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Full text of "Martin Montanus Schwankbücher, 1557-1566"

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Martin 


Montanus 
Schwankbüc 

(1 557-1 566) 


Martin  Montanus, 
Johannes  Bolte 


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'  BIBLIOTHEK 

DES 

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LITT  ERARISCHEN  VEREINS 

IN  STUTTGART. 

CCXVIL 


TÜBINGEN. 

GEDRUCKT  AUF  KOSTEN  DES  LITTER  ARISCHEN  VEREINS. 

1899. 


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PROTECTOR 

DES  L1TTERARISCHEN  VEREINS  IN  STUTTGART: 
SEINE  MAJESTÄT  DER  KÖNIG. 

VERWALTUNG: 
Präsident: 

Dr.  H.  Fischer,  professor  an  der  Universität  Tübingen. 

Kassier: 

Kanzleirath  Roller,  universitäU-actuar  in  Tübingen. 

GESELLSCHAFTSAUSSCHUSS: 

Geheimer  regiernngsrath  Dr.  Barack,  oberbibliothekav  in  Straßburg. 

Professor  Dr.  Böhmer  in  Lichtenthai  bei  Baden. 

Dr.  Bolte,  gymnasialoberlehrer  in  Berlin. 

Dr.  Hertz,  professor  au  der  technischen  hochschule  in  München. 

Director  Dr.  W.  Heyd  in  Stuttgart. 

Dr.  Martin,  professor  an  der  Universität  Straßburg. 

Dr.  K.  v.  Maurer,  professor  an  der  Universität  Münchon. 

Dr.  G.  Meyer  von  Knonau,  professor  an  der  Universität  Zürich. 

Dr.  Sievers,  professor  an  der  Universität  Leipzig. 

Dr.  Steiumeyer,  professor  an  der  Universität  Erlangen. 

Dr.  Strauch,  professor  an  der  Universität  Halle. 

Dr.  Tobler,  professor  an  der  Universität  Berlin. 


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MARTIN  MONTANUS 

SCHWANKBÜCHER 

(1557-1566) 

HERAUSGEGEBEN 
VON 

JOHANNES  BOLTE. 


GEDRUCKT  FÜR  DEN  LITTERARISCHEN  VEREIN  IN  STUTTGART 

TÜBINGEN  1899. 


ALLE  RKCI1TR  VORBEHALTEN. 

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DRUCK  VON  H.  LAUPP  JR  IN  TÜB1NGKN. 


V 

Inhalt. 

Seite 


Einleitung  (I.  Montanus1  leben  nnd  schriftstellerei.  II.  Bibliographie)  VII 


1. 

Wegkürzer  (1557)  cap.  1—42   

1 

126 

129 

2. 

3. 

m 

4. 

215 

5. 

235 

6. 

253 

430 

7. 

435 

Anbang  verwandter  stücke: 

I.  Eine  Augsburger  Schmähschrift  wider  den  Wegkürzer 

\        A          1          M  A                t  4  f 

457 

476 

FIT       TT  1    \  1         TT          „   ■       '  1  "  _   "  1                •  /; 

III.  Hulsbusch,  Lxnr  vmitons  nngit  so  innrmani  .... 

476 

IV.  Warum  die  Schneider  so  stoltz  (Geist  von  Jan  Tambaur) 

479 

483 

VI.  Metzger,  Einer  singt  eim  wirt  ein  lied  für  die  zech 

485 

VII.  Hulsbusch.  Cur  canes  odorent  se  mutuo  sub  cauda 

486 

VIII.  Glockendon,  Der  krieg  zwischen  mausen,  katzen,  ratzen 

487 

IX.  Meisterlied :  Ursach  der  hund  und  katzen  feindschaft 

492 

495 

XI.  Meisterlied:  Einer  jungfrau  lässtman  mit  dem  fraueneisen 

496 

XIII.  B.  von  Watt,  Der  teufel  holt  einen  gottlosen  bauern  . 

499 

XIV.  Meisterlied  :  Des  edelmanns  weib  mit  dem  tod  . 

500 

XV.  Danbeckh,  Von  dem  kaiser  Augustus  und  einem  poeten 

502 

XVI.  Meisterlied:  Der  ungeratene  söhn   ...  .... 

503 

XVII.  Hulsbusch,  De  stulto  qui  emit  ollam  tripodem  quam 

505 

505 

XIX.  Hulsbusch,  Unus  lepus  fugat  novem  Barbaros     .    .  . 

506 

507 

510 

511 

XXIII.  Hulsbusch,  Rusticus  deeipit  daemonem  

512 

XXIV.  Hulsbusch,  Stultus  roittitur  in  molendinum  allaturus 

513 

514 

VI  .  Inhalt. 

Seite 

XXVI.  Jod.  Galla8,  Ehemann  als  beiehtvater   515 

XX VIF.  Glockenthon,  Eine  junge  frau  klagt  Ober  ihres  manne« 

impotenz   515 

XXVIII.  Vogel,  Die  kaskuchlein   517 

XXIX.  Meisterlicd:  Eine  kühne  that  der  weiber   519 

XXX.  H.  Weidner,  Vou  der  belagcrung  Weinsbergs  ....  520 

XXXI.  Jod.  Gallus,  Der  abgesetzte  vogt   522 

XXXII.  Adelphus,  Warum  die  wölfe  die  schafe  verfolgen  und 

die  pfaffen  den  weibern  aufaetzig  sind   522 

XXXIII.  Hertzog.  Wie  der  papst  einem  landsknecht  eine  busse 

auflegte  und  wie  er  sich  hielt   523 

XXXIV.  Metzger,  Das  lausknickon   525 

XXXV.  Metzger,  Einer  sucht  sein  ertrunken  weil)  wider  den  ström  526 

XXXVI.  Hulsbuach,  Molitor  capit  quinque  sextaria  ex  quatuor 

8extarÜ8  granorum   527 

XXXVII.  J.  J.  Weidner.  Katzenfischerei   528 

XXXVIII.  Meistcrlied:  Wie  ein  mflnch  zwei  zusammen  koppelt 

ohne  sein  wissen   530 

XXXIX.  Hertzog,  Von  einer  wittfrau,  wie  sie  einem  ntudcuten 

ihre  liebe  eröffnet   531 


XL.  Metzger,  Ein  mönch  liegt  bei  einer  hebanune  .  .  .  537 
XLI.  Meisterlied:  Der  fahrende  schuler  mit  dem  pfaffen     .  538 


XLII.  Vogel,  Das  schöne  goldschniiedsweib   510 

XLIII.  B.  von  Watt.  Der  student  mit  dein  mflrser    ....  541 

XLIV.  Meisterlied;  Der  hasengeier   543 

XLV.  Vogel,  Die  hundertfaltige  gäbe   544 

XLVI.  Jod.  Gallus,  Die  begine  mit  der  hose  auf  dem  köpfe  546 
XLV1I.  Karoch,  Epistula  de  amore  cuinadam  studentis  erga 

mulierem  civaticam   r>46 

XLV1H.  Von  einem  korbmache r  und  seiner  frau    554 

XL1X.  Die  jungfrau  beim  bader   652 

Anmerkungen 

1.  Wegkürzer  (cap.  1—44)   558 

2.  Andretttzo     ...»   f>fty> 

3.  Thedaldus  und  Ermilina   :t8<; 

•1.  Guiscardua  und  Sigiamunda   586 

5.  Cymon  und  Iphigenia   5S'j 

6.  Gartengesellschaft  (cap.  1  —  115)   590 

7.  Von  untreuen  wirten  

Erste  zugäbe:  Neuea  über  Michael   Lindcner  (Sein   tod.  Zwei 

bilderbogen)   G3G 

Zweite  zugäbe:  Über  Bernhard  Hertzogs  Schiltwacht  (1560)   .    .  643 

Nachträge  zu  den  Anmerkungen   652 

Wort-  und  Sachregister   059 


i 


VII 


Einleitung. 

I.  Moutauus1  lebeu  und  schriftstellerei. 

Uui  die  mitte  des  16.  Jahrhunderts ,  als  der  jahrzehnte- 
lange kämpf  um  die  kirchen Verbesserung  zu  einem  abschlusse 
gelangt  war  und  das  allgemeine  interesse  sich  den  weltlichen 
dingen  wiederum  in  höherem  masse  zuwandte,  nahm  die  deutsche 
schwanklitteratur  in  ungebundener  rede  einen  raschen  auf- 
schwung.  1555,  im  jähre  des  Augsburger  religionsfriedens,  gab 
Jorg  Wickram  aus  Colmar,  der  schon  mit  einigen  umfäng- 
licheren romanhaften  erzählungen  eigener  erfindung  hervorge- 
treten war,  eine  Sammlung  kleiner  heiterer  geschienten  unter 
dem  titel  ,Rollwagenbüchlin'  heraus.  Ihm  folgten  alsbald 
zwei  elsässische  landsleute,  1556  der  Maursmünsterer  stadt- 
schreiber  Frey  mit  seiner  ,GartengeselIschaft4 ,  1557  der  in 
Schwaben  weilende  Strassburger  Montanus  mit  seiuem  , Weg- 
kürzer'.  1558  und  1559  Hessen  Lindener  und  Schumann,  zwei 
ehemalige  Leipziger  Studenten,  die  ihr  Schicksal  nach  Augs- 
burg verschlagen  hatte,  der  eine  sein  , Rastbüchlein1  und  ,Katzi- 
pori\  der  andre  sein  ,Nachtbüchteinl  drucken.  1560  erschien 
die  ,Schiltwacht4  des  Elsässers  Hertzog,  1563  der  ,  Wenduntnut4 
des  Hessen  Kirchhof. 

All  diesen  büchern  ist,  so  verschieden  auch  die  Verfasser 
nach  Charakter  und  talent  sein  mögen,  der  in  den  unter  ein- 
ander verwandten  titeln  ausgesprochene  zweck  gemeinsam,  einer 
frohen  tafelruude  oder  einer  im  schiff  oder  im  wagen  zufällig 
vereinten  reisegesellschaft  heitere  oder  merkwürdige  vorfalle 
und  geschienten  zur  Unterhaltung  vorzutragen.  Dazu  wird  die 
ältere  wie  die  tageslitteratur  ausgebeutet,  die  mittelalterlichen 
predigtmärlein  und  fabelsammlungen  sogut  wie  die  lateinischen 


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VIII 


Einleitung. 


lacetien  der  humanisten  Poggio,  Bebel,  Adelphus,  die  novellen 
Boccaccios  sogut  wie  die  illustrierten  flugblätter  mit  mord- 
geschichten  und  die  mündlich  verbreiteten  volksballaden,ineister- 
lieder  und  prosaschwanke.  Der  Wetteifer  der  nach  folger  Wi- 
ckrains brachte  es  mit  sich,  dass  einer  den  andern  beim  lese- 
lustigen  publikum  durch  pikante  histörchen  auszustechen  suchte 
und  der  im  Vorworte  feierlich  verheissenen  moralität  hinterher 
ein  schnippchen  schlug.  Spekulative  buchhändler  in  Strass- 
burg,  Augsburg  und  namentlich  in  Frankfurt  a.  M.  sorgten 
dann  durch  wiederholte  auflagen,  durch  neubearbeitungen  oder 
anthologien  für  die  weite  Verbreitung  dieser  schwankbücher ; 
und  wenn  auch  ernste  Sittenprediger  dagegen  eiferten,  so  blieb 
doch  das  lange  durch  die  grossen  religiösen  fragen  zurück- 
gedrängte litterarische  interesse  des  Volkes  diesen  unterhalten- 
den werken  bis  tief  ins  17.  jahrhundert  hinein  treu. 

Martin  Montanus,  der  unter  den  genannten  autoreu  der 
Zeitfolge  nach  die  dritte  stelle  einnimmt,  steht  auch  hinsicht- 
lich des  wertes  seiner  leistungen  erheblich  hinter  Wickram 
und  Frey  zurück. 

Seine  persönlichen  Verhältnisse  liegen  im  dunklen.  Aus 
seinen  eigenen  angaben  (vgl.  das  register)  wissen  wir,  dass 
er  aus  Strassburg  gebürtig  war;  doch  hat  sich  im  Strass- 
burger  Stadtarchive  bisher  keine  nachricht  über  eine  dort  an- 
sässige familie  Montanus  auffinden  lassen  l.  Vielleicht  hiess 
sein  vater  Amberg  oder  Bergmann  oder  ähnlich,  und  erst  der 
söhn  latinisierte  den  deutschen  familiennamen.  Da  er  sich 
selber  1557  (s.  139,  2*  und  s.  4,  8)  jung  und  unverständig 
und  einen  schüler  des  Ulraer  gymnasiums  seinen  freund,  ge- 
sellen und  bruder  (s.  135,  3.  137,  3)  nennt,  kann  seine  geburt 
nicht  lange  vor  1537  erfolgt  sein.  Vor  1557  fällt  das  im 
nach worte  zum  Andreützo  (s.  176,  3 — 177,  i5)  berichtete  er- 
lebnis,  bei  dem  Montanus  zwischen  Bretten  und  Maulbronn  in 
der  nähe  von  Knittlingen  seiner  barschaft  beraubt  wurde.  Im 

* 

1)  Nur  ein  jurist ,  dr.  Laurentius  Montanus,  wird  am 
5.  august  1555  in  den  ratsprotokollen  erwähnt  Er  erhielt  damals  er- 
laubnis,  sich  his  Weihnachten  in  Sirassburg  aufzuhalten,  ohne  bOrger 
zu  werden.  Die  frist  muss  dann  verlängert  worden  sein ;  denn  er  wird 
noch  im  jähre  1556  als  anwesend  genannt. 


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I.  Montiioua'  leben  und  schriftstellerei. 


IX 


Spätsommer  1557  (s.  135,  7)  kam  er  nach  Ulm,  wo  der  Strass- 
burger  Ludwig  Rabe  seit  einem  jähre  die  gelehrte  schule  lei- 
tete und  wo  sich  der  mittelpunkt  des  schwäbisohen  und  el- 
sässischen  weinhandels  befand  x.  Ob  er  als  kaufmannsgehilfe2 
oder  hand werker  (etwa  buchd rucker)  herumzog  oder,  was  wahr- 
scheinlicher ist,  als  fahrender  schuler  seinem  Wandertriebe  fröhnte, 
lässt  sich  nicht  deutlich  erkennen.  Einige  wochen  später  be- 
fand er  sich  in  Dillingen.  Dort  hatte  1554  der  Augsburger 
bischof  Otto  truchsess  von  Waldburg  eine  Universität  begrün- 
det, die  zehn  jähre  später  den  jesuiten  übergeben  ward  und 
bis  1804  bestand.  Da  leider  die  matrikei  des  jahres  1557  ver- 
loren gegangen  ist,  können  wir  nicht  feststellen,  ob  Montanus 
sich  etwa  studierens  halber  in  Dillingen  aufhielt;  in  den  auf 
dem  bischöflichen  lyceum  aufbewahrten  promotionskatalogen 
und  Universitätsakten  kommt  sein  name  nicht  vor.  Jedenfalls 
begann  er  hier  seine  schriftstellerei,  indem  er  zwei  wohl  schon 
früher  entworfene  werke  abschloss  und  im  nahen  Augsburg 
zum  druck  beförderte.  Den  Wegkürzer  widmete  er  dem  in 
Lauingen  weilenden  früheren  Augsburger  bürgermeister  Her- 
brot3, den  Andreützo  seinem  Ulmer  freunde  Ziegler.  Hatte 
er  aber  auf  das  erscheinen  dieser  büchlein  grössere  hoffnungen 
gesetzt,  so  sah  er  sich  bald  enttäuscht.  In  Augsburg  ward  er 
von  einem  politischen  geguer  seines  gonners  Herbrot  in  einer 
heftigen  Schmähschrift  (s.  457)  angefallen;  und  so  griff  er 
bald  wieder  zum  wanderstabe.  Dass  er  einen  grossen  teil  von 
Schwaben  und  Bayern  durchzogen  habe  und  auch  in  Italien 
gewesen  sei,  bezeugt  er  in  dem  gedichte  von  untreuen  wirten 
(s.  437,  «.  449,  17.  444,  28)  ausdrücklich;  ausserdem  darf 
mau  es  aus  vielen  Ortsangaben  seiner  erzählungen  (Breisach, 

* 

1)  Volz,  Württembergiacbe  jabrbücher  für  Vaterland,  geschiente 
1850,  2,  114. 

2)  Hierfür  könnte  das  fnit  wenige  geld',  das  er  s.  176,  s  bei  sich 
führt,  und  das  rösslin,  auf  dem  er  s.  453,  *s  in  die  berberge  einreitet, 
angeführt  werden. 

3)  Herbrot,  über  dessen  Bchicksale  s.  558  gehandelt  ist,  war  nicht, 
wie  Goedeke  (Schwanke  1879  s.  XXIII)  annimmt,  katholik  und 
bayrischer  Statthalter,  sondern  Zwinglianer  und  beamter  des  lutherischen 
kurfürsten  Ott  Heinrich  von  der  Pfalz. 


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X 


Einleitung. 


Mühlhauseu,  Wiesensteig,  Lauingen,  Augsburg  etc.)  schliessen. 
Endlich  kehrte  er  nach  Strassburg  heim  und  setzte  seine  litte- 
rarische thätigkeit  fort.  Es  erschienen  eine  zweite  schwank- 
sammlung  (Ander  teil  der  Gartengesellschaft),  einzelausgaben 
von  drei  weiteren  no Vellen  Boccaccios  in  der  art  des  Andreützo, 
ein  gedieht  von  untreuen  wirten ,  das  seine  reiseerfahrungen 
zu  nutz  und  frommen  andrer  touristen  verwertet,  und  drei 
dramen ,  denen  wiederum  erzählungen  Boccaccios  zu  gründe 
liegen.  Leider  trägt  keins  dieser  acht  werke  eine  jahreszahl 
sowenig  wie  eine  widmung  oder  sonstige  angäbe  über  die  per- 
sönlichen Verhältnisse  des  autors.  Wir  sind  also  hinsichtlich 
ihrer  reihenfolge  lediglich  auf  Vermutungen  angewiesen. 

Die  drei  novellen  aus  dem  Decameron  (Thedaldus  und 
Ermilina,  Guiscardus  und  Sigismunda,  Cymon  und  Iphigenia), 
die  zweitfellos  nach  dem  Andreützo  entstanden  sind,  tragen 
am  Schlüsse  den  vermerk:  ,Gedruckt  zü  Strassburg  in  Knob- 
louchs  druckerey1 1  und  fallen  somit  in  die  zeit  1558 — 1500; 
sie  sind  mit  denselben  holzschnitten  ausgestattet  wie  die  früher 
im  gleichen  verlage  erschienenen  ausgaben  des  ganzen  deutscheu 
Decameron.  Die  übrigen  fünf  werke  (die  Gartengesellschaft, 
in  der  Montauus  8.  295,  24  den  frühereu  Wegkürzer  citierfc, 
das  gedieht  von  den  untreuen  wirten  und  die  drei  Schauspiele) 
sind  durch  Paulus  Messerschruidt  hergestellt,  der  in  den  jähren 
1550  bis  1566  zu  Strassburg  druckte2.  Das  jähr  1566  also 
ist  die  äusserste  grenze,  bis  zu  der  die  schriftstellerische  wirk- 

* 

1)  Der  beste  kenner  der  Strassburger  druckergeschichte ,  herr  dr. 
Kai  l  »Schorbach,  schreibt  auf  meine  anfrage :  „  Johann  Knoblouch 
vater  starb  1528;  seine  druckerei  ward  von  seinem  söhne  Hans  Knob- 
louch weiter  geführt.  Des  letzteren  namen  tragen  nur  wenige  drucke; 
wie  lange  er  persönlich  sein  geschäft  führte ,  ist  unbekannt.  In  der 
,officina  Knoblochiana'  druckte  schon  1533  Johann  Albrecht  und  seit 
1543  Georg  Messerschmidt  (der  Verfasser  des  Ritter  Brissonetus  von  1559). 
Die  bezeichnung  ,Knoblouchs  druckerey'  findet  sich  mit  und  ohne  namen 
G.  Messerschmidts  bis  mindestens  zum  jähre  1560." 

2)  Schorbach  schreibt:  „Paul  Messerschmidts  thätigkeit  ist  noch 
nicht  genau  umgrenzt.  Die  datierten  drucke  mit  seinem  namen 
fallen  in  die  jähre  1559 — 1566;  von  den  vielen  undatierten  können  einige 
wohl  kurz  vor  1559  anzusetzen  sein,  kaum  aber  nach  1566,  wofür  ich 
einen  urkundlichen  anhält  habe.« 


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1.  Montanus'  leben  und  bchriftatellorei. 


XI 


samkeit  unsres  autors  reiclit.  Über  sein  lebensende  inangell 
jede  nach  rieb  fc. 

Was  man  ausser  diesen  thatsaclien  etwa  noch  aus  Mon- 
tanus1 Schriften  über  sein  leben  entnehmen  kann,  ist  nur  wenig. 
Aus  dem  breiten  gerede  über  harte  unverständige  eitern  (s. 
39,  30 ;  vgl.  3,  2o,  aber  auch  273,  iö)  braucht  man  nocli  keine 
klage  über  eigene  erfahrungen  herauszulesen;  ebenso  wenig 
folgt  aus  der  s.  299,  u  gegebenen  warnung  vor  unbedachten 
heiraten ,  dass  er  selber  früh  geheiratet  hatte.  Dagegen  er- 
sieht man  aus  seinen  Schilderungen  kleinbürgerlicher,  ärm- 
licher Verhältnisse,  welchen  kreisen  er  angehörte;  auch  be- 
kennt er  sich  s.  137,  n  und  438,  20-37.  448,  24  ziemlich  unver- 
hohlen als  einen  armen  schlucken  Seine  bildung  reicht  nicht 
weit;  wenn  er  auch  natürlich  latein  gelernt  hat,  so  Verräter 
doch  nirgends  kenutnis  der  französischen  litteratur  wie  Wick- 
ram ,  und  von  der  italienischen  novellistik,  mit  der  er  sich 
einigemal  (W.  nr.  6  und  27)  unbewusst  berührt,  weiss  er  so 
wenig,  dass  er  s.  136,  u  Boccaccios  Decameron  für  ein  la- 
teinisches werk  erklärt  und  es  im  spiele  von  Titus  und  Gisip- 
pus  (s.  unten)  wiederholt  als  eine  ,chronikl  bezeichnet. 

Uber  die  konfession,  der  Montauus  angehörte,  ist  ge- 
stritten worden.  Goedeke1  zählt  ihn  zu  den  Protestanten,  denen 
er  freilich  keine  grosse  ehre  mache;  Scherer 2  und  Erich 
Schmidt3  betrachten  ihn  auf  grund  der  schlussverse  im  spiele 
vom  untreuen  knecht  als  katholiken.  Prüfen  wir  die  herge- 
hörigen äusserungen  unsres  autors !  Im  Wegkürzer  nimmt  er 
dem  katholicismus  gegenüber  eine  kritische,  wenn  auch  vor- 
sichtige Stellung  ein.  Er  eifert  (s.  81,  XH — 83,  a)  wider  die 
zuchtlosigkeit  und  heuchelei  der  mönche,  erkennt  aber  an,  dass 
es  auch  fromme  mönche  gebe,  die  gleich  Augustinus  und  Do- 
minicus  selig  zu  schätzen  seien;  er  bemerkt  (s.  28,  13)  zu  einem 
falle  von  pfäffischer  thorheit  entschuldigend,  damals  seien  die 
geistlichen  nicht  so  gelehrt  gewesen  als  jetzt.    Vielleicht  darf 

* 

1)  Schwanke  de8  16.  jahrhunderts  1879  8.  XXIII.  Grundriss  zur  gesch. 
der  d.  dichtung*  2,  466  (1886). 

2)  Die  anfange  des  deutschen  prosarouians  1877  s.  23. 

3)  Allgemeine  deutsche  biographie  22, 180  (1885). 


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XII 


Einleitung. 


man  diese  äussernngen  mit  den  reformbestrebungen  des  fürst- 
biscilofs  Otto  von  Augsburg  in  beziehung  bringen,  unter  dessen 
äugen  damals  Montanus  möglicberweise  in  Dillingen  studierte 
und  den  er  später  in  der  Garteugesellschaft  (nr.  71;  s.  330,  „) 
in  nicht  gerade  respektvoller  weise  auftreten  Hess.  Die  nicht 
seltenen  biblischen  Wendungen  (vgl.  das  register)  sind  ihm 
wohl  eher  auf  der  Schulbank  oder  durch  die  protestantische 
predigt  eingeprägt  worden  als  durch  eigenes  studium  der  bibel. 
Protestantische  färbung  tragen  auch  seine  auschauungen  über 
die  einwirkung  des  teufels  auf  die  menschen  (s.  85,  i9.  87,  26; 
vgl.  346,  io.  418,  4).  Weitaus  entschiedener  tritt  Montanus  in 
der  Gartengesellschaft  mit  seinem  bekenntnis  hervor.  Den 
katholischen  brauch  der  grablegung  am  karfrei  tag  beschreibt 
er  s.  327, 13  seinen  Strassburger  lesern  als  etwas  fremdes,  indem 
er  den  bilderdienst  ins  lächerliche  zieht  (vgl.  286, 30. 23,  n).  Wider 
die  nonnenklöster,  wo  es  kinder  ,beim  dotzet4  gebe1,  eifert 
er  8.  416,  2s— 418,  22  und  preist  ,Lauters4  reformation,  weil  da- 
durch das  Unwesen  der  klöster  beseitigt  und  die  geistlichen 
güter  zu  besseren  zwecken  verwendet  seien.  Es  scheint  mir 
undenkbar,  dass  ein  überzeugter  katholik,  selbst  nach  dem 
Augsburger  religionsfrieden ,  sich  so  geäussert  haben  könne. 
Dagegen  fällt  die  anrufung  der  himmlischen  ,kaiserin'  Maria 
am  Schlüsse  des  spiels  vom  untreuen  knecht  (die  stelle  ist  weiter 
unten  abgedruckt)  nicht  sehr  ins  gewicht;  denn  nicht  als  seine 
beschützerin  ruft  der  dichter  sie  an,  sondern  als  zeugin,  dass 
er  nicht  allen  weibern  übles  nachreden  wolle.  So  konnte  schliess- 
lich auch  ein  protestant  reden,  der  den  Mariendienst  verwarf. 

Uber  den  schriftstellerischen  Charakter  des 
Montanus  muss  ich  mich  kurz  fassen.  Zunächst  fällt  die  roh- 
heit seines  geschmackes  und  sein  behagen  an  den  unsauber- 
sten geschienten  dem  beurteiler  ins  auge.  Geschlechtliche  dinge 
beschreibt  er  mit  einer  nacktheit  und  ausführlichkeit  des  aus- 
drucks ,  wie  sie  bis  dahin  wohl  im  fastnachtspiel,  aber  nicht 
in  der  deutschen  erzählungslitteratur  brauch  gewesen  war.  Da- 
zu sucht  er  sein  publikum  nicht  bloss  unter  den  jungen  ge- 

* 

1)  Vgl.  Luther,  Tischreden  ed.  Företemann  4,  152. 


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I.  Montanus'  leben  und  schriftstellerei.  XIII 

seilen  am  kneiptisch,  sondern  schreibt  auch  für  die  männer 
und  alle  Weibspersonen  (s.  4,  um  deren  willen  er  noch 
,gröbere  böaslin4  verschweigen  will  (s.  34,  23.  82,  4),  und  lebt 
der  hoffmmg,  durch  seine  eingestreuten  moralischen  betrach- 
tungen  bessernd  auf  die  jugend  einzuwirken  (s.  138,  2i.  sb- 
255,  si).  Es  bezeichnet  seine  geschmacksrichtnng,  dass  er  aus 
Boccaccios  novellen  fast  nur  solche  zur  bearbeitung  erkoren 
hat,  in  denen  leichtfertige  dirnen,  ehebrecherische  frauen,  ver- 
buhlte mönche  und  unkeusche  nonnen  die  hauptrolle  spielen,  wäh- 
rend um  die  gleiche  zeit  (1564)  der  Niederländer  Dirck  Coornhert 
gerade  die  fünfzig  anständigsten  erzählungen  des  Decameron  aus- 
las und  seinen  landsleuten  vorlegte l. 

