktan nu der naeb flaehHchw ZikaammenffehOng^eity ao neigt
sich data eine entschiedene Analogie anf theoreliacbem Ge-
biet: man glaubte frtlher durch das ZusamraMdGitösen grttfoerer
Gruppen der Lebewesen nach den Symptomen Snfsörer Ver-
wand tschalt die haupts-ieWiehen Aufjg^ben des F'rkennens
jenen gegenüber lösen zu können: aber eu ti eierer und rich-
tigerer Einsicht gelangte man doch erst «iadurch, dafs man
an scheinbai sehr veischiedenen Wesen, die man unter eiit-
ipmliend vevBcbiedene Artb^riüe gebracht hatre, morpho-
(ogiiebe und phjsioIogMche Gleichheiten entdeckte und ao
zu Gesetzen dei oiganiacben Lebens kam, die an weit von
etBaoder abatehenden Punkten der Reihe der organischen
Wesen realisiert waren und deren Erkenntnis eine Vereinheit-
lichung dessen zuw^^^p brachte, was man friih<*r Murserb'nhen
Kritencri nach in Artbc^-riffe von vöilig fik/lbsLIiidi^rfT (jen^siB
▼erteilt hatte Auch liier bezeichnet die Vereinigung des
sachlich Homogenen aus lieterogenen Kreisen die höhere Ent-
wickiaogsstufe. ;
Wenn «o der SHeg des mtioBal »achlichen Prinzips Ober
daa ohefflneklieh acbematisehe mit dem allgemeinen Xnltor-
lertaeluritt Hand in Hand geht, so kann dieaer Zusammenhang,
da er kein apriorischer ist, doch unter Umständen durch-
reifscn Die »Solidarität der Familie erscheint zwar gegenüber
6eT VerbinduTif^ nafh ^f^rhlich»»n Gesichtspunkten als ein
mechanisch H,uiaerlR h^^^ Priüjsip. andererseits dennoch als ein
sachlich iaegründetey . wenn man es gegenüber einer rein nu
menschen Einteilung betrachtet, wie sKi die Zehntschaften
und Hundertsdiaften im alten Peru, in China und in einem
|Nb0n Teile des alteren Europa zeigen. Während die social-
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lU X L
EinKettlichkeit der FainiHe and ihre Haftbarkeit
all Ganaat fiir jedes Mitglied einan guten Sinn liat und um
80 rationier erscheint, je mehr man die Wirkungen der Ver-
erbung einsehen lernt, entbehrt tlie ZusammenachweifuuDg
einer stets gleichen Zahl vcm Männeni zu einer — in Bezug
Auf Gliederung, Militärpflicht, Besteuerung j kriminelle Ver-
antwortung u. 8. w. — als Einheit behandelten Gruppe gans
einer rationalen Wunel, und trotzdem tritt sie^ wo wir sie
▼erfolgen kiBmieii, als Efaata d«i SippschalUprinsipes tai uid
diant einer hdlieran Kultntatala. Die Rachtnrtigung aoch ülr
sie liegt nicht in dem terminus a <juo — in Hinaidit dieses
tibartriffi das Familienprinsip ab Diffsrensierongi- nnd Inle'
grierungsgrund jedes andere — y sondern im terminus ad quem ;
dem höheren staatlichen Zweck ist diese, gerade wegen ihres
Bchematischen Charakters leicht üborschauoare und leicht zu
organisierende Einteilung offenbar günstiger als jene &Uere.
Es tritt hier eine eigenartige Erscheinung des Kulturlebens
ein: dafs siuiivolle, tief beoeutsamo Einrichtungen uud Ver-
kehningswdiaii Ton lolclian Terdringt werden, die an und
fiir sic£ ▼oQlg meehaniadi, ftnfiieriieh, geistlos erackainen;
nur der höhere, Uber jene frühere Stufe hinaoaliciganda Zmtk
giebt ihrem Zusammenwirken oder ihrem spftteren Retsultat
eine geistige Bedeutung, die jedes einzelne Element ftlr sich
enthenren mufs; diesen Charaktt r trftgt der moderne Soldat
gegenüber dem Ritter de« Mittelalters, die Maschinenarbeit
gegenüber dir Handarbeit, die neuzeitliche üniformität und
Nivellierung so vieler Leben s bezieh ungen, die früher der freien
individuellen Seibst^eataltung überlassen waren ; jetzt ist einer-
«ailB das Qalriaba m grofs und zu komplisiart| um in jedem
seiner Elemento aoausagen einen ganzen Gedanken anm Ana-
druck zu bringen; jedes dieser kann vielmehr nur einen
madianischen und für sich badantnngalAsan Cluurakter haben
nnd erst als Glied eines Ganzen seinen Teil zur Realisierung
eines Gedankens beitragen ; anderert<e!t'< wirkt vielfach eine
Differenzierung, die dan ^'ristige Element der Thätigkeit
herauslöst, sodais das Mechanische und das Geistige gesonderte
Existenz erhalten, wie z. B. die Arbeiterin an aer Stick-
maschine eine viel geistlosere Thätigkeit übt, als die ätickenn,
während der Geist dieser Thftti^keit sozusagen an die Ma-
aohina tlber^egangeu ist, sich in ihr objalraTiart bat So
können sociale Einrichtungen, Abstufungen, Znsammena^lllaaa
mechanischer und iafaeriicher werden und doch dem Rultur-
fbrtsohritt dienen, wenn ein höherer SociaLsweck auftaucht^
dem sie sich einfach unterzuordnen haben und der nicht mehr
gestattet, dafs sie für sieh den Geist und Sinn bewahren, mit
üem ein früherer Zustand die teleologische Reihe abschlofs;
und so erklärt sich fener tTbergang den %Sippichaftsprinzip8
für die sociale Einteilung zum Zehutschaftspnnzip , obgleich
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X L IIS
die«^ ihatsächlicb ala eine Vereioiffiixig de« sachlich Hetero-
entgegen dar MtttilidMD BooiogMMitlt der Faiiulie
Ferner: in primitiv«! QeMUichallaii «od aAmentUoh in
diiijenigai^ die dmb Voreinigiing elementarer, in sioh tdiMi
geMhlossener Grappmi gebildet werden, wird der AnflAhrer
zimftchst f^r den Krieg, dftnn aber ancb ftU* dauernde Herr-
schaft sehr häufig durch Wahl berufen; seine VorsUge be-
wirken, daTs ihm die Würde spontan Öbertragen wird, die er
an andern StelleQ durch eben diese Vonflge rermdge Usur-
pation erluigty die aber hier wie dort spätestens mit seinem
TodedMwt erfiaebl däb wm imid oiMaadM tecb äkii*
mm Ventee quaTifiiierle PenaaKollMH a«f ä eise od«
die andere Weise sich des Priniipaii Venlohtigt Bar sociale
ArtMbritt indes heflet siek gerade an das DoxekhNelieB dm
CB die Vorsüge der Person geknöpften Ver&hren« nnd alt
die Aufrichtung" erblicher FUrstenwürde; obschon da« ver-
fieichswei^ mocKaaische und äuf verliehe Prinsip der Erblich-
eit Kinder, Schwachsinnige, in jeder Bexiehung ungeeignete
PenH^nlichkeitoa auf den Thron bringti so überwiegt die Yon
ÜHB aMMkeade Siekorkait «nd KontfaivHlt der Staatsentwusk-
hang dock alle Voitefle dea nHoDderen Priniins, naek don
di« pantaUekaa E%ensdiaften Uber den Besits aar Hemduift
entscheiden. Wenn die Eeihe der Herrscher statt durok sach-
liche Auslese durch den äuiseren Zufall der Geburt bestimmt
wird nnd dies dennoch dem Kulturfortschrttt ffQnstig" ist, so
kann man nnr insofern sagen, daf» diese Ausnidime die Regel
bestätigt, als sie zeigt, dafs auch dieue sich selbst unterffo-
ordnet ist, d. h., daf« auch nicht einmal bie, nicht einmal die
Verwerfung des kaiserlich Schematisehen durch das ionerlich
Balioiiale iknneiti wieder aa emor sckematiseken ISmm
werden dart ünd endlich sei daftr daa nenliek analofa
Verhalten an^;efhhrt, das der Monogamie ihren VorMig Tor
der Promiskoität der Geschlechta* verschafft hat Ist es näm-
lich die Kraft, Gesundheit und Schönheit der El^m» die die
gW^sste W ahncheinlichkcit für eine tüchtige Nachkommenschaft
gewährt, m wird eine Depravierung der Gattung da su er-
warten sein, wo auch ihren gealterton und herabgekommenen
Mitgliedem die Gelegenheit «ir Fortpflanzung gesichert bleibt
Dioa aber ist gendo m der labanehmgKobiin £ke der Falk
Wflrde naek jedeenallmn BVoekÜHringen einer Vereinigung
jeder Teil 70n nea€m das aktive und paeei^ Waklrecht dem
andern Geschleckte gegenflber haben, so wttrden diejenigen
Exemplare, die inzwischen ihre Gesundheit, ihre Kraft und
ihre Kelze verloren haben , nicht mehr zur Zengting £uge-
lasseo werden , und es würe aufserdera die grofsere Wahr-
scheinUchkeit gegeben, dnfs die wirklich ku einander passenden
Individuen eich sudammeuikudcn. Dieser, die rationalen
8*
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UO X 1.
Gründe wi« den rstioDilai Zweck der geeohlechtlichen Ver-
dnfgung stets von neaem berücksichtigenden Erneuerung der
Auswam eteht die unveibrUchliche Deuci^der ehelichen Ver-
bindung, ihre Fortsetzung über das völlige Erloschen der
einstmalB (\\t sie beetimraenflen Gründe hinaus — auch dannj
weini diese» Erlöschen nur das vorliegende Verhältnis triff^
während eine Venniöchunjs: jedes Teils mit irgendeinem an-
dern noch durchaus ratioiiui wäre, — als ein gewissermafsen
ttufseriiches und mechanisches Verfahren g^enüber. Wie die
Erblicbkeit des Prinin|patB statt der ErUmgung deseelben auf
Grund persOnlidier BSgenschaftcn einen schematischen Ohar
rakter trägt, gerade so bannt die lebenslängliche Ehe die ganze
Zukunft eines Paares in das Schema eines Verhältnisses, das,
ftir einen geg:eber)eii Zeitpunkt zwar der adäquate Ausdruck
seiner innerlichen BeziehuiiL^cn, dennoch die Möglichkeit einer
Variierung abschneidet, die dw Geöamtheit im Intero.'^se einer
tnch tigeren Nachkommenschaft seheint wünschen zu sollen,
wie sie dies in dem volkstümlichen Glauben aasdrückt, dafs
nndiellehe Kinder die tllchti|^eren und begabteren seien. Wie
aber in ienem Falle die StabÜitKt durch ihre sekundHren
Folgen ade Vorteile einer aus sachlichen Momenten erfolgenden
Beetimmung weit ttberholt, so schafft auch der äuJserlich
fixierte Übergang, gleichnam die Veierbung der Form einer
Lebensepoche auf die andere, f^r das Verhältnis der Ge-
schlechter einen Segen, der keiner Auseinandersetzung bedarf
und filr die Gattung allen Vörteil tibertrifft, der aus der fort-
geactzteu Differenzierung eingc^augener Verbindungen ge-
sogen weiden könnte. Hier wttrae also die Znsanunenfiigung
des eigeniÜcb Zusammengehörigen aus froherem heterogenem
Zosammenschlttfii nicht kuhorfilrdemd wii^en.
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VI.
Die Differenzier uDg und das Prinzip der Eraift-
ersparnis.
Alli? aafeteigende Entwirklung iii der Reihe der Or-
ganismen kann betrachtet wertieii als beherrscht von der Ten-
denz zur Krafterspamis. Das entwickeltere ^^^e8en unter-
scheidet sich von dem niedrigeren so, dafs es zunächst die
flohen Fiiiiktion0a wm diese«, anfiMrdom aber noeh «ädere
emsattbeD mistaiide iet Das wird aUerdinca io nMich aeiii»
dafs diesem Wesen ausgiebigere Kraftquellen aar - Verfllginig
alahen. Diese indes als gleich gesetzt, wird es daa Plus an
ZweckthKtigkeit dadiircli erreichen, dafs es die niederen
Funktionen mit einem ^^en ngeren Aufwand v^on Kraft voll-
bringen und auf diese \V< i.se tilr die darüber hinausgehenden
Kralt gewinnen kann; Kräfte reparnis ist die Vorbodinguag
dei' Kraftausgabe. Jedes Wesen ist in dem i^laise vollkom-
mener, hl dem ea den gleielien Zweck mit einem kleineren
Kraftqnaatom erreieht AUe Kidtmr ffeht nteht nur daliin,
immer mehr Kiifte der untennenaemichen Natur unsem
Zwecken dienstbar zu macheiif aondem auch jeden dieser lets-
teren auf immer kraftsparend crem Wege durchzusetzen.
E« sind, wie ich glaube, dreierlei Hindernisse der Zweck- '
thätigkeit^ in deren Venueidung die Krafternpaniis besteht:
die Reibung, der Hinweg und die tiberflüssige K i ^rdination
dt:r Mittel. \\ der Umweg iiu Nacheinander iät, rias ist die
letetere im Nebeneinander; wenn ich zur Erreichung eines
Zweckes eine unmittelbare, darauf fahrende Bewegung
wirken konnte^ atatt dessen aber eine abseits gelegene einleite^
welche erst ihrerseits und vielleicht erst durch Erregung einer
dritten jene direkt zweckmäCsige anregt, so ist dies, auf die
Zeit nbertragen, wie wenn ich neben der einen aum Zweck
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118
hinreichenden Bewegung noch eine Reihe anderer auflftlkre —
»ei 66, weil sie mit jener aasociiert und^ obgleich augenblicklich
tlberflttMig, nicht von ihr zu trennen sind, sei es, dafs ^ie
thatsächlich dem gleichen Zwecke dienen, der aber durch eine
einsiM Ton ihnen hinreichend realiaiert wird«
tkf efolatkmMadie Vorlea der Düfemuiening lllat dek
mm alt Kraftertpamw tut nadi aOoi hier aogeieigten Rieh-
timgeii «mdeaten. Ich g«]i6 imlelist von emem nicht un-
mittelbar eoctalen CMiete «la. In der Sprachentwidtoi^
hat die rHffcrenzienmg dahin gefbbrt, dafs aus den wenigen
Vokalen d«r ältcmi SJor w i.r.T> eine mannigfaltige Reihe der-
selben in den neueren auttrat. Jene früheren Vokale weisea
•charfe und grelle Lautnnterschiede aui, während die neueren
Yermittelungen und Schattierangen zwischen ihnen stiften^
iie glm<disam in TeUe spalten und diese Teile mannigfaltig
■Brnnrnwiftlgwi. Mmi kal diai «oU fiGlit% ao cadklirt» dnS
m eine Srittolitonm^ der Arbeit fOf die Smeboigane mit
aieh l»rielite; jenea leichtere GHleo der Sprache dvidi MieelK
hnte^ durch wuentMsluedene und biegnme Schattierungen wir
eine Krafterspamis gegenüber dem onTenntttelten ^iringen
awitchen scharf von einander abstehenden , jedes Mal eine
▼OlUg anders gerichtete Innervation fordernden Vokalen. Viel-
leicht ist nun auch rein geistig die Verflflfisigung der scharfen
BegriAgrenzen, wie sie aus der En t\vi< klnnErf lehre und der
moniatiechen WelUnschauung Uberb«upi nervorgeai, eine £r>
qMurnii Ton Denkarbeit, insofern daa Vomtellen der Welt nm
•e |pr5fMM Anstrengung fordert, je heterogener ihie Teile
•ina, je weniger daa ]>enkeD des einen dmdb«! inhaltUek
mit dem des andern vermitteit iit Wie eine kompUmertere^
kirnftverbranehefideve Gksetzgehung da nOtig ist» wo die
Klassen der Gruppe dtirch T)f'fonncre Kechtc oder Formen
der rechtlichen Verhältnisse von einander getrennt sind ; wie
tUi8 denkende Umfassen der letzteren sich erleichtert , wenn
die Schroffheit absoluter rechtlicher Unterschiede sich in dio-
ienigen fließenden Differenzen auflöst, die bei gans einheit*
lielier und f)lr alle Reicher Geeetsgebung noch w^n des
Cmueckiedei dea BentM und der gesellaehalUicben FoiitioQ
beetehan Ueibeii: so wiid TieOeiekt jede psyckiieke Arbeit
in dem ilaPBe erleichtert^ in dem die Sturneit streng b^
grenzter Begriff<^ Hieb zu Vennittelungen und Überg&ngen
verflüssigt Als Differenziening ist dies insofern aofzufiMsen^
als so das Band, welches eine groTse Anzahl von Individuen
schematisch ausammengetalBt hat, durchgeschnitten wnrd und
statt der gleichen Kolteküveigensch&ften die Individualität des
Wesens den Inhalt seincü Vurgestelltwerdens ausmacht Wahrend
jene scharf begrenzten, begrifflichen Zusammeofa^ungen immer
snbjaktiven Cmanktar Ingen — alle Sjntheaia. so df«eki
Knot dies enek5plcod ans, kann niekt in den Dingen, len-
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dem nur im Geiste liegen — , zeigt das Zurückgehen anf den
Einzelnen in seiner Einzelheit r^istische Tendenz; und die
Wirklichkeit iat unfern Be^^ffen gegenüber immer rermit-
lebid, immer ein Kompromif« xwischen dieseni weil sie nur
tafmiiüf;eUlele imd in nneerem Koiile vetnIbeMtadigte Seiten
dar Wirididikeil sind, die an neh dieee mit yielen anderen
rerachmolzen enthftlt Daher ist die Differenz! eruns, die
scheinbar ein trennendes Prinsip ist, doch in Wirklichkeit ao
oft ein versöhnendes and annäherndes und eben dadurch ein
kraftsparendes für den Geist , der theoretisch oder praktisch
damit operiert
Die DiÜerenzierung zeigt hier wieder ihr Verhältnis zum
lioniamos; sobald die scharf abgrenzende Zusammenfassung
Ol einlebe Gruppen und Bwiffi entliMy nm zugleich mit
der indiTidnilieiening enek Vermttteltmg und Alfanäbliclikeit
der Übergflnge eintreten zu lassen, stellt sich eine zussrnmcn-
hingende Reihe kleinster Unterschiede und damit die Fülle
der Erscheinungen rU einheitliches Ganzes dar. Aller Mo-
nismus ist nun aber 8einer«eits als <ienkkraftsparendes l'rinzip
angesprochen worden. Gewifs mit vielem Recht; ob mit be-
dingungslosem und 8o unmittelbarem, wie e« den Ansehein
hat, möchte ich denuoch bezweifelu. VV cnn sich die monisti-
aAm AmAtamag dm Dinse mck enger an die Wirklichkeit
aaeehUelet, alt etira daa Ilogma der geänderten ScbOpfonge-
akte und ihre eitamtnistheoretischen Pendants, so bedarf
doch aack ne einer äTnthetiaelien Thfttigkeit und awar viel-
leicht einer umfassenaeren und anstrengenderen, als wenn
man sich begnügt, beliebig" viele Reihen von Erscheinungen,
je nachdem einem gerade Ähnlichkeiten unter ihnen auffallen,
als genetisch zusammengehörige an T^TJsehen ; es erfordert wohl
ein höheres Denken, die Gesamtheit der physikalischen Be-
wegungen aus einer einheitUohen Ejraftqaelle und ihren in-
eiaiandcr ttbemhenden Ümaelm^ in besreileo» als lUr jede
▼wachiedeiie Icracheinung aneli eine ireraoniedene Ursache an
kOBstitaieren : fUr die Wirme eine besondere WArmekraft, (fOar
das Leben eine besondere Lebenskraft, oder, mit jener typi-
sehen Übertreibung, f\ir das Opiiun eine beisondere vis dor-
mitiva. Es ist wohl endlich 8chwieriger, das Leben der Seele
als jene« einheiüiche Ganze zu erkennen, wie es sich bei der
Auflösung in die Prozesse zwischen den einzelnen Vorätellun-
gen darbietet, als wenn man mit gesonderten Seelen vermögen
reebnet und die Beprodaktion aer Vonlelliingen ans dem
«Gadldktaia* oder dte FRbigkeit dea SeUMena ana der .Ter-
mnft' erklärt glaubt.
Wo freilich der Ifontsmns der Anacbannngsweise nieht
die Differenzierung und Individualisierung ihrer Inhalte zum
Korrelat hat, da ist er vielfach kraftsparend , aliein nicht im
äinne der anderweitig and im ganzen erliöhten Thfttigkeit,
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180
X 1.
sondern im Sinne iler Trägheit. So ist es, um auf dieoreti-
acihem Gebiete zu bleiben, Keineswegs immer eine SCikrke dee
Denkenty weMie na m hoben und nllgememen Abstraktionen
•ofrleig^ty wie es k. B. die Indische Brahmaidee ist, vielmdir
olt eino Schlnffheit and WiderstandRlosigkeit, die vor der
scharfkantigen, greifen Wirklichkeit der Dingre flieht,* nicht
imstande, mit den PJlth sein der TTifüvMitaljtöt fertig kh werden,
imd nun immer höher und hoher petrit^ben wird bis zu der
metaphj'eischen Idee des Ali - Einen, bei der überhaupt jedes
bestimmte Denken aufhört. Statt in den dunklen Bergwerke-
Schacht der Einzelheiten der Welt hinabzusteigen, aus dem
•IMn iloh dna Qold walirer and g«reckl6r fiikeniitnu Kennte*
holen- lllfst, ttberspringt eine beqaemere, knftlosm Dwiknrt
ehifach die Gegens&tse des Seins, die hiq vielmehr zu ver-
einigen streben sollte, und badet sieh im Aether dee idl-einen
und all-guten Prinzips. Wo nun aber, wie in den vorher .in-
geführten Fällen, der auf Grund von DifiTcrenj^ierung sieh 't-
hebende Monismus mehr Kraft verbraucht, als die pinralistischo
Denkart, ist dies doch mehr vorübergehend als definitiv. Denn
die auf diese Weise erreichten Resultate sind dafür am so
reicher, sodafr im Verhältnis sn diesen doch ein geringerer
Kraftverbraiich staltfindet — oqgdhKr wie eine Lokomotive
sehr viel mehr Kraft verbraucht, als etne Poetkutsche, aUein
im Verhältnis ku den erreichten Wirkungen sehr viel weniger.
80 macht ein grofser, einheitlich verwalteter Staat eine grofse
und h]H ins Kleinste arbeit«te?!icr »eg-liedorte Beamtenschaft
n(1tig, richtet aber mit diesem bedeutenden, durch seine Kin-
licitliclikeit und seine Differenzienin;:; erforderlichen Kraft-
aufwand docl anch relativ viel mehr ann, al^ wenn eben das-
selbe Gebiet in lauier kleine staatliche Einheiten zerfiele,
dermi jede rrdlich in «ich kemer hohen Diflerensiernng des
Verwwtungskörperi bedarf.
Schwieriger li0gt die Frage nach der Kraftersparnis bei
8* ner Differenzierung, die ein Auseinandergehen m feindliche
egensfltze enthält, aLso z. B. in dem früher erwähnten Falle,
dafs einr ursprünglich einheitliche Körperschaft minnigfacli
eatgegengeHetzte Parteien in sich ausfjildet. Man kann dies
als Arbeitsteilung betrai hten: denn die Tend' nzefi, ans denen
die Parteibildungen hervorgehen, sind Triebe der mensch-
lichen Natur abmanpt. die sich in iigendetnem, wie such
immer verschiedenen Mafse in jedem K^nselnen finden, niid
man kann sich vorstellen, dafs die verschiedenartigen Momente,
die fiüher im Roufe jedes Binselnen Abwägung und relative
Ausgleichung fanden, nun auf verschiedene Persöidichkeiten
fihertragen und von jedem in fipecialisierter Werse f^epflegt
werden, wiihrend die Au»gleiehun;j: erst im Zusanmu-n Aller
stattfindet. Die Partei . die als sidche nur die Verkörperung
eines einseitigen QedaukeuH darsteilt, uutenlrückt in dem ihr
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Angebörigen, insoweit m «in solcher 'w% alle anders geartoMn
Trieh^, von denen er von vornherein doch nicht granz frei zu
sein pflegt; verfolgen wir »ItV p<^yehoV>gT-5chon Momente, die
die Farteist^lung nos Einzohien beHtinimen, m nehen wir. wie
in den weitaus mpistnn Fällou nicht eine iin<lurchbrechli<'he
Katiiranlage auf sie hingedrängt hat. s^)nderii die Zufälligkeit
der Umstände and EinHUsse, Jonen der Ktn^hie amtgenelzt
war, and die in ihm gerade die «ine ron veneliieelenen
Btchtiingnnfialiehkeilen und polentieU wriiaaMlenen Krilften
snr EDtwicklnng gebracht haben, wfthrend die anderen mdt-
mentär werden. Aus diesem letstten Umstände, aus dem Axif-
höreo der inneren Gegenbewegungen, die vor dem Eintritt in
eine etnseitip^c Partei nn?^^»rm l)enken und Wollen einen Teil
seiner Kraft iif^imicn , »^'rklärt sich die Macht, die die Partei
Uber das Individuum übt, und die sich u. A. darin zeigt, dafs
die sittlichsten und gewissenhaftesten Mensehen die ganze
rficksichtälose Interesscimolitik iiiitiiiaclicu, die eben die Partei
ab solche ftlr nötig findet, welche sich um Bedenken der in-
dindneileo Moral fiut so nren^ kümmert, wie es Staaten
nntereiDander tbnn. In dieser Einseitigkeit ihre Stärke,
wie es sich besonders daraus ergiebt, dafs die Parteileiden-
Schaft ihre volle Wucht auch dann noch behält, ja oft erst
entfaltet, wenn die Parteiung ihren Sinn und ihre Bedeutung
ganz verloren hat, wenn gar nreht mehr um positive Ziele
gestritten wird, sondern di> durch keinen sachlichen (rrund
mehr bestimmte Zugehörigkeit zu einer Partei den Antagify-
nismus gegen die andere hervorruft. Vielleicht das stärkste
Beispiel sind die Zirkusnarteieu in liom und ßyzanz; trotzdem
nieht der f^nttle saenltche Unterschied die wei&e Ton der
rothen Partei, die blaue Ton der grftnen trennte , um so we*
ntger, als schliefelich nicht einmal die Pferde und Lenker den
Parteien eigentamlich, sondern von Unternehmern gehalten
waren, die sie jerler beliebigen Partei vermietbeten, — trott»
dem genügte da« zufällige Kr^j^reifoTi der einen oder der an-
dercTi P.irtei, um r in tödlicher Kemd der ont^gengesctzten
ru werden, ünzöhiigo Familienzwiste früherer Zeiten trugen,
wenn sie mehrere Generationen hindurch gewährt hatten,
keinen anderen Charakter; das Objekt des Streites war oft
längst ▼encfawvnden; aber die ThatsAche^ dafs man der einen
oder der anderen Familie angehörte , gab jedemi eine Partei»
ateUimg des schärfsten Gegensatzes gegen me andere« Als im
14. und 15. Jahrhundert die Tyrannieen in Italien aufkamen
und dadurch das politische Partei leben überhaupt jede Be-
itung verlor, dauerten dennoch dieKUmpfe zwischen Oiielfen
iir l Vilbel] inen weiter fort, aber ohne irgend'-inen Inhalt: dt-r
FarteigegerisMT/ als solch^^r hatte eine Bedeutung gewonnen,
die nach s^^inem Sinne gar nicht mehr frai'fe. Kurz, die
Differeujsieruüg, die in der Parteiung iiegi, cutwickelt Kräfte,
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deren Gröfae sich gerndr; in der Sinnlosigkeit zeigt, mit der
sie, oft ohne Einbulse zu erleiden, jeden lohalt aBitreift und
sich nur an die Fonn der Partei überhaupt hftlt. Kun geht
zwar alier sociale Zusammenaehlufs aus aer Schwttcke und
Bestandsunfkhigkeit des Individuums herrory und die blinde,^
nmiloie Hioffabe an eine Partei, wie m den angeftdirtaii Ftilen,
kommt cerade hHkuBg in Zeiten des Miederffangs und der Im-
potenz der Völker oder Grunpen vor, in denen der Einzelne
das sickere Gefühl individueUer Kraft, wenigstens ftUr die hie-
herigen Arten ihrer Anfserung, verloren hat Immerhin zeigen
sich in dieser Form noch Kraflquaiita, die sonst unentwickelt
gehlieben wären. Und wenn viele Kräfte aach gerHde durch
solche Parteiungeo nutzlos au%erieben und verschwendet
werden mögen, so ist dies doch nur eine Übertreibung und
ein Mirsbrauch, vor dem keine meDschiiche Tendenz sicher
iil; im GanMn wM »an sagen mftnMtt: die BafleibilJmng
•ckafll ZentnJgebQdep an welohe die AnMnnng dem JBinadnea
die inneren Gegenbeiregnogen ersnart und aeine Kräfte da-
durch zu grolser Wirkung bringt, aafs sie dieselben in einen
Kanal leitet, wo sie, ohne psychologische Hindemisse zu finden»
ausströmen können ; und indem nan Partei gegen Partei
kämpft und jede eine gro£se Anzahl persönlicher Krftfte ver-
dichtet in sich enthält, mafs sich das K^ultat aus der gegen-
seitigen Messung der Momente und der ihnen eDtäprech enden
Kräfte reiner, schneller und vollständiger herausstellen, als wenn
der Kampf awischen ihnen in einem indi^nellen CKuale oder
awischen «meinen Individuen ansgelbchten wtlfde.
Ein eigenartiges Verhältnis zwischen Kiaftrerbrauch und
Differenzierung findet bei jener Arbeitsteilung statt, die maa
die quantitative nennen könnte ; während die Arbeitsteilung im
gewöhnlichen Sinne bedeutet, dafa der eine etwas anderes ar-
beitet rU dei" andere, also qualitative Verliältniaae betrifl!^ ist
auch die Arbeitsteilung^ von dem Gesichtspunkte aus wichtig,
da^8 der eine mehr ai beitet als der andere. Diese quantita-
tive Arbeitsteilung wirkt freilich nur dadurch kultursteigemd^
dafi sie anm Mittel der uoalitaliyin wird, indem das Mehr
oder Weniger einer annBobst Air alle weaensgl^ehen Arbeit
eine wesensverschiedene Gestaltung der PersOnlidikeiten und
ihrer Bethätigungen zur Folge hat; die Sklaverei und die
kapitalistische Wirtschaft zeigen den Koltorwert dieaor quan-
titativen Arbfitstcilrtng. Dif Umsetzung derselben in quali-
tative bezi)t5 aich zunäcliRt auf die Differenzierung zwischen
körperlicher und geistiger ThätigkoiL Die bloi'se Entlastung
von der ersteren muiste ganz von selbst ru einer Steigerung
der letzteioii fuhren, da diese sich spontaner einstellt aU jene
und vielfach ohne auf bewniste Impulse und Anstrengungen an
warten. Und nun seigt sieh auch hier, wie die Krmerapnmia
durch Differensierung doch aum Vehikel ao viel hdherer KraA-
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XI.
Wirkung wird. Denn mtm kaim dock wohl das Wesen der
gmatigen Arbeit gegenüber der körperlichen darein seteen, dafs
•ie mit gehiigmm Kraftettfirana die grOüwraDi Wirkongea
Dieser GetrenMitz ist freÜicli kein abaoluter. Wedor giebt
es eine körperliche, Itter in Betracht kommend« Thitifkeit,
di^ nklift irgendwie «kibi BewofMMia «ad WiUeii gcbiikt
wUrde, «och eine geistige, die ohne iigendeine kOrpeiliclM
' Wirksaig oder VermittBluig bliebe. Man kann also nur sagen,
da£b das relative Mehr vffn Geistigkeit in einem Thon kraft-
wirkt Man darf dieses Verhältnis der körper- "
lieberen and der geistigeren Arbeit wohl mit dem scwischen
der niederen und der höheren Beelen thAtigkeit in Analogie
stellen. Der psychische Prozefs, der im Etneelnen und Sinn-
lichen befangen bleibL ist awar weniger anstrengend, als der
abatnkto wSk mIIoimm; abir Mine ÜieofetiaehaD aiid prakfr
wAm'EKgAnaMm aiad daftraach gm ao gwiagar. DMlJ«k«ii
wmth l^^pBchen Prinaipisii mid Gasetaen ist kiallaraparendt
iasofem es durch seinen sosammeiilMsenden Charakter das
Durchdenken der Einselheit ersetzt: das Qp^etz, das das Ver-
halten unendlich vieler Einzelßllle in eine Formei verdichtet,
Geaela kennt, verliäJt sich bu deni, der nur den einzelnen Fall
kennt, wie der, der die Maschine besitzt, zum Handarbeiter»
Wenn aber das höWe Denken ao Zmaminenfessung und Ver-
4iefctuDg ist, ao irt ea aonlehat doeh Dilfereiiaieniiig. Demi
jede Biaidheit der Weh, die Ton einem bestimmt«! Oeseti
serar nar einen einaigen Fall bedeutet, ist doek ein Krennuige*
pankt aufserordentlich vieler Kraftwirkungen und G^esetse,
und es bedarf zun&chst der psychologischen Auseinander«
legong derselben, um jene etnaelne Besiehung zu erkenn^
die, mit der gleichen an anderen Erscheinungen zusammen*
gehalten f den Grund und das Bereich des höhereu Gesetzes
abgiebt^ erst Aber der Differenzierung aller der Faktoren, in
dann eoflUligem 2iiiaaiiiiBcn die einwae £nciieiniiagv bestell^
kaan «di die höhere Nona eriieben. Und nun vmält sieh
eAnbar die geistige Thtti^Mit Oberhaupt siir kdrperlicheaf
wie tkk innmalb des Gebietes jener die nähere snr niederen^
da ja^ wie oben erwlihnt, der Unterschied zwischen körper-
licher und fi[eistiger Thätigkeit nur ein quantiüitiveH Mehr und
Minder beider Elemente an der Tliiiti,^keit bedeutet. Das
Denken schiebt sich zwist'hcn die mechaniHrlien Thtttigkeiten
wie das Geld zwischen die realen ökonomischeu Werte und
VoigiDgei keaamtrieready Tenaittelad, erleieblenid. Uad
aaeb dee Geld let aiia «iMa DiftrwaieraDgspreaeia hervor^
gegangen; der Tanaehwert der Diage, eine Qualität oder
Ftaktm, die rie nebea ihren anderweitigen Eigenaefaaften
srwerbeBy nala Toa ihnen gelöst und im BewoTstseia yeneUb-
bedeutet die höchste Krafters
des Denkens; wer das
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124
•tttndigt werden, ehe die ZusammenschliefsuDg dieser, den
verscliio(if»n«ten Dingen gemeinpamen Eitzen 8 c^fift in einen
über ÄÜen einTrelnPin t-tehenden Be^nti und 8ymboi suitttinden
konnte; und die Krattersparnia, die durch diV.^e Differenzie-
TUT\ß: und nachherige ZusammenschliefRunj' erreicht wird, lieg-t
gleicherweise in dem Auidtt;i^u zu hüueren Begriiieu uud
Können, die in dar glcieben Weite gewonnea wwlen. Wie
krafimrend die Konseninition, die Znsammen&aeiuig der
IndiTiaiuüfunktioiieii in eine Ze&tnlkimft wirkt, ist ohne wei-
tereB kUr; aber man mufs «eh lom BewnTstBein bringen, dafii
einer solchen Zentralisierung etets Differenzierung zngrniide
liegt, dafs sie, um Kraft zu ersparen, nicht die Erscheinunpj^s-
komplexe in ihrer TotaliUtt, sondern iniin- r nur hnrausgeson-
derte öeiten derseibt n zusammpn zu fassen hat. Die Geschichte
des menschlichen Denkens, ebenso wie die der socialen Ent-
wicklungen, iäiCät sich als die Geschichte dieser Fluktuationen
auffiissen, durch die der bunte, priiizipienlos zusammengestellte
Eraefaeinungekemplex nach gewissen Qeaiektipankten hin
differensiert nnd die Resultate der Differensierang su ehiem
höheren Qebilde zusammengeschloflaen werden; aas Gleich-
gewicht zwischen Auflösung nnd Zusammen&ssung ist aber
nie ein stabiles, sondern immer ein labiles; jene höhere Ein-
heit ist nie eine (lefinitivo, insofern sie entweder selbst wieder
in Elemente ditferenziert wird, die dann ihrerseits neue und
wieder höhere Zentral^ebilde formen, fllr die nie da« Material
bilden, oder insofern jene früheren Kuniplexe nach anderen
Gesichüipunkten differenziert werden, was dann neue Zusammen-
sehliefiinngen hervorbringt und die froheren antiautert
Diese ganie Bewegung lä(st sich vorstellen als beherrscht
Ton der Tendenn anr Krailerspamis , und zwar annlichst im
Sinne der Reibungsminderung. Ich habe dies obeji von einem
anderen Gesichtspunkte flkr das Verhfiltnis der kirchliche
Interefisen zu don staatÜchcn und den wissenschaftlichen ?ins-
pf führt. Tlnzühli^'i Kr ifte gehen du verloren, wo die Arbeits-
leiluug noch nicht jeilem ein gesonciertee Gebiet angewiesen
hat, sondern der Anspruch an das gleiche, gewissermaisen
nicht aufgetheilte. den Wettbewerb entfesselt^ denn so sehr
dieser in vielen FiUen dem Produkt aogute kommt nnd Mi
hlÄerer objektiver Leistong anspornt, so bringt er dodk in
Tiden anderen es mit sich, dafs innUchst auf die Beseitigung
des Konkurrenten KrlUke verwandt werden müssen, bevor
man an die Arbeit geht, oder auch neben ihr her. Der Sieg
in diesem Kampf ent^ehei/l' n sich unzählige Male nicht durch
die Aiispannung aller Kratte auf die Arbeit, sondern auf
auist'rhalb rler?*eli»eu gelt-f^eiie, mehr oder weniger subjektive
Momente; und diese Krttftc sind vergeh wen «i«^t: sie jrehen ftlr
die Sache verloren; öie dienen nur isur ileäeui;^un;; einer
Schwierigkeit, die (Ur den einen da ist, weil sie lur den an-
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X 1.
185
dern da ist, und unter gttastigerer Zielaetnmg ftlr beide fori»
fallen wttrde: es ist das doppelt tmsweokmäiKige YerhiUtiii%
datii Klüfte verbraucht werden^ um andere Kräfte lahmzu-
legen. Wenn es das Idonl r Kultur i^t, dafs die Knlfte der
Men^ciieu auf die Hesie^^ung des ( >bjekt»*, re^!p, drr Natur, statt
auf die des Mitn.» uscheii verwandt weni* n , so ist die A'^er-
teiluDPT der Arbeitsgebiete die gr^fste pni(l<inmg demselben;
und wenn die g^i♦Kihi^*chen Socialpolitiker den eigenllicii kauf-
männischen Beruf dm Staatswesen verderblich hielten und
nur den Luidbfttt als geiiesienden und gerechten Erwerb
gelten lassen wollten, da dieser seinen NntMn nidit von Men*
sehen und deren Beraubung nähme, so ist kein Zweifel, dafir
dear Mangel an Arbeitsteilung sie wn dwsem Urteil berechtigte.
Denn die Gestfitttinjr des Lnndbaiies erweist ihre Erkenntnis,
dafft nur Hinwondung an das Objekt allein die KonkiirrenK
besiegt, von der .sie die Spr^ngimp des 8taatswo^en^5 fur( h-
teteu, und dalö unter den tian)alig<^Ti , noch nielit arljeüjs-
geteilten Verhältnissen die Hinwendung an das Objekt un-
möglich wflre, aufser wo es sich um ein der Konkurrenz so
weaig sngängliehee Objekt, wie das der Lendbebeniingy han-
delt. Erst waclisende Diffsrenileniiig kann die Beibang be-
seitigen, dir' aus der Setemig des gleichen Zieles hervorgeht,
weMie die Kräfte von diesmi foH auf die perafinliche Be-
ilegung des Mitbewerbern lenkt.
Betrachtung de» Individuums zeigt dies von einer
anderen Seite. Wenn die Gesamtheit der Willens- und Denk-
akte eines Einzelnen als ein Ganzes t»eiuer Gruppe gegenüber
sehr differenziert, in sich also sehr einheitlich ist, so werden
damit jene Umstimmungen, jener Wechsel der Innervierungen
Tenniedea, der bei gröfi^rer Verschiedenheit der Denkrich-
tengen und Imptdse notwendig ist In unserm psjchisdben
Weeen ist etwas dem nhjaischen Beharrungsvennögen wenig-
stens Analoges zu beobaehten: ein Trieb, dem augenblicklieh
herrachenden Gedanken auch weiter nachzuhängen , dem
jetzigen W^ollen sich noch weiter ?-u überlassen, sich i^m^^rbalh
df'K einmal gegeber(f*n Interes-^onkrciscs auch weiter zu h<^-
Wi^^' ij. Wo nun ein \V<'<'hsoU ein Abspringen eriorrh rt ist,
da niiifs diese Trägheirnwii kung erst durch einen besonderen
Injpuls überwunden werden ; die neue Innervieruug iuuiis
stärker seiii| als ihr Zweck an und fitr sieh erfordert, weil
sie nnlehst von einer anders gerichteten Eraftwirkung ge-
krenst wird und deren ablenkende Wirkung nur duix^h ver-
mehrte Energie paralysieren kann. Man darf' ^ fi jene phy»
siseh-p^chische Analogie der vis inertiae vielleicht damit er-
klären . dais wir die KrafUumme nie mit völliger Bestimmt
heit berechnen kßnn^^n. die nra eines gep<^l>er»fn inneren odnr
SiiiVeren Zweck^-s \\ill«'u ans dem latenten in den wirkenden
i^Uätaud Ubexgetubn werden muls^ da aber das Zurückbleiben
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X 1.
IttBter dem BOHgen Quantum sicli «ehr sclm«!! bemerkbar
raachen wftrde. io irren wir offenbiir mehr und öfter nach
der Seite des Zuviel, und die motorisch auike wandte Enereie
wirkt noch Uber den Punkt hinaus , auf den sie rationaler
Weiae gerichtet Ut Setst an diesem nun eine neue VViüen»-
richtung ein, »o hat sie gewiweraiafaen nicht ganz freies Feld
TW dch, aondm findet Jenen Obenelnb «Mers gerictoter
Knil wr, den «e ent dnidi «ine efttqpieeiMiidi eigene V«r>
alirkung übenrinden ninfr.
Man nnfr liier maA en Veiginge innerhalb de« Indivi*
dmuns erinnetn, die weniffitens cleichniaweiM als Rdbtmr
und Konkiurren« zu begreifen sind. Je vielseitiger man sicn
bethfitigt, je geringer die Einheitlichkeit und Umgrenzung an-
eeree Wesens ist, desto hftufiger wird die verfügbare flLrallt-
antume d ossel ben von verschiedenen Direktiven in Anspruch
gmommeu, die so wenig wie Individuen untereinander eine
iedUohe Teiking jener yomehmen. sondern indem jede mflg-
liehet viel Knh Ulr iieh hemiqiniBli^ nmfii aie Jeder aaAerai
dafs auf die direkte Beeeit%nnf dee keoknrrimnden Tnebee
Knft verwandt wird, die uns dem saehlidien Ziele nicht
näher bringt; e« findet nur eine gegenseitige Aufhebung ent-
gegengesetzt gerichteter Kräfte statt, deren Resultat Null ist,
ehe &i £u positiver Leietung kommt Durch zweierlei Diffe-
renzierungen allein kann das Individunm die bo in ihm ver-
schwendeten Kräfte tiparen : entweder indem es sich als Ganses
diffBreniiert, d. L in mOgiiekeler Einaeitiglmit eeine Triebe
md einen Cbnndton aheonunti m dem sie nnn f'wgnamt
harmeniseh thid, so dafs es wegen ihter (Helohheit oder
FmHalität zu keiner Konkurrenz kommt; oder undem es sielk
esinen einseinen Trieben nnd fieiten nach derart dlflbronaifft
und jede dersdben ein so gesondertes Gebiet — sei es im
Nebeneinander, oder, wie wir es weiterhin aosmhren werde»,
im Nacheinander — , ein so schai-f umgrenzte«; Ziel und so
selbstftndige, abseits aller anderen liegend*» Wege dazu besitzt, •
dafs gar keine Berftbrung und ueshalb keine Keibang und
Konkurrenz unter ihnen stattfindet: die Diffsrenzierung im
Sinne des Qnnnen wie im 8inn# aer TiÜe wiikt gleiehep-
nmben knlbpaiend. ^ man dieesmYeihliteit eine CMhing
in ehier keemeloffischen Meteohysik anweieon, was in immtr
nur den Anspmdh einer miriolieren Ahnnng und andeutenden
Symbolik erneben kann , so dttrfle man auf die Zollner'sche
Hypothese verweisen: die den Elementen der Materie inne-
wohnenden Kräfte mUGiten so beHchaffon Bcin^ dafs die unter
ihrem Einflüsse ötatthndenden Bewegungen dahin streben, in
einem begrenzten Räume die Anzahl der ntüttlindenden Zu-
sammenstOfse auf ein Minimum su reduzieren. Danach würden
also s. B. die Bewingen eines mit Gasmolekttlen erftllten
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X 1.
127
kabifchen Raamet sich mit der Zeit in drei Gruppen teilen^
von denen jede parallel zu swei Seitenflächen vor sich ginge ;
dann würden eben gar keine ZusainmenstOfse der Moleküle
mehr untereinander, sondern nur noch mit je zwei einander
gegenüberliegenden Q^filfswAnden stattfinden und daher die
Zahl der Zusammenstöße auf ein Minimum reduziert sein.
Gans analog sehen wir nun, wie die Verminderung der Zu-
sammenstöfse, resp. der Reihung, innerhalb zusammengesetzterer
Organisationen so zustande kommt, dafs sich die Wege der
einzelnen Elemente möglichst auseinanderlegen. Aus dem
win'en Durcheinander, das sie in jedem Augenblick an einen
Punkt zusammenfahrt, an dem also Reibung, Repulsion, Kraft-
aufbebung stAttlindet, stellt sich der Zustand der gesonderten
Bahnen her, und man kann jene physikalische Tencienz ebenso
als Differenzierung, wie diese psychologisch sociale &U Re-
duktion der Zusammenstöfse bezeichnen. Zöllner selbst deutet
auf erkenntnistheoretische Grtlnde hin das Verhältnis so aus,
dafs den ftuCseren Zusammenstöfsen der Dinge ein Unlust-
gefühl entspräche, und giebt der obigen physikalischen Hypo-
these deshalb diese metaphysische Form : Alle Arbeitsleistungen
der Naturwesen werden durch die Empfindungen der Lust
und Unlu.st bestimmt, und zwar so, aafs die Bewegungen
innerhalb eines abgeschlossenen Gebietes von Erscheinungen
sich verhalten, als ob sie den unbewufsten Zweck verfolgten,
die Summe der Unlustempfindungen auf ein Minimum zu
reduzieren.
Wie sich in dieses Prinzip das Differenzierungsstreben
einordnet, liegt auf der Hand. Man kann aber vielleicht in
der Abstraktion noch eine Stufe höher steigen und als all-
gemeinste formale Tendenz des Naturgeschehens die Kraft-
erspamis ansehen; dies ersetzte den alten und jedenfalls höchst
milsverständlich ausgedrückten Grundsatz, dais die Natur
immer den kürzesten Weg nimmt, durch die Maxime, dafs
sie den kürzesten W^ sucht; zu welchen Zielen dieser fUhrt,
ist dann Sache matenaler Ausmachung und gestattet vielleicht
keine einheitliche Zusammenfassung. Die Herbeiführung von
Lust und die Vermeidung der Unlust wären dann nur ent-
weder eines dieser Ziele, oder fUr gewisse Naturwesen das
Zeichen gelungener Kraflcrspamis , oder ein angezüchtetes
psychologisches Lock- und Hülfsmittel für dieselbe.
Ordnen wir nun die Diffei*enzierung dem Prinzip der
Kraftersparnis unter, so ist von vornherein wahrscheinlich,
dafs gelegentlich auch ihr entgegengesetzte Bewegungen una
Cimtchränkungen diesem höchsten Ziele werden dienen müssen.
Denn bei der Mannigfaltigkeit und Heterogen ei tät der mensch-
lichen Dinge wird kein höchstes Prinzip immer und überall
durch gleichgeartete Einzelvorgänge verwirklicht, sondern
wegen aer Verschiedenheit der Ausgangspunkte und der Not-
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128
wendickei^ Auf Ungleidiet auch Ungieiohe» wkken lu laflsea,
um GleicheB oU Ite«nltat zu erxielen . werden die Zwi8chen*
glieder, die su der höchsten Einheit hinaufführen, in dem
Verhältnis verschiedenartige sein mt^ssen, aln sie in der telco-
loi^iKchen Kette iiorh von dieser abstehen. Ans der Täu.seliTing
hierüber, au« <\('ni falschen monistisrhen iScheiri. den die Ein-
heit deö höcii-^t( 1: Prinzips p.-vfhologiseh auch auf die Stufen
zu ihm wirft, ei klaren sich uiixaiili^c Verblendungen und Kin-
seitigkeiten im Handeln wie im Erkennen.
Die 6e&lir«n einer xu weit getriebenen IndiTidneltaie*
ruQg und Arbeitateilnng sind %a bdkannt, um hier melir nU
einer Hinweiamig zu bedürfen. Nur daa me will ich doc^
erwähnen, dafe die der Specialthütigkeit eugewandte Kreft
zunächst zwar durcth den Verzicht aiif anderweitige Thätigkeit
aufs Aufserst«' ^-fsteif^ert wird, bef ^Tolser EntßchiiHlenheit und
langer Dauer diese?» Zustandes aber wieder almimmt. Denn
der Man^'el an IJbuiig bringt t"Ur j«ne andt^ rcn Muskel- oder
Voi-ateilungsgruppen Schwücfiung und A(a ophie mit sich, die
netUriidi eine Aktion des gesamten Orguniaama in gleiehero
Sinne bedeutet Da nmi aber der allein AmklaomefeQde Teil
dodi icbKefilich an» dteaem Ganzen seine NahtunK Kmft
zieht) aO 'nmfs auch seine Tüchtigkeit leiden, wenn das Ganze
leidet. Die einseitige Anstrengnng bringt alto auf dem Um-
WH^e über dif^ Zusammenhänge des Oesamtorganifimus ^ den
di*! durch jene ruitige VeniH'Jda'JsifrnnLr der anderen Organe
schwächt, auch eine Schwächuii^'^ eben des Organea mit, dessen
Kräftigung si«- ursprünglich diente.
Ferner wii-d auoh jene Arbeitsteiimtg, die in der xVbgabe
der Funktionen an Olfentlfebe Organe betteht uad im ailge-
moinen eine «mtnente Krifterspamia bewirkt, eben um der
Krafterspamis wüten oft wieder an die Individuen odt^r an
kleinere verbände zurückgehen. Es tritt dabei nämlich Fol*
gendes ein. Wenn mehrere Funktionen Ton den Individuen •
abgelöst und von einem f:^emein.saTnen Zentralor^^an. z. B. dem
Staat, lU>erTionin(ien w<^i*f!en, treten üie in diesem, ali^ einem
einheitlichen, in dcnirtti^e gegwieeitige Beziehung und Ab-
hängigkeit dal» die Wandlungen der einen anch aie GeBamt^
hcit der andern alterieren. Dadurch wird die eiuzelne mit
einem Ballaat von Rttckaiehten, mit der Ndtirendigkeit. ein
steti ^erediobenes Gleicbgewieht wiedenugewinnen, blattet
und bedingt dadurch eine grOfoere KraftaafWendu ug, als ftax
das voriiegende Ziel an sich erfi>rderlieh wäre. Sobald bidk
aus den abgegebenen l'unktion^'n ein neuer, mehrseitig thätiger
Organismus zusammengliedei-t. sfeht dieser unter «clbständijr*»n
ljebvnMi)ediniGrnngen , die auf die Oef^amthoit der Interessen
berechnet sind und deshalb frtr die einzelne einen greiseren
Apparat arbeiten lasi^eii. als ihre, isolierte Zweckiuälsigkeit be-
anspruchen würde. Ich nenne nur einige dieser Belastungen^
I
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1»
die jade Mi den SiMt «bergeg&ngeqe Fanktion treffen: dt«
Biaiisierung der Aiisga)>en , die Kotvreiidigkeit, jede kleintle
Aufwendung in einer BÄlftncteruni^ ungchp;urer Öcaamt'^iiTnm^n
■Q halten, die Viel&chheit der Kontmlle, die, im allgemeinen
notwendig, im einzelnen oft über£(lssig ist,, das Interesse der
politischen Part«f^n und die öflfentlichf* Kritik, die oft einer-
fieite zu unnützen Versuchen zwingen, andererseits nützliche
unterdrttcken, die beionderen Berechtigungen, die die v^m
Steftte angestelltea IHinktioiiire genieffea: die PmüIoh, dt»
sociale Übergewicht und viele« andere, kiini du Prioiip
der Kraftersparnis wird vidfeeh die Ablösiuig der Fankdonen
Ton den indiriduellen Wesen und ihre Übertragung auf einen
Zer^trslknrper ebenso einsobriiikeii , wie es sie «DdereneitB
hervorruft.
Die zwischen Differenzierung und ihrem Oeg«nteii wech-
selnde Zweckmäfsigkeit der Entwicklung zeigt sich klar auf
dem religiösen und auf dem miJitli.risohen Qebiet. Die £nt-.
wtcklung der ehristliehen Kirche hatte sehr frOh su einer
Scheidung swischwi den Volikemmeneii und den Alltigs-
tnenseheii geihkrt, zwischen einer geittij^-geiBtlichen Aristo-
kmtie und der misera contribusns piebs. Der Priesterstand
dev katlicliachen Kirche, der die Beziehungen der Glänhigon
mrii Himmel vermittelt, ist nur ein Resultat eben dersflben
Arbeitsteilung, die etwa die Post als ein besonderes sociales
Ori^aii konstituiert hat, um die Beziehungen der BUrger *u
entfern teil Orten zu vermitteln. Dieöe Differensierung liob
die RefonuAtion auf: sie gab dem SSnaelnen die Besiehang
in seinem Gott wieaer, die der KatboHsiimus von ihm a1^
gelöst und in einem Zentralgebilde lusammenfesohlossen hatte ;
aie Religionsgüter wurden von nenem jedem eug&nglich, und
die irdischen Verhältnisse, Haus und Herd, Familie und bür-
gerlicher Renif. erliielten eine religiöse Weihe oder wenigstens
die Möglichkeit au lir, die die frllliere Differcniderunr von
ihnen g^etrennt hatte. Die vollständigste Beseitigting dieser
zeigen danu die Gemeinden^ in denen überhaupt kein beson-
derer Priesterstand mehr existiert, sondern jeder, je nachdem
der Geist ihn treibt, predigt
Inwieweit jener frtthere Zustand indes nnier das Prinzip
der Kraften^pHrnis ftkWt, zeigt die folgende Betrachfung. Drei
we!»entliche Kequisite des Katholizisrntis: der CöliM, das
Klo^tfrleben und die dogmatische Hierarchie, die sich zur
liiquibition anffrijtfelte, waren höchst wirk s?ime und umfassende
Mittrl , um alle« geistige Leben in einem beöfininntcn Stande
zu mnnopoliaieren, der alle Elemente des Foruchntta aus den
weitesten Kreisen heiausaaugte; dies war awai \n den aller-
roheaten Zeiten ein Weg^ um die vorhandenen geistigen Kräfte
tQ konsenrieren, die sieh ohne ^Kalt an einem bestimmten
Blande und beaämmten Mittelpunkten wiHcimgelos aerstreut
^■■■liaiifi f4D X L - abuMl. 9
lao X 1.
hfttten ; dann abor bewirkte es doch eine negative Zuchtwahl.
Denn für alle tieferen und gefstigrercm Naturen gab es keiaeo
andt jen Beruf, als das Klosterlebcn , und da diese« den Cö-
libat forderte, so war die Vererbung höherer geistiger Anlage
stark verhindert; gerade die roheren und niedrigeren Naturen
gewannen dadurch das Feld fUr sich und ihre Nachkommen-
■diftft Das Ist iaaMr ud ttborall der Flidi das Kawolt-
haitiidealee; gilt die Kaoiohlielt als sitdiclie Foidarung und
aitdichea Verdionat, ao wird ma doch nur diejenigeil Seelen
ftür sich gewinnen y die überiumpi dar Baetnftussong durch
ideale Momente augänglich sind, also gerade die feineren,
höheren, ethisch an^eleg^en, und der Verzicht dieser anf Fort-
pH. mzuug muD» notwendig das sclilechte Vcrerbungamaterial
tiUerwiegen machen. VVir haben hierin ein Beispiel für den
oben charakterisierten K.all, dafn die Konzentration der Kräfte
auf ein arbeitsteilig bostimuUes Glied Kunächnt s&war eine Stnr«
kungi dann abar auf dem Umwege Uber die daiamtTerh<-
niiae dot Organttmna eine Sehwftclraiig eben dieiea bawirict
ZuersI worden doroh die aeharfe Dinerenzierung awiaolieii
den Organen l^r die geistigen tmd &kr die irdischen Interessen
die enteren konsenri^ und gesteigert; indem sie aber dnrch
die völlige Abkehr vom Sinnlichen die Durchdnnp^ung der
fröfseren Miwaon mit vererbbaren höheren Qualitäten ver-
änderten, ^tch selbst aber wieder nur aus eben diesen Massen
rekrutieren konnten, mufste ihr eiie^enes Matertal schliefsHeh
degeneriei-eu. Dazu kam der Dogmatismus im Inhalt der
Limre, der die fortschrittliche Entfaltung geistigen Lebens
mnllelial durch nnmittolbare Einwtrkmug anf die Geiatar, dann
aber aooh mittelbar dureh die Keteerrerfblgung beschrinkte,
welche nan gleiehfidla mit einer Zuchtwahl YergUchen hat,
die mit infaerster Sorgfiilt die freiainnigsten nnid kühnsten
Männer auswählte, um sie auf irgend eine Weise unschädlich
BU machen. Allein in alledem hat doch vielleicht eine segen«-
reiehe Krattertsparnis gelegen. Vielleicht war damals die
geistige Kraft der Völker in ihren älteren Bestandteilen zu
erschö^)ft, in ihren jüngeren zu barbarisch, um bei voller
Freiheit zur Entwicklung jeden geistigen Triebes tüchtige
Gebilde herroiBnbringea ; es war viefanahr etinstiff, dala ihr
Anakeinien yetbindert oder beschnitten md luidiiicli die Sille
konzentriert wurden; das Mittelalter war ao eine Spar-
büchse für die Kräfte der Volksseele; aeine bonuerende ao-
ligiosität versah die Stelle des Gärtnan» der die nnaeitigen
Triebe wcgsehneidet , lyin sich durch Konzentrierung des i\\r
sie doch nur verschwendeten Ssftea ein wahrhaft le}>enßfkhi|?er
Zweig bildet Wie viele Kräfte nun aber dureh das Kück-
gängi^Tiiachen jener Arbeitsteilung in der lletormation direkt
und indirekt gespart wurden , liegt auf der Hand. Nun war
ftir die religiöse Empfindung und Bethätigung der Umweg
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«ber dflD Master und das waitlinfiin Zetemomell überfftMif
MDAcht; wie ee nicht mehr der Wallfahrt naoh hestimmteii
Orten bedurfte, sondern von jedem Kämmerlein aus ein ktlr-
seeter Weg tn Gk)tte8 Ohre führte; wie das Gebet nicht mdiir
die Instanz der fUrspreohenden Heiligen passieren moTste, am
Erfüllung zu finden; wie das individuelle Gewissen sich un-
mittelbar des sittlichen Wertes der Handlungen bewufst werden
durfte^ ohne erst durch Nachfrage beim Priester diesen und
•ich selbst mit Aussprachen, Zweifeln, Vermittelungen su be-
IftttoDy — ao wurde die Oeeamtheit dar innariiQlieii imd imDiar-
Kcheii BaUl^tit Taraiiifiwht und doroh Blickgewihr dar
herausdiffenosierten rdigillaaii QpMlitäten an den EinzelMrii
die Kraft gespart, die der la ihrer Bawihmng nOtige Uimrqg
Aber das Zentralorffan gekostet hatte.
Wir finden enalich die folgende Fonn, in der eine kraft-
sparende Rückbildung der Differensterung stattfindet, insbe-
sondere iti religiösen Verhältnissen. Zwei Parteien, von ge-
meinsamer Grundlage ausgehend, haben sich auf Untefschei-
dnngslehren hin als entschieden gesonderte, für sich bestehende
Gruppen konstituiert. Nun soll efne Wiadarverainigung statt»
inden; «Uain nidit ao wird das oft mtaliah aain, dMSi daa
Untermeideiide von einer oder TOB betdan ao^pQppBheii wiid|
aondam nur so, dafs es zur Sache der persönlichen Ober»
aeugung jedes einsclnen liill^iedaa wird. Das Gemeinsame
beider, daa fhr jede bisher nur in so fester Verbindung mit
ihrer specifischen Differenz existiert hatte, daOs jede rartei
es sozusagen für sich allein besafs und es kein Gemeinsames
im Sinne einer zusammenschliefsenden Kraft war, wird nun
wieder ein solches unter Vernachlässigung jener Differenzen.
Diese letEteren dag^n verlieren ihre gruppenbildende Macht
«nd werden vom maaen anf daa uwiTidaiiai ttbertragen.
Bei den AnaiOhniingaTeranchen, denen aidi Ftal HI. den
Lutheranern gegenüber geneigt zeigte, war die Absicht oBsth
bar beiderseits auf eine derartige Formolierong der Dogmen
gerichtet, die beiden Parteien wieder einen gemeinsamen Boden
fewährt4?, während es im übrigen jedem überlassen bleiben
onnte, sich für sein Teil noch das Besondere und Ab-
weichende, dessen er bedurfte, hinzuzudenken. Auch bei der
evangelischen Union in Preufsen war die Meinung keines-
wegs die, dafs die bisherigen Unterscheidungslehren ver-
aehwinden, aondem nur. daaa sie zur Privateache jedes werden
•olllen, atatt von einem beaottdera diiferenaierten konfesaibnellen
€kbilde getragen su werden : ea atftnde dem Unioniatan deninaeh
noch frei, von der Willenaireiheit im lutherischen Sinne, vom
Ahendwihl im reformierten zu denken. Die scheidenden
Fhwen waren nur keine entscheidenden mehr; sie waren
wieder an das Gewissen des Einzelnen zurückgegangen und
hatten dadurch den gemeinsamen Grundgedanken die Mög-
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182
lichkert gegeben, die vorangegangene Differenzierung wieder
aufzuheben — was übrigens der in «iiserm dritten Kapitel
gewonnenen Fortnei entspricht, naeli der der Weg der £ntr»
Wicklung von dor kl*>ineron Orupne ( inereeit« «iir grOfseren^
andererseits zugleich zur Individuallbiei ung führt. Eine Kraft-
erspamis liegt hier inaofern vor, ab das rellgite Zentral-
gebilde ron foteken Tngm und An^^elegenheiten entlastei
wird, ditf d«r Einzelne am besten für sieh allein ordnet, und
entipreehend der Einzelne nicht mehr durch die AnftoritAt
•einer Konfession genötigt iat, mit dem, was Üim richtig
erscheint, noch eine Anzahl GUubeiisartikel aufser den
Hauptsachen in Kauf zu nehmen, die ihm persönlich übei^>
fiusäig sind.
VVenii auch keine genaue rarallelitat iriermit, bo doch
eine teilweise Verwandtschaft der Form leigt die Entwick-
lung dee Kri^erstandM auf. Ursprünglic h iet iedee mSanlieh«
Mitglied des Stammes auch Kriciger; mit }c^lichem Besitz und
dem Wunidi nach Mehrbesits ist es unmittelbar verbunden»
dafs jener verteidigt, dieser nrkttmpft werde; die Ftthrunjg
der Waffen ist die ^elbatvt^rstSndliche Ko!isp<|u(>nz davon, dala
j(miaiid olwftft zu gewinnen oder zu verlieren liat. Dah eine
80 üiigenieiiic, imtUriiche, mit jeglichem IntercKae verknuptte
Bethätigung von dem Kinzeluen als solchem gelöst und in
einem besonderen Gebilde verselbstindigt werde , bedeutet
■ehon eine hohe Di0tNrenfeiwung und eine beionders grate
Kratterepamia» Denn je mehr eigentliche KultnrbescnJifti*
fungen sich ausbildeten, desto störe nd' i' mufate die Notwen-
igkeit, jeden Augenblick lu den Waffen zu greifen, desto
kraffsparender div Kinnohtring wirken, dai's lieber ein Tf»il
der Gruppe sich ganz der kri^erischen Be!»ehflftiguug wid-
mete, damit die Übrigen möj?lich8t ungestört ihre ftrJtne für
die anderen n«.>tigen Leben8mterei.aen entfalten k*mntün; es
war eine ArbeiUiteüuug, welche ihren Gipfel in den Söldnern
«Reichte, die ▼on jedem anberkrimriiclien Inleresse soweit
losgelöst waren, da» aie sieh beliebigen Kriegspariei an
Diensten stellten. Die erato BückgMugigimM^hung dieser Dif-
ferenaiemn^ £and da statt, wo die Heere ihren internationalen
oder im)K>litischeu Charakter verloren und wenigirtens dem
Lande entstammten, fiir da« sie focliteii, ho dafs der Krieger,
wenn er auch im Übrigen nur dieM und nichts anderes
war, doch wenigstens zugleich Patriot sein konnte. Wo dies
hhar der Fall ist, da wird doch die zugrunde liegende,
in den Kampf mitgebrachte £^p(indung, der Mut, die
Spannkraft, die knegeritche Titohtigkeit überhaupt anf eine
Höhe gehoben, die der ▼atorlandalose Söldner nnr klInttUeh.
durch bewulHte Willensanstrengang und mit entsprechend
gröfserem Kraftverbrauch erreichen konnte. Überall bedeutet
es eine erhetiliohe Kraftenpamts^ wenn eine erforderte 3er
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X 1.
thätigu ng gern und mit UnterttOtsuiig des spontMien CMlUiles
geschieht; die Widerstftnde der Trigheit, der Feiglieii, A%r
Ahneigung jeder Art, die eieh unsem Thitigketten entgegen-
eetzpn , fallen dfinii eben von selbst wAhrend es i^onst,
wenn unser Herz nicht dabei bcteiTip;t iat. be^ondferor Aii-
atreagung bu ihrer Überwindung bt^jiarf. Da«* höchste Mnis
so zu emielender KrafterspAmis stellen die racxlemen Vuiks-
heere dar^ in denen die Differenzierung des Kriegerstandee
EBtirlIckgebildet kt Indem die Welirpfliolil mto tneder
I Bürger trill^ indem die GeuonAeii emes tm unermefe-
▼iden Elementen bestehenden Vaterlandes an jeden Ein»
seinen gewieten ist und mit auf ihm niht, indem mannioh*
faltigste eigene Interessen der kn'egerischen Verteidigung
bedürfen, — ¥rird ein Maximum von iimerliehen Spannkräften
dieser Hiohtung frei, und es bedarf wedt^r de» Soldes, noch
des Zwanges, noch der künstlichen AnsyKiunung, um den
gleichen oder vielmehr einen viel höheren mditärischen Effekt
SU ersiden, als die DifierensieruDg des Kriegerstandet ihn
iier y erbr sehtBi
Diese auch sonst liAuBge Art der Entwicldttig, nach der
des letste Glied derselben eine ähnliche Form wie des An-
fengaglied aufweist, sehen wir in der wichtigen Frage nach
der Stellvertretung differenzierter Organe ftlr einandor. Im
körperlichen T.eben sind stellvertretende Tlifitigkeiten nicht
bellen, und e« idt zunächst klar, dafs. je niedriger und un-
ditferensierter der Bau ciiues Wesens Ut, äciiie Teile um so eher
für einander Vikariieren kOnnen; wenn man den Stlfswasser-
polypOD nmkiinipelt, sodefs «ein innerer, bisher verdenender
Teil •& die Stelle der Heut kemmt ond umgekehrt» so findet
demiMehst eine entsprechende Vertauschung der Funktionen
•mt^ eodafs die frahere Ebut nun des ▼mdauende Oigan wird
u. s. w. Je feiner »ich nun die Organe einas Weaens individuell
Rusp^'estalten, desto mehr ist jedes einzelne auf B<^ine bewoiid^re,
von keinem anderen erfüllbare Funktion an^i) wiesen. Aber
serade bei dem Gipfelpunkt aller Entwicklung, bei dem Ge-
mrUf ist ein Vikanieren der Teile fUr einander wieder iu re>
InÜT kolrttt Hülse vorlisiiden. Die teilweise Fü&lihmnng,
die eiii Kmiineben durch teilweise ZerstSrung der Himriiiae
•riittsOy wird naeh einiger Zeit wieder aufgehoben. Die uphsr
stachen Störungen bei Verletsong des Gehirns lassen sich zum
Teil wieder piitmachen, indem offenbar nndere Himparticen
die Funktionen der verletzten fibernehmen; auch ein Vikariat
nach der quantitativen Seite hin findet statt, indem nach Ver-
lust eines Sinnes die übrigen an Scharfe soweit auzunehmen
pflegen, daTs sie die durüh jenen Verlust behinderten Lebens-
sweeke mflgKehst «neielien helfen. Dem entspricht es nun
mz, wenn innerhelb der niedrigsten Cksellsefaeft die Un*
eiflwuisierdmt ihrer Ifilglieder es mit sieh briqgt, dsfs die
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1S4
X 1.
meiiteii ia ihr vor sich gehenden Thätigkeiten ▼on jedem be*
liebigen yollsogen weiden können, jeder an jedes Stelle treten
kann. Und wenn eine höhere Entwicklung diese Höglichkeil
des Vikariats aufhebt, indem sie jeden für eine dem andern
versagte Specialitilt aasbilrlet, so fin(^on wir gerade wieder^
dais die höchsten und intelligeutesten Menschen eine hervor-
ragende Fähigkeit besitzen, sich in alle möglichen Lagen zu
finden und alle möglichen Funktionen zu übernehmen. Dio
Diifereneieruiu; hat sich hier vom Ganzen^ von dein öic die
Einseitigkeit der Teile fordert auf den Teil selhal ttbertragen
und dieeeni eine eelehe innere J Ifannichfidtiffkeit verliehen, adk
fir jeden aufUnchenden ftuTseren Anspruch eine entsprechende
Flihigkelt da ist Die Spirale der Entwicklung erreicht hier>
mit einen Punkt, der senkrecht über dem Ausgangspnnkt
liegt: auf dieser Höhe der Ausbildung verhält sich der Ein-
zelne zum Ganzen nicht anders, nls im priinitiven Zustande,
nur dafs in diesem beides nicht differenziert, in jenem aber
differenziert ist Die öcheinbare BUckbildung der Differen-
zierung, die in diesen Erscheinungen liegt , i^t ihat^chlicb
eine Weiterbildung derselben; sie ist an den Mikrokosmos
sarilckgegangen.
In enteprecheuder Weiee kann man die oben daif^^te
militärische Entwicklung nicht als eine Rückläufigkeit des
Differenzierungsprozesses ansehen, sondern als einen Wechiel
dor Form, in der, und des Subjektes, an dem er sich voll-
zieht WÄhrend zur Zeit der Söldner nur ein Bruchteil dea
Volkes Soldat war. aber ziemlich das ganze Leben lanpr, ist
es jetzt das gauze Volk, aber nur eine gewiHgc Zeit hiug. i>ie
Differenzierung hat sich aus dem Nebeneiiiaudcr innerhalb
der Gesamtheit auf das Nacheinander der Lebensperioden
des IndiWdmime abertiv^sen* Überhaupt iat diese Differenz
nerung der Zeit nach wichtig, dersulbljEe nidit Übertraining
einer Funktion auf einen bestinimten Teil und gleichseitig di*
einer andern auf einen andern stattfindet, sondern das Game
EU einer Zeit sich einer bestimmten Funktion hingiebt^ zu
einer andern einer andern. Wie boi der homochronen Ditfe-
rcnzferung ein Teil sich einseitig ^^egen anderweitig mögliche
Funktionen versehlielst , so hier eine IVriode. Jener auf bo
vielen Gebieten bemerkbare Paralleli&muö der Erscheinungen
der räumlichen Folge und der zeiüiclien Folge nach macht
sich auch hier geltend. Wenn der W^ der Entwicklung der
isty dafs uns unterschiedsloser Organisation sich scharf ge-
sonderte, nebeneinander funktionierende Glieder bilden, dafis
aus der homogenen Masse der Gruppengenossen sieh indivi-
duelle, einseitig ausgebildete Persönlichkeiten differenaieren:
80 geht eben derselbe auch dahin, dafs das gleichförmige, von
Antang ait in geradlinigeren Gleisen verlaufende Leb»*n nie-
driger Stufen in immer entschiedenerci schärfer gegen einander
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135
■tgwetite Feriodflü lerftUt, «id dab ttberhau^t da« Leben
des EhiMliMii, wennKleich aU OaniM und» ralatiT betnchtet,
emaeitigery ao doch in sich eine immer ^faere MaDnickfaltig-
Iteit von beaondem charakterisierten EntwicklungsAtÄdien durch-
macht. Darauf weist schon die Tliataache hin, dafs, je höher
ein We^en steht, es um so langsamer den Gipfel »einer Ent-
wicklung erreicht; während das Tier in der kUrsenten Frist
aUe die Ffthigkeiteu völlig entwickelt, in deren Austkbung dann
aem weiterer Lrf)en vergeht Inwieht derMenieli dam vsTer-
l^eÜiieb Iti^ere Zeit nnd dnrtUiaft abo viel mehr
achiedenarttge Entwicklnngsperioden; and offenbar mala aleh
dies in dem Verfaähnia des niederen Menschen sum httheran
wiederholen. Das Leben der h(^chsten Exemplare unserer
Gnttung ist oft bis in das Gmsenaiter hinein fortwährende
Entwicklung — Mxiarä Goethe noch die Unsterblichkeit
daraufhin postulierte, dafs er hier keine Zeit ru vollkomroner
Entwicklung hUite — , von der man. soffar oft die Vorsteliung
hat, daCi £e ^Alere Stufe nicht aewohl ein ForlaehriU (Iber
tede frohere hiniaa und dieea nur die so überwindende Voi^
Dedingnng in Jener sei, aondem vielmehr die, ab ateUten
diese Tenehieraien Überzeugung«- und BethAtigungsweitien
die an sich gleichberechtigten Seiten des menschlichen We-
sens dar; \\M von den Wesen, die das Ganse unserer Gattung
möglichst vollkommen in sich repräsentieren, wUrdeii mt im
Nacheinander durchlaufen, weil ihr Bestehen im gleichzeitigen
Nebeneinander logisch und psychologisch unmöglich lat. Ich
erinnere daran, wie ein Kant eine rationalistisch-dogmatische,
eine akeptiache und eine kritiache Periode dareblante ha^
deren jede eine allgemeine und relativ berechtigte Seile menach-
Kdier Anabtldong daietellt und aonat in gleichseitiger Ver-
teiloBg auf Ten^iedene Individuen vorkommt; ferner an den
Stilwechsel innerhalb küiistlerisclu r Entwicklungen, an den
Wechacl aufserberuf lieber lutcre^Hen — von dem der Vei^
kehrskreise bis r.n dem des »SpoTt^s — , an die gegenseitige
Verflräugiin^ rpalistischer und id«;alistischer, theoretischer und
praktischer Epuciien den i^cbens, an die sich al^Osenden Über-
leugungen in mancher grofaen politiaehen Laufbahn. Jede
Farteimeinniig, der die letatere etwa aieh abachnittsweiae an-
wendet mht auf einem tiefgegründeten Interesae der me&aoh
lidMn Natur; insofern die Gesamtheit flberhau|?t ibrtochreitety
entwickeln sich in ihr, obj*chon nicht immer in gleichen Mafs-
▼erhältnie*?en , die Momente, die für KoUektivismuM wie ftir
Individualiismus. f^ir konservative wie lür iortschrittiiche Mafs-
regeln, för Bevi i mundnng wie für Liberalismus sprechen;
und die wachsende Entschiedenheit des Parteileben« zeigt,
wmm' niebt das Recht, so doch die psychologische Kraft jeder
dieaer Tendanien. Wenn der Einaeine nun befthigt iat, die
Oiaamthait in aieb anftnnehinett und aum Schnit^mnkt dar
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X 1.
ia Ihr «ogesponnenen Fäden xu werden, ao itt dies entweder
in H*btlieinander oder im KaeheinMider ihrer einzelnen Mo-
mente möglich. Und hier kommt der Creticktspunkt der
Krafterspanns wieder zur Geltung: wo entg-efrengesetzUi Ten-
denzen gleichzeitig ihren Anspruch auf unser Bewufstsein
geltend m&chen, wird unzählig« Male Herbun^. Hemmung^
unnUtEOR Aufbrauchen von Kraft stättfiaden. Dictum diflFe-
rentiert die natürliche Zweckmäraigkeit dieselben , indem sie
■M ftlif vwmhMtn» ZeitiiKmiente Terteilt Die Kreft eis-
•eitiffer Penflnlichkeiten erklärt steh sehr vielfach gewilii nieht
•0^ oeft sie voa Tenihertin etne IlbeniormiJe KrafitMiinie be-
sitzen, sondern si>, daft ihaeo die unntttse Hemmung und
Aufreibung derKmift durch Verschiedeoartigkeit der Interoeaea
und Strobnngen erspart bleil»t: nnA entni» rechend leuchtet e«
ein^ dnfK bei einer gc-gebenen Mannichfaltigkeit von Aula^^fn
und Heizbarkoiten dasjenige We^on die gT;nnpf<t**n inneren
WiderMtÄnde , sdm <lt'ii g'-riagsten Kraftverb rauch nufweiseu
wird, da» in jeder gegebenen Periode scinoi Lebens sich ein-
seitig der einen oder der anderen hingiebt und bei der Un*
mOglichkeiti dieselben im Nebeneineader an wiohiedrae Or>
nea verteileB, sie wenfgateaa na Naeheiaaader aa gevoa«
»Epochen differenziert Dann wird das ZufMimmentrcifea
enigegcngesotzter Strobungen und eia geeeaaettiges Paralysieren
ihrer Kraft nur in relativ kurzen Übergangsperioden statt'
finden, in denen da« Alte noch nicht panr u>t. <\m Neue T\och
nicht gany. Irbendip; ist, und die deslKtlh uucL immer ein ge-
ringerem Mais von Kraftent^vicklung «iarbieteu.
Zu derselben Lösung der Frage nach der Timtigkeits-
A\% die ein Maximum von Kraft »p&re, rosp. entwickle, kommt
man, wena man aieht, wie bisher, daa Kacheiaaader dee Ver-
aohtedenea, eoadera die Veveehiedeabeit im Kacheiaaader be*
tont Ist die Aafgabe, mannichfaltige Strelwngen so ansu-
ovdaea, dafs me sich in mögliclist rollkommener Weise und
mit mögliehster {)n6i|rie ausleben ktVnnen, so hatten wir ihre
Diffprenziening in der Zeit al« erforderlich erkanirt; wenn
nun umgekehrt eine zeitliche Entwicklung ^^('i^f^hen int und
gefragt wiH , "Mrelcher Inhalt ftir nie der gtu^igneuitc sei, um
mit raögl lehnt wfjn>!: Krat'Uufwand fm^^ möglichst grofse Wir-
kuü^ zu erzielen, »o mui» i^oantwortet werden: ein in sich
möglicbet differensierter. Die Analogie mit dem Nutzen, den
der Fraehtirechael gegenllher der Zweilelderwirtschaft bringt,
aafa hier jedem beifallen. Wird eia Feld immer mit der-
selbea FruchUrt bejlflaaai^ io «ad ia relaÜT karaer Zeit alle
die BeHaadletle, die sie in ihrer fiatwieklaag branchti dem
Boden entzogen , and dieser bedarf der Ruh^ zu ihrer Er-
Sänzung. Wird aber eine andere Art angepflanzt, .^o hedarf
iese anderer Rodenhe^itand teile, welchi* von jener imht be-
ansprucht worden sind, und lili'st dafür die bereits ersch<>|>ftea
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nk Ruhe. DtMelb« Feld gewfthrl «bo sw« renchiodMieft
Arten dl« llögHolik«it der EntwiekTung^ die es iwei gleiehe»
nicbt gewahrt Die Aniprfidie^ die an die Kr&ft des menaell»
HekeQ Weseni gestellt werden, verhalten sich nicht auden.
Der veränderte Anspruch zieht aus dem Boden des Lebens
eine Nahrungr, Hi'e <ler unv»>rändprt g;pKHf»b^nf» nicht gefunden
hätte, weil er auf dio triifier gebrauchten und deshalb m«hr
oder weniger verbrauchten angewiesen wäre. Auch un?<ere
Beziehungen zu Mcn»chen erscrirtpfwn sich leicht, wenn wir
immer dasselbe von ihnen verlangen, während sie sich frucht*
bar erludlen, wwb wir dnreh aDwecheelttde Aneprllehtt rw
aehiedene Teile ihres WeMns in Thätigkeit selMn. Wie d«r
Ifenieh in sensorischer Besiehimg ein auf den Unteischied
aneewiestnas Wesen isty d. h. nur den Unterschied gßfgBn den
bisherigen Zustand empfindet und wahrnimmt, so ist er es
auch in motoriwher Besiehung, in8of«rTi Ah^ Encrj^te der Bp-
weifTin^ «ich aufiwrordcntlich .Hchnoll alisturapft, wenn öie keine
Unterschiede enthält. Die Kratteryp.irnis aus dieser Form
der Diffcren2ierung unseres Handelns läfst sich folgender-
maiisen darätellen. BaU^n wir zwei verschiedene Thätigkeits-
formen a nnd b fw uns, die den gleicken oder swei quanti-
tstiT gleiche Eflbkls e hervorbringen können, nnd haben wir
■Geben oder eine Zeit bog hinlereinander schon a ausgettbi:
■0 wird snr weiteren Erreichung von e durch a eine grOfsere
AnstrSB^ng gehören . als durch b, das eine Abweeiiselung
pegen die In'sherige Tliätigkeit bildet. Wie es für den Em-
pfindungsnerven eines' froheren zent.-ip<»talen Rpfzes b-ui/irf, um
nach eben stAtt^chf^btfcr Erregung noch einmal die gleiche su
produsieren, al« wenn eine gleiche von einem andern, bisher
nicht oder in anderer Weise gereizten verlaugt wird: gennu
so braucht es eines gröfseren zentrifagalen Reizes, also eines
grnfaeraD Oesimt- Kraftaufwandes des Or^psnisnins, nm dei|
eben ersellsa EIMct noch einmal so bewirken, ato wenn es
sieh nra einen neuen handelt, für den die specifisehe Energie
noch nicht Terbraau^t ist £s ist nicht mf^glich sn M^en,
dafs ein Wesen, dessen Bethätigungcn im Nacheinander nicht
differeniiert sind, dnahalh schon mehr Kraft verbrauche, als
ein differenzierenden, wohl abt^r, dal» es mehr Kraft ver-
braucht, wenn es gleich groise Ertolge wie das letztere er-
reichen will.
Überblicken wir die bisher gewonnenen Resultate, so
sebeint si<^ ein todamentehar Wldmpmch dnreh sie hindurch
sn sieliea, den ich statt dnreh Rekapitulation lieber direkt
darstellen will. Die DüEsreniierung der socialen Gruppe steht
nlMÜch offenbar zu der des Individuums in direktem Gegen-
seni. Die erstere bedeutet, dafs der Einzelne so einseitig wie
TO'^plich aei, dafs ir?;:end eine singulftre Anfj^];-«}»« ihn ^siuz **r-
fttiie und die Üesamtheit seiuer Triebe, Fähigkeiten und in-
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teresaen auf dtflwn «neu Ton «ligMtimmt sei, weil bei der
Eraaeitigkeit des Einzelnen die gröfste Möglichkeit und No^
wandigkeii dafür vorhanden ist, dafs aie sich inhaltlich ron
der jedes andern Einzelne unterscheide. So bannt der Zwang
der ofreiitlich w»rtf?c:haftlichen Verhältnisae den Einaeinen »ein
Lieben lan^ in dte eintürmig»tc Arbeit, in die iim8chrÄnktf»«te
SpeciaiiUü , weil er auf diese Weise die Ferügkeit in ihr er-
langt, die die geforderte Güte und Billigkeit de« Produktee
armimicht; ao ▼erinngt das tttotHebe Inieraae oft Efnaeitig-
ktit im politiMben 8ttuidpanktM, die dma Einaehien oft dnreli-
nas nicht sympathisch ttt^ wofür die Soloniaelio Bestimmung
Uber Parteilosigkeit kmaiitsiehea iat; so atei^rt die Allge-
meinheit die Ansprttche an diejenigen, denen sie irgendwelcne
Stellunfren gewährt, demrt, daiK ihnen oft nur durch nufserate
KoTizdntrfttfoTi jiuf da» Fach unter AusacLlufs aller andern
Bildungsintere3«en günt^ werden kann. Dem gegenüber be-
detitet die Differeiiziening de** Individmiins gerade da« Auf-
heben der Einseitigkeit; sie löst Ineinander der Willens-
und Denkdüiigkeiten evf und bildet jede denelben sa einer
Älr sieh beatehenden fiigeniehaft nita. Qende indan der
Elnselne daa Sdiidcial der Gattung in aidi wiederholt, setat
er sich in Gegensatz au diesem selbst; das Glied, das sich
nach der Norm des Ganzen entwickeln will, neeiert damit in
diesem Falle Feine Hollo als Teil deaflelben Die Mannich-
faltigkeit «(^haiT gesonderter Inhalte, die daa (ianze verlang
ist nur hersteilbar , wenn der Kinaeine aui eben dieselbe
verzichtet: man kann kein Hau» au« Hüiij^ern bauen. Dafs
die Entgegen^esetztheit dieser beideu Teudeuiien keine abso-
lute ist. sondern nneli reieeliiedanen Seiten hin ihre Qrenae
findet, ist deshalb selbstTeitllUidiieh, well der Trieb der Diflb-
reniiening selbst nicht ins ÜnendKcfce geht, aondem fiir jeden
C geben en Einzel- oder Koilektivorganismus an d«n Ckltungs-
reich des entgegengesetiten Triebes halt maehen mnfa. So
wird es, wie wfr schon mehi-fach hervorgehoben, einen
Grad voTi Individualisierung der Gruppenmitglieder geben,
bei rlein tu (weder die LeiatuJigaf^higkeii dieaer auch für ihren
Specialberut aufhört, oder bei dem die Cfnippe auaeinander-
iallt, weil ji:ne keine Beziehungen mehr mü einander finden.
Und ebenso wird auch daa Individuum aioh selbst darauf
▼eraiehten, die Mennichfaltigkeit seiner Triebe bss in die
Aufserste MögUohkeit hin auemleben, weil dies die vnarWig-
lichate Zerspiitlei*ung bedenten wQMle. Innerhalb gewisser
Grenaen wird also daa Interesse des £tnidnen «n «einer
Differcn'/^iornng im Sinne eines Ganzen zu keinem andern
Zustand tühren , al« dns Intere?««;*» der Gesamtheit an iciner
Differenzierung im Sinne eines Uiiedes. Wo aber die^e Grenze
liegt, wo die Wünsche des Einzelnen nach innerer Mannieh-
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falti^keii odtr nach sDecialisierter £mBeitigkeit mit den gleichen
Forderungen der Allgemeinheit an ihn znsammen&Uen , da»
werden nur di^enigen im Prinzip awsmRchen wollen, die die
aus augenblicklichen VerhältnisAezi sich ergebende Forderung
nur so meinen stützen zu können, dafs sie sie aU absolute,
aus dem an sieb seienden Wes^n der Dinge folgende bin-
stellen. Es ist jedenfalls die Au%abe der Kultur^ jene Grenzen
inmiar sa «rwaitem mid die todalan wie die individiielleii
Anfallen immer mehr so an gestalten, daTa der gleiche Grad
TOD Differenaiamng ftir beide erforderlich ist •
Was gegen & mehiende Verwirklichuig dieses Zielea
spricht, ist vor allem dies, dafs die entgegengesetzten An-
sprüche von l>eiden »Seilen Ijer wachsen. Wenn nämlich das
Uanze stark differenziert ist und eine Fülle sehr verschieden-
artiger Thätigkeiten und Perermlichkeiten einschliefst, so
werden die Triebe und Anlfi^eu, die durci^ die Vererbung in
dem £uMMlnen anftreteD, achiiefsliGh gleicbfidls sehr manniolir
ftltige nnd diTcrgente aein .und werden m ..ihrer ganaen BnnV
ImH und Divergenz in demselben Mafse zur Äulserang dringen»
in dem gerade die Differenzierung der Verhältnisse, die n»
herronrief, ihnen die M'v'^>« hkeit dieser allseitigen Bewährung
versagt. So lange die Ditferenzierung des socialen Ganzen
noch nicht die Individuen, sondem vieiraehr ganze Unter-
ahteilungeii desselben betrifft — also bei Herrschaft de»
ELastenweäüüb, des erblichen Handwerks^ auch der patriarcha-
lischen FanuUenform und der Zunft, und bei jeder grdüieren
Sireiiffe der Standeanotendiiede — ^ wird dieier innere Wider*
apmen der Ktetwli^diuiflf noch weniger aaHbreten, weil die Ver>
erbnng der Eigenschaften wesentlich innerbalb dea gleichen
Kreises bleibt, also solche Personen trifft, die die so ttber^
lieferten Triebe und Dispositionen nnch ausbilden k<^nnen.
Sobald indes die Kreise sich misclien, aei es so. dafs der Ein-
zelne an mehreren Teil hat, sei es durch Anhäufung der von
verschiedenen Ascendenten ausgehenden Anlagen auf einen
£rben, da wird mit der Andauer eines solchen Zustandes
dnrck Tiele Generationen aeUiefotidi jader Einielne eine Reihe
nnerfUlharer Forderungen in sieh nlhlen. In je nm&ssen-
derer Weiae die Teiaciiedenen Bestandteile der OesoUnchaft
sich kreuzen y desto yerschiedenere Dispositionevi trägt jeder
Nachkömmling; von ihr zu Ijehen, desto vollkommner erRcneint
er der Anlage nach als ihr Mikrokosmos, desto unnjög;licher
aber ist es ihm zugleich, jede Anlage zu der Kntialtung zu
bringen, auf die sie hindrängt Denn erat bei t^tiirkem An-
wachsen des socialen Makrokosmos üudct jene Mischung
aeiner £iemento statt, nnd gerade dieses Anwaohaen awingt
ihn, imaier grOiaere Specialisierang aeiner Uitp^ieder an ver»
hmgen. Hiennit mag die grOfaere Hftafigkeit der aogenannten
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problematischen Naturen iii der modernen Zeit in ZuRaniinen-
hai\g stehen. Goetlie bereichnet ais problemaÜÄch üülche
Naturen, die keiner Situation geuugthun und denen keine
Sttaatton ganugtlmt Wo etsh nun mne grofte Aniaiil von
Triebe und IMipoeitioiien, die naftttriiefa anch in Form von
Begehrungen auftreton, suMHttmenfindet, da wird da« Leben
leient sehr viele unaufgegangene Reste aeigen. Die Befiiedi*
gungen, die die Wirklichkeit zu bieten weifs, betreffen nur
dieses und jenes einzf^fite VerlÄngen, und wo m ursprttnglich
scheint; als ob ein S< kicksal, eine BoHchäftignug, ein Ver-
hältnis zu Menschen uns ganz ausiUllte, da pflegt doch bei
vielseitigeren Naturen bald eine Lokalisierung der Befriedi-
gung einzutreten, und wenn die Verbindungen innerhalb der
Seele aunMehat auch den Reis auf das Oanae derwlben aicli
Ä>r^BaBsen Husen, so bewhrftnkt er eich doch in kunem auf
«einen ursprünglichen H«rd, die qrmpathisch erregten Schwin-
gungen verklingen, und das Problem allseitiger Befriedigung
■wirrt auch durch diese Situation nicht als gelöst erkannt. Una
die Verhältnisse ihrerseits fordern für die specielle Lagi^ den
ganze n MenHchen. dor suli derselben aber doch nur dann ge-
v,'ahreTi katni, wenn diü { JpMarntheit seiner Ardn^^en sich einiger-
m&iüen oach dieser Richtung hin vereuiigeu lalttt) wuä ebeu
nnmickli der lfannich<i^eit der Vererbungen inmier nn-
wanrMsheinlieher wird. Kur »ehr atarke Charaktere^ die einer-
seits deii nicht für die aogenblickliehe Forderoni^ geeiffuelen
Trieben halt gebieten, andererseits die Forderung aelbst so
zu gestalten die Kraft haben, dafs sie mit thron eigenen Be-
p-f Ii runden ühnreinr^timmt, — nur di**se k^Jnnen sich von pro-
blumatiüchev Wesensart in Zeiten iernhalten, wo di« Lagen
immer specialiaiertcr und die Anlag-en immer raannichfaltigor
werden. Mit Recht ini de«thall» der Ausdruck: problematische
Katur fast au einem Synonvmum von: schwacher Charakter —
geworden, wenngleich die Sehwtche des Charakters nicht die
eigentliche and positive Ursache jener Wesensgestaltnng ist
die vieimebr nur in den Verhältnissen der individuellen und
der socialen Differenzierung liegt ^ sondern nur insoweit Ur^
Sache, als man behaupten kann, dafs ein entschieden starker
Charakter diesen Verhältnissen ein Gegengewicht geboten
hätte.
Hier erzeugt also das Differenzieruugsstreben , indem es
sich einerseits auf das Ganze, andererseits auf den Teil bo-
lieht, einen Widerspruch, der daa CMgenteil von KrafteremurniB
ist. Und ganz analog sehen wir auch Innerhalb des fiinBel-
Wesens die erwähnte Differenzierung im Nacheinander in
Kontiikt mit der im Nebeneinander geraten. Die EiniuMt-
HchktM'f des Wesens, <Iie charaktervolle Bestimmtheit des
Handeins und der Interessen, das Festhalten einer einmal
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141
eingeschlagenen Entwicklungsrichtung <— alles dies wird von
Btarken Trieben niisf^rer Natur selb»! um den Preis der Kin-
eeitigkeit verlangt und damit jen«^ priraSre Kraftcrspfirnts «r-
»ielt, di« in der t'int'Hchen Ablehnung aller YioÜieit
dem ge-gf*nüber steht der Trieb nach mehrfacher Bewährung,
allseitigur Entfaltung, und bewirkt die sekundäre Kiait-
rnfMumis, die in der Glesohnieidigkeit vieUUtiger Krifb, in
der Leiehtigkett dee Übergangs ren einer Anforderung dee
Lebens an die andere liegt. Man kann nuch bierin die Wir-
kuug der grofsen Prinzipien sehen, die allee eigenieohe Leben
bestimmen: der Vererbung und aer Anpassiug; die stabile
£inheitlicbkeit de« Lebens, die Gleichheit des Charakters der
einen Lebens Periode mit der andern ent«pricht am fndividinim
dera, was an der (lauung als Erfolg der Vererbung auftritt,
-während Mannichfahigkeit im Tliun und Leiden als Anpaabung
etecheint, als Modifikation des angeborenen Charakters je nach
den Unstinden, die in unberechenbarer FoUe und Entgq^cn-
Mielntheit an uns hermtreten. Und nun sehen wir den Kon-
flikt dieser, auf das ganae Leben eratreekten Tendenzen sich
innerhalb des DifferensieraogMtrebens sen>et wiederholen, wie
ttberhaupt im Organischen ih\< VeHiftltnis der Teile eifie«
Oanzen tax einander 5?irh oft itn ge^'« nsfiti^^Mi ^^ rliältniB <ier
UnterabteUangen eines Teiles wiederliolt. Wo die Neigung
für Differensiening vorhanden ist, da macht sich doch der
QegensatB geltend, dals jt^dc g^ebene kürzere £|>oche einer*
s^ts mit möglichst achan auagebildetem, nach einer Rieh-
tuDg hin diiforenmeriem Inhalt wMh and naeh irgendwelcher
2^it ven einer andern, von andenn Inhalt in Reicher Form
erfiülten» abgelöst werde — also DUfisfensiening im iiach*
einander: und andererseitw beiangpnicht nun jeder pepiebene
Zeitteii einen in siob, d.h. im Nebeneinander, nin^licK^t diffe-
renzierten, mann ich fachen Inhalt. Auf unzüliliK' u (iebieten
wird dieser Zwicppalt von der änCnei^u n Wicblipkeit. Z. B.
die Auswahl des Lchrätoffe« im die Jugend hat ntets einen
Kempromtfii nwiachen den beiden Tendenien lu e^ieleen:
dnfa minlehBt ein einheitlicher Teil des au bewilligenden In^
halta Torgenomroen und einseitig, aber entsprechend fest ein-
gi^MTigt weide p um dann einen andern, ebenso bebandelteA
Jrlatx lu machen, und daf« andererseits doch auch ein Neben-
einander der Gef'enstftTi i»^ stattfinden mnfs, das zwar nicht so
Kchnell Grüii(ili<:hkeit erz.ielt , nVr durch die Abwechselung
den Oeist fri.sch und' anpnsfsuii^ätjihip erhält. Die Ten)})era-
mente, die Charaktere, ai^ geftanuen Verschieden he Ucu des
menschlichen Wesens, von den ftui'seriiclien des Berufs bia an
denen der metaphysischen Weltanschauung, aeiefanen sich
dadurch Toneinander ab, dafs die einen die Vielheit mehr
im Nacheinander, die andern mehr im Kebeneinander. ent-
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142
wickeln, resp, bewBltigWL Man kann vielleicht behanpfeSDy
(lafa sicti die Proportion zwischen beiden für jedes Individuuni
etwas anders, als für jedes andere stellen wird, und dafs die
Ricbti^teUung derselben zu den letzten Zielen ^raktii»cher
Leben»wei«he!t gehört £^ pflegi erst durch die Reibung zwi-
schen den beiden Tendenzen auiberordentlich viel Kraft ver-
schwendet zu werden, ehe man aie so auf die verschiedenen
Anfraben des Lebeni ▼arteilty dafa dm Prinzip deir hOdmen
Knuterspaiina genügt wbd.
Man ma(s indes im Auge behaltwi, daft es aich im letzten
Grunde hier auch mehr um einen gnkduellen, als um einen
prinzipiellen Unterschied handelt Vermöge der Enge des Be-
wuTstseins. die den Inhalt desselben in jedem jg^eg^ebenen Aiip:en-
blick auf eine oder aufst^rgt wenige Vorstellungen beschränkt,
ist doch auch das sogenannte Nebeneinander der verncliie-
denen inneren und äiifseren Bethätigung;» n und Entwicklungen,
fenau genommen, ein Nacheinander. Dalis wir eine gewisse
^eriode alt EiniMit abmmen» «ad dai in är Vonralieiida
als nebeneinander Torgehend beaeichnen, ist sddieMidi etwas,
rem WtUkttriiches. Wir vernachlässigen die kleinen Zeit?-
unterschiede zwischen dem Auftauchen der Entwicklungs-
inhalte in einer Periode und betrachten sie als gleichzeitig;
die Grf^fse dfeses vemachlftasigten Zeitunterschiedes hat aber
keine objektive Grenze. Wenn also in dem obigen pädago-
gischen Falle mehrere Lehrg^e 11 stände nebeneinander betrieben
werden, so ist dies doch, genau genuninieii, kein Nebeneinander,
sondern ein Nacheinander, daä nur kUrzure Intervalle zeigt)
ali in d«m Falle^ den wir im engeren Sinne so beeeichnen.
Fttr das Nebenemaiider bleiben deninaeh nor sweieilel ipeet-
fische Bedeutungen bestehen. Zonichst dae wecheebeitige
l^acheinander der Inhalte; sirei Entwicklnngsreihen bezeichnen
wir als gletchaeitig, wenn iAif einen 8oliritt in der einen
immer ein solehpr in der andern und dann wieder ein Zurück-
kehren zu Jener erfoigt; aie sind so n.h Ofinze in demselben
Zeitabschnitt Uetafst, wenngleich ihre Teüe immer verschie-
dene Unterabteilungen desselben erfüllen. Zweitens bestehen
die Fähigkeiten und Dispositionen, die durch nacheinander-
folgende Thätigkeiten erworben werden, thatsächlich neben-
einander, lodaili der eintretende Reis jede beliebige erwecken
kann; neben dem Nadieinander der Srwerbiingen nnd dem
Maoheinander der Ausübungen besteht das Nebeneinander der
latenten Kräfte. Sind dies die beiden Formen, in denen die
Nebeneinander der Differenzierungen seinen genaueren Sinn
findet, so wird die Konktirrenz desselben mit der Tendenz
des Nneheinnnd^r sich folö-endersTinr^ien darstellen.. Wo es in
einem abwechseindeu Auttreten der Thätigkeiten besteht han-
delt es sich um die Frage, wie lange jedes £lement des Korn-
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plexcs im Vordergrunde Rtdion soll , ehe ea von dem andern
akigeioät wird. Was diesen KonHikt von dem einfachen zwi-
schen dem Beharning3«U;eben der einzelnen Thätigkeitsform
und dem sich Vororftnfiren der andern unterscheidet, i»t
die dadareb aintretende ModifikitUm» daft hiar mit dem Nach-
lasten jeder die VontaUmig ihrer Rflckkehr Terbunden iet
Dies kjum das NacUassen einerseits erlefebteni; es lumn es
aber auch erschweren, sobald der Übergang von einer aar
andern Uberhaupt mit Schwierigkeiten verounden ist und ncm
das Bewufstsein, dafs mit jedem ersten Wechsel auch gleich
der zweite näher rttokt, leicht zu einem möglichsten Hinaun-
schieben des ersten führen kann. Ein deutHcnes Gegenntreben
der erwähnten Tendenzen tindet äich nun etwa in der Orga-
sitientiw der Beamteoftmlctionen, aßi es im privaten oder im
alleadicbeii Dienst Der Vorseeetito oder Cbef wird oft ein
Interesse daran baben, daTs die Tbitikkeit seiner Beamten
einen gewissen Kreis von Aufgaben nmhese, denen sie sich
abwechselnd widmen. Dies hat eine grOfsere Oewaadtheit in
den Geschäften und vor allem die Erleichterung von nötig
werdenden Stellvertretungen und AuHhülfen zur Folge. Dem
aber wird sich oft ein Interesse des Beamten selbHt entgegen-
stellen, der die ihm überhaupt zugänglichen Funktionen lieber
in eine Beihe gliedern wird, die die eine endgttltig abgethan
■ein ^lib^ wenn die nächste oMmnt Denn bietdnreb erretdbt
er Tiel eher ein Aa&leigen im Dienst, indem aebr blnfig niebt
•owobl die höhere nna besser bezahlte Funktion die tpilere
ut, als vielmehr die gewohnhoitsmftftig später aufgetragene
schliefslich als solche die Würde und das Entgelt einer höheren
gewinnt, wie dies namentlich in der Hierarchia der Sub-
alterneiL aber auch bei den höchsten^ an die Sinekure .ntrei-
fenden Stellungen zu beobachten ist Wo dagegen schon aller-
hand höhere und niedere Funktionen in abwechselnder Folge
in einer SteUnns befiUal «ind, da wird aicb das Ansteigen
aoe derselben mebt so leicbt (^ben^ weil die Diiferemnetnnae*
aomente, die sonst die Form dea Nacheinander forderten oder
mit sidi bracbten» bier acbon sngleiebi im Nebeneinander^
bestehen.
Zu anderweitigen Konflikten führt der ?;weite vSinn eines
wirklichen Neberieinandcr der Differenzierungen am Indivi-
duum, der die latenten Kräfte und Fähigkeiten einschliefst
Hier werden sich die VerHchiedenheiten des geistig- sittlichen
Wesens darin «eigen, dafs der eine eine Mehrzahl von Thä-
tigkeiten llb% nm die Fäliigfceitan an mOglielist vielen gloicb*
«an in sich anfrn^ieicbeiii , der andere nnr an ibrem ye^
fliefaenden Nacheinander, an der Abwechselung ihrer Aklua» :
litit Interesse bat Die gleicbe Form der Differeni leigen
etwa swei Rentiers^ Ton denen der eine «ein Vermögen in
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144 X 1.
oiner Aii9;«hl verschifft enfirtip^^r Worte anleg-t — Grundbesitz^
Fonds, Hypotheken, Ge^chaftßbt^teüi^ungen n. s. w. — , der
andere da« gesamte Kapital imld ganz der einen, bald gaax
der aaderfi ihm gUnatig erAcheiuenden Anlage zuwendet. Dia
Differenzierung der Besitstümer in eine einerteita im Neben-
elüMider, «aderaffMiti im KAdidiaandor betteliende MehrMt
T011 Aoli^ dmt M dem eratsroD mehr der Sicberkett, bei
dem zweiten mehr der H0he der Verzinsung. Man kannte
I den Kapital-, inabeaonder« den QeldbeiitB tkberhaupt als eine
1 latente ! )!fferenziernnp ansehen, nenn sein Wef»en Hegt d«rln,
dais vermöge seiner eine unumschränkte Anaahl von W u -
^ kungen gelibt werden kann. In sich vollkommen cin-
heitlicheii Ciiarakters, weil hU blofiie« Tauaehmittel voll'
kommen ohne Charakter^ strahlt er doch in die Mannicb*
fiütigkMt «Uee Hmideliia «od QenieTaena uvm, und, In der Form
der Potentiiditftt, vereinigt er in ttoh den miiien Farben-
reichtum de« wirtßc ha fliehen Lebens, wie das farblos er-
•cheinende Weifs alle Farben des Spektrums in aidi enthält;
es konzentriert gleichsam in einem Punkt sowohl die Resnltat«,
wie die Möglichkeit unzähh'ger Funktionen. Denn thataäch-
lieh schlielVt es die Mannichfaitigkeit Dicht nur im Vorblieit,
sondern ancii im ßück blick ein; nur aus der Pttlle sich ki-eu-
iteiider laiereasen, aus dem Reichtum verschiedenartigster
Thfttigkeiteit konnte dieeee, nun aomiaagen Aber den Pm^en
atehende Tauscbmittel bervoivehen. Die Differensierung dea
(wirtacbefidichen Löbens im allgemetncn ist die Ursache det
Geldes, und die Möglichkeit jeder beliebigen wirtschaftlichen
DifferenKierung ist hir den Einzelnen der Erfolg seines
sitzcK. Dfls Geld ist demnach das vollr^titndierste NebeneinÄnfler
der DifierenBieriintren im Sinne der Füteutiaiität. Öegerii'oer
dcui Oeldbesitz ist alle ThKtigkeit überhaupt Differenz/ieruiig
im Kacheinander ; sie lei<t iioch jedenfalls die vorliandene
Kraftsunune in eine Anzahl verschiedener Momente auseinander,
wenn aie dcb auch Innerhalb dieser in gleidber Form iuCierl,
während die Zeit des Geldbesitees als ufiruehibarer Mement*
im eminenten Sinne, a]a momentane Zuaammenechlielsung un-
tähliger Fäden anzusehen ist, die Im nächsten AufenhÜck
wieder zu gleich zahllosen Wirkungen auseinandergehen. Es
lie^t «uf der llanfl, zu wie vielen und tiefen Konflikten die
Zweiheit dieser Tendenzen sowohl im Individuum, wie in der
Gesamtheit iüiti^Mi mnfs, und daln e« sich hier uin nichts
weniger, als um den von einer bestimmten Seite her be-
traehtelen Kampf zwischen Kapital und Arbeit handelt ünd
hier greift wieder die Frage der Kmfterspamis dn. Kanital
ist objektivierte Krafterspamis and zwar in dem doppelten
Sinne, dafs eine frtther erzeugte Kraft niclit sofort wieder
verbraucht, sondern aufgespeichert worden ist, und dafs kOnf-
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145
tige Wirkungen mit diesem blichst kompendi^Saen , absolut
rweckmÄTsigen Werkseng g«übt werden. Das Geld ist offenbar
dtisjeni)^« Werkzeug, bei dessen Verwendung weniger Kraft,
als bei jedem andaren durch Reibung nebenbei geht ; wie es ^
auH Arbeit und OiATenmcierung hervorgeht, üet£t es sich in
Arbeit und Differenaierung um, ohne dals bei diesem Um-
aacaungspraaaft etwaa vmmii wird. EnfblgedeMii abar
«ribrdait es anakt da(a aolbar ihm Arbeit und iJMarenaianiiig
vorhanden sei, v.'ei] e« sonst Allgemeinheit ohne Einzelheit
Funktion ohne Stoff ^ Wort ohua Sinn iat Die Differenzie-
rung im Zugleich, in dem Sinnt», wie wir sie dem Kapital
zusprachen, weist rl*Mnnach notwendig auf eine Differenzierung
im Nacheinander hin; dm Mafsverhältnis heider derart zu
hestimmoß, daSn im Ganzen ein Maximum von Kraftersparnis
eintritt . bildet fUr die Einzelnen und iür die AUgenieioheit
einas der böchstan Probknie, and diese wie jene unterscheiden
aieh alt aula achirftta, mdam aia bald die DifferansIarnnK im
Vabanamandar, die den Raatta auaniaditf bald die im Naeh^
ainandar, die der Arbüit ontaprkiht, flberwiogen lasaen; keinea
Ton batden kann in ii;geiid ktfheren VerHAltniaten antbdirt
werden.
Wo nun wie hier zwei Elemente oder Tendenzen sich gegen
»eiü^ fordern, aber auch sich gegenseitig be^ren^en, da ge-
rät die Erkenntnis leicht in die Versuchung eines doppelten
irrtiuns. Zunächst mit einem nichtssagenden : Nicht zu wenig
«ad aidil au Tiel! die Fnißt nach den Quaalaa baMt-
warten su woQaa, ia danea jene Elemente tich nur Maratelluag
des wflnaebenswertesten Zustandet adtchen mUsaea: daa ist .
ein rehi analytischer, ja idenliaciier Sata; der Zusats daa
„zu" bezeichnet doch schon von vornherein ein unrichtigea
Mafs , und durch die Negierung desselben wird deshalb noch
absolut kein Aribaltspunkt gegeben, welches denn nun das
richtige Mafö let; die ganze Frage ist gerade die, an welchem
Punkte (ieg Anwachsens oder des Zurückweichend beider das
.an" beginnt Diaie Gefishr, eine Formulierung daa Pro-
blaoBa aehen ftlr aefoe LHaung aa lialten, liegt eben da be^
aondera nahe, we daa Mala daa eiaaii Elementes eine Funktioay
waaA auch eine unstät^a, von dem des andern ist, wie ea
bei Kapital und Arbeit der Fall ist Die Eatfaltang der
Kräfte im Nacheinander, wie die Arbeit sie nait sich brin^,
encheint ieicht durch das Mafs bestimmt, in dem ihre poten-
tielle Differenzierung im Nebeneinander, im Kapital ^ vor-
haiuieii ode«r wuoöchenswert ist; und dieser letzteren bestimmt
man nun wieder das rechte Mafs nach dem (Quantum der vor*
luuldeaea eder la leiatenden Arbait
Von fthlbaitfea Felflui iai am. aadeier Idbiliier Irrtaait
dala Büa daa labile Oleidigewieht «imban beiden Elemente»
ftmfcsipi <K» I I. «ML 10
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146 X h
aU ein stabiles ansieht, und zwar sowohl f^r die Wirklich-
keit, alt flir dl« lämL Da» aogenaiiiite ebeme Lohngesete
ist ein lolelier Yenncli, die aktaelle Diflbrensieriing der Ar-
beit als in einem stetigen Verhältnis tu der latenten Differea-
sierung des Kapitale stehend au erkennen. Ebeuso die Carey-
•che Begründung der Interessenharmonie zwischen Kapital
und Arbeit: da die steigende Zivilisation das für ein Prndtikt
nötige Arbeit>qimntum stetig vermindert, su werde der Ar-
beiter fllr das gleiche Produkt relativ immer best>er beKahh;
da aber zugleich die Konsumtion aufserord entlieh wächst, so
Steigt auch der Gewinn deä Kapitaiibtoa) der zwar au Jedem
einzelnen Produkt reUliy weniger Anteil hat, durch die Jfave
defr Produktion aber, abeoliit genommen, doch noch einen
grölaereii Vorteil hat, ab bei geringerer Prodaktion. Hier
eoU alao- wenigstens die Entwickittng der aktuellen Difierea-
aierungy wie sie in der «Tiliiierten Arbeit liegt, su der Eni*
Wicklung ihrer Aufspeicherung im Kapital ein dauerndes Ver-
hältnis aufweisen, aas nicht von der Zufidligkeit histonscher
Umstände, sondern von der logisch sachlichen Beziehung
dieser Faktoren selbst bestimmt wird. Andererseits versuchen
socialis tische Utopieen ein derartiges Verhältnis wenigstens
fUr die Zukunft zu konstruieren uud gehen ron der naiven
ES
in
dae durohwer Terwendbar wite und — wenn wir dae loeiar
liatieobe Ideal einmal nacb der Seite unsrer jetngen Betrach-
tung hin deuten können — das ein Maximum Ton socialer
Krafterspamia darstellte. Ich denke hier etwa an die Vor-
schläge Louis Blancs, der die Kräftevergeudun^^^ durch das
Arbeiten der Individuen gegeneinander dadurch vermeiden
will, dafs die in den Kapitalgewinn einmündende und in ihm
latent werdende Arbeit nicht individuahötisch verwandt, son-
dern zu einem Drittel völlig gleich aufgeteilt, zu zwei Dntteln
aber sur Verbesserung und Vermehrung der Arbeitsmittel etc.
beatimmt werden soll.
Ich glaube, dafs alle Venuobe, das Verhältnis cwiacbeB
Kapital und Arbeit tbeoretiaeb oder praktisch tu fixierei^
das Schicksal erleiden werden, das den Operationen mit den
„Seelenvermögen " in der älteren Psycbolopie zu Teil wurde.
Auch hier wollte man von bestimmten Verhältnissen zwischen
Verstand und Vernunft, zwiöchen Willen und Gefühl , zwi-
schen Gedächtnis und Einbildmw&kraft si^rechen, bis man
eimi&ii, dafs dies nur ganz rohe spracnliche Zusammen-
fassungen sehr komplisierter Soelenvorgänge sind, und dafs
man lu einem Veratftndnia denelben nur kommt, indem man,
Ton jenen Hvpostaaierungen absehend, auf die dnfiiehaten
psychischen Frosesse surttckgeht und die Regeln ermittelt,
nach denen die einselneii Vorstellungen eich wechselwirkena
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X 1.
147
zu jenen höheren Ciebilden zusaromenschliefsen . die den un-
mittelbaren Inhalt des Bewufstseins bilden. So wird man
wohl auch das Verständnis fQr so allgemeine und kompÜ-
ziertP ricbildo, wie Kapital und Arbeit nn<\ für ihr gegen-
seitiges Verhältnis nicht in immittelbar^im Anoinanderlialten
und durch die scheinbar uomiitelbare Bestimmtheit dea einon
durch das andere gewinnen, sondern durch das Zurückgelicn
auf die ursprünglichen Oiffereiizierungsprozes&e , von denen
Jenes beides nur ^mrschndeiie Kombinatioiian oder Entwick-
Imigsittdlen sind
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Verlag von DUNUivHR & HUMBLOT in Leipzig
Die Probleme
Geschiehtspliilosophie.
Eine erkenutnistheoretische Stndie
von
Geoi*!^ Siininel.
Zweite, völlig veränderte Auflage.
1905. Vreh 3 M.
Philosophie des Geldes.
Von
G(Mn*g SiiniiK'1.
V.m. VroU 13 M.
Kant.
Sechzehn Vorlesung^en
^elialttMi an der Berliner UiüversitHt
von
Geor^ SiiniiiH.
Zweiter, unveränderter Abdrock.
1905. Preis 3 M , gebunden 3 M. 80 Vi.
Picrorseb« Uofbuohdruckcrai Stephan Q«ib«l 4 Oo. in Alteubarft.
Stiiats- und socialwissenscliaftliclie Forsctiungeo.
üenuugegeben von
Gustav Schmoller.
Band X. Heft 2.
Die allgemeinen
philosophischen Grundlagen
I der von
Fnnirois ({iiesnay iinil Ad Jim Sniitli
boG:r findeten politischen Ökonomie.
I
Von
Dr. Wilhelm Hasbach,
•o. Proffssor nn «1er Univeiwitftt KöniKH*»erK.
Leipzig,
Verlag; von DunckerÄ Humblot
Staats- und sociaLwisseuschaftliche
Forschungen
herausgegeben
vou
Gustav bcbmoller.
Zehnter Band. Zweites Heft
(D«r gansen lietbe dreiaudvienigates Hell.)
W. Kasbach: Die allgemeinen philosophischen Ornndlagen der von Francis
Quesnay und Adam Smith begründeten politischen Ökonomie.
Leipzig,
Verlag von Dunckor & ünoiblot.
1890.
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Die allgemeiueu
philosophischen Grundlagen
der von
Frantois (laesiiay nd Aiui Smith
begründeten politischen Ökonomie.
Von
Dr. Wilhelm Kasbach,
ao. PnrfitMor «a d«r UnWenitAt KOnigäb^tf .
Verlag vou Dnncker & Humblot.
1890.
Digitized
Motto:
„Glaube Niemand, als deiner eigenen Vernunft, sagtest da wdter.
£b eiebt nichts Heiligeres als die Wahrheit Was die Vernunft erkennt,
ist die Wahrheit . . . Die Op^^ptzc der Natur sind die Chiffiren, welche
das denkende Wesen zusamuifiiBetzt, um sich dem denkenden Wesen
Terständlich zu maehen — das Alphabet, vermittelst dessen alle Geister
mit dem vollkommensten (ioht und sich seihet iintprhnnripln. Harmonie,
Wahrheit, Ordnung, Schönheit, Vortrefflichkeit eebeu mir Fraide, wdl
de nücli in den thätigen Znstuid ihiee Erfinders, unres Besitsers renetieD.
Eine neue Erfahrung in diesem Reiche der Wahrlieit, die Gravitation, der
entdeckte Umlauf des Blutes, das Natursystem (ie§ Unnaus heifeen mir
ursprünglich eben daa, was eine Antike, in lierkulauuixi hcrvore^nraben —
beides nur Wid«nehdn eines Geistes, neue BekaantKhaft mtt emem mir
ähnlichen \V< sen . . .
Es giebt Augenblicke, wo wii au^elegt sind, jede Blume und jedes
entlegene Gestirn, jeden Wann and jeden geahnten Mheren Geiil an den
Busen zu drCIcken — ein Umannni Icr ganaten Natur ^rieich onserer
Geliebten . . . We Philosophie miscrf r Z(«it — ich furchte es — wider-
spricht dieser Lehre ... Im Rnechtägeluiil ihrer eigenen Entwürdigung
haben sie sich mit dem geflLhrlichsten Feinde des Wohlwollens, dem
Eigennutz abgefunden, ein Phänomen 7ä\ erklären, das ihrem begrenzten
Herzen zu göttlich war. Aus einem dürftigen JE^oismus haben sie ihre
trostlose Lenre gesponnen and ihre eigene öeschniikanf zum Matelabe
des Schöpfers ^'-rrnnrht — entartete Suayen, die anter dem Klang Huer
Ketten die Freiheit verschreien.^
Schiller» Phflosopluselie Briefe.
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Vorwort.
Die er.ste Anregung zu dieser »Scliritt erhielt ich von Adolf
Held. Als icli ihm im Sommer 1880 mitteilte, dafs ich damit
beschäftigt sei, ähnlich wie die Natun-echtslehrer des 17. und
18. Jahrhunderts die Gerechtigkeit eines Systems von socialen
und politischen Forderangen an den Staat sni erweisen, In-
dem ich sie aus Principien herleite, welche in diesem Falle
im Neukantianismus Langem, im Pessimismus Schopenhauers
und in den darwinistischen Theorien enthalten seien und so
ein modernes, m-itenalistispli - pessimistisch'^^ Naturrecht zu
be^linden, erklärte er mir freimütig', dals er mein Unternehmen
fUr nicht wertvoll halten könne. Dagegen hob er hervor,
wie wünschenswert eine Untersuchung der philosophischen
Grundlagen der klassischen Nationalökonomie sei. Zum
Schlüsse forderte er mich aaf| diese Arbeit zu übernehmen.
Infolge eines längeren Aufenthalts in England traten
sowohl die von Held angeregte Untersuchung wie das ^
plante Natnrrecht vor neuen Zielen zurück. Die Notwendig-
keit, so viele von den deutschen verschiedene Faktoren des
socialen unrl politisclien Geschehens beim Studium der eng-
lischen Verhältnisse in Betracht zu ziehen, Helsen mich die
Grundsätze der historischen Schule erleben: meine erste
Arbeit konnte nur die möglichst allseitige Erörterung einer
aktu^en Frage sein«
Den Wunsch und den Rat Adolf Heids lernte ich erst
ganz Terstf lu n, als ich selbst Vorlesungen zu halten hatte und
mich über die philosophischen Grundlagen der klassischen
Nationalökonomie grilnalicher zu unterrichten wünschte. Ich
entschlors mich, dif Untfrsuchnn;]!; y.u nbpmohmen, da sie, wie
die Verhältnisse li(.-gen, stets von einem Manne geführt werden
mufs, welcher die Nationalökonomie oder die Philosophie ,,por
il suo diletto" treibt. Im Bewufstsein meines Dilettantismus
habe ich in der yorliegenden Schrift den Philosophen so oft
wie nur mSgiich das Wort gegeben, nicht selten auch dort^
wo ich mich der eigenen Rede hätte bedienen können. '
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VI
Zunächst suchte ich der Arbeit einen weiteren Inhalt zu
verleihen und sie zu einer r»oscluchto des modernen Indivi-
dualismus auszudehnen. Aber ich sah bald ein , dafs sie auf
Grund dw vorhandenen Vi)rarbeiten nicht s"oschrieben werden
kann. Aber auch trotz der Beschränkung auf einen Aus-
schnitt dieser Bewegung wurde ich in eine jahrelange Arbeit
hineingezogen, welche mich gegen meinen Willen von anderen
litterarischen Verpflichtungen abhielt, obwohl ich ihr fast alle
meine freie Zeit widmete. Dies lag nicht zum mindesten
daran^ dafs ein Teil der Vorarbeiten geradesu irreführend ist
und daher viel Zeitverlust verursacht.
Icli sah mich gezwuugou, die ?>p:ebnisse meiner Studien
in drei Teilen gesondert erscheinen zu hissen. Die erste
wurde als Aufsatz unter dem Titel „Larochefoucault und
Mandeville'' in Sk^hmollm Jahrbuch 1890 veröffentlicht; der
sweite ist der vorliegende; der dritte unter dem Titel „Un*
tersuchungen über Adam Smith und die Entwicklung der
politischen Ökonomie" wird hofientlich bald nachfolgen. Um
aas (rleichf^ewicht herzusteilen , mlUsten sich Untersuchungen
über die Phvsiokraten anreihen, aber «ic sind, wie ich glaube,
in besseren Händen als den meinen. Doch halte ich meine
Arbeit nicht für beendet. Die Erörterung des S. 30 gestreiften
Problems, die Darstellung des naturrechtlichen Socialismus
des 18. Jahrhunderts, welche vielleicht die Stellung von
Quesnay und Smith noch heller heleuchten wird, und eine
kurze Geschichte der Entwicklung der wissenschaftlichen
Politik, welche die Grundbegriffe stiirker hervortreten läfst
und die Bezieh luigen zum Naturreeht genauer vertolgL, sollen
die drei T« il( ergänzen. Doch da ich zunächst weit ablie-
gende Verpllichtungen zu erfüllen habe, so wird es mich
freuen, wenn diese Aufgaben von Anderen tibemommen
werden.
Die vorliegende Untersuchung heschrfinkt sich auf Smith,
Quesnay und dessen Schüler. Da nun aber Ricardo und
Malthus, was die philosophischen Fundamente betrifft, ganz auf
Smith fuf'-en, Steuart und Hume in der klassischen National-
<ikononue mir so weit zur (ieltung gekommen sind, als sie
von Smith absorbiert wurden, auch die Selbständigkeit Turgots,
so viel mir bekannt, sich nicht in den allgemeinen philoso-
Shischen Grundlagen der Nationaldkonomie zeigt, so hätte ich
ieeer Schrift einen allgemeineren Titel geben können.
Das NaturrtK'ht ist ausführlicher zur Darstellung ge-
kommen, als der Leser vielleicht für nütig erachtet. Aber
da frühere Arbeiten das naturrechtliche l^iement der englisch-
franziisischen Nationalökonomie auf di«' französisehen Juristen
des IG. Jalu'hunderts zurückführten oder als Weiterbildungen
des mittelalterlichen Naturrechtes betrachteten, so wurde es
fUr mich unumgänglich notwendig, erstens die Stellung
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VII
Pul'endorfs und LockeK so klar wie nur möglich hervorzu-
heben, zweitens aber auch das Lockesche Natiin*echt richtig
zu charakterisieren, da nur so der Fanatismus der Phjsio-
kraten, der Zorn Smiths richtig verstanden werden kann.
Aus diesem Grunde mnfste ich bis zu den Anfängen des
Katurrechtes zurückgehen. Aufserdem bietet das dntte
Kapitel Erörterungen, welche ich sonst an anderer Stelle in
keinem so günstigen Zusammenhanp:«* hätte geben müssen.
Wer dies bedenkt, wird die Darjätellunf; knapp finden.
Auch in der Übersicht über die Entwicklung der Ethik
habe Ich mich auf dasjenige beschränkt, was unumgänglich
nötig war, um der Eigentümlichkeit, der Stellung und der
Bedeutung Shaftesburys , Mandevilles, Bayles gerecht zu
werden und Smith und Quesnaj in das richtige Licht zu
rik'ken, dabei des Wortes von Hobbes gedenkend: A great
book is a great evil.
Schliefslich bitte ich um die Nachsicht, welche mau dem
Laien schuldet, der allein auf Bücher angewiesen ist.
Der Verfasser.
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Inhaltsverzeichnis.
S*iU
Bntes Kapitel. Die LehreD der Stoiker ud Epikueer von Natir-
r*'<rhte . 8
Zweites Kapitel. Das Naturrecht in Rom and im ^litteialter . . 12
Drilles Kapitel. Die Aasbildnni; des Natarreebtes als selbständige
WimeBsehaft 19
I. V' rbemerkung 23
IL Die theoretischen Faktofen des Natuneehts 24
1. Der Humanismus . 25
2. Die Befoimalio« 27
8. Die Politik 32
III. Die Hogrüi^dung des Naturrechta als aelbstäudige WiaeeuBehaft 32
1. Hugo Grotius 33
2. Gassendi 36
8. Hobbes 38
4. Pufendorf 43
Viertes Kapitel. Locke und Keine Schiller 48
Erster Absehnitt Locke 48
Zweiter Abschnitt. Loekes Sohüler 56
1. Hutch<^n 56
2. Quesnav und seine Schüler 57
8. Adam Smith 70
FiBftes KapiteL Die ■adenie Etbik nd der Deimis 91
Erster Abschnitt. Die moderne Ethik 91
L Die vorbereiteude Teriode 91
IL Die Periode der Aulclinuiig. Der Neu-Epiknreismus ... 93
m. Die Periode der Selbständ^dt 98
lY. Die metaphysische Ethik 100
V. Die GefÜblsethik 103
VL Die Etbik und die BedtifniBBe der ZeH 108
Vil. Die politische Ökonomie und die Ethik US
Zweiter Abschnitt. Der Deismus 122
Sechstes Kapitel. Der innere Znsanuaenhanfi; dieser Disdplinen mit
dar Pbiieaepbie «nd Katarvrinenselian des 17. JaofhaBderts
ud die Rtii'kwirknn^ dieser anf jene 126
I. Gemeinsame Ciuirakt r/Hire des Naturrechts, der NatniailtUch-
keit und der Natunehgion 126
II. Zusammenhalt dieser Wissenscliaften mit der Philosophie und
den Naturwissenschaften des 17. Jahrhunderts 182
IIL Die Kinwirkan<( der Naturphilosophie auf die Methode des
Naturrechts und der Nationalökonomie 136
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X Inbaltsverzeichius.
IV. Die mpchfinische Psychologie und die Statistik 140
V. Der Kiuäuss der Naturphilosophie auf den Deismus und die
GeBellaeliaftiwiasenschaften 142
VI. Das Natuigeeets und die nfttlliiiehe Ordnung der Volkswirt-
schaft 147
1. Qaesnav 147
2. Smith 152
8. Vergleichunpr Qnesnav's mv\ Smith's 15Ö
4. Die wirtschaftliche Harmonie der Länder 158
VIL BfiekUiek 100
Sfebeates Kapitel. Die politische Ökonomie des 18. Jabrliiinderts
■id der Rieksehlag gtgtm die herradieBdei Ideen der 2eit 166
-4
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Tl/'^nn man ea versucht, aus (\om Gewebe der ethischen und
' » politischen Ideen der neucieü Zeit die cinzelin n Fäden zu
löüeu und bis zu. ihrem Anlange zu verfolgen, so sieht man er-
Btannt, dafs gerade diejenigen VorsteUangeii und ßegjAfk, welche
am gewaltiicrten auf die Mutwicklung der modernen Menadiheit
eingewirkt haben, dem Altertum entstammen. Es sind einige
Ghnmdgedanken des Htoicismus und Epikureismu», zweier Systeme,
welche nicht der klassischen Zeit (i( s fJriechentunis angehören,
sondern sein Greisenalter und in der Folge auch dasjenige Koma
begleiten. »Sie spiegeln eine Zeit philosophisch wieder, wo das
nationale, den Kinzelwillen belierrscii« nde Staatsleben entkräftet
war, wo grolse Eroberer die Volker des Ostens und Westens
in ungeheuren Reichen vereinigten, wo das Interesse am Gemein-
wesen abgenommen hatte, wo die Volksreligion auf die Gebil-
deten keinen Einflufs mehr besafii und nun das Individuum um
so ungebundener in den Vordeigrund dor Betrachtung und des
Ltb<ns trat'. Je nachdem seine Sehnsucht nach einem ruhigen
Dasein, fern von der Welt, in liciterer Gesellschaft njit gleich-
gestimmten Freunden stand oder, alle Sehranken von Geschlecht,
Stand, Kasse und Volk überspringend, auf die erdumspannende
Gemeinschaft aller ALciibchenbrüder in einem stiiatenlosen Zu-
stande gerichtet war, boten sich ihm der J^'kureismus oder der
Stmcismus als Führer in das Land sdner Wttnsche an.
Wie sehr diese Systeme voneinander unterschieden sind,
wie sehr sich ihre Anhänger leidenschaftlich bekämpft haben,
die Lehrgebäude sind nicht nur auf denjselben Boden staatlicher
und gesellschaftHcher Zustünde emporgewachsen, sie zeigen auch
noch andere gemeinsame Grund zöge als den ethischen und poli-
tischen Individualismus: beide tragen einen empiristischen und
' Siehe die geiKtvolh i) Erörterungen von Zeller, Die Pbiloeophie
der Griechen III, 1 p. 12 tl. 3. A. im
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2 X 2.
Bensualistischen Charakter. iSo ist flas sinkende Altertum im-
stande, der aufstrebenden neuem Zeit diircli beide |)li][ >0|»lii.sohe
iSysteme seinen Individualismus, Empiriümuä, öenäuuiiämuö zu
übermitteln.
Doch kommt ob uns yomehmlich auf die Erkenntnis der
Verschiedenheit ihrer Lehren von Recht und Staat an. Diese
sollen daher Im folgenden dargestellt werden.
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Erstes Kapitel.
Die Lehren der Stoiker und Epikureer vom Naturrecht
In der Philosophie des griechischen Altertunis ist es last von
Anfang an ein Gegenstand der Erörteruno: gewesen, ob das Recht
in der Natur begründet sei oder durcli Menschensatzung ent-
stehe. Heben wir es hervor: griechische Denker haben den Be-
griff des Naturrecbtes suerst ausgeprägt.
Seitdem Heraklit in volltönenden Worten verkündete, dafs
alle menschliclien Gesetze von dem einen göttlichen gespeist
würden und Archelaos dem dunklen Epheser entgegenhielt, das
Oerecht«' beruhe ov (pi'aei c'c/./.a rouor. wo^^tc der Kampf der
Gerster immer weiter, bis er die Halle Zenos und den Garten
Epikurs erfUllte. Aber auch hier löste uiuu das Problem nicht
endgültig. Vielleicht wurden die alten Doctrinen nicht einmal
mit der Umsicht und Gründlichkeit des Aristoteles, mit der gdst-
▼oUen Keckheit und Feinheit der Sophisten vorgetragen; aber
sie erschienen abgeklärter und im engeren Zussmmenhange mit
der gesamten WeltAnscIiaunng.
Allein wnnn dies auch nicht der I'all ^.v;ire, würden sie schon
deshalb unsere besondere Autmerksamkeit verdienen . weil das
moderne Naturrecht in einem hohen, bisher gar nuht gewür-
digten Grade von der PliUosophie der Stoiker und Epikureer be-
fruchtet woiden ist
Die Achse der stoischen Ethik ist die feurige X'emunft,
Weltvernunft, Weltseele, welclie den gesamten Stoff durchdringt
Je nachdem die stoffliche oder geistige Seite dieses BenrnllVs hf r-
vorgehoben wird , trägt die feurige Vernunft die Bezeichnung
Feuer, Haucli (Pneuma; oder allgemeines Gesetz. Natur. Vor-
»ehting. Doch erweii«t sich der Gegensatz von Gottheit und
Materie als „kein ursprünglicher und letzter: nach stoischer Lehre
haben sich alle besonderen Stoffe erst im Laufe der Zeit aus
1*
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4
dem Urfcuer oder der Gottheit entwickelt, und sie werden sich
am Ende jeder Weltperiode wieder in dasselbe auflOsen^^ Die
Gottheit ist „ebenso als der Urstoff wie als die Urkraft zu be-
zeichn(;n . . . « das Urfeuer, welches Gott und die Materie als
seine Elcmonte in sich trflgt .... die allgemeine Substanz . . . ,
welclie clalirr, in ihrer reinen Gestalt oder als ( Jott betrachtet^
bald alles, bald nur einen Tiü des Wirklichen urafasst''
Diese Grund^^ediinken cntlialtt n erstens die Lehre von einer
strengen ( Iesetzni;ilsigk( it in». Welt^icanzen. „Die imbedingte Ab-
hilngigkeit aller Din^e von ilem allgemeinen Gesetz und dem
Lattf des Weltganzen , das ist tlberhaupt der leitende Gesichts-
Sunkt flir die stoische Weltansicht** Ans ihnen folgt swettens^
afs Naturgesetz und Sittengesetz ihrem Ursprung und Wesen
nach identisch sind. „Dieser vofiog ist Gesetz alles Seienden....
und Oesetz ebensowohl des (fiaiKov und Xoyt '/.ov, wie des iJh /. W . . .
So wohnt das ethische Gesetz der Natur inne als einige und
absolute Nonn, welche, erhaben über Kaum und Zeit, unabhiicgig
von menschlicher Satzung, gleichmäfsig allen Menschen die Regel
des Guten und Bösen ist" Sic umschlieiseu drittens den Satz,
der hierin schon ausgesprochen ist, aber noch einer besonderen
Betonung bedarf, dafs das Gesetz objektiv auch aulserhalb des
Menschen existiert. „Sofern nun das Gute in der allgemeinen
Weltordnung begi'lindet ist, welcher der einzelne sich zu unter>
werfen hat, tritt es dem Menschen als CJcsctz gegenüber."
Diov.-r Gesichtspunkt ist „von den Stoikern mit besonderer Vor-
liebe veriblgt worden'**.
Da nun der Mcn.^cli Teil und Glied des vernünftigen l^ni-
versuiuj?. seine Seele ein Ausflufs der VVeltbcele ist, so iritt jenes
Gesetz zugleich als Gesetz seiner eigenen Natur auf, und er ver-
mag es zu erkennen. „Indern dieses göttliche Gesetz von Men-
schen erkannt und anerkannt wird, entsteht das menschliche ' \
Verweilen wir bei diesem Punkte noch einen Augenblick.
, .Der allo^emeine (i rund trieb aller Wesen ist der Selbsterhaltungs-
trieb und die Selbstliebe. Hieraus fol^^t unmittelbar, dafs jedes
Wesen nach dem strebt, und dafs t\lr jedes dasjenige einen Wert
hat, was seiner Natur gemäfs ist . . . Naturgemäfs kann aber für
den einzelnen immer nur das sein, was mit dem Gang und Ge-
setz des Weltganzen oder mit der allgemeinen Wätvemunft
ttbereinstinmit, und ftlr das bewulste und vernünftige Wesen nur
dasjenige, was aus der Erkenntnis dieses allgemeinen Gesetzes
und vernünftiger Einsicht hervoigeht .... Die Vemünfti^ikeit
des Lebens, die Übereinstimmung mit der allgemeinen Weltord-
( Zell er a. a. 0. p. 14ü.
* Zell er a. a. O. p. 157.
^ M. \' oigt. Die i^hrc v^ooi Jus natatale, aeqnuin et bonum nnd
jua gentium der Kömer. ISof). I, p. 135.
* Zeller a, a. O. p. 222.
^ Zeller a a. O.
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5
nung, ist mit einem Worte die Tugend"'. Daher entspricht das
Gute einem natürlichen Triebe des Menschen . und er mufs nch
sittlich verpflichtet ftlhlen, wenn er sieh verniuittig fühlt
Nioinals im g;uizen Altertum sind das vernünftigt' Denken
und Wollen, die Herrichalt der xsatur und des Gesetzeö, die
wesentliche Harmonie von Natur und Vernunft so hoch empor-
? gehoben, mit solchem Nachdruck behauptet worden, wie von den
»toikern. Erst im 18. Jahrhundert begegnen wir einer dhnlichen
Verherrlichung von Katur und Vernunft. Sehen wir nun, welche
politischen Ideak^ diese Leimen erzeugten.
Da nur das vernünftige Denk^-n und Wollen enieii unbe-
dingten Wert hat, so ist damit die Anerkeunun^- einer unlös-
lichen Gemeinschaft aller \ eruunitwesen gegeben. Ja, die Stoiker
nehmen einen Trieb nach Gemeinsclian zwischen den ein-
sebien Vernunftwesen an. Alle Menschen „stehen unter der Ver*
nunft; sie alle haben mithin ein Recht und Gesetz, und sie
wirken, sofern sie diesem Gesetae folgen» immer Air das Ganze:
man kann nicht für sich leben , ohne fllr andere zu leben ....
80 sind sie für einander da; ihre (iemeinschaft ist daher
das unmittelbarste Gebot der Natur.**^ Die Stoiker
leiten also die Geineinschaft aus dem Naturgesetze her, nicht das
Naturgesetz aus der Gemeinschaft. Dies ist zur Charakterisierung
der stoischen oiiiBiiooi^ wichtig. Eis wird nun verständlich, dass
Mark Aurel so weit geht, den Trieb nach Gemeinschaft als den
Gnmdtrieb des Menschen anzusehen.
üieraus folgte nun weiter : Wenn die menschliche Gemein«
Schaft... . nur auf der (Jleichheit der Vernunft in den
einzelnen beruht, so haben wir keinen Grund, diese Gemein-
schaft auf ein Volk zu be>chriinken, od« r uns dem einen ver-
wandter zu fühlen als dem anderen; alle Menschen stehen sich,
abgesehen von dem, was sie selbst aus sich gemaclit haben,
gleich nahe, da alle gleichmäfsig an der Vernunft teil haben,
alle sind Glieder eines Leibes; denn dieselbe Natur hat sie aus
einerlei Stoff für die gleiche P>estimmung gebildet, oder, wie dies
Epik tet religiös ausdrückt, alle sind IkUder: denn alle hvUm in
gleicher \\ » ise zum Vater"*. Zum erstenmale tritt der Kos-
mopolit i a ni us mit gröfster Entschiedenheit ini Gewände einer
philosophischen Doktrin auh Patriam meam esse munduni sciam
et praesides Deos : das ist nach den Worten Epiktets diese Welt-
anschauung in kiiaj pster Form. Wie das Menschliche in diesem
Systeme leicht in das Natürliche hinUberzittert^ so sehen die Stoiker
nach Plutarch in dem Wellganzen ebenMs einen Staat. Der Be-
hauptung: lov y.nüti('r elrai /roA/r xai 7ro/ATag tovg aotigas
fehlt es nicht an dichterischer EIrbabenheit.
1 Zeller, p. 206 fg.
^ Zeller, p. 222, 228.
» Zeller, p. 2-C.
* Zell er, p. 299.
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X 2.
Mark Aurel wird Diclit müde, den KoemopolitbmuB zu pre*
digen: „Meine Natur aber ht eine vernünftige und fiir das Ge-
meinwesen bestimmte; meine Stadt und mein Vaterland, insofern
ich Antonin heilse, Rom. insofern ich ein Mensch bin, die
Welt." (VI, 44.) „Haben wir das Denkvermögen miteinandf r
gemein, so i.st uns aueli die Vernunft gemein .... ist di^-^.
Bürger und nehmen an einem gemeinschaftlichen Staate teil: ist
dies» so ist die Welt gleichaam än Staat*" (IV, 4), „Eb lie^t
ja nichta daran, ob einer hier oder dort, wenn er nur ttberali m
ik'v Welt wie in seiner Vaterstadt lebt" (X, 15). Zu jenem
W^eltstaate, meint er, verhalten „sich die übrigen Staaten nur
wie die einzelnen nuusrr zur ganzen Ortscliaft" (III, 11)
Dafs dieser Weltstaat der Stoiker mit dem politischen Gebilde,
welches die Anarchisten einzuftihren hoffen, mehr Ahalichkeit
hat, als mit irgend einem anderen Gemeinwesen, geht noch deut-
licher aus folgenden Worten Zellers hervor: „Aber das eigent-
lidie Ideal der Stoiker war kone der hestdienden Slaatsfonnen^
sondern jener Staat der Weisen... ein Staat ohne Ehe,
ohne Gymnasien, ohneMttnze, einStaat, dem keine
anderen Staaten gegenüberstehen, weil alle Gren-
zen der Völker in einer allgemeinen Verbrtlderung
aller Men seilen sich aufheben"-.
Das Eintreten der Stoiker ftir Gleichheit, Freiheit, Brüder-
lichkeit, Weltbürgertum, Herrschaft der Vernunft, vertrug sich
wenig mit dem Interesse am Wirken in den bestehenden Staaten.
„Wer sich als Bürger der Welt ftthle, für den sei jeder einaelne
Staat ein viel zu Kleiner Wirkungskreis", meinen Seneka und
Epiktet**. Noch charakteristischer ist folgender Ausspruch Epik-
tets: „Du fnigst, ob der Weise sich mit dem Staate bescnäf-
tigen werde ? Aber welcher Staat witre gröfser, als der, mit dem
er sich beschäftigt? Er, der sicli nicMit an die Bürger einer
Stadt wendet, um tiber Staatseinkunlte und dergleichen, sondern
an alle Menschen, um über Glückseligkeit und Ünseligkeit, Frei-
heit und Knechtschaft zu ihnen zu sprechen Chrysipp, der
wissenschaddiehe Bildner des Systems Zenos, ist der Ansicht,
daCs der Weise nur Anteil an dem Leben solcher Staaten nehmen
dürfe, in welchen ein Fortschritt zur Vollkommenheit wahrzunehmen
wäre " Endlich ist nicht zu vergessen, dafs die Gleichgültigkeit
der Stoiker g^en die äulseren Zustände ihren reformatorischen
* Mark Aurels SelbstgespriUsbef Ubersetzt von C. von Cles»
(Deotfiche Volksbibliothek der griechischen und römischen Klaasiker^
Zell er a. a. O., p. 294.
* Zeller. p. 2'JG.
* Zeller a. a. O.
> Zeiler, p. 295.
gemein; ist diis, so sind wir alle
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X 2.
7
Eifer dämplen mulste. Man sielit dies an ihrer StelluDgoalune
zur Sklaverei. Ein Dichter könnte a&een: ihre Ideen &nden
handebde Geisler saerst zur Zeit der französischen Revolntion.
Die Schale verstand es, ihre Lehre von dem vernünftigen
Naturgesetze mit der Volkssage vom goldenen Zcitilter zu ver-
knüpfen, die sich bei allen älteren Völkern findet ^ Wälirend
jener glücklichen Urzeit des Menschengeschlechtes herrschte nach
stoischer Lehre d;i8 Naturgesetz ausschlielslich ; die, Verderbnis,
die spattT hereinbrach, hatte das positive Gesetz im (letolge.
„Immer aber muis neben diesen menschHchen Gesetzen jenem
göttlichen Recht^esetze eine absolute Gültigkeit und Herrschaft
beigemessen werden, so daft die ersteren nur insoweit, als sie
mit dem letzteren übereinstimmen , bindende Kraft besitzen und
ihre Gültigkeit überhaupt nur auf ihre Harmonie mit dem gött-
lichen ( 1 esetze sich stützt. Insoweit daher das Natur-
recht und das positive Keeht sich widerstreiten, muis
letzteres aller ver hi n d 1 i ( h en Kraft ermangeln . . .
Demgemäfs lebt und handelt der aoaot; der Theorie nach un-
abhängig vom pontiveD Gesetae als wanihaffc Freier und lediglidi
nach seinen eigenen GhTundsätzen*^
Die griechische Philosophie findet bekanntlich gegen ESnde
der Republik allgemeinen Eingang in Rom. Mit Zusätzen aus
anderen Systemen verbunden werden die stoischen Anschauungen
von Recht und Staat von Cicero reproduziert; durch die römi-
schen Juristen gewinnen sie pjnfluls auf das römische Recht
Cicero und die römischen Juristen übermitteln sie zuerst der
spätem Zeit
Doch ehe wir diesen Vor<^an<i: ins Auge fassen, mufs der
ganz verschiedenen Lehren der Epikureer gedacht werden. Der
Epikureismus ist bekanntlicli das umfassendste System des meta-
physischen und ethischen ^laterialismus , welches das Altertum
hervorgebracht hat. Durch die Wiedererweckung dieses Lehr-
gebäudes ist die moderne Welt in alle Tiefen der naturahstischen
Weltanschauung gefUhrt worden. Dasselbe System, welches das
Üniversnm aua dem Falle unbeseelter Atome entstehen liefe, er-
klfirte die Gesellschaft aus dem Zusammentreten selbstsüchtiger,
von dem Gebote keines inneren oder äufseren Gesetzes oe-
henrschter Individuen; Moral und Recht leitete es aus den Nüta-
' Zöckler: Die Lehre vom Urstande des Menschen. Gütersloh
lb79. In dem dritten für Nicht- Theologen besonders bemerkenswerten
Kapftel „Die Traditionen des Heidenttinis" heifst es: „Ein goldenes Zeit-
alter mit darauf cefolprtorn allmiihlichem Herabsinken zur I HirfTigkeit und
Kümmerlicbkcit heutiger Zustände, eine Paradieseswonne mit langsam er-
bMcbendeiii Glanxe ist in der That OenunDbesitz der Tfsditioa aller
ilteren Völker." S. m.
* Voigt a. a. O., p. 142, 143. '
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8
X 2.
Ikhkcitaarwägungon der am Frieden und Leben be8org;(en Men-
schen ab. Für die Entwicklung der StaatswiBBenschaften aber
war CS bedeutungsvoller, dafs die Epikureer ein geregeltes Zu-
sammenleben eist durch einen Staatsvertrag zustande kommen
liefst n , welchen die Menschen aus Rücksicht auf ihren Nutzen,
vom Selb8terhaltunf::stii( In angeregt, miteinander abschlössen.
Vor (1(111 Staats vertragt' gab »\s Kein Hecht, lehrten die Epikureer
konsefjueat; denn es fehlten in ilacm .System die metaphysischen Vor-
aussetzungen : die Aniialiiue einer VVeltvemunft, die das Uni-
versum durchdringt, oder eines Schöpfers, welcher bestimmte Gebote
erUssen hat; im Naturzustande brachte der Stärkere seine flacht
rücksichtslos zur Geltung. Das Recht, d<-is ist eine zweite Kon-
sequenz ihrer Lehre, hat kein unabhängiges, selbstttndiges Dasein,
08 existiert nur soweit, als \'('rtr;ige abgeschlossen worden sind.
Für solche \Vesen. die sich uiclit dun h Vertr?igL> binden können,
Kiebt es weder Gerechtigkeit noch Ungerechtigkeit^ ebensowenig
ftr solche Völker, die keine Vertrüge miteinander haben ein-
gehen mögen. Das is'atur recht, sagt daher Epikiir konse- k
(£uent, ist ein Vertrag über das, was geschehen mufs, damit wirf
andere nicht verletzen noch von ihnen verletst werdend
In dieser Aussage über das Naturrecht dürfen wir wohl eine
Auseinandersetzung mit den Stoikern sehen. Epikur mufs von
seinem Standpunkte das Dasein eines vor und über allem posi-
tiven Recht*' bestehenden Naturrechtes leugnen; aber er si'lir ein,
dafs die Menschen der v rj^e^ellscli iftlirlH n Zeit ein lebhultes Be-
dürlnis eniptinden mulstcn, in geordnete Zustände überzugehen.
Der ( lesellschaftsvertrag ist die Brücke zwischen Ruhhcit und
Kultur und wird die Grundlage aller weiteren Fortschritte; denn
auf ihm baut sich das Gerüst der positiven Gesetae auf, die
natürlich n ich den Bedürfnissen und Nützlichkeitserwagungen
der verschiedenen Länder versi-hieden ausfallen müssen. SoU der
Begriff Naturrecht in diesem Svstein Aufnahme Huden, so kann
er nur die Redeiitung haV)Pn, „(lafs es fibrrall der Naturtrieb
d<*r Selbsteriialtung ist, wrk her zuin Ma (t>vei-tragi führt ... Er
(Epikur) nimmt daher, freilich in einem anderen Sinne als die
früheren, an, das Gerechte beruhe auf der Natur, und versteht
unter dem Naturgerechten die Anforderung, dafs
jener Sicherungsvertrag geschlossen werde''^
fiXttTtrtiv iUktlloLs fifjdt ßkdnitai^tti. Kitter uud Prellcr, bifttoria
philoflophiae groecue et ronuume ex fontiwn locia contexta. 4. A. p. 856.
j( h überset/.e an dieser St«;lle wio Guyau (Moiale d'Epicure) und ähnlich
wie HildenbrfiTifl „das Naturrecbt** , wa- mir dctii Sinne nacb und .
phiIobigii«(.h als das einzig' Hielitige crsclieiat, und bedauere mit 30 gewich-
ti^^cn Antoritäten wie Zeller und Voigt nicht übereinstimmen zu Können.
Zeller übersetzt .,Da? Kooht \n < in. r ei^'entliLhen Natur nach"* a a. O.
p. 455 und Voigt „Justum natura eät utilitatis pactum" a. a. 0. p. 131.
* Hilde&Drand, Oeeehichte und System der Rechts- und tMaats-
philosophie 1860^ I, p. 516.
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X 2.
9
Es ist unumgänglich notwendig, einen Punkt der epikurei-
schen Lehre mit aller Deutlichkeit hervortreten zu lassen, ob-
gleich CT in dem Vorhergehenden schon bezeichnet wurde. In
dem epikureisch« n Sy^leiu existiert der (le^ensatz von natUr-j
Üchem Recht und positivem liecht nicht. Aiicd Recht ir>t posi-
tives Recht Die Epikureer konnten daher auch nicht behaupten,
es wäre mOglich, den Wert des positiven Rechtes an dem Maß-
stäbe des Naturreclitcä zu messen, orl r positive Recht hfltte
keine verbindliche Kraft i wenn es dem Naturrecht widerstreite.
Dies ist, wie man sich erinnern wird, die stoische Lehre, die auf
ganz indcn n iiietM physischen Grundlagen beruht. So zt i^t sieh
auch hi« rin r schöne Zug der antiken Philosophie, au« dtu
für wahr gclialLcnen PrUmissen faden <;eradc die Konsequenzen zu
ziehen, in dn bedenkliches Schwanken gerieten dagegen die*
jenigen modernen Natunrecbtslehrer, wetehe epikureische und
stoische Gkdankenelemente verschmolzen : sie mulsten sich in in-
nere Widersprüche Uber die Fortdauer des Naturrechtes im Staate
verwickeln. Doch kehren wir zur epikureischen Lehre zurück.
Als eine weitere Konsequenz der ( «ruiulanscliauungen wird
der Gedanke einer inneren VerpHiehtung, die (lesetze zu beob-
achten, abgewiesen. .,Hccht und Gesetz ist somit nicht an und
für sich, sondern um seines Nutzens willen verbindlich, die Un-
gerechtigkeit nicht an und für sich, sondern wegen ihrer Kach-
teile zu verwerfen*^ ^ Der Weise befolgt das Gesetz , weil er
dessen Nützlichkeit einsieht, der Ungebildete aus Furcht vor den
Strafen, welche für ungesetzliches Handeln angedroht sind. Jeder
darf das Ciesetz übertreten, welches seine Interessen verletzt; aber
<r iiiufs befürchten, entdeckt und bestraft zu werden, was .seine
Gemütsrulie trübt — die docli nach Epikur das höehste Gut ist
Dal» die Epikureer von dem vorstaatUchen Zustande der
Menschen emc ganz andere Vorstellung hatten als die Stoiker,
verwandt mit d« rjenigcn, welche von den Sophisten vertreten und
viele Jahrhunderte s]>äter von Gassendi, Hobbes, Spinoza er-
neuert wurde, ist .>el)üii angedeutet worden. Ohne Verträge und
Ot. setze, meint Metrodor, würden die Menschen einander auf-
fresisen. Dieser Teil ihrer Lelire findet eine breite Darstellung
in dem Lc^hrgedii htf des TAieretius Garns: De rerum natura.
Hier wird am entJidiiedenäteu die N'olkssage und die Lehre
der Stoa angefochten. Es gab nie, so vem^men wir^ ein gol-
denes 2«eitalter, eine Kulturhohe, von der die Menschheit allmäh-
lich herabgesunken ist sondern Im Anfang war die Not, die Ar-
mut, die Unwissenheit und die Hohhr it. Die Geschichte des
Mensclien^esehlechtes ist nach Lucreliu.s die (Jeschichte einer all-
mählichen stufenweisen Entwickelung zur materiellen, sittlichen
und intellectuellen Kultui*. Stets mul's der Naturalismus im
^ifl^ Bitter nnd Frellcr a. ». O.
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X 2.
sc]]n< I<]en(1sten Gegensatz zu den Lehren der dirisüichen fieligion
die Ifie-e des Fortschrittes vertreten
Einzeln - bch weilten anfänglich die Menf^chen umlier ; sie be-
gatteten sich wie die Tiere, wenn das Bedürfnis erwachte und
sich Gelegenheit bot; noch fehlte ihDOn die Sprache^ welche erst
mit dem geselligen Leben entsteht Elin jeder lebte mir Air sich,
kümmerte sich nicht um das Wohl und Wehe der anderen;
Sitte lind Gesetz waren unbekannt. Erst als sie das Feuer
kennen j?elernt, HiUten gebaut und feste Geschlechtsverbindungen
geknüpft hatten, entstand das Bedürfnis nacli Frieden. Sie waren
nun ansässig geworden, sie lebten lamili iiwtit^e zusammen und
die zunächst Wohnenden schlössen lurmliclie Verträge mitein-
ander ab, einander nicht ra yerletzen, sowie die Frauen und
Kinder gemeinsam su verteidieen^.
Eb ist für unsere Zwecke belanglos, das Gedicht des Lucre-
tiuB noch weiter zu verfolgen. Dagegen müssen wir zum Schlüsse
die Lehren der Epikureer über das Ent^t* lie?» der (n-.sctze noch
einen Augenblick ins Auge Tassen. ^Ua nun derartige \ ertritge,"
heilst es in Zellers Darstellung, „nur durch die;eniu:en ins Leben
gerufen werden konnten, die es den andern an hinsieht zuvor-
thaten, diese aber dabei natürlich (wie jeder verständige Mensch)
ihren eigenen VorteQ im Auge hatten, so kann auch gesagt wer-
den . die (iesetze seien nur der Weisen willen gemacht, nicht
damit diese kein Unrecht thun, sondern damit sie kein Unrecht
leiden möchten'^
So ist also schon bei den Epikureern in aller Klarlieit <lie
Meinung ausgesprochen, die wir im 18. Jahrhundert so iiautig
vernehmen, dalia die Gesetze bewufst gemacht werden, und zwar
von den Weisen zu ihrem eigenen V orteil. Jener Ansicht ent-
' Siehe dir' Krörterunnfon Oiiyau's: „La uinralc d'Epicors". Ptlis
iiv. 111, chap. III. -Le progres dans I humanite.*'
* Gu^aa llust die Menscnen hordenweise beitiinschwdfen: ^Les
hommes. aioutc t-il (Lucr^jce), crraiciit njir troupeaux, comme les betes."
Ich habe dies ans d. r Darstellung des Lucreti«? nicht entnehmen können.
* Die epikmcisehiii I. ehren von der Entstehung; von Staat und Kultur
tinden einen ee IbBt Und i ;ien Vertreter in Polybius. Karl Hildenbrand,
Geschichte und System der Rei lits- und Stant.Hphilosdphie. Leipzig l'^HO,
], p. b^b. Selbst bei Aristoteles sind AnkUinge au diese .AuffassTing vor-
haoden. Wohl lehrte er and mufste es im Geiste seines Systemes lehren,
dafs der Staat frlllifr da >ei als das iTidividintni: aber auch er l&fst, nicht
tbatsäcklich , aber der Hetrachtung wegen, den Staat ans einfach«
Bten tmd kleinsten Teilen entstehen. Er kennt den Itepritf des Staat-
losen Naturzustandes. Der Mensch, welcher aufserhalb des Staates lebt,
ist ihm ein y.M;niri ohne Sippe, olme Ke< ht. olm. Herd**, er lebt auf eiprene
Faust und verin;ur den Zustand nicht zu ei tragen, wenn er nicht bct>:»er
oder sclilechter als em Mensch ist. Geschäften mit Anlagen zur Einsicht
und Tugend, kann er dioclbfu nur im Staute entfalten: los^^elöst von
Kecht luid L't^tz ist er das allerschliiumste lieschüpf. Der Staat, er-
klSit der Stagirit ausdrUcklieh, entstand des Lebens willen.
* Zell er a. a. 0., III, 1, p. 456.
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11
sjjricht die bekannte gerin^i:e Meinunfi'. w«»k-}ie die Kpikurcer von
einem Wirken im Staate hatteu. Der W eise wird nur dann nach
|x>htij>cliem Kindu<i8e streben, wenn seine Sicherheit es erfordert;
im Übrigen ttberlä&t er das Gemdoweaen deo ehrgeizigen Menschen.
Überblicken v\'ir die beiden philosophischen Systeme, deren
Lehren über Recht und Staat wir vorher betrachtet liahen, so
fallen tlie gröisten Verschiedenheiten ins Au<re Dort am Anfange
die ewiee Vernunft, hier das Siiiel der Atome; dort beim Be-
ipnne der Menschengeschichte die Gleichheit und Freiheit aller
Yemirnft Wesen im goldenen Zeitalter, hier die Gleichheit sittlicher
Ungebundenheit, in einer Periode voll Rohheit und Burbarei;
dort ein ewiges Naturgesetz, liier 6esetzlosigkeit| bitt aus dem
Triebe nach Selbaterbaltung der Gesellschafts vertrag hervorgeht;
dort lirnheTgirn^ zur republikanischen Verfassung, welche mit
der Freiheit und Gleiclilieit aller Vernunftwesen am meisten ver-
triiglicli scheint, hier \ nrHebe für die monarchische Staatsform,
welch«' dt-n Frieden am kräftigsten zu sichern die Ausisicht bietet^ ;
dort ein Herabsinken von uranfänglicher Höhe, hier ein allmäh-
liches fimporsteigen zn materieller and rittlicher Kultur; dort die
Lehre, dafs das Katarrecht vor dem positiven Gesetse gegolten
habe. Im Staate noch gelte und ikber alle St^iatsgesetze erhaben
sei , mit anderen Worten, dafs das, was die individuelle Ver-
nunft des Weisen flir wahr halte, eine höhere fieltung bean-
spruchen dürfe als all»' positiven Gesetze, hier die Leugnung alles
Isaturrechtes im stoischen Sinne und die Behauptung, dafs der
Mensch sich über jeiles Gesetz hinwegsetzen dürfe, weuu er es
in seinem individuellen Interease für nützlich halte.
Und doch ist noch genug des Gleichardgen vorhanden; denn
beide Systeme nehmen einen Xatur/ustand vor der GrUndung
des Staates an, in dem niemand durch eine positive gesetzliche
Macht in seiner Freiheit beschrilnkt werde und folglich auch alle
Menschen in dieser Beziehuntr im Zustande der Gleichheit
lebten; beide predigen den tthisehcn und politischen Indivi-
• du a Iis m US, der eine den Individualismus der Vernuuit, der ■
andere den des Interesses; beide stehen allen realen politischen |
Gebilden wenn nicht feindselig) so doch gleichgültig gegenüber;
das Individuum beherrscht das Interesse der Stoiker und der
£pikareer.
* Wie Uer strengen und kräftigen Sitteulchre des Stoicismus jene
tmbeagsame republikanische Oerinnong entsprach, die wir namentiicn in
Kom 80 oft mit stoischer Philosophie verknüpft finden, so war es nmse-
kehrt dem weichen and furchtaamen Geist des Epikureismus gemäfs, dtn
Schatz der monarchischen Verfassung aufzusuchen. Zell er, p. Abb.
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Zweites Kapitel.
Das Naturrecht in Rom und im Mittelalter.
Wir wollen nun die Überführung der stoiBcben Lehre von
Recht und Staat in die Schriften Cicrros und der römischen
JuriHten verfolgen, und zwar unter der Führung Voigtr>. welcher
»lir^'icn Gegenstand mit st innonsworter OelehrsainUeit behandelt.
Folgeudes ist nach ihm die Lthrc des röniisclien Philosophen:
„l)io lex naturac oder lex naturalis oder suniina. vcra lex . . .
oder c icleöli» lex ... ist das Gebot Gottes selbest, hervor«
gegangen aus desBeu ratio, und Gott selbet inwohnend und in
und mit Gott auch dem Weltall und der Natur. Daher ist diese
lex selbst eine summa oder rccta ratio, wie eine mens oder ratio
Dei, und eiiu ratio naturae. Sie ist von Gott den Menschen
gesetzt als Anforderung an dessen ratio: als \^>rschrift des zu
Thuenden und zu UnterhissciubTt Unabhängig von der Mei-
nung und individuellen Anschauung der Menschen, wie der Na-
tionen, ist sie coniiiiunia lex naturae: uruntänglichc und
ewige, gleichmäfsige und unabänderliche Vor-
schrift fttr alle Zeiten und Völker, ein Ausdruck
der absoluten Wahrheit, der höchsten Weisheit
Gottes Zur vollen Erkenntnis dieser lex gelangt der
Mensch dtirch eigene Thätigkeit: Die Vorstellung von den Ge
boten der lex ist in ihren ( irundanlagen Keim und in
kleinen Verhftltnissen dem Menschen eingeboren \ allein dir un-
getrübte Erkenntnis derselben .... ist lediglich die Frucht des
ernsten Strebens und Ringens nach höchster Wahrheit
Das durch die lex naturae gebotene Recht wird jus naturae
oder jus naturale — im Gegensatz des Quiritium jus genannt . . . ,
Den Menschen ist Begriif dieses Rechtes gleichmäfsig ein-
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13
geboren, indem solcher unmittelbar der ratio eingeplianzt
i8t..."^
Durch diese Lehren wird Cicero der Vermittler zwischen
der Ethik der Stoiker und den Doktrinen der christlichen Philo-
sophie'. Jene ethischen Begriffe treten immer wieder auf,
vermehrt um den Begriff de« unmittelbar ansgesproclienen gött-
lichen Gesetzes, bei raulns, Pelagius, Augustinus, Scotus Erigena,
AbUlard, am durchgehildctsten bei Thoraas von Aquino^. Dafs^v
(lOtt der menscMichen Natur ein sittliches (»esetz eingeschafff»n 1
hiibe, dal's tolglich das Naturgesetz in Wahrheit auch ein gött- 1
liehe« GesetB sei, dals neben diesem mittelbar cOtdichen Gesetze /
ein dnrch die OiQfenbaning dnekt yerktlndetes bestehe, dals ron |
diesen Arten von Gesetzen das bürgerliche» menschlicho untere
schieden werden müsse: das ist ein Kern von Gedanken, der
SH-}} fast überall aus den Lehren der mittelalterlichen Tlioologen
UTi*l Scliolaijtikei' herausschälen läl'st. Wie diese Männer die er-
•wähnten Sätze verwerteten, welche Schlüsse sie aus dem Neben-
einanderbestehen eines natürlichen göttliciien Gesetzes mit der
behaupteten Notwendigkdt des CbematUrlichen zogen: das dar-
anlegen ist ebensowenig unsere Angabe, wie der Konsequenzen
au gedenken, welche die von den Nomtnalisten Torgenommene
Basinmf; des Gesetze auf den Willen Gottes, nicht auf seine ewige
Vernunft nach sich ziehen mull^te. Es ist aber klar, dafs,
nachd<'ni später in der Doktrin die IK^zi elninjL>en
des natürlichen Gesetzes zu der göttlichen Ver-
nunft oder dem göttlichen Willen gelöst oder zer-
schnitten wurden, nichts übrig blieb, als die ur-
sprttngliche Ffthigkeit der menschlichen Natur,
Sittlichkeit und Recht aus sich selbst au erzeugen.
Doch werden jene Faden immer wieder angeknüpft. Da&
das der menschlichen Natur entstammende Gebot zugleich ein
göttliches sei, hat noeh Adam Smith vorgetragen
Im Vorhergeh( nilen haben wir mehr die dem Nauirrecht und
der Ethik gemeinsame Seite der ( 'ieeronianisehen Philosophie betont.
Aber auch auf dem speciell naturrechtlichen Gebiete wurde von
Cicero eine Durchdringung der Begriffe des rt^mischen Rechtes mit
dem griechischen Oäanken angestrebt; er ist hierdurch ein
Lehrer der römischen Juristen geworden, welchen es gelang,
jene Verschmelzung wirkungsvoller dnrchzuftlhren.
Bekanntlich hat sieh durch die Berührung der Römer mit
' Voigt a. a, 0. p. 185. 187. 192. Auch die IJezticlmuni^ „Ordo"
findet eich schon bei Cirero, wie Daire behauptet. jPh^siocrateä I, In-
tiodiiction B. XX.
s Jodl, Oeschichte der Etbik in der neuem Pbiloeopbie 1882.
Bd. J» p. 33 und 35.
• Jodl a. a. 0. p. 53, 56, 58, 64, 66, 68.
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14
X 2.
fremden Völkern der Begriff des jus gentium, des allen Völkern
gemefauamen Rechtes — quo omnes gentes utuntiir — ent-
wickelt Es ist weiter bekannt, dals diese deo Völkern ge-
ineinsaman RechtssStze durch die Gewohpheit und das präto-
fische Edikt EinHufs auf das jus civile gewannen, sodaU das
jus MprjHiim oinen Teil seiner Kraft im Kampfe mit dem jus
strictum aus dem jus gentium zog.
Die fitoisohe Philosophie, die Schriften Ciceros schlingen
nun ein geiötigeü Band um diese aus praktischen Bedürfnissen
entstandenen Rechtsgebiete. Das jus g^tium der Juristen wird
mit dem jus naturale der PhikMophen in Verbindung gebracht;
es scheint sich in dem jus gentium, quo omnes gentes utuntur,
das Naturrecht zu offenbaren, quod natunUis ratio constituit.
Zwnr ist das jus p^pntiuin nicht alfL^emein demjuf< nntnrale völlig
gieici^estellt worden; doch }i:il)en die Idf^ntitMt einige Juristen,
z. B. Gaju, behauptet Du^ jub naturale würde aucli dabei verloren
haben. Nur daaurch gewann es seine ganze Hoheit, dal'b es
als ein bruchstiickwdse ▼erwirklichtes und ab ein erst gana m
verwirklichendes Ideal'erschien, bestimmt^ alles einsdtig nationale
Recht zu verdrängen.
Über die Bedeutung der Überführnng griechischer Philo-
sophemeindic römische Reelitswissenscliaft drückt sich in üb>M ;um
klarer Weise Voigt aus Er l)ehauptet, „dals jene Lehre ( vom
jus naturale) zner.st das römische Volk zu einer ko8moj)oliti-
schen Ansciiauuugsweibe emporhob und so diejenigen Vor-
stellungen, deren Keime beraits weitsreifende Eroberung und
ausgedehnter Handelsverkehr in die Ideenwelt der Ebmer ver-
pflanzt hatte, zur bewufsten Erkenntnis ftihrto und zu voller
Ausdehnung und Tragweite ausbildete. Gleich allen Nationen
des Alte rtums geht Rom in seiner staatliehen Entwicklung aus
von dem Prinzip nationaler Exkhisivitfit in allen relitrii'.sm. wie
politi8clM*n lind bürgerhclien Beziehungen. Auf jenes Prinzip
stutzt sich der antike Begriff vom Staate, wie wir solchen na-
mentlich von Aristoteles, Polybtus und Cicero ausgesprochen,
vom antiken Leben getragen seh^. Hiemach erscheint der
Staat als societas der Bürger zum Zwecke der Oemeinsamkeit
des Rechtes, wie alles Nutzbringenden ...» Über diese Gränzc
hinaus war den Ri'^mcrn die \'orstelhintr einer Oenieinsehaft
zwischen den Mensclien oder zwischen den Freien völlig Iremd."
Doch als spilter „die Rrtnier ein privatrechtüelip.s jus gentium
aufstellten, erkannten die.-^elben darin in der Tluit eine Rechts-
norm an, welche nicht blofs die socü civitatis, sondern die ge-
samte freie Menschheit beherrscht .... Diese Annahme einer
societ.Ls hominum enthält aber in Wahrheit den Grundgedanken
und das Prinzip, welches vom antiken Standpunkte aus in der
Ersclit inunj]^ des jus gentium verhüllt lag ( ierade jener
Grundgedanke . . .jenes neue Dogma ... war von dem Ireien
Gesichtspunkte der griechischen rhiiosopiuc erkannt und aus-
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X 2.
15
gesprorlvn . von Cicero aber in einer für don antiken Stand-
punkt erliabenen Weise begrlmdet und seinen MitbUrj^ern zur
newufsten Anschauung vergegenwärtigt worden. Indem nun von
dem letzteren, wie bereits von den Stoikern, jeueü Dogma in die
tnnigflte BeziehuBg «ir Theorie vom jus naturale geaetst-ward,
ao wirkte nun in dieser Verbindung das jus naturale, ebenso-
wohl das Dogma von der societas hominum unterstützend, wie
selbst von diesem gesttttst, in der oben bezeichneten koimo-
poUtLselipn Hiclitung"
l>ir> i«t die wieiitigste Bedeutung, welelic Tiimpntlich in
ihrer Verbiudun^ mit dem Dogma von dor snrirt;i< iionnuum,
die Lehre vom jus natunJe tur das gesamte Aiiertum iiatte; ein
bedeutungsvoller Moment aber auch in der Geschichte des ge-
samten Henschengdstes und seiner Kultur. Der Wendepunkt,
wo eine neue Phase in dem Gange der Entwicklung der Mensch-
heit anhebt und der Geist der Neuzeit, unterstützt und gefor-
dert dureh die kos?iiopolitisehcn Lehren des Quistentums, seine
Schwingen zu entt';ilten be;L!:innt"
Vergessen wir nicht zum Schlüsse zu erwähnen, dals die
römische Rechtswissenschaft noch eine andere Art des 2satur-
rechts kennt. Neben dem jus naturale quod naturalis ratio con-
atituit, und das nur für vernunftbegabte Menschen Geltung hat,
. eodstiert das jus naturale quod natura omnia animalia docuit, ein
Naturgesetz, welches der Schöpfer der ganzen belebten Welt
vorgeschrieben hat- und dem die Tiere instinktiv geliorelion.
Als ein besonderes Recht der Menschheit stellt sich dann das Natur-
reelit in der ersten Bedeutung dar. Für die Menseldieit selbst ist
es ^das absolute Recht. Die römischen Jiuisten drücken dies
durch drei Attribute aus, die sie ihm beilegen, nUmlich die
Universalität der Geltung sowohl ftlr die Volker, als für
die Einzelmenschen, die Unwandelbarkeit im Verlaufe der
Zeit, und die höchste materielle Gerechtigkeit^ ^
Diese Ideen gingen allmählich in den Besitz der mittelalter-
lichen Schriftsteller Über^. Sie fanden zum Teil einen wohl-
» Voi^t a. a. 0. p. 235—237.
* Jas istud non Irainaiii generis propriam, sed omnimn apimaHom
. . . < "rniiiunc * st. fTiti>- rlescendit inari^ et feminae coigunctio» quam
nos OTHtrimonium ap|)€illainu8, hinc liberorum procreatio . • . .
^ Htldenbrand a. a. O. p. 607.
* Wir .««teilen uns das Verschwinden der lateinischen Litteratur im
Mirtolaltpr nhertriebcn vor. G. Voigt (Die Wiederbelebung des kl:i?pi-
sclieii Aiiertum», 2. Aufl. 1880 — 1. p. 4) sagt: „Wie die römischen
KechtsbUfher. fo blieb auch die geschichtliche , philosophische und poe«
tifichr» I>iftrratur der Römer nieiiKils pam unlieacntet ii Si li-n
die Kirchcuvätej* wiesen vielfach auf die .profanen Autoreu Uiu, denen
sie ja ihre Erudition snm guten Teile verdankten . . . Endtteh Mtaen
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16
X 2.
vorbereiteten Boden. Für den roic. den loyoc ror 7rr(rr6c trafen
sie den ^£0^,' oder k6yog\ das christliehe Universah'eieh war mit
dem Weltstaate der antiken Philosophen verwandt; der ange-
nommene Naturzustand der griechisch-rOmiBchen Denker erhielt
durch die christliche Lehre vom Paradiese die kräfdgste Be-
stätigung: die Gleichheit aller Vemunftwesen hatte in der Gottes-
kindschaft süler Menschen ihr Gegenstück. Aber schon frUh
scheinen die stoischen Gedankenrlenicnte auf die seltsamste
VV'eise mit epikureisehen liestandteilen venjuickt worden zu st in.
Wenn alle Menschen von einem Paare abstammten und
ursprünglicli in einem staatenlosen Zustande gelebt hatten, dann
war die Frage nicht zu vennelden, wie denn der Staat ent-
standen sei. Sie wwde brennend , als Gregor VII. das Band
zwischen üniversalkirchc uvA Universalreich zerrifs. rutcr dem
iM'nflnsse der von der Antike genährten philosophischen Staats-
lehre filngt man an, die Entstehnnp; des Staates auf Naturtrieb
und menschliche Willensvorgänge zurückzufiiliren. ..T)er «zott-
liche Wille," sasrt (Jierke, „wird zwar als wirkende Ursache
festgehalten, allein er tritt in die Rolle der causa remotii zurück"
U Ein Jahrhundert später, zuerst zur Zeit des InvestiturstreiteS| i
I entwickelt sich die Lehre yom Staats vertrage. Woher
kommt sie? Gierke meint: „Die kirchlichen Vorstellungen von
einem ursprünglichen Naturzustande, in dem es weder Eigentum ]
noch nerr.>cliaft gep^cbcn haben sollte, waren ihr förderlich." '
Da nun hiermit, wie die Lehre der Stoa beweist, noch n'rJit die ^
Lehre vom vStaatsvert rage gegeben war, so verweist < iierke
auf „mancherlei Erinnerungen aus der germanischen Keehts-
geschicbte und die vertragsraafsige Ausgestaltung so vieler gel-
tender öffentlicher Rechtsverhältnisse durch Vereinbarung zwi-
schen Fürsten und Ständen . . . Vor allem aber entschied über
ihren Sieg die Auffassung, welche man ttber den Ursprung der
höchsten irdischen Gewalt, in der man das Muster aller Staats-
gewalt erblickte, mehr und mefir entwickelte. Die durisprudonz
war auf Grund ihrer Qii( Ilen von vornherein darüber einig, dafs
die kaiserliche (lewalt als Xaditolgerin in da« inij'crium der '
römischen Cäsaren zuletzt aui der dmch die lex regia v(dl- !
zogenen einstmaligen Volksübertragung beruhe"'. {
Aber ist denn nicht vielleicbt doch die Wiedererweckung ;
wir aus allen Perioden der mittelalterlichen Zeit handschriftliche Kopieeu
klaenseher Autoren, die doch ein thiitiges Interesse iiir die IJtteratur
bezeichnen. Derselbe Verfasser gehreibt: „Die blofso Belesenheit iät ii
noch lange nicht jene einseitige Begeisterung der Humanisten .... An •
K< iintnisnahme und selbst Interesse IQr das Altertum hat es m keiner '
iteit pnuz frcfr-hU." IM. II. p. 200. f
1 Gierke, Joh. AltUusius und die Entwicklung der uaturrccUt- i
liehen Staatstheorieen. Breslau I88<K p. 63. t
< a. a. 0. 8. 77.
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1
X 2.
17
des epikureischen Systems van Einflufs gewesen? Gierke leugnet
es, ohne jedoch Gründe fiir seine Ansicht anzuftlhren^
Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts stellte .dir- plnlosophische
Staatslehre das Axiom auf, dafs der Kechtsgriind aller Ilerr-
Bchaft in freiwilliger und vertragsmäTsi^ er Unter-
werfung der beherrschten Gesamtheit liege ^. Über die isatur
der Hemehafiseinjatimung bestand eine Kontroverse swisehen /
den Verfechtern der transktio und den Anhüngem der ooncessio, //
Bwei Worten, welche den Inhalt der von ihnen beEeichneten Be-
griffe ohne wdtere Erläuterung erkennen lassen. Aua der An-
nahme der concessio ging schon im Mittelalter die Lehre von der
Volkssouverünetät hervor®.
So durchkreuzen sich zu Ende des Mittelalters stoische .
und epikureische Gedanken: das ewige, fUr alle Zeiten und 1
Völker geltende Naturrecht und die I^hare vom Staatsvertrage. ^
Aber diese Ideen lieTsen sieh ebensowohl miteinander» wie mit
der christlichen Lehre verbinden. Nach der Stoa war ja auf
daa goldene Zeit^Uter eine Periode der Verderbnis gefolgt» welche
dns positive Gesetz zur Fol^'e hatte. Wenn man sich mm diese
Zeit in (Ut Weise der Epikureer daclite, so konnte man sehr
wohl die Lehre vom Staatsvcrtnige an diejenijt^e vom ewigen
Dutürlichen Vemunftrechte reihen, im Christliclie übersetzt, hiels
dies: Die von (Jott nach seinem Ebenbildc geschaffenen Menschen
lebten aisprllnglich im Paradiese; während dieses Zustandes
völliger Unschold standen sie allein unter dem direkt auage-
sprochenen G^esetze Gottes. Infolge der SUnde wurden sie aus
dem Paradiese verstofsen; Habsucht und Mord entzweiten sie:
sie zerstreuten sich Uber di<" Vrde und hebten ein unsicheres una
jämmerliches Leben. Um ihr Dasein zu schützen, gründeten sie
endlich den Staat durch einen Vertrjig. Obwohl ihre Fiihig-
keiten geschwächt waren, gestattete ihnen die 'l iuitöache, dals
sie nach dem Ebenhikle Gottes geschaffen waren, mit Hilfe ihrer
Vernunft das Naturrecht zu finden.
* Ich stelle natürlii h nur eine IJyuothese auf und begnüge mich
datier, eine Stelle aus dem genannten Werke von Guyau hieher sn
srtzrn. ivelche beweist, wie sehr ilie epikurei^olu! lifhre. flie im gatizcn
Mittelnlter bekannt blieb, im 12. Jahrhundert an Kraft gewonnen hatte.
„An cormnencement dn dotni^e aitele, lorsque an conrant d'incrMoUtft
commen^'Ä i sc pruduire en Eiirope et urt ont en Italie, lor8<iue des so-
c]H^9 secrAte» se torm^ront pour la destruction du christianisnie , les
plud logiquea parmi ces partisans d'un esprit nouveau n'h^sittirent pas
k invoqaer le nom d'Epicure. A Florence, en 111.5, un parti d^Epicnricns
se forma, assez fort pour devenir !e snjct de troubles sanglants. L'h^?r('*8i©
des Epicuriens, remarque Benvenutu d Imola, ctait entre toutes celle qoi
comptait lea plus nombreitx partisans*^ u. s. w. p. 191. Und Windel*
band, nr-chiclito der neueren Philosophie, Leipzig 1878, sagt au=«driiek-
lich: ,^>eilich war der Kpikureismus niemals vöfiig vergessen worden.
Id der poetiscben Duntdluni; des La eres and in der iieprodoktion der
Sdiriften Cicero'a war er beunnt geblieben", Bd. I, p. 19.
' (iierke, p.
• Gierke, p. I2^i.
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18
Wfnn wir uns, an diesem Punkte angekoninion, die Knt-
wickiung der Lehren vom natUrHchen Rechte norli < mmal zu
vergegenwärtigen suchen, so zeigt sich, dafs öie t* ih%eise in den
Schrinen der griechiscben und römischen Philosophen, teilweise
in den Pandekten , teilweiae in mitteklteriichen Werken rw-
getragen worden waren. Ea bedarf kaner Ausftthrung, dafs
man nieht alle Quellen gleicliniAfng erOffiiet hatte. Dies geschah
durch die Renaissance.
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Drittes Kapitel.
Die Ausbildung des Naturrechts als sslbständigs
Wissenschaft.
Wir stehen an der Schwelle jener grofsen Zeit, wo die j
mfttolallerliche fifldung. die mittdalterfiäe religidae Weltui-
flchauuDg und d«r mittelAlterliche Staatebegriff vor den gewaltig- \
eben Angriffen teiberiagen, teils ziirttckwlchen. Man hat es oft
▼eraucbt, die Gruppen von Streitern fUr die Entwicklung der
modernen geistip^en Welt aU Kämpfer darzustellen, die auf ver-
schiedenen SclilaolitfeMern filr mn^ Idee der Menschen-
bef'reitmg focliteii : niuii.miüiuus, Keforination, die moderne I*o-
litik dtiieu nur Glieder einer grofsen Kette. Es l:ilät sich nicht
verkennen, daik diese drei Richtungen Berührungspunkte auf-
weiseii, hie und da ineinander fibeigeben und tich gegenseitig
nnterstutzen ; das Ue^ im Wem oppoettioneller BestreDungen.
Im Jahre 1848 gingen auch, um Grolses mit lüemem za ver-
gleichen, ZUnftler und Sociaiisten zuweilen zusammen, weil sie
tich des gemeinsamen (jegen.satzes klarer als der eiit4e;:en-
gesetzten Ziele bewufst waren. Die vorher gekennzeichneten
lüehtuögen sind aber in ihrem Ursprünge, wie mir scheint, !»ehr
deuüich von einander getrennt In diesem Punkte weisen sie
nur die ttnftere Verwandtschaft auf, data sie im Kampfe tmr
das Zukunftige gegen das Gegenwärtige auf die Vei^gangenheit
nur Uckgehen.
Der Humanismus will das Altertum wieder erwecken:
er stützt sich dadurch ^nnäclist in d^n srlm* nlendöten Gegensalz
fe^^en die Methoile der mittelalterlichen W i^^eiischaft und deren
^arstellungsform ; allmählich wird er dazu fortgetrieben, die
Wissenscluift der Allen Uber die mittelalterliche SchoUstik zu
sIeUen und zuletat heidnisch au ftlhlen und su denken. Aus
2*
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20
dem Humanismus geheo die Philosopiiic und die Philologie der
Übei^angszeit liervor.
Uio antikeii Systeme werden erneuert, die pktoniacheD
Stadien lelien wieder auf^ der wahre Aristoteles wird entdeckt^
am Zeno und Epiknr» ja I^rrho nnd Empedoklcs scharen sich
Jünger. Der hervorragendste Erneuerer der stoischen Philosophie
ist der Xu'derLlnder Justus Lipsiu», welcher beinahe ein Viertel -
Jahrhundert an der Universität Leyden wirkte; der ertoigniche
Vorkämpfer des EpiknreiHraus heilst bekanntlich Pierre Gas.scndi ;
sein EinduCs aut die ueucrc Philosophie i^t dui'cli Lange und
Onyan ins licht gestellt worden'. Und nicht nur den meta-
physischen Ansichten der alten Philosophen gilt die Aufmerk-
samkeit von Schttaigeistem» Gelehrten und Philosophen, auch ihre
ethischen Lehren erwarben sich Anhänger.
Zunächst fand dasjenige System Bewunderer, dessen un-
beugBRme Tup:endstrenge sich noch am leichtesten mit dem
Christentum verträgt, nämlich das «toi sc he; man wollte noch
im Schatten der Kirche weilen, man war sich wohl auch nicht
des tiefen Gegensateea awiachen antiker und dirisdicher Ethik
▼oll bewufst Die antike Anschauung schreibt dem Menschen
die Fähigkeit zu, das Gute aus sich selbst zu schaffen : dieses
int folglich nntt'irlich. Dagegen läfst die chrisdiche L^ire die
göttliche Gnade entweder Alles, oder doch das Wesentliche in der
verderbten Menschennatur wirken; das Sittliche erscheint hier-
nach als etwas Unnatürliches. Dabei wird von dem zwei Jahr-
hunderte nach Christus gesdfteten Neuplatonismus abgcächen,
den man nicht als ein reines System der antiken Philosophie
betrachten kann, und dessen asketisch -ekstatisches Ideal aem
diristlichen verwandt ist^.
Aber auch dem Epicureismus, der nach Gass Italien
innerlich behiTrschte^, erwuchs ein geistvoller Vertreter in Valla,
welcher ein Werk, jfie voluptate*^ schrieb. Wie diese üe-
' siehe ,,Ju8ti LipFl ^^uluducti^ n i Stoiram I'hil(>.s<t[)lii:un" und
dessen „PhysiuloKia ätoicuruiir iu der Ciesamtau^abe seiner Schriften,
Bd. IV, Vwaliae 1«75.
" Für (\as Interesse des italienischen Humanismus an der stoischen
Philosophie manche Zcuf^nisse bei G. Voigt, Die Wiederbelebung des
klassischen Altertums. Dafs Petrarka die stoische Philosonlüe auch in
eeinein Loben dantellen wollte, Bd. I, p. 97; dafB seit retvarka und
Salntato ^die Humanisten sich inflp^'fnmt zur J^toa bekannten und sie
mit der chribtlicheu Lehre auszugleichen eucbteu", Bd. I, p. 468. Lio-
nardo Bruni schrieb ein kleines Handbuch der Moral, in welchem er
die stoi.^olic mit der epikureisi hon Lehre ver^licli . der cr^tcron den
Vorzug ^b und sie mit der eliristlicheu Ethik in \ erbindung zu setzen
rachte^ Bd. II, p. 458. Bd. 11, p. 450 nennt Voigt ihre 8«%QlweisbeIt
^Stoizi^inus mit christh'chcm Aufj)ut2". Von Salutato heifst es: „Lebeus-
erfalirung und Nnchflpnkrn haben ihn mit dem T'egriff der stoischen
Tugend crfilllt", Bd. II, |». 475. Siehe auch die liiugerc Stelle Bd. II,
^ * Qeachicbte der chnetliolien Ethik, Bd. U, 1, p. 16.
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X2.
21
wegung in dorn halb skeptischen, halb epikureischen Montaigne
Gassendi, mr Ziel erreichte, aber eine neue Bewegung in der
modernen Kthik auslöste, iiabeu wir an einer andern Stelle dar-
zustellen.
Zimädiit ist es ftkr uns wichtig, die Thatsache ins Aage
SU fassen, dals im Gefolge der Humanisten neben den mit IfaneD
innerlich verwandten hervorragenden französischen Philologen die
grofsen französischen Rpchts<rol ehrten des 16. Jahrhunderts
schreiten. Durch iiirc treue Ai i>t it vollzieht sich die Renaissance
des W5niisclien Rechtes. Ihr wissenschaftliches, auf die Wieder-
belebung des Rechtes gerichtetes Interesse und ihr kritisches
and exotisches Können erheben sie weit Uber die mittaUlter-
liehen Glossatoren » Postglossatoren, Legisten nnd Kaaonisten»
Unter ihnen ragt Cuias am meisten £]rch historischen Sinn
hervor ^ Die geschicatUche Richtung ihrer Studien, ihr durch
Tradition und Glosse zur reinen Quelle flnrchdringender Oeist
weisen dfirauf hin, dafs sie Zeitgenossen der Reformatoren sind.
Der gemeinsame Zug aller Reformation — - icli spreche
nicht von der Ursache oder dem Ursprung der Reformation —
4er gemeinsame Zug aller Reformation von den Waidensem hk
anf Luther, CSalvin, Zwingli herab ist das Bestreben der ftüi-
tenden Geister, auf das Evangelium zurtteksugehen , den Text,
unbeirrt durch Überliefertmg und Dogmen, auf sich wirken zu
lassen und die kirchliche Verfiiasung der ersten Zeit des Christen-
tums wieder ins Leben zu rufen. Darum erhalten auch die
6tudien der Reformatoren einen philologisch-historischen Charakter;
es entstehen innere und äufsere Beziehungen zum Humanismus.
Beide kämpfen „geg^ eine verweltlichte Kirche, gegen eine
•entaitdicbte Geistlichkeitp gegen eine dumm und unwissend oder
leer und spitzfindig gewordene Scholastik" ^. Beide arbeiten an
dem Fundamente einer neuen Ethik imd doch, obgleich ..der
Stifter eini weltlichen Christentums" dem Nfitiirlichen seiu Recht
zurückerobert und die irdischen Berufe wieder g^eheiligt hat, so
werden der optimistische Heide und der pessimistische Christ
durch ihre Ansicht von dem Werte der menschlichen Natur un-
überbrückbar geschieden. Humanismus und Reformation ver-
bindet auch der Kampf gegen Papst und ultramontane Kirche.
Das gute Recht des Staates an sich und des nationalen Staates
auf Selbständigkeit und ünabhängigl^rit von der Kirehc werden
anerkannt, das heilst theoretisch; denn in Wirklichkeit wurde in
* Lerminier, histoire du droit, welcher üujas und Douneau mit
^nander vergleicht, möchte den Ersten zum Stammvater der historischen
Schule muchen.
* Siebe die Auaführungen von Th. Zievel er: beschichte der christ-
licheu Ethik. StraTeburg 1886. Kap. VIR: Humaniamu» und ßefor*
matiou. Von Ztogler stammt auch der Ausdruck „Stiftw eines welt-
liehen Christenlums'*.
un
dem
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28
X 2.
protestantischen T.;indern der Ötaat entweder der Herr oder der
Handlanfzer der Kirche.
Dureil diese Bestrebunpen reichen Hmiianiäten und Refor-
matoren den grofsen Politikern des 16. und 17. JahrfanndertB
die Hand. Die politischen Schriften dieser Periode entspringen ans
BedürihisBen der Zeit, wie Humanismus und Reformation aus
geistigen und sittlithen Bedürfnissen hervorgehen. Der Staat
mufs frei von iiursem M i( Ilten sein, das richtige Verhttltnis der
Staatsgewalt zu den (iiiedern des Staatsleibes gefunden und
durchgeführt werden. Wie in dum Ringen ftir das Notwendige
und Neue Humanismus und Reformation in dem Alten ihre
Stntse sadien, so schöpfen auch die modernen Politiker aus den
Quellen des Altertums, welche ihnen Humanisten und Reforma-
toren eröffnet haben. So Verschiedene Geister, wie Machiavelli
und Bodin, beide in ihrer Art ftir die moderne Staatsgewalt
eintretend , haben ihre Ideaie an dem Studium der klassischen
Litterat ur uereift^
Andere suchen ihre Vorbilder im Alten 'leslamente. Männer,
wie Amisfius, Gmswinckel, Filmer, mOohtan die absolute Mon-
ardiie auf das jmtriarchale Königtum bauen; die Politiker der
kalvinistischen Richtung, welche durchweg ein entschieden frei-
heitlicher Geist kennzeichnet, suchen und finden „unmittelbar in
der heiligen Schritt nicht nur ansgcldierslich die fiir dp> sociale
Leben raafsgebenden religiösen und ethischen Wahrheiten, son-
dern zugleich Normen tUr die äufsere Ordnung von Kirche und
Staat"
Aus dieser gährenden Zeit geht nun auch das l^at ur-
recht als selbständige Wissenschaft hervor. Sötern
sich ein Entwicklungsgesetz der niodrmen Wissensehaft ans der
vorher gegebenen Darstellung entnehmen lüfst. daH' man die Hx t-
seugung aussprechen, dafsdie neue Disziplin iliren Urbprungsowulii
in den Bedürfnissen der Zeit habe, wie im Zusammenhang mit
Homanismus, Refotmation und Politik herangewacheen sei. Leider
hat bis ietst niemand genau nachgewiesen, welehen materiellen
Ursachen, welchen theoretischen Anregungen es seine Entwick-
lung verdankt. Die Hervorhebung dieser Lücken soll keines-
wr-c-R die Erwartung erregen , dafs sie auf den tbigenden Seiten
ausgetüilt würden. Denn dies kann nur die Aufgabe eines Ge-
schichtschreibers de:» Naturreclites oder der Philosophie sein,
und eine Darstellung, wie die yorliegende, mufs sich teilweise
auf derartige {Schriften sttttzen. Nun ist aber die historische Be-
trachtung, welche die Ideen entweder ganz oder sum Teil ab
* Blontschli, (jecehicbte der neueren StaatswaasctiBchaft. 3. Aufl.
Mttnchen u. Leip/v^ 1^81. 2. K Heitel.
' Gierke« Althusius p. .>t>.
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23
Spiegelungen der realen Verhältnisse auffafst, noch verhältnis-
inttfsig neu und der Kampf zwischen den alten und neuen Ideen
hat nirgendwo eine eimiiiupfende Darsteliuug gefunden. Wir
bentien ausgezeichnete G«8chickteii der Phiwmphie des Alter-
tums, des Mittelattera und der neueren Zeit, aber kein dn-
gehendes Werk Uber die Geschichte aller Zweige der PfaÜoeophie
in der Übergangsperiode. Auch fehlt es uns an einem CTUnd-
lichen W^rke Wh^v die Geschichte der Politik. Wa.« insbeson-
dere das Naiurrt^ht betrifft, so giebt es sowolil eine uberreiche
Anzahl von Dai'steUnngen der Lehren der einzelnen Tiieoretiker,
wie eine auf Krolser Gelehrsamkeit beruhende und doch knappe,
klare, jnnstfedie Geechidite des Ursprungs, der fintfiütung und
Durchkreuzung der naturrechtUohen Ideen in Gierke's Werk
„Johannes Altbiisins" Aber Ubendl vennilst man den Nach-
weis des Znsammenhangs des Naturrechts mit der Philosophie.
Ks wnre eine Anmal'sung, wenn ich die Absicht hätte , hiermit
einen Tadel auszusprechen. Denn wie jede Wissenschaft für
ihre Zwecke dehniert, so betrachtet sie auch den wissensi-hart-
liehen Stoff lediglich vom Gesichtspunkte ihrer Bedilrfnisse. Ein
NationalOkanom aber, dessen Wissenschaft im Zusammenhange
mit der modernen Philosophie herangewachsen ist, hat alleii
Grund, sich der nhilosophischen Seite des Naturrechts au er-
innern. Er wird aann im St^mde sein, bestimmte theoretische
und praktiKchc SMtze als notwendige Konsef|uenzen aus wenigen
bestimmten Grundansrbanungen zu begleiten , wiihrend sie dem
Juristen, welcher die phiiosouhische Basis des Naturrechts nicht
in Betracht zieht, als willktirliche Ansichten der Theoretiker er-
scheinen, welche er sorgsam veraeichnet und in langem Zuc^e
aneinanderreiht. Die BerUcksichti^ng der philosophischen Basis
erieichtert aber nicht allein das Verstlndnis, sonaem auch die
Widerlegung.
Wenn ich es daher aut ilen folgenden Seiten wage, hierüber
einige Andeutungen zu machen . so wird man die Mängel billig
beurteilen, da ich kein liiilosoph bin. Die eben so wichtige
Frage, welchen Anteil die politischen und socialen Zusitinde im
der £ntwicklmig des NaUurechts gehabt haben, vermag kh kaum
mehr als au etelien.
f.
Vorbemerknng.
Wir worden die Entstehung des Naturrocfits als selbstilndige
Wisßensehaft niclit völlig begreifen, wenn wvr uns niclit flentlieh
machen, wie weit man voi^eschritten war, als Humamsmu«, iie-
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24
formation und Politik ihre Einwirkung auf den mittebHeriiGhen
Ideenkomplex begannen^.
Es existierten die Grundbegriffe des Naturrechts, wie sie
diis Altertum geschaffen hatte, bereichert durch die Idee des un-
mittelbar ausgesprochenen göttlifli^n Oesf^tzes. vSie hatten aber
kein selbständiges Dasein, sio waren in theologischen und juristi-
schen Schriften voi^etrageu worden. Weiter waren die Prin-
zipien des NaLurrechts noch niciit von den theologinchen ge-
flcnieden. Endlich wurden die nAturrechttichen Lehren nach
scholastiseher Methode voigetragen. Sollte oich also eine selb-
ständige Wissenschaft bilden, so mulaten die Grundbe^ffe aus
ihrer bisherigen UmliUlIung herausgeschält und entwickelt werden,
ira Falle man niclit die Reirriffe der griceliischen Pliilosophie und
des römischen liechtä an ihre Stelle setzte. Für das N:iturrecht
mulüte zweitens eine nieht weiter ableitbare Erkeiuitni.s ak Aus-
gangspunkt gesucht werden. In dem zweiten Kapitel wurde
schon angedeutet, dafs das TerfaftltnimtiUaig leicht war: man
brauchte nur von Gott abzusehen, um in der ▼emttnftigen Natur
des Menschen ein Erkenntnisprinzip zu entdecken. Aber Gott
wurde dann doch meistens durch ein HinterthUrchen eingeführt,
sodafs jener Begriff thatsllchlieli das Fundament der meisten
Sj'steme der neuen Wissense halt geblieben i.st. Kine selb^^t-in-
dige Methode hat das Naturreelit nieht entwiekelt. Naehdetn es
die »cliolastischc Methode abgestreift halte, vertiel es der mathe-
matischen, die seit Descartes und Hobbes in allen Wissenschaften
die herrsdiende wurde. Henning hatte sie schon im 16. Jahr-
hundert gefordert.
Die Entstehung des selbstöndif^en Naturrechtes, welches von
allen verwandten Disciplinen, der ^Ioralpllilosop]^e einerseits, dem
positiven Rechte und der I'olitik anderseits, säuberlieh getrennt
war, welches auf eigenen Principien beruhte und die scholastisclie
Metliode abgeworfen hatte, hat zwei Jahrhunderte in Ansprueii
genommen ; erst bei Tliomasius und erst in seiner Schrift „Fun-
amenta juris naturseet gentium" ist diesen Erfordernissen genügt
H.
Die theoretischen Faktoren des Natarreehts.
Das moderne Naturreeht wurzelt theoretiseli in den drei
Machten, welche vorher skizziert wurden : in dem Humanismus,
der Reformation und der Pohtik; aber es zieht seine Nahrung
in verschiedenem Grade aus ihnen.
* Vergl. KaltenbofD, „Die Vorläufer des Hugo Grotius*^. Leipzig
p. 47. 48.
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X 2.
25
1.
Der Humanismaa.
ZwdMos hat der HamanismuB am misten für die Wieder^
belebong oder Kräftigung der naturrechtUchen Ideen gethan;
denn mit ihm iat die Wiedererweckung des römischen, natur-
rechtliche Bestandteile enthaltenden Uchtes und der antiken
Philosophie aufs innitrst*' verlcnfiptt. Von dor Renaissanro dos
römisclien Rechtes ^<'lit (]( i- erste Ansturm naturrechtlicher Ideen
aus, nicht aber die Lie^taitung einer selbständigen Wissenschaft.
Wir haben vorher der grofsen französischen Juristen des
16. Jahrhunderte gedacht In ihrem Bestreben, das Terschieden-
artige Recht, welches in Frankreich p;alt, einheitlich zu gestalten,
in ihrem Wunsche, der Krone in dem Ringen mit unbotniäfsigen
Vasallen beizustehen, endlich in den Bedürfnissen ihres abstrak-
ten loL'ischen Geistes, der Uberall SchSrFe der HegrifT«\ Klarheit
der Deduktion, Symmetrie, UbersichtHehkeit verlangte, lag die
Veranlassung zu einer Überschätzung der naturrechtlichen, in
den Pandekten enthaltenen Lehren, die znnüchst segensreich
war. ^Sie wurde IddenschalUieher Schwärmer fllr das Nator-
recht. Das Gesetz der Natur ttbersprang aUe provinziellen und
städtischen Schranken, es setzte sich Uber alle Unterschiede
zwischen Edelmann und Bürger, zwisolien T^ürger und Bauer
hinweg, es rütimte der Klarheit, Einfaciiheit und dem System
die erhabenste Stellung ein .... Man d-irf behaupten . dafs
das Naturrecht du« Gemeine Recht Franiireichs wurde oder
wenigdtens dafs die Anerkennung seiner Wttide und seiner An-
sprüche der eine Olaubenssats war, dem alle finnzOsischen Rechte-
gelehrten sich gleichrnüfsig unterwarfen. Das Lob der vorrevola*
tionären Juristen kennt gar keine Grenzen, und es ist bemer-
kenswert, dafs die Schriftsteller über das Gewohnheitsrecht,
welche sich oft für verptlifhtet hielten, über das reine römische
Recht absprechend zu urteilen, selbst in noch glühenderen Aus-
drücken von der Natur und ihren (Jesetzen rälen als die Civi-
lasten, welche die höchste Achtung vor den Pandekten und dem
Codex bezeugen . . . Die Hypothese eines Naturgesetzes ^var
nicht so sehr eine Theorie geworden, welche die Pnuds leitete,
als ein spekulativer Glaubensartikel, und daher werden wir auch
finden, dafs bei fler Umwandlung, welche es spiitr^r orfnhr. seine
schwächsten Teile sich in der Achtung semer Anhänger zur
Hohe seiner suirksten erhoben" *.
Unzweifelhaft hat das römische Recht noch in anderen
Lttndem die grOlsten Anregungen in der bezeichneten Richtung
gegeben. So scheint Oldendorp, Professor der Rechte zu Köln
* Sir Henry Sumner Haine: Anctent law. 10. AnO. London
1885. p. 85. Mir pc!i< int r^^. dafs der Verfasser die Bedeutung des philo*
sophiecben Naturrevhts für Frankreich nicht genügend würdigt
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20
und (l«'r eigeni liehe Btgründer des Katurrechtea al»
selbiitandiger Ditizipliu, desoen Werk 15311 erschien, nach dem,
was KAlteuboni über ihn mittdlt, ebenso sehr auf den rOmuclien
Juristen wie auf Gcero zu fufsen. Doch da ich natttilich nicht
die Absicht habe, die Geschichte des Naturrechtes 8u schreiben,
so b^^Uge ich mich damit, auf diesen l-'aktor hingewiesen zu.
haben, und ich wenclo mich zu dem anderen, der U iedcrerweckung
der griechischen Philosophie.
Um nun liier mit genügender Klarheit zu sehen, müssen
wir unter den iSchrit'tstelleru, welclie in der neuen Zeit das
Natorrecht behandelt haben, drei Oruppen unterscheiden. Er-
stens die katho^schen, welche die roittelalterliche Tradi-
tion, durch die Gegner angeregt, aber n*cht in ihrer Überzeu-
^ing erschüttert, fortsetzten. Das bedeutendste Werk dieses
Rpclites ist der .,Tractutus de lejrihus"* von Suarez (lOOÜJ.
Weiche Geltung sich Aristoteles in dieser Oattung von Schriften
verschafft hat, weifs ich nicht. In betreff der übrigen .Schrift-
steller möchte ich glauben, dafs die Lehren des Stagiriten voq
geringerem Einflufs gewesen sind, als man gewöhnlich annimmt.
Am meisten treten sie in der Ethik Meknäthons hervor. Da-
gegen sind Stoicismus und Epikureismus die eigentlichen trei-
benden Miichto des modernen Naturrechtes. Damit will ich
natürlich nicht l><'haii[)ten , dal« die [,to sen Naturn-chtslehrer
. nicht auch aus den Werken der andern grolsen Philc^opheu ge-
sciiüpi't haben.
So müssen wir eine zweite und dritte Gruppe aussondern,
Ton denen die eine sich an die Stoiker', die andere an die
Epikureer anschliei^t. Der gröfste Theoretiker der 8 weiten ist
Grotius, der einflufsreichstc Locke. Der Fninzoaa Oa§sendi steht
an der Spitse der dritten^ Mit dem Epikureismus erneuert
' Ob diu stoische Philosophie auf die franxöBischc Juristcnscbule
einen Eänflufs ausgeübt hat, ist mir unbekannt. In ihr worde Kuent die
Fraije aufgeworfen z. H. von CuJacIus, welchen Anteil die ^rrie-t hische
Philosophie bei der Bildung des römischen Kecbts gehabt liat. Uildea*
bra nd a. a. O. p. 694.
* Dafs Gassendi, der Emeaerer des epikureischen Niitiinechta^
»ehr wnljl wtifHte, woher es ptninme. ist polbpr^'ersräiiiJlli h Grotius
au mehreren .Stellen der ^^toikrr gedenkt, werde ich noch hervorheben.
Puf(>ndorf bexeiehnet sieh als Imlben Stoiker, während Hobbes den Epl-
kurrisimH aufgewnnnt habe: Ego enim Stoifonnn f.w.xe si iiTciitiao proxhne
accedo: Hobbeeius autem Epicuraeorum h\ pothe^in recoquit ilinrichs^
Geschichte der Rechts- nna StaatsprinRipien. Jti50. Bd. II. i> 13. Bar-
beyrac teilt in der X'orn'de zu seiner .Übersetzung von Cumberlands
.,Di8quii>ili<) de legibuH naturae philosophit a" n>it: als Pufendort das Buch
gesehen, habe er sich da/u beglückwünscht, da's C, wie er, eine der
JHyputlu sc des Thomas Hobbes entjregengesetzte verfechte „qui approehait
fort des dognifi? de«? aiicicn? StoicH'ii.-« *. rr tift' philosophique de» Loix
Naturelles. Aiii8tcrduiji 1744. p. III. (Jiunberlund selbst, welcher sein
ganxes Werk hindurch gegen Hobbes kftmpft, behauptet, er habe vor-
7.xvrMK i'\»e gegen die £pikttreer au strdten. A. a. 0. Discoon Pii&limiDaira
de i'Auteur ^ V.
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27
er (las epikureische Nuturrecht. Die epikureisciien Idetfn fin-
den ihren schar&innigätcn, energischsten, gewaltigsten Verfechter
in Thomas Hobbee. Neben ihm rnnfs Spinoza ervrfthnt werden.
Damit ist die Rolle beseiohnet, welche dem Humanismiu
bei der Geetaliung des modernen Naturrechtes zufiel: er hat
erstens die natiirrcclitlichen Bestmdteile des römischen Rechtes
und zweiten» die philosopliiscfieo Systeme des Stoizismus und
Epikureismuö wieder erweckt.
Der Anteil Frankreichs an dieser (Jeistesarbeit ist der
grtffstc. Im IG. Jahrhundert wirken die französischen Kechts-
gdehrten fUr die Idee eines natürlichen Rechtes; im 17. erneuert
Uassendi das epikureische Naturrecht. Im historischen Zusammen-
haoge gesehen erscheint es nicht so aafiallcnd, dafs im 1 8. Jahr-
hundert die naturrechtlichen Anschauungen ihren furchtbarsten,
ersehiittemdsti n und fanatischsten Ausdruck in den Schriften
Rousseaus und der Phyaiokrntrn finden , dafs in Frankreicli die
roi'üc naturrechtliche Revolutiuii ausbricht , dal's von dort die
riegerische Propaganda fiir den Umsturz der alten Rechtbord-
nung ausgeht.
Der Ruhm Hollands ist daneben qnantitativ^ geringer, qua-
litativ gröfser. Ein Sohn jener Univeraität Leyden, an der
Justus Lipsius für die Renaiss^ince der stoischen Philosophie
wirkt, schafft Hugo Grotius ein Werk von so ungeheurer Wir-
kung, dals es, die früheren Schriften verdunkelnd, lange Zeit
als die erste Erscheinung dieser Art gilt. Insbesondere stellt es
den Ruhm unseres Vaterlande« in Schatten, da es doch gerade
ein Deutscher y Oldendorp, war, weldier das erste System des
Katurrechtes schuf. Es verrät, ifie erinnsrinh, ebenso sdir diii
Studium Ciceros wie das der römischen Juristen',
Docli wie griif die Refinrmation in diesen Prosefs ein?
2,
Die Reformation.
in den ermattendoi Geisteskämpfen um alle Fundamente
des ethischen Mensdien konnten die Begriffe Staat und Recht
anm()glich yon der Erörterung ausgeschlossen werden. Es ist
bekannt, wie verschieden das Ergebnis der Denkm-beit %, B.
1 T >iosf Zeugnis«»» liofnon »ich leicht vermehren ; alior die vorliegenden
genügt II doch zum Beweiin.', dafs sich die grolsen Begründer de« Natur-
rechte als selbständiger WiMenschaft sehr wohl bewufst war^n, dafs sie
auf dm firundlagen des antiken Naturrechts W( i t * rh i uten
and f andainentalc Uegeiisätze zwischen Stoi/.iärnua und
Epikureismu« vorhanden seien. Seitdem Lange nnd Gutsu dte
tiefgehonde Einwirkung de« Epiknroismus auf «lio moderne Gedankenw^t
nachgewiesen haben, zweifelt daran auch niemand metir : hoft'entlich wird
der ganx gewaltige Anteil des Stoizismus an der Gestaltung der mo-
dernen Fhdosophie, insbesondere der ctliischen nnd politiecnen Ideen»
einmal seinen üanteller finden.
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28
einea Luther und Zvviugli gewesen ist Dazu, kam, dafs das
Natuirecht, wie es von den Alten geschaffen worden war, durch
die Ldiren der Reformatoren eine Bestätigung und Heiligung
erfuhr. Der Inhalt des alten und neuen Testamentes wurde ja
jetzt allgemeiner bduumty der ethische PessimismusAugustins lebte
%vieder auf. ^y^c genauere Ausführung dies^ merkwürdigen
Einflusses erfordert leider die Wiederholung oder genauere Aus-
führung eiiiiß^er Erörterungen des vorigen Kapitels.
Erstens wurde die stoische Vorstellung vom goldenen Zeit-
alter, während desm nur das Naturreoht galt durä die jüdische
Lehre Tom Paradiese bekräftigt, in welchem die ersten Menschen
nur dem unmittelbaren Gebote Gottes unterworfen waren. Wie
nach den Stoikern der Zeiten Verderbnis zum positiven Gesetze
führte, 80 die Sünde zur Verti'eibung drs "NTenschen aus dem
Paradiese, mm positiven Gesetze und zum Staate*. Und es ist
jedeufallö bemerkenswert, dafs die stoische Abwendung von den
Solitischen Zuständen, die sie umgeben, auf den Idealzustand
es goldenen Zdtalters hiui wo das Naturgesetz herrsehte, sein
Seitenstttck in den englischen Levellera findet. ,,Die LeveUers*^,
sagt Ranke^ „wollen sich selbst nicht auf die heilige Schrift ver-
weisen lassen, die von den Zur^t finden nach dem Falle handle,
sondern sie bestehen auf dem Wort Gottes, das im Herzen des
Men«!ehen lebt, durch welches er sowohl wie das Gesetz der
Schöpfung gemaclit ist, ein Gesetz, zu welchem diese
zurückgebracht werden mufs~*.
Zweitens verstürkte die reformatorische Lehre von der Bos-
heit und der harten Selbstsucht der menschlichen Natur, welche
sich bei Luth^ so schlecht mit seiner Heiligung des natürlichen
Menschen vertrügt und Calvins logischen Geist unbeabsichtigt
zum Beweis der Unvereinbiirkcit der christliciien Iv^Iin^ von
Gott und dem Mensciien führte — ich sage, diese reformatorischö
* Aai deutÜcli!?tt'n slciit mau den Einschlag der chriatlicUeii Idecu bei
l'homasius. „Die Streitfrage, ob das Naturreclit auf den Stand der Uti-
Rchuld zu giiinden si'i, oder nur dem verderbten Srmi'Ie wxch di in Falle
augeluhe, beäcbättigt ihn ganz ernstlich ... Er .scluldert den Stand des
Paradieacs als einen vollkotnmeDen mit Liebe ; aber er bestreitet, dafs es
in demselben einen Stuat ^egel)eii habe; »ifTin der Stafit ht nicb* olnie
zwingende Gewalt, uuü die uuachuldigen und friedtertigeu Menschen be-
doiften kein«r Zwao]^ . . . Knt nach dem Falle, ab sie von Gott ge»
trennt waren und die Furclit vor üewaltthat die Menschen ängstigte,
ward der Staat ein fiedUrfnis . . . Der Verstand ist dem Menschen auch
nach dem Falle so voUkomincu geblieben , dalä er die gemeinen Kcgelu,
zumal die uatürlichen, erkennen kann. Das natürliche Gesetz wird also
von der pjp^unden Vernunft bcgriften, es ist in notwendiger Übereinstim-
mung mit der Natur des Menschen, wie Gott sie gewollt und geschaffen
hat" Bluntschli a. a. O. p. 231.
- Ranke, Englische Geschichte. 4. Bd. 2. Aufl. , in den SttmmtL.
W. 17. Bd. Leipi^ 1870. p. 20.
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29
Lehre verstärkte die Grundlage der epikureischen Ethik welche
doch eine Lehre des wohlverstandenen ►Sclbsiintcrreses ist. Hat
aber die inf^-nschliche Natur diese Heschaftenheif, d;inn kann auch
die materiahstische Geselkcliattstheorie keinen Widersprucii er-
fuhren. In den theologisch getarbten „Drei Büchern der gött-
lichen Kechtsgelahrtheit'' nimmt ThomasiuB ja an, dals die Men-
schen aus fSnrcht vor Gewaltthat sum Staate gelangen. Dann
kann auch die Vertragstheorie mit in das Lehrgebäude des
Katurrechte^ aufgenommen werden; thatsttchlich haben Gläubige
und ün^laubif^e sie gelehrt. Zudem unterstützte die lieilige
Schrift, die gerade iet7,r MÜgenieiner bekannt wurde, die Ver-
tragBtheorie , da insbesondere im alten Tesüiuiente so viel von
Verträgen zwischen Gott und den Menschen die Rede ist. End-
lich mois der Charakter des Staates darin gesucht werden, daDi
er ane Sicfaerheitsanstalt iat.
Dals die Ansicht von der natürlichen Schlechtigkdt der
menschlichen Natur zu der letzteren Lehre Rlhren muls, erkennt
man deutlich bei Luther. An Herzog Johann von Sachsen
schreibt er: „Wenn alle Welt rechte Christen wären, so wäre
kein Fürst, König, Herr, Schwert noch Kecht nötig oder nütze.
Denn wozu sollte es dienen? Der Gerechte thut von sich
selbst alles und mehr, denn alle Rechte fordern ^. ^ Daher liegt
der Obrigkeit vor allem „die Erhaltung des Friedens und der
ftniseren Gerechtigkeit ob, damit dadurch dem Christentum und
geistlichen Regiment sozusagen der Boden geebnet, die Bahn
freigemacht werde** ^. Ob der Zweck des Staates darin gesucht
wird, dafs er die Mensehen in ihrem friedlichen Erwerl>e oder
das Christentum und geistliche Regiment schützt, ändert an
dem Charakter des Staates in der Theorie uiclits. Diese Er-
örterungen bestimmen mich zu dem Glauben, dafs die ciiriaL-
fichen Ideen in der C^talt, welehe ihnen die Reformatoren
gaben, das Bindeglied zwischen den stoischen und epikureischen
Lduren bildeten, weil sie sowohl den UnschuldszusUind des Men-
schen in inniger Gemeinschaft mit Gott wie die nachfolgende
Verderbnis der menschlichen Natur, die in einem unbegrenzten
Egoismus besteht, umfassen. l)ie christlich • reforuuuorischen
Lehren verleihen dem Naturgesetze die unbedingte Hoheit, welche
1 Pyui sagt« eiiiuml lu einer Parlamentsrede : „Wenn ihr das Gesetz
libwegneliint, so gerafhen alle I%ige in Verwirrung nod jeder Mensch
will sein eicTTiPi Gesetzgeber sein, was, bei dem verderbten Zu-
stande der menechliclien Natur, notwendig die gröfste Ungebühr
hervordeiben mnft. list, Neid, Gewinnsucht, Ehrgeiz wecJcen und seben
dann Gesetze, und welcher Art, das kann jeder leicht einsehen.'' Lech 1er,
dessen W^rk über den enprlischen Deismus difse Stelle entnommen ist,
bemerkt dazu; ..Da haben wir unter puritanisch-orthodoxer Far-
boag die ganze Voraussetzung des natürlichen Kriegssnstaades, der die
Gnmdlaee der Hobbes'sehen Tlieorie bUdet." p. 101.
* Ilaltenborn, a. a. 0. p. 206.
* Th. Ziegler, a. a. O. p. 451.
80
es bei den Stoikern besitzt; sie anerkennon fV\9 nnttirliclic
•Schlechtigkeit de« Mensclien, den Staata vertrag und Frieden und
Sicherheit als alleioigen Zweck des Staates. (Jerade die.se Durch-
driogung des stoischen und epikureischen l^aturreclites. die sich
ursprünglich feindlich gegenttbentBheo, kennidchiMl aas Natur-
recht emiger der henrorragendsten Philoiophea imd Juristen.
Dur dort» wo die antike Auffassung der menschlichen Natur
oder die stoische Lehre die epikureiach-refonnatoriache über-
windet, verseil windet der eine odfr andere der genannten 7A\i^e.
l 'HOiit 181, soviel icli sf lieii kann, die Darstellung den lün-
flusües der Reform,. tion iut daß Naturreclit erschöpft Hervor-
ragende Juristen seheu aber die W irkung der Keforiuation noch
in etwas viel Wichtigeren). ^Der Grundsats der religiösen FVei-
heit," meint Robert Ton Mohl, ^mufste mit innerer Notwendigkeit
sich Musdclinen auf das Gebiet der staatlichen Freilieit und
schuf auch hier, verbunden mit der gemmnischen Anerkennung
der Persönlichkeit, ein ganz neues Leben" *. Nocfi deutlicher
drUckt Bich Kaltenborn aus. „Die nac^fol^enrlc Kntwickinng
der naturrechtlichen Disziphn ist eine kon6eiju«'nte i>urchtuiirung
und Anwendung des evangelisch - protestantischen Grundsatzes
von der religiösen Freiheit Denn in das Gebiet des Rechtes
und Staates erhoben, mufrte dieser Grundsatz aur Anerkennung
der politischen Freiheit, also zur Billi;;ung und Errichtung
eines Rechtssystcms, dner Ordnung von Recht und Staat filhren,
worin in allen Stufen und SphHren des politischen Wesens die
Pei*srtnlichkeit des Menschen, das Recht der Pei-son ein wesent-
liches Fundament bildet" °. Gegen diei»e Ansicht stofson mir
aber so viele Zweitel auf, dafs ich sie nicht annehmen kann.
Sie lassen sich aber nur in einer Darstellung, welche weit über
den Rahmen dieser Schrift hinausgeht, genügend begrttnden.
Ebensowenig sind die liberalen Forderungen, welcoe manchem
den eigentlichen Inhalt des Naturrechtes zu bilden scheinen, not-
wendige Folgerungen aus den naturrechtlichen Grundanschau-
ung* n Denn das Naturreclit bezeichnet lediglich eine bestimmte
Art lies Heclites, welches aus der Tnenschlichen Vernunft hervor-
geht und gewöhnlich auch aut universelle zeitliche und ortliehe
Geltung Anspruch macht. Welchen Inhalt das natilrliclie Recht
hat wird damit nicht gesagt. Aus der Lehre von der Freiheit
und Gleichheit im Naturzustände folgen noch nicht die Grund-
sätze der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Freiheit Die-
jenigen modernen Systeme, welche auf epikureischer Grundlage
oeruhen, haben die Freiheit und Oleichheit des Naturzustandes
durch den Staatsvertrag wieder beseitigt, wie das von ihrem
' Mohl, Geschichte und Litteratur der ätaatswisaenscbaften. 1855.
Bd. I, 227.
* Kaltenborn, a. a. O. p. 49.
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X 2.
31
Standpunkte konsequent war; den Philosophen, welche das
stoische Natamcht zur Basis machten, war es leicht, dem Indi-
Ttdualismus zum vollen Siege zu verhelfen; aber auch liier p^eschah
•e« nirht sofort, entwrdf r weil sie die stoischf-n ( inindanöchauun-
pen veriindfTton oiler weil sie; durch zwei epikureische Gedanken-
elenienic, die Lehre vom Naturzuätaade und voiii Staatävertrag,
in der freien Bewegung gehindert wurden. Erst Locke veratand
«s, diese Schwier^etten zu beeeitigen. Es htelse die trabenden
Kräfte der Entwicklung mifskennen, wenn man diesen Fortgang
allein Rir einen theoretischen Vorgang halten wollte; eine wahr-
scheinlich viel einflnfsreichere Rolle hahen die Bedürfnisse be-
stiTTiTJUer Völker, niiu [itip-er Klassen und Individuen gespielt. In
das Naturrecht Iluchtete oich aller religiöse, politische und wirt-
achaftliche Jammer der neuern Zeit. Mit den Bedürfnissen
Anderten sich die Lehren, und das BedOrinis individueller Frei*
heit hat den Sieg des stoischen Natunechtes entschieden, Dafs
diese Meinung das VerhlÜtnis von Leben und Lehre richtig auf-
fafst, beweist am besten die Thatsache, dafs auch im stoischen
Naturreehte nicht sofort und von Anfang an ein umfassendes System
der subjektiven Freiheitsrechte gelben wird, sondern dafs diese
nach und nach auftreten, wie es die Bedürfnisse einzelner Völker
und Klassen bedingen, und da s so das subjektive Naturrecht all-
mählich anschwillt Vom religiösen IndividualismuB gelangen
wir zum politnchen und sozialen und von diesem zum wirt*
achaftlichen.
Diese Erkenntnis läfst Refornuition und Liberalismus vor-
urtcilstVei betrachten. Beide sind Produkte der Bedürfnisse nuieli-
tiger Klassen der Zeit. Weder die eine noch der andere sind
an »ich die Prinzipien alles Übels in der modernen Geschichte,
und die erster« ist nicht die Mutter des zweiten. Der Liberalismus
wurde erst dadurch schädficb, dafs er sich in an naturrechtUches
Gewand hiülte und nun erstens die doktrinäre, unbisto-
rische Grundlage des stoischen Naturrechtes in
die Köpfe und Gefühle grofser Massen iiberp:ing
und Äweiteu.s z e i 1 1 i c Ii b e r e c Ii t i g t e un d beschränkte I > e -
d uj- 1 II i e mächtiger Klassen den 8tempel gottge-
wollter, lür alle /leiten und Völker geltender For-
derungen erhielten. Nun binderte er neue, zeitfich berech-
tigte und beschränkte Bedttrfiiisse anderer ' Klassen daran, be-
medtgt SU werden ; er sperrte dem politischen, wirtschafUichen,
sozialen Fortschritt den \N eg; der plulosophische Individualismus,
ein Produkt der Auflösung des Altertums, wurde, auf die modernen
Völker übertragen, ftir sie ein Ansteckungssloff, welcher wiederum
Auflösung erzeuiite : tier Liberalismus erhielt jenen unduldsamen,
fanatischen Ciiarakier, welcher religiösen Bewegungen eigen ist;
seine Anhänger fragten nidit mehr, ob die Fn&elt zweckmäfiiig
aci, sondern sie handelten nach dem Grundsatze: die liberalen
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32
X 2.
Ideen müssen durchgeführt werden, welche Folgen sich auch
einstellen mögen.
3.
Die Politik.
Als dritter Faktor wurde die Politik genannt. Sic liat
die junge W iswenschaft nach mehreren Riciitungen beeinfluüt
Wie die Politiker die l'raxis ihrer Staaten umzugestalten
sachten, gaben sie den Naturrecbtaldirein den Anstofs, Ideale auf-
zustellen, FHnzipieii au formulieren. Einige Naturrechtslehrer, a* B«
Oldendorp, sprechen diese praktische Tendenz ihrer Werke gana
offen ans. Allerdings brauchten die Bedürfnisse des politischen,
sozialen und wirtschaftlichen Lebens nicht immer durch die Pohtik
vonnittclt zu «ein. sie konnten den Naturrechtslehrern auch un-
mittelbar Antiiüb 7.11 wissenschaftlicher Arbeit werdend Dann
sind die organische Auffassung des Staates, die durchaus ver-
Behiedenartige AnaljBe der menschfichen Kator, welche der An-
BchluiB der Politiker an Aristoteles mit sich brachte, welter die
apätrOmisehe Lehre von dem Verhältnis des Staatsoberhauptes zu
den Staatsgesetzen treibende Momente in der Entwickelung des
Naturrechtes gewesen. Gleichfalls Inl^^n die Vertreter der
Doktrin von f|fT Staiitsraison kläri'nd aul das Naturrecht ein-
gewirkt. So wurden Thomasius und Andere auch durch den
Kampf mit den „Statistae angeregt, die Gebiete des Natumchta
und der Politik zu sondern.
m.
Die Begrüudimx des Natiirrechtfi als selbständige
Wissenschart.
Nachdem wir auf den Torhcrgehenden Seiten die theoretiacheD
Faktoren der neuen Wissenschaft kennen gelernt liaben, wollen
wir die grofsen Systeme d^ s moflornen Naturrecht^ ( Ii tulctvrisieren.
Es wird sich zeigen, dals ilir Aufbau durch die psycholoi^ische
Analyse und die Schilderung des Naturzustandes nos Mensciien.
welclie der Naturrechtslelirer beliebt^ wesendich bestimmt wird.
Diese beiden Elemente weichen, wie wir wissen, im epikuieiachen
und stoischen STStem sehr von einander ab. Seine Fündamente
wählt der Philosoph nicht willkttrfich. Die politischen und
sozialen Verhältnisse seiner Umgebung, die philosophischen Ideen
und die Rildimn- seiner Zeit, sein Geist und ^'in Charakter
und niclit zum mindesten das politische Ziel, für dessen Ver-
vs ü kiichung er wissensoliafthch eintritt, drängen ihn in eine be-
stimmte Auffassung hinein.
1 Kaltenborn, a. a. 0. p. 109. III.
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X 2.
33
1.
Hugo Grotius.
Wir übergehen die Vorgänger des Hugo Grotius auf dem
OeVtiete des KRtiirrechtes und Völkerrechtes, da es uns nur auf
die Ht'i^ orhebung des Wichtigsten ankommt. Das berühmte
V\ erk ,,1 her das Recht des Krieges und Friedens", welchem
Grotius eine naturrechtliche Erörterung voranschickt, spiegelt die
Zeit, die Bildung und den Charakter de§ Verfiuflers wieder.
Holland. Ton äufsem Fanden bekämpft, von politischen und reH-
fiösen Parteien innerlich zerrissen, hierin den allgemeinen Zustand
er Zeit widerspiegelnd, in seinem völlig freien Handel, der Grund-
lago pei' i r rnator!f^llen Blüte, bedroht, bedarf äufseren und inneren
Frieden; iiaiideistreiheit und ein Recht, welches flir Katholiken
und Protestanten, Lutheraner und Reformierte, Cliristen und
Atheibtcn bindend ist Auf dieses Land ist mfolge der franzö*
Aachen Bürgerkriege, insbesondere der Berafun|ir Scaligers an die
Universität Leyden, der Primat der Philologie übergegangen.
Die humanislischen Stadien stehen in hoher Blüte. Ein wohl-
wollender, edler Mann, von Heruf Jurist und mit der römischen
Rechtswissenschaft vertraut, der i?ohn de.s Kurators der I.ryrlf ner
UnivermtJlt, ein Schüler Scaligers und dea Justus Li|)siub, .selbst
ein gründlicher Kenner der klassischen Litteratur, entnimmt (irotius
aus den Schriften der griechiachen und römischen Philosophen die
Grand- und Ecksteine der neuen Wissenschaft'. Aach seine
Ausführungen sacht er mit CStaten &m den SchriAstellem des
klassischen Altertinns zu stützen, sein Werk strotzt in unange-
nehmer Weise von kla8.si.selier Gelehrsamkeit.
Qrotius ninmit drei Arten von Reclit an : das Naturrecht'-,
das göttliche Kecht und das bürgerliche Recht. Quelle des ersteren
GemeinMliaft**^. Der Mensdi habe nämlich den Trieb
einer mhigen und nadi dem Mals aemer Einsicht geordneten Ge-
meinchaft mit seinesgleichen, welche die Stoiker OixBiwaiv
nannten"*. Dieser Trieb wirke unabhängig von der Rücksicht
auf den Nutzen. Dies ersehe man daraus, dafs die Tiere ihre
Sorge für sich selbst im liinbUck auf ihre Jungen mäfsigten und
bei Kindern früh Mitleid und die Neigimg wohlznthun hervor-
träten. Ist nun nach Grotius dieser ^IVieb nach einer uninter-
essierten Gemeinschaft bei allen leb^den Wesen su finden.
I Die Behauptung des GrotiiiB, er habe auf die Streitfragen seiner
Zeit keine Rücksicht f^eii iinmen CEinl- itiing JS"^), w\der]efgt nsine Ansicbt
nicht, d&lji er durch die iStreitfragen angeregt wurde.
* leh erwllme das jus natnnüe lasrns lucht , da es mir nur anf die
klare und dentliche Hervorhebung des Wesentlichen ankommt.
' Einleitung 8. Die wörtUcoen Anfährongen nach der Übersetzung
von Kirchmano. 1882.
tanOuatßn («) X 8. — flaaWb.
8
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84
80 verbindet sich bei dem ]^r('n>chen, wenn er in das reifere Alter
getreten ist, mit diesem , »starken, geselligen Trieb, fUr den er
allein vor allen ( Geschöpfen das besondere Älittel der Sprache be-
sitzt, auch die Fähigkeit, allgemein e Regeln zu fas.sm ,
welche auf die Verwirklichung dieser Gemeinsehaft hinzielen, u ii d
danach au handeln. Was hiermit Ubereinstimmt,
das ist schon nicht mehr allen Gfeschtfpfen gemeinsam, sondern
der menschlichen Natur eigentumHch'*'* Wie man
sieht, nimmt Grotius, wie die römiscäen Joristen, ein engeres und
ein vveiteres Naturreclit an.
Dem 80 aus dem uninteressierten Triebe nach GeselliLrkeit
und der menschlichen Vernunft entstamm ('nd(?ii Kechte gelioren
folgende Siitze au : 1. daCs man sich des fremden Gutes enthalte
und das Genommene zurückgebe, 2. dals man den durch eigene
Schuld yeranlafsten Schaden ersetze^ 8. dafs das (Jnrecht durch
die Strafe wiederveigolten werde und 4. die Verhindlichkeit«
gegebene Vorsprechen zu erfüllen.
Um das Naturrechtliche scharf von dem Nützlichen m imtcr-
Rclu'iden, sagt er ausdrücklich, dals uns unsere Natur xu ( Jemein-
Hciuift treiben würde, auch wenn wir keine Hedürfniäse hätten^;
um die Hoheit des Vernunftrechtea hervorzuheben, es sei so un-
veränderlich, daß} Gott es nicht verändern könne'. Aber Grotius
hat zu lange in der Schule der Stoiker verweilt, um die Ver-
hindung des Naturrechtes mit Gott zu lOsen. So behauptet er
denn : „Aber selbst das obenerwähnte Naturrecfat, sowohl das ge-
sellschaftliche, wie das im weiteren Sinn so genannte, nmfs. ob-
gleich rs aus den inneren Principicn des Menschen abHiefst doch
in Wahrheit ( jott zuge^chriclx'n werden, weil er ja gewollt hat,
dafs solche l*rincipien besteiicn. In dieaeui Sinne s^igten die
Stoiker und Ghrysipp (eben&Us Stoiker), dafis man den Ur-
sprung des Rechtes nur hä Jupiter suchen müsse, und wahr*
Bcheinlich hat bei den Lateinern das Recht (jus) seinen Hamen
von dem Jupiter (Jovis) erhalten"*.
Gott, mittelbar die Quelle des Natm*reehtps, ist unmittelbar
die Quelle des g<)ttliehen Rechtes^ welches auf seinem direkt aus-
gesprochenen Willen beruht.
Haben nun also Natuirecht und göttliches Recht ihren lie-
rUhrungspunkt in dem höchsten Gesetzgeber, so fehlt auch die
Verbindung awiachen Naturrecht und bürgerlichem Recht nicht.
Nach Grotius gehört es ja zum Katurrecht, dafs man gegebene
Versprechen enUlle. Hieran knüpft er das positive Recht an.
,,Weil es natürlichen Rechtes ist, die Verträge zu halten
(denn irgend ein \\ eg, sich zu verpflichten, wai* iUr die Alenschen
> Einl 7
■ Einl. IG.
* B. I, Kap. I. X, -j.
* Eisl. 12.
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Z2.
35
notwendig; und ein nAtärlicherer, als der Vertrag^ läfst sich nicht
auffinden), so ist aus dieser Quelle das bürgerliche
Recht ontstfinflpTi. Doiin die, welche sich einer Gemeinschaft
anschlielÄcn und einem oder nielireren unterwerfen, versprechen
entweder ausdrücklich oder stillschweig'end, wie man nach der
Natur der Sache anneiimen mul't», dals sie dasjenige beiol^en
«flrdeo, was entweder die Mehrheit der G^onemchaft oder die^
welchen die Macht übertragen war, festgesetzt htttfeen"^. Jene
erwähnte Vergesellschaftung oder Ünterwerfting hat aus irgend
einem Nutzen ihren Anfang genommen'' ^ Im ersten Buche
befindet sich nun eine Definition, welche jilles berüeksiflinY'-t, was
wir bis jetzt besprochen haben. „Das natürliche Kcelit
ist ein Gebot der VernuTift. welches anzeigt, dafs einer Handlung
wegen ihrer Übereinstimmung oder NichtUbereiüötimmung mit der
▼emtbiftigen Natur selbst eine moralische Hftlslichkeit oder eine
moralische Notwendigkeit innewohne^ weshalb Gott» als der Schöpfer
der Natur, eine solcAe Hiuidlnng entweder geboten oder verboten
habe**«.
Alis fliesen Grundzügon wird man ersehen, dafs das Orotia-
nische Naturrecht sich sehr stark an die stoischen Orundanschjiu-
nngen anlehnt. In allen Werken über die Geschichte de-s Natur-
rechtt» wild behauptet, dai'ä er die 8ocialitiits»theorie dem Aristo-
teles entnommen nahe. £r selbst beruft sich auf die ohjtitaai^
der Stoiker, die doch auch diesen Teil der Ethik unendlich srttnd-
ficher erörtert haben als Aristoteles. Wo er das Naturrecmt auf
Gott zurückftlhrt, citiert er die Stoiker. Wo er im zweiten
Kapitel des ersten lUiche«* -Ii«' menschliehen Triebe besprielit,
hält er sich an Cicero, und er bemerkt, dals dieser seine Lelire
aus den Büchern der Stoiker genommen habe. Augenscheinlicli
ist die Socialität bei Grotius in eine Stellung gerückt, die sie bei
den Stoikern nicht besitzt Er leitet aus dem Princip der Qesellig-
kdt den Begriff des Rechtes ab, er kehrt in gewissem Sinne die
stoische Anschauung um. Walirscheinlicb hat er gerade dadurch
dem Naturrecht eine festere Basis zu ^ben gesucht; denn die
gesellige Natur des Menschen kimn erwiesen werden, nicht aber
da.s Dasein dor feurigen \'ernunlt '). Vielleicht wurde er auch
durch religiöse Bedenken davon abgehalten, sich zu der panthei-
1 £inl. \h,
* Eml. 16.
• Bucli T, Kap. I. X. 1.
* Bach 1, Kap. II. 1. Jene falsche Meiuimg ist waliracbeinlich durch
Grothis' Uenrorhebung der Bedeutung des Aristoteles entstanden (Einl.
£r sagt aber aadi, er wolle das Gkite nehmen, wo er ss finde —
wie die alten Christen.
• Vergleiche über Grotius* Methode B. I, Kap. I. XII, 1. Es
gebe einen doppelten Beweis für die Existenz naturrechtlicher ßeetim-
muTiffeii: der dircktr Xachwci- ] if? r'twas notwendig mit der vernünfti-
gen Natur and Geseildchaft übereinstimme) sei scbarfsioniger; der indirekte
sd die Üboretnstimtnttng der Völker.
3*
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86 X2.
stiscben Grundlage des 8toisc]ien NatuiTechts zu bokonnor! Aber
das Naturrecht verliert andereröcits den Charakter einer unbe-
dinp^n Hoheit, und so iiiufs es nachti-üplich doch wieder in Ver-
bindung mit Gott gesetzt werden. Gott ial dann aber auch das
h^disle Princi^ des Natorrechta, nicht die Sodalitttt
Seihen wir aeUielslich, wäches Verhältnis Grotias swinhen
Naturrecht und bürgerlichem Recht annimmt. Er sagt: „Das
bürgerliche Recht kann gar nichts gebieten, was das Natonecht
wrljirtct, ndor verbieten, was dieses gebietet; nbor kann
die na t II r 1 i c Ii e F reihei t h fach r ä n k cn und das naturrecht-
Uch Erlaubte verbieten und selbst den natürlichen Erwerbsarten
des Eigentums durch seine Kraft entgegentreten*.
2.
Gassendi.
Ein Jahr vor dem Werke des Qrotiiis war die errte Schrift
Gassendis über Epikur vollendet worden, der tn den ▼ienij^
Jahren des 17. Jahrhunderts noch awei andere folgten. Hier-
durch feierte der Epikureismus seine volle Wiederauferstcliung.
Nicht als ob er vorher nicht bekannt gewesen wJtre, es wurde
Bclion vursf hieJeneoiale crwjihnt, wie er im stillen stets tortlebte
und hier und da an die Öifenliiciikeit trat. Durch Gasöendi
werden ntm auch die epiknreischea Lebren tod Redit und Staat
wieder allgemeiner bekannt
Bei Grotius sind einige Bestandteile des Einknreismus in der
früher Migedeuteten Weise in sein System verwoben. Auch er
nimmt einen Zustand des Unfriedens unter dvm ISronschence-
schlechte an; aber im Anfang herrschte Frietle und Eintracht,
und alles war genieinsam. Den Übergang aus diesem in jenen
hat die biblische und klassische Gelehrsamkeit des Verfassers in
eine eigentttmliche Bdeuchtimg gerückt'. Wir sehen auch bei
Grotius den Staatsvertrog mehr beÜAufig angedeutet Den Staat
definiert er folgendermafsen : „Der Staat ist eine vollkommene
Verbindung freier Menschen, welche sich des Rechtsschutzes und
des Nutzens wegen r.usammengothan haben*'". Di^se Lehre
konnte ihm durch die mittelalterlichen Schriftsteller und ihre
Fortsetzer, die kaUiohschen Autoren über das Naturrecht uber-
kommen sein. Dage^n reproduziert Gassendi einfach die epiku-
reische Lehre, und bei ihm erscheint sie mit allen ihren socio-
logischen und ethischen Voraussetzungen, welche den grotianischen
schnurstracks widersprechen.
Im Anfang irrten die Menschen gleich Tieren umher; dann
wurden sie durch „quek^ue naturelle incUnation^' veraidaftt, an
i D, 2, V.
« II, 2, II, 2 ff.
• 1, 1, xiV, i.
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37
Horden stuammensutreten. Aber da nun immer „quereHes snr le
boire et sur le manger et sur les femmes et mv les autres commo-
ditez qii'ils sc prenaicnt et se d^robaient i un a l autre" entst'indeü,
beschlossen sie einen Vertrag folgenden Inhaltes einzugehen. Es
sollte in Zukunft niemand aen andern verletzen : wer uch aber
einer SebMdigung schuld^ mache, den sollten die andern be-
etiafen. Dam war eine Gewalt nötig, und diese Übertrug man
auf önige „Sages*^ oder auf einen. Nun wurde es möglich,
Eigentum zu haben, der Mord ward zu einem Verbrechen
gestempelt, Gcreelite und T"^nf^rTechte wurden unterschieden, je
nachdem sie dvn Kontrakt beobachteten oder nicht. Die einen
handelten aus Einsicht, die andern aus Furcht.
Hier öiad alle Züge der epikureibchca Lehre. Das Kecht hat
«eine Wurzel nicht in der sittlichen Natur dea Mensehen, die ihm
Torschreibt: Das aoUst du thun, das nicht, sondern in dem Sdbst-
erhaltungstriebe» in den Bedürfnissen des Einzelnen; das Recht
ist eine Art des Nützlichen. ,,Epicure," sagt Gassendi, „a tirö
toule l'origine du Droit .... de rUtillte.' Es entsteht mit der
menschliclien Geaellschaft, aufserhalb derselben giebt es kein
Recht. Zwischen Völkern, die keinen Vertrag miteinander ab-
schlielsen konnten oder wollten, existiert ebenfalls kein Recht.
Ein Völkerrecht ist ein Unding ^ Unser Schriftsteller sucht mit
dem Aufwände grolser Gelehrsamkeit seine Ansicht zu vertreten
und polemisiert gegen die Lehre vom goldenen Zeitalter. Die
Sagen von Orpheus und Amphion zeigten doch aucli, dafs die
Völker ur8priinr.Hich ein umherschwcif<'ndo8 Treben geführt hätten
und Sitte und Kecht erst mit der Gründung des fcitaates ent-
standen wUren. Auch Aristoteles habe gelehrt: „La sociöt^ dvile
semble avoir commenoS et subsiste cncore prösentemcnt par
rutilitl'* Er weist darauf hin, dals wir in der Heiligen Schrift
«feto ^n Verträgen lesen Gassendi aeigt auch diäelbe Vor-
• Bern i er, Abr^^ de la PhiloBophie de Gassendi. 2. A. Lyon
1684. Tome VII, p. 512 u. fig. Le droit et le Joste . . . semblent Itre
quelque chose d'auasi ancieu eutre les hommes que leurs muttielles Hociete^
eout ancieunca. — Car le Jiute ou le Droit, dout l'ob&ervation se nomrae
Jastioe, n*e9t que dans one Society rnntaeUe, d'oü vient que la Justice
est un llen <;nciot6 entant quc chacun des Asaocies peat vivre flO
Moret^ et exetuut de l'inqui^tude continaeUe quon ue l'attaque . . .
Über die Entstenmig det Eigentums bdfst es, jener Vertrag ad ^le
premier nd'ud de 1h socletc-" gewesen . . . il suppoaa qu'un particuUer
pouvoit avoir ^aelque chose en propre ou qu'il peust dire estre sien
(»oit pour l'avoir ueurpä le premier, soit pour lui avoir ejit<^ donn^ soit
Sour l'avoir eu en ^cnanf^, aoit pour Tavoir acquis par sa propre in»
oBtrie). Hier erscheint die Arbeititheom Lockea und der i'hjaiokiaten
nur b^äu% und im Keim.
* II n^ a fien de plua ordinaire parmv les Sacrez Docteurs que
dV>!itPndrr dire que Tüne et l'autre Loy, tant i'Ancienne quc la Nouvelle,
t»t uue Alliauce, un Pacte; et il n'est rieu de plus frequent dans les
SefaiteB BeritDTCs «pie de lire que IXea ffut des Pactes, eemme avec No4^
avee Abiahaiii, avec Jacob etc. a. a. 0. ]>. 525.
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88
X 2.
liebe (Ur eine starke monnrchiHche Gewalt, die charaktemttBch für
die epikureische Doktrin i8t^
3.
Hobbes.
Aber nicht durch Gassendi selbst, sondern durch Hobbes,
den Zeitgenossen der Männer, welche England in einen fürchter-
lichen Bürgerkrieg stürsten, den langillhngen FVennd und Mit>
Streiter Gassendi's &ir die Wiederb^ebung des MaterialiBmiu^.
sollte der JOpikureiemus ein Ferment in den politischen Wissen-
schaften wcnlpn. Seine p-oft^en Werk(3 Uber den Btirgt-r'' und
,,der Lcviathan" ruhen unzweifelhaft auf der Grundlage der
epikui-eiöchen Li*hren ; aber sie sind zugleich vom Geiste des
cnrisdichen Naturrechts erlüllt. Und doch ist das Ganze eine
neue, eigentümliche Schöpfung von eiserner Konsequenz der Ge-
dankeoy der es hier ond da nicht an grimmigem Humor gebricht,
zugleich ein Zeugnis flir das tiefe BedUrfiois Englands nach
Frieden und einer starken Staatsgewalt.
Das freundliche Licht, wrk-lies der milde Propst von Digne
noch über dir menachhche Natur austrf'irossen hatte, wird durch
den mifstrauiöc liPTi Ernst des cinsiedlen sehen Engländers ver-
dunkelt. Nach Gassendi vereinigen sich die Menschen durch
natttrHcbe Zuneigung zu Horden; die Individuen aber, die in
Hobbes' Werken den Staatevertrag abschliefsen, lieben einander
nicht: sie fUrchten sich gegenseitig und suchen die Gemeinschaft
nur deshalb, weil ein jeder Ehre und Vorteil darin zu finden
hofi^. So bereitet er sich psychologisch den Boden fUr den
genialsten Zug seiner Theorie: Die Verlegung des ünter-
werfungövertrages in den Vereinigungsvertrag ^.
Neu und eigentundich ist seine Formuheruug und Weiter-
bildung des epikureischen Katuirecfates, das in seinen Grund-
lefaien liertehen bleibt. Von einem Natunecht im stoischen Sinne
kann keine Rede sein, da die roetaphysisohe Vorausseünmg der
allwaltenden Vernunft fehlt. Hobbes nennt Naturrecht das
schrankenlose Recht der freien und gleichen Menschen auf alles
im Naturzustände, was den Begriff des Unrechtes ausschliefst
Indem aber nun die von Selbstsucht und Furcht bewegten
Menschenutome feindhch gegeneinander drilngen und stofsen, ent-
wickelt sich die Erkenntnis des Elends der {ulgemeinen Unsicher^
heit und Entwicklungsunfkhigkeit. Und nun lehrt die Vernunft,
dala der Friede anin streben sei, als Mittel aar Erhal*
tiing des mensc!ilic!ien Oeschlechtes und des Einz«>!nen. Dieses
Vemunftgebot nennt er das Naturgesetz. Die Verwandtschaft
' a. a. O. p. 367.
* Vgl. Qierke, Althuaius p. 86.
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39
und die Verschiedenheit dieses Begriffes von dem dea ib ^ i^g q iüuug
dhtaiQv £pikars wird imimttelofur einleuchten.
Ans oieeem Grundsesetz der Natur leitet nun Hobbes eine
Reihe besonderer natürlicher Ocsctze ab. Das erste dieser
letzteren besagt, dafs das Hecht aller auf alles nicht beizubehalten
ist, sondern dafs einzelne Rechte zu übertragen otler aufzugeben
sind, weil der BViede auf keine anthTe Weise gesichert werden
kann. Wenn zwei oder mehrere si( Ii ihi*e Rechte gegenseitig^- iiber-
Uagen, so iieiiät dies ein Vertrag. Die Vernunft schlielbt diiiicr
(«weites Gesets), dafs Vertrnge gehalten werden mllssen, weil
dies allein die EnialCung des Friedens und damit die Erbaltong
der einzelnen und der Gattung verbürgt. Die Vernunft lehrt
wei er die Notwendigkeit der Dankbarkeit als der Voraussetzung
fegcnscitiger Hilfe, der Verzeihung, wenn Rfir^'-sf liaft für die Zu-
unft geleistet ist, der Billigkeit, der Bescheidenheit u. s. w.
Diese natürlichen Folgerungen der Vernunft lieifsen nur uneigent-
lich natürliche Gesetze. Da sie aber mit den Vorschriften des
göttlichen Geseties tthereinslimmen, was er im vierten Kapitel
setner Schrift „Über den BOiger*' nachweist^ so darf man den
Folgerungen der Vernunft die Beseichnung ^^natttrliche Gesetze''
beilegen^. Aufserdem ist die natürliche Vernunft ein von Gott
verliehene E^kenntnlsmittel und darum das natürliche Gesetz
dasjenige, „welches Gott durcli sein ewiges uns eingeborenes
Wort, d. h. durch die natürhche Vernunft Ivund gethan hat'*'.
Die Befolgung dieser Gesetze im Naturzustande seitens
einselner wjire Thorheit, solange nicht alle sie befolgen^.
• ^Was ich die naturlichen Gesetze nenne, sind nur gewisse
Foleerungen, welche die Vernunft erkennt, unl die sieh auf
Handlungen und Unterlassungen bezirh n I>ag<'gen i.st das Gesetz nach
dem strengen Spracbgebrauche der Ausspruch dessen, der andern etwas
so firan oder so nnterlaaseo mit Recht oefiehll Dsher nnd jene natftr>
liclicn (Jes^ ^Zl> eig(!ntHch keine Gesetze; denn sie ^'chon aus der Natur
selbst hervor^ soweit sie indes von Gott in der Heiligen >Scbnft gegeben
worden sind . . ., heifsen sie recht eigentlich auch Gesetze; denn die
Heilige Schrift ist ein Ausspruch des mit dem höchsten Rechte über
alles gebietenden Gottes." De t ive, Übersetzung von Kirchmann, Kv>v. TTF,
p. Cd. Die vorliegende Darstellung fui'st fast allein auf diesem Werke
es Hobbes, der Leviathan ist nicht in Betracht gezog^ Siehe die Be<
lechtigang dazu bei Rirchmann p !?^2
« a. O. p. 174. YgL p. m Kap. XV. § 8: Gott kann seine Ge-
istee . . . TeiMfidigen entens dnreti die snluehweigenden Gebote der
rechten Vernunft u s. w.
" „Die meisten Mensclien sin«! infolge des falschen liepelircns nach
dem gegenwärtigen Vorteil wenig gueiguet, die vorgenannten (iet>ctze,
obgleich sie sie anerkennen. 2u bero^^. Wenn daher einzelne, die ^e-
musigter diV iilni^' -u sind, diese von der Vernunft pjeliotene Billig-
iieit und Kueküicht Üben wollten, ohne dafs die ander» dasselbe thüteo,
so wttrden ne damit ketneewegs der Vemunft folgen: denn sie wfbden
sich nicht d n Fri den, sondern nur einm -i< lireren und frUhzeititreren
Untergang bereiten und durch I^eobachtunK der Gesetze eine Beute jeuer
werden, welche sie nicht befolgen,^ a. a. 0. p. 65. III, § 27.
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40
X 2.
Allein es gonüg^t auch noch nicht, wenn die Mehraahl hiersu ein-
willigt; denn die Eintracht der Verbündeten hinn durch Ver-
schiedenheit der Ansicliten, durch Neid und NebenbuhleFschaft
getrübt werden. Sohmge niclit eine Furcht alle zwingt,
werden sie einander weder immer hellen, noch FrirdfTt unter-
einander halten wollen. Die Sittlichkeit des Individuums mt nur
möglich im bt^iatc.
Der Staat kommt dadoreh aogtandc^ dals „die einzeben
ihren Willen dem Willen eines einaeben, d.n. eines Mensehen
oder einer Versammlung, so unterordnen, dafs dieser Wille
filr den Willen aller einzelnen gilt, »oweit er etwas über das zum
ffOTP. einsamen Frieden Nötige bestimmt, und zwar vermittelst eines
Vertrages, durch welchen sich jeder ^e^'^n jeden verpflichtet,
dem Willen fliesen einen, dem er sich unicr vorten hat, keinen
Widerstand zu leiaten". Dieser erlangt d;idurch ,,eine so gioläe
Macht, dafs er durch den Schrecken derselben den Willen der
emzelnen zur Einheit und Einigkeit zusammenhalten kann^'^.
In der so gebildeten bürgerlichen Gesellschaft, die also erst
Eigentum, Sicherheit des Lebens, kurz materielle und sittliche
Kultur ermöglicht, ist der Inhaber der Staatsgewalt die Quelle
alles Rechtes und alh r .Sittlichkeit, ohne docli selbst an die Ge-
setze des Staates gebunden zu sein. „Da es für den Frieden noch
wichtiger ist, den Streitigkeiten zuvorzukommen, als die ent-
standenen zu schlichten, alle Streitigkeiten unter den Menschen
aber aus ihren verschiedenen Meinungen Uber das Mein und Dein,
das Rechte und Unrechte^ das SitÜiäe und Unsittliche und ähn<
liches entstehen, wobei jedermann seinem eigenen Urteil folg^
gehört es zur höchsten Staatsgewalt, für alle
Bürger gemeinsame Regeln oder Mnl'se aufzustellen und öffent-
lich bekannt zu machen, aus deuen Jeder abnehmen kann,
was »ein und was dea andern, was recht und was unrecht, was
sittlich und was unsittlich, was gut und was schlecht
ist'**. Im Naturzustände, solange die einzelnen sich noch nicht
der Herrschaft eines andern unterworfen halten, stand jedem ein
Urttü über das Gute und Schlechte zu; im btirgerlichen Zustande
ist gut und schlecht, wns der Oesetzgeber gebietet*. Die Ver-
pfliclitung zur Heobachtung des Staatssittengesetzes beruht auf
dem Naturgesetze, dals Verträge gehalten werden müssen*. So
erhebt sich die Frage, in welchem Verhältnisse die drei Arten
von Gesetzen zu einander stehen. Wenn wir llobbes richtig ver-
' a. a. O. p. 84. Kap. V, S 7, a
« a. a. 0. p. 91, Kap. VI, | 9.
" a. a. O. p. 147. Kap. XII, § 1.
* „Da somit die Verbindlichkeit zur Beobachtung jener Gesetze älter
ist als inre Verkfindlgiiug, weil sie in der Errichtung des Staats vermöge
des uatUrlii^hen Geeetzeß mit enthalten .sind, welcher die Verletzung
Verträge verbietet, so gebietet auch das natürliche Gesotz, dnfs alle Ge-
setze des Staates beobachtet werden sollen," p. 177, Kap. XIV, § 10.
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X 2.
41
ßlandcn haben, war er der Ansicht, dalö f^ie sich an sich gar
niclit widersprechen können. Wir sahen, wie in seiner Lehre aas
natürliche und das göttliche Gesetz a priori und a posteriori tiber-
einatiinnien. Dafii die iwrgetr.-igenen Ansichten Uber die Rechte
der StaatBgewalt mit der Heiligen Sclirift im £mklang nnd, encht
er im 11. und teilweise im 12. Kapitel seines Werke« lu be-
Wttsen. Die Vorschriften des bürgerlichen Gesetzes können eben-
«owenii^ dem n?\tlir1ichen Ot^sftzo widersprwlien, weil die Vernunft
die C^uelie beider ist und beide dasselbe Ziel. Erhaltung des
Friedens, anstreben*. Wohl enthält das bürgerliche Gesetz mehr
und andere Forderungen als das natürliche Gesetz, vornelimlich
deshalb, weil sieh der meUsehaftliche Znstand verBndert hitf
EhidUch ist die Herrschan des Staates auf dem religiösen Gebiete
nur scheinbar vorhanden, da nach Hobbes der christliche Stattt
dasselbe ist wie die christliche Kirche^.
Nichtsdestoweniger masr im Leben zu Disharmonien kommen.
Denn die Vernunft des einzelnen ist kein untiilgliches Vermögen
die wecliselüden äulseren Lebensbcxiingungen ftlhren zu wech-
selnden Gesetzen, es entäteheu religiöse Streitigkeiten und zwar
meistSDs ans einem Milsversteheii der gOtdichen Lehren, aus Hab-
sacht und Herrschsucht*. Hobbes sagt iigendwo, dafs der In-
haber der Staatsgewalt unfehlbar sei) er ist es nicht mehr und
> The law nf natnre, and the civil law contain each otber aad an
of cqual extOTt . , . When a Commonwealth ia settlcd, thfn are tiisy
actuaüjr laws . * . The law of uaturc thcrefore is a part of the civil law
ia all cooiBioiiwealtlis of the world. Reciprocallj also, llie civil law Is a
part of tlie dictates of nature. Leviathaii II, 26.
- .Siehe 5; 9 dos XIV. Kap. „Die zehn Gebote über die Ehrfurcht
Segen die Eltern, gegeu den Mord, den Ehebruch, den Diebstahl und deu
[eineid sind Staatflgewtse. Da es auf den Gesetzen des Staats beruht,
dafs jeder sein eigpnes von dem eines andern untenichiedenes Recht habe,
und dafs c-r gehindert sei, in fremdes Eigentum einzubrechen, so folgt,
daft solche Gesetze .... Gesetze des Staats sind. Die natürlidiai Qe-
eetze gebieten wohl dasselbe, nbor nicht au!*drückliih; denn das natür-
liche Gesetz verlangt die Inneiialtung der YertrSgc und also auch
Gehorsam da, wo dieser ausgemacht worden Ist, nnd sich des ftemden
Guts zu enthalten, sobald die Staatsgesetzc bestimmt haben, was als
solches anzugehen ist . . . Das natürliche gilt zwar in (\pm Naturzustände;
allein anfänglich (weil die Natur alles allen gegeben liatj gab es nichts
-Fremdes, und deshalb konnte fremdes Kicentum auch nicht ange^fi'en
werden; auch war da alles gemeinsam und de«»haU> nndi jrdrr Heischlaf
«rlaubt; und drittens galt da der Kiiegsanistand, und deshalb war das
Tistm kein Unrecht n. s. w., a. a. 0. p. 1T7.
3 Kap. XVil, 21 a. a. 0. p. 246. Um dicrrn I'mikt klar /i:
machen, wäre es notwendig, das 15., 16., 17. und 18. Kapitel ausführlich
'4u behandeln, was um weniger unsere Aufgabe sein kann, als Philo-
■Splt i V. II I !nif es nicht thun.
* Anmerkung zu § 1, Knp TT p. 42 a. a. 0.
* Kap. XVIII, § 14. ,.ln<ieä wird mein Ausspruch weniger sonder-
bar ersehemen, wenn mau t)edenkt, dafs es bei den meisten otreitiragen
sich nur um <^ir rnr«n8ohliebe Herrschaft handelt, bei andern um den Geld-
arwerb und bei aaderu um deu Kuhin des Geijstes" a. a. O. p. 274.
42
nicht minder als jedes Individuum und jeder Gerichtshof; aber
die Unittträglichkeiteii, welche ans dieiem Kangel Wvoi^gelieD,
tind geringer ak diejenigen, welche aas der Freiheit der einsehieD
auf sittUchem und religiösem Gebiete entspringen.
Wenn auch Hobbea Staatssittliclikeit und nattirh'clie Sittlich-
keit nicht HfMitlich genug getrennt hat, so sagt er doch ausdrück-
lich, „dals die natfirlichen Gesetze das Weaentliche
der Moralphiloöophie bilden. Ich habe davon hier nur die
Lehren behandelt, welche sich auf unsere £rhaltung beziehen imd
g^en die Ge&hren, die «ue dem Unfrieden entspringen, aioh
richten. Daneben giebt es aber noch andere Lehren der natür-
lichen Vernunft, aus denen andere Tugenden entspringen : so ist
die Mafsigkeit ein Gebot defr Vernunft, weil die Unmäfsigkeit
zu Krankheit und zum Verderben fuhrt; ebenso die Standhaftig-
keit, d. h. das Vermögen, bei ^« gen wärtieen Gefahren, die
schwerer zu vermeiden, als zu überwinden sina, kräftigen Wider-
stand zu leisten; denn sie ist ein Mittel, wodurch sich der \\ idcr-
stehende erhlUf ' >.
Ans dieser Stelle geht henror, dafs sem Werk keine voll-
ständige Theorie der Ethik enthält. Wichtiger war ftlr ihn seino
Staatslehre, das Verhältnis des StaatBoberhauptes an den Bfligem,
sowie des Staates zur Kirche.
Die natürlichen Gesetze sind nach seinerLehre
unveränderlich und ewig; Stolz, Undankbarkeit, Vertrags-
bruch u. s. w. werden nie erlaubt sein, sie verpflichten vor
dem Gewissen. „Dagegen kOnnen die äuTseran Hendhrngen
nach den Umständen und dem bttigeriichen G^eseta sich so ▼er-
schieden gestalten, dafs das su einer Zeit Rechte zu einer andern
Zeit unrecht wird, und das zu einer Zeit Vernünftige zu einer
andern unvernünftig wird. Die Vernunft bl^'ibt aber dieselbe und
wechselt weder ihr Ziel, welches in dem Frieden und in der Ver-
teidiprung besteht, noch die Mittel, d h. jene Tul enden der Seele,
die oben dargelegt worden sind und die durch keine Ge-
wohnheit und kein bürgerliches Geseti aufgehoben
werden können^'*.
Das Endergebnis unserer Betrachtung wäre also folij^endes;
Der Codex der Sittlichkeit jeder Zeit, in welcher durch Vertrag
ein Staat ornchtet wordon ist, enthält zwei Arten von Normen :
ewige, unveränderÜc]i( Naturgesetze und nach den gesellschaft-
lichen Zust'lnden wecliaelnde bürgerliche Gesetze, jene Folgerungen
der rechten Vernunft des einzelnen, diese Folgerungen der „Ver-
nunft des Staates'". Da Hobbes es unterUelsy eine scharfe
Ghrenslinie swischen beiden au liehen^ sich auch in anscheinende
» a. a. O. p. 68, Kap. III, § 32.
« a. a. O. p. 66, Kap. III, | 29.
3 Den Aufdruck: „Yemoiitt des Staat«s% braucht Ilobbes selbst.
Anmerkung zu Kap. II, g 1.
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X 2.
43
Widersprüche Uber ihr ge^nseitiges VerhMltnis verwlokelte, selbst
die „Vernunft des Steates^ ToniiiiBteUte, hidten aicb «eine Q^er
an die Lehre, dala die Staatsgewalt darüber entocheide, was mtl-
lich und was unsittlich sei, und tibersahen, was er über das
natUTf^f^setzlich Sittliche gelehrt Imtto
In die vorhergehende Darstelliing sind auch schon die An-
Sfttase zu einer Kthik mit ver>vohen worden, weil ihrer im folgen-
den noch gedacht werdcu muis und äie. auä dem Zusammenhang
des Gänsen gerissen, ni<^t so Terstindlich sind.
Hören wii* schlieMich das UrleU des grttndlichsien Forschers
aof dem Gebiete des Naturrechtes Uber die Doktrinen des Tho-
mas Hobbes. Er, s^ Oierke, liabe es zuerst versucht, „auf
dem I^oden und mit dem Rüstzeug des Naturrechtea ^^elber das
Katurreclit zu sprengen. Denn er setzte das vorstaatliehe Recht des
Naturzustandes zu einem „Jus inutUe" herab, daa in Wahrheit
nicht einmal den Keim eines Hechtes enthielt; er liel's im Staat,
durch denen Befehl und Zwang errt Recht entstehen sollte, jedes
nidit von ihm selbst erzeugte Kecht vollkommen untergehen ; er
verwarf schlechthin jeden Gedanken einer rechtlichen Gebunden-
heit der über d'w Regrifte Recht nm\ Unrecht souverän entschei-
denden Stnatsgesvalt So kann die Frage erhoben werden, ob
Hobbes in eine Darstellung der Entwicklung des Naturreiiilf s
gehöre. Selbst wenn wir nicht wüfsten, dafä die beiden einander
widersprechenden Auffassungen vom Katurrecht, welche wir als
die stoisefae und epikureische beseiohnet haben, sich immer wieder
duicbkrenst haben, würde es notwendig sein, Hobbes eingehend
zu betrachten, weil er das Naturrecht und die Ethik der feinden
Zeit so stark beeinfliifst hat Ich denke dabei im Umkreise des
Natun echtes nicht ;oi Spinoza , welcher die psychologischen und
socioiogischen Onmdanachauungen mit ihm teilt, aber zu einer
verschiedenen Ötaatslehre gelangt, sondern an Futcndorf. den
Mann, welcher ans den disjecta membra ein System gescnafifen
hat. den Z^^genossen aufgeklärter, absoluter Forsten, denen er
ancn in seinem Leben nahe steht und deren Mission er mit seinem
System unterstotst.
4.
Pttfendorf.
Die grofsen Verdienste, welche sich Pufendorf um das
Katurrecht erworben hat, bestehen, soweit ich das beurteilen krion,
in der völligen Befreiung der jufigen Wissenschaft von der Theo-
logie, was ihm bekanntlich schwere Kilmpfe eintrug, in oner
> Gierke, Altirasias p. SOO.
Digitized t^^^CoOgle
44
X 2.
meisterhaften Synteraatik, die sieh im wesentlichen hr'i seinen
Nachfolgern erlialten hat, in der so schwierigen und mulievollen
Au^itiUluug dee wissenschaftlichen Gerüstes mit einem wertvollen
Inhalte und endlich in seiner Idaren, lichtFolien Darstellung.
Dagegen scheint mir die philosophische Grundlegung, welche
er dem Naturrechte gegeben nat, nicht SO bewundernswert. Ich
glaube, dafs er in drei Irrtümern befangen ist Erstens stellt er
sich formell auf den Boden der Soeifilitiitstheone. Aus ihr In I st
sich aber das Natun-echt in dem 8inne eines ewigen, unveränder-
lichen, vor und über allem positiven lieciitc bestehenden Natur-
rechtos nicht herleiten, wie schon bei Groduä angedeutet wurde,
sondern nur aus der Annahme dnes httehsten, weisen und ge-
rechteai Wesens, welches entweder das WeltaU durchdringt oder
das Weltall und die Menschen, diese nach seinem Ebenbild
erschaffen hat. Zweitens glaubt Pufendorf sich der Lehre der
Stoiker zu nähern, wie crinnerlicli sfin wird, oTiLdeicli die
Stoiker das Recht nicht aus flor (iemeinscliaft hergeleitet haben.
Drittens ist seine Social ititstlieoric weder die stoische, noch
die grotianische , sondern eine sonderbare Ausgestaltung der
Hobbesschen'.
Die selbstsüchtigen und furchtsamen Urmenschen Puß;n-
dori's haben dasselbe Bedürfnis nach Gemeinschaft wie diejenigen
des rhilosophen von Maluiesbury: hüben und drüben ist das
Princip des Naturrechtes ein interessierter nos«'11itrkoitstrieb,
80 wenig die Menschen von Natur fiir die Geselligkeit geschaffen
sind. Nachdem sich Pufendorf zu den psychologischen Anschau-
ungen des Engländers bekannt hat, sollte man nun auch er-
warten, daCs er weiter auf den Bahnen sdnes Vorgängers fort-
schreiten würde. Aber mit eineui Iv ihnen Salto morfcile springt
er formell zu Grotius hinüber. Da Wohl und W^ehe der Menschen
von ihrer ,.Sociabilität" abhängt, so sollen sie das Wohl der G c-
s eil Schaft im allgemeinen mit rillen ihren Kräften zu er-
halten und zu fördern suchen Dies nennt Pufendort das Grund-
gesetz des Natur rechtem, und die Gesetze dieser Socia-
bilität beseichnet er als Naturgesetse.
Ich weils nicht, ob WamkOnig mit seiner Behauptung recht
hat, Pufendorf wolle Grotius mit Hobbes versöhnen. Im übrigen
ist seine Kritik mein<^ Erachtens durchaus zutreffend. Vor allem
seine Bemerkung, „dafs das gesamte NatuiTeelit Pufendorfs dahin
geht, zu z* igen, was infolge jenes ofHeium recht sein soll. Seine
Doktrin iiunnit durchaus den Charakter einer .Moialtiieorie an,
d. h. den ciuei' tur die geselligen Verhältnisse bei-echneten
' Ähnlich tirteilt Raunior : „Sein GeselligkeitPLrtmdsatz füliit zwar
auf milderem Weg zu dem Oebote: suche den triedeu! aber er lautet
doch ebenso wie bei Hobbes, und der „Eigcnnats hst zuletst nur ein
»chönos Kleid überj^^ohaiigeji." Hiuiuner: Uber die geschichtliche Entwidk*
luBg der Bogn^'e vou liceht, Staat und PoUtik. 1832. p. 49.
Digitized by Google
X 2.
45
Pflichtenlehre, die also nicht zeigt, was infolge der CJcsetz
gebung der menschlichen Vernunft wirklich Rechtens ist, sondern
Wils es sein soll. Seine Riiisonnementö sind fast stets teleologi-
scher Art; wie die der Verteidiger des NutzlichkeitssystemB*' ^
In dnoer den G^gensati des wabren und d« Pufendorftcfaen
NatnniechteB aoliaif hervoriiebendeD KntSk mt war der letzte Sati
überflUsBig. Denn wie wäre es möglich, dafs Pufendorf^ der im.
Gefolge von Hobbes wandelt, andere als Ktttslichkeitserwägangen
anstellen könnte? Pufendorf hat diesen schwachen Punkt seines
Systems wohl gefühlt. Obgleicii, führt er aus, die BefoIp;ung der
Jsaturgesetze von offenbartim Nutzen sei, so hiUten sie doch erst
Gesetzeskraft, wenn man voraussetze, da£s es einen Gott
gebe, der den Menschen die Befolgung dieser Gesetae voige-
schrieben habe. Dies sacht er au aeigen. Dafii aber dadurai
der Charakter seines Naturrechtes nicht verändert wird, ist wohl
klar. Aus dem onsichem Charakter der philosophischen Grund-
legung, die zwischen Stoicismus und Epikureismus schwankt, und
aus dem Bedürfnisse der Zeit nach einer starken monarchischen
Gewalt erklärt es sich, dafs Pufendorf im Gegensatz zu dem kon-
sequenteren Hobbes für den Rechtscbu-akter de^ Naturrechts ein-
tritt und Muri, dafs es im Naturmstande gegolten habe, aber
anderereettB, was die Fortdauer des ursprünglichen
natürlichen Rechtes der Individuen im Staate be-
trifft, sich trotz einzelner Schwankungen flirHob-
bes entscheidet. Die Sklaverei übernimmt er in sein System,
wenn er auch dem Herrn einschärft, nicht zu vergessen, dafs der
Sklave ebensowohl ein Mensch sei, wie er selbst. Von dem Augen-
blick des Eintritts in die bürgerliche Gesellschaft begeben sich
die Mfiusefafln naxh Pufendorf der natürlichen FVdbeit und Oleioh-
beit Der Souverta ist von den Oesetzen gelöst, die er selbst
giebt Gegen die Launen, Härten und Grausamkeiten des Herr-
schers kennt Pufendorf nur geduldiges Ertragen oder die Flucht.
Aber er tritt für eine humane Behandlung der Bürger und datiir
ein, dafs der Souverän dem Naturrocht Gesetzeskraft «j^cbe.
Auch die Thatsache. dafs Pufendorf die SocialiUit zum Priu-
cqi des Natnrrechts machte, verhinderte ihn, die volle fVeiheit
der Individuen au fordern.
Zum Schfaisse habin wir noch zwei Bemerkungen zu machen,
die sich nicht auf das Wesen des Naturrechtes beziehen, sondern
auf den Inhalt und die Methode, welche Pufendorf dem Natur-
recht gab Sein System ist die Darstellung einer universellen
Pflichtenlehre, soweit sie durch die Vernunft erkennbar sind : der
Pflichten der Menschen gegen Gott, sich selbst und die übrigen
Ifensdifln. So wird der RsEmen des Natnnreditea soweit gespannt,
dafs es umfiifst: 1. das Naturrecht im engeren Sinne, 2. einen
Teil der EHuky 3. das System der natürlichen Religion. Dadurch
.^Wäöaki^fkig, BeehtsphUosophie, p. 5a
Oigitizatft>y Google
46
wird das Naturrecht mich in nino äultsere \ erbindung mit rlcm
Deismus gebracht, welcliera es inuerlich verwandt ist; dies ^viid in
einem folgenden Abschoitte eine eingehende Darstellung ertalm n.
Was nun die beiden übrigen Bestandteile betrifft, so ist es wiclitig,
folgendes herroraiüiebeii. Wenn Pufendoif anch die £thik det
Katurrechtes fast auMchlieMcfa auf die äaÜteren Ilandlunqen des
Menschen beschränkte, ao war doch die Möglichkeit gegeben, die
Moralphilosophie im Rahmen des Naturrechts auszudehnen. Diese
D!spi[>li!ien blieben innerlich verwandt^ uucli nachdem mnn auc^efan-
gun hatte, die Lehren von Recht und Sittlichkeit äuiserlit h icliiirfer
zu trennen, was in Deutschland i homasiua, in England wahrschein-
lich Adam Smith that. Beiden Wissenschaften blieb eine ge-
meinsdiAfllicfae psychologische Grundlage, beide hatten daascwe
Oigan der Erkenntnis Bir das, was Recht und Sittlichkeit sein
sollte. Wie verschieden ist das Naturrecht Hutchesons, Wolffii
von demjenigen Pufendorfs, da sie andere Onmdlagen wählten !
Was die Metliode des Naturrechts betrifft, so wandte Pufendort
bckanntlicli auf Anrathen seines Lehrers W ei^'cl und aut W unsch
von Boynebur^ s die mathematische Methode aut'die junge Wissen-
schaft an. Docli sind diese Männer nicht die ersten Verfechter
der matheinatischeD Methode; schon Hemming war filr sie ein-
getreten ^
An dieser Stelle besdirilnke ich mich auf die yorstehenden
Ausführungen, da ich in einem anderen Zusammenhange noch
darauf' zurückkommen werde.
Durch Pufendorf verbreitete sich das Natuiiecht über ganz
Europa. In Deutschland sind ihm unter nnderen Thomasius und
Wolff gefolgt. In liigland bearbeitete es Uutcheson in seinen
berflhmten ,.Tnstitiiti'S of Moral Philosophy". In der That i»t die
Schüttische Moralphilosophie der Hutcheson, Smith, Ferguson
nichts anderes als das weiter entwickelte System des Pufendorf-
sohen Naturrechtes. £s fiilste festen Fufs in Frankreich, wo ihm
ja schon von den grofsen Juristen so erfolgreich vorgearbeitet
worden war und von wo das epikureische NatLurecht die kräf-
tigste Verbreitung gefunden hatte. Barbeyrac übersetzte die
Werke Pufendorfs ins Fraiizösi-che. Lehrbücher nach Pufen-
dorfs System, Jedoch sclion unter dem Einllufs der W'olffschen
Philosophie*', verfafsten Builaiuaqui, de Feiice, beide 175u ge-
storben, und Vicat, gestorben 1770. In der grolsen Encyklopädie
• Kaltenborn, Abteilung II, p. 30 Coneiderare princtpia,
ac veluti elemeuta axiomatum moralis plülosojihiae, ex quibus bypotbeses
ftdhibita philoaopbiea apodixi, in legibus poHtids et oeeonO'
iiiitis » xtruuntur: observurc syntheses et ftnaljses demonstrationum : per-
spicere, qua via fnnnia jnni et omrios lc_e« nd sn^s fnntes revocare
poseint . . . . vi de bunt {ac. juriäprudeuttHe ac ethicue btudiosi) non
minus legiu natarae eonclusiones destitui evidentibus de-
monstrationibas, quam artem Euclidis.**
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X 2. 47
worden die ton (Etlichen Theorieen in dem Artikel j^Droit
natnrel'' verkündet ^
Ein ebenso grofses Ansehen genofs dann np-itfr WolfTs Philo-
sopliie im Aualande, wns ja auch Warnkönigs Worte zum Teil
beweisen. ^Dic Akademieen in Paris und London iiiiannten
Wolii zu ihrem Eiucnmitgliede ... es war ein bis dahin uner-
liOrtaB Ik^ignis, daft die wtisenaoha^c^en Werke einea DeulBchen
&it in alle lebenden Sprachen ttbenetst worden. In BVankreich
Temiittelten das Journal des Savants, die Histoirc litt^ratre de
l'Europe und das Journal de IVevoux zahlreiche Auszüge; Vol-
taire und Madame dnChatek't, die hokannte Freundin Voltaires,
welche Newton in l'iankreicli eingeführt h itten, studierten auf
VeKlnl^lssung des Kronprinzen von Preursen tma Zeitlang ^\ OllT
80 eifrig, dafö sich dieser mit der allerdings trügerischen iiüü-
nong trug, ee werde ihm gelingen, durch Hilfe deridhen in Frank-
reicn dem englitcfaen Rinflnfa den Rang ahzolaofen*.
1 WarnkOnig, Rechtsphilosophie p. 53.
' Hettner, UtoatuigeBeh. de» 18. Jahrb., 1862, III, 1 p. 240.
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Viertes Kapitel
Locke und seine Schüler.
Erster Abschnitt.
Locke»
Der Überblick über die Entwicklung des Naturrecbtes,
welcher im Vorbeigehenden gegeben wurde, könnte zu dem
Irrtum ▼eFanlaaeen, dafs die Nachfolger Pofendorfe nur eine
neae Form ilür seine Lehren gesucht hätten. In Wirklichkeit
miterscheidct sich der Inhalt ihrer Systeme in wesentlichen Stücken
von (\om scinigen; aber das Gerfist des Systems ist geblieben.
Der theoretische \\'andel in den Lehren ist grülstenteils auf das
zweite Buch von Lockes „Two Troatises ol Government" zurück-
zuftlhren, welche ll)80 erschienen.
Waren die Ldiren des epikuieiechen Naturrecfates durch
Gassendi und Hobbei mit gröfserer oder geringerer Treue neu
belebt worden, hatten sie PufendoHs Absicht, sich den Stoikern
anzuschliefsen , nicht zur ungetrübten Verwirkhchung gelangen
lassen, so erscheint in Lockes zwoiteni .,Treati8e of Ciovernnient"
der stoische Charakter des Naturreeiitcs in aller Reinheit und
mit allen Konsequenzen Das ungeheure Ansehen, welches
dieses Werk anderthalb Jahrhunderte hindurch genofs, fUhrte
den politischen IndividualismuB, die ÜberschtttKimg des natür-
lichen Rechtes, die Unterschätzung der positiven Satzungen und
Gewalten, welche dem philosophischen System Zeno's eigentüm-
lich gewesen waren, mit hOchst^ Krafi in die Gedankenwelt der
modernen Menschheit ein.
Locke lälst die Meiisclien im Natui-zustande, in voller Frei-
heit und Gleichheit leb<^n^ Mit dieser Gleichheit verträgt
> .... all me» are iiaturaily in . . . a statc of perlect fre^om . . . a
State also of eqnalitj . . . tbere being nothing moie evident^ than tbet
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X 2.
49
sich die Ungleichheit, wrlche Alter, Tu<^en(l, Ijepralnin'j-, [M isön-
liches Schicksal bewirken' Er versieht unter Gkulmeii vor-
zugsweise die gleiche Freiheit von gegen .sei tiger Beherrschung*.
£r hält die Sklaverei, wenn sie die Folge eincä gerechten Krieges
isty für naturrechttich erlaubt Die Kinder haben, ehe sie
die Reife des Urteils f erlangt, nicht gleiche Rechte mit den
£ltem, ebensowenig die Frau völlig gleiche Rechte mit dem
Manne in der VfTWjiltung des Hauswesens*. Auch streitet das
soziale HerrschattsverhJiltnis, welches 7 wischen Herrn und Diener
besteht, nicht mit der natürlichen (ikieiiheit'^.
Der Naturzustand ist nicht mit dem Kriegszustände zu ver-
wediselu, der in jenem wohl als Episode auitrat. In diesen Aus-
führungen Ist schon angedeutet, daTs Locke die Existenz einer
natürlichen Gesellschaft vor der ESntstehung der bürger-
lichen annimmt Die erste Gesellschaft war die ehelidie Oesell-
Bchaft^ aus welcher diejenige zwischen Eltern und Kindern her-
vorging; hierzu kam die Gesellschaft zwischen II m'n und Diener
und Herrn und Sklaven. Diese in der Familie znsammengefafs-
ten Gesellschaften, wie sie den Zustfind d( r naiiirliehen Freiheit
und Gleichheit nicht aufheben, sind nicht mit der politischen
oder bürgerlichen Gesdlschaft zu yerwechsebi^. Die natürliche
GeseOschaft Ist ebensosehr ein Produkt der Notwendigkeit, wie
der Zweckn^ifsi^kelt und der Neigung ^ Der Mensch ist also
ein geselliges Wesen.
Leben nun die zu natürlicher Gesellschaft vereinigten Men-
trcatuiY's nf the samr" spocios and rank, inoinlscuon^ly bom to all the
same advautagcs of naturc, and the um ot the sauie facultica, sbould also
be cqnal one amongst another wifhout sabordination and snbfection . . .
II, 4. Alle Citate sind aus dem 2. Blieb genommen, weshalb in der
Folge nnr der ParHfrmph citiert wird.
' 1 hoiujh I huvo Said above Cbup. 11. „ l luit all inen bv natura
sie eqittl^* icunot be anpposed to undentand all sort.«« of equauty: a^
or virtric mny give inrn a imt prrcodcncy: pxcellcncy of j>nrts nnd ments
majr place othersbovc tbc common Icvcl: birth ma^ subject »ome, and
aUiance or benefits otben . . . and jet all this consiste with
the equality, wli icli all men arein, in respect of jarisdiction
or dominiou one ovcr another. § 54.
* A State also of eqnality, wherein all the power and jnrisdiction is
rcciprocal, no one having more than another, § 4. — . . . ctiuality hcing
that cquai rifrbt, tluit pvon' man Imth fo bis natural freedom, withoat
being subjected to tbe will or uutbority of anv otber mau, j| ö4.
' ^ Die Sklaven bilden keinen Jal der bfixgei4icben Geeell-
sehatt, ^^>.
* Kap. 6.
* Obgl^cb der Diener gewöhnlich im Hanse des Herrn, nnter dessen
I)iHcip!iii h:hf.\ Jt jj:ivi < tbe master but a tcmp< aary jk)W( r over him, and
ao gseutor tban vAmt i& contained in the contract between tliem**. § ab.
* ^ 77 —-f..
* ttod^. . put bim (man) uudcr streng obligations of nncosnity. con*-
venience. and iiicliijatioii td drive him into «m-ipty, as well as fitted him
ifkh uinb-r^taDdiu^'^ aii<l language to continne it. § 77.
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50
X 2.
flehen im NaturauataDde im Zuatandc der Freiheit, so doch nicht
in dem der Ungebnndenheit^. Denn sie stehen unter der Herr*
Schaft des Naturgesetzea, Weichau jedem die Verleteung
eines anderen wie seiner selbst an Leben, Gesundheit. Freiheit
und Eigentum verbietet ^ und die Erhaltung des Menschen-
feschlccntes will^ und jeden als Scllistzwefk zu achten befirlilt*.
)ai> Recht der Bestrafung an denjenigen, welch*' p'.^'eu da«
Naturgesetz freveln, steht dem Verletzten, aber auch jedermann
zu''. Durch Bedrohung des Lebens entsteht der Kriegszustand,
welcfaer die SkkTerei des todeBwflidigen , besiegten Angreifen
rechtfertigt.
Wir sahen vorher, da. 's Locke schon im Naturzustande
Eigenturasverf^hen annimmt. Existiert denn das Privateigen-
tum nach Naturrpclit''' iawohl und seine Begründung ist der
wichtigste Zug seiner Lehre.
Gott iiat den Menschen die Erde als gemeinsames Eigentum
verliehen. Aber da er sie aUe frei und gleich schul", gab er
einem jeden das Privateigentum an seiner dgenen Person. Auf
sie besitzt niemand sonst ein Recht Die Arbeit seines LdbeSy
das Werk seiner Hände gehören ihm und ihm allein. Der
Mensch hat, wie bekannt, das Reelit der Selbsterhaltung —
Locke hätte riclitj^Mr sagen sollen, die Pflicht der SelV)sterlial
tung -; er hat tolglicli auch das Recht auf Sj^eise und Trank
und andere Unterhaltsmittel '^ ha aher die von der Erde frei-
willig geschenkten Unterlialtsmittel iiiciit genügen, so muls der
Mensch die Erde roden, bearbeiten, dttngcn, besäen; Qett bat
dem Menschen die Arbeit befohlen. Durch seine ThAtigkeiten
mischt er mit der Erde etwas, was sein Privateigentum isi^
und hierdurch macht er das Grundstück zu seinem Privateigen-
tum Wer es ihm entreifsen oder ihn im Genüsse der FrUchte
seiner Arbeit beeinträchtigen wollte, ver^nt^c sieh also an seinem
natürlichen lieehte*. Dais das l^rivateigentum an Grund und
' Though this be a State of iibcrty, yet it is not a State of lieence, § 6.
• The State of nature has a law of naturc to govern it, which
obliges every one: aiul reason, which is that law. tcaches all mankind,
who will but cousult if, tlmt bfin;,' all ef|ual and indepeiidcnt, no one
ought to hurt another in iiis iife, hcalth, Jiberty or posseesions. — Eveir
one . . . is bound to preaer^e hinuelf, and not to qnit bis Station wil-
fiiUy, a. a. ().
^ which willeth the peace and preaervation of all uumkiDd, § 7.
* Tbere eannot be supposed anj such sobordination among us, that
may authnri/.e to destroy another, as if we were inade for one anothoi^S
ose«, as the ioferior ranks of creatures aro for our'a. § ti.
' § 8.
« i 25.
' Though the^earth, and all inferi(ir creatures. bo common t<. all
men, yel ev&ty man has a property in bis own nerson: this nobody has
any nght to DOt faimaell The lalioar of bis boaj, and the wmrk of Us
han'ls^ WC may say, are properly Iiis. Wbat.'^oovcr thcn lie romoves out
of the State that nature hath provided, and left it in, he has mixed his
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51
Boden gerecht sei. bemüht sich Locke auch dadurch zu seigeD,
<?f}fs er auf den Untersdned der Menge der Unterhaltsmittel eines be-
arbeitet-n und c'mQs brach Übenden Grundstückes hinweist. Locke
beschrankt das Recht des Eigentumserwerbs auf eine solche Land-
fläche, welche die Ernährung des Eigentümers sichert, ohne dafa
jedoch etwas raa den Frtt<mten Teidirbi Da er aber die Ver-
Schenkung und den Umtausch des Überflüssigen gesen Gegen*
atftnde voa dauerndem Werte fbr erlaubt hält, so ist damit keine
Grenze gegen eine ttbennälsige Ansdehniing des PrivateigentiunB
gegeben ' .
Der Gedanke des Privateigentums beherrscht so sehr die
Lockesche Theorie, dafs er die Begriffe „lives, liberties, and
estates'' mit dem Worte property zusammenfafete^. Daher be-
hauptet er denn auch, der Hauptzweck bei der GrUndung dar
hUigeriichen Gesellsohaft sei die Erhaltung des Eigentums*. Zu
diesem Teile seiner Lehre müssen wir uns jetzt wenden.
In dem Naturznsüinde fohlt ein positives Gesetz. Das
Katurgeset/ ist eintaeh und v( rst-indlich ; aber intei'esse und Un-
^vi--enheit schw.'ieiien oft Kfine Kraft; es fehlt zweitens ein
Ivichter, welcher mit Autoritär und Objektivität Streitigkeiten
entKheidet, da jeder in eigener Sache Richter ist: es fehlt
hiluflg drittens an der Hscht^ einen UrteOsspraeh durchzuBelBen.
Diese drei Ubelstände bewegen die Menschen, sich in die bflr*
flerliche Gesellschaft zu begeben^. Wären sie nicht entartet,
oann hätten sie in der Tinnirliclim. die ganze Menschheit um
spannenden (icsellscliatt unter der Herrschaft des Naturgesetzes
verharren können, oline sich in eine Anzahl bürgerlicher Gesell-
schaften autzulösen "'. So aber werden sie durch die Ubeimäfsig
nicht genügend oder gar nicht bestraften Vergehen gegen Leben,
Freiheit und Eigentum venudalst, einen Vertrag aransdifielseny
wodurch die pditische GeseUschaft entrteht. Es wird nun ein
positive Gesetz erlassen, ein komp^enter Richter ernannt
und eine Ekekntion aur Dorchftlhrung eines Urteilsspruches be-
Isboar with« and joined to it something that m his own, and thereby
makes it hia property, ^ 27. Man . . by licing inaster of himself, and
proprietor of nis own person, and the actione of labour of it» had sdli
m nimscif the great foundation of ])roperty. § 44.
1 The exceeding of tiie bounds ot hia just property not lyin? in the
largenefls of Iiis possesnoBS, bat the perishing of anythinp uselegtsly in it,
§ 46. Daher deuu auch die Aussage „dishonest to earve himaelf toÖ mach,
or take more, thsii he needed** keinen Sirni hat.
« § 123.
* i 86.
Were it not for tlie corruption sind viciou?ncss of degouerate
men, there wouid be no need of any other (Community); uo neceseity
that men should separate from this great and natural comnounity, and by
poeitiTe a^t^ement» combine into smaüer und divided associations. | 12g.
Locke «iHfieht auch eininal Ton der Tugeud des «golden age". $ III.
4*
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52
stellt. Ein jeder vermag nun Leben, Freiheit und Eigtntuni
besser zn bew?ihren ; aber er hat mich einen Teil der natürHchen
Freiheit, Gleiihheit und exekuLivm Macht an den politischen
Yorbana abgeben mOmen. Dieser hat alles gewonnen^ was die In-
dividuen an ihn ab^treten haben; so weit reicht seine Macht^
aber anch nicht weiter, und diese reicht so weit nur so lange^
als er seinem Zwecke dimt. Die Individuen haben zu Gunsten
de^ \*(TV):mdf's verziclitct nur auf die Freili< it. das Zwcckniäfsige
zur Erhaltun^^ ihn r selbst zu thun, und auf die Bestrafung der
Vergeiitn, welche an ihnen verübt worden sind, in Verfolg
ihres eigenen Urteilsspruches, Es wäre also erstens eine Thor-
beit, zu glauben, dafs das Natunrecht in der bürgerlichen Qe-
Seilschaft nicht fortdauere^, da die bttr^licbe GeMÜschaft zum
besseren Schutze des Naturrechtes gebildrt worden ist; es wilre
zweitens eine Thorheit, anzunehmen, dalsdie übrigen natürli* In n
liochto lind Privilegien erloschen seien, deren Aufgabe die Grün-
dung der bürgcrlicTien rJesollsrliaft nicht notwendig macht-.
Der Zweck dieser Daj\stellung erfonlert kein weiteres Ein-
gehen auf die Lockesche Theorie. Die vorhergehenden Aus-
tiihrungen dürften ihre groi'se Verwandtschaft mit den stoischen
GrundanschauunjgeD dargethan haben. Wir finden das gddene
Zeitalter, den Naturzustand, in welchem alle Menschen frei und
gleich waren und unter der Herrschaft des Naturgesetzes lebten,
die Entstehung der bürgerlichen G'scllschaft infolge der Ent-
artung der Menschen, die Lehre von der Fortdauer des Natnr-
rechtes im Staate, so dafs das Naturgesetz die ewige Norm für
das positive Gesetz darstellt, die geringe Wertung der bürger-
lichen Gesellschaft, die als Loslösung von der uranfknglichen
menschlichen Gemeinschaft erscheint, die Behauptung, dafs der
Mensch ein geselliges Wesen sei und der Naturzustand nicht
als ein Kriegszustand aufgefafst werden dürfe. Nachdem Locke
das epikureische Naturrecht mit seiner relativen Wertsclüitzung
der positiven , das Individuum bindenden Institutionen durch
die Rückkehr zum stoischen Natiirreehte überwunden hatte,
wurde es mögHch, den Anspruch des \'ernunfti-echtes auf höhere
Geltung gegenüber dem positiven Rechte durchzusetzen und dem
Indiyiduuismus die freieste Bahn zu bereiten. Dies ist im
18. Jahrhund^ durch seine Schttler in Frankreich, Deutschland
* The obligations of the law of nature ccaae uot m society, but
only in miiny cases are drawn closer, and have hy human laws known
penalties annexcd to then. Thus the law of nature stand» us an
etern.'il rnlo tn all men, le^'isN tor«» as well as otherp. ?; 1*^*».
- I»ut thuugh inen, when tney eiiter into society. give up llic < '^ua-
lity, liberty and exccutivc power they had in the state of natiue into
the band? of the »onVty to be so far di-^posed of by the legif^l.ifive,
as the ^ood of the aociety sball require; jet it being only with
an intention in eveiy one the better to preeerve himself, hie Ii*
berty and property iL a. w. § 181. 9iehe aneh § 187.
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X 2.
53
und England j^eseliehen. Sie haben einige Voraussetzungen der
Theorie noch kräftiger entwickelt wie di(; Lehre von der ge-
selligen Natur des Menschen und von der uatürliclien Gesellschaft,
die zwar noch als eine Summe von Familien eraclieint, welche
jedoch durch die Arbeitsteilung miteinander verbunden sind, so
dafs der Naturzustand eine immer grölscre Ähnlichkeit mit der
bürgerlichen Oesellsehat't gewinnt. Aufserdem bestand ihre Auf-
gabe darin , den Komplex der natürlichen Freiheit, welchen die
Individuen in die bürgerliche Gesellschaft hinübergeführt haben,
in eine Reihe von einzelnen Menschenrecliten aufzulösen. Der
wichtigste Schritt geschah dadurch, dafs man von diesem Punkte
aus die Forderung der wirtschaftlichen Freiheit deiu Naturrechte
«inverleibte.
Hat nun auch I/)cke das Naturrecht wieder auf stoische
Grundlagen gestellt, so läfst sich doch nicht leugnen, dafs er sie
metaphysisch nicht begründet hat. Während im stoischen
System alles zusammenhängend und klar ist, steht bei Locke
das Gebäude auf sehr lockerem Fundamente Von der Hart-
näckigkeit des Thomas Hobbes, den Voraussetzungen der De-
duktionen eine granitene Festigkeit zu geben, spürt man in dem
Werke seines jüngeren Ltmdsmannes sehr wenig. Hierdurch
ersparte er sich aber auch die Schwierigkeiten des Grotius, und
die feste Fundamentierung mochte er auch für eine Parteischrift
nicht nötig erachten. Nimmt man aber die Prämissen als er-
wiesen an, dann ist die Folgerichtigkeit der Konsequenzen meistens
zwingend. Der philosophisch vollendetste Teil seiner Theorie ist
Dach meiner Meinung die Begründung des Privateigentums an
Grund und Boden, welche in den Darstellungen des Lockeschen
Naturrechtes gewöhnlich verflacht wird; der philosophisch unvoll-
kommenste ist die Rcchtslehre Lockes.
Heben wir es noch einmal hervor: Locke ist der Vater des
politischen und socialen Individualismus, der Lehre von den un-
antastbaren ( Grundrechten , den unveräul'serlichen Menschenrech-
ten, dem schwachen Staate, welcher nur Eigentum und Freiheit
zu schützen hat, dessen einziger Zweck der Rechtszweck ist.
Denn wenn auch von den früheren Naturrechtslehrern die Sicher-
heit als Zweck des Staates bezeichnet worden war, so hatten sie
ihn doch hierauf nicht beschränkt. Wir sind mit einem Sprunge
in das Reich des subjektiven Naturrechtes gelangt. Locke be-
seitigte alles, was dem Individualismus feindlich sein konnte:
den epikureischen NaturzusUind ohne Naturrecht, den Hobbes-
seben Unterwerfungs vertrag, die Socialitätstheorie des Grotius.
Will man den ungeheuren Wandel der Anschauungen sich klar
machen, so mufs man insbesondere die Lehre Hobbes' und Pufen-
dorfs vom Naturzustande und der natürlichen Gesellschaft da-
gegen halten.
ÄLin hat wohl gemeint, es sei ein Widerspruch, dafs er, ob-
wohl er eine natürliche Gesellschaft annehme, doch nicht wie
Digitizc
X 2.
Grotiiis die OescllHchaft zum Princip seiner Theon'p erhebe.
Tbataiichlich konnlo er das nicht Er begründet wcitlaußg^
dafg Mann und Weib nur deshalb eine dauernde Verbindung
eingelien, weil die lange Uulfsb^Urtugkeit der menschlichen
Jungen die« nVtlg macht j den Kindern spricht er die Selbatdn-
digkeit SU, sobara sie die Reife des Verstandes erlangt haben;
das Verhältnis zwischen Herr und Diener ist zeitlich vorüber-
gehend und kontraktlich beschränkt, und was dasjenige zwischen
nprrn }m<\ Sklav» n betrifft, so Itefs dies noch weniger eine theo-
retisclu \ erwcrtung zu. Denn erstens besteht e« nur ausnahms-
weise, und zweitens betraclitet er den Sklaven nicht als einen
Teil der bürgerlichen Gesellschaft. 80 bleibt nur das Indivi-
dunm mit seinen ewigen und unTeräufserlichen Rechten. Die
natttriidie Gesellschaft Lockes hat keinen organischen Charakter.
Wohl behauptet er^ dala die Erhaltui« der Oesellschaft der
Zweck des Staates sei ; aber er versteht darunter stets die Indi-
viduen An einer Stelle stellt er die Ges^^llRchaft \m<\ das Indi-
viduum in Gegensatz^; aber der Zusammenlian^^; des Ganzen
ergibt, dals die Opferung der einzelnen inr das gesamte Beste
die UnschädiichmaäiuDg oder Vermcbtuiig tier Verbrecliei* be-
dentet
Wir haben nun die Schranken des alten Naturreefates weit
hinter uns; die vorhergehende Darstellung möchte zu dem Glau-
ben verfuhren, der Verfasser meine, der Wechsel der Anscliau-
une^en sei allein das P>s^ebnis eines theoretischen IVozesses. Das
w;iic ( in ^Tüiser Irrtum. W;is uns aus dem alten Naturrechte
herausgeführt hat, ist keine Begriffsentwickiuug , sondern ein
höchst realer Vorgang: das Streben der besitzenden, vorzugs-
weise der MittelklasBen Englands nach Schutz ihrer FVeiheit und
ihres Eigentoms vnr den Übergriffen einer künftigen Staatm-
walt, welche, ähnlich wie die Stuarts, sowohl die Person Set
Unterthanen schädigen, wie ihr Eigentum willkürlich besteuern
könnte. Das Gf^tlihl d(r Unsicherheit erzeugt den Wunsch nach
einem schwachen btaate, und das Gemüt möchte auch nU walu*
erwiesen sehen, was es so heftig begehrt. Dieses von einem
jedenfalls uolitisch und social mächtigen Teile Englands empfun-
dene Beeenren befriedigte Locke, indem er auf das Naturrecht
der Stoiker zurückgreift und es mit grOlster Gewandtheit für
seine Zwecke gestaltet Der rascheste Kulissenweehsel hat auf
daa absolute Fllrstentum d s 17 Jahrhunderts die konstitutionelle
Monarchie Wilhelms III. folgen lassen.
Die Lockesehe Theorie, in Verbindung mit der Geschichte
des Naturrechtes gesehen, gestattet einen tieferen Einblick in
den ZusammenhaDg der nerrschenden politischen und socialen
^ The firBt and fuDdamentai natural law . . . is the preserration
of the Society, aud (aa isr as will eosaask wttb the public good) of eveiy
pexaon in it. § 134.
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X 2.
Ideen mit den politiachen und sozialen Zustünden der Zeit. Da
diese Schrift auf einer bestimmten Ansicht hierüber beruht, so
muls sie mit wenigen Worten dargelegt werden. Neue politische
oder sociale Ideen werden herrschend , wenn neue poHliselic
oder sociale Zustände dauernd Unbelnedij.;un|,^ in einem ganzen
Volke oder einem mäclitigcn Bruchteil eines solchen erregen oder
ehe ZnetSnde den gcsteigerteD Anforderungen und Bedttrfiiiaaen
der Menschen nicht mehr entsprechen. Hierdurch wird ein Qe-
fthl der Unbefiriedigung hervoi^rufen: sie erscheinen ungerecht.
Um sich vor sich selbst zu rechtfertigen, um einen Rechtsboden
für die Umgestaltung zu besitzen , verlangt das Gemüt einen
Beweis daftir, dals die Gerechtigkeit verletzt sei. Zu diesem
Zwecke schafft die Vernunft Theorieen und Doktrinen. Aber diese
brauchen durchaus nicht originell zu sein, sie sind so^ar ge-
wöhnlich weitere Entwicklungen, Anpassungen alter Qedanken
an die neuen BedOrfhisae. Was lange in alten ßUdiem ge-
schlummert hat, gewinnt neues I^bon, sobald sich ein guter
Kährboden findet. Welchen Bestrebungen hat das Naturrocht
allein in der neueren Zeit dienen mtissen : den Bedtirftiissen
einer handeltreibenden Republik, des absoluten und aufgeklärten
Fürstentums, der Mittelklassen und endlich des vierten Standes!
Staats^ibsolutismus und Volkssouveränetilt, Rechtsstaat und Wohl-
fiihrtwtaaty miTertlalsertiche Mensehenrechto und alles ▼erscUin-
sende Staatsomnipotenz, Freiheit und Knechtschaft, Freiheit mit
Oentralisation und Freiheit mit Association — ne alle haben im
Naturrechte Platz gefunden. Nichts vermag so skcptiseh gegen
politische oder sociale Theorien zu stimmen wie die Geschichte
des Natiurechtes. Die Doktrinen überzeugen leicht, wenn sie
beweisen, was man wünscht. Wer mit den Konsequenzen über-
einstimmt, nimmt die rrümissen gern in den Kauf. Und gerade
die PrUmissen stehen Überall in Frage, nicht nur in der PoUtik,
sondern auch in den verwandten ethischen Wissenschaften. Wie
nähr ist der Gedanke, man könne einen politischen Gegner
überzeugen! In neun von zehn Fällen ist es unmöglich, weil
der Gegner ein ganz anderer Mensch werden müfste, um sich
überzeugen lassen zu können. Immer wieder ist die Arbeits-
werttheorie in ihrer Unwahrheit innerhalb unserer Wirtsclmfts-
(»dnung erwiesen worden; aber das socialistische Gemüt klam-
mort Mk immer wieder an sie an, weil sie beweist^ was es
ftfdert FOr die wissenschaftiiche und noch mehr flbr die
praktische Politik gflt das Wort Schopenhauers: der WiDe schafft
sich den Intellekt zu seinem Diensta Und dieser Prozefs geht
j^wöhnlich unbewul'st vor sich.
Wenn also die herrschenden Ideen die materiellen . politi-
. sehen und socialen Zustände reflektieren, so ist der Vorgang doch
. von einer phyäiluJiächen Spiegelung sehr weit entfernt, auch
* 'deshalb, weil die Theorien ihr Gepräge durch den Qeist eines
^JhMMMiwadsii Mannes erhalten, welcher sie anderen mitteilt,
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5e X 2.
und ihrem unbestimmten Wollen die Wep^c weist, (lanze Gene-
rationen denken sie in der Form, in welcher w sie gedacht hat,
und luiircn seine Ideale aus. Wie nüchtern und maisvoU er-
scheint der IndividtiaiismuB noch bd Locke, welchen entbusiasti-
achen, fanatischen, ma&losen Chafakter wird der politische Libe-
ralismus bei Rousseau, der wirtschaftlicbe bei den Physiokraten
.empfangen ! Auf welclie Bahnen werden diese Theorctiker ihr
Volk führen! Und andererseits erkennt man di*- Kraft des
nationdf^n Geistes und der geschichtlichen Kiitwicklnnp: bei
Rouh • uu und bei Quesnay in dem zentraÜstisch-atomistüjchen
Ciiuraivter ilirer politischen Systeme*).
Zweiter Abschnitt.
Lockes Schiller.
Unsere Aufgabe erheischt es niclit, alle .^iusslrahlungen und
selbst nicht einmal, alle -bedeutenden Ausstrahlungen der Locke-
schen Theorie su verfolgen. Sonst dürften wir Christian Wolff,
Kou&seau und Kant nicht ttbergelien. Dagegen müssen wir die
Werke dreier Männer betrachten, die man in d^ Geschichte des
Is^aturrechtes vergeblich sucht, oder denen dort nur ein ganz be-
scheidenes Plätzchen angewiesen ist: Francis ! lutche.soii, Fmn-
yois Quesnay und Adam Smith. Die verschiedenartige Begabung,
die verschiedenartigen jiolitischen und socialen Zustände, von
deom sie umgeben sind, erklären die verachiedenartigen Leistun-
gen; gemeinsam ist den Dreien nur der Boden der Lockeschen
Ideen, in dem sie wurzeln.
1. Hutcheson.
Hutcheson, ein schottischer Professor von hohem Idealismus
und zommtltigem Charakter, dazu ein Schider Shaftesburys, lebt
in den politischen und ökonomische Anschauungen, welche in
dem von Wilhelm III. begründeten, von Locke y^rt^digten
Staatswesen unter (korgl. und Georg II. herrschen. Ihm sind
die rehgiöse und individuelle Freiheit heilig; die politische Frei-
heit, weleho er predigt, ist diejenige, \velehe sich in dem aristo-
krutibchen Staatswesen Englands zu seiuer Zeit herausgebildet
bat ; in dem Sinne Rousseaus ist sie ihm völlig unbdcannt. Von
der wirtschaftlichen Freiheit m der Formulierung Adam Smiths
hat er noch keine Ahnung; er vertritt die Maximen des nach
innen gemttfsigten Merkantilismus, welchem sein Vaterland in
jener Periode huldigte. Die theoretische Abhängigkeit von Locke
1 Vergleiche über den Qegensats der centratistisch-atomistischen Auf«
fai*ßung hin 'I'iug< t, Konssf^an u. A. und der individualißtiacb-coUeklivi-
stischen bei Böhmer, W old u. A. Gierke, Althusius, p. 2ä6 ff.
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X 2.
57
zeigt sich hat auf allen Seiten, insbeflonderc in der Begründung
des Privateigentums, in der Lehre von den Menschenrechten,
die hier schon ziemlicli ausführlich beliandelt sind, und in der
Schildeninjj^ des Naturzustandes, den er wesentlich friedlich nuJt.
In Hutchesons Werk ist der liebenswürdige Glanz über den
Menschen ausgebreitet, welcher aus Shafterburys Werken hervor-
etrafalt In dem Natureustande, den Hutcheson dantdlt^ finden
wir die durch Arbeit.steiking verbundene, In Familien geschiedene
natürliche Gesellschaft. Eß ist bemerkenswert, dafs dem Lehrer
Adam Smiths die Vorieilc dei' Arbeitsteilung so bedeutend erschei-
nen, dal's er ihr einen f^rolken Einflufs auf die Bildung der natflr-
liehen Gesellschaft zusciireibt. Der Übergang auö dem Natui-zustand
in die bürgerliche Gesellschaft ist demgemäfs ein bedeutungs-
loserer Vorgang als bei den älteren Naturrechtslehrern, welche
ihn als den Fortschritt von yttUiger Unsicherfaeit zur Sicherfaeity
Ton völliger Unkultur zur Kultur betrachteten. So erscheint
denn charakteristischerweise bei Hutcheson als Staatszweck neben
dem Schutz des Eigentums und der Freiheit „the promoting the
general happiness by the eoneurring fbrce of multitudes". Dabei
sieht man, dalö er das Wirken des Staatslenkers für das allge-
Hicme Wo hl so weit fafst, dafs er in dessen kraftvollem Ein-
greifen gegen Dummheit und Eigensinn kein Verbrechen an der
mdividneDeii Freiheit findet'. An wird durch diese Lehren in
lebhafter Weise an Hutchesons Kollegen und Zeitgenossen, an
unseren gelehrten , gründlichen Christian WolfF, den Schüler
Leibnitzens und Z firirf nopsen Friedrich Wilhelms I., den typi-
schen Vertreter des poiizeiiieli-kameralistischen Zeitalters, erinnert
vvuidm sein . in dessen Sc hriften ja ebenfalls der Staatszweck
der ötfendichen VVoliltahrt, der allgemeinen Glückseligkeit, so
«ehr denjenigen der Sicherhett und des Schutzes von fVsiheit
und Eieentum verdrängt ^ Danach ist zu yermuten^ dafs die
Sorge für die materielle Wohlfahrt der Bflrger eine ernste Auf*
gäbe der Staatsgewalt geworden ist.
2. Quesnay und seine Schtller.
Der awdte, dem unsere Betrachtung gilt, heilst FVanQoiB
Quesnay. Er ist Arzt, durch Beruf und Neigung der Beobach-
tung der Aufsenwelt, der Natur und des menschlichen Körpers
zugewandt. £r ist weiter ein Zeitgenoase Ludwigs XV. Seine
* It is well kiiowD how hard it is to make the inilgar qnit tiieii-
own customs for »uch as aro far better in agricultnre or m«v'h;inick
arts etc. As there arc in our species inen of su^erior genius and pene-
tration, and of more extensive yiewst nature points them out m nt to
direct the actions of the mnltltiide for the general good u. s. w. K III,
Kap. 4, II, 1.
* Über Wolffs Wohlfahrtsstaat liehe s. B. GnukUKtae des Natur«
tmd Völkenecfata. Halle 1754, §§ 48, 44.
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58
X 9,
Überzeugungen, seine Stellung als Leibarzt dieses Fürsten und
sein iTiildor, tiirohtsamer Clmrnkter weisen ihm die Rolle eine»
Reformators zu. In seinen politischen Ansichten nähert er sich
mehr Bossuet als Pyelon und Montesquieu, von dem ihn sein
Rationalismus trennt^ in seinen wirtschaftlichen und soziale be-
rührt er eich mit Boiegiiiliebert, Vwiban und d'Ai|;ett8on. Er
lebt in einer Zdt, wo die franstteisehen ländlichen und stftdii-
sehen MittelkUssen wirtaohafilieh mttndif wei*den und, abgesehen
von den privilegierten und an der Au&echterhaltung der Mifs-
bräuche interessierten Schichten <lieser Klassen, die t'berreste
der feudalen Ordnung, noch mehr ibcr die Gewerbepoiitik und
den Fiskaiismus des abttoluten Königtnms beseitigt zu sehen
wüüaciien.
Goltmay Ist der Vertreler der stftdtiBchen Mittelkkewn,
Queenay der Dolmetoeh der BedtlrfiiiMe der läodltehen Jilittcl-
UaafteD, des Standes der PMchtcr. So sehr Quesnay auch mit
seinem System die Erzielung des gröfstmöglichen, wirtschafdichen
Reinertrags und damit den Nützen der Grundbesitzerklasse zu
bezwecken scheint , so zeigen doch die Schriften Quesnays und
seiner »Schüler auf das deutlichste, dafs ihnen die Lage d^
bäuerlichen Unternehmerstandefi besonders nahe geht. Die Ver-
besserung seiner wirtaohafdiefaen La^ ist nach der Lehre derPh^vio-
hrateu cue unumgänglich notwendige Vorbedingung einer Steige-
rung des Reinertrags ) welche eine Konsequenz des Systems ist.
Wenn man nun weiter erwSgtt dafs er den Gnmdbesitzau alle
Steuern aufbürden will, so erscheint die Annahme wohl gerecht-
fertigt, dafs die ökonomische Hebung der b'iüfTlichcn Klassen
sein wichtigstes Ziel war und dals man ein be«untl»iö lieik«
Licht auf daa „produit net^ fallen Hefa, um die mächtigste Klasse
als Hebel für eine Verttnderung der Wirtnchaftspolitik au be-
nutzen. Sie würde auch die entsetaliche Finanspraxis der Zeit^
wenn sie gegen sie gerichtet wäre, zu beseitigen Terslehen.
Wahrscheinlich wurde Adam Smith noch stärker von derartigeik
Erwriiznuip^en geleitet, da diese Klasse in England einen weit greise-
ren Eintiurs auf die Gesetzgebung besal's.
Die Sympathie ftir die ländliche Unternehnierlvlasse hinderte
aber Quesnaj nicht, den Drang aller nicht privilegierten ünter-
nehmca^lassen nach wirtschafuicher Freiheit zum Ausdruck sa
bringen , wenn er aiidi die Wirkungen , welche die wirtschaft-
liche Freiheit auf die wirthschaftliche Lage der unfruchtbaren
Klasse haben würde, tibersah und sie der häuerlichen Klasse
nnd dem f irimdbesitzer^tande dienstbar zu machen hofHe. So
nnnmt der von Locke aufgenommene Ruf der englischen be-
sitzenden KLi^sen: liberty und property! einen neuen und zwar
einen wirtschafUichen Cliarakter an. W ie l^ocke fordert Qucsiiay
Schutz der natürlichen Rechte, Freiheit der Person imd Sicherheit
,das Eigentums; aber er verbingte sie als notwendige Voraussetaun-
gen des wurtschaftlichen Gedemens. Keine VolkswirtsGliaft kann
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50
blühen, wo das Individuum nicht die Gewiftheit hat, dals es
die Früchte seiner Arbeit geniefsen werde, wo sein Eigentum
(Kapital) nicht sicher ist vor ungereolitfr , noch mehr vor wirt-
schaftlich unzweckmäl'siger Besteuerung, ^vo der einzehie nicht
frei ist in der möglichst wirtscluiftlichen Vtrwendunfr seines
Eigentums mid seiner Arbeitskrait. Es mid iuäi auä^cliliersUch
▼olkawirtachaftspolidBche Qnmdsfttee, welche Queanay finr-
mnlkTt
Um einem möglichen Irrtnin vorzubeugen, sei aosdrUcklich
hervorgehoben, dafs auch d<'is vorphysiokratische Natumcht selbst«
verslänfnieli nrnndsätze der Volks Wirtschaftspolitik und derFinfin/-
politik enthielt, da diese Dif3ci])Iin ja tiir alle staatlichen Gebiete
auszusprechen hatt^, was nattirliclien Rechtes wäre und dom-
gemald von der Staatsgewalt ausgeführt werden mtisse. Aber
das Katmcrecht yrot den Pbymokraten enthielt wohl, wie die fort-
flchreiteDdfln Bedttrftitsse der Zeit es erheiichten, die Forderung
der religiösen, politischen, individueUen, nicht aber die der wirt-
schaftlichen Freiheit; nur Grotius war für die Handelsfreiheit
eingetreten. Auch beschränkt sicli das^ vorpliysiokratische Natur-
recht nicht ausachliefslich ;iut wirt.schattliche Fragen, während
das „Droit Nntiirel" ^ >[w<nay> zu. einem Wirtschaft! iclien Natur-
rechte zuaauiuieDgeschruujplt ist'. Gerade darin besteht die
Eigentttmlichkeit und die Bedeutung Quesnays, daft er, angeregt
durch das, ivaa seinem Volke notUiat, die Loekeschen ^hren
▼on dem ewjgen Rechte auf Eigentum und Freiheit fortentwickelt
zur Lehre von dem Naturrechte des Menschen auf wirtschaftliche
Freiheit, wie er sie versteht.
Sie bedeutet f\ir ihn nicht die schrankenlose Ungebunden-
heit *:er Individuen und diis untiiatige Zusehen der liegierung.
Dadurch unterscheidet er sich aufs schärfste von Locke. Er
hat bekanntÜch an der Unteilbarkeit der h(tchsten Gewalt fest-
ipehaltenf und sein Staat ist eni Verwaltungsstaat, dem er
sehr wichtige Aufgaben zuweist. Auch polemisiert er sehr staik
fegen den mauvais usage de la Itbertö. Seine Meinung ist folgende.
Is giebt eine natürliche, unveränderliche, vollkommene Welt-
ordnung, welche der Schöpfer gewollt hat nnd die vom Mensclien,
dessen Wohl der Schöpfer ebenfalls will, in ihren Beziehungen
zu seinem eigenen (wirtschaftlichen) Vorteil oder Nachteil erkannt
werden kann. Der Mensch bat aus der schlechthin vollkommenen
Weltofdnnng su erkennen^ was ihm wirtschaftlich den grOlsten
Vorteil gewährt, und was ihm Schaden hrin^ das erstere ihr
sich zu nützen, das letztere zu vermeiden, bo bringt Quesnay
die dem Menschen vorteilliafteste wirtschaftliche Ordnung in den
inni^ten ZtiJ^nmmenljang mit der allgemeinen Weltoi ImmL'*. Jene
durchzuführen und sich ihr unterzuordnen ist die Autgabe der
* Qaesiiay defiDiprt diu Natarr«cht: La droit aaturet de lliomme
peot ^re d^6ni vm^ncin nt 1, Ii it quo riiomme a ftOZ ehOBSS pvoprss 4
sa jonipime. Daire, Phjsiücrates I, p. 4L
60
X 2.
Einzelnen wie des Staates. An den Staat ergeht daher die Auf-
forderung, die positiven Gesetze anfzul;o1>en welche der natür-
liclit n OrduuuL'' widerstreben, und die ^Naturgesetze (der W'irt-
seliatt) zu verkünden, mit andern Worten, sie zu .seinen positiven
Gesetzen zu machen. Freiheit bedeutet daher zunächst iUr Quebnay
die Befireiang von den sehlechten positiven Oeseteen, dann die
ESnfÜhrung der natürlichen Ordnung.
Aber welches ist der Inhalt dir 8or natürlichen Ordnung?
Man wird es in der folgenden Darstellunf; aclicn, in welcher auch
die Beziehungen des physiokratisdion Naturri*eht<'S ztnn Locke-
schen noch deutlicher hervorgeliübcn werden sollen. W ir folgen
dabei im wesentlichen den Außftihrungen Mercier de la Riviä'e*
und Dupont de Nemours'.
Jener ScbriAiBteller beginnt seine Darstellung mit dem Nach-
weise, dais eine natürliche Qeeellschaft vor der bürgerlichen
bestanden habe. Aber das natürliche Becht leitet er wie Locke
aus den Trieben des Individuiima her. P>ei ihm fallt «lies
aiif da unter seiner Feder die natürliche (tcsellsehatt einen oi-^a-
uisclien Charakter gewinnt, und zwar in Fol^^e si-iner psycho-
logischen Analyse der menschlichen Katur, die nicht an Locke
erinnert
Wllre die GeseUscliaft nicht im Plane Gottes, dann wären
die Triebe ) Neigungen und BedflrfiitBse, mit welchen der
Schöpfer den Menschen ausgestattet hat, unverständlich. Nun
zeigt die Betrachttni l-^ der Krüfte des Menschen, dafs er filr
die Gesellschaft bestimmt ist; denn er ist des Mitleides, der
Freundschaft, der Nacheilerung tkhig. In der Jugend und
im Alter bedarf ei* der Gesellschaft zu seiner Sclbsterhallung.
Seine Intelligenz, die dcb erst in der Gesellschaft entwickelt, er-
möglicht eine kulturfitrdemde geistige Verbmdung mit fHlheren
Oenerationen. Der Mensch hat weiter einen starken Drang, sich
zu vennehren; die Vermehrung ist aber ohne materielle Kultiu*
unm?^frHch. die materielle Kultur ist nur in der G^" 'H^ehaft denk-
bar. 80 ist also die Errichtung der Gesellschaft ein Teil der
Weltordnung
Nun gelangen wir zu jenem salto mortale, von dem ich eben
rorach; das IndiTiduum wird das Prindp seiner Deductionen*»
Pttfendorf machte den umgekehrten, wie man sich erinnern wwd.
Der Yon der Natur mit dem Selbsterhaltungstriebe ausgestattete
* L'ordre natarel et easentiel des Sodötte PoUtiquet. London 1767.
2 Bändchen.
Ainsi lY'taliHssement de la sociöte coinme moyeu n<^cc?sairc h.
l'abüiulHneo des piuduction» est d'une n^ceßsit^ phvsique k la uiultipli-
CsHon des hoinmes et fait partie de Pordre de la creation. I, p. 15.
" Mr'rcior fiililt da^ Unlogische seinns Verfahrens und sapt deshalb:
Quoi qu il soit vxai de diro que chatjue hotnnio naissc en sociötö, ce|)en-
dant dang Tordie des Idt^es, le besoin que les hommes ont de la Boei^t6,
doit se placer avant Texistence de la «oei^tä. I, p. 17.
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61
Mensch empfindet nach Mercier das Bedürfnis, sich zu erhalten;
folglich hat er auch das natürliche Recht, sich zu erhalten.
Hieraus gclit da» Recht hervor, durch Occupatiou uud Arbeit
die zu seiner Erhaltung nützlichen Dinge zu erwerben und das
^worbene zu behalten. CTest donc de la nature m§me que
chaque homme tient la propii^t^ cxcIuBiye de aa personne et
oelle deschoseB acquises par ses reoherches et ses travaux^ Es
zcifTt wiederum die Abhängigkeit von Locke, dal's Mercier nicht
von dem Beirriffe der Freilieit ausgeht, sondern von (lenijeiii-
gen deä Eigentums. Die peiiiönliche Freiheit nennt er j)ro})ri( te
personnelle. Aus ihr leitet er, wie Locke, alle andern Arten des
Eigentums ab. La propri^tö personnelle est le premier principe
de toUB las autres droits: sans eile, ü n'est plus m propri&ö
mobäiiure, ni inropridtd foDci^rOi ni 80ci6t^^\
Mit der firwähnung der propi^iä fonci^ro sind wir dem
Werke Merciers etwa!< vomusgeeilt, aber wir liielten die vor-
stehende Ausführung für notwendig, um das System richtig
zu cliarakterisieren. Wir fahren nun wieder in unserer Dar-
stellung fort.
Wir haben vorher die Becbte des Individuums kenneu gc-
lemif welche ans seiiier kOrpeiHcben und geistigen Ver&ssung
hervorgehen, die das Werk Gottes ist. Diesen Rechten ent-
sprechen Pflichten: Point de Droits sans Devoirs, et point
üe Devoirs ^nns Droits"
Hier muis ich den Faden nocii einmal abbrechen, um einen
wichtigen l'uiiivt zu erörtern. Mercier de la Kivit re g<'lit von
dem Rechte des Individiuums auf Selbsterhaltung aus. Er sas^t
wOrdich : „Je ne crois pas qa*on veuille refuser k un homme Te
droit naturel de pourvoir k sa conseryation.*" Dann aber sieht
man erstaunt, dafe er das Recht aus der Pflicht ableitet. Er
filhrt fort: „ce premlcr droit n'est meme en lui que le riJsultat d'un
premier devnir qiii liii est irapose sous {»rine d«- douleur et
inerae de morl." Sciimerz und Tod sind al-^o dir nutürlieia- Sanktion
des göttlichen Gebotes. Und an einer andern Stelle heilkt es über das
Verhältnis vonBecht und Pflicht: „il n'est point de devoirs sans
droits, ceuz-Ui sont le principe et la mesure de oeuz-d/ Ja er
nennt „droit . . . une pr&pogativc ötablie sur nn devoir"*. Man
ist im höchsten Mnlse verwundert, einige Zeilen \\ « iter wieder die
entgegengesetzte Ansflilirnng zu finden, z. B. ^les devoirs enfin
ne peuvent etre dtablis dans la soeiet«', que sur la n^cessitc dont
ils sont a la conservation des droits qui en n'sidtent."
Vielleicht wiixl man dagegen erwidern, Mercier habe damit
seiner Ansicht von der Heciprocität von Rechten und Pflichten
' I, p. IH.
2 I, p. 4o.
• I, p. 24.
« I, p. 18, 22, 21.
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62
X 2w
Ausdruck geben wollen. Diese Ansicht ist flir die RttliTe und
Pflichten dtT Mensc hen in der Gesellachaft wohl haltbar; abi r
ist unmöglich, iii Jieziuhung auf die Selbsterhaltung das Kei-ht
aus der Pflicht and die Pflicht am dem Rechte abziHeiten. üier
kann nur das dne die Bsais des andern sein, und danach mnfs
dann auch konsequent das Verhältnis der Menschen in der Ge-
sellschaft bestimmt wcfden. Das Schwanken unseres Schriftstellers
ist vielleicht daraus zu erkhiron, dafs er, wie man sieht. Locke
folgt, sich dann aber unter df-ni EinHussc WolfTs hewulst wird,
dafe das T^ockesche Natiirrct lit zunächst nicht zum Heizrifle des
Rechts, sonderndem der Fliicht luhrt*. Welches sind nun diese
Pflichten? Zuerst wie wir gesehen, eine Pflicht gegen uns selbst,
die Pflicht der Selbsterhaltung. Dium aber auch Pflichten gegen
andere: Ich mala das ausschBefsliGhe Eigentum des andern an
seiner Person und an dem Ton ihm Erworbenen anerkennen,
wenn er das meinige anerkennen soll. Da die Natur den Individuen
ungleiche Fähirrkoiten sregeben hat, so folgen daraus Ungleich-
heiten des Vermögen-, die durch das Naturrecht gerechtfertigt
fiind^. Fügen wir hinzu, diese Ungleichheiten sind das Werk
' T-Üne iihnlicbe Zusammenstellung von Kccliteir und PHichten, aber
iu weit logischerem Zusammenhalte« findet sich bekauutiich bei VVolS^ den
Dupont ae Nemouis neben Contncins, Socntea, Galilei und andern sn
den Märtyrern der Wissenschaft zRhlt (Dnirr 1. p. Ein natür-
liches Gesetz, führt Wolff aus, ist dasjenige, weiches ^«eineu hinreichen-
den Grand in der Nator des Hensenen und der Dinge hat Dieses
Gesetz wird gewöhnlich das Recht der Natur genannt. Da nun die
Natur ileK Menschen und der Dinge ihren (irund in Hott haben, ist
das natürlich*' (iesotz auch ein güttliclietj, und es verbindet folglich nllf
Menschen. Dui < b die Natur wird aber der Mensch verbunden, <ue Hand-
lungen zu begehen, weleli»^ seine und seines Zuftande^? \' llkommenhdt
befördern. Weil aber niemand seinen Zustand aUein yulikommen machen
kann, sondem ein jeder des andern Hilfe nötig hat, so vertnndet das Natur-
n i lit die Menschen, 1) ihren Zustand mit vereinten Knlften vollkonunen
zu machen, und ein jeder ist verbanden, zur Vollkommenheit des andern
soviel beizutragen, als er ohne Schaden der Verbindlichkeit gegen sich
selbst vermag, und 2i auch alle Handlungen m. unterlassen, wodurch des
andem oder sein Zustand unvollkommen gemacht wird. Da nun weiter
der Menscli äich und die andem vervollkommnen soll, so darf er es
aueh. Es leitet also Wolfi' aus der dem Menschen durch seine Natur auf-
erlegten Pflicht das Recht üb. So entstehen Recht' :ni^ der Pflicht,
sich selbst zu vervolikomunen, and aus der Pflicht, andere zu vervoU-
konnmieB. leh weirs nicht, ob Mereier unter dem BÜnfloase der Wolff-
sehen Philosophie gestanden hat. Wenn es der Fall gewesen ist, so hat
er ihre Anrej^ungen jedenfall.'^ frei benutzt. UnmflgHch ist die bezeichnete
Einwirkung nicht, da, wie man sicii eriuuern wird, die Philosophie Wolffs
in Frankreich einen ehrenvollen Einzug gehalten hatte. Quesnay leitet an
verschiedenen Stellen die droits aus den devuirs ab, z. B. Un enfant . . .
a un droit uaturel ü ia subsistance, fond^ sur le devoir indiqu^ par
1a nature au p^re et k Ia mhre. Und: II ^ a un ordre . . . dans la jouis-
pnncp du droit naturel de chacun . . . qui doit Ttre n'gle . . . confonne-
ment aux devoirs prescrits par la nature (Droit Naturel chap. I, IIL Daire
U p. 42, 49).
* La loi de la piopri^t^ est bien Ia m6me pour tons los hommss;
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63
Gottes; also sind sie auch von ihm gewollt. Doch anerkennt
Merder auch eine unnatürliche und nicht notwendige Ungleich-
lieit an. Diese gegenseitigen Reciite und Pflichten sind absolut
gerecht, weil sie aus der pliysisciien Notwendigkeit hervor-
gehen, die ein Werk Gottes ist.
tm Vorlaufe der meiiflcUicbeD fiDtwickliiDR genttgen die yim
der Natur gebotenen Unterheltsmittel niobt mttir» die Erde mufs
mit MOhe und Rosten urbar gemacht werden. Wer diese auf
sich genommen hat, mids gerechterweise Eigentümer des Bodens
und der Ernte werden. VVVr ihm das Orundeigcntum rauben
wollte, der würde sein persönliclies und dingliches Eigentum ver-
letzen. Also gehört auch das (Grundeigentum zum Bestände der
naturlichen Chxinung. ^^'enn nun auch durch die Einfülirung
den Mreteigentams an der Erdoberfliiche vide vom FSrivateigen-
tom anegeschlossen werden, so erhalten sie doch ein Recht auf
den MitgennfB der Ernte, wenn rie sieh nützlich machen. Mercier
ist nun zu einer Definition der wesentliclion Ordnung gelangt.
L' ordre &ssentiel des '^orif^t^s e^st l'accord parfait des institutions
ßnii^ lesquelJes ce bonheur et cette multipUcation ne pourraient
üvüir heu*.
Die hOchstmOfiliche Entfaltung der materiellen Wohlfiihrt
und die grSlatmö^icfae Menachenvermehrunff hängen ab von der
«ooialen Freiheit uw Menech wird seine Krttne niebt aufs äalBemte
juistrangen, wenn ihn nicht der Wonach zu genicfsen antreibt.
Wenn aber die Freiheit de8 Genusses nicht besteht, wer ^^^^d
dann Arbeit und Mühe auf sieh nehmen? Dc^sir de jnuir et
libert(^ de jouir voila läme du mouvement social'^.
Der Mensch kennt eben nur zwei Beweggründe : den Hang zum
Vergnügen nnd die Abneigung ^egen den Schmera.
Wae veratobt er also unter aer socialen Freibeit? Ia liberift
sociale peot dtre d^finie une indöpendance des voluntda dtrang^rea
3ui nous pennet de faire valoir le plus qu'il nooa Ort poeaible nos
roits de propriet/' et d'en retirer tontes les joui«^sinces qni peiivent
en resulter sans preiudicii r aux droits de propri6t4 des auties
hommes*. Die Freiheit kann nie .schädlich sein. Denn unser
Drang nach Genuls macht uns von andern abhängig. Damit
sie uns lielfen, mflaaen wir ibnen eben&Ua GenUaee beten. So
ist mit der Yerroebnmg unserer Genosse die Vermebrung der
Genüsse ^aUer andern verbunden. Unter der Bedingung socialer
Freiheit strebt ein jeder nach seinem eigenen Besten und damit
nach dem Besten der ganzen Gesellschaft. Die Gegenüberstellung
des PrivatintereaseB und des allgemeinen Interesses erscheint
les droits qu'elle donoe eont tous d'uue ^gale justice, mais ils ne sont
pSB tons dline (^gale valenr. I, p. 2|.
' It p. 40.
« 1, p. 54.
Ȁ.a.0.
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64
X 2.
Mercier als widersinnig. Da» allgemeine Interesse ist nur
die Summe aller EiDzelintere8sen^
Eigentum, Sicherheit und Freiheit zu geuielÄeu: das bind
die Säulen der natürlichen und wesentlichen Orannng der Gesell-
schüft. Es ist eine natürliche Ordnung; d^n die sociale Ordnung
ist ein Teil der allgemeinen Katuroidnung. Es ist physisch un>
möglich, ohne Lebensmittel zu existieren, und es ist physisch un-
möglich, dafs sich die Menschheit vermehre, wenn nicht die Kultur-
arbeit die Schätze (h r ]!^rde eröcliliefst: Folp^heh ist auch das
Privateigentum an Grund und Boden pliyüiöch nötig, das
Eigentum an den beweglichen Sachen ist physisch nötig. Kurz:
la rase fbndamentale de cet ordre est ^Tiaemment le droit de
propriöt^, paroeque sans le droit de propri6td, la soddtd
n'aunut auctme consistanoe> et ne serait d'aucune ntUitö k l'abon-
danoe des productioos^.
Dieses sind gewissermafsen die wirtschaftlichen Grundrechte
der Menschen und die Fundamente der OoscUschalt ; dringen wir
nun tiefer in das gpociell nationalökononiische Gebiet ein. Die
ersten Kapital- und Arbeits^aufwendungen (avances tonciere-sl, an
welche sich die Einsetzung des Grundeigentums knttpft, genügen
nicht, um die Nahrungsmittel dauernd zu erzeugen, es müssen
auch Aufwendungen für Instrumente, Zugtiere u. s. w. (avanoee
primitives) und fUr den Lebensunterhalt der arbeitenden Menschen
und Tiere (ddponses annuelles) *^cmneht werden. Soll min die
Err'^f^uL'uni; von Nahrungsmitteln ihren ren^elmäfsipjen Gang gchen^
80 muls eine bestimmte Quote des Ertrags zur Ei*neuerung des
Anlagekapitals und e.s müssen die jährlich wiederkehrenden Aus-
lagen ganx surttckgele^t werden. Hienu kommt dann noch eine
Risikopitlinie fiir HagefscUag u. s. w« Sie zusammen bilden die
reprises des cultivateurs.
Dieser Teil des Ertrages mul's also imverletzlich sein, er dai'f
weder vom Eigentümer noch vom Staate in dei Form von Gnmd-
rente oder Steuer in Anspruch genommen werden. Dies ist eine
der wiclin'ustcn Forderungen der natiirliclicn ( )nlniing, von welcher
die Krljaiiuug- der einzelneu, die Vermehrung und das Glück
der Menschen abhängt. Damit sie verwirklicht werde, ist aber
nichts weiter nOtig, als dafs der Staat nichts thue. Überläfst er
die Verteilung des Ertrages ganz dem freien Vertrage swischen
Gutsbesitzer und Pächter, so wird die Konkurrenz schon dafür
sorgen, dais die notwendigen Auslagen stets zurückerstattet werden
* Au moyen de eette libert^ qni est le vMtable ^l^ent de Tin-
dustrie, Ic d(^*?ir de jouir initr par la concurrence, t'<.Iinn' jiar l'cxp^*rieni"0
et l exemple, vous est ^arant que chacun agira toujours pour sou pioa
grand av au tage possible et par cfnis^quent conoourra ... hu plus grand
aceroiaaemcnt possiblc de cctto somme d^int^rßts prirticuliers, dont la
r^union forme . . . l'int^ret g^n^ral du Corps social, i, S. oH.
* I, p. 48.
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X 2.
und docli andererseits der Anteil des Päcliters so märsig wie niu*
möglich auwfällt
Der Anteil des Grundbesitzers ist der Reinertrag; von
diesem Teil darf und soll der »Staat eine Quote als Steuer er-
heben , denn der Staat ist das notwendige Mittel zur Förderung
der ganzen Volkswirtschaft, Es ist von der hervorragendsten
Wichtigkeit, dafs das produit net möglichst grofs ausfalle: je
rfser es ist, um so vorteilhafter wird es, Eigentümer zu sein,
vorteilhafter dies, um so mehr Boden wird in Kultur ge-
wonnen ; je ausgebreiteter und je vollkommener die Kultur, um
so mehr Unterhaltsmittel werden erzeugt; je gröfser deren Älenge,
um so mehr Genüsse können sich die Menschen gönnen ; um so
glücklicher sind sie. Je glückliclier sie sind, um so mehr
vermehren sie sich. Da nun die Klassen der Gewerbetreibenden
und Kaufleute ebenfalls von den Übcrsciüissen der Landwirt-
schaft erhalten werden müssen, wie wir noch sehen werden, so
darf man sagen, dafs das Gedeihen der ganzen Mensch-
heit von dem möglichst grofsen Reinertrag abhiingt *. Das
Geheimnis aber, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Her-
stelhmg der freien Konkurrenz. Da die Gewerbetreibenden sowohl
ihre Rohstoffe wie ihre Nuhnmgsniittel aus dem Ertrag der Land-
wirtschaft erhalten, so können sie keine neuen Güter prodiicieren.
Ihre Thätigkeit besteht darin, dafs sie den vorhandenen Stoffen
durch ihre Arbeit eine neue Form geben. Der höhere Wert,
welchen diese Klasse den Rohprodukten verleiht ist gleich dem
Wert der Unterhaltsmittel und Kapitalauslagen, die zu jener Um-
formung nötig waren. Damit aber die Summe der Unterhaltsmittel
und der Kapitalauslagen möglichst gering sei, ihr Einkommen
das Mafs des gesellschaftlich Notwendigen nicht übersteige, ist
wiederum die vollste wirtschaftliche Freiheit nötig. Dasselbe gilt
von den Kaufleuten, welche den AustaiLsch der (iüter besorgen.
Der höhere Wert welchen sie den W aron verleihen, ist volks-
wirtschaftlich auf K.ipitalauslagen und Unterhaltsmittel zurück-
zufülu"en. Diese werden bei voller wirtschaftlicher Freiheit am
geringsten sein. In den Überschüssen der Landwirt.schaft liegt
also die Ursache der Gröfse der ^'olks^\^rt.schaft: je gröfser jene,
um so bedeutender diese*'' ; Gewerbetreibende und Kaufleute dürfen
' En cette partie radminiatratiou n'est point embxrrassante; eile
n'a rien a faire, il lui suffit, de ne rien ein pecher.. .de laisser
ainsi la coiicurrcnce en po?8cs.sion d'rtre l arlMtre naturel et souverain de
CO» mOmes dcbats . . . ils (cultivateuM) seront doiu- constammont assuji'ttis
par eile li ne prendre dans ces produits bruts que la portion qu'on ne
peut absolument leur refuser; et cette i>orti<in ('tant ain.-^i la plus mo-
dique qu'il .soit possible, c<!lle qui formera le produit net, poiir se partager
entre lea pn)pri<''tAire8 et le souverain, »era par cons^quent toujours aussi
forte nu'elle pcut et doit TOtre. Daire II, p. 4W.
* \^\. I>upont de Nemours. Daire I, p. 340.
' Eine humori.stische AustÜhrung diese» Satzes, der sehr sophistiKcU
Vtnchm^pm (48) X 2. - lliMba< h. 5
66
daher vom St^iate keine besondere Begünstigung erfahren*.
Von ihnen darf aber auch keine Steuer erhoben werden, sie
reproduzieren nur ihre Konsumtion. Der einzige Teil äefi jrihr-
lichen Ertrages, auf welchem eine Steuer lasten darf, \ei foighch
der Reinertrag, daa produit net
Also iat die EinfÜhruug der ▼ollen wirlschafUiclien Freiheit das
unumgänglich notwendige, aber auch das einfache gottgewollte
Mittel zur Begründung des Glückes der Menschheit. Dadieses durch
die I»eschränkung der Concurrcnz sehr gr-hindert vnrd. so ist sie
ein ungeheures Verbrechen. Darum sajr^^t Dupont de Nemours: ..8e
livrer Ji cet attentat, ce serait declarer \a guerre ä .scs semblables ;
cc serait violer les droits et manqucr aux devoirs institues par
le Cre iteur; ce serait s'opposer a ses dck^rets aotant (^ue le peut
notre ^blesse, ce serait commettre un crime de löse-majest^ divme
et huraaine" Um aber diese Ordnung der gröfstmttglicheil
Freiheit und Sicherheit durchzuführen und aufrecht zu erhalten, um
ihr Glück nicht zu beecliränken, sondern zu steigern, ernennen
die Menschen eine schützende Obrigkeit; sie treten in die bürger-
liche üesellscliaft ein. Diese übrigkeit hat also keine andere
Aufgabe, als jene Naturordnung zu schützen. Es steht ihr nicht
etwa zu, Gesetze zu m a c h e n ^.
Die Verwandtschaft mit Lockes Theorie tritt hoftendich
ebenso deutlich hervor, wie der Unterschied des politischen Ziels
und die breite Entwickltm;^ der nationalökonomischen Onmdge-
setze und GrundsJitze, die aber noch immer eng mit dem Nator-
rechte verbunden bleiben. Die Lockeschen „l'wo Tretitises"
haben einen wesenüich poUtischen Charakter, die physiokratischcn
Schriften einen wesenthch wirtschaftlichen. Hier wie dort bildet
das Individuum das PHncip der Theorie, obwohl Lodte
wie Quesnay die Existenx einer natürlichen G^eHschaft annehmen ;
das pourauot und commtMit unteracheidet, ßa adesu, ExpUcation du
Tabfenu Kconnmique. Daire IT. p si').
< (iftue le ^ouverneiueut ccouoinique . . . laisse aller ci'eilcs-tnömes
les ddpeimes steriles. Qiiesnav. Daire I. p. S8.
2 Dair.' T, I) ?,\r,.
^ Car les lois sont toutoa faitca par la maiu de celui
qui cr6a les droits et lea devoirs ... Los ordonnances des sou-
▼erains. qu'on appclle lois positives, ne doivcnt etre que des
actcf; d «M- 1 aratoires de cos lois essentielles de Tordre pncial.
Widur«preiiien die positiven Gesetze den Naturgesetzen der socialen
Ordnung, so verdienen sie nirht den Nainen von Gesetzen, sie wSren „des
acte? ins.Mist'.s (jiii nc spraient obligatoirt^s pr.nr per?nnTir'". Es giebt also
einen natürlichen und höchsten iiitUiter Uber alle positiven Gesetsfie, and
dieser ist „r^idenr.e de tenr confonnit^ ou de Icar opporition aux lots
naturelles de l'ordre pocial". Die Obrigkeit ist aber aac^ verpflichtet,
die Naturgesetze zu verkünden, und die Menschen wären gebunden ^par
religion de for int^ricur" sich ihnen zu unterwerfen, wenn sie nicht
voEKÖndet wären, da sie ihnen vorteilhaft sind. a. a. 0. S. 847.
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X 2.
Ö7
Mercifir fUhrt aus, dafs die Menschen natUrhcher- und notwendiger-
weise in der Gesellschaft leben, weil es natürlicher- und not-
wendigerweise zwischen ihnen Rechte und Pflichten gebe. Locke
ist der Vater des politischen, Quesnay einer der Väter des wirt-
schaftlichen Individualismus. LiCtzterer behauptet ähnlich wie
Locke, dafs die Qrttndung des Staates nicht aie Beschränkung
■der natttriichen Rechte der Menschen bedeatete, sondern die Ans-
<lehnung der Ausübung und des Genusses aller ihrer Rechte*.
Vergleicht man Quesnays Doktrin mit derjenigen der früheren
Katurrecfitslehrcr überhaupt, so fällt erstens die enge He/iehung
auf, in welche er das ethische Naturgesetz (NatutTecht) und das
physische Naturgesetz der Gesellschaft bringt ; zweitens . dals
nach seiner Lehre das der Erhaltung, Fortpflanzung,
Vervollkommnung, GlQokseligkeit der Menschen
Ntttsliche auch das Gerechte ist.
Wir sahen im Vorhergehenden, wie die T^hre ihren Aus-
gangspunkt nimmt sowohl in der allgemeinen Weltordnung wie in
der menschlichen Natur. Eine noch .schüchterne Analyse der mensch-
hchen Natur, welche mit der physiokratischen übereinstimmt,
haben wir zuerst bei (irotius gefunden. Quesnay. der Arzt, vergifst
nicht, dais der Mensch Nahrungsmittel, Kleidung, \\ ohnung be-
darf um sich selbst au erhalten und sein Geschlecht fortsupflanzen.
Diese Triebe hat Gott dem Menschen neben der SoaialitKt ein-
gepflanzt, also sind sie gottgewollt, also mulls sich auch hieraus
erkennen lassen, welche rechtliche Ordnung er für die
menschliche f Gesellschaft vorgeschrieben habe. Indem aber der
Schö{)fer den Menschen mit seiner Existenz auf die äufsere Natur
hingewiesen hat. entspinnt sicli ein (lewebe von Physischem und
Sittlichem, das noch genauer dargestellt werden mufs.
Quesnay ist Optimist, aber weit davon entfernt, eine prästa-
bilierte Harmonie zwischen der ftufseren Natur und der mensch-
lichen Gesellschaft anzunehmen. Jene geht ihren ewigen Gang;
sie kann dem Menschen nUtzen, sie kann ihm aber auch schaden.
Soll eine Harmonie stattfinden, so kann sie nur die That der
Vernunft des Menschen sein. Der zur Erhaltung seiner selbst
und der Gattung auf die äufsere Natur angewiesene Mensch
muls die Gesetze des Weltalis ebensowohl wie die mensclUiche
Katur erforschen, um die fUr sein Dasein vorteilhaften und nach-
teiligen Wirkungen der Naturgesetze kennen zu lernen. Das
Vomlhafte zu benutzen, ist dium aber auch seine Pflicht So
nigt der Schmerz des Hungers dem Mcnsdien an, dafs er
essen soll. Der Vorrat der äufseren Natur an Genufsgütem
ist bald erschöpft, also soll der Mensch den leiden kultivieren.
Die Kultur des Bodens ist. wie die M en sehen natu r geartet
ist, nur denkbar, wenn er in Privateigentum ist, also mufs das
^PiTvateigentum am Boden eingeführt werden. Nach der Natur-
ÜQmspondeiiz Daponts mit Say. Daire I, p. 895.
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68
X 2-
Ordnung kann nicht der ganze Ertrag vrzr^irt werden; also
muis, wenn nötip;', durch Gesetze dal'ur gesorgt werden, dal*» eioa
zur Reproduktion notwendige Quot«' znriiekf^elegt werde.
Man sieht also erstens, daf« da« der (iesamtlieit Nützliche
als das Gerechte, durch die Gesetze zu Erzwingende gilt, /.weitens,
dafs die NaturordnuDgTf das Natuigeseta sueleich physisch und
sittlich ist Es giebt eine dem Menschengeschlecht vorteiUiafteBte
physische natürliche Ordnung ,,rordre physique le plus avanüigcux
au genre humain"; eng mit ihr verbunden ist eine sittliche Ord-
nung, ein nattirliches ne:5etz der Handlunp:en der .Menschen,
welches es ermöglicht, dafs die NaturgCfeCtze dem Menschen
den gröfsten Vorteil bringen können : „on entend par lui murale
la regle de toute action de T^ordre mural, conforme k l'ordre physique
^demment le plus avantagcux au genre humain" ^ Diese mora-
lische Ordnung läfst sich mit dem Worte: Privateigentum (persön-
liches, bewegliches, unbewegliches), zusammenbissen; denn diis
richtig: verstandeiK! Privatei^i^cntum ist auch die Freiheit. Wo die
sittliehe Onlnung Naturrecht) nicht herrscht, da kann sicli
auch die [) Ii Y s i sc h e, möglichst vorteilhafte Naturordnung nicht
enttulteu. Wo kein Privateigentum, da keine Kultur; wo keine
Kultur, da keine Erhaltung des Menschen und der menschlichen
Gattung. Beide Arten von Naturgesetzen bilden zusammen das
Naturgesetz: „Oes lois forment ensemble ce qu' on appclle la loi
naturelle'' -. Die verpflichtende Kraft dieser Gesetze liegt darin^
dafs sie vom höchsten Wesen vorgeschrieben sind. Aus diesem
Grunde .sind fnu li di(^ besten Gesetze. Welcher Wahnsinn,
welches Verbrechen, wenn dio positive Gesetzgebung das Natiur-
gesetz nicht einlach erklärt!
So hat das Naturgesetz in dem physiok ratischen System
wiederam eine Hoheit und Bedeutung gewonnen, die es in dem
Lehigebäude der Stoiker besessen hatte. Die Stoiker wollen in
Übereinstimmung mit der Nator leben, dir Phy.siokraten der
Natur zur Herrschaft in der menschliehen Gesellschaft verhelfen.
Wiederum sind das sittliche Gesetz und djis Naturgesetz in den
engsten Zusammenh.ing gebracht, wiederum erseheinen Ix ido nur
als verschiedene Aua.struhlungen des "We-sen-s des .^ehuptcrs,
wiedenim tritt das Naturgesetz mit einer souveränen Geltung
dem positiven Gesetze gegenüber, wiederam arfllllt es die Jttngcn'
mit Leidensdiaft und Eaieigie, die im 18. Jahrhundert nicht mehr
durch die Verachtung der Dinge dieser Welt gemildert wird.
Denn gerade auf sie ist ihr Gemüt gerichtet. Je mehr materielle
Gentisse die Menschen sich verschaffen können, um so glüeklieher
sind sie, sagt Dupont de Nemours naiv. Der Reichtum !i t bei
ihnen einen materiellen Charakter, hebt 1 )aire hervor. I^ieses
Materielle, Utilitarisclie der phy.^iokratiselien Lehre unterscheidet
' Qucsnay, Droit Naturel. Daire, Pbyeiocrates I, p. 53.
* a. a. 0.
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X 2.
69
sie wesentlich von der stoischen. Aber ein andere verl>in(h't sie
wieder mit ilmen. Mit aller ^Schärfe wird von ihnen der (iedanke
ausgesprociien, dafs diese natürliclie Ordnung auch die ftir alle
Völker und Zeiten geltende ist. II y a donc un ordre naturel,
«nentiel et g^nöral, qui renfermeles lois coimtitatives et fonda-
mentalesde toutos les societös, sagt DupoQt^, Daher seine
Bekämpfimg Montesquieus' , der die Relattvitttt der polituchen
Einrichtungen zu seinem Studium machte.
Aber wir haben die f^anze Bedeutung der physiok ratischen
Leiue fitr unsere ^^'issl'^schatt noch nicht klargelegt. Wir
haben unsere Aufnierksauikcit vorzugsweise auf die sittliche Ord-
nung (Naturrecht} gerichtet, welche Quesnay fUr alle Zeiten und
Völker hergesteUt wissen wollte. Wir sahen aber, wie sich in
seinem System unter die rechtliche Ordnung eine )> h y s i s c Ii e
Ordnu^ schob ^, die natürlich ebenso unveränderlich ist wie
jene. So wird Quesnay dazu geführt, physische Gesetze der
menschlichen Gesellschat't, ewige theoretische Naturgosetz(5 der
Volkswirtseliaft autzustellen'*. Er wird der Begründer
einer nationaiöko no mischen Theorie Nicht als ob es
▼or Qjuesnay keine theoretiscben Ericenntnisse in der National-
'Ökonomie gegeben hätte. Die literatureeschichte unserer Wissen-
schaft weist eine FfUle von wertvollen theoretischen Lehren über
Geld, Bevölkerunjx Wert, Preis, Ackerbau, Handel, Steuern vor
• Quesnay nach. Aber es waren Edelsteine, die i!n*cn vollen (ilanz
erst zeigen konnten, wenn sie in (*ine, das Ganze des volks-
wirtschaftlichen Lebens umspannende Tlieorie gefafst wurden.
Und eine solche, den Orgauisiuus der Volkswii'tschaft darstellende
und erklärende Theene schufH^uesuay, uiid vwwt aus theoretischen
Bausteinen, die schon vor ihm bei Davenanty Locke, Mandeville,
« H. a. (). p. HV.
• Die aeue Gestalt, wolclic das Nuturrecht bei Qucöiiuy uiiiümint,
wird Mcb im 18. Jahrh. doutlic li « rkannt. So sagt Dupont de Xcmours
in seiner „Notice abn'^'ef dcä ditlercnts t'crits modoriie- rtr.^ if hii k 'n:
Oeuvres ecouomiques et pbiloäophiques de Frau^ois i^ue^iia^' p. iö2;:
Leg ^riv»iiis moraux et politiques ont fitiit souvent tr&s-bien sentur la
iußtie«' de quolques-unra des lois iiaturcIlt'H qu'ils de volop|)}iioiit; mais
iis ont toujours etö eiubarraasea pour trouver la satiction physique de
ces uiöines lois. Mr. Quesnay a comtneuce ijar constaicr k>ur sanction
physique et imp^rieose, et eile Ta conduit a cn n'coniiaitre la justice.
Ob sieb dic>''^« '^r. vorhält, kann diihinf^eiittdlt bleiben: '"»icnfalls hat Du-
pont den claiiakUirib tischen Zu^ des Qaesnay'schen Nalmn clitos richtig
^ Als Xatnr^csctze bezeichnet sie ausdriickUch iMoieier de la
Kivi^re. 8o heifst es Daire II, p. 4Q7: ,,Dans le code ubyeique noua
trouvons trois loit immnables coficeraatit la reurodacaont hi premlÄra
porte que le« avaiues de la culture. nans lesquelle,. H n'est poiiit de re-
productioDai ^ne pounront Gtre faites par les cultivateurs, ouapr^ les dö-
peme« k nun par 1'*b propridtaires fonciers; la seconae ordoime ex»
preHst'ineut que ces doubles avanccs ne cesseront jainais k se renouveler
dans leur onire es«eiiticl. snivant ipie h' voixrs n.iturel de la destruction
Texige, et ce soud peiue de l'uueautissemeut des produits et de la socidtä
ti. a w.
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70
X 2.
Cantillon vorhanden waren. Er Ut der Begründer einer orga-
nischen Auffassung der Volkawirtschaft.
Blicken wir aui die Ergebnisse unserer Untersuchung zurück,
BO fldlt beeondeFB die Thateache auf. dala im Schotee des Natur-
rechtes die systematische Wissenschaft der politischen Ökonomie
in Frankreich herangereift ist. Wie das Kind das Leben der
Mutter gelebt hat, so die poHtische Ökonomie dasjenige des
Naturrechtes. Wio ^^^ch die allgemeinen psychologisclien. etliiseh« n,
sociologißchen Grundlagen des Nnturrechtes gej>talten, »o diejenigen
unserer Wisöcnschaft. Die wirtschaftspolitischen Grundsätze er-
scheinen nun mit der Würde naturrecndicher Forderungen um-
Ueidet. Die wirtschaftliche EV«ihdt erhalt im Svstem der Physio-
kraten den Charakter eines gottgewollten, unaDänderlichen , iür
alle Zeiten und Völker bestimmten Natui^gesetzcs. Was zeitlich
und örtlich zweckniäfsig war, das soll nun das für alle Zeiten
und Völker (^rechte sein. Aber nicht hlofs (inindsiUze der
Wirtschaitspoiitik enthiUt die neue Wissenschaft, sondern auch
theoretische Gesetze. Derartige Erkenntnisse finden wir iu den
Schriften nicht blofs d^ Nationalökonomen, sondern auch der
Natnrrechtriehrer vor Quesnay. Ihm ist aber das erste um-
fassende System der theoretischen Nationalökonomie gelungen,,
und er hat weniger aus der natnrrechtlichen Quelle geschöpft,
als Adam Smith, wie ich an einer andern Stelle zu zeigen hoffe.
Denn diese Nachweisung wf\rde nur in einem p-anz jlnfsern Zu-
samnienhanf^e mit der Darttellung der allgemeinen philotjophischen
Grundlagen der politischen Ökonomie stehen.
8. Adam Smith.
Dagegen haben wir das Naturrecht dieses Mitbegründer»
unserer Wissenschaft zu betrachten. Hier türmt sich eine grol'se
Schwierigkeit vor uns auf. Adam Smith hat keine Darstellung^
des Naturrechtes hinterlasaeTi Wie kommen wir aber daz.u, ihn
unter die Naturrechtslehicr einzureihen? Zunäelist sprechen
äufsere Gründe dafür.
Wir wissen, dafe Smith der zwdte Nachfolger Hutchesona
auf dem Lelirstuhl der Moralphilosophie in Glasgow war. Die
schottische Moralphilosopliie nhvv sc lilols auch das Naturrecht ein.
Zudem hat Miliar, ein Sehider Smiths, dessen Biographen Dugald
Stewart Nacliriehten über die Vorlesungen scini s T/chrers mitgeteilt,
welche keinen Zweifel darüber lassen, dafs JSmlth das Naturrecht
vorgetiageu habe. .,The second" (Vorlesung), schreibt er, „com-
prehcnded Etbics strictly so called" ... „In the third part", heilst ea
weiter, ,.he treated at more lengih of that branch of morality
which idatesto justice, and which heing susceptlble of precise
and accurate rules, is for that reason capable of a füll and parti-
cular explanation Auch diesen Teil seiner Vorlesungen, BÜut
* Enays on Philosophical Sobjects by the late Adam Smith. Lod-
doa ms. p. xvn..
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71
Miliar fort, habe Smith veröffentlichen wollen, wie er am Knde
der Theorie der Tiioialibchen Gefühle mitteile; aber sein Tod habe
ihn daran verhindeil. Dala die Lehre von der Gerechtigkeit,
welche mit der E<thik den weiteren Begriff der „morality'^ aus-
macht, das Katorreclit, wie es Smith verBtand, thatsächlich war, zeigt
aufs deutlichste die von Miliar erwähnte Schlufsstelle des moral-
philosophischen Werkes. Smith setzt dort auseinander, dafs nur die
Gebote der Gerechtigkeit bestimmt und Osenau seien, diejenigen
aller andern Tujrenden unbestimmt und ungenau ; die Kasuistik
mUs&e deshalb verworfen weixlen. Die zwei nützlichen Teile der
Moralphilosophie wären also Ethik und JurisDrudcnz, Jedea
positiTe Rechtsqrstem dttrfe man ab einen meor oder minder
unvollkommenen Versuch zu einem System des natttr*
lieben Hechtes (natural junsprudence) betrachten, oder zu
einer Aufzählung der besonderen Keihtsnormen. Bei dieser Lage
der Dinge hittte man erwarten dürfen, dals die Klagen der
Juristen über die Unvollkommenhrit der Gesetze der verschiedenen
Länder zu einer Untei-suchung darüber geführt hätten „what were
the natural rules of justice independent of.all positive
Institution^
Zeigen nun schon diese Ausführungen, dnfs Adam Smith
auf dem Boden des Katurrechts steht, so haben wir einige Zeilen
weiter den Beweis, dafs er fiir das natürliche Recht <Ien Anspruch
erhebt, der Mafsstab des positiven Gesetzes zu sein, ein Anspruch,
welchen in der neueren Zeit erst Locke und dessen Nachfolger
mit ailcr Kraft gestellt hatten. Das System des Naturreclitea
^,or a theoiy of thegeneral principles . . . ought to run through
and be the foundation of tne laws of all nations**. Trotis
der Dringlichkeit des Bedttrfiiisses scheine aber erst Orotius ein
System des Naturrechtes entworfen zu haben. Das Werk sei
unvollkommen, a>ipr bis jetzt das vollkommenste Werk über
diesen Gegenstind. Smith schliefst mit der Ankündigung, dals
er ein ähnliches Werk zu veröffentlichen beabsichtige.
Ich gehe nicht weiter auf den Inhalt des geplanten Buches
ein, welcfaen er dort in grofsen Umrissen entwirft; es genügt mir,
nadigewiesen zu haben, dafs Smith ein System des Naturrechtes
vorgetragen liat, dafs er sich zu den naturrecbtliehen Anschauungen
bekennt und Lockes Ansicliten von dem Verhältnis des natür-
lichen Rechtes zu dem positiven Rechte teilte. Die Verwandtschaft
mit Locke wird im folgenden noch mehr hervorü'eten.
Den Inlialt von Smiths Naturreeht kennen wir nur unvoll-
kommen. Es ist auch unmöglich, sein System völlig oder gröfsten-
teils SU rekonstruieren, während man mit leidlicher Vollständigkeit
seine Vorlesung Uber die natürliche Theologie wieder aufbauen
kann, wie ich an einer andern Stelle zu zeigen hoffe. Weder
sein ethisches, noch sein nationalökonomisches Werk ^renü;:en
hierzu. Das crstere e-|, lit wohl die allgemeine ethische (irunil-
kge seines Katurreehtesj aber natürlich nicht dessen Inhalt; in
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72
dem letzteren vernehmen wir mit aller Entsscliicdeuheit einzelne
Forderungen des Naturrechts, aber nicht ihre B^grttnduiig noch
ihren Zuaammenhang. Der Inhalt der Unterauchang fkbcr den
Reiohtnm der Volker ist nach der Erxahlung des erwflhntcn Gc-
wJlhrsmannes die weitere Ausführung der vierten Vorlesung, welche
Smith in rilasgow hlrlt; sie verhfilt sich zum Worke wie Grund-
rifs my\ Aufbau'. .Sie bildet also einen Teil des Systems der
Moralpiiilusophie, und aus diesem f^runde wird wahrscheinlich
der Geist der Gesamtwissenschati auch in ihr leben, die Prin-
cipien der voriieigehenden Wissmischaften werden Tidldoht
von fem hereinkltngen ; aber ihr besonderes Princip ist die
Z w ec k m ä l's i g k e i t ^. In der modernen Staatswissenschaft
waren die Frindpien des Gerechten und des Nützlichen nicht
selten miteinander vcrrawcht worden, und schon Orotius klagt
J>odinus an , dals er den Charakter der Politik nicht richtig
erkannt habe, als zu welcher die Lfchre vom Nützlichen gehöre,
^wcöhalb auch Arisiotcles tiie tur sich behandelt, um sie mit nichts
Fremdartigem m vermengen". Grotius behauptet zwar, er habe
die Lehre vom Nützlichen ans dem Natnrrecht ausgeschieden,
gestellt aber zu, es an einseinen Stellen mit erwtthnt zu haben,
„doch nur obenhin, um es von der Rechtsfrage zu unterscheiden" ^.
Üb Grotius so consequent war, wie er glaubte, brauchen \vir
nicht zu untersuchen*. Auch hat die Vermengung der beiden
Gebiete nacii ihm nicht aufgehori ; noch JUelfeld stellt seine PoHük
derjenigen der Naturrcchtslehrer gegenüber'*. Erst Thomasius
fUhrt die Unterschddung zwischen dem Sittlichen, dem Gerechten
und dem Nützlichen sdiarf durch. Dies wurde schon früher er-
wähnt, auch des Einflusses gedacht, welchen die Vertreter der
Stafitsraison hierauf halten. Vielleicht hat Smith von Thomasius'
Vorgehen mehr Kenntnis g' habt, als wir wissen. So viel ich
dag zu beurteilen vermag, war er der erste, wt Icher fliese drei
Gebiete in tier schottischen iMoralphilosophie säuberlich sonderte.
Und dals er sie scharf geschieden haue, wird man aus den
Worten Millars entnommen haben, der die „Ethics" „strictly so
> Wlmt he delivercd on tbese subjects contained tiic Bubstauce
of tho woik he afterwurds published uiider the title of An luquiry into
the Xature and causes ot tho weUtli ..f Nations. A. a. O. p. XVI II.
- In th(> last part ')f lu> I» c tiirc .s, he exainined tbose poHtical roiru-
latioLtis whii h are foundtd nut upoii the priuciple of jjustice, but that
of expe 1 i ency, a. a. O.
^ Einleitung, jT 'i'd. A, von Kiichmann.
* Eine Entscbuldi^unu hnt er in seiner Meinung: „Aber dem natür-
lichen Rechte tritt such der Nutxen hima; denn der SchSpfer wollt«,
dafs wir als <-in/<'h)«' .Kthwach -<'i«'ii utul zum rcchtfn Lrticn \nchr8 be-
dürfen, damit wir desto melir zur PÜege der (ieselligkeit angetrieben
würden." Eitd , 10.
* Pufcmlorf, (ir<itiii> u. a. nennt er „auteurs c^l&bres qui out par-
seine \our^ niivragcs de belles retiexions poiitiques et conabiu^ de cette
niauiere diverses scicnces.
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X 2.
78
called", die „ Justice ilereii Normen mit aller Genauigkeit ange-
feben werden könnten, und die Politik unterscheidet, die auf
em Princip der „expediency^ beruht.
Wenn aber Smith die politische Ökonomie als ^nen Teil
der L<hre vom Nützlichen betrachtet hat, so dürfen wir im
„Weaith of Kations keine AufklArong Aber sein Naturrecht er-
warten. Sollte aber auch das genannte Werk dadurch von der
vierten Vorlesung verschieden sein, dals sieh das naturrechtliche
Element in ihm geltend machte, so durften wir doch nur o'me
Darstellung des wirtscliaftUchen Naturrechtes zu tindeu hoffen.
Versuchen wir nun dasjenige, was sein natlonalOkonomkches
Werk an naturrechtiichen Bestandteilen enthfttt^ susammen-
stttragen.
Smith tritt an verschiedenen Stellen der Beschritnkung der
natmlichen Freiheit mit der gröfsten Entschiedenheit entgegen.
Gegen die Beschränkung in der freien Verwendung der Arbeita-
kraft infolge von Lehrlingsgesetsen spricht er sich in einer
Weise aus., die an Locke und die Physiokraten erinnert. „The
property which every man has in his labour, as itis the
original f o u n d a tion of property. so it is the raost s.icred
and inviolable." J Behinderungen in der Ausübung dieses Keelitf^s
«ei „a piain violation ol' this most sacred property'* und „a nunn
fest encroachment upon the just liberty, both of the workman
and of those who mieht be disposed to employ him" Die Aus-
weistmg eines schuldlosen Mannes infolge des Niederlassungs-
gesetzes sei „an evident violation of natural liberty and justice"
Die Beschränkung des freien Korahandels tadelt er in ähnlicher
Art: „To liinder . . tlie farmer from sending his goods at all
tinies to the best markel, is evidently to sacritice tlie ordinary
lawK of justice to an idea of public Utility, to a sort of roa.son of
«täte" ^. Von dem Gesetze, welches den Gewerbetreibenden daran
▼erhindertey einen Loden su halten, und einem anderen, welches
dem Pächter das Geschäft eines Komhändlers aufdrängte, »agt
er gleichfiüls : ^Both laws were evident violations of naturu liber^,
and therefore unjust" Ist also entweder unbeschränkte Arbeits-
(Gewerbe) freilK-it. oder Niederlassungsfreiheit, oder Handelsfreiheit
durch das Naturrecht geboten, so kann man allgemein sagen:
„To prohibit a grcat people, however, from niaking all that they
can of cvery part of their own produce, or fi om employ in^ their
stock and mdustry in the wa)^ that thev iudge most advantageous
to themsetves, is a manifest violation of the most sacred rights of
' l, p. 166 (Auäeabe von 1809, Ediuburgh).
a a. 0. I, p. 194.
' II, p. 363.
* II, p. SW).
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mankind'* Unbeschrauktu Arbeits- und Kapitailreiheit gehört
za den angeborenen Menachenrediten.
Si^t man hierin au6 deatbchBte den Schüler Lockest
welcher, wie er den Begriff des Privateigentums in den Vorder-
grund rückt, die Grundsätse des Lehrers konBec|uent auf daa
C5ebiet der Volkswirtschaft anwendet, und das subjektive Natur-
recht in einer Reihe von wirt.schaftlichen Urrechten auflöst, so
werden wir diese Thatäache noch deutlicher in der Abgrenzung
der Stiiatstiiätigkeit erkennen. Ii» den Irummcru eines von
Dugald Stewart erhaltenen Anfrataea will er Tom Staate nur
Frieden nnd eine erträgliche Rechtapfie^. Am Ende des Tierten
Bttdhes dvs „Wealth of NationB" weist er ihm die Au%abe au, nach
aufsen Frieden zu erhalten, nach innen das Recht au schützen,
drittens öfTentlieho \yorke und Kinriehtungen zu begründen und zu
erhalten, welclie man vom Frivatiuteresse niclit erwarten dtirfe. Wie
sich diese Abweichung von dem Aufsätze erklart, wird später
erörtert werden. Hier tritt also wiederum die Abhängigkeit von
Locke klar hervor. Smith nennt sein System sweimal kurz nach-
einander charakteristisch ,,system of natoral liberty*'. Er könnte
diesen Ausdruck nicht gewählt haben, wenn er niclit auf dem
Boden einer Theorie stände, die im Naturzustande aUe Menschen
frei sein läCst und diese Freiheit durch die Begrttndui^ des Staats
keinesw^s fUr aufgehoben nnsielit.
In dein Lande, wo dlcaa Grundsätze durchgeführt werden,
muls sich die freieste Konkuirenz einstellen. Smith ist gc7.wungen,
auch zu behaupten, die freie Konkurrena sei nach Katurrocht
eerecht Ich kann mich aber nicht erinnern, den Sata in
cli( > i oder einer fthnlichen Form bei ihm gelesen su haben.
Wohl haben wir eine grofse Zahl von Ausführungen über den
Nutzen der freien Konkurrenz- und andere, in denen er
positiv sagt, dafs nach Naturrecht jedem die völlige wirt-
schattliche Freiheit gestattet sei So heilst es in der angezogenen
Stelle am Schlüsse des vierten Buches: ^Every man, as long as
he does not violate the laws of justice, is left perfectly free to
punue his own interest his own way, and to bring both bis
mdustrj and capital into competition with those of anv other
man, or order of men.'' Sein Ideal ist dn rechtlicher Zustand,
wo e8 jedem erlaubt ist, ,.to pursue hh own interest Iiis own
way ujton the liberal ])lan of equality. liberty, and justice H^r
Stiiat darf also niemand auf Kosten eines andern bevorzugen:
„To hurt in any degree, the interest of any one order of Citizens,
fbr no other purpose but to proniote that of some other, is evidently
contrary to that justice and equality of treatment which the sovereign
owes to all the different ordera of bis subjects"
»II,p. 424.
* z. B. Ü. p. 88, 300, 343, 350, 862.
rri, p. 31.
* III, p. lö.
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75
Der von Smith gewünschte Rechtszustiind beruht also auf
folgenden Grundlagen: Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit.
Wm wir unter wirfeMhaftUeber Freiheit zu ^enteilen haben^ iet
nach den vorhergehenden Ausführungen klar. Die Gleichheit itt
identisch mit der Forderung, dafs die Regierung keine kUnst-
liclien Ungleichheiten durch merkantilistisclie und ziinftlerische
Malsrefiieln schaffen soll. Dala er merkantilistische Marsr( g<'ln im
Auge hat. zeigt der Zusammenhang, in welchem die letztangezogene
Stelle auftritt, dal's sie aber auch auf andere Beschränkungen aus-
ehnt werden muls, ihr Wortlaut Dieee Auffiissung wird
urch unteratlltst, daft er einmal das Wort ,,inequa]ity ge-
braucht, wo er Ton Beschränkungen der Gewerbefreiheit spricht *•
Man möchte nun glauben, Smith lehre, das Privatinteresse
aller solle vollständig ungebunden walten, ungehindert durch alle
Hemmungen der Regierung, welche einzelnen Vorteil bringen.
Aber da erbebt er die Forderung der Gerechtigkeit und bereitet
unlösbare Schwierigkeitt n.
Zwar hat uns Smith über die Stellung dieses Begriffes in
adnem System der Ethik auljj[eklirt Die Gerechtigkeit ist eine
Tugend Ton wesentlich negativem Charakter, welche durch die
StaatBgeeetEe erzwungen werden kann und gegebenen Falles er-
zwungen werden soU. Sie bethätigt sich in der Enthaltung von der
Schädigung anderer Personen, ihres Eigentums oder Rufes. Smith
hat also otl'enbar gemeint, das Waltt ti des Selbstinteressef> und der
Konkurrenzkampf solle durch p<>.>itivc' ( icsctze eingescliriinkt werden.
Aber Uber den Inhalt dieser Gesetze hat er uns wenig gesagt,
und somit stehen wir vor einer LQcke, die nicht nur wissenschaft-
licb, londem auch praktisch beklaet werden mu(s. Denn eben
diese Lticke hat den grO&ten und verderblichsten Ejinflufs aut
die europäische Politik ausgetlbt Doch uns interessiert nur die
wisseDschaftliche Seite der Frage.
Die Lücke kann auch nicht durch Ausführungen früherer
Naturrechtslehrer ergänzt werden; denn sie kannten weder die
all:>eitig durcligclidirtr Konkurrenz noch die fn ie Konkurrenz
innerhalb der Schranken der Gerechtigkeit. Smith sagt ja auch
anscbilddiGh, wie erinnerlich sein wird, dafs die Nonnen der Qe-
reehtigkeit ms dahin nicht genügend daigestellt worden seien. Da
er diese Behauptung noch kurz vor seinem Tode in der letzten
Auflage der Theorie der moralischen Gefühle wiederholte, so dürfen
wir auch nicht das phjsiokratische System zur Aushilfe heran-
sielien«
The policy <>( Kuropo ( cca^ions a vcry important i in' <| ii al i t y in
the whole of the advantagos and disadvantages in tbe diüereut emplojr-
nentB of labour and stock, bv restn^in^ tbe coropetition in some em-
ployments to a smaller member thsn might othcrwisc be di8))ose(l to
enter into tlieni. 'I'lie exchisiv»- privilogw of corporationa are the prin»
cipal meana it mukes use <»t' t*>r this purpobc. 1, p. 103.
76
DhTs die Normen der G<*n'c htigkeit genau angegeben werden
könnten, behauptet Smith ausdrücklich, wie wir gesehen haben.
Dafs er sie vorgetragen habe, teilt uns «ein Scbttler mit
80 kann also kein Zweifel darüber herrschen, dafe das
Fehlen dc< 1 turrechtlielK n Systems Adam Smiths uns auf immer
daran verhindern wird, die (Grundsätze seiner Volkswirtschafts-
politik richtig zu verstehen Das Verbrennen des Smithschen
Kollegien heften ist kein so erfreulicher Akt, wie ein bekannter
Gelehrter gemeint hat.
Und nicht nur durch positive Gesetze ci-wartcte Snuih, wie
mir scheint, das wirtschafthche Leben beschränkt za sehen. Er
hoffte auch, so ekube ich, auf eine rege Wirksamkeit der öffent-
lichen Meinung, dieser Macht, welche Locke bekanntlich in die Ethik
eingeftÜ^irt hatte. In der Theorie der moralischen Gefühle findet
sich eine Stelle, in welcher Smith ausHihrt, da Ts die unbeteiligten
Zuschauer keinen Widerwillen gegen denjenigen fühlen, welcher
im Wettlaufe um Reichtum, Ehre und Beiorderung nach KrfJften
rennt und jeden Nerv und jede Muskel anspannt, um allen
Mitbewerbern den Rang abeuUufen. Sollte er aber ^cn bei-
Seite stofsen, oder su Boden werfen, dann sei ihre Nachsicht xa
Ende^. Ob sich Smith in der Beurteilung der Menschen geirrt,
kann uneiOrtert bleiben; jeden&Us zeigen diese AusiUhrungen
beiläufig seine feste Überzeugung von der elementaren Gewalt de^
menschlichen Eigennutzes. Ja, der Egoismus, welchen Smith im
wirtschaftlichen Leben }>ulsieren iHfst, ist wenigstens ebensogrol's
wie derjenige, dessen VN'irkuugeu die Jünger des Hubbes iui
Anfang ihrer natarrechtlushen Schriften und bei der Schilderung
des Naturzustandes darstdleo^
Wir sind nicht imstande, uns ein genaues Urteil darüber
SU bilden, welches die Vorstellung Smiths vom Naturzustand
gewesen s^i Ab^r sein nationalökonomisches Werk, in dem er
immer wieder auf den „rude State of societ)- zurückkommt,
zeigt, dafs er einen rohen Zustand der menseldichen Gesellschaft
angenommen habe. Seine Ausführungen im letzten Buche be-
weisen, dafs er den Zustand der Jägervölker, io dem weder eine
bürgerliche Gesellschaft noch eine Obrigkeit besteht, für den
niedrigsten Gesellschaftszustand gehalten habe, denjenigen der
Hirtenvölker lür einen fortgeschritteneren : sie leben unter einem
Oberhaupte. Als den dritten betrachtet er das Dasein ackerbau-
treibender Völker, ohne diircligefiilirte .ArlM'itst'-ilung. deren Privat-
wirtschaft sich noch wenig aur Verkehrswirtscl; ift entwickelt bat.
AUmilhlieh löst sich das Gewerbe vom Ackerbau ab, die Handels-
beziehungen werden rege, und damit entsteht der vierte Gesell-
^ Theory of Moral .Centimen ta. A new edition, Baail 1793. I, j). liiO.
' Siehe z. U. Pufendorfs Werk über die Ptiichteu des Meusclien und
des Bürgen, das 8. Kapitel des l. Buches, das 1. und 5. Kapitel des
2. Baches.
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Schaftstypus, welchen Smith „commercial socicty" nennt. Die
Arbeitsteihmg ist nnn weit entwickelt, ein jeder .stellt durch eigene
Arbeit nur einen Teil der Mittel zur BetViedi^ng seiner Bedürf-
nisse her, und so wird Jeder bis zu einem {gewissen Grade ein
Kaulmann. Die psychologische Achse dieser Handels- und Tausch-
gesellschaft ist das Selbstinteresse. Die Individuen, mit Aus-
nahme der Bettler, können von den andern nur dann etwas er-
halten, wenn sie ein Äquivalent zu bieten habend
Aus dieser Ubersicht scheint mir hervorzugehen, dafs sich
Smith den Naturzustand nicht so farblos - abstrakt vorgestellt hat,
wie die älteren Natiirrcchtslehrer , und dala von ihm selbst in
der rohesten Daseinsform die Existenz einer natürlichen Gesell-
schaft angenommen worden ist. Auch die Arbeitsteilung ist nach
ihm keine Einrichtung, die erst später künstlich eingetiihrt wurde ;
sie ging aus der Verschiedenheit der Talente und dem Tausch-
triebe hervor und hat schon bei Jäger- und Hirtenvölkern be-
standen Nur konnte sie sich anfänglich wenig entfalten, da
der Markt und ein Tauschraittel fehlte. Ja, in dem i-ohesten Ge-
sellschaftszustande müssen sich schon Ungleichheiten des Vermögens
eingestellt haben und zwar infolge der Verschiedenartigkeit der
Talente^. Andere Unterschiede waren aber nicht vorhanden;
denn das Land stand noch im Gemeineigentum, und Kapitid
existierte noch nicht"*. Sobald sie eingeftihrt, bezüglich gebildet
worden waren, standen sich Unternehmer, Grundbesitzer, Kapitid-
besitzer und Arbeiter gegenüber. Die (unindbesitzer und Kapital-
besitzer beanspruchen einen Anteil am Ertrage der Arbeit, welcher
' r. Buch, Kiij.. 2 u 4.
^ Die von Smith gelehrte Gleichheit im Naturzustande (B. I, Kap. 2)
ist nicht so profs, wie sie einigen Scbriftstelleni erscheint. Er liobt mit
ffrofser Richtigkeit hervor, dafs (Gewohnheit, Erziehung, Arbeit und Beruf
uic Menschen stark ditferenzieren. Dafs .si» li ein Philosoph und ein
I>aftträger erst nach dem >*. Lebensjahre zu unterscheiden anfangen, liegt
darin, dafs „the diti'orence of talents comes then to be takcn notice oP.
Diese VerschieiU'nlu'it unif« also doch schon vorher vurhautlen gewesen
sein, l brigens korrigiert Smith seine frühere Aussage auch später in
folgender Stelle: _By nnture a philosopher i.s not ni genius an«! dis-
poeition h.ilf so difforont from a street porter, as a mnftift" is from
• grey-hound etc." Es ist also von Natur eine Ver8rhi<'d»'nlnMt da. Aufser-
dem sagt er: „In a tribe of hunters or .shephenls a particular person
makes bows or arrows. for example, with ni<»re readiness and de.\terity
tban any other." Selbst in dem nit-dricsten (je^ellsrhaftszustande hat alfo
die Natur die Menschen mit verschieaenen CJaben ausgestattet. I'brigens
ist das 2. Kapitel kein Muster an Präcision des Stils.
' if the one species of labour and dextmty requires an uncommon
degree of dexterity and ingtnuity, the esteem which men have for such
talenta. will naturally give a value to their produce. superior to what
would be due to the time oinployed about it . . . something of the same
kind (höher«' Ixihne in dem fortgeschrittenen Zustand der Gesellschaft)
must probably have taken place m its earliest and nidest period. H. I,
Kap. 6.
* I, Kap. fi u. 8. II, Introduction.
DiqitizedgyLjQOQle
78
X 2.
jetzt nicht mehr all< in dem Arbeiter zut illt. und infolge dessen
entspinnt sii li ein Kampf der Interessen zwischen ihnen : jede
Klasse möchte den grölsteü Anteil haben. Zwischen den be-
sitseDdeo Kluseo herncht auch keine Harmonie der Interessen ; im
allgemeinen verstehen es die Gewerbetreibenden und Ranfleute, die
Orundbesitser für ihre Zwecke zu mifsbrauchen, und das Interesse
der Krämer ist immer in einer gewissen Beziehung dem der
Konsumenten entgegengesetzt. So malt Smith ein sehr trauriges
Bild dir ..Handels «gesell schaiV', wr-l^hes dureli die unleugb;irt'n
Lichtseiten nicht V()l]ig verändert werden kann. Denn wenn sich
nun auch iut'ulge der immer mehr zunehmenden Arbeitsteilung
und der durch sie bedingten Einführung y<m Maschinen, weldie
erst die Ansammlung von Kapital und die Ausbildung eines
Tauschmittels ermöglicht haben, der Reichtum ungeheuer ver-
mehrt liat, so bietet doch die Oesellschaft das Schauspiel einer all-
gemeinen ZeiTissenheit der Interessen und einer unheilvollen Ein-
seitigkeit der Bildung bei den arbeitenden Schichten des Volkes.
Kur auf zwei Klassen ruht Smiths Auge nut Liebe, auf den
Grundbesitzern und den Arbeitern; denn ihre Interessen sind
immer mit dem Interesse der Gesellschaft, mit dem Fortschritte
des Gänsen ▼erknttpft, während das von den Kapitalbesitsem
keineswegs gesagt worden kann. Aufserdem verstehen diese
ihr Interesse bosser: sie sind häufig organisiert und auch
mehr «geneigt, ihren Nutzen auf Ko>t*^n fh.'v Oesellschaft durch-
zusetzen, als der arme ungebildete Arbeiter und der reiche, ^rols-
mütige, an eeistige Arbeit wenig gewöhnte Grundbesitzer, welcher
isoliert auf dem Lande lebt*. Die schmutzige Selbstsucht der
Kaufleute und Gewerbetreibenden, ihre Sophismen und ihr lautes
Geschrei nach Schutz des nationalen Hanaels und des nationalen
Gewerbes haben das Merkantilsystcni ins Leben gerufen. Man
täuscht sicli, wenn man Smith und die sich an Qncsnay an-
sohliefsenden Piiysiokraten für Kosmopoliten in dem gewöhnlichen
Sinne dieses Wortes halt: beide haben es gelegentlich hervorge-
hoben, dal'b die grol'sen ivauileute kein Vaterland besäiisen und
sie zeigen eine entschiedene Vorliebe fUr den Ackerbau*.
Wenn man diese Ausführungen Smiths durchdenkt, so Iftfst
sich die Vermutung nicht abwehren, dafs er die EintUhrung des
Grundeigentums nicht für einen so heilsamen Schritt in der Ent-
wicklung der Völker l^^'Ii alten habe, wie die Physiokraten, oV»
gleich er, wie frtiher bemerkt, in der Ableitung alles Eigentums
aus dem persönlichen Eigentum mit ihnen übereinstimmt. Auch
bricht im 6. Kapitel des ersten Buchen cm geheimer Groll ge^en
die socialen Zusttode hervor, die der Beseitigung des gemein-
samen I'igentums gefolgt sind. Ob er unter dem Einflüsse Rousseaus
gestanden hat, vermag ich nicht zu sagen. Smiths Recension der
' Eml'' des erstoii BikIio:^ und II, p. 2il.
» FUr :5mith B. II, Kap. V. Für Mercier, Daire II, p. 559 fF.
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Schrift „Sur l'origine et les fondements de l'in^galit^ ]>amii les
iiommes", welche hierüber vielleicht einige run^^ geben
könnte, stand mir nicht zur Verft^gung^ und andere Methoden,
Bich über diesen Punkt zu unterrichten, sind nur nicht bekannt.
Aber die Meinung Smiths läfst sich mit einiger Wahrscheinlich-
keit aafheUen, ohne da& maxi an eine Einwirkung Rouneaas
itenkt Je mehr man sich mit Smith beschäftigt, um so mehr
aebt man, wie sehr seine Entwicklang durch Hutcheson bestimmt
worden ist. Dieser aber steht dem Privateigentum schon viel
nüchterner gegenüber als Locke und die Physiokratcn , und
wenn er auch den Communismus ganz und ^^rv vcrwirll, so
macht er doch in der Weise moderner Soziahctoj nier \'orschläge
Kur Beseitigung der Uuzuträglichkeiten des Privateigeutums ^.
Dem Lemr Smiths entgeht auch nicht ein grofser Mangel
der Lockeachen Theorie, welche auf Seite 51 dieser Schrift be-
zeichnet worde : nämlich die Unmöglichkeit zu sagen, bd welcher
Ausdehnung das Privateigentum an Grund und Boden aufhört,
durch das KatiuTCcht gerechtlertigt zu sein. Hutcheson i'olcmi-
siert keineswegs gegen Locke, dessen l'heorie er ja annimmt;
aber seine Ausführungen kuimten den Scliüler immerhin zu einer
Fortbildung der Lockeschen Lehre anregen, welclie iui Natur-
techte Smmis vieUeicht vorhanden war.
So sdieint mir, dafe Smith von dem Naturrecht Hutchesons
m den schroffen Sätzen des 6. Kapitels gelangen konnte. Für
noch wahrwjheinlicher halte ich es, dafs er die naturrechtliche Be-
gründung und die historische Entstehnnp: und Verteilung des
Privateigentums an Grund und Hoden gegenüb<^r^c.stpllt habe,
was fiir einen Mann wie Smith , welcher die ganze Kraft des
naturrechtlichen Geistes in sich verspürte und doch von dem
Hauche der heranwehenden hiatoraBdien Luft kittftig berührt
wurde y den Gegenstand der interessantesten Betrachtungen ab-
' Delatour giebt nur eine kurze, für unseni Zweck ungenügende
Übersicht. Adam Smith, Sa vie et aes travaux, Paris 188ß, p. 84.
• Auch Hutcheson verkannte die Schattenseiten des Privat-
eigentums nicht. Obplf'ic'h er der Menschennatur neben den aelbst-
sücbtigeD Trieben entschieden wohlvvoUende zuschreibt, zweifelt er an
4er M^lichkdt t&nes konununistischen (rcmcinwcsens in dem „thc worst
of men have the gcncrous and imiuhtrious for tlmir slavos" (Tihnlich wie
Proudboo), und er meint: Kothing cau so eöectually cxeite tneu U>
coBstant patience «od diligence in all sorts of iiseftil indnstrj, as the
}u.p<-^ of fu ture woalth. ease, and plea.«;ure to themselves, thcir offspring,
and all who are dear to them, and of some honour too to themselves on
account of their iugcnuity, and activity and liberalitv u. s. w. (Ii. II,
ili »i. V.l. Er begründet das Privateigentum in .der Weise Lockee und
der Physiokratcn, betont aber die „uiconveniencies arising from pro-
perty-', wenn er sie auch nicht für so grofs hält, als diejenigen, „wbich
moflt eoene upon conunttnity''. Er oieint, dafs rieh cBe meisten beseitigen
lai<?cn _bya cens?orial power, and proper laws aboiit nduca-
tioU| testamcuts, and auccession''. Das ist der Standpunkt
aodcnier Soeialrefonrnr.
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80 X 2.
geben iiuifste. Welche Fülle von Tliatsachen konnte ihm die
englische Agiaigeachiclite liefern! Die Vermutung, die ich hier
auaBproehe, ist so wohl begründet, wie eine Vermutung adn kann;
wem Biograph teilt uns mit, dafs Smith eine CTofse Vorliebe
fUr derartige Spekulationen gehabt habe; seine Vorlesung über
das Naturracht sei Uberreich daran gewesen ^
Nach den vorhergehenden Ausf^ihrungen kann ea nicht über-
raschen, dafs wir in dem nationaiükonoraischen Werke Smith»
eine Menge von Ausführungen über den JE^ismus finden, jene
Kraft, aus deren Wirksanäeit Hobbes, Fufcndorf Recht und
Staat hatten hervorgehen lassen. Was uns Smith im „Reichtum
der Völker" bietet, sind natürlich Aussapen tiber den wirtschaft-
Hchon Egoismus. Indem wir sie klassifizieren nnd annlysieren,
^^('langen wir einen Schritt weiter in dem Verständnis semer Grund-
anKchauungen. Es ist aber notwendig, dabei sehr sorgfältig zu
W^erke zu gehen, auf die Gefahr hin, Bekanntes zu wiederholen^
da sich sonst Unklarheiten nicht vermeiden lassen.
Eine Klasse von Aussagen tadelt das unsittliche, andere
schttdigende Streben nach Gewinn; er findet es vonugsweise bei
Kaiifleuten und Gewerbetreibenden Eine zweite Klasse enthält die
Psychologie des \\'irt8chaft'ilebens. Smitli erklärt jedem Menschen
den Trieb nacii iiesserung seiner Lebenslage angeboren^. Diese
Behauptung hatte Bielfeld fest mit densilben Worten ausge-
sprochen^. Aber auch von Smith war schon in seinem ediisdieii
Werke bemerkt worden, der Drang, sich zu erheben, bewege
alle GeseUachaftsklaasen, und der Trieb, ihre Lage zu verl)e.ssrm,
sei iülen Menschen gemein. Er leitet ihn dort psychologisch
ans 'lern ^A'unsche, geehrt, geschätzt zu werden, d. h. die Sym-
pathie der Mitmensclien zu erwerben her, da alle Menschen
^ a. a. O. XLIV. JKacbdera Stewart amgefUhit bat, dafn Smith auf
seine Theorie von dem natfirlichen Fortscluitt des Rdehtmnt ebe Unter-
Buchunf; (kr Ursachen folgen Iftfst, welche ihn umgekehrt habm. fihrt
er fort: Iiis lectores on jurispradence seem . . . to have abounüed in
such enquiries.
* The private interest of onr meicbants and tnanufacturers maj,
perlmps, have rxtorted l'rom the legislature thcso exemutions as well aa
the greater part ot our ofhcr coinmercial regulations. Iii, p. 3.
Peoplc of the aame tiatie seldoin rneet together. evoii lor raerriment
and divenion, bot the convenation ends in n ( n ] racy agahiat the
public, or in some confrivanee to reise prices. 1, p. 117.
"... tli<< «lo^nc ot Ix ttnnn;? nnr conflition; a dcsire which, though
generali^ calm aud dispasaionate, com(;8 with us from the w'omb, and
never leavee us tili we go into tbe grare. II, p. 99.
* L'homme nuit avec un d^«ir insurmontable de rendre sa condition
meilleure. Ce princip«* incoitTcstable et ff'cond est la source de toutea
les actioDS bumaiues. Institutions Politiques, cbap. III, § 4.
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lieber luit dem Glücke als dem Un*]^lück iler andern sym-
pathisierten ^ Dieser Trieb, lelirt er im „Rciclituni der \ oiker^,
äufsert sich erstens und vorzugt^weise in der iSparsainkeit, dem
Aufhäuft!! dflB ErworbeneD. Seine Wirksamkeit wird durch
deD Trieb nach Genuls (princtple of ezpence) durchkreuzt^ welcher
in einigen Menschen b^nders stark ist Aber in der Mehibeit
aller Menschen zeigt sich der Sparsinn, wenn man ihr ganzes
Leliei] überblickt, als der vorlH rrschende ^. Da die Sparsamkeit
der psychologische Faktor der Kapitalvermehrung ist^ und auf
der KapitalbiTdung der materielle Fortöclirltt beruht'*, ao schätzt
sie Smith sehr hoch. 2s ich t der Viaxi'a, die tZmsigkeit des Kr-
werbs, hebt er henroff sondern die Spairomkeit bewirkt unmittd-
bar die Vermehrung des Kapitals^. Der Trieb nach Besserung
der eigenen Lage äu&ert sich zweitens in dem Fleilse, der wirt-
schafthchcn Rührigkeit®. Diese Eigenschaften zeigen nicht in
allen Mensrhen dieselbe Stitrke. Wie könnte er sonst von Thätigen
imd Faulen sprechen? Es ist nicht überflüssig, diese Bemerkung
zu machen, da die Gleichheit der Menschen in Smiths Werken
zu einem Dogma geworden ist, welches viele falsche Folgerungen
verankTst hat. Doch wir kommen auf diesen Punkt zurttck.
Dem Triebe nach Besserung der Lebenslage, der sich so in einen
Spar- und Erwerbtrieb zerlegen läfst, schreibt Smith die Fähigkeit
zu, nicht nur oft die Vei-schwendung der Individuen und derEegie-
rung wettzumachen, sondern auch die (Jesellschaft die Hindernisse
überwinden zu hissen, welche sehlechte Gesetze der Volkswirtschaft
bereiten. Er findet in seiner beständigen, gleichmälsigen , un-
unterbrochenen Wirksamkeit das Princip des öffentlichen W'ohl-
> Theorv of mOTal Bentiments. a. a. O. I,p. 78 fg.
* . . . the principle which prompts to aave is fhe desire of betteriug
OUr COiiditinn. An jiugniontatiun of fortune is the moaiiH by
which tbe grealer uart ot men^ propose and wish to better tbeir coq-
dition . . . and tne most likeiy way of angroenting their for-
tunt', ifl to save and accumulate some part, of what tliey
acquire. . . . Though the principle of expence, theret'ore, prevails in
almost all mcn upon some occasionä, aud in some men upon almoet all
ooeawMUi; yet in the (preater part of mcn, tkking the whole of tbeir Hfe
Rt an avera^e, the principle of fiiigality eeems not only to predominate»
beet to predominate very ^i^atly. II, p. 99, 100.
* (Spitals are increased by parsimouv. II, p. 94.
* Parsimony. b^ increaaing the nind wbich ia destined for the
maiuteuance of productive hand«, teuds to iucrease tbe number of those
hands whoae labonr adds to tbe Talne of tibe subject upon wlueh it is
bestowed. II tonds, tberefore, to iiitreasc tlie exchangea ble
value of the annnal produce of tbe land and labour of tbc
countrv. II, p. 94.
* Parsimony, and not industry, is the immcdiate cause of the in-
erjage of capital. Inchistry, indeed, providcs tlio suhject wbich parsimony
accunitilates. But whatever indugtrv might actjuiro, if parsimony did not
•avo anil st(.r«' up^ the capital wonld never b.- the gmiter. II, p. 94.
^ When tbey are aecurc of cnjoyhig tbe firuits of their inaostry»
they naturally exert it to better tbeir couditioo. II, p. 177.
ToifdllDgen (43) X. 2. - UHibMh. 0
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Standes*. Wenn der 8par- und Erwerbbetrieb sich frei und
sicher äulaem dttrfton, so aei sehr Wertvolles erreicht Nicht eiiie
musterhafte yolkswirtschaftliche Gesetzgebung sei das Wirksamsto
im Leben eines Volkes, sondern die Sicherheit, dafe jeder die
Früchte seiner Arbeit ^^eniefscn könne-. Aus diesem Grunde
w^ ndf't er sich gegen die ^Ifiniin;! Qnosnfiys, dafs ohne dif» ITor-
&teliLin;i: völliprer Freiheit und Gerechtigkeit kein wirtj^chalthehes
Gedeihen mögheli wäre. Auch im [jolitischon Körper habe die
Weisheit der Natur für Heihuittel gegen menschhche Thor-
heit und Ungerechtigkeit gesorgt*.
Haben der Spartrieb und der Erwerbtrieb nach Smith nicht
in allen Mensdien die gleiche Starke, sind wahrscheinUch seiner
Meinung nach beide ^iten )]iclit in jedem Menschen gleich-
mAfing entwickelt, so inufs der 'i neb nach Besserung der Lebens-
h\<^e eine sehr verschiedene Cröl'se in den verschiedenen Menschen
darstellen. Hierzii kommt nun ein neuer Faktor der Ditierenzieruug :
nicht alle Menschen verstehen ihr Interesse. Den Kautieuten
und Gewerbeüeibcnden schreibt er im allgemeinen diescö Ver-
stftndnis tu*. Also mufs auch das Privatinteresse der
' The uniform, constant, and uiiintcrrupted eftbrt of every man to
bt'tter hia condition thc prineij)!« from whica public and national,
as well SS private opulencc, i» originaliy derivod. ia fre»
quently poworhi! pnonf^h to mainfain tlif imfinal proprees» of tliinj;** to-
wards iinuroveuK j»t, in «pite bolh vi' the extrava^auce ot giiveniment,
and of tlie error» of adminietration. Like the uuknown
princi]»!»' (»f animal lifi . it frcqiiently re^torcs lirulfh and vi;:oar to
thc Constitution, in spitc not ouly of the diseasc, but of thc abnurd pre-
acriptioiMi of the doctor. II, )v lOL Vorher: to compenaate not 011I7 the
privat»' pi()dij_'nlify, but the public extravagance u. 8. w.
That security which the lawß in («reat Hritain {;ive to every man,
thftt he shall ejijoy thc fiiitts of hh own labour, ih alone sufficient to
mak«' any countrj' Honrish, notwithstanding these nnd twenty other
absurd regulatione of commeree. Es fnlpt nun pin»' AnstTihmne, die mit
der frfdieren im wesentlichen übereintlunmi; das natuiliche liestreben
einen jeden nat h Hesseruufj seiner J^ebenslaf^e sei stark gcnujj;, ,.of sur-
monnfini' -i hiindre*! irnpciimmf oh-tnictions with which tlie follj of
human laws too ofteu encumbers ita Operations.'' Ii, p. 364.
* He seeme not to have conndered, tbat in the political bod^
the natural effort which rvery mau is continually making to hetter hia
own condition, is a principie of pref^ervation capable of preventinp and
correcting, in many respects, thc bad cffects of a political economy, in »ome
degree tnoth partial and oppressiTe . . . the wisdom of uature has for-
tunatolv nm(]o ainple pro\M?:ion for remedying many of the bad eöects of
the tuliv aud injustice of niiin. III, p 4^^.
* rhc middlittfr *i><i Buperior ranke of people. if they vnderstood
tlit'ir 11 wn inffTP^t. ought alway« tri opp(»se all taxes upon the ne-
ce^ties of lite, as weil as all direct taxes upon the wages of labour.
III, p. 338.
\\ hen ourcounlry L'f'Utlcmrn, thereforc. dnnand' d tlic o-tuMishment
of the bouuty, tiiougü they acted in imitation of our mcrchauts, they
did not aet with that complete comprehension of their own
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X 2.
Individuen und Völker (inten st, selfinterest, own interest, private
inter^t), welches psychologisoh aus diesen Elementen zusammen-
gesetzt ist; eine sehr ungleiche W'irkuu^stähigkeit haben. Eine
neue Frage lautet: Haben jene Triebe an sich eine hohe
Starke?
Der Trieb nach Verbesserung der Lage ist nach Smith „calm
and dispassionate" ; den Thätigkeitstrieb scheint er jftir schwächer
als den Spartrieb zu halten. NatürUdi thätige und arbeitsfreudige
ilenscben j^irbt os wenige. Der I hatigkeit-strieb der meisten
Menschen lauis durch flufsere Vorteile gereizt w> rden ; die Sufseren
Vorteile, welche die meisten Menschen in liewegung setzen, bind
rem materielle. Der grofse Ehrgeiz regt eich nur In wenigen;
^ie Mehrheit von denen^ deren Lebenslage eine günstige lat,
iKfst sich durch ein erreichbares hohes Ziel nicht in Thätigkeit
Tersetzen. Was die meisten anstachelt, ist die Notwendigkeit
der Existenz und die Möglichkeit, durch Verwendung eines Kapitals
viel zu gewinnen Zieht man nun in Betracht, dafs Smitli rien
Kapital*:ewinn nicht unter den BegrilT Arbeitslohn sub.suuiiert,
so ist die Begierde des Kapitalbesitzers psychologisch aus der
iutereat which comtnouly directs the couduct of these two
•ordere of men. II, |>. 329.
But though the iutcrcst of the labourer is strictly connected wltli
th»t nf thc «ocioty. ho is lucapable either of comprehending that
interest, or of under-itandiuc its connection with his own. I, :j50.
It is by this superior Icno w ledge of tbeir own intorest that
thpT imerchants and master uianufacturers) bave frequently impOBed apon
his [Xhe country-gcntleinan 's) geuerosity. I, p. 351.
I !t ie tne interest of every man to üt« at much at his
ease as lio cair, and if his oinolumentÄ are to be precisely the same,
wUetber Ue does or does not perform some very laborious duty, it ia
certftinlj hLi interest, at Icast as interest is vulgarly understood. either to
neglect it altogether. or if he is subjeet to some autbority which will not
«umM- liiiTi tn To tili«, to pnrform it in as careless and slovenlj a manner
as taai autiioufj will pcrmit. III, p. 16t*.
In every profession, the exertion of the greater pari of those
Trho ( V r> i>e it is ahirays in proportion to the neceaaity they^ are ander
of makiug that esertion. III, p. 166.
The greatnesB of the objects whieh are to be acqmred by succeeB
in some parti ul u professions raay, no doubt. roiii otitn fs aiümate the
exertions of a fevv men of extraordinary spirit and am bition . . .
In England, success in the profesfiion of tbe law leads to some very great
«Igeets of ambition; andyet, how fewmen, born to easv fortunes,
haTeever in this country b^en eminent in that profession? llf, p. IHH, 167.
Thia neeeseity is greatest witli those to whom the eraoluments of
tiidr piotaion are the only source from which they cxpeet their for-
ione^ or even their ordinary revcnue and sul'yistpncf'. III, p. IHH.
. Every individual is ( ontinually exertiug Uimself to find out tUe
nost adyantageovs employment for whateyer eapital be can com'
auuid. II, p. 239.
If he 18 natnmlly active, and a iover of labour, it is his interest to
employ that activiiy in au^ way from which he can derivc some
advantage, rather than in the Performance of his duty, from which he
<Mu dmve nono. III, p. 16S.
84
Aussicht zu erklären, einen Verdieuät zu erlangen, welcher iu
keinem Verhältnis zur Arbeitsaufwendung stellt. Versetze aber
diese Menschen, sowie sie Smith geschildert hat, in die Not-
wendigkeit) um ihren I^bensnoterhalty oder um eine einträgliche
LebeiueteUung, oder um den Gewinn, oder um ein den Ehigeis
befriedigendes Ziel kämpfen zu müssen, wie werden sie sich
da nach seiner Meinung rühren, jeden Nerv und Muskel an»^
ßtrengon, die andern niederzuwe rfen suchen, wenn sie nicht das
Gesetz und die üftentliche Meinun:; daran iiindert! Diese Not-
wendigkeit wird durch die freie Konkurrenz lierboigefUhrt'.
Damit sind wir bei einer dritten KLkiäe von Audsageu
Uber das SelbattntereBse angekngt, bei dem SelbetintoroBSO tmter
der Hemchaft der freien Konkurrens. Von ihr l&lst sich nicht
behaupten, was im allgemeinen von den beiden ersten Klassen
gilt, dals die Aussagen nur wenig die Grenzen desjenigen über-
schreiten, was ein Beobacliter des wirtschattlichen Lebens auf
Grund seiner Krf'uhrungen ftlr wahr halten konnte, und eine, wenn
auch niclit feine, so doch auch nicht gerade unwahre Psychologie
des \\ irtöchaftblebens geben. Hier aber lälst Smith das Selbst-
intereeae nicht selten mit der PrHcision und Gkidmiäfsigkeit
einer Natnrkraft wirken und so den Markt mit dem der Mach-
frage entsprechenden Angebot von Waren versehen. Man ver-
steht es kaum, wie ein Schriftsteller, welcher uns die Menschen
vorher so verschieden an geistigen (laben, Trieben, so voller
TrSgheit, vielfach so wenij^c ihres Interesses kundig gezeichnet
hatte, sie nun yjlotalich mit einer gleichmäfsigen , von Intelligems
begleiteten Kruit des Selbstinteresses ausstattet-. Doch ist sieb
Smith nicht konsequent. Neben den Sfttaen. in wdchen er daa
Seibatinteresse mit überall gleicher Knü wirken läTst, begegnen
wir nicht selten andern, in denen von einer „Tendenz'' dea
Selbstinteresses, eine bestimmte Wirkung hervorzubringen, die
Rede ist, z B. .Tlieir inutual compctition tends to lower its
proüt" Dals eine solche Aussage von der vorher gekenn-
' Where tbe oompetitidn ib free, the rivalsbip of competitors, who
are all rnrlraA-miiu' to justle one aiiotnor out of » tnjiloy-
meut, obligüH cvery mau to endeavour to execute bis work witli a cer-
tain de^ree of eiactness. III, p. 166.
Rivalsbip and emulatJou render exeellcncy, even in mcaii profe^si(•n.s,
an object of ambition, and freqaently occasioD the veiy greatest exertions.
m, p. 167.
« If at aay time it ezeeeds the effectual deuiand, some of the com-
ponent parte of'^ita price muat be vuhl below thoir natural rato. If it is
rent, the interest of the landlords will immediatelj prompt tbom
to withdraw a part of their land; aad if ite wa^j^es or profit the interast
of the labouiors (!!) in ihr ^if> ca«c, find of thoir eiDployerg in the otbrr,
will prompt them to witliUraw a part ot thcir labour or stock, trom this
emplojment. I, p. 77. l>aB Interesse der Grundbesitzer und Arbdter,
welche er uns Botist als so wenig ihres Interesses kundig geschildert bat»
jseigt sich hier dem der QewerbetreibendeD vollständig gläch.
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85
seichneten durchaus yerBchieden ist, bedarf keiner Aua&hning.
Ich halte es nicht fllr nötig, bei diesem Punkte zu verweilen,
da derartige Sätae dem Lewer Smiths unzweileUiaft ennnerlich
«ein werden.
So wttren wir denn wieder hei der freien Konkurrenz an-
eekommen. Nachdem whr ihre naturreehdiehen und psychoIogiicheD
Grundlagen, ihre rechtlichen und ethischen Beschränlvungen kennen
gelernt miben» wollen vnr einen flüchtigen Blick auf den Nutsen
werfen, welchen Smith von ilir erwartet liat. Wenn man seine
Bemerkungen tiber diesen Punkt zusnmmentragt, so findet man,
dal's er ihr vier vorteilliafte A\ iri^ungen zuschreibt: sie erzieht
die Individuen^ sie versöhnt die Klassen, sie fördert die Individual-
wirtschaften, und sie bringt den gesunden Zustand des Volkswirt-
achafUichett Oiganismus hervor.
Sie erzieht die Individuen, reilist aie aua ihrer TrKgheit
heraus, sie lehrt sie Vorsicht, dais weder zu viel Waren, noch
8U viele Menschen auf den Markt p^ebracht werden. Mercier
sprach von dem ,,ddsir de jouir, irrite par la eoncurrenee, dclair^
par Pexporience." Sie versöhnt die Klassen. Der Krämer,
der Banquier oder der Handwerker, welcher viele Konkurrenten
neben sieh bat, wird gezwungen, seh» Kunden gut und biUie au
bedienen. Wenn Gewerbefräheit eingeführt und die Gleicnbe*
rechtigung der Arbeiter anerkannt ist, sind die Gewerbetreibeadeil
nicht mehr in der Lage, diesen ihren Willen aufzuzwingen. Im
„System der naliirlichen Freiheit" können auch die Kanfleute
und die industriellen sich selbst keine Vorteile auf Kosten der
andern zuwenden, da der Staat sich ja nicht melir um die
Volkswirtschaft bekümmert Ihre Schlauheit und Selbstsucht ver-
mag den ^rolsmtttigen und seiner Interanen unkundigen Grund-
besitzer nicht mehr hinten Licht au filbren. Der Antagonismua
der Klassen, welcher Smith so grofs encheint, ist nicht beeeitigty
«her gemildert.
Sie ff^rdert die Individualwirt^haften. Sie schafft ersten.^
mehr Produkte als ein Zustand wirtschafilicli - rechtliclier Ge-
bundenheit; sie allein liefert den Konsumenten gute und billige
Waren und befitardert besonders den Verkehr der ärmeren
Klassen *. Daa Interesse der Konsumenten ist aber viel wichtiger
als das der Frodusenten*.
> Ii is the industiy which is eairied on ior tiie henefit of the rieh
and powerfiil, tbat is principally encouraeed by our mercantÜr s^ystein.
Tbat which ia carried on for the beuefit oi the poor and the indigent, is
too often eitfaer neglected or oppretsed. III, p. 4.
^ Consumption is the sola end aud purpose of all production; and the
interest of the producer oiipht to he attended to, only so für iis it rnay
be neceseary for prumotiog that of the coii»umer. III, p. 26. Dafö durch
den ttbefgrofsen Aadiang in die Lehrerlsnfbahn der Stand eines öffiant-
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86
Sie bringt endlich den gesimden Ztutand des volkswirtBchaft-
liehen Or<rani8inu8 hervor.
Ein Kapital findet entweder im Ackerbau, oder im Gewerbe,
oder im Handel Verwendung. Unter gleichen Umstünden ist
die erste die privatwirtschaftlich und volkswirtschaftlich günstigste j
denn nie setzt die gröl'ste Menge von produktiver Arbeit in Be-
wegung und schalt die grö&te Men^e von Produkten, erhöht
also das Nationaleinkommen am meisten und gestattet, die gröftte
Summe von Erspainissen za machen E» folgt in der volks-
wirtschaftli ij( Ti Rangordnung die Anlage im Gewerbe, dann die
im Handel, und zwar ^cht hier die Anlage im Binnenliandel der-
jenigen im Aul'senliandel und diese der im Zwiselienhandel voran
Aus diesem Grunde thut daher ein Volk am besten daran, zu-
nächst den Ackerbau allseitig zu entwickeln und erst, wenn hier
das Kapital den gewöhnlichen Zins nicht mehr trägt, es dem
Gewerbe und endlich dem Handel in der angegebenen Reihen-
folge zuzuwenden. Dies nennt Smith den «natural course of
things"^ oder auch ,,natural order of things"; wie natürlich, ist
diese Ordnung bis m einem gewissen Oraae auch überall befolgt
worden. Aber m den modernen Staaten Kuropas wurde sie auch
gründlieh uniirek« Iji t. Das war aber nur möglich, weil die Ge-
setzgebung dan stärksten ktinstUchen Am'eiz gab, die i\.apit«il&
hl einer unnatflrlichen Weise zuvorwenden, „contrary to ihe
Order of nature and of reason**, wie er charakteristischer Weise
sagt*. Denn die menschlichen Neigungen stimmen auft selt-
samste mit jener natürlichen Ordnung überein ^. Je grSfaer
volkswirtseh iftliclie Nutzen einer Kajiitn! Verwendung, um so
gröfser ist auch die Annehmlichkeit und iSicherheit des Betriebs.
Auch der privatwirtschaftlichc Nutzen würde sieh in derselben
Kichtung bew^en, wenn das System der natürlichen Freiheit
einmal ausgeführt wäre. Denn obwohl das Individuum nur seinen
liehen Lehren in der socialen Acbtoog gesnoken «et^ nennt Smith ^trif-
ling iucdiivciiieiicv", vcrglicln'ti mit der ^cheapness of literarv educatioM**,
welche dadurch herbeigelührt wordeu sei. I, p. Ifiö. Dafs durch die
Gewerbefreiheit Gewinn und Löhne sinken würden, beschäftigt Smith
wenig: denn „the public would be a gaincr. t}ie work of all artificei»
eomin? in thi« way eheaper to market". I, p. 169.
Ganz anders Qucsuay, der jedenfalls in Üeziehuug uul die un-
frnchtbaren Klassen mit Smith Ubereinstimmt, aljer mit Kücksicht auf
den Handel lulgende Grundsätze aufstellt. Qu'on ne fasse jinint i)aissor
le prix des denrees et des marcbandises dans le rojaunie. XVlll. <^u'ou
ne eroie wb «nie le hon marqhä des denrdes est profitable au raena
peuple. IX. VIII. Maximea Q^^rale« da GouTenement
« II. p. 129 u. m,
• II, p 131 u. 239 ff.
« B. III. ch. 1.
* Tliat t.rder of thiii^s whieli necewity impo«ief in gcncral, though
not iu every particular couutry, is, in every particular cuuntry, prumoted
by the nataral incliuationa of man. II, p. 148.
I
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X 2.
87
Nutzen im Auge bat, so würde es den allgemeinen fördern, weil
es sein Kapiud in einer Weise anwendete, welche der Entwicklung
der Volkswirtschaft am günstigsten wäre^
So darf man also wohl sagen, dafs, wenn einmal die wirt-
schaftliche Freiheit hergestellt ist, die Interessen der einzelnen
Klassen mit dem Interesse der Gesellschaft übereinstimmen werden,
wenn auclj der Interessengegensatz der Khissen nicht völlig be-
seitigt werden kann. ^Without any intervention of law," sagt
Smitl), „therefore, the private interests and p a s s i o n s of men •
naturally Iciid them to divide and distribute the stock of every
»ociety, among all the different eiuployments carried on in it, as nearly
as possible in the proportion which is most agreeable to the interest
of the whole society" '. Unter der Herrscliaft der freien Konkurrenz
werden alle Zweige der Volkswirtschal't durch das Selbstinteresse
zu einer ^natural, healthful and proper proportion zurückgeführt
werden*. Die Thatsache, da 's die Neigungen, Triebe, Leiden-
schaften, selbstsüchtigen Intcrcfsen der Menschen auf das allge-
meine Wohl hinzielen, ohne dafs es von ihnen ei-strebt wird,
erklärt sich Smith aus dem Walten einer höheren Macht. „He
genenilly, indeed," heifst es an einer Stelle, ^neither intends to
promoti; the public interest, nor knows how much he is promoting
it .... he only intends his own gain. and he is in tnis. as in
many other cjises, led by an invisible band to proraote an
end which was no part of his intention"*.
Adam Smith hat mit dem Worte „natural" einen grofsen
Mifsbrauch getrieben: bald heilst es vernunftgemiil's, bald im
natürlichen Laufe der Dinge, bald der Mcnschennatiu* ent-
sprechend, bald selbstverständlich, bald gewöhnlich, womit die
Aufgabe dieses Teiles einer Smithphilologie noch nicht erschöpft
ist. So ist es möglich, dafs er dasjenige, was er als das gerade
Oefipenteil einer vemunftgemiifsen Naturordnung betrachtet, ein-
mal „natural state of things" nennt ''.
' Smith sagt ganz allp'mcin und unbeschränkt: ..Every indiviüual
is continually exerting liini.self to find out the inost udvautuguuus euiploy-
ment for whatover CHpitnl lie can i-onunand. It js his own advantage,
indeed, and not that of the »ociety, which h« has in view. Hut the
study of his own advantago naturally, or rath»T necesparily, leads him
to pVefer that rmployrnent which is ino.st advaiitageoua to aociety.** II,
p. 239. Dieser Satz i»t vei wunderlich, da der „\Nealth of Nations** uu>-
etUndlich 7.u beweisen sucht, dafs durch die nierkantiÜstisclje Politik das
Kapital in eine Verwen<lung getrieben wird. weUhe wohl Privatwirt-
schaft lieh nützlich, aber volkswirtschaftlich schädlich ist. Hatto
er jenen Satz bedingter ausgCBprochen, so würde man ihm in Anbetracht
seiner folgenden AusHihrungen zustimmen können.
« II, p. VJ.j.
MI. p. 4»;o.
♦ II, p. 242.
^ Von der „tacit, constant and uniform cnmbination of masters*^
sagt er „it is the usual, and one may say, the natural state of thiugs".
I. p. 90.
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88
X2.
Der häufi^^e Gebraucl» rlieses Worte« könnte dazu ver-
fuhren, noch nach andern Provinzen der NaturordriünL': auszu-
spähen, z. B. der beätilndigeu Tendenz des Marktpreise«, sich
dem natürlichen zu nähern, was weiter bedeutet, ua sich der
Preis aus Einkommenteilen zusammensetzt, dafs die Einkommen«
ssweige ihre „natOrliche** Höhe zu endcheii suchen. Als ein
Specialfall des Pteisgesetzes erscheint die natlirliche Anpassung
der Bevölkerung an die Nachfrage nach Arbeit \ In allen diesen
Fällen strebt das Selbstintei'esse i-len volkswirtschaftlich giinsti^rsten
Zustand der ricfitiiren Versorgung mit Waren und Menschen an.
Es erreicht na Ii «einer Meinunp^ diesen Zweck auch siclierer,
wenn Besciiraukungen der natürlichen Freiheit nicht vorhanden
sind. Doch da Smith selbst diese Pfovinzaii mcht in das Gkhieft
der Naturordnung einbesom hat und auch andere wichtig
Voraussetaungen zu ihrer Einbeniehung fehlen', so dürfen wir
mit diesen wenige Worten an dem Gegenstsnde vorflbergehen.
Mehr vermag ich vom Smithschen Naturrecht nicht zu er-
kennen. Es gltüchi einer Gebirgslandschaft im Nebel ^ hier uod
da treten einige Gipfel, Zacken und Felswände hervor; aber
auch das, was wir sehe», ist undeutlich und verschleiert Der
gröfste Fehler, in welchen wir unter diesen Umständen sehr leicht
verfallen können, besteht in dem Glauben, dafs auch Smiths
Naturrecht wie dasjenige Quesnays zu einem wirtschaftlichen zu-
sammengeschrumpft sei. Aber ein flüchtiger Blick auf die Systeme
des Naturrechtes, welche andere berühmte Schotten hinterlas«en
haben, belehrt uns, dafs Smith, als Nachfolger Hutchesons und
Zeitgenosse Fei^sonS) das ganze Katurrecht vorgetragen haben
müsse. Wäre dies nicht der Fall, dann hätte es gewils Dunild
Stewart vermerkt. Die scheinbare ( bereinstimmung awischen
Smith und den Phyaiokraten entsteht also dadurch, dals wir von
Smiths Naturrecht nur dasjenige zu erkennen verniöiren, worauf
sich nach (Quesnays freiem Entschlüsse das Naturrecbt beschränken
' It 18 iu this uianiier that thc demaud for men, likc that for any
Other commodily, neces^urily regu lutea the production of men, quickens
it will II It goes on too slowly, and stops it wben it advances too fuL
I, p. iOb.
* So sieht man z. R. nicht ein, weshalb es vernunftgemäft teilt
sollte, dafs dir- natürliche Höhe des Ar1jeitsli)lmps gerade nur das zum
Leben unumgänglich Notwendige betrage und die Instinkte der Menschen
00 wenig- damit barmonieren; weshalb die natthrlichen fostinkte, welche
die Fürtj>fl:iiuuijg horlx-ifUliren. nicht den verschiodcijfii pesellschaftlicheu
Zuständen angepafst sind, und das Ziel der Anpassung; der Bevölkerung
an die Nachfrage nach Arbeit immer nur darch die sräfsüche Vernichtung
von MeiiBclieij in dem stationären und zurückgehenden Gcsellschafta-
zti^tande, nicht durch ein Erlahmen des Gcschlechtpfnebc^ erreicht werden
kann. Der wesentlichen Merkmale der NaturorUnung .Smiths sind aber
zwei: 1) dafs sie vemuiiftgciniiis sei, 2) dafs das Yemunftgem&Tse denoi
Meosehen darch natürliche Triebe empfoUeD werde.
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X 2.
89
sollte. Auch jener Vermischung des Nützliclien und Gerechten,
welches wir h(A den Physiokraten «i^efunden haben, wird sicli
Smith in seinen Vorträgen über d:is Natun-ecbt nicht schuldig
femacht haben, obwohl es uns so erscheint, da nns zur Er-
enntiiis seinem Naturrechtes nur sein nationiiiokonomisches Werk
aur Verfügung steht
Andereneiti Wegnen wir in seiiiem Werke denelben An-
schauung, dafs das Ntttuiche imd Gerechte znaammenfallen. Aber
während die Physiokraten tarn der Erkenntnis das Ntltzlichen
untf^r der Voraussetzung eines alle^fitigen Schöpfers das TJereehte
berk'iten, glaubt Smith, dafs das Gerechte auch das Ntitzhche sei
und dafs der Mensch zur Übung des Gerechten -Nützlichen durch
natürUche Triebe angereizt werde. Für jene ist die natmiiche
Ordnung ausachfiefdich eine rechtliche Ordnung, welche durch den
Staat emgeBlhrt und anirechterbalten werden mnfs für Smith
ist sie eine psyefaologisch-ethisehe Ordnung, die aus diesem Grunde
der Rechtsordnung viel weniger bedarf! Wenn der Staat den
natürlichen Lauf nicht stört, sich möglichst von der Volkswirtschaft
zurückzieht und nur die Gerechtigkeit walten läfst, dann wird
«ich schon von selbst der Wohlstand einfinden. Stellt man «ich
aber in einige Entfernung, so dals diese Verschiedenheiten der
Systeme Teraebwinden, eo fiült doch eine Überwiegende Überein-
stimmung auf. Smith und Quesnay knüpfen eng an das Natur-
recht Lockes an, welches auf stoischen Grundhigen ruht Beide
bilden den Lockeschen politischen Individualismus zum wirt-
ßchaftlichen fort, sie sind die Vitter d^r freien Konkurrenz. Nicht
so klar wie bei Quesnay tritt bei Smith der Zusammeniiang mit
den Bedürthissen bestimmter Klassen der englischen Gesellschaft
horvor, obwohl es ims bekannt ist, dafs zu seiner Zeit das alte
Gewerbe und die alte Landwirtschaft in ▼Olliger Auflösung be-
griffen waren. Beide betrachten den wirtschaftlichen Egoismus
als die Seele des Wirtschaftslebens, beide sind von einem
gläubigen Optimistnus erfüllt, der in Erstiiunen setzt, beide lassen
das Niitzliclie und Gerechte zusammenfallen. Wir sind damit
in Gt *1 Lnkengänge geraten, in denen vnr uns am Faden des
alten Naturrecbts, auch des Lockeschen, nicht mehr zurechtfinden.
£ine Beihe von Fragen erhebt sich, die Ah zunächst auf
QuesnaT besieben, die man aber auf Smith passend anzuwenden
imstande sein wiid.
Wie kommt es, dafs Quesnay die Naturordnung der sitt-
lichen Welt so eng mit der W<'lt- und Naturordnun^ verbunden,
dafs er theoretische Naturgesetze dtr Wirtschaft gelehrt hat?
fragen wir. Wie ist es zu erklären, dals man auf die Triebe
des Menschen eine sittliche Ordnung zu begründen wagt, in
ihnen, den chrisitichen Anschauungen entg^en, etwas schlechthin
Gutes, gewissermaisen den Finger Gottes zu erkennen glaubt?
Die Ähnlichkeit der grotianisclien und physiokratiachen psycho-
logischen Analyse der mensoblichen Natur kdnnte dazu TenÜnTen,
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90
in C^uediiay und Mercier Nachfolger det» bt^rUhmten Niederländers
SU sebcoi. Aber bei genauerem Zusehen eracheinl dieoe Hebung
unbegründet. GrotiuB leitete dns Naturrecht aus der uninteresderteii
SodMltftt ab, Quesnay aus den Bediirinissen des interessierten
Individuums. \\'ir fragen weiter: Was hat jene materielle Ge-
siüntmir (T7jmi:t di*» dem physiokratischen Naturrecht oinen so
uuciiristlichcn (Jliarakter verleiht? Woher öüuiimt jene Ineins-
yetzung von Uereclit und Nützlich, die weder dem epikureischen
noch btoischen Naturrecht eigen iät? Deim lür die Epikureer
ist das Gereebte nur eine Art des NtttKÜchen, wie es ja auch
bei Oassendi und Hobbes der Fall ist; die Stoiker aber haben
die Unabhängigkeit des Gerechten vom Nützlichen stark betont ;
man erinnm sich in neuerer Zeit des grotianischen Naturrechts !
Wir sehen ja deutlich, dafs Quesnays Identifikation auf einer
metaphysischen AniKihme ruht: dals die Weltordnung vollkommen
und das (Jluük uml zwar das materielle Glück Oes Menschen
ein Zweck des iScliüplerö sei. Uumit werden wir aber zu einer
neuen Frage gedrängt: ist dieser Optimismus eine Meinung,
welche Quesnaj suerat aufgestellt hat. oder Itt&t sie sich schon
früher nachweisen? Aufserdem beschäftigt uns die prästabilierte
Harmonie, welche Smith zwischen dem Nützlichen und den Trieben
des Menschen aufstellt, so dais die Vermittlung der Vernunft über-
fiUsäig ist.
\\ u »ullen wir die Antwort auf diese Fragen tiuden? Wir
erinnern uns, dulä das von Pufeiidorf geschaß'eue »System des
natürli^en Rechts ein so wttter Rahmen wurde, dafii es die vor-
nehmsten Geisteswissenschaften der neueren Zeit, wenigstens in
ihren Grundlagen, in sich zu schliefsen vermochte: neben dem
Naturrecbto die nattirliche Theologie und die philoso[>hische Ethik.
Sehen wir, ob uns diese Wissenschaften in der Erkenntnis fiirdem
werden I
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Fünftes Kapitel
Die moderne Ethik und der Deismus.
Erster Abachnitt.
Die moderne Ethik.
I.
Die vorbereitende Periode.
Es wurde erwähnt, dafs Humaniemits und Keformation auch
die Keime neuer ethischen Anschauungen enthielten. Aber zu-
nächst sucht man fln?^ Neue mit dem Alton zu vereinigen. Die
Italien if^chcn Humanisten, welche sich zur Ötoa bekennen, wollen
deshalb nicht weniger Christen sein.
Nur langsam erkennt man den iinlösbai*en ^Viderspruch zwi*
■eben chiutlicber und heidiUBcber Anschauung. Aber schon im
16. und im Anfiuig des 17. Jahrhunderts ^hen Ton Frankreich
Bestrebungen aus, die Ethik von der Religion zu lösen. Die Er-
klärung fSr diesen folgensdbweren Wandel liegt in äulseren Ver-
hftltnissen.
Der Anblick der entsetzlichen Handlungt n, welche während
der Bürgerkriege aus religiösem Eifer verübt worden waren, die
Abneigimg gegen den niedrigen Charakter religiöser Sittlichkeit^
die oft genug aas der selbststtchtigen Hofinung auf himmlischen
Lohn und der Furcht vor H(Kllenstnifen entsprang, drängte den
Geistern die Frage auf, ob es möglich sei, der Sittlichkeit
ein Fundament aufscrhalb der Religion zu geben. Da fallt der
Blick auf die antike Philosophie, deren Systeme man nun wieder
ziemlieb vollständig überblieken kann. In iem lebendigen l)r;ingen
micii ihrer VViedererneueruag , welche die Geister in Platoniker,
Aristoteliker und Stoiker scheidet, knüpft Mootaigne an die
Skepsis des Altertams, aber auch an den Epikureismns an. In
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92
X 2.
seinen 1588 erschienenen „Essais" spriclit er die Überzeugung aus,
dafs sich dos Sittliche auf die mensi-lihVlK' Natiir begründen Ta^se;
er verlegt es nicht in die Handlung, sondern in die Gesinnung:
der Zweck der Tugend sei die Lust. Oharron meint in seinem
Werke „De la Sagesse" , welches anfangs des 17. Jalu'hunderta
▼erOffiBnuicht wurde, d» Sitdiche lie&e sich ebeomwolil am der
aUgemeiiiea Weltordnung, wie aus der persönlidieD WoU&hrt
des Indmdunnis herleiten. Es sind das Gedanken, welche m
der späteren Ethik eine breite Entwicklung gefunden haben.
Zu gff irlior Zoit mit CJiarron tritt Francis Bacon in England
ftlr die Begründung einer philosophischen Ethik ein. Er hat wie
die Franzosen den Spätem fast nur Anregungen gegeben; aber
diese fUhrten die Aloralphilosophie aut ganz neue Dahnen \ sie l^e-
trafen DämHdi die Methode; auch die Ethik aoll ebe Erfahrungs-
wiasetischaft werden. Aus diesem Grande betont er die Notwen-
digkeit des Studiums der menschlichen Natur, ihrer Affekte und
Triebe des Einflusses der Gewohnheit und Erziehung. Doch ist
nicht seiner Methofl»^ der nMeh^^te Forti^ehritt in der Etoik an ver-
danken, sie wurde auch nicht gleich angewandt.
Ebensowenig ging der von den französischen Denkern aus-
gestreute Samen bald auf. Ja, in Fraukreicii niufste der Kampf
8lr die Brnfindung einer mlbständi^n philosophischen Ethik
noch emmal om die Wende des 17. JahrhnnderlB geführt werden.
Nach dem philosophischen Au&chwung, welcher mit den Kamen
Gassendi und Dcscartes verknüpft ist, war das französische Gei-
stesleben uTitfT Ludwig XIV. wieder in den Barn tlieolofrischcr
Vorstellungen zurückgesunken; davon zeugen niclit nur die von
den Jesuiten gepflegte Scholastik, sondern auch der von Schülern
und Freunden fortgebildete Carte^ianismus Malebranches und
endlich der Skepticismus Pascals und anderer, die, an der Kraft
der Vernunft verawdfelnd , sich um so inhrOnstigter dem Offen-
barnngsglaubcn zuwandten. Ja, einige der Ideen , welche die
Gemüter im Reformationszeitalter in allen Tiefen erregt haben,
erwachen mit imgealmter Kraft und rufen von neuem starke
Bewegungen unter den franzfisisrlion Oelehrten und Gebildeten
hervor: ich meine den Mystieismu.s F/nelons und die Wieder-
belebung des Augustinismus durch Jausen, desseu Lehre von
Portroyal die eifrigste Verbreitung i'and. Da auch Malebfanche
auf Augustinus zurückgegangen war', so charakterisierte die
geistige Atmosphäre Frankreichs um diese Zeit ein starker Duft
von ethischem Pessimismus.
Der Schauplatz des erneuten Angriffs ist nicht Frankreich
.selbst, sondern es sind die Niederlande, dieselben Niederlande,
wo (Vw französischen Philologen und die reformierten Prediger
freundlich aufgenommen worden waren, wo Descartes seine Philo-
sophie gereift hatte, wo von Spinoza die Cartesianischen Grund-
* Jodl, p. 262.
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gedanken am groljsartigBten und selbstUndigsten verwertet und
mit .inderen Ideen zu einem System des Paiitlieismus verbunden
worden waren, die Niederlande, in denen Locke die Mufbe fand,
sein \\'erk üT^er den menschlichen Verstand zu vollenden. Der-
jenige aber, der den Kampf vor den Augeu das gebildeten
jStvopas mit der Kraft eines Bersetzenden Geistes und aiugerÜBtet
mit einem ungeheuren Wissen wieder aufnahm und siegrdch
%a £nde ftlhrte, war kein geringerer als Pierre Bayle.
Dafe die Ethik der Religion nicht bedürfe, beweist er aus
der Birfahrung. Die Unsittlichkeit bestehe nicht selten zugleich
mit dem Glauben, der Qlaube bewirke durchaus nicht immer
gute Werke, wohl aber häuhg Hafs gegen Andersdenkende und
ähnliche Leidenscha^n ; auch habe es Atheisten g^eben, die ein
gaos reines Leben geBlhrt hätten. £r legt sich daSer die Frage
vor, ob nicht in der Natur des Lidividuums die Principien der
Sittlichkeit lägen, ob nicht aus dem geselligen Zusammenleben
der Menschen ethische Gebote erwüchsen. Bayle sucht diese
Prolileme zu lösen; aber die Ansätze zu einer positiven Theorie
smd weniger wertvoll als seine Kritik und sein Skepticismus.
Dadurch balmte er der philosophischen Ethik Englands den
Weig nach Frankreich. Hier war einejener Stillen eingetreten,
weläe dem ungewöhnlich kräftigen Wirken groiser Geister zu
fo^n pflegen. Dort aber fUhrte Shaftesbn^ die englische
Moralphilosophie in kurzer Zeit zu einer ungewöhnlichen Höhe,
auf der sie sich ein halbes Jahrhundert zu bfhaiipten wufste.
Mit Newton tmd Locke setzte auch iShaftesbury über den Kanal,
und bald scharte sich um ihn eine Zahl der hervorragendsten
Geister Frankreichs. Docli iiaben wir liiervon zunächst noch
nichts au berichten.
IL
DiePeriodo der Anlehnung. Der Neu-Epikureismus.
Dies ist die erste vorbereitende Periode der modernen
Moralphilosophie, welche durch Bayle zeitlioh in die folgenden
hinübergeftihrt wird. Die zweite dürfte man vielleicht die Pe-
riode der Anlehnung; nennen. Denn die ftihi-enden Geister
b^nügen sich nicht mehr mit der \'eröieherung, dafs eine philo-
sophische Ktliik niö^^ich sei. und mit Tlinweiscn darauf, auf
weicher Grundkig© sie aufgebaut werden müsse; aber, was sie
schaffen, ist doch nur eine freiere oder gebundenere Reproduktion
und Verarbeitung heidnischer oder christticher Qedankenelemente;
es sind Gassendi, Hobbes, Locke und die Cambridger Theologen.
Da« alles beherrschende System ist der Epikureisnms; das ] Plato-
nische Element diente den Cambridger Philosophen zur Verteidi-
&^ gegen da« epikureische System.
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Die epikureische Ethik gehört bekanntlu^ den Lehren
des wohlverstandenen Selbstinteresset. Ihr Ausgangspunkt ist
der menschliche Egoismus, ihr Ziel Leibesgesundheit und die Ge-
mütsruhe. Die Vernunft empfiehlt dem sinnlich-selbstsüchtigen
Menschen beötiinnite Verluiltunpfsmafsrcgeln, mit denen das höchste
Gut, die rJesundheit und die Heiterkeit des Oeistes, eiTcicht wird.
Im Zusammenhange mit diesem Ziele steht der Friede als Zweck
der Staatsgründun^. Der siebente Band des „Abr^gö de la philo-
sophie de Gassendi'*, welcher den Titel „La Morafe** filhrt, zeigt
tms Gassendi überall als den klaren Ausleger, ab den treuen Ver-
teidiger des Masters. Die Schinerzlosigkdt des Leihes und die
Ruhe des Gemütes bilden die Wollust, welche Epikur als Ziel
des glücklichen L/ ben^ empfiehlt, führt er aus; der .Tünp^er lehrt
die Tugenden kennen, welche zu jenem Ziele leiten ; die Selbst-
liebe tadelt er nur, wenn f»ie den Forderungen des wohlverstan-
denen Seibstinteresses widerstrebt ' ; er fuhrt die Leidenschaften
«]f Lust- und Unlustempfindungen zurück.
In den Werken des andern grofeen Schülers Enikurs finden
wir die Lehre des Meisters selbstflndiger dargestellt. Das Ziel
sdner Ethik ist, \vie man sich erinnern wird, ein beschränkteres,
da sie nur vom Staate handelt: es ist die äufsere Ruhe, der
Friedt', welchen eine starke Staatsgewalt verbürgt, ohne welcin n
die Seelenruhe de^ Individuums, seine Selbsterhaltung in ( Jel.dir
ist. Die sittlichen Gruudöntze, welche liobbes für den Naturzu-
stand aufstellt) sind Mittel, um sich den äu(seren Frieden zu
sichern; diesen Stoff presst er dann in die antik-scholastischen
Grundbegriffe des göttlichen, natürlichen und bttii^lichen Ge-
setzes. Von gröfserer Bedeutung ftir die folgende Zeit aber wurde
er diuK!h die Scliildorung der menschlichen Natur, welche er im An-
fang seines \A'erkes „Uber den Bürger" entwirft Classendi macht
von dem menschlichen Egoismus kein grofses Wetjen ; denn er ist
eben selbstverständlich. Ilobbes aber, der Zeitgenoase der Puritaner,
malt ihn in christlicher Weise: die Menschennatur ist jeder selbst*
losen, edlen Begung unfähig. Doch brauche ich diesen Punkt
nur anzudeuten, da schon in dem Abschnitt, welcher von dem
Naturreclit handelt, über jene Verbindung der reformatorisch-
christiichen Lehre und des Epikureismus das ^liitige gesagt wor-
» In seiner Psychologie heifst es: L'uu et lautre (l aniour du
pliuoir et ramonr de «07 roesme) aont veritablement d*orditiaire improo*
vez comiiie vicienx-. neaiimoins cela nVrivni-solie ])!iri (|ii'iLs 110 soient tous
deux uaturcls, cumme uoua montreroua daus la Morale lorsaue nous ex-
pliquerom en quoy Von et raotre est Idgititne ou blamable. Beraier, VI.
]) 4'M. Das erste Naturgesetz Gassendis ist: Que chacun ne re-
cberche que son bien-etre f>t son int(^r*^t, »^t rf'plf on consequcnce
S€8 sentitnents et ses actione. Ein anderes: Que la chaiitr bieii ordonnee
est, conuue on dit d'ordiuaire, de comtaencer par sei -meme. Damiron,
Essai sur l'histoire de la Philosophie en Fr:iiico au XV'll"»^^'"*' siede 1846,
I, p. 4ii6. Siehe über Ga?»cDili auch Lotiieissen, Uesch. d. frz. Litt, im
17. Jahrlt., II, p. 408.
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den ist * Aber es ist wichtig, hervorzuheben, dafe Hobbes dem
Begriff der Selbstsucht nicht bIo& in dem Naturreeht eben bmten
Baum zu Terschaffen wufste, sondern ihn so krafWoll in die
£th]k dnflihTte, dafs die Philosophen der folgenden Zeit eich mit
ihm auseinandersetzen mufsten.
Nicht genug damit , dif (\or Theorie des "wohlverstandenen
Selbsiinteresses zu (irunde liegeiule psychologische Annahme wurde
einer erneuten Prüfung unterzogen. Die Loktüre Montaignes
und (Jasaendis riet" in Frankreich ungewöhnUche Wirkungen her-
Tor; es bildeten sich in Paris epikureische Gesellschaften, die
«me Reihe bedeutender Münner zu ihren Mitgliedem zählten;
nnter anderen werden Larochefoucault , seine F^ndln Madame
de la Fayette und Meliere genannt -. Der Epikureismus dee be-
rühmten Herzogs verquickte sich mit einem anderen hekannten
JbJi mente. Wir erwaiiiu( ii vorher die Wledcraufnalune der
Auirustin Ischen Ivt^hren durch Jansen und MelebraiK'he; im Augu-
stinismus tritt aber die chrisdiche Ansicht von der naturlichen
aittlidhen Unfilfaigkeit des Menschen am schneidendsten hervor.
Augustinismus und Epikureismus verbanden sich noch einmal und
eneugten die Maximen desHerzo-s von I^ar chefouciiult, zu deren
völliger Charakterisierung ea noch gehört, dafs ihr Verfasser die
Cartesianische Vorsteilungsweisc des Seelenlebens teilt ^.
Sie streifen das (Gebiet fh^r Etliik nur Htichtiir ; wir ertahren
blofs, dafs Larochefoucfmlt die rügend in die Seihsniherwindung
setzt, was sowohl christlich aU utilitaristi^^ch ist; denn ob der
Mensch die himmlnche GlttckseUgkdt oder einen irdischen Vor-
teil erreichen will , mag dieser in sinnlicher Erregung oder in
Oemtttsruhe, in Ehre oder Rdchtum bestehen, stets wird die Bän-
digung der mannigüichen menschlichen l'riebe täglich notwendig
aem. Jene Ansicht von der Tugend mufs aber um so mehr her-
' Hobbes verweist im ..Vorwort an die Leser " auch darauf. daCs
nach der Heiligen Schrift alle MeDsclieti schlecht seiai. Ober den Bürger
a. a. O., p. 22.
* Siebe d<'r» Artikel ., Kjv'ctire"' in d«r ,,Encyklopädie'*, Tome V,
p. 785. Er ist nach Rosenkranz vun Diderot verfafat.