Die  erwähnung  Boccaccios  führt  uns  auf  die  quellen, 
die  Montanus  für  seine  schwanksammlungen  benutzte.  Als 
seine  Vorgänger  und  Vorbilder  nennt  er  selbst  s.  4,  i5  Pau- 
lis Schimpf  und  ernst,  Wiek r am s  Rollwagenbüchlin  und 
Freys  Gartengesellschaft  und  schöpft  auch  wiederholt  aus  der 
reichhaltigen  Sammlung  Paulis8,  während  an  Frey  neben  dem 
titel  der  Gartengesellschaft  nur  eine  erzählung  (nr.  33)  dieses 
buches  erinnert;  von  Wickram  citiert  er  auch  den  Knaben- 
spiegel (s.  168,  i6).  Aus  Lindeners  Rastbüchlein  entlehnt 
er  einen  schwank  (G.  nr.  11),  ohne  der  vorläge  zu  gedenken3. 
Mit  diesem  wetteifert  er  auch  in  der  herübernahme  von  stucken 
aus  dem  von  Arigo4  verdeutschten  Dekameron  des  Boccaccio. 

1)  Vgl.  Bolte,  Tijd8chrift  voor  nederl.  taal-  en  letterkunde  13,  I. 

2)  Aus  Pauli  entlehnt  sind  wohl  s.  5, ».  167,  x.  169,  *;  W.  nr.  17  ; 
G.  nr.  7.  19.  81.  63.  81.  108. 

3)  Die  Übereinstimmung  von  6.  nr.  106  mit  Val.  Schumanns 
Nachtbüchlein  erklärt  sich  ans  der  benutzung  der  gleichen  quelle,  vgl. 
s.  629,  566  (zu  W.8)  und  583  (zu  s.  138,  13). 

4)  Nach  Dreschers  annähme  (Verh.  der  44.  philologenvers.  in  Dresden 
1897  s.  132)  war  dies  der  1472  verstorbene  Meissner  domherr  Heinrich 
L  e  u  b  i  n  g  aus  Nordhausen.  Mit  rückßicht  auf  Dreschers  in  aussieht 
stehendes  buch  verzichte  ich  darauf,  die  geschiente  des  Dekameron 
in  Deutschland  zu  verfolgen,  wozu  H.  Möller  (Arigo  und  seine  Deka- 
meron-übersetzung.  Leipziger  diss.  1895)  den  anfang  gemacht  hat,  und 
stelle  nur  als  ergänzung  zu  Goedekes  Grundriss5  1,  368  die  mir  bekannten 
au  s gaben  der  pseudo-stainhöwelschen  Übersetzung  zusammen  :  Ulm, 
Zainer  1472—73  (Berlin.  Göttingen.  Heidelberg.  München).  —  Augspurg, 


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XIV 


Einleitung. 


Doch  während  Lindener  sich  auf  drei  nuramern  (Rastbüch- 
lein c.  24—26)  beschränkt,  ist  Montanus  für  6  kapitel  des 
Wegkürzers,  17  kapitel  der  Gartengesellschaft,  4  büchlein  und 
3  dramen  dem  italienischen  meister  als  Schuldner  verpflichtet. 
Eine  tabelle  mag  dies  Verhältnis  deutlicher  darlegen: 

Dekameron  I,  4  (6.  nr.  98)  — -  II,  2  (citiert  b.  178 ,  t)  —  II,  5  (An- 
dreützo;  G.  nr.  93)  —  11,8  (Spiel  vom  vertriebenen  grafen)  —  III,  1 
(W.  nr.  29 ;  G.  nr.  96)  —  III,  3  (G.  nr.  99)  —  III,  7  (Thedaldus  und 
Ermilina)  —  IV,  cinleitung  (G.  nr.  76)  —  IV,  1  (Guiscardus  und  Sigis- 
munds) —  IV,  2  (W.  nr.  80)  —  IV,  5  (W.  nr.  37)  —  IV,  8  (W.  nr.  38) 

—  IV,  10  (G.  nr.  95)  —  V,  1  (Cymon  und  Iphigenia)  —  V,  10  (G.  nr.  94) 

—  VI,  4  (G.  nr.  77)  —  VI,  10  (G.  nr.  104)  —  VII,  2  (G.  nr.  55)  — 
VII,  3  (W.  nr.  31)  —  VII,  4  (G.  nr.  79)  —  VII,  5  (G.  nr.  56)  —  VII,  7 
(Spiel  vom  untreuen  knecht)  —  VIII,  2  (G.  nr.  102)  —  VIII,  8  (G. 
nr.  59)  —  IX,  2  (G.  nr.  109)  -  IX,  6  (G.  nr.  86)  -  IX,  10  (G.  nr.  111) 

—  X,  8  (W.  nr.  42 ;  Spiel  von  Titus  und  Gisippus). 

Gleich  Lindener  kennt  Montanus  den  1548  erschienenen 
gereimten  Esopus  des  Burkard  Waldis;  er  verdankt  ihm  eine 

* 

A.  Sorg  1490  (Augsburg.  Dresden.  London).  —  Strassburg,  Grüninger 
1509  (Basel.  Kristeller,  Die  Strassburger  bücheriüustration  1888  s.  94) 
und  1519  (Berlin.  Dresden).  —  Strassburg,  Cammerlander  1535  (Berlin. 
Göttingen.  München.  Wentzel,  Cammerlander  und  Vielfeld,  Rostocker 
diss.  1891  8.  35.  58).  —  Augspurg,  Steiner  1545  (Stiefel,  Archiv  f.  neuere 
spr.  95,  99).  —  Strassburg,  H.  Knoblouch  1540  (Berlin.  München.  Wei- 
mar), 1547  (Greifswald.  München),  1551  (Berlin.  Dresden.  München). 

—  Strassburg,  P.  Messerschmidt  1561  (Berlin.  Breslau  stadtb.  Warm- 
brunn). —  Frankfurt  1566  (Zürich).  —  Frankfurt,  Bassel  1575  (Berlin. 
München),  1580  (Berlin),  1590  (Berlin),  1598  (München),  1610  (Berlin). 

—  Ferner  am  Schertz  mit  der  warheit,  Frankfurt,  Chr.  Egenolff  1550  und 
1563  (Berlin.  München  Stiefel,  Archiv  95,55);  an  den  Kurtzweiligen 
und  lächerlichen  geschienten,  Frankfurt,  S.  Feyerabendt  1583  (Berlin 
Weimar);  in  den  Ducento  novella  1646  (Berlin.  Breslau  stadtb.  Dresden). 
Nicht  gesehen  habe  ich  die  ausgaben  von  1557,  1588,  1591,  1601,  1624. 
Eine  unvollständige  hs.  des  15.  jahrh.  ist  das  Wiener  mscr.  14288;  eine 
gekürzte  bearbeitung  aus  dem  16.  jahrh.  das  Wiener  mscr.  2792  (Wun- 
derlich, Archiv  84,  290).  —  Einzelausgaben  existieren  von  fol- 
genden novellen:  II,  9.  III,  9.  IV,  1.4.  V,  1.  IX,  1.  X,  9. 10.  —  Ins  la- 
teinische sind  nur  einzelne  novellen  durch  Petrarca  (X,  10),  Leonar- 
dus  Aretinus  (IV,  1),  Philippus  Beroaldus  (IV,  1.  V,  1.  X,  8)  und  M.  An- 
tonius Paganutius  übertragen  worden ;  letzterer  übersetzte  Decam.  I,  2. 
3.  8.  9.  VI,  7  und  X,  1  (Olympiae  Moratae  opera,  Basileae  1580  p. 
526-651). 


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I.  Montanus'  leben  und  schrittst  eller  ei. 


XV 


tierfabel  und  zwei  schwanke  (W.  nr.  41;  G.  nr.  17  und  101). 
Aus  ungenannten  Chroniken  stammen  die  nach  ungenauer 
erinnerung  erzählten  kapitel  80  und  114  der  Gartengesellschaft 
her.  Andres  ist  aus  der  reichen  flugblattlitteratur 
des  16.  jahrhunderts  aufgenommen:  gedruckte  prosaberichte 
über  mordthaten  liegen  den  kapiteln  33  und  36  des  Weg- 
kürzers  und  wahrscheinlich  noch  andern  zu  gründe ;  eine  volks- 
ballade  wird  G.  nr.  105  ausdrücklich  citiert,  andre  sind  ver- 
mutlich in  W.  nr.  28  und  G.  nr.  97  benutzt ;  ein  Nürnberger 
bilderbogen  mit  versen  in  W.  nr.  14.  Interessant  ist  beson- 
ders, dass  ihm  mehrere  meisterlieder  und  Spruchgedichte  des 
Hans  Sachs  in  gestalt  von  druckblättern  (wohl  auch  hand- 
schriftlich oder  durch  den  Vortrag  andrer  meistersinger)  zu 
händen  kamen  und  von  ihm  in  prosa  umgesetzt  wurden  *,  wo- 
bei er  bisweilen  zwei  stücke  verwandten  inhalts  mit  einander 
verband 2. 

Neben  diesen  deutschen  werken  scheint  Montanus  auch 
gleich  seinem  landsmanne  Frey  3  die  lateinische  schwank- 
litteratur  zu  rate  gezogen  zu  haben ;  denn  wir  finden  bei  ihm 
verschiedene  nummern  aus  den  facetien  Poggios4  und  B e- 
b  e  1  s  5,  aus  der  Mensa  philosophica  des  Jodocus  Gallus0  und 
aus  dem  Hecatomythium  des  Abstemius7  wieder,  für  die 

* 

1)  W.  nr.  23.  24;  G.  nr.  18.  27.  51.  53.  92.  106.  112.  113.  -  Vgl. 
auch  W.  nr.  2 ;  G.  nr.  72.  87.  90.  —  Goedeke,  der  diese  quelle  des  Mon- 
tanus zuerst  erkannte,  behauptet  (Schwanke  1879  s.  XXIII).  dass  auch 
W.  nr.  5  aus  einem  gediente  in  der  Nibelungenstrophe  aufgelöst  sei; 
mir  erscheint  dies  fraglich.  Dagegen  mag  G.  nr.  74  auf  einem  ver- 
schollenen meisterliede  vom  zauberer  Virgilius  beruhen. 

2)  W.  nr.  2.  23;  G.  nr.  92. 

3)  Gartengeeellschaft  ed.  Bolte  1896  s.  XXV.  —  Eine  sehr  dankens- 
werte Untersuchung  .Quellen  und  stoffgeschichtliches  zu  Freys  garten- 
gesellschaft',  auf  die  ich  hier  nicht  eingehen  kann,  hat  Stiefel  (Zeitschr. 
f.  vergl.  littgesch.  12,  164  —  180)  seither  veröffentlicht. 

4)  W.  nr.  )7.  39.  Vgl.  W.  nr.  1.  13;  G.  34  (auch  Brant-Adelphus). 
58  (auch  Stainhöwel).  70  (Hans  Sachs ;  Schumann).  89  (Brant-Adelphus). 
90  (Brant-Adelphus;  H.  Sachs).  103  (Brant-Adelphus). 

5)  W.  nr.  40.  —  Anklänge  an  Euricius  Cordus  zeigen  G.  nr. 
88.  100. 

6)  G.  nr.  3.  -  Vgl.  nr.  34. 

7)  G.  nr.  6.  —  Vgl.  W.  nr.  41  (auch  Waldis). 


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XVI 


Einleitung. 


keine  deutsche  Zwischenstufe  bekannt  ist.  Eine  recht  bedeu- 
tende zahl  von  schwanken  endlich,  für  die  wir  keine  ältere 
aufzeichnung  nachweisen  können  \  verdankt  unser  autor  der 
mündlichen  volkstiberlieferung.  Darunter  befinden  sich 
gerade  eine  reihe  von  märchen,  die  in  schlichter  weise  er- 
zählt uns  als  wertvolle  reste  dieser  gattung  der  Volksdichtung 
hochwillkommen  sind2:  vom  erdkühleiu,  vom  tapfren  Schneider, 
vom  Schwaben,  der  das  leberlein  gefressen,  vom  bauern  und 
teufel,  von  den  einkaufen  und  den  verschiedenen  begrtissungen 
des  dummlings. 

Der  verschiedenartigkeit  der  quellen  entspricht  die  mannig- 
faltigkeit  der  s  t  o  f  f  e.  Neben  kindennärchen ,  in  denen  die 
phantasie  unbeschränkt  durch  die  realen  Verhältnisse  des  welt- 
laufs  waltet,  tierfabeln ,  legenden  und  einzelnen  historischen, 
aber  von  der  sage  umsponnenen  personen  (wie  Cäsar,  Alboin, 
Artus,  Virgilius)  erscheinen  begebenheiten  aus  dem  täglichen 
leben  trüber  und  heiterer  art:  mordthaten,  die  der  böse  feind 
anstiftet,  neckereien  vom  wirtshaustische,  handwerkerspott, 
bauerneinfalt  und  müllertücke,  kecke  streiche  landfahrender 
gaukler,  abenteuer  aus  dem  landsknechts-  und  bettlerlcben,  da- 
zu buhlerstückchen  und  allerlei  ehehändel.  Wenn  bei  letzteren 
die  pfaffen  keine  glänzende  rolle  spielen,  so  kommt  doch  das 
weibliche  geschlecht  dabei  noch  schlimmer  fort.  Die  eine  ge- 
schiente von  den  treuen  frauen  zu  Weinsberg  will  wenig  be- 
sagen gegen  die  vielen  histörchen  von  trägen  und  naschhaften 
mägden,  eigensinnigen,  schwatzhaften  und  untreuen  weibern, 
die  unser  misogyn,  der  s.  9,  2  ,frauenlist4  als  sein  hauptthema 
bezeichnet,  zusammengetragen  hat.  Dass  er  absichtlich  ver- 
wandte stoffe  zu  gruppen  ordnet,  spricht  er  gelegentlich  selbst 
aus  (s.  83,  3  ivon  münchen4 ;  83,  i0  ,von  kläglichen  dingen1). 

In  der  darstellung  zeigt  sich  Montanus  häufig  nach- 
lässig. Er  verschweigt  bei  den  weibern  von  Weinsberg  (G. 
nr.  80)  alle  namen,  er  vergisst  G.  nr.  72  die  pointe;  er  ver- 
wandelt zwar  in  G.  nr.  18  die  neun  furchtsamen  Schwaben  in 

» 

1)  W.  nr.  1.  3—13.  15.  16.  18—22.  25.  26.  32.  34.  35;  G.  nr.  1.  2. 
4.  5.8—10.  12-16.  21—26.  28—30.32.35-50.  52.  54.  57.  60—62.  64- 
69.  71.  73.  75.  78.  82—85.  91.  100.  107.  110.  115. 

2)  W.  nr.  5.  6.  15;  G.  nr.  4.  5.  49.  50. 


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I.  Montanus'  leben  und  scbriftstellerei. 


XVII 


Bayern,  denen  er  auch  sonst  einfalt  und  unbeholfenheit  nach- 
sagt, aber  er  setzt  nicht  wie  Frey  (s.  XXVII  ed.  Bolte)  regel- 
mässig orts-  und  personennamen  und  nebenumstände  hinzu, 
die  die  anschaulichkeit  erhöhen,  sondern  redet  häufig  nur  von 
einem  namenlosen  dorf,  ort  oder  flecken  als  lokal  der  hand- 
lung.  Die  starke  ausnutzung  Boccaccios  hat  ihn  nicht  dazu 
angeregt,  andre  stoffe  in  ähnlicher  weise  novellistisch  auszu- 
gestalten. Auch  die  mittel,  die  er  anwendet,  um  Arigos  Cen- 
tonovella,  die  ihm  einem  der  1540,  1547  und  1551  bei  Knob- 
louch  in  Strassburg  erschienenen  drucke  vorlagen  *,  ,dem  ge- 
meinen und  unbelesenen  laien'  verständlich  zu  machen  (s.  136, 25), 
sind  höchst  einfach2.  Er  bessert  den  satzbau  und  ausdruck, 
indem  er  unverstandenes  fortlässt,  und  teilt  den  Andreützo, 
Thedaldus,  Guiscardus  und  Cymon  in  besondre  kapitel  mit 
Überschriften.  Zahlreich  sind  seine  zusätze;  sie  bestehen  ent- 
weder in  der  erweiterung  eines  einfachen  ausdruckes  zu  einem 
doppelgliedrigen  3  oder  in  Schilderungen  der  äusseren  Vorgänge 4 
oder  endlich  in  eigenen  urteilen  (s.  146,  9  »das  böß  listig  weyb4 
statt  ,syk)  und  lehrhaften  nutzan Wendungen.  Trotzdem  berührt 
uns  in  diesen  stücken  aus  Boccaccio  der  ausdruck,  au  Mon- 
tanas1 sonstigem  stil  gemessen,  öfter  fremdartig  und  veraltet. 
Flüchtig  und  obenhin  gemacht  ist  auch  meist  die  prosaauf- 
lösung  von  gereimten  vorlagen.  Die  verse,  die  Montanus  sel- 
ber baut 5,  sind  holprig  und  dürftig ;  ich  verweise  dazu  auf  die 

* 

1)  Dies  musa  man  bei  der  beurteilung  von  Montanus'  bearbeitung 
berücksichtigen.  Die  lücke  s.  147, as  findet  sich  schon  in  Gammer- 
landers ausgäbe  von  1535,  auf  der  Knoblouchs  drucke  beruhen.  Der 
druckfehler  ,und'  statt  .von*  s.  147, 33  stammt  sogar  schon  aus  der  edi- 
tion  von  1519,  in  der  auch  die  interpolation  s.  148,  «9— »2  zuerst  erscheint. 
—  Auf  s.  69,  si  ist  Arigos  Übersetzungsfehler  (262,  ss  ed.  Keller:  Ir 
habt  durchgangen  die  wunder  gottes.  Original:  Voi  siete  errata,  per 
le  piaghe  di  dio)  noch  weiter  verbal lhornisiert  worden.  Dagegen  ist 
der  Wechsel  des  Schauplatzes  im  Andreützo  (s.  HO,  3  Athen;  144,  n 
Neapolis)  eine  gedankenlosigkeit  des  Montanus. 

2)  Scherer,  Die  anfange  des  deutschen  prosaromans  1877  s.  13. 

3)  Z.  b.  8.  154,  *:  ,ir  solches  (bald  anzeiget  und)  zu  wissen  thet'. 

4)  Vgl.  S.  145,  16  — 10.  146,  1  —  8.  5—7.  U  -  18.  SO  —  24.  152,  2-5.  22  -  153,1. 

5)  Im  Vorworte  (s.  5 — 9)  und  Schlussworte  (168—180),  sowie  in  den 
bisweilen  angehängten  lehren  (s.  85.  88.  269.  308.  335.  344).  In  den 
dramen  ist  ihm  die  versifikation  besser  geraten. 

Montanus  b 


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XVIII  Einleitung 

animose,  aber  interessante  kritik,  die  der  Augsburger  anony- 
mus  von  1558  an  den  Verstössen  wider  den  reim  (s.  462.  470) 
und  die  silbenzahl  (s.  464.  472)  geübt  hat. 

Grössere  Verbreitung  hat  unter  den  Schriften  unsres 
autors  hauptsächlich  der  wenigstens  zehnmal  neu  aufgelegte 
Wegkürzer  gefunden,  wenn  er  auch  weit  seltener  erwähnt  wird 
als  die  schwankbücher  Wickrains  und  Freys1.  1508  über- 
setzte Hulsbusch2  10  kapitel  des  Wegkürzers  und  43  num- 
mern  der  Gartengesellschaft  ins  lateinische.  1575  redet  Fisch- 
art (Gargantua  s.  6  ed.  Alsleben)  von  büchern  ,Eulenspiege- 
lischer  und  Wegkur tzerisch er  art1.  1583  nahm  Feyerabend 
10  geschieh ten  aus  dem  Wegkürzer  3  in  seine  ,Kurtz  weiligen 
und  lächerlichen  geschieht  und  historien'  auf;  1592  erschienen 
drei  solche4  im  niederdeutschen  Wegekörter.  Der  Verfasser 
der  Schildbürger  (1597)  entlehnte  von  Montanns  eine  erzählung 
(W.  nr.  1 ;  vgl.  G.  nr.  9).  Nicodemus  Frischlin  gab  in  seinen 
posthumen  Facetiae  (1600)  sieben  stücke  aus  dem  Wegkürzer5 
in  knapper  lateinischer  form  wieder ,  aus  der  sie  dann  teil- 
weise von  Jon.  Sommer  (1609)  und  Agricola  Tabeus  (1612) 
wiederum  verdeutscht  wurden.  1608  endlich  brachte  der  Schmal- 
kuldener  Dietrich  Mahrold  acht  geschienten  6  in  reime. 

1)  Zu  den  bei  Goedeke  (Grund riss  *  2,458.  3,  244)  und  Frey  (1896 
6.  XXX)  gesammelten  stellen  trage  ich  nach:  Historia  Fausti  ed.  Milch- 
sack  1892  s.  9  (gartengesprech).  Laiebuch  1597  bl.  Aiija  (Rollwagen. 
Gartengesellschaft »  Cento  novella,  Katzipori).  Losch,  Joh.  Rhenanus 
1895  8.  51.  Neugekleideter  Hahnreistutzer  1630  bl.  Eijb  (Amadis.  Eu- 
rialua  und  Lucretia,  Pontus,  Galmi,  Gartengesellschaft,  Cento  novella). 
Der  teutschen  sprach  ehrenkrantz  1644  s.  304. 

2)  Sylva  sermonum  iueundissimorum  (Frey  s.  XXX IV3).  —  Vgl. 
W.  nr.  2.  8.  11.  12.  14.  18.20.  24—26;  G.  nr.  1.  2.  4.  6—11.  13-15. 
17-21.  23—27.  31.  33.  34.39.  42-44.  49—51.  53.  63.  65.  67.  68.  70. 
80.  81.  89.  92.  108. 

3)  W.  nr.  I.  2.  5.  10—13.  15.  16.  44. 

4)  Bolte,  Niederdeutsches  jahrbuch  20,  132.—  Vgl.  W.  nr.5.  14.21. 

5)  W.  nr.  1.  2.  10.  13.  23.  27.  28. 

6)  W.  nr.  1.  18.  22.  27.  28.  32.  39.  41.  —  Andre  stücke  (\V.  nr. 
29.  30.  31.  37.  38.  42)  entlehnte  Mahrold.  über  den  Frey  1896  s.  266 
zu  vergleichen  ist,  vermutlich  unmittelbar  aus  Boccaccio. 


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II.  Bibliographie. 


XIX 


II.  Bibliographie. 
1.  Wegkürtzer. 

Die  Originalausgabe  vom  jähre  1557  (A),  die  vermutlich 
wie  der  nur  wenige  tage  später  datierte  AndreÜtzo  zu  Augs- 
burg ohne  angäbe  des  druckers1  erschien,  ist  verloren.  Dass 
keiner  der  ohne  ort-  und  jahrangabe  erschienenen  drucke  BCD 
die  editio  princeps  ist,  zeigen  einzelne  citate  aus  A  in  der  s. 
457 — 475  abgedruckten  Augsburger  Schmähschrift  wider  Mon- 
tanus2 ;  nach  464,  6  hiess  es  s.  6, 24  in  A:  ,Am  112.  blat 
wirds  iren  anfang  hon,*  und  nicht  wie  in  BCD:  ,Am  130. 
blatk  ...»  woraus  sich  auch  nebenher  ergiebt,  dass  A  enger 
gedruckt  war  als  BCD.  Ferner  haben  BCD  auf  s.  41,  X1  und 
H9,  4  ,Ein',  während  das  alphabetische  register  auf  s.  129 
verrät,  dass  in  A  dort  ,Ain;  gestanden  haben  muss. 

BCD  sind  nachdrucke  aus  derselben  presse,  in  der  die 
drei  denselben  titelholzschnitt  tragenden  nachdrucke  BCD  von 
Valentin  Schumanns  Nachtbüchlein  und  der  in  Wolfenbüttel 
befindliche  nachdruck  von  Michael  Lindeners  Rastbüchlein 3  her- 
gestellt sind,  vermutlich  einer  Frankfurter  (oder  allenfalls  Nürn- 
berger). CD  sind  jünger  als  B,  mit  dem  sie  seiten-  und  meist 
auch  zeilengetreu  Ubereinstimmen.  Das  beweist  u.  a.  der  zu- 
stand der  titelbilder  und  die  in  CD  ausgelassene  jahreszahl  der 
vorrede  auf  s.  5,  i6.  E,  die  Frankfurter  ausgäbe  von  1565, 
welche  die  widmung  an  Herbrot  fortlässt  und  zwei  neue  er- 

* 

1)  Deshalb  heisst  es  in  der  Augsburger  Schmähschrift  s.  458,  a : 
,ain  buchlein  zu  Dill  in  gen  im  druckh  aussgangen'.  Der  pasquillant 
hielt  sich  an  die  Unterschrift  der  widmung. 

2)  Nach  462,  »&  stand  auf  s.  5,  ss  in  A  »zulosser',  wo  BCD  ,zuhörerl 
haben. 

3)  Das  titelbild  dieser  ausgäbe  des  Rastbüchleins  (ein  sitzendes  lie- 
bespaar,  zu  seinen  fOssen  ein  hund,  hinter  einem  bäume  ein  altes  weib) 
stammt  aus  Alciati  Liber  emblematum  deutsch  von  Jer.  Held  (Frank- 
furt, S.  Feyerabend  und  S.  Hilter  1560)  bl.  58  b  nr.  80  ,In  fidem  uxo- 
riam*  und  kehrt  in  Montanus'  Wegkürzer  1565  bl.  87b  und  97a  =-1590 
bl.  62b  und  91a,  sowie  in  Der  alten  weisen  exempel  1565  bl.  147  b 
wieder. 

b* 


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XX 


Einleitung. 


Zählungen  hinzufügt,  scheint  mehr  zu  C  als  zu  B  zu  stimmen 
geht  aber  in  der  tilgung  mundartlicher  formen,  der  abändrung 
missverstandlicher  ausdrücke  und  veralteter  Wortstellung  ziem- 
lich entschieden  vor.  An  E  sch Hessen  sich  die  drucke  FGH 
an,  während  J  auf  die  gruppe  BCD  zurückgeht.  Ich  habe 
daher  B,  das  die  verlorene  ausgäbe  A,  von  einigen  schreib- 
gewohnheiten  und  flüchtigkeitsfehlern  des  setzers  abgesehen, 
treu  wiederzugeben  scheint,  dem  neudrucke  zu  gründe  gelegt 
und  die  abweichungen  von  CDE  unter  dem  texte  verzeichnet. 

B)  Wegkürtzer.  |  Ein  sehr  schon  lu-|  s  t  i  g  vnd  anß  der« 
mas8en  kurtz  -  |  weilig  Büchlin,  der  Wegkürtzer  ge-  |  nant,  darinn 
vil  schöner  lustiger  vnd  kurtz-  J  weyliger  Hysterien,  in  Gärten,  Zechen, 
vnnd  auff  |  dem  Feld,  sehr  lustig  zu  lesen,  geschriben.  I  vnd  newlich 
zusamen  gesetzt.  |  Durch  Martinum  Montanural  von  Stras- 
burg. |  □  |  156  4-  3  bl.  =  197/*  bogen  8°  o.  o.  und  j.  (Berlin  Yt  7176). 

C)  Wegkürtzer.  |Ein  sehr  schon  lu-|stig  vnd  auß  der- 
mausen  k  u  r  t  z- I  weilig  Büchlin  ,  der  Wegkürtzer  ge-  |  nant  etc. 
156  f  3  bl  =  197/8  bogen  8°  o.  o  und  j.  (Wolfenbüttel  Eth.  120.  33). 

D)  Wegkürtzer.  |Ein  sehr  schon  lu-|stig  vnd  auß  der- 
massen  kurtz  - |  weilig  Büchlin ,  der  Wegkürtzer  ge-  |  nant  etc. 
156  -f  3  bl.  =  197/*  bogen  8°  o.  o.  und  j.  (Wien  SA.  7.  h.  5).  —  Über 
die  abweichungen  des  titels  in  CD  von  B  vgl.  s.  1. 