* Vgl. meinen Aufsatz ,Xarochefoucaalt und Mandeville'% Schmollen
Jahrbuch 1800. Als ich vnr einigen Jahren diesen Aufsatz verfafste. kannte
ich weder «1( ii oIudl^. nannten Aitikel Epicure, auf dpn icli pr?it durch
Jodl (Note T, ji. 4..i) aufmerksam wurde, noch die Darstellung Liiioche-
foacaultB bei Ilallani in srinom bekannten Werke über die Littoratur des
].', 10. und 17. Jalirhundertä , IV, |r, liKi, noch endlich das ausführli« hr*
Kapitel, welches ihm i*otbeiäaen in seiner Oeacbichte der frauzösiscbua
Idttetatar des 17. Jahrhnnd^s gewidmet hat Sie haben meine Auf*
faesung vei>t:irkt. Die I^arsteiluug »ler epikureischen Gesellschaften,
welche D. gicbt, bestätigt meine Ansicht von der theoretischen Beschäf-
tigung L.s mit dem Epikureismus. Hallam macht auch auf die licschräu«
kung aofmerksam, welche in den Adverbien „souvent d ordinaire" n. 8. w.
U/^^^'o^n. Lotheiflsen wird in seinen sehr anziehenden .AusHih rangen meines
ErmtäMtius der philosophischen Bedeutung L s nicht gerecht
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X 2.
vortreten, je schlechter der Mensch dem Theoretiker erscheint
und je höher und ide/iler er das Lebensziel setzt.
Die Aphorismeu haben um so mehr W ichtigkeit tui die ^sy-
chdogisdie Analyse; man darf sie WeiterMduneen der E^u-
reiflchen Piychologie nennen. Die kurze nnd dorn so klare Dar*
Stellung, feine Beobachtung, eindiingHche Analyse, sat^Tische
Schärfe erwarben der AufTassung Freunde, dafs aUe menschlichen
Gefühle und Begehrungen in einem inunittelbaren od<*r mittol-
baren Verhältnis zum Egoismus stellen. Genaue Kenner der
epikureischen Keime und der zeitgenössischen religiösen, philo-
sophischen und schönen Litteratur Frankreichs werden Laroclie-
fottcaults Bedeutung vieUeicht geringer anschlagen; die An-
regungen, die er in der epikureischen Gesellschaft erfuhr, können
wir, soweit meine Kenntnis reicht, gar nicht in Erfahrung bringen.
Als sein bedeutendstes Verdienst erscheint es, dafs schon Laroche-
foucault »Selb.stliebo und Selbstinteresse unterschied. Auch wird
von ihm das, wenn auch seltene Vorkommen altrui.stischer Nei-
gungen durchaus uidit geleugnet, nur dafs ei- aucli sie aus der
Selbstliebe herleitet. Er hat in der psychulogisoben Analyse
Fortschritfte yollzogen, die wir in Erörterungen Uber diesen Funkt
heutigen Tages zuweilen vermissen.
Nicht lange nachher wird eine in der poychobgischen Aut-
fassung dieser ähnliche Lelure von Locke vorgetragen. Er sucht
das Sittliche aus Lust- und Unlustempfüi (Innren zu erklären: der
Verstand gelangt durch die Erkeniitiut» dt's (tlüekes und ün-
elückes, welche die von Gott eingesetzte Naturordnung bestimmten
Handlangen folgen lälst, zu J&fiibrungssätzen über Gestattetes
und zu Vermeidendes, welche ihre Sau&tion durch das positive
Oesetz und die öffentliche Meinung erhalten So grofs nun auch
die erobernde Kraft der Lockeschen, gröfstenteils zuerst von Cum-
berland und Ilobbes fiusgesprochenen Ideen anireseldagen werden
mufs, so hat doch in England sehr wahrscheinÜch ^^iandeville am
meisten zur Verbreitung einer niedrigen Ansicht von der mensch-
lichen Natur beigetragen.
Er setzt alle Handlungen in Beziehung auf die Sdbatiiebe; dk
Tucend ist nach ihm obiektiT ein Mittel, nm weisen und herrsch-
sttohtisen Menschen die Leitung der Manen zu ihren Zielen zu
ermöglichen; subjektiv geht sie aus dem Wnn.sclie eider und ehr-
geiziger Menschen nach Bewunderung und Ausehen hervor. Von
tolgenscliwerster Bedeutung aber war es, dals Mandeville mit
dieser p^ycholügiseh-ethischen Anschauung an die Erkliiruug des
wirtschaftlichen Lebens herantrat. Das Getriebe der ^virtschaft-
lichen Welt erklürt er allem aus dem Spiel manniglacher, sehr
oft frivoler BedUrihisse und rein selbstsüchtiger Regungen. Der
Egoismus ist das grofse Triebrad d er menschlichen
Wirtschaft. Von dieser Erkenntnis gelangt er zu einer origi-
> äiehe Jodl a. a. O., p. 145 fi;
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97
nellen Auffassung der etliisch- socialen Grundlag n ler Volkswirt-
schaft. Obwohl seine Ansicht von der Qesellschatt eine organische
ist, so erbückt er in ihr ^^^rtschaftlich zunächst nur lii lividuen,
^vc'lclK' durch (hn Trieb nach (ienufs und Gewinn zur hoehston
Anstrengung aiig< suornt werden, aber gröfstentcils, oline es zu
wisöen und zu wollen, durch das System der gesellschaftlichen
Arbdtsteilimg gewisaermarsen in eine aHruistiBcäe Wirksamkeit
luneingezwungen werden ; sie mflssen Dienste gegen einander ans-
tanschen nnd darum auch f)ir andere schaiTcn. Also ist die
Volkswirtschaft infolge der Arbeitsteilung eine
Tauschge^ el 1 Schaft eg o i t i h eh er 1 nd i v i d n en. So
wichtig nun auch seine Hervoi lK Innig der Arbeitst« ikmg ist, so
hat Mandeville doch iiire speziiisch nalioiial-ökonoiLiihelic Seite noch
nicht gesehen; er betrachtet sie nicht als ein Mittel, um die Masse
der Produkte za vermehren, Ebenso wichtig war es, dafs er,
angeregt durch die christliche Lehre von dem Fluche, welchen
Gott über die Erde und die ersten Menschen nach dem Sünden-
falle aussprach, und belehrt durch die Beobachtungen, welche er in
spiTiom Oeburtslande Holland gemacht hatte, die wirtschaft-
liciie Arbeit als einen mühevollen und nicht selten
getährlichenKampfmitder Natur, die Arbeitselb. st
als eine Last betrachtete. Im Schweifse seines Angesichtes
soll der Mensch sdn Brot essen. Daher erschemt es ihm so
wiclitig, die Arbeiterklasse in dem thatsächlichen Zustande wut-
schattlicher Hörigkeit zu erhalten.
Ich will nicht dabei verweilen, wie seltsam sich auch in
Mandeville epikureisclie und christliche Geflnnkcnelementc durch-
dringen, ich will auch nicht nachzuweisen suchen, dal's die ethisch-
socialen Grundlagen: BedUrihisse und Egoismus » Arbeitsteilung
und Tauschgesellschaft, Kai^gheit der Natur und Last der Arbeit,
welche Mandeville tUkr die Volkswirtschaft aufze^. thatsächlich
diejenigeQ der englischen politischen ()k()nomie sina. Denn wer
einmal ein Lehrbuch der theoretischen Nationalökonomie in der
Hand geiiabt hat, wird sie wiedererkennen, liei Smith treten
sie sehr klar hervor; er vei!)in(let aber damit die organisch- phy-
siologische Theorie der Volkswirtschaft, welche von C^ueanay auf-
gofitellt worden war.
Dagegen möchte ich bemerken, dafs Mandevilles Lehre von
der wirtschaftfieben GeseUscbaft eine konsequente Weiterentwick-
lung der Grundanschauung des epikureischen Naturreehtes ist,
welches einen individualistischen Charakter hat. Mandeville baut
auch auf dem Fundamente d< r Gassendi und Hobbes.
Originell aber war e-;, dafs er den wirtsehaftliehen <^^e«ichtspunkl
in die naturrechtliciie Gesellschaft hineintrug. Die Menschen der
wirtschaftlichen Gesellschaft werden nicht durch das egoistische
Bedttxfida naofa fVieden, sondern durch das ebenso selbstsüchtige
BedUrftus nach den Diensten anderer zusammengebunden.
' f -Diesem sich von Montaigne bis Mandeville erstreckenden und
- ' Bnndiwis«!! (4B) X. S. - Hasbaoh. '7
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98
X 2.
allmählich verbreitenden rJcdankenstroni grub später Helvetius ein
weites Bett in «einem W erke ^Dc l'l'^prit'* , welches 17-')!^ er-
schien. Die Lehre liat noch spater in Knglrtnd und FraiikiLich
Freunde und Vertreter gefunden ^ ihre ßetraei»tung würde tlen
Zweck dieser DantellaDg in keiner Weise fordern«
III.
Die Periode der Selbständigkeit.
Der Anfang der dritten Periode, derjenigen der Selbstän-
digkeit, welche wir aut die erste und zweite folgen lassen,
liegt üchou in den beiden vorhergehenden. Die Begründer einer
tmabbüngigen philosophiachen Ethik sind Descsrtes in Frankreich ^
und Shafteshury in Engkuid. Doch wenn wir ihnen diese Stel*
lung zuweisen , so verkennen wir nicht, dafs der erstere den
dualistischen Cliarakter der christlielien I^hre niclit zu idierwin-
den vermoclitf, der (ieist Beider einen grofsen Teil seiner Nah-
rnn(s aus den Schriften der Ahm und nicht znm mindesten der
btoik« 1 zog. Auch erheben üicii die Vt'rdien&lc de« Franzosen
bei weitem nicht zur Höhe derjenigen des Engländers. Während
Descartes eben nur die Grundlagen aemer Lehren skissiert, hat
Shaftesbur}^ in genialer, wenn auch durchaus nicht in einer
gegen alle StUrnie gefeiten Weise dm Lehrgebäude in allen
seinen Teilen aufgeriL-litet. Dies crklurt es dann aueli . dals
Shaftesbur\- ButhT und Hutcluson £:^e*;eni5her eine weit autori-
tativere Sielhui;^' cinniuinit, als Descartes Malebranche und Sjunoza
fegenüber. Die Anregung, welche von den Jüngern ausgelit,
rinfst Männer, wie Leibnitz und Wdff einerseits, Hume und Smitb
andererseits, au welchen selbständigen Ergebnissen sie auch
> Dieses Urteil wiid Gberraschcn, da die Philoeophen acmlich ein-
stiminip die Unbcdeui<*ndheit der Caitcsianischcn AusRihrungen auf dem
fif'lät'ti' «ler Kthik Hnerkatmf lifib» ri i^o urteilt JodI: „Von irgend welcher
gl uudlogcndcn Thätigkeit kann Uabei keine Kede seiu: was er dabei vor-
briogt, aind gnifsenteils KeminiBcenzon aus der antiken Ethik.* £r rtthmt
dagegen die AtFekt^ nlt lire , vennifst aber die Dnrlt^piin^'. wie «ich aneh
dem Drängen der Atiekte der konsequent gute NS ille erliebe, als weK hen
Descartes die SittJiclikeit definiere. Für wiebtiger bftit er eeine tneta-
physische Arschauunp: Whor d«? Siftliehe, a. a. O . p. 2'>, 2'iO — Teil-
weise ähnlich laorü : „il renouvuUe^ en moralc Ics äolutions de Socrate
et den StoifeienB . . . il obtit k l'empire des Souvenirs et des traditioos."
Die Moral Desoartes' fei kurz difsf: ,.11 suffit «le bien juf^i r pour V>ien
faire etc. (Descartes \>'x2 p. 24H fg ) V ergleiche auch \\ undt.s geistvolle
Darstellung in seiner .Ethik . Ich folge im Paragraplien IV Windelband,
weil er, wie mir scheint, am klarsten die originelle Kiclitung DescartiV
dargestellt hat, in weU-her sich -( itio Nachfolger bewegten Sliwl diese
aber ta originellen Leistungen gelangt und läf^t r^icli deren keim ht i Des-
carteB nachweisen, so wird man ihn wohl auch als einen He^rründer der
modernen Ethik betrachten müssen, wie geringfügig «ach seine Thätigkeit
gewesen sein mag.
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mOgen, doch in innere Beziehungen zu den GrUn-
ien der selbstlndigcn Schulen. Nur wird Smith durch ein viel
iesteres Hand an Shaftesburv geknüpft, als Wolff an Descartes.
Beide .Sclmlcn haben ziemlich unabhängig voneinander ihre
Probleme erörtert; das liegt in der fimdamenüilen Verschiedenheit
ihres wissenschaftlichen Charakters. Die von Frankreich aus-
fehende Reihe von Moralphilosophcn bindet die Edük an die
letaphysik. England bringt eine stattliche Ansah! von etliiflchen
Empirikern hervor, welche die Wurzel alles Sittlichen in einem
Oemlile guchen; doch entbehrt auch diese Schule nicht der Vor-
aussctzung einer Metaphysik. In beide Reihen aber drängen
sich störend un<l fördernd die epikiireisch-reformatorisch-augusti-
nischen Anschauungen vom menschlichen Egoismus, Die eng-
lische Schule hat sich wohl ausfxihrlicher mit ihnen auseinander-
setzen müssen als die französich-niederländisch- deutsche; aber in
Hpinoxaa System sind sie zu viel kräftigerer Entfidtung gekommen.
Aber auch die englische Schule verhält sich durchaas nicht ab-
lehnend gegen sie, nur dafs sie die theoretischen Ansprttche
der Individualisten zurückweist. Sie leugnet den Egoismus als
Princip des Moralischen; aber sie anerkennt ihn als ein wichtiges
Element der Ethik. Sie glaid)t nicht, dafs sich aus dem Egois-
mus die sittlichen Erscheinungen herleiten lassen; aber sie be-
trachtet ihn als eine gewaltige und in gewissen Grenzen berech-
tigte Macht im men8(£lichen Leben Hätte man stets den ülgois-
mus als Princip imd Element des Sittlichen unterschieden, so
wären die sonderbaren Betrachtimgen ttb^ den Widerspruch in
Adam Smiths Werken unmöglich gewesen
Fragen wir nun, wie es denn komme, da Ts gerade die eng-
liseiie Ethik die meisten Erörterunp'n über die Bedeutung des
menschlichen Egoisnms zu Tage gefördert hat, obgleich die epi-
kureisch-augustinischen Anschauungen doch von Frankreich aus-
gegangen waren und von dort ihre Ausprägung empfangen hatten,
so kann man mit «item Rechte antworten: es li^ daran, dafs
Hobbes, Locke una Mandeville, die energischsten, bekanntesten,
am meisten gelesenen Vertreter dieser Theorien, Engliinder waren,
m sehr der erste und letzte ihrer Hildnng oder Abstammung
nach als Franzosen betrachtet werden müssen Ja, noch meiir,
Hobbes ist das Triehrad der vorshafiesbiirvschen, Mandevillc das-
jenige der Ethik nach Shaftesbury. Aber es wäre doch eine
sehr äufserliche Erklärung. Eine, wie mir scheint, mehr den
Kern der Sache treffende suche ich später in einem besseren
femmenllange zu geben. Hier ist es wohl angezeigter, einen
blick über das (iesamtgebiet zu gewinnen.
Es gehen im 18. Jahrhundert drei ethische Orundrichlungen
nebeneinander her: eine metaphysische, eine empirisch sentimen-
tale (Geftlhlsethik) und eine empirisch - egoistische (Tiicorie des
Selbslinteresses). Als den Endpunkt, bezüglich Höhepunkt der
Wolff, als den der andern Adam Smith und
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X 2.
als den der dritten Helvetiiis betracliten. So ist die Geschichte
der modernen philoso])ln sehen Ethik bis tief in da« 18. Jahrhun-
dert hinein die Geschichte des Ringens des englischen und des
franzö^sischen Geistes. Frankreich ist die Heimat sowohl der
metaphyflischeii Vemanftrittltehkeitf wie der empirischen, egoisti-
schen Verstandessittlichkeit; England giebt der Etnik durch Bacon
eine neue Methode und durch Shaftesbury eine neue Grundlage
im Gefühle. Erst nachdem diese Schulen reiche Früchte getrnp:en
haben , wiewohl ihre Kriifte durchaus noch nicht crsch()pt"t sind,
weist Kant der Moral neue, wenn auch unnatürliche Hahnen,
L'nverhältmsmäfsig grofs erscheint der Anteil Frankreich»
an der Entwicklung der modernen Kultur, soweit sie hier in
unsem Gesichtshereiä Mt Im 16., 17. und 18. Jahrhundert haben
FVanzosen für den Sieg der naturrechtlichen Ideen gewirkt, im
16. und im 18. mit Enthusiasmus und Fanatismus, dort die
t^rofsen Juristen, hier die Physiokraten und J. .1. Kousseau.
In denselben Jahrhunderten erwarben sie sich gleichfalls urofse
Verdienste um die iSciiatliing einer selbständigen philosophischen
Ethik. Gewissermarsen als Vorposten des tranzösischeu Geistes
stehen Hobbea und MandeviUe auf dem Boden Englands. So
werden wir denn eine Übersicht Uber die Ent<ung der bdden
Schulen selbständiger Ethik am passendsten mit Descartes und
seinen Nachfolgern be^nnen.
IV.
Die metaphysische Ethik.
Im folgenden wird man keine geschichtliche Darstellung der
neueren Etluk erwarten. Sie interessiert uns nur soweit, als sie
der Erkenntnis der i)l)ilosoj)hi8chen Gnmdlairen der französisch-
englischen NatioTiAl«»ko!5omie dient. Da nun die metaphysische
Scliule nach dieser Kichtung von sehr geringer Bedeutung ist,
so wird sie nur eim? ilüchtige Aufmerksamkeit beanspruchen dürfen.
Über Descartes sagt Windelband: „Dieselbe Vernunft,
welche der Angelpunkt seiner theoretisäien Philosophie war«
wurde auch das Princip seiner Moral . . . das ganze morahsche
Leben besteht daher nacli ihm in einem Kampfe der dt nk enden
Seele mit jenen störenden T^eljcnsgeistern de?< pliysischen Or^-
nismus, Tind das Ideal des sittlichen Lebens liegt für ihn dann,
dals der (ieist durch die Überwindung der Lei-
denschuit sich zu voller Klarheit und Deutlichkeit
emporarbeitet^^. Was Oartesius gab, waren Ansätze zu
einem ethischen System; die Keime wurden von Haiebranche
wdter entwiekelt. Seine Moinlphilosophie geht von Gott aus,
welcher die Ursache aller Erscheinungen ist und sich mit unend-
■ Windelband, Geschichte der neueren Philosophie I, p. 179 a. 16\.
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X 2.
101
licher L-uAyo srlbst liebt Kr liat den Menschen gesehafFen und
mk Verstand und Willen begabt, um ihn zur Erkenntnis
und Liebe Gottes zu betahigcMi. Alle wahre Sittlichkeit ist Er-
kcanuiiä und Liebe Gottes, die identisch sind. „Sittlichkeit ist
nichto anderee, als die WertscbAteung aller einsetnen Dinge nach
dem Mafsstabe, den ate fttr Qott und die Beiiehnng auf Gott
besitsen'* Gott allein -verdient daher Liebe, alle übrigen Ge-
aehöpfe nur Achtung und Wohlwollen. Wäre der Mensch nur
mit Vorstand und Willen ausgerüstet, so würde die Unsittlich-
kt it iiiunögiich sein. Da er aber einen Leib besitzt, so ist er
Aiiekten und Leidenschaften ausgesetzt, welche zwar zu seiner
Selbsterhaltung notwendig sind, aber auch seine Einsicht
Terwirren und aeiner Liebe Gegenatände auwenden, die sie nieht
verdienen. Unsittlichkeit ist daher ^das Sich'Entfemen Yon der
Gottheit durch die Verwirrung der Einsicht " ^.
So war die philosophische Etliik des Cartesius durch Male-
branche ^^'ieder mit theologischen Ideen durchsetzt worden.
In der Lt^-hro Spinozas fiillt der Gegensatz des panthei-
stischen Systems und des egoisdschen Chanikters seiner Ethik
sehr stark auf. Er hat den Epikureismus von Gassendi und
Hobbes in sein Bystem verwoben, in einer höheren Einheit auf-
gehoben. Guyau nennt sein Syatem eine ^ orsöhnung von Stoi-
zismus und Epikureiamus, der rationalistiBchen und der utilita-
riatbchen Ethik ^,
Die Kinzelwt'sen haben der absoluten Substanz gegenüber
keine serbstandige Stellung , sie sind mit den Wellen zu ver-
fleicben, weiche sich aus dem Meere erheben, um wieder in das
ieer aurttckauainken. Allein Spinosa betrachtet , wie die anti-
ken Panthdsten, den Selbsterhaltungstrieb als den Fonda^
mentaltiieb jedes Individuums. Aber er unterscheidet sich von
ihnen darin, dafs den Begriffen „gut" und ^böse" jede objektive
Existenz abgesprochen wird: sie bestellen nur subjektiv für das
Individuum. Es sind dies notwendige Konsequenzen seines Sy-
stems. Gut ist dasjenige, was es selbst erhält, böse, was imu
feindlich entgegentritt.
Da nun Spinoza das fk'kennen fllr die Grundkraft des
Geistes hült, so ist alles gut, was sie fördert, alles böse, was sie
hemmt. Als die höchste Erkenntnis bezeichnet er die Erkennt-
nis (iottes, das heilst die Einsicht in den Zusammenhang der
Ding", in die Notwendigkeit alles Geschehens. Sie verleiht nicht
nur (Iii Ivtilii der Resignation in allen Widenvftrtigkeiten , da
«ich alles notw endigerweise so ereignen umls, sie ist auch Quelle
der höchsten Gltickseligkeit
» JodI, p. 264.
= JodI, p. 266,
* Onyau, p. 227 ffg.
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102
X 2.
Dieser Znatand der GlUcktdfgkeit und der Rahe des Oekte»
ist aber in steter Gefabr, dtuch die Leidenschaften getrübt
werden. Sie mtis^^en daher der vernUnfligen Einsicht unter»
worfen werden. Die Affekte dürfen nicht die Vernunft beherr-
schen, andernfalls ist das Individuum unfrei, sonde rn di«« Vernunft
mufö die Allokte beherrschen. Die Freiheit bestellt also m der
erfolgrt'ichen liethntigung der Vernunft; tugendhaft iai derjenige,
welcher, unbekümmert um das Wold und Leiden anderer, seine
Affekte und Leidenschaften behemchend, sich gans dem Zuge nach
tiefster Erkenntnis hingiebt So fidlen Qottesliebe und Selbst-
Hebe zusammen.
Durch den Wldersprueh geg:en Spinora wurde Leibnitz
in sein» Ti etliisehen Anschauungen bestimmt. S ine Moral-
piiüüsophie ruht ebenfallü auf dem Fundamente seiner Meta-
Shynik. Er nimmt bekanntlich im Gc^ieüsiitze zu Spinoza eine
Unendlichkeit von Substanzen an, die er Monaden nennt. Jede
spt^elt die Welt wider und ist ein Ebenbild Gottes. Die
Monaden unterscheiden sich jedoch durch die gröfserc oder ge-
ringere Klarheit der Vorstellungen voneinander. So kann dann
Lclbnitz nielit blofs ein \"fMs(>n]\f'n in die Erkenntnis Gottes für
Tucend erklilren, süihId !! s r lehrt neben der Oottesliebe die
Liebe zu den andern Monaden, den Mitmenschen. Da diese nm
so wirksanier werden kann, je mehr das Individuum »eine Ver-
mögen ausgebildet hat, ao bistnichtet er die vcmttnft^ Selbst-
ÜeM als liogend.
Den Begriff der Selbstvervollkominnung löste Wolff aua
dem System unseres grofsen Philosophen und machte ihn zu
seinem alleinigen Moralprincip. Die Selbstvervollkomninung,
welche nur in driTi Zusammen- und Aufeinanderwirkeu dfi Men-
schen in der (Teseilöchart und im Slaate möglieli ist, wird nun
auch die Seele seines Naturrechtes; sie crmöglielit eä ihm, über
den dürren SicherheitB- und Rechtsstaat zum Wohl&brtsstaate zu
gelangen.
Der flüchtige Gang durch die Lehrgebäude der Vernunft-
sitdichkeit läfst einen starren Individualismus, ja I'^oismus der
Systeme erkennen, der von dem epikureischen kaum verschieden
ist, aber in Deutschland abgeworli ii wird. Ab^re^ehon von dem
deutschen Zweige der uietapliysischen Etliik, bildet die Selbst-
erhaltung den centralen Be;;riff sowohl im Neu - Epikureismus
wie in der firanzösisch-niederlftndisehen Philosophie der Descartes,
Malebranche und Spinoza. In der Geringschätzung der mensch-
lichen Aff( kti> stehen beide so ziemlich auf gleicher Stufe; immer
werden H itionalisnius und Utilitarismus zur Unterjochung der
Katur bereit sein Iiier heifst das Ziel allen sittlichen Thuns
Heiterkeit des Gemütes, iiiifserer Friede, aort ungetrübt«' Kulie
des Erkennens. Jedoch winl gerade jetzt auch ein fundamen-
taler Unterschied deutlich nchtmr. In den Systonra der meta-
physischen Ethik erscheint die Vernunft nicht blofe als Fahrerin
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103
im Leben, hier ist ihre Bethätigung zugleich hikshales Ziel und
höchste Glückseligkeit.
V.
Die Geftthlsethik.
lEa bt eine andere Lnft, welche wir jenseit des Kanake
atmen. Bei Descartea und Spinesa einerseits^ bei Gassendi und
Hobbes andererseits bildet d^ Ausgangspunkt der lietrachtung
das isolirte Individuum, dort Gott oder der Substanz g<^entlber,
hier im Verhältnis zu den übrigen MensclK u Shaftesbury« Lehre
beginnt mit der inrnHcldiclicn 0( >e!ls('l);ilt. die wieder einen Teil
des Universums au»inucht : dies cid woiilj^rordnetes, harmoiiisciics
System y in welchem wohl Übel bemerkbar sein luügeu, wc-un
der filick sich auf ein einzelnea beschränkt, die aber verschwind
den , sobald das Auge das Ganse zu Qberschaufn vermag.
Bei Descartes und Hobbes Geringschätzung der Aflekte,
welche die Ruhe der Erkenntnis oder den Flieden zu trüben
vermögen, bei Sliattr-sbury \m'hrung fdler Aulsenin^ien der
menschlichen Natur. Abneigung ;^(gen diejenigen, welche die
Natur in sich zu überwinden lelmn ' : bei Jenen die Erkenut-
nisquelle des Moralischen aurscrlialb der Affekte, bei ihm inner-
halb derselben.
Bet Hobbes und Spinoza ist das Individuum ein selbststtch-
ttgea Geschöpf, bei Sbaftesbury dagegen nn und für sich
gut und durcn seine Konstitution fUr die Existenz in der Gesell-
schaft bestimmt: denn es ist nicht nur mit Trieben begabt, die
auf die ei«iene Eriialtung zielen, son(h rn auch mit socialen Nei-
gungen, .^iiafte^bury kimiplt lebhaft gegen die Neu • Kpikurcer,
welche alle Triebe aus der menschlichen Selbstsucht iierleiteu
wollen'. Jene Umnisation teilt der Mcascli mit den 'Heren.
Aber er. ein mit Verstand begabtes Wesen, besitzt, von ihnen
verscliieaen, di(^ Hef1ektions!iffekte. Sie entstehen dadurch, dafs
die natürlichen Triebe und die Handlungen zu Gegeni^tiinden
des Nachdenkens gemacht werden un<l nun neue Enijjfindungen
der Neigung und Abneigung entstehen". Die Erkenntnlsquello
* Tbere bas bcen in all timt» a sort of narrow-ininded Fhilosopiicrs u ho
bav« Hioaght to sei this Difterencc to rights, by conquering N a t u r e in them-
Sf !v ^ Sil att fsbury kämptt hier gegen Enikur. Ai^Essay on thc Freedoni
o{ Wit and üatnour. Fart. III. bect. 3. Cbaracteristicks of Men, Mauuers,
Opioions, TinHss 1, p. 117, 2. Anfl., 1714.
* Bat the lievivers of this Philosophy in latter Days, appenr to be
of a lowf^r GcniuH . . . Thcy wnuM (>xplain all the sfK'iHi Paßsinnp,
aud natural Atfeetiuusi, ua to denouiiunie 'ein of the »elfish kiud,
a. R. O-, p. 118
iir nennt sie Keflex Aflcctious. _In JiCi< atnrc rapable of formin;^
geiieral Notions of Thing& not only ihe outwaid Ueiugs wbich oÜ'er tbem-
•elTSB to the Senae are tne okgects of the Affectioi», but the vety aetioos
tbeanslTes, and tbe Aftections of Hty, icindneBs, gratitude and tbtar
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104
V 9
des SlttHchen ist nicht die Vernunft, sondern ein Gefühl. Die
Reflexionsaffckte fuhren den Menschen in das R^^ich der freien
Sittlichkeit lunein. Sie geben niclit blofs ein Urteil darüber ab,
was Billigung, \va> Milsbilligim^ verdient, sonder?! sie «iivl auch,
wie Oizycki hervorhebt, selbst treibende Mächte mit einer ganz
eigenen, unmittelbar geluhlten, vcrpÜichtenden Kraft — selbst
Quellen des Ilandelnb, nicht blolse Zuschauer'' ^ Das Handeln
nach dem UrteÜ und Drängen der Keflezionsaflekte ist Tugend.
Die Tiere können also wohl gutgeartet, aber nicht tugendhaft sein ^.
Welche Handlungsweise empfehlen die Reflexionsaffekte? Sie
empfehlen ein harmonisches Verhältnis der auf das eigene und
der auf fremdes Wohl gerichteten Neigungen, was aber nur mög-
licii ist, wenn sie eine mittlere Stärke nicht übersclireiten . Ist
dieäe Harmonie und Proportion vorhanden, dann ist sowolil das
Bestehen der ganzen Gesellschaft;, wto die Erhaltung und Glück-
seligkeit der Individuen Yerbtü^gt; denn Tugend und Glückselig-
keit fallen zusammen. Die Tugend ist ja das natuigemöfse Ver-
halten. Weder dürfen also die egoistisehen Neigungen die Sorge
für andere unmögh'ch machen , noch dürfen die altruistische
Neigungen der eigenen Erhaltung schiidlich werden^.
Nun sind wir hier bei einem für uns selir bedeutsamen Punkte
angelangt.
Shaftesbury verwirft, wie man fiesehen hat, durchaus nicht
die wohlgeordnete Selbstliebe; denn sie ist ein Teil unserer natttr-
lielien Ausstattung. Was nun insbesond k das Trachten nach
Giücksgiitem betrifilt, so ist nach seiner Meinung ein mit dem
Bestehen des Ganzen zusammenstimmender Grad des Selbstinter-
CÄses keineswegs lasterhaft. l'> lieht hervor, dafs j,sowohi das
öffentliche wie daü wrivate lieste durch die wirtschaftliche Rüh-
rigkeit befördert weraen, welche diese Neigung erregt". Niur wenn
sie zuletzt in eine wahre Leidenschaft ausartet, dann ist sie ein
ebenso greiser Uusegen ftir das Ganze wie fUr den emzeben^.
Und ähnlich steht es mit den übrigen Äulserungen der
Contrarys, being brought into the Mind by KcHection, becoiDC Objects. So
that by'means <»f this rcflectcd sense, there aiiaes another kind of Affec-
tion towardB those vcry afloction.«( tlicmsc! ve«, which liave been already
feit, and are now bccnme tlic SulM«'<"t a nfw I/iktn«; or Dislike.'" An
Inquirv con>eriiiug Viituü, lik. i. i'art. 11, ,iccl. ii. „(Jimrarleristicks'^
II, p. 2^.
» Giz.vcki, Die Kthik David Humes 1?^7- s.
* . , . Virtuc or Merit . . . is allow'd to Mau uniy a. a. U. . . , it he
cannot reflect on what he hiroaelf does . . . and muke that notice or oon-
crpfidii of Worth :iii>i Ilöiicsty to be uu object of bis Affection; he has not
the Character of belüg virtuous . . . S. 31.
* If ft ereature be aelf^ncglectfiil ... or if hc want auch a degree
of passion in any Kind, as is useful to prcscrve . . . himself; thifi DMUt
c^ainlv be estecm'd vitious B. II. F. 1, Sect. 'S. II, p. ^9.
* Kow as to that Fassion which is cateem'd pcculiarh intereating;
as having for itB aim the PosBeasion of Wealtn, and what we call a
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X 2.
105
Selbstliebe: mit der Lebenslust, dera Verp Itun^rstrieb, dem Ver-
gnügen an Speise und Trank, dem Geöchlechtöü'iebe , dem Re-
f ehren nach Anerkennung und Ehre, der Freude au Ruhe und
!rholung. Sie alle verdieineii an sich keinen Tadel: in gewiBsen
Grenzen schädigen sie weder die Gesellschaft, noch hindern sie
den Menschen darauf tugendhaft zu sein. Erst wenn sie das dem
Bestellen des Ganzen imd der Selbsterhaltung dienliche Mafs
überschreiten, sind sie zu verwerfen, dann heifsen sie: Feigheit,
Kachsucht, Geuulitöucht, Habsucht, Eitelkeit, Ehrgeiz und MUssig-
ga»g.
Was aber bildet die metaphysische Voraussetzunff der Shaf-
tesbniyschen Ethik? Diese Frage TermOgen wir noch nicht zu
beantworten.
Auch dieser kurae ürarifs der Shaftesbun ^^ehr n Ethik läfst
darüber keinen Zweifel, dafs kein etliisches b^äUrni den Indivi-
dualiämus so sehr gefördert liat.
Denn die normale menschliche Nator ist an odi gut; sie
besitzt ein Gleichgewicht von egoistischen und altruistischen Trieben.
Shaftesbury weifs sehr wohl, dafs es neben ihnen unnatürliche Nei-
fungen giebt : uninteressierte Unmenschlichkeit, Bosheit, Menschen-
afs ; aber man sieht, nach seiner Meinung sind das Ausnahmen.
So ist die menschliche Natur an sieh aller Tugenden f^ih^^^ Aus
den trieben gehen sie hervor; diese bedürfen zwar eines r^u-
lierenden Princips, aber keiner äufsercn Autorität; keine fremde
Veranstaltung ist notwendig, um sie damit su versehen oder in
Zueht zu nehmen. Die menschliche Natur besitzt ein solches
Priucij), und es lebt und wirkt in der Brust der Geringsten wie
der Höchsten. Was es aber billi<;t, ist nicht die Verkümmerung
der menschlichen Katar, sondern die harmonische Ausgestaltung
der individuellen Triebe.
Man hat mit \'orliebe den temdlichen Gegensatz zwisclien
der Philosophie Lockes und Shaftesburys hervorgehoben. Die
Geschichte des modernen Individualismus wird sie ab Streiter
fbr dasselbe Ziel betrachten müssen. Shaftesbuiy hat die Stel-
lung Lockes verstärkt. Locke lehrt das unbegrenzte Recht des
Individuums, jähaftesbury seine unbegrenzte sittliche Befiihigung,
Settlptnent nr Fortune in the World: If thf Reganl towards
this kiud be aiudurate, and in a rcasoimble degree; ii it occaeion no
paBBioDate Pursuit, nor raises anj ardent Desire or Appetite, titere is
Dothiog in this Cuho whicli is not conipatiblo vr'ith Virtne, and
even auitable aod beueficial to Societv. The pubtick as
well as private System is advane'd by tne Indnstry, which
t h i .s A f fe e t i 0 n e x e 1 1 c But if it prows at length into a real Passion ;
the Injury and MiBcliiet it does the Pnblick. is not pjentcr tlmn that which
it creates to the Person hiinself. B. Ji. P. il, öect. 2. II. p. 15ö.
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106
X 2.
(V\e (jüte seiner Natur^ seine Selb.stherrlie!tk«'it, seine Souveränität;
kurz seine ethische BereehtiguDg zum ( »enufe jener Ke*.lite.
Der Liiiliui'ö JShattebburys , weicher sieh über alle Kullur-
Ifinder Europas erstreckte, mufste aus jenem Grunde dort den
Individualismus am kräftigsten sor Geltung bringen « wo das
Lockesdic Naturrecbt Boden gefunden hatte und die Shaftes-
burysche £khik, wenn nuch semsUindig, doch mit l'reue gegen
den Memter weitergebildet wurde. Dies war vorzugsweise in
Schottland der Fall. Die Hutcheson, die Hume und Smith, eie
alle haben auf den (Grundlagen Öhaliesburys weilerj^^ebaut. Die
Erkenntnis der aiigemeinen philosophischen Grundlagen der
llationalökonomte des vorigen Jahrhunderts erfordert es nichts
auf ihre voneinander gewib verschiedenen Lehren einzugehen.
In allem Wesentlichen sind die Grundlinien des Systems Shaftea-
burvs bestehen geblieben : die Herleitung des hiltlichen aus einem
Gefühle, welches selbstherrlich hillit^t oder mifsbilligt, der gesell-
acliaftliche Ans^/angspunkt oder Hintergrund der ß<;trachtung, die
reiche psycliologische Analyse und die unbefangene Würdigung
der menschlichen ^atur. Vor allem wird die sittliche Berech-
tigung der Selbstliebe anerkannt Die geseUschafUiohe Notwen-
digkeit und Bedeutuni; des Vergeltungstriebes, des Strebens nadi
Ehre und Ansehen, vor allem des Erwerbstriebes i^ rd immer
wieder betont worden. W ie schon oben gesagt wurde, für alle
diese Momlphilosophen ist die Selbstliebe ein wichtiges Element
des Sittlichen; aber es ist nicht die (Quelle des ^sittlichen. Das
sittliche Gefühl, ein moraliscfier Sinn, das Gewissen otler wie
auch immer jene innere Siimnic genannt wurden ist, beurteilt
die Handlungen nac^ ihrem sittlichen Werte, und dioBsr sittliche
Sinn billigt die gemälsigtc äclbsttiebe im idlgeroeinen und ein
wohlgerUtteltes Mafs von Erwerbstrieb im beflondem. Dieser ver-
schafft uns ja in reichlichem Mafse alle die Dinge „by which we
are well provided for, nnd maintainM"
Nun verHiegt auch jener \\'iderspruch in ccin Nichts, den
man in den zwei Werken von Adam Smith liai linden wollen.
Die Sympithie ist der Keim, aus welcher das Organ sitlliciicr
Erkenntnis heranwächst; dieses aber billigt das ,1 private interest**.
Dafs jener Widersprudi hat entdeckt werden und gläubige An-
hänger finden können, ist ein Beweis daf\lr, dafs niemand die
Mühe auf sich nehmen wollte, die Theorie der moralischen Ge-
f\ihle von Anfang bis zu Ende aufmerksam durchzulesen^» Denn
die Meinnng von Adam Smith lie;;t nicht etwa tief verborgen,
er spricht sie ganz deutlich aus. Und es ist so auch nichts Neues^
» Shsfteabury, B. Ii, P. II, Sect 2, II, p. 139.
Ich benutze diese üelegeuheit, um auf die Schrift von Dr. Richard
Zeyss ,|Adam Smith und der Eigennutz*', Tübingen 11-^9. hinzuweisen,
mid frene mlcb , dafs ich mit dem wichtigaten seiner Ergebnisse flberdn>
stiinnio, uäiniich der vollständigen Hsimonie swischen der Ethik und
politischen Ökonomie Smiths.
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X 2.
107
wHö er vortragt. St-iii Lehrer Hutclieson . sein Freund Hiinie,
der Ahnherr der ganzen Schule, Lord iSliattesbury, sie alle iiaben
ibnlich gedacht. Aber dies su beweiM wQrae die Grenaen
flberscbreiten , welche dieser Schrift durch ihren Titel gesteckt
sind. Ich gedenke aber in einem Werke Uber Adam Smith diesen
Punkt ausl\lhrlich darzulegen.
Die Aufdeckung eines andern Irrtunis wird das Ganze noch
mehr erhellen. Adam Smith int wohi deshalb getadelt worden,
daiö er in seiner Kritik der ethischen Systeme Mandeville nicht
energisch genug enl^^engetreten sei; ja, man hat gemeint, die
Milde seiner Polemik beweise, dals er sich von der Ketserei des
Gegners nicht frei gefühlt habe. Aber was hat denn Mandeville
zu beweisen gesucht? Dafs der Wohlsland der Gesellschaften, die
Stitrke und (Jröfeie der Stiiaten davoTi .nMiMn*xij? seirn , dafs man
den sinnlichen liediirthissen , dem I>i w < rhstri( be, dem Vergel-
tung>tuf'be und der Sucht nach Ehren und Aaszeiehnung freies
SLiel lasse. Diese aber ^vtirden von der Religion nicht ge-
billigt, ja sogar als Laster betrachtet Und das wären sie auch
Tom Standpunkte der philosophischen Sittlichkeit: denn die Tugend
bestehe in der Beherrschung der sinnlich-selbstsUchtigen Men-
schennatur. So stehe man vor der betrübenden Wahrheit, dafs
die Siftlichkeit zur Armut der Ocsellseliaften und Scliwache
der Staaten führe, und denjenigen Eigenschaften, welche die
Kultur am meisten förderten , ihrem l'räger weder Hoffnung
auf himmlische Glückseligkeit noch Anspruch auf Tugendhal'tig-
keit gflben. Was konnte SaAik hieratif allein erwiedem? Dars
Manoevilles Ansicht von der menschlichen Natur und der Tugend
irrig seien. Erstens würen die menschlichen Triebe an sich in-
different, und zweitens sei ein mäfsiger Grad des Erwerbstriebes,
des Vfr^r'ltungBtriebes , des Triebes naeh Ehre und Ansehen,
der I^rcude am sinnlichen Oonufs durchaus nicht zu verwerfen,
mit der Tugend wohl vertriiglich und für des Bestehen des Ganzen
notwendig. Im übrigen habe Mandeville darin Hecht, dals die
Überwindung aller unserer Leidenschaften Gesellschaft und Staat
zum Stillstand bringen würde, und man mUsse ihm dankbar
dafitr sein, dafs er, wenn auch in Übertriebener und einseitiger
Weise, nacligewicsen habe, wie sehr das WnM des einzelnen und
des n.inzen vom P^oismius abhänge. So uagefulir lautet aueh
Smitiis Kritik Mandevilles, in der dasjeni;;«- ebensoviel Interesse
verdient, was er deutlich ausspricht, wie tia» andere, wiu» er vor-
sichtig nur andeutet Smith htttte noch hinzuiligen können, dafs
AJanaeTille unbewulst ftU* Sliaftesbury Zeugnis abgelegt habe,
indem er dargestellt, wie aus dem l JnvernUniligen , nicht aus
dem Handeln nach Vernunft und Einsicht djis Grofse und Gute
hervorgehe, weil Gott dem Mensehen Instinkte gfjreben habe, deren
dunkler Drang ihm aueh ohne^ Erkenntnis den reehtcTi Weg weise.
Aufsi»rdem sei das Werk aueh deshall) vom »Stand piinivt Shaftes-
burys zu begrülsen, weil es das wissensclialtliche Gebiet auf
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108
SBychologische (irimdkigen stelle. Dies war aber nicht not wen-
ig, da« hatte ein Gröfserer als Adam Smitii lange vor ihm ge-
than, nämlich Hume in der Einleitung zu seinem „Treatise od
Human Nature**.
Diese Erörterungen eigeben noch ein anderes Resultat, daa
den Schluls dieser Betrachtung bilden soll. Shaftcsbury hält dem
christHeli-askclischen Mensehen- und Lebensideal , da.« mich bei
Deacartes und iSpinoza, wenn auch in so eigentümlich neuer ( üe-
stalt, erscheint, und dem mit der christlichen Lehre verquickten
Epikureismus die antik-heidnische Welt- und Lebensanschauuug,
bereichert durch die moderne, gegenüber. Wenn ich mir ein Ur-
teil hierüber gestatten darf, so gebt von Shaftesbury, d^ ZeSA-
genossen Bentleys, eine neue Renaissance des klassischen Alte^
tums aus, welche in der Litteratur der drei wichtigsten Kultur-
völker des 18. Jahrhunderts, nicht zum mindesten in der unsrlgen,
ihre tietrn Öpuren hinterlassen hat. Die religiöse Bewegung,
welche im und 17. Jahrh. der humanistischen so feindlich
wurde, hatte sieh ausgelebt, und die Antike gewann neue Kraft
und erregte neue Begästerung.
VI.
Die Ethik und die Bedürfnisse der Zeit^
Worin das Autik-heidnische in iShaftesbiuys Moralphilosophie
besteht, bedarf nur einer kurzen ErtJrterung. Es ist enteos die
Aufifiusung des Menschen nicht als eines isolirten Individuums^
sondern als eines Teiles der menschlichen Oescllscliaft; zweitens
die unbefangene Schätzung der mensclUichen Triebe, die im ge-
sunden, normalen Älenschen .ille gut sind, alle zur Erhaltung des
Ganzen und des individuellen Teiles dienen: im schrolfsten Gegen-
satz zu der christlichen Lelire, die alle Hegehrungen und Stre-
bungen der ungeheiligten Nachkommeu Adams für böse erklärt;
hiermit im engsten 2^usammenhange drittens die MOgh'chkeity aus
den menschlichen Trieben das Sittliche hersuldten, das also wie
in der besten Zeit des griechischen Altertums ftlr nichts Unnatür-
liches gilt ; viertens die kraftvolle Einflihrung der Tugenden der
Selbstliebe in das Moralsv-steni, die neben den socialen Tugenden,
der Hinterlassenschaft des Christentums. Platz finden; endlich
fünftens das unerschütterliche Zutrauen zur njenschlichen Vernunft.
Es bedarf ja kaum der Erwähnung, dafs Sliaftesburjr nicht
in allen jenen StUcken der P&dfinder der modernen Ethik ge-
wesen Ist Sobald man anfing, die Moralphilosophie der Alten
^ Die gdstvollste uud klarste, weil auf diier eingehenden Verglei-
chung det* hckhiischen und i liri.stliclien L('l)etif»idcals bi-nihri di r);irstel-
lun^ der autiken and christlichen Tugendlchre giebt Faulseu, Sp ätem der
Ethik I, p. 50 ff.
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en reproduzieron odor auf antikem Funf^iT^irnto neu aufzubaueDi
imirst*' man in Kontiikt mit der christli« K ii L( hre kommen una
den einen oder andern der erwähnten runku' nuaftihren. Sogar
der durch den Augustinismus verlUlschte ICpikureismus hat einige
Züge der antiken £thik behalten: die Sdlwterhaltnng als Zweck
alles Siechen, die Vernunft als Mittel, um ihn zu erreichen.
Das erotianische Naturrecht hatte die sociale VeranliijL^ung der
menschlichen Natur nachzuweisen gesucht und aus dem Trit-be
zur Gemeinschaft unter Mithilfe der Vf riniTift das Naturr( elit .»Vj
geleitet. Hierzu kam em orij^inelier, teinsrnniger Nachweis, daiij
der Mensch ein geselhge« Wesen sei, welchen Cumherland in
einer Schriü lUhrte, die in die früheste Juj^eiid Shaftesburys fiült.
Man erinnert sich weiter des allgemeinen Vertrauens^ welches die
menschliche Vernunft h l I n Natmrechtslehrem genofs. Dals der
llgoismus zur irdischen Wohl£fthrt der Gesellschaft und des Staates
notwendi'j: sei, war endlieh von Mandeville überzeugend nach-
gewiesen worden. Endlich wjir von liaeon behaiii tet worden,
dals es iivvei Haupttriebledem menschliehen Haiilrbis gebe, von
denen die eine aui diis Einzelwohl, die andere auis ü cscimtwohl ziele ' .
Auiaerdem hatte die Reformation einige dieser Tendensen
▼erstltrkt. Selbst Panlsen, welcher die Abwendung von der Christ-
lielisisketischen Lebensanschauung nicht für die Ursache der
Reformation hält, meint,, diese habe mitgewirkt, „dem Leben der
M<'nschen die Hiclitung auf (bis Dir-sseits . auf die Erde, auf dv^
Kultur zu geben und es von der Kiehtung auf das Jenseits und
die ErlobUDg zu entwöhnen'* Und : „die Heriifun;^ auf die
besser ausgelegte Schrift war also unter allen Umständen zuletzt
Berufung auf die eigene Vernunft und das eigene Gewissen**'.
So nahen also Renaissance und Reformation sich auch dasu
vemnigt, die sittlichen Anschauungen der modernen Menschheit
auszuprägen. Wenn aber unsere Ansicht von dem Zusfimmen-
hanf? derTheorieen und den n< dUrfiiissen der Zeit richtig ist, so
wird man in jent n nur Spiegelungen der Gefühle gröfserer oder
geringerer, jedenfalls milchtiger Bruehtcile der Völker erblicken
können. Um diesen eine theoretische Grundhige zu geben,
knttpfen die führenden Geister an frühere Doktrinen an, stutzen sie
fttr ihre Zeit zurecht, bilden sie weiter, erfüllen sie mit dem
Lebensinhalte ihrer Periode. Und worin bestand dieser?
Analysieren wir die wesentlichen Charakterzüge der niod» i nen
Völker^, HO finden wir folgende: das Streben der Ftirsten nach
' ^Eb ist ohno Zweifel Bacons Absicht, letztere als die Qudle de»
Sittlichen zu bezeichnen.^ Jodl, p. 95.
« System der Ethik a. a. O. 1, p. 108.
^ i 1. O., p. 109.
* Su lio die peistvollf^ Charakterisicrunff des Mercantilisinu^ bei
Schmoller -. .Studien über die wirUichaftUchc Poutik Friedrichs des Grofsen"
S. 15ff. SchmoUet^s Jahrbuch 1884.
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110
X 2.
Herstellung kraftvoller Territorial- oder Kationalstaaten , daraus
bervorgoliend die Beherrschung luulorer Völkor oder X'olksteile,
aber auch das Ringen um die staatli« hf- SelbsterliakuDg, welche
einen kräftigen, .süiathclien oder nationalen Egoismus, die Freude
an Ehre und Auiszeichnung, vorausetzeii 5 zur erfolgreichen iier-
stellung der Territorial- und Nationaktaaten, wie der ttebemchung
Fremder und der Selbsterhaltung gegen Fromde, die Vermehrung
der Bevölkerung und die Steigerung alli r Avirtschaftlichen Kräfte:
diese abhängig rechtlich von der Niederreifsung da* Schranken
der lokalen Wirtschaftsgeljiete und der Ausdehnung eiidieitlicher
grofser Wirtsc liaftsgebiete mit freier Zirkulation im Innt-m, öko-
nomisch von der Vermehrung der Strafsen. der Ti-ans}jortanstalten
und des Geldes, bittlich von dem ungelunderten, auch illegitimen
Walten eines kräftigen Erwerbstriebes und des Geschlechtstriebes,
die nur an die eigene sinnliche Befriedigung denken, aber dem
Gänsen im System der Arbeitsteilung und durch die Steuergesetz-
gebung der 8taat8gewalt dienst 1 ar gemacht werden; damit der
wirtschaftliche I'^goisraus und der ( icsehleclitstrif'b niöL'lichst viele
Güter und Menschen lie; vorbringen können : ßelicrrschung der
Natur durch die Kntfaitung der Technik, weh-he die Pflege der
Naturwiöüenschiiften voraussetzt. So unterhiüt der wirtschaftliche
Egoismus Heere und Flecken; er produziert die Maschine, welche
die Möglichkeit gewährt, grOfsere Mengen von Menschen su unter-
halten oder eine geringere Anzahl in erhöhtem Mafse an den
Früchten der geistigen, sittlichen oder materiellen Kultur teil-
nehmen zu lassen. Ja. er wird dem ungehindert' n Walten des
(Tesehleehtslriebes si-lbst teindlich; denn der Produktioiisj)rozels
}»r'niht nun nicht mehr so «eiu" auf einer kunstvollen Arbeits-
teilung, wie auf der Anwendung arbeitsparendender Maschinen.
Und die Erhaltung einer kräftigen Heeresmacht yertrügt sich
Ökonomisch besser mit der Aunsiehung einer geringeren An-
zahl lebenskiftftiger Menschen, als der Ernährung einer grdiseren,
von denen ein starker Bruchteil rasch wieder stirbt
Die Erkenntnis, dafs die moderne Volkswirtschaft auf dem
freien Walten des Selbstin tere«ses beruht, tindet sich, soweit raeine
Kenntnis reiciit, zuerst vonhollandisciien Schriftstellern oder von
Schriftstellern, die iu Holland lebten, mit aller Deutlichkeit aus-
gesprochen. Dies erscheint natürlich, da in diesem Lande die
moderne Volkswirtschaft zuerst zu dner gewaltigen Ent<ung
gekommen ist» überhaupt alle Tendenzen acs modernen Lebens
aort zum energischsten Durchbruch gelangt sind, \^'elchen An-
teil das kleine Land an der Entwicklung der l*hilolo*iie , des
Katurrechts, der modernen Philosophie gehabt hn\ , wurde kurz
berührt. Ich will nur daran erinnern, dafs die Maierei, diese
treue Schildtrin der Volksseele, das Gebiet der religiösen Kunst,
der edlen Formen, der architektonischen Gliederung, wenn auch
nicht verläfet» so doch mit Vorliebe ihrer Freude an der Land-
schafty am Meere« an den Blumen, an dem kräftigen, derben Volks-
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X 2.
Ul
leben, an der oft unedlen Wirkiii Iikcit Ausdriu k giobt und so
di;n Bruch mit der mittelalterliciicii Weltanschauung iii Foruien
«ind Farl>eD bekundet
Pieter de U Court meint: „Fon doit croire que dans toutes
les asaembldes ou Soct^tes TuitärSt particulier est pr^M k tonte« ,
choses/ Er plaidiert stets fttr die Freiheit, hattptBttchlich , wefl
«ch Holland und die Holländer materiell wohl dabei befinden.
Er erwähnt wo!il mvh die natürliche Freiheit und dir Verpflich-
tung Hollands, in allem die Freiheit zu ehren; aber der volks-
wirtächattliche Nutzen lie^ ihm doch um meisten im Sinne'.
JMan lasse dem Erwerbstriebe die Zügel schiefsen und die Erde
wird dn Paradies werden: „en pcas^dant la übert^ de pouvoir
•employer les droits naturels sor sa oonserratioii,' autant qu'ils ne
fendent pas k la destruction de cettc assembl^ poiitiqae, on
trottvera un paradis dans le plus nöcessiteux pays du monde,
pui^qii** 1:( volonte d'une pcr^onnc est vif« et son paradis,
principaiement dans le.s clioses. dont tonte sa pn)j>perit<' depend" ®.
Dem Skeptiker Pierre Bayle, welelier in d^n Niederlanden
<;iu Asyl ji;efimilen hat, fMllt der Widerspruch zwiseiiea der christ-
lichen, auf das Jenseits gerichteten Sittenlehre, welche die Schätze
^er Welt verachtet, Kränkungen su ertragen befiehlt und In der
Keuschheit ein Gott wohleeralliges Verhalten erblickt — diesem
Philosophen, snge ich, ftlUt der W iderspruch zwischen dem sitt-
lichen Geiste des Christentums und den Hclürfnissen der Wirk-
lichkeit brBonders stark auf. Nur die Völker, welche wieder
schlajL'en. wenn sie geschlnpen werden, welche sich dem Erwerbe
mit aller Energie widmen und die Fortpflanzung keinem Vemunft-
gebote unterwerfen, die vermögen ihre Existenz zu erhalten.
Was aber in Bayles Ausflihrungen fast aufdringlich hervorspringt,
das ist die Behauptung, dafs das Menschendasein seine höchste
Förderung nicht dem Walten des Geistes verdankt, sondern dem
Irrationalen, der Energie der Triebe, dem sittlich Hälklichen.
Ein anderer Franzose von Abstammung, aber geborener Nieder-
länder, Bernard de Mandeville, nahm diese Gedanken 8pilt<r in
origineller ^^'eise wieder auf, ^^ab ilmen einen inneren Zusamm» n
hang, betonte noch stari<< r als ]>ayle, dafs nicht in der Vernunft
und der sitdichen Lebenstubrun^, sondern in dem Unvernünftigen,
8ittÜch-Httislichen der Same aller Kultur enthalten sd, und ver-
kündete sie den Engländern ein Vierteljahrhundert liindureli in
Poesie und Prosa. Sie haben ihm so beiikllig gelauscht, wie die
' M«n sif'lit die'« hef»ondor»* klar, wo er für di*» relipiijse und Nicder-
laR^nnustreiheit eintritt. Er verteidigt sie vornehmlich, weil sie llolhmd
nützlich sei; aber er erwähnt beiläufig, dnfs die Verfolguiifjr Andersden-
ker Ii r ?orait trte-rudo, trrs-injii.<to et tW? (lt>fninn''f;iM(», pnrtiiuliercment
jjour iiotre nation qui s'ef^t tr>ujaur»* vant^e df cotnbattrc p«iur la libert^".
' MeiDoires de Jean de Wit, Ratisbonne I7i»9, p. 33.
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112
Franzosen dem Herzog von L<iroehefoueanlt. Die sechs Aut-
lagen der pBieneuiahel welche verhaiuiiibuiarbig raaeh hinter-
einander enehlenen, beweisen ee, und Adam Smith hat tuu ein
Zeugnis daiüber hinteilaBBen, welche Verwirrung in den Oeistem
dae Buch zu bewirken vermochte. Damals begann jener unge-
heure Aufschwung der englischen Volkswirtschaft: die materiello
Grundlage einer Kthik, welche d^ n E<2;oiamu8 als ein Princip
oder Element des Sittlichen betrachtete, hatte sich gebildet. Die
Zeit der Mamievillc, Sliaitcübury und hmith war gekommen.
Damit ist die Frage erledigt, welche Ursache in der eng-
lischen Ethik einen so grolaen Keicbtam an ErOrtenmgen üb^
den menschlichen Egoismus hervorgerufen hat. Der Untergrand
geaellschaftlicher Bedüriuisäse erklärt es. dafs Shaftesbury in seinem
System da.s christliclie, heidnische und moderne T.ebensideal mit-
einander zu versclimelzen wulste. Di»' Schützling des Erwerb.s-
triebes ist weiler antik' noch christlich, sondern modern; in dem
Lehrgebäude des englischen Philosophen bildet sie neben den
sodaien Tugenden und den Reflexionsaffekten den nicht antiken
BeatandteU. Den Zusammenhang der Ideen mit den geseHschaft-
liehen Zuständen brauchen wir uns auch hier nicht als physika-
lische Spiegelung zu denken; es ist sehr wohl mögUcb, dafa
Shaftcsburys Aufenthalt in Holland und seine Freundschaft mit
Bayle auf den Inhalt seiner Ethik von Einiiuis gewesen ist
Deseartes und Bacon sind als Vorkämpfer für die moderne
Ldbensanachauung gewürdigt worden; sie sprechen es unumwim-
den aus, dafs die Naturwissenschaften die Beherrschnng der
Natur zum Zwecke haben mtiasen. ihnen dürfen wir Hobbes
und Locke anreihen, so entgegengesetzt ihre Theorieen sein mögen.
Sie sind die Herolde des modernen Staate.«, dessen Macht in last
fleichem (irad** zu waclisen scheint, wie di«' Tendenz nach voller
'reilieit der Maaiabürger sich immer mehr ausbreitet. Der einen
oder andern dieser Kichtungen ist man auch schon gerecht
feworden. Dagegen hat die Geistesarbeit der Qassendi, Hobbes,
.arochefoucault , ßayle, Mandevüle und selbst Shaftesbur}'s als
Förderer der ethischen Lebensanschauung der neueren Zeit nicht
dieselbe Wiirdigimg erfahren, obwohl sie das christlich - aske-
tisclif Lebensidca! d«-s Mitt'^lalters -/«Ttriinimert oder die kräf-
tigsten Triebe (ics modernen Menschen: die Selbstliebe, den
Trieb nach Geuul's und Vergeltung, nach Elu*e und Gewinn ein-
' Die Erwerbsthiiti^'keit ätand in geriugeai Auechen, sie galt für ge-
mein . . . PauUen, a. a. O. Jt p. i4.
^ ^Spütor, am Endo geiner zwanziger Jahre begab er fSlmftesbiirv) sich
nacli HullHud und hielt sich im Umgang mit Ba^de, Leclerc und andern
Gelehrten dieses Standes etwas über ein Jahr anf. Mit Bavle führte er
in der Fol^'f einen rc;^'flni!ir3igen I3ricfwee1isel und wufsto, als dieser ein-
mal aus Uolland verbannt werden sollte, dies durch sein Ansehen zu
hintertreiben.' Lech 1er, Geschichte dee eogltachen Deiamas, p. 244.
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X 2.
IIB
facli Rufz* ictinf-nd, lobenJ, todehid oder zur Höhe des Sittlichen
erhebend, in die wisäenschafUiche Betrachtung eingetitgt haben.
VII.
Die politische Ökonomie und die Ethik.
Die AusführnntTf-n dieses und des ror}i('rp:chenden Kapitels
zeif^en . dals Smitii eine cthi^ich - psychologisclie Richtung];' in der
Pohtissclien Ökonomie verfolgen musste. Von zwei Seiten, be-
obachteten wir, empfing er die Anregung hierzu: vom Natur-
rechte und der Etmk. So stellte es sich uns dar, da wir die
Ethik nach dem Naturrechte betrachteten. Für Smith ( Ib^t war
eine doppelte Anregung nicht vorhanden : denn seine Moraiphilo-
Bophie war ein einheitliches System, welehos fiiif den Grundlagen
der Shaft< öbiiryschen Etliik süind , das Wahre und Berechtigte
der Lehren Mandeville's wie den Geist des Lockeschen Nafnr-
rechteü in sicli auigenummen liatte; sie umschloitö Ethik und
Natuirecht Daa Bedit ist ein Teil des Sittlichen.
Vom Boden des Naturrechtes aus stellt er die Grundafttse
der wirtschaftlichen Freiheit auf; es sind Forderungen der Ge-
rechtigkeit an die Volkswirtschaftspolitik. Hierzu kommen
die Grundsätze einer ^f^rocltten Steuerpolitik. Es seinen uns.
dals er die freie ('onciirreiiz dmx:h gesetzlielie Schranken der
Gerechtigkeit eiiu ngen wollte. Hierüber wiss» n wir nur sehr
wenig. Jedentallö gehört der zweite der bekannten vier Fälle,
In welchen er die Handelsfreihett beschrfinkt wissen will, hierher.
Der „Wealth of Nations** kann uns tther diese Frage keinen
gentigenden Anfschiuss geben, da die Beschränkungen der freien
Concurrens in dem Privat- und Strafrecht abgehandelt werden
musstcn.
l)er Ausgang von Shaftesbury und Mandeville in der Ethik
führte Sinitii auf die Bahn einer ethisch- psychologischen Betrach-
tung in der Volkswirtschaft, wobei von cien methodischen Ein-
flüsse Humes, von dem Charakter der Nationalökonomie Hutche-
sons abgesehen wird, die ich an anderer Stdle besprechen werde.
Die englische Ethik hatte ja gezeigt, was die wirtschaftliche
Welt im innersten ziisnmmenhät, sie hatte Uber den sittÜchen
Weii der racnsehliehen Tnebe aufgeklUrt.
Die etln^cli - socialen Grundlafjen der Sniithschen National-
ökonomie stellen sich so ais eine Durchdringung der Leliren »Shaf-
tesbui^s und Mandevilles in der Umrahmung der Quesnayschen
Theone der Volkswirtschaft dar. Die heutige Volkswirtschaft
ist eine grofse Tauschgesellschaft mit i^rivateigentum an den
Produktionsmitteb, in welcher ein jeder der Dienste des andern
V larf nnd i/ewis^ermafsen ein Kaufmann wird Zudem ursprUnf^-
liehcn Motor aller Wirtschaft, den Bedtirfrn'ssen. kommt hier also
noch ein neuer hinzu : der Trieb, im Verkeiir zu gewinnen. I>eide
lösen die Arbeit au«, ohne die nichts erworben werden kann,
Fpft^nofta (48) X 2. — ILvbMh. 8
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lU X 2.
und deren Last der träge Mensch ciocii .so bchr verabscheut. Steht
aber das mensehliche Triebleben im Mittelpunkte aller Wirtschaft, so
darf eine psychologische Analyse der Volkswirtschaft nicht fehlen.
Wir haben im vierten Kapitel dieser Schrift gesehen, wie reich
dieselbe bei Smith aasgerallen ist. Aulserdem finden wir eine
ethische Wertung des wirtschaftlichen Egoismus. Smith billig
ebensowenig wie Sliaftosbury die Sflbstsucht, selfi.shness. weil sie
die Wirksanakeit der socialen Triebe gefährdet. Aber er billigt
ein solches Mafs von Selbstinten sse . welches .sich innerhalb der
Schranken der Gerechtigkeit hält, die JSebenmenschen also nicht
schftdigt. Das die Forderungen der Gerechtigkeit achtende Selbst-
interesse ist nach ihm der psychologische Faktor des Wirtschafts-
lebens. Die wirtschaftliehe Kührigkeit (industry ), meint Shaftes-
bury, verschafft uns alle die Dinge, welche wir zum Leben
brauchen. Smith fibernimmt diese Ansieht, vertieft sie aber, in-
dem er ihr den Spartrieb gegenUlx'rstellt Das geraiilsigte Selbst-
interes.'^e bef>>rdert weiter das Ge<h'tlien des (Tanzen; es besti ht
eine prastahilierle Harmonie zwischen diest-m und jenem. Bedenkt
man aufserdem» dals Smith das wirtschafts-potttische System der
fireien Konkurrenz nicht nur in der aufrichtigen Überzeugung
empfahl, dafs es das einzig gerechte sei, sondern auch zu be-
weisen suchte, dals der Nutzen, den es schaffe, darin bestehe,
die %virtseliaftliclic LAgo der Armen und Niedrigen zu siehern,
den (jre";eii.-^atz der Khis.seninterestsen zu mildem und das Inter-
esse aller K lassen mit dem Inteix^s^e ih r ( iesellschaft zu versöhnen,
so geht man nicht zu weit, wenn man in ihm einen hervorragenden
Vertreter der etliischen Richtung in der Nationalökonomie sieht.
Einige dieser Punkte will ich noch etwas genauer ausftlhren.
Vor allem ist der ^ehönen Weise zu gedenken, in welcher
Smith uberall für d< n Arbeiter l intritt. Tin dies Verdienst ganz
zu würdigen, mr>;^^e man yieh daran erinntm. dals seit hundert
Jahren der (iedanke immer wieder ausL'e.s])roelien worden war,
es müsse liem xVrbeiter scldecht gehen, damit er nicht faullenze.
Er findet sich nicht zuerst, aber in seiner cymschsten Form bei
MandevUle. Man mufs weiter bedenken, dafe die Ph^siokraten
2war nicht arbeiterfeindlich waren, aber doch durch dire Wirt-
schaftspohtik daran verhindert wurden, sich der besonderen In-
teressen des Arbeite» kräftig anzunehmen ^ Schon die unbedingte
' Mau Hohc z. 15. Huudeaus „Introduction". II noua laut une race
nombreuse de fermiers ou cultivatours en chef . . . La pt;rfecti(>n . . .
lart proiluctif f^orn doiic d'autaiit plus infaillibtc . . . quc la classe des
leiiniet'ä . . . scra plus noiiibreu.se . . . plus opulente. — Jji . . . tout
teDd k diminiier la race des fenniers . . . cette soci^^ tend k aa d&
cadencf u. f=. w. A\nlil i f R. Ubfr dif Steuoni und trrnnd herrlichen Ab-
gaben entrüstet, welche die Tage löhner zu tragen haben, aber er hebt
auch hervor, dafs diese zu Eahlreicb waren. Die wicbtiaste Aufj^be der
Politik sei Vermehrung der Kapitalien, Eraparunp aucdi der Menschen:
Multiplication des recnltra, epargno de la tcrre et des hommps. Ki-st
wenn mehr Kapitalien in den Boden gesteckt wären, würde ihre Lage
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115
VorlieV' für den Grorsbetrieb in Ackerbau und Gewerbe zeiffl,
dafs ihnen das Verständnis für eine nachdrückliche Hebung der
unteren Klassen fernlag. Auch das Interesse; denn ihr Ein-
treten iUr die freie Konkurrenz hatte seinen politischen Grund
in der Erwartung, da& dadurch der nach ihrer Meinung unge-
redite Gewinn nnd damit die Lebenshaltung der sterilen Klasse
herobgedrUckt würde. Leiden aber die Unternehmer, so wer-
den sich auch die T.öhne verringern. ^^'"(ite^ wurden sie
durch ihre Revölkerun{j;.stheone von der Arhcitorfreundliclikei't
Smiths abgehalten, welcher eine groftie Ik'volkc runu' für einen
der gröfsten Segen der menschlichen Gesellschaft betrachtete. Von
welcher Seite ein freandlicheres Udit auf die physiokratischen
Anschauungen fUUt, werden wir schon bald sehen.
Dagegen hat Smith wirklich Sympathie mit den Arbeitern.
In den Unternehmern erblickt er vielieicht häufiger, als sie es
verdienten, eine Klasse von Menschen , die zur Ausbeutung der
Arbeiter und der Konsumenten verbündet .seien. Die J^essenmg
der Lage der Arbeiter halt er für keinen Nachteil für die ganze
Gesellschatt. Aufserdem sei es nur billig, dals die unteren Klassen
einen besdieidenen Anteil an den Dingen erhielten, weldie sie
selbst geschaffen hKtten. Hohe Löhne erhöhten im alkemeinen
den Fleifs der Arbeiter. Er sucht ausführlich die Behauptung
zu widerlegen, dafs sie in billigen Jahren tr;i;;er, in teuren
fleifsig'T waren. Auch er verficht die Gewerbetreilieit mit natur-
rechtlielien Wendungen; aber man .^ieht. dafs er dabei auch an
den Nutzen der Arbeiter denkt. Mir welcher Schärfe V(^rdammt er
die Niederlassungsgesetzc als ,,an evident violation oi natural
liber^ and justice'* I Wo die Gesetzgebung sich mit den Arbeiter-
Streitigkeiten beschäftige, seien ihre Berater stets die Meister. In
der Lehre vom Lohne kann das Verhältnis von Steuart zu Smith
am besten erkannt werden. Der letztere hat in den theoretischen
AuaflUirungen viel von dem ersteren entnommen; die ethische
Haltung ist .so ver.sehicden, als ob Jahrhunderte zwischeu ihnen
lägen. Nun zu einem anderen Punkte.
sieh bessern können. Bei den (Jt wcrben orw artet er alles vom Grofsbetrieb
Qod von «ier (Jcwerbct'reihoit Cost doiir un bien reel quand il a'öU^ve
an chef qui sait, qui veut et qui peut operer en grand . . . Liberte,
Iibert4 totale, immuntt^ paifute . . . yoila le seul caract^ naturcl aiü
doit former la distinction eiitro \o?. infimifncturier? . . . et lenrs siin]ile8
manoBUTres a. 8. w. Daire iUp TOu ö. 6ic bahnen den aufsteigenden
GrofianternehiDern den Wei; — im allgemeinen Interesse der Volks-
wirtschaft, wie sie glauben. Daire meint, Baudeau lia)>e schon „prouv^
par anticipation, contre les Socialistes, (|uo la lutte du capital contre le
travail n'est pa.s un mal, bien qu il puisse n'^^ulter de ce fait, comme de
beaueoup d autres, des inconvenients pas.sn^ers", a. a. O p. 714 (Note).
Eine Volköwirtscbaftslelire. deren biudHfi'-« Ziel tiio Steifrerurifr des Koin-
ertrag» vermittelst schrankenloser Konkurrenz war, muläte gerade wegen
ihres organischen Charakters einer humanen Leh'.e von der Verteilung
der Gnr* r feindlich sein. Quesnsj Itiblt dies oiid verleidigt Mch da-
gegen. Uaire I, p. 194.
8*
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116
Am Ende des dritten KapiteL» des zweiten Buches, m dem
er die ökonomische Bedeutung der Art der Ausgaben dai^elegt
haty üodsi «r aidi Teranlabt, das aittÜdie und Ökonomische
Elem^t scharf zu kontrastieren. Die ökonomisch Tortellbafteste
Anwendung des Einkommens kann eine niedrige und selbst-
sttch^ge Gemtttsart anzeigen.
Wer erinnert «n-li nicht, dafs er es nn dem Merkantile vstem
tadelti es begünsüge das Wohl der Grol'sirn und M-tclitigen
lind unterdrücke die Interessen der Kleinen und Armeu ' V L'nd
doch wünscht er una liumauitaUirückäichten , dais man vor-
sichtig mit der Abschaffung dieses Systems vorgehe. Mit bei-
spielloser Hef^tigkeit greift er die englischen Kaufleute als Ur-
heber und FOiderer der merkantÜistischen Handels- und Kolo-
nialpolitik an. Es ist, ^ie gesagt, eine Heftigkeit, die ein deut-
scher Schidmeister entschieden tadeln würde. The sneaking
arts ot' underling tradesmen are thus crected into political ma-
xims for the conduct ot' a great empire^. Und: To tbiind a
great empire for the bole purpose of raising up a peopie ot
oostomers, may at first si^t appear a project fit onhr for a
natioQ of shopkeepers. It is, however, a project altogether unfit
for a nalion of shopkeepers ; but extremely Ht for a nation whose
povernment is influenced by shopkeepers*. Die Gesetze der
merkantiiisti.selien Politik seien alk' in Blut gescl i rieben Der
Handel , welcher ein Band der Freundschaft um die Nationen
schluigen solle, «ei die rruchtbiirbtc Quelle der Feindschaft ge-
worden. Der Elirgciz der Könige habe im 17. und 18. Jahr-
hundert den Frieden Europas niät so gestKrt, wie „the imper-
tinent jealousj of mcrehantd and nianufocturen"^
Was aber noch mehr in Erstaunen setzt, weil es den her-
gebraeliten Anschauungen über Smitli widerspricht, ist die Tliat-
sache, dals er die allgemeine ^)chulpriicht und die Stärkung des
krieirerisehen Geistes als notwendige Heilmittel gegen die geistige
und sittliche Verkrüppelung empfiehlt, welche die wirtschaftliche
Arbeit unter der Herrschaft der ArbdtBteiluDg über die grofsen
Massen bringe ^. Smith steUt also dem Staate noch andere Auf-
gaben, als die negative Sorge für die wirtschaftlichen Interessen.
1 It b the uidustry which is carried on for the benefit of the rieh
and the powerful, that is principally onconraped by nur mcrcantile systein.
Thai which is carried ou for the beuefit of the poor and the iudigent,
it too ofteu either neglected or oppressed. III, p. 4.
2 Humanity may, in this case, require that tlio tVeedom of trade
should be reetored onl;^' by hIow eradatious, and witb a good deal of
reeerve and drcomspection. II, p. 201.
» II. p. 261.
« a. a. O p. 472.
" III. p. 9.
" " ' P- 298.
" I ii»' man whosc whole life is Bpert in perfomiinp a few simple
Operations . . . generali^ hecomes . . . btupid aud iguorant . . . The
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X 2.
117
Das psychologisch - ethische Element hat in den Schritten
<^ue,snay8 und seiner Schüler bei weitem nicht die Entwickhmg
gefunden^ wie in dem „Reichtum der Völker" Adam Smiths^
aber im wesentlichen wud man eine (iTbereinstimmung aner-
kennen müssen. Die Analjrse der Natur des Menseben, welche
Mercier de la Ri^iere giebt, zei^ jenen als ein durch seine Triebe
und Neigungen tiür die Gesdlscliaft bestimmtes Wesen. Der
psychologische Faktor des Wirt?c hifr^lebens ist, all^xemein ge-
sprochen, der Egüiöiiius, nicht der Erwerbstrieb oder Spartrieb
Adam Smiths, sondern der GenuTs trieb. Aber dieser Unter-
schied erweist sich schon bei oberflächlicher Betrachtung als
nicht so grols; denn um genielsen sn ktonen, muA man erwer-
ben^ und die Physiokratcn haben gewifs nicht gemeint, der Be>
weggrund alles wirtscbattlichen Streben« sei der vorgestellte Go-
nufs aller Erwerber, sonst hätte die Lehre vom „Kapital" in
ihrem System keinen Platz zu finden brauchen. Allerdings }iat
Smith den Spartrieb, welcher psyeliologisch auf der Furclit vor
Not und dem Wunsche, mehr zu iiabt^n, beruht, für viel stärker
gehalten, als den Trieb, zu genielsen, welcher eine starke Ent-
wicklung der sinnlichen Instincte ▼oraussetat Ob sich hierin
der Gegensats des schottischen und französischen Volkes oflfen«
bare, von welchem die beiden Denker ihre psychologischen
Annnhinen ahntrahiert hätten, diese Frage vermag ich nicht zu
entschoiden. Ocwits sind die Schotten sparsam, aber die Fran-
zosen sind es auch.
torpor of his mind renders him . . . incapahle . . . of conceiviiip anjr
generous noble or teuder sentimeut ... Of the great aiici exteasive intercsts
of hIs coiint^ he !b altof^thcr incapabt« of jud^ing; and noless vety
particiihii pains have bi cm taken to rendor li' n ouierwise, he is eqjuably
ineapable of defcndin;; his country in war u. s. w. — Tbe education of
the common people requires, perhaps, in a civilized and comnicrcud
Society, the attention of the public. For a very small expence, the public
can facUitate, can encourage and vnn even impose upon almost th«^ whole
body of the people, the neceasity ol accjuiring those most essentiai parte
4»f edacatioii. — The security of every socie^ must always depeud, more
f^r less. lipon thn martial spirit of the great body of the people . . .
A coward, a man ineapable eitker of defending or of rcvengiug liimselff
evidentlv wanti <»ie of tbe most esBential ptuts of the cnaraeter of a
man V. 1, III, 2.
' Mercier de la Riviere kommt fast allein in Betracht 1 » tm^ne be-
ginnt Bein Werk mit der Darlegung, dafs dei Mensch Beduriuisse ver*
schiedener Drüiglichkdt habe; aber er läfst «ieh nicht welter auf diesen
Gedaril: n < it! «ondem gebt sofort da/Ai über, dafg er nur aus der Erde
die Mittel zu ihrer Ucfriedigung erhalten könne. Mirabeau erüö'uet seinen
nAmi des Hominee*^ mit einer Art pflycbologischer ErSiterung. Der
Mensch sei von Natur ß:e.-=»'llig, aber auch li:i])8riclitig ; we^cn dieser
gegeneinander wirkenden Kräfte mufsten die Gesetze über die Teilung der
Guter die ersten sein. — Die Ausführungen Turgots im „Eloge de (jour-
aay* kninfiien bei der selbständigen SteHoDg T. nicht in Betracht. —
T>ft9 obigu Urteil wird auch durch den psycliolo^isehen Bestandteil der
„ Economic antmale^ nicht verändert, da er sehr unbedeutend ist.
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118
Da der (iciui strich eines jeden so grofs ist, so mufs er
(lurcii den Genulktiieb aller andern in i^chrauken gehalten wer-
den. Indem aber nun die freie Konkurrenz das Einkommen
eines jeden mit Attsoahme der Grundberitser auf eine mälaige
Grdfse beschrilnkt, wird der Qenu&trieb angcstaclielt, mehr zu
erwerben, um mehr geniefsen zu können Wird daiin dieser
Trieb durch die cigcno Erfalirunf:: und das Beispiel anderer
belehrt ' , dann entwickelt sieh aus ilini dir» höchst matorielle
Wohlfahrt der Individuen und der Gesellächatt-. Mercier niiumt
wie Smith eine Harmonie der Interesnen der einzelnen und des
Ganzen an, nur dals seine Auf&ssung dieBes Verhältnisses einen
flnleerHdiai Charakter hat Übrigens ist sdne Ansicht, dals das
Gesamtinteressc gleich der Summe aller IndividnalinteresBen se^
Adam Smith nicht fremd.
Man wtirde den Physlokraten Unrecht thun, wenn man
behauptete, sie htitten das wirtschaftliche Lehen nur als einen
Kampf egoistischer Triebe nufgefiisst. Mau wird sicii erinnern»
dals sie die wirLöchaiiiiche Freiheit als ein Gebot Gottes betrach-
teten; die meoschliche Natur ist yon Gott so gewollt und die
Ordnung, die ihr am besten entspricht, die natttrliche; was sich
dem einzelnen und dem Ganzen ntUzlich erweist, ist auch das
Gerechte.
Baudeau hat uns darüber aufgeklUrt, dals ihr Ideal ein viel
höheres war. Sie lioll'ten, dafs die Gesellschaft sich immer mehr
einem Zustande nühern würde, wo ein jeder sieh den Staats-
g&setzeu freiwillig fü^e, wo eine aUgemeine Achtuug des Eigen-
tums und der Breiheit anderer, ein Geist allgemeinen Wohlwol-
lens verbreitet wäre. Dieser glückselige Zustand, Uber dessen
vollständige Verwirklichungsmöghchkeit sie sich keiner Täuschung
hingaben, sollte durch den allgemeinen wirtschaftlichen Unterricht
herbeigeführt wcrd^^'n . der also nielit hlofs nützliche Kenntnisse
und Fertigkeiten, sondern a,uvh eine wohlwollend«' und p:erechte
Gesinnung verbreiten sollte. i)uuileau »pricht debiialb auch vom
„moralischen" wirtschaftlichen Unterricht, von der „Wirtschafts-
moral'', von den „pi'dcieuses y^rit«^ morales deonomiques'^, und er
sagt: Le premier et le principal caract^re d une monarchie ^o^
nomique est donc Tetablissement^ le maintien, la perfection ])ro-
gressivc et continuelle de renseip-nement universel, le
plus clair, le plus effieace possible. (|ui j^^ave profondement dans
tous les espritö Tensemble des principes äimples, sublimes et
1 Le d^sir de jonir, irritd par la concunence et öcl&ir6 pur l'exp^
rieoce et |>iir r»»xpiTi|>lo.
• Dttlb das .">elb»tiiitertiöBe die iriebfeder des Wirtsihaftslebenä
•ei, behauptet sehr nnomwundeo der Comte d*Albon : ... de Ii n^sulte
cjue TaugmeutÄtioTi du prodnit not iiim'-Tie de?» fiULTnontations nntnrello- de
culture et par conscquent de Bubsisranco et de ^»opidation et cela iteces-
sairement |iar le mouveinent irrdriatibie de r>nter§t. Von l^ucsnay
meint er: il a r^'uni Ic* hoinroes par le paisBRDt de Tinterdt.
Oucken, Oeuvres de Quebimy, p. oü, 69.
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119
sacr^ de la loi de justice et de Tordre de bient'ai-
8a nee, principcs evideTnmrnt f^tfrnels et immuablos. qui sont
de touö Icd temps, de tous Icö öi*i-les et de touö les hommes
In der That wenn Etwas dem Studium der Physiokraten
einen nie versiegenden Reiz verleiht, so ist es neben der Tiefe
und der Feinheit der wirtachaftUdien Analyse ihre Begeisterang
fiir die Gerechtigkeit» das Wohl und die Vervollkommnung der
Menschheit. Sehützen wir es nicht zu gering, dafs die Physio-
kraten mit solcher XachliaUI<:;keit den allfi^emeinen geistigen und
niorahKchen Volksiinterricht gefordert haben Diese Fordfnmir
war allerdings von den früiieren Naturrechtslehrern sclion erhoben
worden ; aber sie untersclieidet sich doch im wesentlichen von
der physiokratiflchen. Wenn ich nun noch hinzuiUge, dafs sie
die firmsten Klassen tot dem Steuerdruck su schutsen suchten^
10 sind wir bei jener Korrektur ihrer Wirtschaftspolitik ange-
langt, von der oben die Rede war. Ihr Auge ist im allge-
m<'inen zu sehr auf das Ganze und die Ilntfess» limg der Pro-
didviion gerichtet, als rla^s sie dein Kinzeinen und der Verteilung
dif notige AufnierksauikL-it selienken könnten; aber als ein System
des Egoismus wird man das physiokratische nicht bezeichnen
kennen. Die Entfesselung der nroduktion werde unter einer
freien Rechtsordnung von selbst in allen Klassen Wohlstand
vwbreit* !i so meinten sie.
So zeigen die vorhergehenden Darlegungen eine wesentliche
ÜbereinstiTumung zwischen den Physiokraten und Adam Smith, sie
widerlegen zweitens die Meiiu 111:4, dafs die Richtung der Einen
und der Andern eine anti-ethiseiie gewesen sei. Aber man wird
auf die materielle Oesinnung liinweisen, welche die Schritten
der Physiokraten atmen, das hdrst die hohe Meinung von den
Mischen Gtitem, welche die Physiokraten überall an den Tag
legen und den knickrig - phiHströsen (>haraktcr mancher Stellen
des zweiten Buches des Smith'schen .. Vr>llcern ie]ituirts".
Was die Physiokraten betrifft, so dart man nicht vergessen,
dafs die Ethik der neuern Zeit dem Irdisclien freundlich gesinnt
war. Sie ealien iu der Vermehrung der wirtschaftlichen (Jüter
»le voeu de la naturc, l'intöret generalde l'humanitö, la bien&isance
essentielle*. Denn von ihr hängt nach ihrer Oberzeugung
die Erhaltung des Einzelnen, die Vermehrung, die Vervoll-
kommnung der Menschheit ab. Die thatsächliche Ursache hier-
von lag jedenfalls in rlc n Verliiütnissen der Zeit. Niemand kann
laine's Schilderung der Lage der biluerlieh< n Khussen ohne ein
GefUbl des Entsetzens lesen, denn die Kontraste sind zu tiirchtcr-
lich: natürlicher Reichtum und weite unbebaute Strecken, steigen-
der Reichtum und kaum ein Nachlassen des Steuerdruckee, zer-
rüttende Arbeit und kümmerliche Lebenshaltung mit ihren
natürlichen Folgen: frühzdtigem Alter » geistiger Stumpfheit» ge-
' Daire U, p. 776 ft;
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120
}»eimer und offener Dcinoralisation. Napoleon 1. sjiiae'h daa mehr
einer Erläuterung alö einer Beachrünknng betlürttige Wort aus:
Die Revolutionen kommen aus dem Bauclie. Es ist ein Gegen-
stück SU dem Epikureischen: Die Wunsel alles Guten ist die
Lust des Hauches. Wem diese Lust fehlt, dem erscheint der
Genufs des Eissens und die GrOfae des zu ^'erzehrenden be-
deutender, als sie 8i< h später er.vcisrn ; der Geist der Verhungern-
den Vx'schäftigt sicli mit BiMfTn von r<>ichlichen Mehlem das
armseiigRte Tier i.«t bereit, einen ungleichen Kampf mit einem
sichtbaren Feinde autzunehmen, ehe es dem unsichthü>aicn er-
liegt. Gleidisam aus der Seele eines verhungernden, abgestum^tten,
demoralisierten Volkes heraus haben die Physiokraten gcschneben.
Dem frischen, lebensfrohen, intelh'genten Volke, welchem sie an-
gehören, scheint nichts zu fühlen, als Nahrung, Kleidung, Woh-
nung für sich und seine Nachkommen. Hat eine Änderung der
Ge»et5^f ihm diese verschafft, dann wird die all^'f inline riiück-
»eligkrit auf Erden wohnen. Und wendet sich (iaiin der Blick
hinüber zu jent^r in frivoler Sorglosigkeit und hochmiltiger Ver-
schwendung lebenden vornehmen Gesellschaft, zu jener mit dem
Bestehenden zerfallenen, Adel und Hof innerlich groUeiiden
Boui^geoisie und Geldaristokratie, die schon Burke und lät. Simon
gezeichnet haben, dieser vom Schweifii der Armen tut noch
mehr zehrenden Aristokratie zweiter Ordnung, in deren G<5seU-
schaft die IMiilosophen Gelage feiern und Geist anbringen: dann
wird dii' materielle (lesinnung noch verstiindlicher, aber aueh
der ^irimiiii^'e Zorn iil»er kindische Versciiweiidunir , der Milde
Fauati.>nms, die Anrufung deü hcüigen Gesetzes der IsaLur und
der ewigen Gerechtigkeit.
In England stand nicht Alles aum Besten; aber Adam Smith
war nicht von denselben sozialen Zuständen umgeben. Jene
hau.sbackene ( l» ;jinnung, von der vorlier gesprochen wurde, hat
dalier bei ilini einen andern Orund. Zu den Verdiensten der
Pliysiokraten gehörte auch die kr;ifli<^e Eintillirung des P»»';,'ritf8
des Kapitals in die neue Wissenschaft, Adam Sniitlj, welclur
ihn von den riiysiokraten übernahm, deckte zugleich die ethisch-
psychologische Wurzel der Kapitalbildung auf, wie wir gesehen
nahen. Wenn aber das Kapital eine hohe VVichtigkeit in der
Volkswirtschait besitzt , dann steigt der Wert der Sparaamkdt
in gleichem ( irad(i und das unproduktive Verzehren erscheint als
eine wirtsehaftlielie '^rodsiinde. Von hier gelanj^t er dann zu
jonrn Ausluhnii!.L:en d( s zweiten lluelics, die nach der (ieiniits-
«tiiiunung der Menschen Zorn oder (belachter luTVorgerufen
haben. Von seinem einseitig - individuahsiischen politischen und
¥nrtschaftlichen Standpunkte war auch keine wirtschafWche Kor-
rektur dieser Ansiclit mOglicb; denn was filr öffentliche Dienste
des Staates, <ler ( h melndrTi . der Kirehen bezahlt wird, ist ein
notwendiges Opfer, keine produktive Ausgabe. Dieser krämer-
hafte Standpunkt hat sich in der klassischen Nationalökonomie
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121
der Engländer nrlialtf^n unA ist durch Ricardo in „Das Kapital"
von Marx hinübcr^^^elcitct worden. Vi^l irrörsi i und reiner stehen
in dieser Bezieliung die l'hysiokraien da. In Folge ihrer
organischen Auffassung des Wirtfichaftslebena, in Folge ihrer
Wttrdigung des pfltchtbewulBten Staates vermochten ne den
wiifBclmftlicbeii and den wirtschaftlich produktiven Charakter
der sogenanaten nunDroduktiven** Ausgaben zu erkennen. Doch
hierttber an einer anaem Stelle.
Am Schlüsse unserer Darsteüung des Einflusses der modernen
Ethik auf die Nationalökonomie drängen sich uns die Fragen
wieder auf, welche wir am Ende des dritten Eapiteb stellten.
Vermögen wir sie jetKt »i beantworten? GrOlstenteils.
Darüber kann kein Zweifel bestehen, dafs die wichtigsten
Züge der Quesnay'schen Lelire : die flerleituni; der sittlich-recht-
lichen Ordnung aus den Trieben der menscliliehen Natur, die
nicht nur in der Weise Sliafteshury's gezeicliTK ^ sondern nnch
gewürdigt wird, der gläubige Optimismus, weicher das gesamte
Welt^»yRtem einschHefst, der Enthusiasmus ftir das Glück der
iMensclien, aber aucli die durchaus dem Irdischen zugewandte
Lebensanschauung, auf Shaft«sbury hinwdsen. Wenn man nun
bedenkt, dafs die französische Litteratur des vorigen Jahrhunderts
an den Werken Newton's, Locke's und Shaftesbury's hcrange-
vwhaea ist» so hat die Thatsache aucli nichts Erstaunliches.
Um so mehr verwundert es, dafs die Meinung ausgesprochen
word'fi ist, die Psycliologie und die Ethik des Ilelvetius bilde
die ."^eele des physiokratischen Systems. Si(; ist wohl dadurch
entstanden, dafs ilelvetius die Lehre vom Sc Ihstinteresse konsequent
ansbildete, dal's die Physiokraten dem Egoismus im \\ irtschafts-
leben eine centrale Stellung anwiesen und Helvetius ein Zeitge-
nosse der Physiokraten war. Diejenigen, welche sie hegten, tlber<
sahen aber, dafs Shaftesbury's System weit genug ist, um die
physiokratische Lehre vom Sclbstinteresso mit zu umfassen, dafs
er dem wirtschaftlichen Egoismus alle Knnzr ssionen gemacht hat,
welche die Nationalökonomie bedurfte. Sie ui)ersahen weiter, tials
alle jene obengenannten Züge der physiokratischen Lehre durch-
aus nicht mit der I^ehre des Helvetius übereinstimmen. Und
welcher tiefe Abgrund kbfft zwischen der natOriichen Ordnung
Quesnay's, welche Gott gegeben hat und welche die Staatsmänner
nur auszufilhren brauchen, um Wohlstand und Harmonie ssu
schaffen . und jener Allmacht und VVeisheit der Staatsmänner
des Ilelvetius, welche ein solches Svstem von Oesetzen aus-
klügeln müssen, dal's das Individuum sieh gezwungen sieht, sein
Selbstinteresse in Einklang mit dem allgemeinen Interesse zu
setz», deren Harmonie mit allen gesetslichen Mitteln er^
zwungen werden muls! In Queanaj und Helvetius prMgt sich
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122
der (tegcnsatz von Stomsmus und Epikareismiis mit aller
Scbttrfc auä.
Hiermit soll nicht »geleugnet werden, dals sicli Mcrcier durch
Helvetius wie ja auch durch VVolff hat beirren lassen, an einigen
Ponkten vom geraden We^e abstiweichen. Und das mögen
unbedeatendere Köpfe noch häufiger gethun haben.
Da nun auch omith sich eng an die ethischen Lehren Shaftes-
bury's anschliefst, was keines Beweises bedarf, so ergiebt sich
also eine weitere geistige \'erwand tschaft zwischen dem 4Schotten
und Franrnis (^ucsuay. Dicsseit und jcnseit dos Knnal;? ruht
die Nationalökonomie auf den Grundlagen des Locke .scheu Natur-
rechtes und der Shaftesburv'scheu Ethik: hüben und drüben
atmet de in der Luft eines bocbgesteigeTten Indiyidualismiu.
Haben wir somit die tlberzeugung gewonnen, dafs einige
dunkle Selten der physiokratischen wie der JSniilh'schen Lehre
durch die Heranziehung der Philosophie Shaftesbury's aufgehellt
werden, so bleiben doch noch Probleme, die sich hiennit nicht
lö^eri lassen. In Jlcziehnng auf die vivj:o Verbindung zwischen
Kutzliclii-in und Sittlichem, welche bowulii Smith wie auch die
Physioki-aten, wenn auch in verschiedener ^^'ei8e, annehmen, sind
wir um keinoi Schritt wdter gekommen. Denn die Lehre too
der Harmonie von Sittlichkeit und Glückseligkeit, wdche wir
bei Slijiftesbury fanden, kann diese Frage nicht beantworten Die
Glückseligkeit ist der Seelenzustand des sittlich Handelnden.
Diese Stimmung ist die naturgemKfse Folge des sittlichen Ver-
haltens, weil Shaftesbury die iSittlichkeit als etwas Natürliches
betrachtet.
Ebensowenig wissen wir, wie Qucsnuy auf den Gedanken
getUhrt wurde, das physische und das ethische soziale Gesetz
SU verbinden.
Noch ein dritter Punkt harrt der Aufkliirung. Es kann
wenig befriedigen, dafn wir wissen, der Optimismus Quesnays
stamme von Shaftesburv. Wir mUssen die neue Fra^'P stfllon:
Wie kam Shaftesbury zu si im m ( >j>timi!«mus? Hieruber wird
uns vielleicht das Folgende Aufscldub geben.
Zweiter Abschnitt
Der Deismvs.
Es wurde dargestellt, wie sich neben dem positiven luchte
ein Vemunfbrecht, neben der reUgiö-sen Etliik eine philosopliläche
erhob. Zur selben Zeit stellte skh eine Vemunftreligion der
ositiven zur Seite. Jene beiden Wis-senschaften wfihlen die niensch-
cho Natur zu ihrem Ausgangspunkte, sodafs man sie auch als
Naturrecht, als Natursittliclikeit bezeichnen kann; wir werden sehr
bald sehen, weshalb die Vemunftreligion „ Naturreligion " genannt
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X 2.
123
werden darf. Zu der inneren VerwandtBcbafit geseilt sich dann
die Ähnlichkeit des Ursjirnn^s.
Innerlich geängstigt und abgestoiöen von dem, das sechs-
zehnte und siebzehnte Jahrhundert durchtobendeu Kaiiipfe der
Beligionen, KoDfessioneo und Sekten, welche alle die Wahrheit
TO berilseii ▼efmeinen, foischt Herbert von Cherbiuy nach der
wahren ReHgion, um der SittUchkeit eine Stütze zu geben und
einen Boden des Friedens zu bereiten, wo sich Alle freundlich
begegnen können. Kr findet, dafs flinf Wahrheiten den Kern
aller Religionen bilden: Dns Dasein eines höchsten Gottes, die
Pflicht seiner Verehrung. Tu^^end und Frömmip^keit als das
Wesenthclie der Gotte*iverelirung, die Verpflichtung, die »Sünden
TO bereuen und von ihnen to lassen, Veigeltung täs in diesem^
teils in jtmem Leben ^
Herbert schrieb in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahr-
hunderts ; er ist ein Zeitgenosse von Hugo Grotius, Francis BacoU)
Thomas Hobbes ; Anklinge an seine Lehre vernehnu n wir schon
firüher^. Unter seinen Vorgängern ragt Jean lind in weit hervor.
In einigen seiner Aul'serungen'^ ist der Zusanniieniiang zwischen
dem Naturrechte und der Naturreligion ungtdeutet. Kr hält die
Alteste Bel^ion ftbr die wahre und beste^ ;,d. h. diejenige, wdche
das ewige Gesets der Natur dem Menschen cingiebt und
welche die Religion der Urzeit gewesen ist, die Religion
der Natur"". Die Beobachtung des Natnigesetses genüge zur
ewigen niüekseligkeit.
Bildet bei Bodin das Naturgesetz gewissermafsen die Brücke,
die vom Naturrechte zur Naturreligion fllhrt, so offenbart sich
bei Herbert jenes Vertrauen auf die der menschlichen Vernunft
innewohnende Wahrheit, welches seme Zeit charakterisiert. „Der
mtellectusy das „reine Denken''. . . bedarf des äufsepi Dienstes
der Gegenstände nicht, sondern crfrnt sich seiner eigenen VITahr-
heiten. Diese Wnhrlieiten sind nämlich gewisse Göneinbegriffe,
die dem Geiste ursprünglich mitgegeben sind .... Fort also
mit denen, welche unsern Geist ftir eine tabula rasa oder abra.sa
erklären ". Sonderbar webt sich m diesen Kutiunaiiäniuä der
empirische, inductive Zug des englischen Geistes. Die ange-
borenen Geroeinbegriffe werden nämlich dadurch entdeckti „dals
man in Beziehung auf einen bestimmten Kreis von Dingen die-
jenigen Gedanken aufsucht, über welche allgemeine Ubereinstim-
mung herrscht; denn was in Allem sich auf eine und dieselbe
' Lechlcr, ( Jescliu'lite des enfjli^^chcn Dfismii^, l^ ll, S. 4*2 ff. .Dor
(je&iciitapuoktj unter welchem Herbert die Keligion aul£aiat, ist der sitt-
liche: die Rehgion ist zu dem Belnif gegeben worden, damit die Mensehoi
zu demjenigen, was ?ie von selbst thun sollten, verpflichtet wfiiden und
zugleich die ^enieinsame Eintracht aller gewährt würde.^
■ a. a. O. p. 11—^26.
* a. a. O* p. 81» Bier sind die besdehnendstm Stellen wörtlich
angegeben.
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X 2.
Weise verhält, das muis vom natürlichen liiätiukt hergeleitet
werden**. Da nun die Religion zu den Gtemeinbßgriflsn ^h<irt,
00 mufs man erfoivoheny was in Beziehung auf ne aUgemem an*
erkannt iat; man vennag so die fiivolen und verderblichen Dogmen
von den guten und nützlichen aa untarscheiden. Auf diesem Wege
gelangt Herbert ..nicht ohne g'^^naue und vicHache Änaly-*e \m(}
Ki-iorschung der Keligionen" zu den iUnf Wahrheiten, die wir
vorhtT erwähnten ^
Mit der VcrOftentlichung seiner Gedanken leitete er eine
grofse geistige Bewegung ein, die fiut awd Jahrhunderte die Oo-
bÜdeten Europas beaohäftigte und unter den verschiedenen Be-
zeichnungen ^Deismus", „ Aufklfirung^i „Naturalismus", ^Frei-
denkertura" überall in der Wertschätzung dos mit der natürlichen
ReUgion verbundenen sittlichen Handelns und der Abneigung g^en
die Priester und Dogmen der positiven Religion Ubereinstammte.
Die Wandlungen der deisti^cheu Lehre zu verfolgen erfordert
unsere Aufgabe nicht; aber wir müssen im folgenden Kapitel
beobachten, wie ne einen wesentlichen Tefl des Inhaltes der xeit-
genOssischen Philosophie in sich aufnahm. Wir werden dann
imstande sein, die Aufgabe zu lösen, die am Ende des vorigen
Teiles ^^estellt wurde. Der Deismus bildet <las letzte Glied der
Kette, mit welcher der "R itioredi^mus den C^r^ht des siebzehnten
und achtzehnten .lahriuiuil' ru ni Fesseln schlägt. Nach allen
Richtungen breitet er sich aus^ von den Mächten der Wirklich-
keit wendet er sich ab: von dem positiven Rechte, der religiösen
Sittlichkeit, den überkommenen Religionen; .sie erscheinen ihm
alle gleich unnatürlich und schlecht. Alles historisch rJe\vordene
mifst er an dem Malsstab der Vernunft; Recht Sittlichkeit und
Peliirion sollen zu ihrer unverfiüschten Quelle, der Natur aurUck-
kelu'cn.
Und nun zeigt sich eine eigentiiniliche Krseheinung : der auf
die kSpitze getriebene Rationalismus schlagt in Historisaius um.
Der Gedanke tritt nicht selten auf, dafs das wahre Oesets und
die wahre Religion in einer febelbaften Uraeit gegolten hätten'.
' Lechlcr S. 89 -42.
* Herberts Methode hat eine grofne Ähnlichkeit mit der Gleich-
set/ung de8 ..jii<< quo omnea geutes utuntnr" und des ^u.s (|uod naturetis
ratio eoiistii Ii (t rot ins, nennt das uugc^chrieliene lue lit. ^das nur die
Natur ^rcbitftct «>der die Übereinstimmung aller Völker bestimmt'', a. a. O.
Einleitung 2ß.
' Einige Denker nehmen an. dafs dasUrchristeDtQm mit der natüriit hen
Kcligion identisch. lM'ziiKli< ]i dif Wi.Mlcrlicrstrlhinjr der^olben «ei. Ks jziebt
Naturieclit«dehrer, welche der Ansicht mud, diifs der Inhalt des romischen
Recbtf gröfttenteils mit dem des Naturrechts übereinstimme (wahrschein-
lich 1 ri1 Piifciulurf j^ovicl r*'nii.-ch<'s Recht in X;iturr»'c-lit hcril' cr
genommen hatte); allerdings teblten ihm die Priucipicu des uatürlicUuu
Hechtes. So glaubt man tat selben Zeit, dafs die gnecbtsche Kmurt das
Musterbild für alle Völker und Zt itt n s^ i in dieser Lnklarheit sind auch
noch (^eietcr befangen, die im übrigen alle Konsequenz des historischen
Standpunktes ziehen.
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X 2.
125
Diese Ansicht, die wir zuerst bei den Stoikern fanden, regt die
(Jeister an, dem Ursprung der positiven Institutionen nachzu-
spüren. Ich nenne nur ein Beispiel. Cumberland hat nicht nur
ein berühmtes Werk Uber die „Naturgesetze" geschrieben, sondern
auch ttber die phOnisische Religion und die Anfilnge der Menschen.
glaubte Aui&chIÜBB6 Uber die Geschichte der Menschheit vor
der Sintflut geben zu können. £» ist schwer, sich aus der D«r^
Stellung seines ßio<^raphen Payne eine Vorst? II nng von dem In-
halte jener Werke zu uiaehen ; aber er sagt uns sehr deutlich,
wie Ciimbcrhiiid /ii du >en Studien ueführt wurde. Der J Mpismus
Qedanken dMuf richtete „de quelle maniäre I'idolfttrie s'^it
introduite dans le monde".
Die stoische Lehre YOn dem goldenen Zeitalter reizte aber
auch wieder diejenigen zum Widerspruche, welche sich auf die
Entwicklungstheorie des unverfiil chten Epikureismus besannen.
Und so bahnte der Rationalismus von beiden Seiten her histori-
scher Forschung die Wege.
Wie aber htltte die rationalistische Zeitströmung eine solche
Stftrke erreichen kOnnen, wenn nicht in den poeitiveD Inatitationen
so vieles unnatürlich und yemunftwidrig geworden wäre? Wie
liefse es sich sonst erklären, dafs man sich an dem Widerspruch
der Naturrechtslehrer, die doch alle das fiir alle Zeiten und \'i>lker
geltende Reelit verkünden, so weni^;- stiefs, dafs Hielfeld in seinem
bekannten Werke ,. Institution« Poiitiques"* einmal eine Anweisung
für diesen Fall giebt?
machte
Sechstes Kapitel.
Der innere Zusammenhang dieser Disciplinen mit der
Philosophie und Naturwissenschaft des 17. Jahr-
hunderts und die Rückwirkung dieser auf jene.
Die drei idealen Mächte, mit weldien wir uns in den tot-
hergehenden Kapiteln beschäftigt haben, sind nicht etwa stOrende
IHnselheitcn m dem Kttiturbilde des 17. Jahrhunderts. Betrach-
ten wir sie im Zusammenhang mit der philosr jifi Ischen £nt*
wickhm^ (\qt Zeit, so tiberrascnt uns eine innere IJebereinstira-
Duing, die auf den folgenden Seiten dargelegt werden soll.
Jenem Nachweis ^elit passend eine Bctrachtnn»];' derjenigen Züge
voraus, welche Naturrecht, Natursittlichkeit und Naturreligiou
miteinander gemein haben.
I.
Gemeinsame Charakterzüge des Naturrechts, der Xatnr-
sittlichkeit und der Natnrreligion.
Sie nehmen erstens an, dass alles positive Recht, der Staat,
die Sittlichkeit. Reb'prion bewusste Schöpfungen der Vernunft
sind. Sie kamen zu Stande entweder durch Vertrau^ oder durch
\N'eise, f iesetzgeber. Prie^^ter u. s. w. Eine Konsequenz dieses
Satzes ist es, dals, wenn das positive Kecht, die poslüven Sitten-
* Die Anpidit. dafs auch die Sprache gemacht worden »ei, am
plattesten in dem Aufsatze Smiths: „ConaderaÜons conceming tbe fint For-
matiuQ of Lauguagos."
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127
geböte, die positiven Religionen dem idealen r"^r]>il(l nidit ent-
entsprechen oder ge;;en die (iebote der Gerechtigkeit verstoisen,
diea bewiilsteni L'belthiin zugesehrieben werden muli», dalk z. B.
der Vertrag nicht gehalten wurde oder dafs Fürsten und herr-
schende Klassen in ihrem Interesse die Gesebse änderten oder
selbstsuchtige Priester die Völker beti'ogen u. s. w.^
Der erste Teil dieser Behauptung bed;u^ keines Beweises,
der zweite wahrscheinlich noch weniger, da uns diese Anschau-
ung selbst heutigen Tages recht geläufig ist. Aber ich darf viel-
leicht biuzufügen, dum Adara Smith, einer der Begründer der
politisehen Oekonomie, diese Meinungen bekannte. Er erörtert
«m Ende seiner Theorie der moralischen OefUhle, weshalb die
positiven Gesetze mit dem Natorrechta nicht übereinstimmen.
Daran ist sdner Meinung nach sehuld zuweilen, was man die
Verfassung nennt und in Wirklichkeit das Interesse der Regie-
rung ist; zuweilen das Interesse herrsehender Klassen, welche
die Gesetze den I^orderungon der (ien ehtigkcit entgegen
gestalten; r.uweikn die Kohlieit und Barbarei des Volkes,
welche die natürlichen Gefühle der Ger^htigkeit nicht auf-
kommen lassen; suwdlen die unglückliche Verfassung der
Gerichtshöfe.
Hierher stammen jene in dem nationalökonomischen Werke
wiederkehrenden Zomausbrüche gegen die Selbstsucht der Kauf'
leute und Gewerbetreibenden , welclie alle die schlechten volks-
wirtschaftspoliti?^cbcn Gesetze vcranlalat haben.
Ein zweiter Zug ist die Bedeutung, wek-he jene drei Dis-
ciplinen Natur und Vernunft beilegen. Mit liilfe der Ver-
nunft vermag der Mensch aus seiner eigenen Natur, oder aus
der Natur der Dinge, oder aus beiden das Recht, die Sittlichkeit
■und die Religion zu erkennen*.
t über diesen Zag dw Deismiu drQckt sich Ub««n8 klar Leehler
aus: »PiV war weder Inr biwtorischc Wirklichkeit noch für s]»ekula(ivc
Wahrheit rein empfänglich . . . der hiptnripche Pragmatismus, welcher
die letzten Gründe des Werdens und Geschehens in den ver-
steckten AhHiciiten und Umtrieben von Individuen findet,
wird auoli auf <hr- i:e.achi< litHch gegebene Helifrion angew»>ndet. Dieser
gesetzlo^n, heweglii heii Willkür des Individuums gegenülicr stellt sich
<lium eine um so steitere, beschränktere und einförmigere Idealität und
Notwfii liL'l.eit, in der natürlichen RcIi<:ion. Diese, im V(^Ifi ii Licht der
Wahrheit glänzend, ist von Ewigkeit an absolut vollkommen
da, jedem Menschen gegenwärtig nnd bewufst, keiner Ge-
scliiclitc und K II t w i c k 1 II 11 - . kciiic.^ Fortschrittes in sidi
selbst, sondern nur der Entartung und Wiederberstellung
fähig, a, a. 0. p. 4fj0.
^ Das Vertrauen auf die menschliche Vemmift ssigt sieh besonders
naiv bei Mercier de la Riviöre. Er sa^'t: J> qni riouf prouve bipn que l'An-
teur de la nature a voulu que nous lussious heureus, c'est que ton.^ les
hommca sont appeles ä cette connaissnnce : rien de tt dmple (1) que lOrdre
«stentiel des aoci^tds; rien de ei facile (!> 4 concevoir qne les pnncipes
Digitize<3 by Liüü^lc
128 X 2.
So treten denn in den hierher geliöri^en Si;lirit"ten die Begritfo
Natur und V criiunll gewöhnlich küurdiniert auf. Waö der Meuttcli
mit Hilfe seiner Vemiinft erkannt bat, ist dann weiter Gottes-
geeets. wekfaee nicht blo& für ein Volk und eine Zeit, sondern
für atie Zeiten und Vtllker gilt
Diese Ansicht erklärt erstens den Hochmut, mit dem Natnr-
recht, NatursittUchkeit and Naturreiigion den vermeintlich künst-
lichen Ordnungen der Wirkliehkcit f^^e^'^eniiLertrfteTi. FTnvcr-
nUschte Natur und verfälschte Wirklichkeit, daa sind einige der
GepensStze, welche die Ciedankeuwelt des 18. Jahrhunderts be-
wegen. Jene Auöicht heüingi zweitens aber auch den Keform-
e£fer des 18. Jahrimnderls, den Fanatismas der firanzösischeo
Revolution, wek»be allen Völkern die Segnungen des Natoi^ge-
setze» bringen will. Das Naturredbt nuifs positives Recht werden,
die Naturreugion und der damit eng verbundene Codex natürlicher
^Sittlichkeit zur allgeinoinen Einftlhnmg gelangen Auch Adam
Smith hebt ja im Sciilussc seiner „Theorie der moralischen
Gefühle" hervor, dals tlie Satze des Naturrechts „ought to be
enforced by the positive laws of every country" oder
„ought to ron tfarougb and be the foiwdation of the laws of
all nationa.**
In dieser Äufiassnng muls man ach auch nicht dadurch
bdrren hissen, dass s. B. die Physiokraten sich gegen das Ge-
setze machen aussprechen. Denn im Grunde meinen sie das-
selbe, wir dif iil>r!t^;en N-itiirrfchtslehrer. Sio kämpfen gc^en die
sciileciilen, von der beibstsuchtuud Unwissenlieit diktierten positiven
Gesetze, insbesondere gegen diejenigen, welche dem Individuum
die natürliche Freiheit rauben, und wünschen, dals die Natur-
gesetze erklärt werden. Diese Natuiigesetse werden doch be-
wufst durch die Vernunft gefunden und ebenso bewuCst wie die
schlechten Oesetse durch die Organe der Geset^ebung der
Gesetzsammlung einverleibt. Den Physiokraten gehört also nur
die zugesjtit'/to Fonn, in welche sie die (Jedankcn kleiden;
allen Naturn < litsh'hrem, welche sich an Locke anseliiietsen,
ist die meiir oder wt;uiger unumwunden ausgesprocliene
iinmuable.« (jui le constituent ; il^ Pont toue renferm^s dans les trois
brauche« du droit de propri^t^: il est ai£><^ de le deroontrer*^, h. h. O. I p.45.
Ba wfire auch wunderlicn, daHs er anders gedacht hätte; äugt doch audk
Grotius vom Xatiirmhte: ^Denn die (irundsätze dieses Reditee sind bei
eiiii^'er Auf inerksamkcit ibt'ii«o nffmbar und überzeugend, wie dit^ siun-
licbeu (iegeuäUnde, die ebentalis nicht täusehen (!), wenn die ^iuue^>-
organe gcsimd sind und das übrige Nötige (?) vorhaaden ist.** Ein-
leitODg 39.
* «Der Deismus ist also seinem Hcpriffe nach eine auf den Grund
freier Prüfung durch das Denken gestützte Iiihebung der natürlichen
Betigion sorNorm und Kegel aller positiven Ueltgion." Lecbler
&. s. O. p. 460.
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129
Forderung gomcin, data die Naturgesetsse den Charakter von Staats-
geeetzen ernalu;n'.
Es wftre ein ^nolksr irrtuin, in den Pliysiokraten (Geistes-
verwandte oder Vorlaufer Savignys zu erblicken ; denn dieser
lehrt den rein instinktiven, gefublsmärsigen , unreflektierten
Ursprung des Rechtes, welcher sich in den Übungen und
wohnheiten des Volkes offenbart; seine Theorie charakteri-
siert der organische Zusammenhang des Roelites mit dem Cha-
rakter de« Volkes: e> ist rvitinTuil. wie die Sprache, wie die
►Sitte. Aus diesem Gnmdf kann iia< h 6avigny die Aut";_^^be des
Oesetageber« nicht in dt-r ^Vustidiruii^ dessen bestehen , was i'\n
vernünftiger Maun durcli liellcxioa als ewiges, tur aiie Zeiten uud
Ybiker geltendes Naturrecht gefunden hat, sondern er mufs die
Seele und Geschichte des bestimmten Volkes bdiorchcn und
• erforschen und nach dieser Erkenntnis das der Entwicklungs-
stufe gcmHfse Recht aussprechen. Die Quelle des Rechts ist
nicht in der individuellen Vornunf!, sondern im Volksgei)<te.
Saviprny drückt sieh an einigen Stellen seiner bekannten Schritit
aucli so d< iitlieli über den Gegensatz der beiden Anschauungen
aus, dafs man sieh wundert, dals jener Irrtum entstehen kann.
Bei den Pliysiokraten Reflexion, Ansolutismus der LOsung, bei
Sa^igny Instinkt, GefUhl, Relativität nach Nation und Zeit; bei
Jenen ein Drängen auf Ausführung des Ergebnisses der Re-
flexion, bei 8a vigny Zweifel an der F^ihigkeit und dem Berufe,
der Zeit Gestt/«- zu geben. Wenn also die Physiokraten
mit anderen die IJerrschaft der Natur tbrdern, so bedeutet das
noch nicht den Untergang der Herrschaft der liefiexion, sondern
den Sturz des Despotismus, der Willkür, der Selbstsucht und der
Unwissenheit. Mit welchem Nachdrucke haben «o stets den
Unterricht in den Gesetiien der natürlichen Ordnung gefordert 1
Natur und Vernunft treten, wie schon einmal erwrdmt, als ooor-
dinierte ne<,'rine auf. F>s war noch ein wdter Schritt bis Sur
Entgegensetzung von Natur und Ketlexion.
Wohl ist dieser Schritt schon im 18., j i im 17. .Tahrhundert ge-
schehen. Wir haben geaelieu, wie von verschiedenen Seilen, vonljayle,
Handevtlle, l^aftesborv, entweder die wirtschaftliche und politische
Kraft des Triebs- und Geftkhllebens oder seine sittliche Bedeu-
tung, die' siel) in ihm ofTenbarendo göttliche Vernunft entdeckt
wurde. Die Natur wurde der Reflexion gegenüliergestellt, sie war
mehr als die Reflexion. Aber dieser fruchtbare Oedanke konnte
nicht in alle seine Kon>equenzen verfolL'^t werden. Dazu wäre
es n<")tig ;^'e\v.'sen. dals die Idoe der LntwickJung sieh mit ihm
vert^uickt liatte. Nicl»t als ob diese Idee dem 18. JaLrlmndert
fehlte. Seitdem GKissendi den Epikurdsmus in so grolkartiger und
treuer M'eise erneuert hotte, waren auch die Keime soctologischer
Spekulation, der Geschichtsphilosophie, der Kulturgeschichte in
' HutcheHon nennt dies „to confirm the lawB of oature".
fomlian^ (49^ X 2. - Ha-ibach. 9
Digitiztxi by LiOOgle
130
alle Winde geflogen. Wer weifs nicht, was wir Voltaire, Turgot,
Concloicet schulden, wer kennt nicht das vollendetste Werk die-
ser Richtung, Fergusons ^Essay on Civil Society" ? \^ tui ibt
Lamarck, der Vorläufer Darwins, nicht bekannt, welcher das
Triebrad der EkitwickhingBlehre, den Kampf unu Dasein, toq
Malthuä entlehnte, wiilirend Lainarck sich mit unbefriedigendea
psychologischen Ann.ihnien begnügte. Der (Jedinke war da;
aber er konnte sich mit dem anderen des Vernünftig-Unvernünf-
tigen nicht vcr<'ini*,a'n I h'f Idee eines ewigen unverancrcrliehe!! star-
ren Naturreclile.-^, einer unveriinderlich sUirren iSaturreligion mit
einem ewigen btarrcii sittlichen Naturgesetze schob sich dazwischen
und erdrttckte aehier beide. So g^hen im 18. Jahrhunderte,
insbesondere in seiner sswciten Hfilfte, zwei Strömungen neben«
einander her, die sich oft durchkreuzen und den VVerken ein-
zelner Männer ein so widerspruchsvollem Aufsere verleihen. Der
historische Geist unseres Jahrhunderts kündigt si» h schon in der
zweiten Hälfte des vori^icn an, so dafs nichts verfehlter ist, als
diesem einen einheitlicfu-n rii.iraktrr rix verleihen.
Aber cral als der Rationülisnius zti seiner letzten belreiend-
serstörenden That ausholt und mit der fransOsischen Revolution
die Gefahren des einen wahren Rechtes, der einen wahren
Religion den Zeitgenossen in furchtbarer Gestalt nahetreten,
da zerreifst der Nebel, der den Geist bisher umfangen hat!
Man erkennt die Bedeutuni; des Instinktes, des Ciefiilils. der
historischen Entwicklung;, den ^^'ert des Positiven, Hcsondereti.
Nationalen, und die Weit spricht bewui'st mit Burke: Naturc ia
wisdom without reflection.
So scheint mir denn, dals die Prinzipien der genannten
Disciplinen Natur und Vernunft sind. Diese Prinzipien yerbin-
den sie nun mit der Philosophie und der Naturwissenschaft des
17. Jahrhunderts, die im An&ng so innerlich verschwistert
sind
Doch ehe ich hirr?:!! übergehe, mufs ein Punkt wenigstens
eine liüclitige Aiislulirung erfahren. Die drei ^'mannten Disci-
plinen sind unliisturisch Weshalb sie dies wi ascnsjchu itlich
sein mufsten, liegt an der mangelhaften Psychologie. Sie be-
trachten immer nur vereinzelte allgemeine Ztt|>e des mensch-
lichen Triebslebens. Ein 80 grosser Fortschritt sich auch seitHobbes
und Pufendorf durch Cumberland, Shaftesbury, Mandeville, Butler,
Hutche^^on. Hunie und Smith vollzogen haben ma;:, alle diese
Manner richten ihre Anfmerksanikeit nielit auf den konkreten Men-
schen bestiuiuiter Völker, bestimmter Zeiten, noeli weni;xer be-
stimmter Volksklassen, sondern auf das, was sich ihnen in der
Menscbennatur als typisch allgemein offenbart. Es ist die
Psychologie Shylocks im „Kaufmann von Venedig**. Nur dafs
dieses Allgemeine immer mehr ausgefllhrt wird, es ist ein weiter
Schritt von den roh-egoistischen I5estien der Ilobbes und
Pufendorf bis zu den fein construierten Menschen Adam
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X 2.
131
Smiths. Wenn aber der Mensch eine so gleicharti^a^^ Constitution
h&tj ao mufs die soziale Ordnung, welche sich aus der Krkennt-
nis dieser Natur ergibt und auf ihr aufgebaut werden uuifs,
«ach dne aUgemeine, fUr alle Zeiten und Völker bestimmte sein.
Hiermit hängt nun auch das Dogma der Gleichheit aller
HensdiCT im Natun < lito ztuammen. Die Stoiker begründen
<lie Gleichheit aller Menschen auf die Gleichheit der Vernunft;
■die Epikureer lehren die Oleicliheit der l'ngebundenheit
aller von einer positiven Autorität im Naturzustande. Hobbes
bricht die Sache überB Knie: die Meubchen üind deshalb alle
Kieich, weil ein jeder, auch der Schwächste, den andern, auch
den Starken, zu toten vermag; die bestehende Ungleichheit sei
durch das Gesets eingeführt worden^. Pufendorf yersteht unter
der Gleichheit des Naturzustandes die „entiere ind^pendance de
tout autre que de Dieu; a cause de quoi on donne a cet etat le
noni de Lioertc' Naturelle en tant que l'on conrnir ehacun
comme maltre de soi-meme. et ne relevant de Tempire d'aucun
homroe , tiiiu qu'il n'y a pas 6te assujetti par uuelque acte hü-
ll tont autre dont Ü n'est ni Sujet ni Maitre" Die Lehre
Loches tiber diesen Punkt wurde frUher ausführlich daigel^.
Nach Hutcheson, dem Schüler Lockes, beruht die Gleichheit
aller Menschen darauf, dafs sie gleiche angeborene Kechte haben.
Bei ihm tritt auch schon das Jjcvvulstscin hervor, dafs der Aus-
druck ^Gleichheit" iiieiit ganz richtig gewählt sei. I-'oli:^endc8
sind seine Worte: „The natural equality of meu consists
chieflj in this, that tliese natural rights belong eqmilly to all:
this is the thing intended by the natural equality, let the torm
be proper or im proper**. Bei Quesnay und seinen Schü-
leni tritt eine starke Neigung hervor, die Ungleichheit der
Mensolien zu betonen, die man als dm Willm Gottes liinnt hmen
müsse ^. Bei Mercierj de la Kiviere beschränkt sich die Gieich-
' De Cive I, ^ 3.
^ Putendorf, Devoirs de l'Homme Liv. II. cbap. 1.
* HnIcbesoD a. a. O. Book II, chup. />, jp. 299.
* Quesnay, Droit Naturel, chap. III: ..Do l'iii^fralite du droit na-
turel des hommeg''. Daire I, p. 4ö. In Quesnaya »Eäsai ph/sique sur
r^conoioie auiinale'' findet sich der Satz: Toqb Ics hommes, comidir^
duns l'ordre naturel, soiit niiLrinairemont »-»gaux. Weshalb sie aber
ffleieli sind, odur worin die Oli n lilit it bestellt sagt (^uesnay iiiclit deutlieh.
Kat li dem unmittelbar Fol^zcndcu mufa uian amiehmen, daf- er die Gleich-
heit auf der gleichen l't licia der h>eibgtcrhaltung aufbaut Denn es
heifüt dort: «liacmi est oblig«'. :^oiip ppim- «-outl'rance. »le c<m8orver ea.
Tie et chacun est charg^ seui envcrs soi - meine de la rigueur du pr^
cepte. Vorher aber hören wir. dafa die Menschen gleiche Rechte
hal>»MK IJ (l'homme) est en socict^ avec d'autros hommcs qui oiit oomme
lui des droit« qu'il doit respecter, et uuxquuis on ue peut gu6re preja-
dicier impunement; ce« droit» sont natureis ou Intimes. Oncken,
Oeuvres Economiqucs et FbÜosopbiquts de Quesimy. IbS^, p. 755, 754.
Die Ungleichheit der Lebenslage, welche sich herausbildet, obgleich »le
9*
132
X 2.
heit thatsUchlich auf den allgemeinen Trieb (kr Mensehrii, sieh
zu erhalten und zu iicnicl'st-n. Xoeh mehr sehrumpit sie bei
Adam bmith zuöammea, wie wir früher ausiuiirlich gezeigt
haben.
So zeigt sich, dafs auch die Lehre von der Gleichheit aller
Henachen sich mit der Psychologie mehr und mehr verändert,
wenn sie auch die fi'üher bezeichnete Schranke nicht zu ttb^
schreiten verma«!«;. (ler.idezii falseli ist es aber, den Naturrechts-
jofirrrn die Meinung zuzuschreiben, sie betrachteten alle Menselien
als öchleehthiu ghieh. iSia abstrahieren, von Hobbe^ ange-
fangen biö auf den letzten Vertreter des iSaturrechteä, von einem
grofsen Teile der menaohlkhen Anlagen und konzentrieren .ihre
Äufinerksamkeit auf den Best Auch hierin haben aie Ähnlich-
kdt mit den Philosophen und Naturfonchefn, Ton dfflien wtr nun
KU Sprechen haben.
Welche Basis aber auch die Naturrechtslehrer der Lehre
von der Oleichheit der Mensehen gegeben haben, sicher ist en,
dal's keine geistige Macht in der neueren Zeit den Mensclien den
Grundsatz so tief eingeprägt iiat, sieli als gleich zu betrachten
und nach dieser Maxime den socialen Verkehr wie Hecht und
GesetB zu gestalten*.
II.
Znsammeuhaug dieser Wissen sehafteu mit der Philosophie
nnd den Natnrwisgensehaften des 17. Jalirhniiderts.
Der metaphysische Rationalisnms, wie er von Desenrtes be-
gründet und ausgebildet wird, leitet auf mathematischem Wege
alle pliilosopiiiöciien Wahrheiten aus der Grundthatsache der see-
lischen Natur, dem SelbstbewufstBein, ab. Der Mensch laniucht
also mit seiner Vernunft nur in sich selbst zu schauen, um
die Wahrheit zu entdecken. Eine- äufsere Überemstimmung
zwischen Naturrtcht nnd der Philosophie Descartes'^ könnte man
auch darin linden, dals d'-r Pngriff (lott auch in seinem System
als eine sehr wichtige »Stütze der Bcweiaiuhrung aultiitt. Eng-
droit iiatiirel des hommef» est oripunirement e^rftl", werde durch fausf-nd
Uraachen herbeigeführt, deren „actiou a»t rcglee selou lea vucs et les
dessiiM de Ilntemg^enee mipt^me qni a constniit rnniven"; daher denn
auch die Mahmm^i:: c'est aux hommts ;\ r^c rt'ixler m\r cct ordre ih^^iim' et
non & le mdcoimaitrc, ou i\ ein k-Ikt iuutilctneut et injusteDieut a s'en
aÄtmchhr &. a. 0. p. 7'>7. "Man begreift bd diesem Kultus der Ungleich»
heit und des Eigentums den Widerstand der Sozialisten von dem gleichen
Standpunkt des Naturrfi lits aus.
* Vgl. Pufendort. J.,cs Droits etc., I, cap. 7 mit der Überschrift:
„De Tobligation oü sont toua les hommes de se rcgarder les uns les autree
eomme naturcllement (^irnux."
* Windelband macht p. 170 auch hierauf aufmerksam; aber ich kaun
ihm nicht darin beistimmen, was er über das zeitliehe Verhältnis der
Philosophie und des Natunechtes sagt
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X 2.
188
vpr1)iinflcn mit f^er neuen Philosophie, in demselben siebzehnten
Jährliundert nehmen die Naturwissenschatten, die im sechzehnten
die Kinder^jchiihe austgetreteu haben einen fast nocli gewaltigeren
Aufschwung als die historischen in un8ei*em Jahrhundert — nicht
die beschreibenden Naturwissenschaften, nicht die historischen,
wenn dieser Ausdruck erlaubt ist, sondern derjenige Zweig,
welcher der Mathematik wie seiner Lebenslufit bedarf, nämlira
üie Mechanik. Die Mathematik steht so im geistigen Oentrum
dieser Zeit, und sie yv\rd mit staunenswerter Genialit.1t ausge-
bildet. Man versteht die Philosoplien jener Zeit nicht, wenn
man sie nur als luftige Spekulanten autfalst, sie wollen auch
Mathematiker und Naturforscher sein. Und Desearles" dauernde
Bedeutung liegt jedenfalls mehr in seinen mathematischen Er-
rungenschaften, ab in seiner Philosophie.
Vergegenwärtigt man sich alles, was das siebzehnte Jahrhundert
auf dem Gebiete der Mathematik und der Naturwissenschaften
geleistet hat, so kann mnn sich des Staunens nicht erwehren.
Es scheint in Krieg und Aufruhr, in politischen und religiösen
Kämpfen aufeugehen, und doch verdient es auf dem Gebiete der
Wissenschaft meltr als das achtzehnte das Jahrhundert der
eroDsen Männer genannt zu werden. Ich sehe von seiner Be-
deutung auf dem Gebiete der Geisteswissenschaften natürlich ab und
erinnere nur daran, dafs es das J. I r ' iindert der Galilei, Kepler
und Newton ist, dafs die Loirnrithmenlehre und die analytische
Geometrie dem Schätze der Matliematik hinzugefugt werden,
dafs der lilutumlaut entdeckt und Mechanik und Optik eifrig
gefördert wurden, dafs lioyle die neuere Chemie ins Leben ruft,
aafs Bacon und Descartes ihre Methoden ausbilden und durch
Gassendi die Atomenlehre vrieder Bürgerrecht in der Wissen-
schaft gewinnt. Und im Centrum dieser wissenschaftlich
gährenden Zeit steht die Mathematik.
Der scholastischen Wortweisheit und ihres dürren Syllogis-
mus miide. erwartete Descartes das Heil für alle Wissenschaft
von der Anwendung der mathematischen Methode, die also eine
üniversaimcthodti werden sollte. Sie cliarakteriiiert sieh durch
«ine eigentümliche Verbindung yon Analyse und Synthese. Die
Analyse sucht sunSchst auf induktivem Wege die selbstgewisse
Wahrheit zu gewinnen, von der aus doluziert werden kann.
Doch trägt diese Deduktion keinen syUogistischen Charakter;
denn durch fortschreitende Aufnahmen neuer selbstgewisser Au-
flchauungen, durch Synthese gelangt sie zu neuen Er;::ebni88en.
Die mathematische Methode wird vielleicht deuthcher in
ihrer Eigentümlichkeit erkannt werden, wenn wir die Methode
Bacons, der gldc^&lb einen erbitterten Kampf gegen die
Scholastik führte, dagegen halten. Bei Descartes war die In-
duktion zu einem verhältnismiifsig unbedeutenden Bestandteil
seiner Methode herabgedrückt; anders bei Lord Veiulani. Kr
iorderte systematische Beobachtung, vorsichtigen Fortschritt von
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134
den richtig beobachteten Thatsachen zu allgemeinen v^atzeo, Be-
rcicluTung und Reiniixun«? der Erfahrung durch das Experiment;
duä mathematisclie Element verstand er nicht zu wiirdi^eu.
Wie DeBcartes die uniTenalmathematische Methode in der
PbOoeophie anwandte, haben wir beobachtet. Ein methodischer
Überblick Uber das Gebiet der Leben säufserungen lafst ihn in
dem Selbatbewul'stsein die tragt^hige Grundlage einer Deduktion
erkennen; in dem »SelbstbewufststMn entdeckt er die Idee Gottes
in un.s. die wir selbst nicht hervorgebracht liabcn können,
und die nun seine Erkenntnis \viederum einen beitritt weiter
führt.
In dm Naturwisaentcfaafien ließ» aidi ^e Methode des Cbp-
tesiuB 7,nr Anwendung bringen, wenn man in den KOrpern von
allen Eigenschaften abstrahiert, welche sich vor dem urteil der
Vernunft nicht zu behaupten vermögen. Denn nur soviel von
unsem V'T^tollungen der Welt hat nach Descjirtes Anspruch auf
Gewilölieit und Richtigkeit, als sich vor dem menschlichen Denken
klar und deutlich zu erweisen ve^m^^;. So verbleibt den K^>r-
pern nur die Eigenschaft, liaumge bilde zu oein. Da nun die
Ausdehnung ins Endlose teilbar is^ die Teile sich verbinden und
trennen laseen, so falat er alle Verftnderungen in der Körperweit
als Bewegungserscheinungen auf. Die Bewegungen der
Teilchen wie der Kör|)er erklärt Desc^rtes WB der Übertragung
der Bewegung nach dem Gesetze def mechanischt-n Stesses,
Die Raumgröfsen iiaben keine selbständige Bewegnngskral't ; Iblg-
lieh muls diese von aufsen an sie herantreten, öott ist die erste
Ursache aller Bewe;;ung. „Aus der Unwandelbarkeit Gottes
folgt, dafs alle Verlndeningen in der Körpcrwelt nach konstanten
Regeln geschehen. Diese Bcgeln nennt Descartes Natur*
gesetse. Da alle Verttnderungen der Materie Bewegungen
sind» so sind sämtliche Naturgesetse Bewegungsgesetze" ^. „Jetzt
ist der Standpunkt der Oartesiani'^rlien Naturphilosophie voll-
kommen klar", sa«j;t Kuno Fisclier, ^das Wesen der Körper be-
steht in der Kfiumgrr.ise. die Veränderun*r derselben in aer Be-
wegung; jenes wird maUiematisch , dieses mechanisch begriffen:
die Naturerklärung Descartes' beruht daher völlig auf maihe-
matisch-mechaniflcnen Qnmdsätzen**.
Es bildete sich also in der inod« men Naturphilosophie die
Methode aus, von d< n klein st t n Teildien eines Körpers aus-
zugehen nnd die konstanten Tiegeln ihrer ßewe^ungserscheinungen
zu erkennen. Natürlich nuilstc dabei eine Kraft vorausp:esetzt
werden, als deren ^^ irklormen die.se ei"scheinciK eine Kratt, die
entweder von aulsen an das kleinste Teilchen herantrat oder mit
ihm verbunden war. Wie sich die Atomtheorie Gassendis,
welche Descartes selbst verwarf, in diese mathematisch' mecha-
> Kimo Flacher, Qeaebiebte der aeneren Philosophie. 8. A. I, 1
p. 340 fg.
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135
nische Naturerkliirung einschob, welche Theorie über Atom und
Kraft und über ihr VerhältniTs au^estellt wurde, ist nicht unsere
Au^be dAreQ]^gen^ Das Naturgesetz war folglich der
Ausdruck „für die koostente, in allen einzehien Fällen als Grund-
form erkennbare Wirkungsweise von Krilftcn"; „das Gesetz ist
die Definition von Kräften" 80 stellte sich das „Naturgesetz**
im physikalischen Sinne neben das ^Naturgesetz'" der
Ethik.
Es ist bekannt, dafs England schon im 17. Jahrhundert den
Empirismus ßacons pflegte und der systematischen Heohachtung,
dem Experimente der einseitig mathematisch-mechanischen Rich-
tung g^enübcr zum Siege verhalf. Bei den grölsten natur-
wissenschaftlichen Forschem Englands, Boylc und Newton, cr-
scIh in. n sie im völligen Gleichgewichte. JSie haben ja auch die
Atünitlicorie Oassendis als ein neues Element in die Naturphilo-
sophie eingeführt.
Im Gebte der OsrtesianiscbeD Philosophie mulste es ab
ein geradestt notwendiger Schritt erscheinen, daüs man die mathe-
matische Methode auf alle Geisteswissenschaften Ubertrug, \vie
ja auch Bacon die Anwendung seiner induktiven Methode in allen
Wissenschaften wünselitc. iJie Aufgabe bestand also darin, den
Ideenkomplex der Wissenscludt in seine Teile zu zerlegen, ein-
fache (irundknifte auf/utinden und aus dem Einfachen, welciies
die Analyse herbcigeschaift hatte, diu'ch Synthes edas Zusammen-
raetste entstehen zu lassen: gewissermalsen Naturgesetze der
Geisteswissenschaften zu entdecken. Descartes selbst hat dieses
Gebiet nur mit seiner „Abhandlung über die Leidenschaften*^
berührt Dagegen ging die Übertragung der mathematischen
Methode auf Ethik und Politik, oder wie Hol>hf < ^Hgt, die
„civil philoäopliy" von diesem aus. Ob .seine inatiiematische
Methode die Cartebianischc ist, will icli au einer andern Stelle
erörtern; denn die Aufgabe diaser Schrift is^ allein die Darlegung
des Zusammenhangs der englisch-ftanzäsiscben Nationalökonomie
mit der allgemeinen philosophischen Bew^ung, womit sich das
Eingehen in die Kinzefheitcn der Entwicklung nicht vertrügt.
Hei ITobbes bleiben das naturphilosophische und das ethische
Naturgesetz noch ^■^esdiieden. Den (bedanken, „Naturgesetze tkr
desellschaft*' aufzustellen und auf ihr«r (irundlage ethische
Naturgesetze zu errichten, lafste en^t der Arzt C^ueünay'*.
^ Siehe hicrilbor Lan^, fJesehirhtf des Materialismus. 3. A. II,
zweiter Abschnitt, zweites Kap.: „Krall und Stoti".
^ Rümelin , Über den Begriffeiites sosialen Gesetzes, Ueden und Auf*
«Stse \xi'' ^ S.
^ I>up(>iit de Nemours drückt sieh hierüber so klar aus, dafs ich mich
nieht entluilten kann, die ganze Stelle hierlior zu setsen. Er sagt: ^11
y a ('üviroji troizo ans tjti'ini hoiniiif du g/nif Ic phn vigourt-ux <^'ii<'=Tiny ),
exerc^ aux indditatioiis profondes, d6jü connu par dexcelientä ouvrages
et psr «es mccte dans un ait oA la gnnde haUut^ oonsiste i observer
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136 X 2.
Wir haben uUo einen drcnacluii Euitlufs der Naturphilo-
sophie auf die (i eisten wissea-iclialten zu bool»achteu: 1. auf die
Methode (Hobbes), 2. auf die Psychologie (Descartes), 3. auf
die Entdeckung von phyttkalischen Natuigesetzen der Qesell-
schaft (Quesnay).
ni.
Die Eiiiwirkoiifi^ der Naturphilosojihie auf die Methode des
Natomchts und der NaHonalÖkonomie.
Mit natur\vi8.sc'n.schafth*elien liejjrift'cn und einer inatheiiia-
tiscliun Denkweise au8ji< 'rüstet, betritt Ilobbes den Boden der
OeiBteBwissenschaflen. IlieTdurch Itat er die folgenden Jahr-
hunderte 80 stark beeinflufst, dafs wir selbst am Ende des
19. Jahrhunderts den Bann seines Geistes nicht ganz gebrochen
haben. Den physischen und psychischen (Jrgiinismus sucht er rdn
meclianisch aus Atombewe^unji^en zu erklären; er ist darum ein
Vorliiiifer der späteren, matcrialistisehen IVvoliolo^ne. Seine
Lehre von Hecht, 6ittliciikeit , btaat kanu alä eine soziale Ato-
mistik gelten.
Zwei Überzeugunj^eu spricht Hobbes an mehreren Stellen
seiner Werke aus, erstens dafs er der Begründer der Geistes-
Wissenschaften ^civü philoaophy'' sei und dafs er auf sie die
mathematische Metl)oae angewendet habe oder anwenden wolle.
Hobbcö sagt uns j^anz klar, was er unter der Anwendung
der mathematiMciien Methofl-- auf dem (^obictr- der Opistes Wissen-
schaft verstellt: es ist die i>edukti()ii ans einem wahren Er-
fehrunir-^^atzc über die mcnsehliclic iSuUir. Ein derartiger Er-
falu'uii^s.^atz ist der folgende: Alle Menschen sind von Natur
aelbstsüchtii; ; sie wttnschen von den andern Menschen nur Ehre
und Vorteil. Sie sind also von Natur auch nicht gesellige son-
dern ungesellig. Sie bind auch gleich; denn ein jeder vermag
das Gnilste, nändicli den Mitmenschen zu töten: daher die
gegenseitige Furcht. Aus der »Magens eitleren Furcht leitet nun
Hobbes zuerst die Maximen der khi^;' II LflM-nsfiihruiiLr. dann Staat
und licclit her. iSo ftdirt uns die 1 loljlie.-jche Analyse auf freie
und gleiche Menschciiato inc, iVägt?r der Kraft Selbstsucht
Er hffst dann durch Synthese aus ihnen die öfientUchen
et a respoctor 1h imtuio, dcvina qu'elle ne bornc p;is «es lois
phyRi<|iies ix r<-iic.^ '|u'ou :\ ju.iques & pri'scnt ätndic^es dans
no,= aca lf^mies; et i iMqu'olle il am»' aiix fourmis, aux abeilles. aus
castoi'ä iä faculte de sc soumuttre d uu commim accord et par imr propre
int^t, k IUI g^UTemement bon, stablo et uniforme, etle ne refuse pas &
riioiiiniP Ir» pnnvoir ile h'i'l«'\ a la jonis-au' f -In inr-inr avant.ig-o. Animt!
pur rimportanco do cette vii'- ot par l'a«pect des grande» coiisä(^ueace8
qu^on eu pouvait tirer, il Hpi)lif|ua toute la p^notration do son espnt k ta
recherche des lois physiqucs relatives k la soc i ('•'*. Dupont de
Nemoar«, Origiae et Prbgr^ d'une Science Nouveile, Daire I« p. ^136. -
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X 2.
137
Körper entstellen. Seine Darstellung zeigt in ihrer Klarheit,
8chaH'e, strengster logischer Verkettung den an der Mathematik
geschulten Geist.
Pufendorf wandte dann, wie wir gesehen, die mathematische
Methode auf das Natnrrecht an. Au<» er geht yon den sdlat-
flttchtigen Menschenatomen aus, was ihn in einen merkwürdigen
Konflikt mit seiner Socialitätstheorie brachte. Da nun die national-
<Jkonomische Theorie in dem Naturrecht lieranwiichs, so atmete
sie nicht nur, wie schon erwähnt wurde, von Anfang an die
Luft einer atoraistiscb -egoistisch -mechanistisclicn Ansicht von
Individuum, (Jesellsehaft, Staat, welche Mandcville national-
ökono misch ausgestaltete, wie erinnerlich sein wird, sondern
es wurde auch der jungen Wissenschaft die mathematische Me-
'tiiode in die Wiege gelegt, d. h. die Deduktion aus dem univer-
sellen nionschlischen Egoismus. Nachdem der wirtschaft-
liche Egoismus von Mandeville in die Hetrachtung eingefiihrt
und dessen Triebkraft gründlich gewürdigt worden war, Shaftes-
bury die ethische !>• reclitigiing des Selbstintercsses l)ehauptet
hatte, L'ig die Deduktion aus dem wii tschaftlichen Egoismus ge-
ynü sehr nahe.
Doch täuscht uian sich, wie ich glaube, wenn man annimmt,
dafs diese Methode nun als die allein giltige in unserer Wissen-
sehaft betrachtet worden wftre. Mir scheint, dals man die
mathematische Methode selten bewufst angewendet hat Sic lag
in der Luft, die man atmete. Sonst wilre es kaum verständlich,
dafs Dupont de Nemours, ein hervorragender Vertreter der physio-
krarischen Schule, in der doch gewiis ;ius dem Egoisnms
deduziert worden ist, z, B. in der Lehre von der Steuerüber-
wälzung', mit solcher Zuversicht die Nationalökonomie für eine
Beobachtungswissensehaft gehalten hat Er hebt hmor» wie
man sich erinnern wird, dals derjenige, welcher die neue Wissen-
schaft ins Leben gerufen, ein Mann gewesen sei, der gelernt
hal)c. die Natur zu beobachten und zu achten^. Beobachtung
und Experiment, behauptete Quesnay, seien die beiden Er-
^ Siebe inabesondere die DsTHtellung Dupont« in „Ori^ne et Pro-
gTf^» etc.", XV. Die Fv!i( bunp einer indirekten Steuer wäre kostspielig
jQi augmenterait necefisairement iea fraib du coinmerce et de eulture''.
Da diese die Waaren notwendigerweise verteuern wfirden „elles fori^eraient
dorn- les acheteurs u mesoffrir sur les denr^ et les matieret? iiremieres eu
raison de la taxe et de la iierccption couteuse de la taxe et de l aceroisse-
ment de frais intermediaires. . . . Elles teruient donc baisecr nt'cessaire-
ment d'antant le prix de toutes les venten de la premiöre niain. Les
cultivateurs . . . se tronver.*iient donc en deücit ... Iis seraicnt donc
forces d'abandonner la cuiture des terraina mauvais ou m^diocres . . .
De IK naitralt nne premidre et notable diminution dans la masse totale
des subsie^tanee.s. Les cuitivateurs seraient forcis en ontre deretiancher
aar le reveuu des uroprietairus . . .
* Daire I, p. 338.
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138
X 2.
kenntnisrjiK'llen der Medizin '. Um diescia Urteil richtig zu wür-
digen, inufjsen wir beachten, dals dieser methodische Gruiidssatz
zur Zeit QuesnayB noch nieht völlig zur Anerkennung gelangt
war. Danmla rangen die Carteskoiachen und die Baiconlachen
Prinzipien in der Medisin noch miteinander. Auf Seiten jener
standen die latromathematiker oder latromechaniker, welche sich
von der Mitte des 17. bis weit in das 18, Jahrhundert hinein
behaupteten, anf Sf itc der letzteren vor allem der engh'sche Arzt
Sydt nlinm und der Holländer Boerhnve^. l^kiesnay verfolgte also
eiitaeiiieden di«* n< uen; nietliodische Richtung in der Medizin. In
seiner Jugend hatte er die uj athematischen ötudien vernachlässigt;
am Abend seines Lebeos wünschte er das Versttumtc nachzu-
holen, weil seine nationalOkonomischen Arbeiten viele Berech-
nungen erforderten; aber „il oubliait son age" ^. Von der
Einführung einer mathematischen Methode in die National-
ökonomie kann aber nieht die Rede sein, Grand Jean de Fouchy
hätte sich in diesem Falle ganz anders ans(]rüeken mfissen,
Dupout de Nemours betrübt es, dals man die Leiire von
der inneren Politik noch nicht für eine „exakte" NN isi^euschaft
ansehe. Er ist wohl der erste, welcher dies neuerdings viel ge»
brauchte Beiwort in diesem Zusammenhange verwendet; er ver-
steht unter einer exakten politischen Wissenschaft, wie der Sinn
der Stelle eigiebt, eine solche, die, auf genaue Beobachtung,
Messen, VN'ägen gestützt, gestattet, die Zukunft vorherzusagen*.
Ks Ifilst sieli ja auch nicht l«Miunen , dafs gerade drs Beste
an der physiokratischen Theorie: die Darstellung des wirtschaft-
lichen Kreislaufs, die Lehre von der Reproduktion der Urstofle,
ihrer Formung, Cirkulation und Verteilung, die Berechnung des
KapttalzinseSi welchen der Pächter haben muls, und anderes auf
einer Beobachtung des wirtBcbafÜichen Lebens beruhte, kurs
sich als eine Beschreibung der französischen Wirtschaft des
achtzehnten J tln hunderts darstellte. Es stehen sich also schon
während der Jugend unserer Wissenschaft in Frankreich zwei
Methoden gegenüber: eine abstrakt- deduktive und eine konkret-
deskrijitive.
Etwas Ahnliches gilt von Adam iSmith. Er hat unzweifelhaft
' Unckcu, Oeuvres de (^ue8nay,jp. 45. fck) Le comte d'Albon.
* Wunderlich. Geschichle der Medizin 1^59, p. 132 ff., pasrim.
Hoerbave „wifs die Lehrsätv^e dev CInMiiiatiikcr und raitesianor zun'l- k
und verlangt die Verfolgung der einfachen Gesetze der Katur"^ auf
dein NVepi* der Beobachtung, p. 1'j7.
' oiicken« a. a. O. p. 35. So Grand*Jean de Fouehy.
* NoiH üi'STirons 1p« cioxw ft l.n tene, noua observons Icura r<5vo-
lutioits, nou:^ caicuiuut) leurs uiouveinents, nou^ prediaous les ^clifjses . . .
i5i VOU8 (ietnandiez comraent il fiittt s'j prendre pour qu* une soctöte poli-
tiijnp soit florissanto ... et qu il vous n'*|»ondjt que ce n'esl pa.« lü l'objet
d'une Science exacte . . . il ue faudrait pas troaver cettc reponse
ridicule, car die pazait naturelle et tatBonoable k cenx qui la font de
bonne foi u. b. w., a. a. 0. p. ;$37.
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139
die abstrakt-deduktive Methode sehr beträehtlich angewandt,
z. B. in der Lehre vom Preise und Lohn, vom Zins, von der
StenerUberwftlzung ; aber er hat 8ic nicht ausschliefslich ange-
wandt, und er hat sie nicht konspqnent angewandt. Wie ich
schon an einer Irüliercn iStelle hcrvorj^eliobcn habe, Hnden sich
neben Stellen , in welchen er den I^j^^oismus mit der gleich-
bleibenden Inicnsitiit und Präzision einer Naturkruti wirken läfst,
andere, in denen das SdHbstintereBse nnr die Teodens hat, be-
stimmte Wirkungen hervonubringen.
EjT hat die mathematische Methode auch nicht ausschUefslich
angewandt Das ganze vierte Buch, das wichtigste von allen,
ist ( in induktiver Beweis flir die Schädlichkeit ues Merkrmtil-
systemb. Aus den Thats.ichen , welche er in grüi'ster Fülle f?« -
sammelt hat, zieht er am Schlufs des Huches die Folgerung, dais
sich der Staat der wirtschaftlichen Intervention enthalten solle.
Hierzu kommt noch ein anderes. Smith steht In methodischer
Hinsicht unter dem Einflüsse Humes und Montesquieus ; der erstere
sucht, an Bacon anknüj)f»ntb den Geisteswissenschaften eine empi-
risch - psycho lo;i;i sc he Basis 7Ai proben; der letztere lenkt den
BJick vorzugsweise auf das Studium der -i n l'seren Faktoren, welche
dns wirtschaftliche und politische Lt^bun der Menschen bestimnu n.
Die Bestrebungen beider vereinigend hat Smith Grofsartigea
geleistet, wie z. B. die frUher besprochene psychologische Ana-
Hse des Wirtschaftskbens beweist. Ich erinnere weiter an die
Darlegung der Wirkungen der Arbeitsteilung, der Maschinen,
der verscmedenen Oesellschaftszustände , des Ansammelns von
Kapital u s. w., insbesondere aber der Gesetzgebung auf die
Volkswirtschaft.
Kioe genauere Ausführung dieser Skizze ist an dieser Stelle
unmöglich; ich werde sie anderswo versuchen. Das \\'enige ge-
nügt ab^ zum Beweise, dafe Smith weit davon entfernt war, die
abstrakt • deduktive Methode ausschlierslich zu handhaben. Ja,
nach meiner Meinung ist sogar ein Übeigewicht nach der Seite
der empirisch-induktiven Richtung nicht zu verkennen.
Diejenigen tauschen sich also, welche glauben, dafs Smith
im „Reichtum der Völker*^ aiisf?chlic(8lieh die abstrakt deduktive
Methode angewandt habe, und diejenigen sind ebcintalls im Irr-
tum, wrk'he in dem Ihiehe ein Meisterwerk der induktiven
Rlclitun^ erkennen. Ich freue mich, dals zwei hervorriigende
NalioDa&konom«! Grofslnitanniens, GK£k Leslie und Ingram,
ebenfidls der Ansicht sind, dafs Smith zwei Methoden angewandt
habe'.
Das Ergebnis lautet also: in unserer Wissenschaft sind schon
seit Quesnay und Adam Smith zwei Methoden zur Anwendung
« Cliffo Leslie, EaMijs in Potitical Economy, 2. ed. 1868, p. 21 ft.
und John K. Jugrsm, History of Political Economy 1888, p. 90 ff.
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140
gek ininen, wenn auch damals daraus noch kein Metbodenstreit
entstanden ist.
Damit haben wir eine der Aulgaben erlediprt, welche wir
uns am finde des vorigen Paragraphen stellten. Die Heobaclitung
des Kampfes der mathematudien und der induktiven Methode
in der englisciien Ethik würde unsere Untersuchung in keiner
Weise Ibrdem, obwohl er nicht ohne Einflul's auf unsere Wissen-
schaft gewesen ist. Hutcheson macht der mathematischen Me-
thode bcwufst Opposition und kehrt zu den Bacouischen Prin-
zipien zurück.
Wir wenden uns nun zu dem zweiten Punkt, zur Einwir-
kung der Naturphilosophie auf die Geisteswissenschaften.
IV.
Die mechaiiiselie Psychologie mtd die Statistik.
Die Philosophen des siebzt'linten und aehtzehnicn .I.'ihrlum-
derts sehatlln die moilerne r»ycliologie und gestalten sie zu
einer Mecha n i k der Triebe und Vorstellungen. Für
Descartes, den Ftthror auf drasem Qebiete^ ist das Seelenleben
ein Kampf der Leidensdiaftett untereinander und mit der Ver-
nttDÜ Er be trachtet es ids seine Aufgabe, g*'\vl.s.se ein fa i ho
und notwendige ( 1 rundfornien ;mfzufinden und daraus die Pas-
sionen nbznleiten. Dies«* psycliolno^isehe Betrachtungsweisf» wird
dann in ur(^r>'aiiigcr Weise von Sjtino7.;i auf<r<^nommen und auf
ihren Höhepunkt geflihrt. Auf dem (»eliif t«' des Erkenntniss Ver-
mögens erscheint sie bei Locke. Er sucht zu zeigen, wie sich
ans den einfachen Daten unserer Sinne nach bestimmten
Gesetzen unsere Vorstellungen bilden'. Durch Hume und David
ILirtley wird diese Betrachtungsweise; in der psychologischen
Forschung weiter auagebiidet: nämlich das Seelenleben zu ana-
' Daft Lockes Bedeutung nicht diniii liegt, wie gew5bnlich ange-
nouunen wird, zuerst in iler n'Miem Zeit Ijchauptet v.u hnbrn. daf« alle
unsere Ideen aus .Siuncäeinürücken Htainincn. geht Hi-hun (iaraus iiervor,
dafs GasBendi vor ihm dAR.solbe lehrte. ^Toutcs Ics id^es qn^on a dans
IVnToiidpinenf tirciit Icur uri;.''!!!»' dc3 srns . . . II n*v a rii-n dans TEn-
teudemcnt (|ui prenii6remeut n'ait estd: dans Ic seos. L'od j
doit ftuflsi ruppurteree qui se dit d*ordinaire (!) que rEntetidsment
est uiic Tnule rase . . . Ccux üui disent qiril y a des Idoes improase»,
ou imprim('!e8 par la natuie et nullomcnt accpiiscH par les «ens, ne mn-
raient aucunement prouver cc ^u'ib disent." Bernier, Tome I, p. lü
(Logi<pic). Aueli Descartes sagt m Beinern Diacours e. L Mäth. (IV): „qne
inrnii' les philosophe^ tietinent pniir mfixime dans les Cooles qu'il n y a
rien dans l'cnteudement qui n ait premierenient ete daus les seoa," p. 62
der Aus^. der Bibl. Nat fipiknreismus und Htoicismus waren Systeme
des Knipiristnus, bei den Stoikorn die Lehre, dafs die Sri lo ur-jprüiigUch
eine tabula raaa sei. — Damit soll keine^wetrs geleugnet werden,
dafe Lockes Kritik der Lehre von den angeborenen Ideen etwas
Neues war.
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X 2.
UI
lysieren, die eintuchsten Elcmeritu ilessc*ll>C'n aufzusuchen und zu
zeigen, nach welchen Gesetzen sich aus ihnen neue (lebiHe ent-
wickeln. JJie weitere Entwicklung der modernen frauzööiöch-
englischeD Philologie braochen mr niebt su verfolgen: wie Oon-
dilmc von den zwei Quellen der Lockesoihen Erkenntiustheorie
den inneren Sinn versiegen lie(s und das ganze Seelenleben aus
den sinnlichen Empfindungen ableitete, wie die schon bei
Hartley vorhandene physiologische 1 Betrachtungsweise der psycho-
logischen Probleme zu ihrem Rechte kam, wie cndHeh j« ne schon
vonllobbes begonnene Krklaruug der psychischen Erscheinungen
aus Atombewegiingen Nachfolger fand.
Aber, wird man iVageu, zu welchem Zwecke ist diese
fluchtige Skiasse der Entwiddung der Psychologie gegeben
worden? Um es zu erklären, weshalb das Selbstinteresse in
dem nationalökonomischen Werke Adam Smiths und auch in
den Schriften der Physiokraten nicht selten rein mechaniscli mit
der R«::elmatsi<rkeit und Priizision einer Naturkraft wirkt, waf»
die Anwendung des (b duktiven \' erfahrene ins der Prämisse des
universellen wirtsei laftlielien l'^oisnius crii iciiterte Die Methode
des liobbes erhielt durch die Cartcsiauische Psychologie ihre not-
wendige Ergänzung : jetzt erst war sie Tollendet Ricardo hand-
habte sie später in einer so virtuosen Weise, dafs sein Werk zu
einer Mechanik des Wirtachaftslebens wurde und nun Versuche
zu einer ganz und gar mathematisclien Behandlung unserer
Wissenschaft gemacht werden konnten. Es war (l;us Ziel,
welchem diese Richtung riot wendiger weise zitstrebt. Die
Matheiiiaiiker Deacartes und iiubbea hatten eine der ^lathematik
verwandte Methode in die Geisteswissenschaften eingeführt, und
die latent vorhandene Mathematik wurde durch den Genius von
Männern wie Canard, Ooumot, Gossen, Wairas, Jevons
wieder
Da in der Folge Nationalökonomie und Statistik vielfach in
wo (»ii_Ff. nnisere Beziehungen zu einander traten, so war es fast
svlb>tvcrst;indlich, dafs der TJeist, welelu-r in der Statistik
herrschte, auch der Natiouaiukonumiü gefahrlich werden niulste.
^ Zar IllustratioQ folgender tS&tz von Adam Smith: Whatever part
of !t was paid below tbe natural rate, the persona whos« interest tt
aö(P« teil w.iulil i rn iin-tl i a tr>I y fcfl tlu' Int^;-.. aiul wouM iinmediately
witbdraw either so much land, or so much iabour, or so mach stock etc.,
a. a. 0. Diese Handlungsweise setzt egoiatische Automaten voraus. Auch
diese finden sieh hie und da bei Adam Smith z. B. in folgendem Satze:
Evorv Individual is contiTUially excrtin;? hhn'^elf tn ^>n(i onf the most
advuiitageous employment for whatever capital he cau cniimuiiKi, a. a. O.
Ahnlich Quesnay. Er nennt den „marchand . . . toujours excitä par le
d«»9ir du erain". Oncken, Oeuvres de Quesnay, p. Dafs die Kraft
des Selbstinteresses in ^^ieichem Grade wie der Ciewinn wächst, sagt
Alton: Le moavement nvfisistible de Tint^rUt . . . porte 4 rechercher.
ä cr^er, ä ainf liorer des projirit'tt'S foiiriiTCis eii ruisou du plus grand
profit qu'elles prösentent 4 ieurs posseascurs. Onckcu, a. a. O. p. 66.
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142
X 2.
I>em engliöchen Zweige jener Disciplin lag aber von Antaiig an
die Meinung^ zu Oninde, daf s rieh aach im Meiuchenleben Katur-
ffesetze * durchsetTsten. Hiernach mufite das Reich der menseh'
Bellen Freiheit als ein engb^renztes erscheinen. Dies wurde
reclit deutlich, als Qm tclct die Moralstatistik begründete.
Für Nationalökonoineii ist es kaum notwendig, daran zu
erinnern , dala in demselben .siebzclinten mathematisch - natur-
wisöcnäcliaftlichen Jahrhundert, welches die iVIecliauik der Triebe
und Vorstellungen in die Psychologie einilihrte, sich in £ngland
die Betrachtung dem Geeetse der Sterblichkeit auwandte, dab
in der Retorte der statistischen Berechnung der abstxakte Durch-
schnittsmensch fabrisiert wurde, welcher eine so hervorragende
Ähnhchkeit mit den andern Durclischnittsmenschen der Wissen-
schaft und der Kunst' jener YAx. >)(sitzt, in 'Icrsclben Periode,
wo in Deutschland die Begründer der modernen deutschen
Staats Wissenschaft den andern Zweig der Statistik auszubilden
bestrebt waren.
Die neue Disdplin konnte ebensowenig wie die Politische
Ökonomie dem Schicksal entgehen» im 18. Jahrhundert mit
der Idee einer göttlichen (Jnlnung durchsetst zu werden. Den
Spuren de> Theologen Süfsmilch folgte im 10, .lahrhundert der
Theolo^^e Alexander von (,)ttin^^en Fr ffUirte die iMoralstatistik
in die V'orsteilungswelt des positiven Ciiribientums ziiriiek
Mit diesen Beraerkungeu bind wir jedoch der Darstellung
der Entwicklung der Folittseben Ökonomie Torausgeolt; wir
kehren zu dieser aurttck.
Der EinflafB der Naturpkilosophie anf den Deisnins und die
(iesenschaftswissensehaften.
Auch die Naturreliirion sollte durch naturvvi-^äeuöcluildiche
Kewton, dem erfolgreichen Vereiniger der Baconisdien und
DescartesscbeD Methode^ die allerdings schon firOber kombiniert
worden waren ^, war < s <;elungen, in der Gravitation ein allge-
meinstes Prinzip fiir die &klärung aller Bewegimgen innerhalb
unseres Sonnensystcmes aufzustellen. Nun erschien die Welt wie
eine groiöe Maschine, die auf mech .i n i se h em Wege zweck -
mäfsigc Bewegimgen vollführt. Damit trat die teleologische
Betrachtung der \\ <dii, welche Descartes und Bacon zuniichst
hatten aurlickdrüngen müssen, um das natur^esetzliche Geschehen
au verstehen, mit umso Btttrkerer Gewalt wieder auf, ala gerade
<i Oristvollc Bemerkunfü«!! hierüber bei Taine, L^micieii r^me.
Liv. III. chap. 2.
* Vgl. I)ü Ii ring, üeacbicbte dur allgemeineu i'rinzipieu der Mechanik.
1873. Anfang paasim.
V.
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X 2.
143
jener Vollender der mechanischen WeltJinschauung ihr am eifrigsten
nuldigte. Maschinen weisen auf einen intelligenten Urheber hin.
„^^ enn alle Vorgänge in der Natur nur die gesetzmil feigen Aus-
lösungen mechanischer Kräfte sind, und wenn man daneben be-
denkt, wie vollkommen und zweckmäfsig, wie gut und schön,
wie weise und grofsartig die Wirkungen dieser gröfsten aller
Maschinen sind, so mufs es, wie Newton meint, wie Wahnsinn
erscheinen, wenn jemand di^n Ursprung dieser Welt aus einer
höchsten Intelligenz verkennen oder ableugnen wollte. So ergiebt
die mechanische Auflassung der Natur in Verbindung mit der
Hewuuderung fur die Zweckmiifsigkeit ihrer Leistungen einen
neuen und eigentümlichen Beweis für das Dasein (Jottos, welcher
nach einem schon von Samuel Parker angewandten und um das
Jahr 1700 immer hilufiger auftretenden Ausdrucke der physiko-
theologische genannt wird^'•
Der Deismus hatte ursprünglich, wie wir sahen, einen rein
vcrsüindesmilfsigcn Charakter getragen. Denselben bewahrte er
auch bis zur Aufnahme der Anschauungen Newtons. Aber nun
^ wurde die Vernunftrt!ligion eine ( »eflihlsreligion ; sie tränkte sich
mit der Bewunderung des VN'eltalls. . . Die Deisten konnten
nun . . . die Gemüter ergreifen durch den Nachweis der Schön-
heit, der Gute, Weisheit, Allmacht, die dies Universum g<«8chaften
habe .... Es war wirklich die Roli;;ion des Z< itidters der
AufklUrung, an die Unfehl Imrkeit der Natur zu glauben und
von <ler vollendeten Güte ihrer Schönfungen von vornherein
durchdrungen zu sein. Alles, was aus der liand der Natur her-
vorgehl, galt dieser Zeit als vollkommen und zweckmüfsig, und
früh gewöhnte sie sieh daran, in dem Natürlichen das Ideal
des Vernünftigen zu erblicken. Der Naturalismus dieser Zeit
war identisch mit ihrem Rationalismus, und eben diese
Identität sprach sich in dem O p t i m i s m u s aus. mit welchem
«ie das Universum als die ManifesUition der göttliciien Vernunft
betrachtete und die Ziige derselben in jedem kleinsten Gebiltle
des Weltalls wieflerzuerkennon bestrebt war. Das war «las ge-
mein.same Bette, in welchem die naturtrunkene Gottesbegeisterung
der Renai.ssance und der methodische Ernst der abgekhirten
Naturforschung sieh vereinigten .... Bruno hatte gesagt : Die
Welt in ihrer harmonischen Schönheit und in dem Einklang
ihrer Gegensätze ist ein Kunstwerk Gottes. Auf das Jahrhundert
der Kunst folgte dasjenige der Technik, und Newton .sprach :
die Welt in der vollendeten ZweckmUfsigkeit ihrer (iebilde ist eine
vollkommene Maschine aus der Hand des göttlichen Meisters''
' W indelband. a. a. O. p. 290. Bovle begründet die Telcologie
ebenfalls auf den Mecliaiiiemus; er vergleicht das Weltall mit der künst-
lu-hen Uhr im MiinMer zu Straf^burg. Ob Bovle diese Lehre vo»i New-
tou entleluite, oder das Umgekehrte der Kall war. wissen wir nicht.
Lauge. I, p. 2o7. Sie findet sich schon bei Herbert. Lechler p. 40.
* Windelband, a. a. O. p. 292. Lcchler sagt a. a. O. p. 458:
144
X 2.
Diese Wehmediauung hatte swei Wirkimgen. Eretens
mnlste sie die Überzeugung von der itmigeii Harmonie des Sitt-
lichen, Gerechten imd Nützlichen erzeugen. Denn wenn die
Glückseligkeit, die materielle Wohlfahrt ein Zweck des Schöpfer»
und die Exi-stenz des Sittliilit n . nf r«-< |,trn ;mf ihn zurück-
zuführen ist, 80 kann das eine dem andern nicht widersprechen.
Auf diesen l'iinkt komme ich noch zurück.
Zweitens mulste sie dazu führen, auch auf andern Gebieten
nach physischen Naturgesetsen zu forschen, e. B. auf dem
Gebiete der Ethik, des Naturrechtes, der Gteschicbte. Weshalb
sollte Gott nur dem Unbelebte n feste Ordnungen gegeben hab^^
mulste nicht vermutet werden, dal's sie sich auch im Sittlichen^
im Recht, in der CJcselnchte nadiweiscn h'efscn?
Dafü das bisherige ethinche ( icäctz einen andei'u Chtu*akter
gewinnen mulste, ist einleuchtend. Bisher war die Vernunft als
die Gesetzgeberin der ethischen Welt betracl)tet worden. Jetzt
aber hiefs es, in der menschlichen Natur oder in der allgemeinen
Naturordnung vorhandene Gesetze nadizuw < Isen, sodafi die
Vernunft zu einem dienenden Vermögen herabgesetzt wurde.
Sie blieb nocli immer das Ori^an der Erkenntnis; aber sie war
nicht m< hr die Quelle der l^rkenntnis.
Die Lösung der bezeicimeten Aufgab«' ist vorzugsweise das
Werk des IB. Jahrhunderts Ihre Üurchluiuuii^ iiat, soviel mir
bdcannt ist, niraeMlwo dne genügende Darstellung gefunden.
Selbst in dem Werke Taines' wer&n nicht alle G^ichtspunkte
erödhct, und es kommen die wirkenden Faktoren nicht alle zur
Sprache; er sieht zu sehr nur die naturwissenschaftliche Seite.
So hat Montesquieu jedenfalls den Einfliifs des Naturreehtes ebenso
stark verspürt wie denjenigen der Naturwissenschaften. Dal's es
(nui: Igedanken der epikureischen Kulturgesciiichte sind, welche
sicii bei Voltaire, Turgot, (Jondorcct luiuier wieder durchsetzen, wird
nicht erwähnt B^ufig ist dnmal die Rede von dem Gegen-
satz des Neuen zum unvarftlschten Gartesianismus Fontenelles. Um
so stttrkeres Licht fiült aber gerade deshalb auf die Thatsache,
^ Neuerdings ist in dem deutschen wisst uschaftlichen Sprachgebrauch der
Üntcrechied angennmtnpii , ilafs clicjcnii^c Ansiilit von <I<>in N'tM-liiiltnis
Gottes isur Welt deistisch genannt wird, wekhe Gott von der W eit nicht
blofs yerschieden. sondern auch geschieden, in einem SoTflerlichen Ver-
hültnia zu dei'selben donkr. di. jcniu'*' flar:f;xen tli< i>ti>rb, wr-lcli«' \on
der Welt zwar verschieden, aber nicht geschieden, in einem innerlichen,
immanenten Verhiiltnis zu derselben denkt. Dieser Gegensatz findet
sieh im Zeitalter des Deismus noch nicht so, wie man sich
gewöhnlich d«'nkt; cinmnl -fand diese ganze m< tnjOiysischr Frage
über das Verhältni» tfottet* /u dt i Welt bei den deistisvhcu Kontroveracu
keineswegs im Vonlergnind: sondern ... (es kreuzen si( h) beide Qegen*
sät/e . . . urd es tritt wnhl auch d*'r Fall ein, dafs ein Detst das imma*
nente Verhältnis Gottes zur Welt verteidigt."
^ TainSf L*anden r<!>gimef L. Iii, p. 221 ff>, 2. Aufl.
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145
dais dkse ganze wissenschaftliche Sturm- und DraDgperiode nach
Naturgesetzen auf dem Gebiete der QeiateewiBBenachaften
forscht.
80 sind nocli viele Aufgaben zu lösen : die meinij^e aber
ist eine sehr bescheidene, ich möchte nachweiben, wie die voü
Boyle nnd Newton begründete teieologiseb-meGluuiistiscbe Welt-
betrachtung aof die Pbiloeophie eines Vorläufers der Voltaire
und anderer, nänüich Shaftesburys, eingewirkt hat
Shaftesbury trug bekanntlich nicht wenig dazu bei, den
Deismus auf die Bahn des Gei\ihls und einer teleologischen Be-
trachtung der We!t zu lenken Von gröfserer Bedeutunjx aber
war es, dai'a er in konsequenter Anwendung der Newtonschen
Lehre die Schftden der menschlichen Gesellschaft aus der
Vcrkeiuuug der gottgewollten Ordnung erklärte. Um aber die
natürliche Harmonie zu erkennen, stellt er sich die menschliche
Seele als eine Masdune vor, in welcher vom. Schöpfer das
Bäderwerk der Triebe und Leidenschaften auf die Auswirkung
der menschlichen Gltickseligkeit eingcriclitot ist. Diese Maschine
ist nach seiner Meinung durch menscliliche 8chuld in Unordnung
geraten. Wenn man das natürliche Uhrwerk genau erkannt hat,
%vjrd es möglich sein, die Gesetze d*\s menschlichen Handelns, der
menöchlic-lien Gesellschaft aufzustellen. Hiermit wird eine rein
Mychologische Methode der Ethik und das ISnlenken in die
Bahnen Bacons begründet.
Von diesem Punkte gewinnt man erst, wie mir
aeheint, ein vollstllndiges, das metaphysische
Verständnis der Etfiik Sha ftesburys. Nun erscheinen
sein psychologischer und etliischer Optimismus völlig gerecht-
ferliirt. Nun begreift man es, weshalb er alle Triebe für gott-
cewoik und gut annehmen rnnfste, weslialb er in iimen Andeutungen
des Schöpi'ers darüber erkannte, was er mit dem Menschen vor-
habe, wird nun auch kkr, weshalb Shaftesbury nicht die
Gesdlschaft aum Princip seiner Ethik macht, wie man wohl
anzunehmen geneigt sein mOohte, sondern das Individuum, denn
das Individuum ist das got^ewollte Instrument zur Auswirkung
der göttlichen Ordnung.
^fulH aber die menschliche Seele fi\r einen sich selbst regu-
lierenden Mechanismus gehalten werden, dann drangen sich eine
Menge von Fragen auf, die sonst nicht entstehen würden : wes-
halb das Gute in so wenigen Menschen anzutreffen sei, weshalb
das Sittücbe so viel Kampf koste und oft so unglücklich mache,
weshalb die BMehung so viel zur Entwicklung des Sittlichen
bettragen mUsse, weshalb Strafrecht und GcOingnis notwendig
seien, vor allem, weslialb die Selbstsucht die iSIenschen so stark
beherrsche. Shaftesbury hat diese Fragen nicht gelöst. Der seelische
Mechanismus war wohl eine wertvolle Analogie für ihn. aber er ist
nicht zu einer Seelenmechanik fortgeschritten. Er hat aber hier-
Foraelraiigon (43) X 2. — Hwtai^ 10
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146
durcli ätiinen Jüugern eiaen kräi'tigeQ Antrieb zur psyohologischea
Forschung gegeben.
Und weiter. Jene Lehren ermöghchten es erät »Shaftes-
bury, die organische; optinuBtuche Weltanschaaung antiker Philo-
sophen der idealifttischeo Biditung in sein Lehrgebäude aufiett-
nenmen. Dies widerspricht nicht der Annahme, dala sich Shaftes«
bury zeitlicli zuerst mit dem antiken Optimismus erfiülte imd
spiltcr in dem modirnen Optimismus ein wahlverwandtes FU-nient
und eine theorctisclie Stütz«! seiner Weltanschauung entdeckte.
Jcileiilidlö hat der moderne Optimismus seiner Weltanschauung
eine mechanische Struktur verliehen.
Nachdem hiermit diese Seite d«r ShafteBburrschen Pbiloflophie
gekennzeichnet worden ist, BoU die folgende DarsteUung zeigen»
ob die vorhergehenden Behauptungen begründet sind.
In einer seiner Schriften, nämlich in ^TheMorali8ts,a Rluipsody"
lindet .sich fV-r Einllids angcdeutft, welchen die T.ohrc von der
Vollkommeulici' und lifirnionic der Welt auf seine politischen
Au.^cliauungen iiatte. Nach einer begeibtci-ten Scliilderun^ der
Ordnung und Schönheit der Welt, die ein vollkommenes vN'esen
Eum Urneber, haben müsse, entdeckt er nur in einem Gebiete
Unordnung, Übel und Unglück und das ist die menscUiche Ge-
sellschaft. A\'eshalb fehlt denn hier die Ordnung, die überall
anders so fest begründet ist? Er antwortet : wegen der mensch-
hchen Splbst.sucht. Einige- Seiten weiter folgt nun eine Stelle,
die wegen ihrer Hedeutung ganz treu hierlier gesetzt worden ist:
„We inquire whai la^ccording io Inivnsi, PoUcy^ Faahion^ Voyu* ;
but it seems whoUy stränge, and out of the way, to inqufre
wfaat is aceording io NATuRE. The BaUance of EUROPE, of
Trade, of Power, is atrictly sought after; while few have heard
of ihe BaUance of titeir FassioDS, or thought of holding these
Scales even^"
Uiihrt also das Unglück der Menschen von der Unordnung
des psychischen Lebens lier. so liegt es einem Anhänger der
teleologisch - mechanisciien Weltanschauung nahe, sich auch die
Seele mechanisch, als eine Maschine vorzustellen, welche von
Gott so eingerichtet worden ist, dals alle Käder susammen, jedes
an seinem Platze, zur Erhaltung der menschlichen Gesell-
Schaft zusammenwirken. In dem Aufsatze: „An Essay on the
Freedom of Wit and Huniour" hcifat es: ..^*ou liavr heard it
(my Frieiidl; as a common Saying, that Interest governs
the AN'orld. But, I believe, whoever looks narrowly into the
Affuirs of it, will änd, that Passion, Humour, Caprice,
Zeal, Faction, and a thousand other Springs, which are
counter to Self-Interest, have as conaideraUe a part in the
Movements of this Machine (sie). Tbere are more Wheeb (sie)
and Oounter-Foises in this Engine (sie) than are easilj
> n, a. 0. Ii, p. 291 u. 2d4.
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X 2.
147
imagin'd. Tia of too complex a kind, to fall under one simple
View, or be exjilain'd thus briefly in a word or two. The
Stiidiers of thiö Mechanism (sie) inust have a very partial
Eye, to overlook all other Motions besides those of the lowest
«nd narroweet compass. 'TU hard, that in the Plan or Descnption
of this Clock- work (sie), no Wbed or Ballance sho'ud be adow'd
4>n the side of the better and more enlarg'd Affections^"
Im Verlaufi' dieser Stollp. weklie an die Polemik deutscher
Nationalökonomcii rior historisch - ethischen Richtung gegen die
Dogmatik des Egoisjiiuis erinnert, bekämpft nun auch Shaftf-^bury
die „modern projectors, who wou'd wilhnglv rid their hands
•ef iheee natural Matenals; and won'd fain boild after a more
uniform way**. Es ist eine Wendung, die wir apftter bei Smith
wiederfinden werden. Auch er zieht gegen die Pläneschniieder
und ihre kttnatiliche politisobe Mechanik au Felde und zieht den
Naturmechanismus vor.
Im Zusammenhange mit den zuerst angefülirten Ausführungen
in ^The I\Iorali.«t8" vernehmen wir. wmn auch durchaus nicht so
deutlich uus^eäproehtiu, dieselbe teleologiscii - mechanische Ansicht
^es Seelenlebens.
£r sagt dort: „You who are skül'd in other Fabricks and
Oompositions, both of Art and Nature, have you considered of
the Fabrick of the Mind, the Constitution of the Soul, the
Connexion and Frame of all ita Passions and AActions; to know
accordingly the Order und Symmetry of the Part, and how it
either improves or suffers ; what its Forc^is, when naturally
preserv*d in its sound State; and what becomes of it, when
eofnipted and abus'd*?^
VI.
Bas Xatui'/^estez und die natürliche Orüuuug der
Volkswirtschult.
1.
Q ucs nay.
Wir wissen nun , worauf sich der gläubige Optimismus
Shaftesburys stützt. Unser Philosoph ist wahrscheirth'rh der
erste, weicher die teleoiogisch-mechaniaüsche Weltanschauung in
' Part III, Sect. I, p. llö. Ich benutze diese Gelegenheit, «m zu
erklären, üafs ich im aUgemcineu die wörtUche Anführung eines fremden
SehriflstalJers in einer wiMenschaftUchen Darstellung für die einzig znläange
halte. Selbst iSchopenhaucr, welcher doch ^rewifs grofse StUcke auf eine
kttnatleriacb voUeodete Darstellung hielt, hat nach diesem Grundsatz ge-
handelt nnd nur für griechische T^xte eine Ausnahme gemaebt Er über-
setzte sie ins Lateinische.
* a. a. 0. U» p. m
10'
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148
X 2.
der Lehre von der menschhcheii ( M-sellsehait Ii» imisch zu machen
suchte. Auch in ihr ist nach sein« r Meinung alles auf Ordnung
und ( "luekseUgkeit vom Schöpfer angelegt, aber man fragt nicht
nach iliren Gesetzen, sondern nach der Handels- und Machtbilans^
und ähnhchen thl^richten Dingen.
Man wird nun geneij^ sein cu glauben, dafs dieser Qedanke
einen Keim in den Geist Quesnays gdegt habe, und dab auB ihm
die physischen Gesetze der Geseluchaft herauegewachsen seien.
Aber es spricht nllf^s dageg:on.
Shaltesbitfy liat das Problem als Psycholog und Moralphilo-
soph behandelt. Die Uesellßchatt leidet nach ihm an mora-
lischen Cbcb, die Selbstsucht hat die göttliche Maschine der
menschlidien Natur m Verwirrung gebracht Ja, es ist ba ihm
eine Abneigung gegen diejenigen nicht su yerkenncn, welche
das politische und soziale Heil von aufsen durch Gesetz und
Recht an die Mensclien bringen wollen. Dagegen ist die Heraus-
arbeitung: Her naturwissenschaftlich- reclitliclion Seite der chnrak-
'teristische Zuj^ des Quesnayschen Systems; er sucht mit Zähig-
keit die rechtliche ÜrdiKing aub der physischen herzuleiten.
Ks ist mehimals behauptet worden, dal'« Queünays charak-
teristische Hieorie nur im äusammenhang mit seinen medizini-
schen Anschauungen au verstehen sei. Bekanntlich liat schon
Adam Smith in seiner Kritik des physiokratischen Systems eine
diesbezügliche MÄnung ausgesprochen. Quesnay scheine geglaubt
zu haben, d.ifs der politisclie Kör])Pr ebenso wie der physische
„would thrive and }Ä^)sper onl^ under a certain precise regimen,
the exact regimen oi perfect liberty and justice". Derselbe (te-
daukc lindet sich in Albons „i'^oge historique de Mr. Quesnay'^.
„En r^tehissant aux influences des affections de Fftme sur le
Corps, on ne tarde gu^ k se ccmvamcre que les hommes ne
sauraient avoir une v^table santd s'ils ne sont heureiix ^ et ne
peuTeat §tre heureux s'ils ne viv^t sous un bon gouvemement.
(Juesnay e«t peut-eti*e le seul niedecin qui ait pense a cette e^pece
d'liygiene". In einer Note ist liinzugeftigt „Tart de gucrir par un
bon regime" ^ Ein anderer SchiUer, der Marquis de M<'smon,
behauptet ebenfalls: „la mcdccine devint le pont de commuaica-
tion*^, und (tigt hinzu, Quesnay habe die AnNcht gehabt: ^la
nature est Thygitoe uniTerselle ... Sa marche est uniforme
est ses lois sont genc^Tales: c'est k la sagadtä du medecin de
pr^voir les cas particulieFB et de menager les exceptions." Es
sei die That Qiu'snays p:cwesen , die cwi«ren Naturgesetze der
politischen Knri)er zu linden^. Von jener wolil zuerst von Sy-
dcnham in die Wissenschaft eingeführten vis medicatrix behauptet
Oncken, sie sei die „idee-mere" seiner medizinischen Arbeiten".
* Gucke (Euvres de (Quesnay, p. 63.
^ R. a. 0. p. 85 ff.
3 a. a. 0. 8. 789.
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149
Auch Neurath liat in seinem Vortrage Uber Quesnay mit ß^fster
Klarheil den Gedanken verfochten, aafs Quesnay die medizinische
I^hre von der Fleilkrafi der Katar auf die Nationalökonomie
tlbertnigen habe.
Um diese Ansichten auf ihren wahren Wert zu prüfen, wäre
-eß nötig, dii0 raedianische Werk Qaesmiys, wdches die Grund-
lage seiner naturrechtlichen und politischen Lehren enthalten soll,
gelesen zu haben. Aber ich kenne es nicht. Alle diejenigen
aber, welche den Konnex zwischen Medizin und Naturrecht be-
haupten, ;^eben leider keinen Beweis für ihre Holiauptun^^en.
Onekens Auszüge und Abdrtlcke verschiedener Stellen geringen
zum Beweise nicht. Es ist aber beachtenswert, dals Albrecht
▼on Haller, welcher gewifs komjpetent war, in seiner bei Oncken
abgedruckten Resendon des Quesnajschen Werkes von Ab-
schweifungen auf das Gebiet des Naturreehtes spricht, also
eine so innige Verbindung keinesw^ entdeckt liaben kann.
Was aber noch wichtiger ist, Oncken gesteht selbst zu: „Nous
ne tronvons pas, il est vrai, dans rFxonomic animale, d'indica-
tion sp-'cifvh' siir le d^veloppement necessaire dea id^ du c6t6
de rccouumie politiquc
Wenn aber zw« Gelehrte, ein dentsdier Physiolog des
18. Jahrhunderts und eSn deutscher NationalOkonom des 19. Jahr-
hunderts jenen Ziisammenhang nicht deutlich sehen^ dann bleiben
nur noch die Behauptungen ihrer Schüler, wekshe in ihren Ab-
liandlungr^n eine ebenso grofse Unwissenheit wio kindische Ver-
gitterung' ihres Meisters an den Tag legei^un l darum keinen
uübedin»i;t( a Glauben verdienen Sollte Quesnay viele derartige
Anhänger gehabt haben, dann würde die Lächerlichkeit, in
welche der Physiokratismus verfidlen Ist, yerstttndlicb. Aber
auch Quesnay mufs die QueUen, aus denen er schOpf^ vorsich-
tig verschwiegen haben ^ sonst wären Veriiimmlungeiiy wie sie in
den bezeichneten Sciiriften vorkommen, unmöglich gewesen. Es
bleibt weiter das Zeugnis Adam Smiths, welclier sich aber sehr
vorsichtig ausdrückt und jene Meinung von dem Comte Albon
ubernoniuien haben kann, da dessen „EUoge" 1775 erschien.
Es bleiben schlicfslich die Ausführungen Neuraths, denen alle
Beweisstellen fehlen.
Da also die eben oben besprochene Meinung keineswegs
bewiesen ist, so halte ich es für nicht unangebracht, auf einen
der hervorragendsten und originellsten Philosophen der neueren
Zeit hinzu^vpisf'n. bei rh in siVli ( ine <:::('rade7Ai überraschende Ähn-
lichkeit mit der ürundUge der ^.^uebuayscheD Theorie zeigt £s
' a. H. O. p. 747 Anm.
* Haüer es mit Recht, änfs Q. nie seinen Gewührsmann nennt.
Quesnavf« Theorie vom Fieber, vom Aderlafs, von der Naturbeilkraft sind
Übrigeue nicht originell, sie finden sich bei viel bedeuteudercn Ärzten,
die vor seiner Zeit oder gleichzeitig mit ihm lebten ; z.B. bei S^denbam,
Boerhave, Stahl, wie Wunderliche Geschichte der Medizin seigt
Digiiiztxi by ^gOOglc
150
X 2.
ist Cumberland, dessen berühmte „Ditifjuisitio de legibus naturae-
pliilosophica'" im Jahre 1744 in französischer Si)rciehe unter dem
Titel ..Traite pliiiosophique des Loix Naturelles" eräelii n Der
Name des Übersetzers, es war Barbeyrac, hsltte dem W erke
eine g:Unstige Autiiahme gesichert, auch wenn Cumberland, dessen
Werk nach Barbeyrac im Jahre 1672 veröffentlicht wurde, nicht
flchon aber ganz Europa bekannt gewesen wäre.
Curabcmnd kämpft gegen Hobbes. Gegen dessen ethisehea
Nominalismus sucht er zu beweisen, daft Sittlichkeit und Recht
ein festes Fundament in der Naturordnung haben. Rs zeigt
Bich, dafs bestimmte Handlungen günstige Folgen nach sieh
ziehen, andere ungünstige. Eö zeigt sich weiter, dals günstig©
Folgen an solche Handhingen geknüpft sind, welche das allge-
meine Beste befördeni, ungünstige an soklie, die es schädigen.
Da nun der Mensch einen Teil des Systems bildet , so ist sein-
eigenes Wohl untrennbar mit demjenigen des Gänsen verbunden;
er schädigt sich selbst, wenn er die Gesamtheit schädigt und
fbrdert sich selbst, wenn er der Gesamtheit nützt. Gott als der
Urheber der Naturordnung niiifs also i\h liöelistes sittliches Gf--
bot die Beförderung des Wohles der Gesamtheit aufgestellt haben.
In jenen guten und üblen Folgen sieht Cumberland die „Sanc-
liün ■ des göttlichen (Gesetzes. Die Glückseligkeit und Unglück-
seligkeit, welche sie umschlieisen, machen sich dem Individuum
al« egobtiscber Antrieb sum sitdichen Handehi bemerklieb, aber
der Mcaisch ist aucli. wie Cumberland ausftliirlich nachzuweisen
unternimmt, durcb^seine Natur für ein altruistisches Verhalten
bestimmt.
Bei einer aufmerksamen Ver^ieielmng der Lehren Cumber-
lands und Quesnays wird man nicht unjliin können, eine grofse
Älinlielikeit in dem Gedankengange anzuerkennen. Hier wie
dort das ganze Universum der Untergrund der Beirachtu2ig, die
menschliche Ordnung auf die Natur der Dinge begrOndet. Du-
pont inihmt es an Quesnay, dafs dieser euerst nach der „sanctiott
physique" des (ethischen) Naturgesetzes geforscht habe, diese
nahe ihn zur Erkenntnis der Gerechtigkeit geführt'. Mit ähn-
lichen Worten meint Cumberland. dnfs „les deux choses absolu-
ment nc'eessaires pour donner de la lorce a une loi ... (sont)
. . . un auteur compctcnt et une sanction su£Bsante, (j^ui ren-
fenne des pemes et des räcompentee convenablea" *. Aus dem
Nützlichen leitet Quesnay das Gerechte her. Was als ntttzUcb
erkannt ist, mufs als Gebot Gottes gelt( n. Und mit fast tthn-
hcben Worten sagt Cumberiand: „£n effet, d^la que le Con-
1 S. p. (59 dieser Sclirift.
" Barbeyracs ÜIum set/ung, p. 14. § XIII der Einleitung (Discours
pr^liminaire de l'Autcuri. Siehe auch im § IV der Einleitung, wo er
ausführt, dafs zur Erhebung der Maximen zu „Gesetzen" eine „Snnetinn'*
nötig sei, die in Strafen und Belohnungen bestehe. Diese seien „isk.
■onrce et le fondement de tonte leur Autwitö*'.
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X 2.
151
ducieur SuprC'me de l Universa suffisammcnt laii conDaitrc (^u'il
▼eut le Bien Public et indiqud ce qui tend ä i'avancer, 11
commande aases de iure de telles ActioDs^ £ndKch hier wie
dort die Ansicht, dais Gott die Wohlfahrt der Menschen wü],
dafs die Interessen der einzeben und der Gesamtheit untrennbar
mit einander verbunden sind.
Da die beiden Philosoplien in so vielen wichtigen Stücken
übereinstimmen und, wie f,'esagt, das Werk Quesnay selir wohl
bekannt sein- konnte, so bin icli überzeug, dalö Qucänav von
Cumberknd zwei wichtige Elemente seines Svstems ttbemommen
hat : die Identification des der Gesamtheit Nützlichen und des
Gerechten und die Unterschiebung der Natur der Dinge mit
ihren Belohnungen und Strafen unter das ethische Naturgesetz.
Den Komplex jener „Sanctionen" fafste er denn mit <l''in neuen
Bejirnffe der ..loi physiaue" zusammen. Hierzu lag die Anregung
in der geistigen AtmospnÄre jener Zeit, weiciie nach jNaturgesetzen
forschte.
Die fremden Anregungen hat dann aber Quesnay durchaus
selbständig benutzt, wie sehr auch die Elemente seiner Wirt*
Schaftstheorie bereit liegen mochten. Und darum wird man ihn
fi\r einen kraftvollen Denker halten müssen. Denn in seiner
Lelire ist alles Fremde völlig von seinem eigenen ( leiste diu'cli-
drungen und das Verschiedenartige zu einem einheitliehen Ganzen
verschmolzen. Dabei denke ich sowold an das Lockesche Natur-
recht wie an die psychologisch-ethische Basis, welche Shaftesbui^s
Philosophie der jungen Wissenschaft gegehtn hatten. E» ist im
tlbrigen nicht zu verkennen, dafs die »Stellung Cumbcrlands zu
Locke und Shaftesbury diesen Procefs erleichterte. Cumberlands
Theorie, sagt Jodl, „nimmt durchaus eine Doppelstelhmg ein:
yie ist zugleich abschlieisend und neue I>ahnen eröfthend , was
man mit gleichem Rechte von keinem der iiljrigen gegen Hobhes
gerichteten Systeme behaupten kann'*. Derselbe Gelehrte sieht
in Cumberlands Doktrin „in unklarer Vermischung die beiden
Hanptrichtungen vereinigt, welche später in sehairo OegensKtzo
gesondert auseinandertretf n " : den etnischen Nominalismus und
Ütih'tarismus Lockcs bis auf Paley herab und den ethischen
Realismus und die QefUhlsmoral iShailesbuiys und der schot-
tischen Denker.
^Die Begründung des Pflichtbegriffs auf die guten und
schlimmen Folgen, welche nach der Einrichtung der Natur das
Thun des Menschen begleiten, indirekt auf den Willen Gottes . . .
das sind Ideen, welche . . . später in der Ethik der Lockeschen
Schule zu fester Geltung . . . gelangt sind . . . Dals aber anderer-
seits die guten und bösen Folgen unserer Handlungen nicht allein
die Sittlichkeit ausmachen, sondern diese eine reale Grundlage
in der auf öociabilitat und thätiges Wohlwollen gegen alle seines-
« a. «. 0. p. 213. Chap. V, § III.
Digiiiztxi by
152
gleicUeii angelegten Natur des Menschen besitzt, welche denselben
zun) atÜichen Handeln treibt, ganz abgeseihai davon, was dabei
fUr ihn oder andere an Glück herauskommen mag - dieser Ge-
dimke Shaf^burys ... ist ebenfalls nic!it im höchsten Mabe
originAl, sondern bildet einen wesentlichen Bestandteil von Cum-
benands Theorie''
2.
Smith.
W ilhrcnd an diesem Punkte der Weg Quesnays von der
Bahn Shaftes^>nrvs abführt und auch Hume mehr zn Oumbor-
land neigt. bkÜK n Hutche^on und Adam 8uiith um so treuere
8chiilfr f!es Meimers. Beide zeigen sieh von seinem (Trund-
gedanken tief dui-ehdrun^eu : erstens dals Tugend aucii a u Ts er e
Glückseligkeit bewirkt, dals mitbin das SitUiche und Qmcbte
mit dem Nutzlichen in einer noch näher su erürteniden Beziehung
stehen; zweitens, dals alles g( scllschaftliche Elend die Folge einer
Unordnung der menschlichen Seele ist, die also eines genauen
iStudi'^pis riller ihrer Teile bedarf.
icli gelie an Huteheson rasch vorüber und bemerke nur
folgendes Kr hat der Ethik eine unif?mgreiehe, wertvolle, psyeho-
lo^iüche Basis gegeben , aus der sowold Hunie wie Smith sehr
▼iei gelernt haben. In seiner psychologischen Analyse kommt
auch der Krwerbstrieb, wie bei Smith, zu seinem vollen Bechte.
Huteheson llffst uns einen tiefen Blick in die göttliche Maschine
unserer Natur thun und zeigt uns, wie alle Triebe dazu bestimmt
.sin<l, falls der inoralischo Sinn als kräftiger Regulator des Rrtder-
werkcsi wirkt, uns und auderen innere Glückseligkeit nn 1 ä u fsere
Glück sgüter zu verschaffen. Am Ende seines Sysitims der
Moralphilosophie heifst es: „Since it is by following the
very principles of our nature, the amctions and fedings
of our nearts, in that regulär Subordination of the more limited
to the more extensive, which our inward moral sentt-
ment'^ recommend. nnd by the dr'lightful exercise of the
powcrs ot reason which we are naturallv prone to. ih:\t wc ob-
tain an<l ^ecurc to oursei vcs and otliers both the noblest in-
ternal cnjoyments, and the gr ea lest external advan-
tages and pleasures, which the instable Gondition of ter^
restrial affairs will admit"
Die nümlichen Gedanken spricht dann der Schüler Hutche-
sons aus: zuerst in dem Bruchstück eines bald nach dem Tode
Hutcheeons gesehrielHncn Aufsatzes, welchen Dugald Stewart
aufbewahrt hat-, spater in der „Theorie der moralischen (jctUlile",
zuletzt in der „Untersuchung über den Keichmm der Völker".
» :i. a. O. p. 143.
« a. a, O. p. LXXXI.
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X 2.
153
In dem Aufsätze tritt eine Versclimelzimg Sh.nftcsburvsciicr
und Lockoscher Gedanken deutlicli zu Tage. Der ßegnÜ' der
Natur, deren Wirken die politiäclien Plänemacher nicht stören
«ollteo, erscheint in viel dürrerer W'eiee aU bei Shaftesbury. Zur
Eneichung: des höchsten Grades materieller Kultur sei xiiditB
weiter nötig, als FViede, leichte Steuern und eine erträgliche
Rechtspfl^e, worauf sich die Stnatsmnnner also wohl beschrltnken
sollen (Locke). Alles Übrige wird durch den natllriichen Lauf
der Dinare hervorgebracht.
In der „Theorie der moralischen Gefühle"" giebt er uns einen
tieferen AufschlufH. Tugend und ( i lüekseligkeit sind innig mit-
einander verbunden, das Sittliche und d^is Nützliche sind keine
dkgensfitae, aber die Beaiehung, welche Hume zwischen ihnen
hergestellt hat, ist nicht die richtige. Das Sittliche und Nütz-
liche sind ihrem Wesen nach grundverschieden, Gott hat aber
unsere Natur und die Welt so eingerichtet, dafs das Sittliche und
Gerechte auch die Quelle innerer und äufserer HiUckseligkeit
wird. Kein Akt der Vernunft, keine tiefe Weisheit ist nötig,
um dieöe Wirkungen hervorzubringen. Wir brauchen nur unsem '
Trieben zu folgen in dem Grade, in welchem sie yon dem inneren
Kichter gebilligt werden, um uns sdbst und anderen inneres und
fluiseres Wohlergehen zu bereite. Zum Verstand nia des gött-
lichen Werkes mtissen wir das menschliche Triebleben zerglie-
dern. Wir sel^rn dann, dalis ein mächtiger Drang in unserer
Bn^t lebt, weleiier uns nach Ehre und Reichtum streben l.tfst.
In den Schranken der Gerechtigkeit ist er das von (4ott der
JMenschennatur eingesetzte Triebrad, welches alle Kralle des Ein-
sdnen in Bew^ung setrt. Der Menscäi sehafil und spart, um fUr sich
selbst Reichtum zu erwerben, aber ohne sein Wissen und Wollen
l>erördert er indirekt den materiellen Zustand der ganzen Gesell-
schaft. Er ist ein Werkzeug' th der Hand Gottes.
Soll ich die Meinung Suiitlis verdcuth'ehen , so erinnere ich
an die Absicht der Natur, an die List der Vernunft, welche in
der deutschen (4eachichtsphilo80{»hie seit Kant, am grofsartigsten
bei Hegel, eine so hervorragende Rolle spielt ; ich erinnere an die
Tücke des Genius der Gattung, welchen Schopenhauer in pessi-
mistischer Beleuchtung in seiner Metaphysik der Geachlechtsliebe
auftreten lälst.
Die Auffassung Smiths vertrug sich sehr wohl nn*t der Lehre
]VTMnd*'V!llf'-j, dafs der einzelne fttr sich zu arbeiten vermeint und
docii I n Inür^sen des Ganzen dient.
Verfolgen wir die Smithsche Lehre weiter, so gelangen wir
zu der Konsequenz, dafs die Interessen des Einzelnen einander
durchaus nicht entgegengesetzt sind, wenn sie sich in den von
('Ott gezeichneten Grenzlinien bewegen, aber sie werden einander
feindlich, wenn die Grundsätze der natürlichen Gerechtigkeit
nicht beobachtet werden ; die 8<'lbst.sucht zerstört die natürliche
Harmonie, hatte bhaftesbury gelehrt Ähnlich dachten die Fhysio-
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154
kraten. Wo die natürliclio Ordnung finp'oführt ist, ssigi Mercier:
„cliaque homme se troiive «'-tre rinstrunient du boriheur des autres
hommes; et le bonheiu' d dn soul st nible se couiimmiquer coinine
le mouvement . , . Personne ne pourra jouir, ne pourra s'enrichir
aux d^pen» des antras; alon plus de ces fortones ddmesuräe»
dans lea^aeUes on yoit uiifi multitnde d'autree fortunes vetiit
s'eiigbatir . . . chacnn ainn, dans la somme totale du bonlieur
commun, prendra la somme particuli^ qui doit lui appartenir*' ^.
Welche politische Ford enmgen ergeoen sich rlrimns? l»rinat
der v<n\ den Geboten der (»crechtig^kpit belierrsclite Krwerbstrieb
allcä hervor, wa^j zur Befriedigung der materiellen Hedürl'nii^e
nötig ist, so erscheint es als eine naheliegende Konsequenz, die
Wirksamkeit des Staates in engste Beziehung zum Erwerbstriebe
zu setzen. Wvren alle Menschen sitdicfa, so würe der Staat Uber-
flttssig, da aber der Erwerbstrieb I i ht in Egoismus umscldüLt-,
SO mofs der Staat existieren und die Gebote der Gerei htigkett
verwirklichen. Aber er hat niehts weiter zu thun, als den Kenn-
platz für den wirtseliaitliehen K joismus abzustecken , die (ie-
setze zu geben, welche den Mitbewerb regehi und diejeniL'en zii
.Straten, welche sich nicht enthalten können, den Koiikurremeu
ein Bein zu stellen. Dazu kommt die Kriegführung, gleichsam
die ZurUckdrfingung der Aufscnstehenden, weiche das wirtschaft-
liche Spiel auf dem Rennplatz stören möehten. Es Ist natürlich
eine Verletzung der natürlichen Gerechtigkeit, wenn der Staat
sich tlberniiilsi;:^ flir spine Thäligkeit bezalden I;i!st. .Sj verlangt
denn der ju^aMidlieh*- Smith nichts weiter vom Staate als „peace
and a Hilerable adniuiiBlration of justice", wofür denn auch nur
„ea*^ taxes"" erhoben werden sollen. Die alleingelaiisene Natur
wird dann den höchsten Wohlstand schon hervorzaubern.
So war der Lockesche Rechtsstaat in den Smltfaschen Wirt-
schaftsstaat umgewandelt.
Unser Altmeister hat sich bekanntlich am Ende des vierten
Buclips seines grofsen Werkes noch einmal liber die Ziele der
Staatstlifttigkeit ausgesprochen. V.r nennt dort neben der Ver-
teidigung nach aulsen und der Autrechthaltung der Gereclitigkeit
im Innern noch die Errichtung und Erhaltung öffentlicher Werke,
die dem Privatinteresse nicht gewinnreich ^enug erscheinen. Ob
das nicht eine Verstlndiguog am Geist seiner Philosophie war^
wird gleich erörtert werden; sicher ist es, das die Physiokratie
diese Art Staatsthätigkeit besonders hervorhob.
1 Daire, If, p. G27.
Eß ist nun möglich, einen leicht entstehenden Zweifel zu beeeiti-
geu, ob die Überaeugung Smiths von der Selbstsucht der meDachlichen
Nator nicht der Lehre jShiiftesbiiiT» von der Gute der menschlichen Natur
wiilfTsprerlie. Wir müssen Zweiciloi untcrsclicidcn: die Natur des indivi-
dnellt'D Menschen und die Menschennatur. Smith meint mit Sh., dafs die letz-
tere gut sei, weil Gott sie so geschahen habe; mit andern Worten : die Triebe
sind nicht an and für rieh echlecht, etwa deshalb^ weil die ErbeOnde rie
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X 2.
155
Wenn die hier vorgetragene Ansieht riehtig ist, so kann
Adam Smith die Einmischung des Staates in das wirtschaftliche
Leben niclit deshalb zurückgewiesen haben, weil er die Einsicht
der Staatsleiter für beschrilnkt gehalten habe, sondern deshalb,
weil sie überflüssig und unnatürlich sei. Jene ist, nach seiner
]\IeinuDg, ein Eingriff in die göttliche Ordnung.
Auf diesen metaphysischen, psychologischen, ethisch- recht-
lichen Anschauungen ruht der „Reichtum der Völker". NN'elchc
besonderen Aufgaben waren dem Verfasser dort gestellt?
Erstens der Nachweis, dafs eine Pohtik, welche sich nicht mich
den von ihm aufgestellten Normen richte, dem Gemeinwesen
schädlich sei. Als die Lehre vom Nützlichen haben ja die
Politiker ihre Wissenschaft stets betrachtet. Dieser Nachweis
war aber nur aus der Erfahrung und der Geschichte zu erbringen.
Zweitens die Darlegung der natürlichen, gottgewollten Ordnung
in der Volkswirtschaft, welche früher erörtert wurde.
Nun läl'st sich auch der enge Zusammenhang^ zwischen den
einzelnen Teilen des Systems der Moralphilosophie, welches
Adam Smith in Glasgow vortru^r, deutlich verfolgen.
Die natürliche Theologie enthielt die Principien der folgen-
den Vorlesungen; hier sprach er von dem grolsen (»eiste, welcher
die Welt und die menschliche Seele so kunstvoll eingerichtet hat,
dafs sie die Kenntnis Gottes und seiner Gebote, der Normen des
Sittlichen, aus sich entwickeln kann. Die zweite handelte vom
Sittlichen und umschlol's die Lehre vom Gerechten, dessen ge-
naue Regeln die dritte Vorlesung, das Naturrecht Smiths, auf-
stellte. Die vierte, der Lehre vom Staatsnützlichen gewidmete
\'orlesung war mit den Principien aller vorhergehenden Teile
verknü]»ft; die Quellen ihrer besondern Lehren heii'sen Erfahrung
und Geschichte.
in eine den göttlichen Geboten ent^epenpesetztc Richtung verkehrt hat.
Aber er meint nicht, dafs in ifdem inaividiirllfn Menschen die Triclie so
harmonisch geordnet seien, dafs me von selbst das Gute auswirkten In
der Menschennatur nimmt er ein höheres Mafs von Selbstsucht als Sh. an,
welches durch die wirtschaftliche Lage der Individuen noch vcrgriifsert
wird; aber aucli Siiaftesbiirv Imttf die „selfisliness" angekla^^t. Smitli lehrt,
dafs durch das Zusammenleben der Menschen in Jetlem eni die Triebe in
stärkerem oder geringerem (iratle regulierendes Organ entwickelt wird.
Aafsenleu steht jedes Individuum, so ist die Organisation der menschlichen
Seele, unter der fortwährenden Kontrolle seiner Mitmenschen, wek'he
seine Handlungen billigen oder mifsbilligen. Pas Sittliche ist ein
gesellschaftliche.«» Produkt. Der Mechanismus des Seelenlebens
wirkt nun auch die Fordeiun«' der Gerechtigkeit aus, die jedoch weder
durch das Gewi.neen des Einzelnen, noch diu öH'entliche Meinung genügend
dureh^'cfllhrt werden kann. Vielleicht hat Smith in »einein Naturreehte
di«' Notwen<ligkeit des Staates |)sychologisch aus dieser Unmöglichkeit
erklärt, wie Aristoteles am Hude der nikonmchischen Ethik. Mit dem
8t.iate entsteht das po-^itive Gesetz und die Kecht8pHe;j,e. Also steht der
Menach in der Gesellst haft nnt»^r drei Gesetzen: dem Gesetze in der eigenen
Brust, dem (iesetze der (»tirntliclifn .Meinung und dem positiven Gesetze,
die alle aua dem Mechanismus ilca Seelenlebens hervorgehen.
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156
3.
Vergleichung Quesnajs und Smiths.
So war also die von Cumbcrland und Shafteabuiy einge-
leitete Bewegung nach swei Sdten hin yerlanfen nnd hatte ihrai
AbfichloTfl in den Schriften der Physiokraten und Adam Smiths
gefunden. Jene stellen den ß^riff einer natürlichen physi-
sehen Ordnung auf und bringen ihn einerseits in Verbindung
mit der Ordnung des Weltalls, andererseits mit der natürlichen
socialen Ordnung, diese aber fassen sie zu aurscrlich als eine
rechtliche Ordnung auf. Dagegen dringen die Sciioiteii als
treue Schüler Siiaft^burys in die natürliche, göttliche Ordnung
des menschlichen Seelenlehens ein, sie fbracben nach der
sittlichen Ordnung, welche den Zustand htfchsten, materiellen
Wohlbefindens verbürgt. Ihre Richtung ist eine psychologisch-
ethische, die der rhysiokraten eine naturwissenschaft-
lich-rechtliche.
Nun thut sich auf einmal der Blick in eine lundanientale Ver-
schied cnlifit der Systeme Adam Smiths und Qiu38nay8 auf. Jedem
Leser des „VV'ealth ot ISations"* wird die Polemik des Schotten
Segen die physiokratische M dnung erinnerlich sein, dais das Wohl
er Staaten vornehmfich von guten Gesetzen abhftnge. Das Wichtigste
sei die Thätigkdt des Individuums, dessen robuste Kräh die Rezepte
des thörichtesten Arztes verwinde. Hier wird die Verachtung
wieder leben Hg, wclehe Shaftoshurv einst gegen die Lehre von der
Handelsbilanz, von der Maehlhilanz und vom europäischen (ileich-
gewicht an den Tng gelegt liaitt- und weiche die Phy;>iükraten
gewifs volbtändig geteilt haben würden. Aber Sliartettbrnys
Worte hatten einen tieferen Sinn, als den, welchen sie darin
hätten finden können. Es ist ttoerhaupt nicht das ttufsere
RechtsgesetB» welches wirklich helfen kann, sondern das
innere SittengesetB, von dem nur ein Teil durch das Staats-
gesetz erzwungen wird Auf diesem Wege ist Shaftesbury unser
Altmeister gefolgt, und aus diesem Grunde Hmlen wir in seiner
Jugend.sclirift den e t h i s c h • po 1 i t is c he n Ra d i k a 1 i s ni u s nm
ausgepriigtesten. Vom Staate verlangt er nichts als Schutz nach
aulsen und innen, so wenig als möglich; dafilr denn auch nur
mäi'sige Steuern. Dies sind ja die Versicherungsprämien des
Lockeschen Rechtsstaates, vom Standpunkte der Volkswirtschaft
unwiderbringliche Verluste, notwendige Opfer, um Eigentum und
Freiheit zu schützen; wer die Versicherung Ix i gleichbleibender
Leistung am billigsten besorgt, ist der beste Staat.
Ganz anders die Physiokraten. Wagner und SchHfflt kennten
nicht schärier den volkswirtschaftlich produktiven (Jiiarakter
der Steuer betonen, als es von ßaudeau geschehen ist. & kämpft
nicht ohne Heftigkeit gegen diejenigen , welche die Steuer nlr
ein Opfer erklären, das man bringen mtlsse, um den Rest seines
Eigentums zu sichern. Diesen (äarakter hätte die Steuer nur
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X 2.
157
in schlocht verwalteten St.mtpn , in guten sei Bie nichta als
der Anteil am jährlichen Reineiti'ag, welchen der Staat für seine
Dienste (travaux d Instruction, de prottctiun, d'administration)
gerechterweise verdient habe. Baudeau tntt deshalb auch kon-
sequent wie QuesDay fUkt starke StaatBau^gaben maK Denn je
mebr ein guter Staat arbeitet, um so grOlaer ist das Volksein-
kommen.
Wie ist das zu erklären, da es doch als sicher angenommen
würfle, fini'^ Physiokrati'smiis nT\(\ Smithianismns dasselbe seien?
Knilat h (lebhaib, weil die Pliysiokratcn nicht, wie man wohl ge-
meiDt hat, eine süirke Staatsgewalt wünschten, die mit einem
Federzuge die wirt^chafthche Freiheit eintiihre und dann abdanke,
sondern dauernd eine starke Staatsgewalt, eine umfassende,
tief eingreifende Verwaltung ersehnten. Sie sind Fran-
zosen wie die ttbrigen Franzosen des Jahrhunderts und erwarten
alles von Gesetz und Recht. Die Verwaltungsmaiichinerie, welche
der Absolutismus in Fr.inkreich seit d m 17. Jahrhundert ein-
fetülii-t hat, wünschen sie nicht beseitigt, sondern weiter ansge-
ildet, verbessert, fUr ihre Zwecke funktionierend. Ihr Staiit soll
zwar die wirtschattUche Freiheit einfuhren, aber damit ist seine
Thätil^keit nicht beendet E> hat Beamte ansustdlen, wdche
unterrichten y schützen und verwalten, er mulk fttr die Unterhal-
tung des grofsen öffentlichen Eigentums sorgen, welches das
Kgentum der Privatpersonen erst zur Geltung bringt : die Wege,
die Kanäle, die sehifi'baren Flüsse, die l -rriclcen und Häfen u. s. w.
Alles dies war A<lam Smith in seinem Jup:endaiifsatze ent-
gangen; er hatte damals wahrscheinlich von Volkswirtschaft und
von Staatsverwaltung nur die dürftigen Begriffe, welche man von
einem jungen Philosophen erwarten kann, der aus einem luftigen
philosophischen Systeme die Fäden einer luftigen politischen
Theorie herausspinnt. Er hätte am liebsten den Staat aus der
Gesell.sehal\ herauBfredrängt und niehts übrig erehissen als die
w'irtjsfliaftenden In dividuen. DatUr war aber seine unreif»' '^rheorie
konsequent, sw sehlols sich aufs engste seiner Ansieht vom
menschlichen Eigennutz au, während man dies von seinem grofsen
national-ökonomischen Werke nicht sagen kann, in dem er das-
jenige, was er von den Phjsiokraten gelernt hat, gana äuiser-
lieh anflickt und nun als die dritte Staatsaufgabe bezeichnet
„the duty of erecting and maintaining cerUiin public works and
public institutions which it can never be for the int^re-t of any
individual or smali number of individuals to erect and niainüiin'".
Aber we^jhalb sollte es nicht ebensowohl im Interesse der Indi-
viduen sein, Wege und Kanäle für andere zu b^men und hieraus
eineti Qewinn su aiehen, als für andere baumwollene Strümpfe
oder schwarze Seife zu fabrizieren V Hat denn Gott die Welt
so wunderlich eingerichtet, dals das SeLbstinteresse wohl für die
> Oaire, Phymocmtfl», 11, p. 76a und 683.
Digitiztxi by C»OOgIe
158
Herstellung von baumwollenen Strümpfen und schwarzer Seife
richtig funktioniert, nicht aber tUr diejenige von Wegen und
Eannlen?
Der Begriff der natürlichen Ordnung hat also bei Qucsnay
- und »Smith nicht denaelben Inhalt; auch spricht Letsterer nicht
TOD Naturgesetzen der Volkswirtschaft.
So verschieden aber auch die Lehren Quesnays und Adam
Smitlis gewesen sein mögen, so gewifs <]ieser das echt englische
starke Vertrauen zu den Menschen, jener das echt franzö>«isclic
stärkere zu Staat und Gesetz hat: gemeinsam ist beiden die
^'t'r(•}lrung (h r Natur, welche die Keime alles ( Juten auch für
' das Erwci büleben in sich birgt, gemeinsam ist ihnen die Uber-
seusung, dals die Gesdlschaft von allen Übel befreit werden
wird, wenn die Menschen die von der Selbstsucht und Willkfir
diktierten Staatsgesetze ftndorii oder ihre Selbstsucht auf eine
tugendhafte Selbstliebe herabstimmen und das Naturgesetz oder
die natfirliche Ordnung zur TT< rrsclmft bringen, bfidon geineinsam
ist die religiöse Oemütsstinniiun';. die in d< n natürliclien Ke< hts-
und Sitrengesf^tzon die Gebote eine^i höchst weissen, wohlwolleiulen,
auch das materielle Gedeihen seiner Geschöpfe wünschenden
Wesens sieht
4.
Die wirtschaftliche Harmonie der J^änder.
Nachdem so dat» \\ irt.seliaftsleben in die rr'ligiöse ."^nliiire
eines Optimismus hinaufgetragen wrirden war, welclier liberall
die Spuren einer gottgewollten Harmonie erblickt, die der Mensch
nur 8u Heerstralsen au erbreiten brauche^ um auf ihnen dem
Ziele materieller Wohl&hrt entgegenzuschreiten, mufste auch
die Lehre von der wirtBchaftlicheo Harmonie der verschiedenen
Länder willkommen sein und rasche Auftiahme finden, denn
sie erschien als eine neue Entdeckun«:: im RcicIk' der göttlichen
Güte und Ordnung und eine wertvolle Stütze der Forderung der
Handelsfreiheit.
Die Lehre war nicht neu. Gustav Cohn hat in seinem
Aufeatze über Colbert nachgewiesen, welche Verbreitung sie schon
im siebzehnten Jahrhundert gefunden hatte. Ich vermutete,
dafs auch sie dem Natunvchte ent^itamnie, und zwtu* dem Natur-
rechte des Hugo Grotius, welcher als Niederländer dem Zwischen-
handel seines Volkes tln on tiseli ^^)r8chub zu 1« isten suchte. In
diesem Werke findet sie sieli aucli thats-ichlich, aber nieiit von
ihm selbst au^gesproeln n. .sondom als die Meinung klaä.">iöcljer
Schriilsteller erwäinit. Hugo Grutius tritt dort für die Freiheit
des Handels ein. Die gewaltige Verbreitung dieses 1624 er-
schienenen Buches Uber ganz Europa erklArt es, dals sie in der
2. Hälfte des 17. Jahrhunderts 6clion au voiischiedenein SteUen
wie etwas Selbstverstftndlicbee auftauchen konnte.
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X 2.
150
Grotius tiilirt von l'hilo den Satz an: ,.l)a8 ganze Meer
wird von deu liandeUjRluffen ohne ( Jctahrde durclifahren, zum
Behuf des Handels, der um der GemeinsitUaft willen unter den
Völkern stattfindet, indem der Überflurs des einen dem
Mangel des «ndern su Hilfe kommt.*^ Fast mit den
Worten der Nationaldkonomen des 17. und 18. Jahrhunderts
spricht Libanitts: «^ott hat nicht allen Landern alles
ziigt-tuilt, sondern liat seine Goschenke nach den
Ländern verteilt, damit die Mensehen einander be-
darf t e u und gesellig würden. 1 )eshalb hat er den Handel
erweckt, damit wir alle das genielseu können, was irgendwo ge-
wachsen ist." Und die Wirkung des Handels beschreibt Plutarch
mit den Worten: „Unser sonst wildes und verkehrloses Leben
hat das Element verbunden und vervollkommnet, indem es dem
Mangel hier durch den I'berfluss anderwärts abhilft und durch
den Austausch der rUitcr znr Genieinsehaft und Frctmdschaft
fuhrt'." Die übrigen Citate übergclie ich. Diese drei diirl'tfm die
Annalime rechtfertigen , dafs die T.elire von der gottgewolitL-n
Harmonie der Interessen alK r einzelnen Liinder der neueren Zeit
ebenfalls vom klassischen Altertum überliefert worden ist. Sie
braucht nicht als der Folgesatz eines modernen philosophischen
Systems, wie etwa desjenigen von Shaftesbury oder Leibnita ange-
sehen zu werden, wir wissen eben nicht, wieviel wir in unserer
intellektuellen, sittlichen und materiellen Kultur von den Alten
entlehnt haben. Sond"rn sif h<'st;itigt uns» re An.sicht, dafs der
Gc^^^lankeninhalt einer l'criodc duichaus nicht von ihr zuerst produ-
ziert zu öcin braucht, dals aber die tlUirenden Geister dasjenige aus
der Stille der BibHotheken an die Öflfentlichkeit ziehen, was die Zeit
gerade braucht. So streut auch die Natur stets dieselben Menschen-
Seime aus. wdche Saat aber wachsen und reifen soU, bestimmt
die Kachnage der Zeit nach Trieben und Talenten*.
> a. a. 0. I, p. 255. B. II, K. 2. XIII. 5.
* Ich hnlte es nicht für meine Aufrrübe. naf liziiweisen, dafs die
Lehre von der wiitschaftlicben Harmonie der verscliicdeneu Länder in der
luitioiialökonoiniscbeii Litteratur des 18. JahrhtuidertB weite Verbreitiuig
gefunden habe, es cehört niclit in eine Darstellung der allgoinninen
philosophischen Grundlagen unserer Wissenschaft im 18. Jahrhundert. Um
aber die I^ehauptung zu illustrieren, verweise ich auf den Franzosen
Baudeau (Daire, Phygiocntes, II, p. 120): „La nature a youlu qae
toute e«p^e de eol, tniite expo-^ition , Iciit cliniat eüt scs prodiictions
ditlerentes, depuis un pole juuuu ü l autre." Nach Auseinandersetzung der
hieraus hervorgehenden Annehmlichkeiten folgt die Forderung der Ver> *
kchrsfri'iht'it. „Mai^-- pnur rjus^cinblor atitour de nous les nLjets (|ui naissent
ou qui sout fa^onoeö au bout du monde, sous Tun et buus l'autre humi«
■phftre, U fant Part et lesmojene de les voitiirer de la mani^ laptns
eure, la plus facilc et la moins Jispendieuse." Ähnlich der Engländer
Uume. In »emen Autgatzen wird einer ökonomischen pnistabilierteu
Harmonie, welche auf der Verteilung verschiedener Güter und Talente
an verschiedene Länder beruht, zweimal^edacht. Von den Hemmttn|{Pn des
ii&ea Uandela behauptet er, sie Teniicbteten ^tbat free eomninntcation
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160
X 2.
Nachdem die Ansicht von der Harmonie zwiNchen den ein-
zelnen Ländern Eingang getiinden hatte, war das Lehrgebäude
der wirtscha Ith eben Freiheit in allen Teilen vollendet. Nieht
nur daa Uhrwerk des menschlichen Trieblebens sondern auch
die Uber verschiedene Lttnder ausgestreuten Natui^ben yer-
ktlnden es: das höchste Wesen will keine kiinstlidien Hem-
mungen des Verkehrs; sein Gebot heifst: lafst dem wirtschaften-
den Individuum seine fVeiheit innerhalb der Grenzen des Bechts
und der Sitdichkeit
Vir.
Bttckblick.
So atmen Natur- und Geisteüwissenscharten im 17. Jahr-
hundert denselben Geist. Hüben und drüben sucht man Natur»
gesetze aafisustellen, hflben und drüben ist man Ton der Macht
des Verstandes, alle Tiefen der Welt auszumessen, durchdrimgen,
hüben und drüben gilt die mathematische Methode entweder als
Ilauptöelilüssel oder doch als ein wichtiger J^eh lässei zu allen
Erkenntnissen. Atom und Mensch, Schwerkrait und Selbstliebe
bilden ausselilicrsHch oder vorzuf^sweiee die Körper- und Menschen-
welt; das Denken erkennt in allen Wirkungsweisen nur die eine
mechanische Causalität. Aus diesen Lehren weht uns gleichsam
die eine Seele der modernen Weltanschauung entgegen. Im
Kampfe mit der mittelalterlichen hat sich diese herausgestaltet,
gestützt auf antike Erkenntnisse, nieht auf die antike Weltan-
schauung, noch die antike Philosophie der besten Zeit, Denn
gerade gegen die platonischen Ideen, gegen die aristotelische
Lichre von Stoff und Form, gegen den antiken Zweckl)e^riff
richtete sich der An^^ritT. Dage;?en .sind die Philosophie fler
sinkenden Zeit, der Stoizismus und Epikuieibuius treibende Mächte
wbich the Anthor of th': world bas intcnded, by giviug them
sotls, climates and geniuaes eo dififerent from each other** (1, p. 343). Und:
Nntnre b^ f^iving « diversity of geniuses, climatrs and aoils to
niiVtnent nations, hat» secured their mutual iutercourse and concourse as
long as they all remain induBtriona and ciTilised (I, p. 346X
Essays Moral, Politicsd ;uid Lit'nir}-. Ausgabe von r5recu & drose.
London lö82. Also auch hier wieder der Gegensatz, dals der Physiokrat
▼orKflglieh die reebtlichen Hemmungen ^tont, der englische Moral«
•liilosujili auch der sittlichen gedenkt. — Übrigens findet sich dtt>
^ohre auch .schon bei Davcnunt. Hn ^cher, (üesclii« htc der rnglischen
Volkswirtschaftsl., p. ]14. Vgl. die au stuisebe AuricLaimugeu erinnernd©
Verteidjgnng der mndelsfreihcit bei North, a. a. O. p. 89.
Eine ^hva nmUro Fraf;r ist oa, ob die Naturthatsache der Ver-
teilung der Xaturgaben über verschiedene Länder ein wirtschaft-
licher Vorteil fttr ein bestimmtes Land ist. Qnesnay bat ihn für alle
Völker, die iiiclit vorzugsweise Haiidelsvölkcr siiul. verneint. Am besten
wäre es, wenn jedes Land alle Güter selbst produzieren konnte: da dies
aber nicbt der Fall ist, so mufs die ToUste Handelsireiheit deo Lobn für
diese Art von Dteneten auf das kleinste lUbb beaebrSiiken.
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161
in der Entwic klung der Philosophie der neuoren Zoit. Die Stoiker,
deren System d^r An.sprilgung des Oesctzesbegriffes überhaupt
günstij^ wjir. v* rkiiudtiten mit aller »Stiirke den ethischen De-
griÜ' des» Naturgeüetzeä. Daü Naturrecht bewahrt ihn und ent-
fthet Um immer reicher. Durch die epiktireiache ErklArune der
Welt auB kleinsten Tdlclien, den Atomen, empfängt die moderne
Natarphi]ofiO])hie ihren inneren Halt. „Gassendi,'* sagt Lange,
„dem eine gründliche philologisch- historische Bilduntj einen Über-
blick ühr^T die s.'imtHcnen Systeme des Altertums gnh. L^riff mit
sicherem Blicke dasjenige heraus, was gerade der neuem Zeit,
und zwar der empirischen Richtung in dieser neuen Zeit am
mcbten entsprucij Die moderne Forschung, soweit sie sich
an Descartes anschlofs, ging, wie firtther ausgeführt, von dem Ge-
danken aus, man habe danach zu streben, „die mannigfachen
Erscheinungen auf einfache in der Wirklichkeit nachweisbare
Grundkräfte zurückzufuhren und sie wieder von diesen gesetz-
mäfsig abzuleiten-" Hierans , erwuchs die Forderung, die ur-
sprünglichen und tlurchgchenden Formen jener Kräfte zu er-
mitteln, sorgfaltigst festzustellen und dann zum Verständnis der
Mannigfaltigkeit zu verwenden. Da diese ursjprünglichen \A'irk-
fbrmen aber nichts anderes als die Gesetze smd, so ist ihre Et'
foFsdinng eine hervorragende, ja die entscheidende Aufgabe des
Erkennens** ^. Die Atomistik, welche alle N'orteile für eine an-
schauliche, mechain'sche Erkl.inmg der Naturvoi^ängrc bietet,
hat auch bald Bürgerrecht in der Naturphilosophie Uberhaupt
gewonnen.
Man darf also nicht allgemein sa^^ n, dais der BegritF des
Naturgesetees von den Katurwissenschat'ten auf die Geisteswissen-
scbafm Übertragen wurde, dies ist nur ftlr die Psychologie der
Fall. Die Gebteswissenb h iften besafsen einen Begriff des Natur-
gesetzes, der älter war als der physikalische^. Daffeg^ ist es
richtig, dafs Hobbes durch die Anwendun«;- der itiatneraatischen
Methode auf das Naturrecht dieses mechanisier! e. Dabei ist
aber immerhin im Auge zu behalten, dfds die individualistischen
Gruüdlagen seiner Theorie im epikureischen S^bteiu schon vor-
handen waren und daher aneh keine neuen Gesichtspunkte durch
die Überftihrung der mathematisdieD Methode gewonnen wurd^
sondern das Alte nur eine neue, logisch zusammenhängenden Dar-
stellung erfuhr. Mit andern Worten: die Psychologie und Sociologie
der Epikureer kam der Methode entgegen. Als die von Cart -^ius
eingeleitete Mechanisierung des Triehleljens Anklang gelungen
ha^ erliieltcn die aus der Prämisse des ii^goismus getundeneu
* Lange, Geschichte des Materialismus;, 2 A. I, p. 224.
' Euckea, Geschichte und Kritik der Grundbegntie der Gegen-
wart, Leipzig,' 1878, p. »8.
» Eucken, a. a. O. j). 119.
* Siehe hierüber EuckeU| a. a. O. „Gesety/, p. ll'i fi'.
Foräcbunge«4 (43j X 2. — U;ubacb* 11
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162
Sfttase mehr und mehr den Charakter von Naturgesetzen. iSie
wurden Delinitionen der Kraft Eigennutz.
So bildet sich die herrächende Anschauung des 17. Jahr-
' hiinderts, das Einzebe rordas Allgemeine sa steOen, nicht von
Zwecken, sondern von Kräften zu reden, nicht von Ideen, sondern
von Gesetsen, nicht von einem Org^uusmus, sondern von einem
Mechanismus.
►Suchen wir nun die Nationalitüt flif^aer einen »Seele der
modernen Weltanscuauung zu erkennen, so zeigt eich, dafs sie
französisch ist. Nachdem die franzüöiächen Juristen des lü. Jahr-
hunderts das Naturreeht des römischen Rechtes wiedererweckt
haben, von Montaigne die dceptisch- epikureische Geistesrichtung
des 17. Jahrhunderts mit den „Essais" ein<:eleitet ist, bdebk
Gassendi das epikureische Naturrecht, die Ethik des wohlver-
standenen Selbstinteresses und die antike Atomenlflire. Aufser-
/dem streut er den Samen der den Eutwicklungbgcdanken ver-
tret(inden Kulturgeschichte und Geschichtsphilosopnie aus. Des-
cartes ist der B^ünder der mathematischen Methode, der mathe-
matisch-mechanudien Naturphilosophie* und der medumntiBchen
Psychologie. LarochefbucauUs Aphorismen smd moderne Weiter-
bildungen der epikureischen Psychologie. Noch im folgenden
Jahrhundert, wo die französische Geistesarbeit nicht mehr so im
^'ordorpjimd steht, bc^rrilndet Montesquieu die f^esehiehtlielif» und
sociologi^eiie B' tr.K'litung von Reclit und Staat. A'oltairc die Kultur-
gesehiehtc, Builon die Zoologie, Linn6 die lioUuiik und Quesnay
die politische Ökonomie. Doch ich kehre zum 17. Jahrliundert
zurück. Sollte es zufUUig sein, dafs die mathematisch-mechanische
Seele der modernen Weltanschauung französisch ist? Denn die-
jenigen Geister, welche man die leitenden nennt, produzieren und
reproduzieren, was dem Genius eines gröl'seren odei- ^roringeren,
jedenfalls mächtigen Bruchteils eines \'olks i oriL^cnial ist. Sie befrie-
digen seine politischen, socialen, intdlektiH l!i n, ästhetischen Hc-
dürtiiiööe. Ein anderer Beweis liegt in dem Charakter der schönen
Litteratur Frankreichs im 17. Jahrhundert. In ihrer Abwendung
Tom Besondem und Ooncreten zum Allgemeinen und Typischen,
in ihrer verstandesmiifsigen RegelmäCiigkeit, ihrer kalten Eleganz
ist sie ein Seitenstuck der zeitgenc^ssischen Wissenschaft, geboren
ans demselben Geist, welcher die Mathematiker, Naturibrscher,
Philosophen hervor^^eljraeltt hat-'.
In diese öde meclianistisi he Weltanschauung, in dieses Nel)en-
einander von Atomen und rechueuden Menschen dringt nuu mit dem
* Lau^e, der die liüheraj Stadien iu der Geschichte der mecha-
nii^tisehen Mturphilosophic nicht Ubersieht, pn<;t es war „Descartos, wck'licr
dii scr ^^anzen Heir h''v::'-weise der Üin2P FchUerslicb jeoen Stempel des
Mechanismus aufdruckt \ ;i. a. 0. II, p, 199.
* Über den Charakter der Litteratur wehe Taioe, „L'ancieu licgime"
und Lotheifsen in der ..Deutschen Ruudscban% Bd. LVI. Mit beiden
kauu ich nicht voilstäudig übereiuatimuien.
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163
Anf^iTi^ des 18. Jahrhunderts ein Strom von frcmiits wärme von Eng-
land iier. Newton verkündet, daiy die Writ die ächdptuDg eiu^
überaus weisen, liebevollen Geistes ist. Sliatteabury predigt die
Vernunft des Trieblebens, Gefühlsethik, den Adel der mensch-
fidien Nator. Mit der engliidieii NatorphfloBophie beginnt nun
auch die Annäherung der neiden Arten YOn Naturgesetzen. Das
Naturgesetz der Naturphilosophie gewinnt eine mehr als mechanisch«
Würde; das Naturgesetz der sittliclien WtAt wird seines blofs ver-
nünftigen Charakters entkleidet. Öhaftesbury verlegt es in die ftlr
die Gesellßchait veranlagte Natur des ganzen Menschen, welche
ebenftdls als eine Art Maschine oder Uhrwerk erscheint. Dem
Genius Quesnays gelingt es dann, die Naturgesetze des Seins und
Bebens der wirtBChafUichen Welt harmonisch miteinander m ret-
Kachdem die VerBÖhnung von Teleologie und Medumiemne
stattgehabt hatte, findet auch die organische optimistische Welt-
anschauung griechischer Denker kraft des Gesetzes der Wahlver-
wandtschaft wieder Eingang, so fundamental Yerschieden auch diese
und jene sein mögen*.
Natur und Mensch erhalten nun eine höliere Wcilic, die
schöne Welt und die schöne Seele otienbaren sich einem gefühls-
seligen, edien, schwärmerischen Jahrhundert, Die meehatusohe
Watanschaunng, die von awei Franzosen deutscher Abstammung,
fielvetius und Holbach, um die Mitte des 18. Jahrhunderts in
aller Reinheit und Vollständigkeit dargestellt wird, befremdet
viele der besten Geister, obwohl sie sich noch grilfstenteils
in ihrem Vorstellungskreise bewegen. Goethe bekennt den x\b-
scheu, den ihm Holbach.s Werk einueflöfst, und will in allen
Verh^tnissen des Lebens uneigennützig sein, Schiller, dessen
philosophisehe G^edichte und Werke den Geist jener Zeit so
klar und schon Terkörpem, ist in dem Motto, wdcnes wir dieser
Sc^ft vorgesetzt haben, davon ttbeneugt, dafs die Vernunft die
Wahrheit erkennt. Jedes Naturgesetz erfüllt ihn mit Bewunde*
rnng: er hört in ihm die Sprache eines denkenden Wesens, er
sieht überall um sieh Ordnung, Harmonie und Schönheit, er
möchte die Weit umarmen wie seine Geliebte, und er oitert
gegen die rhilosophen, welche sich mit dem Eigennutze abge-
nmden haben. Je mehr aber das Jahrhundert vorrückt, um so
sttrker bannt jenes, durch die Vernunft erkennbare, ftk alle
Zeilen und Völker gültige, die Freiheit und Gleichheit der Men-
schen anerkennende Naturrecht den Verstand und die Gemüter
der Menschen, stets beschäftigt die Naturreligion in immer neuen
' Obgl'^i'-b die Griechen eine ( it'setzm;ir>i^'kcit im Univeri^um an-
nehmen, SO koDiite „von einer gesetzUchen begreifung der Natur im ISinne
der neaeren Wiasmwebaft nicht die Rede sdn. Zwei allgemeine Gründe
treteo dem entgegen: die Hvntlietische Auffassung der Natur, die zu
U^nsten Kräften und ursprünglichen VVirkformen nicht durchdrang, so-
wie die orffuusche Auffassung vom Kosmos^ welche jedem Punkte eine
spsadfiaehe Bedeatnog bcisnlegen geneigt war". Backen, a. a. 0. p. U7.
11»
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104
Wandlungen die Köpfe und Heraen der besten Männer; naeb
Freiheit^ Gkidilieit, Humanität, BrUda-lichkeit^ dttralet die
ülenschheii Wie entbrennt da die royoliitionäre Stimmung gegen
die Fürsten, die mit Gewalt und List, von kalter Selbstsucht ge-
lenkt, den Völkern ihr.TocIi und ihre ungerechten ( M-sctze aufiirebüraet
haben, gegen jene hf irtitreiTsclien Pfaffen, welclic die Naturreligion
geschiindet, gegen jene Feinde der Gesittung, die unnatürliche
Tugenden von der Menscliheit fordern. So entsuringt iiub jenem
Wemwollen, aus jener Menschenliebe auf Gbiina der rationaliiti*
sehen Anschauung von der bewulsten Entstehung aller polttischen
und socialen Gebote die mifstrauische Stimmung, die in den
positiven InstitutioDfin ihrer Zeit nur Egoismus und Machwerk er-
blickt. Wenn wir die socialen und politischen Zustände jener
Poriod«' ohne \ onirteil ins Auge fassen, vi-rstehen wir diese
An ( hauungawüise zu wtirdigen. Vieles war verlebt und wurde
mit bewuister Selbstsucht aut'rechter halten.
Wer kann die civilisatoriscbe, nach aulsen humanisierende,
nach innen niTeUierende Mission des Naturrechtes leognen?
Wenn das römische Reich und das römische Recht den Gtt;en-
sata der civilisierten und uncivilisierten Welt nicht zu verti^;en
vermochten , wenn das Mittelalter nur den Untei-sc lii<'d von
christlich und unchristlich kannte, wenn es alle Volker zu einem
Gottesreiche zu vereinigen sucbte , wenn das kanonische Recht
alle menschlichen Verhältiiissse dem christhcheu Gedanken zu
unterwerfen bestrebt war: so wird nun die Grenze des Rechts
bis zu den Grenaen der Menschheit hinausgeschoben, und wie*
derum steht am geistigen Horizonte jenes stoische Id(^al eines
politischen Zustandes. wo die Menschheit ohne Unterschied be-
sonderer Staaten, Völker und Gesetze ein eintn'tchtiges (lesanit-
leben tiihrt xmd Weltreich bildet, vom gemeinsehattlichen Gesetze
wie eine zusammen weidende Herde von einer Tritt zehrend-.
Aus den iiaturreehtltchen. sitUiehen, religiösen Ideen erhält
jene Zeit die Kraft zu relbnuieren. Und wie viele» damals
besser geworden ist, lehrt die Geschichte des achtsehnten Jahr-
hunderte, nicht aum mindesten die deutsche. Aus dem Bewufst-
* Die „fnteniit^ hebt beBonden Mercier im 8cblafsk«pitel seines
Werkes hervor.
^ Chaque nation n'est ainsi qu'iino proviiico du grand royaume de
la imture; aussi seraieiit clleB toutoB gouvernees par Icd m^es lois . . .
JR totttes ces nations s^^ttient eleveee . . . & la connaiwaiice de cet ordre
immuable, pnr lequel l'Mut^Mjr de I;i iiaturr s*f-f prnpn««' que Ifs liommes
fufiseut güuvem^« dans tous leg lieux et daus tous ies temps. Merricr de
la Rivi6re, Daire, II, p. 526. Dieser Gedankengang hat mit dem Btoischen
eine mprk^v(irdiL'■o Ännlirhkcif. Mcrcitr wfifs zml^'m auch, dafs dies
Ideal schon vor dem ( liristeutum aufgestellt wurde. Er luhrt fort: Lidde
de cetfe soci^t^ genZ-rale toujours existante c-^t a n ter i e u r e kl V' t abl isse-
ment dn christianismc: ce rayon de lumi^re brillaitdans les t^ncbres
du pa^^ani.4mo. rr plusiears philosopbes de i'fiotiqait^ paicnno en ont parlö
avec force et dignite.
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X 2.
165
sein aber, Uberall das Edle angestrebt, oft das BeBSm erreicht
zu haben, erhebt sich die frohe, selbstgewisse Stimmung, welcher
Schille r in der ersten Strophe seines Gedichtes „Die KtUistler''
Worte geiiclien hat:
Wie schön, o Mensch, mit deinem PaUnenaweige
btehst du m des JaJurhunderts Neige
la edler, stolzer HSnnllchkeit,
Mit Hufpeschlossnem Sinn, mit Geistesfülle,
Voll mililen Krnsts, in tluitenreichor Stille»
(Der reiföte Sohn der Zeit,
Frei durch Vernunft, stark doieh Gesetze,
Durch Sanftmut grofs und reich durcli Schätze,
Die lange Zeit dein Busen dir reise hwi^,
Herr der Natur, die ddne Fessdn liebet,
Die deine Kraft in taiiF^nnrl Kämpfen übet
Und prangend unter dir aus der Verwildrang stiegt
' Über das kräftige Selbstgefühl der letzten Zeit des 1^. Jahr-
hunderts siehe Hcttncr in seiner Gegchichte der deutschen Litteratur,
8. A. 1879, III, 2 p. 170 für Deutschlaud und Taine: L^anden rteuae
iär Fnokreicb, 2. A., p. 881 (L. IV, eb. 2, VI).
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Siebentes Kapitel.
Die Politische Ökonomie des 18. Jahrhunderts und der
Rückschlag gegen die herrschenden Ideen der Zeit
In den yorhergehenden Eapitefai haben wir die Gestaltung
der modernen Lebensanschauung verfolgt, insofern dadurch em
Licht auf die Entwicklung der politisdien Ökonomie geworfen
wird.
Es schien uns, dalt^ die Iheoritn und Doktrinen, die zur
Durchsetzung der Ansprüche aufgestellt werden, welche Bedürfnisse
und Gefühle mächtiger Bruchteue eines Volkes erheben, nicht in
dem Gaste heryonagender Zdtgenoesen ihren Ursprung za haben
braachen. Ideen, welche schon yor Jnlirtausonden ihre Kraft
erprobten, nmsscn neuen Veränderungen die Wege ebnen. Der
Vorteil , welcher hierdurch dem Streben gesichert wird , zieht
aber auch bedeutende Nacliteile nach sich, t 'berlebte Vorstellun-
gen und HegrifFe, welche die Voraussetzuog der Idenle bilden,
erheben sich aus dem Grabe und verwirren die Geister auf
Jahrhunderte. Der Kami^ der modernen Volker für die FVeihelt
auf allen Geliieten wurde mit Hilfe des Katurrechtes auufekäropf^t^
das die Stoiker und Epikureer von durchgebildeten Weltanschau-
ungen ausgeprägt haben. So sind wir mit allen Irrtümern des
Teil der Wohltaten wirder wett macht. Wie uachteilii: die
Ideen des AltertuniN aut unsere sociale und politische EiiUvick-
lung eingewirkt, isl hier nur zu einem geringen TvWv zur Dar-
stdmng gekommen, aber auch das wenige genügt, um jeden
Unbeniiigenen davon su überzeugen, dafs der antike Individua-
lismus auch ein Element der Auflösung für die modernen V(dker
'gewesen ist.
Diejenigen, welche dem moflcrncn Individualismus am
meisten zum Siege verholten haben, sind Locke und bhattes-
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X 2.
167
bur}'. Der eine proklamierte das unbegrenzte Recht des Indi-
viduums, der andere seine unbep-enzte Güte und sittliche Be-
fähigung, beide suchten die Kraft aller das Ganze zusammen-
haltenden Gewalten zu lähmen, und der letztere bahnte aufserdem
der ADschammg den Weg, dafs der Individnalismoa im Plane
Gottes lieee. ^ ^
So erhielt der moderne Individualismus seinen fest nmrisHiien'f
Charakter. Er verlangt die Freiheit nicht blol's, wo sie zweck-
mHfriig ist, er verlangt sie schlechthin als ein Recht, und dieses
Recht soll überall dasselbe sein, und ein gleiches Heeiu und ein
gleiches Gesetz soll es sein für alle. Da er ftir das GcTeehte
zu kämpfen glaubt, wird er ianatisch, sobald er Widersümd
findet Den Widerstand kann er sich nicht ans loyalen BewQg-
grtlnden erkltfren, er sieht nnr schmntsige Ranke, niedrige
Interessen, boshafte Tyrannei, er verleumdet, er verdächtigt, er
beschmutzt, denn nur ein entartetes Gemüt kann sich der Er-
kenntnis des Rechtes verschliefsen. Und unigekehrt erblickt er
in seinen theoretischen Betrachtungen nur immer gute Men- /
sehen, die mit aller schuldigen Rücksicht vor ihrer erhabenen
Menschlichkeit behandelt werden müssen. Wo sich aber die
Wirkungen nicht einstellen, welche man ^n ihnen unter der
Emwirknng bestimmter Geeetse hätte erwarten dürfen, da be>
schönigt er, verhfillt er und vensweifelt nicht. Denn er hat ein
unbegrenztes Vertrauen zur menschlichen Natur, sie wird sich
allmählich in die neuen Zustünde hineinfinden; die guten F il^'^en
werden nicht ausbleiben. Ein höchstes Wesen voller (tuIc lenkt
die Welt und hat alles zum Hesten geordnet. Doeli gegen einen
Vorwurf möchte ich den modernen Individualismus in Schutz
nehmen. JSk heiikt, er spreche immer nur von den Rechten des In-
dividuums, aber er yeigesie es, die entsprechenden Pflichten zu
erwähnen. Dies trifit auf die hervorragendsten Vertreter des
18. Jahrhunderts nicht au: ich meine die Hutcheson, Quesnay,
Smith und Wolff, wenn es gestiittet ist, diesen hier zu erwUhnen.
Von solchen Anseliauungen waren diejenigen erfüllt, welche
die französisch-englische politische Ökonomie des 18. Jahrhunderts
begründet liaben. Ich hätte mein Ziel erreicht, wenn uiir
der Nachweis gelungen wäre, dafs diese politische Ökonomie wie
wahiBcheinlich keine andere Wissenschan in dem innigsten Zu- /
sammenhange mit der modernen Philosophie herangewachsen ist. '
Von wenigen ihrer Zweige, wie der Ästhetik und der formalen
Logik, ist nicht zum Aufbau der politischen Ökonomie beige-
tmgen worden. Alle anderen haben, wenn auch in un;j:leie}ieni
Grade, mitgewirkt: das Nafurreclit, die P^thik , die natürliche
Theologie, die Naturphilosoühie, die Psychologie, die Methoden-
lehre. Aus dem Naturrecbte ist die politische Ökonomie als-«^
wstiiiislMirlie y^issenschaft hervorgegangen. Er vorlieh ihr den
Charakter des Individualismus; in ihm reifte die Idee der wirt-
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168 .
schaftllchen IVoilait, sein Kähmen war weit genug, um theore-
tiäciie Ei'kenntniöae aufzunehmen. An zweiter Stelle it>t die Ethik
«1 nennen. Ihre Lehren klärten die Nationalokonamen Uber die
,'Macht und den sittUchen Wert der menachlichen Triebe, ins-
; beBondere des Erwerbstriebes für die menschliche Wirtscha^ auf.
I>aö sittliche Walten des rrivatinteressos erschien gewissermafsen
als der psychologisch - ethische Inhalt, der die rcchtUchc Form
der wirtschatUichen Freiheit erliillcn sollte. Ihre Lehren stellten
die Nationalökonomie auf den lioden der modernen Lebensanschau-
un^, zugewandt wirtschaftlich- technischer Kultur, abgewandt dem
christlichen Lebensideale. Von den psychologisch-aociologischen
Voraussetzungen aua^ welche im wesenttichen die des epikurei»
sehen Naturrechtes sind, wurden die ethisch - socialen Grund-
lagen der englischen Nationalökonomie geschaffen. Die natur-
rechtlichen Fundamente wurden verstärkt und für den Aufb;u!
eines Systems der politischen Ökonomie hergerichtet. Drittens
miisücn wir die Naturphilosophie erwähnen. Der Geist Newtons,
welcher in den Schriften Shaftesburys und der Deisten eine
gröfsere WirkungsDlhtgkeit erhielt , hefs die sp&teren die Har-
/ monie einer iudividualisrischcn Wirtschaftsordnung in dem Schran-
ken von Sitte und Kecht erkennen. Der sich den Geboten der
Gerechtigkeit unterwerfende Elrwerbstrieb erschien nun nicht
nur i\h sittlich znlüssij;', s mdern auch als ein Mittel zur Am-
wirkung des ^ottlii lien \VeltenplHn«*s Aber noch andere Be-
ziehungen bestehen zwischen der politischen Ökonomie und der
Naturphilosophie. Die innerhalb der leteteren ausgebildete Methode
wurde auf die Nationaldkonomie übertragen und die mechanistische
Psychologie erleichterte die Anwendung des deduktiven Verfahrens
aus der Prfimisse des universellen Eigennutzes, aber schon im
18. Jahrhundert wird die wissenschaftliche Rccljachttnip als die
eigentliche Methode der ])olitischen Ökonomie )>c'/i i chnet.
Die eingehendere Verfolgung dieser Krgebiji-^.^t' der Unter-
suchung wurde den J^hrer ennüden. Aber auch dieser Hüch-
tige Überblick ttber die allgemdnen philosophischen Grundlagen
, unserer Wissenschaft zeigt, dafs Philosophen die Bildner der poli-
tischen Ökonomie gewesen sind. Wir mUssen zu Hobbes und
Locke, Pufendorf und Hutcheson, Shaftesbury und Mandeville,
Bacon und Descart« s mit » b- n derselben Verehrung aufblicken,
wie die Jünger der Pliilosopiiie. Wah'schciidieh hat Cumberland
den gröfsten b^intiuis uuf Quesnay gehabt. Mandeville bildete
die von Ilobbes entworfenen ethisch socialen Grundlagen des
Naturrechtes au denjenigen der englischen politischen ÖKonomie
um, Locke entwarf die rechtlichen Grundlagen einer freihdt-
liehen Wirtschaftsordnung, Shaftesbury richtete die Bh'cke auf
die sittlichen Bi d?np:un;ren der modernen Kultur und acluif das
Fundament einer optimistischen Hetraclitung einer rein indivi-
dualistischen WirtsciiaftsordnunL'" • Descartes und Bacon «ind die
Vater der auch in der Nationalökonomie angewendeten iieihode.
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X 2.
169
wobei allerdings zu bemerken ist, dals es Hobbes war. welcher
die mathematische Methode zum deduktiven Verfahren aus der
Präraisüe des universellen Egoismus gestaltete. Descarte« ent-
warf die Mechanik der Leidenschaften, Pufendorf ist der Schöpfer
des systematischen Naturrechtes und bis zu einem gewissen ( irade
auch der systematischen Nationalökonomie, nach dieser Seite hin
hat Hutcheson das Werk unseres grol'sen Liandsmannes wert-
voll ergänzt und damit seinem Schüler Adam Smith vorge-
arbeitet. Da aber die Entwicklung dieses Teils unserer Wissen-
schaft in keinem inneren Verhältnis zu ihren allgemeinen philo-
sophischen Grundlagen steht, so mul's ich diesen Punkt hier
übergehen.
Einige dieser Denker sind die Vorgänger Smiths, andere
Quesnays, einige, w^ie Shaftesbury und Locke, beider. Sowohl
der Franzose wie der Schotte offenbaren bei näherer I Betrach-
tung diejenige Originalität, welche Fremdes mit dem eigenen
Geiste so völlig zu durchdringen vermag, dafs es als ein Neues
und SelbsUindiges erscheint. Dieser Assimilierungsprozefs geht,
soviel ich dii» zu beurteilen vermag, bei Quesnay kräftiger und
reinlicher vor sich , als bei Adam Smith. Ist so zwischen dem
philosophischen Fundamente ihrer Lehren und auch zwischen
ihrer Oeistesrichtung soviel Übereinstimmung vorhanden, dafs
man sie als die Begründer der englisch - französischen National-
ökonomie bezeichnen darf, so zeigen ihre Werke doch anderer-
seits die gröfsten Verschiedenheiten. Der Franzose wird mehr-^
von den naturwissenschafdichen und naturrechtlichen Ideen der
Zeit erfafst, der Schotte mehr von der Moralphiloso j »hie und der
Psychologie .seines Vaterlandes. In einer andern Form ausge-
sprochen: die Ethik und die Psycliologie ist nicht die starke
Seite der französischen Schule, Mercier de la Riviere, der treueste
Interpret des Meisters, zeigt nach dieser Richtung ein unklares
Schwanken. Dagegen offenbart Adam Smith, eine wie starke
Gewalt die naturreclitliehen Ideen auch über ihn gewinnen, eine
viel ausgeprägtere Fähigkeit die Ethik weiterzubilden und die
ethi.sche Seite des U'irtsehaftslebens zu sehen. Auf dem Ge-
biete der Moralphilosophie ist seine Theorie geschlossen, hier ist er
wir vollsten Klarheit über seine eigentümliche Stellung gelangt.
Er ist ein gröfserer Philosoph als Quesnay, aber auch ein Na-
tionalökonom von geringerer selbständiger Kraft als dieser. Das
wird noch deutlicher werden , wenn man die national ökono-
mischen Vorgänger beider Männer einmal völlig zu überblicken
vermag. Adam Smith ist auch viel st^irker in dem politischen
und wirtschaftlichen Individualismus stecken geblieben, während
Quesnay die Kultiiräufgabe des modernen Staates wohl erkannte.
Das wahrhaft Originelle Quesnays dagegen liegt in seiner orga- ^
nischen Theorie des \\'irt8eli;iftslebens und der daraus fliefsenden
Ansicht von der wirtschaftlich nützlichen Arbeit.
Doch liegt es mir fern, beide Männer miteinander ver-
170
gleichen oder etwa iStofl' zu ihrer Beurteilung zusammentrageD
zu wollen, sie interessieren uns hier nur so weit, als sie die von
andern gelNrochenen Baiuteiiie b^ueD, suBammengetragen und
zur Legung der aUgemeinen philosophischen F\mdamente unserer
WissenHchaft verwendet haben. Dabei mufete der besonderen
Verdienste eines jeden gedacht werden, aber eine ringeliende Be-
traclitung der Schriften und der Bedeutung Quesnays und Smiths
w>rd noch manches aus den ^vis8en8chaftliellcn Bestrebungen der
Zeit lierani^ielu n niiissin, was hier keine Erwalinung gefunden li.it.
Viel naher als die Erörterung der Verschiedenheit der Lehren
QueanayB und Smiths liegt uns die Beantwortung der Frnge,
welches auf Grund der gemeinsamen philosophischen Orundlagen
der gemeinsame Charakter der französischen und der englischen
politischen Ökonomie des 18. Jahrhunderts sein mufste.
Erstens konnte sie nicht jiTubrs lüs individualistisch
sein. Kachdem I^cke den IndividnaÜsnniR entfesselt hatte,
welcher im modernen Katurreeht durcl: (irotius, llobbtö, Bujen-
dorf gebunden worden war^ naciideiii man nun im Staate nichts
sah UB den Schützer der Freiheit und des £k;entum8 freier
und rechtlich gleicher (nur der Subordination der natilrlichen
GeseUschaft unterworfener) Individu( n : da war es den Begrün-
dern unserer Wissenschaft, welche sich aus dem Naturrechte ent-
wickelte, fast unniflp:lich, die Volkswirtschaft artdcrR aufzufassen,
denn als die Summe von nebeneinander bestehenden, von-
einander unabhängigen und nur dureh das g<*Ht llsel)aftliclie System
der Arbeitsteilung miteinander verbundenen l'r i v a t w i r tsc ha f-
ten*. Diese auf dem Boden des Naturrechtes emporgewachsene
Ansicht erhielt dann eine Reihe von Sttttsen in der Psjchologie»
Ethik, Naturphilosophie.
Mandeville, welcher das Wirken ftlr andere t\lr eine Tugend
hielt, ^v• Iche nur von wenigen Menschen geübt wUrde, wies die
nnj^eiieure wirtschaftliche Wirkungsfähigkeit des psycholo-
gisciien Kaktorö der Priv\^twirt8chaft nach. Der menschliche
Eigennutz schaffe nicht nur fiir sicli , soudem auch für andere.
Mandeville w»r weit davon ratfemt zu glauben, dafs dem mensch-
liehen Eigennutz alle Interessen der Gesamtheit übeHassen wer-
den könnten, die Ideen des Merkantilismus sind in ihm noch
mHclitig, der Staatsmann und die Handelsbilanz spielen in seinem
"\\ erke eine frrnfse Rolle. Tminerhin hatte er überzeugt, dals die
privatwirtsehattliehe Urj^anisation der Volkswirtschaft die ein-
zelnen und den Staat mit dem grüfsten Teile der bedurften wirt-
schaftlichen Güter versehen könne. Aber noch konnten Zweitel
darüber entstehen, ob denn dies Walten des Eigennutzes auch
sittlich erlaubt sei; MandeviUe hatte es verneint.
I Diese Autfafisung hatte u. a. die Folgo. daf» A. Smith das National-
kapital för die Summe aller Privatkapitale hält: „Capital of a society,
which 18 the saiiie with that of all ths individaals who oompose it."
B. II, €hap. 3, p. 94.
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171
Da erscheint neben ihm Shat'tesbury als der Vorkündiger
der inofUrnon sittlichen Lebensanschauung. Organisch kt seine
AuiYasoung de« Weltalls und der menschlicnen Gesellschaft, aber er
nucht wie Locke Tor ihm und aeine Sclilder nach ihm doch das
Indiyiduum zom Ausgangspunkt seiner Ethik. Und er lehrte^ /
dafs der Erwerbatrieb , wenn er die socialen Triebe nicht unter-'
joche, keineswegs zu tadeln sei und sich mit der Tugend seJir
Tvohl vertrage. Er stellt schon die Behauptung allgemein auf,
dn's die öffentliche wie die private Wohlfahrt durdi die wirt-
li;ittliche Emsigkeit befördert werden. Es entspricht also die
unvatwirtschat'tliche Organisation auch den Geboten der natür-
fichen Sttdichkeit Wie sich seine Philosophie über Sehottlandy
BVnkreich, Dentschland yerbreitet, erwacht Überall der Hais
giegen die Selbstsucht, aber auch die freundliche Stellung an einem
gemä/sigten Triebe nach irdischen Gütern Dieser vertrug sich
auch gut mit dem Princip der WolfFschen Ethik denn zielte
der Exwerbstrieb nicht aut die Vervollkommnung^ des Einzelnen
und der Gesellschafl hin? Was aber noch wichtiger i^t, die aus
dem Ganzen des Systt mes gelöste Ansicht von dem Wert eines
gemälsi^en wirtschaftlichen Eigennutses berUhrte sich fireund-
schafUidh mit der Theorie des wohlverstandenen Selbstintcrcsscs,
wie sie von Helyetius ausgebildet worden war. Auch er lehrte, dafs
das Selbstinteresse nicht notwendiger weise dem allgemeinen In-
teresse feindlich gegenüberstehe. Sei dies der Fall, so tra^^e der
Oesetzgeber die Schuld, denn er könne die Menschen durch Be-
lohnungen und Straten auf eine Hnhn zwingen, auf der sie
das öffentliche Wohl zugleich mit iluem privaten befördern
mllfsten.
Aber nim stolsen wir auf einen Punkt, wo sich die GefUUs-
ethik ShaAesbniys von der Lehre des Helvetius scharf scheidet,
aber einer privatwirtschaftlichen Auffassung der Volkswirtschaft
noch freundlicher wird. Sha^burv hatte unter dem Einflufs der
' VfriHldt. vergeisti^jt tritt der dniml-^odunke Shaftcsburyp mit der-
selben WcnUuiic^ gegen politische Tbeorien| z. B. bei Goethe auf. „im
politibchtu Felde schien er nicht viel auf die so beliebten Konstitutions-
«Morien sn geben Er kam hier auf seine Lieblingsidee, die
er brinals wiedorliolte, nämlich dafs jeder nur darum be-
kümmert öeiu Sülle, in seiner speziellen Spbure, grofa oder
klein, recht tren und mit Liebe fortzuwirken» so werde der
all^ cm c i II «' Xut/.t'ii ;iuch unter keiner Kegierungsform aus-
bleiben." Als ihm der Fürst Pückler-Muskau da« Beispiel Englands
vorfallt, am die Notwendiffkeit einer Konstitution zu beweisen, antwortete
der Dicbter-Stflatsmani) : Jüas Beispiel sei nidit zum Lrsten ucwahlt, denn
in keinem Lande iH-rrsch'' eben Egoismus mehr vor, kein Volk sei wesent-
lich inhumaiii^r in politischen und Privat Verhältnissen. Nicht von
anfsen herein durcii ßegierun ^"^torm käme das Heil, sondern
von iiineu lierau» dtirrli nA^e IJeschränkung und Iv^jicheiden*' Tliiitii.'kcit
eines iedeu in seinem Kreise. Dies bleibe immer die Hauptsache zum
QwnaeAÜeben Glttck nnd sei am leichtesten und einfiichaten zu erreichen."
BlidiB eiaee VenHorbenen, IlL Teil, 2. Anfl. ätnttgart 1836. p. 16.
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172
X 2.
englischen Natui'philosophie die Seele £Ur eine ron Gott kon-
struierte Maschine zur Auswirkung der aUgemdnen Olttckseliekeit
'erklärt und Smith entdeckt in dem sittlich beherrschten Selbst-
- Interesse da.s Rad, welches die Uhr der Geaellschaft auf wirt*
schaftliche Harmonie und (jil Uckseligkeit stelle.
Damit war die priv.itwirtschaftHche Auffassung der Volks-
wjrtschaft allseitig be^^iundet: rechtlich, psychologiscb , ethisch,
metaphysisch.
Jiald sollte der Individualismus in Atomismus umschlagen.
Von den Pbysiokraten und Adam Smith war die mathematischd
Methode, wenn auch durchaus nicht immer streng und auch
nicht ausBchlietsUch an i^e wendet worden. Ihre konsequente An-
wendung setzte die Annahme eines universellen, l)c«tilndig wirk-
) samen, erleuchteten Srlbstinteresscs voraus. Ricardo schritt hierzu
fort, und nun war die \'olks\rirtschaft ein Mecbaniöum.'» von VVirt-
scli.itl^atöincn , den Trägi;rn der Kraft Eigennutz, geworden.
Kuu küuute man die Volkswirtschaft beschreiben aU ein Aggre-
gat von an wirtschaftlicher Seelenkraft gleichen Individuen, die
überall und fortwährrad ihr Privatinteresse verfolgen. Jeder-
mann versteht sein Privatinteresse besser als ein Fremder, und
niemand versteht irgend etwas besser als sein Privatinteresse.
Die Volk.<wirf<r1nft.^lehre der Quesnay und .Vdam Smith ist
aber aiit dicscni iStantipunkte noch nicht angelangt. Den Be^^'flT
der rrlcichlieit kann mau, wie mir scheint, nicht in ihre Systeme
I autnehmcn. Dafs sie die Privatwirtschat t reelitlich nicht für
^eich hielten, geht wohl daraus hervor, dals sie für eleiohes
Recht kämpften; dais sie ihnen Ökonomisch nicht dieselbe
Kauf- oder Erwerbskraft zuschrieben, ist sdbstverständlich .Auch
glaubten sie gewifs nichts dafs, wenn einmal die rechtliche ( fleieli-
heit hergestellt sein würde, nun die vf5llige ökonomische Gleich-
heit eintr( tcn oder der Erwerbstrieb bei allen Menschen dieselbe
Kraft erlangen würde. Mercicr de la Rivij^re meint, die ^inei^a-
lit(i des conditions" sei „dans Tordre de la justice Dar eüsence".
Die Ungleichheit entspringt nach ihm dem ^tourbiUon des ha-
aards", aber vonsusswcise den „nuances prodigieuses cmi sc trou-
vent entre les &ci9täs nteeasaires pour acqu^rir*" ^ Und in dem
glänzenden Genüllde, wcMies er in dem Schlu&kapitel seines
\Verkes libi r die Olücks' ligkeit im Reiclu- der natürlichen Ord-
nung' entwirtt. sa;;t er nur, dals die kras*>cn (»konoinischen Un-
gU ichheiteu sich mindern würden, .,./e ne sais , heilst es weiter,
„si dans cet ötat nous apercevons des malheureux; mais s'il en
est, ils sont en bien petit nombre; et celui des heureux est si
Srand, que nous ne devons plus dtre inquiets sur les seoours
ont ceux lä peuvent avoir besoin"-.
Adam Smiths Ansicht von der Gleichheit der Menschen im
' I. 1.. 24.
' Daire, II, S. 630.
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X 2. 173
;(llL^f'!>if iiif n und der wirtschaftenden im besondern ist früher so
ausiuhriich dar{:^ele^^ worden , dafs icli dem Leser die Wieder-
holung des Bekaiioten nicht zumuten will.
i5a Queanuy wie Smith durch so viele Kräfte in eine privat-
wirtochaftliche Atiffiusung der Volkswirtscbaft hineingedrängt
Warden , so konnte die organische Theorie, welche von Quesnay
entwoirfen, von Adam Smith in allem wesentlichen angenommen
worden war, nicht zu ihrem vollen Rechte kommen.
Km zweiter Charakterzug drr französisch-englischen poli-
tisclicn Ökonomie des 18. Jahrhunderts, welcher in dem Vorner-
gehenden schon angedeutet wurde, aber noch eine besondere Er-
wähnung verdient, ist der unbegrenzte, gläubige O p t i m i *» m u s. ^
Die Übeneugung wird diesfeit und jenaeit des Kanals aus-
gesprochen, dals von Gott dne Ordnung, eine Harmonie »wischen
den Interessen yerschiedener Länder vorgesehen sei, welche so-
fort erscheinen werde, wenn die nattlrlichen Rechts- und Sitten-
gesetee erkannt, verkiiTidi^'t und befolgt wtlrden. Ys ist die
Harmonie des freien, mir den Forderungen der Gerechtigkeit
unterworfenen \'erkehrs zwischen den Privatwirti>chaften der ver-
schiedenen Länder.
Sie tritgt also drittens einen wesentlich kosmopoliti- /
sehen Charakter: das Naturgesetz ist nicht blols für ein Land,
sondern flir alle Länder und fUr alle Zeiten gegeben. Welcher
Widersinn, dafe der Schöpfer für verschiedene Völker und verschie-
dene Zeitilter verschiedene Gesetze gegeben haben könne ! Wäre
das nicht ein Zweifel an seiner Weisheit? Kr, der das ganze Welt-
all nach Oertctz^n eingerichtet hat, die seit Jahrtausenden ohne
sein Zuthun in deräelben W eise wirksam tünd iuul immer wirksam
sein werden, sollte die Gesetze der menschlichen G^esdlschaft
nicht ebenso weitBchoaend filr alle Zeiten und Völker haben an-
richten k niK n? Und ist die menschliche Natur nicht im wesent-
lichen uberall dieselbe? Sucht sich der Mensch nicht überall
zu 'M'! i:\lten und sein Oese hleclit fortzupflanzen ? Strebt er nieht
überall nach Genufs und Erwerb? Treibt ilui die Konkurrenz
nieht zur Anspannung aller seiner Kriiite? Muis er nieht arbeiten,
um zu ei^en.'' K^ipital ansammeln, um zu produzieren? Hat
er sich nicht Überall einer staatlichen Gewalt unterworfen? Ist
mcht überall das Privateigentam eingeführt? So mögen also die
positiven Gesetze der verschiedenen Länder m unwesentlichen
Punkten voneinander abweichen, die allgemeinen Bestimmungen
des NatiuTcchtcs in Beziehung auf Ort und Zeit, Art und \\'eise,
I'orm und Formalität präeisieren, aber im wesentlichen müssen
sie gleich sein. Mehr räumen die Naturrechtslehrer dem Grund-
satz der Relativität nicht ein ^
^ II ^ a bien des choses que le Droit Naturel prescrit seuictnent
d'une mauierc g^o^ralc et ind6tennin^e en sorte (|ue fe tems, la ms-
niire, le lieo, i'application 4 teile et teile perBonne et autres cii^
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174
Das wesentliche aber ist viertens die Herstellung der vollen
wirtschaitliclM'n Freiheit und die Sicherheit des Eigen-
tums. Smith denkt nicht so optimistisch von der otaatlicheu Ge-
setzgebung wie die fVanzosen, audi erkennt er die Schwierig-
keiten, welche der Einführung der liberalen GeeetEgebung ent-
gcigenstehen, aber in der Fordemng Btimmt er mit den Fnmoaeik
ttberein.
Diese Forderungen werden nun fünftens mit hohem sitt-
lichem Ernstp. jfl mit Fanatismus» vorc"etra^t'n. Denn was
die National« jkunomen verlangen, ist die Verwu kliclinng der gött-
lichen Ordnung, die EriuUung der ewigen Gerechtigkeit.
Mit welcher EntrQrtaiijB; bekUnoft Dupont de Kemoun die Aus-
fassong J. B. Sajs, die politiscne Ökonomie sei „la science des
richesses! Elle est la science du droit naturel appliquo
comme U doit l'etre, aux soei^tös civilis<ies/ Cnd „L'economie
politique est ceile de la justice 4clair^e dans toutes Ics relations
sociales int^rieures et ext^rieures". Sie lehrt, was die Regierungen
^ne doivent pas i)Ouvoir devant Dieu, sous pcine de inöriter
ia haine et le mi prib des hommes, le detroneraent pendant leur
vie, et le fouet sanglant de Thistoire apr^ leur mort"*. Und
wer erinnert sich niät der Zomausbrttcfae Smiths ttber die Ge>
setze, welche gegen die natürlichen Rechte des Menschen yer-
stofsen! Diese Seite empßingt ihre Beleuchtung von der That-
stache, dafs das Natnrrecht der 1 'hy«?iok raten und Sraitlm sieh an
die Loekesche Theorie anscliiols und diese auf der Grundlage
der stoischen Lehren stand.
Mit diesem iiohen .sittlichen Seliwunge scheint sechstens
die materielle Gesinnung unverträglich, welche aus der jungen
Wissenschaft hervorblickt. Aber wir haben firüher ausBuftdtfen
gesucht, in welchem Lichte wir diesen Charakterzug lietraditen
müssen und es schien uns, dal's Quesnay und Smiüi eine ent-
schieden ethische Richtung v^olgten.
constances semblables sout laiM^ k la volonte et & Ui pnidenoe de
chacun. T-es Loix CivLIes reglent eucore tout cela. Weiter gäbe es
Handlungen, die nach dem Natunecht fortan frei stehen, dennocli „il est
bon de les rdduire k quelque uniformite: le» loix civiles prcaciiveut cer-
taines formes et formalit^s . . . teh sont les testaments, les contracts."
Pnfondorf. Lm Itevoirs. II, p. 872. Nmli Hutche^ion ist es die Auf-
gabe der büigeriicheu Gesetze, I. to contirm tbe laws ot uature by seeular
peoalties . . ., 2. to appoint the beBi forma and circumstances of all con-
tracts, dispositions etc., flu v should dirnct a pooplc in the best wjiy
of using toeir rights, both l'or the ])ublick and private good: limiting them
to the most pruaent methods ot u^riculture, manufactures and commerce.
4. . . . And roust in like manner detennine roore precisely what the law
of nature onlcr« with ;:rf'at«T latitude, a. a. O. II, |>. o27.
Ö'il peut }' avoir dea dillV-rences, ce n'est ponit dana les lois qu'il
COQvient de donner k ditierents peaples. mais aans les moyeas de
ramener h i ch mßmes loix . , . LXaire, II, p. 526 Aiimorknng.
£s herrscht also im deutscheu, englischen uu4 französischen Natur-
recht Uber das Prinxip der Relativität die vollste Überebutinimung.
1 Daire, Physiocrates, 1, p. 397.
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175
Es wUro oin 9 »nflcrbares Unternehmen, wenn ich mm fV\Q
Eigenöchartcn auttüliren wollte, weicht" die politisch«' Olconomie
^es 18. Jahrhunderts nicht besitzt. Und deiincjcii muls ich zu
üirer volL>tändigeu ßeächi*eibung eine der fehlenden Qualitäten
beMidmeQ: ne ist unhistoriach. Han wird wahnohdiilich
•die Bicbtigkeit meines Urteik für den PhysiokratismuB zugeben,
aber meine Behauptong, Boweit sie Adam Smith trifft, entscin'eden
1 streiten. Zum Beweise wird auf den Reichtum historischen
Älutf^ri vis, geschichtlicher Ausfilhrungen, sociologischer Retrach-
tungen im nationnlttkonomisclien Werke verwiesen wer<len. Diese
sind in der That so betraclitHch. wertvoll, iimfan^4 reich, dafs bei
Bagehot und Delatour der Gethinke entstehen konnte, Adam
Smith habe eine Geschichte der Civilisation geplant. Aber die
Entgegnung übersieht den Punkt, auf den es ankommt. Ge*
schichtliche Ausführungen geben und gesdiiditÜcli ( iimfindcn und
denken sind grundverschiedene Dinge. Dieser Punkt kann im
RahraeTi dieser Schrift nicht genügend dargestellt werden; ich
will ihn an anderer Stelle beleuchten und be;:;nriic^e mich mit
Folgendem. Historische Kopte unter den Engländern, welche vor
1789 schrieben, waren liuuie, 8teuart, Ferguson; ich vermag die-
sem Zuge Adam Smith nicht anzureihen. Er wurde von der psycbo-
logiach- historisch -sociologischen Bewegung des 18. Jahrhunderls
giewiis stark ergriffen, aber das Gerüst seines Geistes wankte nicht
und blieb rationalistisch. Zwischen Rationalismus und Historis-
mus aber gähnt ein Abgrund, den man erforschen, aber nicht
überschreiten kann.
Ks ist bekannt, dafs die wissenschaftliche Reaktion gegen
den philosophischen Geist der französischen Revolution die heftigste
Feindsei igk' it <^e'^en den Rationalismus auf nllcn Gebieten ent-
fesselte. Kr war zeitlich bf^Tcciitigt, wisse nseiiatdi li bedeutend,
prnktigich fruchtbar gewe.^eii, wo er dem Zweekmaisi^en zum
Durchbruch verhalf. Wo beianden wir uns jetzt, wenn diese
Geistesrichtung die geistige, sittliche und materieUe Kultur nicht
ao machtvoll gefordert hätte? Aber ihr Ausgangspunkt war
fehlerhaft, ihr Charakter einseitig und fanatisch, in iluen letaten
Konsequenzen zeigte sie sich anflOeend und zerstörend.
Instinkt, GefUhl, Phant'isie nmfsten die ihnen zukommende
Stellung' gewinnen ; das historisch (Gewordene in iSprache, Sitte.
Gewohnheit, Recht, (ieselLschaft und Stallt die Autoritiit erlangen,
welche ihnen gebührte; der Begriff der Entwicklung mul'stc in
aeiner Reinheit erkannt, das Recht des Besondem und des
NationaleD im Gegensatz zum Staatlich -Allgemeinen und zum
Kosmopolitismus verteidigt werden.
In der Theologie, in der Philosophie, in der Jurisprudenz,
in der Geschlchtschreibong, in der Kunst ist ein gemeinsamer
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176
X 2.
negativir und positiver Zu^ nicht zu verkt-nnen. In unserem
Vatt rlande tVilgt die Zeit, wo Scheiermaclier die unversioLdvire
Quelle der Religion im Gemüte aufdeckt, wo »Schölling die rii.inuu>ie
gevviüdermalsen zum Organ der Philosophie macht, wo die Roman-
tiker, von dem Dufte des Besonderen angezogen, in ferne Zeiten
und Länder schweifen, eich gleich heimisch in der Ober- und
Unterwelt zeigen, eine ausgeprilgte Vorliebe fUr alk« Nicht-
Vontintlige an den Tag legen und '^c^vn Schiller, den dichter»
ischen Vr-rtrcter der Ideen des 18. Jahrhunderts, einen natürlichen
"Widerwillen cmptindfii. Ks fbl^t die Zeit, wo man den (Organis-
mus dem MechanisniUi» mit aller Kraft entgegensetzt, wo di<i
mittelalterliche Kunst und die mittelalterliche Welt-, iStaat^j- und
Gesellachafbanschauung wieder erweckt wird, wo die antike
Staatsidee der besten Zeit tieferes Verständnis findet, wo Nie>
buhr, Savigny, Eichhorn, Grimm, Dies, fiaur und andere den
deutschen Geisteswissenschatlen ihr Gepräge geben und ein
architektonisch grofsartiges, den Schönheitssinn packendes, mit
historischem Geiste erfülltes, phflosophiseli» s System in Hegels
Panlogismns ersteht. Und selbst in (U n Xat^r^^^ssen•^ehat"ten zeigt
sich das veränderte Zeitalter. Neben der exakten Forsehung
blühen die vergleichenden historischen Disciplinen, wenn dieses
i Heiwort gestattet ist. Es folgt die Zeit, wo der Optimismus der
Weltanschauung Newtons und Shaftesburro durch den Pessimia-
nius Schopenhauers, der Optimismus der rhjsiokraten durch den
( Optiniisnius der Sozialisten und die Tdeologie des 18. Jahr-
hunderts durch den Dar>vinisniU8 abgelöst werden ^ Und schon
ist das Zeltalter des l'ositiTismua in FVanloreich, Deutschland und
England angebroehen.
l'riUiere Ausführungen schützen uns dagegen, ais ob wir
glaubten, dafs dieser Unisehwung ein plötzlicher gewesen sei.
Wir erwähnten, wie sich schon im 18. Jahrhundert Instinct und
Geftlhl gegen die kahle Vernunft erhoben, wie sich eine psycho-
logisch-historisch-induktive Methode Bahn zu brechen suchte, es
ist bekannt, da(s nicht alle Deistcn und ScIiüUt Shaftesburys
Optimisten waren, dais es im IH. Jahrhundert einen naturrecht-
licnen Sozialismus gab, dafs die Idei; der Entwicklung durch die
epikiirei>eiie Sociologie gefördert, in Voltaire, Turgot, Oondorct t,
Lumai-ck lebte Wir vvis-cn, dafs schon im I^. Jahrhundert die
schöne Litteratur neue liahncn beschritt und wahrscheinlich durch
Montesquieu, am meisten aber durch Roussciius- Entgegensetzung
yon Natur und Kultur beeinflulst, die Schönheit der freien
* K.'uits Kritik der Hcweise für das Dasein (rottPSi, die Aufdec kunr,'
des Kampfes uin's Dasein im I^tiHiizen- uud Tierh'beu, die Erklünuig der
ZweckiniifMgkeit ohne Aunuhme eines Zweckes wirkten zusunmeD, um
den ^tiinisinus des 1 ^. faliiliuiKh rts j.u «n'lr/.en. Der ihm widersprecbfn-
den Toatsacheo waren äicii hir\ orragundc Geister wohl bewufst. biebe
Hutcheeon, a. a. O. B. I, Kap. 9.
* Panlscn hringt ihn m eine feiuttnnige Beziehung za den modernen
Pessimisteu, a. a. O. 1, p. 120.
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X 2. 177
Natur, die Poesie des Getlihles und der Leidenscliaft. den Reiz
und den \\ ert des Volkstümlichen, die Eigenartigkeit dea I' reuideo
entdeckte. Aber was sich im vorigen Jahrhundert mit Mühe
flcan Dasein gegen feindliche Gewalten erkllmpfte, kwere oder
engere Verbrndungen mit Fremden eingehen mul'ste, dann
allmählich immer stärker und umfangreicher wurde, das breitet
sich nun behaglich allseitig aus, befreit sich von den anhaftenden
Umsch!ini];^iin2:pn und erkennt im Bilde des besiegten Gegners
das ti^uiie Wesen deutlicher.
Es konnte nicht fehlen, dafs auch die politische Ökonomie
vom Hauche des neuen Geistes berührt wurae. Denn da sie so
innig mit der Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts Ter-
"wtuamea war, so mnlste sie in den Sturz des Alten verwickelt
werden. Der von dem Naturrechte untrennbare Teil der Wissen-
Schaft) die naturrechtliche Politik, fiel zuerst und scheint wenig-
stens in der Wissenschaft , wenn auch nicht im L(>hen , zu den
Toten geworfen. Nur dafs hier und da noch ein unklarer Kopf
seine Sozialpolitik auf dem Sandhauten naturrechtlicher Ideen
aufbaut. Wieder ein wacher Traum der Menschheit war vorüber ;
das einzig Wesentliche an ihm waren ein Bedttrfiiis und ein Geft&hl
gewesen, welche sich über den Emst des Intellektes lustig machten.
&e Notwendigkeit der Reform der theoretischen Nationalökonomie
Im Geiste des 19. Jahrhunderts wurde lange Zeit ziemlich allge-
mein anerkannt, aber in den letzten Jahren hat sich eine rück-
läufige Strömung gezeigt, deren Vertreter sich jedoch teilweise
über den wissenscliafiHchen Charakter ihres Schaffens im Un-
klaren befinden. Interessant ist es jedenfalls, dafs, wahrschein-
lich mit der Keubelebnng der Scholastik sosammenhängend, das
Natunedit ebenfalls wieder Boden gewinnt und eine deutsche
theologische Richtung, wie ihre Gegner behaupten, von dem kan-
tischen Rationalismus angesteckt ist.
Wenn aber die Geschiclit^' unserer Wissenschaft ihr Ent-
wicklung^^setz aufdeckt, dann darf man überzeugt sein, dafs
nur diejenige Nationalökonomie die Zukunft für sich hat, weiche
mit dem pliilosophischen Geiste der Zeit fortschreitet.
Forscliuag^n (43) X 2. - ÜMbacb. 12
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?Ut«^K\» HoflmolidrttelCMti. Stopbaa 0«tWl * C«. in Altmbttt.
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Ptorer'»che Hofbaohdrackmi. Strphm 0«ib«i * Cn. in Alteobsif .
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Vertag von DUNCKER & HUMBLOT in Leifizig. <
r
Das I
englische Arbeiterversicherungswesen.
Geschichte seiner Entwickelung und Gesetaq^ebung.
Von \
WUhelm Hasbaoh. V
1883. Treib 10 M.
Diiiiiir eioip Mäiei des MI& vä k YolbwirttecbafL
Von
Ouftav Schmoller.
m&, Preis 2 M. 40 Pf.
Die Auf||aben der KuKurgeschichte.
Von
Eberliard Oothain.
1889. Preis 1 M. 60 H.
Die {(lassische Nationalökonomie.
Vortrag gehalten von
Lujo Brentano.
1689. Preis 1 M.
Die leuestei MMße der DatiOMlteii^^^^ TM.
Von
Emil 8ax.
1889. Preis 1 M.
Maurer, Geschichte der Markenverfassung. (Ladeupr. 8"-' & M.) 5M.
Fronhüfe. 1 Bde. (35Vs M.) 19 M.
DorfVerfassiing. 2 Hdc. {\4^ & M.) ö'/« M.
Städteverfassung. 4 Bde. (46'/» M.) 24 M.
liefert
Kerler's Antiquariat in Ulm.
Pltwt^lw li«fbii«Unckml. fitepbu Mellwl * 0». in AltoftVwv. (^'git'zed by Googk
gen.
Herausgegeben von
Gustav SclimoUcr.
Band X.
Heft 3.
Beiträge
zur
der
vereinigten Mederhinde
1 m 1 7. n II (\ 1 S. .J }i h r h \\ n der t.
Von
Dr. phil. Otto Prlngshelm.
Con^idort» «lunn Hon liiittoire geii^ralv,
aucuii ix'uplo u plii.H jiiiitt.* titrc «{ue i-cliii
<U< la HuIIuihI« nu m^rite, d'etrv uppt^lö
»sraiHl.
KecluB. N'ouvt'Ilt» geofrraphie
uiiiviTJ»«"!!»' IV.
1?,
Leipzis
lIE Verlag von Duncker & Humblot
1890.
GooqI^
Staats- und socialwisseiischalbliohe
Forschungen
herauHgegebeu
Gustav Schmoller.
Zehnter Baud. Drittes lieft
(D«r gunn Bailu Tl«ui4vi«nifilM Heft.)
0. l*ringsht'ini, ßeitra^2;(' zur wiitschaltliihon EntÄ'ickehinpsfreschichte
der vereiuigten Niederlande im 17. und 18. Jahrhundert.
Lelpilgy
Verlag von Duncker ft Hnmblot
1890.
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A
Beiträge
rar
der
vereinigten Niederlande
im 17. und 18. Jahrhundert
VOD
Dr. phil. Otto Pringsheim.
Coiisidt ir (lau-, ■^i ii liistoiro t;»'n(!'ri 1»,
»ucun peuplu ä plua juüt« titre qua oelui
d« U HoUaiid« im ntril», d*«tr* i«p«l«
B«elttt, K««f«]I« g«08T»phi»
VBiraxMll« nr. 186.
Leipzig^
Verlag von Duncker Humblot
1890.
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Vorwort.
Die n irts( iiaftlii'he Entwickelung der niederländischen
Kepubiik ist in Ueutachiaiid noch nicht zum Gegenstand einer
wissenschaftlichen Bearbeitung gemacht worden. Diese Lücke,
ftuf die mteh aufineritsam sa machen Herr Professor Soliitnoller
die Güte hatte, macht sich dem Historiker um so bemerkbaret,
als im 17. Jahrhundert, der Zeit, die der Menschheit Ehre
macht (1 fi]>]aoe), die Holländer bekaantermaTsen eine fHbrende
KoUe spielen.
Als ich mich nun an die Lösun^r der hezeiehneton Auf-
gabe machte, stellte sich bald heraus, daib ohne lan^ähnge
Ät^trstiidien eine Oeiehichte dea niedenändkehen Wirtadiaiv*
lebens nicht zu ichreiben sei. Fttr diesen Zweck reiclite daa
Material, das ich während eines kürzeren Aufenthalts in Hol-
land sammeln konnte, nicht aus, wohl aber bringt die auf
Grund desselben verfafste Arbeit wenigstens die Hauptmomente
jener Entwicklung zur DarsteHung.
Von deutschen Vorarbeiten kam nur in Betracht das be-
kannte Werk von E. Laspeyres: Geschiclite der volkswirt-
schaftlichen Anschauungeil der Niederländer zur „Zeit der
Republik". (Preisschrift der Fürstl. Jablonowskischen Gesell-
scnaft) Leipzig 1803. Obwohl dasselbe neben der G^esckichte
der ökonomischen Theorieen auch die diesen zu Grunde
liegende?n Thatsachen darstellt, so geschieht diea doch Tiur
beiläuiig und nur zur Erklärung der erstem. Dabei bleilx n
wichtige Wirtschaftsgebiete unberührt und namentlich die so-
ciale Seite des Gegenstandes wird ganz yemachlässigt, auch
gehen die leitenden Gesichtspunkte häufig in einer Fülle
▼on Details yerloren. Ich habe meine Darstellung auf die
von Laspeyres wenig oder gar nicht besprochenen Punkte
)H"i<-hränkt. Verlor die Arhoit hierdureli den Vorzug epischer
Breite, so war gedrängte Kürze bei eioem^ Gegenstand nicht
VI
Vorwort.
unangebraclit, der, wie mir >rli('int. durch die grofse VVeit-
läuügkcit der bisherigen BeiiaiuUung am mciäteu an Interesse
eingebtlfdt hat.
Als Beispiel einer ebenso chronistenhaft redseligen wie ten-
denziösen Bearbeitung unseres Themas ist das Buch des Ad-
vokaten Elias Luzac „Der Reichtum Hollands" zu erwähnen.
A\x Ende des 18, Jahrhunderts anp^csiehts des Verfalls des
nie<lerlUndisehen Handels und der Iiulustrie, das Naehdenkcu
Uber die Ursaeheii dieser Erscheinung^ erwachte. tr>l)te im
Lande ein heftiger l^arteikauipf. Wenig bemüht um histo-
rische Wahrheit, suchten die Schriftsteller joner Tage in der
Vergangenheit nur, was dem Hause Oranien-Nassau und seinen
Gegnern zum Ruhm oder zur Schande gereichen konnte. Ob-
w^ohl daa Buch des Luzac am meisten nach dieser Richtung
fehlt, hat es bis auf den heutigen Ta<r ein unverdientes An-
sehen behauptet und namentlich die Au^chauungen deutscher
Historiker vielfach beeinflufst ^
Die holländischeu Citate im Text habe ich meistens über-
setzt, dagegen glaubte ich die urkundlichen Beilagen in der
Ursprache wiedelgeben zu müssen. Nur bei der letzten Bei*
läge Nr. 6 wurde eine Ausnahme gemacht, weil hier das
Original in einer gedruckt- ii Quelle eingesehen werden kann.
Bei den archivaliselieii »Studien, die ich zum Zweck dieser
Arbeit anstellte, fand ich in Holland die liebenswürdigste Auf-
nahme und Unterstützung. Zu besonderem Dank verpflichtet
bin ich dem Commies-Chartermeester Herrn J. H. Hingmau
wie den übrigen Beamten des Reichsarchivs, Herrn Tiedman
von der K<»nig1ichen Bibliothek im Haag und Herrn Mr. N.
de Roever, Archivar von Amsterdam.
Breslau, Oktober 1890.
Otto Fringf»lieim.
* Eine nicht scbtncichelbafte Kritik des Luzac giebt F. A. Liider:
Oeselrichte des hoUSndisehen Handels. Leipsig 1788. Vorwort.
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Inhaltsübei*sicht.
Einleitimg. smu
IMe Skonomtsehe Entwickelung der Niederiande, erklärt aus der
unveränderten Beibehaltung der Principien d^ mitteUlter-
licben StadtwirtBcbaft 1-^
Sntee Kapitel.
Entwickelung des uederttndifleheD Hendela im 17. und 18. Jabr-
hundert 10 — 24
Umfiing des niederlindischen Handele nach Pethr und Kluit . . 10
tTnrlchtige Auffassung von Laspegrres Aber die mtwickelnag des
nipfjfrliindischpn Handels 11
Kelative lilütc des niederländischen Handels bis 1780 .... 11
ZoUeinnahme der AdmiralitSten 12^14
Übergewicht des euroj)äi8clieii Handels der Niederlande fiber den
tibeTBeeiscben VcrJiebr 16—17
Die Ostsee als wichtigstes Haadelsgebiet der Holländer .... 17—18
Bedeutung des Sundes und des Sandsolls 19
Zollerhöhungen Dänemarks . 90
Tertrag von Christianopel 81
Ablösung des Sundzolls 22
Niederländische Politik im dänisch-schwedischen Kriege l'i^T— 1660 22
Geringere Hedeutung des Sondzolls im 18. Jahriiundert Kulsiauds
\ orrücken an die Ostsee 28
Ver£tll des niedeiliUidiseben Ostseebaadels ........ 24
Zweites Kapitel.
Die Onnuiisation des Handels. Die grofsen Compagnieen . . 2ö
Die KoDegien Gar denLerantebandefand den rassiMben Handel 26—28
Drittes lapltel.
Entwickelung der niederländiseben Induslrie im 17. and 18. Jabr*
hundert 29 — 89
Vorberrscben des Kiembetriebs in der Industrie bis sumletzten
Drittel des 17. Jahifannderts »-91
(Je werberechtliche HindemissederErrichtunggrofserMtinufakturen 82
Eiuflufs der französischen R^fugi^s auf die Juitwickelung der In<
dustrie S8
Beispiele von Grofsbe tri eben seit 1688 84
Verfall der Industrie seit IISO 85
Grunde des Verfalls. Hohe Arbeitslöhne. Gründe, weshalb die
Verlegung der Fabriken auf das platte Land unterblieb . 86
V«vuche zur Hebung der Industrie in der zweiten Hftllte des
18. Jahrhunderts 87
Haogel an BohatoÜBnin den Kiederlandea. Die SSnflibr von Bob-
seide imd die OBtbdische Compagide 88-^
YIII Inhaltsabenicbt.
Vierte« Kapitel.
Sfitt
Die Gewerbevr-rfassung in den Niederlanden. 40—47
Die Gilden in ihren vefscbiedeneu politischen und wirtschalt-
liehen Funktionen 40
Obricrkeitlicho VerordnungeD bebufr Siduumag eiiMr girten
'Qualität der Ware» 42-4^
Die mllefi derTextilindustrie, die Saj- and GrriinhaUeiii Leydflii 44
1^ hHusindastriellen Ordnungen des 16. Jahrbimdeite. Ihre
8<)cialpolitit)che Bedeutung 45
Organe tur Beaufsichtigung, der Mmaftktareii 46
Mugel w Einiiehtaiigai «ir F6iderang der bidortrie im aU>
geneineD « 47
FBnfte» Kapitel.
Die Lage der nieder! knciisc-hen Arbeiterklu^i^e während des 17.
und 18. Jahrhunderts 48—56
Qewerbercclit und r.pwprbrpHÜzni in den Htaden der tttedtp
nicht des ätaats. Hecht auf Arbeit 4Ö— 4»
AiMaieit, Somitagserbett Nachtarbeit 46—50
Lohiisiitzo. SchifTbaurr, Tuchachenr, Bauarbeiter eto. . . 50-52
Ernährungsweise der Arbeiter 53
Wohnungsverhältnisse 54
Frauen- und Kinderarbeit 55
Organisation en der Arbeitor, die Knechtsgildeu 56
Die Organisation der Torf- und Komtrfifer 57
Dan Kassen wesen, Kranken- und Sterbekassen 58
Reromä über die I^age der bolliindiachen Arbeiter .... 59
Sechstes Kapitel.
Zur Geschichte der bucialen Bewegung in den Niederlanden tiO — 71
SocialpoUtiflehe Folgen der OkoDomiselien Eptwickelong der
Niederlande seit Anfang des 17. Jahrhunderts .... 60—61
Politische Kämpfe seil dem Tode Wilhelms IT 1650 .... $i
Das Quäkertum und sdue sociale Uedeutuug. Agitationen der
Quäker in Holland 66
Jean de I uhadie und seine Sekte. LHe kommBnistiiehe Kolonie
VValtiia 67
SociaUstische Tendenzen und revolutionäre BewegnuceD in der
zweiten Hälfte dea ]7. Jahrhundertib Anfirtand in Amster-
dam lj596 * 6ö
Die Arbeiterbewegung in der Tneblndnttrie 69
Die Arbeiterbewegung in andern (Joworbon ... 70
AUgemeines Uber die sociale Bew^ung des 17. Jahrhunderts 71
Anlinng.
L Zur Statistik der Leydener industric 72 74
IL Kurse Angabe der Tuchmaeher an die Qeneralstaaten nebst
Fnti]re|jnun^ der Ri^onuig ▼on Amsterdam über das Tneb-
macherge werbe 75 — 89
m. Akteosraeice mr Reform des ZolitatiAs 1688 90—96
IV. Kur/.e T'1 t rlit über die von der 9tadt Amsterdam auf*
gebrachten Staatssteuero 1671— tt5 97—103
V. Aktenstficke ttber die Gtflnde des Verfiills der Seiden-
indnstrie und die Mittel zur Hebung derselben .... 104—120
VI. Kevidierte und vennehrte Statuten dor Kraukenkaase für
die Brauer;ge8ellen in Leeden 12 1—126
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Einleitung.
Die ökonomische Entwickeliing der vereinigten Nieder-
lande zur Zeit der Republik hat steti» als ein Rätsel gegolten.
Und doch läfst sich die beispiellos schnelle Blüte, wie der
jähe Niedergang des kleinen Landes auf eine HaupLuibache
BurQckftlhren.
Die Niederlande oder wenigstens ihr ">v ich tigster Teil, die
Provinz Holland, waren dasjenige Land NordearonaSy in dem
die Süldte und das atüdtische Bürgertum libcr andere sociale
^Indtto nm frOheftten ein Übergevricbt erhielten und es dauernd
behaupteten.
Schon Aiiiang des 16. Jahrhunderts war fast die Hälfte
der holländischen Bevölkerung städtisch^. — Unter dem
schwachen Regimente der Griae& aus dem hennegauischen
und bayeriflfdieii Hause hatten die Städte Privilegium auf
Privilegium von den Landesherren erworben und damit eine
Machtstellung erobert, die auch ein Stärkerer Arm ihnen nicht
zu eiitreifsen vermochte.
n»'r Kani}>f. den die burgundisch-habsburgischen Fürsten
von Karl dein K.ühueü bis auf Philijjp II. gegen die Autonomie
der Städte führten, endete mit der Unabhängigkeitserklärang
der sieben Provinzen nnd dem 80jährige& Befreiungskrieee,
ebensosehr angefacht durch den Widerspruch gegen die
ccntralistischen Tendenisen der s]MUiischen Herrscher % wie
durch religiriso Motive.
Es war natürlich, dafs das stolze Bürgertum, das im
Kam^jf gegen den fremden Despotismus die nationale Freiheit
erstritten, in den neuen politinchen Zustand auch alle Vor-
' Die Bevölkennig der Provinz Holland betruir 1514 400 000 Seelen,
von denen etwa 190 (K)0 in Städten, der Rest auf dem Lande wohnte,
P. J. Blok: Eene hoUandsche stad onderde bourgondiBch-ooBten-rijkeche«
beerechappij \SS4. p. 2.
* über die centralistische Wirtachaftepolitlk Karl V. in den Nieder-
iHuden. Wenzel burger, Geschichte der JSiederlaade, I 1879 p. 806 f.
Fonchungen (44) X 3. — Priiij(»hein. 1
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2 X a
rechte der stftdtischen GememwOBen hinübernahm ' . Als daher
durch die Utrechter Union vom 25. Januar 1579 die sieben
llordnie«l''rl;inflisclieii Provinzen zu einer engeren Gemeinschaft
zusammentraten, wurde die Bundesirewalt auf das dürftigste
ausgestattet und gerade in wirtschattlichen Augeiegcnheiteu
ihre Befugnis aufs engste bemessen*.
Abgesehen von der Generalitäts-Finanxvenraltang* fiel
nur das Mttnawesen^ and Zollwesen dem Bunde anheim. Die
Regelung der Arbeiterverhältnisse, die Ordinmg des Annen-
wesens, 80W( it es nicht kirchlich, die Beaufsichtigung der
Gilden, das Bankwesen, selbst das Verkehrswesen (Post etc.)
verblieb der Stadt-', nidit dem Stnnte.
Der städtisclie ( 'liaraivter des nie<l»?rlandisehen Wirtsehafts-
iebens wird auch dadurch niclit vorwi.scht. dafs der Handel,
die SchiHahrt, die Flufs- und Seefischerei, Landwirtschaft und
Industrie zahlreichen Verordnungen der Generalstaaten und
Provinsialstaaten unterworfen waren.
Wenn Schmoller* meint, dafs in den entscheidenden volks-
wirtschaftlichen Fragen die nicdorlilndischen Staaten eine ge-
schlossene Einheit gebildet, dafs die Kolonialpolitik, die Scliiff-
fahrtsnolitik, die iftafsrogeln betreffend den T.ovantehandel
centralistisch gewesen, so übersieht er, dafs der Bund in der
R^^jrel keine Organe zur t.'berwachunj^ seiner Mafsre^^'ln besafs
und diese Funktionen an provinzielle oder städtisclie Beamte
übertragen mufste, die auch hier ihre partikularistischen Inter-
essen geltend machten. ^EIs ist traurig, klagt der BUiger-
meister Joachim Rendorp, dafs die meisten Regenten sich stets
fUr verpflichtet halten, das Interesse ihrer Provinz oder Stadt
Uber das des Bundes im allgemeinen zu stellen^."
* Über den konservativen Charakter der Umwälzung vgl. P. L.
Hu 11er: De ttsat der vereenigde NederUmden in de jaren siyner wor-
ding 1H72 j). :?7.
^ Wie 8ehr das iliirc]» ilie Utrei hter Union geschaö'eno Staatswesen
in der Luit sclnvcV)te, zeigt u. a. der Umstand, dafs man in Un^wifsheit
war, vor weU'hes P'orum die Bundcsbcamfen gehörten, da die K i t
■prechung provinzieU blieb. Vgl. Taii Zarck: Codex BataTos 1711.
p. 419.
* Organe der Flnsnsverwaltuiig: Generalsehatsmäster (Theaaorier
Ticnenial), ( lonerateliMiclunor (Ontvanger QeneiaalX OenmlitätBrechiiinigB-
kammer, r^oiieralitätatiuanzkftmmer.
* Art. 12 der Utrechter Union. Westerkamp: Das Bundesrecht
der vereinigten Moderlande. (1579—179.5). Uarborg ls90, p. 17. Über
dUe Generalitätsmünifkammcr vgl. Westerkamp p. 37.
* „Ich würde mit einiger Übertreibung behaupten können, dafs der
Niederlünder vor 1795 kein Vateriand, sondeni nur euie Vatenladt
kaniitc." P. J. Blok: Eene hollandaehe stad in de middeleeowea 1888.
Vorrede.
* Schmoller: i)tudien über die wirtschaftliche Politik Friedrichs
dee r^rofsen, Jahrbnch fttr Gesetnebnng etc. VIII 1, 45.
' Joachim Kondorp: iNiomnricii dicnenflf' tot oplieldering van
het gebeurde geduurende den laati^ten engelschcn oorlog. Amsterdam
1792, I p. 48.
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X8.
3
Den besten Beleg für diese Tliatsache giebt die Gest liiclite
der Admiralitätskollegien ^ Diese wichtige Behönlo, df-r Hie
Erhebung aller Ein- und Ausgangszölle, die Ausriiätuiig der
Flotte, die Rechtsprechung flber Prisen und Verbrechen an
Bord von Krie^schiffen, die Strafverfolgung von ZoUdefrauden
oblagt war eine Brutstätte von Korruption und ein Muster
von schlechter Verwaltung. Zur Vermeidung des Einflusses
von lokalen Interessen hatte man die Bestimmung getroffen,
dafs von flen Räten jedes Kollegiums nur vier aus der Pro-
vinz, in (Jov daa Kollegium seinen Sitz liatte, und die übrigen
aus anderen Provinzen gewählt werden üoUteu. Ferner mufste
jeder der Beamten der Admiralität einen Eid leisten, ohne
Ansehen der Person und ohne Rücksicht auf das (Quartier,
in dem er wohnte, in allem su handeln, und die Kollegien
waren gehalten, die Zölle auf Grund gemcinschaMcher Ver-
ordnungen und Listen in gleichniäfsi<;er Weise zu erheben*.
Allein was half das alles gefrenüber der Allniaclit der städtiselien
Magistrat*'^ Sclinn 16'26 f;md eine Untersuchung über die
Geschäftstiilii iing der Admiralit.'tt an der Maas statt. Eine
grofse Anzaiii von lÜLten und anderen Beamten mufste be-
straft werden, da sie zum Nachteil des Staates grofse persön-
liche Vorteile gezogen hatten. Als man infolge ähnlicher Vor-
kommnisse 1631 — 36 die Hälfte der Zölle verpachtet hatte,
erhob sich hiergegen seitens der Städte, namentlich Amsterdams,
eine solche Opposition, dafs man lt)37 zu df^r alten Erludnings-
art mit dem bei ihr unvermoidlii-hen Sclnnu;r;j:el und Betrug
zurliekkelirte. Die Khigen über diese Übelstäiide gehen dureh
das ganze 17. Jahrhundert. Eine Untersuchung im Jahre
1685 bewies, dafs ganze Schiffsladungen geschmuggelt wurden,
dafs die Beamten der Admiralitäten hiergegen nicht einschreiten
konnten, woil die Regenten der Städte ilmen dies verübelten
oder sie auch direkt daran verhinderten®. Dazu kam noch,
dafs die wichtigsten Ämter ftir Geld an unfähige Menschen
vergeben wurden*, ilal's dio Beamten oft in den wichtigsten
Fällen nicht zu hnden wann'', dafs die Buchführung liederlich*
' Die Gcscliichte der Admiralitätskollegien würde einen der wich-
ti^te» Beitrüge zur \N'irt:ichaftt9geBchichte d(>r Niederlande biideu. liisher
Pebt 68 kein Werk hioriibert vgl. Jedoch P. L. Maller 1. o. p. 417.
H. Engels: De belasting^en en de gcldmiddelen van den aanvan^ der
republiek tot op heden. 1862. p. 32, p. 39f. Jacobus Sckeltema:
V«rbandelii^ over den geest van hot pluLkaat ysn Sl. JoH 1725, op den
ojifirf firr convooijen en liconten. Anasteidam 1816. Kluit: Historie
der hüUandscbe Btaatsregering III, ^7 ff. Mr. D . . . Over de aloude
▼ryheid Tan handel cn nijverheid 1840, p. 239 ff. vanSlingelandt:
Staatkimdige geschriften IV, 287 f.
• Instruktion vom 13. Angost 1597, Art. 1, Art 60.
• Mr. D . . . . p. 260.
• 1 c. p. 252.
° In AiTisterdnm waren im Januar 17:j2 alle Rate ttiid Bedieiuiteten
des KoUegiujns nicht auf ihren Posten, 1. c p. 259.
• 1. e. pu 281.
1*
4
X 3.
xmä die Kochnuntrslepmg: in Unordnung war^. Von einer
einheitlichen Zuliverwahung war keine Rede.
Unter diesen Umständen war nur zu natürlich, dafö
ein chroniachea Deficit in den Kassen der Kollegten hemchte,
dar» ihre Magaxine leer waren und die Seenuusiit des Landes
verfiel.
So also sah es in dem Venvaltnngszweige aus, der noch
am meiston eentrnlistisch organisiert war. Es war dies aller-
dings keine wunderbare Erscheinung in einem ( i ineinwcsen,
das nach den Worten eines modernen Historikers in ebenso
viele Kleinstaaten aufgelöst war, als Städte bestanden^.
In diesem Ausspruch liegt keine Übertreibung, wenn man
bedenkt» dafs in den Generalstaaten für Bewilligunji;^ neuer
Steuern und andere wichtige Angelegenheiten Einhelligkeit
der Beschlüsse erforderlich war nnn in den meisten Provinaial^
ständen die Majoritiit ^ifli hcl <]cn Srädten befand.
In der städtischen Regierung ireilich war alles das zu
finden, was der Bundes- und selbst der Provinzialregierung
lehlte: Vereinigung weitgehender Befugnisse in einer Hand,
Straffheit, ein Absolutismus, wie er beispiellos in der Ge-
schichte dasteht So grofs war die Gewalt der Magistrate
sowohl gegenüber der Staatsregicrung, als gegenüber den
Bürir<'ni^. dafs ein eno-ltsclier Gesandter ausrief, selbst der
Snltan herrsclif nicht uimiiT^chriinkter Nifmals trüber oder
später war ini Schoi'se kommunaler Körpersciiatten einegröfsere
Machtfülle vorliauden als in den holländischen „Vroedschappeu'*
des 17. und 18. Jahrhunderts*.
Die Zeiten waren längst vorOber, wo die Bürger-
schaft oder die Landesherren Anteil an der Stadtregierung
nahmen. Im Mittelalter besafs die holländische Koromunal-
verwaltung nur zwei Otgane, den 8chout und die Schöffen,
' Der Generalcinnehroer de? Kollegiums zu Rotterdam überlieferte
die Rechnungen für 1668 der Qenoralit&tsrechnungskammer am 11. März
lfi»;^i nnd erhielt sie erst am 18. Oktober 1668 zurück. Aitzema VI p. H(»1 —
Jacobua ächeltema: Verfaandciing OTer deo gemt van het plakkaat
▼an 81. Juli 1725, p. 34 macht auch auf die unswookmä^ige Rcewitein*
ti^ilnntr <Ibt einzelnen Collcpti-Ti nnfmrrkFnm. Dveriisel ^hdlte SOm
Kollegium von Nordholland, Geiderland zu Amstmiam etc.
' Theodor Joriesen: Hietorische bleden Berste bände! 1890,
p. 222. .,Die Regierung der Union ^a>:T( r Kat peusionär van de
Spiegel, ist nur provinziell und die der Provinzen nur municipal." G. W.
Vreede: De Kegering en de natie sedert 1672 tot 1795. Amstexdam
1845, p. 112.
* Die StMdtTOL'-ir'niTig hatte das Recht, mifeliebigc Bürger zu ver-
bannen, ohne lials ikruiung zulüssig war. Ke.'^ol. St Holl. 17. Juli ltjl3.
▼an Zurck: Codex Batuvus, p. 59 u, 489.
* R. FriTiTi in prinf>n Hijtlragen N. II HI '^^'i,
* Den prügnanteäten Ausdruck fand dieää Machtstellung in den
Worten «Ines BH^enneiiters, der auf die Frage dner IMnieaBui, oh er
Etlelmanii sei, erwiderte: Wir Edellcutt"? nein, wir sind die Könige des
Landes! Gra^n van Prinsterer, Handboek der geecbiodeuis 1872 § 532.
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5
der eine der Vertreter dea Fürsten, die anderen Vertretet
der Bürger. War es notwendig, so wurden in ein^.elnen FäUen
eine Anzahl angesehener Bürger um ihren Rat angegangen.
A^^ <Vu' Ver^valtnng zu kompliziert wurde, um sieh mit diesem
^ItuUus zu begnügen, erhielt die Stadtregit^ruiig ein neues
Organ, die Vroedschap oder da*» UatökoUegium, eine Körper-
- Schaft Yon 20 — 40 Personen, die lebenslang auf ihren Posten
blieben^. AllmAhlich wurden Schont und Schöffen auf polizei-
liche und richterliche Funktionen beschrSnkt und ue])en den
von ihr gewählten Bürgermeistern^ hatte die „Vroedschap"
den gröfsten Einflufs auf die kommunal'^ Verwaltung.
I)ie Bürgerschaft hatte alle Mitwirkung bei der Wahl
der kouuiiuniden Beamten verloren. Die Statthalter dagegen
hatten als Nachfolger der Fürsten das Recht behalten, auf Grund
einer vom Stadtrat gemachten Vorschlagsliste die Kandidaten
fhr dies Bürgermeister- und Schöffenamt zu nominieren. 1651
aber machten die Staaten von Holland den Städten die Konzession,
ihnen die Wahl dieser Beamten zu tiberlassen. Obwohl nun
1672, 1747 und öfter das Recht der Magistratsernennung in
die Hände des Statthalters zurückkehrte, so wurde dadurch
die Herrschaft der kommunalen Oligarchie nicht gebroclien.
£s trat lediglich ein Personenwechsel ein, die neuen Inhaber
der Amter bildeten eine ebenso geschlossene Clique wie
ihre Vorgttnger, an eine organische Reform der Stadtver^'al-
tang dachte weder Wilhelm fil.» noch die Oranier des 18. Jahr^
hunderts.
Schon um die Mitte des 17. Jalirliunderts, zur Zeit als
de Witt die Geschicke der Nation lenkte, traten die Übel-
Stände, die die Omnipotenz der Städte notwendig auf wirt-
achafdiehan, wie auf politischem Gebiet erzeugen mufste, so
lebhaft herror, dafs eine gründliche wirtschaftlich- politische
Reform erforderlich wurde. Die Verwaltung mufste centra«
listischer gestaltet, die Gilden beschränkt, die Zölle ermilfsigt,
Stadt und Liand gleichgestellt^ ein liberales Fremdenrecht, die
' Nach P'ruin in Beinen Rijdnigen lU '>. 218 f.
* In Amsterdam waren die Bürgermeister auch von dem ätadtrat
DsbezQ unabhängig. Vd. Fraln L c
' Das Büttel, wodurch es weoigen Familien gelang, sich und ihre
Günstlinge in den Besitz allor lukrativen Stellen zu setzen, waren die
■ogeaannteu „Contracten vau Uorrespondentie", d. h. gegenseitige, oft eid-
Ura bekräftigte A bmseliiiBgeii der Stadtregenten. Ijei emteetendcn Va-
k«nzH>n sich die Stimme zu ^eben. VgL J. de Witte van Gitters:
CoQtractea van Correspondentie en andere bijdragen tot de geaehiedenis
vsn het tmbtsbejag in de republkdc der vereeni^c Nederlanden. Haag
1*^78 und 1874. Man nahm bi^hrr nn. dafs diese Vereinbarungen erst
seit dem zweiten Drittel des 17. Juhrhuuderta Torkommuu. Neuerdings
hat jedoch S. Malier Fs. nachgewiesen, daft sie nur Foctaatanng
älterer aus dem Mittelalter überlieferter Mlbbitaehe waren. S. Maller
in Frain Bgdxagen 1869 p. 423.
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6
Q-leicbbcrechtigung aller Religionsgemeinschaften * proklamiert
werflen, falls Hir Nation ihre europäische Stellung, Harn^el
und Industrie iliren Flor dauernd behalten sollten. Vielloiclit
hätte de Witt wenigstens einzelne dieser Fordcnmpren ortiillt,
wenn das Staatsruder länger in seinen lluudeu gerulii hätte.
Da fUhrte die französische InTasion von 1672 die Oranier
snrttck und diese lielsen in der Hauptsache allee beim alten * — .
Selbst der hochkonservative oraniseh- gesinnte Groen van
Prinsterer sagt; „Nicht grofs war der Unterschied der
R^erung mit und olinc Statthalter Man (d. h.
die Statthalter) versuchte nur selten durch Wiederher-
stellung und Entwickelung einer nationalen Regierungsform
und der Volksrechte eine Keforni zu bewirken. Man war
mehr auf die Gewinnung von Personen als Verbesserung von
Institutionen bedacht Man eiferte nur, um die Mitwirkung
der Aristokratie zu erwerben, keineswegs, um, gestützt auf
die Nation, das herrschende Patriciat in die Schranken gesetz-
lichen und wünschenswerten Einflusses zu weisen.'' Nieht
günstiger uU der moderne Geschichtschreiber urteilt iilx r das*
Haus (_>ranien ein anderer Freund desselben, der Bürger-
meister Joachim Rendorp, in einer vor hundert Jahren er-
schienenen Schrift ,Wenn man, sagt er, in statthalterlosen
Zeiten die Mängel unserer Konstitution, besonders in Bezug
auf die Landesverteidigung und alles, was dazu geli rn t. sowie
im allp^onieinen eine weitgehend«' Lässigkeit, oft dureli pro-
vinziell«' rnt« r('s.s('ji hervorf^eruteii, erfahren hat, so ist es in
dieser liinMcht nicht viel bebJ5<'r treg'anp'en, wenn wir einen
Statthalter hatten^". Mehr als cnmial gerieten die dynast-
ischen Interessen des Fürstenhauses mit den nationalen
Interessen in Widerspruch. Man denke an Moritz' Verhalten
bei Abschlufs des Waffenstillstandes mit Spanien, an Friedrich
* isegea Ende der Kepublik schätzte man die Zahl der Angehörigen
der reformierten Staatskirche auf 1 150 000, die der Dissenters aof 650 0<->()
PefBOneii. Jorissen: Historische bladen. Nieuwe buiuirl ]•. 280.
* Der berühmte Jurist Simon van Slingelandt isuiplte Wilhehn III.
8chftrt' wegen dieser UnterlassungssÜDde : ^Man kann nicht die Be-
merkung unterdrücken, dafs der jüngst verstorbene Künlg von Grofs«
britaunien, bei Lebzeiten Statthalter von fliuf Provinzen und Gencral-
kapitän unseres Staates, hiitte einen unsterblichen Bubm und eine wohl-
eingerichtete Republik an Stelle einer Republik Toller Fehler hinterUueen
köiiiu ii, IV irr pr aTi? ^Verk gegangen, nachdem er in einer unruhigen
Zeit au die Spitze der KcgieniDg gdaogt und mehr Autorität erworben,
als seine Ahnen jemab beseesen, am auf ordenHiche Wdte die Mängel
und Mifsbräuche zu beatitigen, die von Anfang der Republik in der
Kefxienmg bestanden Indessen hat der Vnrvi bei »einem Tode die
Ke^mblik mit all denselben Mängeln in der Bundes- wie Provinzial-
r^erung hinterlassen, die er vorgefunden und denen er bei Lebzeiten
am keine andere Weise pestenert, als durch die grof^e Autorität, die er
aJs Statthalter und Generalkapitän besafs, ohne zu bedenken, dafs diese
Autorit&t mit ihm anfhörte.** S. das Gitat bei Yreedei 1. c. p. 17.
* Rendorp. I. c.p. 53.
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X 8.
7
Hendriks Rolle Tor Ausbruch des achwedisch-dänischen Krieges
Unter Stiittlialtern, wie unter Ratspenüiuuäreii öahen die
Niederlande glänzende Zeiten. So schenkte eine Reihe von
Periode grofsartigster Prosperität Die alten Mifsstftnde konnten
ertragen werden. Es genügte, die bestehenden rechtlichen
Beschränkungen von Fall m Fall zu suspendieren, wie bei
der Einwanderung der französischen Industriellen. — Ah aber
im zweiten Drittel 18. Jahrhunderts der Stoi-n der Republik
zu sinken begann^ die Steuerlast immer höher stieg, die Kornip-
tion in der Verwaltung ' immer mehr zunahm, die städtische
Magistratur vtjUends zu einer engherzigen Familien- und Cliquen-
herrschaft verknöcherte^, da wurde eine politisch-wirtschaft-
liche Neugestaltung ein unabweisbares Bedilrfhis.
Unter diesen Umständen entbrannte seit 1747 ein heftiger
Kampf zwischen der Statthalterpartei und der Patriotenpartei.
Dieser Konflikt drehte sich noch mehr um die Reform der
städtischen Behörden, um das Recht der Anstellung der
Bürgermeister, um die politischen Rechte der Gilden*, aln um
die Schöpfung einer neuen Staatsverfassung. — Ein wichtiges
Gebiet wurde der P^inwirkung der Stadtregenten entzogen,
die Post wurde (in der Provinz Holland) 1747 verst4uitlicht
Aber dabei hatte es sein Bewenden. Wilhehn IV., der 1747
unter dem Jubel des Volkes die erbliche Statthalterwttrde in
allen Provinzen erhalten, war nicht der Mann, um die grofse
Beform, die das Land von ihm er^'artete, durchzuführen. £r
wollte^ wie Jorissen sagt, nichts anderes sein als ein Mitregent
neben den alten Regenten". . An der Gunst der Oligarchie
schien diesem Fürsten von Uranien alles gelegen. Auf sie
1 G. W. Kernkanp: De slentels Tan de Sont. Hssg 1890, ii. 44,
46, vgL auch T) 290.
' Vou iJutfirbeaintt'n wurden grofse Suiumen erprefst, die »ie für
ihre Anetellung an die Magis^tBoiitglieder zu zahlen hattm. Toten-
gräber in Anistcrdnm zahlte lOOO fl. der Tochtnr d' ? IHirgenneißtere, um
seinen Poeten zu behalten. Hartog: dePatriotU n eu (Jraige 18Ö2, p. 103.
> Über die Unordnung und Bchwerfölligk( it der kommnnsfen Ver-
wsHiing im 18. Jahrhundert vgl. Koenen: Voorlezingen Over de ge-
sehiedenis der finanticn van Amsterdam, 1855, p. 32 f.
* Forderungen der DoeliBten 1748: 1) Ahtretung der Postverwal-
tong. die biiher one ergiebige Einnahme fUr die Kegenten und ihre
Kinder gewesen, zur VcrfürTung des Statthaltern. 2) Vergebung der Amter
nur an geborene und uaturalisierte Bürger. Sj Wiederherstellung der Vor-
rechte der Gilden und Schützengenossenaehuten. Vreedep. 64.
• Vgl. J. W. le Jeune: Het brieven postwezen in de republiek
der vereenigde Nederlanden. Utrecht 1851. Durch die Verstaatlichung
wuchs der Uberschufs, den die Post abwarf. Er betrug von 1752—1802
dareheefanittfich 422 350 fl.
* Theodor Jorissen: Historisehe blsden. Eeiste bnndel ld90,
p. 248.
1644-^45 ^
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8
lauschte er, auf sie vertraute er, in ihrer Mitte lebte er'.
Daher machte er von der Betuf^nis, die stadtisclien Magistrate
zu ernennen, nur geringon Gebrauch, und daclite gar nicht
daran, der Bürg erschall einen Einflufs auf die kommunale
Verwaltung zu gestatten*.
Aber auch die Patriotenpartei^ zu der die meisten Stadt-
regenten gehörten, konnte einschneidende Neuerungen nicht
durchsetzen. Auch sie mufate auf halbem Wege stehen bleiben,
sobald sie sich die Konsequenzen ihrer Forderungen klar
machte. Sie eiferte gegen die Tyrannei der Statthalter und
verlangte die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz. „Aber
dann mufsten alle unterscheidenden Privilegien veniichtet
werden, dann konnten In der Prorinz Holland nicht mehr
18 Staate und die Ritterschaft die Souveränität ausüben, und
die übrigen kleinen Städte, die nichts anderes als die «gloria
obsequii" besafsen, bekamen Anteil an der Regierung. Dann
mufste auch dm platte Land Vertreter senden. . . riann durften
die Vrocdschappen nicht länger ihre eiti^oncn Kegcnten koop-
tieren. . . . dann mufsten aDe Amter oiTensteheu für jeden
ohne Unterschied des Glaubens*."
Dazu kam die Schwierigkeit der Aufgabe, man konnte
die politische Verfassung nicht umwälzen, ohne die wirtschaft-
liche Organisation neu zu gestalten. Andererseits konnte man
Gilden, Hallen und Hlmh'chc Einriclitungen nicht besoitigen,
ohne das mit ihnen eng verknUpfte Stadtregiment aufs tiefste
zu erschüttern.
Endlich war keine der Parteien stark genug, um über
ihre Gegner dauernd zu triumphieren. Die grofse Masse des
Volkes spielte eine mehr passive Rolle in dem Konflikt beider
Richtungen. Obwohl es den holländischen Arbeitern jener
Zeit nicht an einem gewissen Klassenbewufstsein fehlte*, war
ihr Interesse an der politisdifMi Aktion siforing, hauptsa<']il?ch,
weil ihre socialen Forderungen an die Stadt, nicht den Staat
sich richten mufsten. Für die Erfüllung dieser Wtinsehe
verhiefs aber ein Sturm auf das Rathaus mein Erfolg, als
alle Änderungen In der Stellung der Statthalter und der
Generaktaaten. Wenn das Volk „Oranje boTen" rief^ so hatte
das eine mehr negative Bedeutung, £8 drückte sich darin
weniger, win Frtiin sagt, die Liebe zu den Statthaltern, als
der Hafs gegen die Stadtre^cnten aus.
Wilhelm V., 1766 grofsjährig geworden, war niclit glück-
licher als sein Vorgänger ^ Er konnte nur die KoUe eines
' Jo rissen 1. c.
^ Über die Reeultatlosigkeit der Regierung des Statthalters vgl.
auch J. E. Heeres: Stad cn lande tijdcns het erfstadhouderschap
Tua Willem IV. in Frulu Bgdragen. N. R. III 4, S32£
3 Hartog: De Patriotten en Oranje p. 177.
* \ßl Kap. VI.
* Jorlssen: Historisdie hlsden. Eente bondel p. 251 f.
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X 3.
9
liolläiidisclieii Ludwig XVI. spielen. Als er, der Statdialter-
würde entsetzt, 1787 mit H(ilfe preitTsischcr Truppen seine
patriotischen Oo^er besiegt hatte, versöhnte er sicli unter
Verzicht auf jede Refonn mit .seineu bittei-steti Ffinrlm. den
Stadtregenten, die, erschreckt über die wachöcndeu demokra-
tischen Tendenzen der eigenen Partei, ihm die Hand reichten.
Die entschiedeneren Elemente der patriotischen Partei wurden
▼erbannty fiut 40000 gingen ms Exil, von wo sie 1795 mit
den franzOsiflclien Heeren heimkehrten.
Nur unter fremder Einwirkung, nur unter dem tlber-
willtigenden Eindruck der französischen Revolution konnte in
den Niedt-rlanden der entscheidende Schritt von der alten
Stadtwirtächaft zum modernen Staate geschelicn, freilieh in
einem Augenblick, wo diese Umwandeluug für die wirt«chaft-
liche Regenerierung des Landes zu spät kam.
Digiiiztxi b^^OO^^C
L
Entwickelung des niederlüiidisi 1ien Handels im
17. und 18. Jahrkuadert.
Es ist schwer, eiB Bild von befriedigender Klarheit tther
den Handel der Niederlande im 17. und 18. Jahrhundert sa
erhalten. Tendenziöse DarstellMiigen, wie die des Sir Walter
Rjileighs^ dem man schon vor 200 Jahren nachsfigte, dafs er
die Bedeutung des holläiidisthen Hanflels übertrieben habe,
um Jakob I. zu Mafsrcgeln im Intt^r« .-^se des enp^b'scheii Handels
zu veraulasseu ^ , haben falsche Vorstellungen liierüber ver-
breitet.
Von den Angaben Uber den Umfang des holländischen
Handels dttrfte Sir William Pettys Aufstellung* die zu-
verliissigste sein, der die Gröfse der holländischen Ausfuhr
für seine Zeit auf 12 Millionen schätzte, eine Ziffer, die
ihre Ik-leiK litini^ durch tli«* Tlmt^sache erh.'llt, dafs dit; tMi;^
lische Ausfuhr er»t 174U die gleiche Höh«- erreichte"^. —
Kluit berechnet für das Ende des 18. Jahrimnderts d(!n Ge-
samtumsatz des holländischen Aufsenhandels (Ein- und Aus-
fuhr) auf 260—300 Millionen fl.«.
Sind diese Ziffern richtig, so folgt daraus, dafs die ge-
wöhnliche Auffassung über die Entwiekelun^ dt s niederlän-
dischen Handels und dnr ni<'derliindisclien SihifVahrt nicht
haltbar ist. Handel und Klu^derei sollen bereits zur Zeit des
westfUlischen Friedens ihren Höhepunkt erreicht haben % dann
' Vgl. La Court: Aanwyzing p. 89.
2 William I'ctty: Politicnl nrithuietic n. 103.
^ Cuuaiugham: Qrowth üt eugiish mdostry and commerce, 1062,
p. 467.
* Kluit: r.essen over de atfttbtiek der vereenigde Nederitndfln
(1605) [HandschhltJ II, 255.
* Laspevres: Geschichte der volkswirtscbaftlicben Anschauuneeo
der Niederländer, 1868. p. 185 f. Ygl. such Yftn Kämpen: Getehloite
der Niederlande« 11 p.
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sollen die Navigationsakte Cromwells und die Tarife Colberts
von 1064 und 1667 die Republik schwer geschädigt und einen
Rückgang ihrer Handelsmaclit verursacht liaben, der von da
an bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ununterbrochen an-
dauerte.
Ganz unrichtig ist es, wenn Laspeyres schreibt: „Noch
mehr vom Handel ging endlich in dem bald daranf aua-
brec-henden spanischen Successionskriege mit seinen erneuerten
Schiffahrtssuspensionen und Einfuhrverboten französischer Pro-
dukte zu Grunde und die Republik wurde zu einem Ilandels-
volk zweiten Ranges herabgedriickt" Gerade während der
Kriegsjahre von 1701 — 14 erreichte der holländische Handel
eine beispiellose Entwickelung. Nachdem Sir Charles Davenant^
nachgewiesen, dafs ein Drittel des britischen Exports seinen
Wee in den ersten Decennien des 18. Jahrhunderts ttber Hol-
lana nahm, erklärt er ausdrücklich, dafs der Handd der
Bepubhk durch den Kri^ enorm gewachsen und ihre Unter-
thwien täglich reicher werden.
Auch nach dem Utrechter Frieden dtlrfte der niederlän-
dische Handel noch zugenommen haben'*, bis der seit 1730
eintretende Rückgang der Industrie auf die Ausfuhr ungünstig
zurückwirkte. Wenn jedoch 1751 ein völliger Verfall des
Handels konsUitiert wurde und der Erbstatthalter Wilhelm IV.
im Anschlufs daran seine bekannten Yorschlftge zur Hebung
der gesunkenen Wohl&hrt entwickelte, so geschah alles dies,
wie van der Oudermeulen bemerkt^, am Ende eines fiir die
Nation unglücklichen Krieges. Schon während des englisch-
französischen Krieges von 1756 — 62, in dem die Nied< rlande
neutral blieben, waren sie imstande, viel von dem verlorenen
Terrain zurückzuerobern. Die Erlaubnis allerdings, aus-
schliefslich den Verkehr zwischen Frankreich und seinen
Külouieen vermitteln zu dürfen, verlor durch die englische
KM»erei an Bedeutung. Wird auch in der Periode von
17fö— 1780 viel ttber den Niedeigang des Handels gekkgt,
•0 werden doch in diesen Friedensjahren noch viele OeschäftiB-
zweige geblüht haben. Kluit wenigstens erklttrt diesen Zeit-
' Laspeyres p. 133.
« Davenant: Worics ed. WUtwortli 1771, V 486; V 450.
^ „In den ersten Jahren des 18. JahrhundertB besafs Holland noch
weit mehr Schifle als England , wie dies schon aus dem Verbrauch des
Pechs und Theers in den genannten und einigen andern Handelsstaaten
hervorgeht. Britannien ond Irland bedurften davon UMIO, Frankreich 50(X
Hamburg, Lübeck und andere deutsche Seestädte ebenfalls .'iOO. Holland
aber 4U00 Last Zwar führte das letztere Land einen Teil dieser Materialien
wieder nach Spanien, Portugal und Italien ans; doeh l»etrug, wie es
scheint, diese Ausfuhr hei weitem nicht m viel ab der eigene Bedarf
der Republik.'' G. v. Gülich: (ieschichtliclie Darstelhing des Handels etc.
1 Jena 183<). l p. 93. Savary (1738) kon.^tatierte, dafs der holländische
^.flsndel noch wuchs.
r — * (Van der Oadermenlen): Bechexchea aor leconunerce, 1778, p.8k
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12
•X 3.
räum für einen der glänzendsten und glücklichsten in 1 r
Geschichte der Republik ^ Erst der Krieg mit England
(1780 - 83) mit seinen ungeheuren Verlusten versetzte der
niederländischen llandelsmacht den Todesstofs. — Vor diesen
Ereignissen dürfte der niederländische iiandcl auch in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts denselben Um&Dg ge-
habt haben, wie in den glänzendsten Jahren des 17. Jahr-
hunderts, während allerdings der Prozentualanteil des alternden
Staates am Welthandel bedeutend gesunken war.
Leider liegen nirlit c^einigcnde handelsstatistische Daten
vor, um die kommerzieUen Gewiinie und Verluste der llolliinder
genau zu registrieren. Eine fortlaufende Stiitistik der Ein-
und Ausfuhr ist nicht vorhanden. Es liegen nur die Zoll-
einnahmen Air eine Anzahl von Jahren yor.
Dieselben betrugen bei allen AdmiralitätskoUegien (ohne
die Zölle für den ostindischen Handel) :
Jahr EionahmeQ
1628
1 588 772fl.a
1642
2587 828
1660
8427100
1662
8028856
1664
2 570 145 - 2
1668
3 295 539 - -
1670
2 824 71 7 - •
1(380
2 519 408 - 2
1682
1 905 132 - «•
1087*
3848 383 - . .
. 5 st .
. 12
1688«
2457929 - . .
. 17 . .
. 2 .»
1689 T
1927850 - . .
. 9 . .
. 3
1771
4 500 000 - «
1781-85
2 196 588 - »
doreliKbiiittlieb
F(ir das Admiralität.skollegiuni Amsterdam, dessen Ein-
nahmen stets grösser als die aller Übrigen Kollegien zusammcu.
« Kluit: H(-]Iaiid^che Staataregerin^, 111400. Vgl. Rendorp 1. UiT.
' 8 ick eng a: Bgdrage tot de geschiedenis der Mlastingen iu Neder-
Und, D. 249.
* Stadtarchiv Amsterdam, L. A. 2. Nr. 7.
Eis fclilen die Einnahmen der Kollegien von Seeland ond ]*>iealuid.
* 1. üktuber lOöT bb 1. Oktober 1688.
^ Stadtarchiv Amsterdam, L. A. 2. Nr. 7.
* 1. Oktober 1688 bi^ 1 Oktober 1689.
^ 1. Oktober 1689 biö ultimo Juni 1690.
' De Koopman IU die oiCindiBcheD Zölle inbegriffen.
^ Sickenga: Bijdnge tot de gesehiedeni» der beUatii^^ in Meder*
land p. 242.
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13
Heffen folgende Angaben über die Höhe der gewöhnlichen
Zioue (ordinaris coiiyoo\|eii en licenten) vor'.
IHeselben betrugen in den folgenden Jahren:
1 E.«w
1 Jahr.
EiuMhineii.
626780 ü.
1 10 8t
3 d
1635
1 049 062 fl.
6 et
10 d
1615
578 548 •
11 -
0 -
1686
1 146766 •
4 -
8.-
1616
627 OIR .
11 -
7 •
1637
1 102786 -
12 -
H -
1617
emj^iiH -
9 -
18 -
3 «38
1075 216 -
1 19 -
12 -
iöl^
738 220 -
1 6 -
4 -
1639
1046 986 -
9
10 -
1619
726 423 -
2 •
>' -
IG-tO
1 071 468 -
7 -
14 -
1620
777 380 -
2 -
7 -
KUl
1 180 809 -
8 -
18 -
1621
811309 -
16 -
11 -
1642
1249028 •
8 -
6 •
815879 -
11 -
17 -
1648
1856668 -
8 .
5
1623
834 928 -
11 •
15 -
1644
I 162 280 -
9 -
4 -
1624
904 270 -
11 -
6 •
1645
1 09« 208 -
10 -
1 -
1625
755 087 .
18 -
5 -
1267 .S47 -
10 -
8 -
825 094 -
18 .
5 -
1G47
1204 044
17 -
10 -
1627
805035 -
14 -
6 -
1648
1409:U7 -
9 -
0 .
1628
808721 -
16 -
0 -
1649
1401 589 -
10 -
10 -
1689
980410 •
15 -
9 '
1650
1999889 •
8 -
8-
1680
931 G76 -
0 -
14 -
1651
121! ;^20 -
8 .
6 -
1631 1
929 349 -
lö -
4 -
1652
916 981 -
14 •
11 -
1632 1
954 099 -
8 .
9 -
1658
708953 -
2 -
7 -
1698
98«2h5 -
0 -
5 -
1654
1 108 426 -
11 -
0 -
1684
1097 619 •
3 •
0 -
1655
928450 -
18 .
4-
Seit dem Jahre 1655 tritt zu diesen gewöhnlichen Zöllen
ein Zuschlag von V% des Betrages*. Femer wird eine Schiff-
£ahrtsabgabe unter dem Kamen Lastgeld erhoben*. Auch
sind die Zölle für den ostindischen Handel jetzt in den An-
gaben mit inbegriffen. Der Betrag aller dieser Zolleinnahmen
stellt sich wie folgt:
Jahr.
1 fiinuahmeo.
Jahr.
EinnahmexL
1656
1 925 165 fl.
1 st 10)
d
1663
1 986 411 fl.
4ttl4ld
1657
1 724 VM -
0 - 6
1664
1604 041 -
9- 4/»-
1658
, 1608334 -
9 - 10
1670
1 758 718 -
1659
1849888 -
4- 0
1678
746786 -
>»;
(Kriegsjahr)
1660
' 213920:? -
16 - 16
1682
1 132 958 -
1661
1 1 933 034 -
0 . 12
1685
i 1 290 156 -
10 - 12 -
1668
8005666 •
15 • 10.
1687
1981801 •
19- 0 .
' Stadtarchiv Amsterdam L, A, 3. Nr. ^.
^ In diesen Zifiem sind die Zölle für die Einfuhr der oetindiechea
Kompanie nicht mit hAeg^Sau
' Derde verhooging.
* Dieselbe betrag von lf5'2 -55 : 1 Gnlden per Schiffshist bei der
Finfuhr. Gulden bei der Auetuhr. 1655 wurde diese Abgabe auf die
H&lfte herali^esetzt. Siekenga: ^diag« tot de getchiedenis der be-
iutingen in Nederland, p. 156.
^ Von 1656—64 darcbachnitüich 1^53039 fl.
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14
Die Statistik der ZolleinnahineTi ist schon wegen der
Änderung der Tarife und den Wecliscls m der Eriiebungsart
der Zölle' nur bedingt als Gradmesser der Handelsbewegung
zu verwerten, sie reicht aber doch hin, um die Annahme eines
eett 1648 b^gumenden HaDdelsYerfAlls surttckzuweiBen« da die
angeführten Zalilen den Aufschwung des Handels seit 1660
nach einer yorttbergehenden Depression erkennen lassen'.
So unvollst-Undig auch die handelsstatistisclicn Ausweise
sind, so lassen sie doch eine Thatsaelie deutlich hervortreten.
Der euroj)jliHche Handel der Niederlande war weit bedeutender
als ihr überseeischer. Kluit giebt für das Ende des 18. Jahr-
1 Von 1631-^ war V4, seit im die Hälfte des ZoUertxages ver-
pachtet.
* Für das 18. Jabrbandert zmgt die Statistik der'Handelssehifliihrt,
dafs wenigstens die holländische Handel tu üriiu! bis zum Ende dos Jahr-
hunderts eine bedeutende Stellung behauptete, wenn auch ein Teü der-
selben im Dienste des fremden Hsadels stehen moehte:
J&hr.
Zahl der in den Ha»
f«a TOB Teul «in*
gtlftifinaB Sdiiffe.
Zahl der in die
Maasmftndang und
den Hafen von
Ooflrc»'» einffolaufe-
nen Schille.
Jtbr.
Zahl <ler in don Ha-
fen von Texel «jn-
gelaaftMO SebSffe
Zahl der in die
M.iasTDüridun^ und
i\fu Hafpn TOD
GoiTf r . rikinlanfe-
nt^ii 'ScUitle.
1739
1646
1761
1508
1740
1643
1762
1474
1741
1818
1772
1794
1456
1742
im
1773
1087
1555
1743
1710
1774
1837
1573
175»
1546
1775
1689
1514
1759
1514
1776
1619
1515
1760
1412
Aus Texel und dem
Vlia «lugalMfiBa.
Ib Texel und dem
Tlie «iagvlMr«!.
Aaa dam HaCui vn
OMfM oA 4in
In dw Uafen tob
GkMirta und dar
Wum ttncslnfni.
1777
159i
1755
1480
1515
1778
2435
2581
1284
1384
1779
2709
3010
1562
1381
1780
2567
2641
1562
1381
1781
1065
1322
570
489
1782
1068
S040
1080
937
17H3
2578
2760
1637
1512
1784
2479
2487
1603
15t>l
1785
2726
2802
1603
1551
1786
2135
2416
1098
ln29
1787
2188
2443
1496
1529
1788
2246
2465
1578
1582
1789
2485
2673
1483
1511
1790
2603
2727
1558
1758
1791
2331
2595
1640
1671
V
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X 3.
15
himderts folgende ZusammenstellaDg über den Aufsenhandel
aeinea Landest
Handel in der Nord- und Ostsee • . 55 Millionen fi,
• mit England 42—44
- Frankreich 36—38
- Spanien 26—30
- Portugal 16—18
- Italien und im Mittebueer 12 — 13
in der Levante 5 — 6
Europäischer Handel 157
«o«K /Ostindien 83^2-36 -
Handel nach (^^stindien 25-.29 -
Überseeischer Handel 65
Dasselbe Übergewicht des europäischen Handels ist auch
im 17. Jahrhundert zu konstatieren. Wenn man allerdings
liesty in welchem Grade damals der Gedanke an Indien die
Phantasie der Völker entzündete, wenn alle Fürsten jener
Zeit bemüht waren, den Holländern nacheifernd, eine Ost-
indisc'lio Kompaf^rnie zu stifton, wenn nni den Besitz von Indien
in letzter Instanz alle europäischen Kriege gctuhrt wurden^,
so wird man grofse Ziffern erwarten, in denen sicli der Ver-
kehr nach jenen Ländern ausdrückt. Wie stellt es aber in
Bezug darauf in Wirklichkeit? Die Totaleinfuhr der Hol-
Iftndiscfa-OBtindischen Eompagoie betrug von 1597 — 1705 dCfö
Millionen Gulden* imd überstieg niemals 11 Millionen Gulden
im Jahre*. — 1608 berechnete man, dafs an dem Handel
und an der Fahrt nach Indien nicht mehr als 10000 Menschen
Interesse hatten**. Die Gesamtausfuhr von Holland nach West-
indien betrug in den Jahren 1623—1636 6 994 488 Gidden«.
Diese Angabe stammt aus der Schrift eines Direktors der
Westindischen Kompagnie, die derselbe zur Verherrlichung
seiner Gesellschaft verfafste. ^lan wird daher die angegebene
Zahl eher zu hoch als zu niedrig finden«
Werfen wir dagegen einen Blick auf einige Zweige des
europttischen Handels. Die Handekbeziehungen zwischen Eng^
1 Kluit: Lessen over de atatistiek (Haudachrift) II, 2iy).
* Vgl. Louis Panliat: Loids XlV. et la compagnie des ladas
erieiitalef<. PuHs iS'^'f".
* De teg«DWoordige Staat der vereeDigde Kederiaudeu, Amsterdam
1719. Deel t Von 1649— 170B gingen 1051 Bchi£Pe nach bidien. Lnsae,
Hollsnds rijkdom, lU, 113.
* Vgl. die Bilanzen der Ostindischen Kompagnie bei de Jimge:
De opkoinst van het nederlaudsche gezag in Oostiudie (lJ^72) Band II
and UI.
* Mr. D . ., over de aloude vryhoid van Handel en nijverheid p. 2S3.
* Johannes de Lact: Uiatorie ofte jaerlich verhael van ae ver-
riehtingen der geoctrojeerdeo WestindiBchcn Compagnie. Lfigrden 1644.
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16
Iftnd und den Niederlanden vvälxrend das 18. Jaiiriiuudertti sind
aus folgender Zosammenatdlung erkennbar:
L
Jahr.
PSnfiilif von Hol'
landmwhBngliwd
Auifohr von Enir-
laod nach Holland
Überschufs der
Anifblir
1698- 1699
1699- 1700
1700- 1701
1701- 1702
1702- 1708
1703- 1704
1704- 1705
L. 8. d.
Lt. 8. d.
Li ■. d.
512 599— 4— 8« 4
572072— 6— 2» 2
521 257—16— 0
436422— 8— IIV4
522 413— 9— 7» 4
756848- 3—11
578816- 5— 2' 2
1 456 142— 1— 2'
1769282—16- 2
2145186-19— 8' 4
1680551-18 - 4
2417 890 - 0— ll»/4
2 363 275- 3— 8»/4
1726711—15— 6« 4
943 542—16- 5»/*
1242 210 - 0— 0
2 623 929- 3— 8«/4
1250129—15— 4»/4
1 ^^^1 476-11— 4
1 m 931—19— 9*/«
1 154465-10- 8^/«
Durchachnitt
1609—1705
549888- 1— 2*/4
1937884— 7— 11» 4
1388 108- 6-8*/ti
1782
561618— 0- 0
2180896— 0— 0<
1568784— 0-0
1756
420273— 0- 0 |2 026 772— 0— O'*
1606 499- 0- 0
IL
Jahr.
Einfuhr von Hol-
land nach Ekigland
Ausfuhr von Eng-
land nach Holland
DnfdiMshnitt
£
£
1700—1710
1710—1720
1720—1730
1730—1740
1740-1750
1750-1760
1760—1770
1770-1780
588 357
638 021
571 430
495495
886488
858408
444981
475466
2 14H519
2 020 172
1 985 975
1 867 141
8404550
1698594
1894868
1558148«
Gegenstände der englischen Einfuhr in Holland waren
hauptsächlich WoUwaaren, Zinn, Blei, Buttor. K^m. aber auch
ZiH'K'T, Tabak und aiulf^ro K'>]ninalwareu, wilhrund Holland
sein« Leinen- und iSeidenstolte, ferner Rheinwein, Stockfisch,
» rMvoiiHnt: Wo^k^? V. 415 f
* \V iiiiamü: llidtoire des gouvemement« du Nord, 1780, I, p. 186*
• Lttder, Gtachiehte dm hoUlmlueheii Handels 1788» p. 464C
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X 3.
17
Krapp, 8{)ezcroicn, Eisendrabt, Katfee, Thee etc. auf den eng-
lischen Markt sandte
Von dem Levantehandel, worunter der Handel mit allen
Hfttelmeerlttndeni verstanden wird, »agen die Direktoren dos
Kollegiums des Levantehandels in einer Eingabe an die
Staaten von Holland, vom 11. März 1640, dafs derselbe stets als
einer der Hauptzweige des vaterländischen Handels gegolten
habe^ „Dürfen wir das Mittelmecr niclit frei befahren,"
heifst es in diesem Schriftstück, das Mafsnalimen gegen die
Seeräuberei in jenen Gewässern verlangte, „wo sollen wir mit
den Waren hin, die von Ostindien kommen, wo soll Haarlem
seine Manufakturen lassen, wo Leyden seine Tuche, wo die
Seestädte ihren Hering?" Der Schaden, den die französischen
Seeräuber den das Mittelmeer befahrenden holländischen
Schilfen zugefilgt, wird angegeben ftir die Jahre 1G41 — 1650
mit 7 409 000 Gulden, für 1650 mit 2 348 000 Gulden, für
1651 mit 1 320 000 Gulden*, Ziffern, aus denen man auf die
Gröfse des Handels in jenen Gegenden schlielsen kann*.
Dafs der holländische Handel und die holländische Schiff-
fahrt auf der Ostsee noch ungleich bedeutender waren, als auf
dem südlichen Binnenmeer, ist eine durch sahireiche That-
sachen gerechtfertigte Annahme. Pieter de la Court* ver-
sichert, dafs die Holländer mit der Hälfte Schiffe mehr nach
Osti n (nach der Ostsee) als naeh Westen zu fahren pflegen.
Fast die iresamte G»'tr*MdezufTihr ffir dfni Westen und Süden
Europas ertülgte über die Obt-jee; aus ihren Waldländern kam
das Holz und die anderen Materialien für die Schiffe der
holländischen Marine und die in das baltische Meer mündenden
* Joshua Cee The Trade und nru-ip-Rtion of (4reat Bntain, 2 ed.
1730, p. 18 bezweifelt, dafs wirklich die Handebbiian/. zu Gunsten Eng>
lands. im Hinblick auf die grofse Anzahl von Schnnuggdschiffen zwischen
fiogland tuid Holland.
^ Kemonstrantieboek 1()27 f. p S42 (Archiv des Kollegium? fnr den
Levantehandel im Reichsarchiv HaHg). Bereits 1631 fulncn 200 der besten
holländis( hen Schiffe auf dem Mitteuneer, 1. c. p. 270.
^ VerMmdiQg stokken betxeffende ae be8oig;ne in Fraskiyk (BeUsh«-
archiv).
* Dt tMwif^He op de straet ende middellandsche zee is een van de
pfincipalHfe imvi<;:itien van alle de andere die wy hier te lande held)en; 1. c.
^ Fieter de la Court: Uet welvaren der stad Leyden (lü59j ed.
Wttewaiü Kap. Ih p. 30.
^ Über einen Plan Colbert.s. England zu schädigen durch Aufkauf
des pchwediachen Hobees, vergl. Lettres et negociation» de Jean de Witt
lU 500. Noch gröfaere Bedeutung als der schwedische besaf» der nor-
• wegisehe Holzhandel. Die Holzausfuhr Norwegens betrug 1664 840000
Lasten, etwa ' lo des heutigen Exports. Holm: Danmark Nor^jes iure
historie U, 439. Die Pfähle, auf denen Amsterdam gebaut, waren aus nor-
wegischem Holz, daher pflegte man zu sagen: Amsterdam steht auf
Norwegen". Ludwig Daae: Nonlmaends udvandringer til Holland 9g
Kiiglaud i uyere ttd, CJhridtiania löäO, p. 9.
FonchangcB (U) X 3. — PringBiMim. 2
Digitizuü by L3Ü<5gle
18 X S.
Ströme hinab kamen Warenmassen aus dem Herzen Polens
und Deutschlands. Die Getreideausfuhr von Danzig betrug nneh
Lösehin im Jahre 1649 09 808 T. asten im Wert von 14 Millionen
Oulden, die ^^röfstenteils nach Holland exportiert und auf hol-
ländischen SchitTen verfrachtet wurden ^ Das deutlichbte
Indicium fUr den Umfang des holländischen OstBeehandels
giebt die Zahl der Schiffe, die den Sund paasierten. 1536
sollen 510 holländiscbe Schiffe durch den Sana gegangen sein*.
1640 Ix'trug die Gesamtzahl aller diese Meerenge durch-
fahrenden Schiffe 3450, unter denen sich 1600 holländische
befanden, wahrend unter cnL'-li'^eher Flagge 430, unter lübisclicr
nur 147 <-^( lten^. 1642 machten etwa 1300 Schiffe die Heise
von litlningür nach Holland*.
So unähnlich das Becken des Mittelmeeres und <lie Ost-
see in ihrer geographischen Konfiguration sind, so ähnlich
war die politische und handelspolitische Konstellation in den
Küstenländern Süd und Kordeuropas, mit der die Staats-
männer des 17. Jahrhunderts zu rechnen hatten. In der Ost-
see, wie im Mittelmcer, Holland die erste Handelsniacht: hier
wie dort bedroht von Enfrland ; daneben in beiden Meeren eine
aufstrebende Grolönuicht: hier Schweden, dort Frankr<'ich ^,
beide b« iniiht, die Alleinherrschaft in den erwähnten 0('l)ieten
zu gewinnen; endlich eine Anzahl Kleinstaaten: dort die
italienischen Fttrstentttmer und Handelsrepublikenf hier Däne-
mark, Brandenburg, Polen und Holstein ^
1 Die eigene GetreidekoDsumtion der Niederlande wurde 1630 auf
40000 liMten ^ 1900000 HektoUter «»elifttst (Nykefke.) Klarer Be-
rirlit otc. wie und auf was weise me c;p;^eii\vJirtige Teuruiip^ könne
remediert werden eti'. 1030. Wahrscheinlich war der Verbrauch jedoch
höher, da man 1697 die Getreidekonsumtion Amsterdame auf 10 750 Lasten
berecboete. Bank: Staathuishoudkundige geBehiedesis Tsa den Amster-
dam sehen ^raanhandel l'^^<G i». 107
> J. A. Fridericia: Itanmurks vdre poUtiske biatorie i tideu fra
Freden i Pnig til {reden i Br5iii8ebro, 1881, p. 208.
^ Die Aiihl <ler den Sund juissierenden Soliiffe '\üt nicht mit der
7!ihl der beim Oateeehandel gebrauchten Schilfe identisch. Da ein Schiff für
die Reise von Holland nach den Ostaeehäfen 7—8 Wochen brauchte und
zwei, drei, selbst vier Fahrten im Jahre untenialim, so ist die letitere
ZitVer wesentlich kleiner. Vjrl. Elink Sterk: Nederlandr^ selH'.<|»vfuirt
en acheep&bouw in den ouden tüd. Ötaatkundig eu staathuishuudkuudig
jaArboekfe 1854 p. 870 und 0. W. Kernkamp: De aleotels van de Sont
1890 p.
* Kernkamp l. c, p. 286.
^ Betreft's Frankreich sei nur an den von Leibnitz gemachten Vor-
echlag der Occupation Ägyptens erinnert.
« T>ie Stelhnig der um die 0*<tseeherr8chaft konkurrierenden Müclite
wurde von dem wolffenbüttel^chen Kanzler iSchwarzkopf gut charak-
terisiert: ^DEnemark denkt nur an den Sund, Polen an eeine Libert&t,
Holland nn -einen Profit" Köcher: Oeschichte von Brannaehweig-
Hannover, lHÜi. I, 217.
Digitized by LiOOgle
X 3.
19
Während aber das Mittelmoer eich nicht von einem Punkt
RUä beherrschen lufst, (England hat selbst nachdem es Gibraltar
besetzt, eine Ansahl weiterer Sperrpunkte zu gewinnen ge-
sucht), ihat die Natur die strategische und kommerzielle Be-
hemchung der Ostsee auf eine h rt'sstrafse, den Sund, kon-
zentriert*. / Daher kann es nicht Wunder nehmen, dafs die
Besitznalnne der Ostseepforte das Kani])fViel j(?der in diesem
Meere politisch interessierten Nation wurde. — Schon
Phili|>p 11. trachtete danach, mit List oder Gewalt des Sundes
sich SU bemächtigen Sein Plan, Dänemark im Verdn mit
Schweden und Polen mit Krieg su ttberaiehen und den Sund
den holländischen Ketzern zu versehliefsen, kam jedoch nicht
zur Ausführung. Im Jahre 1595 wurde eine spanische Gesandt-
schaft vom Er/lMTzog Ernst in Brtlssel nach Dätieinark fi^e-
sandt^, um zu bewirken, dafs der Sund für die niederländische
Flotte verschlossen würde. — Die kühnen Plilne Walleusteins
sind bekannt — Der französische Diplomat Chanut hat von
einem noch grofsartigeren Versuch berichtet, die Ostseeherr-
schaft den Holländern zu entreifsen Demnach wären Däne-
mark, Spanien und der Herzog von Holstein-Oottorp im Jahre
1638 eins ^^^eworden, Schweden zu besetzen und die holländischen
Schiffe für immer von der Ostsee auszuschliefsen. Nicht j^enii^
damit, wollten sie sich des j)ersischcn v^eidenhandels bemäch-
tigen. Dieser sollte fortan seinen Weg durch Moskovien nehmen,
und mit Vermeidung des Sundes ein Kanal durch das Herzog-
tum Holstein zur Nordsee führen* (Kordostseekanal.) Der
Pi ll) ^heiterte angeblich infolge der Niederlage der spanischen
Flotte bei DUnkirchen 1639*.
Die dänischen Könif^e hatten sehen frühzeitig die Wichtig-
keit des Sundes erkannt und durch Erliel)ung von Zöllen aus
dieser Situation finanzielle Vorteile gezogen'. Ursprünglich
1 Die bekannte, flUseliUcli C. van Beuningen zugeschriebene Äur»o-
ning. auf der Reede von Amptcrdain lUgoii die Scnlttsfiel des Siinlr-.
findet sich in Wirklichkeit schon in der 1627 erachienen^ Schrift des
Christiaiiitt de Pom, CIsMacmn pacifemm Daniae. Vgl. Fridericia 1, 81
und Kernkamp p. 336. — Die Frilirt diircli den grofaea und kleinen
Beit hatte wegen ihrer Gefährlichkeit keine iiedeuttini^:.
* Fruin: 10 iaren nit den taehtigjarigen ooriug, 1861, p. 14.
* Htstorisk tidsskrift 18^", p. 661.
* Droysen: 0,wtav Adolf I p. 2^3 f.
Kecueil des lu; ti m fioiM donn6es iiiix uuibassadeurs de France
depilis les traitds de Westphalie Jusqu'ik la revolution fran^aise. >>u^de
|Hur A. HefFroy. Paris Ih-* XX^^IV f. Aueh Basna^e: Annales des
Rovinces unies l, 197 hat diese Kr^ähluag. Vgl. jedoch Fr idericia Ii, 123.
* Aach in den PUlnen Ludwigs XIV. gegen Holland spielte die
.Schliersimp des Sundes eine RoUe. „Was aber betrifV? di<^ Haiidlunir, so
»te auf der Ostsee haben, so iat die Schliefsung des Sundes ein unfehl-
bares Hinderms and Mittel, welches ihnen verweliren kann, dieselbe
fenior /M geniefsen." Die Mittel der Grone fVeakfeicb den Kaufhandel
der Holländer zu verterben. Iü72.
~ r,Die Frage des duuiiuium maria balticl war neben allem anderen
20 X a.
ein Schiffszoll, wurde der SuüdzoU aeit der Mitte de« 16. Jahr-
hunderts auch von Waren erhoben ^ Die Zolleiunuiuiie wuciia
daher betrttchiHch' und betrug im Jahre 1568 108 700 Rijkidaler
und 1567 132500 Rijksdaler. Ln 17. Jahrhundert waren die
Beträge nicht unwesentlich gesti^eni wie ans folgenden Zahlen
ersichtlich :
Jahr. Zahl der dea Sand paaflierenden Schiffe. Zoitehmahmeo.
1627 3187 108 706 Rdl.
1628 2324 77 258 -
1629 2747 255 719 -
1630 2323 121 593 -
1631 3365 293 789 -
IHese Einnahme war jedoch tur da« rinanziolU; Bedürl'nis
Christiaus IV. keineswegs au.srt'ichend. Zollerliöhung folgte
auf ZoUcrliöhuug ^, und was uocli wichtiger war, eine strenge
Visitation der Schiffe wirkte der Zolldefraude en^egen. Be-
troffen wurden von dieser Mafsregel in erster Linie Schweden
und Holland. Zwar besafs das erstere von altersher Zollfreiheit
im Sunde*, aber dieselbe erstreckte sich nicht auf von Riga
HTTfl Pernau'^ kommende Schiffo, inifl praktisch war diese Zoil-
iiiüi' it nur von sehr geringer Bedeutung. Fiist (]]<■' Lr*'.samte
bchwediöche Ein- und Ausfuhr geschali aul holländischen
Schiffen*. Von 1637 — 1643 passierten nur 90 schwedit>ehe
Schiffe den Sund.
Holland beantwortete die dänische Zollerhöhung durch
ein Verbot des Handels mit Dänemark (1640)'. Zwar liefs
sich diese Mafsregel niclit aufrecht erhalten, allein die dänische
Zollpolitik** war die Ursache, dafs die Gcneralstaaten in dem
Kriege zwischen Dänemark und Schweden (1644—45) sich
vornehmlich eine Frage der Finanz- und ZoUpoÜtik.'' Erdmannsdorf er:
Deutache Gescliichte vom weüflUiselien Frieden hia mm RegienmgBantTltt
FriedlidlS dos Cirofson. j) -'21.
1 Scherer: Der SimdzoU. Berlin F. F. van der üoeven:
Bijdrage tot de eeeehiedenfo van den Sondtol. L^en 1855.
* Heise: Historisk tidsskrift, Kopenha^n 18t<5, p. 39t >.
* 1688 wiirdc der Rosennobclzolf (Schiffszoll) um ' i und mehr er-
höht. Dio Erhöhung' des WarenzoUa betrüge bei einzelneu Pusitionen da»
Sfiwhe, 6 fache und 8 fache. Fridericia II, 213.
* Dänemark besufB dafür Zollfreihoit in Schweden. Letstfites ver-
zichtete erst 172U auf die Sundzollt'reihoit
<^ Riga« AmMst ttberBtiecr bctrSehtfich die von Stockholm, denen
Handelsflotte 1651 nur 49 Schilfe mit 6619 Lasten zählte. Der Gesamt-
wert der schwedischen Ein- und Ausfuhr betrug 1640 ea. 9^« Millionen
BdL Hienni troff Big» allein S Millionen Rdl. bei. Odhner: Sveriges
iure historia, IJ^O?., p. 290.
«» Üsselinx erklärte, alle Bchwedische Kaufleute seien noch nicht
so reich, wie drei Kaufleute in Holland. Franklin Jamcsuu: Willem
ümelliux, New York 1887. p. Ui.
* Gr. Plakaatboek 11, 402 und 478.
^ Über die Streitigkeiten zwischen Dänemark und den Niederlanden
V
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21
letzterer Macht zuneigten^, und 28 niederlftndische Kri^g»-
BChiffe im Hafen von Ko])eiiliagen vor Anker gingen.
Der Friede von 15t r»iii^t>]irfi endigte die Feindseligkeiten
mit Schweden. Die sieben Provinzen schlössen am 13. Augu-st
1G45 einen Separatvertrag mit Dänemark, den Vertrag von
Chribtiunopcl
ZtinäcIiBt wurde festgesetzt, dafs der Sundzoll fortan wilhmid
der nächsten 40 Jahre nicht erhöht werden und dafs alle
Nebenzölle in ^^'cgfilll geraten sollten. Artikel IV bestimmte,
dafs keinerlei Waren von einem Verbot, den Sund zu passieren,
getroffen werden sollten. Holländern gehörige Waren, rlio in
fremden Schiffen verfrachtet wuixlen, wurden nicht hölicr be-
steuert. Die übrigen Artikel des Traküit« bezogen sich auf
die Zölle in Glückstadt und Norwegen. Die Zollsätze sclb^st
waren verhältnismAfsig niedrig, sie betrugen nur Air wenige
Artikel mehr als 1 Prozent vom Wert*.
Die Wirkung des neuen Tarifs machte sich bald in den
Zolleinnahmen geltend. Andererseits brachte es die allgemeine
politische Lage mit sieh, dafs eine Annäherung: 7:wiselien Däne-
mark und den ^Niederlanden sich anbahnte. Selnvcden, im
deutschen Kriege siegreich, war in den Besitz einer grofsen
Anzahl von Ostseehäfen gelangt, und drohte, die fremde Schiff-
ahrt aus diesen Oewilssem zu verdrängen. Dänemark, der
Stütze des Kaisers, Spaniens und Karls I. von £ngland be-
jraubly konnte nur bei den Niederlanden Anlehnung suchen.
Unter diesen Umständen kam eine Defcnsivallianz zwischen
beiden Mächten zustande, die jeden Bundesgenossen ver-
pflichtete, dem angegi'iffenen Teile mit 4000 Mann Truppen
oder einer entsprechenden Flottenmacht zu Hilfe zu kommen.
Auch wurde der Sundzoll neu geregelt.
Durch den Redemptionsvertrag vom 9. Oktober 1649^
kaufiten die Holländer sich von der Verpflichtung, Zölle im Sund
zu zahlen, gegen Zahlung einer Summe von 350 000 Guldeii auf
die Daner von 86 .Jahren los. Aufserdom wurden 750 nOO
Gulden dem K<)nige von Dänemark vorgeschossen, die in ffint-
zehn Jahresraten ä 50 000 Gulden zurückgezahlt werden
sollten'^. Anscheinend sicherte dieser Vertrag den Nieder-
ländern grofse Vorteile, in Wirklichkeit hatte man jedoch
einen groben Bechenfehler bangen. Um einen Anhalt für
wsgen des Walfischfiui^ in Spitzbergen vgl. S. Muller: GeschiedeniB
der iioordsche Compagnie, Utrecht 1874, Kap. 7.
' Über die Haltung der Niederlande in diesem Kri^e bandelt aus-
ftthrlich Kernkamp in der erwUinten Schrift.
* S. d. Vertrag: bei Aitzprnn: Safkcn van ?taet en oorioghy
Bach 45, p. 13* Luzac: Hollands rijkdum 111, Beilage H.
« 8. d. SSoIlroUe bei Seherer 1. c
' < Aitzemn Hch. 29 p. 335. V an der HoeTen p. 110.
^ Aitzema Beb. 29 1. e.
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22
X 3.
die Bedeutung des Sundzolls zu habcn^ hatte man die im
Verkehr mit Dänemark in den Niederlanden erhobenen Ein-
und Ausfiilirzöllo feststellen lassen, hatte hierbei jedoch die
nach der Ems, der Weser und Elbe exportierten Waren mit-
gerechnet. 80 kam man dazu, für die Ablösung 350 000
Gulden zu zahlen, während der Suiidzoll in den Jahren 1646
und 1647 nur 251219 und 125109 Gulden im ganzen be-
tragen hatte. Der Vertrag wurde erst am 8. März 1651
ratifiziert und nachdem man den Rechenfehler bemerkt hatte^
dun h den RescissionsTertrag vom 26. September 1653 auf-
gehoben ^
Bald bot sich jedoch eine Gelegenheit, die Stelh^l^^ die
die Kopflosigkeit der holländischen Staatsmänner verscherzt
hatte, wiederzugewinnen. Man weifs, wie Karl X. Gustav
von Schweden erst Polen, dann Dänemark mit Krieg überzog
und Friedrich IIL im Frieden von Roeskilde zur Abtretung
mehrerer Provinzen nötigte*.
Hatten die vereinigten Provinzen auf Grund der mit
Dänemark 1649 und 1657 geschlossenen V' rtrilge das Recht
erhalten, mehrere Kriegsschiffe diirch den Sund zu schicken,
so wurde durch den Frieden von Roeskilde jeder fremden
Flotte der Eintritt in die Ostsee verboten.
Jetzt mufstcn die Niederlande eine energische Haltung in
der Ostseefrago annehmen.
Am 18. Oktober 1657 wurde beschlossen, 600 000 Gulden
a 5 Prozent an Dänemark zu leihen, unter fonneller Ver-
pftindun^ aller norwegisch eri und 8undz<»lle^, am 25. Januar
1658 wurden weitere 400 000 Gulden an Dänemark vor-
gescljossen. Als aber im August 1658 Schweden die Feind-
seligkeiten aufs neue aufnahm, sandten die Generalstaaten eine
starke Flotte nach der Ostsee^ die Ende des Jahres Kopen-
hagen entsetzte.
Trotzdem konnte di(^ Republik die Früchte ihres Sieireg
nicht ernten. Die T?t}cksicht nnf Frankreich und Enghiiid,
mit denen .sie auf Grund des HiUi^^er Traktats vom 21. Mai
1(359 zw isclien den heid<'n skandinavischen Miichten den Frieden
vermittelte, zwang sie zur Zurückhaltung. So blieb denn die
Abmachung Ton Christianopel in Kraft der Versuch, das
Monopol des Ostseehandels zu erobern, war fehlgeschlagen.
* Aitzema, Bch. 33 p. 844. Über Schriften gegen den Abschlufs
dieaes Vertrug - v^;!. Lnspeyret p. 226,
* Eine Dai Stellung der erwähnten Ereignisse giebt VaiUant: De
parübuB in man Boltico a republica Batava actis, 1§41.
* Seerete Remlatieii Staten HoUand I, 561 1
* Der Zolltraktaf vom 15. Juni 1701 bestätigte im weaentlii lien die
Bestimmungen des Vertrages von 1645. Nur sollten die in letzterem
nicht besonders aufgeführten Waren 1 Prozent vom Wert zahlen. S. den
Vering bei Scherer, Bdlsge 6.
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X 3.
28
Da England und andere Staaten in ihren HandelsvertrÜgen
mit Dänemark <l;is Rocht der meistbegünstigten Nation er-
langten, und ^Schweden 1720 sptiic Sundzüllfreiheit autgal>, ho
hörte der Zoll auf", ein ausschlaggebendes IVloment liir den
Oötäeehuudel zu »ein. Die Schitic aller iSationen bezahlten
fast den gleichen Betrag nur die prcuTsischen iSchiÖe blieben
benachteiligt ^.
Neben der ökonomischen Entwickelung der betreffenden
Staaten im allgemeinen gab ihre Teilnahme an kriegerischen
Ereignissen und die Rechte, die die neutrale Flagge genof«^
die Entschfidangy welche Nation den HauptanteÜ am Ostsee-
handel erhielt.
Durch den mit Schweden zu Nymwegeu geöchlossenen
Handelsvertrag vom 2. Dezember 1C79 hatten die Niederlande
dem Grundsatz „frei Gut, frei Schiff" Anerkennung verschallt,
dennoch litt ihr Handel während des nordischoi Krieges unter
den schwedischen Kapereien, bis 1715 zwölf niederländische
Kriegsschiffe ihr(^ Breitseiten zeigten. Allerdings hatten die
Niederlande selbst das Knegsrecht gern i fsbraucht, indem sie
1681», entgegen fl<'n Vertr^igen, jedes neutrale Schiff, djis sich
den französisch« ri Küsten nähern würde, für gute Prise er-
khirtt'ü. L>ie Antwort war die ]3i'sclilagnahme mehrerer hol-
laiuli-it hen Schiffe im Sunde von seilen Dänemarks und die be-
waffnete Defensivallianz dieses Staates mit Schweden vom
17. Märs 1693, der Vorllufer der bewaffneten Neutralität
von 1780».
Durch den nordischen Krieg wurde Schweden gewaltig
zurückgeworfen, es verlor über 100 000 Einwohner*, seine
Handelsflotte betrug nur noch ' 4 ihres Bestandes. Destomehr
gewann Dänemark während des 18. Jalirlnmderts an ökono-
mischer Bedeutung. Es rifs nicht nur einen grofsen Teil des
Ostseehandels an sich, sondern machte auch im Mittelmeer
und in Westindieu den Hoiliindern eine gciiiiirlichc Kon-
kurr^uB*.
Die Niederlage Karls XII. fUhrte eine neue Macht an die
baltischen Gestade. Allein obgleich die Niederlande es waren,
' Anderson: Geschichte des Handels, Riga 1773, 7,
• Schmoller: Studien über die wirtschaftliche i'olitik iriedrieha
des Grofsen. Jahrbuch VIII, 2 p. 47.
' Bergbohm: Die bewafinete Neutralität. Berlin 1884, p. 48.
* Schwedens Einwohnerzahl nach Axel^on:
iö97 13760001 p^„^
1718 1 247 OOOf
B Luzac : Hollands Rijkdom IV, 302. Aanmerkdyk xjn de progressen
van den ko<>p}!an<io! van Hainburph niet minder remarquabcl zyu die
van het konin^bryk Deneniarken eedert körte jaren. Vorstel van den
stadhouder llViflem IV. tot opbearing van den koophaadel 1751 : Sloet
Tijdaehr. 1. lOG. Es wird hier die Fun ht nu=:p'e8j)rochen, dafs dir Dänen
sich ganz zu Herren des Ostdeehandeb machen würden. 1771 helTlBt es
herots, die Dänen hätten sich ganz und gar des Ostseehandels bemäch-
tigt Dt Koopnao, III, 280.
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*
24
die Riifisland „den Dreizack in die Hand drückttiii", so waren
doch die Vorteile für ihren Handel nicht so hedeutend, nh die
Freundschaft des Zaren erwarten liefs*. Durch die Gründung
von St Petersburg verlor iVrchangebk au Bedeutung und der
Handel in Juchten, Tal^ Pelswerk, der bis dahin aber das
Weifse Meer durch die Hände der Holländer gegangen war,
wandte sieh direkt von Petersburg nach Danzig» Lttbeck und
anderen deutschen Plätz( n ®. — Den Löwenanteil gewann auch
im Handel mit Rufsland England, da» dank di r Entwickolung
seiner Manufaktur im 18, Jahrhundert immer mehr der Haupt-
markt für alle nordischen Rohprodukte, fUr russischen Hanf,
Flachs, Talg, wie fUr schwedisches Eisen, Kupfer, Holz
wurde. Die russische Ausfuhr nach England betrug 1781
8 653 084, nach Holland mir 110 209 Rubel. 1640 kam aus
den Niederlanden die Hälfte der schwedischen Einfuhr,
1769—1776 nur ^ > dorsclhen^ 25—33* 8 Prozent des
schwedischen Exports ging<Mi in den erwJtlmten Jahren nach
England und nur ca. 10 Prozent nach Holland.
Die^e Einbusiscn im schwedischen, dänischen und russischen
Handel bewirkten, dafs der Ostseehandel der Holländer 1783
sich um die Hälfte vermindert hattet
Der Rückgang des Ostsechandels zog aber auch den V(^r-
lust des südeuropäischen Handels nach sich, da die Holländer
die nordischen Rohprodukte, mit denen sie die Mittelmeer-
läuder versorgten, anderweitig nicht erhalten konnten.
> Vgl. J. C. de Jonge: Gesctuedenis van het nederlandselie See-
wesen 2. dmlc III. .'42.
' Dieser Umstand wird betont in Memorie betretende het vetval
der commercie (Stadtarchiv Amsterdam L. C. 3, No. 6).
' Odhuer: Syeriges inre bistoria p. 291. J. Fr. Nyström: Bidrag
tili f^vcnskn handolns och üftrioganias hiatoria. AkaHamwlt AfhandÜDg.
Upsala l£i.^4, p. HS.
* Für die letzten Jahre des 18. Jahrhunderts giebt folgende Zusammen-
Btellung ein liild von der BedeuUing des Hantlel« der die Ostsee be-
fabi^uden Nationen. Zahl der den bund passierenden Schiffe :
Jahr
Engliacbe
HoUindJMhe
Dinieehe
Sehwedieche
PreiuiiBdie
1780
2080
1781
202Ö
55
1588
1784
3172
1366
1691
2170
1421
17^" 1
2535
1571
1789
2136
1353
ITÜU
5788
2009
1559
1793
8478
807
ms
Kluit Lessen ovcr de statistiek, 1805 (Handschrift) II, 250.
M. d^Haogest Baron d'TrOT van Mijdreelit: Fttakrfjks iuTloed
op do buitcnlaiidsclieii anp^ele^^eiiheidtMi der roonntUgen nederlandachen
repubUek, 1858, p. 59. v. QüUch I, p. 387.
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Die Organisation des niederlftndischea Handels.
Der Kloinhandcl und dii' BiiiiieiiücliifFahrt blieb wie das
Handwerk in der ganzen, von uns betrachteten Periode gilden-
mälsig organisiert. Beispiele solcher Gilden, die unter Auf-
sicht der städtischen Behörden standen, sind die Grofs- und
Kleinkrümergilde in Amsterdam*, die Lotsen- und Binnen-
sehiffergilde. Aber auch der auswärtige Handel mulste ur^
sprünglich sich denselben Schranken untrnvcrfen. Als Über-
reste jener älteren Organisation sind die Bergenfahrergilde in
Amsterdam und die Öchonenfahrergilde in Haarlem^ zu er-
wähnen.
Als aber Anfang des 17. Jahrhunderts eine grofse Über-
seeische Schiffahrt sich zu entwickeln h^ann^ in Indien die
Eroberung neuer Welten, die Erbeutung ungeheurer Reich-
ttlmer winkte, da erwiesen sieh die alten Formen als zu enge.
Die giT)lsen Kapitalien, die die Falirt und der Handel nach
jenen fernen Ländern erforderte, wie das grolse Hisiko, machten
die genossenschaftlich gebundene wie die freie Einzelunter-
nehmung gleich unmöglich. Daher entstanden die grofsen
Gesellschaften, wie die Ostindische, die Westindische, die Nor-
dische Compagnie*. An dieser Stelle wurde die ute Stadt-
\ Groot-Kraameregild«, Kleinkiaamengilde. Bei letsterer bianehtea
die Mit^liedf r kolno Hürjrer zu sein.
^ Dieselbe bestand bis in das 18. Jahrhundert.
* Da wir am Brfitilinine wiaami, daft ofane gemsiBsame Httlfe, Assto-
tenz und Mittel einer General -Compafj^nie der Handel in den bezeiclmeten
Gegenden nicht kann getrieben, gesoliützt und aufrecht erhalten werden,
in Anbetracht der grofsen Gefahr von Seeraubereien, Plünderungen und
ähnlichenif die Mlf so grofsen weitet) Heisea TOi&Uen etc. Aus der Ein-
Imtosg »im Oktroy der Westindiicheii Compagnie vom 8^ Joni 1621.
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S6
X S.
Wirtschaft zuerst gesprengt. E.s waren nicht mehr die Kauf-
leute einer Stadt, sondern der ganzen Nation, die für gemein-
same Rechnung Handel trieben. Aber wenn die Errichtung
der Corapagnieen einen principiellen Widerspruch gegen die
lokale WirtBchaftsorganieation oedeutet, die aen Niederlanden
eigentümlich war, im einaelnen lassen sich auch hier die Ein-
flüsse derselben konstatieren. Dies zeigt sich schon in den
nach Städten gesonderten Kammern, aus denen sowohl die
Ost- wie die Westindische Gesellschaft bestand \ sowie aus
dem Umstände, dal's ttir jede Kammer besondere Aktien aus-
gegeben wurden. Femer hatten die Biii k< m^ i'^tcr der Städte,
in denen die betreffenden Kammern iiin n Sitz hatten, das
Recht der Ernennung der Direktoren, nachdem die Haupt-
aktionttre eine grOfsere Zahl von Kandidaten vorgeschlagen.
Erst seitdem der Erbstatthalter Wilhelm IV. zum Oberdirektor
beider Compagnieen ernannt worden« wurde atich hier der
Einflufs der Stadtregenten gebrochen.
War auch bei den tibrigen Handelszweigen das Risiko
nicht so lthTs wie in\ indisehcn Geschäft, und konnte daher
von dt r Krneljtung monojxtlistisclK r Compagnieen Abstand ge-
nommen werden, so kam doch meistens auch hier nicht die
freie, durch keinerlei gesetzliche Bestimmungen beschränkte
Privatuntemehmung zur Herrschaft Der Grund lag haupt-
sächlich in der Unsicherheit der damaligen Schiffahrt. In
Kriogszeiten schlitzte auch die neutrale Flagge nicht immer
vor Kapereien, und in Friedenszeiten wimmelten faat alle
Meere von afrikanischen, biskayischen, und dünkirchener See-
räubern. Kauffahrteischiffe konnten nur unter dem (ieleit von
Krie^^ssc liiücn segeln, falls sie nicht, in Admiralschaft fahrend,
Geschütze an Bord, selbst ihre Verteidijürun^? iUjeniahraen.
Aus diesen Bedürfnissen ist hauptsächlich die 1625 er-
folgte Errichtung des KoUegtums für den Levantehandel her^
vorgegangen. Dasselbe war, wie die Compagnieen, in Kammern
gegliedert, an deren Spitze aclit der erfahrensten Kaufleute
standen'. Auch hier also wieder lokale Organisation, da die
Bürgermeister das Ernennungsrecht hatten! Nur der Sekretär
des Kfdlepums wurde seit l(>9r> von den Generalstnaten be-
rufen, wichtigsten l^estinimnngcn, denen sich die nach
der Levante handeltreiben<len Kaufleute zu unterwerfen hatten,
waren, dafs ihre Schiffe in Admiralsclmft fahren und mindestens
180 Last Inhalt, 50 Matrosen Bemannung und 24 Fünfpfunder
* 6 Kamniera der Ostindiechen Gesellschaft: Amsterdam. Seeland,
Delft, Hooni« Rotterdam, I^khujsen. 6 Kauimern der Westindischen
Kompagnie: Amsterdam. Seeland, Maas, Stadt und Land, Nordquartier.
*Canneman: De meccatnra Batayomm Levantiea. Haag 18^,
p. 44&
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X 3.
27
Laben raufsten^. Einem einzelnen Schiff wurde nur erlaubt,
die Fahrt zu untemehmeiiy wenn es mit 70 — 80 Mann und
80 — 86 G^chtttzen versehen war. Die Ausführung dieser
Bestimmungen wurde unter anderem dadurch gesichert» dafs
Assekuranzverträge ftir Schiffe, die nicht in der angegebenen
Weise ausgerüstet, für ungültig erklärt wurden. Merkwürdiger-
weise finden wir auch hier, wie Ijei der Ostindischen Compagnie,
die Übertragung Htaatlicher Hoheit^rechte an eine kaufmännische
Korporation. Das Kollegium für den Levantehandel erhielt
das Recht der Anstellung von Konsuln in der Tttrkeii die
hier auf Grund der Kapitulation von 1612 tther die nicderlJtn-
dischen Unterthanen Recht zu sprechen hatten. Ebenso, wie
die Konsuln, wurde auch der niederländische (Gesandte in
Kon!<t?intino])el zum Teil von dem Kollegium besoldet. Zur
Deck I mg dieser und anderer Unkosten hatten die Direktoren
daa iieclit, gewisse Steuern von den im Levantehandel thätigen
Kaufleutfloi zu erheben. Hierher gehört das Levanterecht, eine
Abgabe von 1 Prozent, die von allen aus der Levante
stammenden Gtttem, mochten sie nun direkt oder indirekt
importiert sein, erhoben wurde. Die bedeutendste Steuer war
das sogenannte La.stgeld. Seit <\nu Jahre 1625 wurden nämlich
von jeder Schiffslast 4, seit lt)3U 20 stuiver erlioben, von denen
• 3 der Besitzer der verfrachteten Güter, '/a der Schiffer 7,u zahlen
Betrag eriiohen. Auch fr^ndeSchiiror wurden, wenn sie hollän-
dische Häfen anliefen, in gleicher Weise besteuert. Die Steuer-
quittung mufste in allen Häfen dem niederländischen Konsul
vorgelegt werden. Die Höhe dieser Steuer wurde so drückend
empfunden, dals sie 1659 auf die Hälfte herabgesetzt wurde.
1722 stieg sie auf 40 stuiver, wurde aber ben its 1725 auf
den ursprünglichen Satz ermäfsiicft. — Alle Steuern des
Kollegiums wurden von den staatlichen Zollbeamten verein-
nahmt und dann erst an die Finanzbeamten der Direktoren
(Ontvanger) abgeführt
Denselben Typus, wie das Kollegium fi\r den Levante-
handel, hatte auch die Kammer zur Direktion des moskovischen
Handels*, nur dafs dieselbe lediglich auf Amsterdam ))e8chränkt
blieb. Vier bis fünf der mit Rn Island handeltreibenden Kauf-
leute wurden von den Bürgermeistern mit der Leitung und
Beaufsichtigung dieses Geschäftszweiges betraut. Dieselben
erhielten ebenfalls das Kecht, gewisse Abgaben von den aus
Rufaland eingeführten Waren zu erheben*.
1 Placaet opte groote equipagie, monture ende admiraelschappen
der sebepen vanrnde door de stnite van Gibnltar« 8. Mftix 1668.
* Dieselbe wurde 1698 errichtet. Wac'enaar, Amsterdaml V, S|
535. Scheltema: Rasland en de Nederlanden U, 313.
* 1717 und 1728 erUdtm die Diiektoren dasBeeht, Vs Proaent Ton
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28
X 8«
Ähnlich»' FunktTonen lagen auch den i>ir(;ktoren filr den
Ostsechandel (Dirccteuren van de oostersche handel), die seit
1689 in den Städten Amsterdam und Hooru vom Ma^istiat
ernannt wurden, ob.
Auch die Fischerei in Grönland und der Davisstraise
unterstand einer von den Interessenten gewählten Behörde
(Gecom mitteerden uit de Groenlandsche vissery), die unter
anderem Verordnungen Uber da» Bergen von Gutem bei Schifis-
ungliicken erliels.
•lloi Gutem, die von Öt Petenbiifg kamen oder oach dort gingen, ta
erheboD.
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m,
Blüte und Verfall der niederländischen Industrie*
Auf dem Bild einer holländischeu Suult aus dem 16.
und 17. Jahrhundert bemerkt mau aulser einigen Kirclien,
, Holpitaleni und dem sie alle überragenden Stadthaus kaum
ein henromgendes Gebttude. Schon daraus kann man schliefsen,
dafs damals grofse Manufakturen, d. h. geschlossene, einem
Unternehmer gehörige Etablissements nicht vorhanden waren.
In der ganzen Industrie herrschte Kleinbetrieb. Besümdcn
doch für die meisten Gewerbe sr^'setzliche Bestimmungen, die
nur die Verwendun^^ einer beötinimten Anzahl von Arbeitern
oder Werkzeugen gestatteten. So war es in Amsterdam den
Leinewebern unteröagt, melir als drei Webcätühie in Thätig-
keit SU setzen, ein Verbot, das, 1589 erlassen, erst 1657 fiel ^
Die Hutmacher derselben Stadt durften nicht mehr als seehs,
seit 1631 acht Gesellen haltend Den Tuchbereitem von
Amsterdam war eine Zahl von zehn Gesellen als Maximum
vorpreschrieben, während sie in Leyden nicht mit mehr als
itint Tischen mit sechs Gesellen arbeiten durften. Kino gleiche
Tendenz liegt vor, wenn in Amsterdam den Schuhmachern,
Bandwebern und Sclimieden befohlen wird, ihr Geschäft nur
in einer Werkstatt zu betreiben^. Je kleiner der Ort, desto
weiter scheint man in dieser Richtung gegangen m sein. In
Groningen wurde 1680 den Kfirschnem untersagt, mehr als
zwei Gesellen und einen Lehrling zu beschäftigen^, während
in Deventer fast alle Meister nicht mehr als einen Lchrjungen
annehmen durften, die BOttcher nicht mehr als einen Gesellen
und einen Lehrling °.
' llautvesten III, 4, 5'>3.
« Hantveaten III, 4. 669.
» Hantvesten III, 4, 578; v^rl. Wagenaar IV, 1, 476.
^ Feith: De gildis GroniDganis l^SS, p. 108.
* Houck: De eoUegiis opifienm ae mercatomm in patria nostia,
Vm^ ^ 19.
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30
X a
KurSy diese Voneliriften, die darauf hinzielten, den Klein-
betrieb zu erhalteDi finden sich fast fiberall, nicht nur hier
und da, wie van Reea^ annimmt Wenn sie in einzelnen
Gewerben fehlten, 00 geschah es nur, weil sie dort überflüssig
warm, wie z. B. im Bäckergewerbc. Ncbon dem für den
Lnk.all)edarf arbeitenden Handwerk '^nh es freilich aucli (le-
vverbe, die ihren Absatz auf dem Weltmarkt fanden, vor aUein
die Wollindustrie. Allein obwohl ihr Export nach Milliuueu
von Gulden ztthlte', eine manufaktunnä&ig betriebene Grofs-
Industrie war sie doch nicht Eine Hausindustrie mit vielen
kleinen Meistern und kloinen Verlegern, das war auch die
höchstentwickelte Industrie, die die Niederlande in der ersten
Hfllfte des 17. Jahrhunderts aufzuweisen hatten. Zum Beleg
eTTnu:e Zahl«'!!. Es waren in der Sny- und KoBchindustrie
(>aai- en rasiuM'iii^) in Delft vorhandi'n ^ :
Im Jahre 1652 Kaufleute u. Tucher (Drappiers) 69 Arbeiter 256
- - ir)54 . - - - 72 - 226
- - 1656 ... - 93 - 246
Mit dieser Betriebsform harmonierte der technische Chanikter
der Industrie. An die Stelle nllp^enieiner wissenschaftlicher
Principien niulste das zufHllige Geschick des einzelnen Ar-
beiters treten. ^Es p^nh kein Lehrbuch tiber den Schiffsbau.
Daher beinahe kein Sciiiii auf dieselbe W<Mse gebaut wurde,
SO dafs man sagte, zwei Schiffe gleichen sich so wenig wie
Kwei Menschen^.* — Darum blieb das Geheimms gewisser
technischer Verrichtungen in einzelnen Familien erblich. So
wurde die Verfertigung einer Art Verpackungen Ölsaat
(hären) jahrhundertelang in den Zaaidanden von einem und
demselben Geschlecht botri» ^<'ir''. — Es bedurfte des Einfalls
der Franzosen und der \ i treibung vieler Papiermülh'r aus
G»*lderland, damit die Kuncst, weifses Papier zu machen, in
Nordliolland bekannt wurde. — Obwohl gerade Holländer im
16. und 17. Jalirhundertü eine Reihe grofser Erfindungen
machten, so kamen doch nur wenige derselben in der Industrie
zur Anwendung". Die Färberei in Leyden arbeitete noch
Mitte des 17. Jahrhunderts nach einem Reglement von 1585.
* Van Hees: Geschiedeuis der staatbuishoudktitido. 18B5. T, j». 32.
* Der Wert allein der Leydener Produktion au \\ olUtoÖen wurde
auf2it Millionen H. berechnet. Areud Tollenaor. Kemonstrantie, 1678.
Vgl. Uber die Höhe der Prodnktion in Leyden Beilage I.
* Wttcwaai in seiner Ausgabe von La Court Beilage J.
^J. G. deJonge: GeschiMenis van het Bederlandache Seewesen
I, p. C45.
* De Navorstber l«b9 p. 596.
* Dft in den Werken über Geschichte der Technologie der Anteil
Hollaiicl^: an der industriellen Entwicklung sehr veniacblMesigt wird und
auch MultatuU (Ideen No. 451) fräfrt, welche Erfindungen sind in den
Niederlanden gemacht worden, so möge folseude Aufz&blung «auiger in
Holland gemachter technischer Fortschritte Fiats finden:
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X8.
81
Unausgebildet wie die Arl)eitsteilung in der Werkstatt,
blieb sie es auch in der Gresells( haft im allgemninen. Spinoza
schlifT seine Brillen, Leeuweniioek verfertigte öelhst die Linsen
seiner Mikroskope. Auch dafs ein Minister des Au8wflrti|]^en,
wie das de Witt während des zweiten englischen Krieges
thaty zeitweilig das OberiLommando einer Flotte übernimmt,
dttrfte heatsatage eine ungewohnte Erscheinung sein.
Fassen wir das Obig« /uaammen, so ergiebt sich: bis in
die letzten Decennien tlea 17. Jahrhunderts war der Klein-
betrieb m Holland dank dem niedrigen Stande der Technik
fast UV)erjill vorherrsciicnd, und auch wo die Technik voran-
8eliritt, wurden die alten Betriebsfonncn von der Gfsetzgebung
künstlich aufrecht erhalten Dan Handwerk blieb in den
Fesseln der Qüdoi, ^e Hausindustrie in den Banden der Hallen.
Wie wurde nun die Manufaktur in den Niederlanden ge-
schaffen? Die tfkonomiichen Bedingungen ihrer Entstehung,
Ansammlung grOfserer Kapitivh'en in einzehien Ilünden, Bildung
einer Klasse von nn<T:elemt< n Arbeitern, Welthandel und grofser
Markt* wnrrn in Holland mindestens seit dem Anfang des
17. Jahrlmn(ierts vnrlianden. Denuoeh \v( rdt ii bis zum letzten
Drittel des 17. Jaiirhunderts nur auänahnisweise Manufakturen
errichtet und fast immer geschah dies durch fremde Unter-
nehmer unter besonders bevorsugenden Bedingungen. Das
älteste Beispiel dieser Art bietet wohl der Eontrakt der Stadt
Haarlem mit Gregorio de Ayala und mehreren andern spaniselicn
Kautlcuten vom Jahre 1524. Die letzteren verpflichteten sich,
800 hall)! Stücke einer bestimmten Tuchsorte jlkhrlich in
Haarlem iabrisiereu zu lassen'.
Erfindung des Pasquier Latnertyn in Alkin;<Hr In der
lIiiBter Weberei. £iKelenberg Alkmaar p. 424. — E^tdcckuu^ des
€k>cheniUe8charlach dnrcli CornAliiiB Drebbel {^woe der wichtigsten
liarbecheinisi lipn Entdeck unf^en" Otto N Witt, Cnenii'^chr Technologie
der G^piuustiasern p. HO). — Die Erüudung der Si'jeiuühleo. (Leeg-
water, Klein chronykje p. 13). — Erfindnii^ des Jakob ter Gonw,
Katifinann in Amsteraam. Kattun mit echten Farben ssn bedrucken. Resol.
Staaten Holland 1^. Juli 1<>7n. — Erfindung der Platten zum Kattundruck
1690 durch Komeyn de ilooghe. Berg Refugi^s p. 198. - Lriuidung
italienischen Krepp zu machen. Res. Staaten Holland 25. Septbr 1699. —
J>i* ITH hoiländi.si-hcn Handwerk des 17. .Talirhunderte üblK he Technik
bedingt Johan van Nyenborgb in seinem Lehrgedicht Xoonneel der
«tnbaehten of den wineVel der Handtwercken. Groningen 1659.
' AllcrdingH r^piclt der Koloriialmarkt nicht die entscheidende Rolle in
der Entstehungsgeschichte der Manufaktur, die ihm Marx (Kommu-
nistisches Manifest und Elend der Philosophie) zuweist. Weit entfernt, ein
wichtiges Absatzgebiet in Indien zu finden,, fürchtete die europäische
Industrie die Konkurrenz der indischen rr' dnkto. so dafs wiederholt auf
Schutzzölle gegen die Einfuhr indischer Jiaumwollen- und Lcinenstofl'e
angedrungen wurde. Vgl. Laspeyres p. V6(>. Becher pol. Disconre
p. 127. Ma cphorFon: Annals of trade II, 559. Kiclmeyer: Entwick-
lung des ZeugdruciLs in Dinglers polytechniseb^ Journal 234 p. 63.
Clement Tan Cauwenberghas Liadi^cie de la eoic & Anvenaepiiki
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82
xa
Als Motiv fih- den Abschhifs des Vertrags führt der
Magistrat die Verliossorung der städtischen Finanzen und die
Vermehning der Bevölkerung an*. — Aus dem Jahre 1666 i.st
eine Abmaclning zwischen demselben Magistrat und dein Kng-
länder Bellingan, sowie seinem Aaaoci^ Dirk van Kattenburai
aus Anutenduun Uber die Erriehtung einer Spiegelfabrik er-
halten^. Die Unternehmer bekamen ftir 15 Jahre das Mono-
pol in dieser Branche^ sowie einen Vorschnfs von 8000 Gulden,
der in 8 Jahren zurückgezahlt wenlen sollt*', zugesichert.
1678 kontrahierte die Stadt Haariom mit Doktor Joachim
Recher, l.saak van Nikkelen und Hendrik Noyen über die
Gründung einer Fabrik zur Verarbeitung italienischer Roh-
seide. Die städtische Rc^perung sollte die Gebäude für
25—80000 Gulden herstellen und dieser Fabrik ein aus-
schliefsliches Privilegium zu erwirken siiclien'.
Indessen vereinzelte Ereignisse^ wie die erwähnten^ bedeu-
teten keinen Bruch mit der alten gewerl)lichen Ordnung.
Wie ein eiserner Kiegel hemmte die Festsetzung der Arbeiter-
zahl und der Werkzeuge die Entfaltung der kapitalistiselien
Produktionsweise, Alle anderen Bestimmungen der (iiide-
statuten konnte der kaufmäuniöche Unternehmer leichter um-
gehen. So konnte er, auch wenn er kein Meisterstttck
gemacht, das Geschäft auf den Namen eines gelernten Meisters
^ihren lassen. Es bedurfte grofser Ereignisse, um endlich
auf diesem Gebiete Wandel zu schaffen.
Da kamen in den Jahren vor und nach der AiiflK'hung
des Edikts von Nantes Tausende von fran/ To Ischen 1 iiicht-
lingen ins Land, fast alle Kaufleute, Hand^^< rker, Arbeiter*
und mit ihnen konmierzielle Intelligenz, verfeinerter Geschmack
und grofse Kapitalien. Wollte man diese Schätze nicht
unbenutzt lassen, so mufsten die lästigen Fesseln des Gilde-
rechts fallen. Sie fielen. Die glaubensrerwandten Ein-
wanderer, in allen Städten gastlich aufgenommen, erhielten
das Bürgerrecht, wurden von der Verpflichtung, ein Meister-
stück zu liefern und Eintrittsgeld an die Gilde zu zahlen,
1588 jnsqn'lt nos jours, Anvers 1S87, p. 15. Boislisle, Correspondance
dss ooDtrdleure ^en^raux des ünancee. II Append. p. 479. Luzac sagt
sogar, dfif?. dir Verfall der niederiftodiacben Manankturen dem Uandel
mit ludiea zuzuschreiben sei.
^ Hantvesten der stad Haarlem 1751 p. 657.
■' Ensclicd 0: InrcTitari?; van hct archief der ßtad ITaurlcm II Xo. 5G6.
hin uüige Thatsacbe kann auch zur Widerlegung der Behauptung von
Berg Refugi^ p. 198 dienen, d&fs die eiste Spiegelfahiik in Hollsna erst
1090 vorkommt.
* Enschede 1. c \o. 571.
* Unter den 227 tranzÖBischen Flüchtlingen, die von 168.5 — 1698
Bürgerreciit in Middelburcr erwarben, befanden Bich 4 Prediger, 1 Lieutenant»
8 Schneider, 1 Graveur, 2 .^^j/itzotiarbeiter, 4 Küfer, 8 Kaufleute, 7 Zi?nnior-
leote, 15 Leineweber, 9 Woilkämmer, 10 Schuhmacher, 3 Hutfabri kauten,
1 Bnehbinder, 2 Tnchweber, 8 Baichentweber etc. Coronel, Hiddellraig
1859, p. 180.
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X 3.
38
dispensiert. Auch wurden ihnen Steuern erlassen und Frei-
heit von militärischen VerpflichtunfrrTi zii^^'^Mt^t. T'l)ornll, wo
sie hinkamen, schufen die Retugus neue liiduHtneeu oder
belebten die alten. Zu den neu eingeführten Industriezweigen
gehörten in erster Reihe die Hutfabrikation, die Fabrikation
▼on Seiden- und Halbneidenstoffen und Mtlllereace in Haarlein^,
die Sammetfabrikation in Utrecht und Naarden, die Gerberei,
Posamentierarbeit — Die Seiden- und Halbseideninduntrie
in Haarlem gab noch in der Zeit ihres Verfalls an 15000
ÄteTischcn Arbeit^. - Die Fabrikation von Seiden-, Halb-
seiden-, Wollen- und Halbwollenstoffen in Utrecht beschäftigte
ungefähr 10000 Personen^. — Die Holländer, achreibt Sir
Charles Daveuunt 1697, haben eine solche Seidenmanuiaktur
in ihrem Xjand& dafs wir von dort mehr Beide importieren,
aia wir von Indien hierh^bringen. Der grttfate Teil der hier
gebrauchten Sammete kommt von dort und wird von uns
teurer bezahlt, als wenn die Ware von Indien käme oder
bei uns fabriziert würde*. „Ich glaube sicher, heifst es in
der Denk sclirift eiiiPR SeiflenffibrikaTifoTi von 1774, dafs früher
durch die Seiden- und Öeidenötoffiabriken mehr Menschen in
unserem Lande Arbeit erhielten und prosperierten, als durch
die ganze ostindische Compagnie*. Auf die Bedingungen
dieser Prosperitllt werfen freilich die gerade fUr dieae Industrie
erlassenen Truckyerbote ein eigentümliches Ucht
So war mit einem Schlage eine g^rofse Manufaktur-
industrie® und eine Hausindustrie geschaffen, die, ungleich
freier als bis dahin bestehende^ bald die alte Wollindustrie
^ Uber die Fabrikatioil Ton ngaze des orientaux" in JEbsrletn vgl.
Bnlletin ds la Commission poor llustoire des ^lisw wallotmei 11(1887)
p. 89Sf.
* Berg 1. c. p. 908.
» Utmhtftch tijdschrift 1835 p. 335.
* Ch. Davenant: Eaa&y od tbe Bast India trade. Works I, p. 109.
Der Import von Holland nach England betrug 1668—69 10 557 Seiden-
gcwebe im Wert von 28768 5 s und 2877 ^ gezwirnte Seide im
Wert von 2878 dagegen 1703 f>>^(>9" i-.> ^ Seicfengewebe im Wert
von 15 822 ^ 2 B und 12 305 €6 gezwinite Seide im Wert von 15 Ut>6
Davenant: Works V, 405 und 412. ~ Die holtändischen Seidengtoffi»
ninl lUoknte verdrängten damals die fran/ösischen l'ahrikute auf dem
spauifM^hen Markt. Boislisie: Conrespondance des coutröleurs {r^draux
I, No. 1808.
Stukkoii betreffende de redenen van bet verval der Zijdefilbriflken
te Amsterdam 1774 (Stadtarchiv Amsterdam L. Z. G No. 8).
* Lber die Zahl der MHuulakturen liegen nur wenige Aneabeu vor.
In .Amsterdam gab es 1770 230 Fabriken in 84 Klaaeen. De Ivoopman
II, IT'' IT*^") waren nach Wa^enaar 100 Zurkermffinerien, 20 .MüLtercien,
I i i^rauereten, 12 Seifensiedereien, 7 Essigtabriken, 1 EiAaigieTserei, 1 6e>
wcbrlaofitibrik vorbanden. Vi^l. auch De Koopnan 1, 254 und VEs'
Sine K'.opbandel II, 312. In i^aandam Bollen nach Honig i (lescliiedenis
er Zaanlanden I, 27 Ij 1708 432, 1768 805 MUbleu im Betrieb ge-
wsssB sein.
F«iMhqiigwi (44) Z 3. - PringilieiiB. 3
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84 X 3.
überdugelte ^ — Es entstanden nun Unternekniungen von
teilweise kolossalem Umfange. Pierre Baille aus Languedoc
errichtete 1682 eine Weberei mit 110 StttUen in Amsterdam K
Seine Arbeiter bewohnten einen ganzen Stadtteil. Einem
Unternehmer, der die Taffetfabi ikati<jn in Amsterdam oinfohrte,
wurden nicht weniger als 100000 Gulden vom Magistrat vor-
geschossen. Um diese Zeit legte Jakob van Möllern mit Unter-
»tut^uug von Röfugiöfe eine Seideni'abrik in Utrecht an, die
durch ein Wasserrad betrieben wurde. Er beschäftigte 500
Arbeiter und gab aufser dem Hause an 1100 Webstühle Arbeit^.
Wie grofs der Vorteil war, den die neuen Mannfakturen dem
Lande brachten, aeigt u. a. Davenants Bmchnung, dafs von
1688—95 der Nationalreiehtum der Niederlande sich um
7700000 £ vennehrt habe*.
Die Niederhinde tnUtn fUe Erbschaft des ersten dam-tli^ren
Industriestaates an; was Ir'rankreicJi noch nach der Verjagung
der Protestanten an Industrie behielt, ruinierten die Kriege
und die Verwaltung Ludwigs XIV. *. Ebenso plötzlich aber,
wie der Aufschwung der Industrie gekommen, ebenso ttber-
raschend brach der Verfiül herein. Seit 1780 zeigte sich in
den wichtigsten Industriezweigen eine Elrlahmung, die nur der
Vorliiuter eines völligen Niederganges war.
Die Hutmacher Ix klagten sieh 1738 über den unglaub-
lichen Verfall ihrer Industrie. Hüte -' ien in Fiankreich mit
20 livres belastet, was einem Verbot gieichkomme, in England
bei die Eintuhr ganz verboten ; dagegen werde eine grofse
(Quantität englischer Hüte nach Holland eingeführt. Die von
' Sa Vary sftf^t: „Avant la r<*vooation de l'^dit de Nantes leurs
manufacturee ne consistaieut presqu\:a leurs dra)>3 et en ieura toiles.
£Ketionnaire II, 389. Unrichtig ist es, wenn Di. Georg Hansen, Die
drei Bovr.lkerongsstufcn, Müncnen 1889. u. 2SI s hreibt: ^Dir /fit des
westtMscken Friedens bezeichnet den Höhepunkt fUr die Lnt Wickelung
dar ynederlande. Sie sind jetet . . . der erste Indtutrieeteat der Welt."
Nach der anderen Seite übertreibt W i ! 1 i a m : Histoire des gouveme-
meuts du Noid, 1780, I, 179: ,Ce pays na jamais et6 celebre par ses
niaaufactures,**
' Berg p. 165. Die berühmte, von Colbert ins Leben gemfene
Tuehmanufaktur von AbbevIlU" hatte nur 30, später 80 Stuhle.
* Die Fabrik zählte 32 Seideumühlen und bestaud bi& IdlG. Ut-
lechtaehe tijdschrift 1835 p. 226. Peter der Qrofse besuchte diese Fabrik
1717 und geriet, als er die Kraft des Wasserrades prüfen wollte, in Lebens-
geCahr. Scheltema: Rulsland ea de Nederlanaen 3, p. 3ö(i.
♦ Darenantl, 415.
i)her den Zustand der französischen Manufaktur in dieser Zeit
vgl. folgende Schilderungen: „II n'y a plus ni raannfacturefli ni fabricaiits
dans les petites vilics." Schreiben des Intendanten der Auvergne.
Bo i 1 is 1 e: Corre.spondance dos contrftlears g^neraux des tinanees l, No. 1050.
lia {dupart ides ouvriers de St. Etienne) quitteut et desertent, faute de
travail, et une inlimte meurent de faim et de misöre. Schreiben des
Intendanten von Lyon 1694^ h c. I, No. 1278. Klagen ttber den Rück-
gang der Manofiaktttr von Sedan Lei, No. 1490.
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35
den Hutmachern verlangte ZoUcrliöhung wurde abgelehnt,
dagegen sollten die Bürgermeister imd die übrigen Beamten
ersucht werden, nur inländische Hüte zu tragen*. — Die
Say Produktion in Leeden war schon 1714 auf ,ein Drittel,
1780 auf ein Zehntel ihrer Höhe am Ausgange des 17. Jahr-
hunderts zurückgesunken. Während früher in Leyden 14CM)
Tuchstuhle, 1400 SaystUhle, 300 Kreppstühle zu gehen pflegten,
gab es deren 1753 nur nooh 150 i psj). 30 und 25^. 1735 und
1736 gab tiH 80 Tiichfabrikjuiten und Appreteure in Leyden.
1756 waren nur noch 25 Tuchtabrikanten und 10 Appreteure
übrig ^. Die Leydener Arbeiter waren zoi- Auswanderung bis
nach Spanien gezwungen. 1763 waren in Amsterdam die
frtther so zahlreichen Wollwebereien verschwunden. In der
Delfter Fayence-Industrie* waren 1794 von 30 Fabriken nur
noch 10 Ubng. Von der Kattundruckerei helTst es 1777, dafs
sie in Verfall geraten, naeh anderen Pliitzen, be5?onders An^rs-
bur^^ sicli «gewandt habe, wUhrend Wageufuir (1765) noch von
der Rlütlic dieses Gewerbe« spricht ^ Jeder Tag brachte
neue Hiubsposten über den Verlust früherer Absatzgebiete.
1701 ging der portugiesische Markt verloren, 1739 schrieb
der hoUftndische Gesandte in Schweden, dafo fortan nur noch
inländisc he Tuche dort getragen werden sollten*. 1770 wurde
die Einfuhr fremder Thonwaren in Dänemark verboten Was
Holland verlor, gewannen die konkurrierenden LUnder. Die Aus-
fuhr englischer Wollstoffe verdreifachte sich von 1701 — 1770.
Die Tuchproduktiuii Sehle.sien.s hatti- sich von 1739 -1775
verdoppelt**. — Kurzum, ganze Industriezweige wurden weg-
gefegt, Tausende arbeitslos, blühende Städte entvölkert". Die
Geschichte der Industrie kennt keinen iümlichen Zusammen-
bruch. Und, was am verhängnisvollsten^ dieser Zusammen*
bnu li erfolgte am Vorabende der industriellen Revolution.
Während England nur nötig hatte^ seine Industrie auf Orund*
* Kii&oiutien Staaten Holland 24. September und 25. Oktober 1738
tmd Volumen Docomenle ter Venncleringe exhib. 1788. Lusac: Hollands
f^kdom TT Vi21 betont dagegen die Konkurrens der BrslMUiter Hüte.
* i>e smekende fabnquanten 17.')3 p. 25.
* Hollands algemeene bloie of ruine. 2. Aufl. 1777 p. 8.
* Henry Havard: Histoirr de la favence de Delft. Paris 1878.
* De Koopman VI, 447. V\mt den ftückgang des Schiffisbaues vgl.
de Jongc: Geschiedenis van het nederlaudscbe ;eeewezen III, p. ö42.
8ickeß^a l v. p. 254. Über den Vofidl der BrsDereien Nederlsndsche
jaarboeken 17.">1, j». .')r.7f.
« £e£olutieu Staaten HoUand 1739.
^ Heeolirtjen Staaten Holland 9. Jtini 1770.
^ Schmoll er: Kleingewerbe p. 33 nach Mirabe.iu.
' Jn allen Strar>*en (von HaarlemX wo früher das Klappern der Web-
atülilc. das Schnurren der Räder und das fröhliche Lied der Arbeiter ge-
hört wurde, herrscht jetzt tödliche Stille .... Strafsen, wo früher glück-
liehe Familien linrch Arbeit ein ehrliches Auakoniinen fanden, sind gänz-
lich atwehroohen und in griiiie Felder verwandelt." Corneiis de
Kenteg« Ttfeveal Ttn Huvlem. (1806). lY, 241 nnd 274.
8*
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86
X 8.
Inge (lor gewaltigen technischen Fortschritte am Ausgange dea
18. Jahrhimf^M'ts fortznentwiok^-ln , stand Holland, (\or in-
duBtriellen Krrungeiischattcii von zwei Jalirliundorten beraubt,
ßchutzlos dem nun mit viel furchtbareren Waöen kümpieuden
Konkurrenten ^^^egenüber.
Über die Ursachen dieser Katastrophe waren schon die
Schriftsteller des 18. Jahrhunderts nicht im Unklaren. Hohe
Arbeitslöhne, ihrerseits die Folge gestiegener Lebensmittel-
preise und drückender Steuern, soUten die niederländische
Industrie unfähig gemacht haben, ihre Stellung auf dem
Fabriken aus den groi'sen iStädten auf das platt«« fvind ver-
legt^ wo doch Lelii'nsniittel und ^lieten billiger? .lahriumdertc-
lang hatten die iiulländischeu 8tiidte, die allein iStiuimrecht
in der Staattiversanimlung hatten, systematisch das platte Land
unterdrackt, den Betrieb der meisten Gewerbe auf den
Dörfern und Flecken untersagt ^ Und weit gefehlt, dafs die
Gesetzgebung in der Stunde der Gefahr andere Bahnen ein-
schlug, Stadt und Land gleichstellte, nein, beschränkter
Kirchturmspolitik mufsten die allgemeinen Interessen der
Industrie zum Opfer fallen. Gerade um diese Zeit wurden
auf» neue Verbote erlassen, bestimmte Gewerbe aufserhalb der
Städte zu betreiben. Beispiele: das Verbot des Gokkchmieds-
gewerbca^, der Brauereien (1748), der Mühlen (1749), der
WoUftrbereien (1757) auf dem Lande*.
Das wichtigste souverftne Rettungsmittel wurde Ter-
sehniilht, desto freigebiger war man in allerhand kleinlichen
Mafsrcgeln und Vorschlägen, durch die man die Industrie zu
heben hoffte. Hierher gehört die Bentimmung, dafs die Miliz
der Provinz Holland mit iidiindischeni Tuch bekleidet werden
sollte*, das Verlangen, (lafs die Beamten nur inländinche Stoffe
tnigen sollten, von Arend Tollenaer schon 1672 erhoben, von
den Vertretern von Rotterdam lü99 wiederholt, von dem
Verfasser der Schrift „Hollands bloei of ruine* des weitem
auseinandergesetzt und endlich in einzelnen Stltdten, z* B. in
Haarlem, erfüllt —
* Gesetzgeberiache Akte, die dies bezweekten, sind Karl V. Ordre
op de buitennerinj' (1531), dn? Verbot der ländlichen Brauereien (1521,
1546, 1549, 1577): V au Zurck, Codex Batavus, p. 123. KesoL Staaten
Hollilod, 28. Hai 1669.
« gt. pib. VIII, im
^ Laspeyres p, 192. Teilweise wanderte die InduBtrie der Pro-
vinz Holland nach anderen Provinzen, wo derartige Ijeschränkungen
nicht vorhanden, aus. 8o gingen schon 1789 in Tilbuig ( Nordbrabant)
Cno Stuhle für I^eidener Beelmniig. John Smith: Memotra of wool.
London 1756. II, 98.
* Resol. Staaten Holland. 28. MSn, 25. Juli, 29. November 1701.
lÖ. August 17(t4, 15. Januar 1707.
<^ de Koni Dg: Tafereel van Uaarlem II, 279 und III, 329.
Weltmärkte
I ^
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X S. 37
AufTallend ist die Thatsache, da^s die Krisi«, unter der
die Industrie damals litt, nicht einen völligen Uinsfliwun«]^ in
der Zollpolitik herbeitührte. Obwohl die bei der Abfaös»ung
der niederländischen 2k>lltarife maTä^cbonden handeUpolitischeu
QrundsfltKe schwer zu erkennen sind, da weit mehr ab sie
finanzielle Zweckmttfsigkeitsrttcksichten vorwalteten, so ist
doch .sicher, daXs bis 211m 2. Drittel des 18. Jahrimnderts die
Gesetzgebung einen principiellen Industrieschutz nicht an-
strebte. — 1> M- Tarif von 1655 hatte das Princip, die Ams-
fuhrzöllr» iji lh 1 nir/üsf'tzen, als die Einfuhrzrdl»* ^ M'enn iöti5
und lt)71 Import von Industrieprorlukteii aus England
und Frankreich verboten wurde, so waren dies vorüber-
gehende Repressalien von rein politischem Charakter. Als
1 688 etn neuer Tarifentwurf ausgearbeitet wurde, wurde durch
denselben die f>infulir von Fabrikaten, sie seien von ,^6oldy
bilber, Seide, Garn, AN'ollc, Haar, Eisen, Kupfer (»der aus
irgend einem anderen Stoffe", durchschuittlich mit 8 Prozent
vr»m Wert besteuert, was um so Ix-merkenöwerter, als dieselbe
Vorlage landwirtschaftliche Zrdle (z. B. auf fremde Butter)
von 25 Prozent und eine ghnch hohe Bchistung für mit
^mden Fahrzeugen eingebrachte Fische in Vorschlag bringt-.
Die von Wilhelm IV. 1751 geplante Tarifreform verquickte
den Induatrieschatz mit weitgehenden Zollherabset/.ungen und
Durehl'ahrerlcichteruugen für den Handel. Teils au der
Schwierigkeit, diese l)oi»pelaufgabe zu lösen, teils am Wider-
standr der Adnn'ralitiitskollegicn, die eine A'erminderung ihrer
Einnahmen befürchteten, scheiterte dieser letzte Heformversueh
auf dem Gebiete iles Zollwesens vor dem Ende der Republik^.
Die Kotlago der Industrie veraulafste nur vereinzelte Einfuhr-
▼erboie und Zollerhdhungen. Die wichtigsten dieser Mafs-
regeln sind das Einfuhrverbot von Wolldecken (1728), von
frenulen Bieren (17<)9), von geschnitten<'n Korken (1750 und
Öfter), von Schuhen für iVm Provinz Holland 1778), ein Zoll
von 20 Prozent auf '^Puche. von 25 Prozent auf enelisiiio
Thonwaren*. Eine wesentliche Förderung konnte die IndustiM«^
hicnlurch nicht erlalu* u, da bei dem trostlosen Zustande der
Zollvervvaltimg nicht eiuuud sicher war. ob die betreffenden
Verordnaogen zur Ausführung gehingten*. Wichtiger als
* i^l rt Tijdsclirift 18, 1.
2 Maximen geobserveurt in iict formorcn van uieuwe Ij'ste van cuu-
yo^ren en licenten (Stadtarchiv Amst« rdum L. C. 206.)
En seien: propositionibna Guilielnii IV, p. lo.
* Sic k eng» p. 2Ö2. Groot i'lakaatboek Vi, 14^2, V U, iöüu, IX,
1390 u.
* Dittch Plakat vom l(i Oktober 1619, ernettert Vm. HJöO und
inn;^ ^nv ']'.'■ 1 Jtifuhr aller frentdcr frotiirbtcii und appretierten Wollon-
fitulte auts strengste verboten worden. Und docb «ab es keine Slatif umi
häm fläirk wo nicht die Terhotenen Waren in jedem Laden /.u Iiabon
wmm iis dw Verbot in einen Zoll von 8 Prosent verwandelt worden,
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38
alle diese Versuclie, der Industrie den inneren Markt zvl er-
halten, aussichtslos schon darum, weil der heimische Konsum
nicht ausreichte, die Bedürfnisse einer für den Weltmarkt
geseliuffeiieii Industrie zu befriedigen, waren vcroiiiz« lto Rp-
luUhungen, der Industrie billigeres Hohniaterial zu versehatten.
Ein wesentliches Moment, das den Untergang der nieder-
ländischen Industrie herbeiftlhrte, war folgender Umstand. Im
Gegensatsse sur Jetztzeit suchten die Industrieen des 17. und
18. Jahrhunderts in erster Reihe heimische Rohstoffe zu ver-
arbeiten. Diese Rohstoffe durch Ausfuhrbeschränkungen im
Lande zu halten, war das erste Gebot merkantilistischer
8taatskunst. England verbot die Ausfuhr dei- Wolle 1614,
1620, 1622, 1630, 1632, 1639. 1647, 1660 und öfter Seinem
Beispiele folgten fast alle Staaten des Kontinents. So Branden-
burg (1087), Kurpfalz (17 13), Dänemark (1719), selb.st Spanien
für grobe Wollen. — iVankretch und einige italienische
Staaten untersagten die Ausfuhr von Rohseide. — HoUand
war dagegen stets auf den Bezug fremder, zum Teil über-
seeischer Rohstoffe angewiesen. Spanische Wolle, indische,
chinesisehe, italienische Seide, norwegisches Holz waren die
Währung .seiner Manufakturen. — Aber aueh wo einheimische
Rohstoffe zur Verwentlun^^ gelangt<Mi , waren sie selten in
genügender Quantität und Qualitiii im Lande zu lial)en.
Trotz des Ausfuhrverbotes von Lunjü» ii siechte die 1 Papier-
industrie dahin, als die spanischen Niederlande die Ausfuhr
von Lumuen nicht mehr gestatteten^. Ein Ausfuhrzoll auf
holländische Wolle war schon 1648 gefordert worden'; 1791
wurde das Verlangen erneuert*, trotzdem fiel der Vorschlag,
weil die meisten Fabrikatiouszweige auf Verarbeitung fremder
Wollen eingerichtet waren.
Hutten wenigstens die kolonialen Rohstoffe in genügender
Menge der niederländischen Industrie zur Verfügung gestanden,
war der £rfolg nor, dafs die Waren mit 2 Prozent Au&chlag ins Haus
geliefert wurden. Berg p 806. Es ist wahr, die Eingansszölle sind hoch,
aber sie werden gcwif» nie so, wie es sich pohört, bezahlt, schreibt 1774
ejn Seidenbftndler. I>er Zolltarif von 1725 mit den tpftter erfolgten
Änderungen bei l'Espine: Koophandel IV, 224 f.
* ^^1. £. Leser: Eine Denkschrift über die englische Wolhuduatrie
ans der Ztit Jacobs I. p. r>42 f. Faber: Gntstehnng dee Agrarsehntaee
in England, p. 2C>. kennt die älteste V« r mlnung von 1614 nieht.
* Ausfuhrv erbote von Lumpen wurden 1719, 1720, 1724, 1730, 1739
1754 und 17(>'J erlassen. Laspeyres p. 150. Mr. D. 1. c. p. 122. Aus-
filhrverbote von Porzellanerde 8. April 1698, Gr. Plb. IV, 1:^61 häufig
erneuert, zuletzt ."H. Marz 1756 (VIII. 12^7) Ausfuhrverbot inuMsher Häute
aus {Seeland (Plakat vom 7. März 1684). Mr. D. p. 104.
* Corte dednctie etc. (Reichsarehiv Bd. Comm(«ce I648--84.) Vor-
fiherj^'ehend war iVw Wollausfuhr 1628 und 1680 Terbolen geweaen. Mr.
D. Over de aioude vrijheid p. 114.
* Nader voordra^'te vmn Leyden tot opbenring van bet kw^pnend
&biieqwezen en Consideratien over de belemmeringen van den uitvoer
v«D inlandsche wolle 17dl. Extrakt Kesol. Staaten üoUand 16, 12 1791.
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39
so hätte sie auch in einem Lande, das zum grofsen Teile aus
Heide. Diincnsand, Torünoor und Wasser bestand, konkurrenz-
tlllug bleiben können. Allein auch fb'eses Vorzugs scheint sie
«ich nicht erfreut zu liaben. — Aus umthngreichen Aktenstücken
über den \'eHall der Seideniiuluötric, die auf dem ximsier-
damer Stadtarchiv bewahrt werden, geht hervor, dafs die
ostindische Comuagnie den Verpflichtungen eines Vertrages
vom 22. SeDtemoer 1740, den sie mit den Stildten Haarlem
und Amsterdam geschlossen, jährlich 100000 Pfund Rohseide
zu importieren, seit 1750 nicht nachkam^. Als 1774 die
Erneuerung des Privilegiums der Gesellschaft in Frage kam,
petitionierten die SeidfuTiändler von Amsterdam, Haarlem und
Utrecht, die Compagnie solle jährlich 50 00U Pfund Rohseide
und 7000 Pfund Florettgame liefern, wogegen sich die Seiden-
Landler an Eidcbstatt verpflichten würden, die Seide nur im
Inlande verarbeiten zu lassen. Wahrscheinlich infolge dieser
Vorstellung wurde 1777 ein Ausfuhrzoll för die (von der ost-
indischen Compagnie) importierte bengalische Rohseide be-
schlossen'» doch kam dieses Mittel wohl zu spät, um Hilfe
zu bringen.
* Stnkken betrefieDtie de redeneo van bet verval der Z^defabriekfln
te Amsterdsm (Stadttrehhr Amsteidiin. L. Z. 9. No. 8>
* Laspejres p^ 149.
IV.
Zur Geschichte der Gewerbeverfassung in den
Niederlanden.
Diü Organisationsfomien der Industrif^ liieton ein merk-
würdiges Beispiel für di«' Tiuitsache, dafs unter der u^leiclien
i'uristist'hen Form ein ganz verschiedener wirt«cliai"tlicher
nhalt verborgen sein kuiui. Vor allem gilt dies von den
Gilden in den Niederlanden. Bis zum Ausgange des
18. Jahrhunderts war der gröfbte Teil der holländischen Oe-
werbtreibenden in Gilden organisiert Wie sehr auch die
socialen Aufgaben und die 8tellimg dieser Körperschaften
zum Staate wet hselten, stets blieb Name und äulsere Form
die gleichet Van Riemsdijk unterscheidet 3 Epochen in
der Geschichte der rHKlcn. „Anl^nglich", sagt er, „ver-
einigten sich Personen des gleichen Gewerbes oder Berufe«,
um gemcinf^amc Interessen zu vertreten. Da das religiöse so
sehr mit dem gesellschaftlichen Leben verflochten war, hatten
solche Korporationen auch einen stark kirchlichen Charakter.
Allein snielte das Gewerbe in solchen Vereinigungen eine
Hauptrolle, GKlden im gewöhnlichen Sinne waren sie doch
nicht. Dies wurden sie erst durch Verleihung des Zunft*
' Die Schriften von R(Hiel XyenliuiR: Di^ juribiis t}'pograph<>rum
1819, FortayD: De gUdarum hiätoria medio imprimis aevo 1634 Houck:
De collegiis opificnm ac mercatomm in patiia noslm 1846, J ter Gouw:
De gUden, eene bijdrage tot de ffMcbiedenis van liet volksleven 1866^
bieten viel Material, enthalten aber Keine wis«e?i'*chaf'tlic heu Anforderungen
entsprechende Geschichte der Gilden. Hauptwerk für die ältere Gre- ,
schichte dieser Institution ist das Buch des KeicliMUrchivars Th. H. F. van *
Riemsdijk: OeBduedenis vaa de Kempelkerk van St. Jaeob te Utrecht.
1882. Kap. 5.
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X 8.
41
Zwanges Unabhitiigig davon konnte die Gilde auch
politisc'ho R»H'hte erwerben und hatte damit ilirr dritte Ent-
wick« lungastute und den böchäteu Grad vou Auuebeu und
Macht erreicht.'*
£b ist Jedoch iinriohtig anzunehmen, daXs die Gilden ihre
höchste und letzte Entwickelungsstufe erreicht hatten, lüs sie
Anteil an der öffentlichen Gewalt erhielten. Vielmehr mufste
dieser Unist4ind ihre Thätigkeit auf gewerblichem Gcl»iete
erlit hlich altcrieron. Als z. B. in Utrecht die stüdtische
Kejjriening nach der Revolution von 1304 in die Hände von
2i (iihlen kam, zwangen «ie jedes neu aufkommende Gewerbe,
sich unter ihr Patronat zu stellen. Dadurch kam es, dal's
fanz heterogene Handwerke^ wie Barbiere und Gewandschneider,
[aler und Sattler, in einer Gilde vereinigt wurden. Man
nannte diese Gilden „vergaderde Gilden van veel diversche
ambachten'* „vereinigte Gilden von verschiedenen Hand-
werken". Erst als im 1(5. und 17. .Jahrhundert der politische
Kinflufs der Gilden- mehr und meiir zu verblassen begann,
trat mit dem Verluste der Kigenschatt von politischen Wahl-
küri)ern ihr gewerblicher Charakter schärfer hervor.
Die Gilden, die aus Angehörigen verschiedenartiger Ge-
werbe zusanmiengeeetzt waren, wurden ersetzt durch Kor-
porationen, in denen nur noch Handwerker, die verwandte
Gewerbe betrieben, Platz fimden. Wie weit diese Sonderung
stattfand, hing natürlich von Zufälligkeiten, besonders von
der Stärke, in der die einzelnen Gewerl)e an dem betretienden
Orte vertreten waren, ab^. Daher ist die Zahl der Gilden,
wie wir sie im 17. Jahrhundert vurtiudüu, kein untrügliches
' S. Mul 1er, Fz.; De Utreclit?chon firohir-ven. I. Schildfrsvereonigini^en
te Utrecht 1880. p. 4, f. lu Aiusterdum bildeteu Autelhüudler und
Kfireohner eine Gilde bis 1618. Hantvesten, Amsteraam, p. 564.
- Vf^l. hierüber van Rees: Geachiedenis der staathuishoudkiinde I,
p. Iz4. Bodel Nyenhuia: De juribiu typographorum, p. 324. In Gelder-
Ttuid und Deventer behielten die Gilden Antol an der Kegieruii<r. Gsns
war <H<' Erinnerung an ihre einstige politische Bedeutimg aucli in der
Provinz Holland nicht verschwunden. Die Wiederherstellung der Gilde-
herrschaft war eine Hauptorsachc des Dordrechter Aofetandes von 1<>51.
Noch 174v'< petitionierte Leyden um Wiedereinsetzung der Gilden in ihre
politischen Rechte. In Groiiincen erhielten die Gilden die ihnen 16G3
entzogenen Rechte durch die itevolution vou 1748 zurück: Art. G dee
Berlements vom 28. November 1749. Tedinga B er khont: De motata
a Giulielmo IV rcgiininls forma. 1889, p. 71.
^ in der St Luiiasgilde in Haarlem nnd noch im Iti. Jahrhundert
giuz Tenchiedoie Gewerbe vertreten, a. B. Maler, Orayenre, Uhrmacher,
laser, Gelbgiefser, Dachdeclier, Schiffchenmacher, Sattler etc. — EHe
Stärke der einzelnen Gilden war natürlich äufserst verschieden. Während
die Schiö'bauergilde in Amsterdam 1500 Mitglieder ziihltc, die Korn-
träger^de in derselben Stadt im 18. Jahrhundert 60O Mitgtieder (Con-
sidrraticn van de Direkfcurs van de oostersche handel wegen het loon
en het getal van korendragers, Stadtarchiv, Amsterdam), gab es Gilden
Ton 4 — 5 Meistern, worfiber La Court Klage fahrt.
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42
Symptom für die industrielle Bedeutung einer Stadt. Das
hochmdustricUc Lcyden zählte nicht mehr Gilden , ak das
unbe^l« Mit ende Breda*.
Dit; Gilden waren im 17. Jahrhundert fast jeder Selb-
öUiiiiligkeit beraubte Organe der städtischen Verwaltung ge-
worden, der die Ernennung des Vorstandes zustand. Diese
Diachte die Korporationen den mannigfachsten Zwecken der
Gewerbepolizei dienstbar. Die Gildestatuten ordnen hauptsttch-
lieh das Lehrlingswesen, das üntersttltzangswesen und ganz
besonder» das Verhältnis zu den Arbeitern, sowie die Art der
Produktion , namentlich soweit die Qualität der Waren in
Betracht kam.
Um den Konsumenten eine gute und preiswerte Ware
zu sichern, genügte der städtischen Verwaltung jedoch nicht
die Kontrolle, die die Gewerbtreibenden gegenseitig aus-
übten» sondern sie betraute mit dieser Aufucnt auch noch
besondere Organe. So wurde in Amsterdam ein Kollegium
zum Setzen und Wägen des Brotes eingesetzt ^ das aus
8 Personen, 4 RUckern und 4 Getreidehändlern, bestand ^
Dieselben re<rulicrten die Brot]>roise, indem sie dieselben ein-
mal wöchentlich nach den Getreidepreisen teststcllli-n. Die
Auf^^abe der Brotwilgcr war es, von Zeit zu Zeit bei den
Biickeni zu revidieren, ob das Brot das verlangte Gewicht
besafii. Der Bäcker, der sich eine Übertretung dieser Vor^
Schriften zu schulden kommen liefe, wmde bestraft und solange
er die Strafe nicht erlegt hatte, gehindert, sein Gewerbe aus-
zullben. Demselben Zwecke diente auch das Gebot, das wir
in Rotterdam finden, dafs der Bäcker seine Marke auf das
Brot setzen mufste^.
War die Qualität der Waren üchon tu dun Aljsatz de^
Lokalhandwerkes von grofser Bedeutung, so hing nach der
Meinung der damaligen Zeit die ganze Existenz der auf den
Export angewiesenen Gewerbe von der unveränderlichen Gute
der in den Handel gebrachten Waren ab. Daher äufserst strenge
und detaillierte Vorschriften, um joden Betrug, um jeder
Fälschung entgegenzuwirken. Die Seidenßirber in Amsterdam
mulsten die eidesstattliche Versicherung geben, dafs sie die
Seide nicht bcächweren würden^. Die Tuchfärberei stand
unter der Aufsicht eines Kollegiums von 6 „Hoofdmannen",
' Zahl der Gilden in heydeu 20, Devnntcr is, Haarlem 44, Amster-
dam 51, DorJrt'cht 32. Haag 45, Utreclit To. Middelburg 45, Groningeii 30.
' Wagenaar iV, 1, 466. In iiotterdam bestand ein ähnlich«
Kollegium, das mhidesleiis sweimal uoiiatiieh die mdteraieii rayidierte.
Scheffer: Sint Antbaertus. T)e Bakkers en het brood te Rotterdam
1400—1850, Leyden 1«80, p. 24 f. Ebenso in Haarlem. Vgl. Ordonnantie
voor de broodweepera en. broodzetters 20. 10. 1046 und 11. U. 1731.
* Seheffer 1. c. Über Keurmcister. deren Angabe zu wachen,
dafii nur gesundes Fleisch verkaaft wurde, vgl. Wagenaar I, 49d.
* WHgenaar 1. c. 442.
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X 3.
43
nJimlich 2 Grofshändlem in Tuch, einem DeUiilkauftnanu,
2 Blaufjirbern und einem Kanm'sinftirber*. Die blaugetilrbten
Tuche mufsten zu den Staalmeistern gebracht werden, um
dort mit vorgeschriebenen Mustern verglichen zu werden.
Dasselbe Verfahren wiederholte sich noch einmal nach dem
Schwarzfärben. Die Tarrameister mufsten die Tuche, die
verkauft waren, untersuchen, ob sie einen Fehler besafsen^
für den dem Käufer ein Abzug zustiind.
Um die Fabrikate auf ihre Güte zu prüfen, bestiinden
wenigstens in der Textilindustrie besondere Anstalten, die sog.
Hallen. War die Visitiorung der Waren ihre Hauptaufgabe,
80 erschöpfte sich doch damit nicht ihre Bedeutung. An ein-
zelnen Orten wurden in diesen Hallen auch die Waren beliehen
oder auch durch die Beamten der Anstalt verauktioniert-. Es
waren Einrichtungen wesentlich im Interesse der kleinen
Meister und Kaufleute, welche die kostspieligen und lang-
wierigen Proceduren dieser amtlichen Visitation ertrugen, um
in dem auf die Waren gestempelten Stadtwappen dem Käufer
eine Garfintie zu geben, die die eigene Firma nicht bot. Für
die greisen Unternehmer war dies überflüssig, sie mufsten die
Unannehndichkeiten einer derartigen Überwaehung ihrer Pro-
duktion unangenehm enipHnden, um so unangenehmer, wenn
im Vorsümde der Hallen sitzende Konkurrenten ihnen das
lieben sauer machten. Daher war es in einigen Orten in djis
Belieben der Industriellen gestellt, ihre Waren nach der Halle
zu senden. In anderen Orten, wie in Leyden, war jedoch
diese Verpflichtung allen Geschäften ohne Unterschied auf-
erlegt. Gegen diese Zwangshallen eifert La (.'ourt auf das
Heftigste und nennt sie schä<llicher als Krieg, Pest und
Konsumtionssteuern. Umsonst! Die Hallenorganisation blieb
in Leyden bis zum Ende der Republik bestehen. Betrachten
wir sie nun im einzelnen.
In Leyden gab es deren 5 — 6, die Saylialle, Baaihalle,
Greynhalle, Rashalle, Fusteinhalle und Lakenhalle ^. Die Ein-
richtung der Say- und Grogreynlialle, wie sie uns in der sehr
ausführlichen Ordnung von 1585 (75 Artikel) entgegentritt^,
ist folgende: Für die Ausübung des Gewerbes ist das Bürger-
recht erforderlich. Bürgermeister und Rat wählen alljährlich
* Wagenaar 1. c. 441.
2 Z. B. in der Lakenventhalle in Auistenlam. Wagen aar III. 1, 42.
" Über die bauliche Einrichtung der Hallen vergl. Galland:
Geschichte der holländischen Baukunst und Hildnerei, 1890, p. L'87.
Abbildungen der Hallen findet man in Orlors und van Mieris Beschrei-
bangen von Leyden.
* Kevren opt stnc vande Draperie van allerleye saeyen ende
grngrcvnen, die binnen der stad van Leyden, des Graefschaps van
Hofland werden ghevvrocht ende ghereet. Ten bevele van die vande
Gerechte der voorschreven Stede. Gedrurt opt Raedhuys aldaer in den
Jare 1585.
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44
X3,
5 Gouverneurs, und zwar 2 aus den Gouverneurs des Vorjahrs
und 3 aus 8 von sämtlichen Gewerbtreibenden V()rge8(lilj«i]:e-
nen Personen. Die (xoiiverneurs ernennen die iUn'igen Be-
amten der Halle. Zu diesen gehören die Warauderers. Die-
selben fthren ein Register, das die Namen und Marken aller
Kaofleute, Weber und Lehrlinge enthält. Die Arbeiter und
die Drappiers müssen ihre I\Iarke einweben lassen. Andere
Beamte sind: der Bailliu (Inspektor), die Stellvertreter der
Waranderers oder Provisenaars, fern{T Packers und andere
nntnrfjeordnete l^cdienstete. die siimtlich vereidi^^t wurden^.
Ihre Aut"gal>e war es, auf" die ^^enaiic Beachtung der strengen
technischen Vorschriften, über das Scheren der Kette, üb<T
die Länge der Ketten, über die Länge und Breite der geweb-
ten Stücke^ Uber die Art der Farben zu achten. Die Tuche
mufsten, nachdem sie gewebt waren, zur Halle gebracht
werden, um dort g(;nH'ssen und gestempelt zu werden. Die-
selbe Procedur wiederholte sich auch, nachdem die Tuche aus
der Walke und aus der Färberei kamen. Den Färbern,
Walkern u. h. w. war es verboten, ungestempelte Tuche aii-
zunelmien. Demselben Zwecke diente auch anselieincnd die
Bestiuunung, dafs kein Weber bei 2 Walkern zu gleicher
Zeit arbeiten lassen sollte. Veigleicht man die geschilderte
Organisation mit den Vorschriften iÜT die Qreynhalle, vom
Jahre 1759, so findet mau nach 2 Jahrhunderten im wesent-
lichen das f^leiche Bild^. Die Stelle der Gouverneurs ver-
treten 4 Direktoren, die nnf den Vorschlag eines Kollepnins
von 15 Notabein, 10 Fabrikanten und 5 Kaufleuten seittvns
dvü Magistrates gewählt werden. Die Oberaufsicht liegt in
den Händen von 2 ScliöJFen, unter ihnen ressortieren die In-
spektoren, Messer u» s. w., denen übrigens untersagt ist, sich
an der Industrie geschäftlich zu beteiligen. Die Bestimmungen
über die Führung eines Registers mit Namen, Wohnung und
^larken der Arbeiter, über die Stempelung der Tuche und
über die schleunige Exekution der von den Beamten der
Halle gefilUten Urteile finden mvh auch hier. Neu ist die
stürkere Betonung des soi ialpolitiM in n Elements. Während
das Reglement von 1585 vorsehreibt, dafs die Arbeiter ihre
Arbeit abliefern müssen, ehe sie in den Dienst eines neuen
Meisters treten, femer den Kontraktbruch, sowie die Arbeit
bei 2 Meistern untersagt, verlangt die Ordnung von 1759,
dafs alle Rontrakte zwischen Arbeitern und Meistern in der
Halle registriert werden müssen*, und dafs alle Streitigkeiten
zwischen beiden Teilen und ebenso alle Difterenzen zwischen
' Die Baaihalle in Leydcn hatte ecgen 30 Beamte.
• Gerenoveerde Keuren voor Je (Jirnlialle der Stad Leyden.
Gearresteert op den 25. Oktober 1758. Lejrdfen. By Samuel en Johannes
Luchttniuis 1759.
« Art 25.
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45
den ^AM)ern, Walkern, Färbern etc. durch die Beamten der
Halle entscliiedpn werden'.
Das Hervortreten des social politiächen Elements ist es über-
haupt, das den hausindustri eilen Ordnungen des 18. Jahr-
hunderts eine eigentttmllche Färbung veneiht. Es kommen
hier in Betracht die Statuten folgender Haarlemer Gilden : Der
Bcttuchwebeigilde (Bonte Lynwaatengild) vom 21. März 1752,
der Spitzcnwebergilde vom 9. September 1756, endlich die
St.Mtnton der Sekl''Ti))nTul\vf'^)frgi!de vom 1. September 1752,
f( i in I die Urtionnanzen tür die Seidenwebeigilde (Stoßens
werkersgild) in Utreeht vom 15. April 1727^
Dieselben weisen auf eine sehr entwickelte HausimUistrie
hin^. £ä werden ausdrücklich unterschieden : Fabrikanten (fabri-
aeurs, reeders), hauslndustrielle Meister (werkbaazen fotsoen-
aazen) und Arbeiter. Dafs die Stellung der Meister schon
aiemlich abliängi^ gewesen sein mufs, geht aus der Thataache
hervor, dal's Vorschüsse der Fabrikanten envähnt werden, vor
d* rf n Rückzahlung der Meister für keinen anderoTi Fabrikanten
arbeiten durfte, fremeinsam ist allen diesen Ortlmui^aMi das
Verbot des Trück^y^>tems*, das Gebot, chrlieh zu messen '', die
Ordnung des Lehrlingwescns, sow^ie die Featsetzung eines
HinimaUohnes*.
Endlich wiederholen sich eine Anzahl Ton Vorschriften,
die den Fabrikanten gegen Veruntreuung des Bohmateriales
und der Gerätschaften seitens der Arbeiter zu sichern suchen
' Art. 83.
* KfloreD dar stad Haarleni II, 202, 194, 969 nnd Gr. Utr. Ptaetsl-
hofl. IIL 13, 7G8. Dieselben zeigen in allen Einzelheiten eine so grofse
Verv^'anatacbaft, dafs die Vermutung sich aufdräogi, sie seien nach einem
gemeinäanien Muster entworfen.
* In Haarlem zählte in.-in Mitte des 18. Jahifaanderts 3000 Stühle
Ar Seidenweberei und OOe Stuhle fttr Fabrikation gewebter Spitzen.
* Vgl. 2. B. die Ordonnanz für die Utrechter Seidenweber. Ordre
op de Arbeydsloonen Art XII. „DtiG» ferner die Bcnhlung der obigen
Löhne »oll geschehen in barem Oelde, ohne dafs zur Bezahlnyi^'^ dieser
Jjöhne oder eines Teils derselben den Arbeitern, ihren J^^auen« ivindem
und Dienstboten irgendwelche Waren, von welcher Katar und Beecliairen>
heit sie auch seien, oder unter welchem Verwände dies auch geschehen
möge, sollen verkauft, vertauscht oder in >T!!iderung des Lohnes an-
gerechnet werden, weder direkt noch mdireki, m irgendwelcher Art"
^trafo 50 Gulden, im Wiederholungsfälle 100 Gulden. Vgl. femer die
Ordnung der Seitleiibandwebergilde in JHanrlpm Art. If, Keuren der
stad Uaarlem Ii, 196, Ordnung der SpitzenwebergilUe Art. 27. Vervolg.
T. bet II deel van de Keuren der etsd Haarlem p. 14k Ordonoans d.
Greynhalle in Tyeydon Art. .SO.
Ordonnanz für die Greynhalle in Leyden 1759. Art. 30.
* Ordonnanz ftir die Seidenweberei in ilaarleni. 1\ euren II, 274.
Gr. Utrcchtsch Plakaatboek III. 18» 771. Die Levdener Ordonnanz för
die Greynhalle setzt dagegen emen, MazimaUohn fest nnd verbietet den
Arbeiterni mehr zu verlangen.
^ Gr. Utr. Plakaatboek III, 18, 771. Spitzenwebemlde Haailem.
Art 29. Demselben Zweck dient auch das in Leyden erlaseene Verbot,
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46
X 3.
Um die Ausfiihrung dieser Vorst-liriften zu sichern, war
es notwendig, den Fabrikanten zu untersagen, aufserbalb des
Stadtgebietes Arbeiten zu anderen Bedingungen yomehmen
2u lassen y falb nicht ein TdUiges Verbot auswärtiger Arbeit
erfolgtet
Im Vorangegangenen wurde die Organisation des Hand-
werkes und der Hausindustrie b^ trficlitot Allein auch die
eigentlichen Mannfakturen blieben iiii iit ohne verwandte Ein-
richtungen. So unterstanden z. B. die Brauereien in Anister-
daai einem Kollegium von 5 Personen, von denen je 2 jährlieh
abgingen, und aus einer doppelten Anzahl von Vorgeschlagenen
durch die Bürgermeister ergänzt wurden*. Über die Qualität
des Hopfens wachten 2 vereidigte „Eeunneister*', die den
Hopfen untersuchten und die Säcke^ in denen er verpackt
wurde, mit dem Stadtwappen versehen mufsten. Die fremden
8totT(», mit denen der Hopfen etwa verunreini^j^t war, muryten
im Heisein von 3 Kommissaren, die iel»en.sliin;irlieh von den
Bürgermeistern angestellt wurden, entfernt werden. — Die
Zuckerrafdneriecn in Amsterdam wurden von 6 Autorisierten
(Geauthoriseerden) beau&ichtigt, von denen je 2 jährlich von
den Bürgermeistern neu ernannt wurden. Dieselben besa&en
das Recht, zu allen Zeiten die Zuckerraffinerien zu besuchen^
um sich von der Befolgung gewisser technischer Vorsehnfton
zu überzeugen, un?] hatten die ZuckcrrafHneriebesitzer fur r1t»n
Unterhalt dieser Autsiehtsbehörde einen nach der Arbeiterzahi
zu bcmesjsendt ü Beitrag zu entrichten^. Eine ähnliehe Behörde
unter dem Namen Superintendenten wurde für die Gold- und
Silberdrahtindustrie eingesetzt (1696). Die Kommissare der
Seidenweberei und die Superintendenten der Seidenhaspelei
hatten Streitigkeiten zwischen Kaufleuten und Arbeitern zu
entscheiden, die Lehrlinge einschreiben zu lassen und ver-
wandte Funktionen vorzunehmen*. Wagenaar sagt, dafa
diese Industrieen eigentlich zu keiner Gilde jrchörten. Doch
ist ihre ganze Organisation analog den Handwerksgilden.
Wie bei diesen ordnete ein von der Stadtregierung angestell-
ter Vorstand die allgemeinen Angelegenheiten der Industrie.
Nur die besonders in den Vordergrund gerückte Aufgabe
dieser Organe, vermittelnd zwischen Arbeitern und Fabrikan-
ten aufzutreten, bildet ein neues Moment in dieser Ent-
Wickelung.
\V(»llf oder (i!am zu vorpflindr'n oder zn versetzen smtens der Personeu
die das Material zur Verarbeitung erhallen. Der JEücentumer der Wolle
etc. darf sie behn Pfandldher oder KSnfer mit Beamhi^ belegen, ohne
etwas zuriit k/u/ahlcM. Kr»uren d. stad Leyden ir.')^. j». 221.
^ Spitzenwobergilde Haarlein, Art 7.' Öeideuwebergüde Art 13.
* Wagenaar 4, 1. 4S0.
* Wagenaar 4. 1, 481.
* Wagenaar 1. c. -tö?.
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X 8.
47
Alle diese Emriclitmigeii dienten nur den Interenen ein-
seiner Inditfttriezweige; von Institutionen^ die für die Industrie
im allgemeinen bestimmt waren, ist etwa nur die 1663 in
Amsterdam errichtete Handelskammer (Commercie CoUegie)
zu erwähnen, in der auch Vertreter der Industrie Platz
fanden. Charakteristischerweise hat aber diese Körperschaft
nur 2 Jahre h» standen, ohne dafs später ein Versuch der
Wiederbelebung gemacht wurde*.
Mau braucht die Gewerbeverfassung der Niederlande nur
mit der Frankreichs zur Zeit Colberts 2U yergleichen, um
die niedrige Entwickelungsstufe zu erkennen, die sie einnimmt
Dort lediglich kommunale Organe, hier centralistisclie Ver-
waltung mit ihren Intendanten^ controleurs g^nt^raux und staat-
lichen Fabrikinspektoren, den Vertretern der staatlichen Ein-
heit gegenüber den lokalen Eigentümlichkeiten'.
« Wa^euaar iV, 3, 525.
' Fsrnain. Die iimere firamfinsehe Gewerbepotttik p. 11.
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V.
Die Lage der niederländischen Arbeiter während
des 17. und 18. Jahrhunderts*
Ob die Lage der Arbeitorkla.sso in lloiland mch im Ver-
gleich zum 17. Jahrhundert gehoben, das ist eine Fnige, die
m den letzten Jahren oft aufgeworfen nnd mangds aus-
reichenden statistischen Beweismaterials versehiedenartig be-
antwortet wurde. Es läfst sich jedoch aus tlieorctisclien
Gründen wahrscheinlich machen , dafs die wirtschaftliche Lage
der hollHridisehen Arbeiter im 17. Jahrhundert günstiger ge-
wesen sein mufs, als Ix utzuta^e ^
Das 17. Jahrhundert war eine Zeit niemal» ziirrK'kL''e-
kehrten wirtschaftlichen Glanzes für Holland und etwas kam
der gewaltige Aufschwung der Nation auch den Arbeitern zu
gute. So genossen z. B. die Matrosen Anteil an der Beute.
^Wfthrend des ersten engUsch-hoUllndisehen Krieges wurden
zwei englische Scliiffe genommen- Die Ladung war so reich,
da 88 sich die holländischen Matrosen das Silber mit M fitzen
nnd die Perlen und Edelsteine mit Hand^n-iffen zuteilten". *
Bedeutungsvoller war. dafs das gesamte Clewerberecht
und die Gewerbepolizei sieli in den Händen der Stadt, nicht
dos iStaates , befand. Die städtische Verwaltung setzte für die
meisten Gewerbe die Arbeitszeit, die Ldhnc, die Kündigungs-
^ ..Denn mao „rieht, schreibt LaCourt," dafs aus Mangel an FiemdeD
im Lande die Bauern so ^ofse Jahres- und Tagelühne inren Knechten
ssahlen, dafs sie nur sehr kümmerlich, die Diener dagegen sehr reichüch
leben klhinen. Die gleiche Umumehinliehkat fühlt man in den StXdtas,
wo die Haudworkh^t'seJlen und Difnsthnten unwilliger, knatspieli^^'r und
anerträ^lieber als in irgend einem anderen Lande sind.~ JLa Uourt:
AanwYzmg. p. 08.
» HollaiidBehe Mercarios 16^5 p. a
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X a
49
fristen und die Lehrzeit fest Hatten auch die Arbeiter kei*
nen Einflufs auf die Suidtregierung, bo fanden ihre Klagen
und Wünsche doch grösseres Gehör, als wenn sie an eine
staatliche Centnil behörde gerichtet worden wären ^.
Alö eröte Konsequenz des Vcrhältniases der Stadt zu den
Arbeitern eij^b sich die Anerkennung eines Rechts auf Ar-
belt Die ^mmermdtter tob Amsteraam wurden 1623 vei^
pflichtet) fremde Gesellen bei 8trale yon 8 fl. zu entlassen^
wenn sich Btirger sur Arbeit mdideten^. Indirekt wurde
auch durch die Festsetzung einer längeren Lehrzeit für fremde
Arbeiter als für einheimische das gleiche Princip ausge-
sprochen.
Verfolgen wir nun die Arb* it>]»ediiigungen im einzelnen.
Die Arbeitszeit war im 17. Jaln liuiulert jedenfallö nicht länger
als in der O^enwart — Die Nachtarbeit war für viele Ge-
werbe ausdrücklich verboten*. — Jedoch findet man bei ein-
adnen, mit elementarer Kraft arbeitenden Unternehmungen
bereits den in der modernen Industrie so verbreiteten doppel-
schichtigen Betrieb. So liefsen die Eigentümer der Wind-
mühlen in Zaandam Ende des 17. Jahrhunderts Tag und
Kacht arbeiten y ,,um keinen Wind durch die Latten zu
lassen" *.
Ein Verbot der {Sonntagsarbeit linden wir u. a. ftlr die
Hutmacher und Sägemüller in Amsterdam ^ für die Mühlen
und Färbereien in Utrecht*, für die Bttcker, Barbiere und
Komträger tn Haarlem^ Nur fUr die Tuchbereiter in
Amsterdam war die Sonntagsarbeit ausnahmsweise gestattet*.
Folgende Beispiele können einen Begriff über die iJUige
des Arbeitstages geben.
Die Loinewoher in Amsterdam sollen, wie 1589 bf'^i imint
wurde, vom 1. April — 1. September von 4 Uhr morgens
* Vgl. zTim Beleg dieser BehauyituTigr das Verhalten der Bürgennelster
sn^enübtir den Amsterdamer Schitläzimmerern, ferner g^enübe^ den
n«ifenbrenDeRi in Gonda. Het ontroerd HoUand 1760, p. ^4.
* HantTesten Amstfrdam III, 4, 624.
s Bei den Webern iu Leyden im 14. Jahrbondert (F. J. Blok.
HoUandaehe atad I, p. 198). Bei den Sebnhniaebeni, Sehmieden nna
SchiffiBbaaem in Leyden (Dozy p. 22). Bei den Komtrftgem in Utrecht
lh9>^ (Gr. Ütr. Plakaatboek III, 802). Derartige Verbote scheinen bis
ins 17. Jahrhundert in Kraft gewesen zu sein.
* Jacobns Scheltema: Rnslsnd en de Nederlanden besehonwd
m derzelvcr wedcrkecripe betrekkingen. Amsterdam 1^17, II p. 390.
^ Hantvesten, Amaterdam ilL 4. 569 nnd Waseuaar IIL 468.
* Gr. Utr. Plükeatiioelc IU, 798^ und III, 777.
Kenren Haarlem 27, Nov. 1749. Das Laden und Löschen von
Bchifien an Sonn- und Festtagen winde doveb das Plakaat vom 31. Joli
1725 verboten.
* nUm das schöne Wetter zu benützen" heifiit es in dar Veioidining
T«n 9. Sept 16f>I Ilantvesten III, 4^ 585^
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50 X 8.
bis 8 Uhr abends, im Winter von 5 Uhr mor^^ns bis 8 Uhr
abends arbeiten ^ — Die Arbeitszeit der Tuchbereiter in
Amsterdam betrug 1GÜ2 12 Stunden. Die Maurer und Stein-
hauer derselben Stadt arbeiteten 12 Stunden^.
Im 18. Jahrhundert scheint die Arbeitszeit noch verkttrzt
worden zu sein. Die Mitglieder der St Josephsgilde (Zimmer-
leate, Tiscliler etc.) zu Haarlem aollen nach Bestimmungen
von 1751 an langen Tagen 11 ^i, an mittleren 10 und an kur-
zen 9'/4 Stunden arbeiten. Die Maurer dieser Stadt arbei-
teten je nach der Jahreszeit iP/4, 10*,'4 und 8^ 4 Sttintlou.
Die Schiflfsbauer waren von 5 Uhr morgens bis 7 Uhr abeuda
thätig».
Zur Beui*teilung der Höhe der Arbeitslöhne mögen fol-
g ude Daten dienen:
Die Tuchbereiter yeidienten in Amsterdam:
1648 18 Stttiver pro Tag (-= M. 1,49)*.
1661 18-21 - - - (= M. 1,49-1,73)».
1682 24 - - - (= M. 1,98)
In Utrecht erhielten dieselben Arbeiter
1696 16 Stuiver bei 12stiindiger Arbeitszeit^.
Die Schiffszimmerleute von Amsterdam erhielten pro
Tag:
1Ü28 U Stuiver (= M. 0,90).
136 - M. 8,15) Sommerlolin.
80 - M. 2,46) Herbstlohn.
24 • (= M. 2,10) Winterlohn.
1749 galten dieselben Lohnsätze, jedoch wurde auf den Werf-
ten der Ostindischen Compagnie und der Admiralität nur
30 8t. (-= M. 2,46) öommerlohn und 20 st. (= M. 1,65)
Winterlohn p^ezahlt, weshalb die Gilde der Schiffszinimerer
petitionierte, diese Sütze auf 32, resp. 22 st. zu erhöhen®.
Van der OiidermeuU n liat für seine Untersuchungen über die
Veränderung des Geldwertes seit dem 16. Jahrhundert auch
lohnstatistisches Material zusammengetragen. Dasselbe ist
sswar sehr Iftckenhaft, bezieht sich jedoch hauptsächlich auf
* Hantvcstfn, Arn.^tordam III, 4, 553.
^ Uantvesten, Amsterdam III, 4, 552 und 869. Nach der Eoquüte
von 1887t Nr. 17-'i6fg. betrug danaw die ArbeituHsIt im Amatefdamer
Baugewerbe ll' ;j-12 Stunden.
* Keuren Haarlcin II, 218.
* Consideratieu vau de Heeren vau AuiötcrJam op 't stuck vau de
drapperyc den 19. Maait hÜf* exprandio (Reichsarehiv), In den um-
liegenden Städten waren damals die Lüline dieser Arbeiter inx Ii nit diiger.
Ilautvesten, Amsteidam 51^2 b. Kß wird verbieten, mehr Lohn
7.U geben.
1. (-. ].. 112.
* Gr. l'trechtsche Plakaatboek IH, la, u, 7G7.
* Wasen aar, III, 26, p. 207 f. Neaerlandsche jaarboekcn 179,
I). 1219 f. Em Arbeiter auf diesen Weiften verdieDte iu 226 Arbeitsta«eii
;ill Gulden.
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X 8. , 51
eine Kategorie von Arbeitern ^ deren Lohnverhältoisse zu allen
Zeiten Episch waren, die Bauarbeiter.
LöLue von Bauarbeitern.
A.
Jahr
ManrermeiBter
Maorergeaelle
Handlanger
1488
—
4 8t
1566
4 8t
2 Bt
1586
8 8t
5 8t
1620
20 8t
10 st
1624
22 8t
18 8t
12 st Winter
1646
20 Bt
14 8t Sommer
1674
^^^^
14 st
1676
S4 it
1696
20 8t
12 8t Winter
1727
18 st Winter
12 Bt
1 SX ■* OUlUUIOk
1 Ol *f iiimr
1775
—
1 18 Bt Winter
B
Dachdpokercresellp
/inimPTTnPistfr
Ai mm ermann
1466
3 8t
6 öl uhae Kost
1482
4 st
1488
4 st
1491
4 st
1566
4 8t
—
1570
Aviv
5 st
1581
14 8t
6 st
1604
14 8t
1880
90 8t
16 st Winter
1621
20 8t Sommer
so st Sommer
1645
18 8t Winter
1675
24 st
20 8t
1690
20 8t Sommer
1695
24 8t
20 8t
1727
22 st Sommer
172«
20 8t
18 Bt
1775
20 8t
21 8t Winter
Diese Lohne wurden nach van lor Oudcrmculen in einem
der Hauptorte eines der Provinz Holland benachbarten Staate»
gesahlti.
Wir lassen noch einige Anirahen über Löhne in der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts folgen.
- ■ t
' (Van der Ondermenlen): Reclierehes sur le commerce. Amster-
dam 177"^ T p. 105. 8 stniveis enthielten 1482 96 azen 20 stciveia 1775
197 azcn SiltMr.
U 4*
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58
In Amsterdam betrug 1778 der Tagelohn eines Zimmer-
manns 31 8t. — 4 St. Profit des Meistere = 27 st ( — M.
2,30), eines Maurers 30 st ~ 4 st. Profit des Meisters =
26 St., eines Handlangers 21 st. — 3 st. Profit = 18 st
(ohne Bier). In Middelbure erhielten die Zimmerieute und
Maurer 80 it — 5 st. Profit dee MeiBtare 25 st (» H.
2,12), die Handlanger ^ st — 2Va st = ITVt st (Sommei^
löhne). In £nkhujsen zahlte man den Maurern und Zimme-
rern 24 st (= M. 2,04), den Handlangern 18 st; in Dord-
recht 23 st. re.sp. 14 st.; in Haarlera dem Maurer 1755 25 st
— 3 st Profit Meisters ^ 22 st (und Bn-r) (-^ M. 1,87).
Ein Landarbeiter in Frieshind erhielt 1778 ^väliK nd der Ernte
20 st. pro Tag, sonst je nach der Jahreszeit 12 — 14 st Ein
Landaroeiter in der Nähe von Dordrecht erhielt 100—110 fl.
pro Jahr und Kost Ein Schiffszinunennann in Amsterdam
verdiente 1765 28 st Sommerlohn, 18 st. Winterlohn. Die
Arbeiter der St Josephsgilde in Haarlem (Zimmerleute, Tisch-
ler etc.) erhielten 25 st pro Tag 1750'.
Die in der Kriegsmarine g07aldten Löhne und Besol-
dungen Bind aus folgender Zusammenstellung ersichtlich. £s
erhielt pro Monat:
1555«
1636«
1778«
fl.
fl.
fl.
Lootse
20
36
36
Trompeter
5
20
18
Matrose
3.15
10-11
11
Koch
8
21
18
Barlrier
8
U
82
Schrpiber
6
16
16
KapitÜQ
Ziinmermaim
SO
100
IfK)
8
30
24
Segelmeister
6
14
16
Profofs
8
12
12
KoDstabel
8
22
18-22
Hoehbootsrnsim
7
22
18
1 Van der Oadermflalen I. c. I, p. 29. K euren: Haarlem II, 505.
WnfTf'naar IV, 1, 460. Aus alten Lohnlisten über die beim Mfihleid)au in
Zaaudam 1751 sezablten S&tie, die mir dar als Sociaipoiitiker rühmlich
bekannte Herr Jan Stoffel, Fkibriksot in Deventer, freandUelist tm
Einsicht überliefe, ergiebt sich, dafs damals der Meister 23—32 stuiveiB
pro Tag erhielt, ein voller Arbeiter 19—27 st (M. 1,60— 2,H0i Der
Meister berechnet dem BHuberm seine Auslajeen für (ieräte etc. und ver-
dient aufscrdem 1 Prozent an allen Mat^alien und Arbeitslöhnen. Die
L(»hne sind in rlirprm Kiulip pfgenwärtip; obenso hoch, dagepfü haben
sich Mieten und Lebenemittt-I p reise verdoppelt, auch wird kein Bier and
Brsimtwdn den Arbdtem gegeben.
« Van der Oudermeulen: Recberehss I. p» 29f.
* Tjaasens: ZeepoUtie, 1670^ p. 108.
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X 3.
53
Nach von Gfllich betrug der Wochenlolin in Holland
Ende des IS. Jahrlumrlorts 4 fl., emc Angabe, die. nach
ebigen Zahlen an schliefsen, eher au niedrig erscheint ^
Dafs die Löhne den Arbeitern im allgemeinen einen t\\\s-
reiclienden Unterhalt gestatteten, läfst sieh aus der Ernäh-
rungsweise sehliefsen. La Court klagt, dal's die Armen ihren
VerdicuBt reichlich auf Kirmessen und in Sclienken ver-
zehren *.
Nach den VorscJiriften ttber die Proviantiennig von Kriege-
■diiffen 1636 wurde pro Kopf und Woche gerechnet 5 H
Hartbrot, 1 ü Käse, zweimal wöchentlich Fleisch» IVn 46 Stock-
fiaeh und ^/lo Tonne Bier®. Sn^^nr die Insassen des Zucht-
hauses in Amsterdam erhielten im 18. Jahrhundert wöchentlich
einmal Hainhfleisrh oder tipeck, einmal Stocktisch, ferner
Erbsen, ]i<i]inen und Grütze*. Bedeutungsvoll ist es auch,
dass der Biauntwein keine Rolle iu der Volksernäbruug »pielt.
1692 kommt aum erstenmal das Wort Jenever vcr. Vorher
war Bier die gewöhnliche Matrosenkost. Zuerst war die
Konsumtion von Branntwein noch sehr gering. Auf dem
Kriegsschiff „Overijsel" wurden 774 fl. für Bier und nur 42 fl.
für Jenever gerechnet^. l>i'' später s»» bedeuteTide Korn-
brennoroi in Holland verdankte ihren Ursprung erst dem
Verbot des französiHchen BraM[lt^^^ins in den Jahren 1672 — 78.
Die zweite Hälfte de» lö. Jakrhunderts brachte den Ver-
fiill der Industrie, stets wachsenden Steuerdruck, allgemeine
Kot und damit auch HerabdrIIckung der Lebenshaltimg der
Arbeiter. «Die Besteuerung der ersten Lebensmittel,*' sagt
* ¥on Gülich 1, 381. Bere 1. c. 302.
^ Folgende Bild von der LeEmswelae des Leydeaer Webers wird
Ende flf? 18. Jahrhundert? entworfen: „Den ^n«cn Sommer hindurch
ist auf den umlieKenden Dörfern abwechselnd Kirmefa, wozu eine Ansahl
Wagen vor den Thoren bereit etoht, mn den snegebeeenen Weber mit
Frau und Kind nach dem angenehmen Doif zu führen. Hier angekommen,
ist alles Freude und Lust und ich brauche nicht zu sagen, dals der aus-
ffelassene Arbeiter, nachdem er wacker getrunken und getanzt hat, nach
Hause gekommen gar keine oder mindestens sehr wenig Lust zur Arbeit
hat und lieber alles liegen läfst, als «eine Begierden ziipelt." Breuder
a Brand is. Vaderlandsch Kabinet vau koophandel, zeevaarr etc. Amster-
dam 178t;, II, 167.
•Job. Tjnflspns: Zerpolitin !G70, p. 105. Ein Bootsmann er-
Mell Mitte des lö. JahrbuDderts auf der Keise ron Amsterdam nach
DsDiig Snsl Sfodtfieeh Qnd4nia1 Fleieeh. Fournier, Arehir ffir 6ster>
ittiehische Gesch. 1887, p. 461.
* Archief vroeaere eo lateie mededeeiingen Tooinamelijk betrekkel^k
tot Zeeland V, 1, 101.
^ De Jonge: Geschied enis yan het nederlandscfae
ITT, p. 415 nieichzeitig heifi^t es in England: „Bpforc brandv came
Over into England in such quantities as it now doth. we drank oood
stamw beer nd Ale sad all labeiions neople nee to diink a pot oi Ale
üt a tisgon of itroag beer.«' HsiWsn Misoollaniee VIII, 587.
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54
Kiebnhr^ »war so grüTstich, daas das Brot aus luJb aiuge-
SuoUencn und nicht gemahlenen Körnern verbacken ward, um
er Malilstouer zu entgehen, dafs Thce der elendesten Art
die einzige ^^^1ir7^• rliVsos elenden Mahles ward und es aus-
gemacht ist, wie Ali)hiingerung die menschliche Natur so weit
ausgemergelt hatte, da^^^ am Ende des 18. Jalirliuudcrtä fUnf
Arbeiter nur die Kraft äufsem konnten, die 100 Jahre früher
Tier gettnfiiert''
Auch die Wohnungsverhältnisse der ärmeren Bevtflkentng
scheinen im 17. Jalirhundert nicht ungünstige gewesen zu
sein. Wenigstens heifst es in einer von Aitzema reproduzierten
FlngRchrift aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, dafs die aller-
geniein.sten IlHuser in Amsterdam nur von jedrei Famih'en be-
wohnt würden ^. 8ir William Petty versichert um dieselbe
Zeit, dalä die Wohnungen der allerärmsten Leute in Holland
und Seeland xwd- und dreimal ao gut seien als in Frankreich^
Wi dem Anwachsen der Bevölkerung trat wohl eine
Verschlechterung der Wohnungsverhältnisse ein, zumal die
Vergröfserung der Städte nur in längeren Zwischenräumen
erfolgte. So wurde in Leyden schon 1643 Klage gfffi Ii rt. dafs
eine Menge Leute von dort aus Mangel an Wolinuii^^ni aich
nach aiideru Orten gewandt haben ~ Für Amsterdam liegen
einige statistische Daten flir da» 18. Jahrhundert vor. 1725
wuraen 662 Häuser durch 5859 nicht unterstützte und 82
Hftuser durch 2042 unterstOtate lUftigi^ bewohnt; es kommen
also ca. 24 Personen auf ein von der ärmeren Bevölkerung
bewohntes Haus*^. 1747 bewohnten 41561 Familien in Am-
sterdam 26317 Häuser, davon 18 740 Familien Keller und
Hinterhäuser«. In Delft bewohnten 1732 22000 Personen 4236
Häuserj in Leyden lebten 70 000 Einwohner in 10890 Häusern,
in Dordrecht 18000 Einwohner in 3955 Häusern, in Haariem
40—50000 Einwohner in 7963 Häusern'.
Auch die Frauen- und Einderarbeit wird erst in den
letzten Decennien des 17. Jahrhunderts allgemeiner. Zwar
hat es nie an Gewerben gefehlt, die der Hand der Frau be-
durften, 80 die Spinnerei und die Wollkämmerei schon im
Mittelalter. Aber neu war das Zusammenarbeiten von Frauen
und Männern in grofsen Manufaktureni z. B. in den Kattun-
> Niebahr: Cbkolarbriefe aas Helleod» Nacbgelaetene Sehiüten
aiehtphilologischen Inhalts, p. 451.
^ Aitaema: B. M, p. aSo.
* Petty. Political arithmetic p. 103. Soutcndam: M^edeeliogeu
uit het archiet der stad Delft 1862, p. 41, macht auf den guten Ziutuid
der Gesuodheitspolizei in den holHindischen Städten aufroerksam.
* Dozjr: Ovenicht van de geachiedenis der Leidsche mverheid,
1889, p. 28.
* Berg, K<^fugi68, p. 34.
« Wagenaar, I, 2, 51. de Bosch Kemper p. 13Ö.
^ Tegenw. ataat fioDaad IT. Kap. 8, 9, la
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X 3.
55
driickereien neu ihre Beschäftigung in schweren und unge-
sunden Gewerben, wie beim Salzsieden^, beim Lunipenzcrreifsen
in Pa|)ierl*abriken ®, in Ziegeleien etc.*.
^soch schroffer ist der Übergang bei der Kinderarbeit.
Die Bestimmungen der Gildestatuten über die Anzahl der
Lehrlinge im Verhältnis zu den Gesellen, die Festsetzung der
Lehrzeit, die Bestimmung, dafs die Lehrzeit bei einem und
demselben Meister abgemacht werden mufste, machten eine
Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern vmter dem Scheine
von Lehrlingsverhältnissen unmöglich. An diesem Standpunkt
hielt die Gc'setzgebung fest, bis auch liier die Einwanderung
der französischen Hugenotten eine Änderung der Anschauungen
bei den städtischen Regierungen veranlasst. — So wurde
1083 ein Waisenhaus in Amsterdam den Rcfugies eröffnet, um
dort Seide fabrizieren zu lassen^. 1682 war dort das Seiden-
windhaus gegründet worden, in dem Kinder von 7 — 12 Jahren
Seide haspeln sollten®. In Middelburg schlols die Armen-
verwaltung mit einem Franzosen einen Vertrag, damit in
dessen Tuchweberei eine Anzalil Waisenkinder beschäftigt
werden sollten Wo Unternehmer fehlten, ging die Annen-
verwaltung selbst mit der industriellen Beschäftigung von
Kindern vor. So wurden in Middelburg Kinder armer Leute,
die keinen Verdienst hatten, von der Diakonie mit Herstellung
von Seilen beschäftigt^.
Aber schon Mitte des 18. Jahrhunderts nahm die Gesetz
l^bung wenigstens für einige wichtige Zweige der Haus-
industrie die alten Traditionen auf und setzte der Beschäfti-
gung von Kindern gewisse Schranken. So bestimmt Art. 8
der „Keure" für die Seidenbandwebergilde in Haarlem vom
1. September 1752, dass fortan nicht mehr als 1 Lehrling oder
an seiner Statt eine Person, die weniger als den gewöhnlichen
Knechtslohn verdient (der die Hälfte von dem beträgt, was der
Meister (fatsoenbaas) erhält, und in betreff dessen die Fabrikanten
zu sorgen haben, dafs der Arbeiter nicht verkürzt werde),
in jeder Werkstiitt sein soll oder solle gehalten werden,
bei Strafe, dafs derjenige, der mehr als einen Lehrling hält,
' Frauenarbeit in der Kattundruckerei wird schon 1687 erwähnt.
Vgl. Sloet Tijdschrift 18Ö7 j). 9.
' Beim Salzsiedeu fand Eversmann ausschliefslich Weiber be-
schäftigt. P. A. Eversmann, königlich preulsischer Bergrat und Fabrik-
kommissar, Technologische Bemerkungen auf einer Reise durch Holland,
1792, p. 131.
* Eversmann l. c. p. 59.
* 1. c. vgl. über die trauenarbeit noch p. 125 und 145.
* Berg, Rj'^fugies u. 160.
* L'Hspinc und Le Long. Koophandel van Amsterdam, II. p.
272. Tegenwoordige Staat van Holland V, 120. Die Mädchen erhielten
in dieser Aiistalt auch Unterricht.
' Coronel Middelburg voorheen eu thans p. 120.
* Coronel p. 107.
9
56 X 3.
jedesmal eine Bnfse von 25 Carolusi;ulden erlegen soll, wovott
*/8 der Denunziant, - 3 die Gilde erliuit ^
Merkwardig ist, nftmoitllcb wenn man noch da« Verbot
des Trucksystem», das die haosindastriellen Ordntmffen aus-
sprechen^ heranzieht, die Analogie mit der modernen Arbeiter-
sebutzgesetzgebung, noch merkwürdiger, dass damals die
Arbeiter der TTausindiistrie am meisten beschirmt wurden, \m
grellen Kontrast nn"t der G-egenwart, ^vo gerade die Haus-
industriellen allcä gesetzliehen Schutzes entbehren oder ihn
doch am suätesten erlangen^.
Endlicn fehlte es den Arbeitern nicht an gesetzlich an-
erkannten Organisationen. In vielen hollandischen Stftdten
fiebt es sog. Knechtsg^'lden. Dieselben finden sich Tom 15.
is sum Ende des 18. Jahrhunderts vor^. Knechtsgilden sind
bisher nachgewiesen bei den Porzellandrchern in Delft, bei
don Töpfern und Böttchern in Gouda, bei den Schneidern und
Maurern im Hnaj^, ])ei den W eissgerbern in Leyden, bei den
Seidenbandvs ein i n in llaarlem, bei den Porzellantöptern,
Schiflfem, Ilutmachern, Schneidern in Utrecht, bei den Schnei-
dern, Maurem, Lederarbeitern^ Knopfmaehem, Wollkämmern,
KupfeiBchmteden, Hutmaehem (seit 1626), Bttckem (seit 1490),
Schuhmachern (seit 1606), Kistenmachern (seit 1616), Schreinern,
Steinmetzen und Zimmerleuten in Groningen. Die Or^^anisa-
tion der Knechtsgilden ist ein Gegenstuck zu den Meister-
gilden. Auch an ihrer Spitze stehen ^Deken und Vinders".
So wird die Seidenbandweber - Knechts^^ilde in llaarlem von
einem „Deken und vier Vinders", die der reformierten Kirche
anffehOren müssen, geleitet Von diesen scheidet der Dekcu
und ein Vinder jährlich aus, um aus einer Vorschlagsliste von
Tier Personen vom Stadtrat ergänzt an werden *»
* K euren: Haariem II, 195. Vgl. auch Art. der Ordnung für
die Spitzen webemlde in HHarlem vom s. September IT*)«; (Ken reu Ii,
Anhang p. U), der dieselbe Tendenz verfolgt: Kein Lehrling, der die
Lehrzeit durchp:( nnacht . soll för weni^rrr n\-^ der Gesellenlonn beträgt,
arbeiten , bei Strafe von 6 Qalden , und dart kein Fabrikant oder Meister
«^BSB solchen für weni^r Lolm arbeHen liwwi bei Strafe too 2b fl.
-' In Holland erstreckt d:\p. fielet/, vom 5. Mai 1^80 ?pinn Srlmtz-
be^ti in [Hungen auch auf die in der UaunnduBtrie beachuftigten Frauen
und jugenalichen Arbdter.
* In einiges Fällen fuhren diese Verbindungen auch den Namen
sodeteit und compact. Feith: De gihUs Grouinganif, p. 109. Feith
iat meines Wissens der einzige Autor, der dieser Arbeiterverbindungen
Erwähnung thut Aufmerksam gemacht durch ihn, wandte ich mich an
Herrn Prof. P. .1. Hlok in (ironingen, desfl^ii Ii»>bfiimrürdig(T IJcreit-
akeit ich fast alles verdanke, was oben über die Knechtsgilden mit-
t wwd. Ob bei der Sto^enswerkersgilde in Ufreetit «ne eigene
itögilde bestand, ist fraglich. Vj^l. Art It der liptr. Ordonnanz.
* Ordonnantie op. de Bos van het Zjde Lintwerkers Kuechtsgild
(1752) Art 1. — In emem Katsbeschlufs vom 27. August 1735 heifst ea,
dafs die Maurergesellen, Anfsetzergesellen und SeidenbandweberMMÜSn
in Haariem eine Gilde nicht hätten. (K euren: Haariem I, 89.) ßäjstgtn
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X 3.
57
Obwohl die Knechtsgilden nur mit Zustimmung der Meister-
gilde und des Stadtrates errichtet, ausschliefslich für Unter-
stUtzungszwecke, namentlich für Krankenunterstützung, be-
stimmt gewesen zu sein scheinen, so wufsten sie doch ge-
legentlich auch andere Interessen ihrer Mitglieder den Meistern
gegenüber zu wahren. Hierauf deutet schon die von Feith
erwähnte Klage der Hutmachermeister in Groningen über die
Verbindung ihrer (jesiillen hin
Nachdem 1(394 der Rat in Groningen beschlossen, dafs
fortan fremde Gesellen ohne Lehrzettel in Groningen arbeiten
dürfen, erhob unter dem 16. Februar 1704 die Knechtsgilde
der Steinmetzen und Zimmerleute hiergegen Protest, weil da-
durch der Erwerb der einheimischen Arbeiter beeintrilchtigt
werde. Als diese Beschwerden 1731 wiederholt wurden, sah
sich der stiidtische Magistrat zur Aufhebung seines früheren
Beschlusses gezwungen
Auch den Arbeitsnachweis scheinen die Knei'htsgilden in
die Hand genommen zu haben. Wenigstens weist darauf Art
12 der Schusterknechtsrolle in Groningrii von 1760 hin: „Kein
Meister soll einen Knecht halten, der nicht auf der Liste der
Knechte steht." Andererseits wussten die Meister ihren Ein-
flufs zu benutzen, um ihren Interessen günstige Bestimmungen
in die Statuten der Knechtsgilden einzurücken. So heifst es
z. B. in den Statuten der Bäckergesellen in Groningen (1490):
„Wenn ein Knecht sein Gebäck vernachhlssigt, es sei grofs
oder klein, so zahlt er Strafe."
Verwandt mit der geschilderten war die Organisation ge-
wisser Ik'i einfachen Verrichtungen ^gebrauchten Arbeiter,
hauptsächlich der Koniträger ( Koorndraagers), BiertrUger
(Bienlraiigers), ToH'träger (Turfdraagers) und Arbeiter an der
Wage (Waagdraagers) ^. Allerdings handelt es sich hierbei
nicht um Lohnarl)eiter, sondern um genossenschaftlich ver-
bundene, zum teil obrigkeitlich angestellte, selbständig ar-
beitende Personen. Die Kornträger in Amsterdam bildeten eine
geschlossene Korporation, die nur gesunde Personen im Alter
von 18 bis 38 Jahren gegen ein Eintrittsgeld von 50 fl. auf-
nahm. Die Bierträger und Torfträger wurden in bestimmter
wird in der Einloitunpza den Statuten der Krankenkasse der Seidenband-
weber (1752) ausdrücklich hervorgehoben, dafs diese Kasse auf Ansuchen
von Deken en Vinders der Seioenbandweberknechtsgilde errichtet wor-
den. Man mufs also annehmen, dafs diese Knechtsgilde zwischen 1736
und 1752 ins Leben gerufen wurde.
' Feith: p. 109.
« Gef. Mitteilung des Herrn Prof. P. J. Blok. Nach einigen An-
deutungen in Brender a Brandis Vaderlandsch Kabinet van Koonhandel
178C in, 203,207 f. scheinen die Porzellanarbeiter in Delft ihre Kneehta-
gilde zur Durchkämpfung von Lohnforderungen benutzt zu haben.
* Vergl Wagenaar IV 1, 446. 449 f Keuren: Haarlem II, 167 f. 315 f.
264.470 f.
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58
Zahl von deu Hürgerniristnrn aimostfllt, hatten das aussclilinfs-
liche Recht, die in ihr Kessort talieuden Arbeiten vorzimehuien
und waren dafür zu gewissen öffentlichen Diensten (Feuerwehr
II. dgl.) verpflichtet.
Die Hauptaufgabe der Knechtagilde bestand in der
Untersttttxung erkrankter Genossen. Aber auch in den GJe-
werben, in denen Rnechtsgilden nicht vorhanden waren,
fehlten nicht von den Arbeit tti unter Aufsicht des Magistrats
verwaltete Krankenkassen'. Da« Bedürfnis nach diesen
mui'stc sich besonders in den Orten geltend machen, wo eine
groi'be Anzahl fremder Arbeiter Beschäftigung fand. Es Ist
daher kein Zufall, dais gerade in iiiiarlem, dem „Tliron der
Fabriken**, eine «rofse Anzahl von Kassen wfthrend des 18.
JahrhnndertB erriditet wurden. Es wurden alle Arbeiter des
gleichen Gewerbes oder auck Arbeiter, die aus ein und der-
selben G^end stammten, zum Beitritt in die betreffenden
Kassen voranlafst, Beispiele solcher landsmännischer Kassen
sind die Kasse für die Arbeiter aus der Meierei van den Bosch
und die westfUlische Kasse in Uaarlem% die Kasse der
Röfugics iu Leyden*.
Neben diesen obligatorischen Eiissen fanden sich auch
freiwillige Kassen, die nur Mitglieder von normaler Gesund-
heit und von bestimmtem Lebensalter aufnahmen ^ oder auch
den Kreis der Mitglieder auf eine bestimmte Anzahl be-
schränkten*. In einzelnen Kassen wurden auch die Fraueu
der Arbeiter'* imd T.<'}irjungen zugelassen.
Die Leistungen der Kassen bestanden in Zahlung eines
Kranken- und Sterbegeldes. In der Regel betrug das erstere
2 3 fl., das letztere, das auch den Frauen der Mitglieder zu
gute kam, 10—50 fl. An wöchentlichen Beiträgen wurden
meistens 2 — S stuivers, abgesehen von dem Eintrittsgeld, er-
hoben. Auch waren alle Mitglieder verpflichtet, am Lager
des kranken Genossen zu wachen und ihm die letzte Ehre zu
geben. Die Zeitdau^^r der vollen Unterstützung betrug in der
Kegel 13 Wochen, bei länger währender Krankheit wurde ein
geringerer Betrag; bezahlt, bei mehr als einjähriger Krankheit
hörte jede Verpiiiciuuug der Kasse auf ®. is'eben den Krauken-
1 Art. 19 der Ordonnanz für die Schnhmacherkasse in Haarlem be-
Ftiinmt. drifs diejenigen Mitglieder, die finer Gilde V>eitreteiD| SOS dst ne
KtaukenuQterstät2uhg erhalten, gestrichen werden aoUen«
' Die letstere bestand senon 1631.
* PartimiUere Keuren en Ordonnantien van Legrden. OvdooiUU»
für die Börse der R^'fugi<^s von Frankreich (1749).
* In der Maurcrkaasc in Lejden wurde die Mitgliederzahl auf 100
bwehritoltt und das BdtrittMlter auf B J Jnhre festgesetzt. Pftftiealiere
Krurcn en Ordonnantien ran Leyden 1757. In die giaaerkaage WOrdwi
üher 40 Jahre alte Teraonen nicht aufgenommen.
* Z. B. in dsTSeidflnbandweberiuMMin HMileoi. Kenren II, 444.
* llaufttrkHM. Lejdoi. Azt 9.
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59
kassen bestanden Sterbekassen für Männer und Frauen, die
gelegentlich aiicli die Altersunterstützung in ihren Bereich
zogen. Die Mitgliederzahl war begrenzt und die Aufnahme
an eine Altersgrenze von 40 Jahren geknüpft. Dieselben
zahlten gegen einen Beitrag von IVg st. ein Begräbnisgeld
von 25-80 fl.».
Fassen wir, was ttber die Lage der iM^ndischen Ar-
beiter im einselnen gesagt, zu einem Gtosamturteil zusammen.
Mant' Behauptung, Hollands Volksmasse sei schon 1648
mehr Überarbeitet, verarmter und brutaler unterdrückt ge-
wesen, die des übrigen Europa insgesamt, dürfte nicht
ZUtreÜen -.
Solange die Gilde Verfassung erhalten blieb, wirkte sie
wie eine schirmende Brustwehr flir die Arbeiter. Als Endo
des 17. Jahrhunderts die gewerblichen Schranken teilweise
sertrUmmert wurden, als rraaen- und Einderarbeit, Truck-
system ihren Einzug in die Industrie hielten, mochte dadurch
die Lage der Arbeiter yerschlechtert werden. Aber, wie wir
sahen, reagierte dagegen schon im 18. Jahrliundert die Gesetz-
gebung HTul die Arbeiter hielten zähe an den alten Über-
Befernngen fe.st*.
Bis zum Ausgang des vorigen Jahrhunderts wird ttber die
Unabhängigkeit, ja Üngebundenheit der holländischen Arbeiter
▼on den Fabrikanten Klage geftlhrt — In allen Ländern hat
die Auflösung der alten gewerblichen Ordnung an der Wende
des 18. und 19. Jahrhunderts die Arbeiter zurückgeworfen.
In Holland wirkte die Einführung der freien Konkurrenz ver-
heerender nh iTi anderen Staaten, da sie nicht mit einem
wirtschaftliehen Aufschwung, sondern mit dem Kuin der In-
dustrie und der Agonie des industriellen Lebens zusammen-
traf. Dies erklärt den Gegensatz zwischen der Lage des
hollindischen Arbiters in diesem tmd den beiden voran-
gegangenen Jahrhunderten.
* Aach Witwen- and Waiaenkasnen waren zahlreich vorhanden.
Z. B. för die Maarer, Leichenbitter, Bedienstete der Ostindischen Com-
pagnie, fiir die Arbeiter der Stadtnbtik in MiddelbiiiK- Coronel ik 168.
2 Marx, Kapital P, 780.
* Bei den Amsterdamer Kattundruckem herrschte der Brauch, dals
auf 7 Gesellen 1 Lehrling bttehSftigt waide; ab dd Heister eine
gröfsere Anzahl von Lehrlingen anstellten, kam es im Mai 1744 an einer
aUgemönen ArbsitseintteUiuig. Het ontroerd Holland, p. 300.
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VI
Zur GeBchicbte der socialen Bewegung in den
Niederlanden«
Der beispiellos rasche Aufschwung, rlen die wirtschaftliche
EntRHckeluiig der vereinigten Ntoderlande im 17. Jahrhundert
genommenj hatte auch neue sociale Gep^ensätzo erzou/^t. — Im
16. Jahrhundert war auf dem Lande (li> Naturalwirtschaft
iioch vielfach anzutreffen*. Bis zum Anlaug des 17. Jahr-
hunderts war Holland ein kapitalarmes Land, was am besten
der ümstaad beweist, daTs der Handel nach Ostindien ur-
rnfflich mit Antwerpener Kapital getrieben wurde*. Mitte
17. Jahrhunderts Dessls Holland nicht nur eine grofse
StsatsBchuld, sondern machte auch grofse Anleihen an England ^,
"Därif^mark iinfl nuflore Länder*. Der Handel der Republik
war znni Welthandel geworden. Ihre Flagge aeigte sich auf
allen Meeren,
Doch anstatt dicker Entwickelung im einzelnen nach-
zugehen, fragen wir hier nach ihren socialpolitischen
Folgten. —
' Zur 2j€it Karl^ V liediente man sieh der Kinr als Geld auf dem
Lande. Frnin: Tien Jaren, p. ^66. Viele Einzelheiten Uber den nied-
rijopni KultarziiBland des Landes im 16. Jahrhmidert bslLeeghwater:
JCleui chronykje.
^ Van der Chija: Geechiedeiiis der stichtisg vaa de oetüidiache
compaguie, 18ö7, p. 5.
* ¥Su grosser Teil des zum Aufbau von London nach dem Bnndfl
von 1666 erfordcrlicheTi Kapitals war holländisclips Geld. 8. lepoit of
the K. oommiatioQ on historic&l manuscripts (London läÖ2).
« Staatnehold der FkoHas floHand:
1620 40 MUHonen fl.
1629 69
1650 140 * • i 13 Millionen fl lautende Scbuld.
Von deo 11 MilUoDeii, die das Einkominen der Provinz in fnedlieiMB
Zeiten anpmnditen . waren 0 Millionen an Zinsen und Hpntpii zu zahlen*
(Nach Aufzeichnungen auf dem ätadtarchiv Amsterdam aus — 72.)
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X 3.
61
Der Handel nach Indien und Amerika la^ in den Händen
privilegierter Qeselkchaflteii. Aber auch dort wo der Hände!,
wie nach der Levante^ frei war, bewirkte die Natur des da-
maligen Geschäfts, AN it gesetzliche Vorschriften, dads nur eine
kleine Zahl Yon HaudekhäuBerii reiche Gewinne machen
konnten ^
Neben den alten Grundstock der Bevilkerung, die Bauern,
Schiffer, Fischer, Zunftmeister und kleine Kaufleute, trat
eiue neue Klasse von Grofskaufleuten , Reedern, Steuer-
plchtem, Staateläubigem, Aktionären ^ Spekulanten. Schon
Anfane des 17. Jahrhuirderts waren Millionäre keine Seltenheit.
Isaak le Maire konnte in seiner Grabschrift sagen» dafs er
1500000 Gulden verloren habe».
Aber auch der Schatten zu diesem glänzenden Bilde
fehlte nicht. Die Zeiten waren längst vorüber, in denon ein
venetianincher Gesandter den Holländern nachrühmen konnte,
dafs bei ihnen niemand ein Almosen erbitte, unii wenn Jemand
eine milde Gabe spenden wollte, so würde er nicht wissen,
wem er sie zuwenden könnte^. Das ganze Land wimmdle
▼on Bettlern, die man vergeblich durch harte Strafen zu
schrecken hoffte ^, Wesshalb trotz der Zunahme des National-
reichtums auch die Armut wuchs, erklärt de Bosch
Kemper auf folgende Weise: pOhwohl mit dem ostindisehen
Haii lcl und der Troc-kenlerriiTiii: von Liindoroicn ansehnliche
Vermögen gemacht wuideu. wurden die Gewinne grölsteuteils
von den Reedern und Unternehmern genossen. Dazu kamen
grofse Veränderungen im Erwerbsleben, da die neuen Erwerbs-
sweige den Verfall von älteren bewirkten und denjenigen, die
in Teifallenen Gewerben ihre Existenz &nden, dies in den
neuen Berufsarten nicht immer glttdcte. • • . Endlich moralische
Ursachen .... Die grofsen Gewinne im Handel veranlalsteo
> Savary: Dictionnaire da eoBUDaeros II, 896 siigt ausdrücklich , daft
der Handel nach der Levante von pinom einzelnen Kaiifinriim schwer
betrieben werden köone, weil er ein beträchtliches» Kapital erfordere.
* Akti<»p£re, allerdings nicM CosponabedweMer. Die ZiiMcoiipons
zu düi) Obligationen der Ostindischen Compagni»' wurden orst iia 18.
Jahrhundert eingeführt Felix Hecht: Beitrag xur Geschichte der
Inhaberpapiere in den Niederlanden, löOd, p. 123.
* BaKhttisen van den Brink: Stndifln en ScheliSD IV. 228. 230.
* co«ft mirahilc et ^ y>nr vera , ehe non vi ^ persona in tutto il
paeae, che uon habbi commodit4 di yiver bcne ooutorme alia aoa condi-
tioae: aewuua eerea atsmosine ne ehi volesse sapria a efai darla.* Biie-
rm ran Lionello en Suriano aan Doge en senaat vnn Venetie
in de jaren 1616, 1617, 16lb. Werken van het historisch genootschap
ts ütrscht NieQwe serie No. 37. 1883 p. 409.
* Die wichtigen Regen die Vagabundage gerichteten Qesetze and
Verordnungen: Oesetz Karls V. v. 7 U. 1531. Plakaat d. Staaten r.
Holland 16. 12. 15Ü5, 19. 3. 1614, 12. 5. 1619. Plakaat der Staaten v.
Stsland: 19. 7. 1607, 16 und 17.9. 1614, 25. 11. 1698, 23. 9. 1705. Ken*
m: Haaricm 80. 4. Vm, Keorea: hi^fdm 1668 p. 116.
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62
X 3.
die Mcnsclien, allerhand gewag^te, erlaubte und unerlaubte
Mittel zu gebrauchen, um reicli /u werden. Manchmal glückten
diese Mittel^ häutig aber schlugen sie fehl und brachten
dann Annut zuwege"
Aber auch bei den Klassen, die am meisten von der neuen
Entwickelung begünstigt wurden, war keineswegs aUgemeine
Zufinedenheit eingekehrt. Die Bauern murrten über mangelnden
Schutz gegen Wildachaden*, über das Verbot, viele Gewerbe
auf dein platten Lande zu Antreiben , viele Ooworlitn-ihonflen
litten unter der „Tyrannei und dem Monopol der (jildebriider *,
der Handel unter den zahlreichen Rinnenzöllen und Stivpel-
rechteu, daa ganze Land unter schwerem Steuerdruck, schlechter
Handhabung der Justiz und der Verwaltung.
Als im Jahre 1650 nach dem Tode Wilhelms II. die Er-
nennung eines neaen Statthalters unterblieb und Jan de Witt
1658 aum Ratspensionär von Holland, d. h. zum Leiter der
gesamten inncm und iiussem Politik gemacht worden war,
wurde mit diesen Ereignissen eine Aera innerer Kämpfe für
Holland eingeleitet, in denen das allgemeine Mifsbehag^en sieh
Luft machte. Zwei Parteien, die Anhänger de Witts, die sog.
Loevesteinsche Fraktion, und die sich um das oranische
Banner scharende Statthalterpartei rangen miteinander. —
Die Gegensätze Ton Monarchie und Republik, von Partiku-
larismus und Centraigewalt', von Orthodoxie und Freigeiste-
rei ^ prallten heftig aufeinander. £s war die Zeit der brutal-
sten Interessenkämpfe: Meineid, Rechtsbeugung, Bestechang%
> de Bosch Kemper: Armoede, 2. druck p. 97.
* O van Rees: Getchiedenis der «teatbiushoudkiinde I. p. 257.
* Eß ist nicht richtig, wie dies bei deutschen IliBtorikern gewöhn-
lich geschieht, die Statthalter als Vorkämpfer der unitarischen Interessen,
ihre Gegner als Partikularisten hinzustellen. Am deutlichsten zeigt sich
das Inige dieser VorstelluDg in dem Antrag, deo die Provinz Holland,
stets die Hauptstütze cier antioranischen Bestrehunfffn, 1674 stellte, die
von der französischen Occupation befreiten Provinzen Utrecht, Gelder-
latid, OTcnjsel oieht mit den Mheten Rechten in die Uaion summelnneD,
BOTidrrn sie als freneralitütslUnder (wie Nordhrabant) zu beliandcln. Wäre
dieser Antrag angenommen worden, so w&re der Einheitsstaat geschaffen
gewesen.
* ,Ieh kann nicht anders als mit Grausen gedenken, wie, dafs ein
aewisser BtircrpnTififitrr (der de Wittschen Partei^ vor etlicher Zeit
darftc sagen, dai's er Moses' und Eolenspiegels BUchcm einem so viel als
dem andern glaube.** UDtenehiedlicho Conaiderstiones über den gcgeo*
wärtigcn Zustand der noch übrigen Provinsen der Teremigten NiMsr-
lande, 1672.
* Der französische Gesandte d'Estrades schreibt: .Ich kenne
hier nur vier Personen, die nicht mit Geld ankaufen sind, die beiden
Brüder d *■ Witt, die Herrpn van Benningen und Peverning. Die
andern kann man mit Geld zu meiner Verfügung haben, wie mau will.''
Het wäre Karakter van den Raadpensionaris, Jan de Witt en zyne
factie, Haag 1757, p. 31. „Es ist jedem von uns genug bckunnt, dnfs der
König von Frankreich durch seine Louisdors eher unsere Stftdte, Greu-
len, Festungen eingenommen, die WfiUe bestürmt, die Offisiere und
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68
aelbst Meuchelmord waren an der Tagesordnung in der inneren
Politik, wie in der äusseren.
Merkwürdigerweise und Uberaus kennzeichnend für den
Ghankter dc^r Zeit^ die er schildert, spricht der €(eBchichte-
sohreiber dieser Periode^ Aitzema, bereits einige Grundgedanken
der materiaÜBtischen Geschichtsauffassung aus: „Gekrönt oder
ungekrönt, wer die Macht hat, gebraucht sie; jeder lauert nur
auf die Gelegenheit, wenn die geboren ist, dann ist die Aktion
und das Recht geschaffen", und an anderer Stelle: „Es ist
natürlich, dafs jeder dem nachjagt und nacligeht, was er liebt,
und jeder liebt sein Interesse. Inzwischen ist es der beste
Rat. es mit dem Stärksten su halten; denn alle Macht ist
göttlichen Ursprungs und wer die Macht hat, gebraucht sie*.*
Umsonst Dewies der Ratspensionär de Witt in einer aus-
führlichen Denkschrift, dafs die Steuerkwt, unter der das
Land seufzte, aus.schliefslich der Regierung und den Kriegs-
züj^en der oranischeii Süitthalter zuzuschreiben sei, dafs Moritz,
Friedrich Hendrik und Wilhelm vom Staate an Pensionen,
Traktamenten u. s. w. nicht weniger als 20 Millionen fl. em-
pfan£;en hätten Ein grofser Teil des Volks, namentlich die
Landbevölkerung, die Armee*, die Gastlichkeit^ und das
Kleinbürgertum olieb dem alten Herrsoherhause treu.
Wfthrend des ersten holländisch-englischen Krieges brach
die Unzufriedenheit im Volke, die schon lange unter der Asche
gUmmtei in hellen Flammen aus. Durch den Krieg waren
Militär» 7.uin Rückzug gezwungen, als die Franzosen selbst. " Hollands
Intrest gestelt tegens dat van Jan de Witt. 1672.
' Aitzema: Saaken van Staet en oorlogh Haag 1669—72. Buch
25, p. 18 und III, 841. Ranke polemisiert gegen diese Steile des
Aitsema, weil sie das Göttliche in der menscElieheD Natar ▼erkenne.
Eine ahnliche Weltansicht auch bei La Court, Er sagt u. a.: „Dafa alle
öfienüichen Köche iliren Vorteil zum Nachteil des Gemeinwesens suchen,
ist sicher, ob sie jemals den Vorteil des Oemeinwesens zu ihrem Nach*
teil suchen, ist ganz unsicher."
* de Witt: Deductie ofte declaratie van de Heeren Staten van
Hollanden Westvriesland, Mai 1654; vgl. auch la Court Aanwyzing
III, 5. Wenn von Treitschke es kiimMliiiiit findet, historische Ver-
dienste auf Heller und Pfennig zu taxieren, so hUtte er auch die Art
tadeln müssen, in der die Staaten von Holland die Verdienste de Witts
ftsfertellten. Dieselben konstatierten nftmlieli 1668, daTs seine Akten ia
r> Jahren 22 591 Seiten umfafsten, die seiner Voi^gilnger in 67 Jahren
23475 Seiten. Kluit, Hl, 338.
• Vgl. W. J. Knoop: De iinpopulariteit van ons leger t^jdens de
njmblidk. 1881.
4 Über die politisclic Hedeutun^^ der Geistlichkeit im allgemeinen
BD Jener Zeit vgl. La Court Kap. 73 (Haudst liriftj. Über einen Ver-
saut Franlueichs, durch Priester das Volk aufzuhetzen, nm die alte
Begierung herzustellen, vgl. Archivea de la maison d'Oranpe Nassau par
Groen van Prinsterer V, p. 158 (Februar 1655). Infolge ähulicher
Agitationen erfolgte das Verbot, dafs Priester keine Korreepondens mit
dem Ausland über {lolitische Fragen unterhalten durften, sowie das Ver-
bot, Predigten politischen Inhalts zu halten. Kesol. Staaten Generaal
26. 2. \m, erneuert Res. Staaten Holland 7. 11. 1665 und 5. 12. 1665.
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64
X a.
Handel und Industrie der Republik schwer geschädigt ^ In
Amsterdain standen 3000 Häuser her and unter den Hassen
herrschte hittere Kot und Arbeitslosigkeit. Die oranische
Partei benutzte diese Gelegenheit, um Aufstände in Dordreeh^
im Haag^ Enkhuysen und andern Orten licrvorzurufon und
die Ernennung des Prinzen von Oranien zum Generalkapit^ln
zu fordern^. Zwar wurden diese Schilderhcbungen niederge-
schlagen, aber «laniit war die Bewegung keineswegs erstickt.
Kein Jahr verging, ohne dafs in einem Teil des Landes
die Empörung ihr Banner erhob. 1055 Bauernaufstand in
Weicheren, 1054 Bürgerkrieg in Overijsel, Spaltung dieser
Froyinz in zwei Hälften, förmliche Belagemngvon Städten, 1055
nnd 1057 Tumulte in Groningen.
Withrend des zweiten eng^Iisch-hollüTirli^clifin Kricg-eslOöS
wurde das Land gleichzeitig^ mit dem Kampi nach auisen durch
innere Unruhen erschüttert^.
Erst nach dem Frieden von Breda neigte sich der ISieg
de Witt zu. Vornehme Anhänger der Oranier traten anf sdne
Seite ^. Die Tripelallians schien den Frieden nach aofsen
ebenso zu verbürgen, wie das ewige Edikt, das die Statthai-
terwürde in der rrovins Holland abschaffte und die Funktio«
nen des Statthalters von denen des Genoralkapitäns und Ge-
neralarluiirals für immer tronntc (V<' Kuhe nach innen ''. Da
erfolgte 1672 die französische Kriegserkliirunfr, der Vormarsch
der Heere LudwigtiXlV. bis in dtxs Herz des Landes, der un-
erwartete Verlust dreier Provinzen. Ein panischer Schrecken
eHafste die Btliger. „Jeder liefs seinen köpf hängen/ sagt
VaUcenier. „Die Geschäfte standen still , die Gerichte waren
> „The outgomg fleet for the Balde has been prevented for getüng
out for six weeks and more and all other shipe also c-ontinue lying
within our ports. From abroad we expect the costlv home coming sntps
of the East India Company. Six of the lialtic truilers have fallen iüto
the handa of the English. We are also expecting a namber of Medi-
terranean traders nnfl the silver freiffhted ships and ships enpagcd in the
French aod Spanish trade .... Nobody is loading ehips to go out;
fhe herring fisnery ■tandt still; rve and grain ffenerally be^n rapid! j
to rise in price from all which it tollows, that tnousan b rf mf n have
neither work nor food.'' Brief de Witts an Beverningk \hA
J. Oed des: Administration of J. de Witt, 1879, p. 328.
* Über den Änfstand in Enkhuysen vgl. KesoL Staaten Holland
4. Sept. IT)":^ und Het ontroerd Holland p. 53 f. Wagen aar schiebt
die Schuld an diesen Aufständen dem Pöbel zu. Erinnert man sich an
den Ausruf des holländischen Mercurius (16ad p. 66), dafs sich überall
(lin (^;nmi!!e erhebe, so liegt der Schlufs nahe, dafs weniger politische
als sociale Ursachen das treibende Motiv zu diesen Unruhen waren. Vgl.
Klait, HoUandtehe Sttatsregierung KI, 267.
' Wagenaar: Amsterdam II, 18 p. 607.
* Z, B. Cornelinß Aersseii vnn Sommelsdyk.
* Der Urheber des ewigen ikilkt* war nicht de Witt, sondern
Gaspar Fagel, Pensionär von Haarleni oad GilUs Valckflnier. Kreon:
Jan de Witt contra Oiaaja 1888, p. 180.
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X 8. 6S
beschlossen, die Schulen m;^rliten Ferien Viele vergrut
Ben ihre Kos tbark eilen in Kellern, Brunnen und Höfen. . . .
Die Landesobli^ationen Helen auf 30 "/o, die ostindischen
Aktien banken von 572 auf 250 Gulden."
Die oraiuBcfae Partei erhob wieder ihr Haupt; im Ifai
1672 kam es sur Empörung in Dordrecht; das Bild Ton Oomelis
de Witt wurde vom Stadthaus geholt und sein Kopf heraus-
geschnitten ^ Rotterdam, Leyden, Haarlem und anoere Städte
schlössen sicli der Bewegung an. Der Pnnz von Oranieu
wurde ziun Statthalter von Seeland gemacht, das ewige Edikt
zurückgenommen. Ks folgte die Ernennung Wilhelms III. zum
Statthalter, Generalkapitiin und Adniiral von Holland, der
Prozefö gegen Comelis und Jan de Witt und das bekannte
tragische Ende der beiden Brüder.
Die Umwälzung von 1672 ist vorbildlich für alle Revo-
lutionen, die die Republik erschütterten. Was damals sich
begab, fremde Invasion, Starz der Loevesteinschen Fraktion,
Restauration der Oranier, geschah in ähnlicher Weise 1747
und 1787. Eiijentiimlieh aber ist ilem 17. Jahrhundert eine
sociale Bewegung, die dem politisclien Konflikt parallel geht.
Denn wiilirend der Kampf zwi.selien de Witt und seinru
G^neru tobte, machte noch eine dritte Richtung ihren Ein-
flufs auf das (Jffentliehe Leben geltend.
Es handelt sich hier um eine Reihe von Erscheinungen
auf religiösem, politischem und socialem Gebiet, zwischen dtmen
ein innerer Zusammenhang sich nicht leugnen läfst. Folgende
Tliatsaclien kommen in Betracht. — 1657 verursachten Quäker
in Seeland und Rotterdam grofsc Aufregung durch ihre Pre-
digten, dals alle Güter gemeinsam sein müTsten^,
Da die <j|uaker, liest man im holländischen Merkurius, mei-
stens Faulenzer und arm waren, suchten sie den Reichen weis
zu machen, dafs sie die Welt veriassen und all ihr Hab
und Gut aen Nichtbesitzenden mitteilen müTsten. — Das
Quäkertum, das später einen so friedlichen Charakter annahm,
war in seinen AnfUngen eine durchaus revolutionäre Richtimg*.
Die Quäker standen ursprünglich, wie Weingarten naelige-
wiescn , mit den Levellern, der extremsten Fraktion, die in
der englischen Revolution auftrat, in engem Zusammenhange^*
> Emanuel van der Hoeven: LeTCD en dood van OoneUs
m Joban (Je Witt, ITrw. ]], p. 297.
' de Bosch Kemper: Armoede p. 97. Hollantse Mercttrimk
1657, p. 6.
' Vgl Weingarten: Die Revolutionskirchen Englands. Leipzig,
186**. p. 241 f. Verscliiedene Schriften holländischer QuaKcr findet man
angefunrt bei Josel Smith-. A descriptive catalogue of tbe bookä of
the £riend8, II ToL Lond. 1867, und Kogge: Geieluifleii betreÜBnde da
aederlandschc hervonride kerk. Amsterdam l?r)4.
* Weingarten p. 248. Es sei in diesem Zusaiumcubange auch
Fum-haog«n i^44) X 3. — Pmgsbeim. 5
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66
X 3.
Dieoo. Quäker veranlalston nun einen ihrer Apostel, William
Caton (geb. 1036, f 16ü5) zu einer Agitationsreiäe nacli Ilol-
land^ Derselbe kam 1655 nach Middelburg und Rotterdam,
ohne jedoch grofse Erfolge zu erzielen. Im folgenden Jahre
setzte er seine Agitationen fort; dieselben erschienen der Re-
gierung jetzt so gefährlich, dalk er zu Middelburg verhaftet*
und an Bord eines Kriegsschiffen nach England geschafft
wurde. Interessant ist es, bei dieser Gelegenheit zu hören,
dafs Caton Leute antraf, die «ich den Quttkern angeschlossen,
ixYx'v nocli viel radikaler aU liiere zu sein schienen. Sewel,
in seiner Quäker^cschichtc, erzählt von C^uUkern, die BUcher
veröffentlichten, m denen nicht einmal die Eigennamen grofa
gedruckt wurden*. Rädelsführer derselben war Isaak Furnier,
nach Sewel ein hitziger und unruhiger Schwindelkopf. Er lebte
wie Diogenes und bediente sich bei dem Feuer statt einer
Zange eines gesnaltenen Stockens. Welche Gefahr die Obrig-
keit in den Quäkern erblickte, sioht man aus dem T'mstando,
dafs sie in der Provinz Frirsland mit Zuchthaus l)ostratt wur-
den. In Amstcnlam, wohin auch Caton sich begab, durften sie
bis 1675 nur heimlich zusammenkommen*.
Das Quäkertum war nicht die einzige reli^öse Richtung,
die, vom kirchlichen Boden ausgehend, auch die socialen In-
stitutionen jener Zeit zu erschüttern drohte. Wie tief ähnliche
Ideenrichtungen bereits in den Gemütern Wurzel ^'^cschlagen
hatten, zeigt die Geschichte des Jean de Labadie (1610 — 1674).
Ursprf'inglich Katliolik, war er s]>;ttor zur reformierten Kirche
übergetreten und hatte als Prediger der Gemeinde Middeibui^
dann eniinc.t, da& der erste Theoretiker des Socialismos in England,
John Bellers, ein Quäker war.
' William Sewel: Die Geschichte von dem Ursprung etc. des
Christi. Volkes, so «Quäker geuannt werden, foi. 1742. III. Buch p. 98.
«Sewel IV. p. 126 f. Vgl. Oatens Biogtaplue: Dictfonaiy of national
biography, Bd. IX, 321 f.
' Sewel 1. c: Zur Charakteristik der A^itationsweise des Qidker-
tamt noch folgendes. Der erwähnte Cston in einer Hcbrift; «Allaim
^blasen allen Nationen'* (1657) weissagt von einer sclii t « klii lien Schlacht»
in der die gottlose Oberlieit niedorjijf'hauen werden soll durch das Schwert
des Allmächtigen. Kiu anderer .^^ektierer der damaligeu Zeit, Prae-
torius, schneb. dafs alle Königreiche sollten zermalmt werden.
Qnäker-(irewcl, das ist abscheuliche aufrührerische v< rdaininliclie Irr-
tamh der neuen Schwermeri welche genenuet werden Quüker. Hamburg
1661, D. 2a5 and 298.
^Alensinga in Bijdragen voor vadcrlandbche geschiedenis door
K. Frniu p. li:^ h> Dan^ig lautete die Forderung der Gewerke
an den iiiit 1677: Kutleruuug der verdammten Sekte der (^u^^c*"
der Stadt 1678 erfolgte der Befehl, jedm QidUc«r dareh den Henkers-
knecht aus der Stadt zu entfernen. 168ö wurde verboten, quäkerische
Schrien zu drucken. Löse hin, üeach. DanzigB 1822, II p. 68. Dafs
Quäker damals prleiebhedeutend mit RevolotionSr war, ersielit man n. a.
aus dem Titel einer Schrift, in der la Coart alp Quäker bezeichnet
wird: De ganschc distructie van den nieuw uitgeyondeu CromweU, alias
Leitschen Kwaker etc. Schiedam, Sandes.
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X 3. 67
tine groilse Wirksamkeit entfaltet. Solange er nur das religiöse
Leben in (L r l»'tzteren zu vertiefen und zu veredeln gesurlit,
hatte er allseitige Anerkennung gefunden. Auch nachdem or
«ich in Middelburg gegen das bestehende Kirclienregiment
widersetzt, ihn Amtsentsetzung und Ausweisung getrolfcu,
liAtte er nur neue Triumnhe gefeiert. Den Gemeinden, die er
in Amsterdam, in Herford in West&len und Altona ins Leben
rief, waren zahlreiehe romebme und etnflufsreiche Männer
beigetreten. Obwohl Labadies Tendenzen im schrofisten
Gegensatz zur bestehenden Kirehe standen, war der revolutio-
näre Charakter der von ihm geleiteten Bewegung nicht sofort
erkannt wtu*den. Für denselben legen nljer die dogniatisehen
Lehren der Labadisten und noch mein- die eigentiiinlichen
socialen Einrichtungen, die ihre Gemeinden besalücn, Zeugnis
ab*. So wurde die Gütergemeinschaft in der Gemeinde ein-
S »führt, die Eheschliefenngen ganz von dem Ermessen der
beren abhängig gemacht und die Kinder nicht als Eigentum
der Eltern, sondern als ausschliefslich Angehdrige Gottes und
des Reiches Gottes, d. h, der Gemeinde, erzogen. Nach dem
Tode Labadies siedelte seine Oenieindc nach dem Schlosse
Wahha Itei Wieuwerd (Provinz Frienland) (ibcr, wo sie in
völlig komnumistisehcr Weise lebte. Die Gcnieiiideniiti;lieder,
Deutsche, Franzufieii, Holländer, deren Zahl binnen kurzem
auf 300 stieg, nannten sich Brüder und Schwestern und
nahmen die ICahlzeiten gemeinsam ein. Neueintretende (Ge-
nossen mufsten ihren Besitz der Gemeinde überweisen. Zum
Zeichen des gemeinschaftlichen Eigentums blieben die Thttren
der Wohnungen offen. Allgemeine Arbeitspflicht war geboten,
jedocli wurden die Arl)ftiten derart verteilt, dafs die zuletzt
Aulgeuoniineueu die schwersten und niedrigsten Verrielitunicf'ii
voraunehnien hatten. — Die Produktion auf' geincin^ichaftlieli(;
Rechnung verschaffte den welt^ibgeschiedcnen Bekenncrn der
neuen Lehre jenen bescheidenen Wohlstand, den wir noch heute
bei den kommunistischen Qesellschaften der Vereinigten Staaten
beobachten. — Die Stififcung ähnlicher Kolonieen in Surinam'
und Nordamerika*, die von den Labadisten versucht wurde,
t Heinrieh Heppe: Gesehiehte des Pietismus und der Mystik in
der reformiert on Kirch«^, narnrntlich »Ipr Niederlande, Li\v<1eti 1-^70, p.
241 — 374. Die Protokolle des Kircbenrats der reform, tienieinde in
AmBterdam betr. Labadie bei Schcltema: Aemstels Oudheid VI,
f». 155 f. Über Libadies Thatigkcit in Middelburg vergl. Bulletin de
a commiR^ion pour Flihtoiro dos %lise8 wallonus {"^^9, I. Vfil. auch Dr.
J. Keitsma: Johannes ideseuer eu Balthasar Cohlerns, eene
eruode alt den tijd d«r Labadisten in i*Vie8laDd, lii75, und Alb recht
Kit-(1;1: rifschichte d«'? Pictistnns, Bd. 1. Geschichte des IHetisiiiils In
der retormierien Kirche. Bonn p. 194 -246.
• Vgl. auch Luzac. Hollands Rijkdom II, lfi7.
Laspeyres bespricht p. \0S f. das Pamphlet eines gewissen
Picier PlockW ans Zienkzee, der schon 1662 das Projekt einer in mancher
5*
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hatte nicht den gleichen Erfolg wie die friesische Gremeinde.
Die letztere, durch das Fehlselilagen dic^ser Onlndungen in
Mitleidenschaft gezogen, gah 1688 die Glitergemeinschaft auf.
Wie sehr der Kommunismus das Lebensprincip der labadistischen
Bewegung ausmachte, zeigte sich damals. Nachdem die wirt-
schaftliche Gemeinschaft zerrisben, lockerten sich auch die
religiösen Bande. Die meisten Anhänger Labadies kehrten
in den Schofs der reformierten Kirche zurOck, und Anfang
des 18. Jahrhuiuhnis verlor sich auch die letzte Spur dieser
merkwürdigen Bewegttng.
Der Labadismns war nur ein Symptom einer allgemeinen
fioeinlen G;1niii;^. ])iesel})e fjah sich nuch noch in vielen
aii<leren Aufserungen kund. Aub Mnn^'el an näheren Nach-
ricliten lilfst sich nicht Ix iu t« ilen, welche Bedeutung dit» Agi-
tationen eines Londoner Anabapti:»ten, Etienne Corsol, hatten,
der 1672 in Haarlem auftrat Die Vermutung liegt jedoch
nahe, dafs dieselben revolutionärer Natur waren, da gleich-
.zeitig das Konsistorium der wallonischen Kirche in Haarlem
den Armen, die die Häuser der Reichen plündern würden,
die Unterstützung zu entziehen drohte ^ — Dafs die Be-
fürchtung eines revolutionären Ausbruches damals allgemein
war, zeigen folgende \^'Mrte von Arend Tollenaer: ^Es ist
wahr, wir werden jetzt von 2 so ansehnlichen und machtigen
Königen von aufsen wohl sehr stark und schwer angefochten
und bestritten, aber es li^ auf der Hand, dab diese Republik
im Winter sehr stark durch ihr eigenes Volk wird „ex necesai-
tiite" und die hart und schwer eindrMngende Not von Leibes-
bedürfnissen (die ohne Ansehen oder eine Ausnahme alle
Gesetze bricht) wird angefochten und bestritten »werden^."
1696 brach in Amsterdam eine Revolte aus, die eine gewisse
s(u inlistische Färbung trug. Veranlassung war eine neue
\ t itTilnung, die der Magistrat für die Leiehentrager und
Leiclienbitter eilasseu iiaUe. Das Volk murrte, dafs nur die
Reichen für ihr Qte\d ehrlich begraben, während die Armen
wie Bettler behandelt werden sollten'. Nach dreitligigem
Strafsenkampf wurde die Erneute niedergeworfen, eine Anzahl
Rädelsführer gehängt und viele Beteiligte mit Zuchthaus be-
straft. In diesem Aufstand spielten die Weber eine Hauptrolle*.
Welche Volkskreise aber am meisten von den kommu-
Hiosicht älmücheu Kolonie in Amerika entwarf. Vielleicht ist der Ver-
fasser identiscli mit dem bei Eden: State of the poorlll, 870 erwfihnten
Peter CornellisBOD von Zurikzee.
* Bulletin de ia commisaioii pour rhistoire des ^liaes wallones,
1887, II, p. 335.
3 Arend Tollenaer: Remonstrantie ofte Tertoogb, 1672.
^ Historie van d"n orronr fr» Amsterdam voorii^rrnllen door der
Stadfi Groot Achtbare Overlieid en trouwe burger geetild sedert 81. Jan.
1696^ Amsterdam. Willem Lamsreld 1702.
* Het ontroeid Holland p. 166.
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X 3. 69
nistischcn Idoon ei-'i-rififen wurden, zeigt deutliclier als alles
andere eine Beiin rkung deö Pieter de la Court in einer
1659 verfafsten Schritt ^ „Die Hand werksleute," sagt er dort,
^die in ungünstigen Zeiten keine Arbeit bekommen können,
.beschuldigen, wenn sie in Aimut geraten sind, nicht ihre
eigene Ausschweifung, Q«ldverschleuderung und Liedwlichkeit
sondern, obgleich sie ihren Unterhalt von den Reichen und
Tuchmachermeistem besiehen, so sclielten sie doch ivosaer
voll Undank ihre eigenen Wohlthftt r Blutsauger und sind
geneigt, die Gutergenieinsciiaft einzuführen und sich ebenso
reich, aiü die reichste ii ihrer Meister zu machen."
La Court pricht hier von den Arbeitern der Tueliindustrie.
DaTs gerade diese Arbeiter ähnlichen Ideen zugänglich waren,
kajin nicht ttberraschen, da sie auch sonst als sehr uomfaige
Elemente geschildert werden. Schon die Qeschichte des
Jfittelalters ist voll von den Aufständen der Weber und
Walker. Das 17. Jahrhundert bringt die Fortsetzung der
Kämpfe dieser streitlustigen Arbeiter. Schon 1618 wurden
die Aufseher der „Lakennering" in Amsterdam angewiesen,
über die Excesse und Un Willigkeiten der Tuchbereiter zu
wachen. Eine Verordnung vom G. Januar 1(338 spricht von
<leu täglich stattfindenden Versammlungen der Tuchscherer
behufs Ersielang besserer Arbeitsbedingungen und yerlangt,
daüs jeder arbeitsuchende Knecht beim €Kldeknecht sich ein-
zeichnen lassen solle. Im selben Jahre erliefsen die Staaten
Ton Holland ein Verbot, fremde Tuchmachergesellen anau-
nehmen, ohne Vorzeigung eines mit dem Stadtwappen aus-
gestatteten Bilicts zum Beweise, dai's der betreffcTKle Geselle
von seinem früheren Meister in Güte geschieden^. Eine
Verordnung vom 17. Juli 1638 bestimmte, dafs bei Unruhen
der Tuchmacher in einer Stadt die Vorsteher der Gilden aus
den Übrigen Stitdten zu erschauen hätten, bis die Ruhe
wiederhergestellt sei*. In der That erschienen schon im
Juli 1643 Dekane und Vorsteher der Tuchmachergilden aus
8 holländischen Städten in Leyden, um dort ausgebrochene
Unruhen der Tuehniaeher zu schlichten. Nicht zufrieden mit
den Mafsnalimen der Gesetzgebung?, suchten flie Meister in einer
strafferen Organisation ihre Hilfe gegenüber der drohenden
Haltung der Arbeiter. Seit 1646 fiinden abwechselnd in
> La Court: Wdvaren ed. Wttewaal, Kap. 52, p.73. Diese Stdle,
die interessanteste der ganzen Schrift wird von Laspcyres nicht erwälmt.
Um dieselbe Zeit schreurt Weimaun an den Grofsen Kurfürsten über die
VolkflBtifnmQng in HoHand. „Zu gesehwdgen dsGi du Yolk (ere ad
seditionem uBque an den fumemsten Orten murret und wütet, auch die
meisten Reg^entcn ungeduldig, schvrierig und desperat sind.** Akten und
Urkunden zur Gesch. d. Kurf. Friedrich WUnelin von Brandeabuxg
Bd. VII, p. 242.
« Groot Plakaatboek I, 1177.
* Groot Plakaatboek 1. 1176.
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70 X 3»
eiiKMii der Hauptsitze der Tuelit'abrikatioii Kongresse der
Meister aus allen holländischen Weberstädten statt« zu deren
BeratungsgegeoBtftnden in erster Reibe das Vernalten der
Arbeiter gehdrte^. Die letzteren scbeinen hierdurch wenig
eingescbilditert worden sein. Bereits 1661 wurden geheime
Versammlungen der Tuchscherer in Amsterdam verboten*.
Wie gTofs die Besorgnis vor dieser Arbeiterbewegung gewesen
sein miifs, zeigen die grausamen »Strafen, die die Verordnung
des Magistrats von Amsterdam vom 7. Juli 16H2 androht".
Zuchthaus oder GeiTselung triüt den Tuchsciierur, der bich
an geheimen Versammlungen beteiligt. Im Jahre 1692 wurde
sogar die Todesstrafe auf das gleiche Veigehen gesetzt \
Gharaktcristischerweise zeigt sich das feindfiche Verhältnis
swisohen Meistern und Arbeitern in einem Gewerbe, in dem
zu dieser Zeit die Beschäftigung ungelernter Arbeiter um sich
zu greifen begann*. Auch im 18. JaliiliimdiTt scheinen die
Arbeiter der Tuchindustrie die glciclic trotzige Haltung be-
walnt zu haben. Im Jahre 1718 winl von einem grofsen
Aufstand der Weber in Leyden berichtet und noch 1765 hielt
es der Magistrat von Amsterdam für nötig, eine Verordnung
Sgen die Tuchscherer wegen einer tkber die Meister ver-
ngten Sperre zu erlassen*.
Trägt die Arbeiterbewegung in der Tuchindustrie einen
besonders ernsten Charakter, so fehlte sie doch keineswegs in
anderen Gewerben. Schon 1021 mufsten die Kürschnermeister
von Amsterdam die Arbeitsbedingungen zur Kenntnis der
Vorsteher der Gilde bringen, weil „hauhg, ja täglich, grol'se
Mifshelligkeit und Zwist zwischen Meistern und KnMibten
entsteht^/ — Gegen die Hutmachergesellen ging de/ Magistrat
* DoTv p. 84, vgl. Bleiswijck: Beschryvinge der stad Delft
1667, Ii, p.'oül. Wagenaar IV. 1, 440. Dozy sagt, Uber diese Ver-
sammlungen ist nichts Niheres bekannt Protokolle dieser Zusammen-
künfte aus den Jahren 1667, 1677, 1685, 1686, 1687 und aus dem 1^ Jahr-
hundert befinden si^jedoch auf dem ArcÜv zu Uaarlem. Vgl. £n8c h edö^
lüTentaris IL Kob SM und Boomkanip: Alknssr, p. 18i.
- HaotvsstSB p. 521.
» Hantvesten Nat-htrag 1671—8.3, IV, 3, 113^.
* E Van Zurck: Codex Batavus. p. <U8 Die Ciefahr dimr Arbeiter-
bewegung wird aueh Toa La Court 8(>hr lebhaft hervorgehoben: ,,Ja
ohne allen Grund hat n^an in sehr bhihenden Zeiten wiederholt gesehen,
dafs ein Haufe von neu eingewanderten, fremden Arbeitern, wie Tuch-
webern, Appretnrarbeitem ete. sieb beben venammehi dfimii, von sich
gegen die Hegiening zu widersetzen, sodafs, falls hier nur ein einziger
verzweifelter, angesehener und ehrgeiziger Bürger sich zum Führer der
Truppe hätte gebrauchen lassen, diese Onrahen nur mit grolHem Unheil
hätten gestillt werden können." La Court (Handschrift Z. 19-{, kgL
Bibliothek. Haapi. Kap. 76, p. S55 56. In Utrecht verbot eine Verordnung
vom 6. Januar 1690 den Tuchscherem bei btrafe von öO ü., ihre Meister
zu schelten und die Wericstltten in Verraf m erfclüren. Or. Ufr. PlAcaet>
boek III. 13 p. 767.
» Vgl. Hantvesten Amsterdam p. 1123.
* WageBenT IV. 1, 440.
^ HantvcBteo III, 4, 563.
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X 3.
71
von Amsterdam in ganz ähnlicher Weise vor, wie gegen die
Tuchscherer. Die geheimen Versammlungen der Hutmacher
wurden verboten und die Arbeiter zur Unterzeichnung der be-
treffenden Verordnung bei Strafe der Entlassung gezwungen ^ —
Die Schiffszimmerer von Amsterdam wufsten 1736, als ihne i
eine Lohnherabsetzung drohte, diese in sehr energischer Weist?
abzuwehren. 2000 ]\Iann stark, zogen sie vor das Stadthaus,
um von den Bürgenueistern Beibehaltung des alten Lohnes
zu fordern. Sie erkliirten, lieber zu sterben, als von ihrem
Lohn etwas abzugeben. Der Magistrat sah sieh durch die Haltung
der Arbeiter veranlafst, ihren Wünschen nachzukommen
So trümmerhaft auch die Überlieferung der geschilderten
socialen Kämpfe ist, ein Faktum tritt mit grofser Deutlichkeit
hervor. Schon im Holland des 17. Jahrhunderts elektrisierten
kommunistische Ideen die Massen, und in erster Reihe waren
es die Arbeiter, die von diesen Gedanken ergriffen wurden.
Der letztere Umstand mufs deshalb betont werden, weil bisher
stets behauptet worden, dafs vor der französischen Revolution
die Arbeiterbewegung keinem principiellen Gegensatz ent-
sprungen sei^.
Freilich handelt es sich nur um ein vereinzeltes Wetter-
leuchten. Die sociale Bewegung des 17. Jahrhunderts ist
schnell im Sande verlaufen. Selbst diis socialistisch gef^irbte
religiöse Sektierertum verlor bald seinen akuten Charakter und
damit seine Bedeutung"*.
Im 18. Jahrhundert leben die Kämpfe zwischen der
Statthalterpartei und der Staatspartei wieder auf. Aber es
giebt daneuen, abgesehen v^on Lohnkämpfen, keine selbstän-
dige, sociale Bewe,gung. In religiöser Form war sie abgestorben,
in politischer Form konnte sie noch nicht erwachen. Die
Arbeiter traten, soweit sie überhaupt politisch thätig, ftlr die
Oranier ein, z. B. die Amsterdamer Schiffszimmerleute bei
dem Doeli8tenaufstand<' 1748*.
' «Es ist den Herrn vom Gericht bekannt gewonlen, dafs die Hut-
machergesellen jeden Sonntag ihre Versammlungen und Komplotteryen
halten zum Si'haden der Meister. .So wird bestimmt, dafs kein Meister
einen Knecht beschäftigen soll, der sich (nach vorausgegangener Ver-
waniung) an derartigen Versammlungen beteiligt, bei Strafe von 0 fl , im
Wiederholun^fall 12 fl. Hantvesten III. 4, 5G9 (18. Mai 1657,
erneuert 7. November 1603). Über Unruhen der Töpferfzesellen in Gouda :
Nederlandsche Jaarboeken 1748, p. .'{06.
* Het ontroerd Holland, p. 249.
* „Aufetäode der Arbeiter linden sich nur infolge von Vcrletzun-
von Zunftbestimmungen." Brentano: Arbeitergilden, I, 85. Die
eilen „standen zu den zünftigen Meistern im schroti'sten (iegensatx,
verlanfl^ten aber nichts weiter, als selbst Meister werden zu können.**
Karl Kautakv: Die Klassengegensätze von 1789, p. 48, 49.
* Die Zahl der Quäker war 1719 in Amsterdam auf HO zusammeu-
geachmolzen. De tegenwoordipe i»taat der vereenigde .Nederlunden. 1721. 1.
* Bno Anzahl Schirtszimmerer gehörte zu den Mitgliedern der
oranischen Klubs in Amsterdam. Vgl. Wagen aar III, 31, 424.
4
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Zur Statistik der Leydener Industrie.
I.
TuchprodoktioQ in Leyden,
I.
Zar LakenbaUe wurden gebracht:
Jahr
%J CS I u
Stück
1
Jfthr
Rtück
tTfthr
Stück
Stück
1640
10 805
1668
20 918
1696
25 511
1724
17 223
1641
12 673
1669
17 890
1697
24 562
1725
16152
1642
13 226
1670
16471
1698
28 106
1726
14 171
1643
15 801
1671
22740
1699
23 187
1727
17 466
1Ö44
19 354
1672
15 122
17ÜÜ
24 782
1728
12 479
1645
20 409
1673
9 997
1701
26890
1729
11879
1646
19 092
1674
14680
1702
23044
1730
11552
1647
16 965
1675
19906
1703
19 976
1731
11787
1648
15872
1676
17270
1704
18901
1782
12 715
1649
16 415
1677
17 894
17a5
20730
1783
12 250
1650
21 139
1678
15.5ÄO
1706
24178
1734
11417
1661
22 069
1679
16857
1707
25 161
1735
18 847
1652
17 304
1680
21 275
17(ts
24 044
1736
9390
1658
17 614
1681
19 OO'*
1709
22 270
1737
8 826
1664
21647
1682
22752
1710
, 23 646
1738
8206
1655
18565
1683
24001
1711
20744
178»
8101
1656
14 844
1684
18 952
1712
19 824
1740
7 391
1657
17 528
1685
17 794
1713
18 999
1741
7409
1668
19 341
1686
17 701
1714
22218
1742
6 798
1659
20 361
1687
22 355
1715
22 264
1743
6963
1660
20 041
1688
22 223
1716
19150
1744
7 138
1661
16 901
1689
22 226
1717
22298
1745
6 627
1662
18 832
1690
16 831
1718
22104
1746
6 774
1663
21 485
1691
28 716
1719
18157
1747
6 436
1664
21 149
1692
24805
1720
: 17022
1748
6943
1665
18849
1698
26261
1721
1 16576
1749
6419
1666
18 977
1694
25016
1722
18 tor,
17.50
6 708
1667
16849
1696
24086
1723
18527
1761
5636
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73
Inhr
«IttlU
«lauT
1752
5450
1765
4308
1777
368.5
1789
2772
1753
4983
1766
442o
1778
3930
1790
3029
1754
4605
1767
4191
1779
3781
1791
3028
1755
3825
1768
4602
1780
3722
1792
2813
1756
3808
1769
3346
1781
3418
1793
2666
1757
3966
1770
3021
1782
3185
1794
2857
1758
3883
1771
3256
1783
8324
1795
3187
1759
3901
1772
8504
1784
3357
1796
3759
1760
3822
1773
3389
1785
3316
1797
3870
1761
4359
1774
3580
1786
3393
1798
3721
1 1 o«
4251
1775
3494
1787
3933
17QQ
1763
4001
1776
3323
1788
2940
1800
3329
1764
4352
II.
Zur Baaihallc w
urden gebracht:
Jahr
Stück
Jahr
Stück
Jakr
StUck
Jahr
Stück
1
1
JluUO
12 735
1677
7649
1747
8853
• 1 7äA
1 lOU
V vFOv
luls
9878
1693
7 371
1748
10443
Q Q79
1621
17 720
M700
6 059
*1750
8110
1786
11606
1633
27 359
1704
10 844
•1760
8 549
*1790
7962
1640
18 971
1709
9 041
M770
8 259
1800
11716
1641
17 699
M740
6 615
1776
8 9;^
1802
6600
1659
17 571
III.
Zur Greinhalle wurden gebracht:
Jahr
Stück
Jahr
Stück
Jahr
Stück
Jahr
Stück
1656
83170
1708
lö 5r,6
1740
15 469
1780
3358
1668
67 835
1710
20 231
1750
14 030
1790
2 338
1678
88894
1718
33 624
1760»
6 400
1800
1870
1688
28162
1720
24156
1770
3 606
1802
2 700
1700
86 902
1730
21013
1779
3580
Anmerkung: Die mit einem * bezeichneten Zahlen sind der Hand-
schrift No. 375 der kJmielichen Bibliothek im Haag entnommen, die
übrigen Lnzac, HoIlan<ß Riikdom II, 333, Orlers 274 (zuaammen-
gestellt W ttewaal, Ausgabe LaCourt p. 117) und Dozy, 0 verzieht
> Im Jahre 1760 5350 Stück fLuzac).
Digitized by Goo^e <
74 X 8w
IV.
Zur Saaihalle wurden gebracht:
Jalir
Stack
Jahr
' SMek
Jahr
StOek
Jalir
Stilttk
1600
35759
1658
85000
1699
10248
1716
8681
1619
47000(+9000*J
1659
86000
1700
8540
1790
8860
1638
51492
1668
87175
1701
7177
1780
1089
1640
82578
1688
28966
1708
6065
1740
979
1618
84410
1696
10979
1718
8408
1776
899
V.
Zur Fasteinhalle worden gebracht:
Jahr
Stack
1
Jahr
Stück
Jahr
' Stfick
Jahr
Stück
1640
17 471
1710
7 580
1730
16617
1763
29 444
1652
4 929
1713
12 859
1783
16 969
1770
27 990
1664
19 886
1714
12359
1740
18 000
1780
24405
1675
10 933
1715
12 256
1750
25 608
1787
17160
1698
7 150
1717
16 369
1753
27 814
1786
Iii 041
1699
8557
1720
14800
1760
30 470
1802
10670
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Kurze Eingabe der Tuchniaclier
an die Generalstaaten nebst Entgegnung der
Regierung von Amsterdam über das
Tachmachergewerbe.
(ReichaarchiT Haag, Bd. Commerce 1648 — 84, auszugsweise
bei Laspeyres p. 135, p. 107£f. ^)
Ä.
Cwie äeäudie of verÜarmge htur Jffo. Mog, de
Seerm 8UUm Generael der Vereemgde NedetUmdm
cvetgegcvm, ofte van wegen hare onderdanige ende
dienstwillige ingeeeUmtint de laeckendrappiers der^
eeker landen,
AIboo men siet en bevindt dat dese landen welyaren ende
floreren, door de neringen ende negocien, die in deseLven
werden gedaen.
Ende dat de. laeckeiulrapperye onder de neringen van
de manufacturen is wA dt- considerabelsten
Teil aensicn die een grott getal van werckvolck van uoden
heelt umme vvol tut lacckenen te maeken
Alb namcntlyck wolle wasschers, vlaeckers, pluvsters,
8monter% schrobbelaera, kaerdei*», »pindera, wever«, nobstenii
Tolden, droogscheerders ende yervers.
Waar door de landen , alwaer baer deadve neringe komt
ter neder te stellen, populeus, ende welvarende werden.
Ende daar door ook do imposten van alle consumption
door de meenigte derselver iuwoonderen, merckeljrck komea
te ryseu ende vermeerderen
' In nuurfpDe van der Heeren oven ttaende deductie U geteyekent
het advis vnn de Godeputeerden leden van de Moeren Staten van
HoUaodt euüe Westvrieslaiidt op de aeven vooigeslage remedien dienende
tei Weeringe van de divenie dar dnipDerye xwfbse uyt de Veceenigde
Nederlandea overgegeven aeo baer £a. Groot Mögende den 7. Sep*
tember 1647.
Digitized by Google
76 X 3.
Snlks dat ons lieve Vaderlandt aen de selve neringe seer
veel en merckelycken is gelegen.
Dat die hier vast geplant ende de pericolen van truiB*
porteren benomen mogte werden.
T' h Btdks, dat incn sedert eenige weynige jaren her-
waers, naer dat de laeckendrapperye Tan i^e lakenen hier
heeft bepnnen uyt tf» steo('k'*n.
Heeft gesien, dat andere iiabuyrige en aengelegen landt-
schappen op de selve neringe hebben geleert ende middelen
bij (le handt genomen| om de voors. neringe tot haer te
trecken.
Ak daer ayn die yan Tilborch, Eyndhoren, Waerd, Ter-
nel, Gkldorp, JBocxtel, ende veel meer andere plaetsen in
Brabant enae in de Meyeiye iran s'Hertogenboach onder het
gebiet van desen staet gelegen.
Mitsgadors die van Aecken , Borset, Eupen> Venriea>
Dalem, endo Ooye in het landt van LimbourL^,
Ende nog veel verschejden plaetsen iu het landt van
Oulick.
Alle gel^n buyten onse Vrfje Vereenigde Nederlanden.
Die neffene die van de Meycrye van den Boecb vor desen
niet anders en hebben gemaeckt, als grove laeckenen van
baer tnlandscbe en meer andere grove wolle.
Dewelke als nu jegenwoordig door den drappiers ende
inwoonders van deselve plaetsen in de Provincif» vin Hollandt
van tijd tot tijd doen opkopen merckelycke quantiteyt balen
van iyne Spacnsche wolle.
Die sy in hare plaetsen ende auUcs buyteu de Vereenigde
Kederlanden doen voeren.
Doende aldaer daer van maecken fyne laeckenen vor
een klyne ende minderen piys, als alhier kan werden gedaen,
Dewyle den ingeeetenen aldaer soo swaren lasten van
imnosten, noch ly& consumptien niet en hebben te dragen als
wel hier te lande.
Doordion men aldaer het arbeytsvoick tot veel klynder
ender j^eriiiger ])ry.^ srobriiycken kan.
Dat merckelijcke profyten in de laeckeu drapperye kan
geven,
Ende wanneer de drappiers van buyten dese Vereenigde
Provincien bare Spaenacne wol tot laeckenen bebben ge-
maeckt
Soo senden sy deselve wit ende in woU geverft, boo on-
bereyt als bereyt in dese Vereenigde Nederlanden.
Doende de witte ])ereyden , alliier verwen, om dat de
Nederlandsche verwen, ende handeliugon van opmaken alhier
de laeckenen bccr aeugeuaem ende lieftallich maeckeu.
Die sy dan door haere facteurs hier te lande ende in
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X 8. 77
andere plaetsen weten te verkoopen, voor inlandsche laeckenen,
oft*' MTiaers, gelijk in de dact wacr ia voor laeckenen die
hier tc lande opgeniaf'kt en gevcrft sijn.
T welk niet anfl< r.s en kan gedeyen als tot merckelijeke
verminderinge en krcukinge, jac bevreesde ondergang vau
laeckendrai>pcrye noringe Eierte lande.
Ende oy aldien daer inne niet tijdelyck en spuedig werdt
roorsien; soo staet te bedtiyten, en seggen sj yerthoonder»
gewiaselijk
Dat de voors. eonsiderable ende treffelijcke neeringe van
laecken recden haer van hier naer de voor^o^rdc andere landen
ende ])lri('tscn metter tijdt al sHjtende sal tranä]jortcren.
Geliik nien alrecide daer van notable exenipelen hegint
te sien dat eenige ingesetenen deser landen, uyt sugte van
het groot gewin, dat sc hier in bevinden, haer soo verre
▼ergeten:
Dat sy tot onderdmeking van hare gebujren ende wun-
den (die de sware lasten deser landen uvt hare arbeytsloonen
moeten helpen contribueren , ende waardooor dese landen bij
haer vrijheydt werd^^n Ixhouden) van hier naer deselve
plaetsen senden Spaensche wolle om laeeken to maeken.
Gelijck niede d<' coopluyden ende drappiers van de
vijanden ende neutrale landen, als mede die van de Meyerye
van den Bosch, in dese landen doen kopen, ende naer hare
plaetsen doen yenroeren fyne Spaensche wolle.
In den jaere XVI*^- een ende veertig is door de Stadt van
s' Hertogenbosch naer de voom. landen ende plaetsen uytgegaen
189017 « wolle.
T welk van jaer tot jaer grootelijek.s heeft toegenomen,
sulks dat in den jare XVF vijf en veertig alleen door de
voors. Stadt van den Bosch syu uytgevoert 454 720 i6 woU,
om. tot laecken maeken te consiiraeren.
Welke gemaekte laeckenen sy hier te lande voor alsnlke
als voren is gesegt, als dan tot groote prejuditie van de in-
landsche drapperye weten to venten ende te verkopen.
Ende door dat middel onse vijanden en neutrale landen
toebrengen ende den ingesetenen deser landen mitsgaders ook
de gemeene landen selfs beroovcn ende ontreckcn, de winsten
ende incomsten respective, die de voors. drapperyen als voren
is gesegt. na sig sleept.
Ende om t'geene verhaelt is klaerlijk aen te wijsen ende
te verthoonen.
Staet eerstelijk aen te mercken, wat den arbeit en maeck-
loon tusschen dese en onse vijanden ende voorverhaelde na-
buyrige landen, als mede die van de Meyerye van den Bosch
vergeh ilt.
Ende ten tweeden. op beqname middelen, om den handel
tusschen ons ende onse vganden als mede neutrale landen te
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78 X 3.
balanceren, ende in gelyckheydt te otellen, op dat men jegena
deu audcren soudc kuniien wercken,
Wat aengaet het arbevtoloon alleen, van de wotl, tot
gevolde laeckenen te maeken, betaelt men van een groff
hecken Tan yier a vijf a ses en veertig eilen, in de landen
buyten onse Provincie (hare p:eldfin gorekent op den cours
van onse gelden) twintig gülden , ende in dese Vereenigde
Nclorlanden nioet men voor het arbcytsloon van een g^ijk
laeckt*n betalen vijf a ses en dertig gülden.
Van een niiddelbaer laecken werdt betaelt buyten onse
Provincien 42 gülden 10 atuyvers ende hier te lande 94 gülden
10 stuyvers.
Van ccn fyn laeckcn gemaeckt buvten de Vereenigde
Kcderlanden ofte gemaeckt hier te lande, defereert ontrent
20 stuyvers op de eile.
Bovendicn is er mede groot verschil in bereytsloon, waut
hier te lande werden van de voors. laeckcnen betaelt over
bereyen aeu <lc knechten 20 a 22 stuyvers daegs, ende buyten
desc Provincien en werdt niet meer betaelt al« 20 stuyvere
tot dagloon.
Belangende hat tweede point wegen de middelen die ge-
brückt dienen te worden , om den handel van onse yyanden
en neutrale landen jegens d'onse te balanceren.
Dunekt haer verthoonders (onder reverentie) dat men
eerst alle uytgaende wo 11 soo wel ()o«tersche als
Spaenöche belioort te belasten ieder hondert/jf
woll ten minste mit vij ff gülden.
Jemandt soude hier tegens Kunnen seggcn, dat de wolle
18 Tan Sonderlinge prys, ende als men die wilde belasten, dat
men diende te gaen naer de qualiteyt van deselve wolle, na-
mentlijk de slegtste wolle met klyn lyeent, de middelbaere
ende fyne naer gevolg.
Hier tcgcüs werdt geantwoort, dat sulks niet ])raetieabel
8ou(le Hijn, overmits de fyiie wolle, t'elkens voor siegte oti'
somwijlen vor middelbaere Boude werden angegeven, sulks
dat noyt van de fyne ofte middelbaer» wolle soudcn werden
betaelt, t'geen daer op gesteh mogde sijn.
Men siet in de imposten van de bieren, dat de kleyne
ende siegte bieren, soOToel tot impost moeten dragen, als de
swaro off goede bieren, dat ongetwijffelt werdt gedaen, ora
dat het anders niet wel praetieaV^el snnde sijn den impost van
de g<H'(le bieren te heffen ende le ontfangen.
Mueten onse inge.seteiien van hare waeren, t' sij off die
siegt off goedt syn betalen een ende deuselveu impost:
Met meerder redenen kan men daer ook mede belasten
onse allgemeene Tijanden ende de ingesetenen van andere
neutrale landen.
Dat men soude willen seggen dat met het opstellen Tan
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X 3.
79
«wäre licenten» men den coophandel uyt dese landen sai ver-
jagen na onse xeehavenen.
Daer jegens moet werden geeonsidere« rt , dat de wol-
handelingen Yolgt de drappeiye ende niet de drappeiye den
Handel.
Waat oor mon hier te lande fijne laeckenen be^^oii te
maecken, wist men wijnig van den koophandel van de Öpaen-
aehe woU.
Sulki dat het laecken maken en conBumeren van de
wolle de wolhandelinge treckt^ gelijck den seylateen treckt de
naeldcn van 't compas.
En wat de Oostersche wolle belangt, deselve is voor den
oorLjge iu Duytslandt, door deselve landen per assclie ge-
sondeu naer de voorsz. vijanden, ende andere neutrale plaetscn,
die gewisselijk in tijde van vrode an weder sal nemen haer oude,
ende eerste pas^age.
Yoorts 800 staet mede te oonndereren, dat de belastinge
van de uytgaende woU sende geschieden tot geen ander eynde^
als oni de Uecken-drapperye nier te lande vast te planten.
Waer mede te gelnck met de laeckendrappeiye geplant
soude woi flfn den eoophandel van de Spaensche wollen
In niargine Btaat: 1" Hemedie.
Dti Gedepiiteerde leden souden haer het eerste ueveus-
staende rcmedie wel lateu gevallen.
Ten tweeden, dat men scherpelijk dient te verbieden van
bnyten in dese Vereenigde Nederlanden niet te mögen bren-
gen bereyde laeckenen, directelijck nog indirectelijk in geender
manieren op de verbeurte van ae selve laeckenen, ende boven
dien aeeckere swaere poene.
In margine staat; 2*^ remedie.
Het nevenstaendc tweede reraodie wert geamplecteei-t,
mit» agter t' woordt swaere poene te voogen : niet alle en
tcgens de inbrcngertj ende verkoperu maer ook
tegens de copers te statneren.
Ten derden. Dat de laeckenen, die uyt andere landen ende
rijeken, wit, onbereyt ende ongeverft, t* sij dat die in de
Vereenigde Nederlanden werden gesonden om te verkopen,
ofte alleen om te bereyden ende te verwen, ond<^'r wat pretext
Rulks solide koTHiPii ende mögen geschieden, waer vau betaelt
fiüude moöteu wer tlen den sevenden peiining.
Ende alsoo de laeckenen te laeg vau prijs
werden aengegeven, dat de licentmeeater als dan
die voor den aengegeven prijs senden mögen be-
ll ouden,gelijck sniks inVrieslandt wordt gepractiseert, al-
waer de HoUandsche laeckenen moeten dragen, neffens alle
andere laeekenen een impost van f?even ten hondert.
Dat mede in t' aengeven vau de laeckenen
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80 X 3»
hare lenkte isoudc moeteii werden geexpresaeert
met de waerde van yder eile, ende soo wel bij de
ontfangers van de selfde comptoiren als de com-
misen ter recherche aldaer op de lengte als op
de waerde van dien gevisiteert aengeslagen ende
genaest te kunnen werden.
Ende Olli te beter alle fraudc voor te komen, eude de
goede ordre die liaar IIo: Mog: tot eonservatie van de neringe
van de drapper^ e, in de^e Vereenigde Nederlanden sullen ge-
lieven te stellen, te doen agtervolgen, ende exactelijk in
Toeren ende practiseren.
Sooduncktlia^ yerthoonden (onder reverentie) dat er
een CommiB General hem desen volkomentliick
verstaende, ende woonende in een van de Stcaen
alwaerdelaeckeneninkomcn,diendegestelt te wer-
den, die soo nu en dan soiide iiioeten rcysen dan
van d ' e e n e Stadt in d ' a n d c r e , die tot den i n b r e ii -
van de uytheeniöche iaeckenen bijn gcordonneert
ende aldaer te sien, of allei eenpaerlijk, naer
hare Ho: Mog: goede intentie Wierde gepracti-
seert
Dat mede den selTen Commis Oenerael van
maerwlt tot macndt soude moetcn werden in ban-
den g 0 b t e 1 1 (! X t r a c t u y t d <^ r e 8 p e c t i v (; r e ^ i s t e r s v a n
de com misen tot Luv ek ofteA ecken, of comp toi re
vanMaestrich, om daer uyt te sien, watvolch-
brieven aldaer van Iaeckenen on de voorn. comp-
toiren waren geligt, om door ae geordonneerae
Steden in dese landen gebragt te werden.
Waer uyt hij soude kunnen nasien of de Iae-
ckenen door geen andere wegen op sluvpgaten in
dese landen waren gebragt, sonder de ficenten te
bebben betaelt.
Ende soo wanne er bij ong esii y verd e volcb-
brieven quam te vinden, dat de c o n t raventc u rs
yan dien sonder simulatie, yolgens de placcaten
op den opheve van de convoyen ende licenten
gemaekt, aengesproken ende gemulcteert mogte
werd c n.
<'! i'Iijk mede in ycder van de Steden tot Ii et
i n b rc n jr *' n van de v o o rsjz. Iaeckenen geord o n n e i r t,
dient ^^M stelt te w(M'den een beedicht perso f)n liem
ou de diHpperyc volkomcntlijk verstaende, ora
als de Iaeckenen van de poorten ten huyse van de
convoymeestersgebragtsuUen sijn, aldaer geloyt
te werden, welken persoon de Iaeckenen tcn buy-
sen van de convoy meesters aon moeten visiteren,
ende op sijn eedt verklären, of de Iaeckenen vol-
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X d. 81
koinentlijk iiacr liaerc wprde waron aengegcven^
(Ilde hij aldieil niet, dut die daii door den convoy-
meesterkonde werden ijcnaestet, voor welke prij-
seringe den vors, persoon twee Btuyvers voor
yder stuck tot laste van de coopluyden conde ge-
ttieten.
Da redenen wahrem men die laeckenen, die alhier oiii te
bereid(Mi en vorven p:psondcn worden, sonde belasten mot den
»elven licent, ak d<' laeckenen, die hier ge&onden werden om
te venten ende te verkopen.
'T «elve 18 mede om de deur van de sluyckerye te aluyten^
•o veel men kan.
Men behoeft niet te denken ofte te vreesen, dat den
koophandel van de bauten laeckenen, haer aal tran^portereii
in andere landen, om te ontvlieden, de licenten, die hij hier
sende moeten dragen.
Want het en is niet wol doenlijk een kon|)liandel rauwe-
lijcks in andeiv plaetsen te brengen vermitü den koophandel
wil godaen werden l>ij de meenigto van den cooplnyden.
Ende genomen, (uit den handel van de buyten laeckenen
hier te lande daardoor soo sterck niet en werde gedreven
als te vooren, soude dat meer swarighejdt geven, als de
laeckenneringe hier te lande te laten in peiyckel vanverloop«
Wij vcrtrouwen, dat haar Ho: Mog: naer derselven liooge
wijsheydt wel sullen können sien, wat swaerts behoort to
T* is sereker, dat d lacckeudrappervi', dacr aen soo
menigte van duvtäende menschen te wcrck koiaen, swaerder
wecgt, als den handel van de uytheemsche laeckenen.
Want aen den handel van de buyten laeckenen varen
maer aUeen wel eenige particuliere cooplnyden in wijnig
Steden.
Ende aen de laoekcndrapperye neringe hangt grot<'lijks
het welvaren van t' genieene landt, ende alle de Steden in
gemcen, sdfs ook die Steden, die den handel van buyten
laeckenen hebbea.
Voorts is ook seecker, dat hoe hier te lande minder
laeckenen van buyten werden gesondra, hoe dat het de
laeckendrapperye van de Vereenigde Nederlanden te beter
sal gaen enae van dag tot dag nog meerder sal groeyen endo
toenemen.
Uaer cn tegens siet men door df^n aanwas van de drap-
perye neringe, in de voors. vijanden en neutrale landen,
mitsgaders die \'an de Meyerye van 's Hertogenbosch hier to
lande onsc neringe verswacken.
Om den aenwas van de neringe der voors. vijanden en
neutrale landen, ende die van de Meyerve stueks wijs wat
naeckt voor ogen te stellen, soo is snlks dat in den jare 1641
Fmehmifn (44) X S. — Prmgdwiin. 6
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82 X 3.
teil comptoir vaii de liconteu binnen s'H.'rt<»<;enbo8ch sijn
aengegoven vier hondeil vijfticn stiicks Dupiakbche ofte dier-
gclijke pijlaockons, ende iu den jaare lü4ü sijn ten »elveii
comptoire aengegeven 1679 Stacks fijae ende in de woll ge-
verrae lAeckenen.
Men siet dat tot welstandt van de laeckendrappeiye in
t' (voninckrijck van Engelandt veel swaefder en rigourenser
middolen werden f^ebnivckt.
Nanientlijk dat sij op lijtistrnrte vc'rlnf'Hf Ti uyt Imro ImihI^'u
nict ti' (ln<Mi vocron de volaerde, nogte wollt'. «>iii !( dj pperye
in andere lamleu daar door niet en souden wndeii gedient.
Gelijk sij mede hebben verboden in haer Coninekrijck
niet te mögen brengen, venten, nog vcrkopen laeckenen die
buyten het rijk »ijn gemaeckt.
Maer alle laeckenen die sij aIda<T befinden van bujten
ingekomen te sijn, t'aelve werden gehoudon voor verbeurt.
T' is mede sulks dat men in BralKuit, Viaenderon, ende
andere onsen vijandon landen, onse laeckenen voor f^een Neder-
landsehe laeckenen mag brennen nog verkoopun, maer werden
alle laeckenen, körnende uyt dese Vereenigde Nederlanden
geliouden mede voor verbeurt
In margine Staat: 3e remedie.
Het derdc remedie werdt mede aengenomen, mits dat
agter t'articul sal worden gesteh dese ciansele: ende dit
alles onvermindert ende onge prej udi cieert, t'
preno voor desen bij de re^'erinp:e deser landen
aeu de Eng eis che court is too^cstaen.
De neven?^taende gosubrcgiiieerdo ende aengetrocken noiu-
ten van ordre, laetcn haer de Gedeputeerde le<len wel ge-
vallen, ende in specie dat sal w^ea gesteh een commis Ge-
neraelf ende in yder van de Steden tot het inbrengen van de
laeckenen geordonneert een beedigt person^ welcke ret^pective
f>ersonen suUen werden gegageert ende betaelt hii de admira-
iteit na 't exenipel van de Generale en andere chercKers van
de convoyen en licenten: doch sal np d»- begrootinge van de
respective tractementen nader handt werden gedisponeert bij
de reg«'rin;ii;e.
Ten Vierden dat den licent van de iu körnende
laeckenen betaelt Boude moeten werden in de
Steden alwacr de lakenen eerst aenkomen In de
Vereenigde Nederlanden, gelijk eertijts was in
t' jaer 1624 omtrent Ii »n tijdt
End«' dat de laeckenen daer die ankamen,
so Ilde werden geteeckent niet een seecker loot,
van wfer sij door de Vereenigde Provincien niet
anders sou^e m Lun werden vervoert als met het
geteeckent 1 o u i ii.
In margine staat: 4e remedie,
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X 3. 83
Het nevenstaeiifle vierdo roniedie met het gesubordonneerde
point werdt voor goedt augenonieii.
Ten vijtde. Daer benevcns soude den coop-
m a ü m 0 (' t e 11 h e b b e ii e e ii b i ii ii c u I a ii d t s p a t> p o o r t
daer in geteyckent soude staen de quantiteyt ende
qualiteyt van de laeckenen, met nytdruckinge
wat vaor licent ^aarvan betaelt ende terplaetse
daer den coopman de laeekenen verkoft ot liet
blijven, dat aidacr sulks in dorso van depaspoer*
teu dienen te werden gestelt.
In margine Staat: 5e remedie.
Het vijfde remedie werdt mede j^eainploeteert.
Ende ten scäde, dat het placcaet vau Laer
Hoogf Mogende op het invoeren van de Engelscke
Witte, ofte andere geverfde bereyde laeekenen,
bajen en carsayen gemaeokt in t' jaer 1614, ende
nog se ec kere ordre gemaeekt op de Engeische
conrt ofte advanturiers, hijdeGrrootMoogcnde
II«ieren Staten van Hollandt ptkI«» XVestvrieslandt
den 24. May 1635| die in t' minme uiet werdt agter-
Voigt,
Of nieuws gepubliceert ende stricktelijok sonder eenige
ooghluyckinge geexecnteert mögen werden.
In margine Staat: 6de remedie.
Do renovatie van 't placcaet 1614 ende ordonnantie van
de Heeren Staten van Hollandt d'anno 1(535 werdt goedtge-
vonden. sijnde de versogte ampliatie atgeslogen en vervolgens
alhier geruyeert
Want aldaer en hebben de huysgesinnen, diegeen landen
gebmycken iets ofte niets in de labten en contributie to be-
talen, doordien alle lasten aldaer over de merg;en talen, ende
niet over de peraoonen ofte huysgesinnen werden omgeslagcn.
Door welke middelen sij verthoonders ^ vertrouwen, dat
de laeckendrapperye neringe hier te lande sal können werden
gepreserveert, ende met eenen geweert, waerdoor deselve (ten
sij »ulks spoediglijck werde voorp^ekoinen) geeoTisumeert ende
Tuet de appendentieii ende depeiulenticn vau dien getrantipor-
ie< rt sal werden in andere landen, tot f^roote sehadeende mercke*
lijck uadeel van deeöe Vereenigde Nederlauden.
Ende alsoo sij verthoonders sijn rechte lief hebbera van
onse lieve ende vrlje vaderlandt: so nebben sij niet können na-
laeten deselve saecke daer t' gemeene landt so veel aen ge-
legen is^ ende door dewelke vcele arme onvennogeiide, soo wel
jong als oudt, aen het wcrck komen, bare Ho: Mo: t' helve
naeckt en kL-irr voor oogen te stellen.
Niet tvvijtteiende of liaar Ho: Mo: sulleii iiaer liaer verre
biende wijshijdt hier uyt können verstaen, dat onae vrije
6*
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84
Vadcrlandt uict wijnig ma( r ten huogste acn de laeckendiap-
])erje nerioge is gelegen.
Ende derbalve Dorge dragmi dat soodanige middelen
BulleD werden beracmt, waer door dettelve neringe hier mog
werden gdiandthaeft ende aen de andere sijde besnoeyt t' geen
hier van Imyten aonkomt, om te vcrderven.
Waerop sij vi rtlioonders haer sullen verlateii, hlijveiide
ultijts haar Ho: Mm: ootmocdigi* ondcrdanen ten dienst etc.
In niargiiui siaai: 7dc reniedie.
Het «evende rcniedic sulks hct in niargine van dcscn ge-
6telt 18, is niet aengcnomen, niaer ger(»\ e(*rt ende in plaeto van
dien gesielt:
j)at mon nu'dc Moude dienen te vcrbieden ten
I» 1 a 1 1 c n 1 a n d e in B r a b a n t ende d e M e }' e r y e van
s ' H crto genboscli ende alle andere plaetsen t<'n
platten lande onder de (i eneralitevt bflioorende,
nict te mögen ma ecken eenige iaeekcm n van
Sp aen sc he wolle op verbeurte van de lacckencn,
ende daer en boven ecn boete van 25 gülden vnn
yder stuck laecken.
B.
Consideraiicn van de Hmtn van Amsterdam
op f siuck van de ärappcrye den, 19 Maert 1648 ex
prandw.
De hier revenjsgaende dediu tie by Connnissarissen geexa-
iniiiecrl, ende die van de neeringe daer op gclioort; geven
(onder eorrectie) voor haer advijs.
Voor eerst dat wel waer i.s, dat de laecken drapperyo
in de landen ende plaetsen, daer se gecxerceert wort, neeringe
ende welvaert voortbrcngt, ende dat derhalven wel nodigh is,
dat alle goede middolen aengewendt worden, omme deselve
in dese landen te doen aenwassen.
Maer dat de niiddelen, bij de voorsz. deductie voorf]:e>t«'lt,
daertoe geraden soliden sijn in t werck te stellen, en connen
\vij . onder eorrectie niet goetvinden, alsuo atdix h'saemen
«oude gaen, niet al te grooten schade ende verderff van
cen soo notable negotie, als daer is de wolhandel
dcser landen, ende waeraflT verncheyden andere n^otien
dependeren, niitsgaeders de zeevaert en tMncomnien van
de convoyen.
Behalven dat in desen wel staet te considereren dat
alle handtwercken, daerat'f door de Cooplnyden
ot'te negotianten geen vertieringe en wert e -
maect, niaer alleen strecken ter nootdrutt ofio
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X 3. 85
behoefte van de inj^esetenen; ende dat ter contrario
cell coopinMii oftf handelaor v*eol worckrolek ean te vvprck
stellen^ ZOO wannoer zij d'* gemaeckte diii;,'"<'n in änderet
plaetsen ende gewesten, verhandelt ende vertiert.
Waer uyt volght, dat iu dit gcval een coojjman meerder
is ala een ambachtoman, ende dat daeromme meer acht staet
te nemen op de conservatie van de negotie als op de Kandt-
wercken, immers ten minsten in t'bevorderen van de handt»
wercken soodanicli gelet op de negotie dat die daer door niet
en (-nmo tr verminderen, ofte te vervallen in die onf:^<-legent-
li* vr. \\a< riiyt rlo vermine! erincr«^ npparent «taet te volgen.
ijrk ilai'i- sijn de middttlen bij <ie voorsz. fleductie voor-
g< -»loh. Devvelekt- alsoo eenlijck gefundeert sijn op de goed-
coope arbeyts-looneu ende levensmiddeleu in de naebuvrige
lanaen ofte plaetsen, in de voorsz. deductie gemelt, soq hebbeu
wij noodich geacht, daer op wat »pcciaelder beruht te geven.
finde seggen dat wacr is, ende niet en can ontkent wor-
den, dat de buytenlandtse drappier« de arbeyts-
loonen heter coop hebben aU de drappiers hier
te lanrl«'.
M.'i'T il.icr en tegen coiincii d«* drappiers hier te lande
liare wollen beter coop ende nyt de eerste handt in-
cuopen, tijt ende gelegenthevt wacrnemen wanneer de vlootcn
ende schepen aencomen, enie sulcz haer van de beste waren
ende laegste prysen dienen voor andere buytenlandtse drappiers.
Ter contrarie moeten de buytenlandtse drappiers
hären tijt met reysea ende vletten mtisumeren,
in reys «Mide teer c Osten vervallen, ottc faeteurs
tot liiiniien eoste fnde laste houden, ende bnven
diiii groote c Ob ten doen met het versenden van
h n n n e g e c o f t e wolle, die s i j o r d i n a e r 1 i j k o o c k
moeten coopen uyt de tweede handt.
Gelijck mede de arbeyts loonen in alles soo veel niet en
verschilleo, ja in sommige bijnae geen verschil is, namentlijck
In t*loon van de laeekenbereyders gasten, gemerckt men
deselve alhier t' Amsterdam voor dachloon betaelt
18 stuyvers, ende in de omleggende 'den noch min. daor
in tegendeel (p:eHiek bij de voorsz. dinliutio wcu't geöcyt) in
de nabiiriLO' hindon voor loon hctiiclt uort 20 stuvvers
s'daeghä, in voegcn dat in de.sen deele t ' a rbe v tsloou
van Taecken berey d ers gasten, hier te lande beter
coop is als buyten s'landts, contrarie t'geen bij de voorsz.
dcduetie wort gesejrt.
Daer en boven werden wij onderrieht, dat de voorsz.
buytenlandtse drappiers, niet gewent sijnde als grove laecke-
nen te maecken, soo o e d e f i j n e 1 a e c k e n e n n ? <• t e n
maeckenf als hier te lande giinaeckt worden; zijnde
da^ |oe hare gctjuwen, rieden ende andere gcreet«chappen
-• t ■ ,
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86
X 3.
niet geapproürierct, oock de haiidelingh van grofF ende fyn
goet te werdcen inetten anderen niet overeen comende.
Soo datter sijn die daer fjne laeckens hebbea
laten maecken, macr nu niet mcer en doen.
Qaende het in desen, gelijck hct over 30 ende meer jaren
gcdaen heeft, met (}f^ V1;ifm?^cho laoekonen, waiit /ilsoo
men doen hier te lande evrat begost laeckenen te niaecken^
ende de rechte handelingli dacrafl' noch niet en hadde, soo
Wiarden in Viaenderen tot Belle, Meencn ende daer omtrent
goede quantiteyt fijne laeckenen gemaeckt, die oock vrij
waren van alle sehattingen ende lasten in Viaenderen, en om
cleTn loon gewerckt wierden, oock hier redeltjck wel vercoft
ende begeert; maer onae drapperye yan handt tot
handt beteronde, wie r den daer nae niet meer
y^etrocken door haer quade fabrijcq, als grnff
ende bol van draet zijnde, soo dat se in veel jaren
hier niet meer en sijn gebracht.
'Waer uyt blijckt, dat wij in geenderlcy manicre
de buytenlandtse drapperie hebben te Yreaeni ende dat
t'seeckerBte middel omme de drappeiye hier te lande te
honden ende te doen aengroeyen, is op t'werck wri te
passen, goet werck te maecken, ende alle middelen
aengelcyt tot bedrogh fgelijck nien eenigen tijt geleden, in-
sonderheyt tot Leydcn, gedaen heeft) te weeren, oock mal-
kanderon de knechts, onder belofte van liooger loon, met
te on trecken want hier xxyt niet als t'verderil ende onder-
gangh van de drapperye te verwaehten staet
Boven allen desen staet mede te letten, dat het niet
d'oncosten van arbeyta loon op een fijn laeeken soo nauw
met en comt^ aht maer curieux ende wel gemaeckt ie, want
een fijn Ineeken, wel oft (lualijck ^remarekt sijnde van een
en deselve wolle, enn een gülden of meer oj) d'ello vcrschillen.
Dien volgens nioet nien toestaen, dat (fit landt p'oote be-
quaemheyt heeft van negotie ende coophandel te waeter ende
te lande en dat de welvaert van dien daer in mecst bestaet;
doch dat het de gelegentheyt soo niet en heeft tot de weverye,
als andere landen; evenwel in fijne laeckenen, die
wat connen verdragen, aal niemandt ons te boven
gaen, door ons welmaecken, ende dat de wolle
coopmanschap in nns landt is, ende bij anderen
van ons m o e t w e r den g e h a «• 1 1.
En soude de laeeken drapperye in dese provineie uuek
grootelijcx stijven en doen toeuemen bij aldien de Heeren
Staten Generael ^elieffden teordonneren datonseinlandtse
laeckenen niet alleen in HoUandt, maer alle de
Gen nieerde Provincicn door, vrij van impost
mochten sijn. Ende t'behoorde (onder verbeteringe) oock
te gcsehiedeoy om dat de laeckenen in Vrieslandt,
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X 3. 87
Oroeningerlandt, Utrecht, ende eiders binnen
dese Oeunieerde provincien gemaeckt, alhier
geen impost betaelen, overmits men die van onse
inlandtse laeckenen qnalijck can onderschey den;
ende in tegendoel onse laeckenen in Vrieslandt
c 0 m n d e , m o e t e n b e t n (• 1 e n den s e v e n d e n |i e n -
ningh, ende comcnde in Utreclit off (Jroeningen,
moeten aldaer mede betaelen de coBten aldaer
gesielt.
Doch dat men de buytenlandtse laeckenen rou
in te brengen sende vcrbieden ofte belasten (sijnde
een van de middelen bij de voors. deductie voorgestolt) en
connen wij, onder correctie, niet goet vipden,
want daer door soude men de bereydery en verwery
hier te lande gr(M)telijex te L-ort docn, desgelijex
o ü e k de n e o o j> Ii a n d e 1 v a n all e r Ii a n de v e r ff« t o f -
fen, als cousenille, Indigo, alluyn, wijnsteen etc.
Behalvcn dat de buy tenlandtse dra})])ier», op andere
plaetsen, daer soodaenige beswaernlssen niet
en sijn, evenwel soaden worden gedijent, ja hen
soude noodsaecken selffs bereyderyen ende ver-
wery en op te stellen, ende soo t'God den Heere
gelieft dat het vrede wort, souden tot Antwerpen ende
eiders gaerne gerijft worden, wat seliade sulcx voor dese
landen «uode geven, ende in t'l)ij8onder voor dese stadt,
t'eeneniael in ncgotie be^taende, willen wij U achtbare in
bedencken geven.
Sooveel t'verbodt van t*inbrengen van bereyde
ende geverffde laeckenen aengaet (mede een mid-
del bij de voorsz. deductie voorgest el t) daer in
is alreede hij placcaet van haere Ho. Mog: voor-
syen, ende Ixlioeft maer geezecuteert te worden, dat op
t'hoocbstc nodieh is.
Geli jck nicde nodich is , dat d w i 1 1 e laeckenen»
die van buyten ingebracht worden, geteeckent
worden met een loot, daerdoor die connen worden ge-
kent voor onvrije laeckenen, om dienvolgens den im-
post te betaelen.
Ende hoewel men oock sustineert, dat de buyten-
landtse drappiers haere laeckenen beter coo])
connen ni a e e k c n als de drappiers hier te lande, soo dunckt
ons (onder correctie) < ven wel g a ii t s o ii dy e n s t i g h d e s e 1 v e
te verbieden off te beswaeren, want dus doende,
soude men, om een ambacht in dese landen seecker te bcvesti-
gen, weder bederven off veriagen de heele negotie
ip^#]ie den laecken handel, daer bij de drapperye
in t'duytandste deel niet en is te compareren;
nu de goedcoop laeckenen van die soort zoo de
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88 X 3.
♦
baytenlaiidtsc dnippiers maeckcn, wilde weeren, soiide men
bij gcvolgh oock we(*rcTi den handel ende vertieringh daervan
niet allopn, macr Hehtelijck van den jorpliorlfn laeckenhandf»!.
die sondor sulex niot wpI on raii worden gedreven, end«;
d.'H'renboven cnitsoren onuyUpnM'ckr'lijeke schad^^ in allerlcy
coopmanscliap vau vei wen, grooten atfbreck in de bereyderyeu,
verweryen etc., ende aolcx t'gemoene landt, ende d'ingesctenen
van dien meer achade aU proft'ijt toebrengon, ende bijsondor-
lijck dese stadt, alleenlijck door de negotie bestaendc.
Dat Dien hier tegen wil voorwenden, dat de diversie van
de voorsz. handel soo licht niet soiide gebeuren, om dat oj)
andere ]>laPtsen precii <jTos>iers sijn; flaerop diont, dat die
haer wel liae.st daer ^oudc laetcii vinden, want gelijck de
ßchafiuwe 't lichaem volgt, .soo volgeii de coopluyden t'voordeel.
Vorder wort bij de voor.sx. deductic tot ecn luiddel voor-
gestelt, de wolle hier uvt gaende, met vijff gülden;)
op de hondert pondt te bea waren, twelck een saecke
i» die »trecken soude tot grondelijck verderff van de geheel«^
negotie, ende handel van de wolle, daer dese landen soo
nierfkelijck aeiif^cln^en i"«, dat in cnnsideratie van dien de
beeren Stateu Grenerael in den jare 1614 all»;
in com ende wnUe hel)ben vrij gestelt van alle be-
swaernisöc. Nu gelijck de negotie vau de wolle, door soo-
danige vrijheyt, aUe andere landen ontrocken, ende geheelijck
hier te lande gebracht is, oock soo datter genoegbsaem hier
de Stapel afT is, zoo en heeft het geen twijffel, off door con-
trarie mitMel, nanientlijck beswaeringe ende belastinge der
wolle sal den sclven hand(il wed(^r werden verjaeght ende
verdrevon, te meer alsoo notoir is, dat alle de wolle hier te
laude niet en can werden geconsiimeert.
Dat inen vourötelt t'exenipel van die vau Kugelandt,
daer den uytvoer van haer wolle wort verbodcn,
t'selve er comt hier niet ten propooste, aengesien dat d'In-
gelse wolle is een vrucht van haer eygeu landt
ende dienvolgcuis nergens eiders can worden be-
fonien, niaer hier ist soo gelegen dat de Spnonsche
w o 1 1 e ende a n d o r Ii i j anderen soo wel a 1 s bij o n s
can werden v e r e r e l; n , en (ner Calai* eu V'laenderen
nae Brabandt gevf>ert. Üelialvcn dat de voorgestelde be-
bwaringo te weten v ij ff gu 1 den op de hondertpondeu
wolle, niet alleen seer inegael is, overraits de diver-
aiteyt van de prijsen; maer is oock heel groot, gemerckt om
soodaentge winst selffs de fijnste ende pretieuste wolle monich-
niael vercoft, ende aen den anderen overgelaten wordt; ende
belangende de grove wolle, die hier s(>er abondant uyt oosten
< oint, ende meest wedemm versenden wnrdt: de.selve te be-
hwaeren niet 5 guhlen op de 100 pondt wolle, sonde wel
20 ten hondert bedrogen, ende daer beueffens boneiuen, de
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Vertieringe van onse eygen inlandtse wolle, op de Veluwe in
dv B*'tn\ve furlc andero r|uartieren van ons landt vallende,
(It'weickc alle meest Imytrii sMainIts worden vers^nKk'n, oock
^5<mde^ selfl's die van Loyden hacr wolle iiiet connen uvt^eii-
deu, omme in Ylaeudereu ende Walslandt harer ketencn te
laeten spinneiiy sonder de welcke sij bare manttfacturen niet
connen maecken, sulcx dat uyt dese beswaernisse mede lichte-
lyck Bonde werden veroorsacckt de ruine van den Kandel
derftelver mannfacturen, daeraen nochtanrs soo voel gelegen U,
Te Seggen dat de wolle volght de drapperie t'selve is
wol waer, vonr son voe! daer van doen is om te verwereken,
niaer |4^e<}näiutä om ecn gelicel magasiju ende negotie te
nuiinteneren.
In voegen alles wel overwogen sijnde, connen niet an-
ders bevinden, of de middelen van verbot en beswaemiBsc,
bij de voorsz. deductie voorgeätelt, souden de laeckenhandel
ende veel andere handelingen ende neeringen opt hooghste
schadelijck sijn.
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m.
Aktenstücke zur Keform des Zolltarifs 1683.
(Stadtarchiv Amsterdam L. 0. 8. Ko. 6.)
A.
Opgestelt den 27. September 1683.
Maximes geohserveert in hei formeren van nieutce
lysie van convoyen cn licenim,
1. Dat alle nianufacturen van buyten inkomende in dese
landen van wat benaminge deselve mögen sTjn, 't sij van irout,
NÜver, sijde, garen, wolle, hayr, yzer, kuper off van eenige
andere stoffe, doorgaens op liet inkomen nut acht ten liondert
cn meerder sijn belast, uytgeöondert dat op de iustantien
vande heeren van Rotterdam eenige weynige engelsche manu-
factaren wat leger belast sijn; en op het uytgaen sijn alle de
voornoemde manufacturen met een off ten hoogsten met twee
ten hondert belast Hieronder sijn evenwel niet begreepen
de silesif^or Hjnwaetcn en papieren en eenige wcynige anffere
manufacturen die als waeren van commercie en als niet mis-
baar aengeslagon sijn.
2. Dat de fruytcn van biivten inkomende mct twaelf
ten hondert sijn belast uytgesondert eenige die specifiaueliiek
inde Convoyl^ste snnde gcexprcsseert met tien ten hondert
aengeslagen sijn, alle de voornoemde firuyten od het uytgacn
belast wesende met 4 ten hondert De amandelen sijn belast
mct vijff ten hondert op het inkomen en op het uytgaen met
een ten IvTiflfi-t.
3. Dat hetgenc gcvist is met selicpen hinnen dese landen
tc vischerije uytgcseilt op het inkomen vrij is gcstclt, cn met
andere schepen, belast mct 24 ten hondert, doch op het uyt-
facn is het gevischte als traen baerden etc. met 2 prcto
cswaert en alle ^csoute visch in voegen als gemelt gevangen
en rivier visch sijn op het inkomen insgelijx vrij gestelt, en
op het uy^^aen woynich doch onderscheydentlyck beswaert.
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4. Alle vette waeren van buyten inkomende syii met
25 ten hondert aengeslagen en de uytgaende boter is lioswnf^rt
't vat van 300 it en de andere vaten naer adveuant uiet
12 Vl^ en de uytgaende kaes de 100 U met 2 7/^.
5. De ooötjndische waeren betalen naer het verord dal
dien aen^t^nde is gemaeckt*
6. De graenen snn beswaert te weten de tarruw het
last f 4 : 10 op het inkomen en f 1 : 10 op het uytgaen en
de andere graenen naer advenanL
7. De houtlatten sijn beswaert p^eblevcn als van outs te
weten met acht stuyvers het last en iiisgelijx de matten tot
benehcieringli van de scheepsbouwerije en navigatie.
8. Alle iiuinufacturen buyten 's lants bereyt en geverft
verboden intebrengen.
9. De magere oasen off koeyen inkomende vrij, en de
vette tien guldena per stuck beswaert, en beijde op het uyt-
gaen aengeslagen met f 1 : 10.
10. De wijnen sijn inkomende belast bij het vat te weten
de rijnsse met f 5, de fransje met f 3 en de Spaensche met
f 4 : 10 en de br-^nrle wijnen by het oxhooft tot f 2 : 5. —
11. De ingredienten van manufacturen «iju niet of seer
weynich belast doch onderscheydentlijck gaende doorgaens
dersclver belastinge tot een off anderhalv ten hondert jmmers
niet boven twee prcto.
12. De waren en koopmanschappen die werkelijck in
commerce bestaen, sijn op het inkomen doorgaens belast met
2 off uyterlijck door tien ten hondert en op net uytgaen met
1 prcto.
13. Alle waeren inde lyste niet geexpresseert, en niet
verboden maer gepermitteert Zijnde «ullen betalen van de
waerde van vijff guldcns vier ätuyvers op het inkomen en
drie op het uytgaen.
14. £n is voor leckage van alle natte waeren uyt Vrank-
rijck en de Rivieren de Maes en Rgn afkomende Seestux
toegcstaen 12 procto. uyt Spagnien en andere quartieren 14
ten hondert, uyt Engeland Hamburg en Bremen scs proeto,
VATI traen 12 en van walvisch spech 6 procto, en van teer
12 proeto.
Vnorts is bij resolutie van Jiaer Ed gr. mogende vande
21 aug. Iüb2 guetgevonden en verstaeu dat de voornuemde
nieuwe lyste tot em proeve sal werden in treyn gebracht
voor den tijdt van een jaar, benevens de placcaeten en In-
stnictien tot een equale en exacte practique van de middelen
te water gearresteert, en dat aenstonts en sonder ophouden
sal werden gebesoigneert om te sicn wat mesnagc soude kon-
r.on werden gepractiseert off geintrodueeert in de respectieve
CoUegien ter admiraliteyt soo wel ten aansien van haere do-
niestiquen lasten en huyshoudinge als ten rcspecte van de
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92 X 3.
ConvDvon die tot protectie van de Commercien moeten werden
ge^even.
Dat binnen scs wtM i hen naor de expiratie van het voor-
noenidt! proefja<'r een «oo naeuwen ovcrslach als eenichsints
doenlijck sal werden gemaeckt van het inkomen vande Col-
legics tci' admiraliteyt en van derselver lasten.
Dat onder het inkomen sullen werden f^ercctliont het
niont^mt vjmde vonrnoomde nleuwc lyste en d«' niiddclen ver-
rat in lir't 27. artikel van de InstriH'tie voor de CDlIog-ifs tcr
ndiiiiraUt«'Vt en dus de foniiscatien cii iimlcteu over iVaudo
en Coiiuavcniien jegcns de voornoenHi(^ lyste gepKcclit
buytcn de ^rijsen te water, mitgader.s de «uiver vrachten en
alle andere inkorosten en middelen van de voornoemde CoUc-
gien van wat nature die oock aouden mögen Bijn
dat in de com t^itie vnn de la-sten ingevolge van hacr ed.
gr. mögenden resolutie van de 27 maert 1681 gcbraelit sullen
werden de n^nten en iiitres.*;en der j>enningen tot laste van
d" Ofdlt'^qt'ii Irr adniiralitevt op interest lopeiide. en do on-
k*»-,ten p'ri't|uireert tut het doen van twee convoyfu de jaei.s
bder van twe«* seliepon naer de Levant Smirna daer onder
Jre^repeii, niitsgaders het onderhoud van de schepen van oor-
och tot laste v.m den staet gebout en de tractamonten van
de hoge en andere officieren te water.
En indien naer de voornoemde overslach soudo mögen
werden bevonden dat <le voorsegde lasten nyt het voornoem-
de inkomen niet souden können werdm vervallen dat men
als dan uiionlioudeHjek sal besoij^neren le»«' li('t Hiirplus sal
können werden gevomlen tsij dan met vcrnieerderingh off
verhogingc van eenige oft* van de meeste speeien in het in-
komen ofte uytgaen rospecttvelijk en in gevalle de leden
malekanderen daer Over oinnen nes weecken naer expiratic
van het voornoemde proeQaer niet souden können verstaen^
dat alsdan ten eynde van de tweede weechen van de
waerde van de inkoniendr en nyttraen de gaederen (de waerde
van het voornoemde k n-t t«- vindm bij den staet genenien
werdend»' nat-r de e«nir.- nil in ijs dir dr vuurnornide goederen
alsdan waerdieh sullen wesen en blijven de echter den koop-
man de facultoyt oni deselve waerde in het aengeven seif« te
verclaren) equalijck en generalijck sal werden geheven een
soodanich gcdeelte als tot verval vande voornoemde lasten
van de gemclte Oollegien ter admiraliteyt nodich sae wesen
niet dat het vornoemde gedeelte de belastinge op de voor-
noemde nieuwe lijste daf^r V)ij gcreetdient sijnde niet allein
ni» t sal mögen exeederen t i^ecn destlve goederen voor desen
in «le ordiniiris eonvxiy tUrde verhoginge en veylgelt bebben
gecontribueert raacr selts ooch niet vijff" ten hondert in 't in-
komen en uytgaen te samen schoon eenige vande voornoemde
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X 3.
93
goederen in het voornoemdc ordiiiaris ('^onvoy derdt? verho-
gingc en veylgcet iiieerden soudeii inogcii gcgeveii Lebben.
Des dat de vreemde manufacturen van deselve soorte
als de mlandsche sijn de des niettegenstaende in het uylgaen
soo liooch sollen moeten worden gcstclt ab waer op de in-
landsche door de voornoemde verhogin£;e sullen werden ge-
bracht; eii da san do vonrnoomdo vprnoginge snilon wosph
geeximeert do gramen en de gaodrrcn vande (»ostindisehe
compajrnie dcser landen niiotsgadcns boudani^c andere koo|>-
mansciiuppen die de ledea alsdan sullen oordeleii dat sonder
perikel san diversie geon verhoginge können lijden
en Lidien ten eynde van het jaer raer de introductie
vande voornoemde verlioginge als noch soude mögen werden
bevonden dat uyt het inkomen van de voornoemde lijste en
deraelfs ver]iof!^in<;e do voornoemde lasten vnndo vennelte
collegien ter admiralitcyt niet souden können werden vervallen
dat in sulchen gevalle de Leden raet malckander hullen over-
leggen lioe en in wut voegc het kont gevonden sal werden,
en bij aldien de Leden binnen twee maendcn nacr de expi-
ratie van het jaer daer in de voorgeroerde verhoginge sal
sijn gelntroduceert malckander daer omtrent niet souden
können verstaen dat deselve als dan sollen liebben soodanige
viyheyt aU hij in krachte van voorge Resolutien en andere
publicaticn hebben !^(diad en als noeh sijn hebbende
dat de betalinge van de voornoemde verhoginge sal weaeii
extraordinaris en vcrniindert werden, soo liae^t de lasten van
de voornoemde CoUegieu sullen körnen te minderen off soo
haest de leden malckanderen op een suffieante lyste van
(yonvoyen en Ucenten sullen hebben verstaen
en dat eijndelijck alle meest krachtige devoires sullen
werden aangewent ten eijnde de respectieve collegies ter ad-
miralitcyt mögen werden voldaen van baer achterwosen ten
lasti' vande kmon R]^ii;nt'n mitsiraders van de aehterstallige
subsidien van de re.spuctieve piuvmeien en dat alle 't genc
daer van sal inkomen eerst en vooral äul blijven geaffecteert
tot betiilingh van de schulden daer op gemaeckt en voorts
tot aflossingh van de Capitalen op de middelenter See ^enego-
tieert en dat het gunt van de voornoemde nieuwe lijste, de
verhoginge van dien in de voornoemde andere iukomsten van
de gemeite eoUegien ter admiraliteyt in tijdes en nijlen soude
inneren komen nvertescliieten naer aftreck vnn de lasten die
daer uyt sullen moeten werden gesupporteert mede sonder
eenige divertie sal werden geenployeert tot aflossinge van de
capitalen op de voorszcgde middelen genego teert, en dat de
Raden en ministers van de voorssegde coUegien in haer ]ier-
soon aenspraechelijck sullen sijn bij aldien bevonden soude
mögen werden dat sij de vomoemde intekomen achterstellen
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94 X 3.
cu subäidien in 't geheel oft' deel soudeu mögen hcbben ge-
di verteert.
B.
Remarquo van de differentie tusachen de conyoy lyste
van de jaere 1055 en de nieuw geprojecteerde lyste.
1. Dat de vruchten van huyten inkomende weynick im-
mers niet van Consideratie sijn l)«\<;wnert.
2. dat de inanufacturen van btivU^n iiikumende als wanren
van Commercie biju aengesien en duö «eer weynicli betaelt
sijn.
8. Dat de natte waeren vao bayten inkomende sijn
aengesien als commercie*
4. de ingredienten van manufacturen sijn oock niet seer
geavantageert o]) het inkonicn , dan voor sooveel deselve met
een sijn aengesien voor wacron van conimercien als bij
exenipel Ii et turx-garen. De wolle aileen is op het inkomen
vrijgestelt.
5. de graenen sijn op het inkomen weynich en op het
uytgaen hooch belast
6. Inde belastinge van de houtwaeren is geen nnmers
geen notable differentie.
7. de vette beesten sijn op het inkomon vrij gesteh.
8. "De Specerijen aijn speciüquelijck behuit tot omtrent
. . ten hoiidert
9. de visserije is boven die van vrecmde natien niet
geavantageert.
10. De wijnen sijn bij de belastinge van de ordinaris
lyste gereeckent sijnde het extra(ordinaris) bij nae op een
voet als bij de geprojecteerde lyste belast.
11. Waeren van commercie eijn doorgaens by de voor-
segde lyste hier weynich en niet hoger als bij de geprojec-
teerde lyste belast.
12. * Manufacturen buyten 'a lants boreyt en geverft ver-
laden intebr engen.
13. Waeren en koopnumschappen in de lyste niet geex-
presseert b»Bwaert op net inkomen met 4 7^ em op. t
uytgaen insgetijz met 4 TÜ^ van 't U vlaems.
14. van Leckage wert niet gerept
C.
By resurnjitie gedeiiboreert zijnde op 't advis van de
Heeren haer Edele Groot Mog. Gecommitteerden, lebbende
in gevolge en tot voldoeninge van der selvcr Resolutie Com-
nussoriael van den 18 deses, ge-ezamineert, hoedanige be^
lastinge tot verval van de onkosten ter zee, en de sterckinge
van de Middelen van dien, soaden bebooren te worden inge-
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X 3.
95
willight, breder onder de Notulen van den 19. October des
voorleden jaers 1685 ghementioneert, hebben de Heeren van
de Ridderschap ende Edelen, mitsgader de Gedeputeerden
van de respectivc Steden, in den name en van wegen Bur-
germeesteren en de Regeerders van de selve Steden , gecon-
senteert ende bewillight, gelijck haer Edele Groot Mog. Con-
senteren ende bewilligen mit desen in den opheff van de or-
dinaris Lvste der Convoyen ende Licenten, mitsgaders in de
verhooginge van de helft van dien ; ende dat voorts tot sterc-
kinge van de voorssegdti middelen alle soortcn van Waren
ende Koopmanschappen die op de voorszegde Lyste vrj sijn
gelaten. Sonder met eenigh recht van inkomen of uytgaen
geehargeert te wesen , ende die nu evenwel 's Lands inkomen-
de of uytgaende Rechten van Veylgelt betalen op de voor-
schreve Lyste der Convoyen en Licenten suUen worden ghe-
bracht, ende sulcks in het inkomen ofte uytgaen worden
ghechargcert met de selve Somme die de voorzsegde Waren
en Koopmanschappen, hetszj in het inkomen of uytgaen,
hetsii bij het Stuck, hetsij bij de Waerde, althans in het
Veylgeet moeten betalen; des dat too wel van de belastinge,
begrepen in de ordinaris Convoy-lyst, als van de Verhooginge
van de helft van dien, mitsgaders van 't voorssegde Veylgelt
vrij en exeraj)t sullen sijn alle sodanige Soorten van Waren
en Koopmanschaj)pen , die bij speciale Placaten of Resolution
daer van zijn vrij ende exempt gemaeckt, gelijck oock ver-
boden of belast sullen blijven alle soodanighe Soorten van
Waren ende Koopmanschappen die bij 8])eciale Placaten of
Resolutien, 'tzij uyt te voeren of in te komen, verboden of
hooger belast zijn als de voorszt^gde ordinaris Lyst met de
Verhooginge van de Helft van dien komt te bedraghen; ende
dat den Haringh ende Kaes mede sullen werden ge-eximeert
van de Verhooginghe van de Helft van de voorssegde Lyst
voor soo veel het uytgaen belanght, ende van het Vcylgelt
voor soo veel het inkomen betreft : Dat voorts alle Soorten
van Manufacturen , die in de Lyst der Convoyen en Licenten,
ter Vergaderinge den een en twintighsten Augusti 1682 ge-
arresteert, hoogher zijn gechargeert in het inkomen als
komt te monteren de voorssegde ordinaris Lyst ende de Ver-
hoginghe van de helft van dien, soo hoogh sullen werden of
blyuen gecliargeert als de voorssegde nieuwe Lyst is mede-
brengende, Schoon de Verhooginghe meerder soude mögen
bedraghen als de voorssegde ordinaris (^'onvoy-lyst ende ver-
hoginge van de helft van dien; behoudelijck dat de selve
Manufacturen dan oock wederom sullen genieten het benetice
van het transitoir, voor so veel die transitoir sijn, volghens
de Resolutie on huyden genomen.
Dat de Inlandsche Tabacks-Hladcren in het uytgaen
sullen werden beswaert met drie Stiiyver, op yeder j)ondt.
96 X 3.
Dat de Wijncn, Brandewijneti eti Änjnen, soo wel in hei
iiikomen als in het uylgaen, sollen werden aengeslagen in
Confoniiit6 van do voorssegde nietnvo Lvst : ende dat de
leckagie, die van de voorsegde Wijncn, Braiulftwijnen ende
Azijnen, mitsgadcrs andere Goedert u hij de Geinteresseerdens
wert genoten ende geproffi teert, praeeiselijck ende na de
Letter van de Placaten otte Resolutieu, dien aeugaende genonien,
aal moeten werden gcreguleert ende gevordert sonder ccnighe
digpensatie ofte conniventie: Dat voorts alle Koeyen en
C^sen, van bnyten inkomende, op de respecticve comptoiren
der Convoyen ende Lieenten opreehtelijck en sonder eenige
ver.s\vy«^ingr stillen moeten werden aenglie«reven, op verbeurte
van de hce.steii die iiict npruchteiijk aengegeven ot verswep^en
souden mogeu zijn, ende daer en boven eeu boete van drio
hondert guldeus voor yeder lieeöt dat vcraw^en ende nict
aengegeven ia.
Dat YOortB alle de voorssegde Beesten van buyten in-
komende, van den eeraten Juny tot den laetsten Maert reapec-
tive sullen worden geconsidereert en gereeckent als vette
Gasen of vette Koeyen, (de magere MeUk-Koeyen die op
dat in.st;int fl;it aengegeven worden, getroeken ende ge-
raolcken konneu worden alleen nyt^esondert) ende dat van
yder de voorssegde Beesten voor inkoniende reelit geduyrende
den voorssegde tijdt van lOntaeiiden sal worden betaelt 20 Ca-
roli guldens; dat oock aen de selve CoUegien tcr Admirali-
teyt tsal woraen toeghevoegt het Middel van het kleyn S^el,
vnor sooveel *t selve sick over de Saecken van de Zee ezten*
deert, niet srodanighe inipliatien en Verbetcriii^'^cn daer op,
des nodip^h g«*ncht senden mögen werden: Endo <lat «In opheflT
van 't Middel gesteh op de Granen, soowel inkoniende als
nytgaende, sal sijn en blijven ght* reguleert op dien selven voct
ende wi js«* daer op t voorssegde Middel althans gegeven wordt
ende dit alles tot ende met den Jare 1687 in duys; ende
dat alle debvoiren ter Generaliteyt sullen worden aengewendt,
ten eijnde bij haer Hoogh Mogende gelijcke Kesolutie mach
worden genomen.
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t
IV.
Kurze Übersicht über die von der Stadt Amsterdam
aufgebrachten Staatssteuern 1071 — 85.
(StadtardiiT AmBterdam L. K. G. Ko, 2.)
A.
Korie Staeif ofte noHHe van 'tgene de Stad
Amsterdam ffeamiribueert , opgebrttM, ende effeeü-
velyk gefurneert heefiy tot bevordennge , ende Suh-
ftistentie van dm Stffet deser Landen^ sedert den Jarc
1671 toi dm Jarc 1085 beide inclui^s^ 8oo aen Ordi"
naris als Extraordinär is Lasten.
Als 1. heeft de Süid Ainstt rilani len romptoir*- ^^'in iael
vaii Holland betaelt wegens Verpondiiigen van de iiiiy.st'U in
den Jare: Iti71 . . f. SSO 358: —
1672 . . „ 382 680 : —
1078 . . -885347: —
1674 . . „ 387 067: —
1675 . . , 389 065 : —
1676 . . „ 391 629 : —
1677 . , „ 395 543: —
1678 . . , 401 261 : —
167i) . . „405 504 : —
1680 . . „ 416168: —
1681 . . „416843; —
1682 . . »416348:-^
1688 . . , 416343: —
1684 . . , 416 343: —
1685 . . „ 416 343: —
Te sanen . . — £ 6016337.:
N* Het Quohier van de Verpondingh over de atsad Amster-
dam in den Jare 1666 gedooten monteert te Somme ran
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98
X 3.
f. 416343: — dan yermitB daer onder oock gerekent sijn de
Huysen. die noch geen 14 Jaren gestaen hebbeii, is onder
Kortingii van de selve 14 jarige vrijdoin aen t Land OYer
Verpondingh betaelt, 'tgant van Jasr tot Jaar hier neveos
Staat.
Ten tweedon heeft de Stad AiiiHtfi-dam beUuilt ten voorn.
Comptoire Generaul van Holland w^^gens Verpachtinge vau
de Gemene middelen in den Jare
f. 1825613 : 0: —
f. 2106672: —
148894: —
En tguMt bij c«>U
lecte Tan de Wtj-
nen noch ont-
fangen is . . .
1680 ....
van d«' collfH'ti'
van ih' Wijnt^n
aU bov»in . . .
Van ' tZout, Zccp,
heere en redem-
tie-gelt. . . .
van de Vorho-
gingh vant go-
maal voor 4. m .
1681 ....
van de collectc
▼an de Wijnen . „ 131 720 : —
Zout,Zoep enCo.
Verbog! ngli van
'IgemaaL voor een
laer
1671
1672
1673
1674
1675
1676
1677
1678
1951
58500:
f. 1932396:
203360: -
183 <
1682 .... f. 2249623: —
Zout Z(M«p etc , 207 879: —
1683 . . , ; f. 2886520: —
Qolleete Wijnen^
en brandewrnen
169194:
Zout Zeep Co. . , 166788; —
f. 2089 740
1368378
1684724
2582 710
2274 S80
2515 085
2383 805
2073 705
1941 183 : —
2504 066: —
„ 2450 476:
2457 502 :
2672 505 : —
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X 3.
99
Transport f. 28 994 359 : —
1684 ..... f. 20705^1: —
CoUccte wijnen
en brandewijnen , 98989: —
Bj CoUeete van
de turf en kolen . ^57 500: ^
f. 2 527 020 : —
1685 2571 122: —
Te «amen: f. 84 092 501 : —
N*- Dat er wegens Zont Ztep tn noch eenig geltbetaelt
n^ort wenlf^ü twelk in f 166 788: niet iub^grepen vermits
iiet^elve noch niet ontt'angen is.
N*- Dat by coll(*cte van de wijn(3n en brande wijnen noch
eeiiige penningeu ätaen onüangen te werden cn by gevolgü
niet gecomprehendeert onder de neveustaende somme van
f 98989:0: —
Ten derden heeft de Stad Amaterdam voldaen aen
't Comptoir Generael van Holland wegens den 20, 40 en 80ate
by gissingk
1G71
•
. f.
136 057 :
1 1372
■
• M
79 577 :
107:5
•
• n
45 278 :
1674
• n
79 779
1675
•
• «
74213:
1676
•
• 1»
50864:
1677
•
• II
81 509
1678
• «
93189
1679
•
• I»
147 090
1680
«
• »
147 228
1G81
•
• II
128 197
1082
104 800
1683
106 560
1684
•
88152:
1685
• »
88153.
t 1450834:
Te samen:
Ende ten vieiden, heeft de meer gemelte Stad, ab
bov«n gelomeert over 't reght van 't kleyn Zegel in den
Jare 1671 . . f. 29 101
1672 . . „ 19 761
1673 . . „ 21 559
1674 . . , 25 340
1675 . . „ 20 086
1676 . . „ 25 001
1677 . . „ 56 702
1678 . . ^ 78 592
1679 ,., 84094
Summa f. 860 296
7
«
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100
X 8.
Transport f.
To"
1680
im
1682
1683
1684
1685
f.
»
n
n
366 296
84 079
74196
79145
73 479
76 368
70 868
BehalvLU
Lasten heeft
de
de
{. 829 y31
gespecificeerde ordinaris
640 500: 5
16. Apnl 1672
snmon
hier voor<Mistai ii(k' _
L^<>.m. Stnd Ainsterdam noch betaalt de vol-
gende ExtraoRl. Lasten als 1. Wegen» verscheyde 200 Penn
en Capif- Leeningen by haer Ed: groot mo: van ttjd tot tijd
gcconsenteerty te weten, op den
26. Fcbruary 1672. 1. 200 Penningh
gevensgelt ... f.
2. 200 Penn. En
by rcsolutie van
27.Aug.l672geeo-
verteert in Capi-
tale Lceningen te
betalen in Gout
en Silvorwerk . „
U.July 1672 2 Capitale Lee-
ningen te Ijetalen
als }n)vcm . . . „
1072 1. rcicl voor a*
1 673 Capitale Lee-
ningh . . . . „
by de voorn reso-
lutie was ook gc-
consenteert in
part van de Trac-
tenio!it'Mi daervoor
de Stad betaalt
Iiecit n
9. Maert 1073 1 . reeel, zynde Ca-
pitale Leeningb .
15. Jnny 1678 2 re^l utenpra ge-
vcnsgelt . . . „
1673 1 reeel gevensgelt
26. Decembr
1853000:10: —
1353000:10: —
657987 : 9 : 4
27 ÖüO : 18 ; —
655 775:ia: 2
S.October
'23. Deeembr
1673 1 reeel gevensgelt
K'»« li wof^ons den
20U IViuiingli ge-
heven werdende
van de Tractemen-
Tran;s|M)rt
1 295 308: 0
644 035:15
641 362 : 7
12
14
8
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z a 101
Transport f. 7 274 277 : 6 : 8
ten der OflFicianton
bij gissingh aUo
noch niot vcrrti-
kent i» .... f. 11 000: —
27. Maert 1674 4 Oapitale Lee-
ningen * 2706001: —
28. July 1674 2 Oapitale Lee-
ningen . . . , „ 1853000:10: —
24.Decembr. 1674 2 200 Penningen
gevensgelt . . 1 422208 : 8 ; —
24.Mcy 1675 2 Capitale Leo-
ningen . . . . „ 1 410 089:10: —
20. Deceiiii>r- 1675 2 200 Penningen
gevensgelt . . 1873642 : 4
15. July 1676 2 200 Penningen. , 1362 055: 7
lO.Maert 1677 2 200 Penningen . » 1330 031: 7
31..Tulv 1077 1 200 penningh . , 661 033: 9
22.Decembr. 1677 1 200 |M nningh . ^ 652 409:14: 0
S.April 1678 1 2üü ]H iinhigh . „ 649 697: 2: 9
20.Augn8ti 1078 1 200 ptnningh . „ 647170: 6: 9
29. Maert 1679 1 200 penningh . „ 640 203:11: 9
^ fdl. Mey 1680 1 200 penningh reSel . 6d0 000 : —
\U.Decembr- 1681 1 400 penningh . . 810000: —
Te Barnen f.224S3420 : 3:12
Boven t guue voorschreven is, is nogh in den Jare
1672 op den 16. April by haer Ed. Groot mo: extra
ordinans geconsenieert in een halve verpondinge, ende by
de Stad Amsterdam over hare huyaen te sage voor-
schreven betaelt f. 208 171: —
Ende op den 28. July des Jacrs
1674 is een trelyke halve \'erj)oiidinge
geheven, en is by gevolge duor Amster-
dam geiurneert cen gelijke somoie van „ 20S 171 :
Te Samen f. 416 342: —
Somma Totalis
Van d.'Verpoudiiighzedert 1670 tot 1686 „ 6 016 337: 0
Geraeene middelen utsupra . . „34 092 501 : 0
20, 40, en 80^ penningh utsupra „ 1 450834 : 0
Van 't kleyn Segel utsupra . , ^^^^1' ~
Te samen £42889608
* Oese 2 posten zijn by gissingli geaomeii alsoo deaelre liogh niet
Tcrrekent sijn.
Dat onder het part van de Tractementen ter Somme van
f 27 356:18: — hier boven gespeciticeert, niet begrepen sijn, de Trac-
tementen dewelke by de Oostiodtache Compagnie, oy de admiraliteyt
tot Amf^terdam, «n bj d'Ontfiuiger vtsi de gflmene Afiddelen deaerStad,
betaelt werden.
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102 X 3.
Transport f. 42 389 003 : —
Somma Totalis van tgene de Stad
Amsterdam in de voorzegde Jaren aen
Ordinans Lasten heeft opgehracht . . , 42889603: —
8omma Totalis
Van alle 200 pen-
uingen en Capi-
tale Leeningen hj
Amsterdumbetaelt
sedert de voor-
noemde Jaren . £.22 433 420: 3:12
*/f Verpopdingen , 416342: —
f.22849 762 : 3:12
Ende zal ovor Ordin.iris en Extra-
ordinaris Lasten, de sonniKi v;ui . , . „G5 230 365: 3:12
N* Dat onder de vooniocnidc «omnic van f. 65 239 305 : 3:12
by de 8Uid AiuHtenlani zedert t' begin van den Jare 1671
tot 1685 incluys, opKebracht, niet begrepen is, 't geen de
Admiralitejt binnen de selve Stadt, van de goede gemeente
van Jaar tot Jaer sedert deselve tijd , boefi ontfangen , We-
sens Gonvoyen en licentcn met de ^/« verbogingb , nüt^^en
Last en Veylgelt, t' welk Jaarlijs al een seer nerckelijke soniine
komt te import^ren,
B.
M»Mnorse van eciiigc Imposteii op ordre van de Lande
onverpacht gelaten, waer van teu Comptoirc van den Heer
ontlanger de Wilhem penningen zijn ^efoumeert als volgt»
Op de Wijnen tot laste van de Tappen is boven de 87 000 —
VjT Verpachtinge nylgeloost door den Commis Jacob van
dampen betaelt op de voonmegde impost van 'tj^uir in gegaen
pr'October 1679 f. 37 068: 6: 6
door Barent Frits en Johannes Basse op de
<^Uüti satie Wyuen van den aelven termijn „ 78 501:19: 9
f. 115 570: 6: 3
door den Coniniies Jacob van Kämpen op
de Wijnen en tot laste van de tappers van
4 jaer 'ingegacn pr« Octobris 1680 betaelt , 59886:13: 6
Door Frita van Basse op de quoti satie Wij-
nen ingegaen pr» Octobris 1681 betaelt ^ „ 8nnr,7:in.
f. 148894: 3: 6
do 1 Ion Commies Jacob van Kampen op
de Wijnen van 4 jaer ingegaen op pr*
Octobris 1081 betaelt „ 49 860: —
door Frits van Baswe on de fiuoti?«atie
Wijnen Ingegaen pr« Octi 'bris 1681 beuielt ^ 80 058: 8: 6
Noch door Basse op de 3 voorszcgde
imposten van den Jare 1679 1680 en 1681
betaelt » 902; 8: 4
f. 181720:11:10
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X 3. 103
Op de Pacht Tan de Wijnen^ Tan 4 jaer
iogegaen pi^ Octobris 1688 is Qeoouee-
teerd en betaelt f. 156993
Brandewijnen „ 12 204
f. 169197
op de Pacht van de Wimen etc. van
4 jaer Ingegaen pi* Octooris 1664 in-
gecoUecteert oii betaelt , 93 589
Brandewijnen „ 5 400
T 90 yö9
de verhogiii^ van 't G<^mael voor in-
gaeiidc 8. april 1680 ' vndigende ult"
July 1680 iö gecoUectcn t lii betaelt . . „ 53500: —
de verhoging von 't Oeiaaol, voor een
Jaer ingaende pr^ Augubti 1680 ulbupra
gecjndleht ult^Jnly 1681 ts betaelt ul . , 183000: —
Nota de CoUecten van 't Sottt en voor de
jaren 1680, 1681, 1682 ende 1688 . .
Of de Impost van de wijnen, mee en
azynen van 4 janr ingegaen pr* Octobri
1683 gecolloftecrt en betaelt „ ir>(;<'93: —
Ol) de brandewijnen als vooren van 'tzelvo ^ 12^04: —
als voor op de wynen , moe, azynen van
't jaer ingegaen pr" Octobri 1684 . . . j. 93 589 : —
op de Brandewynen utB 5 400 : —
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V.
Aktenstacke über die Gründe des Ver&Us
der Seidenindustrie und die Mittel, die zur Hebung
derselben dienen können 1774.
(Stadtarchiv Amsterdam Lade Z. 9 Nr. 8.)
A.
Memorie
(onder verbetering) op een oii-eeii«zijdige wijse^ bij propo-
sitie Yoorgestelt wordende om, als eene der hoofdzaken voor-
waardig to dienen, ter Herste!, en raeerder Debiet hier te
T^ande, en op een geperniittecrde Wijze van hier na eiders
f)nytten Lauds der goude zilvere en Zijdefabriquen hier te
Lande wordende gefabriceert, dog dit voorstel alleen werdende
gedaan, onder wel uytdruckelijke rcöerve, vooraf, dat het-
geene de minste Legie, off benadelinghe soude kunnen ope-
reeren (by zo Terre de xaaken daarin yorkomende en aan
de meerdere kundigheid, ter Juyster beoordeeling gched on-
der geschikt werdende overgelaaten) aan de Hoog en Wel £d.
Oostindisehe Compagnie deere Lande, nog hon Wel Ed. wanr
belang, en interest, in een off ander opzi^t, aangaaiide het
prodiH-t, Imniier oostiiidiselio Zijde tot liet fabriceeren, hier
te Lande van voornoemde btoffeu bcuodigdt.
£n dus:
onder de opgemelde voorbehoudiugh van in geenerlij wiJze
te zollen benadeelen en indrang veroorsaken ter yerkorting
▼an voornoemde belang en intereat
werd
wijdci.s nader voorgeatelt: off niet in de aller eerste en hoofd-
zakelijke plaats, ter Herstel en meerdere Debiet, den voors-
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X 8.
105
segde fabricquen hier te Lande van lir-t meeste gewicht, en
aanbelang te considereeren soude zijii, 00 wannetr iiiet
en ondcr de hoog gunstige voorstand Approbatie en goed-
kenningh van zijn doorluchtige Hoogheid den Heere Prince
Eifrtadnouder der vereeade NäLerUnden, bijzond«r en denehre
hooge dignitoiteu in en ter zaake, der wel Ed. oostindtscbe
Maatschappije hier te lande^ en van die der verdere Hoog
aanzienlijke, intcrressanten, en boofdpartieipanten dien gedagte
O. (y cn door hun hoog cn wel Ed. goet gunstige Intercessie.
bij den iSoevrijne deezer Landen bij wijse van eene onder
bundeling, raogte worden beraamt en toegetredten ten eind(?
(waare iiet raogolijk) ten nutte en behoeften vervuUen, van
d^' finbrikanten en ^iidehandelaars tot voortsettcn den gem(elde)
fabrii^uen en baadel hy den octroije van welgemelde Hoog en
Wel Ed, O : C : mogte worden beraamt vastgestelt, en ver-
^ndt^ alwaar het maar prorisioneliik voor zeeker getal . . .
Jaaren, in yder dien Jaaren (mits ue gelegenheid, ten inkooj)
doorde ordres, van gedagto O : C**- in de oostinrlicn . dooral
4aar gewegzaame »luantitcijten van de verscheydonen Soorten
van zijde, van den zijdewonn aldaar afkomende ende des-
wcgens, voordehg uytvallende recolte der zijde, daartoe be-
kwaam waare; maar eerder nog anders niet) een seekere vast
geatelde Quantiteit in Elk dier Jaaren voor Iiunnen Fabrikeur
en Fabricquen handel genoe^i / i am en zulcx van de diverae
Sortimenten van zijde door hun Hoof^ en Wel Eds. ordres telkena
in Yder dier Jaaren uyt de Oost Indien mrt de Compagnies
8cbeepen herwaards na deeze Landen over, cn inkoomende
en dus in yder Jaar Een Quantiteit van • —
•oiuinedus (voor zooveel na geleegenheid ende favorable om-
standigheeden als voor zegt in de oost. Indien zig daar toe
gunstig op, en voordoende aan de ordres aldaar daartoe heb-
faeade van gemeide Wel Ed. O : TN), hier te lande den gedagte
ininndsche Fabrikeuren en Zijdehandelaaren (soo liet doenlijk
mögt sijn) pro yder dien Jaaren van de benodigde Zydegoet
günstig te voorzien.
Ell ten tweedeii, dat also bii aldien zulx aan hen vooroot
gunstiglijk kuiule en mögt weezen toegestaan of op een off
andere wijse Zij Fabrikenrw en Zijdenandelaars ten einde
als boven instant mogten koomen) alzo dat er in allen ge-
Valien successivc met de herwaards overkomste der gedagte
scheepen van de dus meer of min hier to Lande inkoomend«^
Oost Indische Zijde in voornoemdc Jaaren ende op vijlingen
publicque vrrkoop door de ordn s van de Wo] Ed O : Co.
alliier ten kaniere en bij hun Wel Ed andere kauKi», dat
dan alleen maar provisioueel vor d» . . . . Jaaren de prijzen
tor inkooping voor Ken Fabrikeuren en Zijdebandelaaren zo-
danig modicq mogten gesteh en geealculeert worden en dus
106
X 3.
ter inkoop aan lien toegestaan, dat ssij alzo Aanvankelijke m
beettere appureutie kondeii geraaken van in staat tc aullen
koomen m het Debiet en Tertier Tan d<* hon fabrieq en>
handel.
En dat dtu tot dien aankoop Zij fabrikeoren en Ztjde'
handeiaar% daartoe volgens die vooraf vergunde Pnjs calcu-
latic mogtcn en altoos (op yder dicr vcrkoopingon binnen de
voornoemdo Jaaren) na, en volgens dito schikkin^; en calcu-
latie mogte gehoudeu worden to ziju gepraeff k » rt tot het
doen van den Inkoop van alle die soorten van zijde, bijge-
dachte Wel Ed. Oost Indische Comp, en dat voor oflf met ter
agde Stellingen van allen buyten Landeren daer toe admiasie
te mögen hebben, des ten opzichten van d** inkooners onder
den anderen^ en eenyder van hen voorztg, met volle vrijheid
om telkens bij d° opvijling hoger opbot, voor dito Zijde te
moogf^n doen, en die dnnr voor te moogen ontvHngen also
nieede om van ydere soon dier sijde, zo veele quantiteyteii
op d" vijlinge te mögen inkoopen als dezelve voor zig beno-
digd mogte hebben. En mits dat de iukooper, in cas vai>
weder verkoop, dien zijde, voor die zetve inkoopsprijse ^
(onderling met den anderen dan staande de vijling nader te
bepaalen), dan ook, daartoe praeferentie quaame te verleenen
aan gedagte hunne meedefabriekeuren en handelaars in sijde
alhier te Lande woonagtig boven de toelaating dien aangaande
van buyten Landeren daarvoor «um hen prijs biedende.
Een voorts ten aanzien van hen f'abriekeuren en Zijde-
handelaars hier te Lande gezaameutlijk genounieu dat dezelve
dufl dan ook gehouden en verpligt souden sijn, omme met
den anderen telkens die op te yijlene partije Ziide bij ge*
melde Wel Ed* O. Co. te moetten oon dito vooraf daartoe ten
hunnen behocven bepaalde prijse tot inkoopin^ inkoopen.
Waar van den door een ijeder vas hen, b?j schikking onder
den anderen telkens die op vijhb' Zijde voor hun roekening
soude werde geljiatten, ten ontvangüt, van en voldoening dien
koopsj)rijse aan wel gemeide 0. van alsulke quantiteiteu
alä yd« r kooper mögt koomen intekoopen,
Maar doa dtiarenteegen zo soude dito fabrik euren en
bandelaaren in zijde, bij wijse van remplacement aangemelte
Hoog en Wel Ed. Participanten en geinteresseerdena
van en in meer gemeide O : C\ van het geene aan hun
Wel Ed., bij d», vijling en voorszegde inkoop der zijde in
voorn' onvb' .Taare minder mögt hebben opgebragt als
ter voorziening en vergoeding van hun Wel Kd"^ b^lnng en
interest in gedagte O. C"- mogte vercijsclit worden, ten goed-
doeuing der kosten so wegen de door iiiin Wel Kd* ordre»
in de Oost Indien p' hun Wel Ed'- gestabileerde Negotie
Comtoore daar te Lande als yervolgcoä ou deze toere her-
waaide na deeze Lande voorgevallen, met net Eacpireeren Tan
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X 3.
107
het Laaste der gemeide Jaaren aan me te meer ge-
dagte Wel Ed. O. C*** door ydere Fabrikear, en Zndchande-
laar, Pro rato van het gehede moDtant of somma dier zijde
welke dezelve bij npvijb'ng der zijde, by gemelte O. Cv
mögt hebben ingekogt, van yder zulke partij Zijde afsonder-
lijk gereekent, Voor eens geeven geldt boven den inkoopsprijs
van d° partij, nog moetten opbrengen en zonder eenig het
minste mancmement terzet off uijtstel ter Eerster vordering en
aanspraak r^- de ^ ordree van deselve Wel Ed, O. O- aan
dexelve moetten bij wijse van ophoogingh boven den geaccor-
decrdo prijfli voldoen, een intereet van «... per O^' En dat
Elk« dier Inkooperen deswegens vooraf en een opviiling finaal
sonne Weesen afgeloopen ter kamere daar sulx soude werden
gedaan, ten vollen genoegen van Welgemelde Wel Ed. O.
O- voor die te doene verhoogde opbrenging, alle vooraf l)ij
den Octroye te beveelen securiteit en seekerstellingen zoude
moetten doen onder aoodanige Paenaliteid in cas van wijge-
ring off nalatigheidt als daar bij mögt worden bevoorwaardt.
En OD dien grondsUg, den veitler (voor onderstelt dat
daartoeooK ten faveurevand^ Fabrikeuren en Zijdehandelaaren
hier te lande ter respectieve kamere van verknoping van
d*- O. C"' de bedonigdo ordre« uiogten en Waaren gesteh)
dat in cas van hooger biedinge van prijze voor d"^- Zijde, door
off van wegens buytten Landsche Fabrikeuren en Zijdehande-
laars dat dan nog den Fabrikeuren en zijdehandelaars hier te
lande (mits zig binnen aeekere bepaalde tijt, vooraf daar toe aan
Een door meergedagte O. O- te veignnnen ende bepaalen) aan of
terplaatse vandeopvijling derwegens na behooren declareerende
de voorkeure mögt werden verleent, omme voor d<* hoogef
opgeboodene prijzo van gcnr Wel Ed. O. C**- telken^^ /iiTke
partije zijde als praefen iitr» TrtkoojxTs te moogen overneenien^
Edo^ in dat ca.s, dan ook, aan de andere Zijde, te aan--
zien van hen binnen Landsche Fabrikeuren en Ziidehandelaaars,
dat desdve van wegens gemeide Wel Ed. O* O« of hunne
ordres in het aeekere mogte worden geinformeert dat dien
booger opbot van prijse tot inkoop der Zijde in den daat
waarc gedaan door off voor rdsening van bnyten Landsche
Fabrikeuren en Zijdehandelaars
berustende dua
1^ Het hierboven (onder verbetering) voorgestelde alleen
op de navolgende vooronderstellingen Nanielijk:
Dat bij de opgemelte Hooge en niustre Souvrijne deeaer
Lande met welgedagte Hoog en Wel Ed. O. O* de voige-
Btelde zaaken in de tegenwoordige omstandigheden goet gun-
stig in Zeflexie mogte koomen
2\ dat dan nog (sulx verworven Zijde) bove n lim in
cas van die begünstigende schikkingen in en ter zauke als
108
*
Toomielt, die naast den Velijk niet wcl andern sotide voor
den inlandsclif Fabrik furen en Zijdehandelaars }iiin wensoht
verlangen zoude kennen voldoen, dan onder ceu m de Natuur
der zaak zelve opgesloottene of iLuirvan geaccroi sseerde nieU
namelijk en dat de geleegenbeid iu de Oo^t Indien, door de
ordres van de meei^edagte Wel Ed. O. O aldaar ter in-
kooping van zgde niet op eenigerlij wijse belemmert of ge-
strömt aldaar Wierde, door de Inkoop van Gomtoore van
Negotie aldaar gestabileert van wegens de Hooge ordres en
Lastgeving ter bekoomingh van alaulke zijde, van andere
Potentaten en Nati(in Encbit er successive (door de wel uvt-
vallende recolt ii der zijde in de Oost Indien boven en be-
halveu die ook aldaar vor of wel teu behoeve van geiuelte
O. O* hier to Lande bekwaame geleegenbeid waare^ ten be-
kooming der quantiteiten, en Sortimenten der Zijde die volgene
vergunninge als bove gezegt^ aan d^ Fabrikeuren en Zijde-
bandelaans hier te Lande also mogte worden to^gastaan.
3\ en ten derden en Eijndelijk dat eens genoomen alles
in raaniere voormelt«»f op andere wij.se. ter liunner beettere
in Staatstellinp^ ter lierstel en meerder Debiet Imnner voor-
melte iulaudsche Fabriquun, goetgunätiglijk voordende en Zijnde
te beraamen, en vaättcstellen dat dan egter ook nog door wel-
Semeide Illustre Colegien aan hun Fabrikeuren en Zijdehan-
elaars de Herstelling cn vordere voort zetting en uytbreiding
bnnnen gedagte Fabrijcquen en Zijde handel van wegens als
boven nadere ordres en vergunningen zoude nodig weoren
betreffende die bunne verdere voortzetting voor »ooveel de
daar van voortspruyttende meerdero vertier en debiet te
veel mogte kuune stremmcn, liet ordinaris debiet eu vertier
van oostindiscbe Stoffen successive door de liooge ordres als
boven uyt de oostindien met de scheepen der O. O- indese
lande arriveerende off van andere Stoffen uyt andere Landen,
op een gepennitteerde wijse hier te Lande ingevoert en ver-
debiteert werdende.
Oratrent welkts derde en laa^te •i;rond.stelHng on bet be-
denkelijke daarin in voorgestelt mo^'^elijk door verdere antori-
tevt en begünstigende — seliikkinge aU boven ter weder
zijde uuttig als een statutair lieglement en ordre voor hen
Fabrikeuren en Zijdehandelaaren waaren te koopen, omtrent
de geruste en bevijligde voortretting hunner Fabriquen en
handel nadat dan voor of verder uyt booge authoritcyt als
voorzegt zij» van we;xen deselve bij vervolg van lijt f hunner
Fabrikeuren en Zijdehandelaaren fabriequen en liandoi floree-
rende vourtf^aande) mogte worden begünstigt in hunne fabrie-
quen en Zijdehandelaaren uyt en door de gedagte Hooge cn
Illustre Soevereiniteit deeser Landen (voor so veel sulx uyt
de bcveelende magt , dcrselve hooge overheyd eu derselver
prudente oordeel mogte worden verstaen en verordineerd ab
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109
Qtet strijdende waare met de Placaatten van den Landende
ordonnantien der btjzondere Steeden, off met de teactaaten in
t'vreerade Mo£!^onfUiootf>n ^omn«akt) als aan hon tot meerder
ecn doorjETaander vertier dragt, en slijtiigie mitegaders tot
verdere debiteering cn versending na l)iiyten Lands mögt
kunnen en worden gocdgunstig toegestaen en verleent vermit»
ook dat zij inlandBche Fabrikcureo en Zijdehandelaars door
die also vooitzetting, Kunner Fabricquen en Handel (waardoor
£en zeer groot aantal behoeftige arbeidslieden en Ledig-
gengers hier te Lande ter ontlasting voor de Diaconien en
|)ubTl(|ue Godshuyscn aan de kost können helpen) das niet
soude kimnen liog vermoo?**n cenige I^gie off nadeel too te
brengeu aan hei vertier en Dcbict on gohruyk van alle van
zijde gewerkte Stoffen: die successive duor de ordre» van de
nu te meer voormelte liuuge Interessanten van gedagte Wel
Ed. O. O met haar Companies scheepen herwaards na deae
landen mogten werden ovei^evoert en rakoomen.
En du8 werd het zakelijke In decse Memorie verbat: ala
nlleen up een Neutraale wijse en off die eenige Nadere over-
weging en refloxjp tot Nat. soude kunnen on mögen Meeri-
t<'eren ten ceiiemauie onlierroepelijk aan Prudeutcr beoor-
ilecling in de^en alö voore vorgedragen. — Meit alle sinceriteit
en verschuldigde obedientie.
En also yoor een wijl tijds eens vaet voorondentelt aijnde
dat en, op de eene off andere manieren voor de meeigedfagte
Fabrtkenren en ZijdehandelaarB uyt hooge anthoritdt en met
voeetaaning als booven ralke echikkingen en ordres waaren
beraamt, waar door zij in voomoemdc Jaaren gcnoegsaam voor
hun Fiilin'cquon en Hände! van oo^;t indischo Zijde, ten nio-
dicfjue prijse, als voonnelt, sniult* worden goetgunstig vo i sieii:
Maar daar tegenb ook vast wuarc bepaalt hoeveel d" liuoge
Interessanten van d**- O. O op yder parthye te verkoopene
zijde, zoude moetten nrofiteeren: ter goeddoening hunner
Inkoops Kosten in de Oost Indien , en op de Retoeren voor-
vallende, gesteh eens, ten bed ragen van elke parthij : pro rato
25 prCf- Maar dat aan Heen Hoog en Wel Ed. Interes-
santen d.mr vnn in d"- Jaaren bij den Inkoop van vder parti)
Zijde door gemelte Fabrieken Een en Zijdehanaelaars pro
rato bij den inkoopsprijs, op reekening zoude worde betaalt
15 prCt*"- Do, zoude met de Expiratie van het Liaaste dien
rmKgäe . • • . Jaaren, door ben op der voet als hier vooren
reets is ten nedergestelt, nog aan wel gern** Hooge en Wel
EL Interessanten in voorssegde O. O- bij wegen van Remplace-
roent, vor eens elk pro rato yan zijn in dien tiit gekogte
zijde moetten werden goedgedaan en betaalt 10 prOto.
JIO
X 3.
Aan de Wil Jodele Groot Ächtbaare Heeren
Bwrptfmeegtemm e Begeerdm der Staä AmsMUm.
Gorvcn zeer Eürbiedifi^lijk te kennen, de Siiperlntendeiiten
der zjdu Reederijen dezer Stad, uyt aanmerking van liet groot
en meer en meer toeneemend verval der stjde Fabricquen en
de verlegging der zijde Ncgotie uyt deeze Stad naar andere
Tlaatsen ; dat de Sapplianten met redenen veronderstellen zuUu
hoofdxakelijk voort te sprayten iiyt het niet genoegzaam aan-
brengen der Jaarlyksie vereysehte Sortimenten on qnritititeit
van zijde door de Oost Indische Oompagnie dezer landen, dmir
nict togenstaandü deselve, volgeii-H de conventie met de Steeden
Haarlem eu Amsterdam op den 28. November 1740 tot het
aanvoeren van een veel grootere qaantiteit verpligt waare,
aan de zedert gemodereerdo Eyssclien en emstige ▼ermaniii'
gen der jaarlykse, door Uwe Ed. Groot Achtb. daar toe ge-
qualificeerden en die der Stcede Haarlem op Verre na niet
voldaan heeft; Waaromme d«; Stipph'antcn sig wenden tot
üwel Ed. Groot Achtb. eerbiedig verzooktiide dat het Haar
Ed. Groot Achtb. behaagen möge, oiii bij de delibtiratien
over het vernieuwen van het Octroy der Ed, Oost indische
Compagnie de belangen« eener Tak van Commercie welke
^eer^ds groote rijkdommen aan ons Yaderland en Yoomamelijk
aan deese Stad aangebragt heeft, ja waar van thans nog een
groote menigte Ingezetenen hun Levens onderhoud verkrijgen,
ionder Hunner Edele Groot Achtb. vaderlyke Protectie te
neemen, cn bot daar hccnen te wenden dat deselve Maatschappij,
door nader schikking op vorter wijöe verpligt worde <»m zo
niet aan de bovengemelte conventie van den Jare 1740 te
voldoen, ten niiusten tot aanbreuging den Jaarlykso optei'eevene
^sscben van de daar toe door Uw Edel Qroot Achtb. aan*
gestelde Personen nader verbonden te werden.
Twelk doende etc.
C.
Brieff van een vriend in aan een vriend in
over 't verval der kwijnende zijde en sijde Stoffen fabrioqnen
^n de middlen die deselven wMerom soude kunnen opbeuren
"voorsoverre de VA. oostindische Comp, deren Landen daar*
toe kau contribueereu.
Mijiilieer
om aan UEd verlangen te voldoen sal ik iiiijn gcdagten
U£d mondeling meedegedeelt wegens de verbeetring der
fabric([uon insoverre de oost Ind. Comp, daertoe kan con-
jtribneeren met veel pleijsier op het papier steÜen, ik bedrijp
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X 3. III
dan om direct tar saake te komen dat onae fabricquen ver-
▼alien
1" door nayver onser nabaaren in dajtsland brafaand en
clders die ziende onse progrcssen daardoor aijn aangespooid
geworden om ons na te vol«::rn
2° door dien deseltt(l(3 nabimren de arbeydslooneu en
wooninge, vccl gocdkoptu' hebben dan wij en ten
3^" door dat sij met seer geringen onkuätcii destoffasie
-oft zijde die sij noodich hebben^ soo goed kunnen bekomen
•dan wij.
Indien wij nu in Staat sijn dit Laaste te beletten ten
minaten te sorgen dat wg sterk daaiin voor sijn soo is er
geen twijfel off wy souden gelijk voorheen een goed debiet
van onse gefabriceerde zijdc eii zijdestoffen bekoomen te
meer als men considereert dat de duytsche en vreemde sich
meest op 't versiegton der gefabriceerde goederen toeleggen
cn men iu decse Landen zulks ougewoon is, gelijk dus l^aal
synde, onse goedmn noe altboos geprefireerd worden dus
-soade de Twee eerste reedenen van venral ran selfis opbou*
den. Om daar toe nu aanlijding te geevcn is reeds door de
Hoogloftelijke magistraten der steede Haarlem en Amsterdam
hy 't octroyeeren der Edl. oost. Ind. Comp, geaorgd dat de-
selre so ik meen zijde t' jaarlijks mögt aanbrengen^
waertoe is dit nu geschied? is't niet met oogmerken van de
Ingcseetcncn en burgers der gemelde Steeden te bevoorregteu
immen kan Hulks niet ontkend worden niaar w.it niot Itcoft
men cn van gehad? de oost Ind. maatschappij heett so men
liegt voorge^even
1. dat sij bij de zijde te brengen verloor
2. dat onse fabricquen so Teef niet vereisten
3. dat 't dog Toor de brabandersy duytBcbers en andre
natien was meer dan Toor onse fiibrioquen waer toe dan
-nutteloos te Verliesen.
T>us dan heeft deselffde Comp, meodojobragt wat sij
goedvond en nooyt i^'olioor gegcven aan den Eisch der tabri-
quanten namcntlijk om die te vervullen oiulertusHohen evcn
bliifft het seker dat onse kragt in de fabricq aliecu bestaat
inde zijde die onse oostind. Comp, meedebreng^ want door
den aanval ujt Nederlands Indien bekoomen w^ alst waare
zelffs een aijdeteelt en door 'tselve de geleegenhetd om teegen
de Italiaenen en andere Natien, die hunnen eygen zijdeteelten
hebben te kunnen Stand houden, derhalven blijfft de sorg
van de gcmelde magistraten een c^oede welgepaste sorg een
middel om veele duysende armen menschen van den bedelrak
te houden en in togendcel hun brood met eere te doen winnen,
een middel seif» om door het welvaren der fabriquanten, lÜjk-
dom en Overvloed int Land te brengen, en dus in aues tot
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112
X 8.
welvaert van dit goede Land te voistreeken, voorbeelden
daar van zijn genoeg voorhanden dat dit also gebeurt is
wrtnt toen de Ed. ooßtiiifl. Comp, zwaare partyen zydo aan-
bragt, Horeerde de fabriquen, noe veele voornaoine Steden
der maatschappij ten Ingeseetenen hebben do ])l<>f vriKli- tubri-
quen niet verwekt. Jaa zelflfs de Leeden der uustind. Aliiat-
schappy hebben en door gewonnen: want magt van geld voor
te TOrtieren Tan coopiiian8cliappe& in ons land bearbydt in
*t Land körnende soo sijn de Intresten yennindert ende actien
in sulken hooge waeide gekoomen do^ir men die na maate
de fabriquen in ons land sijn vermindert, allenskens lieefft
sif'H daalcii, knndo nion daarenbooven eens nazien de ami-
boeken lien Steeden Amsterdam, T.eyden, Ha;u*lem. Utrecht ja
mooglijk ook Friesland en Nooidlidlland men soude ongetwy-
feld vinden dat na maate de fabricquen sijn aÜgenümeu tgetal
der armen oonaiderabel ia vermeerdert en de uy^aven veele
tonnen gouta meerder bedragen als te vooren, de Edl. oost
Ind. Comp., heefi echter ook onder de aangevoerde aeer
billyke rodenen tot klagten waarom ik die nu eens van stak
tot stuk s?i1 Tinfraen.
1" betrettende 't verlies off sulks in der (iaat bestaat, sal
de Comp, best zelff weeten so men (gelijk niij gesegt is)
40 pi*üctf> vragt reekeut ; dan gelooff ik outwijfelbaar dat en
yerJiea op ia, maar so men dan een ü zijde, gerekend op
f. 8 vier en aestig Stuy vers per U vragt rekende, ende aeUT de
vragt eena vocgde bijdc Cofiy t. U : dan soude de ooatlnd.
Comp, verscheiden Capitaelcn verlies l^den en daarom so
een articul absoluut niet nioeten aanvocren maar dit voor
andren vrecnide Com] »Hernien overlaten, dog ik vertrouw niet
dat er bij de Ed. Uoüt indische Coni]>. aulk een oneveureedige
vragt bereekeud word en pLaats vind duu kan ik uict be-
trjpen, hoe deselve bij de zijde Verliesen soude daer men de
^ mansche en Engelsehe jaa ook somtydt andere Compagnien
jarlyks groote partigen aiet aanbrengen en dat ongcdwongen
Honder daar toe te sijn verplicht, voegd daarbij dat onse
O. I. C. op Java de schoonste zijde kan teelen die men
wenscht. Maar eindlijk de vraag is niet off de Oost Ind.
Comp, winst off verlies bijt retour den siide heeft sulks is
bijt aceoort off bij de uonventic door deselve met de steede
llmirleni en Amsterdam aaugegaan iiict bedongen, en al ver-
loor deselre Comp, daaraan soo is aulka in geen deelen te
eompareeren bij net onderboud van wo veel menacben ala er
door welvaareu en van annoede bevrijd worden. Jaa so er
meergemelde Com))agnie by Tezlieat ist' in alle gevallen^
maar meede een deel van de prijs die zy uytgeeft, voor
'tnytsluytend Regt om alleen na de Oostindien te nio,L;en
haudelen en duü besluyt ik dat de Oost. Ind. Comp, soowol
aen cenig ander iugeseetene verpligt i» haar contraet na te
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X 8. m
koomen 'tsij 'met tsy sonder voordeel '2'' de belangende dat
onse fabricquen so veel niet vereischcn dit is wel seeker in
de tegenwoordige umstandigbeden en lioe minder zijde de
comp, aanbrengt en daartaffen yeel Stoffen fonrneera hoe
minaer wij nodig sullen hebbe want dus Taaken de fabric-
quen veriooren ende oontante gaan t I^uid uyt: was't niet
Bulk cen ontzaggelijke oost Indische comp, dewelk als een
groot Lidt den Timfitschappij van mgezctcnen onse fabricquen
behoorden te begünstigen behoorde sij niet van de Goederen
die in ons land jrcfabriceert worden, altlioos na de Indien te
versenden, gelijk bij de oprechting vau iiaar bobiteid it» ge-
schied, behoorden zij niet door aanvoer van allen wat tot
onderhoud van de Ingezeetenen dezer Landen (hunnen meede-
bürgeren waarboven zij 'tgeluk hebben tot hun Handel ge-
praediligeert de zijn) strecken konden de gantBche Republiecq
te hclpen gt-lukkig nifa/iben en niet te ondemeemen dan 'tgeene
ZOO wel niet t algemeeu belang alb met 't Ilaaren overeen-
quam. Maar h<'huu» wat zal ik van dit alles seggen ik geloott"
voor zeeker dat te vooren door de fabricquen van zijde en
zijdestoffen alleen, meer menschen binnen ons land in 't werk
gehenden en geprospereerd sijn en dus meer voordeel wierd
aangebragt dan thans door de geheele O. I, Comp, voordeele
weraen aangebragt^ denyl men in plaats van onse gefabrioeer'
den goederen te verkoopen deselve integendeel tot groot
nadeel der fabricqucTi int>rf-ngt en contanten nytvocrt, daar
't nu de rijkdom van een Land uytmaakt dat er veele Inge-
setenen hun bestaan hebben en vinden soo blijkt dat »ulk
handelen seer nadeelig voor ons land is, dat de stotfen die de
006t. Ind. Comp, aanbrengt zo wel als die van andre quar-
tieren inkomen met een swaare belasting diende bestempeld
te worden, sonder dat daar sluykeriien in konde plaats vinden.
Vorder meen ik door de volgende redenen ook te znllen
toonen dat onse fabricquen de bepaalde quantiteit soo niet in
de tegenivoordi^e gestelrUieid ten minsten in 'tvervolg wel
soude kiiiiiien noodig hebben.
ten 3^ luuet ik op de reedenen dat de O. 1. Compagnie
ook tot 't nut van de brabander» duytschers, als andere de
aijde aanbrengt deselve Compagnie volkomen Justificeeren en
4 ia precies in dit point, daar ik 't redres meen te vinden.
Toen de couventie met de O. L Compagnie is aau^e^omn
waaren de zijdestoffen fabricquen in Europa niet Kondom
onsf «rr«f^nsen, men wist van fransche en Italiaensche Stoffen
die gefabriceerd wierden in Landen daar men ^f^Iffs zijde
teelten heefft, en van geene anderen, dit nu is \erandert,
men heeft in duy Island de stofl'agie uyt de zeeplaatsen met
weynidi kosten gebaald, men werkt daar goedkoper en
men brengt thans al de gefabrioeerde zijde en Stoffen, van
daar in ons landy. 'tis waar de inkomende Rechten siJn swaar,
fltnckmcm (44) 19. - Pki^Mm. 8
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114
maar die worden er sekerlijk nooprt zo 't behoord van betaald,
daar nu de stroom verlegt i's, dsaaen ook de bakena ver«et -
te worden, (;n de £dl. O. I. Comp, klaagt met reeden ao aij
op de zijde verliest off weynich wint, dat daarvan de vreem-
delingen soo wo! als de Ingesetenen deses Lands profitecren,
ik sal en wel gaarne bijvocg« n dat de aelffde vreennleliii^'^t n
onse fabricijuiMi on nog mct iueordor sehade door aaiuloi n
dan de Edi. Oost. Ind. Cunjp. daurbij lijden kan. Oui dit nu
voortekomeu en om in Staat te stellen de fabric(£uen te pous-
aeeren en teegen de vreemdelingen te markten. Jaa deselve
voor te Ic^gen, was na niijne geringen gedagten best dat
yder koo]>er van zijdc bij de OoBt Ind. Uomp. booven den
Incoop prijö» vyff schellingen per ü moest betaalen, t<jt
Kamptissement 'twolk die geenen terug zoude bekomen, die
onder Eede verklaardon wat hij hier op de sijde Rederyen
dezer Landen verwerkten, en waartoo met ojizigt tot de znde
kopers in Amsterdam (die den Eodt uioeten doen, dat sij den
atuy ver off ander halff pr it die de aijde Halle is toegestaan
niet zullen frandeeren en geen vala zwart «allen laaten ver*
wen) dien Eedt konde geamplieerd worden onder sulk ocue
päenaliteyt dat die geenen die tccgen deese Eedt haudelde
op 't Rigotirenst«', als een mynEedig<'r soiidon werden ge-
straff oti" op ^('lilko vot't als met de seop, die van buytenlanda
iiik ^iit, en die de verwers gebruiken, .sooak ook met anderen
aruivuleu bij de eolective middelen gehandeld word.
Door dit middel dan waaron wij sookerlijk in Staat om
tcgen de vreemdelingen te n^gocieeren en te fabrioeeren, en
dat dit <;een oi\gewoon niiddel ia, blljkt klaar, door dien uvt
Vrankrijky selffi» uyt de Porto franco's verboden is, de zijie
ongewerkt te vervoercn, buyten 'alaiids die int Land geteolt
is, gelijk sulks «»ok in Italien op verschoydene plaatson ver-
boden is, en aaii^^rtuond hebbcnde dat de zijde van de iJoat.
Ind. Comp, voor om evcii als een Teelt onses lands is, soo
is 't Natuurlijk dat wij met mct grootste rc^t deselve sorge
mögen dragen als andren Natien» om onse armen ingesetenen
een bestaan te verschaffen en tot gelukkige meedebnigers
te maaken.
Maar mogelijk soude de Ed. Oost. Ind. Comp, daar-
teq^ens inbrengen, dat en dan nog minder pry^^en voor de
zijde ^al koomen, dog daar dit een suppositie is, soo kan
men ook t tegendeel supponeren en niet koiit decideercu
dau de ondervindiiig, dit i« ondcrtuhüchen seeker dat als er
met veertig duvsent ponden begonnen en dit Jaarliiks met
twintig dnysend ponaen vermeeurdert wierd, tot de bepaalde
quantiteyd toe^ men het iniiistni nsiqneeren, en uyt de Na*
tuur der saaken souden volgen dat men ider Jaar meer nodig
soude hebben na maaten t'p:ewcrkte goed, in deese landen
moer afftrech soude viudeu, daar en buuven soude de vreem-
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X 3. 115
delingei) doch sommige eoorten kopen, ende O. L Comp, die
5 ß pro U proffiteeren buvten en behalven nog dat deselTO
Comp. Tan ß 100000 U Bijae ß 150000 aoude in eas krijgeti,
die ttj in knjne pajementen weder uytgaaven en dns aan den
Intrest xncrkelijk gewinnen. De Edl. 0. I. Comp, kan ook
wanncer de fabricqiien in df*'so Landen floreeren veelbeter
Staat op de prijsen maak^^n daii waunecr sc Imar zijde aan
de vreemdelingen raoet verkoopen want deseivc küumon do^
niet als sij er hirn voordeel niet hy vinden en wij waaren
äekeriijk dan int geval van te moeten kopen, dewijl de zijde
oyt andre Landen voor ons met so veel oiücofiten beswaert
18, meefder als die wij hier int land hebben; ondertosschen
moest dit niet boletton dat alle Ruuwe en ongereede zijde
hier met de kliine in koomende Regten mogten in 't Land
koomen dewijl ait sopr N'>o(lsakelijk is voor stüke fabricqiien,
die geen oostindiache üiide vcrwerken kunnen, althans »oo
al.s de oostindische zijae thans gesponnen hebben de
EngeUc blyken gegcveii dat de bcn^aalöche zijde, op Hin
Italiaans bereijd off gesponnen» niet minder goet en tDt alle
fabricqaen dienstig is au de Itoliaanse, iransone en spaanscbe
zijde, sooals men . met moosters door .de fing. Ooet Ind.
Comp, aangebragt soude kunnen aantoonen.
Hiermeede mecn ik nii aan UEd intentic voldaaii t >
hebben en ook te liebljen nniigewesen dat door een genu;^
verlies (^«oo er al op verlooren word) bij soo veele welge-
goede Leeden der Edl. Oostind. Comp, op een soo gering
gedeelten hunner aansienlijke retouren te leyden, in dit ons
gezegend Vaderland tot welker's welvaart de oostindisobe
Handel is ondernomen, schatten sende worden uytgewonnen.
Armoe belet, hiyheid te keer ges<^» Kijkdom aangebragt,
de Inkomste des lands venneerdert ende Leeden der Ed.
Oost. Ind. Comp, selffs m d«' waarde v in luin f inds Kijkeiijk
schaadeloos soude gesteld worden — ik biijü etc.
D.
Aan de Edhuog. Heeren Staaten 'slanda vau
Utrecht.
Geeven zeer ootmoediglijk te kennen de geauthoriseerden
van de zijde en half zijde faln iKj )>innen dese Stad hoe de
selven tot hunne gruote smertun zirii en ondervinden tvcrvai en
de kvvijnende Stajit der zijdo en liali zijde fabricqiien en ziidc
roederijen deren Landen en insonderheid van deese prtiviiitic
daar nu de supplianten njrt ceekwen zijn ondenigt dat de
beeren Bewindbebberen der Oost Ind. Comp, op Nieuw Ootroy
zijn versoekende.
So wenden zegde supplianten tot UEd. mog. ootmoedig
smeekende dat bet U£. mog. behagen moogen bet daar beeno
116
X 3.
te wenden, dat de Heeren be^mdhebberen onder 8torke ver-
])ligtmgc gebragt werden btjde Vemienwing van him Octroy
van minder zijde Btofi^n zo nict altbans meerder zijde van
diverse sorteeringe mcede te brengen, om door dit middel,
waar het doenlijk. do fnbricf[uen eii redenjen to doon op-
wakkeren, of ten minstoti in dio Stand te houden, waar in
s'jaarlijks raeterdaad voldecd aau den Eijsch, van de zijde
fabricquers en zijde Beders der Steede Haarleni en Amster-
dam en waartoe Oost Ind. Maatschappij pligtig v^erbonden
18, door de conventie op den 28. November 1740 met de
Steede ITaurlem en Amsterdam gemaakt, dog zeedert den
Jaaren 1750 heefft do Oost Tiid. Comp, zig aan die verbinte-
üisse wijnig gehouden hebbonde de klagten van de gedeputeer-
deus uyt de zijde tabric(|uen en zijde rccdenjen der ^emelten
Steeden s'jaarfijks daiir overgcdaan, zo de buulianten geinfor-
meert zijn, en tot hunneu schaade ondervonaen bebben door
den genn||en aanvoer viin Indische aijde van zodanige sortee-
ring als zij meest nodig hebben en gebrayken bijna gcheel
geen Effect gehadt, de suplianten zegge sulks met schroom.
als zulks dat in plaats (gelijk onder eerbiedige eorectie wel
behoorden) dnt een zoo gepriviligeerd Ktnblis.scment als is de
Oostind. Cuiiij'. dezer landen, nuen zonde kunnen aanwendon
wat tot handiiaviiig vau den welvaart der Ncdcrlaudüche iu-
gczeetenen en bijzonder ook in die provintien, welke niet
voomamentlijk en directelijk in de buytenlandsche Commercie
participeeren, doort niet favoriseeren der Inlandsche fabricquen,
en 't niet aaubrcngen van genoegzaame quantiteijd en Sortee-
ringe van Indische Zijde tot Emploij derselvcr fabricquen ge-
schikt, de zijde Rederijcn en fabricquen, merklijk wnrden
benadeelt en nllengs moeten ten grondon gaan, ook mcenen de
suplianten dat de Oont Ind. Comp, tut dit Hcijizaam oogmerk
kan medewerken , sonder h«t niinsten nadeel aau de maat-
schappij toetebreneen indien de selve aan de genoemde con-
ventie komt te voldoen en daar en boven t'laarlijks een goede
quantiteijd van Zij<l(' <mi Halff Zijde Stoffen Laakens en andere
goederen die in de Nederlanden gefabriceert worden derwaarts
versond, met ter zijde Stelling van Fransche. Engeische (»ff
buytcn-landsche Goederen gelijk de zelven ten aanzeen van
de g<K'deren hier gefabriceert gedaan heeft tot den jare 1760.
Eijndelijk neemen supplianten de vrijhcid om hier neevens
anten versoek door kundige Zijde-Handelaars nader worden
geastrueert ende bedenkingen die daar tegens worden ge-
maakt, opgelost, midsgaders nnddeien aan de band gegeven,
door welke de Inlandsche fabricquers in Staat gestcld kun-
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X 3. 117
nen worden om t6gens onse nabaren te kuimen markten en
honderden van ingezeetenen aan cen goede kost winning te
helpen, waaromme »Ip supplianten ootmoedfg vcrsocken, dat
het üEd. Mog behagen inogten in derzelven deliberatie over
't nieuwe Octroy van de Oost Ind. Conij>. o])'t voorgemelde een
vaderlijk reguard te neemen, en der supplianten belangend
ter deeer gelegentheid xoveel doenlijk is te protigeeren.
l)it doeude etc.
Op de Gildekanier
in Utrecht den 30. July 1774.
E.
Aan rb> Edele Groot achtbare Heeren Burgemeesteren en
Regeerders der Stad Amsterdam.
Geeven niet alle onderdanigheid te kennen dp nndergete-
kende alle Fabriquanten binnen deeze StJid. in inlandsehe
fluweelen, goude en zilvere en zijden Stofien en gaazen en
verdere Inlandsch»- zijden Manufacturen.
Dat zij Supplianten alle binnen deeae Stad, hun Fabric-
quen exercemna^ en daar door dagelijks een groot aantal
werklieden aan een bestaan helpende, gaame zo tot nitbrei-
ding yan hunne Handel als tot bevordering van den bloei
hunner Fabricqnen, en dus ter nutte van ben .8upplianten en
veele ingesetenen, alles zonde willen «anwenden wat daar toe
enigsints konde baateii ; te meer indien sulks bnvten ]nae-
judice van iemant anders soiide kunnen worden f^eefVeciiieert.
Dat dit voornenien en wgmerk hen üupplianten in ge-
dachten gebrag;t bad, den handel in hunne manufacturen
merkelijk te kimnen uitbreiden Wanneer dersdver uit^oer
naar ^derlandacb Indta en de onderhorige districten wierd
vrijgogeven cn supplianten gepermitteert wierd daar op in
hunne opgemelde Manufacturen, een vrijen handel te mögen
exereeeren.
En an^'esien de suiiplianten, gcinformeert zijn dat het Octroy
van de Ed. Uost Inffische (Jompagnie dee8«T I^anden binnen
körte staandc te expireeren, weder zal worden veruicuwt, zo
namen de supplianten de vrijbeid bij deese Gel^gentheid sick
te wenden tot UEd. Groot Ächtb. verraekend« dat ÜEd. Groot
Achtb. tot beter instandbouding der opgemelde Fabricquen
derzelven goede oflicien geHeven aantewenden en alsoo te
effectueeren dat de handel in Tülniulscfie fluweeh'n i^-onden en
7i)ver«' en zijde «toften en fjMazni cn verdere Inlandsche
zijde Manulacturen op Neerlauds India. en df onderhorige di-
stricten worden opengezet en vrijgegeven onder al zulko
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118
X a
iK'palingen, recognitien en schikkingen, als UEd. (iroot Acbtb.
iiaar derselven hoogcn Wijsheid siülen komen goed te vindeQ
en te bepaalen.
Twelk doende etc.
(W. g,) Dirk Toll.
Gerrit Willem Ueessen.
Jan Nepveu en Zoonen.
Klinkhamer en de Mortiera.
Eeaye Gilk>t
Lainaistre en I.iaco8tc.
Casparus Minden.
D 'Erven Wod Barrau.
Meyer en Rootors.
Govert Verhaiuiue.
F.
Voorstel om met de £d. aehtb. Heeren Bewtndhebberen
van de O. \. C"* wp^j^ons de zijde te applanf»eren.
De /ijtl« handclafirs zoiidon van alle Eysschen at'zien,
ende Jaarlvkse Kytischen diu? (i<M'n<i<' verniptigd worden midt
C'* zig zonder eenige Exceptieu Jaarlyks verbond aante-
brengci).
^ 40000 bengaalsche Zijde gesorteeid in
ü 2000 A ' I
- 8000 B & H 15 . , ,
- 12000 C & C C ^ ">et slegter aU die tegeu-
. 12000 D 1 wordig Valien.
500 Naiupmihlie Zijde
- 500O Canton Zijde
' 7000 Florette Garens, gieeorteerd in
« 3000 A
- 2600 B
. 1500 C
0 ^ bengaals d$ KanquinszoudedeC«- moeten Lereren
al Wae het dat die niet ityt Indien quamen, en in Europa
moesten gekogt werden, nadien daarran de plotzelijke rnine
der Fabricquen zoudo af hangen zo den nniivoor failleerde;
van de anderen Soorten zoude het niet mugelijk zijn dit te
vorderen door dii n andere Enrope^rs geen of wynig (Jantou
Zijde cn gcheel geen Floret aanbrengen.
De O. I. 0^- soude buiten het bovenstaande kunnen mede-
brengen, so veel meerder, en van andere soorten en Letters^
ab haar Ed« convenieerde.
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X a.
110
Tot maintien den Fabricquen fn deeze Provintien, en
op dat de O. L O* niet ten behoeven van vreemde Fabricquen
(aie de onse sterk benadeelen) zoude verlieren ol* verbinte-
iiissen aangaan, zoude ider koper van zijde e]i florette Garen
by de O. J. C. verpligt ztjn Doven de Pnjzcn van inkoop
aan de 0" to betaleii , voor de Zijde 5 ß p. on voor de
florette Gartus 3 ß p. ß en niemand die premij kunneu terug
bekomen, dan die Geenen de welken bi) solemneele Eede ver*
klaarden deeze Zijde en florette Garens (waarvan hij restitntie
der premij vordeme van wdke balen hij tMaar van Inkoop,
de kaveling en moest noemen) op de Ziideredcri jen binnen
de vercenifjde provincien te hebben vcrw'erkt of laten verwer-
ken en met opzigt tot de cliiiicese zijde die ongcreed tot
Gazon goljruikt word dat de karg waarvan restitutie der })r<"iny
geeiöcht word, binnen deeze provintien tot Gaaren m ver-
werkt
En ten eynde hier omtrent alle Bedrog voortekomen,
zo komt mij voor dat daar de meesten^ zo niet alle kopers
van Zijde in Aniäterdam en Haarlem woonagtig zijn, alle de
Zijde en florette Garens die de O. I. C. aanbrengd in de kamor
Amsterdam (alwaar men de Zijdekopers hH !)estc kf nd) diende
verkogd te werden : de vragt der Zijde uijt >]>• ecnc kamer du
den ander wil jlog wijnig zeggen en 't aitikel zou dan van
zo veel belang niet zijn, dat er de buitenkamert» nadeel bij
zouden hebben of t' kon met iets anders gevonden worden.
Om 't menigvuldig doen van Eeden te Toorkomen, zoude
ider koper van zijde dewelke bij de 0. 1. C. aangebragd is,
zig bij de Magistraat zijner 8taa kunnen vervoegen en all-
daar solemneel verklaren met onderwcqiing aan de Strafi*e np
den Meijn-Eed, zoowel als Dieverij vaii vert^)^nvde Goederen
gesteld: „dat hy nooyt van de O. I. C. de premij op de
„Zijde en florette Garens gesteld, zal vorderen dan vuii de
„quantitijd, die bij op de reederijen binnen de 't Vereenigde
Provincien zal hebben verwerkt of laten Vorwerken: en met
yyOpzigt tot de Chineese Zijde die ongereed tot Gazen gebruijkt
„Word, die binnen 't Vereenigde Provincien tot Gazen is ver-
„werkt en* dat deeze Zijde voor zo verre hcni bcwnst is de-
„selve is die de C'*- heeft aangebragd en verkogt in zulk Jaar
„en onder zulk een Gart of X als hij zal körnen optegeven."
Maar een verklaring op den Ked bij 't aanwaarden
eener functie gelijk raakelaar of andere tot deese of geene
functien gequiuificeerdens zou in deesen niet geoonsidereerd
worden.
Bij aldten men bij de 0. I. O* eenige SuBpicien van On-
trouw omtrent het Eysschen der premij quam te be«peuren
zouden de kopers kunnen verpligt worden met exbibitie van
hun boeken of door andere bewijsen te toonen dat hun Kysch
wettig was.
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120 X a.
Evndolijk zou de restitutie der premijea kost eo schade-
lüOS luoctüii geM-lii<'<len.
Düor deese schikkinge zoude de C" verbeekcrd sijn dat
zij deselve op den verkoop van de zijde, eenige Schade kwaiu
te lijden^ hetzelve daarentegen Strekke ten waare nutte Tan
deese Landen en bijsonder van deese Stad, en van der ande-
ren kant zoude men versekerd zijn dat der Hollandae Fabric*
quen altoos van ecn voldoende quantiteit zijde voorzien soude
worden, die hun d<)'>r lu't t»'rug bekomon ran de Uolfisting
C'*- 15 pc. minder to staan zoude komeu, als liunne n ibureii,
en daaraoor de disproportie die tlians in de Arbydslooueu is,
al grooteudeels worden weggenomen.
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VI.
Keridierte uod vermehrte Statuten der Kranken-
kasse fdr die Brauergesellen in Leyden.
(Vermeuwiiige ende Yormeerderin^e van de Benrse Toor de
Brouwm Kn^gten. Te hejden, Bij Oonielis Heeneman, 1753.)
Artikel 1.
Jeder Brauergeselle soll verpflicht» t sein , wöchentlich
prUcis zum Unterhalte der Ka^se, 3 Stuvvers beizusteuern,
ohne einige Wochen vorübergehen zu Luiden, und «oll der
zuiu Einsammeln dieser Gelder bestimmte Knecht wöchentlich
diese 8 Stuvven in der Brauerei holen und aus der Hand
des Altgeselle empfangen^ welch letsterer dieselben von allen
Gesellen der Brauerei, die zur Kasse gehören, einfordern und
2ttr Zeit des gewöhnlichen Kommens des Knechts bereit halten
oder das Geld ^-orschie^sen und an das Komptoir der
BraufT oder an iri^tnd if-maud überdrehen soll, bei Strafe von
3 Stuyvei*s; falls einer der Oesellen unwillig sein süllte, die
genannten 3 Stuyvers zu befahlen, »o «oll er zu Gunsten der
Kasse gleiche 3 Stuyvers zahlen.
Artikel 2.
Sobald Gesellen von einer Brauer^ zur anderen Uber-'
f^hen, sollen sie jedesmal* 30 Stuyvers an die Kasse entrichten,
f^lei^be Zahlung haben die Gesellen zu leisten, die ihre
Brauerei verlassen und nach 4 Wochen in dieselbe zurück«
kehren.
Artikel 3.
Ein Irerader Geselle, 'b^r. von auswärts kommend, feste
Arbeit gefunden hat, ^oU nacli 14 Ta^en zur Kasse zahlen
42 iStuyvers, aufserdem noch 3 ötuyvers zum Unterhalt und
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X 3.
zur Erneuerung der weiTsen Schürzen, im ganzen 45 Stoyvers;
bei Weigerung der Zahlung soll dem Unwilligen die Arbeit
durch den Stftdtboten untenuigt werden.
Artikel 4.
Ein Geselle, der bei seiner Arbeit durch Verbrennen
(was Gott verhüte), oder in anderer Weise merklich verletzt
oder mit einer sclnverf^n Krmiklieit von Gott heimgesucht
wird, sodafs er dadurch arbeitsunfähig wird, soll ohne An-
teilen der rerson, ob nöti^; hat oder nicht, um desto
besser die Eintracht zu erhalten, wöchentlich aus der Kasse
erhalten 2 Gulden 10 Stuyvew oder so viel mehr oder weni-
ger, als man nach den Vermögensrerhältnissen der Kasse
bewilligen wird: die Unterstützung soll anlkngen mit der
2. Woche, nachdem er arbeitaunikhig geworden und soll so
lange dauern, als bis nach Ansicht des Arztes der Patient
wieder arbeiten katm, mit ausdrücklicher Erklärung, dafs
hiervon ausgenommen und auhge.schlossen sein sollen alle
Gt . seilen, die durch 8chlÄgereien aulser der Arbeit verletzt
sind.
Artikel 5.
Fall« einer der Gesellen stirbt er sei ledi^ odw verliei-
ratet, so sollen seine Witwe oder Erben für die Kosten des
Begräbnisses aus der Kasse eine einmalige Zahlung von 15 fl.
erhalten, iedoch erhalten diese Summe nicht Witwen von
alten invaliden GeseUen, welche w(k!hentlich aus der SLasae
eine Unterstützung, gleichviel ob sie gesund oder kranke
genossen haben«
Artikel 6.
Falls die Frau eines Gesellen stirbt so soll der Mann
fhr die Kosten des Begräbnisses gleichfalls erhalten 15 d.,
so jedoch, daf^ zur Deekung dieser Summe alle Mitglieder
3 Stuyvers auiserordeuüichen Beitrag zahlen.
Artikel 7.
Falls einer der Gesellen oder dessen Ehefrau aufserhalb
der Stadt begraben wird, ao soll es der Kasse freistehen, die
GeseUen mit Mänteln oder mit weifs^n Schürzen zum Begräb-
nis gehen au lassen.
Artikel 8.
Falls einer der Gesellen stirbt, soll die Leiche von den
anderen €lesellen, in schwarzer Kleidung und mit weifsen
Seliürzen, getragen werden und das abwechselnd von den
Arbeitern der verschiedenen Brauereien, und zwar mit Wissen,
und auf Befehl der derzeitigen Au&eher und unter Benach-
richtigung der Meister; wer vom Diener der Kasse benach-
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123
riebtigt, nicht erscheint^ zaMt eine BnfBe von 12 Stuyvers;
dieselbe Bofee erlegt^ zahlen diejenigen, die ohne gehönges
Tnmerideid erBchetnen; wer ein solches nicht besitzt, soll
den Diener davon, wenn er Meldung macht, in Kenntnis
setzen oder einen andoron an seiner statt zu ernennen, voraus-
gesetzt, dafs dieser Kas.s(;nmitglied , bei der gleichen Strafe
von 12 Stuyvers. Falls einer der Trfiirer zu lange im bterbe-
haus bleibt oder sonöt sich durch Trunkenheit, Wort oder
That vergeht, so zahlt er das eine Mal 3, das andere Mal
Gulden.
Artikel 9.
Die verstorbenen Frauen oder Kinder von Brauergesellen,
sollte darum von den Qesellen ersucht werden, soUen von
den Kussenmitgliedem getragen werden, ebenso die liUtem^
Schwestern oder Brüder deTselben Gesellen, falls sie bei diesen
wohnten, vorausgesetst, dafs der Gilde 5 Gulden zum miu-
de^trn «j^p^jihlt werden. Alles, was den Ooscllen filr das
Tragen gezahlt wird, soll in die Kas^^e komuieii; jedoch soll
diese Zahlung in Bezug auf die Frauen und Kinder von ün-
verraögeiuluQ nicht notwendig «ein und bei Kindern von Ver-
mögenden ebenfalls nicht stattfinden.
Artikel 10.
Kdn neu angekommener Grelle soll Im Falle von Krank-
heit oder Unfall Unterstützung aus der Kasse geniefsen, es
sei denn, dafs er 9 Monate hintereinander seinen Knssenbeftrsg
besohlt.
Artikel 11,
Derjenige, der sich zu einer Zeit gegen diese Verordnung
vergangen bat, soll wegen der deshalb zu erlegenden Bufse
auf Verlangen der Aufseher von einem Gerichtmliener execu-
tiert werden.
Artikel 12.
Das Tragen der Leichen soll durch die von den Vor-
stehern bezeichneten Gesellen geschehen und im Fall der
Verhinderung derselben durch eine andere Person aus der
gleichen Brauerei, die der Altgeselle derselben zu bestimmen
hat Falls der Altgeselle verhindert und selbst beauftragt ist,
zu tesgcn, so soll er jemand anders dazu ersuchen, voraus-
gesetzt, dafs dieser zu den Kassenmitgliedem gehört; es soll
nicht fVeistehen, jemand anders dasn zu ersuchen, bei einer
Strafe fbr den Bittenden von 80 und für den Träger von
10 Stuyvers.
Artikel 13.
Alle (relder, diV für das Tragen von Ijf'iohpn der K?issf
gezahlt werden, sollen zu Gunsten und zur Stärkung der
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124
Kajsüe Westimmt »ein und wie andere Kassengelder benutzt
werden, ohne dafs irgend ein Teil aU Trank rar die Träger
▼erbrancht werden soll. Daher sollen die VorBteher sorgen,
dafs bei Unvermögenden ein Trunk Bier für die Trftger zu
finden sei, die (übrigens sich hierbei nicht zu lange Enthalten
und die Arbeit versäumen, noch viel weniger Tabak raacfaen
sollen, bei Strafe von 3 Stuyvers,
Artikel 14.
Damit alles in desto besserer Ordnung befolgt werde, so
soll jährlich der älteste Vorsteher Dekan werden und die
zwei ältesten damuÜblgenden Vorsteher mit ihm gleichseitig
funktionieren und soll an Stelle des abgehenden Dekans und
des yierten Vorstehers noch swei Vorsteher auf Grund einer
an den Magintrat einzureichenden Vorschlagsliste von vier Per-
sonen, fb'p spätestrTis rieht TapTO vor Woihnnchton oinp^^-reieht
werden sdII, ^owiiijii werden. Ks ,s«.li ferner der erwähnte
Dekan mit einem Vorsteher abwechselnd — jeder Vorsteher
einen Monat lang — in seinem Hause Montags um 6 oder
7 Uhr Abends susammenkommen; derjenige, der zu spät
kommt, zahlt 3 Stuyvers, wer ganz abwesend, 6 Stuyvers,
Krankheit und entschuldigte £ntternung aus der Stadt aus-
genommen. Für d'wso wöchentliche Beherbergung inklusive
Feuer und Licht soll ! r Dekan ans der Kasse 3 Gulden er-
halten und bei Ablc^nm^ der Jahre^rechnung 4 Gulden, alles
in allem 7 Gulden und nicht mehr. Und um zur Ernennung
der erwähnten vier Personen zu gelangen, soll toriun in jeder
Brauerei eine Person von den Gesellen ausgeloost werden,
welche Personen nach der Zahl der Brauereien zusammen
durch Stimmenmehrheit die erwähnte Ernennung machen sol-
len, so jedoch, dafs Vater und Sohn, Bruder und Schwager
niemals zusammen funktionieren sollen.
Artikel 15.
Alle Jalae innerlialb von 14 Tagen nach der Wahl der
beiden neuzuernenneaden Vorsteher, soll der Dekan nebst
den vier Vorstehern des Vorjahres verpflichtet sein, den Per-
sonen, die den Vorschlag betreffend der erwähnten beiden
neugewfthlten Vorsteher gemacht haben . auszuhändigen , vor-
zulegen und zu wmfea nicht allein das Buch oder die Bücher,
um zu sehen, wieviel Geld in der Kasse vorhanden, sondern
auch, dafs alle Gelder Ubereinstimmend mit den Büchern sich
in der Kiste thatsächlich betinden.
Artikel 16.
Auch sollen die genannten Aufseher auf Kosten der
Kasse nichts verzehren, abgesehen von einer ehrlichen Er-
holung alljährlich; jedoch sollen dann nicht mehr als 15 Gul-
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125
den verzehrt werden, abgesehen von b Stuyvera, die fUr die
wöchentlichen ZusammeDkUnite bestimmt sind.
Artikel 17.
Die Brauer dieser iStadt sind verpflichtet, in Zukuiiu
keine Gesellen ansunehmen oder fest anzustellen, falls sie
nicht zusagen, sieb nach der obigen Ordnung zu ricliten und
innerhalb 14 Tagen bekannt machen und sorgen^ daCs die
obenerwähnten 42+3 Stuyvc r> bezahlt werden, bei der oben
angedrohten Strafe; auch sollen keine Gesellen über 40 Jahr
angenommi^n werden; falls dies g^c^ächieht, dürfen sie in die
Kasse nicht aufgeuommeu oder eingeschrieben werden.
Artikel 18.
An der Kiste, in der die Gelder und Bncher aufbewahrt
werden, sollen 8 yerschiedene Schltfsser angebracht werden,
von deren Schlüsseln der eine in den Httnden des Dekans,
die beiden anderen in den Httnden der zwei ttltesten Vor-
steher sich befinden sollen.
Artikel 19.
Die erwähnte Kintc soll mit Zustimmung der Brauer
dieser Stadt auf der Brauerstube aufbewahrt werden und
sollen sich dort auch die Gelder und alten ßttcher befinden,
ausgenommen 100 Gnlden zur Verfügung des Dekans, nebst
einem Buch, in dem aufgezeichnet wird, was der Dekan auf
Grand dieser Verordnung von Zeit zu Zeit zu zahlen hat
xVrtikel 20.
Die Kiste soll niemals goJiffnet werden, nh in Pif p-en wart
des Dekans und der beiden iiitesten Vt^rstelier; im Falle von
Krankheit oder anderweitiger Behinderung soll der Schlüssel
au einen oder beide übrige Vorsteher übergeben werden.
Artikel 21.
Falls einer der Brauemsellen die Aufseher der Kasse
oder ihre Bediensteten mit Worten oder durch die That yer>
letzt, sei es in Gegenwart der Beleidigten oder hinter ihrem
Rücken, so soll er vom Dekan und Vorstebern dieser Kasse
zu solehen Geldbufsen verurteilt werden, als diese nach Lage
des Falls gutiinden zu bestimmen.
Artikel 22.
Falls einige Brauergcaellen von der Branerei, in der .sie
arbeiten, entlassen und dadureh arbeitslos werden, so sollen
dieselben in der Kasse bleiben können und falls sie ihren
Wochenbeitrag dauernd entrichten, dieselbe UnterstQtzung bei
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126 X 3.
Krankheit und fthnlichfin Vor&Uen geniefoeo, al« die arbeiten-
den Gesellen.
Artikel 23.
FalU jemand das Brauei*fach verläfat und « in anderes
Gewerbe ergreift, so soll er die Freiheit haben, während der
Zeit v^on 8 Woch^Mi seinm Beitrag weiter zu zahlen und im
Falle er inzwischeu krank wird, so Hdll er UnLcrütützung ^e-
niefseii; nach Veriaul der 8 Wochen t»oll er nicht länger der
Kasse angeh()ren.
Artikel 24
Falls einer der Gesellen auf 1. 2 oder 8 Monate ans der
Stadt reist und mit Zustimmung des Meisters einen a&detren
an die Stelle setzt oder £slls Aushttlfspersonen an Stelle von
Kranken oder Verletzten arbeiten ^ so sollen die Aushtüfs*
persouen oder die Gesellen insgesamt den Beitrag dee Ver«
reisten oder Verletzten zahlen.
Artikel 25.
Die.se Verordnung für die Kuöäe soll bis zum ausdrück-
lichen Widerruf des Gerichts in Kraft bleiben,
Artikel 26.
Schliefslich soll der Diener der Kasse, der bei eintreten*
der Vakana in der Folge von Dekan und Vorstehern, sowie
von den zur Ernennung des Vorstandes befugten Personen
zu wählen ist, wöchentlich die Beiträge holen und für
seine Mühe erhalten alle Woch<»n 1 : 5 : 0. Ferner soll er die
Gesellen zum Hegrftlmis autVonUrn und dafür erhalten 30
Stuvvers. Schliefslich soll er alles thun, was ein guter und
ehraarer Diener sa leisten verpflichtet ist
Gegeben und erneuert dureli die vom Gericht
der Stadt Leyden, den 28. April 1740.
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Keriehtiguag^en und Ergänzangeu.
5 Z. 19 o. 1.: 8t. dies Bürgermeister- «md Scböffenaint, das Bflrger-
meister- und SchÖffenaint.
S. 5 Z. 26 V. o. L: st. Amter, Amter.
8. 11 Amn. 6 L: st. Köcber, Geschichte ron Bnumsehweig'Haiiiiover,
Oeschichto von Hannover und Braunschwei^.
S. 19 Anm. 7 ! : st. Erdmannsdörfer, Erdmannsdörft'er.
8. 20. Die angetulirten Zoileinnabmen bezieben sich für die Jahre lü27 i.
nur auf den Wavensoü.
S. 80 Z. V. u. 1.: 3t. w«'r(!(Mi, wurden.
S. 31 ergänze hinter den Worten „Arbeitsteilung in der Werkstatt" war.
8. as Anm. S 1.: st hloie, bloei.
S. 40 Z, I ▼. o. 1.: st Organisationsfocttieii, Orgaiüsationeii.
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Picrcr'ielw Hofbuelidrnekml. Staflun OdtMl A Co* im AlUntaif .
1
*
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Verlag von DUNCKKR & HUMBLOT in Leii)zig.
Dii.s
englische Arbeiterversicherungswesen.
(lesrhichte seiner Kntwiekelun*i und Ciesety.;iobun{:.
Von
Wilhelm Hasbach.
Preis K» M".
üßlißr ma GnmflfraEen ki Recits nni fler Volliswiilliscliafl.
Von
Gustav Sohmoller.
1H75. Preis 2 M. 40 Pf.
Die Aufgaben der Kulturgeschichte.
Von
Eberhard Oothein.
1S89. Preis 1 M. GO Pf.
Einleitung in die Geisteswissenschaften.
Vei-suHi einer Grundlegung
für lin» Sluiiiuni der Gesollschaft und der (iesoliichte.
Von
Wilhelm Dilthey.
Erster Hand. Preis 10 M. HO Pf.
Die klassische Nationalökonomie.
Vortni« {^ehalten von
Lujo Brentano.
1S89. Pr«i8 1 M.
Maurer, Geschichte der Markenverfassung. (Ladeni)r. 8- M.) "» M.
Fronhöfe. 4 Hde. (35V/5 M.) 19 M.
Dorfverfassung. 2 Hde. (I4=*r. M.) 8' • M.
Städteverfassung. t ImI. vUr r, M.) 24 M.
liefert ^
Kerlers Antiquariat in Ulm.
l'ierAr'M'bo iloliiuchtiruckirf I.
>. Hl j\iletii'Urj{.
• 1 •
ci
Igen.
Herausgegeben von
Gustav Sclimoller.
Band X.
Heft 4.
Japans
Volkswirtschaft und Staatshaushalt.
Von
Karl Rathgen.
Mit i'iniT K Ii!, von .liij>aii.
Verlaß von Üuncker & Humblot
1891.
l>i»'!*«Mn lli'fto int V'itA und laliultsverzficluiis für llainl X luMg«*gfbt u.
Staats- und socialwlsseuschaftliche
Forschuugeu
herausgegeben
▼on
Oustar Schmoller.
Zehnter Band. Viertes Heft
(Der ffftimn Mb« fBoAindTienigilM HefL)
Karl Kathgcu, Jupaub Volkswirtscliatt und >Staatähau8halt.
Leipzig,
Verlag von Du ucker & Humbio t.
1891.
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A
Japans
Volkswirtschaft und Staatshaushalt.
Von
Karl Rathgen.
Mit einer Karte von Japan.
Leipzig,
Verlag von Dnncker & Humblot.
1891.
4
Du OWiMtenigntclit iri» all» MdWM ReAt» ilvd forkfealtn*
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Vorrede.
Der Augen blick, iu welciiem ein Land zu neuen Vertassungs-
formeu übergeht, ist einladend, in oineni Rückblick die bisherige
Entwiekdung ziuammeiiBufaneD und danustoUeiL. Der ZuBam-
meDtritt des ersten japaniscbeo Parlaments am 26. Noyember
1890 bedeutet den Abedilafs der absolutistischen Periode, welche
vom Feudalstaat zur konstitutionellen Monarchie hintlberleitete.
Auf dem Untergrund politischer Umw.nlzung vollzieht sich eine
(Jm^estaltung der wirtschaftlichen Or;^'^anisation, welclie n'ner ein-
ecbenderen Darstellung wohl wert « rsclu'int. Das Interesse an
der merl<würdigen Entwickelung de.s Landes der aufgehenden
Somie hat eine stetig wachsende Litteratur hervorgerufen, in
welcher jedoch die volkswirtBchAftlichen und finanmellen Ver^
baltnisse bisher eine genügende Würdigung nicht gefunden haben.
Von der Touristenlitteratur, welche nur dem Zwecke der Unter-
haltung oder der Befriedigung der Autoi^eitelkeit dient, ist
natürlich ^anz aT)7iisf'hen. Wiihrend ^y\v eine Reihe wertvoller
neuer Arbeiten über Japan aus rlom IVrriclip der Naturwissen-
sehaften, der Technik, der Phüologie haben , sieht e^^ auf dem
Gebiete der Staatswissenschaflen noch recht dürftig aus. vSelbst
Rains vortreffÜcbes Werk (Japan nach Reisen und Studien
von J. J, B/OBf zwei Bünde, Leipzig 1881 und 1886) läfet uns
filr die Yolkswniscfaaf); und die Fmansen im Stich, so unschätzbar
die Abschnitte ttber das japanische Volk, Uber die Technik der
Gewerbe u. s. w. sind. Das wertlose Machwerk von Van Bu*
ren, L^ibor in Japan, würde ich gar nicht erwähnen, wenn
PS ni<'Ijt iniiiier wieder angeführt würde. 6. Liebsciier,
Japans landwiri^sehaftlichc und allgemein wirtschattliche ^\'rhi^lt-
nisse (Jena 1SÖ2), beschäftigt sich mit der japanischen Volks-
wirtschaft im allgemeinen und mit den Finanzen doch nur selir
summarisch und wesentlich von landwirtschaftlichen Gesichts-
Punkten aus. Yeijiro Ono, The Industrial Transition in
apan (Publications of the American Economic Association, vol.
V Nr. 1, Januar 1890), verliert sich nach einem ganz hübschen
Anlauf im Sande der Kritiklosigkeit und der Phrase, die in der
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VI
X 4.
Sksherheit ihrer UrteUe ein gutes Beispiel von der Unbescheiden
bei die finanziellen Verbältnisse in ihrem Zusammenhange mit
der Entwertung der Valnta vaid der Wiederaafnahme der Bar-
aahlungen. Je mehr dem Verfiisser klar wnrde, ein wie um-
fiBSBendcs, zum Teil allerdings wirres Material hier vorliege, um
so mehr entstand in ihm der Wunsch, die Ergebnisse seuier
Studien zu einer einheitlicli^ n Darstellung zu verarbeiten Er
glaubt damit denen einen Dienst zu erweisen, welche an dem
modernen Japan Anteil nehmen. Er wdnseht auch denen, welche
er im engeren und weiteren Sinne alt» seine Schüler betrachten
darf, eine Gabe zam Abschied danabringen, in der Ho0nung,
den Sinn ftlr wissenschaAllch-kritiflche Untenuchnng wenigptens
bei einzebien zu sttrken.
Sollte die nachfolgende Arbeit wesentlich die Qeld- und
Finanzzustände darstellen, so schien es doch nötig, sie auf einer
ziemlich breiten Basis in der Schiiderun<x der staatlichen und
wirtbchaftlichen Verhältnisse überhaupt autzubauen. In derartiiren
Untersuchungen über \'orgänge in eiirojiäischen Lftndern kt»niien
wir vieles unerwähnt lassen oder nur andeuten; nicht weil es
nnwesendich ist, scmdera weil wir es als bekannt TonuisBetsen
dürfen. Bei einem so eigenartigen und wenig bekannten Lande,
wie Japmit konnte esne solche Voraussetsung nicht gemalt
werden.
Wie weit dr>r \'erta-^ser bei seiner Arbeit hinter dem ihm
vorscInvebenrUn Ziele zurückgeblieben ist, kann niemand so
lebliaft empfinden a,U er selbst. Nur wer mit japanischem Ma-
terial und japanischer Hülfe den Versuch eigener Studien ge-
macht hat, wird ganz wtirdigen, welche Schwierigkeiten der-
artigen Unternehmungen entgegenstehen, Schwierigkeiten, die
eine bestiadige Versuchtmg sind, entweder die Arbeit gans hin-
zuwerfen oder einmal f\inf gerade sein zu lassen nach gut ja]>a-
nischer Art« Wissen sehaMche Kritik und die unbedingte Achtung
vor der wissenseliMttlicfien Wahrheit sind, auf dem Gebiete der
Gei8te8wi8ser:'=!"bu!t II \veni.:;stf'r>s, bislier in Japan kaum bekannt.
Einer Ära radikaler Umwälzungen geht der historische Sinn,
die liebevolle Achtung der Vergangenheit naturgemäfs ab. Ein
besonderes Hindernis fUr die vorliegende Arbeit bot auch die
aus dem alten Regime überkommene Heimlichthuerei. Das
rechte Verstnndnis dafilr, wie wichtig die Öffentlichkeit für die
Finanzen und den Kredit ist, findet sich an leitender Stelle
immer noch nicht, wenn es auch in den letsten Jahren damit
ganz erheblich benser geworden ist. Bei meinen Arbeiten habe
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X 4.
711
ich Aiukimft vom FinannDiniBteriuin der Regel nach nur über
unwichtige Dinge erhalten. Die enudge amtliche UnteretÜtsung,
der ich mich zu erfreuen hatte, war die Übersetzung einer
grofsen Zahl von Gesetzen durch Studenten auf Koeten der
Universitftt.
Die Quellen, auf welchen die tolgenrlen TTntei'suc Hungen
bonihen, sind hauptsächlich die Gesetz-^ebung und die amtliche
btiitiatik. Diese findet sich in Veröffentlichungen einzelner Be-
hörden, Verwaltungsberichten, sowie gröiseren Tabellenwerkeu,
wie de namentlich bia 1881 das Ministerium des Lmem, Ton
1881 bis 1888 das JSlinisterium fUr Landwirtschaft und Q«werbe
henuiBsab. Beeondere Erwähnung verdienen die Handelsstatistik
des Z^bureaus (japanisch und englisch^ monatlich und jährlich,
letztere unter dem Titel Annual Return of the Forei^rn Trade
ot" the Empire of Japan), die IWichte des Baiildjureaus , des '
Kisenbalmamts , der Postverwaltung. der Unterriehtsverwaltung
(die beiden letztgeuaunteii erscheinen mit gro&er Verspätung
auch englisch) u. s. w«, endlich die Budgets und Schlulkrech-
nungen des Staate und der Besvke. *
£hi grofser Fortscln'itt ist es, dafs seit 1882 eine Zusammen*
&MunA; der Ergebnisse aller dieser Berichte in einem Stati-
stischen Jahr1)ueh (Tokei Nenkan) erfolgt. Dieses erscheint
alljnhrlieh im Dezember als ein statdicher Band in Grofsoktav,
dessen tenzahl von 078 im ersten Jahrgang allmählich bis auf
1030 gestiegen ist. Der neueste mir vorliejrfnde ist Rand IX
von Eäde IbUU mit 492 Tabellen, der nur melir für das dritte
Buch des Torli^genden Werkes eingehender, fUr die ersten
12 Bogen gar nicht benutst werden konnte. AUe Zahlenangaben»
die sich im Folgenden finden, sind diesen Statistischen Jahr-
bttchem entnommen, soweit nicht eine andere Quelle ausdrück-
lich angegeben ist oder sich aus dem Zusammenhang selbst-
verständlich ergiebt, wie z. B die Handelsstatistik oder das
Budget. Citiert ist das Statistiselie Jahrbnrli selbst nur in den
Fällen, wo eine Tabelle nieht regelmiüsjg \v). «icrkehrt oder die
Angabe öich an einer Stelle hndet, wo man sie niciit suchen
wttrde. Bei der Bemitomig des Statistmchen Jahrbad» ist nicht
aufter acht au lassen, dafs es sich in der Hauptsache um eine
kritiklose, nicht immer geschickte Zusammenstellung yon Tabellen
handelt. Auch vor Rechenfehlern ist man keineswegs sicher.
Es ist aber anzuerkennen, dafs in den letzten Jahren nicht nur
die Quantität, sondern auch die Qualität sich lan^^'^sam bessert.
Ein dürftiger Auszug aus dem Statistischen Jahrbuch er- 1
scheint seit 1887 japanisch und französisch unter dem Titeil
„Kesumc öutdsticjue de l Empire du Jai>on". )
Neben den amtfichen Quellen ist aie periodisGlie Presse be*
nutsty insbesondere die Japan Weekly Mail**, die Wochenaus-
gibe einer täglich in Yokohama erscheinenden Zeitung. Zu be-
aditen is^ £Sb sie — wenn ich nicht irre seit 18ol — der
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VIII
japftniBcbeti Regierung ah f,freiwUlig gourernemeBtal«'^ Organ
dwnt
Im übnLi^r! Iiabe icli mu-h mit Citaten «larauf beschränkt^
neiH* oder Speeiahirbeiten anzuführen , nnmentlich die Abhand-
lungen , welcho in den VeröfVentlichunpcn der Iwiden ausländi-
schen in .Jaijaii bestellenden wissenachatthihen Gesellschaften
enthalten sind, den „Mitteilungen der deutschen GeselLschaft ftXr
Natiir- und Volkerkunde Oetemens'' und den „Transactions of
the Anatic Society of Japan**. Von Arbeiten, die in anderen
ZeitBchriftcn verstreut sind, wie von Dfaeertationenf habe ich mich
bontthty aUes Wesentlichen habhaft su werden. Doch könnte
mir eines oder das andere immerhin cntcangon sein. Allgemeine
Werke über .Japan habe ich der ]{( <;el naeh nicht ang^Ubrt.
Die Mehrzald ist ohnehin wis.-sensehattüeh wertlos.
Mit Polemik gegen abweichende Anschauungen oder An»
gaben oder ausdrücklicher Berichtigung von Irrtümern habe ich
mieh im tdlgemeben nicht aufgehalten. Ebensowenig habe ich et
für nötig gehalten besonders darauf hinsuweisen, wo die nach-
folgende Arbeit durchaus Neu« > oder von bisherigen Anschau-
ungen Völlig Abweichendes bringt. Beides würde für die meisten
Leser nur c'mr Belftstigimg sein. Die wenijren wirklichen Ke nner
japanise])('r Verhaltnisse werden selbst sehen, wo und warum
ich von anderen abweiche und in welchem Falle ich Neues
bringe. Sie werden C6 auch nicht aU L berhebung bezeichnen,
wenn ich dem mit Japan nicht vertrauten Leser versichere, dafs
ein sehr groüäer Teil meiner Uniterrachungen auf sana unbe-
kanntem oder unbenutstem Material beruht und dals auch da,
wo bekannte Dinge zu besprechen waren, eie viel&ch in ein
neues Licht gerückt sind.
Da die jetzt zum Abschlufs gekommene absolutistische Pe
riode dargestellt werden sollte, so ist auf die neueste f^ir den
Keprä.s<'ntativst;uit bestimmte ( lest tzi^ebun«^ grundsMtzh'eh nicht
nidier eingegaiij^en, so aut die Verlassungügebeize selber, die
neuen Gemeinde-, Beairkt- und Kreiaordnuiigen u. s. w.
Für die Schreibung japanischer Worte mn ich dem System
der Bonurji-kwai (Gesellscnat't tUr lat« inisehe Schrift) gefolgt.
Die japanischen Mal'se habe ich in der Hegel beibehalten. An-
nähernd kann der deutsche Leser sieh die ihm geläufigen Werte
leicht einsetzen. Für den. der Genauigkeit verlangt und selbst
auf die Quellen zurückgehen will, wirkt die Umrechnung in ein
ander« ^ Malssvstem meinem Empfinden nach nur störend. Zu
bemerken ist auch, dals im Text wie iu deu statistischen Ta-
bellen die Summensablen xuweiten nicht genau mit der Summe
der Einaelposten stimmen, infolge der Abrundung auf ganae
Einheiten (Yen, Koku, Cho) oder auf volle Taueende.
Die beigegebene Karte soll einmal die der ganzen amtlichen
Statistik zu Grunde liegende Bezirkseinteilung, dann die für den
Ackerbau wie iUr die Dichtigkeit der Bevölkenmg mal^gebende
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X 4.
IX
AuädehnuDg der tiei'er gelegenen Ebenen und Fluiäthaler ver-
deatiBfifaeii.
Da M der Scliüderimg wirtschaftlicher Ziutllode die per^
flOnfiche Anschauung memes Erachtens äufsent wichtig ist^ so
bemerke ich, dals ich von den 47 gegenwärtig bestehendea
VervN'altungsbezirken Japans 32 besucht habe , wenn auch zum
Teil nur flüchtig. Von den Bezirkshauptstüdten habe ich 20
kennen gelernt Am !)• st« n bekannt sind mir naturgemHls die
mittleren Teile der Hauptiusel. Dals icii liier und da persön-
lichen Kindrücken zu allgemeine Bedeutun«; beigemessen liabe,
ist nicht unmöglich. Ühedrhaupt hin idi mir ganz klar dartther,
dals meine Aroieit von Irrtttmeni nicht frei sein wird« Wer sich
mit ähnlichem Material hefaCbt hat, wird dartther nachsichtig
denken.
Wo meine T^enrteilung japanischer Zustände wesentlich auf
mälsig anzuerlvennen. Wer aber will sagen, wieviel von den
eignen Meinungen sich erst auf Grund des lebendigen Ged uilvt n
austausches im Freundeskreise gebildet hat? So ist es mir eine
liehe Pflicht, den entfernten Freunden und Bekannten ftlr
lüancfae bewufste und unbewulste Anregung meinen harzlichsten
Dank auszusprechen, vor allem den Herren \A'eipert, Wagener,
Lehmann, Kellner. Fesca, Chamberlain und Baelz.
Meine Arbeit wäre unmöglich gewesen ohne die Hülfe und
Mitarbeit einer Anzahl meiner ScluUer, in (Tster Linie der
Herren Sakatani. Kiuehi und Isliizuka, ferner der Herren Naka-
gawa, Rume, Ranai und Matsuzaki. Ihnen wie allen denen,
die mir gelegentlich Aufscbluis auf Erkundigungen gegeben
haben, den Herren Nakane und Hanahusa, G. Fnkudii, iT Shi*
busawa imd andern wiederhole ich hier meinen Dank.
Japaner haben im allgemeinen wenig Neigung, das zu lesen
und zu beherzigen, was ein Ausländer über sie schreibt. Aber
vielleicht veranlafst das im Osten einstweilen noch hochgehaltene
Pietiitsverhältnis des Schülers zum Lelirer doch den einen oder
den anderen, auf kritischer Grundlage in ernster wissenschaft-
licher Weise weiter zu arbeiten. Seinem Staat und Volke wuidu
er damit besser dienen als mit der unseligen ttblichen Leit*
artikelBchraberei „Wer eine Anlage hat, klug zu werden, maff's
nächst dem Leben in der Geschichte suchen schreibt Goeme
an Johannes von Müller. Die Anlage haben die Japaner.
Mögen sie nun auch klug werden, nicht durch Schaden und
bittere Erfahrung, wie bisher, sondern durch da« Studium des
eigenen Volks- und Wirtschattsiebens und seiner geschichtlichen
Grundlagen.
der Mein Vi 11
Berlin, Ostern 1891.
K. Bathgen.
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Inhaltsverzeichnis.
Vorrede. . . V
Sprachliche Vorbemerkung XVII
Mafs, Gewicht und Münze in Japan XIX
Einleitung 1
Imge Vorstellangen Uber Japan L — Geographiseher
Überblick a. *- Liate der Bezirke 7.
Efstei Biieli* Der Staat»
Erstes Kapitel Geschichtlicher Rttchbliek. Bis zwt Herrschaft
der Tokupawa 13
Urzeit 13. — Berührung mit China - Erster Versuch
der C'entralisation 18. — Zersetzung und Entetehung des
Feudalstaates 20. — Shogun und Shikken 2:1 — Der Re-
stauration?» vorfttich Go-l>Bigos 24. — Wiederherstellimg
der Keichseinlieit 2ö.
Zweites Kapitel Die Herrschaft, der Tokugawa 26
nrundzf'ifrp der Verfassung 27. — Der Kaiser 30. — iKe
Lehnalürsten 32. — Die &unarai 40. — Dfts Volk 4L —
Organisation des Baknfti 42.
Drittes Kapifel. Der Untergang des Shogunats 53
Zersetzung der älteren Zustände ö3. — Die legitimistische
Bewegung 57. — Die Öfiiiung der Häfen 58. — Beginn
der uineren Wirren 59. — Sbtmonoseld 64. — Das finde
d'^<^ shogunats r>s'.
Viertes Kapitel. Die neue Urdnun^ 70
Erste Mafsre^eln 70. — Beseitigung des Feadalismos 74.
— Die Organi>ntinn von 1871 75. — IHe Keimavoa 1875
77. — Die Ketorm von ItiüöiHö 79.
Fünftes Kapitel. Die moderne Verwaltungsorganisation und
die Kosten der Staatsverwaltung 82
Der Kaiser .^'2. — Die Gesetzgebung 82. — Der Staats-
dienst 84. — Die CeutralbchurdeD 88. — Beamtenatatistik
90. — Anstftnder im Staatsdienst 93. — Die Bezirk»»
Verwaltung 95. — Die Krei.sverwaltung OH. — Die Ge-
meinden 99. — Kommunale Körperschaften 100. — Die
Polizei 101. — Auswärtige Verwaltung 102. — Landee-
verteidigung 104. — Rechtspfle^;e 10'< — Unterrichts wesen
109. — Fresse 117. — Gesundheits- und Armenwesen 118.
— Der Btaat wnd die Volkswirtiehaft 120. — Eotwicke-
lung der Staatsausgaben 123. — Charakter des modernen
Staates mid der modernen Gesellschaft 124.
XII
X 4.
ZweltM B«eh. Die TolkswIrtMhftft.
Seit«
ErütCH Kapitel. Die Grundlagen des Wirtachaftdlebeus ....
I. Bevölkerang 1H'>
n. Die Fiimilic 141
III. Die Üeöiedeluitg 14>!>
Das Hans 14& — Stadt und Land 147. — Die Form der
Nieder1a.<t3i]Dgen 151.
IV. Stand und Beruf 162
Zweites Kapitel Das HfiiuEwesen 157
Unter den Tokugawa 15« — Die Münz wirren nach Öff-
nung des Landes 161. — Neuregelung 104. — (»oldpräpung
166. — Silberprägung 167. — Papiergeld 16.s. — EUel-
metallein- und -ausfuhr 171. — HeschatVenheit des Geld-
umlaufes ITi* - Scheidonüinzcn 174. — Geldumlaof 176.
Drittes Kapitel, iianken, Uöreeu und Kredit 177
L Die Nationalbaaken 177
Erste Mafsro^reln 177. — Das fJesetz von 187H 179. —
Kritik Itii, — Die Hetomi von l^^.i 184. — l>ie Adels-
bank 18.5. — Statistik der Nationalbaaken 186. — Ergeb-
nisse l<i>{.
IL Die Shokin (Jinko 194
Gründung 194. — Krisis und Kckonätiuktion VXk — Das
Gesetz von ls^7 197. — Die Geschüfte der Shokin ainkol96.
in. Die Nihon (Ünko 199
Das Gesetz von 18.^2 lUU. — Geschäftsbetrieb 202. — Die
Kotenaoflgabe 207. — Urteil 216.
IV. Sonstige Kreditanstalten und Vnwimdtea 216
Privatbanken 216. — Pfandleiher 219. — Zinsfiifs 223. —
Sparkassen 226. — Versicherung 2'JS.
V. Die Börsen 229
Das GP9Ct'/ von 1><74 betr. die Efl'ektenl' irsi ii 229. —
Das Gesetz von 1?<7.^ 2^51». — Die Börseneinncljiungen 232.
— Die Umafttee an den Börsen 285. — Vergebliche Be-
formver?uchr t?!?7. - Di M-'isbörsew 237.
Viertes Kapitel. Die Verkehräunttel 241
Unter dem alten Regime 241. — Laodttnfsen 242. —
Wagen — Ei-onbalinen 24.^. — Die Nihon Tetsudo
KwHisha 249. — Die Post 2.'>'>. — Der Telegraph 2
1 1 .
Der Paketverkehr 2"».^. — Die Schiffahrt 2:»9. — Die
Osaka Shosen Kwaisha 26*». ^ Die Nihon Yusen Kwaisha
und ihre Vorläufer 2(H). — Schiffbau 272. — 'IVansport-
kosten 27o.
Fünftes Kapitel. Das Grandeigentum 276
Landklassen 277. — An-fiphnunp df*s privaten Grund-
besitzes 279. — Natur des Grundeigentums 2öl. — Expro-
priation 282. — Verpfiindang 2h8. — Besitswechsel »tö.
Grundstückspreise — Hauseigentum 29U. — Verpfän-
dung von H&useni 291. — Verteilung des Grundeigen»
tums 292.
Sechstes Kapif el. Die Landwirtschaft 296
LaD<lwirt -('Irit'tUclie Bevölkeruii«: •_'!»7. — I.andwitt^ichaft-
lich benut/ie Fläclie 299. — (;iörs'e der Betriebe ;iU3. —
Ackerbansystem .*t04. — Bind Viehhaltung :{06. — Pferde-
haltun^' :*Aix. — IMe landwirtschaftliche Prixluktion :U0. —
Der Keis ^^U. — Keisverbrauch HIO. — Beispreise 316. —
Weizen und Gerste 825. — Hirse 829. - Bohnen 880. -
Knollengewächse u. s. w. 'X\2. — Handelsgewüchöe '-t-^^. —
Zucker .'^ I'k — Thne ilH. — Flecht- und Fasorstcitte '.m.
Seide 'M2. — Ertrag der Landwirtschaft Ml. - Keiu-
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X 4. JIU
S«it«
ertrage '^9. ^ Lage de« Banernstaad^ 352. ^ Pacht-
wesen 8ö3.
Siebentes Kapitel« Die anderen Zweige der UrproduiLtion . . 367
I. Der Wald 357
II. Die Ja^^a 'S59
III. Die Fischerei 3f>0
IV. Die Salzgewinnung 366
V. Der Bergbau 367
Acbtee Kapitel. Das Gewerbewesen 372
Organisation früher and jetzt .M.i. — Bedeutung der Ge-
werbe 375. — Der roodone Staat 876. — Nene Inda*
strieen 'i^O. — Gewerbestatistik 381. — Baum Wollspin-
nerei 387. — Weberei 3bÖ. — Hatten, Papier, Leder 391.
Kemmteehe Industrie 392. — Sakebimrei 392. — Sbojru
397. — Tabak 398. — Korporative NeabilduDgen 899.
Neuntes K a pi tel. Der Aufsenhanael 402
Auiuiu^c der Entwickelunij 40^:$. — Organisation 4u5. —
Die Werte der Aus- und Einfuhr 409. — Zusammen-
setzung der Ausfuhr 413. — Die lanfuhr 415. —
Handelsplatze 418. — Die Verkehrsländer 419.
Zehntes Kapitel. LShne nnd Einkommen 421
Geringe Bedeutung bezahlter Handarbeit 4*21. — H lhe
der Löhne 424. — Ergebnisse d^ Einschätzung zur Lin-
kommenstener 428.
IMttes Bneh. Die FtaiMura.
Erstes Kapitel. Die Entwickelnng de« Finanz wesent in der
neuen Ära 483
1. Erste Nöte 484
Die ersten Jahic der neuen Ära 4^i4. — liegnm der
Reformen 4^^6. — Die Krisis von 1873 438. — Okuraas
Anfänge 4;^9. — Die Heblnfsrechnong von 1875 442. —
Reformen von 1876 444.
n. Die Ablösung der Renten 447
Ilirn Not^vcndigkeit 417. — Freiwillige AblQsaag 448. —
Die ZvTaDgsabiösung lb76 4ö0. ^
IIL Das Agio 456
B^inn der Entwertung der Valuta - Ausgabe der
Kinsatsuscheine 4'>8. — Die lieitnliche Ausgabe von Pa-
pier^^eld 460. — Die Entwertung 462. — Gründe 4613. —
Nlifstrauen gegen die finansverwaltung 464. — Die
kolation 46>f. — Mafsrepeln j;egen die Fntwertumr 1
— Das Gesetz vom 5. November 1880 473. — Okumas
Abschied 474.
IV, Die Wioderlierstellung der ^'aU^ta 475
Matsnkata 47.5. — Die Beachatüung der Mittel 476. —
Die EÜnziehung von Papiergeld 478. — Die Metall-
rcflerve 482. — Das Verschwinden des Agios 480. — Die
Wirkunßcn der Kontraktion und <\\o Wirt«cliaft.«ikrisi9 von
1^^3—1 W'» 4N"). — Aufnahme d«;r iiaraiiiilungen 4i>l. —
Weitere Finanzreformen 494.
Zweites Kapitel. Die Finanzverwaltwag 496
I. Organisation und Etatswe^en. 496
Verwaltuug&ürgauisation 497. — Etats- und Rechnnngs-
we.sen 497. — Die Kontrolle 503.
iL Die Fonds öOö
Der Reservefonds ^o. — Andere Fonds ö08. — Die De*
pesitenkasM 510.
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XIV X 4.
.Seit«
Drittes Kapitel. Die Grundsteuer . 512
L 0ie Grundsteuer tot der Reform 512
Geschichte 512- — Der Zustand geeen Ende der alten
Onlnune 514. — ReebtUcbe btellang der Grondbe*
silzer 518.
IL Die Reform 520
Die ersten Vinpchläge 520. — r; rundbesitzrcform 52?. —
Die Konferenz von 1873 524. — Gnindsteuergesetz von
1878 526. — Der Steaererlafe von 1877 528. — Das Ver-
fahren 529.
UL Die Ergebnisse der Kefonu .5:34
Be8Citij;ung der Steuerfreiheiten 534. — Veränderung des
Steueraufkommens o^}o. - Auderung der Bdastnng 5 >S.
Der Steucrerlafs von 18ö9 — Die Kosten der Re-
form 545.
IV. Weitere Entwickelung und jetziger ZuBtaad der Grundstener 546
T>as Oesetz von 1H^4 und die Gesetze von IH-^^O 516. —
Jetziger Zustand. iSteuerpflicbt 547. — Zahlung in Geld
und iD Keis 548. — Bteaertermtne 550. — Rtteketftnde
5."1. — Exekution 55:-{. - Onnidstcuer in Okinawa uud
im Hokkaido 5G6. — £jnnahme aus der Grundsteuer 557.
Die Zuschläge zur Grundsteuer 5ö0.
V. Der Hülfsfonds 562
Das (Jesefz von 1880 562. — Seine Wirkungen 568. —
Die Umgestültung 1890 5<iÖ.
VI. Bedeutung der Gmindetetier für die japanisclie Volke-
wirtscliaft .... 569
Verhältnis der Grundsteuer zu den anderen {Staatsein-
nahmen 569. >- Die Gmodtteaer ehie Steuer Tom Roh>
ertrair 570. — Verhältnis der Steuer zum Ertrag' 571. —
Charakter der japanischen Grundsteuer 576. — I>io Steuer-
zahlung in (^Id 57d. — Verhältnis der Steuer zur ganzeu
landwtrtschaflliehen Produktion 580. — Zu den Boden-
preisen 582.
Viertes Kapitel. Die anderen Staatssteuem 586
I. Die Emkommensteuer . 586
il. Die n(!rg>verka»tcner 590
m. Die Zölle 590
IV. I^e GetrSnkeeteaera 597
Geschichte 507. — Das Gesetz von \f<x2 5f)!». — Die
Kojisteuer (m. — Ertrag der äakesteoer 002. — Ihre
Wirkung 1503.
y. Die Tabaksteuer 607
VI. Die Sboynsteuer 611
VII. Die Kuchensteuer 612
Vlil. Die Mediauttteuer 614
IX. Die Sf.Miorn von Produkten des Hokkaido 61G
X. Die Wageusteuer 61ö
XI. Die SchifliMteuer 620
XII. Die Notensteuer der Nationalbanken 621
XIII. Die Hörsensteuem 622
XIV. Steuern vom Viehliandel 624
XV. Stempelabgabeu 62.'>
XVI. Die i:. -ist. rgebühren 627
XVli. Gerit iitfekosten 629
XVIII. Sonstige Gebühren 6.H1
Fünftes Kapitel. Niclitateuerlicbe StaataeiDnahmen 6:^2
I. Post uud Telegraph
II. Die Staafsetsenbabnen 63.>
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X 4. XV
Iii. Andere gewerbliche Unternehmungen 636
IV. Die Fönten 688
SechBtcs Kapitel. Die KonununalfiimtiMii 641
Geachichte 641.
I. Die Bezirke 644
Äusgulien den Bearke 644. — Einnahmen 646. ~ Uaua>
haltuDg^<steue^l 647. — Gewerbeetanem 649. — Das
Fukin bö6.
IL Die OitBffeineioden 658
Anhang A zum sechsten Kapitel. Budget des Tokyo*fa
1888/09 66;)
Anhang B mm sechst«! Kapitel. Budget des Cbiba-ken
IsKssn 678
biebenteg Kapitel. Rückblick auf Ausgaben. Einnahmen und
das St^ersyetem 684
Übersicht der Ausgaben 684. ~ Übersicht der Einnahmen
686. — Entwickelung der SteuereiTinrihmon O^'» — Stener-
aystem 690. — Belastung der Bcvuikeruiig mit Steuern
^94. — Beformprogramm 697. — Freiwillige Beiträge 700.
— PersÖnlichr I>ienste 702.
Achtes Kapitel. Die ätaatascbald . 708
Das Gletehgewiebt awiscben Ausgaben and EtnnalniMn.
Schatzscheine 703.
L Die Zusammonsetztin^ der Staatsscbuld 705
Alte und Neue JScnuld TUö. — Kiusatsu- Scheine 70(5. —
Chitsuroku - Scheine TOT. — Kinroku - Scheine T07. —
Pripstprnblösungsscheine T!»^ — Sa tsuma- Anleihe TO^. ~
Industneanleihe 708. — Ei^enbahnanleihen 709. — Marine-
anienie 710. — KonTertierungsanl^e 711. — Ai»wlrt%e
AnliMhni 712.
IL Die Bedeutuue der Staats^buld 713
Die Btaatss^tild ihrem Ursprünge nach 713. — Höhe da*
Oesamtschuld 71-5. — Schuldentilgung 717. — Beden-
tung der Schuld für die japanische Volkswirtschaft. Ver^
teilung im Lande T2U. — Die Staatsgläubiger 722.
Schlafs 724
ZukimftsanflBichteD, VertngarevisioD und NatiTismos 724.
Statistische Tabellen.
1. Die Hauptinseln mit deu zugehörigen Nebeninseln nach Fläche
imd Euiwobnersahl 1887 und 1^2 731
2. Die alten Landschaften nach Fl&che und Einwohnerzahl 1887 . 732
8. Die Provinzen nach Flüche und Einwohnerzahl 1887 ..... 78i>
4. IMe Bezirke nach I lache, gesetzlicher und Wohnbevölkerung,
HanshaUnngen, Grundbesitz und Ackerland 1887 7.3.'»
.5. Staatsverwaltttnfr?an.«p:abcn ivxo is^f) 737
6. Familieuhäupter und Stande 1^87. — Anteil der bhizoku am
. Grundbesitz 788
7. Öffentliche und Privatbanken 740
8. Bilanz der Nihon Ginko vom 31. Dezember 742
9. Aus- und Einfuhr von Gold und Silber 1872—1889 743
10. Postämter. Postsendungen» Telegramme n. Poetspafkassen 1887 744
11. Versteuerte Wagen 18*^7 746
12. Seesihitle 1W7 748
18. Steuerpflichtiger Privatgrundbesitz, Termeisene Staatafotsten
nnl Herpluuil l^^7 750
14. Laudwirtschattlicbe Bevölkenmg 1886 752
15. Ernteertrag der wiebtigaten FeiafirOchte 1887 754
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16. Eniteertrag einiger wichtiger IaDdwirt8chaMi€liw£nMiiglÜM6 755
17. Verbreitung der PachtwiWhaft 1887 756
18. Steuerpflichtige Handelsbetriebe 188o 757
19. FftbriktebeUe 1886 758
20. Warenaua- und -einfuhr deni ^^^ rte nacli is'GS-lSM) 759
21. Verglich der Ausfuhr japauiäcber Erzeugnisse dem Werte nach
1®3 und 1888 760
22. Durchschnittskurse von Reis und Silber an der Böne in Tokyo
1877—1885, für Reis^ «lloin 1s>j»; -Issk 7^2
23. Grundsteuerreforin. Gruuästeueraul küiiiDien vor der Reform,
nach dem Sfttie von 1878 ond nach dem von 1877 768
24. Grundsteuerreform. VermelinuriL': mid Verminderung der ver-
messenen Fläche und der Grundsteuer nach dem Satze von
1873 nnd 1877 764
25* Gnmdsteucrreforiri A k« r-, Baiilnnrl nnd Salzgarten, Vermeh-
mog und Venniuderuug der vermessenen Fläche und der
Grundsteuer nach dem Satze von 1873 und 1877 765
26. Vennindcruii^^ der Grundsteuer dnieh das Geeets 22 vom 26.
Auffust 766
27. Vergleich der wirklichen Preise von verkauftem Ackerland mit
dem Grandsteuerwerte 1888—1886 767
2H. Aufkomtnen an Orundsteaer mit allen Zuschlügen 1887/88 . . 768
2U. Ertrag sämtlicher Steuern (ohne Zölle) nach Bezirken 1887/88 . 770
80. Anf kiHnraen an Steneni der ▼ereefaieoenen Arten (direkte, Ver«
brauche-, Vorkehrsstetieni) in >Staat und Kommunalverbfaiden
in den FinanJiyahren 1880 81, 1882 83, 1884/85, 188&87 ... 772
Register 773
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Sprachliche Vorbemerkung.
über die Ausbpi ache japaoischer Worte hi zu l>enierken, da(^
uach dem Systeme der Komi^i-kwai die Vokale wie un Deutschen
aiuznspreclMai eind, Our ei wie langes e, die Konsonanten wie im
Engliachen, also ch wie tach, di wie eeb, j wie dach (lehr weich),
s wie weidies s, y wie ein ganz leicht tot dem nedifolgeiideii
Vokal vorgeschlagenes i oderj. Entgegen dem System der Romaji*
kwai habe ich in gebräuchlichen Worten, wie Yedo, Yen, Yezo,
das y vor e beibehalten. Die Dehnungszeichen auf langem o und
u sind aus typographischen Gründen wegi^elassen. — > Da über die
Betonung lange Regeln hier nicht gegeben werden können , genüge
die Bemerkung, dals luan am einfachsten alle Sylben, mit Aus-
nahme der stummen, ähnlich wie im FranzöeiBchen gleichmafsig
betont — Bei Penonemiameii fblgt der Rnfiiame dem Familini-
Nachstehend einige häufig vorkommende jApiaische Avsdmcke :
Nihon: Japan.
Tenno : übliche amtliche Be:^oichnung des Kaisen von Jajpan,
Daijokwan: der Staatsrat (bis Ende 1885).
Daijin : Minister, Kanzler.
Bakufu: Zeltregicruug d. h. Militärregierung, übliche Bezeich-
nung der Shoguiatsregierung.
Shogon: „Feldherr'', Erhstatthalter.
Daimyo: Tenitorialherr, Lehmfllrst.
Samurai: Ritter, Soldat
Ronin: herrenloser Samurai.
Han: „Zatni", Clan, die durch das Band der Irene verbun-
dene Genossenschaft der Lehnsleute eines Fürsten.
Kwazoku: moderne Bezeichnung der Adligen.
Shizoku: muiierue Bezeichnung der Samurai.
Heimin: das gewöhnliche YoUc (im Unterschiede TOn Kwasoka
mid Shisoka),
Ken: Begieniogshesirk, Bepsriement» regelm&big mit Be-
sirk übersetzt
Fb: hauptstädtischer Begierongehezirk (Tolcyo, Kyoto»
Osaka).
FonohangMi (46) X 4. • Bail««&. II
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X 4.
Kn: Stadtkreis,
Gnn : Landkreis,
(liiiko: Bank.
TetsUflo : Eisenbahn.
Kwaislia : Gesellschaft.
KinBatsu: übliche Bezeichuoug des Papiergeldes.
8«k«: eiD beranacboidesy dnidi Gfihmiig ans fieia hange-
stolUes Getrftnk.
Die folgenden deutschen Ausdrücke siud regelmäfsig gebraucht
zur Wiedergabe der nebenstehenden japaniachen Aoadrficke:
Provinz
Bezirk :
Krcib :
Kabinett :
Staatsrat :
Minister:
Kansler:
:1
Chiji, Koi.
Beiirkshäupt
mann, Präfekt
KreisbaupUnann : Qnncho, Kocho.
Schulze, Orts-
voisteber ;
Knni.
Fu, Ken.
Kori, Gun, Ko.
Naikaku.
bis 1886: Daijokwan; seit 1888: Sumitaa-in.
bii 1885: Kyo; seit 1886: Dayin.
Dayin.
I Kocho» im alten Beghne KanoBhi oder Shoya.
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Mafs, Gewicht und Münze in Japan«
Hohlmafg.
1 Koku 10 To = 100 Sho 1000 üo = 180,8« Liter
(= 6,4827 Kub. Sbaku).
86 Cho ^ 8927,tT Meter.
60 Ken ^ 109,o» Meter.
6 Shaka = l,sj Meter.
10 San 0,8iia Meter.
FlSelienmars.
1 Qaadratri 1555,2 Cho. . . — 15,1236 Quadratkilometer.
1 Cho — 10 Tan = 3000 Tsubo — U,s»'.mt Hektar.
1 ibubu — 3,au&ä (^uadratmetei*.
Cfewicht
1 Pilnü =s 100 Ein ^ 60,io4 Kilesnunm.
1 Ein =s 160 Momme = 601,o4 Gramm.
1 Momme = 3,7505 Gramm.
1 Kwan 6V'4 Kin — 1000 Momme ^ 7-< Kilogramm.
(Maeh der MaCs- und Gewicbtsordnoog v. 3. März = 3«i6 kg.)
Mlliue.
1 Yen = 100 Sen = 1000 Rin.
1 üoldyeu ~ 1,6 Gramm Feiugold ^ 4,i86 Maik.
1 SUberyen = 24,8«i Gramm Feinsilber,
nach der Parität 1 : 15Vs = 4,tT Mark,
nach Sichtkurs anf London im Boiehachnitt des Jahres:
1874
4,96 Mark.
1882
8,81 Mark.
1875
4,1»
1883
3,14
1876
4,oi
1884
3,74
1877
4,06
1885
3,5ft
1878
3,86
1886
3,34
1879
3,78 -
1887
3,23
1880
3,8a
1888
3,15
1881
8,78 -
1 Ri ^
1 Cho =
1 Ken
1 Shakn =
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XX
X 4.
1 Papieryen unter Zugrundelegung obigen Wertes des Silberyen
nach dem Börsenkurs in Tokyo im Durchschnitt des Jahr^:
187 7 3,»8 Mark. 1882 2,43 Miirk.
1878 3,53 - 1883 2,»«
1879 8,0» - 1884 8^ -
1880 2,M - 1885 8,S8 -
1881 2,38 •
Yom 1. Januar 1886 mit Silber gleich.
Wührnn^smüuze vor 1868.
1 Ryo Gold oder Kobau.
Seiu Wert in Goldyen war:
lÜUO— 1695' 10,ü..4 1736—1818 5,759
1695—1710 0,8ü6 1818—1837 5,202
1710—1714 5,16« 1887—1858 4,a«e
1714—1716 lO^M« 1859 8,60
1716—1786 10,1» 1860—1867 l,8o
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Einleitung
I.
Seit Marco Polo die erste Nachricht von dem goldglitnzenden
geheimnisvollen Reiche Zipangu nach Europa brachte, hat es
eine eigenartige Anziehungskraft flir die Kulturwelt des Westens
f;ebabt. Coiumbuä zu^ aus, die dort vermuteten ^Schätze zu
olen. Ein halbes JaDrhtinaeit später erOffiien portugieaiache
Abenteurer Japan zam ersten Male dem Verkehr mit Europa.
Dorch Handel und Christentum entstehen lebhafte Bemeihimgon»
Eine japanische Gesandtschaft kommt sogar nach Europa. Aber
plötzhch scliHoCst sicli der Vorhang vor dem gehpimnisvollen
Lande wietler. Der Verkehr mit dem Auslande hört fast g-anz
auf. Nur unvollstitndigc Kunde von den Zuständen Japans
dringt zu den Völkern des Westens, bis nach zwei Jaltfhun-
derten die Fortscbritte des Weltrerkdin auch das ftme Insel-
reich aii& neue erschlielseD. Und mm begiebt es sich, dafo
dem aafitnglichen heftigen Widerstreben gegen das „Barbaren-
tum*^ eme „Einführung der westlichen Kultur" fol^, die das
Staimen der Welt erregt. Es ist kein Wunder, flnls v^taat und
Gesellschaft des modernen Japan die allgemeine Aulmcrksamkeit
auf sich zogen. ^lerk würdig ist aber auf den ersten Blick,
daiii bisher so wenig Anstrengungen gemacht sind, diese £nt-
wickelung aas sich heraus an begreifen und im einsehien nach
ihrem wären Werte au wfkrdigen. Das ist um so anfi^iger,
als das, was uns ttbUcbenraise tkber Japan erzählt wird, doch
so gar nicht in Einklang zu bfiDgen ist mit dem, was wir sonst
tlber die EIntwickelung der menschlicfien Gesellschaft wiesen.
Ein Land . das nach Jahrhundertelanger Abschliefsung
sich dem fremden Verkehr öffnet, wirft aus diesem Anla-sse
plötzJicii seine aite Veriaböung ab. In grolsartigem Patriotismus
opfern die Fürsten des Landes freiwillig ihre lachte und Privi-
l^en. Alles beugt sidi der Legitimität und ohne Jede eigenen
Machtmittel tritt oer SouTerftn heryor aus heiQger Abgeschlossen-
Fonohvngan (45) X 4. — Bftttigvn. 1
2
X 4.
heit und fUhrt höchst persönlich ein erleuclitet^ absolutem
Kt'giinent ein. Der politisciieu Kevolution lolgt in gleicher
Plötzlielikeit die Umwälzung aller geselbchaftlichen und Kultur-
TcrhttltmaBe. Die uxalten Standeeunterachiede verschwinden.
Ebie jahrtausendealte Kultur wird plötzlich abgestreift und
durdi einige Begierungaerlaase die abendlilndiBche Kultur ein-
fefilhrt. Nutaen »ehend von der Erfahrung der europäischen
blinder ist .Tapan im stmdo. die dort gemachten Fehler zu ver-
meiden, und was in Europa das mühselige Werk von Jalir-
hunderten gewesen ist , das wird im Lande der au%ehendeu
Sonne spielend in wenigen Jahren erreicht.
So ungefi&hr ist die landläufige Anschauung, die nicht nur
in den Köpfen der Touristen spukt, sondern die Jung -Japan
sellMt uns mne aufreden möchte. Far den, der mit der Ent-
wickelung der menschhchen Gesellschaft bekannt ist, klingt das
alles höclist sonderbar. Sollte wirklich eine Staatsverfassung
vollständig umgestrirzt sein , weil einiire Hufen dem fremden
Verkehr geöffnet wurden? War es nicht vielleicht umgekehrt:
die Verfaysun«^ war schon im Begriff sich aufzulösen und daher
bei der damaligen Regierung weder Macht noch Wille das
Land veiächlossen zu halten? Sollte wirkUch eine mäohtige
Adelsklasse einmtttig und freiwillig ihre ganze Machtstellung ge-
opfert haben dem Frinsip der I^itimität zuliebe? Sollte ein
sechzehnjähriger Knabe, der in traditioneller Abgeschlossenheit
zwischen Weibern mul Schranzen au%ewachsen ist, wirkÜofa
plötzlieh pin höchstpersönliches Re^n'ment errichtet haben . wie
wir es mu von den bf'dt'utendsten europäischen Monarclien des
17. und 18. Jahrimnderia kennen? War es wirklich eine uralte
Kultur, die beseitigt ist, und wie weit ist sie überhaupt beseitigt?
Ist es denn denkbar, dafs man eine einheimische Kultur ab-
streifen und mitteb eini^r Dekrete ersetaen kann, vorausgesetzt,
dal« die neuen Machtoaber überhaupt diese Afasicfat gehabt
IdttteB?
Das sind Fragen, welche ihre Antwort schon in sich tragen.
Wenn bisher die stfintliehe Entwickelung des neuen Japan ein-
gehender Prüfung ikhIi so wenig unterworfen ist, so hat das
seinen Grund in mancherlei Schwierigkeiten. Die Reschatiung
und Sichtung dcä nötigen Materiak iät für den fremden
Beobachter schwierig und mUhselig. Den Japanern selbst fehlt
noch ebenso yoUstHndig die wissenschaftliche Kritik und Genau^-
keit, wie die unbedingte Achtung vor der wissensehafyichen
Wahrheit. Die in Japan betriebene systematische legitimistische
Geschieh tsfölschung ist ein groCsea Hindemis. Nicht minder
störend und irreführend sind die i^iehtja panischen Vant^iryriker,
unter denen die kritiklosen Enthusiasten vielleicht zahlreicher,
aber nicht so gefährlich sind wie die ( ie wissen losen , die nach
Orden, Gehalt oder Bestellungen angeln. Durch bi^zahlte
Schreiber Stimmung für sich zu machen hat man in Japan
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X 4.
3
schon vortreffÜcli «gelernt. Dal» es daneben niclit an vorein-
genommenen und ungerechten Angriffen gegen das neue Japan
guleiiit ixat, bedarf kaum der Erwähnung.
Die netteste Zeit hat filr venchiedene Teile des japanischen
KttltnrlebenB eine Reihe guter ^ zum Teil vortreffuciier For-
schungen gebracht. Aber gerade für da8 Gebiet der Volks-
wirtschaft und des Staates giebt es verhältnismäfsig noch wenig.
Unc! <loch hat die Untersuchung japainscher Zustünde ihren
eigenen Roiz. Ks dilrt'te kein anderes civilisiertcs Land geben,
welche d(;in geschlossenen Ilandelsstaat" sich so genähert hat.
Auch heute noch bildet Japan ein in sich so geschlossenes
Wirtschaftsgebiet, dafs wir wirtschafflidie Prozeeae in bemerkens-
wert klarer und typischer Form sich yollzieben sehen. Das
Studium japanischer wirtBchaftilicher Zustände dürfte so nicht
nur individuellen Reiz, sondern auch einen allgemein wissen-
schaftlichen Wert haben. An Material für solches Stuflittm ist
flir die Gegenwart jeflcnf'ills i^ein Mangel, wenn man • s nur
zu finden weifs, was iiii lit iinin* i leicht ist. Die iulgemle Unter-
suchung der wirt^ehattliciicn, insbebondere finanziellen Zustände
dee mäernen Japan ^ ist ein Verauch, dieses Material kritisch
SU sichten und su dner einhdtlichen Darstellung susammen-
BO&sscn. Ist es dabei VQr aUem auf die Zeit von 18GS bis 1889,
von Errichtung der neuen Ordnung bis zur Begründung des
Verfassnngsstaates nach europiiisrhf^m Muster ab;^^esehen, so
mu!ste üir die ältere Zeit, soweit möglich, gegenübergestellt
werden, um die neuere Entwiekelung richtig zu würdir^en.
Ehe wir aber zum Gegeuötaud selbst übergehen, dürfte es
angemessen sein, einen ganz kurzen Blick auf die natürlichen
Virfailtnisse des Landes zu werfen.
IL
Da« japanische Staatsgebiet erstreckt sich am < ) st-
rande des asiatischen Kontinents über eine ungeheure Aus-
dehnung vom 24. bis zum 51. nördlichen Breitengrade, ein
&«tenniit6rschied etwa wie der von Tripolis und Stockholm,
und vom 123. bis 157. Längengrade (östlich von Greenwich).
In diesem langgestreckten AKohi|>el nimmt aber das eigentliche
historische Japan, Alt Japan, einen sehr viel kleineren Riura
ein. Drei grofse Inseln, getrennt nur durch ein schmales insel-
reiches ilittelmecr , uniHäumt von zahlreichen kleineren Inseln,
bilden einen verhuUnianuirsig schmalen Landstreifen, der unter
41 ^ 33 ' im Korden beginnend sich erst in südlicher, etwa vom
35^ in südwestlicher Richtung bis mm 30. Grad hmsieht und
»wischen dem 129. und 142. östlichen Längengrade seine gröfste
West - Ost - Ausdehnung hat. Die weitere Fortsetzung bildet
im Ncnrden das Kolonialgebiet des Hokkaido, Yezo und seit
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4
1873 die ganze Kurilenkette, im Suden der Archipel der Ryu-
kyu- (Liukiu ) Inseln, seit dem 17. Jahrhundert Japan tribut-
pflichtig, aber gleichzeitig in gewissen Ik'ziehungen zu China,
in der Neuzeit zu einem iutegrierendcii Teile des iauanischen
Staates gemacht Von
bewohnt, leigt Ryukyu oder, wie es jetzt amtlidi hoMf BesirE
Okinawa in wirtwifaaftlicher Beziehung wie in seiner Verwal-
tungBOi^ganisation noch mannigfache Eigenheiten, ist aueh noch
wenig bekannt, so dafs es bei den folgenden Erörterungen der
Hegel nach unberücksichtigt bleiben muis. Das nördliche
Kolonialgebiet seinerseits ist gleichfalls gesondert zu halten, da
es mit seiner schwachen Besiedelung, seinen Urwäldern und nur
lialb dmndifonchten Einöden in natürlicher wie kultureller Be-
siehung sn sehr von dem ttbrigen Lande abweicht^.
Von der Fläche des ganzen japanischen Staatsgebietes von
882416 Quadratkilometer (etwa soviel wie Preu'sen mit
Baden, Hessen und Els^ils- Lothringen) kommen auf das nörd-
liche Gebiet nicht weniger als 94012 Quadratkilometer (etwa
Ost- und Wci>tpreulsen und Pommern gleich), auf den südlichen
Archipel nur 2420 (etwa wie Meiningeu). Für Altiapan bleiben
mithin 285 984 Quadratkilometer, eine Fläche wie rreulsen ohne
Ost- und Westpreufsen oder wie das Königreich Italien.
Von den drei grofsen Inseln ist die gröfste die nördlichste,
firttber ohne besonderen Namen, jetzt Honshu genannt Auf
sie allein kommen fast vier Fünftel der Fluche Altjapans. Noch
nicht den sechsten Teil der Gröfse der Hauptinsel hat die ihr
zunächst stehende südwestliche Insel Kyushu und wieder nur
die Hälfte dieser die zwischen beiden liegende Insel Shikoku,
Im ganzen zählt man 524 Inseln mit Ausachlufs der un-
bewohnten, welche weniger als 1 Ri (4 km) Umfimg haben.
Der insulare Charakter seiet sich scharf ausgeprägt in einem
Verhältnis der Küstenentwickelung Sur Fläche wie 1 zu 3V«*.
Das I^and selbst ist erfUlIt von Gebirgen, welche aber nur
in den mitUeren Teilen der Hauptinsel bedeutende Höhen (über
30(MJ ni) erreichen. Die Ebenen des Landes sind meist von
feringem Umfang, an der Küste oder dem unteren Laufe der
Itisse sich hinziehend. Der Besiedelung und Bebauung des
Landes haben diese Veriiltitnisse ihren eigenartigen Chsrakter
ebenso gegeben, wie sie die politische Entwickelung, die Er-
haltung saUreicher kleiner Territorien bis in die neueste Znt,
> Die Ureinwohner, die Ainn, bilden allerdings nur einen kleinen
Teil der Bevölkerung, die im übrij^en aus Japanern besteht. Die durch
die ganze Litteratur gehende Behauptung, dals die Urbevölkerung rasch
und dauernd abnähme, findet in der amthehen Statistik keine Bcgrandong.
Dnnaeh wäre ihre Zahl stabil, seit 1875 bald etwas mehr, bald etwas
weniger als 17iw>0 betragend.
* Genauere Angaben über Flächengehalt der einzelnen Landesteiie
siehe in den asten Tabellen des Anbai^.
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X 4. 5
bccinflufst haben. Die Flüsse sind meist kurz und fiir den
Binnenverkehr nur von beschränktem Wert. Von Binnenseen
hixt nur der Biwaaee Bedeutung; . Das Klima ist geraiifsigt, etwa
dem Italiens entsprechend, der Süden so milde, dals die Vege-
tation einen nilitropiflcfaen Chankter annhnint Heifie ftuchte
Sommer und kttlüe, im grtlsteD Teile des Landes trockene
Winter sind für den CSiarakter der Vegetation imd damit des
landwirtschaiUichen Betriebes entscheidend. Nagasaki hat eine
Durchschnittsteniperatur im Januar von beinahe 6 Grad C, im
August von beinahe 27 Grad, Tokyo im .Januar 2*,'2, im August
25* - Grad, Hakodate dagegen im Januar minus 3, im August
21' 2 Grad. Die in den 8 Jahren 1880-1887 an den drei
Orten beobachteten absohiten Maxima und Mlm'nia. waren in
Nagasaki 35,7 und ^4,»^ in Tokyo 36,« und — 9,t, in Hakodate
31,7 und — 18,7. Die durtlischnittlicb jährlich gefidlene Regen-
menge war in Kagniraki 2221 mm, in Tokyo 1431 mm, in
Hakodate 998 mm. Die groPppn innerhalb Jnpans öich findenden
klimatischen Unterschiede dürften durch diese wenigen Zahlen
klar werdend
Auch über die politische Eintciiuug des Landes
sind einige Bemerkungen zu besserem Verständnis vorauszu-
schicken. Die aus dem 7. und 8. Jahrhundert stammende Ein-
teilung hat fikr die gegenwärtige Verwaltangsorganisation keine
direkte Bedeutung, ist aber g^chichtlich wie fUr das praktische
Lel>en immer noch Trichtig. Zun riehst Ist das Land eingeteilt
in Provinzen, welche zu neun gi-olseu Landschaften vereinigt
sind. Davon wird aber die eine erst seit der Restauration so
bezeichnet, Hokkaido, nüixlÜche Meeratrulse, Yezo und die
Kurilen umfiusend. Von den acht alten Landschaften enthält
die erste das alte kidserliche Stamndand um Kyoto und Osaka,
Kinai (oder gewQhnhch Go-Kinai) genannt. Die sieben anderen
Bezirke heifsen nach koreanischem Muster Do, Strafsen oder
Stratsenbezirke , weil sie sich an die alten Reichsstrafsen an-
schliefsen Der Tokaido, östhche Mcerstraise , begreift den
östlichen Streiten der Haiiptinsel an der Küste von der Owari-
bucht bis zur Ebene von Tokyo. Der Tosando, östliche
Bergstral'se, enthält die nördlich davon gelegenen binnenlän-
diachen Besirke Tom ^wasee an und den gansen Nordflngel
der HauptinseL Die jenen nach Nordwesten vorgelagerten Pro-
vinsen am japanischen Meere heifsen Hokurokndo, Nordknd-
< Durch Eiorichtnog eines meteorologischen Stationsnetzes liegt
Scgenwärtig eine Fülle von Material über die klimafipcben V^prhnltnisse
apans vor. Aufzählung sämtlicher amtlicher VerötleQtlichuQgea dar>
Aber in Mittdlun^en der Dentsehen Gesellsehaft fi&r Natur- und
Völkerkunde OFtu^ieri> V rl^v')) ^ Uber die Naturvcrhaltniase,
Kiima und BoUen und ihre wirtächaftlicbe Bedeutung vgl. jetzt vor
allem M. Fesca, Beiträge zur Kenntnis der japanischen Land'd'irtschaft
(Bsriia 1890) 8. 1-UO.
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6
X 4.
strafse. Der WeetflUgel der Hanptiosol Uldet mit seinem
abhang denSanindo (Befgeehattenaeiteiutraree), xdH dem Sttd-
abhang nach dem Binnenmeer zu den Sanyodo (BergaoDnen-
seitenstrarse). Die Insel 8hikoku mit dem östlich von ihr
vorepringenaen Zipfel der Hanptinscl ( Provinz Kii) bildet den
Nankaiflo, die südliche Mecrstralso, Kyiisliu den S;iikaido,
die westliclie Meerstnirse, wo/u ;nich Hyukyu gerechnet wird.
Die liiäein Tsiuüiima und Iki im jupaiuschen Meere, sowie die
Bonininseln gehören keiner der grolaen Landadiaften an. (Gröfae
und BevölkeroDg siehe Anhang Tabelle 2'.)
Jede Landschaft zerfallt in Provinzen (Kuni), deren man
Mgenwilrtig 84 sählt (Näheree darüber im Anhang Tabelle 8).
Für die Landesverwaltimg sind alnr die Bezirke (Fu oder
Ken) mafsgebend, von welchen Altjap.iTi voti 1883 bis 1887
43 hatte, p^egcnvvUrtig 45. Es dürfte nützlicli boiii, dieRc Ikzirko
(Einteilung iS83 87) mit Angabe der Hauptstadt uud der i'ro-
vinzen, aus weichen sie zusammengesetzt sind, an dieser Stelle
«km aufaniahlen (Genaueres im Anhang Tabelle 4, sowie
Kap. y des ersten Buches), da diese Hezirkseinteüung allen
späteren Erörterungen über lokale Versehiedenheiten u. s. w.
zu Grunde liegt. Ich folge hier, wie sprit^r, der amtlichen
Reihenfolge, welche zuniichst die drei liauptstädtiäclien Bezirke
(Fu), dann die Bezirke der vier offenen Häfen Altjapans,
schlielshch die übrigen Bezirke in geographischen Gruppen
auffuhrt
* Die neun Landschaften entsprechen in der Haupteache wirklichen,
nfttürlich sich scheidenden Teilen des Landes. Es ist bedauerlich, dafs
man för die amtliche Statistik diese Einteilmic: mit entsprechenden
kleineren AV»woithungcn nicht lieber p^nommen hat, statt der mecha-
nischen Lintel iunff der Hauptinsel in drei Stücke, Nord-, Mittel- and
West-Nippon, wobei nur Nord-Nippon ein einhatliches GI«hietlHldet, wäh-
rend naii> iitlich in Mittel-Nippou völlig inkongnsrntr B'^ tandteile zn-
aammengetalat sind. Wollte nuu überhaupt eine neue LinteUuug machen,
so nnirste man von sacUiehen Oesichtsponkten antcehen. Die DnmitehBitlB-
zahleu (lc3 „Rdsum^ Statistit^ue de I'Enipire au Japon** mit der dort
beliebten EinteiliniR sind zn etnrm profson Teile wcrtlo?. — Jcli bemerke
noch, dafs ich die Bezeichnung ^Mitteljajmn", ^mittlere Bezirke der
Hauptinsel^ für den l^dßtrich zwischeir Tokyo und Kyoto gebraaebe»
nicht für das „Chugoku" (Sanyodo und äAnindo), eine Besdchnoag, die
nur mehr historische Bedeutung bat.
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X 4.
7
Liste der Bezirke.
Bezirk
Haoptotadt
Provinzen, aoB welcben der
Benrk besteht
A. Hauptstädtische Bezirke, Fu.
1. Tokyo
2. Kyoto
3. Osaka ^
Tokyo
Kyoto
Osaka
Miuashi, Teil
Izu, TcU»
Ogasawara (BoDininaeln)
Yamaahiro
Tamba, Teil
Settsu, Teil
Kawachi
Vauiato
B.
4. Kanagawa
5. Hyogo
Die Proyinsialbesirke, Ken.
Saganu
Musasht, TeÜ
Yokohama
Kobe
6. Nagasaki Nagasaki
7. Nügata
B. Saitama
9. Chimma
10. Gfaiba
11. Iharaki
12. Tochigi
Nügata
Urawa
Maebashi
aiU
Mito
Settsu, Teil
Tamba, Teil
Tajima
Harima
Awaji
Hizen, Teil
Iki
Tsushima
Echigo
Sado
^Ituashi, TeU
Shimosa, Teil
Koeoke (Joshu)
ShSmoaa, Teil
Kaztisa
Awa (Boeha)
Hitachi
Slnmosa, Teil
Shimotrake
' Nämlich die sogenannten Sieben Inseln von Izu.
* &ide 1887 wurde die Provinz Yaxnato von Osaka getrennt und
smn Beiirk Nara mit der gleiclmamigan Hauptstadt gemacht
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8
X 4.
Bezirk
13. Miye
14. Aicbi
15* Shizuoka
17. Shiga
18. Gifu
19. Nagano
25. Akita
Hauptstadt
Tsu
Shizuoka
(Sumpu)
16. Yamanasbi Kohi
Otsu
Gifu
Nagano
(ZSakoji)
20. Miyagi Sendai
21. Fuku&hiraa Fukushima
22. Iwate Morioka
23. Aomori Aomori
24. Yamagata Tainagata
Akita
26. Fukui
Fukui
27. Isbikawa
Kanasawa
28. Toyama
Toyama
29. Tottori
Tottori
30. jShimane
Matsuje
Provinzen, aus welchen der
Besiik beiteht
lae
11 ma
Kü, Teil
Owari
Mikawa
»Suruga
Totomi
Izu. Teil
Kai
Omi
Mino
Hida
Sfainano
Rikuzun, Teil
Iwaki, Teil
I waahiro
Iwaki, Teil
Kikuäiiu, Teil
RtkttzeD, Teil
Mutni, Teil
Muisu, Teil
Uaen
Ugo, Tefl
Ugo, Tdl
Rikttchuy
Echizen
Wakaaa
Kaga
Noto
Etchu
Inaba
Hoki
Izumo
1 wauii
Oki
Tal
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X 4. 9
Bezirk Hauptstadt Fiovinz<>n, ans welchen der
Bezirk besteht
81. Okayama
Okayama
l^itchu
Bizen
JUiiDasaka
82. HiroBbima
Hiroeluma
Aki
Bingo
88. Yamagachi
Taroaguchi
Suwo
Nagato (Choshu)
94. vv aKajramA
Wakayama
KUi Teil
85. TokushiiDa
Toklufainia
Awa
86. Ehime*
Mateuyama
^ I.-
Sanaki
o«. Jkocbi
Kochi
Tosa
ITiilriinlrfl.
i Mii Irnmin
Chikiigo
ßuzen, Teil
80. Oita
Oite
Bu/.en, Teil
All
Tri.» JVUlU«alJLIVlA/
W\{tt\
nigo
42. Miyazaki
Miyazaki
Hyuga, TeÜ
43. Kagoahima
KagOBhima
Satsuma
Oeumi
Hyuga, Teil
44. Okinawa
Shuri
Ryukyu
45. Hokkaido
Sapporo
1 1 Provinzen
Von 1882 bis 1886 war Hokkaido in drei Besirke geteUt:
Hakodate, Sapporo und Kemuro.
1 Ende 1888 ist die Provinz Sanuki abgetrennt und als Besirk
Kagawa mit der Hauptstadt Takamatsu errichtet
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Erstes Bucli.
Der Staat.
Erstes Kapitel.
OeseUelitlicker Mekblick. Bis zur Hermkaft der
Tokugawa.
Um die mmale £at«nekeluiig des japanischen Staatswesens
zu. yerstehen, mufs man auf die Geschiente seiner Institutionen
zurück treljen. Trotz aller Orwaltsamkeit des Brucbes mit der
Vergangen lieit ist das um so notiger, als die neue Ära mit ein(Mii
bewulsten Versuch begann, an die Einrichtungen des Altertums
anzuknüpfen. Leider ist es aber bisher recht schwer, in
manchen Besiehmigen geradesa qnmöglich, einen befriedigenden
ÜIwrbHok Uber ^e Geschichte des japanischen Staats-
wesens und seiner Institutionen zu geben. Historische
Kritik ist in den meisten Beziehungen bisher fiwt unbekannt.
Die japanische flistorie ist bisher wesendich dürre Annalistik
und Materiahenanhjtufiin!^, Was von Europäern geleistet ist —
in erster Linie sind hier B, H, Chamberlain und E. Satow
zu nennen — verdient unseren lebhaften Dank. Aber es sind
doch bislier nur Ttiilti der Entwickelung, welche kW vor uns
liegen. Daswiachfln braiten sich weite Strecken tiefen Dunkels aus.
Mit der auch heute noch oflfiriellen Ghronokgie und Anna-
listik haben wir hier nichts zu thun. Sie begmnt am 11. Februar
660 Yor Christus mit der Thronbesteigung Jimmu Tennos, des
Sonnenspröfslings. Bis zum Jahre 400 nach Christi Geburt
zählt sie 16 Kaiser auf, die also durchschnittlich je 66 Jahre
regiert haben. Dieses erste Jahrtnuscnd können wir dem Gebiet
der Sage und Mythologie ruhig ühprla^ssen.
Die wichtigste C^uelle tiu die Keuiitois altjapanischer Zu-
stande ist das erste Werk über die Oeschiehte Japans, das
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14
X 4.
Kojiki, vollendet im Jahre 712 n. Chr. Dieses W erk ist um
HO wertvoller, ala ea viel melir Bpätcie japanische Werke
M 'mtYm kenuMier AiuBdunflcki^g im ^^i^Tnenschen Stüe.
In allen späteron Werken wird dieErkenntoiB wirkUch japanisclier
Zustände unendlich erschwert durch den Aufputz chinesischer
Gtoldinemkeit, mit welchem japaniache SohrifbteUer die DUrre
einheimischer Überlieferung verzierten, in derselben Weise, viel
leicht noch in höhcrem Orade, wie die geistlichen Schrittsteller
unseres Mittelalters ihr barbarisches Lateinisch mit Brocken aus
Cäsar und Sallust verschönerten. Dies gilt besonders auch von
dem nur 8 Jahre später als das Kojiki vollendeten Kihongi.
In Bearag anf aas Kojiki sind wir in der glttekliehen Lage,
eine genaue Übersetzung zu haben aus der Fc3er B. H. Cham-
berlams mit einer eingehenden kritischen Einleitung desselben
Gelehrten', welcher "wir im wesentlichen folgen. Was wir auch
von der iiistorischen Olaubwürdigkeit der dort überlieferten
ältesten Geschichte halten mögen, den ungeheuren Wert hat
das Kojiki jedenfalls, uns ein Büd von den Zuständen des
japanischen Volkes zu geben, wie es dem siegreichen Ein-
drmgen des Buddhismus und des Ghinesentums war, etwa im
fUnften Jahrhundert unserer Zeiti*echnung.
Wir finden das japanische Volk im Besitze der südwest-
lichen und mittleren Teile des japanischen Archipels, während
der Norden der Ilauptinsel noch im unabhänLnj^en Besitze der
Ureinwohner, der Ebisu, der Vorfahren der heiitiü:en Ainu war,
welche wir jetzt nur noch auf Yezo, Sachalin und den Kui ilen
finden^. Erat im Laufe des neunten Jahrhunderts hat dich das
japanisehe Reich ttber die gme Hauptinsel abagedehnt Woher
daa erobernde japanische Volk in ^uer Vorzeit gekommen ist,
, mög^ Anthropologen und Sprachforscher feststellen. Dafs ur-
alte Überlieferungen anf Korea deuten , was an sich nicht un-
wahrscheinlich ist, Sri wenijrstens erwähnt.
Der poKtisi lie Mittelpunkt des Volkes lag bereits da, wo er
jahrhundertelang geblieb«! ist, in dem später Go-Kinai genannten
' Kojiki or „Records of Ancient Mattere". Supplement to vol. X
of TransRCtionB of thc Asiatir S >o!»>ty «>f Japan. Yokonama 1882. S. 369
uijii LXXV'. — Vgl. aut'h (J. A. 1 luienz. Die staatliche und gesell*
schailliche Organisation im alten Japan . Mitteilungen der Deotsehen
Qeseilschaft für Nitnr und Völkerkunde Ostaeiens Y VH (\xm.
* Ohne mir ein unabhängiges Urteil in diesen Dingen auinalsen 2u
wollen, schdot mir der Strdt um die Fra^, ob die Urraiwohner Japans
mit den Ainu identisch sind oder nicht, im ersteren Sinne entschieden
zu sein durch Chamberlains feinsinni^^c Untersuchungen der japa-
nischen Ortsaamen anf ihren AinnoUrsprung hin. s. Memoirs of Literature
College of thc Imperial University of Japan Nr. 1. To^o 1887.
* EHe verschiedenen Hypothesen üoer den Ursprung der Japaner
boi Baelz. Die körperlichen Eigenschaften der Japaner, in Mitteilungen
der Deutscnen OesellBchaflt Ar «atar* und Völkerkunde Ostaaiens lU
334 ff.
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X 4. 1&
Landstrich um die heutigen Städte Kyoto und Osaka lierum.
Hier regierte der Tenno, dem in losen Formen die Häuptlinge
der anderen Landschaften sich bald mehr, bald weniger unter-
ordneten. Wir ßnden die Upischen Formen don Geächlechter-
staatoa. Der Staat bmht am dem Yerliand der Sipn^ Dm (3^
flchlechtäiMtipter, die Omi und Muraji, umgeben nna beeofaränkea
dm Herrscher, jene anscheinend die Häupter der aas Kyuflhu
gekommenen Eroberer, letetere die Häupter der bereitB vor ihnen
in Mitteljapan angesessenen (übrigens stammverwandten) Ge-
schlechter. Die staatlichen Verhältnisse öind unendlich einfach,
aber noch wenig konsolidiert. Die Erbfolge in der kaiserliclien
Familie ist von kciiitm festen Prinzip beherrscht. Nicht einmal
d^ Erbredit der De^cendenten steht ieät. Imierhalb jeder ^ippe
flbt der flJtaipdiiig unbeacbiflnkte Gewalt
Die Kultur des Volkee steht noch auf tieler Stufe. Wir
sehen ein Volk, welches die Schrift, den Kalender, Mais» Gewicht
and Münze, alle höhere Technik, die meisten Haustiere und
Kulturpflanzen noch nicht besitzt und erst von seinen vorge-
schritteneren Naclibarn endehnt'. Wir iiiidf^n das Eisen in
ziemlich ausgedehntem Gebrauch, während die später so ver-
breitete lironze noch unbekannt ist. Der Kupferroichtum des
Landes ist angeblich erst seit dem achten Jahrhundert nutzbar
gemaebt Kebeo dem Ackorbau sjpieh Fischerei und Jagd dne
grofse Rolle. Der Reisbau scheint lltafiBt bekannt au sein,
während die Erwähnung von Bohnen, Hirse und Gerste im
Kojiki von Chamberlain &at interpoliert erklürt wird, ebenso die
Erwähnung des Seidenwurms. Scidcn^eug wird einmal genannt.
Es m.*^ eine ausländische Kostbarkeit gewesen sein. Vaup Reihe
Dinge, welche uns mit dem Namen Japans verknüpft erscheinen,
sind jenen ältesten Zeiten fremd, so Thee, Porzellan, Lack,
Fächer, u. s. w. Die Schiffahrt scheint sehr unvollkommen zu
sem Wagen werden nicht erwilhnt An die Stelle von Höhlen-
wohnungen und Pfahlbauten treten allmählich schilfgedeckte
Holzhutten. Die GroCsen des lindes haben verpalUsadierte
Zufluchtsstätten. Das Familienrecht steht auf tiefer Stufe.
Familiennamen fphlen. Die Anschauungen über das Verhältnis
der Geschieciiter sind sehr nifdri;; Das Eheband ist ein ganz
loses, kaum mehr als ein thatÄtciiliclies Zusammenleben, ohne
Form oder Feier beginnend, so dafs zwisch« n Frau, Konkubine,
und Geliebter kein Unterschied besteht. Dei Name, mit dem
* Wie langiMiui die Ergebnis wÜMenschai'iiicher Forscbimtf sich
verbreiteo, kann man emmsTwiedtr daraus eneheo, dab das Ihfrichte
Geschwätz von der inelirtauseiidjUhrigen Kultur Japaus noch alltäglich
zu hören ist — nOue's patience is wom out bj seeing book after book
gliblj quote the Bo-callea dates of earlj Japanese history as if they were
solid truth, instead of being the merest baphazard guesses and baaslOM
imaginations of a later age" fß. U. Chamberiain, Things Japanese
[London & Tokyo 1890j b. ibü).
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16
sie bezeichnet wird, Jüngere bchweMter**, ist bedeutungsvoll.
Geschwistei^he ist etwaö g&nz Normalej>, während aie später
streng verpönt war. Die später so wichtige Adoption wird nicht
erwähnt. Ebemowenig meKWflrc%erweifle die SklA^era, weiche
in der Form der HMiaskkyerei (Tomobe) sicher bestanden het
Die Religion ist primitiv und unentwickelt Die Menschenopfer
beim Tode der Vornehmen sind mir eehr sweiMbaft^. Das
Strafrecht ist entHPtzKcli ßTauBam
Dianes liai barische, aber begabte \'olk kommt nun in Be-
riilirung mit der überlegenen Kultur Chinas. Aus-
geliend von dem alten Centrum am Zusammenflusne des Wei
mit dem Hoangho hatte diese in immer weiteren Kreisen alle
die Volker etgnffen, welche durch die unwirtlichen Hochgebifge
und EinOden Imierasiens von dem Rest der alten Welt abge-
echnitlen waren. Ttclmisch-wirtschaftliche Überlegenheit einer-
seits, ein schon früh hoch entwickeltes Schrifttum anderseits
hatte alle näher gelegenen Völker Ostnsiens den Chinesen assi-
miliert, die femer gelegenen wenigstens mit chinesischen Kultur-
eleiü' nten durchsetzt. Dal's die Japaner von dem Chinesentum
in ilireiii jjuliuschen wie geistigen Leben nicht so abluingig ge-
wordoi imd wie andere vOlker» und dais dne nationale Fnt*
entwickelung und Venurbeitttng der chinenachen Elemente statt-
finden konnte, iat wohl weaentlieh der iniolaren AbgeachloaBen-
heit Japans zu danken.
\\w ihm Eindringen der chinesischen Kultur im einzelnen
vor sich ^j:f^ü:angen ist, Infst sich bei dpni ^-pp^f nwUrtigen Stande
der Forschung nicht sa^en Vor allein \\issen wir bislier viel
zu wenig über den N'ernuttier dieser KuiturstrÖmung, Korea.
1 Dal» einen Grofsen sein Gefolge im Tode begleitet, ist bei vielen
Völkern vorG^ekommen. Spuren davon finden sien iu Japan bis iii^
17. Jahrhundert. Siehe Testament des Ijevaau, Kempennanna Über-
setzung § 73 (Kudorff 74), wo aber ausdnlcklich Ilezug auf chinef>ische
Sitten und ernen Ausspruch des Confucius genommen ist. Das Koiiki
ensählt aber, dals die Vasallen mit ihrem Herrn lebendig begrsDen
Beim. Dies sei initer Sl^in TeOBO (97-?!) v. Chr.) eingeführt, miti r
Suiuin Tenno v. Chr. — 70 n. Chr.) wieder abgeschafft und atatt
dessen die Begrabung von Thonfiguren (Tsuchi nigyo) eingeführt. Nun
ist nicht nur letztere Sitte chinesisch, sondern auch die ganze Geschichte,
wie sie im Kojiki erziihlt wird, gtammt ans China, vgl. H. A. Giles,
Gems of Chinese literature (1884) S. 41. Letzterer Umstand ist meine«
Wiesens in der Didrassion bisher nicht beachtet worden. Es seheint
mir höchst wahrpcheiiilioh , ihifs mit der Sitte Thonfiguren zu begraben
auch die sie erklärende Erzählung aus China eingeführt ist. Vgl.
fibrigens zur Sache Chamberlain, Kojiki S. 174 n. 200 und Satow
in Transactions of the Asiutic Society of Japan VIH V'ß ff. — Aach
H. V. Siebold in Mitteilungen der JOentsdien Geseilscbaft iL s. w.
Bd. 1 Heft 8 S. 13.
* lOt den gnuuNunen im Kojiki erwähnten Beslmfutitren läfst sich
schwer vcreinicn . w:is Mic]>aelis über da? TiUyste japanische Straf-
recht sagt. Mitteilungen der Deutschen Qesellsch«i^t ilir Natur- und
Volkerl^unde Ostasiens IV 358 f.
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X 4.
17
Denn von dort, nicht direkt aus China kam die Anregung. Wir
mtlfsten wissen, in welclier Weise Korea von China aus civilisiert
war, ehe es zur „Brücke" zwischen China und Jaj)an wurde.
His jetzt sind wir auf Rückschlüsse aus dem unvollständigen
japanischen Material angewiesen ' ,
Bei der Unglaub Würdigkeit der alten Chronologie Japans
haben die Daten über Einführung gewisser Industrieen, chinesischer
Bücher u. s. w. keinen Wert. Zum Beleg diene der von Cham-
berlain (Kojiki, Einl. XLIII) hervorgehobene Fall, dafs im Jahre
284 n. Chr. ein chinesisches Werk (Ch'ien Tzu Wen) nach .Japan
gebracht worden sein soll, welches erst zwei Jahrhunderte später
geschrieben ist. Bei manchen Gewerben und Erfindungen wird
man überhaupt über die Angaben chinesischen Ursprungs stutzig,
wenn man z. B. die Behauptung findet, die Weberei sei zur
Zeit Ojin Tennos (270-313 n. Chr.) eingeftihrt, während
japanische Ursagen Weberei und gewebte Gewänder erwähnen.
Wie es auch um diese Daten über Einftlhrung von Ciewerben,
von Gewächsen und Haustieren stehen mag, ein merklicher Ein-
fluls der chinesischen Kultur fand aicher erst statt im (befolge
einer anderen geistigen Bewegung von elementarer Kraft: der
Bekehrung Japans zum Buddhismus. Von Korea her,
wo die indische Religion im vierten Jahrhundert feste Wurzeln
gefafst hatte, fand im sechsten Jahrhundert eine lebhafte Missions-
thätigkeit in Japan statt, welche am Ende dieses Jahrhunderts
zum völligen Siege des Buddhismus ftihrte, als der grolse Prinz
Shotoku Taishi fUr die Kaiserin Suiko (592—629) regierte
(t 621 n. Chr., sein eigentlicher Name war Ümayado). Die all-
emeine Annahme des Buddhismus hatte die wichtige Folge,
afs neben die Beziehungen zu Korea nun auch direkter Ver-
kehr mit China selbst trat. Von dieser Zeit an müssen wir die
Japaner als zum ostasiatischen Kulturkreis gehörend rechnen.
Mit den religiösen Büchern kamen gleichzeitig die chinesischen
Gesetzbücher. Man wurde bekannt mit dem chinesischen Be-
amtenstaat, mit chinesischem Recht und Ceremoniell. Mit Leb-
haftigkeit wurde die Einführung chinesischer Einrichtungen in
den einfachen Geschlechterstaat betrieben. Bereits Kotoku Tenno
(645—654), der auch als groi'ser Gönner des J^uddhismus ge-
Schlüssc aus koreanischen Zustünden der Gejrenwart sind noch
kanm zulässig. Das gegenwärtige Korea hat wenig Eigenartige.s. Im
weftentlichen ist es ein ganz verkommenes China. Man ist nach den
japanischen Berichten Uber den einstigen Kulturzustand Koreas zu der
Annahme gezwungen, dafs dort friiher die Kultur auf höherer Stufe stand
als jetzt. Ob diese erst im 17. Jahrhundert durch die Einfälle der Japaner
und der Manchus oder schon um das Jahr KXH) zerstört ist in den
Kämpfen um die Herstellung des einheitlichen koreanischen Reiches, wage
i<"h nicht zu entscheiden. Die Vermutung liefet nahe, daf» in diesen
Kämpfen, in welchen die nördlichen Stämme siegten, das alte Kulturvolk
in Südkorea, welches Japan civilisiert hat, zu Grunde gegangen ist.
Forachungcn (45) X 4. — Kathgcii. 2
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18
nannt wird, fnlirt«' chiTiesi.sclie Vcrwaltungseinrichtimgen ein und
zur Zeit Moimuu Tennos ((31^7 — 707 1 erreicht diese Hewe^un^
den ]-l<)hepimkt in der grolaeii Gesctzg^ebung der Periode Tailio.
dem i aiiioryo von 702, einer Nachbildung und wohl zum grorsen
Teil ÜbenetsuDg dunerischer QcseCsliCbSier der Tang Dynastie
(japen. To)*.
Da8 Taihoryo — oder ri I tiger Yororyo, die allein erhaheoe
Neuredaktion durch denselben Verfasser, Fujiwara DO Fuhita ans
der Zeit der Kaiserin Gensho (715 — 724) — nait seinen Kommen-
taren zeigt einen Beamtenstaat nach chinesischem
Hu st er mit wohlgegliederter Central- und Provinzialvcrwaltunn; -.
Der Kaiser (Tenno, Tenshi, Mikado) wird in drr Regierung
unterstützt durcli zwei Behörden , das J i n g i k w a u und das
Daijokwan. EnteraB, Im Range höher ttehend, yerwaltete die
EultusangelegenheiteD. Es hat bald jede Bedeutung eingebQ&t.
Das Daijokwan, eingerichtet durch Tenji Tenne (ritv2 — 1)71), war
die höchste weltliche Behörde, ein Stiatsrat, welcher den IVIittd-
punkt der ganzen Stiatsregierung bildete. Fr bestand aus den
Sanko, den Nagon und in späterer Zeit den iSangi. Die Sauko
oder drei Kanzler sind :
Der Daijo-Daijin oder Grofskanzlcr, olme besondere
Verwaltungsgeschäfte. Er ist „der Lehrer des Einen (d. h. des
Kaisers) und das Muster für Land und Volk**. Das Amt war
namendich wichtig, wenn der Kaiser noch jung war, und war
häufig nicht besetzt
Der 8a-Daijin oder Kansler zur Linken. £r ist der
eigenthche Leiter der Verwaltung.
Der U-Daijin oder Kanzler zur Hechten. Er unterstützt
den vorigen.
Zuweilen, aber wie cü scheuit nur, wenn kein Daijo-Daijin
vorhanden war, kommt dazu der Nai-Daijin^
In der Uufenden Verwaltanff wurden die Sanko unterstUtet
von den Nagon, wtfhrend ftlr besondere Auftrüge die Sangi
< Einige Notizen Uber dieses merkwQrdige Gesety.buLh beiTarriug.
'J'raiisaetions of tlio Asiatic Society of Japan VIIl 71 i iY. und bei
Michaelis, Mitteilungen der Deutschen Geseilsciiutt u. s. w.
IV 355.
Eiiio kriti.mhr* Fut» isui Im irj Ics Taihoryo gehört /.n den Aufgaben
der Vert'a^uugs^escliichte Japans, deren Lösung am dringendsten zu
wfinscben ist.
* Zorn Folffenden vgl. den Kommentar de^ Grafen I to zur Ver-
Ikasang, namentlich /w Art. ^.^ (S. M") ff. der t'n;rli»chen t''bersetzung).
Femer W. Dicksou, Japan, Kap. I o. II. Die Bemerkungen von
Lc^'endre, Progressive Japan 8. 80 f sind weni^ zuveriKsaifr. Meine
Darstellung beruht wesentlicn auf einer Arltnit wHrlio mein danialiper
bchülerK. Kume 1663/04 unter meiner Leitung verfafst hat (Manuskript).
Von den Kommentaren ist namentlich wichtig der d^ Natsuno Kyohara.
" Bei Wiederherstellung dieses Titda« Anfang 1 hat man aus
dem N"ii-r>Miim einen Orors-Siefjelbewahrer gemacht. Im Altertum setzte
der Nakutaukasa-nu-Kyo das .Staatsaiegel aiu die kaiserlichen Krlaase.
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X 4.
19
benutet wurden. Die Nagon zerfielen m Dai-Nagon^ Chu*
Nagon und Sbo-Nagon.
Unter dem Daijokwan standen als Ausfbhrungsbehörden die
acht Ministerien (Sho, bereits um 650 von Kotoku Tenno er-
richtet), jedes geleitet von einem Kjo und einem Tay u (Minister
und Vizeminister).
Die acht Ministerien und liire wesentlichen Funktionen sind :
1, NakatBttkaaaBho, das Hausministerium.
2. Shikibiulio, das chinesische Li-pu, Civilverwaltuug,
Anstellungen, Prüfungen.
B. Jibuslio, das chinesische Li-pUy CeremonielL
4. Mirobusho, das chinesische Hupu, Finanzen.
5. Hyobusho, der chin^sche Fing pu, Krieff.
6. Gyobusho, das cinnesische ilsing-pu, Justiz. Doch
geriet deren Verw altung nach einiger Zeit in die Hände
des Chefs der l-uUzei, Kcbiishi no lietto.
7. Okurasho, Redmungswesen und Gewerbe (Maft» Ge-
wicht, Mttnae, Preise u. a. w.).
8. Kunaisho, das chinesische Kung-pu. Im wesentlichen
hat es fUr den Unterhalt des Hofes zu sorgen
Zu den aufgezählten Ämtern trat später unter Uda Tcnno
(887 — 897) d.is (1 rs K w a m b a k k u ( „Wache der inneren Riegel ),
dessen Wichii^lj it daraus hervorgeht, dafs der gesamte Verkehr
des Mikado hül dcü übrigen Behörden durch ihn vermittelt wurde.
Hier liegt der Anfang zu der spateren Beseitigung aller persön-
lichen Regierung dorcfa den Mikado. Der In&bw dieses wich-
tigen Amtes, das aber nicht immer, besetat war^ hatte gewdbnlldi
gKicluseitig eines der vier Daijin-Ämter inne. IVemde Schrift-
steller haben den Kwambakku meist als Regenten bezeichnet
Passender ist ^v^hl der von JSatow gebrauchte Ausdriu'lc (irofs-
vezier, Kin wirklicher Regent, der die Ro^ierung für den min*
derjilhrigen Kaiser führte, hiefs, wie noch iieute, Sessho.
Das Land war eingeteilt in Provinzen, Kuni. Doch
wird die spätere Einteilung in 06 Provinzen und 2 Inseln nach
Ito erst 927 in dem Engiryo, einer Ergänzung des Taiboryo. in
der Zeit des Kaisers Daigo erwtthnt. Vorher scheint die Zahl
der Provinzen grOfser gewesen su sein. Die Provinzen wurden
▼on Statthaltern, Kokiishu, regiert, welche von der Central-
res^iernng nwf zwei bis dni Jahre entsandt wurden. Dagegen
scheint die Verwaltung der kleineren Bezirke oder Kreise ( Kori)
in den Händen angesehener einheimischer Öippcnhäupter geblieben
zu sein.
Wie in China sollten aUe Ämter nur nach Verdienst , nicht
nach Abstammung verliehen werden. Als Amtsemolument erhielt
jeder Beamte Land, Amtsland (Shokubun-den) und Bangland
' Die lange Liste der m diegeii MiniBterien gebörigea Beamten
siehe bei W. Diekson, Japan S. 74 ff.
o *
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20.
X 4.
(I-den), beides liir die Zeit, dals or Amt und Uang inneliatte.
Ebenso wurden Verdienste durch Verleihung von I>and belohnt
(^Ko-den). riü}ien Beamten wurden auch liürige des Staats
überwiesen. Hier sind die Punkte, von welchen aus die neue
dganiflation raach wieder in VerfiiU geriet.
Der VetBuch^ einen reinen Beamtenstaat zu grttndeni mufiite
scbeitem an der Stärke des QeBclüecbterverbandes mit seinem
Strebfm nacli Erblichkeit und an den wirtsclinftlidien Verhält-
nissen. Ein reiner Beamtenstaat in Zeiten prirnirivcT Natural-
wirtschaft war in Japan ebenso unhaltbar wif> in dem Franken-
reich der Karolinger. In beiden Reichen liat sich der reine Be-
amtenstaat kein Jahrhundert gehalten. In Japan war zu Anfang
des achten Jahrhunderts die grolse Beform durcheeftlhrt. Zu
Kaiser Sagas Zeit (809—823) sehen wir schon den lieginnenden
Ver&Il. Die Analogie mit dem Frankenreiche ist in mehr als
einer Bezielnmg überraschend. Hier wie dort eine mächtige
Aufwiirtsbewef:imp^ der Kultur m\ Oefolgc religiöser Missions-
thHtigkeit. Hier wie dort Förderung auch d(T materiellen Kultur
durch die Glaubensboten ^ Hier wie dort eine vorübergehende
Kunstblüte, nicht aus einheiniischer Krall, sondern durch Heran-
siehen ansländiacher Etlnetler. Von dieser eigenartigen korea-
nischen KuDBtperiode zeigt noch heute Nara, das von 709 — 784
Reichshauptstadt war, die glänzenden Reste-. Im frUnkischen
wie im japanischen Reiche folgt den kraftvollen Reformatoren
ein schwäcnlichcs Geschlecht, unt^r dessen schlaffer Rejriening
die kaum hergestellte Centralisation %'erloreii geht, Monarchen,
von denen die einen in mönchischer Frömmigkeit, die andern in
lasterhaftem Mülsiggang die Regierung mehr und mehr iiiren
Gfofsen aberlaasen. Kotoku Tenno (650) hdrte jede Klage und
Beschwerde, die hei ihm yombracht wurde. Em Kasten, um
die Klagen aa£Bunehmen , una eine Glocke ftir die Beschwerde-
führer hingen am Palast. Seit Sa^ Teono (809— B29) hiJrte
Kluser mehr die Kinnen selbst an.
Für die weitere Kntwickelung der Zustände sind Onind-
besitzverhältnisäe wichtig. Nacli dem System des Taihorvo ist
alles Land Eigentum des Kaiäers und wird periodisch zur Nutzung
verteilt Doch ist zu beachten, daft daM immer nur von „den**
die Rede ist, d. h. von nassem Feld, Reisland. Aufserdem von
Maulbeer- und Lackbaumpflanzungen. Danach mfifete man an-
Ddbmen, dals anderea Land in fniem Privatagentom gestanden
hätte.
Das fiir die Menge der Hevölkc l uiig zur Vertü^'uiig stehende
Land sollte der Regd nach alle sechs Jahre in der Weise ver-
> So ist 8. B. Do-slio ans der Zeit Kotoka Tennoe als BrOeken.
batter gefeiert
* Di« koreaoiechen Wandmalereien in Horii^i bei Nara stehen nach
mdneni beseKeidenen KimstveKStändsIs bock fiber allem, was japanieehe
Malerei je geleistet hat.
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teilt werden, dafs für jedes männliche FamiliengUed von mehr
als 5 Jahren 2 Tan, ftlr jedes weibliclie ^ a Tan gegeben werden
sollten. Leibeigene des JStaates erhielten den gleichen, Leibeigene
Privater ein Drittel Anteil. Die Verteilung erfolgte auf Lebens-
zeit ^ Die^ies Land hiefs Kubun den, KuplaDteillund. Neben
dieser allgemeinen Landverteilung steht nun die bereitB erwähnte
Zuwebung von Land an Beamte fUr die Dauer der Bekleidung
▼on Amt und Rang ( Sliokubun-den und Lden) ond dieVerleihnng
von Verdienstland (Ko-den) in vier Klassen : auf immer und auf
drei, zwei und eine nachfolgende Generation. Diese drei Land*
arten, Amt-, Rang- und Verdienstland, werden spater unter dem
gemeinsamen Namen JShoyen begriffen und entsprechen etwa
dem Bencfieium des fränkischen Kelches. Von diesem scheint
die Vüu anderem Lande sciiuldige Orundsleuer (tJo, fünf Prozent
vom Bohertrage) und fVonarbeit (Kuwayeki, 30 Tage im Jahr)
Hörige oder freie Zinsleute auf dem Lande gesessen hätten, welche
dem Beliehenen einen Teil des Ertrage» ablieferten.
Dieses System änderte nun, kaum eingePiilirt, seinen Cha-
rakter. Bei der Stärke des Geschlechts Verbandes wurden alle
wichtigen Ämter thatsächlich erblich in den Familien des Hof-
adels, unter welchen die Familie der Fujiwara hervoiragte.
Sciiou bcit Mitte des acliteu Jahrhunderu haben diese dauernd
die hOcfaaten Amter des Kwambakkui Sesaho oder DaijoDaijin
inne und regieren tfaatailohlieh anstatt der Kaiser. Es ist der
Anfiuig des Hansmeiertttma, welches his in die neueste Zeit
1 Über weitere Einxelhuiteu, eventuell vorkommende VergröCserung
oder Verrin|ifei ung der Anteile u. s. w. siehe Tarriag, Laad Provisloi»
of the Taihor^ü, in Transactions of the Asiatic Society of Ja})au
VIII 14") ff. Nehmen wir die hentipe japanische DiirehgcDnittsfamilie
von 5 Küpfeu, mit 2 männUcbeu uud 2 weiolicbeii Mitgliedern von mehr
als .5 Jahren, so htttte de erlniten 3Vt Tan = 44 Are, da in der Periode
Tailio 1 Tnii 8.-2r, Are w;ir I'ns ynn Tnmng angegebene gröfstTe
LaiiUmafti iat erat in der Periode Wado eiiigelührt Ende IbÖU kamen im
Durchschnitt von ganz Japan auf eine Ifousbahnng etwa 58 Are Acker-
laad, wovon 34 Are Keislaud.
Es warft morkwurdig, wenn eine solche alle Besitzvcrhältnieso um-
»türzende Malärt^el plütziicli nach ohinesisehem Muster eingeführt wäre.
>hui laub aanehinen, dafs etwas Entsprechendes bereits beitaad und das
T;uli<<rv() nar ilie cliinesiRch rochtlichc Formulierung war, wobei das
Uberei^entuun des Kaisers eingeschmuggelt wurde. Die Vermutimg ist
vielleidit nicht sa kfilm, dale die japanischen Aneiedler das Land in
gemeinsamen Besitz nahmen und das Feld perio^lisch unter die Mit-
plieder der jjrofsen Sij)pen zur Nutzung verteilten. Wir wissen, dafs
daä heute in Korea und zum Teil iu China noch besteht, wo die häutig
die gansse Gemeinde uinfaMende Sippe das Feld gemeinsam besitzt, in
Korea wie es scheint so^ar teilweise noch gemeinsam beliaut (so ist mir
an Ort und SteUo versichert worden). Periodische Neuverteilung des
Feldes unter die grundbf»!tsenden Banemfiunllien der Gemeinde hat sich
in manchen Gegenden Japans bis in die allesneacste Zdt effimiten. Vgl.
imten im AlMchoitt äber die Grundsteuer.
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X 4.
japanischen Vertasbungszuständen ilir figeiuii-tif^es Gepr{t«re j^ebt.
Die Adclsfamilien bemächtigen sicii aber iiiciit nur der Ämtern
eondern sie veracbaffen sich Anch erblicfaen Beute an jenen LHh-
demen, ^e mit dem Namen Shoyen bezeichnet werden. Im
Besitz der Macht dehnen sie das Shoyen immer mehr aus. Um
1100 hat es angeblich neun Zehntel allen Grundbesitzes um&IsL
Hierdurch -wiimen nicht nur die Einkiinftf^ des Kaisers ge-
schmälert, sondern es scheint als ob die Slioyenbesitzer sich eine
Art Immunität gegen die kaiserlichen ^Statthalter verschafft hlitten,
so dals deren Bedeutung immer geringer wurde. Ks kam dahin,
dais die Statthalter ^ar nicht mehr in die Provinzen gingen,
sondern ihre Befugnisse durch Vertreter (Mokudai) ausübten.
Diese aber nahmen sie unter den ninchtigeren Familienhtta)>teni
ihrer Bezirke, welche auf diese Weise ihrerseits ihren Einflufs aus-
dehnten. (Auch liier bietet der Westen eine gewisse Analogie
io der Stellunff; de.s Vogtes, advocatus.) So liatte der auf Gniud-
besitz beruhende Geschlechtsverbatid den Bearatenstaat völlig
zersprengt Die Kaiser aber waren zu schwach der Auflösung
Einhalt zu thun. Häufig safsen Kinder aof dem Thron, regel-
mäPsig dankten die Henrscher nach kurzer Regiorung ab und
vrurden Mönche, nicht immer freiwittig. Von Saga bis Godaigo
Tenno, der den Versuch einer Re^tauratioil der kaiserlichen (se-
walt wa^ie, 823 — 1318, haben 43 Kaiser auf dem Thron ge-
sessen, jeder also durchschnitthch nur 11 ^ 2 Jahr. Von diesen
haben 23 abgedankt und 3 sind abgesetzt.
Neben jener Entwickelung geht eine zweite nicht minder
wichtig TOT sich, die Entstehung erblicher Berufsstände, nament-
lich die Aiissdieidung eines beniismttrsigen SoMatenstandes, der
im wesentlichen ans den bOngen Gdblgslenten (Kenin) der grofeen
jSippenhftupter hervorgegangen zu sein scheint, eine &hnliohe E^nt-
wielcclung wie die der Ministerialität in Europa. Hierdurch
wurde es möglich, dals einige kriegstüchtige Geschlechter neben
den B^uiiwara m« hr und mehr in den Vordergrund traten, vor
allem die Talra und die Minamoto. In den Rriegen und Auf-
ständen an der nördlichen Grenze als Feldherren (Shogun) des
Kaisers die Armeen ftüirendy haben sie den Schwmnmct ihrer
Macht in den Grenzmarken des Reiches, und währena bisher alle
jananische Geschichte sich um die Gegend von Kyoto dreht,
erhält von nun an mehr und mehr das Kwanto, die gröfste
Ebene Japans, Bedeutnno:'. Ks kam endlich dahin, daCs der
Besitz dös Kwanto entscheidend wurde ftir die Hemcliaft über
Japan. Die Rivalität der Taira und Minamoto kam zum otfenen
Ausbruch aus Anlafs von Thronstreitigkeiten 1150, und in den
Wirren des Bttrgerkrieges schüttelten die Häupter der grolsen
Geschlechter die letsten Beste der kaiserlichen Aufticht^ewalt
1 Schon im 10. Jahrinindert yeiaoeht ein Tain sich im Kwanto
naabbingig so msehen«
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nV>. Wer Fäuste hatto. p^riff /n. hh fins dem Kampfe Yoritorao,
das Hüpupt der Minamoto, ;ils Herr drs l.andes hervorging (1185).
Yoritomo liel's den ohnraachii^^t-ji Kaiser mit seiner ohn-
mächtigen ixütmU^nregierung bestellen. Er war zufrieden mit
dem Titel eines Kronfeldherrn, Sei-i-tai-shogun („die Bar-
baren unterwerfender Orofsföldherr'' , gewöhnlich nur Shogun
genannt). Aber neben die nominell weiter beBtehenden kaiaer-
Schen Behörden setzte er seine eigene Oi^g^isation ^ und schuf
so den merkwürdigen Dualismus, der mit kurzen Unter*
broehimiron bis 18^58 bestanden hat. In seiner Residenz Kama-
kura ernclitete er eine neue Ccntralrcgierun.: , das Mandokoro.
Neben die Kokushu, die Provinzialstattliahn-. s. t/.ie er die 8hugo,
welche die Militärgewalt und die i>einh'ehe .Jusiiz ausübten. In
den Shoyen, den immunen Gebieten, setzte er Aufsichtsbeamte
unter dem Namen Jito ein. Dagegen blieb die CS^ÜgerichtS'
barkdt den Kokushu und den Shoyen-Hennen je ihre Gebiete.
Nach ^'aritomos Tode (3199) sehen wir In seinem Hause
gleichfalls das Hausmeiertum seinen Einzug halten. In der
IShogunwürdo fol«:^PT( ihm seine Nachkommen, aber die oip^ent-
liche Regienui^' fuhrt der ^Siiikken (seit 1205), der erste
Minister des »Shogun s Diese Würde war erblich in der Familie
der iiojo. Ein milsgluekter Versuch des Hofes in Kyoto, die
Macht der Hojo zu brechen (1220/21) hatte die FolgC; dafs ein
grofser Teil des Kyoto -Adels seiner ShoyenbeettEungen beraubt
und diese Vasallen der Hojo zu Lehen gegeben wurden. Keben
der allgewaltigen Stellung der Shikken war es ziemlich gleich-
fültig, wer Shogun war. 1219 starben die direkten Nachkommen
es Yoritomo nm und 120 Jahre lang wurde die Shogunwürde
von Mitgliedern des Hauses Jc'ujiwara oder kaiserlichen Prinzen
bekleidet.
Über die inneren Zustande Japans zur Zeit der Shikken
Iftist sich nach dem, was bbher in europäischen Sprachen bekannt
geworden ist, wenig sagen. Auf geistig tief bewegte 2Mten
entet die lebhafte Sektenbildung um 1200, welcher die wichtig-
sten buddhistischen Sekten Japans ihren Ursprung verdanken
(namentlich die Jodo-, die Shin- und die Nichirensekte).
Die Tr^^nnring der Stände kommt zum Abschlufs durch die
thatige Gesetz^^clnmg der Jahre 1230 bis 1290, welche namentlich
die Verhilltnisse d» r ( Jok>m'n, der Dienstmannen dea Sh(^in8,
regelt, aber auch bauerliciie Verhältnisse, Hörigkeit u. s. w. ^.
^ Japaner DÜesen die von Yoritomo eingeittbrten neuen Kegieruiijgs*
fbrnK» sttoem Miimsr Oye ffiromoto soznschreiben , der den Tarn»
geschlecht an^^ehörte, aber sich Yoritomo anachlofs. Er war der Stamm*
vater der Familie ^fori, der Hfiüteren Fürsten von (^'hoslm.
' Aug meinem Matenul von Auszügen ucheiut eine iui Laufe d€8
13. Jahrhunderts iMCh fortschreitende Verschärfung der Standesab-
crhlirf'iinp hervorzupehen. So z. H. wenn die VeräulVonuifr If"? r^phcr!?-
gutes den üokenin verboten, Veräufserung ihres Frivatbeeitzer' ^JieBiUs
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Die neuen Provinziaibeamten des tjhoj^iniats sollten nach Vori-
tomos Absicht ihr Amt nur auf Zeit verwalten. Aber die Richtung
auf Erblichkeit der Amter brach auch liier rasch Ns iech r durch
und diese lieamteii haben von vornherein Neigung zu über-
gri6fen gezeigt. Sdion um 1280 muü^ den Shn^ verboten
weiden , auf eigene Faust Vertreter (Daikwan) in ^eiseii und
Ortschaften einzusetzen, Steuern auasuschreiben und in die Ge-
Bchäfte der Kokushu und Jito einzugreifen.
Im Jahre 133:3 versuchte Go-Daigo Tenno (Daigo II) die
kaiserliche Gewalt h r;aist* llen. Allerdings gelang es die Hojo
zu stürzen und ihre liegieruug zu Kamakuni zu zerstören. Aber
der kaiserlichen Gewalt erwuchs kein Gewinn daraus. Um eine
Reihe der mächtigen FamiÜen tur sich zu gewinnen, übertrug
ihnen der Kaiser das Shugo- Amt in ihren Proyinssen. Unter den
Hojo waren die Shug|o von der Regierung in Kamakura ab-
hängig geblieben. Eiese neuen Shugo aber kümmerten sich
wenig um die Gesetze und Verordnungen, welche der Kaiser
gegen ihre Uber^jrifTe erliefs. Sie filhrten ihre Privat fehden und
vergewaltigten die kleinrn kaiserlichen r.fhensleute, die Shoyen-
besitzer. um ilire lierrschalt auszudeiinen. Der Versuch, die
kaistiliihe (iewalt wieder aufzurichten, endete 1838 mit der
Wiederlier-^tellung des Shoguiiats durch Ashika^a Takauji. Auch
die Ashikaga machten ihre wichtigsten Anhänger su Sbu^o.
Diese Militärstatthaiter dehnten jetat ihre Gewalt nach alten
Seiten aus. Sie bemächtigten sich des letzten Reates unmittelbar
kaiserlidien Landes und damit verschwinden die Kokushu^ die
alten kaiserlichen Statthalter, p:.*lnzlich. Die Shugo unterwarfen
s'icli lerner die Shoyenbesitzun^^on , so dais auch rlirsc direkten
Lehnsleute des Kaisers verschwinden. Auch Teuipelgut ist ihnen
vielfach zum Opfer gefallen. Gegen das Ende der Aühikaga-
herrscliaft um 1500 sind die Shugo oder, wie sie nun sich nenuen,
Daimyo thatsächÜch so gut wie unabhängige lAndesherren
in ihren Gebieten.
Das sechzehnte Jahrhundert ist eine der trUbsten
Perioden japanischer Geschichte. Völlige Ohnmacht der Central-
regierunpr. ncs Kaisers wie des Shop^ms einerseits, endlose Fehden
der Landesherren und Kiimjife um die Herrschaft in den Pro-
vinzen anderseits zeigen uns einen Zustand völliger Anarchie.
vor Errichtung des Shogaoats) erlaubt wird. Schon 1239 wixd aber
Verkauf des Privatbesitaes an andere uU GokfMiin verboten. Anfaii^a
wird den Gokenin nur die Verpfändung des LeLus verboten, 1266 aber
aach die ihres PiivatbesitMSt da sie oft dadurch in Not kKineii.
Es scheint, dafs in diesem frühert-n Lehn.'iwesen der Kitter, wie in
Europa, rf'L''elrnHfaig ein Lehnsgut erhielt, wiis im späteren jiipani'^rhcn
r.ehiis\venen nur vereinzelt vorkommt. Der claneben vorkommende JMvat-
besitz aber wurde mehr und mehr mit dem Lehnsgut zusammengeworfen.
Das Gilt selbst wurde anechMnend durch siaqiflichtij^e ifinteraasBen
bewirtschaftet.
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Hier und da gelingt es einer Familie, ihre Herrschaft über aus-
gedehnte Länderstrecken aufzurichten, welcher dann zuweilen
ebenso plötzlicli durch die Eifcröuciit der Nachbarn ein Knde
bereitet wird. So finden wir in Echi^o die Uyesugi, im Kwaiito
die (späteren ) liojo von Oda warn, auf dem Westende der Haupt
izuel die Ochi uod Mori, aaf Kyusba die Otomo von Bungo,
die Riuzoji to HIgo und Hizeii, die Shimasu in Satsuma. Es
ist die Zeit, in welcher die erste Berührung mit Europäern (seit
1542) den kriegtUlirenden Fürsten Feuerwaffen, dem verzweifeln-
den Volke das Chri.stentum brachte. In dieser Zeit der Not regt
sich zuerst wieder der Gedanke an die Herstellung einer einheit-
liclien ('entralgewalt des ^likado. Durch Vermittelung eines
reieiien Burgers von Kyou> (Tneliiiri Muuetisugu) trat seit 1559
der Hof mit Ota Nobunaga in Verbindung, dem Herrn von
Owari, der uUe umliegenden Proviosen mit seiner Herrschaft
▼ereinigt hatte und damals der mächtigste unter den Landes-
herren war. Im Jahre 1567 ^ab ihm der Mikado den aas Ina k-
lichen Auftrag, Ruhe im Lande herzustellen. Im nächsten Jahre
besetzte er Kvoto und hatte thatsücldieh die höchste Gewalt im
Lande. 1573 wurde der letzte Shogun nm dem Hause Asliikaga
abgesetzt. Nobunaga, mit dem Amte eines Ü-Üaijin bekleidet,
suchte gleichzeitig das Aüöelieu des Hofes zu heben und seine
eigene Stellung zu stärken. Auf die Kastelle von Kyoto und
Osaka und auf seme eigene Henschaft im mittleren «fapan ge-
«tatst, gelang es ihm, im gri^&ten Teile des Landes Rune her-
zustellen. Aber ehe noch sein Werk irollendet war, fiel er durch
den Verrat seines Feldherrn Akedu Mitsuhide 1582 ^ Nobu*
nagas Werk w\m 1 e fortgesetzt von T o y o t o 1 1 n T I i d e v o s h i ,
dem bedeutendsten seiner Fcldlierren, einem EtnporkoinnilinL; uns
niederem blande, der keine Landesherrscliaft sein ( it^c ii iiamiLe
und nur auf seine ergebene Armee sich stützen konnte. JJie
Fortführung von Nobunagas Pohtik, die kaiserUche Gentralgewalt
BU Stärken, war ftlr ihn der Weg sur höchsten Macht Bereits
1586 wurde der ehemalige Stalljunge zum Kwambakku ernannt,
ruiidi die Schärfe des Schwertes wie durch kluge, versöhnUche
Pohtik stellte er im ganzen Lande die Autorität der Central-
t(»'wa1t und den inneren Frieden her-. Die Landeslierren
ficliworen der Kegierung des Kaisers Ti eue, Wichtige Ketbrmen
wurden in Angriff irenonimen. Aber bereits 1598 starb Hide-
^'Oiihi, der raiko-6auia, wie ihn daä Volk nennt. Die Einrich-
tung eines Reichsregiments, welches die Geschäfte tühren und
die Gewalt in der Familie Toyotomt erhalten sollte, versagte
sofort den Dienst. Zwiachen den grofsen Ijandesfürsten brach
der Kampf um den Vorrang und die Nachfolge in der thatsfich-
1 Akecbi Hitaahide lebt als treuloser Vasall im Volksmunde fort
Noch wird atif lern Koya-san sein Mitzgespaltener firabstein gezeigt.
* 1>>Ö7 üersti^Uuog der Ordiiuog auf Kyuabu, 1590 im Osten.
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X 4.
liehen Rofpenmg des Reiclies aus, ein K.impf. aus welchem nach
der Schlacht von Sekij^ahara im * »ktol)er das Jahres IGno
Tokugawa Iveyasu (ein 8prol's dea Minamoto-H auses wie
die Ashikaga), cler Mit 1590 Herr des Ewanto war, ab Sieger
hervorging. Im Beritse der Gewalt, liela er aich 160S ▼om
Mikado zum Udaijin (Kanzler zor Rechten) und sum S< i i tai-
shogun ernennen. Seine Kesidenz behielt er im Kwanto, in Yedo.
In der Form des neu (zum dritten Male) errichtoteTi Shogunats
wurde die von Nobunaira und Hideyoslii l^egonnene Neuordnung
des Staatswesens durclif^cführt, in welciier das Lehnswosen , in
seinem innersten Kern f^cbrochen, in einer in ihrer Art genialen
Weise den Anforderungen einer centralisierten Staatsgewalt an-
gepafat wurde. £a war eine Weiterbildung deasen, waa Yori-
tomo aoent enrtrebt hatte'.
Zweites Kapitel
Die Herrschaft der Tokngawa.
Vorbemerkung. Mit dem Staatswesen, wie es duveh lyeyaeti
begründet bi? ]'^fM beptamlen hat, beschäftigen sich alle allgemei-
neren Werke über Japan mehr oder weniger ausführlich. Die Hniipt-
quelle tÜr diese Werke ist W. Dickaon, Japan. nanientlieh die
Kapitel VII bis X. Trotz vieler lileiner Irrtümer, Verstümmelung von
Namen, Titeln n. p. w. i-'f es noch immer ein nützliches Werk. Atis
neuester Zeit sind zu erwähnen die kurzen Aufsätze vonJ. H. Gnbbins,
The Feudal Ssrstem in Japan mid«r the Tokngawa Shoguns, in Tmuis-
aetions of the Asiatic Societv of .larKui vol. XV (auch in der Japan
Weekly Mail, ISHl, VIII xti abgedruckt i und von 0. Kndorft", Bemer-
kungen über die Rechtspflege unter den Tokugawa, in Mitteilungen der
Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostaaens IV 378
(1888). Wichtiger n!« die letztgenannte Arbeit von demselben
die Einleitung zu „Kamporitsu oder Hiakktuo, ein japanisches liechts-
bneh ans der Mitte des vorigen Jabifrandens*' (1888 enehienen, obne
Jahreszahl und Dmrkortl Das Gesetz pelbBf iFt novh einmal von dem-
selben Autor abgedruckt in der gleich zu erwähnenden Tokagawa<
Gesetzsammlung.
Ana dar Oasatanebunff der T<^ngawa ist mehreres in europiischea
Spntchen enehienen: P. Kern permann, Die Qesetae des lyejasa, in
' IH. Jahrhundert ipt diejenige Periode der japanischen Gc-
Bchicbte, über welche wir am besten Bescheid wissen, teils dun h die
Jesuiten, teils durch die reichlich fliefsenden japanischen Quellen, ans
welchen dem europäischem Lp^.(:r viele.»* zugäni^ij Ii LTmn cht ist. Von
neueren Veröffeotlicnungen sei namentlich auf die in den Bänden der
Asiatie Sodety of Japan ereehienenen Arbeiten Ton 8atow, G-nbbina
und Aston fiingewieson. Für die Entwickelung der Verfassunfi^ seit
Yoritomo habe ich namentlich die gleich zn erwähnende Arbeit von
Y. Sakatani benutzt.
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Mitteilungen der Deutöclien (jeseUschaft u. s. w. vol. 1 Heft 1 S. ö und
Heft 2^2, 1873. (Vergl. aaeh in Heft 1 S. 14 £ voin setbeo Ver-
fasser die kritieehen Verzeiclinisse der Kaiser und Shogane und die
Stammtafel der letzteren.) Die hier übersetzlen niid mit Annierkimr^en
versehenen Gesetze sind die sogenannten Achtzehn Gesetze (von l()l-">)
lind das „Testament des Iveyaso*', auch die „hundert Gesetze" genannt.
Eine Ül»er3etzunc derselben Urkunde erschien l><14 von J. F. I^owder
unter dem Titel „the Legacj of lyeyasu" u, e. w. Die bei Dickaon
(Japan S. 341—269) gegebene Übertragung ist dorch diese beiden Über-
setzungen überflüssig gemacht. — Umfangreiches Material giebt O. Ru-
dorff, Tokugawa-Gesetzsammhing, Supplementheft zu Hand V der Mit-
teilungen der Deutschen Gesellschaft u. s. w., 1889. Dieses Heft enthält
die Yon Kempennann bereits fibefMtsten beiden Urkunden, das Testament
in verschiedenen Fassungen. Femer die Bukeshohatto , Ordnung der
Buke (des Kri^eadela, d. n. der Landesherreal Endlich die Koditikation
des Straik«ebtB nnd gewisser Teile des Verwnitangsreehts, welche sint
ITI'i V« I Ii t^'^i ijnnm II (Kajoruiten tnid rlessen Erp'iiizimf^enX Trotz
ihres umfassenden Titels enthält die Publikation doch nur einen Teil der
grandlegenden Gesetze. Für das Strairecht dürfte sie in der That eine
so ToUbtändige Übenieht geben, wie wir sie für keinen anderen Teil des
japanischen Uechts zur lokngawazeit besitzen. Nicht so fiir das Ver-
faasungs- und Verwaltungsrei-nt Vur allem fehlen die grundlegenden
Abmachmigen zwiseben Mikado und Shogun. Bs fehlen die ausfÜhr*
liehen Arntsinstruktioncn unri !)ieTi?tri(lr> ffir die I't\nmten der Tokugawa-
regienuig, welche die Uauptquelle für die Funktionen der Behörden
InKlen. Es fehlra die €kmingumi -Ordnungen (Goningnmi ^ Vereinigung
von je 5 Familienhäuptem zu gegenseitiger FriedensDurgschaft) u. s. w.
Von den Buke sho Hatto (Oronungen des Rriegsadels) fehlt da» er.=te.
Das vermindert natürlich den Wert des Gebotenen nicht Bedenklieher
ist die vielfache Ungenauigkeit. — Einige nfitsliebe Notisen giebt
6. Appcrt, Aiicit ti Japon. Tokyo 18Ss'.
Für das Folseude stütze ich mich aufser den gedruckten enropaischen
Arbetten hanplwcblicb auf eine Arbeit über die „Verwalttmgsorganin-
tion im alten Regime*^, welche Y. Sakatani, der beste meiner japa-
nischen Schüler, gegenwärtig Rat im Finanzministerium, in den Jahren
1883 und 1884 unter metner Leitung verfafst hat. Die Abhandlung (23Ö
Setten in Grofsquart) bertiht anf dem in der UniverritlltiblbUotbelc in
Tokyo Vorhand onrn ^T.Tterinl.
Eine Darstellung der allmählichen Wandelungen der Verfassungs-
suliiide Jaoans wSbrend der Zeit der Tolnwaw« tentt leider noch ganz.
An japanischem Material ist ofienbar kein Mangel.
Erst nach Abschluf? meines Manuskripts erschien <lie Dis.'^ertation
von S. Y 08 Iii da, Geschichtliche Entwickelung der Staatsverfassung und
des Lfchnwesens von Japan (Haag 189<J). Die Arbeit leidet unter dem
Bestreben des Verfassers , d;is japanische Lchnrecht in die Formen des
deutschen einzuzwängen, wodurch manches ganz schief dargestellt wird;
MunentHeb die ei^^enartige Stellung der Daimyos im japaniselien Lebne»
Staat kommt gan/ uii>:< nügend zum Ausdruck. Die Arbeit leidet weiter
durch die ganz unselbsiandige Anlehnung an die in europäischen Sprachen
bereits erschienenen Darstellungen. Eine luitische Untersuchung der
Entstebimg des Lehnswesens, namentlicb uf GhnUMl des rsicblichen Ma-
terialB m dem 13. Jabrbnndert, fehlt immer noch.
Die VerfaBsuogJapans, wie lyeyasu sie feststellte und
Mine Nachfol^r, nanMntlicn sein Enkel lycmitsu, sie weiter aus-
bOdelen, wira beseichnet durch den Dualismus. Auf der einen
Sdte sehen wir in priesterlichcr Abgeschiedenheit den Hof in
Kyoto, denen alte HegieningebehOrden scheinbar weiter bestehen^
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X 4.
deren einzige wirkliche Lebcnsäufserungen aber sich auf die Ver-
leihung vou Raog und Amtätiteln an die Grofsen des Reiches
beschränken. Die alten Ämter sind zu blolsen Titulaturen herab-
gesanken. Auf der anderen Seite ateiit der Shof^nn, der that-
■ächltche Machthaber, mit seiner Regierung, dem B a k u f u ^ , for-
mell ein Beamter des Kaisers, in seinem Auftrag die R^erung
iiihrend, in Wirklichkeit auf seine Hausmacht gestützt der wahre
Herr des Landes, das er teils direkt durch seine Beamten regiert,
teils durch die Lehnsfürsten und Territorialherren, welche unter
weilgehender Aufsicht «tehen, verwalten liifst.
Die rech tliche G r uudlage iUr die Stellung des Shoguns
ist in erster Linie das ihm übertragene Amt des Sei-i-tai-shogun,
welches die Verwaltang aller mOitltrisehen und auswärtigen An-
gelegenheiten in sich schliefst. Daraus folgt, dafs er neben der
Gesetzgebung für seine Hauslunde ein gewisses Gesetigebungs-
recht nir (\m ««n'/e Reich ausübt, nfimlich einmal in solchen
Din/^en, welche die Beziehungen zum AuslaTide betreffen (Verbot
das Land zu verlassen . Verbot des Chri8tenumj.>, Verbot grofse
iSchifi'e zu bauen, Beiehl auf fremde SchiÜ'e zu schiefsen), dann in
Angelegenheiten des Krimadels, der Buke (d. h. der Temtorial*
herren) Der Shogun ist &b Haupt der Dairoyos Ton Amts wegen
und mfolgedessen auch von Amts wegen höchster Richter in Krimi-
nalsachen wie in solchen Dingen, für welche der einzelne Daimyo
nic!it kompetent ist (Orenzstreitigkeiten etc.). Aulserdem aber
regelt er den ganzen kaiserUchen Haushalt und die Angelegenheiten
des Hofadels. Dies kann aus dem Shogim-Aint niclit folgen, aucli
liieht aud dem Daijin-Amt, welches jedem iSho^uu verheben
wurde (der Regel nach das des Udaijiii, auwdlen auch das des
Kaidaijin). Diese Machtbefugnis beruht vielmehr auf ausdrück-
lichen Abmachungen des Ijeyasu mit dem Hofe und ansdrOck-
lichem Auftrag an den erstgenannten'.
I )ie t h a t H ä c Ii 1 i c Ii e C, r n n d 1 a g e der Stellung d^ Sho-
guns beruht auf seiner eigenen H ausmacht und meinen Vasallen,
lyeyasu war teils durch Hideyoahi , teils nacli dcs-^^en Tode aus
eigener Kralt 1 enitorialiicrr uusgedelinter Gebiete in Mitteljapan
geworden. Vor allem gehörten ihm die Provinzen des Kwanto
* Bakufu /eltregierang^ Militari eperung.
* Diese Abmachungen und, soweit ich Mhen ksm, den auslän-
dischen Darstellern des Sliogunatf völüi: fntL'Hngcn. In welchem Um-
fange diese Ahmachangen noch vurhaudeu siuü. habe ich nicht ermitteln
können. Die ersten datieren woM aus der Zeit der Verleihung des
Sho;,'uiiatntcs. Bckatint gcwonlen sind mir 1. eine Verordnunjj; des Sho-
ffuus in ö Artikehi über die Ptliehten der Kuge, des Hofadels, vom 18.
des (). Monats ir>12, worin es heifst „dies ist durch Übereinkunft fest-
gflStellf^, unil L*. über die < )nlnun;u' des Hofes und des Hofadels ein Ver-
trag in 17 Artikeln im 7. Mouat l*il4 pereichuet vom Hofadligen Niio,
dem .Shogun Hidetada und dem Hliogun iyeyasu. Eine Folge dieser
Abmachungon sind dann die ▼en Kempermann TeKöffenttiebten aoge-
Dannten Achtsehn Gosetae.
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29
(Sagaini. Mii*?ashi, Kozuko, Sliimotsuke, Slnmosa, Kazusa, Äwa),
sowie die weatlich angrenzenden (Ivai, Snrugji, Totomi und
Mikawa). Aber wie innerhalb dieser Provinzen manche Teile
wieder an Vasallen verliehen waren, so hatte der Shogun Be-
sttsim^n Uber das gansse Land ventreat, yielfiich als Ritterldien
an seine Gefolgsleute (Hatamoto) ausgethan, namentlich in den
mittleren Teilen der Hauptinsel und im Norden von Kyushu.
Wichtig ihrer Ooldber^^wcrke wegen war die Insel 8ado, als
Verbannungsort die ^sieben Inseln von Idzti". Endlich standen
eine. Reihe von Städten wegen besontierer Wichtigkeit unter der
Verwaltung des Sboguns. Sie waren sozusagen als Reichsstädte
anzusehen, eine Einrichtung, die von flideyoshi stammt. Solche
Stlldte waren vor allem im mittleren Japan Kyoto selbst und
die benachbarten Orte Otsu, Fushimi und Nara, femer Osaka
(seit 1615), Sakai und Hyogo, sowie die heilige Stadt Yamada
in Ise, endlich auf Kyushu Nagasaki, als wichtiger und später
einziger Platz flir den Verkehr mit dem AuslanHe sehen 1590
durch Hideyoshi von der Provinz Hizen abgetrennt. Die Be-
deutung der direkten Tokugawaherrschaft geht daraus hervor,
dals von der Kokudaka (dem geschätzten grundsteuerpHiehtigen
Ertntf der Felder) mehr als ein Drittel auf die Shogimatsllinder
en1fid^(vgl. S. 36 Anmerkung).
Die Macht des Shogunhauses beruhte ahn- fimer darauf,
dafs von den Territorialherren ein grofser Teil Vasallen der
Tokugavva WMren, die Fudai (wArfiber gleich mehr), unter welclien
wieder eine ganze Anzahl Mitglieder der Tokugawa - Familie
waren. Bei den übrigen I>andesherreii aber wurde eifrig darlU>er
Sewacht, dals sie nicht zu mächtig wurden, sich nicht verbün-
elen u. s, w. Im Gegenaats su den Zeiten der Adbikaga mit
ihr«r Bildung ttbermäimtiger Landeshemschaften ist die Toku-
gawa-Beglening ein geradezu raffiniertes Beispiel ftlr das Divide
et impera.
Für Japans innere E n t w i c k e I u n g ist die Herrschaft
der Tokugawa - Shogune von nnen^llicher nedeutung gewesen.
.Sie ^'nhen nach endlosen Wirren und Kämpfen dem unglUek-
licheu L«in<le Frieden und Kuhe. Nach der Eroberung von
Osaka (1(515) und der Überwältigung des Christenanfstandes
f 1637) hat mehr ab swei Jahrhunderte kein Krieff oder Aufttand
die Ruhe des Landes gestört. „Der lange Friede heiCit beeeich«
nenderweise diese Periode im Volksmunde. Das mufste vordlem
der materiellen Kultur zu gute kommen, nnsere Kenntnis rler
inneren Zustände Japans ist noeh nieht ausgedehnt genug, um
dies ganz zu würdigen, aber viele Symptome lassen es deutlich
erkennen. Die Seidenkultur, eine Jer wichtigsten C^uellen des
Wohlstandee, hat erst in dieser Zeit sich wirklich entwickelt
Nodi an Kflmpleni Zeit, Ende des 17. Jahrhunderts, filhrt Japan
Rohseide ein. Ebenso hat die Baumwollkultur sich erst seit
dieser Zeit ausgedehnt PorzeUan und feine Fayencen sind erst
80
seit dem 17. Jahrhundert in Japan hergestellt u. 8. w. Von
dem, was wir heute an der japaniscben Industrie bewundern»
gebt nur weniges vor 1600 zurück. Im alkemeinen darf man
aus dem sunebmenden Luxus wohl auf watfsenden WoUslniid
achliefsrn.
Ebensowenig Zweifel kann an der ^.'fmtigen Weiterent-
wickeluiig sein. Krst seit dieser Zeit dtirtti n «iie Einwirkiinjscen
der chinesischen ri)ilü.->ophie und ( ^elehrsiinikeit lici iiii l aU^eraein
gewesen sein. \\ ie lyeyasu selbst den liucLdruck I^Qiörderte,
Manuskripte sammelte und wobl die erste grOfsere Bibüodiek in
Japan snsammenbracbte, bat uns Satow in seinem AufmtBe
„History of Printing in Japan** (Transactions As. Soc. of
Japan X 48 ff.) erzählt. Über die Verfeinerung der Sprache
dürfte das Urteil eines Kenners wie Ciianiberlain ausschlaggebend
sein ri ransactions VIII 278)*. Im ganzen ist es wohl kaum
übertrieben, wenn wir sagen, daf» alle h()here Kuliur .lapans
ein Erzeugnis des „langen Friedens" , der Jiegierung der Toku-
gawa ist*.
Betrachten wir die Verfiusung Japans unter den Tokugawa
Im ein^faien etwas nüher, so ist suerst die Stellung des S ho-
guns und seiner Regierung (des Bakufu) sum Mikadc»
au besprechen.
Der Kai.ser ist der höchste Herrscher des Landes, der
VeiTnittler mit dem liinnnel®. Aber er lebt in unnahbarer Ab-
geschlossenheit in seinem Palaste in Kyoto, umgeben von seinem
alten Hofadel, beaufsichtigt, wenn auch in den ehrerbietigsten
Formen, von den Beamten des Shoguns, unfithif in die Oesimäfte
des Landes einzugreifen, abgeschnitten vom Verkehr mit den
Fürsten des Landes. Nicht nur wurden genaue Vorschriften ftir
die Kuge (Hofadligen) erhissen, sondern sogar Hir den Kaiser
wnnh'n in der oben erwähnten Abmachung von KU 4 Schnitt imd
Ir arbe der Ocwänder, ja die Bücher festj^esetzt. die er le.sen 6n\\e,
damit er die Lehren der alten Weisen kennen lerne und so
Frieden und Wohiiaiirt des lieiche» bewahre.
Wohl ernannte der Kaiser den Shogun, aber das war rein
formell. £r erteilte Rang und Titel, aber auch darin war er
1 Dafs (las Volksthoatcr mit seiner treti'liohen bchauspielkumt erst
dieser Zeit eutstamtnt, sei uebeuher erwähnt.
Gegenüber den landläufigen Ausoliaiiun^en von dem Alter japa-
nischer Kultur iat es nötig di-'s auBdräcklich /u betonen. Die Japaner
haben nicht Jahrtausende utili gestanden, eoodem in wenigen Jalu-bun-
derten eine eigenartige hochstehende Kultur entwickelt
" j-Mifsr^it die Krnte, so liegt das darin, dafs die Rc^Morun^ des
Kaisers den Vorschriften der Weisen nicht entspricht," Testaiueut dob
lyevaau, Art Ö8 der von Hakatani benutzten Handschrift, entsprechend
89 bei Kempermann, 90 bei Rudorff.
X 4.
31
von den Regulativen «li^s !liaknfu abliilngig, ftlr Hof- wie Krie^s-
adel. Nicht einmal mit Bitten sr>llte man sich an den IIot'wej]^*m
höheren K^tng:e.s und Titels wemlrii'. Dals der Mikado gCNvis^e
ceremonielie Handlungen vornahm, z. B. Gesandte zu gewLsseu
Festen und Tempeln schickte, hatte keine praktische Bedeutung.
Das einzige, was er ohne Erlaubnis thun konnte, war abzudanken
und seinen Nachfolger z.u bezeichnen, wa.s lyeyasii aiLsdriicklich
anerkannte, als er 1<)1U h» i <\^-r Abdankung Go^Yoisei Tenno.^
um Rat getragt wurde, Starb der Kaiser, oTine dafs ein Nach-
fol2'rr bestimmt war, sollte die Niflif^l.'^o cbirfh die kaiserlichen
Minister in ( Jemeinschat't mit dem liakum uebtimmt werden.
Die Aufsicht über den Hof wurde in der Weise durchgeluiu i,
dals gewisse Hofbeamte gleichzeitig im Dienste des Bakui'u
standen^ nämlich die dem Kwambakku unterstehenden Giso und
die aus diesen entnommenen Tenso. Beide Arten von Beamten
erhielten ihr Gehalt vom Bakufu und die Tenso sehworen sogar
dem Shogun den Treueid. Die aul'seren Geschnüe des Hofes,
Vermögensverwaltung, Bewachung u. s. w. besort^ten 2 Beaint(;
<les Bakufu, die Kinritsuki, die dem Shoshidai , dem Statthalter
des Shoguns in Kyoto, unterstanden und die nötige Kxekutiv-
mannscliaft zur Verfügung hatten.
Dem Unterhalt des kaiserlichen Hofes diente die Grund-
steuer von gewissen Ländereien in der Gegend von Kyoto, welche
als direktes Ejkiserland galten, im ganzen 20<)0m Koku Reis, wo-
von nach dem citierten Erlafs von l«»8t) 10 000 für die laufenden
An-L'fiben ausreichen mulsten. Dazu kam einf kloinr I 'innahme
au Gebühren für Titel- und Rfinj^v<TloiI)MTiL:< u. Auisseiunientliche
Ausgaben, für Thronbesteigung, Verniaiilung . Beerdigung des
Kaisers, Bauten im Palast u. dgl., trug das Bakufu. Unter üm-
Btünden wurden auch die Daimyos hierzu herai^g« zogen.
Das erwähnte direkte Ejiiserknd verwaltete ein vom Bakufu
ernannter Daikwan in derselben Weise wie in dem Shogunge-
biete (siehe unten).
Ks ist I if hst beachtenswert, dafs in aller dieser Beschninkt-
heit der Mikado doch seine Stellung w\t fallen äiilserlichen Khren
( [endest rauer bei seinem Tode u. s. u . i überhaupt behalten hat.
Daik an »eine Beseitiguiig gedacht ist, unterliegt wohl keinem
Zweifel Danuf deutet die Annahme gewisser Ausdrücke durch
den Shogon, welche nur der Mikado brauchte (z. B. des Wortes
' Ho lUr den Krie^sadel die „Adit/t-'lm ^JcM^'t/««- Art. 10. V*;!. einen
Krlals des RliOf^uii8 an ItakurH JSuwoiH»kMnii von lr>;!<i, VII 1:5: „Dtn- knisor-
licbe Hof ist darauf hiiizuweiscu, dafs er Titel und Hang an den Kriegs-
adel nur dorch die Binde dee Shoguns verleihen soU.*^ Vgl. auch einen
Krlafs des Hakufu von !(»T4: „Di r H<>f soll keine P«*titinnon vmm Tempt ln
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32
X 4.
Chin für „Ich"). Später wurde das wieder aufgegeben. Darauf
deutet, daft die Snogixne sich gelegendidi KOnig (O) nennen
liel'sen (geschah leit dem 8. Sbogune nicht mehr), dafs einzebe
Scbriftsteller anfingen den Mikado „Kaiser von Yamashiro** ^ ni
nennen. Zu lyernitsii (3. Sho^am) Zeit soll wirklich erwogen
sein, den Mikado zu beseitigen und ihn zum erblichen Uber-
priester der Daijingu in Ise zu machen. Der Grund, dais solche
(iedanken zu nichts gefiihrt haben, ist wohl weniger in der
ehrfurchtsvollen Scheu vor der Majestät des Mikado zu suchen
als darin, dafs die kraftvollen Grttnder des Staatsweaens der
Tokngawa glaubten, dalli rie den Mikado völlig in ihrer Gewalt
hätten und sich des ihm noch anhaftenden Prestiges fUr ihre
eigenen Zwecke bedienen wollten. Das haben jene bedeutenden
Männer nicht erwartet, dafs einst schlaffe Nachfolger die Gewsdt
ihren Iliiulcn entsinken und die Person des Kaisers in die
Hände temdlicher AdcLslkktionen fallen lassen könnten.
Der zweite wichtige Tunkt ist das Verhältnis desiSho-
j;uns au den Territorialherren, dem Eriegsadel (Buke —
im Gegensata au Kuge, Ho&del). Wie aebon gesagt, war der
Sbogun ala Bokher das Haupt des Eriegeadeb. Die Territorial-
herren wurden gewöhnlich Daimyos genannt („grofser Name"
cm Name, der eigentlich nur den gröfseren unter ihnen zustand.
\'or lyeyasu Zeit wurden nach ihrer Bedeutung drei Herren
unterschieden: die Kokushu, welche mindestens eine ganze
Provinz beherrschten-, die li)^ oöhu, die anderen Daimvos, welche
ein Gebiet yon mehr ab 100 000 Koku (Ernteertrag) hatten,
und die Josbu, SchlolsheiTen, welche eigentlich nicht Daimyo,
sondern Shomyo („kleiner Käme'') hieiaen. Diese Unterschiede
sind aber rechdich kaum von Bedeutung gewesen. Die Zahl
aller r>f\imvos hat in der Tokii2:awnzf')t etwa 260 — 270 betragen,
davon wann alx r die meisten nur Scliiofsherren. Nur etwa 50
hatten ein < Tel)tet von 100 000 Koku und darüber (1862 nach
der Liste von l>ickson 53^). Die kleinsten Gebiete hatten nur
10 000 Koku Ertrag und aolcber Zwerggebiete gab es 1862 nicht
weniger ala 48 und etwa 120 weitere natten noch nicht 50000
Koku, 80 dafs ungefidu* 100 Tenritorialherren von einiger Be-
deutung bleiben.
Reelitlich wie politisch wichtif^ ist ein anderer Unterschied
unter den Landesherren, welchen Ijeyasu teststellte. Der Shogun
war als solcher das Haupt aller Daimvos. aber von diesen waren
eine Anzahl aufserdem Vasallen des Tokugawa 1 lauscs. waren
die, welche lyeyasu beim letzten Entscheidungskampfe als ihren
' Yaroashiro ist die kleine Provinz, in welcher Kyoto liog^t
* Seit wann die Lohnsflirsten diesen Titel der alten kaiserlichen
Statthalter annahmen, ist nicht klar. Jedentalls erst, uachUem während
der Athlkagaseit das alte Amt m Grunde gegangen ist, vgl. oben & 24.
Wi Tin man den offenbaren Dradrfebler llOOO Statt 110000 beim
Daimjo von äakura berücksichtigt.
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X 4. SS
Führer anerkannt hatten. Sie hielsen Fudai. Alle anderen
Landesherren bleiben Tozama. Die huhen Amter im BakiUu
wurden auatohlierdieh mit IVidat-Daimyoe beietet Füdiii
waren saUrdoher alt die Tosania, das nidit direkt unter dem
Bakufu stehende Landesgebiet war a1>er ziemlich zu gleichen
Trilrn auf beide Arten von Daimyos verteilt. Nach iJicksons
Liste kommen nnt Ii P)' rflck>i('htipir.i^ einiger Druckfehler 18G2
anf die IGO Fudai r[\n<\ 'J tnuijou Koku , aüf die 100 Tn7?iTiia
ruiiil '^300 000 Koku. Vun den Fudai waren 23 nicht nur
Vasallen, sondern aucii Mitglieder des Tokugawa- Hauses (Kamon)
und unter diesen nehmen drei wieder eine besondere Stellang
ein und werden gewöhnlich nicht mit unter die Fudai, sondern
als Gosanke filr sich ;^'erechnet. Es sind die Fairsten von Owari,
Kü und A[ito. von drei Söhnen des Xjejasu abstammend \ Beim
Ans^ii i Im n d^^r TT'tnptlinic des Hauses sMltf aus den erstgenannten
U i'lt 11 Hiiusem der Tinrr« Shogun 2T»Tiüiimien wrrd^n, während
düi Fun^t von Mito als Vice (Fukuj -Shogun (Ui ständige Rit-
geber und \'ertreter des Shoguns sein sollte, als solcher auch
ttst unnntarbrocben in Yedo residierte. B!s ist vielleicht dieser
Stellung des Hauses Mito sussuschrdben , dafs zwischen dem
Shogun und seinen Verwandten von ^lito fast immer eine ge-
wisse Spannung bestanden hat. Zum Sturze der Tokugawa-
Herrschaft hat keine Familie so beigrtmppn als die von Mito.
Als mit lyetsugu, dem siebenten Shonin; an- dem Hause Toku-
gawa, die Hünptlinie ausstarb, shul ihm öicb<-ii weitere »Shogune
aus dem Üauoe Kii gefolgt. DtT 15. (letzte) Shogun war aus
dem Hiause Mito, war aber von dem gleich au ^wähnenden
Fkinaen von Hitotsubashi adoptiert. Die Go-san-ke werden
übrigens unter dem Namen Go-ichi-inon auch zusanimengefarst
mit drei anderen Linien des Hauses Tokugawa, welche keine
Lnndrslii ri si'haften hatten, den Go-san kyo; den Prinzen von
Hitotsub^ishi, von Tayasu und von Shimizu.
Das Prinzip der Machtverteilung, nuf weleliesj ^^ich dio Herr-
schaft der Tokugawa stützte, ist also klar erK« iHulich. \ uii dem
Reichsgebiet war mehr als ein Drittel der Kokudaka nneh direkte»
Henfsciaftsgebiet der Shogune. Von dem Ecst kam die Hälfte
auf Verwandte und VasaUen des Tokugawa-Hauses'. Solange
dies Haus in sich einig dastand, hatte also selbst eine Vereinigung
der Dairnyos wenig Aussicht auf Erfolg. Dals aber auch eine
solche A'ereinigung nicht stattfinden konnte, wurde einerseits
durch die terräoriale Verteilung der Landesherrschaften , ander-
> Aneh die FBnten von Eehixen, gl^ehfidlt von «bem Sohne des
lyerjraau stammend, wtirden regelmafsic nicht mit mitor die Ftidai ge-
rechnet Ebenso die von Aizu (von Hidetada stammend). Eb bleilMni
also 18 Kamon nnd 137 Fodai übrig. (Nach der von Diekion mit»
geleilten Liste von 1862.)
' IMvon wieder ein Drittel anf Verwandte, zwei Drittel auf Vasallen.
Forschtuig«li (45) X 4. — BAtbg«ii. 3
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d4
X 4.
seits durch eine Reihe von Vorschriften für die Daimvos erstrebt,
welche von kraftvoller Hand durchgeführt jeden Versuch des
Wideratandes unmöglich machen muifiten*.
* Zum Verständnis der Machtverteilung wj«- der politisclicn \'or-
g&nge gegen Ende der Tokuf^awaherrschaft dürfte es nicht ilbei-tiüdsig
sein, die wiclitigsten Lundeäherrschaften mit ihrer Kokudaka und den
regierenden Familien aufsnaihlen. Ei aind mm Bsde der Tokngawa-
bemcbaft nach der GhTöfae geoidnet:
Kaga
Satsuma
Sendu
Owaxi
Kii
Hiffp
CUknieD
Aki
Choshu
Hi/.oii
Mito
Omi
Inaba
Tau
Echizen
Biaen
.Xosa.
Aisn*
Chikugo
AkiU
Morioka
1 022 700 Koka, FunOie Maeda,
770 800 - - S.ymazu, Shoxi no Daibn,
62Ö600 - - Date,
619500 • ' Tokugaw«,
555000 - - Tokugawa,
540000 - - Hosokawa,
520000 • Kvroda,
426 000 • - Aeano,
369 000 • • Mori. Daizen no Daibu,
:i57 000 - - NaBeehima,
HoOOOO - - Tokugawa,
H50 000 • - Ii, Kamen no Kand,
325000 - - Ikeda,
823900 • • Tode,
:V21MKM) - • Matsudaiia,
315200 - • Ikeda,
257900 • HaehiMika,
242000 - - Yamanouclii.
2^0 000 - - HatMidaira (Uo«hma),
210 00(J - - Arima,
'205800 - - Satake (luaprOngUch in IfitoX
200000 • - Nambo.
Bei dieser Gelegenheit möge die Einschiebung einiger kritischer
Bemerkungen über die Zahl der Daimyos gestattet sein. Durcli Er-
richtung von Zweigiiuien, durch Aussterben solcher Linien, durch andere
Verteilung der Geniete der Fürsten haben rieb die Zahlen von Zeit m
Zeit ein wenig geJindert. Doch haben sie im ganzen nur wenig ge-
schwankt Gubbins giebt für das 17. Jahrhundert die Zahl 4^ (a. a. O.
▼erdrackt in 292), ein in meinem Beaits befindliches „Staatobandbaeh''
(Bukan) von l^ör» giebt 267, eins von lsr,7 hat 27.?, du von Dickaon
Ub^^tzte von isti'j bat 2()6, eines von lö71 (unmittelbar vor Auf hebong
der Territorialherrschaften, von den anderen natnigemMfs sehr abweichen^
meines Wissens das letzte erschienene) hat 2HI. Nach Rein (I 369)
hätte eine Liste von l>«i2 2")*). Wenn wirklich eine solche Liste vor-
handen ist, so ist sie iedeufalls unbrauchbar, was schon aus der Zahl von
96 Koknshudaimyos hervorgeht, die sich dort finden soU. Die Usten
stimmen insofern nicht übereiii, als einige Daimvos in manchen Listen
fehlen, in anderen enthalten sind. Ks sind das die Fuyo oder Fuzoku-
Daimvos, einige kleine Landedierren, welehe in einem AbliKngigkeits>
Verhältnis zu den profsen LandesfUrstcn standen. Ebenso ist die Ein-
teilung in ilen vcrbchiedeuen Listen etwas abweichend, namentlich wer
als Kokushu-Daini) o gerechnet wird nnd wer nicht. Das ist weiter nicht
merkwürdig, da diese Venrzeichnissc (liukau) nicht etwa amtliehe 8tasla>
handblicher sind . wie einige Schriftsteller anzunehmen ?cheinen, sondern
private Veröft'entlichungen, wie schon die aufserst ehrlurchtsvoUen Aua-
dri&eke (On-Daimyo, Go-Fudai u. s. w.) hätten zeigen solleo. Diese nüüi-
lieben kleinen Bächer geben Namen und Titel jedes Daimyos, sefai Alter,
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.X 4
85
Die Daimyos regierten innerlmlb ihrer Gebiete unter
aUgemeiner Obemufsicht des liakufu, welches gegen Mil'sregierung
einschritt. Die Daimyoö luitten die Ge6ctzgebuDgä> und die
sein AVappeu, seine Feldzeichen (d. h. die Form der über die Speerspitxen
gestülpten Hüllen aus H0I2, Federn, Tuch), die Kokudaka. die Kntff nmng
seiner öchlorastadt von ^'edo, seine Residenz in Ycdo, deu Tribut an den
Shogun u. 8. "w. an. Sie enthalten fenier die Besetzung der hohen Ämter im
Baknfn und ähnllchp Notizen. Die von Dickson übersetzte Liste giebt
die 3 Gosanke, 18 Kokushu (die von üein I 371 angeführten;, ^ To-
aama, 18 Kamen «od 137 andere IVtchd. Die meisten Onkan der spfttercai
Tokugawazeit geben aber 21 Kokushu, indem sie d* n Fiidai Todo von
Tbu und die Kamon von Tsuyama (100000 Koka) und Izumo(Matäue —
186 000 Koku) zu den Kokushu zählen. Die 21 Kokushu sind 1. die 8
frofsen Kokushu, die Fürsten von Kaga, Satsuma und Sendai, 2. die 14
leineron Kokn«hu, die Fürsten von Higo, Chikuzen, Chikugo. Hizen,
Chosiiu, Aki, iiizen, Inaba^ Awa, Tosa, Tsu, Yonezawa (loUüiX) Koku).
Namba nnd Aktta, 3. die vier neuen oder uneigentlicben (jun) Kokushu,
Tsuynma, Izumn, Krhizon tinr! Aizu. Die Jun-Kokn^Vm Binrl snnitlich
Verwandte des Tokugawa-iiauses und sind alle erst nach der Kou^oli-
dieranff des Sbognnats dai«h die Eroberung von Osaka (1615) gegründet
(nämlicl) in der angpcebencn Reihenfolge IHIK», 16."l^, 102:1, UWAl während
alle anderen Hcrrscltafteu vorher begründet sind, iilinige rechnen auch
iSo von Tsushima (100 000 Koku) zu den Kokushu.
Über die Zanl der Oaimyos nach jetziger amtlicher Anschauung
giebt die Reorganisation des Adels ( l^^' i, Juni) ATif^elilufs. Aus der
Liste von van de Polder, La Pairie Japonaise. Yokoliama 1885, ergiebt
sieb, dafs als zum Adel gehörig anerkannt sind: 196 Hofadlige und 283
vom Kriegsadel. Von Irfzteren aind aber abzusetzen, um dif Z;ihl
der Daimyos zu erhalten, nämUch das Haupt der Tokugawa-FamiÜe (jetzt
Fürst KoX ein Sbimazn von Satsoma, davon dieser ftouie «wrf m Flinten
gemacht wurden, der ehemalige „König" von Ryukyu, jetzt Man|uis (Ko)
Sliotai, die drei Tokugawa-Prinzen Hitotsubashi, Tayjiau und Shimizu
(jetzt Grafen, Haku) und 7 Barone (Dan), welche von ihren Familien erst
seit der Reatanration abgezweigt sind. Es bleiben also 270 als adlig
anerkannte ehemalige Daimyo-Geschlrf^hter, welche 1884 noch bestanden.
Das stimmt mit den von mir durchgezählten Bukans (267 und 27:1) im
wesentlichen.
Die Kokudaka f Jt r :;e8chätzte Ernteertrag jedes Gebietes) nach der
Diclcsonschen Liste siebt rund 1670UUUO Koku für alle Daim^ate nach
Bevicbtiguiig einiger Drack- oder Lmefebler; der seblinunste ist bei den
Date von Sendai, wo 325 600 statt 625600 Koku steht. Diesen Fehler
h.it Rein bereits verbespsert. Die übrigen Fehler schleppen sieh aber seit
Dicköouß iiuch weiter, sind jedoch meiist nicht von grofser ikdeutung.
ErwfthBcnswcrt ist nur Satsuma, wo es 770000 sUtt 710000 Koku
heifsen murs, ferner Hotta (Sakura) mit 110h<m\ uicht 1! üOO und
Okobo (Odawara) nüt 113000, nicht 153000. Zu der oben mitgeteilten
Kokndaka aller Fütsten ndt mehr als 200000 Koku ist ni bemerken,
dar? die Angabe« fiir dir' Mncfln Vi^n Kaga etwri- Ir.v mkcn. docli ist
die durch fast alle europäischen Bücher sich schleppende Dicksonsche
Zahl 1027000 wohl verlesen oder verdniekt ftir 1022700, wie die
von mir selbst eingesehenen Bukan übereinstimmend haben. Dieselbe
Zahl hat Satnwr und Hawes' Handbook for Truvcllri^ in Central and
Northern Japan 2. ed. S. 300. Dieses Buch ist überhaupt eine wahre
Fundgrube wertvoller und zuverlässiger historischer Notizen.
Was Rudorfl' in seinem Anf-afz ,Ti.l itapflege unter den Tokugawa",
Mitteilungen der Deutscheu lieeellachatt u. s. w. IV 381, über die
Daimyoe sagt^ ist wenig förderlieh. Die Hast, andere m kritisieren, fShrt
ihn selbst in IrrtUiaer, wenn er 8. B. in Beins (gere6bter wftre gewesen,
3*
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86
X 4.
Jiuticgewalti die HÜitKr- und Gml^erwaltung ibrer Gebiete.
Ihre allgemeineo Pflichten gegen die Centraw^erung wurden
in den so^nannten Bukeehohatto , Ordnungen des Kriegs-
adok, von Sl>n<riin ft^s^estellt V wie sie schon von Yoti-
toxno» Minister Uye Hir^inoto erlä.Hsen sein sollen.
Vor allem wurde ihnen der Vorkehr mit dem Auslände,
ebeuiio Privattehden, Verschwörungen, der liau von Burgeu
u. 8. w. yerboten. EheieUiefiHuig luid Ad<^<m wv an Qoieh-
n^gu^g gebunden. Sie durften Tefle ibree Gebietee an ihre
eigenen Vasallen, aber nie an andere Daimyos au Lehen geben.
Die eigenartigste Mafsregely die Daimyos in Gehorsam m halten,
Dickflon tn nennen) AnfssiUtluog der Kokashn^Dafanyos die von GubUns
genannten Mito und Oshu, (lage;j;eu bei Gubbins Satake und Matsudaira von
Äizu vennirst Gubbins Anpabon beziehen sich auf den Anfang der Toku-
Siwaherrschaft. Damals salben die Satake in Mito. Ah lyeyasu diese
onsehaft einem seiner S^hne gab. erhielten die Satake eine Rokoshu-
Herrschaft in Dewn, <\cin heutigen Akitaken. Ouliu und Aizn !«it »»her
einfach dieselbe lierrscltaft. Diese hat übriffeos in der Tokugawazeit
den Daimjro gewediaelt. Anfangs M dort die Fsaailie Kato mit 400000
Koku l>i<'Po wunle aber abgesetzt und die verkleinerte Ilrnvcliuft von
23UIK>U Koku erhielt die mit den Tokugmwa Terwandte Familie üoshina,
die sich auch Matsudaira nennt.
i^her die Titulatur der Daimyos siehe die klare Auseimmdenetzong
von (rubbios a. a. O. I Iber die Gröfse der Rokndaka, d. h. des in Koku
Kcis Keschätzteu Geaamternteertrages des Landes, nach welchem die
öffentlichen Lasten bemessen waren, sei hier noch bemerkt, dafs die üb-
liche Angabe von gut 2^ Millionen Koku (davon 20 Milünnrn für die
Daim^or, 6 Millionen dir den Shoguu) mit den wirklich b^laubigten
Zahlen rar die ältere Zeit ganz und gar nicht stimmt. Nach den mir
von Prof. Sbigeno gütifist gemachten Mitteilungen sind wirklich gut be-
Cdet nur vier Zahlen, niimlich fUr 150^^ 185707^0 Koku (nach anderer
le 18009 04;^). Dabei fehlen Iki und Tsushima. Um 1690 waren es
25910074 Koku. Es fehlt Tsushima. 1750 waren es 25786895 Koku.
Es fehlt Matt<umae (Yezo) und Tsub])ima. FTulHch 18:^2 305.')8917 Koku.
Diese Zahl umfafst sanz Japan eiuscblierslich Kjukyu. Ziehen wir toq
letsterer Zabl die 18700000 Sokn der Dsinajale sb« so bleiben etwa
ll^nenitO Koku für die an den Kai.ser steuernden Gelirtr, die Tempel-
£Üter und die Üesitzungen des »Shoguns. Letztere hätten also 10 — 11
Millionen Koku betragen, wovon aber ein Teil an die gröfseren Hata-
moto zu Lehen ausgethan war. Nach dem amtlichen Bericht über die
Grandsteuerreform h&tte die Kokudaka :>,0 l;i5206 Koku betragen.
Als die Feudaieinrichtungen 1871 abgeschatlt wurden, betrug die Koku-
daka nach dnem Bericht des Finanzministers Okuma mnd 82905000 Koku.
* Siehe d'w^r in Rudorff, Tokugawa-Ge8Ct2sammluiTg, wn nbrr
der eiste rudimentäre Ansatz zu diesen Ordnungen fehlt ich lasse ihn
anr VervoUstftndigung hier folgen:
1. Alle von den verschiedenen Shogunen seit der Zeit des Udaisho
(Yoritomo) erUssenen Gesetze sollen befolgt werden. Auch die
von der Ke^erung geänderten und neu erlassenen.
2. Ihr sollt niemandem, der die Qesetzc verletzt oder die Befehle
des Shoguns mifsachtet, in eurem Gebiet Zuflucht crnwnhren.
3. Ihr sollt keinen, der des Aufruhrs oder Mordes beschuldigt ist, in
eurem Dienste bebalteii.
Wird eine dieser Vorfichriften verletzt, so soll die Sache antST-
sucht und streng bestraft werden. 1610. 12. des 4. Monats.
X 4.
87
war das Sankinkotai, die Ejnrichtung, dafs die Fürsten ab-
wecbaelnd ein Jahr um das andere in Yedo und in ihren Pro-
vinzen residieren, und in Zusammenhang damit, dafs ihre Frauen
und Kinder dauernd in Yedo wohnen mul'sten. Die Kosten des
Hin- und Herziehens und der Hot'haltuiigen in ^'edo war<'n
eine der schwersten l-^sten, welclio auf den Daiuiyos ruliten
und ein Hauptgrund für ihre ewige Finanznot*. Zur Zeit des
aflÜBil SliognnB (Yoshimone 1717—1745) wurde auf kurse Zeit
^ Beridensnffidit in Yedo ennftCsigt gegen eine Steuer von
ein Prozent der Kokudaka. Aushoben wurde sie erst in den
Zeiten des Vertalls der Tokugawa-Macht.
Von sonstigen Leistunj^en clor Daimyos ist zu erwähnen
vor allem die Stellung von Tvn])\)vn im Falle eines Auff^ebotes,
deren Zahl auf Grund der Kokudaka in einer Matrikel von
1632. H. 17 festgestellt war. Beispielsw eiöe hatte ein Dainiyo
Ton 10000 Koku zu stellen 10 Reiter, 80 Speertrftger, 10 B^n-
aohütBen,,20 Bttcfaaenaohtttzen; ein Daimjo von 100000 £>ku
Btafile 170 Reiter, 150 Spe^träger, 60 Bogenachfitsen , 850
Bfkcbsenacbtltzen u. s. w.^. Die DairnjOB hatten femer den
regelmäfsigen Wachdienst in Yedo und an anderen wichtigen
Punkten zu versehen. Weiter mufsten sie re^^ hnälsit^r,.,! Trihut
zahlen bei der Ankunft in ^ edo, zu bestimuUen J^'esten und
alluionatlieli. Der Tribut beüUind teils in Geld, teils in der
Jahreszeit entsprechenden Produkten ihres Gebiets, Fiscben, Seide,
QewllaünfiiMl Stoffen, Pferden u. a. w. DafUr erhielten sie bei
Sewiasett Geiegenbeiten GegoDtteachenke des Shoguna*. Aucb
en hohen Beamten dea Bakura waren regeknäfsige genau fest-
stehende Geschenke zu machen, ebenso gewissen Tempeln (z, B,
den Grabtempcln in Nikko, dem Confuciustenipel von Seido in
Yedo). Dazu kamen Geschenke bei aulserordentliehcn (!el<'<;cn-
heiten, bei der Kinsetzunp^ eines neuen Slio^uns, l)ei seiner Hoch-
zeit u. 8. w. , oft auch ohne iiulseren Ankfä, nur um sich sein
Wohlwollen au sichern. Dafür erhielten die Daimyoa allerdings
bei besonderen ündtlekifilllen auch Untersttttsungen vom Shogun.
Fürsten, welche wegen Mifsregierung oder Ungehorsam ge-
straft werden sollten, wiu*den gelegenth( Ii besondere Dienste auf-
edogt, Kanal- und Featungsbiuiten oder dei^gl.^.
> Über die Höfe der Fürst en in Yedo, die sogenannten Yaähikis,
und die über deren Ban o. s. w. erlassenen minutiösen Vorschriften siehe
den hühächen Aufsatz von Mc(^Iatchie, The Feudal Msnsioiti of Yedo,
Tnuuacüona As. Soc of J. Vll 157 ff.
* 8. Yoshida selBt (a. a. O. 8. HS) das Datom der Matrikel auf
1649. Offenbar handelt es eich am eine Wiederholung, vielleicht Erwei-
tamtfc des Gesetzes von
* Über diese genau festgestellten gegeuscitiKeu Leistungen und
Verpflichtungen, auch über den Wach- nnd Feoeimenst in Yedo u. s. w.
gjAea die Bukan Aufschlufs.
* So, am ein paar aans bekannte Beupiele zu neoneu, die Her-
staUong des tiefen DnmnSelieB nriaohen YoshiBia und Sorogadai in
If^iß^ßltSß^If'^^i'ß''^ des Forts in Kaaagawa.
S8
X 4.
Mehr den Charakter von Ehrenleistungen hatte es, wenn
einzeluen Daimyos besondere Pflichten oblapren. So hatte der
Fürst von Tsushima (Soj die Beziehungm zu I\ore;t /.ii unter-
halt! n , öf'it man der Kosten wegeu die koreanischen Gt-sindi-
scliatteu nicht mehr nach Yedo kommen lieis. Er erhielt daliir
eine Dotation von 12000 Rjo.
Die Einnahmen der Daimyoe bestanden aus derGhnind-
■teuer, neben welcher aUerlei Gewerbesteuern, Gebühren, Ein-
nahmen von Waid-, Berg- und Heideland u. dergl. keine grofae
Rolle spielten. Wichtig waren die wirtschaftlichen Unterneh-
nmuLren der Daimvos Solche wurden weniger direkt von der
Regierung beirieben als von ihr durcli Privilegien (Monopol.')
und Darlehen unterstutzt. Die Vorschüsse wurden in den l^ro-
dukten zurückgezahlt^ oft auch der Vertrieb der Produkte tiber-
himpt durob das Handebamt (Kokusan kata) der Daimyos über
nommen. Jeder Daimyo hatte in Osaka einen Agenten (Gojo*
tatsu), weloher den Verkauf des Steuer-Reises und der Landespro-
dukte, sowie den Einkauf der Produkte anderer Gegenden für
den riaimyo, seine Geldgeschjifte u a. w besorgtet Belc finine
Beispiele aurch Unterstützung der Landesherrschaf): geschatiener
Industneen sind z. B. die Kerzenfabrikation in Aizu, die Baum-
wollweberei in Uarima, die Papierindustrie in Tosa u. s. w.
Neben diesen «ndentiicben Annahmen wurden auDserordentlicke
flüssig gemacht, abgesehen von den erwähnten Unterstütsungen
durch den Shogun, so namentlich das Goyokin, eine Art Vermögens-
steuer zur Deckung aufserordentlicher Bedüriiiisse, welche mehrfjich
der Anlals zu Bauemaufstiinden frcwesen ist. Anleihen waren
nicht selten, teils bei Kaufh uti n , iianicntHrh in Osaka, teils bei
Tempeln, unter Unisuuidcn auch beim Bakufu, gegen Verpfän-
dung von Gebietsteilen. Eine eigene Form war der Verkauf
iron Seisreoten, welche mit gewissen Eäirenreohteo (Schwerttiagen,
Fuhren eines Familiennamens — Bauern und Kaufleute hatten
gewöhnlich keinen Familiennamen — und dergl.) verbunden
waren. Schuldenmachen durch Ausgabe von Papiergeld war
wohl bekannt^'. 7m Anfang' des »ehtzehnten Jahrhunderts war
bereits das japanische (ieldweseii dun h übermälsige Papierans-
gabe arg gestört, so dafs der 0 Shogun (lyenobu 1700 —1713;
alles Papiergeld verbot. Seit 1730 wurde es wieder zugelassen,
war aber mnnea 15—25 Jahren wieder emsn^eben. G^gen
Ende des Bakufu nehm es gana überhand. Beim Zusammen-
* Anefa die Anftiwe des Wechselverkehn in Ja])Hu ttamiDeii aus
dem Gcschäfltsbetriebe (uescr Agenten, die angesehene Kaufleute waren.
Kein Tapierpeld Äw\ ait? gcpi'ii IVponioning von Edelmetall
oder Reis ausge;.;('benc'n Noten. Duucbfii komuien auch einfache An-
weisungen aufHeis, Fi-*cli u. dpi. vor, wie sie auch heute im japanischeo
Geschäftsverkohr üblich sind. Papiergeld soll nacli rh?n«'«it;r!irm Muster
zuerst von Godaigo Tenuo um 13ii3 ausgegeben sein. Daü liakutu selbst
hat nie I^piergeld ausgegeben.
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X 4.
39
brnob des alten B^me scbätsle man die umlaufende Noten-
menge auf etwa 30 Millionen Ryo, welche von 224 verschiedenen
Landesherren ausgegeben waren (darunter 14 Hatamoto). Im
Jahre 1871 sind noch etwa fUr 25 Millionen Yen solcher Terri-
torialzettel festgestellt worden. Auf der gleichen Stufe wie
Papiergeld stehen die eisernen Münzen der B urüteii vun Sendai'.
All solches Kreditgeld sollte nur in dem Gebiet des betreffenden
TtsiriUii'ialherpen umlaufen.
üm den ünterschied der Stellnn^^ der Daimyos unter den
Tokugawa gegen die in der 24eit vor llideyoahi und gegen die der
Landesherren im spliteren deutschen Reiche richtig zu erkennen,
ist endlich einer sehr eigenttindichen Mafsregel zu gedenken,
des Kunigriy»-* nrler G pV>i < tstausches. In Japa-i wir« in
Europa wurd" ilmch FeloiHu das Lohen verwirkt. Hei gerinu« tfii
Vergehen uucr Mil'swirtschaft aber kannte das japanische iiecht
eine Art Strafversetzu^. Der zu bestrafende Daimyo erhielt
eine unbedeutendere Hemchaft. Irgend ein anderer FfUrst
eriiieit mr Belohnung einen so verfö^bar gewordenen Zuwachs
Bu aeinem Gebiet. Bei den Fudai-Daimyos kam die Wrsetzung
auch aus rein politiechea Giünden vor, um den Territorialhemi
mit seinf>Tn Mrliit t nu ht zu sehr verwachsen zu lassop Da
eine Vorset/ uti^c ii;iittii; noch weitere VerscliiebnnL'-^'n nötig machte,
war eb Jedeöiual «iu auch für die Unterthanen hoelist lästiges Ver-
fahren^. Nichts aber ist so geeignet als diese Einrichtung, um
klar an machen, daJs in der Tokugawazeit die Fürsten in Ik-
sog auf ibr mbiet nichts anderes waren als Statthalter
mti^aehr weitgehenden Befugnissen.
War durch die centrahstische Bewegung seit dem Fiul' des
16. Jahrhunderts die territoriale Grundlage des Lehensverbandes
^ Ein eigentümliches üeldäurrogat waren auch eine Art Zäblmarken
statt dss unhandlichen Kupfergeldes, welche hei Zahlungen benutzt und
an den Kassen gegen die entqwechende Zahl Kapfenntlaxen, s. fi. 100
MoD, eingelöst wurden.
* Ober die Ausfahning des Kanigaye gab es sehr eingehende Be-
stjmmnngcu. Das VerfahieB wurde geleitet von Komnusaaren des Bakufa
mit der nötisen Exekutivmannfrliaft, um Widerstand m verhindena. Die
Bewachung Tester Funkte übernahmen andere Daimyos. Der abziehende
Ftint dnrtte seinen Sduits nnd seine Vorrftte an Reis and Kriei^erät
mit mch nehmen, nn?:zcnnTnmen Falle schTrcrer Verschuldung. Die Va-
asUen des abziehenden Fürsten hatten in 10—30 Tagen das Gebiet zu
ilmnen. Doch konnte kleinen Gefolgsleuten erlaubt werden sn bidben.
Wötere Bestimmungen regelten das Verikbren betr. SteuerrUckstände,
Vorschüsse von Saatout, Schulden ete. — Für den europäischen Leser
ist es vielldcht nicht überÜüasig zu bemerken, dafs Absetzung von
Itbsten sw Tokugawazeit durchaus nicht selten war, selbflt bei wtkat
jS^rnfften Herren. Von Daimyns mit 100 000 Koku und darnbpr wfrdf^n
gewöhnlich 9 Fälle von Absetzung citiert (VgL Japan Weekly Mail
1882 6. 174.) — Eine mildere sehr bfafisre Form des Einsebreitsns der Oen-
tralrepcning war. dnfs der FÜrst abosuketi and die Begienmg srineoi
Nachfolge/ überlassen mufste.
40
im wesentlichen zerstört, so war um so stärker das p^rsOH"
liehe Band der Vasallität erhalten, dtis Trenverhsitnie
zwischen dem Feudalherrn und seinen Rittern, den Samurais
(Shi, 13ushi)^ Der japanische Ritterstand geht hervor aus den
hörigen Gefolgsleuten, wie bei um aus den Minibterialen. In
den bewegten Zeiten des Mittelalters hat er sich daim natürlich
vantlirkt aus anderen Elementen der Bevölkerung.
Das Band der Treue, das den Samurai an seinen Herrn
bindet, ist das denkbar stärkste. Im Dienste des Herrn hat das
Leben keinen AA'ert. Wie filr die eigenen Eltern, ist auch ftir
den Herrn Blutrache zu nehmen det< nffolgsmanns Pflicht.
Der Herr mit seinen Vasallen bildet eine engverbundein Ge-
nossenüchait mit gegenseitiger Verantwortlichkeit, den Han
(wörtlich Zaun, von europäischen Schriftstellem meist mit Gan
ftbersetat)'. Das Band, aas den Vasallen an den Herrn iemAt,
ist jedodi nicht unlOebar. Der Samurai kann aus oeinem
Dienst ans- und in den eines andern eintreten oder auch gans
aus dem Samuraistande ausscheiden.
Der gesamte Staats- und Kriegsdienst wird von den Samu-
rais besorgt. Nur an der sich autonom entwickelnde n aber an
sich nicht sehr bedeutenden Gemeindeverwaltung hat auch tlaa
gewölmliche Volk Anteil. Höhere d. h. chinesische Bildui^
ist der Regel nach nur im Samurasstande au finden. Noch
mehr als bei der Stellung der Daimyos fehlt bei den Samurais
die territoriale Grundlage, wie sie in Europa sich ausgebildet
hat und wovon Anfilnge auch in Japan bestiinden haben. Nur
in einzelnen Öffnenden kam es vor, dafs gewöhnliche Samurais
mit (.Irundbi .sitz belehnt waren, so namentiu'h in SatÄuma. Die
Regel war, «ials der Sanmrai eine Reisreiit< erhielt, deren Erb-
lichkeit nicht immer ohne weiteres feststand. Dagegen erhielten
in den grOfseren Han die Häunter der wichtii^Bten Vasallen*
&milien Lichensherrschaften, wekme oft gröfser waren als kleine
Daimyate. Für diese grofsen Herren war die Bezeichnung Baishin
Ubhch (Doppelvasall d. h. Aftervasall). Die höchsten Verwaltungs-
ämter waren in diesen Familien wenn nicht reclitlich, so doch
thatsiichlich erbhch. Für die nach diesen an Wichtij^keit kom-
111» tidt-n Amter bt-ätaiid insot'ern eine gewisse Erbliclikeit , nN
deren Träger regelmülsig aus einem bestimmten Kreise von h a.-
milien entnommen wurden. Neben diesen in ^ten Verhaltnusen
lebenden grölseren Vasallen stand die Blasse der Samurai, unter
welcher man sich nidit etwa eben niederen Adel im eoropMischen
' Auch iu Japan bestand wie iu Europa die Aoadehnung des Kitter-
begrift'ee aul alle hiiheren Stiirnle. Auch ner Fürst ist wie bei uus ein
Bitter in diesem Sinne. Saiiiumt i»t, bo kaua uiaii dann sagen, der,
welcher zwei Schwerter trägt
^ Der Hau Imt seinen Namen der Regel nacli von dem Gebiet.
E» ist. aber ungenau, die Landeshenschaft, das Daimjat als solches, Hau
so aenaea
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Sinne vonidlen darf*. Es
eine zu ihrem Unterhalt eben ausreichende Eeiäration erhielten,
und . wenn taß Dif^nst hatten, der Regel nach zu t\lnf in
einer Kaminer der Kasernen lagen, welche die Aufsenseite des
Yashiki (AdelsliMi ihres Herren bildeten, während ihre Fram ii
und Töchter durch rücken, iSeidcn haspeln und iihnhche Beschai-
tigungen daä dürftige Einkommen der Familie etwas erhöhten-.
Dilhielt der Samunustand die Oebildeten des Landes, so enthielt
er in dies^Mi niederen Schichten auch viel rohes, sieh überhebendes,
fiuikiizendes Volk, über dessen schlierslieht s Schicksal in der
neuen Ära von unwissenden Fremden viel ebenso überflfissige
wie wohlfeile Sympathie versehwendet ist.
Ganz ausserhalb des Lehen Verbandes stand die misera con-
tribuens pleha, das gemeine \ ulk (Heimin), in die drei
Stände dei* Bauern, Handwerker und Kaufleute zerfallend, unter
wilehfitt noch die unehrlichen Leute (Dirnen, Schauspieler»
Tinieimnai) und die Eta (Unrme, sie waren Schinder^ Gerber
u. 8. w.) standen. Abg<fseben von den letztgenannten bestand
übrigens keine streng ka.stenmälsige Abschhefsung der Stände.
Die Erbhchk* it allf-r Herule war niclit rod theh notwendig, son-
dern eine natur^^cmiU's nu^ den Verli ihuissen folgenrlo Sitte.
Arzte, Lehrer, Musiker. Maier u. s. w.. weiche TUchtigi - 1 idteten,
hatten eine angesehene sociale Stellung. Ks war aucii Lomen
AUS den unteren Ständen möglich, durch Kauf in den Samurai-
almicl m kommen^ ebenso durch Adoption.
Aber der Lehnsverband selbst ging das gewöhnliebe Volk
aidito an. Die Vasallentreue wurde vom gemeinen Mann nicht
erwartet, und sie vorkam, wird sie als etwas Besonderes
hrrrofgeliohr ii ' 1 )ars ein Bau» r nrnndV/fsitz in f inem anderen
l>ti!iny;it . mit hin Pflichten gegen z.wei i'errilunallierren hatte,
ncar liiclilb Soiu;uu>, (Ein solcher Bauer hiels Kushi-isiii.)
\jhGf die Einzelheiten der Verwaltungsorganisation in den Dai-
mjaten Ist bisher nicht viel veröffentlicht worden'^. Im einzel-
nen,' anheinen viele Besonderheiten bestanden zu haben. Im
grotai und ganaen aber durften die Grundzttge der Shogunats-
' Nach japanischen VorstellungeiJ gehören zum Adel nur der alte
fiofodel von Kyoto und die BrIbitos ua Krisgasdel, im Baoge unter
jenen stehend.
' Von Öiö428 Feraonen, deren Renten 1877 zwangsweise abeelöst
wnidoD« besogSD 127 184 eine Jahr^ente von weniger us 25 Ten Geld-
wert, 175154 eiro sriche von 25 bis 100 Yen CJcl Iwert
' Man kaufte den Namen mitsamt der lieute und dem eventuell
daout verbundenen Amt. Ursprünglich verboten, scheint das tmt etwa
1700 vorzukommen. Auch Adoption von Kindern aus unteren Ständen
war ursprünglich verboten, später aber etwas ganz Gewöhnliches. Eine
Beihe der tüc htigsten Beamten des Bakuhi gegen £ude der Tokugawa-
faerrschaft soll dieses Ursprungs gewesen sein.
* Vergl. im Drama von den IT Ii niin den treuen Kaufmann.
^' Vergl. Übrigens die angefüiirte Unisertatiou von S. Yoahtda.
. y 1. ^ . y Google
42
nttiening auch in don Territorien iiberan wif <^(>rk ehren, nament-
lich das Prinzip, gewöhnlich die Entsciieidun*; in die Hand
mehrerer Beamter zu legen. An der Spitze stand r^elmälsig
ein Staatsrat, dessen Mitglieder Karo hiel'sen.
Wir lubeD oben nar kun die aUgemeiDe Stellung des
S h ogu n 8 geBeichnet £b ist Doch auHBufÜhreD, viw seine eige ne
Herrschaft oiganisiert war.
Wie jeder Daimyo, so hatte der Shogun seine Gefolgs-
leute, die Sfimnrai. Die Grofsen unter diesen, die den
Namen Hatauiuto tulirten, hatten Lehensherm-haften iraTokugawa-
^ebiet bis zu 9!M>'.i Koku liinauf, so dafs z\vis( Im ii ihnen und
den kleinen L utiui Uaiinyos eigentlich uur eiu Kaug unterschied
bestand. Ein Teil der Hatamotos hatte ledoeb nur Reisrenten
bis sa 300 Koka herab. Die höheren fieamtm des Shoguns,
soweit es nicht Fudai-Daimyos waren, wurden den Hatamotos ent*
nommen. Nach Gubbins hatte es anfangs etwa 2000 Hatamoto
geg^eben. Im Jahre 1799 wird ihro Zahl auf 5193 angegeben.
(Kach einer freundlichen Mitteihing von Protessor Shigeno.)
Nach ihnen kamen die Gokenin, Dienstmannen des Shop:iins,
(nach Gubbins 5000), schliel'slich die gewöhnlichen Soldaten
u. s. w. (ashigaru, sotsa). Die ganse Mifitttrinaicht des Shogun»
wird regelmärsig auf 80000 Hann angegeben, wahrend das Auf-
gebot mr das ganze Reich zusammengenommen 547000 Mann
mit 25 500 Pferden und 3G 000 Gewehren betragen haben soll. Die
Zahl ist wahrscheinlich viol zu hoch, dn dio Zahl der Familien-
häupter (h r Samurai zu Ende der Tokugawazeit auf etwa 400000
anzuselilagen ist^ Ist jene Zahl richtig, so wären verhältnis-
mfifsig die Kriegsleistungen der Han ganz erheblich grölser ge-
wesen ab die des Bakum.
Die Einnahmen des Baknib bestanden vor allem in der
Grundsteuer von dem eigenen Gebiet. Näheres ttber die Grund-
steuer unter den Tokugawa folgt bei der Erörtenmg dieser Steuer.
Femer gab es verschiedenerlei Steuern und Gebühren von Ge-
werben, namentlich die Abgaben der Gilden (Myoga-kin)*.
Verwandter Natur waren die Einnahmen aus gewissen Mono«
* Um 1870 zur Zeit sehr starker Anspannun^^ der militärischen
Leistungen wurde in der Satsumaherrschnft fWe Zahl der i:»oldaten auf
25 Oüö angegeben, während an 60 000 »Saniuraifamilien vorbanden waren.
« 8o sahlte die ScbÜFeigilde hi Yedo jSlirlich 10200 liyo. Über
das Gilderwcsen in Jajian fhesoiidors bekannt sind die Reishändlergilde
von Osaka, die J^^schh&ndleigildc in Yedo u. s. w.) ist leider bisher sehr
wenig verOlfentlicht. Soweit ich sehen kann, dienten ne wesentUch
steoerlicben und polizeilicben Zwecken, z. B. znr Beaufeichtigmig dea
wichtiircn Reishandeb. Der ihnen, wie uiiFor^n ZUnRen, eigene refigiöge
Charakter scheint mir nichts Wcsentliciicä zu sein. Wo jede BeschÄf-
tiffung ihren Heiligen oder Gott, ilire Kapelle oder Tempel hat, ist es
seibstverstlindlich. dafs in einer Güdo von BrnifsgenOMen gfwnfina^haft.
liehe gottesdienstliche Handlungen sich ausbilden.
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polen (SalE>, Koreaniecher Ginseng, Shu, die rote Stempelfarbe
ans Zinnober), sowie von dem Handel mit Hollfindem nnd Chi-
nesen in Nagasaki. In aufserordentlichen Notfkllcii worde die
oben fS. 38) erwähnte VfTmögenssteuer , Ooyokin, aufgele'^t.
Dazu kamen die bereits erwähnten Zahlungen der Landesherren
(Daimyos wie mit Herrschaften belehnter Hatamotos), teils Tri-
but, teils Zinsen tiir vom iiakulü geliehene Summen. Wichtig
waren endlich die Einnahmen aus den Bergwerken, wlihrena
die Ton Wald-, Berg- und Heideland wohl keine grofse Bolle
spielten.
In den letzten schwierigen Zeiten ist auch häufig Geld ge-
liehen worden. Papiergeld hat das Bnknfn nie an^^gegeben, aber
ein ebenso schlimmes Aushülfsmittel war die ötters wiederholte
Geldverschlechteninp^. Der Ryo (resp. Koban) ist in der Tolcu-
gawazeit (1600 — 18G7> von 10,oc auf l,8o Goldyen zurückge-
gangen (ein Goldjen = 1,6 gr fein). Schon tot der Störung
der OeMverhldtniBee durch ErOffiinng des Landes war er auf 4,8t
Goldyen gesunken.
Der Hauptleil der Einnahme bestand in Reu und wurde
als solelipr wieder zu Gehultem tmd Renten verwendet. Geld-
ausgabeii w iren im wesentlichen nur nötig ftir den Haushalt
des Sliogun^ und flir aufserordentliche Ausgaben. Da grofse
öffentliche Arbeiten möglichst den Daimyoa aufgelegt wurden,
waren das m&at Ausgaben für Feierlichkeiten. Einige der
kostsnieligsten derselb«! winden in sMterer Zeit gewffhnfich
unterlassen , namentlich die feierlichen Besuche des Shogune in
Kyoto und in Nikko. Die Finanzwirtschaft war der schwächste
Punkt der Tokufcawa- Herrschaft In spMterrr Zeit war die Onld
not chronisch, schon e!ie die ( Htnung der Häfen mit ihren l^'olgen
das Leiden zum akuten AiKsl>ruch brachte*. Einen genauen
Überblick über die Finanzijige des Bakufu mit den bisher be-
kannten Materialien zu geben ist unmöglich. Eine Art Budget
für 1770— -1774 eetet die jührllchen r^mäleigen Geldauigaben
auf nmd 550000 Gbldyen (in heutige MflnM umgerechnet) an,
wovon fast •/s auf den Haushalt kommen. Es war das eine
Herabsetzung:^ der bisherigen Ausgabe. Doch ist der Uberschhig
kaum ganz vollat<indig. 1 'her die atis den letzten Jahren des
Bakutii dor neuen Ära überkommene Erbschaft wird weiterhin
misfulirhciier zu sprechen sein.
* Diese Einnalime ist vielleicht richtiger unter (üp vnn Heu Gild^
am stellen. Der balzhandel durfte nur von ciuer beschninkten Zahl mit
cBcaem PrivUefpain Terachener HKndler lietrieben wei-den , welche dafSr
^'PT\-i?='c Snmmeii zu zahlnn hnttm. Drr '^nlzhandel scheint seit sehr
alter Zdt staatlich ger^elt gewesen zu sein, angeblich schon vor dem-
Bkrauikiira-Sboginmt
2 Bezeichnend scheint mir, wie vom 5. Shogun an die Grabmüler
der Shogune immer beschddener worden, nach dem Glanxe, der für die
drei ersten entfaltet war.
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Die Ämter unter dem Bakufu wurden ausschliefslich mit
Vasalien der Tokugawa besetzt, die höheren mit Fudai-Daimyos,
die anderen mit den i igenon Gefolgsleuten. Die Amter, wenig-
stens die höheren, waren nicht reclitlicli erblich, thatsächlich aber
wurde jedes höhere Amt nur den JVlit^üedern gewisser Familien
fegeben. Bet niederen Ämtam dagwn acheint in manchen
'iUlen die £rblicfakeit wirklich 211m &chtagrandaate geworden
SU aein.
Der Vasall besais seine Herrschaft oder bezog seine Rente,
gleichviel ob er ein Amt verwaltete oder nicht. Diejenigen,
welche kein Amt hatten, mufsten antiinglich bei Bedarf Arbeiter
zu öffentlichen Bauien stellen (wovon sie Kobushin hiefscn).
Später wurde ihnen eine Steuer aufgelegt. Die ganze Einriclitun^^
wurde in ihre endgttltjge Form gebracht unter dem achten Shogun,
Yoehimune (1717 — 1745). Die Kobushüi-VaMUen bildeten eine
Art Genossenschaft, Kobushingumi, in welche namentlich TOn
ihrem Amt disciplinarisch entfernte oder unfUhige Vasallen ver-
setzt wurden. Ein besonderer (1 ehalt wurde nur bei einzelnen
Ämtern gegeben. Dies macht'» Sdiwierigkeiten bei Verwendung
kleinerer tüclitiircr Kittcr in wieiitigeren Stellungen. Man half
bicii auiaiigb mit Zulagen iin Einzelialie. Aber 1722 wurde
durch den ebengenannten Shogun Yoehimune ftr jedes Amt ein
bestimmtee Konmal - Einkommen ÜMtgesetst War die eigene
Rente des su dem Amte Enuumten geringer als dieses Noimal-
einkommen, so erhielt er auf die Dauer der Amtsführung den
Unterschied. Erhebliche Einnalimen hatten viele Beamte aus
Geschenken , welche zuweilen emc ganz legitime und gesetzlich
geregelte Einnahme waren, so die Geschenke der Dainiyos an
die Mitglieder des Staatsrats. Unsere europäischen \ urstellungen
Uber mbeo und Annehmon von Gesdienken haben ja andi
heute noch in Japan nicht Geltung.
Ganz eigenartig ist nun^ dafs bei Besetzung eines Amtes
durdi einen Territorialherm auch dessen Vasallen mit beteiligt
waren. Mit ihrer Hlllfe führte er sein Amt. Ftir schlechte
Amtäfiihrung durch einen solchen Herrn wuiden ohne weiteres
auch dessen eigene Minister verantwortlich gemacht'.
An der Spitze der Staatsverwaltung stand das Goroju
(Rat der Alten), meist aus fünf Mitgliedern bestehmd, vm
welchen dner & laufenden Geschäfte immer auf einen Monat
fbhrle. Die Mi^lieder werden den Fudai-Daimyos entnommen und
zwar regelmäisig nur bestimmten Häusern, wdche schon in Mikawa
d, h. vor 1589 Vasallen der Tokugawa gewesen waren und daher
Roshin , „alte Vasallen'^ hiefsen -'. Die Mitglieder des Goroju
selbst werden regelmäfsig Kosiiin genannt Sie hatten täglich
' Man kann von Japanern die Ansicht hürcn, das Amt sei eigent-
lich uicht dem Daunyo Belbdt, doudeni dem Hau alä solchem gegeben.
• SinnloB ist die Übenetsn^ ,^te Verwandte".
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X 4. 45
Sitzung im Palast unter Vorsitz des Shogims <fAhst. War der
Shogun minderiuhri^ oder sonst die Zeiten schwieri^^ so trat au
die Spitze ein vuu der ir amiiie bestellter Regent, der Tairo, meist
der «rölsten Fbdai-Familie, den ü von Hikone (Omi) entnommen.
Unter dem Ooroju, and zu seiner UntmtQtzung, stand ein
sweitee KoBcg, die Wakadoshiyori, 0 an der Zahl, von
welchen immer einer die laufenden Geschäfte auf einen Monat
führte. Es w^ren Fudai oder irrol'so Hatamoto. Das Amt lintte
ursprünglich (es hicfs damals Kokuninshni) geringe Bedeutung
und wurde 1650 aufgehoben, aber bereits 1661 unter dem
späteren Namen wieder hergestellt. Den Wakadoshiyori lag
namentlich die Anfiucbt Uber die unteren VerwaltuDgäinstanzen
ob. Einer oder swei leiteten seit 1697 die Finanzverwaltung.
Die eigentliche ausfllhrende Verwaltung fülirten die Sam-
bttgyo, die drei hohen Bugyo-Kollegien ^ der Jisha Bugyo, der
Kanjo-Bufryo und der Machi-Bugj'o von Yedo. Am Ende der
Toku<(a\va-TTf rrsrhaft gab es noch ein viertos hohes Bug}'0-Amt
für auswärti«ie Angelegenheiten-. Mit Fudai - Daimyos besetzt
waren nur die Ämter der Jisha-ßugyo. Das Amt war ein
hochangesehenes und in |;ewi88em Grade von dem Goroju unab-
htagig. Es gab flinf Jisha-Bu^o, ▼on welchen immer einer
einen Monat lang die laufenden Geschäfte flihrte. Ihre Aufgabe
war, wie der Name sagt, die Verwaltung von allen Tempel-
anfrelegenheiten ^. Aufserdem waren die vier, welche niclit den
lanfoTinrn Dienst hatten, Mitglieder des höchsten Gerichts fllyo-
joshoj. Der Kanjo-Bu^yo (Rechnungs-Bugyo — das Anil ist
1641 geschaffen) gab es ebenfalls fünf. Von diesen hatten zwei
die Finanzverwaltung, zwei waren Mitglieder des höchsten Ge-
richts. Sie wechselten jährlich in dieser Stellung ^ Einer, wie
es scheint, einer der richterlichen Kanio-Bug>'o, Uberwachte gleich-
seitig gemein^hafUtch mit einem Ometsukc das Landstrafsen-
Wesen (Dochu-f3ugyo, früher vielleicht ein bcsondere-s Amt). Ans
den sehr aiisfVilirliclien Verordnungen über den Sti'ali^f iivfrkehr
giebt einen Auszug Dickson, Japan S. 307 — 315. Die Kanjo-Bugyo
* Bugyo = Chef einer Hohörde. Eis srab alle inöglidien fiogyos
vom verBchiedensteo Rang. In-pführend ist Kudorffs t^lu rsetzang von
Sam-Bugyo mit „Drei Mtoner-Kolleg". Mit Sam-Bugyu werden die oben
genannten drei Behörden bexeicuiet, deren jede ans mebisron Mit»
^rüpcipni bestnnd. — Über die Kompetenz der einaelnen Beamten gehen
die scfhr aiisfliiirhehen Amtseide Aufschlufs.
* Bndorff, Rechtspflege S. 868. ftthrt all hohe BugyoÄmter noch
die SeIeuü- Bagyo an, welche in Wirknchkdt mit einer ganzen Reihe
Änderer ßugyo unter die Kanjo* Bagyo gehörten, und Kobujo-Bugyo.
Das Kobuio war gar kfine Verwaltunesbebdrde, sondern eine Kriegsschule
rar Einfabning de» * iir maiKchen Bfuitilrweseiw. FBr die neue Afoiine
gab e« dam!i!H nih il < TunkMU- Bugyo.
* Dieustiustruktion vom 11. VII. 5. Jahr Kambun, 1665.
* Dienstinetniktion res 1762, IL 4.
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48
X 4.
Unter der Au&icht des Daikwan standen die Ortsge-
meinden, Dorftchafieii und StralMngememden in den Stlldten.
An deren Spitsee stand ein Schulze, der venchiedene Namen
führte, aber meist Nannshi oder Sh<nra genannt wurde. Dtm
Amt wurde zuweilen von einigen Familien der Reihe nach ver-
waltet, häufig war es erblich. Im Kwanto wurde von dem
Shogun Yoshimune (1717 — 1745, dem mehrfach erwähnten Reor-
ganisator der Verwaltung) die Erblichkeit abgeschaflfl. Hier wurde
dann der Nanuähi gewählt und vom Daikwan bestätigt. Der
Hiansbi hatte aof Ordnung in der Gemeinde sn halten, die
Steuern m erheben, die Volks- und StenemKister sn ftlfaren,
war Schiedsrichter bei Streitigkeiten u. t. w. £ erhielt gewöhn-
lich einige Sack Reis als Qenalt und war fttr seinen Besitz bis
zu gewissor Höhe (im Kwanto 20 Koku Ertrag) steuorfroi. hatte
auch gelegentlich andere Privilegien Der Nannshi wurde unter-
stützt von den Kumigashira, wclehr von den Bauern gewählt
wurden und der Bestätigung nicht bedurften. Meist waren es
wohl vier oder fün£ £ine wichtige Perm war endfieh der
Hjakushodai, BmemTertreter, der grOftte Grundberiteer der
Gemeinde; in greisen Dörfern gab es wohl auch zwei oder drei
Er hatte die Interessen der Bauemaohaft wahmmehmeni nament-
lich bei Gemeindeumlagen. In manchen Gegenden soll der
Hyakushodni gewählt sein.
Zwischen Nanushi und Daikwan stand früher, wie es scheint
allgemein, ein erblicher Beamter, der eine Anzahl Dorischaften
beaufsichtig und verschiedene Namen Rihrte (0-shoya, Wari-
moto, Kendan ete.). Im Tokugawa-Gebiet wurde das Amt vom
Shogun Yoshimnne abgeschafft. In den Daimyaten hat es Mk
▼ielfiich bis in die Neuzeit erhalten.
Innerhalb der Gemeinde waren immer iUnf Familien zu
einem Goningumi unter cwom Hangashira vereinigt zu gegen-
seitiger Bürgschaft des Wohlverhaltens, eine der eigentümlichsten
japanischen Polizei-Einrichtungen , an die Friedensbürgschaft in
England zur Normannenzeit erinnernd (vgl. Gneist, Englische
Venusungägeaohichte 8. 150 f.). Das Ooninguminio (Fflnf-
MannerVereina-Ofdnung) und der jahrlich von den IGtgliedeni
darauf abzulegende und zu untmieeebde Eid enthält sowohl
Strafrecht als Gemeindever&esungaredit und MoiahorMhriAea'.
) So igt mir in Izu erzählt, dals die Scbolsen aosKhUefidich bo-
recbtif(t waren, äake zu Bt henkeu.
* Um eine Vorstellung^ von der umfanenden Natur des Gk>niiignini
zu geben, lasse ich hior die ersten drei Artikel des Eides folgen (nach
der Überaetzanff von äakata&i, entnommeii Chibo hau rei rokiL voL VII).
I. Alle Wslier gegebenen Gesetse wollen wir stroig befolgen nnd
keine Verbote verletzen. Wir wollen ein Goningumi bilden von .5 Häu-
sern, die nahe beieinander liegen. Wir wollen in unsere nenossenschaft
nicht nur Bauern (d. h. Grundbesitzer), sondern auch ^igari*" und „mi-
suMMni'* (beritslose Bauern) aufnehmen. Wir weiden aar das Betragen
unserer Fkanen und Kinder and sogar nnserer Kaeehte and Migd»
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X 4.
49
Es f^ab 16 S t a d t T> e r ]c ' Tnit eigener Organisation unter
tleTii Hakufu und gloichurtige Einrichtungen landen sich auf der
IisHcl Sado. Die HJ Stitdte waren Yedo, Kyoto, Oj»aka, Fushimi,
Nara, Sakai, H^'ogo, Nagasaki, Yaniada^ Kanagawa, IJraga,
Shumokaf Kofu, Nikko^ Niigata und Hakodate. Im einzelnen
z<-igten die ESnrichtungen an den ▼erachiedenen Orten erheb-
liche Abweichungen.
In Yedo (1589 von lyeyasu zu seiner Residenz erhoben,
die Biurg ist H^C) von Ota Dokwan erbaut) wurde die Stadt-
verwaltun*? von den bereit« erwilhntt n Machi Rugyo (S. 46) ge-
führt, doch ist zu beachten, dafs ihnen Vashikiland. d h. die
vom Kriegerstand bewohnten Quartiere, und 'i einpelgebiet nicht
unterstanden. Ursprünglich gab es drei dieser StadtliaupÜeute,
seit Yoflhinnme (dem achten Shogun) nur zwei, einen nbr den
Novden, einen für den Süden. In den emseinen Strafoenbeztrken
(Strafsengemeinden) wählten die Grundbesitzer, wie in den Land-
femeinden, einen Nanushi und Kumigashira. ThaisRchlich aollen
ie Nanushi so gut wie erblicli t^pwesen sein. Die Nanushi wur-
den beaufsichtigt von drei ^laehi Toshiyori ( Stadt/lltesten), deren
Amt erblich war. Sie sind die bürjrerlichen Beistande der Machi-
ßugyo, die natürlich aulserdem ihr Burciiupersonal und Poliziäten zu
Pferd (Yoriki) und za Fufs (Doahin) hatten, wie alle diese Beamten.
Ihre eigene Verwaltmigsorganisatien hatten die zehn mfsen
KaufknannsgHden. Die geringen Gemeindeauegahen flir Wege-
achten. Sollte dnrch unsere Nachlässigkeit em Verbrechen vorkommen,
W) soll die fTenossenschaft verantwortlich ne'm. Sollte einer die Regeln
der Genossenschaft verletzen, so werden wir das der Obrigkeit anzeigen.
II. Den Eltern gehorsam und den Herren treo zu adn, ist jeder-
manns Pflicht. Aiter sollte ehi< r bp.^onden gehofsma and txea sein» so
wollen wir das den Üehörden anzeigen.
ni. Sollte einer in der GenoesenBchaft sich nicht gut anlRlhren und
nachlässig in seinem Beruf sein, so sollen ihn der Hangashira und die
an« leren (Jenossen ermahnen, dafe er sich bessere. Ist er dann rigcn-
sjrmi<; und hört nicht auf unseren Kat, so werden wir das dem Nanushi
und den Kwni^ashira berichteji. Wir wollen in Liebe zusammenleben
mit Eltern und KiTidern, Cleschwisten) inid allen aiuiem Verwamlten.
Wir wollen Freundschaft halten mit den Bauern unserer Genossenschaft
nnd der anderen Oenoasensehaflen ond wolioi niehts thvn, was unfreund-
lich ist. Die weclisel.seitige Pflicht des Oouingumi ist tiefer als die der
Familie und wir fünf Genossen wollen uns gegenseitig helfen in Not.
Be^ht ein Genosse der fünf Hänser etwas Ungesetzliches, so wollen wir
fBw Genossen alle eleichmäfsi^ die Verantwortung tragen.
Hangashira bedeutet den. der an der Spitze besiegelt, nämlich den
Eid. Die Einriciitung der Goninguuu ist sehr alt Sie wird in der Gesetz-
gebong der Hojo im IH. Jahrhundert berdts erwfthnt In Japan bat sie
nur ftir das i^ew Ijuli* Ik Volk bestanden. Sie soll aus Chinn ^fammen
and dort in einem der Feudaletaaten zur Zeit der Chau- Map. Shu) Dynastie
exacef^rt sein als nntente Abteilung einer das ganze Volk nmfosaenden
mUit&rischen Einteilung. (Chaudynastie 1122— 2.jS v. Chr.)
* Dabei ist Shimoda nicht mit gerechnet, wo Stadthauptleute nur
in der kurasen Zeit bestanden haben, als der amerikanische Vertreter dort
residierte.
For««hiiiic«ii (4&) X 4. — Balligen. 4
50
X 4.
Wesen, Terapelfcste imü Bezahlung der < n'mein(l('b<'aiiiten wurden
durch eine Koniawari güuannte unbedeutende Undage aufgebraelit,
die nach Länge der Iluusfront und Gunst der Lage berechnet
war. WoblhaDOQde llbemahmen frdwiUig Ziuchlüge, welche mit
der Zeit einen ganz festen Charakter annahmen. Aufserdem
war es „Sitte", cL h. notwendig, dals jeder Haushalt den Be-
amten zu Neujahr Geschenke inachte. Die Einaellieiten der
Stadtverwaltung erscheinen ziemlich verwickelt, namentlieh in
folge des Ineinanderspielens d(r Stadtbehörden, Vaöhiki-lierren,
Teni|jelbchörden u. b. w. Allein über die Feuerwehr, die einer-
seits von 1 2 nicht im Amt befindlichen Daimyos, anderseitB von
gewissen Qilden (Sdiiffer, Handw^er) versehen wurde, Heise
sich eine ganze Abhandlung schreiben. Die Einrichtung der
Goningumi bestand in den Stödten ebenso wie auf dem Lande*
Nächst Yedo war Kyoto der wichtigste Punkt des Reiches,
da 08 der Sitz des Hofes (v<rl. auch oben 8. 31) und in g:e-
wsser Weise doch immer der Mittelpunkt war. Hier residierte
daher in der J^»ur^ des Shogims ein .sehr hoher Ik-amter, ein
Fudai-Daimyü von oU OUi> Koku, der Shoshidai ' . Kr wai- nicht
bloCs Statthalter für Kyoto selbst, sondern seiner Jurisdiktion
unterstand die ganze (legend, insbesondere aufter d^ beiden
Machi-Bugyo von Kyoto auch die Bugjo von Nara und F ushimi
und Wold auch der Daikwan von Otsu. In aulserordentlichett
Fällen hatte er das Olierkoramando über den p:anzen f >ten
Japans. In der Stadt Kyoto selbst besorgten die \ erwaltuiig
zwei Machi - Uu;^yo . einer im Werten . einer im Osten.
Sie hatten 1500 Koku lümg uud einen Gehali von (>0U ivoku.
Unter ihnen standen als Gemeindebeamte die Otoshi ban und
Machi-Toshiyori als Vorsteher der StraTsengemeinden. Die Ge>
meindeuralage hiefis hier Kenyaku. Es war eine sehr alte ursprüng-
lich ^deiche Steuer auf dem Hause, welche mit der Zeit sehr
ungleich geworden war, aber wegen der rioringftigigkeit des
Betr.i^:^es nicht al« drückend empfanden wurde. Die gleiche
Steuer bestand in Osaka, Nara und anderwilrt-.
hl Oaaka, dem wichtigsten IIandcl8|>latze Japans und einer
stai^ken Burg, safs dn Statthalter in ähnlicher Stellung wie der
▼on Kyoto, der Jodai (Burgvogt), ein Hann von 10 000 Koku.
Auch er hatte Gerichtsbarkeit über einen ausgedehnten Bezirk.
Ihm unterstanden die beiden Machi-Bugyo von Osaka und der
Bug^ o von Sakai. Die beiden Stadthauptleute von Osaka, einer
für den < )steu, einer für den Westen, hatten gleichen Ran«^ wie
die von Kyoto. Unter ihnen standen 1 1 erbliehe So roBhivori
(Ober-Alteste) , welche die Gemeindevorsteher, Machi-Toahiyori,
' Art. 4 soincs Diensteides zei^^t seine bedeutende Slel]ini<x: . Im
10161*6586 des Shoguos werde ich über alles, wurabcr ich eigener ÄDsirht
bin^ den Boshin berichten» selbst über einen Befebl des Snognne, wenn
ich ihn für ungeeignet balte.''
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51
aus angesehenen Grandbemteern ernannten. Diese aber liatten
alle Bedeutung verloren neben den erblichen Chodai (Gemeinde-
yertretem), orienbar dem städtischen Gegenstück zum ländlichen
Hyakushodai.
In Shizuoka iSumpu), der Residenz des Shogiins lyeyasu,
nachdem er seinem Sohne ilidetadu die Geschäfte übertragen
hatte, eals gleichüdk ein Jodai, da es ein mflitärisch wichtiger
Platz war. Unter ihm standen Maehi-Bugyo. In Eofn waren
zwei Kimban von gleichem Range wie aic Maohi-Bugyo von
Yedo. In allen anderen bereits genannten Städten waren Bugyo
in verseiiiedener Zahl (1 — 5); am wiehtijjrston waren flio beiden
Bugvo von Nagasaki, HaUinioto von lüUU Koku liaug mit 4420
Sack Kei» y-^- I7ti8 Koku) Gehalt' *
Einige Worte mögen schliefslich über die Justizver-
waltung hier ihren Platz finden. Alle Civilklagen mufsten
mt vor die GemeindevorBteher (Nanushi) gebracht werden, welche
die Sache zu vermitteln suchten. Die mdsten Prosesae wurden
auf diese Weise im Keime erstickt, was auch von oben her
möglichst unterstlitzt wurde. Die gewöhnlichen Richter waren
die Daikwan und die ^^^■^'0 der St<idt(••^ Für die den Statt-
liaiteiii in Kyoto und Osaka unterstehenden Gebiete bestanden
jedoeli 1 »« sondere Be^itimmungen. Dort kamen alle Sachen vor
die Maciii-Bugyos von Kyoto bezw. Osaka, mit Ausnaiime von
Biandstiftung, Raub und Mord in den Provinzen Yamato und
Iznmi, welche von den Bug} 08 von Nara bezw, Sakm abge-
urteilt wurden.
Das höchste Gericht des liakufu war das Hyojosho (Be-
ratungsamt, der Rat), llistoriscli läfst es sich auf Yoritomo zu-
riu-kfiihren , seine spatere Form datiert von 1<'>'35 (](^. des 11.
Wonats). Anfangt! sscheinen die hohen Beamten des Baknfu jeder
für bicli Juriädiktion in «einen Angelegenheiten gehabt zu haben.
Um die daraus fokenden Schwierigkeiten zu yermeiden, pflegten
sie bei einem Hadii-Bugyo oder einem der Roshin zusammen*
zukommen, woraus das Gericht in seiner späteren Form ent-
standen ist. Die genauen I nstruktioDen, die bekannt sind, stammen
aus dem Anfang der Kegierung des Shoguns Yoshimunc (seit
1717). Das Ocricht war besetzt mit den oben erwähnten Sam-
Bugyo und regeiiualsig einem Ometsuke und einem Metsuke.
< So in späterer Zeit. Kndc den 17. JuhrhondertB , als Kämpfer dort
war, gab 08 drei Riiiryf». die höheren Raus linttrn.
- Obiger kurzer Ddratellune der Proviuzial- und Lokal Verwaltung
sind aaTser Sakatanis Arb^t auch mfilndliehe Erkundigungen m Orande
pflegt. Die Notizen Aber Osaka zum Teil aus einem Artikel des .Choya
Isiitmbun'^ über Oemeindeverwaltung unter den Tokugawa. in „Japan
Weekly Mail- 1— XI fiO.
* Nur der l>iigyo der heiligen Stadt Yatnada war in der Exekution
schwerer Kriminaistrafen besehiänkt.
4*
52
Einmal im Monat wolinte »-in Kosliin der Sitzung bei. Das
Hyojosho entschied im wP8rntli<-hen solche Dinp:e. tiir welche
Territorial- und Provinzialgenciitc nicht iiompetcnt wai-eii . weil
die Parteien verschiedenen Gebieten bezw. Jurisdiktionen ange-
hörten. Bei der nicht systematischen Kompetenzabgrenzung jener
Zeiteo hatten ttbrigens die beim Hyojosho eingebnchten Kuimi
]ijta6g den Ohamkter von Verwaltung^bcschwerden. Namenweh
konnten aolche erhoben werden durch ICinworfen einer Klage in
den vor dem Hyojosho aufgestellten Klagekasten (Sojo-bako),
was jedoch nur nem gewöhnlichen Volk prl-iubt war'. AnfHng-
lich soll der Shogun den Kasten selbst geoMiiet haben. Es war
übrigens eine uralte Einrichtun}^ , die schon im 7. Jahrhundert
nach chinesischem Vorbild eingeführt war ^.
DisciplbaFangelegenheiten der Beamten^ Erbstreitigkeiten der
Daimyos und Ähnliches entschied nicht das Hyojosho, sondern
das Öoroju, über weniger wichtige PeiBOnen wohl auch em
Roshin mit den Wakadoshiyori. Ometsuke waren dabei stets
zupep^n, unter Umstünden .lueh andere Beamte^. In dem in
Japan jedermann bekannten 8treit um die Erhschnft von 8endai
(1070) z. B. leitete das Vorverfahren der Koshin Itakura, die
Hauptverhaiidluu^^ iund vor versiimmeltem Goroiu im Mause des
Roähin Sakai (Utanokami) statt. Die Entscheidung (Joi, Wille
des Shoguns) wurde verkündet in einer Sitzung aller Boshin,
Ometsuke und Bugyo. In einem anderen bekannten Ptoeeis gegen
den Kanjo- Bugyo Matsudaira Idsumt no Kami (1784) waren
beschäftigt der Koshin Ota Bingo no Kami, die Wakadoabiyori
und zwei Ometsuke*.
Der Shogun hatte anfangs selbst der Regel nach zu (iericht
gesessen. Schon I yemitsu , der dritte Shogun , erklärte das ftir
imdurchfUhrbar. Nur bei Untersuchung scljwerer Verbrechen
wollte er selbst sitaen. Doch wurde diese pereOnliehe Teilnahme
— die Siisungen fisinden dann im Parke des Shognns statt —
immer seltener. Seit Ende des 17. Jahrhunderts dürfte der Shogun
in diesen Sitzungen nicht mehr den Vorsita geführt, sondern nur
mehr zugehört haben
1 Aach die Statthalter von Kyoto nnd Osaka hatten solche Klage-
kasten.
- Niiher atit die EinrHhpitmi der Kcchtepflepc ninzugehon wtirdo
hier zu weit tülire«. xVleine Absicht, längere von Y. Sakataui für mich
Semschte Auszöge ans der girorsen Gesetzsammlung (Kajnnvttcni des
. hoguns Yoshimune anhangflweifn m veröflfentlicheu, ist jetzt uberfhisgi^
gemacht durch Rudorffs Übersetzung des ganzen Werkes, auf welche
er Leser yenriesen sei.
' Auch im Ilyojoslio hahen trotz f^t'^onteiliper frcst'tzlicli' r He-
Stimmung oft andere Uf^noite den Sitzungen beigewohnt, so zu ilirer Be-
lehmiig Provinxial-ßugyos und Professoren des Daigaku (Hochschule).
* Sakatani hat eine Reihe derartiger Fälle gesammelt In «nem
Prnr.ors gegen untergeordnete Beamte des Kanjo -Bogjo-Sho eafe ein
i{o?hui mit den Kaojü-Qimmijaku.
Als letzter Fall, in welchem der Shogun selbst dem Gericht vor-
X 4.
53
Auf dem ^^'e^^e der Informationseinholung konnten aber
auch später noch Fragen zur Entscheidung des Shoguns kommen,
doch soll er regelmflfsig die \'or8cliläge des Goroiu bestätigt
haben. Wie der selbstherrUchste der Shogune, lyeiuitsu, seine
Stellung auffal'ste, zeiet sein Ausspruch: „Die Vasallen sollen
nach dem OeaeCs entwäädeii, der Herr nach Billigkeit*.
Drittes Kapitel.
Der Untergang des Shoganats«
So war das liegimeut bescl»alien, welches Japau eine mehr
JÜB sMrdbundertiährige angestörte innere Ruhe eab| ein bis dahin tüf
Japan und wohl für die meirten Länder nidit dagewesener Zu*
•tand. Er beruhte auf einer straff organisierten Militärr^erung,
auf einer kunstvoUen Balancierung der Macht der Fürsten durcn
Ausnutzung der natur^emäfs gegebenen Kleinstaaterei , auf d(T
Unteroi-dnun^^ aller Leben sverhiiltnisse unter strenge JSitte u;i(I
Zucht, welclie durch einen starren Ehrenkod^x die höheren
^Stände ebenso band, wie sie das gewöhnliclie Volk in demütiger
Unterwar6gkeit ^ielt, gesttttst auf das Prinzip gegensatiger
Veiantwortttchkeit, welches 1ms in die leixten Konsequenseo Mann
und Weib, Vater und Kinder, Hemd und Diener, Nachbarn und
Oemeindegenossen füreinander verantwortlich machte. Er be-
ruhte auf einer halb socialistischen Regelung der Wirtschafts-
«afs, liWt ein Prozefs wegen dzies Vennchs, die Erbfolge im Fttrstentum
Takata in Echi^o rechtswidrit^ zu ändern. In der Darstellung des Falles
bei Rudorft (den ich uuf den Fall aufmerksam gemacht liatte), Rechts-
pflege S. 'Xif<, ist nicht nur der Fall. soiuIlm-ii sofin&r ein Teil der Nauion
uonchtig mitgeteilt. Der Fürst Mit8uiia<^'a von Takata in Eehigo hatte
keinen Sohn. Die ineistcu VasaHcn wünschten seinen jüngeren Bruder
Nagayoshi zum Nachfolger eingesetzt zu sehen. Der Karo Opiri Mima-
saka setste es aber deren, dafs dn «mtfemterer Verwandter, Tsunaktuii,
der geistesschwach gewesen sein «oll. znin Krbrn erklärt wurde. Naea*
yoshi unterstützt von dem Rat Ogita Öhime wandte sich beschwerae-
tUfarend an das Bakufu, doch wurde die Sache durch Oguris Einflnfs
jahrelang verschleppt, bis der Shogun Tsunayoshi eingriff (1680), nach-
dem in "Kchigo Unnihen ausgebrochen waren. In Gegenwart der Go-
sanke, des Goroju, der Wakadoshiyori , Sam-Bugjo , Ömetsuke uud an-
derer Beamter wurde der Prozefs verhandelt und vom Shogun seibat
entschieden. Dieser erklärte bezeichnenderweise alle Beteiligten für
Bcbttldig. Oguri und sein Sohn wurden verurteilt, sich selbst zu töten,
AUteimaga nach lyo, Nagayosbi und Qgita Shime nach der Insel Ha*
«bijo verlManL
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X 4.
vprlifiltiiisse, die mit ihrf r Natiirahvirt«c!i;(ft und unentwickeltem
Verkehr in vielen I5ezieiiungen an uuarv Mittelalter erinnert, aber
auch vieles Eigenartige bietet, mit i^uxus^esetzen und l*reistaxen,
mit Koalition« verboten gegen die Arbeiter wie gegen Verkäufer
von Waren, Verbot des Äufkaiift und Begelnog des Zwischen-
handeb, mit Strorsenzwang und Stapelrechten , kor jenem Be-
streben jeden bei dem Seinen in den hergebrachten Verhnltniäsea
zu erhalten, das auch in unserem Zunftwesen eine solche KoUe
spielt. Über allem aber steht die Sorge um die Ern.'ihrung. den
Reis, der zugleich das liauptobjekt der Finanzwirtöchatt ist, eine
Ftirsorue, die sieli in der grofsartigen Speicherverwaltung einer-
beiis, in der lieeiuduasung von Produktion und Koubum ander-
seits zeigt, mit dem Verbot, Reisfelder zu anderen Zwecken zu
verwenden, mit Ermahnungen, nicht zuviel Rds zu Sake zu vet-
brauen, u. s. w.