£)  Der  Wegkürtzer.  |  Das  dritte  theil  |  des  Rollwagens,  von  viel  | 
schonen  lustigen  vnd  kurtzweiligen  |  Historien ,  in  Wagen ,  Schiffen, 
Garten,  |  Zechen,  vnd  sonsten,  lustig  zülesen  vnnd  zu  erze-  |  len  Mit 
einem  sehr  schonen  vnd  fast  nützlichen  |  Büchlin,  darinn  die  Jungen 
Gesellen,  beuorab  |  die  sich  frembder  Land  gebrauchen  wollen ,  weß 
sie  sich  halten  sollen,  vnterwiesen  werden,  mit  |  schonen  Historien  bey« 
bracht.  Jetzt  abermal  I  mit  fleiß  vbersehen,  gemehret,  vnnd  i  schonen 
Figuren  geziert,  sampt  |  einem  kurtzen  Register.  |  [Holzschnitt:  zwei 
reisewagen  mit  insassen.]  Franckfurt  am  Mayn,  M.  D.LXV.  |  3  bl.  -f- 
115  bl.  -f  2  bl.  =  15  bogen  8°  mit  holzschnitten.  (Berlin  Yt  7181. 
Berlin,  Privatbesitz).  —  Es  fehlt  die  widmung  an  Jacob  Herbrot.  Die 
auf  dem  titel  angekündigte  Vermehrung  besteht  in  den  beiden  hinter 
der  gereimten  vorrede  eingefügten  geschienten  (unsern  nr.  43  und  44). 
Das  register  verzeichnet  die  geschichten  in  ihrer  reihenfolge,  nicht 
alphabetisch.  Die  zierlichen  holzschnitte  sind  aus  andern  von  Virgil 
Solis,  Jost  Amman  u.  a. 1  illustrierten  verlagswerken  Feyerabends  (wie 

# 

1)  Über  die  Zeichner  und  hol  zschneider  Feyerabends  vgl.  H.Pallmanns 
treffliche  arbeit:  Sigmund  Feyerabend  (Archiv  für  Frankfurts  geschieht« 
und  kunst  n.  f.  7.  1881),  der  ich  viele  angaben  über  Frankfurter  buch- 
drucker  und  Verleger  entnehme,  s.  22  und  103. 


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II.  Bibliographie. 


XXI 


Reinicke  Fuchs  1364,  Der  alten  weisen  exempel  1565,  Schoppers  Aesop 
1566;  Alciato-Held ,  Emblemata  1566)  entlehnt  Drucker  und  Verleger 
haben  sich  erst  am  Schlüsse  des  mit  besondrer  bogenzählung  folgenden 
Andreützo  (unten  s.  XXIV,  E)  genannt:  Martin  Lechler  in  Verlegung  S. 
Feyerabends  und  S.  Hüters.  —  Martin  L  e  c  h  1  e  r  aus  Königshofen, 
seit  1565  in  Frankfurt  bürger,  druckte  für  dieselbe  firma  1565  Wickrams 
Rollwagen  und  1566  Neidhart  Fuchs.  Als  Simon  Hüter  (aus  Zwickau, 
Frankfurter  bürger  seit  1560)  1571  aus  der  Stadt  entfloh,  befanden  sich 
in  seinem  hinterlassenen  bücherlager  noch  43  exemplare  des  Weg» 
kürzers  zu  191/*  bogen  (Pal i mann  s.  165). 

Auf  eine  andere  ausgäbe  des  Wegkürzers  scheint  sich 
das  citat  im  Antwerpener  index  librorum  prohibitorum  von 
1570  (Reusch,  Die  indices  libr.  prohib.  1886  s.  311)  zu  be- 
ziehen: ,Das  drijtte  theyel  des  rolwaghens  van  vier  [1.  viel] 
historien,  overlents,  ghedruckt  by  Christiaen  Engelvolf4.  Hier- 
bei ist  der  drucker  auf  jeden  fall  ungenau  angegeben ;  Chris- 
tian Egenolf  druckte  nur  von  1531  bis  1555;  wahrscheinlich 
sind  seine  erben  genieint,  die  den  verlag  bis  1606  fortführten. 

F)  Der  Wegkürtzer.  |  Das  dritte  theil  |  deß  Rollwagens,  von  viel  I 
schönen  lustigen  vnd  kurtzweiligen  |  Historien,  in  Wägen,  Schiffen. 
Garten,  |  Zechen,  vnd  sonsten  lustig  zu  lesen  vnd  zuerzehlen.  Mit 
einem  sehr  Bchönen  vnd  fast  nützlichen  Büchlin,  darinn  |  die  jungen 
Gesellen,  bevorab ,  die  sich  frembder  Land  ge«  |  brauchen  wöllen ,  weß 
sie  sich  halten  sollen,  vnderwiesen  |  werden,  mit  schönen  Historien  bey- 
bracht.  Jetzt  abermal  |  mit  fleiß  vbersehen,  gemehret,  vnd  mit  schönen 
Fi-  |  guren  gezieret,  sampt  einem  kur-  |  tzen  Register.  |  □  |  Franckfurt 
am  Mayn,  1574.  |  154  (vielmehr  156,  da  95  und  96  doppelt  gezählt  sind) 
+  S  bl.  =  197/s  bogen  8°  mit  holzschnitten;  bogen  t  =  bl.  143-150 
ist  hsl.  ergänzt.  —  Auf  bl.  v7b  steht:  Gedruckt  zu  Franckfurt  am  I 
Mayn,  durch  Paulum  Reffeiern,  |  In  Verlegung  Melchior  Schwar-  |  tzen- 
bergers  vnd  Johann  Feyerabends.  |  M.  D.  LXXIIII.  |  (Berlin,  Privatbesitz) 
-  Enthält:  die  gereimte  vorrede  und  44  nicht  gezählte  schwänke;  dann 
bl.  120a  =  gija den  Andreützo ;  bl.  vva register.  —  Melchior  Schwarzen- 
berger, der  später  dr.  iur.  wurde,  und  Johann  Feyerabend  kauften 
1574  von  Sigmund  Feyerabend,  dem  vetter  Johanns,  einen  teil  seines 
Verlages,  darunter  25  exemplare  des  Wegkürzers  zu  191/*  bogen  8° 
(Pallmann.  S.  Feyerabend  s.  171);  vermutlich  war  das  der  rest  der 
aufläge  E,  und  nachdem  dieser  vergriffen  war,  veranstalteten  sie  sofort 
eine  neue  aufläge. 

G)  Der  Wegknrtzer.  |  Das  dritte  theil  |  deß  Rollwagens,  von  viel  \ 
schönen,  lustigen  vnd  kurtzweiligen  |  Historien,  in  Wagen.  Schiffen, 
Gärten,  |  Zechen,  vnd  sonsten  lustig  zu  lesen  vnd  zu  erzehlen.  Mit 
ei-  |  nem  sehr  schönen  vnd  fast  nutzlichem  Buchlin,  darinn  die  |  jungen 


XXII 


Einleitung. 


Gesellen,  bevorab  die  sich  frembder  Land  gebrau-  |  eben  wollen,  weß  sie 
sich  halten  solle,  vne(!Jerwiesen  werden,  |  mit  schonen  Historien  bey- 
bracht.  Jetzt  abermal  mit  fleiß  \  vbersehen,  gemehret,  vnnd  mit  schönen 
Figu-  |  ren  geziert,  sampt  einem  kurtzen  |  Register.  |  [Holzschnitt  wie 
in  E]  |  Gedruckt  zu  Franckfurt  am  Mayn  |  M.D.LXXXX  |  3  f- 107 
-f-2bl.  8°  =  14  bogen  8°  mit  holzschnitten.  Auf  bl.  o8b  steht:  Ge- 
druckt zu  Franckfurt  am  |  Mayn,  durch  Nicolaum  Bas-  |  seum,  Im 
Jar,  I  G  |  M.  D.  XC.  I  (Göttingen).  —  Enthalt  die  gereimte  vorrede  und 
44  nicht  gezählte  schwanke,  dann  bl.  83a  den  Andreützo.  bl.  o7a  das 
regiBter.  Zu  den  holzstöcken  der  ausgäbe  E  sind  viele  aus  den  Cento 
novella  Boccaccios  (Frankfurt,  Nie  Bassee  1575  u.  ö.)  hinzugekommen. 

Es  muss  noch  eine  ältere  ausgäbe  desselben  Verlegers 
X.  Bussee  (aus  Valenciennes,  seit  1501  Frankfurter  bürger, 
f  1601)  existiert  haben ;  denn  auf  der  herbstniesse  1587  kün- 
digte Bassee  den  ,  Rollwagen  in  drey  theil  in  8'  an  (Pull mann 
in  den  Mitteilungen  an  die  mitglieder  des  v.  für  gesch.  in 
Frankfurt  a.  M.  6,  105),  und  1588  behauptete  er  vor  gericht, 
Feyerabend  habe  neben  andern  bOchern  seines  Verlages,  wie 
Centenovella,  Ritter  vom  Thum,  Rollwagen  und  Gartengesell- 
schaft, auch  den  14  bogen  umfassenden  , Wegkürzer1  nachge- 
druckt (Pull  mann,  Feyerabend  s.  00). 

H)  Der  Wegkurtzer.  |  Das  dritte  theil  |  deü  Rollwagens,  von  viel 
schonen  lustigen,  vnd  kurtzweiligen  |  Historien,  in  Wägen,  Schiffen, 
Gärten ,  |  Zechen ,  vnd  sonsten  lustig  zu  lesen  vnd  zu  erzehlen  ,  Mit 
ei-  |  nem  sehr  schonen  vnd  fast  nutzlichem  Buchlin,  darinn  die  |  jungen 
Gesellen,  bevorab  die  sich  frembder  Land  gebrau-  |  chen  wällen,  weß 
sie  sich  halten  solle,  vnterwiesen  werden,  |  mit  schönen  Historien  bey- 
bracht.  Jetzt  abermal  mit  fleiß  |  vbersehen,  gemehret,  vnd  mit  schonen 
Figuren  |  gezieret,  sampt  einem  kurtzen  |  Register.  |  [Holzschnitt  wie 
in  E]  |  Getruckt  zu  Franckfort  am  Mayn,  |  M.  D.  XCVII.  |  3  +  107 
-f  2  bl.  =  14  bogen  8°.  Auf  bl.  o8b  steht:  Gedruckt  zu  Franckfort 
am  |  Mayn,  durch  Nicolaum  Bas-  l  saeum,  Im  Jahr,  |  □  |  M.  D.  XCVII. 
(Berlin  B.D.  oct.  8493).  -  Enthält:  die  gereimte  vorrede,  44  nicht  ge- 
zählte schwanke,  bl.  83  a  mit  besondrem  titelblatt  den  Andreützo, 
register  (nicht  alphabetisch). 

J )  Wegkürtzer.  |Ein  sehr  schon  lustig  |  vnnd  auß  der- 
massen  kurtz  -  |  weilig  Buchlein,  der  Weg- |  kurtzer  genandt: 
Darinn  viel  schöner,  lustiger  vnnd  |  kurtzweiliger 
Historien,  in  Gärten,  Zechen,  |  vnd  auff  dem  Feld ,  sehr 
lustig  zu  lesen,  ge-  |  schrieben,  vnd  newlich  zusam-  |  mengesetzt.  |  Durch 
Martinum  Montanum  von)  Straßburg.  |  [Holzschnitt,  wohl  dem 
titelbilde  von  B  nachgeahmt:  liebespaar  in  der  laube  tafelnd,  ein 
spazierendes  paar,  kahn,  dahinter  haus,  stadt,  reiter,  jager  u.  s.  w  ] 


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II.  Bibliographie. 


XXIII 


M.  DC.  VII.  |  219  s.  -f  2  bl.  =  14  bogen  8°.  —  Angehängt  ist  mit  fort- 
laufender bogenbezeicbnung,  aber  ohne  seitenbezifterung  der  .Andreitzo*. 
Auf  bl.  V6b  steht  unter  einem  holzschnitte  (Simson  mit  den  thorfltlgeln. 
A.V.):  Leipzig,  j  Gedruckt  vnd  verlegt,  bey  |  Nicol  Neriich  |  Im  Jahr, 
1607.  (Gotha).  —  Enthalt  die  widmung,  die  gereimte  vorrede  und 
42  nicht  gezählte  scbwänke.  Das  register  ist  nicht  alphabetisch,  sondern 
in  der  reihen  folge  des  textes  angelegt. 


2.  Andreützo. 

Der  Andreützo  ist  stets  als  anhang  des  Wegkürzers,  wenn 
auch  meist  mit  besondrer  bogenzählung,  gedruckt.  Das  ver- 
wnndtschaftsverhältnis  der  drucke  ist  daher  denen  des  Weg- 
kürzers  analog ;  doch  hat  sich  der  originaldruck  A  glücklicher- 
weise erhalten.  Die  undatierten  nachdrucke  BCD  sind  aus 
derselben  (Frankfurter  ?)  presse  hervorgegangen  wie  die  aus- 
gaben BCD  des  Wegkürzers;  D  steht  dem  originale  A  näher 
als  B  und  C.  In  den  Frankfurter  ausgaben  EFGH  sind  vor- 
rede und  schluss  weggelassen  und  die  unbeholfenen  verse  einer 
gründlichen  Überarbeitung  unterzogen.  J  stimmt  zu  ABCD. 
Unser  abdruck  folgt  natürlich  der  ausgäbe  A;  die  Varianten 
von  BODE  sind  am  fusse  der  seite  angegeben. 

A)  Ain  seer  schon  |  vnnd  fast  nutzlich  büchlin  |  darinnen  die  jungen 
gesellen,  |  beuorab  die  so  sich  frembder  Lan-  I  den  brauchen  wollen, 
wes  sy  sich  |  halten  sollen  vnderwisen  werden,  |  mit  schonen  Historien 
gezieret,  |  vnd  newlich  durch  Marti-  |  num  Montanura  von  |  Straßburg 
in  truck  |  geben  lassen.  |  43  bl.  =  53/»  bogen  8°  o.  o.  und  j.  (Berlin 
Yu  3571).  —  Die  lettern  und  auch  die  sprachformen  stimmen  mit  dem 
Augsburger  originaldrucke  von  Valentin  Schumanns  Nachtbüchlein 
Überein;  vgl.  meine  ausgäbe  1893  s.  VIII. 

B)  Ein  sehr  Schön  |  vnnd  fast  nutzlichs  Büchlein,  |  Darinn  die 
jungen  Gesellen,  beuor-  |  ab  die  sich  frembder  Landen  brau-  |  chen 
wollen,  weß  sie  sich  halten  solle,  |  vnderwisen  werde,  mit  schonen 
Hi-  |  storien  gezieret,  vnd  newlich  durch  |  Martinum  Montanum  von  | 
Straß  bürg  in  Track  |  geben  lassen.  |  □  |  40  bl.  =  5  bogen  8°  o.  o.  und 
j.  (Berlin  Yt  7176,  angebunden  an  den  Wegkürtzer.  Breslau  stadt- 
bibliothek). 

C)  Ein  sehr  Schon  |  vnnd  fast  nutzlichs  Büchlein,  j  Darinn  die 
jungen  Gesellen,  beuor-  |  ab  die  sich  frembder  Land  brauchen  |  wollen, 
weß  sie  sich  halten  sollen,  vn-  |  derwisen  werden,  mit  schonen  Hi-  [ 
storien  gezieret,  vnd  newlich  durch  I  Martinum  Montanum  von  |  Straß- 


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XXIV 


Einleitung 


bürg  in  Truck  J  geben  lassen.  |  □  |  40  bl.  =  5  bogen  8°  o.  o.  und  j. 
(Berlin  Yu  3561.   Wolfenbüttel  Eth.  120.  38). 

D)  Ein  sehr  Schon  |  vnnd  fast  nutzlich  Buchlein,  |  Darinn  die 
jungen  Gesellen,  beuor-  |  ab  die  sich  frembder  Landen  brauchen  |  wollen, 
weß  sie  sich  halten  sollen,  vn-  |  derwisen  werden,  mit  schönen  Histo-  | 
rien  gezieret  ,  vnd  newlich  durch  |  Martinum  Montanum  von  |  Straß- 
burg in  Truck  |  geben  lassen.  |  □  |  40  bl.  =  5  bogen  8°  o.  o.  and  j. 
(Wien,  angebunden  an  den  WegkQrtzer). 

E)  Ein  sehr  schön  |  vnd  fast  nützlich  Buchlin,  |  darinn  die  Jungen 
Gesellen,  beuor-  |  ab  die  so  sich  frembder  Landen  gebrau-  |  chen  wollen, 
weß  sie  Bich  halten  sollen,  |  vnterwisen  werden,  mit  schonen  Histo-  |  rien 
gezieret,  vnnd  newlich  durch  |  Martinum  Montanum  von  |  Straßburg  in 
Truck  ge-  |  ben  lassen.  |  [Holzschnitt:  krieger  und  gelehrter].  |  Franck- 
furt  am  Mayn ,  Anno  |  M.  D.  LXV.  |  43/*  bogen  8°  mit  holzschnitten 
(Berlin  Yu  3566,  nur  bis  bl.  ejb  erhalten.  Berlin,  Privatbesitz).  —  Auf 
bl.  e3a  steht:  Getruckt  zu  |  Franckfurt  am  Mayn,  |  bey  Martin  Lechler, 
In  |  Verlegung  Sigmund  Feyer-  |  abends  vnd  Simon  1  Huters.  |  □  |  ANNO 
M.  D.  LXV.  |  —  Weggelassen  ist  die  vorrede  und  der  schluss  von 
s.  180,  io  ab. 

F)  Ein  sehr  schön  |  vnd  fast  nützlich  Büchlin,  |  darinn  die  Jungen 
Gesellen,  bevor-  |  ab  die,  so  sich  frembder  Landen  gebrauchen  I  wöllen, 
weß  sie  sich  halten  sollen,  vnderwie-  |  sen  werden,  mit  schönen  Historien 
gezieret,  |  vnd  newlich  durch  Martinum  Mon-  |  tanum  von  Straßburg 
in  |  Truck  geben  lassen.  |  □  |  — -  Im  Frankfurter  drucke  des  Wegkürtzers 
von  1574,  bl.  120a-154b,  mit  holzschnitten 

G)  Ein  sehr  schönes  |  vnd  fast  nützlichs  Büchlein,  j  darinn  die 
jungen  Gesellen,  bevorab  |  die  so  sich  frembder  Landen  gebrauchen  ; 
wollen,  weß  sie  sich  halten  sollen,  vnderwiesen  wer-  |  den,  mit  schonen 
Historien  gezieret,  vnd  newlich  J  durch  Martinum  Montanum  von  [ 
Straßburg  in  Truck  geben  |  lassen.  |  [Holzschnitt  wie  in  E].  —  Im 
Frankfurter  drucke  des  Wegkürzers  von  1590,  bl.  83a— 107b ;  mit 
kleinen  holzschnitten.  ohne  vorrede. 

H)  Ein  sehr  schönes  |  vnd  fast  nützlichs  Büchlein,  |  darinn  die 
jungen  Gesellen,  bevorab  |  die ,  so  sich  frembder  Landen  gebrauchen  I 
wollen,  weß  sie  sich  halten  sollen,  vnderwiesen  wer-  |  den,  mit  schonen 
Historien  gezieret,  vnd  newlich  |  durch  Martinum  Montanum  von 
Straßburg  in  Truck  geben  j  lassen.  |  [Holzschnitt  wie  in  E].  |  —  Im 
Frankfurter  drucke  des  Wegkürzers  von  1597,  bl.  83a— 107b  ;  mit  kleinen 
holzschnitten,  ohne  vorrede. 

J)  Eine  schone  Histo-  I  ria  vnd  fast  nützlichs  Büch-  |  lein,  darinnen 
die  jungen  Gesellen  I  (beuorab  die  sich  frembder  Landen  brau-  |  chen 
wollen)  wie  sie  sich  halten  sollen,  vn-  |  terwiesen  werden,  mit  schonen 
Figuren  ge-  |  zieret,  vnnd  newlich  durch  Martinum  |  Montanum  von 
Straßburg  in  |  Druck  gegeben.  |  [Holzschnitt:  ein  jüngling  zu  drei 
mannern  in  einem  zitnmer  redend].    53/*  bogen  8°,  signiert  P— V  mit 


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II.  Bibliographie. 


XXV 


kleinen  holzschnitten.  Auf  bl.  V6b  steht:  Leipzig,  |  Gedruckt  vnd  ver- 
legt, bey  |  Nicol  Neriich.  |  Im  Jahr,  1607.  (Gotha).  —  Vgl.  oben  8.  XXII,  J. 

K)  Nicht  aufgefunden  habe  ich  die  ausgäbe,  welche  dem 
offenbar  sorgfältigen  abdrucke  in  der  Olla  Potrida  1780,  2.  stück 
s.  134 — 159  (Berlin,  Wever)  zu  gründe  liegt :  ,Andreytzo  von 
Perusio:  ein  seer  schön  vnnd  vast  nützlich  Buchlin.  Durch  Mar- 
tinum  Montanum  von  Straßburg.*  Der  abdruck  lässt  die  vor- 
reden ,  deren  datura  angegeben  wird,  fort  und  geht  bis  zu 
unsrer  s.  201  ,füllerey  ist*.  Die  gereimte  moral  ist  unter  dem 
titel  ,Leer,  in  Verszlin.  Ein  altes  Gedicht  vom  Jahr  1517  [!]' 
schon  in  der  Olla  Potrida  1779,  4.  vierteljahrgang  s.  179—188 
abgedruckt.  Am  nächsten  ist  die  zu  gründe  liegende  ausgäbe 
mit  E  verwandt. 

3.  Thedaldus  und  Ermilina. 

A)  E  1  fi  sehr  scho  |  ne  lustige  vnnd  auch  |  klägliche  Hystoria, 
von  dem  thew-  j  ren  vnnd  mannlichen  Ritter  Thedal-  |  do,  wie  der  in 
liebe  gegen  einer  schonen  Frawen  |  entzündet,  solcher  lieb  lang  zeyt 
ein  genügen  |  thet,  Vnd  aber  hernach  von  jr  ins  el-  |  lendt  veriagt,  vnnd 
vertriben  |  ward,  Letstlich  wider  inn  l  die  erste  freund tßchafft  |  gesetzet 
ward,  j  Durch  Marti  num  Mon|tanum  von  Straß-  |  bürg  inn 
druck  geben.  |  Gedruckt  z ö  Strassburg,  |  in  Enoblouchs 
Druckerey.  |  27/s  bogen  8°  o.  j.  mit  holzschnitten ,  die  grossen  teils  der 

'  alten  Verdeutschung  von  Boccaccios  Dekameron  entnommen  sind  (Dresden, 
an  Lit.  Gall.  B  1641). 

B)  ohne  titelblatt.  S7/»  bogen  8°  mit  holzschnitten.  Auf  bl.  D7l> 
steht:  Ende  dieser  History,  von  The-  |  daldo,  vnd  Ermilina.  |  Gedruckt 
zu  Franckfurdt  |  am  Mayn,  durch  Weygandt  |  Han,  in  der  Schnur- 
gas- |  sen  zu  dem  |  Krug.  (Berlin  Yu  3771).  —  Weygand  Han 
entfaltete  als  nachfolger  seines  Stiefvaters  Hermann  Gülfferich  (f  1554) 
in  den  jähren  1555 — 62  eine  ausserordentlich  rege  thätigkeit  als  drucker 
und  Verleger  gangbarer  unterhaltungslitteratur  *.    Die  dem  Thedaldus 

* 

1)  Die  persönlichen  und  geschäftlichen  Verhältnisse  der  Hanschen 
familie  hat  Pallmann  (S.  Feyerabend.  Archiv  f.  Frankfurts  gesch.  n. 
f.  7)  sorgsam  dargestellt  Da  jedoch  eine  bibliographische  Übersicht 
über  ihren  interessanten  volksbücherverlag  oder  .historien-buchhandel4, 
wie  er  1569  bezeichnet  wird,  mangelt,  gebe  ich  meine  gelegentlichen 
notizen  hier  wieder :  l)Weygand  Han  druckte  1556 :  Paulis  Schimpf 
und  ernst;  Scheits  Grobian us;  Tristrant;  Hug  Schappler;  Sieben  weise 
meister.  —  1557:  Pontus;  Salomon  und  Markolf.  —  1558:  Scheits  Gro- 


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XXVI 


Einleitung. 


beigegebenen  holzschnitte.  die  von  Hans  Brosaxner  herzurühren  scheinen, 
entnahm  er  aus  andern  Volksbüchern  seines  Verlages,  z.  b.  Olwyer  und 
Artus  (vgl.  auch  Könnecke,  Bilderatlas1  1895  s.  159.  Der  text  zeigt 
viele  abweicbungen  von  A,  namentlich  in  der  Wortstellung;  ich  habe 
nur  eine  auswahl  dieser  Varianten  verzeichnet 

Ci  Von  Thedaldo,vnd|  Ermilina.  |Eine  sehr  scho- 
ne, lustige  vnd  k  u  r  t  z  w  e  i  1  i  g  e  {  Historia,  von  dem  thewren 
Ritter  1  Thedaldo.  wie  der  in  Liebe  gegen  einer  scho-  |  nen  Frawen 
entzündet  ward,  vnd  solcher  Liebe  lan-  |  ge  zeit  ein  genügen  thet, 
Hernach  aber  von  jhr  ins  Elend  verjagt  vnd  vertrieben  worden: 
Doch  |  letzlich  mit  jhr  widerumb  in  die  alte  j  Freundschaft  kam.  j 
[Holzschnitt:  eine  danie  reicht  einem  vom  pferde  gestiegenen  kavalier 
die  hand.]  |  Gedruckt  zu  Magdeburg,  bey  Jo-  |  han 
Francken.  1620.  |  31  *  bogen  8°  ohne  holzschnitte.  Auf  bl.  D4a  steht: 
Ende  der  Historien  von  The-  !  daldo  vnd  Ermilina.  J|  Gedruckt  zu 
Magdeburg,  >  durch  Johan  Steiner  des  altern,  \  In  Verlegung  Johan 
Francken,  Im  |  Jahr  1620.  1  Q  [  (Berlin  Yu  3786).  —  Beruht  auf  B. 

D)  Von  Thedaldo,  vnd  |  Ermilina.  j  Eine  sehr  schone,  lu-  | 
h  t  i  g  e  vnd  kurtzweilige  Histo  -  I  ria,  von  dem  thewren  Ritter 
The-  |  daldo.  wie  der  in  Liebe  gegen  einer  schonen  |  Frawen  entzündet 

* 

bianus.  —  1560:  Brants  Narrenschiff;  Paulis  Schimpf  und  ernst;  (mit 
S.  Feyerabend)  Heldenbuch.  —  o.  j.  Wickrams  Gabriotto,  Knabenspiegel 
(1557)  und  Goldfaden;  Montanus,  Thedaldus;  Waldis,  Esopus;  Wid- 
manns  Peter  Lew;  Eulenspiegel;  Florio-,  Fortunatus;  Loher  und  Maller; 
Melusine;  Olivier  und  Artus;  Salomon  und  Marcolph;  Hürnen  Seyfrid; 
Valentin  und  Urso;  Wigoleis.  —  2)  Georg  Rab  und  Weigand  Hanen 
erben  (Rab  aus  Scheibenburg  in  Meissen ,  1561  Frankfurter  bürger. 
kaufte  1562  das  Hansche  haus  zum  kruge)  1562 :  Scheits  Gro bianus. 
—  1563:  Paulis  Schimpf  und  ernst;  Kirchhofs  Wendunmut.  —  1564: 
Fortunat;  Wigoleis.  —  1565 :  Kirchhof;  Sieben  weise  meister.  —  1566 : 
Brants  Narrenschiff;  (mit  S.  Feyerabend)  Schoppers  Aesop.  —  1569 
i'mit  S.  Feyerabend)  Josephus  deutsch.  —  3)  Thomas  Rebart  (aus 
Jena,  heiratete  1565  die  witwe  Han,  1567  bürger,  f  1570)  1566:  Fin- 
celius,  Wunderzeichen  1—2.  —  4)  Weygand  Hanen  erben  (d.i. 
Katharina  Han  oder  Rebart  und  fünf  kinder)  1567:  Fincelius,  Wunder- 
zeichen 3.  —  1568:  Scheite  Grobianus;  Herzog  Ernst.  —  o.  j.  Wickrams 
Goldfaden  —  5)  Thomas  Rebart  und  Weygand  Hanen  erben: 
o.  j.  Herpin.  —  6)  Th.  Rebart  und  Kilian  Han  (söhn  Weigands, 
geb.  1550)  1570:  Pauli;  Fortunatus;  Tristrant  —  7)  Catharina 
Re  bartin  und  Kilian  Hahn  1571:  Hug  Schappler;  Melusina.  — 
8)  Kilian  Hahn  1572:  Valentin  und  Orso.  —  1573:  Bütners  Claus 
narr;  Kirchhofs  Wendunmut;  Konrads  von  Würzburg  Engelhard.  — 
1577 :  Melusine  (gedr.  von  Paul  Reffeier).  —  9)  Hartmann  Hahn 
(bruder  Kilians,  geb.  1556)  1579:  Herpin  (gedr.  von  Paul  Reffeier). 