Es war bei aller Strenge und gelegentlichen \\'i]lkttr doch
im ganzen ein vätirliche^i , wohlwollendes Regiment, nnmentlieh
in den direkten Herrschaften der Tokugawa und in den grolsen
Dainiyaten, während in den kleinen Herrschaften der Druck
allerdings zuweilen unerträglich wurde.
Aus unserer Darstellung geht hervor^ dais die \'orstelluDg,
dafs die Herrschaft der Tokugawa sich sofort so gestaltet hätte,
wie man sie später kennen lernte, irrig ist. Erst unter dem
dritten Shogun Ijemitsu (1623 — 1651) kam der Bau zu einem
gcvvissen Abschlufs'. Einige der eigenartigsten Einrichtungen
st-nmmrn aus seiner Zeit, vor allem die sirmire Absperrung
gegen das Ausland. Aber schon gegen das Ende tlebseiben Jahr-
hunderte befend sich das neue StiUiL^wesen in groi'öen Schwierig-
keiten. Die Finanzen waren in völliger Unordnung. Anläute
zu Befonnen, die der Staatsmann Inaba Masanori Mino no Kaqii
anregte, blieben in den An&ngen stecken. Mit dem Prinzen
Yoshimune vonKii, der nach Aussterben der Hauptlinie 1716
von der Familie zum Shogun erwählt wurde, begann eine Reihe
wichtiger Retbrinen, die grofs^o Geseizsanindung (Kfijonuten)
wurde in Angriti' genommen , die Uerichtsvortassung retorniiert,
da« Gthaitswesen und die Lokalverwaltung neu geregelt und
die Finanzen in Ordnung gebracht. Konnte er die Verschlech-
terung des Geldes nicht hindern, so hat er es doch wieder auf
eine festere Basis gebracht, auf welcher es sich bis 1818 halten
konnte.
Aber auch diese Reformen haben eine Entwickelung nicht
gehemmt, welche immer und immer wieder die politische Oigani-
' Noch lü'ül brachte die Ven^bwunin^ des Manibashi Cbuya die
Tokugawahemcliaft enistUch in Gefabr. Die unerwartete Milde, welche
die HepieruD^^ .i;«';xen viele hocli^^tohrndf Pcr.'^iin«'!) . die koinniomittiert
wareu, walteu iiefs, wird von den iiolläudem der Unsicherheit zu;.'e-
flchriebcu, welche in den höclisten Kreisen Uber den Bestand der Hegieruu^
henschtet
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sation Japans zersetzt hat: das Zurücktreten des persönlichon
AnieiKs des ITerrschenden an der Regionmg. Oeraae das Sho-
gunat beruhte wesentHeh auf der Tüchtigkeit der Shogune. Wie
durch ceremonielle Isoherun^; und Verweichlichung die Kaiser in
der Ausübung der Herrschaft durch ihren Hotadel und später
durch die Shogmic, wie dic^e wieder durch die Shikkcu ersetzt
waren, so sehen wir auch die Tokugawa-Shogune aUmähUch
die Gcachäfte mehr und mehr ihren honen Beamten überlassen.
Und die hohen Beamten überliefi>en wieder die Einzeihcit<^n ihren
Vasallen und Linter^: ebenen. Vor allem in der Keehtepflege
ftdirte da.s zu ar^en Mil'sstiinden. l)ie lange Kegierimg des |»raeht-
liebenden elften Shoguns lyenari ( 1 71^7 — 1 s;57 ) erscheint als
die eigentliche Zeit der V'erlottcning, wie auch seine Verschwen-
dung die nie glänzenden Finanzen de.>5 StaaLäweseus arg schwächte.
Die flchlafle Anwendung der klug zur Beherrschune^ der Landes-
fbraten ansgedachten Kontroilmalkregehi (namentlich der Ver-
setBong) liels nach und nach die Schwäche der Centrairegierung
erkennen.
Almlicli war es in den Dainiyafen. Die Daimvos si lbst
wjfrf»n jeder wirkhelien Thiitigkeit cntwr>hnt, in den meisten Herr-
sehalp n w^r-^n nKor -nfeh die Karo (die Minister) zu vornelime
Herren geworden sich selbst anzustrengen. Erziehung, Weiber,
Sjike hatten die meisten Mitglieder der höchsten Stände unfkhig
zu Ernsterem als schöngeistiger Patronage von Kunst und Litte-
ratur gemacht In den Han wie im ßakufd herrschte in Wahr-
heit die mittlere Beamtenschaft, die alten Regierangsformen waren
hohler Schein. Arger noch als im Hakufu war die Finanznot
in den Han. von welchen viele unter den Folgen der Papiergeld-
wirtöcliaft litten Um 1784 war es schon einmal so weit, dafs
die Kaiifleutc in ( )saka selbst ge^^ n die Garantie des liakufu
den Daimvos nicht mehr Geld liehen'. Zum Teil war die tinan-
meUe Schwache der DaimTOs beabsichtigte Folge der Politik des
Bakufu. Die fieisen nach Yedo und zurück mit ^rofsem Ge-
folge, die doppelte Hofhaltung in Yedo und in der eigenen Resi-
denz, die groisen öffentlichen Bauten, die ihnen aufgelegt wurden,
bildeten eine schwere Last. Vielfac h war die Finanznot aber
auch durch übermfüsigen Aufwand v»T.seimldet, auch durch voll<s-
wirtschaftlicbc (^u^^s^bereien , Versuche mit irgend weichen
' Die Regierung verfiel (Imnals auf einen Plan, um i n naiinvos
autizuhelfen und den selbst dabei eine ii^Dahme ssu versciiaüeu. Die
Machi- Uugyo von Osaka flollten von den grofsen dorti^n Kaofleaten eine
entsprechende Summe verlanji:en. Aus diesem Fonds sollte den Daiinyos
6eld fjceliehen werden. Das Bakafu garantierte Rückzahlung und sollte
dafür ein Hiebintel der Zinsen erhalten. Der Plan scheiterte an der
Weigemng der Kautlt-utc, die lieber das Siebentel der Zinsen olme
weiteres zahhm als das Geld horgeV"^!! wcillten. .\neh der ^^'T^^u^■ll,
änen Darlebnsfonds durch eine Zwan^^t^aulieihe zu bescbaHen, wurde nicht
durehgeAihTt
56
wunderbaren UntemeliinuD-AeQ (Handelsmonopolen u. derglj aus
zwei mal zwei tünt' zu machen, Experimente, die Bchliei'älich
reg^mälaig dem Balgeber ebenso acfaleeht belumeii wie der
hmdeafilraUicheo Kaaae. Dab alleiD genügt aber nicht) die ewige
Finansnot der Unn wie des Bakufa su erklüren.
Der Grund ist wohl tiefer zu suchen in der allmählichen
Umgestaltung; der wirtsch.iftliclien Verhältnisse in der lanf:^en
Fritidenszcit. Wie in Kurop«! am Ausgang des Mittelulters wuclis
die Bevölkerun«; Mit der Ausdehnung des Ackcrlande.s bei
uDveräuderter Tecbuik «liegen die Produktionskosten, je mehr
schlechteres Land in Angriff genommen wurde. Mit der grOlseren
Entwickelung yod Bbmael and Industrie entstand ein gröfseres
Bedürfnis nach Geldeinnahmen statt der Naturaleinnahmen , die
Qeldwirtschaft fing an immer nötiger zu werden, während der
ganze Staat.sbau auf einfache naturalwirtschaftliche Verhältnisse
ziii^'e-elinitten war. Wie in Kuropa, machte dieser l'bergang
endiose Schwierigkeiten. Man fühlte die Symptome, aber kannte
den Grund nicht. Man experimentierte am MUnzwe^en herum,
ohne doch den sich immer wiederholenden Klagen über Knapp-
heit des Geldumlaufes abhelfen au können. Gegen 1850 lief
im 8ttden und Westen eigentlich nur noch Papiergeld um. Wo
es Metallgeld gab, wurde es immer schlechter, nicht blofs durch
die Malisregeln der Regierung, sondern auch dadurcli, dafs die
bei der unvollkommenen Technik sehr ungleichen Münzen aus-
gesucht wurden und nur die leichten im Umlauf bHeben.
Dazu kommt ein Weiteres. Mit der Bevölkerung nalmicn
auch die Samurais zu. Den Landesherren wurde es immer
schwerer, alle die Leute durchauRlttem, die der BegeL nach
weiter nichts gelernt hatten, auf jeden Gelderwerb verBchtltch
herabsahen. Vielfach waren sie dazu schlielslich nicht mehr im
Stande. Die Zahl der herrenlosen Samurais (Bonin) nahm su,
ein gefahrliches, unbotmiilsiges Element. Kurz nach Öffinung
der Hafen traten .sie schon in ganzen Händen auf.
Auderaeitii sahen bei der Ki'blicljk* it aller höhenn Amter
gerade die Strebsamen unter den kleinen Samurais den \\'cg
zu höheren Stellungen sogut wie eanz verschlossen. Für ihre
zunehmende geistige Bildung fand sich kdn genügendes Feld
der Bethätigung. NamentUch aus diesen Kreisen sind die trei>
benden Elemente der Umwälzung hervoi^Qgaogen. Sie haben
in Japan eine ähnliche Rolle gespielt wie im modernen Europa
der gebildete Bürgerstand , fimlich mit dem gewaltigen Unter-
' siehe das Cicat auB japaiiisflier QuelJe ho] Adams, History of
Japan I lö4: .,SeU dieser Zeit trieben sich zahlreiche Schwertträger
niederer Horte im Lande umher und versprachen grofse Thaten". yg\.
auch (lif f^p^-efTnung des Kegenten von Satsuma im Frühling 18G2 mit
einer groiseu Baude von Konins in Uimeji. In deu Jahren lb62 und ItiGii
stand Kyoto seitweise unter einer voUstKndigeD äcbreelcenBheiisehsIt
dieser gesetsloaen lisnden.
. k, 1. ^ . y Google
X 4.
57
ächied, dal- sie, ohne festen Besitz, nichts zu verlicrcu iiattea
und äicii mit um so gröfserer RUcksichtslotiigkeit in die politische
Agitation stttraen konnten. Sie vor allem waren es, welche, mit
4len bestehendeD Verhllltiuaaen ansufirieden, die Verbtiidung der
Daimyate mit dem Hof in Kyoto zu W^e bnushten und so der
Mifsstimmung in den Daimyaten den ffinterigrand weiter poU-
tiacher Ideen und populärer Schlagworte gaben.
WfUirfnrl namHch die materielle Macht des ShoguDc-its
ziu-ückging, vollzog aich eine andere zunächst rein ideelle litte-
rariäclie Bewegung. Gegenüber dem Zerkall des Landes in eine
Anzahl thatsächlich unabhängiger Gebiete am Anfang des sech-
aehnten Jahrhunderts hatte &b Werk des Nobonaga, des Hlde-
yoshi und des lye^asu die Hersteihmg der Beichseinheit be-
deutet: dieser folgte nun eine litterarische Strömung, welche sich
, der eigenen nationalen nichtchinesischcn litterarischen Denkmäler
erijinfrtc. Es ist wohl kein Zufall, dafs der Absperrung des
Lund 1- naeh auisen eine fTeistesströmung folgte, welche unter
der auöluudischen 6chieht von chinesischer Litteratur und bud-
dhistischer Moral die nationalen Altertümer hervorzugraben, die
Shintordigion und die alte Poesie zu beleben suchte ^ Da aber
stand Ubwall im Mittelpunkt der Rdigion wie der Litteratur
das alte legitime Kaiserhaus, der Sonnensprols, dessen Nachkomme
im Palast in Kyoto von feierlichem Ceremoniell umgeben lebte,
nominell noch immer der Souverän des Landes. Das waren
litterarische Studien /jmächst ohne politischen Beigeschmack, am
eifngslen gefordert gerade von Mitgliedern der Familie Toku-
gawa. Aber mit der Zeit äufserten diese Studien doch auch
Sraktiscbe Wirkungen. Ihnen ist es wohl zuzuschrdben, wenn
er Shogun Ypahimune manche Gebräuche an sdnem llofe ab-
stdlte, welche der schuldigen Achtung vor dem Mikado nicht
entsprachen (z. B. Tnigen gewisser Kleidung, Gebrauch von
gewissen Redewendungen betreffend die e'vjyne Herrschaft). Es
konnte nicht ausbleiben. daCs VertiKulir gezogen wurden
zwischen der theore tischen und dvr wirklieiien Bedeulung des
Mikado. So enti^tand eine liichtung, welche mehr und mehr
die Herrschaft der Tokugawa als eine Usurpation ansah. Dais
namentlich in den gröfseren Landesherrscbaften des Südens, welche
stets nur widerwillig die Aufsicht des Bakufu über sich ergehen
liefsen, solche Theorieen rasch beliebt wurden, ist leicht verstfind
lieh. Ich bin nicht in der Lage, aus eigenen Studien zu dem
wenigen in der europäischen Litteratur bisher über das Ent-
stehen dieser legitimistischen Strömung Bekannten etwas hin/Ai-
zuiugen. Es ibt bemerkenswert, dals bereits 1787 Motoori, der
bedeutendste dieser Shmto-Gelehrten , das alte Regime angriff,
' Vprl Satow, The Revival of Pore »hinto, in Tnuuaetions of the
As. Soc. oi J. III Nr. 1, Appendix.
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68
X 4.
dal*8 1836 eine Schritt eines andenn Hauptes dicker Sclmle,
Hirata, aua politiachen Gründen verboten wurde, dalk überliaupt
seit etwa 1820 pofitucbe Proaesse wegen Angriffen gegen dw
Bakttfu aich mehrten. Die ganze japanische G^eschidite wurde
im legitimistischen Sinne rekonstruiert. Vor allem wird dem
durch dt ri Fürsten von Alito Mitsukuni (1628 — 1700), den be-
rühmten Mito Koinon, begonnenen groCsen Geschichtswerk Dai-
nihonöhi greiser Kintluls in dieser Richtung zugeschrieben. Aus
späterer Zeit ist wegen des grofsen KinHusses, den es j»"eUbt hat
und noch übt, das Geschichtswerk NihoD Gwaishi von iiiii
Sanyo (1827 erschienen) zu nennen. Das Merkwttrdi^te an
dieser Bewegung ist, dals sie ihre wichtigste Sttttse in einem der
Zweige des Hauses Tokugawa selbst, dem Hause Mito fand. Der
Fürst Nariaki von Mito (seit 182^^) wurde schlieÜBlich dem Ba-
kufu so verdächtig, dals er 1814 in Haft genommen und erst
bei Ankunft der Amerikaner lb.')3 daraus entlassen wurde.
Dieser zweideutigen Gestalt wird nachher noch Erwähnung zu
thun sein.
So war das feste Gefüge, das die Tokueawa errichtet^
schon bedenklich gelockert, als die Ankunft &r Amerikaner
und die Öffnung mehrerer Häfen fiir den fremden Handel d^
Stein ins Rollen brachte, der den alten Bau zerschmettern
sollte.
Ms würde hier zu weit führen, die ( iesehiehte der der Öffnung
der Hafen f(^lgenden Jahre im einzelnen darzustellen. Nur die
lur die St^tatsentwiekelung wesentlichen Züge sind herauszuhebend
Die öffiiun^ iapaniBieher Btt&n für fremden Verkehr wäre
nach der Entwickelnng der modernen Verkehrsmittel jedenfalls not-
wendig geworden. Immer häufiger wurden die zuf;inigen oder ab-
sichtlichen Berührungen mit dem Auslande. Durch die Holländer
in Nagasaki verbre itete sieh einige Kenntni^^ von den wirklichen
Zustanden der Aulsenwelt. Namentlich seit an der kalifornisehen
Küste feiedelung und Verkehr sich entwiekelten , war die Ab-
sperrung nicht mehr haltbar. Aber der Zeitpunkt der Ankunft
der Fremden war ein für die weitere Entwickelung unglücklicher.
Unmittelbar nachdem der amerikanische KonmiMore Perr^ am
Eingang der Bucht von Yedo erschienen war und seine Wieder
kehr im nächsten Frühjahr zur Eröffnung der Verhandlungen
versprochen hatte^ starb der Shogun lyeyoshi, der zwöi^ Toku-
' Eioe kurze öberKichtliche DarateliuDg giebt Hein, Janan I
41s. Das Hauptwerk ist F. O. Adams, The Hietory ot Jajmu.
2 Bände London 1874 lö, welches die Zeit von 1N>»— 1871 bchaudelt.
Vgl. aueh W. Black, Young Japan. 2 Bftnde 1880/81, mit vielen be-
inerkeiihwertcii Noti/eii, das voiiSiitow Ubereetzte Kiii8ei Shiriaku. flii?
Berichte über die Expeditionen der westlichen Mächte, namentlich den
von Berg erstatteten über die preufsische Expedition nach Ostaaien.
Manche bemerkenswerten Züge in der Biogniphie des U*Daijin Iwakura,
ins Französische Ubenefa&t von L. van de Polder, Yokohama 18d5w
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X 4. 59
gawM-Shogun, am 2o. August 1853. Di«* durrii moksc Extraau.i-
gaben ohnehin geschwächte Ötaatskabde wurde tlurcli den Thron-
wechsel wie durch die kriegerischen Vorbereitungen, die man
zur Abwehr der Fremden traf, ganz geleert; Ubmies war seit
1845 eine schlechte Ernte der anderen gefolgt In den Ver-
trägen, die man nicht ganz abzulehnen wagte und die am
31. Miins 1854 mit den Vereinigten ^^taaten , im s(»lben .Talu'e
mit ( irolsbritannien. h^55 mit Ku Island ab;,'eselilo8«en wurden,
hatte man den fremden Machten nicht weiter viel eingeräumt,
im wesentlichen nur, da!s ihre Schifte in einigen Häfen (Shinioda,
Hakodate, Kagasakij Proviant einnehmen und Wai'en verkaulen
durften. Die Niederlaasong fremder Eauflente in den Httfen
war nicht gestattet. Auch entwickelte sich zunächst kern nen-
I : I s werter Handelsverkehr. Die Amerikan e i I itten sich auch
Zulassung eines Agenten in Shimoda ausbedungen« Den
Holländern gelang es ]85() durch einen Vertrag ihrer Stellung
in N?ii?rtFr>ki einen würdigeren (."iiarakter zu geben K \\ i<'htiger
als (he V erträge selbst war die \\ irkung, welche ihr Abschhits
im Lande hervorriet. \\ ie schwacli ^sieh das Hakul'u tiihlte, geht
am bestem daraus hervor, dafs es mit den grolseu LandestUrstcu
und mit dem Hof in Kyoto in Verbindung trat und diesem die\
Notwendigkeit, die Verträge abzuseliHefsen, klarzumachen \
suchte, < I j^eich der Shogun zum Abscblufs Yon Verträgen mit {
dem Auslande unzweifelhaft befugt war, ebenso wie die alte
Absperrung atif Anordnungen der Sli '^nne beruhte. as aber
noch bczeiehnt^iider war für die Lage: der Hof in Kyoto wagte
zu widersprechen. Der Shogun möge thun . wa« er für unver-
meidlich halte, aber der Hof sei dageg{;n. Der innere A\'ider-
sranch des Dualismas kam hier zum Aosbruch. Sowie das
Bsknfo nicht mehr unbedingt herrschte, sowie der Hof eine
eigene Meinung aussprechen kormte, ^var das Shogunat zu Ende.
Hatte der Hof keine eigenen Machtmittel, so waren die groCst n
Lande*<h<^rren bereit, sie ihm zu leihen, um unter der Fahne der
kaiserlichen Autorität die verbalste Ilerrschait in Vedo zu
stürzen. Eine Reihe der wichtigsten l'ürsten gaben offen ihre
Mifsbilhgung zu erkennen. Sollte das Bakufu nicht ohne
weitere» sosammenbrechen , war es unbedingt nötig, die Zflgel
scharf «länriehen. Es wurde ein JTaiio (Regent) ernaxmt» Ii,,
der Fürst von Hiko|i&.(Omi), der grOfste der f\idal, der sofort
lläfeiegeln ergriff, um in Kyoto wie gegen die Fürsten energisch
einzuschreiten (1S5Ö). Es war die hin hste Zeit, denn schon war
der Hn*'mit <"inigcn der FUi-sten, namentlich ''-" m von Mito, heindieii
in. Vcrbmduog. lu diesem kritischen Moment eriblgteu zwei
' Sämtliflic Vprtr-iir'* Japans mit dem Auslände sind in einer aiut-
iichen Saoimiuug verüticuiiieht: Treaties and Conventions between the
Empire of Japan aod other Powers etc. Letste Au^be Tokyo 1x84.
wichtige Ereignisse: der Slio^'un Iv^mdn ötiirb am 15. August,
Q^Q^ Erben zu hinteriaüscn, und lias Hakuiu gab^dem Dräugea
der fremden flüchte auf Abscbiuls eigentlicher Handdsvertiige
und ZiilaBanng diplomatiicber Vertreter in Yedo nach. Zum
VarstÜndnis des Ietztei*en Vorganges muls man sich erinnern^
dafs gmde damals Eiogland und Frankreich in Verwickelungen
mit China geraten waren und beträchtliche Streitkräfte in Ost-
nsirn zusammenzogen, wovon das Hakufu natürlicl) Kenntnis
hatte. Ende 1^*57 war Kanton b^scbosst-n und ersttlrmt, im
Frühling 1858 Tientain besetzt und den Chinesen ein neuer
Vertrag abgezwungen. Dem amenkanischen Generalkonsul
Harris» aeit 1856 in SUmoda residierand, gelang es am 2*J. Juli
1858 miter dem Eindruck dieser Nachrichten, den neuen Han-
delsYerirag abzuschliefsen. Ihm folgten am 18. August die Nieder-
lande, am 19, August Rufsland, am 2(). August England durch
seinen Oberkommissar ftlr Ostasien Lord Klgin, der ^um ersten
Male eine wu'klieh bedeutende eurojjUisehc Slreitmaciit den
Japanern zeigte; am 9. November folgte Frankreich. Es sind
die Vertrüge, welche im wesentliclien bis jetzt m Kruit siud,
durch welche eine Anzahl Häfen und StMdte dem iremdea
Handel geOfihet werden sollten, nämlich die Häfen Kauagaw^
(an dessen Stelle tiiatsächlioh Yokohama trat), Nagasaki und
Hakodate am 1. Juli 1859, Nügata oder ein entsprechender
Platz am 1. Januar lH(»n, Hyogo am 1. Januar 18t>'^ und die
Stfldt«' Yi'Ao nm 1. .lanuar l>^o2 und Osaka am I.Januar 1868. —
rbrigeus sei gleich hier bemerkt, dafs der Vertrag mit Preulsen
vom 24. Januar 18(31, der mit Italien voui 25. August iBtiö,
der mit (Österreich- Ungarn (der letzte mit einem europäischen
Staate abgcsdüossene) yom 18. Oktober 18ü9 daäert
Mitten in den Abschlnfs der Verträge fiel der Tod des
Shoguns, am 15. August 1858, nach nur eintägiger Krankheit.
Der Verdacht lag nahe, dals sein Tod von denen herbeigeftlhrt
war, wek'lie den Verträgen feindHch waren, um so den Absehluls
zu verhindern, bei der Festigkeit des Regenten allerdings ein
vergeblicher Versuch. lyesada hinterlieis keine Sülnie. Von
seinen zahlreichen Brüdern lebte nur noch einer ^ der aber aus
der Familie heraus in die Nebenlinie von Hitotsubashi adoptiert
war und seinerseits einen Prinsen Ton Mito, Yoshinobu (Keiki),
den siebenten Sohn des bernts genannten Nariaki von Mito,
adoptiert hatte. Diesen jungen Prinzen von Hitotsubashi wUnsehte
eine mächtige Partei zum Shogun ernannt zu sehen , vor allem
sein leiblicher Vater, der alte Fürst von Mito, aber auch die
Fürsten von Uwari, Echizen, Satsuma, vSendai. Hizen, Tosa und
andere. Der Kegent Ii dagegen bestund darauf, dals der «Shogun
dem seit dem achten iShogun r^erenden Hause Kii entnommen
werden mUsse, und setste durch, da(s ein awölQäbriger Knabe,
Yoshinofi von Kü, unter dem Namen lyemochi als Sncgun pro-
X 4.
61
klamiert wurdet Für ihn führte Ii als Tairo die Regierung.
Er griff nun mit eisenier Hand durch. Eine Anzahl groCser
Fürsten (Owari, Echizen, Toaa und üwajima) mulsten abdanken
und die Regierung ihren Nachfolgern übergeben, andere erhielten
Hausarrest in iliren Yasiiikis. Der alte Fürst von Mito. dessen
Verkehr mit dem Hofe entdeckt wurde uod der durch den plötz-
lichen Tod des Shoguns und sein Bestreben » den eigenen Sohn
an dessen Stelle su bringen , in sehr schiefem Lichte erschien,
wurde in engem Gewahrsam gehalten. Die Gegner des R^enten
am Hofe in Kyoto wurden verhaftet, die Führer zum Todp vfr-
urteilt. Noeli einmal .schien die Stellung de« Bakufu gesicliert
zu sein. Da wurde der Regent am Moriren des 24. März IHliO i
am Sakurada-Thor der Burg zu Vedo vou Ronins aus Mito /
ermofdet Ee war die erste in der langen Reihe von Blutthaten,
durch welche legitiniistascher Nativismus der neuesten Geschichte
Japans ein so eigenartiges Geprüge gegeben hat Ks war der
Ausdruck eines Fanatismus, dessen Fortleben noch 1889 die
Ermordung eines Ministers, die Verstümmelung eines zweiten /
beniesen hat. Es ist vielleicht nicht ülx i tlüssig, daraul In'nzu-
weisen, dals das, was Ii gethan hat und weshalb sein Andenken
geschmäht wird, durchaus deni geltenden Verfessungsrecht ent-
sprach, sowohl die E^tsefaetdung Uber die JBSrbfolge wie die
strenge Unterdrückung der Zettelungen der Ho^Mirtei. £m Un-
dOck f^ir das Bakufii aber war, dais durch sem Voigehen das
fiaus der Tokugawa ganz in sich uneins geworden war.
Die Aufregung getren das Bakufu wegen Öfftiung der Häfen
kam nicht zur Ruhe. 8ie wurde genährt durch wirtschaftliche
Vorgänirc, welche gjinz direkt die Folge des fremden Handels
waren, numlich ein allgemeines Steigen der Produkteupreisc und
eine vOUige Verwirrung der ohnehin schon wenig befiiedigenden
Wtthningsverhftltnisee. Als nilnilich die fremden Kaufleute am
1. Juli 1859 ins Land kamen, fimden sie ein von dem in der
übrigen Welt herrschenden völlig abweichendes Wertverhnltnis
zwischen Silber und Gold. Zu der FinriTT/kunsfstücken der
Tokugawa hatte eine allmählich immer stärkere Wert Steigerung
der Sübermünzen gehört. Um 1640 soll nach neueren japanischen
Berichten das V\ ertverhältnis etwa 1 zu 13 gewesen sein, was
aber mit den Angaboi der Holländer nicht r&Ski stimmt Nach
diesen mufs man annehmen, dafs es im 17. Jahrhundert zwischen
1 zu 8 und 1 zu 12 geschwankt hat. Um 1800 war bei der
Ausmünznng das Verhältnis 1 sn 8^ 2. Die Rop:u rung hatte
dann das Sil hör immer höher angesetzt. Seit etwa 1830 stand
es auf 5 gegen l Gold^ Nun enthielten die Verträge die Be-
» lyemochn Vater war tbrigens aer filtote von deo noch lebenden
Söhnen des elften Shoguns and dotch Adoption Haupt der in ivu
regierenden Linie geworaen. j - u*
« In dem späteren Goldycii (l,r. gr fein = 4,im Mark) »"«Sf^^***^"
hatte Tor 1850 der Goldkofaan (l^o) einoi Wert tob 4,si Yen. Bin Kyo war
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X 4.
stinivniing. dai's ein Jahr iang nach Eröflnung jedes liatens die
japanische Kegierung den Fn niden für ihr Gäd — Oold gegen
Gold, Silber gegen Silber — gegen das gleiche Gewicht japanisches
Geld liefern werde. Das eab eine ganz einzige Gelegenheit^
ungeheure Oewinne zu machen. Die Fremden tauschten gegen
ihre SilberdoUars silberne BustUcke ein und kauften mit diesen
Goldkobans. welche in grofaen Mengen ausgefiihrt wurden. Ein
einfaehes nochenexempel ans den nnten gegebenen Zahlen zeigt,
daiß diese-- fiffehüft 200 Prozent Gewinn abwart", wovon nur
die 'i'ranäportk i.sten der eingiführten SilberdoUars und der aua-
gelidirten Kubans abgingen. Ein wirkUcher Warenhandel,
namenilioh Elnftthr , kam im ersten Jahre überhaupt nicht zu
Stande. Die wirklich ausgefilhrto Goldmenge ist nicht bekannt.
I^ie ernsthaften Schätzungen gehen auf höchstens eine Million
Kobans Bereits im November 1859 wurde der Geldwechsel
ftir die fremden Kauflente eingestellt. Aber die bisherige Wert-
relation war unhaltbar. Nach einigen unbedentenden und nutz-
losen Malsregeln entschlola jnan sieh anfangs ISiiu zu einer
gewaltigen Änderung und Herstellung des in der übrigen Welt
f eltenden Verhältnisses, nicht durch entsprechende Bewertung
er Silbermünzen, sondern durch Herabsetzung des Goldiyo auf
beinahe ein Drittel seines bisherigen (lelialtt^s^ Dieser neue
kleine Ryo war aber gesetzliches Zahlungsmittel fear alle alten
auf Ryo laufendi'n Forderungen: eine Seisaehthie, wie sie wohl
selten vorgekommen i.st. P.ine weitere Störung der Münzver-
hiümisse entstand durch die allerdings %'erbotene, aber thatsächlich
geübte Ausfuhr von Kuptenniinüen nach China, welche gleich-
falls durch die UbermäCsige Bewertung der Silbermünzen lohnend
war. Die kleinen Kupfermünzen wurden dadurch sdten und
stiegen im Werte.
Zu all diesem kam noch eine wirkliche Steigerung der
Preise für solclie Waren, welche die fremden Kauflente zu erheb-
lich höheren Preisen einkauften . als bisher im Lande üblich
waren, namentlich fiir Seide, von weleher in der Saison 18«50*il
bereits 510 000 kg ausgeführt wurden, und für iiaumwoUe, deren
infolge den amerikanischen Secessionskriegc.^ rasch steigender
Preb zeitweise eine starke Ausfuhr veranlafste (1863/64 §6465
Ballen).
Es bedarf keiner Ausführung, dals dieser Umsturz aller
bisher gewohnten Währungs- und Preisvdh.iltnisse str»rend in
das ganze wirtsehaftHche Loben eingriti" und namentlich die aut
ein l&jtcä Einkommen angewiesenen »Samurais hart traf. In einer
Lileich vier 8ilber-Bu. Ein Bustück halte oixkon Wert von 0,»« Yen, vier
liM <Ml,^r ein I'- > il^^n waren l,a« Yen. Fiir diese Silb< rmr»iiire erhielt
man iolgüch ein (Joiddlück von 4,at Yen Wert. Nach Harris wäre der
Eoban = 4,44 DoUarB, der Bu 0,«i Dollar gewesen.
■ Vgl. Nftheres unten im Kapitel Mfinzwesen.
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X 4.
63
olmehin politisch aufgeregten Zeit wurde so die Unzufriedenh^t
der maisgebenden Klasse der Oesellschaft noch vermehrt.
>iach Iis Tode schien eine Zeit l-mt^ noch die Autorität de,s
Bakut'u gesichert zu sein. 8ein Gci^uer, der alte Fürst von
Mito, starb. Der junge 8hogun wurde mit einer Seliw(\ster <l(!.s
Mikado vci-mählt. Aber jede Festigkeit lehlte. Der uiidcheiueüd
bedcatendale der leitenden Männer, Ando, zog sich nach einem
Hordanfiill, bei dem er schwer verwundet wurde, von den Qte-
schiilu'u zurück (M;u 18«)2). und um dieselbe Zeit sehlugen der
Hof in Kyoto und die südlichen Landes! icrren, oflr« rl v- von der
in Yedo herrseliendeu Schwiklie und ljnschlii>^iiikeit unterrichtet,
eine unabliiinijijLre Richtung o'm , wie .sie seit .lalu liunderten in ^
Japan un^^rli rt war. Der Kegent von Satsunia und der Fürst .
von Cliaduu trafen sich in Kyoto und vereinigten sich mit dem
iHofe cBhin^ daCs die Politik des Bakufu geändert, dala das Land
geBcbloBsen werden müsse. Die noch lebenden Gegner Iis wurden
amnestiert. Ini > Dinner erseliien als Gesandter des Kaisers der
Adlige Ohara, lie^^leitet von (h'in Kegenten von Satsunia, Shimaza
♦Saburo, in Yedo mit drr Autforderung an (l<-n Siiognu, nach
Kyoto zu kommen, luii mit dem Adel und thn Landestursten
festzustellen, wie man die iJarharen nieder .lustreiben könnt;.
Ende Jidi 1802 versprach der Sho^un, er werde dem Hetehl des
; Kaisers nachkommen. Auch wurde, wie der Kaiser gewünscht,
^ juu^e Hitotmibashi zum Vormund^ der alte Fürst von Echizen
{den Ii gezwungen hatte, abzudanken) zum Hauptratgeber der
Rogienmg gemacht. Vod dieser Unterwcrtimg unter den lioi'
an, mtlfs nifin sagen, war die bislierige Reü;iei'uniJ;sform tbatsüch-
lich zeröt<)rt. Der Sho^un war nichts n^elir ;ils ein besonders '
mäelitiger Lande.sfur.-it. der unter Lc^itun;:; des Hofes <lie (lesehilfte
führte. Der 8ehwer|)unlct la;^- niclit melu' in \ edo . .soiulern im
Kaiscrsehlols zu Kjoto, wo der Ti^inu (lic Lande^tmvsteu , äcine ?
Vasallen, um sich versammelte. Im November 1862 wurde den » t
Fürsten erlaabt, ihre Frauen und Kinder aus Yedo in ihre eigenen
Herrschaften zu bringen, und chis Sankinkotiii, die Re.sidenzpllicht
in Ye*to (vgL S, 37), ganz, bedeutend gemildert. Die Herrlich-
keit des »Shogunats näherte sich ihrem Ende. \\ egen der allge-
meinen Geldnot wurden die gegenseitigen (iesehenke des Slio-
giins und der D;iimyos .ibgesc halft, das vorgeschrieljene Gefolge
vereinfacht. Die Aufregung im Land*- unter den Samui'aiü aber
wuchs. Mörderische AuMle auf iVemde wie im Verdacht der
SVemdenireandKchkeit stehende Japaner mehrten sich, und der
B^ierung wurde es immer schwerer ^ dagegen vorzugeh^. Im
Winter 1862/d3 sanimelte sich eme steigende Zahl von Fürsten
in Kyoto, namentlich waren alle gröfseren Daimyos aus dem
^den und Westen versammelt, imd auf erneu! es Drangen des
Hofes ging im Frühling /.nnüchst der Regent Hitotsubashi, dann
der junge Shogim selb.st naeh Kyoto, wo die Austreibung der
Barbai'en bescldossen werden sollte. Eineu ^ewiäaen Erfolg in
. y 1. ^ . y Google
64
X 4.
dieser Riclitimg hatte das Bakutu Ix-reits erreicht, da die fremden
Miiclite in den Aufschub der Ötihung weiterer Häten bih zum
1. Januar 18()H gewilligt hatten.
Der Hof emuicipierte eich nun -volbtündig von «Uen bis*
herigen Fessdn. Der Besuch des Sh^guns war ttogewöhnlich,
die Versammlung der Daunvos war gegen alles bisher geltende
Becht, jetet wurde auch äui»erlich die Unabhängigkeit des Kai-
/sers ge7<"!frt. indem er das Seliloff? vorliel's. um in einem Tempel
' fUr den Ki iolg der Barbarenaustreibunrc zu beten , ein Kmgnis.
das einen un«ceheuren Kindruck im Lande machte. Die Daimyo«»
wurden in ihre Gebiete geschickt, um die nötigen kriegerischen
Vorbereitungen EU treffen, und der 25. Juni 1868 als der Tag
festgetietei, an welchem die Barbarenaustreibiing beginnen sötte.
Während dem Shogun nicht erlaubt wurde, Kyoto zu verlassen
— man sieht, wie die Rollen vertauscht waren — kehrte Hitotsu-
bashi nach Yedo znrfick und meldete sofort, es sei völlig unmög-
lieh, die Fremden zu vertreiben. Den fremden Vertretern aber
stellte das Bakufu am 24. Juni folgende Mitteilung zu : der
Shogun liabe Befehl vom Mikado erhalten, die geöfftieten Hafen
zu schliefsen und die fremden zu entfernen, da die Nation keinen
Veskehr mit ihnen wOnsche. Weiteres sei mttndlicher Besprechiuig
vorbehalten. Es ist wohl nicht au beaweifeln, dals die Regierung
in Yedo sich von diesem Schritte keinen Erfolg weiter versprach
und nur den Befehlen des Kaisers auf diese W eise formell nach-
komm eri wolltet Auch wurde die Note am 12. November
zurUckgeno m m en .
Am andern Ende Japans al)er führte der Versuch de,s Ilotes,
die Poluik des Landes zu lenken, zu argen Verwiekelungen.
Der FOrst von Gboshu fiifste den Befehl des Kaisers, die Bar-
baren am 25. Jnni auszutreiben , der ihm in aller Form durch
das Bakufu übermittelt war, in bittcrem Ernste auf und liefs
von diesem Tage an jedes europäisch gebaute Schiff, das sich
seinem rJebiete nftherte, besehiefsrn, so dafs die Strafse von
Shimonoseki auf geraume Zeit dem fremden Verkehr geschlossen
war, was zu dem nachher noch zu beapreciienden bewaftueten
Eingreifen der fremden Mächte fülirte. Inzwischen kam es aber
zu einem emsthaften Zusammenstoß zwischen einer der Mächte,
England, und dem mächtigsten der sttdlichen Fttrsten, dem von
Satsuma. Als der Regent dieser Herrschaft im September 1862
von Yedo nach Kyoto zurückging, stiefs sein Zug unweit Yoko-
hama auf eine spazierenreitende englische Gesellschaft;, \^'egen
einer angeblichen Etiketleverletaimg wurde diese von den Ge-
^ Es ist besdchnend, daft 10 Tage spXter dem englischen Gesehafts-
träger eiin: Entschuldigungsnote wegen verachiodenei* vorgekomm«Mier
Gcwaltthaten iil>errcicht wurde, die mit dem Ausdrncko der HoÖnung
sclilofe, dafn nichts wieder vnrkommen möge, was den Abbruch der Be-
ziehnnges beider Linder venmlassen könne. Adams I 280.
X 4,
65
folgslf^nt 'n Sntsumus angejn^'ffen . ein gewisser Richardson zu-
sammongehaiu n, einitre andere verletzt. Der eiijj^lisehe Vertreter
forderte vergelx-iis hicrfiir (Tenu^tliuung vom ßakiifu. Eine
rJeldentscbädigung für die (Jpler wurde allerdings im Juni 1863
gezahlt Die Mörder su strafen erklärte das Bakii^ sich aul'ser
Stande So wurde schHeMch ein englisches Geschwader nach
Satauma geschickt, um Qenugthnnng direkt zu verlangen, was
halb., infolge von Mifsverständnissen zur Beschiel'sung der dortigen
Hauptstadt Kagosliima tührte (15. Au;;ust 18()3). Das Ereignis
war wichtig; in seinen Folgen. Es zeigte dem stolzen iSatsuma-
Ilan, wie rei lit das r»akufu hatte, wenn es die Unmöglichkeit
behauptete, mit den jetzigen Machtmitteln die Freniden aiiszu-
üeiben. Eb legte gleiciizL-itig einen der wichtigsten Gegner des
Bakufu lahm, ja veraDlafste ihn zeitweise zu dessen Unterstfitzung
Dieses benutzte die Gelegenheit zu einem glücklichen Schaclizug
in dem Intriguenspiel , das am Hof in Kyoto fortdauerte,
gelang den anderen Hauptgegner, den Choshu-llan, aus Kyoto
zu verdrangen, und mit den Chosliu-Lcuten flolü ii die Fülirer
der dem Hakufu feindlielien Hotiidligen, 8anjo iSaneyenhi und
sieben andere aus Kyoto AU nun zu Anfang 1864 auch noeh
Satsuma mit Cho^hu in offene Feindseligkeiten geriet, war das
Bakufu zeitweise wieder ganz Herr der ligß* Bei einem erneuten
Besuch des Shoguns und Hitotsuhasbis in Kyoto milsbilh'|te der
Kaiser die Gewaltakte Ohoshus gegen die fremden Schiffe (28.
Februar 1864). Der Shogun erhielt Befehl, Choshu zu Steafen,
die Schliefsnng d(^r Hrifen solle zu gelegener Zeit vorgenommen
werdf"T\ Ein Verisueh des C'hoslni-Han , verstfirkt dun-l- zahl-
'•«■i<nht; Jionin« Kyoto zu iiberrum})pln und aicli der Person des
Kaisers mit (lewalt zu bemächtigen (20. August), schlug fehl.
1^ war die letzte Gelegenheit, die Stellung des Bakufu zu stärken
und auf etwas veränderter Grundlage wieder herzustellen. Es
kam zn einer neuen Abmachung mit dem Hofe, wonach der
Shogon selbst sow ie jeder Dairoyo vom Kaiser persönlich belehnt
WBitfen sollte Die Daimyoa sollten dem Kaiser jährlich Produkte
ihrer Provinzen darbringen (wie bisher dem Sliogun). Die Hata-
motos des Shoguns sollten den Kaisi r[Kd ist bewachen u. s. W.
Alles dieses aber lidn'tc zu keinem dauernden Verhältnis. Das
ungeschickte Eingreilln der vier koalierten Mächte England,
Amerika, B^rankracb und Holland, welche gerade in diesem
Augenblicke sich anschickten, die von Ghoehu gesperrte Shimo-
]iO0äd*Sfcra(Be mit Gewalt zu öffnen, verdarb dem Bakufu das
ganze Koncept. \'er;^'ebens baten die Vertreter des Bakufu am
Aufschub des Angriffs, versprachen .sogar die Fremden nra Bei-
stand bittrri yn wollen, wenn der Shoguu nicht allein mit Choshu
fertijf ' t rd' : vergebens wiesen sie darauf hin, dafs die fremden -
feindlichen Duamten in Yedo entlassen seien (Juli 18(>4). Der
djes^jyjglischen_ Vertreters Alcock sah in allem nur
enchleppungsversuGhe. Er rifs seine Kollegen mit
Fomlniiig«!! (4S) X 4. — Bathsen. 5
66
X 4.
fort. Anfang September z<'r«t rt'- das vereinigte Gescliwncier
die Befesti^^ungen von SKiraonoseivi. Der Fürst von Choshn imilsie
vej'sprecheu, die iStrulse nicht wieder zu sperren und eine erlieb-
liche Entschädigung zu zahlen, eme Verfulichtuiig, welche dann
die Regierung in Yedo auf sich nahm und deren Betrag in der
öogenanntcn Shimonoseki-Konvention (2'2. ' Maol^er 1864) auf
3 Millionen Dollars festgesetzt wurde. Durch die Höhe der Summe
wollten di<' Vertreter der vier beieilif^n Mächte das Bakufu
ver inlassen . statt der Zahlung einen weiteren Vertra^^shafen zu
ötlnen, was im Vertrage vorgesehen war, woraut es »ich aber
nicht einliei's.
Die Shimonoaeki- Äflkire hatte weittragende Wirkungen.
Nach aufsen hin vor allem <tie Erkenntnis der fremden Mä^te,
dalis der wirkliche Herr des Landen jetzt in Kyoto zu suchen
sei und dafs daher, um Bestand zu haben , die Vertrüge vom
Mikado bestittigt weiden müfsteii. Nichts zeigt besser, wie sehr
das Bakufu die wirkliche Leitung der 1 )in<xe und damit sich
seihst autgcgeben hatte, dal'ö e.s selbst die Bestätigung durch
den Mikado dringend vviuusehte. Durcli die Bemühungen Hitotsu-
basliiä im Zusammenbang mit einer Flottendemonstration von
Osaka erfolgte diese achliefslich am 23. November 1865. Eine
wdtere Folge der Verhandlungen war die Tarifkonvention von
Yedo vom 25. Juni 186(>, auf welcher die Zölle bis heute
beruhen.
Wichtif^er noch war, dals die innere Uni;;estaltung durch
jene Vorgänge beschleunigt wurde. Die Zaiiiung der Ent-
BchUdigung* zu einer Zeit, alb tiir neue Kriegsschiffe, Kanonen,
Gewehre u. s. w. schwere Ausgaben zu machen waren, ver-
Bchlechterte die Finanzlage noch mehr. Der Choshu erteilte
Denkzettel machte einen tiefen l^indruck. Wie im Jahre vorher
Satsuma, erkannte imn auch Choshu die Unmöglichkeit, die
Fremden mit Gewalt zu vertreiben, die Notwendigkeit, die tech-
nischen und militfirischen Vorzüge der Fremden sich zu eigen zu
machen. Vor allem aber zeigten die Vorgange d^r httzien
Zeit einigen vorgeschrittenen klaren Köpfen die Kotwt iuiigkeit
nationaler Einheit und einer centralisierten Regierung. Bisher
hatte in Satsuma wie in Ghoehu nur der Gedanke an Stmrz der
Tokugawa geherrscht, um sich selbst an deren Stelle zu setzen,
ein neues Shogunat zu gründen. Daraus folgte aber auch die
Eifersucht der Han untereinander und das war die Stärke des
Bakufu. Wir sahen . wie dieses gerade dadurch neue Kraft er-
hielt, dal« Satäuma in seiner AbneitrunLr iretrcn (Choshu sich ihm
wieder geniihert hatte. Das Bakuiu erwi» > «jeli iintahig, fremde
Eingriffe, wie die Beschiefsungcn von Ivagoshima und Shimono-
' It^ihi sind 44U ÜOU Mex. Dollars gezahlt wegen der Uicliardsonsacbc,
1660/66 1.500000 Hex. Dollarn von der Shimonoseki-fintschftdigung. Die
fibrigen IVt HiUionen sind eist 1874 bezahlt.
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X 4.
67
fccki, die Besetzung Yokohamas durch fremde Truppen, zu ver-
Lindern. Die Erkenntnis braeh sich mehr und mehr Bahn, dafs
die Zersplitterung der Hauptgrund nationaler »Schwäche sei. Die
Schlagnorte von der Autoritiit de^j Kaisers, die bisher nur der
Deckmantel iür die Sonderbeotrebungen jedes Han gewesen
waren, erhielten jetst einen wirklichen Inhalt. Das Kational-
getlihl siegte Über den LokalpatriotiBmus, wenn auch die künf-
tig«-n Sieger nicht gesonnen waren» sich selbst bei der Verteilung
der Beute zu vergessen.
In Clioshu hatte nach dem verunglückten Putsch gegen
Kyoto und der Niederhige von Shimonoseki die Bakufu-Partei
die Oberhand gewonnen. Die Feinde des Bakufu. deren man
habhaft werden konnte, wurden hingerichtet ^ Aber ein ge-
wisser Tftkasugi,. ein begabter Mann, der erste in den Daimyaton,
welcher Truppen nach europitischer Art einezentierte, erhob die
Fahne des Aufstands im Frühling 1865 von neuem und wart*
die Gegner aus dem Lande. Gleichzeitig trat Satsuma heimlich
mit den Aufständischen in Verbindunjr. geleitet von jenen Ideen
nationaler Kinheit, die bei dieser Gelegenlieit zuerst bemerklich
wurden. Die Annäherung wurde vor allem betrieben von einem
Satsumaner, der grofsen Eiullul's auf seine Landsleute hatte, einem
Feind des Bakufu, dem später viel genannten Saigo Takamori.
Als der Shogun im Frühling 1866 bedeutende Streitkräfte sm-
sammenzog, um Choshu zu unterwerfen, weigerte Satsuma sich^
Truppen zu stellen. Die naeli neuer Art (mit Gewehren) be-
waffneten Aufständischen schlugen die mit Rüstung, Speer und
Schwert bewehrten Sliogun-Trup])*^?!, worauf viele Daimyos ihre
Kontingente zurückzogen, um ab/.uwarten. was nun kommen
würde. Mitten in Schwierigkeiten aller Art starb in Osaka der
junge Shogun am lU. September 1800, plötzlich wie seine Vor-
gänger'. HHolaubashi, der thateflchlich schon im Mittelpunkt
aller Geschäfte stand, wurde zum Shoffun ernannt. Mit Gnoshu
wurde ein vorläufiger Friede abgcscldossen Der Krieg hatte
alle Kassen und V'orräte erschöpft, der aufständische Han war
nicht unterworfen. Die grofsen Oaimyate kümmerten sich kaum
mehr um die Befehle des Bakufu.
1 )erneiia.Shogiin, Keiki, wie er gewöhnlich genannt wird (chine-
sische Aussprache von Vosiiinobu) nml's sich klar darüber gewesen ^
aeim dafs die idteBMponmgsfmi nicht länger haltbar war. Hatte sie
doch schon in den letzten Jahren völlig ihren Charakter verändert.
1 Die PartdkSmpfe jener Zeit hatten einen sehr blutig^Mi Charakter.
Der Resie^i^te hatte keine Hoft'nung auf (iuade. Auch in an loreu Teilen
Japans herrechte um dkse Zeit Bürgerkrieg, niinientlich. in Mito. So war
einer meiner Zuhörer, damals <nn Säugling, der einzige Überlebende einer
zaUreicheu Familie. Alle si ine Verwanote waren getötet, er selbst ans
Barmherzigkeit von oinorn Priester grofs gezogen.
* Das Datum steht nicht ganz f(^t, da der Tod verheimlicht wurde.
Nach Black wäre der Shogun schon am 29. Augnst geatoxben.
.->*
Dlgitized jl^Co I c
68
Das Shogunat war thatsächlicli eine Exekutivbehörde geworden ^
A^er CS sclieint. mIs ob Keiki mk seinen Ratgebern geglaubt
habe, sie könnten allmillilich eine veniiidorte Staatsform her-
stellen, in welcher die l okup:awa durch ihre grofse Hausmaoht
eine hervorragende Stellung einnehmen würden, wenn auch in
anderer Farm als bisher. Solche Absichten wurden erleichtert
dixrch den Tod des Kaisers Komei am 30. Januar 1867. Ihm
folgte ein Hj&hriger Knabe, der jetsdge Kaiser I^futsuhito, so
dafs die Einsetzung eines Regenten nfiti^ war. Dieser aber, der
v5a-Daijin Nijo, wnr ein Freund des liikutu Drr Shogun hielt
sich dauernd in Kyoto odor Osaka auf. Die < )pposition der
siUlwestliclicn Lnndaeliattcn wurde aber immer hcttigcr. Eine
1 iauptbeöch werde war jetzt nicht mehr die Zulassung der
Fremden, sondern — so gründlich hatten sich die Zdten geändert
— die Beschränkung des fremden Handels auf dem Bakufu
unterstehende Städte, welches auf Ii s(j A\'eise allen Gewinn allein
für sich zöge. Im Oktober 1807 törderte d«p frühere Fürst von
Tosa den Shojrnn auf, <l!'' RofjnVrnnpi: nied« rzule^^en - . und
am \h N o V e m b e r gab K e i k i d i e i Ii m a n v e r t r a u t o
Gewalt dem Kaiser zurück Die Daimyos sollten ver-
Siimmelt werden, um eine neue Verfassung festzustellen. In-
zwischen sollte Keiki im £inyerstftndniB mit einigen Daimjos
die Geschalte weiter führen. Über den inneren Zusammenhang
der Ereignisse jener Zeit ist bis heute nichts bekannt. .Sind doch
sefir viele der Betcili^iten noch am Leben, zum Teil noch in
hohen St<»llungen bei Hofe odt r in der Staatsverwaltung. Dafs
Kciki, der Nai Daijin , wie er jetzt genannt wurde (er wnr mit
diesem Amt seit dem Oktober oekleidet), die Absicht hatte, sich
aller (iewalt zu entaulsern. ist nicht anzunehmen. Er zog von
verschiedenen ISeiten Truppen an sich, aus seinem eigenen Ge-
biete wie von treuen Daimyos, namentlich von Aizu und
Kuwana. Aber die Gegner waren nicht minder rtthrig und
verstärkten heimlich ihre Kräfte, namentlich aus Satsuma. Die
jungen Miinncr, welche nicht dem Namen nach, aber that^ilehlieh
die grofsen Hau leiteten, standen im Einverständnis mit einer
starken Partei bei Hofe. Durch einen offenbar lange vorbereiteten
Staatsstreich gelang es ihnen, am '^. Januar 1868 sich de»
jungen Kaisers zu bemächtigen. An diesem Tage wurden
plütsKch die Aizu-Wachen an den Thoren des Palastes von
Truppen aus Satsuma, Tosa, 'Aki, Owari und Echizen [verdrängt^
der Regent enHassen, die dein Bakufu freundlichen Hofadeligen
' So wurde dio am 1. Januar voizuiichmciuJe (»ttnunp von
Uyoi^o und Osaka für die Fremden durch kaiserlichen Erlafs genehmigt
(Juni l^<i7).
- Nach der „Biographie de Iwakoura" wäre die eigentliche An-
regung von diesem und dem Satsumanei' Komatsu ausg^angen. \'gl.
die Anmorknng unten 8* 74.
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X 4. 69
m» dem PaUst gewiesen. Am nächsten Tage erschien ein
Kaiserlicher Erlafs, durch welclicu d&a Bakufu, das Kwambakku-
Amt und die Amter, durch welclie das ßakut'u den Hof beauf-
ßiehti^te, die O'iso und Tenso (S. 31), aufgehoben und neue
provisorische Central behörden eingerichtet wurden. Die Absicht
wurdt.' angekündigt, /u der alten Staatslorni der Kegierung durcli
den Kaiser zuriickzukeiirea. Das Hans Mori von Oliosliu wurde
in aüf Titel und li^ii*en wieder eingesetzt; Truipen aus Uliushu^
dia also schon in der Nähe gewesen sein müssen, verstärkten
die neuen Machthaber in Kyoto. Fja scheint, ab ob Keiki sU'
niielnt einen Kampf in Kyoto seilest hahe vn ::, iden wollen.
Vielleelit füldte er sieli zu schwach^ da seine li.iuptmaeht in
Osaka lag. Im- erklärte iti einer FingalM- an tlen Hof, er werde
dem iinii (f'rülier) gegebenen liet'elil gcnuils die Verwaltnng
t^iln'en, bis ein Kat aller Fürsten ülx r die /ukiinllige Staat.>forin
cntselieide, und veidicfs am 0. Jaiiuai' mit aciucm ganzen Au-
haus Kyoto. Wollte er wirklich die Herrschaft behaupten, so
war das räi yerhängnisvoHer Schritt^. Denn es war klar, dafs
die neuen Maelithancr nieht gesonnen Avaren. freiwillig ihre
günstige Stellung auiziigel)en. Zum Kampfe um Kyoto mu&te
es also auf alle l'^'alle kdinnien, wmn sieli auch die Parteien
zunäciist beobaclitoten. (.Gewaltsame ZusammensiiUsr von Satsu-
nic'vnern mit Stnitkriilten des I'akutu lin ^'edo und in der
Osaka-Buelit) vermehrten die grgenöeitige .Spannimg. In Kyoto
machte man zuniichät einen \ ersuch, den Ex-Shoguu zu bewegen,
och der neuen Ordnung gutwillig zu ttigen, was um so wtinschens-
wertar war, als den neuen Machthabem alle Mittel »ur Führung
cler Regierung fehlten. 1 )ie ehemaligen Fürsten von <^>wari und
ikihizen (Mitglieder de« 'lokugawaTlauses, aber AnliMnger der
neuen (>rdrnnig) forderten Keiki auf, naeh Ky(4o /.u kommen
und als (Jitei ( Staatsrat i - vgl. S. 72 in die neue
Regierung zu treten. Keiki versjHaeh zu komnu ii, sehiekte aber
zuniielLSt öcine Armee vorwärts, der die sudlieheu Truppen, die
unmittelbar vor Kyoto yersclianzt lagen, bc^Teiflicherweise den
Durcblars verweigerten. Am 27. Januar kam es aum Gefecht
bei Fushimi. Von d« n Tokugawa- Truppen ohne Knergie ge-
^thrt» endeten die Kämpfe am :)<) . als auf den^ linken FlUeel
der Han von Tsu (des zweitgrül'st« n Fud.ii Dainiyosi zu (len
Südleuten überging. Ncxh am selben Abend riiumte der Kx-
Shogun Osaka und Holl selb.st auf einem seiner Dampfer nach
Yedo. Am 5. Februar folgte das Absetzungsdekret gegen
Keiki und alle seine Anhänger, die lur iiebellen erklart wurden.
Am 8. Febmar wurde der etwas mehr als fünfzehnjährige Kaiser
Unat grolsjubrig erklärt und tlbemabm persönlich die Regierung.
Der Aiu^ang des Kampfes war entscnieden. Das Maupt der
) Ganz unverstAiKlH« Ii i.-t uatnentlich die KäumuDg des Nijo, der
festen Btug der Sliogune in Kyoto.
70
X 4.
Toktigawa gab die Partie :n\f. l>en anrückenden kawerlichen
Truppen wurden die Kastelle von .Shizuoka (Sunipui und Vedo
(26. April) überliefert. Kciki zog sich ins PrivatleU^n zurück.
Ein Kmd, ein Sohn des Prinzen von Taya^u^ Kamenoeuke
(lyesato) wurde zum Huuut des Tokugawa-Han ernannt, als ein
Daimyo von 700000 Kokn. Viele der Oefolgeleute wurden in
den neuen Staatsdienst ttbernonimen. An dem endgültigen Er-
gebnis änderte es nichts mehr, dafs unter den Anhängern des
Tokugawa- Hauses der Widerstand gegen die neue Ordnung noch
einmal hell aufloderte, d.ifs es in Yedo selbst am \. .luli zum
Gefecht kam, dafs ein \ i rsiu ii gemacht wurde, einen Gegen-
kaiser aufzustellen, dalk Aizu hartnäckigen Widerstand leistete^
der erst am 6. November mit der Kapitulation der Buig von
Wakamatsu endete. Wie ein Satyrspiel nach dem tragischen
Fall des Tokugawa- Hauses erscheint der Schlafs des \N'ider-
standes: Die Flucht der Shogunflotte (4. Oktober), welche sich
Yezos bemächtigte, wo am 27. .Tantiar 18(j9 die Republik
f)roklamiert wurde. Am 26. Juni war die rejRiblikanische Herr-
ichkeit zu Ende. Dan ganze japanische Keicii gehorchte der
neuen Regierung.
Viertes Kapitel.
Die neue Ordnnni!:.
W^er war die neue Regierung? Dal's es eine loyale
Fiktion war, von der persönlichen Regierung durch den Kaiser
zu sprechen, der, im Paläste aufgewachsen, beim Sturze des
Shogunata im l»», Lebensjahre stand (er ist am 3. November
1852 geboren), bedarf keines Beweises, l'afs von den Terri-
torialherren und ihren Karos (Staatsruten ) die allermeisten in
Verweichlichung- und Unkunde der (Jeschiitte dahinlebten, ist
schon gesiigt. Niu* einige der Fürsten hatten in Wahrheit per-
sönlichen Anteil an der politischen Bewegung gcliabt, so der
Regent von Satsnma (Shimasu Saburo) und die 1859 von dem
Regenten Ii zur Abdankung gezwungenen Fürsten von Echizen,.
Tosa und Uwajima. Auch von den Karos sind nur einaelne
hervorgetreten. Von dem Hofadel hatten sich ( inige als unver-
söhnliche Gegner des Rnkiifu j_'^ezeigt , namentlich die beiden
ietzt in den V^^nlergrund trcu^ndcn ^Sanjo und Iwakura. Die
eigentlich Treibenden aber waren eine Anzahl von Samurai der
südlichen Landschaften, meist den mittlt^ren Beamtcnfamilien
angehörig, meist noch junge Männer. Als Führer sind yor
allem zu nennen Saigo, Okubo, Komatsu, Kuroda aus Satsuma»
. y 1. ^ . y Google
71
Ki<lo und Hirozawa, später auch Ito, Inouye und Yamagata au»
Cboghu, Okuma und Soejima aus Hizon, S.qsfiki. Ooto und
Ita^T^i aus To^a. Die genannten vier Ilan mit einigen Adligen
bildeten die neue Regierung und bilden sie Iii» .lul' den heuligen
Tag, wobei Tosa und Hizen mehr und uiebr in den Hintergrund
getreten sind. Die bedeutendsten unter den genannten Männern
fldidnen Rido^ Okubo und Iwakura gewesen ku sein. Ändere
japanische Han sind unter den wirklicn flihrenden Männern der
Neuzeit nicht verti-eten. Von VaeaJlen der Tokugawa hiiben
nur zwei (Katsn und Enonioto) eine gewisse liedeutung erlangt.
Die Aufgabe, der sich diese Miinner gegen U beistanden,
war keine leiehte. Wold kam ihnen zu Blatten, dalk sie die
geheiligte Autorität des Kaisers auszuüben hatten, dals durch
die frei%villige Unterwerfung den Tokugawa - Hauses die ganze
alte Maschine, das er&hrene Perttonal der mittleren und unteren
Beamten des BakttAi, als brauchbai*er 8t;imm tUr die Bureaus
ttbemomnien werden konnte, dafs durch eine Erziehung von
zwei Jalirliunderten das gewöhnliche Volk von einer Geftigigkeit
und ( »rdnungsHebc ist wie kaum ein zweites auf der Welt.
Aber materielle Kralte standen dem Kaiser nicht zur Verfügung.
Er hatte weder Soldaten noch Einkünfte. Er hatte zunächst
keine anderen Machtmittel als die, welche die sUdh'chen Han
ihm zur Verfügung stellten. Durch Übernahme der vom 6a>
kutu direkt verwalteten Gebiete in kaiserliche Verwaltung änderte
sieh das etwas. Aber auf die neu iv ' 1 tranzösiseliem X'orbild
einexerzierten Bakufu- Soldaten war doch noch kein Verlal's und
die Kassen lU fl Vorratshäuser des Bakufu waren sogut wie
leer. Die geringen Einnahmen aus Steuern und Zöllen waren
ein Tropien auf den heifsen Stein der Bedürfnisse der neuen
Verwaltung. Die siegreichen Landschaften konnten wohl Truppen
zum Schutze der neuen Ordnung stellen. Gkld hatten sie selbst
nicht 80 mulste man auf die Zukunft hoffen und einstweilen
mit Papiergeld zahlen ' War das gewöhnliche Volk leicht zu
lenken, so machte der Samuraistand um so grölsere Schwierig-
keiten. Ein Teil hatte eben erst unter den Waft'en gegen die
neue Kegierung gestanden und eine Zeit lang durfte man wohl
zweifeln, ob die gegen sie geübte Milde ihren Zweck erreichen
würde. Von denen aber, welche auf seiten der Regierung standen,
liatte eine grofse Zahl in der HersteUung d^ Kaisermacht nur
den ersten Teil des Programms gesehen. Den zweiten Teil
sollte die Austreibung der Fremden, der „hilfslichen Harbaren"
Ulden. Namentlich unter den Shimpei, den als kaiserlichen
' In der ersten Finanz periode, 21. Januar Ixos hin 11. Februar K^(>9,
lifttte man ^uv Deckung einer Ausgabe von :tO '»Oo OOU Yen 2009000 Y«a
au9 der (Mun istcner, 721000 Yen von }27 (hm) Yen von sonstigen
Steuern. Aus den Kassen des Sbogune und der Dainijos kamen nur
«%:)00O Yen ein.
Digitized b^yiCbogle
72
X 4.
Soldutcn verwendeten Kouin banden, wareu solche Absichten ver-
breitet. In den malsgebenden Kreisen dagegen war der Ge-
danke an gewaltsame Fremdenaustreibung Yöllif? aufgegeben.
Durch kaiserlidie Proklamationen und unerbittliche Strenge
schritt man jetzt gegen diesen Geiat ein Aber das Feuer, das
man lang genährt, war so rasch nicht zu ersticken. In poHtischcn
Morden, denen unter anderen Ilirozawa Thoehn) zum Opfer
fiel, und Verscliwörungeu trat der nativi.stisclie Fanutisums zu
Tage, der statt der gehoäten Auööcbeiduug aileö Fremden eine
täglich zunehmende Nachahmung und Benutzung fremder Er
findungen und Einrichtungen sehen mufste.
So war aus den verscliiedensten Gründen die neue Regierung
zunächst auf schwaclie Fuiae gestellt und sie selbst war nur
eine Koalition von Landsmannschatten, die bis vor kurzem eifer-
süchtig odei- \\ eiii<^stcn8 fremd sich gcf^ennlx^r^cstandcn IwHt^n.
Jeden Augenblick konnte die Eifersucht wietlcr trwaclicn. Isi
doch das gegenseitige Milstrauen nie ganz, gcbchwundrii. Seit
am Ende des Jahres 187u Iwakura nach Öatsuma reiste und
dann ttber Chosbu und Tosa zurückkehrte^ bis auf den heutigen
Tag, kann man sagen, hat die gaose höhere Politik in Japan
nur darin bestanden, in inmier neuen Kombinationen das Gleick-
gewicht zwischen den herrschenden L^indsmannschaften su er»
halten und ihr Zusammenarbeiten zu eriüö-j^Hchcn.
Die n.'lcli>4te und gröfste Anfpibc; mulste sein, ilein SUiat
eine Vertabsung und Verwaltung zu geben, welche den
zerfallenen FeudaUsmus ersetzen konnU^;. Nach dem Staatssueich
vom 3. Januar 1868 war an die Spitze der Verwaltung ein
kaiserlicher Prinz, Arisugawa, unter dem Titel Sosai (General-
Statthalter oder Verwalter) gestellt, unterstützt von zwei Fukii-
Sosai (Fuku Vice), den Hofadligen Sanjo und Iwakura. Den
Sosai sollten zur Srite stehen eine Anzafd (JiT<'i. Staatsrfite. die
dem hohen llof- odi r Kriegsadei zu entneliiiien waren. Sie
wurden unterstützt von Katen (Sanyo), welche unter (h.Ti von
den Daimyos bezeichneten geeigneten i'ersonen (Choabi^ ausge-
wählt wurden. Bereits im Juni 18Ü8 wurde dieser erste Vonsuch
auljgegebcn und ein Staatsrat (Gyoseikwan) mit fUnf Abtailungea
(Kwan) geschaffen, im Sommer I8ü9 (15. Aug.) kam man im
wesentUciien auf die alte Ori;anisation des Jahrhunderts
(S. 10) zurück. Für geistliche Anm'lo.ironheiten wurde ein
hoher Hat (Jinp^ikw.-m * erriclitot. Neben ihm ein Staatsrat,
I'aijokwuu, iUö Centmlbeh(vrde für alle wultiicben An^^elegen-
beiten, bestehend aus dem Sa- und U-Daijin, den Kanzlern zur
Linken und mr Rechten, dner Anzahl Nagons und Sangi.
Unter dem Staatsrat standen sechs Ministerien (Sho) ^
' l»egetzt war zuiiiichät nur das Amt des* U-Daijin mit Saiijo, Dai-Xa-
eons waren die Huladligcn Iwakura und Tokudaiji und der cbemalig«
l>aiinyu vou Uizen, Nabeshiuia. Sangi waren Ükubo aus .Satäuma, Soje-
jima und Okttma aus Husen, Uiiozawa und Kido ans Cboshu, Saaaki
8QS Tosa.
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X 4. 7S
Von vornhereiu bestand die Absicht, da& alle einflursreichen
Elemente im Süuite gehört werden sollten. Bereits im vorigen
Abschnitt ist erwähnt, d.ilp Anfang 18(38 eine Versammlung von
Daimyos gehalten werden äoiite, um über die kimftige iStaats-
form zu heraton. Neben die Daimyos schnlM-n die neuen Macht-
haber eine V'^eräamuiluni^" von Notabelu (Koshi;, von welchen
aus den Hao ttber 400000 Koku je drei, aus den Han von
100000--400000 Koku je zwei, aus den kldneren je einer ent-
sendet werden soUte. Am 6. April 18(58 trat die.se Keiehs Ver-
sammlung /.usannnen und vor ihr wurden in der leierHehen
Form eines Kidcs des Kaisers die (irundsiitzc der neuen Regie-
rung verkiuidd I)anaeh sollte über aUe staatlielien ^la 'sregehi
die öffentliche Meinung betragt werden Hoch und niedrig (d. h.
li^rieruiig und Volk) ^ülllen einmütigtu 6iune«i handeln. Civil-
und MUitiIrregteruDg sollten nicht lAnger getrennt sein. Die
unciviUsierten Bräuche alter Zeit sollten abgeschafft und Unpar-
teificbkttt und ( M-reehtigkeit zur <irundlage gemacht werden.
Wissen und Bildung sollte Wf it luid hn it aut'^esu' lu wei-den. um
das K( ich siclierzustellen l)ie> ist der kaisei-liclie i'^id , auf
Grund dess(jn später die J'jntiiiu-ung einer Volksvertfetung so
dringend verlangt wurde. Als eine Art Verrreiungskori)er galt
zunuchät die Vei'Simimlung (üiji -inj der erwähnten Notabchi. ^ie
wurde zweimal nach Yedo einberufen, im Frilhling 1860 und im
Sommer 1370, erwies sich aber als so reaktionär und so unge«
eignet, der B^ieruu^ mit |naktischem Rat zur S(;ite zu stehen,
daiis dieser erste N'ersuch mit einer- ständischen \'olksvertretung
(oder richtiger V^ertretung des ^muraistandes) nicht wieder-
holt wurde.
Ein weiterer Sehritt der neu( n Maehthal)er war, den ]\ais< r
aus der reaktionäj'cu Luit von Kyoto zu euüerneu und die lie-
fiermig dahin zu verlegen, wo sie thatsächlich seit Jatu*-
anderten gewesen war, nach Yedo. Den Anstois gab eine
iJenkschrift Okubos über die Notw endiukeit ftlr <len Kaise r aus
der Verboi _ lieit hervorzutreten im A\>ni und Mju war der
"Kaiser in < »saka, im Nov» ndj( r ging er zu einem ersten Be.-uch
nach Yedo, das bereits vorher den Namen Tokyo, ., (Jsthaupt-
.stadt", erhalten }iatl<'. Im danuai' isdli zurüek;:(kehrt. um sieh
in Kyoto zu vermählen, verlieli ei- am ib. April eudgultii^ die
alte Hauptstadt. Sitz d^ Regierung war fortan Tokyo.
' liifoifie des i.'etlränfrtcn ehiiietsischen Stils stimmt nicht eine der
vielen l bers*etzungen mit der anderen überein. Obige Inhaltsangabe auf
Gmnd mehrerer von meinen Schttlem angefertigter voneinander unab-
htoigif?er 1 '!if'rsetzun;.'nn.
^ Line i.' bersetzung des tiir den Umschwung aufserordentlich be-
zeidmeiiden Schriftstücks bei Black. Young Japan II 184 ff. Okubo
wagte Jsonäehst nur Osaka als Regierungssitz vorzuschlagen. Iwakura
ging wdter und riet zur Verlegnng der Heaidenz nach Y^o.
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74
X 4.
Kurz vorher war ein Sehiitt von niil'serordentlicher Trag-
weite erfolgt: die l'ürNton boten freiwillig an. ihre
Herrschaften dem Kaiser z u r ü e iv z u g e b e o ! Am 5. Mai
18i>9 wurde eine Denkschrift der FUrsten von Satsuina, Choshu^
' To«a und HisBon TorOlfeiitlichty in welcher in gewundenen cfaine-
Bischen Wendungen die Notwendigkeit der Centraliflation der Re-
gierung betont und die „Steuer- und BeTölkernngBÜsten'' (d. h.
die Vei'ualtung) dem Kaiser mir Verfiigung gestellt wurden*.
Den kitenden Daimyos folgten rasch die übrigen (nach Adams
waren rs zusammen 241 > Die kleine Minorität, die sich dem
Schritte nieht ansehlü >, wurde nicht weiter befragt. L>al> die
l'etitionen nur der l' urin nach von den Daimyos, tliatöäehlieh
▼on den neuen Macbthabem ausgingen « braucht kaum hervorge -
hoben zu werden. Das Anerbieten der Fürsten wurde ange-
nommen, eine Neuorganisation in Auasicht gestellt. (Instweilen
aber die bisherigen Landesherren unter dem Titel Chihanji ala
Statthalter in ihren Gebieten belassen. Im Laufe des Jahres
wurden die Zügel allmHhlicli etwas starker angezogen, etwas
Gleiehni;il"8i;;keit in die Verwaltungsorganitjation jrebraeht. die
Anstellung der höheren lieaniten in den l'erritorien der Be-
stätigung durch die Centralregicrung unterworfen, endlich eine
Scheidung zwiachen den Priyateinnahmen der bisherigen Landes-
herren und den öffentlichen Einnahmen ihrer Gebiete eingeführt,
indem ein Zehntel der bisherigen Einnahmen als Einkommen des
Daimyos pdt. von den anderen neun Zehnteln die Kosten der
Verwaltun^^ l»e.stntten und fUr l borscliuls, soweit vorhanden, in
die Staatskasse geliefert werden sollte. Dafs dies nur ein ber-
gangszustand sein konnte, war klar. Die M.ischine arbeitete
schwerfällig und teuer. Bis zum Sommer 1871 war man in
Tokyo mit den Vorbereitungen fertig. Verschiedene Chihanji
wurden veranlai'st, den Kaiser zu bitten, ihre ( Jebiete in direkt
Ton der kaiserlichen Regierung verwaltete Bezirke (Ken) um-
' Da*» merkwürdige Schriftstiirk, das wohi von Kido vertai»t let,
ist mehrünch abgedruckt« so bei,^ Adams II 181 ff. in einer (^bet'
»etzniirr von Mifford. Eine noue I bcrsptzuti;.' hat Guhbins im Anhange
2um Ucportf on Taxation. — Mau hat oft iu der Abdankung der Daiuiyofl
eine That erhabener VaterhindsUcbe sehen wollen. ThatBftchlioh war sie
nur eiu Heweis für die völlige, in Japau spricKwortliche Verkommenheit
des ganzen .Standes. Wie Rclir pic willenlose .Marionetten wan*n to\<^
z. 13. die Erzählung in »Irr „Biographie de Iwukuura" J>. 4'-' über den
Hergang bei der Abdankiiii-x dos Sliofriinß. I>ana(h hätte diofler. ehe er
dem Kaiser sriiu^ Dcukechrift ciniticlitc , in •iiu'r \'er?ain;n'nii'j: v.tn
DaimvoH Beine Abdeicht auseiuaudergeFetzt. Von diesen habe keiner zu
antworten |?ewagt , woranf der Sateuniaoer Koniatsu und der Toeaner
finto das Wort rr^inlb n iiikI drn Sliogun in seinem Enfscblufs bestärkt
hätteu. Auf die Freiwilligkeit der endgültigen Abdankung 1871 wirft
auch eine Stelle anf 8. 62 der auKet'Uhrteii ISchrift ein sonderbares L<icht,
wonach viele Daimyos alle Mittel Bitten u. 8. w., angewandt bitten, um
in ihren Stellungen beiaasen xu werden.
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X 4,
75
zuwandeln. Die Daimvos mit ihren f^milien wurden nach
Tokyo berufen. Am 17. August wurde eine gute Gelegenheit
benutzt, dem binhcrigen Liandeeherm in Chikuzen die Verwaltung
SU entziehen und statt seiner einen kaiserlichen Prinzen zu
ernennen. Der Versuch gelang ohne Schwierigkeit. Am
2^^. Augu?*t folgte der Inkonische ErlalV : „Die Han sind ab-
geschafft. Statt ihrer werden Ken errichtet". An
die Stelle der FeutlaliieiTen traten kaiserliche PrUfekten. l)ie
bisherigen Daimyos, welche schon seit 1869 mit dem alten Hof-
adel zu dem Stande der ^Kwazoku*^ vereinigt waren, mufstcn
mit ihren Familien fortan in Tokyo residieren. Das ganze Land
wurde in 75 Bezirke (3 Fu, hauptstädtische, und 72 Ken, pro-
vinziale Bezirke) geteilt, wobei zum Teil die Provinzialeinteilung
der alten Z*Mt wieder benutzt wurde. \*<>n den grofsen Daiuiy-
aten blieben nur einige unverändert nlaruntcr namentlich Choslui).
Übrigens wurde die Zahl der Bezirke bald verringert.
Uleichzeiiig mit dieser grundlegenden Umgestaltung wurden
aach die Gentraibehörden wieder verfindert und erhielten
nun die Form, welche sie im wesentlichen bb Ende 1885 be-
halten haben (Juli und August 1871). Das Daijo-Daijin Amt
wurde wieder hergestellt und Sanjo übertragen. Ivvakura wurde
U-Daijin. Ihxs Amt des Sa-I)aijin blieb einstweilen unbesi tzt'.
Das Dni-Nagon-Amt versehwand Die vier herrschenden Lands-
mannschaften wurden in der Regierung vertreten je durch einen
Sangi, Saigo, Kido, Itagaki und Okuma. Dieser Staatsrat hiels
Sei 'in (etwa Haupt-Haus), das bisherige Daijokwan, ein Name,
der übrigens bald Mrieder eingeführt wurde. Als ausführende
Behörde stand neben ihm das U-in (rechtes Haus), der Minister-
rat, in welchem die Chefs (Kyo) der Ministerien safsen. \on
diesen gab es nunmehr neun. Kyobusho oder Kultusministerium
(vorher Jinp'sho, ]87<^ auf^'chobenK Gwaimusho auswärtige
Angelegenheiten, Okurasno Finanzen, Rikugnnsho Krieg,
Kaigunsho Marine, M o ni b u s h o Unterricht, K o b u s h o öffent-
liche Arbeiten, Shihosho Justiz, Kunaisho kaiserliches Haus.
Zu diesen kam 1873 dasNaimusho, Ministerium des Innern, und
1 88 1 das N 0 s h 0 m u s h 0, das Ai r Landwirtschaft und (bewerbe -.
Bereits im Mni 1873 wurde die Trennimg des leitenden Staats-
rates vom Ministerium als unprnktij^eh aufgegeben, .leder der
nun zahlreicheren San^i ü))ernahni ein Minister-Amt (Kyo). Seit
dieser Zeit kam der Ausdruck Naikaku, Kabinett, aut. ISur
erw&bnt sei, dafs 1880 ein Versuch gemacht wurde, die Trennung
▼on San^i- und Minister-Amt wieder einzuführen, aber 1881
bereits die vorige Einriditung wieder hergestellt ward*.
' Sp-itoT ist es von Shimnzu Saburo, dem früheren Kegeaten von
Satöuiua, und dem kaiserljchen Prinzen Avisugawa verwaltet.
« Aufsenlom hestand von 1h71-1ns2 das Kaitakttshi, Kolonialamt,
fOr die Verwaltung der nördliclicn Gebiete.
» Um den Geseticent würfen, die v<«i den Minbterieu vorgelegt \vur-
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X 4.
Endlich ^^al•de 1S71 eilio diitt«' ii'iii bt-ratciidu Ut-liordr
sclmfren, da« 8h- in (Unke» Hau»/. Zu iigciid welcher Dedeu-
tung bat 68 diM Körperschaft nie gebracht, auch nicht nach
ihrer 1875 erfolgten Umwandlung in das Genro in (Haus der
Alten, Senat — 1890, 20. Okt. aufgehoben).
Seit dieser Zeit war der Bestand des neu» n Ixt^^iraents gesichert
Der Foudnlstaat war \ '^7\ b«'>flti;?t, in seiner Moraehheit so vollstiln
dig zuöainniengebroclicii. da's an eine \\ icderherstellung früherer
Zustilnd«' kein Mensch mehr ernsthait denken konnte. Bei der
vorzunehmenden Lniguitaiiung von Staat und (iesellsehaft konnte
ein Streit nur entstehen um das Mehr oder Minder, nicht mehr
darum, ob refoimiert werden sollte. Der Volksgeist nahm mit
gro kr Lebhaftigkeit die neue Gedankenwelt auf, die ilim plötz-
lich im Westen au feegangen war. Wenn man unter deren Ein-
tlul's auf aUen Gebieten zu reformieren begann, so war es nicht
hlindf^ Npueritn^s nnd N:ichahnninp;ssncht. was dazu trieb, wie
mancher treinde Beurteiler gi meint hat, sondern die bittere Not-
wendigkeit, da.-5, was man zerstört hatte, witxler aufzubauen und
eine nationale Einheit herzustellen, wie Japan sie bisher nicht
gekannt hatte. Dals dabei Fehler und Irrtümer vorkamen, dafs
viel Geld und Kraft unnOts vergeudet ist, dafs die Sieger vor
allem fiir sieh selbst soi^n, wer woUto sich darüber wundern.
£r>ta unlieb wäre es, wenn es anders gewesen. Man raufs nicht
glauben, dafs die neuen Machthaber nun plinmilfsi^r nach ;::rofsen
«genialen Gedanken das Reformwerk in Angriff genommen hätten.
Kkige, gewandte, ehrgeizige Mimiier waren eine ganze Anzahl
vorhanden. Neben ihnen traten anfangs, wie woiil uberall in
revolutionären Zeiten, die bornierten Dogmati ker melir als billig
hervor, die Leute, welche nie mehr als eine Idee fiissen können
und die noch heute eine schwere Gefahr für die nihige Knt-
wickelung Japans bilden. Aber nach einem wirklich gro!"sen
Geist, der die Lage beherr.seht und der Zeit seinen Stempel auf-
gedrückt hiitle , wird man vergebens in der neusten Oescln'chte
Japans sueiicn. Man trieb mit der .*^tröniung und war Iroh . in
den oft erdriu kenden Scln\ iei igkcilen des Augenblicks den Kopf
oben zu beludten. Aber, was doch schlie slich die Hauptsache
war, man behielt ihn oben. Japans Geschicke werden heute
unter völlig veränderten YorhUltnissen im wesenüichen von den-
selben Milnnem geleitet, welche in dem Zusammen brudi
kühn ^enug waren, die Zügel zu ei^eifen. llire Zalil ist
Ireilicli zusammengeschmolzen. Der unpraktischen Itadikalen
den, ebe bessere DurcliberattiDff ta nehem, wurde im Febmar 1880 das
Amt des Kyo von der Kangiatelliing getrennt, mit Ausuahmc d(Hi Am-
wärtipen MiniHtennms. Im Daijokwttn wurden 0 Abteilungen gebildet
zur Bcaiifaic)iti|j;uiig der Verwaltung, l^ie Einrichtung war so .>H:hwer-
ftUlig, dafs sie im Oktober l.'^sl wieder abgeschabt und zur Vorlei-atung
von OesetsentwOffen ein besonderer i^taatsrst (Sanji-in) gebildet wurde.
X 4. 77
iutiedigte man sich schon 1873 75, als Saigo, Eto, Itagaki, Goto,
Sovejima sich aus dem Kabinett zurückzogen. Eto und Älaebara
haben auf dem Schafott, Saigo mit seinen Freunden auf dem
Schlachtfelde als RebeHeo geendet , Hirozawa und Okubo sind
ermordet, Kido und Iwakura sind natürlichen Todes gestorben.
An Inneren Gefahrf-n Imt es der neuen Rc^L^ierunL: nieht ^^t»-
ieUt. Keine besomlrrc Hede u tu n^^ hatten die kleinen Anfst.inrle
der Hauern, hier und du unterstiitzt von vi^rkonininnen Satnurais,
die meist dia*ch willkiirhchr M:irsre;iiln der neuen, iioeh uniie-
sehiekten Heamten veraidafst wairn. Solehe lokale Aufstünde
der Haueru, die mit Hambu^^öpceron uud Matten bann ein vor dik>
Amt ziehen und Abhttlfe ihrer Beschwerden verlangen, sind in
Japan zu allen Zeiten und noch in den letzten Jahren vorge-
kommen. In den .lahren 1.^7' jIb 1873 freilieli waren solehe
ünrulien bedenkiieh häufig. Sehlinimer w;iren die rein politischen
Kebellionen, Etos Aiiftstand in Saga K^Tl, der in KuuKimoto und
der in Cijoslni l^Td, endlieh der in Sat.-'Uina 1>^77. Die drei
erstgenannten wurden raseh niedcr;;escida;L:en. aber der Sntrsunia-
kn'eg dauerte vom Februar bis September und zwang die
Kegierung zu gewaltigen Anstren^^un^en '. Seiner Verhängnis-
raien Einwirkung auf die 1 i.nanzlage werden wir weiterhin
mehrfach ^ gedenken haben Aufsere flreignisse, welche ;;leieh-
fclls auf die Finanzen eing>'wirl;t haben, waren die I*'x]iedition
nach Formo.sa, l>i71-, und die verschiedenen Verwickelungen
mit Korea, 1875 7r., 18SL> nnd 1SH4 <^r>.
K« 'VMrde zu weit fuhren, dem f»an<i' der inneren I'<)litik
im einzelnen zu tolgen Nur die Hauptziige der \'ert"assung.>-
entwiekelung ^eien geöchildert. Es ist sehon darauf hingedeutet,
dafs bereits su Anfang des neuen Kegimcs ^die Hegierung nach
der OflRentlk^en Meinung*^, Volksvertretung und Volksrechte dem
neu<'n Oeßchlecht als wünschenswerte Ziele vor^^eliwebten. Der
kai.serlieliö Eki ▼OH 1868 machte, wenn auch in sehr unbestimmter
Form. Verspreclumgen in diesem Sinne Die Ideen de« euro-
paiselien Liberalismus fanden rasche V«^rbreitung in einzelnen
Kreisen des Samurai- Standes, iler S h i z o k u, wie si(^ jetzt iiielsen.
Schon am 17. .lanuar 1^<74 reichten eine Anzahl bekanut'T
Miüincr^ diurunter die erst vor einem Vierteljahr (27. Okt. 1873)
ans dem B^alunett ausgeschiedenen Soejima, Ooto, Itagaki und
Eto, dem Sa in eine Denkschrift ein, in wdcher die KintVdnung
eines Parlaments b<'ftirwortet wurde Die rasche Entwickelung
dieser Ideen ist nicht so merkwindi;j; . wie es zuniiehst scheinen
ttOchle. Die Kevoiution war nicht von einzelneu Mäunern ge-
J» Mne Danteltnnjar davon giebt Monneey. The Satsuma War,
WSsId fn*ilicli vieles uiclit steht, \v;is man ■wissen möchte.
- House, Fonnosfi ist mit derselhfn \'()rsicht aufzunelnncu vtie
aUe Produkte diciiCö vcrbiiiscueu lUbulistcu , Kiigosliiuia, öhiuionoseki),
WpfuSmlm ist als die Japaner.
78
X 4,
macht, sondern von einer Klasse, von den Shizoku. Es war
begreiflich, dals jetzt auch die ganze Klasse iliren Anteil haben
wollte an der Leitung der Qescliäite, denn mit Amtern konnte
man doch auch bei grofeer Freigebigkeit nur einen kleine Teil
bdobnen. Und ger^e unter den kleineren, jüngeren Beamten,
die rasch einige Brocken der neuen politischen W^heit aus dem
Weaten aufgeselmappt hatten, war die R^enmg „nach der öffent-
lichen Meinung:'' ein ersehntes Ideal, dessen N'erwirkHclmng jedem
den Zugaug zu Einthals und Ueiehtum öffnen würde. Wenn
man aber die Entscheidung dureh die öffentlielie Meinung ver-
langte, HO hatten die Agitatoren doch nur die Meinung der
ShSoku im Sinne, die auch in der jetet entstehaiden Prease
sogut wie allein vertreten waren. An das gewöhnliche Volk
dachte noch niemand.
Das Ergebnis dieser ersten lief orrabe wegung war,
dafs im M.Mrr Ü^V^ eine VerfasHung beratende Kommission, be-
stehend aus Okubo, Ito, Kido und lüigaki eingesetzt wurde.
Die Voröchliige dieser Kommission wurden am 14. April 1875
durch eine Kaiserliche Prokiamation zum Gesetz erhoben. Es
waren drei Mafsr^ek. Erstens wurde unter dem Namen Dai-
S hin- in ein oboster Gerichtshof geschahen und damit die
Ti'ennung von Rechtspflege und Verwaltung angebahnt. Zweitens
wurde unter dem Kamen Genro-in (Senat) ein Beratnngs-
körper ,i:e.«?ehaffen, der über ( u set/i ntwürte und andere von der
Kegierung vorgelegte Malsrep^ln beraten sollte. Das (ienro in
war nur das etwas um^j:estaltetc bisherige Sa-in und hat ebeiiMj-
wenig wie dieses u'gend eine bedeutendere Wirksamkeit aus-
geübt. Es wurde allmählich nicht viel anderes als ein ehren-
voller Ruheplatz fllr filtere höhere Beamte, die anderweit nicht
mehr zu verwerten waren. Die dritte Mafsregel war die Schaffung
des Chiho-Kwan-Kwaigi, Versammlung der Lokal beamten.
Aueli dies war keine ixnnz neue Einrichtung, da >chon seit
einifj,en Jahren die Hauptbcaniten der Hezirksregierungon ice-
legentlich versammelt wurden, um der R« *:;ierung über praktische
Fragen Aufschluls zu geben und sich selbst über die Absichten
der Regierung su unterrichten. Dies wurde nunmehr in eine
gesetslich geregelte Form gebracht. — Die bestehende Behörden'
oi^anisation wurde einer durchgehenden Revision unterworfen
und im Finanz^ namentlich dem Budgetwesen wichtige Keue-
runcr- n i^. riofTen, welche sp-tter zu besprechen sein werden.
i\in zweiter wichtiger Schritt war die Einführung; ge-
wählter B c z i r k s V < • r t r e t u n y: • • n durch Gesetz vom 22. Juli
1878. Als Muster luitten otlenbar die französischen Conseils
G^n«»raux vorgeschwebt. Das aktive Waldrecht wurde an einen
Census von mnf Yen, das passive an einen solchen von sehn
Yen gebunden. Die Bezirkstage viUhlen ihre Vorsitasenden
selbst und haben euien ständigen Ausschufs sur Besorgung ibr^
Angelegenheiten. Die Bezirkstage sollten namentlich das Budget
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der Bezirke votieren, was um so wichtiger war, als in den
nächsten Jahren eine Reihe von Staatsausgaben auf die Bezirke
abgewälzt wurdo. hn Zusammenhang damit wurde auch die
Verwahuugsorganisation der Bezirke, Kreise und Gemeinden
einer Revision unterworfen.
Mit der Einrichtung der Besirkstage waren aber die, welche
fitr Einführung einer Volksvertretung amtierten, nicht su be-
firbdigen. Im Gegenteil wuchs jetzt die Bewegung und die
neuen Bezirkst^ige schlössen sich ihr vielfiu^ an. Die Aufre^^ung
wurde gcniihrt durch ls>Jl entstandene Gerüchtt^ über dii Le-
absichti;:tc V^erscldeu lcrung erheblicher Teile des Staatsver-
TOögens (sniiiilicher vom Kolonialamt begründeter Unter-
nehmungen; an einige Freunde der Regierung. Am 12. Ok-
iober 1881 erscliien eine Kaiserliche rroklamation,
in welcher erklärt wurde, dafs seit lan^r Zeit die Absicht be-
standen habe, allmählich eine konstitutionelle Regierung einzu-
führen. Zur Vollendung der b^nnenen Reformen solle 1890
Volksvertretung eingerichtet werden. Sehliefslieh
wurde vor Übereilung und gewaltsamen Änderungen <i,e warnt.
Die damalige Reorganisation der Ministerial Verfassung i>t bereits
erwähnt. Von den vier Mitgliedern der 1875 er Vertiassungs-
kommisflion war Kido 1877 gestorben, Okubo 1878 von politischen
Fanatikern ermordet, Soejima hatte sich vom politischen Leben
zurückgezogen So tiel dem einagen noch in der Regierung
thätigen, Ito, die Vorbereitung der Verfassungseinriclitungen zu,
was zu einer völligen Umgestaltung der Cen tralbe h ei r d > n
im Dezember 188."» t'ührte. Am 22. diesem Monats wurde
das Daijokwan aufgehoben und statt dessen ein Ministerium
(>iaikaku) eingerichtet unter einem leitenden Ministerpräsideuten
(Sori-Daijin) bestehend aus den neun Ministem (wdchc sämtlich
den Titel Daijin erhielten) des Äufseren; des Inneren, der
Finanzen, des Kriegs, der Marine, der Justiz, des Unterrichts,
tiir Lindwirtschaft und Gewerbe und flir Vörkehrswesen. Das
Äiinisterium rlrr öffentlichen Arbeiten wurde aufgehoben. Der
Hausminister wurde ein Hofljeamter ohne .Sitz im Kabinett.
Die Zwecke und Ziele der lieform wurden in drei wichtigen
Kundgebungen auseinandergesetzt: einer Denkscluilt des bis-
herigen Daijo- Daijin Fürsten Sanjo, einer Kaiserlichen Prokla-
mation vom 23. Dezember und dnem ausführlichen Begierunp>
Programm des neuen Ministerpräsidenten Orufen Ito^ Als
Ziele wurden aufgestellt: klarere Verantwortlichkeit der einzelnen
Verwfdtiingschefs und Reform des Staatsdienstes durch Be-
schränkung der /mIjI dor Beamten, durch Kinfiihrung von Staats-
prüfungen und bessere ii^^elung des Ansteil ungswesens, ISpairsam*
^ Im Jahrf 1sh4 hatte eine Neuorganisation des Adels stattgefunden,
bei welcher C telegenheit auch die neuen Machthaber Adelstitel er-
hielttti.
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keit, Verniindeiung der \ lelschreiberei u. s. w. Zur Aubfiiiirung
dieser GrundsMtze folgte dann eine Reihe von Anordnungen und
Reformen, die hier nicht einzeln aufzuzählen sind. Die Organi-
satioD der Centralbeh5rden wurde 1888 (h Mal) yerYoUständigt
durch Ehrrichtung eines Staatsrats (Sumitsu-in) als Heirat des
Kaisen neben dem Kabinett. Die KrOnung dieser Reformgeseta-
gebung war die Verkündigung einer Repräsentatiy-
rf'i sstmg Mm 11. Februar 1881^, welche im Jahre 1890
in Kraft getreten ist'.
In den reichlich zwanzip^ Jalm-n weklK; öoit Errichtung der
neuen Ordnung verflosbcn öind, hat bich in Staat und Oej^ell-
Bchaft eine gewaltige Umwandlung vollzogen, die ia mit mehr
oder weniger Orttndlidikeit von europäischen Beobachtern oft
geschildert ist. Zwei Dinge scheinen mir dabei hftufig nicht
genügend beachtet au sein: einmal, dafs bei diesen Reformen
doch sehr viel mehr an hrstolicnde Einiichtungen ange-
knüpft ist. als anf den er.sfcn Augenblick scheinen möchte T'nd
zweitens ist es iihlieh, die neuen lieformen ohne weiteres den
Münnern <ier neuen Ära als Verdienst anzurechmen. Vielfach
haben diese aber nur fortgesetzt oder ausgeführt, was unter dem
Bakufh bereits begonnen oder geplant war'.
Man mtl&te das gesamte öffentliche und em gutes StUck
des privaten Lebens (wenigstens der höheren Stände) eingehend
«childern, wollte man die Ausdehnung und Tragweite
der Umgestaltung Japans erschöpfend darstellen, eine Auf-
gabe, welcher meine Kralle nicht gewaelisen sind. Der Tech-
niker, der Jurist, der ^Soldat, der Padngog nmfs das jeder auf
seinem Gebiete thun. Docii sei wegen ilires Einflusses aut die
Finanaen des Landes auf die HauptzUge hingewiesen. Am
wdtesten hat sich begreiflicherweise die fiinfllhrung rein techni*
scher Eli^ndungen und Einrichtungen erstreckt, welche mehr oder
weniger mechani.sch gehandhabt werden können, Schiffe, Eisen-
bahnen, Telegra|)hie und Post, Gas und elektrisches Lieht,
moderne Feuerwatl'en u s. w. Aber selbst wenn man es nicht
gewollt hUtte. mulstc die tremdr Technik weitere Reformen nach
sich ziehen. Die motlernen \'crkehrsiiutte! griffen tief in alle
Lebensverhältnisse ein, Regelung der Münz- imd Bankverhält-
nisse stand in naher Beaiehung daau. Das notwendige Httlfs-
' Uber den Rjilimen unserer Untpr-M( lmr>;r hnmu'? frcheti ilie -^:ihl-
rcichen AiiUenuigcD in Gesetzgebung iinil VCi ualünit; , welclie d«» Jahr
l^^^u gebracht hat Sie sind der Anfang (>in<^r neuen Periode, der des
Verfapsmi£r^stnat( für welchen ihre Wirksamkeit berechnet ist.
^ So die Anstellung fremder Lehrer, die Kinführang europäischer
Fecbtwdse, die Anla^ der grofsen Docks und des Krienhafeiu in
\n!c(i«uka, selbst mannigfache Änderungen im gesdligcn Verkehr mit
Fremden. Die Miinzreform, die Einführunp: von Eisenbahn tmd Tele-
fraph, die Errichtung dauernder Vertretungen im Auslande waren bereits
eschloMen, die Keformbedürftigkeit der Gnmdsteuer erkannt u. s. w.
81
mittel der Erlernung fremder Sprachen rückte plf5tzlich die ganze
Fülle europäischer Wissensehaft und Litteratur in den OrsTchts-
kreis eines von Natur begabten und aulgeweckten Volkes. Die
ciiiDesitiche Piiiiosopiiie und Wisaenschaft versagte gegenüber
den neuen Bedürfnissen. Zunttchst hielten die diiekt nützliclien
Wiflaeii8diaft«n. wie Medizin und Chemie, ihren Eineiig , aber
nnttafhalteam drängten wie die praktischen Bedüitnisse, so dfts
Besti-eben, es dem Wetzten gleich zu thun, zur allgemeineren
Förderung der Wissenschaften, de.s Unter richtswesens. Die zwin-
gen ^ Not fUhrte zur Finanzrefonn . N "i^restaitunir des Steuer-
weöeii», Regelung df»r Staatsschuld. Eintjuliraug geordneter Hudget-
verhaltnisse. \\ irkliches li(!dürfuis und der Wunsch, die Konsular
gerichtbbarkeit im ei-eneu Gebiete loa zu werden, tuhrte zu
einer noch nicht abgeschlossenen Justisreform , 1871 mit dem
Strafrecht beginnende Auf dem Gebiett^ des Heerwesens zeigte
flieh rasch, dal's die durch die fremde Bewaffnung und Taktik
erfordert«' DiscipHn und Einexerzierung mit <len Lebcns;^ewoliu-
heiten und Anseliauungen des bisherigen SoUlttnistarides nicht
in Einklang zu britigen war Nicht ein tief angelegter politischer
Plan, sondern die einfache N<itu endigkeit tuhrte zur Einführung
einer allgemeinen Kekrutieruüg uach europäischem Muster (lS72j.
Mit der lileuorganiaation fiel auch die gaiize Grundlage der bis-
herigen ständttchen Gliederung der Öesellachaft. Die bisher
Unreinen, Ausgestolsenen wurden dem gewöhnlichen Volke
gleichgestellt". I)ie Privilegien der Shizoku machten die
grö!kfr>n Schwierigkeiten. l)cr Fortbe7ii_: Üirer Kenten war eine
schwere liclastung des .Stfuitssiickels, Dei innere Grund fiir die
Kentenzahlung, die Leistun;^ von \'erwaltungs- und Kriegsdiensten,
war weggelallen. Aber anderseits konnte man einem zahlreiclien
und wehrhaften Stande, der eben die Rerolution gemacht hatte^
dem die neuen Machthaber selbst angehörten, welcher der Trifger
der Bildung im Volke war, nicht plötzlich die Subaistenz mittel
ent/i' nen. Man erlaubte ihnen, beliebige Berufe zu ergnifen,
die Schwerter abzulegen ( l*~^^7! f ihrr« Kenten in eine allerdings
wenii; vorteilhafte Kapitalabtindung umzuwMndeln (IST.i). Dann
verbot uian das Schwerttragen ganz ll 870 1 und löste scldi<'rslich
(August I87G) die silmtlichen Kenleu, auch die des Adels
(der Kwaaoku), zwangweiae ab. Wie gefilhrlieh das Untemeh*
men war, zeigt der unmittelbar darauf erfolgende Ausbruch des
grol'sen Aufstmdes in Satsnma. Wie in Litteratur und Sprache,
Kleidung und Gebräuchen, sittlichen und religiösen Anschauungen
^ Vpl. Lo 1 1 r >r il , Suinnitury nf tho Jaji;iii<'Me Pcii.il Coiic«, Traiir:-
Hctiuna of tiie Aa. Soc. >*i' Japiui V 2 (lb77> mui Kudoitf, licchlH-
ptlege in Japsn hi der gef^enwärtifi^en Periode, Mitteilangeii der lieut-
achen Gesellschaft u. s. w. IV 423 ff. (l^'^'H). Auch dii; in <! rase Iben
Tokugiiwa-(.ietiet/t*aniiulimg itn Vorwort angeiübrte Litteratur.
- September 1.^71. Angeblich waren es rund .'380000 Köpfe (Bio-
giaplne de Iwakoora ^ 64X
Fonohungen (45) X 4. — lUthtMi. 6
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X 4.
die Uurserliche Berühning mit der westlichen Kuliui aliiualilich
zu einer tieferen Einwirkung aich umwandeltj ein Bildungsprozei's,
dar ktnm «nt recht begonnen htA^ das wiid in Zukimn eineB
der merkwürdigsten Kapitel in der Koltuiigeeebichte des Men-
acbengeschleclites bilden. Ob die Entwickeinng 2a dnem lebeoe-
vollen Neuen ; ob su einer traurigen E^rikatur des Westens
fljlirfn wird, (Irs mit Sicherheit vorauszuentsclipirlen, wird auch
ein warmer Freund von Volk und Land nicht wagen. Dafs
d;is Alte unwiederbringlich dem Untergange geweiht ist. wird
man in vielen StUcken mit Recht bälagen. Zu andern ibt
es nicht
FOnftes Kapitel.
Die Hederae VerwaltEiigsor^aiiiMlieii und die
Kosten der Staatsyerwaltuiig.
Vorbemerkung. Für die Yerfa^ungs- und VerwiUtimgäorffaui«
sation ist die Hauptqaelle die Gesetzgebung. Einiges tod Braeimiii^
findet sich in Graf Ito.s Kommentar zur Verfiigsung, ferner in verschie-
denen amtliehen VcrDÜentliebungen , die bei Gelegenheit der grofsen
Weltausstellongen erechienen (Philadelphia, Paris), dem vom Haasmini-
sterinm hecattqgegebenen Heftchen : The Empire of Jajmn (1881) u. .8. w.
Die allgemeinen Deschreibenden Werke geben meist einen knrzpn l'^ber-
blick, der mehr oder weniger fragmentarisch ist. Zu erwähnen ist auch
Le Ondre, Progreesive Japan. New York und Yokohama 1878. Ffir die
neuesten Einrichtungen ist die Tagespn > r> h^rnnzuziehen, natfirücVi mit
Vorsiebt. Von den zahlreichen {»negyrischen DarsteUunaen der jetzigen
ZnstKnde ist eine der besten der iron dem bald daram in japanische
Dien.Hte getretenen Obersten Pa Im er in der British Qnarterly Review V>^^2
verofFent lichte Aufsatz: Reeent Japanese Progress. — Zu don fftlt^enden
Mitteilungen Uber Ausgaben de« Staaten für verschiedene Zwecke sei
bemerkt, dafs es meist unmöglich ist, vor das am 1. Juli 1875 beginnende
Finanzjahr zurückzugelien. Von l'^To bis isSö lief die EtafeqMriode VOm
1. Juli bis :M). Juni, seit vom I. April bis 'M. Mätz.
Wenn auf den folircnden Seiten der Versuch gemacht
werden soll, die staatliche Organisation des modernen Japan zu
schildern , so kann es sich nur um eine Darstellung der wich-
tigsten Zii^i iiandeln. Den beständigen Änderungen und V'er-
scliiebungeu der neuen Organisation im einzelnen nachzugehen,
wttrde eine sehr umfimgreiäef durdi die fremdartige, oft wecb-
sekide Nomenklatur der Ämter erschwerte Erörterung Teriangen,
welche auf aUgemeines Interesse docli nicht rechnen könnte.
Die ersten zehn Jahre nach der grofscn Neuordnung von 1871
zpfvj^fn vielfach ein ziemlich unsicheres Hin- und Hertasten. Erst
seit etwa 1881 ist etwas mehr zielbewulstes Leben in die Kcform-
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arbeit gekommen. EiDea ist aber hervorzuheben, weil eB nur
zu leicht fibf'i^chen wird, dafs viele in der riesetzgebung uns
als ATideraiigen oder Neubütlunj^^cn erscheinende Mrii'sregein doch
in der Hauptsache nur Änderungen von Namen sind. Wie im
voiigen Kapitel schon ausgetUltrt, sind die folgenden Jahre als
die Hauptstofen der £ntwi(£elung zu betrachten: 1871 72, 1875,
1880/81, 1885/86.
Das Haapt des Staates ist der Kaiser (Tenno, Tenshi,
von Fremden meist Mikado genannt). Ein besonderes kaiser-
liches HausverTn?5p;on giebt es ursprünglich nicht. Erst seit der
Verfiii^f^iniL^'sstaat in Aussicht stand, sind, um die Krone von der
Volksvertretung unabhängig zu raachen, gewisse Teile des iStaats-
vermögens als Krongut ausgesondert Der genaue Betrag ist
nicht bekannt. Die Hauptbestandteile sind einerseits der ziem-
lich eAebÜche Aktienbeeits, mit wehshem der Staat sich an der
GrOndung verschiedener groimr Unteniehmungen betoligt hatte
(Staatsbank, Shokin-Bunk, Posldampfei^gesellschaft), anderseits
Immobilien , nämlich die Gold- und Silbergruben von Sado und
Ikuno und au^edehnte Waldungen, angeblich Uber GOO 000 Cho.
Im übrigen werden die Kosten der kaiserlichen Hofhaltung
jährlich im nötigen Betrage auf den Etat gesetzt. Für unge-
wöhnliche Au^aben, wie den Palastbau m TükyO; fruiier auch
ftor Bensen des KaiserSf rind besondere Posten im ExtraorcBnarinm
des Budgets angesetat worden. Die ordentliche Anigabe betrag
1875 76 erst 933 000 Yen, bis 1879/80 war sie auf 1 343 000
Yen gestiegen, hob sich 1881/82 auf 1 900000, 1882 83 auf
2184 000 Yen. Dann stiej? sio wieder langsamer bis 1887/88
auf 2 500 000 Yen und wurde im Budget f\lr 1889/90 mit
3 Millionen eingesetzt, weiche Hühe sie wohl in Zukunft bei-
behalten wird.
Die Gese t z g eb ung steht dem Kaiser an. Die Ausdrücke
Ibr Oeselse, Verordnungen a. s. w. sind erst durch die kaiserliche
Verordnung Nr. 1 vom 26. Februar 1880 gleichmäfsig festgestellt.
Vorher finuen wir eine ganze Reihe ziemlich antOTBchiedalos ge^
brauchter Ausdrücke (Ho, Ritsu, Rf^i llitsurei, Jorei, Kisoku,
gewöhnlich Futatsu, etwa .J)ekrf't" oder „Erlafs'') Eineneigen-
artigen Charakter hatten die kaiserlichen Proklamationen (Go-
satasho Fukoku). Diese dienten teils zur Bekanntmachung allge-
meiner R^erungsgrundaKtzc (so die erwähnten Proklamationen
Tom U. April 1875, Tom 12. Oktober 1881, vom 22. Dezember
1885)^ oder zur Einführung wichtiger neuer Gesetae (so Tom
28. J>eaembcr 1872, betr. Einitlhrung der allgmeinen Wehr-
pflicht; die Proklamationen, betr. die Grundsteuer, von 1873
und 1877).
In den ersten Jahren wurden Dekrete sowohl vom iataatsrat
als den Ministern als den Provinzialbelu)rden erlassen. Ein
Unterschied zwischen Bestimmungen für das Publikum und nur
an die Beamten gerichteten Verfügungen bestand nicht. Seit
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1873 (18. Juiij wurde etwas bessere Ordnung in diese Dinge
gebracht, namentlich aber durch Nr. 94 vom 10. JSüveniber 1881.
Die Gesetze erbchieneu nun al» Erlasse des Staatsrats mit der
PuUikationsfonneL: „Bekannt gegeben auf Befehl Sr. Majettät
des Kaisers'^, gezeichnet vom Daijo-Daijin (Qrorakaosler), gegenge-
zeichnet vom betreflRmdcn Fachminister^. Seit dem Gesetze von
1881 sind das Kabinett, die Minislier und die Bezirkshauptleute
(Chiji, Rei) auf Erlals von Ausfiihrungs- und solcfion Verordnungen
beschrankt, zu welchen sie durch Gesetz erniaclitifxt sind, nam*^nt-
lich Polizeiverordnun^en. Die Verordnung vom 26. Februar
188r) unterscheidet Gesetze (Horituui und kaiserliche Veiord-
Dungen (Chokturei). Ein wirklicher UnterBcbied zwischen beiden
ist natttrUch ent entstanden durch Inkrafttreten der VerfaBsung,
welche au ^Gesetzen*^ Zustimmung des Liindtages fordert. Ge-
setze und Verordnungen werden veröffentlicht mit einer ein-
leitenden Formel. Diese enthiilt die Sanktion und den Publi-
kationsbefehl , ist mit Untersclirift und Siegel des Kaisers ver-
sehen und vom Ministerpräsidenten und dem zuständigen Minister
gegengezeichnet. Verordnungen (Meirei) d^ Kabinetts erläfst
der Ministerpräsident, Miniäteriid , Bezirks- und Kreis Verordnungen
der belreflfonde Verwaltungschef'.
Seit 1872 werden Oesetae und Verordnungen mit durch
das Jahr durchlaufenden I^ummem beadchnet und vielftch ein-
fiicfa nach diesen dtiert.
In einer absoluten Monarchie ist von besonderer Wichtigkeit
die Refreluiig des Staatsdienstes, l^hor den Eintritt in
den St^iatsdienst gab es lange Zeit hindurch keuie Bestimmungen.
Thatsächlich herrschte ausschliefslich Patronage. Vor allem
waren es die Sieger aus dem Süden, welche die Ämter mit ihren
Freunden und Anhängern füllten. Doch konnte man Im niederen
und Tnittler(>n SUiatsdienst die Erfahrung der bisherigen Beamten
begreiflicherweise nicht ganz entbehren^. Erst Ende 1884 wurden
ftir die Richter Anstellung und wissensehaftliche Krfordernisse
gesetzlieh geregelt. Das Heformprogranim Itos vom Dezember
18S5 nahm <He Einführung von Sta^itspilifungen in Aussieht.
Diese sind daim durch eine Reihe von \ erordnungen des Jahres
1887, mit Gesetzeskraft vom Januar 1888 an, ins Leben gerufen.
Für die von uns zu betrachtende Periode kommt diese Neu-
' Bis 1881 waren die (besetze nur vom Daijci - Daijin p^ezeithrn't.
Die Veröffentlichungsfoiinel war einfach: Obiges wird bekannt cegebeu.
^ Die Befugnis der Minister zum Erlafs von Polizei Strafveroranangeo
ist 1890 aufgehoben. Für die Zaknnfl vgl. auch Qeaets 97 vom 6. Ok-
tober im.
* Nach einer Übersieht für Ende 1888, welche die aus der Stuli-
kasse Besolilung beziehenden aktiven Beamten umfafst, mit Ausnahme
der Kreisbcjimten. Unteroffiziere, Polizisten, Getänpnisaufseher, waren
vorhiandeu: höchste Beamte (^Chokunin) 24^% mittlere (öonin) 7510, untere
(Hannin) 25522. £b waren hdinatsbereeht^
. y 1. ^ . y Google
höchste
mittlere
iliftlere
141
977
13
608
1 ü72
17
411
1317
4
332
862
11
990
960
5
259
57T
X 4. 85
r^elong um so weniger in Betracht, als bis Ende 1892 Erleich-
terangen und AusnabmeD sulilssig sind ^ — Wie die AostdluDg.
im BesEurk
Tokyo
Yu 14 1 agu c h i ( Gl 1 o sh u - 1 i ii 1 1 )
Kngosbiina ( Satsuma-UaD)
Slil/uokii (Tükugawa-Han)
Nagasaki und Saea (Hisen
IfRn)
Korlii 1 'rM.-"-;i- ! fan:
In Kyuehu, Cho&hu und 'iom.
msaramen (etwa 18 ^/o der
Einwohner Japans enthal*
ttndi d5=:=2a<'/o 23.j3 = 31"'o 60e!6=«24«;«
Im übrigen Japan ohne To-
kyo (mit dMir vierikclieD
EiMwobnenaüil der ▼oiigen
Gruppe) 47 19 "/o 4 2ö0 «= 57 «/o lÖ 517 = 61 <>>o.
von de» 141 bdehaten Beamten aus Tokjo-Fb siiid 98 Kwazoku,
Ton welchen eine erhebliche Anzahl aus den Südlandschaften stammt.
Audi Hüllst sind Beamte fludlicber Abknnft in Tokyo in riemUcber Zahl
beiuatttberechtigt.
Eine entspraelwnde Oberridit für Ende 1nS3 vor den A j* Iserhe-
bongen und daner noch bedeutsamer ergiebt für den gröfsten Teil aller
Beamten (einschUeishch Diener)
bttebste mittlere niedere Beamte
und Diener
im Lande Idö 4 706 90317
davon heimatsberechtigt im
Bearke Tokyo 46 10 367
Yamaprichi 23 514 3 229
Kagütihima 29 391 3 755
Nagasaki und Safla 10 227 2 688
Kochi 11 211 1852
Shizuoka 7 295 3250
Kyoshtt, Choshu vnd Tosa
ausammen 79 = 50'>o 17 13 =-360/0 18 454 — 20 »'o
Übriges Japan ohne Tokyo 'M\ 21"., l» 540 = 5:3«« 61 4Wj BS«©
Der vorwiegende luoilufs von Chosbu (Yamatfuchi) und Satsuma
(Kagoshima), der Sat-Cbo« Vereinigung , wie man in Tokyo sagt, ergiebt
sich vollständig erst, wenn man die leitenden Staatsmänner nach ihrem
Einflus^^e wägt und die Bcsetzunf? der leitenden Stellen in bestimmten
Zweigen de^ Staatsdienstes (Anneo, Marin(\ Polizei) verfolgt. Z. Ü. war
1890 die Generalität folgendermafrieti /uHammcngesetzt :
Generäle :?, davon J k tis. ilir lip f'rinzen, 1 aus Choshu.
Generallieutcnan ti> VJ, davon 43 aus Choshu, 7 aus Satsuma.
Generalmajore 27, davon 10 ans Choshu, 5 ans Salaama.
Übricons wird die Identifizierung der Männer, welelie in I i K' x olii-
tion eine Uolie gespielt haben, einigermafsen ersehwert durch die vielfach
vorgenommenen Namensänderungen. So hiefs, um nur einige der be-
kanntesten zu nennen. Saigo liikamofi frtther Saigo Kidiinosuke, Ito
Hirobumi hiefs Ito Shiiüi'^uke, Inouye Kaoru hiefs Inouve Bunda. Der
spatere langjährige Präsident des höchsten Gerichts Tamano Uobumi
aaitnte sich, naehdem er das IMestei^ewand abgeworfen, Tamamatsa
Mis^Hwo U. 8. w.
> lune weitere Einschränkung bilden die Kaiser!. Verordnungen 9
und 10 vom 4. Februar 1890 , wonach Kreishanptleute (Gnncbo, Kuebo)
. yui.u . l y Google
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so liegt die Entlassung der Beamten bis jetzt ganz in der Hand
der betreffenden Vorgesetzten.
Alle i3eamte wurden bei der Neuorganisation des Staates
In drei Onule geleilt, Chokuniiiy die hOdisten Beamten (Es-
ceUensen), Sonin nnd'Hannin*. Bei der Reform Ton 1886
wurden von den ersteren noch die 8h innin abgesondert, daa
sind die Minister und ihnen Gleichgestellte^. Die Chokunin
ernennt der Kaiser. Sie zerfallen in zwei (früher drei) Klassen.
Die Sonin ernannte früher das Daijokwan, seit lö8ü dor Kaiser
auf Vorschlag des Ministerpräsidenten. Sie zerfallen in sech*
(früher vier) Klassen. Die Hannin werden vom Chef der betreflFen-
den Behörde ernannt tmd nerfidlen in lehn früher aeht) Klamn.
Da die swei untersten Kkaaen der Sonin und die nwei oberatan der
Hannin einander gleichstehen, giebt es thatsächlich 17 Rang-
klamen, welche auch dir die Höhe des Gehalts entKheidend sind.
Bei jedem Grade giebt es noch Beamte, die zu keiner Klasse
fehören. Endlich giebt es Beamte „ohne Rang^ (Togwai:
'olizisten, GefUngniswiirter u. s. w.). 2^hlreich ist die Zahl der
„auf Zeit Beschättigten^' (Yatoi) , welche nicht zu den Beamten
gehören^.
Über die allgememen Pflicfaten der Beamten ergingen 1876
Bestimmungen (Nr. 34 und 85 vom 14. April), von welchen
Ito in seinem Reform prognunme selbst sagte, dafs sie nur un-
vollkommen durchgeftihrt seien. T^ber die wichtige Frage, in-
wieweit Beamte private Geschäfte betreiben , an Aktiengesell-
scliaüen u. s. w. sich beteiligen dürfen, waren schon 1881 (Nr.
27 und 28 vom 6. Mai) genauer gefafste Bestimmungen er-
gangen, neues allgemeines Gesetz wurde 1887 (29. Juli,
jNr. 89) eriaasen. Die Regelung des Disciplinarverfthrens steht
aber einttweilen noch aus. Die Gehaltsvernaltnisse, an welchen
viel herumgeflndert ist, sind für die Civilbeamten 188(> neu ge-
i«gelt. Danach beträgt das Gehalt der Chokunin 3500—5000 Yen.
Für Sonin beträgt es
in der ersten Klasse 2600 -3000 Yen
- - zweiten - 2000-2400 -
. - dritten - 1400-1800 -
und Poiizeüuspektoren auch ohne Prüfang augesteüt werden können,
wenn sie berats fSnf Jabre im Staatsdienste besw. als Poliiistefi ^tig
gewesen sind.
> Die senanuten drei Grade (und 20 Klassen) wurden am 2U. des
8. Monats 1869 eingefSlirt für die, welehe Hofhmg hatten. Die spKtere
Einteilung ist bei der grofsen Verwaltungsrefonn vom August 1871 ein-
einpoführt. Die jetzige Regelung durch Kaiscrl. Verordnungen Nr. 6
vom 17. März und Nr. :{ü vom April Lss»;. Für die Zukunft kummt
auch Kaiserl. Verordnung. ;i7 vom L'l'. Miin: 1S90 in lietraeht.
' in den foi^^cnden rbersirhten über die Zahl der Beamten mit deD
Chokunin cueauunenfferechnet, wie in der amtlichen Statistik.
* Unter diese Kategorie fallen die sSmtlieben in Japan aagttrteUteik
Audünder.
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X 4
87
in der vierten Klasse 1000 — 1200 Yen,
- - fünften - 700— 900 -
- - sechsten - 400— 600 -
Für Haniun beträgt es
in der enten Kkaae 720—900 Yen,
- - zweiten - 600
- - dritten - 540
und so fort in ]Vlr>r KIa.<^-?r f>0 Yen weniger bis sur nennten mit
180 Yen und il<r zehnten mit 1 14 Yen'
Bei Obokunin und Sonin sind die Gehälter der Be-
amten des diplomatischen und Konsulatsdienstes, der Richter,
Staatsanwälte, Lehrer, Ingenieure etc. besonders festgetictzt.
Verwtsnng in «ne höhere Kbuae soU bd Ghoknnin und
Sonin immer, nur nach filn9ttbriger, bei Hannin 1. — 5. Klasse
nach vierjähriger, 6. — 10. Klasse nach dreifftbri^er Dienstzeit
erfolgen^. Über die Qehälter in der Armee vergleiche S. 107,
Pensionen, welche früher nicht bestfinden, aufser im Falle be-
sonderer Verleihung fiir Verdienste, sind allgemein eingeführt
18Ö4 (Nr. 1 vom 4. Januar). Die Pensionsberechtigunf^'^ Ix i^'nnt
danach nach 15 Dienstjahren ujit einem Viertel des Geiiaitä und
fltdgit mit jedem wetteren Dienstiahre um ^/im som Maxi-
mnm von emem Drittel des Oehalts, welchee also mit 35 Diensl-
jahreti erreicht wird*. Die Ausgabe für Peniionen mule natur-
gemttfs im allgemeinen steigen. Fllr persönlich verliehene wie
iMenstpensioneTi wnrrlen 1!^S0*^1 2!i3 700 Yen ausgegeben,
IRR? 88 392800 Yen. Im Etiit für L^89 90 waren 473000 Yen
angesetzt, immerliin noch eine sehr malsige Summe.
Entsprechend unserer Stellung zur Disposition ist die 1886
eingeführte Einrichtung (Uishoku), dals bei Organisationsver-
ttncrarungen entlassenen Beamten drei Jahre lang ein Drittel
ihres bisherigen Gehaltes gezahlt wird. Ende 1888 gab es 3070
solcher Beamter mit fast 450000 Yen Dispositionsgehalt ^. Im
Etat für 1889 90 waren dagegen nur 203800 Yen für diesen
Posten einfrp*^tellt.
Beim Tode eines Beamten erhalten die Hinterbliebenen von
I Die Kaiserl. Verordnungen 87 vom 22. März lb90 hat die Abstafang
der Hanningchälter etwas gefindeft, aber innerhalb der bisherigeii Qrensen
von 144 und 900 Yen jährlich.
* In Znkmift ist das alles diureh die Verofdnuns 36 und 37 vom
22. Mftrz 1890 etwas geändert. Namentlieb sind die Fristen für das Auf-
steigen in höhere Stufen verkürzt.
■ Das Pensionsgesetz ist revidiert durch Gesetz 4;> vom 20. Juni 1890.
Danach steigt die Pen«on bis zum 40. Diene^ahre, so dafs ihr Höchst'
betrag ®*/«4o des üehalt'*? f^rreicht, was immer noch recht licscheiden ist.
* Nämlich 7 Chukuuiu mit durchschnittlich 1644 Yen Wartegeld,
498 Sonin (3S0 Yen) und 2567 Hannin (100 Yen). In den Zahlen rind
aber auc h ttne Ansahl auf knne Zeit mit vollem Odialt inr Di^ontion
Gestellte.
88
X 4.
Chokunb und Soniu ein Drittel» tod Haanm ein Viertal des
Gehalts.
Eine eigenartige Belastung des Beamtenstandes bildet die
im Jahre IS^>4 ( I August) eingefllhrte Verpflichtung der Be-
amten mit 100 Yen monadichen Gehalts und darüber ein oder
mehrere i Pferde zu halten. Die Einrichtung ist im Interesse der
Remontierung der Armee getrofien.
Die ganze Verwaltung des Staates läuft zusammen in
dem Kabmett, welches Ende 1885 an Stelle des Stnatsrato ge-
treten ist. An seiner Spitze steht der Jdinisterprästdent
(Sori-Daijin, 9600 Yen Gehalt), regelmäfsig ohne Portefeuille. Er
vermittelt den Geschäftsverkehr mit dem Kais^ und ist be-
rechtigt, bei allen Immediatvorträgen der Minister zw^f^f^n zu
sein. Im Kabinett sitzen die neun iStaatsministcr (Daijin,
Gehalt 6U0i) Yen). Jeder Minister wird unterstützt und ver-
treten von einem V i c e m i u i s t e r oder Unterstaatssekretar ( J i-
kwan, Chokuninrang, Gehalt 4000-5000 Yenj, während es vor
1886 littufig einen ersten und einen Bweiten Vicemhiister g^b.
Jeder Minister hat zwei Privatsekretäre (Sonin) Jedes Mini-
sterium zerfällt in eine Anzahl AbteUungen (Kyoku), je unter
einem Direktor (Cho, Soninrang, 1800- 3« )00 Yen Gehalt —
seit 1890 hat er eventuell Chokuninrang) und dem nönVcn
Bureaupersonal (Hanninrang). Wichtige Abteilungen haben einen
Vieedirektor Zur Unterstützung des Ministers wie der Abtei-
lungen dienen eine Anzahl Sekretäre und liäte (Shokikwan und
Sanjikwan, Soninrang, 900— 2000 Yen Gehalt Endlich sind in
jedem Ministerium eme Anzahl Techniker und neuerdings einige
im Vorbereitungsdienst befindliche Beamte (Shiho), die im wesent-
liehen unseren Assessoren entsprechen.
Der Geschäftskreis der meisten Ministerien und noch häu-
tiger diu Anordnung der Ausgaben im Etat ist so oft geändert,
dafs es ganz unmöglii'h ist. die Au8;4aben der einzelnen Ministe-
rieu aut längere Zeit hinaus zu vergleichen. \'on 1873 bis 1885
des Innern, der Finanzen, des Kriegs, der Marine, der Justis,
des Unterrichts, der öffentlichen Arbeiten. Aus letstgenannt^in
und den Ministerien des Innern und der f^anzen wurde 1881
ein Ministerium ftlr Landwirtschafi und Gewerbe losgelöst. Hm
der Refonn im Dezembrr 1885 wurde das Arbeitsminiateriuiu
ganz aufgehoben und seine (rei^chäfte verteilt, dagegen ein Mini-
sterium de« Verkeiirswesens iür Schiffahrtssachen , Post und
Telegraphic neu gebildet FUr Eisenbahnwesen wurde ein un-
abhängiges Amt gebildet, welches dem Kabmett direkt untersteilt
wurde (Direktor &000 Yen Gehalt) ^ Ebenso untersteht das
t Dnreh KaiscrI. Veioidnaiig 198 vom 5. September 1890 hat das
Eisenbahnamt seine Sonderstell uug wieder verloren and ist dem Ifini-
steriom des Inneren auteisteUt worden.
. y 1. ^ . y Google
X 4.
89
Ordensarat und das Süitistisclie Amt (li^-^l im Minlstenum des
iDnern gcächaffen) (Iliu Kabinett unmittelbar.
Zur Beratung von Geaetzeniwürten und zur Entgegennahme
von Petitionen bestand neben dem Kabinett seit 1 875 das G e n r o -
in, der Senat (das froheve Sa-in) unter ebem IVttaidenten (5000
Yen Oehalt) und 60--80 Senatoren (ChokuninV Diese Behörde,
welche nur gering^e Dienste geleistet hat, ist durch Inkrafttreten
der Verfassung Überflüssig und am 20. (Jktober 1890 aufgehoben
worden. Zur Vorbereitung von Gesetzentwürfen hat man sich
teils ei;j:en8 zusanimen^esetzter Kommissionen bedient, tcil.s aber
noch aufser dem Genre m dauernde Behörden geschaffen, nament-
lich 1881 das JSanji-in, an dessen Steile Ende 1885 das iiosei-
kyaka getreten ist Ei tmterstebt dem Kabinette Als hOehster
Beirat des Kaisers ist am L Hai 1888 ein Staatsrat (Su>
mitsu-in ) ins Leben gerufen-, mit einem eigenen Vorsitzenden
(0000 Yen) und V'iceprJlsidenten (5000 Yen), welchem die kaiser-
lichen Prinzen, die Minister, der Nai-Daijin'' und eine Anzahl
Staatsrntf^ (4500 Yen) angehören*. Als hohe Behörde, bislier
dem Kabinett untergeordnet, seit 1889 in Ähnlich unabhängiger
Stellung wie die preufsische Oberrechnungskai umer, ist endUch
Bu nennen der Rechnungshof (Kwaikeikenza-in), der 1880
(5. März) erricbtei ist, wilhrend Im» dahin nur im I^Wnsmini*
Stenum eine Rechnungsabteilung bestand (Vorsitzender 4500 Yen
Gehalt). Für vorUbei^bcnde Zwecke wurde nach Aufhebung
des Arbeitsministeriums ein ßauamt eingerichtet.
Die Ausgabe fUr das Kabinett und die ihm direkt unter-
stehenden Behörden betrug lb75 T(5 520000 Yen, sank bis 1877 78
auf 376(100 Yen und war bis 1884 85, dem Jahre vor der Re-
form, auf ü54 000 Yen gestiegen. Nach der Reform 1880/87 be-
trug sie — mH Aunohiiils des Eisenbahnamts — 053000 Yen!
Im Etat ftr 18S9/00 sind 6^1 000 Yen angeeetet, wovon 92440
Yen auf den Rechnungshof kommen. Dazu sind noch 18708 Yen
fUr das Eisen bahnamt bu zählen^. Das neue Sumitsu in er-
acheint mit 111081 Yen.
Hifi Ausgabe für das Oenro-in betrug im ersten Jahre sei-
nes Beistehen« 1875'7ü 21OOU0 Yen, 1877 78 140000 Yen. Seit-
* Reorganisiert durch Kaiserl. Verordnung !M vom 11. Juni 1890.
* lieorganisiert durch Kaiserl. Verordnung voui 7. Oktober 1890.
■ Dieser alte 'IMtel bezeichnet seit Dezember 1885 einen hohen Hof-
brn mtcn, rlfr nie Grofsjeiegelbcwahrer auch für Staatsangelegenheiten eine
gewiaee tortnelle Bedeutung hat (bOOO Yen Gehalt, ebensoviel der llaus-
minifltflr).
* Jenseits des von uns zu betrachtenden Zeitabschnitts liegt lier
Verwaltungsgerichtshof, der von der Verfassung und verschiedenen
neuen Verwaltungsgesetzen vorgesehen und durch Gesetz 4Ö vom 28. Juni
1890 errichtet worden ist Soweit bisher eine Verwaltangsgeiiehtsbarisflit
besfcsnd, wTirde sie vom Sanji-in bezw. HosoikyoUn wahrgenommen.
^ Zu beachten ist, dafs die Gehälter der Fachmiuister auf dem Etat
ihiSB Mmisteriiiini, nicht auf dem des Kabinetts stehen.
90
dem iät sie uuaufbiirlich gestiegen bis auf 289 000 Yen im Jahre
1887 88.
Uber die den einzelnen Centraibehörden angehöngen Beamten
und ihr darchsclimtlliclieB Gehalt giebt fblgoide Tabelle Auf-
echlttfs.
Ötaatabeam te in den Crntraibehörden und ihr
Durchschnittsgehalt, Ende 1888.
Chokn-
tun
Souiü
iiannin
Ange-
stellte
ohne
Grad
Zahl aller JJeamten
und Angestellten
Summe aller
gezahlten Gehtilter
Ven
Kabinett
StAatärat
Min« d. Ans-
W tu VI^Cll
Min. d. Inneren
Min. d. Finan-
zen
Min. d. Kriegs
Min. d. Marine
Min. d. .)usti/.
Min d. Unter-
richts
Min. d. Land-
wirtschaft u.
G wfrbe
Min. d. Ver-
kehrs
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1 1 823
4 047
7 459
1029
1 S73
S012
179
51
1004
246 45ft
Ö0aö8
340 776
4110d6
721 368
2 762 :m
1459 74a
2038764
511 116>
4^i>6:i
052 092
300 516
2G ~m
255948
27
i;{2
Os-J
51-.'
1 557
456 OOO
Zusammen
214
3940
7210
717
221740
150
12 437
117
42 001
10 998 67:i
Zu beachten ist bei diesen Zahlen, dai« die Beamten der
aUgemoineTi Landcsverwaltonp^ in Bezirken und Kreisen fehlen.
I'hpr diese folgen weiter unten näficre MittP!lunü^en. Ferner
sind nicht angegeben die iH tricbsbeüiiiten der Ki>< nliahnen. In
der Unterrichtöverwaltuiig iat darauf auliuerksaiu zu machen,
dafs deren Last überwiegend auf Berken und Gemeinden ruht
Dagegen ist in den Zahfen fkir die Miniatenen des Kriegs, der
Marine, der Jnstis und dea Verkehrs die ganze Masse der ihnen
unterstehenden Beamten bezw. Offiziere enthalten. Im Ministerium
des Inneni fehlen die Pohcdmannachaften; von der Gtefilngnia-
Digitized by Google
X 4.
91
Verwaltung sind nur die Zahlen der in den Zuchthäusern, nicht
aber der in den Bezirksgefängnissen Angestellten ge^-'eben. Im
Hansminifiterium fehlen die weiblichen Beamten. l>ie ätaatUcb
besoldeten 8hintoprie«ter fehlen gleichfalls.
Aua dieaeu Diugen erklären bich auch die so äelu' veräciiie-
denen DiiiducfanittnaUen fibr den Qehalt der mittleren und
niederen Beamten.
Die Zahl namentlich der höheren und mittleren Beamten
hat sieh ständig vermehrt, beaonders durch die Mafsregeln der
letzten Jahre, die Änderungen in der \'erwaltung der Besirkei
in der Justiz und durch die Veniiehrung des Heeres,
Die folgende kleine Tabelle möge das zeigen, wobei djiran
zu erinnern ist, dal's 1870 die erste grolse Reorganisation der
Verwaltung beendet war^ 1885.86 die zweite stat&nd.
Zahl der Beamten der drei Grade 187(3 — 1888.
Ende des
Jahres
Chokmiin
Sonin
1876
HS
2632
20 702
1878
86
3 386
19 386
1880
116
3581
22 424
1882
146
4352
25 790
1884
178
5162
ai 140
1886
217
6180
88804
1888
242
8007
34416
Da unsere Darstellung der finanziellen Verhllltniaie nament-
lich der letzten Hälfte dieser Periode gilt, so dürfte ein etwas
eingehenderer Vei^leich der Zahlen 1882 und 1888 einiges
Interesse bieten.
Die Zahl der Uliokunin stieg von Ende 1882 bis Ende
1888 von 146 auf 242. Von dieser Zunahme kommen allein
auf das Genro-in 41, aut das Hausministerium 19, auf die Be-
nirksverwaltang 24, auf die Justiz 7. Das alte Daijokwna zählte
22 Ghoktmin, denen entsprechen letzt das Kahlnett mit 13 und
der Staatant mit 14. Die im Jahre 1882 vorhandenen Ohoku-
nin erhidten jährlich 645000, die Ende 1888 vorhandenen
962000 Yen Gelialt, eine Steigerung um die Hälfte in (5 Jahren.
N(Jch stärker vermehrten sich die Sonin. Es gab Ende
1882 4.H52 Sonin, Ende 1888 aber waren es 8007. Hieran
waren beteiligt die Justizverwaltung mit je 400 und 1726, die
Bezirks- und Ki-eis Verwaltung mit 156 und 82bi, die Armee mit
2517 und 3517. die Marine mit 583 und 972. Auf diese vier
Zweige kam also ftst die ganze Zunahme (3387 yon 3655).
Die diesen Beamten au aahlenden Oebillter wuchsen von 3340000
. y 1. ^ . y Google
92
X 4.
auf 5 008 000 Yen, eine Vermebritng um mehr als drei Viertel in
nur sechs Jahren.
Vcrhiiltnisniäiöig viel geringer war die Zunahme der idannin,
nämlich von 25790 auf 3441(5 in dem angegebenen Zeitraum.
Daran war beteiligt die Bezirks- und Kreisverwaliung je mit 7845
und 11691 Beamten, die Armee mit Ü707 und 7940, dteMnrine
mit 1632 und 2434. In der JustisTer waltung ging infol^
der starken Vermehrung der Soninstellen die Zahl der Hannm
etwas zurück, von 2413 auf 23(j3. Die diesen Beamten zu
zahlenden Gehälter stiegen von 5400000 auf 6010000 Yen,
also nur um ein Neuntel.
Diese Zahlen zeigen, wie einerseits die Verwaltungsreformen
anderseits die Vermehrung der bewaffneten Macht einen erheb-
lichen dauernden Mehraufwand veranlasBeny der jedoch nicht
auaschHefiflieh wirklicher Venuehrung der Beamten, sondern zum
Teil dem Umstände suEUSchreiben ist, dafs in der CivilverwiiU
tung vielfach Stellen von Angestellten ohne Rang in eigentliche
Beanitenstellcn umgewandelt sind
Zur Würdigung der Änderungen, weiche der grofsen Retbrm
vom Dezenrher 1885 folgten, möge schlieislich die folgende Zu-
sammenstellung beitragen.
Civil- und Militärbeamte der drei Grade
Ende 1885 und 1888 und die Summe des an sie su
sahlenden Jahresgehalts.
Zahl am Ende dea
Jahres
Qehalt am finde des
Jahres
1888
CivUvwwaltujig
Aimse
Marine
9823
2485
10788
2798
Yen
2067876
769006
Yen
2 430 780
110$ 452
ztuammen
B8412
42000
11 757 166
i2eoefi6i
Zur Erläuterung ist hinzu7,ufUgen , da& in vorstehender
Tabelle die Beamten des Hausministeriums ganz weggelassen
sind. VVeniger ins Gewicht M\%t dafs von den aeehs Minium etc.,
welche militärischen Hang hatten, der Kriegs- und der Marine-
minister bei der Armee und Marine eingesetzt sind, dageL'en die
andern drei (ienerale und eit: Admiral in der „Oivilverwaltiing"
gezählt sind. Wie man sielit, sind an der grofsen Zunahme
des Aufwandes Air Beamtenbesoldungen in neuerer Zeit gerade
die letzten Reformjahre am wenigsten beteiligt.
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X 4.
Bereits oben ist dai;iut hingewiesen, dal's einer wichtigen
Kategorie vom ^Staate Angestellter Beamteneigenschalt nicht zu-
komuit; den in Diensten des japanischen Staates stehenden
FremdeD. Als Ratgeber bei den gesetzgebenden Behörden, als
Lehrer der jimgen Be&mteDseneraäoiiy & technische Leiter von
BetriebeuntemehmuDgeii hahen rie eine grofse Bedeutung für
die Organisation des neuen Staatswesens, aber nur indirekt.
Direkte Ausfiihrung, die Leitung der Oeschatte, haben die
japanischen Beamten sich stets vorbehahen . ein Grundsatz,
der begreithch ist, dessen Durchführung aber den sachvur-
stiincligeren Fremden oft halb zur Verzweiflung bringt. ICs
wild in späterer Zeit schwierig sein, der stillen Thätigkeit dieser
fremden Katgeber geredit su werden. Die Männer, welche neue
tedmische Ver&hren eingeführt» GesetEentwOrfe gemacht, die
Schulen oi^nisiert. wissenschaftliche Sammlungen angelegt, das
Eisenbahnnetz traciert haben u. s. w. u. e. w. — wer apricht
van ihnen noch nach omi^ren Jahren?
Im Anfang der neuen Ani war die Zahl der im Dienst
des japaniseiien Staiites stehenden Fremden ziemlich eriieblich.
Zu Ende 1872, dem ersten Jahre, ftir welche» mir Zahlen vor-
liegen, waren es bereits 369 und in den Jahren 1874 und 1875
wurde mit 524 und 527 EOpfen der Höhepunkt erreicht Von
da an sank die Zahl stetig, teib aus Erspamngrttnden, teils weil
man soweit war oder zu sein ghiubte» dafe man fremde Htilfe
entbehren konnte. Der tiefste Stind war Ende 1883 erreicht
mit nur mehr 132 Köpfen. Von da an stiep; die Zahl bis Ende
1887 wieder auf 195. An (behalt erliielten diöse Fremden im
Jahre 1872 1005660 Yen, was 1H74 auf 1:^532 Yen stieg,
bis itSo auf 450 504 Yen fiel und Ende 1887 wieder 040 020 Yen
hdrug.
Die Fremden sind in nachstehende Kategorieen eingeteilt.
Es gab
1874 188$ 1887
Lehrer und Professoren 151 44 81
Techniker 213 29 56
Verwaltungsbeamte 08 40 52
Handwerker 27 ^ l ß
Sonstige 65 5 J
Von den fremden Angestellten gehörten zum Kessort des
1883 1887
."5t;uiteratö (Kabinetts) 4 20*
Hausministeriums — 8
Ministeriums des Auswürtigen * 24 27
> Der grofse Zuwachs durch Uotentellung des ESsenbaluuunts unter
das Kabln« tt
Darunter die Walilkouöuin in Europa und Amerika, 21,
1887: 12.
94
X 4.
MiDistcriiiiiiä des loDern 8 11
der Fiiuumn 7 5
des Kri^ 8 9
der Marine 14 18
der Justiz 4 2
des UnterrichtB 28 35
^r Landwirtschaft
und Gewerbe 10 6
des Verkehrs — 18
der QffBDd. Arbeiten 88 —
der BesürkncgieruDgea 4 39
Der Nalioiialltftt tmcb, webhe ja in manchen Beriefaungen
ein besondere« Interasie bietet» waren
1874 1888 1887
Britten 280 65 76
Amerikaner ■ 48 16 37
Franzosen 110 7 11
Deutsche 39 21 43
Holländer 14 5 6
Sonstige 2 33 18 22
Da die Höho di-ö Gtlialt^ eine ungeft4lire Vorstellung von
der Bedeutung der SteUung giebt, so mögen hierüber einige
Angaben fbr 1887 folgen.
Es erhielten monatlk^:
500 Yen und 200-500 Yen unter 200 Yen
daifibor
Britten
11
36
29
Dentsche
7
30
6
Amerikaner
2
15
20
Franzosen
3
5
8
HollUnder
2
3
1
Sonstige
1
4
17
isnmunnit
m 26
93
76
Wie man sieht, wiegen in atten drei Abteilungen die
Britten vor. Die DentBohen kommen ihnen in der höchsten
nnd mittleren nahe, während sie an der niedrigsten Abteilung
nur schwach beteiligt sind. In dieser haben die Amerikaner die
Bweite Stelle fMissionslehrcr !).
Kach den angegebenen Kategorieen der Verwendung waren
1887:
' r>ie Amerikaner hatten schon 1878 mit 58 den Höheponktt ebenso
die Holländer mit 19.
' Damnter 9 Italiener (Höhepunkt)» 4 Belgier, 4 Chinedeu, 2 Oster-
leicher.
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X 4.
95
Lehrer
Tecbmker
VerwaltmuBsbeiunte
andere
Hrittrn
25
31
19
1
Deutsche
19
14
9
1
Amerikaner
25
1
11
FraDzo^D
7
1
3
HoUttpcler
1
4
1
SoDBtige
4
5
9^
4
zusammen 81
55
52
6
Gegenwäriig durite bei alleo Kategorieen wieder eiae Ab-
nahme stattfinden. Aa&et Spfachlehrem and einigen Tec^iikeni
werden die „fremden Angestdlten" woM in einer nahen Zuktmft
fast ganz verschwinden und durch das heranwachaende ^on
ihnen und im Auslände ausgebildete GescUedit ersetzt werden,
eine Entwickehmg, auf deren Beschleunigung die verKshiedensten
Ursachen hinwirken.
Für die Zwecke der allgemeinen Landesverwal-
tung wurden, wie ohen envrthnt, nach Aufhebung der Landes-
herrschaftcn 75 Bezirke gebildet, närahch drei hauptstädtische
Bezirke (Fu) und 72 Landbezirke (Ken). WesentHche Hnler-
scliiede der Or^aui^tion besteiieu zwischen beiden Arten nicht.
Die Berariubilaung erfolgte unter Zugrundelegung der alten
Kokudaka. Jeder Bestrk um&fete der Regel nach ein Gebiet
Ton 200000 bis 000000 Koku. Der kleinste Bezirk war
Sado (Aikawa-ken) mit 130000 Koku, der gröfste der Tama-
guchi-ken (CJhosliu und Suwo, die Herrschaft der Mori) mit
890000 Koku^ in den ersten Jahren war diese He^irksein-
teilung in ständiger Umbildung begriffen. Bei der Kleinheit
vieler Bezirke war die Verwaltung übermä&ig kostspielig. Nach-
dem schon yerschiedene kleinere Bezirke mit anderen verschmolzen
waren, wurde am 21. August 1876 die Zahl der Besirke auf
$8 vermindert. Die nördliäen Eolonialgebiete ( Hokkaido : Yezo
und Kurilen) fielen nicht in diese Einteilung. Ebenso die Ryu-
kyu-Inseln, welche erst 1H79 als Okinawa-ken organisiert sind -
Allmählich zeigte sich, dals die 1876 «gebildeten Bezirke zum
Teil doch zu ausgedehnt seien. Durch neue Teilungen kam man
bis zum Mai 1883 auf 43 Bezirke für Altjapan ^. Seitdem sind
* Line genaue Übersicht dieser Bezirkseinteilung in J apan VVeekly
Mail, 1872. S. 180 ff.
- T>as ..Köiiiu'f' i<'h'* Ryukyu, früher in gewisser AMiänEi-iL'knit vom
Fürstentum Satsuum, wurde 187H zu eineui »Hau*' gemacht. In dea
Jahren 1875/76 erst wurden japaotadie VerwaltangBänrichtmifilien ein-
feführt, schlierslich im Jahre 18(9 die ganze Inselgruppe zum Okinawa-
nn freuiacht (Dekret 14 vom 4. April). FHe VerwaltungBorffanisation ist
auch jetzt noch abweichend. Viele iSteuer- und andere Verwaltimcs-
gwetze finden keine Anwendung auf Okinawa. Die Kosten der Bezirks-
verwaltung trägt die Staatpkat<se. Eltenso übr^jaM auf den Wüm Tokjo*
fa gehörigen Bonin-lnseln (Ogasawarashima).
* Bein, Japan 1 18 mid Karte giebt die ESateilnng ron 1876.
96
X 4.
nur noch Ende 1687 und 188S je eine ^Jtuteilung vorgenommen. Im
Arolsen und ganzen dürfte aber seit 1883 die liesirkfleinteiluiig
ft8Mehen^ Mit der althi«toriecheii EinteilnDg in Provinsen
(Kttni), deren es in Altjapftti 73 giebt, stimmt die Bezirksein-
teilung nicht immer zusammen. In 22 Bezirken decken sich
die Grenzen mit denen von ein bis drei Provinzen, in den 28
anderen sind Teile von Provinzen enthalten. Auf diese» Weise
sind 1 r> Proviir/( n zerschnitten, meist in der Gegend von Tokyo,
Kyoto lind im Norden. lVj;l. die Einleitung S. 7 — 0.) Die
Bezirke haben meist eine (irölbe von etwa 4000 bis 8000
Quadmtkilomeleri entsprechen also den franaOsisdien Deparle*
menta. Über 10000 Qiuidratkilemeter hinaus gehen einige der
mittleren Bergbezirke und nördlichen Bezirke, im ganzen sechs.
Abnorm klein ist der Bezirk Tokyo mit nur 805 Quadrttfe-
kilonietern. Die Bevölkerung eines Bezirkes bewegt meist
zwischen oOlHlOO und 1 200000 In drei Bezirken betrügt sie
jetzt 1' > Million imd mehr (Tok^o-, Hjogo und ^iigata, vor
der Teilung auch Eliinie;'^.
An der Spitze jedes Bezirkes^ steht ein Besirkshauptmann
oder Präfekt, Chiji, ein Titel« der bis 1886 nur den PMlakten
der 3 Fü ankam , wtthrend die der Ken Bei hielseD. Er ftihrt
nach Anweisnng der Minister die gesamte innere nnd Steuer-
üer 1887 erachiensne Atlss von Japan von Haseenstein giebt die
Emteilung um 1880.
* Irn Jahre 1H76 wurden gebildet: die drei Fu Tnkvc». Kyoto,
<>8aka und die folgenden Ken: auf Kvushu Kagoshima, KuniHtnato, Xa-
gai^aki, Fukiioka und Oita; anf Shikoku Kocbi und Eh^e; im Werten
der Hauptinbcl (Chugoku) Yamamichi, Hiroshima, Okayama, Shiniatio; im
mittleren Teile Hyogo, Sakai, Wakayama, Miye, Shifla^ an der äiidoet-
kttst«^ Aiehi, Shtzuokii, Ksnapiwa, Chiba. Saitsnia, Tbaraki: die inliln-
discluMi Htrulx zirke (Jifu, Shiiiano. Yamanashi, Gumma, Tochipi; an dor
Westküste bhiknwa. Niigata; im Norde« Fukushima, Miyngi, Yamaitata,
Iwatp, Akita, Aomori. Im Jahre 1?<H1 wurde der Sakai-kfu zu Osaka-fu
geschlafen, von den unvernünftig^ lang gestreckten Bezirken Shimane
und Khime die Ken Toltori und Tukublimm abgetrennt, ferner FuVui
von Sluga. 1883 wurde von Nagasaki äaga, von Kagoshima Miyai^iiki
und von bhikawa Toyama getrennt Ebde 18B7 ist Osaka •In wieder
vernugcjf um den Xura kon und Kndi' l'<ss von Hliitn»* »»iu /^vt■it^•r
Uesirk, Ka^awa, abgelöst. Vjh bind also jetzt auf Kyusbu 7, auf Shikoku
4. auf der Hauptinael 34 Bezirke. Bei den volkreichen and ausgedehnten
Im Hokkaidu (Ye/,o und Kurilen) machte miin l^^^i dci) ntv'In Glichen
Versuch, drei Bezirke einzurichten, llakodute, .Saupon» und Neumru. was
aber Anfang l^s6 wieder aufgegeben wurde. Der ilokkaido>cho bildet
jetst einen Brzirk n it abweichender Verwaltungsorganisation.
* d. h. die wirkliche Wohnbevölkerung. Die rechtliche Bevölkerung
betrSfft nnr 1 100000.
^ Wcifore Ein/.<lh(>iten in den Tabellen im Anhang. Nützliche
Zusammenstellungen aus den japanischen Quellen giebt Whitney, Die-
tionary of the pnncipal Koada, Chief- Towns and Villagea of Japan. 1889.
♦ Vgl. die Gesetze 20M von 1875, 32 und 35 von 1878 und jetst
namenUich Gssetse 54 nnd 65 vom 12. Juli
Bezirken
vielleicht angel • t acht.
X 4c .
97
yenraHoiig. Der BeBbksluiiiptiDaQn kt Ghokonin oder Sonin
erster KlaMe (bis 1886 wurde er nach neanjftliriger Amteftlhnuig
Cbokaimi)V Sein Gehalt beträgt im ersteren Falle 4000—4500»
im letzteren 3000 — 3500 Yen. Früher fing er mit 2400 Yen
an und stieg alle drei Jahre um dOO Yen Ins zum Maximum
von 4200 Yen.
Der Bezirkslian})tmann wird unterstützt von zwei Sekretiren
(vor 1886 meist nur einem), Öonin zweiter Kiasae und darunter,
von welchen der filtere ihn in Verhindemn^Bßlllen Tertritt und
welche gldchzeitig Direktoren zweier Abteilangen sind. Die
Bezirksregietrang (Fucho, Kencho) serfiillt in vier Abteilungen.
Die erste unter einem Bezirkssekretär beaoigt alle Kommunal*
angelegcnheiten der Bezirke und Ot^meinden, cinschlierslieh der
Komninnalbesteuerung , ferner Landwirtseliaftß , (icwerbe- und
Hnndeissachen und allea, was isonst nidit untergebracht ist
(namentlich auch Angelegenheiten der Ausländer). Der zweiten
Abteilung unter dem anderen Sekretär unterstehen die öffentlichen
Arbeiten, Unterrichts-, Gesnndheits-, Qe&ngniswesen, Militär«
angelegenheiten, Rechnungswesen und Geachäne der Staatsschnl-
den Verwaltung. Die dritte Abteilung unter einem Steuerdirektor
(Sonin vierter Klasse und darunter) verwaltet alle Steuersachen,
mit Ausnahme der Zölk\ Die vierte Abteilung unter einem
Polizeidirektor (Ober Inspektor, Sonin ftinften Hradps nnd d;\r-
UDter) besorgt die Polizeiverwaltun^'- im ausgedeliiit« >tca ^iune.
Im Bezirke Tokyo ist die Polizei Verwaltung ^anz von der Be-
zirksregierung getrennt und wird, Ähnlich wie in Paris, von
einer Polizeiprilfektur (Eeishicho) besorgt, deren Chef (Keishi'
gokwan) dem Bezirkshauptmann ^eichsteht. ^lit Genehmigung
des Ministers des Innern kann ein Bezirksbaumeister an-
gestellt werden -. Während über die Anstellun^^ Entljxssung und
Disciplinarsachen von Sonin- Peamten das Kabinett entscheidet,
sind die Hannin-Bföimtcn ganz vom Chiii abhängi«^. Da in den
meisten Bezirken nur 10 — 20 Sonin, dagegen 150—400 Ilan-
nin sind (abgesehen von Polizisten, GeiUngniswärtera, Spital-
Wärtern, Schnllehrem, Kreisbeamten), to ereiebt sich daraus die
grofse persdnÜche Macht der BezirkahauptTeute. In sämtlichen
Pezirksregierungen (inkl. Hokkaidocho und PolizeiprUfektur in
Tokyo) waren Knde 1888 angestellt 21) Chokunin (Durchschnitts-
gehalt gut ?<'f)ii Yen), 828 Sonin (Durehaehnittsgehalt gut 900
Yen) und llÜUl Hannin (Durchschnittsgehalt knapp 220 Yen),
femer 5ü(i2 Angestellte ohne liang (Dnrchsclinittsgehult 10 ) Yen ),
zusammen 18110 Beamte und Angestellte mit einer Gelialts-
1 End*> 1VSS n irrn 27 von 45 Bcjurkshaiiptleoten Chokunin, darunter
23 mit 4000 Yen Ueliait.
* Ende 1888 gab es solche von Soninrang erst in zehn Bezirken
mit 600-1100 Yen Gebalt Ingenieare von iumninrang waren in 27
Bezirken angestellt.
ForichuDgeti (45) X 4. — Kaihgen. 7
. y 1. ^ . y Google
98
Bumme von 4 Ol 5 848 Yen im Jahre. Dazu kommt die ganze
8char von 26044 Polizeibearaten (Durchschnittsgehalt 93 Yen,
Gesamtaufwand 2492 916 Yen), 10098 unteren Geftingnisbeamten
(Durchschnittegehalt 84 Yen, zusammen 839 800 Yen), 13918
Kreisbeamteu (Durchschnittsgehalt 135 Yen, zusammen 1879200
Ten) a. b. w.
Die B«irke waren firtther, seit 1871, in ttne memltche
Zahl von Ämtern geteilt, welche nach ihrer Gröfse grofee
und kleine Ku hiefsen. An der Spitze stand ein Beamter,
der anfanfrs Koolio. sf^it 1872 Kucho hiofs. Im Jahre 1878
wurde diese Oi>::uii>ation umgestaltet und auf die althistoriache
Kreidcinteihmg zurückgegriffen (Nr. 17 vom 22. Juli 1S7S).
Danach zerfallt jeder Bezirk in eine Anzahl Kreise und zwar
werden unterKshieden Stadtkreise (Ku), welche nur eine Stadt
oder einen Teil einer Stadt nmfaesen, und Londkreiae (Kori, Oun).
Stadtkreise giebt es in Altjapan 35. Davon kommen auf
die Stadt Tokjro 15, 4 auf die Stadt Osaka, 2 auf K^oto,
14 auf ebensoviel einzelne Städte. Landkreise giebt es /ITV
Die Zahl der Kreise in den einzelnen l»ezirkcn ist sehr
v(!rßchieden , von 5 im Toyama- bis 34 im Hyogo ken. Nicht
ii Kreis hat ein Kreisamt. Vielfach sind zwei kleine Land-
ise unter einem Amt (Gun-yakusho) vereinigt, so dafs die
Zahl aller Ämter Ende 1887 in Altjapan 548 betrug. Das
Amt8gel)iet eines solche Kreisamts hat durchschnittlich etwa
70000 Einwohner. Doch bestehen je nach der Dichtigkeit der
Bevölk«^rung ziemliche Unterschiede. So ist im Miyazaki- und
im Yamanashi-ken der Dtirchschnitt unter 50 000. in Toyama
hsi 150000. Die Extreme .sind 16000 und lOn-iuO Einwohner.
An der Spitze des Kreisanits steht der Kreishauptmann
(Kucho, Guncho). Er ist Souiu 4. Klasse imd darunter (Gehalt
also 600—1200 Yen — Durchschnittsgehalt Ende 1888 der
Kttcho lOOo Yen, der Guncho 640 Yen) Bis 1886 war er
Hannin. Er ist wesentlich ansBlhrendes und übenvachendes HiÜ^
organ des Bezirkshauptmanns, nach Art des französischen Unter-
f)r^ifekten. Jedoch geht in neuef^tfr Zeit die Richtung mehr da-
lin, die Bedeutung de« Amtes zu lieben. Der Kreishauptmann
kann Poh'zcivcrordnungen erlassen, hat aber nicht eigene Gewalt,
sondern iimiä die Polizei zur Hiilfelcistung requirieren. In jedem,
Eidse besteht ein Erdspoliseilmreaa unter einem Inspektor
(Keibu, PoliseUieutenant), der dem Poliseidirektor des Bienrks
untersteht. Im Kreise werden nach Bedarf ZwdgbtireauB ge-
bildet unter einem Inspektor oder Wachtmeister.
Auf entlegenen Inseln kann von der Kreiseinrichtung ab-
> Der Hokktido ist io 2 Stadt- nnd 88 Landkicbe geteilt, so dafo
es Im ganzen :n Stadt- und 805 Landkreise siebt Im OkinuwH-ken
besteht Keine Kreisetotetlong. — Kreisimter giebt ee im Hokkaido 23.
I
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99
gewichen und ein Inselgottymeor (Sonm 3. KksBe oder deninter)
ttngesetzt werden * .
Der Kreis zortaÜt in Gemeindebezirke , deren Vorstolier
seit 1872 Kocho heilsen. Meist sind es aiig(\sehene Einwohner
der Gemeinde. Bis 1878 vom Bezirkshauptmann ernannt, sollten
sie dann „wenn möglich" gewählt und nur bestätigt werden.
Duieh Eriafs 41 ^om 7. Hai 1884 wurde wieder Emennimg
ODgeflihrt, wozu von den Gemeiiideiiiilgliedeni drei Ins ftlnf
Kandidaten ▼oigeichlagen werden konnten, während die neue
Gkmeindeordnung von 1888 zur Wahl zurückgekehrt ist. Die
japanischen OrtssemeindoTi sind aufsorordentlich klein, gröfsore
Ortschaften bestehen regelmä sig fiiis einer Anzahl von Gemeinden,
die vielfach mir eine Stral'se uiiiiassen. Die Namen „Stadf^
(Cho, Maciüj und „Dorf'' (Son, Mura) liaben nur historische Be-
deutung. Die ZaM dieser Eleingemeinden beträgt rund 70000.
Altiapan hatte Ende 1 887 11 807 Cho und 57 892 Son. Mehr und
mehr hat man kleine Gemeinden unter einem OrtSTorsteheramt
(Kocho-yakuba) vereinigt. In den Stadtkreisen wurden di^
Amter überhaupt allmählich abgeschafft und ihre Geschütze den
Ku-Yakushos übertragen. Die übrigen Kocho - Amter wurden
Stork vermindert, namenüich in liro sem Umfange 1884. So hat
der Bezirk Tokyo 1371 Cho und o54 Son, aber innerhalb der
Stadtkreise gar keine, unter den 5 Landkreisämtern Ende 1887
nur 146 Koeho-Amter. Von diesen gab es in gans Japan
(anfter Okinawa) Anfang 1882 noch 30070 mit durchschnitt'
lieh 1219 Einwohnern, Ende 1887 nur mehr 11377 mit durch-
schnittlich 3400 Einwohnern. Das sind also schon ziemlich
grofse Samtgemeinden in der Art der rheinischen Bürger-
meistereien, in den einzelnen Bezirken schwankt die Durch-
schnittszahl meist zwischen 2000 und 4000, geht aber in mehreren
Bezirken noch über die^e Zahl hinaus.
Der Kocho erldelt hühsr Gehalt, doch selten melir als 20
Ten (so 1888 nur 152 Kocho), im Durchschnitt 10 Ten den
Monat. Der Kocho hat als Ilauptfbnktion die Erhebung der direkten
Steuern und die Führung der Bievölkerungs- und Civilstandsregtf>ter
zu besorgen, ist auch Schiedsmann und thatsächlich der Regel nach
die allgemeine Vrrtrnuenspersou, namentlich auf dem Lande.
Poliseigewalt hat er nicht
> So had ich 1886 auf Tsushima (zu Nagasiki^keD gehörig) ein
Inselgonvemement, statt der frühor vorhandeD. gewesenen vier Krds«
fimter.
• Früher ftthrte er auch das Orandboch (d. h. ein Berater der
Kgenttimer, der Verkäufe und Verpniiidun^eiO. Eifrenartifx japanisch
klingen die neatinunungen iu dem f?ezirkaverwaltun<^is^08etz von lö7b
(Nr. 32), dafa er berichten soll äber bemerkenswerte Fälle kindlicher Liebe,
weiblicher Tugend und Wohlthätigkeit Er toll Abdriteke der Stempel
sftmtlieher Snwoliner aufbewahren.
7*
. y i.u . l y Google
100
Die EntWickelung der Staatsausgaben fUr die Bezirks und
Kreisverwaltung ftir ein«* längere Reibe von Jahren festzustellen,
ist mit völliger Genauigkeit wegen der viellachen Änderungen
nicht möglich. Die Ausgaben dee Staats flir und seine Zu-
sdiQsse ZOT Bearksyerwaltung haben snsammen in den l^ten
Jahren sich awischen neun und elf Millionen Yen bewegt*
(Weiteres unten in dem Absclinitt über die Bezirksfinanzen.)
Gemeinde und Bezirk, nicht aber der Kreis, sind kom-
nninnle Körperschatten mit eigenem Vermögen, Biidpct. Steuer-
wesen. I)och finden die neueren tSelbstverwaltuuListiiinch-
tungen nur auf Altjapan Anwendung, nicht aut Hokkaidi^
und Okinawa. In den Bezirken entschied über diese Dinge
ursprunglich der Beairkshauptmann aliein. Wie schon ausgeführt,
war es ein wichtiger Schritt in der Verfassungsreform, ms man
1878, nach Vorberatung durch die IVäfekten Versammlung, durch
Gesetz Nr. 18 vom 22. Juli (ergänzt durch Nr. 15 und 18 vom
8. April 188(1) den Bezirken eine gewählte Vertretung gewährte.
Diese Bezirkstage (Fu-Kenkwai) sollten j.Hhrlicli den Etat des
Bezirks feststellen, soweit er sieh auf die ik-zirks-steuern und die
daraus zu besti'eitendeu Ausgabeu bezog. Im Lauie der Zeit
ist dk gesamte Finanzverwaltang der &Kirke unter ihre Kon-
trolle gebracht In jedem Kreise werden bis au filnf Bestrks-
vertretem gewählt. Das Wahlrecht haben männliche grofsjährige
(d. h. mehr als 20 Jahr alte) heimatsberechtigte Einwohner des
Kreises, welche im Bezirke mindestens fünf Yen St.ontspjund-
steuer zahlen, ausgenommen im Bankerott Uetindliehe und zu
längeren Freiheitssirafen verurteilt Gewesene, \\ählbar sind
Einwohner des Bezirks, welche mindestens 10 Yen Grundsteuer
Bahlen, älter als 25 Jahre sind und mindestens drei Jahre im
Bezirke gewohnt haben; ausgenommen sind dieselben Personen
wie oben und Staatsbeamte, Triester und (seit 1882) MiHtHr-
personen. Die Walil erfolgt aaf 4 Jahre. Alle zwei Jahre wird
die Versammlung zur Hälfte orncnert Seit werd» n auch
Stellvertreter gewählt. Die jährlielien Sessionen 8oll*Mt T.-ifre
nicht überschreiten. Die Versannnlun^aMi wählen iiire i'nusidentcn
selbst. iSie können vom Mini.ster des Innern vertagt oder auf-
gelöst werden. In Bezirken mit Stadtkreisen kann der Bezirks-
tag in zwei Abteilungen oder Kurien getrennt werden, eine'fiir
die Stadt- und eine für die Landkreise. Zur Besorgung laufen-
der Geschäfte und Vorbereitung der Beratungen ernennen die
Bezirkstage st;indi«;e Ausschüsse, deren Mitglieder Diäten erhalten.
Nach der Statistik fiir Knde 1^87 schwankt die Alnirliederzahl
der Bezirkötage in den einzelnen Bezirken zwischen Z'l imd 02,
die der ständigen Ausschüsse zwischen 5 und 12. Wahlberech-
tigte gab es 1 488 107, S' s Prozent der Ikivölkerung, waiireud
es 1881 1 809 610, 5 Prozent der Bevölkerung waren. In Tokyo
waren 1887 nur 1 Vs Prozent der Bevölkerung wahlbmcbtigt, in
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Fukushima ood Sbiga 6,4 Prozent Wählbar waren 1887
802 975 Personen, 2,08 Prozent der BevölkeroDg, 1881 waren
es 879 347, 2.43 Proront. In Tokyo waren mir 0,59 Pro?:pnt
der Bevülkerunj Nvahlbar, in Shiga 4,1*) Prozent. Es wird
übrigens behauptf t. daf?« die Hostimmungen über den Census der
Wählbaren vieli'acii uiugungen werden.
In den Oemehideii Wurden dandndeversammhingen 1876
eingerichtet^ hM als Ventammlung aller Familienhäupter, bald
als gewählte Vertretung. Die VerBammlung setst den Citat der
Gemeinde fest.
Bei der bisherigen Kleinheit und Peistnnp'8imffi1iip:koit der
japanischen Gemeinden hat sich die Kommuualverwaltung nicht
recht entwickeln können. Da der Kieiö ein Koramunal verband
nicht ist, so müssen in manchen Beziehungen die Bezirke statt
der Gemeinden eintreten (so namentlich blÄer in Tokyo). Wo
das nicht der Fall ist, blieb dem Votuntarismus ein wdtes
Feld. Vielerlei wird durch freiwillige ßeitiilge gemacht, denen
sich aber der einzelne kaum entziehen kann. Älanclies besorgen
einzelne Korporationen, so namentlich in den offenen HfUen die
der Ausfuhr- und EinfuhrhündkT" , welche sogar zu diesem
Zwecke die Umsätze bei dem Ein- und Austulirliandel l)esteuern
(in Yokohama mit 3 vom Tausend). In neuster Zeit suchen
Aktiengesellschaften die Unföhigkeit der Gemeinden, ftir
OfiisnUiche Bedfirfoisae, wie Gas, Wasser u. s. w., zu sorgen,
auszubeuten. In allen solchen Dingen wird eine wesent-
liche Besserung eintreten durch die neuen Gemeindeordnungen
von 1888, welche seit dem 1. April 1889 allmählich in Kraft
treten. Durch diese änd< rt sich auch das oben über die Be-
amten der Gemeinden unci der Stadtkreise Gesagte in manchen
I^inkten erheblich. In den Rahaien unserer Untersuclmng fUllt
das aber zeitlich ebensowenig wie die 1890 erlassenen neuen
Besirtcs- ond Kreisordnungen.
Oben ist der Exekutivmannschaften der Po Ii sei gedacht
Über diese sei noch bemerkt, dafs es in Japan nur Staatspolisd,
kfine Ortspolizei giebt. Ende 1888 gab es 2883 Inspektoren
und 25197 Mann. 1882 waren es erst 2220 Inspektoren und
22932 Mann (187ü: 18273 Mann). Der Zuwachs an Mann-
bcliaftcn lüt ganz den Provinzen zu gute gekommen, denn im
Bezirke der Polizeipräfektur Tokyo waren 1882 3500 Mann,
1888 3182 Mann. In den Übrigen Bezirken liegen je nach der
GrOfse 200—700 Mann, in Osaka 1834, in Kjülo 1005, in Hjogo
957. Die Pohzisten sollen überwiegend dem Shizoku-Stande ange-
hören (Zahlen liegen mir nicht darüber vor). Militärisch ausgebildet
sind die allermeisten nicht. Dagegen besteht neben dieser allge-
meinen Pohzei seit in Tokyo, neuerdinirs auch in einigen
anderen grofsen Garnlsonstädten . eine militärisch ausgebildete
Gendarmerie, welche zum Kessort des Kriegsministeriums gehört
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102
X 4.
Der äiUsere Anlals für ihre Bildung waren bedenkliehe Rciljereien
und Schlägereien zwischen Soldaten und Polizei. Ende 1887
sftUte ne 1471 Offiziere und MannacliftfteD, davon 302 in Osaka,
1030 in Tokyo.
Über die Ausgaben für die Poliiei gdien die Cbernditeii bis
1872 aurttck. Danach betragen ne
1872
602 000 Yen
1873
1 389 815
1900000 -
18 7t)
2 504 000 -
1870 7/
8 089 000 -
1877 78
4 372 000 -
1878/79
4 653 ()0( > -
1879 80
4 553 000 -
1880.81
4 751 000 -
1881/82
5 101 000 -
1882/83
5 728000 -
1883/84
r. ^>3C) 000 •
1884'85
5906 000 •
1885 «♦>
5551000 -
(9 Monate)
188087
5 178 000 -
1887 88
5 289 000 -
Von don Kosten trug anfangs der Staj\t die grölseru , seit
18öl aie kleinere Hillfte, 1887 1 749 000 Yen. Die Kosten der
Sitten- und eines Teils der Geheimpolizei werden aus der Pro-
Btitaiionflsteaer (Fakm) der Bezirke beetritten. Der Staat trügt
die Kneten der Polizeipräfektur in Tokyo. Von eonstigen Pofi-
zeik jstcn trug der Staat von 1881 bis 1889 im Bezim Tokyo
eechs Zehntel, in anderen Bezirken drei Dreizehntel ^
Von den elTi7dnen Vcrwaltnngszweigen siammt rlio aus-
wärtige Verwultnnp: schon aus den Tagen des Jiakufu.
doch sind dauenide Vertretungen im Aiiähmde erst unter der
neuen Regierung ins Leben gerufen, während vorher nur Special-
gesandtscbaften ins Ausland gingen. Im Jahre 1873 gab
es 8 GeaandtKhaften, seit 1880 sind es 9 (in London,
Berlin, Paris, Wien, Petersburg, Rom, Washington, Peking,
S<tal [Korea], zeitweise auch im Haag). Die Gesandten in
Europa erhalten, wenn verheiratet, ungeflithr 14 000 Yen jährlich.
Zu den GeÄandtschafton crehörten aulser dm ^lissionschefe
44 Beamte (davon 13 in Korea). Konsulatsposten gab es lb73
' Infolge Kaiserl. Verordnung 61 vom 6. August 1^ imd Kabinetts«
Verordnung' 12 vom 7. August i^t vom 1. April l'-^^'O an der Vprtrilnnjr«-
malsstab ein anderer. Die Proötitutionssteuer wird in die übrigeu Bexirks-
einnahmeD einaeieliloeien und der Staat trägt von den Poliseikeeten in
Tokyo vier Zefmtel, in anderen Beiirken ein Seehstel.
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108
vier, 1888 21, nämlich 1 Generalkonsul (Hawai), 9 Konsuln,
1 Handelsagenten, ^ Vicekonsuln, 2 Konsul-itRverwoser. Za
diesen kamen 70 andere Beamte (davon 51 m Korea, meist Poli-
zisten). Aul'serdem gab es 14 Walilkonsuln fremder Nationalität.
Die Gesandtschatten im Auslände haben l'ur Japan nicht
blojk die Bedeutung diplomatisober Vertretungen. Sie sind ein
widitigeB Mittel gewesen und sind es noch, nm japanisclie Be-
amte mit dem Auslände bekannt zu machen. Aus diesem Ghrunde
ist auch der Personenwechsel ein sehr rascher, um mös^lichst
viele dieses Vorteils teilhaftig zu machen. Di(^ Cresandtscnaften
fuhren auch die Aufsicht über eine weitere wichtige Kategorie
von Personen, die von der Regierung zum Zwecke des ?Stu-
diums entsendeten Personen. Während man damit antanga
ziemlich phmlos verfuhr, ist man mehr und mehr dazu Uber-
gegangen, ausgesuchte junge Leute, wekshe bereits eine genügende
Vorbereitung erhalten natten, zu entsenden. Auch in der Aus«
wähl der Lilnder ist man vorsichtiger geworden. Die grofscn
europäisclien Kulturstaaten sind immer mehr an die Stäle di-s
anlangs vorwiegenden Amerika getreten.
l)ie Zahl der zu Studien von der Regierung aus-
geschickten Personen war 1877 (das früheste Jahr, für
welches ich zuverhlssige Angaben finde) 80, war bis 1885 auf
86 gesunken und bebug ^de 1887 wieder 61. Von diesen
waren ausgeschickt vom Kri^ministeriam 1877 12, 1887 26;
vom Marineministerium 1877 40, 1887 10; vom Unterrichts-
ministerium 1877 19, 1887 18; vom Justizministerium 1877 9,
IRR? 7. Im Jahre 1887 waren von den 61 Entsendeten 28 in
iJeutschland (davon 11 v(»u der ünterrichtsverwaltung, 10 von
der Armee, 7 von der Justiz), 19 in Frankreich (14 von der
Armee, 4 von der Marine), 9 in England, 3 in Amerika, je einer
in Italiim nnd in Rußland. Der Staat hatte dadurch eine Aus<
gäbe von etwas ttber 79000 Yen*.
Übrigens sei hier nebenher erwähnt, dafs die auf Privat-
kosten im Auslande zu Zwecken von Studien sich auf-
haltenden Personon 1880 bis 188;i 2(HJ — 300 betrußjen, darunter
etwa 20 weüjlichen Geschlechts. Bis Ende 1885 stiegen sie
aber plötzlich auf 89€> Personen, offenbar eine Wirkung' des
neuen strengeren Wehrgesetzes vom Dezember 1883, welches
toidie Fssmen von der Wdirpflicht frahela. Die Studien waren
offenbar vielfiMih Vorwand, wie schon die Zahl von 179 „Stu-
denten" In China und 51 in Korea zeigt. Auf das nake ge-
l^gtene Amerika kommen 454, auf Deutsehland 75, England 57,
FrankreiGh 31.
* Obiges aas der Statistik der Ünterrichtsverwaltung. Eine Tabelle
über di<> Jajpaner im Auslände 1880—85 giebt erheblich höhere Zahlen,
188') 1t > Personen. Sie enthält wohl alle auch vorfibeigehsnd za
bpeciaizwecken ins Aualand geschickten Personen.
104
Die Ausgabe für die Verwaltung der auswärtigen Ange-
legenheitea spiegelt die yencbiedenen Anläufe su ▼ennehrter
SnMrsamkdt in der Staatarerwsltung wieder. Im Flnansjabr
1875 76 betrug sie rund 646 000 Yen und stieg bis 1880 81 auf
1 140000 Yen. Die Sparsamkeitspolitik dieser Zeit verringerte
die Ausgabe lür 18S1 82 auf (iTO 000 Yen. die dann bis 1884 85
wieder langsam bis 785 000 Yen stieg. Die Reform von 1885 8(5
brachte sie dann bis 18^7 88 wieder herunter auf 710<m)0 Yen
(124 000 Yen weniger als der Etat). Der Etat liir lb89 1»0 iiat
856 000 Yen.
Mit der Verwaltung der auswürtigen Angelegenheiten steht
die Landesverteidigung in naher Beziehung ^
ist schon gesagt worden, dafs die Unmöglichkeit, den
erblichen Soldatenstand der für die europäische Fechtweise nötigen
Zucht zu unterwerfen, ^lazu führte, nach europäischem Muster
eine allgemeine Rekrutierung einzuftiliren. Am 28. Dezember
1872 kündigte eine kaiserliche Proklamation die Rück kein- zum
Altertum an, in welchem jeder Mann K?oldat und der Kaiser in
Person Oberfeldherr gewesen sei. Wie sehr die Regierung sich
der Schwierigkeit bewu&t war^ eine so einschneidende MalsreeeL
durchzuführen, seigt die Thntsache, dafs die kaiserliche Proua-
mation von einer ausflihrlichen Erläutenmg durch das Daijokwan
begleitet und das Armeegesetz triioheirei) selbst mit einer
lan«:en Kinieitung versehen war. >^ae!i «lip^fiu fresetz begann
die Dienstpflicht mit dem 20. Lebentj il i ' und umfalste drei
Jahre Dienst bei der Fahne und je zwei .Jahre bei der ersten
und zweiten Reserve. Aufserdem sollten alle Munner von 17
bis 40 JahrsD zum Landsturm gehören. Die Ausnahmen von
der Dienstpflicht waren sehr zahlreich und auch von den Dienst*
Pflichtigen wurde nur ein kleiner Teil gebraucht, da aus ünan-
ziellcn Gründen die neue Armee wenig zahlreich war: 3880 Mann
Garde und 31 G8ü Mann Linie im Frieden, 46 350 Mann auf
Kriegsiii fs.
Im Frühjahr 187B mirde die neue Annee organisiert. Dafs
sie sich 1877 mich kaum vierjährigem Restehen uu Kampfe gegen
die aufstftndtschen Satsumaner nicht sonderlich bewährte, kann kaum
wundernehmen. Das Anneegesetz wurde bald revidiert (1 875, 1879,
1883, 1889 Januar 21, Kr. 1 ), wesentlich im Sinne der Verminderung
der Befreiungen^ und der Verlängerung der Dienstpflicht Seit
' Die einzige von eint ia Fachniauu herrühieiidt; mir bckaunt ge-
woideiif DaTBtelTtmg der neueren Armee verliältnisse (immer abgesehen
▼on Touristcuurteileu wie z. B. von Knollys) ist die von E. de Vil-
laret. l>ai Nippon. Paris lüb^. S 100—173, auch 8.334-343. Auf die
Schürte seines Ürtdls scheint die Art, wie die französische Mission Ifili-
tsire 18ns zu Elnde kam, nicht ganz oline Einflufs geblieben zu sein.
Z. B. waren l!S72 älteste Söhne und Kr})';;)1ine überhaupt frei,
1879 nur mehr solche von Vätern über .">Ü Jahren, 1883 solcne von
Vftteni über 60 Jahren; 1889 fohlt die ganse Bestimmung.
. y 1. ^ . y Google
X4
105
dem Gesetz von 1883 ist die DienstpHieht auf 12 Jahre ausge-
dehnt, davon drei bei der Fahne, vier in der Reserve, ftinf in
der Landwehr. Die Landstumipflieht vom 17. bis 40. Jahre
besteht unverändert fort. Die Erlaubnis, dafs ein zum aktiven
Di^t Ausgeloster sich firdkaufen konnte (geg^en Zahlung von
270 Ten, Uofis für Friedennseit von 135 Yen), ist 1883 alise-
schafit'. Das neuste Gesetz von 1889 hat gründlich mit Sen
Befreiungen au^erdumt und dafUr die Einrichtung der Einjähiig-
Freiwilligen eingeführt (natürlich mit rot-weilsen Schnüren).
Die Bestimmungen über die Dienstpflicht gelten jetzt auch
itU* die Marine. Doch deckt diese ihren Bedarf noch zu einem
grofsen Teile durcli freiwillig Eintretende.
Bei dem vcrhiütnismäl'sig geringen Bedarf an iickruten iat
die Zahl der wirklich Ausgebobenen nur ein geriiuKr Fkoient-
satB der das dienstnilicbtige Aiter Erreichenden. Die Zahl der
letzteren bat Ton 1877 bis 1887 zwischen 250000 und 350000
sich bewegt Von diesen sind zu aktivem Dienste nie mehr als
7 Prozent ausgehoben.
Die 8tüi"ke der Armee blieb antiiugs ziemlich gleichmälsig
auf der ursprünglicli in Aussicht genommenen Zalil stehen. Seit
1883 jedoch ist sie rasch vermehrt. Die Gesamtstärke an
Offizieren und Mannschaften betrug am Ende jedes Jahres:
1877
3433Ö
1879
37105
1881
37820
1883
38425
1884
41382
1885
43517
1886
47 585
1887
55551
Die Zabl der Reserve hat sieb anfiings natttriicb nur lang-
sam vermehrt. E.s gab
Ende 1882 55137 Mann Reserve 20352 Mann Landwehr
Ende 1887 101 273 - - 44939 -
Es waren also Ende 1887 trotz der geringen Anspannung
der Dienstpflicht immerhin bereits 208000 Mann an gedienUiU
dieuatpiiichtigen Leuten vorhanden, während es Ende 1882 noch
nicht 120000 waren. Von jener Zabl waren 1887 3810 Offiziere
nnd 8154 UnterdlfiBiere, wovon auf Reserve und Landwehr nur
190 Offiziere und 957 Unteroffiziere kamen.
Das Offiziercorps in seinen älteren Teilen besteht aus den
von den frllheron Landeakontingenten übernommenen Offizieren
und solchen, die in den ersten wirren Jahren naeh Gutdünken
aui militärische Posten gestellt wurden. Die jüngeren Offiziere
> Es war wenig Gebrauch davon gemacht, 1879: 23 Fälle, 1880 bis
1888: 437—562 FlQle.
106
X 4.
sollen im Prinzip aus der nach dem ülustcr von St. C^r ge-
gründeten (Jffizierschule hervorgehen. Doch ist es bisher immer
noch nötig gewesen, auch auf die UnterofBziere zurüokzugreifeDy
um die vorhjuidenen Lücken nuszuftOlen.
Zur Heranbildung yon Unteroffisleran besteht eine Unter^
ofBraerschule, Kyododan^ wdehe fiwt den ganzen Bedarf decken
■oU (1887 1417 Schüler).
Über die Organisation der Armee bin ich nicht in der Lage,
eine eingehende Darstellung zu geben. Sie imtersteht dem
Kriegsininister nicht blofs in Verwaltungs sondern auch in
Kommandoangelegenheiten. Doch steht neben dem Kriegs-
ininisterium ein unabhängiges Generalinspektorat. Die Armee
sflvfidlt in folgende Abteilungen:
Garde-Dmnon, 0£Sziere und Mannachaften 5490 m. £nde
1887
1. Division, Tokyo - - - 8674
2. Division, Sendai • * • 8563
8. Division, Nn^^oya - • -
4. Division, Osaka - - • 8298
5. Division, Hiroshima - - • 6867
6. Division, Kumamoto - - - 7113
Kolonialmiliz» - - - 1327
Gendamerie - • - 1882
Nach Truppengattungen serfid ne zur aelbea Zeit in:
Divisionskommandos 78 Mann
InCuiteric (4 Garde-, 24 Linienregimenter) 46212
Kavallerie 598
Artillerie (7 Regimenter zu 36 Geschützen) 4274
Pioniere 1 677 -
Train 1 330 -
Muaik (bei der Garde) 50
Gendannen 1 332
zusammen 55 551 Mann
Verhaituiamäibi^ scimeller noch als bei dem Landheer war
die Zunahme bei aer Marine. Dieie hatte an OfiSzteren und
Ifaimschaften zu Ende dea Jabrea
1879
4923 Mann
1881
5326 -
1883
5715 .
18S4
6790 -
1885
8326 -
1886
9601 -
1887
10693 -
Die MamiBehalltea kamen früher ganz überwieigend ans dem
Süden (Kyuahu, Sbikoku, Yamaguchi, Hircnhima), wo auch die
> Ang«tiedelte Soldaten in Ytto, 7. Oiviaioiisbeiiik.
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X 4.
107
mlnsten Offiziere lier8t;immen. Durch den gestiegenen Bedarf
ist iiuiii ueuerdings gezwungen, aucii die Westküste stark her-
aaniBialMii. Der XiTordcik Ist fiut gar nicht beteiligt
Die ZM der Kriegsschiffe ist von 1884 bis 1887 nur
von 27 auf 33 gestiegen, die der G^eschütie nur von 155 auf
156, aber das Deplacement stieg von zusammen 30690 auf
44 607 Tonnen, die Zahl der Pferf^ckriitte von 22 045 auf
42287, woraus sich eine erhebliche Verbesserung und Ver-
Stärkung des Materials ergiebt.
iJie Ausgabe für Heer und Marine zeigt entsprechend der
angedeuteten EntwickelunK eine stetige Zunahme. Im ersten
Jimre nach Übernahme der gesamten Verwaltung durch die
Centralre^ierung, 1872, betrug sie rund Millionen Yen, 1874
10,4 Milhonen.
Dann entwickelte sie sich in folgender Weise:
Heer Yen
6960 000
6415 000
7 767 000
8 435 000
8209000
8588000
9891000
10 619000
9606000
12 004000
11 843000
11689000 Ord.
1 368000 Estraord.
12097000 Ord.
1875 76
1878 79
187980
1880,81
1881/82
1882/88
1883 84
1884 85
1885 m
(9 Monate)
1886 87
1887 88
1888 89
(Budget)
1889/90
(Bu^t) \ 1273000 Extraord.
Die ordentliche Ausgabe Air die Landesverteidigung hat sich
also in 14 Jahren etwa verdoppelt Im Finanzjahre 1^75 76
betrug sie 17 Procent, l^si' OO 27 Prozent der ordentlichen
Staatsausgabe. Ein Durchbcimittsaui'wand von mehr als 200 Yen
pro Kopf der Landai uiee ist bei japanischen Preis verliultnisaen
durchaus nicht gering.
Die Gehaltsrerfaaltnisse sind ^Dlgendermalsen geregelt:
Marine Yen
2 826000
2 817000
3 080 000
3156000
3015000
3160000
3 095 000
3193 000
2635000
8 036 000
10 755 000
5ÖG1000 Ord.
5496000 Extraord.
5596000 Ord.
1544000 Extraord.
General
G^eralUeatenant
Qenerahnajor
Oberst
Oberstlieutenant
Major
Hauptmann
Lieutenant
Fähnrich
6000 Yen
4200 -
8600 -
2250-2350
1650—1750
1050—1150
600- 700
340— 470
300— 372
Yen
. y 1. ^ . y Google
108 X 4.
Die Gehälter sind hc^hrr bei der Oarde als bei der Lime^
auch nach Waffengattungen verschieden, am niedrigsten bei der
Infanterie, über welcher Kavallerie und Train, dann Artillerie,
Pioniere und schlielslich der Stab stehen ' . — Das Gleiche gilt
von der Löhnung der UntcroiBzierc und Gemeinen. Die monat-
liche LohniiDg betrigt fdr
Fddwebel 6,6»— Si»« Yen
4,80 — (5^11
Unteroffiziere 3,47 — 5,oi -
Gefreite 2,65 — 3,5o -
Mannschaften l,2i — 2,8i -
Spiclleute erhalten etwas höhere Löhnung. Für Verpflegung
und Putzzeu!::; wird kein Abzug gemarlit. Beides wird ganz
umsonst geüetert Die iJihnung ist also bei sonstigen japanischen
Lolui Verhältnissen recht hoch*.
Eine von der übrigen Verwaltung getrennte Rechtspflege
ist durchaus ein Ihrodukt der Neusdt^. Eine unseren west-
lichen Anschauungen einigermafisen entsprechende Justizorgani-
sation wurde erst 1875/76 ins Leben gerufen. Doch ist die
Trennung von Justiz und Verwaltung auch jetzt noch niclit
völli^^ durchgeft\hrt. Es bestehen gegenwärtig im giinzen i303
Gericlitöbch Orden , nämlich das Daishinin als KaBsationshof, 7
Appellhöfe (Koso in), 99 Gerichte „(Tster Instanz"* (Land{rerichte
und Zweiggerichte dieser), 194 „Friedensgerichte" (Amtsgcriciitej
und 2 Specialgerichte Mr Okinawa^ken und die Bonin-Iiiseln.
Dagegen gab es 1876 erat 144 Gerichtsbehörden. Das zu den
Gerichten gehörige Personal yermehrte nch in folgender Weise:
1876 1881 1887
Richter und Httifsrichter 466 986 1269
Staatsanwidte und Gehulfen 219 422
Unterpersonal 294(3 2546 3363
Wie man sieht, hat sich das Verhältnis der höheren zu den
unteren Beamten alhnithlich verschoben zu Gtmsten der ei-stcren.
Keuerdings hat sich auch die Zahl derGeliüIfcn zu der der ordent-
heben Richter und Staatsanwälte günstiger gestaltet
Es gab
1885 1887
ordentliche Hichtei' 288 930
Hlllfsrichter 969 883
Staatsanwälte 115 271
StaatsanwaltsgehtUfen 295 127
' Von obigen Sätzen sind also die niedrigsten fiir Liuieninfantrric
ottiziere, die höchsten für Gardeartillerie- und Fionieroftiziere und btab.
' Polizisten erhalten keine Verpflegung und 4—8 Yen monatlieb.
^ Vgl. über diesen Gegenstand den Anfsiitz von 0. Kudorff, Die
Bechteptiege in Japan in der gegenwärtigen Periode, in Mitteilungea der
Deutschen GeselUcliaft s. w. IV 423 —440 (IS^i).
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109
Bei diesen für kontinental-europäische Verhältniase immer
noch sehr geringen Zahlen ist aber zu beacliten, dals ome ^unz
bedeutende Zahl von Strafsachen durch die PoHzei erlcclit^t ^vird.
Im Zusammenhang mit der angedeuteten Entwickeiung steht
die Zunaiiine der Ausgaben für die Justizverwaltung, welche in
14 Jahren nch verdrei&cfat haben. Sie betrugen
1875/76
1112000 Yen
1879/80
1S45000 •
1880/81
1780000 -
1882 83
2 070 000 .
1 884 85
2 267 000 -
188087
2 547000 -
1887/88
2855000 -
1 888 89
3202000 -
(Budget)
1889/90
3452000 -
(Budget)
Dazu kommt dann noch die bedeutende Ausgabe für Ge-
fängniaie, welche rieh srit 1876 yeraechafiusht hat Sie betrug
187d 77 670000 Yen
1878 79 1338000 .
1880 81 2190000 -
1882 83 3 21001 H> -
1884 85 3 800 001 > •
1887 88 3 042 0(10 -
In den letzten Budgets ist sie etwas niedriger angesetzt.
Von der Ausgabe wird seit 1881 der groftiere Teil von den
Besirken getragen. Auf diese kamen 1887/88 3438000 Yen,
auf den Staat nur 504000 Yen.
Die Aufgabe Air Justiz, Gefängnisse und Polizei
ist zusammen von 5144455 Yen im Jahre J 876 77 auf
1208(3 080 Yen im Jahre 1887 88 gewachs<'n, kommt -iho der
Ausgabe für dir Landarmee gleich. Mehr als die Hiilfte der
letztgeuannten iSumme f<>M77814 Yen) liegt auf den I>cziiken.
Wohl auf keinem (icbiete der Verwaltung ist so viel herum
experimentiert worden als auf dem der Unterrichtsyer-
waltung'. Die Notwendigkdt zu sparen, um die öffentlichen
Mittel auf die dringendsten Bedürtnisse zu verwenden, hat
namentlich die Ausgaben für Schulwesen stark eingeschrttnkt.
Ein öffendiches Schulwesen ist in Japan nicht erst unter
dem neiK?n Regime entstanden. Die Elenieiitarschulen (Terakoya)
waren allerdings Privatschulen. Dagegen würden von der
* Vgl. die sahireichen Berichte des Untarichtsministeriums. Für
di«' rilfrrr Zoit namentlich den für die AusstollnTit' in !^hiladc!jphia ge-
schriebenen Bericht „An Outline History of Japanese iklucation^. New
Yoik 1876.
Digitized by GilÖgle ^
110
Tokugawa-Regiening wie von den gröfsercn Territorialherren
höhere Schulen tlür den SamuraistÄnd unterh?}lt< n, in welchen
chinesische T^itteratur und Philosophie getrieben wurde. In
Yedo beölaiid eine Art Universität, 1630 als PnVatanstalt mit
Staatsunteratützung gegründet, am Ende des 18. Jahrhunderts
in eine mne Staateanetalt yerwandelt Gegen daa Ende des
Sfaognnats £ng europäiache Wiaaenachaft und littefator an einen
immer wachsenden Raum einzunehmen. Schon 1856 wurde in
Yedo eine Anstalt zur „Prüfung barbarischer Schriften** gegründet,
der erste Keim der jetzigen t^nivorsität. Ihr folgte 1858 die
erste „curopilische Medizinschulc" in Yedo, 1861 eine zweite in
Nagasaki, 1863 eine Schule für fremde Sprachen ebendaselbst.
Andere Schulen folgten.
In den eraten Zdten der neuen Regierung kam man Uber
scliOne Grundatttae nicht hinaua. Fttr Aoabilc lung von Arsten
und Dolmetadiem folgte man der schon geOffheten Bahn. Erat
1872 kam man, nachdem 1870 das Unterrichtsmmisterium er-
richtet wnr, um einen wichtigen Schritt vorwärts und stellte ein
unter dem Einfltifs nmerikanisclier und europäischer Ideen
stehendes System des ötTciitlichcn Unternchtswesenü fest. Die
Gemeinden wurden veranlal^t, Volksseliulen zu errichten, wobei
man sicli in der Hauptsache zunächst mit Umwandlung der bis-
herigen Pri^atschnlen in Gemeindescfaulen begnügte. Uie Haupt-
achwierigkeit maefate, dafs man keine Lehrer nattc. Man er-
richtete also Seminare, Normalschulen, die erste 1872 in Tokyo,
und hatte 1874 bereits 52. Für das mittlere Schulwesen knüpfte
man an die bisherigen chinesischen Schulen an, indem man ihren
Lehrplan etwas ump'estaltete.
Aus der alten Spraehsehule in Tokyo erwuchs allmählich
eine liöhcre Lehranstalt, in welcher Jurisprudenz, Piiilosophie,
Naturwiasenflchafton und Technologie gelehrt wurden. Die medi-
ziniache Akademie wurde weiter entwickelt Aufaerdem hatten
die einzelnen Fachministerien dea Krie^ der Marine, der ttffent-
licben Arbeiten, der Justiz, ihre eigenen Specialschulen.
Auf die ununterbrochenen Änaernn|[^en in der Organisation
dea Schulwesens soll lii^r nilher nicht eingegangen werden. Ks
genüge hervorzuheben, da 's man im Eifer des Schulengrüudens
und Organisierens die zur Verftigun^ stehenden Mittel über-
schätzt hatte. Zuerst schränkte der Staat seine Leistungen ein
und wälate daa ßanze mittlere Schulweaen auf die Bezurke, in
welchen raach gleichfalls eine Beschränkung eintrat. Doch dttrfte
der Rückgang in der Zahl der Schulen im allgemeiiien von
verbesserter LeistungsfHhigkeit der verbleibenden Anstalten be-
gleitet gewesen sf in. In den Volksschulen wnr es nicht so sehr
die Zahl der Schulen , die übertrieben war. nls doren innere
Organisation, da man unter dem Eindufs amenkanitc li» r Rit^ebcr
eine Ubermäfsige Zahl von Klassen eingerichtet hatte. Trotz
der geringen Benhlung der Lehrer waren die SchuUaatra der
X 4.
III
Gemeinden deslialb sehr erheblich. Doch hat man sich erst
1885 zur Abhülfe entschlossen, wie die nacbfolgendea Zahlen
Beigen, in sehr entschiedener Weise.
Eß war die Zahl
der Volks- davon der Lehrer der Schüler
schulen öffentliche Knaben Mädchen
1874 21 068
1879 28025
1884 29 283
1887 25 522
18712
20710
28701
24939
?
71046
97316
56886
1303300
1 727 422
2219375
1912524
421807
607 048
1013851
800 287 >.
Der Schulbesuch ist, wie inuu ^ielit, erhebUcb gewachsen,
doch ist das Verbttltnk snr Zahl der «ohulpflichtigeii Kinder
hnmer noch nicht besonders gOnstig. Im schulpflichtigen Alter
(6—14 Jahre) standen 1887 6740929 Kinder, von wehshen
3 033 1 1 6 die Schule besuchten, also 45 Prozent. Die neuere
Zeit hat geringe Fortschritte in dieser Richtung gebracht, denri
1878 waren es — allerdings bei etwas laxerer Kegisterfuhruiig
— bereits mehr als il Prozent^. Bei Knaben ist der Schul-
besuch mehr als doppelt so gut als bei Mädchen, da von crsteren
gut 60, von letzteren nur gut 28 Prozent die Schule besnditeD.
Diese Zahlen bedeuten natürlich nicht, dafs nun 55 Pkx>sent der
Bevölkerung olme jede Schulbildung heranwächst Eine grofse
Zahl von Kindern besucht die Schule wohl, aber nur einige
Jahre lang. Jeden fn]ls gehört aber die ^teinung, als ob in Japan
jeder Mensch lesen und schreiben könnte, in die Kategorie der
Touristen- Urteile. Der Schulbesuch der Knaben ist im gröfsten
Teile des Landes ziemlich gleich stark, abgesehen von dem sehr
un^nstigen Okinawa-ken mit nur IV ä Prozent der schul-
pflichtigen Knaben. Dann folgt sofort Tokushima mit 48
Fktnent. Merkwürdigerweise ist der nitchst ungünstige Bezirk
mit 50^/9 Prozent der von Tokyo. Am günstigsten ist Miyagi
mit mehr als 78 Prozent (demnftchst Nagano mit 77, Tshikawa
mit 74, Toyama mit 7.^). Beim Schulbesuch der Müdchen be-
stehen sehr erhebliclie Unterschiede. Nächst Okinawa, wo nur
1,6 Prozent der Mlidchen die Schule besuchen, steht Kagoshima
mit uur 7V4 IVozenL Die günstigsten Verhältnisse hat Tovama
mit 52 Pnmmt In Tokyo steht der Scfanibesuch der Madchen
mit Uber 43 Prozent dem der Knaben ziemlich nahe.
Während die Volksschule im wesentlichen Gemeindelast
isty wird das mittlere Schulwesen von den Bezirken getragen.
' Der starke Rückgaii^ iu der Schülerzahl ist zum Teil F<»lge ge-
BSneKr Erhebung des wirklichen Schulbesuches, während in den
früheren Zahlen vielfecb Kinder eathdtea siiid, welche die Schule nicht
mehr besuchten.
* Naeh der firOheien Art dsr Eifaeboug zdcte 1884 beinahe S8
Pkosent Sehulbeneh, gut 69 Pkoeent Knaben, 35 msent MIdcbea.
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112
Die Zahl der gewöliiilichen Mittelschulen, der Lehrer und
Schüler spiegelt die oben angedeutete Entwickclung scharf
wider. Der Höhepunkt war 1879 mit 784 Schulen, welche bis
1887 auf 48 zurückgingen. Von diesen waren 43 Bezirks- und
5 PrivatBchulen. Die Zahl der Lehrer Terringerte sieh im an-
gegebenen Zeiteaum von 1691 auf 561, die der Schüler von
97 281 auf 10177. Die meisten Bezirke hatten nur mehr eine
Mittelschule, in drei Bezirken war gar keine.
Die Normalscliulen hatten ihren Höhepunkt 1^7<S mit 101
Anstalten nnd gingen bis 1887 auf 45 zurück, wahrend die Zahl
der Lehrer von 728 auf 557, die der Schuler von 7458 auf
4754 sank.
An höheren Madehenschulen gab ee 1887 sechs BeiifluF-
und 11 Priyatsditüen mit zusammen 122 Lehrern und 2229
Schülerinnen.
Endlich unterlüelten Bezirke and Gemeinden noch 71
sonsti^^e Fachschulen u. 8. w. mit 467 Lehrern und 6S64
Schülern.
Die Gesamtausgabe ftir die öffentlichen Schulen der Be-
zirke und Gemeinden betrug:
1877 5 364 872 Yen
1880 68810^5 -
1883 10 832393 -
1887 7461898 -
Die Ausgabe, auf den Kopf der Schüler berechnet, betrug
1880 2,98 Yen, 1883 3,a.i Yen, 1887 nur mehr 2,77 Yen. Von
der Ausgabe wurden durch Schulgelder gedeckt 1883 520681
Yen, dagegen 1887 1 465367 Yen. Die Einnahmen aus dem
Schulvermögen sanken in der angegebenen Zeit von 1 089 758
Yen auf 472 587 Yen. Von der aus den Bezirks- und Gemeinde-
einnahmen zu deckenden Summe kam etwa vier Fünftel auf die
Gemeinden , ein Fünftel auf die Bezirke. Fünf Sechstel der
ganzen Ausgabe wurde durch die Volksschulen veninlafst. Der
Wert des Schulvennögena wurde auf 17(365000 Yen geschätzt
(1883 23573000), Davon waren aber nutzbringende läipitaliea
nur 5 610000 Yen, 1883 noch 0560000 Yen. Dieaee Vereehren
der Kapitalien zeigt am deudichsten, wie wUnscheaswert es vom
rein finanziellen Standpunkt war, die Ausgaben herab- und die
Schulgelder hinaufzusetzen'. r>icse Verhältnisse machen es auch
erklärlich, dals auf eine wirkliche I Mirchfnhrung der allgemeinen
Schulptlicht nicht ernsthafter hin^^ewirkt wird, da eine Verdoppe-
lung des Schulbesuches ja notwendig eine ganz bedeutende V er-
mehrung der Schullast bedeuten würde. Hat man doch togar
' Sie wurden von l!S86 auf 10^57 beinahe verdoppelt. Das Schul-
geld betrug in Volksschulen 1887 im Durchschnitt de» ganzen Landes
monatlush il,t Sea.
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113
die nach ensliacfa-amerikanUchem Muster eingerichteten Ortsaus-
icbttose zur Kontrolle des Schulbesuchs wieder aufgehoben. Aua
anderen Gesichtspunkten sind die getroffenen Mafsregeln aller-
dings bedenklich, nainentHch der Kückrranu;^ des mittleren Schul-
wesens. Erfreulicher ist, dal's es durch die neueren Reformen mög-
lich war, die Gehaltsverhiiltnisae der Lehrer etwas zu verbessern.
Das Durchschnittsgehalt alier Bezirka- und Gemeindelehrer stieg
1883 bis 1888 ^00 68 auf 77 Yen jtthrlich, während gleichseitig
die Preiae der wichtigsten Bedlirfoisse herabgingen. Das Gefaafi
aller Bezirkslehrer stieg von 277 auf 300 Yen durchschnittlich,
das aller Genieindelehrer von gut G3 auf etwa 71 Yen. Immer-
hin • rliielt aiicli lö87 ein ordentlicher Elementarlelirer im Durch-
schnitt des ganzen Landes nur lOö Yen jährlich, im Bezirk des
höchsten Durehschnittä, Miyagi IHO Yen, in Tokyo 136 Yen,
dagegen in Shimane nur ÖO, in Fukui gut 72 Yen. Die vor-
kommenden Grenzsätze fUr Minimal und Maximalgchälter sind
14,40 Yen (!) in Hiroshima und 5^ Yen in Miyagi. Der durch-
schnitdiche Maximalgehalt ist rund 323, der durchschmtitiche
Minimalgehalt 57V a Yen^
Staatsschulen giebt es gegenwärtig im wesentlichen
nur tUr höhere wissenschaith'che und Fachbildung, nämlich:
die Universität, 18bO— 1886 aus verscbiedenen höheren
Lehranstalten zusammengeschmolzen,
die höliere Norm al schule,
sechs höhere Mittelschulen, den Oberklassen einer
Bealschule mtsprechend, das verbindende Glied zwischen den
Mittelschulen und der Üniversität^
die höhere Handelsschule,
die Gewerbeschule in Tokyo,
die höhere M ä d chenschule,
die Musi k s c liu 1 e,
die Ta u bs tu m m enanstalt,
die K u n s 1 8 c h u 1 e seit 1 888).
Diese Anstalten stehen unter dem LJnterrichtsroinisteriuni.
Dazu kommt die Akademie für Land - und Forstwirt-
schaft unter dem Ministerium fiir Larui Wirtschaft und Ge-
werbe (1890 mit der Universität vereinigt^ und die Land-
wirtschaftliche Akademie des Hokkaideamtes, eine
Seemanns- und eine Telegraphenschule unter dem
Verkehrsministerium , sowie 10 Lehranstalten des Kriegs- und
4 des Marineministeriums'.
' IHe aagef&hrten Zahlen beziehen sich nicht auf die ordentlichen
Lehrerinnen deron DurchAchaittsgelialt sich für das gaose Laad lütil
auf rund lo4 Yen berechnet.
^ Daneben sind noch die beiden Adelaaehtden für Knaben und
Mädchen Tintt r rir m nau^mirii^terium zu nennen, mit 65 einheimiaeben
und 5 au8luiKii8cheii Li In* m und 721;} Schülern.
Forschung«!! (,46j X 4. — iutiigen. 6
114
X 4.
Fast alle diese UnterrichtsaTistalten liegen in oder bei Tokyo.
Die Zahl der an ihnen beschäftigten Lehrer war 1105, aufser-
dem 59 AuslSnder. Die Zahl aller Schüler und Schülerinnen
betrug 7224. Auf das Unterrichtsiiiinisterium allein kommen
davon 332 Lehrkräfte und 40 Ausländer und 3392 Schüler.
Die Ausgabe für diese StaatsaDBtalten betni|^ 1887 853900
Yen^ wovon auf das UnUnTichtsmimBterinin allem 583662 Yen
fieleD. Ein Vergleich mit früheren Jahren wird durch die vielen
Oiganisationsveränderungen erschwert. Wie sehr aber der Staat
seine direkten Leistungen auf diesem (Tebiete eingeschränkt hat,
ergeben folgende Zahlen über die Ausgaben der staatlichen Un-
terrichtsanstaiten:
1880 81 1439000 Yen,
1881/82 1133000 -
1884/85 1 730000 -
1886 87 1021000 - »
1887/88 854000 -
Lefairetdier sind die Obersicbten über die Ausgaben des
UnterrichtsminisleriumB. Sie zeigen folgende Bewegung:
187&76 1744000 Yen,
1876/77 1 695000 -
1877 78 1 164 000 -
18M)81 1 177000 •
1881/82 896000 -
1884/85 962000 -
1886/S7 888000 -
1 887/88 1 11 8 000 - (Etat 888 000)
1889/90
(Budget) 1048000 -
Auf daa Budget der UnterrichtsverwaitLiiig haben die ver-
achiedenen Anläufe aur ^enamkdt jedesmal ihre unmittelbare
Wirkung geübt, so 1877 (Satsama-Aufttuid), 1881, 1886. Dafs
man dieses starke Sparen gerade an der höheren und mittleren
Bildung bethätigt, ist nicht unbedenklich. Aber anderseits ist
zu be-ichten, daCs im Gegensatz zu landläufigen Meinungen der
Drang zu höherer Bildung, naeli dem Andrang zu den Lehran-
stalten bemessen, durchaus nicht grofs ist. In den Stünden, aus
welchen die studierende Jugend hervorgeht, fehlt es ebensosehr
an Geldmitteln wie an Ausdauer aum Erwerb einer wklicb
wissenscbaftlichen Bildung. Man bedenke, dals an der einzigen
Uniwsität des Landes 1887 nicht mehr als 863 Studenten und
darunter 197 Stipendiaten waren. Die Ausgabe des Staates für
diese wenigen Beeueher der staatlichen Lehnnstalten ist Terbttlt-
1 Dieser plötsUehe Rückgang beruht jedoch zum Teil auf anderer
Anfetellung der Attsgabea bei Knega* und Matineschiiieii.
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X 4.
115
nismlüjng hoch. Es itt daher begreiflich^ dafs der Wmmch eu
sparen sicli gerade auf diesem Gebiete gelt^d macht. Es ist
ganz auffiilli^', wie wenige Besucher der höheren Lehranstalten
ans bemittelteren Verhältnissen hervorgehen. Mit Ausnahme
der Mediziner sind fast alle Studenten ganz arm. Ys zeigt sich
hier ein Krebsschaden des bisherigen Systemes der Patronage.
Wozu den langen Weg einer mUbsaraen, vieljährigen Berufs-
bildung wählen, wenn man auch ohnedem zu Amt und Würden
kommt! Nnr wer arm und ohne Beziehungen ist, hat es nötig,
nd) eine höhere Bildung anzueignen. Für die Zukunft des
Landes und namentlich seines Beamten-Standes bildet der Mangel
an wirklich höher gebildeten I^euten eine ernste Schwierigkeit.
Das bei uns so mächtig wirkende P^rzichungsmittel der Sta?!t«-
prüfungen, der strengen Anforderungen an fVie l^'^nifsvorbereitung
fehlte bislier ganz. Kis die jetzigen bchw^Mjiica Anfange des
Prtlfiingsweäeüb aut weitere Kreise wirken, wird wohl noch ge-
raume Zeit vei^gehen. Ebenso fehlt bisher der Zwang der Sitte,
welche z. B. in England den Besuch der höheren BUdungsan-
stalten vom Gentleman verlangt. So sehen wir in Japan, dals
die bescheidenen Anforderungen der staadichen Lehranstalten an
\'orbereitunp:en und Studienzeit' noch zu hoch sind, dafs grofse
Mengen junger Leute sieh mit der ganz un^^enügenden Halbbil-
dung begnü;tren , welche sie dureh kurzen Besuch von Privat-
schulen aufßciinappcn, welche in Bezug auf DiscipHn, Pünktlich-
keit, regelmäfsigcn Besuch ^ Qualifikation der Lehrer auch den
beseheidensten Anrorttchen nicht genügen können. Wir sehen
die wunderliche Erscheinung, dafs auf dem Gebiete des
elementaren Schulwesens die Privatschulen immer mehr ver-
schwinden (1879 noch 1315, 1887 583), dafs dag^en Privat-
anstalten, welclr» 'm^'c blich eine wissenschaftliche Bildung geben,
in erstaunlicher Zahl vorhanden sind. Deren gab es 1887 45 als
Fachschulen anerkannte und 1709 sonstige Privatschulen (aufser
den 10 als Mittelschulen anerkannten IVivatanstalten, wovon 11
fOir Mildchen). Die Schalerzahl in diesen Anstalten war 8398
In den anerkannten und 79458 in den anderen Schulen. Unter
diesen Anstalten waren unter anderen 17 Rechtsschulcn mit
7742 Schülern (1882 erst 10 mit 1128 Schtliem), während die
juristische Fakultilt nur 218 Studenten hatte. Selbst ftir das
Stti'^inm der Medizin gab es neben der Fakultät mit 348 Stu-
denten und 20 Bezirksschul« n mit 2760 Studenten noch 7 Privat-
schulen mit 771 Schülern dast unverändert gegen 1882). Die
Leistungen fast aller Privatschulen sind überaus traurig^, was
' Der Universitätskursus dauert drei , fliv Mediziner vier .Jahre.
Vorhergehen fünf Jahre auf der höheren Mittelschule, welche im 14.
Ins 19. XebeDeJfthre absolviert werden.
* Das GesH^te gilt von der grofsen Menge der Anstalten. Selbst-
▼erständlieh giebt es einaelne tüchtige Attsoahinen, wie die Schule des
8»
. y 1. ^ . y Google
X 4.
schon durch den ununterbrochenen Schüler Wechsel bewirkt wer-
den rauia. Die oberHächHche Halbbildung, Hand in Hand mit
einer geradezu naiven Lberhebung, wird durch diesic Zustände
in bedauerlichster Weise gefördert ^ Zum Teil ist diese früh-
reife, unpFaktiacbe» hohle Oetstesrichtung ein Erzeugnis der
Übergangszeit. In der Hauptsache «teckt sie aber doim tief im
japanischen Nationalcharakter und httngt damit zusammen, da(s
es überhaupt wenig wirklich gebildete Menschen im japanischen
Volke giebt. Ebenso wie in wirtschaftlicher Beziehung ist es in
geistiger: der Unterschied der St^inde ist viel geringer als bei
uns. Wie es keine hungernden Fruit tarier, aber auch fast keine
reichen Leute giebt, so ist die Masse des Volkes an Gesittung,
(Ordnungsliebe, Höflichkeit, Rücksicht, Reinlichkeit u. s. w.)
wohl unseren niederen Ständen überlegen, aber die höheren
Stände stehen tief unter dem Nireau unserer gebildeten Klopsen.
Zu dem Europäer, der ^bewaffnet ist mit der ganzen Bildung
seines Jahrhunderts**, wird man in Japan nur selten ein Ana-
logen finden.
An sonstigen öffentlichen Veranstaltnn^'en des Bildungs-
wei>ens sind zu nennen Bibliotheken und einige Museen.
Das Bibliothekswesen ist noch sehr wenig entwickät. Es gab
1887 nur 16 dem Publikum zuglingliche Bibhotheken mit zu-
sammen 72011 japanischen und chinesischen und 65197 euro-
päischen Werken. Vier dieser Bibliotheken hatten noch nicht
Vermos für Doutsche Wissenschaft in Tokyo, die I>)8hi8ha in Kyoto.
Ein typisrhcM Heispiel für dl«' Art, die ich im Sinne habe, ist die be-
kannteste dieser ISckuien. das Keio Gijiku in Tokyo. Der „wissenschaft-
liche" Unterricht. Völkerrecht, Nationalökonomie u. s w , vor ISjShri^en
Knaben besteht darin, <l:ifs di r Lehrer ein „'J'ext bonk " vculir^r nicht
etwa erklärt — , was dann auswendig gelernt wird , ein überhaupt in
Japan noch sehr beliebtes Verfiihren, halb ans der alten chinenschen
Praxis, halb von den amerikanischen Vorbildern stammend. Diese Schule
hatte z. H. um Iss'J Si an tausend Schüler, ISSÖ S(> nur dreihundert,
li<t<l i^.ü wieder etwa neunhundert. Der Zu- und Abganc von .Schülern
in solchen Anstalten ^ebt luiunterbrochen das ganze Jahr durch. Die
Lehrer rekrutieren t^if ti nip den ältesten Schülern.
* In einem vortrell liehen Au^tzo ühcr „Japanese l^8ychoh)cy'* io
der Japan Weekly Mail (lss«l, XII 400 ff.) heilst es unter anderem:
-Kein Land enthält solrhc Mengen von Politikern im Knabenalter wie
Japan Nur in Japan liudet man junge Männer, die keck ffenug
Bind, ergrauten Staatsmianem eine Vorieean^ sni halten fiber die Lettnng*
der auswärtigen Politik Ks giebt wenig Länder, hi weUlicn
Männer ohne praktische Kenntnis des Staatslcbens so leicht in den Kuf
tiefer Weisheit kommen können durch geschicktes Theorctisieren."
Ein anderer guter Beobachter (Japan Weekly Mail 188<> V 129)
nennt als Haupthindprnis für den Fortschritt des mittleren Schulwesens
in Japan: „die Indolenz vieler, wenn nicht der meisten Lehrer, eine
hohle Selbetgefiilligkeit auf seifen der Schüler, in vielen Pftllen , eine
übertriebene Nationulcitelkoit auf beiden Soitm. ♦•In fM^füIil der Ol>cr-
legenbeit, das auf Tiu-litK ab auf einigen oberflächlichen Kenntnissen be-
bernht, die nicht genügen würden, um auch nur eine Schale Heb zu
verdienen'*.
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117
1000 Werke. Dabei zeigen die Zahlen einen erheblichen Rück-
pang^, da IHR 4 noch 25 Bibliothok^n mit zusammen ITit^RTS
Werken angeführt werden. Eine grolse öffentliche Nation;iIhi-
bliothek fehlt immer noch. Einiere gröisere Hibliotln kfn i^'md
dem Publikum nicht asu^äiiglich, so melirere früher von JJaimyos
snsammengebnushte und für earopäiache Btteher die erhebliche
Bibliothek des Eabinetts. — Das Theater ist aosschlielslieh der
privaten Unternehmung überlassen.
Früher übte das Unterrichtsministerium die Aufsicht ttber
das Prefs wegen, doch ist dies ^y\h\ auf r]n^ Ministerium des
Innern übergegangen. Bedeutsam ist in den Preisgesetzen (187r>
und 1887) nainentlich, dal'a eine Druckschrift, um gegen Nach-
druck gesciiützt zu werden, vor dein Erseheinen angemeldet und
registriert werden mufs. Es dürfte in diesem Znsammenhang
einiges Interesse haben, die Hauptzahlen Uber die geistige
Produktion Japans zu erhalten.
Die Zahl der veröflfentlichten Originalwerke sehwankt von '
1881—1887 zwischen 2100 und 2000. Im letztgenannten Jahre
betrug sie 2753. Daneben wurd<n 522^< SainmcKverke, Ü92
Übersetzungen und 875 Holzschnittwerke herausgegeben
Neben der wie man sieht recht erheblichen Bücherprüduktioti
ist die Veröffentlichung periodischer Druckschriften durchaus
nicht so rsach entwickelt» wie roan nach den Äufserun^n man-
cher Touristen glauben sollte. Die ersten An&nge des Zeitungs-
wesens ^en in das Jahr 1868. Regelmäl'sig tiiglich erscheinende
Zeitungen gab es aber erst seit 1872. Bis Ende 1881 war die
Zahl der Zeitungen und Zeitschriften zusammen auf 253 ange-
wachsen. Infolge des strengen Gesetzes über die Zeitungs-
presse von 1583 (die vorhergeilenden waren von 1873 und 1875)
war am Ende dieses Jahres die Zahl nur mehr 199. Sie stieg
dann aber raadi auf
269 ssu Ende 1884
321 - - 1885
402 - - 1886
470 - - 1887
Von letzteren waren aber nicht weniger als 133 nicht Eum
Öffentlichen Verkauf, sondern nur zur Verteilung an Vereinsmit-
glieder bestimmt. (Solche Zeitschriften bnucben keine Kaution
zu hinterlegen.) Nicht weniger als 191 Zt itungen und Zeit-
schriften erschienen allein im Bezirk^ Tokyo. 31 in Osaka, 19
in Kyoto ^ in diesen drei Bezirken aLsu mehr als die Hälfte und
der Zahl der erschienenen Nummern nach drei Viertel.
Wie ephemer ein grolser Teil dieser VerOfientlichunsen ist,
aei^ die Tliatsache» dafs s. B. Im Jahre 1887 279 Zeitungen
und Zeitschriften neu begründet wurden, aber 211 wieder ein-
gingen . bei einoiii Bestand Fon 40^ am Anfang und 470 am
tichiusse des Jahres.
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X 4.
Daa G esundheitb Wesen , dem Mmibterium des Innern
unteretehend, fiült mit seinen Ausgaben im wesenttichen auf die
Bemrke und Oemeiiiden« Die Ausgabe der Benrke belief sich
in dem seit 1879 niedrigsten Jahre 1884 85 auf 322 900 Yen,
in den Cholerajahren 1879 80 auf 547 600 Yen, 1882 83 auf
628 700 Yen, 1886 87 auf 1 7r,0 700 Yen. Die Ausgabe der Ge-
meinden bewegte sich in der gleichen Zeit zwischen 439 000 Yen
(1879 80) und 794 000 Yen (1882 83) und 704 000 Yen ( 1886/87).
Von diesen Ausgaben entßlllt ein groiscr Teil auf die öflfent-
lichen Krankenhäuser. Die Zahl dieser Anstalten betrug 1887
224 neben 292 Privat-Krankenhäuflcrn. Die Enpuungstendensen
der letzten Jahre haben sich auch hier gehend genucht, denn
Ende 1883 gab es 359 öffentliche Krankenhäuser neben 297
Privatanstidten.
Die Zahl der eingeschriolienfm Arzte \var Ende 1887 40 879,
der Apotheker 0878, der ikUaminen 29 863. Die Zahl der
beiden letztgenannten Kategorieen nimmt von Jahr zu Jalu' zu,
die der Arzte ist dagegen ziemlich stabil, reichlich ein Arzt auf
1000 £iDwohner (^eoau l,u8). Die Ektreme in der VarwHrgung
der BeirOlkening mit Ärzten bieten die Bestrke emerseits Ishikawa
(l,«t), anderseitB Aomori (0,48). Im allgememen ist die Ver-
sorgung schwächer in Mittel- und Nordjapan, am höchsten an
der Westküste und auf Kyushu. Abnorm sind die Verhältniese
im Okinawa-ken^
Eün Vervvaltungsgebiet, welches in unserer europÄischen Ge-
sellschaft mit ilirer Isolierung des Individuums steigenden Auf-
wand eiforderty das Armen wesen, fehlt in Japan, man könnte
sagen, &8t ganz. Das Familienband und der nachbarliche Ver-
band sind in Japan von einer Stärke, dais ftufserst wenige Per-
sonen (öffentlicher UntentUtxung bedürftig werden. Im Oegensats
* Angeblich nur ^^l Arzte. 10 Apotheker und 2 Hebammen.
• Ich mufs es selbütversUtnUlich Lierufeneren überlassen, die gesuud-
hettUchen VerhUItnisee Japans damutellen. Nicht unterlaasen kann ich
aber, darauf aufmerkBam zu machen, daf- dl. an^^führliche Statistik der
Todesursachen, wie sie das btatistischc Jahrbuch und nach ihm das
„R^nm^ Htatistique'' geben, doch einigermafsen bedenklich ist Mir ist
unerfindlich, wie man in der Lage sein will, im ganzen I^ando bi> in
die entferntesten Winkel die wirknchen Todesursachen festzustellen, so
dafs auf 000000—950000 Todesf&Ue nur einige l ausend Kalle kämen, in
welchen die Ursache unbekannt ist. Prüfung der Zahlen för die einzelnen
Bezirke macht die Sache noch verdächtiger, wenn z. B. gerade in ent-
legenen, zurückgebliebenen Gegenden fast in keinem Falle die Ursache
unbekamit ist. Die Bedenken gegen diese Statistik werden von metnen
bisherigen mpdizinischen Kollegen an der UniverHität völlij- pntcüt
Verwaltuugsrechtlich interessant ist, dafs man die Pockeniuipfungi
die man bereits 1824 durch Siebold kennen lernte, seit 1876 (Oesetz vom
12. April) zwangsweise durchführt. Vgl. darüber den Aufsatz von Georts,
JsDMi Weekly Mail 1879 S. 757 fi. Gegenwärtig gilt Gesetz H4 vom
9. NoYCmber 1885. Ke Zahl der vorgenommenen Impfungen betn^ von
I87ß bis 1883 jährlich zwischen 1 und 2 Millionen und ist bis 188? ftuf
4435000 gestiegen. Die Lymphe wird vom Staat geliefert
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zu anderen a.siatischen Ländern ist der Bettel verhältnismärsig
selten ^ die Ausgabe aus öffentlichen Mitteln sehr unbedeutend.
Im ^Igemeinen handelt es sich um Irr- und Bl&dsinnige, Krüppel,
Qieiie^ kleine Kinder , welche kttne Angehörige haben, uet
Anfmoid des Staates für solche Personen im Jahre 1887 war
83618 Yen, wovon 14 968 Yen für 4752 verlassene Einder%
der Rest ftir 15 109 andere Personen Aufserdem j^aben die
Bezirke von Altjapan 1887 88 71 029 Yen, die Gemeinden
38 166 Yen iur Armenpflege aus. Von den iiezirken kam allein
auf Tokyo ein Drittel. Zu dieser Ausgabe von insgesamt rund
193 000 Yen kommen aber noch die LInterstUtzuugeu aus
dem landwirtachaftlichen HttlMmds» der nnten im Znsammen-
liaag mit der Grundsteuer näher an besprechen ist. Dieser
seit 1880 durch eine Staatsdotation und Grundsteuerzuschläge
gebildete Fonds dient zur Unterstützung der landwirtschaftHchen
Bevölkerung im Falle von Notständen, welche durch Elementar-
ereignisse herbeigetüiirt fiind. Die derart gezahlten Unterstütz! mf^en
haben in den letzten Jaliren rund 6< )0 QUO Yen jährlich betiagcn,
(1887 582 960 Yen), nachdem sie 188485 eine Höhe von
982000 Yen ermcht iiatten*. Die aus öflfonllichen Mitteb ge-
sahlten Untersttttaungen haben «ich also in den leisten Jahren
zusammen auf rund 700 000 bis 1 ISO 000 Yen belaufen^ 2—8
Sen auf den Kopf der Bevölkerung.
In Tokyo mit «einer p^rofsen fluktuicrcruk n Bevölkerung
macht sich das Bedürlnis ausgedehnterer Fürsorge tiir dm Armen
neuerdings immer mehr geltend. Einstweilen hilft man sich auf
dem Wege des Yoluntarismui» durch, mit \\ ohlthäiigkeitsspitälem
u. dergl. Doch wird in Tokyo luerst das Bedfirfiiis nach einer
Annenpflege im europäischen Sinne entstehen. In Tokyo bestehen
folgende Öffentliche Wohlthätigkeitsanstalten.
Das Yoikuin, im Februar 1873 errichtet, dotiert mit alten
Woblthätigkettsfonds, welche bis auf das Jahr 1791 aurUckgehen^
^ Aus den ersten Jahren nach öffnuiur dt;r Hut'eu berichten fremde
Beobachter einstiimiiig fiber die grofse Zuil von B^em. Diese hatte
ihren Grund wohl in den damaligen Notständen. ITbrigens sieht man
auch heute noch in der nächsten Umgebung dex offenen Häfen mehr
Bettler als weiter im luuem.
* Gegen 1000 weitere Kinder wurden gsas umsonst Ton PrfTst-
funilien erzogen.
* Die ans dem UtÜfstouds gewährten Darlehen zur Bezaiiluog der
Qffimdslener mnd in diese Zahlen nicht dageschlossen.
Nimlkh
Btmtt
Bezirke eiuschL
Qemeinden
Vamammn
Hülfsfonds
1882
71089
343290
45189
459 568
1888
62707
566584
44468
678709
18«4
47 7S1
1025 680
65 725
1 139 186
72 107
703 163
60465
8:35 735
1886
83415
660261
43498
777 174
1887
a'u.18
653 989
38166
775773
» Vgl. Japsn Weeklj Mail 1877 & 826 ff.
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X 4.
£i ist ein Spital ihr Krüppel nod Bfestliafte iowie vorluseoe
Kinder. Der Bestand am Schlufs der letzten Jahre bew^te
sich zwischen 100 und 150 Köpfen, wovon 20—40 Kinder. Die
jfihrlicho Ausgabe beträgt gut 4000 Yen, dae SliftungevennQgen
Ende IBbB fast 100 000 Yen.
lebhafter Protektion liatte sich in den letzten Jahren das
Jikeiin zu erft^uen, ein Armenspital, mit einem Krankenbeetnnd
am E2nde der letzten Jahre von 40—50 Köpfen, einer Ausgabe
▼on gut 8000 Ten und dnem StiftungirermOgen Ende 1888 von
fiul 70 000 Yen.
FUr Blinde und Taubstumme besteht eine staatlich unter-
stützte Anstalt (K ummr. ain). Im ßezirksirrenhaus von
Tokyo waren Ende 1888 124 nicbtsahlende Patienten neben 61
zahlenden.
Eine ausgedehnte Wohlthätigkeit üben die christlichen Mis-
sionsgesellschaften ^
Das Verhältnis der Staatsverwaltung zurVolka-
wir tschaft ist später im einaeben darzustellen. Doch Ist
schon hier auf einige GrundzUge liinzuweisen. Der moderne
Staat hat die in den Ländern des A\'esten8 üblichen allgemeinen
Fördernngsmittel der Volkswirtschaft auch in JajiMn o^iTirrf führt.
So ist duix-h eine Keihe von gesetzlichen Mafsrep In I i- l l i cber-
recht geschützt worden-. Auf dem Gebiete deri t- Lliiii«chen
Unterrichtswesens ist manches geschehen, doch fehlen inedrige
teehmache Schulen in diesem Lande ausschlielslieher Klembelriebe
noch fast ganz. Man hat die Beschickung ausländiröher Aus-
stdlungen in die Hand genommen und Ausstellungen im Inlande
veranstahet, teils lokaler Art, teils SpecialaiiBstellungen, teils all-
gemeine Nationalausstellun^en (1^77, T^si, isoni
Man hat auch , um den Hehördcn mehr Fühlung mit den
praktischen liedürfnissen zu öchatlV-n, allerlei \' ersuche mit wirt-
schaftlichen WrLretungskörpern gemacht, im allgemeinen mit
wenig Erfolg. NamentUch der Errichtung eines besonderen
Ministeriums für Landwirtschaft und Gewerbe (Nr. 25 vom
' Bei einem Besuch in den beiden in Tokyo befindlichen Noiinen-
kioätem im ^k)^lmer Itmd fand ich im nOrpbeiinat^ zusammen rund 300
kldee Mädchen, von welchen nur mr etnielne dne Klemigkeit fae-
BSliit wird.
* Ge^fenwärtie geltende Gesetze:
Gegen Nachdruck, Kaiserl. Verordnung 77 vom 28. Dezember 1887
wesentiiclK ii Wiederholung des Gc-*t t/,es l'Xi vom .S. September 1875).
G^en unbefugte dramatiftrlie oder musikalische AufföhningeD, &wserL
Verordnung 78 vom gleichen Datum.
Qeffen Nachbildung von Photographieen , KMserl. Verordnung 79 vom
pleici)«_'ii I'rttuiu.
Patent-, MuuUir- und Markenschutz, Kaiserl* Verordnung 64, öd, vom
20. Deaember 1888.
Patentboraiii, KaiserL Verotdirang 7d von 1887 und 87 von 1888.
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X 4.
121
7. Aprii 1881) folgte ein lebhafter Anlauf. Ein Volkswirt-
ßchattsrat wurde errichtet (Nr. 44 vom selben Jahre ). der unter
Vorsitz des Miniöters aus höheren Beamten dieses und anderer
Ministerien bntaiid^ in drei Abtdlun^n &kt Landwirtschaft,
Handel und Industrie. Für jeden Beeirk wurden entsprechende
beratende Versammlungen eingeführt (23. Mai 1881), unter Vor-
sits des Bezirkshauptmanns, welcher die Mitglieder unter hervor-
ragenden Lnndwirten, Kaufleuten nnd Oewerbtreiben^en ernennen
sollte. Dasselbe Gesetz erlaubte in Stadtkreisen (Ku) entspre-
chende von den Interessenten gewählte K arumeru zu errichten.
Für die Tliatigkeit dif^r wohl nach französischem Muster ein-
geillhrten Organisation fehlten in der Hauptsache die Voraus-
setmngen. Der VolkswirkschafWrat wurde schon durch Nr. 14
yom 2. Miirz 1882 suspendiert, als Uberflüssig neben dem Sanji-in
(errichtet Oktober 1881, abgeschafft Dezember 1885). Nr. 10
vom l(i. Mai 188;> hob dann die ganze bisherige Organisation
auf, am gleichen Tap^e aber (Nr. 13) wurde Vorsorge getrotFen
fllr Errichtung beraten«!* r Körperschaften in den Bezirken, die
Einzelheiten den Bezirkbliauptleuten überlassen. Für einzelne
Gemeinden können freiwillig oder auf Anordnung des Bezirks-
hauptmauns beratende Ausflcnllsse gebildet werden. Diese Han-
dels* oder Handels- und Gewerbekammem ^ setzen sich in der
Hauptsache zusammen aus Vertretern der Handelsgilden und
fihnlielier Korporationen , wohl auch grofser einzelner Unter-
nehmungen (in Tokyo z. B. der Nihon Tetsudo, der Pferde-
bahn, der Naikoku Tsuim Kwaisha u. s. w,).
Die Zahl solcher Kainmem war 1881 20, im Jahre 1887
84, davon 16 Handels- und 18 Handels- und Gewerbekammem.
Die meisten hatten 1887 nur einige Sitzungen gehalten, nur 4
mehr als 12 Sitsungen im Jahre. Aulser diesen 34 Kammern
bestanden noch 11 weitere, welche aber im Laufe des Jahres
Oberhaupt kein Lebenszeichen von sich gegeben hatten. Was
von den Berichten dieser Kammern in die Öffentlichkeit drin^^
ist meist recht bf^leutirngslos. Für eine gedeihliche ^^'i^ksaInke^t
fehlt es noch zu selir an gebildeten Elementen im üntemehmer-
stand.
Das moderne Staatswesen hat aber weiter sehr direkt in die
wirtschafUicbe E^twickelung Angegriffen. Staatliche Leitung wirt-
BchaMcher Unternehmungen war etwas in Japan Altgewohntes«
Als man nun mit der Aufsenwelt bekannt wurde, als der begreifliche
Wunsch erwachte , der wirtschaftliche!! Entwickelung des Occi-
dents nachzustreben, da war bei dem Jb'ehlen groiser Oewerb-
' Damals ist auch das Statistiache Baresn (Tokei-in) errichtet, Nr. 43
vom 30. Mai 1881.
* Sie heifsen jetzt meist Sbokwid oder Shokokwai, früher Shoho-
kwaipi-^i 1 nder Kwnnfryn shimonkwai. In Zukunft regelt dkl VerfaXlt*
niflae der Handelskammern Qesetz 81 vom 11. September 1890.
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X 4.
treibendei' und Kaufleute uichtö natürlicher, alä dals der Staat
selbet ab Unteniehmfir aufbat Der Staat führte die modernen
Verkehrsinittel eb, er errichtete Fabriken, fUhrte in den Berg-
werken vollkommenere Betriebsformen ein, er beteiligte sich sogar
an der Ausfuhr japanischer Paukte. Wo er nicht selbst han-
dcltc , suchte er namentlicli in neuerer Zeit die fehlende private
Initiative durch Privilegien, Subventionen, Zinsengarantieen aller
Art zu erwecken, wovon im nächsten Buche eingehender zu
liandeln i^ein wird.
Die japanische R^erung ist wegen dieser PolHik of^ and
lebhafi angegrifien. ist auch gar nicht su leugnen, dais
viel Anfechtbares vorgekommen ist. Die Beamten hatten viel-
fach die nötigen Fachkenntnisse ebensowenig als die Privatleute.
An manches unvernünftige, unüberlegte Unternehmen sind grofse
J^inumcn vorsclnvendet. Vieles ist unzweekmälsig geleitet. Den
fremden Technikern und Ratgebern gab man selten den nötigen
Einfluls auf die Durchf^ihrung. Manches räudige Schaf ist,
namentlich anfangs, auch unter den Fremden gewesen, Da(s
BegünstigunfT und private Vortefle eine ungebtthniche Rolle ge-
spielt hMien, daft viele Malsregeln nur das Mittel sum Zweck
der Versorgung von Anhängern gewesen smd» dafs man oft zu
rasch oben hinaus wollte, keine Geduld f\\r solide Fortschritte
im kleinen hatte, alles das kann nur der blinde Panepyriker
in Abrede stellen K Aber trotz aller Mifsgriffe und \'erscliwen-
dimg ^ kommt man bei unbe&ngener Beobachtung doch zu dem
' In einer Denkschrift von Anfang 18^1, in welcher die Minister
der Finanzen und dos Innern, Oknma und Ito, die Errichtung des neuen
Ministeriums für Landwirtschaft und Gewerbe vorachlugen, heifst es über
die bis dahin mit TolkswirtschaftUchcn Angelegenheiten befafsten ver-
schiedenen Bureaus: „Wir finden, dafs die Zwecke, für welche sie er-
richtet wurden ) nämlich systematische K^ein für die Ennunii^rung und
den Schnts von Landwirtschaft nnd Gewerbe aufsustelleii und diese
Erwerbszweige zu n'irdern, xu nebensächlichen Dingen geworden sind.
IHese Behörden haben in vielen Fällen die angemessenen Grenzen der
Förderung und des Schutzes äberscbritten und selbst Gewerbe betrieben
oder einigen privilegierten Personen Kapital vorgeschossen and so die
(andern) Landwirte und Gewerbetreibenden beeinträchtigt We
Bureaus sind dadurch wider ihre Absicht in eine beoHucrliche Kon«
knrrenz mit Privatleuten getreten u. s. w ^ — Diese Denkschrift kam
anscheinend durch eine Indiskrf tion in die Presse iNiehi Nichi Shimbun
14. April 1881. b. Japau Gazette Fortnightly äummar/ iasi 6. 257) und
erregte grofses Aafsenen.
- Uiis unglücklichste Experluientiorfeld bat das nördliche Kolonial-
gebiet abgegeben, der Hokkaido, von 1869—1882 unter einer eigenen
Kolonialbehördc, dem Kaitakushi. Dieses erhielt zu seiner Verfügung
die eigenen Einoalunen iler Insel und anfangs ^ne Summe von 2^ MilJi-
onen Yen, dann von Ende 1872 an auf 10 Jahre einen Fonds von 10
Miilionen Yen zur iiebung des abgesehen von seinen südlichen Teilen
fast unbewohnten Gebiets. Dss Kaitakoshi liat vom SeptemW 1869 bis
Frühjahr 1^^2 nach den Abrnchuungen 21 130000 Yen au9;^-egeben. Doch
diiriten noch weitere Summen in einzelnen anderen Posten decken. Das
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Ergebni'^, dafs die meisten in Angrilf genommenen Untern eliiiiungen
teik wuuaclieubwert, teils geradezu nötig waren. Hat man z. ß.
einen grofien Reeder nneebllhilich belustigt, so lat xmui docb
«a onem hoch entwiekelteD Dampiachtffiiverkehr swischen AÜeii
wichtigen Pünktsn des Landes unter nationaler Flagge gekommen,
der zwar etwas kostspielig, aber im ganaen fUr die Bedürfnisse
des Landes genügend ist.
Vieles von dem, was die Kegierun^j; in Gang prebracht liat
und nach Lf^e der Din^c allein in (lang bringen konnte, ent-
wickelt sich jetzt allmählich in ganz befriedigender Weise. Diese
Entwickelung würde schon eher eingetreten sdn, wenn nicht die
nngltIcUlcben Wilfarungsverhftltnisse und die Agiospekulation
längere Zdt allen soliden Untemehmtingsgeist lahm gele^ htttten.
Was die Begünstigung einzelner grober Banquiers und Speku-
lanten betrifft, so darf man nicht vergessen, dafs der Einfluls dieser
Leute ganz natTirpf mäls war, wo so wpni<j: iTrölsere rintcM-nf^hmer
▼orhandeo waren, bei welchen sicii die Kegicrung Kats erholen
konnte. Benutzten diese wenigen ihre Stellung zu ihrer und
ihrer Freunde Bereicherung, so wiederholte sich in Japan nur,
was man zu Aniang der kapitalistischen Periode in allen Lltn-
dem er&hren hat, in welchen nicht ein hochgebildetes und durch-
aus ehroihaftes Beamtentum dem Widerstand leistete.
Die Ansfllhningen dieses Abschnittes dürften genfipon,
wenigstens einen ungefähren tJberblick über das moderne ^Sta^Us-
wesen zu geben , welche» aus dem Umsturz der alten ( )rdnung
hervorgegangen ist. Über die wirtschaftliche und die Finanz-
Verwaltung wird In dm raftteren Abschnitten nfther zu sprechen
sdn. Eine ergänzende Übersteht zu den einseinen Angaben
ttber die Entwickelung der Staatsaasgaben biete fol-
gende Tabelle, in welcher die eigentlichen Verwaltungsausgaben
neben die fUr die Staatssolinld , für Dotationen fkais. Haus,
Renten, Pensionen, Hulfsfonds) und alles andere gestellt sind.
Bei der wechselnden Anordnung der Budgets tmd Staatsrech-
nuDgen sind allerdings die einzelnen Jahre nicht streng vergleieh-
Anfanp l'-^^i eingerichtete Hnlcksiidcamt gicbt jährlich reichlich 2 Milli-
onen Yea aus. Die eigenen Fabriken u. s. w., welche aus dem Uokkaido
in kurzer Frist ein neues Amerika machen sollten, sind nenerdings fast
alle an Aktiaigesellschaften und Fkiratuntemebmer flir geringen Preis
verSufsert, zam Teil mit Zins^rantie des Staates. Trotz aller Aufwen-
dungen hatte der üokkaido Lnde 1887 erst 239 ><i>i} dauenide Einwohner
(gesetzliche BevöUkenuig) und eine Wohnbevölkerung von 826 614 Köpfen
auf einer Fläche so ^rofs wie Bayern itnd Württemberg. Die Zahl der
^nwanderer betriigt im Durchschnitt der Jahre 1872 bis 1887 noch nicht
GOOO Köpfe iftbriieh. An Ackerland war nur wenig über 80000 Cbo
vorhanden. Trotz der weiten Fläche noch ganz unberührten Landes
erzeugt die Kolonie immer noch nicht den eigenen Bedarf an Ackerbau-
Produkten.
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124
bar, namentlich seit etwas besser wiffler das Budget
1889/90. Die kein ganzes Jalir umfassenden Finanzperioden
(1. Januar bis 30. Juni 1875 und 1. Juli 1885 bi« 31. März
1886) sind weggelassen ^
Ausgaben des japanischen Staates 1873«— 1890
in lOUO Yen.
Finanz-
jahr
FBr Central-,
IJezirksbcliür-
den und
Polizt'i
Für die
Staats-
schuld
Für Dota-
tionen (bis
1884 ohne
Hausmini^te-
rium)
Für 80n-Jti<;e
Zwecke
men
1
A
4
1
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s:! 1(>7
7K WA
82 618
79 688
Budget
1889/90
ca. 40 707
22 254
5 284
ca. Qdbl
7Öd96
Die Verwal tiingsorganisa tion Japans ist der der
europäischen Staaten in ganz wesentlichen Beziehungen
ttholtcD geworden. Aber freilich ist davon vieles nur äufiwrhdi.
Vieles steht nur auf dem Papier. In Wahrheit findet man bei
genauerer PrUfong mehr Anklänge an die frühere Zeit, als mao
Bunächst erwartet.
Der Kaiser ist in der Ausübung der Herrschaft m^^hr und
mehr in Hon Vordergrund gerückt worden. Aber thatsächlich
regieren doeii die Minister. Das Shoguuat i.^t abg€«chafll. Aber
das persönliche Regiment des Kaisers ist nicht viel mehr als
eine Theorie. Die wirkliche Gewalt ist In den Händen einer
kleinen Gruppe von Männern aus den Sttdlandschaften, namentlidi
' Eine etwas abweichende Übersicht Uber die Zusaoiinensetzuug
der jährlichen Ausgabe für Staatsverwaltung nach den Statistischen
JahroOehem siebe Anhang Tabelle 5.
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X 4. 125
8at^i1ln1a imri Choshu. Da.s Bakufii der Nordleute ist ersetzt
durch (l;t8 Kabinett auB dem Süden
An die Stelle der feudalen, auf die Kei.ssteuern der Bauern
begrtindeten Verwaltungborganibatiou iöt ein absoluter Staat ge-
treten, rein auf die Grundlase der Gddwirtschaft geteilt, mit
besoldeten Bero&beamten. Aber hierfür fehlt in der Uaaptaache
noch ein wichtiges Oement: die Berufs vorbereitUDg. LHe Zu*
sammensetsung der Beamtenächaft richtet sieh im wesent-
lichen nach den jdten Orundsätzen der Landsmannschaft, des
persönlichen SchutzvtThiUtnisses. Wie unter dem Bakuiu die
Fudai-l )aimyo8 in der Amtsftihrung durch ihre Samurais unter-
stützt wurden, 60 Itat heute jeder hohe Beamte seine Klientel
von Landsleuten und Schützlingen, die mit ihm in die Beliürdca
ein- und aus ihnen aussieben. Dafs diese Klientel in der
politischen Presse eine wichtige Rolle spielt , ist freilich du
Erzeugnis der Neuzeit. Ganz naturgemäfs ist es, dafs in der
Beamtenscliaft dieselben StÄnde sieh finden wie bisher. In der
bereits benutzten Zusammenstellung über die persönlichen Ver-
hältnisse der Beamten (S. 85) finden wir, dals Ende ls88 von
den Staatöljeamten 2o3 Adlige, 22339 Shizoku (Siinmrai) und
10(598 Heimin ( ^Lcewöhnliches Volk) waren. Die Adligen sind
einerseits die neugeadelten Machthaber, anderseits der alte Hof-
adel von Kyoto (namentlich im Hausministerium). Von den ehe*
maligen Daimyos sind nur einzehie politisch thätig. Unter den
höchsten Beamten, den Chokunin, waren nur 14 Heimin neben
95 Adligen und 131 Shizoku (1882 erst 2 Heimin). T^nter den
mittleren Beamten, den Sonin, waren nur I5.'J3 Heimin neben
5S»)4 Shizoku und III Adligen (1882 erst 5t)3), und selbst
unter den unteren Beamten überwiegen die Shizoku stark, näm-
lich IG 844 neben 33 Adligen und {^39 Heimio.
Setzt sich also die Beamtenschaft noch in vielen Besiehungen
nach den Grundsätzen des alten Regimes zusammen, so muls
ihre Brauchbarkeit darunter erheblich leiden Die Beamten der
alten Schule, vortrefflich in der Routine und in einfachen Vir-
hältnissen, stehen gegenüber neuen Erscheinungen ratlos da.
Der jungen Generation aber fehlt ebenso die Erfahrung der
alten i raktiker wie die wissenschaftliche Beherrschung der
neuen Probleme. Auch Über den Fleifs der jungen Leute, wenn
sie erst emmal ein Ämtchen errungen haben, wird vielmch ge-
kkgt In diesen Beziehungen sind die Verhältnisse in der Neuzeit
eher schlechter als unter der alten Ordnung. Daher denn eine
groise ^hwer^igkeit und Umständlichkeit im Verwaltongs-
> Die ZuBammensetzunp des ersten „Kabinetts" S. 69 Anm. Von
den 10 Miiiistern, welche 18s0 bei Erlafs der Verlassang im Ainte waren,
stammten 5 aus Satsumn fKuroda, Saitro, Matsukftta, Oyarria. ^foHi.
aus Choshu (Ito, Inouje, Yainada), eint^r aus Hizen (Okuum , einer war ein
TekogawavsMll (Eaomotoji
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126
gang, dilettantisches Vielreglementiereii und Yielschreiberci und
Anstellung zahllo rr Beamter, ^e wenig leisten ^ Von Zeit tu
Zeit kommt ein Druck von oben auf SparsfiTiikpit und fiilirt zu
plötzlicher Entlassung vieler Beamter (namentlich 1877, l^Sl,
1886j, von denen die meisten aber nach kurzer Zeit wieder
Unterkommen finden, wenn aucii bei geringerem Gehalt.
Eine weitere Folge dieser Zustände ist die gro!8e Schwierie-
kdt Reformen im Geschäftsgang durchzusetzen. Die „sourae
rdsistance des bureaux" ist, wenn irgendwo, in Japan au Hause.
Zu jeder gröfseren Änderung ist daher immer ein besonderer
Aufwand von Energie nötig, der dann oft ebenso schnell, wie er
gr>knmnien ist, erlahmt. Daher das Kuck weise, Stofswei^^e in der
neue&ten Kntwickelung Japan», in der Perioden fast rieberhaft
überstürzter Reformen mit solchen des Stillstandes abwechseln.
Der oft so auffallende V\ iderspruch zwischen Wollen und Können
hat seinen Grund m der Qualität der Masse des Beamtenstandes.
JSine leicht Tentttndliche, wenn audi bedauerlidie ¥o\^ß der
Neuordnung ist eine wd^ehende Gentralisation, wie sie
früher unl&kannt war. Sei der Unerfahrenheit der meisten
Bcfimten und der politischen Unsicherheit der Zustande suchte
man möglichst viel von Tokyo aus direkt zu re;]:;eln. Hand in
Hand damit oreht eine wirtschattliche und finanzielle Centralisation
in Tokyo, welche die Provinzen zu Gunsten der ilaupUtadt aus-
saugt. Von den Staatsausgaben wird ein ganz auuerordentlich
greiser Teil in Tdkjo ausgegeben, erheblich mehr als früher,
wo in jeder Landeshemchaft eine Regierung safs ^. Die Daimyoe
hielten früher wenigirtens die UältYe der Zeit in ihren Gebieten
Hof. Jetzt müssen sie dauernd in Tokyo wolmen. Wie jn^mf^
die Anziehungskraft des politischen Centrums auch aut nicht
staatliche Anstalten ist, nia'jr man daraus entnehmen, daik die
grolse PostdampfergeselUciuiü (}^ihon Yuscn Kwaisha) ilu^n
bitz in Tokyo hat, obgleich dieses für ihre Schiffe gar nicht zu-
giinglicb ist Von den in Japan bestehenden Aktienbanken
haben die in Tokyo errichteten mehr als die Hälfte dea Kapi-
tals tt. 8. w.
In dem Verhältnis der Masse des Volkes zur
Regierung hat sich bisher noch nicht viel p^eändert. Von
altei*8 ist man an stiiatliche Bevormundung gewöhnt®. Selbst-
thätigkeit ist wenig entwickelt. In den meisten Dingen wartet
man auf die Initiative von oben. Keine gröfsere wirtschafdiche
Unternehmung der Neuzeit ist rein privaten Ursprungs. Erst
> In der Kasse der Univenität habe ich 1882 24 Beamte ge«fthlt.
' Es ist schwer zu sftfjen, wieviel von der Staiit5aiisp;}il)t' direkt in
Tokyo zur Verausgabung kommt. Von den Zinseu der ^taataachold z. B.
wurde 1887/88 ftst genau <fie Hftlfte in Tokyo ausgezahlt.
' Wie weit die Bureaukratie geht, kann man daraus ersehen, dafs
noch nach fin»Mii ixnnz nouen Gesetze fl^^^Tt akademische Grade nicht
von der üniveriitut, soudeni vom Uuteniciitäminister verliehen werden.
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in den letzten Jahren wird eine Änderung in dieser Hinridit
bemerklich. In seiner Fügsamkeit und Ordnunesliebe, der
ruhigen UnterorJnung unter die vätcrliclie Polizei nat das ge-
wöhnliche Volk in Japan vielleicht nicht seinesgleichen in der
Welt. Dem moch rnen Europäer kommt der Verkehr der Hg
hörden mit dem Publikum oit unnötig schroff und rücksichtslos
TOT. Uba Will oft acheinen, ab ob berechtigte und wohlerworbene
Interessen und Rechte nicht immar genügend Ton der Ver-
waltung beachtet wttrden. Die Jajjaner selbst empfinden jeden-
falls solche Dinge nicht in der \Vei8e wie wir mit unserem
weitgehenden Schutze des Individuums. Unser Streben nach
Rechtskontrollen der \ er waltung ist den Japanern einstweilen
noch ziemlieh unverständlich. Da!s aber auch die japanische
Verwaltung sehr viel humaner geworden ist, ala sie unter dem
alten Regime war, mui's durchaus anerkannt werden. Nicht
snCwr acht an lassen ist eine EiTBchebung, die man jetat ebenso
findet, wie sie vor der Revolution allgemein gewesen zu sein
scheint, dafs nämlich Qesetae anscheinend drakonischer oder der
Willkür jeden Spielraum lassender Art in der Wirklichkeit sich
gar nicht so schlimm ausnehmen infolge der freundlichen, ia
oft schlaffen Anwendung. Man verwaltet milde, aber hat die
Mittel jederzeit in der Hand, aufs schärfste durchzugreifen. Nichts
ist vielleicht bezeichnender, auch ftlr die moderne japanische
YerwaltaDg^esetzgebung, ab dals sich scbUefslich fast ftberall
irgend ein mnterthttrchen findet, durdi welches der Herr Minister
jede ^^ illkfir wieder einführen könnte. Das geschieht ja in der
Kegel nicht, aber es ist möglich. Die ungleichraäfsige Anwendung
der strengen Gesetzgebuntr vi rstarkt don Eindruck des Launischen,
des Stofsweisen der Bewegung, den ieii bereits hervorhob.
Ist die Masse des japanischen Volkes aufserordentlieh leicht
regierlich, so fehlt es doch nicht au unruhigen Elementen,
welobe au Zeiten dem öfiSentlidien BVieden gefkhriich werden
können. Unter den Ursachen der Revolution fbhrte ich oben
(S. 55) an 7 dafs aus dem Samurai-Stande heraus die Unzu-
friedenheit mit der eigenen Lage Umsturztendenzen erzeugte.
Diese Bew^ung ist nuvh heilte nicht zu Ende, Die damaligen
Führer sind hochgekommen, smd jetzt die Vertreter von Ordnung
und Ruhe. Aber um das zu werden, mufsten sie manclien Ge-
nossen abschütteln. Und hinter diesen steht ein neuer junger
Nachwuchs, unanlneden, brodos, erfllllt teils mit erschnappten
Brocken von fremdem Radikalismus, mehr noch mit nattvistUMaiem
Fanatismus, als politische Wa^ auch den Meuchelmord nicht
▼erachtend. Vor dreifsig Jahren nannte man sie Ronin, heut-
zutage Soshi (Schüler) ^ Auf den ersten Blick erscheint es
überraschend, dafs diese Elemente eine besondere poHtische Ge-
fahr für eine Regierung sein sollten, die im Besitze aller Macht-
^ Aber mit dem Nebensiiine des Appells an die Uewalt
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128
mittel eines ffrofsen, bisher absolut regierten Staates ist. Gerade *
hier zeigt üicii aber die Schwäche der bestehenden Gewalten.
Die jetzigen Machthaber bilden nicht eine feste, allgewohnte
Regierung. Sie sind Emporkömmlioge ohne rechtes Prestige der
Autorititt, die Tor 25 Jahren meiBt Dicht viel anders äs die
jetst bedenklicheD £3emente waren. Sie sind dne Koalition ver-
schiedener LandsmannschafteOy die sich gegenseitig mit Eifersucht
bewachen, in der stetigen Angst von den Genossen übers Ohr
gehauen zu werden. Und eiuHicli: sie sind »gegenwärtig im
Besitze der Machtmittel. Aber die Frage ist, wie sieher dieser
Besitz ist, ob vor allem die Diseiplin der jungen Armee derart
ist, dais die Regierung sich ganz unbedingt auf sie verlassen
kann. So sehen wir die dgentttmlicbe Erscheinung, daik die
Regierung gerade in Zeiten grober Errang von dem gansen
aus £uropa entlehnten Rüstzeug der Prefs-, Vereins etc^ Geiela-
gebong nur schlaffen Gebrauch macht, dal's sie die unbequemsten
(Jegner lieber zu sieh herüberzieht als yerniclitct. Dals das
Herübernehinen der ILinptgegner in gute Aüiter ein gefährlielx's
Spiel unil eine Beloiinung auf lästige Opposition bedeutet, ist
Wühl nicht zu leugnen. Die Zeche bezahlen hier, wie überall,
die Kleinen, welche man fafet, nachdem das Strohfeuer der Auf-
regung ausgebrannt Ut Die Vorgänge der Jahre 1881/82,
1887, 1889 werden dem, welcher mit der neuesten Entwickelung
der Dinge in Japan |^auer bekannt ist, das Gesa;ito illustrieren.
Ich habe zu zeigen gesucht, dafs trotz aller Neubildungen
der Geist des neuen Staatswesens so sehr verschieden nielit ist
von dem alten, wi»« man nach den äulseren Formen ^hiubeu
koiHilc. Eine ainiere Frage aber ist e<i, ob dieser Zustind bleiben
wird. Wenn ich die gegenwärtige Entwickeluiig recht ver-
stehe« so kann weder die bisherige MachtvBrteilung unt^ den
Ständen noch die Vorherrschaft der südlichen Landschaften sich
Ian;;e melir halten. Die neuen Institutionen rütteln das ganze
Volk zu sehr durcheinander, als daia das bleiben könnte. jSohon
jetzt stammt der junge Nachwuchs fies Beamtentums aus dem
gaü'/eii Lande. Konniieii die Sudleute durch Protektion einstweilen
rascher vorwärts, ><> kommt den anderen für die Zuiiunt't zu
statten, dals die Not sie jetzt zu fleilsigerem Arbeiten und
grölserer Anstrengung zwin^. Der gegenwärtige Zustand wird
die Ftthrer aus den Revolutionaaeiten nicht ttberdauem.
Ebenso bahnt sich teils unter dem Drucke der wirtschaft-
lichen Verhältnisse, teils unter dem Einflüsse der Selbstyerwaltun|;,
der Wehr- und Schulpflicht fuv neue Ständebildung an, die
unserer modernen euro)»äiselien ( iesellsehaft immer ähnhclier
werden wird , nicht mehr sieh i:riindend auf das Prinzip der
Erblichkeit, sondern auf Besitz und Erwerbt Die Verachtung
^ Wo hei Ueu Wahlcu zum l^fzirkätag et} wirklich zu Wahlkämpfen
kommt, wie s. Ü. in Osaka, finden wir seboa seit einif^en Jahren gsns
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X 4.
129
der Gebildetan gegen Gelderwerb ist raach im SchwiDdeo be-
grift'en, ja man könnte saffen ganz verschwunden, wenn man
nur die Verhältnisse der Hauptstadt in Betracht ziehen dürfte.
Die llnibildung des Staatswesens mul« sich vollenden durch
die Einführung der Kepräscn tati vveriasb ung. Das
am 11. Februar 1889 feierliou verkündete Grund^Ksetz, das mit
der £r5ffiiung des Reichstags am 25. Noyember 1890 in Kraft ge-
treten ist, fuhrt eine Volksvertretung ein mit zwei Häusern, einem
Oberhaus, bestehend aus Vertretern des AdeJa, der Höchatbeatenerten
und durch kaiserliches Vertrauen Berufenen, und einem gewählten
Unterhaufi. l>as Wahlrctht ist auf die gleiche Grundlaf^e ge-
stellt wie bei den Bezirkstagen , die Zahlung direkter Staats-
steuern, aber mit einem erheblich iiöheien Ceusus, nämlich 15
Yen jährliche Steuer für aktives wie passives Wahlrecht. Das
bedeutet lüao eine neue Veratürkung der eben berttlirten Ten-
deneen. Die kaiserliche Pdtfogative tat auraerordenifich stark
erhalten durch ein weit ausgedehntes Verordnungsrecht dea
Kaisers und dadurch, dafs Organisation und Friedensstärke des
Heeres und der Flotte wie die Organisation der Civil Verwaltung
und die Gehälter aller Beamten seiner alleinigen Kntscheidung
vorbehalten sind Auf die Fest8(?tzung des Budgets erhält der
Keichstag nur eine beschränkte Eiiiwirkung. Die lunrichtung
der Wahlen macht Beeinfluaaung aulaerordentHch leicht. Die
Verhandlungen der Kammern aelbat werden unter aehr direktem
Einflufs der Regierung stehen.
Die Regierung hat also Vorsorge getroffen, sich eine starke
Stellung zu erhalten, ist der starke Wille imd die Thatkraft,
das wirklich zu thun, nicht vorhanden, dann wird die grofse
Vereinigung von Machtbefugnissen in der iiand der jeweih't^en
K^ieruug denn darauf kommt die kaiäerliche Prärogative
hinana — au einer Anwendung dea pariamentariachen Systeme
fthren, welche die romanischen Staaten noch in den Schatten atellt
Die Kntwickehuig der öffentlichen Zustande mufs schliels-
lieh abhängen von den sittlichen Kräften, die in der Oe-
aellschaft herrpchen Bisher ruht das Oef^i^e auf dem Ptii( hten-
system der cliine^ischen Morallelirc und der feudalen Loyalität
gegen Kaiser unti Herrn EÜne Jalurhunderte dauernde Erziehung
eines Volkes ist nichi iu wenigen Jahren auszulöschen. Das
alte Sjatem wuzzelt noch ti^ im Volktf;dst Auf ihm beruht
die LeiehtreeMriichkeit dea Landea^. Aber das alte System ist
bis in die Tiefen erschüttert. Jede Revolution bedeutet eine
Lockerung der Autorität. Jn Japan aber hat man nicht nur
mudcrnc Intcressentengegensät/c: Grundbesitzer und Kaufleute, erstcre
die kleinen Leute, letetere die Keicbeo, die sich wegen ESnrichtntig und
Verteilonfl; der H.r"-t«'umin^ befehden.
' Imb fat&iistiscbe Hiiinehmen gegebener Thatsacben, das die
Japaner mit aUen Asiaten gemein haben, spielt dabei natüdich auch mit.
Forvdrangvn (4S) X 4. — K*Uig«B. 9
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130
X4.
die Form (leg St4\ates uragestürzt, sondern das ganze geistige
und wirtschattlieln Leben revolutioniert. Die chinesische Philo-
sophie hat den Kreiiit verloren Die Loyalität wird durclilöchert
duvch den Gmndsats^ dafB dem Sieger die Beute gehört Und
was tritt «n cUe SteUe des Alten, das snsammenoricht? Man
Dach den Frttchten der euiopKiachen Kultorwetty die doch
im Osten keine Wurzeln geschlagen hat Man gerät in den
Strudel dci' in Eiirop-i ich bekämpfen 1 er. ^V^ltans('llamlngen
des theolo^Bchen und des natru \\ is-en«rhattiiehen Zeiüilt« rs, ohne
die Tragweite und die Gründ«; dieser JStrömungen zu vi latohen.
Die Vorgeschrittenen stehen aul dem uaiveu Standpunkt der
AudTkläningsperiode» in den FortMhritten des Katarerkenneps
auch ohne weiteres Fortechritte des geistigen und sitdichen Lebens
BU sehen. Der Kultus der platten Nützlichkeit, im Ghinesentum
schon tief begründet, wird diux:h diese Geistesrichttmg, durdi
den Einflufs des benachbarten Amerika mächti;^ p:efördert. Auf
politischem (xebiet findet die Theorie des modernen Liberalismus,
diu 6o viel von den Reeiit^'n , so wenig von den Pflichten de^*
einzelnen zu sagen weii's, offene Ohren ^ Das alles hat nicht
hlols theoretische Bedeutung, sondern setst sich bereits merklidi
in Fhms um. Wie ungeheuer wichtig ist a. B. In der Staats-
präzis der Grundsats der diinesischen Horal yon d( r Unterord-
nung der Jungen unter die Alten gewesen. Aber jetzt ist das
Wissf-n der Alten in Milsachtunj^ Die Jungen haben die 6'emden
Sprachen gelernt und schöpfen direkt aus dem Quell der Weis-
heit Klirwürdige alte Herren voll praktischer Erfahrung sieht
man von Müchbäilen sich Iklelu-ung holen. Die Natur solcher
Belehrung hat nun aUerdbfiis mit sich gebracht, daCs es in diefer
Beaiehung doch schon wieder besser geworden ist Aber immer
hat das Verhältnis awisdien älteren und jüngeren Leuten vielftcfa
einen Charakter angenommeUi der Bedenken erregen mufa - und
selbst von vielen Jupanem als schwere Oefahr erkannt ist Auch
in anderen Ik-ziehnngen ist ein Rückgang der Höfh'clikeit, der
guten bitten unverkennbar. Wie ein grofser 13e\v[uidrr( r und
unzweifelhafter Kenner Japans, der Redacteur der „Japan Mail",
Brinkley, einmal gesa^ hat: die Restauration hat an die Stelle
der Honnanieren die des Lagers gesetzt.
Die Erschüttenmg des moralischen GefUges der Gesdlschaft
hat in einem Staatsweeen, welches auch nach Einführung der
Volksvertretung im wesentlichen ein Beamtenstaat bleiben wird,
besondere Bedeutung, soweit sie die Klassen berührt, aus wek^ien
< Es ist beadchnend, dafs, wie in Eoropa, die WortC&hrw solcher
Ideen (z. B, fHiknzawa) die Ertoiluug von wirklichen Rechte am liebsten
auf die dgene Klaese bcschrüuken vrürden und die neuen Einrichtungen
der Sdbstrerwaltnn^, die den Bürger und Bauer am Rc^mcnt teilnehmen
UUst, nur ungern senen.
* Vgl. B. 116 Annu 1.
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X 4. m
der Steotadienst sich ergänzt Diese habe ich im Vorstehenden
▼or allem im Auge gehabt. Eb wäre merkwürdig, wenn die
angedeuteten Erscncinungen nicht auf den Staatsdienst rUck-
wirkten. Auch ein Optimist wird nicht behaupten, dals durch-
weg Disciplin und Oranung derart sind . dafs sie auch schwere
Stürme überdauern. Militär- und Verwaltungsgesctze hat man
in den letzten Jahren viel£Ekcb unter Benutzung deutscher, specieli
ureuiflischer Muster erlassen. Ob man dabei gentigend beachtet
tat, dafs hier die strenge Zucht des <yffi^nitiebien Dienstes fiblt,
welche in Preufsen das Ergebnis von swei Jahibnnderlen ist^
wird die Erfahrung lehren.
Ein peinlicher Gegenstand kann dabei nicht Ubei'gangen
werden, die Integrität iui J^eamtenstande. Man glaube nicht
etwa, dafs nach dem Muster uns im Osten näher Hegender ab
tioluter Staaten von den Beamten direkt gestohlen würde. Im
Geflontefl. Direkte Eingriffe In das ttffsnfliche Vermögen sind
in Japan vielleicht seltener ab in manchen earopttischen Staaten
Aber nicht abzuleugnen ist, dals man in Japan von alters her
sehr wenig empfindlich dagegen ist, dals Beamte Geschenke oder
Vorteile erhalten oder sieb ilsre Stellung sonstwie (durch Be-
teiligung, geschickte Spekulationen in Grundstucken oder Wert-
papieren etc.) zu nutze machen. Ob das unter dem neuen Re-
j^ime zugenommen liat, wird schwer zu tjutaciieiden sein. Wahr-
scheinlicS ist es. Ebenso schwer ist es, etwas Bestimmtes
darüber zu sagend, ob solche unschöne Dinge in Japan häufiger
▼orkommen als in den meisten anderen Ländern. Mir ist es
immer bezeichnend gewesen, dafe eigentlich nur Engländer und
Deiit8che sich mifsbiiligend (iber solche Vorkommnisse äufserten,
wenn sie zufällig einmal zn 1 age kamen.
Eine bedenkliche Vorbcdeutunp: hat es für kommende Zu-
stünde, dals neuerdingä auch in den Selbstverwaltuiigskörper*
adialten Anaeicheii vtm Eoeraptita bemerklidi werden. Der
Krebsschaden europäischer Freisyeriiältnisse, die Korruption der
politischen Presse dnrdi die GeldmUchte, ist gleichfalls in den
letzten Jahren bei verschiedenen Gelegenheiten in bedenklicher
Weise zu Tage »treten. Auch abgeselipn davon , ist der Ein-
tiuls, welchen durch die Prasse ein halbgebildetes Litteratentum
auf die noch unerzogene öffentliche Meinung ausübt, höchst be-
dauerUch. Mau mula diese ebenso selbstgefälligen wie oberfläch-
lichen Gesellen kennen gelernt haben, um die Ge&hrlichkeit
dieser Art yon Halbbildung ganz zu wttrd^en.
Von den idealen Krämn des politischen Lebens hat keine
sokhe Bedeutung im modernen Japan als ein glühender Patrio-
' Wegen „Amtsvtiljrecheu uii'l Vergehen gegen das Vermögen"
wurden verurteilt ICtöü 177 Pentouen, 1887 131.
* a. B. Torteilhafle Ai^Infe oder Verkäufe von Landhäusern etc.
9*
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' 132
X 4.
tismus. Steckt darin auch vielleicht noch mehr als andor^värts »nn
Sites Stück nationaler Eitelkeit, so ist ee doch p'm vf rsolmender
ug in dem nicht sehr beinedigenden Bilde des sittlu hen Cha-
rakters von Jungjapan. Dem Fremden ist seine Wüj-diguug
firdHcb etwas erschwert durch eine Begleiterscheinung, eine
aufieiordeatlich starke nationale und Rusenabneigung gegen
Fremde, die in der Masse des Volkes wohl selten, im Shizoku-
■tande dagegen £ut ausnahmslos besteht ^ Welches auch die
inneren Gefahren sein mögen, denen die politiscite Fjntwickelung
Japans zutreibt, p:egen äufserc Angriße hat es einen stärkeren
Schutz als m seiner insularen Lage in der unzweifelhaiten Vater-
landsliebe seiner höheren Stände.
' Touristen und solche, die Jananer nur im Auslande kennen ge-
lernt haben, werden über diese Gefühle durcli die wohlthuende japanische
Höflichkeit (die leider auch in der Abnahme ist) getäuscht. In der Prease
werden zuweilen die fremdenfeindlichen Gefunle doch bemerkbar, und
nicht blolV m aufgeregten Zeiten (wie im Herbst 1889) oder in kleinen
fanatischen Blätteni, sondern in leitenden Organen. Hierfür ein Beispiel
von vielen: In einem Artikel des „Jiji Shimpo*, der Zeitung Fuku-
zawas, eines Mannes, der viel zum nikumtuorden des Auslandes iu
Japan gethan bat, hcifst es am Ende eincö Artikels über die von Eqg-
Iftndem ausgeübte Bedrückung anderer Völker: „Einen heif^en WwiM
haben wir, dafs auch wir in die Lage kommen, un8ere Bedrücker n
bedrücken, und so in späteren Zeiten das Monopol der Unterdrückung
übel- die ^nze Welt ausüben mögen" (Japan Wedtly Mail 1^<82 S. 395.
Ähnliche Geilanken aus derselben Zeitung a. a. O. 1882 S. i JfkH). Man
hat gegen die Allgen - iulicit der PVetnacnfeindschaft in den höhereu
Ständen eingewendet, dafö sie mit der Annahme fremder Einrichtungen
und Bitten nnd der BescbKftigung von Fremden im 'Wlderspmeh stehen
Der Einwand scbeint mii iinlogiseh zu !*ein. Jeder Japaner von etwas
Bildung weifs, wie sehr wir ihnen überleben sind. Um diepen Vorsprung
einsubolen, ist man bei der Fremde in die Lehre gegangen. Es ist nicht
■ehr schmeicbelbaft für mis, dafs gerade diejenigen , welche euronäisches
Wissen am meisten sich angeeignet haben, in sehr vielen Fällen die
heftigsten Frerodenfeinde sind. Bei der Agitation gegen Otlhung de»
Landes im Sommer 1889 waren die jüngeren japanisenen Professoren der
Universität Rufer im Streit. Die Grüntie i^olcher eigentümlichen Ersc hei-
nungen zu analysieren würde über den Kabmw dieser Untersuchung
hinausgehen.
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Zweites BucL
Die Yolkswlrtschaft.
Erstes Kapitel
Orundlageii des Wirtsehaftslebeiis.
I. Die Bevdlkerung.
Die Bevölkerung Japans^ ist im VerhftltniB vor Aus-
df'hnrinü: des Landes recht borteutend, namentlich wfnn man die
nur schwach besiedelten Kolonialgebiete im Norden unberück-
sichtigt hUsi, aul welche ein Viertel des Staatsgebietes, aber noch
mciit ein Prozent der Bevölkerung kommt. Die Zahl der Be-
TOlkeniiig, wie m» aich tm den Volkflitmtaro (Koseki) ergiebt
— eine eigentliche Velkasählnng irt biBner in Japan niclit vor-
genonunen — f wird angegeben
Anfimg 1872 anf 88110825
1875 . 33 997 449
1880 - 35 929 060
1885 - 37 868 987
1886 - 38 151 217
Ende 1886 - 38 507 177
1887 - 39 069 691
Diese Zahlen beziehen sich auf die gesetzliche Bevöl-
kerung, d. h* jeder ist gezählt am Orte seines gesetzlichen
1 Über japanische Bevölkerangsstatistik dnd mir anr die beiden
folgenden Arbeiten bekannt: P. Mayet, Japanische Hevölkerwngsstatißtik,
ein Vortrag aus dem Jahre 1Ö82, abgedruckt in Miitcüungen der Deut*
sdien QesellMliam Ar NatOf^ und Vöikeikunde OstasieDS IV 245-264.
Eine cninutr« l*rüfung auf Grund des neuen Materials bis 1'^"^" habe ich
dann versucht in derselben Zeitschrift: K. Kathgen, Ergcbuisse der
aintiicben Bevölkerungsstatistik In Japan, a. a. 0. IV 322—340, mit ö
Tabellen und einer Karte. In den letzten Jahrgängen des Statistischen
Jahrbu' >is fiSr Japan zeichnet sieh der Abschnitt Uber Bevölkerungs-
statistik vor den übrigen Teilen aus durch einen Anaatz zu ehrlicher,
enutliafter Kritik.
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136
X 4.
Domizils. Die Zäliium^ der Wohnbevölkerung, derer, die
thatslicblicb an einem Orte wohnen, eigiebt etwas höhere Zahlen,
«M.mlv*li
Anfang 1885 37 975 060 Emwohner
Kncle 1887 39 510146
Es iVngt sicli nun, welclie Gonnnip:koit diesen Zahlen zu-
kommt. Im allgemeinen darf' man die Zahlen wohl für richtig
halten. Mehr und mehr bind die Eintragungen vervollständigt
imd die Zahl der nicht eingeschriebenen Erwachsenen kann nur
mehr gering sein ^ Die wichtigsten Fehlerquellen sind einerseits
^ versptttete Anmeldmig Qeborten, so dals aus diesem
Grunde die Zahlen zu niedrig sind, andeneits mehrere Um-
st'tnde. welche sie zu hoch ersclieinen lassen. Namentlich sind
Doppeiointragungen anscheinend nicht selten, indem bei V^er-
legung des Domizils die Löschung ,'im alten Ort nicht oder
wenigstens nicht rechtzeitig erfolgt. Ebenso wird bei Heiraten
nach anderen Orten die junge Frau nicht immer an ihrem alten
Domizil gelöscht. Ferner geschieht die Löschung von Personen,
die nicht in ihrem gesetsKchen Wohnsitz veratorben sind, noch
nnveiUständig. Endlich werden Personen, deren Aufenthalt unbe-
kannt ist und von welchen die meisten entn^eder tot oder ander-
wärts eingetiagra sein werden, bis zum 80. Lebensjahre in den
Registern geftlhrt. Wie grofs nun die aus diesen verschiedenen
Gründen entstehenden Irrtümer sein mögen, iäist sieh nicht sa^L^en.
Für die früheren Jahre, etwa bis 1880, sind die Zalden siciier
zu niedrig. Gegenwärtig sind sie vielleicht etwas zu hoch, wenig-
stens die der Wohnbevmkerung.
Der Unterschied zwischen den Zahlen der gesetzlichen und
der Wohnbevölkerung ist in den meisten Bezirken nicht sehr
erheblich. (\ gl. Tab. 4, Spalte 6 und 8.) Nur in den Be-
zirken mit schnell wachsenden crT*orsen Stiidten ist die Wohn-
bevölkerung erheblich gröl'ser, namentlich in Tokyo, Osaka und
Kanagnwa. Ebenso ist es in dem Kolonialgebiet des Hokkaido.
Li der giüi'seu Mehrzahl der Bezirke dag^en ist die Wohn-
bevölkerung ein wenig geringer als die geaetuiche, die natlliliche
Folge der Anziehungskraft von Städten wie Tokyo, Osaka,
Yokohama und Kobe. Diese 2jahlen deuten darauf hin, dafs
die durch die neue Ordnung hergestellte Freizügigkeit doch schon
in ziemlichem Grade zu Verse]] iebungen der Bevölkerung fiihrt,
wie das auch die thatsäcldiche Beobachtung zeigt. Dafs dns
zunächst vor allem die Shizoku, demnächst Kaufleute und Hand-
werker und erst sehr wenig die bäuerliche Bevölkerung betiillt,
ist natuxgemäls. Mit weiterer iiSntfiütuttg wird die Fabrikindostrie
diese Entwiokelung noch bescUeimigen. Das Hauptkontingent
' Im Jahie 1887 wurden immerhin noch 17347 iiiclit dngetrageue
Vagabund I II ermittelt. Die meiitsn nachtrlglichen Beg^trlsrnngea be>
trenen Kinder.
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X 4.
187
der in die grolsen Suidte Ziehenden wird aber natinyemJilb durch
<iie nähere Nachbarschaft geliefert, selbst in Tokyo und (.)saka.
Ein Vergleich der Bevölkerungszahlen mit der Fläche crgiebt
sehr erhäfiofae Dichtigkeit der BeyOlkerung, selbst
mit Einrechnung der nlSrdhchen Gebiete 102 Einwohner auf
den Quadratkilometer. Hir Altjapan allein aber 134 Einwobno',
erheblich mehr als in den gröl'seren euro))äi<chen Staaten , aas-
genommra Kngland. fn dm einzelnen Teilen des Lunde-s ist aller-
dings die Bevölkerungsdit liiiprkeit aufHerordf^ntlich verschieflon '
Schon zwischen den eiazciuLU iieairken liudeii wir sehr giolae
Unterschiede. Der spät besiedelte Norden hat eine Dichtigkeit,
weleb« der der noradeutscbeo Regierongsbesirke gleiclikommt
•0 in Iwate 47, im Aomori 57, in Akita 58, in Fakushima 68
Einwohner auf den Quadratkilometer. Water nach dem Süden
winl die Bevölkerung immer dichter, wenn sie auch in den
£r*dnr2ip:'~Ti In]rirtd)tf^^irk<'Ti von ^Httelhon-<hn -ir}] -niflii y.u unge-
wobidiciiea Zahlen eriiebt. In den Knscl irücn imd dn; I\.iusten-
strichen dagegen drängen sich aidkeiuidiiuliclt«; Vulkbiuengen
zusammen, auch da, wo grölsere Städte ganz leiden, wie in Sai-
tama mit 854, ™ ^hiba mit 232» in Ehime mit 223 Einwohnern
auf den Qoadnitkilometer. Erst die wlrtschalfUich wenig ent-
wickelten abseits gel^enen Bezirke des Südens zeigen wieder
niedrigere Verhältniszanlen, Kochi ^<>. Kagoshima 104, Mij^azaki
fo^ar nur 53 Einwolmcr auf der. ( ^'u.idnitküonir'ter. Wie en*i
ln'i vorherrschender Naturalwirfsf'lKilt und aus.sc'lilii'r>l!chem Klein-
betrieb EinwoltHcizahl und Ausdihauu^ dva Ackerlandes zu-
sammenhängen, zeigt ein flüchtiger BÜck auf die Spalten 7 und 11
d« Tabelle 4 des Anhangs. Übenül drängt sich oie dichteste Be-
Tläkeraag in den Ebenen, den Flulsthttlem, an der Küste, wäh-
rend im gebu^juen Binnenlande weit« St r rücken nur eine spttrliche
Bevdlkerung aumiweisen liaben. Sclion He Provinzen innerhalb
d< Ä I Iben Bezirks zeigen gelegentlich scharte Gegensätze* 8o
habeD die Bozirke
Kyoto 188 Einwohner auf den ^uadratküouieter
Hyogo 174 - - -
Für die gauz oder teilweise in ihnen enthaltenen Brovinzen
steilen sich aber die Zahlen folgendcrmalseu :
Im Süden: Awaji 332
SetlBU (mit Osaka und
Kobe-Hyogo) 030
Harima 100
Binnenland: Yamashiro (mit Kyoto) 420
l^imba 103
liordwestkUste: l anno 145
Tajima 71
1 Vel in meinem angeführten Aufaats das Kartogrsnun, wslehes
die IMefatigkeit ia öwk sinsänen Besirken Tstsaschsulicht
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138
X 4.
In dem westlich angrenzenden Okayama-ken (168 Kinw. auf
den qkm) sind es in der binnenländischen Provinz i^limaäaka
93, in Bizen 253. Im Bezirke Gifci (88) hat die Fhmnz Mino
128 Einw. tmi den akm, Hida, die unwirtlichste FMmnz Jajpans,
nur 28. Der Bezirk Aichi als Ganzes hat 298 Einw, am den
?km, die Pkovinz Owari aber 543, die Provinz Hikawa 177.
n den übrigen Bezirken sind (\)p Abweichungen der Provinzen
vom Bezirksmirehschnitt nicht von Bedeutung". Eine Berechnung
nach Kreisen würde wolil im ^nzen Lande sehr scbroÜe Uegen-
sätze in unmittelbarer Nachbarscliaft zeigen.
Qanz abweichend von den Verhältnissen Altjapans ist die
Benedelong im Hokkndo. weldier ganz unerikaotsäie Yeriiiilt-
niflsahlen seigt, noch nicht 3 oder, wenn man die WohnbevOK
keniDg SU Grunde legt, nicht 4 Einwohner auf den Quadrat-
kilometer. Aber auch hier bestehen erhebliche Unterschiede.
Die Provinz Oshima, d. h. die schon läng^ besiedelte südliche
Halbinsel von Yezo, hat schon 25 Einw. auf den qkm^ auf
Ghishima (Kurilen) kommt erst auf 24 qkm ein Mensch.
Der Zuwachs der Bevölkerung ist, bei mangelnder
Ein- und Auswanderung, rein die Folge des VerhältniBses dier
Geburt*- und Todesfldle. Wie groJs der Zuwaefas in früheren
Zeiten gewesen sein mag, dtuile schwer ftstaustellen sem. FOr
die vereinzelten Notizen über die Bevölkerungszahl vor der neuen
Ära fehlt mir jeder Anhalt zu kritischer WfinHirung;. Es scheint
aber, als ob die Zuwachsrate in der Neuzeit zugenommen hatte^
was nach Beseitigung der engen Gebundenheit aller w irisch aft-
liehen Verhältnisse ja auch an sich wahrscheinlich ist. Die amt-
lichen Zahlen der Geburts- und Tedesfldle «eigen ein ^ns «n^-
fidlend niedriges Verhältnis war Bevölkerung, nei den Geburten
24—27, bei den TodesMen 17—24 auf 1000 der Bevölkerung.
Diese Zahlen bleiben aber siimtlich hinter der Wirklichkeit zurttok,
namentlich die ficr Geburten. Die Natalität beträgt wahrsc?iein
lieh nicht weniger als 31 — 32 auf 1000 der Bevölkerung, die
Mortalität 21 — 22 auf 1000, abgesehen von Jalir. n mit g^fsen
Epidemicen, wie 1885 86 ^ ImVeigleicli mit europäischen Lan-
' In mmnnm angeftihrten Aufsatz wagte ich die C. burtoiifre luonz
erst auf rund fM) zu schützen. Nach dem seitdetn er^c-bieneuea Material
ist die obige Schätzuug immer noch eher sn niedrig als xa hoch. Es
wuiden 1865 1866 1887
Lebend Gcburteu angemeldet 1024574 1050617 1058 IS7
Von den lsx{\ nachträglich Bfigi-
strierteu waren jgeborcn G7 4H'i\ —
VoB den 1887 naiditrSglieh Regi-
strierten waren geboren 27 020 40 364
Also ermittelte Geburten 1 119 077 1 0909S1
Dazu kommen, aurser den noc h riicht Kiiif:otrn<Tencn, die wahnchflin»
lieh sehr zahlreichen vor der Eintragung Ver»turbi;nen.
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X 4. m
dern crgiclit (Lia eine mittlere Geburteiitrequenz und eine selir
günstige Mortalität, ao dulä der natürliche Bevölkerungszuwachs
reeht erheblich ist, etwa ein Prozent, abgesehen von Epidemie-
jähren.^
Ein- und Auswanderung kommt, wie gesagt, kaum in
Betracht Die Zahl der in Japan lebenden Ausländer ist sehr
unbedeutend, nach den amtlichen Zahlen Ende 1887 nur 7560
Personen . wobei allerdings Frauen und Kinder nicht ganz voll-
ständig ermittelt sind. Darunter waren
Clnnesen 4209
Britten 1421
Amerikaner 711
Deutsche 4G7
iVMURwen 267
Portugiesen 99
Holländer 79.
Von den 7560 Andttndeni sollen gewesen sein:
Zu den Gesandtschaften und
Konsulaten gehörig 103 Penooen
im japanischen Staatsdienst 172
in japanischen Privatdiensten 393
Kaufleute und sonstige 6892
(wobei alle Frauen und Kinder)
Die Zahl der ins Ausland gehenden Japaner int trotz der
dichten Bevölkerung noeli sehr p;^erin^. Einfj eigentliche Aus-
wanderung ist es auch kaum zu nennen, da alle die Absicht
haben, wiederzukommen. Wirtschaftlich von Bedeutung sind
nur die kaufmännischen Niederlassungen in Korea und China,
die überwiegend yom Süden aus bevwert smdy und neuerdiitts
die Anwerbung landwirtschaftlicher Arbeiter mt Hawai, weläe
meist aus Bezirken an der Inland-See kommen. Nach der ami-
lichen StatisülL hätten im Auslande sich aufgehalten:
Ende 1880 5443 Japaner
Ende 1883 7 725 -
Ende 1885 11580
Für weitere Jahre sind mir nur die Zahl der jährlich aua-
gefertiß^en und. zurückgegebenen Pässe bekannt. Die Difierenz
ergiebt, dal's sich nach dieser Berechnung Ende 1887 bereits
etwa 17200 Japsner im Auslande aufeefaaiten hätten. Auf die
wichtigsten Länoer TerteÜt sich das Ibteendennarsen:
1888 188S 1887
Koiea 4003 4521 &771
China 1747 2112 2562
Hawaii ? 1949 4521
* Nach einer ZeitongsnoUz wärea Ende 1869 in Hawai 8öÖ6 jspa-
nisebe UntsrthSDen gewesen.
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140
1885
1887
vereinigte Staaten
Ruiflland
555
1090
1748
m
667
868
Grorsbritanmen und Ldand
193
488
399
Frankreich
141
170
232
Deutschland
89
147
223
U. 8. W.
I Tnter den 11580 Japanern, welche F^nde 1885 im Aus-
lände öich aufhielten, belianden sich 2]-^\ Personen weiblichen
Geschlechts. Uber den Zweck ilneu Auientliultea reap. ihre
Bciicliiiftigung wird angegeben, dals darunter waren:
im Stiiatsdienat
874 Personen
studienhalber auf iStaatako^lcn
143
studienhalber andere*
896
Kauflente
2750
Fischer
39
Handwerker und Induttrielle
444
Arbeiter und Diener
8547
Hoisende
42
Soiiötige
2845
Man darf wohl annehmen, dafs die Zahl der \n> Aasland
gehenden Japaner fortfahren wird, verhältniärnüfsig ra^cii zuzu-
nehmen, während eine erheUiefae Vcrmdining der Ausländer in
Japan, anch wenn daa Land demnHohat geOffiiet werden sollte»
wenig wähl cheinlich ist.
Innerlialb der japanischen Bevölkming finden wir ein Ver*
fa ä 1 1 n i H der Geschlechter, welches von dem uns in Europa
gelttuHgen abweicht, nilmlich ein ziemlich crhebHclies Vorwiegen
der Männer. Auf lOUO männliche kanK ii in den letzten Jahren
980 weibliche Personen, liei geringer Kmdersterblichkeit werden
die im deichen Veriifiltnis wie bä uns Uberwiegenden männ-
lichen Neugeborenen weniger stark decimiert Auswanderung
und get^hriiche Gewerbe, welche in Europa die erwachsene
männliche Bevölkerung yerringem, äufsern bisher wenig Einfluli).
So ist es an sich nicht unwahrscheinlicii. dafs ein social soviel
l^nstigeres Verhältnis zwischen der Zahl der Männer und der
1 Nach der 1889 anfgehobeaen Bestimmung; des MflitiigeMtses
von 18H3 waren Personen, woldu- studienhalber ins Au-latuI ii:in^»^Ti.
militärfrei. 2um Zwecke des Studiums auf eigene Kosten wurden an
männliche Penonen Anslaadspässe erteilt:
1891 10 188S 46 1885 266 1887 S68
Von den 368 Pässen von 1887 waren JüO für die Vereiuitfttu Staaten.
83 flir China, 29 Ar OeDteeblaitd, U Ar Korea, je 12 für Ikirland und
Frankreich. Im Jahre 1884 gingen sogar OH nneti China und 37 nach
Kor»^a „«tiHiienbalber", dn;refro!i nacli Aiiiprika und 4^1 nach Deutsch-
land. Vgl. üben in Abscimitt über die auswärtige Verwaltung 8. 103.
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141
Frauen besteht. Doch dürfte in Wahrheit das Übergewicht der
Männer nicht ganz so grofs sein, da eine Hauptfehlerquelle in
den Volkszahlen, die Doppcleintraffungen, wohl überwiegend die
Männer trifft. Das wira auch dadurch wahrscheinlich, dal*»
die Zahlen eine Abnahme des Übergewichtes zeigen. Im Jahre
1880 kamen auf 1000 Männer noch 068 Frauen, 1886/87 980.
Das wird femer dadurch wahrecheuilich) dafs bei den h5hecen
Ständen, bei denen die Eintragungen genauer sein dürften als
beim gewöhnlichen Volke, der Anteil des weiblichen Geschlechtes
stärker ist; 1887 kamen bei den Shizoku ' auf 1000 ^länner
994 Frauen. Nach den allgemeinen Zahlen ist das Übergewicht
der Männer bis Liegen das 50. Lebensjahr erheblich und erst
vom 57. — 58. Jahre überwiegen die Frauen endgültig.
Der Altersanfbau der BeFttlkerung wdcht von mittleren
europfiiachen Verbtthnusen nicht ab^ da der nicht sehe hohen
Geburteofisguenz eine sehr mälsige Kindersterblichkeit gegen-
ül)äiiteht! Machen wir die übUche Unterscheidung prodtUctiver
und unproduktiver Altersklassen, indem wir zu den ersteren
die Personen von unter 15 und über 70 Lebensjahren rechnen, so
geholten 1887 nach den amtlichen 2^1en von je 1000 Einwohnern
zu den
Personen unter 15 Jahren 885
über 70 - 80
dagegen an den
Personen von 15 — 70 Jahren 635
Japanfselien >>itten entspricht aber diese Einteilnn^ nieht,
da bei der ganzen Masse der Bevölkeninp- der Beginn produktiver
Thiltigkeit und noeh melir ihr Ende früher anzusetzen ist. Die
Alterakiasse 50 — 70 Jahre, in welcher schon eine grolse Zahl
Ton Peraonoi eich auf daa AltenteQ amrOckgezo^n hat tmd
wirtschaftlich wenig leistet (namentlich benn stärkeren
Geschlecht) enthält 139 von je 1000 Einwohnern, die Alten-
klasse 10—15 Jahre 105 von je 1000.
II. Die Familie.
Die natürliehen Thatsachen der Gliederung der Bevölkerung
tindeu ihren rechthchen und sittlichen wie wirtschaftlichen Aus-
druck in der Familie'. Schon im ersten Tdle dieser Unter-
sndning ist mehr&ch darauf hingewiesen, welche Bedeutung und
' Die Kwazoku kommen bei ihrer genügen Zahl nicht in Betracht,
1793 Männer und 2023 Fi-auen.
* VgLdie vortreffliche Untersuchung von H. Weipert, Japanisches
Familien- und Erbrecht, in Mitteilungen der Deutschen Ge«pllR< haft u. s. w.
Ostasiens V 83—140 (1890), wo auch die ältere Litteratur augctührt idt.
Anf die Eh»elheHen kann nstOilieh hier aieht eingegangen werden.
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142
X 4.
8tiirke auch heute nocli der i amilienverlmnd in der japanisciien
Geöcllfichaft hat. Die japanische Faniiiie beruht auf der
Hausherrschaft des Paterfamilias. Hat die neueste Ent-
wiokeliiDg seine strafreofatliehe Verantwortung fHkr die FamOien*
Mitglieder beseitigt, flo besteht seine privatrechtliche und wiit*
schaftliche Stellung an der Spitze der Familie ungesohwächt
fort. Wie er die alleinige Verftigung über das Familienvermögen
hat, ebenso liegt ihm auch die Fürsorge tlir den Unterlialt der
Famihe ob. TnatsMchlich hat das auch für das »fl« nüiche Kecht
wichtige Folgen, da er iik Träger des Familienvermögens auch
der Trftger der Steuerlast und damit wieder der Träger politischer
Stiminreebte n. s. w. !il Die Stdlong des Faroilienhanplea be-
rakt auf einer strengen Durchführung des Primogenitur-
systems, des alleinigen Erbrechtes eines Sohnes, aufweichen
mit allen Rechten alle Lasten übergehen. Das ist so in allen
Klassen der Hevftlkerung. Dio Strenge dieses Systems wird
aber thatsächlich wieder gemildert teils durch die Begründung
von Nebenhiiuiiem für die jüngeren Söhne, teils durch deren
Versorgung auf dem Wege der Adoption in andere Familien.
Der Stllrke des FamOienTerbendes entspricht die FÜnoif;e ftr
die Erhaltung der FamOie, welche durch die Anwendung der
Adoption in weitgehendem Malse gesichert wird. Der dritte
bemerkenswerte Cnarakterzug der japanischen Familie ist das
Inkyotum, das Zurückziehen auf das Altenteil. Das Familien -
liaupt legt die Hausherrsehaft oft in verlulltnismursig jungen
Jalireu nieder und übergiebt die Hau6herrö<.'hart dem Erbsohn.
Diese bei uns nur in bäuerlichen Kreiöen bestehende Sitte wird
in Japan in ailen Ständen gettbt und ist auch rein wnrtsdiaftttch
▼on groAer Bedeutung. Dais es das Ideal eieenthch jeden
Japaners ist, sich raUgtiohst bald von Arbeit und Verantwordich-
keit zurückzuziehen zu genügsam beschaulichem Dasein, scheint
mir einer der wichtigsten Züge ftir die wirtschaftliclio Tharakte-
ristik des japanischen Volkes. Rs ist begreiflich, dals eifrige
Reformer diese Denkart als ein schweres Hindernis wirtschan-
licher Fortentwickeiun^ beklagen, ebenso wie sie in der unbe-
dingten Unterstttlsung des einseinen durch das Eamilienhaupt
ein Hindernis für die Ent<ung yon Thatkraft und selbst-
bewufster Verantwortlichkeit sehen. Ebenso unverkennbar ist
es aber, dafs man io der Fürsorge des Familienhauptes filr die
Glieder imd in der Ehrfurcht vor dem Alter die Grundlagen der
bestehenden ( iesellschaftsordnung angi*eift.
Es wilre nun irrig, wenn man aus der rechtlichen und sitt-
lichen Kraft des Familienverbiindcb auf eine wirtschaftliche Gre-
stahnng sehlielsen woUte, wie man sie sieh bei patriarchalischen
Zuständen vorzustellen pflegt, dals ntfndich die Familie als wirt-
schaftliohe Produktionsein lieit in grofsen HausgemdusohaAeQ
Eusammengehaltcn wird, wie vielfach bei den Slaven, Chinesen und
— wie es scheint — * auch Koreanern. Während in China die
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148
gleiche Erbteilung unter den Söhnen diese vielfacli veranlafst, in
einer Wirtschaft beisammenzubleiben', so hat in Japan die Pri-
mogeniturordnung dazu geführt, die jüngeren Söhne und Brüder
als Häupter yon Nebenhänsem möglichst abzuspalten und wirt-
schaftlich selbständig zu machen. So finden wir durchschnitdicii
•eine nemlicli geringe GrOfse der Hauehaltnngen, nicht
Tiel gv^iaer als in I)6nlBch]and. Ende 1887 wurden unter gut
30 Anllionen Einwohner 8056514 Familienhäupter gezählt, so
dals auf ein Familienhaupt 3,« andere im Dm^ haehnitt kommen
Von den FaTTillir'nliHuptem, waren 124 444 — 5,a Prozent —
weibiicheii G< s( iileclits, An lang ib82 erst 4,7 Prozent Die
ZabI dfr wiiklicl) vorlmüdeuen einzelnen H.HUshaltunsfen ist ge-
riiigei-, Eiide 1887: 7 771 39Ö liauahahuugen (die Zahlen für
4ie Benrke siehe in Tab. 4); das aind 5,«8 Etfpfe der Wolm-
berOlkarang darcfascbnitdich auf eine HaushaltunR, 5.08 Kopie
der flesetznchen BeTOlkenin*; Die Zalil der Hauanaltupgen
vermelirt sich langsamer als die Zalil der Bevölkerung, so dafs
die Durchschnittsgröl'pf einer Haushaltunfr im WacliRon ist An-
fang 1882 erst 4,83 Kopte der gesetzlichen Bevölkerung. Zum
Teil erklärt sich das durch die oben erwähnte nachträgliche Er-
miUtlüüH noch nicht eingetragener Famiiienglieder. Immerhin
ist die kngsame Zunahme der Haushaltungen auffiLUig gegen*
über der Zunahme der Bevölkerung wie der FamüienhAupter.
In den sechs Jahren von Anfimg 1882 Ina Ende 1887 wuchs
die Zahl der
Familioiihau];!« r um 4,0*^*0
fesetzlichPTi Bevölkerung - 6,6 ^io
laushahungen - 2,i °/o
Die Durchschnittsgröfse der Haiisha]tunc:en ist ziemlich ver-
si'ln'eden. In den grolsatädtischen Bezirken mit vielen Einzel-
hau s halt; mgen junger Männer ist der Durchschnitt erheblich
niedriger, am niedrigsten in Tokyo mit 4,23 Köpfen (Woiiiibe-
TOlkerung). Im Ubrken besteht ein bemerkenswerter Unter*
acbied swischen dem Sttden und Norden. Im Nofden sind die
Haushaltungen durchschnittlich gröfser, so namentlich in Aomori
(6,88), Akita (5,7 1), Iwate (5,»8), Miyagi (6,58), Yamagata (6,86),
Fukushimn fr>,.-). Tochigi (6,.'t;\ Saitama (5,'mO. Ibaraki '5,t0.
Alle anderen Beziilce blribcn unter 5,ö. Dagegen bleiben alle
Bezirke des Südens und VV e^tens (vom Biwa-See an) mehr oder
weniger erheblich unter 5 Köpfen zurück, ausgenommen Toku-
shhna und die Nordhälfte von Kjushu (Fukuoka, Oita, Nagasaki,
* Vcl. die höchst dankenswerte Zusammenstellung „Pape« on
Teuure of Land in China" in Journal of the China Brauch of the Roval
Afliatic Society vol. XXIII. N. 8. Nr. 2 S. 57—183 (1888).
* Bei den Shi'oku ist das ^''orl^ältnis niedriger, nur Dagegen
I»,» bei den Kwazoku, welche Mebeuhäuser ohne Eruaubnis nicht begründen
kSfluien«
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144
Saga). Am niedrigsten ist Kochi mit 4,4 1. Zum Teil dtlrfW
Vencyedenheit mit der Zahl der voriumdenen Sinaokufii^
miUen zueammenhängen, da diese dnrduKshmtllich kleiner za seia
scheinen als die ttbngcn FainifieiL Doch genügt das allein
nicht zur Erklärung. Es dürfte aucli mit Vcrscliiedenheit der
Sitten und Zustände der bäuerlichen BeTtflkerung in Zusammen-
hang stehen
Mit der üblichen Begründung von Nebenhäusem und der
Verbreitung der Adoption hängt auch susanmien, dals die
DorcUlIhruiig des PrimogemtunyetemeB nicht eine weitgehende
Ehelon^keit zur Fol^ Ml Fit daa Eheweaen läfst uns aller-
dmgs die Statistik emiffennalaen im Stiche. Die Statistik der
Eheschliefsungen ist sogut wie wertlos, da sie sich natur-
ireiiiHls Tiur auf die im Laufe jedes Jalures erfolgten Eintrfigungen
bczielit, diese aber vielfacli verspätet, zum Teil gar nicht er-
folgen. InfolgedeHsen verlieren auch die Zahlen der als ver-
heiratet Nachgewieseneu an Bedeutung. Doch haben aie immer^
hin den Wert yon Minimaliahien. Die Zahl der wirkUch in der
Ehe Lebenden mufa gröfser sein. Zu Ende 1887 werden unter
etwas über 39 Millionen Einwohnern 14G93340 als verheiratet
nachgewiesen» das sind 37(5 von ie 1000. Von den verheirateten
Männern waren 64092 noch nicht 20 Jahre alt Mnnner über
20 Jahre ^ab es 11425487, Davon waren als verheiratet ein-
getragen 7-82578 oder <)37 von je 1000. Das erscheint nicht
besonders viel — in Deutschland waren es 1885 036 — , aber
ea ist an wiederiiolen: die Zahl der whrklich in der Ehe Leben-
den ist gröfier. Die Zahl der aJa verheimtet eingetragenen
Männer überwiegt schon in der Altersklaase 25—30 Jahre Uber
die der Unverheirateten. Erst in der Altersklasse 75 — 80 Jahre
uberwiegen wieder die KielitverlM irateten. Von den verheirateten
Frauen waren 6868 unter 15 Jahren. Frauen über 15 Jahre
gab es iiberliaupt 1 2 <S67 4.')'). Davon waren als vtjrheiratet ein-
getragen 7 339802 oder 570 von ie 1000 2. Öelbbt ditau ^lim-
malzanlen aeigen das gttnet^ Zahlenverhältnii der Qe8<^leehter.
Schon in der AlterBklarae 20 — 2h Jahre Überwiegen die als ver-
heiratet eingetragenen Frauen übf;r die Unverhenrateten, dagegen
wieder von der Altersklasse 60 — Ö5 Jahre an die Nichtverneira-
tpten (Witwen!). Von den FrRuen im Alter von 25—45 Jahroi
waren 772 von je 10(M) al« verlieiratet eingetragen.
t'lx'r dio im I>an(le in dieser Hinsicht herrsebenden Ver-
schiedenheiten giebt nur eine Tabelle der eingetragenen ver-
' So cUe gröfseren Hanshaltungen des Nordens mit der spätem»
B«'!*i»'»lelun^' und ^'cnnprercn Dichtiffkeit der üevölkerunp, geringerer
Viehhaltung bei gröfserem Umfange der Wirtschaften u. s. w. Vgl. auch
ipnteD den Abschnitt Landwirteehaft
^ In !>• utsdiland waren 1885 von den mehr als Secbaeliqjlhiigai
nar 523 verheiratet.
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145
heirateten Paare Aufechlul's. Während es deren, wie wir
sahen, auf 1000 Einwohner 188 gab, war üire Zalil in Osaka
nur 156, in Tokyo 168, in Ilokkaido sogar nur 153, dagegen
223 in Iwate, 218 in Chiba. So lange aber in der Regel-
märsigkeit der Eintragungen ei'hebliche Unterschiede beä Lehen,
sind wdtare SchlUase mu den Zahlen kaum solttssig.
III. Di« BMieilolung.
Die Art, wie ein Volk wohnt, i.st ein bedeutsam! r Ausdruck
seiner socialen imd wii Ischaitlichen V' orhaltnisse V Das japa-
nische Ha uü and seine Ein ricli tuug sind in ihrer Ein*
&ddie!t em Ansdrnck der Genügsamkeit wie des geringen Wohl-
standes der Bewohner. Das japanische Haus ist etn leichtbeweg'
lieber Holzbau, ein schweres Dach auf Pfeileni, welche ohne
Verbindung auf den untergelegten Steinen ruhen. Zwischen den
Pfeilern nur wenige feste Wände, sonst nur b^wogliche Schiebe-
wände, die dünnen Brettchen der Wände und der Decken,
die vorherrschenden Sti'oh- und Schindeldächer, der wenige
Hausrat m den kaiden Räumen, alles zeigt den geringen
Kapitalaufwand flir die Befriedigung^ des Wohnbedürfnisses.
Bei den Wohlhabenden darf num sich atlerdings durch den
Schein nicht täuschen lassen. Die anscheinende Einfachheit ist
dann gelegentlich nur die Form, hinter welcher sich grofser
Aulwand durch Benutzung feiner ausgesuchter Hölzer verbirgt.
Nur in den }!<«hereu Ständen linden wir auch die Abgeschlossen-
heit der \\ ohnuEg, welche mau in Europa unwillkürlich mit
orientalischen Gewohnheiten verkntipft. Auch hier geht sie aber
nie so weit wie etwa in China. Hat der Japaner doch auch
nie seane Frau in der Weise eingesperrt wie aer Chinese. Bei
der Masse der Bevölkerung aber enihOUt das offene Haus das
Privatleben in einer Weise, welche uns nördlichen Europttem
zunächst erstaunlich ist.
So billig das gewöhnliche japanische Haus ist, so ver-
gänglich ist es. Den Reiz unserer alten Städte wii^ man
in Japan vergebens suchen. Das eintönige Grau endloser
niedriger iiäuseri'ciben mit grauen Dächern und grauen
* Über das iapaiusehe Hans und seine innere Einrichtung, wcsent*
lieh vom torlmisf Th ii und kunst;j;f» werblichen Standjuinkt aus, verbreitet
sich in eingeheudster Weise E. Morse, Japanese Homes and their
SoROundings, London 1886, mit mhlreiehen ADbUdnngen. IMe Anlage
der An«iedelunffaii wird auch von ihm kurz abgctban. I)ie immer noch
anschwellende Masse dor Reifebeschreibuneen ist auch in diesf^r Hinsicht,
wo auch der tiiichtigst«! lieisende selieu könnte, unglaublich btumpf uud
j>a ich für die folgenden Hcliildoninpen meist unf die eigene An-
schauung beschränkt bin, mache ich darauf aufmerksam, dafs der äüden
Japans niir nur unvollkominen beksimt ist
ForMhimg«n (4&) X 4. - Bathgeu. 10
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146
WrtndoT) wird nur hier und da von mächtigen Tempeid :1c!iom
überrai;t. Steinbauten sind Neuerungen der allerletzt« n Zeit.
An muööivcn (iebUuden gab ei? bisher nur die feuersicheren Vor-
niLüiiüuser (Kura, von den Fremden Godow n genannt), mit
dicken Lehmwäoden. Auch die SchlOeaer der Grouen bestanden
bisher aus Hob und Papier und an der kaieertichen Residenz
in Ky 1 ist nichts betnerkenswert, als dafs der Kaiser in so
einfachen Räumen lebte.
Die Re^rel ist, dafs jede Familie ein H.nia bewohnt, meist
dab eij^ene. Das ist um so Icicliter möglich, als die l'auart
ennögliclit liat, dafs Haus- und (Grundeigentum getrennt «ein
können. Abgesehen von den Wuimungen der kleinen Pächter
bat sich ein elgentikshes Hietswesen bisher nor in den
ffroften Städten entwickdt In den wohlhabenderen Klassen
durfte aber auch hier häufiger als Miete eines Hauses Padit
des Grundstückes auf längere Zeit und Ekrichtumz eines
eigenen FTauacs sein Dagegen wolint die Masse der kleinen
Leute, iL-iTTiPTitlich in Tokyo, Yokohama. ( )saka etc., zur Miete.
Dir Miels] iirisc öind im Verhältnis zum Iliiuserwertf r<K:ht liocli,
wa» Mcli wesentlich aus der grofseu Feuersgefahr und ra-srlicn
Vergänglichkeit erklärt. Bei dem geringen Wohnungsbedtirfnis
des Japaners nimmt aber die Miete nur einen TerhätnismlÜsig
kleinen Teil des Einkommens in Anspruch, tmd swar, soweit
mttne Üirkundigungen reichen, abweichend von europäischen Ver-
hältnissen eine gleiclimäfsige Quote bei Wohlhabenaercn wie bei
Ärmeren In Tokyo geben nuch 7fifdrf iehen Erkundigungen
mittlere und kleine Beamte. Ka itl utc, Handwerker, Arbeiter
durchweg etwa ein Zelmtei ihre» Emkommens für Miete aus.
Jn den Arbeiterquarticreu wohnt die Bevölkerung in Tokyo wie
in Yokohama sehr dtti-ftig und zusammengedrängt Eine Familie
von 4—7 Köpfen hat selten mehr als 3—4 Matten , d. h. einen
Baum von 1,80 Meter Breite und 2,70—3,60 Meter Tiefe. Da
aber die Häuser sich nicht in die Höhe ausdehnen und fast nie
mehr als einen Oberstock haben, ist die Saelie sanitilr nicht so
Hchlimm, als sie zuerst scheinen möchte. Scldimmer ist der in
solchen Quartieren herrschende Schmutz. Der Mietszins wird
bei ganz kleinen Wolmungen wöciientlich , bei grölseren monat-
lich entriditet
Das Bauernhaus pHegt gröiser au sein, als die Hsuser in
den Städten; namentlich die Seidengegenden zeichnen sich durch
Umfang der Gebäude aus. Ein ob^^ Stockwerk fehlt meist,
abgesehen von den ^^'irt8h^iu8cm. Dom Vieh, wenn es vorlianden,
dient ein halboffener Scliuppcn als Unterkunft. Nur die wohl-
habenderen Bauern resp. GrundbcajiUer haben ein feuerfestes
Vorratshaus neben dem Wohnhaus. Oröfsere Scheunen fehlen.
Da die Häuser sich nicht in die Höhe ausdehnen, ist trotz
des geringen Baumbedlirfnisses der meisten Japaner die von
Baugrundstucken dngenoromene iltiche Terhilltnismttrsig beden-
I
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X 4.
147
tend, 4,7 Are per HanshaltUDg im Durchschuitt des ganzen
Landen, Im Norden und Osten der HaTi])tin8el sowie im Süden
von Kyiishu ist das Verhältnis der Bauiandflächo zur Zahl der
Hau.shaltuTigen sehr viel höher als in den übrigen Land^teilen,
HUI höciistcn in Tochigi mit 10^6 Are durchschnittlich auf eine
Haushaltung.
Japan ist k&n Land der Städte. Weder sind volkreidie
Anaiedelangen häufig, noch tragen sie in der Regel einen be-
aonders stadtartigen Charakter Die historische Bezeichnung
«ines Ortes als vStadt oder Dort' ^neht über die thatsM ( bliche Be-
deuhincr keinen Aufischlul's. über die Gröraenklassen japanischer
Ortscliatten giebt es eine Anzahl Angaben. Die Vergleiehbar-
keit verschiedener Jahre ist aber völlig aufgeiioben durch den
Umstand, dafs die Zablen in frfUieren Jahren sieh auf die
gesetzliche» seit 1886 aber auf die Wohnbevölkerung bestehen.
Danach hätte es der gesetalichen Bevölkerung nach gegeben :
1877 1884
Orte mit mehr als
100000 Einwohnern
5
5
• - 50001 bis
100000
6
6
- - 30001 bis
50000
17
17
- - 10001 bis
30000
81
09
oUül bis
lüOOO
?
17ö
- . 2000 bis
5000
?
416
Auf Ende 1886 besieht sich folgende Zusammenttellung
nach OröfsenUassen der Wohnbevölkenmg, welcher ich ver-
gleichswdse die Zahlen für Frankreich (mit fast gleicher Be-
völkerungssahl) beifüge. Es gab 1886
Japan Fiaokreieh
Orte mit mehr als 100 000 Einwohnern 4 11
- - 50001 bis lOOOOO - 8 19
- - 30001 bis 50000 • 15 24
- . 10001 bis 80000 - n-> 1^0
susammen 140 284
211
340
347
- 606
zusammen 1644
Für die gröfsten Stiidte werden fUr Ende 1886 und 1887
folgende Zahlen angegeben:
1886 1887
Tokyo 1 1 2 1 883 1 1 65 048 (1889 : 1 377 285) »
Osaka ;^()1094 432 005
Kyoto 245675 264559
> Dabei ein Zuwachs von etwa 20000 dnrch Veiliid«ning der Stadt-
gfenie. 10«
Daau:
- - 5001 bis 10000
- - 8001 bis 5 000
- - 2001 bis 3 000
• - 1001 bis 2000
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148
X 4.
Nagoya
Kanazawa
Yokohama
Hiroshima
Kobe
Sendai
Tokushinm
Wakayam.i
Toyama
1886
1314i>2
97653
89545
81914
80446
61709
57 456
54868
53556
1887
149 756
96689
115012
84094
103969
71517
59857
56495
51914
Manche die&er Zuhlenveränderungen dürften auf Bericliti-
guDg der Register zurUckzulllhren sein. Eine sehr starke Volka-
Termehnmg in Tokyo, Osaka, Yokohama und Kobe ist an
aich aber nnsweit'elhaft vorhanden ^
Trots starker Zunahme der Bevölkerung der grofsen Stildte
wohnten Ende 1886 doch immer noch nicht ganz 12 Prozent
der Bevölkerung in StiUlten mit mehr aln 10000 Einwolin»'m
und 4,6 Prozent in Städten mit mehr als 100000 Einwi^lnn rn.
In ganz Japan kamen 1886 auf je 1000 Quadratkilometer
4.8 Ortschaften mit mehr als lOUO Einwohnern, in Altjapan
afiem 5,7, dagegen in den Benrken Tokyo 24, Osaka 15, in
Saitama, Miye und Okayama 12, in Saga 11, in Eanagawa,
Hyogo und Ohiba 10, anderseits in Iwate, Kochi, Miyazaki,
Okinawa und Ilokkaido -2 und weniger. Wie dünn f^es^tet die
gröfseren Ortschaften sind , kann man daraus ersehen, dals von
den 45 Bezirken in 8 nur je eine Stadt von mehr als 10 000
Einwohnern war, in weiteren 11 Bezirken nur je zwei aolol er
Städte. Die meisteu, nämlich je 8, liatten Obaka und Hiroshima.
Osaka war auch der einsige Beeiik mit awei Stildten von mehr
als SO 000 Einwohnern (nämlich Osaka aelbet und Sakai mit
44015 Einwohnern).
Der geringen Zahl grol'ser Ortschaften entspricht der ge-
rinp^e TT?iter<('liit'd von St^dt und Land. Vs :\a bei uns historisch
die Städte in ihrer Eigenart geechafien hat, die rechtliche Be-
> Die älteren Zahlen, welche sich auf die gesetsliche BevÖlkemng
beziehen, also nicht veigleichbar sind, waren
1877 iss-t
Tok> ü :m 28a (?) 902 isi?
Oiaka 284105
Kyoto 229 HlO 2.V. 40:5
Naggya l:i')715 120 890
Kanazawa 108263 104 H20
riiroahima 7ö 7<jO 77 :{40
Yokohama (>4Mi:{ 70 019
Tokutelüma 'ü mi fiO.Ml
Wakayama i;2 197 '»o .^74
Sendai '>Jit74 .>j:{21
Toyama 40 473 50417
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149
jschrttnkung von Handwerk und Marktverkehr auf die Stadt,
liat in Japan ebenso gefehlt wie die örtliche EinschÜpfsMüg
durch Wall und Graben, während z. B. China gerade;^ u ein
t}^pisi tu s Land der ummauerten Stitdte isu Japan hat in iuäto-
riöcher Zeit keine freuide iuvasion erfahren * I
Das Handigerk findet «ich in Japan überall auf dem Lande
serstreut, t«l8 ftlr den bkaien Beaarf, teils in hausindustri-
dUcr Organiaation für den grOfeeren Markt arbeitend. Dafs sich
Aach atme rechtliche Gebote und Verbote das Handwerk nielir
in den grofsen Ortschaften zusammendrängt, ist selbatverstöndlieh.
P <8 Wesen der japanischen Städte ist, dalH sie naturgemäfs den
Markt ftlr ihre Umgebung bilden, die kleinen lokalen Mittel-
S unkte für die bäuerliche Umgebung, wo die Händler wohnen,
ie dem Bauer seine Produkte abkaufen, wo der Bauer die
wenigen Dinge, welche er nicht selbst erseugt, einkauft, wo die
zaliUosen Hausierer, welche das Land durchraehen, sich mit
\A'aren versehen. Unter besonderen Umständen entwickeln sich
solche Orte dann wohl zu r^röfseren Umsehlagspliitzen, teils durch
die günstige \'erk(4irs]airn, to^]^^ durch das \ orLandensein eines
starken örtlichen l\oiisuni8. 60 sind Wallfalu-tsstadte wie Yamada
in Ise oder Zenkoji (Nagano) durch den regelmäfsigen starken
Zuflul's von Pilgern entstanden. So haben die Residenzen der
Territorialherren mit ihrem Hofstaat und ihren Verwaltungsbe-
hörden zur fjit Wickelung der Stildte beigetragen. So ist es noch
heute mit den Bezirkshauptstftdten , wo Kencho (Regierung),
Landgerielit und Bezirksgefangnis. Hospital, Normalsehuk' und
Mittelschule, zuweilen auch (larnisonen. einen Mittelpunkt stär-
keren Konsums bilden. Die Hesurgung der vStaatskassengt^häfte
führt zur Gründung einer Natiouaibank. I )ie ^rülseren Kauf-
leute ziehen sich dahin. Hier werden die ersten Versuche ge-
macht, Fabriken zu gründen. Hier erscheint das Amtsblatt und
die poHtische Zeitung des Bezirks. Bei der leichten Bauart der
Häuser können dann solche Orte ebenso rasch wachsen wie ab-
nehmen, wenn solche äufseren Umstände sich verändern -. Solche
Städte mögen zuweilen ihre ureprünglichc Bedeutung wesentlich
militärischen Grtinden verdanken (Siiizuoka). Uberwiegend sind
aber wolil die Kastelle den Städten gefolgt, welche durch gün-
stige Verkehrslage gröfsere wirtschaftHcne Bedeutung erlangt
kaben. Vid&ch sind es gute Hilfen , welche einem rlatase wa
Bedeutung yerholfen haben. Wie in Enrojia finden wir auch
in Japan, dafs die alten Hafenstädte mdst nicht direkt am Meere
liegen y sondern etwas einwärts» an den fUr kleine Sohifie su-
' Die UmwalluD^ vou Kyoto im Jahre 1590 durch Toyotomo
Hidcyoshi ist das emsige mir am Japan bekannt gewoidene Beispiel. ^ ^
* Die aus äherfm Zeiten hrrichtctm ungeheuren Einwohnerzahlen
einzelner Städte sind freilich ebeu&u wenig oder noch weniger b^laubigt
als die gelegeutUdiea Kodsen miserer mittelalterUeheD ChTonistsn.
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150
gänglichen FlttBsen, so vor allem Japans alter Oentralmarkt^
Osaka, so Nacroyn nvi<\ Hiroshima, Niigata und Cho.shi, Waka-
\ama. Kochi und vich andt rf*, wie ein Blick auf jede p-röfsere
Karte zeigt. Sehr häutig hiiden wir dann ein besonderes Hat'en-
stadtchen der gröfseren St^idt vorgelagert, woliin »ich dann in
der Neuzeit mit der Verwendung gröfiserer Schififo der Verkehr
rieht Wo wichtige Stfldte direkt am Meere liegen, da Bbunmt
ihre Bedeutung entweder aus neuerer Zeit, wie bei NagMaki,
Hakodate, Yokohama, Hobe, Yokkaichi, oder hat ihren Grund meist
in besonderen Umständen, so bei Shimonoseki in der schwie-
rifren Schiffahrt durcli die Mf^Tenge, wo oft Hunderte von Schiffen
liegen und auf die Durchfahrt wallten. Im Rinnenlande finden
wir regehuUlsig au den Ausgängen der Bergthäler in die weitere
Ebene wichtige Umschlu^spLitze, wie das an dem ganzen Hcrg-
nmd, der die Tokyo- Bboie umsänrnt, besonders deutlich ist
(Odawara, Hachoji, Takasaki, Maebashi u. s. w.). Ebenso finden
wir in kleineren Ebenen regelmäTsig einen wirtschaftlich ^vie
militJJriach beherrschenden Centraipunkt, so Kofu. Matsunioto
(Nf^ano), Toyania, Sendai. >\'akamat8a, Yonezawa, Vamaj^ata
u. s. w. Ich sagte, die SUidte sind im wesentlichen die Markt-
?lfltze für ihre fjmgcbung. Doch mul's man sich auch hier vor
Jbcrtragung europäischer Vorstellungen htiten. Jahrmärkte und
Messen von Bedeutung scheinen in Japan nie bestanden an haben.
Der fremde Kaufmann, der mit seinen Warenballen das Land
durchzieht, der Karawanenliandel, der die groisen Messen des
europäischen und asiatischen Festlandes hervorgcnifen iuit, ist
der japanischen Handelscntwickelung fremd geblieben' Bei
grofsen Tcnipeltesten sehen wir wohl allerlei Händler mit Kosen-
kränzen, Andenken, Efswaren, auch Gaukler mid ilhnlicheü
fisdurendes Volk sich versammeln. Ein eigentlicher Waren handel
aber scheint sich daran niiigends geknüpft zu haben.
Auch der Wochenmarkt hat anderen Cbai^kter als bei uns.
Es ist nicht sowohl der Fh»duxent als der Händler, der dort
sitzt und seinerseits wieder an den Hausierer verkauft. Diese
Hausierer aiehen daim durch die Stadt und schreien ihre
Ware aus*. Der Bauer, der Oemü- ' u. s. w. zur Stadt bringt,
verkauft an den Händler oder an fe.>tc Kunden, von welchen
er dann wohl als Bezahlung DUnger eintauscht, lu grolseu
Städten sind von Wichtigkeit ihr die den Tag ttber arbeitende
Bevölkerung die abendUcben Erammttrkte, welche einen wesent-
lichen Zug im Bilde japanische Stralsenlehens bilden und sieb
^ Auch der Greosverkehr, der vielfach Messen geschaö'eu hat (wie
bis rot karseni die jährliche Nene an der chineflitch- koreanischen
Grenae).
* Der Verkauf von Lebeusmitteln , wie Fischen, Obst u. s. w., ge-
sclüeht vielfach auf dem W^e der Versteigerung und ineibt sehr früh
am Ifofgsn.
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X 4.
151
Yiel&ch an die klemen^ regelinäfsig an bestimmten Tagen wieder-
kehrenden Tempdfeste anschliefBen*.
In der äufseren Anordnung japanischer Stedelungen scheint
auf den ersten Eindruck dir- Form des Strafsendorfes vor-
zuherrschen und zwar, wie Rielil es nennt, des ..echten Strafsen-
dorfes", des Dorfes, das der Stra sc nachzieht, wie man es jeden
Tag bei Verlegunp^ oder Neuanla^e einer Landstrafse sehen
kann. Die leichte Bauart des japanischen Hauses, das nicht fest
mit dem Orande verwachsen ist, das gelegentlich auf Wuhsen
eesetKt und an eine andere Stelle geschoben wird, hat zur Folge^
dafs die Ortsanlage der Landstrafse folgt und jene endlosen
HÄuserreihen zeigt, welche in dichtbevölkerten Küstengegenden
oft £ast ohne Unterbrechung auf lange Strecken sicli fortsetzen^
einen Ort mit dem andern verhindfcnd. Wtihrend aher der
fltichtige Tourist eine andere Lori'anlagc kaum kennen lernt,
stolöt man, sowie man die gröfseren Stralsenzüge vcrlalst. auf
gaD2 andere Dorfanlagen, bei welchen sich swei Typen
nntersdieiden hissen. Im Hügel- und Bei^land herrscht die
völlig regellose zerstreute Anlage. Jedes Bauernhaus liegt ftir
sich, oft von Brlumen und Hambuspflanzungen umgeben, die
gröfseren nauernliöfe wohl mit dichter, lebendiger Hocke ein-
gehegt und einem Galgenthor verschlossen. Die Ansiedelung
folgt den l'häleru, dem Wasser, ab(i' der zum Keisland sich
eignende mittlere Teil des Thaies bleibt frei. Die Bauernhäuser
umrahmen es an die Böschungen der Thalränder gelehnt Die
aerstreuteste Dor&nlage zeigen die Seidengegenden mit ihren
Maulbeerpflanzungen. Die ganz entgegengesetzte Anlage finden
wir in den kleinen Ebenen des Südens und Westens, wo die
Bauernhiiuser in kleinen dichtpedrJIngten Grupjten auf Er-
höhungen mitten im Reisfelde stehen. Gelegentlich erweitern
sich solche Gruppen zu ganzen geschlossenen Dörfern (so bei
Osaka). Doch ist das selten. Soweit meine eigene Anschauung
reicht, herrscht, abgesehen von den Strafaendörfern, die zerstreute
Anlage vor, wo niät besondere Umstünde zu eng geschlossener
Anlage um einen gemeinsamen Mittelpunkt führen, wie in Wall-
&hrtsor(en und den zahlreichen Badeorten.
In der Mitte stehen die Fischerdörfer, die sich meist lang
am Strande hinziehen, zuweilen völlig in das Straisendorf über-
gehend. ?5ind jene zerstreuten Ortscliaften raeist reine Bauem-
dorter, so hat das StralseiRlorf schon mehr stadtischen Charakter
mit seinen W irts- und Ershäusern, mit Handwerkern und ge-
kgentltdien Kramläden und geht durch unmerkliche Abstufimgen
in das Landstttdtchen ttber. Bei den kleinen Sttfdten herrscht
noch ganz überwiegend diese Form, und wo einlebe Keben*
' Auf solche rege 1 in a feigen Krammärkts denten Ortmamen. wie
Yokkairlii: „ViertcD-Tft-- Markt", Mikkaichi iL s. w Üljriirrnp sind Orts-
namen auf „markt" nicht liäufig, was auch beseiciiuenU »ein dürfte.
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152
X 4.
straben sich finden, trinken sie ihr Vorliandonaein meist den in
die Landstralöe einmundt'ndon Nebenweg* ii. Es ist bezeichnend,
dal'ö am Nakasendo, der nördliclien von i okyo nach ivjutu durch
das Gebilde fübrenden Landstrafsc, bei einer Länge von 520 km
nur Bwei Stttdte* Uegen mit mehr ak einer StralM. Wird doch
auch für eine Stadlgemeinde dasselbe Wort gebraucht wie (Hr
eine Strafse (Clio). Tjpiseh, wie bei den kleinen Landstädten,
ist auch die Anlage der gröfseren Städte. Nur selten bietet sich
ein wirklich individnollcres Städtebild, wie Yamada in Ise.
Malstrebend ist daü Kastell, das in helierrschender Lage, etwa
mit lieuulzung einer Anhöhe, über die Stadt sicli erhebt^. An
das Kastell schliefst sich ein weiterer uuiwuUttir iiezirk, in dem
der Fürst oder der Statthalter des Shoeuns residierte und die
Beamten und Soldaten wohnten. Aufsenialb der Wfllle erstreekt
sich die ( leschäftsstadt, wo der ßtlrgersmaDn wohnt, diis Kastell
auf zwei bis drei Seiten, fast nie ganz umfassend, auch hier
wieder dem Zug der Lanilstrafser) folgend, welcli* stets aulser-
lialb des nmwallten Px-zirks bleiben. Vor der neuen Ordnung
müssen solclie Schlu sstiidte sehr viel stattlicher ausgttsehen haben
als gegenwärtig. Meibt ^tcileli von den Kastellen nur noch die
Walle und die Fundamente d^ mflehtigen Tborgebaude. Das
Innere liegt wttst oder ist in einen staubigen Ezercieridats um-
gewandelt oder enthält die im trosdosen Hauk.istenstil errichteten
amtlichen Gebäude. Eine solche Stadt ;;leicht der andern. Das
einzige Eigenartige sind die Tempclanlagen. Hier und da h n
man auch wohl einen Garten der alten Fürsten in einen iiübschen
örientlichen Park umgewandelt. Auch Tokyo und Osaka zeigen
dieselbe Grundatilage. Die Au.sdehuuu;; der kanaldurcbzogeuen
Oeschäfiastadt, die GrOfse des Kastells^ in Tokyo die weitlfiufieen
Gartenquartiere der Wohlhabenderen und der Beamten, bilden
die wesentlichen rnterschddungsmerkmale von den kleineren
Schloisstädten. Kyoto dag^n hat unzweiielhaft einen eigen-
artigen Charakter, wie er auch seinen Bewohnern nachgesagt mrd.
IV. Stand und Beruf.
Die feudale (Tcselkchaftsordnun^j,- berulite in Japan ^vie
anderwärts, auf der Erstarrung der Berufsklassen zu erblichen
Ötiinden. Die neue Ordnung hat die rechtliche ^Sonderung der
Stände durchbrochen. Hat der übrigens wenig zahlreiche Ä d e 1
— Ende 1887 gab es 588 adlige FamilienbUupter — noch eine
reohtfidie Sonderstellung, so ist beim ttbrigen Volke der moderne
> Takasaki und Fukushima.
* Hochragende maleriaeh telegene Bürgen, wie za Hikone am Biwa-
See nnd au Matauyaoia (Ehim^ smd Mlteo.
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X 4. 158
Orundsatz der Gleichheit vor dem Gesetze eingeführt Wie es
keine TTnehrlichen und AnssfestofspTien mehr giebt. so hat auch
de-r fetiind der 8liizoku seine Vorrechte allmählicli eingebüfst^
Zwar wird bei allen möglichen Gelegenheiten immer noch fest-
eestelit, wes Standes der Betretl'eude iöt. Aber rechtlich i&t d&s
Bedeutungslos geworden. Es ist schon jetit nicht selten, dftfs
nicht memr festsuslellen ist, bu weldiem Stande jemand gehört.
So erklärt es sicli^ dafs die Zahl der als Shisokn in den Volks-
registem Eingetragenen sich ftst nicht Termehrt, mithin im Ver-
hultnis zur ganzen }^jrvr)lkenmg sich vermindert. Antani:: 1^^B2
wurde die Zahl der Siiizoku auf 1 931 824 angegeben, das waren
auf je 100 000 der gesotzlichcn Bevölkerung r>2(>4. Sechs .Jahre
später, Ende 1887, waren sie nur aui' lii54Gü9 angewachsen,
nur mehr 5003 unter je 100000 Einwohnern. Noch mehr aU
der Unterschied der Sbtsoku ^egen die Heimin verwischen sich
die Unterschiede unter diesen selbst Wo zubeetimmten Zwecken
die Scheidung in die alten drei Stände der Bauern, Handwerker
und Kauflcute noch gemacht wird, wird die vierte Abteilung
„sonstige" immer zrihlrHcher
Milder recjttliehen Beseitigunü' der Stiindeäunterschiede sind sie
selbstverstäncilicli nicht auch that.>achlieh verschwunden. Nicht
nur Sitten und Umgangsformen behaupten sich. Das thatsüch-
liche Übergewicht höherer Bildung giebt dem Shisoku eine her-
vorragendere Stellung. Unter den Beamten bis m den Polizisten
hinunter finden wir überwiegend Shizoku und besonders in den
höheren Stellungen. Aber der Anteil der Heimin ist doch un-
zweifelhaft im Wachsen Wird die Armee unter der ganzen
Bevölkerung rekrutiert so sind nicht nur die Offiziere, sondern
auch die Unteroffiziere meist Shizoku. Die geistige und politische
Ftihruüg im Volke ist in den alten Händen gebUeben, auch
unter neuen Formen. So sind in den Bezirkstagen fast Überall
unter den Mitgliedern unverhJdtnismärsig viele Shisoku. Wo sie
einigermafsen sahireich wohnen, sind auch nur wenig Heimin in
den Besirkstagen. waren beispielsweise 1887
Shiaoku Heimm
wahlberechtigt 573 1 1 440
wählbar 218 6116
Besirkstagsmitglieder 1 B 54
wahlbcreditigt 8 694 25 025
wäldbar 4882 9021
Bezirkstagsmitglieder 32 3
So hat es aucli heute noch ein gewisses Intere.sse, die Ver-
teilung der Shizoku ins Auge zu fassen, da sie auf die Macht-
in Tokyo
in Kagoshima
» Noch daa StrafiL,'p-^otzbuoh von 1^7173, bis l^^l in Kraft, be-
handelt den bbizoku anders als den iieimiu, den gemeinen Mann.
* YgL die Zahlen oben & 125.
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154
verhMltnisse im Lande wie auf manche Interessengegensätze
zwischen den verschiedenen LandeateileD einiges Liclit wirf^.
Da sehen wir, dafs die Shizoku im ganzen T.ande etwa 5 Prr zi nt
der Bevölkerung ausmachen, in Kyushu aber 12,6 Prozent, und
zwar in der alten Satsumaherrschaft bis zu 18 Prozent m
Miyazaki und 24 Prozent in Kagoshinia steigend. Die Provinz
Hizen hat im Bezirk Saga 15 Prozent und 11 in Nagasaki.
Yamagncbi (das Oioslraland) hat 7,?, Kochi (Fh>TiiiK Tosa)
7,1 PSozeni Die vier herrschenden Landschaften haben also
eine stark überdurchschnittliche ShizokubevDlkerung. Im Norden
stehen über dem Durchschnitt nur Tokyo mit 9,4 und Yamagata
mit 7,5 Prozent. Die 11 Prozent im Hokkaido sind wohl Uber-
wieirend Beamte, zum Teil aber auch Koluniht« n. Dafs in
Nkinawa über 27 Prozent der Bevölkerung bluzoku sind, ist
für die inneren japanischen Verhältnisfie weniger wichtig. Die
geringste Zahl von Sbisoktt findet nch in den mittleren Teilen
der Hauptinael, wo in Yamanashi unter 1000 Einwohnern nur
6 Shisoku sind.
Mehr als die rechtliche Gleichstellung hat die Lage de«
Shiznknstandea verändert und wird sie in Zukunft noch mehr
verändern — die Umw.'tUung in ihrer wirtschaftHclien Lage.
An die Stelle ihrer alten RentenbezUge. welche ihnen ein sicheres,
wenn auch meist sehr bescheidenes Einkommen gewahrten, ist
eine Abfindung in Slaataschuldacheinen getreten^, deren Zinsen
für die meisten aum Leben nicht hinreichten. Wer als Beamter
nicht unterkam, mufste zusehen, wie er sonst etwas verdienen
konnte. Viele verkauften ihre Ablösungsscheine, nadidem der
Verkauf freigegeben w ir (September 1878), um mit dem Erlös
irgend ein Gescheit anzufangen. Wohl die meisten haben in
ihrem Mangel an Gesehäftskenntnissen ihr Kapital dabei cinge-
büföt. Manche sind Handwerker geworden. So sollen unter den
Badidntckem viele verarmte Shizoku sein. Viele haben sich
dem Ackerbau zugewandt, was in manchen Gegenden, wie dem
südlichen Kyushu, ohnehin Sitte war. Mehrfacli hat man auf
bisher unbebautem Lande Kolonicen gegründet. Da!'s der Erfolg
nieht immer günstig war, kann bei der ünerf direnheit der Leute
nicht wundernehmen ^. Wie sieh diese Dinge zahleomäfsig
verhalten, ist schwer zu sagen. Über die Zahl der Gnmdbesitzer
unter den Shizoku giebt einen gewissen Aufschluis die Statistik
der zu den Bezirkstagen Wahlberechtigten. Unter den Grund-
besitaem, welche 5 Yen Grundsteuer aahlen, gab es Ende 1887
59202 Shiaoku, während die Zahl ihrer Familienhäupter 425960
I Die Jslinzelheitou vgl. unteo im ersten Kapitel des dritten Buches.
* Von swei mir bekaniit gewordenen gröfseren Kolonien von
Shizoku sah die eine auf der Hara westlich von MotomiTa (Fukushima)
•/iemlich trngtlo'» an«, 'lie ftiidcre. Mombetsii im Hnkkaido an der Ynikan-
bucht, iiat sich dank der /.uckcrrübenkultur gut entwickelt.
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betrag. Grundbesitser, welche mehr ak 10 Yen Steuer zahlen,
fab es 3592(3 von Shlsoknetand. Seit 1S82 hatte die Zahl
er Zehn-Yen-MUnner zugenommen, die der Fünf- Yen-Männer
a>>L'pnommeD. (Nttheree yergleicbe im Kapitel GrundbeeitB,
am Ende.)
Durch die veränderten rechtlichen und wirtschafthchen Ver-
hältnisse, durch das Eindringen der europäisch-amerikanischen
modernen Ideen bahnt sich allmählich eine Umgestaltung
der GeselUchaftsordnung an, welche sich der Elassen-
g^emng unserer modernen Gesellschaft nähert Der «nfluls-
reichste Stand kt das Beamtentum, welches einstweilen noch die
Mehrzahl der tüchtigsten oder wenigstens thfttie:8ten Kiemente in
sich aufsaugt Eng dnmit zusammen hiingen din mrlfror! frcu-n
Bpruf'e (kr Arzte, Kechtsan walte, Litteraten. Daneben längt aber
an der grofse Besitz sich geltend zu machen. Nicht so sehr der
^öfsere Grundbesitz, denn der ist selten, als das ganz moderne
Kapital. Die Scbafiung einer verzinslichen Staatsschuld, die Ent-
stehung der Aktienunternchmungen hat das Wertpapier ins Leben
gerufen und damit den Kapitalisten, den Banqmer, den Speku-
lanten. War vor zwnn/.ig Jahren noch der Kaufmann ein tief
unter df n\ Samurai stehendes Geschöpf, so k;\nn in m lieutf^ dem
erfolgreichen Nouveau Riehe in den 8aIons <lt r Minister begegnen.
Eö fehlt 8chon jetzt nicht an Beispielen , dai» die Ilücksicht auf
diese Kreise einen bedenklichen Einflufe auf die Malsregeln der
B^erung ttbt Kichts z«gt wohl mehr die Wandelung der
Anschauungen über Reichtum, als dafs die VeHassung den
Höchstbesteuerten jedes Bezirks ein Vorschlagsrecht zum künf-
tigen Oberfiaus giebt und sie so auf eine Stufe mit dem Adel
stellt Zahlreich sind freilich die reichen Leute in Japan noch
nicht. Unser grofser Fabrikant fehlt so gut wie ganz, denn die
AnfHnge der Grofsindustrie treten liast durchweg in der Unter-
nehmungsform der Aktiengesellschaft auf. Die Direktoren der
Gesellschaften sind bisher ganz Überwiegend aus dem Beamten-
stand hervorgegangen, und wie in den Staatsbehörden finden whr
an der Spitze der wichtigeren Gesellschaften die Shizoku der
südlichen Landschaften, häutig aber auch alte Tokugawa- Vasallen.
Gar keine thätige Kolle in diesen modernen höheren Klasson
spielt der Adel, natürlich abgesehen von den neu in den Adels-
stand erhobenen Führern des Shizoknstandes.
Die Masse dcü Volkes lebt in kleinen bescheidenen Ver-
hältnlssen mit verhältntsmäisig geringen Vermögensunterschieden.
Bei weitem Überwiegen die Bauern. Fast dm Viertel der Be-
völkerung beschäftigen sich im Haupt- oder Nebenberuf mit
Landwirtschaft ^ Äoer grofse Landwu-te giebt es nicht, nicht
einmal, was bei uns mittlere Bauern sein wtürden. Es giebt fiwt
^ Niherai ontsn im Eingang des Kapitels LaadwiitMliaft.
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keine FriWikanten , nur Ilnnd w^rkor. Es g'iebt wenig grolfle
Kaufleute, aber ein '^awz überm iisit; zahlreiches Krämertum.
Die alten Sclir uikcn des wiriödiaftlichen Lelx^ns sind be-
Beitigt. Der Bauer hat mcht nur völlige Freizügigkeit für seine
Person erhalten, sondern auch die unbeschränkte Verfügung über
Bern kleines Beritstnm. Die alte korporative Organisattcm von
Handel und Gewerbe ist gefallen. Aber nicht selten ist das doch
nur dem Recht nach so. Thatsächlich hat die Sitte vieles von
der alten Organisation erhalten. Wo die Sitte im socialen Leben
iiorh eine so ungeheure Maclit ausübt, da regelt sie vieles, was
anderwärts schon den staatlichen Rechtszwang fordern würde.
Wo grofse sociale Gleichheit im üelben Berufe besteht, das rück-
sichtslose Vorwärtsdrängen des einzelnen noch fast unbekannt
ist. jeder genau lebt und handelt wie der andere, da erhalten
aicn korporatiTe Oi^nisationen nicht nur, sie Inlaen sieb auch
ganz naturgemäfs wieder neu. Es ist interessant zu sehen, wie
vielfach die Masse der kleinen Produzenten das Bedürfnis fllhlt,
sieh korporativ zusammenzuschliefsen, wo genieinsame Interessen
vorhanden sind. Und die Staatngewalt zeigt sich sehr bereit,
Bolclie Vereinigungen zu schützen und mit Zwang^rechten
auszustatten. So ist die Salzproduktion durch ein Kartell
in gans durchdachter Weise geordnet So sind in mehreren
£xpor1;gewerbeD , nameniBch der Theo- und Seidenproduktbn
zur Ausfuhr, korporative Bildungen entstanden, deren Zweck ist,
die Ausfuhr geOilschter oder verdorbener Ware zu verhindern.
Sicher ohne jede Kenntnis unserer älteren Einrichtnnjon der
Warenschan etc. dnreli die Züntte, hat die Natur der Dinge zu
den gleiclien Einriehtungen geiiihrt. Wo zahlreiche kleine Pro-
duzenten für die Ausfuhr uibeitcn, kann die Gewissenioaigkeit
eincdiier den gansen Ruf der Wai« verderben. Daher sucht
die Vereinigung durch ihre Au&icfatsoTgane gelklschte oder ver*
dorbene Ware zu fassen, welche dann vernichtet wird. Solche
Gilden (Kumiai) zur Wahrung gemeinsamer Interessen bestehen
(iberwi(^end im Export- und ImpnrtlKindel , wo die fremden
Kaufleute in den offenen Häfen schon mehr als einmal das
stmmme Zusammenhalten der japanischen Händler unangenehm
empfunden haben ' .
Im Handwerk haben korporative Oi^ganisationen wirtschaft-
licher Natur wenig Einflufs. Aber An^ze verschiedener Art
sind vorhanden, und gerade in den Anfiln^n modemer Groß-
industrie zeigt aicfa von vornherein eine stanEe Neigung zu kor-
porativem Zusammensehlufs, wie das a. B. in der BaumwoU-
Spinnerei schon verwirklicht ist.
' Das bekannteste Beispiel solcher gelej^entlichen Störungen des
Verkehrs war die ^ddenschlat ht" von 1<S^1 in Yokohaam, welche vier
Monate lang doii panzen Scidcnhandel lähmte, übrifrons niclit mit dem
Siege der japanischen Händler endete. Im übrigen vgl. über die neuen
Gilden tmlen das Kapitel Geworbewesen am Ende.
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Ks würe eine höchst dankenswerte Aufgabe, wenn ein Kenner
japanischer Geschicfite und japanischen Lebens es unternehmen
wollte, den Wandkingen nuclizugehen , welche im neuen Japan
die Aubchauungen tiber Beruf und Erwerb durchmachen. Welch
ein Kontrast zwischen der früher in den höheren Ständen herr-
schenden Vemchtiing des Gelderwerbs als solchen and der jetzt
▼<m angesehenen Zeitungen, wie ,,Jiji Shimno'*, betriebenen An-
preisung des Gelderwerbens als höchsten Leoenszwecks, und das .
ohne jcdeä Anstandsraäntelchen . wie es in Europa doch noch
fUr nötig gehalten wird. Welch ein Kontrast, wenn vor 20
Jahren der Schauspieler ein unehrlicher Mann war und vor
kurzem der MiniBtcrpriisident Graf Ito die zwei ^n'öfsten Mimen
Japaoö zu sich einlud, um die Rivalen zu versöhnen; wenn
vor knrzem keine anstilndi^ Frau ins Theater ging und jetzt
die Schauspieler vor dem kaiseriichen Hofe auftreten.
In wunderlicher Weise mischen sich solche neueste Ideen
mit Vorstellungen der alten Zeit, ein höchst laxer und ein höchst
sensitiver Ehrbegriff oft in derselben Pereon. Und neben den
modernsten Kechtsformen stehen manche durchaus mittehdterliche
Lebensgewohnheiten, neben Repräsentativverfas8unj2: und Selbst-
verwaltung das Ivlientenwesen , neben Disku^^sionen Uber Aut-
hebung der Bordelle die aUgemeine Verbreitung des Konkubinats.
Zweites Kapitel.
Das Munzwesen.
\'oi bcinßrkung. Für die Geschichte des japanischen Mtfns*
wes«iiä ist die Hauptquelle eiu Bericht, der unter dem Titel „Histoiy of
Japanese Cnirency* 1886 in der „Japan Weekly Mail" in englischer
Übersetzung' verüfrentlirht ist (VI 2Ht5. m ^i. 511. 57(5). Man ver-
gleiche ferner J. 8criba, ISemerkungen über japatuache Gold- und
ilbermüncen , in Mitteilungen der Deutschen OeseUBchaft u. s. w. Ost-
ariens III 39l' tl'. {\><H'.\). Bramsens Notes on Japanese Coins im selben
Bande sind leider Fraj^ment peblipiben. Historische Notizen in der älteren
Litteratur über den holläudischeii Handel, namentlich bei Lauts, Japan
(Amsterdam ls47). Über die Münzwirren nach otVnung des Landes
snrecheTi alle Werke über jene Zeit, so der Bericht der Freufsißclien
Expedition nach Ostasien, Bd.1 u.11 passiro, bes. I 278 u. II am aus-
fillurHchsten Pompe van Meerdervoort, Vijf Jaren in Japan (Leiden
\\ r,4 fF, und von Siebold, Open IJrieven uit Jaj aii Desima 18<>1),
I. u. II. Brief. — Eine wunderliche iSamuilung von Zeitungsartikeln, Be-
richten u. s. w. aus den Jahren 187ö— 1882 enthält der anonym heians-
gegebene Band „The Currency of Japan", Yokohama 1882, eme nur mit
äufperster Vorsicht zu benutzende Quelle. Seit Bestehen der MHnze in
Osaka erscheinen jährliche Berichte über deren Thädgkeit (vgl. z. B.
den eisten sehr ansfHhrtiehen Bericht in Japan WeeUylftaa 1878 S.70).
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X 4.
Die bei lUsprcchting des Anfaeobandelfl m namenden Quellen
kommen L'lni< hfall3 in iJetracht.
Nach Abächlul's meines Mauuskriptos ersc-hieii die Dissertation von
J. T. Kussaka, Die japanische Geldwesen, Berlin 18^K). Daa Scfanftehfln
ist nicht frei von recht qTobon Irrtörneni. Intprep^art i«t, was t»s Uber
die ältesten Versuche, gemüuzteä Geld in Japan einzuführen, mitteilt.
IKe WfthrungBeinheit des alten Japan war der Ry o Gold'.
Ein Ryo (chinesisch Leang, ThcI) ist ursprünglich der sechzehnte
Toil eines Kin (Pfund), also ursprilnglich etwa 38,6 Gramm.
Als Ivevasii um IhiMi die Ruhe im Lande ht rstellte, ordnete er
auch daa 3iunzwesen. Der als Goldmünz«- p-j)r.i^^tc Kvo, Koban.
wog 4,7f. Mommc (17,88 gr, das wirkliche Durchschmtlöge wicht
etwas geringer wegen Anasochena der schwereren MUnten und
Abnutzung), wovon 857 Teile Oold, 143 Teile Silber waren.
Ein Ryo zerfiel in 4 Bu oder ) 6 Shu (Gold, spüter auch Silber).
Ein ßu war gleich 1000 Kupfermünzen (Mon, (Jash), welche
anf-^n^'s aus China kamen (Firaku Tstiho^, seit 163(> auch im
Laude geprügt wurden. I)tr ;ilt»' Kolnm von 1600 (Keicho
Koban) hatte einen Wert von 10,, ,„4.' Gohlyen 42.!!'* Mark,
ein Eiraku war also etwas hber eiiKu Piennig. Die Folge dieser
hohen Bewertung war, dafa die Eiraku-M Unzen in grolsen Mengen
aus China eingeftihrt wurden, während gleichzeitig Portugieaen
und Holländer crlieblielu' Mengen von Gold und SilW ansrührten.
Bei^eitB 1ö41 verbot die japanische Regierung die Au^tuhr von
Silber, welches damals in verhjiltnisniUfsig gerinp^en Mengen im
Laude erzeugt wurde. Die Goldaustuhr dauerte fort bis fj^^p:' n Ende
des 17. Jahrhunderts. Von da an war sie nieiit mein lohnend '-.
Nach den japanischen MUnzberichten wären von 1601 -1695
^ Es ist vielleicht nifht überflüssig daran zu erinneni, dafs das
eigentliche Wer tmafs der Koku Reis war. Um die Mitte dm 19. Jahr*
bunderts setzte man im allgi m einen 1 Koku gleich 1 Ryo.
• Uber die Gold- und Silbcraustuhr in den ersten anderthalb Jafar>
hunderten nach Ankunft der Fremden sili!<'|i|tt sich durch die ganxe
Litteratur eine \utix von Gecrts iTrantyiciions As. Soc. of Japan IV
92% sie habe rund 103 Millionen Pfund Sterlini? betragen. Die Angabe
ist völlig hnltlos und unzweifelhaft stark fiborfrifbt n. Von der Summn
sollen auf die Dortugieaischo Ausfuhr bi) oOO Ooo £ Sterling gekommen sein,
meist Oold. Betreflb der Ausfbbr der Portugiesen haben wir aber nur vom
Handebneid eingegebene ganz vag<^ Angaben Uber ihre ungeheuren Ge-
winne, 80 hol Kämpf f r Ii 1*^, die Portu^zicfcu hätten jährlich 300 Toimen
Goldes au&''efiihrt , eine Angabe, die gar keinen kriti-^chen Wert hat.
Ebenso sind die Zahlen über die holländiwhe Aiisl'uhr > Millionen
£ Silber, 15 482 250 £ Gold - willkürlich. Hie sind wulil nur die Um-
rechnung einer alten japanischen Angabe, dafs die Uulläuder im 17. Jahr-
hundert 112 Millionen Taels Silber nnd 6 192900 8tUck Kobana ans-
geführt hätten. Kiir die Zeit der erlaubten Silbemu.^fulir liiitte das jähr-
lich 3-4 Millionen Taels Silber ausgemacht, wfthnnil z H. von 1H41
gesagt wird, es sei ein besonders gutes Jahr gewesen und es seien an
14W(Htn Taeh Silber ausgeftihrt (Kämpfer II 103, vgl. mit 107). Die
KobfUüiu.sfuhr wurde von ini'i— ir.f).". etwa 70 ^0 000 Stück jährlich be-
tragen haben. Nach den Berichten der Holländer aber scheint die Gold-
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14 727 000 Kobans (151 Millionen Ooldyen) geprägt. Wieviel
davon altes Gold, wieviel Neupiüduktiun war, läi'st üich uicht
«agen, ebearaowenig, wieviel dayoD aiiueflllirt ist Es ist oben
IQ anderem ZiunmmenhaDge (I. Buch, Kap. 8) davon die Kede
gewesen, wie gegen Ende des 17. Jahriiunderts Finansen und
^fünzweaen in Unordnung waren. Um sich aus der Verlegen-
heit zu 7if^liPn , nahm man die Klagen über OflflknnppluM't
und die angebliche ungeheure Ausfuhr durch die Fremden zum
Vorwand und pri.trte seit UiOr. die Kyos um. 8ie behielten das
alte Gewicht, bcataudcn aber aus nur 564 Teilen Gold und i:!2
Teilen Silber (Genroku-Koban). Der Wert war nur 6,865 Goldyen
(28,78 Mark). Obgleich sehr viele alte Kobans thesaturiert sein
sollen ( was llbrigens verboten wurde), sind von 1695 — 1710 aus
alten Kobans geprngt 1 0 527 000 Ryo (also beinahe die Hälfte
der seit H)<)0 geprägten i, aufserdem neucreprägt 8 4U9 000 Stüek.
Bereits 1710 trat (ine neue Vorschleclitcrung ein. Der Gold-
gehalt wurde wieder stark erhöht (834 Teile), aber die Münze
so verkleinert, dais der VV'ert nur mehr 5,iö6 Goldyen (21,616
Mark) war. Diese Münze blieb nur vier Jahre, innerhalb welcher
aber aus den eingerufenen älteren Kobans 1 1 515 500 der neuen
Kenji Kobans gepriigt wurden. In den Daimyaten begann gleich -
nung des Geldwesens in Angriff genommen, zunächst der alte
Koban von IH'm) wiedfT iiepragt (nur 213 500 vStüek), seit 1716
ein noch feinerer (Hii? I i ilt (;old) im Werte von 10,iir> Goldyen
(42,88 3Iark), der Kyoliu Kuban, von welchem bis 1736 8 280 000
8tUck gcmlüizt sind. In diesem Jahre, 1736. kam es aber, an-
geblich wegen Abnahme der Gold- und Silberproduktion und
zunehmender Thosaurierung , aufs neue zur ESnrufung der alten
und V( I sehlechterang der neuen Münze. Dieser Gembun* Koban
wog 3,47 Momme und hatte nur 635 Teile Gold; der Wert war
5,75« Goldyen (24,n Mark). Von dieser Münze, die bis 1818
unverändert blieb, «ind 17 430 000 Rvo geprägt. Tm 18. Jahr-
hundert nahm auch die Prägung von »Silber zu, antangs in der
biö daiiiu üblichen Form gestempelter kleiner Barren, welche
im Verkehr verwogen wimlen, seit 1772 auch in der Form
regdmttCsiger Münzen von fast reinem Silber (970—980 finn).
Seit 1769 wurde den Holländeni erlaubt, geringe Mengen ein-
zuführen.
Im Jahre 1818 wurde der Gembun-Koban durch Verringerung
auefuhr nur kurze Zeit (etwa 1660 — 1672) wir!: Ii Ii Lröfseren Umfang aii-
lienommcn zu haben, Höbepunkt 166ö mit 114 000 Ötüvk, 1672 wird als
Desonders gutes Jahr mit einer Attsfiihr von 69 207 Koban hervorgebobaa.
(Lauts S. 224 u. 228). Aus seiner Zeit berichtet Kämpfer (II 117 f.),
die Aupfniir von Kobans sei seit der starken Besehränkimg de^: hollän-
dischen Handels im Jahre lü72 nicht mehr so lohnend, man nohinc seit-
dem nor etliche tausend Stück jährlich mit, die übrigens nach Lauts
immer noch an 25 Proient (V) Gewinn gegd>en hftttra, Mher beinahe 100.
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X 4.
des Goldgehalts auf einen Wert Ton 5y«M Goldyen hemnleiige-
bracht, 16 062 000 R^o umgeprägt Bald danu2^ 1832, begann
die bedenkliche Praxis, die kleineren Goldmünzen, statt wie bis-
her vollwertig, zu einem erheblich geringeren inneren Werte aus-
zugebon, die goldenen Nishu (2 Shu, der achte Teil eines Ryo),
deren wirklicher Wert nur 0,36 Goldyen war (bei einem Nenn-
wert von 0,(i6 bis 1837, .später von 0,55). Bis 1858 sind von
dieser gewinnbringenden Goldmünze, die nur 298 Teile Gold ent-
hielty 12883700 Ryo geprägt. Herdts 1837 yerschlechterte man
auch den Koban aoft neue, der nun bei einem Gewicht von 2,99
Momme (11,232 gr) 568 Teile Gold enthielt und 4,86« Goldyen
(18,87 Mark) wert war. Von den neuen Goldmünzen sind bis
185H 8 120 450 Ryo p prägt. Gleichzeitig nahmen die Silbor-
prügiingcn immer mehr zu. Von 1818 — 1837 sind ftir 16 600 OOO
Ryo Ein- und Zweishu StUeke. von 1837—1854 ftir 10 729 000
Ryo Bustücke geprügt, aul'serdeui in der ersten Periode gegen
850000 kg, in der sweiten gegea 680000 kg gestempeltea
BarrensOber ausgegeben, Übrigens von immer geringerer Femheit
(zuletzt nur ein Viertel). Bei der Silberprügnng war dabei daa
Silber im \'erhältni8 zu Gold immer höher angesetzt worden
(vj^l. obe'n Ö, 61). Seit etwa 18:U» betrug; die Wertrelation
l zu 5. Der hohe Gewinn , den die Re^^ierun^^ dabei niaclite,
erklärt zum Teil die starke Vermehrung der Silb< raus{)rii^uii^en.
In den eil" Jahren 1832 — 1842 allein sollen an den verschiedenen
MOnzoperAtlonen 7558 000 Ryo .yerdient" sein. Doch scheint
mir ans der angedeuteten Entwickeinng doch auch hervorzugehen,
dafs neben dem Wunsche, durch Geld Verschlechterung Uber
momentane Geldverle^^enheiten wegzuhelfen, thatsächUch der vor-
handene Münz-vorrat ftlr die wachsende wirtschaftliche Ent-
wickelung zu klein war und dies sieh in Verteuemnp: des Ui Ides
äufserte. Schon zu einer Zeit, als das Land noch vom fremden
Verkehr so gut wie abgeschnitten war, erschien die Goldwährung
unhaltbar. Neben das in ungenügender Menge vorhandene Gk»la
trat mehr und mehr Silber. Ältere Leute ▼ersichem, dals die
grttiseren Goldmünzen im Verkehr um die Mitte des Jahiiiunderts
nur wenig vorkamen. Die häufigen Verschlechterungen enier-
seits, das Steigen des Geldwerts anderseits mufsten die Neijrung
zum Thcsanrieren erheblich verstUrken Thatsiichlich vollzog
sich also seiion vor der Ankunft der l^Vcnideii der Übergang zur
vorwiegenden Benutzung von Silber als Münzmetall, ein bime-
tallisches System mit künsthch tlborhöhtem Silberwerte, wie es
in dem isolierten Handelsstaate, den Japan darsteUts, durchfikhr-
bar war, wozu wir aber ein gewisses Analogon doch auch heute
in den Ländern der „hinkenden** Doppelwährung, namentlich
in der Lateinischen Union sehen.
Im .Jahre 1841^ schätzten die Finanzbeamten der Regierung
in Yedo den Geldundauf an Gold- und Silbermünzeii auf gut
27 MilUonen Ryo (g^en 120 Millionen Yenj, auiser etwa
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850 000 kg gestempelten Silbers, wohl eher zu niedrig als zu
liocli. Dabei ist zn Deichten, dals in einem erheblichen Teile des
Landes überhaupt kein Metallgeld (aul'ser Kupfrrmlinzen) um-
lief, sondern nur Papier. Die Anfange des PapicrEcides in Japan
gehen ziemlich weit zurück, auf den Kaiser (Jodaigo, der sich
auf diesem Wege die Mittel zum Sturze der Rezierung in
Kmnakiira beacbm haben soll (1886). Unter der Tokugawa-
Henrschaft wird der Fürst ▼on Echizen, Matsudatra Tadamasa,
als der erste genannt, welcher in der Periode Kwambnn (1661
bis 1672) mit Erlaubnis der Centrairegierung Papier ausgaben
habe. Um 1700 wurde die Ausgabe von Papiergeld f^anz ver-
boten, jedoch 1730 wieder gestattet, wenn es binnen 15 bis 25
Jahren je n.u h der (_>röl'se des Daimyats - wieder eingezogen
würde. Die verscixiedenen Versuche späterer Zeit (1755, 1759,
1836), die Notenausgabe eiDsaschrflaken, haben wenig gentttat
Ii den Daunyaten des Südens und Westens war um 1850 nur
mehr Papier zu sehen.
So standen die Dinge, als im Juli 1859 die Häfen dem
fremden Verkehr geöffnet wurden Nur widerstreben rl hatte
man den fremden Unterhändlern bewühgt, dafs man den fremden
Kaufleuten für ihre Geschäfte Gold- und Silbermünzen dem
Gewichte nach umtauschen und die Ausiulii von Silber und
€K>ld) ^mllnst und ungemttnzt, zulassen werde; Zunldnt glaubte
man sush durch Kunststücke im alten Stile helfen au können,
indem man eine eigene SÜbermttnse prägte, welche im Verkehr
mit «len fremden Kauf leuten gebraucht werden sollte, eine Münze,
soviel wog wie ein hnlhor Silberdollar (Mexikaniseher
Tiiister), nicht ganz soviel wert war und die man „Ni-Shu"
(2 Shu = V 2 Bn) stempelte. Damit wäre ein Dollar gleich einem
Bu (ichibu) gewesen, während der wirklich geprägte Bu nur
etwa 85 Gents wert war. Gleichzeitig wurde der Goldkoban
aufs neue verschlechtert und auf den Wert von Syfto Goldjen
herabgesetzt ^ Hätten sich die Fremden dem Plane gefUgt, so
war der MetallbesitB des Landes geschtttst, denn in QoB er-
hielt der Fremde fUr vier Dollar einen neuen Koban, der nicht
dreiundeinhalb Dollar wert war , in Silber erhielt er tür
einen Dollar zwei Ni-Shu-StUcke, die nur etwa 90 Cents Wert
hatten. Die Fremden hätten also an den mitgebrachten mexi-
kanischen Piastern nur verlieren können. Die fremden Kauf-
leute aber waren kerne gefugigen demütigen Weeen, wie die
iapanisehen HJtndler. Sie bestanden auf ihrem Schein und ver-
langten {\Xr ihre DoUan wirkliche im Lande gangbare Silber*
mUnzen, Bustttcke^ von wekihen die älteren 0,841 (Soldyen wert
> Der Ansei-Kobau wiegt 2,298 Momme (8,ei gr), hat 550 Teile Grold,
4 Teile Silber. Dtp :i1tereii Tempo-Koban wuriäen einperufen und fUr
llKj alte 107 neue gezahlt, während in Wahrheit 100 alte gleich 124,u
neuen Koban wsvsa«
FoncbuDgen (tf) X 4. - lUtiweQ. 11
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X4.
und fast reinos Silber (991 Teile) waren. Die seit 1859 ge-
prägten waren 803 fein und 0,8i2 Yen wert. Auf einen mexi-
kanischen Dollar gingen von diesen lUi. Vier solcher Bu-
stücke, also V 4 bis P/3 Dollar, waren nun in .lapan gleich einem
Kobun, von denen die älteren 4,3-, die neuen 3,5o Goldyen (bei-
nahe ebenBoykle Dollars) wert wajreo. In dem Eifer« Koban
za kanfen, boten die Fremden bald ein Aufgeld, so dafs bald
6 und 8 Bu für den Koban geboten wurden. Aueli so blieb
das Geschäft ausserordentlich gewinnbringend Die japanische
Regierung aber, die mit Schrecken preise Mengen Gold aus dem
Lande gehen sah. erklärte bereit im November 1850, dals sie
sicli iia den Vertrag nicht mehr binde, und stellte den Wechsel
ein. Die direkte Bedeutung der vielbesprochenen Koban- Ausfuhr
kann so sehr grofs nicht gewesen san. IlUn bedenke, daft sie
nur vier Monate lang möglich war. Die höchsten Schttteungen
ruhiger Beobachter gehen auf eine Million StQok| rund Tier
Millionen Yen ^ Auf die grofsen, indirekten Wirkungen jener
Vorgiln^^e habe ich oben (S. 62) Hiifmerksam gemacht, wo
auch sehon erwiümt ist, dafs die hohe Bewertunt: des Silbers
auch die, allerdings nicht erlaubte, Ausfulu* von KuptermUnzen
nach China iuhucaJ niachte.
Anfimg 1860 gingman unter dem Drucke der Umstände
zu einem ganx neuen Währunf^nrerhAltnis fAier, indem man neue
Goldmtlnaen unter den alten Namen, aber von viel geringerem
Gewichte ausgab, so da& swischen den Bustücken von 1859
und den neuen Koban ein ertverhältnis von etwa 1 zu 15
her^'estellt wurde. Der neue Ryo (Manen - Koban) , 574 Teile
Gold, i),sH5 Momme (3,8i gr) ^iciiwer, liatte einen Wert von 1 ,30
Goldycn (5,44 Mark), viei* Bustücke einen solchen von 1,26
Goldyen. Die filteren Qembun^Koban (5,7«i Yen) sollten 3 Ryo
2V's Bu, die neueren Ansei -Eoban (3,5o Yen) 2 Ryo 2'v4
Bu gelten. Alle alten Zahlungsverpflichtungen auf Ryo
waltsam eine solcbe Schuldenabwülzung war, so hatte man nun
vVf ni^^stens ein der übrigen Welt äimliches Wertverh.tltnis Ohne
erliebliche Stönin^en wäre man, nachdem der erste iStulis über-
wunden war, allmählich zu der im übrigen Osuisien herrschenden
ausschlierslicben SUberwährung gekommen^. So ruhig sollten
' Japanisc'herscits ist die Sache stets stark riberlrioben. Ob ili»'
Behauptung, dafs in Hongkong Hustücke gemacht und nach Japan ge-
bracht seieD, riebtig ist, kaim man wohl b«swdfeln. — BeseSchnend Ist
flbrigens, dals in dem erwähntt ii japaniachen I?i'riclit ..IHstoiy of Japanese
Currency^ der Versuch, die Fremden mit dem grofsen Zweisbü-btück sn be-
schwindeln, totgeschwiegen wird.
^ In den gcöfiiieten Häfen benutzte man mexikanisehe Dollars. Da
diese im Lando niPTPHTid, die japanische Kegierung auch nur mit erln-b-
lichem Diskont annaiim, galten sie lange Zeit nur 2 Bu und haben erst
allmählich ihreo wirklichen Wert (von %u Bu) erreicht
konnten in dem neuen kleinen
werden. So ge-
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163
«ch aber die Dinge nicht entwickelii. Zunächst sachte man an
•der neaen OoldmUnse eineii weiteren Gewinn zu machen, indem
man in noch ausgedehnterem Mafse als bisher unterwertige
kleinere Goldmünzen ausprägte, den bertiditi/^^ten Kibu-Kin
(Gold-Zweibu), der statt 0,t,-. nur O.r.4 Goldyen wert war. In
<ler drängenden Not der nächsten Jalire verschlechterte man ihn
aber heimlich noch, ebenso auch die silbernen Bustücke, so
dafo die Verwirrang immer mehr zunahm. In der Tarifkon*
▼ention von Yedo (1866, S. 66) setzten die beteiligten fremden
Vertreter das Versprechen einer gründlichen Neuregelung der
Mttnzverhältnisse durch. Doch sdite es unter der alten Regierung:
zur Ausfuhrung nicht mehr kommen Von 1860 bis 1807 sind
an neuen Goldmünzen 53240576 Ryo geprMgt, von 1859 bis
18G7 an neuen Silbermünzen 28 4^0 900 Ryo
Als die alte R^erung zuaauuueD brach, stieg die Verwirrung
auf den Gipfel. Die neue Re;;terung selbst prägte bis zum
Man 1869 unterwichttges Geld (8680000 Kyo Nibu-Kin,
2240000 Rjo SilbemiUnzen), und eine Rohe von Daimyos fingen
nun auch an, sich dieses Mittels zu bedienen, waa iimen erst im
Oktober 1800 unter8afj;t wurde und auch dann nur mit mäfsigem
ErfoffTC. Wieviel überhaupt damals geprägt ist, läfst sich nicht
fesibtellen. Natürlich tielen aie verdächtigen Münzen und schwankten
stark iui Wert. Zeitweise fiel der Bukurs auf 450 für 100
Dollars (statt 31 Ij. Auf die dringenden Vorstellungen der
fremden Vertreter stellte man die eigene Ausmttnzung ein, suchte
die echten von den „fidschen" (d. h. von den Daimjos ge*
eehlagenen) durch Stempelung der Pakete gesondert zu halten
und cntschlofs sich schliefslich (27. August 1869) alle im Besitz
von Freiii»1<'n befindliehen Nibri-Kin e!n/ul(5sen. Teils durch die
Erötinun;:: der neuen Münze. t( i!s (Imrli flic Ausgabe des neuen
Staats) »apier^jeldes sind dann die allen (told- und SilbermUnzen
verhältnismalfeig rasch aus dem Verkehr gebracht.
Vor Neuregelung der Mttnsverhältnisse scbätstedie Rcfi;ierun£r
die Hohe des Geldumlaufs auf 04 Millionen Byo Gold und
50 Millionen Ryo Silber, susammen etwa 148 Millionen Yen,
wovon aber sehr viel unterwertig gewesen ist. Femer etwa
6 Millionen Yen Kupfer, Bronze. Eisengeld f ricl zu niedrig) und
etwa 30 Millionen Ryo Papiergeld der Dainiyate etc. (210
Daimyos, 14 Hatamotos. auch bereits 12 der neuen Verwaltungs-
bezirke hatten Noten ausgegeben)'. Dazu kam dann das neue
PiujK igeld der kaiserlichen Regierung (bis Eode 1871 55* s
MiÜioneD Yen).
' Im Nordpn waron nur unbedeutende BetrSge aus^eprcben fm Au^dt
1871 hatten 5 Han mehr als eine Million Yen auss'U'hfn, au der Spitze
Hjgo mit 1943000, dann Kaga, Choehn, Awa und Rii. Eine balbo bis
164
X 4.
Bereits 1868 beschlof» die neue Regierung , ein gans
neues Münzsystora nach fremdem Muster einzAifiihren, aocb
kam man über allgemeine Versprechungen bis Ende 18(5!' nicht
hinaus. I )a endh'ch wurde di»- Errichtung einer Münze i[i Osaka
in Angriß' geiiomiaen und die GrundzUge de« neuen 3iuu/.isystem»
veröffeutlicht (Dezember). Das wesentliche darin war, dalii man
höchst vemflnftiger Weise den In sans Ostaaien als HandeU-
müDze geltenden mexikanischen Silberdolüur unter dem Namen
Yen au Onmde legte^ eingeteilt in 100 Sen und 1000 Rin, der
zu 10 fein im Oewicht von 410 grains troy ausgeprägt werden
f*o\\te. Fernr r sollten bilberscheidemünzen zu ^' n» fein, Kupfer-
münzen und tioldraünzen geprägt werden. l)ie letzteren (10
Yen = 248 grains) sollten aber nicht Couranimünze sein. Man
ging also entschlossen zu der Japans Handelöverhältnissen einzig
entsprechenden Süberwahrung Uber. Hierin dürfte wohl der
Einnufs der damals in nahen JBesiehungen amr R^erung stehen-
dea. Oriental Banking Corporation zu erkennen sero, der ältesten
und damals einflufsreichsten der englischen Überseebanken. Im
November 1^70 fin^ die neue MUnze unter der Leitung tüchtiger
englischer Angestellter an zu arbeiten. Aber kaum war .««ie
im (rang, als man plötzlich den bisherigen Plan umwart und
bescblofä, die Goldwährung einzuführen. Es ist richtig, dals
Japan nnprttnelich Goldwtthrung gehabt hatte. Wir hab^ aber
gelehen, dab »hoD ,»r^öW der H«f«n immer mehr
Silber in Umlauf kam, dals auch die (ioldmUnzen zum Teil aus
Silber bestanden, die grofsen zu V'a bis ^2, die kleinen zu ^ 4.
Seit öf?Tmnir (h'v H-ifen war ftir die franze internationale wirt-
schaftliche Stellung .' i{) ins das Silber mafsgebend geworden und
erhebliche Mengen bilber waren allmählich in das Land einjT-c-
drungen. (Bis 18(58 war die Warenausl'uhr erheblich giöfscr als
die Ebifuhr.) Selbst wenn gesunde Währungsverhllttnisee be-
standen hätten, wäre die Aofirechterhaltung einer in Ostaeien iso*
lierten Goldwährung kaum möglich gewesen. Die einheimieche
l'roduktion von Gold wie Silber war zu unbedeutend, um emst-
haft nach irgend einer Seite ins Gewicht zu fallen. So wurde
man durch die ün^visscnlieit ;mi< rikanischer Katgeber und die
eigene kindliche GrolHmannssneht verftthrt sich durch Einftihrung
der Goldwälurung als vorgeschrittener Kulturstaat zu dokumen-
tieren. Im Mai 1871 ^ wurde also die Silberwährunff atifgegeben
und das Zwanzigyen-Stttck von 30 gr Feingold aur Wäh*
rungsmttnze erhoben. Silbeiyen sollten nur aiS Verlangen ge-
prägt werden und nur dem auswärtigen Handd und der Zoll-
eine Million Stauden noch bei ^ Han aus, Tosa, Satsuma, Hizen, Aki,
Echizen, Clukasen, Tsu. Busen und Inabk. rat alle Oenamiten waten
Hauptgegner des JBakufn!
' Den unmittelbaren Anetofä gab eine Denkschrift des damaligen
sweiten Viee-Fi&aaaiiunisten B. Ito Tom 18. Januar 1871,
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165
Zahlung dieneri; im (Ibrigen nicht gesetzliches Zahlungsmittel
sein. Bei den Zöllen wurden 100 Silberyen — 101 Goldyen
cresetzt. Die sofort von dvn fremden Banken erhobenen Vorstellungen
wHicn nicht im stände ein Experiment zu verhindeni, welches
■den japanischen Staat viel Geld gekostet hat und niemals wirk<
lieh zar Durchfilhrung gekommen ist.
Am 27. Juni 1871 wurde bekannt gemacht, daÜB vom
2. August an Gold und Silber vom Publikum zur Ausmttnzung
angenommen werde. Im Volke b^egncte die neue Münze
groisem Mil'strauen, was nach den früheren Erfahrungen bei
Miinzänderungen und der ganz ungewohnten Form des Geldeö *
wohl begreiflich ist. Die Absicht der Regierung war, binnen
10 Jaln-en 250 Millionen Yen zu prägen^, was man als den
Bedarf ansah. Die alten kleinen BronzemUnzen liefe man in
der Hauptaacbe im Verkehr. Die übrigen alten Münzen und
das Papieif^eld der Daimyate wurde nicht sowohl durch die
neuen Münzen als durch das Staatspapiergeld der neuen Regie-
rung verdränf];!. Bis auf den heuti'^'rii Tag lUuft von dem neuen
Oelde wirklich um nur Scheideuiünze, aus Kupfir und Silber.
Statt der giölseren Münzen findet man im Umlauf ausschlielshch
Papier, Staatspapiergeld, Nationalbauknoten, ueuerdiugs die Sil-
bemoten der Reichsbank. Die neuen groben Silber- und die
Goldmünzen sind teils ausgeftlhrt^ teils uegen sie im Barschatz
•der Reichsbank. Manches ist wohl auch thesauriert.
Die Ausgabe des Papiergeldes wird eingehender in anderem
Zusammenbar!<r gewürdigt. Hier nur kurz die Thatsachen im
Zusammenhang mit der Entwickelung dfs Münzwesens. Teils
um die eiprenen licdürfnisse in den ersten ungeordneten Jahren
zu d^kcn, tciU um die von den Daimyateii ausgegebenen 2s^oten
zu beseitigen, wurde Staatspapiergeld ausgegeben, welches ESnde
1872 den höchsten Betrsg YOn 99360554 Yen erreichte (wovon
ein Vierth zur Einziehung der Han»Noten). Bis zum 30. Juni
1876 hatte man das um ein wenig vermindert, auf 94054731
Y"Ti. Die AusninnTümg von Gold hatte nvm inzwischen kräftig
m die Hand genommen, allein 1872 und 1873 waren jjut
44 Millionen Goldyen geprägt wonlen. Das Tempo li'-rs aber
rasch nach. Im Finanzjahr 1875 7() prägte man nur mehr
382 000 Yen. Bis zum 30. Juni 1876 sind im ganzen nur
Ausgabe gelangt rund 50600000 Qoldyen. Dagegen sind an
' Die neuon jMiinzen f^ind in Form und Herstellungsart ganz den
europaiacheii gleich. Die alten Japanischen gröfseren Goldmiinxen sind
länL'lu li mnd, die kleineren und die Silbermünzen länglich viereckig,
Kupfer- etc. Miin?:en teils länglich, teil? n-nd, mit einem Loch in der
Witte, um sie ftuizureihen zu ^tr&ogen' von bestiminter Münzenzahl.
■ TbatsSohlieh sind bis zum 31. MSn 1888 gut 161 Uniiooea
166 X 4.
Gold ausgeführt von 1872—1876 ' nach der Zollsmiwük 2900U ( M h>
Yen in Gold, denen eine Einfuhr ron nur 2 700 000 Yen gegen-
übersteht, während die Produktion dieser 5 Jahre zusammen
sicher eine Hillüoii nicht erreicht hat In dem Malse, wie der
Regierung das Gold zum Prilgen aiugiDg und das gepiügt»
Gold vcrschwandi mulstelhr klar werden, dals die Durchf\lhining
der Goldwährung, während man in der Papierwirtschaft .stt'ckte,
uniimolicli war. Vom 1. Juli 1870 bis zum ^1 März 1889
bind nur melir rund 100000 Yen L'-eniünztcs iTold zur Aus-
gabe gelangt, welches meist auf Privatrechnung geprägt war.
Der Abdufs von Gold auA dem Lande wurde dagegen durch die
gleich wa erwälmende Vermehmng papierener Umlaufeinittel nodi
befördert. Die 12 Jahre 1877 bis 1888' teilen sich angemessen
in drei Perioden. 1877 — 1880: Vermehrung des Notenumlaa%
1881—1884: Geld krisis, 1885-1888; Auftiahme der Barzah-
lungen Die Aus und Einfuhr imd die einheimische Produk-
tion von Gold verläuft dann folgendermafsen in runden Zahlca
in Yen:
Ausfuhr Einfulir' Produktion
1. Periode ^1 400000 1 115000 ca. 750 UOO
2. Periode 5990000 1 890000 ca. 800000
^.Periode 1890000 4 280000 ca. 1025000
Für die ganxe betracfatele Periode wttrden ndi also die Zahlen
80 stellen:
(bis Är.8«9) ^«'^«0««
Einfuhr ) 1872 9995 000 -
Produktion} bis 3 500000 -
Ausfuhr I 1888 58620000 -
Goldreserve
der Reichsbank 14752000 -
(4. Januar 1889)
> Leider giebt es vor 1872 nicht einmal Zollbausangaben über die
Aus- und Ehifttlir vod Edelmetatleii, die doch u euigstens einen gewissen
Anhalt bieten, ao nnvollkoiiimeii de namentlicli für die frühere Zeit sein
mögen.
* Die Ein- und Ausfiihr des Jnhres 1889 bleibt lüer unberfiGksiclitigt,
um mit der An^^niunzung möglichst gleiche Zeiträume soaSlDniensaBteUen.
Die Zahlen für If^/^JJ in der Anmerkung zu 8. 170.
• Die Zollstatistik ergiebt niedrigere Ziffern, da sie den \'erkehr mit
Korea erst Beit dem Febnuii 1<H4 berücksichtigt. Aus den Statistischen
Jahrbüchern (namentlich Vlll '.'i-^t l>t die koreanische Kintuhr seit 1879
oben mit eingerechnet. Diese Zaltleo sind allerdings wieder etwas zu hoch»
da sie den Wert der Einfuhr aus Korea in japanischer LandeswXlining,
d. h. Papier, angeben. Doch dürfte das durch die nicht kl irirrte
Einfuhr von Golustaub miudesteus au^^lichen werden, l-ür die Jahre
1877 und 1878 habe ieh Angaben Uber oen Vericehr mit Korea — der
Handelsvertrag zwischen Korea und Japan stammt von 1876 — nicht
erhalten können. Sehr bedeutend dürfte er nicht gewesen aein.
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167
Aiilsordoin warder Staatsachatz im Besitz von GoMvorritten,
deren Betrag nicht genau bekannt ist ca. Ii) MiUionen Yen?)
und welche seitdem wohl ganz der Reichsbank verkauft sind.
Machen die Zahlen auf grofse Genauigkeit keinen Anspruch,
80 atiminen äe doch leidlich zusammen
Dem Fiasko der Goldwährung folgte ein zweites ebenso un-
vernünftiges Projekt, gleichfalls auf anirrikanische Einflüsterungen
znrückc;enend In den Vereinirrton St mten Itatte man 1873 .*in-
getangen , eine silberne Hainleisniiui/.L' z.u schlagen, den Tr.ide-
l>oliar, der mit einem Hewielit von 420 grains eine Kleinigkeit
schwerer als der mexikuniriche Piaster ausgeprägt wurde. In
Japan &fete man den kühnen Plan, dnaem Beispid au folgen
(Mära 1875). Vollaog sich in den offenen Hafen aller Handels-
verkehr aunchliefslich auf der Basis von 8ill>er, so wollte man
doch den mexikanischen Piaster, dessen Vorherrschen man als
eine Art Demütigung ansah, verdrJlngen, indem man eine besse re
schwerere Münze an seine Stelle setzte, den Trade Dollar von
420 grains. Der Krfol^ war -so, wie alle Sachvei^ständigen vor-
hersagten. Der Trade-Dollar wurde von den chinesischen Geld-
wechslem schleunigst aufgekauft und eingeschmolzen, während
der mexikanische Piaster ungestört seine Herrschaft behauptete.
Noch im Mai 187- besetze 12 und 13 v mi 27 Mai) machte
man einen leisten Versuch, den neuen Trade-Dollar zur Herr-
schaft zu bringen , indem man ihn zum gesetzlichen Zahlungs-
mittel gleich dem Ooldyen erhob, ül)^leieli er durch die fort-
schreitende Elitwertung des Silbers auf dem Weltmärkte damals
bereits einen geringeren internationalen Wert liatte als der Gold-
jen. Da im Lande weder Goldyen noch Trade- Dollars umliefen,
sondern ausschliefslich Papier, welches gerade damals anfing sich
zu entwerten, so half die Ma(sregel dem Trade-Dollar weiter
nichts, und bereits am 26. NoTemher 1878 (Oesetz Nr. 35) gab
man den fremden RatsehlMgen nach und nahm die Prilgung des
dem Mexikaner gleichen Silberyen wieder auf. Von den, übri-
gens spurlos verschwundenen, Trade- Dollars hatte man zusammen
nur 30;>0 638 Stück in Umlaut gebracht. .Jener Krlals vom Mai
1878, ohne Folgen für den Tradc-Dollar-Traum . hat aber in
anderer Richtung eine groise Bedeutung. Der Silberyen war
ak gesetaliches Zanlungsmittei dem Goldyen gleichge*
stellt^ mit anderen Worten: man war zum Bimetallismos Uber-
gegangen. Da man das Gold nicht halten konnte, war das
tliatsMchlich gleichbedeutend mit dem (Übergang zur Silberwährung.
A\ egen der Papiergeldwirtschaft hatte das zunächst nur tlieore-
tiache Bedeutung. Aber es mulste praktisch aufscrordentiich
I \vjp rrrofi dpi- nicht ganz unerhehliche (ioMverbniucli lu der japa-
nischen Kuuätiuiiuätne ist, kann ich nicht angeben. In dem gröldercn
Tdl der in Betracht kommenden Zelt dürfte er aus altem Material
gedeckt sein.
168
X 4.
wichtig werden, sobald man aur Aofbahme der BarzaliungcD
ttbergeben wollte. Es ist eme gans sonderbare Erschemung, dab
die grofse I jedeutuDg des damals erfolgen Schrittes nicht die geringste
Aufinerksamkeit erweckt hat, ja dais er marsgebenden Finanz^
beamten in seiner Tragweite nichf kl^r gewesen zu sein scheint.
Thatsächlich hatte man zunäciist genug zu schafieu mit (]rn\
Papiergeld. "Wie erwähnt, liefen davon 1876 nach amtlicher
Angabe 94 Millionen Yen um. Im Jahre darauf, Februar 1877,
bnä der grofiie Au&tand in Satsuma ans. Zur Deckung der
Kosten war man genötigt, auft neue Papier aussugeben. An-
fang 1878 wurde bekannt gemacht, dafs (I< r Papiemmiauf um
27 Millionen Yen vermehrt sei. Thatsächlich sind aber um jene
Zelt gut 22 Millionen mehr ausgegeben*. An Staatspapiergeld
waren also im Umlauf thatsächlicli gegen 144 Millionen, offiziell
121 Millionen Yen. Aber nicht genug damit, erfolgte seit 1871
die Ausgabe von Nation albanknoten. In Staatspapiergeld
einlöslich, durch Staatsschuldscheine gedeckt, bedeuteten sie eine
rdne Vermehrung des in Metall uneinlösfidien Papiers. Es ist
die bedenklichste Mafsregel in der Wfthrungspolitik der neuen
Regierung, noch einmal eine mifsverstttndliche Befolgung amerika-
nischer \ orbilder. Den Höhepunkt erreichte diese Notenausgabe
am 30. Jnni IBöO mit 3441^000 Yen, so dafs 1^80 lOO bis
170 Millionen Yen Papier umliefen. Das ungeheure Agio auf
Metall zeigte rasch die Gefahr, in der man sich beland, und
führte zu einer Finanzpolitik, in welcher jahrelang der ganze
Schwerpunkt in der Beseitigung der ttbennärsigen Papierausgabe
lag. </Ü8 am 1. Juli 1885 der Parikurs so gut wie hergestellt
wai^ so daft man zum 1. Januar 1886 die Aufiiahme der Bar-
zahlungen ankündigen konnte, war die heimliche Papierausgabo
an Natiomdbankiifiten noch 30V 2 Millionen im Umlauf, man stand
also immer n ^ h um 26 Millionen ungiin8tjß;er da als nach den
amtlichen Angaben von 1876. Bis zum 1. Jauuar 1889 iät dann
die Menge des Staatspapieigeldee auf 46679000. die der National-
banknoten auf 27679000 aurackgegangen', nicnt mehr die HAlfke
des Bestandes von 1880.
Als die Begienmg erklärte, vom I. Januar 1886 das von
ihr ausgegebene Papi'Tgeld mit Silber einlösen zu wollen, 7.ncr
si<' die Konsequenzen der 1878 theoretisch erfolgten OlcichstdUmg
des Öilbeiyen mit dem Goldyen als gesetzliches Zahlungsmittel^.
' Vgl. unten im dritten Buch den dritten Abschnitt dos ersten Kapitels.
Es if?t tiictit ^oMflu bekannt, in welcher Zeit die heiinlidie Ausgabe er-
folgte. In der Hauptsache entfällt sie wohl auf die Jahre 1577 und 1878.
■ Am 1. Januar 1890 betrugen die betreffendoi Posten noeh
40913 0:i'> Yen und 2()7:VV'ii- Yen. zusammen al=o r>7 6'>2240 Yen.
* Nach den Notierungen auf der Börse in Tokyo war für 100
Silbeiyen:
waren noch beinahe OO Millionen,
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X 4.
169
Thatsächlicli hat Japan seitdem Silberwiilinmg. Damit tritt das
♦Silber in den Vordergrund der Betrachtungen.
An SUbcrmunzen sind ausgegeben von 1870 bis zum
30. Juni 1878 (also bis zur Entscheidung über die Währung)
26 399 000 Yen,
TOn da an bis zum 30. Juni 1885 (Erreichen des Parikurses)
28 020 000 Yen,
Ton da au bis zum 31. März 1889
34 65(3 000 Yen.
Das mnd zusammen 89075000 Yen.
DayoQ sind
Trade-DoUars 3 057 000 Yen
Eunren-Staoke 61895000 -
SeheidemOnse 24124000 -
Von der ganzen Summe aind wieder eingezogen 3 774 000 Yen,
ohne dafs gwagt würoi wieviel davon auf die einsetnen Ärtan
Münzen kommt Oberwiegend dürfien ee Scheidemünzen sdn.
Es bleiben an ausgegebenen Silbermfinzcn rund 85300000 Yen,
wovon ;^'egen 21 MiiUonen Scheidemünze,
Vor 1872 ist unzweitehiait sehr \nel mehr Silber eingeführt
als auögetuhrt^ Teilen wir die spätere Zeit in die gleichen
Perioden wie bei der Goldausfuhr, so ergeben die amtlichen
Zahlen folgendes, freilich wohl sehr unvoUstttndiges Bild.
Aoalnbr iSnfuhr Produktion
1872-1876 19 038 OOU Yen 18 645 000 Yen ca. 1200000 (?) Yen
1877--1880 22311000 - 10121000 - ca. 1600000
1881 1884 14151000 - 19060000 - ca.2750OO0
1885—1888 81 420 000 - 30 091 000 - ca. 4 350 000
Fttr die ganze Periode stellen sich also die amtlichen Zahlen
f otgendermalsen :
Durchschnitts- der Sichtkura auf
Amerika
90,M Goldven
88,70 $ Gold
1^80
93.04
90,68 - -
89,« - -
1881
92,a»
1882
9l,«i - -
1883
88,94 -
1884
yi,'.2
88,M - -
i8a5
86,«T
84,1« - •
80,w
78,8Ä - -
76,M
1888
75,76
74,i4 -
Ooldven kommen nur in gaas geringen Mengen an die fiöise. Kiiis
auf Amerika in früheren Jahren war 1874: lOl^t; 1875: 08»yo; 1876:
1877: 96,1«; 1878: 91,7».
> Allerdings mit Ausnahme der Jahre der grofeen Reiseinfuhr 1869
and 1870, in welchen wohl nidit nur Gold, sondern anch Silber ans-
geföhrt sein dürfte.
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170 X 4.
PräguDgcn {hiä 31. Marz 1889) 85 30001)0 Yen
Einfuhr
Ftodnktion
Ausfuhr
1872 72 917000
bis ca. 9900000
1888 86920000 -
Silberreserve der BeicliBlMUik
(4. Januar 1889) 30271000 -
^ Die Zahlen Uber Aus- und EiDfulir sind für die früheren Jahre
wahrseheiiiUeh viel m niedrig. Die Ton den englischen Konanlaten mit
Hülfe der fremden Banken und Kaufit nie gepanunelt^n l>Htnn wcii !irn
bis \filk} erheblich ab von den amtlichen ^hlen» entfernen sich dano
aber nicht mehr allzuweit
Der Wert der geaainten EdelmetaUaiuftihr betrag
nach der Zoll- nach den cngH-chen
Statistik Konsulatäangaben
1872—1876 40y;iöO00 Yen 52 971 000 $
Der Wert der Einfuhr war
1872-187(5 !» 105 000 - 31941000 -
Die Mehrauafiihr demnach
24 533 000 - 21036000 •
In diesem Schlufscrgebnis weichen alao bade Btatistiken nicht sehr er-
heblieh voneinander ab. Leider trennen die englischen Rorichte Gold
und Silber nicht, was nach den auseinandergesetzten Währungsverhält-
nissen unbedingt nötig ist.
Von 1S72— IS78 ergeben beide Zahlenreitien fiwt die Reiche Hehf^
ausfuhr. -10 192 000 Yen und 4«'0«1 Ooo $.
Von 1877 — 1880 betrug die Edclmetallein- und -ausfuhr nach beiden
Quellen
Ausfuhr 43 771 000 Yen 47 650 000 9
Einfuhr 112^6 000 - 11506000 -
Die Mehrausfuhr betrug aläo
32535000 Yen 36146000 -
In d. r <;anzen Zeit von 1872— 1»68 sind nach der ZoUetatistili an
Edelmetallen überhaupt
(einschl. Verkehr mit
Korea seit 1879;
ausgeführt 14.5 540 000 Yen
eingeführt 80 042 000 • (82 912 000 Yen)
also mehr aasgefBbrt 65498000 • (02628000 • )
Im Statistischen Jahrbuch (VII [ 304) ist die ganze Summe auf
Silberwertc umgerechnet^ was folgende Zahlen evgiebt (einschl. Edelmetall-'
verkehr mit Korea seit 1879)
Ausfuhr 149 023 000 Yen
Einfuhr 89 121 000 .
also Mehrausfuhr .*)9 9i>2<hmi -
Von der MehrauBtuhr cuttailen reichlich drei Viertel auf Gold, knapp
ein Viertel auf das eigentliehe Wähnm^^metall Silber (bei Beräcksaäi-
tigDiifr von 1889 sopir nur etwa ein Zelinf 1, nämlich 5"a Million).
Da die An^beu über die AusmUnzungen mir nur bis «im 31. März
1889 vorliegen, ist die Ein- und Anafiihr des Jahres 1889 in den vorlier-
gehenrlen Au.<ift!hningen weggelassen. Sie wird In der Handelastatistik
fblgeudermafsen angegeben :
Gold Mi her Zusammen
Einfuhr 749 924 Yen 13 423;;2J Yen 14 173 246 Yen
Ausfuhr 268 009 - 4 920 Vjo - 518,^529 -
Mehxeinfahr 481915 - 8502802 - 8984 717 -
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X 4.
171
Die vorstehenden Austuhrun^en zeigen, da(s der aus-
wärtige Edelmetall Verkehr in einem sehr hohen Ver-
hältnis zum Wftrenbandei steht, z. B. 1876 19 Millionen Yen
gegen 51 iMülionen Yen Warenein- und -ausliibr, wie 37 zu
100, 1888 noch 16Va Millionen gecen 130 Millionen, wie 13 zu
100. Bis zu einem gewissen Grade liegt das in der Natur der
Verhältnisse, da ftir die Abwickelung der Zahlungen im aus-
wärtigen Handel Japans Kredit und Arbitrage noch eine ver-
bältnismäfsig geringe Rolle spielen. Der Handel zwischen den
in den offenen Plätzen wolinenden fremden KHuHeutcn und den
einheimischen Produzenten und Händlern erfolgt der Kegel nach
nur Mtf der Basis barer Zahlung. Das hat dann die Folge, dafs
in den Zeiten, in welchen die fremden Kaufleate mehr kaufen
(nach der Seiden- und Theeemte, also im Sommer und Herbst),
sie grofse Mengen Silber brauchen, so dafs Silber aus dem Aus-
Unde (China) eingeführt wird. Allmählich kommt das Silber
dann als Zalibmf^ tUr fremde Importe in die tretiulen Banken
zurück uiul wird wieder uusgetlilirt. So sind »elbst in den
Zeiten der rapierUbertiutung die olleneu Plätze stets Inseln d^
Bartgeldverkehrs geblieben, als ob sie Ausland wären. Zu be*
achten ist femer, dafs Zahlungsausgleichung durch Arbitrage
in Wertpapieren völlig fehlt Japan nimmt Keine ausländischen
Wertpapiere auf und japanische \t ertpapiere sind teils überhaupt
an Fremde nicht verftufserbar, soweit sie dfis aber sind, doch
fllr den internationalen Vorkehr wenig brauchbar, da sie auf
Landeswälirun^% Papier eventuell Silber, lauten.
Doch genügt dies allein nicht, die verbältnismälsig so grolsen
Hin- und Herschiebunfen Ton Edelmetidlinassen zu erklaren*
Sie sind selbstverständlich hauptsächlich durch die inlttndisdien
Wähmngsverhftltnissc verursacht. Dabei ist nun ein doppelter
Frozefs zu unterscheiden.
Einmal das Verschwinden des Goldes , weil thatsächlich
Silber die Grundlage des japanischen Wiihrungsweöens geworden
ist, fiir den auswMrtijien Handel schon immer, neuerdings auch
für die inländische \ aiuta. Für Japan ist Gold zur Ware ge-
worden, wie Silber fUr England und Deutschland. Je mehr auf
dem Weltmärkte Gold Im Verhältnis zu Silber an Wert gewann,
desto mehr floft das Gold dorthin, wo Nachfrage danach war.
Der VoiKttng wurde erleichtert durch das Vorhan d ii sein des
PÄpiergelaes, welches den Bedarf an Umlaufsmitteln befriedigte.
Der Abfluls des Goldes war also unvermeidlich, wenn er
sich auch ohne die Papierwirtscliaft wahrst lieinlich langsamer
vollzogen haben würde. Der r^elmäfsige Import von gut einer
Die grofse Silbereiufohr war die Folge der VaiutaoperatiooeQ der
Ke^ierung, welehe ihre im Auslaode gesammelten MeUdlrMervsn bemti>
sog. Das Jahr 1890 wird wieder eine Mebiaiufohr seigen.
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172
X 4.
Million Yen Gold in den letzten Jahron hat seine V>esonderen
Gründe. Kr besteht last ganz in koreani.-ichem Goiil>t:iub, wo-
mit Korea, in Ermangelung anderer Waren, seine Eiuluhr be-
zahlt. Die geringe gegenwärtige ESnfuhr und Produktioii TOn
Gold bleibt in der Haupitaaohe im Lande, infolge der Be-
mühungen der Rcichsbank, ihre Reserve zum Teil in Gold an«
Eolegen (Ende 1889 bereits 25 Millionen Yen).
Das zweite Moment ist in der Auspfabe und Wiedereinziehung
des Papiergeldes zu suchen. I)ureh die Notenausgabe wurde
das Hartgeld übcrtiüssig. Aus unseren Zusammenstellungen er-
hellt, wie in der ersten Periode 1872 7 ü vor allem das Gold
verschwindet^ während beim Silber die Einfuhr doch einen er-
heblichen Teil der Ausliilir deckt Aber auch das Silber halt
sich nicht ira Verkehr, als 1877 80 die grofse Vermehrung des
Papiers erfolgt ^ Die Jahre 1881 bis 1885 sind die Zeiten der
Umkelir zur elirlielien Arbeit um Wiederherstellung der Valuta,
die an anderer Stelle eingehender geacliildert ist Die Folge ist
das Überwiegen der Silbereinfuhr über die Ausfuhr*, während
der Goldabflufs sich erschfipft hat. Mit Aufnahme der Bar-
zahlungen beginnt der Kampf um die Metallreserve, wobei die
Ausfuhr etwas ül»er die Bänfuhr ttborwiegt (1886—1888 um
4*/s Millionen). Diese geringe Differena ist aber die Folge gans
bedeutender ein- und ausgeführter Summen (nämlich rund 23
und 27^ -' Millionen), deren Grol'se die Folge der von der
"Regierung befolgten Politik ist, Tratten auf Euro})a (re^p.
Amerika) durch die halbstaatliche Shokin-Bank aufkaufen zu
lassen, um so einerseits die Regieruugszahluogen im Auslände
zu bewirken, anderseits Metall im Auslande zu kaufen. Die
Eimeseen der firemden Kaufleute aber vermitteln die fremden
Banken in den offenen Plätsen. In deren Gewölben also
sammeln sich die flir Importe gezahlten Silberyen an. Da diese
Banken sie filr den Ankauf von Tratten nicht verwenden können
(da die 8hokin-Rank bessere Bedingungen giebt), so verschiffen
sie die Münzen nach China und Singapore, ^\■ällrend gleichzeitig
die Regierung die Barren importiert, um neue Münzen zu prägen.
Im Jahre 1889 ist diese eigentümliche Politik nicht im alten
Umfange fortgesetzt (Vgl. unten das Kapitel Bankwesen)
£in weiterer Punkt dabei ist, dafs bei der gegenwSrtigen
Beschaffenheit des Geldumlaufes der Verkenr gar niclit
in der Lage isti das gemttnste Geld im Lande festauhaiten. Ich
' Die MehrauBfuhr von Silber steigt von 1877—1879 von 1200000
auf 5 ft'«' *HH> Yen!
- Näuiiich Ton 18>'l— 1884 4 630 000 Yen. Schürfer tritt der Zu-
sammenhang henror, wenn wir die Jahre 1882 — 188ö. die Jahre des
stetig sich bessernden Papierwerteti. /.ns^iüiTnpnfüsflen : Ausfuhr 1_'';71('<>0
Yen, Einfuhr 23 862000 Yen, MehremUhr 112U00O0 Yen, währeud
1877—1881, in den Jahien dee Leiehtsbns, die MehrsuBfahr 15Vs Brdfioneii
betragen Im/Ue,
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173
erwähnte bereits, dals auch jetzt noch ausschU^lshch Zettel um-
laufen (iibgtat hen von Scheidemünze). Zu dem nocli v t Ii iiiucih ii,
seit dem 1. Januar I88ü in ^Silber einlösbareu JStMaiöijapier;iehl
und den NatiönalbaiiknoteD sind die ^leichfallB in SUoer cinlö^i-
baren Zettel der 1882 gegründeten Reiebsbank getreten. Diese
Noten sind rasch Tennehrt worden. Am 1. Juli \SS^> erat
3800000 Yen, waren es am 1. April 1887 bereits 36 30000O Yen,
am 31. Dezember I^^O 71 'J*>7 005 Yen. An sich ist das Zwischen-
schiebi^Ti fM*n«^r «tn;i!li( hm n [itralen Zettelbmik zwischen die Finanz-
Verwaltung und den Gcklumlauf (die .SttiUunf^ der Bank ist im
dritten Abschnitt des nächsten Kapitels näher gewui-digt) ein durcli-
«ot xit^itfger Schritt gewesen. In der Sorge um den Baraiiatz
der Bank bat man aber eine Stückelung der Noten voivenommen,
welche nicht unbedenklich ist. Zwei I h Ittel der Notenmenge
besteht nämlich aas fSnyen-Zetteln, Audi von dem übrigen
Papier besteht einc^ grofse Mcn^re aus kleinen Noten, so dals
diese den ganzen X'erkehr criidlen, dn^ unbequeme harte Geld
ruhig in der Hank bk^bt'. Wie aus der unten«t*^^*hfnden Über-
sieht folgt, sind 63 Prozent alles vorhandenen I'apiers Zeichen
von 2 Yen und darunter (nämlich von insgesamt 136530Ö21> Yen
85481812 Yen), weitere 23 Prozent Fttnfyen-Noten (nämlich
80981822 Yen). lh\s ist eine Zusanmn tzung des Papier-
umlaufs, die es vollständig unmöglich macht, dafs Courantmunze
im Umhiuf bleibe. Soweit sie nicht zur Bank zurückflielst. wird
^in nTi=?7f»rulirt. Es ist der wundeste l^nnkt d^^ iapnnischen
ijreld Weyens, dals es ganz auf d^r verhaltnismalsig kleinen iirund-
lage des Barsehatzes der Bank rulit, welcher aus dem Geld-
umlaufe d^ Landes keine lieserveu heranziehen kann. In
anderam Znaammenbang sind diese Dinge weiterhin m würben.
Beeeichnend ist, Avie sich die Anschauungen über die ^el-
metslUmsfuhr gettndert haben. Fiiiher wurde der Vorgang in
Japan mit einer merkwürdigen Erbitterung l)csnrochen. An dem
T^nheil sei die un2:'instige Handelsbilanz schula. Der au^^vf^tige
Handel wurde wie ein bösartiges, gefilhrliches Wesen angi aciien,
und selbst in den Aufserungen liocfistehender Staatsmllnner
(vgL die Rede Iwakuras im Adelsklub, August 1880, Currency
of Ja|»n S. 194)^ mehr noch in der Presse, erfuhren die ab-
ceCfaansten alten Bekannten der HandelsbOanztheorie eine frOh-
uehe WiederbdebuDg im fernen Osten.
* Am Bl. Januar l^-^O waren in Yen
iStaatspapier National baakuoten fieicbsbankaoten
Appointß unter
1 Yen s 0;f ) 47^ —
1 Yen 24 Sil (»7:5 *)774:.*(7 40468129
2 - Ü24 00a ■ 1407^2 —
5 . 575B467 15041885 10182020
10 -100 Ten 7086065 1246800 11784820
46566066 27529774 62434969
174
NeuerdiDgä hat sich das ganz geiindert. Autoritative Äulae-
rungen, z. B. des MuiistorprSBuieDteD Ito, gingen dahin, dafii
man gegen die AuBfbhr der Sflbenren nichts einzuwenden habe,
solange man genügend Barren zu ihrem l^rsatze einführen kttnne.
Ks ist seit langer Zeit eine japanische I.ioblingsidee gewesen,
sich als Vormacht im Osten zu fühlen. Das hofft man auf wirt-
schafllicheni Oebiete zu fördern, wenn der Yen dir Unndelsniilnze
des Ostens würde So erfreulich aus äütiietischcn Gründen die
Verdrängung^ dua iiäfslichen Mexikaners durch den hüböclien
Silberyeo wäre, au gering acheint mir die wirtschaftliche Bedeu-
tung dea Phinea zu aein. Die geringe einheimiache Silberpro-
duklion braucht keine Erleichterung dea Abflusses. Ea käme
nur darauf hinaus, dafs Japan die PrHgungs- und Transportkosten
i\\r das im Ost^n umlaufende SillxTgeld trüee. Welclien Vorteil
man sich davon verspricht, ist nicht reclit klar. Offenbar glaubt
man mit dem (lepräge der MUnzen die Herröchafit de^ Geld-
niaikti;^ im UaLcn zu erringen. Aber neben Shanghai und
Hongkong wird Yokohama noch lange em Plata zweiten Rangea
bleiMn. Der Silberyen iat in 8ingapore geaetaltchea Zahlungs-
mittd. An der chineaischen Küste kommt er nur hmgaara auf
gegen den Mexikaner. Sachlich hat das einen gewiaaen Ghnmd
darin, dafs aus Mexiko we^i^rn seines Silberreichtums ein stets
ungestörter Bezug der Handelsnuinze zu erwarten ist, worauf
man bei Japan nicht in dieser Weise reclmen kann. Ferner
stöfst die i[*^inlidirung des Silberyen auf den konservativen Wider-
stand der Chinesen und der Engländer. Die chiuesiscben Qeld-
Wechsler, Makler^ Gompradorea etc. haben ein direktea Intereaae
daran, den unerfreulichen Zuatand der WAhrungsverhältnisse an
der chinesischen Küste aufrechtzuerhalten. Bei den Ekighlndern
herrseht ein unausrottbares Mifstrauen gep^n die Zuverlässigkeit
der japanischen Ansmünzungen. Durch Entlassung des ganzen
ausländischen (englischen) an der Münze angestellten Personals
hat dieses Mifstrauen weitere Nahrung erhalten. Ilaben doch
sogar iu Yokohama die fremden Bauken erst 1879 sich zur
Annahme von Sflberyen atatt mexilumiacher DoUara veratanden.
Übrigena iat ea nicht mehr als billig, heryorsuheben, dafe in dt^
gansen Münzverwaltüng seit 1871 eine Tendenz zur Verschlech-
terung der Münzen nie bemerkbar geworden ist. Die japanische
Rpirienin<? ist .sicher aufgeklärt genugi Versuche in aoldier Rich-
tuog nicht zu machen.
Kinige Worte schliel'slich über die S c h e i d e m ü n zen. MU'
Münzen unter einem Yen sind JScheidem Unzen und unterwertig
ausgeprägt. Die ailbemen entsprechen im Gewicht dem Yen,
haben aber nur 800 Teile Feingehalt Ea giebt Stucke von 50,
20, 10 und 5 Sen; die letatgenannten von unbequemer Kleinheit^
werden aber eingeeogen und aeit £nde 1888 durch NickelmttnMn
* Kleiner ab das deutsche rilberD« 2«vaD»gpfenQig.StQck.
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175
ersetzt. Der Umlauf an silbernen Scheidemünzen hat rasch zu-
genommen mit der Verminderung der ganz kleinen Zettel. Von
diesen waren in Umlauf
•Scheine von am 1. Juli 1881 am 31. .lanuar l^'^H
10 8en 6ii76 030 Yen 478 169 Yen'
20 - 8 267 7 Ki - 3 737 522 -
50 • 2^ -^^^ ^ Ö20 787^ j
zusammen 25 553 691 Yen 8 030 478 Yen
Von den ausgegebenen rund 21 000 000 \^en Scheidemünze
in Silber sind erhebliche Mengen ausgeführt. fSie laufen in allen
ostasiatischen Häfen um^. Auch Kupfergeld (namenthch altes)
iat zeitwei>>c ausgeführt worden.
Ans Kupfer werden Stücke Ton 2 und 1 Sen» von 5 uod
1 Bm geprägt Bis zum 31. März 1889 nnd filr 12 418 051 Yen
anflgegeben. Die kleinste Einheit, ein Tausendstel des Y'^en,
knapp ein Drittel Pfennig, ist ftlr die Bedürfnisse des Verkehrs
durchaus nicht 7m kMn. Das Volk teilt den Rin sogar noch
in 10 Mon ein. Dadurch, dafs alte l'untzehnmon-8tücke noch im
Umlauf sind, ist wenigstens die Halbierung d«3 Rin aucli prak-
tisch möglich. Die neuen Kupfermünzen sind der wenigst be-
fiMdigendeTeÜ des japanuchen Oddamlauft. ZonJicbat hat man
dem System sdiebe die Kupfermttnaen anteranander in ein ihrem
Nominalwert entsprechendes Gewichta^verhiiltniB gebracht^ so dafs
ein Rin wklich der sehnte Teil eines Sen ist. Infolgedessen
sind die Ejiniin-Stiieke unvernünftig klein ^ nnä vöIIt^' unp^eeip^net
fUr den täglichen \ er kehr. Einstweilen hat man slIu wenige aus-
geprägt und die alten Ein-, Einundeinhalb- und Zweirin-Stücke
im Umlaufe gelassen^. Für den Bedarf der niedei-eu Stande
sind diese Imnen Httnaen gana imentbehilieb. In diesen
Kkssen ▼oDaieht sich ttberbaupt der Qeldumsata ttberwi^nd
in Form yon Knpfeigeld. Daror ist aber die alte Form der
Münzen viel geeigneter, die man auf eine Schnur ziehen und so
leicht zäMen, aufheben und transportieren kann. In dem l^e-
streben, nur ja ganz .,wc8thch" zu erscheinen, hat man die
unpraktische enropjnscho Form nichtdurehlöcherter Kiq ti r münzen
eingeführt; was praktii>ch direkt ein Rückscluritt war. (Jegen-
' Seit 1. Juli I>s7 einJ cli«^ ZrliiiHcn-Scheinc eingenifen.
Ein Teil davon wird auch nie zurückkehren, da die hühschea
Münzen in China (z. B. in den Provinzen Fokien und Kwangtung) viel
als ächnmek verwendet und umgearbeitet werden. Konkurrenz ent-
steht neuerdings in den chinesischen Häfen den japanischen Scheide-
münzen durch die vennehrte Ausgabe in Hongkong, 1880— 18^U ca.
3 7 MilUonen Dollar, wovon ea. 8 Millionen in den Jahren 1886—1889
(Vcrwaltungsberichte des Gouverneurs von Hongkong).
^ GröTse und IMcke des deutschen silbernen Zwanzigpfeuuig-Ötuckeä.
« Die mit eiaein Werte von 8 Rin anfangs in VeSkehr ßeUMenea
oUoDgeo Tempo-Sen sind neaeidingB «ngengen.
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176
wärtig scheint man uDächliissig zu sem und hilft sich mit den
alten Mttoasen durch. Irgendwie soUte man jedenfiük diQ8e8>
Illuster benatsen
An den Schetdemünsen hat der japanische Staat recht erheb-
liche Gewinne gemacht, die aber mit der Einnahme aus dem
Schla^:;sc}i:it7; und allerlei sonstigen gewerblichen Einnahmen der
Münze in Osiika (Schwofelsäuretabrikation etc.) zusammen ver-
rechnet sind. Nach dcui letzten liericlit des Direktors der Münze
war vom Anfang (November 1870) bis zum 31. Miirz lö8ü die
Summe alter EimiahmeD 15 309 078 Ten, der Ausgaben 7 285 698
Ten, mithin die Remeinnahme 8 023 875 Ten.
Ein Versuch, die im Lande befindliche Geldmenge zu
Bchätsen, ist begreif licherweiee nur Innerhalb erheblidier fBUer-
grennen möglich. Unter Berücksichtigung der Daten und Scbftt-
zimgen über den früheren EMelmetaUvorrat, Einfuhr, Produktion
und Ausfuhr glaube ich niclit weit irre zu gehen, wenn ich f^ir
1^89 90 den Vorrat an Gold auf rund 30, den an Silber auf
^egen <i5 Millionen Yen ansclilage. Von dem Golde sind fünf
Sechstel in der Reichsbank, von dem Silber knanp die Hälfie-.
Von dem übrigen Silber rechne ich 10 — 15 Millionen auf die
Staatdousen, 5 MilHonen auf die Ubr^^ o£^tlichen Banken*,
10—15 Millionen auf das Publikum (hat nur Scheidemtlnae).
Der gesamte wirkliche Geldumlauf^ zu Anfang 1889
würde sich in runden Summen l>erechnen auf 130 Millionen
Papier, 20 Millionen Silber, 20 Millionen (?i Kupfer oder zu-
sammen 170 Millionen Y en Auch die höciiste zulässige Schätzung
würde 200 Millionen nicht erreichen. Der Geldumlauf würde
mithin 4 biä 5 Yen auf den Kopf der Bevölkerung betragen^
der EdebnetallTorrat gut 2 Yen.
* Dafs die technischen Schwierigkeiten, solche durchlöcherte Milnze»
zu prägen, nicht so sehr grofs sind, zei^n die neuen sauber geprägten
Casn ans der Münze in Caaton.
- Von dem Baukschatz besteht ein Teil ans Harren.
^ Sie hatten am 31. Dezember lbÖ7 5 600 000 Yen aemünztes Geld
in Kasse, einsebnefiiBeh Kopfer, anfserdem 7860000 YeD Papiergeld
und 4690 000 Yen Reichsbanknoten.
* Wobei die zur Deckung von Noten dienenden Fonds selbstver-
btäudiich nicht in Rechnung gestellt werden dürfen.
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X 4.
177
Drittes Kapitel
Banken, Birsen nnd Kredit.
Vorbemerkung. Die folgende, wegen ihrer Wichtigkeit für das
gesamte Finanzwesen etwas ausführliche Oarf^tcIIurif^ des japanischen
Bankwesens beruht , soweit sie die Thatsacben betrilVt, fast ausschÜefs-
lieh auf amtliehen Qaellen: den Gesetzen nnd Verordomigen, Hcrichten
des FinanzministPriums. dru Jahresbeiicliten des Hankbiiro-nip im Fiunnz-
ministerium, namentlich dem sechsten, der die Kelorm der >»ationalbankeii,
die Rekonstraktion der Shokin Ginko nnd die Gründung der Nihon Ginko
bespricht; ferner den Ooschäftsberichten der Nihon Ginko (Flalbjahres-
benchte, daneben für und ISJ^'J Jahresberichte)*, endlich der all-
gemeinen Statistik in den Statistischen Jahrbüchern. Was die Tages-
preBM Uber das iapanisehe Bankwesen gebracht hat, war TieUach un-
geoaa und Irrefliorend.
I. Die Nationalbanken.
öffentliche durch Staatqgesels geregelte Banken waren dem
ahen Rei^me iremd. Ebenso wcni^^ ^ab es Zettelbanken,
während sie in China, wohl wesentlich infolge der mangelhaften
Entwickelung des Münzwesenf«, schon lange eine wichtige Stellung
im Verkehrsleben haben. Private I^anqnicrHrmen hatten sich
dagegen im Anschlufs an die alte halbstaaüiche Oi^anisation des
GrolshandeU in Osaka entwickelt, wo Häuser, wie Ono, Konoike,
Mitsiiii bedeutende Kredit- and Geldgeachäfle vennittelteD. Duidi
die tinrubigeii Zeiten der Umwälsun^ wurde aller Kredit schwer
erschüttert. Das Mtlmswcsen war m arger Verwirrung. Die
Abschaffung der alten Handelsgilden schadete dem Kredit der
alten Kaufmannshliusfr. Die neu dem Handel sich zuwendenden
Elem*'nte hatten überhaupt keinen Kredit. Die Banquiers in
Osaka gaben teils das Bankgeschäft überhaupt auf, teils sciirnnkten
sie es wesentlich ein. Geschäfte vollzogen sich nur gegeu ßar-
saUung. Allgemein war die Klage aber Muigel an Umlauft-
mittein. Um Uber diese Geld- und KreditiErieis hinwegzuhelfen,
rief die Regierung eine Bank ins Leben, die Kawase Kwaisha
(WechselgeseUachaft), welche vom Staate mit Geldmitteln ver-
sehen wurde. Die Bank hat m Staat eine ^leriLr«' f -f ld ge-
kostet ^ ohne grofsen Nutzen zu stiften. Man Nv ir inzwischen
etwas bekannter geworden mit den Bank einrieh tungen der Fremden
und verfiel auf das amerikanische Muster der National-
ban k en. Durch Deponierung von Staatsschuldscheinen gedeckte
' Die Abrechnung 1808 bis 30. Juni 187.) weist 764 ^76 Yen Aus-
gaben für Abwickelung der Geschäfte der Kawase Kwaisha nach. Das
ist aber noch nicht der ganse Betrag.
F«ncbuDg«ii (49>) X 4. — Batiig«n. 12
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178
X 4.
Banknoten sollten (^as sonst unter den damaligen Umständen
kaum zu bescbatiende Betriebskapital liefern. Im Jahre 1872
erschien das von den damaligen Leitern des Finanzwesens
Inouje und Sbibusawa verankiate erste Kationalbankgesets.
Da es schon nach vier JaJiren durch anderes enetst wurde»
so genüge es, die HauptbestimmuDgeD heiroizuheben. Gerade
damals fing die Finanzverwaltung an, in Gold rückzahlbare und
mit 6 Prozent verzinsliche Schuld scfioinc ( Kinsatsu-Scheine) in Aiis-
tauscli c:cp:f'n PajM't rir^eld niisziii^f Ijcii. Die zu gründenden Nationai-
banken soiiten sechs Zehntel iiires Kapitals in Form dieser Kinsatsu-
bondä beim Finanzminiäterium hinterlegen und dafür den gleichen
Betrag in Banknoten erhalten. L>ie anderen vier Zehntel sollten
als iMotendeckuug in Edelmetall Torhanden sein, so daPs die
Metalldeckung der Noten zwei Drittel betrug, was die stete Ein-
lifsbarkeit der Noten wolil sichern konnte. Den Banken wurde
vorgeschrieben, dafs sie Zinsen, Diskont etc. so niedrig wie
möglich halten sollten. Zur Aufsicht wurde im Finanzministerium
ein Bankbureau errichtet. Auf dieser ^Tnindl ice traten in den
nächsten Jahren, wesentlich aus kaufniäiiiiihclu ii Kreisen liervor-
hend, vier ISationalbanken ins Leben, die Erste und Fünite
Tokyo, die Zweite in Yokoliania, die Vierte in Kiigata, mit
einem Kapital von zusammen 3650000 Ten. Die Noten dieser
Banken vermochten gegenüber dem gesetzlichen Zalilungsmittelt
dem Staatspapiergeld, nicht in den Verkehr einzudringen. Die
Entwickclung ging dem neuen T^fiter des Finanzwesens
Okuma 711 langsam. Als im Winter 1^74 auf 1875 eine neue
Kreditkriöib ausbrach, durch den Zusammensturz der beiden
aroisen Banktirmen Ono und 8himada t^November und
Dezember 1874) S ftilste er, wie es scheint, den Gedanken, die
Banken müfsten ▼mnehrt werden, „um dem Ifangel an um-
laufendem Kapital und der allgemeinen Gleldklemme abzuhelfen*^
(so Okuma selbst in seinem grofsen Bericht vom November 1880,
Kap. IV). Fr beselilofs, das Nationalbankwcscn neu zu regeln
una dabei 7A\r\ FHci^nn mit einer Klappe zu schlaLirn, indf m
durch die Gründung der Banken gleichzeitig dem öhizokust aide,
der bisherigen Soldaten- und Bcamtenklasse, ein Vorteil zuge-
wendet werden sollte. Am 5. August 1876 nämlich erschien
das Gesetz Uber die zwangsweise Ablösung der Renten des
Adels und der Shizoku durch 5 bis 7prozentige Staatsschuld-
Scheine (vgl* die Einzelheiten im zweiten Abschnitt dee ersten
' Ale im November 1874 die Onogumi mit 7 MilUouen PasiiTen
zu«ainmonbra(h , rifs aie eine Reihe anderer Häuser mit Die Finanz-
Verwaltung griö ein und regelte die Abwickelung. Die Gläubiger er-
hielten 55 Prosent. Der Staat selbst verlor beS der Onogi^ini 752 881 Ten,
bei der Shimadu^xuiiii 212 759 Yen (so die Abrechnunf]: für lS'n^7.'). Er
Ubcnialim aus dem erateren Bankerott aufserdem Bergwerke für 27:tOOO Yen.
ÜUrigtius setzte der Staat 1875 auch bei einer anderen Gesellschaft der
Tosluda Shinden Umetate Rwalsba 873000 Yen za.
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179
Kapitels des dritten Buches). Die Zinsen, welche die Ab-
gelö'itpn nunmehr erhielten, waren nur hei d^n kleinsten Renten-
eniptiingern der bisherigen Einnahme beinahe gleicli , im all-
gemeinen orheblich niedriger. Zu einiger Aus^leiuhunjii: sollten
die ntiueu National bankcn dienen. Okuma selbst Bagte darüber
(a. a. O.): „Der Soldatenstand war, auraer den ihm unter dem
alten Regime zukommenden Funktionen, unbekannt mit den
gewöhnlichen Mitteln, sdnen Lebensunterhalt zu verdienen.
Plötzlich dieser Funktionen enthoben, war er sehr in Oefahr,
in Dürftigkeit und Not zu versinken, wenn nicht irgend ein
Krwerb für seine Angehörigen gelündi ii werden konnte. In der
Absicht, ein Mittel zu finden, durch welches der S^^Matenstand
seine Ablösungsscheine tür seinen LebensunteriiaU verwenden
konnte, .... nahm die Regierung einen Plan an, wekfaer
einen doppelten Vorteil gewähren sollte und dessen Grand-
läge war, den Soldatenstand Nationalbanken errichten zu
lassen, welche durch die Ablösungsscheine fundiert werden
sollten! Durch flifsf Mafsregel hoffte man, dem Soldaten-
stande einen ^^'e,l^ zur Verbesserun«: seines Lebensunterhaltes
zu öti'nen, Avährend gleiclizeitig der Geldmarkt erleichtert würde."
Sclion einige Tage vor dem Ablüöuugsgesetz, am 1 . August
1876, ersclüen das Gesetz Kr. 106, wäches das bisherige
Nationalbankgesetz ToUstHndi^ umgestaltete. Es war eine
der Terhangnisvousten Malsregeln m der neuesten Geschichte
Japans.
!>i'^ Orimdzikge des Gesetzes^ lassen sich wie fblgt zu-
sammenbissen :
Gründung und Statut jeder Nationalbauk sind vom Finanz-
iii iuister zu genehmigen. Die Genelimigung erfolgt auf die Zeit
von zwanzig Jahren, nach deren Abiauf der Bank gestattet
werden kann, als Privatbank weiter zu bestehen, jedoch ohne
Recht der Notenausgabe. Der Direktor und der aus mindestens
fünf Mitgliedern bestehende Aufsichtsrat wird vom ßezirkshaupt-
mann durch schriftliclien Eid auf das Gesetz verpflicfit^t
Das Kapital der Hanken soll mindestens lOOniMi ^'m bp-
tragon, in Orten mit mehr uls lOO(MM) Ein>\<);jn( rn mmdcätens
20fM)0<) Yen (nach dem früheren Geset/e öOuuuü Yen). Doch
kaim ausnahmsweise auch die Errichtung kleinerer Banken
mit ndndeetens 50000 Yen Kapital gestattet werden. (That-
sttchlich ist in mehr als einem Viertd aller FäUe die Ausnahme
zugelassen.) Die Bank erhält vom Finanzministerium Banknoten
im Betrage von 80 Prozent ihres Kapitals. Dafür muTs sie beim
1 Das Gesetz geht in seinen 112 Artikeln sehr ins Detail. Die
AasflÜtrongsverordiittDg des Dsijokwan (f>6 Artikel) enthftlt im weaent*
liehen nur üinschreilningen der Gesetzepbestimmungen , anfsordem allr'
Fonnulare nud ein Musterstatut in 34 Artikeln. — Übrigens sei schon
hier darauf hingewiesen, daCs das Gesetz duich die NoTeMe vom 5. Mai
. 1888 in einigen wesentlichen .Punkten mngestaltet ist
12*
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180
Finanzministerium den gleichen Betrag in zinstrnL'^f^'nflrn Strvnts-
papieren hinterlegen Nach dem Kur» der Papiere wird das
Depositum vermehrt udt r vermindert. Kin \ iertel des Hetra^es
der Notenausgabe (also die übrigen 20 Prozent de.s Kapitals)
soll die Bank als Notendeckung in Landeswährung halten, d. h.
thatBtfchlich in Papiergeld* Da die Banknoten überdies sam
gesetzlichen Zahlungsmittel erhoben wurden - Verweigerung
der Annahme ist strafbar — , so ist zwischen ihnen und dem
Staatspapiergcld praktisch kein Unterschied. Höelistens die
Hälfte cfer Banknoten .soll aus Zetteln unter fünf Yen bestehen.
Die Aktien lauten auf den Namen. Sie sind in 8tilcken
von 100, 50 oder 25 Yen auszugeben (nacli dem alten Gesetz
nur 100 Yen). Die Aktionäre haften nur i\lr den Betrag der Aktien,
jedoch nicht nnbedmgt. Das Gesetz sagt das nnr für den Fall
der Liquidation und bestimmt:. ist die Bank nnfidug^ IhreNoten,
Wechsel und Schtildverspreehen (promissory notes) einsalDsen
oder die Depositen auszuzahlen, so sollen die Aktionäre pro rata
ihrer Aktien diese Verpfliclüimgen eriUllen. Die Bank soll ihnen
daß baldmöglichst zurllckzalilen
Eine Reihe von Bestimmungen soll die Solidität der (^e-
sehäftsilihrung sichern. Der Geschäftsbetrieb darf nicht erotTnet
werden, ehe 50 Prozent des Kapitab eingezahlt sind. Als Auf-
gabe der Banken wird nachdrücklich das Betreiben von Bank-
gcschäf^en bezeichnet. Auf Kauf und Verkauf von Staatspapieren
sollen sie sich nicht beschränken. £s ist ihnen rerboten:
Cieschäfie in Grundbesitz zu machen,
Fabriken oder andere industrielle Unternehmungen m.
betreiben f
eigene Noten oder Aktien zu beleihen,
mit ausländischen Hanken Geschäfte zu machen ohne
Erlaubnis des Fiuauzmiuisters (I),
einer Person mehr als sehn Procent des Kapitals ssu
leihen,
mehr als die gesetzlich erlaubten Zinsen zu nehmen
(vor Erlals des Zinsenbeschrfinkungsgesetzes von 1877
10 Prozent, seitdem für Summen tiber I(M)0 Yen 12 Prozent,
darunter 15, unter 100 Yen 20 Prozent).
Vom iietrage der Depositen ist ein Viert«! für die Rück-
zahlung stets bereit /.u halten, wovon aber wieder ein Zehntel in
Staatspapieren angelegt sein darl'.
Gegen Spekulationsgeschäfte der Bankbeamten auf eigene
Rechnung ricntet sich die schhiffe Bestimmung^ der Finanz-
minister kOnne, wenn nötig, die Entlassung des Beamten an-
ordnen.
' Au8 den beiil<ii Artikeln \¥J und (51 ergiebt sich il wunder-
hclie Kuasequeuz, dulä die Aktionäre haften, solange die iiaiik solvent
ist, und durch Bankerott der Bank ihrer Verpfliebtaiig entledigt werden.
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X 4.
181
Auf'stt'llung der Bilanz und (Gewinnverteilung erfolgt halb-
jährlicii ( wie übrigeoB bei ia&t allen japftoischeo ^werbe-
gesellscliafton).
Die ( leächatiütuhruQg wird duTch Inspektoren des FiDanz-
ministers beaufsichtigt.
Der G-rundgedanke war alao, die Shizoku sollten dch
sanmmenthun , die ab Ablfleung erhaltenen Bonds hinterlegen,
Avofllr sie den Markt^'ert in Banknoten erhidtenf und damit
Bankgeschäfte treiben. Sie braueliten sich nur ein Viertel der
"Noten in PapierL-^eld zu vcrscliafFen und hatten den Rest, (iO Pro-
zent des Isominaikapitals gleich drei Viertel der hinterlej^ten
A\'ertpapiere, zu freier Verfügung. Wenn die Bank damit uiclit
^ir zu ungeschickt wirtschaftete, konnte auf diese Weise die
Einnahme der Abgelösten leicht yerdoppclt werden. Die ver-
fbgharen Koten wurden vielfach trotz des Verbotes zu einem
erheblichen Teile wieder zum Ankauf von Staatspanieren ver^
wendet ^ Gegenüber der Verleilmng des Noten privilegs an die
Banken hat (Vv durch Nr. 29 vom 28. September 1878 eingeftlhrte
Notensteuei' von 7 auf das Tausend kaum eine Bedeutunp:.
Es ist kein Wunder, dafs die Nationalbanken aufschössen
wie die Pilze. Zu den vier Banken, welche uuch dem ersten
Gesets begründet waren und zu denen 1876 noch die Dritte
Bank (Tokyo) kam, traten 1877 21 neue Banken, 1878 69,
1879 58, so dafs Ende 1879 bereits 153 Nationalbanken be-
standen, mit einem Aktienkapital von 40 616 063 Yen und einer
Noten ausf^alie von i331H)5 2S2 Yen Alle zusammen verteilten
sie in diesem Jahre als Dividende 4Ü1U423 Yen oder 11,87
Prozent.
Den Zweck, den Inhabern der Rcntenablösungsscheine einen
weiteren VorteQ znasawoDden, hatte also die R^erung erreicht.
Allerdings war der Vorteil nicht immer in die Hände derer ge-
raten, welchen er zugedacht war, nämlich der Abgelösten. Yim
den Aktien waren Ende 1880 (früliere Nach Weisungen sind mir
nicht Iv'kannt) im Besitz der Adligen (Kwazoku) Prozent,
der Sliizoku Sl Prozent also melir als ein Viertel in den H.iiidi n
an<lerer. Das Verhältnis hat sich zu Ungunsten der Shizoku
im Laufe der Zeit noch erheblich verschlechtert. Ende 1887
hatten sie nur mehr 22 Proasent A&r Aktien im Besitz, während
der Anteil des Adds fast nnireriUidert ist Über dn Drittel der
Aktien ist jetzt im Beritse anderer'.
^ Anfang Dezember 1Ö78 berechnete Bukka Shimpo, die beste
japadsebe Huidelazeitiiiw, dafs nach dem damaUgen Knis man durch
Gründung einer Bank, Hinterlegung und einfachen Wiederankauf sieben-
Srozentiß-or Ablösuiigsscheine 14 Prozent j&brlichberauswirtachaftea kOnoe.
apan Weekl>' Mail 187Ö S. 1328 f.
* IXe abwlQtsD Zahlen sind:
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182
Auch einen ^vf iteren dam-ii-^ nicht offen ein;;estandenen Zwr ck
hat die Regierung erreicht, einen erhebHchen Teil der plötzlich
in so irrofser Menire ^'PÄchaffenen Stiatspapiere vom Markte tern-
zuluilten. Der iVeis^sturz der Papiere wäre ohnedem wohl noch
stttrker geworden, als er wirklich war, und die Regierung hfttt»
noch gröfsere AnstranguDgen machen müssen, um die Korse za
halten. Auch so hat sie es nicht verhindern können, dafs das
Hauptpapier, die sieben|srozentigea Ablösungsscheine, auf etwa
(50 henmterf^ingon.
Aber um welchen Preis sind di« Krioige erkauft!
Die Zahl der geschaffenen H.iiiken jring zunächst über
jedes ßedurlhis hinaus. Ihre Zahl war an sich grois und daneben
oesfanden die alten privaten Bankgeschäfte in Osaka und ander-
wärts doch meist noch fort Die Zahl von 153, welche Ende
1Ö79 erreicht war, hat sich denn auch nicht erhalten. Durch
Bchliefsung und Verschmelzung ist die Zahl bis Elnde 1887 auf
loG zurückgegangen und hat sich seitdem noch weiter vermin-
dert. Hei der .Scliwieri^keit, in der alle diese Banken waren,
Beschäftigung für ihr Kapital zu linden . Helsen sie sich auf
allerlei gewagte Dinge ein und trugen öu zur Vermehrung des
Spekulationsfiebers der Jahre 1878 bis 1881 hd.
Den neuen Bankunteraehmem fehlte meist auch jede Er-
fahrung. Die ersten fUnf Banken waren wesentlich aus dem
Kaufmannsstande hervoigegangen. Die anderen Banken sollten
ja aber gerade dem Shi/.okusümde dienen. Direktoren und Ver-
walttinf^srilte hatten der Kegel nach gar keine Kenntnisse vom
BaDk^2;eschäft. Es ist bezeiehnend, dafs 1878 die l)e/-irksregie-
rungen angewiesen wurden, ein Bureau zur Beautejiclitigung der
Kationalbanken einzurichten und mit zwei bis drei Beamten zu
besetzen (dmien Fachkenntnisse doch woU auch der B^gel nach
fehlten), da die Bankdirektionen mit dem Bankgeachttft unbe>
kannt seien. So sind denn auch viele Banken durch ge0thr-
Kche Spekulationen. Vetternwirtschaft, TJnc^eachicklichkeit in arge
Schwierigkeiten geraten. Manche Banken haben liquidieren
müssen (2 im Jahre 1882, 2 im Jahre 1883)*. Andere haben
keine oder geringe Dividenden ß;egeben, obgleich die liinterlegien
Staatspapiere doch immer eine gewisse Dividende sicherstälen
sollten.
Diese Müsstttnde sind aber unbedeutend im Vergleich mit
der Verschlechterung des Banksystems des Landes
Kwazoku 18 C27 6ö0 Yen 18 744 375 Yen
Shisoka 13340750 • 9756600 -
Hdinin 11072700 - 15795125 -
zusHmtnon 1^041 100 Yen 44 20« 1(X) Yen
' Die amtliche Statistik reicht bis 1HS7. Nac}» die^^or Zfit ist eine
Bank im August 1888, eine weitere im Januar 1ö',>0 geschlossen, die
entere aber im Mai 1889 wieder eröffnet
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X 4.
18a
überhaupt und mit der unheilvollen Vermehrung des Papier-
geld es. Das ;uiierlkanische Nationalbankprinzip dor Hinter-
legung von Staat s|)apier('ii nis Siolierlioit für Banknoten ist an
Bicn niclit frei von Bedenken. Aber aucli auf dieser Gnindlage
war daö (Jesetz von lb7ö ein böser Rückschritt gegen das von
1872, indem es den Einlöbung^jtoudis statt aus EdelmetaJl aua
Panicrgeld znsammeiiaetete. Nachdem man einmal diesen Schritt
geman hatte, war es auch gleichgültig, dafs der Fonda von swd
Tirittel auf ein Viertel der Notenausgabe herabgesetzt wurde.
Die Notcrii waren gesetzbche« Zaiilungsmittel wie Striata] »apier
und niemand Iiatte ein Interesse daran, sie gegen die staatHcben
Zi.'tle! T»?nz!itauselien. Und hier liegt der Hauptpunkt. l)ie Aus-
gabe Noten war nieiits anderes als eine Vernieliruiii: dea
umlautenden Papiergeldea. Sie traf -/usamnien mit einer Ver-
mehrung des ausgegebenen Staatspapieres um rund 50 Millionen '
Yen, wesentlich infolge des groiaen Aufttandes in Satsuma im
^ ' re t877. Dazu kam nun eine Mehrausgabe an neuen National-
bankneten
1870 von 2 31'J01>8 Yen
1877 - 10S44r)24 -
187S - 11 974 880 -
187l> - 8 825 880 -
1880 432 789 -
zusammen von 34 398 071 Yen
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dafs diese überflUssii^'r
Vermehrung des Papiergeldes sehr dazu beigetragen hat, zuerst
die Agiotage und später die schweren durch die Wiederherstellung
des Gddwertes Terursacfaten Leiden der Volkswirtschaft m yer*
schlimmem. Die Ausgabe des Staatspapiergeldes war in der
Hauptsache doch eine staatliche Notwendigkeit Die Scliafüing
der Nationalbanknoten diente nur dem Zwecke, den Shizoku
einen moiiieTitanen Vorteil zuzuwenden. Es war der Orundzug
der Okumaschen Politik: „Kleine Vorteile für den Augenblick.
Apres nous le d^luirc."
Sowie die Wirkungen des Gesetzes in der Entstehung zaUi-
reicher kleiner Banken sich zeigten, erhoben sich warnende
Stimmen , nicht blofs unter Fremden , sondern auch in der ein-
heimischen Presse (so namentlich im Bukka Shimpo, Ende 1878).
Die Regierung lenkte allmählich ein. Schon am 1 2. Dezember 1877
(St. 63) war klargestellt, was im Gesetz zweifelhaft war. dafs
der Finanzmini*'t«T die Genehnu'gung zur Erriehtung von National-
banken auch v( r>;(^an könne. Am 2. März 1^78 (Nr. 5) ercing
die wichtige B' Stimmung, dafs der Finanzminister bei Geneh-
migung neuer Banken die Ausgabe einer geringeren Notenmenge
^ Soviel, wenn wir annehmen, dafs die heinüiehe FHpieraiisgabe
ganz in diese Zeit fällt
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X 4.
als der gesetzlich erlaubton 80 Prozent zur I?o(5ingung machen
könne. Das ist dann auch in manchen Fällen geschehen.
Schliefslich wurden weitere Banken überhaupt nicht mehr ge-
nehmigt. Die letzten Koncessionen stammen, soweit ich sehe,
aud dem Dezember 1879.
Aber ent nach Okumas Sturz (Oktober 1881) wurden die
durch dieKationalbaaken TenirBachten Milsstllnde eneigisdier ange-
&&t. Zunächst wurde die Qeschäfisf^hrung der Banken einer ge-
saueren Prüfung unterworfen, was zu der erwähnten Schliefsung
von vier Banken fUhrte (mit 7Uöammen 680 000 Yen Kajiitil).
Wichtiger war die Novelle vom 5. Mai 1883 7Aim Baiikg« setz \
Neben Verschärfung der Bestimmungen über Liquidation (cvyiit.
auf Anordnung des Finunzmin Itters wegen tlbertretuni; des Ge-
setzen, Uberöchuldung, Veilust von mehr als der Hälfte deü
Kapitals) wurde vor aUem die Verminderung der Banknoten in
Angriff genommen. Die Banken hatten ihren Einittoungsfonds
der 1882 gegründeten Reiehsbank (Nihon Ginko, von welcher
unten mehr) abzugeben und ferner jährlich aus ihrem Gewinne
2* 2 Prozent der Notenausgabe einzuzahlen. Diese (Felder legt
die Reichsbank in zinstragenden Staatspapieren an und venvendet
den Zinsenertrag zur Einziehung von Natioualbanknoteu. Der
der Staatsbank ü bergebene Einlösung-sfonds betrug 7 405 220
Yen. Durch die Zahlungen der National bankeu (jahrlich reich-
lich 900 000 Yen) ist er bis sum Sl. Dezember 1889 auf
13705793 Yen angewachsen. Der Nominalbetrag der dafür
angeschafften Staatspapiere war 1 5 702 550 Yen. Der Umlauf
der Nationalbanknoten hat sich vermindert von 34161 270 Yen
am Ende des Jahres 1882 auf 2(3 78'. l 205 Yen zu Ende 18^9-.
Aulserdem hatte die Staatsbank 463 607 Yen Zinsen in Hand
zur Tilgung. Die Abnahme betrug lH8ö rund 875 000 Yen,
1889 985 000 Yen. Die Absicht bei dieser Einrichtung ist, dafs
bis zum Ablaufe der Koncessionen der Banken (1896 — 99) die
Noten soweit yermindert sein sollen, dafs sie mit dem SinlOstmgs-
fonds, der bis dahin auf mehr als 20 Millionen Yen gewachMo
sein wird, ganz aus dem Verkehr ge/.ogen werden können.
Dieses Ziel wird man auch ohne Schwierigkeit erreichen Die
praktische Durelifiilirung wird sich ohne jede StöninL'' *^1es Geld-
marktes leicht vollzieheu, indem die Rriclisbank die im Kiu-
lOsungsfonds befindlichen Staatspapiere iiberninnnt und dafür die
Nationalbanknoten durch ihre eigenen in ^ilber einlösbaren Zettel
ersetzt^.