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II.  Bibliographie. 


XXVI  l 


ward  .  vnd  solcher  Liebe  lange  |  zeit  ein  genügen  thet,  Hernach  aber 
von  jhr  ins  |  Elend  verjagt  vnd  vertrieben  ward,  Doch  |  letzlich  mit  jr 
widerumb  in  die  alte  |  Freundschafft  kam.  |  □  |  Zu  Leipzig  bey 
Nico  1  Neriich.  |  47/«  bogen  8°  o.  j.  mit  holzschnitten.  (Leipziger 
Universitätsbibliothek,  Litt.  germ.  272™).  —  Da  der  altere  Nicolaus  Ner- 
iich 1612  starb  und  sein  gleichnamiger  söhn  162(5  zu  drucken  aut- 
hörte, ist  Eberts  (Bibliogr.  lexikon  nr.  22  726)  ansetzung  dieses  druckes 
auf  1655 ,  die  von  Goedeke  (Grundriss »  2,  467)  und  Grasse  (Tresor  6, 
2,  III)  wiederholt  wird,  entschieden  unrichtig.  Der  text  stimmt  mit 
BG  aberein. 

E)  Van  Thedaldo ,  vnde  |  Ermilina.  |  Eine  sehr  s  c  h  o  •  |  n  e 
lustige  vnde  kortwylige  |  Historia,  van  dem  dühren  Ridder  | 
Thedaldo,  wo  de  in  Leeue  gegen  eine  scho-  |  ne  fruwe,  Ermilina  ge- 
nohmet ,  entfenget  |  wordt,  vnde  efft  he  wol  van  er  int  Elentd  |  wordt 
vorjaget,  dennoch  vpt  leste  mit  )  er  wedder  in  de  olde  frund-  |  schop 
quam.  |  □  |  Tho  Hamborch,  |JIm  Jahr,  1601.  87a  bogen  8°  mit 
holzschnitten.  (Gelle;  abschrift  in  Göttingen).  —  Vgl.  Lappenberg, 
Hamburgische  buchdruckergeschicbte  1840  b.  L.  Der  Verleger  ist  Her- 
mann M  o  1 1  e  r ,  wie  sich  aus  der  angebundenen  nd.  ausgäbe  von 
Wickranis  Gabriotto  und  Reinhardt  (1601)  ergiebt.  Die  holzschnitte 
sind  denen  von  D  zumeist  genau  nachgezeichnet.  Der  text  stimmt 
zu  BCD. 

F)  Eine  niederländische  Übersetzung  ,Hist°rie  van  Theball 
ende  Ermilina*  wird  im  Antwerpener  index  von  1570  verboten ; 
vgl.  Reuse h,  Die  indices  librorum  prohibitorum  1886  s.  313. 

4.  Gui8cardus  und  Sigismunda. 

Ein  sehr  s  c  h  o  |  ne ,  lustige  vnd  auß  |  dermassen  kläg- 
liche Hysto  |  ria,  von  zweyen  liebhabenden  Mensch  |  en ,  wie  die 
bey  einander  gefunden  worden ,  der  |  Jüngling  gefangen,  vnd  jme  das 
hertz  auß  |  geschnitten,  Volgendts  seynem  bS-  |  len  geschickt,  die  ver- 
gißt wasaer  |  darüber  schüttet  vnd  auß-  |  tranck,  vnd  von  stund  |  an 
starb.  |  Newlich  durch  Mar-j  tinum  Montanum  von  |  Straßburg 
in  druck  geben.  |  Gedruckt  zd  Straßburg,  |  in  Enoblouchs 
Druckerey.  j  2  bogen  8°  mit  holzschnitten  o.  j.  (Dresden). 

5.  Cymon  und  Iphigenia. 

Ein  schone  vnnd  klfig-j  liehe  Hystoria,  [Von  zweyen 
Jungen  gesellen,  wie  die  |  liebe  zft  zweyen  Jungfrauwen  trfi-  |  gen,  die 
zweyen  anderen  verheurat  |  wurden,  Derhalben  sie  die  hochzeyt  vber- 
fielen,  jre  neuwe  Breut  inn  die  Insel  |  Creta  fürten,  vnd  nach  ettlicher  | 


XXX 


Einleitung. 


fruu  Beatrice  zu  Bologna  hat  rühmen  hören,  spiegelt  seinem 

vater  vor,  er  fühle  den  drang  das  heilige  grab  zu  besuchen ; 

in  Wirklichkeit  begiebt  er  sich  nach  ,Bolonil  (was  auf  der  bühne 

dadurch  dargestellt  wird,  dass  er  ,auff  das  ander  orth  des  ge- 

rüsts'  zieht)  und  tritt  durch  Vermittlung  des  gastwirts  unter 

dem  namen  Hannichinus  in  den  dienst  des  Gianus,  des  gatten 

der  schönen  Beatrice.    Erfreut  dankt  er  dem  höchsten  gott 

in  seinem  thron,  der  ihn  soweit  geführt  hat,  und  fährt  ganz 

naiv  fort  (bl.  A  7a) : 

Nün  hoff  ich,  es  soll  mir  werden  mer, 
Darumb  ich  dann  bin  kommen  her  .  .  . 
Daruinb,  ihr  gotter,  mir  berstet! 
Fraw  Venus,  brich  dein  trewe  nit 
An  mir,  des  ich  dich  freundtlich  bit! 
O  Cupido,  zeuch  herfür  dein  pfeyl, 
Durchwund  ihr  hertz  in  schneller  eyl 
Gen  mir,  das  sie  mich  Heb  gewinn ! 
Bekümbert  ist  mir  sonst  mein  sinn, 
Und  wo  sie  mir  nit  werden  mag. 
So  sind  fürwar  kurtz  meine  tag. 

Als  er  dann  von  frau  Beatrice  zum  brettspiel  aufgefor- 
dert kläglich  seufzt,  giebt  ihm  ihre  teilnehmende  frage  anlass, 
seine  leidenschaft  zu  gestehen,  und  alsbald  bestellt  sie  ihn  für 

Verwijs,  Van  vrouwen  ende  van  minne  1871  p.  34  nr.  2.  De  geest  van 
Jan  Tamboer  1664  p.  171:  , Aerdige  pots  van  een  man,  die  sijn  wijf 
afgesoent  weerdt,  ende  noch  slagen  toe  kreegh1  =  Geist  von  Jan  Tarn- 
baur,  um  1690  s.  165.  C  mery  talys  1526  nr.  3.  The  sackfull  of  newes 
p.  169  (Shakespeare^  jestbooks  ed.  Hazlitt  2).  Davenport,  The  city 
nightcap  1661  (Dodsley-Haglitt,  Old  engliah  plays  13,  99).  Vademecum 
til  tidsfordriv  1781  nr.  49. — Ant.  Tridentone,  Fraudiphila  (Creizenach, 
Gesch.  des  neueren  dramas  1,  561).  La  historia  de  Ii  doi  nobilissimi 
amanti  Ludovico  et  madona  Beatrice  voltata  in  rima  1524.  Ser  Gio- 
vanni, Pecorone  8,  2  (um  1378)  =  Sansovino,  Novelle  1561  nr.  30.  Ti- 
raoneda,  Alivio  de  caminantes  1,  nr.  69.  Romancero  general  9,  344  (1614) 
=  Poesias  escogidas  de  nuestros  cancioneros  antiguos  17,  178  (1796). 
Nie.  de  Troyes,  Parangon  des  nouvelles  nr.  8  (ungedruckt).  D'Ouville 
Elite  1,  257  (1703).  La  Fontaine,  Contes  1,  8:  ,Le  inari  cocu,  battu  et 
content*  (Oeuvres  ed.  Regnier  4,  88).  Roger  Bontems  en  belle  humeur 
1708  p.  64.  Nouveaux  contes  ä  rire  1741  p.  184.  Contes  a  rire  1752 
1,  188.  Decastre  de  Wiege,  Le  mari  cocu,  battu  et  content,  come*die 
(1738).  —  Chrzanowski,  Rej  1894  p.  367.  Kryptadia  1,287  nr.  77.  4,250. 


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II.  Bibliographie. 


XXXI 


die  nacht  an  ihr  bett.  Der  mann  kehrt  heim;  vor  den  äugen 
der  Zuschauer  legt  sich  das  ehepaar  in  seinem  ,zelte4  schlafen ; 
der  liebhaber  schleicht  hinzu,  und  Beatrice  erzahlt  ihrem  manne, 
wie  der  neue  knecht  sie  mit  seinen  antragen  verfolgt  habe 
und  nachts  unterm  feigenbaum  ihrer  warten  wolle.  Während 
nun  der  betrogene  Gianus  in  den  kleidern  seiner  frau  dorthin 
schleicht,  legt  sich  Hannichinus  zu  ihr,  und  das  //.elf  wird 
für  eine  weile  geschlossen  1.  Darauf  geht  der  untreue  knecht 
in  den  garten  und  prügelt  seinen  herren  durch.  Daraus  er- 
kennt dieser,  dass  Hannichinus  seine  frau  nur  hat  auf  die 
probe  stellen  wollen,  und  schlägt  erfreut  seiner  gattin  vor,  dem 
braven  diener  ein  braunes  kleid  von  samt  und  seide  zu  schenken. 

Im  Vorworte  des  herolds  und  in  der  beschlussrede  klagt 
der  dichter  über  die  geilheit  und  arglist  der  weiber  und  er- 
zählt Josephs  Versuchung  durch  Potiphars  weib  (bl  Aijb): 

Man  sagt,  unnd  ist  gwisslich  also: 
Wann  ein  fraw  sich  an  himmel  blo, 
So  hab  sie  schon  ein  fundt  erdacht, 
Damit  sie  sich  hat  ledig  gm  acht. 

Auch  Hannichinus  moralisiert  auf  dem  wege  zum  feigen- 
baum (bl.  B  4a)  recht  undankbar  über  das  ,schnöde  weib',  das 
sich  ihm  ergeben  hat.  Nur  zum  beschluss  wendet  sich  Mon- 
tanus  mit  einer  entschuldigung  an  die  anwesenden  frauen 
(bl.  B7a): 

Wir  bit  hiemit  auch  weiblich  gschlecht, 
Ob  wir  sie  hetten  gstrafft  vilecht 
Weiters  dann  mit  bescheidenhait, 
So  wer  es  uns  von  herteen  laidt  .  .  . 
Dann  alle  weiber  hie  uff  erden 
Geebret  billich  sollen  werden 
Von  einer  wegen  wol  bekant, 
Die  rain  und  zart  Maria  gnant. 
Die  selbig  früntliche  keiBerin 

* 

1)  In  der  ähnlichen  scene  des  .Titus  und  Gisippus*,  in  der  sich 
Titus  an  stelle  des  freundes  ins  brautgemach  zu  Sophronia  begiebt, 
schreibt  Montanus  (bl.  B6b)  für  letzteres  ein  zeit  vor,  .da  die  flügel 
zÖbaiden  Seiten  uffgeschlagen  seyen,  damit  man  sehen  möge,  was  sie  thund'. 
Nachher  (bl.  B8b)  heisst  es:  .Sophronia  gemach,  darinn  das  bettstattlin 
stat  und  Titus  bey  ihr  ist,  soll  yetzund  zugethon  werden.4  Auch  in 
Zyrls  Rebecca  1572  bl.  D4a  thut  Laban  beim  schlafengehn  die  hütte  zu. 


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XXXII 


Einleitung. 


Woll  yetzund  unser  kundtschafft  sein, 
Das  wira  gemaint  von  hertzen  gut, 
Gedichtet  auch  ohn  argen  raüt  .... 
Yetz  scheid  wir  ab  von  diser  ban, 
Zu  jar  ein  anders  heben  an. 

0.  Spiel  vom  vertriebenen  grafen. 

Ein  Neuwes  |  sehr  schönes,  lustigs,  |  vn  aus  der 
niassen  kurtzwei  |  ligs,  auch  cluglichs  Spil  von  ]  einem  Grauen ,  wie 
der  von  der  Koni  |  gin  vonn  Franckreich,  fälschlich,  mit  |  zweyen  kindlin, 
in  das  eilend  vertriben  |  vnd  vertagt,  doch  letstlich  sein  vn-  |  schuld 
an  tag  käme,  wider  |  in  sein  ersten  stand  ge  |  setzt  warde.  |  Newlich 
durch  Mar-  |  tinum  Montanum  zusa-  |  men  gesetzt,  vnd  in  |  druck 
geben.  |  Gedruckt  zu  Strassburg  |  durch  Paulum  Messer-  | 
schmidt  |  4  bogen  8°  o.  j.  (Berlin  Yp  9551.  Strassburg).  —  Auf  bl.  D7b 
steht:  Gedruckt  zu  Strassburg  |  durch  Paulum  Mes-  |  serschmidt.  Auf 
bl.  D8a  ein  nicht  übler  holzschnitt:  die  glficksgöttin  auf  einer  kugel 
stehend  hält  mit  der  linken  hand  ein  banner,  auf  dem  drei  gekreuzte 
säbel  zu  sehen  sind,  wie  ein  segel  empor. 

Montanus  hat  hier  wiederum  eine  novelle  Boccaccios 
(üecameron  2,  8) 1  dramatisiert ,  aber  wider  seine  gewohnheit 
keine  von  denen,  die  lockere  liebes  Verhältnisse  ausmalen.  Sein 
spiel  soll  vielmehr  zeigen,  ,wie  weyberlist  gar  manchen  bschwert 
und  ihn  umb  leib  und  leben  bringt4  (bl.  A  3b),  und  zerfallt 

* 

1)  Vgl.  Val.  Schmidt,  Beitrage  1818  s.  11 ;  Dunlop- Liebrecht  s.  224; 
Landau,  Quellen  1884  s.  116;  Cappelletti,  Studi  sul  decamerone  1880 
p.  325.  —  Arnaut  Vidal,  Guillaurne  de  la  Barre  ed.  P.  Meyer  1895  v. 
4258  ff.;  vgl.  p.  XXIV  und  XXXIX.  Parangon  des  nouvelles  ed.  Ma- 
bille  1866  p.  194.  B.  Germanus,  Comoedia  des  gedultigen,  ohne  schuld 
verjagten  graffens  von  Angiers  und  seiner  zweyer  kinder  1584  (Bolte, 
Das  Danziger  theater  1895  s.  XIV).  Kirchhof,  Wendunmut  4,  85:  ,Von 
den  wunderbaren  glücksfällen  eines  graffen  von  Angiers*  (1601  in  Kassel 
von  dem  Engländer  Franz  von  Segar  gehört).  Comoedia  vom  grafen 
von  Angiers  1626  von  John  Green  in  Dresden  gespielt  (Fürstenau  1,  97). 
Goethe,  Ballade  vom  vertriebenen  und  zurückkehrenden  grafen  (1816), 
in  der  auch  die  englische  ballade  ,The  beggar's  daughter  of  Bednall- 
green4  (Percy,  Reliques  2,  134  ed.  1866)  benutzt  ist.  Painter,  Palace 
of  pleasure  1,  nr.  37  (1567).  H.  C,  The  forrest  of  fancy  1579  (Koppel, 
Studien  zur  gesch.  der  ital.  novelle  1892  s.  80).  Mary  Pit,  Violenta 
or  the  rewards  of  virtue  1704.  Coornhert,  Lustige  historien  J.  Bocacii 
1564  nr.  10.  Timoneda,  Patraiiuelo  nr.  15. 


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II.  Bibliographie. 


XXXIII 


in  drei  ,teile4.  Der  in  den  krieg  ziehende  könig  befiehlt  seine 
gattin  der  obhut  des  wackeren  grafen  von  Angfers.  Diesen 
versucht  die  liebestolle  königin ,  wie  einst  (woran  der  epilog 
bl.  D6b  erinnert)  Potiphars  weib  den  Joseph,  und  verleumdet 
ihn,  als  er  sie  standhaft  zurückweist,  so  dass  er  mit  seinen 
beiden  kindern  eilig  das  land  räumen  muss.  Im  2.  teile  bringt 
der  als  bettler  verkleidete  graf  seine  kinder  Pierotto  und  Gia- 
netta  bei  zwei  marschällen  eines  andern  landes  unter.  Der 
3.  teil  spielt  18  jähre  später.  Für  die  inzwischen  zu  einer 
schönen  jungfrau  erblühte  Gianetta  entbrennt  des  marschalls 
söhn  Nicerius  in  verzehrender  leidenschaft ;  ein  kluger  ar/t 
erkennt  aus  dem  pulsschlage  des  kranken  jünglings  dessen 
heimliches  leiden  (ein  altes  romanmotiv  *),  und  schliesslich 
willigen  die  eitern  in  die  heirat  Ebenso  wird  Pierotto  von 
der  reichen  erbtochter  Leovaudra  zum  gatten  erkoren.  Der 
alte  graf  kommt  in  bettlertracht  auf  den  hof  seines  tochter- 
manns  und  bleibt,  von  den  enkeln  geliebkost,  aber  nicht  er- 
kannt, als  Stallknecht  dort,  bis  sein  könig  seine  Unschuld  er- 
fährt und  nach  ihm  forschen  lässt. 

Anfangs  bewegt  sich  Montanus  seiner  vorläge  gegenüber 
freier  als  sonst ;  ungeschickt  aber  ist,  dass  er  seine  Zuschauer 
über  den  Wechsel  des  Schauplatzes  (England  statt  Frankreich) 
im  unklaren  lässt  und  verschweigt,  auf  welche  weise  die  ver- 
leumderische anklage  der  königin  offenbar  geworden  ist.  Stellen- 
weise gelingt  ihm  der  ausdruck  bewegter  leidenschaft  nicht 
übel ;  so  namentlich  in  der  verf  uhrnngsscene  des  1.  aktes,  wo 
er  den  gedankengang  Boccaccios  beibehält,  aber  im  einzelnen 
selbständig  verfährt.  Ich  teile  deshalb  diesen  abschnitt  als 
probe  mit. 

[Bija]  Königin. 

Ach,  ach,  wie  ist  mir,  wie  binn  ich  so  kranck, 
Wie  ist  mir  doch  die  weil  so  lungk! 

1)  Rohde,  Der  griechische  roman  187G  e.  52—54:  .Antiochus  un<l 
Stratonice4.  Hicrocles,  Philogclos  ed.  Eberhard  1869  p.  75.  Petrus 
Alfonsi,  Disc.  cleric.  3,  4.  (iesta  Roinanorum  c.  40.  Kirchhof,  Wendunmut 
2,  19.  Lionardo  Aretino  in  Kellers  Ual.  novellenscbatz  2,  308.  Duran, 
Romancero  gen.  1,338.  Kuntze,  Die  geschiente  vom  kranken  königssohne; 
Grenzboten  1889, 1,  214-224.  264-275  und  1890,  1,  227-238.  287-292. 

Afontatiu»  C 


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XXXIV 


Einleitung. 


Ich  hab  gar  kein  bleibliche  statt ; 
Die  lieb  mich  gantz  urabfangen  hatt 
Gegen  dem  grafen  wol  geborn, 
Mein  hertz  hatt  mir  ihn  ausaerkorn. 
Ach  das  er  wüst  meins  hertzen  pein! 
Gewisslich  würd  er  mir  auch  holdt  sein 
Und  mich  nicht  also  verderben  lassen. 
Ich  kan  mich  doch  sein  gar  nicht  massen, 
Und  wa  er  mir  nicht  würd  zu  theyl, 
So  hab  ich  verloren  all  mein  heyl 
Meins  lebens  und  mit  jamer  und  pein 
Will  faren  in  die  grub  hienein. 
Wie  will  ichs  aber  greiffen  an, 
Damit  mir  werde  diser  man 
[Bijb]  Zu  meinem  willen?   Ich  forcht  mich  sehr, 

Es  waigere  sich  der  edle  herr; 
Dann  ich  ihn  frumb  und  gerecht  erkenn. 
Ihn  selbst  anzsprechen  ich  mich  schein; 
Dann  es  ein  grosses  laster  ist. 
Aber  ich  will  es  greiffen  an  mit  list. 

Sie  lässt  darauf  den  grafen  durch  ihre  magd  zu  sich  ent- 
bieten und  fährt  in  ihrer  rede  fort: 

Ach,  ach,  da  kumpt  der  grafe  frum. 
Wie  will  ich  die  sach  doch  greiffen  an? 
Ich  forcht,  er  werd  mirs  für  Übel  han. 
Nun  wolan,  es  muss  eben  sein.  — 
Seit  mir  gott  wilkum,  herre  mein! 
fBiija]         Sitzt  zu  mir  nider,  o  edler  herr! 

Graff. 

Gnädigste  fraw,  was  ist  ewr  beger? 

K  6  n  i  g  i  n. 

Ihr  wist,  o  edler  herre  mein, 
Wie  blod  wir  armen  frewlin  sein, 
Das  uns  die  lieb  bald  überwindt, 
Vorab  so  dmann  ferr  von  uns  sindt. 
Dieweil  ich  aber  binn  jung  und  zart 
Und  nicht  erzogen  nach  grober  art, 
Auch  nicht  von  hartem  eysen  binn, 
Desgleich  nicht  hab  ein  steinen  sinn, 
Sonder  ein  schwaches  weiblein  schon, 
Das  die  liebe  dringt  on  underlohn 
Zü  euch,  o  edler  herre  gross, 
Darinn  mir  geben  kan  kein  moss, 


V, 


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II.  Bibliographie. 


XXXV 


Sonder,  wa  ich  euch  nicht  kan  erwerben, 

Vor  laid  so  mflss  ich  warlich  sterben. 

Was  habt  ihr  dann  für  grosse  ehr 

Erlanget  doch,  o  edler  herr, 

Wann  ihr  schon  mich,  ein  blödes  weib, 

Uinb  liebhabens  willen  bracht  umb  mein  leib? 

Fürwar  kein  waiss  ich  überal. 

Darumb  bedenckend  euch  gar  wol 

Und  theylent  mir  mit  ewer  lieb, 

Die  mich  warlich  gar  hefftig  treibt! 

Graf  f. 

0  gnadigste  fraw,  was  sagt  ihr  hie! 
Nicht  understand  euch  solcher  mie 
[Biijb]  Und  ding,  die  ihr  nicht  haben  mocht! 

Dann  wann  ich  euch  an  ehren  schwächt 
Und  sollichs  für  den  konig  kern, 
Ein  grossen  uninüt  er  dar  ab  nem, 
Land  und  leut  ich  meyden  must. 
Noch  dannocht  hett  ich  nicht  gebfist. 
Vor  gott  auch  rechenschafft  must  geben, 
Das  ich  geffirt  ein  sollich  leben 
Und  den  seiner  ehren  hett  beraubt, 
Der  mir  sein  landt  und  leut  vertraut. 
Die  unordenlich  lieb  werfft  von  euch  hin, 
Zn  ewerm  eheman  setzt  den  sinn! 
Gedencken  an  den  höchsten  gott, 
Der  zwey  zusammen  geschaffen  hatt, 
Das  die  ehrlich  sollen  leben, 
Keins  sich  auff  frerabde  wollüst  geben! 
Er  würts  sonst  nicht  ungstraffet  Ion. 
Darnmb  thönt  darvon  abston! 
Das  ist  an  euch  mein  ernstlich  bitt. 

Königin. 

Ach  edler  herr,  verlast  mich  nit! 
Gedenckt,  das  euch  eins  weibes  hertz 
Getragen  hatt  mit  grossem  schmertz ! 
Gedenckent  an  die  weisse  brüst, 
Die  ihr  gesogen  nach  hertzens  lust! 
Todtent  mich  nicht!    Was  hilfft  es  euch, 
Wann  ihr  schon  umbringent  mich 
Mit  ewerm  steinharten  hertz! 

Ach,  ach,  o  weh  des  grossen  schmertz !  [Biiija] 

(Die  konigin  soll  sich  dem  grafen  an  halss  werffen  und  ihn  küssen 
wollen,  aber  der  graff  soll  sich  wehren  unnd  sprechen :) 


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XXXVI 


Einleitung. 


G  r  a  f  f . 

Das  woll  gott  nicht,  dos  solchs  geschach! 

Fürwar  ich  mich  ehe  selbst  er6tech, 

Ehe  das  ich  meinen  frummen  herren 

So  Bchantlich  wolt  berauben  seinr  ehren. 

Schämpt  euch  ins  hertz !    Was  sagt  ihr  noch? 

Nön  gebent  umb  mein  straffe  doch, 

Die  ich  doch  guter  meinung  thfl, 

Und  bleibent  fortan  mit  rhft ! 

Dann  ich  keins  wegs  solchs  thftn  will 

Und  treiben  sollich  teuflels  spil 

Wider  gott  und  alle  rocht 

Und  mich  machen  der  sQnden  kneclit; 

Und  will  mich  che  vieithcylen  lassen 

Und  hencken  auff  alle  vier  Strassen 

Dann  solche  schwere  sünd  begohn. 

Darumb  mogent  ihr  wol  darvon  lohn, 

Oder  ich  würd  in  wenig  tagen 

Solchs  konglicher  majestat  klagen. 

Königin. 

So  binn  ich  von  euch,  schöner  herr, 
Meiner  gethonen  bitt  ungewert, 
Und  ihr  mich  gern  lodten  wolt. 
Fürwar  das  nicht  geschehen  soll, 
Sonder  solche  pein  selbst  must  leiden 
Oder  aber  unser  landt  meiden.  — 
[Biiijb]         Laufft,  laufft,  ihr  lieben  diener  mein! 

Ach  wolt  ihr  mir  nicht  behülflich  sein? 
Kettio,  rettio  vor  dem  bösen  wicht! 
Vil  laidts  mir  von  dem  grafen  gschicht, 
Er  will  mich  meiner  ehren  berauben. 
Secht,  wie  ich  verrissen  mein  schauben 
Zum  zeichen  über  den  bösen  man! 

Montanus  wetteifert  hier  sichtlich  mit  seinem  lamlsmaiine 
Thiebold  Gart,  der  1540  in  seinem  Josephdrama  (II,  2.  5) 
eine  parallelscene  geliefert  hatte;  wörtliche  berührung  mit 
Garts  Sophora-raonolog  (II,  2)  tritt  in  dem  Selbstgespräche 
des  verliebten  Nicerius:  ,0  brinnende  lieb,  o  heisser  flamm, 
o  heisses  fewr,  du  weiblicher  stamm1  (bl.  Cija)  hervor. 

Von  besonderem  werte  endlich  für  die  geschichte  der 
bühneneinrichtung  ist  das  vorwort  ,an  den  leser  und  sonder- 
lich, die  dieses  spil  anzurichten  gesinnet  sind4: 


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II.  Bibliographie. 


XXXVII 


[Aija]  Freuntlicher,  lieber  leser,  inn  disem  spiel  soltu  sehen,  das 
du  jeglicher  parthey  ein  besondere  zelten  machest,  wie  du  fein  ordeu- 
lich  in  dem  spiel  aussgetheylet  finden  würst Und  sol  der  konig  mit 
seinem  sun,  die  ein  stumme  person  sein  würt,  und  den  hauptleuten 
sampt  andern  dienern  geharnischt  Ober  das  gemachet  gerÜBt  oder  ort,  da 
man  dann  das  spiel  halt,  abziehen  und  neben  dem  platz  in  etlich  veldt- 
zelten  sich  legeren.  Der  graff  sol  sein  eigene  zelten  haben,  desgleichen 
die  konigin;  und  da  die  konigin  umb  den  grafen  bült,  sol  ein  feiner 
etöl  gesetzt  sein,  darauf!'  sie  beyde  neben  einander  sitzen.  Darnach 
so  die  diener  des  grafen  zeit  züeylen  unnd  die  niderreissen  wollen, 
sollen  sie  gemach  thfin.  biss  das  sich  der  graff  verkleydet  unnd  mit 
den  kindern  darvon  ist ;  sonst  würde  es  loss  abgehn,  wann  die  diener 
kernen  unnd  der  graff  noch  vorhanden  wer;  sie  sol  auch  eylendts  wider 
auffgericht  werden,  damit  der  gralF,  so  er  sein  red  volendet,  wider 
darein  gehn  möge.  Es  soll  auch  zwischen  jeglichem  theyl  gesungen 
oder  gepfiffen  werden,  welches  dem  spiel  ein  grosse  zierd  gibt.  Des 
marschalcks  snn  sol  auf!'  einem  bettlein  bey  seiner  zelten  ligen,  da- 
mit es  jederman  follkom  [Aijb]menlich  sehe,  wie  du  auch  im  spiel  fein 
ordenlich  sehen  würst  Dem  kuin  fleissig  nach ,  so  bringt  es  dir  ein 
lob.   Leb  wol! 

Das  bühnengerüst  und  die  zelte  der  einzelnen  personen 
werden  auch  in  den  späteren  scenischen  anweisungen  (bl.  A7b. 
Bjb.  B  5a.  B  7a.  B  8a.  Cjb.  C  8b.  Djb)  erwähnt  Bei  pausen 
in  der  handlung  heisst  es  der  vorrede  entsprechend:  ,Mitler 
weil  mag  etwas  gesungen  oder  gepßffen  werden'  (bl.  A  8b.  B8a). 

10.  Spiel  von  Titus  und  Gisippus. 

Von  zweien  Romern,  |  Tito  Quinto  Fuluio  |  vnd 
Giäippo,  |  Ein  newes  luj  stigs,  vnd  sehr  schönes  |  Spiel,  aus  der 
Römer  Croni-  |  ca  gezogen ,  wie  die  so  vnmensch-  |  liehe  grosse  liebe 
zü  einander  gewun-  |  nen ,  das  sich  auch  ye  einer  für  |  den  anderen 
hm  |  tod  gab.  |  Durch  Martinum|  Montanum  in  druck  |  verfer- 
tiget. |  Gedruckt  zu  Strassburg  |  bey  Paulo  MesserBchmidt. 
4' .-'s  bogen  8°  o.  j.  (Berlin  Yp  9541.  Strassburg). 

1)  Noch  genauer  sagt  Zyrl  in  seinem  Josephdrama  (Strassburg 
1572  bl.  Ava):  ,Dise  comedia  hat  siben  scenas  [sonst  hütten]  und  50 
l>ersonen  .  .  .  Die  freyen  personen  sein  [inj  den  scenis  nicht  begriffen.' 

2)  Ebenso  im  spiele  von  Titus  und  Gisippus  bl.  C  iiij  b,  wo  auch 
•ler  .fttummen  personen*  gedacht  wird.  Bei  der  beurteilung  der  unent- 
wickelten dramatischen  technik  unsres  autors  muss  diese  bühnenein- 
richtung  berüchsichtigt  werden. 


XXXVIII 


Einleitung. 


Das  stück  bat  drei  akte,  dazu  sceneneinteilung ,  ist  also 
wohl  später  gedichtet  als  das  spiel  vom  vertriebenen  grafen. 
Den  stoff  entlehnt  Montamis  aus  der  schon  im  Wegkürzer 
cap.  42  (vgl.  dazu  unten  s.  580)  nacherzählten  novelle  Boc- 
caccios (Decameron  10,  8),  obwohl  er  sich  im  titel,  in  der 
vorrede  und  im  beschluss  (bl.  Aiiij  b.  Eiij  b)  ausdrücklich  auf 
eine  ,cronickl  beruft,  und  gruppiert  ihn  so,  dass  der  erste  akt 
die  entsendung  des  jungen  Titus  nach  Athen  und  seine  leiden- 
schaftliche liebe  zur  braut  seines  freundes  schildert,  der  zweite 
die  hochzeit  der  Sophronia,  die  entdeckung  des  an  ihr  ver- 
übten truges  und  die  gerichtsverhandlung  bringt,  während  im 
dritten  das  zusammentreffen  beider  freunde  in  Rom  folgt.  Un- 
verkennbar ist  das  bestreben  des  dichters,  überall  einen  würdigen, 
ernsten  ton  festzuhalten.  Den  narren ,  den  er  wie  im  spiel 
vom  vertriebenen  grafen  (bl.  Bjb)  einmal  einführt,  lässt  er 
nur  die  schlussworte  sprechen,  wenn  er  auch  im  2.  akte  (bl. 
15  8a)  zur  ausfüllung  einer  pause  der  handlung  vorschreibt: 
,Mag  mitler  zeit  etwas  gesungen  oder  von  narren  bosslin  ge- 
macht werden.4  Für  den  rhetorisch  ausgeführten  monolog  des 
liebeskranken  Titus  (bl.  A  8a)  und  für  seine  lange  Verteidi- 
gungsrede vor  den  athenischen  richtern  (bl.  C  6a)  bot  ihm  zwar 
Boccaccio  ein  vorbild;  dagegen  ist  die  pathetische  klage  der 
betrogenen  Sophronia  (bl.  Ciija),  welche  ganz  wie  Garts  So- 
phora  die  figur  der  anaphora  ausnutzt,  sein  eigenes  werk: 

Acb,  ach,  o  weh  des  jamers  gross! 

Mein  hertz  ist  bschwert  Ober  die  moss. 

0  weh,  o  weh  der  verrhaterey ! 

Wie  hand  sie  es  doch  verquant  so  frey, 

Das  ich  es  nicht  gemercket  habl 

O  todt,  für  mich  hien  in  das  grab! 

Vil  weger  ist  mir  hio  zu  sterben 

Dann  in  so  grossem  unmftt  verderben. 

0  Gisippe,  Gisippe,  du  trewloser  man, 

Wie  hastu  mir  solch  schmach  gethan ! 

Ich  sag  dir  zft,  das  solche  schmach 

Über  dich  würt  ewig  schreyen  räch. 

0  Tite,  Tite,  das  steht  nicht  wol, 

Das  ich  dir  verborgen  [1.  verborgt]  werden  soll. 

Mein  glirapff  und  ehr  hast  mir  gestolcn, 

Das  red  ich  hie  gantz  unverholen. 


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II.  Bibliographie. 

über  dich  klag  ich  doch  nicht  so  fast 
Als  Ober  Gisippum,  den  argon  gast, 
Der  mich  dir  heimlich  geben  hatt; 
0  immer  und  ewig  ist  es  ein  spott. 
Athen,  Athen,  ihr  burger  darinn, 
Nun  lauffet  all  zö  mir  herin, 
Secht  an,  secht  an  den  jamer  gross, 
Der  mir  begegnet  über  die  moss! 
Rechet  mich,  ich  euch  sehr  bitt. 
Damit  doch  bleib  ungstraffet  nit 
Solch  grosses  laster  und  laurenstück! 
0  weh,  o  weh  der  grossen  duck! 
Gisippe,  Qisippe,  ich  sag  dir  zß, 
Das  ich  fürthien  nicht  habe  rhu, 
Biss  ich  mich  an  dir  gerochen  sich. 
Darnach  ich  mich  erst  selig  sprich, 
Wann  ich  dein  gantzes  gschlecht  sich  todt 
Und  Qber  euch  all  geht  gross  spott, 
Das  du  an  mir  verdienet  host. 
Verflacht  seyest,  da  mich  angetast 
Und  an  mich  thetest  werben! 
In  jamer  und  ellendt  müssest  sterben, 
Du  keinnQtziger  zernichter  man! 
Yetz  will  ich  zS  mein  freunden  gahn, 
Dein  bossheit  ihn  eroffnen  baldt, 
Sie  bitten  mit  drahern  manigfalt, 
Das  sie  es  nicht  ungerochen  lohn. 

In  Wickrams  weise  malt  Montanus  die  fOrsorge  frommer 

eitern  für  ihre  kinder  aas.   Salbungsvoll  vermahnt  der  alte 

Fulvius  den  in  die  ferne  ziehenden  söhn,  worauf  dieser  etwas 

altklug  und  mit  einem  im  16.  jahrhundert  nicht  auffälligen 

anachronismus  erwidert,  er  gedenke  sich  nicht  so  zu  halten 

wie  der  verlorene  söhn ,  den  Lucas  am  15.  kapitel  beschrieben 

(bl.  A  6a) ;  und  Sophronias  mutter  giebt  den  neuvermählten 

christliche  lehren  mit  (bl.  B  6a) : 

Predig  hört,  welchs  gott  sunderlich  liebt, 

Kirchen  diener  halten  in  ehrn, 

So  wirt  euch  gott  gross  glück  beschern. 

Die  summe  der  handlung  zieht  der  epilogierende  herold, 
indem  er  einen  feierlichen  preis  der  freundschaft  anhebt  (bl.  Eiijb) : 

0  heilig  freund  schafft  wohlgethon, 
Billich  tregstu  der  ehren  ein  cron. 
Du  bist  ein  rechte  niüter  der  ehrn ; 


XXXIX 


[Ciijb] 


XL 


Einleitung. 


Den,  so  dich  lieben,  thöst  glück  beschern. 
[E4aj  Du  tödtlicher  fcind  des  neida  und  hass», 

Du  gäbest  Tito,  so  im  am  liebsten  wass ; 
Gib  uns  dein  milte  brüst  zfi  saugen, 
Das  aller  unwill  bey  uns  faulen. 
Die  rechte  lieb  bald  wachs  herfur! 
Des  wöln  wir  immer  dancken  dir. 

Es  erübrigt  mir  beim  abscblusse  dieser  ausgäbe,  die  ein 
jähr  vor  dem  ursprünglich  in  aussieht  genommenen  termine 
erscheint  und  deshalb  in  den  beigaben  und  der  einleitung 
knapper  gefasst  werden  musste ,  allen  den  herren  herzlichen 
dank  zu  sagen ,  die  mich  durch  auskunft  und  beihilfe  gütig 
unterstützt  haben.  Neben  vielen  bibliotheks vorständen  sind  es 
namentlich:  dr.  Robert  Arnold- Wien,  dr.  Karl  Biltz-Gross- 
lichterfelde,  professor  dr.  A.  Brandl-Berlin,  buchhändier  Albert 
Cohn-Berlin ,  professor  dr.  üermann  Fischer-Tübingen ,  pro- 
fessor dr.  E.  Goetze-Dresden,  dr.  p.  B.  Gründl- Augsburg,  dr. 
L.  Kellner- Wien,  rektor  dr.  d.  Leistle-Dillingen,  professor  dr. 
E.  Martin-Strassburg,  studienlehrer  M.  Radlkofer- Augsburg, 
professor  dr.  C.  v.  Reinhardstöttner- München,  f  pfarrer  G.  Rein- 
wald-Lindau, dr.  Karl  Schorbach -Strassburg ,  professor  dr.  C. 
Wendeler-Steglitz,  professor  dr.  W.  Wiegand-Strassburg,  stadt- 
archivar  dr.  0.  Winckelmann-Strassburg,  archivrat  dr.  P.  Witt- 
mann-München. Nicht  eingesehen  habe  ich  die  in  Strassburg 
aufbewahrten  vorarbeiten  von  Franz  Lichtenstein  (f  1884)  und 
Johannes  Crüger  (f  1889)  zu  einem  neudrucke  der  schwank- 
bticher  des  Montanus,  weil  sie  nach  gütiger  mitteilung  von 
herrn  professor  Martin  nur  in  abschriften  der  auch  von  mir 
benutzten  drucke  bestehen  und  z.  b.  von  der  Gartengesell- 
schaft nur  das  defekte  Berliner  exemplar  verwerten  l.  In 
einigen  fallen  habe  ich  die  stoffvergleichenden  anmerkungen 
aus  den  hinterlasseuen  papieren  Reinhold  Köhlers  (f  1892) 
bereichern  können. 

Berlin,  den  3.  januar  1899. 

Johannes  Bolte. 

* 

1)  Lichtenstein  hat  schon  1883  in  seinem  neudrucke  von  Lindcners 
Ka.stbQchlein  8.  37—49  zu  den  aus  dein  Decameron  (IX,  6.  VIII,  8.  V J II,  2) 
entlehnten  novellen  einige  Varianten  :iub  Montanus'  üartengesellschaft 
cap.  86,  59,  102  verzeichnet. 


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1 


Wegkür  tzer. 

Ein  sehr  schön  lu- 
stig vnd  ausz  dermassen  kurtz- 

weilig  Büchlin,  der  Wegktirtzer  ge- 
nant, darinn  vil  schöner  lustiger  vnd  kurtz-  5 
weyliger  Hystorien,  in  Garten,  Zechen,  vnnd  auff 
dem  Feld,  sehr  lustig  zu  lesen,  geschriben, 
vnd  newlich  zusamen  gesetzt. 

Durch  Martinum  Montanum 

von  Straßburg.  10 


Derselbe  Holzschnitt  wie 
in  Valentin  Schumanns 
Nachtbüchlein  ed.  Bolte 
1893  s.  1. 


5  naftt  C  6  vnd  C  7  zulesen  C  geschriben,  vnd  CD 
8  vnd  fehlt  CD  neülich  C  gesetzt:  C  9  <i  Durch  C  Zeile  2, 
3,  9  und  10  sind  in  BCD  rot  gedruckt.  Ueber  den  titel  von  K  vgl. 
die  einleitung. 

1 


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Wegkürzer,  widmung. 


3 


[Aija]  Dem  wolgebornen  edlen  gestrengen  her- 
ren,  heim  Jacob  Herbroten,  römischer  kayserlicher 
mayestet  rath  unnd  churfürstlicher  pfaltzgrävischer 
goaden  Statthalter  zu  Laugingen,  meinem  gnedigen 
herrn.  ö 


Wolgebonier  edler  gestrenger  herr,  ewer  gnaden  seyen 
mein  underthenig  gehorsam  willig  dienst  allzeyt  züvoran  be- 
reyt. 

Gnädiger  Herr,  demnach  wir  vil  herrlicher  exempel  ha- 
ben, wie  so  ein  schon  lustig,  herrlich  unnd  auch  zierlich  ding  10 
sey  umb  ein  menschen,  der  in  guten  kunsten  erfaren  ist,  wie 
sie  dann  dasselbig  mit  sich  selbst  bringen  unnd  leüchtlich  der, 
so  sich  daran  ff  gibet,  verston  mag,  wiewol  aber  solliches  der 
gemein  pöfel  für  schlecht  unnd  gering  schä-[Aijb]tzet ,  so  ist 
doch  solches  die  höchste  kunst,  die  auff  diser  erden  mag  ge-  15 
funden  oder  ye  erdacht  hett  mögen  werden ,  unnd  von  ersten 
für  ein  gwaltig  herrlich  ding  gehalten  worden,  wann  einer 
schreyben  und  lesen  künden,  also  das  man  denselbigen  für  vil 
andere  geehrt  unnd  herfür  zogen  hat,  nun  aber  so  gemain 
worden  ist,  das  schier  kein  baursman  ist,  er  will  sein  son  20 
studieren  lassen,  unnd  doch  wenig  seind,  die  ihre  kinder  gar 
dabin  verlegen,  sonder,  wann  es  am  besten  ist,  sie  darvon  an 
andere  arbeyt  nemen,  welches  etwann  den  unverstendigen  jun- 

* 

2  Jacobo  C  R&.  Kd.  May.  C  4  gne-  gen  B  7  bereit  C 
9GnedigerC  13  verstob n  C  solch s  CD  16  vonn  C  18  unnd  CD 
kündten  C      19  andere  B      gemein  CD      23  arbeit  C 

1* 


4 


Martin  Montanus, 


gen  gleich  lieb  unnd  ein  wolgefallen  ist;  dieweyl  aber  auch 
mancher  ist,  der  sich  des  studierens  gar  züvil  übernimpt,  also 
das  er  darvon  etwan  inn  kranckheyt  falt  und  sich  toll  stu- 
dieret (inn  ansehung  das  er  nichts  hat ,  damit  er  die  weyl 

5  kürtzet,  unnd  ob  schon  einer  mit  guten  gesellen  spatzieren 
geht  und  nichts  kurtzweiligs  weißt  herfür  ziehen,  ist  ime  die 
weyl  lang,  unnd  nicht  anders  dann  wie  ein  junges  kindlein 
daher  zeücht),  habe  ich  dises  bftchlein,  wiewol  als  ein  unver- 
stendiger  unnd  unwürdiger  [Aiija]  sollicher  lieblichen  stücklin 

10  zuschreyben ,  inn  truck  geben  lassen ,  darinn  sich  die  jungen 
gesellen  züersehen  haben,  unnd  nicht  allein  die  jungen  gesel- 
len ,  sonder  auch  den  mannen  unnd  allen  weybspersonen  zü 
gütem  fürgeschriben  ist. 

Unnd  wiewol  diser  schöner  bfichlin  hievor  vil  geschriben 

15  sind,  als  nemblich  Schimpft"  und  ernst,  die  Garten  gesellschafflt, 
der  Rollwagen  unnd  andere  vil  kurtzweylige  historien  mehr, 
denen  diß  mein  büchlin  vil  zü  gering  ist,  so  seind  doch  die- 
selbigen  alle  durchlesen,  unnd  yederman  fast  wol  unnd  gnüg 
derselbigen  verstendiget  ist,  also  das,  wann  einer  schon  ein 

au  historien,  so  inn  disen  vorgenanten  bfichlin  geschriben  ist,  er- 
zelen  will,  so  weißt  man  ihren  schon  vorhin  unnd  derselbigen 
verdrüssig  zu  hören,  gleich  wie  man  einer  speyß,  so  man  tag- 
lichs  i8set,  mfid  zuessen  wurdet. 

Derhalben  hab  ich  diß  buchlein  lassen  in  truck  geben, 

25  welches  meines  erachtens  keinem,  so  es  lesen  wurd,  schedlich 
sein  wirt,  sonder  villeicht  etwann  darinn  finden,  darffir  er 
nicht  groß  neme,  unnd  solches  ewer  gnaden  als  meinem  gne- 
digen  herren  dediciert  unnd  zügeschriben  ;  [Aiijb]  bitt  deßhal- 
ben  ewer  gnaden  gantz  underthenigklich ,  sie  wolle  dise  fa- 

aocetias  inn  genaden  von  mir  auffnemen  unnd  dieselbig  als  für 
ein  thewr  geschenck  von  einem  armen,  der  nicht  mehr  ver- 
mag, mit  geneigtem  hertzen  empfahen.    Dann  welcher  gibt, 

3  etwann  in  C;  etwan  in  D  kranckheit  fallet  unnd  C  5  spa- 
cieren  CD  7  dieweil  C  und  CD  8  hab  CD  bflchlin  CD 
10  zuschreiben  CD  11  gsellen  CD  zöversehen  C  gsellen  C 
15  aeindt  nemlich  C  unnd  C  17  aeindt  C  20  in  CD  21 
iren  CD  23  mfidt  C  24  bfichlin  CD  inn  C  26  wirdt  C 
etwan  CD    27  nit  C    30  gnaden  C    31  theür  C    32  geneygtem  CD 


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Wegkürzer,  vorwort 


5 


was  er  vermag,  derselbige  soll  nicht  weyter  getriben  werden. 

Also  thete  auch  ein  götter  poet,  der  einem  fürsten  etliche 
carmina  machet  der  meynung,  er  solte  ein  geschencke  vom 
fQrsten  erlangen ;  aber  der  fürst,  so  ungetrew  unnd  auch  ein 
poet  wäre ,  wider  etliche  carmina  schrybe  unnd  die  dem  ar-  o 
men  poetlin  zu  schicket;  welche  der  güt  gesell  mit  gebären- 
der reveren tz  empfieng,  wol  verstünde,  warauff  der  fürst  das 
gethan  hette,  nemlich  das  er  papir  mit  papir  bezalen  wolte 
und  das  er  da  nichts  gewarten  dorffte,  drey  haller,  so  er  noch 
hatt,  dem  fürsten  in  ein  papirlin  wicklet  und  darein  schreybe:  10 
,Non  plus  habeo,  non  plus  dabo4  unnd  solches  dem  fürsten 
zuschicket,  damit  den  fürsten  seiner  geytzigkeyt  stach  etc. 

Thü  mich  hiemit  ewer  gnaden  in  underthenigkeyt  be- 
velhen,  dann  derselben  zu  die-[Aiiija]nen  bin  ich  allzeit  willig 
und  geneigt.  15 

Datum  Dillingen  am  tag  Martini  anno  57. 

Ewer  gnaden  undertheniger  gehorsamer 

Martinus  Montanus 
von  Strafiburg. 


An  den  leser.  20 

Freündtlicher  und  lieber  leser, 
Dergleichen  auch  du  zuhorer, 
Der  du  lust  tragest  zü  kurtzweil, 
Darneben  frewd  begerest  vil, 

Es  sey  in  zechen  eim  und  andern  25 
Oder  ob  du  über  feld  wilt  wandern, 
Kauft'  difi  böchlin,  zulesen  lustig, 
Ist  darzü  den  jungen  sehr  nutzlich; 

1  derselbig  CD  weitter  CD  2  guter  C  3  meinung  CD  5 
acbribe  CD  6  zu  B  9  unnd  CD  heller  C  10  wicklet,  darein 
CD  achribe  C  12  geytzigkeit  C  15  unnd  C  16  Dilingen  D 
anno  etc.  CD  21  und]  fehlt  E  22  du]  fehlt  E  23  tregat  E 
24  freuden  E  Auf  24  folgen  in  E:  Es  sey  in  feld,  heusern  und  gar- 
ten, Deßgleich  wo  du  bist  bey  geferten,      20  im  E      27  So  kauff  E 


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ß  Martin  Montanus, 

Dann  vil  historien  drinn  seind  bschribeu, 
Welche  dir  ohn  zweyffel  werden  lieben, 
[Aiiijb]      So  du  dieselbigen  lesen  thüst. 

Aber  darneben  gedencken  inftst, 

5  Warumb  sie  hieher  seind  gesetzt. 

Und  ob  du  wurdest  schon  verletzt, 
Dich  in  dem  sack  und  orth  fende, 
Drumb  das  büchlein  nit  thü  sehende, 
Gedenck,  nit  allein  deinthalb  gmaebt, 

10  Sonder  kurtzweyl  zhaben  erdacht. 

So  ists  auch  nicht  gar  anß  der  weiß 
(Dann  ich  als  hieher  gsetzt  mit  fleiß) 
Oder  weit  neben  der  warheit  gschriben ; 
Drumb  bitt  ich,  wöllets  lassen  bleyben. 

15  So  du  aber  mit  fleiß  lesen  wilt 

Die  historien,  so  hieher  gstelt, 
Wirst  befinden  bald  und  gar  frey, 
Ob  dir  das  büch  nicht  nützlich  sey, 
Ja  wirsts  loben  und  schetzen  wolgethon, 

20  Das  ich  ein  solch  arbeit  für  dhand  hon  gnon. 

Hör,  junger  gsell,  merck  mich  noch  eins! 
Ich  will  dir  sagen  noch  ein  kleins 
Von  einer  histori  wol  gethon, 
Am  130.  blat  wirts  irn  anfang  hon 

25  Unnd  macht  disem  büch  ein  endt, 

Historia  Gisippi  et  Titi  wirts  genennt. 
[Ava]        0  wie  ein  schön  histori  außerlesen! 

Ich  habs  warlich  nit  künden  vergessen, 
Sonder  in  diß  büch  müssen  flecken, 

90  Darbey  die  jungen  gsellen  mercken, 

1  sind  E  6  dich  schon  etwan  eine  E  7  dem  rechten  sack  E 
9  nicht  allein  von  deint  wegen  gemacht  E  10  zQ  haben  E  1 1  ist 
es  E  U  Darumb  E  wollest«  E  16  gestellt  E  17  Wirst  da  E 
18  buchlin  nit  E  19  Ja  du  E  20  solche  arbeyt  förhanden  hab  E 
24  An  irem  blat  findsts  geschriben  ston  E  25  buchlin  E  26  Qi- 
sipi  G  D  histori  Titi  unnd  Qisippi  wirdt  sie  genennt  E  27  schöne 
E  28  hab  ir  warlich  nicht  können  E  29  buchlin  müssen  flicken  E 
30  gsellen  sollen  E 


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Wegkürzer,  vorwort. 


7 


Was  recht  lieb  und  freündtschafft  sey; 
Das  saget  dise  histori  frey. 
Gisippus  von  Athen  nam  ein  weib, 
Die  ward  gefallen  Titi  leib, 

Tag  und  nacht  ward  er  betrachten,  •> 
Wie  er  sie  zö  eim  weib  niöcht  haben. 
Aber  solchs  nit  mfiglich  wär  gedencken; 
Darurab  in  die  lieb  sehr  thet  krencken, 
Also  das  er  sich  leget  z  beth, 
Nichts  dann  jämmerliches  klagen  thet,  l< 
Den  bittern  todt  gar  offt  begert, 
Wart,  wann  er  diß  wurd  gewert; 
Dann  er  vil  lieber  todt  wer  gwesen 
Weder  füren  ein  solchs  harte  leben. 
Als  solches  Gisippus,  Titi  freünd,  sähe,  1: 
In  grossen  unmäth  er  da  fiele, 
Da  er  sein  gsellen  sah  kranck  ligen, 
Brüderlichen  ine  thet  fragen, 
Was  d  ursach  seiner  kranckheyt  were. 
Titus  im  die  erzelet  gare  Ä 
Mit  grosser  schäm  und  grossem  schmertzen. 
[Avb]        Ein  solches  ime  gieng  zü  hertzen, 

Daß  sein  gsell  umb  solches  war  kranck 

Und  das  vor  im  verborgen  het  langk. 

Zichtigklich  in  darumb  straffet,  25 

Das  er  solchs  so  lang  het  gm  aaset 

Und  im  nicht  lengest  kund  gethon, 

Und  tröstet  ine  mit  worten  schon, 

♦ 

2  gagt  dir  £  3  Wie  Gisippus  E  5  Er  tracht  mit  sinnen  und 
geberden  E  6  Wie  sie  im  E  haben]  werden  E  7  wer  ward 
gedencken  E  8  thete  E  9  legete  G ;  legt  zö  E  10  jämmer- 
lich« CE  12  Wartet,  wenn  E  13  Viel  lieber  sich  dem  tod  erge- 
ben E  14  Weder]  Dann  E  solch  hartes  E  15  Als  solchs  CD; 
Also  das  E  sah  E  16  Gar  wind  und  weh  im  da  geschah  E  17 
kranck  zti  beth  E  18  In  brüderlichen  fragen  thet  E  19  die  ursach 
E  war  E  20  gar  E  21  Mir  C  22  gienge  im  E  23  Das  CE 
gesell  umb  solchs  E  24  hett  so  E  25  Zftchtiglichen  E  26 
gemasaet  E      27  langest  E      28  in  E 


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8 


Martin  Montanus, 


Und  das  er  sich  selbst  solt  trösten, 

Er  wölt  in  bald  in  frewden  setzen 

Und  des,  das  er  begeren  ist, 

Geweren  gar  in  kurtzer  frist. 
5  Damit  ich  aber  d  sach  z  ende  bring, 

Die  hochzeyt  Gisippus  anfieng. 