' .UisfülirunpverordnuMg vom Mai.
Dabei ist aber eine Jiufserordcntlichc Verminderung: von ' i * 1 000 Yen
bei der 15. Bank im Jahre ltiö;{i54. — Am iSchiusse des Fiuau^abres,
1. April 1890, war die Notenmetige 26391H77 Yen.
^ y<j:\. unten aucli die Hestimmuni^cn des Gesetses YOm 31. Juli 16B8»
betrvft'ead die Notenau^be der KeictiBbaiik.
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X 4.
185
Die beiiu KinanzminiDterium als Sicherheit fUr die Noten
hinterlegten 8t;iatspapiere werden nach Mafsgabe der ^otentügung
den Banken zurückp^cgeben.
Unter den Nationalbanken nimmt die Fünfzehnte, die
sogenannte Adeiabauk, durch ihr Kapital eine besonders
hervorragende Stellang em. Ihre Qeechichto ist so eigenartig,
dafe es Bich yeriohnt, mr besondere Aufmerksamkeit so aäenken.
Nachdem die Gesetze über AblOsung der Renten und Er-
nchtimg der Nationalbanken erschienen waren, bemühte skdi der
U-Daijin Iwakurn . die Kwazoku (den Adel) zu bewegen, ihre
Abl<>Nnngsscheine zur (iründunir einer groisen Nationalbank zu-
8aiiunenzulei;en. Hie Bank sollte sich gewerbhcheu Uuter-
nelimungen zuwenden, namentUcii der Erbauung von Eisen-
hahnen. Darüber brach der Aufstand in Satsuma aus, dessen
nolae Kosten nur mit Papier bestritten werden konnten. Die
Begierang scheute sich, eine grofse Vermehrung des Staatspapier-
geldes vorsunehmen (was sie schliefslich docli thun mulste). So
verfiel man auf den Plan, mit den Ablösungsscheincn, welche die
Kwazoku vom Staate erhielten, eine Nationalbank mit einem
Kapital von 17 826100 Yen zu eirunden (Mai 1877). Bei dieser
Bi4nk lieh nun der Staat 15 Millionen Yen. Die Bank hatte
freilich auch nichts zu verleihen als die eben vom Staate erhal-
tenen Nationalbanknoten. Der Staat gab also der Bank auf die
Sicherheit seiner eigenen Staatsschuldscheine die Noten und lieh
sie dann selbst wieder gegen Zahlung von Zinsen. Direkt
Staatspapiergeld auszugeben wäre billiger gewesen. Die neue
Bank, ihrer Nummer nach die ftinfzennte, erhielt eine Reihe
besonderer Privilesjien. Sie war auf 30 Jahre koncessioniert. Ihre
Notenausgabe war nicht auf 80 Prozent des Kapitals beschränkt,
was nur 14 260 880 Yen ergeben hätte, sondern beti ug noch
240)000 Yen mehr. So behielt die Bank doch noch 1660880
Ten in der Hand, nachdem sie dem Staate 15 IfSBonen bis zum
Jahre 1890 geliehen gegen nur 5 Prozent Zinsen. Daftlr brauchte
die Bank fUr diese 15 Millionen einen Einlösungsfonds statt von
7r>n 000 Yen nur von 750 OOO Yen zu lialten. Auch die
hinterlegten Staatspapiere brauchten nicht den vollen Marktwert
zu haben. Kin gewisser Miuimalkurs wurde als Grenze des
Sinkens angeuoiumen.
Die Bankreform von 188B hat nun diese Fri^ilegien sämt-
Iksk besettifft Die Koncessionsdauer ist auf 20 Jahre herabge-
setzt wie Det den anderen Banken. Die hinterlegten Papiere
müssen den ToUen Marktwert haben. Die aufserordentliche
Notenausgabe von 2 400 000 Yen war einzuziehen . der Ein-
lösungsfonds auf das gesetzliehe Viertel der Notenausgabe zu
erhöhen. Um der Bank diesen plötzlichen Autwand von fast
fUnf Millionen Yen zu ermöglichen, ziihlte der Staat im Sommer
und Herbst 1883 5 Millionen von der Anleihe zurück. Um der
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X 4.
Bank ein Äquivalent fUr die Aufhebung der Privilegien zu geben
und ihre Einnalmun nicht zu schädigen, wurde für die ver-
bleibenden 10 Millionen des Anlehens d( r Zinsfufs von 5 auf
7V» Prozent erliuht, so dal« die Zinsenleistung des Staate?! nach
wie vor 750 000 Yen jährlich betrügt. Die Bank besorgt die
Geldangelegenheiten der Adligen, hat aher im ganzen wenig
Geachäne, namentlich im Vergleich zu dem ungeheuren Nominal-
betrag ihres ^Kapitals". In den meisten Jahren erreichte der
Umsatz, die Summe aller Operationen, noch nicht den doppelten
Betrag des Kapitids. Die Dividende beträgt regclmäfsig 11 — 12
Prozent. Der Notenumlauf betrup: Ende 1887 noch 12 853822
Yen, eine Verminderung um mehr als 3 800 000 Yen.
Betrachten wir die allgemeine Entwickelung der
X a t i 0 n u 1 L» a u k e u an der Hand der amtlichen Statistik, welche
bis Ende 1887 reicht, etwas näher, so finden wir, dals die Zahl
der Banken von 153 im Jahra 1879 Ins 1887 auf 136 zurttck«
gegangen ist. Vier fonken sind geschlossen, dreizehn mit n leren
Banken verschmolzen. Da^e^^en hat sich die Zahl der Neln n-
stellcn dieser Banken von 82 auf 13 i vermehrt, so daCs di< Zahl
der dem Publikum zur Verfügung stehenden (Jouiptoire von 235
auf -70 gewachsen ist. Doch hatten überhaupt nur 54 Banken
Nebenstellen. Die meisten Nebenstellen, nJimlich 14, hat die
Erste Kationalbank. Mehrere Banken haben Nebenstellen in
Korea, Shanghai nnd Tientsin. Mit Europa und Amerika in
direktem Vencehr steht meines Wissens nur die Erste National-
bank. Obgleich einige Banken verschwunden sind, andere ihr
Kapital yermindert haben, ist doch im ganzen das Kapital lang-
Sfira aber dauernd gewachsen , abgesehen von einem kleinen
Rückgang 1885 8n Von 40'>l!'H)ü3 Yen im Jahre 187U und
43 041 100 Yen Ende 1880 ist es bis Ende 18R7 auf 45 838 851
Yen gestiegen. Die Kapitalerhölnmgim namentlich des Jahres
1887 (1 702 751 Yen bei 14 Banken, gegen eine Verminderung
um 280000 Yen bei 2 Banken) sind aber bedeutsam, weil es
sich im Q^gensata m den früheren Nengründungen um wirkliche
£inxahlung von r^ddkapitalien handelt.
Die grofse Menge der Nationalbanken sind ganz kleine
Anstalten. Srhen w'r von der Adelsbank ab, so hatten 135
Banken ein Kapital von nur 28 012 751 Yen, durchschnittlich
also wenit; mehr als 200 000 Y^en. Ein greiseres Kapital haben
nur die Erste und die Dritte, nftmlich 2 250 0(JO Yen (bis Api-il
1887 1 500 000) und 1 000 000 Yen. Beide Banken sind in
Tokyo. Ihnen folgen die 110. in Shimonoseki mit 600 000 Yen,
die 39. in Maebashi mit 525000 Ten (vor 1887 350 000), die
74. in Yokohama mit 516 000 Yen (vor 1887 400 000), die 2. in
Yokohama und die 13. in Osaka mit je 500 000 Yen. Von 300 000
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187
biB 430 000 Yen » hatten 23 Banken, weniger ab 300 000, aber
mindestens 100 000 Yen. 7* > Banken. 35 hatten ein Kapital von
5U0UO bis 95 000 Yen, davon 18 nur je Kmmh» Yen. Im Jahre
1^^81 hatten noch 42 von 14b Banken weni^^er als lOO OOOYen
Kiiuitid. Von dem Kapitide kam 1887 auf den Bezirk Tokyo
menr als die Hälfte. Es ^^ab nämlich
in Tokyo 15 Nationalbanken mit 24 100 100 Yen Kapital
- /{^'^'^V - - 2820000 -
(ohne 2sara)
. Isii^^atii 6 - - 1 428125 -
- Kanagawa 3 - - 1 210 000 -
- Fukusliima 5 - - 830 000 - -
- Gumma 3 - * 805000 -
- Nagano 4 - - 760000 • •
- Sbunoka 8 - - 750000 - -
Die Summe des Kapitals betrug in jedem der anderen
Bezirke weniger ida 7(mmm)() Yen. In 12 Bezirken (einschl.
Nara) war nur je eine Bank ilomiziliert
Nach dem Gesetze soUiede Bank aus ihrem Gewimie erneu
Reservefonda ansammelii. Filr aUe Banken suaanunen ist er ge*
stiegen bis Ende 1880 auf 1 525 107 Yen, bis Ende 1882 auf
3 047 581 Yen, bis Ende 1885 auf 4 018 063 Yen, bis Ende
1887 auf 4 657 176 Yen. Gegen die Zeit bis Ende lSfi2 ist also
die Zunahme erheblich langsnnicr f^eworden. Bei vielen Banken
ist er auch jetzt noch reelit unbedeutend. Doch betrug er 1887
bei 16 Banken 20 Prozent des Kapitals und mehr, bei 39 weiteren
Banken 10-20 Prozent. Bei der iliöten belief er sich auf
700000 Yen, bei der Fdn&ehnten auf 1040000 Yen.
Die von den Banken besorgten Geschäfte sind nun viel&ch
sehr beschränkter Natur, wie Mi der ktlnstlichen Sdiafifbng so
zahlreicher Geldinstitute kaum anders zu erwarten ist. Die all-
gemeine Statistik giebt an, das Wievielfache des Kapitals sämt-
liche Umsätze der Banken, Eingilnge und Ausgänge, betragen.
Sie waren für alle Banken zusammengenommen
1880 das 3iJ lache
1882 - 50 -
1885 - 48 .
1886 - 58 -
1887 - 62 -
* Das Kapital der 119. Bank ist .Xnfaiv 1^*'0 von 4iiO(K)0 nuf
1 000 000 Yen erhöht Sie gehört ganz der Mitsu Bisbi-Ucsellschaft (d. h.
der Funilie Iwaaaki).
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188
Deuten ilie Zahlen auch auf einen 8«*hwriclien Verkehr, so
zeigen sie doch seit der Depression von l ^HT) eine merkh'che
Zunahme. Doch war auch 1887 nur bei 4 Banken der Umsatz
CToliaer als das 2UUfacheS ebenso wie 1885. Dagegen war bei 14
&mken (gegen 8 l J. 1885) der UmntB das 150— 200&flliey
bei 20 Banken (gegen 15 i. J. 1885) der Umsate das 100 bis
150fiiche. Anderseits blieb der Umsatz hinter dem Zehnfachen
zurück he\ 11 Banken (gegen 15 i. J. 1885) und war das lf>
V>is 2'» fachte bei 18 Banken (gegen 22 i. .T. lsS5). I^ezoiehnend
tui das ^^anze Nationalbanksysteni ist, dals von den 11 Banken,
deren Umsatz das lofaclio des Kapitells noch nicht erreichte,
allerdings 2 keine Dividende gaben, aber eine 5, eine b und
die 7 Vorigen 10 — 12 Prozent. Die hierbei befindliche 15. Bank
mit ihrem grofaen Kapital und unbedeutenden Unufttzen (1887:
266 auf 100 des Kapitals) drückt die Durchschnitte &üt daa
ganze Land wie besonders für den Bezirk Tokyo . in welchem
infolgedessen die UmsUtze 1887 nur das 108 fache betragen haben
trotz Uinrechnung der Staatsbank. Das fcjtatistisclie Bureau hat
eine Berechnung der Umsätze der Nationalbanken für die ein-
zelnen Bezirke zusammengestellt, in welcher nach nicht ganz
klaren Prinzipien jedem Bezirk die dort errichteten Zweiganstalten
Bugerechnet sind. Danach wäre der Umsatz für Tokyo das
116&che gewesen (1885 das 108&che), fllr Osaka das 163 feche
(1885 das 123 fache).
Die Geschäfte dfr Nationalbanken wiirdcn noch erheblicli
inibedeutender sein, wenn nicht ein Teil dpr Stantskassengeschäfte
durch ihre Jllinde gmge. \ om Dcpositeuverkehr z. B. kam
auf die Rechnung der Staatskassen 1887 ein \ icrtel, in deu
Jahren vorher mehr als ein Drittel. Im allgemeinen dürftegegen
ein Drittel aller Umsfitee auf Rechnung der Offendidien änen
kommen.
Das Hauptgeschüft der Nationalbanken mit Privaten besteht
in Gewährung von Darlehen, fa.st ausnahmslos gegen Pfand
(Seide, Thee u. s. w.). Von knapp '^00 Millionen Yen im Jnliro
]s:^7 gewährter Darlehen kam fin Jh ittel auf Tokyo, ein Sechstel
aui Osaka, dann folgen Kanaguua, liyogo und die Seitlenbezirke
Fukushima, Nagano, Gumma u. s. w. Über die Entwickeluug
der Zahlen von ISSO-^ISS? siehe die folgende Tabelle. Wie
man Mkt, stand 1887 immer noch hinter den Jahren 1881 und
1882, der Zeit der Agiotage, zurück.
I Bei der 12., Tovams, das 254fache,
- - 1(>0., Tokjo, - 252 -
- - 1., - - m '
- ' 84., Osaka, - 214 •
Bei der Ersten war 1886, vor der Kapitalerhöhang tun die HSlfte,
der Umsatz fast das 400fiu!he.
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189
Darlelieo der Natioualbauken im Jahre 1887
in 1000 Yen.
GewOhnfiche Darlehen
an den Staat
an Privftte
Geliehen BesUiud am Ende
des Jahr«
10625 10 296 1
104 322 86 749
im Eontokorrentverkebr
84415
zusammen 114 948 47 045
8122
zusammen 190363 55 107
■n den Staat
an Private
1887
10025
188 738
1886
10759
150 313
1885
10899
137 284
1884
10650
156 405
1883
15540
150 049
15 695
180 311
1881
16689
194 146
1880
15489
147 484
Der Wechaelverkehr, an welchen wir sunSchet bei dem
Bankwesen denken, ist wenig entwickelt. Unser gewöhnlicher
kanftnünniacher Wechsel kommt im inländischen Verkehr nur
gnn7 wenig vor. Doch Ijoflicnon sich die Ranken im Verkehr
untereinander wolil dieser Formen. I'agegcn kauten die Hanken
allerlei andere Handelspapiere, vermitteln einen ziemlich aus-
fedehnten Anweisungsverkehr, beleihen Ladeacheine u. s. w.
>er Gesamtanuatz in solchen Wertschriflen aller Art (mit Ein-
rechnmig von OheoksX Eingänge und Ausgilnge sueammen-
ffenommen, betrug 1887 nicht ganz 352 Millionen Yen. Die
Zahlen ftir die Vorjahre sind nicht genau vergleieldjar. Sie be-
laufen sich auf rimd 288 Millionen fUr 1882, 289 MiUionen fUr
1885.
Auch der Depositen verkehr ist verliültnisnialsig unbe-
deutend, aber nach dem prolsen Rückgang bis 1885 erheblich
im Steigen, wenn man von den Stautägeldern absieht, und 1887
höfaer all im bisher bedeutendsten Jahn 1882. Näheres scigt
die folgende Tabelle.
* Uaaptaächlich die Zehiuniilionen- Anleihe bei der 15. Nationalbank.
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190
X 4
Depositen bei den Nationalbanken im Jahre 188 7
in lOOO Yen.
Deponiert Bestand am Ende
des Jahres
▼om Staat 102110
▼on Primaten 313730
davon : Koatokonent 2^3 644
fef«te 17 2:31
unter besonderen Bedingungen 49 068
flir AnweiauDgen 18 788
Summe 415840
6630
25081
11
7 104
5 934
5S5
31 711
vom Staat
von Privaten
1887
102110
313 730
1886
187062
260 608
1885
157408
214 356
1884
146369
236 57t)
1883
167943
24(1 193
1882
141885
282 691
1881
25 508
264 230
1880
18997
209 437
Von den unter ^besonderen Bedingungen" deponierten Geldern
haben einige ein besonderes Interesse. Eine Anzahl National-
banken haben nämlich Sparkaaaenabteilungen enicht^ mit ins-
gesamt 130 Zahlstellen (eine tn Korea eingeschloasen). Nur
in 2 Bezirken fehlen sie ganz. Der ZinsfUfs bewegt sich zwischen
3 und 5,6 Prozent. Im Jahre 1887 wurden 4303776 Yen ein-
gelegt; der Bestunl -xm Ende des Jahres w n- 1 727908 Yen,
welche 3912H Kinlf;i;ern gehörten. Zwei Fu 1 1 Ii 1 der Gelder
und faät ein Drittel der Einleger kam aul' tUe drei liesidenz-
bezirke.
Die Nationalbanken haben einen recht erheblichen Besitz
an Staats])apieren, auch abgesehen Ton den ala l^cherheit fttr
die Noten hinterlegten Effekten. Der Nominalbetrag der von
ihnen verkauften und ihnen gehörigen Papiere war
1881
1882
1883
1884
1885
1886
1887
verk Hilft im LAufe
des Jahres
Yen
8 (»49 425
(3 IKS / 462
10522095
12989542
10779627
13266121
10341 710
hinterlegto
Papiere
Yen
52624570
53(176000
43609080
42605780
41998210
36360045
35191260
wa freier Ver-
fügung
am £nde des Jahres
Ti'en
130(32150
131lt(i7!f6
22812415
25098375
26022441
81724170
31028657
tosammen
Besits
Yen
65(380720
66 266 796
06421495
67704155
68020651
68 084215
66219917
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191
Wie nnmontlich die Spalte des jährlich verkauften Be-
trages ergiebt, haben die Nationalbanken nicht nur einen im-
▼erliältnisnmiöigen Teil ihreb Vermögens in Staatspapieren liegen,
flondem sie treiben auch Geschäfte in Effekten. Wie die
NachweiBiiogen der in den einzeben Jahren erworbenen und
Terftufserten Effekten zeigen, waren die Banken bei der Zeichnung
neuer Anleihen a«t 1884 (Naknsendo-, Marineanleihe) und bei
der Konvertlenmp: stark beteiligt. Die bei der lieichsbank hinter-
legf'M), zur Einlösung der Banknoten bestimmten Effekten sirid
übrigens in obigen Zahlen nicht einbegriffen. Es waren Ende
1887 nominal 13 71G10U Yen.
Die allgemeine Statistik giebt leider keine Zusammen-
stellung aller Aktiven und Fasdyen der Nationalbanken. Der
Eassenbestand am Ende jedes Jahres zogt {bigende Entwickelung:
Mfinse
Papi flr LT '^Ul
Kfichsbank-
Sttmme
(eiuschl. Nutiüual-
noten, ein-
ISebar
banknoten)
Yen
Yen
Yen
Yen
1880
1926581
9380615
11307196
1881
1571617
11592851
13164468
1882
1762484
12669113
14 431 507
1883
1031816
11666034
lL?t'>07 850
1884
003529
8252411
0 215 040
1885
1 »)38 607
11386945
476920
13502 472
1886
1620665
9421993
3 320 928
14363586
1887
1 728 732
7 760 845
4073H43
13563520
Die von den Banken gemachten Gewinne und verteilten
Dividenden für alle Banken zusammengerechnet betrugen im
Xhurchschnitt iedes Jahres (Gewinnberechnung und Dividenden-
verteflung findet halbjährlich statt):
auf 100 des Kapitals
Gewina Dii^dende
1877 6,T0 5,80
1878 10,00 8,ss
1879 13,82 11,87
1880 15,82 12,.,5
1881 16,77 1Ö,15
1882 17,18 13,60
1888 14,79 12,(0
1884 Idyoa 11,00
1885 13,00 11,57
1886 13,4T 11,86
1887 14,04 10,70
Das Aufsteigen wirtschaftlicher Tbätigkeit bis zum Höhe-
punkte des Jahras 1882 und der EinBufs der darauf folgenden
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X 4.
wirtschaftiichen Krise epiegelt sich ui den Zahlen deutlich
wider. Das Sinken des Zinsfufaes iniblge der Krisis liat auch
ciu lascheres Wiederansteigen verhindert, doch zeigt der öewinn-
satB fttr 1887 wieder einige Zunahme, wenn er auch hinter dem
der Jahre 1880—1883 surttckblieb. In den Jahren 1882 mit 143
Kationalhanken, 1885 mit 139, 1887 mit 136 Banken verteilten
1882 1885 1887
kone Dividende 2 Banken 5 Banken 2 BaokeD
weniger als 10 Prozent 7 - 23 - 40 -
10 bis unter 15 Prozent 50 - 91 - 86 -
15 Prozent und mehr 78 - 20 - R -
Die höchste vorgekommene Dividende in dem betrefi'eudeo
Jahre war 19,<>r.<^ o (1882), 18^ <> (1885) U»" i
Rs ist beincrkcuswert, wie die aufserordentlicli hohen Divi-
denden seltener geworden sind, auch in dem sonst ertbl^Toiclii n
Jahre 1887, und wie die Banken mit mäisigen Dividenden sich
▼crmehren. Offenbar hatten auch 1887 noch viele Banken an
vorhergegangenen Schäden zu leiden.
Um einzelne der wichtigeren Banken hervorzuheben, t»
gaben Prozent Dividende:
1882 1885 188(3 1887 1888
die 1. National-Bank 18 18 18 17 10
2. - 19,95 17 17 19 20
3. - 10,10 10 10 10 10
- 4. - 17,5 15 14,5 13,42 14
- 5. - 16 13 12,6 12 12
- 13. - 12 11 10 9 9,4
- 15. - 12 11,6 11 11 11
- 110. - 15 12 12 12 12
Die Höhe der Dividenden erscheint zunächst überrasehend,
namentlich, wenn man bedenkt, dafs der Umsatz bei den meisten
Banken ein sehr bescheidener ist. Tiiatsächlich erklärt sie sich
zu einem sehr Arolsen Teile höchst einlach. Die Ranken haben
zunächst die Zinsen der als Notengarantie lunLerlegten Papiere
als reine Einnahme. Dazu kommen dann die Zinsen der übrigen
iu i Ii rem Bcbitze befindlichen Staatspapiere. Wie wichtig daa
ist, möge eine Berechnung der Zinsen von den am Ende zweier
Jahre vorhandenen Papieren zeigen.
1882 in Yen 1887 in Yen
Der gesamte Reingewinn der Banken
betrag 7576909 6 526826
Die Zinseneinnahme von Staatspapieren
betrug 3965501 3836857
(dabei von den als Notengarantie hinter-
legten Papieren 3082421 2003 356)
Dazu ist zu reclmen die Verzinsung
der bei der 15. Bank gemachten
Satsnmaanleihe 750000 750000
Zusammen Zinsen 4715501 '4586857
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X 4. 193
Das sind vom AIvtien Kapital 10,6«% 10,oi"/o
Dagegen war der Keine^owinn 17,i8% 14,24°/o
die Dividende 13,öo'^/o 10,i»<*/«
Fast die pnze Dividende des Jahres 1887 kam abo im
Durchachnitt aller Banken von Zinsen der Staatsschuld. Diese
Zahlen zeigen, wie gerinti^ hei einer sehr grofsen Zahl von Banken
die F^innahme aus dem wirklichen liankproscfnift sein mufs und
wie überflüssig,' volkswirtschattlicli .seiu' vi< Ic (ier Banken sind.
Das führt uns denn zu der allgemeinen Beurt« ilung
des Nationalbank Wesen s. Das Oesetz vom 1. Aui,'ust 1876
mit seiner Tendenz, das Bankwesen des Laudts einem rein
politischen Nebenzwecke^ der Unterstützung des alten Soldaten-
standes, dienstbar tu maeben, war einer der ärgsten Fehler der
modernen Wirtschaftspolitik Japans. Die leichtfertige Vermehrung
des umlaufenden Papiergeldes hat sich bitter gerächt in der be-
schleunigten Entwertung der Währung. Weder bestand ein
Bedürfnis ftlr viel*' dieser Banken, noch waren deren T.eiter für
ihre iStellungen geeignet Durch unkluge Kreditgcwalirung liaben
sie in den Jahren der Agiotage die leichtsinnige Spekulation in
Seide, Thee, Keis, wie in i'apiergeld befördert
Fjnen wesentlichen Nutzen haben sie in ihrer Qesamtheit
nur dadurch iUr den Staat gehabt, dals sie das Mittel waren,
einen erbeblichen Teil der neu geschaffenen Staatsacfauldacheine
feslsnhalten. Für die Staatskassenverwaltung sind sie glelcb&Us
nützlich gewesen. Auch das ist nicht an yerkennen, dafs einzelne
der Banken, wie die Erste, die Zweite und einige andere, wirklich
zur Entwickelung d* s Kreditwesens ^ei^'etraj^^en liabcn und als
nützliche volkswirtschaftliche Anstalten zu betracliten sind. Das
hätte .sich aber auf Grund des alten (ie.set'/e.s von l!^72 auch
entwickelt Allmählich hat sich manches gebessert. Die Leiter
der Bauken haben einige Erfahrung gewonnen^ obgleidi man
noch nicht llberall zu viel Zutrauen haben dar£ Die Banken,
weldie ftlr ihre Fonds keine genügende Verwendung haben, wie
der grolse Besita an Staatspapieren zeigt, scheinen 1887/89 in
die Gründung von allerlei gewerblichen Gesellschaften, vielfach
in bedenklicher W( i-p, verflochten zu sein. Schon die Personal-
union, welclie z. P>. die Ei-ste und die Zweite Naüonalbank
durch ihre Präsidenten, E. Shibusawa und Z. Hara, mit einer
ganzen Reihe anderer Unternehmungen verknüpft, ist nicht un-
bedenklich.
Die allmähliche X'erminderung der Überaabl der Banken
scheint sich nicht in dem anfönghchen Tenapo fortBUsetsen. Vji«
die Neugrttndune aablraicber kleiner Privatbanken in d«i wtot«»
Jahron «eigt scheinen viele kleine Banken einstweilen den yer-
kel»«gewohnheiten mehr zu entsprechen ala wenige starke kJanJten
mit zahlreichen Filialen.
ForMhttogftii {4R) X 4. IUthg«n. 1^
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194
X 4.
In den Jahren 1896 bis 1899 laufen die KonoesBione» der
Nationalbanken ab. Die Noten sind bis dahin eingecogen und
dk Banken auf ihre eigenen HUlfiMioeUen angewieBen. Eb ist
anzunehmen, dala die meistin Banken versuchen werden, ihre
Geschäfte fortzusct^pn . Denjenigen, welche vernünftig geleitet
und durch Ansammlung von Reserven gekräftigt sind, wird das
Wühl auch geHngen. Wenn eine Anzahl der schwächeren Banken
sich auflöst, so wird das für die japanische Volkswirtschaft kein
Störungen des Geldmarktes sich vollzieht Die Adelsbank wird
einer vollständigen Umwandlung bedürfen, wenn der Staat ihr
die 10 Millionen Yen der Satsuma- Anleihe surttckaahlt
II. Die Shokln Ginko (Hartgeld-Bank, Specie-Bank).
Der japanischen Besizebungcn , den „direkten** answttr-
tigen Handel in die eigenen Hände zu bekommen , ist in
anderem Zusammenliange zu gedenken ( vergl. das neunte Kapitel
dieses I^uehes). Die fremden in den offenen Häfen erriehteten
Bankfilialen — die ersten Afrenturen englischer Kolonialbanken
stanmien schon aus dem Frühjahr 1803 — hat das neue Ja^ian
nie gerne gesehen. Schon 1872 bei den Unterhandlungen we-en
der zweiten ausländiöcheu Anlcilie suchte die Regierung, aller-
dings vergeblich^ ihre Hfllfe zu umgehen. Der Gedanke lag
nahoy eine einhdmiBche Konkurrenzbank fUr die BedUrfiiisse des
Aufsenhandels zu gründen. Die Nationalbanken mit ihrer Papier-
grundlage eigneten sich dafUr nicht. Dazu kam eine zweite £r-
wügung. Die Regierung brauchte für ihre Zahlungen im Aus-
lande Edelmetall. Versuche, dieses o<ler Wechsel in Yokohama
diixikt zu kaufen, führten regelmiilsig zu lebhaften Kursschwan-
kungen. Die Regierung verschaflle sich daher das Edelmetall
in der Weise, dafi sie Keis, später auch Seide auf eigene Rech-
nung Tefschifiie und in Europa durch Agenten verkamen liefii^.
Auch die Operationen der Ex]>ortge6^8chaften dienten dem
gleichen Zwecke. Um in allen diesen Dingen unabhängig zu
worden, war eine eigene Exportbank '.vtinschenswert, welche
nach mancherlei Erwa^amgen im Jahre 1879 beschlossen und
im PVbrimr IRRO in Yokohama unter dem Namen Shokin
Ginko, Hartgeld-Bank, englisch als »Specie-Bank" bekannt,
' Dift ^>rs.■lliffunc von Produkten auf Rechnung der Finanzver-
waltung hat, wenn ich nicht irre, vnti 1^77—18x4 regelmUfsig stHtt-
gefunden. Authentische Mitteilungen sind über diese Vorgänge nie ver-
öft'entlicht. Dafs es 1^77 geschehen sei, sagte der Viceminister Matsukata
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195
eröffiiet wurde. Das Kapital sollte in Silber aufgebracht werden,
der Staat 1 MillioD, die privaten Aktionftre 2 Millionen Yen her-
geben, der Staat auf seine Aktien eine i^eringere Dividende
erhalten. Die erste Schwierigkeit war, dals das Publikum nur
für 400 000 Yen Metallaktien autuahiii. Nun wurde erlaubt,
die übrigen 1600000 Yen in Papier aa&abi*iQgen. Damit
wurden Kinaatsnacheine^ gekauft tmd auf diese» P&ad vom
Finanzministerium Silber geliehen. Der Staat gab wohl auch
weiterhin der Bank Vorscntisse. Die zweite Schwierigkeit war,
in das Bankircschäft hin fM*n zukommen, da die fremden Kaufleute
natur^'eraäfe ihre Verbindungen mit den fremden J>anken auf-
rechterhielten. Welcher fremde Kaufmann hutte auch damals
in den Tagen der tollsten Agiotage Zutrauen zu einer japauiaclien
Bank gehabt So war die l^kiu Oinko darauf angewiesen,
mit den einhdmischen GeseUschaften &r direkten Export au
arbeiten. Die Flrodttzenten Im Lande erhielten auf Thee und
Seide Vorschüsse, natürlich in Papiergeld, wof\ir sie sich ver-
pflielite'ten , durch Vermittclunpc dieser Gesellschaften zu expor-
tieren. Die Metalleinnalimen im Auslande erhielt dann die I^ank
als Zahlung: für ihre Vurschüsse. So ^^elang es ihr, für die
Regierung Metall zusammen zubekommen, das Geschäft schien
zu blühen und die Aktien stiegen auf 133. Nun acheint aber
daa Ausfuhrgeschäft nicht sehr ▼orrichtig gefUhrt su sein. Schon
im April lo82 war die Bank In Sohwieiigkeitcn wegen £Sn-
ziehung ihrer Vorschüsse und gegen das Ende des Jahres in
wirklieh ^>rdr;irt<Tter Lap^e. Genau ^y\e die Dinge standen, ist
im Publikum nicht bekannt geworden. Ah^ die Aktien stark
tielen. kaufte die FinanzverwalUing eine gröiseie .Ntenge auf und
im April 1883 wurde die Bank rekonstruiert. Das
Kapital der Bank wurde in Papier umgewandelt. Dadurch ge-
king es, das Kapital schembar auf der alten Hohe au erhalten,
wfthrend man den Wertuntenchied zwischen Silber und Papier
zur Abschreibung der uneinbringlichen Forderungen gegen die
Exportgesellschaften verwendete. Im Sommer 1883 ging die
umgestaltete Bank nioder an da^< Auslandsgeschäft heran. Ein
glücklicher Umstand begünstigte ihre Bemühungen, in das regel-
mäfsige Geschäft hineinzukommen. Um dieselbe Zeit nämlich
entstand bei den europäischen Banken eine Geldklemme, die
Ml \m cum Herbst nodi steigerte (grofse Seidenausfuhr). Die
Shokin Ginko kam anfangs den fremden Konkurrenten au Hülfe,
indem sie Bank Wechsel kaufte. Bald aber kam man auf den
ganz richtigen Gedanken, nicht die Tratten der IJankcn, sondern
nie der Exporteure selbst zu kaufen und zwar, um sie anzu-
sehen, zu etwas vorteilhafteren Bedingungen, als die fremden
' Die Kinsatsubonds sind zur Einlösung von Papiergekl ausgegeben
uud m Metall mit 6 Prozent verzinslich und rückzahlbar, die älteren in
Gold, die sp&teren in Silber.
13*
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196
X 4.
Banken isehcn konnton. Die Pol<^e dieses jahrelang fortgesetzten
Verfahrens war, dals das giinzc Bankgeschäft in zwei Teile zer-
fiel, nie europUischen Banken fuhren fort , die Importe zu
tiuauzieren. Um das der bhokin Ginko zu überlassen, fehlte
und Wt hellte noch das Zutmieii. DieM da^en vermittfllfte
die Tratten fUr die Exporte. So sammelten sidi die ZaUong^
i\ir die Importe bei oen europäischen Banken in Japan, die
Zahlungen Air Exporte bei den Agenturen der Sfaokm Ginko
im Auslände. Die TlegieruTi<? ur^t} die P>ank erreichten den
Zweck, über sehr erhebliehe Ed« liiicuilimengen im Auslande Ver-
in^uTiff zu erhalten. Beide haben dabei grofse Gewinne dadurch
gemacht, dais der iSüberpreis andauernd sank, während giolsc
Summen in Gold in Europa lagen. fVeilich stand dem gegen-
über der NachteOt dafs die fremden Banken in Japan daa Silber»
welches sich bei ihnen ansammelte und welches sie fiir den An-
kauf von Tratten nicht verwenden konnten, wegschickten. So
ergab sicli die Folge, dafs der japanische Aul'senhandel mit einem
ganz imvcrlüiltnismnrr^igen Aufwand von Kdelmetiül linan7,{ert
ist, indem die Kegieining Silberbarren einführte, die tremden
Banken die geprägten Yen ausführten. Den Höhepunkt eiTeichte
das im Jahre 1887. Seit dem Frühling 1888 wurden diese
Operationen eingeschrftnkt und die im Anshinde aur Verfügung
der Regierung stehenden Summen mehr und mehr nach Japan
gezogen, eine Operation, welche im Frühjahr 18B9 in der Haupt-
sache beendet sein dürfte. Allmählich ist es in den letzten
Zeiten der Shokin Ginko aneli c:elnngenj an der Beleihung von
Importen einen Anteil zu gewinnen.
Die Entwickelung der Shokin Ginko ist noch durch ein
weiteres Ereignis begünstigt worden, die Zahlungseinstellung der
Oriental Banking Corporation im Jahre 1884. Mit dieser früher
bedeutendsten der englischen Eolonialbanken hatte die Regierung
ältere Beziehungen, welche nicht ganz g^Ost werden konnten.
Namentlich besorgte sie den Dienst der auswärtip:? n Schuld.
Nach ihrem Ziinjinimenbrurh wurden diese rtpseliäfte (kr Shokin
Ginko übertragen, weshalb au( Ii deren Londoner Agentur im
Herbst 1884 zu einer Nebensteile erlioben wurde. In Lyon,
San Fraucißco mid New York bestehen Agenturen, in Kobe eine
Nebenstelle.
Im April 1887 wurde das Kapital der Bank erhobt Im
Zusammenhang mit der allgemeinen Spekulations- und Emisfliona-
thätigkeit dieser Zeit, welche die Aktien der Bank auf eine
aufsevordentliche Hölic getrieben hatte. Die Verdoppelung da
Aktien war ein gutes Geschäft fllr die Aktionäre. Zugleich war
eine Xerstärkung der eigenen h'onds wünschenswert, da die
Zurückziehung eines greisen Teils der Staatsdepositen, mit welchen
die Bank arbeitele^ Torauszusehen war. Übrigens ist auf die
neuen Aktien nur die Hälfte eingezahlt, die Einmiung der anderen
Httlfte vertagt, da inawischen der Geldmarkt adhr viel weniger
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X 4.
197
willig geworden war. Ea war wohl eine Bedingung fUr die
Erlau ])m*s der Verdoppeln h l*', dafs von da an die im Staatsbesitz
befiiidliclien Aktien die gleiche Dividende erhielten wie die übrigen
Aktien , was hia dahin nicht der Fall war. Ferner <;ingen
damals diese Aktien in dix& i£.igentum dcä kai^^eriicben Hauses
ttber.
Auf Qrund dieMr neuen Verliältnine wurde die ganae
Stellung der Sbokin Qinko durch eine neue Eaueriiche Ver-
ordnung geregelt (Nr. 29 yom 6. Juli 1887, etwas geändert
durch Kr. 10 vom 3. Februar 1^^801 !)anach ist die gesets*
liebe Stellung der Shokin Ginko folgende:
Das Privileg der Bank lilutt 20 Jahre vom 28. Februar 1880
tOkf kann aber verlängert werden. Das Kapital beträgt ü Millionen
Yen in 60000 auf den Namen lautenden Aktien \ welche übrigens,
wie durchweg in Japan der Fall, von Auslttndem nicht erworben
werden können. Die Aktionäre haften nur für den Betrag ihrer
Aktien. Genehmigung reep. Bestätigung des Finanvministers tat
erforderhch :
1. zur Errichtung und AufhehuQg von Nebenatellen und
Agenturen.
2. zum Betrieb von Geschäften in ausländischem Geide oder
Effekten.
3. zur Verteilung der Dividende.
4. zur Wahl des FrttsideDten, der gleichzeitig Direktor bei
der Reichabank (Nihon. Oinko) sein dar£ Der Minister
kann den Vicepräsidenten der Beichsbank gleidueitig tum
Prttsidentcn der Shokin (Jinko ernennen.
5. zur Wahl der übrigen ]\Iitglieder des Direktoriums (min-
destens vier — Zusatz von 1880).
Die Bank soll Grundbesitz nicht erwerben , ihre ein^oncn
Aktien nur kaufen oder beleilim , wenn der JSchuldncr keine
andere Deckung bat. Täglich fallige Depositen müssen zu einem
Viertel bar gedeckt sein. Vom Gewinn sind 10 Prozent zur
Büdung des Reserreibnds zu verwenden. Der Minister kann
die Bank schliefsen, wenn mehr als die Hälfte des Kapitals ver-
loren ist Er kann sie jederzeit durch einen Regientngskom-
missar revidieren lassen, kann auch jede Mafsr^el, welelic er
f^r unangemessen hält, verbieten | eventuell Neuwahl des Direk-
toriums anordnen.
Die Stiiatsaufsicht geht, wie man sieht, soweit, dafs man
die Bank im wesentUchen als eine Staatsbank mit Privatkapital
bezeichnen kann.
Auf den mehrfadi erörterten Vorschlag , die Shokin Ginko
mit der Beichsbank ganz zu verschmelzen, hat man sieh ver*
^ Davon ist die Hälfte nur halb eiugezahlt, das Kapital also in
Wahibeit 4 600000 Yen.
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X 4.
nlinftigerweise niclit ein^^elasspn. Oio TJoschfifte einer Bank,
welche den auswärtigen Handel tinaiizieri , eignen sich nicht tiir
die ( 't-ntralbank eines Landeü, deren Autgabe in erster Linie
Kegelung der Landeswährung ist. Jedoch hat die 8hokin Ginko
es erreiclit, dal's die Nihon Ginko ihr zu Htüfe gekommen ist,
um ihr die Fondß fUr ihr Wechselgesdiftft zu beschaffen. Bis
1889 waren diese durch die grofsen Operationen der Begternng
zur Beschaffung von Edelmetall geli^ert worden. Die Bank
hatte sehr bedeutende Staatsdepositen in Händen für sehr nie-
drigen Zins (angeblich nur 2 Prozent). Narlidem nun diese
Staatsdefjositen bedeutend vermindert sind, der Bank auch die
Erlaubiim zur Notenausgabe (tranz mit Recht) verweigert ist, hat
sieh im Oktober iHbi» die Siaattjbank l>ereit erkliirt, Auslands-
Wechsel der Shokin Ginko bis zum Betri^e von 10 Millionen
Yen EU diskontieren. So finden wir in &r BtktnK der Baak
folgende Verschiebung der Posten:
Ende 1888 Ende 1889
Depositen 16 203 000 Yen 10 240 000 Yen
Andere Verbtndiiehkeiten 5115 000 • 18065 000 -
Die bisherigen greisen Gewinne der Bank sind durch diese
Änderung der \ erhaitnibse allerdings einigermafsen beschrankt*.
Der Reingewinn und die iSvidende der Shokin Ginko
haben sich fol^ndermaCben entwickelt':
Reingewiim Dividende
der Privataktieu der Staatsaktieo
1880 185 000 Yen 4,5% 3,7» ^ o
1881 aiaooo - 8,5- 6 -
1882 293 000 - 8,5 - 6 -
1883 379000 • 11,5 - 6 -
1884 551 000 - 15,5 - 7 •
188:> 1 339 000 - 10 - 8 -
1886 1009U00 - 16 - 8 -
IbbT 1 217 000 - 17 %
1888 1 472 000 - 20 -
1S81> 850 000 - 16 -
Zu dem grolsen Rückgang des r4e\vinnes 1880 hat, auch
beigetragen , dals in den früiieren .lahren durch den dauernden
Rückgang des iSilberpreises greise Ciewinne an dem in London
liegenden Golddepositum der Regierung genuicht sind, während
1889 dies nicht nur wegfiel, sondern auch bei dem Wechsel-
* Die übermärsig verwohnten Aktionäre haben denn auch ihrem
Mifsverpiügen in der Prease lebhaften Aiudruck gegeben.
^ Die Tantiemen eind. wie bei allen japanisches ünteroehmungen^
»ehr hoch, liiiOOO Yen, ^9; b'jm Yen.
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geschäft zieiiilH-}i<' \'prhi8tf» eingetreten sind, weil fl-is im Herbst
reeelinäfsig ein tretende Steigen des Silberureises über das gewöhn-
liche Mais hinausging. Die heftigen Schwankungen des Silber-
preises und infolgcdeäsen des Wechselkuraeä auf Europa und
Amerika haben auf die Li^ der Bank im Jahre 1890 sehr
ungOsstig eingewirkt und ihr erhebliche Verluste verurBacfat
Um die Dividende auf der Höhe von lö Prozent za erhalten^
mursten fUr das erste Semester 140000 Yen der Kesenre ent-
nommen werden.
Wie wichtig die Sliokin Ginko filr die Regelung der inter-
nationalen Zalilungabiliinz Japans geworden ist, kann man aus
einer Mitteilung des bisherigen Prllsidenten R. llara entnehmen . die
er bd Vorlegung des Geschttfisberichts filr das zweite Hiübjahr
1889 machte» Danach waren 1889 auf Exporte 23 240 000 Yen,
auf Importe 20890000 Yen geliehen.
Einen gewissen Anhalt ftir die Gestaltung der GeschUfte
der Shokin (iinko in den letzten Jahren giebt die folgende
Übersicht der Hanptposten in den Seniesterbilanzen. Hedaiier-
lich ist, dala di»'se seit Miide 18H7 iioeh weniger Einblick in die
wirkliche Lage der Baak gestatten als vorher. Man ist ver-
sucht, diese Änderung in Verbindung an bringen mit der hef-
tigen Kritik des Vembrens der Biuik durch die P^ümo im
Jahre 1887.
(Siehe Tabelle & 200.)
III. Die Nihon Ginko (Reicbsbank).
Wesentlich im Zusammenhange mit den Mafsregek zur
Wiederherstellung der Valuta steht die Begründung einer cen-
tralen Staatsbank. Im Sommer 1881 legten die Minister
Okuma und Ito die Grundsttge iUr dne solche Anstalt in einer
Denkschrift nieder. Diese Grundzüge fanden dann gesetzlicln»
Gestalt durch Nr. 32 vom 27. Juni lbH2 über die Nihon
Ginko, wie die iStantsbank nach dem Muster analoger Institute
in Europa getauft w urde.
Das Gesetz bestimmt, daCs die Bank ihren Sitz in Tokyo
und Nebenstdlen und Agenturen in jeder Beairkshauptstadt und
an anderen wichtigen Plätnen haben solle. Als Agenturen wie als
Korrespondenten können andere Banken benutzt werden, stets
unter Genehmigung des Finanzministers. Das Privileg der Bank
läuft 30 Jahre nach Erüfinung des Beti iebes ab, kann aber ver-
längert werden. Das Kapital soll 1«) Millionen Yen in 50 00(»
Anteilen betragen. Die Aktien lauten auf Namen und können
von Aualändern nicht erworben werden. Um Aktionär zu wer-
den, ist Cl^dimigung des Finanaministers erfbfderlich (!). Ist
ErweiteruQg der Oesääfte wünschenswert , so sollen die Fonds
snnächst durch Volleinzahlnng der Aktien bescbafil werden
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Cmeret war Halbeinzahlung in Aussicht genommen). Vom
Keingewinn ist mindestens ein Zehntel f^r den Reservefonds zu
verwenden. Die Bank soll folgende Geschäfte betreiben:
«• Diakontierang und Kauf von Schatzscheinen, Wechseln
11. s. w.
b. Kauf und \ erkauf von Gold und Silber.
c. Beleiliung von Edelmetall.
d. Inkaiiäo von Wechseln u. dgl. für andere Banken u. s. w.
e. Annahme von Depositen.
f. Beleihung tod Staatspapieren^ Schatascfaeinen und staatlich
sarantieiten EfFekten. Der Bebag solcher Darlehen sowie
der Zinssata (auch Diskont wird vom Direktorium fest-
gesetzt und vom Finanzminister genehmigt.
Die Bank soll die Staatskaaaengeschttfle führen, soweit die
Finanzverwaltung dessen bedarf.
Die Bank wird Hanknoten ausgeben unter den spttter zu
r^elnden Bedin;^uni^f n.
Sie darf Wechsel und Checka ausgeben.
Mit Genehmigung:^ des Finanzministers darf sie Staatspapiere
kaufen und verkaufen. Andere als die angeführten Geüohäfte
soll die Bank nicht betreiben, msbesondere nicht Immobilien
oder Aktien belahen^ Geschäfte in eigenen Aktien machen, sich
an industriellen Unternehmungen beteiligen, Grundbesitz er*
werben.
An der Spitze der Bank steht ein l^ankdirektorinm , be-
stehend aus (lern Pr.lsidenten und Vicepräsidenten , welche auf
5 Jahre vom Minister ernannt werden, 4 Verwaltungsräten (Riji)
und 3 — 5 Direktoren (ICanji), vorgeschlagen von der General-
versammlung, ernannt vom Minister ^
Die Qeschaftsfilhrung der Bank unterliegt der Aufrusht des
Finanzministers, der auch jede Mafsregel untersagen kann. Dem
Minister sind wenigstens monatlich einmal Buchte Uber die
Lage der Bank einzureichen. Die Statuten der Bank bedttifen
der Bestätigung.
Die Reichsbank war also im wesentlichen bestinmit , ein [
Httlfsorgan der Finanzverwaltung zu sein. Das Privatkapital
wunle zur Beteilipjung herangezogen, aber die Hlilftf des Aktien-
kapitals übernahm der Staat, der sich mit einer ;LCcnn^oren
Dividende bcgntlgte. Die andere Hälfte von nominal ö uuo 000
Yen, thatsächhch 2 50ÜUOU, im Publikum unterzulirin;;en , hat
einige ^lühe gemacht. Nach den in den Jahres berichten ver-
OflbnÜichten Listen der Aktionftre gehören diese überwiegend
dem grofsen Kauftnanns- und Banquierstande an. Die Aktien
< Das Amt des ViceprfisideDteD ist bisher regelm&Tsig nicht besetzt.
Ende 1889 bestand das Direktofium ans den Prilaidenten, 3 Biji nnd
8 &aajL
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X 4.
des Staates sind 1885 auf das kaiserliche Hausvermögen über-
tragen. Der T Unterschied in dem Dividendenbezug ist 1887 bei
Geleirrriheit der Kripitalserhöhung beseitigt.
Am lU. Oktober 1882 begann die i»»ihon iiinko ihre zu-
nächst wesentlich vorbereitende Thätigkeit. Die feierliche Er-
öffnung erfolgte am 28. April 1883. Unmittelbar darauf
wurden der Bank wesentiidbe Teile der Staatskaaaenyerwaltuog
und die Einziehung der Nationalbanknoten (S. 184) Uber'
tragen. Die Ausgabe von in Silber einlösbaren Banknoten vom
1. Juli 1884 ab wurde durch Gesetz Nr. 18 vom 26. Mai 1884
eingeführt, welches später durch die Kaiserlichen Verordnun^r^n
Nr. 59 vom 31. Juli 1888 und Nr. 34 vom 16. Mai 18^0
wesentUch erweitert ist.
Im Laufe des Jahres 1884 war dub Kapital zur Hälfte ein-
gezahlt. Der Aufschwung der Geschäfte seit 1886 veranlafste
im Jahre 1887 die Verdoppelung des Kapitak, nicht
durch Volleinzahlung, entsprechend § 9 des Bankgesetses, son-
dern indem jeder Besitzer einer alten Aktie eine neue erhielt^
die gleichfalls nur halb eingezahlt war. Die Aktionäre haben
bei dem hohen Kurs der Aktien ein schönes Geschäft gemacht,
aber das Verfahren ist jedenfalls eine bedenkliche Beteiligung
an dem damaligen Gründungs- und Kmissionstreiben. Doch hat
man die Gelt^enheit wenigstens zu einer bedeutenden Verstär-
kung des Res^efonds benutzt. Das Kapital beträgt jetzt also
nominell 20^ thatsttcUich 10 Millionen Yen. Der Reservefonds
ist bis Anfang 1890 auf 4940000 Yen gestiegen.
Die ßank hat nur eine eigene Nebenstelle eröffnet, in
Osaka. Dagegen bedient sie sich für ihre Oesehüfte im Lande,
namentlich ftir die Staatskassenverwaltun;.:, zahlreielier bestehen-
der Firmen als Agenturen und Korrespondenten. Darunter sind
eine grofse Zahl von Nationalbanken. l 'bcrhaupt ist die Reichs-
bank für die beatelienden Jianken nicht, wie aniungs in Inter-
eseentenkreisen gefiirditet wurde, ein ttberlegener Konkurrenty
sondern vielmehr dne Stfitse und ein Rückhalt geworden. Neuer-
dings ist die Zahl der Agenturen und Korrespondenten etwas
verringert worden. Die Bilanz vom 31. Dezember 1889 erwähnt
abei' immer noch ^02 Agenturen und 119 Korrespondenten.
Bei der grolsen Bedeutung der Bank für die japanische
Finanzverwaltung wie für das ganze Währun^s- und Kredit
wesen des LAndes dürfte eine etwas nilhere Betraehtung ihres
Geschäftsbetriebes angemestsen sein, namciitiicii seit der Au&ahme
der Barsahlungen am 1. Januar 1886, seit welcher Zeit sie in
ihre eigentliche Funktion der Regelung des Geld* und Wftfarungs-
Wesens allmülilich einrückt.
Die Bank veröden tlicht am Schlüsse jedes Semesters einen
Geschäftsbericht, der die Bilanz und die Bewegung in den ein-
zelneu Konten enthält (Bestand am Anfang, Zugang, Abgang,
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Rert, aber keine Angaben ttber Maximal- und Mimnialbeetand).
Seit 1888 nnd die Halbjahrsberichte verkürzt, wofür ein atu-
fllhrlicherer Geschäftsbericht fUr jede« Kalenderjahr YerOffimlficht
wird, \^''^ihrend die allgemeine Lage der Bank nur aus den
halbjährlichen Bilanzen eraichtli^li \\ir'l, fiat man i^l^h ^rit 19*^^>
wenigstens ent^^fhlof^fs^n , Wocheubericltii nhpv dcii Jietrag der
umlaufenden BauLiiokii und di*^ '/n^ariinw t/ung der Noten-
deckung zu veröffentlichen . was imüiuriiiii »cljon ein ForUcimtt
ist (erster Wochenbericht für den 11. August 1888. Das
Formniar s. S, 210). Die wichtigsten Posten der halbjährlichen
Bilanaen von 1886 — 1889 sind auf umstehender Tabelle
zusaniniengestellt , unter Weglassung des ungefähr balanzieren*
den Kontos für Einziehung der Nationalbanknoten und Ver-
einfaclniTi^ K^pitalkontos, welche.-^ in ärv l'ilanz in '^t
Form erscheint: aui der J^i^'sivseite: Nomiiialk;!] it il 20000o'm>
Yen, auf der AkiiN -f^ite: iiocli niclit eingezahlt iouuOOOO Yen.
Die Summen der Liiiauz erscheinen dadurch reichUch hoch. Für
die genaue Form der Bilanz folgt ein Beispiel im Anhang.
(Siehe Tabelle 8. 204.)
Schon das Anschwellen der Bilanzsummen von Jahr zu
Jahr zeigt die steigende Bedeutung der Bnnk. Auf der Passiv-
seite ist das hauptsächlich der Zunahme des Notenumlaufs zu-
zuschreiben, auf der Aktivseite der Vermehrung der als Noten-
deckung dienenden Barren und Staatspapiere einerseits, der Zu-
nahme der ForderuDgen gegen Private andereeits. Der Kaasen-
bestand, der bis Ende 1886 xasch und stark gewachsen war,
hat sich seitdem wenig ▼erSndert. Im ersten Jahre noch weniger
als 3 Millionen Yen, erreichte er im Sommer 1884 die Summe
von 3 124 000 Yen. Die weitere Entwickelung ze^^t die um-
stehende Tabelle, welche nnci] die Zimahine des Barrenvorrates
und die SuTtmie des iiklelmetalibestandes (einschL Silberscheide-
münzcnj augiebi.
(Siehe Tabelle S. 205.)
Die Änderungen in der Zusammensetzung des Kiussen-
bestandes sind bemerkenswert. Erst Ende 1885 tiberwog Mttnae
das Papiergeld, das Ende 1889 k«ne 5 Pkosent mehr betrug.
Noch 1886 war in dem MOnzbestande dne unyerhältnismäfmge
Menge Scheidemttnie. Bildet sdion das Papiergeld keinen er-
wünschten Bestandteil der Kasse, so gehört ein anderer Posten
eigentlich überhaupt nicht hinein, ri;indich Anweisungen. Checks,
Wertschriften anden i- Art, mittels welclier die Bank ßütort über
die betreffenden Suiunien ^ erl ügen zu können behauptet. ^Namentlich
1887 liatte dieser Bestandteil der Kasse eine unerfreuliche Höhe.
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Dafs seit l'^'-T die Einyen-Stücke, die Wftlirungsmünze cV'.s Landes,
sich nicht vermehrt haben und eher etwas zurückgegangen sind, ist
auch nicht selir günstig. Immerhin bildeten sie Ende 1889 über
91 Prüzent de» Kaasenbeötaüdeö, gegen noch nicht 75 Prozent
der sehr viel kleineren Kasse im Sommer 1886. Auf die groise
Zunahme des Edelmetalls in Barren ist weiter nnten bä Be-
spreohuDg der Notendeckmig näher einzugehen.
Der Gesamtumsatz der Staatsbank, alle Eingänge und
Au^Hnge zusammengerechnet, ist in gans bemerkenswerter Weise
gestiegen :
von 882 Millionen Yen im Jahre 1885
auf 1688 - - - - 18S6
2577 - - - - 1887
2791 - ... 1888
2766 . . - . 1889
Erst 1889 also braclite einen geringen Kückgang. Dabei
ist aber nicht aulser acht zu lastien, daiä LSbT die grolse Kapit&l-
vergrölseraog Stattfond. Hehr als neun Zehntel der Umsätze
kommt auf das Hauptcomptoir in Tokyo.
Schon die oben mitgeteilten Zahlen der Bilanz zeigen die
grofse Wichtigkeit des Staatskassengeschäftes für die Nihon
riinko Das Depositengeschaft flor Bank bi-schränkt sich fast
^anz auf" den Verk^'hr mit der Staatskasse und ebenso ist es
mit dem An^veisun^^svc^kehr. Depositen Privater sind pranz un-
bedeutend und haben sich sogar in der letzten Zeit noch etwas
▼ermindert Im Kontokorrent sind von Privaten eingeasahlt
1886 12 2U2<H>() Yen
1887 12954UU0 -
1888 17 275000 -
1889 10375000 -
Der Bestand war Ende 1889 184656 Yen, an sonstigen
Depositen 58153 Yen.
Ist das Paaslvgescliftft mit Privaten mu» unbedeutend^ so
hat sidi dagegen asm Aktivgeschäft, die Gewährung von Dar-
lehen und Diäontierung von Handelspapieren stark entwickelt.
Die Foi-derungen gegen Private haben sich von Ende 1886
(7571 000 Yen) bis Ende 18S0 fa.st vcrvierfaclit ( 2*H)40U(i(t Yen ).
Die letztgenannte iSumme setzte sich in ihren Uauptposten zu-
sammen aus
Darlehen 16390400 Yen
Darlehen ..auf feste Zeit** 681585 -
Diskontierte Papiere 5363268 -
Auslftndisclie Wechsel 6598736 -
Der letztgenannte Posten erscheint in diesem AusweiJ'e zura
ersten Maie« sind Wechsel auf Ein- und Ausfulirenf welche
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der Shokin Ginko abgekauft sind*. Im ganzen sind mit Eiii-
rechnung von <> 982 000 Yen Aiislandswwlisprn ^ fur37()9<H)ni) Yen
nandelspapicT»- im Jahre IcS.'^iJ diskontiert. Von den Inland-
papieren sind nur ein kleiner Bruchteil ei;j:enthche VA rchsel.
Klein, wie die Beträge aind, zeigen »ie doch ein alhnahiiches
Entstehen der Ekreditwirtachaft. Dafs der Bedarf danach mehr
und mehr gefühlt wird^ zeigt die Thatsache, dafa fiir weitere
8720000 Yen Gesaohe um Diskontierung h& der Bank ein»
gingen, die als mangelhaft zurückgewiesen werden mufsten.
Darlehen an Private wurden 1889 76300000 Yen bewilligt.
Die „Privaten'', mit welchen die Bank verkehrt, dürften
ganz überwiegend die bestellenden Banken sein. Dies bewirkt
auch, dafs trotz der verhältnisviiHlsifr ixerin^^en Umsntze der von
der btaatabauk festgesetzte Ziubiuls selion einen ganz bedeutenden
£inflii(8 auf den Geldmarkt ausübt, dem die übrigen Banken
folgen.
Für die Staataschuldenverwaltong hat sich die Errichtung
der Reichsbank besonders bequem erwiesen. Nicht nur» dafs sie
den laufenden Dienst der Zinsenzahlung u. s. w. erleichtert.
Auch für die Auflegung neuer Anleihen und ftir die Konver-
tierung der älteren hoch verzinslichen Schulden ist ihre Ver-
mittelung nützlich. Bei der Einlösnnfr des Staatspapier-
geldes ist sie als Hülfäor^au thätig. Im Zuäammeniiang dumil
steht die Einnehung der Nationalfaanknoteuy welche oboi S. 184
beschrieben ist. Diese liegt ganz in den HAnden der Reichs-
bank, welche den Tilgungsfonds verwaltety die Zahlungen der
Nationalbanken in Staatspapieren anlegt und fiir den EStrag an
Zinsen Nationalbanknoten ans dem Verkehr zieht
Mehr und mefir tritt aber als wiehtifrste Aufgabe der Staats-
bank die Ke^'elun;^ des Geldundaufö durch die Ausgabe von
Banknoten in den Vorder^.'nind. Das künstliche Gebäude
der japanischen Widirung beruht wesentlich und m Zukunft
ganz auf der Kotenausgabe der Nihon Ginko und deren Deckung.
In den oflenen Hä&i hatten schon immer die fremden Banken
zur Erleichterung des Geldverkehrs Noten ausgegeben. Die ersten
Jahre der neuen Ordnung sahen auch mehrere Versuche japa*
nischer !>anken damit in Konkurrenz zu treten (Kawase Kwaisna,
Mitsui Bank). Schon 1S'71 (Krlafs vom 4. des 4 Monats) sah
sich die Regierung genötigt, ge;j;en unautorisierte Notenausgabe
einzuschreiten. Um den tremden Banken aber das Feld nicht
allein zu überlassen, wurde 1878 (Nr. 100 vom 24. September)
der Zweiten Nationalbank in Yokohama die Aufgabe von Silber-
' Das bcreita erwähnte, im Oktol)Pr I^nO cretroffcne Arrangement,
dals die Nihon Ginko der SUokin Giiiko bis zu 10 Millionen Ven Handeis-
trechiel diakoatiere, gab flbrigens den Anlaf» mr Abdankotig des bis-
herigen Präsidenten i' r Xili u Ginko.
»5451060 len lür Exporte, 15;10 977 Yen für Importe.
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dollaruoten bis zum Betr?ige von 1500000 Dollars übertragnen.
Die umlautende Mengte sollte in baren Dollars voll gedeckt sein,
aulserdem als Sicherheit ein Drittel in Staatäpapieren oder Grimd-
bedtxtiteb beim FixiaDsmiiustorittm hintan^ werden. Sehr
gjN^h ist der Undanf nidit geworden und dorne sdten melir als
einige hunderttausend DoUan betragen Iiabcn. Übrigens ist die
TOUige Einziehung dieser Noten am 4. Mai 1885 angeordnet.
Wie erwähnt, wurde die Ausgabe von jederzeit in Silber
einzulösenden Banknoten der Kihon Ginko zunächst durch Gesetz
vom 26. Mai 18iS4 geregelt. Über den wichtigsten i^inkt, die
Noteudeckungy war nichts gesagt, als dafs die Bank lur „au-
gemenene Deckung'* au somn nabe. Über den Betrag der
umlaufenden Noten sollten tS^die und monatliche Ausweise dem
Finanzminister vorgelegt werden. Veröffentlichung von Aua-
weisen war nicht vorgesehen. Die einzige Information für das
Publikum enthielten die halbjiibrUchen Geseliiiftsberichte. Die
Deckung bestand danach tv-ih in Metall, teils in Staatspapieren,
Schatzscheinen und Sclmlls In inrn d<T Staatskassen Verwaltung.
Die Noten, welche gebetzliclic Zalilkraft erhielten, kamen nur
langsam in Umlauf, solange das Papiergeld noch Disagio hatte.
Am 80. Juni 1885 waren es erst ä 801 830 Yen. Erst nach
Aufnahme der Baraahlungen entwickelte sich die Notenausgabe
rasch. Es war
der wirkliche Umlauf (li*^ Mctalldeckung
in 1000 Yen in lim Yen in ^/o des
Umlaafs
am 30. .iutii 1880
18376
10497
57
- 31. Dez. 1886
39026
23053
61
- 30. Juni 1887
39541
24049
61
- 31. Dez. 1887
53235
80703
58
. 30. Juni 1888
49178
28064
57
- 31. Dez. 1888
62 my
44367
70
- 29. Juni 1889
61339
43455
71
- 31. Dez. 1889
74297
53158
72
Während vom 80.
Juni 1885
bis Ende 1889
das Staats-
Papiergeld um 48 9<")8()(K) Yen, die Nationalbanknoten um
3ö4üU00 Yen, zubammen also um 52814000 Yen abgenommen
haben, stieg der Banknotenumlauf der Nihon Gmko um
70496000 Yen.
Bei einem Vergldch der Metalldcckung mit der Notenmenge
^t sofort die Besserung dieses Verhältnisses in der aweiten
Hfilftc des Jahres 1S88 auf. Das war die Fol^^e d^r Ziisiltze zu
dem, wie wir salien, ganz unbefricfligenden Gesetze von 1884,
welche durch die kaiserliche Verordnung 59 vom 31. Juli 1888
ins Leben traten. Die Verordnung regelte vor allem die Grund-
sätze der Notendeckung in folgender Weise.
Die Noten sind in Barren und Münne toII su decken.
Über die Metalldeckung hinaus darf die Bank aber fUr 70
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X4.
209
Millionen Yen Noten ausgeben , welche durch Staatepapiere»
Schutzscheine y Schuldscheine der Finanzverwalttmgf sonstige
sichere Schuldscheine und Wechsel zu docken sind. l Über-
schreitung dos nicht metallisch gedeckten Kontingents i^t mit
Erlaubnis des Finanzministers zulässig gegen Zahlung einer
Nütensteuer fUr den überschiefsonden Betrag, welche der Finanz-
minister testsetzti die aber nicht weniger als 5 Prozent be-
tragen loll'.
VoD der metalUich nicht gedeckten Bteuerfireien Summe von
70 Millionen sollten 27 Millionen als Ersatz &at die einzuziehenden
Nationalbanknoten dienen, welche ttbrigens erst Ende August
1889 auf (licson Retrag vennindert waren. Weitere 22 Milh'onen
sollten zum Ersatz für ungedecktes Staatspapiergeld dienen.
Der Umlauf an Staatspapiergeld war nämlich um diese Zeit
rund 52 Millionen Yen. Davon waren gut 8 Millionen Zettel
von 10—50 Sen. Diese sollen aus den Mitteln des laufenden
Budgets getilgt werden. Gegen die ttbrigen 44 Millionen hatte
der Staat einen EinlOsungefonds von 22 Millionen. Den Rest
▼on 22 Millionen leiht die Bank dem Staate'. Die Ver-
zinsung dieses Darlehns mit zwei Prozent bis zum Jahre 1897^
welche 1888 in Aussicht genommen war, ist durch die Novelle
von 1890 beseitigt.
Das steueHreie, metallisch niclit gedeckte Noten kontingeut
betrug also zunächst 21 Millionen Yen, entsprechend dem bei
Erlafs des Gesetzes metallisch nicht gedeckten Umlauf. Erst
1899 wird der volle Betrag erreidit und dann als Papleneiehen
nur noch die einlSsbare Note der Beichsbaok in Umlauf sein.
Diese im August 1888 erfolgte Regelung des Notenumlaufs
ist bereits am IG. Mai 1890 abgeändert. Eine zeitweise Geld-
kl(^ime führte zu einer ÜberHehreitung df's steuerfreien Noten-
kontingents (8. Marz bis 5. Aprilj, die aber im Maximum nicht
mehr als 500000 Yen betrug. Durch die Geldknappheit, her-
veranlalst gesehen, das steuerfreie, metallisdi nicht gedeckte
Eontmsent um 15 Millionen zu erhöhen. & ist das dn be>
denklicher Schritt, der schon im Sommer 1890 zu einer gro&en
Schwächung der Metallreserve und zu einer ungunstigeren Noten -
deckung geiführt hat Vom 17. Mai bis 18. Oktober sank die
' Die Eintiilirunp: dieser ministeriellen Vei-fugungjgewalt wurde mir
mit grorsem Stolze als eine Verbesserunc des deutschen MustWfB der Ein-
richtung einer derartigen N itr n^tf ufn- Lezeichnet Ein Europäer wird
nicht ganz der gleichen Meinung sinn. Dais 5 Frozent in Japan bei dem
an rieb hemchenden Zinsfiifs wt Bank (6—10 Proaent, je nach Art der
Ges<-häfte) noch schwa'clicr wirken wflrden als in Deotachlsnd, bedarf
keiner besonderen Ausfühiuiii;.
* Der Gedanke, ein Darlehen an den Staat zur Grundlage der
Notenausgabe (als Äquivalent dafür) zu machen, natürlich nach bekannten
Oiglisch-^nzÖsischen Mustern. — Du Darlehen erfolgte im NoTember 1890.
Forsehungeo (45) X 4. - Ratlig«n. 14
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210 X 4.
Metalldeckang von 51458000 auf 43805000 Yen, von 79 auf
68 Prozent des Notenumlaufs»
Ein weiterer Fortachritt, den die Verordnung vom 31. Juli
1888 brachte, war die regelmäfslge Veröflfentlichung von Wochen-
auMwoisen im Kwampo (Staatsanzeiger) Uber die NotenauBgabe.
Als Beispiele setze ich den ersten Ausweis Tom 11. August 1888
und den vom 11. Januar 1890 hierher.
Banknoten in der am 11. August endenden Woche.
Koten deckuDg Yen Noten
Goldmünzen und Barren 1 U6 777
Sübermünzen und Barren 31 090 167 Betrag der
Staatspapiere 13 559 938
Schatzscheine .... 2570Ü0Ü
Schuldiicheinc der Sttuite-
kasse 4 Uol 847
Schuldscheine .... —
Handelspapiere . . . , —
HaupLsuuime 53 015 729 53 015 729
Ausgegebene Noten 53 015 729 Yen
Noten in Haaden der Hank 709 719 -
Noten in Umlauf 52 30ü 010 Yen
14. August 1888.
Banknoten in der am 11. Januar endenden Woche.
Notendeckung Yen Noten
Goldmünzen und I^arren . 25 550 722
SübermOnaen und Barren 32106912 ^^^trag der
Summe 57 657 684 ^"^^^^i'"'? 9 356 987
Staatspapiere 15886450 ^"^^^ ^93o6987
Schatzscheine .... —
Schuldscheine der Staats-
^rhuldscheiiie .... 4732182
liaudeLipapierc . , . 1 100 721
Hauptsumme 79 356 987 79 356 987
Aus-e-ebene Noten 79 350 987 Yen
Noten in Händen der Bank 6 251 392 -
Noten in Umlauf 73 1< »5 595 Yen
Umlauf der Vorwoche 74119 309 -
Unterschied 1 018 774 Yen
14. Januar 1890.
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211
ESn Vergleich der beiden Ausweise zeigt bei der Noten*
dedamg eine sehr starke Zanahme des Goldes» fiut gMis hl der
Form von Barren. Das Gold ist von der Finanzverwaltung im
Laufe der Jahre im Reservefonds angesammelt. Da es in den
Stiiatafonds nach Goldyen verrechnet war, von der Bank natür-
lich nach dem Silbemiaiktwerte gekauft ist, so liat sich dabei
ein hübscher Gewinn t\ir den staatlicheii ^ Reservefonds"^ ei^eben
(angeblich 7 MillKmen Yen). Keaerüngs ist auch em starker Rück-
gang des Silbervorrates eingetreten, n. B. am 18. Oktober 1^0
auf 18 870 000 Yen gegen 24 995 000 Yen Gold Ob für die
auf Silber fundierte und ihre Noten in Silber einlösende Bank
eine Zusammensetzung des Mf tallschatzes wünschenswert ist, bei
welcher die Hülfte * aus einem andern als dem VVährungsmetiJl
beisteht, scheint mir doch höclist zweifelhaft. Für die Noten-
deckung und Einlösun^^ haben die Goldbarren kaum eine andere
tfaatslk^cfae Bedeutung als gute Wechsel auf das Audand. Fttr
die Bank erfbUt ein gewisser Geldvorrat wohl auch nodi den
Zweck, eine Art Versicherung gegen die Schwankungen des
Gold-Silberwertverhältnisses filr vorkommende Operationen mit
dem Auslande daiv.n stellen. Immerhin scheint mir für die Bank
die Vermehrung des Silberschatze.s wichtiger zu sein als die des
Goldes. Sollte die doManhäufung auf das Fortbestehen der
Chimäre einer Goldwährung deuten, so wäre das allerdings be-
dauerlich. Wie der Wert des Goldes berechnet wird, ob nach
dem Ansehaffongspreis oder nach dem augenblickitchen Bfarkt-
wert in Silber, ist nicht klar. Es scbttnt fast^ als ob erateres
der Fall wäre, denn eine Berechnung nach Goldyen, trotz der
Silberbasis der Bank, darf man doch wohl kaum annehmen
Was flie nichtmetnllische Deckung der Noten betrifit, so
lie^^t hier die Selnv lerigkeit vor, dafs Deekungsmittel, wie sie
gebunden Gnintlsiitzen europäischer Bankpolitik entsprechen,
namentlich Wechsel, nicht oder fast nicht vorhanden sind. So
hat man eine Notendeckung eingefllhrt, welche nur wenig be>
friedigen kann. Den Hauptteil bilden Staatspapiere, welche also
gerade im Augenblick des Bedarf einer raschen Verstärkung
aes Barfonds, im Momente einer Panik, nur mit i^rol'sem Verlust
oder i^-.'ir nicht veräufsert werden könnten Km • wirklich ge-
sunde Deckung- ist da» nicht. Eigentlich bilden eine wirklich
liquide Deckun^j^ ^ff^en einen Anstunu nur die Silbermtinzen,
Silberbarren sind ganz unbedeutend. In dieser Beziehung hat
1 Vom 12.— 26. Oktober 1889 waiea mehr als 46 Prosent des Metall-
echatses Gold.
* Vom 3. Mai bis 7. Jtmt 1890 wird der Goldvorrat ffleichmSfiüg
auf 24 305 247 Yen angegeben, obgleich der Sichtkurs auf London für
Silberyen in dieser Zeit von '\ sh. 4 d. auf 3 sh. 4'/a d. stie^. —
Von dem Steigen des Silberwerte» seit der zweiten Hälfte 18^9 ist in
den AoBweifleii der Bank nidita bemerkbar.
14»
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212
X 4.
iioh die Kotendeckung der Bank genideKa verschlechtert Bis
zum November 1888 war der Silberschatz mehr als die Hälfte
des Notenumlaufes, seit dem iSommer 1889 blieb er meist dahinter
zurück und war im Herbst 1890 wenig mehr als ein Viertel.
Allerdings ist zu V>eachten, dafs sonstige tä^?Hch fällige Verbind-
lichkeiten fast nur aus dem Gutliaben des Staates sdbst beätehen.
Friyatdepodtoii machen biaher ftat keine Anaprtdie an den
Bflmkschate.
£b hängt wohl mit dieser Schwäche des Barschatzes zu-
sammen, dafs man die Banknoten möglichst im kleinen Verkehr
zu halten sucht, indem man eine Stückelung der Zettel anwendet,
wobei zwei Drittel der Summe aus Einyen - Scheinen besteht
(▼gl. oben im Kapitel Münzwesen S. 173 — die Berichte der
Bank enthalten keine Mitteilung über die Stückelung der Noten).
Um die Lage richtig zu wQrdigen, miüs man bedenken,
neben den Silbernoten der ReicbsDank noch die ganz unge-
deckten Nationalbanknoten und das nur ungenügend gedeckte
Staatspapiergeld umläuft*. Indem der ganze Verkehr mit kleinen
Zetteln erftlllt ist, bleibt das ja viel unbequemere harte Geld in
den Banken , d. h. aufser den beiden staatlichen Banken den
fremden Banken. Diese aber ftUiren das, was sie nicht brauchen,
aus. Aulserliaib der blaate»- und liunkiunds giebt es keiu Courant-
^d im, Lande. Jede Mfl^ichkeit^ ans dem Verkehr henuia die
Fonds der Bank su Btärken, 8. B. durch Diskonterhöhungen,
fehlt. In ruhigen, gewöhnlichen Zeiten ist d;i.s alles unbedenklich.
Aber mit den ruhigen Zeiten darf scUielslich eine Oentralbank
nicht rechTHMi.
Unter diesen Umständen hat es ein besonderes Intei-esse,
wie groi's gegenwHrtig die zur Uniwecliselung gegen Silber prä-
sentierte Notenmeüge ist. Es sind
Noten lur Einlösung gegen
Silber präsentiert
1887 39 n43 443 Yen
1R88 37(^0--1^17 -
1889 23iy0i>ö3 -
gegen Einlieferung von Silber
Noten einp^etatischt
32 921 483 Yen
8 t 'or. f >r>r> .
■ 23 1ÜÖU54 -
TrotB der Zunahme des Notenumlaufs hat sich also die
Einlösung? der Noten vermindert 2. Die Abnahme kommt aus-
Hchliolslich auf die Einlösungsstelle bei der Shokin Ginko in
Yokohama, aut' welche 1888 neun Zehntel, 1889 fast acht Zehntel
1 Ende MXns 1890, am Schlafs des letzten für uns in Betiaclit
kommenden f^nanzjahres . «rfind einem Papicnimlnnf von im gansen
1H6,5 Millionen Yen eine l>ei kung gegenüber von iu Miiiionen Yen im
Einlösungsfonds der Regierung uud ein Barscfaats der Bank von 29,s
Millionen Silber, neben zö.ii ^Iillioncn Gold.
^ Zu einem grofsen Teile dürfte das der fjnschiibikiing der IrUheren
IMflkonIpolitik der Shokin Oinko snsuschreiben sein.
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X 4. 213
der Einl($8U]igen kamen. Gkmz geringfUgig sind die Einli^suneen
in To^o ond andi in Osaka wenig oedeatend. Die ZaUen
waren hr 1889
Noten zur Einlösung g^en gegen Einliefening von Silber
Silber prteeDttert Noten eingetaiueht
Tokyo 004 319 ieu 3 028 797 Yen
Osaka 4408644 * 3030468 -
Yokohama 18 188 620 • 17108 789 -
Nur an diesen drei Orten werden die Noten eingelöst. Da-
g^en hat Eobe, der aweitwiehtigste Hafenplatz, keine EinlOevngs^
stelle. Da in Kobe die fSnfnhren grö&er sind ab die Ausfobren,
also Zahlungen nach aulsen notwendig werden, so hat die Un-
mögliclikeit , die Noten am Ort einzulösen, nicht nur bittere
Klagen hervorfrerufen, sondern auch vcranlafst, dafs i^el^fentiich
Disagio auf die Noten bis zu B per Mille entstanden ist.
Die Zeit, seit weldior die Wochenausweise veröffentlicht
werden, iat noch zu kurz, um aus der Bewegung des Noteu-
mnLin& weitgehende Schlüsse zu ziehen. Aber schon jetzt ist
der Zusammenhang mit der allgememen wirtschafillchen Lage,
namentlich das Anschwellen . gegen das Ende des Jahres, die
starke Abnahme im Frühjahr unverkennbar ^
Der hauptsächlich für die Xotendeckun^ Verwendung fin-
dende Besitz der Nihon Ginko an Staate] »fipief^n ist rocht erheb-
lich. Bis 18S7 nalim er raach zu und hat bich nach kurzem
Rückgange 1889 wieder vermelirt. In der Bilanz für den 31.
Dezember 1889 ist er mit 16 678 668 Yen angeführt Das
war der Anschaffungspreis. £!s war
der A nachaffungspreia der Nominalwert
fbr veorzinslidie 8taats-
schuldschdne 16 439921 Yen 16687365 Yen
für unTeninsliche 238 747 > 1 292 875 -
zusammen 16 678 608 Yen 17 080 240 Yen
Die Einnahmen der Bank aus den Zinsen machen fnst die
Ilalfte der ganzen Keineinnahme aus. Wie sich die verzinslichen
Papiere zusammensetzen, iöt im Geschäftsbericht nicht gesagt,
aber in deooi Statistischen Jahrbttcfaem, soweit diese reichen, an-
gegeben. Der Hauptpoeteo waren danach Einsatsoscheine (sechs*
]nrozentig, in Metall zu verzinsen nnd einzulösen, zur Tilgiing
Ton Papiergeld ausgegeben), von welchen mehr als die Hälfte
im Besitz der Bank war. S^liatzscheine sm(\ m erheblichen
Beträgen, bis zu 5 Milliouen Yen im Besitz der Bank gewesen,
Ende 1889 aber kein einziger.
' Fiitspreclioiid clor Bewe^ng des Agios wftbrend des Zwangs-
kuxses, das im Winter stieg, im Frulyahr fiel.
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X 4.
Die Bank hat im Verliältiiis zu ihrem Umsatz hedeutende
Gewinne xu veneicbnen. Der Bdngewinn war
1883 259369 Yen
1884 623 695 -
1885 675 333 -
1886 762 122 -
1887 1 303 998 -
1888 2 042 696 -
1889 2 146 457 -
Id den beiden letzten Jahren war das Verhältnis der Ein*
nahmen und Angaben folgendes:
EiniMhiiie Awgsbe Gfewino
Yen Yen Yen
1888 1 . Semester 1 556 976 515 456 1 041 520
1888 2. Semester 1 568 347 567 170 1 001 176
1889 1. Semester 1 492 634 44:^ 436 1 049 108
1889 2. Semester 1 665 907 568 648 1 097 259
Die ans dem Gewinn verteilte Dividende betrug auf
Staateaktieo Andere Aktien
1883 6« o 10 " o
1884 5,6 " 0 9,17 0/0
1885 6 «/o 10 ^0
1886 7 0^ 0 10 o/o
1887^ — 11,50/0
1888 - 13 «/o
1889 — 13,5 ^'/o
Bei der Gewinnverteilung ist man im ganzen recht yor-
sichtig gewesen und hat jährlich starke Buckligen Torgenommeo,
auch bedeutende Betrüge auf neue Rechnung vorgetragen. Die
Gewinn verteOuog erfolgt halbjährlich. Der Rdngewinn, die
Dividendenreservc und der Vortrag werden zusammengerechnet
und davon rlie Abschreibungen auf Gebäude und Inventar abge-
zogen, seit l^nde 1889 auch die Abschreibung auf Banknoten-
anfertigungskoiito. Der Kest ist die zu verteilende Summe.
Davon erhalten die Aktionäre 6 Prozent statu tenmäiäige Divi-
dende. Von dem dann verbleibenden Best gehen mindestens
10 Prozent zum Bessrvefonds. Im übrigen erklärt die folgende
Übersiclit über die Gewinnverteilung in den Jahren 1 886 — 1889
sich selbst. Auffallend sind , wie bei allen japanischen Aktien*
gesellscliaflen, die hohen Tantiemen der Beamten (in den letaten
Semestern mehr als das Doppelte der Gehälter).
1 18S7 ist der Unterschied der Vetsinstiog aufgehoben, diu Aktien
des StastB aand aof das kaiBerlich« Haasvefmi^en ttbertrsgeD.
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X 4.
215
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216
X 4.
A\i6 den vorätehenden AusRihrungen ergiebt sich, dais die
Nihon Ginko sieh stetig und kräftig entwickelt hat Durch
ihre NotenauagAhe ist ne der wicht^pste Faktor der Begelang
des Gekluiiilaufes geworden. Auch mdem eie die zeitweise be-
deutenden Bestände der Staatdkassenverwaltung durch ihr Da-
zwischentreten dem Wirtschaftäkörpcr crhiilt, wirkt '^io aus-
gleichend auf den Geldumlauf. l>ei dieser f*entralen Stellung
wäre aber eine weitere innere Stärkun«:: ihrer Verhältnisse wün-
schenswert, welche einht weilen unruhigen Zeiten, Krieg, wirtschaft-
licheu Krisen nicht gewachsen erscheinen. Die ziemlich zweckioäe
Anhäufung von Gdd sollte nicht fortgeaetet und alle Energie
auf die Vermehrung der silbemeD YenstOcke gerichtet werden.
Der grofse Besitz an Staatspapieren wäre zu veningero Bei
dem Mangel an inländischen Wechseln sollten solche auf das
Anslniid in ^^röfserer Menge gehalten werden und nicht bloft
auf (iie entfernten cnropäischen und amerikanischen Plätze, auf
welche jetzt die Autmerksamkeit hauptsiichhch gerichtet zu sein
scheint, sondern man sollte einen Teil der nicht metallischen
Notendeckung in sicheren Bankwechseln auf benachbarte Silber-
plätze anlegen, Shanghai und Hongkong mit ihren bedeutenden
Öilberreserven. Vor allem aber darf die Verbesserung des
inneren Geldumlaufes keinen Augenblick aulser Augen gelassen
werden. Es mufs dahin gewirkt werden, dafs im Lande wieder
Metall umläuft und zwar CourantmUnze, nicht blofs Scheidemünze,
wie <i:egenwärti- . Das ist aber unmf5;rlich, solange dor ,i:'nnze
Verkehr mit k lernen Zetteln au.s^^etiillt ist. Die Bank lauis auf-
hören i^^iiiveu Scheine auszugeben und gleichzeitig mit Ver-
stärkung ibrer Silberreserve die Einyen-Scheine allmählich durch
gröfiere Zettel ersetzen.
Em solches Programm ist ohne Opfer freilich nicht durch-
zuführen, und ich habe den Eindruck, als ob man in Japan
solche Ansichten sehr ungern höre. Aber die Rttoksioht auf
hohe Dividenden und Tantiemen sollte doch tlir eine p;Torse
Centrall»ank erst an letzter Stelle stehen. Die erste Aufgabe der
Bank ist Regelung der Währung. Diese Aufgabe hat man mit
Erfolg in Angriä: genommen, aber zu Ende gefUhrt ist sie
noch nicht
IV. Sonstige Kreditanstalton und Verwandtes.
Neben den öffentlichen Banken, den beiden ütaatlichen und
den Natioualbanken, giebt es eine ziemliche Anzahl privater
Bankanstalten und Gesellschaften, welche Bankgescliäfte machen.
* Die früher regeimärsig wiederkehrenden Störungen des Geld-
märkte» durch die Zahlung der Grundsteuer sind jetzt verBchwnnden.
wozu allerdings auch die zweckmafeigere Anordnung der Steaerteruuue
b^etiagen hat. Vgl. unteo im Kapitel Gnuidsteaer.
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X 4.
217
Von solchen i'ri% atbanken flehen manche auf alte Zeit zurück,
so die Mitsui Bank in Tokyo, der Familie Mitsui ^'chöri^'. deren
Fihalen und Agenturen man im ganzen Lande trifift, Konoike
in Osaka und andere. Die amtUobe Statistik giebt die Zahl der
Frivfttbanken und deren Kamtal an sowie die Zahl der Gesell-
schaften (Rwaisha), welche Bankgeschäfte betreiben: Wechsel-,
Diskont-, Geldverleih-, Depoeiteiigeecfaäfte u. s. w. £Ke Zahlen
iUr beide dnd:
Banken BankäbuUche Geseilschaften
Zahl
Kapital
Zahl
Kapital
Yen
Yen
1883
207
20487900
572
12071831
1885
218
18758 750
744
15397982
1886
220
17 959025
748
15391304
1887
221
18 896061
741
15117676
Ende 1887 wird für die Bezirke Nara, Iwate, Akita,
Hiroshima, Yamaguchi, Kochi keine einzige derartige Aiieitait
ao^efllhrt, für die Beairke Miye, Okinawa und Hokkauio nur
je eine Beide Arten von Kreditanetalten nuaminengerecfanet,
finden wir die grOCste Zahl in folgenden Beairken, dem Kapital
nach geordnet:
Tokyo 20 Anstalten mit 4858000 Yen Kapital
Shizuoka 79 - - 3 .'20 081 -
Niipata 78 - - 3 122 855 -
Kanagawa 61 - - 2 3:33 003 -
Na^-ano 131 - - 2 0G0G34 -
Yamanuahi 76 - - 1874995 -
Osaka 23 - • 1712420 -
Saitama 35 • - 1170605 -
In allen anderen Besuken blieb das Gesamtkapital unter
einer MilUoD.
Wie die Zahlen zeigen, handelt es sich überwiegend um
Kreditanstalten mit sehr geringem Kapital. 1887 kamen im Durch'
schnitt des ganzen Landes auf oine HaTik nur 85 500, auf eine
andere Kreditanstilt nur 20 400 Yen Kapital. In vielen Bezirken
ist das durchschnittliche Kapital noch erheblich geringer.
Unter den 51 Privataktienbanken, deren ].iividende für die
zweite Hälfte des Jahres 1889 die wichtigste Handelszeitung m
Tokyo/ Shogyo Sfaimpo (firüher Bnkka Shimpo), mitteilte, waren
nnr aeht mit einem Kapital von 200000 Yen und darüber,
darunter eine mit 450 ODO Yen (Kakegawa-Bank, Shizuoka-ken)
und eine mit 400000 Yen (Kyoritsubank in Osaka). Manche
▼on den Privatbanken sind Spfirbanken, denen eine schärfere
Aufsicht im Interesse Am so wenig entwickelten Sparkassen-
wesens dringend zu wünschen ist^
1 ESne denttwe Bank war die Maroja Ginko» deran ZuBammen-
brueh im Jahie Im Tiele Angehöfige der gebUdetea, wenig bemittelten
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218
X 4.
Auch rein schwindelhafte VorgUn^^e bat die kurze japanische
Bankgeschichte schon zu verzeichnen, „Vulkübanken", welche
unsinnige Zinsen fUr die Einlagen gaben und ans den neuen
Einladen bestritten, solange die Sache m halten war.
Hypothekenbanken y welche hti den landwirtachafdichen
Besitgverhldtniaien Japans hOchflAens für die grofsen Suidte Be-
deutung haben würden, fehlen und den auf ihre Einführung
gerichteten Projekten kann man keine Verwirklichung wllnschen.
Auch mit (Vedit Mobilicrs ist Japan bisher verschont geblieben.
Doch tauclien ilerarti^'e PlUne (die erste aar bekaunt gewordene
Erwähnung in der Presse stammt aus dem Jahre 1878) mit
grofser Hartnäckigkeit immer wieder auf und sind in den letzten
Jahren sehr ernsthaft erwogen. SoUte der Plan einer groiseii
halbstaathchen Industriebank verwirklieht werden, so kommt
natttrUch alles auf die Art ihrer Leitung an. Wie die DiQge
in Japan liegen, kann man ein derartiges Unternehmen nur mit
gemischten (Gefühlen begrtifsen*.
Die japanische Statistik bezieht sich nicht »uif die tlir den
auswftrtig:en Handel Japans öo wichtigen Filialen und Agenturen
eurojKUöclier Baliken in den offenen Haten, unter welchen seit
dem Niedergang der Oriental Banking Corporation die bekannte
Hongkong and Shanghai Banking Corporation die leitende Stellung
einnimmt ^.
Diese Bank, welche im Unterschied von den übrigen fremden
Banken ihren Sitz im Osten hat, nämlich in Hongkong, wurde
am 1. Milrz 1805 eröffnet. In den 2') Jahren ihres Bestehens
bis Ende 1889, hat sie durchschnittlich fast 12 Prozent Di\idende
verteilt und einen Reservefonds von 4 600000 Dollai ö angesjimmelt.
Der Beirag der Depositen war liLnde 1881) über 89 Millionen
Klasst'n ciDpfindlich traf Durch z v, i Gesetze vom 23. August 1890
worden von an Privatbanken und äparbanken staatlicher Aa£wcht
unterworfen.
> iBs ist interessant zu sehen, M'ie jeder alte europäische Schwindel
in Japan wenigstens vorülK^rEr'^hcnd auftaucht. So kamen (1*^8;^ wenn
ich nicht irre) eine Anzahl Grundbesitzer bei der Kegierung ein um
Kooseanoiiiemiig einer Bank, welche gegen die Sicberteit von Onind-
besitztiteln Noten ausgeben sollte.
> Vgl. über das ausländische Bankgeschäft in Japan meinen kleinen
Aufsatz „Der deutsche Handel in Ostsrien", Jahrb. flir Gesetzgebung,
Verwaltung und Volkiwirtschaft, N. F., Bd. IX 1885.8. m ff., und den Auf-
satz von A. H. Exner „Gründung einer deutschen Übersecbank in Japan",
in dessen Broschüre ^Die Einnahwequelleu und der Kredit Chinas'^. Berlin
1887. S. 60 ff. Gegenüber Exners ablehnendem Standpunkt dürfte darauf
hinzuweisen sein, dafs die ihn vor allem lirstimmonde Bankpolittk der
Shokin Ginko auf die Dauer nicht auär^htzuerhalfen war und ein*
geschi^nkt ist. Dafs eine dentsehe Bank filr Japan allein nicht rentieren
würde, ist aufgor Frage. Dagegen scheint mir höchst erstrebenswert,
dafs die neue deutsch asiatisclip Bünk, wenn sie erst in China festen Fufs
fefafst hat, auch in Yokohama und Kobe Agenturen und mit der Zeit
ttialen eirichte.
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X 4. Zi9
Dollars, bei einem eingf zahlte u Kapital von 7500000 Dollars,
welches 1890 auf 10 ^lillionen erhöht ist. Der Banknoten-
umlauf war nur wenig tiber 6 Millionen, der Kassenbeatand
13766227 Dollan. Sie bat aalser ihreD Comptoimi in Hongkong
und Shanghai m Asien 15 Filialen nnd Agenttaren, davon swei
in Japan, femer zwei in den Vereinigten Staaten, je eine in
London, Lyon und Hamburg.
Wie die japanischen Banken das Hauptgeschäft mit Be-
leihung von Waren und neuerdings von Wertpapieren machen,
so ist fUr den kleinen Kredit die Verpfändung von Sieber*
beiten die Regel.
Über die Verpfilndunff von GrundbesitK und Httnsem ist
unten in dem vom Grundbesitz handelnden Kapitel I^äheree zu
finden Ea ist dort ausgeführt, dafs in Jap?in auch bei Immobilifir-
besitz offenbar die Verpßindung lür Bedtirfnisse des kurzfristigen
Kredit« dient. Die Verpfändung von Mobihen als Sicherheit
für Darlehen ist ^auz ailgemdn üblich, um in Zeit von Not
sowie bei Familienereignissen und filr Festlichkeiten u. s. w.
bares Geld zu besebaTOn. Wie häufig das im allgemeinen ge-
schieht, entzieht sich natfirlich der Kenntnis. Über die ge-
werblichen Pfandleiber und ihre Geschäfte wissen
wir aber etwas eingehender Bescheid, da das gewerbliche Leihen
auf Pfänder im Interesse der Kriminalpolizei anter scharfer Auf-
sicht steht.
Nach dem Gesetz 0 vom 25. März 1884 bedarf ein Pfand-
leiher einer Koncession der Bezirksregierung (in Tokyo Polizei-
präfektor). Über alle Verpfilndungen muis er dn obrigkeitlich
paginiert^ und gestempeltes Register führen, welches die wesent-
ncben Thatsachen klar ersichtlidi macht Bei \'erpfkndang ge-
wisser l)inge oder durch gewisse Personen sind Bürgen er-
forderlicli. Erscheint die Verptändung verdächtig, so ist sofort
heimlich der Polizei Anzeige zu erstatten. Der Verkauf ver-
fallener Pliinder ist fünf Tage vorher der Polizei anzuzeigen,
l'ber solche Verkäufe ist ein besonderes Register zu führen.
Die Polizei Iiat die Befugnis iederzeit den Geschäftsbetrieb zu
revidieren. Die Bezirks&hOrae kann weitere besondere Be-
stimmungen erlassen, wovon dem Minister des Innern Kenntnis
an geben ist.
Diese scharfen gesetzlichen Bestimmungen scheinen zunächst
einen sehr heilsamen Einflufs auf die Zahl der koncession ierten
gewerblichen Pfandleiher ausgeübt zu haben. Sie wird in der
Gewerbestatistik angegeben tur die Jahre 1882 bis 18ö4
auf mehr als 3b 000 \ dagegen 1885 (Juni) nur mehr auf
> Die Zahlen nnd nicht für alle Bezirke mitgeteilt.
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220
X 4.
25 224 ^ Spatere Zahlen sind mir nicht bekannt. Die Abnahme Ist
besonders m den Bezirken^ welche nördlich und westlich Tokyo
benachbart sind, bedeutend gewem. Die Zahl der E4andleiher
ist ^ring in der Nordspitse und an der Westkflite von Honsha
aowie im Süden Ton Kyushu; die niedrigsten Bezirke sind 1885
Aomori mit 41 und Miyazaki mit <34 P£uidleihem. AuCserordent-
lich zahlreich sind sie, aufscr in Tokyo und Osaka, noch in
Aichig rhjba und Ibaraki-. In jenen erstgenannten entlegenen,
wirtschaftlich weniger entwickelten l'rovinzen spielt wohl das
Darlehen der Freundschaft und Nachbarschaft noch eine erheblich
l^rölsere Rolle ab das gewerbliche. Umgekehrt ist es natürlich
m den groiton Sittdten. Ans den Registam der Pfandleiber
sind für die Jabre 1883 bis 1886 einige snsammenfiusende Er-
gebnisse für den "jröfsten Teil des Landes veröffentlicht (Stat.
Jahrb. VI 406, Vfl 409). Das Geaamteigebnis dieser Pfand -
leibstatistik war nun folgendes:
Zalil
der
Zahl
der
Pfänder, 1000 Stück
int Lanfe des Jahres
1000 Yen
A
Bezirke
Pfand-
leiher
be-
liehen
einge-
hst
ver-
ge-
liehen
zurück-
gezahlt
ver-
fidlen
29
18 921
22 839
l.'..-,75
4011
21 984
16 029
3 907
1884
39
2;^ 76G
23 322
15 087
5391
U 4(37
5 796
188')
41
24 724
28 842
20153
5 092
24 846
16 9.54
4 415
1886
40
24 910
29960
21071
41$5
25410
19014
4572
1884
22 936
22641
15228
5276
21895
14062
5685
1885
21 527
24 027
16 698
4 388
20 4^30
139.54
3899
=5j= », >
21 993
25 2U0
18 0.53
3 070
18 310 13 950
t
c i
3121
* Yamanashi fehlt mit etwa 500 Pfimdlethenn , deren SSaU «ch ans
andern Daten erg^ebt.
* Die Zahlen sind Das sind auf je 1000 Hausbal«
tungen des betr. Bezirks
für Tokyo 1771 5»»
Osaka 12.58 3,s
Aichi 1327 4,a
Chiba 1625 7,«.
Ibaraki - j
Die hohe Zahl für Hiroshima (261)9) steht in völligem Widerspruch
mit den Vorjahren (1882: 622) wie mit der gleich zu besprecheudeu
Pfaadleihsta&tik.
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X 4.
221
In den vorstehenden Zahlen fehlen 1885 und 1886 aufaer
Okinawa und Hokkaido in beiden Jahren die Beasiike ShigA
und Miyazaki, 1880 auch Tottori. Flir ganz Altjapan werden
die Zahlen um 1 1* _» Prozent im Jahre 1885, um 2 3 Prozent
im Jahre 1880 höher nnzusetzen sein. — Bei der zweiten Hulfte
der Übersicht fehlen auistr den genannten noch Osaka, Yamagata,
Ishikawa und Fukuoka.
Die Zahlen zeigen, daia tob der Verpiändung ein sehr
häufiger Gebranch gemacht wird. Anf eine Haushaltcmg kommen
im IXirchschnitt des Landes mehr als 3 Verpilindnngen jährlidi.
Der Durchschnittswert der verpfändeten Gegenstände mufs sehr
gering sein, da die darauf geliehene Summe im Durchsclmitt
hinter einem Yen zurückbleibt. Das Fehlen irgend welchen
wertvollen Mobiiiars bei der Haustinru htung der unteren St;intle
zeigt sich hier deutlich ^ Der K ickgang des Dunlist. Imitts-
betraget» der auf einen G^cutstaiid geliehenen Fiandäumme
bei den 36 Bezirken von 97 Sen im Jahre 1884 anf 73 Sen
un Jahre 1886 ist aus dem steten Steigen der Valuta bis
Ende 1885 und daher sinkenden Preisen aller Gebrauchsgegen*
stände leidit erklärlich. Dies hat zur Folee, dals einer zu-
nehmenden Zahl von Verpfändungen eine Abnahme der Pfand-
summe gegenübersteht. Auffallersner ist, dafs die Verpftindungen
noch IHHO gegentiber den schlimmen Jahren 1884 und 1885
der Zalil nach gewachsen sind. 1 )ie Besserung der wirtschaftlichen
Lage scheint in den weiteren Kreisen der kleinen Leute sich nur
langsam filhlbar gemacht zu haben« Deutlich sichtbar ist aber
die Besserung der Verhilltnisse seit dem No^ahre 1884 in der
Zunahme der Einlösungen und vor allem in der starken Ver-
minderung der Zahl verfellener Pfänder. Die Einlösungen ver-
hielten sicli zu der Zahl der verfaUenen P^der und den darauf
geliehenen Summen:
die Zahl die Pfimdsumnie
1884 wie 100 : 35 wie 100 : 41
1885 • 100 : 26 - 100 : 28
1886 . 100 : 20 - 100 : 22
Immerhin zeigt auch 1880 noch ein recht ungünstiges Ver-
hältnis der Einlösungen.
Bemerkenswert ist auch das Verhältms der Zahl der Pfimd-
leiher zu der Zahl <l( r abgeschlossenen Geschäfte. Durchschnittlidi
kommen auf einen Pfandleiher wenig mehr als 1000 Beleihungen
und noch nicht 1000 Yen verliehener Gelder. Die Zahlen ent-
halten ganz offenbar sehr viele PtiEUidleiher. welche fhVscs Ge-
schäft nur nebenher betreiben, wie auch thatsächlich Althandler,
1 Bdm KOnigl. Leihamt in BerUn ist der Dorehsclmittsbetrag für
ein Pfiuid etwa 20 Mark.
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222
X 4.
aber auch sooät Kaulleute, aiii dem Laode auch wohlhabeude
Oiundbesitzer, Gastwirte u. s. w. Q^üd vo-leiheD. Die grolsen
fOr China chankteristiBclien Leihhfluser und ansera Ofi^tlichen
Leihanstalten fehlen in Japan.
Prtif^ man die Zahlen Rir die einz^en Bezirke, so finden
sich vereinzelt Ergebnisse, welche ziemlich unwahrscheinlich sind.
Tni all|^meinen entspredien sie ahrr Aem rrpsanitbilde. In
df'ti Z;ili!pn der Pfandleiber rinden sich inniuhcrlui auffallende
Schwankungen. Auch sthnmen sie mit der (Tcwerbestatistik
nicht immer recht überein. Anscheinend schwanken die Auf-
£u8ungen darüber, wer als gewerblicher P&ndleiher anzu-
flehen sei.
Zwischen den Beurken bestehen sehr erhebliche Untfir*
achiede. Vergleicht man die Zahl der Veqpfändungen mit der
der überhaupt vorhandenen Haushaltungen, so steht weit an der
Spitze Tokyo, ]^^C} mit etwa 1 4 Ver|)flindungen durchschnittlich
pro Haushaltung, dem Kanjigawa mit 10, H^'ogo mit 7,
Zahlen finden sich naturgemäls ila, wo wenige gewerbsmäfsige
Pfsuidleiher vcnrhaiiden flind, im ^forden und dä meisten £^
lirkeo der WestkOsle, eowie im Süden Ton Kyosha, auliMrdem
in den inländischen Bezirken Shiga, Oifu und Nagano. Der
Durchschnittswert der PfHnder war gleichfalls ziemlich Tei*8chieden.
Auffallend ist, dafs die Bezirke mit den höchsten und die mit
den niedrigsten Durchschnittspreisen ziemlieh n^<wii1o8HeTie Gruppen
bilden. Während der I>andesdurch8clmitt IbHti b7 ben war,
war er hfVher als ein Yen, nufser in ()8aka, das mit 2,44 Yen
au der Spitze .stand, in Tokyo, Kanugawa, Yamauashi, (iumma,
Kaenno, Niieata mid Jahikawa. Dagegen war er niedriger als
45 Sen in Tokiiahima, Wakajama, Hvogo, Okayama, Yamagachi
und Shimane (nur 35 Sen). Während im allgemeinen die
Zahl der Verpfändungen im Lande angenommen hat, sind in
manchen Bezirken die Verimderungen sehr gering, ja in mehreren
ist die Zahl erheblich zurückdrängen, so in Kyoto. K;in?if]!;?ivv;i.
Ibaraki, in Akita, Yamagata, Toyama und Fukiii, in Hiroshima,
Wakayama und Kochi, in allen Bezirken von Kyushu, deren
Zahlen vorli^en.
Gana auralUg ist, wie yenchieden daa Verhältnis der ein-
l^lOaten au den ▼erfiülenen Piändem in den einzdnen Benrken
ist. Im Jahr« 1^R(5 war in den günstigsten und ungünstigsten
Beairkeii das Verhältnis der £inlösangen aum Ver^:
bei der Zahl der fiaiider bei den 1 landsummeii
in Aiehi wie 100 : 0 wie 100 : 10
- (i.lu - 100 : 8 - 100 : 12
- Tochigi - 100 : 10 - 100 : 13
- Ishikawa - 100 : 11 - 100 : 8
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X 4.
223
bei der Zahl der PfÜnder bei den FfuidMunmen
Dagegen
in Tovama wie 100 : 74 wie 100 : 68
- Mi^agi - 100 : 54 - 100 : 59
. Emnamoto - tOO : dO • 100 : 30
- Kyoto - 100 : 29 - 100 : 43
Zum Schlui'ü durfte es lehiTeich sein, iUr den absolut an der
Sintee aller stehenden Beaurk Tokyo die sämtlichen Zahlen ftlr
die Jahre 1888 bis 1886 mitsateileii:
Pfandleihstatiftik fttr den Bezirk Tokyo.
•3
Pfänder, 1000
Stück im Laufe
iU'ü Jahres
^ I
IHandsummen,
10(K» Yen
a
«0 0)
1 -
• a
= . rr OJ
tj « M
I
1Ö84
1885
1886
1 f):>.<
1
1319
1293
771 I :»{il7
3881
4S69
4211
3244
8513
3643
694
795
819
4942
4875
4267
3851
4178
3850
!i07
17050)
980
762
Yen
1,«
1,««
1,01
2il
21
22
22
Es dürüte in diesem Zusammenhange angemessen sein, über
die Höhe dee in Japan herrschenden Zintfufses einige Worte
einztdllgeD.
Im Verkehr der gröfseren Banken ist der Zinsluls in
neuerar Zeit erheblich aurüokgegangen. In den ersten Jahren
der neuen Ordnung verlangte die damals bedeutendste Hank,
die Mitsui-Rank, für l ^arlclien von 10 000 Yen und mehr gegen
Sicherheit 13,5 14 Trozent'. Mehr als die Entwickelunp: des
Bankwesens hat die Lähmung der wirtschaftlichen Tliätigkeit
seit 1882 den Zins herabgedrUckt^ der für derartige Darlehen
1883 in Tokyo immer noch 10 Plroeent war, in den Provinzen
btther. Seit Erdffirang der Nihon Ginko haben wir in den Be-
richten dieser Bank ein genaues Material über die Entwickelung
des Bankzinsinfses, und zwar ist malsgebend der fUr Darlehen
gef^n Sicherheit. Diskont steht meist gleich, in den hnzten
Jahren eine Spur niedriger. Der Zinsfufs der anderen i^anken
folgt im wesentlichen den Sätzen der Nihon Ginko mit 12
Prozent Erhöhung Uber den Tokyosatz dieser Bank. In den
Provinzen verlangt auch sie ctwaä mehr.
1 Okumas Bericht „DreizehD Jahre l;Hnanzpuiitik' Kap. lY.
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X 4.
Im Durchschnitt jedes Semestera berechnet sich der Bank-
zinsiuis danach wie folgt:
1883, 2. Semester 8,t Prozent
1884, 1. - 8»sft -
1884, 2. - 8,87 -
1885, 1, - 8,92
1885, 2. - 7,21 -
1886, 1. - 6,46 -
1886, 2. - 5,49 -
I887y 1. • 5,64
1887, 2. - 5,18 -
1888, 1. - 5,9«
1888, 2. - 6,59 •
1889, 1. . 6,88 -
1889, 2. - 6,88 -
Die Zahlen zeigen bis zum Sommer 1886 ein fast r^el-
mäfsigea Sinken. Der tiefste Stmd im Juli 1886 mit
4,h Prozent eireicht. Im Zusaninu nhang mit der mehr und
mehr wachsenden Spekulation und Gründung neuer gewerblicher
Unternehmungen stieg dann der Sats. In den letzten Monaten
TOn 1889 stand er wieder dauernd auf 7, wie Anfang 1886.
Eifaeblich geringer ist gegenwärtig die Verzinsung, welche
Staatspapiere gewähren. Nehmen wir als Typus f\ir die fiilheren
Jahre die siebenprozentigen Rentenablösungsscheine, welche seit
dem September 1878 veräul'serlich waren, so stellte sich im .T:ilirfs-
durchschnitt deren Kurs in Tokyo und folglich die Verzinsung
foigenderniafsen :
. 1879 Kurs 80,ki Verzinsung 8,c.> Prozent
1880 - 71,81 - 1>,;^
1881 - 69,41. - 10,üi
1882 - 73,«H - 9,64
1883 - 84,18 - 8,3i
1884 92,« - 7,M
1885 - 96,«9 - 7,M
1886 - 107,71 6,M'
Nachdem der Kurs Ende 1885 dauernd 100 Überschritten
hatte, ist wegen der Gefahr der Auslosung al pari der Satl
nicht mehr mafsf^'cbcnd. Der niedrif^stc überhaupt an einem
Ultimo oder Medio erreichte Stand war am 15. Poznuber 1880
mit til,(;u, einer Verzinsung mit 11,86 l^rozent eni sprechend, der
hociistc 110,15 am 15. Juni 1886, einer Verzinsung: mit 6,8» ent-
sprechend. — Schon zu Anfang 1880 überschritten auch die
sechsprozentigen Papiere das Pari und bald darauf die ftlnf*
prozentigen, so da(s der Staat die Konvertierung der mehr als
ninfprozentigen Schuld in Angriff nahm. Seit 1887 ist der
Kurs der illnfprozentigen Papiere der mafsgebende, welche
dauernd etwas Uber pari atanden, so dals der Zins, den der
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X 4. 225
Suat /II zahlen hatte, mVht 5 Prozent betrug. £rst Kode 1889
gingt [1 M* ( twa.s unter pari.
Ganz an<ler.s wird das Bild allerdings, wenn wir in den
kleineren gewölinüchen Kreditverkehr hineingehen, wo wir auch
heate noch gans anlkerordentlich hohe Zinssätze antreffen. Zwar
ist durch Geeetz 66 vom 11. September 1877 eine Maximal-
grenze flir vertragsniftCnge Zinsen geeetzt von 12 Prozent ftir
Beträge von 1000 Yen und darttber, von 15 Ph»ent ilir Be-
tr^ige von lOo bis 1000 Yen, und von 20 Prozent für Summen
unter 100 Yen. Die N'erabredung höherer Zinsen ist ungültig*.
Aber thatsiiehlich isf da< <etz wirkungslos. Hei Verptänduno-
von gewöhnlichem Jlauöiat ist auch heute noch Zins von
86 bis 42 Prozent nichts UngewöliiiÜLlies. Für »mistige gute
Pftnder ▼erlangen P&ndleiher in Tokyo üir Summen unter
10 Yen 24^80 Prozent, für Summen von 10—100 Yen 18—24
PjncMsent, für Summen über 100 Yen 15—20 Prozent. Nach
derselben Quelle (ein Aufsatz im Jiji Shimpo, übersetzt in Japan
Weekly Maü 1888 X 100) wttie der übliche Zinssatz in
Darlehen
unter 1000 lOOO- 10 000 über 10000
Yen Yen Yen
gegen Hypotheken 15° o und lO^o und 10"/o
aut Grimd besitz S'^/o Kommission V
KüUHuisöion
^Mi^^H^^MH^^^^w^ta. >K— ^^^^^^^^^^^^^^^
^ ^^^^^^^^^^^^^^^^^
gegen Hypotheken 15**o und 12*^ 0 und
auf Iläusrr 6— 7" u Kommission 3,5—4** o Kommission.
Ene amtiiche Zusammenstellung des in den < inzeinen J3e-
zirken durchselmittlieh herrsdienden Zinsfulses für den Dezember
1887 (Stat. Jalulj \U1 438 ff.), der leider ^iir keine An-
gabe Uber den Ursprung der Zahlen beigegeben ist, ergiebt filr
den Durchschnitt oer Bezirke folgende Sfttse (Okinawa fehlt
dtirchw^)
Dttrieben^ I.nmVinrd Hypothek
ÜBtt den Tag vüu btaats- ' auf
und 100 Yen
% p. a.
lur 10000 Yen und darüber 2,r, Sen — 9, 125
• 5000—10000 Yen 2,? * = 9,8B6
- 1000— 5000 - 2,» - = 10,m
500— 1000 Yen 3,s - =11,68
100— 500 - 3,T - =13,81
- weniger als 100 Yen 4f9 • — 15,6m
1 (jresetzlicbe Zinsen sind durch das gleiche (besetz aaf 6 Prozent
festgesetst
- NiigatH. SaitHtna, ('.\U\ fehlen «xanz, Chiba bis auf die letate Zeile.
^ Ks felileu Tokyo, ibaraki, Akita.
ForKchutti^i'U (4.V X 4. — Kathgvn. 16
papieren
Grand-
Stücke '
Prozent
Prozent
jährlich
jährlich
V
8,t
7,8
9,8
8,8
10,8
9,8
n.i
10,8
12,7
12,«
14,8
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226
Diese Slitzc sind niedriger, als die oben angeiuhrtiMi. immer-
hin sind sie an sich hoch. Der hohe Zinssatz für Hypnihcken
namentlich steht m merkwürdigem Verhältnis zu dem Kurs der
Steatepapiere, aber auch som Lombard.
Welchen Wert diese Zahlen haben, mOcbte ich dahingestellt
sein lassen. Ein Vergleich der einzelnen Bezirke «giebt sehr
sonderbare Unterschiede. Es ist allerdings ganz einleuchtend,
dafs der Zinsfufs in Osaka, Aichi verhältnismärsig niedrig, in
manchen Bezirken im Norden und an der Westküste hocli an-
g^eben wird. Verdächtig ist aber, dalis mehrfach benachbarte
und in ganz älinlichen wirtaclialtlichen Verhftltni.ssen befindliche
Bezirke so gar vei'ächiedene Zinssatze haben sollen, wenn z. B.
bei Hypotiicien der ZinflfiiTs in Eanagawa bc^ hoch, in Shizuoka
sehr niedrig ist, oder in Tottori zum Teil doppelt so hoch als
in Shimane. Dafs der Lonibard-Zinsfufs in Osaka sehr viel
niedriger sein sollte als in 7'okyO| ist bei dem leUiaften Geld-
y erkehr zwischen beiden Plätzen auch kaom wahrBchelnUch'.
Es ist bereits erwähnt, dals eine Anzahl National- und
rrivatl)aukeD auch als »Sparkaaseu fungieren. Die erste und
wichtigste Sparkasse des Landes aber ist die Postsparkasse.
Durch Gesete 185 rom 23. Dezember 1874 ins Leben gerufen»
hatte sie Ende 1875 22 Zahlstellen. Diese wurden dann jährlich
um 100 bis 200 vermehrt, bis sie Ende 1884 die Zahl 1469
erreicht hatten. Das nächste Jahr brachte eine plötzliche Ver-
mehrung h')^ Muf 433H, \v<>lcho dann aber teilweise wieder rück-
gängig gemacht wurde. Ende ^9,97 wan-n es 'A0C)7. Von der
neuen Einrichtung wui'de anfanj^^s ein sehr Ijc^tiiranktt r ( M'])r.iueli
gemacht. Teils war die Bevölkerung an derartige Anataitcn
nicht gewöhnt, teils war der ZmaftUs, 6 Prozent, so tief unter
dem Iwdestlblichenf dafs die Sparkasse wenig lockte gegenüber
sonst möglichen Anlagen. Ein wichtiges Hindernis endlich, das
fintdauernd wirkt, sind die umständlichen Formalitäten und der
ungeschickte Geschäftsbetrieb, der das Publikum fernhält, statt
dafs man din Saclio möglichst leicht und bequem machte. Auf
alle Erkundigungen erhält man von Dienstboten , Hand-
werkern u. .s. w. die ganz ständige Ant\v(n*t, man möge das
Qeld nicht einlegen, da es so sehr umständlich sei, es wieder
herauszubekommen. Das erste Jahr des Gesdiäfbbetriebes,
1875, scUob mit 1843 Sparern und 15224 Ten Einlagen.
Sieboi Jahre später, Ende I082, war man erst auf 46211 Sparer
und 1058224 Yen Einlagen gekommen, auf 1000 Einwohner
1.S5 Sparer und 2S,8s Yen EinTagen, Von da an beschleunigte
» Für Summen über lU 0(H> Yen in Tokyo M,4, in Osaka "i,?. Prozent.
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X 4.
227
sich die Entwickelung doch etwas mehr. Der Stillstand im Ge-
schäfts! oben, der 18b3 begann, auch eine zeitweise Erhöhung
dcä Zinstuises, 1882 auf 7, 1883 auf 7,8 Trozenty üeisen die
Zahlen rascher ansteigen
1883 auf 87014 Sparer mit 2298502 Yen EiiJagen
1884 - 141 202 - . 5260 484 -
1885 - 293297 - - 9 < 150 255 -
1^86 - 490337 - - 15462054 -
lö87 - 568849 - - 18218 282 -
1888» - 665822 - - 19 756 482 -
Seit dem starken Steigen des Kurses der Staatspapiere ist
auch der Zinsfufs bei der oparkasee mehr&ch herabgesetzt, bis
auf 4,2 Prozent.
Die rasche Zunahme ist seit 1887, nach Wiederbelebung
des Geschäfts, einigermafkcn ins Stocken gekommen. Die Summe
der Neueinlagen (einschliefslich zugeschriebener Zinsen) war 18ö0
am hOcbaten mit 13051044 Yen, aber 1887 11577894 Yen,
1888 nur 10753685 Yen. Dagegea stiegen die RUck-
zaUungen von 6639245 Yen auf 9208465 Yen. Die Zahl
der neu eintretenden Sparer war 1887 und 1888 geringer
Rürkzcthhingen sogar erheblich höher dir Kmzahiuogen (auf
Tokyo allein kamen 1887 27 Prozent der Ein- und 37 Pro-
zent der Auszahlungen). Im Bezirk Osaka (mit 12 Prozent
aller Ein- und Auszahlungen) war der Zuwachs nur unbedeu-
tend. Diese rückläufige Bewegung scheint sich 1889 noch fort-
geaetat zu haben', finmerbin ist der Fortschritt yon 1882 bis
1887 ▼erfaältnismäfsig recht bedeutend. Auf 1000 Einwohner
kamen nunmehr schon 14,6u Spai^r und 460,v8 Yen Einlagen.
Die durchschnittliche Höhe der Einlage auf oinen Sparer war
von 22j'.o Yen auf :^2j02 Yen gestiegen. Auffällig ist, wie grofs
die KUckzahlungen im Verhältnis zu den Einzahlungen sind.
Nur in den Jahren 1883 bis 1885 waren sie weniger als die
Hälfte der Einzahlungen, 1886 wieder wie frUlier mehr als die
Hulfte, 1887 drei Viertel, 1888 secfas Siebentel Wie wenig die
^ Nach Zeitungsnotizen wäre lijide 1889 die Zahl der Spftver
7Ü2 000, die Summe der Einlagen 20 420 000 Yen gewesen.
^ Der Bestand der Spareinlagen liat Ende 1S8<) 20,4 Millionen kaum
überschritlrn . %vährend die Zalil der Sparor Tun li /.iemlich zugenommen
bat. Ofl'enbar sind in der Zeit von iö87 — l.'^v^U intulge der lebhailen
SpdraJation die grofsen Depositen berausgezogen , wtfbrend die gans
kleinen üjrspamiBse sich weiUr vennehren. Das wäre im ganzen keine
ung'ünstige Entwickelung. Die durchschnittliche Höhe der Einlage eines
Sparers wäre nach den initgeteilteo Zahlen auf 20,8 Yen zurückge-
gangen.
als im
Tra Bezirk Tokvo waren die
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228
I^^nutzung der Sparkasse in die Volkssitten eingedruDgcn ist,
ergiebt .sich noch mehr ab aus den vorigen Zahlen aus der grolsen
Zahl von Sparern, welche alljährlich ganz ausscheiden :
Es traten neu ein Es traten ganz aus
23032
10395
lbö4
84097
29909
1885
204148
Ö2053
1886
298921
101 881
1887
197628
119116
1888
217604
120681
Bemerkenswert ist auch, wie die BeDutEong der Sparkaaie
bisher nur in einigen grofsen Städten häufig ist. Es kamen von
je 100 aller Neueinlagen (ohne Zinseo) des betreffenden Jahres
auf die Besirke
1882
1884
1886
1887
1888
Tokyo
62
44
31
27
24
Osaka
10
11
12
12
11
Kyoto
5
5
4
4
5
Aiciii
2,5
7
6
7
6
Die Zahlen zeigen aber doch auch, dal's das Sparen im
Lande sich neuerdings aligemeiner verbreitet. Noch 1884 kamen
Bwei Drittel aller Nenehäigen auf die ykr Besirke mit den
ertf&ten Städten des Landes, 1888 nicht mehr die Hälfte. Im
Jahre 1884 wurden in 6 Bezirken mehr als 100000 Yen neu
eingezahlt, im Jahre 1886 in 28 Bezirken, 1887 in 32, 1888 in
31 Bezirken.
Die in die l'ostt^parknsse eingezahlten Depositon wurtlen
friUu 1 als besonderer Fonds im Finanzministciium verwaltet und
dort in Staatspapiercn angelegt. Seit Erö{iimn^ der Depositen*
kasse am 1. Juh 1885 wurden sie dieser zugetuhrt^
Das Versicherungswesen ist in Jauan noch in den
Anfingen, natürlich abgoiehen von dem GescMft ausländischer
See-, Feuei^ und Lebensreracherungsgesellscbaften in den oflenen
Häfen und Plätaen. In Tokyo besteht seit 1879 eme eui'-
heimische Seeversicherun^rsgesellschaft mit an&ngHch
60(>OnH Yen, seit 1880 DmiOoiiO Yen Kapital, welche jjlhrlich
9 — 11 Prozent Dividende verteilt Ferner besteht seit 1881 in
Tokyo die ^leiji Lebens Versicherungsgesellschaft
mit lOlHKJO Yen Kapital, welche re^olmärsig lU Prozent Dividende
verteilt. Im Juli 1889 waren bei ihr 5356 Personen lüi' ein
Kapital von 2745300 Yen yersichert^ aulsecdem in 1041 Fällen
> Di(^ Verhältnis^«- der Postsparkatae tmd jeUt geregelt durch
Gesetz o:i vom 12. August lb90.
V
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X 4.
229
Erziehungsgelder im Betrage von 358 900 Yen. Von jenen
5356 Versicherten kamen auf die Provin7 Musaahi (Tokyo,
YokobamiL) allein IKtO, auf Settsu (Osaka, Kobe) 640. Dem
Berufe nach waren cUriuiier: Kaufleute und Bank- etc. Beamte
2274; Beamte (auiser I/ehreruj 1081, dagegen Landleute nur
164, Gewerbetratbeade 340.
Das nnd noch recht bescheidene Anfange, aber beide Ge>
eelbohaften eind doch in gedeihlicher £ntwickeldng b^grifoi.
Über einige neue in den allerletzten Jahren gegründete Ver-
sicherungsgesellflchaften, namentlich die erste einheimische Feuer-
versich crungsanstalt, ist mir Näheres nicht bekannt. Jeflen falls
beweist ihre Gründung, dafs der Gedanke der Versicherun;; an-
fangt sicli zu verbreiten Für die Versicherung^ gegen Feuers-
geiabr iat frcihcii nur ein geringeü Arbeitsfeld vorhanden. Die
Sanart japaniaeher Hftüaer bringt ein so grofses Risiko mit sich,
dafs die Frümien eine absdureckende H(Uie haben mfl&ten.
V. Die Börsen.
Im Zusammenhang mit den in diesem Kapitel besprochenen
KreditanhUilten ist endlich der Börsen zu i£edeDken^
Hit der früher in Japin unbekannten Schaffung einer Staats-
achuld in Form Ton Obligationen seit dem Jahre 1873, mit der
Begründung von Gesellschaften auf der Grün dl c übertragbarer
Aktien entstand das Bedürfnis nach einem Markt fUr solche
Wertpapiere, wo namentlich die mit den neuen Obligationen ab-
fefundonen Sta;it3gläubiger Alinelimer für ihr«- Sciteine finden
önnten. Mit ottenbarer Anlehnung an amerikanische Muster
wurde 1874, durch Gesetz 107 vom 13. Oktober, ein erster
Versuch gemacht, „die bisher fehlende Regelung de» Verkehrs
in Wertpapieren'* durch JSmehtung von BOnen (Kabushiki
torihiki jo), zunächst in Tokyo und Osaka, herbeiBufUbren.
Das fremde Muster zeigt sich am deatüchsten darin, dafs als
Gegenstände des Handels an den Börsen auch allerlei Wert-
papiere aufgezählt sind, welche damals, und zum Teil noch hent^,
m Japan gar nicht vorkameui nämlich neben iStaatspapieren und
* Ein Vortrag von P. Hayet aus dem Januar 18^1 ttbor ,,Die
japaiiiscbe Geld- und EfTcktcnhöi'se'^, in Mitteilungen der Deutschm
( i esellst liaft u. b. w. ()8ta!*ii'n.s üd. VfHeft 41' S. 1 -',), lioschiiftigt sich im
weaentlichen nur mit dem Statut Utjr Effektcuboise in Osaka, das auf
dem Gesetze von 1878 beruht Ich bin pers^'mlich bekannt mit den bei-
den jetzt wichtigsten Börsen .Japans, der Effekten- und der Reisbürse in
Tokyo, dereu Geschattsbetricb näher kennen zu lernen mir Ifi^Sü durch
die GeraUif^keit der damaligen Prftside&ten beider Anstalten Kono (jetet
Mitglied des SnmitsQ-in) und T. Aoki (inzwisehen verstorben) erleichtert
wurde.
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230
Aktien staatlich genehmigter Anstalten auch staatlich anerkannte
tibertragbare Schuldscheine, Aktien und Obligationen von Eisen-
bahn-. Dampfschiffahrt-, Telegraphen- (!), Gas-, Waaser-, Berg-
werks^^esellschaften u. s. w. Die Schwierigkeit war nun, wer
die Börsengebttude errichten und tUr den Verkehr darin verant-
wortlich aein soUtey da die alte Haodelsorgaoisation Ternichtet
war. So half man sich durch Scfaaflmig von AktiengeseUedialleii,
welche den Btffsenhetrieb tibemehmen sollten, unter Aufsicht des
Finanzminiäters, an dessen Stelle 1875 der Minister des Innern
trat, um 1878 wieder durch den Finanzminister, 1H81 durch
den Minister ftir Landwirtschaft und Gewerbe ersetzt zu werden.
Die Aktionäre sollten unter .sich einen Verwaltungsrat (Kimoiri)
und aus diesem einen Präsidenten und Vicepräsidenten wählen.
Geschäfte an der Börse abzuschliefsen war den „Mitgliedern**
Torbehalten* Das sollten in erster Urne Aktionare mit mehr
als 5 Aktien sein. Doch konnten au ^Uitgtiedem" auch andere
Personen vom Vorstand ernannt werden, wenn sie 500 Yen
(den Betnig TOn 5 Aktien) hinterlegten und drei Büfgen
beibrachten. Die „Mitglieder" sollten Geschäfte privatim
aul'serhalb der Börse nicht ahschliefsen. Sie waren in (lenossen-
sehaften von je ftinf eingeteilt, welche solidarisch ftireinander
hafteten. — Der Grundgedanke dieses ersten Börsengesetzes
war also offenbar der, aus den Personen, welche Börsengeschäfte
triehen, d. h. für eigene oder fremde Bechnane Wcartpapiere
kauften und verkanften, eine Genossenschaft an bilden, der man
di< Form einer Aktiengesellschaft gab, um aus dem Aktien-
kapital einerseits die Gebäude zu beschaffen, anderseits eine bei
der Regienmg zu hinterlegende Kaution, nämlich zwei Drittel
des Aktienkapitals. Für ihre Unkosten durfte die Oesellachaft
1 — 2 vom Tausend der geschlossenen (leschäfte erheben.
War schon in dem Gesetz von 1874 dieser Grundgedanke
der Börse als einer Effektenhändlergenossenschaft nicht rein durch-
geführt, so wnrde er in der Folge gans Terlassen. Das Beis>
bOrsengeseta von 1876 (von welchem unten mehr) und nach ihm
das aweite EflfektenbOrsengesetz, Nr. 8 vom 4. Mai 1878, liefiben
den Zusammenhang zwischen Börsenhändlern und Aktionären
ganz fallen. Es heifst nur mehr, dafs auch Aktionäre Händler
oder, wie die bisherigen „Mitglieder" nun lieil'sen, Makler sein
dürfen. Thatsächlich haben, in Tokyo wenigstens, gegenwärtig
Aktionäre und I^Iakler gar nichts miteinander gemein. Die
Aktien sind in den Händen von Kapitalisten, welche die fetten
Dividenden einstreichen, die Makler sind mdst arme Teufel, d»»
mit der Kraft ihrer Langen und Ellbogen mtüisam ihr Brot
▼erdienen. Die Börsengesellsehaft ist nunmehr eine reine Er-
werbsgesellschaft, welcher das Börsengebäude gehört und deren
Vorstand und Beamte <len Verkehr an der Börse leiten und
beaufsichtigf'n. Datur erliebt sie von jetlem Geschiift eine Ge-
bühr, die vom Kassengeschäft eins vom Tausend, von Tcrmin-
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X 4.
231
mcbäften zwei vom Tausend nicht Uberschreiten solP. Die
Bestimmungen üh^^v dh^ Kaution (zwei Drittel des Kapitals)
blieben unverändert. J)ic IvoDut s.sion sollte immer nur auf fünf
Jahre erteilt werden. Im Vorstande fiel der Vicepräsident weg.
Der Vorstand erhielt die Kntßcheidung über Meinungsverschieden-
beiteo swiachen deo Maklern, namentlich darüber, ob die ver-
tragnnjliBigeii Verpflksbtungen erlUlt meai, ob „Kontraktbraoh*^
vorliege, ebenao über die Ztüawong von Wertpapieren zum
Verkehr auf der Börse oder deren Auflsehluls , endlich
über die Zulassung der Makler, die dem Vorstande nicht
angehören dtlrfen. Die Makler haben eine angemessene"
Sicherheit zu hinterlegen, welche 1880 (Nr. 20 vom 15. April)
tUr EfFektenmakler auf mindestens 200 Yen, für Makler in
Gold- und Silbergeld auf mindestens 1000 Yen festgesetzt wurde.
Davelbe Gesetz machte die Zulassung als Makler von der £r-
laubnis des FinansminiBten abhöngig und forderte fiür die Wahl
des BOraenprllsidenten Bestätigung durdi den Flnansminister'.
GeschSfte an der Börse werden nur von den zugelassenen
Maklern und stets im eigenen Namen abgeschlossen. Für die
Zulassung ist eine Gebühr von r^O Yen zu zahlen (Nr. 28 vom
(3. August 1883). Die Zahl der Makler ist begrenzt, übrigens
mehriach geändert.
Das Gesetz von 1878 war viel klarer abgefafst als duä seiir
weitaehweifige von 1874. Als Gegenstand des Börsenverkehrs
waren jetzt nur japanische Staatspapiere und Aktien koncessio-
niearter Gesellschaften bezeichnet^. Aufscrdem erlaubte Nr. 37
vom 22. September 1879 „zeitweise" auch Geschllfte in Papier-
feld resp. Gold- und Silbergeld. Nach Herstellung des Pari-
urses ist dies durch Nr. vom 28. November 1*^8' am
1. Januar 1880, dem Beiginn der Einiüsbarkeit des Papiergeldes,
wieder aufgehoben.
Durch das Gesetz von 1878 ist also eine Erwerbsgesell-
schaft dahin privil^ert, dals der Verkehr mit Wertpapieren in
ihren Räumen sich Tollziehen muls und ihr davon eine Gebtthr
entrichtet wird. Je lebhafter die Spekulation, desto vorteil-
ha^r ist es f\ir die Gesellschaft. Der Vorstand dieser selben
Gesellschaft aber, bestehend aus Aktionären mit mindestens 30
Aktien im Besitz, überdies durch Tantiemen an der Höhe der
* Diese Beetimmung ist durch Nr. 37 vom 28. November 1885 dafam
geändert, dafs eine angemessene Gebühr erhoben werden soll mit
Genchmigang der Minister für Liandwurtacbaft und Gewerbe und der
Finanzen.
Diese VerBchftrfimgen des Gesetzes traten ein infolge der tollen
Agiotage jener Zeit.
'Aach Mr. vom 23. Dezember 1880 kann der Finanzminister
aneh die Zaltamg von Aktien anderer Gesellschaften, welche keine
gefitbrlichen Geschifte betreiben, anordnen.
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232
X 4.
Umelltze interessiert, sollte die Aufsiclit iilicr den Börsenverkehr
ausüben. Bui einer derartig verfehiteu iiliurichtung war es nun
nicht merkwürdig, data die Regienmg ihrerseiü^ wieder dem
Vorstande nicht traute und die Börse diurch die Polizei iiber-
wacheD liefe. Eb ist mehr ab dniiial vorgekommeD, dah die
überwachende Polisei wegeo ▼ermuteter Geaetzeirerietiuiig die
ganae BttmaverBainmlung verbafiet und gefeeselt ahgefilhrt hat,
namentlich auf der BeiaMne.
Der Verkehr an der Börse beruht auf der aus Amerika
übernommenen Einrielitunf]^ des „ciillin^ stoeks". Die Absehlüsse
erfolgen fast ausscblielslich i>er ultimo und zwar auf die drei
nächsten Monatsschlüsse'. Auf erhöhter Tribüne sitzt ein \'or-
standsmitglied; i-echts und links von ihm hocken zwei Börsen-
aeikretäre. Vor der TribOne in dem fiflneoflaal drängen aksh
die Makler. Ein Beamter der Börse ruft den Namen des au
handebden Wertpapic res auf und den An&ngskurs. Erfolgen
zu diesem keine Abschlüsse, so geht er je nach der Lage herauf
oder herunter nnt dem Kurs. Wer zu dem ausgerufenen Kurs
kauten oder v« rkmifm will, rutt die Zahl der Stücke, die er
giebt oder nimmt, Li in anderer Makler in die Hände klatscht
als Zeichen der Annalime der Offerte. Die Börsensekretäre
notieren Zahl der Stücke und Namen der Makler (thatsachlich
nur ein abcpekttrstes Zeichen) fUr jeden Abschluls auf einem
boBonderen Blatte des Protokolls. Jeder Kqfb, zu dem ein Ab-
schlufs erfolgt tst, wird sofort von Dienern mit groisen Zeidten
auf eine lange schwarze Tafel geschrieben und diese an der
Wand des Saales auf^eliHngt, sf) rlnf^ ein Rliek sofort alle vor-
gekommenen Kurse zeigt. Ist in dem EÜ'^kt weni|( Verkehr, so
vollzieht sich das ganz gemächlieli. Kommt man aber zu den
eigentlichen Spekulationspapieren, so wird, namentlich wenn die
Kurse stark schwanken, die Scene bewegter. Joder Makler
sucht sich dicht an die Tribüne lu drüngen und die anderen au
tiberschreien. Die Abschlttsse folgen einander so rasdi, dafs
man kaum begreift* wie die Sekretäre folgen können. Doch
sollen Irrtümer selten sein. Das Geschrei und Gedränge ist
derart, dafs man an eine Prügelei glauben würde, wenn nicht
dio f^leiehgiiltif^e IVIiene des Vorsitzenden und der Polizisten
wäre. Zu Zeiten ist es allerdin^^ schon vorgekommen, dafs aller
Verkehr unmöglich und die Börse geschlossen wurde. Erfolgen
zum nächsten Ultimo in dem betreffenden Papier keine Ab-
schlüsse mehr, kommt der übernächste, dann der dritte Ultimo
an die Reihe. Ist die ganze Liste verlesen, so lOst sich der
Knäuel erschöpft auf und die Makler vergleichen ihre Notiaen
^ Das Oesetss von 1874 kannte auch einen Medio.
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X 4.
283
mit dem Protokoll der Bor^ensekretÄre. Inzwischen laufen die
Teh^e^amme von den anderen Börsen über die dortigon Kurse
ein und nach einer Stunde folgt die zweite Verlesung, gegen
Mittag die dritte. Die wichtigsten Abschlüsse pflegen in der
zweiten Verlesung zu erfolgen. Um eine gewisse Garantie dafür
wa mhaikta, dals die Tennin-Abechlüsse wirklich em emsthaites
GeflchUft vermittelii aollen, mnis nach Sdilds der BOney in
Tokyo bis vier Ubr nachmittagB, ein Angeld im Bweau der
Börse hinterlegt werden. Das 6öi:scngefletz bestimmt, dals es
mindestens ö Prozent des Preises sein sollen. Das Börsenstatut
in Tokyo verlangt sogar 15 Prozent. Das liat mm. wie die
Ertahrung gezeigt hat, das DifFerenzspicl nicht verhindert. Aber
es ist wohl die Ursache dafür, dal's di<' «-inzelnen Abschlüjsae
über eine merkwürdig geringe Stückzaiil lauten, meist nur 2 — 4
Stttck. Die Vennntnng liegt nahe, dals die Makler tbatsächlich
eine grOfsere StUckzablumsetseny als sie angeben, and so aneh
Bl^engebuhr und Steuer vermeiden. Die bei demselben Makler
eingehenden Aufträge, zu kaufen und xa verkaufen, kann er ja
ohnehin ohne Benützung der Börse ausgucken bis auf me
Differenz.
Neben dem Teriningeschäft sind die meisten andern bei uns
ühlidien Börsengesciiälte, namentlich das Pi iiinit ngeijchnft nicht
bekannt Dals ein Makler in die \'cruüiclituüg eines anderen
eintritt^ wird als besonderes Börsengescnäft nicht angesehen (ist
daher auch steueHiei). Vom Report- und Deportgeschäft
scheinen wenigstens Anftnge vorhanden zu sein.
Auf Grund des Gesetzes von 1878 wurden die Börsen von
Tokyo und Osaka rekonstruiert und im Sommer (1. .Tuni und
15. August) 1S78 neu eröffnet. Daneben wurde am 1:^. Februar
1H7!> (Nr. S) die Errichtung einer Börse nur für Kauf und Ver-
kaut von Mexikanischen Dollars in Yokohama gestattet. Gleich-
zeitig mit den beiden andern Börsen wurden aueh für diese am
22. September 1879 (Nr. 38) Geschäfte in Paniergeld gestattet
Das bereiis erwtthnte Geseta 20 vom 15. Apnl 1880 stellte die
BOrae von Yokohama den bdden anderen ganz gleich. In
Kobe hat eine Effektenbörse nur ganz kurze Zeit bestanden.
(1884/85). ^Veitere derartige Anstalten sind 1885 in Kyoto,
1886 in Nagoya errichtet.
Oas Knpitil der Börscngesellschafkcn, anfangs je 200000 Yen.
hat dicöe Höiie nur mehr in Tokyo. Bei den vier anderen
Börsen betrügt es 100000 Yen. Über die Lage der einzelüeii
GleMÜschaftoi im Jahre 1887 veigleiche die umstehende
Tabelle^ welche auch die Summen fUr das schlechteste und fttr
das beste frohere Jahr enthalt.
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284 X 4
Japanische Eftektcnbürscngetjellschaften 1887.
Ort
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— -i^
Kapital
Yen
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Bei den 5 üöraeii
löb7 zuBammen
•214 o.V„>
;iU)4<;4
4:iit
1884 bei 4 Bötmo
171
115 096
um
7<» 1J7
1882 bei 3 Bönen
V
81000
?
?
868277
66,t
Die Bekonstraktion der BOnen fiel suaanunen mit dem
B^nn der Agiota^. Nun war allerdings das Dififerensspid
auf die Börsen nicht beschränkt. Aber hier trat es zahlen-
mäfsig erfaßbar zu Tagr. Neben dem Papiergelde eingriff die
Spekulation auch andere Effekten. Wie auf europäischen Börsen
die Spekulation ganz bestimmte einzelne Papiere sich heraussucht,
80 wurde auch in Japan ein leitendes ^[»ekulation.setlekt ein-
geführt, die sieben prozentl osen Rentenabln.snngsscheiiie. Von ver-
schiedenen Staatöpapiereu waren diese aui zahh'eichsten vorhanden,
für gut 108 Millionen Yen, mehr ab die Hdfte aller veninslichflii
StaateschuldBoheitte. Außerdem war dieses Papier von Tom-
herein in schwachen Händen, welche sich vidfiMm dieser Scheine
rasch entledigten. In allen anderen Stnatspapieren wie in Aktien
waren lange Zeit die T'msätze ganz unbedeutend, in Tokyo bis
is^o nur 1—2 Prozent aller Umsätze, in Osaka l^TO RO etwas
bedeutender, aber von 85 kaum erwähnenswert, ebenso
in Yokohama, In Papiergeld und 7prozentigen Renten.scheinen
dagegen waren die Umsätze bald gauz auiserord entlieh hoch,
womt man bedenken mnla^ dafs die wiiUich abgeschloasenai
Gesehfifte erheblich grölser gewesen sdn werden als die an den
Börsen yerzeichneten. Dabei Uber wogen in Tokyo stets die
Abschlüsse in Rentonscheinen, in Yokohama die in Papier,
während in Osaka nur 1882 und 1883 die Valutigeschäfte
den Hauptplatz einnahmen. Die Zahlen würden noch f^jölser
sein, wenn nicht die Börsen niehrfad» zeitweise geschlossen ge-
wesen wären oder nicht, wie in Vokoliama 1883 84, die Makler
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X 4.
285
wegen der hohen Börsensteuer den Geschttfbbetrieb auf der
Börse eingestellt gehabt hätten. Die Umsätze an den BOnen
entwickelten sich in den bits 1885 vorwiegenden GeschAften in
Millionen Yen folgendermalsen :
Tokyo Osaka Yokohama
7*^'oige Renten- Gold- und T"* oige Heuten- Gold-und 7° uige Renten- Gold- und
Bcheine
Silbergeld
echeine
Silbergeld
scheine
Silbergeld
1879 89
21
25
12
167
1880 196
34
22
47
8
80
1881 218
107
1
379
1882 68
1
61
207
467
1888 54
0
24
72
184
1884 25
15
0
1885 18
4
9
1
0
2
1886 17
25
0
1887 0
1
0
AU Höhepunkt der Spekulation treten deutlich die Jahre
1880 — 82 hervor. Wie sehr die Umsätze in Rentenschein en
spekulativer Natur waren, zeigen namentlich die Zahlen der
Börse in Tokyo. Besonders auffällig ist der Rückgang in den
letzten Jahren: 1887 nur mehr 160000 Yen. i^twas mag dazu
die 1887 begonnene Konvertierung der Staatsschuld, welche
made dieses Papier zuerst in Angriff nabm, beigetragen haben.
Die Hauptsache ist aber, dars die Spekulanten etwas viel Inter-
essanteres als die doch nur in mäfsigen Grenzen schwankenden
Staatspapiere gefunden haben, das Aktienwesen. Wie seit 1886
die Gründung von Aktiengesellsrhaften in Flor kam, so auch
die Spekulation in den neuen Eft'ekten.
Die Umsätze in Aktien betrugen in Millionen Yen an den
einzelnen Börsen:
Tokyo
Ußaka
Yokohama
Kyoto
1884
6,0
0,0
0,0
0,0
1885
3,6
0,0
0,0
1886
39,4
0..
3,0
1887
72,0
36,t
1,'
18,v
0,0
2,1
Mit der Zunahme in den letzten beiden Jaiiren vergleiche
man oben die Abnahme bei den Bentensdieinfln. Der rein
spektdative Cbarskter dieser Börsenapecztionen wird dadurch
klar werden. An allen Btaen zusammengenommen wurden in
Millionen Yen umgesetzt:
7^/oige Rentenscheine
Andere »Staatspapiere
Banknictif n
Andere Aktien
Silber- und (joidmünzen
1882
1887
129,6
1,0
0,0
0,2
0.1
5,3
0,6
125,7
«>74,2
804,5
132,1
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236
X 4.
Die völlige Umwandlung des Hörsenverkehrd in den letzte
Jahren kann wohl nielit deutlicher gezeigt werden.
Die liörsengesell. sc hatten liaben aus den Gebühren vom
Börbenverkehr ganz unmaibi^c Einnahmen gehabt, im Jahre
1887 aUem 524516 Yen, während die Äiugaben 214052 Yen
betragen, da^on allein in Tolqro 136845 Yen^ Der Rein-
gewinn betrug mithin 310464 Yen, 52 FhKBent des Kapitals der
Gesellschafkoj während der Staat aus der Steaer 1887/88 nur
97757 Yen einnahm. Die verteilte Dividende war
in Tokyo
- Osaka
- Yolcohama
- Kyoto
- Nagoya
1887
77,s Prosent
45
25,6
26
7,2 -
fttthece höchste
1886 Dividende
55 Prozent 85 Plrosent (1881)
15 • 77 - (1882)
6,B - 110 - (1882)
9,6 -
1,» .
In den neun Jahren big 1887
liaben an Dividende
verteilt
Tokyo 277,6 Prozent
Osaka 2d3,s
Yokohama 354
und hatten lHül einen
Beservefonds von
40000 Yen
17900 -
Die hOcheten Reingewinne früherer Jahre finden wir 1881
mit 311710 Yen und 1882 mit 368277 Yen. Von 1879 bis
1887 Bind mehr ab Vk Millionen Yen an Dividenden an die
BOrsengesellschaften vei tcilt, man darf sagen itlr ao gut wie
keine Gegenleistung, eine Besteuerung des Verkehrs zu Gunsten
der Aktionäre-. Die Aktien der Börsengesellschatten s'md denn
auch gesuchte Papiere geworden und liegen überwiegend in
einHufsreichen H;tnden. Der Kurs der Aktien der Tokyo- Börse
z, B. war lÖ7ü durciibciimtdich 24G, 1881 fast 200, von 1882
bis 1885 hielt er wAi zwieohen 170 und 190, stie^ 1886 auf
341 und war 1887 trotz der ungeheuren Dividende nur 302
wegen der drohenden ßOraenreform und dea hevoretehenden
* Die Ausgaben werden veranlafst durch das Heer von Sekretären,
Reehnunffsbeamtea u. s. w. IMe scheuneuartigen Baracken, welche als
Börsengeoäude benutit werden, kSunen giofse Atugaben nicht ver>
anlaswen,
* Auch 1HS8 und 1889 haben bei der fortdauernden Spekuiutiou in
Aktien nach den Notiaen der Handelsseittiiigen grofse Dividendeii ge>
bracht, nämlich für
Tokyo 62 '»/o, C;J%
Osaka - 48% - UVo.
Danach sind also in elf Jahren in Tokyo 392,&, in Osaka 325,s Prozent
Dividende vnrtcilt. im jährlichen Diucnschnitt also in Tokyo rast Sd, in
Osaka fast liü Prozent.
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X 4.
237
Ablaufs der zweiten Konoeesionsperiode ^ . Bis 1882 lag wenigstens
die B^lrsonstener - mif der Einnahme* der Börsen 2:p^<ellschaflen
(ein Zehntel;, ilnde 1882 war der Kiniluls der Aktionäre so
^ols, dafs bei der beabsichtigten Kriiöhung der Steuer diese
ganz auf die Makler gewalzt wuide, während die Aktionäre
alier Steaer ledig wurden.
£me Beform der ganz unbefriedigenden BörMosostftnde
nSro fermdl leicht zu ennOglichen gewesen, da alle Börsen nur
auf 5 Jahre koncessioniert find. Was man an ihre Stelle setsen
sollte, war freilich schwer zu sagen. Dies und das Interesse
der Aktionäre wirkten zusammen, dnfs nach Ablnuf der ersten
Periode 1882 83 lle Ivoncessionen ohne weiteres erneuert wurden,
l^och 188i> wurde eine neue Börse für Nagoya zugelassen.
Schliefslich wurde aber doch beschlosöen eine gründliche Relbrm
der Börse ▼orzonehmen. Gesetz 11 vom 14. Mai 1887 enthielt
eine Nenre^ung des gesamten BOrsenweeens. Das nicht ge-
lade geschickt gefafste Gesetz erregte einen Sturm der fiSt-
rUstimg hd den Aktionllren der bestehenden Blirsen, welche aus
der einmaligen Erneuerung der Koncessionen einen Anspruch
auf weitere Verlüngerung ableiteten. ist bezeichnend, dafs
ohne eine cinzii^^e Ausnahme die Presse dif> Partei der Aktionäre
nalim und dals im September 1888 besL'hlosscTi ^v^^(^ . das neue
GeöcLz aoile nicht in Krait treten. Siimtiiciie lioröenpriviicgien
Warden bis 1891 verlängert und inswisehen soll eine neue
Begehug studiert werden. War es auch nicht water schade um
das neue Gesetz, in welchem man sich um einige der wichtigsten
Dinge ganz herumgedrückt hatte^ so zeigt der Vorgang doch
eine beklagenswerte Schwäche der Regierung gegenüber den
Interessen der neuen Geldmäcbte, die auch sonst vielfEMsh her-
vortritt.
Die l»* absichtigte Reform öoU nicht nur die Fvffekten- sondern
auch die Keisbörtse (Beisho-gwaisho) treilen. Der Reisliandel
hat in Japan hd seiner Wichtigkeit stets unter Aufincht ge-
standen. Es seheint, als ob die unter Leitung der Beudiändler-
gildflii in Osaka gehaltenen regelmäfsigen Versteigierttngen bereits
* Am 1'). April war der Kurs noch 405, am 15. Juii 2,^6, am Ende
des Jahres t.>>0, im Mai 188U wieder Uber :^0. — Überhaapt schwankt
der Kurs der Börseoaktien aurserordentlich. £r war am
30. JuU 1885 l'f)
15. Juni 1886 425
29. November 1886 ,332
15. März 1887 405
15. Juli 1887 2:^
30. Mai 1888 306
16. Juli 1888 270
15. April :M9
2>^. Februar 1S9(I 2Ai\
* Vgl. über diese unten im dritten Bache Kap. 4, Xlll.
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238
einen bOnenartigen Chankter getragen hätten^. Als in der
Revolution die alte Organisation zu Grunde ging, scheint das
BedOrfuB nach einer R^elung des Rdehandels dringend fUhlbar
geworden zu sein. Sclion cm Erlai's vom 2. des G. Xfonats 186*»
verspricht eine solche. Gegen Aufkfinten von Reis und Termin-
geschäfte in Produkten sind in den ersten Jahren der neuen
Ordnung eine ganze Reihe von Verboten ergangen. Schon der
Krlafs 138 vom Dezember 1874 scheint sich auf die beabsichtigte
Einrichttmg von Rebbönen su beeteben. Doch erfoU;te die
Regelung erat durch Nr. 105 vom 1. Augiut 1876. Za dem
ziemlich kuraen Gesetz gehört eine lange Ausführungsverordnung
dea Ministers des Innern (Nr. 20 vom gleichen Datam). Die
wesentlichen 7Jvjq dor Einrichtung sind die ^deichen wie in den\
Opspt7e von 1S7^ iiber die Effektenbörse. Das Kapital soll
mindestens 3UUUÜ Yen betra^^en. Die Vorstandsuiit^lirdcr
mtissen mind^tens je 10 Aktien besitzen. Die vom Vorsüiiide
zuzulassenden Makler sollen mindestens 100 ien als Sicherheit
hinterlegen. Die Gebühr der BOrsengeseUschaft betrogt nicht
Uber ein Prosent des FreiaeB. Die Ueaefaftfte lind^ wie dort,
sofort AM eri\illende oder Termingeachilfle auf einen der nächsten
drei MonatsscblUsse. Betont wird, es mUsse wirkliche Liefening
erfolgen ! also Verbot des Differenzspiels) ; docli kann ein Makler
seine \'erpfln litungen aut einen anderen übertragen oder den
verkauften Reis zurückkaufen. Ahwt irlu-nd ist, dafs der Makler
zwar Geschäfte in eigenem Namen al)sciüieföen darf, aber auch
in fremdem Namen, der dann anzugeben ist, abschliefsen k^um.
Daa nach AbschlnlB bei der Börse au hinterlcigende Angeld soll
mtndeatens ein Zehntel des Preiaes betragen.
Die Oeschitfte vollziehen sich in lUinlicber Weise wie an
der EffektenbttrBe , indem der Preis ausgerufen wird und die
Makler dann zu diesem Preise abschliefsen. In Tokyo wird
auf diese Weise nur eine .Sorte Reis gehandelt, Bushu (oder
Musashi, die Provinz, in welcher Tokyo lie»rt) mittlerer Qualität
Wird eine andere Sorte oder Qualitiit geliefert, so wird der ent-
sprechende Preis auf Grund jenes Börsenpreises nach bestimmten
von der BOrsenverwaltung featgesetzten VerhültnisBahlen be-
rechnet« Auf den anderen BOFsen soll ea ähnlksh aein.
Die Lage der Reisbörsen im Jahre 1887 aeigt die folgende
Tabelle. Nächst 1884 war dieses das ungünstigste Geschäft»-
faltr, Zum Vergleich sind die firgebnisae des besten Jahres,
iöiü, beigefügt
* Über die Ori^lMiion des fielshandels la früherer Zeit habe ich
trotz vieler Erkuiuhgungen imtnnr nur sehr unbootimmte lückeuhafte
Auskauft erlialtcn, abgesehen vou einigen uligeineiii bekannten That-
■sehen.
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X 4.
239
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240
Nach Erials des BörsoTigesetzes wurden 14 Reiabörsi n i^^e-
gründet, davon zwei in 1 Okyo, welche seit 1883 verschmolzen
sind. Im Jahre 1887 wan n es 16, die drei bedeutendsten sind
die von Tokyo, Osaka und Akamagaseki (Shimonoseki). Die
durch ne Teniuttelteii Umsätae waren in Millknien Koka
HUI aiieu ixjrscii
X UK j U
/itjt iiuiasiisciu
1079
OA
7,8
IQ f O
Ol, 4
14,4
1879
115,7
40,1
23,6
9,7
1880
38.8
16,2
6,0
2
1881
19,8
8fO
1882
25,6
6,8
5,.
0,9
1883
11,7
2,«
2.1
0,t
1884
11,7
2,9
2,7
1.»
1885
11,8
3,8
0,.
1886
18,4
5,9
3,.
1887
10,8
2.»
2,1
l,t
1888
10,«
2,1
2^
1,.
Üuä Verhältnis der Einnahmen zu den Au^aben war im
aUgemcinmi ^ angemesseneres ak bei den EffisktenbOnen,
1887 : 228836 Yen Eamahmen bei 183848 Yen Auigaben,
allerdings im Jahre 1879 : 708045 Yen Einnahmeii gegen
441 922 Yen Ausgaben.
Seit Nachlassen der p-ofsen Reisspckiilation infolge der
Apn'oTage sind die Oowinue der Börsengesellschaften im all-
gemeinen mäfsig gewesen. Die meisten kleinen Börsen geben
nur geringe Dividenden. An den gröfserc n liörsen sind aller-
dings die Dividenden recht bedeutend, wenn auch nicht ganz so
unmilsig wie bd den Eflfokteoböieen. Der Gewinn wir anf
100 des Kapitals
in Tokyo Osaka Akamagaseki
(Sakigaraebo)
1878 36 15 7
1^^79 71 3(1,51 15,8
lb8U 47,6 10,..5 4fO
1881 19 9,46 —
1882 .M,57 31,79 6,58
1883 19,15 9,64 9,78
1884 10,04 10,iT 15,87
1885 17,57 9,01 13,*8
1886 34,88 Dividende 18,»i Dividende 23,8« Dividende
1887 8,88 7,5 14,51 11,86 14,56 13,5
1888 7,41 5 8,08 8 17,7 15,5 >
* l^iach den Notisen der Han«lrl ^«'itun^^on war die Dividende in
Tokyo l).-aka AkaiiiagaBeki
1889 2tJ,% l!»..-.
Im letzff^enannteii .Talir»' war die Uöhi' der Dividendfn tr^üz der un-
geheuren Hausaeepekuiauon iu der zweiten H&lfte den Jahres zuzu-
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241
Der Gewinn alJer Börsen von 1877 bis 1887 beträgt zu-
sammen rund 1()70000 Yen, also im Jahresdurchschnitt beinahe
100 000 Yen auf ein Kapital von 500000—600000 Yen.
Den Rückgang der Umaätie auf den Btaen illustriert auch
die Vennindening in der Zahl der Hakler, die tod 1501 im
Jahre 1879 bis 1887 auf 283 zurückgegangen ist Über Reis-
preise und Verwandtes ist unten in den Abschnitten tlber Land-
wirtschaft und Grundsteuer weiteres au finden«
Viertes Kapitel
Die Verkehrsmittel.
Das Verkehrswesen des alten Japan war wenig entwickelt.
Aus politischen wie wirtschaftlichen Gründen fand ein erheblicher
Warenvf t kf hr zwischen den einzelnen Landesteilen nicht statt.
Im Binnenlunde verbot er sich schon durcii die hohen Trans-
portkosten, denn meist vollzog er sich auf dem Rücken von
racktieren oder yon Menschen. Kur in der Ebene gab es Last'
karren, aber auch diese nur in geringer Zahl Übefdies war
der Landverkehr an bestimmte Strafsen gebunden und der
Warenzug mehr nach politischen als verkehrstechnischen Gründen
L'^regelt. Der Seeverkehr war an die l?m;c:sfnnon einheimischen
JSchitfe gebunden, die vor der Ankunft der Fr( luden eine gewisse
Gröfse nicht überschreiten durften. Entwickelter war der
Personenverkehr, gefördert durch die Hofreisen der Landesfüi-sten
und Beamten von und nach Yedo, wie durch die allgemeine
Sitte der Wallfahrten nach berühmten Tempeln und Bergen.
Alles, was sich hierauf bezog, war eingehend geregelt, Pafsweeen
und Straisenpolizeiy Wirtshäuser und fiordelle, Stellung von
Trägem und Ordnung der Fähren n. s. w. Für den Nach-
richten verkehr hatte die Regierung einen Kurierdienst entlang
den Hanptätrafaenzügen, der schon zur Zeit der EinlUhrung
chinesischer Einrichtungen durch Kotoku Tenno (Mitte des 7.
Jahrh.) nach chine^iiücheni Muster organisiert war. Später in
VerMl geraten, ist diese Staatspost schon von den Vorgängern
der Tokugawas Nobunuga und Hidejoshi wiederhergestellt
worden. I)ie Daimyos hatten ihren eigenen Kurierdienst. Fttr
schteiheo. F8r das zweite Bemetter betrag INvidoide pro anno nMm-
lich in Tokyo 40, in Osaka HO. in Akamagaseki 39 Prozent. — Die
Aktien der HeiRbörse in Osaka standen beiapielsweiBe im Durcbschoitt
des Jahres l-sTj aui '.^Ü, lö«7 auf 1«^.
Fondrangen (45) X 4. — Rsthgen. 16
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242
Pri^eute wurde bald nach 1615 auf dem Tokaido von Tedo
nach Kyoto und Osaka eine monatHch dreimalige Briefbeatellimg
durcli eine halbstaatliche Anstalt eingeführt (Tokaido sando
hikyaku). Um l<i70 gründeten dio Kauflciite von Yedo und
Kyoto eine eigene Botenanstalt i Shoninmachi hikyaku) ziemlich
primitiver Natur — die Briete wurden an bestimintcn Strafsen-
ecken niedergelegt, wo der Adressat sie sich holte und wohin
auch die zu befördernden Briefe gelegt wurden. In diesem
JiArhundert beforderte die Anstalt auch Gddaendnngen. Wie
weit sokshe Botenanstalten anderwärts verbreitet, waren, ist nicht
klu*^. Die politischen und wirtschafUtehen Änderungen der
Neuzeit haben eine aufserordentliche Umwälzung auf diesen Ge-
bietcn des wirtschaftlichen Lebens hen'orgebracht. Die hoch-
entwickelte Technik dos Westens, der man sich plötzlich gegen-
übersali, beeilte man sich nachzujihmen und einzuiühren, ohne
dafs man sich immer über die wirtschaftlichen Voraussetzungen
eanz klar gewesen wäre. Gleich in den ersten Jahren folgte
dem WegiaU der alten Verkehrsbeschrünkungen die Einricbtimg
der Post, der Bau von Telegraphen und der ersten kuraen
Eisenbahnlinien. Langsamer erwachte das rechte Verständnis
für Hebung des inländische Wegewesens. Bei der insularen
Lage des Landes war es naturgemäls, dafs man d'T Srliiffahii:
besondere Autnu rksamkeit zuwendete durch l^x toimung und
Beleuchtung der Küste, (hirch Förderung der Eiiituhrung fremd-
gebauter Schiffe, (jJründung von Schiffahrtsgeselkchafteu mit
ötaatshUlfe, durch Ftlrsoree für Erziehung und Prüfung von
einheimischen OfBsieran und Maschinisten fUr die fremden l^hiffis.
Wie diese Dinge sich im einzelnen entwickelt haben, soll im
Folgenden kura dargestellt werden.
Was Bau und Unterhalt der binnenländischen
Verkeil rsstrafHcn betriflFfc, so sind die.se. gonolil Limdstralsen
uh Wa ssprwoi,'p, in erster Linie von den koummnalen Kür|>er-
ßi li iilen, iiezirk und Gemeinde, zu erhalten. Nur t\ir grül'sere
und koätspieligüre Unternehmungen giebt der JStaat Subventionen,
deren Betrag von Jahr zu Jahr sehr geschwankt hat Auch
die Bezirke tiberlassen den Wegebaa tiberwiegend den Ge-
meinden und geben je nach den Umstfindmi dieaen Subventioneii.
An&ng 1889 waren in Japan nur 2051 Ri (rund 8000 km)
Staatsstralsen und 6757 Ri (rund 27000 km) Bezirksstrafsoi.
Welche iStrecko davon fahrbar ist. wird in der Tabelle nicht
^esajü^t. Dafs aber die Lfinge der < ini<i;^prmars€n fahrbaren
Stralsen in neuerer Zeit erheblich zugenommen hat, ist cnne
Thatsache, die sieh dem Reisenden ebenso bemerklich macht
wie die Zunahme der Brucken. Dafs dabei techuisch viel ver-
sehen wird, dafs neue Böschungen mit Vorliebe abrutschen, dals
* Obige Notizen hat Herr bhisuka für mich aus dem amtÜchen
Werke Eilutei Shiko (das Postwesen) ausgesogen.
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243
die Wt ;^'( oft in schauderhaftem Zustande sind, das ist allerdings
gleich lalls nicht zu leugnen.
Für die acht Finanzjahre 1879 bis 1887 ist eine Zusammen-
steUung des gesamten Geldaufwandes filr öfeidicfae Banten an
Flttssen^ Wegen, Brucken^ Häfen, Deichen, Waaserleitangen n.s, w.
veröffentlicht. Danach sind verwendet:
für Flüsse flir Wege fSr Brucken Uberhaupt
1879/80 1 978960 Yen 1 451 082 Yen 573907 Yen 6 III 846 Yen
1880 81 30S0405 - ir.22G96 - 673500 - 5708877 -
1881 82 2500323 - 2253 781 - 782507 - 8030277 -
18^2 83 3669936 - 2248646 - 846416 - 9455943 -
1^^384 3110994 - 3090526 - 780226 - 9250069 -
ib.s4 85 3220UO3 - 2625749 - 797 586 - OIOHQOO -
18sr, 8(; 4240916 - 2741978 - 968 520.- 10182136 -
(9 Monate)
1886/87 3 523769 - 3255686 • 912320 - 10208214 -
In wie ausgedehntem Malse beim Wegebau Arbeit der Ge-
meindemitglieder verwendet ist^ Ittlst sich nicht sagen. That-
sllchlich geschieht ea in grolsem Umfange. Von jenen Oesamt-
summen wurden, wenn man verschiedene Deckungsmittel (wie
Beiträge u. dgl.) beiseite iäfsty getragen
vom Staate von den Bezirken von denGomelnden
1879 80 1 471 102 Yen 1338512 Y«i 3211 270 Yen
188081 2277 595 - 1506865 • 3 570 777 -
1881/82 338466 - 2866695 - 4498 078 -
1882 83 739 3:.:j - 3735 262 - 4659 517 -
1883 84 1034 957 - 3207 502 - 4 405 986 -
1884 85 1245215 - 3480446 - 3 798 514 -
1885/86 2156126 - 3897456 - 3493375 -
1886/87 1 808736 - 4084154 - 3405112 •
Die Anfwendtmgen fUr diese Zwecke sind, wie man aieht^
fUr japanische Verhältnisse recht erheblich, rund 9 Prozent aller
Staats-) Bezirks- und Gemeindeausgaben zusammengenommen.
Für die Ausdehnung des Netzes fahrbarer Wege und des
zunehmenden Verkehrs giebt den besten Mafsstab die Zunahme
der Wai.'cn. Infolge der Wagensteuer ist es möglich, seit 1875
die Zahlen der auf Rädern ruhenden Hetorderung.smittel für ganz
Japan mit Ausnahme des Okinawa-ken genau zu verfolgen. An
erster Stelle darf man das eigenartige nationale Vehikel nennen,
die Jinrikisha, eine xweirSdrige Droschke ftlr 1—2 Personen
und gewöhnlich von einem Mann gezogen. Das Fahraeug, das erst
1871au%ekomnien sein soll, hat sich rasch Uber das ganze Land und
neuerdings nach den chinesischen Häfen und bis Singapore und
Ceylon Terhreitet^ Die Zahl der Jinrikishas betrug 1875 bereita
1 AoB Japan werden jährlich einige tausend StUck auageführt
16*
Üigui/eo by LiOOgle
244
X 4. *
tost 114000 .Stück und stieg bis 1880 auf 160000. Vüd da an
bis 1885 bat sich die Gesamtzahl kaum verändert zwischen
160 000 und 170 000 gehalten und ent 1886 inader migenoiiimeiL
Fdr dM Wmterbalbiabr 1887/88 wird die Zahl mf 190819
angaben. Sie tina naturgeiniUs namentlich zahlreich in Be-
zirken mit grol'sen Städten. Tokyo allein hatte 38998, Osaka
(ohne Nara) 17145. Verhältnismäfsig wenige giebt es in den
zurückgebliebeneren Bezirken des Nordens und Südens. So
hatten damals wenitror als 1000 .linrikishas die Bezirke Iwate
und Äoniori sowie Hokkaido im Norden, Koehi, Miyazaki und
Kagoshiiim im .Süden, aul'serdem das gebirgige Yumanashi. Die
Jinrikiaha haben übrigens darchans nicht Obenül gleichmärsig
Bugenommen. Jn einer Anzahl von Bezirken sind sie im Bttok*
fiug^ verdittngt teils durch die Eisenbahn, teils durch mn
feraen gezogene Wagen, und erscheinen so als eine Art Über^
gangsstadium zu vollkommeneren Transportmitteln.
Der W.igen gehört zuweilen dem JinrikishainMnn, häufi«^er
einem Unternehmer, der %Helleieht noch selbst die Karre zieht
und der die Steuer bezalJt. Der Jiiiriki.>hamann entrichtet ihm
für den Wagen monatlich eine feste Summe, ist auch oft in
Kost und Wohnung bei dem Unternehmer ^
Wie fOr die Peraonenbefbrderung ist auch fUr die Lasten»
bewegung dhr Handkarren das Hauptfahrzeog. Die Zahl
dieser ist aber noch viel rascher gewachsen. Im Jahre 1875
gab es ihrer nicht viel mehr als Jinrikishas, nämlich 115680.
Sclion 1881 waren sie doppelt, Ende 1887 dreimal so zahlreich,
nämlich 575184 Stück. v\ eniger als 1000 g iii es zu dieser
Zeit noch in Iwate, Kochi, Miyazaki und Kagosiiima. Zwischen
1000 und 3000 gab es in Nagasaki, Oita, Shiraane, Tottori,
Akit% Aomori nnd Hokkaido, dagegen etwas über 60000 in
Tokyo und fiist 50000 in Aichi.
Der Ochsenkarren findet nur eine sehr beschränkte
Anwendung. 1875 gab es 1707 Stück, 1887: 6929. Von
dieser Zahl kamen auf Osaka 2085, Hyogo 2071, Kagoshima
678, Miyazaki 379. In neun Bezirken war kein einziger ver-
steuert.
Die Verwendung von Pferden zum a g e n z i e h e n hat
neuerdings ras<.'h zuM^nommen. Aber iiiimcr handelt es sich noch
um recht kleine 2«a&len. Von Pferdoi gezogene Lastwagen und
Karren gab es 1875 erst 45, 1879: III, 1883 : 4969, 1887:
14987. Zur Personenbeförderung dient in greisen St idten und
auf ebenen Landstrafsen eine Art Omnibus. Deren Zahl war
1875 : 319, 1879: 1254, 1883: ^184, 1887: 2215. Dalk die
1 Die Zahl der polisdiich koDcesdoDierten Unternehmer nnd Kulis
wird für Ende T^^^T auf :N4 angegeben, wobei die Bezirke Nagasaki
und Tokushima fehlen. Auf Tokyo allein kummen davon 83 700, auf
Osaka (ohne Nara) 15^02, auf Kanagawa 11639.
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X 4.
245
Zahl Mk nicht weiter vmaxhtt, ist warn Teil dem Umstände zu
danken, dafo die Polixei diese lebensgefilhiliclien Marterinstramente
schärfer beaufsichtig^;, zum Teil der Ausdehnung der Eisenbahnen.
Die Verbreitung der Pferdewagen ist noch ganz ungleich. Mehr
als 1000 hatten 1887 nur Tokyo, Kanagawa, Saitama, Gumma,
Ibaraki, Tochigi, Fukushiraa und Hokkaido, Keinen einzigen
Pferdewagen hatten die ftinf südlichen Bezirke von Kyushu (die
beiden anderen dortigen Bezirke Oita nur 110, Fukuoka 82).
Auf Shikoku gab es nur in Kochi Pferdewagen und auch da
nur G. Auf der Hanptinsel sind sie an der WesdcOste nnd
überall weadidi von der Owaribndit selten.
Vergleicht man, um einen wirklichen MaÜsstab fUr die Ver-
kehrsentwickelung zu haben, die Zahl aller auf Rädern laufenden
Fahrzeuge mit der der Einwohner und mit der Fläche, so finden
wir, dafs 1887 in ganz Japan (ohne Okinawa) auf 100 Quadrat-
kilometer 208 Fahrzeuge kommen, in Tokyo aber 12569, in
Osaka (ohne Nara) 3148, in Aichi \2h\ in Kanagawa 1208, in
Saitama 838, in Kyoto 558, in Fukuoka 551, in Miye 507,
dagegen im Hokkaiao 4, in Iwate 13, in Aomori 28, in Akita
39, in Shimane 28, in Kochi 24, in Oita 71, in Kagoshnna 23,
in Miyazaki 15. Nicht ganz so grols sind die Gegensätze beim
Veivleich mit der Einwohnerzahl. Auf 1000 Einwohner kamen
in Japan 20, in Tokyo G7, in Kfigoshima 2. Aber auch liier
stehen die Bezirke im Norden, W esten und ÖUden (auagenonuuen
Fukuoka) unter dem Durchschnitt.
Der Bau der ersten Eisenbahn', von Tokyo nach
Yokohama, wurde Yoa der Regierung 1870 mit Hülfe cnglisdier
Ingenieure begonnen, und im Mai 1872 konnte der Verkehr er-
öfifoet werden. Es war der erste Versucli. Das in London
feliehene Kapital war hoch zu verzinsen (9 Prozent bei einem
imissionskurs von 08), die Baukosten bei dem Mangel an Er-
fahrung verliäUnismälsig hoch. Trotzdem verzinst die Bahn
schon seit Jahren (genauer seit 1880) ihr Kapital reichlich.
Dieser ersten korsen Linie (29 km) folgte im Mai 1874 die
ErOffiinng einer Bahn von Kobe nach Osaka, welche alhnäUich
bis Kyoto und Otsu am Biwa-See verlängert wurde. Dazu ge-
sellte sich seit 1880 eine kurze Bahn im Hokkaido, welche die
Hauptstadt Sapporo und die Kohlengrube von Poronai mit dem
Hafen Otaru verbindet, und seit 1882 eine kurze Strecke zur
> IXe Eotwiekelang des EtoenbahnwesenB ist in den Konralar^
berichten stets aufmerksam verfolgt. Einen aiisführlithen Bericht hat
namentlich der englische Legationasekretär Le Poer Trench zusammen-
gestellt (Japan Weekly Mail 1885 IV 356). Die Hauptquelle sind die
jlhilfelien Verwaltiiogsberichte des BaeBbatmamtes.
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240
X 4.
Verbindusg von Tauruga an der Wes^llBte mit dem Biwasee.
Doch rttokte die Ausdehnung langsam genug vorwSrts. Mitte
1875 hatte man gut 60 km Linien, Mitte 1880 erst 160, Mitte
1882 erst 280 km. Verschiedene Ori'mde wirkten dazu mit,
ein schnelleres Tempo und namentlich fUe ^'erbindung der beiden
Hauptstädte zu verhindern. Die Re^itruii^^ war abgeneigt sich
auf weitaußsehende groise Kapitalankgen einzulassen. Yor neuen
auswärtigen Anleihen scheute man zuriick. Inländische Anleihen
aber versprachen auch wenig Erfolg, nachdem man 1878 die
^.Anleihe cur FOidening von Induelrieen" secbsprozentig sum
Kurse von 80 nur milhsam hatte unterbringen können. Femer
war man sich Uber Beibelialtung des Staatsbahnsystems unklar.
Im FHihjahr 1875 war man im Begriff die Staats-
bahnen ganz uitzugeben. Die Tokyo — Yokohama-Ralm wurde
einer Gesellschalt verkauft, welche auch schon die erste l^ate
des Preises entrichtet hatte, als 1877 die ganze Sache wieder
rtlckgängig gemacht wurde'. Die Befürworter dieses Planes
erUi&ten, der Staat mtU»e seine bestehenden (bereits rentierenden)
Linien verkaufen, mit dem ErlOs neue Bahnen bauen imd diese;
wenn in Or lnung gebracht» wieder verkaufen u. 8. w. Neben
diesem naiven Plünderungsversuch taudite ein anderer Plan ao^
eine grofse npsellschaft zu gründen, welche eine Bahn von Tokyo
nach Norden bfvuen sollte. Fiir diesen Gedanken suchte
namentlich der U-Daijin Iwakura die Adligen zu erwärmen, und
im Jahre 1881 endhch kam die Gesellschaft nach langen Muhen
zu Stande, die unter dem Namen „Nihon Tetsudo Kwaisha^
(Japanische Eisenbahngesellschaft) den Bau einer Eisenbalm von
Tokyo nach Aomori übernahm^. Der Hauptinhalt der ftkr die
Gesellschaft überaus vorteilhaften Koncesaionsurkunde vom
5. November 1881 war, dafe der Staat ftir jede der 5 Sektionen
ftir das eingezahlte Kapital 8 Prozent Zinsen irarantierte , fllr
die drei Sektionen bis Sendai von fler lunzahking an bis
10 Jahre nach der Vollendung jeder Sektion, auf ir> Jahre tur
die beiden nördlicheren Sektionen. Von einer Rückzahlung der
Staatszoschttsse aus grolseren Gewinnen war keine Rede.
So war man an einer Frivatbahn gekommen, wdche seit
1883 allmählich ihre ersten Strecken eHKBnete. Bald daruif,
Ende 1883, trat auch die Regierung mit neuen Eisenbahnplänen
auf, zur Verbindung der beiden Hauptstädte mittels einer durch
die Gebirge Mitteljapans führenden Bahn (Nakas endo bahn).
> Vgl. die ErlKaterungen des Ffnumninfet«» stir ScblorsrechnuDg
der Jahre I>7" 7r. und 187<> 77 und zum Voranscblag für 187879. Über
den Vorfiang im einzelnen ist meines Wissens authentisch nichts weiter
veröü'enthcht. Der Verkaufspreis scheint Millionen Yen in 7 Jahr er-
raten betragen za haben.
* Das koncessioniertc Kapital betrug 20 Millionen Y< wovon aber
nur IG Millionen nötig werden infolge mbung des Geldwertes.
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247
Das einzige ▼onuanchtUcb sehr rentable Stück der Lmie^ die
Strecke durch die Ebene nordwestlich von Tokyo, hatte man
der Nihon Tetsudo Kwaisha Überlassen. An diese sollte die Bahn
in Takasaki anschliel'sen und in der Hauptsache dem Nakasendo»
der alten Gebirgsstrafso, bis zum Biwn-Sce folgen. FlUgclbahneTi
sollton nordwestlicli von Tokyo Dach der Westküste, südöstlich
vom Jhiiwn-See nach isatioya sich anschliel'sen. Die verschiedenen
Anschlui'sflügel bei lakasaki, bei Naoetsu an der Westküste
(Niigata-kenj, am Biwa-See, bei Nagoya wurden 1884 in Aiigritr
trenommen« die Mittel durch eine grofse innere aiebenproaentige
Anleihe von 20 Millionen Yen flüssig gemacht. Aber ehe man
zu einem rechten Ergebnis irgendwo gekomm>?n war, wurde im
Sommer 1886 plötzlich das mittlere Hauptstüek der Nakasendo-
bahn a\{{iJ:r'V^f'))eT\ und statt dessen T>eschlosscn, die Küste entlanj^
von Yokohama nach Nagoya zu bauen (Tokaidohahn), wns im
zweifelhaft sehr viel billiger war'. Wie diese Sinnei^äuderung
plötzHch entstanden ist — denn irgend welche neuen Thatsachen
lagen nicht vor — ist bisher unbekannt. Ab der Entschluls
gefafst wurde, hatte man 860 km Staatsbahnen im Betrieb^
anfaerdem 220 km Priyatbahnen.
Um dieselbe Zeit entstand nach Aufnahme derBaraahlungen
ein ^profscs Gründungs- und Spekulationsfieber. Eisenbahn-
projekte sehossen plötzlich überall auf. Offenbar ohne sieh
irgendwie klar zu sein über die grundlegenden Fragen, liels sich
die Regierung treiben und genehmigte ein Prqiekt einer Privat-
baiui nach dem anderen, sich darauf beschrankend, ganz unge-
sunden Unternehmungen die Genehmigung zu versagen. Die
ganz planlose Haltung der Begiening hinsiätlicb des Eigentams
an den Eisenbahnen weckte bald auch die Begehrlichkeit der
Privatspekulation nach den Linien des 8tu\tes, und im Jahre
1889 wurde sehr ernsthaft der Verkauf der Staatsbahnen an
dne grolse Priva^esellsehaft erörtert.
Die allgemeine I.nc:'' des Eisenbahnbaues war im Herbst
1889 die folgende. In der Mitte der Ilauptinsel von 1 okyo bis Kobe
herrscht die btaatsbalm mit ihrer Hauptlinie Tokyo — Yokohama —
Shizuoka — Nagoya— Kyoto - Osaka— Kobe, 605 km. Vier kurze
AnBcblaTabahnen, nach dem Kriegshafen Yokosukai nach Taketoyo
(sttdÜch Kagoya), nach Tsiuruga und nach Otsu, haben zusammen
eine Lftnge von 88 km. Ganz in der Luft hängt die Bahn von
Takasaki nach Naoetsu an der Westküste. In ihr fehlt der noch
gar nicht in Anfrriff genommene T^bergang Wher den Usuipafs
(etwa 24 km). Die vohen leten Sti cken haben eine Länge von
177 km. Endlich ist im Hokkaido die schon seit 1880 ver-
> Sehon Anfang der 70er Jalire war diese Linie geplastf aber wieder
aufgegeben, wie es seheint, aus militärischen Gründen.
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248 X 4.
pachtete und inswucfaeti rerkaufte Temiya — ^Poroiud-Balm tob
92 kmV Abgesehen von letzterer sind «ko etwa 870 km
Staatsbahnen im Betrieb. Mit der einen erwähnten Ausnahme
sind aber keine weiteren Strecken im Bau oder in Ausaicht
genommen ^.
Dagegen war die EnUvickelung der Phvatbahnen am
15. September 18>^9 tblgende;
Nördlich von Tokyo
im Betrieb im Bau traciert
Nihon T( tsuil(j Kwaisha 465 km 385 km — km
Ryomo Tetöudu Kwaisha 53 - 31 - — -
(am Nordobtrand der Tokyoebene)
Mite Tetsudo Kwaisha 67 - — - — -
(▼om Kreusungspunkt der beiden
vorigen nach Mito)
Kobu Tetsiido Kwaiaha 37 - — - 6 -
(Tokyo — Hachoji)
s wischen Nagoya und Osaka
Hankai Tetsudo Kwaisha 10 • — • — -
(Osaka -Sakai)
Kwansei leti^udo Kwaisha — • 79 • 43 -
(von Yokkaichi nach Westen und
Süden)
Osaka Tetsudo Kwaisha 16 - 8 - 35 -
(von Osaka nach Osten)
' Diese Bahn ist gebaut, um die Hauptstadt .Sapporo und die
Kohlengrube von Poronat mit dem Meere zu verbinden. Seit 1^2 war
ne in ganzer Länge im Verkehr. Infolge des ^amerikanischen* Baa-
s^stems waren jährlich so profse Reparaturen nötig, dafe in den vier
I inanzjahrcn von l'*'^^ bis H^H die Kinnahmen um hii-t .V2(MH)0 Yen
iiiiitcr den Anagabcii zturöckblieben. Auch die Poronaigrubc lieferte nur
in einzelnen Jahren Überschüsse. Im Jahre 188r> trat der bisherige
Direktor d< r ^Truhen und Eisenbalm Verwaltung 'l's. MuratA ans dem
Staatsdienst und überuabm, mit einigen anderen zu einer Gesellscbaft —
Hokuynsha vereinigt^ auf 15 Jahre den Verkaaf der Kohlen und den
Betrieb der Eisenbahn pe;^en eine Pacht von r)(M)() Yen. Unter der neuen
Vrrwaltnnpj (des bisherigen Direktors) lieferte die Bahn IW? Hh bereits
einen i'bcrsehufa von ;W500 Yen. Am 18. November 1889 wurde eine
Hokkaido- Kohlen* und Eiscnbahngesellschaft koncessioniert , weichein
enpren Bexiehungen aar Nihon Tetsudo Kv, ni h i «teht. Die Oe.«iellsehaft
übernimmt die Eisenbahn und die Kohlengruben und bringt sie durch
eine neue Bahn nach Sfiden mit dem Hafen Mnroran in verlrindnng.
Das Eisenbahnkapital von .-> Millionen Yen garantiert d r Staat auf
II Jahre mit ö Prozent. Die Gesellschaft bezahlt dem ^)t;iate, Zeitungs-
nachrichten zufolge (Shog^o Shimpo) , für die Gruben 104 000 Yen , für
die bereits im Betrieb befindliche Bahn (Baukosten V'2 Millionen Yen)
240 000 Yen in zehn Jahresraten. Die bisherige Paehterin, die Uoktt-
^ha., ist von der neuen Gesellschaft mit ^ioOuuu Yen abgefunden.
' Der Staat m&fste denn die lanie Naoetsa— Nügata in LSage von
ISO km bauen, wie m beldligtea Krdsra gewOnscht wird.
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249
Westlioli von Eobe
Sanyo Tetsado Kwaisha
(vmi Robe nach Shimonoaeki)
53 km 163 km 272 km
Auf Shikoku
Mätbuy ama ^Mttäugahama
Haragame — Kotohira
7 -
16 -
Auf Kyushu
Kjushu Tetäudo Kwaisha
— - 112 - 320 -
susammen 724 km 778 km 682 km
AuJwrdem waren von 8 verBcfaiedencn anderen Gesell-
schaften zusammen 544 km in der Tracienl^g^ Mit den
Staatsbahnen waren also 1686 km Eisenbahnen im Betrieb (gegen
970 km am Bl März 1888 nnrl 705 km am 31. März 1887).
Die Privatbaünen werden bald die ötaatsbahnen an Ausdehnung
übertreffen. Sind auch unter jenen eine Anzahl kleiner un-
wichtiger Bahnen rein lokaler Kutur, so ist man doch in
einen wenig erfreulichen Zustand geraten, indem die wich-
tigen Fertsetzungen der Hauptlinie nach Norden und Westen
in der Hand von Privatbahngesellschaften sidi befinden. Sehr
bedenklich ist das im allgemdnen einstweilen insofern nich^
als die Privatbahnen bei Bau und Betrieb weitgehender Staats-
aufsicht unterlieirrn , ja zum grolsen Teil von der Stnatsbahn-
verwaltung für Rechnung der Privatgesellschaften gebaut sind^.
Der wesentliche Unterschied ist bisher nur, dafs die Dividenden
in die Tasche der Aktionäre statt in die Staatskasse flielsen.
Angesichts der Sehwttdie aber, welche die Regierung schon jetet
^rderung dieser durch die Bildung di r PriyatbahnseMUschaftan
Privatgesellschaften kann bisher nur die N i h o n T e t s n d o
Kwaisha auf eine längere Hetriebszeit /urückHplien. Bei ihr
wird das Ergebnis nocli besonders merkwürdig durch die Staats-
garantie und deren bereits erwähnte eigenartige für jede Sektion
getrennte Berechnung. Die Koacessionsurkunde bestimmte aufser-
dem, daA ^e fUr die Eisenbahn nötigen Staatsländereien |>acht-
frei QberhiBsen werden sollten*. Sem Monate nach der Über^
gäbe der Koncessionsurkunde sollte der Bau beginnen und binnen
7 Jahren vollendet sein. Das Privileg ist auf 99 Jahre erteilti
jedoch kann der Staat vom 1. Januar 1032 an das ganze Eigen-
' Dazu kommen dann noch gut 200 km der am 18. November 1889
koDcessioDierten Hokkaido • Kohlen- und Eisenbahngesellsclmft. Am '1.
August 1890 waren Frivatbahnen im Betrieb 1080 km , im Bau üTO km,
traciert ca. 1700 km.
^ Die Verfailtnisse der Privateisenbaluien regelt Oesetz 12 vom
17. Mai 1887.
' Später kooeessionierten Baboen werden sie so ^angemesseaen
Pkttsen** verkauft, a das dtierte Gesetz § 15.
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250
tum der Gesellschaft übernehmen gegen Zahlung ^des Wertes
der Aktien'' (Nominalbetrag oder Kmwert?)^
Das Ergebnis der eigentümlichen Oarantieberechnung ist,
dafs der »Staat erhebliche Zuschüsse zahlt und dabei die Divi-
dende bedeutend mehr als 8^0 betragt. Für die neuumonat-
liche Periode vom 1. Juli 1887 bis 31. Mnrz 1888 war der
Reingewinn (pro annoj auf der 1. Sekiiou (Tokyo — Maebasliil
17,48^/0, auf der 2. Sektion (Omiya— Shirakawa) 18,8 <^/o, auf
der 3. Sektion (Shirakawa— Shiogama) nur 1,s8®/o. Der Staat
mnlsfaL um kierfUr 8 ^/o voll zu machen, 169 096 Yen zuzahlen,
aufserdem 8245 Yen fUr die noch im Bau befindliche 4. nnd
5. Sektion. Die Gesellschaft; bezahlte infolgedessen 0,!i **'o
Dividende Der eigene Gewinn hätte ausgereicht , 8 *^ o aus-
zuzahlen und noch 26 735 Yen auf nüchste Rechnung vorzu-
tragen. Im vorherf^ehenden Geschäftsjahre 1 88 ( > 87 hätte eine
hprozentige Verzinsung des am Schlüsse des Jahres eingezahlt
eeweaenen Eapitak einen Staatsauaohu& Ton 178887 Yen er-
fordert Dieser betrug aber 230445 Yen, rund 52000 Yen
mehr. Die Emrichtang ist, wie man aieht, höchst vorteilhaft flir
die Aktionäre. Von 1882 bis zum 31. März 1888 hat der
Staat an die (»esellschaft bereits 868 484 Yen Zuschüsse p^ezahlt,
ohne fiir Erstattung aus den mit völliger Sicherheit immer mehr
wachsenden Überschüssen der ersten Sektionen irgendwie Vor-
sorge zu treffen. Sogar die gute Gelegenheit, dafs die Gesell-
schatt die Bauzeit von 7 Jahren nicht innegehalten hat, ist nicht
benutat worden, mn die Stellung des Staates etwas au Terbessem*.
Die Bauaeit ist ein&ch bis 1890 erstreckt.
Eine derartig VerBcfaleudenmg von Staatsoeldem ist bei
den späteren Phratbahnen nicht wieder voi^ekommen. Die
einzige von den oben genannten Ciesellschaften . welche eine
Zinsgarantie erhalten hat, ist die Kyushubahn, und sie h<.'V\e( sicli
auf nur vier Prozent, Die Zinsgarantie ist jeiloch, noch t he sie
in Kraft; trat, in eine feste Subvention per Meile umj^ewandclt,
Kiue gleiche Unterstützung wird den neuen Strecken der Sanyo-
bahn sagewandt Dagegen hat die neue Gesellschaft im Hok-
kaido wieder eine Zinsganintie erlangt
Die japanischen Eisenbahnen haben sämtlich eine ziemlich
schmale Spur, 8 Fuft 6 Zoll englisch fca. l,on m). Sie sind
fast durchweg eingeleisig. Am 31. März 1888 war die Länge
der Linien rund !»7'> km, die der Geleise lllU km Die Aus-
rüstung mit Betriebsmitteln ist mäisig imd wird mit zunehmen-
* Andere Bahnen, wenn die • Koncession nichts andeieä be^^timmt,
nach 25 Jahren ni dnem Prdse, der dem Dorebadinittspreis der Aktien
in den letzten •» Jahren vor dem Kaufe entapricht
- Fiir (las Soimiipr'^f'master \Hü{) 12 Prozent (pro annoK
3 Nucli dem Woniaut der Koucessionäurkuude konnte der StHat
das Eigentum der Gesellschaft In diesem Falle einer anderen GeseUsehaft
fibertr^en.
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251
der Ausdehnung der Linien yerhttltnismälaig immer geringer.
Am 81. Mlln 1888 waren Torbanden auf je 100 km
auf den StBatsbahnen' auf der Nibon TetBodo^
Lokomotiren 12 5
Peraonenwagen 66 23
Qtlterwagen 218 73
Von insgesamt zurückgelegten Strecken kamen 1887 88 auf
den Staatsbahnen auf eine Xokomotiye fiut 37 000 km, auf der
Nibon Tetsudo etwas mehr als 31000 km (im Jahr also gut
41000 km).
Im gleichen Jahre beförderten die Staatsbahnen ^ 6001 389
Personen, die Nilion Tetsudo !"^:^^lil35 (aufs Jahr bcreclinet
rund 1 785 000), die kleine Osaka-Sakai l^ahn 1 1 94(} Personen.
Im Jahre 1S82 83 beförderten die Staatsbalinen bei selir viel
geringerer Länge bereits ü 072 780 Personen. Das Gewicht der
beförderten Waren war 1887/88 auf den Staatsbahnen 573773
metr. Tonnen, «uf der Nibon Tetsudo 145575 Tonnen (aufs
Jahr berechnet 194000), auf der Osaka -Sakai-Babn 27 Tonnen.
Die Einnahmen betrogen im selben Jahr
aus dem Per* ans dem Güter- aus anderen
sonenverkehr verkehr Quellen
bei den Süiatsbahnen 1 297 307 Yen 486 986 Yen 59 1 70 Yen
- der Nibon Tetsudo 485 236 - 352096 - 27445 -
. - Osaka-Sakai-Balni 43142 - 247 - — -
Das Verhältnis der Linnahmen zu den Ausgaben war
Einnahme Auppabe ilberschufs
bei den Steatsbalmen 1 843 463 Yen 788 1 80 Yen 1 055 283 Yen
- der Nihon Tetsudo 864 777 -^ 276232 - 588 545 -
- - Osaka-Sakai-Bahn45 711 -* 19728 - 25986 -
Di* AiHir^iben waren also bei den Staatsbahnen und der
(Jsiika—Sakai-Bahn rund 43 Prozent, bei der Nihon Tetsudo 32
Prozent der Einnahmen.
Das Anlagekapital der in Betrieb befindlidien Strecken
betrug
bei den Staatsbabnen 19075 407 Yen,
- der Nihon Tetsudo 8 018182 -
- - Osaka— Sakai-ßahn 350211 -
^ Dio Jährlirheii Vorwaltuii^^sberichte des Eisenbahuamtes berück-
sichtigeii die Kiseubahu im llokkaido nicht, geben auch vielfach nur vor-
lünfige Zahlen. Ich folge, soweit möglich, den geuauer durchgearbei-
teten Angaben des Statistisclieii Jnhrhurhs. - Bei allen fnlrrenden Zahlen
über die Nihon Tetsudo ist der &torende Umstand /m bcaciiten, dafe das
KeehDunggjahr 1887/88 nur 9 Monate hatte (Juli 1887 bis M&rz 1888).
- Liiu^e Ende des Jahfes Staatabahnen 490 km, Nibon Tetsudo
470 km, Osaka — äakai b km.
* Ohne den Garautiezuschufs des Staates.
* Mit £iDieehnung einer aaderweiten Einnahme von 2219 Yen.
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X 4.
Danach hinten im angegebenen Jahre die drei Gruppen ihr
Kapital verzinst mit 5,6 Prozent, d,i Prozent^ und 7,6 Prozent.
Diese Aufstellungen sind aber anfechtbar« Beim Anlagekapital
fehlt der Wert der benutzten Staatsländereien , der bei einigen
Linien erheblich ins Gewicht fallen würde. Bei den ülteren
Staatsbahnstrecken ist die ganze Aufstellung ungenau. Bei den
Staatöbahnen ist natürlich nicht aufser acht zu lassen, dafs darin
eine Anzahl bis dahin zusammenhangsloser Linien stecken, die
einstweilen eine Rente kaum abwerfen. Nadi dem Verwahongs-
bericht des EieenbahnamtB ▼erainate atdi das Anlagekapital der
einsehen Linien wie folgt:
Tokyo — Yokohama 14,4 o
Kobe— Otsu 5,1 o
Tsuniga— Taketoyo 2,9 »/o
Takasaki — ^Yokogawa 7,i ^/o
Naoetsu — Sekiyamm 3,2 '*/o
Yokohama — Kozu 6,» ^/o
Dazu kommt die Linie Temi/a - Poromd mit 2,8 Prozent, nach-
dem sie vier Jahre lang mit Verlust betrieben war.
Mit der sdtdem erfolgten völligen Ausbildunf des Staats*
bahnsystems niUssen die finnabmen sich steigend gttnstig ent*
wickeln, wie auch aus den neueren TorIäu%en Ausweisen her^
vorgeht.
Eine eingehendere Hetrachtung der Eisenbahnatatistik aeigt
^nige bemerken .s werte Erjicheinungen.
Zunächst ist auffHllig, wieviel wichtiger bisher der Per-
sonenverkehr ist als der Güterverkehr. Zwei Drittel aller Eisen-
babneinnahmen stammen aus dem Personenverkehr. Zum Tefl
hat das seinen Grund darin, dafs manche fjsenbahnstrecken
direkt unter r Konkurrenz billiger Wasserfi-acht leide n Auf
der Strecke Tokyo — Yokohama , zwischen der Hauptstadt und
dem forsten Hafenplatz des Landes, findet ein ganz Dcdeutendcr
Warenverkelir statt Aber die Einnahme vom (liitertranaport
war 1887 88 nur ein Siebentel der Bruttoeinnahme, die be-
förderte Warenmenge noch nicht 103000 t. Der Wasserweg,
der es möglich macht, auf den Kanälen die Warenlager im
Heraen der Hauptstadt au erreidien, wird hier stets bevoraugt
werden. Auf den Linien, welche si(»i von der Ktlste entfenien,
sehen wir denn auch, aafs der Güterverkehr einen gröfseren
Anteil an den Einnahmen hat, auf der Kobe — Otsu -Linie ein
Viertel, auf der Nihon Tetsudo sogar zwei Frinftcl der Einnahmen
liefert Immerhin ist aber auch hier das Interesse am Personen-
verkehr nocli vorwiegend. Der Grund liegt in der wirtsehaft-
iiclien Entwickelung. Bei der noch weit herrschenden Natural-
t In 9 U onaten S,b Pkozeot
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253
Wirtschaft werden Waren in grölkeren ^len^en für entferntere
Märkte noch wenig produziert. Es giebt einstweilen noch nicht
▼id wa tnniiKirtiemi. Ent aUmählidi muJs sich die Produktum
den durch oie Elsenbahn gegebenen neuen Absatsquellen an-
{)a88en, allmählich die durch verbesserte Verkehrsmitfeet ermög-
ichte ttrtliche Arbeitsteilung durchfuhren. Der Personenverkehr
dagegen entwickelt sich bei der Dichtigkeit der Bevölkerung,
bei ihrer BewegÜchkeit urifl Reiselust viel ^clineller. Tn Europa
ist der Hergang bei KintVilirung der Eisenbahnen analog ge-
wesen. Das Verhältnis vrrschiebt sich , wenn auch lani^-sam,
doch etwät» zu Ungunsten des Personenverkelu'S. Dieser braulite
auf den Staatsbabnen (ohne die Hokkaidobahn) ^ 1881/82 noch
fi»t 80 Proaent aller Einnahmen, 1887/88 nur 71 Fkt>zent Auf
derTokohama — ^Tokyo- Linie sank die Ph>zentzahl von 85 auf
78 Prozent, auf der »trecke Eobe— Otsu von 77 auf 73 Prozent
Die beförderte Warenmenge ist auf beiden Linien erheblich ge-
stiegen, während die Zahl der beförderten Personen erst jetzt
wieder allmählieh der zur A^nozeit bereits errdchten Höhe sich
nShert^. Hier ist also das aiimaiüiche Vordringen der Verkehrs-
wiitschaft erkenntlich.
Ein sw^ter Pnnkti weldier auf die Yermögensvarhxltnisse
em gewisses Licht wirft, ist das Vorwiegen der Passagiere dritter
Klasse (eine vierte Klasse giebt es nicht) über die in höheren
Klassen, welches in Japan noch sütrker ist als in den meisten
anderen Ländern. Von allen beförderten Passagieren fuhren
1H87 88 auf den Stiatsbahncn (ohne die Hokkaido Bahn, welche
wesentlich nur 1. und 2. Klasse hat) in der ersten Klasse nur
0,7, in der zweiten 7,i Prozent aller beförderten Peraonen, also
Uber 92 Prozent in der dritten, in diesem Jahi*e war aber der
Anteil der orstsn und sweiten Klasse grOfser als in iigend dn^
vorhergehenden Jahre*. In dem bereits angeführten Jahre
1881 82 fuhren erster nur 0,4, zweiter Klasse nur 5 Fkozent
aller Passsgiere. Ohne die Linie Tokyo — Yokohama würden
di&se Sätze noch erheblich niedriger sein. Auf den bdden
Uauptlinien waren es 1887/88:
> Auf dieser Kohlenbabn kommt nur Vi— dar Einnahmen ans
asm Personenverkehr.
* Aof beiden Linien worden befördert
lbÖl/{^2 iman\) (voriaufiges Ergebnis)
Penooen 5332318 5801030
Waren 192 920 Tons (euglisch) 371 ni " Tons.
Das Eisenbahnamt bedient sich sondorbarerweise nnd pecen alle
japaiiißchc Sitte englischen Mafses und Gewichts in seinen Berichten.
* Wohl die Fol^^e der Herabsetzunc; der Fahrgelder um rund ein
Sechstel fiir die dritte, aber ein Viertel für die zweite und die erste
Kiasee am 1. Juli 1887 anter Abschaffung der beschränkt für 1. und
2, Klasse bestebeaden ÄetearbiUets. Eine sweite allgemeine EnDäfsigung
nm ein FOnftd eifolgte am 1. Juli 1889.
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254
1. Kl. 2. Kl 3. Kl.
Tokyo Vükoliama 1,2« o 11,5*' o 87,3%
Kobe-Otau O,»« o 5,ö" o 94*^ 0
Der dritte Punkt ist der aulserordentliche Einfluls, welchen
die wirtschaftliche Krise auf den Eisen balm verkehr gehabt hat.
Von der ersten Zeit der Erötfnuiig uu hatten die lirutto-Ein-
nahmffli der Staalsbahneii 'wie die Übencbttue 8ich »seh eat-
wickelt Die letsteren erreichten den Höhepunkt in dem Haupt-
jahie des Agioschwindek 1881 82 mit 1 036 394 Yen. Von 1883
an lanken sie rasch und erreichten den tiefet^ Stand in dem
Notjahr 188."). Da das Etatsjalir 1885 8(5 nur neun Monate hat,
ist der Verirlrich erschwert. Die l'borschüssc dieser Finanz-
periode betrugen 453 89U * Yen, auf ein ganzes Jahr berechnet wären
das 60.5 000 Yen fj:ewesen trotz inzwischen erfolgter Ausdehnung
der Linien. Auch nach der Neubelebung des Geschäftslebens
ist der fimhera Übenchals 1887/88 mit 1 021 749 Yen noch nicht
eneicht nnd erst 1888/89 mit 1346226 Yen (nach dem Bericht
des Eisenbahnamts) überschritten, nachdem die Lfinge d«^s Netzes
auf beinahe das 3 V' 2 fache gestiegen ist Noch aulbllender wird
diese Bew^ung bei der Betrachtung einzelner Linien. Tokvo^
Yokohama hatte die höchste Reineinnahme schon 18S<> 81 mit
313008 Yen und den tiefsten 8t^md 1882 83 mit 256 757 Yen.
Seitdem sind die Zahlen wieder gestiegen auf 411 018 Y'en
1887 88 und 413449 Yen 1888/89. Dagegen zeigt Kobe— Otsu
eine Tiel heftigere Schwankung. Das Mazimom war 1881/82 mit
724520 Yen Reineinnahme. Diese sank dann nnimterbrochen
bis 1 886 2. Das Finanzjahr 1 886 87 hatte nur mehr 205 139 Yen
Überschul's^ der dann in den beiden folgende Jahren auf
405260 Y^'en und 525 201 Yen gestiegen ist, immer erst zwei
Drittel des 18S1 82 erzielten. Die Zahl der betorderten Personen
sank von 3 573 098 im Jahre 1881 82 auf 1499305 im Jalu-c
1886 87 und stieg bis 1888/89 wieder auf 2853008. Die Zahlen
bestätigen, was auch aus anderen Gründen wahrscheinlich ist,
dais £e8e centralen Ckcpenden durch die wirtschaftliche Kiisis
besonderB stark in Mitteidensdiaft gezogen sind, was durch
allerlei nattlriicheUngltIcksfillle, Dum(1883), Überschwemmungen
und Stürme^ noch verstärkt wurde.
hn ganzen betraclitet haben die japaniachen Eisenbahnen
bisher bei ihrer geringen Ausdehnung k< ine bedeutende Rolle im
japanischen wirtjäfehaftlichen Leben ge»pii lt. Durch die neuste
Entwickelung wird sieli da.s einigcrmaTsen ändern, da nach
Vollendung der in Augiiff genommenen Strecken allein die
Haupttnsel 2600 km äsenbahn haben und in ihrer ganaen
^ Den Verlust bei der Uokkaidobahii nicht eingerechnet.
• 1885/86, Bean Monate, hatte 212046 Yen ÜbencbufB, wss auf
ds8 Jahr nind 282700 Yen ergeben würde.
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LSnge von einer Stammlinie durclizogen sein wird. Docli werden
in Japan bei der langgestreckten Gestalt seiner Inselu die Ei^eu-
bflimeQ m» «leb nur amittbeiiid die wiriadMfiliohe Bedeutung
erreicheD, welche de m komtineutalen lündern haben. Die
Ofientliche Meinung scheint sich darüber in Japan gegenwärtig
mancherlei Täuschungen hinzugeben. Wie militäriflch ^refährlicn
es ist. dafs die Hauptverbindungslinien auf weite Strecken
schutzlos die Küste entlang ziehen, dal's die grofsen Eisenbahn-
brlicken der Tokaidolinie fast alle im Schufsbereich jedes be-
liebigen Kjicgssfliiiies sich bcluulcii , das leuchtet auch dem
militärischen Laien ein. Die bchwache Aui^stattuu^ mit Betriebs-
mittefai ist wirtsdiafttich ebenso bedenklich wie näititrisch.
Ancreref^^t dm h die europäischen Posten nahm die neue
liegionin^ im J ilire 1870 die Umgestaltung des staatlichen
Kurierdienstes in eine dem Publikum zugängliche öffentliche
Verkehrsanatjilt in Angriff, welche aber erst 1872 eine etwas
ausgedehntere Organisation erhielt ^ War doch die ganze Länge
der Poslkune 1871 erst 1660 km su Land und 15 Seemei&i
auf dem Meere mit 179 Postämtern und 566000 Postsendungen.
Im Jahre 1875 hatten di(^ Postkurse schon eine Länge von bei-
nahe 30000 km und 7235 Seemeilen, die Zahl der Postämter
betrug 3502. Bis 1J^82 stiegen sie dann weiter auf r,520 bei
einer Thinge der Postkurse von 55 000 km und 14100
Seemeilen. Es scheint, als ob man damit dem Hedtirfnia
vomusgeeilt sei. Die allgemeinen Sparsamkeitstendenzen jener
Zeit wurden bei der Post noch verstärkt durch das plötz-
liche Erscheinen eines offisidl niemals wirklich aufgeklärten
Deficits der Postverwaltung. Die Folge war, dafs man sich
nicht unerheblich einschränkte. Die Postkurse hatten 1887 nur
mehr eine Länge von 48000 km und 12880 Seemeilen und die
Zahl der Postämter war sogar auf 3921 bescluänkt, woneben
600 P)ricfaTinaluue.stellen traten. Gleichzeitig wurde die Zahl
der Briefmarkenverkaufsbtellen von 18 853 im Jahre 1882 auf
24 378, die Zahl der Briefkasten von 18436 auf 28 904 ver-
mehrt.
In der Zahl der auljrogebenen Postsendungen spiegelt sich
die Bewegung entsprechend wieder. Von 1872 bis 1878 betrug
die jährliche Zunahme 6 —9 Millionen Stück. Von 1878 bis
1882y in der Zeit des Papieigeld schwindeis, stieg die jährliche Zu-
nahme auf 10—10 Millionen Stücl: 1882 wurden beinahe 100
Millionen btUck befördert. Dann wurde der Zuwachs erheblich
' Briefmsrken wnxden 1871, Postkarteo 1873 eingeführt Das jetst
geltende Postgesets datiert von 1882, revidiert 1869.
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256
langsamer, im Jahre l^sri hatte man erst 115^2 Millionen er-
reicht. Der erneute Auföchwun^ des Wirtschaftslebens zeigte
sich 1886 mit beinahe 122 Miiiionen, 1887 mit 1.37 257 266
Stück. Im Vergleich mit der BevölkerirngssBabl ist das immer
noch wenig genug, 3Vs Stttdc auf den Kopf der BevOlkerone'.
Ein Vergleich der Postämter mit der Fläche dee Landes
ergiebt auf 1000 Quadratkilometer nur 10 Postämter. Mehr
als 30 Postämter haben auf dieser Fläche die Bezirke Tokyo
(im kränzen 31) und Osaka (ohne Nara, im s^-anzen 57), 20 — 30
nur die Bezirke Chiba, Aichi, Nara, Nagasaki und Kumaraoto.
Am geringsten ist die Zahl verhaltnisniärsig, aufser dem Hokkaido
mit nur einem Amt aut' 1000 qkm, im Norden in Aouiori,
Iwate und Akita, in Nagano^ und im SUden in Miyaraki und
Okinawa, welche sämtlich unter dem Landesdurchschnitt stehen.
Ver^eicht man 1887 die Zahl der im Inland beförderten
Pestsendungen mit der Zahl der Einwohner nach Bezirken, so
ragt weit über den Landesdurchschnitt von 3,5 Tokyo mit 23,8.
Ihm folgt Osaka mit nur 9,i, Hokkaido mit H.s, Kanagawa mit
6,1 nnd Kyoto mit 6,(1 Clenau den Landesdurchschnitt hat
Shic^a Alle anderen Im Bezirke stehen darunter, am tiefsten
Okmawa mit 0,2, isara mit 0,4, Kagoshima mit l.i. Miyazaki
und Iwate mit 1,4. Alle anderen haben mehr als 1,a. — Auf
Tokyo aUein kommt mehr als ein Vierte! aller Poststücke^ mehr
als ein Fünfid aller Briefe und Postkarten, über die Hälfte
aller Zeitungen, beinahe ein Viertel aller Einnahmen: ein
Zeichen der grolsen Centralisation geistiger vaad wirtschaftlicher
Interessen in der Hauptst^idt.
Unter den 13()()r)5ü0O inländischen Postsendungen des Jalu es
1887 waren 50 95(;0( )0 gewöhnliche Briefe, 5ö 628(100 Postkarten,
18248000 Zeitungen u. s. w., 2935000 eingeschriebene Sen-
dungen u. 8. w. Auffallend ist hierbei das in diesem Jahre zum
enten Male hervorgetretene Überwiegen der Postkarten über die
gewöhnlichen Briefe, während ihre Zahl 1878 noch nicht ein
hicbentel der Briefe betrug. In diesen zehn Jahren hat sich die
Zahl der Briefe noch nicht verdoppelt (von 1884 — 1886 ging
sie zurück), die Zahl der Postkarten ist ülbI auf das 15&che
gesti^en.
Der Kreis der von der Post i)esorgtcn Geschälte tat be-
grenzt. Auliser der gewöhnlichen Biiefpost fiir Briefe und Di*uck-
eachen ' beschränkt sie sich auf Vermittelung von Postanweisungen
und den Poetsparkassendienst Der letztere ist im vorigen
' Mittelstellung zwisch^ Kul'äUud und Oriechenland im Jahre
» Die Zahl stieg 1888 auf fiut 159 Millionen Stfick (4 auf den
Kopf).
- Un-er ZoitiinL'-aVionncmrnt durch die i'ost war peplant, ist aber
nicht zur .-^Ubiulimug gekoiiiineii. Kbei)t>o ljii;her die Puketpoet.
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X 4.
257
Eapitd besprochen. Der Poatanweisimgsverkehr ist ▼^hsltnb-
XDilistg nnbedeutend. Er erreichte Beinen eräten Höhepunkt mit
62.', 242 Stück ausgezahlter Postanweisungen über 9124573 Yen
im Jahre 1882, sank darauf bis 1884 (G 850 988 Yen) und stieg
daruiit' bis 1&87 auf 1432r>9f» Stück und lo<»013;i8 Yen. Der
Dienst ist so schwert^illig und rücksichtslos gegen das Publikum,
dalk dieser Verk»^lir sieh nicht sondcrlicl» entwickeln kann.
Überhaupt kaiui ich dem von luauchen leiten der japanischen
Postverwaltaug gespendeten groOMn Lobe nicht beipfficntra. DaXk
die Ton fremden Angestellten ungerichtete Bridpost gans be-
friedigend ar>)citet, seheint mir kein so besonderes Verdienst.
Alles, was über die alltiiglichste Routine liinausgeht, wird hcKihBt
schwerfalh'g und ohne jede Hücksiclit auf die Zeit des Publikums
behandelt, ein Unist^md, der auch der Kntwickelung der Post-
äparkasse hinderlich ist.
I )ie Anfänge des Telegra})hen gehen auf das Jalir lst;9
zurück. Im Jahre Ib^Tl hatte man l'U km Linie im Betrieb mit
8 Hanpt- und Ne'benUmtem und beförderte 19448 Td^gramme.
Die weitere Entwickelung war':
1877 78 1882 83 .1887
Haupt- u Uli Nebenämter 117 224 220
Länge der Linien " 4560 km 8190 km 10100 km
Länge der Drähte 11500 hm 22099 km 27470km
Zahl der Telegramme 802236 St. 2811629 St. 2489136 St
Za den 211 Haupt- und 15 Nebenämtern des Jahres 1887
treten aber DOch 20 Postämter mit Telegraphen dienst und 2&4
Telephonämter. Trotsdem ist die Zahl der Stationen im Ver-
hältnis zur Ausdehnung der Linien aufFallend gering und noch
gerin;: er die Zahl der Telegramme, Rechnen wir alle Arten
von Ämtern (.')0(i|, so gi*4)T das erst 1 Station auf 765 Quadrat-
kilometer und 78 00(1 Einwohner. Auf 1000 qkni kommen erst
2,7 km Linie, auf lOO Einwohner 5,- Telegramme-. Die wirt-
schaftliche Krisis hat die Benutzung des Telegraphen erheblich
▼ermindert. Die Zahl der Privattelegramme allein oetrug 1882/83
(HöhejpuDkt)^ 2680094 und sank bis 1886 auf 2131254, um
erst 1887 wieder etwas zu steigen, nämlich auf 2 246 847, beaw.
2471881 im Jahre 1888. neben 210239 amtlichen Telegrammen.
Von den 1887 im inländischen Verkehr aufgegebenen Tele-
grammen kamen 17 Prozent auf den Bezirk Tokyo (20 Pro-
zent der Gebuhren), 12 Prozent aul Osaka, 9 Prozent auf den
Hokkaido, 8 Prozent auf Kanagawa, 5 Prozent auf Hyogo, auf
die übrigen 41 Bezirke also weniger als die Hälfte.
' Die Zahlen .<ind seit für das Kaiendeijahr, vorher für das
Finanzjahr mitgcteiit
' Letzteres aar halb soviel als 1885 im europttisdiea Bulsland.
* Der Telegraph wurde voa den Börseiuipieleni stark benutzt.
Forachnngen (45) X 4. — Rattigen. 17
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258
Seit Anfang 1880 ist die Verwaltun^r 'I^t Tpl^aphcn, die
bis dahin selbsWnHjrr ^y^y^ mit der Postverwaltunir im MinL^tei lum
des Verkehrswesens vereinigt. Für die Beurteilun^i der Zu»t-inde
hat dies den Nacliteil, dals seitdem diia Verhältnis der Ein*
naiiiueu zu den Ausgaben nicht zu erkennen ist, auch nicht
für beide Verwaltungen ziuammengeDommeDy da das Verkehn-
mlniaterium auch die Angelegenbeiteii der Seeschlffiihrt verwaltet
Bei der Post tlbertraien nach den RechnungsabschltlflseEi tod
1879 bis 1882 die Einnahmen die Ausgabe. Ob sich das
wirklicli so verhalten liat, ist IragUch In allen anderen Jahren
waren die Ausgaben grölser als die Kinnahmen', l'eim Tele-
graphen waren von 1879 bis 188r> die ijnnahnien aus den Ue-
bilhren nm ein geringes höher al» die Ausgaben. Dafs gegen-
wärtig die Einnahmen beider Verwaltungen erhebliche Überschüsse
liefern, Ut nicht ansunehmen. Es nt wahracheinlichi dais aie sich
besten&lls ungefthr im Gleichgewicht befinden*.
Die Post besorgt wie erwltlmt keine Pakete. Fttr den
Paketverkebr sorgen Privatgesdlschaften ^ namentlich die
Naikoku Tsonn Kwaisha. Sie ist entstanden aus einer
Verschmelzung der älteren Transportgesellschaften (Hikyaku
Toiya K.), welche sich im Mai 1872 zur Rikuun Moto Kwaisha
vereinigten. Im Fehrunr 1 ^7r> wurde die Gesellschaft reorganisiert;
sie erhöhte ihr Kapital aut 2U0000 Yen und nahm den jetzigeu
Kamen an. Das Kapital wurde 1867 auf lOOüOuO Yen (in
lOUOO Aktien) erhöht, wovon bis Ende 1888 520000 Yen ein-
gezahlt waren. Die G^llschaft hat seit 1878 regelmäisig
10—13 PhMBent Dividende gegeben, 1887 18 Prozent. 1888 U
Prozent. Der Reservefonds betiftgt gut 1 40 ODO Ten. Ende 1 888
hatte die Gesellschaft 12 Haupt- und 38 Nebenstellen mit zahl-
reichen Agenturen. Die Zahl der befönlerten Pakete war 1888:
82t>G708 Stück im Gewicht von 807^7000 ) kg (1R87: 485O104
Stück, 108G9G000 kg). Die Gesellschaft besorg ferner Geld-
anweisungen. Die Summe der verniitteltt n Zahlungen betrug
1887: 115^0590 Yen (also mehr als bei der Post), 1888:
13356207 Yen'. Endlich Termittelt die Gesellschaft auf einigen
* Das unvollständige Finanzjahr 188-5.8^ uuberiicküichtigt gelas^eu.
* Na«h dem Abecblufs fttr 1887/88 war die Einnahme der Post
2ßß:n>40 Von, die dor Telopraphenverwaltiing 720 '_M:' Veu, /nsammt'u
.H392 8V> Yen. Doch war die Fosteinnahme abnorm, weil die Wieder-
vwrkftafer von Rriefmarken wegen bevorstehender Herabsetzung des ihnen
anstehenden Kabatts von 7 auf 5 Prozent ungewöhnliche Nlen^en von
Rricfinarken kauften, l^'w presamtp Ausgabe des Verkehrsmimateriumä
war ;>Gl>y2;>^J Yen, wobei aufoer Post und Telegraphie alle Schift'ahrts-
sachen sind.
* 1^^*^^ hat sich der Betrieb der Tsuun Kwai-ba noch erheblich
veigrüfsert, der Anweisungsverkebr allein auf beinahe 32 Millionen Yen.
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259
Strecken dfm PassniriVi v« rkobr auf den kleinen KUstendampfcm.
Sie betürderie auf diese W* i>e 1888: 464317 Personen, im
Vorjahr heinahe ebenaoviele JJie Einnahmen betrugen 1888:
828 224 Veu, die Ausgaben 7G2099 Yen. Der Dicust der
Tamm Kwaisha ist etwa» langsam und schwer^ig^ aber durch-
aus zuveiiasaig.
Übrigens ist sie nur die wichtigste, nicht die einzige der-
artige Unternehmung in Japan. Die bedeutendste nach ihr
dürfte das dem groisen Kuufuiannshanse Mitsui ziigehorondo
Speditionsgeschäft sein, ül)pr woldies mir alx-r nähere Angaben
fehlen. Nach einer etwas w underlichen T abelle des Statistischen
Jahrbuches (^\ III 308) hätte es in ganz Japan (ohne Oki-
nuwa) 1887 13630 ^.Landtransportgeschäfte'' gegeben, welche
301 723 Mensdien, 122838 Pferde^ 13243 Stiere, 205866 Wagen
und Karren, 1946 Sänften und- 11535 Schlitten beschäi^gton.
Was dabei aber als „Transportgeschäft'* angesehen ist, wird nicht
klar und scheint auch, nach den Unterächieden in den Zahlen
2U urteilen, in den einzehien Bezirken sehr verschieden au^e&fst
zu sein.
Die Schiffahrt^ hat für Japan in seiner inbuiaren Luge
besondere Bedeutung. Herrscht den Zahlen nach immer noch
das schwerfilUige, einheimische, an die Kttste gebundene Fahr-
zeug, das man sich gewöhnt hat Juoke zu nennen, obgleich es
von der chinesischen Junke doch ziemlich abweicht, so macht
sich daneben das Schitf „westlicher Form" , das Dampfschiflf
wie das fremde Segelschiff doch mehr und mehr geltend. r>er
Personenverkehr ist ganz auf das I )anipf;schitr iibergc;^^angcn.
Aber audi für den Frachtverkt.hr, namentlich flir wertvolle
Fracht, wird das fi-enide Scliiff immer wichtiger.
Die Entwickelung der Handelsflotte im einzelnen hat sich
folgendennalsen YoUzogen.
Die 2aihi der Jonken^ war davon ttber 500 Roku grots
Zahl Gehalt, Koku /lunl Gebalt, Koku
1872 18640 3312281 1485 1186368
1873 226dd 3835402 1534 1 201398
' I I» ili uipr ist in Japan die Vfiinitt l un^ in diesen Dingen üblich.
BilletM tür Dauipfschiffe wie für Theater und uiidcre äehenswürdigkeiteu
kauft man der Regel nach duich Vermitteluntf der Restaurants, für
welche das Geschäft eine wichtige Einnahme bildet.
* 9^0 pchen z. Ii. Packereien von Napifaki nach Tokyo nicht direkt,
sondern erst nach Osaka, wo sie umspediert werden.
* Sehr fragmcntariflche geschichtliehe Notizen in einem Aufsatze
▼On Bonar, in Transactions of tlie As. Soc of Japan XV l<i-*> \-'>.
* d. h. Seefahrzeuge von mehr als ."»v» Kuku Kaum. — Die Grölse
der Junken wird noch der Gröfse des Laderaums in Koku (180 l) be-
stimmt. Den VcorfaUtnissen durfte es entsprechen, wenn man 10 Koku =
1 Tonne setzt, wie die Statistik dea Zollamts that, obgleich der Koka
dabei etwas zu niedrig erscheint
17 •
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260
X 4.
Die Zahl der Junken war davon über ■'><•«) Koku groCa
Zahl
Gehalt, Koku
Zahl
Gebaitf Koka
1877
18904
3251425
1311
1040 519
1878
19135
3333400
1412
1 128140
1882
17309
2928 701
1288
990771
1888
10149
2655763
1121
847614
1886
16757
2786818
1152
879210
1887
17194
2851247
1138
869213
Im letztgenannteii Jahre waren daninler von 50 bis 100
Koku 9142 Stück mit 052820 Koku Raum, also ▼om 100 bis
500 Koku 0919 Stück mit 1329214 Koku Raum. •
Wie mau sieht, haben die .Tunken sich vermindert, nher
doch ist ihre Zahl noch iniraer recht grofs und besonders auf-
fällig ist, dafs sie seit dem tiefsten Stand dos Jahres 1883 sieh
wieder vermehrt haben. Es scheint, als ob in den Zeiten der
Kot die Nachfrage nach ganz billiger Frachtgelegenheit söge-
hätte. Gegenüber der BiUigkeit kam der Zeitverlust
nicht in Betracht. Um dem entgegenzuwirken, hat die
Regierung nicht nur 1883 die Steuern auf Schiffe ja})anischer
Bauart erhöht, sondern sogar den Bau von Junken über 500
Koku ganz verboten (Nr. 16 vom 8. Juli 1885, in Kraft vom
1. Januar 1888).
Dafs es 1S87 aufserdem .")45iiü4 writ( rc steuerpflichtige
Fahriseuge gab (Seebote unter 50 Koku und B'lulsfahrzeuge,
tamtHch ab^ 3 ken^5,u Meter lang) gegen 427235 Im Jahre
1882, Bei nebenher erwähnt^.
Bemerkenswert ist, dafs die Abnahme der Junken durchaus
nicht gleichmäfsig in allen Landesteilen stattgefunden hat. Ein
Verg:leicli der Zahlen für 1^81 ^^2 mit denen der letzten Jahre
zeigt, dafs in I*.ezirken mit off ner, c:( talirlieher Küste die Junkeu
rasch abnehmen. In den zehn ützirken der Westküste von
Honshu (ohne Hyopro\ von Aoniori bis Shiinane, war der Oehait
der dort beheimateten Junken fast 820000 Koku, 1887 knapp
402000. Dagegen in ffeachtttsten Kttolengewmwem war die Zu-
nahme nicht unerheblida, «o in den drei Besirken um die Tokvo-
bucht, 80 namentlich in der Inlandaee Auf die Bezirke Oiakai
Hyogo, Okayama, Hiroshima, Yamaguchi, Ehime und Oita ent-
fiekn 1881 83 Prozent aller Junken dem Räume nach, in den
letzten Ja'.ren 45 Prozent, damals 1090000 Koku, 1887:
12791HJU Koku.
Die Zahl der steuerpflichtigen Schifle europäischer Form
hat sich folgendennafsen entwickelt:
' \;it'-t nlrin I^)Otc /nm \*cri,mn:.'cn , .^Gondeln" kciimle m.'^n
au beüleu übcrsetzeu. Dafs davon 907 nach Osaka gehörten, wird jeder
venteben, der einmal dort an einem schönen i^ommerabend das Leben
anf dem Flusse gesehen bat.
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261
Dampfer Sogelscliiffe
Zahl
Tonnen-
Pferde-
Zahl
Tonnen-
gebalt
krktte
gehalt
1873
110
26088
7904
36
8483
1876
159
40248
11680
51
8 79U
1879
199
42 763
12 623
174
27551
1882
344
42107
13111
432
49094
1885
461
59613
15417
509
52643
1887
486
72322
16641
798
60975
Im Jahre 1887 Terteilten sich diese Schiffe auf folgende
Ofö&enklaflsen :
Dampfer SegelKhiffe
Zahl
Tonnen -
Pferde«
ZaU
Tonnen -
gehalt
knifte
gehalt
unter
50
Tonnen 272
4 431
3346
383
11459
50-
■100
91
6550
2213
309
22195
100-
500
81
18823
4 151
103
25298
aher
500
42
42518
6931
3
2023
Die 2^hlen sind hIJchst lehrreich. Die grö&eren Dampfer
haben sich nidcweise vennehrt, jedesmal durch einen yon der
Regierung gegebenen Anstois. Die erste Periode 1874/77 war
die Zeit der Foniiosa-Expedttion und der Aufstände im Süden.
Der Staat kaufte Transportdampfer und entledigte sicli ihrer
wieder zu Oiinston cler stMatlich geförderten Mitsu Bisiii Oe-
sdlschaft. Im Jaiiro 1^78 gab es 32 Dainpter von mehr als
500 Tonnen, mit 2bö5ö Tonnen Gehalt. Bis 1S83 sank ihre
Zahl auf 22 mit 20379 Tonnen Gehalt. Die staatüclie ( irundung
einer neuen grolsen Dampfei^gesellschaft (vgl. unten) gab dann
den zweiten Anstois, der bis 1 887 die Zunahme auf die angegebene
Zahl von 42 mit 42518 Tonnen Gehalt bewirkte.
Gans anders vollzog sich die Entwickelune bei den kleinen
Dampfern und den, wie die Zahlen zeigen, durchweg kleinen
Scp:( IschiflTen. Sehen wir dort den äufseren Anstofs der Beerierung,
Bo finflen wir liier eine allmähliche^ dem vorhandenen Verkehrs-
hrd int Iiis i olgende Entwich elun^. Bei den DainpfschifFen wachst
namentlich die Zahl der ganz kleineu Dampfer von weniger als
100 Tonnen« wdche an den gesebatsten Teilen der Koste in
erster lim'e tei Personenverkehr dienen. Die Zahl der Dampfer
Bwischen 100 und 500 Tonnen wuchs von 1878 bis 1882 nur
von 42 auf 47, seitdem etwas schneller bis auf 8i im Jahre
1887. Dagegen stiVf^en die p^anz kleinen Dampfer von weniger
als 100 Tonnen von J21 im Jahre 1H78 auf 275 im Jahre 1882
und 303 im Jahre 1887. Die Zahl der fi*emdgebauten Segel-
schiffe stieg nur ganz langsam bis 1877 (75 Stück) und
wuchs rasch bis 1882 (432). Dann trat ein kleiner Rückschlag
ein bis 1884 (402), dem aber dne noch ' schnellere Zunahme
folgte. Diese Zunahme beschrankt sich jedoch ganz auf die
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X 4.
Schiffe tmter 100 Tonnen, die kleinen Schoner, die man Uberall
jetzt an der Küste sieht, die jeden kleinen Hafen anlaufen
können, um die geringen zu verschiffenden Warenracnrrf^n auf-
zAinoliTnen. Für grölsere Segelschiffe besteht kein Bedarf. Die
Segelr^t hiliV" von mein- als liH) Tonnen liaben sich seit dem Jnhre
1882 von 126 mit einem Gesaiutgehait von 31058 Tonnen auf
104 mit 27321 Tannen Termmdert* Die bis zu 100 Tonnen
dagegen stiegen in der gleichen Zeit von 309 mit 18 036 Tonnen
auf 002 mit 33654 Tonnen.
Während von den 42 Dampfern mit mehr als 500 Tonnen
39 nach Tokyo gehören (Sitz der grofsen Kihon Yusen Kwaisha),
sind von den mittleren (100-500 Tonnen) fast die Hälfte (38)
und von d( n kleinen ( unter 100 Tonnen) 54 in Osaka zu Hause,
von wo aus die Fahrt in der Inlandsee betrieben wird. Die
drei Bezirke an der Tokyobuclit mit den einmündeudeu schiff-
baren flUssen hatten 19 von den mittleren und 109 von den
kldnen Dampfschiffen, Nagasaki 4 mittlere und 25 kleine, Shiga
mit dem Biwasee 3 mitüere und 24 kleine. Für die Segel-
schiffalirt steht Nagasaki an der Spitae mit 13 210 Tonnen. Ihm
folgen Osaka mit 9750 Tonnen, Tokyo mit 1>3()0 Tonnen, Hyoj/o
mit T'.'IO Tonnen, llokkaido mit Tonnen und Aichi nn't
3501 Tonnen. Ganz ohne Schiffe fremder Bauart war 1887
kein einziger von dr-n an die Küste stoisenden Bezirken, aber
auch schon 1882 waren es nur zwei.
Die Statistik des Schiffahrts verkehre in den
einzelnen Httfen des Landes liegt ziemlich im argen. Das
Zollamt ▼erOfientlicht in seiner Handelnstatistik den direkten
Schifisverkebr mit dem Auslande und den Verkehr zwischen
den offenen Iiiifen. Bei letzterem sind aber von japanischen
S( Iiiifen nur die im auswärtigen Handel besehHftigten einge-
sriilossen. Uber den Verkehr Japanischer Schiffe, die im Binnen-
handel beschäftigt sind, giebt die allgemeine Statistik und das
Tabellen werk des Ministeriums für Landwuischaft und Gewerbe
Übersichten der mit Ladung angekommenen und abgegangenen
Schiffe, wenn dei' Wert (nttmiich der angekommenen und abge-
gangenen Waren) gröfser als 100000 Yen ist, Die Angaben
beziehen sich auf etwa 100 — 170 Seeplätze und 60 Plätze an
Flflssen und Seen. Dv- Zahlen .sind aber auch so noch un-
sicher und unvollständig. ^^'iehtige litten fehlen ganz.
Z. B. ist fiir den Bezirk Tokyo nur der \ 1 1 k» hr auf der lieede
von Shinagawa angegeben, der von Tokyo selbst feldt und 1B87
fehlt auch Shinagawa. Für das Jahr 1887 sind aufserdem nur
die Summen aller Hfite eines Bezirkes ▼erOffentlicbt, was die
TabeUe iHkr weitere Untersuchimgen vollends unbrauchbar macht.
Versuchen wir es, die Zahlen iUr 1885 bis 1887 in ihren
Hauptergebnissen zusamraenzn>t<'llen, so ist also zu beachten^
dals die unter 1 und 2 gegebenen Zahlen vollstMiidiL'' ^ind Die
dabei vorkommenden Junken sind unter die SegelschiÜe ge-
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268
rechnet. Die Zahlen unter 3 beziehen «ich nur auf Schiffe mit
Ladung und sind unvollständig. Durchweg sind 10 Koku =
1 Tonne gesetzt ^
{^ieh& Tabelle Seite 2tA.)
Wie wenig Wert auch die Zahlen unter 3 im einselnen
haben mOgen, so sind iie doch immerhin geei^et eine Vor-
stellung von der fiedeutang des Seeverkehrs an den japanischen
Küsten zu geben. Nicht verfressen darf man natürlich, dafs
jedes 8chifF auf jeder Keise eben&ovielmal gezählt ist, als es in
die Übersicht aufgenominene H.Ifen berührt hat, was namentlich
die ungeheuren Zahlen tiir den Oanipfschiffsverkehr crkliirt.
\ on einzelnen Hüten stellt an der Spitze Shiuiüüubcki mit
setnem grofsen Durchgangsverkehr mit 1767000 Tonnen an-
gekommener Schiffe im Jahre 1886. Ihm folgt Kobe mit
1458000 Tonnen, wobei noch zu beachten ist, dafs das un-
mittelbar benachbarte Hyogo 757000 Tonnen Eingang hatte.
An dritter Stelle kommt NaL':a8aki mit 1207000 Tonnen, an
vierter Yokoham i mit 1 047ihh) Tonnen, an fVmtter Hakodate
mit 517 000 Tonnen, Von anderen bedeutenden Häfen sei
Tadotsu, der Mittelj)unkt des Inlandseeverkehrs. genannt mit
308000 Tonnen und Yokkaichi, der llaupthafen der Owari bucht,
mit 235000 Tonnen.
Die amtli'li Statistik weist auch tiir den Wassertrans-
port die Zahl der < iesellschafiten, welche das Frachtgeschäft
betreiben, nach- Auf Flüsiaen und Binnenseen betrieben das
Geschäft danach (iö Gesellschaften, zusammen mit emem Kapital
von 990496 Yen, 82 Damp&chi£fen von 2622 Tonnen nnd
1087 Schifien japanischer Bauart Gana anders nehmen sich
die Zahlen für den Seeverkehr aus. Die Zahl der Gesellschaften
war 63, ihr Kapital 14426460 Yen. ihre Schiffe 202 Dampfer
von 84007 Tonnen 2, 224 Sc^^rlscliifh' von 8572 Tonnen und
191 .Tunken von 15 00.') Tonnen. Aber auch von diesen Ge- *
Bcll.scliattrn sind die meisten reelit unbedeutend. Von dem
K.'ijjital kuiimien auf eine Gesellschaft 1 1 Miiiiunen, auf eine
andere 1350000 Yen, so dafs fUr die Übrigen 61 Gesellscbaften
nur 2076460 Yen übrigbleiben. Jene beiden grofsen Gesell-
schaften sind dieNihon Yusen Kwaisha (Japanische Post-
Bchiffahrtsgesellschaft) und die Osaka Shosen Kwaisha
^ Die Zahlen unter 1 und 2 aus der Handelsstatistik, die unter '6
fiir 1885 Statist Jahrb. VI 221 ff., fitr 1886 gtatiitisehe Tabellen des
Ministeriams für Landwirtschaft und Gewerbe Bd. TIT. Handel, S. 1 1! ,
für 1S87 Statist. Jalub. VIII ff. isv." enthält auch Flufs- und
Binnenhäfen, für manche Häfen nur die Zahh^n für 6 Monate.
• Die Tonnenxahl bei den einzelnen Fraihtposellschaften ist regel-
Diärdig höhoT als die versteuerte Tnnnenzahl. Währrnd letztere sich
auf den Nettoraum bezieht, dürften ersteres Bruttotounen sein.
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(Osaka- Kaut'tahrteigesellschaft). Jene beherrscht den gesamten
grofsen D;ini))f8cliiftsvcrkelir, diese den Verkehr von O&ika ans
nach Westen und Stidt^n. Ks dürfte sich verlohnen, beiden,
aber namentHch der erstgenannten in ihrer höchst bezeichnenden
Entstehungsgeschichte, etwas näherzutreten.
Die Osaka Shosen Kwaisha ist im Mai 1884 aua der
YenchmelsuDg mehrerer der kleinen Qesdkchaften entstanden,
welche von Osaka aus den Verkehr kleiner Dampfer, namentlich
in der Inlandsee, besorgten. Am Ende ihres ersten Geschäfts-
jahres (1884) hatte sie 96 Sehitfe mit 10583 Tonnen Gehalt.
Sie hat sich dann der kleinsten Schiffe nllTnlOdifh cntledi«;! und
besala i'^de 1888 nur mehr 55 Schiflfe mit HU^2 Tonnen, eine
Steigerung der Durchschnittsgröfse von 1 1 0 auf 1 47 Tonnen.
Hauptsächlich dient sie dem Personenverkehr, welcfier die grölsere
Hälfte der Einnahmen bringt. Diese betrugen nftralich
vom Personen verkelir vom (lüterveikelir
1B85 539 184 Yen 370 809 Yen
1887 451139 - 407123 -
1888 417915 • 376891 -
Die Zahl der beförderten Personen sti^ in d^ angegebenen
Jahren Ton 506758 auf 745315. Von den beförderten Waren
wird nnr die Stückzahl angegeben^ die wenig Wert hat. Sie
«tieg von 2031090 auf 3500 459.
Das Kapital der Gesellschaft, anfhnglieh 1 l^v^QOO Yen, ist
1880 auf l.^nOdOO Yen vermehrt Bis Ende 1888 war ein
üeservefonds von 280025 Yen angi^ammelt. Es betrugen
die Einnahmen die Ausgaben die Dividende
1885 945173 Yen 808 599 Yen 5,7»" o
1887 907 089 - 686425 - 7,^» o
1888 850028 - 775 508 - 0
Die (Jeüellschatt war anfangs ganz unabhängig vom »Staat,
hat aber 1887 einen Subventionsvertrag abgescldossen, wonach
aie von 1888 ab auf 8 Jahre eine jährliche Subvention von
50000 Yen erhtfit Daftlr ttbemimmt sie die Postbeibrdemng
nach einer Ansahl von H^en des Südens, yerpflichtet sich ihre
Flotte auf 13000 Tonnen au bringen, ihre neuen Dampfer und
die anzustellenden Offiziere vom Verkehrsministerium genehmigen
zu lasson. ihre F^iieher der Kontrolle zu unterwerfen und be-
stimmte »Sinnmen für Abschreibung und Uberweisung an Ver-
sicherungs- und Repamturfonds zu verwenden. Die >nbvention
erscheint verhftltnisinjlfsig niedrig, wenn man bedenkt, dals die
Oeseilschaft Hir Beförderung von Poststücken schon vordem Uber
5000 Yen im Jahre einnahm.
Die Gesellschaft erhielt aber aufserdem vom Staate ein in
ftinf Jahren rUckaahlbares Darlehen von 150000 Yen. Einer
Notiz in der gewöhnhch gut unterrichteten Handelszeitung
Shogyo Shimpo zufolge wäre nach Zahlung von 29744 Yen
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der Hest der Schuld erlassen. Di*- i ! > sdlscliatt li;^t weder tiir
lbH8 noch i\lr 1889 Dividende vem ili. Die Vergrtiiserung und
VerbcaseruDg der Flotte ibt inzwischen in Anmifi genommen.
Die Yargetehtcbte der Yusen Kwaisha ist ein gaxuees
Stück neuster japanischer Geschichte Als die Regierung 1871
die Ilan abschnüle, ttbemahm sie mit deren sonstigem Eigentum
auch eine Anzahl von Dampftchiffen. In ihrem Bestreben, den
\'crkehr zu f()rdern, id)erf,'ab sie diese ??chitfe mitsamt dem Be-
triebskapital einer zu diesem Zwecke eegründeten ^Postdarapf-
schittaiirtögeselischalt'*. Mangel an Erlanrung wie nn Elirlichkeit
liefsen aber die (lesellschatt nicht zum (iedeilieu kommen. Da-
gegen machte sich bald in scharfer Konkurrenz mit iiu ein
kleines ganz unabhängiges Unternehmen bemerklich, welches der
Tosaner Iwasaki Yataro 1869 mit ein paar Schiefen seinei
Han begründet hatte. Als nun 1874 der Staat genötigt war
fllr die Forraosa-Expedition 13 Schifie an kaufen (i&r insgesamt
147t) 80t) Dollars), wurde rliesem onergisolien und praktischen
Manne die Verwaltung dieser Flotte übertragnen. Nach Ii< en<^i2:mi2'
der Expedition entstand die FVage, was man nun um den
Schiffen machen solle. Da gab im Sommer IBTo der iMiniater
des Innern Ukubo zuerst die Parole aus, Japans Verkehrswesen
mtlsse vom Auslande unabhüngi^^ gemacht werden, eine starke
nationale Gesellschaft und eine Seemannsschule seien dasu nötig.
Seit 1870 betrieb die PaciHc Mail S. S. Company im Anschluß
an ihre gi'ofse Linie San Francisco— Yokohama — Hongkong eine
Zweiprlinie Yokohama Kobe NnL^asaki Shanghai. Diese Unie
beschlofs rnnn durch Konkurren/ tu verdrangen.
Iwasaki gründete die Mitsu i^ishi Kwaisha ^ Drei-Rauten-
Gesellsclialt, nach den drei stemartig zusammengestellten \ ier-
ecken in ilirer Flagge), d. h. er nanute sich so, um das Er-
fordernis einer nationalen „OeseHschaft" zu erfllUen. Die
Mitsu ßishi Gesellschaft ist nie etwas anderes gewesen ab IwasakL
Die Gesellschaft — oder Iwasaki — erhielt nun zu ihren 11
alten kleinen Schiffen die 13 Expeditions- Dampfer „ lastenfrei
wie da» Privileg vom 15 September 1875 sagte, und 800000 Yen
Betriebskapital, von denen das Privileg schwieg. Einige Tage
darauf (2'). September) erliielt sie noch die is Fahrzeuge der
inzwischen ganz zusammengebrochenen „rosttlampfschiliahrts-
geseUschatit'', welche der Staat dieser geschenkt hatte und nun
m 825000 Yen zurückkaufte'. In diesem Zusammenhange sei
' Über die VorgKnee bis zur OrnrnhiiiL' 1 r Kvoilo Uiiyu Kwiiisha
liegt das authentische Material vor iu /.wti Dtakschiiitcu vou 1^1.',
einer Beschwerde von Iwaeaki Ysnosnke, dem Brader des Gründe, s der
.Mitau Bishi Gesellschaft, und der Antwort des Ministerilling ftir Land-
wirtscliaft und < lewerbe Sie «iiv<l in dif Tagespresse fjeraten und 2. B.
abgedruckt in Japan Weekly Mail S. 1104 0*. und 1211 ff.
2 Anscheinend der Betrag, welchen die gleichfalls staatliche Wecbsel-
bank (Ka vn-c Kwaisha) vorgestreckt hatte und durch dessen Rück-
forderung die Postdampfschitfahrtsgesellschatt zu Falle gebracht wurde.
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gleich erwähnt, dafs die Pacific Mail S. S. C. der Konkurrens
bald ein Ende machte, indem sie ihre ganze Linie, 4 Schiffe,
2 Hnlks, Speicher u. s w. der Mitsn Bislii Gesellschaft ftlr
HtinniMi 1 »ollars anbot. Der Staat üeli Iwasaki, ;uif Betreiben
Ukubo^i und des Fiiianzniiiiistcio Ukuma, diese ^aiiiiiK*. Kndlich
wurden 1877, um die Transportmittel währeml iles Satsuma-
Aufstandes um 10 Schiffe zu vermehren, der Mitsu Bishi Gesell-
acluift 700000 Yen yom Staate geKeheo, wMbreiid de aiu dgenen
Mitteln 380000 Yen verwendete.
Die der Gesellschaft vom Staate ttbei^ebenen Dampfer
sollten nach dem Wortlaut des Privilegs „ak Eigentum der
( iesi llsciirtft angesehen", aber olme (ienehmi^niüs^ nielit verkauft
und verptandet werden und bei Auflösung der Gesellschaft an
den Stallt zurückfallen. Die Regienin«j: behauptete später — ■
nachdem sie mit Iwasaki zerfallen war , da?^ habe nur bedeuten
aolien, da& die Gesellschaft die Dampfer auf 15 Jahre, die
Daaer dei Privilegs, benutsen solle.
Das VeiliältDts wurde aber dadurch kompUaiert, dafa nach-
triiglich Iwasaki „als Anerkenntnis für obige Übertragtmg** der
Staatskasse eine Summe von 1 200 000 Yen in 50 Jahresraten
zu zahlen übernahm. Die Absicht Iwasaki« und des Finanr-
ministers Okuma scheint dabei gewesen zu sein, erstereni das
unbedingte Verlügungsreelit rosp. Eigentum an den Schiften zu
verschaffen, worauf auch der Umstand deutet, dal's in der Kon-
oeasionsurkande alle Ausdracke, wie ^^lasteiOTeie*' Übertragung
an die M. B. Gesdlscbaft, getilgt wurden. Später hat aber die
Regierang behauptet, die in 50 Jahren su leistenden Zahlungen
Iwasakis hätten nur ein ^Anerkenntnis** Air das auf 15 Jahre
erteilte Privileg sein sollen Im ganzen hatte die M. B. Gesell-
schaft dem Staate 1590 000 Dollars und 1829940 Yen in 10.
12, 14. 15 und 50 .laliren zu zahlen und zum Teil mit 2, 3 und
5 Prozent zu verzinsen. Die jährlichen Zuliluiigen an den Staat
beliefen bich aul ^ui 270000 Yen. Dagegen erhielt die Oesell-
Bchaft filr ihre aent Hauptoostlinien Subventiimen , ursprünglich
250000, später 275000 Yen. Aus aUen diesen verwickelten
Schuld- und Subventionsverhältnissen ergiebt sieb also die auf-
fiülige Thatsache, dafs Iwasaki ungefähr ebenaovid Subvention
erhielt, wie er Zahlungen an den Staat zu machen hatte. Mit
anderen Worten: Iwasaki hatte die Schiffe umsonst in Gebnnic h
und war dafür verpflichtet, gewisse Linien zu befahren, wjilirend
die Schuld an den Stiuit sich von selbst verminderte (bis Ende
1882 um 1 ioOOOO Yen).
Bemerkenswert ist aufberdem, dafs die Gesellschaft eine
Schale war Heranbildung von Kapitflnen und Steuerleuten er-
richten und daau jährlich eine staatliche Beihülfe von 15000 Yen
erhalten sollte. Endlich war der QeseUsohaft verboten , andere
Geschäfte zu betreiben.
Die Gesellfichaft betrieb nun wohl keine anderen Cieschäüte,
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X 4.
desto mehr abfr Herr Iwasaki. Ein thfitiger, kühner Geschäfts-
mann, der einzige, der in Japan die Dienste von Analfindern
wirklich 7ai bentitzen ver!>Utii(ien hat, indem er iluit ii voll, s \ vr-
traiien aclienkte, war er gleichzeitig gut befreundet mit dem
Fiaanzminiater Okuma, und wer im Rohr sitzt, hat gut Pfeifen
schneiden. Er gründete eine eigene Bank, erwarb Kupfergruben,
sowie 1881 die wichtigste Kohlengrube Japans, Takasbima^
und steckte in jeder grölseren Unternehmung, war Hauptaktionär
der Tokyo - Effektenbörse , der Shokin Ginko , der Boyeki Sho-
kwai (Gesellschaft ftir flirekten Handel), der Seeversicherimgs-
eesellschaft. dor Kilion Tetsudo Kwaisha u s. w. I)as thatsäcb-
liche Monopol de» grölseren Küstenverkelirs machte sich also
bezahlt. Besorgte die Gesellschaft ihren 'JVansportdienst ganz
ordentlich, so war doch nicht in Abrede zu stellen, dafs seit
1877 cur Emenerung der Flotte nichts geschah, da(s durch
Schiff brach, Umwandlnng in Hulks u. s. w. bis 1882 Id Schiflb
in Abgang gekommen und nicht ersetzt waren. Der Regierung
war d<'is alles selbstverständlich wohl bekannt.
!tii Oktober 18^*1 stfir/te Okuraa und schied aus der Re-
glerun;^^ Unmittelbar darauf begannen die An;^^riffe gegen die
Mitsu Bishi (Gesellschaft*. Ks wurde klar, dafs jetzt die Re-
gierung der iiauptgegner war. Iwasaki war der reichste Mann
Japans geworden, & war der Freund des mttchtigen nun-
mehrigen Oppositionsführers Okuma, sein Bruder Iwasaki Yano-
suke der Sihwiegersohn des radikalen Parteiftihrers Goto;
Iwasakis beherrschende Stellung im Verkehrswesen des Landes
war unbequem. Jetzt entdeckte die Regierung auf einmal, dafe
da doch zu viele Unregelmalsi^keiten vorkämen, dafs die Mitsu
Bishi G^Hillschaft gar kei?^*^ (Tesellsehaft, sondern Herr Iwasaki
sei, dfifs dieser sein Kapitell zu allerlei ilim gar m'clit erlaubten
Gesciiaften verwende, statt die Flotte zu verbessern man
bedenke, dals die Unimehmungen znm Teil vom Staate selbst
oder mit staatlicher Oenehmigung an Iwasaki Terkauft waren! —
Schon während des A tf tandes von 1877 habe er ungebtthr-
liehen Nutzen aus der Not der Regierung gezogen. Er bediene
sich auch zu viel fremder Angestellter^. Die Kegiernng sei in
ihrem Recht, wenn sie das ganzr Privileg mitsamt den Schiffen
zurücknähme. In ihrer Milde liegnügte sie sich mit einer
Revision dea Privilegs (28. Februar 1882), welche die Aulsicht
verschärfte und namentlich jährliche Hinterlegung von 190000
Yen verlangte mm Bau und Kauf neuer oder Umbau alter
^ Takashima war bis dahin von dem bekanotea Goto Shojiro be-
ti-icben, deco Schwiegervater des Jüngeren Iwa^^aki.
* Heftiger Aufsatz in Kdzai Zassbi, Dezember 1881.
^ Alle diese Be^chwordpn in der litierfen Denkschrift los Ministe-
riums für Landwirtschaft und Gewerbe. Selbstverständlich waren die
Schläge auf den Sack Iwasaki für Okama bestimmt.
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Schiffe. Der Tonnengehalt der Flotte sollte nicht unter 22000
Tonnen sinken und nllmählich erhöht werden.
iJaneben aber zei^'te die Hegierung plötzlich grolse Ab-
neigung gegen das beotduude Monopol einer Gesellschait und
bemühte sich um die Gründung einer Konkurrenzgeäellächatt,
die, aus der Versclunelzung dreier ganz unbedeutender Gesell-
Schäften entstehend, den Namen K^odo Unyu Kwaisha („Union'*)
erhielt und am 20. Juli 1882 ins Leben trat. Das Kapital sollte
3 Millionen Yen betragai , wovon der Staat 1 300 000 Yen her-
gab. Für diese Summe sollten Schiffe , die auch zu Kriegs-
zwecken verwendbar würen . hergestellt werden. Im ganzen
sollten lür Dampfschiffe 2 3U()U(M) verwendet werden u. s. w.
Der Anteil des Stallte« war nur mit 2 Prozent zu verzinsen.
Fttr staatliche Aufeicht war genügend gesorgt, Präsident und
ViceprttsideDt wurden znnlldist Ton der Regierung ernannt Die
im Herbst 1882 aufgelegten Aktien wurden angeblich bedeutend
flbeneichnet und daher das Kapital verdoppelt, d. h. zunächst
der Staatsbeitrag. Tliatsächlich war die Begeisterung des
Publikums nicht besonders. Aus dem ersten Oeschäitsbericht
der L'nvu Kwaisha vom Mai 188:^ erpib sich, dafs vom August
1882 bis zum 27. April 1883 von :U(MMion Yen nur 2ln7(t50
Yen ..gezeichnet' waren. Diese Zahl scheint aber 472i-»35 Yen,
den Wert der von den drei kleinen OesellschaRen eingebrachten
Schifie n. s. w., einsuschKelsen.
Im Jahre 1884 kamen allmählich die neuen Schiffe der
Unvu Kwaisha aus Europa an, und es entwickelte sich ein
gewaltiger Konkurrenzkampf* zwischen der neuen und der
alten (Teaellschaft mit dem regelmiiislgen Ende der freien Kon-
kurrenz bei dcrarlifron Unternehmun<;en : Fusion. Die Regierung
hatte im Sommer 1885 ihre Erörterungen über die Schädlichkeit
der Monopoluntemehnmngen wieder vergessen und bemühte sich,
die beiden Oesellschaüen su vereinigen, was endlich am 25. Sep*
tember 1885 zum Abechlufs kam. Die neue Gesellschaft selbst,
die NihoD Y'^usen Kwaisha, datiert vom 29. September.
Dm Gesellschaftskapital wurd(^ auf 1 1 Millionen Yen festgesetzt,
wovon 5 Millionen auf die Mitsu BL-^hi , (> Millionen auf die
Unyu Kwaisha kamen, dabei 2(>»»()()(M) Yen Beteiljt^im^' des
Staates. Aufserdem sollten ersterer 543 418 Yen, letzterer
526340 Yen bar in 5 bis 10 Jahren bezahlt und bis dahin mit
' Wie mae M nlekrankheit verbreitete sich die Dampferkoiikurreiis
ul>*»r (las panze Laiui. Da war kein elender FlnfsdamptVr, der nicht von
einem Koukurrenten Doch unterboten wäre. Auf den Flufadamptern von
Nügata anfwürts konnte man im Juli 1885 eine ganse Tsmeise Ar
emen Sen machen. Im Aut::u«'t l^^^-^ bin ich in der Inlaudsee rast Uberall
für den vierten Teil der üblichen Treiso gefahren, von Shimonoseki nach
Kobe 1. Klasse mit japanischer Verptlegnug fiir 1 Yen 25 Sen. Bei den
klebten Dampfern war das Ende meist JBaäcerott der einen Partei.
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7 Prozent verzinst Avtrden. Auf 15 Jahre versprach der Staat,
wenn iler ..(itwiim der (ioscilsehaft acht Prozent nicht erreiche,
den Untcrf«thied beizusteuern. Ferner war bestimmt, dalb vom
Überschufr der Einnahmen Uber die Ausgaben erat die fiül^gen
Zins- und Kapitalbetrfige zu bettreiten und femer an Abeclurei-
bungen und für Versicherungs- und Reparaturfbnds zusammen
22 Prosent des Wertes der Bchi£k abzusetzen seien. Der Best
war der an die Aktionäre zu vorteilende Reinf2:ewinn. Die
Gesellschaft wurde verptiicbtet zur Be&hrung einer Anzahl auf*
gezählt<-r l'oätlinicn.
I ifT ganze V' organg und die einzelnen Bestimmungen waren
höchst aut'fUlUg. Die Schifl'e (^darunter viele ganz alte) stan-
den mit 7 MiUionen Yen zu Buch*. Für die AbachreibungeD
allein mufsten also zunttcbst 1540000 Yen rerdient werden,
dazu die Verzinsung und Absahlung der Schuld an die beiden
alten OeseUschafien, mit der man »ieli belastet hatte. Die Yuaen
Kwaisha mufste also mindestens 1 700 000 Yen verdienen, ehe
sie aus eigenem Tiewinn Dividende verteilen konnte. Dal's der
Wert der bcliiflfe zu hoch an^cnonnueji sei, iöt spüter unverblümt
zugestanden. Die Summe von 4 Millionen Yen für daö sonstige
Eigentum der alten QeseUschat ten erscheint geradezu unvernünftig.
Das Aktienkapital war, wie man in Amerika sm^, staw
„▼erwttssert**. Fflr diese yerwttsserten Aktien aber hatte man
auf 15 Jahre eine Garantie für acht Prozent erlangt*. Acht
Prozent Dividende würde man im allgemeinen erwarten.
Aber am Ende des ersten ( Icschilftrijahrcs erechien eine andere
Interpretation: acht Prozent Rcin«T;<'winü nach Deckung aller
statuten^cmiilsen Abschreibungen habe der Staat garantiert.
Das erste Jahr der neuen GciicUschaft (Oktober 1885 bis Sep-
tember 188G) Schlots mit 490000 Yen Überschufs der Einnahmen
Aber die Ausgaben. Der Staat hätte mithin nach dieser Auf-
fassung auber der gansen Dividende von 880000 Yen noch
Aber eine Million sur Dotierung der verschiedenen Fonds zu-
schieisen mttssen. Es ist fUr die japanische Presse bezeichnend,
dals sie zum gr^fsten Teil die Partei der Aktionäre erj2:nff.
Nach Innren Verhandlungi-n zwischen Staat und ricsellschatt kam
im iierbst 1887 ein neues Abkommeu zu stände. Der Staat
versprach auf lo Jahre nach der Gründung der Gesellschaft
jährlich eine teste Subvention von 880 000 Yen (~ 8 Prozent
des Kapitals). Wievid die Gesellschaft auf die verschiedenen
Konten abschreiben und in Res«ve stellen wollte, blieb ihr Über-
lassen. Zur Begründung liefii die R^erung oflßnös erklären.
1 Am 3u. Oktober i6Hd nach bedeutenden Absebreibuogen und
Beseitigung alter sowie Ankauf nener Schiffs 7273516 Yen.
^ Die damals verbreiteten Gerüchte über nngelieuro Bestechungen
bei Gelegenheit dor Fn^ionsverhanrllungen IsMen nch aus einlcufihteiideii
Gründen weder be weisen noch widerlegen.
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271
sie habe sich für verpflichtet gehakten, niclit nur rlie acht Prozent
Dividende, sondern auch die Abscln-eibungen etc. zu übernehmen.
Sie habe also acht Prozent licingcwiiiii im Sinne der Statuten
garantiert. Zwar sei das keine rechtliche Verbindlichkeit,
aber eine moralische, denn die Aktionäre hätten es so autgeialat !
Gegenttber dieser Verp6icbtung komme der Staat immer noch
am besten bei dem neuen Abkommen einer festen Subvention weg.
l ^en Aktionttren ist es also gelungen, erst das Kapital in
fiktiver Höhe anzusetzen und dann auf diesen fiktiven Wert eine
Subvention von 8 Prozent zu erhalten. Diese wird sich auf
10 Prozent erhöhen, wenn eine w» it'^re Malsregel duichgetiihrt
ist, die Verminderung des Kaj if ils auf 8 800ÖO0 Yen, da man
jetzt, wo die Aktionäre kein iuteresse mehr daran haben,
zugiebt, dafe 1 1 Millionen dem wirklichen Sachverhalt nicht ent-
sprechen. Man erinnert sich, dafs der Staat mit 2 600 000 Yen,
die er semerseits wirklich hergegeben hat, an der Gesdlsohaft be-
teiligt war. Diese Aktien sind 1887 vom Staat auf daskaiser'
liehe Hausvermögen übertragen. Von diesen Aktien sollen für
156550'! Yen in sechs Jahresraten der Gesellschaft zum Nominal-
wert zurück- c:f i:eben werden, wahrend zur selben Zeit der Kurs
der Aktien mrhr als 50 Prozent iiber pari stand. Wie die
Kapitalvernnnderung um die tibrigen (3Ö4 50O Ven bewirkt werden
soll, ist nicht gesagt worden.
Fttr den ganzen Hergang ist wohl nichts beseichnender, als
dals die eben noch in Not befindliche Oesellscbaft, die nur die
garantierten 8 Prozent Dividende gegeben hatte, im Oktober 1888
auf einmal 12 Prozent verteilen konnte ^ und ebensoviel 1889.
Unmittelbar nach jenem Abkommen von 1887 kündigte der
Vorstand in einer Generalversammlung rin. :\u( Prozent Divi-
dende könne man von jetzt ab mit Siclieriieit recimcn.
Der Staat zalilt also gegenwärtig eine feste Subvention von
880 000 Yen, woftir er einen regelmäisigen Post- und Frachtdienst
swiscben den Haupthäien des Landes, mit Wladiwostok, Korea,
Shanghai, Chefu und Tientsin hat. Die Schiefe stehen zur Ver-
fügung des Staates fUr seine Bedürfnisse, namentlich sind die
neugebauten Schiff /inn Teil als Kreuzer ftir den Kriegsfall
verwendbar. Die Gesellschaft steht völlig unter Anf^i^ lit dos
Verkehrsministers. welcher die Beschlüsse der Oeneralversamm-
lunsr, die TaritV«, den Ankaufund Verkaii) von Schiffen genehmigt,
eventuell den Ankauf von Schiffen anordnet. So sind z. Ii. über
die BesteUung mehrerer neuer Schiffe 1887 88 die Aktionäre
überhaupt nicht befimgt worden. Die Gesellschaft ist in allen
wesenlUchen Dingen, ebenso wie die Tetsudo Kwaisha und die
Reichsbank (Nihon Oinko), dn Staatsuntemehmen , in welchem
den Aktionären nur die weniger stolze als behagliche RoUe zu*
kommty die Dividende in £mpfang zu nehmen.
^ Aufserdem 12Ö000 Yen Tantiemen, 1889 : 80 000 Yen.
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X 4.
Über die Lt istun^en der Xihon ^'usen Kwaisha sei bemerkt,
dafs sie im Herbst 188H öu iJampfer und 5 Se^ol.sciiitte mit zu-
sammen 69506 Tonnen hattet in dem damals abgelaufenen
GMchattäiühre beforderte sie 291874 Personen und 1212650
Tonnen Waren (Vorjalur 262 702 Personen nnd 1 044479 Tonnen).
Die Einnahme aus dem Personenverkehr betrug 1 024409 Yen und
1 008 644 Yen im Jahre 1889, die aus dem Warenverkehr 3 285479
Yen und 3484452 Yen im Jahre 1889. Die Gesamteinnahme
(einschl. Subvention) betrug 5617918 Y^en und 5940905 Yen
im Jahre 188!'. Die Betriebsausgaben (einschl. Verluste und
Reparaturen) vvaieu 3Ü27 744 und 3 721871 Yen 1889. Die
Schuld an die alten Gesellschaften war vollständig abgeuagen^.
Yersicherungs- und Reparoturfonds waren 1888 auf 822602 Yen,
1889 auf 1 154917 Yen angewachsen. Selbst ohne Subvention
betrug deriWngewinn 1888 rund 600000 Yen, fast 5' 2 Prozent
des verwässerten KapitJils, 1889: 545000 Yen. Die Gröfse der
Opfer des Staates für die Gesellschaft erscheint unter diesen
Umständen doch etwa« unverhaltniamäftig.
Die Verwendung von Schiffen fremder Bauart hat natur-
gemäfs dasu geführt, dafs Werften errichtet aind, auf welchen
niclit nur Reparaturen, sondern auch Neubauten von Schiflen
AuegeDlhrt we rden. Mit der Errichtung von Werften und Er«
bauung von Docks gpn<r der Stmit voran, was mit Rüeksiclit anf
die Krie{;;8mannc schon unter der Tokuf^awn Rf fricniiig begonnen
war. In Nagasaki und dem Kriegaiiaten Vokosuka (in der
Tokyo- Bucht ) sind grol'se Trockendocks angelegt, welche für die
ganze ^vchitlahrt des Ostens wichtig geworden sind. Die Docks
und Werften von Nagasaki sind 1884 an die Mitsu Bishi Ge-
sellschaft (Iwasaki) verkauft'. Eine Schifisbauanstalt in Hyogo
ist 1886 einem gewissen Kawasaki verkauft und von diesem
finde 1889 „gegründet'' worden^ Dage|;en hat der Staat in Kohe
eine neuo SchifTsbauaii stielt (von emem Fremden angclegti,
Oiioliuiiia, erworben. Neben diesen Anstalter! staatliclieii Ursprungs
sind auch eine Anzahl rein privater Unteruehmungen entstanden
» Buchwert 6 7()9482 Yen.
- In drei Jahrt-n statt in "—10, wie in Aii<.<icht |L:rnominoii. Sn-
lange die Schuld beätaud, durften nur &• Vrozeut Dividende vorteilt werden.
Die TSflche Abcafalang trug nstflrlicb daan bei» datch Vennebmng der
au^'enblick liehen Ausgaben die hoben Forderungen gegen den Staat
nach auf^cn zu begründen.
• Nach Abgabo ihrer Duaii'ferlinien betreibt diese sogenannte
Gesellschaft auft^er den genannten Docks Bergbau, Koblenexport (som
Teil in eii^onen S' liitTen), Bank^a'sihäft«^ n s. w.
* Nacii Angaben des jjhogyo Shimpo (Japan Herald 2U. Januar iJ^UOj
h%tte die Anlage den Staat $80000 Yen gekostet Kawaaaki sollte
l^fMifH) ^'r ii in /cliii Jahresraten dafür be/ahfeu. bis Ende l^^"!t liiitfc «r
aber nur •'»♦»ou Yen bezablt. Tin diese Zoit verkaufte er die Anstalt für
600 (K)0 Yen an die „Japanische Giefsereigesellscbaft".
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X 4.
273
(in Tokyo, Osaka u. s. w. ). Bisher sind iibt r wiegend ganz kleine
Schiffe gebaut. Die gröiseren Schifte sind aua dem Auälande ge-
kauft worden. In auemeaesteii Zeiten hat aber die inUbidladie
Sduffiibaaera erhebliche Fertechritte gemacht, nachdem sie ron
1884 bis 1887 ziemlicli daraiedeigelegen hatte. Nach der amt-
liehen Statistik sind in Japan gemuit
Dampfechitfe ^egeUchiife
Zahl
Tonnen
Zahl
Tonnen
1870 bis 1879:
99
8120
134
13483
1880 - 1888:
137
10585
362
31373
1884 - 1887:
64
5435
81
7928
1888:
26
2696
18
1348.
Endlich sei erwfthnty dals fbr Anlage von Leuchttürmen,
Seezeichen u. s. w. von 1868 bis zum 81. März 1888 1 384000
Yen ausgegeben sind und dafs die jfthrliclien l^ntrrhaltungskosten
reichlich 60000 Yen betragen (1887/88 07187 Yen).
Aus dem g^enwärtigen Zustande der Landwege folgt eine
ziemliche Hohe £r Transportkosten^ welche es unmöglich
macht y Fh)dukte, weldie m Verhältnis zu ihrem Werte um-
fiuDgreieh sind , auf llingere Strecken zu befördern. Wir sehen
denn auch, dafs Produkte wie Seide mit ihrem hohen speciBschcn
Werte gerade in den binnenlttndiachen Bezirken henroigebrscht
werden.
Im aligemeinen fordern japanische Transpurigosellschaiten
gegenwärtig für eine Last von 40 Kwamme = 15U kg für den
Ri per Karre un^efkhr 9 Scn, per Packtier 10 Sen. Das macht
ftlr den Tonnenkilometer 15 und 16,7 Sen. Qröfsere Sendungen
stellen sich durch besondere Abmachungen etwas billiger. Doch
bleibt das immer eine Höhe, welche den Transport der meisten
landwirtschaftlichen Produkte auf gröfsere Entfernungen unmöglich
m;i()it. Ein Kokn Rci'^ ^v\rrrf r^ernde jenen Eirihfitssatz von 40
Kwamme. Mit der Karre ^Mirüe also ein Transport von nur
30 Ri (120 km) zu obigem 6atze schon die Hälfte eines ^larkt
preises von 5 Yen 40 Sen erreichen. (Vgl. was unten über die
Beispreise gesagt ist, S. 316 ff.)
Viel hoher, auf das Vierfache des für Packtiere üblidien,
stellt sich der Preis, wo Träger angewendet werden müssen.
Der Satz fiir die Last von 7 Kwamme (26,25 kg) ist ftlr den
Ri etwa 7 Sen = 66,7 Sen flir den Tonnenkilometer.
"Die Ki Renbahnfracht ist gegenüber den p:pwö]inliehen
Landt'rachtcn eine erhebliche Verbesserung, ahn- docii nicht so,
dals nicht aut kürzere Strecken bei guten Wegen die gewöhnliche
Karrenfracht noch immer konkurrierte, da bei ihr die Expeditionö-,
die An- und Abrollkosten wegfallen.
FofMbungen (45) X 4. — lUtl^K«». 18
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274
X 4.
Die BVachtBätse beim Euenbafanverkehr sind überdies nicht
besonders nif^^ng. Nchmf^n wir B. (^loii Tarif der ftlr den
Güterverkehr wichtigsten l^aiin, der Nihon Tetsudo Kwaisba.
Danach sind alle Wnren in fünf Klassen geteilt, welche folgende
Sätze per Tonnenkiiomi tfr ber^ahlen :
L von i'okyo 2,i 8en
nach Tokyo 1,5 Sen
II. von Tokyo 3,i Sen
nach Tokyo 2,i Sen
III. von Tokyo 4^f Sen
nach Tokyo 3,1 Sen
IV. 5,« Sen
V. 6,8 Sen
Auf die einzelnen Ekasen sind die Waren in der Haupt-
aache nach ihrem Werte verteilt, doch ist dabei manches Auf-
fallende. In der untersten Klasse, deren ] Vaclttsatz von Tokjro
landeinwärts immer noch das Dreifache des deutsehen Pfennig-
tarifes * beträ<j:t, aus dpTn Tvmdr nach Tokyo mehr als das
Doppelte, bctiudun sich iieis, Dohnen, KartotFeln. Erze, Roh-
metalle (aber nicht Kupfer und Zinn), Cement, unbearbeitetes
Nutzholz (roh behauenes aber schon in der zweiten), Brennholz
nur in Mengen Ton mehr ak drei Tons, Steinkohlen (wMhrend
HoIskoUen in der sweiten sind), Sab, auiyienderweifle auch
Zucker u. s. w. In der höchsten Klasse (6,8 Sen — 20 Pfennig)
sind namentlich Seide, Cocons, 8eidenato£fe, feinere Möbel,
Porzellan, Fensterglas, Medizinen u. s. w. und alle nicht
deklarierten Waren. Viel'« wichtig'e Rohstoffe sind in der zweiten
Kl;isse. 80 Hanf, Hiiute, Kupfer, Wachs, Tabaköblatter. unreine
>iuiuuwolle, während gereinigte ßaumwollc in der dritten Klasse
ist. Dagegen wird Baumwollgarn bilhger gefahren, in der
aweiten, Haumwollzwim in der ^tten, importierter in der vierten.
BaumwoUatoffe sind in der dritten, andere Stoffe in der vierten
Klasse. Bier in Flaechen ist nur in der zweiten, A\'ein in der
vierten Klasse, Miso und Shoyu (BohnenprHparate) sind in der
zweiten, Sake in der dritten Klaaso (teurer als Bier). Getrockneter
und gesalzener Fisch sind in der zweiten, fi:ischer irisch dagegen
in der vierten.
Viel System ist, wie man sieht, in dem Tarif nicht und fUr
viele Waren sind die Tranniortkosten verhttltnismäfsig hoch.
Allerdings ist su beachten, dam bei grOlseren Sendungen Rabatte
g^eben werden, wovon aber im Tarif nichts steht
Auch die Seetransportkosten sind nicht so niedrig, als
man bei dem grofaen Seeverkehr erwarten mitchte. Zu der
1 Per i onueDkilometer 2,3 Pfeuoig, während 2,t Sen ffe^ea 7
Pfeimig betittgt.
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275
grolMD Frachtiahrt ins Aosland stehen sie in aufifUlligem Oegen-
satz, was seinen Grund wesentlich in mangelnder Slonkuneiii
hat. Alle gröfsere Dampfschiffalirt ist ja, wie wir sahen, von
der staatlich unterstützten Yusen Rwaisha monopolisiert, gegen
welche kleinere isolierte Unternehmungen nicht aufkommen
küDnen. Die Küstenschiffahrt ist aber der japanischen Flagge
yorbehaUen. Die klemeo KUstendampfer dienen, wie erwähnt,
fiberwiegend dem PerBOnenverkehr.
Eb war 8. B. 1888 TOn Nagasaki nach Shanghai (475 See-
meilen) die Dampferfracht per Ton 3 Yen, nach Shimonoseki
(157 Seemeilen) 2 Yen 50 ben. Sie war von Yokohama nach
Shanghai (1010 Seemeilen) 6 Yen, dagegen nach dem auf dem
Wege liegenden Shimonoseki (50(3 Meilen) 7 Yen 10 Sen, nach
Kii^ata ( Meilen) 7 Yen 30 Sen, naeh Otaru (810 Meilen —
Endpimkt der Hokkaido-Bahn) 8 Yen 30 Sen. Kach Nafa auf
Rjukyu (1035 Meilen) war die Fracht 12 Y'en 80 Sen, d. h.
soviel wie nadi London oder Hamburg. Im allgemeinen waren
die Dampferfraohien von Yokohama imd Kobe aus etwa 1 Sen
per Ton und Meile, von Nagasaki und Kiigata etwas, von
Hakodate aus erheblich höher, z. B. nach den drei wichtigsten
anderen lliifen des Hokkaido: nach Otiru (221 Meilen) 4 — 5 Yen,
nacli Muroran (79 Meilen, geringer Verkehr) 3,8o — 4 Y''en, nach
Kemuio (295 Meilen) 4, so — 5, ho Yen. Die hohe Fracht vom
Hokknido aus ist ein allgemeiner Gegenstand der Klage unter
den Interessenten ^
Mit europäisch gebautem Segelschiff sind die Frachten schon
erheblich nieariger, meist um ein Drittel bis ein Yiertd, auweilett
um die Hälfte. Wieder um &n Fünftel bis ein Drittel biilwer
als diese ist der Traneport per Junke. Doch ist zuweilen der
Unterschied nur gering-.
Dafs in Ja] »an nishcr der Personenverkehr eine grülöere
Ausbildung erfahren luit als der \\'aren verkehr, zeij^t sich auch
darin, dal's die Fa Ii r preise für Personen verhältnismälsig
nicht hoch sind. Die rassagepreise auf den Schiffen sind meist
niedru[, aUerdings bei einem nach euroiAischen Begrifien an-
elanbuoh geringen Grade Ton Bequemlichkeit. Auf den Eisen-
oidmen war der Fahrpreis dritter Klasse bis 1887 rund 1 Sen
für den Kilometer, jetzt kaum mehr ^ a Sen (1 Sen die englische
Meile). Zu beachten ist, dais es Betourbillets nicht giebt. Die
> Anch die Landfiraeht ist im Hokkaido unverhältnianUUvg hoch.
* IJcispielsweiso war nach den aiü^iiilirlichen Zusnmmenstellunffeu
des Ministehams tur Landwirtschaft und Gewerbe lüfil die Fracht für
100 Koku Reis (15 Tonnen) von Halcata (Faknoka-ken), eben der wich-
tigsten Reisausfuhrpl&tse, naeh
Osaka oder Kobe
per Dampfer 2ö Yen, per Segelschiff 18,9 Yen, per Juuke 1-"» Yen,
Nsffuaki
per Dampfer IS • * • 10,» - • • 10 -
18*
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276
zweite Klasse kostet das Doppelte, die erate das Drafiiohe der
dritten Klasse
Verhältuismalaig billig ist auch die Beförderung mit den
omnibusartigen Wapren fNoriai-basha), in denen man von 2* 2
bis 7 iSen für dcia Iii (4 kmj bezahlt. Freiiioli ist das \ ergnügen
einer aolchen Fahrt gerioff* Teurer ist die Beförderung in der
Jinrikisha. Naeh den amtlichfln Erhehungen war der Pkeis 1887
fttr den Ei im Durchschnitt des Landes 5,9 Sen, wolil etwas an
niedrig ^ Das Briefporto, schon seit 1873 ohne Unterschied
der Entfernung, scheint mit 2 Sen ziemlich niedrig zn sein.
Dieser Satz wird aber für je 7,5 gr erhoben, so dals ein Brief
von 10 gr schon 4 Sen, von 150 gr 40 Sen kostet. Die Postkarte
kostet nur 1 8en^. Der Telegraphentarif ist mehrfach geändert.
Gegenwärtig wird die Zahl der Silben (Kana-Zeielienj zu. Grunde
^^t, bei der japanischen Art su schrdben em gans praktisches
Fünftes Kapitel.
Das Grundeigeutum.
Vorbcinerkting. Was bisher in europiü^ch'^n Sprachen Uber
japauischeu Grundbesitz, namentlicb das Immobiiiarrecht ^ veröffentlicht
18t, sind nur Bruehstttcke, so der Anhang; zu Gubbins Report on
Tnxafliiii ^Landtrnr.rr- fl^^:^) und die Notizen in Radorffs Auf-atz
„Die KecbtspHeKe in Japan in der gegenwärtigen Periode", Mitteilungen
der Deutschen Gesellschaft fBr Natnr- und VöIR erkunde Ostasiens Bd. IV
Heft 40 S. 44v' f - In diesem Kapitel soll nur der f^pponwürtigc thatsäch-
liche Znstand behandelt werden. Auf die privatrechtliche F>flr^tellung
kann ebensowenig alt» auf die Geschichte des Grundeigentums ein^e-
fangen werden. Über letztere vcl. Tarring, Landprovisions of tne
'aiho Ryo, Transactioim <>f the Asiatic Sucietj- of Japan Vlll 1 1^ ff.,
und H. VVeipert, Japanisches Familien- und Erbrecht, in Mitteiiuujgeo
der Deotsehen Geselticbaft ete. Bd. V Heft 4H. namentlich S. 121 H — Vgl.
Midi oben die Bemerkungen im ersten Kapitel des ersten Buches S. 17 f.
und b^Ronders weiter unten den ecateti und sweitea Abecbnitt des
Kapitels Grundsteuer.
Erst nach Äbschlufs meines Manuskriptes kam mir zu Gesicht die
pjücirfnttnn von J, Ota-Nitobe -Uber den japanischen Grundbesitz,
deutseu Verteilung und landwirtschaftliche Verwertung" (Berlin 1090).
Der i^eschiehtliGhe ÜberhUck ist ganz oberflächlich, etwas beaaer dSe
statistische Darstellung der heutigen Verhältnisse, im wesentiichen ein
bunter unkiitiacher Auszug aus dem Statistischen Jahrbuch.
I Die Preise, welche der ansUadische Tourist bezahlt, amd natllr-
lieh nicht unerhe1)lich höher.
' Vor 1^ gab es sogar Stadtpostkcurten zu 6 Rin.
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X 4. 277
Der Leser möge sich erinnern . dafa ein Cho ungefähr ebpneo grofs
ist wie ein Hektar, genauer 120 Cho =119 Hektar. Em Quadratri
bat 1555,t Cho.
Im wesentlic hen shid die Zahlen für ISiSG zu Gründe rri le^rt. da
mir manche NacUweiaungeQ nur bis zu diesem Jahre voriageu und da
in den folgvoden Jahren die 1886 begonnenen Keuvenneesungen des
Ackerlandes allerlei Verschiebungen hervorrufen. Für die Landesteile
untereinander werden die Zahlen ent wieder von 1889 an Tergleichbar.
Die rechtliche Regeluug der Verhältnisse des Grundbesitzes
iit biahfir so gut ivie «uMshlioftlksh aufl GrOndfln der Fuianz-
TerwaltoBg erfoJgt, stttckweuey je nach praktnchen Bedfirfiiiaaeii.
Der gegenwärtige Zustai;d ist kurz der folgende:
Aller Grund und Boden zerfKllt in öffentliches und privatee
Land (Gesetz 120 vom 7. November 1874, durch welches
Kr. 114 vom März 1B73 abgeändert wurde).
Öffenti ich es Land zerfkllt in vier Klassen:
■
I, Zahlt weder Staats- noch Gemeindesteuern.
a. Kaiserlicher Palastgrund;
b. Heiligee Land (Ise-Tempel, Kaiserliche Giftlm*, Staat»*
tempel, Bezirkstempel, andere nicht in PrivatbesitB
befindliche Tempel [gemeint sind durchw^ Sfalnto-
HeiligtUmerj);
n. Zahlt keine Staats^ aber Gemeindesteuern.
a. Palastgrund kaiserlicher Prinzen;
b. Land, weiches den Zwecken der Verwaltung dient
(ftlr alle staatlichen Verwaltungsgebäude! fUr Heer-
und Marineverwaltung etc.), und vom Staat zu öffent-
licher Benutanng heigegebenes Land;
III« Zahlt weder Staats- noch Gemeindesteuern.
a. Berg, Wald, Moor, SUmpfe, Seen, Fluisbetten, Deiche,
Stralsen, bebautes Land, welches nicht in Privat-
eigentum steht :
b. Land der Eisenbahnen;
c. Land, auf dem TelegraphensUmgen stehen;
d. Land, auf dem Leuenttürme stehen;
e. Geschichtlich berühmte Plfttae; öffantliehe Parks;
f. Land, an weldiem das Privateigentum verloren ge-
;^^angen ist;
g. Tempel (buddh.), Pagoden und Gräber, die nicht in
Privateip Titum stehen;
h. Kichtplätze.
IV. Zahlt kerne Staats-, aber Gemeindesteuern.
Nicht in Privateigentum befindliches Land, welches
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278
öffentlichen Zwecken dient, für Tempel Schulen,
Kranken- und Armenhäuser.
Privates Land serfidlt m swd Klafleen:
1. Zahlt Staats- und Ciemeindesteuem.
a. Alles mitzHare Privateigenttuii ;
b. Land in «gemeinsamem Eigentum, welches öffentlichen
oder gemeinsamen Zwecken dient, Schulen, Kranken-
häuser, Tempel, Grasland u. s. w.
IL 2ahlt weder Staate- noch GemeiDdeeteaero.
a. Gemetndetempel ;
b. Brunnen, Wa»ierleitungen, Absogekanlile etc. in
Privateigentum;
e. Öffenttiime
(Als dritte, steuerfreie, Klasse findet man audi Bßgräbnis-
plAtM angegeboi, die in Privatsigeotum stehen.)
Über die unter die einzelnen KUssen feilende Flüche giebt
die japanische Statistik keinen ganz vollständigen Au&oiifaiw.
Klasse I des öffentlichen Landes umfärbte Ende 1881
13744 Cho, dagegen Ende 1886 44829 Cho. Davon kamen
auf kaiserliche Gräber 334, auf Shinto- Heiligtümer 12920 Cho,
auf kaiserhchen Besitz 31 575 Cho. Der Zuwachs in dieser
Klasse kam fast ganz auf letztere Abteilung, welche 1883 erst
1303 Cho enthielt. In den Jahren 1 888/89 ist der kaiserliche Besitz
noch erheblich vermehrt worden, namentlicli durch Über-
tragungen von Staatseigentum an das kaiserliche Hausver-
mOgen , insbesondere die Gruben Sado und Ikuno und Forsten
im Umfange von 1 800000 Cho.
Klasse II enthielt Ende 1881 1 6 897 Cho, Ende 1886 dagegen
33 31 7 Cho. Hiervon kamen nur 29 Cho auf den Besitz der Prinzen^
der gnnze Hest auf das Verwaltungs zwecken dienende Tjind.
Von Klasse III ist nur die Fläche der Staatsforsten genauer
bekannt. 1881 waren es 5 259183 Cho, 1886 5635 527 Cho,
1887 6893880 Cho. Die Abteilungen b— h dieser Klasse sollen
1881 5197, 1883 6403 Cho betragen haben.
FUr Klasse IV werden lür mi 206 Cho, 1883 280 Cbo
angegeWn.
Der dem Umfange nach genauer bekannte Teil des Öffent-
lichen Landes hätte mithin 1881 5 295 226 Cho, 1886 etwa
5 720 00n Phn, 18S7 »-twa 7020 000 Cho betrn<jen. fAulserdem
werden als unbt l)aiit«ia und Bergland für Ende 18«6 11 894880 Cho
angegeben, davon in Altjapan 2611390 Cho.)
' In welcher Weise hieiToo KUuse III g UDterscbiedea wird, ist
sieht klar.
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X 4.
279
Priviitlaiid hat zus^miraen Ende 1886 13107 2:U Cho,
Ende 1887 i3od4 7ü/ Ulio betragen*. Wieviel davou aui da:*
nutzbare Eigentum äeat Ortsgemebdoi komm^ mkhm mit dn-
begriffea ist, wird nimnds angegeben.
Die Fläche des ramtlandes hat sich in den letzten Jahrcci
nicht unbeträchtlich ycrinchrt, da .sie Knde 1881 (nach Beendigung
der Grundsteuerreform) auf 117r>2 01M3 Clio angegeben wurde.
Dir Vrrmehrun^ ist zum Teil dem Verkauf von Staats-
iaudei' it n. znm Teil besserer Venne.ssung zuzusch reihen. Trotz-
dem tiiiichL iUe angegehene Fläche die Wirklichkeit nicht.
Infolge des bei der Grundüteuerrelbrm beobachteten \'er-
fthraw aind die Flfichen hat durchweg etwas ra niedr^
angegeben, am wenigsten bei Bauland (Halugnmdstücke),
am meiste bei Wald- und Grasland. Wie git^fs doTchschnitdich
der Fehler ist, läfet sich natürlich nicht genauer angeben. Nach
der Meinung des japanischen Statistischen lJureaus soll er etwa
10 Prozent betraj^^en. Zu beuehtf n ist auch, dafs jenf Zahlen
das 7fMtwei«e odor dHuemd steuert rcie im Privateigentum be-
üiiJiiche I^iitl uiclii umfassen. Aber selbst wenn wir dieses
alles berücksichtigen, so ergiebt sich, dais immer noch weniger
ab 40 Ihmsent der Flüche des I^iidea In Privatei^tiim stehen
durften, bei einem so dicht besiedelten Lande gewiCi eine merk-
wflrdwe Erscheinung.
von der im Privateigentum stehenden steuerpflichtigen Flttche
war
Ackerknd 1881 37 Prozent 1886 35 Prozent
Bauland - 8 - - 2*/8
(Hausgrundstücke )
Wald- und Grasland - 59 - -62
Absolut liabeu alle Eaudarteu zugenommen, Wald- und
Grasland aber sehr viel schneller als die anderen Arten.
Der Ende 1886 im Privateurantam stehende steuerpflichtige
Grundbesitz serfiel in folgende nJassen:
> Die Dachgewiesene Fläche war zusammen in runden Zahlen 1886:
Verinp«H* nos üfff-ntliches Land o 720 000 Cho davon in Altjapan 5 T2() OOO
Berg- und Ödland llöÜÖOOü - - • - 'iOluuüO
Steuerbares PHvatisiid 1.^197000 - - - - 13 170000
30812 000 Cho 21500000
Japan sollte haben rand davon Al^apan
38560000 Cho 29 140000 Oho.
TV'.' Millionen Cho sind also nicht naclipewiescn (£Mt ganz auf Alt-
japan entfallend), wovon auf Wege, Wassertliichen etc. doch nur ein
Teil kommen kann. Die Fläche des Privatlandef» ist allerdings za
niedric;. Aber selbst wenn wir den Fehler auf 10 l'n /c tit ansetzen, so
sind (trts immer erst l:iO()MO Clio Tlazu kommt der steuerfreie Privat-
gnu^d besitz. Die auf Okinawa-keu bezüglichen Angaben sind nuch
Tolli^ ungenügend. — Nach der nur auf einen des Ackerlandes er-
streckten Grundsteuerre?inon betrug der steuerpflichtige Gmndbesita Ende
im 13810606 Cho.
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280
X i.
RoiBland (Ta)
Trru kenfeld (Hata)
Bauland (Hausgruiid-
Stacke)
Salzgärten
Wald
GfuHmd (oder Heide,
Hara, Gcnja)
Sonstiges*
HsvAn in
IUI* CUJOUI OVBWC«^
uittrl VAU
o ß.f;? 208 fiho
6 Ovfi wiav
1 fiHT» 151 Y«
1904216 -
1881222 •
2658^361 •
:i.V^960 -
135 976 176 -
'i .V>6 -
1407 471 -
7 25a4«7 -
7 2öl69<? -
24 292 225 -
1003 652 -
1003104 -
2 3(52 606 -
17 M7 -
16 168 -
zusammen 13 197 2:M Cho 13 lö3 720 Cho 1 645 738 713 Yen
In der Verbreitung des privaten Grandeigentiims bestehoi
zwischen den verschicclenen Lundesteilen ganz auffallende Unter-
schiede. Die amtlicht* Statistik gicbt eine Übersicht, wieviel Cho
von jeder Landart des stouerpfliclttif^pn Privatlandes auf den
Quadratri kamen. Ein C^uadratri hat 1555,2 Cho.
Im Durchschnitte von ganz Japan kamen danach Ende 1886
auf den Quadratri 532 Cho PriTatuuid. SchfieTst man aber den
0U1S dUnn benedeiten Hokkaido aus, der last ein Viertel der
fiftche des Landes darstellt und in welchem noch nicht 3 Cho
steuerbares Privatland auf den Quadratri kommen, so sind fUr das
übrige Land 705 Cho auf den Quadratri vorhandt n (45 Prozent).
Man solltf aber auch, was die amtliche Statistik nicht thut,
Okinawa ken (Hyukyii) ausschliefsen, wo bei einer Bevölkerung
von 870000 Einwohnern nur 12016 Cho steuerpflichtigea Land
nachgewiesen sind. Für Altjapan wUrden wir dann 710 Cho
auf Senk Quadratri erhallen. Thatsichlich steht also wahrscheinlich
die knappe Hftlf^e der Fläche des Landes in Privateigentum.
Auch innerhalb Altjapans bestehen aber ganz erhebliche Unter-
schiede. Am ausgedehntesten ist das Privateigentum im Bezirke
Kanagawa, wo es 10^0 Cho auf den Quadratri betragt (70
)*rozont). Mehr als loun Cho hnttcn aufserdem nur noch Ehime
(1065), Gifu (1030), ( )kayama (1027), Chiba (1016) und
Shimane (1007). Mehr als 900 Cho haben die Bezirke Saitama,
liyogo, Hiroshima, Shizuoka, Tokyo und Miye,
Anderseits haben vier Bezirke weniger als 400 und ftnf
weitere Beeirke weniger als 500 Cho, nltmlich Miyazaki (847^
22 Proaent), Aomori (353), Akita (376), Yamanashi (398),
Kagoshima (447), Kumamoto (454), Yamagata (459), Fukushima
(462) und Oita (482). Im wesentlichen ist das also die Nord-
1 Enthält Heilquellen, der Binsenzncht dienende Teiche, Tirocken-
pl&tze für Seetang u. a. m.
^ Daa ist Japan ohne Uokkaido und Kyukyu (Okinawa). Anfier^
dem mnd aber noeh die 7 Inseln von Isn «nweacblosBen.
' „Steuert' er ist der Mafsstab für <lie Auflegung der Grundsfeuer,
welche 2'';; Prozent des Steuerwertes beträgt. Naliercs siehe in dem
Kapitel über die Grundsteuer. Dort auch weitere Augubeu über den
Bteoerpflichtigen Ghnndbesits.
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^4.
281
BcHtze der Hauptmst4 und die Südosthälfte von Kyushu. Die
Vermutung liegt freilich nahe, dafs gerade in diesen entlegensten
Besirken auch die Vermessung am ungenausten sein dürfte.
Machen wir eine gleiche Berechnung für & fbnf Teile, in welche
das B4samö Stattstique Al^apan xeriegt, so erhalten wir
fidgende ZaUen:
Da die Unterschiede hauptsächlich bei dem l^esitze von Wald-
und Grasland sieh linden, so wäre es sehr wohl möglich, dals
ein Teil der grofsen Verschiedenheit mvli darÄUs erklärt, dafs bei
der Auseinandersetzung über die Trennung von Staats- und Qe-
meindelttndereien dieser Art in yerschiedenen G^nden in ver-
echiedeDer Weite Terfahren ist. ist leicht denkbar, dai's Lftn-
deraen, welche von den Bauern zum Grasholen u. dgl. benutst
werden, in manchen Gegenden für Staatsbesitz, in anderen ftir
Gemeindebesitz, d. h. also steuerbares Privatland erklart sind ^
Das Reeht, welches dem ( JrundeigentUmer in Japan an dem
„Privatland^ zusteht, ist das des wirklichen freien Eigen-
tums, nachdem alle früheren Bcächnin klingen des Üesitzes und
der Benutzung in den Jahren 1868—1872 abgeschafi^ dnd. Fttr
VeränlBerung, Verpfilndung, Teilung u. b. w. besteht ToNstKndige
Freiheit. Übertragung des Eigentums und Verpfkndun^ eifo^
durch Eintragung m das öffentliche Grundbuch oder Lfindregister,
welches von den Friedensgerichten ( (^hiiinsaibansho — in Zukunft
Kii!*ail)an?»ho) geführt wird We^cn der verhaltnismnfsi^ g^erin^cn
ZjUiI (lirscr Uenclite — etwa 2UÜ — und da die Parteien per-
hünlit li t rscheinen müssen, kann die liegistertüiirung in entlegenen
Orten der Gemeindebehörde übertragen werden. Nicht einge-
tragene Verkäufe, Schenkungen, Verpfkndungen sind Dritten
gegenüber ungültig (G^Mts vom 11. August 1886, in Kraft
vom 1. Februar 1887. Auf die privatrechtliche Konstruktion
und Natur dieser Einrichtungen ist hier nicht einzugehen). Bis-
her war aufserdem der Besitztitel (Chiken) zu übertragen. Durch
Gesetz Nr 13 vom 22 Murz 1880 sind aber die Besitztitel ab-
gesciiaflt und hahrn nur mehr die Bedeutung von Kataster-Aus-
zügen ivgl. kaiö. rordnung 39 vom gleichen Datum).
In einer Beziehung bestand bisher aus KUckaichlea der lie-
stenerung, welche übrigens auch dem eben erwähnten Register-
geseta im Grunde liegen, eine bemerkenswerte Beschränkung des
' Etwa« Eingehendes über diese Auseinandersrt/nnir /u «'rfHhren.
bält sehr schwer. Mir scheint nach meinen unvoilkouinieneu iulorma-
tionen, da(s man dabei nemlicb legellos und wülkfirlieh T<»g^gi]ig«i ist
Nordnihon
Mittelnihon
^^*estnillon
Shikoku
514 Oho
809 -
894 -
943 -
518 -
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2B2
freien I^oniitzungsn^chtes durch den Eigen tiimer. Nämlich eine
derartige ^Luderung der Benutzung bisher steuerfreien Grund-
bentaeSy dals er ab iteuerpflichtig angeeehem werdam malkto» be-
deute yoriieriger Genefanugung durch dia Be&rkar^eniqg. D»-
selbe war der Fall, wenn Land urbar gemacht werden Milte ^.
Durch die Novelle zum Grundsteueigeeetz (Nr. 30) vom 20. Not.
1889 ist aber an Stelle der vorherigen Genehmigung: das Er-
fordernis vorber?<j^or Anzeige getreten. Bei Land, diis durch ver-
änderte Benutzung in eine andere Steuerklasse übergeht, ist
gleichfalls Anzeige an die Bezirksregierung zu macheni mit der
Bitte um Neueinschätzung.
Eine andere Bescbxttnkung der Verfügungsfreiheit ut dagegen
nea eingeführt durch das QeaetE vom 28. April 1886 Uber die
Errichtung von Fanülien-FideikoiiUDisaen} welche den Häuptern
von Adelsfamilien gestattet ist. Ausgedehnter Gebrauch scheint
davon bisher nicht gemacht zu sein, wie überhaupt der Adel im
aUgemeinen keinen erheblichen Grundbesitz hat (vgl. den bchluls
dieses Kapitels).
I ber Exproprnition von Grundbesitz für öHentiiciie
Zwecke bestimmte bisher das Gesetz 132 vom 28. Juli 1H75,
dais über die Notwendigkeit der Expropriation nach Bericht der
betreffenden Behörden das Daijokwan entscheide und dais als
EntschAdigung der Im Besitatitel enthaltene Grundsteuerwert au
zahlen sei. Sei aber der wirkliche Wert ein anderer, so solle
der Preis zwischen beiden Ptoteien Tereinbart werden. Sei
Übereinstimmung nicht zu erzielen, so ernenne jede Seite einen
Mnschätzer, auf Grund drren Ont^ichten das Ministerium des
Innern entscheidet. Die Ent-schadigung f^ir Pflanzen und (n baude
sei in gloiclier Weise festzustellen. Diedes alle Kutsdicidung
der Regierung vorbehaltende Gesetz ist jetzt b^boitigt durch
Gesetz 19 vom 30. JuU 1889, welches In 41 Paragraphen die
Expropriation im wesentlichen nach pfeufBischem Muster regelt
Wenn danach der Eigentümer den angebotenen Preis ablennt,
so entscheidet der ständige Ausschufs des Bezirkstages unter
Vorsitz des Präfckteu. Der Ausschufs entsclieidet erstens dar-
über, ob das Grundstürk zu expropriieren i<T, zweitens über die
Hohe der Entschädigung. Gegen die erstere Entscheidung kann
binnen 7 Tagen boirn Miniskr des Innern Beschwerde eingelegt
werden. Gegen die Höhe der Entschädigung können binnen
drei Monaten die Givilfferichte angerufen werden.
Das^ Eigentumsrecmt des Grundbesitzers erstreckt sich nicht
auf die im Boden enthaltenen nutzbaren Mineralien^ soweit
diese dem Bergregal unterwoden sind.
Die Verpfändung von Grundstücken war georegelt
* Oder, genauer gesprochen, wenn Wald-, Gradaod u. dgL in Acker-,
BanUnd oder iSalsgartan mngewaadelt werden soUle.
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X 4.
283
durch Gesetz 18 vom 17. Januar 1873. Das Gesetz kannte
zwei Formen der Verpftlndung: mit Ubergabe des Besitztitels
(Shichiire), d. h. also Besitzübortragiing, und ohne solche f Kakürc,
Hypothek ). Die Grundsteuer trägt der Pfandinhaber. Wenn binnen
drei Jahren die Schuld nicht getilgt ist, kann der besitzende Pfand-
gläubiger Übertragung des Eigenturas fordern. Beide Arten von
Verpfändung sind vom Schulzen zu registrieren , doch gestattete
durch Verfügung vom 29. Api il 1875 das Daijokwan die Über-
gabe des Besitztitels als Sicherheit auch ohne Eintragung. Durch
das bereits erwähnte Register^^^esetz von 1886 wurde aber durch-
weg Registrierung im (irundbuch vorgeschrieben. Thatsächlich
sollen sich jedoch die Leute, um sich der Registergebühr zu ent-
ziehen, der Regel nach weiter mit der blofsen l'bergabe des Be-
sitztitels begnügt haben. Dies soll ein Hauptgrund für die 1889
erfolgte Abschaffung der Besitztitel sein.
Die Statistik der Verpfändungen hat mithin nur
den Wert von Mininialzahlcn, da sie natürlich nur den Betrag
der eingetragenen Verj)fändungen angiebt. Immerhin bietet sie
auch manches Beachtungswerte. Sie ist veröffentlicht für die
Jahre 1883 bis 1886, bezieht sich also nur auf die Zeit vor
Inkrafttreten des neuen Registergesetzes. Die Statistik umfafst
den Wertbetrag der Neueintragungen, Löschungen und des Be-
standes am Ende des Jahres und die Summen der Gnmdsteuer-
werte der verpfjlndeten Grundstücke, leider aber weder die Flächen
noch die Landarten, auf welche sich die Verpthndung bezieht.
Auch sagt sie nichts über die Grölse der einzelnen Verpfändungen.
Sie bezieht sich nur auf Altjapan, giebt aber auch f\lr dieses nur
1884 den Nachweis f\ir alle 43 Bezirke. Dagegen umfafst
sie 1883 nur 33 Bezirke, 1885 40 Bezirke', 1886 26 Bezirke.
Für 25 Bezirke liegen gleichmäfsige Nachweise von 1884 bis
1886 vor.
In den sämtlichen Bezirken, für welche Zahlen gegeben sind,
waren verpfändet zu Ende des Jahres
Grundstücke im Steuerwerte von für eine Pfandaumnie von
1883 170087694 Yen 156936384 Yen
1884 268145501 - 233100696 -
1885 241420028 - 192114293 -
1886 167104 472 - 125 284 502 -
In 25 vergleichbaren Bezirken waren die Summen
1884 135507614 Yen 123763415 Yen
1885 147994108 - 119761941 -
1886 152317 955 - 116309900 -
Diese Zahlen ergeben also für die verpfändeten Grimdstücke
und die Pfandsummen gerade die umgekehrte Bewegung. Während
' Die drei fehlenden Bezirke sind Kanagawa, Saitama und iShiga.
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284
X 4.
die verpfändeten Grundstücke dem Steuerwerte nach r^ich uni
feist 12V2 Prozent vermehrten, nahmen die Pfandaumiiien um
beinahe 6* '2 Prozent ab. Letztere waren vom Grandsteuerwert
Ende 1884 über Ül Prozent, Ende 1880 nur 76 Prozent. Bei
den Neoemtragungen jedes Jahre« war die P&ndsumme Yom
GmndBteaenrerte
1883: 92 PhHseot
1884: 89
1885: 67
1886: 66 -
Der Rückgang der wirklichen Werte der Gnindetttcke gegenüber
den Grunasteuerwerten in den genannten Jahren infolge der
WerterhöJumg der Landeswährung und der wirtschaftiichen Krisis
kommt in diesen Zahlen ebenso zum Ausdruck wie in den nach*
her zu besprechenden Kaulpreisen.
Aus den mitgeteilten Zahlen geht schon eines hervor, dafs von
der Veipföndung des Grundbesitzes in Japan bereits ein recht
ausgedehnter GeDrauch gemacht wird. Von dem gesamten Grund-
besitze waren dem Steuerwerte nach in Altjapan £nde 1884 16,8
Prozent als verpfändet eingetragen, Ende 1885 in den bekannten
40 Bezirken 16,o Prozent Die wirkliche VerpfUndung ist er-
heblicli ausgedehnter. Wie grols sie ist, lälst sich nicht einmal
vermuten.
Sehen wir uns die Belastung des Grundbesitzes mit cin-
getrajj^enen Pfandsehuldcn nach Bezirken nn. so finden wir sehr
erhebliche Unterschiede. Von dem Grundbesitze waren, dem
Steaerwerte nach, in manchen Gebenden nur unbedeutende Teile
verpfiindet. In Iwate 2. B. Ende 1886 nur 8 Phnsent Das
Jahr vorher allerdings 9 Prozent IHe eingetragenen Verpfim-
dungen waren im allgemeinen am seltensten Im Norden und
der Südhälfte von Kyushu, am stärksten in den Bezirken um
die Inlandsee, in Fiiknoka über ein Drittpl, in Oiti, Okayama,
Ehime, auch ShiiUMne und l ottori nicht viel weniger. Etwa ein
Viertel ist es in 1 okushima. Wakayama, Kyoto, Miye, auch in
Yamanashi und Kanagasva. Da man aber nicht weils, ob die
Unterschiede mehr die Folge wirklich häufiger oder seltener vor-
kommender Verpfilndung oder nur hftufigerer Eintragung der Ver-
p&ndung sind, so kann man aus den Zahlen nicht weitgehende
Schlüsse sieben. Bei einem Vergleich mit der Häufigkeit des
Verkaufs von Grundbesitz findet sich, dafs unter den hierbei
stark beteiligten I?ezirken sich eine Reihe der obengen-innten Be-
zirk«' liMitfifjfT Verpfandung gleiehfdls finden. Es sind aber aucli
Bezirke dai unter, in weichen die eingetragene Summe der Ver-
pfändungeii verhältnisraäfsig gering ist.
Aus dem gleichen Grunde muls man vorsichtig sein mit
Schlüssen aus der Ab- oder Zunahme des mit Pfandsehulden
behafteten Grundbesitzes. In manchen Bezirken schwanken die
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Zahlen von Jahr zu Jahr in so auffälliger Weise, dafs höchst
wahrscheinlich Zufälligkeiten die Häufigkeit der Eintragungen
beeinflussen. Immerhin mag erw;i}mt werden, dafs nach diesen
Zahlen der verpfHndete Grundbesitz sich stark vermehrt hätte
in Tochigi, Kyoto, Okayama, Hiroshima, Tükuöliiaia und Eliime,
D^^en hätte er erheblich abgenommen in 2viigata, Osaka, Aiclii
und Kumamota.
Um die Höhe der Vef8cfaiildi]D|^ bet veipfitndetem Grund-
besitz zu beurteilen, darf man naftttrhch nicht die Steuerwerte su
Gnmde legen. Man mttlate von den wirklichen Preisen aus-
geher». Im allgemeinen sclifMnt die Reloihung ziemlich hoch zu
sein, drei Viertel bis vier Fünftel und mehr vom wirklichen
Werte des Grunds tuckes.
Sehr bemerkenswert scheint mir, dafs die Verschuldung des
Grundbesitzes nur zu einem Teile eine dauernde ist. Ein ganz
erheblieher Teil der Verpftodungen erfolgt anscheinend nur auf
ganz kurae Fristen, wie sich aus dem Yerlillltiua der Keuein-
tragungen zu dem Bestände ergiebt.
£nde 1884 128763415 Yen 1885 64517377 Yen
. 188r, 119 7(;iP41 - 1886 55955968 -
- 1886 116309900 -
Die Neueintragungen wfthrend dea Jahres machen also etwa
^ die Hälfte der am Ende des Jahres vorhandenen Pfiindsumme
aus! Das deutet auf Verhältnisse, die mit unserem mitteleuro-
päise]ien Hypothekarkredit lier/lich wenig gemein haben. Die Ver-
StUndung des Grimdbesitzes erfolgt anscheinend nicht so sehr, um
auemde Bedürfnisse zu befriedigen, sondern um dem kurzen
Kredit für laufende ßedtlrfnisse zu dienen, aul dem Lande, um
das Geld Air Steuern, fUr den Ankauf von Dünger u. dgl. auf-
subringen, in der Staudt^ um das Rohmaterial des Handwerkers,
die Waren des Kaufmanns zu beschaffen, wohl auch um bar
Geld fUr Festlichkeiten u. dgl. zu erhalten. Dafs die Verpfiln-
dung des Grundbesitzes nicht das beste Mittel ist, um derai-tige
Kreditbedürfnisse ?u befriedigen, bedarf wohl keiner Hervor-
hebung. Die Kreditverl lahiiiäse Japans sind aber so, dal's der
kleine Mann Kredit zu iialbwegs annehmbaren Bedingungen nur
gegen derartige Sicherheit erliält.
Eine entsprechende Überaidit, wie über die Verp&ndungen,
giebt es Uber die Verkäufe ron Grundbesita^ woraus
eanenseita tiber die thatsächliche Mobilisierung des Gnmdbesitzes,
andeneita über die Preise der Grundstücke manchea Beachtens-
werte zu entnehmen ist. Auch diese Übersichten geben nicht
die Fläche, sondern nur dio St^uerwerte der verkauften Grund-
stücke und die daiür gezahlten Preise. Die Grundstücke sind
der Bestand
der FfAndscbaldeD
Neneintragungen
wXlixeod des Jahres
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28G
X4.
dabei in drei Klaasea eingeteilt, Ackerland, Wald und anderes
Land. Leider stod die Üoeniohten fSkr Altjapan nur für 1884
ToOrtündig und auch hier ist der Besirk Osaka besser abBusetaen.
1883 sind die Zahlen aus 33 von den 43 Bezirken milgeleilty
1885 aus 42 Bezirken (es fehlt nur Shiga), 1886 aus 29 Be-
zirken. Trotz dieser Mängel giebt die Statistik der Liandverkiiufc
dooli ein höchst schätzenswerte?! Matprial, welches immer noch
erlicblich wertvoller ist als die eiiizehieu Angaben, die einem
aui Reisen hier und da über den für Grundstücke gesahlten
Preis gemacht werden.
Die Summe der verzeichneten Landverkäuie betrug :
1883 56228 458 Yen mit einem Steaerwerte von 46123669 Yen
1884 81528 704 - - - 75 372427 -
1885 84 197085 ... . . 82218602 -
1886 62 438 018 - - - - - 50 054072 -
Die Wertfiummc ftir 1^84, in weichem Jahre ganz Altjapan
einbezogen ist, betragt 4,>i Prozent des Steuer wertes des Grund-
besitzes überhaupt. Ks wechselt also in Japan alijiihrlich doch
schon ein nicht imbeträchtlicher Teil des Grundbesitzes durch
Verkanf den Besitzer. Und dieser FrosentsatB ist im Steigen.
In den 28 Bezirken, Aber welche Zahlen für die drei Jahre 1884
bis 1886 gieiohmäisig vorhanden sind^, waren die entsprechenden
Summen :
1884 55 687 732 Yen FmB 50 586 168 Yen Wert
1885 54 080 649 - - 51898427 -
l^>-'6 58578879 - - 58467444 •
Wechselten 1884 etwa 4,8 Pros»nt des Landes dem Steuer-
werte nach den Besitzer, waren es 1886 schon 5,i Prozent.
Diese Zahlen bedeuten, dals durchschnittlich in etwa 20 Jahren
der ganze (iruudbesitz eine Eiu'ontumsveränderun^^ crf; ihren
würde. Man sielit. wie gering die Stabilität der Beöitzverhiiltnisse
in Japan geworden ist. Mau darf aber nicht vergessen, dalis
in diesen Durchschnitten die städtischen HausgrundstUcke ein-
begriffen sind.
Auf die drei angegebenen Klassen Terteilten sich diese
Sununen folgendermaisen.
Ackerlaad wurde Terkanft:
1883 für 46151505 Yen im Steuerwert von 416*19 287 Yen
1884 - 68136084 . - - - 68973147 -
1885 - 65305245 - - - - 70460765 -
1886 - 45558789 - - - - 51523565 -
^ In clor amtlkbeu Statistik sind 2f> Bezirke anpo^'cben. Die Zahlen
tlir Osaka - fa aiud aber thatsächlicb nicht vergleichbar und daher ab»
sosetzen.
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In ganz Altjapan ohne Osaka-fii wechselten 1884 4,<j Pro-
zent des Ackerlanctes durch Verkauf den EijLcenttlmer, bis 1886
dürfte das auf 5 Prozent angewachsen sein. Für 27 veigieiob-
bare liezirke'' waren die Zahlen fol*?ende:
1884 Preis 4539()817 Yen, Wert 45470729 Yen
lRRr> . 43317 861 - - 461^00 345 -
Ibbü - 44681394 - - 46607434 -
Wald wurde verkauft:
1883 fUr 4098575 Yen Im Steuerwerte von 158S695 Yen
1884 - 5 174 781 - - - - 1888 041 -
1885 - 5 591746 - - - - 191 G 108 -
1886 - 3747366 - - - - 1333693 -
Dem Werte nach war das 1884 8^ 6 Procent der Waldflfiohe
und ist bis 1886 gtinz unbedeutend gewachj^rn.
Die Klasse ..Anderes Ijand** enthalt als la^t ausselilieiklichon
Bestandteil das Hauland (nämlich einen Steuerwert von nind
126150000 Yen unter 128900000 Yen iUr Altjapan ohne Osaka).
Hier war die Knt Wickelung die folgende:
Es wurde verkauft:
1883 für 5978 318 Yen im Steuerwerte von 2890 687 Yen
1884 - 7914r)63 - - - - 4 507828 -
1885 - 8953 764 - - - - 4703077 -
1886 - 11653130 ... - 4885770 -
Von dem überhaupt vorhandenen Steuerwert wurden 1884
verkauft 3,5 Prozent, bis 188() vermehrte sich das aber bis auf
6,2 Prozent, Bauland zeigt also das etwas überraschende Er-
gebnis, dafs es anfangs verhJiltnisraftfsig weniger verkauft wurde
als Ackerland. Dagegen wuchs die Häutigkeit dei* Veräufserung
rasch mit der Bessmmg der wvtaofaalffiehen VeriilUtnisee im
Jahre 1886.
In den vergldchbaren 27 Besvken war die Bewegung die
folgende:
1884 Fim 6034156 Yen Steaerwert 3368218 Yen
1885 - 6591384 - - 3167050 -
1886 . 10981867 - - 4298444 -
Untersuchen wir, wie weit die Mobilisienmg des Grundbesitzes
in den einzelnen Bezirken vorgeschrittt n ist, so linden wir, dafs
im allgemeinen der dichter bosiodelte Stlden in dieser Richtung
viel unruhiger, beweglicher erscheint Dem Steuerwerte nach
* Da im Fukm-ken die Unterscheidung iji K l isten nicht durch-
geführt bt, sondern ntir die Geaamtaumme ausgeben, ist auch dieser
Bczii* von der Vergleiehiuig awsnebfie&eD. v endetchnng irt nur fllr
27. nicht fUr 29 Besirke möglich, wie die amtlicfae Statttik glauben
macht. Vgl. voiige Anmeiining.
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288 X 4.
wurden im allgemeinen Durchöchnitte von dem Ackerlandc vpr-
kauft etwa 5 Prozent. Erheblich dahinter blieben zurück
namentlich Iwate, Niigata, Fukiii, Chiba und Aichi. Erheblich
über dem Durchschnitt standen 1883 Kochi mit 9,3 Prozent,
1884 Toktuhlma mit 8, Kumamoto mit 7,?, Saga mit 0,5 Pro-
Beut, 1885 TokuBhima und Okayama mit 7,s, Komamoto mit
7, Hu-oshima mit 6,7, Hyogo mit 6,6, Fnkuoka mit 6,4 Ptosent,
1886 Tokushtma mit 8, Osaka mit 7, Aomori mit 6,7, Yamagftta
mit 6,6, Okayama mit 6,8, Hiroshima mit 6,i Prozent.
Im letztgenannten Jahre standen dfen 6 Prozent nahe auch
Oita, Ehime, Wakayama, Miye, Vamana«hi, Gumma, Toyama,
Miyagi etc.
In manchen Gegenden hat also die Beweglichkeit schon
einen bedenklich zu nennenden Charakter angenommen, wobei
jedoch immer zu beachten ist, dafs luer offinil>ar die wirt-
schaftliche Erisis von 1883/85 sich äulsert Von den Berirken^
fUr welche die Zahlen vollstündig vorlic^^, wechselten in den
Jahren 1B8S/86 den Besitzer dem Werte nach von dem Ackerland
in Tokushima 20 Prozent
• Kumamoto 24,5
- Ehime 23
• Saga und
Fukuoka 22
- liiroahima 21,4
- Aomori 20,4
In den drei Jahren 1883/85 warm es:
in Kochi 19 Frozemt
1884/86 in Okayama 19,7
- Yamagata 17
In Osaka und Hyogo, wo die Zahlen nur unvollständig
mitgeteilt sind, mufs der Prozentsatz gleichfalls sehr hoch sein.
Die für „Anderes Land" d h. wesentlich Rauland nach-
gewiesenen Summen fallen natliiiich in der IlanpUache auf die
Bezirke mit grofsen, in lebhafterer Entwiekclung begriffenen
Städten. Von dem Erlös» von 11053130 Yen (bei einem Steuer-
wert von 48Ö5770 Yen) von Yerkäufen „Anderen Landes'* in
28 Bezurken im Jahre 1886 kam anf die Bezvke Tokyo,
^nagawa und Osaka allein die Summe von 7764039 Yen bei
einem Steuerwerte von 2 291 424 Yen. In Tokyo sind von
1883-1886 für 11 040962 Yen in diese Klasse gehörige Grund-
sttlcke verkauft, dem Steuerwerte (von 8 935 752 \en) nach
genau ein Drittel dea Baulandes, welches eigentlich allein
in Betracht koniint. Etwas mehr als die Hälfte dieser
Summe kam alieiu auf das Jahr 1886. 1>( sitz Wechsel bei
einem Sechstel iüler BaugrundstUcke in einem Jahre ^ ist
I Thatsächlich den Besitzer gew<'chs<;U haben natürlich weniger
Grundstücke, da mehrfache Verkauft' dciiselben Gnuidstttcket im selMB
Jahre nicht selten gewesen sein dürften.
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X 4.
289
wohl ein deutliches Zeichen der Heberhuften Spekulation jenes
Jahres. Alle anderen Bezirke lileiben weit hinter Tokyo ziirtlck.
1886 weclis*-]tpn dem Steuerwerie nach von allen Bauirrundstlickeii
den Beöiizcr: in löhikawa 9 Prozent, in Hiroaliima undlvunagawa
8 Prozeoty m Okayama 7, in Osaka und Tokuabima 6 Prozent,
Auch hier findet Bich die ^fsere Bew^ltchkeit hauptsächlich
im Süden und Westen. Von BezirkeOi welche 188(5 in der
Statistik fehlen, hatten in den Vorjahren auch Fukui und Hyogo
verhÄltnisiii.i'si;^ hohe Zahlen,
Diese Statistik p*'Ht auch die Möglichkeit zu einer Schätzung
der durchschnittlichen Höhe der G r u n d s t ii e k s p r e i s e , freilich
in engen (irenzen Wie schon gesa«^^ enthält die Statistik keine
Angaben über die verkauften i'liichen, sondern die Steuer-
sohAtsungswerte. Wir können aber die gesahlten Flrabe mit den
Gnmdsteuerwerten vergleichen, welche durchschnittlich für die
Flächeneinheit angegeben sind. Wir würden dann die durcli-
schnittlich gezahlten l'ri ise erhalten, wenn die verkauften Qrund«
stücke duiThsohnittlieh den gleiciicn wirklichen und Steuerwcrt
hätten wie die im Lande oder Bezirk überhaupt vorhandenen.
Das wird nun kaum der Fall sein. Wahrseheinlich werden
wenigstens bei Ackerland die verkauften (^ruiidstucke vielfach
hinter dem wirklichen Durchschnittswerte zurückbleiben. Denn
unter den Verkäufen dürfte eine grofse Zahl sein, in welchen
der Bauer durch andauernde Not und Ungläcksfillle oder durch
Nachlä.ssigkeit zum Verkaufe gt zwimgen ist. Dann werden aber
die Grundstttcke meist durch schlechte Wirtschaft, ungenügende
Düngung u s. w. unter den ortsüblichen ^^^rklichen Wert her-
untergebracht sein. Vielfach dürfte auch der wirklich gezahlte
Preis schwer festzustellen und hituhg, der Stempelabgaben wegen,
zu niedrig angegeben sein. Das wird namentlich in den zahl-
reichen Fällen oft vorkommen, in welchen der Pfandgläubiger
den Grundhesita des Schuldners an Zahlnngs Statt ülmimmt.
Immerhin geben die Zahlen ein gewisses Bild der Grund-
dais diese Durchschnittspreise hinter den wirklichen Durchschnitts-
werten wohl etwas zurückbleiben werden.
Für das ganze Land weicht die Berechnung von der
Wirklichkeit noch insofern etwas ab, als wir Zahlen über <lie
Verkaufe nicht au6 dem ganzen Laude liaben. Doch wird das
einen sehr grofsen Unterschied nicht machen. Beim Ackerland
endlich müssen wir annehmen, dafs sich der wirkliche zum
Steuerwert bei beiden Arten Ackerland, Ta und Hata, gleich
verhält, während wahrscheinli li beim Trockenfeld das Wert^
Verhältnis etwas höher ist Beim Ackerland sank von Anfang
1888 bis Ende 1886 der Steuerwert von 464 auf 458 Yen fUr
> Vgl. auch unten im Kapitel über die Grundsteoer den letzten
Abschnitt.
Fofitohuiigeii (15) X 4. - Kuthgin. 19
Stückspreise in Japan, wenn
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290
X 4.
den Cho ReiBUmd nnd Ton 148 auf 141 für den Che
Trockenföld. Der wirklich erzielte Preis war 188S III Prozent
des SteuerWCTtea. 1884 99 Prozent, 1885 93 Prozent, 1886 88
Prozent. Danacn wäre der durchschnittUcbe Preis gewesen für
den Cho:
Reißlaud Tro». keufeld
1883 514 Yen 159 Yen
1884 456 - 141 -
1885 428 - 131 -
188G 404 - 123 .
Stellen wir eine entsprechende Rechnung für die Bezirke
mit höchsten und niedrigsten QrundstUckspreisen an, so finden
wir 1886 die höchsten Preise
für den Gho für den Cho
Bdsiand Trockeofdd
in Tokyo mit 1052 Yen (242 Yen)
in Kyoto mit (560 Yen) 261 Yen
dagegen die uiedrigsteu Preise
in Kagoshima mit 162 Yen 36 Von
in Miyazaki mit 202 - 47 -
iu Aomori mit 103 - 37 -
Die Zahlen fttr Tokyo stehen natürlich unter dem eigen-
ariigcn Einflulb der Grolöstadt, ihrCö stetigen Wachsens und des
daraus folgenden Ankauft von Feldern fUr Zwecke der Bau-
spekul&tiott. in dem unmittelbar benachbarten rein ackerbauenden
»utama-ken beispielsweise stellte sich das \'erhültm8 auf 623 Yen
{Ur den Oho Beialand und 168 Yen fUr den Cho Trockenfeld,
im Kanagawa-ken auf 693 und 176 Yen.
Tm allgemeinen kann nir^n aus dem vorlinndenen Material
schiieisen, dal's aitL;esrhen von den angeführten Ii« zirken extremer
Preise der Clio Ackerland um 1880 durchschnittlich bezahlt
wurde mit 20Ü bis 300 Yen iiir Reisland uod 70 biü 150 Yen
für Trockenfeld im Norden, dagegen iu der Mitte von der
Tokyo- sur OBaka-Bucht mit 400 bia 700 Yen für Reisland und
150 bis 250 Y'en Rlr Trockenfeld, im Südwesten endlich mit
280 bis 450 Yen tiu- Reisland und 80 bis 170 Yen flir Trocken-
feld. Seitdem sind die Preise im allgemeinen etwas höher ge-
worden, namentlich in den industriell entwickelteren Gregenden
und da. wo der Eisenbahnbau Fortschritte gemacht hat.
Eigenartig nach europäischen Begriffen i-^t, <! als Grundeigentum
und Ha n eigentum getrennt und nanienüieh in den grölscren
Städten \viik!ich hJlufig in verschiedenen Händen sind. Der
HauÄeigeutuLüer iiat den Grund und Boden gewöhnÜch auf 15
bis 30 Jahre gepachtet. Die Häuser werden als Sache für sich
▼erkauft tmd verpfiUkdet (beides geregelt 1875, dann durdi das
BegtBter-GeBetz von 1886). Aus der japanischen Bauart der
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X 4.
291
Hätuer erklärt sich das übrigena einfiich genug. Als BSnheit
der BerecLnung der Häusergrölse dient die Grundfläche jedes
Stockwerks ausgedrückt in Tsubo (Quadratklafler, 6 japanische
Fnfs im Geviert, gleich zwei Matten, wie sie in allon j!ij)-inischen
Häusern den Fulsbodeu bedecken. 8^ 4 Quadratmeter). Für die
Jahre 18ö3 hin 188t> giebt es gleichfalls eine nicht ganz voll-
standige Statistik der registrierten Verkäufe und Ver-
pfändungen von Häusern. Die Übersicht bezieht sich
1883 auf 32 Bezirke, 1884 auf 42, 1885 auf 40, 1886 auf 26
von den 43 Bezirken Altjapans*.
In diesen Beairken wurden verkauft Häuser mit einer
Fläche von
1883 4 837009 Tsubo für den P^is von 11 881 687 Yen
1884 8403854 14 ^71 966 -
7 841828 18 174 510 -
1886 5871094 9067 203 *
Von 18S4-1886 sind Zahlen gleichmttfsig fär 24 Bezirke
mitgeteilt In diesen war Fläehe und Preis
1884 4479768 Tsubo 9078556 Yen, per Tsubo 2,os Yen
1885 4321 754 - S418 7G0 - - - l,w •
1886 5 332285 - 8218872 - - - 1,5« -
Die Bezirke mit greisen Städten ragen natttrUch unter den
andern hervor. Im Jahre 1886 s. B. waren die betreffenden
Zahlen in den Bezirken
Tokyo 1004971 Tsubo 8021375 Yen, per Tsubo 8,01 Yen
Kyoto 155937 - 557623 - - - 3,58 -
Osaka 429 287 - 809 557 - - - l,Bft -
Aichi 255 016 - 418 851 - - - 1,64 -
Ishikawa 179977 - 260254 - - - 1,45 -
Okavama 395395 - 218 881 - - - 0,55 -
Hiroshima 161849 - 335038 - - - 2,o7 -
Ehime 352 030 - 308982 - - • 1,03 -
a, s. w.
Für Kanagawa und Hvogo, welche in den Vorjahren sehr
hohe Ziffern zeigten, fehlen die Angaben für 1886. Den stärksten
O^ensata bildet Satsuma:
Kagoshima 10745 Tsubo, 31 699 Yen, per Tsubo 2,m Yen.
In dem durclrschnittlichen Rückgang der Preise per Tsubo
zeigt .sicfi d( r Kinäuis der Währungsverhältnisse und der groiaen
wirtschatthclien Krise.
MerkwürdiiT ist bei der verfänglichen Natur japanischer
Häuser, dafs sie in ziemlicher Ausdehnung verpfäudct werden.
Die Statistik giebt nur die Summen an, niefat die Zahl der Häuser.
i 1884 fehlt nur BÜyaaaki, 1885 Kanagawa, Saitama \md Shiga.
Id*
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292
X 4.
Der Leser, welcher Japan nicht kennt, möge beachten, daCs der
Geldwert der gewöhnliehrn Hfiuser ein sehr gerinr^er ist.
Für alle Bezirke, mü' w( Iche die Zahlen sich beziehen, war
die Ptandsumme am Ende des Jahres
30214 10() Yen
löö-i 4M818 37G -
1885 34733480 -
1886 25284 733 -
In den vergleichbaren Iii Bezirken liai sich der Bestand
wenig gelindert ^wahrend die Wrschuldung der Grundbesitzer
sich anscheinend vermehrt hat) :
Ende 1884 23832940 Yen
- 1885 24 500395 -
- 1 222 888 -
Die Verpftindunu« n Hcliciiien vielfach nur auf ganz kurze
Zeit zu erfolgen, woiil als ^Sicherheit im Laufe ge«cbäfUicher
Transaktionen.
Die HaaptnuDmeD entfidlen xutürlieh wieder aaf die Bezirke
mit grofeea Städten, z. B. Ende 1886 auf
Tokyo 4 789176 Yen
Kyoto 1041884 •
Osaka 3881138 -
Aichi 1386642 -
Ishikawa 1084987 -
Aufflerdem iat bemerkenswert
Ehime mit 2470387 Yen
Fokaoka - 1816550 -
l^agano - 1133225 -
Okayama - 1094930 -
Unter den Bezirken^ fdr welche 1886 die Angaben fehlen,
sind auch Miye und Gifu bemerkenswert. Das entgegengcsetste
Extrem ist wieder Kagoshiraa mit nur 120869 Yen. Überhaupt
pchriTit lliJufigkeit des Verkaufs und der Verp&ndung von
Häusern Hand in Hand zu gehen.
Der Wert der mitgeteilten Zahlen leidet natürlich darunter,
dafs es an Mitteln fehlt, Fläche und Wert der vorhandenen
Häuser genauer zu schätzen.
Die Zahl der steuerpflichtigen Grundeigeu-
tttmer ist nicht genau bekannt. Der Bericht Uber die Grund-
Steuerreform giebt an, dafs bei der Reform 6035637 Steuer«
Pflichtige Eigentümer von Acker- und Bauland ermittelt seien,
was Mr die Person durchschnittlich einen Besitz von niir ficht
Zehntel Cho ergeben wurde. Jene Zalil ist aber viel zu gro's,
da alle diejenigen, welche in mehr als einer Gemeinde Grund-
besitz haben, in jeder Gemeinde gezahlt sind. Da in Japan
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X 4.
293
r^golmä&ig nnr das FamilienhanDt als Gkrundeigentttmer vor-
kommt, so kann man die Zahl der Hanshaltniigsvorstände mit
der der EigentHmer direkt vergleichen. Am 1. Januar 1881
war die Zahl der ersteren rund 7300000. Es w«ren mithin bei-
rahr- davf^n < 'rnnfV ii^entümer gewesen. W ie unmöglich
iiiuse Zahl der Grundeigti iiinicr ist, ergiebt sich schon daraus, dal's
in vier von den dainj^l- 1 icotehenden Bezirken die Zahl der
Üjgentüiiirr grulser war als die der liaiiühaltungsvorstände und
in drei aoderen Bezirken' beinahe gleich grold. Weni^ nützen
auch die Angaben der Agrarstatutik, wonach £hide 1886
8121075 Haushaltungen vorhanden gewesen wären, welche
Landwirtschaft auf eigenem Grund und Hoden betrieben, davon
»wei Drittel im Hauptberuf. Diese Zahl stimmt wenig zn>ammen
mit einer Frlu lrnng von 1883 84, wonnoli in '^^^ von den 43 Be-
zirken Altjapans 1 701 4m1 llaushaltungen ti n aiii eigenem,
167Ü435 auf eigenem und zugepaehtetem iiuden ge wirtschaftet
hätten, das wjiren 3 377 830 landwirtschaftliche Eigentümer, in
ganz Japan also etwa 4V2 MilHon,
Elbensowenig wissen wir leider Uber die Oröfsenverhältnisse
des japanischen Grundbesitzes. Den einsigen mir bekannten
AnLalt bieten die Listen der für die Be/.irkstage wählbaren und
wahlberechtigten Personen, deren QualiHkation von einem Census
im ersten Falle von 10 Yen, im letzten Falle von '> Yen Grund-
steuer abhängt. (Bezieht sieh gleichfalls nur auf Altjapan.)
Mehr als 10 Yen Grundsteuer zahlten 1886
000100 Personen.
Mehr als 5 Yen Grundsteuer zahlten 188li
Vor 188«^ ist nur die Zahl der wirklieli Wählbaren und Wahl-
berechtigten mitgeteilt Seit 1881 hat diese ständig abgenommen.
Es waren
wählbar wahlberechtigt
1881 879347 1809610
1886 809880 1531952
Sichere Sc hlüsse lassen sich auö diesen Zahlen kaum ziehen.
Offenbar zahlen mehr als die H^ilfte der japanischen Grund-
eigentümer w eniger als 5 Yen Steuer, haben mit anderen ^Vorten
einen Besitz von noch nicht 200 Yen Steuerwert. Dafa es wenige
Personen mit grOfaerem Besitze giebt, ist im allgemeinen bekannt.
' Nämlich
Saitama 174 200 Familienhäupter, 204 083 Grundeigentümer
Gamma 124000 - 126 713
Hiroabima 259 100 - 508n:^2 (!)
Oita 133 800 - 173 700
* Ibaraki, Yamanashi und i okuähima mit zusammen 372300 Fami-
UenhKnptein und 802720 Grundbedtsem.
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294
X 4.
Die Zahl städtisclirr Kapitalisten (Kaufleute, Beamte), welche
Grundbesitz erwerben und verpachten , dürfte sich ziemlich ver-
mehrt haben. Die Ausdehnung der Pachtwirt^ehalt in manchen
Gegenden Japans deulet darauf ebeui^o hin wie die Abnahme
der Zahl der Eigentttmer von 5—10 Yen Steaeriebtuiig. Die
Vermindenme der Zahl der etwas grOiseren Qrundbesitser scheint
mir mehr auf Koncentration wie auf Zersplitterung des Besttsses
hinzudeuten ^ Die Zahl der Personen, welche mehr als 5 besw.
10 Yen (irundsteuer bezahlen, ist aber nicht ganz gleiehmälVif^
i'iber das Land verteilt. Die Zahl derer, welche fünf Yen und
mehr Grundsteuer zahlten , war Ende 1886 im Durchschnitt
von ganz Altjapan 1,8« "o der Bevölkerung, die der Zehnyen-
zahlcr 2,37 ^ o. Über diesem Durchschnitt euinden erhebUch
Fokushima mit 6,8« und 3,8» ®/o, Shiga mit 6,55 und 4,8s "/o,
Miyazaki mit 6,50 tmd 8^ ss ^/e, Saga mit 6,n and 3^t ^/o, Miye
mit 6,f4 und 4,ii •/o, Okayama mit 6,09, aber nur 2,3« ^ 0 u. s. w.
Am entgegengesetzten Ende stellt, abgesehen von Tokyo mit nur
1,88 un(T 0,75*^ 0, Yamanashi mit 2,«(i und 1,58*^ 0, Na;^a.saki mit
2,7« ''o und 1,07^0, Niigatn mit 2,s.% und 1,73" 0, Yamaguchi mit
o,<i;i und 1,80^ 0, Ehime mit 3.-m und 1,58*^ 0, Tokushima mit 3,44
und l,7u" o. AufTallend sind Toyama mit 3,8o und 2.4;»'^'o auf
stärkere Koncentrierung, Kagoshima mit 4,7c und 1,69 auf gröfäere
ZendBttemng deutend.
Die Statistik derer, welche 5 und 10 Yen Grundsteuer zahlen,
ist noch von einem weiteren Gesichtspunkte aus beachtenswert
Sie unterscheidet nämlich die betr. Steuersahlcr nach den drei
.Ständen der Kwazoku, Shizoku und Heimin und erlaubt daher
ein gewisses TJrteil über die Intensitlit, mit welcher die höheren
Stände am Grundbejsitz beteili<^t sind.
Mehr als fünf Yen zahlten nur 290 Kwazoku, mehr als
zehn Yen nur 209, während es 533 Familienhäupter in diesem
Stande gab. Die von euronBischen YerhUltDissen so abweichende
sociale Stellung des Adels erhidt dadurdi ihre eigene Be-
leuchtung.
Von Shizoku gab es (ohne Okinawa und llokkaido) 398 554
Familienhnupter, aber nur ^2 788 zalilten 5 Yen und nur 34602
zahlten 1 <) Yen Grundsteuer und darüber, also knapp 10 und O^ 'o
der Geaamtzalil der Familienhiiupter und nur 4 " 0 der betreffenden
Steuerzahler, wniuend die Shizoku gut 5"o der Bevölkerung
ausmachen. Im gröfsten Teile des Landes ist jedoch der Ant^ul
der Shizoku sehr viel niedriger. Von jenen grundbesitzenden
> Man darf nicht aurser acht iaaaea, dafs das Frimogenitursjstem
das Erbrecht aller Klassen der Bevölkenme behemcht, wo Zenplitte*
rung durch Erbteilang nicht vorkommt, allerdings sowdlen durch Aus-
stattODg jüogerer ^hne bei Lebseiten des Vaters.
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X 4. 29S
Shizoku kommen ziemlich genau zwei Drittel allein auf Kyushu
und die Bezirke Vamaguehi und Kochi (nUmlich 41 7üü und
22 465; in Kagoshima allein waren es 13146 und 5185). In
diesen südlichen Gegenden sind die Shizoku nicht nur an sich
in giöfserer Zahl vorhandw, sondern nur dort beschäftigen sie
sich seit alters in grf^fserer Zahl mit Landwirtscliaft.
Über einige durch besonders hohen oder geringen Anteil
der Slnzokn bemerkenswerte Bezirke giebt folgende Zusammen-
stellung AufBcblufs.
Anteil der Shizoku am Grundbesitz in einigen
Bezirken.
•
Besirk
Es waren Shuokv
unter je hundert Grand-
btsitzem, welche an
(iruudsteuer zahlten
Von je hundert
FamiliennKuptern der
im Bezirk nnsäsaigeQ
Shizoku zahlten
Grandstener
mehr als
' Yon
ii,'-lir als
1" \ rn
mehr ab
"i Yen
mehr als
10 Yen
Kogoebima . .
29
35
27
11
Miyazaki . . .
19
19
16
KttDuunoto . . .
10
13
35
21
Saga * « * . .
16
18
31
21
Nagasaki . . .
22
29
22
14
Faknoka . . .
7
8
21
15
Ysmagitelii . .
9
11
16
9
Kochi ....
9
l:J
20
15
Yamana?hi . .
0,4
0,4
i:^
7
Kanagawa . . .
Toyama. . . .
0,t
0.«
1,»
1
Für die Beurteilung der ganzen neueren Geschichte Japans
durften diese Zahlen l^reieh sein. Die grolse Umwälsung des
Staatswesens ist von den Shiaoku der Gegenden gemacht, in
welchen sie durch Ackerbau und Grundbäitz eine gesicherte
!«ociale Stellnng einnahmen, (t^bor den Kinflufs dieser Verhält-
nisse auf die ?>nifi!'sigung der Grundsteuer vgl. im betr. Kapitel
den dritten Abschnitt.;
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296
Vergleicht man schliefalich bei den Heimin die Zahl der
etwas grölseren Grundbesitzer mit der der Familienhäupter, so
zeigt sich, dafs von diesen 22 ^ o mehr als fünf, 12 ^/o mehr aU
zehn Yen Grundsteuer zalilten.
Alle Stände zusammengenommen ergiebt sich, b i dem
ungeheuren Überwiegen der Heimin, fUr die 7815 613 Familien-
häupter Al^apans fast das gleiche Verhältnis, nämlich 21 und
12^/0 (genauer 21,i6 und ll,58^o)^
Sechstes Kapitel.
Die Landwirtsckait.
Vorbemerkuug. Über die japanische Laad Wirtschaft ^iebt es
bereits eine ganze Reihe von Arbeiten — soweit «ie brauchbar sind und
BÜr bekannt, fast ausschlicfslicli in deutschef Sprache. Den ersten über-
echwenglich auerkennenden Darstellungen von Maron (Ännalen der
Landwirtschaft 18(32) und Sjraki (in Scherzers Bericht ülxer die
österrdehiseh -angariacbe Expedition nach Ostesien 1868—1871, Anhanir
S. 17") — w^'H) ist eine sehr viel nüchternere, kritische Auffassung gefdlpr.
Zu erwähnen sind namentlich: G. Liebscher, Japans landwirtscliah-
liehe und allgemeinwirtschaftlidie Verhältnisse, Jena 1882. M. Fesca,
Die landwirtschaftlichen Verhältnisse der Kai^i^vinz in Beziehung zu
denen de^* japanisclien Tteirbes, in „Mittcilunp^en der Deutschen Gesell-
schaft für Natur- und Völkerkunde Ostasieus- IV 10^—182. 1806. —
Derselbe, Amtlicher Beriebt Ober die landwirtedisflllehen VerhXltnisse
Japans und die Kolonisation Hokkaidos. Tok^o 1887. — Von demselben
Verfasser ist im Herbst is'.Mi der Anfang eines umfangreicheren Werkes
über die natürlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der japanischen
Landwirtschaft erschienen: Heitriigc zur Kenntnis der japanischen Land-
wirtschaft. I. Allgemeiner Teil. Mit 3 Karten. Berlin 1890. Daau ein
Atlas mit 23 Karten.
Zu erwähnen ist ferner das eben erschienene Werkeben von U. g g e r t ,
Land Reform in Japan. Speciallv based on the develoi)uient of credit
assoriatioiis Tokyo 1800. — Wenig Bedeutung hat K. Nagai, Di«^
Land^virt^<.hilll Japans, Dresden 1887. — Der in Reins vortreÖlichein
Werke ( Jaj)an II '^-'Mö) der Land> und Forstwirtschaft gewidmete aus-
fuhrliclie Al>-r!niitt i^t mehr Tinturwi^scusclinftHchen als volk;iwirt3chaft-
lichen Inhalts. Die agrikuiturchenüschen Untersuchungen, namentlich
die sahlrdcheu Aibeiten von O. Kellner, enthalten manches auch
yolkswirtschaftlieb Wichtige. In den öfter angeführten Uitteihingen der
> Fui die Wahlen zum Abgeordnetenhause ist das Wahlrecht au
einen Gensos von mindestens 15 Yen direkter Stenern geknüpft. Da
hierbei Grund- und Einkommensteuer /usammengereclinet werden , sind
die Zahlen der Wahlberechtigten mit den oben angeführten nicht ver-
gleichbar. Es waren bei den ersten Wahlen von 18i)ü 453 895 Wahl-
Berechtigte voihandeo.
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X 4.
297
Deutschen Gc3eII?chaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens finden sich
Tielc zerstreute Notizen, namcutiicb auch io deo Protokollen der iSitznogs»
"berichte.
^'gl. auch unten das die Grundsteuer behandelnde Kapitel, nament-
lich den eechiiten Abachnilt.
Im Mittt Ipimkt des japanischen Wirtsciiaftislebens steht die
Landwirtscbatt und zwar die Landwirtschafl im engsten tShma,
da Viehzucht und Viehhaltung in Japan eine ganz untergeordnete
Rolle spielen.
Wie von der Besteuerung zwei Drittel auf die Grundsteuer
komm^ wie die Ausfuhr zu zwei Dritteln aus landwirtschaftlichen
Err.eii Ibissen besteht, so l^^-^chftftigt die Landwirtschaft auch die
Älchrzahl der Bevölkerung. Eine Bcruftstatistik besitzt Japan,
abgesehen von einigen älteren ganz verunglückten und mit Recht
auljgcgebenen Versuchen, nicht. Man hat aber neuerdings mehr-
fach versucht, die Zahl der landwirtschaftlichen Bc;
▼dlkerung festzustellen. Die mir vorliegenden Tabellen be«
ziehen nch einerseits auf die Jahre 1883/84% anderseits auf
Ende 1886*. Die erste Erhebung hat einigermafsen brauchbare
Ergebnisse nur ftlr etwa 30 Bezirke (von 47) geliefert. Au'ser-
dem sind aber diese Bezirke nicht in allen Tabellen die gleichen.
Dagegen bringt die einzige mir bekannte Tabelle Uber die Er-
hebung von 1886 Ergebnisse für das ganze Land.
Mau findet mehrfach auch in der fremdsprachigen Litteratur
Angaben aus früheren Jahren Uber die Zahl der mit Land-
wirtschaft; beschäftigten Personen, welche danach nicht ganz die
Hälfte der Bevölkerung betragen sollen. Die Zahl ist auffidlend.
Soll sie alle diesem Berufe Angehörigen, einschliefslich der Kinder,
umfassen^ so ist sie fUr ein so Uber wiegend ackerbauendes Land
offenbar zu niedrig, wenn wir bedenken, dafs in Deutschland
gegen 4?. in i'^rankreieh gegen 4'.*, in Ostermch etwa 55 Prozent
der Bevölkerung zu diesem Berufe gehören. Soll die Zahl nur
die Erwerbsthfltigen umfassen, so ist sie wieder unverhaltnismäfsig
hoch. Die Erhebung von 1883 84 giebt fiir 30 Bezirke mit
25892 000 Einwohnern 15616211 Personen, welche im Haupt-
und Nebenberuf in der Landwirtschaft thätig sind (für zwei Be-
zirke fehlen jedoch die im Nebenberuf in der Landwirtschaft
Thätigen). Das sind gut 60 Prozent der Bevölkerung. Im
Hauptberuf .allein wjtren in 29 Bezirken (in einem Bezirk ist
die Trennung nieht durchgeführt) etwa 40 Prozent der Bevölk<v
rung zur Landwii-tschaft zu reclmen. Wer aber ziu' landwirt-
schaftlichen Bevölkerung gehört, das scheint nicht einheitlich
festgestellt zu sein, wie sich aus dem Veigleich der Zahl der
Personen mit der der Haushaltungen eigiebt. Eine Haushaltung
hat in Japan durchschnittlich gegen 5 Hi^lieder. G^egen ein
> Stot. Jahrbuch V ff., VI TS ff.
> Stat. Jahrimeh Vil 76 f.
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298
X 4.
Viertel der Bevölkerung ist noch nicht 10 Jahre alt, zu den
Erwerbstliätigeu aUo nur ausnaliins weise zu rechnen.
Wir finden dementöpiecliend. dalö in eiui^en Bezirken bei
den Landwirtschaft als Hauptberuf Treibenden etwas Uber 3
Köpfe auf die Haushaltung kommen, am wenigsten in Shiga:
3,10, wälirend in diesem Bezirke die Haushaltung überhaupt
durehschnittlich 4,50 Köpfe zUhlt. In einer ganzen Reihe anderer
Bezirke kommt aber auf die landwirtschaftliche Haushaltung bei-
nahe (V\o ijleiche oder gar eine gröfsere* Kopfzahl wie auf die
Haushaitungen überhaupt. Mit anderen Worten: in diesen Be-
zirken sind alle Familicnangeliürigen gezählt. Die Angaben über
die Kopfzahl der landwirtschaftlichen Bevölkerung sind daher^
da unglcicbmäfsige Dinge zusammengezählt sind, überhaupt nicht
KU brauchen. Dagegen glaube ich, dafs die Ober die landwirt-
schaftlichen Haushaltungen veröflfentlichten Zahlen geeignet sind,
ein annähernd richtiges Bild der Bedeutung des landwirtschaft*
Uchen Berufes zu geben, wobei ich daran erinnere, erstens, dafs
Japan nur ganz kleine Betriebe kennt, und zwoitens. da!s der
Fainilienverband , die Haushaltung in Japan , nocli eine ganz
andere rechtliche wie wirtschaftliche Bedeutung hat al.^i hei uns*.
Nach der Erhebung von 1 883 84 betrieben in 29 Bezirken
gut t50 l^rozcnt aller Haushaltungen die Landwirtschaft als Haupt-
beruf, in Haupt- und Kebenbmf ausammen gegen 71 Pkt»ent
(oder genauer etwa 72 IVoaent, da in zwei B^irken die Neben-
berufe fehlen). Die das ganze Land umfassende Erhebung von
Ende 1880 bestätigt das letztere Gesamtergebnis, indem sie unter
7 747115 überhaupt vorhandenen Haushaltungen 5 18 040 Haus-
haltungen naehweist. welehe als Haupt- oder Nebenberuf Land-
wirtschaft treiben, das sind 71^4 Prozent, ein Verhältnis, welches
durchaus nicht überraschend hoch erscheinen kann^. Die Ab-
greuzuiig zwischen Haupt- und Nebenbenit tjcheuU aber diesmal
nach anderen Grundsätzen erfolgt zu sein als frtther. Landwirt-
schaft soll Hauptberuf nur in 3689852 Haushaltungen geweeen
sein, das sind 46^/8 Prozent aller Haushaltungen Uberhaupt Bd
der grofsen Unsicherheit der Abgrenzung zwischen Haupt- und
Nebenberuf, welche in den kleinen japanischen Lebensverhält-
nissen noch grölser sein dürfte als anderwärts, vAcho ich es vor,
mich auf die Betrachtung der (tesamt/ahlen tür Haupt- und
Nebenberufe zu beschränkeu. Wenn wir, soweit das möglich
' So in Kt^zirkfii FulNii^hiina und Nacriuo. In erstcrem hat die
Haushaltung überhaupt durchachnittUcb 0,o3, aie mit Landwirtschaft be-
gi:häftigte Köpfe.
3 Die für IXH:\S4 ▼erftffentliclite Statistik der laudwirtschaftüchen
Hotriebe in M Bezirken stimmt vielfach mit der der hunl^^■irt8chafll!^h♦'n
Haushaltungen überein, hat aber auch einige sehr merkwürdige Posten,
so FViknoka-ken mit 424 291 Betrieben, wfthrend nur 220 250 Hsushaltuiigsii
überhaupt vnrhandni naron.
^ Nach Abzug dee Uokkaido sind es 71,e4 Prozent.
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299
ist, die früheren mit äon Zalilen von l>^Sö in den einzelnen Be-
zirken vergleichen, so finden wir nirgends so erhebHche Ab-
weicliun;:en, dafs sie durch verbesserte li>hebuDg sich nicht leicht
erklärten.
Wenn wir von dem Ilokkaido mit seinen anormalen Ver-
hältnissen absehen^ in welchem nur 23 Prozent dar Haushal-
tungen Landwirtschaft betreiben» so fidlen naturgemäfs solche
Bezirke auf, in welchen eine grofse Stadt das Verhältnis stark
boeinflufst. So gehörten in Tokyo -fu nur 12,i Prozent der
Haushaltungen zur Landwirtschaft, in Osaka 4(^.3. in Kyoto
49,1 Prozent. In Ishikawa (mit Kana/nva) wan n es in
Aichi (mit Nagoya) 66,8 IVozent. Zwischen tiU und 70 Prozent
liatten noch die Bezirke Toyania (63), Hyogo (65), Kanagawa
(65), Wakayama (66) und Kochi (66), von denen die vier ersten
eine Stadt Ton mehr als 50000 Einwohnern enthalten. Unter
dem Landesdurchschnitt standen aufserdem nur noch Miyagi
hilltnis der Landwirtschaft Treibenden bestand in folgenden Be-
zirken: 91,05 Prozent in Yamanashi (60 im Hauptberuf), 00, r
in Miyazaki (65), 90,4« in Kap-oshinia (58), 90,22 in Ibaraki
(68). Sehr hoch sind noch Fuku.shinia (mit 88.^), Saitama (88,rj),
Nagano (88,o), Iwate (87,4), Okinawa (87 ), Oita (85,3), Gumma
(85,3). Von diesen 11 Bezirken liegen 4 entlegen im Süden,
von den 7 nördlichen haben 5 kerne Seeverbmdung, die baden
anderen keine nennenswerten Häfen ^. Ofienbar zeigt sich hier
der Einflufe der Verkehrsverhttltnisse bei vorherrschender Haus-
wirtschaft. Je schwieriger die Transportverhältnisse, um so gröfser
die Anzahl der Ifnn^lialtungen, welche iliren Bedarf an T^f^bens-
mittoln im we^f iitlirhcn selbst hervorbringen, desto wniigcr ent-
wickelt die Arbt iifttt'ilung. Die nichtgenannten 2( > I^i zirke stehen
liber dem Landesdurchschnitt, haben aber weniger als 85 Prozent
landwirtschaftlicher Haushaltungen.
Wir finden also in Japan durchweg, dafe von der ohnehin
sehr dichte Bevölkerung ein sehr grofser Teil ganz oder teil-
weise sicli mit LAndwirtschaft beschäftigt. Um so überraschender
ist es ftir den europäischen Beobachter, dafs nur ein verhMltnis-
mäfsig kleiner Teil der Fläche des Landes direkt in
landwirtschaftlicher Benutzung 'iteht Für ganz Japan
mit einer Fläche von rund 38V' 2 Million Cho wurden Ende 1887
nur 4698626 Cho Ackerland nachgewiesen, nämlicli 2 701515
Cho nasses Feld (Reisland, Ta) und 1997111 Cho Th)dcenfeld
(Hata). Indessen ist mit diesen Zahlen nicht 'viel anzu&nj^n.
Einmal mufs man das Kolonialgebiet des Hokkaido mit semen
^ Sechs der l?e/irke (Yauanashi, Sailama, Guinma, Xatjano, Ibaraki,
Fukushima) bilden eine geschlossene Gruppe; das von ihnen uinfafste
Tochigi hat auch mehr als 80 Prozent Innd wirtschaftlicher Haushaltungen.
Der an Nagaao anstofsende gleicbialls binnenitndische Gifa- ken liat
8a Prozent.
(mit Sendai). Akita und Fukui.
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X 4,
abnormen Verhitltnbsen weglassen. Dann mu& man den Okinawa-
ken ausscliliefsen, wo für eine Bevölkerung von angeblich 379000
Menschen (87 Prozent aller Haushaltiinfron sollen sich mit Land-
wirtscliatt befassen) nur 3723 Clio nasses und 8304 Cho trockenes
Feld nachgewiesen öiud.
Beschränkt man sich mit Ausschlufs dieser Bezirke auf Alt-
jiipuu, so findet man 1887 l>ei einer Fläche des Landes von
28 887 000 Oho 4669745 Gho AckerLind angegeben, davon
2696289 Gho nasses und 1973456 Oho trockenes Feld. Das
sind nur 16,2 Prozent der Fläche des Landes. Ein wenig
▼erändert sich dieses Verhältnis allerdings bei genauerer Prüfung.
Die angeführte Zahl bezieht sich auf das stenerpflichtige in Privat-
eigentum etehoüflc T/nid. In 8t,"ifit^fi;;enlum bctindlii-hes Acker-
land hat allerdings nur eine ganz geringe Ausdehnung::. Eijyent-
Kche Doni.inengüter giebt es nicht. Unter den von der Forst-
verwaltung verpachteten Grundstücken wurden 1887 4190 Gho
Ackerland und 18 200 Gho Rodland aufgeführt. Wichtiger ist der
stenerfireie Frivatgrundbesits, nfimlich neugerodetes Land und das
sogenannte Arechi, durch Unfölle verwüstetes, aber wieder beban-
bares Land. Die gegenwärtige Ausdehnung beider Landarten
ist mir nicht bekannt. Bei der Grundsteuerreform wurden 158216
Gho festgestellt Der gröfste Teil dieser Fläche ist in Benutzung
und ertragsfähig, wenn auch niciit in ganz normaler Weise.
Ferner durfte von den Hausgrundstücken ein Teil auch der Ge-
mUseproduktion u. dgl. dienen. Endlich ist wohl zu beachten,
dafs die zum Zwecke der Steuereinschätzung gemachten Ei-
hebungen Uber die Ausdehnung des Grundbesitzes durchweg
etwas SU niedrige Resultate geliefert haben. Aber selbst wenn
wir alles dies berücksichtigen, stellt sich die landwirtschaftlich
direkt benutzte Flüche doch höchstens auf 20 Prozent der
Fläche von Altjapan. In diesem Verhiiltnis zeigt sich einmal die
g(>birgige Natur des Landen. Anderseits aber ist es die Folge des
eigenartigen Systems der Landwirtschaft, der so geringen Vieh-
haltung, welche den Anbau von Futterpflanzen u. s. w. niclit
nötig maciit. Es ist aucli die Folge der klimatischen Verhält-
nisse, welche es erlauben, dafs auf einem erheblichen Teil des
Ackerlandes mehrere Ernten im Jahre erzielt werden können.
Wie wichtig namentlich der letztere Punkt ist, zeigt sich in der
noch zu besprechenden Durchschnitts^röfse der bäuerlichen Wirt-
scliaften im Süden und im Norden des Landes.
Zu beacht« n ist auch, wie noch zu erörtern, dals diese land-
wirtschaftlich' (iirekt benutzte Fläche sozusagen auf Kosten der
übrigen Flache lebt durch die andauernde Zufuhr von Dünffstoff
vom Wald- und Grasland her. I ndii-ekt dienen also auch die anderen
nicht direkt benutzten Flächen der Landwirtschaft (und ebenso
das Meer durch den Fischouano).
Die Zahlen ttber den Umfang des steuerpflichtigen Qrund*
besitzes zeigen eine langsame Zunahme des Ackerlandes. Mitte
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301
1881 war seine Ausdehnung ^ei ]^<>enciignng der Grundsteuer-
reform auf 4492 841 Cho Ii s i^estellt. Ftir dasselbe Gebiet,
Altjauan ohne Idzu-Inseln, betru«,' er Ende 18b7 ]< 1(37 ^>05 Cho,
eine Vermehrung um 172064 Oho oder nicht ganz vier Prozent
in 6^ 2 Jahren. Wieivid davon wirkÜGher Zuwachs ist, läfst sich
Bohwer sagen. Die Zunahme der Zahlen fifllt fast ganz in die Jahre
1886 und 1887 und ist wohl der 1885 in Angriff genommenen
teilweisen Revision der Grundsteuer vom Ackerland zuzuschreiben,
welche bis Ende 1889 die Zahl auf 5027 270 Cho brachte.
Prüfen wir die Verteilung des steuerpflichtiirm Ackerlandes
auf die einzelne n Bezirke, so finden wir zicmln 1h Vpr>^( lileden-
heiten. Im Durchschnitt von ganz Altjapaii kommen nacli den
amtlichen Zahlen 1880 aui den C^uadratri (zu 1555,3 Cho) 245
Cho Ackerland, ntmikh 143,6 Cho nasses and 101,6 Cho trockenes
Feld (£kide 1887: 145,4 Cho nasses und 106,4 trockenes Fdd)^
Über diesen Durchschnitt weit hinaus hebt sich die Tokyo-Ebene
mit den Bezirken Tokyo mit 663 Cho auf den Qtiadratri, Saitama
616 Cho, Chiba 524 Cho, Ibaraki 456 Cho, Kanagawa 443 Cho.
Unter den nördlichen Gegenden zeichnet sieh nur Toyama ans
mit (V'v fruchtbaren Ebene von Etchu mit 328 Cho. Mehr nach
Westen ist der Aichi-ken mit 482 Cho. welcher die Ebene von Uwari
eiuschliel'bt, und O^aka i: u mit 345 Cho bemerkenswert. Der
Nordwesten von Kjnshu endlich mit den gutbebaaten Pkwinzen
Hiseo, Chikusen, Ohikngo hat in Saga 422 Cho, in Fukuoka
400, in Nagasaki 358 Cho anf den QuadratrL Erheblicher Uber
den Liandesdurchschnitt ragen noch Niigata, Shiga, Eln'me und
Kumamoto mit 280 — 300 Cho. Am geringsten ist die Ausdehnung
das Ackerlandes im Norden, wo Iwate nur 148 Tho, Aomori
und Akita 175 Cho, Fukushima 178 und Yama<(ata 193 Cho
auf den Quadratri hat. Eine zweite Gruppe gerin^^er Ausdehnung
bilden die Oebirtisgegenden Yamanashi mit 182 Cho, Nagano mit
168 Cho und Gifii, zu welchem die öde Proras Hida gehört, mit
140 Cho. In diesem an unterster Stelle stehenden Beairke sind also
nur neun Prozent der Flüche Ackerland. Eine dritte Gruppe bilden
Shimane und Tottori an der Westküste mit 183 und 184 Cho,
eine vierte die Bezirke Wakayama mit 148, Tokiishima mit 181,
Kochi mit 10('> Cho auf den Quadratri. Tief steht endlich auf
Kyushu der Miyazaki-ken (Provinz Hyugaj mit nur 16U Cho^
1 Durch die bis 1889 erfolgte teilweise NeuvenncBSung des Acker-
landes erliölien sich die oben mitgeteilten Zahlen durchwecr, b^'^^(lnde^8 im
Süden und für das TrockenfeM. kamen nunmehr aut" den Quadratri
in ganz Japan 112 Cho nasses und y2 Cho trockenes Feld, in Aitjapan
148 und 123 Cho.
- Die ungeschickte r.mppicnuif; dev Bezirke im Resum^ Statistiqne
giebt kein Bild der vorhaudcnen Gegensätze. Die entsprechende he-
TechnoDg giebt fttr
Nordnihon 104 Cho, Shikoku 220 Cho,
Mittehiihon 2H9 - Kjushu 280 -
Westuihon 221 -
Ackerland aaf den Quadratri.
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302
X 4.
Die Verhältnisse sind aber ziemlich verschieden, wenn wir
das nasse und das trockene Feld flir sich betrachten. Von nassein
Felde (Ta) waren im Durchschnitt des Lnrifles vorhanden knapp
144 Cho auf den Quadrati'i. Da^^egen waren die Kxtremp in
den Bezirkj>durcli8chnitten* 5o und 811 Cho. Au der 6pitze mit
mehr als 200 Cho stehen im vveseutUchen die gleichen Bezirke
wie IVu* Ackerland tiberhaupt, Tokyo (276), Saitama (248),
Chiba (811) und Ibaraki (212), Toyama (284), Aidii (276j,
Osaka (264) und Shiga (244), im Süden Fukuoka (305) und Saga
(306). Diesen schliefsen sich Niigata, Ishikawa und Ehimc mit
180—200 an. Dagegen haben weniger als 100 Cho Reisfeld Iwate
(55) und Aomori (92) im Norden, Yamanashi (Ck,), Oumraa (72),
Nagano (77) und Oitii (".>2) in den mittleren Teilen, auf Sliikoku
Tokushima (87) und Kochi (80;, aufKyushu Miyazaki (72) und
Kagoshima (80)*.
Isoch gröfser öind die Gegensätze bei trockenem Felde mit
41 und 393 Cho auf den Quadratri, wahrend der Landesdurch*
schnitt für Altjapan nicht gans 102 Oho ist Nur 15 Yon 43
Bezirken stehen liber diesem Durchschnitt, am höchsten Tokyo
mit 393 Cho, dem sich Saitama mit 367, Kanagawa mit 319,
Chiba mit 214, Ibaraki mit 244 Cho anschlief "sen. Mit den be-
nachbarten Oumnia (mit 171), Tochigi (mit 138) und Vnnianashi
(mit 117) bilden die genannten Bezirke eine geschlossene Gruppe.
Auf der Hauptinsel ist aufserdem nur Aichi mit ISo Cho, auf
Shikoku Ehime mit 113 Cho zu bemerken. Dagegen stehen 5
von den 7 Bezirken EyushoB über dem Durchschnitt: Nagasaki
mit 218, Kagosbima mit 200, Kumamoto mit 160, Saga mit
116, Oita mit 106 Cho, und auch die beiden anderen Besirke
haben vergleichsweise hohe Zahlen (Fukuoka 95, Miyazaki 88).
Von den 28 untci-durchselmittlicben Bezirken haben zehn
noch nicht einmal 00 Clio troekencs Feld. Von diesen liegen
zwei im Norden, Akita mit 4t) und ^'aniagat i mit ,ib (.'ho. Die
anderen bilden eine /iemlieh zusammenhangende Gruppe in Mittel-
imd Westjapan: 'I <»} ;ima (11), (»ifii (48), Fukui (44), Shiga (42),
Kyoto (54), Hyo^o (-iüj, Tottori (44) und Wakavama (41)-.
Sehr bemerkenswert ist, wie die Ausdehnung des Ackeriandea
infolge der allgemein herrschenden Klein- und Hauswirtschaft
in engster Beaiehung zur Dichtigkeit der Bevölkerung steht.
* E8 wareu 18SG in Nordnihon
121 Clio,
dagegen l^^J
124 Cho
Mitte Inibon
m -
lG:i -
Westnihon
160 -
172 -
Shikoku
122 -
125 -
Kyuflhu
137 -
150 -
* £b waren 1886 in Nordnihon
73 Cho,
dagegen 1889
79 Cho
UittelnihoD
m -
145 -
Westnihon
Gl -
75 -
Shikoku
98 .
168 •
Kyushn
143 -
192 "
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X 4.
303
Im DurchBchnitt von ganz Altjapan kommen auf 100 Einwohner
11,88 Cho Ackerland. In keinem Bezirk wird das Doppelte
dieser Zahl erreicht , in keinem Bezirke aufser Tokyo-fu oleibt
das Verhältnis hinter der Hälfte dieser Zahl zurück. Doch ist
im allgemeinen in Bezirken mit dünnerer Bevölkenuiij: etwas
mehr Ackerland im Verhältnis zur Einwohnerzahl vorhanden
als in denen mit dichter Bevölkerung. Die nörtllichen Bezirke
der I lauptinsel, von der Tokyo- Kbene angctaugen, haben (aulser
Kiigata) äimiUch mehr Ackeiiand auf 100 Emwohner, als der
Landeadurchachnitt beträgt. Am höchsten stehen Iwate mit 20j4
Oho, Aomori mit 20,65 Cho, Akita mit 20,i8 Cho auf 100 Ein-
wohner. In den meisten Bezirken westlich von Tokyo und um
die Inlandsee licrum steht das Verhältnis unter dem Landesdurch-
schnitt, steigt aber wieder auf der Südhälfte von Shikokn und
Kyushu erheblich darüber. Hier steiit das Verhiiltnis des Acker-
landes zur Bevölkerung am höchsten in Miyazaki mit 19,7© Cho
auf 100 Einwohner. In Kagoshima sind es 17,»a Cho.
Ober die G^rOfse der landwirtschaftlichen Be-
triebe fehlt es meines Wissens an Erhebungen. Im allgemeinen
wissen wir nur, dafs grofso und mittlere Betriebe im europäischen
Sinne vollständig fehlen. Es giebt nur ganz kleine Betriebe.
Eine Wirt.schaft von 5 Che gilt schon filr etwas besonders Gro&es.
In der ]{c;^q\ wirtscliaf'tet der japanische Bauer ohne Gesinde,
fast oiine Vieh. Die Familie selbst bewirtschaftet allein das
Bauerngut, Dies ist aber der Regel nach so klein, dafs nul t
nur eine verhältnismäi'tiig groise Menge Arbeit auf die Bebauung
der Felder verwendet werden kann, sondern dafs die Miljglieder
der Familie noch Eiemliche Zeit zar Verfügung haben, die teils
auf die weitere Verarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte
verwendet wird (Seide, Indigo, Tabak etc.), teils auf Neben-
beschäftigungen aller Art im Transportgewerbe, im BergbatJ,
auf Fischerei, Jagd', Wall- und sonstige Lohnarbeit, und vor
allem die zahlreichen Hausindustrieen , Weberei. StrohÜCL Iii« rei,
j'üpiermaclierei u. s, w. Vieltaeh sind die Bauern gezwuiigen
ihre Zeit in solcher Weise nutzbar zu niucheu, da sie vou dem
Ertrage ihrer Landwvtschaft nicht leben k5nnen,
SteDen wir in Ermangelung anderer Daten die Durchschnitts-
gröfse der landwirtschaftlichen Betriebe durch Vergleich der Zahl
der landwirtschaftlichen Haushaltungen mit der Fläche des Ackere
landes fest, so kommen wir zu Zahlen, die nach europäischen
Begriffen erstaunlich gering sind. Diese Durchschnittszahlen
haben in Japan grölsere wirkliche Bedeutung, als das der Fall
in Europa sein wiürde, weil es eben, wie gesagt, nur kleine Wirt-
* Jagdscheine ITir gewerbsmärslpoii Beti n Ii der Jagd wurden erteilt
im Finanzjahr 18öl i$2: »0 700. Seitdem ist die Zahl von Jahr zu Jahr
snvUckgegangen his auf 41 257 im Finanisjahr 1886'87.
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304
Schäften giebt, l>as vermindert auch die Bedeutung des stören-
den ümstandes, dafs wir bei der Unsicherheit der Abgrenzung
von Haupt- und Nebenberuf iiuupt- und Nebenbetriebe aU
gleichwertig einsetzen müssen.
Beschränken wir uns wieder auf Altjapan, so finden wir,
dals nach den ftkr Ende 1886 veröffentlichten Zahlen durchschnitt-
lich auf eine bäuerliche Haushaltung noch nicht ein Hektar kam :
8,8 Tan, nämlich 4,^ Tan Reisfeld und 3,4 Tan Trockenfeld.
Die Durchschnittsgrölke in den Bezirken ist aber cinigcrmafsen
verschieden. Nach Norden nimmt die Durclischnittsgrü.'se der
Wirtscliaiten mehr und mehr zu, im mittleren und wcstliclien
Japan dagegen ist sie unterdurch.schnittlich, steigt aber in Koehi
und dem »Süden von Kyubbu wieder über den Durchschnitt. ICa
zeigt sich also tSm Kbnuches Bild wie ftlr das eben bespfochene
Verhältnis des Ackerlandes zur Zahl der Bev^ilkemng Qberhaupt.
»Sehen wir die Bezirke et^vas genauer an , so finden wir an dtr
Kords^itze der Hauptinsel Aomori mit 17,6 Tan, ihm folgt Akita
mit lb,2 Tan, Iwate 14,i Tan, Miyagi 15,4 Tan. Dann steigt
es nach Süden zu weiter ab: Yamagata 12, s Tan, Fukushinia
11,5 Tan, Tochigi 12,5, Ibaraki 11,4. Daim folgen Niigata mit
10,8, Saitama mit 10,6, Chiba mit 10,4, dann Toyania mit
Gumma und Kanagawa mit 9,i. Von hier an westhch binkt
der Bezirksdurchschnitt überall unter den des Landes und wird
am niedrigsten an den kHmatisch begimstiglen Ufern der In*
landsee: Okayama 6,o Tan, Hiroshima Tan, Yamaguchi 5,8 Tan,
Ehime 5,7 Tan, Tokushima 5,8 Tan und in dem gegenüber-
liegenden Wakayama 5,8 Tan.
Vhcr dem Landesdurchschnitt stehen dann wieder Kochi und
,Saga mit 8,» Tan, Kagoshima mit 0,i Tan und Miyazaki mit
10,7 'i'an. Wie sich das dann im einzelnen wieder auf nasr^es und
trockenes Feld verteilt, ist aus der Tabelle im Anhang ersichtlich.
Die Möglichkeit nur eine oder mehrere Ernten im Jahre zu er-
sielen hat anscheinend einen mafs^benden Einflufe auf die Giötse
der japanischen bäuerlichen Wirtschaft Im Norden ist die
Miniroalfiäche einer noch betriebsftihigen bäuerlichen ^^' Ii tschaft
offenbar gröfser als im Süden: ein Fingerzeig filr die Koloni-
sation in dem noch nördliclieren Hokkaido'.
Es ist sclion mehrfach auf das in Japan bestehende eigen-
artige Bewirtschaftungssystem hmgewiesen. Es ist
cliarakicrisiert durch den geringen Umfang der ^^'irts(.•llaft , die
intensive Verwendung von Arbeit, den geringen Autwand von
Kapital. Bei der geringon Viehhaltung und der vorwiegen*
den Bedeutung der eigwaiügen Reiskultur bietet ein Vergleich
i Zu beachten ist auch, d&Ts die durcbschnittliche Kopfsabi per
Haashaltong Im Neiden gröfser ist als im Sdden. Ende 1866 im Landes-
durchschnitt 5,oi, dagegen in Aomori 6,3e, Miyagi 0,ao, Yamagata 6,2»,
Iwate ö.M, Fakushinia ö,m, Akita b^^i, Tochigi 6,10, Ibaraki a. s. w.
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X 4.
305
mit den im mittleren Europa üblichen Wirtschaftsdysteraen einige
Scliwierigkeit. Die gröf&te Analogie besteht mit der Einfeld-
Wirtschaft mit ewip-pr Weide. ! /i; r-nt< rinr ^^egrenzte Acker-
fläche, die ununtrrl i M' !i(;n bebnut winl, aiiiUrttaeiis ausgetK-hnte
Strecken von \\'.il<i und Grasland, welche allerdings nur aius-
nalimsweise alb ^^ cide, aber doch der Aul'rechterhaltung der Be-
baniing des Ackerlandes dadurch dienen, dafs von dort Diiug-
stoflfo zum TeO als Grttndüngnng, zum Teil in der Form von
Asche auf das Feld gebracht werden. Atif dem Trockenfeldt
soweit es nicht dauernde Anlagen trttgt. wie Maulbeerbaum^
Iheestniucher . Papierbastpflanzen , lierrscht eine Art Frucht-
weclisel. der bei genügend vorband nrTi: Plinp r in freie Wirt-
>c')k!*"t überseht. Im nassen Feld dagegen wird Jahr fiir Jahr
Kei« gebaut, wo das Klima und die BewjisserungsverhJdtnisse
eä erlauben allerdingö au Wechsel mit einer anderen Kultur,
welche vor dem Auspflanzen des jungen Reises geemtet werden
kann, Gerste, Bohnen. Raps etc. Die ununterbrochene Benutzung
des Bodens macht unausgesetzte regelmäfsige Düngung not-
wendig ^ Die Diingerbeschaflung ist bei dem japanischen Acker-
bausystem die (Grundfrage, von welcher die Ausdehnung der
anbaufähigi n Flache abhftngt. Daher finden wir auch bei dichter
lievölkcruiiL: ( no irröisere Ausdehnung des Ackerlandes als bei
dünner. Bei<l< > \rikt wecli.^«.löeitig aufeinander Den Diin^icr
bilden, bei der geringen \'iehhaltung , in erster Linie menseh-
liche Fäkalien. Die iSorgbumkeit bei Sammluni' und Vor-
bereitUDg derselben, die meiner Erfahnmg nach noch weiter geht
als in dnina, ist oft genug geschildert worden« Aber auch sonst
werden alle 1 >llng8toft'e sorgOdtig gesammelt und verwendet,
Oras und Laob aus r]i m Wald- und Grasland, ^trohascbe, Öl-
kuchen und andere Abfallprodukte {z. H. von der Seidenzucht),
gebrannter Kalk und besonders auch Fischdiinger, ein tiir <lie
Landwirtschaft wie die Fischerei gleich wichtiges Produkt.
GegenülxT der oft geäufserten Bewunderung der japanischen
Düngerwirtöchaft ist doch darauf aufmerksam zu machen , dafs
die andauernde Ausbeutung des Wald- und Graslandes zq
Gunsten des Ackerlandes nicht unbedenklich ist und in manchen
Gegenden namentlich Mittelja])ar:- m hon zu arger Entblölsung
der Berghänge gefidirt hat Die Technik der japanischen Land-
^^^rt8chaft mit ihrer Spaten- resp. Hackkultur. ihrem Stufen- oder
Reihenbau, ihren unvollkommenen Gerät' n u. s w., deren Dar-
stellung ich Berufeneren überlasse, beruht durchweg auf arbeits-
intensiver Kleinkultur, auf der sorgsamen Behandlung des Kh'inen,
Einzelnen, welche der grundlegende Charakterzug des japanischen
Geeistes hier ebenso ist wie in der Industrie, in der Kunst, in
den Sitten.
^ Auch der dauernden Manlbeet', Thee- ete. Aolagen.
Fonohungen (4^ X 4. — fUthgcn. 20
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806
Per wichtigste Unterechied der japanischen von der euro-
äißchen Landwirtschaft liegt wohl in der geringen Bedeutung
er Viehhaltung. Bishir dienten Pterde wie lündvieh im
wesentlichen zum Transport, überwiegend ala Pncktiere, weniger
als Zugtiere *. Zur Milch- und Fleischproduktlou dienen sie erst
in allerneuester Zeit. Schweine giebt es sehr wenige ^ ^ an
Schafen^ Ziegen, Esetn, Mattltieren nur die paar Tiere in den
offenen PlAtzen, ^n ganz wesentlicher Unterachied von China.
Hühnerzucht zur Eierproduktion ist in der Nähe der grOlaeran
Orte ziemlich entwickelt. Enten und Tauben giebt es wenig.
fTänse Rind selten. Die Bienenzueht hat nur auf Shikoku einige
Bedeutung.
Was die R i n d v i e h h a 1 1 u u g betritl'i, so giebt die Statistik
ftlr 1878 1 080414 Stück an. Bis 1882 waren dieseauf 1 159750
Stück angewachsen und sanken dann hv^ 1887 aul' 1 020222
Stück, woTon 71258 unter 2 Jahr alt waren. Die Zahlen be-
sieben sich auf Japan ohne den Okinawa-ken. Die Richtigkeit
der Zahlen vorausgesetzt, wäre also der Viehstand in Rinf JimreQ
um rund 140000 Stück zurtickgegangen Der Ktlckgang ver-
teilt sich auf das ganze Land mit unbedeutenden Ausnahmen'*.
Ist die Rindvjolih'iltung im ganzen nnbediMitcnd, i.st doch sehr
beaciitenswert, dais sie in den einzelnen Landesteilen sehr ungleich
ist. Es waren vorhanden 188ü
auf 1000 auf 100
Stock Einwohner Qiudnitkiloiiieter
in Nordnihon 48200 8,a ül,6
- Mittebihon 90790 6,i 95,8
- Westnihon 466 6 3d 52,5 870,«
. Shikoku 108 743 39,8 597,6
- Kyushu 309203 55,« 750.5
- ganz Altjapan 1023575 27»o 357,»
' Vou Pferdeu gezogeue steuerpflichtige Wagcu und Karreu gab
€8 im Finanzjahr 187.'>'76 erat 864. 18S0 81 1792. 188-5'H6 10 52«. 188889
bereits 21 201. Oehseakarveti gab es in den gleichen Jahren 1707, 310d,
Ö94U und miO.
* Für Ende 1887 ist zum erstenmal dne Statistik der Seh w ein e-
haltung veröffontHcht worden. Diinarh li.'itte »'s damals 41 904 Stück
gegeben (davon lM 1 K) weiblich». Okinawa ist nicht eingeschlossen. Es
gao Schweine nur in iO von den 44 Bezirken, und nur in 14 Uexirken
mehr als loo. An der Spitze steht Kagoshima mit 26 642 Schweinen,
ihm folf?t r!iih;i mit O'! ^, Nagasaki mit 21M', Tokyo mit l'»»'*' Stück.
Die Zucht dürite ganz Überwiegend dem Verbrauch der in den otleneii
Hftfen lebenden Framden, namentKeh der Chinesen, und d^ VerpvoTian-
tierung der Schifte dienen. Nur in Kagoshima wird Sehwwnefleiach voa
der Bev'flk'^runp: selbst in einigem Umfange genossen.
* Ea hatten Nii^ata, Kanagawa, Tocbigi, Miyagi und der Hokkaido
dne gans tmbedentende Zunahme.
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X 4
307
Dagegen kamen z. B. in Deutachland 1883 auf 100 Qua-
dratkilometer 2920 Stitok Rindvieh und auf 1000 Einwohner
845 Stuck.
Je weiter nach Norden, desto p^erin-er ist die Viehhaltuni,'.
Man ist versucht, das auf die Hemmung der Viehzucht durch
das Fleisehverbot des Buddhismus zurückzuführen, denn die
Gegenden ganz geringer Viehiialtung sind meist erst bei und
nach Einführung des Buddhiamus besiedelt Am unbedeutendsten
ist die Viehhaltung übngeoB nicht gana im Norden , sondern in
inlSiidischcn Bezirken m der Nähe von Tokyo. So kamen auf
100 Quadratkilometer in Ibaraki noch nicht 2 Stück Rindvieh, in
Gumma 3, in Saitama und Tocbigi 5, in Yamanashi 14 ^ Auch
in dem viehreicheren Südwesten kommen dor)i nur in frinf Be-
zirken mehr als 1000 Stück Vieh auf lOü C^uadratkiiometer,
nämlich in Nagasaki 1557, in Okayama 1234, in Oitu 1126,
in Yamaguclji lOOö und in Ehime 1U49. Auch die Zahlen für
Westnibon und Kyushu geben ein niedrigeres Verhältnis zur Ein-
wolmeraaU als in irgend einem sttdeuropfiischen Staate.
Die Zusammensetzung des Viehstandes ist eine eigentttm«
Hche. Es waren nämlich
weiblich männlich'
Kälber und Jungvieh bis zu 2 Jahren 41 351 29007
mehr als 2 Jahr altes Vieh 556753 392211
Das ist sowohl ein ganz abweichendes Verhältnis d^ Ge-
schlechter als &n sehr geringer Anteil des jungen Viehs im Ver-
gleich mit europäischen Zahlen. Das Vieh unter 2 Jahren war
nur 7^0 der Gesamtzahl, in Deutschland war es 1883 3P j^o.
Unter dem mehr als ^wf^jährigen Vieh waren in Deut.se!iland
über So*' 0 Kühe, in Japan mir 59 " o. In })f'iden Beziehungen
zeigt sich der geringe Entwiclvelungsgrad der jajianisehen Vieh-
wirtsciialt. Die Einführung europäischen resp. amerikanischen
Viehs hat EablenmäCsig daa Vienstand wenig bedudufat Zu
Ende 1887 waren nur S626 Stflck von fremder Basse und 9579
Stuck Halbblut. Über die Benutzung des Viehs macht die
Statistik für 1887 folgende Angaben:
landwirtBchafUick benutates Vieh 951046 Stttck
Zugneh u. dgl. 32183 •
Zuchtvieh (davon mehr als ein Vierth Bullen) 32185
Milchkühe 5808 •
Wie unbedeutend der Milchyerbrauch noch in Japan ist,
aeigt die letzte Zahl aulserordentlich scharf. Im Jahre 1886
' In 12 weiteren Bezirken kamen weniger als 100 Stück auf 100
nadiatkilometer: Ksnsgawa, Aschi, Gifn, Nagano, Fäkal, Toyama
Ugata, Yamagata, Fnknshinui, Miysfp, AklCa ona Aomori.
20*
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808
kamen von 4244 Milchkühen auf Tokyo 1044, auf Osaka 229,
auf Kanagawa 212, auf Hyogo 293, auf Nagasaki 152, auf
Aichi 181, auf Yamac^uta 198 ^
Wichtiger als der Milchverbmuch verspricht der Fleisch-
verbrauch für die japanische Viehzucht zu werden. Nach der
amtlichen Statistik wurden 1878 30 742 ötück Rindvieh ge-
BcUachte^ bis 1883 war die Zahl erat auf 38684 gewachsen, stieg
dann aber rasch auf 90722 im Jahre 1884, 116068 im Jahre
1885 und 130476 im Jahre 1886, war 1887 indes nur 105673.
Wahrscheinlich ist übrigens der Sprung kein so pkMalicher
und nur die Erhebung vollstündiger gewesen. An dem
Fleischverbrauch sind alle Bezirke beteiligt, doch ragen einige
Bezirke erheblich über die andern hinaus, so IPiRO Tokyo mit
1'0090 Stück, Ilirosliima mit 18707 Stück, Osaka mit 14 579
Stück, Hyogo mit 10005 Stück, Kanagawa mit 9454 Stuck.
Auf diese ranf Bezirke allein kommt also erheblich mehr
als die Hfttfte des geschlachteten Viehs (72 83^). Die angeftihrte
Agrarstatistik (S. 407) berechnet einen jährlichen Fleisch-
▼ erbrauch pro Kopf der Bevölkerung von 3,o98 kg in Tokyo,
von 3,041 kg in Hiroshima, von 2,22 kg in Kanagawa; Ton
l,'86rt kg in Osaka, von l^g in ITvogo. femer von l.ajo kg in
Kyoto. In keinem anderen Bezirke wurfle ein Verbrauch von
nur 1 kg erreicht^. Für weitere Ausdehnung des Fleischver-
brauches ist also Raum genug vorlianden. Für die Rentabilitiit
und Hebung der Viehzucht und damit der Landwirtschaft wäre
aber eine wettere Steigerung des Fleischverbrauches sehr wünschens-
wert Nebenher sei ttbi^ens erwtthnt, dals neuerdings auch
Pferdefleisch verzehrt wird. Für 1886 werden aus vier Bezirken
(Shiga, Gifu, Nagano, Ishikawa^ 3062 geschlachtete Pferde nach-
gewiesen (Af^rarstatistik a. a. O. S. 410).
Die P f e r d e h a 1 1 u n g ist in Japan etwas ausgedehnter als
die von Rindvieh, wenn auch im Vergleich mit Europa die
Zahlen keine hohen sind. Im Jahre 1878 sollf^n 1540 588 Pferde
voriiuüden gewesen scm, \6S\ hatten sie sich aut 1 (347 484 ver-
melurt, doch sank die Zahl bis 1886 wieder auf 1 537 104 (1887:
1587606). Okinawa ist hierin nicht mthalten. Eine ent-
sprechende Berechnung wie f\lr die lUndviehhaltung eigiebt
folgendes Bild. £s gab Pferde 1886:
auf 1000 auf 100
Stück Einwohner Quadratkilometer
in Nordnihon 4761.S7 82,* 608,7
- MitiehiihQn 440628 29,« 464,s
^ Diese Zahlen aus der Viehstatistik in Band III der vom Ministe«
riam für Landwirtschaft und Hewerhe herausgegebenen Tabellen (JSosho*
mosho Tokei hvo), Agrarstatistik 8. 371—392.
• In 11 Berken betrflgt er Va— 1 kg, in den 27 ttbrigen noch
weniger bis hinab sn 19 Gramm in Saitama.
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X 4.
809
auf 1000 auf lOU
Stück EiDWühner Quadratkilomet^
in W eÄtnihon 69025 7,a 128,«
- Shikoku 7i):U)8 27,« 419,4
- Kyushu 4;32ö31 77,8 1050
' Artjapan 1494689 S9,t 522,t
Die Zahl der Pferde im Hokkaido, 42 415, ist nicht be-
deutend im \'erhältniä zur i läciie, dagegen recht erheblich im
Veriiftltn» stur Bevölkerung, nftmlk^ 198 anf 1009 der Wehn-
bevdlkeran^y ein Verhältnis wie heispiebweise in Schleswig-Hol-
stein. Auf 100 Quadratkilometer kamen 1883 in Deutschland
650 Pferde, in Ostpreiüsen 1040, in Meiningen 210. Die Ver-
teilung im Lande ist etwa umgekehrt wie ftlr das Rindvieh,
abgesehen von Kynshu, wo sowohl dio Rindvieh- als die Pferde-
haltung be(leulen(i ist. Sehen wir uns die einzelnen Bezirke
etwas näher an, so finden wir in einer geschlossenen Gruppe von
iUuf Bezirken weniger a.U 100 Pferde auf 100 Quadratkilometer,
nämlich 17 in Wakai rama, 18 in Osaka, 19 in Kyoto, 39 in
Shiga, 73 in Mive. Niedrig sind die Zahlen auch in dem an«
grenzenden Teil der Westküste, in Fükui, Hyogo, Tottoii, Shimane,
auch in Okayama und Hiroshima. Die höchsten Zahlen hat
auf Kyushu Knm.'nnoto mit 1548 und Kagoshinia un't 1109 Stück
auf Quadratkilometer, Miyazaki und Fukuoka haben über
900 ötuck, Saga und Oita mehr als jjtUck. In den nörd-
licheren Teilen stehen am höchsten Ciiiba mit 1064 und Ibaraki
mit 1049 Stück auf UK) Quadratkilometer, mehr als 800 Stück
haben Miyam und TochigL Im Verhältnis zur Ebwohnerzahl
ist die Pferdehaltung am bedeutendsten in Iwate, Fokushima,
Aomori und Akita im Norden, in Kagoshima und Rumamoto
im Süden, welche alle mehr als 100 Pferde auf 1000 Einwohner
haben. Die Zusammensetzung des Pferdestandes nach Alter und
Geschlecht war folgende
Pferde unter zwei Jahren 36 975 weiblich 32 456 männlich
Pferde über zwei Jahren 793 2^2 - 074 421
Pferde fremder Kasse wurden nm* 54 gezählt, halbbiutige 2533.
Der Verwendung nach wurden benutzt
fUr landwirtscbaftUohe Zwecke 1 288933 Stttck
anderweit tarn Transport u. dgL 154612
zur Zucht 93 459 -
(worunter 17413 Hengste),
Von den als Zuchtpferde angegebenen k( mmen allon auf
Iwate (mit dem Nambudistrikt) 27270, auf Fukushima 14109,
auf Mi Vagi 13588 Stück, zusammen fiwt 60 Prozent der
samtzahl.
Eine der Rindvieh- wie Pferdezucht gleichmftlsig zu gute
kommende vermehrte Nutzung hat die Neuzeit durch die wach-
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310
sende Nadifrage nach Leder erzeugt, namentlich dureh die Ein-
führung der europäischen Fufsbekleidung. Japan deckt gegen-
wÄrtig seinen Bedarf an Hauten und Leder noch niclit selhtit.
Im Jahre 1888 wurden eingefiihrt 10914 Doppclcentner Häute
und 24226 Doppeloentner Leder im Werte yon Buiammen
1098177 Ten, ausgcmhrt nur 3746 Doppelcentner Häute und
68 Doppelcentner Leder im Werte von zusammen 65120 Yen*.
Üwr den Besitz an Vieh in den landwirtschaftlichen Be-
trieber giebt die Statistik gar keine Auskunft. Da auf 5 450 000
bäuerliclie llausiialtungen an landwirtKehaftlich iM-nntzTom Vieh
nur 1288933 Pferde und 961 332 Stück lündvieh konmien, so
darf man wohl annehmen, dais mindestens zwei Drittel aller
ländlichen Hauahaltungen überhaupt kein Vieh besitzen.
Am allem dem Qesagten geht alio hmor, dais in der
landwirtschaftlicheD Pk*oduktion die JSnseognisse der Viehzucht mne
sehr geringe Rolle spielen, wobei auch nicht aufser acht su
lassen ist, dals der ^ ert der Pferde wie des Rindviehs in Japan
ein sehr geringer ist. Mehr noch als in den meisten Ländern
Europas liegt der Schwerpunkt der landwirtschaftlichen Produktion
in den Erzeugnissen des Feldes. Dazu kommt dann
nocii die wichtige Seidenk ult ir.
Um die Hülfsquellen Japans beurteilen zu können, sind also
▼or allem iene zu hesprechen an der Hand der ftir jedes Jahr
▼ertffentlicnten Erntestatistik. Diese hat alleraings den
Kachteih dafs die Angaben der Regel nach etwas au niedrig
sind. Man ist jedoch oestrebt die Erhebungen zu verbes^^ern.
Das starke Steigen der meisten Zahlen in den Jahren 1885 — 1887
ist zu einem grofsen Teil dieser verbesserten Erhebung zuzu-
schreiben. Doch hat wohl auch eine wirkliche Zunahme statt-
gefunden. Die ^Vitterungsve^hältni^<se in den genannten Jaliren
waren günstige, die Ernten reichlich. In manchen Beziehungen
haben vielleicht auch Verbesserungen der Kultur mitgewirkt.
Zu beachten ist, dals in der Emtestatisäk Okinawa ken stets
ausgeschlossen ist*.
' übrigens war Einfuhr wie Ausfuhr von HÄuten niedricer
als iii irtjend eiuein Jahre seit 1H83 infolge gewisser Mafsregeln aer
koreanischen Reffierung. Die Einfuhr war »her immer ffröfser aU die
Ausfabr. Dio irröfsten Zahlen hat Is^H mit 1", 7.*»!) D. C. Kinfulir imrl
13485 D. ü. Ausfuhr. Die Ledereinfuhr dagegen ist regelinaisig jse-
wachsen. 1888 betrag sie erst 9919 D. C. von Hinten werden meist
koreanisch«» Kin hliäute eingefiihrt, Rofshfiute ausgefUhrt. SohUsder
kommt mei^t uns Amerika, anderes Lnder nns r>«tindien.
* Die mir vorliegende Emtestatiatik rciclit für Hol», (Gerate und Weisen
bis IK*^'.». für die niristen anderen Produkte bii» 1^>^7. Der beneren
Vergleicliharkeit halber lege ich dcsliHlb der f lp^cnJi n '/ti'^fimmPTiSitenwng
aueo für lieis, Gerste imd Weizen vorzugsweise die Zahlen für zu
Grande. Man kannte dagegen einwenden, daft dieses als ein beaondeis
gutes Enitejahr ni('l]t mafsgebend »ein dfirfte. Nun sind aber sämtliche
Brntesogaben der K«gel naeb eu niedrig. Ich glaube daher, dafo man
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311
Die wichtigste Feldfrucht Japans ist der Reis.
Seiner Kultur dient mehr als die Hälfte des Ackerlandes. Von der
Feldarbeii de^ r>auern l'ällt ein wesentlicher und mühseliger Teil
auf den Keisbau. Keis wird fast nur im nassen Felde gezogen.
Mit Bergreiä, der Auf nicht berieeeltem Fdde gezogenen Varietät,
waren m den leteteii Jahren nur tmbedeatende Fttchen bestellt,
zwischen 20000 und 40000 Che, 1887 waren es 29571 mit
einem Ertrag yon 223271 Koku. Das kommt neben den Ge-
samtzahlen kaum m Betracht. Irg( nd welche Bedeutung hat er
nur für die Bezirke um Tokyo und die Siidhiilfte von Kyushu.
In 7 von den 13 Bezirken AJtjapans wurde Bergreis 1^87 über-
haupt nicht angebaut, in 23 Bezirken brachte er noch nicht
tausend Koku.
Der SumpfireiB serfilHt in swei Arten, den gewöhnlichen
Reis and den Klebreis. Auf diesen kamen 1887 nur 8^4
ProEent der angebauten Flnche und 7^ 4 Prozent der geemteten
Menge. Beim gewöhnlichen Reis endlich werden drei Varietäten
unterschieden, Frühreis, Mittelreis und SpUtreis. Unter diesen
war 1887 die anj^ebaute Fläche mit 21, 43 und 80 Prozent und
die Erntemenge mit IP, 44 und 37 Prozent verteilt.
Betrachten wir die Zahlen der Reisprod ii ktion als
Ganzes, so hnden wir zuniichst, dals die bebaute Flache seit der
Zeit, dafs es eine geordnete Agrarstatistik giebt, 1878, langsam
aber stetig sugienonimen bat Die Vermebrung ist aber mehr
scheinbar als wirklicb, da die Angaben der ßauena ttber be-
scbltdigte und verwüstete Felder, welebe vielfacli Uberlrieben
waren, jetzt sehitrfer geprüft werden. Die Emtemenge und
Fläche soll betragen haben:
1878
25282540 Koku'
2489765 Cbo
1879
32418924 -
2 541661 -
1680
31359 326 -
2 502 460 -
1881
29 97 1383 -
2 564 1 26 -
1882
30692327 -
2 580 255 -
1883
30671492 -
2579544 -
1884
26349883 -
2605721 -
1885
S41&8169 -
2611987 -
1886
37191424 -
2618015 -
1887
::*M>99199
2 037069 -
1888
30 (54.Ö 583 -
2 685 987 -
1889
007 'y(^C>
2 726 539 -
Sind die Zal
len aiuii iiiclit c^anz genau, so spiegeln
im allgemeinen die Keiiientoige guter und schlechter Jalu^
nüt den Zahlen für ein gutee Jabr den wirkHohen Darcbechnittszahlsa
sin nftchsten kommt. Die Reisemtc wird ?p\f Juhren von pachverstiln-
digen Japanern auf 40 Millionen Koku geschätzt Für las? aber giebt
die Statistik 89999199 Koka.
^ Alle Zahlen beziehen uch auf Gemmai, angetcbSlteB Reit. Der
Verlust dorch das Sch&len betrügt ein Zehntel.
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wider 187^, 188182 und 1S84 sind als Jahre schlechter
Ernten b» katint. Während von der guten Ernte lies Jahres
1888 in den Zahlen nichts zu merken ist, treten die guten Jahre
3879 und 188-V88 deutlich hervor. Die in den einzelnen
Gegenden geeratete Menge hängt ab einmal ▼im der Aaedebnung
des naBsen Feldes, welche wieder dne Folge der BodeDgestaltong
ist, anderseits von der Fruditbarkeit. Der E>trag von der
gleichen Fläche ist in den verschiedenen Teilen Japans aufser-
ordentlich verschieden. Die grtfiaten abioluten Mengen lieferten
folgende Bezirke:
1888 1887 1886 1885
Koku Koku Koka Koka
Kiigata 2 182 208 2184542 2 289831 1852622
Hyogo 173*5582 1 94G817 1407749 1 721 840
Fukuoka 1 797 968 1 692 500 1 61 1 443 1 44 1 884
Osaka» 1 482222 1618395 1 341855 1 278908
Toyama 1421055 1517486 1645 631 1 074285
Chiba 1439821 1343830 1 266 727 1 590745
Ehime' 1135^68 1 261688 989776 1 173078
Aichi 1 164862 1243062 1442192 1119384
Okayama 1222074 1 285692 848987 1 060108
Fdciishima 1 195098 1 219987 1 181621 1 059525
xMiye 1141706 1206634 1 183477 994496
Akita 950291 1202 699 1 311470 1 119652
Shiga 1 187167 1 1 90 340 1 1 73 085 992 624
Yamagata 102854U 1155163 1185525 1U83821
Nagano 071953' 1126173 1139885 795555
alle anderen Bezirke
weniger als 1100000 Koku.
Die geringste Reisproduktion hatten 1887 auiser
Hokkaido (nur 20648 Koku) und Tokyo die bergigen
Yamanasbi, Nagasaki und Gumma.
Hei der verschiedenen Gröfse der Besirke geben diese
Zahlen aber keinen rechten Begriff von der Bedeutung der
einzelnen Gegenden tilr den Reisbau. Bei einem Vergleicli der
Flflclio jedes Bezirks mh der Erntemoncrr' im Jahre 1887 tritt
bei eiueui Landeödurclisehnitt für Aitjapan von 2150 Koku auf
den Quadratri'' an die Spitze Toyaui.'i mit r)705 Koku, dem 4»ich
das benachbarie isiiikasva mit 3318 Koku aiibchiieial. Die nächst-
em
' Auf die itM November 1887 erfolgte 1 filuii^^ des Osaka-lu ui
Osaka-fu und Nara-keu uehine ich keine liuckeicht, um die Verjgleidibü'
keit zu f rhniten. Ebenso nicht auf die £iide 1^ erfolgte Aotrannung
des Kaj^Hwa-keu vom £)bime>ken.
« Lngcwdbniich hoch 188^ noch Yamsguchi mit 1829189 Koku.
^ 1000 Koku aaf den Quadiatri = lir hl (rund 9700 kg) auf den
Quadratkilometer.
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318
bedeutende Gruppe bilden Sa^a mit 5378 Koku und Fukuoka.
mit 5322 Koku, In den mittleren Gebieten hat Osaka im alten
Umfiintre 5105 Koku, ohne Nara aber 8937, Shiga 4014, Hyogo
3495 Koku. f r iir letzteres wird der Hezirksdurchschnitt durch
die geringe i'ruduktion der Provinz lajima an der Westküste
gedrückt) Aich! hat 3946 (die Provinz Owari allein 7188),
Miye 8270 Koku. Endlich im Ostea hat Chiba 4122, Tokyo
3603, Saitama 3387 Koku. Im Yerhältnia sur Flüche lehr
geringe Reisproduktion finden wir im ttufsersten Norden, wo
Iwate nur 543, Aomori 1004 Koku auf den Quadratri erzeugte,
sowie im Süden init 783 Koku in Kagoshima, 984 in Miy i7;iki,
1060 m Kochi. endiicli in den gebir^^i^en Mittelbezirken Gumma
mit 952, Yauianashi mit 955, Nagano mit 1319 und Gifu mit
1335 Koku. in letztgenanntem Bezirke hat die Provinz Mino
-einen Ertrag von 2052, Hida aber nur von 256 Koku.
Wichtiger vom landwirtBchaftÜchen Standpunkte aus ist ein
Veiigleich der Erntemenge mit der bebauten Fläche. Der Ertrag
Tom Cho war bei gewöhnlichem Sump&eis im Durchschnitt der
Jahre 1886 und 1887 in ganz Japan (immer ohne Okinawa)
14,8 Koku (2220 kg), das sind 26,86 hl vom Hektar, Bei Kleb-
reis war der Durchschnittsortrag etwas niedriger, 14,2 Koku,
beim Bergreia nur ß.r Koku. 1^ schränken wir uns auf den
gewüiiülichen Sumpfreiä, üü tiudeii wir nach ucu iJurchsjchnittä-
zahlen von 1886 und 1887 drei Gruupen hoher Durchschuitts-
•ertrilge von mehr als 16 Koku vom Cno (29 U vom Hektar):
Yor allem im Nordwesten Tojrama (21,5 Koku — 39 hl vom
Hektar), dem sich Ishikawa (18,2 Koku) und Nagano (17,4
Koku) anschliefsen. Eine zweite Gruppe umfal'st den mittleren
Teil der Hauptinsel: Shiga (19,7 Koku), Kyoto (16,2 Koku),
Hyogo (1(3,7 Koku), Osaka (18,8 Koku), Wakayama (17,8 Koku),
und Aliye nfi,3 Koku). Die dritte Gruppe liegt im Süden mit
den 4 Bezirken Yamagiichi (19,4 Koku), Fukuoka (I7,a Koku),
Saga (16,5 Koku), Kumamoto (16,8 Koku).
GeriDCO Durcbsdmittserträge (unter 18 Koku) ei^eben da^
£egen auf &yu8hu die B^irke Kagoshima (8,« Koku), Miyazaki
(11,6 Koku) und Nagasaki (11,8 Koku), femer Kochi (11,6 Koku)
und Hiroshima (12 Koku). Auch die benachbarten Shimane,
Okavama und Tokusliima stehen unter dem Durchschnitt.
Nördlich und östlich von Tökyo stehen alle Bezirke der Haupt-
insel unter dem Durchsei) nitt, ausgenommen Yamagata, am
niedrigsten Iwate (10 Koku), Aomori (12,i Koku) und Akita
(12,0 Koku). Dabei ist noch daran zu denken, dais der Anbau
TOD Winterfrucht auf dem Reisiblde im Norden sehr viel seltener
m(fg|Bch ist als in den Bezirken des Westens und Sudens.
Die wirklichen Unterschiede in dem Ertrage der Reisfelder
sind natürlich sehr viel gröfser als diese Bezirksdurchschnitte.
Doch genügen dieselben, um eine für unsere Zwecke aus-
reichend Übersicht zu geben. Nur ia den wenigen Bezirken,
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X 4.
welche ^ranz verschit'denartige Provinzon iimfiissen, wird das
Bild durch die Bezirksdurchschnitte ein in-iges. Das ist der
Fall in Kyoto, Hyofro, Shimane, Gifu und Ehime. Zur Er-
gänzung obiger Angaben und der Emtetabelle im Anhaug tilge
ich ttir diese Bezirke die Durchschnitte der Provinzen und
Brovinsteile &r gewöhnlichen Sumpfreit im Jahre 1887 dn.
Der LandesdurchBchnitt war 1887 15,s Eoku Ernte vom
Cho. Er betrug
im Bezirk nämlich in der Provinz
Kyoto 17,4 Eoku: Yamashiro 21,i Koka
Taniba (Teil) 16
Tango 13,5
Hyogo 19,8 Koku: Settsu (Teil) 19,7 -
Tnmbn (Teil) 15,1 -
Tajima 14,o
Harirna 20,6
Awaji 23,8
Shimane 16,s Koku: Izumo 18,5
Iwami 12,8
Oki 12,7
Ehime 16,i Koku: Sanuki 18,4
lyo 14,4 -
Grift! 15,1 Koku: Mino 15,4 -
Hida 12,8 -
Bemerkenswert sind namentlich die viel niedrigeren Ertrüge
der Teile von Kyoto und Hyogo, welche an der Westküste liegen«
Vrr^^lcichen wir die Enitemenge mit der Bevölkerungszahl,
80 giebt das einen gewissen Anlialt daflir. welche Bezirke erheb-
lichere Mengen Reis an andere (xi tulen res}), zur Ausfuhr ab-
geben können. Im Jahre 1887 war die Zahl der geernteten Koku
und die der Einwohner Japans ungefähr gleich. In 24 von 44
Bezirken war die Kokazahl grOfser als die ISnwohnenahl und
swar in 12 Beasorken um 200000 und mehr, in 5 weiteren Be-
zirken imi 100000 bis 200000. Jene 12 Berarke waren: im
Nordwesten Niigata mit 540000 und Toyama mit 800000,
im Norden Fukushima mit 350000, Miyagi mit 400000, Yama-
gata m\t 4:^0 ono, Akhn mit 550 0()(). Auf der Hauptinsel sind
dann noch zu erwähnen; Chiba mit 200 000, Miye mitSlOiXH),
Sh\^ti mit 540000 und Hyogo mit 470 000. Im Süden endlkh
linden wir Fukuoka mit 530000 und »Saga nut 330000.
Der Reis ist bekanntlich, wie bei uns das Brot, das Haupt-
nahrungsmittel in Japan, namentlich der wohlhabendeien und
der städtischen Bevtukerung, während von der ärmeren Land-
bevölkerung Qerste, Wasen und Hirse teils mit Reis gemisditi
teils statt seiner genossen werden. Will man untersuchen, wie-
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815
viel Reis ftlr direkten Verbrauch zur Verfiigwng steht, so sind
drei Dinp:e von der Erntemen^'e abzuziehen : das Saatgut, der
bei der Sakebrauerei verwendete Reis und der Überschufs der
Ausfuhr über die Einfuhr. Nehmen wir an, dafs für einen ( 'ho
Reisfeld Oji Kuku Saatgut uötig sei, so giebt das für dat» ganze
Land einen Bedarf von mnd 1 800000 Koku. In der gewerbs-
mäfingen ßake&brikation ut der Bdsverbraucb von 1879 bis 1885
von beinahe 5 MilBonen Koku anf knapp 2 Millionen gesunken,
seitdem aber wieder gestiegen. Dazu kommt noch beinahe eine
halbe MiUion in der Hausbrauerei (nicht gewerbsmäfsigen Her-
stellung). Man kann die ftlr Sake verbrauchte Menge also auf
etwa 3 Millionen Koku an8chlac:en. 'Vgl. unt^ die Abschnitte
über die Öakesteuer und die Sakeindustrie.)
£infttbr und Ausfuhr von Reis in Japan
von 1868 — 1889 in Pikul k 60 kg.
Jahr
Ebfohr
Anrftihr
Überschufs der
Ausfuhr
1
2
3
4
186S
209 772
—209 772
1869
1 «20 718
— 1620 718
1«70
5377 108
—5377 10»
1871
419579
—419579
1872
1878
19 093
m 518
145 420
1874
11 750
140 790
129040
1875
10 280
?
y
1876
280
469 500
469 270
1877
110
1042 200
1042090
1878
83000
1990420
1^57420
1879
184 38.5
1:^5 972
1 ••«7
mo
430193
68 271
— 3«1 ««2
1881
166 841
106 561
—60 280
1882
13 977
6.W 949
6:^972
lM«r5
41
435 102
405 :mi
18H4
5ö51
1 137 U54
1 131203
1885
295988
817778
21788
1886
9 815
1 887 3:^1
1373 516
1887
898 217
822 999
1888
12 177
3313383
3301 206
1889
51737
3277129
3225392
Anmerknng. Die Zahlen Bind in einigen Jahren fUr die Einfuhr
etwas höher als in der (Statistik der Zollvrrwaltinig, da die^e erst se^t
1884 den Handel mit Korea einschUefsL In den Jahien 1880 und 1881
kamen von dort gröfsere Mengen Heis.
Die Ausfuhr von Reis hat erst in den letzten Jahren
dne gröfeere Bedeutung gewonnen. Zu Zeiten ist die Einfuhr
grölaer ^reweaen als die Aust'ulir. Die grofse Ausfuhr 1^77 78
ist die l*'olge der chinesischen Hungersnot Das Anwachsen der
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X 4.
Einfuhr über die Ausfuhr 1880 war durch die hohen Preise in Japan
veranlafst Die gute Ernte von 1888 und die darauttoigenden
niedrigen Preise helseii die Reisausfuhr des nÄchsten Jahres
ziemlich ansteigen, doch hielten sich 1885 Einfuhr und Aus-
fuhr die Wage infolge teihi der geringen Ernte von 1884,
ieilB der BefUrcbtungen ftr die neue Erote, weiche die Preiae
losigkeit dieser Besorgnisse. Die Einten von 1885 bis 1888
waren gut und brachten in den entsprechenden Jahren 1886 bis
IKHI* ein verhältnismiifsig starkes Anwachsen der Reisausfulir zu-
wege. Im Diirehschniit der vier Jahre wurden 2 217 705 Pikul
jährlich ausgetulirt. Den Koku Reis zu 2* a Pikul (15U kg)
angenommen wären das noch nicht 89<i00() Koku und auch das
höchste Jahr, 1888, allein genommen, hatte nur eine Ausfuhr
Ton rund 1300000 Koku. Das iet immer noch weniger als
der Minderverbranch cur Sake&brikation in den letzten Jahren.
Dieser aUein genügt, um die Zunahme der Ausfuhr zu erUflreo.
Der ungttnstige Aufl&U der Ernte von 1880 Iiat nicht nur der
Ausfuhr ein Ende gemacht, sondern auch 18V") die Einfuhr be-
trilchtlicher Mengen voti 'Reh bewirkt', Nelinien wir an, dafs
die Reisaust'uhr hi \ guten Ernten 12<M)(MlO Koku (3 Millionen
Pikul) betraa"en kann, so würden von der ganzen Krntemenge
etwa <*) Millionen Koku abzusetzen sein, nämlich 1800000 rar
Saatgut, 3 Millionen iUr Sake und 1200000 zur Ausfuhr. Bei
einer Produktion von rund 40 Millionen Koku, was meiner Mei*
nung nach gegenwärtig dner guten Mittelernte entspricht blieben
also iU Millionen Koku zum Verbrauch ttbrig^, das sind etwa
1 60 Liter auf den Kopf der Bevölkerung« wohlgemerkt Gemmai,
ungesehalter Reis. Der Verhist beim Schälen wird allii^omoin als
ein Zt'linU'l betraehtet. Ks würden also auf den Kopt der Be-
völkerung 114 Liter j^esehiilter Reis kommen oder rund kg.
Der Reiüpreis hat für die japanische Volkn Wirtschaft eine
ganz aufserordendiche Bedeutung, gröfser als in unserer viel-
seitigen europMiachen Produktion der Preis irgend eines etnseben
Produktea. INe Reisemte stellt dem Werte nach mehr ak die
Hälfte der jahrlichen Undwirtachaftlichen Produktion dar. Der
■ in der ersten Jahreshälfte bereit« 1 72» OUU Pikul.
* Das ist allerdings erheblich mdir, als man im Anscblufs an die
Erntcstatistik gewöhnlich annitiimt. Der Durchschnitt der zelin Jahre
1879— l^ss orpiebt nur :^n4ÖO00 Koku. Dafs diese Zahl aber hinter
der WirklichkeU Kurttckbleibt, zeig:t die letzte Zeit, in welcher der
Ernte des Jahres 1SH9 von an »tili lionen Koku vollständige Nntpreise
folgten, die durch die wüste ReiBspekulnti in allein nicht erklärt werden,
bei unserer Annahme über die Gröftie einer Mittelernte aber verständ-
lich rind.
* Da(s davon 2 — 8 Millionen Koku in der Form von Kuchen vet"
7(>hrt werdet), ist für uusereu Zweck gleichgültig, mag aber hier neben«
her Erwiilmuug finden.
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817
Reis ist flir die meisten Bauern und Grundbesitzer (denn die
Pacht wird der Biogel nach in Reb besahlt) dasjenige f^ugnis,
dessen Erlös bar Ueld sor BeaaUung der Stenem und anderer
Dinge in die Wirtschaft Imngt Bei der Höhe der im wesent-
lichen feststehenden Orundateuem haben die 8chwankun<^en des
Pff^ises dieses liauptniaH^tri i>duktes eine ebenso grofae Bedeutung
tiir fVr. Produzenten wie rür denjeni^'e!) Teil der Konsumenten,
weleiitii seine Nahrung nicht naturalwirtschai'tlich selbst fT?;«^ngt,
sondern zu kauten hat. namentlich also die stiidti^cho i'. \\»lKe-
rung. So iai es begreiflich, dais der Reispreis in allnu Ivreisen
der fieTölkeruttg mit Äafmerkaamkeit verfolgt wird. Über-
raschend ist für den mit europAischen Verhftltnlssen Bekannten,
wie die Grofspreise nnmittdbar auf den Detailhandel zurück-
wirken (was übrif^ens nicht blofs Ijeim Keis der Fall ist). Seinen
(irund hat das wohl zum Teil darin, dafs beim Reis der Weg
vom Grofshandcl zum V< iv.ehr <Mn sehr viel kürzerer ist als
z, H bf im Rr^t 1 )c'r Reis ist nur zu schiilen , in dem 1 )etail'
preis .^tt'ckl aUo imr ein verhältnism.ilsig kleiner Zuschlag an
Löhnen u. s. w. zum (»rosprcis, welcher beim Brot einen so
^Lebüchen und nur langsam sich ändernden Teil des Detail-
Preises hildet. £in anderer Grund scheint mir aber auch in
der G^taittmg des japanischen Handels zu liegen , der scharfen
Konkurrenz der kleinen^ mit geringem Gewinn sich begntigenden
Detailhändler einerseits, anderseits, Avenn der Ausdruck erlaubt
ist, in der Kleinheit des Grofsliandels. /wischen Grofs- und
Kleinljand' l br>steht kein grofscr (liegen^ t/. die Uuisäta^ beziehen
sich fast immer nur auf sehr kleine iM i.gen.
Die Grofspreise , welche sich auf unj^eschälten Reis
(Gemniai) beziehen, werden seit Untergang der alten Reis-
gilden auf den Reisb&ra^ notiert ^ welche, adt 1876 errichtet»
1887 hl 16 Städten bestanden (vgl oben S. 237 ff.). Aufser-
dem werden seit der Grundsteuerreform die Pi*eise in einer
groisen Zahl von Marktorten von den Behörden regehnÄiiaig
notiert und bekannt gemacht, auch Durchschnittszahlen daraus
für siimtlich*^ l^ezirke veröllenrlicht In Tokvo sind die Hörseji-
preise rf^'i^t li;! rn«]^ ^Iwms nv'dn.^er als dit; amtlich festgestellten
Preibc UUciiUii haiulek ca -i> h um QualiUitsunterschiede. Die
Detailpreise erfahrt das Pubhkiiui m sehr zweckmtilsiger Weise,
indem die Händler greise Tafoln auahfingen oder in Geftfsen
mit den betreffenden Reisproben selbst aufstellen, auf welchen an-
' Aus älterer Zeit sind die FrciHr- <\pv HeiBpilden in Osaka peit 1597
erhalten, für die erste Zeit etwa« uuvoilkouiuiener, von 1622 an fehlen
im 17. Jahrhundert noch 19 Jahre, von 1701 an fehlen nur 5 Jnhre.
Seit l^^r^O 8ind die tnonatlichen DurchschnittspiciM Teröffentlicht. S. Tokei
Zasshi Nr. 30 iS. 62 und Nr. 07 12.
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318
geschrieben iat, wieviel geschälter Reis fUr eiDeo Yen gegeben
wird.
Da die Reiaernte im Oktobei und November stattfindet,
darf mau nicht, wie zuweilen geschieht^ die Preise uud die Ernte
dee eleicheD Kalenderjahres ziuammensteUoi.
Die Bewegung der japanischen Rcispreise in neuerer Zeit
ist nun sehr erheblich gestört durch die zeitweise Entwertung
des Papiergeldes und die ganze ^'^erwirru^g der Währungsver-
hältnisse. Erst mit der am 1. Januar 1880 erfolgten Aufhalnue
der Rarzahlungen ist mau nach 25jähriger Unordnung zu ge-
regelten N'erhfiTtnissen und einer stabilen VVahrung zurückgekehrt.
Im allgemeinen stehen die Reispreise gegenwärtig iiuiier
als zu Anfang der neuen Ära. Dan Steigen der Preise hat aber
nicht so sehr in d&i von alten her bestdienden central gel^^en
MarktplätEen, wie Osaka und Tokyo, stattgefunden, ab in den
entlegeneren Gegenden. In jenen sind die Preise jetet nicht viel
höher als vor 15^ — 20 Jahren. Dagegen im Norden, an der
Westküste, zum Teil auch im SUden sind die Preise seitdem
gestiegen Die Preise jener entlegeneren Bezirke liaben sich
denen der Haiijjtvinkehrs- und Konsumscentren mehr ^entlhert,
das Preisniveau ist gleichmäiisiger geworden. Das ist die Folge
teiLs des X^erschwindens der alten Absperrung einer Landschaft
gegen die andre und der Entwickelung des \'erkehrs im Lande
unter dem Binfluase namentlich der yerbesaerten Tranaportmiltel
und Verkehrswege. Es ist zum Teil eine Folge der honen Rdb-
preise in der Zeit der Entwertung des Papiergeldee. Dem raschen
{Steigen der Keispreise folgten die Transportkosten so schnell
nielit nach. Damit ^<^ar es möglich , den Reis auf sehr viel
weitere Strf»ckpii z"i transportieren als fiiiher. Auch entlegenen
Provinzen wurden dadurch die gi'Olsen Markte zuuaiii^lich. Nach-
dem die Preise wit-der sanken, wurden die neu angeknüpften
Beziehungen möglichst aufrechterhalten , wozu die drückende
Kot die Qrundbesitaer swang.
Betrachten wur zunächst die zeitliche £ntwickelung der Rda-
preise im allgemeinen^ so ist der aus Anlaiii der Orundsteuer-
rcform eraiitielte DurchschnittapreiB der Jahre 1870 — 1874 ftlr
das ganze Land gewesen 4,i85 Yen. Die weitere Entwickelung
zeigt die folgende Tabellcj welche in Spalte 2 die Landesdurch-
schnittspreise, in Spalte 4 die Tokyo l')orsenpreise tllr den Koku
ungeschälten Reis £rie])t. Ftir 188u i,-,t die Zahl aus anderen
Quellen ergänzt (Uandrlsötatiütik des Noshomushu iil 141),
da fUr 5 Monate kein Börsenkurs notiert ist. Um die Papier-
geldschwankuDgen zu eliminieren, sind die Beispreise 1877^1885
in Sflber umgerechnet
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819
Preise in Papier und Silber i n J a p a n u n d in Tokyo
fUr den Koku ungeschälten Heis, 1875 — 1889.
■
1
■ 1
Jabr
im
Landes-
durebsehnitt
In Sin)er
nach Tokyo-
BOnenkurB
umgerecbiidt
Keispreis
an der Börse
in Tokjro
Preis
für loo Yen
s]r(,.-i
an uer iiuiäo
in Tokyo
HcispreiB
in Tokyo
in ^ber
isTn
Yen
4,86
4,w
7,00
9,00
7,40
5.50
4.T1
5,14
4,71
4, :.T
5, -*
Yen
Yen
Yen
1877
1878
1B79
1880
1881
1882
1884
4i0«
4, TT
5,00
6,st
5, M
4,Tt
4,06
4, «8
5,1t
5,os
(10,«o)
9,M
7,M
5,M
5,08
5,r,6
5,10
5,01
103,«
109,«
121,1
147.7
170,4
157,0
126,B
105,<.
lüO
4|«4
5,4»
7.1.
5,M»>
5,01
4,T0
4. n1
5, «4
Zur Erklärung der Zahlen ist zu bemerken, dals 1875 un-
gewöhnlich holn* Preise hatto, wnhr«^nf1 1^7r> nnd 1877 untor dem
KinHufs n'iclier Ernten standen Merkwürdig ist. dal's der grolse
Aufstand des letzteren Jahres in den Reispreisen sich gar nicht
flililhar macht l^briprens fehlen die aut'stiindischen Bezirke (Ka-
goshinia und Miyazaki; iiir dieses Jahr in dem Landesdurch-
sehiiHt Von 18/8 an wird die Änderung des Wertes der Landes-
währnng bemerkbar. Aber anoh wenn wir den Papierpreis in
Silber umrechnen, ist bis 1880 ein sehr starkes Steigen bemerk-
Hch. Zunächst ist das der japanischen Mitsernte von 1878 und
der chinesischen Hungersnot zuzuschreiben. Aber 1879 brachte
*■ Der durchschnittliche Wert des ausgeführten Reises betrug für
den Kokn
R,,r. Silberyen 1885 6,o3 Silbeiyen
1X82 6,M - 18Ö6 0.00
1883 5,to • 1887 6.n -
1884 4»i» - 1888 5^00 •
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320
X 4.
eine reiclie Eiiitt urif! doch stiegen die Preise weiter. Hier üe^
direkt die Einwirkung der ( Jeldentwertung vor. Das Sinken
des Papiers und J> teilen des Keis^ entfachte eine ganz tolle
Spekulation, olle Bauern^ Händler, Beamte spekulierten auf
wdtereg FaÜeD des PapiergeldeB. Der Reis worde vom Markte
TOrttckgehaken. Gleicbzeitig aber wuchs die Kachfinage mit der
durch den fiktiven Wohlstand der Infiationszett gesteigerten
Konsumkraft. Die Sake&brikation wuchs ganz ungeheuer
(1877 78 knapp 3 Millionen Kokii , 1>^7R70 fast 4 MilHonen,
1870 80 5200 000 Koku) und damit der \'erbrnue]i von Keis
hiertlir. Im September 1879 war der Reisprtis in Tokyo in
Silber berechnet bereits auf 7,s7 Yen gestiegen. Die gute Ernte
drückte ihn dann allerdings stark lierunter bis auf 5,vu Yen im
DaidMchnitt des Januar 1880. stieg darauf wieder etwas, stand
aber im Durchschnitt des April immer erst auf 6,i« Yen Silber.
Dann flammte aber die Spekulation wüster auf als je. Dafs die
Begiening die Reisbörse schlofs (12. April), scheint die Sache
nur verschlimmert zu haben. Im Mai war der Durchschnitts-
preis in Silber berechnet 7,8c Yen. im August b,a« Ven Der
nerannahenden Ernte und der steigenden Einfuhr gegenüber
waren solche I'reisc nicht zu halten 1881, das Jahr der tiefsten
Geldentwertung, zeigt wieder, in Silber berechnet, viel normalere
Verhältnisse des Reisprdses. Je mehr von da an der Geldwerl
sich hob) desto schtfrifer wurde bei der allg eu 1 emen Depmsioii
und KonsumunfMiigkeit der Druck auf die Reispreise. Die
reichliche Ernte von 1888 verstärkte noch das Angebot Im
Januar 1884 kostete der Koku Reis an der Börse in Tokyo in
Siliifr nur 4 Yen, ein TVei^, der seit dem Friilding lH7r> nicht
vori^ckoHiinen war. In nianciien Gegenden stand der Durch-
schnittspreis in Papier tiefer als in dem Durchschnitt von 1870
bis 1874. Die Ernte von 1884 war schlecht. Dazu entstanden im
Dezember Wirren in Korea, welche auch Verwickelungen mit
Oiina SU brinsen drohten. Im Apiil 1885 stand der Keispreis
in Tokyo wiecfor auf betnahe 6 Yen Silber. Oberschwemmungen
im Anfang des Sommers gaben den Vorwand zu weiteren
Haussespekulationen, die durch eine ganz unglaublich takt-
lose Proklamation der Regierung imterstützt wnroen, worin ein
grolser Emteausfail vorhergesagt wurde ^ Wieder war es der
* Es ist schwer, sieh des Oedankeos ara entseblagen , dafs die Re*
gieriiiig iHc Haus«e:5|H'kuIati(»n begünstigen wollte, vielleicht in der Ab-
picht, den schwer leuieiulen (Jruiidl)eBitzern zu Hillfe zu kommen. Dafs
nach einigen IJber&cbwcmiiiungcu im Juli kein Mensch in .lajuin den
Ausfall der Keisemte vorbersaf,'en kann, h'cgt auf der Hand. Die Hausse
von 18><9 erfreute sieh l'K iehfalls ler Svmpathie hochstehender Persön-
lichkeiten. BemerkeDs^vert ist, dafs regeimä&ig der August mit eeinon
StDimen and unregelrnüfsigem Wett«r <üe HauBSflepeknlation hervorbringt,
so 1875, im, im, m9.
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X 4.
321
Augiist, in welchem das Maximum mit (kdo Yen erreicht wurde. '
Der hohe iVeis zog ziemhclie Mengen Reis aus China auf
den Kobe-Markt. Die reiche Ernte von 1885 setzte dem Treiben
ein Ende. Die Tokyopreise sind dann aUmählich auf das Niveau
von etwa 5 Yeo hmDgegan^eu, das earst dnrdi eme dem Ma-
növer y<m 1885 ähnliche PrauBtreiberd im Sommer 1889 wieder
verlassen ist. Im Zusammenhang mit der schlechten Ernte von
1889 hat der Winter 1889/90 ganz unerhört hohe Preise gehabt.
Die Kalenderjahre geben übrigens kein so deutliches Bild
der Preir-?)rwt'>rrynjr als die Erntejahre, da in den letzten Monaten
des Jahr«j^i die Preitse bereits von der neuen Ernte bestimmt
werden. Für Tokyo lasse ich die cnt'^prechenden Berechnungen
folgen, wobei ich den Anfang des Emtcjahres auf den 1. Oktober
setse, weil dann der Ernteertrag schon ziemlich zn tkhersehen ht
Amtlich erhobene Durchschnittspreise in Tokyo
für den KoUu Reis 1873—1 88 7.
Im E>iit«iahr
Im iküleuue^jaur
(1. Oktober bis 90. September)
1
2
3
4
Yen
Yen Pajner
Yen ȟber
1873
(Jan.— Sept. lb7Ü)
4,5«
1^74
1^7:;
1875
6,M
1874
187«
4,99
1875
5,40
1877
5,18
1876
4,90
4,ts
1878
6»M
1877
5,t«
5,s»
1879
8,M
1878
7,40
6,»
1880
10,M
1879
9,80
7,0s
1881
10»«t
1880
10,<«
6,M
1882
1881
9,ss
5,t«
7,«8
'•.HO
IQ04
♦>,4<i
ISS,
6,8»
ISS7
lö&ö
5,18
5,tB
[im
4»«J
(Oktbr.— Dez. Iöö7)
4,M
4,90
Nach den durchsclinittliehen Monatspreiseii l;<7o- isx? in der
HaiidclagtHtistik des No3homu.sho III 141. Spalte ist nach den ent-
aprechenden Silbcrpreison an der Tok^oborse beroclinct,
F«mcbungi.'i) (45i X 4. Kuthgcu. 21
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322
In Osaka, dem anderen Mittelpunkt des japanischeD lieis-
Landels, war die Bewegung der Preise ganz parallel der in
Tokyo. Doch waren die dortigen Preise r^gebm&ig
niedriger als in Tokyo. Seit etwa 1883 besteht fast kein Unter*
sdiied zwischen beiden Orten.
Eine ungefähre Vorstellung der Bedeutung der einzelnen
Marktorte für den Reisliandel geben die Umsätze an den Reis-
börsen, welclie ich für die iviclitigsteu Platze in den beiden
Jahren der groi'bc^n Spekulation und den Jakren 1886 und 1S87
folgen lasse {in lUOO Koku).
1878
1879
1880
1887
120407
115652
18446
10271
24223
40114
5802
2703
31 3»i8
23 004
3923
2401
10770
7047
512
189
14359
9080
1 048
1 145
4021
5315
1 090
077
116(59
6507
684
288
6881
6680
831
221
3714
3435
347
04
1 80< )
1 527
584
410
2 805
3448
050
255
) 095
4 000
595
511
721
505
Umsatz an
allen Börsen
davon in Tokyo
in <^>saka
in Hyo^o
in »Shinionoseki
in Nagoya (Aichig
^ Kyoto
in Kuwana (Miye)
in Matauyama (Ehime)
in Otsu (Shiga)
in Niijratii
n Künazawa (Isliikawa
u Uakata (Fukuokaj — —
Die amtlich notierten Mittelpreise sind in den yerschiedenen
Qegenden des Landes trots der erfolgten Annäherung immerhin
noch recht verschieden, was sich wohl nur zum Teil durch
Qualitätsunterschiede erklärt. Die Transportverhältnisse müssen
naturgemäls einen starken Einfluis überall da üben, wo Produktion
und Konsumtion sich nicht in nächster Nachbarschaft vollziehen.
UberdurchöchnittHelie Preise hat abgesehen vom Hokkaido der
ganze Landstrich von der Tokyoebene bis zur Gegend von
Kyoto, die nördlich davon gelegenen binnenländischen Bezirke
eingeschlossen. Tokyo mit seinem grolsen Verbrauch hftlt
namentlich die Preise in seiner ganzen Umgegend hoch. Am
höchsten steht dauernd Gunmia (1880: 0,5i> Yen bei einem
Landesdurchschnitt von 5,14 Yen, 1885: 7,4s Yen bei einem
Landesdurchschnitt von 5.^r, Yen, 1S84: 5, na Yen gegenübt^
4,71 Yen LandosrlnrchschnittJ mit seiner geringen lieisproduktion,
aber staiken Konsumfähigkeit infolge der Seidenzucht'. Auch
Y'amanashi, wo ähnliche Verhältnisse vorliegen, hat regelmälsig
^ VieUeicbt spielen die stark besuchten Badeorte desBestikes auch
eine gewisse Rolle. — Wenn durch T^ej^en die Verbiadmig mit Tocslugi-
keu gestört ist, steigen in Guoima sofort die Preise.
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X 4. 323
aebr Lohe Preise (ISbO; 6,83 Yen). Alle um die bezeiclinete
Gegend herum peripher liegenden Bezirke haben dauernd unter-
durchBchnittliche Preise: der Norden ▼om Faktuhima-kea an,
die gans» Westküste und die Westspitze der Haupttnael von
Hyogo an, sowie Slükoku und KyuHhu. Die niedrigsten Preise
bat auf der einen Seite der Süden von Kjushu. So hatte 18S6,
bei einem Durelischniltäpreia des ^'■.•;nrf»n T rt'^f^s von '>,u ^ en,
Miyazaki als Dezirksdurehschnitt 4,f.< \an, Kagosliinia 4,4s
Yen , Kinnanioto t,r.;t Yen. Sehr niedrige Preise liat .mder-
seits die VV'eitküäte der Haupiinsel, deren grolbcr Heisprodukiion
nach den G^enden der hohen Preise nur schlechte Verbindunga-
Sur Vmigung stehen» die zu Wasser weit und gefiihriiGfay
ZVL Lande höchst kost^pieh^ sind. So war der Besirksdurch-
öchniits preis in demselben Jahre 1886 in Tottori 4,5t Yen, in
I.shikawa 4,-.i Yen, in Toyama 4,4s Yen, in Niigata 4,-.i Yen,
in Yauiap;ata 4,4n \vn, in Akita gar nur 4,us Yen, (K^r niedrigste
Durchschnitt der Tabelh-, \)vn niedrigst! n Preis hatte 1885
jUliikawa, in rriihereii Jahren meist Y'amagata.
Wie sehr die Preise selbst mit' kurze Kntternungen ver-
«jcbiedeu sind, oÜeubar wesentlich iutolge der Verkehrs Verhältnisse,
der hohen Kosten namentlich des Landtran^rtes, mögen eini<^e
Zahlen erläutern, welche ich der vom Ministerium filr Land-
wirtschaft iiod Gewerbe veröfVentlichten Übersicht der Preise
wichtiger Handelsartikel in einer Anzahl von SUidten entnehmet
Sie zeigen, wie in Orten in unirünstiger Lage die Preise je nach-
dem ungewöhnlich hoch oder ungewöhnlich nirdri^' sind. In
der Stadt Akita war der Durchschnittspreis iKS7 4,o.> Yen: in
dem an der Landstralse ^ht km landeinwärts gelegenen Omagarl
dagegen nur 3,a2 Yen. Im Jahre 1H8(3 war der Unterschied
noch grölser: 4,as Yen nnd 3,4o Yen. Im Iwate ken kostete der
Beis in der Hafenstadt Hiyako 1887 4,t» Yen, in der binncn-
ländischen Hauptstadt Morioka nur 4,is Yen (Entfernung anf der
Bezirks-strafse l(t8 km). In Pukushima war der Preis 1887
5,3:, Yen, in \V;ikamat8U i i selben Bezirk 4,10 Yen, 1886 an
den brifli rt <>rtf n und 4, 31» Yen. Beide StJldte liegen im
Biniiriilutid. in loyaiiia, der Hauptstadt des reisreiehen Ktehu,
kostete der Ueis durchschnittlich Yen (niedrigster
Preis 3,-5 Yen), Von hier nach Takayama, dem Haiiptort des
gebirgigen Hida (GUu-ken), sind weniger als 90 km. Aber der
BeiBpre» betrug dort 6,1s Yen (niedriester Ftm 6,08 Yen). In
den Städten 'ßikata (Niigata ken) und Nagano, kerne 70 KUo-
mtler voneinander entfernt, waren L^8l) die Preise fast gleich, 4.:.t
Yen und 4,7!» Yen, 1887 aber h.-ü und '),.->•. Yen. Im Miyazaki*
k«n kostete der Koku 18B7 im südlichen Hyuga in der binnen-
' Tabellen Hd. IH, Handclsatatistik, 8. 45 IV. Au»ssüge daraus Stut.
Jahrb. VI i>i)4 und VII 185. Di« Islrhebangea beziehen «ch nm auf
102, 1^1 auf llL' Städte.
21 ♦
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824
X 4.
ländischen Stadt Miyakonojo 0,3.1 Ven, in dein nicht weit ent-
fernteu Hal'eu Kagoshima 4,^2 Vcd. Die Beispiele liersen sich
leicht vermehren. Die niedrigsten überhaupt notierten Preise
finden nch 1887 in Hito^roshi (Binnenstadt hn sttdlichen Kuma-
moto-ken) mit 8 Yen imd dem bereits genannten Omagari im
Akita-ken mit 3,oq Yen. Die höchsten überhaupt notierten Preiae
hatten lida (Nagano-ken), 6,e6 Yen, Ueda (Nagano ken), 6,50 Yen,
und das crwillinte Takayama in Hida (Gilu-ken), t>,ß6 Yen. Der
Durchschnitt alier 112 Städte ergiebt 4,7 1 Yen. Der Durch-
flclinitt von 102 Stedten 1886 war 5.os Yen.
Für die Untcrsucliung, um wioviel unter dem Einfluls der
Verbesöcrung der Verkehrsmittel die Preise der Marktorte sich
einander genähert haben, fehlt auGaer den Preiserhebungen
dir die Grundateuer ^ genügendes Material. Während die ersten
sehn Jahre der neuen Ära unter dem Einflufs der Wegrftumung
der alten Verkehrshindernisse eine erhebliche Ausgleichung setgent
scheint in dem zweiten Jahrzehnt der Fortschritt gering gewesen
zu sein. Die Vcr^lcichimo: (\ov Vv^'ho :\u vt^rschiedenen
litirsen ist nicht sehr tVuchtbar, da die meisten &chou von An-
fang an sehr ähnliche Preise zeigten. Vei^leicht niiin lb78 mit
1886, so zeigt sich, dal's die Preise von Mittelnippon denen
Tokyos sehr nahe gekommen sind. Der Preisunterschied gegen
Shimonoseki ist geringer, gegen MatsuTama (Ehime) aber gröiser
geworden. Gegen die WemOate stellt der Vergleich sich so,
dafs der Unterschied gegen Kanazawa (Ishikawa) ungeffthr der-
selbe geblieben, gegen Nügata aber geringer geworden ist'.
Der Durchschnittspreis war:
an der BOrae in Tokyo 1878 Yen 1886 5,ift Yen
- - - - OsaKa - 5,68 - - 5,8« -
- - - - Shimonoseki - 5,«i - - 5,oo -
- Matsuyama - 5,8» - • 4,9i -
- • - - Kanagawa - 4,6« - - 4.33 -
- - - - Kiigata - 4,58 - - 4,65 -
Schwier^er als beim Reisbau ist es, sich ein deudiehes Bild
▼onden übrigen Produkten des Ackerbaues, welche im
wesentlichen auf dem Trocken fclde gezogen werden, KU
machen. 1 )ic Erhebungen sind schwieriger und daher ungenauer.
Die Anbanfliiclicn sind kaum zu ermitteln. Bei der üblichen
Reihenkultur stellen vielfach auf demselben Stück Land gleich-
zeitig ganz verschiedene Dinge in den Reihen miteinander ab-
wecliselnd. Rechnet man hier die ganze Fläche für den Aubm
^ Übrr dir n i » i lesen Materialien ra aiehenden SchlfisBe nebe unten
das Kapitel Grundsteuer.
* Die Angaben aus Shimonoseki und Nügata sind aber für 1878
tuebt ganz vollstäudijg. Die Ausgleichung Ist etwas geringer, als die an-
geführten Zahlen /.eigen. Der Vergleicn weiterer Jnlue beBt&tigt aber
das obige Ergebnis.
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X 4.
325
Sdes Produkts, so ist die Flächenangabe thatsächlich viel zu <,'rol8e8.
ie Fläche dem Anteil nach den einzelnen Produkten zuzu*
schreiben, hat auch seine Schwierigkeiten Die Erhebungen
werden aucli anscheinend nicht überall nach denselben Gesichts-
punkten gemaciit. Besondere Schwierigkeit machen die dauernden
Kulturen. Maulbeeren, 1 lieesträucher, Papierbastpflanzen (Brous-
sonetia, Edgeworthiai. Auch wo sie geschlossene Flächen be-
decken, wird doch in den Zwischenräumen meist noch etwas
anderesi G^te, Gemlise etc., gezogen. Viel&ch hildfln aber die
betrefienden Gewächse nur eine Ein&ssung der Felder, in weldiem
- Falle die Fläche kaum festzustellen ist. Durch diese Umstände
und durch die Erzielung mehrerer Ernten im Jahre kommt ee,
dai's die Zusammenzählung der in den Erntestatistikcn angegebenen
Flächen beinahe dasDoppt lte der überhaupt vorhandenen Trocken-
feldflächc ergiebt^ ist also zu beachten, dals bei allen Er-
zeugnissen der Landwirtschaft, aufser Reis, die Antrabe der
Ernteflächeu und mithin auch die Berechnung der Erträge auf
der Ftechmbheit wenig Wert hat und namentlich zum
gldch mit der Frtragsfihigkelt in anderen lilndem kaum zu
brauchen ist. Was die . geernteten Mengen betrifft, so dürften
die Bemühungen der Behörden um Vollständigkeit der Krhebimgen
die Zahlen in den letzten Jahren der Wirklichke it näher gebracht
haben. Immerhin haben sie aucli heute nur die Bedeutung von
Minimalzahlen. Das diutten sie aber mit der Erntestatistik
vieler Länder fremein haben.
Dem Reib au Bedeutung zunächst steht Mugi, unter welchem
Kamen Gerste (O'Mugij, nackte Gerste (Hadaka-Mugi) und
Weisen (Ko- Mugi ) zusammengefaTst werden K Die mit diesen
drei Früchten bestellte Fläche und die fimtemenge wird wie folgt
1878
1 365 ()22 Cho
9411460 Koku
1879
1 416327 -
9 890 908 -
1880
1 432 344 -
1 L> ,•)<):') 063
1881
1 4r.s io<j -
1(1507 083 -
1882
1408695 -
12938 752 -
1883
1462739 '
11763846 -
1884
1485779 -
13105841 -
1885
1534092 -
1 1 935 467 -
1886
15S7 524 -
16033960 '
18S7
1591375 -
15823144 -
18SS
1621436 -
15281658 -
1889
1655163 -
15305 158 -
1 18x7 rund .3525000 Cho, wobei aber alle daoendeD PlaBtacen
(Maulbeeren, Thee, Papierpflanzen) fehlen, während iospesamt 1 0T:> 4')G Cho
steuerptliolitigcs Trockerifeld vorhanden waren. — Niclit zu vergessen ist,
dafs ai8 Wintersaat oder im Fruchtwechsel uiHuclie der hier in Betracht
kommenden Prodnkte auch auf dem nassen Felde gezogen werden.
- Koggen c^irbt es nieht, voa Hafer (Karasa-Magi) nur gans un-
bedeutende Beträge.
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32Ö
X 4.
Im einzelDcn sind die Zahlen namentlicb froherer Jahre
nicht einwandsfrci. Aus neuerer Zeit ist namentlich 1885 mit
seiner niediigen Einteziffer ganz auffällig, da gerade dieses Jahr
im Gegensats zu den 7orhergehendeD als ein gutes Emte-
jahr gilt.
Unter die drei Fmchtarten war 1886 — 1888 Emtefiäche und
Erntemeuge folgendermaliaen verteilt:
Ern tefläche
1888
(Gerate 630732 Cho
Nackte Gerste 585 705 -
Weizen 4U4 939 -
1887 1B86
625 777 Cho 642025 Cho
575 16i» - 542240 -
390428 - 403259 -
Ern t e in enge
Gerste 70G7ir)nKoku 71oira3Koku 7538 7r,2Koku
Kackte Gerste 5120388 - 5(i7^.<814 - 5281236 -
Weizen 3094120 - 3041687 - 3213972 -
«
Im Durchschnitt der drei Jahre war also von der geernteten
Menge:
Gerste 46 l'rozent
Nackte Gerste 34
Weizen 20
Der Anbau der drei Mugi-Arten ist über das Land nicht
(^chmälsig verteilt Weizen wird nii^4ids sehr stark an-
gebaut. In allen Bezirken steht er hinter der Gerste erheblich
zurück. Die gröfsten Emtemengen haben die Bezirke um
Tokyo (Kanagawa^ Saitama, Gumma, Chiba, Ibaraki, Tochi^),
sowie der Norden und Werten xort T\vns-1iii (Fnkuoka, Oita,
Kumamoto), t'crner die Bezirke Nagano und Aielii. Die ge-
nannten Bezirke liaben sämtlich über 100000 Koku jährliche
Weizenproduktion. Sehr unbedeutend ist die Weizenproduktion
an der ganzeu Westküste der Hauptinsel (Aoiuori, Akita,
Yamagata, Toynma, Tottpri, Shimane, sämtlich unter 20000
Koku^ sehr gering audi in den anderen ans japanische Meer
stoisenden Bezirken und Teilen von Bezirken), sowie in den sttd*
liehen Teilen von Shikoku und Kyushu.
Der Weizen dient wesentlich zur menschlichen Nahrung: und
wird in flhnlicher Form Genossen wie Reis, ot't mit diesem j:e-
niischt. Über Einfuhr una Ausfuhr von Weizen, welche letztere
in den letzten Jahren nicht ganz unbedeutend war, giebt nach-
stehende Tabelle Aufschlul's.
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327
Einfuhr und Ausfuhr von Weizen in Japan
1868 — 1889. In Piknl k 60 kg.
Jabr
Einfuhr
Ausfohr
1
2
8
Ü72
1870
2523
1871
5912
1872
1 U'i
187a
515
2:i GOß
l!<74
728
^208
1S70
GO
507
lb77
101
92 W7
1878
59a
461318
1879
8954
58949
1880
6607
1881
G 508
2 IM
1 79:^
39 Gl 8
•>
400 550
1^<S4
G72
145 974
195 452
1??.^G
l:jG 41)0
1887
1017
75 714
1888
10448
124931
1889
24980
152701.
Pt - 1 J iet die ganz nnbedeotende Einfiahr und Aasfahr von Genta
eiDgcdchiosseii.
Die Weizenpreiae haben in den leteten Jahren durchschnitt*
lieh 3,75 — 4 Yen iiir den Koku betragen. Damit stimmen die
durchschnittlichen Ausfuhrpreise von l,«o — ^l,7o Yen fi\r den
Pikul. Das sind nocli nicht '.»O Mark für Mm krr. jjoch ist
die Qualität eine ziemlich geringe, so dafs japanischer Weizen
auf dem Weltmarkt so leicht keine Bedeutung erlangen wird.
In den einzelnen Marktorten bewegen sich die Preise zwisclien
3 und 5 Yen.
Während die eingeftthrten Weizenmengen nicht der Bede
wert and, findet andaaemd Einfahr von Mehl atatt, welche sogar
In den letzten Jahren sich noch vermehrt hat, obgleich daneben
seit 1883 auch eine regelmäisige Ausfuhr von Mehl vorhanden
ist, worüber nachstehende Tabelle Aufschluis giebt
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828
Einfuhr und Ausfuhr von Mehl in Japan 187G— 1889-
In Pikul a 6ü kg.
Jahr
Eil. fahr
Ausfuhr
1
2
3
1876
12458
5437
1877
10 m
890
1878
10818
26268
1?^79
11 920
4 925
1.5 259
1:^91
1881
15 311
977
1><H2
la :m
3 241
ms
14 524
20 (;2o
1884
15 124
11 7><7
1885
sissd
13546
1886
32062
10693
1887
SO 291
6053
188.8
8(> 8:4
in7!i5
1889
45 525
14445
Krät seit 1870 liiiilet regelmäfsige Mehlausfuhr statt
WdseDmehl bOdet Obrigezis auch einen widit^|;en Bestand-
teil der ganz allgemein genossenen Soja- Sauce (Shqya).
Wichtiger als der Weizenbau ist die Geretenkultttr.
Die gewöhnliche und die nackte Gerate ergflnzcn sich, indem
gewöhnlicli eine von beiden Sorten stark oder fast ausschliei'siich
in einer Gegend vorwiegt. Im iSorden und an der ganzen West-
kü^ite dur Hauptinsel werden überall nur ganz geringe Mentjfn
nackter Gerste gezogen. In der Nülie von Tokyo (Saitauia,
Ibaraki) wird ihr Am>au etwas häafiger, ebenso die SfldostkUsta
entlang, aber erst jenseits der Owari-Bucbt im Hiye-ken, Über-
wi^ er den der gewöhnlichen Gerste. Von dort an westlich
steht diese dann ganz hinter der nackten Gerste zurück, immer
mit Ausnahme der Westküste der Hauptinsel. Die nördlichen
Teile der ^^'e8tküste (Aomori, Akita. Yamagata, Toyama) haben
ühriuen.^ auch von gewöhnlicher Gerste eine sehr p^eringe Pro-
duktion, so dafs dort dei' Anbau sämtlicher Mugi - Arten ganz
unbedeutend erscheint. Rechnet man beide Gerstearten zusammen,
so steht an der Spitze der Gersteproduktion die G^end von
Tokyo, wo die Bemike Saitama, Ibaraki, Ghiba und Kanagawa
jeder mehr als 500000 Koku ernten. Auf die benannten vier
Bezirke mit Tokyo, Gumma und Tochigi kommen tost '^0 Prozent
der Gersteprodoktion des ganzen Landes und ein Drittel der
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X 4. 329
Wdzenproduktion. Hedcutendere Gerstedistrikte Bind noch Aicfai,
Hyogo und Osaka, Hiroshima und Ehime.
Für die Aus- und Einfuhr kommt Gerste kaum in Betracht.
Sie dient tciU nh Viehfutter, teils wird sie wie Weizen verzehrt.
Die in den einzelnen Marktorten notierten Preise fiir ( 5 erste
sind auiserordentlich vi rschieden, da e*» sich offenbar um sehr ver-
schiedene Qualitüten liandelt. Der Durchschnittspreis war 1886:
2,87 Yen, 1887: 2,3« Yen, 1888: 2,i« Yen, 1889: 2,4ß Yen für den
Koku. Die Plräse bewegten alch 1887 zwischen l,6o Yen
(Miyako, Iwate-ken) und 4,45 Yen (Hikone, Shiga-ken). Der
bei der Grundsteuerreform ermittelte Durchschnittspreis der Jahre
1870 — 1874 war 1,978 Yen. Nach der allgemeinen Preiser|;iöhung
durch die Papiergeldentwertung scheint also Gerste einen etwas
holieren Preis als tWihor zu behaupten. Von 1S75 — 1888 ergeben
die in den liezirkeu erhobenen Durchbcimittspreise folgende
Landesdurchschnitte :
1875
3,0« Yen
In bilber uach Durcb-
scbnittakuTB der jßdrae
1876
2,54 -
in Tokyo
1^77
2,68 -
2,53 Yen
1«78
2,80 - .
2,57 -
1879
4,13
3,44
1880
5,55
3,71
1881
5,21
3,00
1882
4,9* -
2,1»2 -
1883
3,t9 -
2,ei -
1884
3,05
2,80 -
1885
3,85
3,17 -
18H6
2,RT -
löb7
2,85 -
1888
2,15 -
Wie durch Weizen und (1 erste wird die Nahrung der
ärmrren. namentlich ländlichen BevölkenniLr auch durch Hirse
gebii(iet. Von dieser fUhrt die Agrarsuitistik vier Arten auf,
Awa (i'anicum italicum). Tlive (Panicum Crus-galli), Kibi (Pani-
<5um Miliaceum) und Alorokoshi (^iSorghum). Die geernteten
Mengen soUeo betragen haben von
1887 1884 1881 1878
Koku Koku Koku Koku
Awa 2 574 850 1575 307 1562174 1437465
Hive 1102.VJ(; 10H3838 917130 877326
Kil)i 278 608 240492 175460 164085
Morokn hi 163956 106 775 88362 81501
zusammen 412001U 3006412 2743126 2560377
Der grofse Sprung in der Emtemenge von 1884 bis 1887
(in den Zwiacbenjahren sind Erhebungen nicht genuicht worden)
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330
X 4.
dürfte teils davon kommen, dafo 1884 ein schlechtes, 1887 ein
Sntee Ernt^ahr gewesen ist, teils und hauptsächlich aber von
er gröfscren Soi^g<, welche 1887 auf die Ermittelung ver-
wendet ist.
Über die Verljreituii^ ditscr Hirscarten ist zu bemerkea,
da Ts Awa namentlich auf Kyushu gebaut wird (45 Prozent der
Ernte von 1887) sowie in aer Gegend von Tokyo (Kanagawa,
Cbiha und Ibaraki mit 17 IVozent), dagegen ganz wenig in den
mittleren Bezirken Kjoto^ Osaka, Wwiyama, Hjogo, Shiga^.
Fokui, sowie in Toyama, Koclii und Yamaguchi, Hiye wird
vorwiegend in den nördlicheren Teilen der Hauptinsel gebaut,
namentlich in iwate (ein Viertel der Ernte von 1887), in Tochigi
lind Nagano. gnn?: w«'ni-- dagegen im Süden und Westen. Von
Kibi kommt fast ein 1 )nttr'l der Ernte auf den Landstrich Gifu.
Aichi, Shizuoka, weicher auch fast ein Viertel des Sorghums
erzeugte.
Die gesamte mit Hirse behaute Fläche wird anf 864885
Cho angegeben, fast unverändert gegen 1884.
Buchweizen wird im ganzen Lande gebaut, jedoch im
Korden mehr als im Süden. Die bebaute Fläche wird auf
158326 Cho angegeben, die £mte
1887 auf 1120527 Koku
1884 ' 673241 •
1881 - 697345 -
1878 - 575054
In diesem Zusammenhang ist endlich Mals zu nennen
(Tomorokoshi ), der 1887 eine Ernte von 315700 metr. Gentnem
gegeben haben soll gegen 149000 metr. Gentner im Jahre 1883
(für 1 884 fehlen die Angabe). Von der ganzen Menge kommt
rund o'm Fünftel auf Kumamoto, ein Sechstel auf Eliimc, auf
ganz Sliikoku über ein Viertel, gröfsero Mengen auch auf die
Tokyo Kl x-ne. Welchen Wert die Zahlen haben, mag dahin-
gestellt bleiben.
Wichtiger als die zuletzt genannten l eldlrüchte sind die
Leguminosen, namentlich die Sojabohne (Daizu), Ak£mte-
flääe und £hitemenge dieser wmen angegeben :
1887 466315 Cho 3253700 Koku
1884 44UÜi7 - 2323485 -
1881 427557 - 2175337 •
1878 414961 - 1642183 -
Die grolse Zunahme der Zahlen beniht wesentlich auf
besserer Erhebung. Diese mufs gerade bei dieser Frucht be-
sonders schwierig sein, da sie vieUach an Ackerrändem, auf den
Rainen der Reisfelder u. s. w. in ganz kleinen Mengen (rebaut
wird. Audi jetzt dürften unter diesen Umständen die Zahlen
hinter der Wirklichkeit zurttckbleiben.
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X 4.
331
Daktt werden im ganzen Lande gebaut^ jedoch heeonders
stark in der Tokyo Ebene und den nördfich daran grenzenden
Bezirken. Nach den Angaben ftir 1887 kamen auf die 12 Bezirke
Kanagawa, Saitama, Cliiba, Ibaraki, Tochigi, Gumma, Nagano,
Niigata, Yamagata, Fukushiraa. ^T^yagi und Iwate mehr als
56 Prozent der Produktion des Lande«.
Diese aufserordentlich nalirhafte Bohne erscheint in allen
möglichen Formen in der japanischen Küche, ais Geratiae, in
Zucker gekocht^ als Tofti (Bohiienkäse)^ ak Hauptbeatandteil der
gegorenen Miso-Suppe und der Soja-Sauce ^
Die Preise von Daisu, welche ftlr die Grundsteuerreform fUr
1870 — 74 ermittelt sind, ergeben im Durchschnitt 3,oi5 Yen für
den Koku. Die später ermittdten Bezirksdurchschnitte betragen für
In Silber nach den
1 >urch8chnitt8kur8en
1875 4,46 Yen
1876 4,3« - der Hoise in Tokyo
1877 4»ti > 4,07 Yen
1878 4,73 ' 4,8s
1870 6,84 - 5,2s -
1880 6,M - 1,7 1 -
1881 6,9« - 4,12 -
1882 7,11 - 4,58 -
188 3 5,39 - 4,27 -
1884 4,22 - '),Hiy
1885 4,43 - 4,1»
1886 3,98 - 3,OT
Der Durchschnitt der wichtigeren ^larktortc ergiebt tiir
1680: 3,94 Y'en, 1887: 4,u7 Yen, 1888; 3,9« Ven, 1889: 4, ..3 Yen.
Die Prdseztreme waren 1887: 6,oo Yen (Matsumoto, Kogano-
ken) und 3,98 Yen (^Hyazaki).
Lange nicht so wichtig sind die anderen Bohnen- und Erbsen-
arten, wdche in Japan gezogen werden. Zahlenmälsige Angaben
licp;rn mir nur ft\r cino kleine Bohne vor. die Azuki oder Shn:^u
(Phaseolus radintns), welche namentlich für Kuchen VerweTvlun^^
findet. Die Zaliien beziehen sich auch nur auf 1884, in weichem
Jahre die Ernte auf 2808fM*> Koku angegeben ist. wobei 4 Be-
zirke iehlen. Die Preise stehen regehuäl'sig ^ ■* bis 1 Yen höher
als die ftr Daisu.
Übrigens ist der Verbrauch von Bohnen grOfser als die
Produktion, da aus Korea und Nordchina regelmitCsig eine nicht
ganz unbedeutende Zufuhr stattfindet, im Dun lischiiitt der letzten
10 Jahre gegen 200 000 Pikul (120 niK» metr. Centner) jährlieh.
Die AuBtiihr ist ganz unbedeutend und auch die Ausfuhr von
Soja (1888: 5039 Pikul, 1883: 1043 Pikul) fällt wenig ins
Gewieht. Die Zahlen über die Ein und Ausfuhr von Hülsen-
früchten in den einzelnen Jahren gicbt die folgende Tabelle.
1 Vgl. daraber z. B. Rein II 123 ff.
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332
X 4,
Eintuiir und Au-tuhr von Bolinen und Eibbcu
in Japan 18(38 — 1880. In 1 ikul k (iO kg.
Einfuhr
il.lMfllllP
1
1
A
o
«1
86 812
1869
449 858
28
1^70
470 571
80
1S71
m» 037
20
HT2
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1x74
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1S7:>
4U 0117
1876
Ä734
14
1877
9276
10612
1878
2r>S802>
381»
1879
14,1900»
828
'JlH> 103
i:il OO-J
19
'_'•.:{ ().*>7
41 y>2i
180 084
1 74.-i
im
54623
209
1886
49477
8467
18M7
286318
884
4:?4 .MH
848
1889
429 719
21090
Von den ^^-ildnuhen stärkehaltigon Knollen, welche die
jap.inische Landwu'tsichart liefert, hat ^Töfsere volkawirtsehattliche
Bedeutung nur die Batate, Satsuma inio, mit welcher ldS7
221 229 Öho bcBtelii gewesen sein sollen mit einem Ertrag von
2104300 Tonnen, wahrend die Erhebungen vor 1884 nur die
Hälfte dieser Menge und auch 1884 erst 1360000 Tonnen er-
fftben. Während sie im Korden nur wenig mehr gebaut wird,
ommt auf Kyushu allein die Hiilftc der ganzen Elmte und Ton
der anderen Hftltte drei Zehntel auf Shikoku.
Von unserer K artoffel wird die Ernte 1887 auf ;:^ut 107 0(m>
Tonnen angegeben, davon allein im Hokkaido 24000 Tonnen«. In
1 In den Jahren 1878, 1879 und 188:^ ist von der betritehtKehen
Einfuhr aus Korea nur der Wert , nicht die Menge bekannt. < »b'^e
Zalilen enthalten nur die Einfuhr aus anderen Ländern. Aus Korea,
kuiiieu 1^79 mindestens 40 000, 1883 mindestens 120 000 PikuL
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X 4.
Altja]Kin wird sie liauptsächlicli in den bergigen Bezirken nörd-
lich und nordwestlich von Tokyo gebaut.
Die Gemüse- inul Obstzucht arbeitet wesentlich nur für den
eigenen Bedarf und den ganz lokalen JMarkt allenfalls mit Aus-
nahnu' der Orangenkultur in einzelnen Teilen des Landes. !>ie
Ausfulir voa allen zuletzt genannten Produkten (Orangen, Kabta-
nien, Ingwer, Kartofifeln etc.) ist ganz unbedeutend.
Vom verkehrswirtscbafdichen Standpunkt aus sind von allen
bisher besprochenen Produkten nur der Keis und allen&Us Gerste^
Weisen imd Bohnen von Bedeutung. Daneben tritt nun die
Kultur der Handelsgewächse und die Seidensndit.
Unter den verachiedenen zur OlhersteUung benutzten Pro*
dukten (Sesam, Erdnüsse, Baumwollsamen etc.) hat gröfsere Be-
deutung eigentlich nur Raps, mit dem nach der Emtestatistik
von 1887 eine Fljlche von 167 295 Che bestellt war, welche
1 157555 Koku Rapssaat lieferte. Die Kultur ist fiber das ganze
Land verbreitet, docli ragt die mittlere ({e^^end von der Osaka-
bucht zur Owaribucht durch grülsere Eruteniengen hervor. Die
Besirke Osaka, Miye, Aichi und Sldga hatten nach der Statistik
fast vier Zehntel der ganzen Menge erseugt. Die 1887 gewonnene
Menge Rüböl wird auf 257000 Koku angegeben*. Der Durch-
schnittspreis war etwa 20 Yen (in den offenen Plätzen und Hufen
llbrigens nur 10—18 Yen) ftir den Koku, etwa 36 Pfennig iUr
den Liter, während Petroleum höchstens 20 kostet
In einzelnen Jahren hat einige Ausfuhr von Raps statt-
gefunden. Doch ist sie nie von Bedeutung gewesen. Die Jahre
1884 mit Ü5 70t) Pikui und 1889 mit 68900 Pikul stehen ver-
einzelt da.
Wichtiger für den Handel ist ein anderer, gleichlaUs der
Beleuchtung dienender Stoff, das sogenannte Pflanzen wachs
(Suinachta]g), welches hauptsächlich zur Kerzen&brikation dient.
Die Produktion wiid 1887 auf 10 007 600 kg angegeben. Gerade
die Hälfte davon kommt auf den Fukuoka-ken, auf ganz Kyushu
vier Fünftel. Dieses Wachs hildet einen nicht unwichtip;en Aus-
fuhrartikel, in den letzten lU Jahren sind regehnälisig zwischen
2<JUUÜ und 80 000 Pikul (also ein Achtel bis ein Sechstel der
Produktion) ausgeOihrt worden, im Werte von 3U0UÜU bis
400000 Yen. Der l^reiö des Pikul schwankte zwischen 11
und 15 Yen.
Gleichfalls von einer Sumachart stammt der Lack, auf
welchem die wichtige Lackindustrie beruht Die vorliqgenden
Zahlen für verschiedene Jahre sind kaum in Einklang miteinander
zu bringen. Die Produktion soll betragen haben
» Etwa 4tKJ0U0U Liter. — ßaumwolUamenöl nur 16 7»! Koku
(300000 LiterX
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334
X 4.
1882 157 245 kg
1883 203115 -
1887 321270 -
Der Lack wird ganz überwiegend im Norden der Haupt-
inflel eewonuen.
Ünter den yeriBchtedeneii offisinellen Pflanzen , welche der
japamsche Landmann sieht, hat einige Bedentung der Ginseng*
Die mühsame Kultur scheint aber abzunehmen. Wenigstens geht
die Ausftthi-, welche bis 1879 auf 300000 kg (Wert £aat 190 000
Yen) gestiegen war, seitdem stetig zurück und betrug 1888 nur
nielur 48 000 kg im Werte von 104 700 \ en, 188*J dagegen
57 400 kg im Werte von 14tMi(io Yen. In den letzten Jahren
nahm auch der Anbau von ri'cllermüuzc zu infolge der Ausfiihr
von Pfeffermünzöl und Menthol- Kry stallen. Ersteres wird
in den Auafdhrlbten zuerst 1880 mit nur 2200 kg erwfthnt nnd
Bti^g bis 1887 auf bdnahe 52000 kg im Werte von 76500 Yen.
Die Ausfuhr von Krystillen in diesem Jahre war 13500 kg im
Werte von 2." 600 Yen. 1888 war die Ausfuhr erheblich niedrig» t,
r.xino Ol und 8 400 kg Kiystalle^ 1889 aber 22000 kg Öl
und 1(1 '.«III kg Kry.stalle.
Unter den Farbptlanzen ragt an Bedeutung weit »1er
A i hervor (Polv'^onum tinctorium), aus welchem Indigo gewonnen
wird. Einte von Aiblattern wird 1887 auf 58300000 kg
angegeben, von einer Fläche von 50257 Cho. Der Wert von
einem Kwamme Blätter wird auf durchschnitdich 30 Seo ange-
geben, der Durchschnittspreis des fertigen Produkts (Ai-tama) ist
75 — 80 Sen per Kwamme (05 Pfennig per kg). Der Anbau ist
im ganzen Lande verbreitet, doch steht der Bezirk Tokushima
mit einem Drittel der ganzen Produktion weit voran. Aufserdera
hat Aichi einige Bedeutung, t^brigens sei erwähnt, da !s Indigo in
nicht unerliebliehen und steigenden Mengen eingeführt wird; 1889
waren es rund 240 000 kg im Werte von 250470 Yen (der Wert
der eingeführten Färb waren überhaupt war 1095404 Yen).
Sehr gleichmäfsif; IstderTabaksbaa verbreitet Die Ernte
an Blättern wird 1887 auf 22760000 kg, 1884 auf 22300000 kg
angegeben. Das wäre ein Verbrauch von nur 600 gr auf den
Kopf der Bevölkerung, ziemlich gering, wenn man biäenkt, dafs
nicht nur M;inner, sondern auch Frauen allgemein rauchen,
jedoch bei der japanischen Sitte, ein ganz minimales PfVitehen
zu benutzen, vielleicht nicht zu weit von der VA'irklichkeit entfernt.
Die durchschnittlichen Marktpreise der h tzt ii Jahre werden
auf 8 bis 8,**o Yen für den Pikul Tabak in Lilattern angegeben
(ca, 43 Pfennig: per kg). Der Preis für zum Verbrandi ftrtigen
geschnittenen Tabak wird auf etwa 18 Yen per Pikul angegeben
(00 Pfennig per kg). Jedoch haben diese Durchschnittssahkn •
bei den beträchtlichen Qualitätsunterschieden und der grofsen
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X 4.
VL-rschiedenlieit zusammengerechneter Ortapreise* vvoid keinen
grolsen VV'ert.
Mit dar AuBfohr von Tabak sind immer voo neuem Ver-
Buche gemaclit worden, ohne doch bisher dauernden &folg zu
erzielen. Im Jahre 1872 war die Ausfuhr auf 2100000 ge-
stiegen, sank dann aber wieder bis auf 550000 kg (1876).
1881 betrug sie 1400000 kg, 1882 aber wieder weniger als
500000 kg. Bis 1>?85 stieg sie dann wieder auf 2 7>>nnoo kp^,
um dann Bis 18öb auf 450 ODO zu sinken. Im Jalm IM*
betrug sie wieder 1 175000 kg. Der Wert der Auätubr war
1885 389000 Yen, 1888 81800 Yen, 1889 189000 Yen. Der
Durchschnittswert des ausgeführten Tabaks bewj^t sich um 10
Yen fUr den Pikul. Der Wert der eingeftüirten läbaksikbrikate
stieg von 68 963 Yen im Jahre 1885auf 210Ö85 Y'en im Jahre 1889.
Zuckerrohr wird mit P>folg nur in den .südlicheren Landes-
teilen gebaut. 1887 war die damit bestellte Fliiclie 16678 Clio,
die Ernte an Hohr 4'-V-] MiHionenkL'. woraus 86 MO 000 Zucker
gewonnen wurden. Davon kommen auf Shikoku 48 Prozent
(Ehime allein 36 Prozent), auf Kyushu 34 Prozent iKagoshima
allein 1 1 Prozent). Auiserdem sind die Bezirke Osaka und
tjhizuoka von einiger Bedeutung. Zu beachten ist, dals wie in
der ganzen Agrarstatistik auch hier der Bezirk Okinawa feblt|
der erhebliche Mengen Zucker hervorbringt'. Die Angaben
Uber die Produktion der beiden Vorjahre liefern höhere Zahlen,
nftmlich 50940000 kg im Jahre lb8l> und 43040000 kg im
Jahre 1885^. Ob diese Abwelcliungcn auf die Verschiedenheit
der Ernten oder der Erhebungen ziiriickzuführen .sind, wage ich
nicht zu entscheiden. In den beiden Vorjahren .sind namentlich
die Angaben über die Produktion in Ehime und Kagoshinia er-
heblich höher. Neben der Zuckergewiuuung aus Itohr steht ein
Sanz beschddener An&ug Ton Rttbenzuckerproduktion , welche
urch sfeaatKche Bemtthuxjgen im Hokkaido eingeführt wird.
Nach der amtlichen Statistik wurde RQbenaucker erzeugt
1885 3U6 430 kg
1886 120060 -
1887 191530 •
> 188H für Tabak in Blftttem 8,4» bis ia,M Yen, fUr geschnittenen
Tabak 7,8.» Yen.
^ Der Direktor der Mitsui Buasan Kwaisha i Haudclsgesellschaft
Mitsui), MaHuda, hielt 1x^8 in der VolkswirtschafUicben GeaellBchaft in
Tokyo einen Vortrag Uber die -Zuckcrindnatrie auf denafidlicheu iDseln*',
der Hl der Handelszeitunff ßukka Shimpo und, aus (?ie^;er übersetzt» im
Jayan i>aily üemld erschien. Danach wäre die Produktion in OUnawa
auf 182000 Fikttl su achitsen (10990000 kg) und grober AosdehBung
fHhi^ic, leide aber unter msngelodem Untetnebmui^gsgeist und hohen
ITracbtraten.
• Die Ernte von 1888 soll rund 40 Millionen kg betragen haben.
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836 X 4.
Im letztgenannten Jahre wären danach mit Rüben lieatellt
gewesen 333 Cho mit einer Rübenernte von 4 045 000 iviiben,
letztera also etwas mehr als daa Zwanaigfiiehe der gewonneDen
Zuckermenge.
Der in Japan erzeugte Zucker ist völlig ungeDttgend, den
einheimuchen Bedarf zu decken. Die Zufaluren, namentlich aus
Südchina (Formosa), sind immer mehr gestiegen, wie die folgende
Tabelle sseigt.
Einfahr von braunem und wclfsem Zucker nach
Japan 1868-^1889. in Pikul k 60 kg.
«iHiir
brauner
Zucker
woiföer
Zucker
170 012
54 9H9
225 601
IcOv
im
527 271
»b U24
016 195
1871
r.2l 9:?8
107071
629009
1S72
:5:t'^»l4
S2 592
415 000
\m
872 tHiS
82 407
455 355
1S74
470 VM)
91430
501 (529
1S75
im 2r>(»
114 701
737 907
1S76
5X2 075
000 :^*;4
li577
455 534
Ö4 990
540 524
1878
415862
75785
491647
1^7!»
401 739
107 981
59S 720
559 078
120 805
f)79 943
4m7 2^^
172 0.^)1
059
im
001 290
189 157
790 447
603 795
2:W 850
8;U041
»24 m
351415
1 170 :i44
1885
611 571
414894
1025965
1K86
rm 171
5()0 0:^3
1 072 204
IHHI
753 599
500 081
1 319 080
731 574
722 0ö2
1 454 25<J
1889
616580
590641
1207221
Aulker dem hier angeführten braunen und weiiaen (raffi*
nierten) Zucker werden jährlich einige Tausend Pikul Kandis-
und Hutzucker eingeführt, die nicht weiter ins Gewicht fallen.
Die einheimische Produktion, Ryukyu eingeschlossen, darf man
wohl durchschnittlich auf jährlich mindestens 50 Millionen
anschlagen, was von der Eintulir 1888 zuerst erreicht wuixie
und seitlier erheblich überschritten ist (1888; 87' 4 Millionen
kg). Der Verbrauch würde danach gegenwärtig mehr als 3 kg
aujf den Kopf der Bevölkerung betragen, immer noch weniger
als in den meisten Ländern äropas.
Die Preise im Durchschnitt aller Marktorte betrugen fllr
den Pikul
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X 4.
8d7
1886 1887 1«88
weifwn japanischen Zucker 9,88 ^en 8,?? Yen 8,ni Yen
importierten » 8,8a • 7,75 - 7,«6
braunen japanischen - 5,8? • 6,i8 - 5,'t5
importierten - 5»88 - 5,o8 - ö,ii
Dagegen war der durduchnittÜche Preis in Yokohama f)ir letstere
i5cnrte (braunen Fonnoaa) S,s4 Yen, 4,22 Yen, 3,75 Yen.
Der Uureh schnitt« preis war 1R87 ilir weifsen einheimischen
Zucker ungefähr 47 Ptenni^^ per Kilogramm , für braunen im-
portierten 27 Pfennig, in Yokohama nur 22,5 Pfennig.
Eines der wichtigsten Handelsgewächse für Japan ist der
'J'hee. Leider ist gerade iur die^e wiciiLige Pdanase die Statistik
wenig brandibar. vhet die mit Thea bestandenoi Flächen nnd
mir Angaben aus den letzten Jabren nicht bekannt geworden.
Im Jahre 1884 sollen es 30 163 Cho gewesen sein, was mit älteren
Angaben nicht recht stimmt. Die Zahlen Uber die geemtete
^{enge sind offenkundig viel zu niedrig, wie der Vergleich zwisclicn
der angeblichen Krnteuienge und der Ausfuhr zeigt. Diese Zahlen
sind direkt vergleichbar, da die Ausfuhr fast ganz aus dem Pro-
dukt des gleichen Jahres besteht.
Nach der Statistik sind
geemtet au8gefühi*t
1885 20542000 kg 18 5e.0 0O0 kg
188t) 25801M)00 - 21418000 -
1887 2ö 667 000 - 21367000 -
Danach wären für die mehr als sieben Millionen Haushaltungen
Japans jährÜch zum Verbrauch nur 2—5 Millionen Kilogramm
übrig geblieben, was bei der bekannten Sitte des ununterbrochenen
Theetrinkens höchst unglaubwürdig ist. Angesichts der unanfecht-
baren Zahlen der Ausfuhr darf man wohl behaupten, dafs die Pro-
duktion mehr al.s 30 Millionen Kilogramm betragen mufs^
Etwas Thee wird überall im Lande angebaut, in den nörd-
lichen und nordwestlichen bergigen Bezirken jedoch nur in un-
bedeutenden Mengen und geringer Qualität. Nach der l'ro-
dnktionsstatistik kamen 1887 auf &n B^irk Shizuoka 18 Prozent
der ganzen Produktion, 9 Prozent auf Miye, Uber 6 Prozent auf
Kyoto, fast 6 Prozent auf Osaka (Kara eingerechnet), auf diese
vier Bezirke allein also ein Drittel. Uber die Ausfuhr von
Thee seit 1868 und deren Wert giebt folgende Tabelle Auf-
schiui's.
' Die amtlichen Zahlen für 18H 1 -1884 ergeben eine mit der von
1*^*^0 ungefähr gleiche Produktion. Vor 1H81 sinKen sie sogar unter die
Ausfuhrzahlen! Für li*>a>i ist das Verhältnis etwas besser: Produktion
27 196000 kg, Aasfuhr 19 901 ODO kg.
FonehongMi (45) X 4. — Ksthgen. 22
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d38
X 4.
Ausfuhr von Thee aller Arten aus Japan
nach Menge und Wert 1868 — 1889.
Jahr
mm% £ti\ IrM
8u DU
» eil III cMiOGr*
yon
101 156
3 ')f^l 769
2 202 420
123 144
4 511 616
mi VAX V aw
1871
140669
4 671 761
1ST2
147 343
4 2'>6 lOS
401
4 65{> ;?02
1S74
l'Jl 291
7 25:5 :i^4
I87."i
212 7h»)
t; s(;_' 254
1S7H
202 26'»
I '..:il81
1877
207 182
4 375 275
1878
217578
4283695
1879
286 021
7 425 508
1880
308 277
7 497 881
1881
288 629
7 021592
1882
2M3»X)1
7 021» 718
27S im
f5 W\ 667
2()S 5:V)
5. 19 695
1885
m 341
6854120
188<i
3:>ü 9(j7
7 723 .{20
1887
;j.j6 iiö
7 603 341
1888
331688
6124817
1889
H2;^»65
6156 729
Der Thee ist vom f^eldwiriaelialtiichen Standpunkte, wie
man sieht, ein aufs-'nn dentlieh wiclitiger Faktor in der japaniach^n
Landwirtschaft, der deu pruduzierenden G^enden Jahr tiu- Jahr
eine regelmälsige Geldemnahme suftlhrt. Beachtenswert ist aber,
wie der Durchschnittspreis des ausgetlihrten Theas allmählidi
herabgegangen ist Im Jahre 1874, einem Jahre besonders
guter Preise, war der Wert im Durchschnitt aller Arten noch
über 38 Yen t\lr den Pikul, 1888 nur mehr 18V 2 Yen. Der
Wert des gewöhnlichen grünen Theea war bei der Ausfuhr von
18^2 noch 21»,o*^ Yen, 1888 nur mehr 22,8i Yen. Es hangt
das wohl damit zusammen, dalis japanisclier Thee nur einen eng
begrenzten Markt liat, auf welchem die btark vernieiirte Auä-
fom* die Preise drückt. Auch scheint neuerdings die Nachfirage
sich mehr und auf gewöhnliche Sorten su beschrilnken.
Wie sehr aber die F^mse überhaupt gesunken sind, zeigen die
Statistischen Tafeln des Landwirtschafts- und fiandelsmini'
Stenums (Bd. III, Handel, S. 147 ff.), wonach die jOhrlichea
Durchschnittspreise in Yokohama waren:
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X 4.
339
1880 1887
Yen Yen
YamaBbiro (Kyoto) Thee erster Qualität 41, is 27,»s
mittlerer - 28,m 21,6o
gewöhnlicher - 21,46 16fW
- Suruga (Shizuoka) - gewöhnlicher « 18,7? 15,-1
- Ise (Miye) - gewölinlicher - 20,78 13,»»
Für die Landwirtschaft in den Theebezirken ist dieser starke
Rückgang 'Ut Preise eine recht ernstr Sache. Audi die Preise
des im Inland veiliraucliten Thee.s scheinen im Rückgang zu
sein. Der Duich.st bnittspreis aller Mai ktortc ergiebt als Durch-
schnittspreis fUi* Thee mittlerer QualiUiL 1886: 28, so Yen, 1887:
26,0« Yen, 1888: 24,4« Yen, 1889: 24,6« Yen. Doch ist auf
dieM Zahlen nicht sehr vid Gewicht zu legen, da es dch
um sehr ungleiche Qualitiiten handeln kann.
Zu betrachten sind schliefslich die Fleckt- und Faser-
stoffe. Vor allem findet Stroh eine sehr ausgedehnte Ver-
wendung zu Seilen, Siicken, Sandalen u. s. av., wie sie in Europa
mir niclit bekannt geworden ist'. Hier ist auch der Hambiiy
zu erwähnen, den die Bauern allgemein ziehen und der vieltach
zirn:! Handelsartikel wird, namentlich nach den Provinzen, in
welchen er nicht gedeiht^. Die Binöen, aus welchen die in
jedem Hauae den ^üaboden bedeckenden Matten geflochten amd,
werden in Weihern oder auch in nassem Feld gezogen. Die
Agiantatistik von 1884 giebt aus 20 Beairken einen Bmsen-
ertrag von 15,5 Millionen Kilogramm an, wovon der gröfste
Teil auf die Bezirke Oita (ProTina Bungo) und Hiroshima
(Provinz Bingo) kommt.
U i* htig für die Landwirtechaft vieler Gegenden sind aucli
die Prianzen, welche den Bast zur Herstellung des zähen japanischen
Papiereü Iieieru^ um 60 mehr als diese Pdanzen vielfach auf
sehr dürftigem Boden, an Runen a. s. w. Unterkunft finden.
Es sind namenttioh <kei solcher Pflanzen, Euno (Paj^ennaul-
beere), Mitsumata (Edgeworthia papyrifera) und Gampi (Wick-
atroemia canescens). Für das Jahr 1883 (sp ätere Zahlen sind
mir nicht bekannt) wird die Ernte von Kozo Bast auf reichlich
17 Millionen Kiloirramni, die von Mitsumata auf gut 3,6 Milüonen
Kilogramm angegeben. Dncli beziehen sich die Zahlen nur auf
31 von 43 Bezirken. ivozo wird hauptsäclilich im Süden
produziert, namentlich in Kochi, Ehime, Vamaguchi, Hiroshima.
Mitiuniata-Bast kommt fast ausschUebltch aus Shiauoka und
Yamanashi. — Keine sehr grofse Bedeutung haben eine Reihe
^ So wird Getreide, Sala, Kalk etc. stets iu Strohaäcken befördert.
* So ir€»|sa ans dem Gamoia-ken grofse Mengen Bambuwtangen
naeh dem hochgelegenen Nagano-ken gebracht
22»
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840
X 4.
anderer bastartiger Faserstoffe, die für verschiedene Zwecke
dienen, wie Palmenfaser (Sliuro, von Ohamaerops cxcflsnV Kuzu-
bast etc Wichtiger ist der Hanf, der nicht nur zu Seilen
u. dergl., sondern namentlich au* Ii zur Herötellung von Geweben
dient. Die Agrarstatistik giebt tVir 1887 eine bestellte Flnche
von 14840 Cno und eine Produktion von 8994000 kg an, wo-
bei aflefdisgs vier Bezirke mit unbedeutender Produktion fehlen.
In geringen Mengen wird Hanf Überall gebaut. Die Hanpt-
bezirke suid im Norden Tochigi und Fukusnimay im Nordwesten
Ishikawa und Fukui, im Westen Hiroshima und Shimane, im
Öüden Kuraanioto und Miyazaki. Iin Jahre 1887 kamen auf
die vier nördlichen Gebiete gut 30 Prozent, auf die vier süd-
westlichen gut 40 Prozent der ganzen Produktion. Der Preis
für den Pikul hat sich 1885 bis 1889 im Durchschnitt aller
Marktorte zwischen 18,?« und 20,oy Yen bewegt. In Utsunomiya
(Tochigi) war 1887 der Prds UM Yen, in Hiroftfaima 14 Yen.
Neben dem gewOhnliehen Hanf führt die Agrarstatistik von
1887 eine zweite Sorte auf (Oma) mit mnem Ertrage von
358000O kg (auf 6414 Cho). Diese Sorte wird ganz über-
wiegend im Norden gebaut, namentlich im ^liyagi-ken (28*^ o der
Produktion), Iwate, Niigata imd Ishikawa (je 10 Prozent). Weder
Hanf noch Hanfgewehe ImlK ii f r lie Ausfuhr Bedeutung.
Wahrend im Ahertuni und Mittelalter Hanf der ^vichtig8te
Faserstoft' Japans war, ist er in der Zeit der 1 okugawa mehr
und mehr dureh die Baumwolle surückgediHngt worden. Fttr
manche Teile Japans hat die Kultur dieser wichtigen Pflanae
eine hervorragende Bedeutung. Emtefiftche und Menge wird
für 1887 auf 98469 Cho und 85880000 kg ungereinigte Baum-
wolle angegeben. Die Zahl ist erheblich höher als fiir frtihei-e
Jahre, aber wohl immer noch etwas zu rie<lrig. (1884 soll die
Ernte 6( ) OUU ÜÜü kg betragen haben.) Die liauptsachHchsten Baiun-
wollbezirke liegen in ein*m von Ost nach \\ cöt sich hinziehenden
Streifen, der mit der Tokyo-Ebene beginnend den Tokaido ent-
lang Uber Osaka nach der Inlandsee venäuft und die Besirke Iba-
raki, Tochigi^ Chiba, Saitama, Yamanashi, Shizuoka, Aichig Miye,
Gifu, Wakayama, Osaka (mit Nara), Hyogo, Tottori, Okayama,
Shunane, Hiroshima, Ehime, Yamaguchi umfafet. In allen anderen
Bezirken ist die Produktion unbedeutend. An der Spitze stehen
Osaka (mit Nara) mit lunoO kg und Aichi mit 11 OOOOOO kg.
Diese Zahlen bezieht?!! .sieli auf ungereinigte I^anniwoUe mit
dem Samen. NiuDut man an, dals naeh der Keinigung ein
Drittel des Gewichte reine liauniwolle übrig bleibt und dais die
Emteziffem wohl zu niedrig sind, so kommen wir auf eine
BaumwolleDjgrodttktioii von mindestens 30 Millionen Kilo^mm.
Den einheimischen Bedarf' deckt dies jedoch nicht Im I>arch<-
' Nicht sn tthefwlien ist der grofse Bedarf fDr WattSenn^ Ton
Kleidern und namentlich allen Bfatratxen etc*
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341
schnitt der Jahre 1886 81) amd oiogefUbrt' 6 790000 kg ge-
reinigte Baumwolle und 9083000 kg ungereinigte gleich 3028000
kg gereinigte, so dalB der Verbrauch an Rohbanuiwolle ^epoti
40 Millionen kg sein würde, etwa 1 kg auf den Kopt der Be-
Vdlkiruno:. Dazu kommt noch eine Einfuhr von 22 227000 kg
Baumwüllgara im Durchschnitt derselben vier Jahre und eine
aller^ngs viel geringere Einfiibr toh BaamwollstoffeD, der nur
eine ganz unbedeutende Ausfuhr gegenübersteht, so dais man
den wirklichen Verbrauch des Landes auf etwa 1'/« kg per
Kopf schätzen darf.
Die Eni Wickelung der Einfuhr von gei*einigter Baumwolle
und Bnüinwollgarn zeigt die folgende Tabelle. Ungereinigte
Baumwolle ist erst seit 1885 aus den Zoiitabt-llen zu ersehen
und in der Tabelle daher nicht berücksichtigt. Ihre Einfiilir
beU'ug 52389 Pikul im Jahre 1885, 19920 Pikul 1886, 50821
Fikul 1887, 121 832 Pikul im Jahre 1888 und war 1889 auf
412953 Pikul gestiegen.
Einfuhr von Rohbaumwolle und Baumwollgarn
nach Japan 1868—1889 in Pikul k 60 kg.
Jahr
Baumwolle
BaiiittwoU*
gam
186S
1869
1870
1S71
1872
1874
1875
1876
1877
1878
26 276
;39 m
28441
8:m
4 968
21 669
H4 826
2H 200
32 308
27523
21 021
bObO
14 612
16 585
21 Otia
45 425
4:^ 995
55706
118 933
147 IMX)
150355
273 943
2;i.5 713
285 971
277 264
252 971
246 406
211868
213 974
246 304
3.32965
474 :5%
428109
36 .587
59180
88626
79 682
130:3:^7
95 2>^2
104 m)
lb79
1880
1881
18.82
1884
1885
1886
1887
188.^
1889
281 681
< Vgl auch den Abflchnitk Uber den Attbenhaodel S. 416.
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842
X 4.
Die Preise im Durchschnitt aller Marktortc waren 1886 Ins
1888 per Fikul
ftlr japanJsclie Baumwolle 18,ß2— 19,43 Yen
- importierte - 16,64 — 17,8?
- japanisches Garn 29,76 —32,87
- importiertes - 28.95—81,52
Den zuletzt besprochenen Produkten schhei'st sich passend
die Seide an, eines der wichtigsten Kraeiitmisse der Japan iseben
Landwirtschaft, besonders vom geldwirUschat'tlichen Standpunkte
aus. i^iaulbeerkultur und Seidenzucht haben eich seit Öffnung der
Häfen gewaltig vermehrt i so dals eine grofse Steigerung der
Ausfuhr möglich gewesen ist, ohne daf« man bis an die Grenzen
der Ausfuhrmöglichkeit gekommen wäre (wie B. bei Tliee).
Die Einfiihr ^mder Stoffe, in neuerer Zeit namentlich der
FlaneDe^ hat gleichfalls dazu beigetragen, giöfsere Mengen für
die Ausfulir frei zu lassen. Für den japanischen Kleinbauern
ist die Scidi iizueht die ge\^^nnb^ingendste Art, wie er seine Zeit
verwenden kann, da <lie lla^spelung sich tax beliebiger Zeit vor-
nehmen hu^t, und auch bei der Zuclit der W ürraer selbst hat
man neuerdings grofse Fortschritte gemacht in der Verzögerung
des AuakriechenSi so dals die Zucht auf verschiedene Zeiten sich
verteilt'. Auch in der Qualität der gehaspelten Seide haben
bedeatende Fortschritte stattgefunden. So bietet die Seidenzucht
ein erfreuliches Bild, das schon unverkennbar durch das äufsere
bltüiende Auss« licn der Seidengegenden bestätigt wird.
Die amtliciie St^itistik über die Seidenproduktion ist leider
^anz ungenügend. Die Zahlen sind viel zu niedrig, wie der
vergleich mit der Ausfuhr zeigt. Es wird nämlich angegeben,
dafs von Seide aller Art, einschliefslich Florettseide, Abfälle etc., war :
m der Saison die Produktion die Ausfuhr
1885 86 47059 Pikul 51045 Pikul
188687 60109 - 56386 -
1887/88 07910 - 71472 - «.
Allerdings stecken in der Ausfuhr einige Tausend Pikul
durchbohrter (^ocons, die in den Produktionszahlen nicht
enthalten sind. Aber immer würde das Ergebnis bleiben, dafs
1 Bis 18g:) wurden jihrlieh eioige 100000 Yards Flanell elDgeftthit,
I-HSO wnrrn .'MiU 000 Yarcls. umt^t (k'Uts. h«'S Fiibrikftt. Auch die
Ip^ofse lüntuhr von Wolieumusseiin tost 14 Millionen Yards) bat dem
inlUndischen Seidciiverbrauch Abbruch gethan.
* HamkoT Natsuko, Akiko: Frühlings-, Sommer-, Herb^tkinder.
18>(ß waren nach der Agrarstattstik 71 Proxeot der Cocona Uaruko, 2i
Prozent Nateuko.
' Nach den vorläufigen im Kwampo (Staatsanzeiger) verSfifentiichten
^hlpn über die Produktion von T^>"^' wUrd»' sii h für die Sh180ii 188^/89
ein Überschufs der Ausiiibr von mindestens 10000 Pikul ergeben.
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X 4.
343
ebensoviel ausgef^llirt wäre als produziert^ während der Konsnm
im Lande notoriscli Ledeutend ist und nllcin für Rohseide von
Seiden-Kauf leuten auf rund eine Million Kilogramm (16666 Pikul)
geschätzt wird^
Die mangelh.iite Schätzung der Prodiikiion bezieht sich in
der Hauptsache auf Abfallseide (Noshi und Kuzuj. Für Roh-
seide (Orege) stimmen seit 1884 die Zahlen beeaer zuaamroen.
Eb betrog nflmlich
die Produktion
36 535 Pikul
1884 85
1885/86
1886,87
1887 88
1888; 89
35063
45675
51 248
46530
die Auefuhr
23790 Pikul
25339 >
26386 <
39 692 -
41 665 -
Legen wir allein die Ziffern für die Hohseidenproduktion
des Jahres 1887 mit :ni7'»0(in kp; zu Grunde, so finden wir,
dafs damit Japan der Produktion Italiens nahe kommt und be-
deutend nur mehr von dem grofsen chineisischen Reiche über-
trofien ^rd.
In Japan findet die Hauptproduktion in den nordwestlich
von Tokyo j^^elegenen Bezirken statt, unter welchen Gumma (Pror.
Joshn) 1887 mit &8t 668000 kg allein gut ein Fünftel hervor-
braclite. Das benachbarte "Nagano (Prov. Sliinshn) folgt mit
4^^*."»<)<> kL"" An diese ik'zirke scliliels« !! sicii nach Süden ^ ;nna-
naslii ( Kosliu) mit irvOOrm k^^, Saitania mit 137 ••()<) kg und Kana-
gavva mit 133 ••<>() kg, nach We.sten die Bezirke Gifti (Prov. Mino)
mit 1 43 000 kg und Shiga (Omi) mit 1 50 000 kg. Ein Gebiet fiir sich
bildet im Norden der Füknahima-ken (Oshu) mit &8t 390000 kg,
dem sichYamagataCUsen) mit 122000 kg nndMiyagi mit 87000
kg anschUelsen. In allen nicht genannten Bezirken ist die Seiden-
zucht gans unbedeutend, namentlich im Westen und Süden, der
ftir den Handel überhaupt nicht in Betracht koinmt Die Selden-
ge^enden sind tiist ausnahmslos solelie, welche d\irr}\ ihre \.n'^o
im Binnenlande und ungünsti^je VerkehrsverhnltuisM' ^rewissti
mafsen dazu gedrängt sina, ein Produkt hervorzubrmgen, welches
^ Ein fthnliehes Ergebnis ergiebt eine freilich nur sehr schätzungs-
weise Berechnung aus aen Zahirn von übet die Produktion von
Seidenstoffen. Nehmen wir au, dal'ä der Verbrauch von Abfallseide aller
Art zur Weberei sich mit dem für halbseidene Stoffe nötigen Bedarfe
decke, dafp dafr^pen die ffir die reinsfidcDen Stoffe benötigte Seide gleich
der von der VVeberei verbrauchten Rohseide sei, und nebmeu wir temer
an, dafa du Stfilek oder die Rolle dniclucbmttlich 900 g erfordere, so wür-
den die 1887 hergestellten :n9:i000 Stttck and :S7 000 Rollen (vgl.
S ''.^^j gleich l<Vw»0OA kg Rohseide sein. Besonderen Wert woUeo wir
übrigens für diese Berechnung nicht in Anspruch nehmen.
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344 X 4.
bei geringem T^mfang grofsen Wert liat und daher die hoben
Kosten des Landtransportes ertragen kann.
Die Entw ickc'lung der Au^Uihr von Rohseide von der Er-
öffnung der Hafen an zeigt die folgende Tabelle, in welcher
nach den Handelskammercirkularen die Saisonausfuhr mit auf-
geführt ist da die KalendeijahFe der Haodebetatistik leicht ein
udflchee Bild geben.
(Siehe Tabelle S. m)
tlber den Wert der Ausfuhr aller Arten von Seidenerzeug-
nissen in den Jahren von 1879 bis 1889 giebt folgende Tabelle
Att&chlule.
Wert der Ausfuhr von Seide und Seidenprodukten
aus Japan 1879 — 1889 in Silberyen.
— .
Davon entf&llt auf
Jahr
Wert
im
gansen
Rohseide
AbfeU-,
Florettseide
und CocoDB
jeder Art
Seiden-
fabrikate
Sdden-
wtiimeier
1
.»
.>
1
ld79
12213 139
9784584
1878 658
17329
582 62^)
1880
11121111
8606 867
1487828
35395
991 021
1881
13520064
10647310
2583759
27854
311 141
1882
19 357 049
16282150
2975287
27126
122486
1883
18 67861^
16188550
2323733
116045
55287
1884
18451607
11007 172
2283 750
169977
4070«
14 740 im
i:j o;it 872
1 :m 194
260 996
LS86
21 070(>:iM
17 521 im
2 97Ö Oüö
770 2;>ö
;^9.M
1887
2 (;:^7 898
1 466 996
2 9.v>
1888
.K) 4(>4 2:J8
2.Mn6 8«l
2 ^>^t\ 290
1 Ü80 4^7
650
1889
.H2 Iba m
26Ü16542
2Ü24 8Ö3
2 908507
8 628
Anmerkunit. In Spalte 5 sind die Zahlen bis 1882 etwas sa
niedrig.
So sehr die Seidenziidit zur Förderung der japanischen Volks-
wirtschaft beigetragen hat, daii man doch nicht verkennen^ dafs
ea nicht unbedenklich ist, wenn die Erseugung einer Ware, welche
auf den £xport angewieien und ftlr die meisten LHnder ein Luxus-
artikel ist, derart hervorragt Sie ist deshalb heftigen Preis-
Bchwankungen ausgesetit; so dafs noch mehr als die Ei-nten die
Geldertriige von Jahr zu Jahr schwanken. Es kommt dadurch
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X 4.
845
Ausfuhr von Rohseide aus Japan 1860 — 1890.
Saison
Rohseide
in Ballen
(bis gegen 1880
Kalender-
jahr
Roh
iu Pfkul
Beide
Wert
ä 60 kg
Yen
1860/61
11318
1861/62
11915
1862/63
25891
1863/64
15931
1864/65
165^
186o/66
11619
1866 '07
Li 564
lS6</68
1868 '69
186970
12 .JOl»
14 9H4
I 1 i < 1 1 •
II 4..<)
1868
1869
11240
7260
6253473
5720182
1870/71
b 467
1.1
4. 7V->
*T i» ( O 1
1871/72
14 62v)
1871
IH 234
1872/73
144:28
1872
8 9.").">
.> 2U .» 237
1873/74
14520
1873
12021
7 208 421
11 941
1874
9792
5302039
1875/76
13591
1875
11834
5424916
1876m
21217
1876
18642
13197921
1877/78
22024
1877
4 AAA
17230
fk AAA #klPA
9626956
1878/79 '
19 257
1878
14512
7889 446
1879/80
17877
1879
16372
9 734 534
1880'81
22339
1880
14 olo
ODUD0O7
1881/82
21 776
1881
18 012
1A AJ*? 01A
10 d47 31U
Ptknl 4 60 kg
1
26 412
1882
2s s40
16 23214H
iJS8:>/ö4
27 01H
1h,h:{
:n -M)
16 im;] HT
1884''8Ö
2:? 790
1884
2U 9.S4
11 007 172
1885/86
2ö 339
188:1
24 .->72
13 0;^!^7_'
1886/87
26386
1886
2635;^
17 321 .m
1887/88
39692
1887
31036
19280003
1888«9
41665
1888
46777
25916861
1889/90
35967
1889
41267
26616542
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346
ein Element des Spiels in die Produktion ebensowohl wie in die
Handelsspckulntion , wolclies rlnn-lmiu^ nicht vorteilhaft für den
wirtschaftlichen ( 'harakter cU r Ik völkerung ist.
Die jahrlichen Durchschnittspreise liir drei Uauptsorten Seide
betrugen bilberyen per Fikul in Yokohama ^
Filatunelde
Eakeda
Maeha^lil Saj
(handgehaepe
1878
r>75
018
530
1879
710
675
562
1880
717
052
503
1881
70Ö
622
583
1882
700
597
543
1888
646
560
504
1884
598
574
454
1885
5i»8
551
463
188{i
699
(v.3
004
1887
704
000
017
Die Durchschnittspreise ganzer Jahre geben aber keine rechte
Vorstellung von den \virklicli vorkommenden Preis veritnderungen.
Aus derselbf^n Quelle ergeben schon die Mouatsdurchscl mitte
ganz andere Sdiwankungen. Für Maebashi Sage (engl. Ilanks)
stand z. B. der Treis im Sommer und Ht-rb.st 1881 auf etwa
405 und stieg dann bis Kudc der Saison auf 405. Die neue
Säalson 1885 setzte mit 523 (Durchschnitt für den August) ^vieder
ein, &st 120 Dollar hoher als im Jahre Torher. Im Oktober
9a.uk. der Preis auf 460, stieg dann aber rapide bis auf 573
im letzten Drittel der Saison. Der August 1886 setzte dann
mit 635 ein, ^\^eder über 100 Dollar höher als im Vorjahre;
bis Januar 1887 folgte Steigung auf 668. dann wieder starker
Rückgang auf 570 im Februar, was aber allmählich v-irder gut
gemacht wurde. August 1887 erreicht sogar den l )urcliselmitt
680, dann aber folgt plötzlicher Preisabfali bis 515 im Isovember.
VeHblgen wir das nach den Marktberichten weiter, so finden
wir, dals dieser Preis sich Ins zun September 1888 etwa hielt,
worauf er bis som November auf 480 sank^ im Desember
wieder bis 550 stieg und bis zum Schlafs der Saison bis gegen
530 sank. Mit ähnlichen Preisen setzte dann die neue Saison
1889 ein, bis Ende September eine stJivke Hausse eintrat und
im D^'zember den Preis bis auf 05(» brachte. Diese Zahlen
dürften geniigen, zu zeigen, wie heftig die Prei^^^^eliwankungen
sind. Der Scidenzüchter mufs seine Jahresprodukiiüii in Angritf
nehmen, ohne auch nur den leisesten Anhalt zu haben, wie aus-
ländische Marktberichte und internationale Spekulation die Preise
' StatistiBche lubt ileii des Ministcnuin» für Laadwiriäciiatt und
Qewürbe Bd. III, Handel, 8. 14*5 f.
s Für Josho Nr. 2.
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X 4.
847
gestalten werden. Etwas abgeschwächt wird dies dadurch, dafs
zN^nschen dem Bauern und dem Exporteur dor Mittelsmann steht,
was den Erfolg hat, dals namentlich die plötzlichen Haussen den
Bauern unberührt lassen, während er unerwartete Baissen aller-
dings zu tragen liat^ Bei ihrer geringen Kapitalkraft wurden
die Eigentümer der Seide nieht im i?tande sein, gegenüber einer
Baisse lai.i^c ihre Vorräte zurückzuhalten. Dies wiixl ihnen aber
ennöelicht durch die Banken, welche dies ein Hauptteil ihres
GescnäDs ist. Die gro&e Konkurrenz der Banken untereinander
führt sogar zu so hoher Beieil umg der Seide, dals bei stiirken
Baissen der zeitweilige AVert der Seide keine genügende Sieher-
heit mehr bietet, wodurch Eigentün^er wie Banken f>ehon öfters
in groise Schwierigkeiten gekommen sind. Das bedenklieh Speku-
lative des Seidengeseiiafts wird durch dieses Verfahren der Ban-
ken erheblich vcrscliürft.
Zum Scldusse dieser I bersicht über die landwirtsehafiliche
Produktion mr>ge ein Versueij stehen, die Krtr.ige der
japanischen La n d w i r t s e ii a ft in (Jeld zu schützen,
soweit dazu ein Anludt vorhaudtu ist. Es kiuiu jsich natürlich
nur um rtmde Summen und Annäherungswerte handeln. Zu
vergessen ist auch nicht, dafs solche Bmchnuog auch einen
groisen Teil ihrer Bedeutung d;idurch verliert, dafs ja viele
Produkte tiir den eigenen A'erbrauch der i' Mi rii erzeugt werden,
nur zum Teil für den Verkauf auf dem Markte bestimmt sind.
Eine Anzahl von Produkt(n (Zucker, Kübr.ll habe ici) nicht in
der ersten Form, sondern in einer Weiterverarbeitung angesetzt,
da solche \\ ckierverarbeitung meist von den Bauern selbst vor-
genommen wird. Die Preise habe ich im allgemeinen uiedri^i
angesetzt, um die wirklich m die Hfinde des Bauern resp. Qrund-
besiteei« kommenden Werte festnisteOen.
(Siehe Tabelle S. 348.)
Es leuchtet ein, dafs der so gefundene Wert von 363
Millionen Yen sich erheblich rindern muls, wenn wir nur etwas
an den hauptsUchlichsten Faktoren Mndem wenn wir namentlich
den Reispreis etwas anders ansetzen, etwa mit 4 Yen für den
Koku, wie er in manchen Gegenden 1888 stand, oder mit 8 bis
10 Yen, wie im Winter 1889/90. Ein Reisprds schon von 7,bo Yen
wOrde unsere Summe am 100 Millionen Yen erhöhen.
Bei einem Gesamtrohertrag von 363 Millionen Yen erhalten
wir für die landwirtschaftliche Haushaltung, Haupt- und Neben*
* Der japanische Händler in Yokohama übcniimint vielfach den
Verkauf der Seide zu einem festen Preise. Was er mehr endelt» ist
sein ri 'enor (Towinii. Rann er die Limite nicht erreichen, so trügt der
Eigentümer den Verlust.
j
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348
X 4.
Ungefährer Wert der UndwirtschaftHchen
ProdiiktioiL
Produkt
Menge
Wert
per
Einheit
Yen
Wert
Yen
1
2
3
4
A
Andere Hirse ....
Bnchweisen ....
Mais
Daizu
Andcfe HOkenfHIehte
"xv vwV/ v/vV/ a.vvik.u
13000000 *
3 000 000 -
2 500 000 -
1 500 000 -
1 0(X) 000 -
3 250 000 -
500000(?)-
2,00
3,07
3,00
2,00
2,r.o
2,00
4.00
4,00
20< ) C)00 0(J()
iä\J\j V/V/V VW
26 000000
11 0(X)000
7500 000
.SOOOOOO
2 'm 000
13 OlKJ OOO
2000000
A. Zusammen
65 000 000 Koku
265 5UOO0O
B.
Beide (einschl. Abfälle
etc. und £ier) . . .
Baumwolle ....
Hatif .......
Tabak
Wftehft
Rüböl
Andor»* Pflanzenöle
Offizinello l^Han/x-n
500000 Bkul
210 000 •
2U0 000
500 000(?)-
SOO 000 -
375 000
15 000 000 Kwamme
200000 Pikol
250000 Kokn
18,00
15,00
5,00
20,00
6,00
8,00
0,M
IOm
20,00
'4-) 000 000
»000000
:^ \ 'o 000
1 000
10 000 000
4 800000
3 000 000
4.^ WO
9000000
5 Ol" 1 ' M
1 0(>ÜOOO(V)
1000 0<W(?^
B. Zusammen
7^ 450 000
0.
Alle anderen Wurzel'
gewSehae ....
560000000 Kwamme
0,0M
1680000
1S20000(?)
C. Zusammen
—
—
3 000 000
A. B. ('. Zusammen
Alles Sonstige (nament-
lich Gemüse, Obst,
Binsen. Stroh, Öl-
kuchen u. s. w. und
der Ertng derYieb-
;^7 i)5u 000
15Ü9000Ö(?)
Alles xnsammen
Nor bei gani beaoti
iden sweifelhaften Zab
ien ist (?)
868 «MI»
beigefügt
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X 4.
349
beruf gleich gerechnet, 66 Yen Wert des Roliertrag«fl, oder,
wenn wir die Nebenbenife nur mit der Hälfte ansetzen, rund
Familie, 39,5o Yen für nie Nebenbcrute. Weiin man bedenkt,
dafa davon bei den Eigentümern etwa ein Siebentel als Steuer,
bei den Pächtern noch erheblich mein- als Pacht abgeht, so bleibt
ein eretaunlich geringer Betrag übrig für den Ünterliait der
FamiHe. ThatBftchlkh aind die Zahlen wobl noch immer, trots
der grolsen Vennehnmg bei den Erhebungen von 1887 ^ m
niedng- Anderseits ist aufa neue an die allgemeine Verbreitung
vmi Nebenbeechäftigangen unter der bäuerlichen Bevölkerung
SU erinnern.
Die annäliernde Richtigkeit unserer Tabelle vorausgesetzt,
würde sich für das gesamte Ackerknd |'4üi'9()00 Cho Ende 1887)
ein Rohertrag: von 77,25 Yen für den (üio ergeben. Wahr-
scheinlich luit dies aber nur den Wert einer Minimalzuiil.
Sind schon die Bohertragsberechnungen nicht anfechtungs-
frei, 60 sind die Reinertragsbmchnungen noch xweÜelhafter.
In der Agrarstatistik für 1884 ist ein Versuch gemacht, fUr
eine Anzahl von Bezirken und Produkten Reinertragsberechnungen
aufzustellen^. Danach soll, wenn man Arbeitslöhne, Grundrente
und Verzinsun^^ des (allerdings ganz unbedeutenflen ) Betriebs-
kapitals nicht berücksichtigt, der KVinertrag vom Cho Acker-
Lind beim Anbau folgender Früchte beiragen haben:
' Die Erntestatistik für 1887 giebt an Kömer- und Hülsenfrüchten
rund 117 Millionen Hektoliter oder :X)0 Liter auf den Kopf der Be-
völkerung. Die von 1884 ergab nur etwa 8'2,r. Millionen Uektolitcr (»der
220 Liter auf den Kopf Das ist üVmgens nicht als mfM;«chlich»/T Vn-7i Isr
aufzufassen; es ist der Abgang durch iSaatgut, Sakebrauerci, überechuis
der Aosfohr, Viehfotter etc. in Betraeht zu ziehen. Immo'hin nnil die
Zalilen doch jetzt viel wahrscheinlicher. An Körnern allein rrgiebt
unsere Tabelle rund Gl Millionen Koku. Nach O. Kellner (Mitteilungen
der Deutschen Gesellschaft u. s. w. IV 'Ml) wUrdcn von Kürneni „selten
inelir als 5—6 Go" täglich genoeaen. Nehmen wir der Kinder wegen
4 Go als Durchschnitt fiir die gnn7!: 1' cvölkerune an, so würde das für
'6d Millionen Menschen im Jahre knapp ü7 Millionen Koku erfordern.
An anffesebklter Fracht, wie rie die EnitetRhellen enthalten » würde das
rund O^'/a Million Koku für den menschlichen Verbrauch sein, bei einem
tä;rU( hrn Dtirrhschnittsverbranch von u Go ■'>_' Millionen Koku. Dazu
kommt dann noch der Bedarf au öaat^ut. Heiß zur Sakebrjuierei, Aus-
fuhrUberschufs, Viehfutter etc., tun die nötige Krntemenge zu erhalten.
Beim Reis allein sind dan mindestens 6 Millionen K dv u Dafs die Ernte-
Btatistik auch jetzt noch zu geringe Erträge anzeigt, scheint mir un-
sweifelhafi
' Vgl, darüber namentlich Fesca in dem citierten Bericht .»I ber
die landwirtsohaftlichcn Verhältnisse Japans", der aber meiner Meinung
nach diesen amtlichen Ermittelungen trotz seiner Kntik noch zu viel
Bedeutung beilegt. Viel wertvoller situi die TOii ihm Mlbflt aofgestellten
and dort mitgeteilten Bereehnmigen.
Reis 16,46 Yen
Nackte Gerste 0,6i
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350
X 4.
Gerste
Weizeu
Hine
4,98
8,ü7
Bnchweizea
DauBtt
Batatan
Raps
Äi
Tabak
Baumwolle
36,40
Bei Berechnung (1«t Arbeit nach üblichen GpMIobiun soll
sich bei allen genannten Produkten ein Verlust herausstelleD,
auÄgenommen bei Bataten, Ai, Tabak und Baumwolle.
Auf eine Reihe vou Mängeln dieser Berechnungen hat ha-
reits Fesca hingewiesen, namentlich die meist zu niedrig an-
Senommeiieii Roherträge, die sieht genügende BerücksichtiguDg
er Nebennutzungen etc. Hier will ich oor einen hervorheben,
welker meines ESracbtens die Berechnungen wertlos inacht Das
ssu Grunde gelegte Jahr 1884 ist ein yöllig ungeeigneter
Au sprangspu nk t. Das Land befand sich in einer schweren
(hAd und Wirtschaftskrisiö, welche das Verhältnis aller Prei^^e
beeiutluläte , aber in sehr verschied euer Weise im einzelneu
wirkte. Die Preise landwirtscliafthcher Produkte waren 1884
ganz ungewöhnlich niedrig. Dagegen waren z. B. Düngerpreise *
swar etwas niedriger, aber diurdiaus nicht im Reichen Yer-
hältnis wie die troduktenprdse. Überdies scheint man die
Durchschnittspreise der Produkte im Kalenderjahre benutst zu
haben, während der Ernte des betrefienden Jahres doch erst die
der Ernte fclj^enden Preise entsprechen. Die Preise von 1884
waren zum Teil so niedrig infolj<e der reiche ii lernte von 1883.
Der sehleehten Ernte von 1884 entsj)rechend stiegen dann auch
ilie iVeise, was aber in der Hauptsache erst in das näehste Jahr
fiel. Welche Unterschiede da« giebt, sei au dem ilauptprodukt
Reis gezeigt.
Der K'-inertragsberechnung ist ein Heispreis KU
Grunde gelegt für den Koku von 4jU Yen
Im Durchschnitt des ganzen Landes war er 1884 4,7i
Im Durchschnitt alier RdsbOrsen war er im Kalender-
jahr 1884 4,sT •
Dagegen an den Börsen im Erntejahr November 1883
bis Oktober 1884, das der £>nte Ton 1883 ent-
spriel^T 4,T»
und im Erntejahr November 1884 bis Oktober 1885,
das der Ernte von 1884 erst entspricht, 5,74
* Vj(l. O. Kellner, On the VnlnüMon of Japanese Fertilizen, m
iiuUetia Nr. ;> des Imp. CoU. ot Agnculture nud Deudrology, Tokyo
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351
Der Unterachied ist, wie man sieht, ganz erheblich. Setzt
man in der amtlichen Reincrtragsberedinung für die Emte von
1884 nur 5,25 Yen als Keispreis ein, so erhöht sich der „Heiu-
ertrag" von Kvr. auf 31, oo Yen.
Diese amtlichen Zahlen scheinen mir also alle wertlos zu sein.
Reiner tragjibcrcchnungen aus der Zeit der verwirrten Währungb-
yerhältnuse 1878 bis 1885 können sämdkh auf allgemdne Geltung
kdnen Ansprach machen. Erst die Zeit seit Aufiiahme der Bar-
zahlungen, also seit 1886, kann als normal angesehen werden.
Das aber kann nach Feecas Untersuchungen wohl als test-
stehend angenommen werden, dals bei einer vollständigen Be-
rechnung der Produktionskosten in Geld bei den meisten Er-
zeugnissen des japaniseiien Ackerbaus ein Reinertrag nicht übrig-
bleibt, namentlich niclit beim Körnerbau, während bei Wurzel-
fewächsen, einer Reihe Handelsgewachsen (namentlich Ai, Tabak^
taomwdie, Papierbast, Thee) and \m Seide ein Reinertrag
auch nach gelamäPsiger Berechnung aUer Kosten verbleibt
Mit anderen Worten : die Arbeit auf dem Reisfeld u. s. w. giebt
nicht einen landesüblichen Lohnsätzen entsprechenden Ertrag.
Die in Japan oft erörterte Frage nacli der Mögliclikeir irrol'ser
Wirtschaften mit bezahlten Knechten und Tagelöhnern erhält
dadurch erst die rechte Beleuchtung. Etwas grölüere Betriebe
giebt es eigentlich nur in Seidengegenden, was durch die
lientabilität der Seidenzucht ermöglicht wird. Der japanische
Kleinbauer ist, soweit er nur oder fkat nur Kömernau treibt,
in der Lage eines schlecht bezahlten Tagelöhners, der dadurch
sich erhslt, daCs die von der Feldarbeit nicht YoU in Anspruch
genommene Zeit der Familiengheder zur Weiterverarbeitung der
Rohprodukte oder zu sonstigem Nebenerwerb verwendet wird.
Ebenso wie die eigentiii he landwirtschafüiehe Produktion giebt
Äuch solche Weiterverarbeitung in Geld berechnet keine Keiii-
ertritge, Avenn man z. B. den Preis von Cocons und gehaspelter
^ide, von Zuckerrohr und Zucker, von Aiblättem und Indi^o-
kugefai u. s. w. vergleicht In den naturalwirtschaltlichen Ver-
hiUnissen der kleinen Betriebe findet das seine einfache Erklärung.
Diese Umstände machen auch klar, warum auf geldwirtschaftlicher
Basis, auf kaufmännischer Berechnung beruhende gewerbliche
Unternehmungen fz. H. Seidenfilanden, welche ihre Cocons kaufen
mÜBsenl so h'inlig keine Geschäfte machen.
Angesichts der Geringfllgigkeit der Erträge des Körnerbaus
fehlt es natürlich nicht an weisen Leuten , die , wie in anderen
Ländern, den wohlfeilen Rat geben ^ man müsse eben den
KOmerbau aufgeben und sich aiu Handelsgewitchse beschränken
{so namentlich die vielgelesene Zeitung Jiji Shimpo). Da ist es
vielleicht nicht überflüssig ausdrücklich dtorauf hinzuweisen, dals
von den nachgewiesenen Emteflttchen von gut 6200000 Cho*,
> Wegen der H^e dieser Zahl vgl. 8. 325 Aam. 1.
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852
X 4
wobei allerdings Thce-, Maulbeer- und ähnliche dauernde Aiila-ni
fehlen, nicht weniger als 5 200 000 Cho auf Körner (Keis, U erste,
Weizen, Hirse, Buchweizen, Bohnen, Mais) kommen, 84 Pro-
zent! Wo soll der Markt für eine Vermehrunp^ der Produktion
der HandelMfewaehBe aein, welche die dem KOmerbau bisher
gewidmete Fuiche erheblich ▼ermindem wttrde?
Nach den vorstehenden Erörterungen liegt die Frage nahe
nach der socialen Lage des Bauernstandes. IKe Ant-
wort kann keine sehr beruhigende sein. Nach den glänaenden
Jahren des wachsenden Agios 1878— 1881 , als die Preise der
Produkte gewaltig stiegen, wuhrend Löhne und andere Kosten
nur lan^ara, die Steuern verhältnismHfsig wenig wuchsen, ver-
breitete sich ein vorübergehender fiktiver Wohlstand unter den
Bauern. Als die Preise noch schneller wieder fielen, als sie vor-
her gestiegen waren, wurde der Druck um so Schürfer empfunden.
Steuern und Schuldzinsen, die man in den Jahren vorher leicht
ertrage hatte , waren nun eine schwere Last. Es ist statistisch
nicht nachweisbar, aber es unterliegt wohl keinem Zweifel, dafs
eine sehr allgemeine Verschuldung des Bauemstandes in diesen
Zeiten stattgefunden hat. Aus der nur für 1883—1886 vor-
handenen Statistik der Verpfandung von Grundbesitz ist der An-
teil ländlicher Grundstücke nicht ersichdich Wenn aber um
l!^84 nnehweislich mindestens 16 — 17 "o alles privaten Grund-
besitzes, dem Steuorwerte nach bereclmet, verpf)indet war, so
inufs ein erheblicher Teil aui den Uiuerliciieu ( irundbcsitz kommen.
Über die wirklich vorhandene Verschuldung gicbt jene Statistik
keine rechten Au&dihlsse. Dafs der Produkten- und der Dttneer-
handel viel&ch Anlafs zu wucherischer Ausbeutung giebt, dals
der wenig voraussorgende Charakter des Volkes die Verschuldung
ebenso befbrdert hat wie das Spekuhitionsfieber der Zeit des
A^io^, welche unmittelbar der Beseitigung aller biKln^-nn^en Rechte*
seh ranken des bäuerlichen ßesitzrechtes und der Einführung der
Geldsteuern folgte, ist unbestreitbar. Dies alles zusammen hat
dazu beigetragen, dafs in die Verhältnisse des Grundbesitzes eine
bedenkliche Beweglichkeit gekommen ist, über welche ich mich
oben schon geäufeort babe^ Während — im Gegensats zu vialfiich
▼erbreiteten Meinungen — von der Exekution wegen rttckständi^
Steuern nur ganz geringe Flächen betroffen sind| hat der Besitz-
wechsel aus anderen Gründen in manchen Gegenden einen um
so denklichrren Umfang angenommen, als man vermuten
nuU8, dals diese Gründe wonicrstpns auf dem Lande doch wohl
überwiegend in der Verschuldung des Bauernstandes zu suchen
sind. Es rauls d;is zu einer allmählichen . aber vollständigen
Revolutionierung der Jiesitzverhältnisise führen. Das alles wird
> Vgl im Torigen Kapitel 8. 283 ff.
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X 4.
353
nun nodi besonders bedenklich dadurch, dafs nicht etwa an
Stelle wirtschaftlich verkoniniener Bauern bessere Landwirte
treten oder eine aUmfthlicbc Vergröfserung der Betriebe statt-
findet, indem die besseren Wirte zu ihrem selbstbewirtschatteten
Ilesitzo Parzelhn zukaufen, .sondern dafs der Rc^c] nacli d<T
Ix-sitzende l^auer zum Päcliter herabsinkt, während sein Grund-
besitz in das Eigentum V(>n st;idtisehen Kapitalisten, Kaufleuten (;tc.
gerat, Aui dieae ^^ eise veiHK liren öich zwei Klassen der J^xj-
▼(>)kemngy welche beide nicht ab erfreuliche Mitglieder der Ge-
sellschaft betrachtet werden können, auf der einen Seite ein
Zwergp.iehterjjroletariat^ auf der anderen Seite ein nichtwirt*
sehattender städtischer Grund besitaerstand, der aus den kleinen
Pachtwirtscliaften möglichst viel herauszupressen sucht. Auffallend
ist es, dals bei dem rirdrigcn Stande der Grundrente die^^e Wo
wegung sich so stariv geltend nia'-ht Aber es ist zu bedenken,
dais bis vor kurzem der Krwerb von ^Grundbesitz eigentlich die
einzige sichere Kapitalanlage \^ ar und vor allem die einzige, die
als anstandig galt. Dazu kommt die Natur des Pachtverhält-
nisses, welcnea der Regel nach bisher den Charakter eines
Klientenverhältnisses hat, und die Höhe der Pacht Während
Gtldpacht selten ist, herrscht Teil- oder Halbpacht. Der Bauer
giebt dem Besitzer ( inen Teil des Ertrages in Natur ab, und
zwar einen gewöhnlich sehr hohen Teil. Sehr häufig z, Ii. hat
er die Reisernte abzulieiern , wofür er die anderen Produkte
beliält. Die Pächter leben infolgedessen in sehr dürftigen \'er-
hältnissen und geraten in jedem schlechten Jahre in Not. J^is-
her ist nun in der Regel noch das Verhältnis zwischen Besitzer
und Pächter ein sehr patriarchalisches. Nachlafs an der Pacht
in schlechten Zeiten ist ttblich. Unter Umständen mufe der
Grundherr die Pacht ganz erlasse n. Austreibung des Päcliters,
gegen welche dieser in keiner Weise geschlitzt ist (lange Pacht-
vertri'u' kommen in dir^m Verhältnissen kaum vor), wird selten
geübt. Die Sitte mifsbilligt es und vielfach würde der Grund-
herr gar keinen Pächter wieder bekommen, denn aus der Nach-
barschaft übernimmt niemand die Pacht und einem zugezogenen
Fremden würden die Nachbarn bald das Vergnügen verleiden.
So ist die Lage des Pächterstandes nicht so schlimm, wie sie
auf den ersten Augenblick erscheint Aber sie ist doch klä^ch
genug und vor allem ist die Erwägung nicht abzuweisen, dafs
die patriarchalischen Verhidtnisse — wenn auch nii I f sofort und
überall — doch allm.ählich verschwinden werden. Mit der Knt-
wickelung der Verkehrsmittel, der Rückwirkung der Weltmarkt-
verhältrii^se , der zunehmenden Verschärfung der Konkurrenz,
d< r Spekulation, der geschäftsmälsigcn Berechnung von Gewirm
und Verlust wird dieses \'erhältnis sich mehr und mehr in ein
gescliäftliches, in ein Geldverhältnis umwandeln, mit seiner un-
barmherzigen Vernichtung der Existenz dessen, der nicht zahlen
kann.
Porwhuiigeit (45) X 4. — Bathsen. 23
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354
In Europa scheint Tielfnch die Vorstellung zu herrschen,
dafs in „Ostasi^rr' allf^emein kleinbäuerliclier Besitz verbreitet
sei. Das ist für Japan fliircliaus unrichtig'. Die amtliche
Statistik zeigt eine piiiz bedeutende und oü'enbar zunehmende
Verbreitung der Pac 1» t wi rtschaft.
Über das Verlülltnis der Zahl der Pächter zu der der selbst-
wirtochaftendoi Eigentttmer und der von beiden bebanten Fificheii
sind mir sw« ESrhebungen bekannt geworden. Die erste umfEirst
nicht das ganze Land, jedoch Bestrke aus allen Teilen des KeicheSf
und bezieht sich teils auf das Jalir 1883, teils auf 1884. Die
zweite Erhebung bezieht sich auf 1886 und 1887. Einmal hat
man die Zahl der Betriebe, der Haushaltungen in solche vo?\
Pächtern luid von Eigentümern geschieden, I^ei der Erhebung
von 188^ 84 hat man dabei unterschiedeu: wirtschaftende Eigen-
tümer, Eigentümer, welche Liind zugepachtet haben, und Pächter,
welche nur gepachtetes Land bewirtBchaften. In 31 Bezirken
floUten auf diese 3 Eategorieen ent&llen 39, 39 nnd 22^lo, Die
Erhebung ist aber von zweifelhaftem Werte, da die mitgeteilten
Summen mehrfach zu hoch sind Die bereits am An&ig dieses
Kapitels für Feststellung der Zahl der landwirtschaftlichen Be-
völkerung benutzte Erhebung von 188l) teilt die silmtliehen land-
wirtsehaftlichen Ilauslialtimgen in sok'he von I Eigentümern und
Päclitern. Danach wären von den im Hauptberuf mit f^andwirtschaft
bescliaftigten liauahaltungeu 41 ^' o solche von Paclitern gewesen,
von den im Nebenberuf beschäftigten 48 " o, von allen landwut-
schaftiich Thfttigen 43%. Gegen diese Elrbebung lä&t sich aber
wieder der £tnwand machen , dals sie auf das auÜBerordentlich
liäufige Verhidtnis, dafs ein Bauer zu seinem kleinen Besitz noch
ein Stück Land zupachtet, gar keine Ixiieksicht nimmt. Es wird
nicht klar, nach welchen Oesielitsjiunkten .solche Bauern ent-
weder den Eigentümern oder den I'iichlern zugewiesen sind.
Man kann mit diesen Zahlen also auch nicht recht etwas an-
tiangeu.
Sehr viel wertvoller ist die andere iVrt der Erliebungen.
Es ist nämlich ermittelt worden, wieviel Ackerland (Beis- und
Treckenfeld) von den Eigentümern und wieviel von Pächtem
bewirtschaftet wird. Die Ergebnisse dieser Erhebung sind fttr
18B3 aus 18 Bezirken, für 1884 aus W anderen Bezirken' ver-
öffentlicht. Für 1B87 aber ist die Erhebung im ganzen Lande
* Für CUiim ist es vieüeieht iu nocii liöberem Urade urng. Vgl.
die Zasammenstellan^en in Heft 2 Jahrg. \^ der TnunsetuniB China
Brauch of tli< Asiauc Sodety, wonach die HAlfte des Bodens von
Pächtern bebaut wini
* Im Bezirke i ukuuka i^ogur i'-.iät da.s I )opj>clte der überhaupt im
Bezirke vorhandenen Haushaltungen!
* Aufserdem für einen kleinen Teil des Uokkaido.
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X 4. 355
(aulfler Okinawa) vorgenommen* und dUifte im groi^ und
ganzen den wirklichen Verhältnissen entsprechen^.
Danach w.iren 1887 in Japan niclit weniger als 39,3" ü
allen Ackerlandes von Pächtern bewirtschaftet worden. Beim
nassen Feld int duä Verhältnis sogar noch höher: 4o,t. '* o, während
es vom trockenen Feld 33,* '*/o wai'cn. Das deutet aiü' eine sehr
starke Eatwickelung des Pflchtertoms. Dab dieses Verbttltnu
aber im Steigen beißen ist, zeigt ein Vei^eich mit der früheren
Erhebung. In den 18 Bezirken, in welchen die K; i iiti. 1 mg
1883 stiittfand, waren damalrs 34,.' " o allen Ackerlandes in Händen
von Pächtern, in denselben Bezirken 1887: ;:i8,'« " u. ein Zuwachs
wie lf)<) zu 113,7 in vier Jahren. In den U» Bezirken des Jalires
1884 war der Anteil der Piichter damals 39.s'*ü, 1?<87; 4-2.4 u,
ein Zuwachs im \'erh;iltni.s von l'^O zu IDü.r. hi drei .lahren
Au:i der geringeren Vcrmehi-un^ bei den letzteren Bczii-kcu darf
man wohl scfauelBen , dafs die Bewegung sich im Vei^gleich mit
der Zeit 1883/84 etwas verlangsamt hat, was ja auch durch die
Beihenfolge guter Ernten 1880— S7 an sich wahrscheinlich ge-
macht wird. Kin Vergleich der einzelnen 34 l>ezirke zeigt nur
in einem Bezirke, Miyazaki, ein Stehenbleiben der l'iwegung,
in zwei Bezirken, Shi;:;a und Iwate. einen kaum nennenswerten,
und nur in Bezirke, Saitama, einen erheblicheren Rück-
gang d(?r verpacliLcten Flache.
Zwischen den einzelnen Laudesteilen linden sein* erliebhche
Unterschiede statt, aber nur in einem Bezirke Altjapans wird
weniger als ein Fünftel des Ackerlandes von Pächtern bewirt-
schaftet, nämlich in Fukushima 17,s''o. Sogar in dem ganz
dünn besiedelten flokkaido, in welchem un^ei-odetes T^d in
beliebiger Menge zur A'erlügung steht, werden 1 7 " o von Pächtern
bewirtschaftet. Nur in vier Bezirken nuiclit die verpaclitete
Fläche zwischen 2') und 3*>^*o ans. im Norden in Iwatt; i2<>)
und Miyat?i denen j^anz im Norden Aomori mit 3U,4, bUd-
lich Ibaraki mit 32,3 sich anschlielst.
Anderseits finden wir im 6Udeu Miyazaki mit 29,« ^ dem
sich Kagoshima mit 30,8, Kochi mit 30,« und Oita mit 82,4 ^/o
anschlieuen. Dals wir so zwei geschlossene (Gruppen von Be-
zirken mit einer verhältnismäfsig geringeren Zahl von Pächtern
finden, einerseits den iinfsersten Süden, anderseits die <z;anz<' Ost-
kiistc des nördlichen Teiles der Hauptinsel, machf Zahh-n
auch in f^'-J'h glaubhaft. Aul'^- r den g< nannlen neun l>ezirken
hat nur novit Gumnui weniger als ein Drittel verpachteteä Land,
uamUch 2ä,4".u.
» Statiet. Jahrbuch VIII 94, die frühere Erhebnug V 86.
- In den Bezirktn [Ihoshima, Tokushima . Kntroshiina und \ftinn-
guchi stimmen jedoch die Flächea nicht genügend mit der GmuidbesU/.-
Statistik flberein.
23*
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356
Die höchsten VerhältniszalileD hat Toyama: 59,.." i« (18?^3
erst r»l : Reisfeld allein jetzt über 60",,). Das benachbarte
Niigatn hat 51.C, " 0 f Reisfeld 54,8). Gleklil'alls an der ^\'estk^iste
liegt Tottori mit ü4,i"ü (Reisfeld .')()..,) und Sliimane mit4'J,2"...
Östlich davon bat Okayama io, iij ogo 48,4, Osaka (ohne Nara)
aoan 56,1 , Wakayama 45,». Ehime hat 53,» (Rekkuid 59,2),
Fi^noka 47,«, Eumamoto 45,i. Ganz uoliert stehen Yamaoaebi
mit 50,7 (Beldaiid 62,t1) und Tokyo mit 48,5. Alle bisher nicht
genannten BeEirke» 21 an Zahl, haben «wischen 34 und 45^ 0
Pachtland.
Die Vcrbnitung der Pachtwirtschaft scheint in Zusammen
hang mit dem Reisbau zu stehen. Reisland wird uberaii ver-
hältnismärsig mehr verpachtet als Trockenland, Die meisten
oben genannten Bezirke stark entwickelter Pacht Wirtschaft sind
Bezirke vorwiegenden Reisbaues (Toyama, Niigata, £hime, Fuku-
oka, Eumamoto n. s. w.). Es hxngt das woU damit ssoaammen,
daTs eineraeitB das Beisield crOfiere Kapitalaufwendungen etfordett
und dafs Reisfelder anderseits als Kapitalanlage sehr viel
beliebter sind als TrockenUmd*. Es hängt vielleicht auch damit
zusammen, dafs bei der geringen RentabiliUlt der Reiskultur der
Keisbauer am leichtesten in wirtschatÜichen Verfall gerät. Immer-
hin diidtc das zur Erklärung noch nicht ausreichen, da auch
einzelne Cregendon ohne grofsen Reisbau stark entwickelte Pacht-
wirtschaft haben -. Anderseits hat Fukushiuia bei ziemlich aus-
gedehntem Rdsbau die geringste Entwickelang der Pachtwiit*
Schaft'.
Auch zu der Bevölkeiningsdichtigkeit könnte man die Ver-
breitung der Pachtwirtacbaft in Beziehung setzen, da die in
letzterer Hinsicht sehr ungünstigen Bezirke fast alle eine sehr
dichte Bevölkerung überhaupt oder wenigstens im VerliältüiÄ
zur anbaufähigen Hiiche haben, wie letzteres z, B. in Yamanashi
und Wakayama der Fall ist. Die Dichtigkeit der ßevulkening
ihrerseits liiingL wieder eng mit der Verbreitung des Reisbaues
sttsammcn. Mit Ausnahme von Yamanashi ist in allen Gegen-
den der rentabeb Seidensucht die Paditwirtschaft verhxltnismUsig
weniger entwickelt.
Als wesentlichen Anlal's sum Übergange zur Pachtwirt*
Schaft habe ich Besitzwechsel hingestellt, vielfach in der Form,
dais der bisherige Eigentümer Piicbter ntzen bleibt. Die
' Fesca spricht mit Recht von einem Affektionsweit des oaaeen
Feldes.
* in Yamanashi waren verpachtet
vom Reisfeld iJ^; Gl,iv»;o ltiö7 : 02,; 'V«,
vom Trockenfeld 1884: 39,t«/o 1887 : 42,«<»/<».
• In Fiikusliima waren verpachtet
vom Keiefeld l^i: 10 « o 1^S7: 10,« «»jo,
vom Trockenfdd 18«i: ll,«« o l5iy:<7: l-v -o.
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X 4. 357
»Statiätik der Verkäufe von Ackerlaiid, welche oben im Kapitel
Qnmdbesits (S. 285 ff.) bereits benutzt ist, achemt xnir trotz
aller UiiTollkoiiitDenbeit das zu bestätigen. Nehmen wir nUmlich
solche Bezirke, in welchen 1883 bis 1887 die Fläche des ver-
pachteten Feldes stark zugenommen hat, und vergleichen wir da-
mit den Umfang der Verkiiufe von Ackerland von 1884 86, so
finflpn wir, soweit wir überhaupt die Zahlen ftir beides haben,
dalfi beidu ikwc^^ungen Hand in Hand zu gehen sc heinen. Die
Ri.^'hiuing h'idet Ireihch an vielen unsicheren Elementen. \or
alleui haben wir von dem verkauften Ackerland nur die Steuer-
werte, nicht die Fläche. Berechnen wir den Prazentaatz des von
1884 bis 1886 verkanften Ackerlandes dem Steuerwerte nach,
ermitteln wir dann den gleichen Prozentsatz der vorhandenen Fläche
und Ycrgleichen wir das mit der Zunahme des verpachteten Lan-
des, so erhalten wir in runden Summen folgendes Bild:
v»^rkauft der Flüche «ach Zunahme des
dem Werte nach wäre das Fachtlaiuies
Okayama 20 " o 20400 Cho 760<> Cho
Mivad 15,8 " o 18400 - 9500 -
iNiigaia 8 ö/o 22900 - 12200 -
Toyama 16 « o 14000 - Ö200 -
Tochigi 16,7% 17600 - 16300 -
Allzuviel Gewicht ist auf diese ßerechnungen natürlich nicht zu
legen.
Jedenfiills Ist in der Vermehrung des japanischen Zweig-
pttcbterstandes eine der bed^kficbsten Seiten der neueren Ent
Wickelung /u sehen. Dafs diese Bewegung nach Beendigung
der wirtschaftlichen Krisis sich verlangsamen wird, ist wahr-
scheinlich, nicht aber, dafs sie dauernd zum Stehen komme.
Die }>ohon l^f^ispreise von 1889 9n aber, wenn sie aucli nur zum
Teil den Bauern zu gute kommen, werden jedenfalls den länd-
iiclicn Kreisen vorübergehend grolle Erleichterung bringen.
Siebentes Kapitel.
Die anderen Zweige der Urprodnktion.
I. Der Wald.
Ein aufserordentlich grofser Teil von .T;ip!^Ti gehört dem
Walde^ Freilich ist das kein gepflegter Forst, wie wir ihn
* Facbmäuuiäche Darstellungen des japaniachen Forstwedens fehlen
bisber uiebie» Wisseu in der Littemtur ganz. Über eben von B. Gras*
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358
in Deutschlanrl gewöhnt sind. In weniger zugänglichen Gegen-
den, im (lebirge, in den Einöden Yezos ist es der wilde Wald,
fast unberührt von Menschenhand. In der Nähe dichtbevölkerter
Bezirke ist er verwüstet und der wertvollen Bäume beraubt,
vielfach nur ein Buschwald geringwertiger Laublujlzei , / iweilen
ist, was noch Wald heilst, in Wahrheit eine öde Fläche, auf der
kaum noch Gras wächst. In den ersten Zeiten der neuen Ord-
nung ging die alte Waldpflege zu Onmde. Die öftntlichen
Wjuaer litten da, wo sie leicht sugttngltch waren, sehr erheblich^
da man hier alte Vorräte zur Befriedigung der dringendsten
Geldbedürfnisse fand. Die Erprebnisse sind übrigens fUr die Staats-
kasse nicht einmnl sehr erheblich gewesen, wie sich bei der Re-
sprcclumg der Staatseinnahmen zeigen wird. Hie Ausdehnung
deti Berg und Hüttenwesens ist prleichfalls dorn ^^'ald verhängnis-
voll geworden. Auch das Abbrennen des wilden (iraslandes
drängt die wirklichen Waldgrenzen regelmäisig zurück, wie man
das Tiderwäiia sehen kann. So ist das, was die amtliche Statistik
„Wald*^ nennt, ^on sehr yerschledenem Werte. Auch sind die
Zahlen ▼iel&ch noch sehr ungenau, was sich allerdings langsam
etwss bessert
Die Statistik scheidet (Zahlen Ton 1887)
a. Waldungen in 8teuerpflicfatk;em Friratbesitz 7281 795 Oho >
b. Vermessene aiTentlicfae Wfilder 7010835 * *
c. WUdes Belgland (Sanya) n74l;}69 •
Von der letzteren Zahl kommen auf den Hokkaido 9 068 899 Che,
auf Okinawa 214382 Cho. Es bleiben mithin fUr Altjapan mit
nind 2S' Millionen Cho zusammen ir>750 728 Olio, so *dafs selbst
in Altjapan mehr als die Hältte des Landes Wald wäre. Wie-
viel davon wirklich den Namen Wald verdient, läfst sich nicht
sagen.
Mit der Statistik ist jedoch nicht viel aiizujan^en, da eine
Prüfung sofort zeigt^ dais die Zahlen nicht genau sein können.
In bieten Beshrken bldbt ein erheblicher, nicKt aa^eklärter Rest
des Gebiets Übrig, in einigen anderen dagegen sind die nach-
gewiesenen Flächen an privatem Grundeigentum, Staatswald und
bergland zusammen gröl'ser als die Bezirke, so in Yamanashi,
Naeano, Aomori . Iwate, Akit.i. In Aomori ist allein die an-
^^'cbliche Fläche des Privatwaldes und die des vermessenen
btaats Waides grttfser als der Bezirk! Den Angaben über den
Bestand der .Sta;itäwälder an Bäumen von meiir als einem Fuls
mann in der Deutschen Gesellechaft für Natur- und Völkerkunde Ost-
aaiens am 18. Dezember 1889 in Tokyo gehaltenen lehireichen Vortrag
haben die MitteiluDgen dieser tiesellscbaft nur eine Jntne Notis gebraeht
(V 14o f.).
1 Davon nur 2694 Cho im Hokksido, der Rest in Altjapao.
* Nor Altjapan.
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X 4
359
Umfang nnd an T'»ambnsstangen ist unter diesen Umständen
schwerlich besondtrer Olaubcn 7M scficnken.
In gewissen zu Schutzwalduiigen erkläi'ton Forsten ist das
►Schlagen von Holz verboten. Es waren das Antang 1887 von
dem Wald im Privatbesitz 33237 Cho. von den öflfentlichen
Wäldern 88535 Cho.
Der Holzverbranch in Japan mnis gans bedeutend sein, wie
aus dem alJgemeincn Herrsclieo der Hokarchitektur folgt, aus dem
grofsen Bedarf für Holzkohlen u. .s. w. ZahlenmäTsig läfst sich
(larnber kruim etwas sagen. Bei dor Ausfuhr voti Nutzholz
werden nin- die Wertzahlen angcgohen. Die Zfdil^n sind nicht
hoch, aber in der Zunahme. Sic überscliritten den Wert von
lUOOOO Yen zum erstenmal im .hüire 18S0 und erreichten 188H
fast 22400U Yen, 188U aber nur 187000 Yen. Die Ausfuhr
von Holskohlen erreichte 1889 47 700 Yen. Für den Handel
wichtiger sind einige andere Produkte des Waldes, nämlich
Eampher und Pilze. Die Ausfuhr der letzteren betrug 1868
3040 Pikul, erreichte 1880 12436 Pikul (Wert 340691 Y«i),
sank dann etwas und vermehrte sich seit 1886 wieder ganz er-
heblich bis auf 18 511 Pikul im Jahre 1888, die einen Wert von
515030 Yen darstellten'. Sie gehen fast aiisschliefslich nach
China. Auch der inländische Verbrauch von Pilzen ibt bchr be-
deutend.
Wichtiger noch ist das andere Waldprodukt, der K a m p h e r ,
den schon die HoUftnder ausgeführt haben. Der Export oetrug
1868: 4682 Pikul im Werte von 77098 Yen. Erat seit 1874
blieb er dauernd über lOOoO Pikul, erreichte 1880 20000 Pikul
(Wert 323665 Yen) und 1882 den ersten Höhepunkt mit
50084 Pikid fWert 800120 Yen), ging bis 1885 auf 30700
Pikul zuriick, um bis 1887 wieder auf 64 781 Pikul im Werte
von 1 130 596 Yen zu steigen. 1888 zeigte einen starken
Rückschlag auf 45 555 Pikul, die aber doch noch einen Wert
von 1017 887 Yen hatten. 1889 stieg wieder auf 74918 Pikul
im Werte von 1 391 372 Yen.
IL Die Jagd.
Die Jagd - steht in Japan jedermann offen, der sich einen
Jagdschein löst Der (irundbesitzer hat kein Vorrecht, Schon-
zeiten für die einzelnen Arten von W Wd t^nebt es nicht, sondern
eine allgemeine Schonzeit vom 15. Aprii bis 15. Oktober.
Schlingen und Netze zu stellen ist aligemein erlaubt, Schulz
1 Die Zahlen toq sind wegen Änderang der Statistik nicht
vergleichbar.
* Gesetz, vom 20. Janaar 1878, x^vidiert doreh Nr. 11 vom
28. Januar 1877.
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860
X 4,
nützlicher Vögel unbekannt Unter diesen Umständen ist es fiist
yerwuoderlich , dafs es tiberhaupt noch Jagdbares Wild aebt
Um seine ytfllige Ausrottung au yerbindern, hat man neueraings
angefiRingen, unter dem Namen „kaiserlicher Keservatgebiete"
Scbonreviere einzurichten, in welchen auch die Schlingenstellerei
verboten ist. Für Jagdscheine ftir berufsmä feige JHger ist jrthr-
lieh ein Von zu erlegen, für solche, welche zum Vergnügen jagen,
10 Yen. Diese Bestimmung wird aber aulserordentlich Inx inter-
pretiert. Nach den Ausweisen über die ausgefertigten Jagdseheine
giebt es nur einige Hundert Personen, welche zum Vergnügen
jagen, neben einer ungeheuren Zahl eewerbemälsiger Jfiger.
ueSn unter den letzteren die Mehrzahl nicht aus ErwerosgrOnden
jagt, sieht man am besten daraus, da'k in den Zeiten cfcr w irt-
schafdichen Krisis gerade ihre Zahl sich erheblich vermindert
hat| verhältnismärsig mehr als die der andern. Die Zahlen sind
Jliger sum Erwerb Jftger sutn Vergufigen
1879/80
44589
394
1881 82
80766
(i()l
1883 84
62 095
538
1885 86
43704
521
}Hm 87
41257
533
1S87 88
49780
030
1888/89
1)4 u81
733
Die gewerbsnirüsige .T.i'^enn hat nur im Gebirge uv.ä im
Hokkaido noch einig«' 1 Bedeutung, im Jahre 1887 sollen nach
der Industriestatistik uber die Anfertigung von Leder gegen
35 000 Hiröcijlijiute gegerbt sein.
III. Die Fischerei.
Die insulare Lage Japans, seine Küstengestaltung, der Reich-
tum des Tierlehens in den inj^anisehen Gewässern liaben dazu
ziisammenjf;ewirkt, der ( ifwinnun^ von 8ee |) rod u kten eine be-
sondere \\ ichtigkeit iür die japanische Volkswirtschaft zu ver-
schati'en.
Es handelt »ich dabei um sehr verschiedenartige Erzeugnisse.
Kicht sehr bedeutend Ist der Fang von Pelztieren, Kobb^ und
Seeottem im Norden auf den Kurilen und darüber hinaus, der
in der Regel unter ausländischer Flagge, aber mit japani^her
Mannschaft betrieben wird. Der eigentliche Fischfang
nimmt eine wichtige Stellung ein. Die Binnenfischerei auf
Fliisf^en und Seen ist naturi;eniHf8 weniger bedeutend als die
i^eetisell«'r*'i Immerhin ist sie nicht unerlieblich. In einer Nach-
weiöung über die Zahl der Fischerboote im Jahre 1884, welclie
sidi auf 35 Bezirke Altjapans und zwei von den damaligen 3
B«Btrken des Hokkaido besieht, waren unter 224497 Fischer-
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X 4.
361
booten oo Ü42 für den Fisclifnii^^ auf FlUasen nnd Seen. Die
Angeltischerei mit kiiusiliclier Fliege hat sich rasch Im Lande
verbreitet*. Um der drohenden Ausraubung entgegenzuwirken,
aind in manchen Gegenden Schonreviere eingericlitet, während
man Schonzeit noch nicht kennt. Auch hat man ganz httbadie
Anttoge zu besserer Bevölkerung der I'äehe nnd Seen mit ver-
schiedenen Salmoniden gemacht' mit Hülfe künstlicher Fisch*
Bucbtanstaltcn.
Volkswirtschaftlich weit wiclitiger ist die Seefischerei,
welche grofse Mengen an Fisclien für die Volksernahriin,';- hefert,
die teils frisch, teils gesalzen, teils getrocknet (aber niclit ge
räuchert) verzehrt werden. Ein grolker Teil der gefangenen
Fische, namentlich Heringe und Sardinen (Iwashij, dient abor
nicht der Ernährung, sondern der Thrangewinnnng. Die Rück«
atttnde oder durekt die getrockneten Fische liefern den für die
japanische Landwirtschaft wertvollen Fischdüne^er.
An der Küste wird ferner ein sehr erheblicher Muschelfang
betrieben, zum Teil durch Taucher, sowohl der Sclhden als vor
allem des Fleisches wogen, das Irisch und getrocknet gegessen
wird, ebenso wie andere Seotiere, Tintenfische. Trepang u. s. w.
Endlich genielsen die JapuuLi aucli Algen in greisen Klengen,
teils getrocknet^ teils in der Form von Algcngallert (Kanten,
Agar-Agar). Die wichtigste der efsbaren Algen ist der Kombu
(Laminaria sacbarina).
Unter dem alten Regime war die Fischerei, wie alle Gewerbe,
zu einem gewissen Grade staatlidi geregelt. Namentlich waren
den einzelnen Fischerdörfern gewisse Strecken am Strande und
Fanggebiete zugewiesen, von welchen die Angehniii^ren anderer
Dörfer ausgeschlossen waren. Diese Beschrilnkungen sind mit
der neuen Ordnung gefallen. Thatsitchlich seheinen aber vieler-
wärta Vereinbarungen der Dörfer uutereiuander zu bestehen über
Abgrenzung der Fanggebiete. Ebenso hat sich in Tokyo that-
aächlich die Gilde der Fiachgrofshändler erhalten , wenn auch
ohne den staatEchen Zwang zum Beitritt^. Eni indirekter Druck
wird allerdings geübt durch die genossenschaftliche Form der
Bessirksgewerbesteuer von Fischmilrkten.
Wo der Fischfang im grofsen bt^trieben wird, erfordert er
in den Booten und JSctzen recht erhebliche Kapitalien, welche
< Ich sah sie hdspielsweise im SomiDer 1884 in einem ganz ent-
l^penen Teile von Shinano (Nagano-ken).
* So z,. B. ist der früher fischlose, allen Fremdeu, die Japau be-
sucht haben , wohlbekannte Chu/eDÜ - 8ee oberhalb Nikko jetst durch
Aussetzen von Brut reich an vortrefflichen Fischen geworden, namentlich
Iwana fSalmo pluvius Uilgd.). — Nach einer Angabe aus dem ^finisterium
für J^Hndwirtöcliatt und Gewerbe wurde in 11 Flüsseu und JSeen
Brot verschiedener Salmoniden ausgesetzt.
' Wie es in anderen grofsen Städten damit steht, weifs ich nicht
Wahrscheinlich ülmlich.
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X 4.
natur^remiils ^rol'fem Risik'» ausgesetzt .-^iinl. So kommt es, dafs
die Fischer hiiutiL'* veffliuldet und mehr oder weniger in den
Handeil der liaiidkr smd'. In veröuluedcncn Gegenden, z. B.
im Chiba-ken, hat die Fischerei schon einen ganz kapitalistischen
Anstrich. Der unabhängige kleine Fischer ist zum Lohnarbeiter
geworden, der Im Dienste größerer Unternehmer steht. Deren
Geschäftsbetrieb liat dann schon einen mehr kaufmännischen
Charakter. Es sind tür japanische Verhältnisse wohlhabende Leute
mit GnmdljKsitz, welche zuweilen Ins an 300 Fischer in ihrem
l>ienst haben -. Dünger und Thranbandel betreiben, wohl auch
Geld Terleilien. Das Fisehereigew^erbe wird, wie aller Gewerbe-
hetrif'b, als solches vom Staate nicht besteuert, aber von den
-Jiczirken. Jedoch triiit der 6uint die Fischer mittels der Schiffs-
steuer. Eigenartig ist im Hokkaldo die Besteuerung der See-
produkte, worüber im Abschnitte von den Steuern besonders
zu handeb ist. Im Hokkaido ist auch heute noch die Fischeret
der wichtigste Erwerbszweig, der nicht nur von der ansftssigen
Bevölkerung, sondern auch von zahlreichen im Sommer aus dem
nördlichen Honshu herüberkommenden Fischern betrieben wird.
l)ie bedeutende Ausfuhr von Seeprodnkten nach China stammt
zu einem erheblichen Teile ans dem Norden.
Die Zahlen, welche die japanische Statistik über die Fisch er -
bevölkcrung mitteilt, leiden erheblich darunter, dafs die Ab-
grenzung von Hauvt- und Nebenberuf hier anfserordentlich
schwierig ist, da senr allgemein Landwirtschaft und Fischfang
verbunden sind. Nach den neuesten mir vorliegenden Zahlen
HXr Ende 1887, von welchen man vielleicht annehmen darf, dafs
sie die genauesten sind, hiitte es damals 14^)^01 Haushaltungen
gegeben, welche Fischerei als Hauptberuf, und 2192ÜS Haus-
haltungen, welche .sie als NelK iilienif trieben, zusammen Mh.') 8'21*.
Dabei fehlen aber die inliindiaclien Be7jrke Saitama. (nimma,
Tochigi, Yamaiioshi, Shiga**, Gifu Na^ano und Nara (vorher
zu Osaka gehörig). Setsen wir för die sieben erstgenannten und
fUr Osaka die Zahlen von Ende 1886 ein, so erhalten wir
147 548 Haushaltungen im Hauptberuf und 229649 im Neben-
beruf. Von der Zahl aller Haushaltungen wären das fast zwei
Prozent für die im Hauptberuf, fast drei Prozent fUr die im
Nebenberuf mit Fischerei beschäftigten, zusammen bald ftint
> Im Hokkaido sind die Fischer vielfach aach dem Staat ver-
Bchnldet, wofür sie einen T<il des Faages (6—^10 Prozent) al^eben
DulMen. Da diese Forderune des Staates vor anderen Fordenmgen den
Vorzug hat, so haben die Fischer für Kreditgewäbruoc den Händlern
um eo mehr EU leisten. Ihren Bedarf fÖr die Saison sn Heis, l^ho3ru, Sake etc.
entnehmen ir m>'\^t auf Kredit und V)ezah!en mit Produkron
2 Um 1^^4 erhielt nach meinen »kundipungen ehi gewohnücher
Fischer monatltcli etwa 7 Yen, ein Oberfischer bis zu l.*> Yen Lohn.
* Mit dem Kwa-See.
* Berühmt wegen seiner Kormoranfischerel.
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363
Prozent, eine Zahl, welche die grolse Bedeutun*? der Fischerei
deutlich zeigt. Bei einer durcli seh sittlichen Gröfse der Haus-
haHuTir^ von gut fünf Kopten wiire die eigentliclie Fischerei-
bcvöikerung (Hauj)tl)ernf) rund 75UOU0 Köpfe stark und über-
haupt 1900000 rersonen an der Fischerei interessiert ^ Die
Zahl der Fischerboote in den 38 maritimen Bezirken der Er-
hebung von 1887 war 277 698 ^ Die giofee Menge aller See-
bpote sind kleine Fahrzeuge ftlr die Kttatenfischerei. Nach einer
Übersicht von 1H80, in welcher von maritimen Bezirken Hokkaido^
Aomori und Hiroshima, aulserdem Tochigi, fehlen , sollen unter
190 045 BontPH fnacli 'h'v Frlir-bung von ]HS7 kommen auf
die entsprf i henden Bezirke rund 227000 Boote) ü79 Boote znm
Walhschlaiig und UU7() „Boote zum Ziehen grofser »Schlepp-
netze" gewesen sein. Unter der letzten Kategorie sind sicher
noch sehr viele kleine.
Nach der Erhebung von 1887 steht an der Spitze aller De-
zirke Altjapana das meemmsptilte Chiba, wo 14 031 Haushaltungen
im Hauptoeruf und 18301 im Keb^bemf sich mit Fischerei
beschäftigten, das sind zusammen 15,2 Prozent aller Haus*
Imitimgcn des Bezirkes und 0,« Prozent, wenn man nur die
Hauptberufe ret iinet. Die Zahl der Fischerboote, 12906, dagec^en
ist niedriger als die einiger an<lerer Bezirke. Der Grund liegt
in der verhältnismfifsigen Gröfse der im Chiba-ken gebraucliten
Fahrzeuge. Kamentlich an dem Fange der Sardinen (Iwashi,
Aji, Tatsukuri) nimmt dieser Bezirk einen lebhaften Anteil. Nach
der wohl nkht sehr in^llständigen Ph)dnktionsstatistik wären
1887 von den genannten 3 Fischen, gesalzen und getrocknet,
8230000 kg in Chiba hergestelh, an Fischguano 5620000 kg,
an Thran 01200 kg. Auch die l^roduktion von gesalzenen
Makrelen und Thunfisch (Shibi), von getrockneten Museheln n. s w.
ist erheblieli . Sehr wichtig ist für den Frischtischlang die Nähe
eines so bedeutenden Verbraucbscentrums wie Tokyo.
' Für 1><87 ist für die '\H maritimen Bezirke neben der Zahl der
Haushaltungen auch die Zahl der lionifsthiitipen angegeben, nämlich
:V>0 602 im Hauptberuf und .M4r)87 im ^^ bonberuf. Das Statistische Amt
macht aber selbst darauf aufmerksam (Jahrb. VIII 126), dafs die
Zahlen sehr uiisiclicr seien. Sie sollen die wirklich Thüti^en umfassen,
Männer wie Frauen, aber wohl nicht blofs die eigentUcheu Fischer,
sondern auch die bei der weiteren VenurbeiUiDg Beecbu^en. — Naeh der
von Ben ecke (Sehönbcrffs Handb. der Pol. Ökonomie, 2. Aufl., II :I1S f.)
gemachten '/n^nmmf iiFtpflung wären in iinr\7 Grofsbritannien 109 200
Pischer untl Jungen, in Frankreich ü2 200, m Uulun 81 000, in den Ver-
einigten Staaten 101684 and 29 742 am l fcr Hcsohiifti< tc Dw aiod
allce Zahlen, die hinter denen JnpnTi? prheblicli /.urückHtenen.
' In fiinf der fehlenden liezirke, baitama, Gamma, Tochigi, »Shiga
and Oifii, waren 1884 .SAIH Fitcherooote. Die Geeamtnhl mag abo
285000 betragen.
^ im über a 000 000 kg Salz -Shibi, ol2000 kg getroeknete
Musi^heln.
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X 4.
Neben dem Ohiba-ken ist der buchten- und inselreiche Be-
ziric Nagasaki zu nennen mit 9405 Fischerhaushaltungen im
Hauptberuf und 18 207 im Nebenberuf, jenes 6,5, beides zu-
sammen 19 Prozent alier Haushaltungen. Die Zahl der Fischer-
boote ist 17 240.
Ein dritter wichtiger Bezirk ist Kochi mit 0242 Fischer-
haushaltungen im Haupt-, 4600 im Nebenberuf, jenes 4,i« Pro-
zent^ zusammen 8,5 Prozent aller Haushaltungen. Die Zahl der
Fischerboote ist auf 5657 angegeben. Ein Hauptprodukt der
Gegend ist getrockneter Thun&^y der in der japanischen Küche
so wichtige Katsuobushi'.
Einen erheblichen Anteil der Bevölkerung bildeten die
Fischer noch in folgenden Bezirken:
Zahl der Ftseherhaus- Prozent der im Bezirk vor* Zahl
haltunp-en handenen Haunhaltun^eu der
im Haupt-
im Neben-
im Haupt-
> Uberhaupt
Fischer-
beruf
beruf
beruf
boote
Yamaguchi
7 560
5 698
4
10 547
»Sliimane
5570
7394
3,1
8,7
11480
4385
3728
3,4
6,8
5411
Miye
4586
7026
2,0
6,6
10189
Kanagawa
4672
4634
2,0
5,8
7 552
Tottori
2068
4125
2,6
7,0
2 370
Iwate
2 677
4 533
2,6
6,0
6 03< •
Kumamoto
5 003
6 734
2,8
5,6
7312
IVIiyazaki
1718
3115
2,1
6
2 4 '»5
Shizuoka
3 843
15176
2
6810
Ehime
6477
14267
2
6,5
1554U
Kagoshima
4124
7057
2
5,B
5364
Ganz
besondere
l)edeutun|]:
hat aber
die Fischerei
1 in dem
Kolonialgebiete des Nordens, dem Hokkaido. Von 67 544 Haus-
haltungen Uberhaupt betrieben 9524 (14,i Prozent) die Fischerei
als Hauptberuf, 9174 ab KebenbOTuf, zusammen also fast 28
Pkt>zent. Namentlicfa der Lachsfang ist ergiebig und veraorgt das
ganze Binnenhmd mit Salzfiscli. Die Produktion an gesalzenem
bhake und Masu wird fiir 1887 auf 19V 2 Millionen Kilogi-amm
angegeben. Da die Seeprodukte des Ilokkaido meist besteuert
werden, so sind ziemlicli eingehende Angaben vorhanden über
den Fang. Er hjttte danach 1887 betrajren gegen 13<J Millionen
Kilogramm- im Werte von 526600O Yen. Im allgemeinen
' Das Ftschfleisch wird in Stücken getrocknet, welche Gestalt und
Feotiffkf'it eines Wetzsteine» annehmen. Zorn Geniifa werden sie pesi habt.
' Diese Zaiü hat nur annähernden Wert. Die Angaben sind ge-
macht in Koku (180 Liter). Ich habe den Koku mit 125 kg angesetzt,
wie es dem Verhältnis entspricht, welches ich für die Pirodakte fand, bei
welchen aufserdcm Gowichtaangaben vorli^en.
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X 4.
365
ffüt nur der Luchsfang für besonders eintrttglich. Dio anderen
Hauptprodukte, Kombii (Seetang, 14S()U0 Kokii) und Dünirer
(namentlich aus Heringen, l^-ST: Ö5 Millionen kg), lassen in un-
S Rostigen Jahren nur einen öpSrlicheti Gewinn*. Da<» erwähnte
ahr 1887 mufs ein glinstiges gewesen sein , da die Preise
vieler Produkte relativ hoch wai'en und die später zu besprechende
EHdchteruiig in der Besteuerung eintrat. In aen vorhei gega ngenen
Kntenjahren hat namentlich auch die Hokkaido-Fiacherei aämer
^,elitten. Der Wert der Produktion war 1882 6020000 Yen,
1885 nur mehr 4 473<m>m Yen, namentlich InfMlice der abnorm
niedrigen Preise iiir Fisehdiinger, welche ihren (irund wohl in
der Kot der liimllichcn Bevölkerung^ hatten
In iinuz Japan wären nach der Produktionsstafi-tik Iiir lss7.
der voUstimdigsten mir bekannt gewordenen, an ge,salzt:nem Fisch
(8 Arten » rund .'^7 Millionen Kilogiamm erzeugt, an getrockneten
Seetieren (darunter 5 Arten Fische, 3 Arten Muscheln, 3 Arten
andere Tiere) 45 lAillionen Kilogramnn, femer an Fischdtlnger
106 Millionen, an Thran 8 Millionen Kilogramm.
Die japanische Fischerei hat auch eine ziemliche Bede utu ng
für den Ausfuhrhandel, dem sie ' in Werte nach 5-(i
1 'rezent der g^^n/rn Ausfuhr liefert. Die Summen waren 1803:
2370nii0 Yrn 1—-: STiniMUM) Yen.
In der 1 lau pt-ache gehen diese Waren nach China. Für
Europa sind nur einzelne Produkte wichtig (Kanten oder Agar-
Agar, Thran, Muschelschalcuj. Der Menge nach i>ind von
eintg^ der wichtigsten* Artikel aufgeführt (in Pikui k 60 kg)
1877
Eomhu (Alge) 291657
Surume (Getrockneter
Tintenfisch) 24584
Getrocknete Awabi
(Muschel) 5610
Trepnnp: 5292
liailischtioisen 1 177
Kanten (Algen- (Jallert) 11205
Getrocknete Garneelen 1 281
1881
1885
1888
818502
831 711
837494
* 27606
71737
81804
8 550
13347
13 500
5 7^0
y 329
7 224
1 7h8
20H6
3118
13nii5
15446
13368
2250
6247
15680
* Vgl. den sehr lehrreichen Aufsatz von N. Seki, Über die Lage
des Hokkaido iai Somm< r IHMfi; aus dem Nichi Nichi .Shimbun Ubersetzt
in Japan Weekly Mail VI und 4A7. Nach den von ihm mit-
geteilten Hercchnungen wurde bei den damaligen Preisen sogar Schaden
geimebt, wo HeringS' oder Konlnifisc herei allein betrieben wurde. Da>
irr 2-£Ti würden hei sonst gleichbleibenden Kosten die HerjogB|ff^fle TOB
i>bl einen ansehnlichen Gewinn ergeben.
* NSulich «olebe, welche einen Wert von mehr als 100 000 Yen im
Jabve 1688 hatten.
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Das Gewicht aller 1888 ausgeftihrten namentlicli aufge-
zählten efsbaren Seeprodukte war rund 28 700000 kg, auläerdem
ÖÜOOOO kg Mufichelfichalen.
IV. Salzgewinnung.
Zu den Seeprodukten mub man auch daa für den Binnen-
Jiandel 00 auTserordentlicb wichtige Salz' rechnen, da das in
Japan verzehrte Sab fast ausnahmslos durch Verdampfung von
Seewasser- irewonnon wird. Die Salzgewinnung wird nur durch
die auf »kii Salzgäiten am Strande ruhende (Grundsteuer belajstet
(vgl. uuten das Kapitel (Jrnndsteuer). Aus klimatischen und
örtlichen Gründen tindet sich die Salzproduktion liberwie^xend in
den um die Inlandsee liegenden Bezirken von Honsliu und
Shikoku'. In ganz Japan betrug 1887 die Fläche, die zur
Salzgewinnung verwendet wurde, 7191 Cho mit einer Produktion
von 5710617 Koku Salz*. Davon kamen auf die I'ezirke
HyogO; Okayaina, Hiroshima, Yamaguchi, Tokushima, Ehime
51> Prozent der FiHche und 7G Prozent der Produktion, nämlich
424U Cho und 4 314 780 Koku. Von den anderen Bezirken
sind Tuir in Ishikawa und Aiehi je über 20nf)00 Koku, in
Fukuoka, Oita und Kuinainoto je über lUOOOO Koku i^ewonnen.
In jenen sechs übeiwiegenden Bezirken (d. Ii. den 1<1
Provinzen Harima, Bizen, Biehu, Bingo, Aki, Suwo, Nagato,
lyo, Sanuki und Äwa) haben sich die Sahsproduzenten Mitte der
aiebsEieer Jahre zu einer Gilde zusammengeschlossen, nsichdem
die alte soigf^ltige Regelung von Produktion und Handel mit
der alten Ordnung verschwunden war. Der wesentliche Zweck
der Vereinigung: selioint die \'frhindenin{^ von Uberproduktion
und Ausgleichung der Konku»*renz zu sein. In den günstig
gel^enen Salzgärten winl nur vom 1. Aprü bis SO. September
gearbeitet, in uagünsliger gelegenen je nach der Klasse 15 — 150
Tage länger. Die Einteilung der Salzgärten, die also von
grolser Wichtigkeit ist, hat gelegendidi su solchem Streit gefUhrt,
' I ber die Salzgewinnung in Jupau giebt es einen englischea Kuii-
sularbericht von Wileman, abgedruckt in Japan Weekly Mail (1^)
XI
^ Die geringen nach der amtliclieu .Statistik gewonaeneu Mengen
Htdnsalz (1887: 6000 kg) haben keineriei Iledeutung. über Verwendung
von Sole zur 8al^ewinuuug ist mir nar eine vereinzelte Kotis aas dem
Kagoshima-ken zu Cxcsidif t/ekoinmen.
* Vgl, die von Hann veröfFentlichteu Kartogranune über den
Hegeufal^ in den Pertheaeehen Oeographischen Mitteilungen 1888.
* Den Koku y.u l'i" kjr irercrhnot wären da« f^">i'T1 'l'onnen, gut
17,5 kg auf den K,upt' der Bevölkerung. Im Durchsciiuitt der 10 Jahre
1878-IH87 war die Produktion aber jährlich nur 4614150 Koku —
'»•>:! 700 Tonnen oder nicht ganx Vt kg auf den Ko|if, immer noch eine
sehr hohe Zahl.
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X 4.
3C7
dftis die Existenz der GUlde in Ge&hr war, obgleich ihr vom
Staate das Privü^ des awangsweisen Beitritts aller Intereasenten
verliehen ist.
I)»'r Preis des iibrip:ens ziemlirli unreinen Produkten hat in
den letzten Jahren im Durehöchnitt aller Marktorte betragen
1885 1,4*^ Yen fUr den Koku
1880 1,3.; - - .
1887 1,1.. ....
1888 1,0« - -
1881» 1,48 - - -
Die Prt'i^e sind im Binnenlantle bei lien herrödienden Trana-
portverhiütnissen crlH'blich höher als an der Küste, So ko.stf^te
der Koku 1887 im Vamagata-ktii in Tsurugaoka nahe der Küste
1 Yen, in Yoneasawa im Binnenlande 2»4o Yen, in Wakamatsu
BOgar 3,34 Yen. Ähnliche Kontraste finden sich mehr, so Taka-
oka (Toyama-ken) <\<> . und südlich davon Takayama 2y<i Y«i;
Tokyo 1,01 Yen, Hachoji 1,?« Yen, Kofu 2,».% Yen; oder nord-
westhcli von Tokyo: Kawagoe l,8i, Takasaki l,ft6, Ueda
2,88 Yen u. s. w.
Aut't'allend ist das hctti^^e iSehwanken der Salzpreise, die
z. Ii. in Tokyo nach jedem starken Sturme, ehe mau noch weils,
ob Schaden aa den Salzgärten augerichtet ist, stark iu die
Höhe gehen, z. B. nach dem grolsen Stmm vom 11. September
1889 am nächsten Tage auf das Dreifache! August — September
haben regehnttl'sig höhere Preise als Mai- Juni. Wie oei den
Beispreisen folgen auch hier unmittelbar die Detailpreise den
Grolspreisen bei der Aufwärtsbewegnng, langsamer dag^;en bei
der Abwärtsbewegung.
V. Der Bergbau ^
Die Vorstellungen von dem ungeheuren Minernlreichtum
Japans :jind liingst verHogen. Die zahlreicheu Lntersuelmngen
fremder Ingenieure haben gezeigt, dals aul'ser Kupfer, Kohlen
und Schwefel grolse MincraLchätze nicht vorhanden sind.
Unter der alten Ordnung waren die wichtigeren Bei^gwerke
In Hflnden des Bakufu und der Landesherren. Unbedeutende
Gruben waren in erheblicher Zahl PriTatuntemehmem sur Aus-
' uiti wichtigdtea Veröfi'eutlicbungcu über japanische Bercwesen
bei Bein II 346, namentlich die avch ebf^lisch (Tokyo 1879) enc6en«ne
Abhandhuig von C. Netto, Uber japanisches Herg- und Hüttenwesen,
Mitteilunf^en der Deutschen Gosellscuaft Ostasiens II :?f)7 ff. - Dazu
kommt uoi-h an neuereu \'erütientlichuiigen A. Mezgoi, Einiges iiber
Bergbau uiul Hfittenwesen in Japan » Mitteilungen u. s. w. III 408
<li<M), und B. Roesing, Mitteilungen aus Innai, a. a« O. & 415.
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3G8
beutiing Uberlaasen. Schon die alte KegieruDg hatte angefangen
fremde Ingenieare zur Hebung des Bergbaus heranzuziehen. Die
neue Regierung setzte dies fort. Teils auf den alten Staatagruben,
ti'ils auf neu vom StiUite eröf!neten oder übernonimoTieri ^ Werken
wurde der Betrieb nach europiiisc hen Methoden eingctidirt. Arge
^lifsgriffe und Verschwendung sind dabei vorgekommen-. ]^»ei
der Einschränkung aller Staatsthiitigkeit auf gewerUichem
Gebiets seit 1880 entledigte sich der Staat vor aUem seiner
Beiwerke. Im Jahre 18d0 waren in Staatsbesitz nur mehr die
Kohlengrabe von Karatsu und die Eisengniben von Hiroshima.
Die Gold- und Silbergraben von Sado und Ikuno sind 1889 zu
Krongut fkais. Hausvermögen) erklärt. AUe anderen Bergwerke
sind teils aufgegeben (so Kamaishi, nachdem es grofsc »Summen ^
verschlungen hat), teils billig verkauft. Genau sind die Auf-
wendungen des Staates kaum nachzuweisen. Der Kapiüdaufwand
— unter Ausschluis von Zubufse beim Betrieb — wird allein
für die Bergwerke von Sado, Ikuno, Müke, Ani, Innai, Kosaka,
Aburado und Kamaishi auf rund 9 Millionen Yen angegeben.
Was die seit dem 1. April 1889 zu Erongut erklärten Graben
Sado und Ikuno betri£ft, so war 1887/88
das Alllage- die Be- die Ein« der das Kapital
kapital triebsan»- Dshme Kein- also rer*
gäbe gewinn zinat mit
Yen Yen Yen Yen
fdr Sado (Oold
und Süber) 1 41*0 920 227 449 338151 110702 7,4
seit 1869
für Ikuno (Gold,
Silber, Kupfer) 1644583 84065 129066 45001 2,?
neit \Hm
Doch war das Jahr erheblich gtUistiger als seine VoigUnger.
Das einzige Staatsbergwerk , welches wirklieh gute Ertrüge
abgeworfen hat, ist die Kohlengrube Miike, welche 1887 88 einen
Reingewinn von 2^^5103 Yen ergab. Sie ist Anfang 1889 an
die Mitsui Russan Kwaisha verkauft.
So «gehören jetzt fast alle Her^'werke Privaten. Rechtlich
stellt allerdings Japan anl drin Standpunkt des Regals. Alle Berg-
werke sind Eigentum dea Staate, der ihre Ausbeutiuig Privaten
gestattet. Man hat daher folgerecht auch die Bergwerksabgabe
in den letaten Budgets nicht mehr unter die Steuern gemlt^
' So iifunontlieli die Gruben in Akita nach »lern Zusammenbruch
il» r Uuo-iiaiik, iJez«?uiber li<14, und die Hiroshima-Gruben, November 187ö.
- Vgl. die scharfen Urteile bei Rein (II jM8), der sonst so wohl-
wollend urteilt, aucli den citierton Aufsatz von A. Mezger.
^ Nach den amtlichen Abrecboungeu war für Kamaishi die „Aus-
fabc fUr Ncuanlagen*" (also mit AnncEiafii aller Betriebnuagaben) von
K74 bi» Februar 1^ 22002^6 Yea. Stat Jahrb. IV 137.
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X 4.
369
sondern unter die „TerBchiedenen Einnahmen ^ . Unter den G ruben •
besitzern sinrl einige Magnaten, welche meist erst in der Neuzeit
(lif Stellung errungen haben, wie Iwasaki und Furukawa, der
die ^Tolsen Kuptergruben von Ashiwo, Ani und Innui und
eine Kaftinieranstalt in Tokyo hat. Einzelne der Besitzer
bind aber schon seit alter Zeit grolse Unternehmer, so nanieut-
lich Sumitomo in GAaka, deeaen Haus schon mit den Hol-
Ittndern in Verbindimg stand. Diese grofsen Werke suchen
möglichst mit fremden Methoden und ^laschinen su arbeiten , in
neuster Zeit anscheinend mit gutem Erfolge. Daneben bestehen
aT>er noch zahheiche gan? kleine Betriebe primitivster Art, in
welclien vielfach nicht einmal das ganze Jahr gearbeitet wird,
sondern nur in den Zeiten, wenn dir Bauern sonst wenig be-
schäftigt sind. Wie man es hier mit Bergarbeitern zu thun hat,
welche eigenthch Bauern, nm' nebenher Bergleute sind, so scheint
überhaupt die Arbeiterfinge eine Uauptschwierigkeit fUr das
Gedeihen des japanischen Bergwesens au sein. Ein gelernter
Bcrgmannsstand mit festen Sitten und Traditionen fehlt. Die
Verwendung von Sträflingen in den Gruben hat noch nicht ganz
aufgehört, tvot?. seldimmer Erfahrungen, wie Meutereien und
Inbrandsetzung von Kohlengi'uben. Auch die freien Arbeiter
gehören vielfach den untersten Seliiehten an. Der Ik-rgmann
fehört zu den schlechtest bezaldten Arbeitern in Japan \ Es ist
ezeichnend, dals gröfsere (i ruben Verwaltungen die Arbeiter in
einer Weise dnsperren, die einem Europäer doch als bedenkliche
Freihdtsbeschrfinkung vorkommt Die Insel Takashima (Japans
gröfste Kohlengrube, MItsu Bishi ( Jesellschaft) kann kein Arbeiter
ohne Erlaubnis verlassen. In Ashiwo (der gröfsten Kupfergrube^
Furukawa) haben die Arbeiter Verkehr mit der Aufsenwelt nur
verniittt'lst einer sehart konti'ol Herten Brücke tlber einen tiet-
eingerissenen Bergstrom mit senkrechten Uferwändeu. Sind die
Arbeiter eine schlimme Gesellschaft, so ist anderseits ihre Lage
keine erquickliche. Sie sind fast immer in der Hand von Mitteb-
mttnnemi Kontraktoren, deren Vermittlung den Arbeitgebern
sehr bequem sein mag, aber su arger Ausl^utuog der Arbeiter
Alhrt. Das sicher yoiiiandene Wohlwollen der grofsen Unter-
nehmer kommt dem dnzelnen Arbeiter infolgedessen nicht voll-
ständig zu gute^.
> Im Jahre 18^7 w»r
* Heftige Anklapren in der Presse L'ocretj die Verwaltunc der Taka-
«himagruben fülulun zu einer eingeheiuitni Uutersuchung ücr dortigen
Zustände im Juui und August iSM^-i. Die Itericbte <larüber ( Japan Weekly
Mail, ]tmy X (m ff. Ull i ^m) geben ein lehrreiche» Bild der frQheren
in ^iike lö,-)
in den Uiroshiina-Gruben 12,9
ForMfauAgen {ih) X 4. — KAtligen/
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X 4.
Der Manf;el an gelernten Arbeitern, an Steigern, an genügend
gebildeten und geübten Technikern wird von Sachverstiindignn
als der wesentliche Grund aTii::csehen, warum das japanische
Bergwesen nicht höher entwickelt ist
Nach den Zahlen der Prodiiktionsstutistik ist aber
ein erheblicher Fortschritt in den letzten Jahren nicht zu ver-
kennen , wenn der Zuw^achs auch zum Teil aus genauerer Er-
hebung der Förderang in Privalgruben stammen mag. Die
Produktion der bauptsädilichsten £rzeug:m8Be bat sich foigender-
mafsen entwickelt:
Gold
Silber
Kupier
Eisen
Blei
Antimon
Zinn
Steinkohlen
Schwellt
Erdöl«
lfe75»
kg
175
7011
f
2407
3447
?
?
567221
?
?
1878
kg
273
9891
t
4256
10167
302
173
6.«
679 707
2152
2838
1881
305
17908
t
4772
16375
260
390
19,,.
925 198
698
2658
1
1884
k»
275
22901
t
8889
11862
S7
lluu
27,9
139937
4279
932
1887
kg
521
35618
t
11064
15268
386
51«
95,11
669 730
10781
1325
Ks handelt sich durchweg, wie man sieht, um verhältnia-
mäikig geringe Mengen. VäkswirtBcbaftlich erhebliehere Be-
deutung haben bisher nur Kohlen, Kupfer und allenfaUs
Silber. Kohlen und Kunfer werden Uber den Bedarf des
Landes produziert und bilden einen immerhin beachtenswerten
Teil der A u s f u h r. Die Kohlenausfuhr ist ganz rcc^elmUfsig
gewaclisen von rund 25000 Tons im Jahre 1868 aui" -20(1 0(H)
im Jalire 1875, fast 300000 im Jahre 1881, auf 540U0U im
Jahre 1884, weiter
schlimiucn Znsfitiule und der gr<>r?:<'i) durch die Mjt.^ii Hisln Gesellgcliaft
eingeführten V erbesserungen, aber auch der bösen Itolle der Mittelsmänner
(Na^agflslnra. ^ Baracken vorsteher"X denen die Arbeiter in ausgedehutem
Malse verschuldet waren.
' Die Zahlen hoziehpn ?ich nnr bei den privaten Hofrieben auf das
KaJcndcrjahr , iür die Staatsbetriebe auf das Finanzjahr, dessen erster
Teil in das betreft'ende Kalenderjahr ftllt. Rei den Staatsbetrieben be*
ziohnn a\ch die Zahlen oicht auf die produzierte, sondern anf die ver*
l^aut'te Mcn^e.
* Die I'abello giebt VM22 Kwamme ^ öl 4'i^! kg, was aoch mit
der Summe der Einzelposten stimmt. Die Zahl ist aber unzweifeUiatf
f:il-f l' wie Rchon der Vergleich mit den Exportziffem — i^^^f. '-'s durch-
schnittlich OCM) kg — zeigt. Es fehlt die Produktion der Haupt-
gegend Ijo (Ehime-lsen), 1886: H5.>776 kg.
» In den Jahren ISS4 and 1887 benehen sich die Zahlen «nf taffi<»
liiertes Ol.
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1886 auf 669043 Tons
1887 - 704935 -
1888 - 975 289 -
1889 - 1053821 -
Die Kupferausfuhr hat sehr geschwankt. Anfang der
fliebsoger Jahre fand starke Ausfuhr von altem Kupfer (aucli
alter Bronze) statt. Von l^7<> t im Jahre 1872 sank die
Ausfuhr von Kupfer aller Art bis 1880 auf 1535 t. Seitdem
stioK sie bia 1884 auf 5217 t, 1888 auf 9649 t, 1889 trotz Kupfer-
ki-achs auf 10105 t.
Die Ausfuhr von Antimon, welche er^t seit 1882 gesondert
nachgewiesen ist^ schwankt gleich&lls. Sie war am geringsten
1884 mit 989 am höchsten 1885 mit 2277 t und ist bis 1888
wieder auf 1312 t zurückgegangen, 1889 aaf 1500 t gestiegen.
Ebenso ist die Schwefelausfuhr sehr ungleichroärsi^. Sie
Uberstieg 1874 zum erstenmal 1000 Tonnen, stieg 1881 plötz-
lich auf 380() Tonnen und erreichte 1^^7 8775 Tonnen, sank
aber 188« wieder auf 6856 Tonnen, um 1889 plötzlich auf 20112
Tonnen anzusteigen.
Aiiiiuie mineralische Produkte kommen fUr die Ausfulur
nicht in Betracht. Dagegen rächt bei den mästen Metalien die
Ftodnktion dir den inJftndischen Bedarf nicht aus. So findet
einige Einfuhr statt TOn Zink, Zinn, Blei (Theeblei!) u. s.w.
namentlich aber von Eisen. Die gennge einheimische Pircduktion
kommt gar nicht in Betracht neben den Einfuhren von Roli-
eisen, Handelseisen aller Art, Schienen. Blechen, XHiipln. Draht
u, «. w. Für die industrielle Entwickelung des Landes ist es
ein entschiedener Nachteil, dal's es so «ehr auf das Ausland an-
gewiesen ist luid vorauösiclitlich in die>Lr Stellung bleiben wird.
Wie klein die Mehrzahl der Bergwerksbetriebe sein
vaab, zeigt die Angabe, dafs 1887 fllr Bei|;bau auf Metalle 2191
* Die Eitieneiufuhr VaIsI »ich dem (Tewichte nach »iclit augeUeu.
In dem bis jetit hiichsteii Jahre der £iaeaeiiifahr, 1888, wuiden eiiif^fllbrt
Mascliiueii und Instrumente (einscbl. Waffen, Uhren,
Wagen etr ] für ... 674:^901^ Yen,
Eiseu und Stahl und Waren daraus tür 6 1^9 16C -
Von letzterem Posten wsr bei AHikeln im Werte von 4 4^9 760 Ten das
Gewicht angegeben und betrug zusammen 120 4:V^ Tonnen, während die
inländische Produktion 2«mmhi Tonnen nicht erreichte. AWerdüigs war
18i<8 ein uugewühnlichcs Jahr. Die vier Hauptposteu waren
1XS8 gegen 188»
Schienen Ö2 2uO Tonnen 1 224 Tonnen
Stabeiaen 20H14 - 1097ß
Roheisen 20 742 • 7 299
Nagel U8M ' 3835 -
zuaammen ia5610 Tonnen 23334 Tonnen.
Wdtere wiehtigere Posten waren 1888 Bleche, Stahl und Draht*
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X 4.
Graben im Betriebe gewesen sind , für Bergbau auf nicht-
metallische Mineralien 1495. Die Belastung mit Steuern ist
nicht bedeutend und betrug 1887 21531 Yen, bei einem Werte
der IVodiiktion, der auf 0 792851 Yen angep^ebcn wird l>oi
Einreclinung der damals noch vom Staate betriebenen (Jruben
erhalten wir einen Ge^sauituert der produzierten Metalle und
anderen Mineralien von niclit ganz 8 Millionen ^'en'.
\'on tler Goldproduktion von 1887 kommt em Drittel auf
Sado, ein Viertel auf die Privatbergwerke in der Provinz Ri-
kttcbu (Iwate-ken) Von der Silbeiproduktion kam reichlich
ein Drittel auf die letztgenannte Provinz, mehr als ein Fünftel
auf Ugo (Äkita-ken — die Gruben von Ani und Innai). Auch
Iwashiro (Fukushima-ken) und Sado sind von gröfaerer Bedeu-
timg. Kupfer wird in vielen Teilen des Landes gewonnen. Hen'or-
rngende Bedeutung liaben die Bezirke Tochigi (durch Ashiwo)^,
Akita und Niigata (Provinz Eehigo) im Norden, P^himc (Provinz
lyo)^ im Süden. Die Eisenproduktion entötaumit iast ausschlierj>-
lich dem wcstliclten Drittel der Ilauplinsel, Blei kommt aus
Akita und Qifa (Provinz Hida), Antimon aus lyo (Ehime-ken).
Die Kohlenförderung kam zu mehr als neun Zehnteln auf das
nordweatüche Kyusliu Erdöl wurde hauptsilchhcli im Bezirke
Hügata gewonnen, sowie in Shizuoka (Provinz Totomi). Scliwefei
kam zu drei Fünfteln aus dein Uokkaido, aufserdem aus dem
Süden von Kyushu und dem nördlichsten Teile von Uonshu^
Achtes Kapitel.
Das Gewerbewesen.
Vor bc m or k u 11^. Die volkswirtscluit'tlicbe Seite iles japanischen
Gewerbeweseiis kommt in der Litleiatur, welche vor allem mit der
Technik japanischer Kunstgewerbe sich befccbälligt Imt. bisher nur wenig
zur Geltung. Ffir die l eciiiiik i^t das Hauptwerk jetzt Keias Japan
]l 87H^95, wo auch die frühere Lilteratar angeföhrt ist, namentlich
* Über das hier nicht berücksichtigte Salx siehe den vorigen
Abschnitt
* Namentlich das bekannte Herffwerk Kosakn.
* Cber diese gröfste japanische Kupt ergrübe vgl. einen guten eng-
li^dtcn Konsulatsherieht voraFebmar 188y, abgedracst in Japan Weekly
Mail(lii87) VIII \\\ e> i— ^
* In Ijo liegt die berühmte Besshigrube.
» Vgl. übrigens das Kärtchen bei Kein Bd. II „Übersicht der Mon-
tanindttstrie".
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373
die Arbeiten vod G. Wag euer über Lack und über Porzellan etc. (iu
IKnglers. Journal) und von E. de Bavier, La Siridcalture au Japon.
1874. Uber die von Rein wenig berficksichtigten Bauhandwerke viele
Notizen bei Morse, Japanese Homes. London 1886.
Vrle in der Landwirtschaft, tritt uns auch im Gewerbewesea
als wichtigstes Merkmal das Vorwiegen der Kldnbetriebe ent-
gegen. Japan ist ein Land der Handwerker und der
Krämer.
Unter der alten Ordnung mit üiren unentwickelten
Vorkeln'sverliältnisson hatte der Regel nach nur der lokale Markt
Bedeutung. Gewerhliehe Produktion lür einen gröl'seren IVIarkt
bestand nur in b&schränktem Mafse. Sie war zum Teil dadurch
ermöglicht, data Osaka ein allgemeiner Verkehrs- und Austausch-
mittelpunkt war. Die Eunstweberei von Kyoto, seine Porxellan-
Fabrikation, die grofse Sakeindustrie jener dregend waren lebens-
föhig durch den Markt in Osaka. Wo in anderen Gegenden
besondere Gewerbszweige fltr grüfseren Absats arbeiteten (Por-
fast immer eine staatHche ( »rganisation, wr*lrlie die Produktion
regelt, dem Produzenten das Krzeugniö zu testen Preisen abnimmt
und ftir den weiteren Vertrieb, namentlich auf dem Markte von
Osaka, sorgt. Aber auch wo solche Produktion lur einen
größeren Markt stattfand , geschah sie durchweg in kleinen Be-
trieben. Fast nie hatte der Weber mehr als cwei, höchstens drei
Websttihle. I lausind ustnelle Organisation herrschte vor, indem
die lande-sherrlielie Regierung oder die den Absatz vermittelnden
Kaufleute dei: Kohstoflf oder (jeld vorschössen. Einfaelie Lohn-
arbeit, aber in der eigenen Wohnung, war in der Weberei sciion
hJinfig. (irölsere selbständige Betriebe kamen nur in einigen
Ka|>iU4l erlordernden Gewerbszweigen vor, namentlich in der
Sakebx'auerei.
Mit d^ neuen Ordnung fiel die staatliche Regelung der Pro-
duktion und des Absatzes weg. Im librigen aber blieb die
alte Organisation bestehen. Als Vermittler zwischen dem kleinen
hausindiistriellen Meister und dem Markt trat an Stelle des Beamten
der Händler. Das Kunstgewerbe t'and seine Stütze nicht mehr
an Hunderten kleiner Hofhaltungen, sondern an den Exporteuren.
Dafs diese Veränderung nicht zur socialen Hebung des Hand-
werkerstandes beigetragen hat. braucht kaum hervorgehoben zu
werden. Es ist schwer ziihlenmälsig nachzuweisen, aber scheint
mir nach allen firkundigungen wabrseheinlich , dafs namentlich
in den fUr den Export arbeitenden Gewerben die Abhängigkeit
der Handwerker von den Kaufleaten mehr und mehr zunimmt.
Die gewerblichen Verhältnisse gehen einer tiefgreifenden
UmwUlzung entgegen, von welcher jetzt erst die Antjins^e zu
bemerken sind. Der sich mehr und mehr ausdehnende aus-
wärtige Handel, die Umgestaltung der Verkehrsverhiiltnisse , die
Beseitigung der alten rechtliclien und socialen Gebundenheit des
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X 4.
ErwerbalebenB, das Eindringen neuer Erwerbszw« i^i , der Fabrik^
der IfAflchiDe, das alles wirkt zanilchtt langsam , aber doch
unaufhaltsam auf eine völlige Umwälsung hin, auf die SchaAmg
pöfserer Unternehmungen, auf das Entstehen eines bis jetzt nur
u den Anfängen vorhandenen Lohnarbeitei-standes.
Die Trennunj^ ^^cw erblicher T Ii .'t ti p k o it vo7i rlor
des IV-nicrii ist aut dem Land noch nicht weit vorjü:c->chritUin.
Vieiea wird, wenn auch in {reriuger Qualität, «locii billiger im
Hause für den eigenen \ ei liraueh hergestellt. Daü Iteiö^chitlen
ceschieht ebenso innerhalb der Hauswirtschaft wie die Zu-
bereitung von Rauchtabak, von Mtso, Shoyu, Tolii^ u. e. w. und
von Sake. Von diesem berauschenden G^ränk kOnnen wir das
infolg«' d<T Steuergesetzgebung zahlenmälsig nachweisen. Im
Finanzjahr 1887 8s waren für 850000 Haushaltungen Licenz-
BChcin»' zur Herstellung von Sake zum Hnufsgcbranch gelöst, und
es wurden 731 17 Kokii ]!erc;c^tellt, neben einer gewerljlichen
Erzeugung von 3 1 «»4 5 17 Koku . so dafs fast ein Fünftel der
ganzen Produktion auf dcu llauhbräu kam.
Neben der Produktion zum eigenen Verbrauch suielt aber
noch eme viel grOlsere BoUe die gewerbliche Produlktion als
Nebenberuf* Es ist schon bei Besprechung der landwirtschaft-
lichen Verhältnisse darauf hingewiesen, wie der japantsehe Bauer
vielfiich auf Nebenverdienst nngcwieBen ist, um bei der Kleinheit
der Betriebe überhiiupt bestellen zu können. Fast in jedem
Bauernhause findet man den Webstuhl, an welchem die Frau,
oft aber auch k**uz junge Mädchen nicht nur ilen Hausbedarf
herstellen, sonoern auch ftir I^ohn weben. Überhaupt ündet
sich gewerbüche Thiitigkeit olt in solchem Umfange, uafs man
nur schwer entscheiden kann, ob man es mit einem Bauem
oder einem Handwerker au tbun hat. Der Übergang sum vor-
wiegenden hausindustriellen (bewerbe ist ein flie(sender. Dodi
ist in manchen Ciegenden die Entwickelnng so weit vorgeaohritten,
dafß ein Oewerbe der ( Jegend ihr vonviogendes Gcpnipe ebenso
giebt, wie andcpü T^andesteilen die Seidenzueht, so die Baum-
wollweberei am Nordrand der l ok^o-Kb ne (Ashikaga), in der
Provinz Yamato (jetzt Nara-ken, früher Os.ika fu) und ander-
wärts, die Weberei von BaumwoUHanellen in dem Bezirke Waka-
yama, die Ponsellanmacherei in der Provins Owari (Äichi-ken)t
die Papiermacherei in verschiedenen Gegenden u. s. w. -a^^
Neben dieser gering Entwickelnng der Arbeitsteilung auf
dem Limde finden wir mden gröfseren Städten im Handwerk,
wie im Kleinhandel eine p^lfso Ausbildung der A r b ei t s t eilung»
deren Grenzen wie früher durch den Zwang der Obrigkeit und
der gewerblichen Korporationen, so noch jetzt durch die bitte
* Die rsnefaiedenea flir die japanisQhe VolkssnlÜiniiig ao wicbtigss
BohDenprftparste.
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festgehalten werden'. So . ir Hedem sieh die Haugewerbe, die Me-
tall-, die Lackindustrie, die Seidenweberei von Kyoto u. s. w.
in eine guun Bohe getrennter Handwerke. Nach einer Mit-
teilung der Besirluregierung von Tokyo unterschied man dort
1887 die ioduBtriellen Betriebe in 424 Arten neben 161 Arten
von Kaaileaten. Dagegen i»t die Arbeitsgliederung innerlialb
derselben Untern' ! t':t;ti:: d:^ ..Arbeitsteilung der Manufaktur-
periode'" nach dem iMuster des bekannten Steeknadel-Jieiapieis,
wegen der vorherrMlienden Kleinheit der Betriebe wenitr ent-
wickelt, wenn sie sieh auch in einzelnen Füll^-n in ausged<'huterer
Weise tindet, /. B. in (Jlois<>nnefabrik( n. i).iUiiL itängt denn auch
der individuelle Charaktci' japanisclicr Gewer bäerzeugnLäse, der
ihnen einen bo gro&en Reiz giebt, zuaammen. Mit der Nach-
frage nach billigen Exportwaren nimmt aber gerade die arbeits-
gcteilte ge wiM-bliche Organisation an Bedeutung und A usdelmung au.
Die Bedeutung der einzelnen Gewerbe ist ent-
sprechend den abweichenden Volkssitten eine vielfa- Ii von der
europäischen abweichende. Line Keilie von Gewerben, welehe
bei uns der Zahl nach in erster Linie st<;licn. haben ganz oder
fast ganz gefehlt, bis die Fremden und die Annahme vieler west-
licher Sitten und KonsumtioDSgewohnhciten durch die höheren
Stünde ihnen in den grtflaeren Städten Eingang verschafflen.
Mannigßu^ finden wir dafUr Handwerke in einer bei una un-
bekannten Aosdehniing. Niu* einige Hauptbeispiele mögen das
darthun. Es fehlte bisher der Maurer, denn alle Häuser waren
, aus Holz, es fehlte der Glaser. Oer ^?chlosser hatte nur unter-
geordnete Bedeutung. Dagegen ist der Giseleur, der die vielerlei
metallenen Besehläge in Gebäuden besserer Art liefert, zu nennen.
Der Ziegelbrenner war nur für Dachziegel nötig und auch diese
fanden nur beschrankte Anwendung. Die Möbeltischlerei ist
Tergleichsweise sehr unbedeutend. An ilnc ►Stelle tiitt zum Teil
das Gewerbe des Mattenflechters. Bei dem einfachen Schnitt
gewöhnlicher japanischer Kleider hat der Schneider entfernt nicht
die Wiclitigkeit wie in Europi. ^^*o weitse Wasche nicht ge-
tragen wird, ist auch die Waschi'rau iiberflü.>sig. Auch der
►Seifensieder fehlt(! War nach Lederarbeit überhau}>t wenig
Kachfrage, so war der SchuhinaelKr iMrz uberHiissig. An se iner
,St<.|)^. stehen die Leute, welehe uie scischiedenen Arten von
Nuidaitii und die Tabi " herstellen. Dagegen hat die Stickerei
einen gewerblichen Charaktei- und leidet nicht unter dei" Kon-
* Mitte der iMer Jahre winde in mdoor Naehbanchaft von ISminer-
l« iitcn ein Bautiadliler halb tot geschlagen ^ wall er bei Reparatur doea
llati^ps eiiira schadhaften Pfosten durch einen neuen selbst ersetat hatte,
siiJbtHit /.a dieser Arbeit einen Zimmermann zu rufen.
* Tabi heifsen die schuburtigen Socken mit abgeteilter Zebe, aus
blauem oder Avolftfeni Baumwollsto« hergestellt und von jedem geliagen,
der nicht barl'ufs geht.
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X 4.
knrr n/. der Damen aus höheren SttTiflon, sehr r.nm \'orteil der
Teclinik. Die universelle Verwendunp^ des Papiers giebt «h^r
Papiermacherei einen anderen ('haiakier als in Europa. Wo
jeder einen Stempel fuhren mufs und beständig braucht, ist der
Stempelaehneider eine wichtige Penon. Der Fldacher fehlte,
der mcker war auf die Kucbenhäckerei bewdirilnkt Und so
Üefse sich die Liste fortsetzen auf den verschiedeniten Oebieten
menschlicher Bedürfnisse. Auch auf die anders geartete Richtung
des Betriebes gleicher Gewerbe ist hinsuweiflen, wie s. B. in
der Handelsgitrtnerci.
Nun dringen allerdings auch unsere Handwerke ein.
In Tokyo, in aen offenen TTltfen finden wir I>.ieker und Fleischer,
Maurer und Glaser. Der Ijlirinacher, der Photügraph, der Schuh-
macher, der „europäische'* Schneider findet sich in allen greiseren
Orten. Mit den Zeitungen verbreitet sich die Druckeret mit
beweglichen Lettern. Aber sahlenmftfsig ins Gewicht dürfte das
alles einstweilen do<-h kaum fallen. Im gröfsten Teile des Landes
bestehen die alten VerhtÜtnisBe zunächst kaum verhindert fort.
Und wie die Technik wird auch die Organisation de< für d<'n
lokalen Bedarf arbeitenden Handwerks sich so bald nicht Ter-
ändern.
Anders steht es mit den zu gro fsindu s tri eller Knt-
wickelung neigenden Gewerben, deren Einftlhrung in .lapiin
wesentlich eine Frage der Technik und der Rentabilitttt ist
Hier ist der Staat vorangegangen mit Einrichtung von Fabriken
nacheuropHischcni Muster, mit eingeHihrten Maschinen und fremden
Angestellten. Es handelte sich dabei um zweierlei Dinge. Ein-
mal um Unternehmungen, welche eng mit den direkten Zwecken
der Staat««verwaltung 7u«^amnienh.'Ingen . Waffen und Pitlrer-
fabrikation, W erften für dw Marine, Bekleidung der Ani-ec,
Werkstätten f^ir die Eisenbainien V die Münze, die Staatsdruekerei
zur Herstellung von Papiergeld, Post- und Steiupelmarken, u, s. w.
Dafs einzelne dieser Anstalten einen recht umfangreichen Charakter
erhielten, ergab sich aus der Notwendigkeit» vieles, was die In-
dustrie des Landes noch nicht bot, selbst herzustellen. Man
wollte aber noch ein Zweites: die Schaffung von industriellen
Unternehmungen überhaupt, um vom Auslande unabhängig zu
werden und die Produktionskraft de.s Landes zu erhöhen. So
gntt man die verschiedensten Dinge an, errichtete Oerbereien
und Baumwollspinnereien, Seiden Hlanrlen. Papier-, Glas-, Cement-
i'abriken u. s. w. Namentlich im Hukkaido wurden zahlreiche
Experimente gemacht. Dafs gerade diese meist wenig glücklich
verliefen, entiemt von den Konsumenten» vielfach ohne ordent-
liche Verkehrsw^Of kann von vornherein nicht wundernehmen.
' Teils tiir Rr>pnr;ittirnn. teils für Wag^baUf iQ wdchem die Eisen«
und StahUcile fertig eingeführt werden.
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Ein kaum besiedeltes Land kann man nicht zu einem In-
duötriebezirk inK-fiert. H^^^m flen in Alt)a])nn iremnchten An-
strengungen der Hegierung kann ich niicli dagegen dem allgemein
üblichen Verdammungsurteile durchaus nicht ohne weiteres an-
schliefsen. Ohne Versuche, ohne Lehrgeld konnte es liberhaupt
nicht abgehen. Einen kapitalkiitftigen , thiitigen Unternehmer-
stand beeafs Japan nicht. Industrieschtitz diunsh Zölle war nach
Lege der Vertrage nicht möglich Wollte man Überhaupt rasch
auf gewerbliche Hebung hinarbeiten, so mufste eben der Staat
selbst die Hand anlegen, selbst Versuche machen, das nötige
Personal heranbilden und einstweilen die Mehrkosten auf sich
nehmen. Nun ist gar nicht zu leugnen, dal's arge MifsgrifFe
vorgekommen sind, dafs man ungeschickt verwaltete, dala man
(wie in allen anderen \ erwaltungszweigen) den fremden Sach-
verständigen keinen wirklichen Einflufs auf die Geschäftsleitune
gab und diese an Leute ttbertrug, die nur ungenügend Bescheid
wnfeten, dafs man mit einem Heer unnützer und vielfach &uler
Beamten die Betriebskosten belastete. Es wird auch nicht un-
richtig sein, dafs bei der kaufinännischen Leitung das Interesse
der Staatskasse gegenüber manchen Privatint ri ssen nicht ge-
nügend wahrgenommen wurde IM m beging K ufii:; den rund-
fehler, wobei auch mancher der iremdcn Angesteiiten nicht von
Schuld frei ist, dafs man gleich recht grol'sartig sein wollte, an-
statt sich den kleinen Verhältnissen Japans anzupassen. Den
emdilidien Zweck dieser Staatsuntemehmungen liefs man so
nur zu sehr aus dem Auge.
Diese Staatsuntemehmungen — und das Gesagte gilt auch
von den Rerg- und Hüttenwerken liaben greise Summen
als Anlagekosten verschlungen und vielfach nicht einmal die Be-
tri f'hsko^tpn gedeckt. Von Verzinsung des Anlagekapitals war
nirgends die Rede'. So kamen alle diese staalliehen Unter-
nehmungen in Milskredit. Als man alle Staatsmittel auf die
Besserung der ^Y{ih^uug konceninerte, fielen den Ersparungs- *
tendenzen die Staats&briken zum Opfer. Wie bd uns dem
Grttndungsschwindel der siebziger Jahre als zweites Stadium der
Liquidationsschwindel folgte, so war jetzt die Veräufserung der
Staatsfabriken eine neue schöne Gelegenheit, Geld zu machen.
Das wenige, was in die Öffentlichkeit über die Verkaufsbedingungen
und d' Vf^n Ausführung gedrungen ist, erlaubt mindestens von einer
argen Y ernachliissigungaer Staatsioteressen zusprechen Von seinen
> Die grofsen Gewinne der Münzanstslt kommen selbatverstlndlich
nicht in Ketrscht, da ne weientlich aus der ScheidemÜDxenpriigttng
stammen.
2 Der ärgste Raubversuch war der Plan der Gründung einer Gesell-
Fchftft zur Portfithrunp^ der landwirtschaftlichen und gewerblichen
Untemehmungpn do-^ Kaitaknshi (Kolonialanit. V'^l. bei Auf-
lösung dieser liehörde im Jahre 1881. Eine Anzahl höherer lieamten
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X 4.
pToffion AufvvenduDgen liat der Staat sehr wenig wieder heim-
bekoiiiuieD. Das Lclirgel«! ist in manchen Fällen wohl über-
malsig grois gewesen. Aber aUgemein, volkswirtscLatilich be-
trachtet, ist diese Tbätigkdt des Staates doch nicht erfolglos
gewesen. Namentlich seit die Wtthrungs wirren beseitigt sind,
ie wirtscha^che Elrisis Oberwunden ist, sehen wir, da ('s eine
Anzahl der vom Staate mühsam eingeführten, an&ngs so schwäch-
lichen Pflänzchen recht feste Wurzeln geschlagen hat, dais die
Zahl solclier Unter luhmungen, Gerbereien, Spinn^Teicn, Papier-
i'ibriken u. s. w., ^ich nun!ii'')ir oline jede staatliche Heihülfe von
selbst vermehrt. Am erlol- reu listen i.st wohl die Einführun;^ der
JSeidentilanden gewesen, im Jahre 1Ö72 wurde in Toraioka (Gum-
ma; eine groise Staatsanstalt nach französischem Muster angelet,
eine der wenigen Fabriken, weiche sich noch in den Hftnden dea
Staates befinden, obwohl sie nur in einzelnen Jahren Über-
schüsse abgeworfen hat^ Diese unrentable Anstalt bat aber den
des Kuitakuslii. liintcr dfiien wohl nooli andere Pei^oiien gtaiuleij, iiuichten
eine Eingabe, dal's die Erhaltung aiier dieser Uuteniehinuugeu wüuücbens-
wert sei, Kapitalisten aber sich kaum dafür finden würden. Aus reinem
Patriotismus wollten sie also selbst eine Hetriebsgescllschaft grOnden
unter folfj:eiuleij Bedin^n^en: 1. Die sänitliclieii riiteniehinungen der
Behörde im Hokkaido, m lokjo, Osaka und Tsuiuga, sowie eine Anzahl
Schiffe sollten ihnen fSr 387000 Yen verkauft veraen. Diese Sonime
war unverzinslich in ItO Jahresraten zu bezahlen. 2. Den Betriebsfonds
von 142 OUU Yen sollte die Heirierung leihen. Diese Summe war mit
;{ Prozent zu verzinsen und in lö Jahresraten zurückzuzubleu. Die
Xatumlsteaera von der Fischerei (Ertng 1H.H2/83 : 865000 Yen) soUtea
durch sie ffpgcn eine Kommij'eion von fi Prozent veraul" "rt wei-den.
4. Die Laeferung von Keia und .Salz nach dem Hokkaido tuAlte ihueu
Miflsehlielstich fibeilTft|[;en werden (im Jahre 1882 worden fUr 2566684
Yen Reis und für lf>]051 Y'en Salz nach dem Hokkaido eingeführt).
Der Chef des Kaitaknshi empfahl die I'etition, welche dei»n aui^h
vom Grofskanzler Sanjo genehmigt wurde (Summer 1><M). Der saubere
• Plan wurde aber durch einen /.ufall vorzeitig bekannt zu einer Zeit, als
ohnehin eine lel iuifte \^ifation durch da.* Land ^inir für ein Parlament.
Yolksrechte und K.outruUe der Finanzen. Die Emuöruiig war allgemein
und an demselben Tage, an welchem eine KiUserliche noklamation die
Einfuhrung einer Verfassung für l'^ün versprach (12. Oktober li^l), wurde
die bereits i^ewälirte Erlaubnis zurückgenommen. Ob der gleicbzeitisje
Sturz des Finauzmiuieter» Ukuma nur mit der Yerfa.-ibungsfrage oder
auch mit diesen Dingen verknüpft ist, kann ich nicht b^agen. Der für
seine Freunde «o 'jorgliche Kaitiucushi Chef Kuroda zog sieh im Februar
lb82 auf längere Zeit ganz ins Privatleben zurück. — Ob übrigens der
Btaat hei der nachher im einzelnen voivenommeDen Ver&ufaeninc^ der
Unternehmungen im Hokkaido finanziell besser gelahren ist, dürfte
zweifelhaft Bein. Eine eingehende Darstellung der Verwaltung des
Hokkaido würde eines der merkwürdigsten Blätter in der neueren japa-
nischen Geschichte sein. I brigeus ist nicht zu v^ergessen, dafs die Be-
strebungen, den Hokkaido zu heben, nicht blofp ;nif wirtschaftlichen,
sondern auch aui politischen iurwägungen beruhen wegen der beüugsti^i*
den NachhaiKhail Btifslands.
' Im Jahre 1887 waren 11) Beamte, TiO Arbeiter und 375 Arbeite-
rinnen (bedeutend weniger als iiöher) beschäftigt. Die Einnahmen waren
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Anstois gegeben zur Gründung einer grofsen Menge meist kleiner
privater Unternehmungen, da sie den Seidenzfkhtern praktisch
zeigte , wieviel höhere Erträge sich aus den ( ocons erzielen
lassen gegenüber der alten lI.'\iid!iR«]H-|pi. In einer nmtUciien,
j>elir unvollständigen ZusammensklUiiig aus dem Jahre 1S8()*
Bind allein ftir Nagano 118, für Gifu 122, tUr Yamaua^hi 73
Filanden aufgeführt, für den Gumma-ken selbst fehlen leider die
Angaben. Von den 118 Filanden in Nagano hatten 6 eine
Einnahme von mehr als 100000 Yen, meist aber waren es ganz
kleine Unternehmungen. Alle zusammött bcsehai'tigten o64 Ho-
nmte und 11 ^(jO Arbeiter und Arbeiterinnen, hatten 21') Dampf-
maschinen und :5U> \Vas.sernlder, eine Kinnahme von ;H28 4l7
Yen und eine Aus^^abc von 2 88<)l02 Yen. V^on den 11**^ An-
stalten hatten (i mit Verlust gearbeitet. Das sind docli ir> Jahre
nach Begründuu'; der ersten Musteranstidt ganz befriedigende
Ergebnisse, welche den staatlichen Aufwand wohl rechtfertigen.
Auf die Baumwollspinnereien wird weiter unten noch näher ein-
gegansen werden
Mir scheint also, dafs trotz aller Milsgritle man im dunkeln
Drange dem rechten VN'eg doch in der liaupisache gefolgt ist.
Dafs der Staat von diesem (Jebietc sich zurückzog, ist durch
die Qualitäten des ia])anischen l'eamtentums notwendig gemacht,
aber eher zu l'rüh als zu r>})ät erfolgt. Denn mancher leidliche
Anfang ist dadui'ch wieder gan/ verloren gegangen. Gegcn-
wturtig hat der Staat, aufser einigen kleinen Anlagen im Hokkaido,
an inaustriellen Betrieben nur mehr:
a. die genannte Fiiande in Tomioka;
b. eine Tuchfabrik (Senjl bei Tokyo), welche nur für
den Armeebedarf arbeitet. Wie es sich unter diesen
Umständen mit dem in den letzten Jahren erzielten
BetriebsUberechufs verhält, läfst sieli nicht sagen. 1887
beschäftigte sie 25 Beamte, io«i Arbeiter, 228 Ar-
beiterinnen, hatte 528 1 70 Yen Ausgaben und ü< )2 362 Yen
Einnalimen ;
c. Waffen fa bri ken des Kriegsministeriums in Tokyo
und Osaka, 1887 mit 2327 und 14(i0 Arbeitern. Aus-
gaben 121Ü655 Yen und 532 707 Yen. Da die Ein-
nahmen ziemlich genau balancieren, dtürfte es sich um
rein rechnungsmftfsige Operationen handek, nicht um
wirklich kautmSnniscbe Berechnung;
iaS234 Y«n, die AuHguben M^im Yen. AuTser der Filaiule in Tomioka
Avnrflen übrigens anfanps h i siffbziger Jahre noch einitro kleine, wenig
erfolgreiche Anstalten angelegt, nameutlich in Tokyo und Macbasbi.
> Der nnten noch su ervrfthnenden Fahriktal>elle des Mtiiisteriams
für Landwirtschaft und Gewerbe. — Ende 1882 wurde bereits für das
gansse Lrfind die Zahl auf 1068 angegeben (Stat. Jahrb. IV 177}.
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X 4.
d. Anlagen des M a r i n c min is t e r i ii ni s: Werften in
Yokostik.'i und Onoliaiiia, eine \\'art<'ni'abrik und eine
Pulveriabnk, zusammen 1887 mit 100 Beamten (3 Aus-
länder) und 4205 Arbeitern. Ausgabe der beiden Werften
1425409 Yen; ^
e. Münze (Osaka;: 48 Beamte, 303 Arbeiter, 247271 Yen
Ausgabe;
£. S t a a t s <1 r u c k e r e i (Tokyo) : 497 Beamte, 9 1 3 Arbeiter,
1U3(> Arbeiterinnen, Ausgabe 902 385 Yen.
Es \i^t schon erwähnt, dnfs die in Nachahmung der staatlieh
eingeführten Gewerbe im Lande mehr oder weniger >pont;in
entstandenen privaten Unternehmungen meist kleinere,
der wirtschaftlichen Entwiekelungsstufe angemessenere sind. Noch
auffallender isl das bei einer Reihe weiterer Industrieen, welche
sich fast oder ganz unabhängig entwickelt haben. £s giebt
bereits eine ganze Menge von „t^abriken** der verschiedensten
Art von sehr beseheidener Natur, mit wenigen Arbeitern und
noch weniger Kapiüil, mit elenden Räumen und Werkstätten,
aber oft überraschend kühnem Wagemut. Es felilt nicht an
verfehlten Anlaufen, an |^^f 'scheiterten tlntcrnelHnuni^en. ahor der
Sehade ist bei der Kleinheit der sogenannten Fabrik meist nielst
grofs. Im ganzen ist der l'ortschritt gar niclit zu verkennen.
So entstehen Bierbrauereien, Seifen- und Cementfabriken, kleine
Glasbläsereien fUr Latnpencylinder n. s. w. Es ist meist eine
ganz geringwertige Ware, die erzeugt wird, aber sie ist bOliger
als die importierte bessere W'are. Auf einzelnen Gebieten geht
man schon zur Ausfuhr tiber (Seife, Regenschirmo etc.) Bc*
sonders interessant ist die Entwickehmp: der Ziindliölzerfabrikation,
welche um 1873 begonnen haben soll. Sein- vcriiiniftigerweise
hat die Regierung von voniherein nur die Fabrikation von
^Schwedischen** Zündhölzern erlaubt. Jn Tokyo, Osaka und
anderwärts entstanden kleine Fabriken, welche bald nicht nur
den einheimischen Markt eroberten, sondern auch in China dem
euTOpttischen Produkt den Markt streitig machten. In der Aus-
fuhrstatistik erscheinen sie zuerst 1878 mit 20400 Yen und er-
reichten 1880 bereits dir Summe von fi»t 370000 Yen, 1881
noch 250000 Yen. Die Produzenten verschlechterten nun in
dem Bestreben, billipr zu exportieren, die AVare derart, dafs sie
einfacli unverkäuflich wurde. Der Export hörte ganz auf und
betrug ]^>^-\ nur 9711 Grofs im Werte von 2792 Yen. Die
bittere Lchio zeigte die Notwendigkeit, eine bessere, gleich-
mäfsigerc Ware zu liefern. Von 1885 an stieg die Ausfuhr
wieder, erreichte 1886 den Wert von 1880, 1887 die betraiehtUche
Menge von 3384000 Grofs im Werte von 942000 Yen, 1888
3 5:.:3000 Grofs, aber im Werte von nur 791 ODO Yen, 1889 aber
5225000 Grofs im Werte von 1138 (KX) Yen. Der Preis ist
aufserordentlich niedrig. Selbst im Einzelverkauf kostet das
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381
Paket (10 Schächtelchen) höchstens 3—4 Sen. Die Ausfuhr
findet ganz überwiegend von Kobe aus statt. In Osaka sollen
etwa 25, in Kobe und Hyogo etwa 15 Fabriken sein'.
In engem Zusammenhange mit dem Handwerke steht der
selir. ja übcTmärsi<; entwickelte Kleinhandel, der in den
gioiseren Städten schon aurserordentlieh spccialisiert ist, während
auf dem Lande der allgemeine KfainLtdcn vorwiegt. Eine un-
gewöhnlich grofse Rolle spielt der Gewerbebetrieb im Umher-
ziehen , namentlich für Viktualienhandel , Flicksewerbe u. dgL
Die ^öfseien Medizin Fabrikanten Tertreiben ihre Produkte haupt*
sitchlich durch von ihnen angestellte Hausierer, ein wichtiger
Enverbszweig bei der japanischen Vorliebe für allerlei fertig
verkaufte Mittclchen. Sefir grofs ist auefi verhältnismftfsig die
Zahl derer, welche von der Eriiuickung und Vei^ügung ihrer
Mitmenschen leben.
Eine brauchbare allgemeine Gewerbestatistik fehlt leider
noch in Japan. Eine genauere zahlenmUfsigc Erfassung der oben
kurz geschilderten Verhältnisse ist also unmöglich. Em Versuch
dazu ist wenigstens in Bezug auf den Handel gemacht worden,
sichrere Jahi^Mnge des Statistischen Jahrbuches (Bd. III, IV, V)
bringen Zusammenstellungen, welche auf Grund der Veranlagung
zur Gewerbesteuer der Bezirke in den Jahren 1*^82 — 1S85 ge-
macht .sind. Diese Zahlen sollen sich nur auf die Handcls-
gewerbe, im weitesten Sinne, beziehen. Thatsflchlich aber stecken
eine grofse Menge zur Industrie gehöriger Betriebe darin, welche
mit einem offenen Laden verbunden sind. Diese ganze Masse
zerfilUt wieder in zwei Abteilungen, entsprechend den Bezirks-
zteuem, welche in die eigentliche „Gewerbesteuer** und die
^Verschiedenen Steuern" zerfallen ^.
Krsterc umfafst die eigentlichen kommerziellen bezw. indu*
striellen Betriebr. letztere alles, woftir die Steuern in besonderer
Wei-jf aufgelegt werden, was im wesentlichen luit den koncessions-
jttlj* liti^en Betrieben zusammen tfiUt, Wirts- und Speisehäu-ser^
S<.liaustellungen, ausübende „Künstler", Althändicr, Pfand-
leiher u. s w.
Dkse zweite Gruppe liefert einigermafsen brauchbare Resultate^
doch sind neben den 24 einzdn aufgezählten Gruppen leider 25
Prozent aller hierheigehörigen Betriebe oder Steuerzahler als
„Verschiedene** zuBammengefarst Dagegen ist mit den Zahlen
der viel Aviclitigeren ei*sten Gruppe sehr wenig anzufangen. Die
Umlage der Gewerbesteuer in den einzelnen Bezirken erfolgt in
* Eine Tabelle des Ministeriums fUr Landwirtschaft und Gewerbe
führt für im\ auf: in Tokyo 7 Hctriebe. in Osaka !». Hyogo 5, Aichi 3
u. w. - In der Tabelk' der Handelsgesellschaften (Kwaisha) werden
52 für Zündhölzcrfabrikation angeführt mit 481 .>*^ö Yen Kapital, .'»76
Beamten und 1 1 076 Arbeitern und Httlfskritften.
* Vgl. das Kapitel über die Kommttnalfinansen.
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X 4.
sehr verschiedener Weise. Die gemachten Unterabteilungen
decken sich in den einzelnen Bezirken gar nicht. Herstellung
von und Handel mit Waren ist vielfach untrennbar zusamnitn-
gemischt, vielfach beziehen sich die Zalüen aber nur auf den
Handel. Das Statistische Amt hat denn auch in Verzweiflung
die ganze Rache ab wert- und hoffiiungslos aui'gegeben. Ob
das vorliegende Bohmaterial* wirklich gar kerne Verwertung
miSglich macht, entzieht sich meiner Beurteilnne.
Betrachten wir die zuletzt veröffentlichte Tabelle (Stat. Jahrb.
V 196—216) wenigstens in ihren Hauptergebniasen. Sie bezieht
sieh auf das glänze Lanf^^ mit alleinifrer Ausnahme des Hokkaido-
l»ezirke8 Nemuro (mit nur 17(^00 Kinwohnem). Die Erhebungen
beziehen sich auf Mitto 18>^r>, in acht Bezirken aber auf Ende
1884, in drei BezirkLii aut Knde 1885. Die der eigentlichen Ge-
werbesteuer Pflichtigen sind eingeteilt in Grofsbetriebe (Handel
en gros): 128207, Zwischenhandel >: 98215, Kleinbetriebe
(Handwerker, dieseabernnvollständig, und Kleinhandel) : 1 067 038.
Das sind zusammen 1 284255 Betriebe^. Hierzu kommen dann
409082 Steuerpflichtige der „Verschiedenen Steuern". Zusammen
ergiebt das 1 603 437 Betriebe und Steuerpflichtige, eine Zahl,
wekhe 22 Prozent aller Haushaltungen gleichkommt. In den
einzelnen Bezirken schwankt die Zahl im allgemeinen zwischen
einem Sechstel und einem Drittel aller Haushaltungen, iöt in
vereinzelten Bezirken etwas höher, im grölsten Teile von Kyushu
erheblich niedriger. Wären das wirklich alles Handebleute, so
ergäbe sich daraus eine gans nngeh^erliche Entwickelung des
Kleinkrämertums. Nun ist dieses unzweifelhaft Ubennäfsig auüiU
reich, aber nicht so, wie es nach diesen Zahlen erscheint, da sie
zahlreiche industrielle Betriebe einschlielsen. Die Zahlen verlieren
aber nocli weiter an Wert dadurcli, dafs in den einzelnen B*^
zirken die Steuern verschieden aufgelegt werden, und ferner
dadurch, dafs die zahlreichen steuertrcieu Kleinbetriebe in ^anz
ungleicher Weise berticksichtigt oder weggelassen zu sein scheinen.
Bei der gewöhnlichen Greweroesteuer sind nach den gehandelten
G^enständen 75 Gruppen unterschieden. Da aber Hentellung
und Handel nicht wirklich untemchieden sind, so kann man
kaum etwas damit anfangen. Was nützt es zu wissen, dafs zu
derGrupi)e „Gewobene Stoffe" 7481 Grofsbetriebe, 2418 Zwischen*
hUndIcr, 2260() Kleinbetriebe gehören, wenn wir nicht erfahren,
wie viele von der ersten und dritt' n Abteilung wirklich Kauf-
leute sind und wie viele Fabrikanten und Handwerker, welche
< Dm ^Hcsum^ Htatistique^ f 25 Obersstzt irriff „Courtiers'*. IS»
liaiidclt si< li iiirlit nur um Makler, sondtTti mich Kommissionäre und
allen Handel, der zwischen Gro(sbetrieben und l)e(aillisten vermittelt.
' Das R^iiiD^StBtistiqaea.A.0. fügt noch 117 U2I nicht tmteracbiedene
Betriebe hinzu, die in der ausführlicheren Statistik überhaupt nicht er*
wähnt Bind.
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X 4. 38$
ihre Produkte aelbst an das Publikum yeikaufen. Und ebenso
ist es mit den meisten anderen Gruppeiiy wie Kleider, Kurz-
waren. Dro^^upn, Lack^varen u. s. w.
Hei der zweiten, beschrankteren Abteilung liaben wir klarere
Ergebnisse. Da finden wir 1885 aufgeführt*:
Wechsler 1 041 davon in Tokyo 00
Ptandleihcr 25 224 - - - 1771
Leihbibliotheken 295 - 71
Andere Verleihgeschiifte 3581 - - 632
Handel mit alten Kleidemi
Metallen, Büchern, MObeln
u. 8. w. 70339 (!)« - - - 5629
SteneDyemiittler 3646 ... 58$
TransportgeschUft 10948 - • 318
Restaurants und Speise-
häuser 95640 - - - 3425
(Jmt- und Logierhäuser
(unvollständig) 64388 - - 3148
Yose („Abendtheater 579 ... 156
Badeanstalten 27227 (!) - - - 1064«
Bordelle (Kashizashiki und
Machiai) 6711 - - • 532
Benders aufgeführt werden endlich die Kwaisha, Gesell-
•jBchaften mit besttromtem Kapital, wie man sie wohl am betten
' Über die obigen und einige andere unter polizeilicher Aufsicht
stehende Gewerbe werden fUr die 4H Bezirke von Ende 1887 folgende
Angaben mitgeteilt (Stat. Jahrb. VIII 609):
Gast- und Logierhäuser 72 940
Pfandleihcr 29 2:i^
Handel mit alten Kleidern 93 7r>r>
Haupgeriiten 80 472
Jiücbem und BUdera (44 Bezirke) . . 72 027
Metallen (42 Beiirke) 113880
Kramläden 59 702
Uhrmacher 14 'Mii
Speisehäuser (29 Bezirke) 59 '»2'A
Theater (42 Bezirke) 409
Ronlelle (41 Bezirke) 7 :i7<i
Dirnen (41 Bezirke) 27 569
Schauspieler (29 Beairke) 5517
(ieisha (4'2 Bo/.irke. namentlich fehlen Kyoto und fl^ka) 10326
, Künstler" (Erzähler, Taschenspieler, Akrobaten u. dg). -
2H Bezirke) 14 6s7
Jinrikiantemebmer und Knils (44 Bezirke) 2:30 :W4
Sonstige _i • ^ • 259 :m
Zusammon 1 151 5*»'<
* Dabei düriten die Leute, die mit ein paar alten öaeben abends
anf der Strafse 8it7<eo, als steaeifird mdst fehlen.
^ In doD Yose treten Erzähler, Taschenspieler u. s. w. anf.
* 80 viele wie 1875 in ganz Deotschhind.
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X 4.
bezeichnen kann, Uber welche weiterbm noch zu sprechen ist,
deren Zahl 1885 auf 2394 angegeben wird, wovon 150 in Tokyo»
Für Tokyo ist es möglich, auf Grund der (iewerbesteuer-
veranlagung Industrie und Handel zu scheiden. Auf Grund des
Bezirksbudgets von 1888,89 habe ich für die 15 Stadtkreise
Folgendes zusammenstellen köimen:
Steuerpflichtige Betriebe für die
eigentliche Gewerbesteuer 70 074
davon kommen aut die luduötrie 25 813
anf den Handel 44261
Unter den Betrieben der Industrie sind 131G Fabriken und
24497 Betriebe von Ilandwcrkem. Unter den Handels-
betrieben sind:
1Ü4 Kwaisha (Gesellschaften, gehören in Wahr-
heit zum Teil zur Industrie)
2800 Qrofshändler
1058 Zwischenhändler
25554 Kleinhändler
1649 verschiedene Eaufleate
1853 Gasthnuser
570S AlthHndler
889 Pfandleiher
90 Wechsler
210 Transportanstalteu
4120 Mcdizinhändler
160 Medizinhausierer
Aufser den letztgenannten ist die grofse Zahl der Gewcrbe-
bctiiebe im Umherziehen unbekannt und steuerfrei. Viel Auf-
seblufs geben diese Zahlen also auch nicht und zeigen nur wieder
die MaaBenhaftigkeit des Kleinkrttmertoms. Qans interessant
sind einige aus den Budgetansätzen sich eiigebende Zahlen ttber
die das japanische gesdlige Leben venchönemden «Künste**.
Lehrer solcher Künste, des Gesanges und Tanzes, der Musik
und Deklamation (Yu-gei-shisho), gab es IKlO, ebensoviele Er-
z.ihler , Recitatoren u. dgl (Yu-gei-kasegi-nin) , aber ohne die
Blinden und die nielir als Sechzigjährigen. Tänzerinnen und
fc>ängerinnen (Geisha) gab es 920 erwachsene und 200 Kinder,
Schauspieler 470, Kinger 535.
Es ist bereits eine Fabriktabelle fbr das Jahr 1886
erwähnt worden, welche das Ministerium für Landwurtsdiaft and
Gewerbe (Statistische Tabellen Bd. III, Handel, S. 4 — 46) ver-
öffentlicht hat. Die Tabelle zählt 941 einzelne Betriebe auf und
soweit in(">glich für jeden die Zahl der Beamten, der Arbeiter,
der llülfskräfte , ferner die Zahl der Dampfmaschinen und
Wasserräder, die Einnahmen und die Ausgaoen. So wertvoll
nun viele der einzelnen Machweisimgen sind, so ist sie doch
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885
Tiic'lit geeignet ein Bikldt r Tnfln'^tndloTi Entwickelung des Landes
zu geben, da sie ganz unvoilstimdig ist. Von 45 J^ezirken
fehlen 6 franz, aus anderen tehkn die wichtigsten Gewerbe, z B.
im Guinma-ken , dem wichtigsten Seidenbezirk, die Filanden.
ßergwerke sind in einem Bezirke eingeschlossen, in anderen
nicht, u. 8. w.
Weiteres Material enthält die Statistik der Kwaisha.
Eine Kwaisha ist eine ErwerbsgeselUchaft mit einem he-
stimmten Kapital , wdches legelmttfsig in feste Anteile seriällt.
Zur Eröffnung ihres Geschäftsbetriebes bedürfen die Kwaisha einer
Koncession. Obgleich sie sich gerne „limited" nennen, ist gesetzlich
die Haftbarkeit der Gescllacliaften ausschliefslich flir das Aktien-
kapital ganz unz/^vfifelhaft nur bei gewissen Gesellschaften, welchen
dieses Privileg besonders verliehen ist oder welche auf Grund
besonderer Gesetze bestehen, so nunientlieh den Hörsenge.sell-
schaiteo, den Nationalbankeu, den PostscLiffahrtsgesellschaft, den
EisenhahngeseUschafien ^. Mit Ausschlnft der beiden xuerst
genannten Kategorieen und sonstiger Banken führt die amtlidie
Statistik t\lr Ende 1887 2038 Gesellschaften auf mit 67855468 Yen
Kapital^. Ob die Zahlen wirklich ydlständig sind, namentlich
die Angabe des Kapitals, scheint mir zweifelhaft. Von diesen
Qesellschaften waren
landwhiBchaftHche (dnschl. Fischerd
und Dttngerfabrikadon) 144 mit 2924102 Yen
Handelsgesellschaften (einschl. Verleih-
anstalten, VersicherungjMakleru. s.w.) 374 - 19239069 -
Industriegesellschaften (einschL Bei^-
bau) 13(51 - 20010513 -
Transportgesellschaften 159 - 25681784 -
' Für andere Kwaisha ist die Haftbarkeit der Anteilsbesitzer
zwt'it'elhaft. Nach einer Mt imnii^f bestellt die bcgretiztf Haftbarkeit
dann, wenn sie im Geseliscbaftastatut auseeaprocben und iu der Firma
aosf^drOekt iet Diw ist jedenfalls die im Publtkara rerbreitete An-
schauung. Dagegen besteht eine strengere AutTassuri*^, wonach die
Kwaisha ohne besonderes Privileg die Haftbarkeit uicnt ausschliefsen
können. Kein Zweifel besteht darüber, dafs viele Gesellschaften ohne
jeden Keehtatitel sich in der.^Finna als Gesellschaften mit begrenzter
Iliiftbarkeit bezeichnen. - Übrigen» baben die Kwaisha- Anteile prak-
tisch geradezu die Bedeutung, dais sie den feldenden Kredit ersetzen.
Obligationsanleihen von Erwerba^eflellsehftften sind meines Wissens in
Japan bisher unbekannt (Für die Zukunft sind sie prmögiicht und ge-
regelt durch (Tesetz (;ü vom 8. August 1.^90. — Überhaupt wird in
Zukunft das oben Gesagte durch die IHOO erfolgte Veröffentlichung des
Huidelsgesetzbucheß nuxJifixiert)
* Die Zahl der lii.raen gesell sc haften war 21 mit 1 l^»r>00() Yen
Kapital, die Zahl aller bankgeöelific haften 1100 mit 04;i.j2.5«Ö Yen
Kapital. Ziuammen bitte es also 3159 Kwai»ba mit l(i3403056 Yen
Kapital gegeben, doch dürften dabei einige Gkseileclmften doppelt ge-
zählt sein.
Forschungen {iS) X 4. — Katbgvn. 25
886
X 4.
Alle zusammen sollen 9601 Beamte, 117 55Ü eigentliche
Arbeiter und (31 527 sonstige Hültskrafte beschäftigt liaben.
Teilen wir diese Gesellschaften nach den Oewerbegruppen
der deutüchen Zählung von 1882 ein, soweit sie überhaupt
darunter unterzubringen sind^ so erhalten wir folgende Gruppen:
Fischerei und Fiacluuclit
Bergbau
Steine und Erden
Metallverarbeitung
Maschinen- und Scbilbbau
OhemiBche JnduBtrie
Fette und Ole
TextUindustrie
Papier und Leder
Holz- und Flechtstoffe etc.
Nahrunp:s- und Geauismittel
Bekh;idung
Bau Unternehmungen
Druckerdea
Handel
Landtransport (ohne Eisenbahn
Eisenbahnen
Wassertransport
Beberbergung
Dazu kommen aul'serden rein landwirtschaftliehen 82 Industrie-
gesellschaften mit 617 408 Yen Kapital, welche un unterschieden
als „Sonstige" aufgeftihrt sind. Dal's die Bank- und Börsen-
gesellöchaften beim Handel t'elilen , ist nicht aufscr acht zu lassen. Die
Verteilung der 2038 Kwaisha über das Land zeiyt die aulser-
ordentliche Central isation Japans tauch auf wirtschat'dichem Ge-
biete. Im Bezirke Tokyo hatten allerdings nur 149 Gesell-
schaften ihren Sitz, aber mit £i8t der Hälfte des ganzen KapitaLs,
83016538 Yea\ In Osaka (ohne l^ara) waren es 158 Gesdl-
zohaften mit 8 908 772 Ten. Dem Kapitalbetrage nach folgen
97 Geeeilzchaftmi mit 2418180 Ten Eamtal
29 . - 2899693 -
90 - - 2181259 -
110 - - 1717251 -
158 « - ]r,11 692 -
50 - - 1 18(3 076 -
30 . - 1121100 -
Gesellschaften
Kapital
Yen
9
1 087 770
62
3613604
88
1 226 937
72
1 080 608
27
1088100
61
915485
14
208770
801)
8145914
42
1452954
39
152 999
41
446190
13
90 ()(>()
10
387 900
59
827144
372
19014069
) 27
1 623 280
3
8 641 548
129
15416956
2
225 000
Niigata
Akita
Kyoto
Hyogo
Nagano
Hokkaido
Shiga
< Von den Banken hatten 86 mit 38964000 Yen Kapital ihren Sitz
in Tokyo.
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387
Alle anderen Bezirke hatten weniger ak eine Million. Seit
Ende lö.>7 hat sich die Zahl der ( Jeeellschaften noch erheblich
vernaehrt. Eö ist eine Geschäftstorm. welche unzweifelhaft japa-
üisclien Verkehrsgewohnheiten, dem Zurückweichen vor persön-
licher Verantwortung, sehr entspricht. Die aursemdentUche
Kleinlieit sehr vieler der GefleUschaften ist bemerkenswert Die
Tabellen des Ministeriums i\ir Landwirtschaft und Gewerbe
(Bd. III, Handel, S. 160—177) weisen ^ir 1886 in einer etwa«
anders geordneten Zusammenstellung 1593 Kwaisha nach (mit
62 507 000 Yen Kapital) und darunter nur 153 mit einem Ka-
pital von 50000 Yen und darttber, Avelehes auch nicht überall
voll eingezahlt ist. Bemerkenswert ist auch, dafs 3() von diesen
153 „Gesellschaften'* nur je einen Aktionär hatten. Die Form
der Rwai^ wird benutzt, obgleich es sich am Unternehmungen
eines Bfannes oder einer Familie handelt Gerode Ton einigen
wichtigen Kwaisha ist dies bekannt, so den Gesellschaften, welche
der Familie Mitsui gehören (Mitsui Bank und Mitsui Bussan
Kwaisha für direkten auswärtigen Handel, Kapital 200000 Yen),
der Mitsu ßishi Oesellschaft in Tokyo und Nagasaki^ welche
den Twasakis gehört^, u. s. w. Die Anteilschfinp der Kwaisha
wind rasch ein beliebter (iegensüind des Börsenspiels geworden,
was durch den wenig klaren rechtlichen Charakter dieser ^Aktien**
noch besonders bedenklich wird. Der Aufschwung seit 1886
hat in kleinem MaiaBtabe alle AuswticbBe europttiflch-amerikamschen
GrUndungsschwindelB gebracht, Gründung Yon Gesellschaften
blofs um der Gründung willen, um dem dummen Publikum die
rasch getriebenen Aktien au&uhängen, Börsenspiel in Aktien,
ruif \M^]('lic 50 Sen oder 1 Yen eingezahlt sind, Kapitalerhöhunpfcn
<lui\h \'rnnchrur!fj:; der Aktien, während auf rVip alton Aktien
erst ein kleiner Teil eingezahlt ist, — kurz alle die alten Bekannten
aus dem W eisten sind in Tokyo und namentlich in Osaka in den
letzten Jaliren aufgetaucht. Das Fehleu aller allgemeinen gesetz-
lichen Bestimmungen Uber Aktiengesellschaften hat diese Vor-
gänge erheblich eneiehtert.
Dabei ist aber doch nicht zu leugnen, dafs eine Menge neuer
and nützlicher industrieller Unternehmungen durch dieses Grün-
dungsfieber ins Leben gerufen ist Am auf&llendsten ist das
in der Baumwollspinnerei,
T^i«' erste mechanische BaumwolLspinuerei errichtete der
Dainiyo von Satsuma in Kagoshima Auf Anlafs der Regierung
wurden einige weitere iSpinnereien errichtet in Sakai, in Tokyo,
In Osaka u. s. w. Lange Zeit hindurch gediehen die neuen,
meist kleine Unternehmungen gar nicht Um 1882 wurde In
Osaka eine erheblich gröfsere Spinnerei von einer Aktiengesell-
schaft anscheinend ohne Staatsbttlfe gegründet Diese, 1883 in
^ Der Mitsu Bishi Gesellscbaft ihrerseits gehören sämtliche Aktien
der 119. Nationalbank, Mher 4o0 000 Yen, seit Ende 1889 1 000 000 Yen.
25*
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Betrieb gesetzt, war die erste, welche wirklich gute Geschäfte
milchte. Als sie infolge günstiger Eonjonkturen 1887 für das
erste Semester 26,5 ^/o, ^ das zweite Semester 34 ^'o Dividende
(p. a. ) gab , war das der Anstofs su erheblicher Erweiterung
bestehender und zu Gründung neuer Spinnereien. Ende 1888
waren 20 Spinnereien mit or»420 Spindeln ini Betriebe, wovon
allein auf die Osaka-Spinnerei ^'JÜIm» kamen. Ende 18?^^*' hatten
dieselben 20 Fabriken bereits 99 350 Spindeln im Betriebe. Im
März 1889 waren es in 24 Spinnereien schon tast 180 UOO und
1891 wird wohl die Zahl von 270000 Spindeln in 33 Fabriken
erreicht werden ^. Das ist absdot, im Vergleich mit den grolsen
Industriestaaten des Westens, nicht viel, aber doch in vier Jahren
eine VervieHachung der Spindelaahl. Wenn die einheimischen
Fabriken gegen die Konkurrens der indischen und englische
Spinner aufkommen kennen, so ist anch llür weitere Ausdehnung
Platz. Die Produktion der einheimiachea Spinner^en war ver-
glichen mit der Elinfulir von Garn
Produktion Einfnhr*
18S() 2010000 kg 14778000 kg
1887 4342000 - 19 978 0(10 -
1888 5BH2000 - 28404000 -
1889 12160000 - 25087000 -
Über die Weberei hat seit einigen Jahren die Regierung
Menge und Wert der produzierten Stoffe ermittelt. Sind die
Zahlen auch schwerlich gams ToUständig, so sind sie dodi Ton
Jahr zu Jahr vollkommener eeworden, wodurch sich das aufser-
ordentliche Anwachsen der Zahlen erklärt. Danach hätte der
Wert Amtlicher nachgewiesener Qewebe betragen
1884 5987582 Yen
1885 12084071 ^
1886 17 82.M)45 -
1887 27475 408 -
1888 30475213 -
An reinseidenen Kleiderstoffen wird die Produktion
fUr 1887 aut 3 192 777 Tan (Stück)« angegeben, reichlich 36
Millionen Meter, deren Wert auf 7 908 021 ^ en angegeben ist.
An der Spitze .steht der Bezirk Kyoto mit 075005 Tan im
Werte von 2477 880 Yen. Ihm folgen Yamauasiu mit 000 512
' Näcliöt der Osaka- Spinnerei mit etwa :3;">ooo Spindeln iat die
Köfete die im August IHS'» eröftnete Kanegafucbi- Spinnerei (Mukojima
i Tokyo) mit über :W U(X) Spindeln.
2 Einfuhr/iihlon fiir l^HH— IWt* siphe oben S. 'Ml. — Einprc-
führtcs Uarn wird vor allem als Aufzug benutzt, das gewöhnliche japa-
nlwhe Owen als Ein«ehlflg.
^ Ein Tau Sfidoiistnrt" liat in der Kegel eine Lange von 80 Zeugfufs
( Kujira-ahaku) =^ 11,86 m und eine Breite von einem Fufs = 87.« cm. Bei
gemischten Steifen wird die Länge der Regel nach etwas gennger sein.
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389
Tan (1211540 Yen) und Gumma mit 510058 Tan (1182116
Yen), 80 dafs auf diese 3 Beairke aUein drei Fünftel der ganzen
P^duktioD kommen. Auch an den ans Seide und Baumwolle
gemischten Stoffen hat Kyoto einen grofsen Anteil. Während
im ganzen Lande 242354(5 Tan (rund 2(5 Millionen Meter) im
'\^''erte von 3 638 580 Yen her<^ostellt sind, kamen davon auf
Kyoto allein 592092 Stück im Werte von 1 768 699 Yen. Neben
ihm steht Tochigi mit 620 777 Tan (Wert nur 1)19 353 Yen).
Aui die beiden Bezirke kommt also allein reiclilich die Hältite.
In den Zahlen sind nicht eingeschlossen die Gttrtel. £2b wxirden
an seidenen Görteln hemstellt 856544 Bollen^ im Werte yon
1893220 Yen, davon allein in Kyoto 147 677 Rollen im Werte
Yon 1229913 Yen. An gemischten Gürteln (unter Einrechnimg
einer ganz geringen Zahl solcher, in welchen Seide nicht enthalten)
wurden hergestellt 586279 lioUen (ein Drittel davon Männer-
gürtel) im Werte von 955571 Yen. Davon kamen auf Kyoto
173870 Rollen im W'erte von 561299 Yen, auf Gumma 235594
Köllen im Werte von 234373 Yen.
*An Baumwollstoffen (ohneGttrtel) sindhergestaUt 1887:
29619381 Tan' im Werte von 11521891 Yen. Daran waren
hauptsttchlich die folgenden Bearke beteiligt:
Osaka (ohne Nara) mit 8 993 689 Tan im Werte von 1947111 Yen
Saitama • 2246644 .... 1177921 -
Aichi - 3543254 - • - - 1172788 -
Tochigi - 1753633 - - - - 769 422 -
Wakayama - 384881 .... 727680 -
Nara - 2 791 787 - - - - 659 268 -
Fukuoka - 55762! - - - - 533831 -
JEhime - 1129564 ... 492801 -
U. 8. W,
Die Produktion von J iaumwollgürteln wird auf 1 458 300
Köllen angegeben (mehr als vier Fünftel davon Männergürtel)
im Werte yon 508995 Yen. Fast die ganxe Menge entfiiHt auf
die Besirke Okayama und Ehtme.
Von sonstigen Stofl«n (namendich Hanfgewebe) werden
1482664 Tan im Werte von 1107630 Yen angegeben.
Es eiigiebt rieh aus den angefilhrten ZaUen
für Sddengewebe ein Wert Ton 9747841 Yen
. HalbseSie - - - 4694151 -
- Baumwolle - - - 12025 '^v^i) -
- andere Stofie - - - 1107530 -
1 Nämlich 162570 für Mäimer, 193974 für Frauea. Erstere sind
Mgelmuraig 12 Fafs (3,in m) lang und 20—30 cm breit, letetere 11 Ftafs
(3,is m) lane und 70 ^^0 ein breit.
* Ein Tan Baumwillzcug hat meist 2\—2x Fufa = 9— lO,.! m I nnge
und 9 Zoll = M cui Breite. Je gewühulicber der Stoff, deätu gcrmger
die Linge.
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390
X 4.
An dem Gesamtwerte von 27475408 Yeo haben den Hanpi-
anteil
Kyoto mit 629Ü490 Yen
Oöaka (ohne NaraJ - 1951985 -
Gumma - 1818641 -
Saitama - 1788429 -
Tochigi - 1593199 >
Aicbi - 1585934 -
Yamanashi • 1257764 -
Auf diese 7 Bezirke ent&llen fast dm Fünftel des Wertes der
Jansen ang^ebenen Produktion.
Einen Wert von 700000--1000000 Yen haben noch auf-
zuweisen Kanagfiwa, Wakiiyama, Ishikawa. Fukuoka, Ehime,
Qifti und Nara. Die Hauptwebergegenden sind also einerseits
die Bezirke nördlich und westlich ura Tokyo, anderseits die
Gegend von der Owaribucht bis Kyoto ' und die südlich davon
gelegenen Gebiete. Ganz bedeutungslos ist die Produktion
namentlich im Norden (Hokkaido, Aomori, Iwate, Akita, Mijagi)
und im Südwesten (Kagoshima^ Miyazaki, Oita^ Eocbi).
Die japanische WeiMrei bat durch den auswärtigen Handel
grofee Änderungen erfahren. Namentlich die Seidenweberei mufs
erhebliche Einbufse erlitten haben. Der Gebrauch europäischer
Kleidunp- inid europäischer Wollenstoflfe für japaniBclif Kleider
nMus rliiic, Flanelle) hat naturgemäfs geru l« den Verbrauch der
.Seideiigewebe beschränkt I)als (lip«er Austail durch zunehmen-
den Gebrauch seidener und halbseidener Kleider in den mittleren
und unteren Ständen ausgeglichen sei. ist nicht anzunehmen.
Aach die fianmwoUweberei. namenüieh aer geringeren Qualittten,
wird durch die erbeblicne Einfuhr von Sto£fon beeinflafst.
Unbedeutend ist dagegen die Ausfuhr von Geweben. Dock
zeigen die letzten Jahre relativ grofsen Fortschritt in der Aus-
i'nhv von Seidenstoffen^. Einfuhr und .Vust'uhr von Stoffen (ohne
Kleidungsstücke, einächliefslich Wachstuch) beliet* sieb dem Werte
nach in runden 2iahlen auf
1886 Einfuhr 6228000 Yen Ausfobr 1 025 000 Yen
1888 - 12481000 • - 1900000 •
Von der Einfuhr des letzteren Jahres waren 74470000 Yards
baumwolleue und 27480000 Yards wollene Stückgüter.
Im Anschlufe hieran mögen einige kurze Notizen Uber andere
Industrieen ihren Platz finden, wddie gleichfalls iUr das Jahr
1887 erhoben sind.
■ Auch Sbiga ist nicht ganz nnbedentend.
^ Hauptsächlich seidene Taschentücher aus den Webereien TOD
Kiryu (Gumma;. Vgl. die Zahlen oben hn sechsten Kapitel S. 344.
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391
Bei der Bauart und Eanrichtiing des japaoitcfaen Hanaes
nehmen die dicken mit Binsengeflecht überzogenen Matten,
Tatami, einen wichtigen Platz ein. Von diesen sind 1887
nach der amtHchen Statistik 6 832308 Stück (jede Matte mifst
180 zu 90 cm) im Werte von 047664 Yen angefertigt, davon
reichlich die Iliüfte in Kyushu. Im Bezirke Oita (Provinz lUmgo)
allein waren es 2 693 250 Stück. Demnächst folgten Okayaraa
mit 1017480 Stück, Fukuoka und Hiroshima. Von den Goza
genannten dttmien Binflenmatten wniden 4537805 Stttck her-
gestellt im Werte von 252835 Yen. Davon kamen 1514600
Stack auf Fukuoka, 1217 430 Stück auf lahikawa^
Einer der wichtigsten Qebrauchsgegenstilnde ist bekanntlich
in Japan das Papier, das eine viel mannigfachere Anwendung
findet als in Europa. Nach der allerdings kaum ganz ein-
wandsfreien Statistik wären 1887 rund 25 Millionen kg japani-
sches Papier fabriziert, aufserdera 5850 0n0 kg europäisclies
Der Gesamtwert wird auf 5010080 Yen angegeben. Abgesehen
von dem in einer geringen Zidil Ton Fabnken meist in Tokpro
nnd Osaka &bnsierten Produkt europfiischer Art wird Paper
ttherall im Lande gemacht. Besonders wichtig aber ist Shikoku
mit allen seinen Bezirken, das nördliche Kyushu (Fukuoka und
Nagasaki), Hyogo. Miye^ Gifu, Nagano, Shizuoka und Saitama ^.
Über dierrodttktion von Leder finden sich fUr 1887 folgende
Angaben
RindshUute 96937 Stück im Werte von 226164 Yen
Rofshllute 28 539 - - - - 63183 -
Hirschhilute 34948 - - - - 22827 -
Von dem Gesamtwerte von 312174 Yen kamen auf
Hyogo 115440 Yen
Tokyo 48385 -
Osaka 36 735 -
Wakayama 12617 -
* Matten spielen fiberhaupt eine grofte Rolle in Japan , als Unter-
lagen /.um Trocknen von Getreide und für Seidenwurmer, als l^mhüllung
vou baket'aäsem , als KeKenmäntel , zum Eiudcckca \ou Houtcu u. s. w.
Satow sAhlt in ■einem kleinen vortrefflichen Dictionary of the spoken
language unter dem Worte „mat" 10 Arten Matten mit verschiedenen
Namen auf. — Die Ausfuhr von Matten, die bis 18^0 nur einen ver>
schwindenden Wert hfitte, stieg neaerdings von 36296 Yen im Jahre
18^7 auf 16(>888 Yen im Jahre 1889. Gegeafiber der grofien chine-
sischen Mattenausfuhr ist das allerdings immer noch ein recht nnbed«i-
tender Betrag. Ebenso ist es mit der Ausfuhr von Stroh bändern, deren
Wert 1887 schon 850450 Yen betrag und bis 1889 auf 146 847 Yen
SUrfickging.
^ Aufserdem betrug die Einfuhr von Druckpapier lö86 550000 kg,
18»7 1 150 mx» kg, 1888 8 :m 000 kg, davon fiut die HMfte aas Deutsch-
land, 1880 wieder nur 1 991 000 kg im Werte von 178 :m Yen.
' Der Wort der Einfulir von l*apier und Pappe betnip 1888 751 000
Yen (ungewöhnlich hoch), derjenige der Ausfuhr an Papier und Papier-
waren (einschl. Fächer) 672800 Yen.
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892
* X 4.
Das letzte Drittel Tertoilt sich in gant kleuien Beträgen auf die
anderen Bezirke*.
In der keramischen Industrie (ohne Ziegeleien) wird
die Zahl der Ofen auf 6210, der Wert des erzeugten Porzclbms
auf 758 832 Yen, der sonstij^en Tiionwaren auf 1 127 78U Yen
angegeben. Von dem üe^imtwerte von 1 bS4tjl2 Yen kamen aui'
Saga (Provinz Hizen) 3801)05 Yen, auf (Jifu (Provinz Mino)
317529 Y'en, Aichi (Provinz Owari) 303073 Yen, Isbikawa
(Ph>yiiiz Eaga) 188196 Yen, Kyoto 180209 Yen. Fttr Fmellan
allein standen Ishikawa und Kyoto an der Spitie.
Diese Zaillen dürften aber viel zu niedrig sein. Ein Pro-
duktionswert von 7726 ^ en in Kagoshima (Satsuma) z. B. er-
scheint ziemlich unglaublich. Auch ans der Höhe der Ausfuhr-
/.ahlen ergiebt sich, dals die Produktionszahlen viel zu niedrig
sein müssen. Die Ausfuhr von Produkten der keramischen In-
dustrie überschritt 1873 zuerst den Wert von lOnoiJO Yen, stieg
1879 plötzlich auf 300000, 1881 auf mehr als 700000 Yen, fiä
bis 1884 auf 526000 Yen und stieg dann raseh auf
695000 Yen im Jahre 1885
1002000 - - ' - 1886
1312000 - - - 1887
1295 000 - - - 1SS8
1450000 - - - 1889
Nfichst Seidenstofien ist dies jetzt der widitigste Industrie
artikel der japanischen Ausfuhr.
Über raiige Gewerbssweige haben wir wirklich auTerltfssige
Angaben, da sie au Zwecken der Verbrauchsbesteuerung staat-
licher Aufeicht unterstchen.
In erster Linie istdie Krzeugung a 1 k o h o 1 i s c h e r G e t r jl n k e
zu nennen. Das fast ausschliefslich in Japan herrschende be-
rauschende (Jetränk ist der Sake, welcher durch Gährung aus
Keifi hergestellt wird und das Objekt der zweit wichtigsten iSteuer
ist Unreiner Sake wiid als Haustrunk vielfach in der eigenen
Wirtsehaft hefgestellt. Doch ttberwiefft an Bedeutung die ge-
werbliche Produktion. Diese findet allerdings ttberall statt, ist
aber doch in den einzelnen Gegenden sehr ungleich entwickelt.
In Kagoshima und Miyazaki ist die gewerbliche Produktion noch
heute viel geringer als der Hausbräu, in 8aga und Nagasaki, in
Miyagi , Iwate und Akita wenig gering< r Ancli in Fiiktishima,
Kochi und dem Keöt von Kyushu nimmt der Hausbräu einen ver-
häUniämalsig breiten Platz ein. Dagegen ist er in den anderen
* Über Ein- und Ausfuhr von Hiiuton nod Leder vgl. S. 310.
* Vgl. im nächsten Boche Kap. 4, IV.
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X 4.
893
Besirken an der Inlandsec und Uberall in den mittleren Teilen
von Honsha nor unbedeutend. Der Hauptsitz der gewerblichen
Produktion, wo auch die besten Sorten hergestellt werden, sind
die Bezirke ITvo^fo und Osaka \ zusamraen mit einem Scdistel
der ganzen gewerbüclien Produktion, einem Fünftel mit Kinreclimmg
von Kyoto, Demnfichst kommen die Bezirke Niigata, Nagano
und Aichi und im öüdeii Ehime und Fukuoka. Die genannten
acht Bezirke haben in den letzten Jahren regelmäisig mehr als
100000 Koka (180000 hl) produzier^ so dab auf sie zasammeii
reicUich swei Fünftel der gewerblichen Broduktion entfidlen.
Auf die produzierte Menge haben zwei Dinge bedeutenden
Einflufs geübt, die bedeutende HteoerarhOhung , namentlich die
von 18^2. und die W nimm gs wirren . znniiclist zur Zeit des
steigenden Ap^ios den Verbrauch steigernd, zur Zeit des sinkenden
Agios iim ebenso stark witdt r einschränkend. Die Produktion
von Sake aller Arten ^ wird von 1872— 1875/7G auf 3—3.7»
Millionen Kuku angegeben. Anscheinend unter dem Einflufs der
Stener (Definnde?) tank de 1876/77 auf 2S36714 Eokuj stieg
dann aber in der Zeit der Inflation des Ge]dumlau& bis am
5 208107 Koku im Finanzjahre 1879 80. Die beiden nächsten
Jahre brachten einen geringen Rückschlag, aber 1882 83 waren
es wieder 5063206 Koku. Steuererhöhung und Wirtschaftskriiiis
wirkten dann zusammen zu einem unaufhaltsamen KUekgang
bis auf 2G80451 Koku 1«S5 86. Der wirtschafdiclie Wicder-
aufsehwung hatte die Pix>duktion bis 1887 88 erst wieder auf
3104 547 Koku -e])racht, 1888/89 aber auf 3967648 Koku.
Von dem Rückgänge der Produktion sind die Bezirke nicht
gleicbniftifllg getrofifen, wie ein Veigleicb der Stufenjahre 1882/83
und 1885/86 mit den letzten bekannten Jahren zeigt.
Die Produktion betrug in den wichtigeren Bezirken Koku
(180 1)
im Bezirk
1882/83
188o.'86
1887/88
1888/89
Hyogo
492893
357138
367883
492403
( )saka
283 878
140495
152407
219968
Aichi
281289
112569
131 146
190 651
Ehime
209311
109 176
116050
158 235
Fukuoka
191885
106 049
115376
155 979
185 089
105688
135594
153 649
(Jkayama
1 80 Hr»8
78556
82684
115 997
Kiigata
180 öl. j
77636
197168
125 003
Ibaraki
157455
77 449
80043
106 555
^ Des Veri^dches mit den Vorjahren wegen ist Nara zu Osaka
gerechnet; die Froduktioo war dort übrigens nicht bedeutend, 1887/88:
36208 Koku in 209 Betrieben.
* Daboi ist Shoehu. Spiritus, eingerechnet mit 40 OUO— bii u< lü Koka
in den letzten Jahren. Hönepunkt Iö7U ^0 ^37li8 Koku, tiefster Punkt
1886/86 42814 Koko.
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d94
X 4.
1882/83
1885/86
1887/88
1888/89
144 ola
DO OVO
IAA OQI7
138743
91825
100005
133 484
135394
61 305
74 861
1 TN 072
1231U4
68 588
62(i08
iMl 159
120028
61837
79857
102 533
119451
61 276
66847
88 343
in Betiik
Hiroshima
K^oto
Miye
YAinafiuchi
FoktuJiima
CKta
Oerade der wichtigste Bezirk, Hvoj^o. wo die brsten und
groraten Brauereien sind , fiat verhüUnismäisig wenig unter der
Krieis gelitten. Dagegen liatten Aichi und Okayama selbst
1887 88 noch nicht die Hälfte der Produktion von 1882 83.
Sehr merkwürdig sind die Zahlen fUr Nügata.
Bei Entwickelaiig der Sakemdustrie Kommt ab«r auch die
Zahl der Betriebe in Betracht, welche leider erst seit 1880/81
aDflM^ben ist. Die Beschränkung der Produktion hat nämEch
nioit sowohl innerhalb der einzelnen Betriebe als durch Schlieisung
von Brauereien stitti^et'unden. Ihrp Z.ilil bat sich von 1880 an
von Jahr zu Jahr vermindert bis i?^8<) 87. Erst seit 1887'88
ist wieder eine ganz geringe Zunahme ert'olgt £e war
188081
188283
1885 86
1886/87
1887 88
1888 89
die Zahl der
Brauereien
27875
25 814
16 425
1 5 025
15 453
15 708
die durchschnittliehe Pko-
duktion einer Üiaaerä
1C7
196
163
199
201
253
Koku
Stellen wir tUr die wit litigsten acht Bezirke die Zahl der
Brauereien und deren durelisclmittliche l'roduktion in den Jahren
1882 83 und 1887,88 zu^iimmen, so ergiebt sich iblgeudes Bild.
Besirk
1882«3
1887/88
Zahl der Brau-
durchschnitt-
Zahl der
durchschnitt-
ereien
liche Produk-
Brau-
liche Produktion
tion in Koku
ereien
iu Koku
Hvogo
1314
375
909
405
^.air;tno
998
185
595
228
1014
178
774
255
Kyoto
803
173
SS7
186
0«aka
886
820
S35
285
Aichi
836
336
505
260
Ehirae
904
232
601
193
Fukuoka
658
292
396
291
Verglicht man die vier emtoa mit den vier letzten Be-
zirken, 80 zeigt sich, da(B in enteren der Rückgang in der Zahl
der Betriebe begleitet war von einer Erhöhung der durchechnitt-
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X 4. 395
liehen Leistang. Eb riiid die Besirke, in wdchen der aUgemeine
Rückgang der Produktion überhaupt nicht so sehr erheblich war.
In INiigata war die erzeugte Menge 1887 sogar grOlser als 1882.
In den zuletzt aufgezählten Bezirken war dagegen der Rück-
j,'?inf^ der Produktion stärker als der der Betriebe, in Fukuoka
ailerdingä nur unbedeutend. Die Richtung auf Vergröfsenmp^
der Betriebe Iiat sich auch nach dem \\ iederauischwung des
Wirtschattalebens for^esetzt. \'on 45 Bezirken (Okiuawa immer
ausgeschlossen) hatten 1887/88 5 eine Durchschnittsproduktion
per Brauerei von mehr als 800 Koka, 1888/89 schon 9^ £ine
durcbschDittliche Produktion von 200—300 Koka hatten 1887/88
10, 1888 89 19 Bezirke. In den meisten Bezirken ist die
Zahl der Betriebe und die der Gewerbetreibenden ungefähr gleich,
nur in einigen Bezirken besonders entwickelter Brauerei ist die
Zahl der Betriebe gröfser, sind mit anderen Worten häutiger
mehrere Brauereien in einer Hand, nMmlich 1887 88
in Aichi 505 Betriebe aber 490 Gewerbetreibende
Osaka 326 - - Bul
Hyogo909 - - 760
In Hyo<ro ist mit der technischen Entwickelung auch die
Koncentratiori in wenigen Händen am weitesten fortgeschritten.
Im Jahre 1883 84, dem ersten, tür welches die Zahl der
Gewerbetreibenden nachgewiesen ist, kamen in Hyogo auf 100 Ge-
werbetreibende 112 Betnebe, 1887/88 schon beinahe 120. Im erst-
cenannten Jahre prodnzierte dort eine Brauerei durchschnittlich
§41 Koka, im letztgenannten Jahre 484 Koku. Diese ^Isere
Koncentration wird auch bestätigt durch eine Zeitungsnotiz nach
amtiicher QnrHe (Japan Weekly Mail, 1889, Xll 4B»V( über
die Zahl der l>rauereien, weiche 1888 mehr als 1000 Koku pro-
duziert hatten.
Danach wäre gewesen
deren Zahl mit ein f r i roduktion
von Koku
im ganzen Lande 328 607 078
davon im Bezirke ^^»»^^ ^^'"^^>
Hyogo 125 326337
Aichi 28 38 889
Osaka (ohne Nara) 26 47049
Fukuoka 14 19116
In sieben altjapanischen Bezirken (Tokvo. lahikawa, Toku-
shima, Kochi, Shimane^ Miyazaki, KagOähiniaj gab es Uberhaupt
keine Brauerei von dieser Üröfse, in sechs Bezirken nur je eine.
' Nämlich 1887 Hyogo, Osaka (ohne Nara), Vamauashi, Miyagi,
Aomori, 1888 89 Hyo^o (523 Koku), Osaka (480 Koku), Wakajama,
lliyei Aichi, Yamanubi, Miyegi, Aomoii» Fnkoeka.
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396
X 4.
Zur B^Dstiguug der gi^laeren BrauereieD, welche ein
beeaereB, wertvolleres rodukt heratdieii, triigt oatoiigeiiiftre die ver-
hidtnismärsig hohe BeeteueruDg bei, welche ohne Rücksicht auf
die Qualität vom fertigen Fabrikat erhoben wird, BO dafs sie bei
geringeren Sorten ein Drittel, bei den feinsten nur ein Siebentel
bi?» f^'m Achtel dfs Verkaufspreitäcs nusmacht. Die kleinen Land-
brauercien koiiimen dadurch gegenüber den grolaeii Betrieben v<m
Hyogo u. 8. w. in Nachteil.
Der Sakeverbrauch betrug auf den Kopf der Bevölkerung
1872-1875 duidiaehDittlich 18 Liter
1875 76—1878/70 - 16 -
lbHab4— 1Ö87;8Ö - 17 -
1888 89 - 21,6 -
Die Zahlen seit 1883, welche sich auf die Zeit der Wirkung
der jetzigen Steuer von 4 Yen für den Koku gewöfinlichen Sake
(etwa 7 Pfennig für den Liter) beziehen, sind mit denen iur die
firtihere Zeit nicht direkt vergleichbar, da nur sie auch den Haus-
trank einschliefsen, der vorliei ganz unberückbiclitigt blieb. Nimmt
man den Alkoholgehalt von Sake za durehichnittlich 14 ^/o an,
80 käme auf den Kopf der Bevölkerung ein Jahresverbrauch
von etwa 2,4 Liter Alkohol im Durchschnitt der Jahre 1883/88|
aber in den Zeiten der Agioherrlichkeit von mehr als 3,5 Liter.
Die Sakepreise sind je nach der Qualität aufserordentlidi ver-
schieden. Sake mittlerer Güte hat in den letzten Jahren 13 — ^14
Yen für den Koku gekost^-t /'etwa 24 Mark für den iicktoliter),
aber Itami -Sake, die bekaiiuLeste der ^iten tiyof^o - Marken,
etwa 3ü Yen. Wie überall beim Gotränkehandel, sind die Preise
im KJeinverkauf unverhältnismäisig hoch. In Tokyo kann man
im allgemeinen annehmen» daie in emer Gaatwirtechaft daa
Doppuie deseen besaUt wurd, was der Sake beim Hfindler kostet
bei Entnahme von mindestens einem Sho (1,8 1).
Die Herstellung berauschender Getränke europäischer Art
ist der Verbrauehsbesteuerung nicht unterworfen, übrigens sehr
unbedeutend. Ftir 1886/87 werden die hergestellten Mengen wie
folgt augegeben
Bier 6507 Koku (11700 hl)
Wein 537 - ( 967 - ) »
Brandy ^
Sonstige 338 -
Die Bierbrauerei ist neuerdings in ztemlieher Zunahme be-
friffen. Die einheimtBche Produktion dürfte gegenwärtig die
änfiihr Ubertrefien.
^ Davon wifd mehr als die Hälfte in Tokyo „hergestellt''.
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X 4.
397
Die Einfqhr von Spirituosen aller Art hatte
1868 einen Wert von 167G14Yen
1880 - - - 407 259 -
(erster Höhepunkt)
1888 - • > 800703 '
1887 - - - 887961 -
1888 . - - 822 915 -
1889 - - - 526469 -
Mehr als die Hälfte dieser Summe kam bis 1888 auf Bier
und Ale, 1889 nur mehr zwei Fünftel, nämlich 450916 Yen
1888 imd 213577 Yen 1889^ Von flon oincremhrten Spirituosen
ist nattlrlich ein greiser Teil iür den V erbranch U r in Japan
sich aufhaltenden Ausländer und der Schiffe bestimmt.
Seit 1885 sind auch über die Shoyu-Industric infolge
der Einführung einer Verbrauchssteuer auf Shoyu ^ einige genauere
Daten bekannt £b wtirden 1887/88 1180188 Koka Shoyu
versteuert ans 11687 Betrieben, durchschnittlich 101 Koku von
der Fabrik, Hagegen 1888/89 1304 551 Koku aus 10634 Be-
trieben, durchschnittlich 123 Koku. Wie bei der Sakebrauerei
hat sich die Zahl der Betriebe vermindert, von l;>n82 im Finanz-
jahre 1S«5 86 auf \iMVM im Jahre 1888 89, während dio Menge
des Produktes zugenommen hat. Obgleich Shoyufabriken sich
im ganzen Lande finden, ist die Industrie doch in einigen Gegen-
den besonders entwickelt. An der Spitze äteht der Bezirk Chiba
1887/88 mit 689 Fabriken and einer Pkrodoktion von 121 816 Koku
(durchichnittHch also in -einem Betriebe 177 Koku). Im Jahre
1885 war bei gleicher Produktion die Zahl der Betriebe um 53
ffrOlser. Hauptsitz der Industrie ist die Stadt GhoehL Au&er-
dem sind die wichtigsten Bezirke
durchschnittliche Pro-
duktion in cinein
Betriebe
PlroduktioD
Betriebe
Ehime
555
73525
132
Hvogo
544
73168
135
Okayama
580
64389
III
Fukuoka
381
58 022
152
Ibaraki
560
53 7H1
96
Aichi
387
52 768
136
Kanagawa
316
40538
128
Saitama
251
40 211
160
> Efaigeftthrt wurden:
1888 rund hl (H 12:> Flaschen und G04o GaUonea)
1S89 - 12 000 - am'6i2 - - 3154 • )
Wein wurde eingeführt:
1888 Champagner 74 136 Flaschen, anderer Wein rund 8500 hl
1889 - 72856 - - • - 5400 -
^ Sfaoja (Soja, Bohnensaitce), eine aUgemeitt m Japan gebrauchte
Wttne, Tgl. 331.
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3d8
X 4.
Die ß-f-nannton neun Bezirke bringen allein etwa die Hälfte
der Jalireöpioduktion des Landes hervor. Dagegen wird im
Norden von Ilonshu, an der ganzen Westküste (aufser Ishikawa),
im gröfsten Teile von Kyushu und Shikoku nur wenig Shoyu
erzeugt. Mn direkter ZusammeDhaog der Bedeutang der Shoyu-
induBtrie mit der Ausdehnung des Anbaus yod Sojabohnen^ den
man erwarten könnte, findet nicht statt Bemerkenswert scheint
mir dagegen, dafe vielfach die Bezirke ausgedehnterer Shoyu-
industrie mit denen ^^faor Sakebrauerei identisch .sind. Der
"Verbrauch beträgt auf den Kopf der Bevölkerung durchschnitt-
lich etwa 5,6 Liter im Jalire. Die Ausfuhr von Shoyu ist un-
bedeutende Shoyu mittlerer < lutc ko.stet durchschnittlich reich-
lich 6 Yen. Die Steuer betiagt 1 Vea für den Koku.
Die Steoeifisten geben femer AufiMohlnfs Uber die Tabaks-
induatrie, allerdings ohne ▼oUstltndige Scheidung von Vei^
arbettong und Handel bei den Kleinbetrieben. Mit Herstellung
und Verkauf von Tabaksfabrikaten beschäftigten sich überhaupt
im Finanzjahre lf^87/88 36048 Unternehmungen, 1888^^0
34 644. Von 18S3 84 (dem ersten Jahre, ftir welches die Zahlen
vorhanden sind) haben sich fli» Zahlen fast stetig vermindert.
Nach einzelnen Kategorieen der Licenzptiichtigen gab es (ohne
Okmavva)
1883/84 1886 87 1887'88 1888 89
H, Fabriken 8262 5138 53ü6 4580
b. Zwischenhändler 3511 2574 2 932 2 747
c Kleinhändler 84224 26867 27720 27817
45997 34579 36048 34644
Die Zahlen sind ein Ausdruck einmal ftir die Wirkung der
Steuer, anderseits der wirtschaftlichen Zustände überhaupt
Unter den Besirken steht fbr die Fabriken und die Klein-
betriebe Tokvo mit 498 and 1972 im Jahre 1887/88 weitaus an der
Spitze. In der Zahl der Fabriken folgt ihm Kanagawa mit 272,
Ibaraki mit 247, Niigata mit 224 und Aküii mit 215. 1^ den
Kleinbetrieben folj^t < 'hiba mit 1616, Kanagawa mit 125<\ Osaka
(ohno Xara) mit 1222. Bei den Zwischenhändlern steht an der
Spitze Kni^oslnnia mit 229 (bei verhiiltnismälsig geringer Zahl
von Fabriken und Ivieinbetrieben), dem Kanagawa mit 219,
Ibaraki mit 191 folgen. Im allgemeinen sind die Zahlen im
Norden und im Süden erheblich niedriger als in den mittleren
Teilen des Landes. Die Veränderungen in den Zahlen sind seit
1883 in manchen Bezirken sehr erheblich. Während die Zahl
der Fabriken bis 1887 88 in Tokyo nur von 612 auf 498 sank,
fiel sie z. B. in Tochigi von 304 auf 124; in Yamagata yon
» 18SS: .vi;^!i Pikul ^ um Koku im Wert« von 14939 Yen, It^i
1676 Koku im Werte von 16650 Yen.
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X 4. m
202 auf 85, iu Fukusliima von 354 auf 100. in Miya<:;i von 65
auf 30, in Tottori von 143 auf 70, in Miyazaki von 102 auf
60 u. s. w. Die Zahl der Kleinbetriebe, die in Tokyo sogar
wuchs, von löol hiä lii72, lü manchen mittleren Bezirken nur
maif abnahm, fid beispiebwebe in Mijaiaki Ton 248 auf 151 ,
in Otto ^n 465 auf 307, in Ehime von 1208 auf 780, in Shimane
von 432 auf 284, in Fukushima von 1050 auf 737, in Yamagata
Ton 553 auf 278. Der Rückgang hat den Norden und Sttden
stärker getroffen als die mittleren ijandesteile.
Auch die eijronartif^p 1885 eingeftihrte japanische Kuchen-
steuer giebt die Möglichkeit über die grofse Zahl von Unter-
nehmungen, welche sich mit Anfertigung' und dem Verkauf
von Kuchen beschäl Ligen, etwas Genaueres zu erfuhren. Unter-
aofaiflden werden die, weldie Kuchen anfertigen, femer Grofs-
hündler und Kleinhändler. FOr die Herstellung ^n Kuchen waren
1887 88 62513 Licenzen erteilt, für den Kuchenhandel en gros
7616, für den Kleinverkauf nicht weniger als 108887, und darin
sind Strafsenverkäufer und Hausierer nicht eingeschlossen. Die
Zahlen namentlich der Händler haben sich seit 1885/86 etwas
vermehrt, wohl infolge sehürferer Kontrolle.
Es ist bereits in anderem Zusammenhange darauf hinge-
wiesen, wie trotz der Zerstörung der alten korporativen
Organisation des ( Jewcrbewesens, namentlich des Handels,
thatsächhch durch die Macht der Gewohnheit wie der gemein-
samen Interessen solche Verbände sich vielfach orhalten hab^
und jetzt in neuen Formen zu staatlicfaer Anerkennung kommen.
Namentlich im Ein- und Ausfuhrhandel nuichte sich das geltend,
wo die Gemeinsamkeit der Interessen gegenüber den fremden
Kaufleuten den Nutzen des Zusammenhaltfus rleutlich machte.
Dazu kam ein w^eiteres. Die Usancen des Handels, d;i3 recht-
liche Verhältnis zwischen Kommi.ssionrtr und Kommittenten u. s w.
wurden früher von den Kaufmaimsgilden festgesetzt. Bei drm
Fehlen eines ilandelögesetzbucheö war das praktische Be-
dürfiiis nach einer aUgemein TerbindU<^en Regelung solcher
Dmge vorhanden, welches dann durch die sich reorganisierenden
neuen freien Verbände befriedigt ^^u^de^. Auch als Steuer*
genossenschaften haben sich solche Vereinigungen erhalten^ so
z. B. die der Fischhändler in Tokyo, welche gemeinschaftlich vom
l Backen kann man nicht sagen, da sehr viele japaniaehe Knchen
und Konfekte aus rolietii Teifj u. rul l>. >tr!.on.
^ So enthält das Statut der Sei<ienh.indiergilde in Yokohama (wohl
der bedeutendsten derartigen Vereinigung) vom 1. Juli 1888 eigentlich
nur privatrechtliche Bestimmungen üher die Beziehungen dieser Händler
zu doji Produzenten, welche ihnen Ware zum Verkaut übergeben. Diese
Besinn uiungen gelten, wo nichts Besonderes ausgemacht ist. Die Gilde
B^st die KomnuBsion der Händler fest (11 per male), sowie jeden Monat
den Zinafors, wdehen die UAndler für Voncbttflse anf Seide berechnen
werden.
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400
Fißchiuarkt eine Steuer entrichten. (Der „Fisrfimarkt" an der
Nihon-Brücke zahlt 1200 ^*en jälirlieh Hezirkssteuer.) Diese
Gilden, wie man sie wohl am treff( iiust( n bezeichnet (jap. Ku-
xniai), haben sich dauu, wie ganz naturgemäi's war, um An-
a^eimung sot^B der iRegierung bemfiht namentikh stt dem
Zwecke, «lle, welche am gleichen Orte oder ha selben Besirke
das gleiche Geschäft betrieben, zum Anschlufs zwingen zu könn^.
SchliefeUch ist dann eine einheitliche Regelung durch eine Ver-
ordnung des Ministers fiir Landwirtschaft und Gewerbe erfolgt
(Nr. 37 vom 29. Novem>>or 1<^>^4i. Danach können landwirt-
BchafUiche, industrielle oder Hand<l?sunternehmer zum Zwecke
der Abstellung von Mifsbrftuchen oder zum Schutz gemeinsamer
Interessen eine Gilde bilden, welche anerkannt ^Yird, wenn sie
mindestens drei Viertel der Interessenten an dem betreffenden Orte
ninfikfst. Wo eine solche anerkannte Gilde besteht, sollen alle,
weiche das gleiche GeschAil betreiben, ihr beitreten. Doch kann
ihnen, wenn sie aus einem vernünftigen Grunde den Eintritt ab-
lehnen, von der Bezirksregierung gestattet werden, aufser der
Gilde 7n bleiben. Das Stitut der Gilde ist von d<*r Ikzirks-
regierung zu bestätigen. Die Gilde als soIcIh- darf keine Ge-
schalte betreiben. Sie mufs jährlich einen ikricht über ihre
Thätigkfit und eine Abrechnung über Einnahmen und Ausgaben
der Bezirksregicrun^ eiui-eichen. Mit (ienehniiguui; der letzteren
können mehrere Gilden einen Verband bilden. Erstreckt sich
dieser über mehrere Bezurke, so Ist Genehmigimg des Ministen
erforderlich.
Auf Grund dieser Bestimmungen haben sich Gilden in
grofser Zahl gebildet, wovon allerdings viele thatsfichlich schon
vorher bestanden haben mögen. In Tokyo waren es Endo 1 ^^7
schon 118 mit 25 757 Mitgliedern. Davon waren 45 industrielle
(15U'.l Mitgl.). fis llandulögiiden (10 210 Mitgl.) und 5 gemischte
(416 ^litgl.^ Die G ikknverbönde dienen verschiedenen Zwecken.
Teils sind es geradezu Kartelle, welche die Menge der Produktion
regeln, wie das schon in anderem Zusammenhang erwähnte Sak-
kartell, welches an alte Einrichtungen anknOpfte^. Teils haben
sie örtlichen Charakter, wie der grofs«- Gil donverband von
Yokohama (Yokohama ßovekisho Rengo Kumiai), der, alle
Export- imd Importliiindlergilden (Rohseide, Tlico. Seeprodukte,
vermischte Waren, Petroleum. Zucker, Haumwollengam und
Sti'ckgfitcT. Droguen und Meilizincn, Kupfer und Eisen, fi-emde
rhanta.sieartikcl) umfassend, in seiner jetzigen Form am 28. Oktober
1889 zu Stande l^.aiu, aber eine altere Einrichtung ist. Dieser
Vwband erhebt von jedem Eänfnhr- und Ausfohrgeschttfl eine
Abgabe von 3 Tausendstel des Betrages (Buai>kin) * und besitst
> Vgl. oben S. aCC.
- In Xagnsaki werden 5 Tausendstel eihoben, wonach die Steuer
6o-rin-gin beifet.
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401
ein erlieblicbes Vermögen. Ehe die neue Stiidteordnung in Kraft
trat (1. April 1H89), bildete er geradezu Hup Vertr^Mmig der
Stadt Yokohama und hat die Kosten manclier öffeutlichen nütz-
lichen Einrichtung I)estritten^ Ein Hauptzweck iür die Zukunft
ist Erbauung von Lagerhäusern und Emriciitung einer VV'aren-
böne. Wer in Yokohama im Import- und Exportgesclittft akh
neu ntederläfst, mub durch aehriMche Erklfirung ddi den An-
Ordnungen des Verbandes unterwerfen. Der Gehorsam der Mit-
glieder wird durch Ordnungsstrafen von 5 — 100 Yen erzwungen.
Bei den einzelnen GikJen ist das Maximum höher, bei den Po*
troleumkommissionären 7. R. 300 Yen. Für diese Gilden in
Yokohama ist das Hauptbindemittel natürlich der Interessengegen-
satz gegen die fremden Kaufleute. Dabei halten in der Eegel
die Japaner sehr viel besser zusiimmen als die Fremden. Das
Kampnnittel des Bojcotts gegen ein fremdes Haus wird nicht
nur tnatsacblich angewendet^ sondern ist sogar in den Gilden*
Statuten vorgesehen'^.
Die Gildenverbände können aber noch einem weiteren Zwecke
dienen, nämlich dazu, die gleichmäfsig gute Qualität der Waren zu
sichern und namentlich die Ansfnlir verfälschter und verdorbener
Ware zu verhindern. Die Regierung hat gerade in dieser Rich-
tung lebhafte Jiemühungen gemacht, der Verschlechterung de«
Exports entg^enzuarbeiten. Bei der grofsen Menge kleiner
Produzenten bat man diese selbst an dem guten Ruf ihrer Ware
zu interessieren gesucht und anr Durchftfhrung der Kontrolle
Verbände der Interessenten geschaffen. So sind die Sddengilde
und die Theeßilde entstanden aum Schulze dieser beiden gröfsten
Exportindustneen.
Die Seidengilde beruht auf einer Verordnung des Ministers
für Landwirtschatt und Gewerbe (Nr. 41 vom 2. November 1885).
Danach sollen die Seiden Produzenten gemeindeweise zu Gilden
zusammentreten, von welchen jedoch diejenigen frei bleiben,
welche Seide nur fiir den eigenen Bedarf' erzeu«ren. Als Zweck
dieser Ortsgilden wird bezeichnet Verbe^öeraug der ^laidbeer-
kultur, der Fütterung der Würmer und der Aufbewahrung der
Cocons, Untersuchung der Groins, um Krankheiten der Wttrmer
▼onsubeugen, gleichmärsige Aufmachung der Seide (gleich greise
^ Wenn ich nicht irre, hat er z. B. das Stadthaus (Machigwaialio)
in Yokohama gebaut. — Die Auseinandersetzung iswischen dem Gflden-
verband und der neuen .Stadtgemeinde hat viele tkhwierigkeiten gemacht.
- Vi:! / B Art. r, der Zusatzvereinbaning zum Statut der Petro-
leumkomiiusöionaie in Vokoliama vom 20. Juni 18S7, genehmigt vom
Besirkshauptraatin am 10. Juli 1887. Bei Streitigkeiten mit dem fremden
Iiiiintrteiir wcj^'eii Abnahme oder Qualität soll der V.u-'^if /cnflr fin Kmiitce
zur Hegeiung ernennen. Will siel» der Fremde dem nicht unterwurteD,
6o so iT eine General verHainmlung berufen werden, „und in solchen Fftlten
kann den Mitgliedern verboten werden, mit dem betreffenden Hanse
Geschäfte zn machen"^.
Fortcbungen (45) X 4. -- Kathgen. 26
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402
Haspel), Fürsorge, dafe Cocons verschiedener Arten getrennt ge-
halten werden, Markierunt»; der Hallen mit (iom genauen Gewicht
und den Zeichen der Oil lr wie des Prorluz* nten. Auf Durch-
f\ihrung dieser Zwecke sollen die GildenauBschusÄe hinwirken,
auch Inspektoren angestellt werden. Zur Überwachung der
Gilden wird in jeder Bezirkshauptstadt ein Ptovinnakuaachuls
^gesetet, den die Mitglieder der Gilden unter sich wühlen.
Aus diesen ProTinzialausschüssen endlich wird ein Oentnüamt
der Seidengilden erwählt, das die oberste Aufsicht Aihrt.
Ähnlich ist die Theeh ilndlerii^ilde eingerichtet durch
Vernrflnunir desselben Ministeriums vom 29. Dezember 18S7 (die an
Stelle der \ erordnungen 4 und 8S von 1884 getreten ist). Unter
Theehftndlern werden ni('lit nur bolche verstanden, welche fertigen
Tliee herstellen und vcrkaulen, sondern auch Besitzer von Thee-
pflanzungen, welche die grünen Blätter Terkaufen. Die Thee-
bftndler sollen im Anschlals an die Kreise (Gun, Ku) zn Gilden
BUßammen treten. Zweck der Gilden ist Fttrsorge ftir Ordnung
nnd Ehrlichkeit im Theegeschäft, Verbesserung der Produktion
und Ausdehnung des Absatzes. Aus den Kreisgtlden werden
in den Bezirkshanptstädten Provinzialausschüsse gebildet, aus
diesen ein Centralaussehufs. Dieser letztere ist allerdings 1889
(Vo. vom 15. März) aufgehoben. Thatsächlich bestehen aber
formlose Zusainraenkünfte der Delegierten weiter.
Von diesen beiden grofsen Gilden scheint die Theegilde die
grOisere Energie su entfalten. Kicht selten hOrt man, dafs ihre
Inspektoren verdorbenen oder veraschten Thee entdeckt und
Temichtet haben. Keuerdings hat sie auch einen Bevollmäditigtea
nach Europa, namentlich Rufsland geschickt, um dem japantadien
Thce erweiterten Absatz zu rerscliaffen. Das hat aann r.ur
Uriindung einer Theeausfuhrgesellschaft (Nihon Seicha Kwaisha)
getuhrt, welche im März 1890 eine Staatsuntersttitzung von 2UÜUÜÜ
Yen erhalten hat^
Neuntes Kapitel.
Der Anfsenhandel.
Vorbemerkung. Über clen ja^ianischen AtifsPiihandel ]\o.^st ein
roiohtialti^e!* Material vor, vor allem m den St-iiti;^tis<-hen Tabelh-n de«
ZoUaintü. Diene ereclieineji zweispraclüg , japanisch und engUscli. L»
> Zum gleichen Zwecke hatte die Theegilde schon seit Anfang 1N^7
um Erluubnis peboten, von jeder Kiste ;^ur Ausfuhr bestimmten Thees
eine Ahgube vou .Seu zu erheben, woä aber wiederholt abgesclilagen
wurde. — Vgl. auch das Statut der Theehandicrgilde von Yokobama
aus dem Mai 1880, Japan Wcekly Mail 1885 III d2a
V
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X 4.
403
sind monntlirhe und .T?ihr»"^bf'ri' htp. lie kt^-tpren, wichtigeton, in den
letzten Jiihri'n sehr vcrvoilkoinunu't, unter dem Titel „Aiinual Retnrn
of the Foreign Trade of the Empire of JapHti. Poblished hy
tlip IJurcau of Customs". Neben diesen sind die Bi rli lit - der fremden
(intemationaleuj Handeläkainmein in Yokohama und Kobe zu beachten
und die Konsnlarberichte. Von letzteren habe ich namentlich die deut-
schen und englischen berScksiehtigt. Sehr bequem fUr die Benutzung
iüt der jitlirlich von der enj^lischen freaandtschnft zusammengestellte
Ueuenilbencht, Sumniary ot Trade. In den letzten Jahren in der
'Hauptsache nur dn Auszug aus den Vert^ffentlichnngen des SSoIlfunts, hat
er für frühere Zeit grnlsr ^plbstSndige Brtir utim^ , Ii er die notorisch
damals unvollständige amtliche Statistik durch wertvolle Zusamtnen-
etellungen des von nandelskammem , Hanken und Kaufleuten gesam-
melten Materials ergänzt Das Summary of Trade tür 1878 verdient
besondere Erwähnung, da seine Angaben bis 18Ö0 zurückreichen.
Von allgemeineren Darstellungen führe ich au: H. Ii dal er, Über-
sieht des japanischen Aufsenhandeto seit dem Jahre 1868, in Mitteilnngeo
der Deutsch en nesellschafr otc. O.sfasi. iis* III -T)- 44 (1880); H. Lieb-
scher, Japans laudwirtsehaftliche und allgemeinwirtschaftiiche Veriiillt-
nisse, Kapitel V (Jena 1882); femer in Reins grofsem Werke (Japan
nach Reisen und Studien) den vierten Abschnitt des zweiten Bandes,
Handel ntid Verkehr wo auch die wifhti^ste Litteratur über tlie
älteren iiandelsbeziehuugcn angeführt ist. Uber letztere sind auch die
sorgfaltigen Zusammenstelimi^en im ersten Bande des Berichts Uber
die preufsische Expediticn nach O^tasien zu beacliten. Für die
Handelsverhältnisse um 18«ii> unterrichtet der Abpehriitt über Japan in
K. V. Scherzers Bericht über die österreichisch - ungarische Expedition
naeh Ostasien — ls7i ('_*. Auflage, Stuttgart 187.'k Auch einer eigenen
kleinen Arbtir darf ich vielleicht gedenken: KHthf;:en, Der deutsche
Handel in Ustasien, im Jahrbuch für Uesetzgebung, Verwaltung und
Volkswirtschaft, K. F. Bd, 9, 1885, S. 58a-60C
Während der Tokugawaberrsohaft waren die aua-
wärtigen Handcl»beziehungen Japans immer mehr eingeschränkt
wordcoi. Der geringe Handelsverkehr mit den Holländern in
Na^aaaki. mit China teils in Nagasaki, teils auf dem Wege über
die Kyukyu-lnseln hatte um die Mitte dieses .lahrluinderts kaum
einen Kinflufs auf die wirtschaftlichen Zustünde des Landen. \'on
den eingeführten Waren hatte nur Zucker einige Bedeutung. Im
übrigen waren es reine Luxuaartikel. Droguen, Gewürze, Tuch,
aUerlel klemer Kram. Von dar Auafuhr kam nur Kupfer und
etwas Kampher in Betracht. Der Handebyerkebr war streng ge-
regelt imd vollzog sich in halb staatlicher Form unter stetiger
Au&icht der Regierungsbeamten und vereidigten Dolmetscher.
Infolge der Öffnung der Häfen (l. Juli 1859) sollte
das nun auf einmal alles sich ändern. Die Regierung hatte wohl
die Abaicht den Handel auch weiterhin von oben her zu regeln,
aber ihre Rechnung war ohne den Wirt d. h, die fremden Rauf-
leute gemacht, die ungehindert mit den jauanischen Händlern und
Produzenten verkehren wollten und in oiesen vertra£;smüiäig ja
ganz berechtigten Bestrebungen eneigiscb von den dipbmatisäien
Vertretern der fremden Milchte^ namentlich Englands, unterstützt
wurden. Von beiden Seiten verstand man sich nicht
Die fremden Kaufleute klagten Uber die „illegitime Einmischung
26*
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404
X 4.
der Beamten", japvinischcrseits war man ebenso erstiunt über das
selbstbevv II liste Auftreten dieser treiuden Kautlierren . wie man
ängstlich die Einwirkimt; des fremden Handels .sah, die Ausfuhr
wichtiger BedarfüartikeJ. daa »Stugen der i'reise, die Einfuhr von
allerlei firemden Dingen, die man doch bisher ntoht gehabt hatte»
die abo entweder nnntltzer Lnxtis waren oder dem äftheimischeo
Handw^ker ungehörige Konkurrraz machten. Dazu kam die
grofiie Goldauafuhr, die Verwirrung der MUnzverhältnisse. Kur/.,
man sah dies neue unheimliche Wesen mit wenig l'reundlichen
Augen an und hatte noch keinen Sinn fWr die nationaTökonomischen
Trivialitäten tlber den ktdturlordrrnden ..le<;irnnate trade", von
welchen die amtlichen »SchritUtlieke der Engländer trieften.
Man kann der japanischen Regierung ihre Ansichten und
MaijBregeln so sehr nicht verabehi. War doch ein gröfserer
nichtitaatlicher Handd unbekannt Nicht bloft der fremde
Handel war von Beamten geleitet gewesen. Soweit ein gröfserer
Anstauiich der Erzeugnisse der einzelnen Landschaften überhaupt
erfolgte, war er &st durchaus staatlich >;eleitet. Beamte der Landes*
regn^rungen verrtul'serten die Produkte an die grofsen Zwischen-
händler von (^B.ika (meist Abzaiilun;^ fiir alte Schulden) und erst
diese vermittelten dann den weiteren Abjiatz. Ferner war auf
die Einfuhr und Ausfuhr von \\ aren in gröfserem Mafsstabe die
Volkswirtschaft des bis dahin abgeschlossenen, sich selbst ge-
nügenden Staatcb gar nicht eingerichtet Nach dem bisherigen
System gab es nichts zu exportieren und für eine Einfuhr war
kein ^larkt da. Es war eine natürliche Folge der Verhältnisse,
und nicht blofs die Einmischung der Regierung, dafs die Einfuhr
in den ersten Jahren nicht recht vorwärts riiekte. Man brauchte
die fremden Waren nicht. Mit der Ausfuhr war es anders 1 ^ie
fremden Kaufleute wufsten wohl zu finden, was sie brauclun
konnten, vor allem die .Seide. Durch die furchtbaren Aufstände,
welche damals gerade das chinesische Reich bis in seine Tiefen
erschütterten, war die Seidenausftihr aus China auf weniger ak
die Hälfte der bisher üblichen gesunken. Die Öffirang Japans
kam den grofsen China-Hftusem gerade gelesen, um dem Markte
eine neue Quelle ostasiatischer Seide zu erschliefsen. Indem man
liohere Preise bieten konnte als die bisher im I^ande üblichen,
gelan^^ es merkwürdig rasch ^rofse Menden Seide auszuführen,
in der Saison ISOOfH 54<nHH» k<;. 1S(>1 62 570000 kg, ja
1862 63 die au fserord entliehe Menge von tast 1 250 (h»0 kg. eine
Menge, wie sie erst in der Saison 1882 83 wieder erreicht ist,
wahrend sie bis Mitte der siebziger Jahre sich awischen 550000
und 800000 kg hielt Neben die Seide traten bald als wich-
tiger Ausftihrartikel die Seidenwurmeier (Grains), welche infolge
der Krankheiten der 8eidenw1lrmer in Europa in grofsen Mengen
zu steigenden Pnisen verlanprt wurden. Der dritte wichtige Ar-
tikel endlich war Thee, von w. lehem in der Saison 1^>'>;^. be-
reits 2200000 kg ausgeführt wurden , was bis 1808 aut'
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X 4.
405
gut 6 ^lillionen und regelmafsig immer weiter stieg, bis die Ans-
fiibr 1880 mit fast 18200000 kg den ersten Höhepunkt
erreichte. Die genannten drei Artikel Seide, Grains und Thea
bildeten anfangs fast ausschlieJslich die japanische Ausfuhr, 1865
dem Werte nach 94 Prozent, 1869 noch 8(3 Prozent, bis Mitte
der siebziger Jahre über drei \ iertel und auch heute noch mehr
als die Hälfte der Warenausfuhr.
Der steigenden Ausfuhr (siehe die Tabelle im Anhang), deren
Wert 1863 sum ersten Male 10 Millionen, 1878 yorttbergehend,
seit 1876 dauernd 20 Millionen, seit 1881 80 MiUionen
Yen Uberscbntt, folgte anfangs die Einfuhr nur langsam. In*
folge der grofsen Ausfuhr und Preissteigerung der Seide ent-
stand fjanz naturgemäfs eine Nachfrage nacli nilligeren Erzeng-
nis«if rf der Textilindustrie, nach Baumwoll- und Wollenstoft'en
so^^ auch bald nach Baumwollgarn. Die Einfuhr des Jahres
18«j.j be^itaud dem Werte nach zu 85 Prozent aus diesen Waren
und bis gegen 1880 bildeten sie die Hälfte der ganzen Einfuhr.
Daneben trat infolge der kriegerischen Ereagmaao seitweiae eine
grolse Einfahr Toh Waffen und Munition % In den Jahren
1868—1870 wurde durch eine ganz ungewöhnliche Einfubr Ton
Lebensmitteln, namentlich yon Beis und Bohnen, eine Hungers-
not im Lande verhindert , was den Japanern wohl zum ersten
Male die segensreiche Bedeutung des ausw&rügen Handels deut*
iich vor Augen führte^.
Daneben entwickelte sich allmählieh ein Einfuhrhai ulel in
allen möglichen Waren, je mehr man mit den Krzeuguiääea
des Westens bekannt wurde. Die Einfuhr ttberachritt die
ersten 10 Millionen erst 1865, die zweiten dauernd seit 1872,
die dritten seit 1877. Die Einfuhr wuchs also in späterer Zeit
rascher als die Ausfuhr. Anfangs hint( r di( ser zurückbleibend,
war sie zuerst 1867 und von 1869 — 1881 dauernd gröfser, mit
alleiniger Ausnahme des «rrofs^'n Seidenjahres 187G. Veranlafst
war diese starke, standi^j; iiberw iop;onde Wareneinfiihr durch
die Währungsverhiiltnisse , da die Au8t>;abe grofacr Mengen Pa-
piers (18(i8— 1872 und 1877—1880) die Edelmetaiivorräte des
Landes zur Bezahlung der Wahreneinfuhr verfUgbar ^inacdite.
Es ist echoin darauf hingewiesen, daTs bei der Öffnung der
Httfen ein Stand von Grolskaufleuten, welche in Verbindung mit
dem Auslände hätten treten können, vollständig fehlte. Ebenso
fehlte jede Organisation des Kredits und der Transportmittel,
Der auswärtige Handel wurde also durchweg von den aus-
* IHiiS, in dein HauptjHhre, fast ein Fünftel der Einfuhr nach den
ciigljflchen SSahlen.
* Im Jnbvf» 1«^7(^> wurden ."^ 220 000 Metercentner Roh im Werte
von M.WOoo Yen und 2^5 000 Metercentner Bohnen im Werte von
liaO(K>0 Yen eingefahft, bddes zusammen fast die HSlfte (47«/«) der
ganxen Einftihr nacb der amtiichen Statistik.
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406
ländischen Kaut hiiusern vermittelt, welche sich nnter dem Schutee
und der Gerichtsbarkeit ihrer Konsularbohörden in den offenen
Plätzen niederliefsen. Von ihnen bezogen die japanisclien Händler
ihre Bedürfnisse, an sie verkauften sie ihre Produkte. Fremde
Banken , fremde Versicherungsgesellsc haften, fremde Schiftahrts-
unternehmuDgen ermöglichten den Verkehr mit dem Auslande.
Die Grausen des Japanischen WirtschaibkOrpen waren soBttsagen
nicht durch die Landesgrenzen, sondern durch die Orensen der
fremden SetÜementB gegeben. Für die japanische Volkswirtschaft
ist nicht sowohl der Augenblick der Ausfuhr und Einfuhr wichtig,
sondern der Verkauf der japanischen Waren an die auslttndischen
Kaufleute, der Einkauf der au^litndischen Waren von ihnen. Die
Niederlassungen sind im wesentHchen volkswirtscliaftHches Aus-
land, wie ftir sie auch die Papierwährung genau genommen nie
bestanden hat. Es sind das Verhältnisse, wie sie — mutatis
mutandis — der Überseeiaehe Handel im Mittelalter zeigte, der
Leyantehandel der Italiener, der Handel der Hansen in England,
Norwegen u. 8. w,, junstisoh auf das Prinzip der strengen Perso-
nalität des Rechts gegründet, naeli welchem jeder Recht giebt
nur vor seinen nationalen Behörden imd nach seinem nationalen
Recht.
Wie auf dem (Tcbicte des Hechtes die ExterritoriaHtiit, so
empfindet man in Japan aia!» auf volkswirtschaftHchem Gebiete
diese (iestaltung der äufseren Beziehungen als etwas Unbe-
friedigendes, Ja Entwürdigendes. Der Herstellung nationaler Ein»
heit in der neuen Ära folgten bald die Bestrebungen, einerseito
die Verträge fiber die Jurisdiktion loszuwerden , anderseits die
auswärtigen Handelsbesiehungen in einheimische Hände zu bringen.
Die Revision der Verträge . welche die japanische Regierung
seit \^12 verlangen konnte, ist bisher nicht zu stände gekommen,
obgleich man lö87 und 1889 der Lösung nahe zu sein glaubte.
Beidemal scheiterte der Versuch an innerpolitisehen Schwierig-
keit« n. So Stollen trotz der ungeheueren Umwälzung aller inneren
Verhältnisse seit 30 Jaliren die alten Vertrüge im wefientlichen
in unveränderter Kraft. Der BVemde lebt in den wenigen oflßentt
Plätzen nach eigenem Recht Nur dort darf er seinem Erwerbe
nachgehen; irgendwelche wirtschaftliche Unternehmungen im
Lande wie der Erwerb von O rundbesitz sind ihm veraddoesen.
Selbst das Reisen hat seine ^Schwierigkeit.
I )ie Versuche, den „direkten H.indel" einzuführen, sind nicht
viel erfolgreicher. In dem Verkehr mit Korea freilich behauptet
der .lapan< r die gleiche Stellung wie die Europäer in Japan,
In den Bt ziehungen mit China verlälst Japan gleichfalls mehr
und mehr seine passive Stellung. Im Verkehr mit anderen
Lttndem dagegen ist der Anteil iapanischer Kaufleute oder
riditiger Handelsgesell8chaf^ten, welche seit 3874 den ^direkten*
Handel pflegen und dabei alle mögliche Förderung von oben
finden, doch immer noch ein geringer.
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X 4.
407
Von der Ausfuhr kam auf die Reclinung einheimischer Knuf-
leute 1879 9 ' .> Prozent, in den Jahren, in welchen die Kxport-
gesellschaften haiiptdächlich Unterstützung fanden, 1881 und 1888
21 und 19 Prozent, 1887 12 '/2, 1888 nur mehr 11 Prozent,
1889 Boch nicht 10 Prosent^ Etwas andeiB ist die Entwickelung
bei der Einfuhr. Eb war nttmlicfa der Anteil der dnheimischen
Kanfleute 1879 etwa 5 Prozent, erreichte bis 1883 8 Prozent,
auf welcher Höhe er dann blieb bis 1886, um 1887 auf 11 und
1888 nui" 1:1, I^KO auf heinalie 15 Prozent zu steigen-. Von
der Kintuhr war terner ein '!Vil von der Regierung direkt ein-
geführt, nämlich in den aiige;4ebenen Jahren 1879 nichts. 188:^
1 Prozent, 1887 4 Prozent, 1888 beinahe 5 Prozent, dagegen 1889
nur 3 Prozent^. Im ganzen verhielt sich in den letzten Jahren der
von japaniacfaen Kaufleaten betriebene direkte £än- und Autfobr*
han&l zu dem der fremden Kaufleute etwa wie 1 : 7. Dafs der
durch den Aufsenhandel genährte Bankyerkehr zu einem Teile in
japanische Hünde gekommen ist, sei an dieser Stelle nur in Er-
innerung irfln ieht *. Von dem »Sehiffalirts verkehr mit dem Aus-
lande liegt nur der mit Koreii, Wladiwostok und Nordchina
zu einem erheblichen leile in japanischen Iliiuden. Hie greise
Menge der Ein- und Ausfuhr erfolgt auf ausländischen
Schiil'en. Die Zunahme des Aulknhundels in den letzten Jahren
hat rieh auaschlieialHsh unter Benutzung audltndiacber Schiffe
▼ollzogen. Von dem ganzen Warenverkehr mit dem Auslände
kamen auf die japanische Flagge dem Werte nach 1883 nur 14
Prozent, 1888 und 1889 nur 7 Prozent^. Von anderen Flaggen
sind zu nennen
die britische unt 50 Prozent, 57 Prozent, 62 Prozent,
die französische -19 - 13 - 11
die amerikaniäche -13 - 10 - 6
die deutKhe - 2Vs . 10 • 9 -
• Die absoluten Zahlen sind für 1879: 2678000 Yen, 1883: 7361000
Yen, 1888 : 7<^xl 000 Yen, lb89: G7h2O0<) Yen. Von letzterer Snoime
kommen zwei Drittel nnf Seide, Reis und Kohlon.
• Die absoluten Zahlen sind für 1^79: 10 14 (AK) Yen. is^a: 2.396000
Yen, 1888:' 8500000 Yen, 9t>4<)000 Yen. Die Hauptposten in lets-
terer Summe kommen auf Maschiiicii ifür die zahlreichen Fabriken —
die Vermittelun^ dürfte doch wohl vielfach durch fremde üäuser erfolgt
sein), Dampfschiffe, Baumwolle und Wolle, Bohnen, Hilute.
« Nämlich 1888: :u:i^()00 Yen, l.^s9: 2 109 000 Yen. Hauptposten
EisenbahTippinenm) , Lokomotiven, andere Eisenwaren und Mfiscliinen,
Cement; im weewnl liehen handelte es sich alsu um den iJedurt für die
Eisenhahnbauten.
• V^'l. die Kapitrl ^[^u)zu•eserl 172 und Hnnkwoscn S. UM f.
^ Wegen ahweichendcr Üerechuuug der tiold- und Silberwerte in
den beiden Jahren erscheint der TerhlltnismSfsige Rückgang um dn
weniges zu stark, der franKiJsische und amerikanische zu gering, der
englische und deutsche Fortschritt etwas zu grofs.
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408
X 4.
Selbstverständlich erhält man andere Verhältniszalih n, wenn
man den TonncDgehalt der aus dem Auslunde einlaulenden und
nach dem Aiidftode abgehenden Sduife in Betracht «ebt Da-
nach kamen
]Hs^\ isHj^ ^-m
auf die japanische Flagge 21 Proaent, 17 Proaenty 22 Proaent.
- - britische * 42 - 44 • 46 -
- franzrisische - 4 • 6 - 5 -
- amerikanische • 21 - 10 - 9 -
- - deutsche - Vfs - 16 - 14
Für die VerseluVrlr-nlfeit beider Verhältnisreihen ist nament-
lich der verscliiedcne iVnleil der einzelnen Lioieu und Flaggen
an der wertvollen Seidenfracht entsclieidend.
An dem Seeveröieherungtjge&chiifl hat die eine japanische
SeevenicberungggeseUachaft (aeit 1879 in Tokyo) nur einen ganz
bescheidenen Anteil.
JLMe auswärtigen Handelsbeaiehungen Japans
liegen also gana ODerwiegend in ausländischen Hän-
den, denen der fremden Kaufhäuser in den offenen Häfen. Der
japanische Kaufmannsstand steht auch einstweilen an Bildung
und Zuvorlas.si^^krit zu weit iiinter seinen atislitndisclien Konkur-
renten zurück, lun den Wettbewerb erfolgn ieh bestehen zu können.
Die wenig zaldreieheu alten Otwika Firuieu iiaben sich bis iu die
neuste Zeit vom AuTaenhandel fem gehaltoi. Die ebzige be-
merkenswerte Ausnahme ist das greise Haus llilBui^, welches
187<3 die Mitsui Bussan Kwaisha aum Betrieb des Aus- und
Einfuhrgeschäftes gründete. Diese macht Geseliäfte aller Art,
betreibt in neuster Zeit vor allem Reis- und Kohlenausfuhr, hat
aber auch Kohlengruben (MiikeJ, eigene iSchiffe u. s. w.', ist
' Der iil teste bekannte Vortahr war zu Voritomos Zeit (12(H)) .Sake-
brauer in Isc. Seit ir.s i «^.-hüren die Blitsui zu den grofaen GotukaySi
Sc )iTiitt\v tr -!ih iii ih iii in kyoto. Ihnen gehört auch die gröfate j«tst
be»t<^hen(ie Ftivulbank
* Ein flfutes Beispiel, vne die moderne sociale Umwttbsoxig die
Stände durcheinanderbringt, bietet das Leben des Direktors der Gesell*
Schaft, Masuda. Ein Tokugawa - Samurai , wurde er l^t>'i <\>'r amerika-
iii^clien Gesandtschaft als Dolmctfechorelrvf beigeyrehcii , ^'"g l'^^
einer japanischen (»esandtgchaft nach Frankreich und wurde nach seiner
liückkcfir K n \'!ill<'ne - Offizier laui als .solcher ib i franzör^ischen Missioo
Militaire zugeteilt. lt<l{) wurde er Kautinann in \<»kohania, 1872 MUas*
direktor. 1879—1^(76 Direktor einer Handelsgesellschaft^ Sensho Kwaiaha,
«Ii«; sjifiter eingegangen ist, endlich ix7»i Direktor der Mitsui Hussan
Kwaisha. Nebcnlior ist er jiominell Leiter der wichtin;stcn japaniwben
Huudeiözeitung, Chugwai Bukka Shiinpo, jetzt Shogyo Übiiupo. — Ein
Seitenstüek dazu ist der Lebenslauf eine» Teilhabers des gleich zu er-
wähnenden llauBe<=i Ftijita, Nakano. Kr m mt lU'amter df^ H;\kufu und
Sehörte zu dem iiüutiein derer, welclie biti zuletzt in üakoUate gegen
ie neue Regieranfi; Widerstand leisteten (\^9\ Dann lals er im w
laiiLmis, \^nrde aber nach einem Jahre begnadigt. Im Jahre 1S74 zum
Iie7.irk8hauptmann ernannt (in Yamagnchi). nahm er 1>>'7.' seinen Abschied
und gründete mit Fujita ein ilandel^Uauä iu Osaka. Er war Viccpräaident
I
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409
audi aa der eben erwähnten Seeversicherang^g^eBellachaft be-
teiligt
Alle anderen p-rifseren derartigen Gesellschaften sind neueren
Ursprungs, so, um die wiclitigsten zu nennen , die Mitsu Bishi
Kwaisha des ( rDdx n-, ^V(■r^ll^eaitze^8 und Reeders Iwasaki (1874),
die Okura-guiiu m Tokyo (1874), die Fujita-gumi in Osaka (1875),
die hauptBächlich Setaenausfuhr betreibenden Boyeki Shokwai
n880) und Dosbin Kwaisha (1881). Das neuste Experiment
derart ist die bereits erwähnte Tneeausfuhrgesdilschaft (Tgi S. 402).
Die Bedeutung dieser Gesellschaften beruht in der Regel auf
der Unterstützung, welche sie bei der Regierunf]^ Hndcn. So be*
trieb die ebengenannte Doshin Kwaisha ihr erhebh'ilK*« Seiden-
aiisfuhrgeschüft bisher mit einom cif^enen Kapital von nur lonoOO
ien, wälirend ilir ganz bedeutende ^Jummen flir sehr geringe
Zinsen von der Sliokin Ginko auf Veranlassung der Regierimg
geliehen wurden. Als die Bank 1888 nicht mehr in der Lage
war, das fortzuaetsen, sah sich die R^erung yeranlarst der Ge-
sellschaft swei Millionen Yen auf ein Jahr zu Idhen, um ihren
Sturz zu verhttten.
Zur Vermittelung des Verkehrs zwischen den fremden Häusern
in den offenen Häfen und den Kaufleuten und Produzenten im
übrigen Lande ist ein neuer Stand von Händlern erwachsen, welche
in den Häfen und in Tokyo und Osal^a ansässig im wesentlichen
nur Kommissionäre sind, die Toiya, meist aus den früheren
Krämern hervorg^angen, aber auch sonst abenteuerliches Volk
enthaltend, in gesellschaftlichen Formen wie geschäftlicher Zuver-
lässigkeit ein unerfreuliches Geschlecht, welches die unter den
fremden Bewohnern der Häfen Üblichen abfälligen Urteile Uber
japanischen Charakter völlig verdient. Geschäft auf Kredit mit
ihnen ist geföhrlich und Versuche in dieser Richtung sind of^ mit
schweren \"erlusten gebüfst. Bestellungen auf einzuführende Waren
wie Lieferungs Verträge über Ausfuhrprodukte haben glcichfiiUs
eine unsichere Grundlage, da der japanische Hllndkr an solche
Verträge sich niclit langer liält, als ihm vorteilhaft ist. Schadens-
ersatz ist aul'ser Frage, da diese Kommissionäre thatsäcldich oder
schembar sdbst nichto haben. I>ar Begriff einer kaufmännischen
Ehrcy die ihren Verpflichtungen auch mit Verlusten nachkommt^
fehlt in diesen Kreisen noch vollständig. Wie sehr solche Ver-
hältnisse die Entwickelung des Handels hemmen müssen, liegt
auf der Hand.
Betr-toliten wir nun die Entwickelung des japa-
nischen A u fs e n Ii a n d e 1 s zahlenmäfsig etwas näher, so sind
einige Bemerkungen Uber die Wertzahlen vorauszuschicken. Die
der Handelskamuier, 1m77 ArmceUeferant, wurde 1^70 wegen Verdachts.
Papiergeld gefälscht zu habe», vorliaftet, iiuch drei Monaten aber wieder
freigelassen und starb als reicher Mann im Jabre 1683.
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X 4.
japanischen Zölle*, sowohl die von der Einfuhr wie die von der
Ausfuhr, waren anfangs reine Wertzölle Erst die Konventiou
von Yedo (1866) ersetzte diesf' bei fast allen wichtigen Waren
durch specififichc Zulk . Bis zu dieser Zeit sind daher die Wert-
deklarationen iiotoritich stets zu niedrig gemaclit; was durch die
Unerfiihrenheit der Zollbeamten, später wohl auch durch ihre
Unehrlichkeit erleichtert wurde. Erst nach 1866 nnd die An-
Sahen aUmählich genauer geworden. Bis 1868 habe ich daher
ie von den englischen Konsulaten ermittelten Zahlen benutzt,
da sie der Wahrheit wohl näher kommen.
Ferner ist 7.n heachten der Einflufs, welchen das Schwanken
de» Wertverhältuisses von Gold und Silber auf die Hcnauigkeit
der Zahlen ^cWht hat. Nach der alten Relation von 1 : 15^/2
waren 100 Öilberyen ungefähr gleich 101 Goldyen, dagegen 1886
nur mehr 80, 1888 nur 75 Goldyen (vgl. oben Milnzwesen 8. 169).
In der Handelsstatistik hat man aber fortgefahren Gold' und
SÜberyen als gleich bu behandeln. Alle nach Goldwert dekla-
rierten Waren (d. h. in Pfund Steriing, Mark, Francs, Dollars eta)
sind daher zu niedrig angegeben im Verhältnis zu den in Silber
deklarierten, was naturji^emjlfs mehr die Einfuhr als die Ausfuhr
trifft. Erst seit 1888 sind in der ZollaniLs-Sfcitistik alle Werte
auf Silber um^^erechnet, was wieder die neusten Zahlen mit
denen früherer Jahre, wenigstens was die Einfuhr betrifft, nicht
recht vergleichbar macht. Im Statiötischen Jahrbuch, Band Viii,
hat das Statistische Amt versucht; wenigstens die Werte der
Hauptsummen bis 1879 surttck annfthemd auf Silber umzu-
rechnen. Für die dnselnen Posten ist eine solche Umrechnung
jedoch nicht vorgenommen.
Erschwert dieser Umstand die Vergleiehung der einzelnen
Jahre sowohl als die der Einfuhr und Ausfuhr, so verbietet ein
anderer Umstand den direkten Vergleich der Ausfuhrwerte mit
den Einfuhrwerten Der deklarierte Wert der Ausfuhr bezieht
sich auf den wirklichen Wert der Ware in dem betreffenden
Ausfuhrhafen. Der deklarierte W^ert der Einfuhr dagegen be-
mdnt sich auf den Wert der Ware am Ursprungsort Um
also den wirklichen Wert bei der EJinfohr festsustellen, mttfste
man noch die gesamten Kosten des Trar ] otts, der Ver-
sicherung etc. in Rechnung ziehen. Wieviel das ist, läist sich
natiürlich schwer saj::en. Sachverständige behaupten, man müsse
12 — 18 Prozent /lun deklarierten W'erte zuschlagen, um den
wirklichen Wert b( i der Ankunft in Japan zu erhalten.
Man erhält begreiflicherweise sehr verschiedene Zahlen, je
nachdem man diese Dinge berücksichtigt oder nicht. liechnet
man z. B. die Warenein- und -ausfuhr ftlr die sehn Jahre 1879
bis 1888 zusammen, so erhftlt man nach den Zahlen des Zoll-
« Vgl. drittes Buch, Kapitel 4 lU.
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X 4.
411
amts einen (.'berschufs der Ausfuhr Uber die Einfuhr von
40007000 Yen. Nach der Umrechnung auf Silberwerte durch
das Statistische A ri t T)ptr?i trt der Überschufs nur mehr 9371 000 Yen.
Schlflgt man aut den bilberwcrt der Einfuhr 15 Prozent auf als
Transfjort- etc. Kosten, so verwandelt sich der scheinbare Aus-
fuhrüberschufs in einen tJberschufs der Eiiituhr Uber die Ausfuhr
von 50311000 Yen. Ein Zuschlag von nur 10 P^rosent ergiebt
immer noch einen ESnfuhrttherschttls von 80417000 Yen^.
Aus dem Gesagten geht hervor, dafs die Wertzahlen der
AuefuhrstatiBtik ziemlich hrauchhar, die der Einüihrstatistik,
namentlich vor 1888, dagegen so gut wie unbrauchbar sind.
Alle die auf di'' Zollamtsstatistik b<'grünflptf'r! scliönen Hundels-
bilanzbereehnungeu, die man so vielfach zu sehen bekommt, die
feinen Durehschnittswertberechnun^jen (aus Zahlen, von denen
man nicht weifs, wieviel Gold- und wieviel iSiiberyen sind) er-
scheinen damit als ebenso hinfälU^ wie die daraus gefolgerten
Schlüsse (namentlich das beliebte Ai«ument, das Papiergdd sei
aaf Pari gestiegen, weil die Einfuhr ninter der Aasfuhr zurück-
geblieben sei)-.
Für die Betrachtung kurzer Zeiträume kommt beim Ver-
gleich von Einfuhr und Ausfuhr auch noch die oben beschriebene
Organisation des Handeln in Hetracht. Die eingeführten Waren
gehen durchaus nicht immer sofort in die japanische Volkswirt-
schaft über, sondern zunliclist in die Speicher der fremden Kauf-
leute. So kann eä kommen, dai'ä die Ein- und Auöfuhrlisten
fUr ein einielnes Jahr ein ganz unzutreffendes Bild des wirklichen
japanischen Aufsenhandels geben. Z. B. zeigen die Zahlen der
Zollstatistik ftür 1886 ein aufEsülendes Müs Verhältnis in der Ent-
wickelung von Einfuhr und Ausfuhr, nÄmlich ein ganz bedeutendes
Stei^ren der Ausfuhr bei nur mJlfsi«rer Zunahme der Einfuhr.
Das Verhiiltnis hört auf raerkwiinliir zu sein, wenn wir aus den
Berichten der fremden Handelskammern sehen . dal's in-
folo^e des Anwachsens der Ausfuhr die grofsen \'orrätc der
fremden Kaufleute an Importwaren sich bu vermindert haben,
dafs die Vermehrung der von Japanern gemachten Waren-
ankäufe allerdings der Zunahme der Ausfuhr entspricht.
Umgekehrt bedeutete die grofse Zunahme der Einfuhr 1^88 nur
teilweise dne vermehrte Aufiiahme^igkeit des japanischen
* Der Überachufg der koustatierteu Edclmetallauüiuhr betrug in der
gleichen Periode in Silber berechnet fBst genau 14 Millionen Ten.
* Man köinito ^'open die f'cwälilto zclinjlilirige Periode Einwoiidnngrpn
machen. Nehmen wir aber auch nur die Jahre 1HS2— weiche sämt-
lich eine anscheinende Mehrausfuhr zeigen, so ergeben die korrigierten
Zahlen bei Prozent Ztuchlat^ zum Einfuhrwert einen Einf uhrübe'r-
schufs in den 7 Jahron von 1106.5000 Yen, während in Silhrr fnach
den Zahlen des ^Statistischen Amtes) ein scheinbarer Ausfuhrübcrächurs
von 31614000 Yen vorhanden ist
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412 X 4.
Marktes^ teilweise dagegen eine Vergröraerung der Warenlager
der Fremden ' .
Die vorstehenden Hemerkungen sind bei einer Betrachtung
der Zahlen der Handelsstatistik also wohl zu beachten. Immer-
hin geben sie doch ein gewisses Bild. Durch Zusammenfassung
der einzelnen Jahre zu kurzen Perioden wird dies noch etwas
deutficher werden.
Die Aua- und Einiulir im jährlichen Durchschnitt* hetnig
rund:
Ausfahr Einfuhr
1860-63 (die Anfänge) 8090000 Yen 3084000 Yen
1864—68» (Büigerkriege) 15540000 - 13135000
.(Umsturz, a. 17525000 - 23103000 -
1869—72 {Mifsernten, erste
I Papieremission) b. 15640000 - 25650000 -
1873—77 (Neuorganisation) 22147000 - 26598000 -
1878-81 l^ralon)*''''^''" 29300000 - 36355000 -
1882-85 LÄS'" 37287000 - 32431000 -
1886-89 ^tÄ^T 59261000 - 552080U0 -
Dicüe Zahlenreihen zeigen ein sicher befriedigendt^ Bild einer
Stetigen Aufwärtsentwickelung, namentlich wenn man sich auf
die Betrachtung der Ausluhrzahlen beschränkt, die einerseits
richtiger sind* anderseits weniger unter dem Einfluls der
Währungswirren stehen. Abgesehen von dem durch die Um-
wälzung und die Nöte der Z«t am Ende der sechziger Jaiire
veranlaCslon Stillstand zeigen unsere Dinrhsclmittszahlen bis 188."")
eine geradezu autVallend regclniäl'sige ZnTi.ihmc d<'r Aii>^tnlu-,
welche dann in den letzten .lahren noch erheblich Wsciiicuiiigt
ist. Von Jahr zu Jalir findet M\ dagegen ein starkes Auf-
und Abschwankeu der Auöl'uhrzahlen, z.B. 1875: 18611 000 Yen,
' Beispielsweise nahm in Yokohama der Absatz von BaumwoU^^aru
um fast IHOOO Pikul zu (auf iHKm Piknl), aber die Vorräte am KnrJ.
des Jahres wareu um mehr als l*JCK)0 Pikul [auf beinahe 29 000 Pikui>
gestiegen. Von DrahtnSgeln stieg der Absatz um 1.%2 Pikul, die Vorräte
um 15 000 Pikul, u. s. f. bei fast allen Stapolartikeln.
* Die Zahlen für 18()0— (>8 und für l^^Hil— 72 a nach den engli.schen
Berichten, für — 72 b imd die folgenden Perioden nach der japa-
nischen Statistik des Htatistiscbeu Amtes, seit 1h7ü korrigierte Silbenrerte.
För die einzelnen I ilue finden sich die Zahlen im Anhanp;. — Von
der Zollamtsetatis tik weichen diese Zahlen insofern ab, als durchweg
Wiederaasfnhr snr Ausfuhr, Wiedereinfuhr zur Einfuhr ij^erechnet ist»
während frnlMT das Zollamt die Wiederausfulir von d^r Einfal)r, die
Wiedereinfuhr von der Ausfuhr abzoß. Ferner enthält die Zollamts-
Statistik den Handel mit Korea erst seit dem Februar
-* Die Zahlen fOr 1880 sind unbekannt, da die Ermittelung fllr
Yokohama unmöglich war (das Zollamt und fast die gamte NiederlaBSoqg
verbrannten am 26. November).
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X 4. 418
1876: 27712000 Yen, oder 18«1 : 83004000 Yen, 1882:
30450000 Yen, 1884: 33985 000 Yen. Das hat seinen Grund
iD der Abhängigkeit des gröfsten Teiles der japanischen Ausfuhr
von den Ernten und von einer Ware, welche so heftigen Preis-
schwankungen unterliegt, wie Seide. Auf Rechnung dieser
kommen die Haaptschwankungeo , z, B. betrag in a&n oben
genannten Jabren die Ausfubr von Rofasdde (Gr%e) aUein :
1875 608 892 kg im Werte von 5 424 916 Yen
1870 1118549 - - - - 13197 021 -
1881 1080709 - - - - 10047010 -
1882 1730441 - - - - 16232148 -
1884 15559039 - - - - 11007171 -
Von dem grol'sen Mehrwert der Ausfuhr des Jahres 1888
im Vergleich mit dem Vorjahre von gut 13 Millionfn Yen
kommen allein auf Steide aller Art 0 800000 Yen und auf Reis
(Folge der guten Ernten) 5170000 Yen. Diese starken
Schwankungen Jahr au Jahr madien die Begelmäfsigkeit
der Zunahme, wenn wir mehrjährige Dorehflchnitte annehmen,
um ao bedeutsamer.
Da die Z usammensetzung der Ausfuhreines Landes
die wichtigsten Schlüsse auf seine wirtschaftliche Entwiekeliing
gestittet. habe ich tiir die Jahre 1883 und 1888 aus der Statistik
des Zollamts eiiK» iti<)>, liehst genaue Vergleichung nach gewissen
allgemeinen Km» tiv't'i* ' H zusammengestellt. Um den \'orwurf zu
vermeiden, als liubt ich den FortschriLL zu sehr /eigen wollen,
habe ich als Ausgangspunkt abdohtÜch ein gutes Janr gewählt.
Beide Jahre haMn gute Seidenernlen, ab^ nicht sehr hohe
Seidenpreise. Etwas störend wirkt nur die anormale Höhe der
Kupferpreise von 1888 und die auch wohl nicht ganz normale
groise Beisausfuhr. Wenn in der Zollstatistik 1883 die Ausfuhr
nach Korea fehlt, so schadet das niclit viel, da sie zu fineni
gi ol'sen Teile aus europäischen i'rodukten besteht und Überhaupt
nicht bedeutend ist ^
Aus dieser ZiLsammenstellung geht hervor, dals die Ausiulir
japanischer Erzeugnisse 1883 einen Wert von 35812428 Yen
hatte, dagegen 1888 einen Wert von 64891683 Yen, eine Zu-
nahme um 81 Prozent, Diese Summen verteilten sich folgender-
maisen:
Zunahme
1883 1888 in Frozentea
A. Landwirtschaftliche
Erzeugnisse 27139265 Yen 43447966 Yen 60
B. Erzeugnisse des
Waidesund der Jagd 1194844 - 2011077 - 68
1 Sie hatte einen Wert von 2248080 Yen, wovon 1809031 Yen
auf ausländische Produkte kamen.
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414 X 4.
Zunahme
1883 1888 in Prozenten
C. Erzeugnisse des
Meeree (ohne Salz) 2371679 Ten 3300245 Ten 39
D. Metalle und andere
Mineialien 2363563 - 7097464 - 200
£. Erzeugniaae der
IndustnV 2422188 - 7 4(36 720 - 207
F. Verachieiieneä 328916 - 1588211 -
Lassen wir die letzte AbteiQnng in welcher übrigens der
Anteil industrieller Erzeugnisse yerhältnismärsig gröuer sein
dürfte als in der Gesamtausfuhr, unberüeksichtigt, so war die
Aufituhr auf die iUnf anderen Klassen iblgendermalsen verteilt;
1883 1888
A. Landwirtächaft 70,4", o 68,«" o
B. Wald und Jagd 3,4<>/o S,!«»/«
C. Meer ö^i'^/o 5,«o/o
D. Bergbau etc. 6,7<^/o 11,2^ 0
E. Industrie H 11,h« o
100 100
Diese Zahlen zei^^en also, dals verliJiltnismälsig die Ur-
prüilüktionen weniger zugenommen haben als die formftndernde
Produktion. Int'olgcdcasen ist auch ihr Anteil an der Gcsamt-
ausfubr jetzt etwas geringer. Aber trotzdem zeieen die Zahlen
deutlich^ wo auch heute noch der Schwerpunkt der Japanlscheii
Volkswirt^shaft liegt, im Ackerbau.
Der japanische Ausfuhrhandel stützt sich auch heute noch
in der Hauptsache nur auf einige wenige Produkte , denn es
kam auf
1883
1888
Seide aller Art
52 0
44 « 0
Keii»
3°/o
11 «0
Thee
17 «0
Kohlen
4«o
Kupfer
2^0
5%
Zusammen
78 «io
74 " 0
Immerhin nehmen andere Waren absolut, aber fast nicht
relativ zu, was höchst wünschenswert wäre, damit das fUr die
Stetig;k«it der Handclsentwickelung gefährliclie grofse Thnr-
gewicht einzelner stark in Menge und Wert sehwankender Artikel
(Öeide, Keis, Kupfer) sich allmählich vermindere'.
> Diu eenaunt«ii fünf Waren (Seide einschh Giaii») waren vom
Werte der Auafahr
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X 4. 415
•
Eine entsprechende allgemeine Ubersicht dor Einfuhr
zu geben ist unmöglich, wie aus dem oben über dif eigcn-
tinnliche Wertberechnuug Gesagten hervorgeht. Namentlich
feind die Wertzahlen seit 1888 mit (h^nen der Vorjahre nicht
vergleichbar. Das einzige, was man thuii kann, ist die einzelnen
eingeführten Waren soweit möglich nach der Menge zu ver-
gleichen. An einigen der bedetitendsten Waren mögen die Haapt-
Bttge klar gemacht werden. Als Games liat die Einfuhr stark
unter dem EjuAufs der Wührungswirren gestanden. Von der
Zeit an, dafs Papier im Umlauf allgemein an Stelle des Metalls
trat, hat die Eintulir stftndig die Ausfuhr tiborragt und mit dem
Höhepunkt der Payjierausgabe, 1880, auch ihren ersten Höhe-
punkt erreicht mit dem .. Ursprungswert Won 41 102 000 Silberyen.
Da« Sinken der Kaufkraft des Landes im Zusammenhang mit
dem Steigen des Wertes der inländischen Valuta führte zu einem
erhebUchen Rückgang der Einfuhr bis mm ti^bten Stande van.
32156000 Silbeiyen Ursprangswert im Jahre 1884, dem Jahre
der äi^gsten Depression. Nach Aufnahme der Barzahlungen
(1. Januar 1886) stieg mit der Belebung aller Geschäfte die
Einfuhr rasch und stark bis auf den Wert von 6(1103 767 Yen
im Jahre ^'^^O, womit sie allerdings dem Bedarf des Lmdes
stark voran<T;eeilt war, wie die zunehmenden Warenvorräte der
fremden Kaufleute am Ende der Jahre 1888 und 1880 zeigten.
Betrachten wir die Einfuhr im einzelnen, so »ind zunächst
swei Waren hervorzuheben welche Gegenstände des allgemeinen,
wenn aneh nicht unbedingt notwendigen Verbrauchs sind und
Yon Japan selbst nur in ungenügender Menge hervorgebracht
werden, die also vortreffliche Objekte ftir Finanzzölle sein
würden: Zucker und Petroleum. Zucker, chinesischep Ur-
sprungs, ist schon immer einpfefiOirt woiden, in neuerer Zeit
nufT in stei^Tnden Mengen. Brauner und weifser Zneker zu-
sammen- wurden 1868 erst rund 1:3 540000 enigeführt
(Wert 87B00O Yen), 1880 bereits 40 796000 kg (Wert
3542060 Yen), 1883 50080000 kg, 1886 64330000 kg, 1888
87260000 kg (Wert 6853000 Yen), 1889 72430000 kg im
Werte von 6205000 Yen. Von dem ganxen (Trsprungswerte
der Einfuhr kamen auf Zucker 1888 11, 1889 9 Prozent Nicht
ganz so wichtig, 1889 mit etwa 7 Prozent des Wertes, erscheint
Petroleum« Die £infdhr war lange snemlich unbedeutend, über-
lb(i5 940/0 1882 75 «/o
1869 88 • 1884 74 •
1872 86 - 1--': 7:^ -
1875 82 - 74 -
(aber 1876 93 - ) 1889 74 -
1880 78 -
' So könnte man wohl, nach dem Vorgang der amtlichen japunischeii
Statistik, aogemeasen statt £iDfohnrart sagen, mn MiCsventändniasen
vorzubeugen.
^ Die geringen Mengen HuUucker etc. fallen nicht ins Gewicht.
Vgl. äbrigens oben im Kapitel Laadwirtschaft S. 335 ff.
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X 4.
stieg 187s ganz plöt/lich 10 Millionen Gallonen' und erreicbte
1889 den bisher hücbstcn Betrag von 37 Millionen Gallonen
(davon 6 7()7 000 aus Rufsland) im Werte von 4r,K7()00 Yen.
Die Einfuhr von gewerblichen Koiiütotfen iöt nicht be-
deutend. Von dnigem BeJaiig nnd die von Japan nur in un-
genügenden Mengen ensetigten Metalle, doch werden auch diese
meist schon in bearbeiteter Form eingefilhrt. Die Einfuhr von
Eisen, Stahl und von Waren daraus (ohne Maachinen, Waffen etc.)
hatte in dem bisher liöclisten Jahre 1888 zusammen einen Wert
von 6189000 Yen (1889 51686(52), wovon auf Roheisen und
Stahl nur 596000 Yen (1889 4»»2 000 kamen. Irameriun
ist das schon erheblich mehr als früher. Wichtiger ist die sich
ganz neuerdings entwickelnde Einfuhr von Baumwolle, meist
aus China, welche 1889 schon beinahe 38,7 Millionen kg betrug,
wovon &8t xwei Drittel ungemnu^te war'. Dagegen wurden
1883 erat 1^/4 MiUion kg eingeftlhrt Der Wert war 1889
5669000 Yen, fast 9 Flrozent der Einfulu. Das plötzliche An-
wachsen hängt mit der raschen Entwickelung der inländischen
Baumwollindustrie in den letzten Jaliren eng zusammen. Das
hindert nun nielit, dafs H au in '.vollfahr ikate zwar nicht
mehr, wie bis 1S80, ein Drittel, jiber docli inuner noch mehr als
ein Viertel des Wertes der iranzen Einfuhr ausmachen, niimlieh 1889
17 202000 Yen. Dabei hat sich aber doch ein bemerkenöwerter
Fortschritt ToUzogen. Während Baumwollgarne früher
höchstens die Hälfte dieser Einfuhr ausmachte, haben sie einen
immer wichtigeren Platz eingenommen und hatten 1888 89 be-
reits drei Viertel des Wertes fuler eingeüihrten ßaumwoUfiibrikate.
Auf diese eine Ware kommt etwa ein Fünftel der pmzen japft'
nisehen Einfuhr (isss 13612000 Yen, 1889 12522(i00 \en\
Im Jahre 1868 wurden erst 2V4 Millionen kg eingeflihrt. Von
1877 bis 1878 sprang die Einfuhr plötzlich von 9 auf 16V 2
Milhonen kg, hielt sich bis 1886 zwischen 12 und 16 Millionen,
stieg 1887 auf beinahe 20, 1888 auf fast 28' - Millionen kg,
sank aher 1889 wieder auf 25,t Millionen kg. Demgegenüber
hat die Einfuhr Ton Baumwollatoffen erheblich an Bedeutung
verloren, wenn auch die absoluten Zahlen in den letzten
Jiln n mit zunehmender Kaufkraft wieder gewachsen sind.
Der Hauptartikel sind stets graue Shirtings gewesen. Davon
wur'l* n ein «geführt im Dureh>5ehnitt der Jahre 1868 70 rund 24
Millionen Yards, 1874 76 über 54 Millionen. Der Höhepunkt
war 1879 mit beinahe 67 Millionen Yards. Dann folgte ein
stetiger Rückgang, bis 1884 das Minimum von gut 19 Millionen
zeigte. Nach anfunglieh langsamem Steigen bradite 1888 wieder
> En wird in raffiniertoin Zustand in Kisten von 10 Gallonen (38 1)
eingeführt.
* Auf gereinigte fisumwolle umgerechnet mGgen rieh 22 Millionen
kg ergeben.
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X 4.
417
fast 42 Millionen, freilich mit dein Erfolg einer gewaltigen Über-
ttillung aller Lager, so dalä 1889 die Einfuhr wieder auf 36
Millionen sank.
Gans anders iit die Entwickelung der Woll waren ein-
fuhr, auf welche sehr regelmafslg 11—12 Phisent der Einfiihr
eotfiülen. Die japanische Wollenindustrie h'egt ganz in den
ersten Anfitngen, eigene W^oUproduktion ist nicht yorhandeo.
Fast die ganze Einfuhr besteht in Fabrikaten.
Nach der TextilinduBtrip, welcher mit Material und Fabrikaten
nicht viel weniger als die Hältlc der Kintuhr angeliört, kommt
die MetaUinduötrie. Metalle, Metaliwaren, Instrumente, Maseliinen,
Waffen und Schiffe \varen in den letzten Jahren dem \N'erte
nach rund ein Fünftel (1888 22, 1889 19 Prozent) der Einfuhr ^
VolkswirtBchafUich beachtenswert ist, dals davon ein erheblicher
T«l direkt zur Hebimg der ProduktionsfUhigkeit des Landes
bestimmt ist (Eisenbahnmaterial, Schiflfe, Maschine n fllr Fabriken),
dals ein anderer Teil in der Form von Halbfabrikaten (Stab-
eisen. Bleche etc.), also Hulfsstoffen der <7ewerhlichen Produktion
erscheint. Das Gleiche gilt von der Eintühr chemischer Produkte
(Farhwaren, Droguen. Medizinen etc., auch Schiefspulverl, welche
gut ü i'iozent der Einfuhr von 1888 8i' ausmachte, wovon über
ein Drittel allein auf Farbwaren kam. Auch hier ist ein stetiges
Anwachsen zn bemeriien. So stieg z. B. die ESinfiihr von Anifin-
fiurben von 70000 kg im Jahre 1883 ganz stetig auf 212 000 kg
im Jahre 1888, hetroe allerdings 1889 wieder nur 174000 kg.
Im ganzen betrachtet ruft also die Einfuhr nach Japan den
Eindruck des wirtschaftlichen Fortsclirittes hervor. Aber freilich
besteht -^ie heute, und wird sie noch lancre bestehen, überwiegend
aus Fabrikaten, das Gegen bild der in der Hauptsache aus Lebens-
mitteln und Rohstoffen bestehenden Ausfuhr. Ordnen wir die
Aus- und Einfuhr des Jahres 1888 in Prozenten nach dem
Schema: Lebens- und Genufsmittel , industrielle Rohstoffe,
Falmkate, so erhalten wir ungefilhr folgendes Bild:
Aoafobr Einfuhr
Lebens- und Qenufsmittel 29 ^/a 15*^/0
Industrielle Hohsto£fe 58 ^/o 1 0 o
Fabrikate 13 ""/o 75 »/o
Wollte man diese Verhältniszahlen mit denen europäischer
Länder vergleichen, so ist die eigentümliche Natur dea japanischen
Zollwesens nicht aufser acht zu lassen. Der gröfste Teil der
Einfuhr ist zollpflichtig.^, aber durchwe^r im t;anz n?edrin;en Sätzen
und ebenso werden niedrige Ausfuhrzölle früher von der ganzen
* 1883 wftren es erst 12 PA>zent gewesen, doch sind, wie gesagt,
die Zahlen nicht vpr^rloic-hbar. Jedenfalls hat aber nicht nar eine ab-
solute, sondorti aucli eine relative Zanabme stattgefunden.
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418
X 4.
Ausfuhr, jetzt noch von den wichtigsten Produkren erhoben.
Einen nennenswerten Einflulb auf deu Aulbeuliaudel übt also die
Regierung weder durch erhebliche Schutz- noch FinanzzöUe aus.
Sie hat fanher aich beschriiiikt auf die Förderuii^ der GeeeUadiaflbeii,
wddie den „direkten Handel'' betreiben, auf die Pflege der für
die Ansfiihr arbeitenden Produktionszweige, auf die Gestaltung
ihres eigenen Bedarfs an ausländiachen wliren, auf die indirekte
Beeinflussunp^ durch ihre Bank- und Wälirnnf^spolitik
Sind die (lesamtsummen des japanischen llaDdelö in neuerer
Zeit * rliebUch erestie^^cn, so sind «ic im Vergleich mit denen
curupaiacher Luidcr doch noch recht gering, wie beöunders der
auf den Kopf der Bevölkerung entfallende Betrag
Mtgt Dieser war im Dorchschiiitt der Jahre 1873/75 eaC
139 Sen, 1879/81 189 Sen, 188m 187 Sen, 1886/89 267 8m
(knapp 9 Mark), 1889 allein 344 Sen (etwa 11 Mark). Auch
dieser letzte höchste Betrag ist erst zwei Fünftel des Kopfistnteils
in Rufsland (1886 ca. 26 Mark) und etwas geringer als in
Britiach-Indion.
Eine Folge der Organisation des japanischen Aulseuhandeis
ist auch seine grofsc Koncentration in eigentlich nur
zwei Plätzen, Yokohama und Kobe, ersteres 1859, letzteres»
1868 eröffiiet Mehr als 90 Prozent der Ein- und Ausfuhren
gehen über diese Orte. Für die fremden Kaufhäuser lohnt es
sieh nicht an den kleineren Plätzen eigene Niederlassungen an
gründen. Die Verbreitung der Einfuhr aus dra grolsen rlätwm
Uber das Land, die Anfuhr der Exportwaren besorgen viel
bilHj^er die japanischen Komraissionshandier. So kommt f-s. dafs
die im Norden verbrauchten ausländischen Waren nicht nher
Hakodate, sondern über iokohama ein^efiilirt werden, ^lal- (1<t
Süden bis in die nächste Nähe von Nagasaki seinen 13» dai t bei
den groÜ30u japanischen Häusern in Osaka deckt, welche die
Waren über Kobe beBiehen. Von d^ ofeien Plilsen findet
aber Tokyo und Nügata ttberhaupt kon Auisenhandel statt,
ttber Hakodate und Osaka ist er ganz unbedeutend, an ersterem
Platze eigentlich nur in Ausfuhr von Seeprodukten und Schwefel
bestehend. Selbst Nn^saki mit seinem guten Hafen, zahlreichen
Seeverbindungen und alten Handelsbeziehungen nimmt an der
Einfuhr schon seit Jahren nur mit drei Prozent teil. Wichtiger
ist es für die Ausfuhr, von welcher es etwa acht Prozent be-
hauptet, da CS der wichtigste Platz für die Ausfuhr von Kohlen
ist, auch fttr Beäs^ Kani]>her und Seeprodukte Bedeutung hat
Yokohama und Kobe, beides neue, durch den fremden fiandel
erst entstandene Stildte von bereits mehr als 100000 J^wohneni,
haben den Vorteil in der Nähe grolser Konsumtions- und
Industriecentren zu liegen, Tokyo einerseits. Osaka und Kyoto
anderseits. Roi der Anstnlir besteht ein < t lu blicher T^nterschi»Mi
zwischen beiden. Durcli die Koncentration des ganzen 8eiden-
handcls auf Yokohama hat dieses einen grofsen Vorsprung,
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X 4.
419
Auch SpidcTiw üien gehen überwiegend über Yokohnraa au».
Vom Tiiee werden etwa drei Fünflei von Yokohama, zwei
Fünftel von Kobe verschifft. Bei Kupier iialten sich beide
Plätze das Gleichgewicht. Dagegen gehen lieis, Kampher,
Waeha, Lampen imd eine Beihe ttlemerer Artikel ganz oder
Yorwiegend Uber Kobe, namentlich auch eine Mense von indu-
striellen Eraeugnissen , so ZündhOlser, Fächer, Wandschirme^
Bambuswaren, während bei anderen^ wie Porzellan- und Thon-,
Bronze- und KupferwfU'en, kein ^^rofser ünt^schied ist. I^ack-
w.mn jTohf»ri üWrwioo-^^nd aus Yokohama. Der Anteil Kobes
an der Ausfuhr ist stark gewachser fh^7;'. 1^?. 1f\ 18^0^
20 Prozent , aber immerhin ist der YukühamHö noch bedeute nd
erheblicher (1873: 73, 1883: 68, 1889: (30 Prozent). Stäikei
ist Kobes Anteil an der Einfuhr, 1889: 39 Prozent gegen 52
in Yokohama (1883 : 23 und 68 EWent, 1878 : 21 und 69
Prosent). Aonchlielslich hemcht keiner der beiden Plstse bei
den wichtigeren Gegenständen der Einfuhr.
Neben den den Fremden ofl'enen Plätzen kommen iUr den
japanischen Handel noch die Häfen ^Shimonoseki, Hakata
(Kyushu) und Izugaharn l'str^itm i) m Bctmcht, doch bat nur
dar crstirenfinTite Platz einige Btitlcutung*.
Es liihrigt einiges über den Anteil der einzelnen
fremden Länder am japanischen Aufsenhandel
SU sagen. (Beteiligung der FLiggen am SchifiBverkehr vgl.
oben S. 407.) Die Angaben der Z^tatistik Uber Ursprung and
Bestimmung der ein- und ausgeführten Waren Bind in fiwieren
Jahren ganE unzuvcrlä-ssig. Auch fUr die letzten Jahre sind sie
nur mit groÜMr Vorsicht zu benutzen, trota der Mtthe^ wdofae
* Dnreh Gesetz 20 voin SO. JuU 1889 ist fUr eine Anssbl Häfen
die Ausfuhr von Getreide, Mehl, Kohlen und Schwefel in ausländischen
8chiä'en gestattet worden, welche japanisclio Exporteure zu diesem
Zwecke chartern. Am lö. Au^u^it l-^^^U trat da» i« Kraft tür Shimouo-
Beki. Hakata. Kuchinotsu (Hizen, Kyushu) und Otani (Hokkaido), am
15. November fiir Yokkairl.i fOwaribucht). Fuf?hiki ( Westküste, Toyama-
ken) und drei weitere Hüten auf Kyushu, Moji, Karat^u uud Misumi.
Die Mafsregel kannte den Amfiihihandel Nagasakis einigerniaften be-
einträchtigen. Im Hokkaido wird l^'.H der Haften Kushiro geöfTuet. In
absoluten Zahlen betrog 1889 Ausfuhr und Einfuhr in den einzelnen Häfen :
Ausfuhr
Einfuhr
Yokohama
41 862 129 Yen
34320917 Yen
Kobe
208.31 r>.w -
NaAisakl
6193 0f)8 -
2 912 84.3 -
Osaka
261013 -
2 131 1 12 -
Hakodate
781447 -
11 i 706 -
Niigsta
2211 -
1809 -
Shiinonosdci
2:^8*53 -
532 039 .
Hakata
4.368 -
17.>4l -
Karatsu
190 -
KnchinotBu
:U9 2')ß -
— — •
bogahara
37 14a -
34138 -
27»
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420
X 4.
»ich die Zollvppwaltung um genauere Krmittelungen giebt. Die
Schwieri^'keiten liegen in der Natur der »Sache. Bei aer Einfuhr
wird vom Importeur vielfach nur der VerschiiluDpbhafen genannt
Erscheint in der Faktor kein anderer Prodoktionaort» so mufs
jener als Produktionaort angesehen werden. Anf diese Weise
erscheint namendich die englische Ein&hr dauernd viel zu hocb,
wegen der vielen kontinentalen Waren, welche Uber London
verschifft werden. Ebenso ist es bei der Ausfuhr, bei welcher
ak Rpstimmungsland das T ^ind erscheint, wohin der Dnmpfer
ausklariert. Steht docli virh;ich der wirkliche Bestimmungsort
der Ware noch gar nicht test zur Zeit der Verschiffung. Auf
diese Weise erscheint wiederum die Au8iuiir nach England zu
hoch, auch die nach Frankreich und nach den Yereinigten
Staaten (bedeatende Theedorchfuhr nach Oanada). Bei Verkehr
mit Lttndem wie Deutschland dagegen ist Ein- und Ausfuhr sa
niedrig angegeben, was in der Natur der Dinge liegt und sowohl
durch die Ennittelungen der deutschen Konsulate in Japan als
durch einen Vergleich der japanischen mit der Hamburger und
Bremer Handelsstatistik bestätigt wird. Die Zahlen selbst haben
also keiuen grofsen Wert und ebensowenig die Veränderungen
in dem Anteil der einzelneu Liinder von ,lahr zu Jahr, welche
ebensogut veränderter Erhebung als wirklicher Ab- oder Zu-
nahme des Verkehrs ihren Ursprung verdanken kOnnen. Bei
der Ausfuhr nach den Kachharlttndem China und Korea, webhe
an sich genau genug sdn konnte, sind noch andere störende Um-
stände vorhanden, bei ersterer, dafs die Kohlenausfuhr, die haupt-
nnchlich nach China geht^ soweit sie sich auf Dampfern vollzieht, ois
1888 in der Statistik als ..zum Schiff>^gf^"b^auch", also ohne IVstim-
mungsland erscheint. Nacii Kore^i hat die Ausfuhr scheinbar sehr
nachgelassen, weil Waren europäischen Ursprungs, die früher
als „Wiederausfuhr" erschienen, jetzt tlberhaupt nicht in der
Statistik bemerklich werden, da sie gar nicht aus dem Zoll-
yerschlurs in Nagasaki herauskommoi.
Abgesehen von Korea hat sich nadi der Handelsstatistik
(nach den in Silber umgerechneten Werten) der Anteil der ein-
zelnen Länder an der Ausfuhr in dem Jahrzehnt 1879 bis 1888
kaum verMndert, indem auf' Nordamerika (Union und P.nrt.ida)
35^ — 38 Prozent kommen, aut Fnmkrcich 20- 25, aul England
13 — 14, auf China 15 — 20. Die Ausfuhr nach Deutschland,
frtiher minimal, war 1888 2* 2 Prozent der Gesamtausftihr, nach
der Bremer und Hamburger Einfuhrstatistik mufs man etwa den
do|ppelten Betrag als der Wahrheit nahekommend annehmen.
Bei der vid ungenaueren Vertdlung der Einfuhr wSre der An-
teil von England von 51 auf 44, der von Frankreich von 11
auf 6y der von Amerika von 10 auf 9 Prozent in dem ange-
gebenen Jahrz« liTT gesunken, der Chinas mit 16 Prozent gloich
geblieben, der üstindiem» von 4 auf 12, der Deutschlands von 4
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X 4.
421
auf 8 Prozent gestiegen ^ Ist auf die Zahlen selbst kein beson-
deres Gewicht sa legen, bo unteriiegt es jedenfidk keinem Ziräifel,
dafs die Einfuhr der heiden letztgenannten Lttnder rieh gans
bedeatend Termehrt bat.
Japan ist ein Land der Kleinbetriebe. Die meisten, welche
mit der liand arbeiten^ sind alao selbst Unternehmer. In den
bäuerlichen Wirtschaften arbeitet die Familie selbst GMnde
wird wenig gehalten. Am meisten wohl da, wo die Seidensucht
Föhncr sein, welche auch andere Lohnarbeit (TransporlgewerbCy
Bergbau. Fiscbero! etc.) betreiben, namentlich aber fUr gewöhn-
lich im eigenen Uause thätige Frauen sind und zur Zeit der
Thee-, der Koisernte u. s. w. den etwas grölseren Bauern helfen.
Im allgemeinen richtet jedoch der Bauer die Aufeinanderfolsre
seiner Kulturen so ein, dafs er die Arbeit mit seiner Familie
bei^tigen kann. Ein sabbeicher Vi^tand, welcher der War-
tung bedttrfte^ existiert nicht Auch die Handwerker arbeiten
nur mit wenigen bezahlten Hülfskräften. Selten beschäftigen sie
aufser einem Lehrjungen drei oder mehr Arbeiter. Von der
Qrofsindustrie giebt es bisher nur Antlini^e in wenig Orten. So
hat die bezahlte Handarbeit im wirtschaftlichen Leben
des Volkes einstweilen eine verhftltnismäfsig geringe Bedeutung.
Da die ILmdwerk.sgesellen noch überwiegend zu erp^ener Selb-
ständigkeit kommen, wenigstens zur k^elbstäudigkcit bausindu-
atridkr Meister, so kann man von rinem eigentUchen Lohn*
arbeiterstand bidier kaum sprechen. Kur in wra.^en Qewerbenf
welche ein gröfseres Kapital erfordern, finden wir ein aahlreiches
bezahltes H Ulfspersonal, in der Fischerei, den gröiaeren Berg-
werken, der Sakebrauerei, im Schnittwaren handei u. s. w. Bei
den bisher herrschenden patriarchalischen Zuständen ist es in
gröfseren TTnternelimungen etwas ganz ( iewohnliches, dal's das
Verhftltnis einen dauernden, ja oft quasi-erblichen Charakter hat,
und dals z. ß. in grofsen Kautmannshäusem der alte Commis
* Zu beachten ist natürlich, dafs von lä7U bis ISUii die absoluten
Zahlen der Einfohr sich beinahe, die der Aasfohr mehr als verdoppelt
haben.
Zehntes Kapitel.
Löhne und £iukoiiiiuen.
Zahlreicher dttrfken Ti
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422
eine ähnliche Stellung einniinint, wie bei den früheren Landes*
fttarsten die Räte.
Wie das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und -nehmer noch
ein lamilienhafteö ist, so wird auch der Arbeiter im allgerarincn
nicht überanstrengt. Man arbeitet überhaupt in Japan nicht sehr
intensiv. Feiertage sind allerdings nicht sehr häufig. Die bei
den Behörden, in den iStaatsanstalten und in den Schulen durch-
geführte Sonntaesruhe ist in das Volksleben ebensowenig ein-
gedrungen wie die offiaiellen Festtage. Bei grOlseren Gewerbe-
treibenden habe ich in Tokyo, Kyoto und Osaka gefunden, dafs
häufig der 15. und letzte des Monats den Arbeitern freigegeben
wird. Allgemein und gründlich werden dagegen die grofaea
Tempelfeste gefeiert, sowie das Totenfest (Hon) und vor allem
Neujahr. Dann hört auf eine Woelie alle Ai'beit auf. Aber
auch im übrigen Jahre ist man nicht ängstlich, einmal mit der
Arbeit auszusetzen. Ein Tempeliest in einem anderen 8tadtteil
oder hn Nachbardorf oder die Kirschblüte geben den gern und
oft benutsten Anlafs. Auch bei der täglichen Arbeitsseit ist man
Übertreibungen abgene^ Bechnet man die aahlreichen Pausen
ab, so weroen selten mehr als neun Stunden effektive Arbeits-
seit herauskommen. Auch bei den Hauern wird nicht ttbermäfsig
gearbeitet Dafs im Hochsommer der Bfiner, wie bei uns, bei
Tageagrauen an die Arbeit ginge, obp:lei( }i f r über Mittag wegen
der grol'sen Hitze mehrere Stunden aussetzen muls, habe ich nie
gesehen ^ Ich will mit all diei>em nicht sagen, dais die Leute
liaul seien. Wur haben auch bei uns G^enden, wo ähnliche
Zustände herrschen. Was in Japan bisher wenig bekannt ist,
das ist das stetige Arbeiten. Wes^Üich darin säeint mir der
Grund fUr die von allen IVemden bestätigte Erfahrung zu liegen,
dais japanische Arbeiter TerhältnismärBag wenig leisten, dais ^
Arbeit nur lanjrsara vorwärts kommt.
Dies wird nun anders, wo i\ laschinen arbeit zur Ver-
wendung komTut. Wie die Eisenbahnen eine bisher imbe-
kannte Plinkilirlik' it lieran bilden, so zwingt die Mabciaiie den
Arbeiter zu stetiger Auimcrksamkeit Die allmählich entstehende
Fabrikindaslrie wird m dieser Hinsicht wichtige Folgen haben.
Sie bewhrkt schon jetst ein nicht unbedeutendes Heremsic&en
der Frauen in die Fabriken und eine rasche Entwickdung der
Nachtarbeit. Die greisen neuen Spinnereien arbeiten, dank dem
elektrischen licht, ununterbrochen mit zwei Arbeiterechiehten
1 Von dem übliclieu Tuuristenurteil über den ungeheuren FleÜB
der Japaner weicht das wesentlich ab. Wenn man swucheo 8 aiid 9
aus dem Quartier knmmt, pind niitrirlicli iilicrall die I^ute eifrig bni i r
Arbeit Ich habe mein Urteil auf (rruud vialer Beobachtungen büden
können« da ich änfserer VerhÜtnine wegen längere Röaen »st nur im
Sommer raachen konnte, wo mm schon det Sonnenbrandes wegen Mh
tum Aufbruch drängt
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423
von je elf- bis zwölfstündiger Dauer und beschäftigen über-
wiegend Frauen und Mädchen. Auch In den Seidenfilanden und
Zündliolzfabriken werden meist Arbeiterinnen TerweDdety auch
viel Kinder (zum Schach telk ]eV>en)
Die verhAltnismälsig geringe Liei8tuTi<!:si;ihigkeit japanischer
Arbeiter ist bei Betrachtung japanischer Löhne nicht aulser acht
zu lassen. Niedrige Löhne sind noch nicht gleichbedeutend mit
billiger Arbeit .^le, die mit jaDonischen Arbeitern yid zu thim
haben, sagen ttbereinstimmendi dafe trots scheinbar ^ringen Be-
trages japanische Lohne thatsftchliefa hoch sind. Die gezahlten
Qeldlöhne sind aber auch in anderer Hinsicht hoch. Wie schon
gesagt, ist die Masse der arbeitenden Bevölkerung selbst Unter-
nehmer. Ihr f-ohn steckt in rien Preisen ihrer Produkte. Be-
rechnen wir für diese die Produktionskosten und den als Ver-
gtltung für die Arbeit übrigen Betrag, so bleibt in der Land-
wirtschaft- wie bei anderen ErwerbssBweigen häufig als Lohn
ein Betrag, der erheblich niedriger ist als die ortsüblichen Geld-
lOhne. Die eigene firde Zeit tmd die der Familienglieder, die
doch ohnehin zur Verfügung steht, wird eben in der Landwirt-
schaft» beim Scidenhaspeln, Reisschiilen, in der Hausweberei
u. s. w. nicht besonders veranschlagt. Überhaupt hat der Lohn
bei allgemein herrsch en^lem Kleinbetriebe, wie schon gesagt, bei
weitem niclit die Bedeutung wie bei Vorhandensein eines zahl-
reichen Arbeiterstandes.
Was nun den Betrag der gezahlten Löhne betrifft^ so liat
die grofae Geld- und Preisrevolution einen erheblichen Einfluls
ausgeübt Luder ist das Material flir frühere Zäten ttberaus
' In den 18H7 in Betrieb befindlic l « n BaiimwollspinTu reien waren
60 f rozeot der Arbeitskräfte weiblich, in den ätaatafabnkeu etc. waren
9724 mtniiKche und 1639 wdbÜehe ArbtitskrKfte, letstere ftossehlieüilich
in der Staatsdruckerei, der Tuchfabrik Senji und der Filande Toinioka.
In den fiinf Staatsbergwerkcu (Sado, Ikuno, Miike, Hiroshima, Poronai)
kamen von den verfahrenen Schichten 3 Prozent auf Personen anter
in Jahren, •'> Prozent auf Frauen, der Kest auf MSnner über 16 Jahren.
Die Spinnereien arbeiteten durchschnittlich etwas über 800 Tage, die
Sofse Osakaspinnerei nur 2äC Tage im Jahre. Von lU Spinnereien
tteo not 2 krinen anuDterbroch4»nen Betrieb, Tmg nnd Nscbt. - £Me
staatlielie Tuchfabrik in Senji arbeitete an -Ui Tagen, Tap; und Nacht
ol)ne UnterWrechunp. Toniiolta an 290 Tapen bei U^/sstündiger Arbeits-
zeit. Die in den Staat^uinstaltcn im Durchschnitt aller Arbeitskrfille ge-
sahlten Löhne betrugen:
m. w.
Wftffenfabrik Tokyo
4o i>en
Staatsdruckerei 30 Sen
13
Sen
Osaka
32 -
Filande Tomioka 25 -
7
Werft YokoBoks
81 -
Tuchfabrik Senji 31 -
16
• Kinder
OTiuhama
34 -
Grube Sado 16,2 -
7,4
- o,s Sen
Pulverlabrik
35 -
• Ikuno 20,1 -
- 6,« -
Münie
41 .
- lüike 17,c •
7.4
- 5,. .
Hirosbima 12^-
* Vgl oben S. 351.
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424
dttrfUg und lückenhaft. Die von innzelnen fremden Beobachtern
früher gesammelten Notizen leiden unter dem Nacliteil, dafs sie
sich nur auf die otiVnfn Häfen, namentlich Yokohaaia beziehen,
wo früher anormal hohe Lohnsätze bestanden ^ . Soweit das mir
bekannte ^Material ein allgemeines Urteil gestattet, haben die Löhne
sich bei den verschiedenen Münzänderungen bis 1871 vielleicht
etwas mshr erhöht de die Freue der gewöhnlichen Lebensmittel
und Gtebraachsgegensttfnde. Als seit 1878 die Entwertung des
Papiei^geldes eintrat, folgten die Löhne den steigenden Produkten-
preisen nur sehr langsam, sind dann aber auch bei Wiederher-
stellung der Valuta nicht so stark gesunken als die Produkten-
preise. Mit diesen erreiehten sie den tiefsten Stand 1881 und
sind seitdem wieder ;jf'stir;ren. Im allgemeinen scheint mir, nach
den wichtigsten Lebensmittelpreisen bemessen . der Stand der
Löhne nach Beseitigung des Agio sich höher gciialten zu haben,
als er vorher war-. Aus der Zeit seit dem höchsten Agio,
1881/82, hat die Begiening sdir dankenswerte Materialien Ter-
öfifentUcht fUr dne Rohe von Handwerkern und landwirtsohaft-
lidien Arbeitern und für Dienstboten, im Durchschnitt jedes Be-
zirkes, teib nur für Arbeiter bester Klasse, teils fikr Arbeiter
bester, mittlerer und geringster Güte. Für das interessante Jahr
1884 sind leider die Angaben ganz unvollständig. Die Erhe-
bungen bezogen sieh 1882 auf 20, seif 1885 auf 38 Arten von
Arbeitern. Einzelne Angaben über Lohne sind mit Vorsieht zu
benutzen, da neben dem Geldlohu häutig teils Tolle Kost, teils
die Mittagsmahlaeit gegeben wird. Bei dauerndem ArbeitBrer-
hältnis kommen daau noch weitere Leistungen, namentlich ein
Winteranzug zu Neujahr, ein Sommeranzug cum- Bon (Toten-
fest). Diese letzteren Dinge sind auch in den amdichen Erhe-
bungen nicht berticksichtigt , wohl aber die Beköstigung. Im
allgemeinen crgiebt sich aus den amtlichen Erhcbuniren. dafs
im Durchschnitt des Landes der tägHehe Lohn (bei Selbst-
beköstitjunjr des Arbeiters) für gewv>hiiliche ungelernte Arbeit in
den letzten Jahren tiir Männer 13 bis 20 Sen, für \\ eiber etwa
8 Sen betrug, für gelernte Arbeit dagegen meist über 20 Sen,
aber nur Tereinaelt Uber 25 Sen b&agen hat, bei Arbeitern
erster Klasse aber 25—30 Sen. Dabei zeigen die Durchschrntts-
sätze 1884 bis 1887 wenig Verttndening. Zwischen den ver-
schiedenen Landestcilen walten nun sehr erhebliche Unterschiede,
von welchen allerdings schwer zu sagen ist, inwieweit sie auf
• So hat der verstorbene en^Iiflche Konsul Russell Hobe rt so n einiges
xusaminengestellt (KonsulHrbericlit für Yokohania für 1873), macht aosr
selbst auf die vom übrigen Laiulo abweii hnnde Hölie uufincrk?;im Das
gilt auch für die Notizen von >Syrski (Odterr. • Ungar. ExpeüiUon nach
ladieii otc. 1878, S. 189 f.), welche sich auf 1869 besieben.
- Solbf>t verständlich abgesehen von dem Winter 1889/90 mit seiosii
hohen Produkteupreisen.
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425
verschiedener Erhebimgsart beruhen oder inwieweit verschiedene
Tüchtigkeit, verschiedene Lebenshaltung, verschiedene Kosten
der Hauptbedürihisse darauf Einäui's haben. Im allgemeinen
finden wir aber, dafs die Verschiedenheit der Lohnsätze über-
einstimmt mit dem sonstigen Grade wirtschaftlicher Entwickelung.
Da mit diesem wieder die Höhe der Produktenpreise zusammen-
hängt, so sind beifiDielöweiöe in Reis umgerechnet die Lohnunter-
schiede zwischen aen Terechiedenen Bezirken geringer als in
Geld au^edrttckt*.
Im Hokkaido mit seiner spärlichen BevOlkerong sind die
Lohne ungewöhnlich hoch, ftir ungelernte Arbeit sogar ^nz un«
verhältnismärsig, aber auch für gelernte Arbeit den hö<ästen im
übrigen Japan gezahlten gleich. In Altjapan wurden in den
Bezirken Tokyo und Osaka und in den Hatenbezirken Kanagawa
und Nagasaki^ hohe Löhne gezahlt, aul'serdem aber in allen
Bezirken um Tokyo und in der ganzen Tokaido Landschaft. Unter
den Landbezirken zeiclmet sich namentlich Gumma durch höhere
Lohne ans» was damit im TSnklang steht, dala dieser Beiirk
regelnüUqg auch die höchsten IVeise ftlr Reis, Gerste, Bohnen
und Sake hat. Der Mangel an Kulturland in diesem Berirke
ebenso wie der verhältnismttlsig hohe Wohlstand infolge der
Seidenkultur findet in diesen Verhältnissen seinen Ausdruck.
Im Noi'den hat Miyagi die höchsten Löhne. Im Süden sind
auiser Nagasaki nur der wirtschaftlich hoch entwickelte Fukuoka-
ken und, autTallender weise, Kochi Bezirke hoher Löhne.
Dogmen herrschen sehr geringe Löhne im gröfseren Teile
▼on Eyushu und Shikoku, im SttdwestflUgel der Hauptinsel und
* Für fünf in sehr verschiwlenen wirtschaftlichen Verbältnissen be-
findliche Bezirke habe ich im folgenden die Löhne für Zimmerleute erster
Klassei da diese ein ziemlich glcichmäfsi^ verbreitetes Gewerbe betreiben
dürften, zusammengestellt mit dem Aomvalent dieser Löhne in Ueis
n go = 0,is 1) nach den durchschnittlichen Grofepreisen jedes Bezirks
nr nngesehitlsii Beis. Für 1885 fohlt in Ks^^hima der Beuriudaieh-
scbnittepreiB Ar Beis und war ans den NachborbesiTken %a ergSnzen.
Tokyo
Nagano
Shimane
Fukuoka
Kagoshima
Geld
Keis
Geld
Keis
Geld
Reis
Geld
Reis
Geld
Reia
Sen
. Oo
Sen
Go
Sen
6o
Sen
Go
Sen
Go
48,9
55
41,4
46
20,5
38
49
25
35
1888
47,8
74
56
21,«
42
24,2
47
25
46
1884
44
82
23
54
16,«
38
19,t
43
y
?
1885
SO
73
35
56
17
34
21
41
28
50?
1886
50
88
oo
42
ir,
33
27
55
18.4
41
1887
50
95
25
42
18
40
25
56
19
42
* In Uyogo tritt das meist weniger hervor wegen der zam Beiiik
gehörigen armen Gegenden an der Westlcflste.
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426
X 4.
an der ganzen Westküste. Am dllrftigiten sind die Löhne in
Shimane. Das stimmt ganz mit anderen Thatsachen und allesn
Berichten aus jenen zurückgebliebenen Gegenden zusammen.
Der Durchschnittslohn fUr einen Zimmermann mittlerer
Klasse war ISSlV in Shimane nur 13 Sen, in Tokyo 45 Sen,
in ungeschälten Keis nach Grofepreisen umgerechnet 27 und 75 Go
(4,9 und 13,c 1). Für einige weitere B^irke waren die Löhne
ftlr einen mittelguten Zimmennann in Oeld und Reil ivie folgt:
Hokkaido
Osaka
Gumma
Nagasaki
Kanagawa
höchste
40Sen = 66Go
36
35
30
29
= 70 -
= 53 -
= 60 -
= 47 -
Niigata
Ishikawa
Toyama
Kumamoto
Oita
oiedrigste
14,8 Sen = 31 Qo
15 . =33 -
15 . =33 -
15 - =33 -
16 - 34 -
Für die sonst aufgeführten Handwerker und Arbeiter war
1886 fUr eine Person mittlerer Güte der Tagelohn (ohne Kück-
sicht auf Hokkaido)
durch -
schnittheil
höch-
ster
Sen Sen
knd wirtschaftliche
Tagelöhner:
Mann 13,2
Frau 7,»
Seidenwuimpfloge :
Mann 14,9
Fhm 9,4
SeidoiwindeD, Frau 11
Theeröster
19,<
TOncher (Shakan) 22,8
SteinmetB 24,8
Hohsflger 21,a
Dachdecker (Stroh) 21,5
(Ziegel) 24.»
20 (Shiga)
12 (Gumma)
(Chiba)
(Shizuoka)
(Yamagata)
80 (Nagano)
15( - )
(Gumma)
(Chiba)
30 (Kanagawa)
30 (Shiga)
(Kumamoto)
45 (Tokyo)
40 (Onka)
83 (Ghimma)
35 (Tokyo)
65 (Osaka)
niedrigster
Son
5 (Kagoshima)
3,« ( - )
6 (AkÜa)
5 ( - )
6 (Osaka)
(Ishikawa)
(Shimane)
10 ( - )
(Fäkui)
12 (ShinMie)
" .- >
12 (Ishikawa)
(Kagoshima)
13 (Shimane)
13 ( - )
> Vgl. Statiitiselie Tabellen des Ministeriums fttr Landwirtschaft
und Gewerbe Bd. III, Indnitrie^ 8. 64.
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X 4.
427
durch-
schnittlich
Matten (Tatami)-
macher 22,8
BMitiacliler(Tatega) 21,9
Tapezier (Kyoji)^ 21,9
KunsttiscMer
(Sashimonoja) 20,«
Schneider, japao.
Tracht 18,5
Schneider, europ.
Tracht 50,a
Schmied
PorzeU an raacher
(und Töpfer)
Lackarbeiter
Sakebrauer
ShoTumacher
ölpraHer
Färber
Wattemacber*
Tabakschneider
Drucker (Japan.)
21,4
17,4
20
18,4
16,4
18,T
17
16,8
16,«
17,5
Sfliiflhwimnenpann 22,5
höch-
ster
35 (Qumma)
40 (Tokyo)
45( - )
86( . )
38 (Kanagawa)
80 (Shiga)
35 (Niipta)
(Fukushima)
(Shiga)
46 (Kanagawa)
60 (Tokyo)
35 (Shizuoka)
30 (Tokyo)
(Bliye)
30 (Tamanadu)
34 (Osaka)
30 (Tokyo)
27 (Osaka)
30 (Kanagawa)
(Chiba)
45 (Tokyo)
niedrigster
Sen
8,5 (Nagano)
10 (ShimaDe)
(Hyogo)
10
13
(Shimane)
(Hyogo)
15
8
(Gifu)
(Iwate)
(Akita)
(Slii
(
>)
)
8
10
7
7
10
(Akita)
(Gifu)
|ShiiDane^
(Gifu)
(Iwate)
(Shimane)
8,8 (Hyogo)
6 (Tokushima)
6 (Akita)
7 (Shimane)
18
Sdiriftsetzer
Tagelöhner
(lahikawa)
20,« 36 (Osaka) 7 (Kagoshima)
15,4 25 (Tolqro) 10 (Gifu)
(Akita)
(Ishikawa)
(Shimane)
(Hiroshima)
(Ehime) ^
Während obige Tagelöhne bei Selbstverköatigang des Arbeiters
gegeben wetden, bemien aich die folgenden Lohne auf den
Monat, wobei der Arbeiter anleerdem youe Koet erfasH:
I d. h. der Handwerker, der Papiere anklebt, auch Cartonoage-
and Buch binderarbeit besorgt
* Reinigt Baumwolle «ireh Schlagen yom Samen.
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428
X 4.
durch -
achnitüicb
hoch-
stena
äen
wenigstens
Sen
landwirtschaftliches
Gesinde :
Knechte
Mägde
Weber :
Mann
Frau
Kuehenbadker
Dienstboten :
männlich ^
159,9
83,6
357,2
222,8
360 (Wakayama)
275 (Qumma)
800 (Yaiiianashi)
570 (Shizuoka)
weiblich
886,8 1000 (Chiba)
129,6 350 (Kochi)
65,4
60 (Fukui)
(Tokushima)
30 (Osaka)
(Hiroshima^
35 ( Kanada waj
80 (Chiba)
(Gifu).
(Tokiuhiiiia)
180 (Oiftt)
75 (Gumma)
(tbrnki)
(Miye)
(Wakayama)
80 (Miye)
OlMraki)
100 (Tokyo)
(Nagasaki)
(Chiba)
(Fukushima)
(Aomori)
(Kochi)
Bei allen diesen Zahlen ist üreilich zu bedenken, dafs ein
Arbeiter „mittlerer Güte" in verschiedenen Gegenden wahrschein-
licli ziemlich verschiedener Qualität sein wird. Immerhin dürfte
ein leidliches Bild japjinischer Lohnverhiiltnisse sich daraus er-
geben. Die (ienügsamkeit der Masse des \'olkca wird klar er-
sichtlich, wenn man bedenkt, dals in diesen Ständen — und
Berechnungen fibr die kleinen Bauern eigeben timlicbe Besultale —
eine Eamiue für ihren Lebensunterlialt je nach der Gegend 70
bis 120 Yen, 230 bis 400 Mark, braucht.
Für die Entlohnung geistiger Arbeit geben die oben bei
Beschreibung der Verwutungsoiganisation milgeteiitfliL Gtohalts-
stttae einen Anhalt
Auf die allgemeinen Einkommens Verhältnisse werfen
die Einschätzungen zu der 1887 eingeführten Einkommensteuer
> Der Emopte sahtt flfr einen männlichen Dienstboten , der tkh
selbst verköst^ meist 7—10 Yen monatlich.
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X 4.
429
einiges Licht. Allerdings liegen nur die Ergebnisse der ersten
EiinscIiätznM^f'n vor. Keinem Zweifel unterliegt, dafs sio viel
zu niedrig sind. Immerhin sind die £rgebniä:>e nicht ganz
wertlos.
Der Steuer dnd unterworfen nur die Ebkommen von mehr
als 800 Yen jäbrlich (etwa 1000 Mark). Zu dnem solchen Ein-
kommen sind nun 1887 blolk 118593 Personen Termlagt, also
nur 15 auf 1000 Haushaltungen. 1888 waren sie auf 120086
angewachsen. Während 1887 im Bezirk Tokyo auf 1000 Haus-
haTtungen 04 Einkorn mon steuerpflichtige ermittelt wiird* n fl888
90), waren es selbst in Osaka (ohne Nara) nur 2*.) (I<^ö8 3(>),
in Gumma, Miyagi und Kyoto 23, in Kanagawa 21 (1888 24).
Weniger als 20, aber mehr als den I^ndesdurchschnitt hatten
femer Yamanashi, Tochigi, Saitama. Nagano, Fukuoka, Yamagata,
1888 nur Tochigi; Yamanaahi una Miye. Die tibrigen Bezirke
standen sftmtlich unter dem Landesdurchschnitty am tiefeten 1887
Hokkaid > mit 0^8, Kagoshima mit 8, Iiöehst aufüÜlig), Okinawa
mit 5, Kochi mit 6, Shimane, Tottori und Ishikawa mit 7, Ehime
und Miyazaki mit 8, Kumamoto, Oitii. Wakayama, Okayama,
Toyama mit 9, zusammen also 14 Bezirke mit weniger nln
1 Prozent einkommen.steuerpflichtiger Haushaltungen, wahrend
die nicht genannten Bezirke 1 bis 1 ' ? Prozent hatten. Be-
merkenswert lät, dal's die I>« zirke gröibten und geringsten Wohl-
standes mit den yorhin aufgeführten Beairken honer und niedriger
L5hne im wesentlichen übereinstimmen. Auf die dmehien
Stufen der Einkommensteuer yerteilten sich die Pflichtigen und
Ihr angebliches Gesamteinkommen 1887 folgendermafsen.
Es hatten
ein Caukonaroeo von
300— 1 ODO Yen
1000—10000 -
10000—20 000 -
20000-30000 -
mehr als 30000 -
Steuerpflichtige
105216 = 88,7%
13061 = 11,0%
209)
44> *= 0,8 ^0
63'
mit einem Gesamt-
einkommen von
46908 813 Yen
25 000839 -
2 020 779 -
1029487 .
4066584 -
zubammen 118593 lOO^o 8o382r)02 Yen
Von den 63 der höchsten Stufe lebten allein in Tokyo 45,
in Kanagawa 7, je 2 in Osaka, Miye und Kagoshima, je einer
in Hyogo, Niigata, Yamanashi, Yamagat^i und Tokusliiiaa.
Von den 44 der zweiten Stufe waren 23 in Tokyo, 7 in
Osaka, 6 in ^^iigata, in Hyogo, je einer in Kanagawa, Miye,
Shiga, Okayuma und Fukuoka.
Selbst von der dritten Stufe dlllt noch die gute Hftlfte auf
Tokyo, nftmlich 106 von 209; Osaka hat 16, Niigata 11, aber
11 Bezirke sind auch an dieser Stufe noch nicht beteiligt. Erst
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430
X 4.
von der Stufe 1000 — 10000 Yen finden wir Vertreter in allen
Bezirken, in Tokyo 4148, in (J&ika 857, in Hyogo 586, in
Niigata 487, in Aichi 460, in Kanagawa 435, in K^oto 351 u. s.
dagegen nur 2 im Hokkaido, 84 in Okin«w% 46 m Tottori a. «. w.
Auf die SnmmeiiialilflD der Ebikommen dürfte wenig Wert
zu legen Bein. Dorh sei bemerkt, dafs von der Oesamtsomme
auf Tokyo «Umn 29 Prozent, auf Osaka beinahe 7, auf Kanagawa
und Hyogo je 4 Prozent kommen, auf Niigata SVa, auf Kyoto
und Aichi je 8, auf diese 7 P>pzirke allein mehr als 5!^ Prozent.
Zu einor auch nur < ini^ermalsen annähernden iSohiitzung
des Volkövvohlätandeä sciieint luir das vorhandene Material nicht
genügenden Anhalt zu bieten.
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Drittes Buch.
Die Finanzen.
Erstes Kapitel«
Die Eutwiekelan^' des Finauzweäens in der
neaen Ära.
Vorbcmerknng, Für die folgende Darstelliiug: kommen in erster
Linie die amtlichen Quellen in Betracht, vor allem die bisher aUjährlicb
das Budget begleitenden Erläuterungen, für frühere Jahn «och Berichte
des Finair. iniii; t' r- ii' i i üo Schlufsrceln n p n. Von letzteren ist nament-
lich wichtig der liericht vom 27. Dj'zeiijbcr 1879 über die allgemeine
Rechnung der Jahre 1868 bis 1875, l^ber die Finanzlage ist Ende 1880
eine allgemeine Denkschrift, auch in englischer Sprache, veröffentlicht
unter dem Titel „A Genrnil View of Financial Policy during thirteen
Years, 1868— 1880. Sie ist melurfach abgedruckt, z. B. in Currency of
Janan S. 56—80 Und in Japan Weekl^ Mail 1881 S. 962 ff. — Von Dar-
Stellungen der japanischen Finanzen in europäischen Sprachen sind mir
aufserdem nur einige Berichte der britiechen Gesandtscbf^t bekannt,
nämlich
A. H. Mounsey (Sekretär der lirititjcheu Gesajidtschattj. Report on
the Finances of Japan, datiert Yedo, 2. März 1877. Abgedniekt
in Japan Wcekly >f u' ISTT S. ^T*», iM):i und Ü.'U ff. — Ein kürzerer
Bericnt desselben, datiert [iL Januar 1878, abgedruckt in Japau
Weeklj Mail 1878 S. 1260 ff.
J. H. Gubbins (damals Acting Japanese Secretarjr der Britischen
Gesandtsc haft), Beport on Taxation in Japan, 1883. Abgedruckt
als Supplement zu Japan Weekly Mail 1884, Mai 81.
Le Po er Trench (Sekretär der Britischen Gesandtschaft , Rej)ort on
the Finances of Japan, datiert Tokio, 20. Dezember 18^0. Abge-
druckt in Japan Weekly Mail 1887 Bd. VU 8. 418 ff. ^ Ein knraer
Bericht desselben vom is. Januar 1888, abgedmckt in Japan
Weekly Mail 1888 Bd. IX. S. 516.
Am wertvollsten ist von den genannten Arbeiten der erste Bericht
von Mounsev. Die Arbeit von Gubbins behandelt in der Hauptsache
die danals in Geltang stehende Steuergesetzgebung. Der Bericht von
Trencli ist eine wirre Anhäufung von Kohmaterial. - Wertlos ist die
Arbeit von 8. Shiba, Taxation in Japan, in Wharton Hehool Annala of
Political Science, Philadelphia 1885, 8. 86—102. Sie erhebt sich nicht
ttber das Mirean eines gewöhnlichen japanischei» Zeitnngaartikele.
Fonoliiiiigen (4S>) X 4. — Bsthgen. 28
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484
X 4.
I. Erste Nöte.
Die Art, wie dae neae Japan ins Ltkea f^etreton »t, war
bestimmend fibr seine Finans^. Man erinnere sich der im ersten
Buch dieser Arbeit geschilderten Vorgänge. Die alte Re^erung
brach susammen, hauptsächlich weil sie baDkerott war. Die alten
Einnahmen genügten nicht fUr die gestiegenen ßetlürfnisse. Nur
durch die tiefgreifendsten Rr-formen des Staates hätte man aus
der Not herauskommen könm ii. Aber zu solcher Anstrengung
war die alte liegiening zu sciiwach. Aufsere Anlässe liatten die
finanzielle Schw aeiie des Rakulu beöchleuni^t ; Cnglückstaile aller
Art, Pulastbründe in Yedo und Kyoto, Indenmitäten an die
fremden Mttchte, dazu die Mttnaverwiming, schlielslich der Bürger-
krieg und die Mifsemte von 1866. Als Anfang 1868 das Bakufa
ein unrühmliches Ende fand, waren seine Kassen le^. Nicht
besser war es in den Daimyaten, welche wegen „Rebellion** ein*
gezogen wurden. Als Einnalime der neuen Regierung aus den
Hestlnden des T*>akufu sind in den beiden ersten Finanzperinden
Januar 1808 bis l. November 18()9 877 252 Yen, in den zwei
darauf folgenden Jahren 222 143 Yen verrwhnet.
Die Kegierung, welche über Nacht iu Kyoto entstanden war,
hatte sunXiwBt überhaupt keine eigenen Einnahmen. Die süd-
lichen Landschaften konnten aufser ihren Truppenkontingenten
auch nichts weiter beitragen. Durch Übernahme der Verwaltung
des Halvufu ergaben sich allerdings einige Ejinnahmen aus den
Zöllen, der (iriindstcuer und anderen Steuern. Aber die ganze
ordentliche Kinn ihnie der ersten Finanzperiodn, Januar 18f58 bis
11. II. 1S()*M, betrug nach den ap-lteren Abn i Inningen nur rund
3(3(35000 Yen. J )ie Ausgaben diigcgen belicieii sich auf 30505000
Yen. Die nächste Finanzperiode (11. 11. bis 4. XI. 18C9j hatte
allerdings eine genngere Ausgabe, 20786000 Yen, aber eine
ordentltche Einnahme auch nur von 466600U Yen. Einiges
Geld borgte man sich zusammen von Kauflenten, in diesen
Bwei Jahren insgesamt 5634000 Yen (woyon rund 099000
Yen von Fremden). Aber alles dies und einige kleines«
Posten (Kriegrt^tf'uer auf die Han, freiwillige Heitriige u. s. w.)
blieb doch weit liint<'r dem Bedürtnis zurück. 1 >ie jetzt leitenden
Männer aua dem Suiicn waren aus ihrer Heimat an das bequeme
Hulfsmittel der /Vusgabe von Papiergeld gewöhnt, ein Mittet, vor
welchem das BakuKi bis zuletzt zurückgescheut hatte, und so
lag es nahe durch Aussähe von kaiseruchem Papiergelde sieh
zu helfen. Auf ein PrftoMens aus der Zeit des Kaisers Oo-Daigo
im 14. Jahrhundert konnte man sich überdies berufen. In den
zwei ersten Finanzperioden gab man 48 Millionen Yen Papier aus.
Nach den spttteren Abrechnungen waren das reichlich 16200000
1 Sind die Abrechnungen auch erst später zurecht gemacht worden,
M> geben sie doch einen gewissen Anhalt fittr die Voig&ge jener Zeit.
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Yen mehr, als das Deficit wirklich betrug. Doch ist das bis zu
einem gewissen Grade entschuldbar. Zunächst brauchte man
doch Kassenbestände. Vor allem aber hatte wohl kein Mensch
eine Voistellun;]:, wie ^ols eigentlich Kinnahmen und Auseraben
seien. War das l'udpretwesen öchon ein schwacher Punkt der
alten Regierung ^cwe.->eii, öü fehlte jetzt jede Ordnung und L bei -
sieht Die BebOfden tmd ihre KompetenxeD waren in Deslllndisem
Wechsel begriflen, die Buohfohrung unvoUkommen und vor aflem
unübersichtlicli. Die wirren Münzzustände erschwerten Ordnung
und Übersicht ebensosehr wie der Umstand, dafs ein Teil der
Einnalimen und .Vusgaben in natura, in Reis, geleistet wurde.
Die Tnordnurip: war so LTofs, dafs nicht einmal die Pinanz-
periodea bei den verschiedenen Behörden die gieiclien waren ^
\on einem wirklichen Klüt der Einnaijmen und Ausgaben wai'
keine Kede. Es gab nur, wie unter dem alten Regime, allge-
meine, uugefilhre Pläne ohne Nennung bestimmter äunmes und
dnEclne Specialetats.
Ein neues Element der Störung war die grolse Mtfsemte
▼on 1869, welche auf die Finanzen der dritten Periode ungtinstig
wirkte (4. XI. 18Gi) bis 25. X. 1870). Die Abschaftung der
Lehnsherrschaften und die H< rstellung der Centralisation im Jahre
1H71 Rtellfen neue Anforderungen an die Staatskasse, ehe man
nucli Zeit zu ^grundlegender Organisation gefunden hatte. Die
Finanzen der lian waren vielfach ganz zerrüttet. Die Lasten
des Staates vermehrten sich plötzlich, während die Einnahmen
sunäcfast nicht entsprechend stiegen. Bis Ende 1872 hatte man
noch weitere 25325 ODO Yen Papier ausgegeben. Aulserdem
aber fand man in den Landesherrschaften erbebliche Schulden,
denen verhältnisraäfsig geringe Pestände an Geld und Reis gegen-
überstanden. Von den Schulden war '-in Teil Papier;2:ola . ira
ganzen 40361000 Yen. Dieses wurde nach seinem Kurswerte
am Tage der Abscliatfung der llan liegen Staatspapicrgcld um-
getauscht , wodurch letzteres abermals um Z i 908 000 Yen ver-
mehrt wurde, so dals die ganze Ausgabe bis Ende 1872 sich auf
98238000 Yen belief. Die übrigen Schulden der Han wurden
radiert und sind der Ursprung der sogenannten „Alten*" und
„ISeuen'* Schuld, während eine auswärtige Schuld durch Anleihen
in London im Jahre 1870 und 1873 entstand.
Den Anfang einer Staatsschuld in europüisehen
Formen bildet abgesehen vom Papiergeld, die Londoner Anleihe
von 1870, 7Aim Zwecke von Eisenbahnbauten im Betrage von
einer Milhon Pfund =- 4880000 Yen aufgenommen-. Der
' Sie sind später nur ungefähr zum Stimmen eebracht.
^ (''ber die Vorgeschichte der Anleihe vgl. Hiack, Yoniitr Japan
U 279— '25^2. UrajprünKlieb sollten 12 Prozent gezahlt werden. Vgl.
unten dis achte Ka]ntel.
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Zinsfufs war neun Prozent, bei der volligen Unbekanntschafi
mit japanischen Verhältnissen nicht verwundorlich hoch. Die
innere Schukl in der Form von Staatsschuldscheinen datiert
von 1873 teils durch die später zu besprechende Umwand-
lung von Papiergeld in ymmslicfae Papiere (GksetE vom
30. Mfln 1873), tefls durch die Beguliemng der Schulden der
Daimyate. Um udändiaebe Anleihen handelte es sich ako
noch nicht.
Zeigten jene ersten Jahre zwischen den An fordern TiL'on an
die Staatskasse und den Deckungsmittcln ein arges Miisverhiiltnis
— in den fünf ersten Jahren 1868 — 72 standen gut 148 MilHonen
Yen Ausgaben weniger als 88 Millionen Yen Einnahmen i<egen-
über, wenn man vom Papiergeld absieht — , so war es mit der
Organisation der FinansTerwaltung anfangs nicht viel
besser bestellt Erst die grolse Beorganisatton vom l^mmer 1871
Tereinigte die ganze Finanzverwaltung in einem Ministerium,
dem OkuFSsho. Bis dahin waren nicht nur verschiedene Central -
behörden an der Finanzverwaltung beteiligt, sondern es wirt-
schaftete auch jedes Territorium illr sich und führte nur die
eventuell vorhandenen Überschüsse an die Ct n iralregierung ab.
Das war nicht nur in den Daimyat<*n so, sondern auch in den
der Centrairegierung immittelbar unterstehenden Bezirken. Erst
die Reorganisation von 1871 machte es mÖKlich, das Prinzij) der
Kasseneinheit für den ganzen Staat durehsufübren, sowie die
Sdieidung zwischenStaatsfinanzen einerseitSy den Eommunalfinanaen
der Bezirke anderseits vorzunehmen , eine Scheidung, die aller*
dings erst 1878 zu Ende gefUhrt ist.
Die yollendung der Centralisation mnrhtc es fineh inöglieh
an eine Änderung der S t a a t s s t e u e r n zu gehen , d i ■ he-
bteiienden Steuern zu retormieren, das Steuersystem besser aus-
zugestalten, neue Einnahmequellen zu öftnen, die bestehende bunte
MannigMtigkeit und die grolse Ungleichheit der Steuern zu be-
seitigen. fVeÜich ging man zunäcät nur schttchtern an die ge*
wältige Aufgabe. Dafs die TerritorialbehOrden auf eigene Faust
ohne Genehmigung der Centrahr^erung die Steuern ftnderten.
wurde schon durch einen Erlalis vom 2. des vierten Monats 1871
verboten. Seit Oktober 1 869 war, wesentlich aus gewerbepolizei-
lichen Gründen, eine in Form von Stempeln erhoHene Abgabe
von Rohseide und Knrtons (tür Seidenwurmeierj eingeftihrt, tu
besserer Durchführung der Aufsieht über die Qualitiit dieser
wichtigen Ausfuhrartikel '. Im Sommer 1871 ging man dann
> Da die Seidt n*«teiiern später abgescUafil uud unten nicht
weifer borficksiehtigt sind , so sd kon bemerkt, dafs solche Steuern
bereits unter der alten I^ irierunjf bestanden hatten. Sie wiu"den im
Oktober l^tiU einheitlich geregelt und die Kartonssteuer neu eingeführt,
Anfang 1878 erfolgte eine neue Regelung. Seide und Cocons waren in
gestempelten Umschlägen zn verkaufen. Aufscrdem hatten die Seiden-
händler Lioenzen zu iBien. Dorch Nr. «"^7 vom 25. April 1877 sind diese
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437
an eine wirksamere Besteuerung des Sake. Die Steuern auf
Boote und auf BrennOl (dureh Beeteaerung der Praasen), weldie
bis dahin sehr ungleich gewesen waren« wurden einheitlich ge-
regelt Anfimgs 1873 kamen dasu neue Steuern, eine Aufwand-
«teuer von Dienstboten, Wagen u. dergl, und die erste rein
Diich fr lüden Mustern eingeährte Steuer: Stempelabgahen auf
Urkuri' (<'n.
Alle diese kleineren Mafsregeln stehen aber an Wichtigkeit
weit zurück hinter dem grolsen Unternehmen, dessen Notwendig-
keit sich mehr und mehr den leitenden Männern aufdrängte: der
Reform der Grundsteuer, des Fundaments der ganaen
Staatseinnahme. Dafs diese Steuer nicht so bleiben kOnne^ ^e
sie war, hatte die&&hrung gezeigt, noch ehe die Oentraiiaation
durchgeführt war. Nach Aufhebung der Han wurde der wirre
Zustand vom administrativen Gesichtspunkt aus so imerträglich.
wurden finanziell die schwankenden Naturalerträge so lästig, ent-
sprach die geringere Belastung des Nordens im Vergleich mit
dem jetzt lierrschenden Süden so wenig den politischen Macht-
verhältnissen, dafs eine Reform uneriäfsTich war. Trotzdem ge-
hörte ein nicht geringer Mut dazu, eine Steuer von Grund aus
umzugestalten, welche 80 bis 90 Prosent der ordeniliclien Staats*
einnähme lieferte, und damit gleichzatig tief in die Besitzver-
hältnisse des ganzen Volkes einzugreifen, und das zu einer Zeit,
in welcher die Autorität der neuen Centrah ^^'if^rung keineswegs
unerschütterlich feststand und in welcher die Staatsfinanzen ohne-
hin schon in bedenklichem Zustande waren. Das Verdienst, diese
grofse Aufgabe mntip: angegriffen zu hüben , gebührt den da-
maligen Leitern des jb'inanzwesens. Minister der Finanzen war
mt der Reomnisation von 1871 der Satsumaner Okubo, einer
der Energischten unter den Männern der neuen Ordnune, der
später (1878) als Minister des Inneren durch MOrderiiände ficJ.
I)a er bereits Ende 1871 den U-Daijin Iwakura auf seiner grofsen
Botschaftsreise nach Amerika und Europa begleitete, so lag in
jenen entselieidenden Zeiten die Leitung in <]vn Iliinden des
ersten Viceministers K. Inouye aus Choshu, eines klugen und
gewandten Mannes, der später als Minister des Auswärtigen
(1879 — 1887) bekannter geworden ist und noch nicht am Ende
semer politischen Laufbahn steht Untorstlltzt wurde Inouye roa
dem zweiten Viceminister £. Shibusawa, dem jetzigen Di*
Steuern abgeschafft. — Für Seiden wnrmei er waren mit dem Regierungs-
stetnpel versebene Kartons zu verwenden, welche nach dem Gesetze von
(III. 15) 200 Yen du Tausend kosteten (dönne Kartons fiir Uivol-
tini Yen). Die Steuer wurde 1874 und lM7ö herAbpesctzt l^Ts (Xr. 10)
abgeschafft Dcu böchateo Ertrag brachte die Setdeusteuer iä74 mit
40771 Yen, die RartonsBteoer 18^ mit 325440 Yen. Im Jahre 1876/77
kam nur mehr ein : Iländlerlioenzen 3 933 Yen, Seldeosteaer 31 457 Yen,
Kartonsetener 121224 Yen.
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4S8
raktor der Enten Nationalbank. Wesen tlicli unter Inoiiyes Leitung
wurden die vorbereitenden Malaregeln getroffen und die Grund-
züge der Grundsteuerreform in der Hauptsache so festgosteUt,
wie sie spUter verwirklicht sind. Dirse Pläne selbst durchzu-
führen, war aber den damaligen Leitern des FiDanzwesens
versagt.
Lie erste PiJicht der i .iuanzverwaltung nach Durchiührung
der Centralisatioii war, zu einem klaren Übo'blick Uber die StaatB-
einnahmen und Ausgaben wie Uber die VerbindÜchkeiten des
Staates au kommen. Sie mniste erwägen, inwiefern die gegen-
wärtigen Einnahmen ausreichten, dnerseits den schweren von der
Vergangenheit übernommenen Verpflichtungen nachzukommen,
andcr.seits den mit grofser Schnellif:^keit anwachsenden Bedflrf-
nissen zu genügen , welche die auf allen Gebieten begonnenen
Reformen hervorriefen. Das Ergebnis dieser Prülun^ machte den
verantwortlichen Leitern offenbar schwere Sorge, im April 1873
wurde eine Denkschrift bekannt, die von Inouye und
Shibusawa geeeichnet um so grOiseres Aufsehen erregte, als
sie in vollständigem Widerspruch zu dm bisher verbreiteten
rosigen Berichtea über die Fmanzlage stand*. Der Inhalt der
in weitschweifigem chinesischen Stil virfafsten Denkschrift (eine
Übersetzung in Japan Weekly Mnil 8. 325) dahin,
dafs es nicht angehe, mit den kost8pieli|j( n Koformen in der bis-
herigen Weise fortzufahren. Man habe eine Tberzahl von Be-
amten, die nicht genü^;end beschäftigt seien. Das fülire weilt r
dazu^ dafs ein neues Unternehmen nach d<cm andern begonnen
wsfde. Die Finanzlage des Staates sei aber ftufsent bedenklieb.
Die Staatsschuld (einschl. Papiergeld) bdaufe sich bereits auf
140 Millionen Yen , die Ausgaben auf 50 Millionen Ten. Dem
stehe aber eine Einnahme von nur 40 Millionen g^nüber. Die
Verfasser müfsten alle Verantwortlichkeit ablehnen, wenn nicht
eine grttndliche Verminderung der Ausgaben eintrete.
Ks ist mehrfach so dargestellt worden, als ob Inouye und
Shibusawa damals einfach in der Verzweiflung über die Finanz-
lage sich von den Geschäften hätten zurückziehen wollen. Mir
scheint das sowohl nach dem Inhalt der Denkschrift als nach
dem Charakter namentlich Inouyes nicht wahrscheinlich. Die
Annahme liegt näher, dafo er wirklich einschneidende Reformen
beabsichtigte und zu diesem Zwecke die Schatten des Gemäldes
' Derartige offiziöse DarsteUuugeu waren lbl2 flir die Wiener
WeltatraBtellung vorbereitet, im Beptember deasdhcn Jahres in »Bladt'
WOods Magazine" veröffentlicht, offenbar um Stümnnilg für die zweite
aupwiirtice Anlei^i»* -/n machen. Eine inländische Quelln ( Nni^ai Ichirao)
gab tür 1M71 Eiiiiialaiifii uiul Ausiraben viel zu hoch an aiil:
Einnahmen: 10 07(3 040 Koku Keis Ausgaben: 8 769 862 Koku Reis
und 29250797 Rjo Geld und 28699457 Rjo Qeld
(Japan WeeUy MaU 187a S. 565).
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recht schwarz malte. Er täuschte Bich, sowohl Aber seinen Ein-
flulfl wie tlber seine Unentbehrlichkeit Unter den liöheren Be-
amten fand sich ein Mann, der sich zur Fortführung der Finanz-
verwaltung bereit erklärte, ohne auf die von Inouve geforderte
Einschränkung der Staatsausgaben zu dringen. Okuma Shi-
genobu war ein Samurai aus IHzen. Obgleich aus bescheidenen
einfloJjireiche Stellung eingenommen. Neben Okl, Eto und anderen
Tertrat er in der neuen Regierung den Hisenclan und hatte,
wie es jene Zeit ununterbrochener Organisationsänderungen mit
«ch brachte, seit 1869 in raschem Wechsel widitige Stdltuigen
in der auswnrtigen, der inneren und der Finanzverwaltung ein-
genommen. Im Jalire 1871 Viceminister der Finanzen, ward er
bald darauf zinn Präsidenten der Kommission für die Wiener
Weitausätellung ernannt. Er war gewandt, iiher obertläclihcli,
geizig, ein Freund seiner Freunde, auf aeinen persönlichen Vor-
teil nicht eifriger bedacht als die meisten anderen auch, ein lübuin
voll Wagemut und Lachtsinn. der die thatsUehliehen Schwierig-
keiten unterschlitzte und die 1 eigen wenig überlegte, wenn man
nur Uber die Verlegenheiten des Augenblicks wegkam, ein Mann
der Ausflüchte und kleinen Mittelchen, so un wahrhaftig als nur
irgend einer im Osten, ein Politiker, kein Staatamann. Von seinem
finanzmännischen Genie überzeugt , liörte er es gerne, wenn er
der „Gladstone des Ostens" genannt wurde, und verstand es gut,
sein Verdienst auch selbst in das gebührende Licht zu setzen,
über bedenkliche Vorgänge aber hannlos hinwegzugldten. So
war der Mann beschaffen, der in der kritischen Zeit sich bereit
erklärte an die Spitze der Finanz Verwaltung zu treten, nicht Kum
Heile des Landes. Am 15. Mai 1873 erhielten Inouye und
Shibusawa ihre Entlassung und Okuma wurde zum Finanz-
minister ernannt.
Zunächst handelte es sich danira, den Übeln Eindruck der
liiouye- Shibubu waschen Denkbchriit zu verwischen. Unterm
Datum des 9. Juni 1873 veröffentlichte der Kanzler Sanio
einen*Beiieht Okumas mit dem ersten Versuch, ein Bud-
get aufeust^en, und zwar für das laufende Kalenderjahr 1873.
Okuma erklärte die Berechnungen jener Denkschrift für irrig. Die
Einnahmen seien völlig ausreichend die Ausgaben zu decken, wie
das angehängte auf Hrund der Einnahmen und Ausgaben des
A'orjaiires zusammengestellte Budget b'-weise. In Zukunft sollten,
um die Finanzlage des Staates ganz klar zu stellen , jährliehe
Budgets veröffentlicht werden, sowie auch genauere Erläuterungen
Uber die Fond^ u. s. w. der Re^erung. Um die Einnahmen des
Staates ab ansruchend darsustdlenr bediente sich Okuma eines
auTserordentlich einfachen Mitteb. Man mufs sich erinnern, dais
ein sehr grofser Teil der Staatseinti ^Iime in Reis bestand (10 — 11
Millionen Koku). Inouye und Shibusawa hatten den Durch-
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sc'hnittsprcis ftlr <1oti Koku nur mit 2,::. Yen angesetzt, offerhar
um den rechten Eindruck zu machen und um gaTiz skli r zu
gehen. Okuma nahm eiueu hüheren Ueiüpreis an ( Ii >ch sagt
er nicht) und damit war denn dim Gleichgewicht leicht herge-
stellt. Die Thatsachen gaben Ukuma recht Der Reispreis stieg
und, in Gdd berechnet, stelite steh dadurch achUersüch eine sehr
▼iel höhere Einnahme heraus^ als aelbet Okuma in seinem Budget
angenommen llatte^ Demgegenüber machte es wenig ans, dafa
die übrigen , finanziell weniger wichtigen Steuern von Okuma
fast um die Hälfte zu hoch anp^esetzt und dafs die Ausgaben KU
niedrig veranschlagt waren. In der dem Budjj;et angehüno^ten
Übersiclit über die Staatsschuld war weder da^ Papiergeld noch
die neu"' Londoner Anleihe berücksichtigt. Stitt mehr aU 140
Millionen, wie Inouye und Shibusawa ganz richtig augegcben
hatten, kam so eine Staatsschuld von nur 81 225000 Yen beraua.
Der Bericht Okumas cum Budget vom 9. Juni 1873 ist
der erste einer langen Reihe, deren Grundton stets eine Schön-
färberei war, deren Gleichmäfsigkeit schliefslich lebhafites Miis-
francn erwecken mufste. Als zweites Element trat dazu dem-
nächst die riilimende Anerkennung der eigenen Verdienste. Nach
dem sdil < liu n Eindruck jener Inouye-Shibusawaschen Denk-
schritt kam es darauf an. ihr nicht nur die Ansichten des neuen
Finanzuuniölcrri, sondern auch Ergebnisse seiner Verwaltung
entgcgenaustellen. Am An&ng aes nttcfasten Jahres (dal
4. Januar 1874) erschien ein Bericht Okumaa an den Kmaer
Uber die gtlnstigcn Ergebnisse des abgelauienen Jahres. Nadi
der früheren Unordnung sei es jetst mOglich, die Steuern ein-
heitlich zu erheben und die I*jnnahmen zu übersehen. Das Jahr
1873 ergehe ninen ansehnlichen I berschufs. Die alten von den
Han übernommenen X'erptlieiitungen stellten sieh viel niedriger
heraus, als man vorher gescliätzt habe, niimlich auf 20 statt auf
50 Millionen Yen (was wieder nur liclitig war, wenn mau blols
die durch Ausgabe von Staatsschuldscheinen r^ralierte Schuld
berücksichtigt, thatsächlich waren es rund 53 Miltionen)*. Seit
der Restauration s^en in keinem Jahre solche Fortschritte ffe*
macht wie in dem eben abgelaufenen. Ein Aufechwung» stene
heyoTy welcher den jedes anderen Volkes übertreffen werde!
' Der Hciäpreis bei den HegiciuDgäsueichern lu Asuknün (Tokyo)
betrug durchschnittlich 1972: d,iT« Yen, 1873: 3^«i Yen. Die EiDiiabme
aus der Grundsteuer war
nach Okunisw Bud^^et 40-j' toAn Yeo,
nacli den spälcn-n Ahrcchnunfren (;(Miii4 0iiu -
Darin sind aber erhebliche Beträge rückstäudiger Steuern enthalten.
' Numlicb 22 Millionen durch AushändigUDe von Staataschuld-
scheinen,6 HilliODen durch bare Zahlung regulierter »shuldenp 25 Mi)lione&
Papiergeld.
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441
Das Budget fUr 1874 (Februar) entsprach diesem Trom-
petenstofs weni^. Es ist eine.s der wunderlichsten Produkte von
Rechenkunst, das man sich denken kann. Da war zunürhst oine
Generalübersicht, welche zu den Einnahmen nicht nur einen
Oberschufs aus dem Vorjahr, sondern auch einen sogenannten
Reservefonds rechnete, d. h. die sämtlichen Kcissenbestiinde und
Beserveo der Finanzverwaltung. Von der so konstruierten
„Ebnahme*' Ton 88868000 Yen waren nur 59 858 000 Ten
Einnahmen des laufenden Jahres. Dem stand eine Ausgabe von
62169000 Yen gesentlber, wnhol eine beabsichtigte Papiergeld-
tilgun^' von 5 Millionen noch nicht eingescUossen war. That-
säclilich deckten also nach Okumas Erwartungen die Einnahmen
nicht die Ausn;aben. Uni dies 7m verdunkeln, war die General-
übersicht in eine „Specialübcrsicht der Einnahmen und Ausgaben"
und eine „Rechnung des Reservefonds*" jjeteilt. Die erstere ^ah
einen ganz schönen Uberschufs, da dit- i^ianuhnien und Aus-
gaben der Staatsbetriebe (Eisenbahnen, Telegraphen, Berg wer kej
und die g ans e Ausgabe filr die Staatsschufi beim Reservefonds
in Bechnnn^ gestellt waren. B« der Überncfat der Staatsacholden
war diesmal das Pa^iiergeld zwar noch nicht eingerechnet, aber
wenigstens seine Existenz erwähnt Die ganze Mttbe j&net
künstlichen Gruppierung hatte sich Oknma übrigens >^|)ftren
können, da der Keispreis aul'serordentiicii stieg (Durchschnitr.s-
preis bei den Regierun gsspeichern in Asakusa 5,«i7 Ven) und
so die Grundsteuer in Geld berechnet statt der geschauten
44600000 Yen 59400000 Yen ergab. Die ganze Aufstellung
der Ausgaben aber wmrde durchkreuzt durch grofse militltrische
Extraforaerungen fllr Niederwerfung des Etoschen Aufttandes
in Saga, vor allem aber fiir die Expedition nach Formosa ^
Was ist nun in diesen ersten Jahren der Okuma-
schen Finanzverwaltung thatsächlich geschehen? Wir
sahen bereits, dafs die Hauptaufgabe, die Reform der Grund-
steuer, in der Vorbereitung schon weit vorgescliritten war. Als
Okuma an die Spitze der Finanzen trat, lagen alle Grundzii;2:e
des Planes fest. Mit grofsem Eifer förderte Okuuia die weiteren
Arbeiten, so dafs schon am 28. Juli 1873 die kaiserliche Pro-
klamation und die AusfÜhrungsgcsetze und Verordnungen er-
scheinen konnten, durch welche die Grundsteuer auf eine neue
und einheitliche Basis gestellt, eine neue Steuereinschätzung fiir
das ganze Land angeordnet und statt der JHaturai- eine Geld-
' In den Abrecbuungen ist die Ausgabe wegen des Sagu-Autktandes
auf mnd 1017000 Yen, dte wegen der Formosa-Expedition «itf H618 000
Yen angogcben, wozu nh^T noch o '» Yen fiir RüHtnnpen und den
Ankauf von Waffen, ScliiUeu etc. wegen lier diuhenden Haltung Chinas
kommen. Die später von China an Japau gezahlte Indemnität betrug
400 000 Taels (anfser 100000 Taels für die Opfer der Focmosaner), mnd
600000 Yen.
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X 4.
stfuor eingeführt wurde I unendlich wichtige Retorm
wird im <lritten Kapitel ausiVihrlicli zu besprechen sein Neben
dieser groi'sen Malsregel verschwinden die anderen kleineren
Vorgänge auf dem Gebiete des iSteuerweisenö. Mehr prinzipiell
als tliatsäclüicli bedeutsam war die Einführung einer Steuer vom
Gehalt der Beamten, welche 1874 eiDgefälvt» Übrigens 1879
wieder abgeschafft wurde (höchster Ertrag 1875/76: 02621 Yen).
Wichtiger war eine andere Steuer, die von den Renten der
Kwaxoku und Shusoku, welche aber wesentlich in einen anderen
Zusammenhang gehört, zu den Mal'sregeln zur Beseitigung dieser
Renten, worüb'T \m nfiehsten Abschnitt eingehender zu handeln
ist. Im Jahre 1874 emgetührt. kam diebteuer zuerst 1B75 zur
Verrechnung mit fast 3 Millionen Yen,
Ebenso wiclitig war die Forttuhrun;; der BesLrebungen zur
Durchführung einer einheitlichen centraÜsierten Finansverwaltung,
in deren Verlauf namendich die Gesetze 427 und 428 vom
27. Dezember 1873 ergingen, welche die meines Wissena erste
eingehende allgemdne Regdung des Etats- und Rechnungswesens
brachten. Diesen Gesetzen folgten dann eine ganze Reihe von
Nachträgen, Änderungen. Krl;interiingen u. s. w. Weiter wurde
eine Andeiunt; de.s Finanzjahres beschlossen. Die ersten 5
Finanzperioden waren von ungleicher Länge gewesen. Mit der
Einführung des europHisehen Kalenders am 1. Januar 1873
hatte man da6 Kalenderjahr angenommen. Dies erwies sich
bald als nnpraktischy da die Grundsteuer damit halb in das eine,
halb in das andere Jahr fiel Man beschlofs deshalb nach
amerikanischem Muster den Beginn des Finanzjahres auf den
1. Juli zu Terschieben (Erlafs vom 18. Oktober 1874), so dafa
die achte am 1. Januar 1S75 beginnende Finanzperiode nur
sechs Monate dauerte. Mnn beschlofs auch, nm f^n Juni lR7r>
einen Strich unter alle »Staatsrechnungen 7m mach«'n und alle
Reste an Kinnahinen und Ausgaben dieser achten Finanzperiode
zuzuschreiben, so dai's mau am 1. Juli 1875 mit einer neuen
klaren Rechnung anfangen konnte. Da das Jahr 1875 noch
eine Reihe weiterer wichtiger Reformen brachte, so dürfte es
angemessen sein, einen Rückblick auf die finanaiellen Ergeb-
nisse der ersten 7^2 Jahre der neuen Ära zu werftin,
wie sie in den 1878 abgeschlossenen, Anfang 1880 veröffent-
lichten Abrechnungen erscheinen (dat. 27. Dezember 1^79)*.
] hi\\i'\ ist der Reis nach den Durchschnittspreisen bei den Reis-
speichern in Asakusa berechnet^.
' Ob diese Abrcchnunp^cu ganz der Wahrheit entsprecheu. mufs
dahingestellt bleiben. Alle Abrechnungen aus der Okuniascben Zeit sind
anfechlliar.
* I. Periode .'»,421 Yen V. Periode '.\ms Yen
II. - 7,416 - Vr. - U,841 -
III. - 7,«88 - VII. - S,W '
IV. - 4,u9 - VIR. • -
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X 4. 448
In diesen 7^ 2 Jahren sind in die Staatskasse geliossen;
ordentliclie Einnahmen 282 870872 Yen
auiserordenUiche Einnahmen 123479982 -
Dagegen betrugen die
ordentlichen Ausgaben 242801605 Yen
auTserordentltchen Ausgaben 116645077 -
En blieb ein ÜberschuTs in den Kassen des Staates von
46904171 Yen.
Von den aufserordentlichen Einnahmen kamen auf
durch Ausgabe von Tapiergeld 73325 444 Yen
durch Anleihen 21259988 •
davon waren aber bereits zurückgezahlt:
zeitweise Darlehen 5643988 Yen
von den aiiswürtigen Anleihen
(im Ordinariumj 1690318 -
Ferner waren bezahlt ;m Schulden und Indemnitäten der
alten Kegierung und der Daimjate
7 7Ö8 245 Yen
Den Han waren «aufserdem sehr erhebliche Summen teils
an Unt' rstützinigei!, teils als Vorschüsse und Darlehen p:f'g:('ben.
Von enstereii lassen >u'\i aus den Abrechnungen mindestens 5.5^
von letzcren 12,7 Millionen Yen nachweisen. Für Ablösung von
Renten (s. nächsten Abschnitt) und für Unterstützung von
Shisoku, welche als Bauern angesiedelt wurden, sind beinahe
18 lÜlUonen verrechnet. Die auTserordaidiche Aufgabe für
militilrische Operationen, ohne die im Ordinarium yerrechneten
grol'sen Summen für Waffen, Kriegsschiffe u. s. w., betief sich
auf 12 940000 Yen. 8o war, wie man sielit, ein sehr grofser
Teil der anfserorrlcntHehcn Aus^^^aben (Wo tbVrkte Fnlire <h'r \hn-
wandlung des .Staates, denen an cntspreclienden auloerordentiicheu
Einnahmen gegenüberstehen:
Rückzahlungen 4195000 Yea
Fonds und Guthaben des
Bakufu und der Han 9071 r)66
Geschenke 1280148 -
Geldstrafen etc. (der Han) 504233 -
Kriegssteuem der Han
(im Ordinarium) 2 794357
Daneben stammten rund 47 Millionen Yen der Staatsschuld
von den Han.
Neben den aurBerordentliehen Ausgaben infolge der TTni-
wälzung standen die Ausgaben ttlr die neuen Errungenschatten.
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X 4.
Es sind, um nur einige Hauptposten zu verzeichnen % ange-
geben :
für neue Anlagen ( Eisen balineii, ikrg-
werke^ Telegraph, Ku»tenbeleuchtungy
Fabriken, Münze u. s. w.) 2i5 380G04 Yen
VonchttBBe ftlr wirtochaftlicbe Unter-
nehmuogen 18635600 -
Ausgaben zur Förderung der LiduBtrie
(auch Ausstellungen) 14G3 851 -
Verlusfee bei Bankunteroehmungen 1740016 -
Diese vwr Poston $Mn 50220181 Ten
Die Staatsschuld stand auf 142289580 Yen
davon auswärtige Schuld 14480912
Papiergeld 94803819 -
Von der übricren inneren Schuld kamen auf die regulierten
Schulden der iiun (sogenannte Alte und
Keue Schuldj 22079349 Yen
Bonds 0ur EüilOsung von Papiergeld 2238550 -
Bonds zur freiwilligen Ablösung erblicber
Benton 8686950 -
Mit Attsoahnie der cur Erbauung von Eiienbalmea auf-
genommenen alten Londoner Anleihe (4880000 Yen, noch aus-
stehend 8003152 Y'en)' kann man die gesamte Schuld als Folge
der Staatsumwälzung bezeichnen. Das Papieigdd der R^gSerung
stand beinahe gleich mit Gold.
Der Betrag der \'or.schi\sse der Staatskasse" wird auf
12 546342 \ en an;j;('geben, die Hi)lie des „Reservefonds" d. h.
der allmählich aufgelaufenen l'berschüsse der Rinnahmen über
die Ausgaben aui ki4 41t)2.)7 Veu^. Wie schon oben erwaimi,
ergab die 1878 beendete Abrechnung in Wahrheit 46 904 171 Yen.
Die achte FSnanzneriode (1. Semester 1875), der alle Rttckstitade
zugerechnet wurden, ergab allein rund 20 190000 Yen Überschuik
Das Jahr 1875 war wie auf anderen Gebieten auch auf
dem der Finansen ein Jahr wichtiger Reformen und Reor-
fanisationen. Die in den Jafaoren 1871/72 etwas zögernd
egonnene Reform der Steuern machte einen weiteren grofsen
S' hrift. Eine Menge von Stenern bestand noch ganz oder
wenig verändert aus den Zeiten der alten Ordnung. Unter der
> Die Scheidung zwischen Oidhiftriiim und Extraordinariam ist gans
iin-irli T Obi^a- Zaiilon enthalten mich l^etri ^ ;iusgaben, während im
Oitliuarium manche Posten stecken, welche hierher eehören.
• Die neue Londoner Anleihe (11 712 000 Yen) diente zur Ablösung
▼OD Renten.
' Nach einer offiziösen Notiz sollen im Frühjahr 1876 im
fouda 14 -^90 700 Yen in Gold und Silber gewesen sein.
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X 4.
445
allgemeinen Bezeichnung Unjo und Mvoga wurden alle niöglieheii
werbetiteuern , namentlich vom Handel, zum Teil waren es
Steuern auf Fabrikate, gelegentlich in der Form von Octrois,
zum Teil waren cj» Durchgangszölle auf Flüäsen, Brücken u. s. w.
Wie die Namen, waren die Srhebungsarten dieser Steuern Uberall
yenehieden, ihre Beibehaltung hOcm lästig, wom der Ertrag
nicht im Verhältnis stand, 1874: 1204175 Yen.
Eine weitere sehr ungleichmälsige Steuer wurde unter dem
Namen Koku-Eki-kin in einigen Qebieten erhoben zur Unter-
haltung der Dämme an den Flufsufem. Die Steuer, die druckend
empfunden wurde, brachte 1874 145 (i 13 Yen.
Am 20. Ft'bruar 1875 erschien eine ganze Reihe von Ge-
setzen (Nr. 23 bis 27), durch welche die Besteuerung wesentlich
vereinfacht wurde. Ks wurden gänzlich autjgehoben alle jene
▼ereehiedenen Uigo- and Myoga- Abgaben, 1456 an Zahl, von
denen sich Übrigens viele nur durch den Namen unterschieden.
Es wurde femer das ebengenannte Koku-Eki-kin abgescfaafi^
ebenso die Steuern auf Ölpressen ^ auf Shoyu (Bohnensauce),
auf Dienstboten, SUnften, Wagen u. s. w. An Stelle der letz-
teren trat eine erhöhte Wagensteuer. Ztir Derkum,' der übrigen
Einnahmeausfalle wurde die Sakesteuer erhöht und eine Tabak-
steufT in Aussicht gestellt, welche am 1. Januar lH7t) in Kraft
trat. Durch die Mafsregel entstaud ein geringer Eiuiiahmerück-
gang. Die abgeschafiten Steuern und die Sakestener hatten 1874
susammen 3169645 Yen emgebracht. Die neuen Sake-, Tabak-
und Wagensteuem brachten 1875/76 2 975536 Ten. t)brigens
sind jene Gewerbesteuern nicht ganz verschwunden; ihre W^eiter-
erhebung (fllr örtliche Zwecke) mit Genehmigung des Finanz-
ministeriums wurde ausrlrücklii h gestattet (Verorflmmir 105 vom
18. Juni 187(>). Zu Ende des Jahres 1875 wurde noch eine
weitere alte Abgabe abgeschafft, die Hafengelder, die bis dahin
erhoben waren. Neu eingefiihrt wurden Stempelabgaben von
den Schriftsätzen in CivÜDrozessen. Gleich erwähnt sei hier,
dafs in den Jahren 1876/78 Börsen- und Banksteuem, An&ng
1877 Abgaben der Droguisten neu eingefllhrt wurden.
Die Hauptarbeit der Steuenrerwaltung, die Grundsteuer-
reform, war bis dabin nur langsam yorwUrte gek<nnmen. Zur
Beschleunigung des grofsen \\ erkes wurde ein eigenes Grund-
steuerreformbureau (Öihiso Kaisei Jimu Kyokio errichtet, das
am 24. Mai 1875 ins Treben trat. Um dieselbe Zeit aber rief
die ungewohnte Stcuerzaliiung in Geld mehr und mehr Unzu-
friedenheit hervor. Als Ende 1870 der lieispreis erheblich unter
den Preis dc»r letzten Jahre sank, entstand eine bedenkliche
Gilhrung unter den Bauern. In den Bestrken Ibaraki, Miye^
Nagano, Shizuoka, Kochi, in den Provinzen Yamato und Taltnia
kam es an Zusammenrottungen und offenem Aufstand. Trota
der Bedenken ^ das Gleidigewicbt im Staatshaushalt wurde
verschiedenen Abgaben erhoben.
waren es Ge-
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446
X 4.
am 4. Januar 1877 di*' Grundsteuer erheblich herabgesetzt, die
Staatöstetier um ein bechstel, das Maximum der Bezirkszusichläge
auf die Hälfte. Möglich vvar diese bedeutende Sieuererleichterung
nur durch die vorher erfolgte Ablösung der Renten, von welcher
gleich mehr zu sagen ist. Trotzdem war die dringende Er*
mahnung zur SparBamkeit, welche die kaiseriiche Proklamation
enthielt, wohl am Platze.
I)ie Verlegung des Finanzjahres und die son8tk;en Reformen
▼on 1875 boten aiicli den Anlafe auf den noch wenig be-
friediL'enden Zustand des Et'its- und KeelinimL"-swescns bessernd
einzu^\ irken. Dafs zwischen allen Reelinungen bis zum 30. Juni
und seit dem 1. Juli 1875 eine vollständige Trenimiig eintrat,
sozusagen ein neuer Anfang gemacht wurde, i«t bereiu erwalmt.
Die ganze BuchfliLruiig wurde neu geregelt. Im März 1875
erging eine neue Instruktion ttber die Aufstellung des Etats.
Aber trotz allen Drftngens, aller weiteren Erläuterungen hatte
der Finanzminister doch erst im November sflmtliche Einzel-
etats beisammen. Der Voranschlag fUr das am 1. Juli be-
gonnene Finanzjahr 1875/76 erschien erst am 22. Dezemlxr.
Für das Finanzjahr 1876 77 ist das Budget sogar erst vom
20. Januar 1877 datiert, das darauffolgende erst vom 28. Dezember
1877. Solange Okuma die Finanzen geleitet hat. bis 1881, ist
nur der Etat tUr 1879 80 rechtzeitig fertig gewesen.
Der den Voranschlag fUr 1875 76 einleitende Bericht Okuroas
enthielt die wiederholte und ausdrückliche Versicherung, dals
alle Abschatsungen sehr sorgfältig gemacht sden und dafs fttr
unvorheigesehene Ausgaben gentigend Vorsorge getrofien sei
Als Reserve waren nicht weniger als 6,5 Millionen Yen vorgesehen,
wahrend der ganze Etat mit rund 68.5 Millionen balancierte.
Die .spätere Abro<'hnung, die erste, welche überhaupt in Japan
veröffeudiclit iöi (7. II. 187*.)), zeigte auch eine ganz gute Uber-
einstimmung der Ansehliige mit den Ergebnissen , wobei aber
nicht zu vei^essen htj dals der Etat erst ein halbes Jahr nach
Beginn des Finanzjahres ersdiien. IVotedem stofsen wir jetzt
zuerst auf die Erscheinung, die angehalten hat, solange Okuma
Minister war, dafs den eifrigen Versicherune^ immer weniger
(ilauben geschenkt wurde. Schon damals brachte eine oppo-
sitionelle Zeitung (Hochi Shirabun) einen höhnischen Aufsatz,
Japan sei sicher kein Land, in welchem es zwei Budget^ gebe,
ein geheimes wnhres und ein öffeiitlielM s falsches. Es ist wahr-
seheinlieh, dafs von der s\ -tematisi In ii Vt iöchleierung der Finanz-
lag e, die erst viel äpau-i' wirkiii ii bekannt wurde, doch etwas
in weitere Kreise gedrungen war. Denn sonst lag bis dahin
nichts vor, was be^nders unglaubwtlrdig erschienen wäre. Dk
Milstrauiscfaen beriefen sich vor allem darauf, dafs wohl Budgets,
aber keine Abrechnungen veröffentlicht würden. Thatsilchlich
bedenklicher war, dafs seit Okumas Ministerium von einer ernst-
haften Absicht, das Papiergeld einzuziehen, nirgends die Bede
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X 4.
447
war. Einstweilen war man mit einer anderen schwierigen Auf-
SAbe beschäftigt, der Ablösung der Renten des Adels und der
hiioku.
II. Die Ablösung der Renten.
Bei der Darstellung der älteren Staatsordnung ki ausgeliihrt,
dais im Unterschiede zu Europa in den unteren Stufen die
VasalÜtftt nicht wie In Europa auf Gnindbesits b^rOndet winde,
sondern auf erbliche Renten, wdche ganz überwiegend in Reis
gezahlt wurden, doch kamen vereinselt auch Renten in Bohnen
und in Geld vor. Nur in Satsuma (wo auch viele Samurai
Grundeigentum hatten) kamen Reisrenten vor, welche auf be-
stimmten Grundstücken ruhten* und veräulserlich waren. Neben
den erblichen Reuti n iKaroku) gab es auf Lebenszeit verliehene
„Verdienstrenten Shotcnroku), welche namentlich den um die
Restauration verdienteu Personen in auägcilelmtem Malse ver-
liehen waren. Zu diesen Renten des Samuraistandes kamen die
erblichen Renten des Adels, welche bei dem alten Ho&del freilich
nicht sehr bedeutend waren, desto mehr bei den ehemaligen
LandesfUrsten, welche bei der Mediatisierung ein Zehntel iljrcr
bisherigen Einkünfte als Rente erhielten (25. VI. 1869). Diese
ganze T.fist hatte fl neue Staatswesen übernommen, während
der eigentliche Grunci tler Rentenzahlung mit dem Fcudalwe-sen
weggefallen war. Bisher hatte der Samurai für seine Reisrente
dem Stiuite als Beamter, als Soldat gedient. Jetzt trat neben
die Rentenempfänger, die gar nichts mehr dufdr leisteten, der
modme besoldete Beamte, die moderne EonskriptionBanttee.
Damit wurde also eine doppelte Belastung des Staates bewirkt
Eine jährliche Leistung von etwa 5 Millionen Koku * verschlang
last die Hälfte der Grundsteuer. £s war klar, dals aur Besei^
tigunp dif^fi' r Staats bi.dastung etwas geschehen mufste. "War der
Grund für die Rentenzahlungen weggefallen, so konnte man doch
nicht ohne weiteres die Kenten selbst beseitigen. Den Adel der
1 Es scheint, als ob wirklich die Grund^rücke selbst ssn Lehen ge>
geben wären. Nach Einrichtung' der ITan im .lahre 1 wurden die
Gruodstticke für ätaatseigentuni erklärt. Die bhizoku erlüclten die üeis-
einnahmen davon, die rar verttufserlich galtra.
^ Nach Naii^ai Ichiran (Japan Weekly HaU 1873 S. 56$) wäien
nach der Mediatisiemng 1871 an Kenten su saUen gewesen;
an 0 k u'f'rliche Prinsen 4 781 Koka
420579 Shizokn (eiMchL SotSQ) 3786058 -
88 höhere Priester 6 762 -
Verdienatrenten 207 !^77
zasammen 49643^ Koka
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448
X 4.
sicheren Grundlage des Besitzes zu berauben, wäre ebenso unklug
gewesen, als eine Bchoneudc Behandlung des Shizokust^indes ge-
boten war, den Standes, aus welchem die neue Regierung selbst
hervorgegangen war und welcher fast ausschliefshch die geistige
Bfldung und die mflitärisohe Tttchtigkdt des Landes reprft-
eentierte.
Ursprünglich scheint man sich mit der Hoffiiung getragen
zu haben, die Shizoku wttrden in grofaer Zahl die Privilegien
ihres Standes aufgeben und neue Berufe ergreifen. Die Regierung
unterstützte solelse Leute, welche sich als Kolonisten in ver-
schiedenen Gegenden niederliersen'. Die Bewegunir nalim aber
keinen gröfseren Umfinjr an. Man beachlols daliei im Jalire
1872 wenigstens iur die kieincn Kenten eine freiwillige Ab-
lösung anznUeten, haSb in StaatBachnldachefnen^ halb In barem
Gelde, wodurch die Leute in den Besitz eines kl^en Kapitals
kämen und damit ein Geschäft anfangen könnten. Die dazu
nötigen baren Mittel sollten durch eine Anleihe im Auslande
beschafft werden. Da deren Abschlufs sich verzögerte und erst
T^73 in London 7.u stände kam, erschienen die Hesfize über die
Kentenablösung (iSr. 425 und 426) erst am 27. Dezember 1878 -.
Die Proklamation vom Dezember 1871, welche den Shizoku
erlaub ■ La)uiwirti>chat"t, Gewerbe und Handel /.u betreiben, iiabe
keinen i^cuügenden Ertblg gehabt, da es den Shizoku an Kapital
fehle. £s werde deshalb denjenigen, deren Rente weniger als
100 Koku jährlich betrage, (Ur erbliche Renten das Sechsfache»
für lebenslängliche Renten das Vierfache der Rente als Kapital-
abfindung angeboten. Der (5 eidwert der Rente war nach den
Marktpreisen d< K betreffenden Jk'zirks zur Zeit der Rentenzahlung
(im Winter) zu beret-hnen. Von dem Kapital war die Hjilfte bar,
die HiUtie in ötaiUsschuldscheinen zu leisten, welche niit acht
Prozent verzinslieh und in drei bis .sieben .lahren nach der
Aushändigung ruckzahlbar waren. VVer also z. B. eine erbliche
Rente von 20 Koku hatte, erhielt bei einem Reispreis von 5 Yen
als Abfindung 300 Yen bar und 300 Yen in Staatsschuldscheinen,
welche 24 Yen Zinsen brachten.
Gleichzeitig ergin^^^ eine Verordnung^ welche die Ver-
äulserung von 8taatsländereien an abgelöste Shizoku zum halben
Preis anordnete, jedoch an die Familie nicht mehr als 1 Cho
Ackerland und altes Yashikiland oder 3 Cho Ödland Genyal
oder r> Cho Bergwald, ev. 0. , Cho Acker und 2,6 Cho Bergwald
zusammen. Bisher unbebautr.> Land erhielt auf 10 — 20 Jahre
Steuerfreiheit. Doch sollte das so erworbene Land nicht ver-
kauft oder verpflbidet werden.
> Nach den Abrecimnngen aind von 1868 bis 187ö fttr diesen Zweck
1 223 1>«>^ Yen auag;egebeu.
* Dam aach iß. 39 vom 28. Mftrs 1874.
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X 4.
449
Schon durch Nr. 118 vom 5. November 1874 wurde das
Gesotz auch auf Renten von mehr als 100 Koku ausgedehnt,
^ausgenommen Renten des Adels). Um zur Ablösung der Renten
zu veninhiesen und die Rentenlast zu vermindern, war gleielifalls
am 27. Dezember 1873 (Nr. 424) eine ziemlich beträchtliche
Steuer auf die Kenten gelegt, welche bis zu 30 l'rozent aufstieg.
Im Sommer 1875 änderte aber die Regierung ihre Pläne. Nadi
dem 1. Juli 1875 wurden keine neuen M^un^en mehr ange-
nommen. Das Ergebnis war nicht unbeträchtlich. Die Zahl
der abgelösten Personen betrug 1 ;J5 883. An Renten waren ab-
gelöst 1 084 824 Koku Reis und 35 700 Yen in Geld. Das als
Abfindung gezahlte Kapital betrug:
in Staatsschuldscheinen ißcßtoAA
(Chitsuroka Eosaishosho) 1^565800 Yen
bar 19826830 - *
zusammen 35092(530 Yen
Um die neue Belastung des Staates zu bemessen, ist zu be-
achten , dafs zur Beschaffung der baren Mittel eine sieben-
prozentige Anleihe in London von nominell 2 4<M)<iOO l^fund —
11712 000 Yen aufgenommen war; bei einem Ausgabekl^r^ von
92,r, war der Erlös 10833600 Yen, wovon aber noch bedeutende
Extrakosten abgingen (vgl. Kap. VllI). Dadurch dafs die An-
leihe in Gold lu verzinsen und zurückzuzahlen war, hat sich
später, als die Landeswährung ebenso wie das Silber sich ent-
wertete, die Last noch bedeutend vermehrt. Zunächst abor
war an die Stelle jener Renten eine Zinsenlnst von 2145 104 Yen
getreten und eine Verraehmng der Staatsschuld um 28277800 Yen,
während etwa 9 Millionen aus sonstigen Staatsmitteln im Laufe
von 2V2 Jahren ausgegeben waren.
Wenn man gehofft hatte, die Abgelösten würden ihre 8taats-
sehuldschcine leicht veriiulseni können, ho erwies sich das als
ein Irrtum. Bei der genügen Bekanntschaft mit derartigen
Wertpapieren — die ersten verzinslichen Staatsschuldscheine nach
fremoem Muster sind 1873 ausgegeben — druckte das Angebot
der Abgelösten rasch den Kurs so, dals das Finanzministerium
aich ins Mittel legen mufste, um eine ganz unvernünftige Ent-
woiung zu verhindern. Schon am 24. August 1874 wurden
die Bezirk sbehördr-n voni Finanzministerium angewiesen, die
Chitsuroku Scheine zum ivurse von 80 auf Verlangen zn kaufen,
jedoch nur von den Abgelo-sten selbst, nicht von solchen, welche
die Scheine gekauft hatten. Ais die Auslosungen begannen,
standen die Scheine übrigens beinahe auf pari.
' So (icv BoricLt über die Staatpschuld von l>i9t». Die Abrech
nuDgeu tür die einzelneu Juhre ergeben ^usammeu Yeo.
Forschung«'!! (4:>j S. 4. — Hathgfii. 29
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450
X4.
Der Versuch mit der freiwilligen Ablösung 1874 und 1875
liutte gezeigt, dafs selbst bei dieser wenig vorteilhaften Um-
rechnung eine gi-olöc Zaiü von RentenerapfHngera zur Ablösung
bereit war, dais aber eine Fortftihrung des bisherigen ^'erfahren8
sehr bedeutende Geldmittel in Anspruch nelmien würde, aus deü
laui'enden Einnahmexi jedenfiüb nicht zu bestreiten war. Groiae
inläiidische Anleiheo waren euutweUea noch unmöglich. An
6m Ausland aber wollte man sieh nicht wieder mit einer An-
leihe wenden. Sehr unbegründeter W«ae fUrchtete man politiacbe
Abfattngigkeit. Einmischung fremder Mächte, wie man das in
Ägj'pten und anderwUrts sah. Diese Anschauung, in der man
von einer gewissen Sorte jafjanisTerender Ausländer noch bestärkt
wurde, hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten, nicht Tuva
Kutzen der japiinischen Volkswirtschaft. Da man ausländische»
Kapital in keiner Weise benutzen wollte, so blieb zur giinzliclien
Beseitigung der Rentenlast kaum ein anderer Weg als der,
welchen man mit der Ausgabe der Chitsurokuscheine feilweiBe
hwhritten hatte, die Ablösung durch Abfindung der Renten-
berechtigten mit zinstragenden StaatsschuldscheineD, wobei nian
einerseits die augenblickliche I^t erleichterte, anderseits diu-ch
Tilgung der so geschaffen f^u Staatsschuld sie filliniUilich ganz
beseitigte. Bemafs man nbi r die Abfindung der Kentriiberechtigten
so, dafs wirklii li solort eine erhebliehe Erleichterung für den
Staat eintrat, »o konnte man nicht darauf rechnen, dafs die
Rentenempfiinger allgemein freiwillig sich ablösen lassen würden.
Man muTste also awangsweise vorgehen, ein ungeheures Wagnis,
da man die ganse Ökonomische Grundli^ der höheren una
herrschenden Stände angriff. Es war kein Zuftdl, dafs durdi
Gesetz 38 vom 28. März 1876 das Schwertertragen verboten
wurde, ^Irei Monate» ehe nuin an die endgtütige Beseitigung der
Kenten gm;j^.
Am 5. August ISTti erschien das Gesetz 108, welches
anordnete, dafs die bisher erblich, auf Lebensr^eit oder fiir eine
bestimmte Zahl von Jahren bezogenen Kenten von 1877 an
abgelöst und fttr deren Betrag Staatsschuldschetne
(Kinroku Kosaishosho) ao^gefertigt würden, nach liaisgabe der
beigefügten B^timmungen. Nach diesen waren erbUdie Renten
in folgender Weise umzurechnen:
Fünfprozentige Schuldscheine werden ausgegeben:
bei einer Rente von im Betrage des
7()0U0 Yen und darüber 5 fachen der Rente
00000 - biö 70000 Yen b'u •
jM)000 - • 60000 • 5Vt •
40000 ' - 50000 - 5«/4 -
30000 - - 40000 - 6 . • •
20000 - - 30000 - 6*/« -
10000 . - 20000 - 6"'« '
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451
bei einer Beute von im Betzage des
7500 Yen bis 10 000 Yen 6»/«fiwliea der Boite
5000 - - 7500 - 7 - - .
2500 - - 5 000 - 7V* •
1000 - - 2500 - Vli -
Secbsprozentige Schuldscheine werden ausgegeben:
bei ciuer iioute von im üetrago des
900 Yen bis 1000 Yen 7^/4 &chen der Bento
800 -
- 900 -
8
700 -
. 800 -
8V4 -
600 -
- 700 -
8» 2 -
•
500 -
- 600 -
8«4 -
450 -
- 500 -
9
400 -
• 450 -
9V4 -
350 -
- 400 -
9Va -
300 -
- 850 -
250 -
- 300 -
10
m
200 .
- 250 -
IOV4 -
•
m
150 -
- 200 -
10>9 -
•
100 -
- 150 -
11
•
Siebenprosentige Schuldscheine werden ausgegeben:
bei einer liente von im Betrage des
75 Yen bis iUü ieu IP a fachen der iiente
50 - - 75 - 12 - . -
40 - - 50 - 12Vg - - .
30 - - 40 - IS - . -
25 . - 80 - 18»/t - - -
weniger 25 Yen 14 • • -
Auf Lebenseeit verliehene Renten wurden je mit der Hälfte
dee obigen Multiplikators kapitalisiert.
EmpfUnger von Zeitrenten erhidten von dem Kapital, welches
fUr eine gläche erbliche Rente gegeben werden würde,
*® lOü für eine iicnie aut 10 Juhre und darüber
w/too . . - . 8—10 Jahre
•«»/loo - - - -6—8
20 100 - - . . 4-6
20 100 - - - - 3-4
^o/ioo .... 2 Jahre,
Ftlr die Berechnung wurde noch hinzugefügt, dais in dem
Falle, wo eine niedrigere Klmmn durch den höheren Multiplikator
eine gröfsere Zinseneinnahme ergeben würde als die nächst
höhere Klasse, die Zinseneinnahme der ersteren auf die der
29*
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452
X 4.
letzteren ermülki^t werden solle (Art. 8). (lieispiel: Ein Rente
von 10000 Yen ergiebt ein Ablösungskapital von 05000 Yen,
was zu fklnf Proient Zinsen 8250 Yen ei«ielit Kne Rente
von 9900 Yen würde nach der Tafel ein Kanital yon 66825
Yen darstellen, was 91,25 Yen mehr Zinsen ergäbe als von jener
grölseren Rente. Hier wird also die Abfindung auf 65000 Yen
ermälsigt.) Die Ablö^^un^^s.sc]leine sollten in Stücken von 5*,
10, 25, 50, 100, 300, r>0(y. 1000 und 5000 Yen ausgegeben,
über:^( fiiersende kleine Betrage in Geld ausgezahlt werden Fünf
Jahre nach Ausgabe der Scheine sollte die Rlickzahlung durch
Auslosung beginnen und in weiteren 25 Jahren, also 11»07,
beendigt sein.
Für die meisten bisherigen Benteoempfilneer bedeutete
die Mafaregel eine eriiebliche Herabsetsung der bisherigen
Einnahme. In der untersten Klasse erblicher Rente —
wenieer als 26 Yen - war allerdings die künftige Zins-
einnanme nur um 2 Prozent geringer als die bisherige Rente*.
Je höher man aber liinautgeht, desto gröl'ser ist die Verniinde-
mng. Eine Rente von 50 Yen, von welcher < ine Familie viel-
leicht gerade leben konnte, verminderte sicli auf 42 Yen Zins-
einuahme. Eine Rente von 82 — lOU Yen gab nur G6 Yen Zins-
einnahme ^ eine Beote Ton 1000 Yen nur 375 Yen. Dabei er-
Siebt sich aus der BechnungsrorBchrift des Art. 8, dals die in
er Tabelle enthaltenen Klassen 800 — 1000 Yen ^r nicht vor-
kommen konnten, da erst eine Rente von weniger als 7^ Yen
nicht mehr als die 375 Yen Zinsen ergab, mit welchen eine
Rente von 1000 Y^n abgefunden wurd'-. Tu der allerhoelisten
Klasse, 70ooO Yen und darüber, sank die Jahreseinnahme auf
ein Viertel der bisherigen. Allerdings ist nicht aufser acht zu
lansen, dafs seit 1874 den Rentenempfängern eine beträchtliche
Steuer aui^clcgt war, die in den höchsten Klassen bis zu 30 Pro-
zent der Rsnte anstieg.
IMe Zahl der grofsen Rentenempftnger, deren Einnahmen
so aufeerordentlicli vermindert wurden, war freilich nicht be-
deutend. Obgleich die freiwillige Ablösung von 1874 und 1875
fast ausschliefslich kleine Renten beseitigt hatte, hlieV» noch eine
grolse Menge auffallend kleiner Renten bestehen. Mounsey teilt
nach amtlicher Quelle folgende L bersicht der RentenempÜLnger mit"*:
' Diese sind thatsächlicb nicht ausgegeben.
- 10 Yen Keilte kajtitaliaiert mit 14 140 Yen Kapital; davon
1 Prozent Zinsen — U,su \ en.
• In dem Beridit vom 2, Mftn 1877, Jauan Weekly MsU IH77
8, 00^?. Nach einer Anp^abe von P. Mavet (Japanische Staatsschuld)
hätten am 1. J;ni»i;iv l^TU noch Renten erhalten: 466 Kwazoku, 'iSO'«^ ■
Sliizoku, .>tJ Jltiiiuii, ziifjarnmen also "JnTOhs Personen. Von den uur
zupinsrlich gewc-'oiu M hu r i I ,'11 Berichten enth< keiner Angaben über
iV:>- 7;il)leii der wukli(.li Ab;:elö8ten Und die Höhe th/r nbgel ' T' n Pensionen,
bflUt nicht der neueste grufse Bericht von Ibi^O über die Staatsschuld.
i
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453
Zahl der BenteoempfKngfir welche eme Beute bezogen yod
16
70000 Yen und darttber.
8
50000 • bis 70000 Yen
15
30000 - - 50000 -
80
10000 - - 30000 -
74
5000 " - lOUOO -
393
1000 - - oOOi) -
15484
100 - - 1000 -
175174
25 - - 100 -
127184
weniger alä 25 Yen
318428 zusammen.
Danach wären also fast drei Virrtf 1 aller ursprünglichen
Rentenempfänger noch vorhanden gewesen. Nur oS'^ empfin^^^n
eine Rente von 1000 Yen und darüber (mit tuotprozentigen
Papieren abzulösen), mir 15484 hatten Renten von 100—1000
Yen (mit sechsprozentigeu Papieren abzulösen), und nicht weniger
als 302 358 hatten Renten von weniger als 100 Yen (mit sieben ■
prazentigeD Papieren abzulösen). Obgleich in dieser bei weitem
aahlreiehsten Klasse die Herabsetzung der Einnahme unbedeutend
war und unzweifelhaft vorteilhafter als die Bedingungen der frei«
^villigen Ablösung zwei Jahre vorher, so ist es doch begreiflich,
daliä Erregung und Unzufriedenheit entstand. F^esonders in Sat-
suma war diis der Fall, wo, wie oben erwähnt, gewisse Renten
bestlinden, welcliu ge^en f^ntirelt übertragbar und thatsäehiich
von vielen der jetzigen Inhaber gekauft waren. Die zwangs-
weise Verminderung solcher Renten wurde als Eingriff in das
Privateigentum angesehen. Da die Regierung den dringenden
Wunsch hatte y die in Satsuma sehen bestehende Gährung nicht
noch SU ▼ennebren, so wurde am 11. Dezember 1876 ein Nach-
trag zu dem Ablösungsgesetz veröffentlicht (Nr. 152), wonach
ftlr Renten, welche in der Zeit von lPr>0 bis 1871 für verkäuflich
erklärt waren, der zehnfache l»etrag in zehnprozcntiiren Papieren
als Ablösung L'^e^^eben werden sollte. Die Rente blieb also zu-
nächst unverändeit. Trotz dieses Entgegenkoiiiincns brach kurz
darauf der grolse AiiisUind der Samurai in Satsuma aus, woran
die Bwangsweise Ablösung der Renten unaweifelhaft dnen er-
heblichen Anteil hatte.
Die Durch fti hrung de r A b l <3 s i n g selbst war sehr ein-
&ch, da die wichtigste Vorarbeit, die Umwandlung der Reis-
in Geldrenten, schon Ende 1875 (Nr. 138) erfolgt war. Die
Naturairenten waren in Geld njich den Durchschnittspreisen der
3 Jahre 1872 bis 1874 festgestellt worden*. Die Ausieriigung
der neuen Ablösungsscheine erfolgte im Läufe des Jahres 1877.
^ Ksfcdca und Shotenroku wurden seitdem unter dem Namen Kia
roka stuammengeCftfstf daher der Name der neuen Schuldseheine.
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454 X 4.
Im Noyember dieses Jahres wurden vom entenmal die ludb-
Jäbrigen Zinsen gezahlt.
Es war eine ftir japanische Verhältnisse l;<iii/ bedeutende
Fixumsoperation. Der Betrag der Kinrokuscheine war
nadi endgültiger Bega-
im Jabro 1877 amgegeben lieniDg ausgegeben
»tt 5 PhMBent 31 174 165 Yen 31 412405 Yen
- 6 - 24950245 - 25 003 705 -
- 7 - 109454155 - 108242810 •
- 10 - 8 563 275 - 9202655 -
susammea 174141840 - 173861575 -
FOr die Uemen Ubersehielseoden Beträge unter 10 Yen
waren bis 1878 auiseideni 860058 Yen in Geld ausgeaahlt^
Um die Bedeutung dieser Summen iür Japan zu bemessen,
bedenke man, dafs am 1. Juli 1876 die ganze japanische Staats-
schuld sieh auf 148^^24 724 Yen belif^f, ohne Papiergeld nur auf
54809903 Yen, wovon innere Schuld nur 40714870 Yen waren.
Sieht man von dem Papiergeld ab, so wurde auf einmal die
Schuld mehr als vervierfacht.
Welches war nun die direkte Wirkung auf die Staats-
kasse?
Nach den Abrechnungen war der Betrag
187576 1^7fi'77
der Renten (Karoku u. Shotenroku; 17 658 128 Yen 17 610 575 Yen
der Rentensteuer 2075118 - 2130187 -
Die Ausgabe war also netto 15583010 - 15486388 -
Dagegen war das Zinsenerfordemis ftir den endgültigen Be-
trag der Kinrokuscheine 11568105 Yen«. Gegen 1876 77 war
das also ftlr den Aiigenbh'ek eino "Rrlek-htoniTiij: der Staatskasse
um 3 918283 Yen^. Dabei ist aber niclit zu vergessen, dals
man iUr die Zukunft recht erhebliche Verptiichtungen an Kapital-
* Im Znsammenbange mit den obigen Mafsregeln stand auch «tie
Ablösung gewisser Renten von Shintoj)riest«'ni im März (Nr.
welche den fünffache» Betrag ihrer bisherigen lieisreote in acbtpiozeo-
tigen Schuldscheineii als Ablösung erUelten, im gansen war aas dn
Rchuldkapitaa von 884 050 Yen (dasu 61 575 Yen bar flir Betrüge unter
26 Yenl
* Für i'üni'prozentigc 1 "jTO t»20 Yen
- sechs - 1500 222 -
- sieben - . 7o70 997 -
- zehn 920 2ü6 -
zusammen 115G8 105 Yen.
■ Der Viccminister der Finanzen Mataukara sagte lö76 dem eng-
ÜBchen LegationaflekretSr Mounsej, die Regierung erwarte eine Erieicb-
terang nm etwa 4 Millionen Yen.
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X 4.
465
Zahlungen einp:ep:angen war. Von 1882 an waren in 25 Jahrai
fast 174 Millionen Yen zurückzuzahlen, durehschnittlich jahrlich
also 7 Millloni^n , wobei man dann dem Plane nach allerdings
von 1907 an der ganzen alten ÜenLen Verpflichtungen los und
ledig war. Dais m&ier noch eine weitere erhebliche Venninderung
der Last durch &onyertiening in niedriger ▼ernnsliche Staati-
papiere möglich sein würde, hat damals wohl niemand schon in
Aussicht nehmen können. Während die zehnprozentigeu Kinroku-
scheine 1886 bereitä völlig getilgt wurden, standen noch ge^en
103 Millionen slebenpr-^Tiontip^o und 24,:. Millionen seeh>;prozenti«;e
aus, als die Konvertierung der ganzen höher verzin-^lit heu 8chiild
in eine fünfprozentige beschlossen wurde. Eine eriblgreieiie Durch-
ftihrung der Konvertierung der obengenannten Posten würde eine
Verminderung der 1877 übernommenen Zinsenlast um nicht
weniger als 2^U Millionen Yen bedeateo'.
Wie war weiter die Wirkung für die Abgeldaten?
Ihre direkte Einnahme war in den höheren Klaaaen sehr eriieb-
lieh beschnitten, nach untenhin war die Ve rringerung weniger
bedeutend. Aufser den Zinsen hatten die Abgelösten aber auch
ihre Ablösungascheine in der Hand. Die Regierung war, mit
Recht, besorgt, was die l^utv, mit den Schuldscheinen anfangen
würden. Mit den bei der tVeiwilli^^en Ablösung ausgefertigten
Scheinen hatte man es erlebt, dals sie vielfach von den Abge-
lösten tn kurzsichtigem Eifer ▼eraohleudert waren» um das bare
Geld in die Hand zu bekommen. Jetzt handelte es sich um
ganz andere Summen und man konnte erwarten, dals aus dem
an solche Wertpapiere noch wenig gewöhnten Publikum nur eine
unbedeutende riacbirage dem dingenden Angebot gegenüber-
treten würde.
Zuniiehst wurde durch ein mit dem Abhisungsgesetz gleieh-
zeitijr erlassenes Gesetz (Nr. 100) Verkaut und Verpfändung der
Kinrokuselieine bis auf weiteres verboten. Krst durch Nr. 25
▼om 9. September 1878 erhielten die Abgelösten freie Verfügung.
Gleichzeitig bot die Finanzverwaltung an, die Papiere aufzube-
wahren ftlr solche, welche keinen weheren Platz zur Aufbewah-
ning hätten. Auch erklärte sieli bereit, Abgelösten (nicht
anderen Erwerbern der Scheine) ihre Papiere zu festem Kurs
abzunehmen^, um einen ungemessenen l^reissturz zu vorbfiten.
Diesem Zwecke diente der aus den Überschüssen der irüheren
Jahre angesammelte Reservefonds.
Um den Abgelösten aber eine besondere Verwertung ihrer
Scheine und Erhöhung ihrer Einnahmen zu ermöglichen, war
^ Am 1. April 1890 standen infolge In KonvertierungBoperationen
nur mehr 20 4^^0 885 Yen siebenprozentiger Kinrokuscheine aua, war also
eine ZinsenverminderuDg von über 1 600 000 Yen bereits erreicht
^ Fünfprozentige ztt 64, secbspTOzenÜge SU 82, siebenpioaentige zu
100 (apftter erheblicE henbgceetxt).
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456
man auf eiaeo weiteren, ganz verhängnisvollen Einfall gekommen:
die Abgelösten sollten auf der Grundlage ihrer Abluaungsscheine
Zettelbanken errichten, Nationalbanken nach amerikanischem
MuBter. Das NatioiudbaDkgesetz erochien zusammen mit dem
AblöstmgBgesetz (Nr. 106 vom 1. August 1876). Der Ztuammeii-
haDg beider Maf^regeln ist auch von Okuma selbst ausdrUi&licfa
hervorgehoben. Es ist oben bei Darstellung des Bankwesens
gezeigt, wie man den Zweck, den Abgelöstt n eine Erhöhung ihrer
Einnahme zuzuwenden, allerdings erreie!it<^. aber auf* Rosten der
VVährungözuötiinde, deren 1877 beginnende völlige Zerrüttung
den Mittelpimkt der weiteren Untersuchung bildet.
III. Das Agio.
Das erste Jahrzehnt der Japanischen Finanzpolitik ist die
Zeit deb Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit, von der Naturai-
zur Geldwirtschaft, von feudaler Zersplitterung sur modernen
Einheit, die Zeit der Steuerr^rm und Rentenablösung. Das
zweite Jahrzelmt wird beherrscht von den Erscheinungen des
modernen Kredit- und Geldwesens. Für die Finanzpolitik wur-
den raalsgebend die Zustände des Währungswesens, die Agio-
wirtschaft, die Bemühungen \\m Wiederherstellung der Valuta,
die Anfn ahme der Barzahlungen.
Das Jahr 1870 und den Anfang von 1877 sahen wir be-
aseiclinet durch zwei bedeutende Mafsregeln, die Grundsteuer-
ermäfsigung und die Besohafiung der Mittel dazu teils durch die
Rentenabldsung, teils durch die Einschränkung der StaatBaus-
gaben, namentlich auf dem Gebiete der wirts(maft]ichen Unter-
nehmungen. Die weitere friedliche Ordnung des B^nanzwesens
wurde aber durch ein Ereignis unterbrochen, welches den ganzen
Staatskörper ersehfUterte und durch seine Anfordeniniren auf die
Jb'inanzcn einen unheilvolh'ii Kintluls auf lange Zeit ausübte, den
Bürgerkrieg, welchen der Aufstand der Jiamurai von Satsuma
auf der Insel Kyuühu entzündete.
Seil Beendigung der Expedition nach Formosa wareu durcli
aufserordentlicbe militärische Ereignisse nur wenig bedeutende
Ausgaben yeranlafst*. Als aber im Februar 1877 die lange
drohende Bewegung in Kagoshima gewaltsrini zum Ausbruch
kam, zeigt •- sich bald, dafs die Bewältigung des Au&tands auch
linanzirll soklie Opfer fordern würde, dafs sie ans den gewöhn-
lichen Kinnahmen nielit bestritten werden Iconnten. Zunächst
lialf man sich, wie es scheint, durch eine heimliche Ausgabe von
> Im Finanzjahr 187A7n durch die Wirren mit Korea 480 558 Yso,
i^T' T; durch verachiedens lokale
AutstHude im Jahre 1876 ^9UG00 •
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X 4.
457
Papiergeld, welches als Reserve zum Austausch mit altem Papier-
geld vorhanden war. Erst nach Beendigung des Aufstandes
erscliien ein Erlals (Nr. 87 vom 27. Oktober 1877), welcher che
Auögabe von 27 Millionen Yen genehmigte ^ Da auch diese
Summe noch nicht ausreichte, man aber vor einer offenkundigen
wdteren Vermehrang des Papiergeldes sich scheute, wurde ein
Ausweg getroff«[i, welcher volkswirtschafUicfa genau dieselbe
Wirkung hatte, nur fdr den Staut noch unvorteilhafter war.
Wie schon oben im Kapitel Bankwesen (S. 185) erzählt ist,
wurde im Mai 1877 eine greise Nationalbank von den abgelösten
Adligen «^egrtindet und mit besonderen Privilegien ausgestattet.
Von dieser Bank lieh der Staat 15 Millionen der eben vom
Finanzminiöteriaiu der Bank iibergebenen Nationalbanknoten und
verpflichtete sich, diese Anleihe im Jahre 1896 zurückzuzahlen
una bis dahin mit fünf Frosent au verainsen. Auf diese Weise
sind aur Deckung der Kosten des SatBumaaufstandes 42 Milli-
onen Yen aufgebracht. Ob die Papierausgabe thatsächlich nicht
gröfser gewesen ist, läfst sieh schwer sagen. Es ist aber an
siel} wahrscheinlich, dafs von dem zwischen und 1881
heimlich ausgegebenen Papiergeld im Betrage von mehr als
22 Millionen ein erheblicher Teil gerade in dieser Zeit in
Umluui' gesetzt ist.
Die Ausgaben, welche der Aut'sUind veraulaibt hat, sind von
den sonstigen Abrechnungen ganz getrennt worden (Nr. 86 yon
1877). Die besondere Abrechnung ist am 13. Feoruar 1880
veröffentlicht (dat. 25. Dezember 1879), wonach die Ausgaben
in der Zeit vom 19. Februar bis Ende Oktober 1877 41567 727
Yen betragen liKtten. Darin sind alle durch den Aufstand ver-
anlafsten Ausgaben enthalten, namentlich auch die vermehrten
Ausgaben der Polize!, die Unterstützung Abgebrannter und sonst
Notleidender aut dem Kriei?s6 lumplatz . sowie säintliclie Ver-
waltungsausgaben von ganz Kvusiiu mit Ausuaiiuie deö Beziiks
Nagasaki. Die Folge ist, dafs in der allgemeinen Abrschnung
die Einnahmen und Ausgaben des Staates in keinem Jahre so
niedrig angaben sind als in den Finanzjahren 1876 77 und
1877/78*. Dafs alle Staatseinnahmen durch den Krieg litten,
ist selbstverständlich. Allein für 1876 77 mufsten 3,68 Millionen
Yen an Grundsteuer im Süden p;estundet werden.
Waiirend des Aufstandes zeigt sich nun zuerst eine Ei*-
scheinung, welche anfangs wenig beachtet wurde, bald aber in
den Mittelpunkt des Interesses treten sollte. Es eutstand ein
' Binnen 1' Jjihroii '.«(^llfo ein entsprechender RotrH^-^ von Noten
unter 1 Yen eingezogen und durch ScbeiuemüniiQ in Kupfer und :Silb<Br
ersetzt werden.
» Ausgaben 1876 77 .'iO 308^0« Yen
1877/78 48 :»,24 -
1878 '7Ü 60im:i.'i(5 -
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458
nicht ganz unbedeutendes Agio auf Silber, bia zu reichlich
6 auf 101) Yen Papier.
Unrinlöslielies Papier war von Anfang an die Währung der
neuen Ordnung gewesen. Als es ziieröt aus^zegebeu wurde, war
£2nUSiaiiff bmiieo 13 Jahren zugesagt. Da der Verkehr in den
grofsen Handelsplätzen Osaka and Tokyo des Papiergelds un-
gewohnt war, und hei der allgemdnen Unsicherheit der Zustände
in den ersten Jahren, wurde das neue Staatspapiergeld mit groisem
Milstrauen betrachtet. Es entstand sofort ein Agio auf Metall^
das 7eit weise sehr bedeutend wtirdo (55 Prozent nach der An-
gabe ( )kuniaa in Financial Tolicv' during thirteen Years). Im
Juni 18G9 wurde daher statt der Zusage, das Papier in 13 Jaliren
einzulösen, versprochen, dm i'apiergeld mit hartem Oelde Ende
1872 einzulösen, oder, wenn das untbunlich sei, die ganze um-
laufende Famergeldmenge in eine sechsprozentige Schuld um-
Buwandeln. Wie in anderen Lilndern in ftbnlicher Lage, wurde
versproohen, kein Papieigeld weiter auszugehen und die Orudk-
phitten zu zerbrechen. Wer das Papier nur mit Diskont an-
nehmen wolle, wuttIp mit Strafe be<lroht. Mit der grölseren
Beru!iip:nn<^ v^Tschwand das Agio ailinTthlieh. Von ihren Ver-
sprcciumgen hielt die Regierung freilich keine. Wahrend das
Publikum durch eingehende Proklamationen belehrt wurde (27.
Dezember 1871), dafs eine Ausgabe neuer Noten erfolge nur
zum ZwedLe des Umtausches mit den alten Koten, was allerdings
auch geschah, sah sich <Ue Hmernng zu neuen AuKahen ge-
nötigt (1872 last 18 Millionen Yen), so dafs man bis Ende 1872
78325 444 Yen ausgegeben hatte, wozu als Ersatz für Papier-
geld der Daimyate 24907 088 Yen kamen (vorübergehend noch
etwas Tiiohr). Als das Jahr 1872 ablief, war von einer Einlösung
in M* r;il! natürlich keine Rede. Um aber den anderen Teu
ihres Ver.sprechens. wultiies in einem Eilalk vom 28. Mai 1872
noch einmal au.sdrücklicli wiederholt war, wenigstens äurserlich
zu erfüllen, erging am SO. März 1873 das Gesetz 121 über die
Ausgabe von Kinsatsu-Scheinen^. Dem Publikum
wurden sechsprozentige auf den Namen lautende^, in Gold zahl-
bare Staatsschuldscheine angeboten, welche in drei bis fUnfiseho
Jahren nach der Ausgabe zu amortisieren waren. Dafs das die
zugesagte ..Umwandlung alles Papierfreldes in verzinsliche Staats-
schuld schein f* gewesen wäre, kann man nicfit behaupten. Die
Regierung erwartete, nach Okumas späterer Angabe, von der
Mal'sregel eine Art mechanischer Steuerung des üeld Umlaufs.
Wenn zuviel Papiergeld in Umlauf sei, werde der Zinsftd's fallen.
Das Publikum werde dann die sechsprozentigen Scheine zu kaufen
veranlafsty wodurch der umbmfende Betrag des Papiergeldes sich
> RInsatsQ oder Shihei <= Papiergeld.
3 Das Gesetz spricht auch von Inbaberpapiefeo, doch sind solebe
meines Wissens damals nicht ausg^eben*
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X 4.
459
aaf die yon den Bedürfbiaeen geforderte Menge vermmdern würde.
Wenn femer das Papiergeld unter pari sinke, werde das Publikum
in Metall verzinsliche Papiere f^crne kaufen. (So Okuma in
„Thirteen Years".) Hei rler schönen Theorie war freilich allerlei
nicht bedacht. Ganz abgesehen davon, dal's sechs Prozent er-
hebiieli unter dem üblichen Zinsfufs stand, war es eine wunder-
liche Vorstellung, von einer übennälsigen Ausgabe von i'apier-
eeld za erwartoi, dafs aie den Zinsrafis herabdrttcken werde.
Selbetverstllndlich trat in Japan, wie anderwärts, aowte die Agio«
tage sich entwickelte, ein starkes Steigen des Zinsfuises ein, in-
folge der allgemeinen Unsicherheit aller Geldverhältoisse. Ebenso
bewirkte die entfesselte Spekulation, dafs der an den Goldbonds
möglicherweise zu machende Gewinn nicht grofs genug erschien,
um im Lande viele KHufer anzulocken. Anders wäre es ge-
wesen, wenn man die Seheine dem Auslande anbot. Für aus-
ländische Kapitalisten wäre, als später die grofse Entwertung des
Papiergeldes eintrat, der Erwero solcher Goldhonds ein gutes
GeschUft gewesen, das obenein Edelmetall ins Land gebracht
hätte. Aber dem Auslände wollte man sich weiter nicht ver-
schulden. So finden wir denn auch thatsächlich, dafs von 1873
bis 1875 nur für gut 2200000 Yen Kinsatsuscheine abgesetzt
sind, dann drei Jahre lang gar keine, von 1870 bis 1882 noch
nicht für 3 8U0UÜ0 Yen^ Erst als infolge der Kontraktion
der Geldwei't wieder stieg, mochte es lockend ei-scheinen, von
dem schwindenden Agio rasch nocii zu urulitieren, während auch
bei der Stagnation afler GesdiMfia der Zinsfufs nicht mehr iXhee-
mttfsig niedrig war. Es sind dann auch vom Sommer 1882 bis
Ende 1885 für &st 8,4 Millionen solcher Papiere ausgegeben.
Zunächst also war die Mafsregel wenig geeignet, das um-^
laufende Papier zu beseitigen. Die ursprüngliche Absicht der
Regierung, das Papiergeld binnen 13 Jahren einzuziehen, wäre
für die Landeswiihrung entschieden besser gewesen. Inzwischen
hatte man aber in dieser Hinsicht wenig Sorgen, da Papier mit
Gold dauernd gleich stand. Ein kleines Agiü zeigte sich zum
ersten Male wieder im August 1874, als wegen Formosa Ver-
wickelungen mit China drohten, doch betrug das Agio bis 1876
nie mehr ab 2 Prozent^. Da inzwischen auf dem Weltmärkte
Silber gegen Gold im Werte erheblich gesunken war (1876 die
erste grofse Silberbaisse), stand das Papier fast während des
ganzen Jahres 1876 besser als Silber, Mitte September 100 Silber
' Davon slclier d»T giüfste Teil nicht vom kapitalanlege d den Publikum,
pondorn von ganz oder halb Btaatlichen Anstalten. Vgl. oben, Kaj^)itol
Bankwesen S. 195, die Erwerbung von 1600 000 Yen KiDsatsusGUcnien
durch die Shokin Ginko. Das FinanKministerlum selbst hatte davon am
1. Juli 18X2 für 1 r,s] 2ön Yen (Stat. Jahrb II (IJQ).
' Die Statist. Jahrbücher eeben die i'niu< rgeld-, resp. Gold- und
^berkmse eist von 1877 aa. Für Mliere Jahre hebe ich die Zahlen
ans der Japan Weekly Mail (f&r jeden Sonnabend) benutzt
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m
-= 94 Papier*. Gegen Gold war aber mehrmals das Agio schon
bedenklicher fMitte MSrz libfr 5, Mitte April 4^ 2 Prozent), so
dafs die Regierung die Veröffentliehnnp; Ae^ rfolrlkürse- vrrhot.
Anfang 1877 stinden Papieryen, Goldyeii und büberdollHrö gleich.
Keine der damaligen Veröffentlichungen der FinanzA-erwal-
tuu^ deutet daraut, dals man eine Pieöserung der bedeiiklichun
WiSinuigszastSode ins Auge ge&fiit hätto, Eb Ut hereita er>
wfthnt» SeSn man Anitoiß 1878 eine Papierauaeabe von 98288482
Yen hatte-. Eine kleine Summe war dur(£ die AoBgabe der
Kmaatsuscheine beseitigt. Andere Beträge waren nicht wirkÜoh
ausgegeben worden und wurden vernichtet, noch andere waren
eingerufen, aber nicht zurückgekommen. Am 1 . Juli 1875 waren
noch 94803 819 \ on in Umlaut", welche bis zum Ausbruch des
Satsuma-Aufetandes auf 94054 731 Yen vermindert waren. So
lauten wenigstens die ^imtlichen Abrctchnungen. Ks i.«,t aber schon
erwähnt, dafs während der ganzen Okumaschen Verwaltung eine
heimliche Ausgabe von sogenanntem „Reaervepapier*^
(Yobi Baten) stattgefunden hat. Der genaue Sachverhalt ist
amdich bisher nicht bekannt gemacht. Offiziös ist der Hergang
im Jahre 1884 folgendermalsen erklärt: Um über die im Laufe
des Finanzjahrps vorl<ommenden zeitweisen Ungleichheitf n zwischen
Ausgaben und iMimabmen wegzuhelfen, habe man in Ki m iiiireliini^
von Schatzschenien zur Auswechslung bestimmtes 1 '.ipii r^dd
(Koen-Vobisatsu) aus dem Reservefonds entnommen und lur die
betreffende Summe einen Schuldsclieiu in den Fonds gelegt. Die
Absicht sei gewesen, im Laufe des Finanajabres aus den Ein-
nahmen die Summe wieder einzulegen, doch sei das häufig nicht
gelungen. Um 1879 habe die ganze Summe reichlich 22 Milli-
onen Yen betragen. Die amtliche Statistik giebt bis auf den
hontitren Ta^^ die geBllschten Okumaschen Zaiilen. Okuma hat
als Finanzministcr wiedrrlmlt und ausdrticklich erklärt, dir« T\o-
fierun^ liabo ttir lautende liedürfnisse nie Papier aus^^ru' ben.
He Abrochnunjrcn seien vollständig zuverlüssig. An der i'iiat-
äaclieder iieimliciien Papierausgabe ist trotzdem nicht zu zweifeln*.
' Lokal wirkte uucb die grofsc 8eidenhau»so darauf ein. Wälirend
Papier besser als Dollar.s stand, standen Dollars besser als Harrcnsilber.
• So die Abrechnung für l.sGs bis isT.i. lu „Thirteen Yearsi* etwas
andere Zahlen, ohne s.ichlich in Betracht kommenden Unterschied.
' Die erste für den Nii'hteinu'cweihten noch unverständliche An-
deutung über die heimliche Papicrausgabe tiude ich in den Erlau teruni^en
isom Budget für 1881/82. Obgleich von da an bis 1884 jede« Budg^et
re:*p. Abn chnung einen Poeten zur Tilgun;; dieser Schuld enthält (Ruri
ire kin), ist der Sa. h verhalt erat Anfang I ^M leidlich klargestellt. Nach
einer dein engUschcn Lcgationssekrjutär Gubbins gewordenen Mitt^ilnnt;
htttte die sanze Ausgabe 22 18H IfiG Yen betragen (vgl. einen B- 1 I t
von (J. in Japan Weekiy Mail l^^i Bd. II S. 147). Nach einer Notiz, de.i
damals otüziÖseii Nichi Nicht Shimbun aus dem Juni 1865 (Japan Weekiy
Mail 1885 Bd. Kl S. 550) wSren bei OkmnM 8tiurs Im OtUfbet 1881 nwk
14,« MiUionen im Umlauf gewesen. Nach den Abreehnongen fliad in
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X 4.
461
Wie grofs der auf diese Weise in Umlauf gesetzte Betrag
zu verschiedenen Zeiten gewesen sein mag, ist mir nicht bekannt.
Ob schon die leichten Schwankungen der Valuta im Jahre 1876
durch die VergrölseruDg des PapitTumlaufö vcranlarst gewesen
sind oder dadurcfa, dafs das Papier von dem raadien Suikeii des
Silberwertes gegenüber Gold mitgezogen wurde, wird sich schwer
entscheiden lassen. Wahrscheinlicher ist wohl letzteres. Da von
einer Aufnahme der Barzahlungen in der offiziell bestehenden
Goldwährung keine Rede war, das bare Gold auch mit grolaer
Schnelligkeit abflofs, so mufste mehr und mehr das fiiir den aus-
wärtigen Handel Japans malsgebende Silber auch für den Papier-
wert entscheidend werden, wie da.s auch b<'i der ganzen späteren
Agiospekulation der Fall war. Seit dem Frühjahr 1877 hat das
Papier mit Gold nie wieder auf pari gestanden. Im Folgenden
ist der Regel nach nur vom Verhältnis des Papiers sum Silber
die Rede.
Im Jahre 1877 kam nun der AufsUind im Sftden. Es ist
bemerkenswert, wie wenig die Vtüuta anfangs von dem Aus-
bruche des Aufstandes beunruhigt wurde. Als die ersten Nach-
richten aus dem Süden kamen (G. Februar per Dampfer in
Kobe), änderte sich das <:eringe damalige Agio, ^ 2 Prozent auf
Gold, 2' 2 auf Silber, überhaupt nicht. Erst Ende Februar ging
es auf 2 Prozent auf Gold, 4^ 4 Prozent auf Silber, sank aber
bis Ende Mai wieder auf weniger als ein Prozent jfbr Silber,
GU>ld war beinahe pari. Erst im Juli, als der Kampf sidi un-
absehbar ausBudehnen drohte, stieg das Silberagio auf 6 Prozent,
im September, als die Aufständischen sich nocli < inmal der Stadt
Eagosnima bemächtigten, stieg es sogar eine Kleinigkeit darüber,
obgleich klar war, dai's es sich nur um den letzten Todeskampf
der Rebellen handelte. Der Geldmarkt war schon sensitiver ge-
worden. Ende des Jahres stand Silber auf 103 ^ Der Jahres-
durchöchnittskurs in Tokyo war 103,4.
Als der Aufstand beendigt waTi halte man emen amtlich
sugestandenen Papierumlauf von 120927209 Yen. Thatsächlich
waren es wohl schon gegen 140 Millionen. Aber daran nicht
genug. Oerade in diese Zeit starker Neuausgaben von Papier-
geld Ikllt der Beginn der Nationalbankgründungen, von welchen
in anderem Zusammenhang die Rede war. Es ist dort schon
den Finanzjahren 1HH0 81 bis 1884/85 zusammen fUr „Kuri ire kin"
16 892 898 Yen ausgegeben , was mit der saletet erwUhnten Notis gsni
gut vereinbar ist, da die Ausgabe war:
1 SSO Hl 30 000 Yen
is.si S2 4 >^5«M4') -
* Die übliche Kursuotiurun^ in Janan ist der Preis von 100 Silber-
ycn in Papier. Die urginrQnglieh übliche Notierung nach Bu braucht
man nur mit 4 zu dividieren, um d;H ^'Ifirlie Ergebnis ZU erhalten. Der
obige Kurs wurde damals als 412 bezeichnet.
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4Ö2
X 4.
gezeigt, daljj für die WährungszuetUnde die Nationalbanknoten
nichts anderes ak eine weitere Vermehrung dea Papiergt Ides
wjiren, da sie nicht in Metall eingelöst wurden und Zwangskurs
hatten. Am 1. Juli 1876 waren auf Grund des alten National-
bankgesetses 1420000 Yen Banknoten im Umlauf. Von den
neuen Nationalbanknofeen waren Ende 1877 schon Aber 13 Hilli-
onen, Ende 1878 über 25 MiUioneii, Ende 1879 fast 34 MÜH-
onen un T.^mkuf. Daa Ergebnia war, daUb der Umlauf von
papiernon OclHzf iclion in der kurzen Zeit, von Mitte 187(3 bis
Mitte lb76, von ^vahrsch^■in!i^h nicht viel über 1 00 Millionen auf
t'twa IGO Millionen, bis Milte 1879 auf etwa 170 Millirjn n Yen sich
vermehrt hatte. Das war mehr, als die japanibche \ oIkswirt*ichaft
auf einmal verdaueu konnte. In den ersten Monaten des Jahres
1878 sank der Wert des Pi^iern langsam, aber unaufbaltflam,
bis er Anfang März 116 beinahe errdcbte; dann stieg er langsam
wieder bis nun Sommer, ohne doch 1 05 (Ende Juli) übersteigen
zu können. Von da an kam der unaufhörliche Fall ' . Im Winter
1878 auf 79 war der tiefste Stand 132,6 (am 5. Februar), im
Juni 187^» kam man vorübergehend nach heftigen Schwankungen
wieder bis auf 104,5. Anfang Dezember war man wl( der auf
137,5 herunter, am 10. Apnl 188U auf 158. Die wieikr im
Frühjahr eintretende Erholung brachte den Kurs nicht höher ids
130 (14. Mai, am Tage vorher und nachher 136), Ende Oktober
war man herunter auf 178. Auch 1881 war der iie&te Stand
Anfang April mit tiist 182. Die FrUbjahrshausse stieg auf nicht
mehr als 155. Ende September schon war man wieder auf
178,5 angekommen und bewegte sich bis Ende Januar 1882 um
170. Der inzwischen erfolgte ümecliwung der Finanzpolitik
machte sicli aber jetzt geltend. Während bisher in den ersti n
Jahresnionaten ein Minimum entstanden war, sti^ der Kur> mit
geringen Unter breciuuigcn, bis er Ende März 143 erreii lite. Iiu
Frühling trat wieder ein Rückgang ein (bis dahin jährÜch imi
die Zeit Steigen), der durch die Oiokraepidemie im Sommer 1882
▼encbärft und durch Verwickelungen mit Korea im August akut
wurde ^. Von da an besserte sich der Kurs stündig, bis er in
der zweiten Hälfte 1885 das pari erreichte. Zur Orientierung
* Vgl die Tabelle der monatUcben DniehBehnitlakune in Tokjo
von 1^'TT hi^ l^"- • im Anbanjx-
* Der Kui-g staud in der ersten Augustwache auf 160— 1(31. Am
7. August bun die erste Nachricht von einem Überfall auf die japaniaclw
(•esftiidtschaft in Söul. Der Kurs fiel in wenigen Tagen auf 170, nach
Eiiitrc'fFen der Nachrichten von chinesischer KuimiBchuug auf ITö
(lO. August). Am 21. stie^' er infolge Kintrelfuiw der Nnchricht von
glücklicher Beilegung des Zwischenfalles von 172 auf 168,4 und ging am
2"». bis unter H)d. Mit dirspi- Scnsihilitiit vergleiche man die Festigkeit
des Kurses vor der Inflation bei Kintretlen der fiachrichteu vom Sat«una-
Aufstand! Die nifttere Terwiekehmgr mit Korea und China (Deaember
])U April 1885) erzeugte gleidifaUs heftige Schwankungen, ygl.
unten S. 4ti4.
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X 4.
468
über die Entwickelung mögen hier die Jahresdurchschnittskurse
der Börse in Tokyo l'olgen, mit dem amtUcben und dem wahr-
scheinlichen Papierumlauf am L Juli.
amtlich
FkpieromUuif
Kurs
wirklich
1877
103,4
1 03 054 662 Yen ca. 1 20 (?) Miiiionen Yen
1878
109,2
137884009
- 160 - .
1879
121,9
146499338
- 170 .
1880
147,7
143098268
- 160
1881
170,4
140385578
- 157,2
1882
157,0
140032041
- 152 . -
1883
126^s
132618040
- 138,4
1884
108»«
124844639
- 125,4
1885
105,8
120466024
1886
100
108649405
• (am 1, April).
Die Überschwemmung mit Pamer ttt&ertei wie man sieht,
nur allmählich ihre Wirkung. Die Entwertung war am ärgsten,
als die Papiermenge schon wieder ribnahm. AIh der Parikurs
hergrsielit war (Mitte 1885), liet nocii erheblich ni< In- Pajn'er um
als vor Ausbruch der Unruhen in Satsuma, wahrscheinlich an
20 Millionen mehr*.
Übrigens ist bei der Gröfse des Papierumlaufes zu beachten,
dafs eine zu yeraehiedenen Zdten veracbieden grofse Menge dem
Verkehr entz<^gen im Reeervefonde der Finanzvcrwaltung lag, der
zum Teil aoa Metall, zum Teil aus StaatsschuldBcheinen, zum
Teil aber auch in Papiergeld bestand. Ebenso wirkten die
Steuer trrm ine und die grofsen Zahlungen der Staatskasse. Nament-
lich im iVuhjahr war durch die nrundsteinTzahiung eine p'oi'se
Menge Papier zeitweise dem Verkehr entzogen, im Mai und No-
vember wurde es durch die Zahlung der Zinsen der btaaUschuld
plötzlich wieder vermehrt.
Es ist wohl der Mtthe wert, kurz zu untersucheD, welches
dieGrttnde der plötzlichen starken Entwertung waren
und wie die Entwertung wirkte. Bei der Besprechung des Jana-
nischen Münzwesens ist im einzelnen gezeigt, wie die Edelmetalle,
zuenst das Gold, dann aueh das Silber, aus dem Lande <,nn«iren.
Die Edelmetallausfuhr war möglich, weil das Pa]Mer die Hedurf
nisse des Verkelirs nach Umlaufsmitteln betriedigte. Gold und
Silber, im Lande überflüssig, dienten zur Beziihlung der Importe,
welche infolgedessen dauernd erheblich höher als die Exporte
waren*. Das Papiergeld konnte um so Tollkommeiier in den ver-
' AUerfHnps war dnvnn iss'.'. , wie unten klar werden wiid« ein
aemlicher Teil dem Verkehr zeitweise entzogen.
* Man vergesse nicht, dafs die amtlichen Zahlen des Werts der
Einfuhr nur den Urspmngswert danteilen, nieht den Wert tut Z«t der
Kinluhr. Vgl. S. 410.
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m
kehr eindringen und sogar die silberne Scheidemtin?:o verdrängen,
al» das Papier in sehr kleinen Appoints ausgegelw ii w.ir^ bis
zu 10 Sen hinunter. Mehr aln die Hallte bestand aua Zetteln
von 1 Yen und weniger. Als die giolse Intiation von 1877 bij>
1879 kam, war der Verkehr im weaentlicheD schon mit Papier-
geld erfüllt. KuQ kam nicht nnr das Papier daeu, mit weldiem
der Stiat die Kosten des Krieges bestritt, sondern auch die Na-
tional banknoten, für welche gar kein Bedürfnis vorhanden war.
Die Banken wufeten nieist nicht recht, was sie mit ihren Noten
anfangen sollten, und Ir^^'ten sie in Staatspapieren an, indem sie
teils auf die 1878 aufgeleckte Industrifvinfeihe zeichneten teils
Papiere kauften, namentlich die Abi 'smig>scheine, deren Verkauf
seit dem September 1878 gestattet war. Dals sie, um ihre Noten
zu verwenaen, auch wohl um Freunden zu helfen, vielfach in
nnyorsichtiger Weise Geld aualiehen, ist auch bekannt. So be-
lebte der Papierschauer, der «nersdts von der Eriegsverwaltang,
anderseits von den Banken ausging, plötzlich die Spekulation,
wie den Konsum, was beides die Preise erhöhte. Gleichzeitig
verschärfte sicli das Ap:io. Um die Importe in den offenen Hitfen
zu bezahlen, war Silbrr nötig. Der plötzliche Andrang von Papier,
die /imahme des Verbrauchs steigerte die Naelifrage nach Silber.
War erst die Tendenz 7-um Steigen des Agio fidilhar, so ent
wickelten sich die Dinge ganz folgerecht weiter in der Kicluuug
eines zwar mcht f;leichmttfsigeo , aber allgemeinen Steigens der
Preise, da sofort eine allgemeine Spekulation auf weiteres Sinken
der Valuta entstand, alle Produzenten mit ihren Waren möglichst
sortick hielten.
Das allgemeine Steigen der Preise erzeuprte seinerseits wieder
auf kurze 7jM einen allgemeinen fiktiven Wohlstand, einen grofsen
Aufschwung aller Geschälte und des Verbrauchs, was wifMlpi%
ti*otz der von den Inflationistcn gepriesenen schutzzoUartigeo
' Am I. JqU 1881 war die Stfickelting des antUeh xogestaDdenen
Papiemmlaufs:
Staatspapier Nationalbanknoten Zusammen
100 Yen-Noten l'JO.VK) Yen — l'iu.'iOO Yen
50 -
175 700 -
175 700
«) •
1476 380 Yeo
1476380
10 -
21,^: 5 0-'^:. -
2:{ r»s« (vso
•> -
11711!»V, .
1») :{»>(» S5() -
2fS 072 H05
2 -
12^<1S♦;1K -
2.^2^540 .
15(>4N 1«)2
1 -
712 1X4 -
im947.3 .
45 ()51 r)57
50 Sen
10 :MUMMs -
10 mn» «J4X
20 -
b2ti7 7Ui -
8267 71«)
10 -
69760:)Ü -
6976080
zmammen 105 O?.*} 784 Yen 84 409 844 Yen 140 .S85 578 Yen
• Die erste im Inlande zu öffeotUcher Zeichnung aufgelegte Anleihe,
sechspro/^entig , zum Kurse von 80 aiiig;elegt £s atuerte <&ei Moastei
bis man sie unteigebracht hatte.
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X 4.
465
Wirkung, den Import aufserordentlich belebte. Von 1876 bis
1880 stieg der offizielle Wert der Kinfuhr von 24 auf 36,6 Mil-
lion pn . lif'i n-loichbleibender Ausfuhr (20,-: und 26, s Millionen).
Damit sii « denn die Kacbirage nach Öilber und das Agio wuchs
entsprechend.
Dafüj aber die Entwertung des Papieres solclien Umfang an-
nahm, lag an zwei Dingen : einem stetig wachsenden Mi fs trauen
gegen die FSoansverwaltang und das Bankwesen und der Aus-
beutuDg dieses Mifstranens durch das Spekulantentnm. Japanisofae
Sachverständige haben spttter den Ursprung des allgemeinen Mifs-
tranens gegen die Währungszustände bis auf die Bank- und
Handelskrise von Ende 1874 zurückgcftihrt , als die ^rofsen
Häuser Uno und8himada viele andere in ihien Sturz verwickelten.
Das mag teilweise der Fall sein. Es wurde aber wirklich von
Bedeutung doch erst, als eine Nation. tibank nach der anderen
koncessioniert wurde und verständige Menschen sich fragen mufsten,
wo denn das hinaus solle. WüErend die Banknoten sich ver-
mehrten, gab aber die Regierung in keiner Weise zu erkennen,
dais sie es mit Beseitigung ihres dgenen Papiergeldes irgend wie
eilig habe. Die 1877 neu ausgegebenen 27 Millionen sollten
in nicht weniger als 15 Jahren (1*^79 auf ^ Jahre ermJtlsigt) ge-
tilgt und nicht etwa durch f'ourant-, son<lern durch Scheidemünzen
ersetzt werden. Ein 1878 aufgestellter grolsor Schuldentilgungs-
plan, welcher ausdrücklich die Bestimnmng hatte, das Publikum
durch die Versicherung zu beruhigen, dals die ganze Schuld in
28 Jahren getilgt weide , sah nur eine ganz langsame Tilgung
des Papiergeldes vor, fbr die 5 nächsten Jahre 1879/84 nur
10,84 Millionen Yen, und sprach von einer zukünftigen Aufnahme
der Barzahlungen Uberhaupt nicht Die Schwierigkeit wurde mit
hohl' n Phrasen Hn|<^an;]^en. Die natürliche Fol^rf^ der wirtschaft-
lichen Ent Wickelung werde eine p^rofse Vermehrung;- des Edel-
metidlvorrats sein, .fedenfalls dürte man ein s^ites Ergebnis der
Regelung des Geldunilaufec» üchon vor dt^r völligen Tilgung der
Schuld, d. h. 1906, erwarten. Alle unerwarteten Übei-schüsse
wttrden Sur Tilgung von Papiergeld verwendet werdend Mit
einer EiZpektanz auf das Ende des Jahrhunderts — von 1902
bis 190() sollten noch 8ö Millionen ^^etilgt werden — war fipei-
lich der japanisehen Volkswirtschaft im Jahre 1878 wenig gedient.
"Noch im l)ezember 1880 erklärte Okuiiia dem enf^Hschen Ge-
schüftstrU^'er Kennedy nur, dafs seine Absicht dahin '^fhe , den
Betrag des umlaufenden Papierfreidos }»!nnen 10 Jahren auf 100
Milliont n Von herabzubringen (Umlaut datiiaU amtlich etwa 110
iiillioneu, mit Nationalbanknoten 144 Millionen) und diese mit
Hülfe einer Metalheserve von 50 Millionen im Umlauf an er-
halten.
1 Vgl. im Schnldentilgmigsplao, Japan Weekly Mail 1879 S. 1045.
FoTschttiig«D (45) X 4. — IUthg«ti. SO
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466
X 4.
Dor dns ^rnnzf J/.mä beunruhigenden Entwertung' der Valuta
war weder 187Ü noch lö80 in den Erläuterungen zu den Budgets»
auch nur Erwähnung gethan. Ja, im Budget für 1880 81 hatte
der P'inanz minister die Stirne zu erklären, dafs die Finanzein-
richtuugen jetzt nahezu vollkommen genannt werden könnten.