Als  man  sich  zü  nacht  schlaffen  legt, 

Gisippus  sich  zü  Tito  fügt, 

In  zü  der  junckfraw  z  gon  ermant, 
10  Weichs  Titum  sein  daucht  ein  schand. 

Doch  sich  von  der  lieb  überwunden, 

Derhalben  er  zun  selben  stunden 

Sich  fügt  zu  der  junckfraw  beth, 

Sich  an  Gisippi  statt  legt, 
15  Mit  ir  der  ersten  lieb  inn  pßag. 

Dasselbig  trib  er  manchen  tag, 

Biß  das  Titi  vatter  starb  z  Koni, 

Da  wolt  der  schertz  erst  recht  angohn. 
[Avja]        Der  jungen  frawen  z  wissen  thet, 
20  Wie  sie  Titus  und  nit  Gisippus  bschlaffen  het, 

Welches  der  gütten  frawen  weh  tbat, 

Das  sie  also  betrogen  ward, 

Solches  ihren  freünden  klaget. 

Gisippus  von  in  ward  beschicket, 
25  Des  gesprechs  so  gar  vertreyben, 

Das  ich  es  hie  will  lassen  bleiben. 
Welcher  das  begert  zü  wissen, 

Der  mag  das  büchlin  gar  durch  lesen; 

Es  will  zu  erzelen  sein  unnot, 
:»  Diewevl  es  vor  geschriben  stoht. 

1  Sprach:  Du  solt  alles  trawren  hinsetzen  K  —  Dann  ich  wil 
Dich  mit  freud  ersetzen  E  3  denken,  so  du  bgeren  bist  E  4  gar] 
das  C  5  die  sach  zum  E  9  zu  gehen  E  11  lieb  sah  E  12 
Derhalb  er  zu  den  E  13  fiegt  C  jungfrawen  E  14  ßtatt]  beth 
bald  E  15  liebin  C  17  das]  fehlt  E  zü  E  19  ziiwissen  E 
20  beschlatten  E  21  Weichs  CE  25  ward  so  vil  gar  getrieben  E 
26  es]  fehlt  E  28  maga  buchlin  durchlesen  geflissen  E  29  hie  zü 
erzelen  unnot  E        30  stot  C;  stat  E 


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Wegkürzer,  cap.  1. 


9 


Andre  zü  erkleren  unnot  ist 
Furnemlich  von  der  frawen  list, 
Deren  gar  vil  hie  gschriben  sindt; 
Im  bücblin  irs  als  samen  findt. 
Darumb  wollest  mich  lesen  wol,  ■> 
Billich  du  darumb  dancken  solt. 


1. 

[A6b]  Wie  ein  junger  gesell  eines  hirten  tochter  be- 
schlafft  mit  verheyssung,  so  sie  es  drey  tag  ver- 
schweige ,  wölle  er  sie  zu  der  kirchen  füren ,  aber  i0 

hernach  ein  auder  name. 

Es  ist  in  einem  dorff  ein  reicher  baur  gesessen  ;  derselbig 
under  andern  seinen  kindern  ein  son  het,  der  nach  bäwrischer 
art  ein  feiner  gerader  gesell  was.  Nun  het  der  hirt  im  dorff 
ein  schöne  tochter,  gegen  der  des  bawren  son  in  liebe  ent-  15 
zflndt,  stats  gedacht,  wie  er  doch  die  junckfraw  zu  seinem 
willen  bringen  möcht.  Aber  wol  gedacht,  solchs  nit,  dann  er 
neme  sie  zu  der  ehe,  geschehen  künde,  von  des  wegen  er  in 
grossem  unmüth  stände. 

Doch  einest  sich  zu  der  junckfrawen,  die  ine  nit  minder  20 
lieb  hett,  fieget,  sie  batte,  sei-[7a|nes  willen  zü  pflegen,  und 
wo  sie  solches  drey  tag  verschwig,  wolt  er  sie  zü  der  ehe 
nemen.  Die  güt  dierne,  als  sie  horte,  das  sie  des  bauren  son 
wolt  zur  ehe  uemen,  sich  bald  bsunnen  hat  und  dem  jungen 
seins  willens  zu  pflegen  (die  sich  one  das  nicht  fast  bitten  dorfft  25 

* 

1  zuerklern  von  CD;  zerklaren  K  2  frawen]  weiber  E  3  ge- 
schahen CE  4  ere  E  alls  CD  6  Billich  es  dir  drumb  dancken 
sol  E  soll  C  8  beschlefft  E  10  zü  kirchen  CDE  11  andere 
CE  12  ist]  was  E  13  unter  E  einen  E  16  stetiga  E  18 
köndte  CE  19  stund  E  20  in  E  21  fugt  E  seins  E  23 
dirn  E  bort  E  24  zu  der  E  besunnen  E  25  pflegen  E 
on  das  nit  E 


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10 


Martin  Montanus, 


lassen)  zusagte,  doch  das  er  ir  das  versprechen  hielte.  Der 
güt  jung  war  diser  antwort  auß  der  niassen  fro,  wol  gedacht, 
sie  es  nicht  lang  verschweigen  ward.  (Wie  dann  der  nieidlin 
gewonheit  ist,  wann  sie  zu  einander  kommen,  fragt  ye  eine  die 

ö  ander:  ,Wenn  ist  dein  bül  bey  dir  gewesen?4  —  ,Ey,  wenn  ist 
deiner  bey  dir  geweßt?1  So  bekennen  sie  dann  einander  und 
mögen  ir  eygen  schand  nit  verschweigen.) 

Nun  als  der  stoltz  knab  sein  kurtzweyl  die  gantz  nacht 
bey  [7b]  der  dierne  gehabt  und  morgens  der  hirt  außtreyben 

lowolt,  die  tochter  fein  stillschweigen t  von  dem  jungen ,  der 
von  mude  wegen  der  arbeit,  so  er  die  gantze  nacht  gehabt, 
entschlaffen,  auffstund,  zu  der  mötter  gieng,  bat  sie,  sie  wolt 
dem  vatter  helffen  aufitreiben;  dann  des  meyers  son  bey  ir 
lege  unnd  het  ihr  verbeissen,  wann  sie  es  drey  tag  verschwig, 

iö  wolt  er  sie  zu  der  ehe  behalten.  Der  jung,  der  schon  erwacht 
war,  der  tochter  unnd  mötter  reden  wol  vernommen  hette,  zü 
im  selbst  sprach:  ,Das  wirdt  gut  werden;  ich  hab  schon  ge- 
wunnen  unnd  dise  nacht  vergebens  güt  leben  gehabt.4  Er 
wider  thet,  samb  er  schlieffe,  und  wartet,   wann  die  tochter 

20  wider  kommen  wolte. 

Als  nun  die  tochter  ir  geschefft  mit  der  mütter  [8a]  auß- 
gericht,  sich  auffs  stillest  wider  zum  beth  fugte,  nider  leget, 
nit  änderst  vermeint,  dann  der  jung  schlieffe  noch  stats.  Der 
jung,  als  der  wol  gehört  und  vernommen  ,  das  die  junckfraw 

&  wider  zü  im  kommen,  nicht  änderst  thete,  als  ob  er  vom  schlaff 
erwachte ,  sich  gegen  der  junckfrawen  keret ,  sein  armbrost 
spannet  und  noch  zu  etlichen  malen  abschösse,  darnach  auff- 
stunde,  heim  zü  hauß  gieng  ,  sich  offtermals  bey  der  jung- 
frawen  fand  und  beyder  willen  ein  genügen  thete. 

ao        Nun  begab  es  sich,  das  der  baur,  deß  jungen  vatter,  von 

der  freiindschaft  gebeten  warde,  dem  jungen  ein  weih  zugeben, 

welchs  auch  alsbald  geschach.    Und  der  jung,  der  vor  ofter- 

mals  bey  deß  hirten  tochter  gewesen,  mit  ir  sein  [8b]  willen 

♦ 

1  versprechlich  E  2  was  E  3  nit  E  4  je  CE  6  ge- 
weat  E  7  eigne  E  9  dirnen  E  11  gantz  E  14  leg  E 
verschwiege  E  17  wirt  CDE  19  thet  wider  E  22  sich  nider« 
legt  E  27  armbrust  E  28  auffstund  E  29  gnogen  thet  E 
32  geschähe  E 


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Wegkürzer,  cap.  1. 


11 


gepflegt,  (von  deß  wegen  er  sie  auch  nit  eelichen  wolt;  dann 
er  vermeint,  sie  einem  jegklichen  zu  willen  wie  im  worden 
were  und  er  ein  bösen  kauff  thet)  mit  eines  andern  bauren 
tocbter  sich  verbeyrate. 

Als  nun  der  tag  der  hochzeyt  vorhanden  wäre,  unnd  der  ö 
jung  mit  seiner  newen  braut  für  die  kirchen  trat  wartende, 
wann  man  in  wolt  einsegnen,  tratte  des  hirten  tochter  herzu, 
begeret ,  er  solt  ir  das  versprechen  leysten ,  wolt  ime  nicht 
zulassen,  mit  der  newen  braut  einzusegnen.  Und  nach  langem 
balgen  und  hadern  letstlich  sovil  zwischen  der  freündtschafft  10 
zu  beyder  seyt  gehandelt,  das  er  defi  hirten  tochter  für  ihr 
junckfrawschafft  ein  abtrag  thun  solte. 

Als  nun  der  kirchgang  ver- [9a] bracht ,  die  malzeit,  der 
tantz  und  andere  gebreüch  den  tag  außgericht  waren  und  beide 
newe  eeleüt  schlaffen  gefärt  wurden,  die  braut  iren  breütigam  15 
fraget,  was  doch  den  morgen  vor  der  kirchen  für  ein  geschrey 
und  tummel  gewesen  were.  Darauff  ir  der  göte  gesell  als  bald 
antwortet  unnd  erzelt  ir  alle  ding,  was  sich  seinethalben  und 
defi  hirten  tochter  zugetragen  hette.  Die  braut  unbedachtlich 
herauß  füre  und  lachent  sprach:  ,Ey,  wie  ist  das  so  ein  tho-  20 
recht  mensch,  das  sie  es  nit  verschweigen  hat  künden  !  Sihe, 
meines  vatters  knecht  der  ist  wol  zwey  jar  alle  nacht  bey  mir 
geschlaffen,  und  ich  habs  keinem  menschen  nye  gesagt,  auf- 
genommen dir  habe  ichs  jetzt  gesagt4. 

Da  solches  der  breüti-[9bjgam  vername,  gedacht  er  wol,  20 
wie  er  an  ein  stock  gefaren  were  unnd  brot  für  küchen  ge- 
nommen hette,  schwige  still,  im  selbst  gedacht  recht  geschehen 
were,  das  er  die  fromme  tochter,  die  im  allein  zu  willen 
worden,  nicht  gewolt  unnd  eine,  die  vor  lange  zeit  eines  an- 
dern gesellin  gewesen,  erwölt  hette.  ao 

* 

7  wenn  E  8  wolte  ihm  nit  E  10  letz) ich  E  15  breütigam 
CDE  16  vor]  für  E  17  tümmel  CDK  18  erzelet  C  aeint- 
halb  E  19  onbedechtlich  E  20  lachend  CE  21  können  E  22 
der]  fehlt  E  23  hab  es  E  24  yetz  C  2G  wäre  C  27  bey 
im  E      ihm  recht  E      29  gewolt  D      langer  E      80  gesellen  E 


r 

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12 


Martin  Montanus, 


2. 

Wie  eines  rebmanns  frau  sich  gegen  irem  mann 
kranck  stellet  und  nicht  mit  im  essen  wolt. 

Im  Elsaß  in  einem  statlin  ein  armer  rabman  gesessen  was, 

5  welcher  ein  auß  der  massen  schon  weib  gehabt.  Und  wiewol 
er  sonst  nichts  gehabt,  weder  was  er  taglich  mit  [10a]  saurer 
arbeit  überkommen,  hat  sich  doch  sein  fraw  allwegen  dahin 
geschickt,  das  sie  iren  schonen  faißten  balg  behalten,  gott 
geb  ir  mann  hab  zu  beissen  oder  brechen.    Und  wenn  der 

io  mann  am  morgen  in  die  reben  gangen ,  ist  sie  ausgestanden, 
ihr  selbst  das  best  zu  essen  gemacht  unnd  hernacher  dem  mann 
ein  habermüß  oder  sonst  etwas  grober  speiß  zu  essen  bracht, 
aber  sie  in  keinerley  weg  mit  ime  essen  wollen,  sonder  sich 
allweg  außgeredt,  sie  seye  kranck  unnd  mög  nit  essen. 

15  Als  sie  solches  lange  zeit  getriben  ,  hat  den  guten  mann 
wol  wollen  duncken,  sie  nicht  vom  lufft  lebe  und  ihren  faißten 
balg  nit  von  fasten  behielte,  und  betrachten  wardt,  wie  er  doch 
erfaren  mochte,  mit  was  Sachen  die  fraw  umbgieuge.  Unnd 
[10b]  eins  tags  er  frue  auffstönde,  zu  seiner  frawen  sprach,  er 

20  an  sein  arbeyt  gen  wolte,  sie  solte  ime  zu  essen  bringen,  deß 
die  fraw  willig  was.  Der  mann  aber  verschlug  sich  in  ein 
kamer,  darauß  er  wol  sehen  mochte,  was  die  fraw  in  der  kuchen 
thete. 

Unnd  als  es  umb  die  achtend  stund  was,  die  fraw  auß 
25  dem  beth  zohe,  in  die  kuchen  gieng,  bald  ein  fewr  auffmachte, 
darauff  ein  pfann  mit  schnialtz  setzet,  bald  lieff  und  zwolff 
ayr  darein  schlüge,  wie  daun  ir  tagliche  gwonheit  war.  Dem- 
nach ein  massige  kanten  namb,  in  keller  lieff,  ein  weissen 
schlayr  naui,  den  oben  zum  bundten  hinein  stieß  (dann  der 
*)  mann  den  grossen  fessern  die  zapffen  abgeschlagen  het) ,  den 

2  rabmans  C  3  ime  C  4  stetlin  C  9  oder  zu  E  11  sel- 
ber E  zessen  E  12  zessen  E  13  sondern  E  14  alleweg  E 
15  solchs  CDE  16  nit  E  20  gehn  C;  gehen  E  22  kftchen  E 
24  achte  stund,  die  E      26  pfannen  E      satz  und  lief  E 


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Wegkörzer,  cap.  2 


13 


in  die  kandt  außtruckt,  das  als  offt  thet,  bis  die  kaut  [IIa] 
gefult  ward.  Nun  dieweil  die  fraw  also  im  keller  was,  lieffe 
der  mann  auß  der  kamnier,  schlüg  noch  zwolff  ayer  zu  den 
andern  zwölften,  also  das  der  ayer  24  wurden,  und  macht  sich 
von  stundan  wider  in  die  kamer.  » 

In  dem  die  fraw  wider  auß  dem  kaller  kam,  sich  an  die 
ayer  richtet  und  sie  halben  auß  assz,  demnach  ein  guten 
trunck,  doch  sich  wider  an  die  ayer  setzt  und  noch  eins  oder 
zwey  asse.  Als  sie  aber  nicht  mehr  essen  raocht,  fing  sie  an 
mit  ir  selbs  zureden :  ,Bin  ich  kranck  oder  will  ich  kranck  10 
werden  ?  Wie  ist  mir?  Habe  ichs  doch  vor  allweg  mögen 
außessen  !4 

Solch  klagen  sie  ein  gute  weil  trib,  des  der  mann  eben 
war  name,  ihn  zeyt  daucht,  der  frawen  die  ayr  zu  gesegnen. 
Der  frawen  schurtz,  so  in  derselben  kammer  la-[llb]ge,  an  v> 
stat  des  corocks  umbschlug,  ein  guten  aychen  flederwisch  er- 
haschet, hinauf}  zu  der  frawen  tratt  und  sprach:  ,Wolan,  mein 
liebe  fraw,  ich  sihe  wol,  das  du  sehr  kranck  bist  unnd  nicht 
mehr  so  wol  essen  magst  als  vor  unnd  dir  nun  nichts  nehers 
dann  der  todt  vorhanden  ist.    Damit  aber  das  du  nicht  un-  20 
gebeichtet  sterbest,  bin  ich  dir  von  gott  hieher  gesandt,  dich 
beicht  zuhören.4    Mit  dem  den  aychen  bengel  faßt,  sie  auß 
der  massen  übel  schlug  und  zurichtet,  das  sie  mehr  einem 
todten  dann  einem  lebendigen  menschen  gleich  sähe,  sie  ligen 
liesse  und  an  sein  arbeit  gienge.  Doch  sich  zeitlich  wider  zu  £> 
haute  fugt  und  im  selbst  kochte;  dann  er  wol  gedachte,  der 
frawen  halber  denselben  tag  ungessen  sein  müste. 

Nun  ge-[12a]dachte  die  fraw  für  und  für,  wie  sie  doch 
iren  mann  widerumb  mochte  betriegen  unnd  ime  die  grossen 
schmacb,  so  sie  newlich  von  im  entpfangen ,  vergelten,  sich:«) 
gegen  im  fretintlich  erzeiget. 

Eins  tags  sich  begäbe,  das  die  fraw  etlich  ire  nach- 

bäurin  bey  ir  hette  und  guter  ding  waren.    Under  andern 

* 

1  kanten  gefüllt  war  E  2  afeo]  fehlt  E  6  keller  CE  7  hal- 
ber E  16  aychnen  CD  federwisch  K  17  erwischt  E  18  seer  C 
nit  mehr  als  E  20  verbanden  C  21  die  beicht  E  22  aychin 
CD  23  eim  E  24  eim  K  26  kochet  E  29  grosse  E  32  irer 
K  —  nachbeürin  CD 


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14 


Martin  Montanus, 


spilen,  so  sie  theten,  die  fraw  zeit  dauchte  sich  an  dem  mann 
zurechen  ;  anhub  und  sagt :  ,Wir  wollen  verbergens  (also  nennt 
mans  im  ElsäG)  machen1.  Deß  der  mann  wol  zü  friden  was. 
Nun  die  listig  fraw  den  mann  überredt,  das  er  in  ein  melsack 
ü  schluffe.  Der  güt  mann,  als  der  sich  nichts  args  versah,  gar 
wol  content  was;  dann  er  vermeint,  man  wurd  in  nicht  bald 
finden.  Die  fraw  aber,  als  sie  den  mann  im  melsack  [12b] 
sähe,  die  bendel  schnell  zustricket,  bald  lieffe,  da  sie  einen 
guten  bengel  fände,  den  mann  im  sack  nach  dein  besten  tractiert 

w  und  ime  die  schmach,  so  er  ir  darvor  gethon,  widergalte. 

Da  sie  in  aber  gnug  geschlagen  und  ihr  mutlein  wol  an 
im  erkölt  hette,  gedacht  sie  wol,  kern  der  mann  auß  dem  sack, 
er  sie  würgen  wurd.  Ließ  also  den  mann  im  sack  ligen,  lieffe 
zü  dem  Schultheiß  und  klagt  im  alle  ding  vom  anfang  biß  zu 

15  ende,  was  sich  zwischen  inen  begeben  hette,  und  bat  den  Schult- 
heiß umb  gotes  willen,  er  wolte  ir  behülflich  sein,  nach  dem 
mann  schicken  unnd  ime  gebieten,  das  er  ihr  solchen  verdrieß 
nit  rechnete  noch  sie  es  entgelten  Hesse. 

Der  Schultheiß,  welcher  ein  geschwind  listiger  mann  was, 

20  der  Sachen  [13a]  gnüg  lachet,  sein  diener  nach  dem  rebmann 
schicket,  die  ihne  noch  im  sack  verknüpft  funden,  den  sack 
autf losten  und  in  für  den  schultheissen  brachten.  Der  mann, 
als  er  sein  frawen  vor  dem  schultheissen  sähe,  auff  sie  klagt; 
dargegen  ime  die  fraw  an t wort  unnd,  so  best  sie  mocht,  sich 

2ö  beschirmet.  Als  nun  der  Schultheiß  irem  streit  lang  auffge- 
hort,  befalhe  [er]  ihnen  still  zuschweigen,  erstlich  der  frawen 
gebotte,  sich  solches  schleckens  zu  messigen,  darnach  dem 
mann,  das  er  gedechte  und  die  frawen  umb  solches,  so  sie  im 
die  nacht  im  sack  gethon,  weder  schlagn,  stossen  noch  rauffen 

ausolte.    Des  ime  der  rebmann  auch  geloben  müsste;  also  mit 

einander  heim  zogen. 

Nun  gedachte  der  mann,  der  sich  von  der  frawen  be- 

[13b|trogen  sähe,  wie  er  ihr  doch  mochte  zu  kommen  und 

sich  an  der  argen  frauwen  rechen  und  dannoch  des  schult- 

• 

2  dann  also  K  4  Nu  K  5  arges  versähe  E  1  sie]  die  CDE 
10  gethan  E  11  raütlin  CK  12  ime  CD  13  erwürgen  CDE 
14  vonn  CD  zum  E  17  schicket  C  vrrdrieß  B;  widerdrieß  C 
19  listig  CDE      29  schlagn  CD      30  solten  BCD      33  doch  ir  E 


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WegkQrzor,  cap.  2. 


15 


heissen  gebott  nicht  breche.  Und  eins  tags  sich  begäbe,  das 
ir  nachbawr  einer,  so  ein  weib  genommen,  hochzeit  hielt,  darzu 
sie  auch  als  andere  geladen  waren.  Nun  als  man  zu  nacht 
geessen,  fienge  man  an  zu  tantzen.  Und  wie  man  lang  dantzet, 
den  mann  zeit  dauchte  sich  an  seinem  bösen  weib  zurechen;.-, 
sie  nam,  mit  ihr  dantzet  und  im  umbher  dantzen  sich  fuget, 
das  er  zü  der  stiegen ,  so  in  das  undter  hauß  gieng ,  käme. 
Dabei  sein  weib  fasset  und  im  umher  keren  er  sie  die  stiegen 
hinab  warff,  sie  also  für  todt  ligen  Hesse,  heim  zu  hauss 
gienge,  wol  gedacht,  im  solchs  nicht  geschenckt  wurde.  10 

Und  als  die  fraw  [14a]  wider  zu  ir  selbs  kam,  sie  zum 
schul theissen  gieng  und  im  die  sach,  was  sich  die  vergangen 
nacht  zugetragen ,  erzelet.  [Der  schultheiss]  bey  im  selbst 
lachet  und  gedacht,  er  ihr  recht  thon  hette,  doch  sich  gegen 
der  frawen  ernstlich  erzeiget ,  nach  dem  mann  schicket  unnd  15 
ihm  fürhielt,  warumb  er  nit  gehalten,  was  er  im  gebotten 
hette.  Der  maun,  als  er  dem  schultheyssen  seiner  red  wol 
auffgemercket ,  antwortet  unnd  sprach:  ,Herr  Schultheiß,  ir 
gebotten  mir,  ich  solt  sie  nicht  schlagen,  stossen  oder  rauffen. 
Das  hab  ich  fest  gehalten ,  hab  ir  auch  alles ,  was  sie  wider  20 
mich  gethon,  vergessen  und  bin  guter  ding  mit  ir  gewesen, 
hab  auch  die  vergangen  nacht  mit  ihr  gedantzt ;  und  im  umbher 
werflen  ist  sie  mir  auß  dem  arm  gefallen.  [Ub]  Was  kan  ich 
darfür,  das  sie  so  schwar  ist!  Warumb  ist  sie  nicht  daroben 
bliben  ?  Derhalben,  herr  schultheiss,  hof  ich  keiner  straff  wür-  z> 
dig  sein,  sonder  ewere  gebott  unverbrochenlich  gehalten  habe; 
unnd  was  ir  layds  begegnet,  sie  ihr  selbst  gethon  hat1. 

Da  der  schultheiss  des  weingartners  antwort  vernommen, 

wol  zu  müth  was,  das  sich  der  mann  außgeredt  hett  (sonst  er 

verursacht  were  worden  ine  zu  straffen)  ihne  ledig  absolviert.  :» 

Des  ir  die  fraw  besondern  schmertzen  name,  heim  mit  dem 

mann  zöge,  fürhin  wol  mit  einander  lebten.    Dann  sie  wol 

sähe,  das  sie  dem  mann  nichts  mochte  abgewinnen,  so  hette 

* 

3  Nu  E  4  gessen  £  lang  man  C  6  fieget  CD;  fügt  E  7 
ins  E  10  bedacht  E  14  than  E  17  hetten  er]  der  CE 
sein  E  20  was  sie  gethan,  vergeben  E  24  nit  hieoben  E  27  ge- 
than  E  29  das]  fehlt  E  3t  beaundern  E  nam  E  32  forthin 
E      lebeten  E 


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16 


Martin  Montanus, 


sie  auch  wenig  gunst  mehr  bey  dem  richter.  Von  des  wegen 
alles  das  thete,  so  dem  mann  wol  gefiele.  [15aJ. 

3. 

Wie  ein  junger  bawren  knecht  zu  einer  schonen 
:>  junckfrawen  zu  Breysach  in  liebe  entzündt,  sie  aber 
sein  kein  gnad  haben  wolt,  und  wie  es  im  hernach 

ergieng. 

Inn  einem  dorff  nicht  weyt  von  Preysach  ist  ein  baur  ge- 
sessen, welcher  ein  son  gehabt,  der  auff  ein  zeyt,  als  er  zu 

10  Preysach  gewesen,  ein  schone  diernen  ersehen.  Alsbald  sie 
lieb  gewan,  und  ine  gedaucht,  er  doch  sein  lebtag  kein  schöner 
weibfibildt  gesehen  habe;  sich  haim  zü  hauß  fuget,  solches 
seinem  vatter  und  mütter  anzeygt  mit  bitte ,  sie  solten  ihme 
umb  sie  vcrholffen  sein ,  änderst  er  wolte  alles  unrecht  thon, 

iö  das  gott  ye  verbotten  hat.  Seine  eitern  ,  als  sie  solches  ver- 
nommen ,  ihn  umb  solche  sein  thorhait  strafften ,  vermeinten 
[15b]  ine  dardurch  abzuweisen.  Der  jung  alsbald  wider  ant- 
wort  unnd  sagt,  man  horte  in  wol ;  wolte  man  umb  sie  werben, 
wol  gut;  wo  nit,  wolte  er  sehen,  wie  er  sie  überkäme.  Die 

20  eitern ,  als  sie  solch  sein  bestendigkeit  erkanten  und ,  das  er 
nit  abzuweisen  wäre ,  wol  sahen ,  in  trösteten  und  sprachen, 
er  wol  zu  mnt  were;  sie  wolten  sehen,  wie  sie  im  die  jung- 
fraw  zu  wegen  brechten. 

Unnd  von  stundan  der  bawr  sampt  seiner  frauwen  unnd 

25  auch  der  gantzen  freüntschaft  in  die  stat  giengen  ,  nach  der 
junckfranwen  liauü  fragten,  darein  tratten.  Und  nach  dem  sie 
der  junckfrawen  eitern  gefragt ,  was  ir  zu  hauß  kommen  be- 
deut,  fieng  einer  undter  inen  an  und  warbe  dem  jungen  umb 

1  gunstes  E  7  gieng  K  8  eini  E  Breyaach  E  10  dienerin 
BCÜ;  dirne  E  11  in  E  12  habej  hett  E  aolchs  E  13  an- 
gezeigt E  14  beholffen  E  änderet]  oder  E  thfin  E  15  solchs 
E  17  in  E  18  horte  C  wolt  E  19  wolt  E  überkem  E 
20  solche  seine  E  22  er  solte  wol  züuiut  sein  E  zumut  CD  23 
zuwegen  CD      27  bedeute  E 


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■ 


Wegkürxer,  cap.  3.  17 

die  tochter.  Die  eitern,  als  sie  sahen  ei-[16a]nen  solchen  umb 
ir  tochter,  die  von  irer  schöne  und  tugent  wegen  wol  eines 
graven  würdig,  werben,  solches  spotlich  sein  dauchte.  Doch 
dem  jungen  nicht  aufitruckenlich  nein  sprechen  wolten,  son- 
der sagten,  ihre  tochter  were  zu  jung,  ir  ein  mann  zu  geben,  5 
betten  ine  derhalben,  das  er  ine  ihr  abschlagen  nicht  inn  Gbel 
wolte  auffnemen,  unnd  bedanckten  sich  gegen  ime,  das  er  sie 
umb  ir  tochter  vor  andern  hette  angesprochen. 