Daa war das Budget au einem FiDauzjahr, in welehem nachher
die ordentlichen Annahmen um 2,4 Millionen Yen hinter den
ordentliclien Aasgahen zurückblieben und innerhalb dessen das
Papiergeld den tiefsten Stand eiTcichte. Data Okumas Angaben
über die Höhe des I^apierumlaufes unwrihr gewesen sind, haben
wir bereits gesehen. Abor es trehmg ilim wenigstens das zu ver-
heimliclien, wenn auch die Gerüchte nie veiistummten, es habe
eine heimliche I*a|jierau8gabe stattgefunden. Direkt auf den
Kredit der Regierung mulste es aber wirken, wenn völlig unver-
einbare ErklMrungen in kuraem Zwischenräume vom Ifiniifeer
einer Anzahl von eigens daau eingeladenen Kaufleuten, die Me>
tallreserve des Staates betrage 30 Millionen Yen. Davon seien
10 Millionen in Osaka und 20 Millionen seien in den Kisten,
welche er den Herren s -lhst zeiiTte'. Nur 15 Monate später,
am 2. Dezember 18B0, erklärte derselbe Oknma dem engli.iciien
Geschäftsti'äger : Die Met;illreserve beti-age nur uiehr 12 Millionen,
nachdem in den letzten zwei Jahren f\ir 12 Millionen Yen Silber
auf den Markt geworfen sei. Vor drei Jahren habe die Metall-
reser^e noch 30 Millionen betrag. Beide Behauptungen sind
so unTereinhar, dafs eine oder beide fidsch gewesen sein mtlssen.
Einen ebenso schlechten Eindruck mulste ^ niachen, dals
man sich japanischerseits hartnäckig dagegen sträubte, den wahren
Grund des Agios und der Preissteigerung in den Wähnmgsvrr-
hältnissen zu sehen. Zunäclist mulste die allerdings ziemlich
schlechte Heisernte von 1878 den Grund für das autiallende
Steigen der Keispreise hergeben. Ein Ausschufs der Handels-
kammer von Tokyo berichtete Anfang Dezember — der Bericht-
erstatter war K. Masttda — , die Bäserate sei verspätet und um
10 bis 15 Prozent geringer als die gewöhnlichen Ernten. Die
KeisYorrftte seien knapp. Die Bauern hielten auch aus Speku-
lation den Reis zurück und das sei ihnen leicht, weil aie über-
haupt in sehr günstiger Lage seien. Die Vermehrung des Papier-
geldes habe mit der Preissteigenmg nichts zu thun. Dafs fjerade
die allgemein irf\nstige L.ige des Bauemstandes Folge der In-
flation und des ^Stoigens aller Preise war, übfTsah der Ausschulfä,
der die bedeutendsten Kaufleute Tokyos enthielt. Die von Ma-
Sttda herausgegebene Zeitung Bukka Shimpo hielt an dieser Ek-
klttrung noch fest, als im Sommer 1879 die Emteaossiehten
1 Wohl einer der nairsten Versuche, den waakoidan Kredit des
»Staates zu heben, der eich denken läfst.
wurden.
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X 4.
467
glttnxend wami. Doch wtunde sur Erklärung der immer mehr
rti^genen Preiae der sehr vermehrte Verbrauch heraiigeEOgeiiy
die Seiden- und Sahsinduetrie sich in blühendem Zustande
befinde, was bei der ersteren eben direkt die Folge des rasch
steigenden Agio war.
Da es den meisten Mensehen bequemer ist. die Ursache einea
unbeliai^lichen Zustandes nicht im eigenen Hause, sondern ander-
wärts zu suclien, so war es bald eine ausgemachte Sache, dal'a
der fremde Handel an allem schuld sei. War man nicht so plump,
wie das Hainichi Shimbun (eine der ,,grol8en*' japanischen Zei-
tungen), welches Anfang 1879 bei Gelegenheit der ersten Agio-
panik alle Schuld an der Entwertung der Valuta auf die Ver-
werf liehen Bestrebungen der fremden Redacteure, Banquiers und
Werhselmakler"' schob , so klingt rerhullt dieselbe Tonart durch
manche Aufserungen der höchsten Heamten des Staats. So sagte
Anfang August 1880 der Kanzler Iwakura in einer Rede im
Adelsklub : „Die Einfuhr i^t bei weitem höher als die Ausfuhr, des-
halb hat das Papiergeld seinen Wert verloren und die Staats-
finaosen sind in bedenklicher Läse/ Und in der bereits eiv
wähnten Erklärung Okumas an oen englischen Geschäf^strHger
Kennedy (2. Dezember 1880) sagt der Minister, „dafs die Ent-
wertung des Papiergeldes ausschliefslich der für Japan un;]rtln8tigQn
Handelsbilanz zuzuschreiben sei" Ein grofser Teil der japa-
nischen Presse griHf das nun eifrig aul" und es entstand eine
förmliche Doktrin von dem bösen fremden Handel , durch den
das scheine Oold und Silber aus d«*ni Lande gelockt werde und
das Land verarme. Wenn man bedenkt, welcher Unfug noch
heute jeden Ta^ in Europa mit HandeldsOansen getrieb^ wird,
so darf man nnl den Japanern nicht su hart ins Gericht gehen.
(1 nklich war aber dabei, dafs die HetEe gegen den fiemden
Handel gans unzweifelhaft der stets unter der Asche glimmenden
Abneigung gegen alles Fremde Nahrung zugeführt hat-. Nur
vereinzelt erlioheTi unter Japanern sich Stimmen, welche auf den
wahren Ursprung des Agio hinwiesen, so im April 1880 im Nichi
Niehl Shimbun, welches dafür von den übrigen Zeitungen leb-
huii angcgriü'en wurde. Es bedarf wold keiner nochmaligen Her-
yorhebung, dais die Wurzel des Übels die ttbermäfsige Papier-
' Vgl. Currency of Jajian S. JO i. Der Herr üeschättsträger hat m
seinem Schreiben nicht gesai,'t, waä er seibat darauf erwidert haue. Eäncx
seiner Nachfolger, Le Poer Trench , hat die gleiche Ansicht gana nam-
l08 in seinem Finanzbericht von 1H86 wunL^r vor!r*Mriip:on.
* Man kann kaum annehmen, dafs Ukuma wirklich ;m jenen
gegebenen Grund selbst geglaubt hat. Es kam ihm (.rt . nbat nur darmt
an, die öffentliche AufinerkBamkeit v n In ScIiuUl der Fit.anzverwaitttnjg
abzulenken. Ee ist eine tragische Ver|;eltuHg für jenes tnvole Spiel nui
der Volkaleidenschaft, dafe dieser selbe FremdenhaGl, sieh »Pj^*". Igf^SJ'
Okuma selbst kehrte und bis zu einem MordanlaU steigerte, der ito va
den Heet aelaes Lebens zum Krüppel machte.
30*
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468
ausgäbe war, dal's infolge dieser das Edelmetall aus dem Lande
abflofs, und dals dieses Uberfltissifie Fxlelmetali es ennöglicbtei an
Waren erlieblich uiclir ein- als auszutühren.
Jjie merkwürdige Haltung der Regierung bewirkte, dafs
man schlieüslich gar nichts mehr glaubte, Ja dafs Gerüchte geglaubt,
▼on SpekakuDten woU auch alwichilich in Unolauf gesetst wurden,
fär welche richer kein Qrond war. Da6 man den amtfichen
Angaben Uber die umlaufende Papiermenge nicht traute, war,
wie wir sahen, nicht unbegründet. Es wurde aber behauptet
die Regierung kenne selbst die umlaufende Menge nicht, da die
früheren Ausweise 1874 verbrannt, die älteren Noten auch nicht
numeriert seien. Eine grofse Rolle spielten bei dem raschen
Steigen des Agio im Herbst 1879 auch die merkwürdigsten Ge-
rüchte über ein Ereignis, welches meines Wissens amtlich nie
recht aufgeklart ist Thatsache ist nur, dals im Sqvtember 1879
Poliieibeunte aus Tokyo nlOtalich dnen der grOfeten Eanflente
Osakas, den Priiaidenten aer Handelskammer Fujita, mit seinem
Teilhaber Nakano verhafteten, weil sie in Verbindung ständen
mit der Inkurssetzung falsclien Papiergeldes. Das Gerücht sprach
von Millionen falscher Scheine. Andere behaupteten, die Scheine
seien gar nicht falscli, nur der Kontrollstempel dos Finanzministeriums
sei gefälscht. Ka seien 1 )ruckplatten abhanden gekommen u. s. w.
Als nach einiger Zeit Fujita und Nakano aus der Untersuchungs-
hafl entlassen und daa Verfiihren ohne jede weitere OflfeDÜidie
Aufklärung eingestellt wurde, entstanden begreiflicherweise noch
schlimmere Gerttohte Uber Kompromittierung hochstehender Per*
sonen n. dgl.
Derartige Vorkommnisse waren natürlich Wasser auf die
Mühle der Spekulation. Ich vermag nicht zu sagen, ob die
Lust am Spekulieren und Hazai-dieren schon früher im japanischen
Volke allgemein gewesen ist ' oder ob sie erst ein Erzeugnis der
Umsturzperiode ist, mit ihrer Unsicherheit aller VerhiUtnisse, mit
ihren Beispielen plötzlich hoch gekommener Leute aus früher
klonen VerhaltnlsBen, mit ihrer Erschütterung des ganzen alten
Moiakystems. Jedenfidls ist der Spidgdsl, der Trieb, rasch reich
sa werden , jetzt in Japan so scharf entwickelt als irgendwo.
Hazaidspiel ist aulseroraentlich verbreitet^. Selbst die Spar-
I Der Gedanke liogt nahe, dies anzunehmen als eine Folge der
Krofsei) Verbreitung der Seidenkultur und des Handelsgewächsbaues mit
ihren schwankenden Erträgen.
' Auf Gnind de.«? sehr strengen Gesetzes vom 1. Januar 1884 sind
von den Polizeibehörden wegen ihizurdspieis verurteilt:
1884 27 932 Personen Ibtid 27 024 Personen
1885 8S765 - 1887 25286
Es yerdtent henrorgehoben zu werden, dafe in ffotsr Qesellsebsft
Hftzardspiol für unanständig gilt. IHese strenge Anscliauung von Sitte
und Gesetz bezieht eich natürlich nur auf das den kleinen Leuten zu-
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X 4.
469
rereme (Mujm) der kleinen Leute haben einen Lotteriecharaktt-r.
Mit dem Spiclgeiät liaod lu Hand und ihn uiiteiätützend geht
der in Janan so starke Herden- und Modetrieb. liegend ein
Gmnstana beherrscht ptotzlich die allgemeine Aufmerksamkat,
wira mit Eifer und Hitze besprochen, um bald der Ver^essenhdt
anheimzufallen. Ist der Modege^enstand nicht etwas Abstraktes,
sondern ein Ding mit wirtschaftlichem Werte, eine Pflanze, ein
Tier, so bemächtigt siVli sofort die Spekulation der Sache. Hol-
land hat eine Tulpenmanie erlebt, Japan liat im Laufe weniger
Jahre eine Schweinemanie, eine Kaninchenmanie ^, eine Hosen-
manie, eine Omoto-Manie eine Ran-Manie^ gehabt.
Reis war schon immer ein Gegenstand der Spekulation, die
aber imtv der alten Regierung mc den Spekulanten nicht un-
gefthrlich war und dorcn das ausgedehnte staatliche Speicher*
wesen leidit in Schranken gehalten werden konnte. Durch Ein-
fUhrang der Orandsteuersahlung in Geld war das jetzt gana
anders geworden. D<t ganze Jleishandel war plötzlich auf eine
andere Hasis gestellt und suelife nach neuen Formen.
Zu allen diesen Elementen trat nun, er-jt bchwach, dann
immer stärker, das Agio und entfachte eine zeitweise völlig wilde
Spekulation nicht nur in Papier und Silber, sondern auch in
StaatBschuldschdnen und rot allem in dem entsprechend im Fkeise
schwankenden Reis. Es bt oben in dem Abschnitt ttber die
Börsen auf die gröfseren Umsätze der Rcisbörsen in den Jahren
1878 und 1879 hingewiesen. Der Reispreis wirkte zurück auf
die übrigen Produktenpreise. Sogar in Thee und Salz wurden
Termingeschäfte zu Spielzwecken geschlossen. Bei dem heftigen
Hin- und Herschwanken der Preise wurde schliefslich jeder mehr
oder weniger zum S])ukuianten. NOn dem unsauberen Element
der Beiutäspukuianten , die sich um d]>.' Börsen sammelten, ver-
breitete sich eine demoralisierende Wirkung über alle Erlassen der
Bevölkerung^ die höheren Beamten nicht ausgenonmien. Auf
einen ohnehin nicht zum Sparen und zu stetiger Arbeit neigenden
und £influ& aui^ettbt Dafs die Spekulanten manche der tollsten
gitngliche gewöhnliche Hasardspiel. Börsenspiel, Rtiswucber« bedenkliche
Grundsrücksspekulationen fiii'ii-ii in allen Klassen ßeteUigung und —
wenn erfolgreich -- Anerkemiun«;.
» Ein Tier, das mit uu^rcheurer Fruchtbarkeit sich selbst bemüht,
seinen eigenen Wert zu vernicliten, ist wohl das scherzhafteste Objekt
einer grofscn Haupj^e. Und doch stiegen im Frühjahr 1873 «lie Preise
für Kaninchen ins ungemessene. Ea entstand eine ^auze Kaniiichenbörse
mit Auktionen. In den benachbarten chine^hcn Häfen war kein Tier
mehr aufzutreihfn. Obgleich die Bewegunj^ sicli j:i selbst zerstören
mofste, schritt die Itegierung ein. Die Auktionen wurden verboten und
«nf den Bc«tts von Kanmchen eine monstliche Steuer von 1 Yen gelegt.
* Omoto nach Hepburne Wr)rterbueh „the gr<»und j)inc. l^icopo-
rlinin"; Ran eine Orchidee. Vgl. übrigens in C hamb er laiua Things
Japanese S. IVt den Artikel „Fashiouaule Craz^*'.
Vollischarakter
einea unheilvollen Reiz
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X 4.
Kursschwankungen direkt durch Verbreitung und Aufliauschung
von Gerüchten herbeigeführt haben, ist kaum su bezweifeln und
bestätigt europliische Erfahrungen. Ebenso hat sich auch in
Japan gezeigt^ daüs die Valutaspekulation mit Vorliebe k la baisse
spekuliert ' .
Soweit die kleinen täglichen Schwankungen des Agio nicht
▼on der Spekulatbn hervorgerufen waren , hatten sie natftrtidk
Ihren Qmnd in dem Bedarf an Silber für Zwecke des ans»
wärtigen Handels. Die Jedes Jahr von Mitte FrUhjalir bis zum
Sommer eintretende Erholung des Kurses hatte ihren Grund wesent-
lich darin, dafs in diese Zeit nach der Theeernte und nach Beginn
der Seidensaison die liauptausfuhr fiillt. Im ganzen iiiil8::hiekt
aber jeder Versuch die Agioscli wankungen direkt und ausschlietk-
lich auf den auswärtigen Handel zurUckzuftihren. Gerade tUr den
Monat, in welchem das gröfste Steigen des Agio, von 75 auf
mehr als 80, etattfiind, den März 1881, ist festgestellt, daft von
den japanischen Hftndlem in Yokohama mehr japanische Pro-
dukte verkauft ah fremde gekauft sind. Die Bewegung war
rein spekulativ.
Während die höchsten Staatsbeamten dem auswJlrtigen Handel
die Schuld an allem Übel gaben, aeigen die Mal'snahmen der
* Was Krainar (Papiergeld in ( »sterreieh seit l'<4><) über <lii' Jk'-
dcutung der S|iekulatioTi für die Schwaiiknujrfii und di«' Hohe des Agios
sagti scheint mir für Japan noch mehr zuzutreten. Wälirend Östenreich
durch seine Lage unmiterbrocheii ttnfserNi O^bren ausgesetast iit, flUIt
dii^ser (^runtl füi Kurs^<rhwankungen bei Japan si> gut wie ganz weg.
In der ganzen Zeit von 1^18 bis IK^l ist in Japans änfseren Verh&U-
nisscn, aufser einem etwas scharfen Notenwechsel mit China wegen
Ryuk^u im Frühjahr 1879, gar nichts ▼oigekommen, was ilgemlwie b* -
drohheh Ijiitto wirken können. Die innere politische Lage war j Ii nf ilU
sehr viel bes&er und sicherer, als sie von li^73 bis 16^6 gewesen war.
Wesentlich icheint mir aber, dafs die Spekulation doch nur ihre Ifaebt
erhielt aus dem ticff^ewiirzelten und, wie ich zu zeigen gesucht habe,
begründeten ^!1^^4t^auea gegen die Finanzverwaltang, sowie aus den
socialen ZiiäÜiudüU.
In einer Besprechung des Kramarechen Buches in Sc Inn ollers
Ja)ir))ucli fUr Ge^r'tagebung, Verwaltung und Volkswirtschaft XI 74d ist
die Kede von dem
„Untergrund, von drin aus die Umgestaltung Österreichs, der unver-
mittelte Übergang von der Stagnation des wirtBchaAlieben Lebens
während der ersten Hälfte dieses .lahrhunderts zur modernen Geld-
und Kreditwirtschaft und zum kapitaUstischen Grofsbetrieb »ch voU-
Bog. Das ni^rige Niveau der allgem^ncn und specieU der wirt-
schaftlichen Bildung, der Mangel an einem wirklichen Kanfmanns-
stande, die geringe merkantile und politische Erfahrung und Schulung
der unteren Wirtschal'tskreise einerseits, andererseits die Qewisseo-
losigkeit der hOhoren Kreise "
Auf Japan pafst das alles fast in noch höherem Giade als auf
Osterreich, statt des a.a.O. erwJilntten lierrschenden Feasimismus braucht
man nur daa japanische Voikstemperament einzusetzen, das einmal ebenso
tief niedecgeschlagen ist, wie es den nXehsten 1 ag ausschweifendea £r>
Wartungen sich hingiebt
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X 4.
471
Finanzyerwaltung, dafs man sich der Gründe der Kufb-
flchwankuDgen docli wohl brnviifst war.
Gegen daa aüp^pm 'ino Milstrauen waren die verschiedenen
zuversichtlichen Verorientlichungen Okumas gerichtet Die Ein-
leitungen 7M den Budgets wie die Abrechnungen über die früheren
Finanzjahre bis zum 30. Juni 1877, welclie in den Jahren 1879
und IBSOmciuenen, die 1879 erfolgte Ver&ffisntlichun^ eines Planes,
die ganze Staataschnld bis 1906 su tilgen, sollten diesem Zwecke
dienen. Ende 1880 vertafste Okuma eine auch englisch er-
schienene Denkschrift (A General View of Financial Policy during
thirteen Yejirs, 18()8 — 1880), welche die Gesundheit der Finanzen
des Staates darthim sollte. Nun kann hn ruhiger Beurtoilung
nielit zweifelhaft sein, data vieles, was da vorgebracht war, durcl»
aus zutraf Es war ganz richti«;, dafs die Staatsschuld in ihren
Hauptteilen uur eine neue Form alter Verodichtungen und dafs
die Auagabe des Papiergeldes 1868/72 una 1877 unvermeidlich
war. Aber den guten Eindruck , den ofiene und ebrliche Er-
klärungen hätten machen müssen, '▼erdarb sich Okuma durch
das Bestreben, die Dinge gar zu rosig zu malen, durch die lahmen
Auseinandersetzungen tiber die Nationalban ken, durch die neben-
sächliche Rehandhinrr der ganzen Vnhitasehwierigkeit. Der kind-
liche Versuch, dureh Voi*zeigen der Kisten, in welchen die Metall-
reserve der Kegierun«»: Hcire, das Vertrauen zu heben, ist sehen
oben erwähnt. Alles das konnte aber nichts nützen , solange
nicht der ernste Wille das Übel an der Wurzel anzugreifen
erkenntlich war.
Mit den Mafsregeln gegen die Spekulation traf man auch
nur die Symptome, ohne dauernde W irkung üben zu können.
Schon als Ende Oktober 1878 die erste gröfsere Beunnth^ung
eintrat, wurden die Wechsler scharf vermahnt dir* Kar^^e nicht
zu flriK k* n, während gleichzeitig grölsere Mengen bdber auf den
Markt geworfen wurden (angeblich zwei Millionen Yen). Es
folgten die im dritten Kapitel schon erwähnten Mafsregeln
betreffend die Börsen , da man wohl hoffte die Spekulation so
besser fiberwaehen zu können^ am 18. Februar 1879 die Ge-
stattung einer Börse in Yokohama, am 22. September die Er-
laubnis an den Börsen in Tokyo und 0>aka Abschlüsse in Gold
und Silber zu machen. Als aber der Treis von Reis und Silber
rapid stieg, wurden am 12. Aj)ril 18S() ^Kurs l.'R) die Br)rsen
geschlo8s*'n. Die Re/^ieruni; verkaufte Silber und vc.ät<i^fTte
grofse Mengen Keis, oline dals dessen Detailpreise sich gebessert
hätten, wahrend die Grolsjpreise nur vorübergehend etwas
fielen. Am 4. Mai wurden die Effektenbörsen, am 3. Juni die
Bensbörsen wieder geöffnet , doch zogen die Reismakler es bis
aum Oktober vor die Börse nicht au besuchen.
Weder die Polizeiaufsicht über die Börse noch das stofs-
weise Verkaufen von Silber konnte auf die Dauer etwas holten.
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472
Durch letzteres wurden die Schwankungen nur T^ennehrt^ imd
die Metalh-eserve ohne jeden bleibenden Erfolg geschwächt.
Dagegen fühi-te jeder Versuch, für Zwecke der FinanzTcrwaltnng
Silber auf dem Markte zu hcsdiafTen zu ein»'!- sofbrtifrcn Deroute.
Dies gab den Anlafs zu rL in sj»:iter in ausgetlehiitem MalHe fort-
gesetzten Verfahren, die lallbedürt'nisse der Finanzvcnvaltung
in Europii in der \\'ei8e zu decke«, dais lui Staatsrechnung
Produkte im Lande gekauft und nach Europa verschi^ wurden.
Seit dem Finanzjahr 1878/79 hatte man aucn die Einziehung
yon Papiergeld in Angriff genommen. Bia aum 30. Jum
1881 hatte man durch Ti%ung, Ausgabe von KinsatsuscheineD
imd Abschreibung eingerufcncr, aber nicht prüseotierter älterer
Noten den amtlich zugeaümdenen Papierumlauf um 15 Millionen
Yen, von (nA 121 auf knapp 100 Millionen, vormiTid^ rt. Durch
die Vi rnu'lirun^^ der Nationalbankuoten war das aber mehr als
ausgegliclien (in denselben 3 Jahren 17,4 Millionen). Erst Ende
1879 hörte die Errichtung neuer National bankcn auf. Irgend
welche gute Wirkung konnte man also nicht erwarten.
Es ist fraglich, ob man eine mäCsige Entwertung der Valuta
anfangs in manchen Kreisen nicht ganz gerne gesehen hat
Durch da.s Steigen der Produktenpreise hörten die vorher so
lauten Klagen der Bauern, der zahheichsten Klasse im T>ande,
mit einem Schlage auf, die Steuern ginLren leiclit und reicldich
ein, Handel und Wandrl schien zu blülu ii und „rdlers das durch
die WortsteigcTüug d«'.s mexikanischen Düllaia Uiukka Shimpo,
Januar 1879, in Japan Weekly Mail 1879 S. 95 j. Intlatioaistische
Theorieen. amerikanischen Ursprungs waren in der Presse > und
wohl auch in Regierungskreisen populftr. Ich glaube auch nichts
dafs die Vermutung ungerecht ist» dafs vielen einfluTsreichen
Leuten die durch Spekulationen mögliche rasche B^cbemng,
die gute Ausnutzung der ('hancen, welche die Operationen des
Finanzminist' rinnis boten, wenn man nur rechtsseitig davon wnü^te^
hoch willkommen war.
Die im Herbf«t 1S80 eintretende grofse Entwertung unifste
aber doch zu bedenklich erscheinen. Die Gesclüiftc wurden ge-
lähmt, aller Kredit erschüttert, der Zinsfufs sti^ zu unglaublicher
Hohe, auch die Staatspapiere sanken aufoeror&ntiich''.
• / H Avar am Novembor l^-^O ,l< r Kurs 104. Durch Silber-
vcrkäufc des FinauKministeriuma war er bis zum 2ö. mittags «uf 152
p^bmcht nnd stand am 27. wieder auf 166.
'-' Über den Bildungsgimd der Prost'«' iirti ilc mau danach, dafs die
untor der Littcr it' t-klnss»» nngesehensUi volkswirtachaftliclie Zeitschrift
«Keizai Zaahhr nocli im Winter lt<äri<2, zur Zeit der tiefsten Entwertung,
mit Eifer die Ansicht verfocht die Entwertung habe ihren Grund dsiin.
dafs zu wiMiijx iiii üinlmif «ei Die erste Pflicht d«T Ke^ieninpr sei,
da& aus dem Umlaut im Kcservetonds zurückgehaltene Papiergeld schien-
nigflt unter das Publikum zu bringen.
" Sicben|irozontige Kinvokuscheine, die im Dezember 1879 noch
7^- 79 standen, fielen bis zum l-'). Dezember 18t<0 auf 61«», was also
einem Zins von 11,4 Prozent entspricht.
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X 4.
473
Dazu k im. dafs die Staatifiiiaiiaen selbst in einer nicht
unbedenklichen Lage waren, wovon man freilich im Publikum
nichts wufste Wie die späteren Alirr clmungen zeigten, genügten
im Jahre lö8t)81 die ordentlichen Einnahmen niclit zur Deckung
der ordendiclien Ausgaben (58 037 000 Yen Einnahmen gegen
60491 000 Yen Ausgaben). Das Gleichgewicht war nur durch
die aufserordentliche Einnahme hergestellt Ebenso war der
Beaervefonds in Bediingnis. Bei einer Höhe von mehr als 50
Millionen Yen enthielt er naeh Okumaa eigener Angabe, die sicher
nicht zu niedrig war, im Dezember 1880 nur mehr 12 Millionen
in Metall. Der Rest, soweit er nicht Uberhaupt in Unter-
nehmungen festlag und somit thatstichlich kein „Fonds' wf^r, be-
stand zu ein» ni sehr erheblichen Teile in Staatspapieren, welche
man angekault hatte, um ihren Kursrückf^ang aufzuhalten, und
welche eine Art Tilgungsibnds zur Durchführung des Schulden-
tilgungsplans bildeten.
Man entschlois sich endlich dem Übel adbet, der Papier-
ausgabe, energisch an Leibe zu gehen und that aas nun auch
rücksichtslos. Am 5. November 1880 erschien das wichtige
Gesetz 48, in dessen Einleitung erklärt wurde, die Staatsausgaben
müfsten eingcschrJinkt werden, um die Einziehung des Papier-
geldes zu beschleunigen und die hierzu verfü|^'baren Fonds zu
vermehren. Es wurden deslialb gewisse JStaatsaus^aben, nament-
lich die Kosten dea grollten Teiles des Gefringniswesens und der
öffenthchen Bauten, auf die Bezirke abgewälzt, deren Kommunal-
▼erwaltong im Jahre vorher auf Grund der Gesetae von 1878
neu oi^nisiert war. Um die Bezirke aar Tragung der neuen
Last in stand zu setzen, wurde das Maximum der Grundsteuer-
zusehläge ftlr Beairksawecke von einem Fünftel auf ein Drittel
der Staatsgrund Steuer erhölit. Die MalWegel bedeutete also that-
sUchlieh eine Steuerorliöhung, nur n;ilim sit- dor Stiiat nielit direkt
vor, sondern überiieis Ue Aufh-gung den n(;uen I >ezirkötagen,
wodiu-ch die Uupouuhintät der Malkregel sehr gemildert wurde.
Die durch dieses Gesetz bewirkte Erleichterung der Staatskasse
wurde auf 2Vt Millionen geschfttat, betrug thatsächlich aber
mehr ^. Es wurde femer allen Behörden äufeerste Sparsamkeit ein*
geschärft, so daCs man bei dm Ausgaben f\ir die Staatsbehörden
eine Million zu ersparen hofiite (thatsächlich fast Vit Millionen).
Es wurde die Veräufserung aller nicht einträglichen sta^atlicben
ITntfrneliTiningen b^schlo^^s»'?! und endlicli die bereits 1878 {i;anzlich
uiiiiTf Stakete und erliohte >teuer auf Sake verdoppelt. Naeli den
Krbiuterungen zum Budget für 18H1 82 gewann man auf diese
Weise im ganzen reichlich 12 Millionen Yen. Davon sollte ein
Teil fbr omitärische Zwecke, sowie Vollendung von Eisenbahn-
> Nach den Abrechnungen des Staats \XHI S2 Minderauagaben bei
deu betreffenden Posten gegen 18^0 81 gegen > IfilUonen» Mehnwqgab^
Dach den Abiedmnngen der Bezirke 3,t MilliooeD.
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474
und Ti-'legraplienHnien verwendet werden, der gröfsere Teil aber
auf die Tilgung von Papiergeld (nämlich zu nraprünglieh in
Aussicht genommenen 3^ •> Millionen 3V'2 Millionen mehr), sowie
4' 2 Millionen zur Rückzalilung von Geldern, welche „aus dem
Reservefonds den Ministerien gelielien seien, ist meinem
WissenB der erste amtliche Hinweis auf die heimliche AuBgabe
der YolMBatsa. Dafa diese Summe gldchfidls zur Tilgung toh
Papiergeld bestimmt war, konnte damals der Uneingeweihte noch
nicnt wissen.
Die En^ie, mit welcher man nun vorging, nachdem man
sich endlich aufgerafi^ hatte, verdient alle Anerkenn htil'" ^ T>oeh
konnte eine unmittelbare Wirkung bef^reif licherweise nicht ein-
treten. Das Vertrauen war zu sehr er.schiittert. Als im März
1881 Koten in neuer Form ausgegeben ^^ur(ien, erklärte die
Spekidation das fUr eine neue Papiergeldausgabe, und das
Agio erreichte fast 82 Prozent Während der Beispreis schon
1881 unter die Stttse von 1880 surQckging, blieb das Agio das
ganze Jahr 1881 hindurch aufserordentlich hoch, was durch ver-
schiedene äufsere Umstände unterstützt wurde. Die Seidenaiis-
fulir stockte (Herbst ISSl) monatelang giin/licli infolge eines
grofsen Streites zwischen den fremden und den japaniacheD
Seidenhändlern. Dazu kam die grofse innerpolitische Aufre^rnn^
tlber den Skandal wegen Verschleuderung der Kaitiikushi-Untor
nehmun^en (S. 377 Anm. 2) und die Bewegung um üewährung
einer Yolksrertretung. Dafs diese Bewegung mit dem Ver-
sprechen dner Verfassung gleichzeitig den Sturz Okumas her-
beifiihrtey der sich von den Finanzen der hohen und Intriguen-
politik zugewandt hatte, ist in anderem Zusammenhange bereits
erwähnt. Mit Okuma yerliefs nach japanischem Brauch eine
ganze Schar seiner Anhänger und Klienten das Finanzministerium
und bildete den Kern einer liberalen Oppositionsp irtei Die in
diesem Augenblicke^ nicht gerade sehr begehrenswerte SteiluAg
> Es liegt in der Natur der absolaten Kcgierungsfonn , dafa man
nicht weifs, wem dieser C^ni^clnrunp der AnschauuDir ni wesentlich zu
danken ift. Es licet nahe, ihn mit der Andorunp der Organisation der
Centraliej^icrung (März 1K80) in Verbindung? zu bringen, durch welche
die Steliong des Departementschefs (Kyo) von der eines QeheimeD Rats
(Sangt) getrennt wurde. Okuma gab das Ministerium an T. Sano ab, blieb
aber ab äansi au der Spitze der ganzen Fiuanzleitung. Der bisherige
Viceminlster Matsukata Qbemahm das Ministerium des Innern. Dafs Sano
der Urheber der neuen kräftigen Mafsregeln gewesen sein snllte. i.^t mir
unwahrscheinlich. Dagegen ist wohl möglich, dafs manches, was Okuma
bisher für sieh gemacht hatte, in der alten Weise nicht lortgesetzt
worden konnte und die übrigen Mitglieder der fiegienang mehr mflab
erhielten. (Vgl. S m :)
^ Der Silberkuib »taud im »Sommer um ItiO
am 16. September 170
- 27. - 1T^<,^
- 7. Oktober 172
- 15. - 175
• 28. - 170
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X 4.
475
ils Leiter des Fmanzweaens Ubernahm der firtthere Viceminister
Matsukata. Von 1882 an trat die nur durch die koreanischen Wirren
im August 1882 unterbrochene Besserung der Valuta ein und
damit die Bufse für den Bau8cli von 187Ö bis 1880.
IV. Die Wieitertieratellung der Valuta.
Matsukata Ma.sayoshi ist ein Siiizoku aus Satsuma.
Ein Altersgonossc der KevolutionsmM'nner von 18<)S\ ist or bei
den damalij^en Ereignissen docli in keinor Weise hervorgetreten.
Bis zu Antiiug 1880 ViceministcT der Finanzen unter Okuma,
vertrat er seine einflufsreiche Landsmannschaft in dem wichtigen
Ministerium. Ein echter Uepnlsentant deä Satsuinatypuä, ist er
in vielen Besiehungen der gerade O^nsate zu seinem Vorgänger
Okuma. Mit einer gewisse Würde der Haltung verbindet sieh
eine biedermännische Nüchternheit Ohne vhm Spur geniaier,
schöpferischer Ideen besitzt er eine ruiiigc Ekiergie, die leicht ab
etwas beschränkter Eigensinn erscheint. Es war im ganzen eine
^rute Wahl, da die Aufgabe der Herstellung dor \'aliita einen
Mann crlbrderte, der fest auf sein Ziel los ging, unbeirrt durch
das Geschrei, das notwendig,' entstehen raufste, wenn die Landes-
waiirung auf pari mit Silber liinaufgebracht werden sülite.
Eine tüchtige Stütze ftir die laufende Verwaltung hatte der
neue Minister in dem Viceminister Go, einem erfahrenen aUen
Beamten, der noch in der Finanzverwaltung des Bakaiu thätig
gewesen war.
Hebung der Valuta durch Verminderung des
Papiergeldes war die allem anderen voranstehende Att%abe
der neuen Finanzverwaltung, wie das durch das Gesetz 48 vom
5. November 1880 bereits ausgesprochen war. Ziemlich erheb-
liche Mittel f\ir diesen Zweck waren auch im Piudget für 1881 82
bereitgestellt. Docli war im Jahre 1881 noch wenig geschehen^.
Erst im Jahre 1882 wurden von der neuen Finauzverwaltung
u m f a s s e n d e M a Ts r e g e 1 n in A ni!:riff genommen, um der
Agiowirtsclmlt gründlich ein Ende zu machen.
> Offisieller Papiorgeldumlaaf
I ir»i'A. i i-m \-^, («O die Nachweisungen über den
«m 1 Jnli 1881 ) ^''^ -^'^-^ Stand der Staltsschuld)
** ^ \ n — (so die späteren Nachweisunireii über
| 1059< ,, .io • d«i FapfeiiseldoraM
• - - 1882 105695228 -
Die VermimU'rmi^ erfolgte durch Ausgabe von Kirisatsuschoinen.
Die im liudget zur Tifjfung augowieBeneu 7 Millionen Yen kumon erst
im nächsten Jatire /mv Vcrweucluiig. Dagegen wurde die lieiuWtche Aub-
gabe om 4 859 145 Yen Termindert.
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476
Um den Umlauf des Papiergeldes zu beschränken, wurde
vor allem die heimliche Papierausgabe beeeitigt. Es wurde
weiter Papiergeld getilgt teils durch rimtatiseh gegen zinstragende
Obhgationen, teils direkt aus den Mitteln des Budgets. Von
dem verbleibenden Papier wurden grofse Beträge aus dem Ver-
kehr gezogen, teils durcli Veräufsening der im Reaervetonds be-
findlichen Staat^diuldscheinej teils durch Auflage einer Anleihe
2um Ejaeubahubau, deren Ertrag man znnftchst noch nicht
brauehle. £b wurde endlich eine Reform der Kationalbanken
und eine Venninderung ihrer Kotenausgabe yorgenommen.
Diesen so zu sagen negativen Majsregeln standen als positive
zur Vorbereitung geordneter Währungsverhältnisse zur Seite die
Gründung einer staatliclieri Tentralbank mit bankrailfsig gedeckter
Notenausgabe und die Sammlung einer Metallreserve. Für alle
diese Mal'bregeln waren dann die Mittel zu beschaffen durch
Steuererhühungen, durch Sparsamkeit, durch angemessene Ver-
wendung der staatlichen Fonds. Die letzte Gruppe von Mals-
regeln endlich traf die gewerbsmälsige Spekoiation durch
polizeiliche Kontrolle wie dunsh hohe Börsensteuem.
Ehe wir dies alles im einzelnen schildern, sei über das Er-
gebnis vorangeschickt, daCs am Ende des Finanzjahres 1884/85
die heinilielie Papierrm^gabe beseitigt, die offene auf knapp 90
Millionen vermindert Mar. Die Nationalbanknoten beliefen sich
zwar noch auf 30,6 Millionen, aber ihre geordnete Einziehunj^
war gesichert. Die Mittel des Reservefonds waren liquide und
bestanden zu einem erheblichen Teile aut« Edelmetall. Die Aus-
gabe bankmäßig gedeckter Silbemoten duidi die neue Central-
faank hatte begonnen. Das Agio war so gut wie yerschwonden
und die Finanzverwaltung fühlte sich stark genug am 6. Juni
1885 fUr den 1. Januar 1886 die Aufnahme der Barzahlungen
anznkündigi-n. Es war eine glänzende Leistung, aber erkauft
mit schweren Leiden und fiirchtbarer Not der wirtschaftenden
Bevölkerung.
Die Beschaffung der zur Durch tuhrung der Pläne der
Regierung notwendigen Mittel erfolgte in der Hauptsache
durah Weiterentwickelung des Steuersystems, namentlich der
Verbrauchssteueni, von denen der 27. ijezember 1882 eme ganse
Auslese brachte. Die schon 1880 verdoppelte Sakesteuer wurde
abermals auf das Doppelte erhobt, von 2 auf 4 Yen filr den
Koku. Die Tabaksteuer wurde bedeutend verschürft, ebenso
die Börsensteuern. Auf fertige Medizinen wurde eine neue
Steuer gelegt. Um dieselbe Zeit (IG. Dezember) wurde auch
eine Reihe von 1 'ostgebUhren heraufgesetzt. Am 17. Apiil 181^3
folgte eine Erhöhung der Schiffhiiteuer, am 23. Februar 1884
eine solche der Gerichtskosten und am 1. Mai 1884 die der Stempel-
steuern. Am 8. Mai 1885 endlich wurde eine Steuer auf Shoya
(Bohnensauce) wieder, ^ne Steuer auf Kuchen neu eingeföhit.
Dem finanziellen Erfolg dieser Steueigesetie wirkte alterdings
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X 4. 477
entgegen, daCs unter dem Einflüsse der wirtschaftlichen Stagnation
nm\ des Sinkens aller Preise mit der Konsumfkhigkcit acr Be-
völkerung der Verbrau« ii dtT besteuerten Gegenstände und der
Ertrag der Steuern zuriiekging. Das Gesaiii tauf kommen au in-
ländischen Staatssteuern, dias 1880.81 51180000 Yen betragen
hatte^ stieg:
1881/82 auf 57400000 Yen
1882/88 ' 08470000 -
um dann zu üäilen
1883 84 auf G2ÜÖUU0U Yen
18Ö4/85 - 62240000 -
1886 87 - 61380000 -
Immerhin waren das not Ii ] n Millionen mehr als 1880 81.
Die Einnahme der Tost stieg von lül^OOO Yen im Jahre
1881/82 aui 2 273000 Yen im Jahre 1883 84.
Dafs wesentlich infolge der Abwttkun^ von Stsatsausgaben
auf die ftearke das Steueraufkommen in diesen von 125(K^00O
Yen im Jahro 1880/81 auf 1790n o 0 Yen im Jahre 1882 83
stieg und sich annähernd auf dieser Höhe hielt, ist gleichfiüls in
diesem Zusammenhange zu erwähnen'.
Gröfsere Schwierigkeiten machten die Versuche der Herab-
setzung der Staatsausgaben. Angesiehts innner neu auftretender
Bedürfnisse nützten alle Ermahnungen zur Sparsamkeit wenig.
Am 28. April 1881 wurde ganz pobiliv angeordnet, dals die
Auagaben aer ▼erschiedenen CentralbehOrden (Staatsrat und 10
Ministerien) auf drei Jahre festgesetzt seien. Eine Vermehrung
dürfe in dieser Zeit durchaus nicht stattfinden. Trotzdem Uber>
schritt die Ausgabe dieser Behörden (Staatsrat und Ministerien
ohne Hausministerium) die Maximalgrenze von 18380000 Yen
schon 1882 83 um cinf halbe Million und 18'^1 erreichte sie
2llU0r»U0 Yen Von rl< r Mehrausgabe kamen mein- als zwei
Drittel auf (lis Krirg>iiiiniaterium. Auch sonst steigerten neue
Bedüriaiöse die Au^^abcn, so dal's die ordentliche Ausgabe, ver-
mindert um den Betrag der Schuldentilgung, nach dem Rttck-
gang von 1881/82 dauernd stieg; sie betrug
1880 81 54057000 Yen
l^s'i 82 481-13000 -
lb^2 83 51 180 000 -
1883.84 53150000 -
1884.85 50318000 -
' Dafs die Geinmnde.steuern v..ii M 470 000 Yen auf 17 400 000 Yen
in den beiden gonnnnton Jahren stiegen, hat mehr seinen Grund in dem
allgemeincQ Steigen der Preise in den Jahren 1880 und 1881. Die ge-
samte inländitehe Besteaenmg stieg von 79400000 Ten auf 100 560 OuO
Yen in diesen swei Jahren.
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478
X 4.
Auch nhrjf^ Sclmlrlontilgung war die Ausgabf^ :!lso im letzt-
genannten Jahre schon wieder grölser als 1880/81 trotz Abwälzung
von etwa 3 Millionen aut" die Bezirke.
Neben der Erhöhung der ordentlichen Einnahmen wurden
in den beiden Jahren 1883/84 und 1884; 85 die zur Schulden-
tilgung verwendbaren Mittel noch durch Entnahmen am dem
Beeervefonde verstirkt in Hohe von im ganzen 12844485 Ten^
Im Jahre l s84 85 mnd auch 2 Millionen ans dem gleich zu be-
aprechenden Eisenbahnbaafonds entlieben.
Mit den auf diese verschiedenen Arten flüssig gemachten
Mitteln wurde nun vor allem die heimliche Papier aus-
gäbe beseitigt Kacb den Abrechnungen sind oafUr aus-
gegeben:
1880 81 80000 Yen
1881/82 4859145 -
1882/83 6121241 •
1883 84 5228765 -
1884/85 503 747 -
fsoHunmen 16882898 Yen
davon seit 1882/83 1 1 943 753 -
Aufserdem sind von der offenen Papiergeidaus-
gäbe direkt mit den Mitteln des £tat8 getilgt:
188283 * 7000000 Yen
1888/84 3 300000 -
1884/85 ^:\vu)i}n
ssnsammen 13640000 Yen
In dt Tj genannten drei Jahren sind also aus den Einnahmen
25|C Miilionen zur Tilgung von Papiergeld verwentiet.
Weniger bedeutend war die \'erminderung durch Um-
tausch von Papiergeld gegen ^ech^prozeuiige in Metall
verainaliche und rttckzahlbare StaatBadiuldaoheine (Kinaataa-
Schdne). Wie schon eiirähnt (S. 459)^ waren duich dieses
Mittel 1873- 75 2238550 Yen, dann wieder von 1879/80 bis
1881 82 3 777850 Yen eingezogen. Bis Ende 1883 waren faner
652 850 Y'^en solcher Scheine ausgegeben. Dtirch das Gesetz 48
vom 28. Dezember 1883 wurden dann an IStelie der alten auf
den Namen eingetragenen Ooldbonds auf den Inhaber lautende
Silberbonds gesetzt. Da das Ai^io bereite stark im öch winden
war, eine Anlage in diesen Papieren also raachen Gewinn ver-
' Nämlich 1(M;:):i.>öO Yen l>^s:VS4 und 2 190926 Yen IS^ l v'.
* Die Vx'tri'rt'enden Stirnnu^n stolten unter den Aufgaben des jedes-
mal vorhergegangenen Finanzjahres. Aus den Übersichten über den
Stand der Staatnehiüd eigiebt sich aber, dafs die Tilgung in Wnküeh-
keit in den oben angegebenen Zeitrftnmen erfolgte.
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479
sprach, auch infolge der Stagnation des WirtschafUlebens der
Zinsfuls jetzt ganz annelmibar erschien, wurcb^ eine r/iemliehe
MenL':^ von diesen Papieren untergebracht, nämlich tür 7U21MJ00
Yen in den beiden Kalenderjahren 1884 und 1885, wovon aller-
dings 6496900 Yen erst in der zweiten Hiüfte von 1885, un-
mittelbar vor Aufiialime der Barzahlungen ^ In den hier zunächst
in Betracht kommenclen Jahren 1882/83 bis 1884/85 nnd im
ganzen nur 2085850 Yen Papier durch Kinsatsuadieine ersetst
Durch diese Mafsregeln waren alao vom 1. Juli 1882 bis zum
30. Juni 1885 von dem staatlichen Papiergeld 27669603 Yen
getilgt. AufserdeTTi aber war durch die in einem früheren
Kapitel eingehend besj>rochene I^efnrm der Nationalbanken
(S. 184) deren Notenumlauf in derselben Zeit um 3811415
Yen vermindert. Im ganzen waren also am 1. Juli 1885
31,5 Millionen Yen Papiergeld weniger vorlianden
ab am 1. Juli 1882, in runder Summe nodi 120,5 Millionen*.
Thatsttchlich war aber die Kontraktion der umlau-
fenden Geldmenge sehr viel erhebUcher. Zunächst erreichte
man schon 1882 eine gewisse Einschränkung durch schärfere
Kontrolle der Nation albanken. Man wird sich erinnern, dafs
diese verpflichtet waren, ein Viertel ihres Notenundnufr in
Landes wührinig: als Einl«sung:sfonds zu halten^, um welciies also
der (^lesamtundauf aich veriiiiudt^i te. Bei vielen der Banken
wurde diese gesetzliche Bestimmung aber nicht beachtet und ein
Teil dieter Reserve befand sich thatsiIcUich im Umlauf. Durch
regelmäfsige Inspektion wurde dem ein Ende gemacht, bis durch
die Bankrefonn von 1883 diese Summen ttberhaupt den Banken
entzogen wurden zur Bildung des NotentilgUD^onds. Die zu
diesem Zwerl^c erfolgende Anlage der ganzen humme von 7' >
Millionen in ^SUiatspapieren würde mni diese ganze Men^e Papier-
geld plötzlich wieder in Umlauf gebracht haben, wenn man die
Staatsschuldscheine auf otfenem Markte gekauft hätte"*. In
WirkUchkeit that man nichts dergleichen. Die nötigen Staata-
* Nicht aufser acht zu lassen ist, dals von dieMD Scheinen wohl
der grörstn Teil von staatlich direkt od fr indirekt kontrollierten Fonds
oder Anstalten aufgeoommen ist. Direkt nacbweiseu kamt ich den Erwerb
von 3 170 000 Ten dunrh die Nihon Ginko 1884 und 1885 and von 1 OQOOOO
Yen für (Ifii Snncialfoiids (Sliiinonoseki-Indeiiinitrit). Die Anlic^r v-n
Geldern des llnltVfonds in diet-en Sc heinen wird otltizieli erwäkut. Die
Shokiu Ginko erwarb l^^^ö fUr ÖGti >^00 Yen.
» Staatspapiergeld 89 880. 52« Yen,
Nation aihniiknoten 30Ö8Ö4ÖÖ -
Von den iSilbernotcn der Nihon Qinko waren i^80l;i;i0 Yen in Umlauf.
* Naeb der Notenaiugabe am 1. Juli 1882 (34 396 813 Ten) 6 449 203
Yen, da die Adelsbaiik bis 1883 für 15 MilUoaen nur eioe Reserve von
5 li'rozcnt zu halten brauchte.
* In der That wurde von nicht Eingeweihten eine Verschärfung
dri Ajipos infolge dieser Mafsregcl erwartet. Vgl. z. B. den Bt richt von
Gttbbina vom Febniar 1884, Japan Weekly liail 1884 Bd. U S. 147.
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480
papiere wurden dem Reservefonds a}>irekaiift, in den der Kauf-
preis gelegt wurde, so dafs der Markt weder iUr »Staatsschuld-
ächeine noch für Papiergeld berührt wurde.
Hieran schlielst sich eine weitere Maläregel. Der Keserve-
fonds bestand überhaupt zu einem grofsen Teile aus Staats-
adnüdachdnen, welche die FinansrerwaltUDg gekauft hatte^ am
einen sa argen Preiasturz aufisuhalten. Die neue BlDanitötuag
tauBchte diese Staatsadiuldscheinc allmUhlich gegen Papiergeld
um, einmal an dem Zwedce, die Mittel des Reservefonds liquide
zu machen, anderseits um so Papiergeld aus dem Verkehre zu
ziehen. Diese Operation, über welche Gonnueres nicht bekannt
ist, scheint bis zum SomiiuT 1)^85 beendet gewesen zu sein.
Die Verminderung des Faj)i( ruui lautes durch diese Mittel darf
man vielleicht auf 15 Millionen Yen schätzen'. Die Frage hegt
nahe, wie es möglich war, eine solche Menge StaatsschuIdscheiDe
auf dem beschränkten japanischen Geldmarkte untersubringen»
während gleicbzdtig die Kurse andauernd stiegen. Wahrscheimich
hat die Finanzverwaltung an den offenen Markt sich überhaupt
nicht gewendet. Dafs sie das nicht nötig hatte, zeigen andere
Zahlen. An den Kinl isungsfonds ftlr Nationalbanknoten konnten
1883 fiir 7»'9 Millionen, bis Ende l^Sn flir 0 Millionen veniufsert
werden. Beim Ackerbauhülfslonds sind vom 1. Juli 1882 bis
30. Juni 1885 4 233000 Yen in Staiitäpapieren angelegt. Die
Postsparkasse hinterlegte beim Finanzministerium^ in den vier
Kalenderjahren 1882 bis 1885 7 725000 Yen. Ailräi diese drei
staatlichen Fonds ermöglichten also in der angegebenen Zeit die
Anlage von fiist 21 Millionen Yen, ohne irgendwie den Gdd-
markt in Anspruch zu nehmen^.
Eine bedeutende zeitweise Verminderung des Geldumlauf-^
bewirkte der Finanzminister endlicli auf dem Wege der Anleihe.
Gleichzeitig mit dem Gesetz über die Ausgabt' neuer Kiusatsu-
scheiue wurde am 28. Dezember 1883 (Nr. 47) eine Anleihe im
Nominalbetri^e vou 20 Millionen Yen genehmigt, zur Erbauung
der NalMsendo- Eisenbahn. Obgleich die betrrafenden Summen
noch nicht gebraucht wurden, kamen schon in der ersten Hälfte
* Nämlich wenn wir annehmen, dnf^ etwa 'io Millionen de« Tv -^erve-
fonds iu Staatspapicren bestandeu, dafs dagegen die Nationnlhaiikcn iu
ihren Einlösungsfonds ö Millionen gehabt hätten.
- H -zw. .-fit 1. Juli l-^^'i bfn d(»r Depositenkasse. Die Erhöhung
des Ziusiul'ses bei der Postaparka^äe hatte wohl wesentlich den Zweck,
das Vorgehen der Finanzverwaltung zu erleichtem.
• Auch tlir t'isten Anlagen von (ieltlem der Nihon Ginko sind aller
WahrRolM'iji!;! hktit nach dem Reservetonds entnommen. Sie erwarb im
ersten Jahre liiies Bestehens, 1?S*<3, 2 4^i2ö2ö Yen nominal in Wert-
papieren ^ davon 1 12-5000 Von in siebenprozentiffen Kinroku and —
liöclist "i Tifli r^ir 1 . '^1 17 'i'J*"! Yen in ..:ilter" Schuld. Dafs vou den
lelzt^euaunteu Schuld titein bis in die neueste Zeit nichts ausgelost bt«
obgleich xegebdiraige Tilgung stattfindet, ist auch merkwürdig.
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X 4. 481
des Jalirei 1884 15 Millionen, im Juni 1885 die letzten 5 Milli-
onen zur Ausgabe Dadurch wurden 1884 13507000 Yen, 1885
4784000 Yen dem (Teldumlauf entzogen, während sie fUr Zwecke
des Eisen bahnbauea nur langsam wieder ausgegeben ^vurden,
vollsUindig erst bis zum März 1889^ Die rasche Ausgabe der
Nakasendo-Anleilie liaUe also tliuttiächlich die Bedeutung einer
anticipierten Papiergeld tilgung durch Ausgabe von verzinalichi^n
StaatBBchiildflcheinen
Durch alle die erwähnten Operationen sind also rund etwa
33 ^Unionen Yen dem Geldumlauf entzogen. Durch die im
einzelnen nicht genügend bekannten Operationen mit dem Reserve»
fonds vermindert sich dieser Betrag Allerdings wieder^. Immerhin
dürften e^ im Sommer 18b5 im ganzen mindeatens 20 MiUionen
gewesen sein.
Das Ergebnis war also, dals die wirklich umlaufende
Pap iergelduienge in den drei Jahren vom 1. Juli 1882 bis
Eum 1. Juli 1885 um den dritten TeO, von mehr als 150 Milli«
onen auf etwa 100 Millionen herabgeaetat wurde^.
Daneben traten nnn die Malkregeln, durch welche die Auf«
Dahme der Barz^ihlungen vorbereitet werden sollta Die Orttn-
dung einer Centraibank, welche als ( >rgan der Finanz-
▼erwattung «eh mehr und mehr zwischen den Geldumlauf und
> FOr die ersten Jahie bin idi anf dnige tuwttBammenligngende
Notuoa angewiesen. Es sind aas dem BäsenbahnbaiifondB der £ueaeahn>
Verwaltung überwiesen:
Nach einer Mitteilung an deu englischen Legations-
sekretär Trench Juni 1884 bis Februar 1885 (J.
W. M, m:> IV 358) . 997911 Yen
Bis znm Bescblufs, die Tokaidobahn zuerst zu bauen,
(Juli laSG) 4 27U0OO -
Bit amn 31. Hta 1887 . 7102000 -
- - - 1888 11540 000 .
- - - 1889 IHHo.'jUoü -
Die drei letzten Zahlen nach den Berichten des Eiscnbahnamts.
* Übrigens scheint anfänglich eine so eehneUe Begebung der An*
leihe nicht beabsichtig gewcscj» /u sein. Sie wurde reraalaillt durch
die unerwartete Leichtijrkeit der Unterbringung.
* Für Staatsausgaben sind verwendet
«OB dem ÜMervefonds 1883/84 nnd 1884^ 12844000 Yen
aus dem Eisenbahnbaufond.s 13^> rs.-> 2000000 •
Dagegen sind dem Reservefonds aus den Mitteln
des Etuta überwiesen lb84 85 7 000 000 -
Wie grofs der Betrag war, der durch Edelmetall ersetzt ist und dem
Umlauf wieder zuflofs, ist mir nielit bekannt
* In den Kassen der öffentlichen Banken waren an Papiergeld
am 81. Dez. 1881 am 31. Dez. 1885
Natiouaibankcn 11592 851 Yen 11^86 945 Yen
ShokinOinko 88408 - 418266 •
Nihon Ginko — 2725721 -
Zusammen 11681258 Yen 14530932 Yen
Foraehungen (45) X 4. - R«Ui8*n. 31
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482
den Staat srl^pben sollte, ist oben in dem Kapitel Bankwesen
bereits i inLCcliriid behandelt. Das Oeset/. über die l^ank erschien
bereits iui .luni 1882. Im nächst' ii FriihjHhr wimle sie eröffnet.
Vom 1. Juli 1884 an begann äie m Silber einlösbare bankmäfsig
tedeckte Noten auszugeben, wdehe aUmählich ganz an Stelle
er biBherigen papiernen GMdzeiohen treten soUen.
äe SnfUnrung des Instituts der Schatzacheine im
Jahre 1884 stand ^dch&lU in Zusammenhang mit der Koneoli-
dierung der Währungsverhältnisse, da vorher, wie erwähnt, zur
Deckung vorti berge!) end eintretenden Geldbedtirfniaees seitweifle
Papiergeld ausgegeben war.
Die wichtigste Mafsregel war die Beschaffung des
nötigen Edelmetallvorrates, um die Barzahlungen auf-
nehmen zu können. Eine auswärtige Anleihe zu diesem Zweck
aufzunehmen, scheint zwar um ISSiemstlioh erwogen zu sein*.
Ifan hat wohl schon in London Unterhandlung deswegen an-
geknüpft. Doch sind schliefslich alle solche Absichten aufgegeben
und man half sich auf andere Weise. Leider ist aber weder Uber die
vorgenommenen Operationen noch über den jeweiligen Retrap: von
l^>1elmet;ill im Reservetbnds eine irenaue, autoritative Aufklärung
gesehen. Man ist ^anz auf emzelne otfiztöse Notizen und ge-
iegentliclie Auiserunri^en anj^ewiesen.
Der Edelmetallvorrat in Händen der Regierung, den Okuma
Ende 1880 auf 12 Millionen Yen bezifferte, soll im Oktober 1881
zur Zeit Ton Okumas Rücktritt nur mehr 7 340000 Yen betragen
haben ^. Die Metallmnnahmen der Regierung beschränkten sidi
auf die Zölle, damals rund 2,« Millionen jäkrlich, und die Aus-
beute aus den Staatsbergwerken ^. Die in Metall zu l istenden
Ausg-aben wurden möglichst eingeschränkt. So wurde die Zahl
derer, die zu Studienzweeken auf Staatskosten sich im Auslande
aufhielten, von <»4 jm Jahre 1S80 81 auf 5o im Jahre 1882 83
vermindert. Die Ausgabe lur Gesandtschaften und Konsulate war
1880 81 891 206 Yen
dagegen 1881 82 464993 -
1882^83. 530895 -
* Das Oknma nahestehende Ho^hi Shimbnn hat Ende 1885 ao-
gedeutet, dafs sclion issu Okuma den Abschlufs einer Anl> ihr von 10
[illionpn Pfund Srerling befürwortet habe, um mit dieser Summe die
ßar/aliluugen aufzuaulunen. Er Imbo Jedoch mit seinem Vorschlag nicht
dur< lidringen können (vgl. Japan Weekly Mail IHH.") IV 601). Zu
den früheren amtliehen Äufperungen Okumas pafst das nicht recht. Dafs
der AbscbluTs einer Metallanleihe eine richtige Maüuregel gewesen wäre,
IMfst sieh nieht bestreiten.
^ So das offiziöse Niehl Niehl Shimbnn im Jnni 1885, vgl. Japan
Weekiy Mail III ö^o.
« Die Ötaatsbergwerke haben iibgeliefert von 1881 82— 10^54^5
Gold im Werte von 000 Yen (Papier)
Silber- - - 1906000 -
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X 4.
483
Die Zahl der in iapanischen DieiiBleii stehenden Atialäader
wurde ao vernündert, dafs die fkir sie nötige Ausgabe, die gröfsten-
teüs in Metall zu leisten war. von 696000 Yen im Jahre 1880 81
auf 456000 Yen im Jahre 1883 84 sank. Audi die Maten;il-
anschaftungen im Auslände wurden sehr eingeschränkt*. l>ie
Ausj^aben f\\r die auswärtigen Anleihen wurden dadurch ver-
mindert, dais die erste Anleihe (von 1870) bis 1881 ganz ge-
tilgt war.
Durch alle diese Ifafaregeln erreichte man wenuntens soviel,
dafs die in Metall zu leistenden Ausüben von 18S2 bis 1884
wohl durch die Metalleinnahmen geeckt worden sind. Zur
direkten Vermehrung der Metallreserven der Re^erung aber
dienten jene bereits mehrfach erwälmten Handelsoperationen.
Teils wurden Landesprodukte, wie Keis und Seide, die im Binnen-
lande mit Papier gekauft waren, direkt auf 8taatsreehnung aus-
geführt und im Auslande verkautt. Teils diente das Wechsel-
feschäft der Shokin Ginko dem gleichen Zwecke, welche Aus-
ihiigflter beüeh und die geliehenen Summen in Europa und
Amerika in Gold surlickerhielt. Über den Umfang dieser Opera-
tionen, ttber die wahrscheinlich erheblichen Verluste bei den
Warenverkäufen, tiber die durch fortdauerndes Sinken des Silber-
wertes an drni CuM gemachten Gewinne u. s. w. ist, wie gesagt,
Genaues nicht bekannt-*,
Zur Besserung der Währungsverhuitnisse sollten endlich
IMafsregeln gegen die Spekulation dienen. Neben ver-
scliärftcr l'olizeiaut sieht führte man vor allem höhere Börsen-
steuern ein (27. Dezember 1882), welche in der Hauptsache den
B^^rsenmaklmi aufgelegt wurden. Diese antworteten damit, dafs
sie aufhörten, die Börsen zu besuchen. Das führte dann natnr^
gemäls zur Entstehung von Winkelbörsen im Freien. Durch
das p^anze .lahr 1SV3 zog sieh der Kriep^ der Polizei gep^en diese.
Meist liefs sich den Leuten nichts naeliweisen als „Hcnimung
des Strafsen Verkehrs dureli Ansarandungen". Die (^»scliftfte
wurden durch Hfindedruek innerhalb der weiten japanischen
Aruiel abgeschlossen (^„tamoio-auba"). Zwischen Osaka und Kobe
ttberadtteMen die Spdeulanten den Kurs durch optische Signale
die Bergkette entlang. Die Find^kdt des Spekulantentums,
sich öffentlichen Lasten za entziehen, hat sich auch in Japan
glänzend bewährt.
* Z. B. wurde die Zahl der Lokomotiven von 1881— I^Sj nur von
40 auf 52 «rhSht
- In den Erläuterungen über Voränderan^en im Bestände des Re-
servefonds sind als Ausgaben und Verluste beim Umtausch von Papier
gegen Metall erwähnt:
1S82 8:^ :^ 102 000 Vtu im') ><1 :104 rm Yen
1883^84 17:^9304 - 1887/88 852 250 -
1884/85 2 007006 - 1888/89 1180115 -
31*
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I
484 X 4.
Irgend einen besoDderen Erfolg kann man der polizeilicfaa
Beaufsichtigung der Börsen nicht zuschreiben. Die Ausbeutung
jedes Oerüchtes zurKr7«^'ULMiTiG;heftiffer Kursschwankungen dauerte
fort' und erst mit Autnahme der BarzabiuugeD luüim die Agio-
spekulation naturgcmiitk ihr Ende.
Auch sonstige Maibregelu der Finanzverwaltung, welche da^s
Vertrauen des Publikums beleben sollten, kann man nicht gldck-
lieh neoDen« Sa worden von Zeit za Zeit mit einer gewiasen
Feierlichkeit gröfsere Mengen ▼<m Papie]|;eld öffmilich verbrannt,
was gar keinen Eindmck machte, da niemand wufste, ob es
sich um wirklich eingezogene oder nur um alte durch neue er-
setzte Scheine handelte.
Was in Wahrheit wirkte, das war die ras>clie Veniiinderung
der Umlaufsmittel um ein volles Drittel im Verlaufs von nur
drei Jahren. Einen mefsbaren .^Vusdnick erhielt die Kontraktion
in dem Geringerwerden «und sdilielslichen Verschwinden
des Agio, was im Herbst 1882 nch aoerst dauenid geltend
* Die Kursschwankungen bei der zweiten Verwickelung mit Korea
waren sogar ▼erhältnismärsig heftiger als die oben (S. 462 Änm. 2) er-
wähnten vom August 1^>^2. Der Kurs li-itff' im November 1<^4 sich
awiflchen liKi und 107 bewegt und war Antau^ Dezember allmählich
gesunken Ms auf 111,t am Sonnabend den Id. Desember. Es ist wohl
möglich, dafs schon die? Sinken den Operationen von Spekulanten zu-
zuschreiben ist, welche Von kommenden Ereicrniftsetj wnfsten oder ahnten.
Nachdem die Ke^icrung um 1.'. abends anitlicli isaciuicht von einem
blutigen Revolutionsvcrsuch in Korea, der Einmischung japanischer
Truppen zu Gunsten iler unterlegenen Part« ; mifl Kiimpfen zwischen den
japanischen und den chinesischen Truppen erhalten liatte, er()tinete die
Borte am 15. Desember mit einem Knrse von 116,«, weleher die Wodie
über sich hielt. Wieder am Sonnabend erfolgte der Entschlnfs, dafs der
japaniische Minister iles AupwUrtipen , drai Inonyr, f^elbst mit einet
Truppenabteilung nach Kurea gehen solle, und der Kurs iiel
am 22. Dezember auf 119,» (Abfahrt Inouyes)
- 23. - - 123,t
- 24. - - \2(>
- 25. - - 130
- 26. - - 140 (!j
- 27. - - 135,»
Dura achwankte der Kurs zwischen 120 und l'^O, bis am Sonntag
den 11. Jannar 18^^!> die Nachricht von einem glücklichen Abgchlufs mit
Korea kam. Am Montag den 12. Januar eröff'nete darauf die Börse mit
HG und der Kurs stieg weiter bis 109,s, sank dann über \regm der
drohenden Verwickelungen mit Chin i Fn ! ' Januar und den ganzen
Februar, bis er wieder fast I.SO erreichte inlolge Abordnung einer Special-
nüaaioii nach China, und hob sich nor langsam wieder. Er stand am
16. April auf 114, als di» Nachricht von dem Absdilusse dey Tientsin-
Vertrages zwischen Li Huug ühang und dem Grafen Ito eintrat. Sofort
sti^ der Kurs auf 110 und besserte sich dann dauernd, erreichte 104 am
2. Hai, 101 am 6. Mai.
Bei dem enfren ZnpRmmenhnnfr der Kursbewegung mit den poli-
tischen Nachrichten erscheinen liic damals erneuten of^öaen Versuche,
das Wacfaien des Agio im Dezember mit der Handelsbilanz in Ver-
Inoditng zn bringen, recht sonderbar.
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X 4.
485
machte. Der koreanische Handel vom Sommer 1882 hatte am
15. August dieses Jahres noch einmal den Kurs von 175 PafHer
für 100 Silber gebracht, nachdem im Frülijalir Rchon eine vor-
übergehende liessenmg eingetreten war. Zu Ende des Jahrea
war man wieder auf dem Niveau vom Antaug 1880, etwas unter
140. Die rasche Besserung setzte sich 1883 fort, so dafs mau
am Jabresschlufs schon auf etwa 110 stand, so hoch wie im
Herbst 1878, als das Agio auerst anfing, die Aufinerksamkeit
auf sich Sil ziehen. Im Somm^ 1884 war man mit 104 bis
105 wiederden Kursen von 1877 gleich. Dieneue Verwickelung
mit Korea und China im Dezember 188i venmlaiBte allerdings
wieder heftige Schwankungen, so dafs der Kurs vorübergehend
sogar 140 erreichte. Nach Unterzeichnung des Vertrages von
Tientsin (18. April 1885) war der Kurs bald wieder besser als
110 und stand Ende Mai sogar dauernd unter IUI. So wagte die
llegiemng am 6. Juni 1885, frtiher als man noch vor kurzem er-
wartet hatte, den wichttgen Schritt Der Erhifs des StaatBrate
Nr. 14 von diesem Tage rerkflndigte: „Hiermit wird bekannt
gemacht, da(s das Staaispapiergcld vom Januar 1886 an all-
mählich gegen Silber eingelöst und das eingelöste Papiergeld ver-
nichtet werden wird.*" Die Ausführung im einzelnen blieb dem
Finanzminister überlassen. Die Einlösung aoUie durch Ver-
mittelung der Nihon Ginko geschehen.
Zwei Wochen darauf, am 27. Juni 1885, standen zum ersten
Male seit 1876 Silber und Papier gleich. Während der zweiien
Hälfie Yon 1885 erreichts das Agio nie mehr ein Frosent Eine
wdtere Verminderung des umlaufenden Papiergeldes erfolgte in
dieser Zeit durch direkte Tilgung nicht mehr, wolil aber durch
die bereits erwähnte Ausgabe von 6496d00 Yen Kinsatsuscheinen,
80 dals bei Aufnahme der Barzahlungen am 1. Jnniiar 188G an
Staatspapieffz-pld noch 83384000 Yen vortianden waren, neben
30093000 ieu Natioualbanknotcn ^
Hatte die Inflation sanllcbst d^ Konsum atifterordentlich
gesteigert, so kam das durch die Verschiebung nller Preise und
Löhne, durch die vom Agio bewirkte allgemeine Unsicherheit
der Erwerbs- und Besitzverhältnisse bald ins Stocken. Die Preis-
str-irrprung der meisten Waren iiatte schon 1^80 den Höhepunkt
errtu iit, während das Agio noch tbrtfuhr zu wachsen. Die 18B1
beginnende Stagnation des Geschäftslebens wuixle 1882
schon sehr iulilbai teils iululge der zerrüttenden Wirkungen der
Agiotue» teils infolge der beginnenden Kontraktion des Oeld-
umlan&s. Im Mllra 1882 waren die Klagen allgemem Uber den
1 Attrserdem Silberaoten der Nihon Ginko 3653000 Yen.
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486
X 4.
RückfXiing der Preise, des Konsums^ Uber mangelnde Beselifiitijrung
der Weberei, ülter (Geldknappheit. Namentlich der Absatz der
Importwaren nalim inerklich ab. Bei verringerter KoDaiimluhig-
keit waren daa grofsenteils Dinge, die man am ehesten entbehren
konnte. Hatte die LAndbevölkennw bei dem anfblttbendeii
Wohlstande mehr und mehr eingefturte Stoflfe varbraacht, so
kehrte man jetzt anr Hausweberei wieder surttck. l^ei allen
fremden baumwollenen und wollenen Stückgütern verminderte sich
der Absatz raseli. Widiren^l (b r Import abnahm, stic^ der Kxport,
zum Teil iniolge der Beseiirankitng des inländischen \ ei bi-auchs.
Da die Exporte mehr als ausreichten zur BezjihhmiLC der Importe,
war die Nachfrage nach Silber unbedeutend. Das Agio bi-^ann
zu sinken. War diese sinkende Tendenz aber erat einmal vor*
banden, so verschärfte sich rasch die Wirkung der fallenden
Preise. Solange man auf steigende Preise spekulierte» hatte jeder
Httndler ein Interesse daran, grofse Warenvorräte anzulegen, da
der Preis in Papier täglich stieg. Jetzt scheute sich umgekehrt
jeder HJindler. mehr als Hlr den Augenblick nöti]L; zu kanten,
da die Ware vielleicht schon den nächsten Tag billiger zu haben
war. Die Lager der fremden Importeure in den offenen Häfen
schwollen an und drückten weiter auf die Preise.
Ebenso siinken aber auch die Preise der inländischen Kr-
zeugnisse. Vorher hatte jeder auf weiteres Steigen des Agio^
mithin der Warenpreise spekuliert. Reis, S^de u. s. w. aurück-
gehalten. Jetzt sahen die I^sitzer dieser Warenvorräte sich der
Gefahr gegenüber, ftlr ihre Vorritte geringere Preise ( in japanischer
Wjtlming ausgediiickt) zu erlialten. ( »leic-hzi itiu damit trat eine
Verminderung des inländischen Konsums ein. Kmzelne Umstände
kamen dazu, welche die Wirkung verschärften. Namentlich war
infolge eines Streites zwischen einheimischen und fremden Seiden-
kauf leuteu iu der zweiten lläfte von 1881 sehr wenig Seide aus-
geführt An&ng Januar 1882 lag in Yokohama unverkauft die
Sir Japan ungeheure Menge von 9100 Pikul (fiist 550000 ke)
Rohseide^ doppelt soviel wie Anfang 1881 und 1883. So wurde
überall das Angebot stärker, dringender.
Der Silberwert der Einfuhr fiel von 41 102000 Yen im
Jahre 1880 in den Jahren 18^3 bis 1885 auf beinahe 32 Milli-
onen. Dagej^en wtieg die Ausfuhr von 29373000 Yen im Jahre
1880 auf 3^.>,r, Millionen 1882. 38,r, Millionen 1883, 37,i Milli-
onen 1885 und sank nur in dem Unglücksjahre 1884 auf 34
Millionen, veranlagt durch die geringere Seidenausfuhr.
Das allgemeine Sinken der Preise die steigende Verteueniog
der einheimischen Valuta übte nun die bekannte Wirkung der
Lähmung des ganzen Erwerbslebens. Hatte man während der
Inflation die Zunahme der Besteuerung namentlich durch die
Komnmnalverbönde wenig empfunden, so wurde sie jetzt um
so drückender. Der Bauer, der im Herbst 1883 nicht mehr die
Hälfte dessen für seinen Reis erhielt, was er 1880 und 1881
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487
bekommeD batte^ mufste jetst infdge der KommimakuachllCge
mehr Orundsteueni zahlen ak damats. Bei emem Reupreiae
yon durchschnittlich 9 Yen konnte 1"^^^'^ die ganze Gnindateuer
samt Zuschlägen mit OV« Millioneo Koku Keis bezahlt werden.
Im Jahre 1884 wären dazu bei einem Durclisclmittsprois von
4,5 Yen otw-i 13 ]\Iillionen Koku nöti;;' gewesen. Dem Grund-
besitzer blieb also fUr aemeii \ erbrauch eine immer geringere
Quote d("s Kohertrnges. Auch die Erhöhung sonstiger Steuern
wirkte in dieser Zeit doppelt hart, da einmal die besteuerten
Gegeiuitllade dadurch verteuert wurdeD, dann aber der Konsum
80 erheblich zorttck^ng, dafs dies wieder auf den Produzenten
der Rohstoffe zurückwirkte. Der Verbrauch an Sake ging so
zurück, dafs statt 4300 000 Koku Reis im Jahre 1881/82 nur
mehr 240OU00 Koku 1884/85 un.l 2000000 Koku 1885 86 ge-
braut wurden. Hie auf diese Weise nicht mehr verbrauchte
ßeismeiige vermehrte den Preisdnick auf dem Markte.
Ich würde wic ilerholen müf^sen, was sieh als roter Faden
last durcli alle Ka}»itel dieser Arbeit zieht, wie auf jedes Gebiet
wirtschaftlicher Thatigkeit die rasche Kontraktion ^es Geldum-
laufes und das Sinken aller Preise lähmend gewirkt haben. Der
ESseobahnverkehr, die Benutzung des Telegraphen nahm ab,
die rasche Zunahme des Postverkehrs kam ins Stocken* Die
Handelsflotte vermehrte sich nicht, neue Schiffe wurden wenig
mehr gebaut'. Die Dividenden der Banken gingen zurück.
Mit dr«Ti sinkenden l^roduktenpreisen Hol der Wert des Grund-
besitzes, wiihrend die darauf ruhenden Lasten ^'■f >tl> i:en waren.
Wegen rückständiger Grundsteuer wurden Exekutionen veriuingt
1883 gegen 33 845 Personen
1885 - 108055
In der Zeit des Aufschwungs hatt^ Tielfach die Bauern
Schulden gemacht, um ihren Besitz zu vergröfsern, zu Hans-
bauten u. dgl. Jetzt wurden sie durch diese Ver})flichtungen
schwer bedrückt. Zahlreiche dadurch veranlafste Landverkäufe
verschärften den Dnick auf den Wert des Grund und Bodens.
Dafs in diese Bcliwierige Zeit auch noch die schlechte Ernte des
Jahres 1884 fiel, war ein besonderes Unglück. Die Not der
Bauern veranlafste an mehr ab einem Orte Oewaltthaten gegen
Dorfwucherer, In den Beurken Saitama und Ibaraki kam es
* An Schiften earopäischer Form wurden gebaut
mo 191 mit 14 124 Tonnen Gehalt
18öl 14o - 11574
dagegen 1884 ^ • 4227
m'y :V) - :U-)4
Nacli einem Bericht der Handelskammer hi Tokyo für cHo /-sveite
Uilfte von lb84 waren die Werften in dieser iStadt fa^t nur mit kleinen
KeparatQfsrbeiten beschäftigt.
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488
X 4.
Ende 1884 zu offenen Bauernauiständeo. Zur Zeratreamig det
tumultuierenden bewaffneten Haufen, welche SteuerermHIsigimg,
SehnldfnfTlafs, Abscliafiung der Scliul- und Militärpflicht ver-
langten, mufflte die iitUfü der Armee ia Anspruch genommen
werden.
In den Städten sah es niclit viel besser aus. Den Qewerb-
trabenden ttodcte der Absats. IMe Zahl der Konknne (Shin-
dai-kaeiri) und die Summe der dabei angemeldeten Panroi sti^
folgendermafsen :
1880 8 707 mit 1282344 Yen Passiven
1881
7224 .
1049948 -
1882
10296 -
1624176 -
1883
19125 '
3542386 -
1884
22645 .
4713904 -
•
1 R85
10181 -
2874007 -
1H8()
8 592 -
1 821 288 -
1887
0 707 -
2196367 -
1888
5174 -
1462165 -
Die Zahl der wegen Verbrechen und V( rgehen gegen da«
Eigentum Angeklagten stieg von 41 247 im Jahre 1882 und
57856 im Jahre 1888 aui 88140 im Jahre 1886, von welchen
82 841 verurteilt wurden'.
Um einen Exti'averdienst in den .schweren Zeiten zu suchen,
strömte das Landvolk in die Städte. Bei den 1884/85 ^vorge-
nommenen Arbeiten cur Bäumung der Kaatdlgrftben in Tokjo
' Bei dieser Zunahme der Anfcf^klxtrtpn ist natürlich nicht aufser
acht zu lassen, dafä erst eeit dem 1. Januar lss2 das auf europäischen
Gnitidlagen beruliende Strafgesetzbuch nebst Strafprozefsoidnung in Kraft
v.nr r)nrs abn ^virklic h (»ine prof'HC Zunulmio dor Im „a^iifnnisdelikte in-
fv>lge der Not einti-st, macht der Umstund klar, dais in dem günstigen
Jahre 1887 nur 67 278 Penonen angeklagt, 63 803 vemrteilt, 1888 mir
mehr 50 412 angeklagt und 52 864 verurteilt wurden, weniger als 1883.
Nach der Polizeistatistik war die Zahl der zur Anseilt gekommeDen
Tötungen und
Körperver-
Sclbstmorde Aussetzungen Diebätahle letssungen
4 195
385
?
?
4 -.VA
im
?
?
4 6:V»
469
25 819
7 577
5 469
572
;J6 144
^» 405
lbö4
Ö60:i
43295
7 554
1885
7282
1176
61940
5968
7 125
1 199
57 412
4 1.V2
lt<87
5 82a
m
48 260
4 4;^l
1888
52^56
644
44 536
4 962
Auch hier seij^ dae Sinken der Zahlen in den drei ersten Spalten
in den Jubrcu IS'S, mul 1888, dafs die vorhergehen«^ Zani^ime nieht
bloft durch sorgfältigere Erhebungen veranlarst ist
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489
lieferten sich ganze Dorfschaflen volktändi^e Schlachten um eine
Arbeitsgelegemieity welche dem Mann 12, der Frau 9 Sen til^^ch
abwarf.
Das Angebot von Dienstboten war in den Städten ganz
aufserordentlich. I )er durchschnittliche Monatslohn für Dienst-
boten sank im ganzen Lande von 1882 bis 1885 für männliche
von 2,09 auf 0,9« Yen, für weibliche sogar von 1,84 auf 0,5i Yen.
So wenig entwickelt noch cUe Oflfentliohe Armenpflege in Japan
.ist, stiegen ihre Atugaben doch von 460000 Yen im Jamre 1882/88
auf 1 140000 Yen im Jahre 1884/85 nnd 835000 Yen im Jahre
1885/86.
Auf allen Gebieten zeigte sich die verminderte Leistungs-
fiihigkeit der Bevölkerung. So sanken z. B. die Schenkungen
ftlr die öflfentlichen Schulen von 773 787 Yen im Jalire 1881 auf
249 390 Yen im Jalire 188(). Die Zahl der ausgefertigten Jagd-
scheine sank von 1881 82 bis 1886 87 von 81427 aut 41 790>.
Bei der allgemeinen Mutlosigkeit und den sinkenden Gewinnen
hielt das Kapital sich naturgemttfo von gewerblichen Unterneh-
mungen surUck. Die Folge war, dafe als Anlagewerte die Staats*
Spiere immer beliebter wurden nnd rssch im Werte sti^n. Das
mptpapier, die siebenprozentigen Kinrokuscheine (Rentenab-
lOsnogascheine) , standen das ganze Jahr 1882 , wenn man den
jeweiligen Wert der zugehörigen Coupons berücksichtigt, ziemlich
fest auf etwa 72. Ende 1883 waren sie schon auf 9n gestiegen,
wo sie sich 1884 hielten, um Ende 1885 pari zu erreichen.
Im Zusammenhange mit diesen Erscheinungen steht auch,
dals die rustsparkaösen für die Anlage von Geldern mehr be-
ntttat wurden. Nach achtjährigem Bestehen war Ende 1882 die
Summe der Einlagen ersl etwas ttber eine Million Yen, Ende 18B5
schon etwas über 9 Millionen.
Neben den Staatsgläubigem hatten auch die EmpiUnger festen
Gehalts Vorteil von der Preisbewegun|f. Als 1879 und 1880 die
Preise der notwendigsten Lebensbedürfnisse aufserordentlich stiegen,
wurden die Gehälter der meisten Staatsbeamten erhölit. Davon,
dafs diese Teuerungszulagen nun wieder beseitigt würden, war
keine Rede. Erst die grofse Verwaltungsreorganisation am Anfang
des Jahres 188(3 wirkte teil weide in dieser Richtung
' Bezeichnend ist, dafs das Fukin, die Besteuerung der Prostitution,
dosspn Ertrag lxs2 s:; auf ss:» JT ? Yen anj^ewacliaen war, If^i^/Ö? nur
mehr t><S8 .'>:U Yen abwarf. — Bemerkenswert ist auch, wie in der Zeit
der Not das poHtiache Leben erlahmte. Die Zeitungen verminderten sich.
Die Zahl der politischen Versammlungen. 1^17 im Jahre lxX2, sank auf
444 in den Jahren 18s.j und issi; (1607 wieder 1117, ims lÜOll.
• Nicht durch Herabsetzung der GeliSlter, aber dadurch, dafo aahl-
reiche Beamte entlassen und mit geringcrem Gehalt wieder angestellt
wurden. Solche periodisch eintretende Aufrüttelungen der Beamtenschaft
nennt der Yolkswitz „Erdbeben" (Jishin).
4
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490
X 4.
Die wirtschaftliclic Krisis nnirste gerade in Japan um 80
süirker wirken, als überall Kleinbetriebe Ik rrschen, welche gegffi
schwere Zeiten widerstandsunt^hig sind. Wie wenig leistungs-
fähig diese kleinen Ijttriebc sind, zeigen die olun mitgeteilten
Zahlen über die Konkurse im V«T<^leich mit der Schulden ma.sse.
Im Jahre war die Durchschnittshöhe der Passiva in jedem
Konkurse niciit gröfser nU 208 Wn,
Bei der ländlichen Bevölkerung kam noch dazu, dafs die
Durchführung der Gnindsteuerreibrin, die 1881 beendet war, gans
neue Verhältnisse geschaffen hatte. Die Zahlung der Steuer in
Öekl statt in natura, die Entrichtung einer ein mr allemal fest-
stehenden Summe statt mit dem Ernteergebnis schwankender
Quoten waren Andenniiren, die i«'tzt ebensosehr drückten, wie
sie \\ iiiirend der iüüatioo dem Grundbesitzer zu gute gekommen
waien.
Ein weiterer Umstand, der den Druck der Krisis vcrsehartte,
liegt in der Absperrung des Landes gegen das Einströmen fremden
B^apitals. Die letaten schweren Zeiten der Geldknappheit und
der niedrigen Preise, welche der Auihahme der Barsahlungen yof
hergingen, hätten einen Anreiz iUr fremde Unternehmer gebildet»
durch Erwerb von Grundbesitz, durch gewerbliche Anlagen dem
Lande Kapital zuzufiihren. Ks wäre dadureh ebensowohl eine
Erleicliterung der 1 Jepresj^ion als eine allgemeine Föi-derung des
wirtschaftlichen Lehens eingetreten. Dies war unmöglich, da
an der Ausschlielkung der Ausländer wie auslllndischer Kapitals-
anlagen bis jetzt starr festgehalten wird. !Nicht einmal zum Ab-
schlnfs einer auswärtigen Anleifae konnte man sich entschliefsen,
bei welcher die ganze verwickelte Frage der Gerichtsbarkdt und
Steuerpflicht der Ausländer nicht in Frage gekommen wäre. Schon
eine solche Mafsregel würde den Übergang sehr gemildert haben.
Die Not und die allgemeine Entnuitigung erreichte den Höhe-
punkt in der ersten Haltte des Jahres 1885 Die Ernte von
lbb4 war schlecht gewesen, die Ungunst des Wetters drohte auch
der von 1885 verhUngnisvoll zu werden. Noch im August 1885
erklärte die Handelskammer von Osaka: „Es itlih uns an Worten,
um den Notstand genügend au sdiildem, der gegenwärtig unter
der ackerbauenden, der gewerblichen und der handeltrmbenden
Bevölkerung herrscht*^ Die allgemeine Mutlosigkeit hatte so^
die amtlichen Kreise so sehr ergriffen, trotz der bevorstehenden
Aufnahme der Barzahlungen, dafs die Panik noch vermehrt wurde
durch eine unglaublich taktlose Denkschrift des Ministeriums
Air r^andwirtschaft und Gewerbe vom ^^0, Mai 1885. Das gut
gemeinte Schrittstuck ermahnte 7Aim Au.-h ilten utuI zur Geduld.
Nur zwei Wege gebe es, einmal zu sparen, dann aber mehr zu
arbeiten und weniger zu schwatzen , zu rauchm und Uber Tag
zu schlafen. Um dem Nachdruck zu geben, wurden die schlechten
Ernteaussichten ganz gröblich (ibertrieben. Thee verspreche nur
Alnfy Weizen nur vier Zehntel der tlblichen Ernte. Die £^
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491
fahroDg zdge, daCs solche Not m Perioden von 30 bb 50 Jabren
wiederKehre, und jetzt seien gerade 50 Jahre seit der grofsen
HunserBDot in der Periode Tempo verstrichen.
Die thatsächliche Entwickelung zeigte, wie überflüssig der
Alarmnif gewesen war. Die ^^ oizenemte war im OoGronsatz zu
den amtlichen Ki '.\ artunj^en recht gut, nur 20 i^rDzcnt weniger
als die sehr ruielie Ernte von 1886. Oerade von dieser Ernte
datierte man nachher allgemein den Uin>c liwung zum Bessern.
Da*» durch die schlechten Emteaubsichten bewirkte Steigen der
Prebe der landwirtachafUichexi Produkte hat zur Besserung der
Lage des Bauermlaiidee wohl auch ganz wesentlich beigetragen^.
Vom 1. Januar 1886 an lOste die Nihon Gin ko das
bei ihr eingereichte Staatspapiergeld auf Verlangen
gegen Silber ein. Das eingegaog^e Papier wurde aufser
Kurs gesetzt Nach den Erläuterungen zum Budget sind auf
diese Weise folgende Beträge an Papier durch iSilber ersetzt
worden :
1. Januar bis 31. Mürz 1886 6470000 Yen
1. April 188() bis 31. März l««? 9671350 -
1. April 1887 bis 31. März lö88 12000132 -
1. April 1888 bis 31. Januar 1889 8696 856 -
Am 31. Januar 1889 waren nur noch 40 50()000 Yen Staats-
papiergeld in Umlauf, die bis zum 1. April 181M) auf 40nf;r)000
Yen vermindert waren. An Nationalbanknoten waren am letzt-
genannten Tilge noch 26391 000 ^'en vorhanden^. Ge^<'n den
1. Januar 1886 war also eine Verminderung der Papiermenge
von rund 47 Millionen Yen bewirkt.
Die £inl(tattng der Staatspapiere erfolgte aus den Mitteln des
Reservefonds, welcher am 1. Januar 1886 nach offinttsen Notizen
Uber etwa 40 Millionen Yen Edelmetall zu verfügen hatte. Aus
den laufenden Staatseinnahmen wurden dem Einlösungsfonds in den
Tier Finanzjahren 1885 bis 1889 19700000 Yen ttberwiesenV
Keispreis iu Tokyo durchschnittlich
im August I8H4 4,'.7 Yen fttr den Koka
iMKj 6,»o - • - •
* Umlanf am Dezember ls90:
:i;J272 71") Yen Papiergeld
2ÖH10 720 - Nationalbanknoten
ÖU0b;{4;J5 Yen zusammen.
« Nämlich 188.5 86 5 400 0<J0 Yen
188ü'87 .j 620 000 -
imim 4 :t80 000 -
im>W 4300 000 •
Im Budget lBS9i90 sind weitere 2253928 Yen sagewiesen.
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492
X 4.
Da auch andere erhobliche Summen dem Reservefonds entnommen
sind, verminderte er sicli rasch bis auf 15150000 Yen am 31.
Januar 18S*». Am 1. April 1890 wurde der Rest von 10 Millionen
Yen als Fonfls iiisi^clilierHlich für die Einlösung von Papiergeld
bestiuinit ((hü. 31 vom 27. März 1B90). Weitere 22 Millionen
lieh im November 1890 die Nihon Qinko auf Grund des Bank*
notoogesetses von 1888 dem Staate. Diese 32 Millionen Yen
decken ToUstHndig den am 1. April 1800 noch vorhandenen
Betrag der Stafitszettel von 1 Yen und dartiber, während die
anderen 8 Millionen kleine Zettel allmählich aus den kufenden
Einnahmen getilgt und durch Scheidemtinze ersetzt werden.
Schon am 12. .Iidi 1H8(3 wurd*' dio ur^nnzlH-he Einziehung
der Zehnsen-Scheine angeordnet, die äeit dem 1, Juli 1887 nicht
mehr im Umlauf nind^
An die Stelle der eingezogenen Zettel traten die 8ilbernoten
der Nihon Oinko, deren Aufgabe ao rasch zunahm, da& dio bis
1886 dauernd verminderte Summe aller pafMoraen Geldseidien
Bich wieder rasch vermehrte, von 115 Millionen am 1. April 1886
auf 133 Millionen am 1. April 1890. Die thatsSchhche Ver-
melirung des Umlaufes war aoer ^rröfser, da die. %vio oben au»-
des Eisen bahnbaufonds . allnullilich wieder ausgegeben waren.
Gegen früher bestand aber cier gewaltige Unterschied, dafs die
Maäse der jetzt umlaufenden Zeichen direkt einlöslich war. Einen
grofeen Fortschritt m der Konsolidierung der MdverhftltnisK
bedeutete auch das Gesetz vom 31. Juli 1888, welches die Aas-
gabe der Silbernoten na< Ii festen bankmäfsigen Qrundsätsen regelte
und das oben eingehend gewürdigt ist (S. 208 ff.).
I>ie volköwirtscliaftliihen Wirkungen der Aufnahme
der Barzahlungen blieben nicht aus Wie ein verheerender
Wirheisturm war die Agiotage und die ilu- tblgende wirtschaftliche
Krisis über da« Land daliingczogcn, es mit 'rrünimern und Leichen
bedeckend. Aber wie den Taifunen blauer Himuiei und Sonnen-
schein folgt, wie eine gütige Natur die Trttmmer mit ÜDpigem
Wachstum überwuchert, so heilten auch die wirtschanucheo
Schilden überraschend schneli. Von 1885 bis 1888 folgte eine
gute Ernte der andern. Die ungewohnte Beständigkeit der Va-
luta weckte das Vertrauen und den Mut zu neuer Thätigkeit.
Der tiefen Nie(lerp:P8*'hla'j:enheit folgte eine Unternehmungslust,
die alles mit tortriis. Aul8**re Umstände >virkten dabei fördernd
ein. Das dauernde Sinken de^ Siiberwcrtes im Vergleich zu
> Von diesen klänsten Stihelnen waren noch im Umlauf
am 1. April IHHO 5 225 070 Yen
- - - T^^7 4 42618.5 -
Dar Eudtermiu tür die Eiulüsung ist wiederholt verläu^rt, da ein
Kviseer Betrag noch immer aoaateht, am 1. April 1890 noeh 880000 Yso.
von wird das meiste wobl wa Gnmde gegang» amn.
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Oold auf dem Weltnuurkte wirkte Mebeod auf die Ausfuhr, und
der wichtigste Artikel, Seide, sti^ auch abgeaehen dayon im
Werte ^ Hierdurch wie durch die guten Ernten und die neu
sich belebende Thätigkeit stieg die Ausfuhr plötzlich gewaltig an,
von 37 Millionen Von im Jahre 1885 auf 48, Millionen 1886,
auf 52,4, 65,7 und 70 Millionen in den drei folgenden Jahren.
Auf die Einfuhr, welche von 1882 bis 1885 auf 32— 33 Millionen
Yen Silber stehen geblieben war. wirkte das öotort mächtig zurück.
Die Eiiituhr von 188(3 allerdings liatte nur einen Silberwert von
37,0 Millionen. Thatsächlich aber nahm das Land eine viel
Süüaee Menge rem EinfohrwareD auf, da die greisen in den
olfahren angeschwollenen Lager der fremden Importeure dem
ersten Bedarf genügten-. In den drei folgenden Jahren 1887
bis 1889 aber stieg der Silberwert der £infuhr auf 51,t, 65,6
und 66,1 Millionen Yen. In anderem Zusammenhange ist schon
gezeigt, wie diese Zunahme zu einem grofsen Teil durch die
Einfuhr von Kolistoiren, Maschinen u. dcri. bewirkt ist, eine deut-
liche Wirkung des gewerblichen Aufsclnv unges im Lande. In
der l'iiat war auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Ijcbens seit
1886 neue Thätigkeit erwacht. Der Eisenbahnbau machte rasche
Fortschritte, und Projekte neuer Linien tauchten ttbeiall auf. Der
Schiflsverkäir entwickelte sich wieder. Vor aUem aber auf in-
dustriellem Gebiete entstand eine bis dahin unbekannte Unter-
nehmungslust Die Spekulation, der das Qebiet der Agiotege
genommen war, warf sich auf die Gründung von Erwerbsge-
Seilschaften aller Art, wobei e<^ an seh winde] haften Vorgängen
nicht fpliltc*^. Eine Zeit lang konnte man fürchten, dals der
Gründim[!;sächwindel und die Über.spckulation zu einer nrucn
Krisis luliren würden. Die Res^'enmg selbst ftihlte sich vt ran-
lal'st, bei verschiedenen Gelegeniieiten zu warneu, so namentlich
> Der Dmchicluaittswert der aiugefthrten Rohseide per Pikul war
188H 518,1 Yen Silber, dagegen 1886 6,^7,a Yen
1884 .j24,e - - 1887 621,8 -
' So sanken nach dem Bericht der fremden Handelskammer in
Yokohama 1886 die Vonrftte von
Grauem S^hirting TOn 128 750 Stttck auf 55 000 Stück
Türkisch Hot - 103 000 - - 70 000 -
Victoria I^awnö - 82 280 - - 8 000 -
Englischem Baumwollgara • 24 471 Pikul • 17 460 Pikul
Petroleum - 872 677 Kisten - 288394 Kisten
^ Die Zahl der KwaisTin « ( ^ escUacbaften mit festem Kapital) ohne
Banken betrug am Ende der Jaiire
1884 1 298 mit 22 161 955 Yen Kapital
1885 1 279 - 50 659844 -
1886 1655 - 50 1ST,7:V2 -
1887 203Ö - 67ö.>5468 -
1888 2593 • 117669981 - • ,
Das eit)<;czah]te Kapital der öffentlichen Banken atieg TOO Ende
im bis 1888 von d2d3ölU0 Yen auf 61377639 Yen.
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X 4.
der FinaDzuiinistcr selbst bei Gel^genbeit des grokexk FesteB,
welches am 5. Mai 1887 von den Banquiers gegeben wurde, um
die Aufnahme (\ev Vif\r7.f\}\\nu^en zu feiern. Der Fortschritt,
welchen Hie Ro-iemng.skreise in der Beurteilung wirtschaftHcher
Verhältnisse gemacht hatten, kann nicht besser illustriert werden
als durch einen Vergleich ihrer jetzigen nüchternen Haltun;4- mit
ihrer Stellung zu der Eutwickeluug am Ende der siebziger
Jahre.
Sttt Ende 1888 ist in dem Fortachritt wieder eine
gewisse Stockung eingetreten, wozu neben der Überspekn-
lation die schlechte Ernte von 1889 und das Steigen des
ßilberwertes beigetragen haben. Aber zu einer eigentlichen
Krisis ist es nicht gekommen, da der Überspekulation doch rer-
hiiltnismärsig rasch Einhalt gethan ist. Viele Projekte traten gar
nicht ins Leben, manclie Unternehmimgen wurden sofort wieder
liquidiert Die Einzahlungen auf junge Aktien älten r Unter-
jLieiiinuugen wurden verschoben. Die Kihon (iinko wurde etwas
liberaler in der Kreditgewährung. So wurde der namentlich am
Anfimg von 1890 drohende Krach ▼ermieden. Data einige Spe-
kulanten schwere Verluste erlitten haben, ist fttr die Volkswnrt«
Schaft kein Schade.
Der Au&chwung des Erwerbslebens kam auch den Htaats-
finanzen zu gute. Einzelne Staatseinnahmen stiegen erheblich,
namenthch die Zölle und die aus den T^etriebseinnahnien ^ Die
8teuern gingen mit gröfserer Leichtigkeit ein. Die Zahl der
Exekutionen wegen rückständiger Grundsteuern, die 1885 St>
108055 betragen hatte, fiel 1887 88 auf 35 09G, 1888 89 auf
11 663. Vor allem aber zeigte der Staatskredit eine unerwartete
Hebung. Der erste Versuch, eine nur lünfprosentige Anleihe
'{fttr Marineewecke) au&ulegen, im Juni 1886, hatte einen so
flttnsenden Erfok, dafs schon im Oktober 1886 die allmähliche
Konvertierung aller mit sechs und mehr Prozent vcrzinsÜchen
Staatsschuldscheine in Angriff genommen werden konnte, eine
Opf ration, von welcher etwa drei Viertel der ganzen inneren
*5chuld (ofine PapiergiM) betrotren werden und die am 1. Apni
18ü0 etwa zur Hälfte durch 'j-etVilirt war.
Im übrigen ist lUr das i iiianzwesen die Zeit seit ]s86 nicht
sowohl durch grofse Helbrmen als durch eine Reihe einzelner
kleinerer Verbesserungen bezeichnet. Die Konsoltdienuig der
Verhältnisse findet ihren Ausdruck in gröfeercr Klarheit und
Offenheit, wenn auch immer noch die wichtige Heimlichthuerei
mehr herrscht, als gut ist. Ein besserer Ausgleich zwischen Aua-
gaben und Einnahmen in jeder Finanaperiode ist durch aber-
^ Einnahme der 8taat«bahnen (netto) 18?<6/«S7 d78 124 Yeo
1888/89 1 346 226 •
Zolle 2.>47 404 -
lt<i*Ö 4 720 427 -
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X 4.
495
malige Verlegung de» Etatsjahres bewirkt, welches seit 1886 vom
1. April bis zum 81. März läuft. Auf dem (iebiete der Kom-
munaltinanzcn i^t auf eine Verringerung der Lasten der Be-
völkerung Iiing( arbeitet worden
Bei deu titcuerü sind eine Reihe von Änderungen vor^e-
nommen. Zwoi neu eingeftüirte Steuern, eine Einkommensteuer
(19. März 1887) und EDregiBtrementsgebObren für Gnindeigen-
tum, Häuser und SchifTe (11. August 1886), sind wenig erfolg-
reich gewewn, da sie der wirtschaftlichen EntwickeluD^ des Landet
nicht angemessen sind. Die Verbrauchsbesteuerung ist 1888 re-
fornnCrt durcli Milderung der 1885 eingeführten Steuern auf
Kuciien und Shoyu, durch kleine V^erbe8seruni;en der Sakebe-
Rteuerung, durch Neuregelung der Tabaksteuer (G. April 1888).
Im selben Jahre ist eine bessere Berechnung der Einfuhrzölle
eingeföhrt, die Mehrzahl der Ausfuhrzölle aufgehoben. Die Ent-
Wickelung der nOrdlicben Kolonialgebiete ist durch Hembeetsong
und Aufbebung iron Steuern gefördert'. Das Jahr 1889 hat
eine Reihe Änderungen der Grundsteuer gebracht, namentlich
eine Herabsetzung der Steuer auf zu hoch eing^hätztes Ackerland.
Wio sicli bis zum Schlufs der von uns betrachteten Periode
die Finanzen Japans im einzelnen gestaltet haben, das soll in
den folgenden Kapiteln goecliildert werden. Eine unbefangene
Würdigung des Ergebnisses wird zu dem Urteil kommen müssen,
daß» in der jetzt zum Abschlufs gekommenen abeolutistiachen
Periode der neuen Ordnung in der That Erheblicbes geleistet
worden ist. Diese Periode hatte von der vorheigegangenen leere
Kassen und schwere A^erpflichtungen überkommen. Trotz arger
Mifsgriffe schliefst sie mit geordneten und im wesentlichen ge^
Sunden Finanzen r>as darf man sich allerdinp^s nicht ver-
hehlen, dafs die scliwere Aufgabe der P«'seiti^^un^ des T'apier-
geldes und der Herstellung eines geordneten üeldinnlaufes erst
teilweise gelöst ist Der genüge noch vorhandene Betrag von
Staatspapiergeld ist allerdiu;^» gedeckt und wird bald ganz
verschwmden. Aber es ist nicht zu yergessen, dafs abge-
sehen von Scheidemünze der wirkliche Geldumlauf ausschliefs-
lich aus papiemen Zeichen besteht, welelie aufser dem Zehn-
millionen-Fonds der Regiernni: (am 1. April 1890) anssehliefalich
fundiert sind auf den Rarseliatz der Nilion Oinko. In ruhigen
Zeiten reieht dieser voUstänrlif^ .nis die Kinlösun«^- der Noten zu
sichem Ob er einer ernsteren Kriöis gewachsen ist, erscheint
aber Iraglich. Die schlechte Ernte von 1889 und die Störung
der Ausfuhr durch die Schwankungen des Silberwertes auf dem
* Die KommuislBteiieni aller Art ergaben
1^70 ^0 24 •)98 119 Yen
.'57 om7 867 -
1887 8x :i0 720l*:J5 -
^ 1887 Refonn der Fischercisteuem, 188d Erlafs der Wsgeosteuer,
1889 der Grandstener in den Landkreisen.
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496
X 4.
Weltmarkte genügten schoD) um den Banchats von seinem Höhe-
punkte von 57658 000 Yen am 11. Januar 1890 auf 43865 094
Yen am 18. Oktober IbUO herabzudriicken , den Silbervorrat
allein von 32lU7'ii)n Yen auf 18 869 847 Yen'. Das der Bank
entnommene Silber aber ist ins Ausland gewandert. Dms ist un-
zweiielhutt ein bedenklicher Zustand, dem gründlich abgeholfen
werden müfste. Der einzige gangbare zu einer wirklich
bedeutenden Vergröfserong des BanchatM« wUre eine answSrtige
Anleihe im Rahmen der Operationen sur EonTertierune der Staats-
BchuM. Ihr Ertrag wüide 2am Teil zur Deckung der Staatsbe-
dürfhissc im Auslande dienen, in d r Hauptsache wäre er — in
einem Betrage von mindestens 2u Millionen Yen — der Nihon
Ginko zu Uberweisen Die daftlr von der Bank erhaltenen Not^n
hätte die Finanzverwaltung eur Heschleunitiun^'' der Konvertierung
der hochverzinslichen inneren Staatsschuld zu verwenden. Durcli
die Rückzahlungen würde auch dem unzweifelhaft vorhandenen
Druck auf dem inländischen Geldmarkte abgeholfen werden.
Die Zettel von wem'ger als 5 Yen wttren gleichseitig erheblich
2U vermindern, allmählich gans au beseitigen.
Ob man sich zu einer derartigen grofsen FinanzmaTsicigel
entschliefsen wird, ist allerdings sehr fraglich, i^icht nur die
berechtigten aus den gegenwärtigen WeltwÄhnmgsverhältnissen
sieh erp;ebcnden Bedenken sprechen dagejren. Mehr noch wird
der beute in Japan herrsr-bende beschränkte Nativisnius hier wie
auf anderen Gebieten gesundem Fortschritte im Wege stehen.
Zweites Kapitel
Die FiDftEZTerwaltiiDg.
I. Organisation und Etatswesen.
Ober die Anlange der Organisation der Finanz-
Verwaltung ist im vorigen Ramtel berichtet Es ist bereits
erzählt} dafs im Jahre 1871 die Einheit der Staatsfinanien her-
Ssstellt wurde, die Vereinigung unter einem Ministerium, dem
kurasho, einerseits, die Herstellung der Kasseneinheit anderseits,
so dafß nicht mehr, wie in den ersten Jahren der neuen Ordnung,
nur die Überschüsse der Tenritonai- und Bezirksbehi^rden unter
^ Seitdem wieder etwas höher.
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497
die Kontrolle der C^tralTerwaltung kamen, iondern alle Staats-
einDabmen und -aimmben. Es ist auch bereits bekannt^ welche
Umstände 1 873 zu dem ersten Veraacbe ein allgeroeines Budget
zu veröftentlichen fiihrten. Die Masse der Verordnungen und
Krlasse dieser ersten Jahre der neuen Organisation zeigen uns
noch ein ziemlich blindes Hin- und Hertasten, eine grol'se Un-
sicherbeil auch an den leitentlen Stellen. Den greisen Instruk-
tionen (Nr. 427 und 428) vom 27. Dezember 1873 über die
Ao&tellung der Etats „in Reis und Getd" imd tlber das Beoh-
nungswesen folgte eine wahre Flut Ton Ver^gungen mit Kach-
trftgeDy Änderungen, Berichtignng yon MilanrerstSnanissen u. s. w.
Das Jahr 1875 brachte wie fbr andere Verwaltungszweige, so
namentlich auch für die Finanzen eine Art Abschlul's der ersten
unsicher hin und her schwankenden Versuchszeit. Die wichtigen
Steuerretornien dieses Jahres sind schon erwähnt (S. 445). Hier
ist noch der V er waltungsor^an i sation und des Etats-
uüd Rechnungswesens etwas eingehender zu gedenken.
Was sunächst die erstere betrifit, so erfolgte 1875 wie ftlr
die anderen Centnübebörden, so auch für das Finanzministerium
eine gesetzliche Regelung der Zusammensetzung und Geschsfb*
führung (Gesetz 217 vom 25 November 1875). Die zweite
Reform der Centraibehörden (1880/81) führte zu einer Neu-
regelnnf,' durch Nr. 60 vom 2 DezemKer 1880. Weitere
Änderungen ertblgten namentlich Ibbü, Kaiserliche Verordnung 2
vom 26. Februar, und 1890, Kaiserliche Verordnung 30 vom
27. März. An der Spitze der Finanzverwaltung steht der
Minister (bis 1886 Okura-kyo, seitdem Okura daijin)^ welcher
mit Ausnahme der kanten Unterbreehnng von 1880/81 Miiglied
des Staatsrates beaw. Kabinetts (Daijokwan, Naikaku) ist Ihn
unterstutzen früher zwei, später ein Viceminister. Das Ministerium
zerfHIlt in eine Anzahl von Abteilungen (früher Rjo, seit 1877
Kyoku), deren Aufzählung bei den häufigen Änderungen kaum
ein Interesse bietet. Es waren 1870 acht, 1880 zwölf, in den
letzten Jahren dreizehn (ohne d;is Sekretiiriat), die iS*. IM (Kaiser-
liche Verordnung 100 vom 24. Juni; wieder auf neun ver-
mindert sind.
Alle wesentlichen oiganiaatorischen Einrichtungen konnte
nicht der Minister treffen, sondern es bedurfte dazu der 6e-
nehmignng des Daijokwan. Dadurch, dal's die Vorschlüge yom
Minister ausgingen und die übrigen Mitglieder des Staatsrates
noch weniger Fachleute waren als der Finanzminister, hat that-
sächlich dieser doch ziemlieh unumsehrünkt vpriVi|j;t.
Für die Provinzialvervvaltung besteiit in den iiezirks-
regierungen eine Steuerabteilung, während sonstige Geschäfte in
der zweiten Abteilung bearbeitet werden (vgl. S. 95). Die
Steuererhebung in den Ortsgememden erfolgt durch die Ge-
Forsehungmi (45) X 4. — Ratligen. 82
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X 4.
meiDdebeliOrdei) Für die DuidiftQiruDg der Sakeberteoening
giebt 68 besondere technische Beamte. Die Zollämter untenteben
schon seit 1872 nicht den Bezirksbeiiörden, sondern direkt dem
Finanzministerium. Der Vertrieb (Ipt inr eine Reihe von StencTn
erfbrderliclien *Stenij)c] marken erfolgt durch zahlreiche Verkäufer,
als welclu; in erster Linii pensionierte MiÜtärpersonen und PoUzisten
und deren Witwen und M'aisen zuzulassen aiiid und die einen
Rabatt von 7 bis 9 Prozent erhalten (seit der Verordnung 2i
des Finanzministeriums vom 8. Juni 1886, früher mehr)-.
FOr die EasseDgeachäfle hat nch die Finansverwaltanc
mehr und mehr der Banken bedient, nameotlicfa der National
bank<Mi .sowie einzelner Privatbanken (ao der Mitsui Gfinko).
Seit £rriclilung der Nihon ( Hnko ist das Kassen wesen allmählich
ganz dieser Ubertragen, endgtlltig durch die Kaiaerliche Vorordntmg
12Ö vom 11. Dezember 1889.
!)• 1 Entwickelung d^ Etats- und Kcchnungs wesena
im einzelnen durch den Wust der Verordnungen zu folgen, ist
wenig ersprieislich. Kinige Hauptdaten dürften genügen. Wie
schon erwähnt, wurde am l'd. Oktober 1874 verfügt, dai's die
Etetoperiode, welche 1873 und 1874 mit dem Kalenderjahre
identiBdi war, von 1875 an vom 1. Juli bia aum 30. Juni laofen
solle, um zu vermeiden, dafs die Grundsteuer eines Emtejahres
halb in das eine, halb in daa andere Finaoajahr falle. Alle
Staatsrechnungen begannen am 1. Juli 1875 neu, alle früheren
Rückstände an Einnahmen und Ausgaben wurden mir den
Hechnungen des ersten Halbjalires von 1^75 vereini^^i Im
März 1875 ergingen dann seiir ausfidirliciie Instruktionen des
Finanzministers üIxt die Aufstellung der Etats, über das Rech-
nungs- und Kassen wesen, mit zahlreichen N.ich tragen, iiamentUeh
▼om 18. Mai und 28. November 1875. Nachdem dann vom
1. Juli 1879 an die doppelte Buchführung vorgeschrieben war,
erlblgte durch Nr. 50 vom 27. Dezember 1879 (mit AusfÜhrungs-
▼erordnung vom 13. Januar 1880) eine Reform» die aber achon
' Vgl. darüber jetzt Gesetz 9 vom Marz lHfs9 und dazu Kaiserl.
Verordnung 'X\ vom gleichen Datum. Die Hokkaido8teuem betrefTend
vgl. anten Kap. 4 IX. — Nach der neuesten OrgaoiflatioD der Bezirk»*
r^erunpen fKaiserl. Vcrordurnic L*'2'> vom 10. "ktober 1890) besteht eine
Abteilung für direkte und eine für indirekte Steuern. — Ende 1H87 ge-
hörten zur FlnaxiKTerwaltung 8702 Beamte und Angestellte mit l.%82m)0
Yen Jahresgehalt. Von dieser Zahl waren TOGO In der Sttmerverwaltune
beschäftigt, darunter in den Bezirksregienuigen, Ö4Ö in der Zoll-
verwaltung.
* Über die Behaadlnng rttckständiger Grundsteuern vgl. das nidiale
Kapitel. — Die Zahl der zur Anzeige gekommenen Übertretungen von
Steaergesetzen war nach der PoUzeistatistik
18-S2 1 297 18,86 27;i01
1883 *»68l 1S87 23 .Vi:^
\m 14HS6 1888 19121
lübo 41324
Die grofse Zunahme im Jabre 1885 dttifie au einem erheblicben
Teile der Bänfuhrang der efaleanösen Kndienstener snaneehreiben eeiii.
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499
1881 (Nr. 33—35 vom 28. April) einer erneuten Regelung Plate
machen maiate. Schon 1884 entschlofs man dcb su einer aber-
maligen Änderang de« Etotojahres, dessen Anfiing anf den
1. April verlegt wurde, während das Etetajahr 1 885/86 nur vom
1. Juli 1885 bis zum 81. Bfärs 1886 dauern soUte (Nr. 89 Tom
28. ( Oktober 1884). Im Zusammenhang damit wurde dann das
Biitlgi twescn durch die Gesetze 11 — 13 vom 16. März 1885
abermals neu geordnet Durch Einführung des Vf^rfassungs-
Staates ist I8^^0 das alles wieder über den Hauten geworfen.
Dafs diese rasicl» aufeinander tolgenden Gesetze durch klarere
Ausdrucks weise und knappere Fassung einerseits, durch schärfere
Umgrenzung der Befugnisse der einzelnen Verwaltungsinstanzen
anderseits eine stetige Seasening der Fiminsverwaltaii^ bedeuten,
darf trote aller bis in die neuste Zeit anhaftenden llängel nicht
bestritten werden. Was insbesondere das Etatswesen betrifit,
so enthielt auch das Gesete von 1881 (Nr. 33) noch im wesent*
liehen nur formale Bestimmungen über iie aufzustellenden Über-
sichten und Abrechnunp:en. Hinsichtlich der Übertragne p^en
(Viremonts) innerhalb des Budgets war die Allgewalt des Finanz-
ministers noch ziemHch unbeschränkt, wodurch die Festsetzung
des Stiiatshausiiah^etÄts durch das Daijükwan ganz bedeu-
tungslos wurde. Einen grolsen Fortschritt brachte hier erst
das Qesete 11 Ton 1885, welches Air den £tet von 1886/87
auerst in Anwendung kam. Der Ghrundsate, dafa alle Emnahmen
und Ausgaben des Staates im Etat einzusteUen seien, an die
Spitae des Gesetzes gestellt, wurde freilich immer noch nicht
ganz durch^efilhrt. Die unten näher zu besprechenden Fonds,
namentlich der grofse Reservefonds, der 1S81 fast 56 Millionen
Yen r'rroiclite, der Jndustricfonds von 1878 (in Millionen), der
Ebenbahnbautonds von 1884 (über 18 Millionen), hatten ihre
getrennten, im Etat nicht erscheinenden Reclmungen. Die Ver-
fügung Uber diese grofsen Summen ermöglichte alle denkbaren
Schiebungen und Verschleierungen. Erst 1890 ist die ganze
Fondswirtschaft in Wegfall gekommen. Auch nach Erlaä des
Gesetzes von 1885 erschien femer von einer Reihe staatlicher
Betriebsverwaltungen in den Etats nur der Überschufs der Ein-
nahmen über die Ausgaben, soweit ein solcher vorhanden war
(so seit 1877). Über die Ausgaben dieser Betriebe sagten die
Etatb nichts, so bei den Eisenbahnen, der Münze, der Stiiats-
druckerei, den Reri; werken, Werlten, Fabriken, während für die
Forsten, die i'ost und seit 1886 für die Telegraphen die ganze
Einnalime und Aufgabe im Etat enthalten w^ar. Ei-st 1890 ist
ftir solche Betriebe ein Öpecialetat als Anhang zum allgemeinen
Budget erschienen*.
' Dafs GS sich dabei um erholdiche Surrmnn handelt, kann man
daraus ersehen, dafs trotz Veräufseruii^ tivst aller Berf^werke und Fabriken,
jedoch uach erbebliclier Auädehuung der Staatöbahuen, diea Spccialbudgct
für 1890/91 (datiert 27. Män 1890) nachweist
32«
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500
Um das recbtoeitige EncheiDeD des BndgetB su achers —
mit Aiunahme des EtatA mr 1879/80 sind die Budgets erst seit
1888 Tor Anfang des Finanzjahres enohienen — ^ enthielt das
QesetB von 1885 eingehende Vorachrif^n, bis zu welchen Daten
die einzf'lneTi Behörden (30. Juni) \uv] der Finanzminister (20.
Dezenilxn die Etats dem Daijokwan vorzulegen hätten, welches
seinerseits das Budget bis zum 5. März feststellen sollte.
Das Gesetz enthielt ferner Vorschriften Uber die bei Ab-
schätzung tier Eiiiualiuicii und Ausgaben zu befolgenden Grund-
sätze. Im allgemeinen war der Durchschnitt der drei vorher-
gehenden FiiMnzjahre ansunehmen (vgl. dam die eingehende
Slinistenalinstruktion 12 vom 21. Mflrs 1885) ^ Überaehttaae
früherer Jahre, bis 1886 dem Hes rv fonds zugefUhr^ waren
fortan als Einnahme einsustellen. Besonders wichtig aber waitti
die Bestimmungen , welche die wirkliche Durchführung des
Budgets sichern sollten. I )ie Chefs der Behörden sollten nach
Feststellung des Ktats nur in ganr, unvermeidlichen I ;illen Ver-
mehrung ihrer Kredite verlangen, worüber das Daijokwan dann
entschied. Zwischen den verschiedenen grofsen Ausgabetiteln
(Kwan) sollten Virements Uberhaupt nicht mehr stattfinden,
swiachen den Kapiteln (Eo) nur mit Erianbok dee Daijokwan,
swiachen den Sektionen (Moku) nur mit Erlaubnis dea Finana-
miniaters, zwischen den einneben Paragraphen (Setan) dagegen
mit Genehmigung des Departementsehem'.
Einuabmcu IctUüIll» Yen
Auflgsben 11496666 -
Für das FiiiaDs|slir 18k'V84 habe ich aus den späteien Spedsl-
abn'chnun^en eine nicht einmal gSDS vollstfttidige ZaasmmeDitelfaiag
gemachtt welche ergiebt
£iuiiahmcn 11205 227 Yeu
Ausgaben 9898793 -
Diese Sanune fehlt fast ganz im Etat betw. in der aligemeiiieo
Kechuung de.« "^tnuti^liaushaltf. — Auch iibor durchlaufende Poston. wie
die Einnahmen und Ausgaben der Depositen kasse, giebt zum erstenmal
ein Nachtrag zum Budget von 1890/91 Auskunft.
' Bcacntenswprt für die WUrdiffUng der Budgetposten ist, dafs bis
1890 regelmäfsig Auderungren, welche erat im Lauff^ de? Pinanayahres
bevocstetien. nicht berücksichtigt sind. So Bind bei den Staatsbahoeo
immer nur Einnahmen der bei Anfetelliinff des Btsts sehen im Betrieb
befindlichen Linien eingestellt - «lafs /.. B. 1H87H8 der Übersehufs, auf
ÄÄ)74;{ Yen eingeschätzt, in Wirklichkeit 1 OM 7"'. Y»»n betrug, ls.ss>.ji
waren die entsprechenden Zahlen (jHS 920 Yen und 1 22H Yen. Ähn-
lich ist es mit den Aufstellungen über den Bedarf für Verzinsung der
Staatssihuld, wobei /.. J}. in den Etats der letztrn J ihre auf denFort"
gang der Konvertierungen keine liücksicht genommen ist. —
£inen sonderbaren Eindraek macht es aticb, dafs mehrfach onmittel-
bur nach Vi rüttentlichung des Budgets neue Stcueigesetze erschienen
pind, so am l ' M«irz 1887 da3 Ge^ety, über Einfuhrung der Einkommen-
steuer, am ti. A^nl Is^M ein neues Tabaksteuergesetz.
Die Kapitel (Ko;, zwischen welehen Übertragungen aollssig wnreii
mit Genehmigong des Kabinetts, sind noeb «seht grofse Ssmmäpostant
I
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X 4.
501
Was die äulsere Form der Budgets betrifft, so er-
schienen sie bis 1^85 86 als Bericlit des Unanzministers an das
l)ai)okwaii und wurden von diesem bezw. dem Orofskanzler
veröffentlicht. Seit 1886 haben sie die Form Kaiserlicher Ver-
ordnungen, gegengezeichnet vom Ministerpräddenten und dem
Finammimster. Bis 1890 war jedes Budget von mehr oder
weniger eingeheiidea ErläuterangeD des FinaiutmiiiiBten begleitet,
welche eine der wichtigsten Quellen i%tr die Kenntnis der neneren
Finanzzustände sind, bei deren Benutzung freilich grolse Vor«
sieht geboten ist. Sie waren ein bequemes Mittel fUr den
Finanzminister, den Thatsachen die ihm angenehme Färbung zu
verleihen. Eine weitere Beilage zu jedem Budget war eine
t.'bersicht über den Stand der Staatssclmlden und dcö Ke«erve-
fondä. Sowohl die ErlauteruDgen wie die Übersicht der Schulden
fehlen m dem Budget iur 1890 91. — Der Höchstbetrag der aus-
zugebenden Schatsicheine ist zuerst Im Budget für 1889 90
festgesetzt.
Die vertfiflentlichten BudgetB dnd im allgemeinen mit der
Zeit klarer und aueftthrlicher geworden. Die Vergleichung auf
längere Zeiträume ist allerdings erheblich erschwert durch die
bestöndigen Umstellungen und Andenmsren, namentlich bei den
Ausgaben. Nur znm T» il sind diese Uiiistellungen in Änderungen
der VfM'waltungsorganiöatiüü liegründet, und es hat nicht an mifs-
trauiflchen Stimmen getelilt, welche die Erschwerung der Ver-
gleichbarkeit für Absicht erklärten. Die Ausgabebudg(?t.s sind
namentlich seit 1886 mit denen der Vorjahre gar nicht mehr zu
vergleichen, 00 dale das Statistische Bureau nicht einmal eine
Kuiserliche NebeneinaiidaBtellung der Hauptauagabeposteo vor
und nach 1886 versucht
2. B. regelmälBifj in jedem Ministerium „Gehälter und andere persönliche
Auttgabijn", „Keisekoaten", „Bureaukosten", „Baukosten''. Innerhalb
dieiw Ko sind also schon mit Genebmigung des Finanzministers Vire-
mcnts zwischen den einzelnen Sektionen (Moku) zulässig, z. B. in dr>rn
geuanuteu Ko „Gehälter etc.^ mid solche Moko: Gehälter der Chokunia,
GebUlter der Sosin, Oehftlter der Hannin, Remuneraüoiiai ete. Der Ko
„Baukosten" zerfällt in die Mokü „Neabauten", „Reparaturen'^. Zwischen
seinen einzelnen Neubauten konnte also — und kann auch in Zukunft —
jeder Minister übertragen, - wie man sieht, uocb nicht gerade eine sehr
»trsnime Organisation. — Die neue Volksvertretung hat nach der Verfassung
nur über die Kwan und Ko zu bescbliefsen, /. IV im Etat des Verkehrsmini-
Bterinras über den Ko „Baukosten", der im Etat 189Ü/91 mit 4:^:^000 Yen
erscheint. Nur zu seiner Information werden dem Landtage die Moku
mitgeteilt, z. B. in dem eben angef&hrten Ko des £tats von 1890/91 das
Moku :l „Verscliieden" iipue TelepTrapbenlinien". - Die Verf issung brinf^t
eine Verbesserung nur iusotem, als Virements auch zwi^hen den Ko
yerboten ^d (FinanasgeMts Art 12). Eine DaisteUong des hoUen Schem-
wesens, als welches das Budgetrecht nach der neuen Verfassung bei
näherem Studium erscheint, versage ich mir um so mehr, als in der that-
sächlichen EntwickeiuDg sich daraus etwas ganz anderes zu gestalten
seheint
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502
Von den wimderiiohen Rechenkünsten, welche die erbten
fßaxz BUDi TD arischen Budgets für 1873, 1874 und das erste Halb-
jahr von lb75 zeigten, ist bereits im vorigen Kapitel die Rede
gewesen. Nach der 1875 eingetretenen Neuordnung wurde die
Form der Jiudgets allmählich überi^iditlicher, wenn aucli eine
Reihe von Jahren noch nur gewisse (- «-iu ra Isuiumeu veröffentlicht
wurden, z. \>. die Ausgaben jedes Miaiöttiiiims in einer rundt^n
Summe. Bis l880 veränderte öich die Anordnung des Budgets
noch von Jahr zu Jahr, bUeb nher dann bis 1885 in den Haupl-
zUeen nnverftndert. Eäne Scheidang in ordentliche und anMv
ordentliche Ausgaben erschien zuerst im Budget für 187Ü/80.
Vom nächsten J'»udget an sind dann regelmftfsig die Einnahmen
in drei Teile geteilt: Steuern (einschlielslicb Fostj, Betriebsein-
nahmen und Verschiedenes (namentlicli vom Staatseigentum).
Die ordentlichen Ausgaben erscheinen in 11 bis It) Teilen:
Tilgung der Staatsschuld, Verzinsuufi, Kaiserliches Haus, Pensionen.
Staatsverwaltung, Hezirksverwaltung, Polizei, Wege- und ^^ asser-
bauten, Zuchthäuser (seit 1881 82) u. s. w. Wie wenig ins
einzelne die Etats gingen, entnehme man daraus, dals z. B.
1880/81 die ordenthche Einnahme in 82, die aufierordentiiche
in 5 einzelne Posten zerfiel, die ordentliche Ausgabe in 36, die
auPserordentlichc in 18 Posten.
Gleichzeitig aber ging man dazu über, als Beilage zum Etat
Tabellen zu veröffentlichen, in weh-hen diese Einzelposten wieder
in Unterabteilungen zerlf^^t wareri Diese detaillierten ßudgeti
sind dann im Laufe der Zeit immer vollständiger geworden.
War die l' orm von 188U bis Ibb.j in der Hauptsache un-
verÄndert', so sind die Budget«? seit 181^0 wieder vollständig
umgeordnet und zwar jedes Jahr anders. Auf drei Jahre ver-
schwand die Schddunff zwischen ordentlichen und «uiserordeDt-
liehen Einnahmen und Aitagabeo, wurde aber 1889/90 wieder-
hergestellt Die Einnahmen wurden in zwei Titel (Kwan), nttmUch
Steuern und sonstige Einnahmen (einschliefslich Qebühren), geIeÜL
1889 aber in vier Titel, Steuern, Gebühren, Staatsbesitz und
-betriebe, Verschiedenes Die Ausgaben zerfielen in vier Haupt-
teile: 1. StÄiAtösehuid und i*<'nsionen, L*. Kaiserliches H^ins und
Shintokultus, 3. Staatsverwaltung, 4. Vei seliii (icm .s. .le die beiden
ersten und die beiden letzten Teile wurden v( j « iaigt, l5l>0
dagegen das Kaiserliche Haus ganz für sich gestellt, im Übrigen
aber soyiel Teile gemacht, wie Gentraibehörden sind. Der kurz
nach dem Budget vevOflfontiichte Specialetet, ein Heft in Orols-
quart, das 1889 den Umßing von 224 Säten erreidile, giebl den
Etat nach Kwan, Ro, Moku und Setsu (siehe oben), 189U (170
Seiten) nur mehr nach den drei erstgenannten Katsg<»ieen, eine
Vorbereitung ilir die parlamentoiische Behandlung.
^ Die gleiche Einteilung ist nachher iii der Uaaptsache fUr die
Abrechnaagen Mit 1076/76 auge wendet wordui.
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503
Das unruhig Springeiitle der modernen japaniödien Ver-
waltune:, ^l^i Mangel an ruhig überlegender Voraussicht, an
Konsetjuenz, welchen die kurz gezeichnete Darstellung der Ver-
waltUDgsorganiaalion und des Etatswesens uns zeigte iiefse sich
leicht noch achtfifer illustrieren, wenn wir nttber eii^ehen wollten
auf den ewigen Wechsel der Nomenklatur, auf &» Hin- und
Herachieben der einaselnen Ausgabeposten, welche die Versweiflung
dessen sind, der V€o:|(leiche & eine Beibe yon Jahren anstdlen
will. Der Leser wird uns Dank Wimen, wenn wir weitere
Kiozelheiten für uns behalten.
Die Aufsicht über die Ausführung; des Budgets
und die Einhakung der Voranschhige hig ursprünglich aUein in
dpn Händen des Finanzministers bozw der Abteilung tur
liechnungöwesen im Ministenum, Dieser lur den Minister höclist
bei^ueme Zustand vviu-de erst geändert, als im Frühjahr 1880
durch Neuorganisation der Oentralverwaltung die Ministerien
Überhaupt einer echftrferen Kontrolle unterworien wurden. Die
bisherige Rechnungsabteilong wurde aufgehoben und dureh Nr. 18
vom 5. März 188U und Nr. 35 vom 28. April 1881 ein Rech-
nungshof, Kwaikei-kenza- in, ins Leben gerufen, welcher
dem Daijokwan bezw. Kabinett unterstellt war. Erst 1880
(Gesetz 1 r. vom f). "NTai) hat der Rechnungshof eine den preulsischen
Einriciitungen nachgebildete Unabhängigkeit erhalten.
Nacfi dem CTCsptz von 1881 sollte der Kechnnngshof nicht
nur die Abrechnungen der Finanzverwaltung prüten, sondern
auch die Etats und darüber dem Daijokwan berichten. Die
Etatä und Abrechnungen der Bezirke werden gleichfalls vom
Rechnungshof geprüft. Eine wichtige Befugnis war endlich die,
den Beh((rden Aufklärung zu geben, wenn sie Zweifel betreffend
die Auslegung der Ftnanzgeeetse hatten. Vorschlltge tiber ErUife
und Veränderung von Gesetzen u. s. w. konnte der BedmunigB-
hof dem Staatsrat unterbreiten. Die Unterordnung unter dieien
zeigte sich vor allem in der Vorschrift, dafs letzterer eine neue
Prtifimg auch solcher Angelegenheiten anordnen konnte, wesen
deren der Kechnungshot dem recimungslegenden Beamten schon
Decharge erteilt hatte.
Über die Ergebnisse jedes Finanzjahres erfolgt zunächst
eine vorläufige Abrechnung, dann eine endgültige Schlufsrechnung.
Bis Ende 1889 waren veröffentlicht die vorläufige Abrechnung
des am 31. März 1888 endenden Fman2Üahres und die end-
gültigen Schlu/firechnungen Imb mm 30. Juni 1885^. Sie er^ben
die Zahlen, welche unseren Untereuchungen zu Grunde hegen.
* En Jalir vorher war man erst bis zum Hl. MSrz l.^^G reßp.
IM), Juui löH^j gekommen. Im Jabre 181^0 Biud noch die ^hiursrecb-
Hungen für 188.5 86 und 1886/87 erschienen sowie die vorlliiifige Ab-
reohnnng für 1888'89.
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504
Dala anfänglich keine Abrechnungen verötlenüicht wurden,
war einer der Gründe für das MilsticUien, unter welchem die
Finanzen des Landes litten. Die eiäie veröffentlichte Rechnung
war di« des Jabm 1875/76, wetelie ander dem Datum des
7. Februar 1879 enefaien. Für die ersten Vin Jahre der neuen
OidnuDg bis zum 30. Juni 1875 enchien «ne gemeinsame Ab-
rechnimg am 27. Dezember 1871>. Am 30. August 1880 folgte
dann & Rechnung fUr 187(>/77. Seitdem sind die Rech-
nungen in unregelmälsigen Z\^*schenr}iumen einander gefolgt.
Zu beachten ist, dafs die Ausgaben zur Bekiimpfung des Errofsen
Aufstandes von Satsuma im Jahre 1S77 nicht in der allgeu]« him;
Recliiiuiig ersclieinen. Ein besonderer Bericht darüber vv>uj
25. Dezember 1879 ist um 13. Februar 1880 veröffentlicht. Zu
beachten ist femer, dais die bekannt gegebenen allgemeinen
Bechnungen sich auch nur auf die im Budget entbaUenen Posten
bestehen. Wir sahen aber au Anfang dieses Abschnittes, dafs
bisher durchaus nicht alle Einnahmen und Ausgaben des Staates
im Budget verzeichnet waren, über die meisten dort nicht er-
scheinenden Posten geben allerlei \^trwultungsbc richte und nach
diesen die Statistisclien Jahrbücher Auskunft , po über einen
grofsen Teil der Emnahmen und Ausgaben der verschiedenen
^Staatsbetriebe, freilich nicht immer vollständig, und über die
Ausgaben .4Uä dem Industrielonds von lö7b. Uber den ßsen-
bahnbautbnds teilen die Jahresberichte des Eisenbahnamtes nur
die sum Bahnbau T^rwendeten Summen mit Über die be-
sonders wichtigen Vorgänge beim Resenrefonds aber ist man
eanz auf die dürftigen Erläuterungen angewiesen, welche
der Finansminister jlmrlich seinem Berieht Uber das Budget
hinzutllgte.
Ein sehr ntilrendes Element für die (ienauigkeit der Etats
wie der Abrechnungen liegt ferner in den W;lhrunL''szustäinden.
teils durch das schwankende Wertverhältnis zwischen Gold und
Silber, teils dureh die bis Ende 1885 hen-yehende Entwertung
dcä Papierö. Ks scheint, als ob namentUch bis 188o ui deii
Budgets die Ausgaben von Ooldyen, Silbeiyen, Papier^ en, ebenso
die Einnahmen In Silber und Papier, alle gleichmä£ng ab Yen
eingesetat würen ohne Rücksicht auf ihren verschiedenen Wert
"VA'ie es damit bei den Abrechnungen gehalten wurde, ist gmi.
unklar. Die Silbereinnahme aus den Zöllen ist jedenfalls nicht
in Papierwerte unigercchnet Sie ist wolil Ijenutzt, um die Silber-
ausgaben zu begl» icho]], vvi«' nohalt Iremdcr Angestellter, Be-
zahlung von Ankäuten bei (ien fremden Kaufleuten, lümessen
für im Auslände zu machende Zahlungen (Ankäufe, Dienst der
London» i Anleihen, l^darf der Gesandtschaften, Studenten u.s.w. k
Bei den Operationen des Reservefonds zur Beschämung von Edel-
metall dttme auch manches ausgeglichen sein. Die Abrechnungen
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X4.
505
des ftlr den Dienst der Staatsschuld (auswärtige Anleihen, Kin-
satsuscheine) nOtigeD Bedarft an EÜdeLmetaU rind yoUsUiiidig
unklar ^
II. Die Fonds.
Unter den TerscbiedeiieD staatlichen Fonds ist an erster
Stelle der oft erwtthnte Reservefonds! Yobikin) zu nennen . Sdn
Ursprung ist in den llberschüsaen der Einnahmen iibrr die Aus-
gaben in den ersten acht Jahren der P^'inanz Verwaltung der
neuen Ära zu suchen, Uborschüsse, weiche freilich ihren Ursprung
darin hatten, dals in den ersten Jahren mehr Papiergeld ausgegeben
war, alä die Deckung der Ausgaben erforderte. Bei der 1875
stattge^denen Neuordnung des FmanaweseDs fand auch dieser
FoncM Beine Begelnng* £8 wurden ihm alle aus den Abfeeh-
nungen der ersten 7 '/s Jahre sidi noch ergebenden Übavchtae
und Reste überwi^en, sowie die Überschtlsse, die sich in Zukunft
in jeder Finansperiode ergeben wttrdeD, auch sonstige zufällige
Einnahmen, sowie der Ge^Nnnn aus den nutzbringend angelegten
Gleldem de'* Reservefonds ( Staats papiere, Aktien).
Der i^'onds war bestimmt, der Finanz Verwaltung zu solchen
Zwecken zu dienen, welche bei vorgeschrittener Ent\vi( k( luiit^
d^ Kreditwesens durch Banken, durch Ausgabe von bchatz-
scheinen u. s. w. besorgt werden. Dahin gehören namentlich
die Mafaregeib im Zusammenhange mit der Staatsschuld. Hit
den Mitt^ des Resenrefonds wurde Terhtttet^ dais die Kurse
der Staatspapiere, deren Umlauf etwas ftlr Japan gana Neues
* Z. B. war
die Verminderutig des Nominalbetraga die dafür gemachte
der auswärtigeu Schuld Ausgabe
1880/Ö1 m 360 Yen 1 258 929 Yen
1881/82 864248 - 952471 -
1882/83 403 600 - 452 571 -
Wie diese Zahlen bei dem damallp'eii Verhiiltuia von Papier, Silber
und Gold herauskommen, lät unverstäudhch. — Seit ItoÖ weisen die
▼eröffentfiehten Abreelmungen die Aosgaben für innere nnd ttnfaere Sehtdd
nicht mehr getrennt nach. In den Specialetats ist da^^e^^en nunmehr der
SilberentwertiinL'- Rpclmnnfr Lrotragen, ob|*lcich nicht klar ist nach welchen
Grundsätzen. Eb war nauiUch für die Verzinsung der auswärtigen Schuld
der Nominal- J>»ir Siclitkiira Danach der Dagegen der
bedarf Huf London Bedarf iu Budgetanaats
Goldyen Anikag Min Silbetyen rund x en
1887/88 526542 B ah. 2*/4 d. 629 600 665 232
1HSS 'R9 489 616 8 »h. IV'2 d. 642 100 7:U)01.')
1889/90 450126 8 sb. Vs d. 606500 568 040
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&06
war, übermälsig gedrückt wurden. Mittels des Reservefonds
suchte man den rreissturz des Tapiergfldes autzuhalten. Auf
Kosten des Keservetouds erfolgten die verschiedenen Operationen,
um MetaUreserven anzusammeln. Der Reservefondis gab die
Mittel her zu Beteiligungen des Staates an Begründung yon
mancherltt wirtschaftlichen Unternehmungen, wie vor allem der
ShoUn Ginko, der Nihon Ginko, der Kyodo Unyu Kwaisha
(später Kihon Yusen Kwaisha), Als die Barzahlungen am
1. Januar 188(5 autgenommen wurden, diente der Reservetbnds
als Einlösungstbnds t\ir Papier gegen Silber, und in dieser Auf-
gabe ist er schliefslich vollständig aufgegangen, üurch Gesetz
J4 vom 27. Mhfz WM) ist vom 1. April 1890 an ein mit 10
Millionen Yen dotierter Papiergeldeinlösungsfonds geschaffen,
dessen Rechnungen von denen der jährlichen Ausgaben und
Ehmahmen getrennt lu fthren sind. Die von der Nuon Giako
dem Staate vom November 1890 an geliehenen 22 Millioneo Ten
sind diesem Fonds zugefiüurt (S. 209 und 492).
Über die Einnahmen und Ausgaben des Beaervefonds sind
gemme Abrechnungen nicht yeröfientlicht worden. Man ist an-
gewiesen auf die allgemeinen in den jährlichen Erläutenmgen
zum Budget enthaltenen Bemerkungen, welche zuerst 1883 er-
schienen und in den letzten Jahren etwas ausführlicher geworden
sind. Es liegt auf der Hand, wie sehr die allgemeinen Abrech-
nungen an Wert verlieren durch den Umstand, dafs daneben
gro& Ein- und Anegänge stattfiuiden, Uber weldie mchts bekamt
war. Durch den Keaervefends fieft sich jedes mibeqneroe Vor-
kommnis verschleiem, wovon die heimliche Pafnerausgabe von
mehr als 20 Millionen Yen das drastischte Beispiel ist. Genan
veröffentlicht wurden nur die Zahlen Uber die Hohe des Reserve-
fonds, gleichzeitig mit den Ausweisen tiber den Bestand der
Staatsschuld. Danach war seine rechnungsmäisige Höhe
am 1. Juli
1875»
24416257 Ten
- 1. -
1876
28541417 -
- 1. -
1877
89031538 -
. 1. -
1878
51 266 981 -
- 1. -
1879
52287317 -
- 1. -
1880
51325515 -
1. -
1881
55 793499 -
. 1. -
1882
55 286 856 -
- 1. .
1883
53412011 •
- 1. -
1884
46986198 -
- 1. .
1885
46575297 -
• 1. April
1886
43865408 •
* Aus »IcT Zeit vorher liepon in den Budjirets zwei Angaben vor^
welche mit deu bpäteren nicht zufiaminenpHSfieu, nämhch für den 1. Janaar
1874: 27368000 Yen, für den 1. Januar 1875: 40310000 Yen.
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X 4.
507
am 1. April 1887 35879752 Yen
- 1. - 1888 22 485 796 -
- 31. Januar 1889 15158993 -
• •
Die rechnungsmälBigen UberschüsBe für die eiDzefanen Finanz-
Perioden ergaben
fär die 7'/« Jahre bis zum 30. Juni 1875 46904171 Ten
▼om 1, JüK 1875 bis 80. Juni 1882 7 0n:;s^7 -
zusammoi 54 857 998 Yen
Das sinfl nur 430 000 Yen weniger als obij: er Stand vom I.Juli
18b2, doch waren damals noch nicht alle früheren Überschüsse
rechnungsmärsig zugeschrieben (ca. 350001» Yen). Die nicht
aus jaiirlichen Überschüssen stammenden Eiiinahmen hatten also
bis dahin nur gegen 800 000 Yen mehr gebracht, als die Ver-
luste und AuMEMU des Resenrefonde betrugen- Über die vom
1. JuH 1882 bis 81. Januar 1889 stattgeftmdene starke Ver-
minderung des Beservefonds geben die Erläuterungen zu den
Budgets folgende angeflftbre Uaten^ In den Beserrefonds sind
eingegangen gegen 38 Millionen Yen, ausgegangen sind gut 78
Millionen. Von den Eingfinfrrn stimmen etwa 35"Of)(i Yen aus
Überschüssen trüherfr l'inanzperiüden. Seit issd werden die
Überschüsse unter den allj^emeinen Staatseinnahmen verrechnet.
Mehr als 28 Millionen sind Überweisungen aus laufenden Staats-
einnalimen, davon etwa 1^2 Million ^ aulserordenthche mili-
täriadie Auigaben (Otmbilm ire^ der Rest zur Papiergeldtilgung
(früher Genshiktni ire genannt). Die übrigen Eingänge ver-
teilten sich auf Rückzahlungen» Zinsen und Gewinn von Effekten
(der sehr erheblich gewesen sein niu6), Gewinn der Deposüen-
kasse. Gewinn an l£lelmetall - u. s. w.
Von den Aus*j;aben kommen allein 43800 0<IU Yen auf Ein-
lösung von Tapiergeid und mindestens lO.r, Milli'>nen auf die
Operationen zur Beschafinng der Metallreserve. Zur Kückzahlung
anderer Süuitsöchuideii wurden 5 Millionen verwendet (ein Drittel
der bei der 15. Nationalbank gemachten Anleihe von 1877
wurde 1883 zurUdcgezahlt). Für aulserordentliche militärische
Au«gaben wurden rund 1»» Millionen aus dem Reserve-
fonds wieder ausgezahlt (siehe oben), ll,t Millionen sind für
den Staatshaushah verwendet, nämlich 3 995 256 Yen zur
Deckung des Deficite von 1883/84 und 7 500000 zur Aus-
1 Ganz genau stiminen die Angaben weder untereinander noch mit
d«B ans den Almchnungen ermittel&f«!! Posten.
* Bei dem bis ]><y<\\ amlauenidpn Sinken des Silberwerti^s auf ficm
Weltmärkte sind an den ursprünglich in London angedammelten , 15^8
und IböU der Nibon Giiiko verkauften Goldmen^en erhebliche Gewinne
ffsmachti angeblich gegen 7 Millionen Yen, was aber mit den ▼eröffient'
Bditen Ürlttuterungen über den Heservefonda nicht stimmt.
j
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508
X 4.
gleit hung im Finanzjahr 1888/89 ^ Eine besondere VermindeniDg
um 0100000 Yen trat ein durch tJbervveisunir der Aktien der
iShokin Ginko, Nihon Ginko und Nilioo Yuaen Kwaiäha ans
dem Venuögen des Staates in das der Krone.
Mit dem 1. Apdl 1890 hat der bbherige Reservefonds formell
sdn E&de eireidii
Neben dem Reservefonds steht, nicht sowohl ab ein Fonds,
sondern als ein Aktivum des Staats, der Posten „Vorschüsse
des Staats". Darin sind enthalten sowohl das Kapital fUr
gewerbliche Unternehmungen des Staates (jedoch ohne Eisen-
bahnen) als Darlehen, Restkaufsuni men n. dergl., welche Private
der Staatskasse schulden. Die von lbs;i bis 1889 veröffentlichten
(Uutti^en Erläuterungen des liisumcles an solchen Aktiven sind
ungenügend, irgend ein deutliches BUd zu geben. Schon in
aadarem Zusammenhange ist anf das SabventioiuemiigsweBeii ab
einen der wunden Ptmkte der japanbehen Verwaltnng hinge-
wiesen. Es bt da manches vor^^ekommen, was das Licht nicht
sondeiüch verträgt. Nur das geht aus den Erläuterungen deutlich
hervor, namentlich wenn man sie mit den fönnahmeposten „Rück-
zahlungen** vei^leicht rlaf'a ein sehr ^rrolser Tf\\ solcher Vor-
schüsse nicht tliirch Zahiuni:, sondern dim ii Erial's oder Un-
möglichkeit, Zahlung zu erlialteii, getilgt ist. Seit lb8!? ist das
Betriebskapital der Süiatsuntemelimungen getrennt nachgewiesen.
Wie dieses Kapital berechnet ist, ob und in welcher ^^ eise Ab-
schreibungen vorgenommen werden u. s. w., bt mir onbekannt
Die Summe der Vorschüsse ist wie folgt angegeben:
am 1. Juli
1875
12546342 Yen
- 1. -
1876
13467659 -
- 1. -
1877
8063584 -
- 1, -
1878
8102598 -
- 1. -
1879
7418321 .
• 1. -
1880
7306811 -
• 1. -
1881
6 901879 -
- 1. -
1S82
13528 316 . a
- 1. -
1883
19927 975 -
- 1. -
1884
22730622 -
* Bei Verlei^unf? des Schlusses des Finanzjahres auf den 81. Mftn
(seit 188C) war aer letzte fJruiKlstonertermin . ein Viort« I 1 r Relslajid-
steuer, obgleich er^t im Aprü tälli^, weiter zu den Eiuiiabmeu dm am
vorhergehenden :U. März schliefscnaen flnani^ahres gerechnet, wa« auf
die Dauer unbequem war. Daher sind für ixx^'^O au8 dem Reservefonds
7 500 000 Yen eiitimmmen Der Icf/.tc Gruinl.iteuertennin gebort f.irt;m
zu den Einnahmen des Finanzjahres, in welchem er eingeht, wird sdso
tbatfltfcMicli der erste.
' Di«' |)lüt/tich(' starke Zunahme fiült /.u:^aniinen mit dem Wechsel
der Fiuanzleitun^ , also vielleii ht anderen Grundsät/en der Berechnmi-;,
sowie mit dem \ erkauf zahlreiclier iStaatsbetriebe , deren Preis meiöt in
kleineo, auf eine lange Beihe Ton Jahren verteilten Raten wa entriohten war.
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509
am 1. JuU 1885 16984951 Yen
- 1. April 1886 18316824 -
- 1. - 1887 18173234 -
staatUebe Betrieb»-
anr an Private kajntelieni
am 1. April 1888 10676767 Yen 6094713 Yen
. 31. Januar 1889 9 638015 - 6583905 •
Der Industrie fonds (Kogyo-kin). Um auiserordentliche
Mittel au wirtBchaftiicben Unteraehmungen zu ^^cwinnen, war
im Jalure 1878 eine sechaproaentige Anldhe (Eogyo kosai) yon
nominell 12,5 Millionen zum Koiae von 80 «ir 5feit&cfaen
Zeichnung aufgelegt» Der Erlös von 10 Millionen sollte als ge-
sonderter Fonds verwaltet werden. Die Gelder, Uber welche be-
sondere Abrechnungen veröffentlicht sind wurden hauptsächlich
für Eisenbahn- und Wasserbauten sowie Bergwerke verwendet.
Am 1. Juli 1882 waren noeli 414 282 Yen unverwendet in der
Staatskasse. Der letzte Rest vnn 38263 Yen ist unter die Ein-
nahmen des Jahres 1887 88 gcäctzt, womit der Fonds sein Ende
gefunden hat.
Der Eiaenbahnbaufonds von 1884. Die durch die
Nakaeendobahnanleihe von 1884—1885 aufgebrachten 18229650
Ten und die damit bestrittenen Ausgaben für Eisenbahnbau dnd
gleichfalls von den allgemeinen £)innahmen und Ausgaben ge-
sondert gehfdten. Die müfsig liegenden Gelder leisteten einst-
weilen für die Papiergeld ein ziehung Dienste^. Der Fonds ist
verstärkt durch die Anfang 1880 erfolgte Aufbringung von
2007 074 Yen mittels einer neuen tVmfprozentigen Anleihe. Bis
zum 31. März 1889 waren .^seit Au i legung der Nakasendcanleihe**
der Eisenbahnverwaltung 19288850 Yen überwiesen (Bericht des
Eüsenbahnbureaua). Da auch dieser besondere Fonds aufhOr^
sind durch Kacfatrag aum Budeet für 1890/91 604905 Yen als
aulaerordentlfche Einnahme in den Etat eingestellt
1 Nach den ErlSutenin^en zum Budget. — Für Eäsenbahnbaa waren
ausgegeben (Berichte des Eisenbahn burraiiH) Ins zum 31. März iss^;
2(i2»4 8.52 Yen. bis zum M. Marz \m) :::!:iyi 027 Yen. Die Anla^^e-
k Osten der am Marz ia>^6 im Betrieb befindlichen Eisenbahnen waren
17606440 Yon. Im Stat Jahrbach IX ^2 wird al8 Kapital aller staat-
Ifchen Betriebaverwaltnngen aogegeben:
am 1. April Issf) 39 750 4^0 Yeo,
- 1. April l^'.MJ :{!) 671.' ••:•«> -
« Letzte Überwehten im Stat Jahrb. Btl. V Tab. 372 und lid. VI
Tah. 381.
» „Geliehen** 1-^84 8:» 2000OOO Yeo
188.) 8t» :{ 0Ü6 20.'> -
188Ö.87 4 000 000 -
Die mit dieser BeseiehmiDg in den Abrechniingen als aafserordent-
liche EiiinHhme erscbdnenden Posten entstammen meines Wissens dem
£i0enbahnfoa(l0 nnd sind bis iÜ&Q zurückgesahlt.
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510
Unter dem Namen „Specialfonds'' wird der 7011 den
Vereiiiifirten Staaten 1883 zurückgezahlte Anteil dieses Landes
andar&monoseki-Entsdilldigung, 785 000 Dollars Gold, beeoaders
verwaltet. In Staatspapieren nnp:e!egt^ und regelmäfsifr um die
Zinsen vermehrt, war der Fonds bis zum 81. Januar !^^'» auf
1451495 Ven angewachsen. Er .soll l\ir die grolsen liateubauten
in Yokohama verwendet wnden. Im Etat fiir 1890 91 sind
bereits 700 OUO Yen hiertiir als durchlaufender Posten eingestellt.
Über den 11 Ulfsfonds wird in anderem Zusammenliang
eingehender gesprochen (vd. den fünften Abschnitt des nächsten
Kapitels). Der Centnilhtlmfonds betrug am 31. Januar 1889
3820517 Yen, welche in der Depositenkasse hinterlegt warten.
Dort befinden sich auch die früher gesondert verwalteten Fonds
der Postsparkasse. Für Zwecke der Forstvcrwaltung 1)e8teht
ein aus Forsteinnahmen angesammelter Forstfonds. Der Fonds
zur Einlös unc;' der N a t i 0 n a 1 ban k no te n (S. 184\ der
von der Nihon binko verwaltet wird, sei hier der Vollständigkeit
halber erwähnt, sowie die in Staatapjipieren hinterlegten Öicher-
heiten der Nationalbau ken und der Börsen vereine.
Endlich ist der durch freiwillige Beiträge zusammengebfacfate
KttstenTorteidigungsfonds su nennen (vgl. unten am
Ende des siebenten Kapitels).
Die Depositenkasse (wörtl. Depositenbureatt Yokin
Kyokui ist durch Gesetas IB vom 30. Mai 1885 errichtet zu dem
Zwecke, die beim Finanzministerium hinterlegten Gelder zu ver-
waltnn. namentlieh die Fonds der PosfapHrkasse, Fonds der v< r-
sehiedfucn Behörd<'n, gemeines Eigentum von Tempel- und an-
deren religiösen (jenieinden und von Erwerbsgesellschaften, endlich
( i eider, welche Private zu hinterlegen wünschen. Die Depositeo-
scheine sind nicht Ubertragbar oder verpfändbar. Alle Einzel-
heiten werden vom Unanzminister geregelt, wobei hauptsttchlich
die Ministerialverordnung 88 vom 6. Juni 1885 in Betracht
kommt. Danach kann bares Geld nur auf feste Zeit hinterlegt
werden, andere Depositen (Staatspapiere, Aktien der Nihon Ginko)
entweder auf feste Zeit oder jederzeit rückzahlbar. Die veröffent-
lichten Verordnun^f^n sn^'» n nur wenig Ober die Art der Ver-
waltung. Thatsiiehlieh sind die binterh^^rten Oolder teil?* in
Staatspapieren an^^elegt, teils dienen sie zum Ankauf von Scliatz-
ßcheinen, weleiie iiauptsMehlich bei dt-r Dt-positenkasse unter-
gebracht zu werden scheinen. Die zu gewährende \ erzinsung
setzt jeweiUg der FSnAnsminister fest, sie ist auch nach Art der
Depositen verschieden und hat in den letzten Jahren zwischen
vier und fhnf Prozent sich bew^. Einnahmen und Ausgaben
der Depositenkasse werden ungefähr im Gleichgewicht gehalten.
Bisher erfolgte die Abrechnung zu Gunsten und Lasten des Re-
servetbnds. Im Budget für 1890/91 ist zum ersten Male (im
1 VgL die Eriäuterungea zum Budget für
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X 4. 511
Kachtrag) ein duidilaufender Posten von 1 1082<>8 Yen ab
£uiDahme und Aiu^be der Depositenkaase aogeBetet. Dnrdi
die Vonchrifty dafa alle bei Behörden angesammelten Fonds
der Depositenkaase zu Ubergehen seien, ist der frühere Mifsstand
beseitigt; dals Uber solche Ansammlttogeo kerne genttgende Kon-
trolle bestand.
t'^bcr fUe Bpflr'uturi<i; di r Knsse und die Art ihror Bermtzung
giebt am bpstPii Aufsehluls ein Auszufi- aus der jährlirli im Sta-
tistisdien .Lihrbucli erscheinenden Tabelle (z. B. Bd. Vlii Tab.
119 und Bd. IX Tab. 197).
Depositen in der Depositenkasse am Ende
jedes Jahres.
Hinterleger
1886
ixw?
1888
Postsparkaaee . .
Hülfstbnds . . .
Verschiedene Be>
hörden ....
GewUichsftea . .
Yen
8:^9 527
1970 000
688 267
2388
320132
259274
Yen
2866204
1 636 420
7827
3515490
1478221
Yen
17 05X76«
U 24.5 072
2 027 96.5
8 162
2023653
964351
Yen
18 815 107
3 762 126
2 418 122
4481
431182
676201
Y'en
19 .547 120
4188 847
2 100 720
5684
1566292
609127
susammen
|11559öbö|23ö0ö235
|2d327 971
|2Ü 1U7 219|28017 790
Ein- und Auszahlungen bei der Depositenkasse
in den Jahren 1887 und 1888.
Hinterleger
Ein-
gezaUlt
1887
Aus-
gezahlt
1887
PLin-
gCiialilt
1888
Auö-
gezahlt
1888
Yen
Yen
Yen
Yen
Postsparkaate
10 7 Ml si>f)
1 1 sim s4:{
10 mm
Ilülfefonds
.5 Tn'i IS"
.'):;s5;U'J
G 429 SU
Verschiedene H*>b''»rdeu .
2 ü:^6 727
1 (;4.5 ivj
lGi^:WO
Keligionsgemeiüatiii . . .
1 ;w.5
1 0(U)
2+^0
6 IGl
Gesellscli&fteu
■t lU'J .VJU
5 001 ;i2G
4«2 822
2 075 293
Private
1 487 174
2001044
810 179
1096829
2tlMUJUIlSD
27266493
25744757
21830529
21051281
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512
Drittes Kapitel.
Die tirandsteuer.
Vorbemerkunf?. Die Darstellung der Grundsteuer und ihrer
Reform beruht auf fofgendeo amtlichen QueUeo: den Geaetzeu und In-
Btraktionen, dem Berieht des Pinaanpinirtere w<m Februar 1882 äber
»He Steuerrefnnn f-1", gegen 200 Seiten), c^n Bericliten ührr dir Ihirrh.-
führung der Reform in den Bezirken (4**. drei Bändel und der amtliclien
Statistik, t'ber die GrunUbteuerreforui erschienen zwei bemerkenswerte
Aufsätze im Keizai Zasshi (Volkewirtaehaftliche Zeitachrift), 1883« Nr. 51
l»ls -Vi, und im Hochi Shimbun, fi \ovpnihcr 1^^:>, letzterer anöchei-
nend von Okuma inspiriert Aus diesen Autsalzen und älteren Berichten
Aber die Grandeteoer smr Zeit der Tokogawa hat Anfang 1884 mein
damaliger Schüler T. J. Nakagawa, jetzt Konsul in Singapore, unter
meiner Leitung eino Arbeit angefertigt, wek-Vi«« <lem Anfang der folgen-
den Darstellung zu (j runde gelegt ist. In Gubbjns Report on Taxa-
tion sind eine Anzahl der wichtigsten Gesetze in Übersetzung mitgeteilt»
nllerrlinL's nicht frei von Irrtümern. Dio wichtige grohe Tnstniktiou an
die Bezirksbehörden über die Außführung der Reform fehlt in seinem
Berichte. Anhangsweise ist ebendaselbst der erwähnte Aufsatz aus dem
Hochi Shimbun in abgekürzter Übersetzung mitgeteilt Was sonst über
die nnindsteuerreforra in europäischen Sprachen veröffentlicht wurde, ist
weni£ zuverlässig. Über den Hülfafondis findet Mch eine längte Ab-
handlong bei P. May et. Landwirtschaftliche Verriehenmg n. s. w.,
Tokyo ISsv, S. 28Ö-420, mit 19 Tabellen, auf Grund der Geschäfts-
berichte für IKS'l — IMHfj zusammengestellt, jedoch ohne Berücksichtigung
der Ei^ebuisse in den einzelnen Bezirken. Ich habe auch hier die in
den Statistischen Jahrbfiehem mitgeteilten Tabellen bentttzt
♦
I« Die Grundsteuer vor der Reform.
Die Onmdsteuer geht in Japan bis auf die tüteeten Zeiten
zurück, aus welchen wir authentische Angaben besitzen, d. h.
auf die Zeit des Eindringens koreanisch-chinesischer Kultur. Ob
schon vorher eine Grundsteuer bestanden hat, mag dahingestellt
Tdoiben Die ersten genauen Nachrichten beziehen sich auf die
l^^iiiriciitunfz: des Steuersystems nach chinesischem Muster durch
den Kaiser Kotuku im 2. .lalin- Taikwa, 640 nach Clfristi Geburt,
woran in den niichöteu t»<> Jahren mehrfach Andcruiigen vor-
eenomtueu wurden. Nach diesem alten System lagen damals
den Unterthanen dreierlei Leistungen eb, nämüoh Grund-
steuer (So), ein Zwanzigstel des Ertrages der Felder , Ge-
werbesteuer (Oho, Tefu), ein Zehntel von sonstigen
Produkten, wie Zeug etc., endlich Frondienste (Vo), welche
aber durch andere Naturalleistungen abgel^t werden konnten.
Der Frondienst luit sich, wenn auch unter sehr veriindiTten
Formen, bis zum I'nHe der Tokugawazeit erhalten. I>agegen
ist die Cho genannte ^>teuer allmählich in Verfall geraten und
verscbwundeD.
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X A.
513
War die rirundsteuer im Altertum sehr müfsig, nur fllnf
Prozent des Ertrages, so ist es aut^jilÜir. dafs wir nach Ent-
stehung des Feudulwesens unter diesem xsamen .Abgabin von
ganz anderer Höhe Huden. LJals der liauer die Hälfte bis zwei
Drittel des Kohertrages an den Grundherrn entrichten mufstts
war nichts Ungewöhnlichett. Für diese spätere Zeit ist die
Anekdote beseidinend, dafs zur Zeit der Vennche der Wieder-
herstellung der kaiserlichen Gewalt dnrch Go-Daigo (14. Jahr-
hundert der treue Anhänger dieses Kaisers Kusunoki Masashige
zahlreiche Bauern zur Ansiedelung in seiner Provinz Rawacni
dadurch veranlaist habe, dais er nur ein Fünftel des Rohertrages
als GnmdsttMH'r (tIioI). Bisher scheint die Era^^e überhaii|>t noch
nicht uifp:ewürteii zu sein, ob denn diese spitere hohe Grund-
steuer wirklich aus der alten niedrigen hervorgegangen ist. Ver-
gegenwärtigt man sich, was im ersten Kapitel dieser Arbeit über
die Entstehung des Lehnsstaates gesagt ist, so erscheint das
höchst unwahrscheinliclk. Fast aller Grondbe^ war in Shoyen,
d. h. immune Gnindherrscbaften, umgewandelt^ steuerte also der
unter und man nannte nun den Zins, den die Hintersassen ihren
Ghrundherren entrichten mufsten, Grundsteuer. So scheint mir
der grofse Gegensatz sich am einfachsten zu erklären.
Wie dem auch sein ma^' , jedenfalls hatten un Laufe des
Mittelalters die Abgaben der Hauern eine irrofse Höhe erreicht,
die aber ebenso wie die Art der Erhebung in den einzelnen
Landcjsherr Schäften grofse Verschieden lieiteu aufwies.
Als im letzten Drittel des IG. Jahriiunderts Toyotomi
Hideyoshi wieder Ordnung im Reiche hergestellt hatte» fafste er
im Zusammenhange mit seinen sonstigen centFalistisehen Be-
strebungen auch die Regelung der Grundsteuer ins Auge, als
deren Anleitung in der reriode Tensho (1573—1591) eine all-
gemeine Vermessung angeordnet und in dieser und der
nächsten Periode l^imroku (1592 — 1595) durchgeführt wurde,
wenn auch anselieinend in unvollkommener Weise. Auf der
Veiiiiessung von liiinrokii beruht die spätere Kokudaka, der in
Koku lieis berechnete steuer])are Ertrag dei- Landwirtschaft iu
jeder Provinz resp. Landctiherrsciiait, wonach die Bedeutung der
Landesherren, iore militärischen Lmstungen u. s. w, sich
richteten.
Die Tokugawa Schemen sich mit der Regelung der Gmnd-
steuerverhältnisse in den Landesherrschaften nicht abgegeben zu
haben (aufser den allgemeinen Ermahnungen, gut zu regieren
und die üntcrthanen, insbesondere die Hauern, nicht zu drücken).
In ihren eigenen ausgedehnten Besitz iingen war die Grundsteuer
naturgemäls ein Hauptgegenstand der Verwaltung. Die ersten
genaueren Nachrichten stammen aus der Zeit des 1. Shoguns,
P( riüdc Eupo (IGT;» - 1680) , in welcher der auch soii.-ii iu Ver-
bindung mit Verwaltungsrelormea genannte Minister Inaba Mosa-
Fonehuugeii (4'>j X 4. — B«thf(ftti. 88
Central
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514
nori Mino no Karai eine neue Vermessung in nielireren Pro-
vinzen in Angriff nahm. Diese zog sich duixih eine Reihe von
Jahren hin und wird ^^ewöhnlich nach der Periode Genroku
(IßSS — 1703) benannt. Auch heilst sie die alte Vennessung
(Koken), im Gegensatz zur neuen Vermessung (Shinken),
durch welche in der Periode Kyoho (1716—1735) die rongd
ergänst und TenroUstandigt wurde. Spätere lükemetne Ver-
messungen haben nicht stattgefimden und auch & genannteOi
wie wohl zu beachten, nur in den Tokugawabesitzungen. Diese
ftliheren Vermessungen sind auch fiir die Neuzeit wichtig, da
bei der Orundsteuerreform von 1873 — 1881 im wesoitiichen die
alte U'echnik beibehalten ist.
Der Zustand der Gru ndsteuer. wie das neue R^ime
sie vom alten ererbte, war un^eDlhr folgender,
Zumichst ist zu unterscheiden zwischen den verschiedenen
Landklassen, je nachdem der Boden dem Kaiser (Gorv^o). dem
HakutU (Korv'O), oder den Landesfiirsten uShiryo) steuerpHiehtig
war oder den öhinto- fSharyo) od* i ijuddha-Tempeln (Jiryo gehörte.
Das erstgenannte wurde von den Shogunatsbehörden ver-
waltet, im wesentlichen nach den Grundsätzen wie die eigenen
Besitzungen.
THß Tempelgüter, welche ursprünglich nicht ak solche Steuer-
frei waren, sind in den Zeiten des Shogunats allmählich gana
steuerfrei geworden. Bei den übrigen Ländereien hatte sich mit
der Zeit eine bunte Mannigfaltigkeit entwickelt, Wohl in jeder
Landesherrscliaft lagen die Verhältnisse etwas anders. Gleicb-
mäfsigkeit in gröfseren Gebieten zeigten nur die Besitzungen der
Tokugawa, welche im Folgenden haupt^cblich berücksichtigt
werden.
Zunächst war dureliaus niciit gleichmalsig, was besteuert
wurde. Im wesentlichen war die Steuer eine Abgabe vom
Ernteertrag und ruhte in der Hauptsache nur auf dem Acker-
lande. Dieses war mit Ausnahme der TempelgUter ttberall h^
steuert. Nur für gewisse der Untcrhaltimg der ].*oststationen
dienende Ländereien bestand seit alter Zeit JSteuerfireiheit. Hier
und da kam Steuerfreiheit auch bei Grundbesitz vor, welcher
w^fen besonderer persönlicher Verdienste verliehen war.
Bauland, d. h. die Orimdstücke , auf welchen Häuser mit
der Hofstätte sich befanden, w;ir steuerptiichtig. Doch war es
mit der Zeit in den gröfseren und wichtigeren Stidten meist
steuerfrei geworden, anseheinend aus };olitisehen Gründen, so in
Kyoto', Yedo, Osaka, Nara, Fushimi und anderen.
' Kyoto gilt für die erste Stielt, welcbe Steuerfreiheit erhielt. 8ie
wurde ihr verliehen v<m Akechi Mitsuhide, der nach schnöder Er-
mordung seines Lehnsherrn Nobunaga (S. 20) dadurch die Gunst der
Hauptetadt erschmeicheln wollte.
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Z 4. 515
Waid-, Bei^- ond Grasland u. dergL war der Regel nach
wenigstens thateädilieh eteaerfirei. Die geringen und unregel-
mjifsig vorkommenden Abgaben, welche erwähnt werden (shita-
ktiHAsen», .scheinen mehr eine Art Kanon gewesen zu sein,
wrkh n die Bauern für dm Recht, Holz und (Iras zu holen,
bezahlten Die kleinen Gehölze bei den Tempeln und Bauern- -
bäusern waren stets frei.
Nicht gleichmärsig war femer die Höhe der Steuer.
Die Angabe» bewegen sich swiscbeD drei und eiebra Zebntefai
des geschtttsten Rroertrags. Die Toknsawa- Regierang nahm
seit der Resfelung zu Anfang des 18. Jahrhunderts gleichmäCsig
fUnf Zehntel. In den Landeaherrschai\en scheint das Verhältnis
sechs Zehntel ftir den Herrn, vier Zehntel für den Bauern be-
sonders hftnfig gewe^'en zu sein. In manchen rrogenden bestanden
1'edoch altherköramiiche Berochnnngsarten, durch welch»^ die Steuer-
ast thatsächlich verringert wurde. Überhaupt ergiebt aich aus
den Berichten über die Ausfülirung der GrundsteueiTetbrm eine
etwas gerii^re Belastung, als man nach jeneu Zahlen erwarten
sollte. Im Durchschnitt des ganxen Landes betrug die Steuer
etwa vier Zehntel der Kokudaka, der Ertragseinschätsung, und
diese war wohl meist etwas niedriger als der wirkliche Ertrag.
In den grofsen Herrschaften hat sich die Steuerauote seit
dem 18. Jahrhundert wohl kaum mehr geändert. In den Kleineren
Gebieten wirkte die Versetzung der Daimyos fS. 39) ungünstig.
Patriarchalische Beziehungen entwickelten sich dadurch weniger
und der \A'eehscl des Landesbernj ist oft Anlalis zu einer Steuer-
erhöhun;^ geworden'.
Weitere Ungleichheiten, zum Teil völlige Steuerli eilieit,
waren allmählich dadurch entstanden, dals neu kultiviertes Land
häufig nicht veranlagt wurde, obgleich strense Vorschriften
ttber die Verpflichtung sur Anmeldung von Neuland bestanden.
Vielfach waren auch Teile von Grundstücken abverkauft, wobei
der Käufer sich ausbedungen hatte, dafs die Grundsteuer von
dem StanmigrundstUcke gans oder zum gröfsten Teile getragen
werde.
Zu dieser Versciiieiienlu'it der Höhe kam noch, dals viel-
f;i«'}i nach örtlichem Herkouimen Zuschlilge unter verschiedenen
xSaracn bestanden (Dememai, Nobemai, Kakemai, Kommiai,
Goiuai , Kuchimai etc. — Mai Reis) , namentlich um Ausfälle
durch Schwund beim Steuerreis su decken.
Die Steuer war au aahlen der Regel nach in Reis, auch
von anderem Land ab Reisfeldern. Doch ist die verbrdtele
* Ein bekannt«?» Beispiel ist die SteiiererhÖljuug in Sakura, welch«
der Auöj^ang^pnnkt der erCTeifenden GeBchichte dss Sogoro wurde, eines
DorfBchulzen, der sein Leben und das setoer Fraiilie opferte, um eittc
Verminderung der Relastini^r <^er Bauern zu erreich'»n. Mitford in
seinen Tales of Old Japan teilt einige der Originslurkundcii mit.
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516
X 4.
MdnuBg, als «ei alle Steuer in Reis entrichtet worden, irrig.
Zttwdlen wurde ein Teil in Geld bezahlt. Im Gokinai z. B.
wurde ein Drittel der Steuer in Silber entrichtet. Im Kwanto
zahlte!! Trockenfelder in Kupfergcld Im Nordo&ten wurde mehr-
fach die Steuer halb in Reis, halb in (Jokl bezahlt. Hier und
da hatten die Bauern die Wahl, ein Zehntel der Steuer entweder
in Bohnen (Uaizu) oder in Silber zu entrichten. Dagegen be-
stand der aus der Zeit des Kaisers Saga (811) überlieferte Brauch,
die im Sommer ^igen Termine in Gerste zu berichtigen, sor
Tokngawaseit nicht mehr.
Sehr entkgene Besirke entrichteten wohl auch statt der
Grundsteuer ganz andere Produkte; so steuerten die sieben Inseln
von Izu, die sich weit nach Sttden in das Weltmeer erstrecken,
Rohseide.
Verschieden waren auch die Methoden, wie der steuer-
pflichtige Ertrag berechnet wurde. Schon unter dem alten
Regime kam es vor, dafs ein (irundstiick ein liu allemal auf
einen Durchschnittsertrag eingeschätzt war, von welchem jähr-
lich der gleiche Betrag als Steuer genommen wurde, modila
die Ernte reichlich ausfallen oder nicht (Jörnen).
Üblicher aber war das Remmi genannte Ver&hren, wobei
jähiüch die Ernte besichtigt und von dem so festgesteUlen
iCrtnig der verhilltnismäfsige Anteil des Staates genommen
wurde, der alsfi nach dem Krtrn^:^ der Ernte sich richtete. Auch
für dieses Syst(jm war aber die allgemeine Vermessung' und
Einschätzung mafsgebend, da die genaue Prüfung nur iür einige
typische Grundstücke vorgenommen und nach deren Ernie
der Steuerbetrag für alle Grundstücke der gleichen Khuise fest-
gestellt wurde. Diese wichtige Klasseneinteilung beruhte
im Toktuawagebiet auf den genannten Vermessungen von Gen-
roku und Kyoho, bei welchen in folgender Weise TerfiihreiL
wurde ^
Zuerst war alles Land zu vermessen. Nach derBodengUte
wurde es in Kl if^sen geteilt, der Re<^al nach vier fTiominell drei,
deren unterste in zwei Abteilungen zerfiel), unter L'msUinden aber
auch mehr. Man nahm an, 1 'i subo besten Landes bringe gew.^hn-
lieli mindesu ns 1 Sho Reis in der Hülse, 1 Tan also 3 i\oku,
was durch die Enthülsun^ auf 1 Koku 5 To vermindert werde.
Der Regel nach würde dann die nächste Klasse 1 Koku 3 To
bringen u. s. w. Doch konnten die Abstünde der Klassen 3 To
oder nur 1 To betragen. Übrigens wurde die Verminderung des
£rtra^M's durch Enthidsun^ nicht Uberall gleich hoch berechnet
Bei Trockenteldem, die im Altertum vielfach steuerfrei ge*
wesen waren, — bis Oenroku war das noch auf den Inseln Sado
und Oki der Fall — wurde der K^el nach die beste Klasse
1 Vnf Folgende nach der Instruktion vom 29. des 8. Monats 172ti
(11. Kyoho).
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517
der mitderen Klasse Reisland gleichgestellt, und die nächsten Klmwim
folgten im ^^kichen Absfcmd. Bauland wurde entweder bestem
Trocken fcld ^deichgestellt, oder um 4 oder 8 Sho Reis per Tan
höher, oder auf den festen Satz von 1 Koku per Tan geschätzt.
Bei der Vermessung bestanden eine Reihe Erleichterungen.
Ungünstig belegene, bescliattete iStrt ilen waren nicht einzureclmen.
Entlang den bei nassen Feldern so zahlreichen Rainen (Kuro)
blieb 1 Fuls breit frei.
Bei dar EinschAtsong wurde ttbrigens nkkt die wirklieh
▼orhandoie Kultur zu Grunde gelegt. Zum Rdsland geeignetes
Trockenfeld sollte als Reisfeld eingeschätzt werden. Maligebend
sollte anaschliefslich die Bodenklasse sein^ daher einerseitB wert-
vollere specielle Kulturen , anderseits seitweise Mifsemten etc.
nicht berücksichtigt werden. Neuland war uiti 1 To (per Tan)
iii«'fb-iger einzuschätzen als benachbarte alte Felder gleicher (üüte.
Bei unkultiviertem Land sollte untersucht werden, ob es nicht
besser unter Kultur zu bringen sei. in welchem Falle der Eigen-
tümer festgestellt und ihm für eine Aiizaiii Jahre Steuer&tiiheit
bewilligt werden sollte.
Bä der gansen Arb^t halfen Vertrauensmänner der Bauern.
Die ESnschatBung wurde von diesen und von den Beamten jeder-
seits fUr sich gemacht und erst, wo sie nicht ilbereinstimnite, in
gemeinsamer Beratung.
Die Ergebnisse waren in einem Kataster zusammenzufassen,
welcher von den Beamten und (1* ?^ Vortrauensmiinnem zu unter-
stempeln und von der ganzen Bauernschaft zu beschwören war.
Von dem Kataster erhielt ein Exemplar der Öchuize, eines die
Centralfinau/.verwaltung K
Auf der Grundlage dieser Katastrierung erfolgte die jährliche
EmtednscfaStKung (Kemmi). Die Steuerbeamten wählten aus
jeder Bodenklasse des Reisfeldes einige typische Grundstücke aus.
In diesen wurde ein Quadrat abgemessen^ der Ertrag genau fest-
gesteUt und nach den Ergebnissen die Steuer für die betreffende
Klasse der DorlBur festgestellt. Es liegt auf der Hand, wieviel
bei dieser Methode auf die Auswalil der typischen Grundstücke
ankam und wie grols die Versnt hung war, die Steuerbeamten
durch gute Bewirtung und Gcsclienke in ihrer Wahl zu be-
einflussen oder anderseits von den Bauern bei dieser Gelegenheit
Geschenke zu erpressen. Klagen Uber solche Milsstande wai-en
sehr häufig.
Weitere Nachteile der Steuerzi^ng in Beb waren die viel-
lachen Bdilstigungen durch die Vorschriften tiber die Ekitrichtnng:
Verpackung, Transport in die Regierungsspeicher, Schwund, die
unyermeidlicben Streitigkeiten tlber die Qualität u. s. w.
' Aufser dem Gmndsteuerkutaster IjcHtaiid in dor Gemeinde ein
, rlnu-h" (^tid/uclioi . wcloliea über die bei der Keiskultur 80 wicb*
tigea VVasseniutziuigs- und Yortiutverhältuisse Auskunft gab.
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I
518 X 4.
Neben den materiellen Ungleichheiten, welche die Grund-
steuer in den versohieilenen Gebieten zeigte, stehen zahlreiche
formeller Art, \ Crörhiedonheiten der Benennung, der Land-
raalse etc. Das Einheitsmaid, der Ho, welcher im Tokugawa-
gebiet 6 Shaku 1 Sun lang war, malfi anderwärts 6 Shaka 2^ 2
Suiii 6 Shaktt 3 Sun, 6 Shaku 5 Sun u. s. w. Der Tan, der
regdmälsig 300 Ho hatte, enthielt mweUen nur 250» Buweilen
860, 420 und mehr. Diese Verschiedenheiten im Landmafs be-
deuteten übrigens nicht nur formelle Untendilede. Häufig sind
die Mafse geändert zu dem Zwecke, Steuererhöhungen zu ver-
Bcbleiem (nach Analogie der oft geübten Geldverschlechterung).
Soweit solclie Verschiedenheiten zwischen den Landsdiaften
aber auch rein formell waren und keine Verschiedenheit in der
Belastimg der Grundbesitzer darstellten, mulsten sie doch der
Verwaltimg VdBi'te sein, sobald alle die verschiedenen Landöcliatten
von einem Mittelpunkte aus verwaltet werden sollten.
Um die Veränderung in der Stell un;^ der Grund-
besitzer durch die neueren Reformen würdigen zu können, ist
es nQügj wenigstens kurs einen Blick auch auf die rechtlichen
Schnouen au werfen, welche der freien Verftigung des Onmd-
besitzen ttber Besitz und Benutzung des Bodens entgegenstanden.
Wohl hatte der Besitser ein erbliches, gesetzlich geschtttstes
Recht am Grund und Boden. Willkürliche nauemaus-
treibung ist immer als ein Unrecht angesehen. Gegen \\'illkör
der Landesherrschaft hatte der Bauer ab r kaum einen Schutz.
Tiefer wirkend war die Unsicherheit der Hesitzverhältnisse durch
die In sehr zahlreichen Fiflleti stattfindende Konfiskation als
Haupt- oder Nebenstrafe, die nicht nur bei schweren Verbrechen
verhiingt wurde. Sie erfolgte z. B. bei verbotenem Landverkauf,
bei irauduiuser Verpfiindung etc. Ailmaiilich uaten übrisens
auch hierbei Milderungen ein. Wenn ein Bauer wegen Schulden
flflchtig wurde, so fiel in älterer Zeit sein Grundbesitz mit Nutzen
und Lasten der Bauernschaft zu, wahrend später seine Desoendenlen
oder, in Ennangdung solcher oder \v nn sie mit dem Besitzer
geflohen waren, sonstige Verwandte oder Freunde das Grundstück
mit seinen Lasten übernehmen durften, eine Maluregel, die der
Erhaltung des Bauemstsndes dienen sollte'.
' Der Aruber bestehende Anfall an die Baaemscbmft deatet auf
einen älteren Zustand, für den auch somi manches spricht: Gemdndfr-
besitz am Grund und Boden, der periodisch an die Genossen zur Nutznng
verteilt wird. Was fUr diese Ansicht hauptsächlich spricht, m der Um-
stand, dafs wir von €Mnneindea wimen, weiche in regelrnüfsigen Perioden
die G«*meind»'flur neu verteilten. In 81iiraka\va (FiikiBhima-ken) hat sich
da.« z. H. uhrr «iie moderne Grundbesitz- und Steuerreform lnTinti^ rr
iiaitcii «nach Eikuudiguugen meines Schülerrs Kiuchi). Aub ii.ciui'u
(Nügata-ken) berichtet das Gleiche J. Oto-Nitobe, Ober den japanischen
Grandbesitx 8. 10.
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X 4.
519
Besonden wichtig sind »her die DisjpositionsbeeclirinkungeD,
welcben der Gnindbeintser nnterlag. Bei diesen BeBohrttnkangen
hatte man zwei Dinge im Auge. Einnud die Erhaltung der
Leistungsfllhigkeit des BauerDstandes, dann die Verhindenmg der
LatifuQuicnbiTdimg. IHe Ghründe fUr beides waren wesentlich
politischer Natur.
Dem ersleren Zwecke dienten die Teilungsvcrbote. Die
Bauemstellen sollten nicht durch Teilung unter eine gewisse
Grölse sinken. Daher war bei Teilungen verboten, den dem
FamilienLaupt verbleibenden Teil unter ein gewisses Mai's zu
biingen. Im Tokugawagcbiet war das des Stunrngutes ursprüng-
lich 20 Koku geschtttBter Ertrag oder 2 Ciho Land. Durch Be^
sdieid der Kanjo Bugyo (Finansministerium) wurde aber 1722
dies Mals auf cfie Hälfte herabgesets^ da die Übertretungen und
Umgehungen der älteren Vorschrift so häufig seien. Solche Ab-
trennung und Übertragung auf den nicht in die Hausherrseli afr
folgenden Soim oder HrüHer mul'ste vor dem Schulzen und vor
Zeugen ^< öcliehen. S( it dem gleich zu erwähnenden allgemeinen
Kaufverbüt für Land durfte solche Übertragung in der Familie
nur unentgeltlich erfolgen.
Dem aweiten Zweck der Verhinderung des ZuBsmmenbnngens
Ton Latifiindien und des Aufkauft von Land durch Kaufleute
und Bonin diente das am 11. des dritten Monats 1648 erlassene
allgemeine Verbot FeldgrundstUcke au kaufen und zu verkaufen.
Der Verkäufer wurde mit Landesverweisung, der Käufer mit
Gefilngnis bestraft, ebenso r!?ich deren Tode deren Söhne. Das
verkaufte Land wurde eingezogen, die Zeuf^en erhielten rTcfsin^is
(jedoch nicht deren 8öhne). Sehr viel mild* r war die Bt'ötimmun^^
von 1744 in Art. 30 des Hyakkajo (Rudorl'i", Gesetzsammlung
S. 73), welcher aui'ser der Einziehung dem Verkäufer Geldstrafe,
dem Schulzen, vor dem die Übertnigung geschehen, Amtsent-
setsung androht.
In ülterer Zeit mag das Verbot wirklidi befolgt sein. In
der späteren Tokugawazeit wurde es allgemein umgangen in
der Form der Verpnndung (Bai Idn shichi — „Verpäkndung fUr
besonderes Geld").
Dem Bauern war es verboten, seine Stelle ohne Erlaubnis
zu verlassen. Im 1^. .Jahrhundert war das noch gestattet ge-
wesen (Teiyei shikiinoku 42). G^en Ende der Tokugawa-
zeit öeheint die Vorsehrilt nieht mehr streng durchgetührt zu sein.
Endlicli sind zu erwähnen die Beschränkungen in der Be-
nalnmg des Ackerlandes. Indirekt wirkte damuf schon der
Zwang, den gröfsten Teil der Grundsteuer in Reis zu entrichten.
Aber ganz direkt bestanden allerlei ß( schrttnknngen, vor allem
das Verbot, Reisfeld in anderes Feld umzuwandeln, und der
Zwang, das Beisfeld zu bebauen. Bei der Schwierigkeit der
Verbindungen und der Isolierunt^ jeder einzelnen Landschaft war
das Augenmerk der Kegierungen ganz darauf gerichtet, die regel-
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520
mäCnge Ernährung des Volkes zu sichern, vor allem die der
SoldAtenlÜASfle und der grofsen Städte. Dieser Politik diente
auch im Zusammenhang mit der Naturalsteuer ein hochentwickeltes
Spoicliprsystem. iJie «.toFsc nedeiitiing, welche die Reiskultur im
japanischen Ackerbau noch heute behauptet, hängt eoge mit die«ea
Dingen zusammen.
Die Tokugawa- Regierung förderte in iliren eigenen hiften
eifirig die Fortschritte der Kultur, ermunterte Urbarmachung
durch SteuerbefirauDgen und die ErlanlmlB, noch nicht dngetr^igenes
Land frei su yerkaufen'.
Dal's allgemein Erlaubnis zur Anlage von Retsfeldem er-
forderlich war, ist wegen der Wichtigkeit der Bewäaaerungs-
anlagen begreiflich und als Hindernis der Ausdehnung der Kultur
in späterer Zeit jeden&lls nicht auüsu&ssen ^.
II. Die Reform.
Schon im alten Regime war das Grundsteuersystem als reform-
bedürftig erkannt Namentlich die schwankenden Ertrüge der
Naturalsteuer wurden von der Finanzverwaltung drückend em-
pfand ^r) Doch scheint man an eine durchgreifende Reform noch
nicht gedacht zu haben.
Aläs nach der Restauration die neuen kaiserlichen I^eliöriien
nicht nur die unmittelbaren Tokugawabciiitzuugcn , sondern
dazu noch eine Anzahl wegen Rebellion eingezogener Landes
herrschaften zu verwalten hatten, zeigten steh sofort grolse
Schwierigkeiten, welche durch die Wirren der Torhergehenden
Jahre und die Störung aller wirtschaftliehen Verhältnisse
steigert w^^^i^* Doch hatte man nicht den Mut, an eme
sofortige Änderung zu ^ehen. Im August 18G8 (ohne nähere«
Datum) er-cliipH ein Krlifs der Oontralregierung. Die über-
eilte Kintülirung eine«» neuen Steuersystems ohne vorherige
eingehende Prüfung der Natur verliiiltniöse der einzelnen Pro-
vinzen würde leicht in Widerspruch geraten mit der öffent-
1 Vgl. in der angefülirteii Instruktion von 1726:
Art. 2S. „Gesuche, Reisfelder, Acker oder Baustellen auf Neuland
aiiznleg(>n. sollen genehmigt werden, wenn sie vernünftig und nötig
ersclielnen.^
Dazu Art 10 — , dafs leicht xu bewiasemdee und aon»t geeignetes
Land, welches als Trockenfeld benatzt wird, als Reisfeld sni besteuern sei.
- Art. HJ und 17 des sogenannten Testaments rufen allerdings dies^'u
Eindruck horvor Mau das auch in d»»n ersten Zriton der Toku^^wa aus
Eifer8uch( gegen die »Macht di-r Daimyos beab-ichti^^t gewesen sein, so
war s[)iiter jedenfalls wenig mehr davon zu B^)ftren. In l iner von Sak«-
tani benutzten If;ui<!^( hrif? sind übrigens nicht „ Reisfelder*', sondern
„Liewasseruug^nlagen'' genannt.
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X 4.
521
Uolieii Memang. Daher soUtea einrtweQen für ein oder swei
Jahre die alten Gebrttuche beibehalten werden. Wo jedoch be-
sonderer Druck bestände oder MÜBbrUuche oder andere unab-
weisbare Umstände Änderungen nOtig macbteD^ sollte an das
Schntzamt (Kw»ikei-kwan) berichtet und solche Änderungen
voi:genommen \v erden.
Die nächüten Jahre bT;irh(i>ii si>viei l'nrulie und Gilhning.
hatten noch so unfertige Zu.^liiiide, dal's die l^'trienine: nicht Lust
hatte, auch uoch eine grolle tstcuerret'onii in Aii^iiiT zu nehmen.
Die „Anwebung fUr die Schätzung der Ernten** vom Juli 1870
enthiät nur die altitekannten VorBchriften. Sie sind nicht gerade
geschickt abgefistfst gewesen^ denn unter ihrer Herrschaft dehnte
sich das System der jährlichen Abschätzung (Kemmi) auf Kosten
der festen Steuerleistung (Jörnen) noch weiter aus. Das hatte
dann in den nächsten Jahren (1871 — 1874) bei einer teils schlaffen,
teils ängstlichen Verwaltung einen stetigen Rückgang der Steuer-
erträge zur Folge. Bemerkenswert ist nur die Aufhebung einei'
Anzahl y(m SteuerbetVeiungen in einigen Ortschaften ^
Au» dem Jaiire 1870 datiert der erste umfassende Re-
form Vorschlag, welchen ein Mitglied des Sa-m, Kanda
Kohei, wohl im Einvernehmen mit dem damaligen Ministerinm
des Innern, ausarbeitete. Hat der Vorschlag auch kdne unmittel*
baren Folgen gehabt, so isi er doch bemerkenswert, da er einige
der wesentlichsten Punkte der späteren Reform bereits enth^t.
Der Kauf und Verkauf von Ackerland sollte keinen Beschrän-
kungen mehr unterliegen. Für jedes Grundstück sollte ein Be-
aitztitel ausgefertigt, die .Steuer in Geld erhoben werden und
zwar im Verhältnis zu dem Werte des ürundstiiekea, den der
Besitztitel angäbe. Für je 5—10 Dort er sollte ein Kata<iteramt
«ingerichtet werden . der Kataster jedermann zugänghch sein.
Doxch die Katasterttmter wäre der Betrag der Steuer in der
Weise festzusetzen, dafs die im Durchschnitt der letzten 20 Jahre
als Steuer yon dem ganzen Katasteramt entrichtete Rdsmenge
in Geld nach durchschnittlichen Marktpreisen bereclmet und diese
Summe auf die Inhaber der Besitztitel nach dem Verhältnis der
dort angegebenen Werte verteilt würde. Durch weitere Konlroll
mafsregeln sollte stets die Angabe des wirklichen \\'ertes der
Grundstücke gesichert werden. Mit anderen Worten: Kanda
gehlug eine Kontingentierung der Grundsteuer l'iir j(^den Kataster-
brzirk und Rcpartition dieser Summen nach dem jeweiligen Werte
vor. Diesen Gedanken hat man später fallen lassen. Der Vor-
schlag, Besitztitel, welche den Wert des Grundstückes angeben,
einzuSihren, liegt dagegen allen weiteren Plänen zu Grunde.
Ebenso herrschte ttber me Erhebung der Steuer in C^eld Einige
kdt Bemerkenswert fUr jene Zeit ist auch, dals einen
5 Verordnungen vom 27. X. 1870, 9. V. Iw71. 2«. VIII. 1H71.
Letztere hebt die Steuerbefreiungen auf« deren sich die Ktaä (Unreinen)
erft«ttten, da sie der übrigen Bevölkemng gleichgestellt seien.
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522
besonderen Teil von Kandas Vorschlag die Einzahlung sämt-
licher Steuern an die Centrairegierung bildete, während Ins dahin
überall die lokalen Verwaltungskosten abgezogen und nur die
ITberecInisse verrpcliiiet itnd eingeschickt wurden. So erhielt die
Oentralregierung tiir i^Üb nur 2009000 Yen Grundetener, 1^69
nur 8350000 Yen, 1870 nur ^219UUU Yen und «eibst 1871
nach vollzogener Aufhebung der Landesherrschaiteu nur 11 341 000
Yen.
Fttr die unmittelbftre Diircfaftlhrung von Kandas VorscfalSgen
war 68 noch zu früh. Eine dtifchmifende Reform war ent
möglich, nachdem im August 1B71 die Landeeherrschaften anf-
eehoben mid damit die Centralisatton und Einheitlichkeit der
Vcrvvaltung vorbereitet war. Die neuen Verwaltungsbezirke nm-
fal'sten vielfach mehrere Herrschaften mit verschiedener Besteuerung.
Die Bauern fingen an, sich über die Ungleichheiten zu besclnveren.
Die PrtitVkten kamen einer nach dem anderen um baldige Re-
formen bei der Re^erung ein.
Diebe ging nun entschlobsener vor. Bereite im September
1871 wurden alle bestehenden Kulturbeschränkungen aufgehoben
und durch einen Edab vom 8. Oktober die Abachafiimg aller
Steuerbefreiungen angekündigt Die Beh(}rden eollten ttber das
unbesteuerte Bauland, Wald etc. berichten. Im Dezember wurde
im Finanzminiaterium unter dem Vorsitz des Ministers Okubo
und des Viceministers Inouye ein vorläufiger Plan ftir das weitere
Vorf^chen testgestellt und vom !^taatsrMt fSei-ini genehmigt. Der
wichtigöle Schritt war das Dekret ^^r. ÖU vom J ^ Februar 1872:
„Bisher ist die dauernde Veräulserung von Orun<ll i( sitz verboten
gewesen. In Zukunft ist es allen Klassen der Bevölkerung er-
laubt, Land zu kaufen, zu verkauien und zu besitzen'". Damit
war mit einem Schlage das bisheri«^ erbliche Nutzungnrecht in
freies Eigentum mwandelt. Damit war aber auch fest-
gestellt, dals die jährliche Abgabe des GmndbeeltEers, mochte
sie bisher einen zinsartigen Charakter getragen haben, von jeirt
an jedenfalls eine reine 8teuer sei.
Tin Zusammenhang mit dieser Mafsregel wurde auch der
Handel mit Ivcis und andorem Getreide im Inlande freigegeben.
Das Ausfuhrverbot wurde erat 1873 aulgehoben, nachidem es
Antaug IH72 schon gemildert war.
in Bezug auf die Grundsteuer selbst ging der Flau vom
Desemberl871 dahin, die Steuerfreiheit aer Stfidte aufnihebeo,
ftir alle Grundstücke Besrtatitel anzufertigen, welche den Weort
des Landes angeben sollten, und die Steuer nach diesem Werte
zu erheben. In den bisher steuerfreien Städten sollten die Beate-
titel sofort ausgegeben, für andere Grundstücke bei vorkommen-
den N erlinfHerungen in der Höhe der p-ezahlten Kaufpreise aus-
gefertigt werden. Nach Ausfertigung eines Hesitztitels sollte die
Grundsteuer zuniiehst 2 Prozent vom Werte betragen mit ( inem
Zuschlag von '6 6en für den Yen Grundsteuer fiir die Erhebungs-
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X 4.
523
koBten. Die Emschälsniig des Wertes sdlte alle fünf Jahre er*
nenert werden.
Mit der Durch^hrung dieses Planes wurde zunächst ver-
sachsweise im Besirk Tokyo Torgegaagen auf Grund einer Ver*
Ordnung des Finanzmmisteriums vom Januar 1872. Im nächsten
"Monat DfT«'its wurde die Maf^^re^'f^l anf die anderen steuerfreien
Städte ausgedehnt. Am 24, l^'ebruar i^72 ordnete eine Ver-
ordnung des Fiuanzininisteriums an. dais bei jeder Übertragung
Ton Grundeigentum für jede Art von Land Be^itztitel (cliiken)
von den Bezirksbehörden auszugeben seien, in welchen der IVeis
des OntndstückeB su bemerke s». EigentamsObertragung ohne
Aoifertigiuig eines Besitstiteb wurde verboten, die ÜberlSetune
des Verbots mit Konfiskation des Grundstllekes und des Kan^
preises bedroht, eine drakonische Bestimmung, welche bereits
1874 wieder aufgehoben wurde.
Da sich dif^ V^TordnunL-' nur auf die t'bertragim^ von
Orimdei^entuni bezog, so ^viirdf es sehr laii^c «jodauert haben,
bis alle Grundstücke mit Besitztiteln vei behen gewesen wären.
Bereits am 30. Oktober 1872 wurde daher die Ausfertigung der
Bebitztitcl lür alle im Privatbesitz befindlichen Grundstücke an-
geordnet Diese Besitztitel soUten den ortsüblichen Preis des
Landes angeben^.
Eine weitere wichtige Verordnung vom 14. September (vgl.
aUiCh V^erordnung vom 7. November 1873) gestattete die Gnmd-
stsaer in Geld zu entrichten. Im Juni 1878 wurde die Kokudaka
abgescliafft , d. 1». die Feststelhing der Ernte nach den alten
Bodenklassen, die vielerwürts noch aus der Zeit Hideyosliis
stammten und mit der Wirklichkeit nicht mehr übereinstimmten.
Doch war man in malsgebeiiden Kreisen sich klar darüber,
dafs dieses Herumbessern an der alten Grundsteuer nur eine
augenblickliche Aushülfe sei, welche einer durchgreifenden Reform
niät im Wege stdien dttrfe. Im September 1872 wurde ein
besonderes Bureau ftb» Grundsteuersachen innerhalb der Steuer-
abtellung des Finanzministeriums geschaffen. Um diese Zeit
reichte der Präfekt von Kanagawa, Mutsu Munemitsa (später
w^en versuchten Hochverrats zu 7 Jahren Zuchthaus verurteilt,
dann Gesandter in Washington, j^tzt Minister fi\r Landwirtschaft
und Gewerbe), eine Denkschriit ein, in welclier er einerseiti^ auf
die Unvollkommenheit der Einschätzung, anderseits auf die Kach-
teile der Naturalsteuer Innwies. Alle alten Schätzungsmethoden
sollten abgesclutüi, der Wert jedeü Grundstückes in Geld fest-
gestellt und ein FrosentBatz davon, z. B. 5 Procent, als jähfliehe
' Im August def^ßflben JahroB wurde auch eine alte Kinrichtunf^
beseitigt, durch welche die Bauern sieh beschwert fühlten, das Ankoku
daino. Zur Zeit sehr niedriger Reisprdse nämlich konnte der Grand-'
besitzer erklilren, dafs er in Zukunft statt JBeis stets Geld zahlen wolle.
Dadurch kam er dann in späteren Zdten gelegentlich in Schwierigkeiten.
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524
Steuer erhoben werden. Dies sei leicht durchzuführen, und Muten
selbst bot sich in ziemlich geschwollenen Ausdriickf^n nm Schlüsse
seiner Denkschrift dazu an ^ Kr wurde dRr iufhiu zum Chef
dtib J^teuerwesens genuieht, und intol-c lii s.sen und wegen seiner
Denk-scliritt hat man vieltiach auf ihn die Grundsätze der Steuer-
reform zurückgeführt. Mit Unrecht, denn, wie oben gezeigt,
hatten das, was Mutsu vorschlug, im wesentlichen schon die
Denksclirift Kandas von 1870 und der 1871 unter Okubos Vor-
sitz fesl^ieatellte Plan enthalten.
Im Februar 1873 wurden alle Präfekten und Vicepräfektcn
nach Tokyo berufen und der von dem Vice-Ftnanzminister Inouye
präsidierten Versammlung (Okubo war abwesend) die Gesetz-
entwürfe ftlr eine grundlegoT^de Reform vorgelegt. Den
Vorsitz im Aussehulis der Versammlung, der zur Specialberatun^'
eingesetzt wurde, fülirte Inouj'e gleichfalls Doch sei hier daran
eriniicrt, dafs bald darauf, aber nach Beendigun.ic der Ausüchuis-
arbeiten, Inouye aus anderen Gründen sein Amt niederlegte.
Kack ihm ttbenmhm Okuma mit der Leitung der Finansen auch
die Fortfilhrung der Reform. Einige wesentliche BestinunuDgen
werden seinem fiinflufs zugeschrieben.
Unter den versammelten Beamten war man einig, flafs etwts
geschehen müsse, aber im einzelnen herrschte groiae Meinunpi-
verschiedenheit. I>ie oinen hielten überhaupt eine allgCTueine
Reform für verfridit. Sie wollten das bisherige System (ier Ah-
hchützuug des Ertrages beiljehalten. Nur besondere Härten nnu
Mi fsbrauche sollten beseitigt und so allmrtlilich Gleiclimäfsigkeit
und damit die Möglichkeit einer allgemeinen Reform herbeigeüihit
werden. Die zwdte Partei ging im wesentlichen auf den von Kanda
gemachten Vorschlag der Kontingentierung zurück, jedoch auf
erweiterter Grundlage. Man solle den Durchsehnittsertnig der
ganzen bisherigen Steuer seit einer Anzahl von Jahren berechnen
und diese Summe nach Mafsgabe der in den ßcsitztitcln ent*
haltenen \N'erte repartieren. Die dritte J*artei schlofa sieh den
RegicrungB vorschlagen an l^ic alten Schatzun-r^TiK thoden sollten
überhaupt beseitigt, die iSteuer nach einer emheitlichen gleich-
mäfsigen Einsehfttznnp: nach den» \\ ert in Geld aufgelegt werden
und nicht nach dem Ertrag. Diese Ansieht drang durch. Was
war die Absicht hierbei? Wie sieh nachher zeigen wird, war
' „Ich bi»i Üramter in Ofaka, Hyogo und Wakayama sre^-cfon vvA
hin durch Xachdenken Uber die nötigeu Mafsuregeln zu diesem ertolg-
feiehen Ergebnis gekommen. Ich habe mich auch mit erfkhre&en Baaern
beraten und beherrsehe völlig die praktischen Kelltltn^^'S<' Mir scheint,
dafs die Ausführung keine sctiw irrige Aufgabe ist. Öind meine Vorpchläge
ausführbar, po gebt sie deui i'iuauzmiuisterium zur Diakussion und lafst
sie mich ausführen, nachdem sie erörtert, verbessert und verändert sind,
rbt r aie praktische DnrchfahruDg werde ich eingebende ErklMmngen
einreichen.
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X 4.
525
seHMtveratändHch die Weribercdmang auf den Ertrag begründet.
WMbreDd man die Steuer auf drei Prozent vom Werte angab^
war die Absiclit, wie sich aus den Berechnungsmethoden ergiebt,
drei Zehntel des angeblichen Reinertrages als Steuer zu erheben
(bezw. unter Einrecnnung der Kommunalabgaben vier Zehntel).
Das Motiv für <]v\\ anscheinenden T^mwc»:^ ist spätrr sehr offen
zu erkennen gegeben. Man wollte die Autmerksamkeit der
Grundbesitzer nicht auf eine direkte Vergleichung alter und neuer
Zustände lenken, indem man die neue iSteucr ebenso wie die
alte direkt auf den Ertrag legte. Von jeher waren die Bauern
gegen Neuvermeasung und Einactotaung höchst mifstrauisch ge-
wesen, hatten darin gewöhnlich nur einen Vorwand fbr Steuer-
erhöhungen gesehen und sich daher solchen Neuschätzungen oft
gewaltsam widersetzt. „Nach den früheren Erfahrungen herrschte
in der Regierung allgemein die Besorgnis, dafs die Furcht vor
Steuererhöhung die Bauern zum Auf tand treiben würde, wenn
man mich dem alten System das Land vermessen und den Er-
trag neu einschätzen wollte. So wurde, um das Volk durch
einen völligen Wechsel zu blenden, ein ganz neues System ein-
gefÜhrf* (Aulserung eines lioheii i'iuanzbeaniten. ^Vhnlich, wenn
auch im Ausdruck verhttUter, der von Okuma inspirierte angeführte
Aufsatz im Hochi Shimbun vom November 1888). Um diesen
Grund zu wtUrdigen, mufs man erwjigen, wie schwankend noch
die Stellung der neuen Regierung war. Noch waren nicht fUnf
Jahre verflossen seit der grofsen Umwälzung. Die Sieger selbst
waren keineswegs mehr ganz einig. Durch die Änderungen,
welche 1H71 72 im Steuerwesen vorgenoiinnon waren, war das
Mil'strauen gegen die Steuerplane der Kegierung ohnehin geweckt.
Tumulte und Unruhen waren gerade um diese Zeit unter den
Bauern an verschiedenen Stellen entstanden. Es i^t also begreif-
lich, dafs man die Grundsteuerreform mit einiger Besorgnis be-
trachtete und das Uilstrauen der Bauern möglichst einzuschläfern
sachte. Auch so erforderte das Experiment einen nicht geringen
Mut) denn es war ein Sprung ins Dunkele. Wie wenig man
über die Grundsteuer im ganzen in den höchsten Beamtenkreisen
Bescheid wulste, zeigte sich daraus, dafs die Festsetzung der
Steuer auf 3 Prozent lebhaften Widerspruch fand. Der Ertrfitr
wiirdp 7Ai gering ausfallen. Es scheint, als ob oline < )ku!iias
persüüliclie Anstrengungen * in höherer Steuersatz angenommen
sein wurde. Viele waren für einen Satz von 5 l^rozent.
Wie unbegründet di( sc r»esnrirnisse waren (allerdings infolge
der eigentümlichen Wertbereclinung), zeigte das Ergebnis, dafs
dir Ertrag der Steuer, in Geld berechnet, sich nur um 5' 2
Prozent verminderte.
Am 28. Juli 1H73 machte folgender Erlafs (Nr. 272)
des Grofskanzlers Sanjo das Volk mit einer Kaiserlichen
Proklamation und dem neuen Steuergesetz bekannt:
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526
„Kachdem die Besteuerung von Grund und Boden refor-
miert ist, sind alle (^''SPtze, betreflend dio Grundsteuer,
giinzlicli aufgehoben. »Seine Majestät der Kaiser hat be-
folden, dafs nach Ausfertigung der neuen Besitztitel drei
Prozent von dem in diesen angegebenen Werte als Steuer ge-
zahlt werden soll. Für die Ausgaben der Gemeinden.
Ämter und Besirke soll nicht mär ak ein Drittel der
neuen Steuer erhoben werden. Die neuen Oeaetse folgen.''
„Kaiserliche Proklamation.
28. Juli 187^^.
Uns seheint die Besteuerung eine der wichtigsten An-
gelegenheiten im Staate zu sein, von welcher die \\ uhliatirt
und das Glück des Volkes abhängt. Da das alte Steuer-
system nicht einheitlich war, ist groise Ungleichheit ent-
standen , da die einen zu leicht, die «ndem zu schwer be-
steuert waren. Wir haben daher das Steuenystem zu
einem gerechten und einheitlichen gemacht mit dem Bebat
unserer Beamten, indem Konferenzen der jProvinzialbeamten
stattgefunden und unsere Minister darüber beraten haben.
Das reform i(M*te Steuersystem nunmehr festgestellt und
wird hierdurch promulgiert. Die mit der Ausführung be-
trauten Beamten haben darauf zu achten, dais keine Un-
gesetzlichkeit oder Ungleichheit bei der Auflage der Steuer
vorkomme."
Die.se wiehtige Kundgebung begleiteten drei weitcir Ur-
kunden, ein Dekret des Staatsrats in 7 Artikeln über dif ]x;i
der Reform zu beubaclitenden Grundsätze, eine Ausiuiuunga-
Verordnung des Finanzministers in 17 Paragraphen und eine
Instruktion desselben an die BezirksbebOrden über das Verfthren
in 44 zum Teil sehr langen Paragraphen und einem Anhang in
4 Abschnitten Uber die Behandlung von Ausnahmefidlen ^
Wegen ihrer grundl^enden Bäeutung mögen die wichtigsten
Gesetzesbestimmungen folgen.
Das Dekret des Staatsrates lautet wie folgt:
Art« I. Da die Reform der Grundsteuer eine aufserordentlich
schwierige Aufgabe ist, so ist eine eingehende und soig-
&]tige Untersuchung nötig. Die Beform der Steuer kann
nicht ohne weiteres durcligefiihrt werden ohne Rücksicht
auf die Gebräuche und die Zustände jeder Gegend. Die
Reform braucht daher nicht eilig ausgeftihrt zu werden.
Nach beendete r Arbeit ist an das Finanzministerium zu be-
richten und naeti dessen Genehmigung ist das alte System
gänzheil aufzuheben und das neue einzulUhren. — VVenn
' nul>l)iii> tf'üt dii-^ Dekret und die AuftführungsvefOtdouOg mit,
öcheint aber <iie widitige Instruktion nicht zu kennen.
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X A. 527
aach die Reform iUr den ganxen Bezirk nicht vollendet ist,
80 kann sie Rir jeden Kreis nach Beendigung der Arbeit
einssehi in Kraft treten.
Art II. Da die Steaer nach dem bei der Einschätzung fe8^
gestellten Grundstückswerte erhoben wird, so wird sie weder
in guten Jahren erhöht noch nach schlechten Ernten herab-
gesetzt
Art m. Wenn durch Naturereignisse ein Grundstück geschüdigt
wird» so soll eine Pküfung stattfinden und nach Sem Habe
der Yerschlechterung des Grondstttcks die Steuer für das
betreffende Jahr oder iUr eine Zahl von Jahren erlassen
werden, innerhalb welcher das Ghundstlick seine Produk-
tionsfilhigkeit zurückerhalten kann.
[Art. IV und V beziehen sich auf die Benennung der I^and«
klassen. Der Gegenstand ist spllter eingehend geregelt in
dem Gesetz 120 vom 7. November 1874 über die Land-
klassen. Die Aufhebung des UnterscI irMK s zwischen Ta
(nassem Feld) und Hata (trockenem Ftld) ist rückgängig
gemacht durch Nr. 70 vom 4. Oktober 1877.]
Art VI. Mit der alten Grundsteuer waren Abgaben von Waren
und Gebäuden vermischt Durch die Refonn wird hier ein
klarer Unterschied fSBS^gestellt und die Grundsteuer
sollte eigentlich ein Prozent des Grundstücks«
wertes betragen. Da aber bisher die Steuern
auf Waren nor!i niclit ein ^'■e führt sind, so wird
die (J r im d Steuer zur Zeit auf drei Prozent vom
Werte des ( t r u n d st ü ck es festi^^es teilt.
Wenn Steuern auf Thee, Tabak. Zimmerholz fte. ein
ge führt öind . und die Einnahme [daraus! 2 Millionen Yen
tiUei.Nteisrt. danu soll von den ( trundstticken , deren Steuer
revidiert ist, die Steuer in dem Verlialinia herabsetzt
werden, wie sie auf Waren erhöht ist, bis die Grundsteuer
auf ein Ptossent vom GkomdstÜckswerte vermindert ist.
Art. VII. Von den Grundstücken, deren Steuer noeli nicht
revidiert ist. werden die alten St^Miern w(Mtererhoben. Ivlagen
über deren Unjs^leichheit können nicht berücksichtigt werden,
es öei denn , dafs die alte Steuer ganz uugewuhnlich hocli
oder niedrig ist Betrefiend SteuereHals und Aufhebung
bewilligter Erlasse sind die alten Bestimmungen su be-
folgen*
Diese vorstehenden Bestimmungen sind festgestellt. Die
Auslbhrunesbestimmungen wird das Finansministerium be-
kannt machen.
Der Grolskanzler Sanjo.
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528 X 4.
Durch Nr. 53 vom 12. Mai 1874 erhielt das Geeets ab
einen Zusatz
Art. VIII. Wenn auch der Marktpreis des Landes sioh nach
Beendigung der Revision vermdirt oder vormindert so soll
der einp^eschiUzte Wert doch auf fiiiit Jahro nach Be*
endi^i'^^' d«T Reform unverändert l»!eiben. 1 )oc}i soll die
Ort8üeii<»r(ie bei Verkauf von Grundstücken den abweichen-
den Preis aut die Rückseite des Besitztitels mit roter Tusche
aufschreiben.
Weitere Zusätze haben keiiu besondere Bedeutuii;;:;
Ik'sonders wichtig endlich ist tlie Kaiserliche Troklamation
über Ileraböctzung der Grundsteuer vom 4. Januar 1877
mit Gesetz Nr. 1 :
„Nachdem die tollende Kaie^^rliehe l'roklanmiion erlassen
ist, wird die Grundsteuer auf zwei und ein halb Pro-
zent vom Grundstücks wert festgesetzt , angefangen vom
Jahre 1877.
KaiBerliche Proklamation.
Seit der Wiederhentellung Unserer Bc^'erung ist ent
kurze Zmt ▼erflossen. Aber der Staat hat grolae ond mflh-
same Reformen zu unternehmen gel übt so dafs die Finansen
in schwieriger Lage sind. Unser Volk ist schwer davon
betroffen und kommt nicht zu Reichtum. Wir hatten Mit-
leid mit der r.a;:e des Volkes und reformierten die Be-
steuerung und setzten sie ^leiehmälsi^ auf drei l'rozent fest.
Jetzt haben wir wieder die Lage der Landbevölkerung
^enau geprüft und aus Mitgeftdil für ihre I^ge eine weitere
Herabsetzung der Grundsteuer bescldossen und sie aut zwei
und ein halb Prozent vom GrundBtQckBwerte festgesteOi
Ihr Beamten sollt Meine Wünsche beachten und die Staati-
auagaben yermindem in Erfüllung Meiner Absichten.
Am selben Tage erschien (Jesetz Nr 2:
,.l)a seine Majestät der Kaiser befohlen hat, dal's die
Grundsteuer lieral »zusetzen und grüfstniögliehe Sparsamkeit
zu beobachten sei, so wird hiermit angeordnet, dafs die
lokale Besteuening ein Fünftel der Grundsteuer nicht übe^
schreiten 8011.**
Durch Nr. 48 vom Ti. November If^RO wurde aber wieder
ein Drittel als Maximum der Bezirkssteuern gestattet.
Während nach dem Gt'setze von 1874 eine NeueinschätzuDg
der Gl iindstiickswertr f) Jahre uach Beendigung der Revision
stattHmlcü sollte. wunU im Mai 1880 dies autg«lioben und be-
slimuil, dais eiue allgemeine Revision für das ganze Limd gleich-
zeitig stattBnden solle, was dann einige wdtere Bestimmnngen
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529
nötig machte über in der Zwischenzeit unvermeidliche Änderungen,
namentlich infolge anderer Verwendung der rJrnndstücke (z. B.
von Feldern als Bauland), während dies bis dahin während der
fünf Jahre nicht beriicksiclitiiirt werden sollte.
Das Verfahren bei der ( i r u n d .s t e ii er r e fo r m , wie
es sieh aus den Verordnungen und Instrukiiunen der Regierung
und aub dem grolisen Bericht, welchen das Finanzministerium im
Februar 1882 über die Austlihrung der Reform erstattet hat,
ergiebt, läfst sich in der Ktirze IblgendermaiHeii zusammeiifiusen*.
Dabei bt nicht atÜBcr acht zu laasen, dafs dies aUes sich nur
auf Altjapan, d. h. Japan ohne Hokkaido und Okinawa, bezieht.
Die Durchführung der Beibrm war dem Finanzministerium
und dem Ministerium des Innern übertragen. Nach einiger Zeit
stellte sich jecloch heraus dafs diese Behörden die gewaltige
Arbeit nicht nebenher erledigen konnten. Man entsr!i!ols sich
daher, 1875 ein neben den Ministerien stehendes eigenem; „Grund-
steuerreformbureau** zu errichten, welches am 24. Mai desselben
Jahres ins Leben trat. Diese Behörde hat bis zuni 3U. Jimi 1881
bestanden. Der noch Übrige unbedeutende Rest der Arbelten
ist im Finansministerium erledigt
Die Örtliche Durchf\lhrung erfolgte durch die Bezirksregte-
Hingen, welche den Eigenttimem die revidierten Besitztitel aus-
fertigten. Zum Zwecke der Einschätzung wurden Einschtitzungs-
bi'zirke mit möglichst gleichartigen \'erhnltnis8en gebildet, welche
der Regel nach 2ü — 30 d*T. wie man sich erinnern wird, sehr
kleinen Gemeinden umfaLsten. Für einen solchen Einschätzung« •
bezirk b^telltc die Bezirk.'^regierung aus ihren Beamten eine
Kiii^ehUtzungsküiiiiuission, an deren Spitze einer der höheren
Beamten stand. Die Kommission zog Vertreter der Bauern-
schaften und alte er&hrene Bauern zu ihren Arbeiten zu.
Die Einschätzung selbst zerfiel in folgende Teile: die Selbst-
einschätzung der Eigentümer, die vorläufige Prüfung dieser
klärungen. die Einzeleinschätzung und die Wertberechnung.
Die Dörfer hatten ohne Rücksicht auf die bisherige Be-
steuerung Erklärungen .abzugeben und zwar einmal liir jedes
(irundstück über Griiise, Krntemenge (resp., soweit nicht fest-
stellbar, Wert der Ernte; und Wert des Ackerhmdes; für Bau-
' Aufser den bereit.s erw;iliiiten , der Ansfuhrunps Verordnung und
der Instruktiou für die Bezirksbchördeu vorn '2>. Juli 187;{, sind eine
ganze MeuKe mehr oder weniger wichtiger Verordnungen ergangen,
welche mit uiren häufigen Wiederholnngen das Stadinm so eiDem höcbst
t^miüdendeii roaclien. Als wichtif^ate seien erwähnt die Nachträge vom
22. Dezember IHT'J, Juli 1877, 27. Dezember 1877; Verordnung ;{6 vom
19. März l{s75, betr. die der Einschätzung zu Grunde zu legenden Pro-
dnktenpretne; Dekrete vom 80. August 1875, betr. Beschleunigung der
Reform, vom 13. Februar 1877, betr. die Steuerjjflicht zu öffentfichen
Zwecken verwendeter (rnindstücke; Verordnungen über Steuererläsee
vom Mai 1877, liezeuibtjr Io77, November 1879.
For«ebuii4{«;n (45) X 4. — Bathgon. 34
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530
land (Hausgrundstücke) nur Fläche und ^Vert. Diese Erkllirunpen
waren vom F.igentümer und bei verjjachtetem Ackerland (mit
der Angabe der Pacht) auch vom i*ächter unterzeiciinei und
gestempelt. Ferner wiu^e eine Übersicht über diese Einzel-
erklai ungen für die ganze Gemeinde aulge.stellt, sowie eine Über-
sicht Uber ^^'ald-, Grasland etc. Diese vom Schulzen (Kocbo)
und den ßauemvertretern anterzeksbieten und gestempelten Fm-
uonen waren yon der Erklärung begleitet^ dals die Einschätzung
den Vorschriften entsprechend in ihrer G^enwart yoigenonuneu,
dafs kein Grundstück unberücksichtigt geblieben und nichts Ter*
heinilicht sei. „Sollte sich aber ein Betrug oder Fehler lieraus-
stellen , so wollf^n wir jede Strafe über uns er^ehon lassen"
(Instruktion an die Bezirksbeliörden § 40). Den Bauern \s urde
vorlier eingeschärft, dafs sie Durchschnittserträge anzugeben imd
als Mal'sstab für den Wert I'achtertrSge (den Wert des Reises
nach Abzug der dem Eigeutümer obliegenden Kosten fUr die
Kultur) anzunehmen hätten.
Diese Selbsteinschätzungen wurden zunächst im allgemeinen
einer Prüfung unterworfen, mit den alten Grundsteuerrogistem etc.
▼eiglichen. Wo sich besonders auffiülige Abweichungen zeigten,
wurde eine vorläufijre Aufkläning versucht, möglichst im Wege
freundlicher Vor>tellungen. Auf Grund dieser Ermittelungen
wurde eine vorliiutigc Aufstellung gemacht über Wert und Steuer-
pflicht aller ( irundstticke.
Die \\ ertl)en'chnung wurde b^ründet auf die Ertrags-
bciiat/^ungen und zwar auf einen sehr suumiarisch ermittelten
sogenannten Reinertrag, der als Zins des GrundstUckswertes an-
gesehen wurde. Man ging dabei von zwei allerdings gann wiU-
kttrlichen Annahmen aus. Als Beinertrsg wurden angesehen
85 IVozent des Rohertrages, während 15 Prozent für Saat^
Dünger und entsprechende Produktionskosten resp. Kapitalauf-
wendungen angesetzt wurden. Die Kosten der Arbeit wurden
nicht berücksichtigt. J>iese 85 Prozent des Rohertrages galten
als „Keinertrair". Zog man hiervon die Gnmdsteuer (dn i Pro
zent des Cirundstut-kswertes) und die Konimuualabgaix'n ieio
Drittel der vorigen) ab, so stellte der liest den „Gewinn** des
selbstwirtschaftenden Eigentümers dar. Dieser Gewinn sollte
der Regel nach auf sedis Prozent, höchstens si^ien bemessen
werden K Diese Berechnung ergiebt also von dem „Reinertrag'
sechs Zehntel für den Bauern, drei Zehntel Hir die Staatssteuer
und ein Zehntel für die Kommunalabgaben. Mit anderen \\'orten
betrug die Onindsteuer rund ein Viertel (25^ 2 Prozent) des
Robertrages. Der GrundstUckswert war das Zehnfache des um
1 Thatsacbhch ist im Durcbacbuitt des Laudcs als i&iusful'ä des
GrundkapitAls ffbe Reisfold 6,1 Prozent, für Troekenfeid 6,9 Piooeot an-
genommen worden.
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X 4.
531
ftnfiEehn Prozent verminderten Bohertrags, wie das amdiche
Mutter ülr die Wertberechniuig zeigt:
Reisfeld 1 Tan
Ertrag 1 Eokn 6 To
Geldwert (za 3 Yen) 4 Yen 80 Sen
Ausgabe fUr Saat,
Dünger etc. (15«/o) 72 -
Reinertrag 4 Yen 8 Sen
StaatBsteuer 1 - 22,4 -
Kommanalabgaben 40,8 -
Gewinn des Eigentüniera Z - 44,8
Zu 0 Prozent einem
Kapital gleich von 40 - 80 -
3 Prozent vom Werte
als Steuer 1 - 22,4 Sen, wie oben.
Bei vcrpacliteteni Ackerland war für den Eigentümer der
Gewinn der Kegel nach als eine vier- , höchstens fünfproz entige
\'erzin8unfi; des Ackerlandes anzusehen. Nach den Musterbei-
spielen scheint der liegel nach die Hälfte des Pachtiiinses als
Gewinn des Eigentümers anges^en zu sein, weicher dann als
▼ierprozentige &nte behanddt winde. Die andere Hälfte deckte
mit drei Vierteln die Staatsstener, mit einem Viertel die Kom-
munalabgaben.
Weniger willkürlich und daher nicht so ungünstig für den
Grundeigentümer als die Reinertragsberechnung und die Kapita-
lisierung des Gewinns war die Bereclmung des Geldwertes des
Rohertrages. Da.s ^^'^cht^gste dabei war der Reispreis. Die
Instruktion (§ 20 1 wollte die Preisangabe der Eigentümer zu
Grunde legen, kontrolliert durch benachbarte Marktpreise. Diese
vage Bestimmung wurde später dahin erweitert, dals die Durch-
scmnttBpreise der fbnf Jahre Tor An&ng der Reform zu nehmen
seien. Da aber die Reform in den verschiedenen Orten und
Gegenden zu sehr verschiedenen Zeiten begann, so würden ganz
verschiedenartige Reispreise zu Grunde gelegt worden sein. Da-
her wurde am 19. März 1875 vom Finanzministerium verfügt,
es sollten im cranzen Lande die Durchschnittspreise der fünf
le
ten im ganzen Lande die Durchschnittspreise
Jahre 1870 — 1^74 mafsgebend sein. Thatsächhch wurden d
Preise vom Ende jedes der fünf Jahr«i iZeit der Steuerzahlung)
erhoben. Die Durclischnittspreise (uaeh 8 Qualitäten) wurden
fllr gaii/,t Provinzen oder nach Bedarf für kleinere Distrikte
festgestellt (im Hyogo-ken sind z. B. nicht weniger als 18
Boicher Preisdistrikte untoschieden, meist sind es 3 — b), Aufser
für Reis wurden diese Prdse auch ftlr Gerste und Bohnen (Daizu),
hie und da auch ftlr Hirse (Hiye und Awa) und Salz erlioben.
Bei der Ertragsschfttzimg der Trockenfelder wollte die In-
struktion im wesenttfchen die Pachtpreise mafsgebend sein lassen.
34*
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5S2
X 4.
TbatBächlich hat man hier gleichfalls die Prodaktenprdse und
zwar der Regel nach die von Gerste und Bohnen zu Grunde ge-
legt. Hei Feldern, wo wertvollere Kulturen wie Thw», iM ninn^r-
bäume etc., strinflcn, wurde der Ertrag nach Analoge benach-
barter Reiß- ud I * i ersten t\*l(l(T bereelinet.
Bei Wald- und (iriiöland, welches bisher kaum der Be-
steuerung und Vermessung unterworfen gewesen, war die Schätzung
besondera schwierig. Im ganzen scheint man ziemlich Bummariaeh
vorgegangen zu sein. Ab Umtriebsperiode^ innerhalb welcher
solches Land einmal Ertrag giebt, wurden der Regel nnch 50 bis
60 Jahre angenommen. Die Preise der Produkte, die Transport*
kosten etc. waren zu berücksichtigen.
Bei Bauland war eine KrtragsscIiMtznne: aiisorerrhlossen. In
Landgemeinden wurde es dem Wert benachbarter Felder in 4
bis 5 Kla.ssen je nach Gunst der Lage gleiehgestellt. lu den
StUdten fand eine sorgftlltige Berücksichtigung aller raftgliehen
Unibtande und eine hieraui b^ründete weitgehende Klassenein-
teilung statt In greisen Städten wurden hm zu 500 Klrnwen
angestellt. Übr^ens ist zu beachten, dafs sieh die Steuer nur
auf das Grundstück bezieht, nicht auf das Gebäude.
Der vorläufigen Wertberechnung bei den Beziiksregierungeii
folgte dann die Kinzelprttfong in den Einschätzungsbezirken.
Eine durchgehende Vermessung: des Landes dureh die Beamten
erfol<rte dabei aber nieht. Unter den von den l^»auem selbst ver-
messenen Grundstücken wurden von den Beamten nur Stich-
proben vorjienoinmen. Man war zufrieden, wenn die Vermessung
nur ungelahr stimmte. Es ist wichtig, das besonders zu be-
merken, zur Würdigung der 2^hlen, betreffend die Grölae der
bebauten Fläche in Japan, welche durchweg als zu niedrig an*
zusehen sind.
Genauere Vermessung wurde bei dem städtischen Baulande
gefordert. Aber auch hier war die zulässige Fehlergrenze noch
zwei auf hundert. Die Fläche von Wald und Grasland wurde
nur annähernd ermittelt. Neben der Kontrolle d( r Vermessung
ging die Kontrolle der Register, ob wirklich alle Grundstücke
verzeichnet seien. Um beides bei Begehung der l )oH^lur zu er-
leichtern, hatten die Bauern in regelmälsigen AbsUtnden ITähle
ins Feld einzuschlagen, welche den Namen des Eigentümers, die
GrOise des Feldes etc. anegben.
Die Kommission suchte dann ein ftbr die Verhältnisse des
Schfttzungsbezirkes episches Dorf aus, in welchem jede Parzelle
fenau dngeschätzt und sämtliche Felder in eine Anzahl Bonitttta-
lassen, der Regel nach neun, eingeteilt wurden. Die Kommissions-
niitglieder verteilten sich dann auf die übrigen Dörfer und teilten
di i'en Flur mit lliilfe der Bauernvertreter un<l der Saehvcrstän-
diL'^'-n gleieht'allö iu Bonität-ik lassen ein. Daiaut ötelltc dann die
Kouiuiisöion (d. h. die Jieauiten allein) die Klassen in diesen
Dörlern den entsprechenden Klassen dcü Typeudorfes gleich.
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X 4.
533
Wenn die so gefimdene Ertrags- und WerÜberecfannng im
wesentlichen mit der Selbsteinschätzun^ ttbereinstimmtey so war
das Einschätzungsgeschäft damit erledigt. Wo sich aber
grofee Abweichungen herausstellten (yon zehn Prozent und mehr),
war die betrcffenflf Flur {?enau einzuschätzen. Zeigte sich hier-
bei, dafs die belbsteinsehätzun^- zu niedriL'* wnr, .so sollten zu-
nächst den Eigentümern Vorstellungen gemacht werden, iie-
liarrten diese aber bei ihrer Schätzung, so sollten die (jruiiii8tii< ke
in drei Büuitatsklassen eingeteilt und aus jeder typische Grund-
stücke im Beisein des Schneen und der Eigentümer gegen schrift-
liche Angebote versteigert werden. Der Eig^entOmer hatte dann die
Wahl, sein Qnmdstfkck gegen ein an den Steigerer au zahlendes Ab-
standsgeld zu der neuen Schätzung zu behalten oder gegen seinen
eigenen Schätrangspreis bar zu verkaufen. Den Mehrwert hatte
der Käufer in monatlichen Raten an die Staatskasse abzutragen.
Nach dem Ergebnis der Versteigerung wunlen alle anderen
8treiti<^en Unmdstüeke der betreffenden Klasse eingeschätzt. Ent-
sprechende Bestimmungen galten da, wo der angegebene Pacht-
ertrag eines Grundstückes unangemessen erschien (nämlich Aus-
gebot der Pacht).
Von vomheran war klar, dafo eine derartige Versteigerung
in manchen FiUen erfolglos sein wUrde. Der E^entllmer sollte
dich dann schriMch bereit erklären^ sein Grandstück su dem von
ihm selbst angegebenen Schätzungsprds an den Staat abmtreten.
Dann sollte die Einschätzungskommission volbsählig zusammen-
treten und das Orundstltck mrh dem Werte nlndicher Gnind-
sttickc in Nachbargemeinden einscliätzen. Nui* wenn der so er-
mittelte Wert sehr von der Selbsteinschätzung abwich, boüte der
Staat das Grundstück wirklich ü})ernehmen.
Auch so nocli mochten in der iVaxis viele Schwierigkeiten
entstehen. Daher wurde durch Gesetz 68 vom 12. Mai 1876
das Ver&hren in der Weise vereinftcht^ dafs da, wo die Mehr-
heit der Eigentümer mit der Einschtttsung einverstanden sei und
nur eine kleine Minderheit sich eigensinnig widersetze, die Ein-
schätzung endgültig nach dem Wert ähnlicher benachbarter Grund-
stücke erfolgen solle.
Für Ijesondere Verhältnisse gab es noch eine Reihe einzelner
Bestimmungen. Wenn tür Hausgrundstücke am Strand, im Ge-
birge odfT an anderen einsamen Stellen ein Vergleich mit dem
\\ erte anderen ähnUchen Baulandes unmijgUch war, so sollte die
Steuer wenigstens 10 Sen fUr den Tan betragen. Nach der
Steaeriierabfletzung von 3 auf 2Vi Prozent^ 1877, wurde dieses
Sl&iimum durch eine Verordnung vom Juli desselben Jahres
gleichfalls um ein Sechstel, also auf 8 Sen 3 Rin, herabgesetst
Weitere Bestimmungen bezogen sich auf frisch urbar gemachte,
auf durch Naturereignisse b^chädigte, auf Überschwemmungen
.lustresetzte Grundstücke. Öffentliche Strafsen. Deiche und Be-
gräbnisplätze waren steuerfrei. Im übrigen hörten alle dau^n-
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534
X 4.
den SteuerMheiteD auf. Auch fUr durch NatorereigniBse
schädigtes Land, welches wieder in Stand gesetzt werden konsto
(Arechi) uod Air Keula ud (Kaikon kuwa-sfaita-chi) wurde Steuer-
freiheit nur mehr auf Zeit be^^^lli^^t, fUr erstereB auf höchateos
10, für letzteres auf höchstens oO Jahre.
War das ganze Einschätzungswej k been(li;^t, so wurden
Siimtliche Papiere und die alten Besit/.titcl der BezirksreirifTurtg
eingehändigt. Diese stellte die Ergebnisse zutsamnien, fertigte
die berichtigten Besitztitel aus und reiehte (Vw t'beröiclit nach
bestimmten Formularen (Verordnungen vom 22. Dezember 1873,
27. Dezember 1874 und 5. November 1878) an die Steuenib-
teÜun^ im FiDansmmisteriaiii ein. Damit war die Katastrierung
beendigt nnd die nene Besteaerung trat in Kraft
Von den Kosten entfielen die ftbr Anlage der Grundbücher
und Ausfertigung der Besitztitel auf die Besirke, welche dafiür
von jedem Besitztitel Stempelabgaben erhoben. Soweit diese
nicht ausreichten, trat die Staatskasse ein, aus welcher auch das
Reformbureau erhalten wurde. Alle anderen Kosten, fiir Ver-
messung, Einschätzung u. s. w., hatten die Eigentümer zu tragen,
t'^ber die Zeit, in welcher die Reform beendigt werden könnte,
hatte man sich einigen Täuschungen hinge^'^eben, Richtie: in
( rang kam die Arbeit erst 1875. Am 30. August dieses Jahres
erUels der Staatsrat eine Verftlgung an die Bezirke (Nr. 154):
Allerdings sei die Grundsteuerreform nicht an ttbereilen. Würde
die Sache aber su lang hingezogen, so änderten sich tnawischen
die thatsttchlichen Verhaltnisse in den einzelnen Provinzen und
es wttrde zwischen diesen Ungleichheit eintreten. I >aher sei die
Reform während des Jahres 1876 (gemeint wohl das Finanzjahr,
das am 30. Juni 1877 endete) zum Abschlufs zu bringen. Das
Reformbureau drängte nun auch < Vcrrii^^ungen vom 23. Oktober
und 27. Dezember 1875). Trotz ]* m zo;^ die Erledigung sich
bis 1881 hin. Im Jalire 1882 konnte das Finauzminirsterium
seinen abschheiseuden Bericht an den Staatsrat erstatten.
III. Die Ergebnisse der Reform.
Die Ergebnisse der Beform und die geleistete Arbeit sind
in der Ktkrse die folgenden (vgl. auch die Tabellen). Zn be-
aditen ist, dals alles Folgende sich nnr anf Altjapan (ohne
Hokkaido und Okinawa) bezieht
Vor allem waren die Steuerfreiheiten geiallen. Bei
öffentlichen Tempeln blieb der Grund und Boden, auf welchem
die.se selhsf stehen, frei. Bei dem sonstigen, in einigen Fällen
recht bedeutenden Grundbesitz der Tempel be^ügte num sich
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X 4.
535
nicht mit Aufhetrang der Steaerfireihdti aondem säkularisierte ihn*.
Auf diese Weise wurden 70670 Cho von Shinto- und 43743 Che
von buddhistischen Tempeln eingezogen, während nur 25610 Cho
steuerfirei blieben, nämlich 16530 Cho von 132192 Shinto-Heilig-
tttmem und 9080 Cho von 51247 buddhistischen Tempeln und
Klöstern.
Von dem früher steuertreien städtischen Bauland, das seit
1872 der Steuer unterworfen war, wurden im ganzen liH)40
CIjo festgestellt im Werte von 3u6üü00Ü Yen, wovon die Steuer
916 192 Yen betrug, nach der ErmÄfsigung von 1877 765159
Yen (nach dem Budget für 1889/90 777841 Yen).
Die aufgehobenen städtischen Steuerfreiheiten TerteQen sich
ziemHoh ungleichmälsig auf das Land. In vier Bezirken (Saitama»
Chih«, Tochigi und Iwate) waren überhaupt ]v( ine vorhanden.
Von der ganzen Fliiehe kam mehr als ein Viertel auf die drei
Fu, niimlich 2418 Cho auf Tokyo, 1511 auf Kyoto und 1184
auf Osaka. Etwas über 1000 Che hatten noch die drei Bezirke
Aichi (1060), Niigata (1029) und Yamagata (1024). Im Süden
waren die städtischen Steuerfreiheiten verhaitnimnäisig wenig aus-
gedehnt
FinanzieU nicht gans so wichtig war die Ausdehnung der
Besteuerung von Wald, Grasknd und dergl. Vor der Reform
waren nicht mehr als 452989 Cho steuer|iflichtig gewesen, wo-
von 161 169 Yen Steuer entrichtet wurden. Durch die Beform wurde
eine steuerpflichtige Fläche von 7475398 Cho festgestellt. Wie
erwähnt, ist das t\)wv nielit das Ergebnis von wirkliehen Ver-
me^simgen. sondern von annäiiernden SehätzunLiin unt] dürfte
erheblich hinter der W alu'hcit zurückbleiben. Die öteuerlcistung
von die.sem Besitze sollte 74 1 732 Yen betragen, wa.s sich durch
den Steuererlafs von 1S77 auf 018 13G Yen verminderte, 456967
Yen mehr als die alte Steuer (im Budget fUr 1889/90 ist diese
Summe auf 680132 Yen angewachsen).
Die Grundsteuerreform aus diesen beiden Quellen ergab also
rund IVa Millionen Yen mehr, respektive IV4 MiUionen seit dei
Herabseiaung von 1877.
Wie das Steueraufkommen durch sonstige Aufhebung von
Steuerbetreiun;rf'n und die Steuern von dem <Miemaligen Tempel-
gut gewachsen ist, lalst sich nicht feststellen. Die Summe diuite
aber mindestens ' a — ^2 Million betrügen.
Von dem schon bisher einer 1 egelmäüiigen Besteuerung unter-
worfenen Lande erhöhte sich die Steuer bei den Sahglbrten, deren
^ Die Einziehung der T mpeleüter erfnlrt*' durch Erlafs des Staats-
rats vom Dezember 187ü {ohne näheres Datum). Dafür sollten trewusae
Reisrenten gegeben werden (1878 ak^elost). Nähere Bestimmuugt u über
die Aasdebnung der Einziehung ona darüber, welches Land etoueifrsi
bleiben solle, enthalten die Erlasse vom 24. Mai und 4. Joli 1Ö71.
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X4.
Auad^nung auf 6095 Cho festgeBteUt wurde (Ende 1887 nur
mebr 5557 Cho). Die Steuer d avon erhöhte sich von 25838
Yr^n auf610r>l Ypti respektive seit 1877 50887 Yen (im BuG^
lüir 1889 90 nur mehr 40 412 Yen).
Von dem eigentlicl! lündlichen Grn n rllipsit? . Acker-
land wie ländlichem l>auland. dagegen vermindf ric sich die
Summe der Steuer erheblich infolge der Retorm. I>ie
Angaben über \'ermehrung der steuerbaren Fläche haben bei
der Verschiedenheit der alten LanJmaise gerinjren Wert. Die
alte iteuerbare Fläche wird auf 3256658 Cho angegeben, während
die neu vermeeaene Flfiche 4822582 Cho betrug, Übrigens imtner
noch zu niedrig, wie aus der oben geschilderten Art der Ve^
messung hervorgeht. Wie groft der Zuwachs wirklich war, ist
nicht zu ermitteln, jedenfalls war er ziemlich erheblich. Am be-
deutendsten scheint er in den Bezirken Ishikawa (mit Toyama),
Nag^fi^aki (mit Saga) und Kagoshima (mit Miyazaki) gewesen
zu sein, ferner in Kanagawa. Niigatn und Napnio. Ganz un-
bedeutend war der Zuwaelis in den Bezirken Toku.^liima, Yaiiia-
guchi, Tokyo uud Kyoto, sodann in Fukuoka, Shiga und Waka-
yama. Im allgemeinen dürfte der Zuwachs an steuerbarer Fläche
im Norden starker gewesen sein ab in der Hütte and im Sttden.
Für ganz Alt}apan finden wir folgendes Ergebnb:
Flfiche
Cho
Wert
Yen
Grund-
steuer
zu
Grund-
steuer
zu 2'A.'"'o
^ pii
Gniiui-
Steuer
Budget
1889/90
Yen
Na80<!S Feld (Ta).
Trockcnfeld (Hata)
Buuland iu Laud-
2630654
1 «62 187
329691
1220145280
267 287291
108 965 707
86604362
8018622
3 11» 973
30503632
6 682182
2599143
80841020
6863299
2675156
LBadlieher Gnmd-
besitz zusammen
4 822 5^2
47 741^57
3U 784 957
40 ii79 470
Die alte Grundsteuer hatte nach den Durchschnittspreisen
in Geld umgerechnet 52206407 Yen betragen. Die Kefomi i
brachte also eine Verminderung f^er Last des ländlichen Grund- ^
b. Sitzes um 4 438 612 Yen nach dem Satze von 3^. o, um 12 395 612 |
Ven nach dem Satze von 2' 2 ^ o. .
Die ganze alte Grundsteuer hatte betragen
52 368 055 Yen.
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587
Sie war durch die Beform herabgesetzt auf 49 462 946 Yen und
nach dem Satie yon 1877 auf
41 21 0 1 39 Yen,
das war also eine V erminderung zunächst um 2905109 Yen,
dann um
11 1 48 916 Yen,
das sind gut 21 Prozent der ursprnn -glichen bumme.
Die ErmäfsiguMu vorteilte sicli aber höchst ungleichmäisig
über die einzelnen Laiidesteile, teiU infolge <ler sehr verschiedenen
Menge bisher steuerfreien Landes, teils infoke der neuen Ertrags-
und Steuerberechnung. Von den 39 BeBirken, in weLche 1881
Altiapan zeifiel, war nach dem Sata von drei Proient das Steuer^
aon^ommen nur in 22 niedriger als vorher. In 17 Bezirken war
ea hdher. Diese Bezirke lagen mit Ausnahme von zweien (Oka-
jama und Hiroshima) sämtlich in Mittel- und Nordjapan. An
der «xr^nzen Westkiif^te nnd im Südwesten (d. Ii. westlich von
der Uwaribuc'ht) war das Steueraufkommen lierabgesetzt. In
Mitteljapan erfuhren eine Ermäfsigung nur die Bezirke Chiba
xind Ibaraki. In den Stnmmländern der Tokugawa war die
Steuererhöhung zum Teil sogar sehr erheblieh (im Saitama-ken
23 Prozent).
Durch die Ermäisigung der Steuer im Januar 1877 änderte
sich das aUerdines. Es blieben nur drei Bezirke übrig mit höherer
Steneileistung als vor der Reform, Saitama, Iwate * und Tokyo,
die ersten beiden mit unbedeutenden Beträfen, während in Tokyo
die Erhöhung von 360000 auf 540 ono ^ en sich durch das Auf-
hören der st; id tischen Steuerfreiheit genügend reolitfTtiirt. In den
meisten nördliclion und mittleren Bezirken war jedoch die Kr-
ina Ibiguiv^'^ wenig erheblicli. Von den -^O Bezirken, in welchen
das .Steueraufkommen ;.'eringer war als früher, zeigen 12 eine
Verringerung von weniger als 1 5 Prozent : Kiigata 3, Miyagi 4,
Tochigi 6, Kanagawa 9, Gumma und Shizuoka 10, FnkuBhima
und Okayama 11, Gifii, Nagano und Yamanashi 13, Aomori 14.
Mit Ausnahme von Okayama bilden diese Bezirke mit den nicht
erleichterten ein zusammenhängendes Gebiet.
Dagegen zeigen 13 Bezirke eine Verringerung um 26 Prozent
und mehr: Kochi 46, Fuktioka 'MK Ishikawa 36, Nagasaki 35,
Kumamoto 30, Oita, Wakayama und Chiba 30, Yamaguchi 29,
Ehime. Yamagata und Hyogo 28, Shiga 26.
Rechnen wir als Kemland der Tokugawahernsehaft die Be-
zirke Tokyo, Kanagawa, Saitama, Gumma, Tochigi und Shizuoka
zusammen, so bewirkte in diesen die Grundsteuerreform zunächst
eine Erhöhung um bdnahe 17 Prozent und erst das Gesetz von
^ Id Iwate vennehrte .^ich daa im Privatberits befindliche stener-
Pflichtige Waldland gaos bedeutend.
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538
1877 eine Vermmdenuig von 2^2 PK»zent (die absolaten Zahlen
Bind 60S0270 Yen, 7052774 Yen, 5 877814 Yen).
Dagegen ergiebt sich fUr den siegreichen Süden, nnmh'ch
Kyuflhu, Shikoku und Yamaguchi-keo, wo die Shizoku ani Grund-
b^itz starken Anteil haben, eine Verminderung sofort um beinahe
18 Prozent, seit 1877 um 33 Prozent die absoluten Zahlen sind
12908855 Yen, 10609172 Yen, Ci84u92u Yen)'.
Um die durch die (rrundsteuerreform bewirkte Änderung in der
Belastung des O rund besitz es riclitig zu würfligen, ist jf-iloch
der Geldbetrag der 8teuer kein genügender Malssüib. Die alte
Steuer wiurde überwiegend in Reis bezahlt. Di^e alte Natural-
steuer und die Reis- und Produktenpreise, sowolil die bei der
Stenereinschätzung zu Grunde gelegten wie.. die späteren, sind zu
berücksichtigen, wenn man die wirkliche Änderung der Steuer-
belastung kennen lernen will.
Der £<rtragBschfitzung: bei der Steuerreform war der Durch-
schnitt der Preise von 1870— 74 su Grunde gelegt, wie er in den
dnzelnen i^esirken ermittelt war. Als Durchschnittspreis för düa
ganze Land war dabei festgestellt filr den Koku Reis 4yiss Yen,
fUr Gerste l,u78 Yen, für Bohnen (Daizu) 3,oi6 Yen.
\\'enn auf den folgenden Seiten der Versuch gemacht wird,
die Oninrl Steuer ganz auf Reiswerte zurückzuführen, ho hat das
nieht nur die Jiedeutung eines Vergleiches mit der Irüheren Zeit,
in welcher "vvirklicli der ganz überwiegende Teil der Steuer in
Reis enüiehtet wurde. Die Umrechnung der Steuer in Reis ist
vielmehr auch heute uoch der wirkliche Ausdruck der Belastung.
Denn die Grundsteuer wird von dem Omndbesitser auch heute
ganz überwiegend aus dem Erlte der Beisenite wirklich besahlt,
städtische Hausgrundstttcke natürlich ausgenommen. Das ist
sowohl beim selbstwirtschaftenden wie beim verpachtenden Grund-
eigentümer der Fall^ denn der Pachtzins, den letzterer erhäl^
Ix'steht fast immer in Reis, l^m sich das zur Steuerzahlung
nötige Geld zu verschaffen, wird der Reis auf den Markt eo-
bracht, die übrigen Feldfriiehte werden nieist unn\ittel})ar in der
bäuerlichen Wirtächatt verbraucht. Nur wo Handelsgewächse
(Seide, Thee) in gröfserer Menge erzeugt werden, liegen die
Verhältnisse etwas anders.
Eine Umrechnung der Grundsteuer m lu'i^ druck i ilaher
wirklich die Belastung der Grundbesitzer aus, viel genauer, als
eine Umrechnung in Weisen oder Boggen bei einer europftischen
Ghrundsteuer thun würde.
1 DtT '>teuemachlar8 von hat diese Entwiok» Iung noch weiter
versch.ult, indem von dem Nacblats auf die eretgeuanuten 1%05<7 Yen,
auf <iie letztgenannten dagegen 8.*)7 45m Yen kommen, ob||[leieb das bei
der Ketorm unmäfaig beg&stigte YamagQchi an dem neaerteu Naehlals
k«nen Anteil bat
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X 4.
589
BmchneB wir die Steaer ganz in Bei«, £N> war ne nach
dem Satae von 8 Ph»eDt gleich 11819102 Koku, wovon fünf
Sechstel, die Steuer seit 1877, gleich 9 849 252 Koka sind. Da-
gegen war die alte Steuer nach den Durchschnittspreisen von
1870—74 gleich 12513274 Koku. Der wirkliche Ertr^ der
Grundsteuer war seit Abschaffung der Landesherrschaften:
In den drei letzten Jaliren ist darin die Steuer von den
wird schlechten Ernten und abnehmender Aufsicht zugeschrieben.
Wenn nun im Durchschnitte der Jahre 1872 — 1874 die wirkliche
Steuereinnahme 11373 630 Koku betrug (wozu allerdings noch
später eingegangene Rückstände in unbekannter Höhe kommen,
später als Einnahm^- ^le« ersten Semesters 1>^7' verreehnet), so
ergab die Steuerreibrni zunächst für das Land als Ganzes über-
haupt keine Erleichterung, nur eine andere Verteilung. Erst die
Ermäfsigung der Steuer um ein Seehstel im Jahre 1877 hatte
dies Ergebnis. L)aruub folgt denn auch die politische Notwendig-
keit dieser Malsregel, um der steigenden Unzufriedenheit vorzu-
beug^ Die Bdie^preise der Jahre 1876 und 1877 waren im
Diurchschnitte des ganzen Landes denen von 1870—74 fast gleich»
Von da an äufserte nun die Papierwährung i!n n Einflufs, zu*
nächst durch ihre Entwertung, dann durch die Wiederherstellung
des Wertes. Berechnen wir. welche Menge Reis nach den Durch-
schnittspreisen jedes Jalircs dom dnn']i fVw Steuf-rreform endgültig
festgestellten Geldbetrag ckr < irmidsteiier gleieiikommt, so tinden
wir, da Ts es statt der ursprünghchen yö49252 Koku in runden
Zahlen waren:
1878
7 972 700 Koku
1879
&888400 -
1880
4441 700 - (!
1881
4 534 600 -
1882
5 525 400 .
1883
7 494 400 -
1884
8 721 700 -
1885
7 034 000 .
1886
8114 000 -
1887
8 751 400 -
Ein Blick auf diese Zahlen genfigt, um zu erkennen, welchen
ungeheuren EinfluTsauf die L«agedes Bauernstandes das Schwanken
des Geldwertes ausgeübt hat und wie sehr die Belastung der
^Grundbesitzer durcli die Grundsteuer infolge der Preisrevolution,
die Uber Japan hinweggegangen ist, sich geändert hat Von
1871
1872
1873
1884
12549354 Koku
12135195 -
11239 712 .
10745982 -
echnet. Die Abnahme der Steuer
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540
1877 bis 1880 eank die Belastung auf weniger als die Hlilfte.
Die 1880 ziir Bezahlung der Grundsteuer nötige Reismenge
war nur 35 Prozent der alten Grundsteuer ! Von 1880 bis 1884
dageti^en verdoppelt sich die Reismenge beinahe wii^fler. IiriTTier-
hin im Durchschnitt von 1884 8H die Reisnienge (7n25(»'M^
Kokuj nur H(i Prozent der 1877 benötigten und (33 Prozent der
alten (irunds reuer. Das nach Wiederlierstellung der Valuta ])•?-
hauptete Niveau der Reispreise bedeutet also eine weitere Er-
kkmterang der Grundsteuer f)lr das Land. Der Steuererlals yon
1889 ist nach dem Durchschnittspreis von 1884/86 gleich 618000
Kokuy das ist eine weitere Vermbderung der alten Steuer um
5 Prozent
Aus der ganzen Art der Einschätzung zu der neuen Grund-
steuer ist klar, dafs die Entlastun«};, in Reis bereclmet, in
den verschiedenen Landesteilen in s( hr verschit^ienem
Malse eingetreten ist. Von vornherein kommt e.«? darauf an. wie
in den einzelnen Landesteilen die Wertennittelung erfolgte, nament-
lich inwieweit die zu Grunde gelegten Durchschuittüpreise mit
der Wirklichkeit übereinstimmten und wie sich die Durchschnitts-
preise der Produkte weiter entwickelt haben.
Vor der Reform war der Verkehr swischen den einzelnen
Landesteilen wenig entwickelt An manchen Orten, Osaka, Tokyo
u. s. w., war ein reichliches Material vorhanden zur Fci^tstellung
der fUnfjjihrigen Durchschnittspreise (1870-^1874). In vielen
Gegenden a}>er kann bei der vorherrschenden Hauswirtschaft
und der direkten Hemuzun^^ des Reises für Zahlung von Gehältern.
Steuern etc. ein wirklioli genügendes Material kaum zur Ver-
fügung gestanden habend Dazu kommt ein Weiteres.
Man braucht nicht zu beaweifeln, dafs der gute W ille vor-
handen gewesen ist, die £inschlttEung möglichst gerecht und
gleichmä&g vorzunehmen. Es ist $}xt unbestritten, dafs der
anfilngliche Mangel an Erfahrung großen Einflufs auf die Ein-
sohfttzungsarbeit gehabt hat. Man war anfanglich schon zufrieden,
wenn man nur einigermafsen durchkam. Die Bezirke, in welchen
die Orundsteuerreform zuerst in Angriff genommen ist. sind in-
folgedessen lange nicht so scharf augefafst als die, wpkh.^
später und langsamer vorwärts kamen. Die daraus ♦-nt^truidt ne
Üngleicliheit ist wesentlich dem Süden zu statten gekommen. Im
* Trotz vieler Bemühun li ist es mir nur filr Osaka gelungen.
Angilben zu frbalten . weit h»' in ir^nügcndpr Weis»*» mit den bei der
Steuerrflonn benutzten Preisen verglichen werden können, welche sich
auf das Ende des Jahres, vor Zeit der Stenerzahlung, beliehen sollten.
Der Herieht des Ostaka-fu giebt filr die n^sakü^M^^^cnd treibst '> Yen 27 Scn
als Durehscbnittepreis. Aus den Börsen preisen ergeben sich folgend«»
Monatsdurchschnitte: November und Dezember zusammen 5 Yen Oö Seu,
Dezember allein 5 Yen 60 Sen, der darauffolgende Januar 5 Yen 4^ 8en.
D) r Uiitorschied gegen den Katasterpreit mag durch QnalitiUsiuitencbiede
zu erklären sein.
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541
Süden drttngte die an sich höhere BeeteueruDg zur Beschleunigung
der Reform. Dem Sttden entstammteD die leitenden Staatsmänner.
Es war auch naturgeoiäfs, dafs in den siegreiclien Landschaften
des Südens weniger strenp: durch ji^ep'iffen wurde als in dem
unterlegenen Norden, da die neuen Machthaber den Rückhalt in
iln eil Hcimatslandschatten nicht ert»chüttern durften. Nicht aulser
aelit darf man lassen, dals gerade im Süden die Shizoku, d. h.
die herrschende Klasse, durcli eigenen Grundbesitz an der Grund-
stBuer vid mehr intereaeiert waren ab In den anderen Landes-
teilen. Von den drei politisch besonders herrorraeenden Sod-
bezirken haben Yamac^uchi und Kochi eine aulserordentliche Er-
leichterung durch die Keform erfahren. Wenn Kagoshima daraus
einen TerhältDismärsig viel niedrigeren Gewinn gezogen hat, so
dürfen wir wohl daran denken, dafs diese Provinz 1877, gerade
in der Ilauntzeit der Ret'onn. .sich in offenem Autruhr befand.
So sind von vornherein in das Einschätzung werk Ungleich-
heiten i]^('kuinmen. Diese mulsien sich noch versehiirfen durch
die im Laute der Jahre 60 sehr geänderten l'rcise der Produkte.
Je entlegener, vom Verkehr abgeschnittener, wirtschaftlich un-
entwickdter eine OegßoA war, desto niedriger waren die Fh»dukten-
preise und desto mehr mume die Last einer Omndsteuer, die
auf den Produktenpreisen der Jahre 1870 — 74 beruhte, sich hei
der wirtschaftlichen Hebung des Landes von selbst vermindern.
Es liegt auf der Hand, dafs der Vorteil der Grundsteuerreform
um so gerini^er war, als die betreffend*» Gegend schon 1870 — 74
gute Verkell r>\\ ' ge. entwickeltes Wirtschaftsleben und daher hohe
Preise besala. Vergleiehen wir die durchsehnittliclien lieispreise
von 1870 — 74, wie sie der ( irundsteuerreform zu ( irunde gelegt
sind, mit den Durchschnittspreisen der späteren Jahre für jeden
Bezirk, so zeigt sich die ganz yerschiedenartige Wirkung, welche
die auf den ursprünglichen Preisen beruhende Steuerdnschätzung
im Laufe der Jahre in den verschiedenen Bezirken ausüben
mufste. Setzen wir die Preise von 1870—74 gleich 100 und
▼ergleichen sie mit denen von 1884, einem Jahre niedriger Preise^
so finden wir eine znsanimenhängende (Jegend in den leicht zu-
ginirigen Bezirken Mitteljapans, die um die Owaribucht herum-
liegenj Miye, Aichi, Shizuoka, \\ akayama, wo die 84er Preise
unter den ursprüngHchen stehen, nämlich gleich 07—09. Aufser-
ordentlich viel höhere Preise dagegen zeigen sich an den aufsersten
Enden der Hauptinsel. In Yamaguchi ist der Preis gleich 155.
Dort beruht abear die grofse Änderung wesentlich auf der unvoll-
kommenen Durchführung der Beform, wdche in diesem Bezirke
zuerst vorgenommen wurde. Der Reform wurde ein Reispreis
von drei Yen für den Koku zu Grunde gelegt, während iiir
1875 schon ein Durchschnittspreis von 5,38 Yen notiert ist.
Yamaguchi hebt sich auch scharf von seinen Nachbarbezirken
ab. Ist hier der 84er Preis ir>r) (gegen Inn 1870 74), so ist er
in Shimane nur 119, Hiroshima 117, Fukuoka 1U8, Oita 114.
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542
X 4
Aufser dieser Südwestspitze der Hauptinsel ist die gröfste
Preissteigerung im Norden eingetreten. An der Spitze fin'l<"n
wir Akita und Yamagata mit 150, Fukusliima und Iwate mit
136, Miyagi und Aomon mit 128 respektive 127. An Yamagata
schlielsen südlich an Niigata mit 132, Toyama mit 120, Nagano
mit liy, Gifu mit 117. Wir haben also an den entlegeubten
EaiesL aer Hauptiniel die Gebiete gröCster Steigung, denen neh
ein Strafen der Westküste entlang anschliebt. Dieser Streilen
wird aber in der Mitte durcfabroclien (Tottori^ Fukui, Ishikawa).
Wae südlich und östlich von jenen Gebieten höchster Preisau-
nahme liegt, hat nur geringe oder keine Steigerung anzuweisen.
An die erwnhnte Gruppe gesunkener Prpise in der Mitte des
Landes schliel'st sich im Westen Osaka mit nuv 103, Kyoto mit
101. Sliiga mit 104, Hyogo mit 100, im Uateii Kanagawa mit
105, Tokyo mit 104, Saitama mit 107.
Für die Gruudüteuer bedeutet eine bleibende Steigerung der
Produktenpreise eine entsprechende Erleichterung, die also am
gröfsten in Yamagucfai una im Norden war, in CSontraljapan gar
nicht . stattgefunden hat^ Erscheinen also iene Benrke infolge
der Änderung der Produktenpreise durch die Steuerreform be-
günstigt, 80 ist zu beachten, dal's im Norden die direkte Steuer-
omäisigung durch die Reform sehr gering war.
Weiter oben war aus den Durchschnittspreisen der einzelnen
Jahre berechnet, welche Rcisraenge in jedem Jahre dem bei der Re-
form festgestellten Betrage' der Grundsteuer gleich war. Nach
den Preisen von 1870 74 war die Steuer von 12,f> auf 9,» Milli-
onen Koku herabgesetzt, sank 1880 81 auf 4,6 Millionen und
stieg im Durchschnitt der Jahre 1884^86 wieder auf 7»« Millionen
Koku. Stellen whr die gleiche Berechnung an fUr einzelne Be-
zirke, so finden wir ganz ungeheuere Unterschiede in der durch
die Grundsteuerrelbrm gebrachten Erleichterung.
In dem mehrgenannten Yamaguchi-ken war die Reismenge
vor der Reform 270100 Koku und wurde finf 102000 Koku
herabgesetzt. Nach den Durclischnittsprei.^en von J 584 80 waren
Cb aber nur !uehr 1 IT» 700 Koku, nur 43 Prozent der Steuer
vor und h^) Prozent der Steuer nach der Reform. In Aichi da-
g(^eu, einem jener wenig begünätigteu Centraibezirke, waren es
yor derR^rm 431200 Koku, naä derBeform 362400 Koku,
nach den Prdsen 1884/86 immer noch 322700 Koku, also 75
Prozent der Steuer vor, 80 Prozent der Steuer nach der Beform.
Dort also eine dauernde Erleichterung nach der Reform um 40,
hier nur um 11 Prozent. In dem anderen begünstigten Sud-
bezirk, Kocln'. waren die betrefi'enden Reismengen 223300 Koku,
125200 Koku und 115 200 Koku. Hier also war die grolise
' Es ist 1ie;uhtenswert, daf;^ w.'ilufmd der wirtschaftlirlien Rrisis
IssH—.'s.', ;rerade aus dieser Getrniid die iautesten Klagen über Verschal-
duug und Not des Bauernatanues kauen.
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543
Ermäfsigung durch die Reform selbst eingetreten, die nachträg-
liche Erleichterung nur unbedeutend. Einen Gegensatz dazu bildet
Saitania. dessen St<'nerl<M*^tuDg durch die Reform von 2723(10
auf 279400 Koku stiru, uaoli dem Durchschnitt von 1884^6
dagegen auf 229 4om Roku sank. In Kochi war also die spätere
Leistung 50 und 92 Prozent der Steuer vor und nach der Reform,
in Saitama dagegen 103 und 82 Prozent.
Beachtenswert ist auch ein Veigleich der beiden Besirke,
welche der Reeel nach die hOchalen und die niedrigsten Reinpreu»
haben, n.imlich Gktmma und Yamagata. In Gumma sank die
nötige Reisnienire von 153400 Koku durch die Reform auf
143800, nach den Preisen von 1884 86 auf 118 200 Koku. In
Yamagata dagp.iren von 496200 auf 357 1 00 und 197100! Die
spätere Last war also in Gumma 79 und 84 Prozent der frülieren,
in Yamagata dagegen nur 40 und 5Ö i*rozent. 1 )ie Erleiciiterung
war in Yamajrata noch erlieblicher als in Yamaguchi.
Lciureich dürfte schliefslich ein Vergleich je der wichtigsten
ReisbeKirke des Südens und des Nordens sein, Fukuoka und
Ntigata Die der Steuer entsprechenden Mengen waren in ersterem
547600, 386 500 und 292700 Koku, in letzterem 593800, 573700
und 360100. Die spätere Belastung war also in Fukuoka 53
respektive 86 F^ocent der Steuer vor und nach der Reform, in
Niigata dagegen 61 und 63 Prozent. Anders ausgedrückt sank
die Steuer durch die Reform von 100 auf 61 in Fukuokn. auf
97 in Niigata, ermälsigte sieh aber nach den Durchschnittspreisen
1884 86 berfxL'hnet auf 53 in ersterem, auf 61 in letzterem Be-
zirke. Die Änderung der Preisse hat also nachtriiglich dem Be-
zirke Niigata eine ähnliche Erleichterung verschallt, wie sie
Fäkttoka oereits durch die Re&rm xu teil geworden.
Das Ergebnis der ganzen Untersuchung ist demnach, dafs die
Grundsteuerreform im Süden sofort, im Norden nachträglich durch
das Steigen der Prodoktenprcise den Grundbesitzern eine ganz
erhebliche Erleichterung gebracht hat. Wenig Vorteil hat da-
gegen Mitteljapan geliabt. Almorm ist die durch mangelhafte
ilinschätzuni; erfolgte Be^ünstiLTtinL'" von Yaniajxuehi.
Einige Ausgleielunig in dieae Verhältnisse iiat der jüngste
Steuerlal's gebracht, indnn da.s (ie>etz Nr. 22 vom 26. August
1889 die Ergebnisse einer teilweisen Revision der Einschätzung
des Ackerlandes yeröffentUcht hat, welche der Besteuerung vom
Jahre 1890 an zu Grunde zu legen sind. FUr ganz Altjanan
▼ennindert sich die Steuer um 3238264 Yen, nttmlich um 2 783787
Yen vom Reisland und um 454 477 Yen vom Trockenfeld. Mit
den Budgetansätzen flir 1880 90 verglichen, ist das eineErmäisigung
von 9,8 Prozent vom Reisland und von (),6 Prozent vom Trocken-
feld oder von 8.., Prozent im Ditrrhsehnitt beider. An der Ver-
teilung dieser Steuererniiifsigung über die Bezirke erkennt man
deutlich das Bestrei)en l>es8erer Ansgleiehunpr. Der so unrnnisig
begünstigte Yamaguclü ken hat keinen Anteil an der Erleichterung,
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544
«=^l>enso ^livagi. In dem durch die neuere Proisentwickolung be-
gunsügteü Norden ist die Erleichterung überall aelur gering. Be-
deutend ist dagegen die Ermälsigunfr namentlich in der bei der
Reform im Vergleich mit den Nachbarbezirken etwas zu kurz
gekommenen alten Satäumaherrschaft, den Bezirken KagOfibima
und Mijazaki. Die Erm&Tiiigung beträgt tn ersterem Beeirke
20 Fh»ent beim BeiBland, 21 Fhwent beiin Trockenfeld, in
letzterem Besirke 20 und 15 Prozent. Im alten Berarke Kago-
shima (der Miyazi^i mit umfitrste) war die Steuer bei der Be-
form nur um etwa 19 Prozent verringert worden.
Im übrigen konnnt die Ennüfsigung vor allem jenen cen-
tnilen Bezirken zu gute, welche durch die Orundsteuorreform
und die neuere Preisentwickelung, wie oben ausgeführt, ver-
hältnismäikig wenig begünstigt waren. Die Herabsetzung beträgt
nämlich
in für Beistand für Trockenfeld
Wakayama
19 «0
20 "/o
Tottori
18 -
19 -
Osaka
16 -
20 -
Hvogo
Eihime
15 -
15 '
18 -
11 -
Oita
14 -
11 -
Eochi
14 -
9 '
Shiga
13 -
12 -
Hiroshima
13 -
10 -
Miye
13 -
10 -
f )kavama
12 -
13 -
Nara (früher zu
Osaka)
12 -
12 -
Aichi
11 -
10 -
Kagawa (frilher
zu Ehime)
11 .
10 -
Gifu
11 -
8 •
Die Ungleich mäfsigkeit in der Wirkung der Grundsteuer*
reform ist so wenigstens in einem gewissen Grade bei^eitigt.
Die Grundsteuerreform hat einige Kategorieen im Privat-
besitz befindlichen Landes steuerfrei gelassen. I ber dlem
ergiebt sicii aus dem Bericht über die Durchluhrung dei- Gruud-
steuerreform Folgendes.
Arechi ist solches in PriTatbesits befindliches Lind,
welches durch Naturereigniflse verwüstet ist, aber wieder nutsbar
gemacht werden kann. Solches Land wird zeitweilig, bis zu
zehn Jahren» von der Steuer beireit. Bei der Reform stellte
sich heraus, dafs viel solches Land wieder völlig brauchbar
gemacht war, ohne doch Steuer zu zahlen. Die aus diesem
Grunde steuerfreie Flüche wurde daher erli»'l)licli vermindert.
Als Ann hi wurden anerkannt 11:^911 Oho Am meisten fand
sich in den Bezirken Miyagi (9271 Cho), Fukusliima (b(iG3 Choj,
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X i.
545
Shimane mit Tottori (7771 Cho), Tochigi (68B1 Cbo), Nagano
(6447 Cho).
Zeitweise steuerfrei ist femer neu urbargamaolitesL.'ind
(Kaikon - kuwa- shita - chi , unter die Hacke genommenes Land).
Von solchem wurden bei der Retörm 44 305 Clio ermittelt,
davon all^-in in Shizuoka 77b3 Cho, ferner in Iwate :]628 Cho,
in Akita lIoTh Clio, in Shimane (mit Tottori) 2373 Cho, in
Nagasaki (mit ^Saga) 1976 Cho. in Aichi 1902 Cho.
Ah ganz steuerfrei erscheinen Dorftempel mit S30 Cho,
Friedhöfe mit 10002 Cho und vöUig wüst gewordenem JLaud mit
44757 Cho. Von letEterem kamen auf Hyogo 5977 Cho, auf
Fükuoka 377d Cho, auf Akshi 3232 Cho. %af Ehime 3012 Cho,
auf Miyagi 2524 C9io.
Alles in allem hat sich die Grandsteaerreform
auf 12 543 770 Cho erstreckt in nicht weniger als
85440016 Parzellen, welche 6 0356d7Eigentttmern
ge hörten.
Über die Kosten, welche das grofiie Werk yeranlafst hat,
sind die Angaben leider nicht ganz vollständig.
Die Au!^p:n}>e des Stjiats und der Bezirke betnig zusammen
B Ol 2 901 \ n. iJavon k;imen aus der Staatskasse etwas Uber
zwei Millionen. Die anderen (> Millionen kamen aus der Stempel-
abgabe für die Besitztitel auf welche 1872 mit den Besitztiteln
eingefiiiirt und nach einigen Andenmgen von 1 Sen (bei einem
Werte von weniger als 2 Yen) bis 3 Yen 75 Sen (bei einem
Werte von mehr als 5000 Yen) betrug. Von jenen 8 Millionen
waren 672279 Y&a, Ausgaben der Centralhehörden, 7339912
Yen Aiu@Eib^ der Besirke. Erstere Summe stellt die Ausgaben
fbr das Beformbureau und fUr Ucrstellang der Besitztitel dar,
letztere Summe im wesentlichen die Ausgaben fUr Anlegung
der Kataster und für die Sachverständigen.
Die grofse Masse der Aus«^^aben entfiel auf „das Volk*,
d. }i. die 6rimflV)P?^it/.er in den ( iemeinfl<>n. Bi« Rnd^ des
Finanzjalires 1^- i^i waren das zusammen -!0UH5M)2 \ on,
doch waren noch nicht alle Keclinungen abgesehlos sen. Die
Hälft» dieser Summe enttiel allein auf die beiden .JaKre lb75 7(5
und lö76 77. Zu beachten ist natürlich, dals auch die oben
angeführten 6 Millionen Yen Stempelabgabe aus der Tasche der
Eigentttmer kamen j deren nachgewiesene Ausgabe also reichlieh
85 Millionen Yen betrug. Diese Summen enthalten nicht die
Oehidter der ohnehin vorhandenen Staats , Bezirks- nnd Ge-
meindebeamten, welche bei der Reform mit thlltig wurden, son-
dern nur die Gehälter der besondei^ fltr die Durchftthrun^ der
Keiorm Angestellten. Im ganzen wird die durch die Keforai
verursachte Ausgabe etwa einem Jahresertrag der reformierten
►Steuer gleich sein, reichlich 40 MilUonen Yen. Bei dem Um-
Fornohungen (45) X 4. — Katiigen. 85
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546
X 4.
fan^ des Werkes ist das wohl nicht als ein iihermäfgiger Auf-
wand anzusehen, doch ist er inniierhin sehr beiraciitiich
Auffallend ist, wie verschieden die Kosten in den einzelnen
Landesteilen waren. 80 war die Bezirksausgnbe in Osaka nur
35258 Yen, in dem benachbarten Hyogo, mit fast gleichem
Steueraufkommen, dagegen 378060 Yen. Die „Volks" -ausgäbe
betrug in Osaka nur 99215 Yen, in Ishikawa (mit Toyama)
dagegen 1678083 Yen.
IV. Weitere Entwickelung und jetziger Zustand
der Grundsteuer.
Bei Beginn der Grundsteuerreform war in Aussicht ge
nommen, alle fktnf Jahre eine Revision der Einaclifttzung vom-
nehmen (Verordnung über £iDfUhnmg der Onindsteuer in Tohyo
§ 23, Gesete 53 vom 12. Mai 1874 s. 0. S. 528). Im Mai
1880 jedoch wurde bestimmt, dais eine allgemeine Revision ftr
das ganze Land gleichzeitig im Jahre 1885 stattfinden solle.
Ehe es jedoch dazu kam, erschien Gesetz Nr. 7 vom
15. März 1884, welches ftir Altjapan die Grundsteuergesetz-
gebun«^ aufs neue zusammen fafste. i >is neue Gesetz war in der
HauptRaclie eine Neuredaktion der m allerlei Gesetzen und
Verordnungen zer.->tre!iten Bestimmungen , welche sämtlich auf-
gehoben wurden. Es enthielt jedoch zwei wichtige Abweichungen
von der bisherigen Gesetzgebung. Einmal entledigte sich die
Regierung der Verpflichtung au einer allgemeinen Revision au
bestimmter Zeit § 8 des neuen Gesetaea sagte nur: Sollte dne
allgemeine NeueinschHtaong nötig werden, ao wird das durch
eine Verordnung bekannt gegeben werden. Femer entliielt das
neue Gesetz keinerlei Bestimmung über eine zukllnftige Herab-
setzung der Grundsteuer, während Art. 6 des Gesetzes von 187*^,
wie man sich erinnern wird (S. 527), imvorsichtigcrweise erklärt
hatte, dafs der eigentliche Hotrag der (irundsteuer v'm Prozent
d^ Wertes sein solle und dal« nach Malsgabe der Eintuhrung
anderer Steueni die Grundsteuer allmählich auf diesen Satz ver-
mindert werden wttrde. Inswischen war die ESnnahme aus an
deren Stenern erfaeblich ▼ermehrt Die Qrundateuer war aller-
dbga 1877 von 3 aaf 2,« Prosent vom Werte herabg^etat
Seitdem war aber von weiteren Steuererlassen keine Rede ge-
* KId Vergleich mit europäiscbcu Grundsteuerretormen ist wohl
kamn mr>^liclL Angesichts des asiemtich fnimmarisehen Voi^Uireiis er-
gcheiiit die Ausgabe im Vergleich mit Luropäischen Staaten hoch. Doch
»ind die grofseu Schv%'ipriL'"KHtPT) , cicv Miimrel an Vorarbfiten , an Er-
fahrung u. 8. w. in Betracht zu ziehen, sowie die ungeheure Zersplitte-
rang <^ PaneUen.
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X 4.
547
wesen. Jenes unvonichtige Versprechen war aber fUr die Oppo-
Bition ein willkommenes Agitationsmittel) besonders in jener Zeit
allgemeiner Klagen über Steuerdruck. Die Beseitiirung des un-
bcxjuemen Paragraphen ;ius der vStonergesetzgebung scheint ein
Hauptgrund fUr Erlafs de« neu« n Gesetzes gewesen zu sein.
Weitere erhebliche Neuerungen hat erst das Jahr 1889
ebracht. Durch Gesetz Nr. IS vom 22. März d. J. wurden
ie fUr die Gnmdsteuerpflicht bislier mal'sgebcnden Besitztitel
(chiken) abgcächafft. Die Grundsteuer wird iimibrt erhoben aui
Qfimd der Ton der ErdebekOfde (Qnn» Stadtkreia^ Inadgouver-
nement) zu {Ührenden Rfttaster (TochidBicho: Lendwertr^rister).
Über diese Kataster erging eine EaiserUehe Verordnung ^r. 89)
▼om gleichen Tage. Neben dem Kataster bestehen seit 1887
die von den Gerichten zu führenden Grundbücher, welche der
Erhebung der Registergebtkhren dienen.
Zu bemerken ist femer die bereits erwähnte Ermäfsigung
der Ornndstf-iier durch Gesetz 22 vom 26. August l^S9, tuirch
welclie.s das Ergebnis einer Revision der Einschätssung des Acker-
landes verÖft'entHcht ist, welche seit 1^85 im Gange war, anstatt
der ursprünglich in Aussicht genommenen allgemeinen Revision.
Die Ergebnisse dieser Revision sind bereits oben besprochen ' .
Endlicli wurde durch (iesetz 80 vom 29. November 1889
das Gesetz von 1884 einer Revision unterworfen. Neben einer
Reihe redaktioneller Veriiaderungen kommt niAteriell in der
HanptMushe nur eine Auadehnnng der Fristen in Betracht, wäh-
rend welcher turbar gemachte oder verbeeaerte Grundatücke
ateaerfim sind.
Der Zustand der Grundsteuer nach Abachlufs
der Reform stellt sich folgendermafsen dar.
Alles in Privatbesitz befindliche Land, mit den im Qeseta
bestimmten Ausnahmen , bezahlt jährlich als Grundsteuer zwei-
undeinhalb Prozent von dem Schätzungswerte^ wie er im Besitz-
titel, sdt 1S89 im Kataster, angegeben ist
Steuerbares Land ist in awei Klassen geteQt. Die erste
Klasse serMt in folgende Abteilungen:
Reisfeld,
Trockenfeld,
Bauland in Landbezirken,
Bauland in Stttdten,
Salzfialder,
Heilquellen.
* Über dio Ei^ebninae der gleichzeitig voigenommenen teilweisea
NeuTermesbUDgeii vgl. 8. 301 t. und Ö.59.
35*
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548
Die zweite Klasse zerfUUt id
Teiche,
Wald,
Grasland,
Sonstiges.
Übergang aus einer Klasse und ans einer Abteilung in
die andere tedurfte bis 1889 der GeDebmigung der ßenrks-
regierung , ebenso Umwandelnng steuerfTeien in steuerpfliohtlges
Land. Seit dem Gesetz vom 29. November 1880 ist nur vaskit
Anzeige erforderlieh. In diesen Fällen bat eine Vermessung
und Neueinschätzung stattzufinden.
Wird Land urbar gemacht, so wurde bis 1889 ein*' P.ode-
frist fwr>rth*c]i Hackefript) von höchstens 15 Jahren gewährt,
^^ ahrend weicher die früher fiir das Grundstück zu entriclitende
»Steuer weiter zu zahlen ist. Die Rodefrist kann einmal er-
neuert werden. Nach Ablauf deren ist das Land nach seinem
neuen Znstand einzuscbäüsen. Das Gesetz Ton 1889 bat die
Fristen aUe verlängert, welcbe nunmebr bis zu 80 und 50 Jabren
ansteigen.
Ist ein Grundstück durch Naturereignisse verwüstet, so
kann die Grundsteuer für eine Zeit ?on luklistens zehn (jetzt 15)
Jahren erlassen werden. Hat es nacli AV)Luif der Frist nicht den
vollen Wert wieder erlangt, so kann aiit weitere in Jahre bis
zu 30 Prozent Stenern achlafs gewährt werden. Ist es aber noch
ganz verwüstet, so ist eine zweite steuerlreie Frist von höchstens
zehn (löj Jalireu zu gewähren. Hat es nach der zweiten Frist
seinen alten Wert od« seine -frtthere Klasse nicbt m&3ier er-
reicht, so ist es nacb seinem gegenwärtigen Zustand einzn*
schätzen. Bei Grundstücken, velone durcli Flüsse, Seen oder
das Meer dauernd unter Wasser gesetzt sind, kann die zweite
Frist bis zu 2() Jahren betragen.
Steuerfrei werden solche Grundstücke, welche frir öffendiche
Selnilen, Shinto-Tempel und ! k^gräbnisplätze, ferner tiir J^rw-isse-
rungsreserv'oirs . Bewässerungsgräben, Deiche und öllmtJiche
Wege verwendet werden. Die Umwandlung steuerpflichtigen m
steuerfreies Land bedurUe bisher der Genehmigung, jetzt nur
einer Anzeige.
„ÖffenSiobes Land'' (ttber welches die Gesetze ^on 1884
und 1889 nicJits sagen) zahlt keine Staatsgrundstener, in gewissen
Ftfllen aber Kommunalsteuera (S. 277).
Yerln iir lic'hung von Grundbesitz, heimliches Urbarmachen
und Andern der Ivlassifikation ist nn't niäfsi^ien (Teldstraft^n be-
droht, welche bei freiwilligem (iestiindnis sogar erlassen werden.
Die Grundsteuer ist in Ocld zu zahlen. Nachdem das
Gesetz über die Reform der Grundsteuer die Zahlung in natura
abgeschafft hatte, wurde wegen vieltacher Ivlagen der Bauern
über die Schwierigkeit, bares Geld zu beschaffeni durch Gesetz
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549
80 rom 22. Oktober 1877 gestaltet, dafs yoD ReiBland (nur von
diesem) die Hälfte der Steuer in Reis gezahlt werden dUrle.
Die Rcisinenge war zu berechnen nach den der Steuerrefonn zu
Grunde gelegten Marktpreisen'. Die. welche von dieser Ein-
richtung Gebrauch macheu wollten, hatten sich bis zum 31. De-
zember zu melden und bis zum 31. Januar den Betrag einzuliefern.
Von dieser Lmriciitung ist thatdächlich wenig Gebrauch go-
mAdit Das iit idion aus dem einfachen Grunde begreiflich,
weil der Beispreis fiMt nirgends Iflngere Zeit auf den Imis der
Jahre 1870 74 zurückgesunken ist. Dasu kam, dafs die ganae
Sache ftlr den Bauern höchst mühsam war wegen der strengen
Anforderungen an Verpackung und Qualität. Der Reis mulste
vielfach ziemlich weit vom Bauern transportiert werden fz. B.
aus Nng^mo an die Westküste), wofür ihm nur ein geringer Be-
trag vergütet wurde. Im ersten Jalu'e der neuen Einrichtung
wurde sie in 10 Bezirken benutzt und rund 30000 Koku Reia
eingezahlt. Am meisten geschaii es im Finanzjahr 1883 84, in
welchem in 22 Beairken etwa 100000 Koku m natura gesahlt
sind. Seitdem hat es rasch abgenommen. 188&89 ist es nur
in den beiden Beurken Kochi und Hyogo geschehen, und die
Menge war nur 1200 Koku. Auch die Staatsverwaltung hat an
dem Reis wenig Freude gehabt An jenen 100000 Koku von
1883 sollen 70000 Yen verloren sein^. Trotzdem hat man sieh
lange gescheut, die ganze Naturalzahlung endgültig abzuschaften.
Erst nach der neuerlichen Steuerrf*vi>^ion und mit ausdrücklicher
Berufung auf sie ist das diu'ch kaiserliche Verordnung 107 vom
27. September 1889 geschehen.
Gleichzeitig mit jener Erlaubnis, die Steuer von Reisland
halb in Reb au zahlen, wurde eine weitere Einrichtung ^etroffim,
um die Zahlung der anderen Hülfte der Steuer au eikichtem.
Um den Bauern nicht zur 8oforti|;en Verftafserung eyentuell Ver-
schleuderung dos Reises zu zwmgen, wurde ihm gestattet, bis
zum Ende Dezember eine nach den Marktpreisen jedenfalls ge
nUgende Menge Reis in einem im Verschlufs der Gemeinde be-
finalichen Speicher zu hi Interieuren. Von dicf^em Reis konnte er
verkaufen und den Erlös zur Bezahlung der Steuer verwenden.
War auf dieac Weise die Steuer bis zum 1. Juni nicht ganz be-
zahlt, so war der Reis öffentlich zu verkaufen, ein eventueller
Übenchufs dem Steuerpflichtigen anssukehren. Die Bennteung
dieser für die Verwaltung wenig bequemen Einfichtung wurde
in der Folge wesentlich erschwert (vgl. Verordnungen 39 vom
29. Noyember 1877 und 35 yom 19. September 1879). Sie
i Durchachnitt der Jahre 1570—74. Vgl. dazu Ausfiihrungsverord-
Höngen des Fmansmiidsteriains Nr. 40 vom 29. November und Nr. 46
vom 20. Deaember 1877.
^ Alles Obengesagte beruht auf Auskunft ans dem flnanzmim-
stehum.
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550
X 4.
acheint thatsächlich wenig benutzt zu sein, wa8 auch ganz be-
greiflich ist, wenn man bedenkt, dafs der Hinterleger alle Gefahr
nir Verminderung durch Dicltstahl, F«M?er, Wasser etc. zu tra^i^eii
hat, dafs nur Reis erster Gute hmteriegt werden darf und dafs
das ganze Verfahren seit 1879 nur zulassig ist, wenn der licis-
preis unter denjenigen fällt, welcher bei der Steuerrefonu zu
Grunde gelegt ist, was nii^ends auf längere Zeit der Fall gewesen
ist. Die Abflchaffnng auch dieser Einriehtnng steht bevor.
Die Termine für Bezahlung der Grundsteuer haben
mehrfoche Änderungen er&hren, dmn wichtigste folgende sind.
Durch Gesetz Nr. 53 vom 14. Juli 1877 wurden Dir Beidaad
und anderen Grundbesitz je drei Steuertermine emgefUhrt^ von
welchen erstere vom 1. Öezember bis 30. April, letztere vom
1. Juli bis 15 Dezember liefen. Bereits im Februar 1881 (Nr. 14)
wurden die Termine wesentlich verkür/t. I )i( Stmer vom Reis-
land war in zwei Terminen 7.u entriehien, huih vom 1. November
bis 15. Dezember, halb vom 1. Januar bis 28. Februar, alle
sonstige Grundöteuei gleichfalls iu zwei Terminen, halb vom
1. Juli bis 31. August, halb vom l. September bis 31. Oktober.
Ober diese Einriehtnng erhoben sich bala die lebhaitesten Klagen,
weil dadurch der Bauer gezwungen sei, seinen Reis unmittdur
nach der Ernte miSglichst sehnell lo8zu6ehIa<;en, was von den
Kauf leuten zu Ubermttrsigem Drücken der Preise benutzt werde.
Bei der damaligen stetigen Erhöhung des Wertes des Papiergeldes
tiel der Reispreis ohneliin unuuterbroelien. Ef unterliegt wohl
keinem Zweifel, dal's es zum Teil der ungeschiekten Anordnung
der bteuertermme zuzuschreiben ist, wenn damals die Reispreise
sehr viel schneller sanken, als der Geldwert stieg. Im Winter
1884/85 wurde der letzte Termin für die Reislandsteuer um
einen Monat Terlängert. Durch Nr. 15 vom 15. Juni 1885
wurden die Termine ftbr die Beislandsteuer auf vier yenuehrt
und erheblich ausgedehnt, während die beiden anderen Steuer-
termine bestehen blieben. Die gcgenwttrtige Verteüung der Steuer-
tennine ist wie folgt:
1. Termin: 1. Juli bis 31. August: Hälfte der Steuer von
aUcm, was nicht Reisland, rund 5,6 ^iillionen
Yen.
2. - 1. September bi^ öi. Oktober: Desgleichen, rund
r),5 Millionen Yen.
3. - 1. November bis 15, Dezember: Em ^'iertel der
Steuer von Reisland, rund 7,7 Millionen Yen.
4. - 16. Dezember bis 25. Januar: Desgleichea, mnd
7,7 Millionen Yen.
5. - 21). Januar bis 81. Hän: l^^es^^chen, rund 7,t
Jdülionen Yen.
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551
6. Tennin^: 1. April bis 20. April: Da^gleidien, rund 7,t
MülioneD Yen.
Auf diese Weise ist die Zahlung der Steuer jetst gleich-
mälsi^er über das Jahr verteilt Die alte Überlieferung, möglichst
schnell mit der Steuererhebung der Ejmte zu folgen, ist aber noch
immer erkenntlich Japanische Finanzbeamte behaupten auch,
dafs das bei dem Mangel an Voraussicht, der dem japanischen
Bauern eigen, durchaus nötig sei. Für die Zusammendrän^ung
der Hausgrundsteuer auf einen Sommer- und einen Herbsttermin
ist, bei städtischen Grundstücken wenigstens, gar kein Grund
ersichtlich.
Die Chrundeteuer wird «rfaobeo durch die Gemeinde^ wMm
die Einnahme auf ihre Kotten und Oefidir an die Staatskasse
einzuaahlen hat Sie erhält dafUr kerne Vergütung. Einziehen-
der Beamter war bisher der Gemeindevorsteher, seit Inkrafttreten
der Gemeindeordnungen von 1888 der Gemeindeeinnefamer (vgl.
Gesetz 0 vom 18 März 1889 über die Erhebung der Staats*
steuern). Dem Steuerpflichtigen ist 15 Tage vor Beginn des
Zahlungstermines ein Steuerzettel zuzustellen. Hat der Steuer-
pflichtige 3 Jahre nach Ablauf des Tennines keine Mahnung
erhalteu, so ist die Steuert'orderung verjährt.
Ftlr die Zahlung haftet der Jedesmalige Eigentümer, bei
verpfändetem GrundbesitB der PfiuiabetitBer'.
Bei schlechter Ernte tritt km Nachlais der Steuern ein.
Die Leute wüfsten das und müfsten sich darauf einrichten, sagt
Nr. 62 vom 1. September 1877. Wenn aber durch NaturereigniaBe
die Ernte in einer Gemeinde zur Hälfte oder noch mehr ver-
nichtet ist , 80 konnte die Zahlung halb oder ganz gestundet
werden und war in den nächsten 5 bis 10 Jahren abzuzahlen.
Die Erfahrungen mit dieser Einrichtung waren nicht günstig.
Bei Emteaustlillen , welche durch Naturereignisse herbeigeführt
wurden, stellte sich heraus, dais die Bauern stets in grolse Not
kamen, dafii de ddi nicht in guten Jahren auf schlechte ein-
* Nach der Änderung des Finanzjahres sfi hh zum Budget für
1889/90 ist die Einnahme aus dem letzten Tennin zu den Einnahmen
des am 31. März endenden Finanzjahres gerechnet worden. Im Finanz-
jahr 1889/90 ist dieser Termin aber zn den Einnahmen des Jahres ge-
rechnet, in weleVicf er fällt. Die P>gebnis8e des Finanzjahres If^s^
Bind deshalb, weil um diesen Termin verkürzt, mit denen anderer Jahre
nicht vergleichbar.
^ Ehe Elmte von den Troekenfeldeni beginnt in der Haaptsache im
Juni, die von den Reisfeldern im Oktober, die Steuerzahlang von entoreo
am 1. Juli, von letzteren am 1. November.
* In Japan erhftit bei Verpflüidiing von Gnindbesitz nicht selten
der Pfaodgläubiger den Besitz, was bisher durch Aushiindi^ng des
Beeitztitels erleichtert war. Das Hechtsgeechäft heifst Shichi-ire, Ver-
pfändung ohne Besitz Kaki-ire. Gesetz Nr. lö vom 17. Januar 1673. —
Seit 18^ ist Eintngimg in das OrandbDch erfordertieh.
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X 4.
richtetoi, wie d«r OptimismuB der FinaiiEverwaltaiig von il
erwartete.
Bereits in seinem begleitenden Bericht zum Budget filir das
Fin^ji^ 1879 80, unter dem Datum des 26. Juni 1879, sagt
der Finanzminister, da.s System bewilLre sic}i nicht, es sei zu be-
fiirchten, dals schlieislich aller OrundV-sitz mit Ihickstniiden be-
hattet sei. In Zukunft sollten aus einem besonderen Fonds bei
Kotständen den Bauern Beihülten p:ewiihrt werden, statt der
Steuerstundung. ÜierfÜr wurde iu das damalige Budget eine
Summe von 1200000 Yen eingestellt (wovon 845957 Yen aus-
gegeben sind).
Im Verfolg dieser Richtung erging am 15. Juni 1880 das
GeBets 31 über die Emrichtung des fifilfsfonda, die unten
ntther besproehen wird, wodurch das GesetB 62 Uber die Stundung
der Qrundsleuer vom 1. Januar 1881 an au^ehoben wurde.
Wie grofa der bis 1881 eestenerte Betrag war, iat nicht
bekannt gemacht, aber die jährliche Einnahme an rttckatändiger
Orundateuer geht aus den Abrechnungen und Budgets seit 1^0
hervor.
Es waren nach den Abrechnungen
188081 139418 Yen,
1881 82 810947 -
lb82 83 1059350 -
1883/84 1130297 -
1884/85 1027551 •
1885 86 899 920 -
1886 87 797474 - (?)
1887 88 590059 -
1888 89 230479 -
Kacii den iiudgets
1889 90 335 273 -
1890 91 279030 -
Nach Aufhebung des Qeeetsee von 1877 muTste der Betrag
dauernd abnehmen; die letzten Raten mttosen, soweit Veilln>
gerung der Stundungen nicht gewährt ist, die des Budgets
hr 1890/91 sein.
Seit 1881 sind aus dem HttUsfonds an Beihttlfe sur Grund*
Steuerzahlung geleistet worden
ohne Veipffichtuug
im Fiuans- ab Darlehen rar Bu4»zahliiDg
jähr Yen an Personen Yen an Personen
1881 H2 4 994 1324 810 417
1882 83 24044 3308 201»9 477
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X 4
553
im Finanz-
jahr
1883/84 1
1884/85
1885/86»
1886/87
1887/88
188Sr/89
Yen
253 804
190859
303 238
68092
23714
14080
als Darlehen
an Personen
87028
48118
69794
21 121
7678
3826
ohm- Vf rpflichtUDg
zur liücKzahlung
Yen an Personen
121937 89321
41059 34 341
58576 30Ü14
84306 14081
18237 7557
7891 3695
Das Verfahren gegen säumige Steuerzahler Ut
Q^eregelt durch Geiete 79 vom 25. November 1877, während
bis dahin KoDkuraerklärung erfolgte Ist Jemand 30 Tage mxk
Ablauf des Steuertermins noch mit der Zahlung im Rückstand,
so ist das Grundstück öffentlich zu verkaufen. Aus dem ElrUto
werden die Kosten des Verkaufs und die rückständige Steuer
bestritten. Findet sich kein Käufer, wird das OrimdstUck kon-
fisziert. Im Falle des Konkurses oiler des Zwangevcrkaiifs
we^en rückständiger Bezirks- oder tjemeiDdesteuern hat die
Staatssteuer ein Vorzugsreclit, selbst wenn noch nicht fällig, so-
bald der Steuerzettel zugestellt ist
Über die stattgefundenen Steuerexekutionen sind neuerdings
die Zahlen seit 1883 bekannt gegeben (einschl. Hokkaido). Sie
bedeben sich auf die Staatsgrundsteuer wie Auf die kommu-
nalen ZuachlKge.
Das Exekutions\ ei taliren wurde eröflnet
gegen i'eräonen wegen rUckätündiger vou einer Fläche
Beträge yon
Yen
Gho
1888/84
38854
25889
4531
1884/85
70;605
30538
8318
1885 86
108055
26423
8933
1886/87
61256
10656
11935
1887'88
35 09(3
6403
5869
1888 89
11619
2 941
3621
Von der Flädie war
Acker- and Banlaod Wald*, Qrseland etc.
1883/84
2865 Cho
1666 CSho
1884/85
4430
3888 -
1885/86
4 765
4168 -
1886 87
3512
8423 -
188788
1446»
4423 -
1888/89
1012
2609 -
> 1883'Ji4 herrschte Dürre in Mitteljapan, fanden in derselben
Gegend grofse Überschwemmungen statt
bevor.
Ala ich Japan verUefs, stand eine Ncai^elaug des Qcigenstaades
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554
X 4.
Von der Fltfche wurden
onentncD
konfisziert
durch Kreis- und
x^guliert
Cho
Cho
Cho
1883 84
3482
512
537
1884 85
4 527
3185
606
1885 86
2216
' 814
1886,87
8467
2814
654
1887 88 .
2 «41
2965
263
1888 89
1 Ol 5
1 760
216
l>ie Konfiskation betraf liberAviegend das Wald- und Gras-
land (1887 88: 2704 Cho, 1880 87: 2087 Cho, 1885 86: 1349
Cho, 1884 85: 2 233 Cho), tür welche«* also Käuitir um schwie-
rigsten sich fanden.
Von den belreifenden Grundstücken war
der Steuer- der ErlOo
die Bteoenrerwal- davon war
wert
tiuig verlor
StaatiBteiMr
Yen
Yen
Yen
Yen
1883 84
905 654
267 187
6186
3 824
1884 S5
1 260 606
437 519
8453
3146
1885 86
1342399
544 192
4 618
2685
188687
754511
279597
2199
1237
1887/88
326 235
132004
2 347
588
1888/89
225526
93311
284
220
Der Grund der Exekution war bei folgender Zahl von
arsonen
Annnt
NachläseiM
Wirtschaft
mbekaoiit
1883/84
24 048
9318
479
1884 85
54508
14887
1210
18H5 86
86690
19816
1549
18b6;b7
443b7
16697
172
1887 88
22052
13044
1888/89
6728
4891
Von den rückständigen Summen kamen auf
ötaatflsteuer fiesirkssteuer GeoieiiMieBtflaer
Yen
Yen
Yen
1883/84
19 900
3506
2483
1884/85
19511
7467
3 555
188586
15998
4 528
5897
188687
6359
2422
1875
1887/88
2484
2708
1211
1888/89
1968
448
540
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X 4.
555
Betraditet man die absoluten ZaUen, so iet die Zahl der
betroffiBiien Penonen recht erheblich^ yerbältmsmärsig unbedeutend
dagegen die flftcbe und deren Wert. Im höchsten Jahr ( 1 885/86)
ist letzterer noch nicht ein Tausendstel des Wertes der ganzen
Steuerpflicht ifTfTi Fläche im Lande. In (len vier Jahren 188B ^7
zusammen nur etwa ein Viertel Prozent und das in Zeiten einer
schworen Krise! Man darf daraus wohi den JSchiuls ziehen, dafs
die japanische Grundsteuer verhältnismäisig mit aulserordeDtlich
grolser Leichtigkeit eingeht.
t^hngt IIb sind die mitgeteilten Zahlen in vielen Beziehungen
bemerkenswert.
Dem europäischen Beobachter lallt sofort der Gegensatz
zwischen der grofsen Zahl von PersoDi n und dem geringen Be-
trag der Rückstände auf. Der rückständige Betrag war für die
Penon duicfaachnittlich 1883/84 7l5V> Sen, 1884/85 43 Sen,
1885/86 24>/2 Sen, 1886/87 sogar nur IT'/s Sen, 1887/88 18V/4
Sen, Allerdings wird unter der Zahl der Personen eine Anzahl
yon Doppelcftmungen ▼orkonunen, da es nicht »elten ist, dal's
eine Person Grundbesitz in mehreren Gemeinden bat. Doch
kann das die Zahlen nicht sehr erheblich ändern. Nicht zu
ubersehen ist aucli, dals du- Statistik nicht etwa rtickständige
Jahresbeträge (h-r Grundöteuer, öuiidern rückständige Termine
zählt, deren es für Keishind vier, für andere.s Land zwei im Jahre
fiebt. Das erklärt aucli, warum die durclmciniiidich auf eine
^erson fallenden rttflkatändigen Beträge in den ersten beiden an-
geführten Jahren höher sind: bis 1BQ5 gab es auch fbrKeislaDd
nur Bwei Termine.
Sehr auffallend ist das Verhältnis zwischen dem geschätzten
Wert der Orundstücke, dem ErlOs dafür und dem rüdurtändigen
Steuerbetrag. 1886/87 ist wegen Rttekettlnden von nur 10646
Yen über Grundstücke Exekution verhüngt, welfihe su einem
Steuerwert von 754511 Yen eingeschätzt waren, aber nur 279597
Yen brachten, 37 Prozent des Steuerwertes. Im Jahr vorher
waren es sogar nur 32 Prozent. Der Erlös war das 2tjtiEWihe der
Steuer, derentwegen exequiert wurde, und doch tieien noch 2199
Yen, üUr ein Fünftel der Steuer, aus. 1884/85 sind SQgar
28 Prozent ausgefallen, 1887/88 '67 Prozent.
Alles dies driitct auf dvn stiirken Druck hin, welchen die
Grundsteuer infol^« ilei wirtöcijalthchen Krise der Jahre 1 883/85
ausübte. Der P>xekiition verfallen in der Hauptsache nur Leute,
hallen daa Obmli bestätigt
AngeskihtB der kleinen Betrüge rückständiger Kommnnai-
steuern smd noch folgende Zahlen beachtenswert.
• Der Exekution verhelen Personen
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556
X 4.
nur wegen wegeu Staats- nur wegen
Sta&täeteuer und Kommunal* Kommuual-
■teuer »teuer
1883/84
1884/85
1885/86
1886 87
1887/88
16025 5344 12169
84228 9184 26479
56869 17685 82865
17381 12403 29018«
9235 5912 19668
Gans merkwttrdig werden mandie der ZahlenTerhAltniiM,
wenn wir auf ihre Verteilung auf die Bezirke eingehen, welche
für die Jahre 1885 86 bis 1888 89 veröflfentlicht ist.
Da finden wir, um einige der auftallendsten Zahlen henror-
zuh'»ben, flafs im erstgenannten Jahre Vamaguelii an der Spitze
steht mit 1 8 1 2li Personen und einem iSteuerrüekstand von ^1/?
Yen. Das bezog sich aber nur auf 7(\77 Cho im Steuer werte
von 5269 Yen, welche nur 3671 Yen brachten. Inden niiclisten
Jahren da^e^eii ateht Yauia^ucLi unter den günstigsten Bezirken
mit 92 Peraonen und 84 Yen Rackstand 1886/87, mh 1 1 Per^
aonen und 41 Yen 1887/88. An höchster Stelle der Zahl der
Personen nach steht in den beiden folgenden Jahren Kanasawa
mit 9280 Personen 1886/87, mit 7847 Personen 1887 88, derai
SteuerrUckstand aber nur 92 bezw. 55 Yen beträgt Am
keiner im zweiten und vierten, mit einer im dritten Jahre.
Im Jahre 1880 87 winl in Hiroshima wegen eines auf 0204
Feiöünen sich verteilenden 8teuerrückötande.s von nur 574 Yen
Land im Werte von 85454 Yen der Exekution unterwoiien,
welches nur 11807 Yen brachte. 1885 86 ist in demselben
Hiroshima wegen eines Rttckstandes von nur 2187 Yen die
Exekution über Laiid im Steuerwerte yon 175352 Yen ver>
hängt) welche aber einen Barerlös yon nur 14294 Yen eigab.
Die vorherigen Ausführungen über die Grundsteuer be-
ziehen sich im wesentlichen nur auf Altjapan. Im Okinawa-
keu (Ryukyu- Inseln) hat man an die alte Grundsteuer
überhaupt nur insoweit geiiihrt, als sie jetzt in Geld zu ent-
richten ist. Der Betrag der Stetir-r wird nnvh nheni Brauch
i.'ihrlieh naeh dem Ausfall der Zuekerernte bestnnmt. Die Ein-
naliuie ist infolgedessen sehr beb wankend , zwisehen 638103
Yen im Jahre 1880 81 und 250238 Yen im Jahre 1880 87.
Das steuerbare Land betrug 1887 nur 12027 Cho, wovon 3723
Oio Beishind und 8304 Cho Th>ckenfeld. An die Centnd-
rwnerung werden die Steuern Ton Okinawa erst eeit 1879 ab-
gemhrt. Bis dahin wurde ein Tribut gezahlt, der 40000—50000
Yen jährlich betrug.
^ Die Zahleu bK;iben hinter der obengeuaimten Summe tun ein
GeriiigeB surüekf weil die Uoteracheidung nicht Fölüg durctigefahrt ist
Exekutionen im ersten, mit
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X 4.
557
Abweichende Verhältauase haben bis 1886 auch die Sieben
Inseln von Izu gehabt, mit einer steuerpflichtigen Flüche von
762 Cho Ende 1885, von 4211 Cho Ende 1887.
Im Hokkaiflo liatte es vor der RcBtauration eine Orimd-
steuer nur in dem schon langer besiedelten südlichsten Teile von
Yezo gegeben. Der Steuersatz war 180 ^lon für den Tan Reis-
feld, 3 Mon für 10 Tsubo fd. i. 90 Mon für den Tan) Trocken-
feld. Nachdem unter dem neuen Kegiuie beschlossen war, die
Kolonisierung des Hokkaido energisch zu betreiben, wurden durch
die Erlasse vom 20. September und 10. Oktober 1872 auch die
Grondbeeitzyerlijlltmsse geregelt und Besitztitel eingeführt Die
in verschiedener Weise zur Nutzung veriiehenen Ghrundstüoke
wurden als Privateigentum der Nutzniefscr anerkannt, Land den
Ansiedlem zu billigen Hedin^im^en angeboten und allem solchen
neuen nrnndbesitz auf 5 — .fahre Steuerfreiheit versprochen.
Steuerptlichtiges Land wurde in drei Klassen nach der (5 Ute ge-
teilt, von welchem 4 und ö Yen Steuer liii' den Cho zu ent-
richten war. In Hakodate wurde, wie in den anderen Stiidten
Japanö, die Hausgrundsteuer von zwei Prozent vom Werte ein-
gerahrty aber im nllchsten Jahre bereits auf acht Tom Tausend
ermftls^. Nach weiteren wenig bedeutenden Änderungen wurde
durch Gesets 161 vom 28. Dezember 1876 aoflpeofdnet, dafsdie
Grundsteuer im Hokkaido ein Prozent vom Grundstückswerte
betragen solle. Sehr erheblich ist die Einnahme nie gewesen.
Im Jalii t' l'^'^7 88 sind 84 0(1.5 Yen eingekommen. Zur weiteren
Förderung der Bcsiedelung ist durch Kaiserliche Verordnung;
Nr. 18 vom 2^. .Tuni 1880 angeordnet, dals vom 1. Juli dieses
Jahi*eä an in den Landkreisen des Hokkaido aui zehn Jahre die
Grundsteuer erlassen iöt, auch Bezirkszuschläge nicht erhoben
werden. £b bleibt von der Grundsteuer im Hokkaido also bis
auf weiteres nur die Steuer der Stadtkreise Hakodate und Sapporo,
im Budget 18d0'91 mit 23958 Yen angesetzte
Nach dieser Darstellung der gesetzlichen Kegelmig^der Grund-
steuer dürfte es angezeigt sein, dieB^twickelung der Kinnahme
aus der Steuer kurz mitzuteilen.
Das Straerauf kommen inKoku Reis in den Jahren 1871 - 1 R74
ist oben mitgeteilt, ebenso die wirkliche Einnahme der Central-
xegierung in Geld von 1868—1871 (8. 589 und 522). In letzterem
1 Ende 1887 befand sich im Hokkaido ätuuerpflidbtiger Grundbesitz
Keij^land 1437 Cho
l'rockenfeld i:i/)78 *
Bauland 1 1>45 -
Sonstiger 4 442 -
21 lO'i Cho
Der bteuerwert war u(>80b63 Yen, wovon allein auf das Bauland
melur ab die Hälfte kam, 1 832011 Yen.
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558 X 4.
Jahre hatte sie erst 11341000 Yen betragm« Sie stieg dann
folgendermaiisen weiter
1872 20051917 Yen
1873 60604242 -
1874 59 412 429 -
1875 67717947 -
Diese Finanzperiode umfaCst nnr das erste Semester 1875.
Der hohe Betrag rührt daher, dafs nach Verlegung des AnfaDCS
des Finansjahres auf den 1. Juli alle früheren RUckstfinde als
Einnahmen jenes Semesters verrechnet sind. Mit der Neuregelung
des Etatswesens gleichzeitig mncht sieh nun auch die Grundsteuer-
retorm bemcrkhch, teils durcii direkte ►Steuerermäfsigunp:, teils
durch die Umwandlung in <Jeld auf Qrund der Preise von 1870. 74.
1875 76 50 354 328 Yen
1876 77 43023426
1877 78 39450551
1878 79 40454 714
1879 80 42112648
1880.81 42 846 181 (41940140) -
1881 82 415 274032 (42209320) -
1882/83 43842188 (41924083) -
1883/84 43537649 (41955821) -
1884/85 43425996 (41800538) -
1885 86 43033679 (41552519) •
1886 87 43282274 (41617989) -
1887/88 42130952 (41540293) -
1889 90 42248 9^1 (41903 708) -
1890 91 39530 378 (39 251348) -
Von 1889 an sind das die ßudgetansätze, 1888 89 schalte!
als unvergleichbar aus, weil der vierte Termin der Reislandsteuer
auf 1880 90 fibrrtragen wurde I )ie Vergleiehbarkeit der Zahlen
wird etwaa gt\si<)rt durch zwei in ihnen entiiultene Posten, einmal
die bereits erwähnte Einnahrae aue Riickständen und femer die
bis 1886 87 eingeöchlosüeneu Eiuiiahmea an Stempeln von Kechts-
geschä^n Uber Grundeigentam. Diese Zahlen lassen sich aber
erst ron 1880 ab auBsondern, da bis su diesem Jahre die einaelneo
Tale der Grundsteuereinnahme nicht gesondert bekannt ^macht
sind. Die oben in Parenthese gegebenen Zahlen enthalten da^i
Steueraufkommen nach Abzug der £innahme atis RUckständeo
und »Stempeln. Danach ist iler Oesamtertrnj^ von 1881 82 an
langsam gesunken. Für die <>in/.einen Posten dw Grundsteuer
stellt der Vergleich sich folgendermalsen
1881/82 1887/88
Steuer von Reisland 30 755 221 Yen 30 553 374 Yen
- IVockenfeld 70427d0 • 6791672 -
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X4.
m
Steuer von Bauland in Land-
bezirken
- Hauland in Städten
- Sal^Ärten
- anderem Land
1881/82
2618 774
881 545
50260
849788
1887/88
2667470
775806
B7 <)72
714299
Mit AnBnahme eines einzigen sind alle Posten niedriger. Offen-
bar li^ da eme Wirkung der grolsen wirtschaitiichen Krise Tor.
Die WerteinschätBungy nach welcher das Stouersoll
sieh ricbiety hat sich kaum verändert. Sie bebug
Ende 1881
- 1887
1648037149 Yen
1 648 565 aaa -
Gleichzdtig hat allerdings die steuerbare Fläche zu-
fenommen von 11 751 334 Cho 1881 auf 13368560 Cho 1887. Der
>urcb8chnitt88teuerw^ sank von 140|8» Yen auf 123,sa Yen für
den Cho.
Auf die einzelnen Landarten verteilte sich das folgender*
maüaen M
Eude I8öl
Ende mi
Eiide 1889
Cho
Cho
Oho
Reisland
2 631 069
2 cm 289
2750075»
Trockenfeld
1 854 974
1973456
2277194
Bauland
349142
362792
379624
Salzgärten
6821
5862
6370
Wald
6694849
7279101
7301456
Grasland
• 770431
1013181
1041290
Venchiedenes
10118
16778
16684
Der durchschnittliche Steuerwert von Reisland sank von
1881 bis 1887 von 463,-8 auf 449,8o Y'en fUr den Cho, der von
Trockenfeld von 144,o« Yen auf 184,«« Yen« der von Bauland
stieg anfangs von 386,6« Ten ein wenig und sank dann wieder
bis 382,18 Yen. Der Wert von Waldland blieb ungefithr gleich
mit 3,sT und 3,ss Yen, der von Grasland fiel von 2,6t 2,84 Yen.
^ Die Zahlen für Altiapan, ohne Uokkaido, Okinawa und hieben
Insetn von Iso. Die Zahlen in [J ans dem Boieht über die Gfund-
tteaerreform, da sie andsrwfirtB erst seit 1884 getrennt angegeben
werden«
* Die bedeutende Vermehrung des Aekerlandeä hängt zusaamieu
mit der BeTiaion der Gnuidstener 1885/89 nnd den dadarcb vefsnlafttea
Neuvertnejssuri^en. Während bis l^>^n dio Zunahme f^an/. unbedeutend
war, betrug sie von Ende Id'^t? bis Ende in pranz Japan 49ö 106
Cho, wovon nur y^J 109 Cho nasses, aber 396 997 Clio trocKenes Feld.
Bei letzterem betrug also die Vermehmng rund 20 Prozent, bei allem
Arkfrlnnd Tusarnrnrn gegen 11 Prozent. DfT stennqjflichtige Priv*t-
gruudbesitz wird Ende 1^9 auf 13810606 Cho angegeben.
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560
Eüne weitere ErmfifsiVuner der Steuen\'erte für Ackerland
(1887 1480,2 Millionen Yen) um 1295:30 545 Yen, wovon
111B51479 Yen auf Reisiand kommen, ist durch die Revision
von 1889 bewirkt. Der Steuerwert des ganzen privaten Grund-
besitzes durlte nunmehr gut 1530 Millionen Yen betragen, da er
für 1889 vor Inkrafttreten der Berincm auf 1 661,6 Millionen
angegeben ut.
Die Darstellung der Grundsteuer würde unvollst*lndi<:^ sein,
wenn nicht schon hier auf die kommunalen Zuschlage zur
StaalMnmdsteuer «ifiiierksam gemadit wttrde.
llach dem Grandsteaergesets yon 1873 soUten die ZtucUligB
der Bezirke höchstens ein Dritte! der Staatagrundstcuer betragen.
Durch das Gesetz vom 4. Januar 1877 wurde das Maximum
auf ein Fünftel herabgesetzt, am 5. November 1880 (Nr. 48)
aber wieder auf ein Drittel erhöht. ThatsNchlich ist dieses Maxi-
mum riber in den wenii^^gten Gegenden erhobfrj. Die seit Ein-
richtung der Bezirkstage regelmäfsig veröffentliciiien Abrechiumu'^t n
ergeben vielmehr fUr die einzelnen Finanzjahre folgende Summen
für das ganze Land:
Das aind Pjrosent der
Staatsgrund^teuer ■ anter
We^lassuuß der Kinuahme
aus Rückständen und
Stempelo)
1879/80
5802196 Yen
?
188081
6 431896 .
15
1881 82
9 197108 -
09
1882 83
9 508 312 -
23
1883 84
8 97nr)38 -
21
1884 85
9 ms 06t) -
22
1885 86
8437981 -
20
188687
10805462 -
26
1887/88
9892408 -
24
Im Durehselmitt des ganzen Landes liaberi also die Zur^elil-i«:«
nicht mehr als ein Kiint'tel bis ein Viertel betragen. Nehmen wir
die Zahlen flirdas eine mittlere Stelhin«,»- einnelimende Jahr 1HH4 85
(wobei da» mir zugängliche Material allerdings eine Aussonderung
der Einnahme aus Rückständen und Stempeln in den einzelnen
Bezirken nicht erknbt), so sdieint das volle Drittel nnr in 5
▼en den 48 Bezirken, welche eine Besirksyertretnng besitno,
erhoben zu sein^ in Yamanashi, Okayama, Aomori, Mijagi und
Yamaguchi. Unter diesen sind die drei letztgenannten vörhäH-
nisninl'sig niedrig zur Staatesteuer eingeschätzt Dagegen war die
Bezirkssteuer in Osnka nur 1 1 Prozent der Staatssteuer, in Shiga
nur ! in Chiba und Ibaraki 14, in Sap\ 15, in Niiprata 17. in
»Saitamu und Wakayaraa 18, in Fukushima, Gumma, Miye, Aichi,
Kyoto, Fukui, Fukuoka und Kumamoto 19 Prozent. Also in
16 Bezirken von 43 blieb der Zuschlag unter einem Fünftel
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561
Für die Gemeindezuschläge ist ein Maximum erst durch
Gesetz vom 15. August 1885 eingeführt und dieses auf ein Siebentel
festgesetzt. Di<"8os Maximum habon auch die OemeirKVorrlmmgen
von 1888 beibehalten, jedoch mit der Möglichkeit, es mit i'.rlaubnis
der Ref:^'erung zu erhöhen. Die Oemeindezuschlage scheinen bis
dahin vielfach erheblich höher gewesen zusein. Im ganzen Lande
wurden erhoben
Das fdnd Ptosent der
Staat8grundÄt«'Ucr funter
Weglassurif; der Einnahme
aus KüekätäuUeD und
Stempeln)
187980
7311055 Yen^
?
188081
8 501 657 -
20
1881 82
9235350 .
22
18S2 s:5
9507 565 -
23
1888 84
9 528 586 -
23
1884 85
8 702 104 -
21
1885 86
7 546471 -
18
1886 87
4891438 -
12
1887/88
4594377 -
11
Im DorchBclinitt des ganzen Landet sind die Znichlttge su-
aammengenommen hinter dem von 1886 an geltenden Maximum
(1 3 ^ i/f SS 47^^ Proaent) immer zurückgeblieben, da me be-
trugen
188081
35 Prozent
1881 82
44
188283
46
1883 84
44
188485
43 -
1885/86
38 -
1886/87
38 -
188788
85 -
In einzelnen Gegenden und Gemeinden mag aber die Be-
lastung erheblich höher gewesen sein. Die amtliche Statistik ^iebt
die Summe der (Teuieindesteuerzusclihige tUr jeden Bezirk. In
dem bereite angeililu-ten Jahre 1884 85 betrug diese Summe mehr
als ein Viertel der Staatssteuer in den 8 Bezirken Kanagawa,
Niigata, Yamanashi, Giiu, Nagano, Miyagi, YamagataundOkayama.
In Na^o betrojg sie etwas über die Httlfte der Staatssteuer.
Im Süden sind die Zuschläge meist unbedeutend. In 6 Bezirken
war die Summe der Gemeindezuschläge weniger als ein Zehntel
der Staatsgrundsteuer, nämlich in Kagoshima, j^Iivazaki, Kuma-
moto Oit^i, Kocbi und Chiba, mit Ausnahme de« letzteren lauter
Süd bezirke.
Bezirks- und Gememdezuschlage zusammen ergaben 1884/85
in 10 Bezirken mehr als 5<) Prozent der Staatssteuer^ nämlich
Forschungeu (45) X 4. — K«thgeri. 06
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562
in Niigata, Yainanashi, Oifu. Nagano, Miyagi, Aomori. Yamafriita,
Toyama, Dkayama, Ynnia^uchi, Ehime. Am liöelisten waren
Ukayaiua mit 79, Ka^auo mit 78 und, Miya^ mit 70 Prozent
belastet. In 11 Berarkea dagegen waren die Zuschläge weniger
als «in Drittel der Staatssteuer, nämlich in Chiba (20 Proaent),
in Saga und Kumamoto (26), in Eagoshima (27), femer in
Miyazaki, Kochi, Wakajama, Fnkui, Shiga. ^Tiye und Ibaraki.
In 22 Bezirken ergaben also die Zuschii^ ein Drittel bis ein
Halb des Staiitsateueraufkommens.
Zu den ZusclilH^ren kamen bisher noch di*^ P»fnträ(;e zu dem
gleich näher zu besprechenden Hfilfsfonds. wolelie der Kegel nach
2,2 oder 2.3 Sen für den Yen au^machtcü und für das ganze
Land eine weitere Belastung von 900000 Yen bildeten. Das
Maximum der Zuschläge war also in den letzten Jahren 49,«
Prozent, rund die Hälfte.
Endlich Ist, um die volle Bdastung des Grundbesitses su
erkennen, an die Stempelsteuern zu erinnern, welche 188^ unter
Aufhebung der frttheren Stempel eingeführt sind und alle Eigen-
tumsübertragungen und Verpfandungen von Grundstlicken treffen.
8ie sind in anderem Znsammenhange weiterhin eu besprechen.
V. Der Hulfsfonda.
In dem System der Orundstener ist auch der Hülfsfond:^
( jap. U i k o - c Ii o (• h i k u - k i n , wörtlich Notstandes )>«rp;e1d ) zu
betrai hten, oh^;leieh «t nicht aiisschlif fslieh der Erleichterung der
Orundöteuerzahhmg, sondern überhaupt dem Schutze des Baumi-
btandcö vor wirtschaftlichem \'ertall dient.
Nachdem bereits im Budget ftlr 1879/80 me Summe fllr
diesen Zweck angewiesen war, erschien am 15. Juni 1880 das
Oesets 31 über Einrichtung des Hülfstbnds, wodurch sowohl das
bereits erwähnte Gesetz über Stundung der Grundsteuer (Nr. 62
vom 1. September 1877) als <'in Gesetz über „vorübergehende
Unterstützung Ilülfsbedtirftiger " (Nr. 122 vom Juli If^T.") rnm
1. Januar 1881 an autgehoben wurde. Das Gesetz' (er«;:inzt
durch A^rordnung 38 vom 22. November 1880», welches zum
Teil an das Reisspeicherwesen des alten Regimes sich anschlielst,
bezweckt zweierlei ; erstens die Gew.Hhrung von Nahrung, provi-
sorischer Unterkunft, Geräten und Saatgut an Bauern, welche
durch auPserordentliche Unglttcksfklle. wie Feuers- und Wassers-
not, Sturm, Hagelschlag u. s. w., betroffen sind, zweitens ftlr dtey
wdche durch sdche Notstände unfähig sind, ihre Grundsteuer zu
bexahlen, Daileihung, unter Umständen auch Schenkung des Uta*
' Auf den Hokkaido und Ukinawa findet das Gesets keine An-
wendung.
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563
die StcuerzahluDg nötigen Betrages. Zu dieaem Zwecke wurden
Bezirköhülfstbnds errichtet. Der ötaut verpflichtete sich auf die
Dauer von 2(} Jahren jährh'ch 12Oi)00n Yen (circa 3*^ 0 der
Grundsteuer) beizutragen. Davon dienen 3()< >• )( lO Yen als Dotierung
den Centrallbnds, 900000 Yen werden an die ßeziiksfondb ver-
teQty im VeriiSltnis des Grandeteueraufkommens. Die Bezirke
sind Terpflichtet, mindestens den gleichen Betrag durch Zuadüä^e
zur Grundsteuer (etwa 2,8 Sen auf den Yen) zum Besirksfonds
bfi/usteuem. Jedoch können gröfsere Städte mit Erlaubnii$ der
Bfigierung ihren Beitrag auf andere Weise aufbringen. Z. B.
wird in aer Stadt Tokyo der Beitrag aus den Einnalimen vom
st'idtischen Vermögen bestritten. Unterstützungen worden
aiKsden Rezirkj^fonds gewilhrt. Der CentraUbnds tritt nur subsidiär
ein. Wenn nämUcli die Unterstützungen in einem Bezirke mehr
als zwei Drittel des Bezirksfonds in Anspruch nehmen, so können
die Minister des Innern und der Finanzen auf Ansuchen eine
Beibftlfe aus dem Centralfonds gewähren. Der Bestätigung der
genannten Minister unterliegen auch die von dem Präfekten mit
Zustimmung der Bezirkstage Uber die Verwaltung der Bezirks-
fonds zu treffenden Verfügungen. Von den Bezirksfonds darf
bis zur Hälfte in Reis angelegt werden. Ein genügender Betrag
mufs bar als jederzeit verftigban s Depositum bereit gehalten
werden. Der Kest ist in Staat.s|iapieren anzulegen.
Unterstützung aus dem Fonds tindet statt, nur soweit sie un-
bedingt nötig ist. Nahrung i^t zu gewähren auf höchstens 30
Tage. Für provisorische Unterkunft (Hüttenbau) sind tUr den
Haushalt höcl»tenB 10 Yen, für Geräte und Saatgut höchstens
20 Yen aulsuwenden. Unterstützung bei Zahlung der Grund-
steuer soll nur gegeben werden^ wenn andem&lls der Steuer*
Pflichtige sein Land oder Haus verkaufen mtUste. Diese Unter-
stützung wird überwi^end mit der Verpflichtung zur Rückzahlung
gewährt. Ist der Betreffende zur Rückzahlung wirklich unfähig,
so kann diese aueh riaehtr.-iglich noch erlassen werden. Die
Kosten für Verwaltung der Keisvorräte und der Stnatspapiere
sind auf den Bezirksionds 7ai übertragen. Sonstige KosU'n (nament-
lich die Reisekosten der UennUeni lallen dem Bezirk zur Last.
Wie erwähnt, hatte bereits vor diesem Gesetze der Staat
gewi.ss- >iimmen für diesen Zweck ausgesetzt. sind 1879 80
nach den Abreehuunj^en <s4:)!V)7 Yen, 1880 81 1 052291 Yen
von der Staatskasse hergegeben, so dal's uacii der Übersicht über
die Operationen des Htt&fonds dieser für das erste Halbjahr
dach mit 1 898248 Yen vom Staate und 489711 Yen von den
Sesirken dotiert erscheint. Am 81. Mftrs 1889 erscheint der
omze Hulfsfonds bereits mit einem Kapital von 18 203 795 Yen.
Davon kamen auf den Centraifonds 382315(3 Yen, der Rest auf
die Bezirksfonds. Der Bestand dieser war sehr verscliic^den, da
die Bezirke von Notstandsausgaben selir ungleich betroffen sind.
au*
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564
X 4.
Gegenüber 852 nO:^ Yen in Aichi. 706 «ilG Yen in Miye, 704 570
Yen in Niigata linden wir nur 80 227 Yen in Kagoshimay 135584
Yen in Aomori. 155 0:^9 Yen in Yanianashi.
AU Bargeld und Depositum waren am 31. März 1888 von
15429030 Yen vorhanden 4645283 Yen, davon 3278207 Yen
Tom Oentralbtüftfonds^. Die Reisvonäte standen nur mehr mit
781 550 Yen zu Badi ( gegen 1 603 454 vier Jahre vorher), davon
139446 Yen beim Centralhttlfifond. Von 44 Bezirken hatten
25 keine ReisvorrUte. In Staatspapieren waren 10002197 Yen
angelegt, sHmtiieh den Bezirksfonds gehörig.
Die Ausgaben des HulMonds betrugen
1880/81
1881 82
1882 83
1883 84
18R4 «55
1 8ö5 ö6
1886,87
]ö87'88
1888 89
99103 Yen
300976 -
329 728 -
813962 -
1 352 578 -
1 125009 -
663 539 -
665 052 -
451 543 -
davon fttt
Untemt&tsnngeii
97417 Yen
289 543 .
328 777 -
779 730 -
1172911 -
957 444 -
653 643 -
606 674 -
432 990 -
daruDter
Darieben
4994 Yen
24 044 -
253804 -
190859 -
303238 -
68 092 -
23714 -
14 080 -
Wie man sieht, hat der Hülfsfonds bisher mehr der Kapital-
ansammlun^ als der Unterstutz im gedient Selbst 1884 85
ist für diese wenig mehr als die Hitlfte der regelmäfsigen Ein-
nahmen (1 200000 Yen vom Staate, 900000 Yen Steuerzuachlägej
verwendet Daneben hat der Hünsfonds an den Staatspapieren
durch deren starkes Steigen erhebliche Kursgewinne gemacht*
Auffallend ist in mehreren Jahren, wieviel höher die ^Ausgaben**
sind als die Unterstützungen, wobei zu beachten ist, dafs die
laufenden Verwaltungsausgaben dem Hulfsfonds nicht zur Lagt
fallen. Die ^Ausgaben", soweit sie nicht TJnten?tützungen sind,
entstammen der Keisspeicherverwaltung Abgesehen davon, dals
jede solche Magazinverwaltung dureli Sehwund, Mäusel'raCs. Vtr-
derben etc. erhebliche Verluste hat, kam hier noch dazu da!s
diese Jahre ununterbrochen sinkende Reispreise hatten, daib aUo
der einmal angekaufte Reis in folgenden Jahren nur mit Verlust
verkauft werden konnte. Zu eigentlich spekulativen Operationen
scheinen nur die ReisvoiTäte des Centralfonds benatzt an aein^
Operationen, die wohl der Regel nach mit Verlust abgeschlossen
in der Staatsdcpos^iteiikasso bcfiiiiden sich tn'lder des iiülfsfonds
am ai, Dezember löt<t» 1 UTu UW Yen,
- . . 1886 2 865204 -
. - , is^7 :^ 1?}.*. OT'J '
' - - IHK« 8 762126 .
- - - 16Ö9 4 Ib« i>41 -
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565
haben. DaiB sie der Zweck de« HtklfibfoDdi nicht sind, bedarf
kefaier Hervorhebting ^
Aufser den schon erwfthnten Beihttlfen zur Orundstouenahlnng
sind TOtt den Untefstütsungen verwendet
für
£mUmiDg
Yen
1880 81
26 898
1881 82
49H70
188'J 83
5Ö719
1883.84
10B274
1884 85
193141
1885/86
1 73 534
1886/87
116390
1887/88
50144
1888/89
54609
für fiir
pro vi so r. land Wirtschaft*
Unterkttofk liehe GerXte
Yen
Yen
31 773
20731
132617
72 754
144 307
or. 906
1(K)395
71449
479 270
85 032
196711
66615
208023
65162
122 141
55534
139597
52604
für
Besondere
Saatgut
Unter-
Yen
Yen
6195
11820
1 7 096
11402
14 805
20 8:^H
39087
83 784
53 100
130450
79071
79699
75510
86160
55548
281056
33554
130655
Wie es die Natur der NotftUe» für welche der Höl&fonds
bestimmt ist, mit sich bringt, ist sowohl die in den einseinen
Benrken yerteilte Unterstütsung als der Grund des Notstandes
sehr verschieden. Von den 328777 Yen UntentUtzungen des
Jahres 1882/83 wurden 173885 Yen wegen Feuersnot gegeben.
Von der gesamten Unterstütziin<? fielen auf Hyogo 49550 Yen,
auf Kumamoto Yen, auflshikawa 23709 Yen, aui* diese
drei Bezirke allfin also fast ein Drittel.
188:; 84 wurden von 77'.»7;iO Yen UnterstützuDgen 4^-7 898 Yen
wegen Diine gegeben. Von der ganzen Summe kamen aut ilyogo
158363 Yen, auf Wakayama 152879 Yen, auf Osaka 66962
Yen; auf Okayama 50008 Yen, auf Hiroshhna 44135 Yen.
1884/85 wurden von 1042461 Yen (die Nachweisimgen um-
fiissen von diesem Jahre an die ^»besonderen Untersttttsunffen''
nicht) 575098 Yen wegen Notstandes durch StOrroe gegeben.
Von den Unterstützungen wurden vertdlt in Kagoshima 168554
Y'en, in Shizuoka 142432 Yen, in Kumamoto 97491 Yen, in
Gi£u 50054 Yen.
1885/ 86. (nur neun Mcmate) wurden von 877 745 Yen 690888
Yen wegen Überschwemmung gegeben. Die Haupfciusgabe kam
auf Osaka mit 332401 Yen, Sl^a mit 136812 Yen/ Gifu mit
46492 Yen.
1886 87 sind von 567483 Yen 9s8i)3 Y'en in Kagoshima,
(30 084 Yen in Cliiba, 46051 Yen in Ibaraki ausgegeben, 1887 88
von 325618 Yen r>5 097 Yen in Kochi, 1888 89 von 302335
Yen 41 650 Yen in Wakayama.
* Anders liegt es bei den 1800 erfolgten Einkäufen Ton atulän-
diflchem Beia, um der Höhe der Keiapreise entgegenzuwirken.
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56Ö
X 4.
Wie man steht, and die Unterstützungen aus dem HfÜftfonds,
wenn auch nicht bedeutend im ganzen Lande, im einzelnen Falle
nicht unerheblich. An den Bezirksfonds von Osaka zahlen die
(inindsteuerptiichtigen des Bezirkes jährlich etwa 47000 Yen.
Dagegen erhielten die UntersttltzungsbedUrfitigen
1882 83 1823 Von
1883/84 66962 •
1884/85 24339 -
1885/86 382401 -
188(1 87 2866 -
1887 «8 4520 -
( einscliHefslich Nara)
18b8,ÖÜ 37815 -
In Hyogo sind die jährlichen Beitrtige etwa 44000 Yen, die
Unterattttzongen betrugen
1882 83 40556 Yen
1883 84 158363 -
1Ö84 85 44 334 -
1885 86 8183 -
18S6/87 16061 •
1887/88 1 983 -
In Kagoshima sind die Beiträge gut 17 000 Yen, die I ntrr-
sttitzungen waren ( 1 882 Ho ist nicht vergleichbar, weü Miyazaki
noch zum ikzirke gehörte)
1883 84 22906 Yen
1884 85 168 554 -
1885 86 33 790 -
1886 87 08 863 -
1887 88 0 635 -
188889 5010 -
Es leuchtet ein, wie wiclitig der Fonds ist, namentlich wenn
mehrere sclilechte Jahre rascli aufeinander folgen. Die eigenartige
Einrichtung" ist für die Erhaltung des japanischen Kleinbauem-
standes öiclier bedeutsam. Die Kleinheit der Summen, die in
jedem einzelnen Falle als UüJien gewährt werden, zeigt wieder,
mit wie aufserordentlich kleinen Verhältnissen man es in Japan
ftat durchw^ su thun hat In dem Jahre der grOlsten Ausgaben
1884^85 erhielte UnterstlitBongen
Haushaltungen Perstonen Yen
wegen Feuerschaden 14 018 136534 220825
T'bffschwemmung 16990 529333 212204
- Sturm 68 755 1385 304 575 098
Insekten — 30878 26 8b2
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X 4.
567
wegen Dürre
Krankheit
Schnee
Hagel
Ber^tiirz und
Erdbeben
IbuthaltangeD
59
33
Personen
8732
2 201
2 794
225
93
Yen
5173
874
701
321
293
susammen 100455^ 2096184 1 042 401
Die Unterstützung bestand in
Nahrung an 1 902 094 Personen
Hauäbaii
landwirtAciiaftl.
Geräten
Saalgut
Zahlung der
Grundsteuer -
Vorbchuls der
Grundsteuer •
100455 Haushaltungen
13489 Personen
38142
34341
48118
Dazu besondere Unterstützungen
ftir 193141 Yen
- 479 270 -
- 85032 -
- 53100 -
- 41059 -
' 190 859 -
1 042401 Yen
130450 -
Die auf den Kopf fall^ndf durchschnittliche Unterstiizung
ist also der Roirel nach athr gering. Was die Hülfe bei der
Grundöteuer besonders anlangt, so ist beui« rkenswert, dais 6ie
durchschnittlich doch erheblich höher ist aKs die durchsohnitt-
Uchen Rückstände, wegen deren »Steucrexekution vollstreckt wird.
Sie ist daher als dne fbr japanische Verhältnisse krttftige Httlfe
zu betrachten. Die Wirksamkeit des Httlfsfonds ist noch zu
kurz, um zu beurteilen, wie das System sich bewährt^ den fUr
die Grundsteuer nötigen Betrag der Regel nach als Vorschuls zu
geben, welcher dem Fonds zurückzuzahlen ist. Vom 1. Juli 1881
bis 31. März \><^9 waren vorg^eschossen ^^^225 Yen. An letzt-
genanntem Datum waren davon noeli nicht zurückgezahlt 375 087
Yen, wahrend die \'()r.s{liü8.-ie seitdem I.Juli 1>öü allein 409 124
Yen betnigen. Uaö iöt kein ungünstiges Ergebnis.
Für die (»rundsteuerverwaltung hat der Ilülfsfonds die Be-
deutung einer eriieblichen Erleichterung beim Eingang der Steuern.
Wir haben oben gesehen (S. 553), wie gering die Steuenrückstltiide
sind, wegen deren das Exekutionsv^&hren notwendig wurde.
Nach den seit 1883 vorliegenden Dbenichten erreichten diese
Rückstände niemals ein Halb vom Tausend des StenersoUs^
^ Bezieht sich nur auf die UotentUtzuDgen zum Hausbau.
* Da das Hifsveistiodiiis thataichlich vorkommt, so ist es vielleicht
nicht flbeiflilsng, ooch besoaders darauf hinsoweisen, dafs die Unter-
Oigitized by
568
Das (iesetz von 1S8(> .sollte 20 Jahre in Kraft bleiben.
Dann würden die angesammelten Fonds genügen, um aus den
Zinsen alle vorkommenden Ausgaben zu decken. Die Erfahrung
zeigte aber, dafs die Kapitalansammliuig nscher vor sich gegangen
war, «k mao erwartet hatte. In den fsiaea 1886 87 bis 1888 89
waren die eigenen Einnahmen der Fonds aus Zinsen etc. schon
erhoblich gröl'Bcr als die Ausgaben Bis 18P0 dürften die eigenen
Einnahmen .schon die Höhe der bisher gröfsten vorgekommenen
Ausgabe (1884 85) erreicht haben. Es wurde also fraglich, ob
die Kapitalansanimlung in der bishengen Weise fortgehen solle.
Den Finanzminister drückte die jährliche Ausgabe von 1 2<>'MHMi
Yen, die Stimmung der Gruudsteuerzahler, welche die Bezirks-
zuschliige autbringen mulsten, war unmittelbar vor den ersten
Parlamentswahlen der Regierung nicht gleichgültig Durch Ge-
Beta 5 Tom 7. Februar 1890 wurde der Hfdfsfonds, so su sagen,
geschlossen. Sowohl der Staatssuschnfs wie die Grundsteuer-
Zuschläge Rir den Fonds wurden vom 1. April 1890 ab .luf-
gehoben. Die Ausgaben werden künftig aus den eigenen Ein-
nahmen der Fonds, in erstrr Linie der Bezirksfonds bestritten.
Übersteigt deren erforderliche Ausgabe fünf Prozent des
Fonds, so tritt Unterstützung durch den Centraifonds ein In
Bezirken, welche wegen häutiger Notstände nur geringe Fonds
angesammelt haben (wie Kagoshima, Miyazaki, Kochi, Aomori),
wirri das in Zukunft verlialtnismiU'sig häutig der Fall sein. Wenn
nicht eine ganze Reihe von Unglücks jaliren einander folgen,
werden die HtÜfsfonds ihrer bisherigen Äufgnibe wohl gewachsen
sein'. Dais man auf dem zweifelbaften der Anhäufung
nm Fonds zur Bestreitung Offentlieher Ausgaben nicht weiter
geht ist gewifs zu billigen. Dafs man aber auch die Grundsteuer-
zuschläge f^r diese Zwecke vollständig beseitigt hat. scheint mir
nicht richtig zu sein. Für den Augenblick bedeutete es aller-
dings eine Frleichterung der Grundsteiierla.st um *h»(i(M>0 Yen.
welche noch dazu gleichzeitig mit der Herabsetzung um 3 2^^>s<>"0
Yen durch das Gesetz 22 vom 20. August 1889 ins Leben trat
stfitzoiiKen aus dem Hülfsfonds durchau» nicht bin fs hd Ghnmdsteuerpflich-
tipe gefToben werdeu. Die l'ntorstützuiip mit Nalming; und Saatffiit,
beim Hausbau u. s. w. wird jedem hUU'sbedürftigen Bauern, aucb dem
gewährt, der keine Grundsteuer sahlt.
* eigene Einnahmen Ausgaben
1 >sr, s7 X 1 8 47:^ Yen 663 5«9 Yen
I^nT ss 117'2(Kt:, - €)(•>:> 0^)2 -
\}<t<Xf<'J UÜÖUll - 461.>4;i •
In den Zahlen des Jahres 1^87 t<M ist eine Summe von 142328 \'en
enthalten, welche eine Rapitalüberweisang des Osaka-fti an den davon
I abgetrennten Nnni ken ist.
* Die HUÜäfuuds werdeu wohl gut 20 Millionen Yen betragen.
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569
VI. Bedeutung der Grundsteuer für die japanische
VeiicswIrtschafL
Die Grundsteuer niinmt unter den japanischen Staataein-
Dshmen Überhaupt und unter den Steueieiiiiiahmen insbesondere
eine ganz hervorragende Stellunfr o'm. Sio ist die wichtigste
Last, welche äor Japanische Steuerzahler zu tragen hat.
Auf die ii^nmüime aus der Grundsteuer enttiel vom üundert
von den als
im Finannahr
ulleu Staats-
von den ordeut-
Steuern be-
JlUUtiUIUCU
1 1 n AVK M ■ v% a% A w\ w a*<%
zeichneten
Einnahmen
1875/76
73
80
8(3
1876/77
78
77
83
1877/78
76
79
82
1878/79
65
75
79
1879/80
68
73
75
1880 81
67
73
77
1R81 R2
61
67
70
1882 83
59
62
64
1883 «4
55
57
64
1884 85
56
60
67
1886,87
50
56
65
1887 88
47
54
63
1888/89
45
50
58
1889/90 (Budget)
55
56
62'
Kach Neuuidnun^ der Fiiiaiizen. 1875, drei Viertel aller,
vier Fünftel der ordentlichen Ötaatäeiunahmen , ist die Grund-
steuer auch jetit noch mehr als die Hälfte der letzteren. Von
allen Staatasteuem brachte die Qnindsteuer zu Anfang der
Periode 86 Proeent und, trots der inswiachen erfolgten Ein-
führung einer Reihe neuer Steuern, im Budget von 1889/90
immer noch 62 Prozent (oder, wenn man die Gebühren eu den
Steuern zurechnet CA Prozent). Audi nach der Steueremiäfsignng
von 1889 bildet die Grundsteuei' noch die Hälfte der ordent-
lichen Staatseinnahineu.
Ein .thnliches Verhältnis tiiuiet öich, wenn wir die Grund-
steuer nicht blois mit den Staatstiteuern, sondern mit der ge-
^ Zu obiger ZusammensteUung ist zu bemerken: iHs.y,^^ igt wegen
Änderung der Finanzperiode nicht vergleichbar uisd rinbri- ausgelassen.
Von lii&i an liegt die neue Anordnung des Budgets zu Uniude. Unter sieb
gcnaa vergletcHbar siod nur die 9 ersten AbrechnODgen. — Für 1888/89
i>^t ein Orundstatierbetng (ohne RGckstSnds) von 42108000 Yen an-
g^aommen.
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570
X 4.
samten HeBteuerung vergleichen. Auf die Grundsteuer mit ihrea
Zuschlfigen kamen 1880 81 72 Prozent aller Steuereinnahmeo,
weit 1 882 8o bis 1 88(3 87 (»2 hh 64 Prozent und mehr als vier
Fünttel aller direkten .Steuern. Selbst die chinesische oder in-
dische Grundsteuer ist dem „impot unique" nicht so nahe ge-
kommen wie die japanische.
Welches ist üuu iui einzelnen die wir tsc Ii a Etliche Be-
deutung' dieser Hanptsteuer? Der erste zu. ei^rtemde Punkt
betrifit die Art, wie die Grundstücke zur Grundsteuer ein-
geschätzt sind, die Katastrittrung. Ich erinnere daran, was oben
(S. 5>^0 f.) Uber die £nmttdnng der Grundstückswerte gesagt ist
Was aufgestellt wurde, war gar nicht wirklich ein Wert-, son-
dern ein Krtr;!p:skataster und zwar im wesentlichen ein Roh-
ertragskataster. Nur bei dem städtischen Bauland wurdtu
eingehende Wertermittelungen vor^^enommen . al)er es war auch
bei diescio weniger auf die wirklich etwa vorkommenden Ver-
kautspreise abgesehen als auf eine sorgfältige Feststellung aller
möglichen, den Wert beeinflussenden, leicht l'estzustellenden äufser-
lichen Umstilnde. War es schon in den Städten nicht gut uiug
lieb, die wirklichen Qrundstttckspreise su ennitteb, so fehlte fßr
aUes andere Land das Material zur Anfstsllung eines Wert-
katasters fast ganz. Nach dem Gesetse war Grundbesitz über-
haupt erst seit 1872 verkäuflich. Ist nun auch thatsächlich
schon vorher Grundbesitz seit Iflngerer Zeit verkauft worden,
so hatte das doch in den verschiedenen Teilen des lindes in
sehr verschiedenem Mafse stattgefunden, in manchen entleji.'enen
Gegenden sicher überhaupt so gut wie gar nicht, ehe das Still-
lebin des alten Kegiuies gestört wurde. Bei ländlichem Grund-
besitz durfte Besitaweehael am hänfigsten in der Form ^nr-
g kommen sein, daÜs der Gläubiger für seine Forderung den
isitz ttbemahm, der Schuldner als Pächter sitzen blieb. In
solchen Fällen war kaum zu ermitteln, ^vie hoch der eigentliche
Preis des Grundstücks war. Ein wichtiges Hülfsmittel tur Wert-
wmittelungen in Europa, di<' F.r})auseinander>*ctzungen, fehlt in-
folge d'-s Oharakters des KrljieelitS" in Japan giin/.lich. Am
eht st( II waren noch die Paehtprei&.e zu benutzen, aber auch hi» r
wirkten die örtlichen Gebräuche störend. 1 ür Troek«'nfeld >oUien
nach der Instruktion an die Bezirksbehörden vom 28. Juli 1873
(§ 21) die Pachtpreise zu Grunde gelegt werden, aber die Er-
&hrung hat das als undurchführbar erwiesen. Auch hier ist
man der Regel nach auf den Ertrag und die Produktenpreise
zurückgegangen.
' Manche Ähnlichkeit mit der japanischeu hat die bayerische Ver-
aDla^un^' zur Grundsteuer. Siehe den Aufeats von Helfe rieh Uber
Ivotorrii <1'T direkten Steuern in Bayeni, Töb. Zdtscb., 187^ nsmentUch
ß. äl2-32G.
« Vgl. oben S. 142.
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X 4,
571
Wenn man also dit ( inmdsteuer auf den Wert der Grund-
stücke legen zu wollen erklärte, ao ist das im wesentlichen Spiegel-
fechterei gewesen, worüber man in mafsgebenden Kreisen sich
aacb gans klar war.
Der „Grundstttckswert*' war der R^l nach nur eine aus
dem Rohertrag berechnete Zahl (ahgesehen vom Bauland natttr-
lich) , von welcher drei resp. später zweiundein halb Prozent
den Cleldbetrag der Grundsteuer ausmachten. Aus der ganzen
Einschätzung ergiebt sich, dafs mm statt der iimstMnalichen
Berechnung einfach erklären konnte: die (1 r u n d st euer ist
25*2* (seit 1877 21 '4 Prozent) des festgestellten
Geldwertes des Rohertrages von Ackerland. An-
derer Grundbesitz ist analog einzuschätzen.
Allerdings besteht der Sch^, ak ob der Reinertrag der
Steuer zu (irunde liege, nach Abzug der Produktionskosten.
Aber das ist auch nur Schein. Von dem ermittelten Rohertrage
wurde nUmlich ein fester Abzug von 15 Prozent gemacht, als
Kosten t\lr Saatgut und Dünger. Diese beiden Posten sind
selbstverständlich nur ein T< il der Produktionskosten. Vor
allem ist die Arbeit iilM rhaupt nicht hf'rncksielitip-t. Daher
kommt auch die \'orschnft, dafs die Einnahme des selUst wirt-
schaltenden Eigentümers mit sechs, die des vei*pachtenden mit
vier Prozent des Grundsiückswertes anzusetzen sei. Der Unter-
schied stellt die Vergütung des Bauern flir s^e Arbeit dar.
Die 15 Prozent sind, auch der Absicht nach, nur ein Teil der
Plroduktionskosten. Bei der Schwierigkeit, den Geldwert des
Düngers ^Izustellen, hat man diesen Abzug Uberall gleichmälsig
gemacht, ganz ohne Rücksicht, wieviel »Saatgut und Dünger
wirklich kosteten. Dadurch sind natürlich bessere Böden be-
günstijsrt» schlechtere benachteiligt. Durch Abzu.:^'^ einer
solchen gleichmäfsigen Quote wird also der Charakter der Steuer
als Steuer vom Rohertrag nicht ^reiindert. Zu beachten ist dabei
auch, dafs dieser Abzug von 15 Prozent in den meisten Fällen
hinter den wirklichen Kosten von Saatgut imd Dünger zurück»
hlnben dttrfte. In den von Fesca' mitgeteilten zwd Berech-
nungen der Produktionskosten von Reis betragen Saalgut und
Dttnger in einem Fidle 38, im anderen 22 Prozent des Roh-
ertrags. Im Trockenfeld kommt nach derselben Quelle meist
ein noch höherer Prozentsatz auf den Wert des Düngers.
Die StfMier wird also in Wahrheit erhoben vom Kohertra^^-,
und zwar beträgt sie seit 1><77 '21' ? l'rozent des Rohertrages,
nämlich ein Mertcl von 85 Prozent, oder in der Formulierung
* Nämlich drei Zehntel von 85 Prozent de« Rohertrages.
^ M. Fesca, Amtlicher r3> ri !it iUmt »lir iandwirtscliat'tlirhen Ver-
hältnisse Japana etc., Tokyo 1^>7, 8. ti und Die erste Tabelle eine
amtliche Darchftchnittsberecbnuug aus 2 Fa und 22 Ken, die mir einiger-
mafaeB «nfeehtbar erecheiiiti die sweite Tabelle ans dem YamanaBhi-ken.
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572
X 4.
der Gnmdsteuergesetzgebimg 2,» Prozent des Zehnfachen von
85 Prozent des Rohertrages. Durch die Zuschliige (* s für die
BeBurke, ' - ftir die Genieinden, 2,3 Sen für den Hulfefonds) kann
die panze Steuerlast aber ansteigen bis zu beinahe einem Drittel
des Rohertrages Prozent) ^ Wie oben gezeigt, ist vor
Begrenzung des ( i» ineindezuschlags in manchen Fällen eine noch
grölsere Quote » rhoben. Nirgends war die Grundsteuerbelastung
weniger als ein Viertel des berechneten Roherträge*». Dem mit
europltiMshen SteuerreriillltDnMii Bekaimten mag eine Grund-
ateuer von einem Viertel bis einem Drittel des Sohertrages un-
seheuer erscheinen, aber in Japan darf man nicht Tergeesen,
aafs vor der Reform im allgemeinen höhere Sätze geölten nab^
dad drei Zehntel der niedrigste, f^nf Zehntel der übliche Sats
war, dals ein »Satz von sechs, ja sieben Zehnteln vorkam. Aller-
dings war die erliobon«- Steuer vielfaeli tliatsiichlieh etwas nie-
driger. Aljer iunnerhin nimmt der Berieht über die Grund-
öteueiTetorm an, dals vor der Reform im 1 >ureh.sehnitt des Landes
vierzig Prozent der Kokudaka, der Ertragseiuscliatzuug, erhoben
seien. Demgegenüber bedeutet die neue Qrundsteuer schon eine
merkliche Elraiäfsigung.
Es ist aber noch ein weiteres sn beichten. Die bei der
KAtastrierung berechneten Erträge sind fast durch-
weg etwas SU niedrig. Wie sich aus der oben geeebenen
Schilderung ergiebt (S. r>S2), beruhen die Flächenangaben auf
der Vermessung durch die SteuerpHichtigen selbst^ Bei der
Nachmessung liels man bei Ackerland Fehler bis zu zehn Pro-
zent passieren. Die Hauern werden wohl regclraäfsig zu ilir«^m
eigeiH-n Vorteil sich vennessen hal>en. Die Zahlen tiir di.' bei
der Ketbmi erinitu lte FlUche gelten allgemein als zu gering, wie
behauptet wird um zehn l^rozent^, wohl im Anschlufs an die
erwähnte Fehlergrenze. Thatsächlich haben die nicht einmal im
ganzen Lande yoigenommenen Neuvermessungen des Acker-
bndes von 1886 bis 1889 eine um 11 Prozent grölsere Fliehe
ergeben, woTon wohl nur ein kleiner Teil wurklicher Zuwachs ist
Wie die Fläche gelten auch die ermittelten Erträse filr viel
zu niedrig , sowohl die bei Gdegenheit der Reform als die seit-
dem jährlich ermittelten Elrträge. Das rasche ISteigen der land
wirtschaitlichen Produktion in den letzten Jahren ist wesentlich
vwbesserter Erlu'buni; zuzuschreiben. Während die amtliche
Ermittelung der Reisernte nieist Zahlen angab, die sich tun etwa
30 Million<'n Kokii bewegten, waren die Finanzbe^imten schon
seit «fahren der Meinung, dals die Reisenit*' Japans etwa 4"
Millionen Kuku betragen müsse, eine Zahl, welche die amtlichen
Angaben für 1887, ein sehr gutes Elmtejahr, ungefkhr er-
' Nach We^'^fall der /undila^o für den Hülfsfoiids 81,tT Prozent.
^ Vgl. z. B. R^m^ ätatiatique Bd. 1 6 Aniu.
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X 4.
573
reichen. Wie mit Reis, ist es mit anderen Produkten gewesen.
Man wird nicht sehr weit fehl gehen, wenn man annimmt, daik
die bei der nrnnd-^t^Mierrcform zu Grunde gelegten Ertrüge um
ein Fünftel l'is < in Sechstel zu niedrig waren. Bei der eigen-
tümlichen japaniselien Art des „Zwiselienfruchtsystems bei der
Möglichkeit, die namentlich im Süden häufig gegeben ist, vom
Reisfeld noch ein anderes Produkt als Vorernte zu gewinnen,
mufs die Kontrolle der Ernteertrftge für die Einaefaätzungskom-
mlwionen aulaerordentUch schwierig gewesen sein. Die wirklich
als Steuer erhobene Quote des Rohertrages bleibt also hinter
der oben ermittelten zurück. Ist der wirkhche Rohertrag eines
Stückes Land um ein Fünftel höher als der eingeschätzte, so
ist die Staatssteuer nicht mehr 21, 2r., sondern 17.7 Prozent, gut
ein Sechstel. Eine gesamte Steuerbelastung von beispielsweise
angeblich 3'J Prozent des Rohertrages ist tbataächlich eine solche
von 25 Prozent,
Weniger als die milde Einschätzung dürfte ein anderer
Punkt die Höhe der Steuer beeinflussen, dals nämlich Nrl)fii-
nutzungen gar nicht berücksichtigt sind, z. H. beim Reisfeld nur
der KVmerertrag, nicht das Strui^. Der R^I nach wird das
keinen sehr erheblichen Einflufs auf die Beclmung haben , ver-
ringert aber immerhin d«i wirklichen Steaersats weiter um eine
Kleinigkeit.
Bei der Ertragsberechnung des Trockcnfeldes ist femer zu
beachten, dafs die f^rtrfige von solchen Kulturen, die sehr viel
wertvollere Produkte ergeben, z. ß, Maulbeeren, Thee, Hanf, Ai
(Indigo), bei der Ertragsberechnung niclit zu Grunde gelegt
sind, sondf-rn .statt ihrer die von Reis und (Jerste auf benach-
barten Feldern. In diesen Fällen ist die als Steuer erhobene
Quote des Rohertrages in Wirklichkeit viel geringer, ab sie
nach der EiDselialzung erscheint-.
Aus der bei der Katastricrung befoljrten ]Mf tlio'ie folgt also,
dafs die Steuer in Wahl heil eine gei iu^tre i^uulc des Roh-
ertrages in Anspruch nimmt, als aus dem Wortlaute der geseta-
liehen Vorschrinen folgen würde. Nicht au tthersehen ist dabei
allerdings, dafs diese iMindereinschätzungen wohl nicht gleich-
mrilsig stattgefunden haben, vielmehr die einzelnen Landesteile
und noch mehr die einzelnen Grundstücke wahrscheinlich sehr
ungleichmäisig bevorsugt sind.
t Nach Fesca, Berieht u. s. w. 8. 7, hracbte die Reisetroherate
von einem Clio auf dorn günstigsten Markte. Tokyo, l.'i Yen. Das wäre
eine Erhölning des liohertraf^ps um rund ein Fünftel, wenn man die
l'raujsport kosten aufeer acht iiifst. Anderwärts wird der Wert sehr viel
geringer aeio.
^ Die von Fesca, Bericht S. 13 und 17. mitL^cteilte Berechnung
am dem Yamanasbi-ken giebt z. B. für Ai als Rohertrag 260 Veo, fUx
Thee 204 Yen» »r Reis (S. 8) 125 Yen.
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574
X 4.
Schon weiter oben f S. 539 ff.), aU es darauf ankam, die neue
Grundsteuer mit dei alten zu vergleichen, wurde daraui iun-
fewiesen, wie weitreichend die Wirkung der Umrechnung
er Erträge in Geld war. Auch nach Beseitigung der
Währungswirren und Herstellung des Parikurses stehen die Pro-
duktenprdse im allgemeinen hoher als zu der Zeit, deren Prebe
der Reform zu Grunde gelegt sind. Dies ist gleichbedeutend
mit einer entsprechenden Entlastung des Grundbesitzes, wie ja
überhaupt die Katastrierun«^ und Festste! hin;: der »Steuer in Geld
die Wirkung haben mufs. dals jede Steigerung des Ertra.^res
(durch Zunahme der Produktion wie Hebung der J 'reise) eine
verli;iluii.>iiiäisige Entlastung von < irun'lsteu<'r mit bieh briugt.
Die ganze neueste Entwickelung Japans muit» mächtig in dieser
Hinsicht wirken, namentlich auch die Hebung des Vericehrs-
Wesens. Alles dieses aber wirkt wieder sehr ungleichmftTsig.
Von vornherein ist klar, dafs die Grundstücke mit greisen Roh-
erträgen und gutem Boden beim Steigen des Preises vielmehr
Kutzen h l II als die dürftigen Böden mit knappen Roherträgen.
Ferner hat die Hebung der Preise in Japan in den einzdnen
Gegenden des Landes insofern ungleich gewirkt , mIs die Preise
in den versehiedenen Landesteilen in sehr versehiedi ner Weise
gestiegen sind. Von vornhert in war die P\'sLstelluug der der
Steuerreform zu Grunde gelegten Produkteupreise unvollkommen.
Wie bereits ausgeführt (S. 541 ff.\ ist femer die Preissteigerung
um so grölser gewesen, ie entlegener und abgeschnittener vom
Verkehr eine Gegend frtmer war. In den mittleren Teilen der
japanischen Hauptinsel ist die so bewirkte Erleichterung sehr
unbedeutend gewesen, hier und da Uberhaupt nicht eingetreteo,
w.HhreTi l in einigen Bezirken (im Norden und Vamaguchi) eine
Erleichterung um durchschnittlich ein Drittel bewirkt ist. Efw'as
ist diese TJngleichmärsigkeit durch die Katisterrevision von
1885 89 verringert, aber doch nicht ganz beseitigt.
Endlich muls diese Entlastung auf die einzelnen Grund-
besitzer aufeerordentÜch verschieden gewii'kt haben, je nach der
Zeit, in welcher sie ihren Orundb^itz erworben haben. Die
Zeit der Papiergeldentwertung hat auch hier sehr stttrend ge-
wirkt Wer zu der Zeit Grundbesitz erworben hat, als der Koku
Rds 10 Yen brachte und danach seine Berechnungen gemacht hat,
war vier Jahre später bei eii f iti Preise von 5 Yen in schlimmer
Lage. Dagegen nahen die zaldrcichen Besitzänderungen, welche
geg. n das Ende d<T wirtschaftliehen KHsis 1^^S4 ^f) zur Zeit <]vr
tiulsten Entmutigung vürgekonimen .sind, zu so niedrigen i'rei>eu
stattgefunden, dafs für die damaligen neuen Erwerber die Grund-
steuer keine selu: fühlbare La.st sein kann, um so mehr, als auch
die kommunalen Zuschläge seitdem sich vermindert haben. Diese
neuen Grundbesitxer stehen zu der Grundsteuerlast in einem
ganz anderen Verhältnis als die, welche ihren Besitz von froher
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575
behauptet oder gar zur Zeit der Hausse um 1880 erworben
haben.
Überliaupt bestätigt die japanische Erfahrung auch nur
wieder die bekannte Thatsache, dafs jeder Kataster rasch ver-
altet, dals in kurzer Zeit groise T'^nLdeichheiten entstehen.
Gerade in Japan mit seineu rasclien Änderungen im Verkchi-s-
wesen, in der Produktion, kann man da^ gut beobachten. Aus
den Gegenden der ra^cii gewachsenen Seidenkultur kommen
selten Klagen. Ebensowenig aus den Städten Für diese stimmt
die Einschätzung Tielerwttrts schon lange nicht mehr mit dem
Werte. In Tokyo mnd gegenwärtig die Preise der Ghrundstficke
fUnf bis sechsmal 80 hoch als der Steuerwert.
Dafs der japanische Kataster ein Parzellarkataster
ist, hat den Nachteil eines jeden solchen, dafs die Steuerein-
B^^^'bätzunir keine Rücksicht nimmt auf dir» Lin^e des Grund-
stückes zum Ilau«Tnliot'. Do< li dürfte das ;L;erade in Japan nicht
viel ausmachen, seiion \Nei;fn der Kleinheit der Bauernwirt-
schaften. Soweit meine I^ieol achtimg geht, hat der Bauer, ab-
gesehen von besonderen La^tu. z. B. im Gebirge, der Regel
nach keine sehr wdten Wege zum Feld. Bdm Wald- und
Grasland macht sich das eher geltend. Bei den japanischen
EigentumsverhSltnissen, der Mischung von selbstbewirtschaftetem
und sugepachtetem Lande, ist auch ein anderer als ein Parzellar-
kataster kaum denkbar. Die japanischen Pai*zellen sind durch-
schnittlich im Vergleich mit europäischen sehr klein. Von Acker-
und Bauland wurden bei der StcTiorreform 8^440000 Parzellen
ermittelt mit einer durchschnittlit iien (Trölse von '> r> Are, die
aber in den Fiezirken ^liyagi, ishikawa. ^'am;ulai>hi und Fuku-
shima auf 2 und 3 Are sinkt und bich erheblich über den
Landesdurchschnitt nur in Iwate, Shizuoka und Aomori auf 10,
13 und 14 Are erhebt Von Waid- und Grasland enthält der
Bericht keine Angaben Über die Parzellenzahl ^. Die groise
Zerstlickelang des Grundbesitzes' bat begreiflicherweise die
KaUistrierung einigernialsen erschwert und ist einer der Grttnde
für deren hohe Kosten.
Erleichternd im Vergleich mit europäischen Katasterauf-
rtnhmen mulk die ( Jhnchniälsigkeit japanischer Besitz- und Wh'f-
§1 lialtsverhähnisse ;;ewirkt haben. Bei schwer einzuachätz« iideri
Kulturen umgini; man die Schwierigkeit sein- einfach, indem
man die benachbarten Reis- und GeiaLckuitureu zu Grunde
legte.
' Für Ende 1^**:? ir'wht d\i- Forptstntistik für Altjapau ohiio Ibaraki,
Tnchipn Vamagata, Osaka und Wakayama 1162ii01.S Parzellen an, lf<M7
für ganz Al^apan 1') 70f> 00:; Parzellen, was bei einer Fläche von 7 44-') 018
Cho noch nicht eiiieji halben Cho auf die Parzelle ermebt.
' Sclbsf in Frankreich ist die dnrcli-ifhnittliclie ParzeUengröfse
doch 41 Are. A. Wagner, Finanzwisseuschaft III 410.
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576
Welchen Ein flu Ts hat nun die Einschätzung zur Qnmd-
Steuer auf die wirtschaftlichen Verhältnisse?
Die iSteuer ist eine Abgabe vom Rohertrage, und zwar eine
recht hohe, ein Fünftel bis ein \'iertel des Rohertrages in An-
spnieh nehmend. Sie hat alle Schattenseiten einer Abgabe vom
Roherträge, vor allem die Ungleichheit der Belastung bei ^utem
und sdileehtem Boden , gUnstieen und ungünstigen klhnatuchen
VerhiÜtnissen a. s. w. Die Gleichinäfiagkeit des in ganz Japan
befolgten Wirtschaftaflystema macht allerdings die ESnschätzung
nach dem Rohertrag etwas weniger bedenklich. Ebenso der
Umstand^ dafs im wesentlichen die Einschätzung nur auf den
Roherträgen der wichtigsten Körnerfrüehte beruht, Reis. Oerste,
Weizen, daneben aueh Bohnen um\ Hirse, nicht aber auf dea
hohen Roherträgen der Handelsgewachse.
Es wäre interessant zu wissen , nie hoch die Belastung dea
Reinertrags in Japan sich stellt. Die \orliegenden Materialiea
sind aber bis jetzt kaum der Art, dal's wirklich ein ^enauea Ur»
teil abgegeben werden konnte. Der Wert der amthchos, vcm
IwdwirtscbaMchen Miniaterium ▼erOffsndiehten Durcfaflcfanitti-
berechnungen erschdnt mir aehr zweifelhaft. Die von Fesca
gesammelten beachtenswerten Berechnungen beziehen sich
doch nur auf einzelne Fälle. Darin scheint mir aber Fesca ^
franz reeht zu haben, dafs eine rein geldwirtschaftliche Be-
rechnung der Produktionskosten und öffentlichen Lai^ten beim
Reisbau, dem wichtigsten Teile der japaiii dien Landwirtschaft,
der Regel nach einen Reinertrag überhaupt nicht tlbrigläfst.
Wie wir sahen, lälst beim Reisfeld die Steuerberechnung nur
70 bis 75 Prosent (thatsächlich 75—80 Fh»ent) dea KOmer-
ertnges dem Bauern ftlr die gesamten PhKluktionakoatoi und
die Verzinsung seines Kapitals reap. Grundrente. Beim Trocken-
feld stellt sich im Durchschnitt aer verschiedenen Kulturen das
Verfattltnis allerdings erheblich günstiger. Dabei ist nun filr die
volkswirt^chaftliehe ßctraelitiing des wirk liehen Zustandes Fol-
gendes niclit zu übersehen. In seiner kle inen Wirtseliatt .-irHeitet
der Bauer mit seiner Familir, Enio Mriige Zeit, der Famiiien-
^diefler namentlich, welche anderweit ^^ar nicht auszunutzen wäre,
wird in der Wirtschaft nützlich verwendet. Die Arbeit verteilt
sich fast über das ganze Jahr ziemlich gleichmäfsig. Die ver-
wendete Arbeit kann man daher nicht in der Hohe der Löhne
der nicht gleichmftfsig beschäftigten Tagelöhner in Ansati
bringen. Femer ist zu beachten das noch weite Vorwiegoa
der Naturalwirtschaft. Eine Berechnung der Steuerlast für den
^ Bericht über die laudwirtscbattlichen Verhältnisse Japans etc.
1887. — Die landwinsebaftltchen Verhältnisse der Rai-Pirotfaiz (Ytma-
UHshi -keu) in Beziehung zu denen des japanischen Reiche«, in „Mittei-
luTiir^ n <\i^r Dentschen GeseUschaft für Natur- and Völkerkunde OstasieDS''
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Reinertra^^ jrder Parzelle, zur Feststellung der landwirtschaft-
lichen Jientabihuit au fserord entlich wichtig, ^ieht von dem wirk-
lichen Steuerdruck kein richtiges Bild Der Bauer betrachtet
seine \\'irtschaft als ein Ganzes. Im wesentlichen stellt sich
dann die Recbiiun^ so, dafs er den Ertrag des Trockenfeldes
(Oerste, Weizen» Birse, Knollenirttchte, Bohnen) selber aufifst)
den Bambus mit seiner tausend<igen Verwendung selber zieht,
den Sake zum Haustrunk selbst braut, dafs die Frau die
Rinder spinnt und webt u. s. w. Geld braucht er, um die
Stf-nern 7m zaldcn , Salz, eiserne Tleräte, unter Unistindcn auch
manclie Zuthatcn zur Nahrung, wie Seeprodukte, Soja, besseren
Sake, Tabak zu kaufen, /n Pilgerfahrten u. s. w. Das Geld
schafft er sich durcii Verkaufen der Reisemte, durch Weiter-
veraibeitung landvvirtacliaftlicher Produkte, wie Seide, Thee,
Papierbast, Hanf u. s. w. Dazu kommen Nebenverdienste
dnreh Fischerd, Wald- und Wegearbeit, Vermieten des Pads-
pferdea oder Stieres. Weit verlMreTtet sind hausindustrielle Be-
schäftigungen, namentlich der Frauen durch Weberei, Sandalen-
flechten und Ahnliches. Die japanische Grundsteuer mit ihrer
hohen Quote des Roliertrages ist eine Besteuerung der
ganzen wirtschaftlichen Kxi Stenz des kleinen
japanischen Bauern'. Sie ist nach ihrer that8<ächHchen
^^'irkuDg nicht rein eine Grundsteuer, sondern eine allgemeine
Steuer, man könnt«- sn<xen eiue rohe Form der Vermögenssteuer
und nur möglich durch die arbeitsintensive Kleinwirtschaft.
Daraus ergeben sich yerschiedene Folgen. Vor allem
die Erschwerung» wo nicht Unmöglichkeit des Grofebetriebee.
Wollte man einen Groisbetrieb einrichten mit voll bezahlten
Arbeitern, bei welchem die soigfältige Ausbeutung alier mög-
lichen kleinen Nebennutzungen und Nebenerwerbe wegfiele, bei
welcliem ein ^Töfseres Kapital an Vieh, (ierat<'n, Meliorationen
zu verzinsen wiire, ea wtirde sich das sicher nicht rmtirren.
l)as japanische Steuersystem ist hervorgewachsen aus der Klein-
wiitr>ciiaft. i's ist aber auch ein Hauptfaktor, um den rhergang
zu anderen Wirtschaftssystemen zu erschweren, ja unmöglich zu
machen -'.
* Ebeusow^ig wie den Bauer» wird die SteuerbclastuBg denieoigen
klar, welebe nebenher etwas Landwirtschaft betreiben. Die Zahl dieser
ist aafeerordentlich grofs. Nicht nur auf dem Lande, auch in deu
kleinereD Städten tr'iht »-in grafpfr Tri! der Haudwcrkcr. Kilhnci, Oaet-
wirte o. a. w. nebenher ein wenig Ackerbau. Die darauf veiweudeto
Zeit und Arbeit wird von den Leaten überhaupt nicht b. rechnet. Von
den für Ende \>^>^i) angeriebenen landwirt><t'hafthchen Haushaltungen kam
ein I>rittel auf solche, welchen die Landwirtschaft nur Nebenberuf ist,
und von diesen waren mehr als die Hälfte selbstwirtschaftende Eigen-
tttroer.
- Da.s Hrnvi hen des Kleinbetrieben, im wesentlichen ohne bezahlte
Arbeiter, ist übrigens auch der Grund, weshalb das stattgehabte Steigen
der ArbeitBlOlme fnr diese VerhlUtDiMe keine diiekte Bedentong bat.
FortcbuQg^n <45) X 4. R«thg»n. 37
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578
JL 4.
Weiter hat die Grundsteuer einen erheblicheii Anteil dum,
dafs die Pachtverhältnisse fUr den Pächter so ungünstig, die vom
Pächter zu zahlende Paclit so hoch ist. Die Pacht mufs hoch
sein , wenn der Eigentümer nach Zahlung (\gt Steuern noch ftir
sich eine Rente behalten vnW Im Verf:leicli mit der landes-
übiichen Verzinsung ist die Rente ohnehin niedrig genug. Die
Rente von Grundbesitz ist in allen sehr dicht bevölkerten
Ländern mit Kleinkultur verhältnismUfsig gering. In Japan
ma&te'sich das noch besonders ausprügen, wdl bu in die aiW-
neueste Zeit hinein der Erwerb von Grundbestta die einaige Art
war, Ersparnis mit einiger Sicherheit nulabringend anzmegen,
und weil aus dem social am geringsten angesehenen Kaufmanoa*
Stande eine ununterbrochene Nachfrage nach dem EIrwerb von
Grundbesitz kam, um in den dem Soldaten- und Beamtenstand
zun [i( hat stehenden »Stand der Hyakusho (Bauern) sich zu er-
heben.
Der Pächter seinerseits kann bei der hohen Quote des Er-
die arbeitsintensive Zwergwirthcliatt. Lad auch so ist daa Ver-
hältnis vielfach nur mÖgUch durch die der Regel nach noch be-
stehenden patriarehaliscnen Beziehungen ziviseben Püchter und
Eigentttmer. Die Sitte, die in Japan me so starke Macht aus-
ttlSy Veriulgt vom Eigentttmer, dais er den Pächter in Koda^en
unterstütze. Die Austreibung des nichtzahlenden Pächters wird
im allgemeinen gemilsbiiligt und vielfach mufs der Eigentttmer
den Pächter sitzen lassen . weil f^r <*inen neuen Pächter nicht
linden wiirdc \on den Nachbarn übernimmt keiner die Pacht
und ein Urtstremder würde sich nicht hineintraueu. Hier, wie
so oft in Japan, mildert die Sitte, was auf den ersten Blick und
nach dem Buchstaben des Gesetzes als Härte eröcheiot Dafs
das bei wadisender Ausdehnung der Geld- und Vei^ehrswirt-
schafky bei annehmender Verschärfung des Konkurrenzkamplea
sich ändern wird, ist freilich anzunehmen.
Soweit man in Japan von Japanern selbst ELigen Uber
die Grundsteuer hört, richten diese sich im allgemeinen nicht
gegen die Höhe der Grundsteuer. Man ist die Grundsteuer seit
alters gewöhnt. Der Bauer weifs es nicht anders , als dafs er
ein Arbeiter in bescheidener T^M^re ist wie analere Arbeiter auch.
Was sollte er denn sonst anfangen? Kr liat ja aucli koin
Kolleg tlber theoretische Nationalökonomie yeliurt. won ich er
seinen Reiu<;ewiun berechnen und in einen anderen Bend über-
gehen sollte, wenn er sieht, Uals er in seinem Gewerbe mit \ er-
hist arbeitet. Wenn die Dinge so einfach wären!
Immerliin kaun rnaii aber ^:\'^rx\ , dafs dadurch die Sfelluii^^ des japa-
nischen Bauern im Vergleich zum Lohnarbeiter noch etwas schlechter
erscheint
trjigs , welche er abgeb
eben auch nur existieren durch
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X 4.
579
Was vrirklich Riagen yeranJafat hat, ist der Druck, welchen
die Art der Zahlung aiuttbt. Die Klagen ttber die KOrse der
Steuertermine sind verstummt, seit 1885 gleichzeitig die Termine
▼erlftngert und mit der guten Ernte ienes Jahres bessere Zeiten
gekommen sind. Der Druck, welchen die Einführung der
Steuerzahlung in Geld veranlafst Iiat, ist dag^n immer
noch nicht überwund (^n.
Zur Zeit der Gruiidsttuerreform lierrschte in dem gröiseren
Teile Japans Naturalwirtschaft, Hauswirtschaft. Dabei war der
Wertmesser nicht sowohl das spärlich umlaulieude Geld als der
Koka Beis, in welchem bis dahin Gdiftlter, Steuern, Pacht v. s. w.
rhlt wurden. Die Steuerreibnn setzte an Stelle des Rdses
neue Landeswährung. So sehr das der Ftnanaverwaltung
für ihre eigene Ordnung erwünscht war, so ungewohnt war es
dem Bauern. Bisher hatte ihm die Landesherrschaft direkt den
Reis als Steuer abgenommen. Wnn diese mit dem Reis machte,
den sie nicht selbst in natura auszahlte, wann und wo sie ihn
verkaufte, darum hatte sich der Bauer nicht zu kümmern. Jetzt
wurdr auf eiiuiial auf ihn die ganze Sorge gewalzt, seinen Ueis
m Bargeld umzuwandeln, damit er seine Steuern zahlen könne.
Früher hatte er wohl manche Schererei gehabt wegen der Qu^tät
des Reises, Vermessung und Verpackung u. s. w., aber das
waren längst bekannte PhM^uren, bei denen man nur mit den
landesherrlichen Beamten zu thun hatte. Jetzt sollte der kldne
Bauer dem Komhändler gegen iibertreten, der ihm durch Gewandt-
heit, Kenntnis der Marktverhältnisse, durch Kapitalbesitz, in der
Regel auch durch Gewissenlosigkeit weit überlegen war. Ohne
jede Vorbereitimg wurde der Bauer gezwungen, selbst zu ver-
kaufen und zwar «ofort zu verkaufen, um jeden Preis, den er
erhalten konnte. Der Keishändler konnte warten, wenn ihm der
Preis nicht paCste, der Bauer konnte nicht warten Er hatte
kein Baigela, um die Steuer su zahlen. Geld zu dem Zwecke
zu leihen, war nur fiir unsinnige Zinsen m(%lieh. Und Geld
mufste er haben, dt nn unmittelbar nach der £2mte drängten diu
Steuertmiine. im Konkurrenzkampf zwischen Bauerund Händler
war jener also in jeder Hinsicht der Schwächere. E.s ist kein
Wunder, dafs der Zwang, die Steuer in Geld zu zahlen, bittere
Unzufriedenheit weckte. Diese würde sicher noch sehr gewachsen
rt<'in, wenn nicht ein Umstand eingetreten wäi'e, der zeitweise die
Stellung der Bauern zur günstigeren machte: das Sinken der
Valuta. Wie das Papier Hei, so stieg der Reis. Der \' orteil
war jetzt auf selten des Bewsbesiteers. Jeder spekulierte auf
weiteres rasches Stögen der BetBprdse« der Kaufmann hatte es
jetzt eiHg zu kaufen, der Bauer hielt mit seinen Reisvorraten
zurück, gab nur soviel her, als er unbedingt mulste. Zur Be*
Zahlung seiner gleichbleibenden Steuer brauchte er aufserdem
weniger Rei.s auf den Markt zu bringen. Anderseits wuchs bei
dem der InÜation folgenden äktiven Wohlstand die Nachirage
37»
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580
nach Reis zum direkten Verbrauch wie für dir Sake brauerei ' .
Sowie der Geldwert wieder anhaltend stieg, trat natürlich die
umgekehrte Bewegung eiii, der Bauer war mehr nh je im Nach-
teil. Auch waren die Klagen und die wirkliihen Ltiden des
Bauernstandes grofs. Immerhin hatte die Zwischenzeit bewirkt,
da& die Bauern nicht mehr so ganz tmeifahren dastanden. Auch
der Reiflhandel hatte sich den neuen Verhaltnissen, dem massen-
haft fiber das Land verbreiteten Angebot ganz kleiner Mengen,
mehr angepafst. Dies und die Verbesserung der Verkehrsmittel
führte überschüssige Reismengen leichter als früher grol'sen Städten
nnd den AusfuhrhHfen zu. So ist es gekommen, dafs die Reis-
preise (und nacli ihnen richten sicli im Nvesentlielien die anderen
Produktenpn iso, natürlich nicht die der Ilandelsgewnchse) nii gendi
dauernd und aiicii vorübergeliend nur in einigen (Jegenden auf
diis Niveau der Trcise zurückgegangen sind, welche der Berecimung
der Steuer zu Grunde gelegt waren. Immerhin liegt auch jetzt
darin, dals der kleine ätuer gezwungen ist, sich rasch nach der
Ernte bares Geld zu verschaffen, einer der bedenklichsten Punkte
des japanischen Grund Steuersystems, der meiner Meinung nach
dem Herabsinken der kleineren Eigentümer zu Pächtern die
Onmdsteuer mitwirkt, geschieht das nicht direkt. Die Exekutionen
betreffen, wie wir sahen, nur unbedeutende l'läc lien und Summen.
Dazu hat viel mehr beigetragen, dafs sich rler Bauer eben bares
Geld verschaffen, seine Ernte verschleudern oder zu \\ ucherzinsen
Schulden machen mufste.
Können wir im einzelnen schwer feststeilen, wie grofs die
Belastung durch die Grundsteuer ist, so giebt es doch
Mittel, wenigstens anntthemd ein Bild von der im ganzen vor-
handenen Belastung zu geben.
Ende 1886 waren in Japan 7 747 115 Haushaltungen Von
diesen bescliäft igten sich mit Landwirtschaft 5 518040, das sind
gut 71 Prozent. Im selben Jahre betrug nach Abrechnun<r der
Stempel, Nax^hzahlungen und der .Steuer vom slädtiseln n H;ndnnd
die Grundsteuer 40862 345 Yen. Für jede landwutaeliatilu he
Haushaltung macht das durchschnittlich 7 Yen 41 Sen, Setzen
wir diejenigen Haushaltungen , welche die Landwirtschaft als
Nebengewerbe betreiben — nämlich 1828188 — mit der Hfllfte
an, so zahlte die Haushaltung mit Landwirtschaft als Hauptberuf
0 Yen 7 Sen, die mit Landwirtschaft als Nebenberuf 4 Yen
r>4 Sen. Oder lassen wir die letztere durchschnittlich nur ein
Drittel von d^r Srcuerleistimg zahlen, so kommen auf di«- »T-te
9 Yen 51 Sen, auf die letzte Yen 17 Sen. Eme solcl»^- Durc h
schnittsberechnuDg ist natürlich sehr anfechtbar, immerbin bei der
^ Letztere von 1876 bis 1879 auf dss Doppelte. Über die Abnsbme
der sur Steaersahlung nötigen Rdsmenge oben 8. «539 und 542 f.
Soweit bei
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581
nicht bo sehr verschiedenen Gröfse bäuerlicher irtechaften in
Japan zulässiger als in einem anderen Lande.
Wenn die jammiflche Grundsteuer, wie ich oben sagte, eine
Art allgemeiner Vermögens- imd Erwerbssteuer ist, so konnte
ed ungereclit erscheinen, da(s eine seiche Steuer nur auf einem
Teile der Bevölkerung ruht. Aber es Ist su bedenken, dafs es
beinahe drei Viertel aller Haiisli-dtuTigon sind, welche von
ihr betrotlen werden, direkt oder iiuUrekt. Denn dal's auch den
Päihter der Diuck stiirk mitti'itl't. habe ich zu zeigen gesucht.
Durch die Uruudsteuer vom städtischen ßauland, diireh die Be-
zirks- und Gemeiudegevverijcbteuern, durch die Gebüudeateuern
der grofsen Städte, neuerdings auch durch die Einkommensteuer
wer&n doch auch die anderen Klassen der Bevidkerung einiger-
mafsen herangeholt zur direkten Steuerlast. Auch 7on den in-
direkten Steuern dürfte auf diese Terhältnismftfsig ein grODserer
Anteil kommen.
Es ist zu bedenken, dafs die l'i-odukti'^n des Landes eine
ganz überwiegend landwirtschaftHche ist, wie die Zusammensetzung
(h'r Allstuhr und vieles andere zeigt, ( irolse Summen sind einst-
ueiicii in Ja^an Dur aulzul)ringen durch starkes Heranholen der
land wir löchattlichen lie vülkerung.
Wie grolö ist nun wohl der Anteil an der landwirtschaft-
lichen Produktion, den der Staat für sich in Anspruch nimmt?
Betrachten wir zunftchst das Reisland für sich. Die Steuer
davon bt rund 30 Millionen Yen. Ist die Produktion nun 40
Millionen Koku, so würde die Steu( r auf den Koku 75 Sen be-
tragen. Bei einem Reispreise von 4 Yen 50 Sen wäre das ein
Sechstel des Ertrages (dasselbe Ergebnis, zu dem wir oben S. 573
kamen); l)ei einem Keispreise von 5 \ en '25 Sen aber ein Siebentel.
Die amtlich erhobenen Keispreise im Durchschnitte des ganzen
JLaudu» waren
1884 4,71 Yen
1885 5,8« -
1886 5,u -
1887 4,71 -
1888 4,8T -
1889 5,5« -
Der Durdischnittspreis sAmtlicher ReisbOrsen war
1884 4,s7 Yen
1885 5,«» -
1886 5,00 •
1887 4,«4 -
1888 4,81 -
Die wirkliche Belastung ist aber geringer, da nur die Ernte
an Beia in Betradit gesogen ist, aber nicht aUe sonstigen Nutzungen,
vor «Ilem (auCser dem Stroh) die yielfisush yorkommende Erzielung
einer zweiten Ernte (Gerste, Bohnen u. s. w.) YOm Bdsfelde.
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582
Fttr das Trockenfeld kann man eine entsprechend einfache
Berechnung wegen adner mannigfachen Benutzung nicht machen.
Nehmen wir nach einer rohen Schützung den Wert des Er-
trages der japanischen Landwirtschaft zu 350 Millionen Yen im
J&hrc an imn flie auf ihr ruhende Staatssteuer zu 40 ^tiUionen,
so würde dieae etwa IP 2 Prozent d^r landwirtschaftlichen Pro-
duktion in Anspruch nehmen, gut den neunten Teil. Bei durch-
schnittHch 40 Prozent an Zuschlägen aller Art wäre die gi&imte
Ueliistung 10 Prozent oder knapp ein Sechstel der Proauktion.
Ich fldaube, dals diese Schätzung nicht sehr weit entfeint ra
der Wahrheit sein kann.
Ein anderer Weg, die Wirkung der Grundsteuer zu enuittdoi
iit der Vergleich der eingeschätsten Grundsteuer-
werte mit den wirklichen Preisen. Im allgemeinen wäre
damit auch eine Art Kontrolle gegeben flir die mchtigkeit der
Katastrierung, wenn wir nicht schon wüfsten, dafs der sogenannte
Grundsteuerwert eine willkürlich aus dem Rofifrtrag abgeleitete
Zahl ist. Wohl hat aber ein Vergleich der Urundstückbpreiue
mit dem Steuerwert insofern Bedeutung, als letzterer die Steuer-
leistung zeigt, aus dem Vergleich sich also das Verhältnis der
wirklich gezahlten Preise respektive der wirklichen Grundstücks-
werte su der Grundsteuer ergiebt
Aus der für 1883 bis 1886 Teröffisnttichten Statistik der
Grundstfieksverkäufe und der gesahHen Preise sind schon oben
in dem Kapitel Uber die Verhältnisse des Gnindbesitses (S. 285 £)
die wesentlichsten Ergebnisse mitgeteilt, wo sich die abeoluten
Zahlen der Summen der bei den Verkäufen erzielten Preise und
des Steuerwertes der verkauften Grundstücke finden. Dort ist
ntich bereits darauf hingewiesen, dafs die in der Statistik ar^pe-
gebenen Preise liinter den wirklich bestellenden Durch sc hnitta-
werten wohl etwas zurückbleiben diirtteu, wenigstens bei dem
Ackerlande.
Bei den Generalsummen zeij^t sieh eine ganz hübsche
Übereinstimmung der Steuerwerte und wirklichen Preise. Letztere
waren vom Werte
1883 122<»/o
1884 109 -
1885 103 -
1886 105 -
In den 29 Bezirken, deren Zahlen von 1884 — 18b6 vorliegen
und daher vergleichbar sind, waren es
1884 110%
1885 106 -
1886 109 •
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X 4.
583
Das Sinken von 1883 — 1885 war Folge der Änderungen
in den Preis- und Oeldverhältnisaen; 1886 uagpe aich der be-
gumende Wiederaufschwung.
Das Bild wirfl aber wesentiich anders , wenn wir die drei
Kias&en Ackeriand, Wald und anderes Land gesondert be-
trachten. Beim Ackerland allein war der Preis vom Steuerwert
bei den Gesamtsummen der einzelnen Jahre:
1883 III 0/0
18R4 99 -
1^^5 93 -
1886 88 -
ond in 27 vergleichbaren i Bezirken
1884 100 o/o
1885 93 -
1886 96 -
Das weicht schon yon den Gesamtyerhftltniasen einigennalsen
ab und swar zu Ungunsten des wirklichen Wertes des Acker-
landes. Gerade in umgekehrter Richtung bewegen sich aber
die VerfaidtniBse bei dem übrigen Qmndb( ^^itz. Bei Waldland
war der wirkliche Prds vom Steuerwert bei den Gesamtsahlen
1883 268 «/o
1884 279 -
1885 291 -
1886 282 -
and in 27 vergleichbaren Benrken
1884 282 «/o
1885 278 -
1886 271 -
Der wirkliche Wert des Waldlandes ist also offenbar be-
deutend höber fih df>r Steuerwert, wenigstens soweit Waldpar-
zellen zum Verkauf kamen
Kndlich bei „Anderem Land', worunter fast ausbchüeislich
Bauland zu verstehen ist, war der Preis vom Steuerwert bei den
Gesamtzahlen:
1883 241
1884 17r. -
1885 17») .
1886 2a8 •
Bei den vergleiohbaren 27 Bezirken war die Entwickelung
etwas anders:
1884 179»/o
1885 208 -
1886 255 -
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584
Also nicht nur war der Preis sehr viel höher als der Wert
(die bteucreinschiitzung verliältnisinfifsig also zu niedriiT'. son-
dern der Pi-eiö wai' stark im Steigen, (h r zahlenmäl'sige Ausilnick
fUr die seit Mitte 1885 sich entwickelnde Spekulation in städtiaciien
Gruntibtückcu.
Nach diesen Zahlen erhält man also den Eindruck, dafs
bei Ackerland die Steaerwerte etwas höher, bei anderem Lande
erheblich niedriger sind als die wirklichen Preise. Prüft man
nun die Zahlen bezirksweise, so zeigen sich die allerbemerk ens-
wertesten Unterschiede. Waldland erzielt fast überall Preise,
die höher sind, .ils der 8touorwert. Davon sind auBgf'nomraen
1884 AoTnori, Ishikawa und Kochi. iJ^Stl mit «^an/. inibedeuten-
den Betnigen S;i^;a und Kagoshima, mit gri^l'seren Kyoto und
Osaka. In manchen Fällen sind die l^rti>o mt hr als das Zehn-
fache des Steuerwertes, so in N^igano, Fukui, Tottori, aiuiiicii
in Mive. Das Vier- bis FünflEabche ist nicht selten, namentlich in
den Bezirken um Tokyo. Ähnlich stehen bei pVendiiedenem
Land** die Preise weit über den Steuerwerten. Nur in mner An-
zahl südlicher Besirke bleiben sie selbst 188G noch hinter den
8teuerwerten zurück (Okayama, Hiroshima, Tokusbiraa, Miya-
zaki, Kagoshima). Bemerkenswert sind auch hier uieder die
hohen Preise in Nagan'» '1883 bi- 18^6 zusammen Land im
Steuerwerte von :lri4 2'-> Ven t'iir einen Pn is von 17()8 41-'> ^ en)
und in Kanagawa (IbStJ bis 1H8() zusimmen Land im Steuer-
werte von 498 200 Yen ir\\r einen Preiö von 2 005 470 Yen).
In Tokyo, das überhaupt die liöchsten Zahlen hat, wurden 1883
bis 1886 für Anderes Land^ im Steuerwert von 3935752 Yen
11 040962 Yen erlöst, das sind 281 Prozent In den vier Jahren
bewegten sich aber die Zahlen stark nach oben» denn der ErlQe
war vom Werte
1883 lOT^'o
1884 200 -
1885 2()(3 -
1886 aoo -
Am wichtigsten ist die Betrachtung des Ackerhindes, bei
welchem leider Beisland und Trockeufeld nicht geschieden sind.
AN'ahrscheinlich gebe n l>eide etwa.s verschiedene Resultate zu
Ungunsten der Reislandpreise. Im Durchschnitt siimdicher 1^-
zirke war beim Ackerland der Preis 1884 dem Steiierwerte
irleieh, ls85^o niedriger fl>s:{ mit seinen noch abnormen Pro-
duktenpreisen berück sie htige ich nicht weiter). Sehen wir etwas
näher zu, so finden wir 1884, dal'h der J'reis in 22 Bezirken
höher, in 20 Bezirken niedriger war als der Stcnierwert. Von
letsteren lag<>n 15 an und westlich von der Owaribucht Nörd-
lich und östlich davon nur 5. In 7 Bezirken betrug der Vma
noch nicht 70 Procent des Steuerwertes (Mijazaki 53, Ishikawa 55,
Miye Toyama 64, Saga 65, Wakayama 66, Kagoshima 69).
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X 4.
585
Von den 22 Bezirken mit höheren Preisen lagen nur 6
westlich von der Owaribucht. In 8 Bezirken brachten die Preise
mehr aU 130 Prozent des Steuerwertes. Obenan ateht wieder
Nagano mit 213. Es folgen im Osten Kanagawa mit 202,
Niigatn 177, Vamannsln ] V\ Tokyo 148, Chiba 144, iwate 133^
im W esten steht ^ aiii;ii;uclii allein mit 140.
Im Jahre ISsk , . r^ab der Diireliseliriitt in den 28 Bezirken,
deren Zahlen bekannt ^ind. einen Preis von nur 88 Prozent des
Steuerwertes. Aber in 9 Bezii'ken wai* der Preis doch noch
höher als der Steuerwert^ zum Teil sogar erheblich. Der Preis
war Tom Werte in Tokyo 184^ Nagano 180, Niigata 154, Ya-
manashi 138, Kanagawa 126, Iwate 115, Vamagata III, Aichi
102 Prozent. Die 1884 so glinstig dastehenden Bezirke Chiba
und Vauiaguchi fehlen in der Cber^ii lit für 1886. Weniger als
70 Prozent des Wertes ergaben die \ <'rk;iiife in S Bezirken:
Kagoshiuia 44, Miyazaki öö. Saga 5t>. < )saka r>R, Hiroshima 50,
Aomori ()5, Okayama und Isliik iwa ti7. \ on den 28 Bezirken
standen K) unter dem Durch schnitt.
Es würde einer besonderen Untersuchung bedürfen, um ge-
nau festzustellen, welchen Ghrtinden diese grofse VerscMedenheit
zuzuschreiben ist. Manches mag auf Torübergehenden Zu^llig-
keiten beruhen. Die hohen Preise in Nagano und Vamanashi
erklären sich durch das rasche Wachs n I i Seidenkultur. In
Tokyo, Kanagawa und anderwärts wirkt die allgemeine giknstige
Entwiekekni;^, Hebung des ^'e^kehrs n s. w. Im allgemeinen
fieheint mir aber doch, dafs die unii!« ieinnärsii^«' Einschätzung
ztir ( 5nmdst«'ucr und dt-ren Höhe einen wesentlichen Anteil an
der verschieili ürn L:i^e der Bezirke hat. Zieht man zur Ver-
gleichung heran, wao oben S. 539 tf. gesagt ist über die Knt
Wickelung der IVoduktenpreise seit der Steuerreform, so findet
man, da& in einer Reihe von FäUen die Bezirke yerhältnismttfsig
niedriger Grundstttckspreise identisch sind mit denjenigen, in
welchen die Produktenpreise sich gegenwärtig über das Niveau
der Preise von 1870 bis 1874 wenig erheben Die aufi^llige
Begünstigung von Yamaguchi bei d( r Steuerreform spiegelt sich
in den verhältnismälsig hohen Gruudatuckspreisen wider.
Ebenso sehen wir, <lars die Bezirke, welchen die Kataster-
reviaion von 1 885 89 vor allem zu gute kommt, meist auch
Bezirke niedriger Grundstückspi'cise sind.
Die japanische Grundsteuer nimmt eben eine s<dche Quote
vom Ertrage des Bodens in Anspruch, dal» selbst kleinere Ver-
schiedenhetten bei der Einschtttzang in einem erheblichen Unter-
schied der Grandstacksprein sich zeigen müssen.
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586
X 4.
Viertes Kapitel
Die anderen Staatsstenern.
I. Die Einkommensteuer.
Die £ i n k 0 m m e n 8 1 e tt e r ist unter den vielen japanischen
Steuern die jüngste. Sie ist dnrvh kaiserlic he Veronlnung Nr. 5
vom 10. M;irz 1887 eingeführt, in Kratt seit dem I.Juli 1887*.
Ganz neu m allerdings der Gedanke derartiger Steuern nicht.
Abjgcschen von den Haushaltungsstenern der Bezirke und Ge-
uieiiideii, haben als Staat£>äteuern schon Geliaiis- und Renteo-
steaem bestanden. Von 1874 bis Ende 1879 hatten die Beam-
ten Ton ihrem Gebalt eine Steaer su bezahlen, welcbe .fttar die
meisten Beamten 5 Prosent, iltr solche mit sdhr hohem CMalt
10 und 20 Prozent betrug. Noch kttrzere Zeit, von 1875 bis
1877, bestand die Steuer der Renten der Kwazoku und Shisoku,
welche für die gröfsten Renten 30 Prozent betrug und nach
unten abnahm. Die Gehaltsstein r }iatte im hrtelisten Jahre noch
nicht 93 000 Yen eingebracht, die Kentensteuer im MAvirnnm
beinahe 3 Millionen.
Neben der hohen Belastimg des CiruuJ besitz es dui-ch die
Grundsteuer, und angesichts der bevorstehenden Verminderung
der Einkllnfte daraus dttrch die 1885 in Ameriff genommene
Revision, lag es nahe, auch die anderen EmkommensqueUen,
das bewegliche Kapital^ die städtische Bevölkerung zur TragQQg
der Staatslasten direkter heranzuziehen als bisher. Der ente
Schritt in dieser Bichttmg ist die EinftÜinmg der Einkommen-
steuer gewesen.
Das Gesetz bestimmt, dafs Personen, weklio 300 Yen und
mehr Einkommen haben, Einkommensteuer bezahlen müssen.
Einkommen von Faiiiilienmitgliedem, welche im selben Hause
leben, wird als Einkommen des Familienhauptes angesehen und
mit dessen Einkommen susammengerechnet. Die Steuer wird
in einer mftfsigen Progression nach ftlnf Klassen erhoben.
I. Einkommen von 300 bis 1000 Yen zahlen 1 ^ o Steuer
II. - - 1000 - luuuO - - 1 Vi-
lli. . . - lOOOO - 20 000 . - 2 -
IV. - - 20000 - 30000 - - 2Vt-
V. - • 80000 Yen und mehr - 8 -
' Ee ist bemerk onewert, dafe die Veröffentlichung de» Eiiikominpii-
eteuergeseta&es 14 Tage nach der des Budgets erfolgte, ohne dafs eine
AndemoDg Aber die Devoisteheode neue Htnter gemaebt wire.
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587
Das EinkommeD ioll £olgendennal8ea berechnet werden:
a. Einnahmen aus Zinsen , Dividenden , Gehalt» PenaloDen,
Renten u. e« w. gelten als reines Einkommen.
b. Bei Einkommen aus Gewerben odw unter a nicht ge-
nanntem Besitz ist die Geldeinnahme oder der Geldwert
der eingenommenen Gegenstände, vermindert
er. um den Betrag slimtiieher geiahlter Steuern,
ß, um den Preis verwendeter Rohstoffe, wie Saatgut und
Dünger, Pacht, Heparaturkosten der Gebäude, Miete
für gemietete Gegenstände, liOhne, bchuldzinsen und
Sonstiges,
als rdnes Einkommen aneusehen*
Diese Berechnung ist^ wenn möglich, nach dem Durchschnitt
der letzten drei Jahre zu machen.
Einkommensteuer wird nicht erhoben:
VI > tri Gehalt von Militärpersonen während eines Feld-
von Reisekosten und von \\ itw. n und Waisenpensionen
(einerlei ob vom Suat oder von l'rivaten bezahlt),
von aufserordentlichtn Einnahmen, soiem solche nicht
aus dem ( 'csohiiitsbctrieb stammen.
Wer ein steuerptiichtige^s Kinkommen hat, muiö zu Bet^nnn
d«^s Finanzjahres eine Erkliirun^ über Höhe und Art seiner^
l^inkommens durch den Ortsvorstand an den Kreishauptmana
einsenden. Aus diesen Selbsteinschätzungen stellt der Kreis-
hauptmann zonilohtt e&ie vorlilufige EinsehKtzungstabeUe zusam-
men« in wdche er auch solche Personen aufnimmt, weldie steuer-
Sflientig sind, aber die Fassion nicht eingeschickt haben. Über
te wirkliche Einschätzung entscheidet dann eine unter Vorsitz
des Kreishauptmanns zusammentrelmde Ereiseinschätzungskom-
raission von 7 Mitgliedern, welche von den männlichen, mehr
als 25 Jahre alten, im Kreise wohnenden Einkommensteuerzahlem
gewählt wird.
Gegen die Bescliiusse der Kommission kann der Kreishaupt-
raann wie der Einge^ichatzte (binnen 20 Tagen) Berufung an
den Bezirkshauptmann einlegen, der die Besdiwerde dem stän-
dfgen AosBchuis des Bezirkstages zur EntacheiduQ^ ttbergiebt
Die Steuer ist halbjährlich, im September und un Miirz, zu
entricbteo. Sinkt das Einkommen um mehr als die Hälfte, ehe
die Steuer fkUig ist, so kann der PHichnge entsprechenden Erlafs
verlangen. Bei talscher Selbstcinschätzung wird der Defiraudant
mit dein Dreiffiohf'n der hinterz offenen Steuer bestraft.
Im Hokkaido, in Okinawa, i ^js^asawara und auf den Inseln
von Izu wird die Steuer nur von Gehalt, Renten und Pensionen
erhoben, weiche der Staat zahlt.
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588
X 4.
Die Steuor bedeutet mir eine sohr mälsige Belastung. Nicht
nur ist der Prozentsatz niedrig-, .sondern ftir japanische Wohl-
feUuidsverhältnisse ist die Grenze von 30*) Yen, Uei welcher die
SteuerpüiLht erst beginnt, sehr hoch. Die ganze Masse der
Bauern nicht nur, sondern auch der Handwerker und Kaufleute,
der klonen Beamten, Lehrer u. 0. w. bleibt auCier dem Bereiche
des Gesetzes.
Bisher liegen nur die P>geb&iaae der beiden ersten Veran-
lagungen von 1887 und 1888 vor, welche naturgemäfs ziemli<*h
unvolmomnien gewesen sein werden. Dabei sind nur 118 503
resp. 12U08() Einkonimensteiu rpHi« Ittige erraittelt wordon. Das
waren 1887 nur ITV auf y- lUUU Haushaltungen. Davon aii.-l
aber 1887 nicht weniger als 10r>21(l zu einem Einkommen vou
weniger als 1000 Yen veraidagt. nur loi'.77 /u »ineni Hinkom-
men von 1000 Yen und darüber (noch nicht Ii aul" 1000 Haus-
liaUuiigen)^ Der Zuwachs an Steuerpflichtigen im Jahre 1888
kam mst ausschliefslicb auf die untere Stufe, zu welcher 115351
Personen eingeschätzt waren, gegen 13785 Personen mit Ein-
kommen von 1000 Y'en und mehr.
Koch unbedeutender war das Ergebnis der ermittelten Ein-
kommen, nämlich 1^^7 nur 80 ;i8iJ öOLJ Yen, wovon fast ,:?enau
47 Millionen auf die unterste Stufe kamen (vgl. i>. }_!".»). Die
zweite Veranla;;ung brachte fast keinen Eortschritt. d( nn >if ergab
80Sr>0 7.V) Yen, wovon 4(» 057 427 Yen in der unteren Stufe,
Es unterliect keinem Zweifel, dals die Einschätzungen dureli-
weg ganz bedeutend hinter der Wirklichkeit zurttckgebiieb^k
sind. Das Ergebnis der Veranlagung von 1888 war:
Steuer-
piiichtiges
Einkom-
Einkommen
von
Steu<'r-
Eänkotninen
menatenv
ptliclitige
Yan
Yen
30000 ^ en und
darüber
(58
4243987
Ulm)
200O0— aouuo
Yen
48
1 085 374
27134
10000—20 000
220
2843 237
50 bo5
1000-10000
13300
25 730 728
385 m
300^1000
115351
46 9^bl 429
469574
zuAunuaen
12908t3
80 boO 755
1 UOO bo4
Von dem Steueraufkommen fiel auf den Bezirk
Tokyo 355801 Yen
Osaka (ohne Nara) 73 155 -
* iyü Vtüüia eiu Y erbleich im einzclueu zulasbig wäre, darf zur
Illustration wohl darauf hingewiesen wondeD. dafe im sdbeu finaiiEiahre
in Preufsen 21o320 einkommeurteuerptliehtige Einzelnsteuenide und Haus-
haltungen ermittelt sind und boi der Klaesensteuer mit Einkoinmcn von
10.>U— .iOOü Mark (aC/O—lUUO Yenj 101^742, imil daa bei einer um ein
Viertel kleineren Bevölkerung.
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X 4.
589
Kanagawa 44321 Yen
Hyogo 4n 785 -
Niiirata 38 353 -
Aiclii 31119 -
Kvotü 30 501
Fükuoka 23901 -
In allen anderen J»ezTrkeTi war es wcni^rer als 2üOnO Yen.
In 17 von den 45 Bezirken Altjapauß brachto die Steuer noch
nicht 10 000 Yen, am wenigsten in Tottori, 3158 Yen, und
Miyazaki, 5016 Y'en.
Die Erträge Bind noch hinter den sehr beaoheideneo Er-
wartungen erheblich zarttckgeblieben — (an^^eblicfa soll die Fi-
nanzverwaitung auf anderthalb Millionen gehoffl; haben). Der
Grund dieser ^orin;:« n Kr^it bnisse ist nicht weit zu suchen. So
f^erecht an sich der Gedanke war, die Kreise der BevOlkerunpr,
welche sich der Last namenth*( Ii der direkten Struern entweder
ganz oder docli i^röfsten teils entziehen, an der Steuerlast teil-
nehmen zu lassen, so sehr ist zu bezweifeln, ob eine allgemeine
Einkomraenstener dazu der rechte W eg war. ICine sok'he kann
nur da naiuiialte i.iLia^e lietern, wo das wirtschaftende Indivi-
duum tiber den Geldwert seiner Einnahmen und Ausgaben sich
wenigstens im allgemeinen klar ist, wo die Verkehrswirtschaft
herrscht In Japan^ bei dem Vorherrschen des Kleinbetriebes
und der Hauswirtschaft, ist das nicht der Fall. Die Gegenden,
in welchen die Verkehrsmittel und das wirtschaftliche Leben
üherliaupt wenig entwickelt sind (Westküste, Nord- und ÖUd-
japauf, liaben sieh der neu«'?i St'MH-r fast ganz entzogen. Ihre
Einfuhrung in Japan ist ein vertnihtes I'.xperinient. I)as Ziel,
das man zu » rreiehen wün.selit*- und nicht erreicht hat, wäre
durch eine der jajjaniselien wirtschaftlichen Kntwickelungsstufe
angemessenere IJt öteuerungsforui leichter erreicht worden, durch
Personal- und Klassensteuern, wofür die Haushaltnngssteuem der
Bezirke und Gemeinden den richtigen Weg wiesen. Daneben
wMre eine Ergänzung durch eine Gehalts- und eine Kapitahrenten-
Steuer am Platze gewesen.
Wollte man eine Einkommensteuer nach europäischem Muster
einführen, so war es wohl richtig, die Selbsteinschätzung anzu-
nehmrn nni den W iderstand der Besitzenden und daher Ein-
fluisreiehtn zu überwinden. Dais das zunächst zu einer allge-
meinen Unterschfitzunu Idhren würde, die Jedcrniann ganz un-
befangen eingesteht, \%ar vorauszusehen. Einstweilen sind die
Kontrollen ungenügend. Namentlich die bei Selbstdnschätzung
doch wohl unentbehrliche Kontrolle beim Erbgang fdilt in Japan
Insher.
Jedenfalls kann die Steuer bis jetzt drückend nicht genannt
werden, da die Grenze der Steuerfreiheit und die niedrigen
Steuersätze dun^ die schlaffe Einschätzung noch weiter gemil-
dert sind«
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590
II. Die BergwerkMteuer.
Die Bergwerkssteuer wird seit \^Sh nicht mehr unter
den Steuern aufgeführt, obg:lei('h sie den Namen „Steuer" (zei)
ilihrt. Es scheint, als ob man dadurch den juristischen Charakter
der Bergwerke und des Nutaungsrechts daran hätte zum Aua-
drocke oringeD wollen. Japan steht^ wie oben (S. 368) achon
gesagt, auf dem Standpunkte des Bergregab. Die Auabeataiig
der nutzbaren Mineralien wird vom Staate auf Zeit yerlieheii^
Da^ ist eine geringe Abgabe au entrichten, welche nach der
Gröfse des Grubenfeldes bemessen ist Die Einnahme ist gans
unbedeutend. Im Jahre 1875 7^) nur 74:il Yen, stieg sie bis
1881/82 auf 26Ö81 Yen, um dann bis 1884 85 auf 1^^501 Yen
zu sinken und 1888 89 wieder auf 4ö 733 Yen zu steigen, wo-
von 28 040 Yen von Gruben im lietrieb. Der neuerliche starke
Zuwachs, dürfte, abgesehen von dem allgemeinen Aufschwung des
Wtrticbafblebens» sum Teil durch die EuoferhauiBe, zum Ted
durdi den Erwerb von Staatsbergwerken durch Prirate vmn*
U&t sein.
Irgend welchen Druck auf den Betigbau kann die geringe
Abgabe Icaum üben.
III. Die Zölle.
Als Japan für den fremden üandel geöäiiet wurde, war
das Bestreben der fremden Milchte auf eine mäfai^e und
feste Regelung der Zölle gerichtet. Die ersten hierttber ge-
troffenen Vereinbarungen (Additionalartikel mit Holland vom
IG. (Oktober 1857, Art YI, und japanisch-russischer Vertrsg vom
12./24. Oktober 1857, Art IX) sahen noch eine Abcabe von 35
Prozent von Rauf und Verkauf vor, was aber nur bis zur Ver-
einbarung eines Tarifs gelten sollte. Die Verträge von 1858
hatten sclion sehr viel geringere Sätze. Von (1(t Ausfuhr sollten
5 Prozent des Wertes entriclitet werden, Gold und Silbermünzen
sowie Stabkupfer irei sein. Von der Einfulir sollten berauschende
Getränke 35 Prozent des Wertes^ einige besonders aufgezählte
Waren 5^ alle anderen 20 Proaent beaahkn, Gold und Silber,
sowie Kleider und Hausrat aum eigenen Gebrauch frei sein. Zu
den nur mit 5 Ph>zent des Wertes zu verzollenden Waren ge-
hörten nach dem amerikanischen Vertrag Kohlen, Dampfmaschinen,
Schiffsbaumateriai, lebende Tiere, Reis, Brotstoffe, Zink, Zinn.
Blei und sor!fIer>>:irer\veise Rohseide. Wichtiger wfir. dafs der
englische \ ertnig aile Baumwoll- und Wollwaron hinzutugto,
wozu durch den preuüiischen Vertrag noch Leinen waren kamen.
> Berggesetz Nr. 2Ö9 vom 20. Juli 1873.
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X 4.
591
Im historischeD Teile ist oben (S. 63) erzählt worden, wie
die Abwickelung der Shimonoscki-Angelegenheit dazu fbhrte,
dafs am 25. Juni 186G in Yedo die japanische Regierung mit
Frankreich, Orors-Rr!t?\nni<'n, den Niederlanden und den Ver-
einifjcten Staaten einen Wrtrag abschlol's. der den Zoiltant „auf
einer l^asis von 5 Prozent vom Werte der ein- und ausgeftlhrten
Waren" revidierte, d. h. all^remein die Zölle herabsetzte. Trotz
mancherlei Bemühungen um Änderung liegt diese bogenannte
Konvention von Yedo noch immer dem japanisclien ZoU-
weaen zu Grunde.
Was zunächst die Einfahr betrifft, so sind alle Waren in
vier Klassen geteilt. Klasse I enthält solche Waren, für welche
auf jener Fünfprozentbasis speclfische Zölle festgesetzt sind, feste
Sätze nach dem Gewicht oder bei Stoffen nach Liinge und
Breite. Diese Klasse enthalt in 89 Nummern die meisten wich-
tigen Einfuhrartikel, namenTli( h die Wollen-, Leinen- und Baum-
wollenwaren, auch Rohbaumwolle, von Metallen rohe und Halb
£äbrikate, einige Chemikalien und Faib waren, Leder, Matten,
Fensterglas, Zucker, Tabak, Elfenbein u. 8. w.
KlMse n enthält die ssollfreien Waren. Es sind das aufser
Gold und Silber (gemünzt und ungemUnzt), Kohlen, Anker und
Kabel, Teer und Pech, Salz und gesalzene Provisionen, Getreide
aller Art, Mehl, Ölkuchen, Kleidungastüdce, Reisegepäck, Bücher,
endlich Packmatten, Theeblei, Pfannen zum Tlieerösten, Löt-
metall. - Unter 475 Nummern der iijntuhrstatistik von 1889
waren 35 freie.
Klasse III enthält als verbotene Ware nur Opium.
Alle übrigen Waren gehören in Kiaase IV und bezalden
einen Eingangszoll von fltnf Prozent des Ursprungswertes, welchen
der EtnfUhrer anzugeben hat Sind die japanischen ZoUbeunten
mit der Einsdifttsunfi^ nidit einverstanden, können sie die Ware
taxieren. Der EinfUhrer hat die Wahl, nach dieser Taxe den Zoll
zu bezahlen oder die Ware der Zollverwaltung su überlassen. Ist
der Ursprungswert in Gold angegeben, so wurde fUr die Um-
rechnung in Silber bis in die neunte Zeit das feste V^rh-dtnis
von 1 $ - 4,SH Yen angenommen. Seit dem Rückgang d(}s
Silberwertes ent^pracli. das immer weniger dem wirklichen Ver-
hältnis. Erst seit dem 1. Oktober 1888 ist ein anderes Verfahren
eingeführt, nach welchem für jedes Vierteljalur der Umrechnungs-
kurs vom Finansminister festgesetat wird. Fttr das erste Viertel-
jahr dieser neuen Regelung betrug das beispielsweise 6,fts Yen
fllr 1 ü^ = 0,8M Yen für eine Mark.
Für die Ausfuhr sind in Klasse I 53 Waren aufgezählt,
welche specifische Zölle zahlen sollten, namentlich Seide \ Thee',
Tabak, bobnen, Baumwolle, Wachs, Kampher und einige andere
^ 1. Juni geändert.
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592 X 4.
Droguen, die wichtigeren Seeprodukte, Papier, Steinkohlen u. s. w.,
mt 1867 bei Auafuhr aus Hakodate auch Bauholz. Klaase II
CTthidt ab zollfrei nur Gold und Silber In Klasse III waren
ds verboten aufgeführt Reis, Weizen, Gerste und Mehl dafaua»
sowie Salpeter. Alle anderen Waren hatten in Klasse IV itinjP
Prozent des Wertes zu zahlen.
Der Orundgedankf' dieses ganzen Zollsystems war also, dafs
mit nnbedciiteiiden Aiisnaluiu-n die fjanze Kintiihr und Ausfuhr
liGäU/uert war, aber durcliwc;^- mit so grrin^en IJetriigen, dafs der
Handel dadurch kaum irgendwie beeinfkilst werden konnte. In
dietiets System sind nun bei der AuBtuhr mehr und mehr Löcher
gerissen. Zunächst nnd die Ausfuhrrerbote 1873 beseitigt und
dabei Reis, Weizen, Gerste und Mehl daraus Tom Zoll oefreit
(Nr. 246 und 385 vom 15. Juli und 17. November 1873).
Steinkohlen, die auf Dampfern verladen wurden, sind schon 1869
als „ftir den Gebrauch des Schifte«" bestimmt frri gelassen, auf
Sc;:rel8chiffen verladene aber erst Im September 1888. Allmählich
sind dann immer mehr Waren vom Ausfuhrzoll bi fn it-, bis
durch dir- Kaiserliche Verordnung 83 vom 18. Dezember 1888,
in Kraft vom 1. Januar 1889, die Mehrzahl der weniger wich-
tigen Ausfuhrzölle be-seitigt ist. Ausfuhrzölle werden seit 1889
nur mehr von den wichtigeren Rohprodukten erhoben, Sdde,
Thee, rohen Metallen, Seeprodukten» Kampher, Wachs, Tabak,
Lumpen, Holz, Häuten u. s. w. Unter 208 Nummern der
japanischen Ausfuhrstatistik von 1888 waren noch 134 aoll-
pflichtige, 1889 unter 20(3 Nummern nur 57.
Dem Werte nach ist jetzt reichlich ein Drittel der Ausfuhr
zoUirei, während es 1883 z. B. erst ein Siebentel war, nftmlich:
zollpflichtig soUfm
(japsoische Produkte)
1883 30552430 Yen 5155927 Vco
1888 46058654 - 19646856 •
1889 45121784 - 24185110 -
Bei der fcjnfuhr dagegen ist der Anteil der zollfreien Waren
dem Werte nach nur ganz unbedeutend. Es waren von der
Mnfuhr ausländischer Produkte
zollpflichtig zollfrei
1883 27 7532H2 Yen 678677 Yen
1888 03208510 - 2207 725 -
1889 63403345 - 2638240 -
' Bis 1^560 auch Kupfer, das bis dahin an Fremde nur von der
Regierung verkauft wurde.
2 So 187*^) Papier und IriIi;^'o, 1877 Zündhölzer, 1877 und !>^7'' eine
Aozabl Baum woii waren, 1879 und 1880 die meisten Japanischen tndusthe-
inrodnkte, wie Qewebe, Piurzellaii« Lackwaren, Bronzen, Fächer u. a. w.;
1H87 kam daxa noch Schwefel und Sähe.
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X 4.
593
Alle Zölle sind in Sflber zu zahlen, im Tarif von 1866 in
Ba angegeben, wovon 311 gleich 100 Mexikanischen Dollars
resp. Süberyen sind, in den Zeiten der rapiergeldwirtschaft
war diese Metalleinnahrae ein nichtiger Rückhalt ftlr die
Deckung der Metallbrdiirfnisse der Regierung.
Die Folge des jetzigen Zollsysteinep ist natürlich, dals tinun-
ziell die grolse Menge der versteuerten Waren sehr weni;: Be-
deutung hat. Unter den 475 ISuiuniern der Kintuhrötatistik von
1889, worunter 440 von zollpflichtigen Waren, ergeben 92 noch
nicht 100 Yen. Selbst unter den 57 zollnflichtigen Nnmmeni
der Ausfuhrstatistik Bnden wir bei 9 noch Zoubeträge von weniger
als 100 Yen (18F8 unter 184 zollpflicbtigen Nummern 84).
Finanzielle Bedeutung haben nur verbältnismärsig wenige
Waren, bei der Ausfuhr, schon vor der neuerlichen Abschaffung
so vieler Zölle, eigentlich nur drei, Seide, Thee und Kupfer.
£a ergab der Aus^hrzoii
1883 von Seide 793849 Yen ==60 ^lo aller AusfiihnOUe
- Thee 278 450 - =21 - -
- Kupfer Bf) 273 - ^ 2,7 - -
- Thee
3<i2 IUI
- =18 - -
- Kupfer
Ol 7H0
- = 7 - -
1888
- ^?ei(le
1 l&8 89r)
- r=60 - .
Thee
325 P.»2
- = 10 - .
•
- Kupfer
175904
. 9 . -
•
1889
- Seide
1044728
. =60 - -
- Thee
322876
- =18 - -
*
m
- Kupfer
143971
. = 8 - -
•
Aul die«»e drei Waren kamen also 1889: 86 Prozent der Ein-
nahme aus den Ausfuhrzöllen, 1888 aber auch echon 85 Prosent.
Bei der Einfuhr ist die Zahl der finanziell wichtigen Artikel
etwas grOfser. Es ergaben
1883 Baumwollgarn 394 152 Yen ^30^ oder Einfuhrzölle
Andere Baum wollwaren 158168 - =11 . -
(einschl. Baumwolle)
Wolle und W'ollwaren 198065 - =15 - -
Zucker 136640 - = 10 - -
Petroleum 122755 - = 9 • -
Eisen und Eisenwaren,
Maschinen und Instru-
ment.' 91 996 - =- 7 - -
1888 Bauniu(,ll_ai n 7ta 61*7 - ^ 28 - -
Andere Baum vvolhvaron 301 096 - =11 - -
(einschl. Baumwolle)
Wolle und WoÜwaien 385 359 - = 12 - -
Zucker 272039 - =10 - >
Fftric1iung«n (45) X 4. ~ B»thg«n. 38
47 - -
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594
X 4.
Petroleum 137 831 Yen — 5 ^ o der Eiiil'uLrzöUe
Eisen und Eisenwaren^
Maachmen und Instru-
mente 446513 - =16 - -
1889 Baumwollgarn 6S7 096 - =24 - -
Rohbaumwolle 202093 - = 7 - -
Andere Baum weil waren 220862 - = 8 - -
Wolle und VVollwÄTen 324 866 - 11 . -
Zucker 224 758 - = 8 - -
Petroleum 223300 - = 8 - -
Eisen und Eisenwaren,
Mascliinen und Instru-
mente 487417 - =17 - -
Auf diese Kategorieen kamen also 1883: 84 Praent, 1889:
88 Prozent aller Eingangszölle.
Der niedrige Ansatz aller Zolle hat sich bei den specifischen
Zöllen dnrcb die im Laufe der Jabie emgetretenen Wertver-
ftndemngen vid&eh Ton der Baals von ftlnf Prozent mehr oder
weniger entfernt So war z. B. nach der Handelsstatistik fUr
1889 die Zolleinnahme vom W^erte der eingefllhrten Waren im
Durchschnitt aller Woll waren 4,s Prozent, aber von Wollengam
nur 2,8 Prozent, von W ollennnissehn dairr^en 6.^ Prozent.
einem so vortreti liehen Steuerobjekt wie Zueker war der Zoll-
ertra^^ beim braunen Zucker nur 3,8, beim weifsen nur 3,4 Pro-
zent dcri angegebenen Wertes Vom gesamten Import betrugen
die Zölle 1889 nur 4,8 Prozent des Wertes, vom Export 1888
3,1 Prozent, 1889 nur mehr 2,» Prozent Legen wir dagegen
nur den Wert der zollpflichtigen Artikel zu Grunde, so betaiimi
die Zölle 1888: 4,8 Prozent, 1889: S,9 Prozent vom Werte der
ausgeführten Waren, dagegen vom Werte der eingeführten Waren
1888: 4,8 Prozent, 1889: 4,6 Prozent Die ^asis von fünf
Prozent" von 1866 stimmt also mit den wirklichen Freisen nicht
mehr überein
Sind die Zollsätze durchwefr »ehi- niedrig, so sind U'i der
Besteuerung fast aller Kinluiirariikel und der meisten wichtigen
Ausfuhrartikel die Gesamtbeträge immerhin nicht unbedeutend.
Nach der Grundsteuer und der Sakesteuer bilden die Zolle die
drittwichtigste Staatssteuer Ja|>ans, obgleich sie im Jahre 1889,
dem bisher höchsten Jahre, die Bevölkerung mit noch nicht gaas
12 S( n auf den Kopf belasteten und von allen Staatssteuern
1887 88 nur Cyy o auf die Zölle kamen. Mit der Zunahme des
Hnnrlel.s ist aneli der Ertrag der Zölle gestiegen, t'^ber die
Erträi^c vor der Revolution rinde ieh die folgenden AriL^aben^
wobei nbor zu beachten i.st. dafs bei der niantrelliatti-n Intugritiii
der Beamten die Defraude früher ziemiicii bedeutend gewesen
sein soll.
Japsn Weekl^r MaU 1882 S. 506.
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X 4.
595
£b kamen ein
1859 (vom 1. Juli aa)
1860
1861
1862
1 863
1864
1865
1866
48391 $ Mex.
277 829 - -
210459 - -
391820 - -
355 408 - -
345507 - -
510351 - -
657 527 - -
645595 - -
1867
Über die weitere Entwickelu^e siebt die folgende Tabelle
Anfedüursy in welcher ich die ZoUetnnahnien nach Flnanas-
perioden und nach Kalenderjahren, wie sie sich aus der Handels-
Btaüstik eigeben, nebeneinandergestellt habe. Seit 1869 ist die
Einnahme aus den Einfuhrsi^Uen immer höher gewesen als die
auB den AuafahisüUen.
Finaosperiode
A ö 1 1 0
bühren bis
1879)
jähr
Zölle
(einschl. Qe-
btthren)
Yen
Yen
(1868)
I
720867
1868
864281
(1869)
(IRTO)
II
502817
1869
881 082
UI
648 453
1870
1 130480
(1871)
IV
1071631
1871
1367 577
(1872)
V
1 331 560
1872
1 596 506
(1873)
VI
1 685 975
1873
1 736 110
(1874)
VII
1 498 257
1874
1631445
(1875 1. Sem.) Vü!
1 038 104
1875
1 860 602
1875/76
1718788
1876
1958875
187677
1988688
1877
2037488
1877/78
2 358 654
1878
2370989
1878 79
2351635
1870
2 549 794
1879,80
2 653637
1880
2 636 589
1S80'81
2 574135
1881
2511428
lb8L82
2516292
1882
2 704 867
1882/83
2 557 967
1883
2717757
1883 84
2630002
1884
2 547 404
1884 85
2697 716
1885
2734380
1885^86 (9 Monate)
2045448
1886
3103114
Finanqahr
B86 87
1887/88
188889
1889.90 (Budget)
1890/91 (Budget)
Ausfuhrzoll
Yen
1 401 <>94
1 735 584
1913439
1665708
1695708
£an fuhrzoll
Yen
1 587 992
24t)O0r)8
2 7U2U55
2 438 834
2479834
Zusammen
Y'<M1
2*>89ü86
4 135 652
4 015 494
4105 542
4175542
38*
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596
X 4.
Kalenderjahr
1886
1887
1888
1889
Ausfuhrzoll
Yen
1481928
1562608
1 995004
1 747 603
1886
1887
1888
1889
Eint'uhrssoU
Yen
1 55(5 785
2116317
2725423
2863576
Gebühren
Yen
<>4 401
84 705
104960
109405
ZusHmmen
Yen
3038713
3678925
4720427
4611179
In der vorstehenden Übersicht sind „Gebühren" erwähnt,
deren Betrag sich vor 1886 zwischen 3000(1 und 60 000 Yen
gehalten hat. Zum Teil sind das Gebühren lür Ik^nutzung der
Zollspeicher, für verscliiedene Dokumente u. s. w. Etwa die
Hälfte bind Hafengelder, welche statt der Tonnengelder von
jedem Schiffe erhoben werden im Betrage von 15 Dollar«» {\^n)
beim ESn- uod 7 Dollars (Yeo) beim Auaklarieren^.
Die DurchiÜhruDg der Zollverwaltung ist dm^h die insulare
Lage und die Konceotration des SclwfVsverkehrs auf wenige
offene Häfen und IMätze sehr einfach , da eine kostspielige
Grenz- und Küstenbewachung nicht nötig ist. Auf die einzelnen
Zollämter und Nebenzollämter verteilten sich die gesamten Ein-
nahmen folgendermarsen :
Y'okohama 1682 673 Yen
Kobe
Osaka
NagUf^aki
Hakodate
Kligata
Shimonoaeki
Hakata
Izagahara
Karatsu
Kuchinotsu
Summe
617 938 .
77 804 -
146551 -
18133 -
205 .
2624 -
103 -
1373 -
2 840 733
1577273
92589
157 718
36 892
489
10271
221
2352
7
2039
Yen
2547404 Yen 4720584 Yen.
* ho infolge der Verträge von löOi^. Die oben angcfülirtt ii Yrr-
träge von 18-'>7 mit den Niederlanden und mit Rufsland sahen Tuuuea-
gelder vor.
^ Die allgemeine Hnrulols^fatistik giebt erst seit d«m Februar lät^
über den Verkehr mit Korea Aufscbluls.
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X 4.
597
Die wirtBchaftlicfae Wirkung der japanischen ZöUe kann
nur sehr unbedeutend sein. Die Besteuerung industridler Roh-
materialien, wie Elisen und Baumwolle, ist freilich nicht sehr
empfehlenswert. In einzelnen Fällen wird ein i;;eringer Schutz
ausgeübt. Die Ausfuhrzölle werden im wesendichen auf eine
Besteuerung der Produzenten hinauskoninien. Aber durchweg
haruielt es sich doch mir um Betrage, die im Verhältnis zum
Werte der Waren recht gering sind. Es ist begreiflich, dafs
man in Japan von dem bestehenden Zustande wenig erbaut ist.
Die Revision des Zolltarifs ist verkettet mit der aU^euieinen
Revision der Verträge, auf welchen die buherigen Bessiehungen
sum Aushmde beruhen. Diese Revision ist bei den verschiedenen
BU ihrer Durch&hrung gemachten Anläufen bisher jedesmal
stecken gebheben, wenn man auch iedesmal mit den Vor-
besprechungen ein gut Stück weiter gekommen ist.
Die japanische Finnn 7 Verwaltung hat zunächst den bcgrcif-
hchen Wunsch, die Emnahmen aus den Zöllen zu steigern, wozu
namentlich Pekoleum und Zucker (in \'erbindung mit einer in-
ländischen Zuckersteuer statt der unbeliebten Kuehensteuer)
geeignete Objekte sein würden. Schutzzöllnerische Neigungen
sind allgemein verbreitet und dem Volkscharakter entsprechend.
„Endehungs^chutzzOUe'' im listschen Sinne würden aufser-
orden^ch populär sein. L^ber die Ergiebigkeit von FinanflssOUen
darf man sich aber keinen sehr hochgespannten Erwartungen
hingeben. Eine bedeutende Preissteigerung von Gegenständen
allgemeinen Verbrauches \\^irde bei japanischen Wohisfcindsver-
haltnissen rasch und s< liart' auf den Verbrauch wirken und die
finanziellen Ergebniääe schmälern.
IV. Die .Getränkasteuern. '
Da(s berauschende Getrttnke ein angemessenes Objekt der
Verbrauchsbesteuerung sind, war schon dem alten Regime be-
kannt. Das nationale Getränk, der Sake', unterlag mancherlei
Abgaben, wflclie durch N'ermittelung der Brauergilden erholjen
wurden 1 >it^8e ( iilden waren geschlossene Korporationen mit
bestimmter Zahl von Mitgliedern. Errichtung neuer Brauereien
war meist nicht erlaubt-. Dali» auch Bannrechte tur den Aus-
scliank bestanden, ist an anderer Stelle bereits erwtthnt Schon
t Über die Sakeindustrie vgl. S. :r.)2— '^OC.
^ Aus Gründen der TeueruugspoLitik war auch die zu verblauende
Meuge Reis geregelt. Noch nach der profsen Mi&emte von 1869 wurde
dies OsBotum für ein Jahr auf em Drittel herabgesetzt. Die iische Zu>
fiihr von Getreide ans dem Aiuiande bat dann solche Borgen för die
Zukunft beseitigt
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598
im ersten Jahre der neuen Ordnung (29. Tag des 5. Monats)
wiupdc eine einheitliche Sakeateuer angeordnet. Jedes
Mitglied einer Gilde sollte eine Liconz habon. dir rr in Form
eines L'"estem polten Bretts (Ladenschild) erhielt, tmd liir |mO
Küku iSake 2U Ryo Steuer zahlen. Ortliche Abiraln n l>p>taii<b n
ibrt. So wurde in Tokyo dat» „Dankgeld" (Myog.i kirn an die
Stadt von 2 Ryo für je 10 Fals Sake (nicht ganz 4 Koku , die
in die Stadt gebmcht wurden, erst am 22. November 1871 auf-
gehoben.
Mit Abecbafiung der alten Verwaltcmgseinrichtungen im
Sommer 1871 fielen auch die Hrauergilden. Die Sakebranem
mirde ein freies (bewerbe für jeden, der sich für 10 Ryo etne
Licenz löste. Die alten Gildenmitgliedcr erhielten die neuen
Licenzbretter umsonst Die Lieenz war übertragbar. Beim Wr-
kauf sollten 2 Prozent des Preise.s als Stempelahü^he »'Tirrii lit< t
werden. Ferner sollten für jeden Arbeiter jährlicii ini i< litrii
Monat (vor Beginn d( r ( aiupagne) ö Kyo bezalüt werden. Kruilieh
war eine i'abrikatsteuer iu der Höhe von tüui Prozent des Wertes
des Prodtdcts nach dem im vorhergehenden Jahre herrschendeD
Mie m entrichten. Die licena einem andern zu leihen, wiude
verboten (9. Januar 1874).
Die Steuerreform von 187 5 brachte eine weitere Um-
gestaltung. Das Gesetz 26 vom 20. Februar 1875 {in Kraft
vom 1. Oktober 1875) kennt nur mehr zwei Abgaben, dir jähr-
liche Lieenz (Eigyo-zei — CJewrrbesteiiei / und die Fabrikat-
steuer ( Jiyozo-zei). Für die Lieenz liatte der Brauer 10 Yen,
der Wiederverknuier 5 Yen zu erlegen. Die Fabrikatäteuer
wurde auf 10 Prozent des l'reiseä erhöht, iialb nach den Durch-
schnittnpreisen der letzten Campagne im April, halb nach denen
der kaufenden Campagne im September berechnet Die KontroU-
bestimmungen Rir die Durchfilhrung waren schon im wesentlichen
die jetzt noch geltenden (Ministerialverordnung 75 vom 21). Mai
IS 75). Dal» fiir jede gesonderte Betriebsstelle eine Licenz zu
lösen sei, wurde ausdriickh'ch in einem Zusatz erklärt (23. Juli
1875). Das Oesetz von 1875 hatte den trüben Sake (Dakushu,
Kigorizake) ti-eigelasseu, aber 1S77 (Nr 81 vom T». Dezember)
wurde auch für dessen Herstellung eine Licenz von 5 Yen und
eine Steuer von 5 Prozent verlangt l>aa gleiche (u-setz erhöhte
die Licenzateuer der Sake-Grofshändler aut 10 Yen, während die
der Kleinhändler wie bisher bUeb.
Die Bemessung der Fabiikatsteuer nach dem Preise des
Produkts bewährte sich gar nicht und gab zu grolsen Schwierig-
keiten Anlals. So kehrte man 1878 zu einem einfacheren
System zurück, der Erhebung eines festen Betrages vom Koku,
der filr klaren Sake (Seishu), die Hauptart, auf 1 Yen festgesetzt
wurde, für trtiben auf 30 Sen, für Spiritus auf 1,5« Yen, ftir
andere Arten aut' 2 nnd 3 Yen (Gesi tz 28 vom 28. September
1878, in Kral't voui 1. Oktober;. Schon dieses Gesetz steigerte
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X 4.
599
die Eumabmeii au§ der Sakesteuer ganz erhebHch, während doch
der Verbrauch bei dem Schemwohbtiuid der damaJigeii InflatioiiB-
periode ganz bedeutend stieg. So ging man bei der Notwendig
keit, die Kinnahmen zu vermehren, 1880 an eine zweite, 1882
nn oinf dritte Erhölnmp;' der Steuer, indem jedesmal der Steuer-
8'iiz tiir die Haiiptart, den klaron Sake (''»> Prozent der produ-
zierten Mtn-e), verdo|>pelt wurde, womit man dann «jchliefelich
docli den Bo^en über8})annte.
Auf den beiden Oesetzen Nr. 40 vom 27. September 1880
(in Kraft vom 1. Oktober 1880) und Nr. 61 toid 27. Desember
1882 (in Knh für die Zeit rem 1. Okiober (!) 1882) beruht
der heutige Zustand, nach den vorhergegangenen ununter-
brochenen Änderungen jedenfalls schon eine Zeit verhältnisrajifsiger
Dauer und Ruhe. Wer Sak<- aller Arten, aueh Wein oder Bier
lierstellen will, muls fVir jetlen Betrieb eine IJeenz imenkyo
kansatsu; lösen, welche f(ir die Zeit vom 1. Oktober bis zum
30. September gültig iöt und wofür 30 Yen zu bezahlen sind.
Die Händler- Licenz ist 1880 beseitigt ^ Die Fabrikatsteuer be-
trttgt filr den Koku
a. von gewöhnlichem gegorenen Sake
(d. Ii. klarem und trübem Sake) 4 Yen (1880: 2 Yen)
b. vun destilliertem Sake (d. h. Spiritus,
Shochu) 5 - (1880:3 - )
c. von Getränken, weiche durch Um-
arbeitung von Sake hergestellt wer-
den (Shiiozake, Mirin, Meishu) 6 • (1880: 4 - )
V on Wein, Bier und anderen Getränken ausländischen Ur-
sprungs wird eine Fabrikatateuer bisher nicht eiiioben. Die
Falnrikatsteuer wird in drei Terminen beeahlt,
1. bis zum 30. April die Hälfte von der i'ruduktion, welche
vom 1. Oktober bis 31. März durch die Steuerkontrolle
gegangen ist.
2. bis zum 31. Juli die Hälfte von der Punktion vom
1, April bis 30. Juni.
3. bis zum 30. September der Rest.
Die Steuerzahlung ist damit etwas mehr hinausgedc hoben als
früher. Immerhin erfordert sie auch so eine bedeutende Kapital«
auslage durch den Brauer, der einen grofsen Teil seines Erzeug-
nisses erst im Winter los wird.
Die Campagne, während welcher Sake gebraut werden darf,
läuft vom 1, Oktober bis 31. August. Thatsächlich kann die
Fabrikation nur in der kühlen Jahreszeit vorgenommen werden.
* Der Verkauf von Spirituosen füllt unter die kommmialeii Gewerbe»
eteneni.
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Für die Zdt, daCs nicht gebraut wird, wird die Presse von den
Steuerbeamten versiegelt. Vor dem 1. Oktober hat der Braaer
die Erteilung der Licenz und Abnalime der Siegel zu beantragen.
Dabei »^ind die Arten und die Menge, welche er voraussichtlich
brauen wird, anzumelden. Dies wird auf einer Holztifel ver-
zeichnet, wclclie sichtbar am Eingang der Brauerei aufzuhängen
ist. Ferner ist ein \ erzcichnis der Gebäude und Geräte ein-
zureichen. Eröflfnung neuer Brauereien wird nur gestattet, wenn
ndndesteiia lOOKoku klarer oder lORoku trüber oder 5 Koka
flosetiger Sake hergestellt werden. Das Gesuch wegen ErOffiiung
einer neuen Brauerei mufs von dXnf anderen Brauern des Bezirks
mitunterstempelt sein, worin immerhin eine gewisse Beschränkung
der freien Konkurrenz liegt,
Die zu verwendenden Fiisser * und die I*)raubotticlie sind vor-
her von den Steuerbeamten vu eichen und zu numerieren In
diese Fässer wird der fcrtii;e Sake getiilh und danaeli djp Steuer
berechnet. Jede Verwemlung des Sake, ehe die Kontrullt: Jureli
die Steuerbeauiteu stattgefunden hat, auch im eigenen Hauslxalt,
ist verboten. Verkauf der Maische (meto) ist verboten. Verdirbt
Sake vor Schlafs der Campagne, so dais er gar nicht mehr ver-
wendbar ist, so ist nach erfolgter Anzeige und Prüfung keine
Steuer zu bezahlen. Zu der Brauerei, den I^ucheni; den Reis-
und Sakevorräten u. s. w. steht den Au&ichtsbeamten der Zu-
tritt jederzeit offen.
Wer. Sake ohne Licenz braut, wird mit Kontiskation des
Sake und der Gerate bestraft, sowie dem doppelten Betrage der
Licenz. Wer >ake verlieimlicht. wird mit KontiHkation des Sake
und dem dreifachen Betrage der dafür schuldigen Steuer be-
straft. Ebenso steht auf \' erkauf von unversteuertem Sake Kon-
fiskation des Erlöses und der dreifaßhe Betrag der hintersogenen
Steuer. Im übrigen stehen auf Übertretung der Vorachrifteo des
Gesetzes Geldstrafen von 1 — 30 Yen. Für Übertretungen seiner
Bediensteten haftet der Unternehmer. Wie bei allen Steuereesetzea
ist die Anwendung der Bestimmungen des Strafgesetzbuchs Uber
Konkurrenz, Milderungen der Strafe u. s. w. ausgeschlossen.
Diese Bestimmungen bezielien sich d'irehweg nur auf die
gewerbliche Brauerei, die fiu' den Verkaut arl)eitet. Das Brauen
des ilaustrimkes ausschlielsHch zum eigenen Bedarf war bis \ ><S2
steuerfrei. Durch das üesetz von 1882 wurde auch hierlür eine
Lioenz nötig von 80 Sen fiir das Jahr» welche jährlich im Herbst
zu lösen ist. Daftlr kann bis zu einem Eoku Sake gebraut
werden, ihr nicht verkauft werden darf.
Eine Ergänzung des Sakesteuergesetzes war die Einführung
einer Rückvergütung der Steuer bei der Ausfiihr seit dem
* Genauer wüfe wohl Kfthel sn sa^en. Das Fafs aoUte firOhsr 4 to
(72 I) metsen, h< jetat aber nur je nach der Sorte 3,«^3k« to, also gut
60 h
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X 4.
601
1. September 1888 (Nr. 54 vom 11. Juli 188d)^ Die Fabrikat-
Bteaer ist im Okinawa-ken nicht eingeführt. Das hatte zur Folge,
dafii TOD dort unTenteuerter Sake nach anderen Teilen von
Japan ^T\g. Infolgedessen ist vom 1. Oktober ab (Nr. 12
vom 21. März 18Si^) eine Abgabe von 3 'S'« n tür den Koku ein-
getXihrt von allem .Sake, der von Okuiawa nach anderen Bezirken
ausgeftilu t wird. Um bedeutende Mengen handelt es sich dabei
nicht. Die Einnahme ist im Etat fUr 1889 90 mit 36975 Yen,
1890/91 nur mehr mit 22950 Yen angeietzt, war aber vom
1. Oktober 1888 bis 31. März 1889 nur 2110 Yen^
In das .System der Sakesteuer gehört endlich auch die
Kojistener. Koji ist ein ausRds bereitetes FkDdukt, welches
zur Vorboreitung der alkoholischen Gähning dient, auch bei der
Fabrikation von Shoyu (ßohnensaace) and sonst wie Hefe yer-
wendet wird (Bdn II 118). Für die gewerbliche Herstellung
von Koji war bis zum G< setz von 1875 und wieder seit 1880
((besetz 41 ) eine Licenz nötig, welche nacli letztuenanntem Ge-
setze 5lj Yen jalirlich butriigt. Die Zahl der Hrt riebe hat sich
ständig vermindert, mithin auch die Steuer, die von dem höchsten
Betrage von 56 79Ü Yen im Jahre 1881/82 auf 26122 Yen im
Jahre 1887/88 (1888/89 wieder 27234 Yen) gesunken ist. Der
Rückgang der Betriebe hat aber kdnen Rückgang der Ph>duktion
bewirkt Es gab
1883 84 641 Betriebe mit einer Produktion von 11-726 Koku
1887 88 527 - - - - - 13814 -
Es ist wohl der nicht unbetrttchtlichen^ aber festen Steuer
zuzuschreiben, dajs die Betriebe durchschnittlich greiser geworden
sind^.
Die Sakesteuer ist nach der Grundsteuer die wichtigste
Steuer- und Einnahmequeiic des japanischen Staates geworden«
(Siebe Tabelle 8. 602.)