Wie  solches  der  jung  sähe,  auff  das  selbig  mal  nicht 
weytter  dorfft  ansuchen,  mit  betrübtem  hertzen  zü  hauß  gienge  io 
und  gedencken  ward,  ob  er  die  junckfrawen  mit  gewalt  mocht 
hinfuren.    Doch  solches  ihm  sein  eigen  conscientz  widerriet; 
dann  er  wol  gedacht,  nit  ehrlich  sein  wur-[16b]de  einem  sein 
tochter  wider  ihren  willen  hin  zu  fuhren,  so  möchte  er  auch 
dardnrch  gefangen  und  umb  sein  leben  bracht  werden.  Solchen  15 
seinen  fürsatz  doch  nichts  destominder  seinen  freünden  an- 
zeigt, sie  von  neuwem  bat,  ime  umb  die  jungfrawen  zuhelffen, 
änderst  er  mäste  sterben.    Sich  auch  gleich  zü  bethe  leget, 
nicht  änderst  thete,  als  ob  er  gleich  hinfaren  und  den  geist 
auftgeben  wolte.    Wie  solches  seine  freünde  sahen,  ihne  aber-  20 
mals,  so  best  sie  mochten,  trösteten  mit  verheyssungen,  sie 
wolten  von  newem  im  umb  die  jungfrawen  werben,  er  solt 
allein  auffston  unnd  mit  inen  in  die  stat  ziehen. 

Des  der  juug  wol  zu  raüt  was,  hoffet  (doch  als  vergebens), 
im  solte  die  junckfraw  zu  einem  weib  werden,  auff-[17a]stünd  25 
und  wider  mit  seinen  freünden  zü  der  jungkfrawen  gienge, 
und  von  newem  umb  sie  warben.  Der  tochter  eitern,  als  sie 
sahen,  das  kein  abweisen  an  dem  jungen  helffen  wolte,  der 
jungkfrawen  solches  zu  wissen  theten  unnd  fragten,  ob  sie 
ein  lust  zü  dem  jungen  hette.  Die  jungkfraw  in  grossen  sor-  :» 
gen  stunde,  stats  forcht,  man  wurde  sie  dem  knebel  zü  einem 
weib  geben,  den  eitern  entböte,  sie  gantz  kein  lust  nicht  zü 

* 

3  Doch]  noch  £  4  nit  E  5  ihr  t.  CD  6  bitten  in  E  in  E 
nit  E  7  wolt  E  im  E  9  solchs  E  d Ossel b ige  E  12  con- 
cientz  C  13  nicht  E  wflrd  E  16  desteminder  E  17  im  E 
jungkfraw  E  18  änderet]  oder  E  19  andere  E  20  wolt  E 
freund  E  in  E  22  wölten  E  im]  fehlt  BCD  23  auff- 
»tehen  E      24  alles  E      25  solt  E      eim  E      31  wfird  E 

Muntanui  2 


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18  Martin  Montanus, 

im  bette,  bäte  auch,  sie  ehe  unverheyrat  zulassen  weder  einem 
solchen  groben  holtzlin  zövermehlen.  Die  eitern  dem  jungen 
der  tochter  antwort  wider  zu  wissen  theten  unnd  ine  baten, 
ihrer  tochter  halb  mussig  stehn  und  anderstwo  sich  zuver- 

ö  sehen ;  dann  ir  tochter  kein  mann  nemmen  wolt. 

Da  soI-[l7b]ches  der  gut  jung  sähe,  schnell  von  der  jungk- 
frawen  haufi  den  nechsten  auff  die  Reinbrugken  gieng,  den 
latz  auffthet  und  den  gotsdieb  und  boßwicht  ihm  selbs  herab- 
schnidt  unnd  in  Rein  warffe.    Dardurch  ward  die  junckfraw 

10  sein  ledig,  und  er  begert  furthin  keins  wejbs  mehr. 

4. 

Von  einem  alten  bnler. 

Nicht  lang  vergangen  ist  ein  alter  kerle  der  all  sein  tag 
ein  seltzamer  abentewrer  gewesen  und  sich  mehr  in  würts- 

iö  heüsern,  auff  dem  spilplatz  und  bey  den  schönen  metzlin  we- 
der in  der  kirchen  hat  finden  lassen ,  (und  het  ein  gütter 
schütz  sein  müssen ,  der  in  daheim  ob  der  arbeyt  het  treffen 
wollen)  der  auff  ein  zeyt  zü  einer  gutten  dieren  kommen 
ist  [18a]  und  mit  ir  sein  willen  zupflegen  vermeint.  Nun 

20  weiß  ich  nicht,  was  dem  guten  alten  kempffer  denselben  tag 
begegnet  oder  ob  er  zu  vil  getruncken ,  ie  er  hat  nit  wolen 
auffwachen.  Dessen  er  über  in  zürnet,  hat  den  pupenhan  auff 
den  köpft"  geschlagen  und  gesagt :  ,Nun  bin  ich  manig  mal 
ein  gantze  halbe  nacht  vonn  deinet  wegen  gestanden  und  dir 

2'>  zu  lieb  gewachet ,  und  du  magst  nicht  nur  ein  halbe  stund 
von  meinet  wegen  wachen !'  Abstund  unnd  mit  schänden 
wider  heimzohe. 

* 

1  bat  E  2  solchen]  so  E  3  in  E  4  anderßwo  E  5  ne- 
men  CD  9  warft'  E  10  forthin  E  15  metzlen  dann  E.  18  dir- 
neu  E      20  nit  CE      23  manchmal  E      27  heym  zöge  E 


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Wegkürzer,  cap.  5. 


19 


5. 

Von  einem  kSnig,  schneyder,  rysen,  einhorn  und  wil- 
den schwein. 

Id  einem  statlein  Romandia  ein  Schneider  gesessen,  wel- 
cher auff  [18b]  ein  zeit,  als  er  gearbeit,  einen  apffel  bei  im 
ligen  gehabt,  darauff  vil  fliegen  (wie  dann  sommers  Zeiten  ge- 
wonlich)  gesessen.  Das  dem  Schneider  zorn  thon  hat,  ein  fleck 
foii  töch  genommen,  auff  den  apffel  geschlagen  und  der  fleü- 
gen  siben  erschlagen.  Als  solchs  der  einfeltig  Schneider  ge- 
sellen, bey  im  selbs  gedacht,  sein  sach  solte  gut  werden.  Bald 
ihme  ein  sehr  schonen  hämisch  machen  und  darauff  mit  gul- 
din  büchstaben  schreiben  ließ :  ,Syben  auff  ein  streich  zft  todt 
geschlagen',  und  auff  der  gassen  mit  seim  hämisch  umbge- 
zogen.  Wer  in  besähe,  der  meinete,  er  hette  siben  menschen 
auff  ein  streich  zu  tod  geschlagen ;  ward  darnach  von  yeder-  l 
man  Obel  gefürchtet. 

Nun  was  inn  derselben  gegendt  ein  könig,  wel-[19a]ches 
lob  weit  und  überal  erschalle.  Zü  dem  sich  der  faul  Schnei- 
der fugte,  in  hof  trat  und  sich  da  selbst  in  das  graß  nider- 
leget unnd  schlieff.  Die  hofdiener,  so  auß  unnd  eingiengen,  2 
den  Schneider  in  dem  reichen  hämisch  sahen  und  die  über- 
schrifft  lasen,  sich  sehr  verwundern  Warden,  was  diser  streyt- 
bare  mann  jetz  zur  zeit  des  fridens  in  des  konigs  hof  thün 
wolt;  sie  gedauchte  on  zweiffei  ein  grosser  herr  sein.  Die 
Herren  rath,  so  in  gleichfals  gesehen  hetten ,  königlicher  ma-  2 
yestet  solches  zu  wissen  theten  mit  anzeigung,  das,  wo  sich 
zwispalt  begeb,  er  ein  sehr  nützlicher  mann  were. 

Dem  konig  die  reden  wol  gefielen  ,  bald  nach  dem  ge- 
harnischten Schneider  schicket,  ine,  ob  er  dienst  begeret,  fraget. 

4  stadtlin  Romandia  genant  ist  E  7  gewÄnlich  K  than  E 
8  fliegen  E  10  selbst  C  aolt  E  11  im  E  guldin  E  13  ge- 
»chlahen  C  14  meynt  er  hett  E  15  war  E  dardurch  CE  16 
Seforcht  E  17  Nu  E  gegne  E  welchs  K  18  erschall  E  19 
föget  E  träte  E  22  waren  E  streittbar  E  23  jetzt  E  24  ge- 
faucht E     25  gleiches  falls  E     27  begebe  E      20  in  E     29  fragte  C 

2  * 


20 


Martin  Montanus, 


Dem  der  schnei-[I9b]der  bald  antwortet,  er  darumb  all- 
her  kommen  wer  und  bäthe  königliche  mayestet ,  wo  sie  in 
zubrauchen  hetten ,  aller  gnedigist  dienst  mit  zutheilen.  Der 
konig  ime  bald  dienst  zusaget  und  im  ein  besonder  losament 
5  verordnete. 

Nun  es  stund  nicht  lange  zeit,  die  reütter  wurden  dem 
guten  Schneider  gramm,  hetten  gewölt,  das  er  beim  teOfel  wer. 
Denn  sie  geforcht,  wa  sie  mit  im  solten  uneins  werden,  möch- 
ten sie  ihme  kein  widerstandt  thun ,  wann  er  allwegen  siben 

10  auff  einen  streich  zu  todt  schlagen  wurde.  Stets  gedachten, 
wie  sie  doch  von  dem  kriegßmann  kommen  möchten ;  doch 
letstlich  zu  rath  wurden  unnd  mit  einander  Ober  ein  kamen, 
all  mit  einander  ftlr  den  könig  zutretten  und  umb  Urlaub  zu- 
bitten,  welchs  auch  gesch  a- [20a]  he. 

15  Der  könig,  als  er  sähe  alle  seine  diener  umb  eins  manus 
willen  urlaub  neinen,  kein  trawriger  mann  ernyeward;  hette 
gewölt  den  kriegßmann  nie  gesehen,  dorfft  im  doch  nicht  Ur- 
laub geben ;  dann  er  forchte,  er  sampt  allem  seinem  volck  zu 
tod  geschlagen  wurde  und  hernach  sein  reich  von  dem  krie- 

2oger  besessen  wurde.  Rath  suchet,  wie  im  doch  zuthün  were, 
und  nach  langem  hin  und  her  gedencken  letstlich  ein  sinn  er- 
fände, vermeinte  dardurch  des  kriegßmanns  (den  niemand  für 
ein  Schneider  schetzet)  abzukommen.  Nach  im  schicket,  ime 
fürhielt,  wie  er  wol  vernommen,  das  er  ein  gewaltiger  starcker 

o-  krieffßmann  were;  nun  hett  er  zwen  rvsen  im  wald,  die  ime 
auß  dermassen  groß  schaden  theten  mit  rauben,  mör-[20b]den, 
brennen  einem  und  dem  andern,  und  man  künde  inen  weder 
mit  waffen  noch  andern  nit  zukommen  ,  dann  sie  erschliegens 
als;  und  so  er  sich  underston  wolt  die  rysen  umb  zubringen 

30  und  brechts  umb,  so  wolt  er  im  sein  tochter  zu  einem  weib 
unnd  sein  halb  königreich  zA  einer  ehestewr  geben,  wolt  im 
auch  hundert  reüter  zu  hilft'  wider  die  risen  geben. 

1  Dem]  fehlt  E  antwort  E  2  were  E  bette  C;  bäte  E 
8  hett  E  gnedigst  E  4  im  E  zusagt  E  5  verordnet  E  6 
stunde  nit  lang  E  8  dann  sie  förchten,  wo  E  9  im  E  wenn  E 
10  wurd  E  12  letzlich  E  17  nit  E  18  forcht  E  19  würde  E 
wörd  E  23  im  E  25  zween  E  im  E  27  köndte  E  28  und 
andern  nicht  E       erschlugen»  E       29  unterstehen  wolte  E 


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Wegkürzer,  cap.  5. 


21 


Der  Schneider  was  wol  zu  müt,  das  er  solt  eins  königs 
tochterman  werden,  sprach,  er  wolt  gern  die  risen  u  mbbringen 
und  wol  on  hilff  der  reüter  zu  todten  wüßte.  Sich  den  nech- 
sten  zu  wald  verfuget,  die  reütter  vor  dem  wald  warten  hiesse, 
hinnein  trat,  von  weitem  lögt,  ob  er  die  risen  iendert  gesehen  ö 
mochte.  Doch  nach  langem  suchen  sie  undter  eim  [21a]  bäum 
schlaffend  fand,  und  schnarchleten ,  das  die  nest  an  den  bäu- 
men sich  bogen.  Der  Schneider  sich  nicht  lang  besänne,  was 
im  zuthün  wäre,  schnei  sein  bösen  vol  stein  läse,  auff  den 
bäum,  darunder  sie  lagen ,  stige ,  anfieng  den  einen  mit  dem  10 
stein  auff  sein  brüst  züwerffen.  Darvon  er  als  bald  erwacht, 
aber  den  andern  zürnen  warde  unnd  sagt,  warumb  er  ine 
schlieg.  Der  ander  aber  entschuldiget  sich,  so  best  er  mocht ; 
in  dem  wider  schlaffen  wolten.  Der  schneyder  wider  ein  stein 
fasset  und  den  andern  warff.  Darvon  er  über  sein  raitgesellen  u 
zürnen  ward  und  sagt,  warumb  er  in  werffe.  Als  sie  aber 
von  solchem  zancken  Hessen  und  inen  die  äugen  zugangen 
waren ,  der  Schneider  gar  befftig  auf  den  ersten  warf.  Deß 
der  riß  nicht  [21b]  mehr  vertragen  mocht,  sein  gesellen  heff- 
tige  schlüge  (dann  er  vermeint,  er  were  von  ime  geschlagen).  20 
Welches  der  ander  auch  nit  leiden  wolt;  auffstunden,  bäum 
auoreissen  und  einander  selb  zu  tod  schlagen ,  doch  zu  allem 
glück  den  bäum,  darauff  der  Schneider  saß,  stöhn  Hessen. 

Als  solchs  der  Schneider  sähe,  baß  zu  müt  ward,  dann  er 
nye  gewesen  war,  frölichen  ab  dem  bäum  stige,  jegklichen  mit  25 
seinem  scbwert  ein  wunden  oder  etlich  schlug  und  wider  auß 
dem  wald  zu  den  reütern  gieng.  Die  reüter  in  fragen  War- 
den, ob  er  die  risen  nirgendts  gesehen  hette.  ,Ja,'  sagt  der 
Schneider,  ,ich  hab  sie  zu  tod  geschlagen  und  under  dem  bäum 
ligen  lassen/  Sie  woltens  aber  nicht  glauben  ,  das  er  also  30 
unverletzt  solt  von  den  risen  [22a]  kommen,  sonder  rytten  in 

* 

3  wiüte  K  4  zuwald  CD;  z.lm  wald  E  5  lügt]  »ahe  E  irgent 
»eben  K  G  blaum  B  7  nest]  aßt  E  8  besane  CE  11  davon  E 
12  ward  E  13  schlag  E  aber]  fehlt  E  so  auffs  best  E  16 
sagt]  sprach  E  werft"  E  19  hefftig  E  20  im  E  21  molt  B 
22  außrissen  E  selbs  E  schlugen  E  23  stehen  E  24  solches  E 
warde  E  26  etliche  E  27  reyteren  E  30  nit  E  31  un- 
verletzt solte  E      sondern  E 


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22 


Martin  Montanua, 


wald,  difi  wunder  zubesichtigen,  und  fandens  also,  wie  in  der 
Schneider  gesaget  het. 

Darob  sie  sich  sehr  verwunderten,  grossen  schrecken  em- 
pfiengen  unnd  noch  übler  zumüt  waren  dann  vor;  dann  sie 

5  mehr  forchten,  er  wurd  sie,  wo  er  in  feind  wer,  all  umb- 
bringen.  Ritten  also  heim  unnd  sagten  dem  konig  die  that 
an.  Der  Schneider  begert  die  tochter  mit  sampt  dem  halben 
Königreich.  Der  k6nig,  als  er  sähe  die  risen  erwürgt,  von 
des  wegen  er  sein  tochter  dem  unbecannten  krieger  solt  zur 

10  eh  geben ,  ward  in  seines  verheissens  sehr  übel  gerewen ,  ge- 
dacht, wie  er  doch  sein  mit  fügen  mocht  abkommen,  dann  er 
im  die  tochter  zugeben  keines  wegs  gesinnet.  Dem  Schneider 
noch  einmal  saget,  [22b]  wie  er  ein  einhorn  im  walde  hette, 
der  ihme  so  sehr  grossen  schaden  an  fiech  und  leüt  thete ;  wann 

i;>er  dasselbig  fieng,  wolt  er  im  die  tochter  geben. 

Der  Schneider  war  sein  wol  zu  friden,  nam  ein  strickelein, 
gieng  zum  wald ,  befalhe  seinen  zugeordneten  heraussen  zu- 
warten, er  wolt  allein  hinein.  Spatzieret  also  im  walde  umb- 
her,  in  dem  ersieht  er  das  einhorn  gegen  ime  daher  springen 

20  der  meinung  in  umbzubringen.  Der  Schneider  aber  war  nit 
unbehendt,  wartet,  biß  das  einhorn  gar  nahe  zü  im  kam ;  und 
als  es  nahe  bey  im  was,  stelt  er  sich  hinder  den  bäum,  da- 
bey  er  zü  aller  nächst  war.  Das  einhorn  aber,  so  sich  inn 
vollem  lauff  nicht  wenden  kundt,  mit  dem  horn  in  bäum  lieft* 

2ö  und  also  darinn  unverwendt  stecken  [23a]  blyb. 

Als  solches  der  schneyder  sähe,  herzü  gienge,  dem  ein- 
horn den  strick,  so  er  mit  ime  genommen  het,  umb  den  halft 
thet  und  an  den  bäum  bände ,  hinnauß  zü  seinen  gesellen 
gienge,  inen  sein  sig  des  einhorns  anzeiget.    Solchs  hernach 

30  dem  konig  züwissen  thete,  welcher  auß  der  massen  trawrig 

war,  nicht  wüst,  wie  ihm  zuthftn  were;  dann  der  Schneider 

der  tochter  begert.    Doch  begert  der  konig  noch  ein  mal  an 

den  kriegßman,  er  solt  ihm  das  wild  schwein ,  so  im  wald 

lieffe,  fahen ;  hernach  wolt  er  ime  die  tochter  on  allen  verzug 

* 

1  fundena  E  5  würde  E  were  E  9  unbekanten  CDE  12 
wegea  E  13  sagt  E  hette  B  14  ihm  E  fisch  BCD,  viehe  E 
lOfridnB  atricklin,  gienge  E  19  ers>ihct  E  im  E  20  achneiter  C 
26  gieng  E      28  band  E      29  ihn  E      31  nit  wust  E      34  im  E 


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Wegkürzer,  cap  5. 


23 


geben ,  wolt  ibme  auch  sein  jeger  zuordnen ,  die  ihme  helffen 
solten  das  wild  schwein  fahen. 

Der  schneyder  zoch  mit  seinen  gesellen  zum  wald.  Wie 
sie  darzu  kamen ,  befalch  [23b]  er  inen  herausser  zubleyben. 
Des  sie  gar  wol  zufriden  waren ;  dann  das  schwein  sie  der-  5 
massen  offt  empfangen,  das  sie  ihme  nit  mehr  begerten  nach 
zustellen;  danckten  im  fleissig.  Der  schneyder  trat  hinein. 
Unnd  als  in  das  schwein  ersähe,  lieffe  es  den  nechsten  auff 
in  mit  schumendem  mund  und  wetzenden  zanen  unnd  wolt 
ihne  zü  der  erden  werffen.  Zu  allem  glück  aber  stunde  eiu  10 
Capellen  inn  dem  wald,  darinn  man  vor  zeyten  ablaü  geholt; 
darbey  eben  der  schneyder  war.  Und  als  der  schneyder  solches 
ersähe,  den  nechsten  inn  das  cappellin  lieffe,  oben  zum  fenster 
wider  hinnauß  sprang.  Dem  die  saw  alßbald  nachfolget  unnd 
im  cappellin  stunde.  Der  schneyder  aber  lieff  den  nechsten  v, 
zu  der  [24a]  thUren,  schlug  die  zu  unnd  verspert  das  gewild 
im  kirchlin.  Den  nechsten  hingieng  und  seinen  gesellen  solchs 
anzeigt. 

Die  mit  einander  hinein  ritten,  solches  befunden,  mit 
grossem  verwundern  heym  ritten  und  dem  konig  anzeygten.  ao 
Ob  der  konig  solcher  mähr  fro  oder  trawrig  gewesen,  mag 
ein  jegklichs  gering  verstendig  leichtlich  abnemen;  dann  er 
sein  tochter  dem  schneyder  hat  geben  müssen.  Zweyffelt  mir 
aber  gar  nit,  het  er  gewüst,  das  er  ein  schneyder  were,  er 
het  ihm  eh  ein  strick  geben  weder  sein  tochter.  Nun  der  23 
konig  müst  sein  tochter  also  eim  unbekannten  geben  nicht  mit 
kleiner  bekümniernuß.  Darnach  aber  der  güt  Schneider  wenig 
fragt;  er  allein  gedacht,  wie  er  des  königs  tochter- [24b] man 
werden  möge.  Also  wardt  die  hochzeyt  mit  kleinen  frewden 
volbracht,  unnd  auts  einem  schneyder  ein  konig  worden.  uo 

Nun  als  er  etlich  nacht  bey  seiner  braut  geschlaffen,  hat 

er  im  schlaff  geredt  unnd  gesagt:    , Knecht ,  mach  mir  das 

wamraes,  flick  mir  die  hosen,  oder  ich  will  dir  das  elmeß  über 

* 

1  wolt  ihm  K  seine  E  3  seinem  BD;  allen  seinen  E  4  be- 
fähle E  herau8sen  CK  7  drat  CD  9  schumenden  C;  schäu- 
mendem E  wetzeten  C  10  in  E  11  im  wald  E  22  versten- 
dig» E  24  gewust  B;  gewißt  E  25  seine  E  Nü  E  26  nit  E 
29  möcht  E     31  Nu  E       32  mache  E       3:}  üicke  E      elenmeß  E 


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24 


Martin  Montanus, 


die  ohren  schlagen !'  Weichs  die  güt  jungk  fraw  eben  war 
genommen  hat,  solchs  irem  herr  vatter,  dem  konig,  anzeyget, 
ihne  darbey  auch  gebetten ,  er  solt  sie  deß  manns  abhelffen ; 
dann  sie  wol  mercke,  das  er  ein  schneyder  were.    Solche  red 

5  dem  könig  sein  hertz  durchschnitten,  das  er  sein  einige  toch- 
ter  einem  Schneider  geben  hette.  Sie  auffs  best  tröstet  unnd 
sagt,  sie  solt  die  zükünfftig  nacht  die  katnmer  Öffnen,  so  [25a] 
wolt  er  etlich  diener  für  die  kamtner  stellen  ;  und  wann  er 
mehr  also  sagt,  m ästen  sie  hinein  gehn  und  den  manu  umb- 

io  bringen.    Solchs  der  fraweu  gefallen  was. 

Nun  het  der  könig  am  hoff  ein  Waffenträger ,  der  dem 
Schneider  hold  was  und  des  königs  red  zü  der  frawen  gehört 
hette,  sich  schnell  zum  jungen  konig  fuget  und  im  das  schwer 
urtheyl,  so  über  in  gangen,  eröffnet  mit  bitten,  er  wolt  sich, 

15  so  best  er  möcht ,  verwaren.  Der  schneyder  sagt  im  seins 
warnens  grossen  danck,  er  wüste  diser  sachen  wol  zuthon. 

Wie  nun  die  nacht  kommen  was,  der  schneyder  sich  mit 
der  jungen  königin  zu  beth  leget,  nicht  anders  thete,  als  ob 
er  schließ*.  Die  fraw  aber  stund  heimlich  auf,  die  kamer  öffnet 
und  sich  wider  zü  beth  [25b]  leget.  Der  Schneider,  der  sol- 
ches alles  gehöret,  fieng  an  zü  reden  gleich  als  im  schlaf  mit 
heller  stimm ,  das  die  vor  der  kammer  wol  hören  möchten  : 
, Knecht,  mach  mir  die  hosen,  bletz  mir  das  wammes,  oder  ich 
will  dir  das  elmefi  über  die  ohren  schlagen  !    Ich  hab  siben 

25  auf  ein  streich  zu  tod  geschlagen,  ich  hab  zwen  rysen  zü  todt 
geschlagen,  ich  hab  ein  cinhorn  sampt  einer  wilden  saw  ge- 
fangen ;  solt  ich  dann  die  vor  der  kammer  förchten  !l 

Die  vor  der  kammer,  als  sie  solche  wort  vernommen, 
nicht  änderst  flohen,  weder  als  jagt  sie  tausent  teüffel;  unnd 

w  keiner  wolt  sein ,  der  sich  an  dem  schneyder  richten  wolt. 

Also  blyb  der  schneyder  sein  lebtag  ein  könig.  [26a] 

* 

1  jungkraw  B  2  herra  E  3  auchj  fehlt  E  sie]  ihr  E  4 
merckt  E  rede  E  6  tröst  E  8  wölte  E  wenn  E  13  schwere 
E  16  wißte  E  18  jungen]  fehlt  E  nit  E  19  öffnet  die  kam- 
mer und  legt  E  22  mochten  CE  24  einmeß  E  29  weder] 
dann  E 


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Wegkürzer,  cap.  6. 


25 


6. 

Von  einem  Schwaben,  der  das  leberleia  gefressen. 

Als  unser  lieber  herr  got  noch  auff  erdrich  gewandelt  ist 
von  einer  stat  za  der  andern ,  das  evangelium  gepredigt  und 
vil  zeichen  gethan,  ist  auff  ein  zeit  ein  guter  einfeltiger  Schwab 
zu  ira  kommen  und  hat  in  gefragt:  ,Mein  leiden  gesell,  wa 
wilt  du  hin?1  Hat  unser  herr  gott  ime  geantwort:  ,Ich  zeühe 
umb  und  mache  die  leüt  sälig.4  Sagt  der  Schwab:  ,Mein  lie- 
ber gesell,  wilt  mich  mit  dir  lassen  ?4  —  ,Ja4,  sagt  unser  herr- 
got,  ,gern,  wann  du  fromb  sein  wilt  und  weidlich  beten1.  —  10 
,Ja4,  sagt  der  Schwab. 