Die umstehende Tabelle zeigt, dafs die Einnahmen
daraus seit dem Finanzjahr 1881 82 jährlich mehr als 10 Milli-
onen Yen betragen haben. Die Sakesteuer war von den
» Es sind auaceführt: 18x7 1085,45 Koku
(meist nach Korea) 18ss i ry^%u -
8 Seit dem 1. Jaimai- i?<8l> ist der alte örtliche SakeaufschJsg in
Tokyo iu Höhe von 5u Sen für den Koku wieder eingeführt
* Die KoUfabriken liegen überwiegend im Nofden. In den Bezirken
Miyagi, riikuphium. fwate. Akita und Yamagat.i wfiren 1887 dreiviertel
aller Betriebe mit mehr als drei Viertel der Produktion.
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602
X 4.
Ertrag der Sakesteuer seit 1872.
Finanz-
Gesamt-
Davon kamen aus der
periode
ertrag
Fabrikat-
Steuer
!
I Brauücenz
Verkanft-
Yen
Ten
Yen
X cu
i~ Ii
Iß OAO
iO Iw
«Iii vOl
lo74
1 O0t> 09U
1 OlU ool
1. isoin.
9 USA SIKi
1876/77
19116S9
1 318 357
305636
•>w7 c Iß
1877 78
3050318
?
?
?
187H70
5 100 06:?
4 006 or>8
;W6 20:?
757 802
1879 80
r. 1»;;; 894
ö 2'»1 •>■ >2
Ki? 149
l8^' > ^ I
1 1
4 675 646
m 489
Hausbrftu»
10 r, i»;
9 8:t.> 94:3
810220
licenz
1882
16:{:{1 405
l^>:^01 :?s2
761 'A2H
268 875
13490 730
12301751
651148
5378^il
1884(85
*
14068133
18539403
528 730
1 OxM«:»!
499962
5r>:i m
1880 87
11 787 97.^
11 200151
5n7 >-2-2
1887/88
13062683
11925 273
456735
680675
188&'89
17063137
15 861 467
463227
738443
1889/90
14497438
13366209
453986
677143
(Budget)
1890'91
15 158 95:^
18959445
465686
733822
(Budget)
' Infolge der Verlegung des Endes des Finanzjahre» auf den
81. März 1^86 fielen die Zahlungen für die Fabrikatsteuer ron da an m
das nächste Finanzjahr.
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003
1875 76 1882 83 1887,88
StH^itaeiiuiahiiiea überhaupt 3," **'o 22,2 " o 14,s ^/o
von den Steuern 4,4*^/0 24,7 o 10,t". ü
▼on den inländiscileii Steuern 4,5 ^/o 25,7 ^-o 20,9 ^ o
Im Etat ftlr 1800 91 ist sie auf ein Viertel aller inlündlüchen
»Steuern ^^tst- hatzt, Iküt ein Fünftel aller ordentlichen Einnahmen ^
Auf den Kopf der Bevölkerung kommt nach den Ergebnissen
▼on 1887/89 durchschnitdicbe Belastung mit Sakeeteuer von
89 8en, auf die Haushaltung rund 2 Yen.
In (I n einzelnen Bezirken richtet sich das Aufkommen an
Steuer nach der Entwickelung der Sakeindustrie. An der Spitze
steht dauernd Hyogo mit 1450000 Yen im Jahre 1880 87, mit
20150U0 Yen 1888/89
Die Belastung des Produkts durch die Steuer
war anfangs nicht sehr erheblick. Doch zeigte sicli schon nach
der Frhöhung des Jahres 1875 von 5 auf 10 Prozent des Wertes
vorübergehend ein starker KrH'kL'"an«j:' der versteuerten Produktion
von 3 240000 Koku in der Campagnc 1874 7') auf 25;'.7imjO
Koku 1&7G 77 Inwieweit das durch zunehmende Hinter-
ziehung der Steuer, durch Vermehrung des liausbräu^ gegenüber
der gewerblichen Brauerei oder durch wirklieben Rückgang des
Verbrauchs ▼emrsacht war, lälst sich nicht sagen. Als 1878
statt der nach dem Werte bemessenen eine feste Abgabe auf den
Koku eingeführt wurde, bedeutete das ftlr geringere Sakesorten
eine erhebliche Steuererhöhung, während es Air die besten eine
Erleichterung war. Die Wirkung der neuen Steuer ist rein aber
nicht zu erkennen wegen der gerade sich entwickelnden Ent-
wertung der Landeswährung. Mit den Ueispreisen stiegen auch
die SaKepreise, so ilaf» die feste Steuer von einem Yen vom
Koku eine immer geringere Belastung des Produktes darstellte.
Der EinfUhnuig der neuen Steuer, gleichzeitig mit der knappen
Rdsemte von 1878, folgte zunxchst ein ganz merkwttrdiges Steigen
des Sakeprdses, der sich aber atif seiner Höhe nicht behaupten
konnte*. Nach der guten Reisemte ▼on 1879 sank der Preis,
' Das Jahr 166.^ >'J ist nicht tiirekt vergleichbar wegen der Än-
derung bei der Grundsteuer. Setzen wir diese mit dem vollen Jabres-
betrage von 42 8:^9 oou Yen ein, lo kamen auf die Sakesteuer 23 Frosent
der ganzen Steuercinnahme.
~ leb folge hier den Notierungen monatlicher Durchschnittspreise
▼OD bis iw7 in Tokyo för Kami^ata (d. h. Sake aus der Genend
von Osaka -Hyogo) mittlerer Qualität iSfütistisclic Tabellen des Ministe*
xinms für Landwirt.«ehnft und Gewerb« Bd. ill, Handel, iS. 143):
187ö, Januar für die Last ica.
0,7 Koku == 12(5 1) 7,8-, Yen Papier •= 7,4« Yen Silber,
1878, Septbr. fUr die Last (ca.
0,1 Koka « m i) 9,00 • - » 8,1« •
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4L
604 X 4.
in Silber (oder Reis) berechnet, ganz bedeutend, bis aaf die
Preise, welche Anfang 187^' iregolten hatten. In Papier ausge-
drückt, bedeutete das etwa gleichbleibende Preise, bei dem stetigen
Sinken der Valuta ^ Die fler Preisst^ iLreniTiii: nllpr Produkte
folgende nllgemeinc Steigerung der Konsumtion, iiaiiK nliicli in
der bfiiirrlichen Bevölkerung, bewirkte ein An\vaeli.-i n (1<t Pro-
duktion bi.^ auf 520800() Koku versteuerten Saktö im .bilire
1879 80. Ein Teil der Zunahiue dürfte wohl dadurch zu erklftren
sein, dafs bd der allgeinräen Steigerung des WoMatandeB der
gcringwei-tige Haiubittu sich Terminderte. Gans aufTallend ist,
wie die Vmoppelang der Fabrikatsteuer von 1880 kaum einen
Eindruck gemacht zu haben scheint. Die Preise stiegen auf
dem grofsen Markte Tokyo fast gar nicht, etwas mehr an den
Hauptproduktionsorten, wie Osaka und Aichi. Dabei ist aber
zu beachten, dafs die Keispreisc viel stärker stiegen, teils infolire
der knappen Ernte, teils infolge der wüsten Spekulation. Nach
der anfserordentiiehen Produktion von 1879 80 war die erzeugte
Menge im nächsten Jahre etwas geringer (4ü4;i000 Koku), ötieg
aber dann wieder &8t auf die vorige Höhe. Ganz anders wirkte
die erneute Verdappelung im Jahre 1882. Der Satz Yon 4 Yen
war im Veriiflltnis aum Werte des Produkts di sich hoch, die
Steigerung auch absolut so bedeutend, dafs schon die ersten
Nachrichten von der bevorstehenden Erhöhung den Plreis in die
Höhe trieben.
Bei d«T \\'ertsteif^erung der Valuta bedeutete der feste Be-
trag der Steuer auch eine stei^iende Belastung. Die sich ver-
breitende wirtscliaftliclie Not erstliwrrte an sich die Abwälzung
der Steuer auf den Konsumenten. Erleichtert vvurde sie aber
durch das Steigen der \'aluta. Denn wenn die bestehenden
Preise nur einigomafisen behauptet wurden, so bfieb bei dem
Rückgang der Keis* und sonstigen Produktenpreise und der
Löhne eine erhöhte Einnalime für den Brauer. ThatsKcUich
sehen wir denn auch, dafs im Grolsyerkehr die Steuer auf den
Preis abgewälzt ist. Die Notierungen ftlr einzelne Sorten, wie
di<^ MTutlichen Dnrclischnittspreise m den Bezirken, zeigen fast
durchweg in den Jahnen isHT» s.s »Sakepreise^ welche um 3 bis
5 Yen höher sind als die von 1877. 78^.
1878, Novbr. für die Last (ca.
0 7 Koku - 12n I) Yen Papier» u,8» Yen SUber,
lö79, Februar für die Last (ca.
0,7 Koku = 126 l) 11,25 - • — 9,M -
^ Die in der vorigen Anmerkung erw&hnten Notimuigen halten
h\ch meist zwischen 12 iiiid 14 Yoii, was in Silber l>erecliuot einen ganz
stetigen Hückgang ergiebt, auf gut 6 Yen Silber im grü£9ten Teil des
Jahres IS-'^O.
'■^ Die obigen Nottemiigtti f&r die Last Ramigata, oilttel, bewflgten
■ich folgendermafgen:
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X 4.
605
Nach jährliclR'n I )nrehsc}initteTi h;it sich der Preis für den
Kok 11 mittelguten Siike nach den amthchrn Erhebungen wie
folgt entwickelt, wobei ich den Silberpreis von 1878 bis 1SS5
beilUge, sowie von 1878 bis 1887 die oben angeführten Notierungen
Im Dureliacliuitt des Tokvo (Kamigata, mittel)
Landes für den Koka flir die Last — 0,y Koka
Fapieiyen Silberyeii Papieiyen SilbeiyeD
1875 7,6«
1870 6,28
1877 6,98
1878 7,01 6,i>8 9,51 B,72
1879 10, 06 9,18 12,85 lOjüi
1880 14,89 0,7 4 11 ,93 8,08
1881 16,56 9,Hi. 12. 50 7,85
1882 15,01 9,5c 1H,50 8,00
1888 1 13,8t 10,58 11,14 8,M
1884 12,88 11,88 9«54 8,66
1885 15,80 14,4» 8,86 8,80
1886 13,81 8,32
1887 13,88 9,11
1888 12,«7
1889 13,45
Erhöhte sich also infolge der Steuer der Öakepreis im
VerhSltnb tu anderen Waren, so bewirkte das im Verein mit
der almdimenden Konsnm&higkeit der Bevölkerung eine starke
Einschränkung des Verbrauchs und damit wiederum der Pro-
duktion. Das erste Jahr der letzten Steuererhöhung, 1882 83,
zeigt allerdings eine aufserordentlich hohe Produktionsziffer, die
nächsthöclistc nacli der von 1^^79 80, niimlich 5003000 Koku.
Die Steuereriiöhung, welche vom I.Oktober 1882 an gelten sollte,
1882, Aug. Papier 1 1,bo Yen = Silber 6.wi Yen; Beispreis f. d. Kokn 8,«o Yen
• 8ept. • 12,2:^ • = - 7,M • .... 7^84 ,
Okt. - \''\,r.i} - =s - ' . - - , 7,»8 -
N'ovbr. - 15,60 ' — - 10,47 - - - •
- Dezbr. - 14,m - =* - lO.a« - ... - 6^«» •
1883 Januar - 13.r.o - — - 10,ir. - . - - ♦ C,-.»« -
Febr. - 12,25 - — - 0,1» - .... -
- März • 1H,00 • • 9,M - . - « . 6,41 -
Auf die Nacbricbt von der bevorstehenden Stenererköhnng fol^ &n
Versuch, die Preise entsprerhciul zu orhöhcTi ( t Yen Steuer au? <leii
Koku mncht etwa 2,so Yen für die Last), der sicli nber oicht guuz be-
haupte« kann. Von Mitte bis 15^.*) Imlteu sich die Winterpreise
meist swisehen 11 und 12 Yen Papier, awisdiea 9 nnd 10 Yen ^Iber,
die Sommerpreiee sind etwas nie(lri!/»'r
1 Von 18^3 an sind diese OurcUsclinitte etwas zu hoch gegen die
Vogahre, seit dieser Zeit Hokkaido, in dnseliieii Janren auch
Oldnawa mit hohen Preisen eingerechnet eiiid.
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606
X 4.
wurde niiinUcli erst am 27. Dezeml^r bekannt gegeben', d. h.
zu einer Zeit, in welcher die Brauer «ich schon auf die Cainpagne
eiügericlitet hatten, diese in vollem Gange war. Durch solche
Überrumpelung gelang es für die Steuer dieaee Jalires, ein aefar
grofses steuerpflichtigea Quantum 8u fangen. Um so sdUirfiBr
war dann der Kttckgang; nämlicii auf 3 174 ODO Koka im nächsten
Jahre, bis 18B5 86 auf 2680000 Koku^ An anderem Orte ist
gm>t wie das auf die Verminderung der P>rauereien gewirkt
und namentlicli kleine Brariereien beseitigt hat, welehe die Kapital-
auslage der Steuer niclit tragen konnten, liemerkenswert ist es,
wie das unverhältnismalöig schnelle Sinken der Reispreiisc, der
wirtscliattHche l )ruek, die Notwendigkeit, sich einzuschränken und
Geldausgaben zu vermeiden, darauf liingewirkt haben, die Haus-
brauerei zu vermehren, welche von 1883/84 bif 1888^89 von
456000 auf 760436 Eokn stieg. Die Zunahme dttrfle jedoch
Bum Teil durch die schärfere Kontrolle zu erklären sein. Übrigens
ist bei dem Rückgang der gewerblichen Sakeproduktion nicht
aulser adit zu laaaen, dafs die 188(5 87 und 1887 88 erzeugte
Menire kaum geringer ist. als sie durchschnittlich vor 1878 war.
Der Rückgang der Steuer war der Regierung eljenso un-
erwünscht wie unerwartet. Die Voranschlage gingen weit über
den wirklichen Ertrag hinaus. £s war
der AiMclilag der Ertnig
1883/84 167)1 635 Yen 13490730 Yen
1884/85 16813612 - 14068133 •
und selbst 1887 88 irrte mau sich noch bedeutend, da der An-
schlag 13697723, der Ertrag nur 13062683 war und dabei die
Licenzen iür den Hausbräu noch ein Plus Ton 117625 Yen ab-
warfen, so dafs bei der gewerblichen Brauerei ein Minus von
über 750000 Yen blieb. Erst 1888 89 ging der Ertrag über
den Anschlag wesentlich hinaus. Infolge des wirtschaftiichea
Aufschwunges war die gewerbliche Produktion der Campagne
1887 88 auf 39»>8 0ihi Kokii gestie^^en, die Stetiereinnahnie für
1888^9 betrug infolgedf ssen 17 063137 ien, etwas mehr als
in dem bisher besten Jahre 1882 83.
War der zum Teil durch die Steuererhöhung bewirkte Rück-
gaug des SakeTerbrauches^, der ja aus anderen als fiskalischen
QrUnden auch sein Gutes hat, ein Symptom der Notlage der
Bevölkerung, so war er seinerseits wieder em Anlafo su stttnerem
' \ »rher waren nur unbestinirntp Gerüchte verbreitet
* \ ,41. oben im Kapitel Gewi ibewesen S. If.
' Gelegentlich hr>rt oder liest man die Ansieht, als ob der Geoafs
von Hier (Ion Sakcv.TbraiU'li VxMiinträchtigt habe. Dafs ein Vorbraueb
von iiU UÜU bis 40 00U hl liier neben einer Vermindeniug de^ Sakever-
brauchs um 3 bis 4 MilUonen hl völlig bedeutungslos iät\ braucht wohl
nicht hervoigehobeti sn werdso.
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607
Druck auf die Bauern. Denn die verminderte Verwendung von
Reis zur ürHuerci verstärkte das Angebot von Reis auf dem
Markte. Ea handelt sich dabei aber um ganz bedeutende Mengen.
Im Dorcfaflchiiitt der 4 Jafaie 1879'80 bis 1882/88 sind von der
gewerbtiehenSakebnuierei jährlich 4357000 KokuBdsyerbrancht,
dagegen 1885 86 nur 1964000 Koku, ako fast 2400000 Koku
weniger, im Durchsclinitt der drei Jahre 1883 84 bis 1885 86
2 375 000 Koku, fast 2 Millionen Koku weniger. Dieser Umstand
erklärt es, warum die Reispreise seit 1883 so aufserord entlieh
rasch fielen. Ebenso erscheint die seit 1884 stärkere Koisaiisfulir
hierdurch im richti^?en Lichte (vgl. S. 315). Wie sclir die
vemiinderte Nachfrage zur Sakebrauerei den Prei^jdnick der
guten Krnte von 1883 verschärfte, zeigen die monatlichen Uüraen-
kuiae für Rds im Centnun der Sakeiiidustrie, in Osaka. Im
Oktober, bei B^;iim der Oampagne, mufs n<^ die Schwäche oder
Stärke der Na(£friig6 der Brauer naeh Rem aeigeii. Nun wurde
Reu notiert
im DurchBchnitt des Septbr. 1888 mit 6,4s Yen (= 5,89 Ten Silber)
- Kovbr. 1888 - 4,m - 4,n - - )
Die Einnahmen auÄ der Öakesteuer sind neuerdings allmählich
wieder gestiegen. Doch ist eine bedeutende Weiterentwickelune
der Steuer znnilcbst nicht sehr wahrscheinlich. Es ist beMichnend
für japanische Wohlstandsverhaltnissei dals man mit einer Steuer
▼on gut 7 Pfennig auf den Liter eines doch der Regel nach nur
in geringen Quantitäten genossenen Getränkes an der Qrenze
der Steuerfhhigkeit angekommen zu sein scheint. Ftlr die Er-
giebigkeit etwi neu einzufiilirender sonstiger Verbrauchssteuern
ist das niclit gerade vielversprechend.
V. Die Tabaksteuer.
Tabaksteuern sollen sdion unter dem alten Regime
bestanden haben*. Bei der Steuerreform im Februar 1875 wurde
auch eine Tabaksteuer in Aussicht gestellt, welche jedoch erst
durch Gesetz 150 vom 4 Oktober 1^75, in Krift seit dem 1.
Januar 1876, eingetührt wurde. Die .Steuer bestand, wie die
Sakesteuer, aus zwei Teilen, einer jährlichen Licenzsteuer (Ge- *
werbesteuer genannt) und einer i aljnkatsteuer. Die Licenz
betrug 1<) Yen für den Grofdhändler, 5 Yen für den Kleinhändler.
Die Fabrikatsteuer, nach amerikanischem Muster in der Form
' So b»'liaui)tet Mounsev in seinem Berieht von 1877. Ich hah«
(j'irnbcr nichts in Erfahrung bringen können. Wahrscheinlich scheint
u\ir, da(8 damit Gewerbesteoern von Tabakhändlem eemrait sind, welche
za den 1875 aufgehoben «Veracbiedenen Steoem*^ gendrtsn.
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608
X 4.
von Stempeln erlioben, richtete sich nach dem Preis de» Fabrikat»
und betrug 2 bis G Prozent die^eä Preiäea. Die Einnahme auä
diesen St^pdn war gans unbedeutend, 1881 und 1882 nur
etwa 50000 Yen, wiUhrend die Lioenzen etwa 230000 Yen
brachten. Es war daher begreiflich und wohl berechtigt, dafs
n^an den Tabak achärfer heranzuziehen bestrebt war, als die
Her&telluDg der Valuta, die BeschafHing weiterer Einnahmen nötig
machte. Gleichzeitig mit dem Sakesteuergesetz erschien am 27.
Dezember 1882 ein neues Tabaksteuergesetz (Nr. 68). I)nrch
die ses wurden die Licenzen der Kleinhändler auf 5 Yen beiasäen,
für Fabrikanten (d. h. solche, welche gewerblich auf ei<?eno.
Kechnung Tabak zubereiten) und tiir Zwischenliändler (in Kob-
tabak wie Fabrikaten) auf jäbriich 15 Yen festgesetet. Aufeer-
dem Bind G^erbescheine flir den Einkauf und Verkauf von
Tabak erforderlich, wofUr eine Gebühr von* 10 bis 20 Sen su
entrichten tsi Endlich wurde die Fabrikatsteuer bedeutend er*
höht auf
4 öen für 100 Momme (375 gr), wenn der Preis weniger als 25 Sen
beträgt.
6 - - 100 - (875 - ), wenn der Preis 25 bis 50 Sen be-
tragt.
8 • - 100 - (875 - ), wenn der Preis 50 Sen und dar-
über betrügt.
Für den mittleren Preis von 37,ö Öen* war das also eine
Steuer von 16 Prozent des Preises.
Die neue Steuer ergab im ersten Jahre ihres Bestellen»
1883 84 eine recht bedeutende Einnahme. Zwar blieben die
läcenzen hinter dm Voranschlag von 474199 Yen um ftst
110000 Yen zurück, die Stempel brachten aber statt 500000
Yen fiist 1 790000 Yen. Die Preude hielt aber nicht lange vor.
Teils war die grofse Einnahme dadurch entstanden^ dafs die
Händler sich mit den nötigen Vorräten neuer Stempel versahen,
teils pnp: der Verbranch zurück, teils mehrte sich die Defrande
So sank die ^Steuer bis auf wenig mehr als 1200 000 \ei\.
Erst der wirtsclialtliche Aufschwung von 1887 88 brachte eine
erhebliehe liesserung. Eine wt itere Erhöhung der Kinnalnne
zweckte die Revision des Tabakötcuergcüetzes dureu
Kaiserliche Verordnung Nr. 20 vom (5. April 1888) in Kraft vom
1. Juli 1888. Aufser Verschärfung der Kontrollbestimmungeo
ist abermals eine Neuregelung der Fabrikatstcuer eingetreten.
Der Stempel soll nämlich fortan zwei Zehntel des Verkaufspreises
betragen, was Bir die besseren Sorten eine abermalige Steuer-
1 Das ist etwa :i,:o Mark für ein Kilo^raium uud reicklich 60 Pfeimig
Steuer. — Die Maaie der geiröhnliefaeo Leute düxfte Tabak ni 20 b»
SO Sen für 100 Monune rauchen.
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X 4.
609
erlioliung bedeutet, tiir die billigen Sorten unter 20 Sen für 100
Momme aber eine Erleichtur uiig. Die biä dahin wegen der aud-
Ittndischeii Konkureiis steuerfrei gelassenen Cigarren und Ciga-
retten wurden fortan der Steuer unterworfen
Alle Tabakfabrikate sind vom Fabrikanten in Paketen
oder Kästen zu. verkaufen. Jedes Paket muls mit der Stempel-
marke oder gestempelten Iknderole versdilossen und diese mit
dem Stempel des Fabrikanten kassiert sein Jedes Paket trägt
femer Namen und Adresse des Fabrikanten sowie das Datum
der Stempelkassierang.
Zubereitung von Tabak zum eigenen Gebrauch ist nur dem
Tabak bauem gestjittet Dieser dar! solchen Tabak weder ver-
kaufen noch anderswie veräulsem. Tabakbauer und Zwischen-
hi&ndler dttrfen Bohtabak nur an Fabrikanten oder Zwucfaen-
händler abgeben. Ebenso dttrfen Fabrikanten und Händler
Robtabak nur von Bauern oder Hilndlern erwerben. Ein Klein-
händler darf Tabak&brikate nur von Fabrikanten und Zwischen-
händlern erwerben. JSiemand soll ungestempelte Tabak£sd>rikate
kaufen
Die Buelifülininir über Kaut und Verkauf von Tabak, Be-
stand an Tabak und Stempeln u. s. w. steht unter genauer Kon-
trolle. Jeder Fabrikant und Händler muls eine Sicherheit von
50 - 500 Yen hinterlegen. Er haftet für die Handlungen seiner
Familienmitglieder und Angestellten. Die Geldstnden fUr Über-
tretungen des Gesetzes steigen bis su 100 Yen auf, was für
japanische Verhältnisse recht bedeutend ist.
Bei der Ausfuhr von versteuertem Tabak wird die Stempel-
steuer rückvergütet.
Bei der Steuerfreiheit dfs «^clbstgebauten Tabaks können
die Erträge seiir hohe meht werden, da fast jeder Bauer ein
paar Stauden zieht. Dieser Umstand muls es auch erschweren,
der Detraude ganz Herr zu werden.
Das Tabaksteuergebetz findet auf Okinawa, Ogasawara und
die Izu-Inseln kerne Anwendung.
Der Ertrag der Tabaksteuer ist durch das neue Geseta im
Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Aufschwünge nicht un-
beträchtlich gwteigert, da die Einnahme 1888 80 um 317000
Yen höher war als im Jahre vorher, wovon 30t) 000 Yen auf
die Fabrikat.«^teuer kamen, obgleieh die neuen Steuersätze im
ersten Viertel des Finanzjahres noch nicht in Geltung waren.
Dagegen ist die Zahl der Fabrikanten wieder erheblich zu-
rückgegangen und beträft nur mehr 4580 gegen 539ü im Vor-
jahre und 8262 im Jaijre 1883 84. Auch bei den Zwischen-
und Kleinhändlern, welche sich seit 1886 wieder etwas vermdirt
^ In Tokyo »ehlup der Preis der Cigarettcn mit dem Tage der
neuen Steuer auf und zwar um etwas mehr als den Betrag der 8teaer.
Foncbungen (45) X 4. ^ Bathgen. 39
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610
X 4.
Latten trat f ine geringe Verminderung ein (TgL oben im Kapitel
Gtewerbewesen S. 398).
THmt die EIlt^^^ckel1^lg der El nua h m e n aus der Tabak-
steuer seit ihrem Bestehen giebt die folgende Übersicht Au£schlula.
t'io xen
OAA \AQ .
997 nsu\ .
f UOv
71110 V«n
t'±L'x\j xen
269575 •
55451 -
292881 -
67 065 -
27*i:^:V2 -
50 645 -
28UÖ4'J -
49813 -
2154211 .
1789254 -
1294316 -
973190 •
905 087 "
636988 -
1235813 -
979671 -
1590356 '
1313409 *
1907342 -
1619287 -
1492806 -
1224395 -
1825183 -
1544240 -
£iiinalimen aus der Tabaksteuer.
1875 76
1876/77
1877/78
1878 79
1879 80
1880 81
1881 82
1882/83
1883 84
1884 85
1885. 86 (9 Monate)
1886/87
1887/88
188889
1889/90 (Budget)
1890/91 (Budget)
Tn den Jahren 1887/88 und 1888 89 setzten mch die ein-
zehieu X^oäteu der Einnahmen aus der Tabaksteuer ioi^ender-
malsen zusammen:
1887/88 1888/89
Stempel 1313409 Yen 1619287 Ten
laoenzeii der Fabrikanten 84629 - 74700 -
- Zwischenhändler 48418 - 48630 -
- Kleinhändler 142756 - 157 208 -
Gebühren für Gewerbescheme 6144 - 7517 -
zusammen 1590356 Yen 1907342 Yen
Zu dieser Einnahme trugen hauptsKchlich bei die Beiirke
mim im^m
110710 Yen
109046 -
107953 -
98953 -
82045 •
71635 -
Tokushuua
Tokyo
Ibaraki
Okayama
FukuBhuDB
Yen
110(159
152973 -
136766 -
95841 -
78136 -
118236 -
Die Landbesirke entsprechen im wesentlichen den Gegend«
auflgedehnten Tabakbaues. Merkwürdig ist die geringe
nähme in den südlichen Bezirken yon Kyushu. So gingoi
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X 4.
611
in Kagwbima, cUm durch seine bedeutende Produktion guter
Tabake bekannt ist, 1887/88 nur 17121 Yen ein, 1888/89
aiienling» Yen.
Die Fabrikation von Sho}^ (Soja, Bohnensauce, vgl oben
Gewerbewesen S. 397 f.), welche schon vor 1 97" heskuert wurde,
ist 1885 diirt h Oesctz 10 vom 8. Mai, in Kraft vom 1. Juli
1885, der Steuerung abei'malö unterworfen. Jjie Steuer ist der
Sakesteuer iiaciijLicbildet, Für jeden Betrieb ist eine jiihrliche
Licenz von 5 Yen erlorderlich. Aut <la.s fertige Fabrikat wurde
eine Stener von 1 Yen ftir den Koku gelegt. Auch die
EontrollaialjBregdn wnrden nach dem Muster der äftkesteuer
eeriehtet, insbeiiondere die amtliche Versi^elang der Pressen für
die Zeit, dafs sie nicht gebraucht wurden. Auf die lebhAften
Klagen der Fabrikanten, dafs sie dadurch in ihrem Betriebe sehr
gestört würden, wurde die Steuer durch Kaiserliche Verordnung
47 vom 16. Juni 1888 etwas geändert. Die Steuer wird in der
Hauptsache nicht mehr vom fertigen Fabrikat erhoben, sondern
1 Y<'n vom Koku der verwendeten Preismasse, und nur von der
nichi (iurch Pressen hergestellten Saucenart „tamari" 1 Yen vom
Koku des Fabrikats. An die Stelle der Versiegelung der
Maschinen ist Anaeige beim Steueramt 10 Tage vor Begran der
Fabrikation getreten. Die Belastung des Ptrodukts ist die gleiche
febÜeben. Sie macht je nach der Qualität ein Sechstel bis ein
'Unfzehntel des Preises aus, durchschnittlich etwa em Achtel.
Sooialpolitisch betrachtet war die Einführung einer solchen Steuer
nicht unbedenklich, da Shoyu eine von nllen Klassen der Be-
völkerung gleichmäisig genossene, eben.so gesunde wie nahrhaito
Würze ist. Die Shoyusteuer ähnelt also in ihrer Bedeutung den
doch nicht gröfser als gut 3 Sen auf den Kopf der Bevölkerung.
Wie andere VerbrauchBteuern hat auch die Shoyusteuer schon
in den wenigen Jahren, fUr welche die Eigebnisse vorliegen,
eine nicht gans unbedeutende Verminderung der Zahl der Be-
triebe bewirkt, nämlich von 13682 im Jahre 1885 86 auf 10684
im Jahre 1888 89. Da die Produktion nicht ab-, sondern zu-
gpnoinmen liat, sind es also wesenüici» die kleinen Betriebe, die
infolge der Belastung mit der Licenzabgabe und der I*Iotv\eudig-
> Man mälflto denn die 90—40000 Yen Grundsteuer von den Salz*
nürten als Salzst^uer aoffasBen, was noch nicht einen Ikn fUr dm Koka
Salz bedeuten würde.
VI, Die Shoyustftoer.
89*.
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612
X 4.
keit die Fabrikatsteuer bis zum Verkauf des Frodnklee tama-
hgßn, nicht weiter b^tehen können.
Die Einnahmen aus der Steuer haben sich folgendermatai
entwickelt:
lieensen Fabrikatsteaer susammen
Yen Yen Yen
, 1885/86» 69887 570492 G40379
1886 87 63798 1124640 1 18843R
1887 88 57120 1 191915 1249 035
1888 89 55433 1304551 1359984
1889/90 (Budget) 56341 1 158913 1215204
1890/91 (Budget) 56155 1215 688 1272043
Die vorwiegende Bedeutung des Chiba-ken fUr die Slioyu-
Industrie zeigt nch darin, dafs 1887/88 in diesem Bezirke aliein
125308 Y&a von der Steuer aufkamen, 1888/89 154834 Yen.
Die Steuer wird nur in Altjapan erhoben.
Vit. Die Kuchenstauer.
Wahrend dhe Znckersteuer in Japan bisher nicht besteht %
hat man eine ähnliche Wirkung zu erreichen gesucht durch
Besteuerung der Herstellung und des Verkaufs von Kuchen
(Kwashi), zu welchen Zucker verwendet wird. Dergleich^
Steuern gab es schon früher unter den als ^^^er8chiedene Steuern*
zusammengefefsten Abgaben, welche Anfang- HTo abpe.*chitlt
wui'den. Gleichzeitig mit der Shoyuöteuer wurde durch (Icsriz
11 vom 8. Mai 1H85, in Kraft vom 1. Juli 18ö5, die Kuehen-
steuer eingeführt. Durch Kaiserliche Verordnung 8 vom 24. Februar
1888 wurden einige Erleichterungen gewährt. Die Kuchensteuer
ist wesentlich der Tabaksteuer nachgebildet.
Für den gewerbsmäfst^ Einkauf wie Verkauf von RucheA
ist ein Gewerbeschein nötig, wofür eine Gebühr von 10— 20Sen
zu entrichten ist. Weiter müssen Personen, welche Kuchen ge-
werbsmäfsig anfertigen und im profsen und im kleinen verkaufen,
fttr jeden Betrieb eine Licenzabgabe ( Gewerbesteuer" ) bezahh n,
welche nach der Zahl der beschäftigten Personen abgestuit ist.
Sie beträgt jährlich
> Fahrikatateoer nur fttr ein halbes Jahr. » Die E^srtongen ▼an
der Steuer waroD viel geringer:
Anecblag lN<) 86 856 290 Yen
* Was Mounsey Zuckersteuer oeuut, waren UruncUteaem, weiche
in Zocker etatt entrichtet worden.
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X 4. 613
a. für Fabrikanten und b. ftlr Orofshändler :
bei Beschäftiigttiig von 10 und mehr Persaaea 20 Yen
6 biä 9 - 15 -
- 3 5 - 10 -
- 2 - 5 -
1 Penon 8 •
wird keine Httlftperaon beacbüftigt i -
c. ftlr den Kleinhandel:
bei BeechUftiguiig Ton 3 und mehr Penonen 7 Yen
.2 - 4 -
- 1 Peroon 2 -
wird keine Httlfsperson beschäftigt 1
IVtrf ibt jemand inehrt'ie Arten von Geschäften (z. B. Fabri-
kation und Kleinhandel} in demselben Betrieb, so wird er nach
der höher besteuerten Art veranla|:^. Stra Isen Verkäufer und Hau-
sierer zahlen keine Licenzabgabc (müääcn aber den oben erwälm-
ten G^erbeadiein haben).
Endlidi ist vom Fabrikanten eine Fabrikatsteoer an ent-
richten, welche 5 Prozent des Pkeises der im Jahre verkauften
Kuchen betrllfct. Die Festsetzung erfolgt auf Grund einer Selbst-
einschätzung durch die Kreisbehöide unter Bestätigung durch den
Bezirkslriuptmann.
Die Kuchensteuer ist halbjährlich zu entricliten und zwar
die Fabrikatsteuer nach Ablauf des Halbjahres, binnen zwei
Monaten.
Die Steuer Terursacht viel Unbeauemlichkeiten in der Durch*
fttbrung, und in ganz Japan ist wom keine Abgabe so gründlich
▼erfaaist wie diese.
Der Ertrag der Steuer hat bisher den VoranscUag r^l-
nftälsig ttbertroffen. Die Einnahme betrug
1885 86 487893 Yen
1886 87 544837 -
1887 88 595671 -
1888 89 628 242 -
1889 90 (Biid-eti 583 911 -
1890 91 (Budget) 595401 -
In den Jahren 18^7 88 und 1888. 89 brachten die verschiedenen
Abteilungen der iSteuer
1887 88 1888 89
iabnkatsteuer 357840 Yen 384358 Yen
Licenz der Fabnkanttii 904(30 - 88349 -
- Grofsbändler 8 799 • 8940 -
• Kleinhändler 111941 • 121664 •
Gewerbescheine 26625 j 24931 j
zusammen 595671 Yen 628242 Yen
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614
X 4.
Ein Vergleich (It'i- Einnahme aus den Licenzen mit der Zalil
der diesen Klassen xVngehörigen zeigte dai'ö die groise Mehrzahl,
namentlich der Händler, nur 1 Yen Steuer zahlt. Die Betriebe
gehören also der kleinsten Art, olrne Hul£»peräonal, an. Es war
nämlich 1887.88»
die Zahl durclidchuittliche Steuex
der Betriebe von einem Betriebe
der Fabrikanten 62513 1,45 Yen
- Grolahändier 7616 1,m -
- Klembfindler 108887 1,m «
Von der Kuchensteuer kam 1887 88 auf im Bezirke
Tokyo 87 815 Yen
Osaka (ohne ^^ara) 44 742 •
Aiehi 28 979 -
Kanagawa 27 730 -
Niigata 21358 -
Kyoto 21091 -
NagKDO 21 078 -
Im Norden, Westen und Süden sind die Erträge meist rm-
bedeutend. Auf Hokkaido, Okinawa, Ogasawara und die Izu-
Inseln findet das Gesetz keine Anwendung.
VIII. Die Meiliziiietouer.
Die Steuer auf Droguen und Medizinen scheint
ihrer ursprünglichen Anlage nach weseutJicli sanitiitspolizeiliche
Zwecke gehabt hahen. Seit 1888 jedoeh hat sie überwiegend
den Charakter (nner Verbrauchs- oder« wenn man will, Luxus-
steuer angenommen.
Die japanische Kegierung luit schon sehr bald der Fabrikation
wie der fSnfalir von Medizinen and Droguen ihre Aufinerksam-
keit zugewendet, Laboratorien zur Untenmchung eingeridite^
untersucuten Medizinen Oertifikate ausgestellt u. s. w. Diese
Aufsicht ist in Japan um so wichtiger, als der Verkauf und Ge-
brauch fertiger Medizinen sehr allgemein verbreitet ist*. Schon
im Jahre lb75 wurde angeordnet, dafs für Anfertigung und Ver-
kauf von Medizinen eine Erliiubnis vom Ministerium des iTinem
nötig sei. Durch Gesetz 7 vom 20. Januar 1877 wurden diese
» Vgl. Gewerbewesen 8. 809.
' Die AnfertL^ng von Medizinen in A|)Otheken ist pine Neuerung
infolge der Einführung euroDäiscber Heilmethoden. Nach altem Stu
fertigt der Arat die nötigen Medizinen an, woraus er im wesentUchea
■eiiie EiBBahme sieht
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X 4.
615
Dinge neu geregelt und zugleich fbumsiell elwas nutzbar gemacht'*
Wer Medianen Terfertigt und feil httlt, soll um Erlaubnis dn-
kommen, wobei die betreffende Medizin genau zu beschreiben ist ist
die Medizin ungefährlich, so wird vom Ministerium des Innern
die Erlaubnis erteilt, wofltr eine Oel^ülir von 20 Sen zu zahlen
ißt Diethe Koncession iniifs jedtT Fabrikant, Verkäufer und
Hausierer^ iiaben. Die Einnahme aus der Gebühr der Händler
wurde übrigens alsbald den ikzirken überwiesen. Die Erlaubnis
wird immer auf fUnf Jahre erteilt und ist Ubertragbar. Ferner
mu& jeder Fabrik«it fi&r Jede filedism jährlich zwei Yen Licenn-
stener zahlen. Die angeorohten Strafen richten sich nicht Uofs
fegen Hinterziehung der Gehtthren, sondern auch gegen heim-
che Veränderung der Zusammensetzung der Medizin und da-
gegen, ^dafs elirliclic Leute durch falscbc Vorspiec^elungen nber
die Wirksamkeit nregenihrt werden". Einzelvcrkäufer frlialtcn
auch die Verkaut'sorlaubnis nur, wenn «ic die Genehmi^^ung des
Grofshändlerts nachweisen. Diese Licenzen und Gebiüiren er-
geben flir die Staatskasse r^elmälsig etwa 70 000 bis 80 000 Yen
jährlich.
Die Erteilung der Erbtubnis wurde bald den Bezirksregierungen '
tibertragen (Verordnung vom 20. Juni 1877) und die finanzieiien
Sachen dem Finanzministerium Ubergeben.
Bei der Erhöhung der Verbrauchsteuern am Ende des
Jahres 1882 wurde an jene Gebühren eine weitere Steuer an-
geflickt. Durch Nr. '»1 vom 27. Oktober 1882, in Kraft vom
1. Januar 1883, wurde auf alle fertigen Medizinen eine Fabrikat-
steuer im Betrage von einem Zehntel des Verkaufspreises gelegt,
welcJie in Form Ton Stempdn erhoben wud. die an dem
Paket, der Flasche u. s. w. anzubringen sma. Die Steuer
wurde von der öfeitlichen Meinung mit Befriedigung au%enommen,
da sie einen an sich nicht nötigen Artikel treffe. Der Krtrag
blieb aber weit bintor dfv FrwjirtuTt^ zurück Für 1883 84
kamen statt der erwarteten üOUUOO nur 405813 Yen ein. Im
nJtchöten J-.xhv*^ sank der Ertrag sogar auf 2^0 345 Yen, um sich
dann wieder allmählich zu heoen. Die Entwick» hing der Ein-
nahmen aus dieser K^teuer im einzelnen zeigt die folgende Übersicht.
Einnahmen aus der Droguen- und Medizin-
stener.
1876 77 2B4d5 Yen
1877/78 87089 -
> im Zusanunenbang damit wurde auch eine neue polizeiliche
Regelong verwandter Dinge vur^cuommeD, so namentlich durch Nr. 20
vom 19. Febrasr 1877 des Handels mit Oifien and andsren „atarken''
Medizinen.
' Die sehr zahlreichen Medizinhausierer stehen der Hegel nach im
Dienste des Fkbrikanteo.
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187S 70 74219 Yen
1879 80 78 770 -
1880 Hl 86041 -
1881 82 84246 • Ikvon St«npel
1882/88 864942 - 275637 Yen (6 Monate)
1888/84 495441 - 405813 -
1884 85 363589 - 280345 -
1885 86 282127 • 207266 • (9 Monate)
1886 87 480101 . 362988 -
1887 88 423803 - 350413 -
1888 «9 451 708 - 377153 -
1889 90 (Budget) 422577 - 35U 138 -
1890 91 (Budget) 435 710 - 362156 -
IX. Die Steuern von Produkten dee Hokkaido.
1 k'r Haunierworbszweip: des Hokkaido war und ist die
Fisclicrri und Vei-.-jrhoitunp' von iSeeprotluktrii. Schon unter der
alten < >rdDung wurden davon iSatural.stcuern erhoben in Form
einer Quote des Rohertrags, 10 bis 20 Prozent, mit luaDcherla
ttrdicfaen Venchiedenheiten. Die Steuer war nach Küstmtrecken
▼erpaditet Die Erhebung soll ziemlich lax betrieben sein. Nach
einer Notiz hätten 1868 die 12 Pächter zusammen .'4 HOS Rvo
gezahlt*. Daneben bestand ein aUgemeiner Zoll auf Ein- n:T^
Ausfuhr, der schon Ende 1871 8uspendi(-rt, 1873 abgeschafit
wurde. AI« die Kolonialverwaltunf; dieser nördlichen Hehiete
1860 organisiert wurde, nalim sie die Erliebung der Prodiikten-
steuer selbst in die Hand W ahrend die alten Steuersätze in
der Hauptsache beibehalten zu sein scheinen, wurde die Erhebung
itrafo durchgefkihrt Daneben wurde 1875 die AuifbhrBtener
(unter BVeilassung dniger Artikel) wieder heigestellt Im Betrag
von 4 Prozent des Ursprungswertes der Waren, wofür der Schins-
ftihrer verantwortlich war. Die Ausfohrstener, welche fiir die
Zwecke der Bezirksverwaltnng: verwendet wurde und seit 1875 7o
unter den Stmitseinnahmeu niclit erscheint, brachte im höchsten
Jahre 1880 81 344 087 Yen. sank bis 1884 85 auf 137919 Yen
und helirfsieh 188(3 87 auf irM)2S4 Yen. Die Erhebung der
i ruduktensteuer hat Klagen ohne Ende hervoi^erufeu. Ihr Be-
trag war an sich hoch, von Heringra und Lachsen 10 — 20,
15 Prozent des Fanees, von Kombu (efsbarem Seetang, husor
naria) bis au 20 und 25 Prosent. Die KontroDmalsregSu waren
* So „Maiiiiclu ^^himbun'- in Jauau Weekly Mail S. l^^ö. ^
der Artikel ttutk oppositionell gefärbt ist, mafs die Angabe wohl nut
Vorsteht aufgeooiDiiieii werden.
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tatofig. Die VemdKUDji; der in völlig präpariertem Zoetende zu
sahlenden Pjrodnkte gab su Scherereien Änlals. Aueh für die
VerwalttiDg war die Steuer eine Last. Die Erhebungskoeten
waren hoch. Der ^^erkauf der Produkte durch Beamte war
auch iinvnrtfüh;ift, Alles das wurde nun nicht sehr schwer em-
pfunden, solange infolge des Fallens der Valuta d'w Produkten-
projge rasch in die Höbe gingen. Als aber die knappen Jahre
kamen, die Preise ebenso rasch wieder sanken, wie sie vorher
gestiegen wareD| empfand man die Besteuerung des iiohertrages
ab sdweren Dmek. Dazu kam, da& infi>]ge der Ai^ebuDg
des Kaitaknahi (KolonialaiDt) im Jahre 1882 auch die Unter-
stützungen und Vorschttaaey welche den Unternehmern vorher
mit freigebiger Hand sagewendet Ovaren, plötzUch aufhörten und
die Kehrseite jener Vorschüsse, die testen Auzahlungen, den Druck
vermehrten. Bei dnn Preisfall gingen auch die Einnahmen des
Staates aus der Steuer zurfick In den vier Jahren von 187^J80
bis 1882 83 hatte die Eiiinahuie regelmäfsig 800U0Ü bis 9OO00O
Yen betragen, 1884 85 war sie auf 500000 Yen gesunken. Nach-
dem bei einer InspektionBreiBe im Sommer 1886 die Minister
Inottje und Tama^ta sich von den Zuständen selbst ttbenEengt
hatten, wurde eine völlige Umgestaltung der Steuer vorgenommen.
Die Kaiserliche Verordnung Nr. 6 vom 28. Mi\rz 1887' hob die
Ausfiihrsteuer ganz auf und setzte an Stelle der in natiira er-
hob<'n('ii 1 'roduktensteuer eine Geldsteuer von Prozent vom
Werte des Fanges. Sie wird in der V\ eise erhoben, dafs die
Fischereiunternehm er Genossenschaften bilden müssen. Im ganzen
sind es 49. Jeder Genossenschaft wird eine Steuer aufgelegt
▼on 5 Proaent des in den drei letzten Jahren an der betreffenden
Kttsienstrecke durehsdmittlidi ersielten Fanges nach dem Durch-
schnittspreis der drei Jahre. Die Verteilung und Erhebung im
einzelnen besorgt die Steuei^genossenschaft durch einen Ausschufs
auf eigene Kosten. Die neue Einrichtung scheint zu befriedigen.
Nicht nur war sie eine bedeutenfle Krm;» fsigiiTiL!- der Steuer. Sie
hat auch die Belästigung durch die Autsichtsbeaniten und den
Streit über die Zubereitung imd Verpackung der Produkte be-
seitigt, sowie die Konkurrenz der Steuerverwaltung mit den Privat-
tmtemehmem beim Verkauf. Allerdings wurde die Staats-
einnahme Termindert, aber dafitr fielen doch die sehr bedeuten-
den Erhebungskosten weg. Die Einnahme aus der neuen Steuer
im ersten Jahre ihres Bestehens hatte man ziemlich richtig ver-
nnseldagt, auf 200000 Yen, während wirklich 219519 Yen ein-
kamen.
< Ergünst durch Oesets 8 vom 8. Februar 1890.
- In den letzten Jahren der alten .^tru'T wurdf der ganze 8teuer-
eitrag duTob eine ad hoc gebildete Uandelsgesellscbaft in China ver-
kautt.
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Wie sich die Einnahme aus der Steuer nach den Staats-
abrechniiDgeD seit 1875 gestaltet bat, zeigt die foJgeade Überaicht
Einnahme aus den Hokkaidoateaern.
1875 76
342 526 Yen
1883/84
559195 Yen
187677
384584 -
1884/85
501 442 -
1877 78
361 121 -
1885 86
554 778 -
1878 79
509 595 -
1886 87
604 377 -
1879/80
813416 -
1887 88
219519 -
188081
899087 -
1888 '89
218776 -
1881/82
817837 .
1889/90 (Budget) 216619 -
1882/83
864712 -
1890/91 (Budget) 220174 -
X. Die Wagensteuer.
Im achten Monat 1871 wurde eine Art Loxuaeteaer ein-
geführt auf Dienstboten, Wagen, Sfinften (Kago), Reitpferde und
Vergnüsungsboote. Durch Nr. 31 vom Januar 1873 reorganisiert,
wurde die Steuer bei der Steuerreform von 1875 durch Nr. 27
vom 2^*. Februar in ihrer bisherip^en Form be^feitif^t, die Ver-
gnügungsboote der Steuer auf andere Boote zu^rewiesen, im
übrigen eine neue Wa^^ensteuer eingeftihrt, die schon vom
1. Januar 1875 an (Geltung erhielt. Die alte Steuer hatte 1874
nur 7019o Ven eiogebracht, die neue ergab sofort mehr aia
200000. Die Steuer hat seitdem unverändert fortbestanden.
LKe wesentlichen Bestimmungen nnd, dafii für Wasen aller Art
eine jährliche Abgabe zu entrichten ist nach folgendem Tarif:
Wagen mit zwei oder mehr Pferden 3 Ven
Wagen mit einem Pferd 2 -
Laa&arren mit einem Pferd 1 -
Jinrikisha, zweisitzig 2
JinrikiBha, einsitzig 1
Ochsenkanen 1
Hau 'Ik 'irren, irrolse (Daihachi) 1
Handkarron, kleine 0,60-
Keugebaute Wagen sind beim ()rtsvorstand anzumelden und
von ihm zu stempeln (in der üblichen japanischen Art auf einem
Brf^ttchen, das an dem Getlihrt zu befestigen ist). Lastkarren,
welche ausschliefslich in der Landwirtschaft benutzt werden, sind
steuerfrei, jedoch der Ordnunjr wegen gleichfalk anzumelden
und zu stempeln (Verordnung vom 24. März 1875) ^ Die
1 Steuerfrei sind aufserdera die FVihrseoffe dsr AnBee> and llariiie>
verwaltunjr. Verordnung vom 14. Aupust 1^76. Alle anderen früher
bestandenen .Steuerbefreiuogen sind alt beseitigt aDzusehen. Vecordam^
vom 2fe. April IHIQ.
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Steuer ist halbjährlich, im Januar und JuK, fUr das vorher-
gehende Halbjahi' tu. entrichten. Auf Benutzung Dicht angemel-
deter Wagen steht als Strafe das Fünffaclie des defraudierten
bteuorbe träges. Mit der Zunahme des Gebrauclis von Wa^^en
(vgl. oben Kapitel Verkehrsmittel S. 243 f.) hat die ^teiu r Tv^e\-
mälsig steigende Erträge geliefert, wie die folgende Übersicht zeigt.
Einnahmen aua der Wagensteuer.
1875 L
1875/76
187677
1877 78
1878 79
187980
1880 81
1881 '82
1882 83
Sem.
Ten
96578
213198
234902
261859
289134
335 940
379 486
428211
453869
Yen
. 1888/84 462088
1884/85 478512
1885 8Ö 484029
1886/87 531 103
1887 88 577 233
1888 89 r. 11.^39
1889/90 (Budget) 5t>U008
1890 91 (Budget) 589341
im Jahre 1888/89 war die Einnahme
gegen 1880/81
von Wagen und Karren mit Pferden 26419 Yen 3296 Yen
' Ocfasenkanen 8888 - 3103 •
- JinrikiBha 228530 - 210343 -
- Handkanen :ll7r,07 - 162 744 -
Busammen 611839 Yen 379486 Yen
Je nach der Entwickelung des Verkehrs in den versohle»
denen Oe^ronden ist das Aufkoramen in den einzelnen Bezirken
sehr ungleich. Auf Tokyo allein kamen 1888 89 1(12 769 Yen,
auf Osaka 497^3 Yen, auf Aiciu 37 807 Yen, auf Hyogo
32037 Yen, aui Kanagawa 29 715 Yen, auf Kyoto 23304 Yen.
In den Bezirken des Nordens, der ganzen WestklLste (aufser
Niigata), von Kynshu (aul«er Fukuoka) und Shikoku bleibt die
iSnnahme hinter 10 000 Yen znrflck. Im Hokkaido ist der
ohnehin geringe Ertrag noch weiter verriogert infolge der Kaieer-
liehen Verordnung 7 vom 24. Februar 1888, wonach dort vom
1. Juli 1888 an alle L/istkarren (von Pferden, Ochsen oder Men-
schen gezogen) steuerfrei sind (Ertrag 1888 89 nur 1119 Yen).
Eine grofse Belastung düö Verkehrs kann man in der
VV agensteuer kaum sehen. Ihrem Wesen n u ii kann man sie
ansenen als ein Äauivalent illr die Aufwendungen tUr das Wege-
weeen ans öffendidien Mitteb. Soweit sie frtüier bestanden» sind
staadicbe Wege- und Brttekengelder 1875 beseitigt Jedoch wurd
da, wo We^ oder Brücken aus Gemeinde- oder Interesaenten-
beiträgen erbaut sind, nicht selten die Erhebung eines Wege-
oder Brückengeldes gestattet.
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X 4.
Die Bezirke dürfen zur Wagensteuer Zuschläge eriiebeD,
wf^lche don Betrag der SüiatssteiHT nicht 1i}>erschroiten. Die
Zuschlüge .sind in Tokyo z. B. fUr die verscbiedeoea Arten yqr
Wagen nicht gleichmäisig.
XI. Die Schiflfliteuor.
Steuern auf Schiffe aind eine alte japanische Ein-
riohtung. Für Seeschiffe wurde bereitä 1871 (8. Monat),
andere Boote 1874 die Besteuerung einheitlich genagelt (Nr. 2
▼om 21. Februar 1874). Vergnügungsboote wurden 1875
den anderon kleinen Booten gleichgestellt. Die verschiedenen
Bestimmungen wurden dureh Oesetz 13 vom 17. April
zusammengetalöt und dabei die Steuern auf Schitic jaj>aniii»:ijer
Bauart vom 1. Juli 1883 ab betrnehtlich erhöht, bas Gr.<et/
von 1874 iät insofern noch von Bedeutung, als aui die ihm
unterworfen gewesenen Schiffe und Boote BeEtrkszuBchlüge bis
zum Betrage der Staatssteuer zulässig sind.
Jedes Schiff mufs einen Heimatshafen haben» wo ea ge-
messen wird und steuerpfliclitig ist
Die Steuer beträgt jiUirlich :
fiir Dampfer für je 100 Tons 15 Yen
für Segelschiffe europäischer Bauart ftlr je 10<> Tons 10 -
itir Schiffe japanischer Bauart von mehr als 50 <Koku
für je 100 Koku 2 -
(vor 1883 nur 1 Yen)
für Schüfe und Boote japanischer Bauart unter 50
Koku und weniger als 18 Fufe lang 80 Sen
(bis 1888 nur 20 Sen)
filr je 6 Fufs lünge mehr (wie frtther) 15 -
Vemügungsboote unter 18 Fufs Lttnge 50 -
(bis 1883 nur 20 Sen)
fUr je 6 Fufs mein- 25 -
(bis 1883 nur 15 Sen)
Die Steuer ist fUr jedes halbe Jahr im Toraus im Januar
und JuH zu entrichten. Hinterziehung der Steuer wird mit dem
BlnfBaehen Betrage gestrsüt. Benutzung von Schiffen ohne Steuer-
schein zieht Strafe bis zu 50 Yen nach sieh. Steuerfrei sind
Boote an Bord von Schiffen, Ffthrboote, Brückenpontons, Boote,
die nur für IJber^chwennnimgen bestimmt sind, Kachen» die in
den Reisfeldern benutzt werden, u. s. w.
Die Entwickelunir der Einualimen aus der Schi^teuer
zeigt die folgende Übersicht:
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X 4.
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Einnahmen aus der Scbiitsteuer.
1872
1873
187!
1875 1. Sem.
1875 76
1876 77
1877 78
1878'79
1879/80
188081
17960 Yen
8812S .
125 677 -
12336 -
128 515 -
133119 -
194738 -
133589 -
134658 -
135289 -
1881/82
1882/83
1883 84
1884 85
ISsf) 86
1886 87
1887 88
1888 80
188*» 90 (Bu.leet)
1890 91 (Budget)
ld3418 Yen
135219 .
218040 -
230453 -
238 334 .
250469 -
258 921 .
270 453 -
257 357 -
264 209 -
Im einselDen stellte sich die Einnahme folgendermaiseii
Damplschiffe
Sctteuchiff» europäischer Bauart
ScSüFe japanischer Bauart, srofiie
kleine
Vergnttgungsboote
1888/89
12690 Yen
6079 -
61347 *
188863 - 1
874 -
1880/81
5 552 Yen
4160 -
33257 -
92 320 -
ausammen 270453 Yen 135289 Yen
Da, wie man ölt ht, dt r pröiste Teil der Einnahrae von den
kleinen Booten konimt, so verteilt Bich die Steuer ziciiihch gleich-
mäfsig ttber die Eflstenbeairke, während naturgemiirs in binnen-
Utndischen Beairken das Aufkommen nur gana gering ist An
der Spitze standen 1888,89 Osaka mit 15469 Yen, Tokyo mit
15192 Yen, Nagasaki mit 14534 Yen und Niipitti mit 14510 Yen.
Durch die Steuererhöhung von 1883 sind die Scliiffe japani-
scher I^auart ungleich stfirker belustet als die iVemder Hauart;
doppelt 80 hoch als Sogrlschifle, wenn man wie üblich 10 Koku
~ 1 Tonne setzt. Neben d'-ni Wunsche, den Ertrag zu steigern,
hat das Bestreben niitgewiikt, Piau und litiiutzung der leistungs-
iiihigcren tremden Schiffe zu begünstigen, dieselbe Tendenz,
welche zu dem an anderer Stelle erwähntoi Verbot des Baues
von JaiMmischen Schiffen Ober 500 Koku geführt hat (vgl.
im Kapitel Verkehrsmittel S. 260).
XII. Die Notensteuer der Nationalbanken.
Den National banken ist als Gegenleistung für das Privi-
legium der Kotenausgabe durch Gesetz 29 vom 28. September
1878 eine Steuer von 7 vom Tausend ihrer Kotenausgaoe auf-
gelegt. Die Steuer ist halbjährlich im Januar und JuH filr das
vorhergehende Halbjahr zu bezahlen. Der Höchstbetrag wurde
im Finanajahr 1881/82 mit 240788 Y«d erreicht Nach der
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622
X 4.
Keuregelung der Noteneinziehung der Kationalbanken steht die
Einnahmt' aus fler Steuer seit 1884 fest auf 221 850 Yen jiüirlich,
was dem damaligen Notenumlauf entspricht ^
Keine eigentlich finanzielle Bedeutung hat die nach deutschem
Muster l^Ss: eingeführte Besteuerung ^er t'bersdireitung
eines bestimmten metallisch nicht ti^edeckton Ivontin-
gentö von Silbernoten der Nihon Ginko. Den Steuersatz sittzi
der Finanzminißter in jedem Falle fest, doch nicht unter tlinf
Prozent. Bei dem ciäteu vorgekommenen Falle, im März 1890,
iBt dieser Satz Ton ftlnf Prosent angeordnet
XIII. Die Börsensteuern.
Die s t o 11 e r u n g des B ö r s e n v e r k f h r s ist
durch die ei;ienartigen Börseneinrichtungen, bei welclitii jcdrs
Borätngeschäf't verzeichnet wird, sehr erleichtTt (vgl. ohva
S. 232). Es ist daran zu erinnern, dafs die Börsengesell-
Bchaft von jedem an der B(lrae abgeschlossenen GMhftfl
eine Gebühr erhebt. Nachdem die Börsen eingerichtet waren,
wurde den Börsengesellschaften eine Steuer von einem Zehntel
der Ton ihnen erhobenen Gebühren aufgelegt, halbjährlich
zu entrichten (ftir die Effektenbörsen durch GksetB Nr. 30
vom 30. vSeptember 1878, fiir die Reisbfirsen rlnroli Gesetz Kr. 4
von 1879), Als Ende 1882 mit den librigen Erhöhungen auch
die der Böraensteuer in Anc^flf genommen wurde, falste mau
die Börseugesellachaften selbst sehr schonend an und verniinderte
diese Steuer auf einen ganz unbedeutenden Betrag, walzte aber
die Hauptlast auf die Makler (Gesetze 05 und 67 vom 27. De-
sember 1882). Diese sollten vom 1. April 188S ab von jedem
Umsatz in Wertpapieren eins vom Tausend, in Silber und Gold
7\s ( ieiuhalb vom Tausend, in Reis fünf vom Tausend entri<^ten.
Während die iiandelszeitung „Bukka Shimpo**» das Organ der
Börsengesellschaften, diese Maklersteuer ftir eine ganz leichte
erklärte, frw.irtete die Regierung bedeutende Einnahmen daraus,
rund 12<)ni (Ii) Yen im Budget fUr 18Sr?84. Beide Ansichten
waren falsch. Die Steuer erwies sich als so drückend, dal"^ nidit
nur die Spekulation&geschilfte an der Börse beschränkt wurden,
sondern die Makler vielfach aufhörten, die Börse zu besuchen.
Von 1882 bis 1883 ging der Umsatz der ReisbOrsen von 25,«
auf 11,7 MiUionen Koku surtlck. Im Jahre 1883 setbat war er
▼or der neuen Steuer im
^ Der Stadt Osaka i t für 1890 91 erlaubt, eine Gremeindesteasr wa
1 Prozent vom Keingewiuu Uer Banken zu erheben.
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X 4.
623
Jamiar 24ul0()0 Koku gegen 1882 1917000 Koku
Februar 1 712 (»00 - - 1882 1 742000 -
Märe 14OÜU0U - - 1882 3627 OÜO -
Nach Inkrafttreten der Deueo Steaer dagegen
April 521000 Koku gegen lb82 3036000 Koku
Hai 432 000 - - 1882 1 772000 -
Juni 394000 - - 1882 1409000 -
Jati 307000 - - 1882 1 542000 -
Erst im Herbst nahm der Umsatz wieder zu. Auf der
Effektonbörse trut ein nhnlicher Rückgang ein. In Yokoliaraa
hörte längere Zeit das Geschlift Uberhaupt auf. Der erwartete
finanzielle Erfolg blieb natürlieli aus. Statt 1 200 000 Yen brachten
die Börsensteuem 1883 84 zusamiiit>n nur 345000 Yen. Die
AktionXre der BOrsengesellachalten, deren Dividenden abnahmen,
regten sich nun auch, und durch Gesetz Nr. 85 vom 28. No-
vember 1885, in Kraft vom 1. Deeember, wurde die ganze huh
herige BOrsenbeeteuerang au%ehoben. An ihrer Stelle wurde von
nun an die Steuer bemessen nach dem von den Maklern bei
Abechluls der Geschäfte zu hinterlegenden Angeld und festgesetzt
bei Umsätzen in Staatspapieren auf ^ lo uoo
- anderen Wertpapieren • */ioooo
- - - Reis, - '/looo
leit dem 1. Dezemhier 1888 gletch&Us - ^/looao
Letztere ErTiifU'sigung wurde durch die Kaiserliche Verordnung
75 vom 12. November 1886 augcordnet. Bei einem Angeld von
15 ProzciiL beträgt die Steuer also jetzt nur 4,6 Seu von einem
GezGhiift von 10000 Yen in Staatspapieren, nor 9 Sen von an
deren Wertpapieren und Reia. Übertragung des Ldeferungsver*
träges auf einen anderen oder Rückkauf der Lieferung (innei--
halb desselben Monats) ist steuerfrei. Es wird also tbatsUchlich
nur die Differenz der zwischen zwei J^Iakk-m in dem betreffenden
Monat abgeschlossenen Geschäfte in dem betreüenden W'ertpapicr
besteuert ' . Die Steuer wird monathch entrichtet, jedesmal nach
der Ultimo Abrechnung^.
Die seit 1886 neu belebte Etiektenspekulatiou liat die Ein
nähme von der Effektenbörse rasoh wieder in die Höhe ^ebraclit,
höher als sie je gewesen. Die Reiabörse bat dagegen bisher die
Erwartungen getiuscht und im Jahxe 1887/88 statt 264824 Yen
^ Das klingt etwas unwahröcheiolicb, ist aber wirklich so. Ich habe
die Abrechnungen mit eigenen Augen gesehen.
' Der Stut Osaka ist für 1^<90 91 die Erhebung eines Gemeinde-
süiischlages von 2 Prozent sur Staatntener der Reis* und Effektenböna
gestattet worden.
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624
X4.
Dur 91949 Yen gebracht. Die grofse Reisspekulation 1889 90
wird wohl höhere Ergebuisäe liefern. Die Entwickelung der Em-
nukmeia am den Böfsensteufirn zeigt folgende ÜbcrncBt
Einnahmen aus der
Reisbtf rsensteuer EffektenbörBeneteuer
(eioachl. Blakler) (emichL Bfakler)
1878^79
201831 Yen
1 1 678 Yen
1879 80
241762 -
25 517 -
18R0 81
58170 - »
35 888 -
210 262 *
451^4 -
1882/83
132462 .
63644 -
18»3y84
272011 -
78188 -
1884/85
343288 *
70184 -
1885 86
226583 -
17119 -
1886 87
180837 .
88 346 -
1887 88
91949 -
97 757 -
1888 89
87077 -
85 971 .
1889 90
69 762 -
90615 -
ISUOiUl
(Budgetj
68527 -
111792 -
Aufaer jenen Steuern haben die Makler (nach OesetK 28
vom 6. August 1883) ftlr ihre Konceaabn eine einmalige Gebahr
von 30 Yen zu bezahlen. Im Jahre 1887/88 kamen dadurch
1920 Yen Yon Eifiektenmaklern und 510 Yen yon Reismaklem ein.
XIV. Steuern vom Viehhandel.
Personen, welche mit Pferden und Rindvieh handeln, sollen
fUr jede Koppel Vieh (von 7 Stück) in ihrem Besits eine jähr-
liche licens von 1 Yen besohlen. Die wohl aus der alten Ord-
nuDg stammende Steuer hat ihre jetaige Oestalt schon 1872 er-
halten. Sie soll den Umsatz treffen, erreicht diesen Zweck aber
nur unvollkommen. Finanziell ist sie unbedeutend. Die Ein-
nahme daraus ernMi hte 1881/82 den höchsten Betrag mit 88437
Yen und ergab 1888,09 72179 Yen-.
> WShmid dnes Teils des Jshrss 1880 waren die ReisbSrMn infolge
der tollen Spekulation geschlossen.
^ Näheros ilher die weni^ interessante Abgabe möge nun in Gab-
bins Keport on Taxation nacUlesen.
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X 4.
625
XV. Stempeiabyaben.
Stemjpelsteuern auf Verträge und Urkunden
(Shoken*inBhi-zei) wurden nach enropttiachem Muster 1873
eingeführt, aber schon durch Gesels 81 ▼om September 1874
umgestaltet, wozu noch mehrere spätere Zusätze kamen (Nr. 121
von 1875, Nr. 31 von 1879). Das Wesentliche an dem alten
Steuergesetz war, dafs ftir Urkunden im Geschäftsverkehr und
gewisse kaut'iiiiinnische Bücher Stempolpapier ( .liniifrtes Papior**)
erfordcTlicli war, wozu dann in gewi>M ri Käiien noch Stempel-
marken kamen. Als mit dem Rückgang des Geschätti^lclKüia
und der Preise im Jahre 1Ö83 auch die Einnahme aus di( sca
Stempelabgaben sich verminderte, suchte man dem durcii Er-
höhung der Sätze und Veränderung der Emridiknngeii entgegen-
zutreten, allerdings mit geringem Erfolg. Nach dem Geseta 11
vom 1. Mai 1884, in Kraft vom 1. Juh 1884, ist an Stelle des
Oebrauchs von Stempelpapier durchweg der von Stempelmarken
getreten (resp. Stempelblanketts ftir Wechsel). Die Emzelheiten
des GcHPfze?; sine! kaum interessant trenug ftir eine ausftlhrlichere
Darstellung'. Eö genüge zu bemerken, dal's die Äb'j-nhf'nsätzo
auch nach dem neuen Gesetz verhältnismälsig niedrig sind. Für
eine grofse Menge von Urkunden (Klasse 1 des Gesetze«) ist ein
Fixstemnel von 1 Sen ertbrderlich, z. Ü. für alle Quittungen
über 5 Yen und m^. Für Urkunden ttber Verträge, Wechsel
und dgl. (Klasse 2 des Gesetzes) kommt dazu ein nach dem
Wert abgestufter Stempel. Er beträgt z. B. ftir Wechsel bei
einem Betrage von
weniger als 50 Yen 1 Sen
50 Yen bis zu 100 - 2 -
100 - - - 200 - 4 -
200 - - 500 - 8 -
500 - - - Inno - 15 -
1000 - - - 2« MIO - 20 -
2000 - und darüber 50 -
Das Gesetz giebt den Steuerinspektoren sebr weilgehende
Befugnisse kaufmännische Bücher und dgl. zu prüfen. Auf
Unterlassung der Benutzung des Stempels stellt als Strafe der
zwanzigfache Betrag, auf Unterlassung der Kassierung der Stempel-
marke (durch das eigene Siegel, das gesetzHch jider Japaner
ftihren muls) der zehnfache Betrag. Sonstige (Ordnungsstrafen
steigen bis zu 50 Yen an.
* Der alte und der aeoe Tarif findet aieh in OnbbinB Beport on
Taxation.
Fonchungen (45i X 4. — Rathgen. 40
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626
X 4.
Die Einnabmen aui der Stempekteuer nm ürkimden setgt
die folgende Übersicht.
Einnahmen aua Stempeln (Stempelpapier)
fttr Urkunden.
Yen
1873
319302
1874
291 897
1875 (1. Sem.)
395316
1875 76
408 228
187677
434155
1877 78
505 025
1878;79
588 094
1879/80
695588
1880/81
869260
1881/82
885826
Yen
1882 83
872794
188384
671 180
1884 85
991
1885 86 (9 Monate)
435 8(>5
188687
587625
1887 88
563770
1888'89
985013
1889 90 (Budget)
613063
1890/91 ßudget)
615680
Wie man sieht, hat die Steuererhöhung von 1884 nicht den
gewünschten Erlbig gehabt. Für 1884 85 hatte man die Ein-
nahme auf 880 360 Yen geschätzt und erhielt nur 678 991 Yen.
Auch noch 1887 88 blieb der Ertrag um 91051 Yen hinter dem
Anüclilag zurück, der erst 1888 89 erheblich (um 357600 Yen)
tlbei-schritten wurde. Ob das Gesetz wirklich scharf dnrchg^brt
wirdt scheint mW EweMelhaft au Bein.
Das Stempeigesetz findet auf Okinawa nicht Anwendung.
Von den übrigen Bezirken tragen uatur^emäls die mit den
grOCberm Verischisplfttaen am etttrkstpn bei. In den Jafam
1887/88 und 1888/89, je dem niedrigaten and höchsten seit 1878,
standen an der Spitae
Tokyo mit
Osaka (ohne Nara; -
Kyoto
Hyogo
Kanagawa
Shiffa
Aichi
Kilgata
Kagano
91911 Yen
55 565 -
27293 -
24280 -
19078 -
19061 -
18896 -
16801 -
16578 -
1888/89
132 789 Yen
78313 -
32069 -
49095 -
38190 •
19877 -
31 654 -
32415 -
S0005 •
Die niedrigsten Einnahmen hefem daa südliche Kyuahu
und Shikoku, sowie die Westküste und der Norden von
Eoushu. An letzter Öteile steht Miyazaki mit 2439 reap.
4632 Yen.
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627
XVI. Die RegisterQeblilireii.
Den ebengenannten Abgaben flchliefisen ndi die Steuern
vom Besitz Wechsel an, wddie neuerdings eine wdtere Aus>
bildung erhalten haben.
Bei Besprechung der Grundsteuer ist schon erwähnt (S. 545),
dafs von der Ausfertigung der neuen Besitztitel fStempel gebühren
erhoben wurden, deren Ertrag zur Bestreitung- der Kosten der
Steuerreform verwendet wurde. Nach Beendigung der Grund-
steuerreform wurden durch Gesetz Nr. 30 vom 25. Mai 1881
(in Kraft vom 1. Juli) zwei Abgaben festgesetzt. Einmal sollte
eine feete Gebtthr Ton 3 Sen für jede Neuausfertigung eines
Beeitztitek^ ^trichtet weiden. Weiter aber sollte bei Eintragung
des Besitzwechsds eine Stempelabgabe entrichtet werden, welche
nach dem Steuerwerte des Objekts stieg von 8 Sen bei einem
Werte von weniger als 10 Yen, bis zu 5 Yen bei einem Werte
▼on meltr ;ds lOOoü Yen.
Der Erlrag dieser ^Steuer, d« i in den Abrechnun^'^en der
Grundsteuer zugerechnet ist, wm hs von 264 7(36 Yen im Jahre
1881 82 auf o^liDOT Yen nn .Jahre 1884 85, zum Teil wohl in-
folge strengerer Durchführung ^ier gesetzlichen Bestimmungen.
Im Budget f&r 1886/87 war er sogar auf 864277 Yen ver-
anschlagt. Das Jahr 1886 brachte aber einen Versuch, diese
Einnahmen auf anderem Wege zu stdgem.
Das Begistei^gesets Nr. 1 vom 11. August 1886, in Kraft
vom 1. Februar 1887, erhöhte, während es iene feste Geblihr
ftlr die Neuausfertigung von Besitatiteln bestehen licfs, die Ab-
gaben vom Besitzwechsel von Orundstücken und legte die
fleiche Abgabe auf den Besitzwechsel von Häusern und Schiffen.
)as (iesetz ordnete Anlegimg von Registern an^ welche von
den Frieilensgerichten zu führen sind, während bis dahm die
Ortsbehörden die betreifenden Kegister fllhrten^. Doch kann
auch jetzt noch für entlegene Orte die BegistertUbnmg der Orts-
behme ttbertragen weraen. Verkauf, Schenkung und Ver-
p^ndung muls, um Dritten g^nUber wirksam au sein, im
Kegister eingetragen werden. Bei der Eintragung sind die
folgenden Gebühren zu zahlen.
Bei Verkauf und Schenkung hat der Käufer lesp. Schenk-
nehmer su entrichten:
> Nach Verlust des Besitztitels, bei Vererbung von Land, bei Tsi-
long oder Vereinigung von Gruadstfteken, bei Andsnmg der Kusse etc.»
so der das GmnastQck i^ehört.
^ Für ächifie JSr. 28 vom 8. Män 1877; tür Häuser Nr. 148 Tom
80. September 1875; i9r Gmndsttcke Nr. 58 vom SO. NoTSmber 1880.
40*
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628 X 4.
bei einem Werte Ton weniger ak 5 Yen O^oa Yen
5 bis 10 - 0,]o •
10 - 25 - 0,«s -
26 - ^0 - 0,60 -
50 - iüO - 1
100 - 200 - 2 -
200 - 300 - 3 -
800 - 400 - 4 -
400 - 500 - 5 -
500 - 750 - 6 -
7r.0 * 1000 - 7
- 1000 . 1 500 - 8
1 500 - JiHii) . 9
2 000 - oOuO - 10
5U00 - lOOOn - 12
und so fort, für je 50U0 Yen 2 Yen mehr.
Fttr Verpllbadung (auch Kauttonshypotbeken) wird die
halbe GebOhr erhoben (Tom Verpfknd^), für Eintragung dei
Erben ein Püntlel. Der Wert des Objekts ist der wirkliche
Preis resp. zur Zeit vorhandene Wert Erscheint dem Register-
amt die Wertangabe zu niedrig, so erfolgt eine Einschätsung
durch drei unbeteiligte vom Amt ernannte Schiedaricbter. Auf
i bertretung des fresetzes steht Geldstrale bis zu 100 Yen.
AU Form der Steuerzahlung wurden Hnixh Kaiserl. Verordnung:
66 vom 8. Oktober 18!^8 Stempehnarkcn eingctUhrt, welche auf
dem Gesuch um Kmtraguug anzubringen sind.
Das Registergesetz bedeutet gegenüber den bis dabin
geltenden Bestimmungen eine nicht ganx unerhebfidie neue
Besteaenmg des Qrundbesitzes» welche beim Verkauf bei den
kleineren Summen , die in Japan hauptsUehlieli in Betracht
kommen, reichlich ein Prozent beträgt. Wohl noch mehr em-
pfunden wurde die Belästigun«:, mit d-esen Dingen statt an die
Ortsl>*^]u>rde nun an die (Berichte jrehen /ti müssen, was bei
deren geringer Zahl viel Zeitverhist und Mühe verursacht.
Das neue Gesetz seheint zunaehsi in Mus«redehntem Maiäe
umgangen zu sein, sowohl wiis die Wertanj^aben betrifft, als
auch durch vollständige Hinterziehung bei Verpfandungen , bd
denen ach die Parteien sehr allgemein mit der Übergabe des
Besitstitels an den Glftubiger begnügten und die Eintragung
fanz unterliefsen. Von der Abschafliing der l^esitztitel im
ahre 1889 erhofft man daher eine Steigerung der Einnalune^
Bei der Einführung der neuen Abgabe hatte man Erträge
erwartet» hinter welchen die Eigebnisse weit aurttckbliebeiu
* Die BedtztitelgebOhren sind nunmehr in Gebühren von den eot*
spfechenden fäntragungen im Grandtteuerbueh umgewandelt
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X 4. 629
Das Budget und die Abrechnung ftr 1887/88 aeigen folgende
Zahlen:
Badget AbrechDuiig
Registergebühren 2000148 Yen 924666 Yen
Gebuhrött für Aus-
fertigung Yon Besitztiteln 250000 - 280947 -
Fiir 1888 89 waren die Zahlen:
Registergebüliren 1600148 Yen 713732 Yen
Besitztitelgebühren 372462 - 227628 •
Die nächsten Budgets endialien dann fdgende Ansätee:
Bentswecbselsteuipei Basitstitdgehtlbrai
1889 90 750234 Yen 27Ü478 Yen
1890/91 1083825 - 74459 - »
Wieviel von der Abgabe von GrundbeBi'tz. \^■ieviei von
Hilusern und wieviel von Schiffen aufkommt, i.-^t leider nicht
angegeben^. In Okinawa ist das Gesetz nicht eingeführt.
XVII. Gerichtskoaten.
In der Form von Stempelsteuern werden audi die Ge-
rich tskoö ten in Civilprozessen erhoben. Bis 1888/89
waren sie auch im Budget den Steuern augeiecfanet Erst seil
1889 stehen sie unter den „Gebühren'*.
Nach dem Gesetz 196 Yom Dezember 1875, in Kraft seit
dem 15. Februar 1876 , war fUr die Schriftsätze der Parteien
wie flir die Entscheidungen des Gerichts Stempelpapier (..Hniiertea
Papier'' J zu benutzen. Der Betrag der Kosten nchtete sich
nach der Lftnge der Schrittstücke sowie dem Werte unrl der
Natur des Gegenstandes. Die Höhe der Gebühren war unbe-
deutend, so dafs man 1884 zu einer beträchtlichen Erhöhung
der Sätze schritt, indem man gleichzeitig die Berechnung ver-
einfachte'.
Nach dem Gesetz Nr. 5 vom 23. Februar 1884, in Kraft
yom 1. April 1884, sind nur noch Stempeknarken erforderlich,
^ Kataatei^lifihieD.
* In der Stadt Osaka bt^stand !*chiin unter dem alten Rftrimc unter
dem Namen ßu-ichi-kin eine Abgabe beim Verkauf von Grunubes^it/, und
Häusern. In neuerer Zeit abgeschafi't, darf sie für 1890 91 wieder uuf-
fl^elegt werden im Betrage von ' eo des Preises. In einer von Spekula-
tionppeist erfüllten Stadt wie Osaka dürfte diese Gerneindeabf:;abe wirk-
lich eine Art Besteuerung des Konjunktureugewinnes im Sinne von Adolf
Wagner datsteilen.
* Der alte und der neue Tarif in Gobbins Beport on Taxation.
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630
eDtBpreQhend dem Werte des Objekts. Die Klageschrift rnnls
mit Btempelmaricen in folgendem Betrage vefsehen sein:
bei einem Werte der Forderung
Ton weniger als 5 Yen
0,20 Yen
0»80 -
5— 10 -
10- 20 .
0^0 •
20- 50 -
1,50 -
50- 75 -
2,10 -
75_ 100 -
3
. 100— 250 -
0,50 -
- 250- 500 -
10
. 500— 750 -
13
- 750-1000 -
15
- 1000—2500 -
20
- 2500-5000 ■
25
und weiter für je 1000 Yen
2
liei Berutiiugen erhöht sich der Betrag um die Hülfte, bei
Kasüation auf (his Doppelte. Bei familienreehtÜclien und anderen
in Geld nicht zu bchfttzenden Klagen ist die (iebuhr 3 Yen.
Femer sind fUr eine Reihe weiterer Dinge (sonstige Schrift-
sätM der Pmrteien, Anträge, Schiedssprttdie) Fizstempel von
20 oder 50 Sen su verwenden. Für die achriftliche Aus-
fertigung des Urteils ist fUr das Blatt ' Sen, für sonstige
SchriiUtUcke des Gerichts 3 Sen zu bezahlen. Alle Auslagen
ilir Stempel mufs die unterliegende Partei dem Sieker ersetzen.
Der Richter kann wegen Armut einer Partei die Stempel-
gebühren erlassen.
Die Einnahmen aus diesen Stempelabgaben haben sich in
folgender Weise entwickelt:
£innalimen von Stempeln in Oivilprozessea,
1875 76
1876/77
1877 78
1878 79
187980
1880/81
63464 Yen
80174 -
76482 •
78855 •
89330 -
93441 -
131 574 Yen alter
172882 -
1881/82 116507
1882/83 166916
1888/84 1
1884 85
1885 86
1886 87
18^7 «R
188990 (Budget) 3138SI
1890 91 (Budget) 315 772
399977 Yen
273896 .
334 866 -
313199 -
320251 .
Die Vermehrung infolge der Neuregelung von 1884 ist be-
deutend, blieb aber hinter den Erwartungen doch noch ziemlich
zurück, da 1884 statt dt r gesehätzten 53" 57(1 ^'en nur
399977 ien einkamen. Seitdem ist die Einnahme immer weiter
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631
surttckgegangen. Den für Japan Yqrhftltnismäfmg hohen Ge-
richtskosten wird ein erheblicher Anteil an dem Kückpuig der
Zahl der Civilsachen bei den Gerichten xugeachrieben , welche
sich bis ganz aufserordentlich vermelirt hatten. Es war
nämlich die Zahl der neu anhängig gemachten Sachen
bei dem Kassa-
ÜOQSbof
in der Jie>
rnfangs-
instans
davon bei
den Appell-
höran
b.a.Grancnt0D
u.d, Friodciis-
geiicliten
Q o 1 1 c _
aachfin
1877
156
1513
1513
174 772
658872
1879
382
3496
3 496
135009
651 640
1881
765
6442
6492
130519
731 777
1882
886
9882
5679
188362
875654
1883
801
12578
6069
239675
1094659
1884
580
8479
3988
138597
760992
1885
427
3461
1605
52011
502 588
1886
305
3 701
1683
49 920
500915
1887
433
4472
2023
51008
388225
Die Zahlen amd im Vergleich k. B. mit firansOsiachen und
deatBcfaen VerhttltniBBen sanz merkwtbrdig niedrig. So sehr ein
Femhalten europäischer Prozessiersucht wünschenswert wäre, so
wird sich doch kaum leugnen lassen, dafs sehr hohe Geriohts-
koBten ein sweiachneidiges Mittel dazu nnd^.
XVIII. Sonstige GebOhren.
Attfaer den bisher aufgeftlhrten besteht noch eine Reihe
weiterer Gebühren, die sum Tal, als Steuern bezeichnet, im
Budget unter den Steuern stehen ( Jagdscheine, Abgaben von
Mafsen und Gewichten), zum Teil unter dem Titel Gebühren, der
aurserdem noch die bereits crwiihnten Stempel- und Register-
abgaben vom Orundh( sitz, von Häusern und Schiffen, seit 1889
auch die Gericlitsgebülin n umtalst. Unter Weglassung der
letztgenannten Posten ergaben diej>e verBchiedenen Gebuliren
nach der Abrechnung für lb87 88 zusammen 2ZU508 Yen,
1888 89 239050 Yen. Em>ielne dieser Abgaben smd schon in
anderem Zusammenhang erwttbntf die Hafengelder, Lagerhaus-
gebühren u. dgl. bei den Zöllen und die Koncession^gebtthr
der Makler bei der Börsenstcuer.
Der wichtigste Posten sind die Jagdscheine, fUr welche
nach dem Jagdgesetz Beru&jäger 1 Yen, Personen» welche zum
' Im Zusammenhang mit diesem Abschnitt sei erwShnt, dafa die
Sesamte Einuahme aus (J cldstrufcii und Kotifi^kationen im Jahre 1887/88
ie Samme von 387 12» Yen ergeben bat, imi-üd m m Yen.
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632 X 4.
VeignUgen jagen 10 Yen bezahlen (vgl. das oben Uber die Jagd
Gesagte S. 3»>'*). Die Einnahme erreichte den Höhepunkt
188182 mit 9oyi4 Ven, sank dann bi« 1886/87 auf 48 451 Yen
und brachte 1888 89 72479 i'en.
Rechtsanwälte hixh^^n (Ano jührliche Steuer von 10 Yen
211 bezahlen, was zuerst durcli Art 5 der Auwaltsordnung vom
22. Februar \6lii eingeliihrt ist I)ie JEiDnahme davon war
1888 89; 112UU Yen. Von der Anioitigung von Mafsen und
Gewichten, deren Preis staatlich geregelt ist (^Gesetz I6b vom
August 1875), mnlk eine kleine Abgabe entricbtet werden, dem
Wem nach eine Eichgebtthr. IXb Einiudime war 1888/89
2588 Yen.
Die Geeetsse filr Scbuts des Urhelierrechti mkngen
▼OD den Oeichütsten gewiMe Gebtthren, tod deren ZaUang der
Schnta abhftngi^ gemacht wird, so beim Schutz von Druck-
werken gegen Nachdruck (das Sechsfache des Preises. Nr 135
vom 3. November 1875, Art. 20. Kinnahme 1887'88 r,()44 Ven"),
Patentschutz (Gesetz von 1885), Schutz von Handelsmarken u. s.w.
Dazu kommen noch allerlei Verwaltung?irebiüuren, fbr
Pässe, Staatsprüfungen, Untei-suchung von Medizinen u. s. w.
Über die Gebühren der VerkehieansUdteu ist an anderem Orte
gehandelt
Fünftes Kapitel«
Nichtstenerliclie Staatseiiiiiahmen.
Neben den Steuern haben andere ordentiiehe Staataeinnahmen
nur eine geringe Bedeutung und unter diesen anderen Einnahmen
kommt noch ein wesentlicher Teil auf solche, welche ein Aue-
flufs staatlicher Hoheitsrechte sind , namentlich die Einnahmen
von Post und Telegraphie. sowie die von der Mf^nze, vom Ver-
kauf de.s ..Staatsanzeigers" (Kwampo) , die ^x're ts erwähnten
(ieldstiaten , die Einnahmen von der Arbeit Strafgefangener
u, 8. w. An Einnahmen vom Staatseigentum kommen tinanziell
nur die Überschfleae der StaataeieenbdQnen und dm Einnalunen
aue den Staatsforsten in Betracht Vorübergehend haben auch
die Bergwerke einige Bedeutung gehabt. Die anderen gewerb-
liehen Unteniehmungen des Staats haben, wenn überhaupt, nur
unbedeutende Übei-schtisse geliefert. Regelmäfsig wiederkenrende
Posten 8ind Rt'iclzalilunijen und Einnahmen von verpachtetem
und verkauftem »Staatseigentum.
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633
i. Post und Telegraph.
Die BÜnnalimen der Postvenvaltung haben sich mit Aus-
dehnung des Postl>ctriehe9 allmählich mehr und mehr gelio))Pii,
wie die nachtbigende l bcrsicht zeie-t. Die bedeutende Zunahme
1883 kommt daher, dafs im Zusammenhang mit den Steuer-
erhöhungen von Ende 1882 auch einige Portoerhöhimgen statt-
£uiden. Die wirtschafUiche KrkiB hat auch die Einnahmen der
Post etwas gedrUdct, doch smd de neaerdings wieder in der
Znmdune baffen ^ Für die Zeit von 1877 bis 1885 ist es
möglich, Einnahmen und Ausgaben nebeneiiuuiderBasteUeo.
Danach wären 1879 bis 1882 die Einnahmen gröfser gewesen
ah die Ausgaben. Im Jahre 1882 83 aber vermehren sich
pl'it/HHi die Ausgaben um 50 Prozent. Thatsäf lilich dürfte ein
Einnahmetiberschufs nie bestanden haben. Ein* amtUche Auf-
klärung des Zusuinmenhan^s iät nicht erfolgt. Man sagt, dafs
das wunderliche Resultat die Folge fidscher Buchführung ge-
wesen sd. Im Jahre 1882/83 sei man endlich dahinter ge-
kommen^ dals man in den letzten Jahren mit einem Deficit von
300000 Yen gewirtschaftet hal)e. Der Ansfiül wird wohl ans
dem „R^ervefonds'^ gedeckt sein.
Seit der Vereinigung von Post und Teleirraphie im Ver-
kehrsministerium, 1886, ist ein Vergleich der Kmnahmen und
Ausgaljen nicht mehr möglich. Seit 1888 werden auch die
Einnahmen von Post und Telegraph nicht mehr getrennt nach-
gewiesen.
Post.
Einnahmen
Ausgaben
Yen
Yen
1872
17960
1873
88887
1874
188071
1875 1. Sem.
599 971
1875/76
583 267
1876 77
68'.» 229
1877/78
81 1 859
1033494
1878 79
941 U 88
1 125066
187980
1173457
1 088 392
1880/81
1 424 183
1347728
1881/82
1612775
1470918
1882/83
1804981
2276300
' Die fTTofsc Zunahme im Jahre 1S87'8>^ ist jedoch zum Teil zufällig.
Wegen bevorsteheudcr Herabsetzung des Kabatte Ton 7 auf 5 Prosent
TctMlieD sieb die MarkenTerkKufer mit beaonden grofeen Yonäten.
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$84 X4
EiBDahmen Anggaben
Yen Yett
1883/84 2278467 2452402
1884 85' 2148701 2479472
1885 86 (9 MoDftte) 1 601 842 1 188453
1886 87 2264255 ?
1887/88 2663640 ?
Über die , Enmabmen aus dem TelegrapheDbetriebe giebl
die fbkpende Übeniclit Aaftchlufe. Auch hier sehea wir bia
1882/89 die Einiiahmen steigen, seitdem wieder abnehmeau
Budgetmtti^ sind bis 1886 die Telegrapheneinnahmen anders
als die Posteinnahmen bdhaadelt Während letzte mit dem
vollen Betrage angesetzt wurden, war von den Telegraphcn-
einnahmon nur rler Überschufs im Budget ersichtlich. Durch
die Neugestaltung der Verwaltung zu Anlang 1886 ist das
geändert.
Telegraph.
Einnahmen Ausgaben
^ - '
808 Gebühren ^oitstige Betrieb Iseoanlagea
Yen
Yen
Yen
Yen
1871
2869
76140«
1872
10 25t>
3522
330 591
1873
50 778
1757
532996
1874
lUoÜO
3613
555561
1875 1. Sem.
72313
1279
235 647
1875 76
164497
17912
510146
1870/77
231356
2903
615620
1877 78
344 017
604GÜ
444 225
193 770
1878 79
433 085
108 532
508572
129 050
1879/80
675 191
105817
618749
164770
1880/81
786288
135733
681 878
108971
1881/82
918570
184885
910452
140896
1882 83
936 372
75 773
921 603
97664
1883/84
841 960
49203
817686
94039
1884 85
887 336
19731
845 912
III 906
1885 86 (9 Monate) 516407
10587
642048
22226
1 886 87 745721 '
18S7;88 729213
Seit 1886 ist ein Vergleich der Post- und Tcle^^raplien-
einnähme mit der Ausgabe nicht mehr möglich, »eit 1888 hu^n
' Seit ohne Gcwinii der Sparkasse.
3 Für die Zeit von l«Oy— lö71.
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X 4.
68$
sich auch die Einnahmen beider Verwaltungen nicht mehr
ontencheiden. Die Gesamteinnahine war
1886/87 3009970 Yen
1887/88 3392853 -
1888/89 3 272063 -
1889/90 (Bndgeft) 3456556 •
1890/91 (Budget) 4859466 -
Die Einnahmen der Post- und Telegraphen Verwaltung in
den einzehien Bezirken dürften geeignet sein, ein gut^ö Bild von
der wirtechaftlichen Entwickelung der Tencfaiedenen LandesleUe
SU geben. Im Jahre 1887'88 kamen auf
Pceteinnahmen Telegrapheneinnahmen
Fro^eut der
Prozent der
Yen
Yen
Landes-
einnähme
eimiahine
Tokyo
625015
23
193339
26
Osaka (ohne Mara)
185161
7
67187
9
1 26 899
5
73988
10
Hyogo
92072
3
42355
6
Hokkaido
57 442
2
57811
8
Kyoto
87 743
3
14b42
2
Aichi
73678
8
15232
2
Nügata
71645
8
16057
2
Shizuoka
60234
2
10128
1
Alle anderen Bezirke hatten weniger als 70000 Yen zu-
sammengenommen (Nagaa^iki mit 19696 Yen Telegraphen-
gebühren ist beniori-ccnHwert).
Am entgegengesetzten Ende stehen die Bezirke Okinawa
mit zusaiimien 1803 Yen, Nara mit 5360 Yen, Saitama mit
13823 Yen, Mijrazaki mit 16 487 Yen, Tottori mit 17765 Yen,
alles rein kndwirtBofaafUiche Bemrke.
II. Die Staatseisenbahnen.
Uber die Eläenbalmen deä btaateö ist oben im Kapitel vom
Verkehrswesen eingehend gehandelt Zu den Staatsemnahmen
haben «e sehr erheblich bisher nicht beigetragen. Durch den
Ausbau des Staatshahnnetaes zwischen Tokjo und Kobe er-
halten sie neuerdings jedoch gröfsere Bedeutung. Die Über-
schüsse haben sich nach den Abrechnungen folgendermalsen.
entwickelt:
Digitized by Google
696
X 4
1872
61466 Y^n
1873
208785
1874
245 868
1 ö 7 . ) i 1 . SenL.^
150897
1875 76
240636
1876/77
808883
1877/78
884088
1878 79
456 622
1870 80
608 785
1880 81
8HH 561
1881 82
1 127 470
1882 83
913 846
-
1883 84
933 778
188485
750538
1885/86
458890
•
1886/87
678124
1887 88
1 051 705
- (Anschlag 553 743 Yen)
1888/89
1346225
• ( • 688929 - )
Die \'oran8chlMpe ftir die
folf^enden Jahre sind viel zu
niedrig, was nicht nur durch den Aufschwung des Verkelus zu
erkUlKO ist, sondern anob dadurch, dals auf die bei Aufitellung
des Etats noch nicht eröfineten Strecken keine Bücksicht ge-
nommen ist Die Anschläge waren
1889 90 1022591 Yen
1890/91 2 083131 -
Selbst die so bedeutend höhere letzte Zahl wud Tonus-
sichtlich hinter dem wirklichen Ergebnis aurttckbleiben.
III. Andere yewerbliche Unternehmungen.
Die Einnahmen aus sonstigen gewerblichen Unternehmungen
haben sich durch VerttufBerun^ der meisten Anstalten neaerdinp
bedeutend vermmdert. Staathch betriebrae Beigwerke, weIcEe
früher den Hauptposten bildeten, giebt es nur noch (inige ganz
unbedeutende. Die Staatsdruckerei hat ihren Hetrieb sehr ein-
irr-' hriinkt. Von Belinir sind nur noch die beiden Werften des
St i.ites ( Vokosuka und ( hiohania). Auf nachstehender t'bcr-
su [)t sind für cinifi-o Jahre die Krgebni8.se zusammengestellt,
dabei auch die Einnaiunun der Münze, welche die Ahrechnungtn
hierherstellen. Seit ihrem Bestehen (1870) bis zum 31. iör«
1889 hat die Mttnse 8023875 Yen Beingewinn abgeworfen*.
Bericltt des Direktors der Münze für üas Fmauayahr 188iJ S9.
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X4.
637
1877/78 1880/81
Yen Yen
Reineinnahme
von
Brrorwerken 251 203
i5iaabdruckerei270 724
Werften 1504
Bcmstigeii ge-
werblichen
Untenieh-
mungen 10744 43622
1883'84
Yen
mim
Yen
1888/89
Yen
397 864 106457 234164 541191)
41487 _ — —
30633 57961 109952 48553
4817 106944^ 143^42^
zusammen
Mftause
534175 513606 169235 451060 ' 733594«
834285 487410 398155 241383 200712
zusammen 1368 460 1001016 567 390 692443 934306
Da die Mehrzahl der früher vorhandenen Staatsbetriebe keinen
Beingewinn abwarf, so geben ciie obigen Zahlen von der Ver-
minoeriing dieser Betriebe seit 1H*^'> kein Bild. Aus dem mir
bekannten Material iat es aber niclit mögUch, nno vollständige
Zusammenstellung der BruttOiius<j:abe in frtihcren Jaliren zu
machen, ebensowenig wie von dem Kapital wert, mit welchem
die verschiedenen Unternehmungen zu Buche standen.
Im Jahre lb87itiÖ waren
den Bergwerken
Staatsdruckerd
MUnze
Waffenfabriken
Werften
Filaude Tomioka
die Betriebsausgaben
795836 Yen
882358 -
226 421 -
1 803 B 14 -
1391175 -
202675 -
zusammen« 5302109 Yen
neue Kapital-
anlagftn
198892 Y^
11300 -
92804 "
302996 Yen
Das sind ganz erhebh'che Summen, von welchen das Budget
und die allgemeine Abrechnung nur einen kicmtm Teil angeben
(vgl oben im zweiten Kapitel S. 499). Aua dem ftkr die Staat-
1887 88
40 '.m Yen
51721 -
14889 -
^ Nämlich von Waflenfabriken
- Tuchfabrik Se^jl
• Ftlande Tomioxa
Spinnerei Shimmachi —
* AnCMrdem Bnittoeinnahme oniger Untemehmongen:
mi'HS 5 765 Yen
ISxxxd 22 128 -
* Dabei fehlt noch Senji mit Uber 500 000 Ven.
1888 89
32 040 Yen
9y405 -
11492 -
896 '
Digitized t)y ÜOOgie
638
lieben Betriebsverwaltungen für 1800 91 veröffentlichten Spedal-
builget (27. März 1890) ergiebt sich die Ibl^eude Zusammen-
Stellung:
MilDze
StaatM^ruckerei
Staatseisenbafanen
Eisen ^^riiben in Hirofthima
WaffeD^ftbrik in Tokyo
- Osaka
Tuclit'abrik in Senji
Werften
Filande in Tomioka
Fabrik der Telegraphen- und
Leuehttnrmyfinraltuiig
fitnnalime
2177105 Yen
847035 •
5781801 -
167294 -
1252482 -
1710324 -
712085 -
941 880 -
250563 -
126549 •
Auigiibe
1892 125 T«ii
795089 .
3698679
16287-,
1252482
1 710324
694414
941 880
246428
122420 •
IV. Die Forsien.
ßereits in anderem Zusammenhang ist von dem ausgedebotn
Staatsbesitz an Wald- und Bergland die Rede ge-
wesen (Tgl. S. 358). Ende 1886 wurde die Fläche der ver-
messenen Staatswaldungen allein in Altjapan auf 6893881 Cho
angegeben, neben 2611 390 Cho son!?tigen RerL^laTids, wozu tkhH
9069 109 Cho im Hokkaidn und 211 Cho in Ukinawa kamen.
Dagegen hatte z, B. Preulsen bei last gleich ^Tofsem Staatsgebi^
1887 «8 nur 2 689 404 Hektar Staatswaldungen rund 2712000
Cho).
Zu diesem grolseD Beaita steht nnn die Emnahme aus dsn
SiaatBwaldangen in gar keinem Verhfiltnis. Die folgende Übe^
sieht giebt nach den Abrechnungen die Einnahme aus den Staat»-
forsten ohne Abzug der Verwaltnngskosten. £b scheint mir aber
fraglich, ob nicht manche Kosten des Betriebes doch achon vm
Teü im voraus abgeaogen sind.
Einnahmen der Forstverwaltang.
187677
94503 Yen
1877/78
62789 .
1878'79
178356 -
1879/80
45113 -
1880 81
395 442 -
1881 82
282259 -
1882; 83
176002 -
1883/84
318926 -
1884/85
301101 -
1885/86
240697 -
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X 4.
689
1886 87
1887 88
1888 89
1889 90 (Budget)
1890,91 (Budget)
456343 Yen
632825 -
893215 -
(384 496 -
709594 - •
Verwattan^skoaten
517313 Yen
739928 -
581789 -
530081 -
Aus diesen Zahlen erglelit sich eine sehr imbedentende Ein*
nahme> welche von den Verwaltangskoston auch noch cum grOFsten
Teile versehlungon wird.
Von der Einnalmif der Jahre 1887j88 und 1888/89 brachten
folgende Bezirke die llauptäummen :
Nagano
Hokkaido
Aomori
Akita
Git'u
Shizuoka
Koehi
Miyazaki
1887:b8
99207 Yen
86184 -
55 837 -
32 531 -
29648 -
29614 •
28885 •
24712 -
1888 89
170988 Yen
110 Inn .
4Rr,L:tj .
43 248 -
44827 -
4S248 -
31817 -
35099 -
Die Einnahme des Staates von seinen Waldungen betrug
1887 88 in Ahjapan, wenn wir das Bergland ganz unberück-
nchtigt kiÄsen , knapp 8 Sen vom Cho, ein verschwindend kleiner
Betrag, wenn man bedenkt, daft z. B. in Preulaen 1887/88 die
Bnittoetnnahitte auf 20,m Mark, der Reinertrag auf 8,i9 Mark
vom Hektar TeranscUagt war. Ersterer ist rund 85» letzterer
rund 34 mal mehr als die For8teinnahme in Japan.
in den oben einzeln autgeftihrten Bezirken mit grölserer
Einnahme ergieht der Vergleich der Fläche der Waldungen
(immer ohne Berücksichtigung des Berglandes) 1887/88 einen
Ertrag vom Cho
iu JSagano von 13 Sen
* Aomori * 6 *
- Akita • 8 •
- Gifo - 6 -
- Shizuoka - 16
- Koehi - 14 •
• Miyazaki - 38 •
In anderen Bezirken mit ausgedehnten Flächen Termessener
Staatswaldungon (mehr als 100000 Cho) stellten sidi die Ein-
nahmen so:
in Ehime 8 Sen
- Kumamoto 1 .
- Yamanashi)
• Fukushima 6 •
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640
X 4.
in Saitama 3 Sen
> Niigata
- Tochip> 2 -
- Miyagi
- Iwate noch nicht 1 - !
Das sind Zahlen, welche auf einen wenig befnedi^enden
Zustand der Forstwirtschafideuten, ganz besonders im ndraUcheo
Teile von Honslni. Der niedrige £rtrfig der Staatswaldangen
wird noch bcnu'rkt'nswertor durch einen \'ergleich mit der ans
der Veraniaguiiir /ur Gruudsteiier sicli erjfhfiKlen Kentabilitiit
der Privatwaldungen. Dabei ist Ireilicii niciit aulser acht zu
lassen, dafs im allgemeinen im Privatliositz die leicht zuoriin glichen
Wiilder sein dürften, im .StiiaiÄbeöitz die abgelegenen Forsten im
Gebirge. Die EiosdiätzunK von Wäldern zur Grundsteuer ist
notorisch in sehr milder Weise erfolgt Nehmen wir aber an,
dafs das der Steaereinscfatttzang zu Grunde gelegte Prinop, den
Stouerwert auf das Zehnfache des Bohertrages zu schätzen, im
allgemeinen der Wahrheit entspreche, so finden wir 1887 im
Durchschnitt des Landes einen Kohertrag von 33,3 Sen vom Cho,
das Vierfache des Ertra^Lios der Staatst'orsten. Wie bei diesen,
steht auch bei den l^rivntwaldungen iwate an untei-bter Stelle
mit einem Bezirksduiclibclinitt von 11,4 Sen. Aiu ii in mehreren
anderen Bezirken trifft die Niedrigkeit der Ertnige zusammen,
80 in Gifu (17,i Sen) und Akita (20,8 Sen). Aber nicht tibenJl
verhält es sich so. In einigen Bezirken stehen die Staatsertrttge
und Privaterträge sich absolut ziemlich nahe, so
Nagano Staat 13 Sen, Privat 18,i Sen
Koch! • 14 - - 12,3 -
Sliizuoka - IG - - 24. o -
Miyazaki - 38 - - üO,« -
In manchen Bezirken dagegen finden wir neben ganz
niedrigem Ergebnis der Staatswäider hohe Einschätzungen der
Mvatwälder. So in
Miyagi Staat 2 Sen, Privat 58,« Sen
Tochigi - J - - 47,
Niigata - 2 - - 45,a -
Saitama - 3 - - 115,» •
Yamanashi - 7 - - 62,e -
Kumamoto - 7 - • 102,o -
Uber die Zusammensetzung der Forsteinnahnien im einzelnen
finden sich in der Forststatistik Angaben tUr Kal< uderjahre. zu
letzt für 1886 und 1887. In diesen Jahren hatte danach die
Einnahme 399226 Yen und 471 732 Yen betragen.
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X 4.
641
Auf die einzelnen Nutsuogen Tom Walde verteilteD ask die
Sonunen folgendermafflen :
1886 1887
Nutzholz 212776 Yen 221914 Yen
Brennholz und Holzkohlen 78471 - 105851 -
Bambus 2232 • 3102 •
Verschiedene Neben nutzungen [yvie
Reisig, Gras, Binsen, Püze u. 8. w.) 72272 • 77 708 -
Erde und Steine 1 841 - 2 769 -
Veikauf Ton Laad 15773 • 39876 -
Pacht - - 15861 - 21017 ■
zuiiammen 399226 Yen 471 732 Yen
Auf die eigentliche Holznutzung kamen also nur 291247
Yen und 328 7f^n Yen, nicht drei Vierf*'! fl^ r Einnahmt' In 16
Bezirken kam 1886 noch nicht die Hftlito der Einnuimie von
der Holznlltzun^^ — Die Fläche des verkauften Liindes betrug
5032 Cho und 2()()37 Cho, der Ei'lös vom Cho also 1886 nur
etwas über 3 Yen, 1887 weniger als 2 Yen.
IKe Terpaditete flache war 1886 138662 Cho, 1887 145504
Cho, die Pacht also durchscbmtdich nur 12 und 14 Sen Ülr den
Cho. Von der verpachteten Fläche Uig ein Drittel in Eumainoto,
em Sechstel in £hm)e. Von dem verpachteten Lande war:
1886 1887
Ackerland 4612 Cho 4 189 Cho
Bauland 168 - 196 -
Rodland 17428 - 18200 -
Weide 67181 - 71533 -
Sonstige« 44273 - 51386 -
Dafs auch sonst der „Wald** vieltach aiLS Grasland oder
ganz wüstem Lande besteht, ist schon in anderem Zusammen-
hang erwähnt.
Sechstes Kapitel
Die Eommualflnanzen.
Em wichtiget Gtied des japanischen Finanzwesens bilden
die Finanzen der kommunalen Körperschaften, der Bezirke emer-
seitSy der Ortsgemeinden ^ anderseits.
' D. h. der Ku, Cho und Son, Stadtkreise, SfHdt- und DorfgeuipindeD.
Pte Landkraise waren bisher nicht kommanale Körperschaften. Vgl. oben
s. mf.
Fondlungen (45) X 4. — RAtbgeli. 41
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642
X 4.
Als 1871 die Contraliaatioii der Staats verwaltuno- durch-
geführt vvurdo, überliefs man den neuj;ebildeteu Bezirken eine
Reihe von Ausgaben lokaler Natur, zu deren Deckung allerlei
ältere Abgaben sehr verschiedener Art dienten. Die erste all-
geniemeMafiuregel enthielt das GeMte aber die GnuBdsteuerrefonn
vom Juli 1873y welches feststellte^ dafs Grundsteaenuschläge für
kommimale Zwedce nicht mehr als ein Drittel der Staatssteuer
betragen sollteiii mithin nicht mehr als ein Prozent vom Steuer-
wert. Weiter wurde im Januar 1 874 die Besteuerung von Wagen,
Dienstboten , Thcat^^m und Sftnfrerinnon dureh die Bezirke
geregelt (die Steuer liiei's Bukiu). Erst die Finanzretbrmen
von 1H75 f\ihrten zu einer einheitlichen Abgrenzung von
Bezirks- und Süiatsfinanzen , während man sieh bis dabin
von Fall zu Fall durch Anordnungen der Centrairegierung
beholfen hatte. Die Verordnung 142 des Ministeriums des famem
vom 30. Oktober 1875 ordnete die Aufstellung von BesirksetaAs
fUr jedes Finanzjahr an und bestimmte^ wekhe Ausgaben em
filr allemal aus dem Ertrage der Bezirkssteuern (Fa-ken-zei ),
wie sie nunmehr hieisen, zu bestreiten seien. Es wsren wesentlich
Ausgaben flir Wege- und Wasserbauten, Zuscliüsse zu den Polizoi-
kostcn, die Kosten der ganzen Kreis Verwaltung und der Urts-
behörden, Ausgaben f\ir Schulwesen (Normal und Mittelschülern
u. H w. Doch herrschte thatsächlich iiücii mancherlei Unklar-
heit über die Abgrenzung der Bezirks und btaatdverwidtung *
und noch mehr Uber die Grenzen von Bezirks- und Gemeinde-
verwaltung. Über diese ersten Zeiten genaue Angaben an er-
halten, fuit aufserordentlich schwer. Eine Zusammenstellung der
Bezirksausgaben flir 1876 77-, in welcher jedoch Fly ^o und
Kagoehima fehlen, giebt eine Summe von 22408 552 Yen, das
seien 2 445 650 Yen mehr als im Vorjahre. Mit den späteren
Anjraben der Konimnnal-Finanzst<atistik ist das jetloch nicht ver-
glcR!il)ar, da Ausgaben für die Orundsteucrrclbrin <<> 172874
Yen; und eine Reihe von unzweifelhaften Gemeindeausgaben darin
enthalten sind. Festen Hoden betritt man erst mit der Kinf\ihning
der Bezirkstage und der Reform der lokalen Verwaltung im Jalire
1878. Diese Gesstse regelten nicht nur die Ausgaboi der Be-
zirke wesentlich in der bereits bestehenden Weise*, sondeni aum
ersten Male audi die gesamte Beaurksbesteuerung*. Durch Au^
' Vgl. z. B. Ministerialcrlafs vom 12. Dezember l'^T'), daf? die
Bezirksetats von den Ausgaben dus Stautä im J Bezirk duichaut» geaoodert
gehalten werden miifsten. Ferner Ministerial Verordnung vom 29. Mai
1876, welche den Bezirkabauptleutcn einsrliaj-ft, dafs auch von dea
ik^irkBeinnahmen genau Kechenscbairt gegeben werden müsse.
• Viel. Japfttt Weekly Blail 1879 8. 557.
» Nr. 11^ vom 22. Juli 187S.
* Nr. vom 20. Dezember 187^. Die Bezirk >«>^touem heifscn von
ttUD au Cbibo-zei, meist mit ^Lokalsteucru" überset/.t, irreführend gegen«
über den (Jememdefttenem.
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643
Stellung eines gleichmäfsigen Schemas fUr Ausgaben und Einnahmen
ist die Grundlage ftlr eine brauchbare Statistik der Bezirksfinanzen
geschaffen. Das Gleiche ist auf dem Verwaltungswege ftlr die
Gemeinden ennercfUhrt, so dal« seit 1870 Japan eine Statistik
der Kumiimuahiiianzen besitzt, welche in ihren Hauptzügen so
übersiclitlich ist wie in wenigen anderen Landern
BeitttB 1880 wurden die Gesetze von 1878 erweitert (Nr. 16
und 17 vom 8. April), namentlich aber am Schlufs dieses Jahres
eine Reihe von bisherig« n Ausgaben des Staates auf die Henrke
abgewälzt und zu diesem Zwecke das Maximum der Grundsteuer-
Zuschläge, das seit Anfang 1877 auf ein Fttnftel der Staatssteuer
(' 2 Prozent vom Steuerwert) f« stgesetzt war, wieder auf ein Drittel
erliöht (Nr. 48 vorn ."). Xoven^ber). Weniger bedeutende Er-
weiterungen der Befugnisüc der J^ezirke von 1882, 1887 und 1888
seien zunftchst nur erwähnt. F(ir die Gemeindefinanzen fehlte
es bib zu den Gemeindeorduun^en von 1888 an einer allgemeinen
B^lung. Aulser der Überweisung einzdner Ausgaben, nament-
lich der für die Volksschulen an die Gbmdnden, ist nur die Fest-
setzung eines Maximums der Grundsteuerzuschläge filr Redmung
der Gemeinde auf ein Siebentel der Staatssteuer (— 3,K6ft . . . vom
Tausend des Steuerwertes) zu bemerken (Gesetz 25 Tom 15.
August 1885).
Bei der Beschn.'ibung der Verwaltungsorganisation ist bereits
von dem Anteil der liezirkj^ und Gemeinden an maiu Ik n Aus-
gaben die Rede gewesen. Uber die Einnahmen der Bezirke und
Gemeinden im al%emeinen, ehe wir zur Besprechung im einzelnen
Ubei^ehen, sei nur bemerkt, dalB hier die Steuern noch mehr
ttherwicgen wie bei den Staatseinnahmen. Mehr als neun Zehntel
der Einnahmen werden regelmäl^ durch Steuern aufgebracht.
Und weiter ist bemerkenswert, dals diese Kommunalsteuern fast
ausnahmslos direkte Steuern sind^. Die wichtigste Steuer sind
die Zuschlüge zur Staatsgrundsteuer, im übrigen aber sind die
KomTnunalsteuern in der Hauptsache unabhäng g von der Sta;\ts-
besteuerung. Eigen aitij^^ für imH. ahcrnaturgemäl's ans der neueren
Entwickelung liervorgegangen i»t es, dafe die Gemeindesteuern
vieli'ach Zuschläge zur Bezirkssteuer sind.
^ Das BchliefBt nicht soSi dafe nicht hier und da in den Gemeinden
die Thatsiichen etwas ppwaltsam in das offizielle Schema gezwängt wer-
den. Doch wird der aligemeiue Wert dadurch kaum wesentUch beein*
trttchtigt sein.
- Von den amtlich al.s „direkte" bezeichneten Steuern (Verordnung
95 des Fiiianzministen^ vom VA. Juli IhSS) enthalten die sogenannten
.Verschiedenen .Steuern'* übrigens einige Poeten , welche sachlich als
Yerbiancbwteiieni gelten mfiasen, so die von Sehlachtneh.
41*
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644
X 4.
I. Die Bezirke'.
Nach den Gesetzen Nr. 18 und 11^ vom 22. Juli 1878 soll
jährlich über die Einnahmen aus den Bezirkssteuem und die
daraus zu bestreitenden Ausgaben ein Etat aufjfrestellt und d('m
Bezirkstag vorgelegt werden, gleichzeitig mit der Abrechnung
filr das vorhergehende Jahr. Das Tom Benrkstaf; beBcUoBaene
Bndfietist ▼om Besirkshauptmann au bestätigen und den Uinielem
des Innern and der Finanzen emaureicfaen. Gleieh die erateo
Erfahrungen mit den Bezirkstagen machten den Zusatz nötig
(Art VlU des Gesetzes IG vom 8. April 1880). dafs das Budget
des Vorjalires tlir gültig erklart werde n könn^* (durch den Minister
dos Innern auf Antrag des lU-zirkslKuiptmanns), falls ein ord-
nungsnüiisiges Budget nicht r^htzeitig zu stände komme.
Das Budgf-trecht der Ijezirkstap^e ist erst neuerdings über
den Bereich der Bezirkssteuem hinaus erstreckt, uamlicn 1887
durch Kaiserliche Verordnung 56 vom 4. Kovember auf die Aus-
gaben, welche aus ^YerBchiedenen Einnahmen** (d. h. den nicht-
steuerlichen Benahmen) und aus find willigen Beiträgen (Kifh-kin)
bestritten werden, und endlich 1888 (Kabinettsrerordnung 12 vora
7. August) auf die Einnahmen aus der Prostituttonssteuer (Fukin )
und die daraus be^strittcnen Ausgaben. Demit sind sämtliche
Ausgaben und Einnahmen der B^irke der Beschluisfassung der
Bezirkstage unterstellt worden.
Da bei der bishengen mangeHiat ti ii Ausbildung der Gemeinde-
Verfassungen die eigenartigen Bedürfnisse gi-olker Städte manche
Schwierigkeiten fUr die Bezirkskoumunalverwaltung veranlaisten
und je nach den Zahlenverhftltnissen Majorisierung der LAndkreise
(Tokyo!) oder der Stadtkreise ssu befürchten war, wurde durch
Gesetz 26 vom 27. Mai 1880 Trennung der Finanzen der Stadt-
und der Landkreise gestattet. In solchen Bezirken zerfHllt dann
das Budget in fünf Teile : die eigenen Ausgaben der Stadtkreise,
die eigenen Ausj^^aben der Landkreise, die gemeinsf^mf^n Ausgaben,
für welche bei jedem Posten der Anteil der beiden ßezirksteile
festgesetzt ist, dann die Einnahmen der Stadtkreise und die En-
nalimen der Landkrei.se (vgl. im Anhang das Budget von
Tokyo-fu).
Die aus den Bezirkseinnahmen (bis 1B87 Bezirks-
steuem) zu deckenden Ausgaben sind durch das Gesetz
genau vorgeschrieben. Es sind die folgenden:
1. Die Kosten der Polizei. Hierzu giebt aber der Staat
einen erheblichen Zuscliufs, der durch Nr. 1(} von 1881
^ Alles Folgeude bezieht sich nur auf Al^apan. im Hokkaido und
iu Okioawa besteben keine Bezirkstage.
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fbr Tokyo auf sechs Zehntel, für die Qbrigen Berarke
auf drei Dreizehnte! festgesetzt wurde. Aul^erdein wurde
die Sittenpolun ans der Prostitutionsaleaer UDterhalten.
Nach Überweisung der letzteren an die Bezirke, 1888,
beträgt der Stuatszusrlinls mir mehr vier Zehntel tiir
Tokyo und ein iSech^tei liir die anderen Bezirke, Kaiser-
liche Verordnung 61 vom 6. August 1888.
2. Wasser- und W^ebau, soweit er nicht den Gemeinden
ttberknen ist FrOher eili^teii dam die Beibke be-
deutende StaatBBUschttsse, welche durch das G«»tz 48^
▼on 1880 nominell abgeschafit, thatsächlich auf eben
geringen Betrag herabgesetzt sind. Die Kosten der
f^ofsen Flufsregulierungen trägt der Staat.
Osten der Bezirkstap^e
4. Spitäler und andere Ausgaben iUr die Gesundheitspfle^
5. Unterhaltung der Bezirksschulen und Zuöchüöbe zu Volks
schulen.
6. Bau und Unterhdtung der Krelsanitsgeb&ude.
7. Gehalt etc. der Ereisbeamten (Gehalt der Kreishaupdente
ist 1888 auf die Staatskasse ttbemommen).
8. Armen wescn (vgl, S. 118).
9. Strand Wesen.
10. Druckkosten, Veröttentlichung von Verordnungen etc.
11. Förderung der \'oIk8 Wirtschaft.
12. Gehalt etc. der Gemeindebeamten.
13. Beserre für unyorhergesdiene Fflile (Zusats im Gesetz
Kr. 16 von 1880)*
Virements swiachen den Kapiteln 1 — 12 smd unziilftssig.
Dan bereits erwähnte Gesetz 4b vom 5. Isovember 1880
fügte zu den Ausgaben noch
14. Bau und Unterhaltung des Bezirks-Regienmfrsgebiiudes.
15. Die Kosten der Bezirksgef^ingnisöe (dem Staate blieben
nur die groiaen Zuchthäuser).
Dem Bezirk Tokyo (resp. de-sen Stadtkrei^on i ^Turd( schon
1880 (Nr. 27 vom 27. Mai) erlaubt, einige reine Gemeindeiius-
gaben in den Etat aufzunehTiien. nJinilich die Kosten von
Wasserleitung , Gasbeleuchtung und Feuerwehr. Aiilang 18s2
wurde aber tiberhaupt den Bezirken gestattet mit Genehmigung
der Minister des Innern und der Finanzen noch weitere Gegen-
stände in den Kreis ihrer Ausgaben zu ziehoi. (Nr. 2 vom
20. Jan. 1882; im tibrigen enthält das Gesetz nur eine neue
genauere Redaktion der Bestimmungen und Einteilung der oben
au%eBählten Ausgaben in 20 Kapitä.)
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Abgesondert von den Bezirksfinaazen wird der Bezirks-
hül&fonflw (fliehe oben im Kapitel Grundsteuer S. 562 ff. ) verwaltet
SU welchem aber der Berarkesuachuis vom Beaarkstag su be-
achliefsen ist.
Die Einnahmen der Bezirke bestehen auiser den bereits
erwähnten Staat -/uschUssen wesentlich aus Steuern. Unter
sonstigen Einiiaiimen finden wir Schulgelder, Einnalimen der
Spitäler, Gebühren der Polizei, Erliis aus der Arbeit der Ge-
fangenen u. 8. w.y ferner Zinsen van ReeervefondB, welche die
Besnrke mehrfach ans Überschttssen angesammelt haben ^, sowie
Einnahmen von sonstigem nutzbringenden Eigentum , weldies
die Stadtkreise von älteren Zeiten her besitzen^. Hierher ge-
hören auch die Heiträge (Kitu-kin), welche mit mehr oder
weniger Freiwilligkeit namentlich zu Wegebfiuten und fiir
Schulz wecke beigesteuert werden Anleihen haben die Bezirke
bisher nicht gemacht. Sie waren in den Gesetzen gar nicht er-
wähnt. Die grofsen tJberschw(Mnmungen von 188(i haben d^ n
Anlalti zu geaetzlicber llegelung gegeben. Seit dem Gesetz ■}
vom 21. Jaanar 1890 können die Bezirke mit Genehmigung
der Minister des Innern und der Finanzen Anl^hen maehen.
Die wichtigste Einnahme der Benrke sind die Steuern^
ohne deren Berücksichtigung das ganze japanische Steuersystem
in Büschem Lichte erscheint.
Es giebt drei Arten von Beairkssteuern:
1. die G^ndsteuerzuschläge, Chiso-wari.
2. Haushaltungs- und Hänsersteuem, Kosu-wari und
Kaoku-zei.
3. Oewerbesteuem, £i^o-zei, einschlielslich der «Ver-
schiedenen Steuern", Zasshu-zei.
1. Über die G rund s t euerzuschläge ist bereits in
dem die Grundsteuer behandelndt-n Kapitel gesprochen (S. 500 ff.).
Das Maximnra beträgt seit 1877 ein Fünftel, seit 1880 ein
Drittel der .^taatsgrund.steuer. Dals thatsächlich in den meisten
Bezirken weniger erhoben wird, ist bereitfi in anderem Zusammen-
hange hervorgehoben.
Nicht zu ubersehen ist, dafs bisher neben dem eigentlichen
Berarksanschlag noch dn besonderer Zuschlag für den Htll^
fonds, in der Regel im Betrage von 2,8 Sen vom Yen Steuer,
erhoben ist
2. Haashaltungssteuern haben als Gemeindesteuera
schon langst bestanden'^ meist in unbedeutendem Betrage.
1 Der Kcgei nach werden jedoch Überschüsae wieder als i^nnahineo
in Kechnung gestellt
2 Die .Stadtkreise von Tokyo hattoi daraus nach dem Budget für
lbb8L^ii9 oinr- Einnahme von 4^ »i"i> Vrn.
• Vgl. im ersten Buch Kap. U b. 4ti f.
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647
Urspriinglicii wareo es wohl überall gMdnnälmge Abgaben tod
jedem Oftoslialt In den Städten entwickelten sich daians mehr-
£Bch Steuern, die in festem Betrage auf dem HausgrundstUck
ruhton. Am weitesten war man wohl in Yedo gekommen ^ wo
die Abgabe nach der LSnge der llausfront und der Ounst der
Lage al^estuft wurde. Auch jer/t bestehen noch erhebliche
Unterschiede. In den meisten mehr landlichen Bezirken wird
auch heute noch ein gleichmäfsiger Satz l'iir jede Haushaltung
ausgeschrieben, welchen die Gemeinde aufzubringen hat. Die
Umlage in der Gemeinde erfolget aber nach deren Gutbefinden
und wohl meist entsprechend den VermOgensverhältnissen, in
grölseren Orten woHl auch nach der Lage der Wohnung ^ Bei
weiterer Ent\vickclnng geht aber die Haushaltungssteuer (Kosa-
wari) in eine Häusorsteuer (Raoku-zei) über, was in Tokyo zu
einer ^nz komplizierten Regelung durch den Bc/.irk gefulirt
hat, imtrr Aufhebunj^ jeder Beziehung zur alten Steuer, seitdem
nicht nieiir der Hauslialtungsvorstand , sondern der Hauseigen-
tümer der Steuerpflichtige ist. Es ist ein bemerkenswertes Bei-
spiel von der Umwandlung einer allgemeinen Personalsteuer in
eme Ertragssteuer, zu der ja auch die europäische Steuer-
gescfaichte Änalogieen bietet (englische Grundsteuer!).
Als Beispiele seien hier die llau^lialtungssteuer in Chiba
und die liiiuscrsteuer in Tokyo, beide nach dem Budget für
1888 89 einander gegenübergestellt Danach sollte im ChiWken
jede Gemeinde Ton jeder Haushaltung durchachnittlich 40 Sen
erheben. Die Gemeinde kann aber die ünteryerteüung beliebig
regeln. Diese wird im April und Oktober von der Gemeinde*
Tersammlung vorgenommen, kommt sie aber nicht zu stände,
vom Ortsvorsteher. Die Steuer ist auf" jeden zu legen, der eine
W'ohntinii; liir sich hat, mag er Familienhaupt sein oder nicht,
luid unabhängig davon , wo .seiu ge^tzlicher \^'^olmsitz ist.
Steuerfrei sind die, welche ans <)ffentlichcn Mitteln Unter-
stützung erhalten. In l'okvo dagegen tinden wir eine Hauser-
steuer, welche seit 1882 nicht mehr vom Haushaltungsvorstand,
sondern vom Haus^entttmer erhoben wird. In den Landkreiaen
ist der alte Name Kosuwari bdbehalten, während in der Stadt
der Ausdruck Kaoku-zei (Gebäudesteuer) angewendet wird. In
beiden Teilen des Bezirkes ist auch die Art der Auflage ver-
schieden. In der Stadt wird zunächst die Gröfse des Gebäudes
festgestellt, d. h. die Grundfläche jedes Stockwerkes in Tsubo
(Ü Euis im Geviert). Dann wird das Gebäude klassiüziert imd
* z. B. zahlte 1883 in Yokohama eine Haushaltung in gewiasen
Hauptstrafsen 5(» Sen, in di-u anderen Strafsen 2'^ St-n. wiihrena in der
Lanagcmeiude Miyanoshita die Umlage dureli die Geineindoversammhmg
nach den Vermögensverhältnissen geschieht, bei einem Einheitssatz von
62 Sen im Jahn 1889.
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648
EWar nach zwei Oesichtspunkten , dem Wert und der Lage^
Jeder Klasse entspricht eine Anzahl Einhr iten , mit welchen die
Zahl der Teubo multipliziert wird. Die 8teuer wird aufgelegt
nach der Zahl der Einheiten, welche je<le8 Hau« darstellt.
Nach dem Budget flir 1888 8*.» bestauden i-I> Wertklasäen. In
die erste gehören Gebäude von mehr als 200 Yen gescliätzten
Werts per Tsabo. Diese Kksae kt mit 13 fSnlidteii «neeMtat
Die unterste Klasse , mit einer Einheit, enthält die Gebäude^
deren Wert geringer als 2,5o Yen f\ir den Teubo ist. Nach
der Güte der Lage sexfällen die Gebäude in 19 Rlasaeo,
deren erste mit 5,6, deren unterste mit 0^75 £inheiten angesetzt
ist. Nehmen wir also z B. ein Geb?iude, welches im Erd-
feschofs 55, im Obergeschoss 45. zusammen aUo 1(M) Tsubo
'lache hat, und welehe^ sowohl dem Wert als der Lage uach
in die erste Klasne einge.schiitzt ist, so ist 100 X 13 X 5,6 —
7150 die Zahl der Einiieiten, auf welche die Steuer gelegt ist.
Der Steuersata war 1888/89 4,»5 Sen, die Gebäudeateuer Är
dieses Hans also 858 Yen 92,6 Sen. Nehmen wir ein gleich-
grofses Haus In der 7. Wertklasse (90^100 Yen fUr den
Tsubo) mit 10 Einheiten und der 11. Lagenklasse mit 3 Ein-
heiten, so würde es 3000 Einheiten haben, und ein derartiges
Haus in der letzten Weit- und der letzten Lagenklasse würde
75 Einheiten und nach dem damaligen Satze eine Steuerpflieht
von 3 Yen 71,8 Sen haben. Der höchstniögliclie ^Satz tür den Tsubo
war 1888 3 Yen 53,0 Sen, der niedrigstmögliehe 3.t Sen.
Steuirtrei sind Htitten (Koya), d h. ^Gebäude, deren
Pfosten uiciit auf Steinen ruhen"*, Armenhäuser und alle Rftuiiie,
welche zu üntcrrichtszwecken oder als Internate tiir Schuler
benutzt werden, eine meines Erachtens wenig aDgemeesene Unter-
attttaung des in Tokyo wachernden Privatschulwesens.
In dm Landkreisen von Tokyo ist die Hflnienileiier etwaa
einfacher. Bei der Berechnung der Grundfläche wird nur daa
Erdgeschols voll, wdtere Stockwerke werden halb gerechnet
Werteinschätaung besteht nur insofern, als Holzhäuser einfach,
massive Häuser (aus Steinen , Ziegel, Lehm) anderthalbfach an-
fesetzt werden. An Stelle der Einschätzung naeh der Güte der
.age steht eine Einteünncc in 13 Klassen nach dem Grund-
steuerwert des tiberbauten (Grundstückes. In der ersten Klaii>e
mit 4 Einheiten stehen Grundstücke mit ;^<'»<) Yen Steuerwert
und darüber iür lOU Tsubo, in der untersten Kla.'^se uui einer
Einheit Grundstücke, deren Steuerwert für 100 Tsubo H^m Yen
nicht erreicht. Ein Haus mit 80 Tsubo im Erdgeschoia und
20 Tsubo im Oberstock wird a]so mit 40 Tsubo angesetzt In
der höchsten Grundsteuerklasse hätte ea daher 160 Einheiten,
^ Mau vergesse Dicht , dalä nach japamscher An&chauuu;:: das Uaua
eine von dem (mndstttck, auf welchem es steht, nnabh&nglgL- Sache ist
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649
wenn aua Holz, 240 Einheiten, wenn massiv gebaut. Der
Steuersatz war Is8s89 4,i>s Sen fiir die Einheit, Die Steuer-
befreiungen 8in<l f^ie gleichen wie in dfr Stadt. Aufserdem
sind aber Qebäude von weniger als 7 Tsubo Fläche frei.
3. Die Gewerbesteuer geht gleichfalls auf ältere Ein-
richtungen zurück , welche als StaatösteueiTi 1 875 au%ehoben
sind. Die sogenannten „Verschieden rn Stfiiorn" (Zas-
slm-zei) sind in der Hauptsache nichts als ui besonderer \A'eise
aul^el^;te öteueru von allerlei eigenartigen Gewerbebetrieben*.
Aach werden rie immer mit der Gewerbesteuer zusammen-
ge&lflt. Diese Stenern wurden in ihren Qnmdsügen zuerst
durch Nr. 39 vom 20. Dezember 1878, dann durch Kr. 17 vom
8, April 1880 geregelt. Die eigentliche Gewerbesteuer sollte
nach dem Umsatz aufgelegt werden und im Maximum 15 Yen
betragen. Für die A>r:^e}iiedenf'n Stenern wurde für iede gleich-
falls ein Maximum Ijestmimt, bei den Fischereisteuern sollten
die bisherigen Einrichtungen beibehalten werden. Für die Durch-
führung aer Gewerbesteuer waren eingehende Angaben der
Gewerbetreibenden über ihren Geschäftsbetrieb erforderlich; die
Kontrolbnalsregdn hodist Iftstig. Für Tokyo wurde deshalb
schon durch das bereitB angeAihrte Gesetz 27 vom 27. Mai
1880 anderweite Regelung zugelassen. Das Gesetz Nr. 3 TOm
20. Januar 1882 beschrilnkte sich dann unter Aufhebung der
alten I5estiniratinp;en darauf, zu bezeichnen, welche Erwerbs-
zweige suuerpliichtig seien, so dai's seitdem ebenso wie bei den
H aussteuern die Bezirke die Steuer selbst regeln. Dabei
scheint man meistens die Auflegung dem System der Haus-
Steuern nachgebildet zu haben. Die lästigen Bestimmungen
Uber Kontrolfe der HandebbUcher, welche z. B. in Chiba yon
Ereissteueroontrolenren monatlich geprüft und gestempelt wurden,
sind in den Bezirken mehr und mehr wieder beseitigt worden.
Gewerbesteuer ist zu erheben
a. vom Handel,
b. von der Industrie.
Gewerbebetriebe, von welchen eine Staatssteuer erhoben
wird, sind frei (Sake, Tabak u. s. w.).
Verschiedene Steuern werden erhoben
▼on Spdsehuusern aller Art (WirtshJiuser gehfiren aber
zum Handel),
- Badehäusern,
> Bei manchen unter die ^.VencUedenen Stenern^ gehörigen Ab-
gaben wird die Beontzung amerikanischer Vorbilder durch die Ähnlichkeit
mit manchen Licen^e- Abgaben, die sich in Staaten der Union, z. B. Penn-
iylvamen, finden, wahrscheinlich.
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650
TOn Barbieren,
- Dienstbotenvermittlern,
- Sängern und Sängerinnen ^ Schauspielern , Ringm
u. 8. w. (Lebreniy wie Austtbendea),
- Märkten,
- Theatern,
• liill irds, Schiefsbuden u. dgl.,
- gAbendtheatem" (Yobe, wo Erzähler, Taöchenäpieier
tt. dgl. auftreten),
• Wagen, EArren, kleben Booten ^ (nicht mehr «k die
Staatssteuer),
- Mühlen,
- Reitpferden,
- Schlllclitereien,
vom Fischfmcr Seetangsani mein ii. s w. (zur Änderung
bcäteheuder Gewohnheiteu ist Genehmigung der
^linister der Finanzen und des Innern erforderlich).
Die Bezirkstage können die Steuer gewisser Personen nfVr
ganzer Kategorieen erlassen. Die Steuern sollen nach der
schaftlichen T^age der Pflichtigen aulgelegt werden. Wo audrre
als die aufgezählten Steuern herküniLülieh sind, können sie mit
Genehmigung der Regierung beibehalten werden.
Ak Bewpiele für die thatsächUche DuicbiUlirang der Ge-
werbebestenerang seien wieder der rein Ulndliche Besirk dilba
und To^o dnander gegenübergestellt auf Grund ihrer BudfiCrtB
ftr 1888/89. In Chiba wird jährlich im Etat der Betrag fest-
gestellt, welchen jede Gemeinde aufzubringen hat. Die Ver-
teilung in der Gemeinde und die Einschätzung dazu '«rfolgt
durch die ( Jemeindeversainmlung im April Als Mafs8tal) dhmt
die Bruttneinnnhmo de.s Gewerbetreibenden, von weiciier die
Steuer etwa vier vom lOUiJ betragen solP. Von Hausierern und
Handwerkern wird ein fester Satz von 40 Sen erhoben. Ebeubo
wie die Gewerbesteuer werden die Verschiedenen Steuern YOa
Speisehttnsem erhoben, in der Weiee, dafii Reetaurants (Ryorya)
den 2^/8&cheny gewöhnliche Speisehäuaer (Inshokn-ten) den
doppelten Satz bezahlen wie andere Gewerbe. Von den
anaeren hierhergehörigen Betrieben werden feste Satze jährlich,
monatlich oder täglich erhoben (siehe Anhang B su dieeem
Kapitel, S. (585).
In Tokyo beruht Ii»' (Tcwerbesteuer auf demselben System
der Berechnung von P^inlieitcn wie bei der Gebäudesteuer.
In der Stadt wird die Tsuboääche des Hauses multipliziert miL
* Die nach dem Getets von 1874 steaerpfliehtigen Boote Tgl.
S. 620.
* Im KauagawH-ken schätzt die Gemeinde den Keingewinn, wovou
1889 Atnf Prozent entrichtet werden sollten.
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651
der Zahl der Einheiten der Wertklasse, welche mit der der
Gebäudesteuer identisch ist, und diese Zahl wird weiter mul-
tipliziert mit der Zahl der Einheiten der La^'en - \md Gmnd-
fliicii nk lasse Diese Klasseneinteilung weicht vou der der Ge-
bäudesteuer al). Es giebt 27 Klassen mit 1 — 14 Einheiten.
Der Steuersatz iür die Einheit war 1888 89 1,2 Sen. Medizin-
hftndler sind abweichend besteuert mit 20 Sen fUr iede Licenz
(vgl. oben Mediziosteuer S. 615). In den Landkreiaen ist
gleichfiülB die Berechnung wie bei der Hauaateoer, mit anderem
Ansatz der GrundflAehen, in 15 Klassen mit 1 — 8 Ein*
heiten. Der Steuersatz war 1888 89 1,* Sen. Medizinhändler
zahlen 10 Sen fUr jede Lieenz. Bei den Vf rscliiedenen Stenern
wird vielfach die Steuerptiicht wie bei der Uewerbe^iteur ! lie-
rechnet, teils mit dem gleichen Steuersatz per Einheit (Bade-
anstalten, Barbiere, Yose), teils mit höheren Sätzen. Daneben
zahlen die verschiedenen Arten von „Kilnstlem"^ feste Sätze
naoh TeFBcliiedenen KlasseDabstufongen (einzelnes siehe im An-
hang A zu diesem Kapitel, S. 668 und 675).
Überall bestehen weitgehende Steuerfreiheiten für Hausierer
mit ETswarenr für Personen über 60 Jahre, für Erttppel u. s. w.
Die Steueraummen, welche die Bezirke aufbringen, mnd
nicht unerheblich, namentlicli seit 1881. Seit dem Bestehen
der Selbstverwaltong der Bezirke haben sich die Einnahmen in
folgender Weise entwickelt:
(Siehe Tabelle Seite 652.)
Die pltftsliche Ausgabenerhöhung im Finanzjahre 1881/82
ist zunächst vor allem auf die Grundsteuer und die Gewerbe-
steuern gewälzt, während die Haussteuem erst n!l mählich gefolgt
sind. Doch hat sieh der Anteil der drei Steuerarten an dem
Gesamtaut kommen wenig geändert. £s brachte
1880.81 1882 83 1886 87
die Grundsteuer 51,5 ® o 53*^ 0 54*^/0
- Gewerbesteuer 27 «/o 27 ^ o 23 « o
- iiauösteuer 21,ö".o 20 ^/o 23 " o
Die Besteuerune in den einaelnen Bezirken weist von Jahr
au Jahr gröfsere Abweichungen auf. als die Summen erkennen
lassen, da sich das im wesentlichen bei der Zusammenrechnung
kompensiert Die Ver^rlnerVnheit der Hedürfiiisse in den einzelnen
Jahren ist wesentlieli durch MentÜche Bauten und Epidemieen
(Cholera 1886) veranlalst.
Die Hnhe der Besteuerung ist in den einzelnen i >ezirken
sehr veiücliitden. War sie 188*i 87 im Durehschuitt <ies Landes
52 Sen auf den Kopf der iievolkeruug, so betrug sie in
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X 4. 653
Tottori 06 Sen»
Okayama 79 -
Tokyo 78 - «
Miyagi 69 -
Yamagatii 67 -
Shimane 64 - *
Fakashima 63 •
Yamaoashi 61 -
Aomori 60 -
dagegen in ^^himaj ^
Hyo^o]
Aichi
41 -
Akim 1
\\ akayamaj
Auch in den Jahren vorher finden wir In der Regel die-
selben Besirke unter denen mit hoher und geringer Besteuerung.
Okayama steht meist an der Spitze, Kagoshima am untersten
Ende. Auch die Zunahme der Steuern war sehr verschieden.
Vergleichen wir die Jahre 18ÖU ÖX und 1886 87, so ünden wir
eine Zunahme
in Tottori von 32 auf 96 Sen
- Tokyo - 42 - 78 -
- Okayama - 49 - 70 -
- FukuBhima - 34 - 63 -
- Shimane - 35 - 64 -
dagegen - Aichi - 40 • 41 •
- Hyogo - 39 - 41 -
• Miye - 45 - 47 -
- Akita - 39 - 42 .
- Shizuoka - 41 - 47 -
• Tochigi - 38 - 44 -
Auch die Verteilung der Last auf die einaeben Steuern war
sehr yerschieden. Während im Durchschnitt auf die Grundsteuer
etwas mehr iüb die Hälfte kommt, war es 1886 87 in Tokyo
nur ein Sechstel, in Kyoto gut ein Drittel, in Osaka zwei Fünftel,
auch in Nagasaki, Mivagi, Fukushima. bvate und Aomori erheb-
hch weniger als die Öulfte. Dagegen waren ea in Okayama 7*^
Prozent^ in Öhimane 72 Prozent, in Kochi 7U Prozent u. s. w.
^ Ungewöhnlich grofae Ausgaben IBr Öffentliche Bauten.
~ Nicht ta überwhen, dab sonstige Rommunalabgaben in Tokyo
unbeUeotend.
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654
X 4,
Auf die Haussteuer kamen im Liindesdurchschnitt 23 Prozent
des Steueraufkommens, dagegtm in Tokyo 63, in Fukushima
und Aomori 39, in ^liyagi 37 Prozent, in Toclugi und Aichi
nur 11. in Okayania nur 12 Prozent.
Auf die Gevverlx^teuern kamen im Durclischnitt des Landes
gldcb&Us 23 PtoBent der Stetteremnafame. In Kyoto aber waren
es 40^, in Todbigi ebenfalls 40, in Osaka 37, in Ibaraki und
Iwate 34, in Kanagawa und Saitama 52 Prozent, dagegen in
Totlori nur 9, in Okayama 10. in Shimane 12, in Ehime und
Kagosliima 13 Prozent Auflallend ist, dafs in Tokyo nur
21 Prozent der Steuereinnahme auf die Gewerbesteuern "kamen.
Auf solche ftuttallige Unterschiede in der Henm/iehunj;:: der
verschiedenen Steuern würde wahrscheinlich die Zusammensetzung
der Bezirkstige einiges Licht werfen. In Tokyo z. B. üben die
grolisen U ewerbtreibenden und die mit ihnen (vielleicht niclii nur
in Japan) stets ▼erbttndeten Journalisten und Advokaten den
mafsgebenden Einflufs. Die Ebncheinung, dals bei den Wahlen
zu den Bezirkstagen die Parteien der „Kaufleuie* und der ,Qnmd-
besitzer ' sich vielen^iirts aufs heftigste bdiämpfen, dfürfte in
diesen Thatsachen ihre zahlenmäisige Erklärung finden.
Über die Ausgaben der Bezirke wird eine Tollsttndige
Übersicht ftkr einige Jahre genügen.
(Siebe Tabelle 605.)
Im einzelnen dttrfte die vorstehende Tabelle sich selbst er-
klüren. Zum Posten ftGesundheitswesen*^ ist daran zu etumein,
daCs 1882 eine geringere, 1886 eine bedeutende Choleraepidemie
herrschte.
Die Summe der Auegaben in jedem einzeben Jahre war:
1879,80
11217 S82 Yen
1880 81
12 001539 .
1881.82
17420390 -
1882/83
19411738 -
1883/84
18898760 -
188485
19088718 .
1885 86 (9 Mon.) 16 306 583 -
1886/87
21406012 -
Voranschläge
1887/88
19495734 •
1888/89
19535912 >
Für die, welche für den Gegenütand uälieres Interesse haben,
ist in Anhang A und B zu diesem Kapitel der Venudi gemacht,
^ Nach dem Etat filr 1888/89 aogar 48 Pkoient
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X 4.
655
Ausgaben der Bezirke Altjapans
nach den Abrechnungen ftir 1880 81, 1882^83, 188485
und 1886/87.
AnsgAbekapitel
1880'81
1882/83
1884'85
1886^87
Yen
Yen
Yen
Yen
Polizei ........
Wege- und Wasserbauten . .
KivwyerwallnDgBgebliiide . .
Strand wesen (Sehiftbn'iche)
Drucksachen, Veröflentlichun-
gen
Volks wirtochaftspflege . . .
Bcsdikmgienuigsg^biude . ,
Sonstige Ausgaben ....
1 998 422
1 Ö24 S99
309811
516171,
1033721|
76 417,
2 563 467
3.H 09.5
1425
!
281 182
271 796
3838227
157906
2 862 900
3 808 00(5
390867
628728
1416038
83200
2 727 123
35873
937
254 379
193 HO
8912397
87010
2691271
819899
3 036 285
'.\ 602 089
275 551
822900
1557293
99150
2 5.34 689
:i8 813
671
208 oT'.t
127 535
3651255
86072
8260478
287858
3137 539
4 U47 629
290 179
1760696
1422310
74 268
2 575 290
374
132 807
97 942
4155775
99312
3201644
345542
Summe
12601539
19411738.19086718
21406012
Daso: A. Zuscbfisse der
Staats* aar BeairksTer«
waltuag
Wege- und Waaserbanten . .
818 151
2822156
1334099
491 116
1225001
940991
1257747
881626
B. Staatsausgaben für
Besirk s ver w a Itung
(ganz Japan)
Rf>zirk5'behörden
•Steuererhebung
5805639
1 579 017
5 674 359
125 753
7 043 340
1 1434:{77
^ 26 046
7 112 '»91
1 670 1M>5
1 48091
Summe A und B
11019 963
j 7 625 327
|l0669 755
1
1 10 971 420
Von B geht für II<ikk;iidn und
OkinawH miudebteii- .
?
' 977 641
1 355 655
2 5.57 372
Für AlQapan bleibt bochsteuä
?
1 6 647 686
j 9 314 100
1
8 414048
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656
X 4.
für flie Bezirke Tokyo und Chilia eine zusammenhängende Über-
sicht zu geben auf" Grund der Budgets Bir l^'S^^ S9. Wieder-
holung einiger oben erörterter Punkte iiels sich dabei nicht ver-
meiden.
Bis 18s<» wurde in den Bezirken uiiiibliänpg von den son-
stigen BezirksHnanzcn und ohne Mitwirkung der Bezirkstig» eine
eigenartige ^Steuer erhoben und daraus gewisse Ausgaljen unab-
hängig bestritten. Es war das sogenannte Fukin, „aufgelegtes
tane Betleuenmg der Prostitutioii. Der Ertrag woirde ftr
Gehdmpolisei, SittenkontroUe, SyphiliaBpitäler und ähnlicheZwecke
▼erwendet.
Steuern der Art waren schon im alten Regime üblich. Aoleer
einigen allgemeinen Anordnungen ' ist auch in der Neuzeit die
Regelung im einzelnen den Bezirkshaupdeuten üljerlassen, welche
auch über die Verwendung der Einnahmen verfügten. Die ver-
öffentlieliten amtliehen Abrechnungen über Einnahmen und Aus-
gaben aus dem Fukin werden vielfach fUr ungenau erklärt, ob
mit Bechl kann ich nicht beurteUen. Wie eäon erwflhnt, ist
durch KabinettsverordnuDg 12 vom 7. August 1888 dieser ganae
Gegenstand der allgemeinen Bezirksfinancverwaltnng Uberwiesen.
Die Steuern sind den Verschiedenen Steuern angeschlossen.
Kein Fukin wunle erhoben in Gifu, U'akayama, Kagoshima
(seit 18(^3) und (Jkinawa. Es bestand regolniMlHg aus zwei Auf-
lagen, einer nionatlielien Steuer auf Bordelle (in Tokyo IbbS
monatlich \ ('n) und einer monadichen Abgabe jeder eingetragenen
Prostituierten (in Tokyo 1888 in vier Klassen 3 Yen bis 50 Senj.
Gewerbsmäl'sige Unzucht nicht eingetragener Frauenslnmier ist
▼erboten
Die Einnahmen und Ausgaben aus dem Fukin, welche bis
1883 ziemlich erhebliche Fonds in den Händen der Bezirkshaupt-
leute liei'sen, die dann in den folgenden Jahren aufgebraucht sind|
haben sich von 1879 an folgendermaisen entwickelt:
Emnahme Atugabe
1879/80 . 032 325 Yen 3 470065 Yen
1880/81 757061 • 657023 •
1881/82 875200 - 940945 -
1882/83 885 273 - 898 503 -
1883 84 884(570 - 920311 -
1884 85 769071 - 808208 -
' Zuerst meines Wissens durch Verordnung 127 des Finanzmini*
steriutn» vom \K September 1872.
' Vir]. Rtidorff, Rechtspflege in Japan, in >firteilnngen der Deut-
sehen Guseilschatt etc. Ostasiens, IV 428. — Bestratung erfolgt durch
die Polizei. Zahl der gittenpoliBeilichen Bettnfangeii 1885 18514,
18K7 1)740.
3 Dazu Überscbufs aus Voijahren 2764^7 Yen.
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X 4.
657
Einuahuie
1885 86 (9 MoD.) 539928 Yen
1886/87 688531 -
Vonmacfalag
1887 88 699388 -
1888/89 779474 •
Ausgabe
540692 Yen
716688 -
699 395 .
774286 -
Von der Auagabe kamen 1886/87 auf Polizeiko&ten 347101
Yea, auf die samtäie Kontrolle 167 885 Yen, der Beet auf Spitllla'
und anderas.
Die Bewegung der Einnahmen epimlt in anffiJlender Weise
den Wechsel der guten und schlechten «fahre wieder. Die Steoer
liefert die gröfsten Summen natuigemttft in den Benrken mit
groben Städten. Sie brachte in
Osaka
Tokyo
Kanagawa
Aichi
K^oto
Miye
Nagano
Nügata
1886/87
76896 Yen
56517 -
51693 -
45014 -
43091 •
41759 -
27528 -
26028 •
1882/88
105836 Yen
51253 -
46 789 -
55109 -
50256 -
64170 -
23 630 -
28300 • '
Untenan in der Liste stehen
Kochi mit 1879 Yen
YaLnaDaähi - 2156 -
Im Verhiiltnis zur }^»evölkerung ist der Ertrag sehr hoch im
Hokkaido.mit 20G39 Yen (188283: 14702 Yen).
Die ülxTweisung der Festsetzung dieser Steuer an die Be-
Eirkstage hat zu vielen DiökuaöiODen Anlai's gegeben. Mehrüich
ist völl^e Abschafibiu; Torgesehlagen. In Tokyo wurde für die
Bordelle die oben beschriebene Form der Gewerbesteuer eingefilhrt
und die Steuer für die Einheit auf den fünffachen Sats der Bestau-
nmts festgesetzt Die Steuer auf die Pkostituierten selbst wurde
als unwtlrdig abgeschafft. Die Steuer wurde dadurch auf bei-
nahe ein Dritt^'1 1 ) erabgesetzt ^. Ein sondcrV>;tres Licht fiel aut
die „Wtirde^ dieser Beschlüsse, als nachtragiicii bekannt wurde,
dafs die Bordeliwirte einige R» zirkst;igsraitglieder durch Auf-
wendung erheblicher Summen iur die Steuer „reform" interessiert
^ 1882 83 hatten mehr als i'" 000 Yen Eimmlime noch: Hyogo,
Nagasaki, Gumma, Tochigi, FukuBbiwa und Yan np^ata.
■ You 77 586 Yen im Etat für 1888 ©y aul li.- 046 Yeu im Etat fttr
1889/90.
Fonchungtn (45) X 4. - Rathg«n. 42
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658
hatU'n. Dafs der Din'gent dor Sitteiial)teilun^ der Polizeipräfektiir
daö l)in(T, auf welchem die öaiibcre Abrede getrofien wurde, mit
seiner Gegenwart beehrt hatte, ist eiu kleiner Chaiaktcrzug, welcher
der Erwähnung wert ist
II. Die Ortsgemeinüen.
Ein feste Trennung der Bezirks- und Gemeindefinanzen er-
folgte erat doYch das Gesetz 19 vom 22. Juli 1879 Uber die
Ausgaben der Beoirke^ welches in der Anmerkung ssu Art 3
sagte: „Die Ausgaben fUrEu, Oho, Son (Stadtkreise, Städte,
Döri'er) werden durch deren Einwohner festgestellt und sind
nicht aus den Bezirksstenem zu bestreiten."
Die Ausgaben der Ortsgemeinden hnbeii sieh iifi( !i der all-
gemeinen Statistik bis 1882 88 rascli vermehrt, um dann ^'. iede^
ebenso rasch zu sinken. Sie werden tUr Altjapan angegeben auf:
1879/80
1880/81
1881 S2
188283
188384
1884 85
1885 8() (9 Mon.
ISSG Hl
1887 88
)
12981701 Ten
15134956 -
17113098 -
18690037 -
17952602 .
16207194 -
13543084 -
13672735 .
12347445 -
Eine Zusammenstellunpf der Ausgabepostcn für die gleichen
Jahre, wie oben fUr die Besirksausgaben, ergiebt folgendes BikL
Ausgaben der
nach den Abrechnungen iür
G e m e i n d e 11 A 1 1 j a p a n s
1880/81, 1882/83, 1884/85, 1886 87.
Ausgabekapitel
1880/81
1882/83
mim
Yen
Yen
Yen
Wege- und Wawerbauten . .
Gc,-!u:ullu'it9wes(Mi
VulkdvvirtöcbiifLbpÜoi^c ,
Bürgermeisterämter (Kucho Ya-
kaba)
G * ' III o i II d (i versaminluiigeD . .
bchulwetsiju
Sonstige Ausgaben ....
5 hm 925
•Ml >-i':
'i J <'22
ILM r>l^
4d456
1646018
6 381 5Ö5
T'.tl UM
ildt>öö
2 Cm v.i2
45189
1554497
4 087 65«
(vv; IIS
2 f>74 hhd
7 731 05=2,
6579e^
590M
8 1.^4 4+4
Summe
15134956
186900$?
16207 m
1
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i
X4.
659
Die Einnahmen der Gemeinden beateken
1. AUS Grundsteuerzuschlägen, für welche seit dem
Finanzjahr 1886/87 ein Maximum von einem Siebentel der
Staatssteuer besteht.
2). Daneben findet .sich liüuiig eine eigene Gemeindegrundsteuer,
die sogenannte Flächensteuer (Tambetsuwari) , eine
Auflage einlach nach der Grölse des Grundbesitzes.
3. Haushaltungs- und Häusersteuer (Kobetsuwan und
Kaokuwari). Teils sind das Znselilflge zu den Bezirkssteuem.
Zum Teil sind es aber auch eif^enartige Steuern der Ge-
meinden. Hierher gehören auch die gelegenthch vorkommen-
den Kopfsteuern.
4. G ewerbesteucrzu seh läge zur Steuer der Bezirke.
5. Endlich bestanden und bestehen noch manche eigenartige
Steuern der Gemeinden, welche unter obige Steuern nicht
gehören. Ihre Hedeutung ninimt aber mehr und mehr ah.
Vher die Entwickelung. dieser Steuern geben die amtlichen
Tabellen folgende Zahlen;
(Siebe Tabelle S. 660.)
Bei den vorstehenden Zahlen ist nieht aufser acht zu lassen,
dafs sie die volle Belastung der £inwohncr nicht darstellen. Von
der Wegebaulast wird ein erheblicher Teil in natura getragen,
d. h. in der Art, dafs die männlichen erwachsenen Gemeinde-
mitglieder Wegearbeit leisten.
AN'as die einzelnen Steuern betrifft, so standen bisher die
Gnmdsteuer/iischliige im \ ordorgrund, auf welche mehr als die
iialtte der Steuereinnahmen kam Durch die Beschränkung auf
höchstens ein Siebentel sind sie aber 1 886 87 in die zweite Linie
Sekommen mit 42 Prozent vam Stenerertrage. Dagegen sind
ie Haushaltungs- und ähnlichen Steuern niät nur verhältnis-
mäfsig, sondern auch absolut gewachsen. Sie brachten 1882/83
erst §1, 1880^7 dagegen 51 Prozent des Steueraufkommens.
Namentlich in euiigen nördlichen und nordwestlichen Bezirken
sind diese Steuern sehr entwickelt, SO in Mijagi, Fokushima,
Yamagata, Ishikawa u. s. w.
Die firundsteuerzuschläge der Gemeinden müssen vi(derwärt6
ganz V)edeutenil gewesen sein, wenn man die Verminderung der
Eiunaliuie daraus in manchen Bezirken betrachtet. In ganz Alt-
japan kam 1886/87 nur etwas mehr als die Hälfte des Betrages
▼on 1882/83 auf. In manchen Besarken aber war der Rückgang
yvA bedeutender, so in
Niigata von rund 6200f>0 auf 182000 Yen
Shizuoka - - 308 000 - 14<iUüO -
Gifu - - 430000 - 125000 •
Nagano - - 538000 - 139000 -
42»
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660
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661
Mivagi Tcm rund 289000 auf 89000 Ten
Fukiü - - 177000 - 47000 -
Ishikawa - - 274000 - 102000 -
In manchen Hezhken (Chiba, Aomori, Tottori, Shimane,
Kochi) war dagegen die Änderung im Vergleich mit 1882/ 83
aelir gering, in einigen Beaarken des Sttdems haben sogar die
Znaduifge sich noch vermefarty so in Tokushima, Saga, Kuma-
moto, Miyazaki und Kagoehima.
Mit den Qnmdsteuerzuschlägen hat auch die Flächensteoer
atark abgenommen. Im Jahre 1H86 87 kam sie in Miyagi, Akita
und Koclii '^:\r nicht mehr vor (1887 '88 auch in Nagasaki und
Nara). Nennen swortc Summen braclite sie nur mehr in Tottori
(43406 Yen), Niigata (33117 Yen ), Aichi (29309 Yen), in Toku-
shima und Wakayama. In Osaka, wo sie früher am bedeutend-
sten entwickelt war (1884 85 173 210 Yen;, ist sie bis 1886 87
(einschl. Kara) auf 7243 Yen gesunken.
Äuoh die soDstigen eigenartigen GemeindeBtetteni haben Bich
mehr und mehr Termindert Für das Jahr 1886^87 werden in
22 Besirken (von 44) gar keine Einnahmen aus sokJMO Steuern
ang^eben. Nur in Oita finden wir eine gröfsere Summe (26 446
Y^en), während z. B. 1 882 83 f\ir Hyogo 230386 Yen, flir Okayaraa
153145 Yen an^^e^ebcii sind. Nach Inkrafttreten der neuen
Gemeindeordnungen werden sich voraussichdich di(v>e Steuern
wieder vermehren. In Tokyo wird seit dem 1. Januar 1S89 für
die Zwecke der Stadtverbesserung eine städtische Verbrauchs-
steuer auf Sake erhoben von 50 Sen per Koku ^
In der Stadt Osaka sind 1890 eme Bdhe von besonderen
Oemeindeabgaben eingeführt und Ähnliches wird noch mehr sich
yerbreiten. Interessant ist^ dafs mehrere der genannten Abgaben
nur Keubelebung früher bestandener Steuern sind (Öake in
Tokvo, Verkaufss teuer in Osaka).
Zusciilfige zur ( le\verb< 'Steuer haben erst in den letzten Jaluren
einige Bedeutung crlialten, eine Be\ve<^mg, die sich voraussiehtHch
noch weiter fortsetzen vnrd (Stadt Tokyo), 1S86 87 wurden
solche Züöclilage in allen Bezirken erhoben. Einige Bedeutung
hatten sie aber nur in den Bezirken Osaka (42 287 Yen), Miyagi
(40698 Yen), Nagasaki (35450 Yen), Ibaiaki, Kyoto, Aomori
nnd Huroshima, wahrend sie 1882/88 noch in keinem Beairke
20000 Yen brachten.
Nutzbringendes Eigentum der Gemeinden giebt es meines
Wissens nur wenig. Allgemeine Angaben dartlber sind mhr aber
I Oesetz, betr. Sladtansbon. Art. III (vom 16. Augost 1888). Zar
Darchfühmn^' or;^'in^ eine KaipcrI. Vtronlnuiifj: vom 19. Dexember 1888.
1 Prozent vom Reitifjewinn von Bauken,
■J l*rü>sent Zuschlag zur .Staatssteuer der Börsen,
Vco des Preises vom Verkauf von Gmndbe^ts und Gebttoden,
5 Fromille Znschlag mm Fokin.
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662
X 4.
Dicht bekannt Der Stadt Tokyo ist für die Zwecke der Stadt-
yerbeBserung ein zam Teil recht wertvoller GrundbesilB ttber-
lasaen^
Über Schulden und Anleihen der Oememden fehlte ee bis
8U den neuen Gemeindeordnangen an einer allgemeinen Kegelung.
Thatsächlich sind aber Anleihen der Gemeinden zum Zwecke
öffentlicher Arbeiten schon vorgekommen Der ci^te Plan einer
städtischen Anleihe in ObligntTonentbrm ist meines Wissens 18>''7
tiir Na^saki genehmigt, um die Kosten einer Wasserleitimg zu
besti'citcn.
Die Ik'lastiing der IVwölkerung mit Gemeindeabgaben im
Durchschnitt der Bezirke weist ganz bedeutende Unterschiede
auf, die natürlich noch grolser sein werden bei einem Vergleich
der einzelnen Gemeinden, wozu das Materi?d fehlt Den Bezirk
Tokyo, in welchem eine Reihe von städtischen Ausgaben sich
bisher im Bezu'ksbudget fand, müssen wu: als unvergleichbar
beiseite lassen. Dort kamen 1886/87 nur 9 Sen, 1882/88 nur
11 Sen Gemeindesteoein auf den Kopf der Bevölkerung. Im
allgemeinen scheint die Geineindebesteuerung in den nömlichen
und mittleren TeQen der Hauptinsel erheblidi hXjher zu sein als
im Westen und Süden. Ausnahmen machen hier, wie bei den
Bezir]<ssteuem, Cliiba mit sehr geringer^ Tottori und iShimane mit
▼erhäitmsm&lsig hoher Steuer.
Die höchsten Beeirksdurchschnitte hatten 1886/87 bei einem
Landesdurchschnitte von 81 Sen
Miyagi mit 07 Sen auf den Kopf der Bevölkerung
Isbikawa . 40 . . - -
Yamana^hi - 49 - - - • •
Hyogo -48
Tottori - 47
Yamagata - 46
Nagano - 44
FukuBhima - 43
Toyama »43
Aomori -41
' Alle bisher dem Staate eehöricen Uferländereien. Aufser der
T^mbaus der Stadt ZuscJilii^'e crliobi'n werden bis zu 100 Pr-./cnt ticr
Grundsteuer (aber nicht auf Ackeritiodh bis zu 40 Prozent der iiltu»cr-,
der Gewerbe» und der VenebledeneD oteaera des Bezii^e.
^ So hat die allen Fremden bekannte Gemeinde Miyanoshita zum
Bau eiTtor Fabr^trafse eine Anleihe g^nrnncht, SU deren vensinsoDg und
Rückzahlung ein Wegegeld erhoben wird.
Shiga
40 •
enannten Sakeabgabe können
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X 4.
Die niedrigsten ikzirküdurchacbnitte hatten dagegen
KagOflhima mit 11 Sen
alba - 13 '
Oita - 17 -
Kumamoto 19 -
Miyazaki - 22 -
In den Vorjahren waren die VerhilltDiBae fthnlich, in dem
haeliaten Jahre 1882>8d srand Tojama an der Spitee mit 85 Sen,
Kagosliima am Ende mit 14 Sen. Die Verminderung der öe*
meindebeeteuerung hat »ich in den einzelnen Gegenden sehr ver-
schiedcn geltend gemacht. Ein Veigleich mit lb82'83 eigiebt
eine Herabsetzung dea Kopfteila
Dagetren zeigen die Bezirke Chiba, Toc'liigi, ^livagi, Iwate,
Slhimane, Yamaguchi, Nagasaki, Kumamoto, Kagosliima wenig
\ erändenmg, Tottori sogar eine starke Zunalime i^dA auf 47 Sen).
Zum Verständnis des HaushaLtes dea Takyo - fu ist vorab
zu bemerken, dal's die Einrichtungen desselben durch das Vor-
wiegen der grofsen Stadt in einem kleinen (Tebietf* bestimmt
werden und von den Verhaltnisöen anderer Bezirke abw<-i< hen.
Mit einem Fliichenrauni von nur 8(>7 Quadmikilometer ist er
der kleinste Bezirk Japans, während die Dichtigkeit der Be-
* Für inÜDdliche Auskunft über das Budget des Tokyo -fu bin ich
namentlich Herrn Fukuchi Oeniehiro verbanden, der lange Vor»
sitzender des Bezirkstages war.
in Gifu von 81 auf 24 Sen
- Toyama - 85 • 43 -
- Nagano - 80 • 44 -
- Gumma - 71 - 32 -
- Kukui - 61 - 2(5 -
- Saitinia - 50-26
- iVkila - 55 - 25
Anhang A zum sechsten Kapitel
Budget des Tokyo fn 1888|g9'.
(Mit vier TabeUen.)
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664
X 4.
▼ttlkenmg nalurgemiirs die grO&ta ist: 1875 'BSaamltmer auf den
Qaadraikuoineier (Wohnbevölkerung am 31. Deeember 1887).
Der Bezirk besteht aus den 15 StedÜcreiBeD (Ku) der Stadt
Tol^o, 5 Landkreisen (Gun) (früher 6) und, als gua hetero-
genem 13e.stan(Iteil, einer Anzahl weit ins Meer verstreuter Inseln,
nümli(li den siobfn Inseln von Izti iirtd flon Bonin In^^^ln. wclrlip
jedoch in die iSelbetverwaltiingseinrichtungcn nicht rinl)- zol" n
sind. Mit nur 23 000 Einwohnern (I.Januar 18H()i kfiuin- n sie
weiter nicht in Betracht. Am 31. Dezember lHb7 wohnten m
den Stadtkreiöen allein 1 1G5000 Kia wohner, in den umliegenden
landkieieen rund 320000. Dieses Vorwiegen der grofsen Stadt
hat eine eigenartige Einrichtang herbefgefUnrt Der Benrkstag
des Tokyo -ftt bcät als Qanaee nur Aber gewisse gemeinsame
Angelegenheiten. Für andere Dinge zerfallt er in 2 gesonderte
Venanunlungen ^ den Beairkstag der Stadtkreise und den Be-
zirkstag der Landkreise. Zu beachten ist dabei, dafs dieser Be-
zirkstag; der Stiidtkreise bis zum 1. April 1089 das einzige
kommunale Organ der Stidt Tokyo als Oan/.en daret eilte. Auf
den Haushaltsetat des Bezirks Tokvo wiikt das in luigender
Weise. Die Aut^aben zerfallen iii Ö Teile, in ^^emeinsame . in
Ku- und in Gunau.^^aben. Die ersteren betiagcn nadi dem
Voranschlag Air 1888/89 wenig mehr als die H«lfte sämtUcfaer
ordentlicher Becirksansgaben. Ausschliefslich unter die gemein-
samen AuflOaben fallen die Kosten der Oefimgnis- und Unter-
richtsverwaltung. Von den Polizeikosfen gehtfrt der grölsere
Teil hierher. Unter die gesonderten Aus^^aben fallen die Kosten
der Krfisvcrwaltung und der "^fste Teil der Ausgaben ftir
Wasser und Wei}:eban. ( Vcmleiche die l'bersicht S. G72J
Aber auch ftir die gemeinsanien Ausgaben wird im Vor-
anschlag festgestellt, wieviel auf die Ku und wieviel auf
die Gun kommt, und das nicht in Pausch und Bogen,
sondern für 16 einaelne Posten besonders, so dals der
Anteil der Ku auf 11 verschiedene Arten bemesBen zwischen
40 und 94 Proaent schwankt 1888 89 betrugen die gemein-
samen Ausgaben 583805 Yen im Ordinarium und 124 097 im
Eztraordinarium (Rate zum GeHingnisbau). Davon fielen auf die
Ku von crsterer Summe 495 G34 Yen. also rund 86* 2 Prozent,
von h tztcTer 112100 Yen, 89,»465 Prozent (wie bei allen Ge-
fangnisk Osten).
Da somit alle Ausgaben des Bezirkes auf die beiden Teile
desselben verteilt sind, so ist es möglich, die Einnahmen beider
Teile gleichfalls in der Hauptsache getrennt au halten. Vor
allem die Steuern, der ttberwiegende der Cännafamen,
werden in Stadt und Land gesondert angebracht. Gemebsam
sind nur gewisse Einnahmen an Gebfihren und der HauptteU
des StaatsEuschusses an den Polizeikosten, von welchen die erst*
genannten aber wieder auf Ku und Gun verteilt werden.
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665
Nutzbringendes Vermögen besitien nur did Ku; die Land-
kraae haben daran keinen Anfeil.
Aus dem G^agten ergiebt sich, dafs dip Verhältnisse einiger-
marsPTi verwickelt sind. In den Tabellen »S. 672 und 073 habe
ich versucht eine möglichst klare Übersicht über Einnahmen
und Ausgaben aufzustellen. Dem Voranschlag? selbst feWt jede
derartige allgemeine Übersicht, iu einem ziemlich öLarken Band
in Gro&oktav mit erolber Paplerranchwendung und Tielen
Wiederbolnngen lerfllflt er in folgende 14 Abteilungen :
1. Verteilung der gemeinaamen Ausgaben auf Stadt und
Land in Prozenten.
2. Generaletat der gemeinsamen Ausgaben (mit Verteilung
auf Stadt und Land).
3. Specialetat der gemdngamen Ausgaben.
4. Oeneraletat der Kn-Ausgaben.
5. Specialetat derselben.
6. Generaletat der Gun- Ausgaben.
7. Specialetat derselben.
8. Verschiedene Einnahmen aus Gebühren, Oefangenenarbeit
u. dgl.
9. Steuerciunahme der Ku.
10. Steuereinnahme der Gun.
1 1 . Verschiedene Einnahmen, einschUelölich der Staatszuschüsbe.
12. Etat dm Httlisfonds für die Ku.
13. Derselbe ftbr die Gun.
14. Einnabmen aus dem KuvennOgen und Ausgaben zu
Lasten desselben.
Die Anordnung ist im einzelnen ungeschickt und unbebftlf-
lieb. Nicbt einmal durchlaulende Seitenzablen sind yorbanden.
In den Speoialetats wiegen trotz des Kamens sehr summariscbe
Angaben vor Ganz hübsch wirkt eine Spalte^ welche im Ver-
gleich zum Vorjahr Vermebrung in schwarzen , Verminderung
in rot-en Ziffi^rn an^inebt.
Was zunächst die Ausgaben betrifft, so überxMcgcn da bei
weitem die durch die 1 Jeoentralijjationßgeöetze von 1878 und
1880 den Ikzirkcn aulgelegten Ausgaben. An erster Stelle
steht die Polizeiverwaltung mit 287 000 Yen, wozu ein
Staatszuschufs von 480000 Yen tritt. Das Oefhngniswesen er-
fordert 218000 Yen, aulserdem im Eztraordinarium 125000 Yen,
die Kreisrerwaltung (Gebäude und Beamte) 169000 Yen. Diese
8 Posten verschliogen allein 60 Prozent des Ordinariums.
Weitere wichtige Posten sind die AutV\'endungen für Wasser- und
Wegebauten mit 274000 Yen und die Ausgaben l'ür Sekund«r-
schulwesen (Mittel- und Xormalsclmlo mit T'inOO Yen. Die
verbleibenden 1*' Prozent verteilen sich auf eine Reihe kleinerer
Posten: Gemciiidrbeumte in den Landkreisen, Oasbeleuchtung
in den Stadtkreisen, Armenwesen, Uesuudheitäweseu, Bezirkstag
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666
X 4
u. 8. w. Im Extraordinarium findet bich aufiser dem erwähnten
GefUngnisbau noch eine Ausgabe der Ku von 44000 Yen
Brückenbau (tliatsächlicli Rückzalihmg einer zu diesem Zwecke
au« dem Kuvermögen früher entnommenen Summe). Hierher
zu rechnen ist auch die Verwen'lnng von 110000 Yen aus den
Einnahmen des Kuvermrtgens iiir Baggerunjc: in der Bucht.
Der Aufwand für Wasser- und Wegebau würde damit inagesamt
428000 Yen betragen, über 30 Prozent aller Fuausgaben.
Die Einnahmen dee Besirks, abgesehen Ton den Einnahmen
aus dem Kuvenndgen, zerfallen in 4 Elaaaen (vgl. die tther-
acht S. 673):
1. „Lokal steuern 1181548 Yen
2. Gebühren u. s. w 61 701 -
3. Überachttflse aus froheren Jahren . 47 736 -
4. Staatseuschttfs zn PolizMkosten 430101 •
Die beiden letzten Posten bedürfen keiner Erklärung. Der
zweite ist aus den verschiedcnüten Bestandteik-n zusanimeu-
pesetst: Gebtthren der Polizei , Schulgelder, VerpBegungsgeldcr
im Irrenhaus (welche die Ausgabe ftbr „Armenwesen** gri^lsten-
teils decken), Erlös aus Ge£EmgenenarDeit (33621 Yen der
Ertrag des Arbeitstages an 2,ii Sen gerechnet) , Verkaui* yon
altem Material u. s. w.
Bei weitem der wichtigste Posten ist die Einnahme ans den
r.ezirkssteuem, also den Grundsteuerzusehiiigen und den ei«:<'nen
Steuern des Bezirks. Im Jahre 1888 89 sollten erstere in der
vollen geöetzlieli zulässigen Höhe von einem Drittel der Staats -
Grundsteuer erhoben werden. Im Jalire vorher war das nur m
den Stadtkrdsen geschehen, in den Landkreisen wai«n '**.'m
erhohen worden. Die Grundsteuensuscbllige sollten 181 273 Yen
einbringen, davon etwas mehr als die Hälfte in den Land*
kreisen.
Die eigenen Steuern des Bezirks werden in Stadt und Land
nicht nur gesondert aufgele^^t, sondern auch im einzelnen in
vielfach ab\¥eichender Weise^ wenn auch die ürundzUge die
gleichen sind.
Bei weitem die wielitigste Lokalsteuer ist die HäusersteutT,
auf welche in den Statltkreiaeu beinahe zwei Drittel der Steuer-
einnahme kommen (643 500 Yen von 986 278 Yen). Der Name
der Steuer ist in Stadt und Land verscfaiedeo. Dort wird aie
Kaoku-zei; hier Kosu-wari genannt. Ursprüglich eine Steuer der
Haushaltung , ist sie schon im alten Regime unter dem Namen
Koma-wari zu einer wirklichen Häusersteuer geworden, die nach
der LUnire der Strafeenfront sieh abstuft. Die Berechnnnir ge-
schieht in Stadt und l^aiid in al) weichender Weise. In rlen
Stadtkreisen wird zunächst die Grölse des GebÄudes. d. h. die
Grundfläche der Stockwerke in Tsubo (G Fufs im (7e^^e^t) io>t
gestellt, was bei der Bauart japanischer 1 lauser gewohuUcl» «»ehr
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667
leicht iBt. DanD wird das Gebäude kksBifisiert etstenB nach
dem Wert und sweitena nach der Lage. Jeder Kksse ent-
spricht eine w isse Zahl Einheiten. Mit diesen •wird die
Tsubozahl multipliziert. Die Steuer wird aufgelegt nach der
Zalil (l<r 80 getiindonen Einlu-iten. Im Etat fUr 1888/89 ist
der »Steuersatz auf 4,y5 Sen per Einheit festgesetzt.
Für den Wert der (Jebäude sind 25 Klassen festgestellt.
In die erste Klasse gehören Gebiiude mit einem gescbützten
Wert von raelir als 2UU Yen für don Tsubo. Diese Klasse wird
mit l;'. Eiidieiten angesetzt Die uiiU rste Klasse mit einer Einheit
umiafst die Gebflude, deren Wirt per Tsubo unter 2y,o Vun ist.
Für die Lage des Gebäudes bestellen 19 Klassen, deren
erste mit 0,0, deren unterste mit 0,i5 Einheiten angesetzt ist.
Die Steuer bewegte sich also 1888/89 zwischen 8,7125 Sen
und 3 Yen 53,»t6 per Tsubo der Grundfläche. Der Etat
nimmt das Vorhandensem von 13 Millionen Einheiten in den
Stadtkreisen an (Ygl oben S 048).
Von der Steuer befreit sind Htttten (Koya), d. h. Gebäude,
deren Stützpfosten nicht auf Steinen ruhon, ferner Armenhäuser
und alle RHunie, welche zu Schulzwecken oder als Schüler-
Internate benutzt werden, eine Befreiung, welche nicht nur den
öffentlichen Geroeindesciiulen zukommt, sondern auch allen
Pri vatun t errich t.san stalten .
In den Landkreisen ist die Häusersteuer, die hier wie im
gröfsten Teile des Landes Kosu-wori genaüut wird, etwas eiu-
nicher. Bei der Berechnung der Grundfläche des Hauses in
Tsubo wird nur das Erdgeschofs toU, weitere Stockwerke werden
balb gerechnet. Gewöhnliche Holzhäuser werden einfinch, massive
Häuser (aus Steiti. Ziegel, Lehm) anderthalbfach angesetzt. End*
lieh sind die Gebäude naeh dem Grundsteuerscfaätzungswert der
von ihnen bedeckten Fläche in 13 Klassen geteilt. Die erste
Khisse wird durch einen ( Irundsteuerwert von mindestens l^t'ro Yen
per 100 Tsubo begrenzt und mit 4 Einheiten angesetzt; fiie
unterste, 13. Klasse mit 1 Einheit hat weniger als 8,iu Yen
Wert per 100 Tsubo.
Die Steuerbefreiungen sind die gleichen wie in der Stadt.
Aul'serdeiu sind aber Gebäude von weniger als 7 Tsubo
fläche frd.
Wie man sieht, ist die Veranlagung eine sehr Tiel einfiMshere^
da eine besondere Einschätsung nach Wert und Lage, wie in
der Stadt, nicht nötig ist
Der Voranschlag für 1888 89 rechnet auf 1721 700 Em-
hciten und setzt die Steuer auf 4,t)8 Sen per Einheit fest, wo*
durch SO 576 Yen aufkommen sollten. Auf einem ganz ähn-
lichen Prinzip ist die Gewerbesteuer (Eigyo-zei) aufgebaut.
Mafsgritend sind die dem Gewerbebetrieb dienenden Käum-
lichkeiten.
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Die Berecbnung in den Stadtkreisen geschieht in i^eicber
Weise wie für die Häusersteuer. Die Gröfse des Hauses in
Tsubo ausgedrückt wird mnltipÜziVrt mit der Zalil der Einlieiten
der Wertkl lasse, welche mit der der Iläusersteuer identisch ist.
Die so gefundene Zahl wird dann multipliziert mit den Ein-
heiten der Grundfliichenklasse. Soleher Klassen giebt es 27,
deren höclibter 14, deren niedrigster eine Einheit entspricht Die
Zahl der Einheiten wird also der Re^el nach höher werden
als im Falle der Httusersteuer, wo daa MaxiiD um der Eiinheiten
per Tsubo 71.6 , das Minimum 0,t5 war, wahrend bei der Ge-
werbesteuer das mögliche Maximum 182, das Minimum
1 ist
Die Zahl der Einheiten ist auf 1 0 247 24 S vom Handel und
2 310.^)40 von der Industrie tresehätzt. Der Steuersatz per Ein-
heit beträgt 1,2 Sen. Medizinhändler sind einer besonderen
Steuer unterworfen, nämlich von 20 Sen dir jeden Licenzsehein.
Die Einzelheiten des Anschlags der Ciewerbesteuer der
Stadtkreise siehe S. (374. Der Ertrag ist auf 154261 Veo
ge.schätzt
In den Landkreisen, wo nur 8205 Yen von dieser Steuer
erwartet werden, geschieht die Berechnung wie die der Httuaer-
steuer, nur dafs für den Grundflüchen wert 15 Klassen mit
Einheiten gebildet sind. Die Zahl der Einheiten beträgt 430000
für den Handel und 140000 für Industrie. Der Steuer^
satz ist 1,4 äen. Medizinhändler bezahlen 10 äen per Lioena-
schein.
Eng mit der Oewcrbesteuer verbunden sind die so^nannten
,,Ver8ehiedenen Steuern"* (/assiiu-zei) Eine Anzahl von Oe-
werbeu unterliegt nämlieli nicht der Uewerbe-, sondern diesen
Steuern , insbesundere alle Unternehmungen . welche der Be-
lustigung, der Erfrischung u s. w. dienen. Ein iestes Scheidungs-
prinzip zwischen beiden best^t mebt So gehören Qasthftuser
unter die Gewerbesteuer, Restaurants aller Arten unter die
Verschiedenen Steuern. Über die £}inzelheiten in den Stadt-
kreisen von Tokyo giebt die Tabelle auf S. 675—678 genaueren
Aufechluls.
Hei vielen der unter die Ver?^( hicdenen Steuern fallenden
Betriebe mrd die sttucrbare Einheil wie bei der eigentUchen
Gewcrbosteuer hereclmet Im Budget für l!^SS>^n sind mit
einem Satz von 1, Sen per Einheit belegt Badcanstdten. Ilav
\>\< vv und „ Abend tiieater** (Vose, wo Erzähler und Deklama-
toren, PuppeatlKator, Taschenspieler u. s. w. sidi produzieren —
die eigentlichen Theater spielen den Tag über). 1,; Sen per
Einheit zahlen Dienstbotenvennittler, 2,8 Sen die verBduedenen
Arten von Restaurants und !;$peiseliäusera. Fttr Theater und
Theaterrestaurants wird die Steuer für jeden Tag wahrend der
Dauer der Vorstellungen, für jene auf 1,7 Rin» für diese auf
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669
0,7 Rin festgt-sc'tzt. Dabei wird auf 140 Spieltage durchachnitt-
Heb gerechnet ^ Ähnlieh ist die Steuer von Schaubuden.
Andere dem Vergniig:en dienende Untcrnehmur.gcn bezalilen
eine feste Summe monatlicli , so die zahlreichen Schiefsstände
für Bogen, Windbuclisen, Fächerwerfen u. dgl., auch Billardä
(monadidi 50—75 Sen).
Monatlicbe ZaUmigen lebten ferner die dem Vergnügen
dienenden „Künstler" : Erzähler* Puppen theateiredtatoren, Sttnger,
Ringer, Schauspieler, Tänzerinnen und Sängerinnen u. s. w., ewa-
80 auch die Lehrer solcher Künste. In jeder dieser Klassen
werden wieder Unterschiede f^emacht. So zerfillen Schauspieler
in 5 Abteilungen, von welchen die der ersten monatlich 4 Yen,
die der letzten nur 20 Sen zu entrichten haben. Von Tokyo,
wie es «jich aiiiusiert, giebt die Tabelle S. 675 emen ganz
guten Begriff. Übrigens ist zu beachten , dals die Prostitution
und ihre Besleiierung damak noch nieht unter dies Kapitel fiel.
Reine Gewerbesteuern sind die Steuern von Reiflstampfen
(nach Zahl und Grölse der Mörser) und vom Seealgensamnieln.
Hierher gehören auch die Zuschläge zu den staatlichen Schiffs-
und Wa^^ensteuem, sowie Steuern auf Reitpferrle, Dem Oh-irakter
von Verbrauchssteuern nähert sich die Steuer von Fi.schmiirkten,
fUr welche die betreffenden Fischhflndler<;ilden jührlieh eine
feste Steuer entrichten, die höchste die Gilde des berühmten Fisch-
marktes an der Nihon - Brücke : 1 200 Yen. Eine reine Ver-
braucbflüteuer iet die Abgabe von geschlachtetem Vieh: Rind-
vieh daa Stack 80 Sen, Kälber 10 Sen u. s. w. (Von 1889
an findet auch eine Besteuenmg des Sakekonsnms zum Beflt^
der StadterweiteruDg statt)
Wie man an diesem Beispiel von Tokyo sieht, sind die
Verschiedenen Steuern ein ziemlich elastisches Mittel, sehr ver-
schiedenartige Dinge in den Hereich der Besteuerung zu ziehen.
Für die Durchfdlirung der Gewerbe- und Verschiedenen
Steuern besteht noch eine Reihe mildernder Bestimmungen.
Betreibt eine Person im selben Raum mehrere steaerpflichtige
Gewerbe, eo wird die Steuer nur von einem, und zwar dem
hOchstbesteuerten , erhoben. Z. B. bei dem sehr häufig vereint
vorkommenden Betrieb von Fleisehverkauf und Speisewirtschaft
ist nur von letztcrem Betrieb die Steuer (mit 2.2 Sen per Ein-
heit ( zu entricliten Ehenso ist es mit den oben genannten
ausübenden Kiinsdern (Ei-7Jihlem, Schauspielern, Tänzerinnen
u. s. w.). ist z. H. ein Krz<ihler zugleich Lehrer seiner Kunst,
so wird er, wenn zur 1. oder 2. Klasse eingeschätzt, in ersterer
Eiigenaehaft, wenn sur dritten Elaaee gehörig, ala Lehrer be-
' Bei den garr/r und halbe Tage währenden Vorstellungen kommt
den d.<m Theater umgebenden Theaterrestaurants eine besondere B«t-
deatiHi^^ za. Bei jedem Theater befindet sich eine gröfaere Anzahl.
Einiafskarten kauft man der Regel nach von ihnen and nicht an der
Theaterkasse.
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X 4
steuert. Beirat tob der Steuer nnd dieae Kttnrtler und Lehrer
der Künste, wenn sie blind, verkrüpDelt oder mehr ab 60 Jahre
alt sind. Beiieit sind auch fast alle die zahlreichen kleineiiy
vielfach ambalanten Gewerbe- und Hand^betriebe , auf welche
man in Tokyo auf Schritt und Tritt stttlfl und deren genauere
l^eschreibuns: eine Schildorunp r'mo^ "wichtipfon Teil^ des
Stra Isen leben s bilden würde: die Trinkwasserhimdler, die Ki>-
verkäuffT, dor Arne Mann \ die Eiswareuhändler mit ihren
trag- oder taiirbaren Huden und Öfchen . die Hitndler mit ge-
rosteten Bohnen und „Sliioseuibei", dem japanischen Analogon
unserer Salzbretcel, die Papiersamroler (unserem Lumpensammler
entsprechend); die Handwerker, die auf der StraTse ohne Werk-
statt arbeifen. £Vd sind auch Fischer und der ganae Harktrer-
kehr, ausgenommen die Fischniilrkte.
In den Stadtkreisen sollten die Verschiedenen Steuern
100600 Yen einbringen, in den Landkreisen, wo sie in .Hhn-
lifluT Weise aufgelegt sind, 18133 Ven. Die steuerpflichtigen
Kategorieen sind hier die gleichen. Im einzelnen finden sich
bei der Bemessung der Steuer viple Abweichungen . z. B i«^t
die Steuer auf Restaurants einlach nach der (iroliie des lur
Gäste bestimmten Raumes und monatlich bemessen. Doch lohnt
es kaum auf die Einzelheiten einaugehen.
Wie erwähnt, haben die Stadtkreise ein eigenes Vermögen,
Die Einkünfte daraus und die damit gedeckten Aufgaben anid
getrennt von dem übrigen Budget verredinet.
Dieses Vermögen stammt noch aus älterer Zeit. In
me]»rei»»n muleren Städten fin(1et sich ein Gleiches. So hatte
die Madt Kyoto ein Vermöf^en von 600000 Ven, welche? l>ei
Herstellung eines Schiflahrtäkanals von Kyoto nach dem Biwa^iee
mit verwendet ist.
Der gröfsere Teil dcö Tokyo - Stadtvermögeus war in
Staatflschttldscheinen angelegt ^ und swar im Nominalbetrag von
595935 Ven mit einem Zinsenertrag von 38061 Yen.
Weiter waren 15000 ^'en zu 3 Prozent verliehen. Endlich
geboren dazu eine Anzahl Hausgrund.stücke in der Stadt,
welche 9499 Yen einbringen sollten. Die Einnahme von dem
nutzbaren Vermögen betrug also 48010 Ven. Au« «lern
Kapitalbesitz sollten tisiiso' > \ou «ntnoTnnien werden, davon
43017 Yen Rückzahlung an die Ku-Kasse. welche zum Hnn
der Azumabrücke vorgeschossen waren (liei den Ku-Au>ira}><ii
als Kxtraordinarium eingestellt), der liest hauptsachhch au?»
Amortisation und Verkauf von Staatsscbuldscheineo.
Aus dieser Einnahme von 116690^« Yen sollten 116677 Yen
ausgegeben werden, davon alldn 110 000 Yen au Baggerarbeiten
in der Bucht von Tokyo.
' Arne ist eine zähe. Huf-io, malzartijrc ^Ia«j;iv an? welcher der mit
aeiuer tragbaren Werkstatt uiuhorzichcnUe Arne- Maua für wenige Hm
zum Entzieken der Rinderwelt allerlei komische Figuren Inldet.
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X 4.
671
Der Zuschulö der Städtkreise 711111 Hüirsfonds mit 5 853 Yen
wurde gleichfalls aus diesen Einiialinien bestritten.
Die Ri'chnungen des Hühsfonds sind von den allgemeinen
Ktatü getrennt. Die Scheidung von Stadt und Land besteht auch
hier. Die Einnahmen sind folgendermafsen angesetzt :
Ka Gun
Yen Yen
Beitrag aus Fumitteb 5858 6 442
Staatszuflchuls (2, 21 Sen Ton 1 Yeo der
Qmndtteuer) 5852 6214
Zinsen dee Fond» 7141 n033
Bosammen 18846 19589
Der Beitrag aus Fu-Mitteln wird in den Stadtkreisen, wie ge-
sagt, aus den Einnahmen den Kuvermogeua entnommen. In
den Landkreisen wird ku jedem Yen der Grundsteuer ein Zu-
schlag von 2y8 Sen erhoben.
Ein Voranschlag über die ToranssiohlHchen Ausgaben des
Hülfsfonds ist nicht aufgestellt.
Schulden besafs der Besirk Tokyo bisher ebensowenig als
andere Bezirke des Landes.
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X 4*
Übersicht Uber die Ausgaben deiTokyo-fa
nach dem Budget fttr 1888' 89 (auf Yea ab^enuidet).
• 'f'mei
nsame
Aufgaben
W II
'jiun-
aui>-
l\U-
riiir»
gaoen
ftnteil
anwii
Polizei .......
210 26:^'
31410'
34 600'
97*
1 276 379
Polizeigebäude ....
WüRser- und Wegebau .
6 510«
»78«
2878«
—
10856
7 310
10 893
204 531
51 282«
274 016
i\i-Ku-GuQver8ainmiuni^
625
227
2 97«
2 095
5 925
Gesundheiteweseii . . .
6 086
1 245
914
862
8 607
^ • tt_ A_
UnterriehtiweMa . . .
50 624
19 18«
—
—
69812
16 372
2 024
5i<:^
2 113
26 'M2
13
—
16
Vergütung rOr KaaBen-
Verwaltung ....
640
60
—
600
Bezirks-, Ku- und Gun-
amtägebäude ....
m
1«0
30422
3456
34 878
Gefangene
184365
20607 \
—
204 9Ti
Getan ^'nisgeottade . . .
12105
1853
1.' 4->^
109 ü«3
15 381
125 064
G^emeindebeMute . . .
31048
31043
Druck- etc. Koflten . .
r,\
164
215
Gaabeleuehtung ....
16 071
16 071
Förderung der induathe
30
30
20798
4092
24885
Ordioarium . . .
405 634
««171 1
428 750 1
HO 115
1 122 670
Extraordinarittm:
Gefanprnisbao ....
Brtickeubau
11*2 ino
12 537
43 617
124 697
43 617
Aus dem Ku ver-
mögen:
Baggening der Tokyo-
An den Hülfsfonde . .
Vonchiedenee ....
110 000
5853
824
[6 442J
110 ouO
5 8-5;>
824
Zuaammen: |
607 794
100 70«
589 044'
110 115
L-f 6 442]
1407661*
> Dm StaatasoaeharB fßr den Fq 362520,« Yen
die Ku 51899,» -
die Gun 145,9 -
zuaammen 414565,4 Yen
« Dazu Staatisaacbttrs f&r den Fn 11 224,^ Yen
die Kq
zusammen 15534,^ Yen
Einschlief«! ich der Sraar^zuschäfise beträgt also die Gesamtnusgahe
(ohne Ku vermögen) 1 |210^6 Yen, wovon 430100 Yen aus >StaaUaiit(dn.
3 Dabei an Zuachnfs von 8088 Yen zo Wege- nnd WaMcrbenton
der Gemeinden.
* Dabei 116677 Yen Ausgaben, welche aus dem Vermögen der Ku
bestritten werden. Nach deren Abzog bleiben ftleo Ausgaben der Ka
412'M',7 Yen. .\usgabeii überhaupt 1 290 984 Yen, weldie maStoocni ond
Qebübren des Bezirks beatritten werden.
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s
8
ü
D
Fonehangon (4fi) 2 4. — Brnthfen.
43
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X 4.
(J e wer b esteuer (Eigyo-zei) in den Stadtkreisen
(Eu) des Tokyo-fa naoh dem Budget für das Jahr
1888/89.
Art der lietrifibfi
Zahl
der
Betriebe
Zahl der
tiieuersatz
l,a 8eti per
Emheit
der
ö teile»
Yen
KuidelMreMUaGhsftea (Kwaishs) . .
164
246 560
2 958,?
Gfotibiiidler
2800
mm WW
2590220
31082.«
Mft^i^
1058
478380
5740u«
V e svifv
KlembKiidler
25554
4895020
58740,1
1649
210380
2524,«
VW «MSV
7 AM.«
HXndler nüt Bttdera o. dgL ....
34
4690
2106
2.W 538
3066,«
.544
97 418
1 16V*^
3 024
212 122
2545,»
889
485884
5 8:^0.«
95
32 562
3ijO,-
Wechs«! (für Dbkont von Papieren)
1
1 742
20.»
ä 20 Sen
1 1 tLA m
4120
IG 600 Medi-
zinßcheine
3320
160
dtü. 700
Scheine
140
1316
179 560
2 154,7
24497
2139 980
25679,»
f L BmM .
Zuaammen { — • ,
\IL IndiMliie
44261
10247248
126427
25813
2319540
27834,»
GcMmtecumiis
70074
12566 788
154261,»
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675
Veracliiedene Steuern (Zasshu-zei) in den
SUdtkreiaen (Eu) des Tokvo-fu nacii dem Budget
fttr das Jahr 1888/89.
Gegenstand
der
Steuer
Steuersatz
per
Einheit, Kopf, Stück
n. a. w.
Zahl der
besteuerten
ijnheitenf
Köpfe,
J^türke
U. 6. W.
Steaer-
ertrag
1. R7orja(BeBtMiiiiit8)
2. MeehievaTE (de^)
8. Yusenyado (dfli^.)
4. Shibaijaya (Teeter-
restaarantB) . . .
5. GewöhlilicheSpeifie'
8.Bttder
T.Berfaieie ....
8. Dienatbotenrenaitt-
ler
9. Ya-gei-ahisho(TaDz-,
Miuik- etc. Lehrer)
10. To - gei - kaac^ -nin
fEr/,älil(^r , Sauger,
Puppentheater - Ke-
cttatoren etc.) . .
11. Suno (BiDger) . .
12. Sehaiiepieler . . .
2,s Sen per Einheit
2.« - -
2,« - -
während der Vor-
stellaugszeit täg-
lich Vio Bin per
Einheit ....
2,i Sen per Einheit
1,8 - • . ,
l»t • - • .
1,1 • -
monatlich 25 Sen.
I. KJaaae mouatl.
1,50 Yen . . .
IL Klasse menatl.
75 Sen . . .
III. Rlesae monetl.
]'i Sen * . .
L Klasse monfttL
1 Yen . . .
IL KImm menefl.
50 Sen . . .
III. Klasse monati.
15 Sen . . .
L Klawe monetL
4 Yen ...
IL Klasse monati.
3 Yen ...
nia. Klasse monAtL
1,60 Yen . .
lilb. Klasse monatL
75 Sen . . .
nie. Klasse monntL
20 Sen . • •
219 7G0 Einh.
55610 .
10840 -
84554 -
430 241 -
111890 •
85198 •
1 100 Peri.
16 •
139 -
950 -
24 >
31 •
480 -
6 •
5 -
22 -
25 .
408 -
43*
Yen
4 6;M,7
1223,4
288,»
3386,«
11792
5 162,»
1342,7
904^4
3300
288
1251
1710
288
186
864
288
180
396
225
979,1
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676
X 4.
Gegenttand
der
Steuer
Steuersatz
Einheit, Kopf, Stttek
u. s. w.
Za]il der
besteuerten
Einheiten,
Köpfe,
Stücke
U. 8. W.
13. Geisha (Sungerinnen
und TItaieiiiinen) .
14. lO^CFiaehiiMikt-
gUilcn)
15^ TbMter .
16. SehtostolhiiigeD^
17. Tunnjo (AiuaiehtB-
ponkte)
18. Yueiba (Billards,
SchiefBlmdeii etc.) .
Erwachsene 1 Yen
monatlich . . .
Oshaku ( „trägt kein
Shanüsen'') 50
Sen monattieh .
5 Klasson:
Nihombashi gnmi
Yukkuiclii . • .
Fukagawa . . .
»Shitnnn .
Shiba Kauasu^i - I
Honshibft - /
Ehrend der Vor-
8tellung«Mi täp;lich
IjiBin per Einheit
I. RIaese: Gebäude
von mehr als 100
Tsubo, tätlich 1,8
l^in per Linheit .
II. Kln-?f: (M'bsiude
unter UunUertTsu-
bo. tÄglich 0,7 Kin
per Kuiheit . .
Iii. Klasse: im
Freien, 5 Prozent
der Einnahme
Prozent der Ein-
nahme ....
Billard 75 Sen mo-
natlich per Tisch
klfiiiM Rillards 50
Si ii monatlich per
Betrieb ....
kleine l?ojren (Yo-
kyuba) 75 Sen per
Betrieb monatlich
mIU' aiulrren (Bo-
cen,Fächer, Wind-
buchsen , Blasc-
rohre)50Sen
natlick . .
921 Pen.
51 17;j Einh.
durchschnitt-
Uch 140 Tage
13453 Einh.
an 120 Tagen
964 Einh.
an 120 Tagen
TM»
83
71
153
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X 4.
677
G«geiwtand
der
uer
Einheit, Kopf, Stück
U. 8, W.
Zahl der
beflteueiten
Einheiten,
Köpfe,
Stücke
Q. 8. W.
Steuer-
ertrag
19. Yc?e fkl^ Abend-
theater)
2U. ächiüe und Boote .
21. Wagen
22. Keiflttampfen . .
28, Reitpferde . . .
24. ächlftchterei . . .
Son per Einheit
Boote über öO Ko>
kn und 2 Ken
Länge wie Staats-
Bteuer , kleinere
iialb
zweispäunig zum
Yeimieten 3 Yen
zweispännig privat
a Yen . . .
^Qspäuuig zum
Vermieten 2 Yen
einspännig privat
2 Yen ... .
Pferdekamn 50
Sen
zweisitzige Jiun-
kwlia 2 Yen . .
einsitzige Jinri-
kisha 1 Yen . .
(nur für neue und
nach Tokyo einge-
führte Jinriki ii i
zweisitzige Jiuri-
kisba pnvat 2 Yen
einsitzige Jinri-
kisha privat 1 Yen
Ochsenkarren 50
Sen
gr< fsr Lastkanren
.>U Sen ....
kleine Lastkarren
25 Sen ....
per Mörser 20 Sen
bis 1 ^'en . . .
zum Vermieten 1
Yen
private 5 Yen . .
Bindvieh ao Sen
das Stttck . . .
KAlber 10 Sen das
Stack ....
62288 £tnh.
5 101 Japan.
Boote
702 Tonnen
europ. Schiffe
88Wagen
70
99
190
179
2GUÖ
1823
m -
1559 -
137 -
631 .
37789 -
m Möieer
33Stöck
25 .
18351 -
645
Yen
747,»
1410,*
264
210
198
380
89,»
5390
1823
1066
1559
68,s
315,»
9 447,3
151,»
33
125
5505,»
64»»
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678
X 4.
G^enst&nd
der
Stqoer
Einheit, Kopf, Stück
U. 8. W.
per
Zahl der
besteuerten
EiDheiten,
Köpfe,
Stücke
Steuer'
ertng
u. 8. w.
Yen
Pferde 10 Sen das
Stück • * . .
Sc-liHte 15* Sen du
Stück . . . .
Schweine 10 Sen
126 Stück
das Stftek . . .
in 10 Klassen 12
bis 80 Sen fÖr
100 Tsubo . . .
987 -
2S. Seetanggowinnimg .
604»s
Anmerkung. Unter den stenernfliehtigen Peisonen sind aneb
Taikomochi (eine Art Sparsmaeher, zur Unterhaltung der GKiste bei fraeel*
]\^pu Vereinigungen) autj^efUhrt mit einem Steuersatz von monatlicli Yen.
Im Voranacliiag findet sich jedoch kein Posten für diese Steuer, ofieobar
derartige retwntm. in Tokyo nicht mdir Torkommen.
Chiba ken. die Provinzen Ka lzusa, l^oshu (Awa) und den
grölaten Teil von Shiniosa umt'a^sentl, bildet eine Halbinsel zwischen
der Tokyo-Bucht und dem Groisen Öcean. Im Norden wird er
ms£ eme laoge Strecke Tom Tonegawa und den mit ihm rer^
bondenen Seen und Lagunen begrenst. Die südliche HlllAe iat
mit steOen, zerrissenen Bergen bedeckt, der forden ist eine weite,
leicht gewellte Ebene. Die Qröfse des Bezirks beträgt 326,4« OBi
= 5035 Quadratkilometer. Die Wohnbevölkerung betrug am
Dezember 1887 1 1592'^7 oder 230 auf den QiKtdntkilorafter.
die Zahl der Plauslialtungen 212187. Von den Einwohnern sind
weniger aU 2 Prozent ohizoku.
' Erläuterung aus dem Budget selbst nicht klar hervorgehesder
Punkte bat mir Uenr Kiachi von der Berirkaregiemng in Chiba beaofgt.
(Mit einer Tabelle.)
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X 4.
679
Auf den Quadratri der Grundfläche (= 1555,2 Cho) standen
Ende 1887 m Privateigentum 1021 Cho, davon 812 Cho Betsfeld,
218 Cho trockenes Feld, 48 Oho Banland, 880 Cho Wald, 66 Cho
Hank (Dagegen im Daiduchmtt des Landes ohne Hokkaido:
715 Cho in Privatbesitz, wovon 144 Cho Reisfeld, 106 Cho trockenes
Pdd, 20 Cho Bauland, 393 Cho Wald, 55 Cho Hara.) Der Grund-
steuerwert betrug 51 547 000 Von oder 154,r. Yen per Clio (12:^ Yen
im Durchschnitt des I^andes). Ks ist ein vorwiegend ackerbauen-
der Bezirk, doch ist die Produktion £!:erade der lohnendsten Gegen-
stände, Seide und Thee, wenig entwickelt, erstere £ut gar
nicht.
Die Reisprodoktion ist sehr bedeutend, 1888 : 1 440 000 Koku.
Daaaelbe ist der Fall mit Gerste und Weusen, susammen 652000
Eokn. Was sonst produzi^ wird, so Banmwolle, Tabak n. dgl.
ragt nicht ans dem Durchschnitt hervor. Ai wird in ziemhchen
Mengen gebaut Hindviehhaltung ist nicht stark, aber doch er-
hebhch gröfeer als in den Nachbarbezirken (148i)0 Stück).
Pferdehaltung entspricht den benachbarten Gl^;enden (56894
Stück).
Von der Fläclie des Reisfeldes wurden 1884 gut 40, von
der des Trockenfeldca etwa 37 Prozent von PHchtern bewirt-
schaftet, ein sehr viel höherer Prozentsatz als in den Nachbar-
beanrken. Im Jahre 1887 waren es vom Bosfeld schon fiut 45,
▼om Trockenfeld 41 Fhweni Die Zahl der Landwirtschaft
treibenden Haushaltungen wird 1886 auf 163005 angegeben,
wovon im Hanptberuf 102657.
Die gewerbliche Entwickelung ist sehr unbedeutend, Sake-
brauerei ist nicht stark entwickelt, entspricht etwa dem Landes-
durchschnitt, Hausbrauerei ist häufig. Dagegen ist es der wich-
tigste Bezirk ftir die Shoyu-Fabrikation, etwa ein K< untel alles ja-
panischen Shoyu wird in Oliiha-ken (Choshi) hergestellt (nämlich
121816 Koku im Finanzjaiir 1SS7 88).
Charakteristisch ist für Chiba-ken die durch seine Lage be-
günstigte Ausdehnung der Fischerei. 18b7 rtoUen 14n31 Haus-
haltungen Fischerei als llauptgewerbe, 18301 Haushaltungen die-
selbe aJs Nebengewerbe betrieben haben. Das sind gröfsere Zahlen,
als sie aus ugend einem anderen fienrke bcnnchtet werden.
Es sind 6,s Prozent der Hanshaltungen im Hauptberuf, während
es im ganzen Land etwa 2 Prozent sind; dazu sind weitere fast
9 Prozent der Haushaltungen an der Fischerei als Nebengewerbe
interessiert Die Zahl der Fischerboote betrug 12906 fiir See-
fischerei , aul'serdem 1884 2450 R\y Süfswasj^erfisclterei. Die
Durcbäcluiittszahl der Fischerei bevulkerung per Boot ist zienüich
hoch und erklart sich aus der Form kapitalistischen Grolk-
betriebe«, welche die Fischerei im Chiba-ken bereits angenommen
hat Die grofsen Fii^chereiunternehmer sind zugleicli die Grofs-
grundbesitBer. Der Tokyo-Markt ftlr Seeprodukte wird bu einem
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680
X 4.
erheblichen Teile von Chiba aus veraoi^. i^^igchdünger und Thran
wird in grolaeu Mengen bereitet.
Das Verkehrswesen ist nicht ßüirk entw ickelt. Es bestehen
2 Nationalbanken, Kr. 47 mit 95 000 Yen Kapitid und Kr. 98
mit 120000 Yen Kapital. Aufserdem giebt es 2 Privatbanken
mit siuammen 100000 Yen Kapital.
Audi das Sdralweten ist nicht besondm entwickelt. £•
^bt eine Mittelschule und eine Normalschule. Aulaerdeni berteht
m Chiba eine Medizinschule, welche der Bezirk onteiaMWaly ak
Zweiganstalt der 1. höheren Mittelschule (Tokyo).
Über die administrative £inteUung ist zu bemerken, dafs die
21 Kreise zu 10 Kreisilmtem zusammengel^ sind. Qemeinde-
bezirkc bestehen :388 (1882 noch 824).
W;i!in ii(l die Staatssteuern etwas Uber dem 1 )urclj8chnitts-
koptaiittil (ies ganzen Staate stehen, ist Bezirks- wie Gemeinde-
besteuerung verhältnisnialsig sehr gering : per Kopf Bezirkssteueru
1886 87: 36 Sen (im Staate 52), Gemeindesteuern 13 Sen (im
Staate 81). Dagegen Staatsatenern 1»<t Yen (im Staatadordiaeiinttt
IjBs). Das Fuiun bringt Terhältnismärsig geringe Betrüge.
Das Budget des Chiba-ken fUr das Jahr 1888 89 findet sich
in einem handlichen Oktaybändchen mit leidlich klarer Anord-
nung. Beachtenswert ist, dals bei den einzelnen Hauptposten
die Vnrschläc^e des Bezii-kshauptmanns und die endgültig an-
genommenen Summen nebeneinander gestellt sind, otFenbar eine
Art Reklame, welche die Herren Bezirksvertreter für ihre Sp;>r-
saiiikeit bei den Wählern raachen, da die Abstriche ziemlich « r-
heblich sind und wesentlich den Grunde>teuerpäichtigeo zu gute
kommen.
Das fiändchen enthült auf 71 DoppMdseiten aiifter der
Oeschäfitsordnung d^ Bezirkstages und einigen anderen ei^t-
lieh dahin nicht gehörenden Dingen acht Abschnitte finanneller
Nator:
I. Ansgabenetat.
II. Einnahmenetat.
ni. Art der Auflegung der Gewerbe* und Venchiedenen
Steuern.
IV. Art der Auflegung der Grund- und der Haushaltangs-
steuer.
V. Schulgelderetat einer Volksscliule (als (Jbungsschule zur
Normalschulc gehörig; an sich sind Volksschulen nicht
Bezirkßiiache ).
VI. Etat des HiÜfefonds.
VII. Reserve der Berirkskasse.
VIII. Reisekosten etc. der Mitglieder des Bezirkstages.
Die Etats unter 1 und 11 enthalten die Generaletata in der
eesetzUcben Form, eine summarische Wiederholung m Tabellen-
torm^ und die Specialetats mit ziemlich ausführlichen Erläute-
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X 4.
681
rungen. Bei den Etats der Steuereinnahmen sind noch die
Erklärungen der Abeclmitte III und IV 211 bertteksichtigen.
Der Anschlag der AiiÄgaben ibt, wie folgt (auf ganze Yen
abgei-undet, weshalb einzelne Sumniierungen nicht ganz stimmen) ^
i'olizei
Polizeigebäude
Wuser- und Wegebau
Desgl. Zuaofauis an die Ge-
meinden
Besirkstag
Oesundheitswesen
ünterrichtswesen
Kreisanitsgebäudö
Kif'i>})(3amte
Armen wesen
Strandamt
Druckkosten
Forderung der Volkswirtichaft
Gememdebeamte
Eaflaenverwahung (VergQtung
an die Chibabank)
Bezirk sregierung^gebäude
Gefangene
Transportkosten, Porto etc.
ßeserve
dabei Staatanischurs
92826 Yen (21421 Yen)
1378 - ( 318 - )
66996 -
10248 -
6 308 -
31)7 -
25600 "
939 -
55070 -
526 -
24 -
1891 -
3511 •
115138 '
585 .
1000 •
67 836 -
2946 -
8235 -
6116 -
Summe des Urdinarium
Zum Neubau der Medizin-
schule
467071 Yen
25000 -
Zusammen 492071 Yen
Wip in allen Pip/irken kommt ein sehr grolser Teil der
Ausgaben auf die den Bezirken autjgelegten Staatsausgaben.
Über ein \'iertel aller Ausgaben betrifi'i Gemeindebedtirftiisse.
Der wirtachaftUcheu Selbstverwaltung der Bezirke bleibt geringer
Spielraum. Der an sich niedrige Posten i\lr Hebung der Volks-
wirtBchai't wird bauptsllchlicb f&r Wanderlehrer, Hebung der
Seidensucht, Stipendien fUr Studenten der TienuzneScbule
u. dergl. ausgegeben. Die fiinselheiten machen einen sehr ver-
nünftigen Eindrudc.
Gegen den Voranschlag des Benrkshauptmanns sind 42211
Yen ab^strichen, dagegen 1216 Yen zugesetzt (davon 1116 Yen
zur Bewrve).
I
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682
X 4
Die Einnahmen sind, wie folgt, veranschlagt:
L Grundöteuerzuöchlag 228 1 88 Yen
Gewerbesteuer 67 457 -
Verschiedene Steuern 40159 •
Haushaltungssteuer 81 783 -
Summe I bteuem 417536 Yen
(dabei von
(SefaugDifleii
IL GebühnnundVenchiedeiies 82874 - 22105 Y«n)
ni. ÜbenchuTs von Vorjahren 4922 -
Gegen den Vorachlae^ des Chiji sind abgesetzt 56449 Y» n,
wovon allein 42 543 Yen bei der Gnindst^ner. Höher eingesetzt
sind 15450 YeD, wovon 15ÜÜU Yen aus der Keserve der Bezirks-
kafise.
Was die Steuern im einzelnen betritt, so ist die Grundsteuer
mit kaum mehr als der Hallte des zulässigen Maximalsatzes belegt
Eb flollen nämUch 17,7 Sen vom Yen eAobeii werden, dbo etwas
mehr ab ein Sechstel der Staatssteuer.
Die Haussteuer (Kosn-wari) ist auf 40 Sen ftir jede
Haushaltung ün Durchschnitt festgesetzt. Die Steuer ist auf jed^
SU legen, der eine Wohnung Air sich hat^ mag er Familien h.inpt
sein oder nicht, mn<: er sein gesetzliches DoTnizil am Ort haben
oder nicht. Den iHirchschnittssatz von 4(1 ISen muls die Geni^irtde
aufbringen. Die Unterverteilung geschiflit durch die Geim inde-
versammlung, welche zu rliesem Zweck im April und Oktolxr
zusammentritt. Geschieht dies nicht, so entscheidet der Kocho
ttber die Verteilung. Die Steuer wird haLbjfthrlich besahlt. Von
der Steuer irei sind die^ welche aus Öffentlichen Mitteln Unter-
•tatBong durch Nahrung, Wohnung, Ackerbaugerät, Saa^ut eta
erhalten. Im Etat wird auf 204822 steuerpflichtige Hanshal-
tungen gerechnet
In .ähnlicher Weise wird die Gewerbesteuer aufg(lc<;t.
Im Etat ist ftir jede Gemeinde ein Betrajii- t'estgestellt, welchen
sie von den Handels- und Gewerbebetrieben aufbrinfr<n soll.
Die Unterverteilung und KinschätzunjEr dazu nimmt die (ieiiu mde-
versammiung im Aja-il vor (eventuell der Kocho). Die Aullage
geschieht nach dem Betr^ der Bruttoeinnahme und zwar sollen
etwa vier bis fünf vom Tausend erhoben w^en. Von diesen
Gewerbe Sandweier. Diese sollen jährlich ein FEznm von
40 Sen entrichten. Die ersteren sind auf 6624, die letzteren auf
21 421 geschützt. Die auf die Gemeinden umgelegte Steuer soll
vom Handel 55598 Yen, vom Gewerbe nur 641 Yen abwerfen.
IV. Aus der Reserve
V. StaataasnschulB
15 000 -
21739 -
Zusammen 492071 Yen
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X 4.
683
Steuerfrei sind Hausierer mit Efswaren, Händler mit tragbaren
Ständen, auch solche, welche Efswaren vor dem Hause zum Ver-
kauf auastellen, femer Handwerker und Barbiere uutcr 15 und
aber 60 Jahren, dieaelben (sowie «adi Lehrer der Ktlnete und
anattbeode Künstler), wenn tae krank nnd, Eraaen von Hand-
werkern, Strafsensänger, endlich Viehmflrkte; mit letaleren Be-
stimmungen bin ich schon an den Verschiedenen Steuern
gelangt
Von diesen wird diejenige auf Restaurants und gewölmliche
E&hUu'^er in dersellion Weise wie die Gewerbesteuer auf die
Gemeinden umgel^t und von du s* n so verteilt, dafs etwa 10
bezw. 8 vom Tausend der Roheinniiliine aU Steuer erhoben werden,
löt der von den Gemeinden aufzubringende Betrag niedriger, als
bei solcher Besteuerung sich ergeben wtirde, so ist jedenfalls von
BestaurantB der 2^/8fi!che, von Elshäuisem der 2 fache Sata au
erheben. Jene sind auf 2320 Yen, diese auf 2711 Yen gesehätsi
Die sonstigen Verschiedenen Steuern bestehen aus den üb-
lichen festen jährlich, monatlich oder täglich zu entrichtenden
Sätzen. Ganz merkwlirdig ist dabei die Mannigf-iltigkeit der
auf die Fischerei meist nach den verschiedenen Arten von Netzen
gelegten Steuern. Für die Seefi?«eherei allein enthalten die Er-
klärungen 37 verschiedene i^ositionen. Von insgesamt 40159
Yen Verschiedener Steuern kommen auf die Fischerei 11 0Ü7 Yen,
dazu von Booten 4740 Yen. Der einzige sonstige gröfsere Posten
ist der Zuschlag zur Wagensteuer mit 6519 Yen. Weiteres siehe
S. 685.
Der Etat des Httlfsfonds aeigt eme Einnahme Ton 80856
Yen, davon sind
Kenbeitrag (^2,26 Seu Zuschlag iur
einen Yen der Grundsteuer) 29 007 Yen
Staatsbeitrag 28854 -
Zinsen des Fonds 22995 -
Der Fonds ist zum Teil in Staatspapieren angelegt, nämlich
253655 Yen, welche 15892 Yen Zinsen geben, aum Teil bei
der Ghiba-Bank deponiert, nämlich 129152 Yen, weiche 7103
Yen Zinsen geben ^
AU Ausgabe sind vorgesehen
UnterbtUtzungen 15000 Yen
Verwaltnngskosten 770 •
In Staatspapieren anzulegen 65086 -
Die Reserve der Bezir kskasse, gleichfalls bei jener
Bank hinterlegt und mit 5^2 Prozent verzinst, beläuft sich auf
^ Die Chiba-Bank ist eine l^rivatlMmk , dem VorsitzendeD des
Besirkstages gehörig. Im Besirkstsge ist lebhafte UnsafnedeDheit dar-
flber snsgesprochen, dafs der fiesirkihaiiptmaim diese Bank begünstigt.
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684
20187 Yen, wozu noch die zum Bau der Medizinschule vor-
geschossenen 15 000 Yen kommen. Dieser Reservefonds vsird
mit '^imz getrennter liechuung verwaltet. Er stammt aus Über-
scbtisöen der Bezirkssteucr iu dci' Zeit von 1875 — 79.
Bemerkenswert ist schlieislich nur noch, dafs die BÜtgUeder
des Berirkstages uitd BeurksMusduuBes filr den Ri 25 Sen Reiae-
fdder erhalten. Wohnen 816 näher als 1 Ri, so «halten aie
eine Reisekosten, aber 25 Sen für ein Mittagessen. Die Ren-
AusBchuismitglieder erhalten monatlich 30 Yen Diäten.
Im Gegensatz zum Bezirke Tokyo machen die Giniiolktnngen
alle einen verhttltnismäisig eintacben £indmok.
(Siebe Tabelle S. 6So.)
Siebeutejs Kapitel
Rfickblick auf Ausgaben, Binnahiieii ud das
Steuersystem.
Die Ausgaben des japanischen Staatsweaeos haben aich
aeit Chrdnung der Fbanzen im Jahfe 1875 folgendennalaen ent-
wickelt (in runden Zahlen):
davon aafserordentliche
187576
1876 77
1877,78
187S 79
1871» 80
1880.81
1881,82
1882,83
1883/84
1884/85
1885 '86
(9 Monate)
1886 87
1887 88
1888 89
1889 90
(Budget)
189091
(Budget)
69 200 000
59310000
48 4;;oooo
6094U000
60320000
63U0ÜÜ0
71460000
73480000
83110000
76660000
61 120000
82 620 000
79690000
81 510000
76 6üü 000
84 580 000
Yen
12590000
2490000
3180 000
493'M)i)0
433UUU0
2680000
11080000
14010000
15190000
15940000
18470000
830 000
1 300 fiiiO
2460 (HM)
1061000U
6970000
Yen
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X 4.
685
Verschiedene Steuern (Zasahu-zei) im Chiba-ken
nach dem Budget für das Jahr 1888/89.
(Ertrag auf ganze Yen abgerundet^
Gegenstand
Steuer-
der
Steneraats
ertrsg
Steuer
Yen
I. Bjoryt^ (iwstaiiiaDiBj
umgelejft auf die Gemeinden, 10
vofv^ ^^oiiaATY/l Hai* RAffiiMnvfeMktnA
vtfiii 1 HutMiiiii ucrxvoutniiiiiiiiilUB
2. MachiaijaTa ...
jährlich 10 Yen
20
Speisehäuser . . .
8 vom Tausend, wie Ryorya .
2 711
4. Bäder
3 Klfl.«wen, jährlich l,m, 1, 0.soYen
894
2 105
6. Dienstbotemrennittier
jährUeh 8 Yen
168
7. Lehier der „Kfinrte"
8. Kttiisller(EixihIeretc)
184
monatlich 75 Sen
407
9. Sumo (Rioger) . . .
27
10 Schauspieler . . .
2 Klassen, monatlich 50 und 75 Sen
68
IL Geisha (TänzerinDeii)
2 Kla«f»f»n. monatlich 50 und 150
Sen (ca. 150 erwachsene Geisha
OilA *v^l 1 V
lA* AUUrKW . . . • •
o ikMMen, nonauicn nno ngiien
KAI
0**
18. Theater
1313
H. Sehauboden. . . .
für Snmo täglich 1 Yen, andere
Sen
508
15. Aussichtspunkte . .
tiifrli*"li '50 Sen
1
16. Schiefsbuden u. dergl.
214
Ii* AiranaiDeaMir .
£ tuaeeen« nonaiiica miu Tagiico
AHO
Ifi
uaine cier oTaaiMteoer ....
4 (4U
naitte der otaaiseteuer« . • .
ooiu
20. Wassermühlen. . .
für den Mörser jährlich 20 Sen
02 1
21. Reitpferde ....
405
22. Schlächterei . . .
Rinder und Pferde Sen, Schafe
Z\j oen, iviUDer unu ocnwcuie
284
23. Fitcherei
37 Klassen Seefischerei, 4 Klassen
Süfswasserfischprei. Sätze meist
jährlich, auch per Saison oder
monatlich, per noot, per Netz,
per Person, per Taucherglocke
11 097
24. Seetrinpc^ewimumg .
jährlich 20 Sen der Kopf. . .
162
2ü. VogelsteUen . . .
K!as.-"'i), iilhrlich 25 Sen bis
1 Veii
224
26. FlSAerei
jftbiiich 80 Sea der Kopf . . .
10
ZuMUDnien
40159
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686
Zu den niedrigen Ausgaben des Jahres 1877 78 ist dabei
daran zu eriDnern, dafs (i\r die Kosten des Aufstandea auf
Kjushu eine besondere Rechnung au%esteUt ist, auf welche
auch Posten abgewälzt sind, wpiche eigentlich in die allgemeine
Ausgabenrechnun^^ p^ehören. In dieser Speeiah-ecliiüinr^ ist für
die Zeit vom 19. Februar bis Ende Oktober 1877 eme Ausgabe
von 41 567 727 Yen nachgewiesen ^
Von dieser Zeit an mt die Staatsausgabe ziemlich repel
mälsig gestiegen und bewegt sich jjec:enw;lrtii; um 80 Millionen
Yen. Über die Ausgaben fUr einzelne \ erwaltungszwecke isl
im füiiilen Kapitel den ersten Buches eingehender gehandelt
worden. Das Anwachstü in neuerer Zeit ist vor allem den
wacbsenden Aus^boi iUr Zwecke der Landesverteidigung m-
zuschreiben, sowie denen für Juitis und PoUzei, zeitweise anch
der aufserordentUoh starken Tilgung von Schulden (Einziehung
des Papiergeldes).
Um em richtiges BikL der Öffentlichen Ausgaben su eriudten,
sind aber auch die der kinnnnuialeii KdrperBebaften zu berOck-
sichtigen, um so mehr als frühere Staatsausgaben in grOfserem
Umfiusge 1878 und 1880 auf sie abgewälzt sind. Sie liegen
uns von 1879 bis 1888 vollständig vor und sind in der
Tabelle S. 687 zusammengestellt, fl'ber die Ausg^bf^n der
Kommunalverbünde yei^gleiche im übri^^en das vorige Kapitel)
Die Oesamtausgabe aus öfifentlichen Mittehi bdäuft sich
mithin auf 110 bis 120 Millionen Yen oder gut drei Yen, zefao
Mark, auf den Kopf der Bevölkerung.
Die Einnahmen des japanischen Staates haben sich nach
den Abrechnungen seit 1875 folgendennaÜKn entwickelt (in
runden Zahlen):
davon auls^rordeutlichc
1875 76
1870 77
1877,78
1878 79
187980
1880/81
1881/82
1882/8$
1883/84
69480 000 Yen
59 480 uuO -
52 340 000 -
1)2 440 000 -
02 150000 -
68870000 -
71490000 -
73510000 -
83110000 -
5 700000 Yen
abuoooo -
2370000 -
8800000 -
4440000 -
5330000 -
7190000 •
3620000 •
15450000 •
^ Davon Kheguniniäterium 30 358 134 Yea
Maiinemiiustwiam 654529 •
Poliifli 6 3014^ ■
zusammen a? 314 161 Yen fUr die etgeatlkh
militärischen Ausgaben.
üiyiiized by
X4.
687
1884/85
1885 86
(9 iMonate)
1886 87
1887/88
1888/89
1889/90
(Budget)
1890/91
(Budget)
76670000 Yen
62160000 -
84 020 000 -
88190000 •
92810000 -
76 (
»11111 III
84750000 -
davou aulserordenüiche
4 370000 Yea
5440000 -
(10350000 - )
(10670000 - )
( 8720000 - )
( 890000 • )
( 7000000 - )
Ausgaben aus Öffentlichen Mitteln seit 1879
in Yen.
Ftnannjahr
des
Staates ^
der
Bezirke
1
Aua li^m
und dem
Hülfs*
fonds*
der
Gemein-
den*
Zuaammeo
1
2
3
4
5
6
1879/80
60 317 578
11 247 882
470 065
12 981 701
85017 226
1880/81
68 140897
12 601539
756 126
15 m 956
91633 518
1881/82
71460 321
17 420 390
1 241 921
17113098
107 235 730
1882^
13480667
194U738
1228231
18690037
112810673
1883/84
83106859
18896760
1776273
17952602
121734494
1884/85
76663108
19068718
2160786
16207194
114125806
1885/86
61 121 407
16306583
1665701
13543084
92836775
9 Uboate)
1886/87
83487259
21406012
1380227
13672735
119946233
1887/88
80 099 381
19 864 443
665 052»
12 347 445
112 976 321
Dabei ist zu beachten, dal's seit 1886 die Einteilung des
Budgets eine andere geworden ist. Es ist aucli daran zu er-
if WM oben ttberhaupt Uber die Aufrlelfaiig des Etals
1 Ausgaben des Stsstis bis 1884^ SeiilnüneeliniiiigeB, seHdem
feriinfige Abrechnan^en.
* Ohne Uokkaido, wo die BezirkaauBM^ben 1884 — 1888 xwiachen
eOOOOO und 760 000 Yen jihiUeh rieb bsw^ baben.
» HüifsfondB seit 1880 81.
* Ohne Hokkaido (140 000—1x0 000 Yen) und Okioawa.
^ Nur UttlMonds. Fokin in Spalte 3 enthalten.
üiyilizüü
688
X 4.
gesagt ist, namentlich, dai's bis 18sü der Erlös der verschiedenen
Anleilien (1877, 1878, 1884 8ö) und die Überschüsse früherer
Jahre Dicht unter den Einnahmen aafgefilfart sind. Dage^eo
befinden rieh unter den aufterordotitilichen Efainahmen der Jabre
1883 84 bis 1886 87 erhebliche aus dem Reservefonds und dem
filsenbahnbautonds entnommene Summen.
Die ord'*inliclie Staat^einnahme bewegt sich also in den
letzten Zeiten zwischen 7<) und '^^'^ MilHon«'!i Ym.
Eine t'bersicht der Einnahmen aller ötieutUchen Körper-
schaften seit 1879 giebt die folgende Tabelle.
Öffentliche Einnahmen seit 1879 in Yen.
Finanz-
jahr
des
Staates
der
Bezirke
(ohne
Hokkaido))
FaksD
1
HültiB-
fonds
der
Gemein
den (ohne
Hokkai.
do" und
Okinawa)
Zuaanunen
1
2
3 ! 4 ' 5 6
7
1879 i<0
1880 si
1881/^2
18H2/S:i
1888 84
1884/85
1885'86
(9 Monate)
1887/88
62 151 752
68 867 2M
71 480880
78 rm 427
83106859
76669 654
621.56569
84020401
88 191 445
12 072 570
18 569 177
18 741 659
20 465 184
19 401 770
19724558
16872384
22416262
21945663*
m 825
757 061
875 200
885 272
844 670
769071
585928
688581
489 711
927 ^07
914 492
8«7 328
901303
694422
907891
914157
13 564 471
16 129 898
17 752 s:^
18 994:^9
18 254316
16743864
14381662
14319037
13014874
88 421 118
94 818 101
109 787 384
114 767 7^4
122 494 943
114806450
94640915
122352122
124066139
Was die Quellen der öffentlichen Einnahmen be-
trifft, so Ubenvicgen in einem ganz hervorragenden Mafse die
Steuern, auf die regelmäföig allein acht bis neun Zehntel aller
Einnahmen entfallen. Lassen wir die Überschüsse aus Vorjahren
und die durch Anleihen u. dei^l. aufgebrachten Mittel aulser
Ansata, so betniMi die sftmtlichea Steneni und GebUhreo (ohne
Post) von der Einnahme
1 Von 1884 bis 1887 betrugen die Kinnahmen im Hokkaido 61u000
bis 760000 Yen jährlich.
2 einschliefslicli Fukin.
3 In den letzten Jahren 150000 bis 190 000 Yen.
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X 4.
689
1880/81 1886/87
des Staates 85 ^/o 88 »/o
der Beoirke 95 »^ u 92 0/o
- Gemeinden 92% 85 « o
bei aUen zasammeD 88 ^iq 88 ^Jo
1
Die Eiumihmen des Staates und uucii mehr der Kommunal-
verbände aus dgentlicfaem werbenden Vermögen sind ganz an-
bedeutend. Es ist das fbr die Fmanzlage des japaoischen Staate«»
für die Möglichkeit der Steigerung der öffentlichen Eännahmen,
fUr die Würdigung der Staatsschuld ein wohl zu beachtender
Faktor. Bei dieser hervorragenden Bedeutung der Besteuerung
ist am Platze , auf ihre Entwlckelung im besonderen einen
vergleichenden Rückblick zu werilen.
Die En t Wickelung der Steuern überhaupt ist nur
f^r die Staatssteuern für die ganze Periode Meiji festzustellen.
Die Abrechnungen und Pm(lfi:ets geben folgende Entwickelungs-
reihe, wobei jefloch die truiier zu den Steuern gerwlmete Kin-
nahme der Post wt^gelüsüen ist. Dabei ist im einzelnen daran
zu erinnern, dafs die VIII. Finanzperiode, das erste Halbjahr
1875, alle Kückstäude der vorhergegangenen 7 Jahre einschliefst,
bei der Yerdelohang also ganz ausscheidet. Überhaupt nnd die
Einnahmen bis 1875 nicht gut vergleichbar, da die Perioden un-
gleich lang sind, auch der gröfste Teil der Einnahme in Reis
bestand, so daCs die berechnete Geldeinnahme nach den Reispreisen
schwankt. Nach der Neuordnung von 1875 macht sich zunächst
der grolne (mindsteuererlars «^'eltend und der Wegfall der Renten-
steuer intblLT der Ablösung der Renten. Der Ausfall ist durch
neue Steuern erst iSHl wieder eingeholt. Seit 1883 bewirkt die
wirt»<ehaftliche Kriais ein ri IMckgang der Steuereinnahme, trotz
Kiniuhrüug neuer und Ei'huiiuug bestehender Steuern. Von 1887
an wirken auch mehrfache Steuerherabsetzungen (namentlich bei
den Hokkaidosteuem, Ausfuhrzöllen, der Grundsteuer).
^ Die absolnten Zahlen nnd in 1000 Yen:
1880/81 isse«?
Eiii- Steoeni EiO' Stenern
ashine nabnie
Staat 63 367 53839 73 770 6470Ü
Bezirke (einschl. Fokin and HülfsfoDdsj 14 503 13755 2 M41 213^
Gemeinden 15 6H2 14 470 1-!741 um
zusammen i*3oo2 82064 110 602 97758
Boi den Besirkeo febU Hokkaido, bei den Gemeinden Hokkaido
und Okinawa.
Fonohungen (45) X 4. — lUtligeo. 44
üiyilizüa by C^OOglc
G90
X 4.
Einnahme von Staaissteuern^
nhnn %n1ta
mit Zlitl«n
zeii
2436443
3157310
3896 490
4309316
Ul
8675 512
9323 0»»:,
IV
11780403
12 852 034
V
20405 583
21 827143
VI (1873)
63 231» 632
64925 807
VII (1874)
63616941
65115193
VllI (1875 1. Sem.)
74890886
75928990
FmanBjalir 1875/76
56 892 032
586107O5
• 187b 77
49 052 737
5104140O
1877 78
44 f.}4 6/3
47 113327
1878/79
4ö 18o372
50 53 / 007
1879 80
51 644 290
o4 20 i 1'2 <
1880 81
51 181 009
53 75ti 044
1881 82
5 / 308 1 90
50 014482
1882 83
634<4 7o8
bt»032 /2o
1888/84
62652419
65282421
1884/85
62243 185
64940901
1885/86
48838964
50884407
188687
61 381091
64371 161
1887 88
62 084 466
66 220 352
1888 89^
60 063105
64 678 666
1880 90 (Bud^-et^
6;3 7(i5 214
67 870 756
IbUO'Jl (liudget)
62151965
66327507
Wie unter den d£feDtiichen
weitem die
Steuern an Bedeutung hefvorragen , so tmter den Stenern die
direkten Steuern^ und vor allem die Grundsteuer. Tkots aUer
Erweiterungen des Steuersystems steht diese immer noch im
Mittelpunkte. Neben d>-r Grundsteuer haben die andrrr^n
dirf^kten Pei^onal- und Ertrags-steuern , auf welchen die K<>in-
uionaltiiianzen zu einem «irorscn Teile beruhen, steigende 1 Be-
deutung. Hinter den direkten Steuern stehen die X'erbrauchs-
' 1V\H sind in den Zahlen einige Gebuliren enthalten, -w-rlehe
die Summe z. H. für 1879 MO um etwa 76 000 Yen erhöhen würden. i>ie
Zahlen seit 1><79 u-.u h der Zusammcnbtelluug Stat. Jahrb. VIII Sit und
^ Zu beiu litcn ist, dafa wegen Abtrennung des letzti n Gnuidsteuer-
terminee die steuereinoabme dieses Jahres mit den N'orjabrea nur ta*-
gleichbar ist, wenn wir die Gnindsteuer vom Reisliind um ein Orittd.
§leich 7 T.W) 000 Yen. erhöhen, wodurch das Aofkonmien an Stenern avf
2416 000 Yf'n stcijrcn würde.
* loh brauche den Aufdruck: „direkte" Öteueni, hier durchweg nach
dem landlfiufigen Spraebgelwaiiche im Sinne der Bauseben „Schatziingfla''«
biyilizüü by GoOglc
X 4.
m
und die Verkehrssteuern ganz erheblich zurück. Ihre Erträge
sind über den Höhepunkt des Jahres 1882 83 erst 1^^7 88
wieder gestiegen. Um einen Überblick zu geben, können wir
die Steuern zu folgenden Gruppen zusammenfassen:
A. Grundsteuer, des Staat« wie der Kommunalverbiinde,
einschlielslich Zuacbl^e tur den HülMouds und Gemeinde-
flächensteuem.
B. Personal- und Erti*ag8Steuem der Koniniunalverbande,
nämlich Haushaltungt» - und Hiiu8er.stouern, Gevverbe-
öteuern, „Verschiedene Steuern", boiiatige Gemeindesteuern,
C. Verbrauchssteuern, nämlich Getränke-, Tabak-, Kuchen-,
Sboyu , MediriDsteuern, ZoUe und Hokkaidoprodakteii-
Bteuer (Uber deren syatematiache Unterbringuitf man
ebensoMlir Bweifeln kaDn wie Uber die der AiuinbnOlle).
D. Verkdinateiiem, nämlich Wagen- , Schiff- , Bank-,
fiOrBensteaero, Stempel (eioschlie&lich GerichtBkoeten).
Allerlei sonstige Gebttbren und lioenzen bleiben dabei im-
bertteksichtigt Eine nnbedeatende StiSrang iet es auch, dajÖi bis
1887 in der Grundsteuer die Stempel Tom Besitewechsel ent-
halten sind.
Dk> Zusammenstellung in diese 4 Gruppen in 4 Finanz*
jähren engiebt folgende Zahlen:
1880/81 1882/83 1884/85 1886/87
Yen Yen Yen Yen
A. 58 458 839 iU 382 9^2 (33 305 642 6<) 1 4< 1 1 23
B. 12112 7Ü0 1(3047073 14 550 0GO 16191072
C. 9430029 20445294 18953 707 18771 303
D. 1811 752 2 064800 2 428200 2195096
Summa 81813386 102940149 99 232 009 97298254
Von je 100 der Summe dieser Steuereinnahmen kam also auf
Gruppe
1880^81 1882,83 188485 188ry87
A. 71 62 64 62
B. 15 16 15 17
C. 12 20 19 19
D. 2^ __2_ _2_ 2
100 100 100 100
1 (Hp", r (;rn; ]ie dnrftpn einige Tirbrclcnteiide Ponten sein, die in
andere Gruppeu geboren, das Gesauitcrgebnis aber weuig stören.
* Die Kommanalsteaem im Hokkaido , deten geotner Betrag mir
erst von 1884 an bekamit ist (50 (KXJ -60 000 Ten), Isase ich w^. Ebenso
die £zport8teQer am dem Hokkaido.
44*
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692
X 4.
Dafs der All teil der VcrWauchssteuern trotz Eintulirung !)■ tier
(Shoyu, KucIh ii) und Erhöhuug l>e8tehender Steuern nicht mtlir
gewachsen iät, liegt an dem grol'ben Küekgaiig der Getranke-
steuer. In absoluten Zahlen ist eine nicht unbedeatende Ab-
nAhme vorbanden. Doch sind seitdem infolge des wirtBcbaftlicheB
Auftebwungs diese Steuern wieder gewachsen und haben
1888 80 26 274 027 Yen gebracht, Milüoneo mehr als
1886/87. Da anderers^ts die Grundsteuer 1880 ermäfsigt ist,
was in den Bezirken und Oemoinden, weleho das gesetzliche
Maximum schon erreicht hatten, gleichfalls eine Ermäfsi^iung
nach sicli ziehen mufs, so werden die Vorhfl!tnis55ahlen sich doch
etwas verschieben zu Ungunsten des Anteiles der Grundsteuer.
Für die taatsöteucrii allein ist es möglich auf einen
längeren Zeitraum die verschiedenen Steuerarten zu vei^leichen.
Stetten wir das letale Jahr vor der Steuerreform» 1874, dessen
Abrechnungen doch wohl leidlich richtig sein Werdum, mit dem
Jahre der niedrigsten Steuereinnahme, 1877 78, der letiten vor-
liegenden Abrecnnung, 1888*89 \ und dem lotsten Budg^
1890/91, BUsammen, so kamen in 1000 ITen auf
1874
1877/78
1890 91
direkte Steuern
60844
31> 5(35
4.J 4<)5
4U584
Verbrauchssteuern
3824«
6204
26274
23 73o
Verkelirssteuern und
OebQbren
604
1502
8840
3594
zusammen
65 272
47331
73 519
67911
Auf die drei Gruppen kamen also von je 100 der Sleuer-
einnahme
1874
1677/70
1888^9
1890^1
direkte Steuern
93
84
59
60
Verbrauchssteuern
6
13
36
85
Verkelirssteuern und
Gebühren
1
3
5
5
zusammen
100
100
100
100
Auf die Grundsteuer
allein kamen davon
91
84
58
58
Ist der Anteil der direkten Steuern unil öueci» !! der Grund-
steuer im Vergtdcb mit europäischen Ländern immer noch
aulserordentlich hoch, so sagen obige Zahlen doch deutUoh, wie
Japan sich von dem System des impdt nnique immer mehr ent>
femt, nicht ans ii^gena welchen theoretischen GrOndeUi sondern
* Mit Erhöhung der Steuer vom BeisiAnU um ein Drittel.
1 Für die HotuMidonroduktenstener, deren Ertnuc mir onbekauut
ist, satie iefa aoOOOO Yen ein.
biyilizüü by GoOgl
693
weil die harte Erfahrung zeigt, dafs es nicht nur unmöglich ist
ftir die wachsenden öffentlichen BedUrfbiaae den Grundbesitz noc^
mehr zu belasten als bisher, vielmehr auch auf die Dauer
unhaltbar die öftentlichen Lasten fast ausHchliefslich dem
(inmdbesitz aufzupacken Die Ermäfsigung der Grundsteuer
durch die erste grolke Kelürui war wohl mehr aus dem Bedürfnis
hervorgegangen, die Steuer einheitUch zu gestiüteii und den sieg-
reicheD Saden zu entlasten. Die EnDäfsigungen von 1877 und
1889 sind aber dirdct die Fdge der bmchtigten Klagen der
Landbevölkerung gewesen, und es ist TorauBzusehen, da(s man
aut' diesem Wege weitergehen wird.
Inamerhin ist es auch jetzt nach ein verhultnismflfsig kleiner
Teil der Steuereinnahme, der aut indirektem Wege aufgebracht
wird. Wir haben oben bei der Betrachtung der einzehien Steuern
schon gesehen, dafs die indirekten Steuern bei stärkerer An-
spannung versagen. Es ist das die Folge der wirtschaftlichen
Entwicikelangsstiife, auf welcher Japan steht Bei der anter der
landwlsehanlichen Bevölkerung i. h. dem gröfsten Teüe des
Volkes herrschenden hauswirtschalUichen Organisation entziehen
sich die Verbrauchsakte der Steuer. Der Bauer raucht seinen
eigenen Tabak, trinkt seinen selbstpebrautert Sake u. a. w., und
das läist sich nur äufserst unvollkommen zur Hostonerung heran-
ziehen. Soll der Verbrauch hocli besteuert werden, so hat das
die Wirkung, dafs geradezu ein Rückgang in d(r Arbeitsteilung
eintritt, indem wieder mehr als bisher in der ei;4tnen Wirtschaft
fbr den eigenen Verbraudi erzeugt wird, während Torfaer mehr
zugekmft wurde. Die Verbranchsbesteuerung trifft toU nur die
städtische Bevölkerung, bei welcher die Verkehrswirtschaft voll-
ständig durchgeführt ist.
Wie mit den Verbrauchssteuern ist es mit den Verkelirs-
steuern . Stern pelafiL'-fibcn von Urkunden u dergl. Derartige
Steuern können ^loise Einnahmen erst liefern bei entwickelter
Geld- und Kreditwirtschaft, entwickelten Transportmitteln, ent-
wickeltem Verkehrsleben.
Auf niedrigen wirtschafUidien Stufen müssen natuigemäfs
die dhrekten Stmxem im Vordei:grunde stehen. Aber audi hier
zeigt die japanisc he Er&bmng, dai's allgemeine Einkemm^uteuem,
welche aut der Voraussetzung der Berechnung aller Einnahmen
in Geld beruhen, bei hauswirtschaftlicher Organisation versagen.
Auf dieser Stufe sind solche Steuern angemessen, welche sich an
einfache Merkmale ansi lili* Isi ri . die hMcht zu erfassen sind.
Steuern, welche auf die Familie, die IJauöhaltung autgelegt sind,
kommen nächst der Grundsteuer wesentlicii m Betracht. Dafs
auch die japanische Grundsteuer ihrer ursprUndicheD Anlage
nach mehr eine allgemeine Vermögens- und Wirtochaftssteuer
ist, habe ich oben anszufilhTen gesucht. Dals die Haushaltungs-
und ähnlichen Steuern die Steuerpflichtigen wesendich in gleicMr
Höbe trefifen, wird kaum als ungerocbt empfanden, da sie einer-
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694
X 4.
seit« niedrig sind, anderseits die einselnen Familien in ziemlich
ähnlichen wirtschaftlichen Verhältnissen leben. In der feudalen
Gesellscliaftsorganisation herrschen die Hechtsunterschiede, erat
in der modernen (Tesellschaft die Verniögensunterschiede.
W o aber solche steuern durch ihre Höhe druckend wirken,
da sehen wir schon unter dem alten lici^ime den Nachbarver-
band mildernd einwirken, indem die Vermögenderen einen gröfeeren
AnteO ttbemehmen. Weitere Nachforschungen würden in Japan
wahiBchdnlich eine ganze Reihe solcher eigenartiger AnsM-
dangen der direkten Steuern zeigen'.
Fi\T die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der einaelnea
Landesteile wie ihrer thatsächlichen ßehistung dürfte es an-
gemessen .sein auf den Anteil der einzelnen Bezirke ?in der
B e s t e u e r u n einen Blick zu werfen (auf (4rnnd der Zuöammen-
btellungen in den Stat. Jahrbüchern). Dabei ist dann nicht aulstr
acht zu laöiscn, dais darin die Verbrauchsbesteuenmg einbegriffen
ist. Soweit bei dieser der Konsunitions bezirk verschieden ist von
dem Bexirk der Sleuemhlung (Sake, Shoyu), ergiebt steh ▼on
der wirkßchen SteuerbeUstu^g kein richtiges Bild. Gegenden
grofser Sake- oder Shoyaproduktion (Hyogo, Chiba) endieinen
zu hoch belastet, Gegenden grolsen Verbrauchs (Tokyo) zu niedrig.
Die Zölle sind ganz beiseite gelassen, ebenso verschiedene Ge-
bühren ; Fukin und Zuschläge zum Hülfsfnnds sind eingerechnet.
Vergleiehbai!' Zaiilen lie<ren für acht Finanzjahre von 1879
bis 1HH7 vor. Jfdoc h ^sind für Hokkaido bis 1883/84 einschliefe-
lieli nur die Stuit.ssteuern und Fukiii angegeben Danach wäre
das Gesamtauf kommen an Steuern (ohne Zölle) gewesen:
1879/80
745242409 Yen
51644290 Yen
212 Sen
144 Sen
1880/81
79407806 -
51181909 -
217 -
140 -
188182
92 320231 .
57398190 -
252 -
1882 83
100562 025 -
63472 7r,S -
271 -
171 -
1883/84
98 379073 -
62 65 l: HO -
262 •
166 -
1884/85
9(3 804 079 -
62237 880 -
255 -
163 -
1885/86
78273987 -
48838964 -
202 -
127 -
(9 MonO
1886/87
94 070 320 -
01381091 -
244 •
158 -
mit fremden MuBtcrn entptfiTidenen Klasseusteuor. w*'k'he sich die Leute
selbst aus^'edacht hatten, tund ich in dem bekannteu Üadeort Miyanoshita.
Da die allgemeinen Vorschriften ttber Grundttener«, Gewerbesteuer- etc.
Zuschläge dort ^- ir nicht hinpassen — es ^ebt z. B. mir V.K . ri o Acker-
land — haben die Einwohner eine Steuer in 15 Klassen (Tokyu) erfunden,
in welche jeder Hauafaalter nach Grundbesitz, Gewerbebetrieb u. s. w.
Steuern überhaupt davon Staats-
stenero
auf den K.:.]if der
Bevölkerung
Steuern Staals-
Qberhanpt Btenera
biyilizüü by GoOglc
695
Zu gröfäerer Vollständigkeit sei bemerkt, dafs bei Emrechnang
der Zölle und der nicht bert'icksichtigten Gebühren nnd Liooilsini
die obigen Summen sich 1886 87 stellen würden auf
98003662 Yen 64708 437 Yen 253 fSen li>7 8en.
Nach dieser Zusammenstellung waren also im .Jahre 1871' 80
^Eist Ü8 Prozent aller Steuern Staatsäteuern, 1881 82 nur mehr
62 Pkozent, 1886/87 wieder fost 65 Prozent Die Kommunal-
■teuem haben sich In dtemi Zeitraum etärker vennehrt tind
wieder vermindert als die StaatMteuem. Die gesamte Steaeilast
war im letzten der acht Jahre um 24 Prozent höher al:> im ersten,
die der Staatsstt-uem allein nur 10 Prozent. Auf den K<^pf der
Bevölkerung h« reehnet war die Steuerlast 1882;83 28 Prozent
höher, 1880 ö 7 nicht ganz 12 Prozent höher als im Jahre 1879 80*.
Bei einem Vergleich der Bezirke untereinander ist zunächst
Okinawa als abnorui zu beseitigen, da für diesen Bezirk nur
die dort erhobenen Staattsteueni nachgewiesen sind, &st aas-
scUMsIich Qrandsteoer. Das StenerautkommeD betrog auf den
Kopf der BevOikemng nur 68 Sen. Abnorm ist wdter Hokkaido
wegen seiner eigenartigen Steuern (Produktensteuer und Ausfuhr-
Steuer bis 1887), wiihrend manche andere Steuern nicht erlioben
werden. Im Jahre 1880 87 kamen vom Kopf der Bevölkerung
3,13 Ven auf, wovon 2,:? Veu Staatssteuer. Beschränken wir uns
auf die Bezirke Altjapans, so finden wir, dafs 1886 87 nur in
einem Bezirke, jMiy<igi, die KonimunaLsteuern höher waren ab
die StaatBSteuem (182 Sen Staate- gegen 139 Sen Kommunal-
steuern auf den Kopf); im Jahre 1882/83 war es nur in Tokyo
der Fall. T>en Staatssteiu i n ziemlich nahe standen dieKommumu-
steuern 1886 87 in Tokyo, Tottori und Shimane.
Das Steueraufkommen überhaupt war in Altjapan auf den
Kopf der Bevölkerung Ivci weitcin am höehster! im Bezirk Hyogo
mit 3,89 Yen, eine Folge der groisen Sakemdu^trie im Bezirke.
Nach Abzug der Getränkesteuern sinkt der Kopianteil auf 2,sii
Yen. Nächst Hyogo ragen hervor (mit Angabe des Grimdes
für diese Bedeutung)
Shiga mit 3,8a Yen (Grtmdsteiier)
Okayama - 3,i6 - (Grundsteuer, Kommunalsteuem)
eiiipeschätzt wird. Die höchste Klasse br^nlilt monatlich Ii Yen, die
niedrige 10 Seu. Der GeBamtertrag ist lUO Yen im Monat von 129
Famihenhäuptern im Sommer 18^9 (81 in Miyanoshita seihst, 48 in Ohi>
radaiji Für 1889 90 waren aber bot 10 Monatsraten (1000 Yen) ins Budget
eingesetzt. Die Gemeinde brachte an Steuern aufserdem auf: Staats-
steuem 436,73 Yen (Ci rundsteuer 229,«i Yen, Einkomuiensteuer 73,»i Yen
XL 9, w.) und Besiiicaeteiieni 354,w Yen (Gewerbesteuer 254 Yen, Ver-
schiedene Steuern 'i¥),9o Yen, Grondeleiienniachhig 22,» Ptfomut, KoBO-wari
dorchechnittlicb M2 Sen).
> Diese Prozentsätze sind aber um dn wenig zu niedrig, da die
oflBzieUen Hevölkemnguahleii sie Ii nchneller vermehrt haben, als die
wifkliohe BeTölkenugmuiahme betrug.
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696
Tottori mit 3,18 Yen (Kommunalateuem)
Miye - 2,»2 - (Grundstoiier)
Osaka - 2,Hö - (Sakesteuer)
Fukuöliima - 2,»r,
Yamagata - 2,8 1 -
Miyagi - 2,7 1 - (Kommunalöteuern)
u. s. w.
An unterster Stelle finden sich
Eagoehima mit l,4e Yen
Nagasaki - l^rs -
Tokyo - 1,81 -
Iwate - 1,88 -
Yamaguchi - ],•! -
Miyazaki - 2,oa -
Hiroshima • 2,o9 -
Kanagawa - 2,iu
Am auffallendsten ist, wie tief der hauptstHdtische Bezirk
Tokyo steht. Der Grund liegt iu dem japanischen Steuersystem,
welelies bisher den beweglichen Besitz kaum erfafste. Dal's in-
direkt iokyo zur Sake- und Shoyusteuer mehr beiträgt, aU die
Zahlen besagen, ist natfirlidi aadi nicht ni vergessen. Dnrcfa
die seitdem in Kraft getretene Einkommensteuer wird sich das
Müsvarhältnis auch wenigstens etwas ausgldchen. Immerbin
bleibt Tokyo, wo ein so groC^er Teil der Staatsansgaben erfolgt
ein übermärsig begünstigter Teil des Landes.
Vergleichen wir mit obiger Aufstellung- das Jahr 1S82 8:^,
so finden wir auch damals im allgemeinen eine ähnliehf^ X^r-
teiluiii; des Steueraufkommens. Doch stand damals Siu'-a ivm h
ül>er ilyogo, während Tottori kaum höher als der I^ndej^Uun ii-
achnitt war. Besonders hoch (über 3 Yen ) standen damals audi
Gumma, Saitama, Aichi tmd Gifu. Die niedrigsten Bezirke sind
in beiden Jahren die gleichen, nur standen damals auch Shimane
und Kochi sehr tief.
Veigleichen wir endlich die oben angestellten vier Steuer-
gruppen mit der Zahl der Bevölkerung, so kamen auf den Kopf
1880/81 1882/83 1884/85 1886 87
Grundsteuern 161 Sen 174 Sen 166 Sen 157 Seo
Andere Personal- und
Ertragssteuem 33 - 43 - 38 - 42 -
Verbrauchsateuem 26 - 55 - 50 - 48 -
Verkehrssteuem 5 • 6 - 6 - 6 -
Unsere Ausführungen wttren unvollständig ohne einige Worte
fiber die wünschenswerte Weiterent Wickelung des japa-
nischen Steuersystems.
biyilizüü by GoOglc
697
Die Grundsteuer ateht im Mittelpunkte der ganzen japani-
schen Finanzwirtschaft. Ihrer Erhöhung das Wort zu r«ien,
wird wohl niemandem einfallen. Einmal die Höhe der Quote
des Ertnig^, welche sie beansprucht, sodann die Ungleichheit,
welche teils von Anfang an vorhanden war, teils infolge ver-
änderter wirtschaftlicher V^erbältnisse sich ausgebildet hat, wilrden
ein« amfiushe Erhöhuii^ der Steuer 00 nnf^ereät encfaeineD laasen,
dals nur in den fitiuerBten NotfilUen. eme Regierung sich dasu
eDtacUiefsen könnte. Bei weiteren Änderungen an der Grund-
steuer kann es sich immer nur um Entlastung handeln. Die
1889 abgeschlossene Katasterrevision wirkt in dieser Richtung.
Die Frage ist nber, ob es bei dioser Revision utkI d<n anderen
kleinen Andtrun^'en der letzten Zeit sein Bewenden haben soll.
Vielfach wird eme gleichmMlsige Herabsetzung des jetzigen Steui r-
fiatzes von zweiundeinhalb Prozent befiirwortet, eine Erneuerung
der Malsregel von 1877^ wie sie wohl auch bei Erlui's des Grund-
steuei^geeetzeB y<m 1873 roi^geschwebt hat, als man leichtfertig
fenug war, eine HerabeeteanK bis auf ein Prozrat zu versprechen,
lir acheint, dafe gegen eine solche aUgemeinegleichmüTsige Herab-
aatzung des Gnindsteuersatzes sich gewichtige Einwendungen
machen lielsen. Das politische Bedenken, welches sich daraus
ergiebt, dals das Wahlreelit zum Abgeordnetenhause an eine be-
stimmte Stouersinnme geknüptt ist, Heise sich durch entsprechende
Hemb-setzung s Census leicht beseitigen.
Dagejren winde eine ^leichmiilsi^e Herabsetzung des Steuer-
satzes hüciist üugleichraäfsig und ungerecht wirken. Auch die
KatastenrevisioQ von 1885 89 hat doch nur einen Tefl der Un-
gleichmäfsigkeit der Behutung beseitigt Vor allem hat sie nur
bestanden in Herabsetsungen, nicht in Herau&etzungen des Steuer-
wertes. Es giebt aber viele Orundstücke, welche durch die zu-
fällige Entwickelung der Umstände ganz unverhältnismäfsig er-
leichtert sind. Es ^ebt ganze Gegenden, in welchen das der
Fall ist (die Seidengegenden), ja ganze I'ezirke. in welchen es
die Folge der Unvollkomraenlieit der Einschätzung ist ( ^'ama}i;uchi!).
Ein gleichmälsiger Steuererlals würde ganz unbegründeterweise
solche bestehende Erleichterung noch vermehren. Ferner hat
ein sehr erheblicher Teil der Grundstücke den Besitzer ^wediselt
Die neuen Besilser, vielfach stMdtische Kapitalisten (Kaufleute,
Beamte), haboi, namentlksh in den Jahren 1884/86, den Besitz zu
60 niedrigen Preisen gekauft, dafe ftir sie die Steuer thatsächlich
nicht drtlckend ist. Solehen neuen Grundbesitzern würde ein£äch
ein ungeheures Geschenk, der Kapitalwert der Ermftrsigung, ohne
jedes Verdienst in den Schofs geworfen
Weit<T liegt die Steuer auf den einzelnen Grundbesitzarten
sehr V« THchieden. Wald- und Bauland ist viel weniger belastet
als /Vckerland. Eine Herabsetzung, welche bei Ackerland em-
pfehlenswert sein mag, erscheint bei Wald- und Bauland nicht
gerechtfertigt.
üiyiiized by Google
698
X 4.
Vor allem aber mtifste ein GrunclHtmorerlrils. um den "kleinen
Bauern v\t\q wirkliehe Erleichterung zu bnnirrri. ziemlich be-
deutend sein, etwa wiederum ein halb Prozent des St» uen**crt©s, wie
1877. Das wäre aber ein Fünltel der (.7rund.>,k-uer, gegen 8
Millionen Yen, lur welche E^r^itz gcschaflt werden mUrste, nach-
dem eben jetzt schon eine Ermäßigung um 3* 4 Million^ ins
Leben gelzeten ist Es dürfte aehwer aem, ohne die Finanswift-
Bchaft in bedenklicher Weise zu »tören, das mdglicfa bu machen.
Allerdings liefse sich die in den letzten Jahren fUr Schulden-
tilgung verwendete Summe vermindeni. Die Eisen bahneinnahmen
werden steigen. Die Zollcinnahmen werden nach Revision der
Verträge erheblich sich vermehren, und ein holier ZuckerzoU
wird erlauben, eine inliindische Zuckerbteuer einzuru hi u, woftir
aber die Besteuerung der Kuchenhändler weglallcn mü!>fe Auf
ein ßtarkes Steigen der Einnahmen aus den anderen indirekten
Steuern ist nicht zu rechnen. £s müfsten also neue Steuern
eingeführt werden, tan unpopuläres und im Ertrag anaicfaeres
Unternehmen. Sollten das indirekte Steuern sem, so mttfirte man
schon Gegenstände des allgemeinen Gebrauchs begteuem, wenn
nennenswerte Summen aufkommen sollten, Salz, Thee, Papier.
Von direkten Steuern wtirde die Einführung einer Gewerbesteuer
nahe liegen, sich vielleicht überhaupt empf»4ih'n. Aber man darf
nicht aufser acht lassen, dafs als Kommunalatcuer diese schon
besteht und nach den Budgets für 1888 89 in den Bezirken mit
4 550000 Yen angesetzt war S wozu schon 1887 88 511000 Yen
Gemeindezuschläge kamen. Bei der bisher geringen industüelien
Eniwickelung mflfste man ohnehin vorsichtig sein, die junge In-
dustrie sehr zu belasten. Höchst zweifelhaft ist, ob die Ermärsigung
der Grundsteuer in der wünschenswerten Richtung rasch wirkt
Als Hauptnachteile habe ich den Druck auf den Pächterstand
und die Verhinderung anderer Bewirtschaftung auf etwas gröfserem
Ful'se bezeichnet. Besten Falles würde eine Besserun*:: der Pacht-
bedingungen und das Entstellen etwas gröfserer W'irtseliaften
doch nur so langsam sich gellend raachen, dals das sotort durch
die Umwälzung des Steuersystems zu bringende Opfer UDverhal;-
niamäfsig erscheint.
Es ^eht aber einen anderen ab den plötzlichen mecha-
nisch-gieichmäfiriger Herabsetzung des Steuersatses. Man kann
eine Entlastung auch herbeiführen durch Verbesserung der be-
stehenden Grundsteuer. Einschneidende Umwälzungen wären zu
vermeiden. Beispielsweise einen sorgOdtig gearbeiteten Rein-
ertragskataster aufzustellen, würde nicht nur sehr kost-pielig,
sondern bei der vnrwieL'enden Klein- und Naturalwirtschati aucb
aul'serordentlieh ächwji rig sein. Man würde aufs neue die ganzen
Steuerverhältnisae unn uhren und doch binnen kurzer Zeit neue
grofse Ungleichheit entstehen seilen.
> Di» »Verachiedenen Stsoera" eingerechn«t.
biyilizüü by GoOglc
X 4.
699
Die Verbesaenuig der Grundsteuer miUste mögUchtt an das
BeBtehende anknüpfen. Die einzige tiefgreifende Änderung, welehe
mir em[»fehlen.swert erscheint, ist die Trennung der Baulandstener,
wenigstens der städtischen, von der übrigen Grundsteuer. Für
die landwirtschaftlichen ncbUii lL iiing das bisherige System, An-
schlul's an die Einsciiaizunt^ Ix !i;u hUarter Feldgrundstticke, viel-
leicht einst weileu noch ganz aii^^eme^sen erscheinen. Aber die
sttfdtttchen Hausgrundstttcke and thatsKchlicb jetst Bchon anders
gestellt. Im al^meinen ist Ihre fiesteaerang Tergleichsweise
niedrig. Die rasch sich ändernden stiidtisehen Verhältnisse lassen
die daaemde Werteinsehätz'ing als unzureichend erscheinen. Man
sollte eine besondere Gebäudesteuer einlüliren, welche Grundstücke
und Gebäude ertafst. Man sollte für den Kataster d(T Oebäudc-
steuer eine Revision in /wischenrriuraen von niclit mehr als fünf
Jahren festsetzen und auch wirklich vornelimen. Verbindung
mit der Gewerbesteuer wäre vielleicht empfeldenswert. Jedenfalls
wttrde leicht ein höherer Ertrag ab bisher su erzielen sein und
gegenllber der Besteuerung der landwirtoehaftlichen BerOlkerong
im Sinne auagleichender Gerechtigkeit wirken.
Für die übrige Grundsteuer scheinen nur die Ideen^ welche
Ton hervorragenden Autoritäten tiber europäische Ghrundsteuem
geäufsert sind', tlir Japan ganz besonders anwendbar: Kontin-
gentierung und Repartition. Man etfAh die Gesarateinnahnie
der Grundsteuer auf ihren jetzigen Betrag lest, also ohne die
Baulandsteuer auf rund 80 MiUioneu Yen. Diese 8umme ist
auf die Bezirke zunächst nach dem gegenwärtigen Steuerauf
kommen zu verteilen. Je nach veränderten Umständen wird die
Repartition alljährlich unter Mitwirkung der Volksvertretung vor-
genommen. Allerdings ist dabei höchst wahrec^emlich, dafi man
sich zur Erhöhung der voneinem Bezirke au&nbringenden Summe
nur schwer entschliefsen wird. Die Veränderungen würden wesent-
lich darin bestehen, dafs diesem oder jenem Bezirke ctw-is von
Aber diese Verringerung würde eben nur stattßnden nach
dem wirkhchen Bedürfnis und nach Mafsgabe der budgetmälsig
vorhandenen Mittel. Im Laufe der Zeit würde so die Belaatung
der Bezirke sich mehr ausglächen.
In den Bezirken selbst wäre die Bepartition wieder durch
die Becirkstage yoraunehmen auf die Kreise und von den in-
zwischen eingerichteten Kreistagen auf die Gemeinden. In der
Gemeinde erfolgt die schliefsliche Verteilung auf die Steuer-
Pflichtigen nach Mafsgabe des Katsaters.
^ Vgl. .Ad. Waener in Schönbergs Handbuch der PoliUscheD
Ökonomie, 2. Aufl. III 248 f. In der Praxis das fraosMcfae Sjstem, so
uiToUkonimeD die Idee daichgeföhrt Min mag.
seiner Last ab,
Verringerung (
irde also eine alimähliche
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700
X 4
Ein solche« System würde jede })lotzliche Änderung d«T
Steuerv-erhiiltnisse vermeiden Die Kontingentierung würde ab«^r
zur Folge haben, dalö die Steuerlaot allmaldich leichter wird.
In dem Malse, wie die bebtate Fläche imd die Produktion ma-
nimmt, die Verkehnwege eich beuem u. s. w., in demsdben
MaCM tritt eine Erleichterung ein, da die GeBamtsumme der
Steuer gleich bleibt Die ^tlactung würde ganz albnählich
eintreten, aber gegenüber der vorauszusehenden weiteren Ent-
wickelun^'^ der Staatseinn ahmen und insbesondere der Staata-
steuern würde auf die Grundsteuer ein stetig abnehmender An-
teil kommen. ( >h man in Japan die Geduld hat zu einem so
allmählich wirkenden Vertaliren, ist Ireiiieh zweiteliiaft, nament-
lich nachdem eine im wesentlichen von den Grundsteuerpflich*
tigen gewühlte Volktvertretnng ina Leben gerufen ist.
Ich elaube, dafs in Japan ein aolches System sich ohne
grofse Sehwierigkeit durchf\lhren liefse. Für die Aufteilung der
Bepartition ist um&ngrciches Material jetzt schon in den jähr-
lichen Erhebimgen vorhanden ül>er die bebauten Flüchen und
die Erntenlengen, über Zu- und Abgang bei beiden und die
Gründe dafür u. s. w.
Weiter aber kommt in Betracht, dal» die Bezii-ksLa^e und
die Gemeinden an solche Repartitionsarbcit schon gewohnt sind
bei den Haushaltungs- und Gewerbesteuern der Bttirke. Nach
meinen Erkundigungen macht diese Repartition keine Schwierig-
keiten.
Bei dieser praktischen Vorbereitung und beim Vorhanden-
sein eines eben eist revidierten Katasters als Grundlage der Re-
pariition würde man von vornherein eine dem gerülimten fran-
zösischen System nocii erheblich überlegene Einrichtung haben
und dabei jede weitere Erschütterung der Staatsfinanzen ver-
meiden.
Es ist nicht SU ver^a »sen, da(s die Besteuerung nicht die
einzige Belastung der Bevölkerung zu öffentlichen Zwecken dar-
stellt WaB zunächst Geldlasten betrifVt. so i-^t zu beachten,
dals Beiträge melir oder niL-^f r ttt iwilli-er Art eine ziemliche
Rolle spielen. Wiederholt sind ^roiöere ."Summen auf diesem
Wege zu samui engebracht, so für den l^au des neuen kaiserlichen
Schlosses. Das bedeutendste Beispiel ist der „ Küsten verteidigungs-
fonds**. Um fUr die Befestigung der Kosten grOfsere Mittel aof-
aubringen, wurde ^ne Sammlung veranstaltet, au welcher als
ersten Beitrag am 23. März 1887 der Kaiser selbst 800000 Yen
fab. Es Bollte ausdrücklich eine Selbstbcstcuerung der Wohl-
abenden sein, denn nur Beiträge über 1000 Yen w^irdon an-
genommen. DiejeniLren. welche sich beteiligten, wurden durch
Verleihung von Medailien nnsj^ezeichnet. !ni i^anzen sind so
rund zwei und eine halbe Miiiioa Yen zusammengebracht. In
Digitized by Google
701
kleioercm Ma'satabe sind solche Beiträge etwas ganz Regelmäfsiges,
namentlich ftir Wege- und Brückenbautpn, Errichtung von S^clmlen
u. dergl. iSolche OpterwillijLj;keit wird durch X'crlcihung von iSake-
schalen aus Gold, Silber oder Lack von Staats wegen auch öffent-
lich anerkannt ' . An dem so zu stmde gekommenen öffentlichen
Werke werden auf HolzUilckhen auch die Namen der Geber
und der Belrag der Spende zu aUg^ndnor Kenntnis gebracht'.
Da solche Behriige meist in einer Weise ejogeaammcK werden,
der sich der einzelne der Sitte nach kaum entzi^en kann, so
erhalten sie dadurch im wesentlichen den Charakter einer steuer-
artigen Belastung der wohlhabenderen Klassen. Gegenüber der
unvollkommenen Besteuerung des Einkommens, nnmentlich n\m
Gehalt \wd Renten, ist dies eine allerdings unregelmn'siao Art
der Ausgieiehung. Auch sonst ( rdcn vielfach nicht unerheb-
liche Antbrderuugen zu mehr oder weniger öffentlichen Zwecken
an die Beamten erhoben, z. B. für Unterstützung von iStudenten,
die zum Clan gehören, u. dergl.*.
Wie ^ro s die für öffentHche Zwecke geleisteten Beitrage im
ganzen sem mögen, lälst sich nicht sagen. Unter den Einniumcn
der Bezirke sind verrechnet:
1879/80
1880 81
1881 82
1882 83
1883/84
24040 Yen
57708 -
112469 -
167 295 -
337916 -
1884/85
1885/86
1880 87
1887y88
832549 Yen
313065 .
41()r)9G .
409732 -
In dem höchsten Jahre, 1886 87, kamen auf die Bezirke
Okayama 43805 Yen, Miyagi 40294 Yen, Chiba 36509 Yen,
Shimane 35422 Yen, auf diese vier Bezirke also allein ein Drittel.
Im Jahre 1887/88 hatte den höchsten Betrag Shiga mit 41106
Yen, 1884/85 Hiroshima mit 61 458 Yen.
I Beispielsweise waren im Budget für Ibb^ bd dafUr 3910 Yen aus-
gesetzt
* Auch für religiöse Zwecke. Neubau und UnterliRltuii;; von Tem-
5 ein, Abhaltancr der Tempelfeste u. deigl. werden auf solche Weise be-
euteude Summen zusammengebracht.
' So kommt es in Tokyo hftufig vor, dafs Schttler und Stadenten
einer Provinz umsonst oder ?o gut w'w unisongt Unterkunft finden in
einer Art Alumnat, welches von lieiträgen der au«? dieser Provinz
stainmtniden Beamten unterhalten wird. Für die hühei cn Beamten haben
derartige Einrichtungen wesentlich den Zweck ihrer Klientel geeigneten
N;^^^l^v^^■ll^; zu Mcheni. Der Zusammenhang der privaten Farh^chuU-n
Diit dem Partei- und Klieuteuweseu ist eines der merkwürdigsten Kapitel
der jungjapanieehen Gesehielite. ENe ^Kriegsschnte'' 8aigos in Kagosmma,
wo der Aufstand von l^TT organisiert wunle, die Okumascbe Schule in
Waseda bei Tokyo seien als bduumte Beispiele genannti die sich übrigens
leicht vermehren liefsen.
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702
X 4.
K;u'h (\rv Suitiatik der 1 iiternchtaverwaltuiig betrugen die
Schenkungen i'Ur uiFeutliche öchulen ^
1877
736 rS2 Yen
1883
585 8^»3 Yen
1878
809958 -
1884
495 540 -
1879
589687 -
1885
352 411 -
1880
575608 -
1886
24L^auO -
1881
773787 -
1887
486942 • *
1882
566486 -
1888
748739 -
In d« Mi N.ichlaiiöen seit 1881 ist die wirtschaftliche Krisis
wiederum dcutlii h erkennbar Im Jahre 1881 waren es 8 Prozent
iiDer ISchuleinnahmen, 1886 2,o Prozent, 1887 5,6 Prozent, 1888
wioder 8 Fr<mmt Von der Summe de« Jahres 1887 wurden allein
flir die Ofientlichen VoUbBschulen 435946 Yen geacfaenki Unter
den Bezirken stand 1887 Niigata an der Spitse mit 50090 Yen.
Ihm folgten Saitama mit 40875 Yen, Gumma mit 26 809
Yen. Miye mit 2*) 268 Yen, Okayama mit 24 621 Y'en,
Akiui mit 22 502 Yen u. s. w. In den reichen Ikzirkeu Tokyo
und Osaka (ohne Nara) wurden nur jt 14 65i) und 8370 Yen
geschenkt. An letzter Stelle st«4it Yamanashi mit 218 Yen.
Zu beachten ist, dal's sicli obige Summen nur aut Geld-
schenkungen besiehen, nicht auf sommge Zuwendungen an Land,
Oebttuden, Bttchenif Instrumenten u. s. w., welche nicht uner-
heblich sind.
Neben den Cicldleistungen der Bevölkerung ftr öffentliche
Zwecke ist endlich noch zu erinnern an die persönlichen
l>ienstt' In cn-^ter Linie ist zu erwähnen der AliiiUirdienst,
der bei dem ^^eringen Bedarf an Rekruten äulserst unfrleich auf
der Bevölkerunjr lastet. In den lündlichen (lemeinden liabon die
persönlichen Dienste iür den \\ egebau eine gewistie liedeuLun^.
Schaffen- und Oeschworenendlenst europäischer Länder ist un-
b^annt. Das unbesahlte Ehrenamt, in aer Lokalverwaltune des
alten Japan nicht gelten, hat sich bisher bei dem neuen Japan
keiner grollen Beliebtheit erfreut. Wo iXXr Selbstverwaltungs-
zwecke Auaschüsse errichtet sind, haben die lokalen Vertretungen
sich beeilt, ihnen (Jelfidter zu i><'\vi]]i'j:en. die nach japanischen
Lebensverhältnis.'^en niclit unbetrachtiioli sind. Die Mitglieder
der ständigen Aussciiiis-se der Pezirk.'^tag^o z. B. erli.ihen fiir ihre
bescheidene Thiitigkeii ein Monat^E^giiial^ das nirgends weniger
' d, Ii. nicht Privat- uud nicht St.iatsprhulpn Dio Zahlen aus
btat. Jahrb. VIII 507 ff. Ältere Angaben weichen mehrfach ab.
' Neben einer sonstigen
Eännahme von 1 465:^07 Yen aus ScImlgoUfM-n,
727 9*^8 - Übertrag vom Vorjahr,
472587 - Zinsen etc.,
4 14>)0'J1 - ans Gemeindeinittebi,
1 274 .W'J - aus Bezirksmittcln.
lG9>>i9 • au.H anderen Einnahmen.
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X 4.
TOS
als 30, vielfach 40. in Niigaüi sogar 50 Yen btiträgt. Die Orts-
ausscbiis^^c ftir Kontrolle des ^Schulbesuches, bei welchen ein Grund
für betrachtliclie Difitcn gar nicht ersichtlich ist, sind aus Er-
sparni.sgnindeii abgeschafit Die neuen Venvaltungsgesetze von
1888 und 1 890 haben in dieser Richtung für eine gesundere Ent-
wickelung Bahn gemacht und, wie 6B scheint, mit Erfolg. Dab
gegenwärtig in den kleineren Gemeinden der Ortivorsteher der
IWel nach sein Amt nnentgdtUch Aihren soll, scheint wenig
Schwierigkeiten zu machen. Es wäre erfreulich, wenn das a£-
gemeine Jagen nacli Bezahlung aus dem öffentlichen Säckel nur
eine vorübergehende Erscheinung der Übergangszeit gewesen witre.
Achtes Kapitel.
Die Staatsschuld.
Vorbeineikunc. Da« Material für die Darstellune der Staats-
Bcbulden ist teils den firlftutenuigen so den Jiudgets und Abrechnangen,
teils der (»esetzf^eliung zu entnehmen. In Betracht kommt femer der
Schul dentilgUDgspiau von 187^/7U, engliach veröfi'entlicbt z. B. iu der
Japan Wedclj BlaU 1879 B. 10^. Ans einem Bericht Uber die Staats-
schuld von 1890, der mir in Übersetzung nicht vorlag, hat mir HeiT
Ishizuka Auszüge gemacht. — Daf» in verschiedenen Quellen der
Betrag der einzelnen Schuldarten verschieden hoch angegeben wird, hat
seinen Grund darin, dafs i'riiliei vielfach vorläufige Zahlen mitgeteitt
sind, welche sich bei endgültiger Rt^friilierung als zu hoch herausstellten,
uamentlich bei den RentenablösutigsscheineUf der ^Alten" und der „Neuca*'
Sclmld. — Auf die Papiergeld ausgäbe ist in dieson Kapitel des nMheren
nicht zurfickzukommen. — Eine ältere Arbeit über den Gegenstand dic:»es
Kapitels ist J'. Mayet, Die japanische Staatsschuld. Zwei Vor-
träge, gehalten am 26. September und 12. Oktober ISIH, in Mitteilungen
der Deotscben Gesellsehaft ete. Ostasiens II 259 ff. (1879).
Das Gleichgewicht zwischen Ausgaben unil Eiii-
njiliraen wurrl" in flen Anfangszeiten der nnuon Ordnun<^, wie
man .sich erinnern wirrl. durch Ausgabe von Papiergeld her-
gestellt. 8piUer diente der l^-.-^« rvelondo diesem Zwecke, wie
gleichfalls bereits ausgeführt^ teilö zu wirklicher Ausgleichung am
Schlüsse der Rechnungsperioden, teils im Laufe des Finanzjahres,
um yorUbes^heDd entstehenden Bedttrinissen bis zum Eingang
der zur Deckung bestimmten Einnahmen abzuhelfen. Dieses
System hatte mannigfache Nachteile im Grefolge. Es wirkte un-
gtinstig auf den Geldumlauf und das Agio, denn zu Zeiten, in
welchen die Kassen leer und der Umlauf unter dem Publikum
grois war, vermehrte es noch die Geldmenge. Dag^u kam
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704
X 4,
durch die Ilauptsteuerzahlungstermine einr erhebliche Menge von
Zetteln nicht nur vorüberi^ehcnd in die Staatskassen, sondern
wurde wieder ^anz dem Lmiaui entzogen. Weitra: aber tulirte
die UnmOglidikeity die Zettel üborhaupt rechtseitig wieder cm*
zuziehen, allmäUidi m einer dauenideii, Dicht unerhebUcben heim-
lichen Vermehrung der Papiergeldmenge.
Im Zusammenhange mit den al^meinen Mafsregeln zur
Besserung der Valuta entschlo's man sich daher 1884 nach
europäisch oni Muster die im Laufe des Finanzjahres nur vorllbf^r-
gehend nötif^en Mittel durch A (Hjj^abr von S c h a t z s r h r i n e n
(OkurasLo 8hoken^ aufzubrin^^en (Gesetz 24 vom 2U. September
1884), welche durch Verniiti« lung der Nihon Ginko erfolgt. Die
Schatzscheine wurden bei Hanken, namentlich der Nihon Ginko,
»eit Begründung der Depoaitenkasse aber vor allem bei dieeer
untergebracht. Da sie einen für japaniecfae VerhAltoiaae aehr
niedrigen Zins zahlt (neuerdings fUr Postsparkasseneinlagen s. B.
4,a Prozent), so ist auch für die Schatzscheine eine ▼erhältnis-
mäfsig niedrige Verzinsung erforderlich* In den letzten Jahren
soll sie gegen fünf Prozent betragen haben Etwas Genaueres
über die Ausgabe der Schatzscheine zu erfahren, war bisher nn-
mögh'ch'. Erst das Budget für 1881M>0 enthielt eine An^iabe
liber den Maximalhetrag der aufczugebeDden.Schatzscheine. näm-
lich 13 iMillioneu Yen, 1890 91 14960000 Yen. Der einzige
Anhalt war bisher, dals seit 1886^87 die Abrechnungen bezw
Budgets die Ausgabe Verzinsung von Schatzscheinen enthalten,
woraus man wenigstens einen Schlafs auf die durchscfanittliehe
Höhe dieser schwebenden Schuld machen kann. Es war nlmlich
zu ö Prozent eiDCB
die Ausgabe Kapital eotspreehoMi
Abrechnung 1886/87 530 562 Yen 10 61 1 240 Yen
1887 88 716225 - 14324500 -
188H 89 412444 - 8248880 -
Budget 1889 90 354288 - 7084 760 -
1890/91 443804 - 8876080 -
Die Summen sind, wie man sieht, naht unbedeutend und
im Interesse der Kkunrtellung der Finanzlage Jap^ms wftre die
Veröffentlichung genauerer Angaben sehr zu wOnschen. Dafs
die Ausgabe von Schatzscheinen zu einer Verachleiening der
thstzachuchen VerhttltniBae dienen kann, zeigt die erst 1889 be-
' Auf meine Krktin(liptinpen im Finanzininisfonnm habe ich »tele
nur ausweichende oder ottenbar imricbtige Auskunft erlmlteu- Auf meine
Anfraj^e, vamm Uber die UObe der Ausgabe von Schatsschcinsa niehts
veröüentlicht würde, erhielt ich imm Ii Kncle 1hh7 die bcxsichiiende Ailt-
wort, daa könne dock für niemanden Interesse haben.
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X 4. *
705
8f itigte Mitschleppung eines Terkappten Deficits von mehr ab
7 Millionen Yen seit 188(P.
S t a a 1 8 an 1 f i h en zur Deckung öffentlicher Ausgaben waren
zwar an .sich friilier in .Inpan nicht unbekannt. Neu aber war
es, wenn man sich zu dieacia Zwecke durcii Ausgabe von Süiais-
schuldacheinen an das Publikum wendete. Die eroten auf diese
Weise ftlr aufserordeDtliche Zwecke in Japan selbst 1878 und
1884 aufbrachten Sumraen wurden noch als besondere Fonds
▼errechnet, wtthrend allerdings die hieraus von 1 884 bis 1 B8ü l^ir
aligemeine Zwecke zeitweilig entnommenen Summen in den Ab-
rechnungen als „geliolirno** Holder erscheinen. Erst seit l«><f)
stellen tVw durch Anieiiicn er/.ielten Einnahmen direkt im all-
gemeinen iiiidfj^et resp. den Abrechnun^'en, wie 4 is sLiion vor 1875
mit dem Erlös der beiden Londoner Anleihen gemacht war.
Der Ursprung der Staatsschuld ist im ersten Kapitel dieses
Buches im Zusammenhang mit der allgemeinen Entwtckelung
der Finanzen dartfestellt worden. Die folgende kurze Übersicht
soll nur die auf jede einzelne Scbuldart beattglichen wichtigsten
Thatsachen geben. Das in anderem Zusammenhang eingehend
behandelte Papiergeld bleibt dabei unberücksichtigt.
i. Die Zusammensetzung der Staatsschuld.
a. Die „Al^<' ' „Neue Schuld'*.
(Gesetze, namcntiicb 82 vom ü. März ItTIJ und 95 vom 25. Mai 1875.)
Diese beiden Schuldarten sind entstanden durch Eonsolidiemog
der seit 1844 von den Han, den alten Landesherrschafteo ge-
machten. Schulden an Geld und Korn. Die aus der Zeit von
1844 bis I Sfi? stimmenden Verbindlichkeiten bilden die „Alte
J>chiild". Sie w ird vom Staat in 50 gleichen Jahresraten von
\S1'6 bis 1922 zurückgezahlt. Sie ist unverzinslich, so dafg
die jfihrliche Auslosung der auszuzahlenden Papiere diesen einen
losurtigen Charakter giebt. Mit der steinenden Chance, ausgelost
zu werden, nehmen die Papiere allmählich an Wert au. Der
iBOrsenkurs ist 1881 unter lt> (fUr 100) gesunken, seit 1888 auf
etwas über 30 frestiegen.
Der als ^Alte Schuld ^ anerkannte Betrag war 138751^^8
Yen, wovon aber ein Teil bar ausgezahlt ist. so dafs in Bonds
nnr ausgegeben sind lU 972 725 Yen. Der noch ausstehende
Betrag war
' W'ip schon erwähnt, wurdo bei Verlegiini^ des Finanzjahres der
im April talli^e GrunUsteuertertnin nucU xu deu Eiuuahmeii des Vur)ahre.<i
««reehnet itaa dies praktisch dureh Ausgabe von Scbatzscheioen enndj^-
ncht Erst l^^^ wurde das durch ÜberweiBung von 7500000 Yen aus
dem IJesf'rvf'tV.nds beseitiL't
Forschungen (i^) X 4. — Katbgeu. 45
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706
X 4.
am 1. Jiüi 1881 8 992 222 Yen
- 1. - 1885 811PR17 -
- 31. Mäi-z 1890 7 022544 -
Die jährliche Rückzahlui^ beti^ 219454 Yeo.
Die „Neue Schuld*' stellt die Verbindlichkeiten der Hau
dar, die vom Jahre 1868 bis zu ihrer Beseitigung (1871) ent-
stinden sind. Sie werden von 1875 bis 1896 zurückgezahlt und
mit vier Prozent verzinst, halbjährlich im Jum und Dezember
zahlbar Der anerkannte Beti*ag war 15243372 Yen; Bonds
sind ausgefertigt fUr 12418175 Yen. Der noch ausstehende Be-
trag war
am I.Juli 1881 11 053425 Yen
1. - 1885 10652850 -
- 31. Mftrz 1890 10551275 •
Wnhrend bis 1885 jährlieli etwa 104 000 Yen zurtickjrezahlt
sind, hat man sich in den letzten Jahren auf je 1< M)00 Yen be-
scliiiiukt. Der Kurs, der 1881 nur 52 bis 53 betrug, war 1887
auf 90 gestie;^'en.
Beiden Schuldarten gemeinsam iat^ dals die Schuldscheine
auf Namen gestellt sind. Sie sind Teräufserlich, was aber da-
durch erschwert ist, dafs Yor der jähtüchen Zieliaiig und den
Zinsterminen jedestnal zwei und einen halben Monat lang die
Veräufserung verboten ist (so seit Nr, 50 vom 17 Aprü 1876).
Überhaupt sind die Vorschriften Uber die Eintragung u. s. w.
denkbar unbohtilflieh und umständlich. Da das die-^e Dinge
rpi^elnde Crcsetz von auf andere Schuklarten ( Kinsatsu-.
Chitauroku-, Kinrokubondsj ausgedehnt ist, mögen auch noch
die Bestimmun <i:en hervorgehoben werden, dafs nach UeiielK'n
der Verwaltung Zins und Kapiuil m Gold, Silber oder Papier
eesahlt, dafa auch abmehen von Zinffula und Endtmiii der
Tilgung das GesetE jederzeit geändert werden kann.
b. Die Kiusatsuscheiue (alte und neue).
Die Kiniatsuecheine sind ausgegeben in Umtausoli gegen
Papiereeid, stellen also die Konvertierung der schwebenden an-
▼ersinslichen Papierschuld in ainstragende ObUgationen dar (vgt
im ersten Kapitel S. 458 f.). Sie sind ausgegeben auf Grund des
Gesetzes 121 vom 30. März 1873. mit (> Prozent in Gold
verzinslich und binnen 15 Jaliren nach Ausgabe in Gold rtuk-
zahlbar. Die Amortisation sollte 1881 beginnen. Sie sind aut
den Namen gestellt Die Zinsen werden Anfang Dezember ge-
zahlt.
In anderem Zuiammenhange ist erklärt, warum Ton dieeen
Bond» aulangH nur ein gennger fietrag vom Pubiikum au%enonmieiL
wurde. Von diesen auf Namen gestellten in Gold aahlbaren Scheinen
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X 4. 707
flind bis Ende 1883 6 669 250 Ten ausg^eben. Schon 187677
ftnden die eraten Rückzahlungen statt. Im Umlauf waren
am I.Juli 1881 5174200 Yen
- 1. - 1885 5884950 -
- 81. Miira 1890 3990100 -
SiV' sind meist in fcston HMndon und wpt tlcn wonig geiiandrlt.
I lurch Xr. 48 vom 2"^. 1 'o/omber l^S;^« w urde dem Publikum
eine neue Art von Kinsatsuscheincu angeboten, aut den Inhaber
lautend. Zins von (i Prozent und Kapital in Silber zahlbar, die
Zinsen im Mai und November fUllig. Die Rückzahlung beginnt
5 Jahre nach dar Ausgabe und Ist ^nen 30 Jahren zu beenden.
Bis zur Aufnahme der Barzahlungen smd von diesen Obligationen
7729900 Ten ausgegeben, wovon big zum 31. Mftrs 1890 10000
Yen zurückgezahlt waren. Im Unterschied von allen älteren
Staatsschuldscheinen können diese Papiere von Ausländem er-
worben werden.
c Chitsorokn- (freiwillii^ RenteDabldsiings-) ijcheine.
Bei dem 1H74 h\a 1875 gemachten Versuch die Renten der
Shizüku freiwillig abzulösen (8. 448 f. K wurde die Hälfte derKapital-
abhndung in achtprozentigen auf den Namen gestellten Staatsschuld-
soheineD gegeben. Der Gesamtbetrag dieser Scheine war 16 565 850
Ten. Die Tilgung begann 1876/77 und wurde, dem Gesetz ent-
sprechend, im Finanzjahr 1883/84 beendigt (Hauptgeeetse 425 und
420 Tom 27. Dezember 1873).
d. Kinrokn- (Renten-) Schein«.
Durch die allgemeine, zwangsweise Ablösung aller Renten
(Kinroku) der Kwazoku und Shizoku im Jahre 1S7(> (S. 4r)(»ff. ) er-
hielten alle bisherigen Rentenempfänger, abgesehen von den kleinen
zur Ausgleichung dienenden Barzahlungen, Staatsschuldscheine auf
den Namen gestellt und zu 5, 6, 7 und 10 Prozent ▼erzinslich.
Die Zinsen sind fiülig im Mai und KoTember, Die Rückzahlung
sollte 1882 beginnen und 1907 beendet sein (Gesetz 108 vom
5. August 1876).
nach der endgültigen Regulierung ausgegebene und der
noch ausstehende Betrag war:
endgültiger Betrag
za 5 Prooeiit zu 6 IVozent zu 7 Prozent zu lOProzeut snaaninieD
Yfn Yen Yen Yen Yen
31412405 25003705 108242810 9202655 173861575
am ]. Juli 1885
30925125 24612815 lüüoül090 6 736355 168835385
45*
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708
X 4.
MD Sl. Hän 1890
ZQ 5 Prozent zu »j Prozent zu 7 Prozent zu 10 Prozent zusammen
Yen Yen Yen Yen Yen
30769745 24U6285 20436885 — 75322915
Die zehnprozentigen Kinrokuschetne sind schon 1886/87
vollständig getilgt Die grofsc VerntindoroDg der siebenprosentigeii
ist in der Hauptsache durch Konvertierung bewirkt.
Die Vfriiiilserung der Kinrokuscheine wnr nnfuTip? ver-
boten. Nachdem dies atifgehoben war (Nr. 25 vom V*. Si'jitrralKT
187fi), sind (He siebenprozentig-en zum wichtigsten Spielpapier
der l)or8e gcwordon. Der Kurs, der im September 1878 mit
84.ii> einsetzte, ti» I anhaltend, bis er im De/.ember 1880 tjl,*«
crreiclite. Er stieg dann, bis er im Dezember 1885 das Pari
übeiBchritt, Im Juni 1880 sogar etwas über 110 stand. Infolge
der Konvertierung bat sich dann der Kurs dem Pari wieder ge-
nAbai.
e. PriesterablOson^sscheine,
Gevrisse Renten von Shtntq>rieBtern wurd«i dmdi Oeeets
82 Tom Mlirz 1877 durch den f^nf&chen Betrag mit acht Prozent
▼erzinshcher Staatsschuldscheine kapitalisiert. Ausgegeben wurde
von diesen im Jahre 1878 ein Betrag von 334050 Yen (aufsei
46361 Yen barer Zahlungen für Beträge unter 25 Yen). Die
Tilgung begann 1880/81 und war 1886/87 beendigt.
f. Anleihe xnr Unterdrftekvng des Anfstandes
in Satsnma.
Um die Kd^fen des Biirj^erkrieges in Kyushu 1877 anzu-
bringen, lieh die Kiigierung von der Adeisbank (der 15. National
bank) die Summe von 15 Millionen Yen, wovon bei Besprechung
der Gründung dieser Bank (S. 185) schon die Rede war. Die
Anleihe sollte mit fUnf Prozent verzinst und in einer Summe 1897
zurückgezahlt werden. Als 1883 die Privilegien der ßank anf-
gehoben wurden, sind ihr flinf Millionen zurttckgezahh und
der Zinsfufs auf 7> j erhöht. Es ist der höchste Zins, welchen
gegenwärtig der Staat fUr irgend einen Teil seiner Schuld zahlt.
g. Die Industrieanleihe (Kigyo K<»saij.
Es ist dies die erste in Japan zu öffentlicher Zeichnung auf-
gelegt Anleihe. Durch Gesetz 7 vom 30. April und die Ana*
nihrungsverordnung 13 vom 1. Mai 187?^ wurde die Auflefnin:^
dieser Anleihe nn«reordnet, um Itir eine Kcihe von öffentlichen
Arbeiten (Eisen baiiuen, Häfen, Bergwerke) und tUr UoterstUtsung
biyilizüü by GoOglc
709
gt^werbliciierUnterDeiimuii^en aulkoroi deutliche Nüttel zu beschuffeD.
Der Zinsfiirs wurde auf 6 Prozent, der Auagab^un auf 80 fest-
gesetzt. Der Nomiiuilbetrag der Anieilie war 12 500000 Ten,
der wirkliche Erltki also 10 Millionen Die Anleihe ist durch
jährliche Auslosungen in beliebiger Höhe von 1880 bis 19h2
zu tilgen. l>ie Zinsen werden im Juni und Dezember gezahlt.
An Ausländer bollten die Scheine, die auf den Inhaber lauten,
weder verkautt noch veiptandet werden, was neuerdings durch
Verordnung des 1- iiiauzministers vom 14. November 1888 auf-
gehoben ist. Die Emission erfolgte durch die Erste National-
und die MitBuibank.
Die Anleihe lag drei Monate lang zur Zeichnung auf. Wa-
rum man solange wartete, bis sie um fast )Vg Millionen Ubtn*-
Zeichnet war, ist nicht ersiclitlicii Es wurden geseichnet 13 951 750
Yen, davon allein in den Bezirken
Tokyo 7 529500 Yen
Osaka 2447650 •
Kyoto 2025600 -
BUsammen 12002750 Yen
Von dem Nominalbetrag standen aus
am 1. JuU 1885 109^*6250 Yen
- 31. Mär/. 1890 10710200 -
I He Anleiiie sank sofort nach der Ausgabe etwas unter den
Jb^ii issionskurH und fiel bis auf 6l),»io im Sommer l^iil. jVIit dem
Siiiktu des Zinsluises stieu sie dann, bis sie Anfang 188«) pari
überschritt. Der höciistc i:iand war im Fruhjolir 1887 mit 107,70
erreicht Seitdem ist der Kurs dauernd Uber pari gebheben.
h. Die A'akasendo-Eisenbahuanleihe.
Am 28. Dezember 1883, an demselben Tage, an welchem
die Ausgabe der neuen Kinsalsuscbeine angeordnet wurde, erschien
das Gesetz 47, wonach zum Zwecke der Erbauung einer E^n-
bahn von Tokyo nach Kyoto eine siebenprozentigc Anleihe im
K'>ininalbetrage von 20 Millionen Yen nach und nach zu Offent-
li<'}ier Zeichnung aufgelegt werden sollte. Der Name der An-
leihe kommt dali"]- d ifs nach der -ir^i iiünglichm .\K>i( ht, die
Eisenbahn im we.sciitlichen (hm Naka^endo fol;^en sollte, der
nördlichen Reichsötiali>e /.wischeu den beiden Haupisüidten. Die
Zinsen sind im Juni und Dezember fäUig, Die ^Schuldscheine
lauten ausdrücklich auf Papiergeld, sind auf den Inhaber gestellt
und können von Auslttodem erworben werden. Die Rückzahlung
sollt»* fünf Jahre nach der Ausgabe beginnen und in weiteren
25 Jahren beendet sein. Die Ausgabe eriölgte durch Vermittelung
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710
X 4.
der Nilion Ginko. Die bei Auflegung der Induötrieanleibe an-
gewandte Methode eines festen Emissionskurses wurde nicht wieder
angewendet, sondern nach englischem Muster ein Miniinaleinissioos-
kurs bekannt gemacht Die Regi^ung behielt sich Tor, nur die
höheren Gebote zu berücksichtigen und ver8|irach, bei erentuefler
Überzeichnung die mit höheren Geboten gezeichneten Beträge
nicht zu reduzieren. Dies Verfahren ist auch bei den späteren
Anleihen nicht ohne Erfolg angewandt worden. Dureh ^'er-
ordnuTip: vom 23. Januar 1884 wurden die ersten 5 Millionen
aufgelegt, zu zeichnen bin zum 20. Februar. Schon am 13. Mai
wurde die Auflegung weiterer 5 Millionen bis zum 10. Juni an-
geordnet, und um die Zeichner zu befried^eUi gab man nicht 5,
sondern 10 Millionen aus. Der Mimmaikurs war beidemal 90.
Die letBlen 5 Millionen wurden am 13. Juni 1885 aufgelegt zum
Mimmaikurs von 95 (Börsenkurs am 15. Juni 97ySo). Der Ge-
samterlOs hat 18290650 Yen betragend
Die Nakasendoanleihe wurde bei ihrem Erscheinen auf der
Börse im August 1884 mit 04 notiert, stieg schon im Oktober
1885 über pari und erreichte im Juni 1S8(> beinahe 120. Wegen
der 1889 beginnenden Amortisation und der drohenden Konver-
tierung ist sie bis Ende 1!^!^9 in die Nähe von pari gesunken.
Die erste Tilgung in Höhe von nur lUUOO Yen hat 1889 stau-
gefunden.
Da zur Vollendung^ der be*(onnenen St-mtseisf-nbahnbauieu
die durch die Nakabeuduaulciiiu aujgebrachteu 6uuimcii uiehi aus-
reichten, wurde durch Kaiserlk^e Verordnung 6 vom 29. Januar
1889 eine neue Bisenbahnanleihe im Betrage von zwei
Millionen Yen in füniprozentigen Papieren ausg^eben, weldhe
im einzelnen sich vollständig der gleicn zu erwähnenden konver-
tierten Anleihe anschliefsen. Zum Minimalkurs 100 aufgelegt,
ergab die Anldhe dnen Erlös von 2007074 Yen.
i. iMariiieauleihe.
Zur Beediaffung aufserordentHcher Mittel fOae Zwecke der
Marine verfügte die Kaiserliche Verordnung 47 vom 12. Juni
1886, dafs &ä dem Wege einer iüniprozentigen Anleihe binnen
drei Jahren 17 I^Iillionen Yen aufgebracht werden sollten. Di»
Zinsen sind Im Mai und November faUig. Im tibrigen entsprechen
die Bestimmungen den betreffs der NakasendoanieLhe er>
1 Nftmlicfa Februar 1884 4 500397 Yen statt 4500000,
Juni \S-^4 9 000 1x4 • - 9 0O>iO<»o,
Juni \HX'> 4 7^iOG9 - - 4 750 000.
Lhvi erste iünission war aiso, wenu man vom Kuntgewinn absieht, mÜ
7jTr ...» die dritte mit 7,»^/o su versimeii.
biyilizüü by GoOglc
X 4.
711
lassenen. Die Amortisation soll fünf .lahre nach der Ausgabe
beginnen und in weiteren 30 Jahren (also 1924) beendet sein.
Die Autlage erfolgte durchweg zum Pari-Minimalkurs Die
17 Millionen sind in vier Serien aiisir»'{];oben, 1886, 1887. 1888
und 1889 im Hetrage von tunt" sechs, zwei und vier Millionen.
Der Gesamterlöa war 17244 153 Yen ^ Der Kur» hat öich um
pari bewegt, anfangs etwas darüber, seit Ende 1889 etwas dar-
unter.
k. Die Konvertiemofifflaiileihe (Seiri Kosai).
Nacb dem glänzenden Erfolge der ersten Serie der Marine-
anleihe — statt der geforderten fttnf waren sechzehn und eine
halbe Million gezeichnet - wurde noch im selben Jahre eine
weitaussehende Operation unternommen Die Kaiserliche Ver-
ordnung 66 vom 16. Oktober ISSt) vertügte die allmaliliclie Aus-
gabe von höclisit iis 175 Millionen Yen tiinfprozeutiger Staatsschuld-
scheine, durch welche alle Staatsschuldseheine ersetzt werden sollten,
welche sechs Prozent Zinsen oder darüber gaben. Die „Konver-
tierten" lauten auf den Inhaber, kdnnen aber auf Wunsch auf
den Namen eingcu^i^^ werden. Die Amortisation soll f&nf
Jahre nach der Ausgabe beginnen und in i^n&ig Jahren beendet
sein (für die 1887 ausgegebenen also 1942). Die Zinsen sind
im Juni und im Dezenioer fällig.
Die zu konvertierenden Papiere sind die Kinrokuscheine zu.
6 und 7 Prozent, die Kinsatsuscheine (alte und neue), die In-
dustrie- und die Nakasendoanleihe, im ganzen nach dem damaligen
Stande rund 1 22,6 Millionen siebenprozentige und 40,» 3Iillionen
sechsprozen tige.
Uber den Gang der Konvertierung ist amtlich meines Wissens
nichts Genaues veröffentlicht Im wesentlichen hat man bisher
von Zeit zu Zeit gröfsere Posten siebenprozentiger Kinrokuscheine
zur Rt&ckzahlung ausgelost, den Inhabern aber den Umtausch
in Konvertierte angeboten. Soweit die Glilubi^^er Barzahlung
vorgezogen haben, sind die Mittel dazu durch Ausj:;abe von Kon-
vertierten beschafft, teils durch öffentliche Zeichnung (November
ISSf) 10 Millionen, März 1889 Millionen ), teils durch direkten
Verkauf an die Nihon (tinko ( V'eionUi. 4<» vom 16 Juni 1^88).
Kach den Ansätzen dejs Etats der letzten Jahre tur \'crzin.sung
der Staatsschuld scheint es, als ob die Bereitwilligkeit der Staats-
gläubiger in den Umtausch au willigen dadurch erhöht würde,
oals ihnen bei der Verzinsung ein Vorteil gewährt wird durch
» Nämlich 1886 5187 832 Veu
1887 6 048715 -
l.^K 2 01)4 210 -
1889 1 no;^ :*m .
Die whkiiciie Verzinsung Uetxügt also Prozent.
biyilizüü by GoOglc
712
X 4.
Behissunf? des letzten (Coupons, wodurch sie Zinsen eventuell fiir
tünt" Moiiaie als Präniie erhalten. Um die Konvortienni^^ zu
fördern, ist auch der ZinstiiTH bei der Postsparkasse iierab^e^tzt
Bis zum :^1. Marz 18*.UJ sind für 85112400 Yen Konver-
tierte ausgegeben \ dagegen die obengenannten sechs- und sieben-
prozentigen Schuldarten von 171,a MiUionen auf 87 163370 Yen,
also rund um 84 Millionen yermindert. Von der AbDAhme
kommen 82 Millionen auf die siebenprozentigen Kinrokuichein&
Der Kurs der Konyertierten tet dem der Marineanleihe an-
geflihr gleich.
1. Die auswärtigen Anleihen.
Für den Bau der ersten Eisenbahnen wurde im Jahre 1870
eine Anleihe von euier Million M 4880000 Ven) in
London ahgeachlosBen. Der Zinsiuls war 0 PkDzenty der EmissionB-
kurs 98, der wirkliche Erlös mithin 4 792400 Yen. Die Schuld
ist )m zum Finanzjahr 1881 82 planmälsig zurückgesahlt
Eine zweite auswärtige Anleihe ist 187^5 wiederum in London
abj^oRchlossei), um die liarraittel ftir die freiwilli;;e Ablösung: der
Kenten der Samurai zu })esohafFen. Der Abbeiihifs bildet « iu«^
der dunkelen Blatter in der japanischen Finanz^M-schieine An-
scheinend unter dem Einflüsse de» damaligen auislandischeii iuit-
^ebers des Finanzministeriums^ eines amerikanischen Generals
Williama', wandte sich die aum Abschluß der Anldhe abgeschickte
Kommisaion, bestehend aus K. Yoshida und Williams, suoächst
nach \\'ashington, um die Anleihe in Amerika unterzubringen.
Kach allerlei vergebliehen Versuchen mufsten die Herren sich
dann doch nach London begeben, wo die Oriental I^anking Cor-
poration, die man hatte umpfohen wollen, sieh schlieIVlicli benit
fand, die Anleihe zu vorrnittein. Das Ei^eutündiehe war nun.
dat's die Kommi.ssaif iiuigrichaft verlandeten, dais die angesehene
Bank ihren Verpflichtungen nachkonimm werde, unddafsdiese Bürg-
schaft von einer ob^kureu auierikania<hcu Firma übernommen
wurde. So kommt es, dafs z. B. Okuma in seinem Bericht vom
4. Januar 1874 ttber die Finanzlage sagte, die Anleihe sei Ja
England und Amerika*^ abgeschlossen. Nach Black (Young
Japan 11 361 ff.) hfltte das amerikanische Flaus für seine
Bürgschaft 2'/s Prozent Kommission (292800 Yen) erhalte
* Nämlich his zum 1. April IS^T 10t<l-{2*)0 Yen
- - - - 18X8 «H4I9950 ^
- - - - 1«><9 (\\ 54(»>^JM) -
- • - - H90 .^.">irJ4«Hj -
In den Abreehnuugcn sind als Einnahme durch Ausübe der Kouver-
tieften cingoßtellt 1?<^7 f<i< 721» hJh Ven, 1 tf9 881 Yen. Von 1«I90
an wird für die Knnvertierunf; ein« bt s..ii<iere Rechnung gofiilirt
* Vgl. über diesen Ehrenmann und seine Fähigkeiten Japan Weeklj
MaU 1875 S. m
biyilizüü by GoOglc
X 4.
713
Ka< }ulrm es kurz darauf fallierte, hätten di»- Biicher die 2^ a Prozent
K Diiimission ausgewiesen „minus 2 Prozent ntournierf . Wohin
diese iSumme von Uber 234 '^')0 Yen «^egan;:eii, :4ei unerkliirt ge-
blieben. Wie dem auch »ei, sonderbar ist jedenfalls der ganze
Vorgang. Die Abrechnungen für die Zeit von 1868 — 1875 weiben
neben 4123574 Yen für Zinsen und Kommiasion fUr die aus-
wÄrtige Schuld noch den ungeheuerlichen Posten von 772027
Yen auf ak «Ausgaben fllr Kontrahierung der auswärtigen An-
leihe (oder Anleihen)^, was £Mt fUnf Prozent des firlitoea beider
Anleihen aoBmacht
Die Anleihe von 1878 wird mit 7 PMzent verzinst und ist
zum Kurs von 92,5 aufgelegt, so dafs der Nominalbetrag von
2400000 / ^ 117120<}0 Yen einen Erlös von 10833 (iOO Yen
ergab. l>ie Tilgung erfolgt in regelmälsigen Raten bis \S91.
Der Kurs des Papieres in London stflit dauernd er}i(})lich über
pari. Der no<'li au-säteiiende JSomiuaibeU^ dieser bchuid, wohl-
gemerkt in Uold, war
am 1. Juli 1881 9685336 Yen
- 1. - 1885 8015400 -
' 31. März 1890 5826232 -
II. Die Bedeutung der Staatsschuld.
Die einzelnen T^le der japanischen Staatsschuld tragen einen
sehr verschiedenartigen CbaraKter. l)ui*ch Anleihen ist nur ma,
kleiner Teil der Schuld entstanden. Beinahe die Hälfte der
Staatsschuld ist an die Stelle alter N'erpHichtungen des iStaates
getreten, der dem Adel und den Shi/.oku <t huldigen Renten.
In den JStaatsschuldscheinen haben diese so /.u sagen einen K'»r-
per erhalten. Ihre allinahüche Tilgung bedeutet die \'«'r\vea-
durig eines Teils des Nationaleinkommen« zur Kapitalbiidung.
Fast 191 Millionen der inneren und mit Eiureclmung der zweiten
Londoner Anleihe 202.« Millionen der gesamten verzinslichen
Schuld haben in diesen Verhältnissen ihren Ursprung. Ein weiterer
Teil der Schuld entstiramt dem alten R^me direkt, die söge«
nannte „Alte Schuld"*. Der gewaltsamen Neuordnung sind di<>
..Neu.' Sebald"*, die Satsuma Anleihe und im wesentlichen die
Papiergeldschuld zuzuschreiben, fast 154 Millionen (ohne die heim-
liche Papieraiisgabe). .Aus eifientliehen modernen .Anleihen stam-
mend, teils für nn'litnrisehe Zweeke. teils direkt tur wirtachaft-
liclie Anlagen, bleibt mithin nur der verhaimismalsi^ ;;eringe Be-
trag von i^ut 50 Millionen. Die folgende t'bersicht möge das
noch einmal dar Deutlichkeit halber zeigen:
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9
X 4.
a. Verpflicktuugea der alten Ordnung
2i;i44(il50 Yen.
Alte Schuld 10072 725 Yen
Chitsuroku-fcJcheine 105G5800 -
Zweite Londoner Anleihe 11712000 -
Kmroku-Scheine 173861575 •
PriMtar- Ablösung 334050 -
b. Kcvolutionsachulden 15^778729 Yen.
Neue Schuld 12 41817:» Yen
Sutsiima- Anleihe 15000000 -
Papi( r«relfl \ of^zieller
liciütmtbetrag 12ü 360554 -
c. Investitione- und RllBtungsanleihen
563Ö0OOO Yen.
Erstf Londoner Anleihe 4880000 Yen
induötrieanieilie 12 500 000 -
Euienbahnanleihen 22 000 000 -
Marineanleihe 17000000 -
d. Aumchliefslich zur Konvertierung einer
Sehuldart in die andere (daher nicht mit zu-
sammenzurechnen) diente die Ausgabe von 99511 550 Yen^.
KinsHt8U8cheine 14 399 150 Yen
KonvertieniriL'sanlcihe
(31. März itiUO) 85 1 12400 -
Der amtliche Being sttmtlichw unter a fau c aufgestdltai
Schuld titel war also fiiet 424 Millionen*, ohne Papieigeld gut
297 Millionen.
Dafs daneben in den Schatzscheinen und den Verpflichtungen
ih r I >e|>08itenkas8e eine schwebende Schuld entstanden ist, wurde
bereits erwühnt.
Die aufgetUhrten liüclij>tbotr;ig(.' der einzeln»'n Schuldarttin
siiid nun uiclit gleichzeitig eingetreten. Durch Tilgung und Neu-
' Ein nicht genau zu bestimmcmli r Betrag entfUlIt allortliug^s davon
auf das vor lt>{i6 audgegebeue Terhtohal|>apieigeld und würde unter a
gehören.
' Die im November 1890 ini Leben getretene Schuld bei der Nihou
Ginko von 22 .Millionen Yen, die zur Einlijntng von Pajnei^geld bestiaiPt
»ind, würde gleichtails bierber gehören.
* Es ist nlebt aufoer «cht so lassen, daft dies die antliehen ZsUsn
sind, die Bicli dure)i ili*- }i<MUiIiclio Papieransgabe om mehr als 22 Hillionen
YeUf also auf 446 Millionen erhöben.
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X 4.
715
auBgabe sowie diucli Regulierung hat der Oesamtbetrag der Ver-
schuldung (immer ohne die heinuiche Fäpierau^be) sich folgen-
dennaTsen entwickelt:
Am
.TiiniiA.r
1873
181 343*)55 Yen*
1874
181)802667 - *
1875
141368162 -
i\jtj
Juli
187&
Ato mW \fW
1876
148924724 •
1877
X V.' f ff
336225677 -
1878
375 250 357 -
187Q
3fir? 307 074. .
m
1880
3:,H047 201 .
18H1
3ri2 428 Q68 -
1882
340 770 706 -
1883
;3;i5ci(Wwl9 -
1884
326617411 -
1885
328962159 -
April
1886
324062057 -
1887
307077525 -
1888
301260180 -
Januar 1889
294 892 756 -
Marz
1890
295510822 •
• 3
- 3
Mit Ausnahme des Jahre« 1884 8.') hat bicli die Staatsschuld
also seit dem höchsten Stande des Sommers 1878 stetig ver-
mindert, im ganzen um 80 Millionen Yen in elf und dreiviertel
Jahren. Um das richtig zu beurteflen, mufs man allerdings nicht
au(ser Augen lassen, dafs zu dieser Verminderung der Reserve-
fonds stark in Anspruch genommen ist. £s war der Bestand
1. Juli 1878
1. - 1881
1. - 1885
31. Januar 1889
31. März 1890
des fieservefoDds
5l2»)«i81>l
55 7U;U99
46575 297
15 15büU3
10000000
Yen
also Schuld minus
Reaervefondg
324456 75ö
296 635 469
282 386 356
279 733 765
285510822
Yen
Die Verminderung der Passiven des Staates betrug also in
Wahrheit knapp 39 Millionen^. Das ist um so mehr als eine
1 Darin sind löOOOOO Yen Heat der jShimoDoeeki-Entscb&tigQiig
(Ö. &i) enthalten.
* Dnreh Beseitigung der heimlichen Papierau^^be erhSht rieh die
Summe jiuf runti Hl Milliouen, <»line Berücksichtigung der Almahme dos
Keservetbnds auf etwas Übet 100 Millionen Yen. Weuu der Fioau^e-
üiyiiizüü by GoOglc
71(i X 4.
rtJbpektable Leistung aiiziiM'lit'ii, als f]h' Zu»ainrnentjetzunjz der
Sclmltl ( ine sehr viel gUuötiK*ir<j geworden i.^t. seitdem die ganze
Energie aul die ßeuserung der \N ährurig gerichtet wurde. \ on
der Summe der Ötaataschuld war 187Ö ein Drittel Papiergeld,
1890 weniger aU ein Siebentel. Die niemals bedeutende äulsere
Scbuld ist dauernd vermindert; schon 1885 nur mehr die Hlllfte,
betrügt Bic gegenwärtig nur mehr ein Drittel der ursprünglichen
Summe. Die innere Schuld ohne da» Papiergeld hat sieb da*
g' i^en etwas anders entwickelt. I^urch diu Konvertierung von
I*a|iier in zine»trap^cnde Stajitsschuldächeine wie dun h das Auf-
treten neuer liediirlniss» . die auf dem Anleihewege gedeckt sind,
w urden von 187H biö KSüU für mehr aU 5.i i^Iillionen Yen ueue
Schuldtitel in Umlauf gesetzt Dies hatte die Folge, dafs zuerbt
eine nur langsame Abnahme, seit 1884 aber ein erneutes An-
steigen stattfiuid, so dals Anlang 1889 der Stand ron 1878 wieder
erreicht war und gegen wältig Überschritten ist. Seit der Rentra-
ablOsung bat sich nämUcii die innere Schuld (ohne Papieigeld)
folgendennafsen entwickelt:
•
1
1. Juli 1^77
1. - 1678
1. - 1879
1. - 1880
I. - 1881
1. - 1882
1. - 1888
1. - 1884
1. - 1885
1. April 1S86
1. - lbö7
1. - 1888
31. Januar 1B89
31. März 1890
228871 930 Yen
241699 070 -
238 070 802 -
2383513Ü1 -
236194193 -
234826390 -
228109881 -
224 709081 -
231 000 227 •
237 905 297 -
232159548 -
240099088 -
241896294 -
249619334 •
Hat sich der Betrag dieses Teiles der Schuld neuerdings
wieder yergrölsert, so ist trotzdem die zur Verzinsung erfordere
liehe Summe doch gesunken. Einerseits sind die hoch, mit 8, 9
und 10 Prozent verzinsten Schiüdtitel ganz beseitigt, anderseits
hat die begonnene Konvertierung schon jetzt eine erlie})Iiolje Kr-
leiehterung gebracht. Dir folp^endo I'lier.sn ht der gesamt* n Staatä-
sciiuid ohne Papiergeld wird das verdeutlichen. Es wai^
miobter (»raf Matsukata in seiner Budgetrede vom t>. Dezi'inber 1<"^^H>
im Ahgpordnetenlitm«»»' bchnnptt to . «eit 1^7^ pcien jsiUrlic!i lurchschnitt-
licb 10 MUUoueu getilgt, ao hat er eleu Muud doch etwas voll ge-
noDMUsn«
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■
X 4. 717
am i. Juli im am 1. Juli Ibüb am 61 März 1890
Yen
Yen
Yen
unverzinslich
8992223
8 119817
7022544
zu verzinsen
mit 4 ^' u
11 052425
1 0 652 850
In 5öl 275
- 5^0
40 412555
30 925125
134882145
- 6«/o
42410565
42955715
46 736 485
- 7<"o
117924151
129576490
46253117
- 7^ j «/o
10000000
10000000
- 8 " 0
9901 500
115275
488000
- 10 ^'o
9185110
6 736 355
240366529
239081627
255445566
Erforderlicher Zins
15S16600
14752927
13958066
Die dnrelisclniittliciic Veizinsiing der Schuld betragt also
189() nur mehr 5,5 " o gegen in den beiden ersten Jahren*,
liaupttypuö der iSchuldtitel sind nicht mehr die öiebenprozentigen,
oondem die fünfprossentigeny welche achon mehr als die Hfllfte
der Staatsschuld darstelleD. Bei den Elmiasionen TOn 1886 bis
1889 hat der Staat noch nicht 5 Prozent m geben gehabt,
während die erste innere Anleihe, die von 1878, trotz einer Ver-
zinsung von mehr als acht Prozent nur mit grolser Mtthe nnter-
gebracnt ist. Das wieiitigste Wertjjapier, die siebenprozentitren
Kinroku standen Mitte I^ezember l^'^n auf 61,.;. der Zinsfuls war
also ll,3*; '^'o. Ende 1885 standen sie }iari. der Zinstuis war also
7"«', und -t lion 1886 tbiprten die füntprozentigen Papiere auf
pai'ij eine i_anz aulserordentlicli rasche Besserung.
Vm die Amortisation der einz.elnen SchTildarten hat die
Regierung sich ziemhch freie Hand gewahrt. Die Gesetze ent-
halten regelmälsif^ einen Termin, innerhalb dessen die Tilgung
erfolgen soll. Wieviel ab^ in jedem Jahre getilgt wird, ist bei
allen Arten der inneren verzinsfichen Schuld dem Finanzminister
▼orbehalten, B*tir die Finanzverwaltung ist das äufserst bequem,
da die Tilgung auf ein Minimum beechrünkt werden kann, wie
das tlintsiiehlif'h 1877 78 der F'all war. Seit Beginn der Kon-
vertierun;^ sind bei versf hiedenen %'( r7.insliclien Schuldartcn jähr-
lich nur jo 10000 ien zurückgezahlt Die Gefahr dieses Öystems
1 L&fat man die unverzinsliche Schuld we^, so waren es 6.«, 6,«
und ^K^' l'rozent in den drei .Jahren. Für die iriliindische Sebu]«! allein
stellt sich das Zinsenerfordeniis auf 14 .VJ4 70<i Veu , 14 191 79^ Yen und
."j.^O 229 Yen gleich 8.4 , (5,4 und 5,« Prozent der verzinelicheD inneren
Schuld. — In Zaknnft wird die Durchsc-hnitttverzinsung noch erheblich
niedriger sein, nicht nur infolge der fortschreitenden Konvertiernnf?, son-
dern auch wegen der unverzinslichen Schuld von 22 Milhouen bei der
Nibon Ginko.
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718
X 4.
ist natttiHchy dafs man die wttnachenswerte Amortisation über-
luuipt auf ein Minimum beschrftnken wird, wenn die Finanzlage
etwas been^j^t oder das Parlament unbequem werden sollte. Fdr
die Staatsgläubiger ist also die Einrichtung nicht unKKlenklieh,
namentlich bei Anleihen, die unter pari ausgegeben sind und bei
welchen auf den Gewinn bei der Auslosung gerechnet wird.
Zur Festigung des Staatskredites wurde gegenüber solchen
P>wägungen 1878 ein Plan angenommen (zuerst erwähnt im
Budget für 1878 79 vom 4. September 1878), wonach einerseits
die feste Summe von 20 MillioDen Yen jährlich ftbr den Dienst
der Staatsschuld — Verzinsung und Tilgung — bestimmt, ander-
seits ein Tilgungsplan aufgesfcdlt wurde, wonach die Schuld in
28 Jahren, also bis 1906, ganz beseitigt werden sollte. Dif >er
Plan behandelte die wichtigste Aufgabe jenes Momente, die Be-
seitigung des Papiergeldes, ganz nebcnsüchlich — bis 1902 sollt»^n
davon 8ü Millionen im Umlauf l)leiben. Es war irut dafs man
den Plan im einzelnen niciit genau befolgte. Den Grundgedanken
der Tilgung der Schuld bis 190(5 hielt man aber noch längere
Zeit fest, wie seine Erwähnung in den Erläuterungen zum Budget
ftbr 1886/87 beweist Die seit 1884 neu emittierten Staatspapiere
hatten allerdings bereits erheblich ausgedehntere Tifgangslennuie^,
aber erst duitm die im Herbst 1886 angeordnete RouTertierung
wurde der ganze alte Tilgungsplan über den Haufen geworfen,
da die Ronvertierten erst binnen 55 Jahren nach der Ausgabe
getilgt werden müssen.
Beibehalten ist dagegen aus dem Plan von 1878. dafs für
den Dienst der Staatsschuld j«nhrlich 20 Millionen Yen bestimmt
werden, woraus übrigens auch die Verzinsung und sonsti^ren
Kosten der Ausgabe von Schatzscheinen zu bestreiten sind.
Thatsitohlioh ist rar die Schuld jedesmal dne grOisere Summe
ausgegeben worden. BcgelmAfsig kommt mehr ala ein Viertel
der Staatsausgabe auf die Schuld, in einiselnen Jahren sogar mehr
als ein Drittel. (Vergl. die Zahlen S. 124.) In Zukunft dürfte
sich das wohl ändern, da aus den Mitteln des Budgets im ganzen
nur noch acht Millionen Yen fi\r die Einziehung von Papiergeld
erforderlich sind, die Tilgung des gröfsten Teiles der Schuld abtT
durch die Konvertierung auf eine lange Reihe von Jahren verteilt
wird. Nur 180(3 und 1807 wird ein sehr erheblicher Bedarf
eintreten, da die zehn Millionen der Satsuma- Anleihe und der
Best der „Neuen*^ Schuld dann zurttckzusahlen sind, deren Tilgung
bei dem niedrigen ZinsfuTse von vier Pnmmt Torher sicher nur
gana langsam betrieben wird. Die auswärtige Schuld erreicht im
selben Jahre ihr finde.
An sich kann es kein Bedenken erwecken, wenn die Schulden-
tilgung etwas langsamer vor sich geht, wenn sie nur nicht gmnm
< 1920 für die neuen Kinastmischeine, 1915 Ükt di« Makasendo-
anleihe.
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719
aufhört. Die iSchuldentil^ung ist in der Hauptsache der Preis,
mit welchem der Umsturz und die Abscliatiung der alten Ver-
liältuisöc bezahlt wird. Es liegt kein Grund vor, damit die Gegen-
wart höher ab nötig zu belasten. Eine stärkere Amortisation
wäre dann allerdings wttnachenBwert, wenn zu nieht direkt pro-
duktiYen Zwecken die Staatsschuld erheblich vennehrt wttrde.
An sich ist die Staatsschuld nicht sehr bedeutend, noch nicht
das Vierfache der Jahreseinnahme, wobei noch zu beachten ist»
dafs Schulden der Kommunalverbände bisher kaum vorhanden
sind. Ferner .stehen der Staatsschuld gewisse Aktiva gegenüber :
aufser dem Fonds zur Einlösung dns Papiergelde.s namentlich die
Staatseisenbahnen ^ und die Ireüich bisher wenig rentabeln
Forsten.
Seit 1673 hat der Japan itse he Sfeiat sich nicht wieder an den
europäischen Geldmarkt gewendet. Allerdings aclieinen darauf
zielende Pläne im Herbst 1880 und wieder 1884 bestanden zu
haben', aus denen aber nichts geworden ist. Gegen austandische
Anleihen besteht in weiten Kreisen in Japan ein starkes Vor-
urteil Dazu tragen einmal mangelhafite \ orstellun^en über die
wirtscha^che Bedeutung der Heranziehung iremaen Kapitals
bei^. Dann spielt die Furcht vor politischen Einmischungen
frHTiuler Mächte, welche durch die au-^länflisrhen Anleihen lierbei-
getiihrt werden könnten, eine grolse Kode. Der Hinweis auf
Ägypten ist beliebt. Durch thörichte Ausländer* sind die Japaner
in dieser ganz schiefen Auffassung bestärkt. Diese Erwägungen
sind so mllchtig gewesen, dais fraher die Vefttufserung von Titeln
der inneren Schuld an Fremde aligemein ▼erboten war. Eb^
die seit 1884 aufgelegten Anleihen (Neue Kinsatsu-, Nakasendo-,
Marine-, Konvertkrte Schuldscheine), seit 1888 auch die In-
dustriföinleihe können von Fremden erworben werden. Wie \m-
begründet die früheren I^m snr^rnisse waren, dals d'w. Fremden
sich der ganzen Schuld bemächtigen würden, hat seither die Er-
fahrung gezeigt, da aus Mangpl an Bekanntschaft^ aus Mifstrauen
u, 8. w. die Ausländer nennenswerte Beträge der Schuld über-
haupt nicht erworben haben, obeieich & B. Zeichnung; der ersten
ümissionen der Kakasendoanldhe einen guten Gewinn gegeben
haben würde.
1 Bei einem YAmfnh von o Prozent stellt sieb ihr Kapital wert auf
mindestens 50 Millionen Yen.
» Das erste Mal zur Zeit der Pünik wegen des Agios, das zweite
Mal. die Aufnahme der Barzahlungen vorbereitet wurde. Die Ver-
handlungen von lö^^'] scheiterten dem Vernehmen nach daran, dafs in
London sehr lltotige Bedingungen gestellt worden, wKhreiMi der inUn«
dische Geldmarkt eine unerwartete AufnahmeflUiigkeit bei nach rinken-
dem Zingftifs zeigte.
' Daun müsse man doch das Geld nachher wieder an das Ausland
herauszahlen, ist ein oft gehörter Einwand.
* [ch '^rinnere nameutii( Ii nn Sir Jnhn Pope HenneflSJt da«
enfant terrible der englischen Kuloiaalverwaltung.
720
Dafs man sich in Japan scheut, sich direkt wioder an (^n^
Ausland zu wenden, hnt aber endh'ch einen sehr triltigen Onin«!
in den Weltwalinm^^svcrhaltnissen Eine Sil heran leihe wurde
man in Europa woiil nur schwiT unterbringen, jedenfalls niclu
besser als im eigenen Lande*. Vor einer Goldanleihe aber »cheut
man sich nicht mit UDrecht, da die dadurch ttbernommeiie liest
gans unberechenbar ist Inwieweit dnrch böfsentechnische Mani-
pulationen ein derartiges Risiko beseitigt oder wenigstens verringert
werden Icann, ist hier nicht za erOrtem.
Ist bisher die Staatssehuld in der Hauptsaclir im Inlande
untergebracht! so ist es wohl der Mühe wert, auf die Bedeutung
der Schaffung einer St.iatsschuld in europäischen Formen für
die japanische V o 1 k s w i r t s r !i n f t kurz hinzuw» i-fn. Eine
verzinsiichc, durch ühf-rtragbare UbligatiuTvn (lnrL''f'sl< Ute Schuld
gab der Hcvolkcrung ein bis dahin unbckanuteö Mittel der An-
lage von Kibpai ni.Hsen und von Vermögen, während ftir die^>eii
Zweck die aUe Gesellschaft nur den Erwerb von Grundbesitz
und dessen recht unToUkommene Bekibung kannte. Die an
anderer Stelle hervomhobenen socialen Verschiebungen sind hier-
durch wesentlich gefordert, namentlich der wachsende Einfluis
des Kaufmanns- und Kapitalistenstandes. Durch die Schaffung
dw staatlichen Wertpapiere, welche der Entstehung anderer Wert-
papiere voranp^inp:. ist ein ci«rentlicher Geldmarkt fiir Japan erst
gesell nft'nn. Ein ro^n-lniarsifrer Handel mit Wertpapieren, di»
Eifeku liborse, ist t iH.stunden Für den japanischen Staatskr» <lii
ist (las in doppelter ^^'eise wit-htif»-. Das inländische Puiilikuni
ist an derartige \ ermögensaniageu gewöhnt worden, so dais in
Überraschend leichter Weise die Staatsanleihen der letaten Jahre
im Inlande unterprebracht werden konnten. Das ist aber weiter
auch wichtig für die eventuelle Aufnahme von Anleihen im Aus-
lande. Wenn in Japan selbst ein aufiiahmefhhiger Markt ftlr
solche Papiere ist, so ist das fUr den japanischen Staat wie
den ausländisrhrn GlfiuhiL»'»»r wichtig .Iapnni5«che Wertpipiere
im Auplande wtinU n eine ^anz andere Siclieriieit bieten als vjole
exotische EfTekton, di»- ausschliefslich auf den europäischen Geld-
markt angewioscn snid.
Auf die in la Uliischen Veruiögensverhältnisse fsUlt ein gewisses
Licht durch einige Üb^chten ttbor den Besitz an Schuldtitdu
in den verschiedenen Landesteilen. Für frühere Jahre ( 1 88 1 ~ 1 885)
beziehen sie sich nur auf die auf Namen eingetragene Schuld«
Für 1887 ist verotTentlicht, wieviel an Zinsen in den einzelnen
liesirken gezahlt ist. Veiigleichbar sind die Zahlen infotgedessen
* Der Kurs Osferreiehiselier BUberrente anfangs 1891 in Berifa
entspricht ungefähr dem Knn der ffinfjprozentigeu Fapteie in Tokyo.
Die Londoner Anleihen «in«! prinacht nach dem Verhältnia von
4»8 Yen für 100 jL . Uni aber 100 /i zurückzuzahle«, sind in den letzten
Jahren 1ms zu 670 Yen erforderlich gewesen.
biyilizüü by GoOglc
X i.
721
1032620 -
- 76
4»
645535 >
48
396331 -
• 29
395173 -
29
282770 .
21
273147 -
- 20
230716 -
- 17
220076 .
- 16
215724 -
• 16
oiehL Im FinaiiBjahr 1887/88 sind danach y<m einer nadi-
gewiesenen Summe von 13691 129 Yen ansgeBahit in
Tokyo 6716371 Yen oder 491 PemiiUe
Oaasa (ohneNara)
Kyoto
Kanagawa
Aichi
Hyogo
Miye
Yamaguchi
Shiga
Niigata
dagegen in
C)kiiiawa 2580 Yen
Yamauaölii 26 152 -
Iwate 32104 -
Hokkaido 33785 -
Nara 34843 -
Miyagi 36660 -
Miyazaki 43307 -
Fukushima 45519 -
Tottori 48504 -
Wie sehr die Bentenablttrang mit der V< i ln < itung der Schnld>
titel im LAnde mBammenhttngt^ zeigen die Zahlen i& Yamanashi
und die anderen nördlichen Bezirke, %vo es sehr wenig ^Shizok^
giebt, während in Okinawa keine Ablösung stattgefimrlen hat
und in Miyazaki die dort hauptsäclilich zur Verwendung ge-
kommenen Zehnprozentigen bereits amortisiert sind.
Das Vorwiegen der Bezirke mit grol'sen Städten hat seinen
Ursprung wie in dem grOfseren WoUstaiidey eo in der weitw
▼orgesdirittenen wiitschaftliclien £ntwickelung. Doch iit nklit
aufaer Augen zu lassen, was namentlich bei Tokyo in Betracht
kommt, dafs die Banken einen eehr grofsen Teil der Staatspapiero
besitzend Nicht zu veri: essen ist auch, dafs der ffrö&te Teil
des Adels, namentlich fast alle ehemaligen I nTideminten ge-
zwungen sind, ihren Wohnsitz in Tokyo zu hal)en.
Die einzelnen iSehuichurten sind in ziemlich iihnlichem Ver-
hältnis über das Land verbreitet. iSur von den Kinsatsuscheinen
waren allein in Tokyo 846 Tanaendstd. AuffiJknd ist, dals
gerade bei den eigentnchen Anleihen das Übmewicht des hanpt-
BtadtlBchen Beiirkes weniger groia ist, nttmlidi bei der Marine-
' Durc h Einrechnung der TöOOOO ^'en Zinsen fiir die Satauma-Alllcllke
würde der Anteil Tokyos noch mehr vergrörsert werden.
Foriicbun(;eii (45) X 4. — Butbgru. 46
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722 X 4.
anleihe 451, der Nakaaendoanleihe 424, der Industrieanleihe 241
Tausendstel. Von letzterer kamen dagegen auf Osaka auf
Kyoto 152 Tausendstel. Bei der Nakasendo- und der Mahue-
anleihe ist auch Kanagawa stärker beteiligt.
Viel wiciiiiger wäre nun freilich zu wissen, in welchen Hän-
den die Staatspapiere sich befinden. Wenigstens fUr einen ge-
wiBsen Teil können wir das nun nachweisen ans der Statisäk
der staatlich b^u&ichtigten Banken: Nihon Ginko, Shokm Ginko
und der Nationalbanken. Die Summe der von diesen beeeaaenen
Staatspapiere stieg von
66720670 Yen su Ende 1881 auf
72009 405 - - - 1883
76 428 901 - - - 1885
86779862 - - - 1887
Von letaterer Summeaind aber 8 419 800 Yen an Schatssebeben
abzusetzen. Von den verbleibenden 83360000 Yen kamen auf
die Nationalbanken 66 220 000 Yen, die Shokin Qtnko 1 590 ODO
Yen, die Nihon Ginko 15550000 Yen. Der Besitz der letzteren
an Effekten i^t nach iliren Jahresberichten noch f^rhehlieh ge-
wachsen ^ Der Besitz der Banken Ende 1887 war also gleich
etwa 36 Prozent der ganzen inneren Schuld. Von den fünf-
urozentigen Kinrokuscheinen waren fast neun Zehntel, von den
kinsatsuscheinen zwei Drittel im Bankbesitz, von der „Alten"
Schuld imd der Industrieanleihe dagegen nur etwa ein FttnfteL
Aus dem Gesagten ergtebt sieh aber auch die bemerkens-
werte ThatBache, dals die Vermehrung des Bedtees der Banken
an Staatspapieren mehr als ausreicht, um die verhältnismftiaig
starke Nacbnrage nach diesen in den leisten Jahren an er-
klllren.
Aufser diesen Summen an l'flckten in den stnatiich beauf-
sichtigten Banken befinden sich weitere Suramen noch direkter
unter Kontrolle der Fiuanzverwaltung. Das sind einerseits die
zu hinterlegenden Kautionen, namentlich der Böi'sengesellscha^en
(fittt 800000 Yen), der Bdisenmakler o. s. w., anderseits die
von der De^ositenkaase angelegten Gelder. Ende 1887 waren
in der Depositenkaase 25828000 Yen hinterlegt. Bestand davon
ein Teil aus Schatzscheinen und war wolil auch eine gewiaae
Summe bar bereit zu halten, so darf man immerhin annehmen,
dafs gegen 20 Millionen nominal in Siaatsjx-ipieren vorhanden
waren. Femer ist zu erinnern :in *lie an^eieLiten Summen des
Hulfsfonds sowie den gleiohlalis ui Eilekten angelegten bhimono-
sekifonds.
' Kiif^n m89 betrug bei der Mli« ti Ginko der Nwninalwcrr
des eigeueu Besitzes au Staatspapieren 17*J&0iH>0 Vea
de» in Fuieven tngelegten Fonds zur Einlösung
der Kationalbwdaioten 15705000 •
biyilizüü by GoOglc
X 4. 728
Auch hier bandelt es sich um Beträge, die gerade in den
Jahren der neii< n Anleihen rasch gewachsen sind'. Dagegf-u
ist der frühere nicht unerhebliche Besitz des Reserveibnda an
Staatspapieren allmählich veräulkTt ^,
Aub allem dem ergicbt sich, dals von den im Inlande
gegenwärtig vorhaDdencn Staatsschuldscheinen im Nominalbetrage
▼on etwa 240 Millionen Ten* wahrscheinlich kaum die Hlllfte in
den Händen des Pablikams ist, ein Verhältnis, denen Bedeutung
nicht zu unterschätzen ist ftir die Durchführung der Konver-
tierung, tUr die richtige Würdigung des inländischen Geld-
marktes u. s. w.
Aua der BanlvSlatistik ergiebt sich auch, dal's an der Zeichnung
auf ilic neuen Anleihen sehr wcsentHch die Bauken beteili^^t
waren, welche, wie früher ausgeführt, für ihre Gelder wahrend
der Krisenjahre keine genügende Verwendung finden konnten.
So amd 1884 aufgelegt die ersten 15 Millionen Nakaaendoanldhe.
Im Laufe dieses Jahres sind von den öffentlichen Banken „er-
worben" 10454800 Yen. Im Jahie 1885 wurden 5 Millionen
aufgelegt, von den Banken erworben 4936800 Yen. Dagegen
sind bei der regen Oeschaftsthiitigkeit des Jahi^ee nur OOOli^O
Yen Marineanleilie erworben, während 5 jVTi1h*onf*ii atitgelegt waren;
1887, wo 6 MiUionen auigelegt wurden, haben dagegen die Banken
2 5U6 700 Yen erworben.
^ Die Po8tei>arkaBBe hatte deponiert
Ende 1881 im FSnanzministoriain 1016 508 Yen
- iss;j - - 2160 772 -
• 1885 in der Depositenkasae 8319 527 -
- 18Ö7 • - - 17058768 -
Im flQl&fonds waren angel^
in Effekten aa&erdem i» der Depositen-
kasae
80. Juni 1881 427241 Ten —
- 1883 8 715 513 -
- 1885 5 836 871 - Ende lö85 1 muüO ieu
31. März 1887 7 471983 - - 1887 3245072 -
- 1888 10002197 - —
* Wieviel das ß:ewe8eD sein outf, ist mir nicht bekannt. Im
Schul(U•ntilp^n^^=^ll!:lJl wini ftn Ti1p;nn!T^Tnnci8 (G«'n?fiikikin) von 20 Mil-
lionen als ziuätrageiiiier lleätandteiJ des Keaervefouds genannt Von der
eingetragenen Sebald waren „im Flnusminirteiinm" 1. Jtdi 1882 27 801 700
Yen, 1. Joü 1884 14515948 Yen, acitdero ist nichts mehr angegeben.
• Über die 10 Million n >;it8uma- Anleihe wie über die neue Zwei-
undzwanzia^milliDnen-Sebnld bei der Nihon Ginko sind Scboldscbeine
nicht auagesteUt.
46*
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724
SchUfs.
Wir haben unsere Untersiiehungt'ii dureligeiiihrt zunäclist
rein in der Absicht, zur Kenntnis des modernen Japan beizu-
tragen. Vielleicht ist die Hoffiiung nicht zu ktthn, obSb dtnm
aucn ein praktischer Natzen ndi eiveben mdjg;e. BekanntM^iaft
mit den wirtschaftlichen und Bnanzidlen Einrichtungen des Lan-
des ist eine Vorbedingung für den, welcher wirtschaftliche Unter-
nehmungen in Angriff nehmen und erfolgreich durchführen will.
Dafs ftir d'x' ^^'eiterentvviekclung Japans Her Mangel an Kapital
und an einem gebildeten Untcmehraerstande eines der llaupr-
hemmnisse ist, habe ich zu zeigen gesucht. Gründliche Abhüllc
kann zunächst nur vuin Auslande kommen Es .steht damit in
Japan, wie in occidentalischen Ländern gestanden hat und
zum Teil nodi steht Dafs aber Japan zur läitwidcelung seiner
wirtschaftlichen Erftfte ausländisches Kapital wie anslitodische
Erfahrung und Arbeitagewöhnung anwende, das wird einstweflen
verhindert durch die unglückliche Lage seiner Beziehungen cuni
Auslande.
Tn dem modernen Japan herrscht der heifsc Wunscli, als
gleichberechtigt in den Kreis dos occidentalischen Völkernclita
autgenommen zu werden, der Wunj^ch, einerseits die Vertügimg
über den Zolltant' zurückzuerlangen, anderseits die in Japan
lebenden Ausländer der einheimischen Gerichtsbarkeit und Steuer-
gewalt zu unterwerfen.
Was zunächst die Gerichtsbarkeit betrifft, so hilft es nicbts,
darauf hinzuweisen, dafs die gegenwärtige Ezterrit<malität, so-
lange die Ausländer auf die wenigen offenen Plätze beschränkt
sind, wirklidi keine erheblichen Milsstände im Gefolge hat. Die
Beseitigung der tn mden Gerichte vom nationalen Gebiet ist all-
niflhlieh eine Art Ehrenpunkt geworden und eine scharfe Waffe
der Ai^ifAtion gegen jede einheimische Regierung, welche in diesrr
Fra«i^c sich lau verhalten vviü'de. Di'' allgenieinf Erlaut)nis liir
Fremde, sich im ganzen Lande niederzulassen, würde aber bei
Aufrechterhaltung der Konsulargerichtsbarkeit in der That zu
endlosen Schwierigkeiten Anlafs geben. Auch kann ehriicher-
weise nicht bestritten werdeui dais die SteuerpriTÜegien der Aus-
länder und das Festhalten an einem längst veralteten Zolltarif
unbillig sind. Eine Reform dieser Zustände, die vielbesprochene
VertragsreTision (Joyaku kaisei) ist in jeder Hinsicht wünschens-
wert.
Die iSciiwierigkeiten sind freilieh trrofs. Zunächst best*'b« ii
mancherlei der Revision fcindliclic Interessen. Kiieuso wie manchen
der fremden, einmal ansässigen Kuut leutc eine Änderung dcü Ix?-
stehenden Zustandes unbequem wilre, ebenso lebhaft wehren sich
biyilizüü by GoOgl
X 4.
725
die weDiffen Chrofinmleniehmer, die es bisher in Japan giebt, ge^en
die Ge&ordung ihrer Monopolgewinne dnrch Schaffung einerJS^n-
kofrenz im Iniande. Dem Mifstrauen der Ausländer gegen die
japanische Justiz entspricht auf japanischer Seite eine ganz un-
verständige Angst davor, dafs ausländische Kapitalisten sich des
Grundbesitzes und alier gewinnbringenden Unternehmungen be*
mächtigen würden.
Hier ist uiciit der Ort, diejäe iii Japan zum Überdrufs wieder-
holt» EiOrtenniMi noch einmal in jeder Richtung ausführlich
8U bdiandefai. Nur einige whrtschafluehe Betrachtungen mödite
ich mir gestatten.
Ganz unbegründet scheinen mir die zuletzt erwähnten ja-
panischen Besorgnisse. Die japanische Nationaleitelkeit, welche
glaubt, dafs alle Welt nur auf den Augenblick warte, wo man
siclj auf die Ausbeutung Japans stürzen könne, würde einen
sciiwiTcn Stofe erhalt('n, wenn jetzt Japan plötzlich vollständig
fremdem Unternehmungsgeist geöflhet würde. Bei der Hohe der
Preise des GnindhesitBes, bei der ungenügenden Bekanntschaft
mit der japanischen Sprache, mit den Einrichtungen des Landes^
bei der geringen Leistungsfähigkeit der Arbeiter, bei der Un-
möglichkeit, genügend gebildete einheimische Betriebsbeamte su
erhalten, wird es voraussichtlich lange dauern, ehe die Beteiligung
des Auslanflps mich nur in solchem Mafso eintritt, wie sie tür
die Kntwickelung Japans wünschenswert ist.
} '.( tv hti^rter ist im Gegenteil die Frage, ob es sich denn
luv das Ausland lohne, den japanischen Wünschen weit ent-
gegenzukommen. Ich glaube allerdings, dafs es sich lohnt.
Die Höhe des ZinsfuCses ist im aUgmeinen in Japan so, dafs
die Ankge des in den Ländern des Westens nach besserer Ver-
zinsung suchenden Kapitals in vielen Fällen lohnend sein würde.
Die kommunalen Körperschaften werden t\lr den Zweck öffent-
licher Unternehmungen Geld brauchen. Handels und Krworbs-
gesellschafien werden die bisher imbekannte Heschatiung von
Kapital auf dem Wege der Obligationenau^gabe anwenden.
Aktiengesellschaften, welche für an sich berechtigte Bestrebungen
gegenwärtig nicht oder nicht mit genügendem Kapital ins Leben
treten kdnnen, werden möglich, wenn die Aktien nicht auf den
engen japanischen Geldmarkt angewiesen sind und werden, eben-
so wie andere gewerbliche Unternehmungen, reichlichen Gewinn
abwerfen, wenn Elemente Einflufs erhalten, welche Er&hrung in
der Orj/aTii^ation gröfserer Unternehinnngen haben . Etenicnte,
welche kreditwürdig sind. ii. s. w. Solehe Elemente wird man,
so unangenehm das dem jungen Japan sein mag, der Kegel nach
nur unter Ausländem finden. »Solchen Elementen wird aber un-
zweifelhaft der Erfolg sicher sein. Es giebt eine Menge Unter-
nehmungen, die grofser Ertragsstdgerung filhig smd, landwirt-
schaftiiche, s. B. die Kultur von Tabak und anderen Handels-
gewächsen, mit der Landwirtschaft zusammenhängende, wie
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726
Zuckerraffinerie, ferner Bergbau, eine Anzahl industrieller Unter-
nehmungen.
Nun giebt es fireilich Leute^ die sagen, der einzelne habe ja
vielleicht Öewinn aus solchen Unternehmunp:en. Im gansen alir
hätten wir kein Interesse, die Produktionstühigkcit, die Industrie
anderer Lander zu lieben. Diese Ansicht verkennt, dafti gt>ra(1<'
im g:anzen betrachtet allerdings treoide Völker an der industriellen
Kntwickehmg anderer Länder ein Interesse haben, insofern niclit
nur die Kaufkrait ^eliobeu, sondern auch die intemationale
Arbeitsteilung und damit der Bezug vieler Dinge aus dem Aus-
lande gefitrdert wird. Was speciell Japan betrifft, so darf man
nicht vergessen, dals eben Japan gewisse Dinge nicht selbst he^
vorbringt, von diesen aber um so mehr beziehen wird, je mehr
der inländische Konsum und die inländische Knufkrat^t wächst
Von den greisen Gruppen der japanischen Einfuhr kommen cU
vor allem die Erzeugnisse der Wollenindustri*^'. namentlich aber
die der Eisenindustrie in Betracht. Japan kann nur einen ganx
kleinen Teil seines Eisenbedarfs selbst decken. Je melir iber
dieser Bedarf infolge der wirtschaftlichen Hebung steigt, um so
mehr wird es sich fUr Eisen und Eisenwaren, Maschinen und
Instrumente an das Ausland wenden mttssen. Die Ansicht, dals
wir an der Erttfinung und wirtsdiai^cheii Hebung Japans kein
Interesse hätten, kann ich also nicht teilen.
Das grölste Hindernis in dieser Richtung ist augenblicklich
der in der letzten Zeit in so unerquicklicher Weise sich breit
machende Is^ativismus, eine nationale Sel!)st1ilH?^hebunL^ die tllr
den Fernerstehendcn nieht Irei von einer gewissen Komik utl
Die Einführung kunslitutioiieller Staatsformen hat zunächst die«
Stroauiiig verstärkt. Wir hahen aber eine zu gute Meinung von
der gesunden Natur der Masse des japanischen Volkes — von
dem halbgebildeten Ldtteratentum abgeseiien — , als daft wir nicfat
glauben Mllten, daft die Flegeljahre des Parlamentarismus
bältnismäfsig rasch werden überwunden werden. W^oUen die Japaner
sich unserer Rulturwelt einfllgen, so mttsseo sie einsehen, dals
nicht in der Verschärfung des Hassengegensatzes ihre Zukunft
liegt. Wir geben den Nativisten darin ganz recht, dafs das
„Lernen von der Krfalirung des Westens"" in der bisiier be-
triebenen \^'eise nieht immer sehr erfolgreich ^^ewesen ist. Nur
verstehen wir das in etwas anderer Weise. Es ist nicht dauiii
gethan, dals man Aulserlichkciten nachahmt, daü man einige
Sachverständige heute hier, morgen dort „mietef* (wie der be-
seiehnende und geschmackyoUe Ausdruck lautet), auf deren Rat
man dann doch nur halb hört, und dafs man einige junge Leute
auf kurze Zeit nach Europa schickt Wir haben im Veriaid
unserer Untersuchung ^ehen, wie trotz aller ^wesdichen Er-
fahnmo-eTi" geradezu typisch die verschiedensten weniger wiinschensr
wertcn \ orgünge im gesellselnirtliehen Treben .T'i j»ans sieh eln-nao
abspielen wie in Europa. Im em^elneo iieise sich leicht zeigen,
biyilizüü by GoOglc
X 4.
727
wie ei kerne Dninmlieit gegeben hat^ die nicht auch in Japan
wieder anftandite^ wenn auch nur vorilbergehend ^
£r8t wenn man so weit fortgeachritten sein wirtl, dal's Japaner
mit Aualändern sich zu wirklich ernster und ehrlicher Arbeit vier-
einigen , niclit zur Nachahmimg , sonrlem zur Schafliing eines
Neuen, von dem Goethes hfibsches Wort gilt, dals Orient und
Occident nicht mehr zu trennen sind, erst dann ist die höchste
Entfaltung zu erwarten, deren Japan fähig ist und die wir dem
schönen Lande wiUischen.
' Am klarsten ist das auf dem Gebiete des Geld- und Kreditwesens
zu verfolgen, wo ich a]'^ flrfistische Beispiele die Projekte erwähne, auf
Grundbesitz iuudierte Bauknoten auszugeben, die Cr^dit-Mobilier-Pläne,
die Ideen über industrielle NntzbannachuDg der Sparkasseogelder, die
Vrrtrf'tiing extrem - inflationistischer Ansichten u. s. w. Au^ don ,T;ihr
§ängcn des Keizai Zasshi und Jiii Shimpo, die bei den Litterateu sieh
es nöcbsten Ansehens erfreuen, hefse sich die scherzhafteste Musterkarte
TolkswirtschafUidien Unsinns zoBanunenstellen , wie die Vorsehiäge der
Ersetzung des ^nzen GetreidebaiieB durch Sttdenknltur, der Abeebaffang
aller Zölle u. deigl.
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statistische Tabellen.
Die Nummeni der Bezirke entoprecben deaen anf dar Karte.
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782
X 4.
2. Die alten Landschaften nach Fläche and Einwolmersahl
Ende 1887,
mit Trenntiiig des Tosando in Tosando und Alt-Osbu, rsA* Tab» Z.
(Spalte 2 und 4: Stat Jahrb. VIU 29.)
Landschaft
FlSehe
£Sn wohn er-
zähl am
ber 16S1
Khi -
wohner
auf den
Quadmt*
ikilonieter
2
3
1. Kinai
2. Tokaido
3. Tosando
4. Alt-Oahu (vgl. Tab. 3)
.5. Hokurikudo ....
6. SaniDdo
7. Sanyodo
a. Nankaido
9. Saikaido
10. Hokkaido
11. Sado
12. Oki
13. Awi^i
U. Iki
15. Tsushima
IG. Ryukyu
17. Ogasawara
Japan
445,«
2 658,«
2 602,7
4 247,s
I ."»77, s
1 087,T
1 570,s
1 561,8 I
2617,5
6095^
56,»
2U
36.T
8,« ;
44,7
156,9
4,6
6878
41008
40 14;?
G5 r^io
24 H35
16 776
24 219
24 088
40371
94012
868
338
566
133
689
2 420
69
2397861
8941331
4 001 254
4 205 264
3 6>*1 «54
1 761 .503
3 988 042
3 500 320
5582 788
289866
109648
33202
187559
84 7H8
373 146
539
i4 794,4
349
218
100
64
151
105
165
145
138
3
126
98
331
261
4.5
1-55
382416
39069691
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3. Die Provinzen, Kuiii, nach Fläche und Ein-
wohnerzahl am 31. iXzember 1887, nach Landachaften
geordnet.
S~ ie Flächen aoa Whitney, Dictionarj of Uoads etc. 1889 S. 200 ff. «-
e Dmwohnentahlen, von denen WhitnevB abwdcbend, nach tStat^
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3. Sliirna
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4. Owari (Bishu)
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5. Mikawa ....
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6. Totoini(Enehu)
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465 21 X
7. Soruga
211^77
439 751)
8. Rai (Kosbu) .
2><9,R5
438 781
87,«t
1768:}6
10. Sagami ....
128,44
44248:^1
11. Mnsaabi (Ba-
2 530 047
12. Awa (ßoshu) .
165 < »24
i:', Kazn-sa . , . .
140,27
465 923
14. Shimoaa . . . .
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760 95:i
15. Hitaahi . . . .
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77s 030
ilL Toeando.
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1. Omi ......
257,16
666 567 '
2. Mino.
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79S 395
3. Hida
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116 523
4. Shiuano (Shin-
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1 101 499
Landschaft
ond
ProvinE
Fläche
Qua-
dratri
Ein-
wohner
5. Kozuke(Joshu)
6. ähimotsoke . .
IV. Alt-Oshu
(zum l'oäando ge-
hörig)
1. Iwaki ....
2. Iwashiro . ,
3. Bikazen. . .
4. lüknchtt. . .
5. Rikiigo(MutBu
6. Xlfjtsi ....
7. Ugo
V. Hokurikudo
1. W:ikjisa
2. Kchizen
4. Notü. .
5. Etehu
6. Echigo
7. Sado . .
VI. Sanindo
1. Tamba
2. Tango.
3. Tajima
4. Inaha
5. Hoki . ,
6. Uumo .
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und
Provinz
Landschaft
und
Provinz
7. Iwami
8. Oki. .
YXI. Sauyodo.
1. Harima . . . .
2. Mimasaka. . .
8. Bizen
4. Bitchu ....
5. Bigü
6. Aki (GdBhu)
7. Suwo . . . . .
8. Nagato (Gho<
ahn)
Vrn. Nankaido,
1. Kü (Kishu) . .
2. Awaji . . . .
3. Awa
4. Sannki
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6. Tom
IX. > :i 1 k a id o.
1. Chiku;sen . .
2. Cbikugo . . .
3. Buzen ....
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4. Bungo . .
5. Uiien . .
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I 7. Hynga. .
8. Osumi . .
j 9. Sataama.
X. Iki
XL TanalainA. .
XII. Byukyu . .
XIII. Hokkaido
1. Oshima . .
2. Shiribeshi .
3. lähikari . .
4. Teshio. . .
5. Kitami . . .
6. Iburi. . . .
7. Hidaka . .
a Tokaclu. .
9. Knahiio . .
10. Nemuro . .
11. Chiahima .
XIV. Ogaaawaia-
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5. Staatsverwaltungsaus^raben 1880 — 1889 (ohne die
Auögaben für b taatsacliuld und andere Dotationen).
(Stat Jahrb. V m«^ VI ^ff., VIU 8b2fL, iX l^^ff. — VgLancha 1^.)
Finanz-
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2 305
30 714
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Anmerkung. DSe dnu leinten Jahre rind mit den Vo^alnen
nieht vergleichl ;ir wegen ToUatAndiger VeiBebiedenheit der Etataanf-
Stellung und Einteilung.
„Sonstige p<»r8Önliche Kosten" scbliefsen bis 1885 Reisekosten, Re-
munerationen und 8old, Ernährung und Bekleidung der Armee ein, in
den drei letzten Jahren nur Keisekoaten.
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47 236 100
46 886 1(X)
46 041 100
40 616 063
33 351 100
22 986 100
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742
X 4
8. Bilanz der Nihon Ginko am 31. Dezember 188d«
(Fünfisehnter Semesterberwht dv Nihon Ginko.)
Haben
Soll
2 IM 71ö
29040355
16 678 667
26322946
IH 70:) :>92
16 927428
lOÖOOUOO
81875
31517 846
146 607 4«6,146 607 m
y«» 8taAt8kaM8eDT«rw«ltnf,
OnTlia>icn den StaAto
Featea Depositum
Anw<^angen
Accepte
774 71 y Fnrderangen gogon den Staat.
1 3e<U UUO Depositum.
Verkehr mit Privatei.
Feste Depomten
Laufend*' Depoiiten
Anwi'iäungeu
Acrt'pte
16890 400 Darlrhen.
681 '>H.5 Duilrln n rxwf hpptimmto Zeit
5.%3 269 Diskontierte Handcispaptere.
6598726 AuslIndiMhe Weeheel.
68751 Atislagen.
ßEBknotei.
A tisgefprti>t 79 108 ({'^2 Yen.
im Besitze der Bauk 4 811 647 -
16 678 667 SUaUtchlldBdieiBe.
Bamn ud aitliiüMlief Oeid.
25 666 9721 Barren.
655974 Analfin'^^ipchp Mthr/fn.
N ationalbankii 1 1 1 e n kunto.
DepoaitoiD der Nationalbanken .
^DBOn ia Quid
18705292 Btaatnchuldacheine.
16927428 A/^entnren and Korrespondeiiten.
Gewian- aad Verlistkoito.
Gewinn
Verlufitreeerve
Vom vorigen Seraealer überMigea
Kapitalktate.
Grundkapital
10 000 000 Davon noch nicht eingezahlt
Beeerveibnds
Nicht abgehobene Diridenda . .
818751 ttehinde aad Iireatar.
Katie.
OoIdmUnzen .... 143109
Silber-Einyen-StUcke . 28 794 120
Silberne Schetdemfinaen 98 76 1
NickelinünKen . . . 39 282
Kupfermünzen . . . -475
PapiergeM 405925
N;itlnii Ubanknoten . . 1086917
Anweisungen etc. . . 954256
Snaime.
31 517
Yen
19 071 424
11960 070
1
23O0O,
13500
184 656]
446531
20555
81654495
968864
74 297 0051 74 297 005
14169460
12359
16 705 793,
4636671
12359
1 097 269,
150000
203218i 1450 472
20000000
4759700
6821 24760382
146 607 480 146 6u7 486
.\nmerkung. Wegen Abrundung der Zahlen auf ganze Yen atunmoD
die Summen mit der Summierung der £inzelpoBten nicht genau.
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X 4.
743
9, Aua- und Einfuhr von Gold und Silber 1872-1889.
(Nach den Annnal Retorns of the Foreign Trada)
^
Ausfuhr
.
Einfuhr
Jahr
Gold
1 Öilbor
Banunon
Gold
•Silber
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1
9
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1 796 109
4480895
—
3691510
3691510
1878
2614 0S5
2508872
5122927
2013007
1066685
3080542
1874
8126290
5868912
18995202
2700
1069031
1071731
1875
1060S845
4060626
14663971
26515
271807
298322
1876
5 872 356
4 803 345
10 675 701
721 465
7545776
8 267241
1877
0 777
3219 494
9441 271
162 281
2Ü11 21S
2 173 499
1878
4 601 08^^
3 727 570
8 328 653
243
2 IKS ,s,>s
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4 749 m
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12 778 864
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2 403 138
3 134 804
1880
5Sn8 174
7:m819
13 222 993
20 618
3 617 612
3 638 230
1881
2 246^x9
5 243 658
7 490 547
150
1 a55 997
1 856 147
1882
1 251 035
3 179 162
44;i0197
500
6 160 224
6160224
1888
1009570
2146995
8156565
559
5450942
5451501
1884
1423654
8581418
5005072
299 202
5312557
5611759
1885
402636
3763809
4256446
608813
6988028
7546841
1886
302542
9323905
9626447
1159468
8012405
9171873
1887
86236
10949252
11035488
12S9527
7611739
8871266
1888
450284
7383160
7833444
1203252
7529239
8 732 491
1889
268 010
4920520
5 188 530
749 924
13423322
14 173 246
Anmerkung. Der Verkehr mit Korea ist erst seit dem Februar 1884
eingerechnet
Die Werte sind bU 1887 in Gold- und SUberyen angegeben, 1888 tmd
1889 nur in SUbeiyen.
üiyilizüü by LiOü^le
744
X 4
10. Postämter, PoBtsendungen, Telegramme und Post-
sparkaaien nach Beiirken im Jahre 1887.
(Stat Jahrb. Vni 315, 318, 386. 459.)
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5335
1873. . . .
1500
10.550902
82
186448
1871 ....
179
565934
?
Aninerktiiig. Is Spalte 3 and 5 ist Ws 1885 der ausIXndische Verkehr
eingeBchlossen.
Ifi S(,;iltp ' firzit^hoii sicli die Angabt'n von l^^T' bi^* l'^'^5 auf (laß im gleichen
Kaieuüerjahrt; l>egmueude Fiaauziahr, al&o 1875 aut die Zeit vom L Juli 1875
bit aiO, jTimi 1876, 1885 anf die Zeit v<m 1. Juli 1885 bia 31. MArz 1886.
In Spalte 6 iehtieAen die Zahlen von 1875 bis 1881 die sogeNbriebenen
Zinsen ein.
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746
X 4.
11. Versteuerte Wagen nach Bezirken im Winter-
halbjahr 1887—88.
(Nach Stat J«hrb. Vni 886 ff.)
>» itgtril
mit
Pfarden
be-
fpannt
sha
Hand-
last-
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auf 100
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1. Tokyo. . . .
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184
101 182
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2. Kyoto ....
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17 906
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12. Seeschiffe (einschl. Dampfschiffe und Sege]-
schiffe earopttischer Bauart auf BinnengewttBsero)
nach Besirken, Ende 1887.
(Nach Stat. Jahrb. VIII 375—381, auch V 344 und Ul 350.)
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15. Ernteertrag der wichtigsten Feidfrtiebte nach
Bezirken im Jahre 18S7.
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16. Ernteertrag einiger wichtiger laadwirtschaft
lieber Erseugniise nach Bezirken 1887.
(Nach Stat. Jahrb. VIII 87-92.)
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der Bezirk Nemaro
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mit iuägesamt nur 3169
Bezirke ^'rtcilten
UauBhaituogeo.
Hokkaido fehlt
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768
X 4.
19. Fabriktabelle von 1886.
(Vgl. S. 384. — Nach StHtiätiinrheu Tabellen des Mmist«!riam8 für Land-
wirtochtft and Gewerbe fid. III, IndiutEie, S. 4—46.)
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4. Kanagawa
5. Hyogo
6. Nupannki
H. SaitarriH
y. <iuinina
11. Ibaraki
12. Tochigi
13. Miye .
14. Aich! .
15- Shizuoka
10 Yamanashi
17. Shiga .
18. Gift .
19. NHErinro
21. Fukutihima
22. Iwate .
24. Vamagata
2.^. Akita .
2H. Fukui .
27. Ishikawa
2H. Toyama
Tottori
80. Shimane
.'U. Okayatiui
Hiroshima
X\. Vaina^uchi
:i4. Wakavama
^5. TokuBhima
86. Bhime .
87. Kochi .
8^. Fukuoka
f?9. Oita .
40. Saga
41. Kumatnoto
40. liokkaido
77
1
, 470
6 9<16
1014
2 714 747
2 445 797
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19
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619
385 102
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880 140
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11
47
573
255
124 612
120 739
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4
13
32
114
17 247
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394
16
93 957
103 .546
7
47
523
47
161 276 ,
144 676
60
132
2810
287
896367
^59869
7
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76
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74
109
3 971
12
66.5 446
601 805
12
24
1 192
485
48 699
55 461
134
222
4 65()
1 305
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10817
7.52
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184 520, 20t»241
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8
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68
12
64
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116
145 771
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19
702
11274
15 199
1 185 266
1 m ( M5
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46
614
136
171 577
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11
25
267
21
28 369
29 712
19
16
26
73 088
60 48.5
2
3
73
17
9 196, 7 414
1886491 1605.54
28
72
1662
684
14
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562 915
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18
41K
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60 929
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17
26 186
87 918
4
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105
14
12 7^W
7 561
2
19
161
23
12 373
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8
6
187
8
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4 .540
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34 743
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60511
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579.54
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2
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41 .5:33
10
15
100
103
51 086 j o:il39
941
:)850
78948
259S6
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1
Summe, 89 Besirke
Dabei roa tolehen Fabrikeo, von welchen nur Ein-
nahme oder nur Auegabe angegeben
82721
104494
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X 4.
759
20. Wareneinfuhr und Ausfuhr dem Werte nach
186b— 1Ö89.
(Nach der Htuadelaatadstik, veiglicheD his 1878 mit den yon den eng-
laechoi KonwilateD ermittelten, seit l'^TR mit den vom Stntistisehen Amt
beieehneten Silberwerten»)
Attsftihr
Einfbhr
Juiir
nach der
Handels-
statistik
nach
Silber werten
nach der
Haadels-
statiatik
nacli
Silberwerten
1
2 1
3
4
5
Yen
Mexik.
Dollars
Yen
Mexik.
Dollars
1868
1869
1870
1871
1872
1873
1874
187')
1876
1-77
iö78
15 55^3 473
12 908 978
14543 013
17 968 609
17026647
21 142 015
18 780 079
17 967 930
'/>7 •''•■'5 1 57
22 976 416
25 524571
20 435 133
11 475 »145
15 143 246
19184805
24294582
20 660 994
20 164 585
17 917 845
22 866 708
26259419
Silberyen
10 693 072
20 7H3 653;^
33 711 6:i8
21916 728
26174815
27 617 264
22 924 587
29 ;3:32 447
27 062 797
32 563 865
15 0<:)0 371
17;V-><16:31
31 V20 641
17 74.5605
26188441
27 44:^ 368
'24 '226 6'29
'28 174 194
9'\ <m;9 (MH
'25 871 881
33 265 760
Silberyen
1879
1880
1881
1882
\m
1884
1885
1886
1887
1888
1889
28 175 770
28 395387
31 0r>8 888
37 721 751
36 268 020
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70060 706 .
28 742 724
29 873400
33 0< 1:5 824
39 499 9.34
38 516 100
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37 146 692
48 870 522
52407681
65 705 510
70 060 706
32 95;j 002
.%6'26 601
31 191 '246
•29446 594
28444 842
29 672 647
2V> 356 968
32 168 432
44304252
65 455 2:34
66103 767
36 951 824
41 101 987
35 308 685
32 844 334
32 014.550
32 1.56 404
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37 637 138
51 699 770
65 4.55 234
66103 767
Anm. Über die Beredmung der Wertzahlen vgl. S. 410. Hier
ist noch zu beachten:
1. Die Wiedereinfuhr ist bis 1872 nicht berticksichfiL't, vnn 1^73 bis
1878 von der Ausfulir abgezogen, seit 1879 zur Kmlubr ge/ühlt.
2. Die Wiederausfuhr ist bis 1872 nicht berücksichtigt, von 1873 bis
1878 von der Einfuhr abgeasogen, seit 1879 zur Ausfuhr geaftUt
3. Der Humlel mit Korea (seit 1876) fehlt in .Spalte 2 und 4 bis
mm Januar 18>4, in Spalte 3 und 5 dage^ien nur bis l^lx ein-
schlieislich. Dadurch erklärt sich in der Hauptsache der Unter-
schied der Zahlen in Spalte :2 und 3 1879 bia 1883.
üiyiiized by Google
760
X 4.
21. Vergleicli der Ausfuhr japanischer Erzeugniste dem
Werte nach 1883 und 1888.
(Nach den Anntuü RefamB of the Foreign TndA. Die Nammem der
Waiett die des BetaniB von 1888.)
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21. Aciduui Nitri-
cum ....
28 SchwefelBäur«'
P,L HloTM. Liqueuie
th'>. Jrjuke ....
65. Sofft . . . .
"f^i. iMetiängdrabt .
80. Kupferdrftht .
82.Ei«cnnii^ol .
8^^ i:iy.'iHlr:iht . .
N'i. Messingblech ,
9i>. HfibÖl , . .
lin. hed»'r . . .
124-120. iiaumwoii-
Stoffe ....
Xai. Srid. 'l'iisch(Mi-
tücbur , . .
1S8. Andere Seiden-
127— i2y. ioi-- un.
m. 138 -14'>.
vNiiilcn.' .'stotl'c
titnl Klcidui);,^^-
btru'ke . , .
143. H . Tabaks,
labrikate
il 04. i\ upl'ermüuzü u
68.169.FScher. .
170. Möbel . . .
17:* .TiiirikisliH
IT ! Zniidliölzi i
IT". Matt 011 . . .
176. Papieriaternen
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21744?
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163. 165-167. 171.
172 177 I7s.
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Davon A E . .
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Summe kommen
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C. .
D. , . . .
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0,1 ^/o
6,7<Vo
6,s»/o
AnnM'rkunj^. 1. Die Abpcnzuni;
/Avischeu^ A und M i.st hier laid da et-
\yn!^ zwfifelhatt. was aber kaum das
\ rrhaltnis im allgemeinen ändert,
2. Tiiter F. „Versehiedeiicß- dürfte
der Anteil der ludu^trieprvdukte giüfser
.^ein als in obiger Proz«ntberecnnnng.
Hei Imher Bereelinnn;^ . ■ ■ daa Gre-
.siniteri:ei)nis aber für Indii.-triei i /eni
tiisBe kaum über Wo biuuuö l'üi
und Uber 70/o för 1883. Die Kupfer
inun/rii .ciMllteti dajje^en \-.in den In-
duätiieprudukteu ausgebe Uiuüfieu werden.
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2ß2
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763
23. Grund Steuerreform. Grund ateueraufkomnien
in jedem Bezirke vor der Reform, nach dem 6atz
von 1873 und nach dem von 1877.
(Nach dem Bericht von 1882 ttber die Gmodateuenefonn.)
Vor der
VT t Ji
Nach dem
Nach dem *
Besiik
Satz von
Reform
1873
1877
Yi»n
Y.n
1. Tokyo ....
360076
648 lüüi
2. Kyoto ....
912834
760 695
■A. n--nkn , , . .
2 747 i)32
2 50;; 231
2 086 0''>5
4. Kaimgawa . , .
^'U 260
;>U5 249
Hyogo ....
Sai»)
2SIH)214
2 440 7 18
2 U;i3 932
6. u. 40. Nagasaki (n.
1 828 879
1 436 874
1 197 39.'i
7. Niiorata ....
1 692 408
1 962 040
1 1;;',5 o;*3
^. Saitama ....
1 399 705
1 725 707
1 438 089
9. Gumma ....
825 9M
N^vv^^ ^^^^ A
940829
788608
10. Cfiiba .....
1 8U>! 603
1 5;^ KJO
1 278 467
11. Ibaraki ....
1 391 Ö17
1 336 431
1 113 693
a X x*^ 9
12. To«:higi ....
814 479
913 371
761 144^
13. Miye .....
1 908 4.*i3
1 718 062
1 431 718
14* Aichi
2 099 773
2 117 8)><6
1 764 901
15. Shizuoka . . .
1 309 771
1 417 672
1 181 H94
16. Yamaoadd . . .
486028
502107
17. Shiga
1 6:U 387
1 440 502
1 200418
18. Gifii
1 214 373
1 *^R5 983
1 0.54 084
19. Nagaoo ....
1 143 700
1 516
20. MivaGTi ....
tll 1 7.ÖQ
702 882
21 FuKUshima .
1 1'»*^' 018
1 "'I-.O 4.<3
1 0*^5 -lO'-t
22. Iwate
499 532
H07 HOO
«i06 329
28. AonKMfi ....
526505
546951
4.'>.'> 790
24 YsmiRPTitA ...
1 185 978
1 0^ } *>56
M53 546
26. Akita ....
840 s94
s20 089
68.3 407
26. Fukai . .
830 288
7t) [ 778
634 X 1 4
27. u. 2s. lahikawa (u.
Toyamai
2 563 744
1953 019
1 627 515
29. u. Shimanc (ti.
Tottorij .
1 526 013
1 492 765
1 243 971
1 fit (1 TT\U
Ol* ^'KHjfctUlH • • •
82. Hiroshima . . .
1 516 779
1540 076
1288. '197
3iH, Vama^chi . . .
691 205
576 004
34. Wakavama. . .
a5. Toknshima . . .
1 079 542
920 886
767 405
784 245
730 7:^?
608944
36. Ehime ....
2 041 574
1 770 216
1475 180
81. Kochi
1 098 680
707 800
ö^f) s"?3
BS. Fukuoka . . .
2 ::t05 195
1 699 971
1416 643
89. Oita
1 008 358
853 967
711639
41. Kuraainot ) . .
1 511 036
1 l-i
1 027 670
42. 11. }•".. Kn^L':' i-liiiriii fn.
] 70.*.
1 237ril2
Zusammen Altjajtan .
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52 36ö Oi>o
^ 49 462 946
41219139
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764
X 4
24. O rundsteuerreform. Vermehrung und Vermin-
derung der vermessenen Flache und der Orand-
steuer nach dem Satze von 1873 und 1877.
(Nach dem Beiicht von 1882 Ober die Qnmdsteaenefom.)
Bezirk
Ir lache
1
1878
1877
Iho
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2'J. u. .(U. »^biauuie (mit lotion)
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71 :i41
118 979
'M. \N :iknyfim.i
12 7os
3>'). '1 okiiähima
129 167
J70 3OJ
86. Ehime
362122
87. Ko Iii
2m U22
390 SfyO
ÖOs S4ii
'Ax. Fukuoka
G05 223
tit^s :>:i2
;j'J. Oita
100 .*).'.o
154 391
296 719
41. Kuinainoto
m 161
277 852
4H3 3ti6
42. u. 4ii. Kag08hima(imt Mijraxaki)
35 583
283094
862769^ ,
2905109
11 14H 9W
Anmerkung. Die kursiv uc^^ctzten Zahieu be/.eichaen die Ver-
Duiuderung im Gegensätze zu den Zanleu in gewÖbnlicLer Schrift, welche
die Vermebnmg aiudräcken.
biyilizüü by GoOglc
X 4. 7Ö5
25. Grundstaaerreform. Acker-, Bauland und ISals-
f^^arton, Vormehr iing und Verminderung der ver-
messenen Fläche und der Grundsteuer nach dem
Satz von 1^73 und 1877.
(Nach dem Bericht von 16^2 über die GruDdateaerreform.)
Fliehe
Steuer
!
Steuer
Beniic
lö73
lö77
Cbo
Yen
Yw
1. Tokvo
4 .572
285 oa5
177 550
9 Kvoto . ,
82018
231 007
25 058
247 o:w
603 833
4 Kanajrawa .......
92 240
16 439
93 278
Ä. Hvoiro
37 439
;?rr
778 455
a. u. 40. Nacrasaki (u. Satra) .
141 511
414 ''i35
649 721
7. Niisata
86666
288688
826S9
SaitazDft ........
25 2<>8
301 :;(0
18 :3(J9
Qumaia
19 075
82 621
OS 452
10. Chiba
49 284
293 :W2
544 701
11. Ibaraki ........
36 d'.iS
(i9 908
289 485
12. Tochiiri
15 032
75 ( »93
72 Kl 5
13. Mive
39042
jy7 ö92
481 443
14. Aichi
51 449
8602
341610
lA. Shizuoka
41371
86 672
145 881
16. Yainanashi
25 01 >s
10 065
7'^nU
17. ^ibkra
A f • •••••••••
13 667
203 830
440 392
18. Giro
83880
26562
179126
Xai;nno , * . , ■ • . .
73 039
m 286
157 551
20. Miva'ä
31 142
67 .5:^2
45 567
'21 pDRUshlma .... . .
.30 983
60 868
142033
Iwate .........
33 WA
Hl .'.63
0 933
2ti Aomori .......
42 7><9
IJ 710
77 145
24 Vfljnairata .......
43 ;V)5
180 302 1
347 915
25. Akita
67978
28 99*^
164 304
26. Fukui
19 759
73 200
199 222
91 u 28 Iflhikawa (n Tovama)
l<i7 106
625 :'i24
940 158
2V). u. 80. Shimane (u. Tottori) .
:M< 986
47 73!
293 385
Hl. Okayama .......
39 045
106 025
187 814
• >J. Mir' ':-niniri .......
-J_ • '^•)
an. Yamaguchi .
ö M6
139 330
250 711
34. Wakavama
15252
158 688
313163
X}. Tokuahiina
2 ^9
07 612
ISO 291
86. £bime
4»; 353
31 1 084 ,
Ö98 728
37. Kochi
23 125
400 910
517088
88. FnkQoka
12 182
617910
898066
Oita
20 198
159 570
299508
41. Kumanioto
45 217
280 136 \
482 998
42. u. 43. Kagotibiuia (u. Miyazaki)
110 6,34
Ol 803
304 954
Zusammen .Altjapan .....
15>^8 123
3 485 193 1
11605404
Anmerkung. Die kursiv cesetzten Zahlen bezeichnen die Ver-
mindf>rung im Gegensatz zu den Zuüen in gewöhnlicher iijchriftf weiche
die V ermehrung ausdrücken.
üiyilizüü by Google
766
X 4.
26. Verminderung der Grundsteuer durch das Ge-
sets 22 vom 26. Aagast 1889.
Der Betrag der üerabBetzung wsr in jedem Bezirk :
Bezirk
Von Ta
Von Hata
ZoBaniincn
Yeit
1. Tokyo
7 246
2. Kyoto
59 UÜ 1
9563
68673
3. Osaka (ohne Nam) ....
173.189
39508
213 097
4. Kanagawa
18 782
IX 7S2
5. Hyoffo
6. mgftBRki
7. Niiguta
249 206
24 462
273 608
16919
6811
237^
40 064
400»>4
Saitama
51 639
1084
52 723
9. Gumma
27 119
27 119
10. Chiba
42 31.5
42815
11. Ibar.iki
34 679
34 679
12. Tochiei
21 196
21 19()
Sa. Nara
77522
8419
85941
13. Miye
142 266
14 807
1.56 m;:^
14. Aichi
1:34 867
32 24^
167 113
15. Shizuoka
54 89S
14 123
69 021
16. Vamanashi .......
12895
12><95
17. Shiffa
128 r>98
10 464
139 062
18. Gifu
70 098
16 987
87 .5H.5
19. Nagano
2.3927
102
24029
20. Miyaxri
21. Fukushima
42 267
42 267
22. Iwate
17 328
4381
21 709
23. Aomori
11590
8104
um
2i. Vamagata
23185
23 18.5
2.^). Akita
9 088
1 <>.S3
10 721
26. Fukui
49 09.')
1 077
.50 172
27. Ishikawa
57 936
57 9.86
28. Toyama ........
30.'V51
.8<j;v>i
29. Tottori
67 857
10 424
78281
90. Shimane
62795
9574
723«9
31. Okayama .
146895
27 736
174 631
32. Hiroshima
125451
21737
147 188
33, VamagucUi
—
34. Wakayama
99466
1968.'»
119 l.»l
80. Tokushima -
35 595
22 0.58
r48
36. Khime (ohne KagawaJ . . .
85728
16889
10261«
3<ja. Kagawa
54 665
4097
37. Kochi
78 210
7 089
81 149
38. Fiikiioka
69 84.5
7 303
76
39. üita
59 670
17 841
77 511
40. Saga
41. Kumumoto
48 770
5018
6.^1:^4
19 715
82 849
42. Miyazaki
6s:{_>i
16 073
843^4
43. Kagoshima
1 60 679
Japan
1 2 783 787
454 4ir
Siimmipnmu' der Kolonnen crgieht ein um ein gering*^ al>-
weirlicjuics HcBultat (2 783 710 und 455 174), wohl infolge von Druck-
fehlern. Hier siod die im Kwampo (Staatsanaeiger) amtlidi veiOfl«nU
lichten Summen dugeeetat
biyilizüü by GoOglc
X 4.
767
27. Vergleich der wirklichen Preise Ton ▼erkauftem
Ackerland mit dem Grandsteuerwert im Durch-
schnitt der Bezirke. 1883—1886.
(Vgl. S. 28öff. und 5»2ff.)
Der dorchachnittlieh bexahlt« Ftem war . . . Ftozent dm OnuMlateaenrertai
im BesiA
1888
1884
1885
1886
1
2
3
4 5
1. Tokvo ......
172
148
157
184
2. Kyoto
128
112
99
99
a Osaka
106
?
?
58
4. Kiinagawa ....
202 ;
131
126
5. Hyogo
87
78
74
6. Nacaeaki
—
112
X09
7. Niigftta
—
177
156
154
8. Saitfima
137
III
119
112
9. Gumma
121
115
98
10. Chiba
—
144
133
11. Ibaraki
i:U
104
96
97
12. To. higi
07
101
91
78
13. AMiye
61
55
14. Aichi
123
99
95
102
1.5. Shi/.uoka
125
106
105
16. Yamanashi
U9
152
1:«
17. Shiga
—
117
18. Gifu
144
110
101
19. Nafjnno
2V»1
213
222
180
20. Miyam
98
93
88
81
21. Pakiuhifna ....
94
77
79
85
22. Iwate
139
133
117
115
2?.. Antnori
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93
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65
'24. V ariiagata
—
124
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III
25. Akita
181
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118
99
26. Fiikui
—
128
122
27. Isliikawa
—
55
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28. Toyama
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29. Totton
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31. Okayama
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im üurch!<chnitt aller Be-
zirko, für welche Ad-
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X 4.
30. Das Aufkommen von Steuern der verschiedenen
Arten (direkte, V erbrau c ha-, Verkehrs steuern) in
Staat und Kommunalverbändeu in den Finanzjahren
1880/81, 1882/83, 1884/85 and 1886/87.
Steuer
A. Direkte Stouern.
1. Gruudbtüuer den Staates . .
2. - der Bezirke . .
3. - tler (Jemriiideii .
4. • ZuüLhlagzuta Hiilfs
fonds ....
5. Fläcbensteaer der Gemdnden
Aa. Oiuodsteuern ....
Mhub- lind Huiirfhalfiiugasteueni
der Bezirke
7. Desgl. der l^erncii il' n . . .
ö. Gewerbesteuer der Bezirke . .
9. Verschiedene St«aem der Bezirke
lu. < iewoi iK'fteuorn der Gemeinden
11. N'ei^ohiedcne Steuern der Ge-
iueiuden
12. b^ikin
\ ; V 1 1 i e r e direkte. Steuern .
8amme A. Direkte i^tenera . !~T
H. \' 0 r b rau f Ii öS teuern.
n^2;M(ilÖl
6431896
8501657
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Geträuket»teuerii .....
14. Tabftksteuer
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Bn. Eiirentlichc Verbraucbs-
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21. Sfliitrst.ijcr
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2^!. < iriiclitskoBten . ....
21. I?ür.-^('i)st(ii»'rii
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Dieselben ohne Zölle
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1818133881029401499932
792^9258 10038218296534
ijiyilizüü by
Register,
(Dio Zahlen bezeichnen die Seiten.)
Ablösung der Renten des Adels
und der Shizoku 8L Höf.,
bis m 2ü2 f.
Ackerbauhulfsfonds , siehe Hülfs-
fond«.
Ackerbausystem 300. SÜA f.
Ackerland 212 ff., 28fi ff., 200-^04.
:i54 ff., Mfi f., 519i m
584 f.: Tabelle 27, auch 1 u. Iii.
Adel, siehe Buke7~t)aimyo, Kuge,
Kwazoku.
Adelsbauk m, IM.
Adoption 142.
Agio und Agiotage 456— 4S5; Ta-
belle 22-
Ai (Polygonum tinctorium)
Tabelle Ifi,
Ainu, Ureinwohner des nördlichen
Japan 14.
Akcchi Mitsuhide 25, .'^U.
Aktiengesellschaften 101_, 155^ 235,
;^5 ff.
Aktionäre der Nationalbanken IHl.
Altonteil 14L 142.
Altersklassen der Bevölkerung 141.
Alte Schuld 435, 2Üü f., 114.
Ankoku daiuo 523 Anm.
Antimon Ml f., 372.
Arbeitsteilung in der Industrie
374 f.
Arechi 534, 5M f , m ,
Arisujxawa, Kaiserl. Prinz 22.
Armeuvvt'sen, siehe auch Hülfs-
fonds 118. 489, 645, 655.
Ashikaga, Adelsfamilie 24 f.
Aufnahme der Barzahlungen 4X5.
4iiL
Aufstände und innere Unruhen seit
1868 77j Mli 445. m 488; siehe
w ei terSatsuma-A u fs t and.
Ausfuhr 310, 315, ML 328, .332 ff-,
m. f., "3i2-.'M5. 359, 365, 371,
39öf., 392, 402. 4D4ff., 412—414,
oai f.; Tabell.^ 9, 20, 2L
Ausfuhrsteuer von Sake in Okinawa
ßÖL
— im Hokkaido filfi f.
Ausfuhrzölle 521 ff;
Ausgaben der Bezirke 644 f., 655,
664 f., 672. mL
Ausgaben der Gemeinden 6.58, auch
672.
Ausgaben des Staats, für die Pro-
vinzialverwaltung 100. 6.35 ; für
Polizei 102, 6''>5 ; auswärtige An-
gelegenheiten 104: Lanaesver-
teidifrnng 107; Rechtspflege 109;
Gefiingnisse 109 , 655; Unter-
richtswesen 114; Armenwesen
119: öffentlicheBauten243i über-
haupt 124, 443 f., 477, 6M ff., auch
Tabelle L
Ausländer in japanischen Diensten
ÜÜff.. 114, 122. 377,
— in Japan 139, 406.
Aussetzungen 488.
Ausstelhi lipon 12Ü»
Auswärtigti Allgelegenheiten 28,
45, 59, 75, 1D2 f., ä9L
Auswärtige Schuld 196^ 245, 435,
448-4.W, 496, 112 f., m
Badehäuser, Steuer 649^ 668, 675^
Baishin 40.
Bakufu, der übliche Name für die
Shogun-Regierung 28, 44 ff., 80.
— seine Einnahmen 42 f.
— sein Ende ßü ff.,
Bambus :i39.
Banknoten, siehe auch National-
buuknoten 173, 202, 207—213.
Banknotensteuer 1^ 209. 621 f.
1 Bankziusfufs 22si f.
774
Barbiere, Steuer, 649. 668. 675. 685.
Bataten ]^
Bauamt WL
Bauland (Hausgrundstücke) 146 f.,
22a f., 201 f., 514, 5a2, 5;^) f.,
559. 583; Tabelle 13»
Baum\\Ä29, 340-342; Tabelle 16,
Baumwolleneinfijhr 34L il6i 593.
Bauinwollpreise 342.
Baumwollspinnerei 341, 3Si2 f.
Beamte 84 flf., 9Ö ff., 115^ 122j 125,
130 f.
Beiträge lOL 646^ 652, 700-2QL
Bergbau 367—372, 50Q.
Bergleute 362,
Bergregal 25<2. 368 f., 59Q,
Bergwerksteuer 368i 372, :iüil
Besitztitel (Chiken) 281, 521 ff., 534,
545,
— Gebühren 545, 628 f.
Bevftlkerung, gesetzliche 135; Ta-
belle 1-4.
— landwirtschaftliche 292 — 299;
Tabelle U.
— Fischfang treibende 3fi2 ff.
Bezirk^anleilien 646.
Bezirksausschufs 100, 2Ü2 f.
Bezirkseinteilung 7—9, 75^ 95 f.
und Tabelle 4»
Bezirksfinanzen 100, 642—658 , 663
bis 6i<5.
Bezirkshauptmann 96 f.
Bezirkssteuern 525 . 528, 56Ö-562,
616, 620, 642.
Bezirkshauptstädte 7 — 9, 141».
Bezirkstage 78, IQO, 64i, 657, 684.
Bezirksverwältung 96 ff., 100, 644 ff.
Bibliotheken 30, L16.
Bier 396.
Biko-chochiku-kin siehe Hülfsfonds.
Bilanz der Shokin-Ginko 2DÖ«
— der Nihon-Ginko 204 ; Tabelle 8.
Billard. Steuer 626.
Binsen 339.
Bi^rsen 229 - 241. 471. 483.
Br»rsenst«-uern 622—624.
Bohnen *S0— :^^2, 53Ö.
Bohneneinfuhr 332.
Bonin-Inseln siehe Ogasawara.
Boycottieren von Ausländem 401.
Boyeki Shokwai 409.
Bu (Teil), Viertel eines Ryo,
Münze, 158 ff.
Buaikin
Buchweizen .3.30.
Buddhismus 17j 22, 23.
Jiudgetwesen 43, 435 , 439, 441 f.,
446, 498—5057^
—"der Bezirke 644 ff., 664 ff., 68Ö ff.
Bugyo-Äroter 45 ff.
X 4.
Bukan 34.
Buke, Kriegsadel 27, 32.
Bukin, Bezirkssteuer 187475 642.
Bukka Shimpo siehe Chugwai B. Sh.
Centralisation, politische und wirt- •
schaftliche 24 ff., 126^ 256^ ^
429 f.. 436.
Chiba, Bezirk, Finanzen von, 67?^
bis 6ö5; s. auch 363.
Chihanii 24
Chiho-kwan- kwaigi , Präfekten Ver-
sammlung liL
Chiho-zei Bezirk.-<steuern.
Chiii = Bezirkshauptmann.
Chiken siehe Besitztitel.
China, sein Einflufs auf Japan,
16 ff., 30, 80, 110, 129 f.
— , neuere Beziehungen zu (siehe
auch Formosa), 186, 4Ö6, 470
Anm., 484 Anm L
Chishima, japanischer Name der
Kurilen.
Chiso = Grundsteuer.
— -wari = Grundsteuerzu.^chl«^
Chitsuroku, freiwillig abgelöste
Renten, 448 -450.
— scheine 70L 214.
Cho, Längenmafs = 109.<w m.
— Laudmafs = O.wn ha, 12Ü Cho
= 119 ha.
Chokunin 86.
Choshu (Nagato), die südwestlichste
Provinz der japanischen Ilaupt-
insel 64 ff., 71, 85.
Chugwai Ihikka Shimpo, wichtigste
japanische Handelszeitung, seit
18 <6, jetzt unter dem Piamen
Shogyo Shimpo, herausgegeben
von Masuda 181. 408 Anm. 2.
466, 622.
Civilprozesse. Zahl der, 631.
CrWit Mobilier 218.
Daiio Dayin 18, 75, 29.
Daijokwan, Staatsrat 18, 72. 75, 79,
86.
Daikwan 42.
Daimvo 24, 32 ff., 55, 23 ff.
— Za'hl 34.
— Rechte und Pflichten 35—39.
Dai-Shin-in, Ka-nsationshof, 78i 108.
Den-Ta, bewftssertejj Feld. Reisland.
Depositen bei den Nationalbanken
190.
— bei der Shokin Ginko 198,
— bei der Nihon Ginko 206: vgl.
auch Sparkassen.
Depositen kasse (Yokin kjoku) 228,
51öf., 2Ö4.
r ' I > Coogle
X4.
775
Dichtigkeit der Bevölkerung 137.
H03, »56; Tabelle 4x
DiebstäHTiÖS.
Dienstbotenvermittler, Steuer 650.
668. 675. 680.
Direkter Handel 4M f.
Dispositionsbesehränkungen der
Grundbesitzer und Bauern SJÜ f.,
522.
Dividenden der Nationalbanken
m f.
— der Shokin Ginko 198,
— der Nihon Ginko 2M f.
— der Eflfektenbüraen '2^6.
— der Roisbörsen 240.
— der Mhoii Yuf<en Kwaifha 210. f.
— der Niliun Tetsudo Kwaislia iiälL
Do, die alten grofsen Landschaften,
5 und Tabelle 2 u. iL
Doppelwährung 160, 162j 167.
Dortaula^e 151.
Doshin Kwaisha 409.
Dualismus der obersten Staats-
gewalt 23, 27,
Effektenbörsen 229-
steuern 622-624.
Eheschliefsungen, Zahl 144.
Ehrenämter 2Ö2 f.
Eichgpbühron 632.
Kid di's Kaisers von 1868 73.
Eigentumsdelikte 131, 4ä£.
Eigyo-zei s. Gewerbesteuer.
Einfuhr 310, 315^ 32L 328^ 332,
336 . 341. dltr^ -Mf., .m
4ööf., 405^ 412. 415-418; Ta-
belle 9, 20,
Einfuhrzölle 59L oSS ff.
Einkommen 428 - 430. j»88.
Einkommensteuer 429, 586 —589.
Einnahmen der Bezirke 652. 673.
682.
Einnahmen der Gemeinden 66Ü
(auch 673).
Eiiiuuhmen des Staates im Ganzen
443, 686-688.
Eisenbahnanit
Eisenbahnauleihen 24ä ff., 435. 509.
2Ö9 f., m
Eisenbahnbaufonds iiöS; siehe auch
Nakasendo- A nleihc.
Eisenbahnen 245—255, 223 f.
Eigenproduktion und -Einfuhr 37Ü f.,
417. m
Enomoto, Samurai der Tokugawa,
jetzt Vicomte, IL
Erbrecht 142.
Erntebesichtigung siehe Kemmi.
Emtestatistik 310-314, 325i Ta-
belle 15 u. Ifi,
Ertrag des Ackerbaus .313 f. , 325,
3il ff., Mß, f., 571-571,
Eta (Unreine) 41, 61. r^2l.
Eto TL ~^
Exportbank siehe Shokin-Ginko.
Exportgesidlschaften 195. 409.
Expropriation 282.
Exterritorialität 406, 224.
Fabrikiudustrie 32ti ff. ; Tabelle 12.
Faserstoffe 339 f.
Feuerversicherung 229.
Fideikommisse 282.
Finanzjahr 442, 498 f.
Fiimazmini.>>tenuui 75, 497.
Finanzverwaltung im alten Regime
42 f., 4£L
— nach der Revolution 436, 49ß bis
.505.
Fischerbevölkerung 362 — 364.
Fischfang :m 36.5.
— , Steuern, Ü78. b^3, 685.
Fischmärktc, Steuern 676.
Flächonsteuer der Gemeinden
ßaÜ ff.
Flöfserei, Steuer 685.
Förderung der Volkswirtschaft
12öff., 193, 226, 242, 246 , 250.
261, 2fifi"gM"272. im Anm. L m
H2üff., 38L 4Öüff.. 4Qfif., m
' G45, 655, 658,
419.
6.M1.
Formosa. Expedition nach, 1874 77,
261. 266. 441 459.
Forsteinnahmen 63Ü ff.
Fracht^iätze siehe Transportkosten.
Freuuleuhafs in Japan 28j 57, 59,
61. 21 f.. 127. 132. 467, 719.
Friedensliürf^schaft 48.
Fu, hauptstädtische Bezirke (Tokyo,
Kyoto, Osaka), 7: siehe Bezirke,
Fudai 33, 44: f.
Fünfzelnite Nationalbank siehe
Adelsbank.
Fujita 409, 4ß8,
Fujiwara, Adi lsfaniilie 2L
Fukiu (Pro54titutions8teuerJ 102, 644,
6.56—658, mi Anm. 2: s. auch
383.
Fukuzawa, einfliifsreicher Journa-
li.-'t (Jiji Shinipo) und Besitzer
der Privatschule Keio Gijiku 116.
130, 132. 157, 351, 222.
Furukawa w69.
Fushimi (unweit Kyoto), G«fecht
bei, 69.
Gebäudesteuer 642 f., fififi f.
Gebühren der Zollverwaltung 596.
— vom Besitzwechsel 621 ff.
776
X 4.
Gebühren von Besitztiteln 545.
Ü2öf.
— der Makler
— in Civilprozesaen 629 f.
— für Jaguficheiu«' 681.
— der Rechtsanwälte 632»
— von Mafsen und Gewichten 632.
— fiir den Schutz gegen Nach-
druck 632.
— der Post- und Telegraphenver-
waltim^? fm ff.
Geburti'iifrequcnz ISH.
Gefangniftwe.sen 109^ 64^5. 855.
Gehalt der Beamten M f., 9Ö.
— der Offiziere löL
— der Lohrer 118.
Gehaltsteuer 586.
Geisha, TSnzeriunen und Sänge-
rinnen, Steuer 676. 685 ; s. auch
383 Anm. L
Geldstrafen, Einnahme von, 681
Anm.
Geldumlauf 160. 168. 165. 178, 176,
216, 468 f, ^ 17^479—' ßT7 485.
491, 425 f.
Gemeindearbeit 24^3, 659, m
Gemeindefinanzen 643. 658—668.
Gemeindeschuldeu <)(>2.
Gemeindesteuern 400, 560—562, 598.
601 Anm. 2j 622 Anm., 628 Anm.
2, 622 Anm. 2 , 643, 659—66.8.
694 Anm.
Gemeindesteuern im alten Regime
50, 59K, 622.
Gemeindeverfassung im alten Re-
gime 4ä ff-
— seit 18(>8 22 ff.. 6^
Gemeindevorsteher 99^ 645.
Gemeineigentum am Grund und
Boden 21 Anm., ^Ih Anm.
Gendarmerie 101.
Generäle, der Herkunft nach, 8^
General View of Financial Policy
483, 41L
Genro-in, Senat, 76, 78, 82-
Genvji siehe Hara.
Gerichtskosten 629.
Gerstenbau 826^ 328 f.
Gerstt'npreise 829i 53£L
Gesandtschaften 102.
Geschlechter, Zahlenverhältnis 140f.
Ge-!»'tzü:ebung, Formen der, 88.
Gesundheitswesen 118, (545. 655,
6ä6 f,
Getränkesteuern 597— (>07.
Gewerbestatistik 8«! -8x7; Tabelle
[>< und L2.
Gewerbesteuern 42^ 445 , 649 ff.,
t>59 ff., 662 ff., 074, 682,
Giji-in IlL
Gilden (moderne) 12L IhL 366, 39ä
bis 4Ö2.
Ginko = Bank.
Ginseng 884.
Go, der tausendste Teil eines Koku
Go , Viceminister der Finanzen
425.
Go-Daigo Tenno, regierte nach of-
fizieller Auffassung 1819— 1.8:^^,
24 38i
G^enin 28, 42.
Go-kinai siehe Kinai.
Goldausfuhr 61. 1.58. 162. 166. 170
Anm.; Tabelle 9.
Goldproduktion 166, .870, 322.
Goldwährung IM ff.
Goninpiimi zj^ 48.
Goroju 4dL
Go-san-ke 33»
Goto Shojiro, Samurai aus Tosa,
jetzt Graf, TL 24 Anm., 77. 2fiS
Anm. L
Goyokin, Vermögenssteuern. 88, 43.
Grains (.Seidenwurmeier) ;i44, 4iU.
Grasland siehe Hara.
Grofssiegelbewahrer 82 Anm. 3.
Gründungen 198, 247, 382 f., 498.
Grundbesitz nn achten .lahrh. 2L
— in der Feudalzeit 518 ff.
— in der Gegenwart 226 — 296.
352 ff.. 535 ff., 557, 559i Tabelb-
4, 6, liL
Grundbesitzer 154, 292—296.
Grundbuch 99, 281, 622 f.
Grundsteuer 2L 512— .58.5, 691—700
(siehe auch Steuer); Tabelle ^
bis 80,
— im Altertum 2L 512.
— in der Feu<lalzeit 513 ff.
— in der Gegenwart ,546 — 562.
— in Okinawa .556.
— im Hokkaido 5.57.
Grundsteueraufkommen .5;-t6 ff.,
552 ff, 569, 621 ff.: Tabelle ii,
28 und 80.
Grund.steuerfreiheit 514 f., 521 f-^
533. 584 f., 544 f , .548.
Grundsteuergesetz von 1878 52f>.
— von 1877 528.
— v<m 18^ 546 ff.
— von 1889 542.
Grundsteuerrefonn 279, 432, 441.
445. 520—^)46: Tab^e 2:^—27.
— -Verfahren .529—5:54.
— -Kosten 5:it, .545 f.
— - Wirkungen 5.'i5 — 54.8.
Vorschläge für die Zukunft
697- 700.
Grundsteuerreformbureau 529.
X4.
777
GnmdstPuerTcvision 1885 "89 229
Anm., 543 f. , 547i Tabelle
Gnindftftniorrfickstände ff- 567.
Grundsttuerteruiiue 508 Anin. 1^
5Mi f.
Grundsteuerwert 280^ 521j 524 f.,
053 f., 570-575, 582—585.
— -Berechnung 53Ö f.; siehe auch
Landpreise und Tabelle 2L
Grundstcuerzahlung in natura und
in Geld 515j o^Ü ff., 5M f ^ ÜIS f.
GnmdsteuerzuschlÄge der Bezirke
und Gemeinden 525, 528. 560 bis
fvili. SäSTTBee. 682;
Tabelle 28.
Grundstückspreise siehe Land-
preise.
Gumi = Handelsgesellschaft.
Gun soviel wie Kori.
Gwatinusho, Ministerium der aus-
wärtigen Angelegenheiten.
Gyofteikwan 22.
Hafengelder 596.
Han, „Zaun", Clan 40, 44, 75.
Handel, inländischer (siehe auch
BörsenX ^ ff., 3^ ff, 4Ö4.
— auswärtiger, 402 — 421 . siehe
auch Zollwesen.
Handelsagenten der Daimyos 38,
Handelsgewerbe 3ül ff. ; Tabelle
HL
Handelskammern, japanische, 12L
— der fremden Kaufleute 403,
ILL
Plandelskrisis siehe Krisis.
Handelsstatistik ÜÜff.; Tabelle
iL 20, 2L
Handelsverträge siehe Verträge.
Hanf 340j Tabelle lü.
Hannin
Hara ~= Heide, wildes Grasland,
Ödland, 2^0 f., 515^ 532, 535, 5:39;
Tabelle 13,
Hara Zenzaburo 193.
— Rokuro m
flata = Trocken fehl.
Hatamoto 42.
Haus und Wohnung 145. 229.
Hauseigentum 290- 292.
Hanspriindstücke siehe Bauland.
Hau^hiiltuugen, Gröfse der, 14^3;
Tabelle 4.
— landwirtschaftliche, 29i<f; Ta-
belle HL
— der Fischer 3fi2 ff.
Haushaltungs- und lläusersteuern
Ü4fi ff., 652, ßü2 ff., fififi f ,
Hauaherrschaft 142, auch Tabelle
Hausierer 15U, 670.
Hausmeiertum 21, 23^ 55^ 124*
HaiisTniiiisterium 75i 22.
Hauötrunk mi (vgl. 392).
Hausvermftgen siehe Krougut.
Hazardspiel 468.
Heerwesen im alten Regime 42i
— seit 1868 IL 8L 104 ff.
Heide siehe Hara.
Heimin, das gewöhnliche Volk
(siehe auch Stände), 41, 12-5, 153.
Heimliche Papiergelaausgabe siehe
Yobisatsu.
Hidetada, der zweite Shogun aus
dem Hause Togukawa, Shogun
1605—1623, stirbt 16:^2, 28.
Hideyoshi siehe Toyotomi.
Hirozawa, Samurai aus Choshu. Ih
I2x
Hirse 329 f.
Hishoku ^
Hitotsubashi , Nebenlinie des Hau-
ses Tokugawa, siehe Yoshinobu,
33, 60, 63.
Hizen, westliche Provinz von
Kyushu, IL 85.
Ho, Landmafs. ß Fuf» ins Geviert
Tsubo 5K
Hoio 23, 25.
Hokkaido, die nördlichste Land-
schaft, Yezo und Kurilen um-
fassend, 3, 122 Anm.2^ 3fi4f (siehe
auch Kaitakushi).
— , Besteuerung im, 557 , 612, 614,
616- tnx.
Holzausfuhr 359.
Hongkong, Scheidemünzen von,
12^ Anm. 2x
Hongkong and Shanghai Banking
Corporation 218.
Honshu, der neuerdings übliche
Name für die japanische Haupt-
insel, 4-
Hoseikvoku 89.
Hülfsfonds 480, 510 f, 552, ,562—568,
671. fiii3.
Ii, die in Hikone (Omi), regierende
' landesherrliche Familie, 34j 45,
.59-61.
i Indigo 334.
Industrie im alten Regime 3ii»
323.
Industrieanleihe 46L, 509 , 20:^ f.,
711, 214.
; Industriefonds 509.
Inflation 4(H, 466^ 472.
Inkyo siehe Altenteil.
778
X4.
Iiiouye, Kaoru, Samurai aus Choshu,
jetzt Graf, 71, 85, 178. 487 f.,
522. 524.
Itiipaki, Samurai aus Tosa, jetzt
Graf, IL 7^ IL m
Ito, Hirobumi, Samurai aus Chosbu,
jetzt Graf, TL 78, 79, 82, 85, 157,
IM Anm.. 174. m.
Iwakura, Hofadliijer, 68, 70. 72,
23 Anm. 2. 75, 77, 173, 24ü: 457.
4ß7. ^
Iwiiwjiki Yataro, Samurai aus Tosa,
2fififf.
— Yanosukc, Bruder des Vorigen,
266; siehe auch Mitsu Bishi Ge-
sellscbaft.
lyenari, elfter Shoguu aus dem
Hause Tokugawa, 1787 - 18:37,
stirbt 1841, 55.
lyemitrtu, der dritte Shogun aus
dem Hause Tokugawa, Shogun
1623-1651, stirbt 1652 . 2L 32,
52, 5a
lyemocni, vierzehnter Shoguu aus
dem Hause Tokugawa, 1858 bis
1866, bis 1858 unter dem Namen
Yoshinori Fürst von Kii, 60,
64, ÜL
lyeyasu, der erste Shogun ans dem
Hause Tokugawa, Shoguu 1603
bis 1605, stirbt 1616, 26, 28, 30,
JTagd 359-360.
Jagdscheine 360, ß^L
Japaner im Aus lande 13H f.
Jiji Shimpo siehe Fu kuzawa.
Jingikwan 18, 12*
Jinrikisha (von Menschen gezogene
Karren zur PersonenbefÖrd<'rung)
243 f., 383i Tabelle LL
Jisha-Bugyo 4lL
Jovaku Kaisei s. Vertragsrevision.
Jun^- Japan 115 f.^ 125, 127, IM
Justizverwaltung im alten Uecii
iL
— unter der neuen Ordnung 75,
78, mf.
tegime
Kabinett 75. 79, ^
KagoshimäTBesehiefsung von, 65.
Kiugunsho, Marineministerium 75.
Kaiser 18j 3ö ff-, 57, 68, 70, 73, 83,
86, 124.
Kaitakushi, Kolonialamt, Iii Anm.
2, 122 Anm. 2, 377 Anm. 2. filfif.
Kampher .359, 4113.
Kanda Kohei 521.
Kaninchenschwindel 4fi2 Anm. L
Kanjo-Bugyo 45 f.
Kaoku-zei (-wari) s. Gebäudcsteuer.
Kapitalistische Betriebsformen i^J,
362, 395.
Karo 42, 55, 7Ö,
KartotiVhi aLt2 f.
Kartonsteuer sii'he Seidensteuer.
Kassationshof 7^.
Kassenbestand der Nationalbauken
mL
— der Nihon Ginko 203—206.
— der öffentlichen Banken 4i<L
Kataster 517, 534, 547, o70, öli
Katsu Awa, Samurai der Tokugawa,
jetzt Graf, IL
Kaufmannsstand 409, 578.
Kawase Kwaisba 177, 20L 2Üfe
Anm. 2.
Kciki siehe Yoshinobu.
Keizai Zasshi, VolkswirtschaftUche
Zeitschrift, hrrausgegebeu von
Taguchi, 268 Anm. L 422 Anm. 2.
Kemmi (Emtebesichtigung) alfi
52L
Ken, Langenmafs = L*i
Ken, Provinzialbezirke, 7 — 9, Tö,
siehe Bezirke.
Keramische Industrie 302.
Kidü, Samurai aus Choshu, 7Li Ii
Anm., 75, 77i
Kifukii^ Beiträge 646, 652, 701.
Kigyo Kosai s. Industrieanleihe.
Kin, l»fund, = öÜÜ g.
Kinai, die Landschaft um Kyoto
und Osaka 5^ 14j Tabelle 3.'
Kiuroku, die Reuten der Kwazoka
und Shizoku 451 Anm.
— Scheine siehe Kiutenablösungs-
scheine.
Kinsat^u — Papiergeld.
Kinsatsuscheine 195, 21-3, 45Ö f-^
478j Tiiß f., 7LL ILL
Klassensteuer 694 Anm.
Klima 5.
Kobau, japanische Goldmünze, ein
Ryo, 62, 15ä ff.
Kobet«u-wari siehe Ifaushaltung«-
steucm.
Kobusho, Ministerium der öffent-
lichen Arbeiten, 75, 88»
Kocho siehe Gemeindevorsteher.
Körperverletzungen und Tötungen;
488.
Kohlen 3ß8 ff., 4U. 42<L jüi
Kojisteuer KOI.
Kujiki, ältestes japanisches Ge-
schichtswerk, vollendet 712 il
Chr., 1£
Koku, Hohlmafs = 180,w L
Kokudaka 29, 35 f., 513,
Kokushu 19, 23 f., 32.
X 4.
Kolonialatnt siehe Kaitakushi.
Komat^u, Samurai aus Satsuma,
68, 70, Ii Anni.
KommunaltiiiHnzen fi41— «H."),
Kommunalsteuem siehe Bezirks-
^ steuern, Gemeindesteuern.
Kommimalverbände IQQ f.
Konkurse 488.
Konoike 177.
Konsuln 9a IM.
Konvertierung der Staat^ischuld
+55, 494, Iii f., IM.
Korea, Beziehungen zu, öj^ 17, 38,
77 , im Anm. ^ 186, 406^ 4ofi
5nm. 1, 462, 4M Anni.,
Kori, Kreise (Landkreise), 19, 28.
Ko!?u - wari siehe Ilaushältungs-
steuern.
Kotoku Tenno, regiert 645—654,
17. 20. 241.
Kreditkrisis siehe Krisis.
Kreiß siehe Kori, Ku.
Kreishauptmann 98.
Kreisverwaltung 98^ 64.5.
Kriej^rainistcrium liL
Krisis von L^e^x m 177, 4,').S.
— von 1874'7.n 178, 465.
— von m2m ~Ig8, 121 f., 221,
22if., 22L 234"r7240, 254, 2.56.
257, 260, 22a 284, ^ÜTT
320, 350. 3.5>5-357. 3Saff., 412,
415. MT 48.5-491. 542, 553ir,
ßÖfif., 617, 625, 68iL
Krongut 83^ 19L 202i 214. 211 f.,
368.
Ku, Stadtkreise 98, 99, lÖÖ.
— bis 1878 Amtsbezirke 2S.
Knchonhandel 399, filßf.
Kueheusteuer 612 — 614.
Künstler, ausübende, Steuer, 650,
668, 675. 685, s. auch
Küstenvertoidip^ingsfonds 510, 700.
Kuge, Hofadel, 30.
Kultur, Alter der japanischen, 15.
Kunaisho, Ministerium des kaiserl.
Hauhes, 75.
Kuni, Bezeichnung der alten Pro-
vinzen, 7—9, 19_, und Tabelle 3.
Kunigaye, Gebietstausch, 39.
Kupfer aiö f., 403, 414, 592 Anm. L
m
Kurilen, die seit 1873 japanische
Inselkette zwischen lezo und
Kamtschatka 4.
Kuroda Kiyotaka, Samurai aus
Satsuma. jetzt Graf, 70, ai^Anm.
Kurse der Börsenaktien 23& f., 241
Anm.
— der Kentenscheine 224.
Kwaikei-kenza-in s. Rechnungshof.
779
Kwaisha 38^ ff.
Kwambakku 19, 25, 69,
Kwan, Klamme, Gewicht = 1000
Momme = 3.76 kg.
Kwanto, die Ebene um Tokyo, 22,
26.
Kwazoku, die moderne Bezeichnung
der Adligen, 35, 75. 125. m
Anm. 1, 185, 282, 294; s^ielüTuuch
Ablösung der Renten, Adelsbank.
Kyo, Minister, 19, 75.
Kyobusho, Kultusministerium, 75.
Kyodo Unyu Kwaisha 2^
Kyoto, alte Hauptstadt (seit 793X
31, 5Ü.
Kyushu, die südwestliche der
grofaen japanischen Inseln, 4.
I^ack 333 f.
Laiidklassen 211 f.. 514, 541 f.
Landkreis siehe Kon.
Landpreise 285—287, 28ä f., 5Sä bis
585; Tabelle 2L
Landschaften siehe Do.
Landsmaunschaftliches Element in
der neuen Regierung 11 f. , M f.,
124 f., 128,
Landwirtschaft 29fi — 357: Tabelle
13—17, auch 21— 28T~8iehe auch
Grundsteuer.
Landwirtschaftlich benutzte Fläche
2! 19 ^303, 324 f.; Tabelle 13.
Landwirtschaftliche Betriebe 303
bis 3Ö4.
Landwirtschaftliche Bevölkerung
297-290: Tabelle 14.
Landwirtschaftliche Lehranstalten
113.
Lastkarren 244, 273; Tabelle IL
Lebensversicherung 229.
Lcder 310, 3m :m.
Leihhäuser siene Pfandleiher.
Legitimistische Strömungen 2, 57,
6L 61,
Licenzsteuem 528 f., 608, 611, lilüf.,
615. 624.
Liukiu siehe Ryukyu.
Löhne 423, 425, 426—428, 4Ö9.
Löhnung der Soldaten und Poli-
zisten lÖtL
Lohnarbeit 373, 421—428.
Machi-Bugyo von Yedo 45, 46, 4ü.
— von Kyoto 5iL
- von Osaka 5JI
Maebara TL
Märkte 149, 676, fiÜL
Mais 330.
Makler 230, 238, 622.
780
X 4.
Mandokoro 2^
Maniecn 2üä Anm., 469.
Marine 4S Anm 2^ 75. IM ff.
Marineanleihe 494, 710, 114^
Maniya Ginko 211 Anm.
Maauda iöii Anm. 2, 4ÖM Anm. 2, 48fi.
Matsukata Masayoshi, Samurai aus
Satsuma, jetzt Graf, seit 18^*1
Finanzminister, seit 1891 auch
Ministerpräsident, 4'>4 Anm. Sj
475, IM Anm.
Mlitteii ÜäL
Medizinsteuer 614—616, ßiL
Mehl m
Meiji, Name der gegenwärtigen
Ära seit 1868, also 1890 ^ 2^
Jahr Meiji.
Metallre.Herve der Finanzverwal-
tuug 466, 473, 402 f.,
Met.^uke 46.
Mexikanische Dollar (Piaster, Peso)
mif., 164, 167. LI4.
Mietflwohnungeii 140.
Mikado siehe Kaiser.
Minamoto, Adelsfaniilie
Ministerien im iL Jahrh
— .seit 1871 75j 79,
Mini.Hterjjnlsifient 79,
Mission .Militaire TT, IM Anm. 1,
408 Anm. 2.
Mito, Fürsten von, Nebenlinie des
Hauses Tokugawa 'Mi, üÜ ff.
Mitsu Bishi GesellschäTTisiehe auch
Nihon Vusen Kwaishauudlwasaki)
187, 261, 2üÜff., 272. ;m, m
Mitsui TlL 207, 217, 22^ 2ö9, m
Mobilisierung des Grundbesitzes
2iÜ f., 287—289, \m f.
Mombusho, Unterrichtsministerium,
22.
Momme, Gewicht — JV» g.
Mon, der hundertste Teil eines Sen.
Mori, die in Choshu (Nagato) re-
gierende landesherrliche Familie,
2^ 25, .^4, 64,
Münze (in Gsäta) 164, 176. 686 ff.
Müuzreform 186911 IM.
MünzverM'irrung nach Öffnung der
Häfen 61, llÜ ff.
Mugi = G<'treide (Gerste, Weizen,
Hafer) a2iL
Mujiu 469.
Mutsuhito, der seit 1867 regierende
Kaiser, Ü8 f.
Mut^u Muuemitsu üÜIi f.
Äagon 18, 72,
Nai-Daijin 18, 68, ffiL
Naikaku = Kamnett 7.% 1^
Naikoku l\suun Kwaisha (Tran.s-
Iwrt-Gesellschaft) 121. 2^ f.
Naimusho, Ministerium des Innern.
Nakano 4ÖÖ Anm. 2, 4fiä.
Nakasendoan leihe 247, 4ä<Ö f., 509.
209 f.. 711. Iii.
Naka.scndobahn 246 f.
Nanushi 48.
Natioualbanken 177- 194. 2ö2i Ta-
belle 7j -Kapital 186, -Reserve-
fonds 181i -Umsatz 1»7 f. : -Aktiv-
geschÄfte liki f. ; -Depcsiten 190:
Kas.-^enbestand 191 ; liividende
mi f. ; Steuer 6277"
Nationalbaukgesetz von 1872 17!?>.
— von 1876 m f.
— von 188:^ IM f.
Nationalban knoten 168, HÜ f., 184 f..
4^2. 464 621.
NationjTTT^inheit 57, 66, 76, 132.
Nativisinuö siehe Fremdenhafs.
Neue Schuld 435, 2Ö5 f., 114,
Neuland (Rodland) 520, ^ Mhi
! Nihon ~ Japan.
I Nihon Ginko 178, 184, 199—216,
I 4Ü1 f.; Tabelle^
Nihon Tet.>«udo Kwai.sha, Japan.
; Eisenbahngesellschaft 121, 246.
' 249 f., 224.
j Nihon Vusen Kwaisha, Japan.
I Post-Dampfsehiffahrtsgeaellscnaft
126. 269—272, 22^
I NolMuia{?a siehe Ota.
Nofthoumsho, Ministerium fürLanJ-
j Wirtschaft und Gewerbe 75, 120 ff.
Notabein- Versammlungen 2iii
Notendeckung 2Ö^ ff.
l Notstände üti2 ff.
Ochsenkarren 244, 806 Anni. Li
.. Tabelle LL
Öffentliches Land 277.
Ölfiiung der Häfen 59 ff., M f-.
, ioa lt., AHL
()lpr«Mse m
I Olsteuer 48L 44-').
Ogasawara, janan. Name fler
I Bonin-Inseln, <, 664.
j Okinawa, gegenwärtige amtliclic
Bezeichnung der Ryukyu- Inseln.
4, Öi.
— Besteuerung in, 556^ 60L ^
612. 614, 626. ^
Okubo, Samurai aus Satsuma, lü,
73, 77, 78, 266, 487. 522. 524.
Okunia Snigenobu, Samurai au-»
Hizen, jetzt Graf, 1878-18«0
Finanzminister , 71, 75_. 178 f.
X4.
781
m, m, 2fi2 f., 43a ff . , 4^ 460^
4fiairr471_, 474, 524 f. , IM
Anm, iL.
Okura 409.
OkurHi<ho, Finanzinini8tc>riuin, 19.
75, 4Öfif.
Oinettiukc 4(L
Ono 177. 17H. m
OrdenHiimt hlL
Oriental Banking Corporation 164,
196, 112.
Omkn 50. 1.52. ITL
Osaka SKoBon Kwainlia 2fiä.
Ota Nohunapa 25, 2AL
Oyo Hiromoto ^ Üß,
Pacht Wirtschaft 358-357, 531, 57K
TabcH«' Ii
Paketbefiirdorung 258.
PapifrpcKl 71, 159, IGl, 155 ff.,
1^:^, 434 f., 45^06.
Papiorinau!«trie 'Mi, 374, 391.
Papierpflanzen 3^39.
Parlainontarischo Strömungen 73,
27 ff., m.
Parzellen 575.
Pensionen der Beamten S2,
Petroleum 370, 372, 415, üülL
I'faiuUeiher 21S-223, 3^3.
l'ieflVrmfinzöl
Pferde, Verwendung als Zugtiere,
244, m Anm. 1, Tabelle IL
Pferdebahnen 121.
Pferdehaltung :«)8— 310.
Pflanzenwachs 3:^3.
Pikul, Handelsgewicht = ßö kg.
I'ilze m
Poekenimpfung LIM Anm. 2^
Polizei 97, 9^. M f., 109. 644, 655.
672. m.
l*c)lizeiprAfektur in Tokyo 97i lül f.,
6.58.
Puronai 248.
Po«t ZU f., 255-257, 276; Tab. HL
— Einnahmen Vu]-\ ff.
l^ostsparkasse 226—228. 480, 510 f.
uncf Tabelle IIL
Prägung von Münzen unter dem
alten Ilegime 158 ff.
— seit 1870 165,
Prefswesen 117. 125, 131. 237, 467,
472 Anm. 2^ i21x
Priesterablösungsscheine 454 Anm.
TOS, ILL
l'rimogenitursystera 142.
Privatbanken 216 ff.: Tabelle L
Privatei"*enbahnen 246 f. 243.
Privatland 21^ ff. ; Tabelle 13j auch
4 und iL
Privatechulen 115j 648i lüi Anm. 3.
Produktensteuer im ilokkaido 616
bis 614.
Prostitutionsbesteuerung s. Fukin.
Provinzen siehe Kuni.
Provinzialverwaltung im alten Re-
gime 42 ff.
Rangklasscn der Beamten 86.
Raps 333i Tabelle HL
Realkredit 21» ff-, 225, 281, 282 bis
28.5 '^SP 627 f.
Rerhnu'n^hof 89, m
Rechnungswesen 97i 420 f., f.
Rechtsanwälte, Steuer der, 682.
Rechtspflege siehe Justizverwal-
tung.
Reformversuche vor der Revolution
von 1868 65, 68.
Re^istergebuhren 627—629.
Rei, Titel der Bezirkshauptleuto
in den Ken-Bezirken bis 1886 IJfi.
Reichsbank siehe Nihou Ginko.
Reisausfuhr 'dlh f., 414i 592, fiöL
Reisbau 311—324, 35fi, äiSf.; Ta-
belle 15.
Reisbörsen 237-241^ 317— .324;
-steuern
>>>
524.
Reishandel 232 ff., 312 ff.. 522^ 522.
Reisland (Ta) 280. 304, 311. 3.56,
.531. .536, 559, 58li Tabelle 13.
Reispreise 316—324 , 350, 4fifi, 487,
.531. .5:^^ -543, 5>1L OOIi Tab. 22.
Rei.**stninnfen. Steuer. 677, 6S5.
Rcitiifcrile.. Steuer, 677, 6.S5.
Renten siehe Ablr»8ung.
Rent<'nablösungsscheine 178. 181,
224, 2Mf., 450 ff., 464 , 702T,
TTT: 214_
Rentensteuer 442, 449, 4.54, 586.
Report on Taxation von Gubbins
433.
Republik in Yezo 1869 2LL
Reservefonds 441i Ml. 455.460.463,
473, 478, 480, 483, 41Ü f., 505 bii
.508, 703, 2LL
Restaurants, Steuer. 649j 668^ 675,
6H.5 ; siehe auch 383i
Ri, Langenmafs, 3927.27 m.
Richardson-Angelegenheit 65 wnd
üü Anm.
Rikugunsho, Kriegsministerium Hl
Rin, der tausendste Teil eines Yen.
RindWeh 306- 308.
Rinder, Steuer, 67.5, 685.
Ronin, Samurai ohne Herren, 56,
61, 65, 72
Röshin 44a
Rückvergütung der Getränkesteuer
m
— der Tabaksteuer ßÖiL
782
X4.
Ryo, Münzgewicht verschiedener 1 Seeproduktensteuer im Hukkaido
Gröfse 158 ff. I 616-618.
Ryukyu, die Inselcrnippe zwi.'«<-hen ! Seeversicherung 2*2><.
Kyushu und Fonnosa, siehe Seidenausfuhr ;i44 f., 404, 414, h^i,
Okinawa 95. Seidenzucht 29, :H2— 347.
Seidenfi landen H78 f.
Sa-Daijin IS, 72, 7o. ' Seidengilde 4(>1 f.
Saga tcuno, regiert 810— Ö23, 20. i Seidenpreise 346 f.
Salgo Takamor^ Samitni ans Sat- Seidensteuern 436.
suma 67, 70. 75, 77, 85, 701 ! Se; in J.x . . ,
Anm 8. Seiri Kosai .niehe Kou\ f rrieruns;.
Sa-iu, dan spätere Genro-in 75. Sckigahara (zwi.^^chen Gifu und dem
Sakeanfsehlag in Tol^o 596, 601 I Hiwa See), Schlacht bei, 2^
Aiiiii. 2. i Selb.stmorde 4><^.
Selbstverwaltung 100, 131j 702.
Sen, der hundertste Teil emes Yol
Senat siehe Gi iirr» in.
Sesshn, Kegent, ll>.
Shaku, Fuls = 0,«03 m.
Shibusava Eiiehi, Samurai aas
Cho.shu, 178. m iM f.
Sliihosho, Justizministerium, 75.
Sakebrauerei 315, 374, 392— d97.
Sakepreise 603—605.
Sak. Steuer 597—607.
Salzgärten 280, 366, 535 f., 559.
Salzgewinnung 366.
Salznandel 43.
Salzpreise 367.
Samtgemeinden 9U.
Samurai, siehe auch Shizoku, 40, ! Shikken 2S,
42, 56, 71, 110. I Shikoku, die
kleinste <ler vier
Sangi IK 72. 7"
Sanji-iu 76 Anm., 69.
grof^en japanischen Inaein, 4.
Slumada 178.
Santo Saneyoflhi, Hofiuleliger, seit | Shimasu. die in Satatuna r^erewle
" " --f, 75, 79, landesherriiche FtaniUe, 25, 34,
1884 Pörst, 65, 70, 72
378
Sankinkotai 37, 03.
Sano, Finansniinister 1880/81, 474
Anm. 1.
Sai<aki, Samurai aus Tosa, 71.
Sat-Cho, die Vereinigung der Sat-
sutna- und Chc^^huleute, 71, 85.
Sat?<uma die süflliili te Provinz
von Kyu.shu, 04 tt", 09 t}'., 77, 85.
Satsuma-Anleihe 185, 457, 708, 714.
Satsuma-Aufstand 77, Hl, 104, 114.
IHÖ, 267, 453. 456 f., 461, 701 .
Aniu. 2. 1
Schatzscheine 482, 501, 704. I
Schaubuden, Steuern, 676. 6s,5.
Schauspieler, Steuer, 675, 685; siehe
auch 388
Scheidemünzen 174 f.
SchiefHbnden. Steuer, 669, 676, 685.
Schitl'bau 273, 487.
Sehiffohrt 259-273, 275; Tabelle 12.
SchitlVteiier 620 f., 6">0, 677, 685.
Sciiitlsvcrkehr nnt dem Auslände
264 , 266, 271, 407 f.
Schlächterei, Steuer, 677, 685, siehe
auch 30S.
Schulbesuch III f.
Schuldentilgttugsplan 465, 703, 718.
Schwefel :!7() f., 372.
Schweinehaltung 306 Anm. 2. I
Seemannsschule 267.
Seeproduktenausfhhr 365. i
6:3, 70.
Shimouoscki- Angelegenheit und
Indemntt&t 64 IT., 510.
Shinnin 86.
Shiutokultus 57, 75.
Shisoku, neue Beseiehnung de«
Samurai-Standes, 77. 81. 101. 12-%,
132. 141. 153 t^',. 178 f.. Isl. 294
447 ti". ; Tabelle 6; .siehe auvh
Ablösung der Renten.
S)ii>, der hundertste Teil eanea
Koku = 1,8 1.
Sho — Ministerinm 18, 72.
Shogun 22, 28 f., 42 ff., 55, 68.
Shogyo Shimpo siehe Chugwmi
Hukka Shimpo.
Shokin Ginko 172, 194—199.
Sho.^ibidai, Statthnlter des Shogima
in K^oto, 31j 50.
Shotoku Taishi (UmayadoX Kegent
593-621, 17.^
Shova gleich Nanushi.
ShoVen 21. 22, 24, 513.
Shoyu. Soja, Bohnensaoce 328. 33L
- Herstellung 397 f.
Shoyusteuer 44.5, 611 f.
Shu, Achtel eines Rvo. 160.
Shugo 23 f.
Silln r-Au!»- und -Eintuhr 158
162, 164, 169 fi'., I9ti; Tab. 9.
Silberproduktioa 169, 370, 372.
So (Cniso) a> Grundsteuer.
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X4.
783
Socjima, Samunu ans Hken, jetst
Graf. 71, 77.
Soja lielke Shoyu.
Sojabohne 330 f.; TabeUe 15.
Sonin 86.
Sori Daijm, Ministeiprilsident, 79.
Soshi 127.
Sparkassen 190. 217, 226-228.
Specie-Bank äiehc Skokia Ginko.
Spekulation 292, 235, 240, 3ä7,
468 ff 1-:: 1'':; f.
Spt'ciaUbnd.s ölu.
iSpirituoBeueinfuhr HUT (Hiplu* auch
Sake).
Spiritus m Anm. 2. 509.
Staatsauleiheu I8o, 4;^, 464 , 4d4,
705, 708—718.
Staatsdien.'tt fsielte auch Beamte,
G. halt) 84 ff.
Staut-seisenbahiu ii 24.j Ö".
Einnahmen 686, (m.
Staatsfabnkn 6:^6—638.
Staatskasseiiweäeu 188, 202, 498.
Staatsschuld 193, 207 , 435, 448 ff.,
70a-724.
— Gesamtbptrap; 714 f.
St}uits.«<chuU'u Ii.'}.
Staat.-«8treich von 1868 68 ff.
Stmlte 49 f., 99, 147 ff., 152.
Stadtkreis siehe Ku.
8tftnde23, 40 f., 77 f., 81, 116, 125 ff.,
1.52 ff., 294 ff., 409: Tabelle 6.
Sifh«' auch Umwälzung in der
japuninchen Gesellschaft.
Statistisch CS Amt 89, 121 Anm. 1.
Stempelabgaben von Besitstiteln
54,-,.
^ von Tabak 608.
— von Medizinen 615.
— von Urkunden 625 f.
— vom Besitzwechsel 627—629.
— in Civilprozessen 629—621.
Stfnipohnarken, Vertrieb 498.
Sterblichkeit i;iä.
Stenerauf kommen im Oansen 689
bis 692; Ta]>cll.- 29 iiiid :iO.
Steuerexekutioucu 487, 494, 553
bis 5.56.
St. u. rlast 445 , 477 , 586 ff., .560,
.576 ff., nam. 580—582. -5?^«. (m, cm,
611, 613, 619, 621, 6.51 ff., 662 f.,
Oberhaupt 694-696; Tabelle 29.
Steut rr- f 1 Tuen von 1876 445.
— von iö-su 478.
— von 1882 476 f.
— Vorschläge 697—700.
SteufT'«trHfpn .548, 600. 609. 619,
620, 62;5, 628.
Steuersystem 690 ff«; TabeUe
30.
Steuerverwaltung 97, 497 f., 551,
599 f., 609. 611, 617, 619, 655.
Stroh 339, 573.
Studenten im Auslande lOSi.
Stückelung des Papiergpldea und
der Banknoten 173, 464.
Sumitomo 869.
Sumitsii-in 80, 89.
Sumo siehe Ringer.
Sun, Zoll » cm.
Ta Roisland.
Tabuk im f : Tabelle 16.
Tabakindustrie 898 f., 609 f.
Tabnksteuer 607 61 1.
Tänzerinnen siehe Geisha.
Taihoryo 18, 20.
Taikomoehi, Spaftmacher, Steuer,
67^.
Taiko-Sama, »iche Toyotomi.
Taira, Adolsfamilie, 22.
Tairo 45, .59, 61.
Takashima 268, 369.
Tamano Hobumi, Priester, Soldat,
dann PrSsident des Kassations-
hofes, 85.
Tambetsu -wari siehe Flachensteuer.
Tan, ein Zdintel Cho = 9,9n are.
Tarifkonvention von Yedo 66^ 163,
410, 591.
Teishinsho, Bfinisterinm l&r Ver-
kehrswesen, 79, 89, 258, 271.
Teilungsverl>ote 519.
Telegraph 257 f., 276.
— Einnahmen (VM f.
TeiniM'lgütt'i- .514. o-V>.
Tenno, amtliche Bezeichnung d«i
japanischen Kaisers.
Textilindustrie 303, 874, 387—890.
Theater :iO Anm. 1, 117, 157, 2-59
Ania. 1, SSS, 668 f., 676, 68.5.
Thee :*^7-889.
Theeausfuhr *38, 404, 414, 593.
Theehäudlergilde 402.
Theenreise m
To, der zehnte Teil eines Koku,
^ 18 1.
Togwai 86.
ToKaido (< t i he Meeratrarse), die
KfiJ*tenlaii<i»chaft von dor Owari-
zur Tokvoebene, 5; TabelU- 3.
Tokaidobann 247, 255.
Tokugawa, Adelsüunilie, 26, 83, 54^
68, 70, 85.
Tokyo, der 1868 eingeführte Name
von Yedo, 78, 152.
— Finanzen von Rf>:^— 678.
Tosa, die südlichste Proviiu von
Shikoku. 68. 70, 71, 85.
Toyotomi Hideyoshi 25, 241, 513.
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784
Tozamu
Trade-Dollar 1«7. '
Trannportko'^tiMi 273—276. 373 f.
TrockeiitVld 2öO, 2^0 , 304 . 324 ff..
581 f., 536, 559; Tabelle 13.
T.mibo, Landmafs ^ 3,* Quadrat-
Tsuohi nigyo, Thoufiguren in 6rÄ-
bern« 16.
U-Daijiu 18, 72, Vt.
U-m75.
Umwälzung in der iä|Miii-rli. n (Je
s. IlHclmft MO, 110, 12», 154 ff.,
237 , 3n2 ff., 373 ff*., 408 Anm. 2,
409, 422 f., 720.
Univori<itHt .Vi Anm. 3, 110, U3 f.,
126, 132 Anm.
UnterritOitowciien 75, 109 ff., 645,
f'.r.r,, n.-'^, 702.
Urbeberri^t 120, 632.
¥erbranch von Fleiaeh 808.
— von Kpis 31^.
— von Tabak 334.
— von Zncker 336.
- von liaumwolle 341.
— von S«'idc 343.
— von Salz 866 Anm. 4.
— von ^ke 396, 606.
— von Sliovu 398.
"N'erbrauchöiM^öteuerung 691 ff.; Ta-
belle 30.
V. rfa-sung von 1^90 sO, 129.
Verkauföverbote für Ackerland 519.
Verkehrswege 242 f.
VerkehrBvesen im alten Regime
241.
Verkehrs woHon, Ministerium für,
79, 89, 258, 271.
Vcrh'gunp: der H«'.'*idenz 73.
Vcniu'önuugeu des Ackerlandes 513,
514, 516 f., 532, 672,
Verpfändung von Orundbesits Bieke
Kenlkr<(15t.
— von M(>l)ilien siehe l'fandleiher.
— von HäuHcm 292, 627 f.
Ver.«iehie(hMie St<Miern 649 ff.)66äff.,
675—678, 6S:{, üö5.
VeTSchuWung des Grondbeeitae«
283^285, :?52 f.
A'erträge Japüns mit dem Auslande
.-»9 f.. 66, 1<)3, 406, 590, 597, 724.
— Hestfttigung durch den Mikado
66.
Vertragsrevifiion 406, 697, 724 f.
Verwaltungsgericht 89 Anm. 4»
Viehhaltung .100- :nO.
V i<'h hande 1 »»teu er (524 .
VogelätcUeu, Steuer, 685.
X4.
Volksvertretung 79 129.
Volkswirtsehaft^rat 121.
Vorschusse des Staats b06.
Wagen 243—245, 273, 276; Ta^
belle 11.
Wagenstcuer 618—620, 650, 677,
685.
Wakadoshivori 45.
Wald 280, 287, :357-a59, 515, 5:^2,
5:^5, .583, 638 ff. ; Tabelle 13.
Wari Kommanalsteuer.
Wartegcld 87.
WecbselBtempel 625.
Wegewesen 45, 242 645, 655.
658 f.
Wehrpflicht 102 f., 702.
Weizenausfuhr 327.
Weizenbau :^26 - 328} Tabelle 15.
Weizeupreise 327.
Werften 272.
Wrrtlverfchming der Au4^ und
Einfuhr 409 f.
I Wertverhältuia von Gold und Sil-
ber > 160, 169 Anm., 410, 459 £,
.504, 591.
Wirtschaftspolitik siehe Fürderuug
der Volkswirtschaft.
WoehenauBweise der Nihon Ginko
210.
Wohlthätigkeit^anstalten in Tokyo
119.
Wohnbi v..lkening 136; Tabelle 4.
Wolleustoffe 342. 390, 417, 593.
Yamagata, Samurai aus Choshu,
jetzt Graf, 71.
Yatoi 86.
Y<»(lo. (l» r alt» Name von Tokyo
(siielie auch dies), Verwaltougs-
organisation unter dem alten
Ri'^Mnir in f.
— Vertrag von, 66, 163, 410, 591.
— Gefecht in, 70.
— IlesidcnE 73.
Yen. japanische Wäbrungsmünxe,
164.
Yeso, die nördlichste der vier
grorsi-n japanigichen Inseln, 3, 70.
Yobisatsu 460, 474, 478.
Yoritomo 23.
Yose, „Abendtheater«, Steuer, 668,
677, 685; 8. auch 3*^.
Yoshimnne, der achte Shogun aus
dem Hause Toktigawa, Shogun
1717—1745, stirbt IT'^l, vor 1717
Fürst von Kü, 37, 44. 4«, 49, 54,
i 57.
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X 4.
785
Yothinobn (auch Koiki, zuweilen i
fälschlich Yoshihisa genannt),
fünfzehnter und letzter Shogun
aus dem Hause Tokugawa 1B66
bis 1867, Sohn des Fürsten Nnriaki
von Mtto, adoptiert vom Prinzen
von Hitotsabaahi, 60, G3, 67 ff.
Ziisshu-zei s. Verschiedene Steuern. 1
Zeitungen siehe Prefswesen.
Zinsfufs 228-226, 472 Aikiii.3, 717.
Zollclnnahmen 595.
Zoiitiirif GU, 410, 591 f.
Zollwescn 410, 417, 500--597.
Zucker :W-:^:?7.
Zuckereinfuhr 336, 403, 415, 593,
597.
Zuckerpreise 337.
ZündhölzerfabrikatioB 380.
Furitciiongon (45) X 4. — KAthgen.
50
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I
Piertir'nclie Hurbuetulruck«r«i. Htv|>hiin <'oit>«l ti Co. in Alconlmrg.
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I
Google
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Wrlii!; von KUNCKF.R Ä iniMHI/»T in LKll'ZKi.
Zur deutschen Social- u. Gewerbepolitik der Gegenwart.
Inhalt: l:
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R (mI 0 u und A u f s ft t
von
Gustav Schmoller.
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Zum socialen Frieden.
Kino Dai'stclinni: der sociriliKditisrhrn Kr/icluin':: tlos oncriisrhon
Volkrs \m ]VMinzebut<'ii .Tnhilmnrlorf.
Von
Gerhart von Schulze-Gaevernitz.
Z\v<.i HriniN-. \f*^0. Pn is IS M
Zür LitleralBiiescIiictile der Staats- ifl Söcialwissßüsclianeii.
Von Gustav Schmoller.
8. li^tiH. Tn ih ü M.
Ali • I . . , - ■ . 1 1 ' I . ; ; '
Kt> Im U<>«' I>i(- iii'iicrvti An
iiikI y ■ ' MlM-rt I
'i ;., K. . - Ti
Agrarpolitische Zeit- und Streitfragen.
V o r t r l\ ? o . R o f o 1- n t p und (i n t a c h t p n
August von Miaskowski.
imj. Preis 6 M. 40 Pf.
fnhftll: t. Social |ir>li(iMi<hr>N nii<i <1««n ftchwolxer Alpoii. Ifi'^»*. i. Hie Lae« t|«><i Baiif>ni-
RtaiKlPH in l'r. -^l. S. I' ' ' • ' . t .
IHx.{ 4. I»i«' ' i,tuni'«v.
S. 1>IW AllerbclUrt in Ii;
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\>^l. II. Wik Ki'IkiIiiiiii; tifi l'«<r Wuoli' •
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ri«>ri*riu-h«> lloniucli<IrucVprpt. ^^lrpllan üftk»-! A Co. in Ailcuiiitr^.
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