Nun  als  nie  mit  einander  giengen  ,  kamen  sie  zwischen 
zwey  dftrffer,  darinn  man  leuttet.  Der  Schwab  gern  sch wetzet, 
un-[26b]sern  herrgot  fraget:  ,Mein  leiden  gsel,  was  lefitiet 
man  da?4  Unser  herrgot,  dem  alle  ding  wissen t  waren,  sagt:  i"» 
,In  dem  einen  dorff  leüt  man  zü  der  hochzeyt,  inn  dem  an- 
dern zü  dem  todten.4  —  ,Gang  du  zum  todten4,  sprach  der 
Schwab,  ,so  will  ich  zur  hochzeyt  gohn.4 

Unser  herrgott  gieng  in  das  dorff  und  macht  den  todten 
wider  lebendig  ;  da  schanckt  man  im  100  guldiu.  Der  Schwab  2» 
thet  sich  auf  der  hochzeyt  umb  mit  einschencken  einem  und 
dem  andern;  unnd  da  die  hochzeyt  ein  end  het,  schanckt  man 
im  ein  kreützer.    Des  der  Schwab  wol  zu  friden  war,  sich 
auff  den  weg  macht  und  wider  zu  unserm  herrgot  kam.  Als 
bald  der  Schwab  unser  herrgott  von  weitem  sähe,  hnb  er  sein  2> 
kreützerlin  in  die  hohe  auff  und  [27a]  schry:  ,Lüg,  mein  lei- 
den gesell!    Ich  hab  gelt.    Was  hast  du?4    Trib  also  vil 
prangens  mit  seinem  kreützerlin.    Unser  herrgot  lachet  sein 
und  sprach:  ,Ach  ich  hab  wol  mehr  als  du.4    Den  sack  auf- 
thet  und  den  Schwaben  die  hundert  guldin  sehen  ließ.    Der  tw 
Schwab  aber  war  nit  unbehend,  warf  sein  armes  kreützerlin 
under  die  100  guldin  und  sagt :  ,Gemein,  gemein!  Wir  wollen 

* 

2  liberlin  E  7  ziehe  E  13  der  gern  E  14  fraget  unsern  E 
gesell  E  16  im  andern  E  18  gehn  E  20  gülden  E  22  hatt, 
schencket  E      25  unsern  E      26  schrey:  Sihe  E      31  arms  C 


26 


Martin  Monianus, 


gemein  mit  einander  haben/  Des  unser  herrgot  gut  sein  ließ. 

Nun  als  sie  mit  einander  giengen,  begab  es  sich,  das  sie 
zu  einer  herd  schaff  kamen.  Sagt  unser  herrgot  zum  Schwa- 
ben :    ,Gehe ,  Schwab ,  zu  dem  hirten ,  heisse  uns  ein  lemlein 

5  geben  und  koch  uns  das  gehengk  oder  gereüsch  auff  das 
essen!4  —  ,Ja\  sagt  der  Schwab,  gieng  zum  hirten,  ließ  ihm 
ein  lem-[27b]lein  geben,  zochs  ab  und  bereytet  das  gehenck 
auff  das  essen.  Und  im  sieden  schwam  das  leberlin  stats  em- 
por.  Der  Schwab  truckts  mit  dem  loffel  under;  es  wolt  aber 

10  nit  bleiben.  Das  den  Schwaben  vcrdriessen  ward,  ein  messer 
nam,  das  leberlein  von  einander  schuifc  und  aß  es.  Und  als 
das  essen  auff  den  tisch  kam  ,  unser  herr  got  fragen  ward, 
wo  das  leberlin  hinkommen  were.  Der  Schwab  bald  antwort : 
Es  hat  keins  gehabt.1  —  ,Ey4,  sagt  unser  herrgott,  ,wie  wolt, 

i ,  es  gelebt  haben,  wann  es  kein  leberlin  gehabt  hette  !4  —  ,Es 
hat  bey  gott  unnd  allen  gottes  heyligen  keins  gehabt.'  Was 
wolt  unser  herrgott  thön?  Wolt  er  haben,  das  der  Schwab 
still  schwig,  müst  er  wol  zü  friden  sein. 

Nun  es  begab  sich,  das  sie  widerumb  mit  einan-[28a]der 

20  spacierten,  Iyte  man  abermals  in  zweyen  dortfern.  Der  Schwab 
fraget:  ,Lieber,  was  leütet  man  da?1  —  ,In  dem  dorff  leüt 
man  zu  eim  todten,  inn  dem  andern  zur  hochzeyt4,  sagt  unser 
herrgot.  ,Ja4,  sagt  der  Schwab,  ,gang  du  zur  hochzeit,  so  will 
ich  zum  todten.1  Vermeint,  er  wolte  auch  hundert  guldin  ver- 

i»  dienen.  Fragt  ihn  weiter:  ,Lieber,  wie  hast  ihm  than,  da  du 
den  todten  auferweckt  hast  ?4  —  , Ja4,  sagt  unser  herrgot,  ,ich 
saget  zu  ihm :  Steh  auff  im  namen  des  vatters,  son  und  hey- 
ligen geist!    Da  stünd  er  auff.4 

,lst  gut,  ist  gilt',  sagt  der  Schwab,  ,ich  weiß  im  wol  zu- 

:t<>  thün.4  Zohe  hin,  zum  dorff  käme,  da  man  ime  den  todten 
entgegen  tröge.  Das  der  Schwab  als  bald  sähe ,  mit  heller 
styinin  schrye:  ,Halta,  halta!  Ich  will  ihn  lebendig  [28b]  raa- 
chen.   Und  wann  ich  in  nit  lebendig  mach,  so  heuckt  mich 

on  urteil  und  recht  !4    Die  guten  leüt  waren  fro  ,  verhiessen 

* 

4  Gehe  zum  E  dir  ein  lamblin  E  7  lamblin  E  bereyt  E 
8  läberlin  E  20  leutet  E  24  wölte  E  25  gethan  E  da]  fehlt 
BD  du]  fehlt  C  27  aa^te  E  sous  E  29  ist  gut]  fehlt  E 
30  kam  zilm  dorffe  E       32  schrey  E       33  nicht  E 


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Wegkürzer,  cap.  6. 


27 


ihme  hundert  guldin  und  setzten  den  bäum,  darinn  der  todt 
lag,  nider.  Der  Schwab  thet  den  sarch  auff,  fieng  an  zu  spre- 
chen :  ,Stehe  auff  im  namen  des  vatters  unnd  des  sons  und 
des  heiligen  geists  !4  Der  tod  wolt  nit  auffstehn.  Dem  guten 
Schwaben  war  angst,  sein  segen  zum  andern  und  dritten  mal  ö 
sprach.  Als  er  aber  nit  wolt  auffstehn,  sprach  er:  ,Ey  so 
bleib  ligen  in  tausent  teüffel  namen !4  Als  nun  die  leüt  sahen, 
das  sie  von  dem  gecken  betrogen  waren,  den  sarch  ston  Hessen 
und  den  nechsten  mit  ihm  dem  galgen  zueyleten,  die  layter 
anwarffen  und  den  armen  Schwaben  hinauff  fürten.  10 

Unser  herr-[29a]gott  zohe  fein  all  gemach  hernach ;  dann 
er  wol  wüste,  wie  es  dem  Schwaben  gon  wurde.  Wolt  sehen, 
wie  er  sich  doch  stellen  wurde,  zum  geriebt  käme  und  sprach : 
,0  guter  gesell,  wie  hast  im  thon?  In  was  gestalt  sihe  ich 
dich  da  ?4  Der  Schwab  an  fieng  zu  schelten  unnd  sagt,  er  hette  i"> 
in  nicht  recht  gelernt.  ,lch  hab  dich  recht  gelernet1,  sprach 
unser  herrgot,  ,du  hast  ime  aber  nicht  recht  gethon.  Ime  sey 
aber,  wie  im  wolle ,  wilt  du  mir  sagen ,  wa  das  leberlin  hin 
kommen  ist,  so  will  ich  dich  erledigen.4  —  ,Ach4,  sagt  der 
Schwab,  ,es  hat  warlich  keins  gehabt.  Was  zeychst  du  mich  ?4  üu 
—  ,Ey,  du  wilt  sonst  nicht  sagen.  Wolan  sags !  So  will  ich 
den  todten  lebendig  machen  und  dich  erledigen/  Der  Schwab 
fieng  an  zuschreyen :  ,Hencket  [29b]  mich  nur,  hencket  mich  ! 
So  komb  ich  der  marter  ab.  Der  will  mich  geheyen  mit  dem 
leberlin  unnd  hört  wol ,  das  es  keins  gehabt  hat.  Hencket  v> 
mich  nur  flucks!4  Wie  solches  unser  herrgott  hört,  das  er 
sich  ehe  wolt  hencken  lassen  weder  die  warheyt  bekennen, 
befalch  er  ihne  herab  zulassen,  und  er  macht  selbs  den  todten 
lebendig. 

Nun  sie  zogen  mit  einander  heim.    Sagt  unser  herrgott  ao 

zum  Schwaben:  ,Korab  her,  wir  wollen  mit  einander  das  ge- 

wunnen  gelt  theylen.    Dann  wann  ich  dich  allwegen  solt  am 

galgen  erledigen,  wurd  mir  zu  vil  sein.4    Nam  also  die  zwey 

* 

1  satzten  E  8  mit  dem  narren  E  —  stehn  E  9  den  E  12 
geben  E  wolte  C  13  würde  E  14  hast  du  im  than  E  16  ine 
C  gelert  E  gelert  E  17  nit  CE  gethan  E  19  sagt]  sprach 
E  20  zeyhest  E  21  wilt  es  E  24  mich  nur  E  26  fluchs  C 
28  befahl  E      30  Sagt]  sprach  E      31  Komme  E 


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28 


Martin  Montan us, 


hundert  guldin  wind  theylts  inn  drey  theyl.  Als  solches  der 
Schwab  sähe,  sagt  er:  ,Ey  lieber,  warumb  machst  du  drey 
theyl?  Seind  doch  unser  nur  [30a]  zwen  !4  —  ,Ja4,  sagt  unser 
lieber  herr  gott,  ,der  ein  ist  mein,  der  ander  dein ,  und  der 
5  dritt  ist  dessen,  der  das  leberlin  gefressen  hat.'  Da  solchs  der 
Schwab  hört,  sagt  er:  ,So  hab  ichs  bey  gott  und  allen  gottes 
heyligen  gefressen.4  Unnd  darvor  wolt  er  sich  ehe  hencken 
lassen,  ehe  ers  bekennen  wolt;  aber  da  ers  gelt  sähe,  bekandt 
ers  imgenöttet. 

io  7. 

Ein  pfaff,  der  am  ostertag  das  Requiem  sang. 

In  einem  dorff  ein  guter  einfeltiger  pfaff  saß,  (und  das 
zu  den  Zeiten ,  da  die  pfaffen  nit  als  gelehrt  gewesen  als  zu 
unsem  zeyten)  welcher  an  dem  ostertag  nicht  wüßt,  was  er 

15  doch  für  ein  ampt  singen  solt.  In  die  statt,  so  nahe  bey  sei- 
nem [30b]  dorff  was,  seinen  mefiner  zu  dem  pfarrer  schicket, 
ihn  zufragen,  was  er  für  ein  ampt  den  zukünftigen  sontag, 
den  ostertag,  singen  solt.  Den  pfarrher  die  einfaltigkeit  und 
den  kleinen  verstandt  des  caplons  verwundern  ward,  dem  meß- 

20  ner  zü  antwort  gab,  er  solt  seira  pfarrher  sagen ,  das  er  das 
Resurrexit  singe. 

Der  meßner  zohe  vom  pfarrherr  ;  nicht  weiß  ich ,  ob  er 
zum  wein  gangen  oder  ob  er  sonst  so  vil  zu  versorgen  gehabt 
hat;  er  het  ve  des  namens  vergessen.  Als  er  nun  heim  kom- 

25  meu,  hat  in  der  pfaff  gefragt,  was  der  pfarrherr  gesagt  hab. 
,lch  weiss  nit4,  sprach  der  meßner,  ,wie  ers  genent  hat;  aber 
ich  weiß  wol,  das  es  Re  anfangt.4  Der  pfaff  schnell  antwort: 
,Ja  warlich,  es  wirt  das  Re-[31a]quiem  sein.  Dann  es  mor- 
gen eben  drey  tag,  da  unser  herr  gott  gestorben  ist.4  Sang 

30  also  am  heiligen  ostertag  ein  Requiem. 

3  zween  K      sagt]  sprach  E     6  sagt]  sprach  E     14  wellicher  C 
19  capplans  E      21  senge  CE      22  nit  E      27  anfacht  CDE 


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Wegkürzer,  cap.  8. 


29 


8. 

Von  eiuera  juden ,  der  einem  gaugkler  ein  faß  auß 

dem  leib  gerissen. 


Auf}'  ein  zeit  ein  wunderbarlicher  kundt  gewesen,  der  vil 
und  mancherley  kurtzweil  und  abentheür  mit  gauglen  eim  :> 
unnd  dem  andern  sein  tag  getriben  bat  Unnd  eins  mal*  bat 
er  vil  strowisch  gemacht,  dieselbigen  vergauglet,  also  das  man 
nit  änderst  gemeint,  dann  es  wäre  ein  grosser  bauffen  gänfc, 
unnd  bat  sie  feyl  gebotten.  Welches  ein  jud  gesehen  ,  ihme 
fürnam,  die  gänß  all  abzukaufen  und  ers  her-[31b]nach  mit  io 
wucber  unnd  gewinn  verkauffen  wolte ;  zu  dem  gaugkler  tratt, 
ihn  fragt,  wie  er  die  gänfi  all  mit  einander  gebe.  Der  gaug- 
ier die  gänss  ime  umb  ein  summa  botte,  unnd  nach  langem 
marckten  sie  mit  einander  des  kauffs  eins  wurden. 

Nun  der  gaugier,  als  er  das  gelt  empfangen,  den  nächsten  i:, 
inn  das  wirtsliauss  gieng,  dem  wirt  solche  sach  zu  wissen  thet; 
wol  gedachte,  der  jud  bald  den  betrug  finden  wurd.  Mit  dem 
wirt  ers  anleget,  wie  er  ime  forthin  tbun  wolte,  und  bäte  ine, 
er  wolt  im  behfilflich  sein.    Der  jud,  als  er  die  gante  kauft't 
hette,  sie  inn  das  wasser  zutrincken  tribe.  Als  sie  aber  hinein  20 
kamen,  eytel  strowisch  wurden  und  das  wasser  hinab  Aussen. 
Da  der  jud  bald  sähe  unnd  er- [32a]kandte ,  das  er  von  dem 
gegken  betrogen  warde,  den  nechsten  sich  des  gaugklers  her- 
berg  zünahete.  Das  der  gaugkler  bald  ersehen  hett,  sich  auff 
den  banck  niderleget,  nicht  änderst  thete,  als  ob  er  vor  volle  sa 
des  weins  entschlaffen  wäre. 

Nun  als  der  jud  inn  die  stuben  kam,  nach  dem  gaugkler 
fraget ,  den  er  auff  dem  banck  ligen  fände ,  in  bey  dem  fAß 
natu  unnd  in  wecket    Der  abentheürer  aber  thet,  als  ob  er 
gar  hart  schlieffe.  Das  den  juden  verdriessen  ward,  den  gaug-  ») 
ler  gar  zornigklich  risse.  Nun  inn  solchem  reyssen  der  gaugk- 

5  gaucklen  E  8  anders  E  gentt  CE  10  allsam  zlikauffen  E 
11  wolte  E  15  Nft  E  18  thon  C  19  wolt  E  21  flössen  E 
23  gegken]  narren  E 


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30 


Martin  Montanus, 


ler  sein  abentheür  tribe,  also  das  menigklich  gedachte,  der 
jud  hett  im  ein  schenckel  auss  dem  leyb  gerissen,  sich  auss 
dermassen  übel  gehüb,  nit  änderst  thete,  als  ob  er  vor  [32b] 
grossem  schmertzen  sterben  rauste.  Wer  was  unmutiger  weder 
5  der  arm  jud,  der  nicht  änderst  meint,  dann  umb  solche  iibel- 
that  sterben  musste!  Het  gewölt  den  gaugier  mit  seinen 
gänsen  nye  gesehen,  der  stubenthür  zu  eylte  unnd  vermeint  zu 
entlauffen. 

Der  wirt  aber,  mit  dem  es  der  gaugier  angelegt  hette, 
io  den  juden  bey  dem  haar  erwischet  unnd  sprach:  ,Nicht  also, 
halt  still !  Ich  bin  meinem  gast  gftts  schuldig.  Wann  er  also 
sterbe,  wie  wolt  sein  freündtschafft  gebüst  werden,  wann  du 
entlieffest!  Darumb  müstu  hie  gefengklich  sein/  Derjudbatt 
umb  gotts  willen ,  man  solt  in  lauften  lassen ;  er  wolt  alles 
l.i  geben,  was  man  begert.  ,Ey  so  gib  hundert  guldin  und  lauft* 
an  Hechten  galgen,4  sprach  der  wirt.    [33a]  Wer  was  froer 
weder  der  güt  jud,  das  er  mocht  mit  gelt  abkommen!  Die 
hundert  guldin  darzelt  und  sich  aufs  beldest,  so  er  mocht,  trol- 
let. Dann  er  forchte,  wann  er  begriffen  wurde,  im  nicht  wol 
20  gewartet  wurde. 

Als  der  gaugier  sähe  den  juden  entlauffen,  auff  seine  fflfä 
sprang,  wol  zu  mftth  was,  das  er  den  juden  also  betrogen  hett. 
Yederman  des  schimpffs  gnüg  lachte,  und  dapffer  zechten, 
allweyl  des  juden  gelt  wäret. 


*  9. 

Zvven  gesellen  füren  über  Rein. 

Zwen  gesellen  kamen  zu  summers  zeyten  zum  Rein,  wa- 
ren gern  hinüber  gefaren;  so  war  der  pferch  nit  verbanden, 
zfl  dem  betten  sie  beyde  nicht  sehr  vil  gelt.    Derhalben  sie 
:jo  mit  [;J3b]  einander  anlegten,  welcher  zum  ersten  kratzet,  der 
solt  den  fuhrlon  für  sie  bcyde  bezahlen.    Nun  het  aber  der 

* 

3  anders  K      12  stürbe  E     16  frolicher  dann  der  jud  E     20  ge- 
wartet weiden  E       27  sommers  E       29  nit  E       31  beyde]  fehlt  E 


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Wegkürzer,  cap.  10. 


ein  den  erbgründ,  der  ander  war  sonst  reydig.  Als  sie  nun 
lang  gewartet,  der  pferch  nicht  kommen  wolt  und  die  sonn 
den  auff  sein  haupt  stach,  davon  ers  kratzen  nicht  lenger  ver- 
tragen mocht,  anhüb  zureyssen  und  im  kopff  kratzet,  er  schry : 
, Holla  pferch,  holla!*  Wie  solchs  der  ander  sähe,  das  ers  5 
gewunnen  bette  und  vergebens  hinüber  faren  wurd,  auch  das 
schiflin  schon  gegen  im  kommen  sähe  und  die  haut  in  auch 
von  hitz  wegen  der  sonnen  zu  beissen  begund,  fieng  er  an  sich 
zu  jucken  und  sänge:  ,Gott  sey  gelobt!  Der  pferch  der  will 
uns  hollen.4  Solches  triben  sie,  biß  das  das  schifflin  zu  inen  10 
käme,  füren  also  mit  [34a]  einander  hinüber.  Welcher  aber 
den  förlon  hat  müssen  bezalen,  gib  ich  einem  jegklichen  selbs 
zu  bedencken. 


10. 

Dosch  der  bezalt  die  zech  nicht.  is 

Ein  seltzamer  abentheürer  noch  bey  menschen  gedächtnuß 
gewesen,  von  dem  vil  zuschreiben  were,  der  selbig  ist  auff  ein 
zeyt  in  ein  herberg  gen  Dillingen  kommen  unnd  allda  zechet. 
Nun  als  die  zech  ein  end  gehabt,  hat  er  die  wirtin  gefraget, 
ob  sie  im  beytten  wolle.  ,Nain  ich  warlich ,  lieber  Dosch4,  20 
sagt  die  wirtin,  ,ich  beyt  dir  nicht;  du  müst  bezalen.4 

Nun  als  der  güt  gesell  kein  gelt  gehabt  oder  sonst  vil- 
leicht  nicht  zubezalen  willens  gewesen  und  dannoch  die  wirtin 
bezalt  hat  sein  wollen,  ist  er  hinnauß  gangen,  als  ob  er  [34b] 
das  wasser  woll  abschlagen ,  aber  den  nechsten  zum  haute  20 
hinauß  gangen.  Weichs  die  wirtin  ersehen  hat,  den  nechsten 
unter  die  thür  gelauffen  und  geschryen :  ,Beyt,  Dosch,  beyt; 
bezal  die  zech  vor  !4  —  ,Nein4,  sprach  der  Dosch ,  ,ich  beyt 
dir  warlich  nicht.  Du  hast  mir  auch  nit  beyten  wollen.4  Zoch 
also  seinen  weg  fort.  Die  wirtin  aber  schry  ime  weitter  nach :  w 
,Beyt,  Dosch,  bezal  die  zech!4  —  ,üu  hörst  wol4,  sagt  der 

* 

1  erbgrindt  E  reudig  E  3  darvon  K  4  kratzen  E  schrey 
E  5  er  es  E  ö  würde  E  18  Dilingen  BD  21  sagt]  sprach  E 
23  nit  C      30  schrey  E 


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32 


Martin  Montanus, 


Dosch ,  ,ich  beyt  dir  nicht.  Du  hast  mir  auch  nicht  beyten 
wollen.1    Zoch  heim  und  Hess  die  wirtin  schreyen. 

Dosch  lehnet  schaff  umb  das  halb. 

5  Auf  ein  zeit  kam  Dosch  wider  zu  seiner  wirtin ;  und  die 
wirtin  verdingt  im  etliche  schaff  umb  da9  halb  zuziehen.  Da 
sie  nun  also  mit  einan-[35a]der  gedingt  hetten ,  sagt  Dosch : 
,Wolan,  wirtin,  die  halben  schuft'  seind  mein.1  —  ,Ja,  lieber 
Dosch,4  sagt  die  wirtin.    ,Wolan  inn  gottes  namen,  so  will 

10  ich  meine  schaff  heim  treiben.  Behaltet  ir  die  ewere  auch 
daheim !'    Zohe  also  mit  seinen  schaffen  zuhaute. 

Nun  gedacht  die  wirtin,  (die  auch  ein  seltzame  abentheü- 
rerin  gewesen)  wie  sie  doch  Doschen  auch  ein  mal  betriegen 
möcht.    Unnd  eins  tags  sich  begab,  das  Dosch  ein  roß  in  ir 

iö  herberg  ritt,  das  er  verkauften  wolt.  Da  gedacht  die  wirtin : 
,Es  ist  zeyt,  ihme  auch  ein  boßlein  zuthün,4  sagen  thet:  .Lie- 
ber Dosch,  gib  mir  dein  roß  zukauffen  !l  —  ,.Ia4,  sagt  Dosch, 
,ich  gibs  euch  zukauffen.1  Die  wirtin  sagt:  ,Wolan,  ich  will 
dirs  abkauften.    Aber  wie  ich  dirs  abkauff,  so  will  ich  [35b] 

20  dir  halb  heller  und  halb  pfenning  geben/  Deß  Dosch  wol  zu 
friden  was  und  sagt,  es  im  gut  gelt  wäre. 

Nun  der  kauft'  ward  umb  vier  guldin  gemacht  Da  gieng 
die  wirtin  hin,  suchet  eytel  halbe  verbrochen  häller  und  pfen- 
ning auß  unnd  zelets  Doschen  dar.    ,Ach  liebe  wirtin4,  sagt 

25Dosche,  ,\vas  soll  ich  mit  dem  gelt  thun !  Ich  kan  warlich 
nichts  mit  außrichten.1  —  ,Ey  lieber  Dosch,  du  weist  wol,  wie 
wir  mit  einander  seind  eins  worden,  nemlich  das  ich  dir  halb 
haller  unnd  halb  pfenning  geben  soll.  Die  nimb  hin  unnd 
biß  zu  friden!1  —  ,Ist  bey  gott  recht4,  sagt  Dosch,  ,ich  hab 

•'»euch  mit  den  schaffen  beschissen,  so  habt  ir  mich  yetzt  be- 

7  sagt]  sprach  E  9  sagt]  sprach  E  10  so  behalten  E  16 
boßlin  CK  17  sagt]  sprach  E  18  sagt]  sprach  E  21  sagt] 
sprach  K  22  Nein  K  23  zerbrochene  E  24  sprach  Dosch  E 
25  thon  C  27  wir]  mir  BD  29  sagt]  sprach  E  80  yetzt] 
fehlt  E 


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Wegkürzer,  cap.  12,  13.  33 

saicht.4    Zohe  also  heim  mit  seinen  verbrochnen  haller  und 
pfenning.  [36a] 

12. 

Die  bawren  verklagten  Doschen. 

Dosch  rytte  stäts  seine  ross  den  bawren  in  die  äcker,  die  a 
den  samen  abfrassen.  Darauf  der  bawrschafft  grosser  schaden 
entstünde ;  ine  offternials  darfür  baten,  solchs  m&ssig  zü  stehn, 
oder  sie  wurden  gezwungen  in  zuverklagen.  Des  er  sich  wenig 
irren  Hesse,  sonder  sein  rosse  je  mehr  in  die  samen  schlüge. 
Weichs  inen  lenger  nicht  zugednlden  war ;  zogen  hin  und  ver-  w 
klagten  ihn  vor  dem  landvogt. 

Der  landtvogt  beschickt  Doschen,  hielt  ihme  solches  für 
mit  befelch ,  er  solt  sein  m&ssig  ston ,  oder  er  wurd  zu  einer 
hohen  straff  bezwungen.  Darauff  Dosch  als  bald  antwort: 
.Herr  vogt ,  sie  liegen  mich  an  wie  [36b]  dieb  und  bößwicht. 
Ich  reyt  sie  nit  in  die  ecker.4  —  ,Gott,  Dosch4,  sagt  der  land- 
vogt, ,lug,  was  du  redest!  Du  wirsts  beweisen  werden.4  — 
,Hort  ir  nicht,  herr  landtvogt?  Sie  liegen  mich  an  wie  dieb 
und  bSßwicht,  das  ichs  in  die  eck  er  reit.  Aber  also  thü  ich 
ime,  ich  reit  sie  biß  zum  acker.  Seind  es  dann  nit  schelmen  20 
in  der  heut,  so  gond  sie  selb  darein.4  Deß  der  landtvogt  la- 
chen ward,  ihme  befalche  heim  zuziehen  und  fürhin  die  roß 
daheim  behalten. 

13. 

Ein  liedlein  singt  Dosch  der  wirtin  umb  die  zech. 

Einsmals  hette  Dosch  gern  gezecht  und  hett  kein  gelt 

und  forcht,  die  wirtin  wurde  im  nicht  beyten ,  so  wurde  er 

* 

1  zerbrochenen  hellem  unnd  pfenningen  E  5  riete  £  6  den 
bawren  E  9  same  B  10  nit  E  13  stehen  E  14  gezwungen  E 
16  nicht  E  der]  fehlt  BD  17  lugj  sine  E  18  nit  E  21  gehen 
E  22  befahl  E  forthin  E  25  liedlin  E  26  hete  C  27  bey- 
ten] borgen  E 


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34  Martin  Montanua, 

nicht  sich  künden  aufireden  wie  vormals.  Derhalben  ein  [37a] 
andern  sinn  fand,  sich  zu  seiner  wirtin  fuget  nnnd  anfieng  zu 
zechen. 

Nun  als  die  zech  ein  end  het,  yederman  anfieng  zubezalen, 
5  letstlich  es  auch  an  Doschen  kaui.  Der  sich  als  bald  ent- 
schuldiget, er  hette  kein  gelt;  daran  die  wirtin  kein  gnögen 
wolt  haben,  sonder  sein  yrten  begeret.  Da  fieng  Dosch  an 
unnd  sagt:  ,Liebe  wirtin,  wann  ich  euch  ein  liedlin  singe, 
das  euch  gefeit,  wolt  ihr  mir  die  zech  schencken?'  —  ,Ja4, 
10  sagt  die  wirtin,  ,wann  du  eins  singst,  das  mir  gefeit,  so  wil 
ich  dir  die  zech  schencken.4  Aber  bey  ihr  selbs  gedacht : 
,Du  müst  lang  singen,  ehe  du  mir  etwas  singst,  das  mir 
gefeit.4 

Als  er  nun  lang  gesungen  unnd  nye  nichts  der  wirtin  ge- 
k>  fallen  wolt,  zog  er  seinen  seckel  herauß  und  sänge:  ,Komb 
her,  mein  liebes  [37b]  seckelein ,  und  bezal  der  wirtin  ir  ze- 
chelein !4  Fragt  die  wirtin  ,  ob  ir  das  liedlein  gefiel.  ,Ja4, 
sagt  die  wirtin,  ,das  gefiel  mir  wol.4  —  ,\Volan4,  sagt  Dosch, 
<dieweyl  es  euch  gefeit,  so  ist  mein  zech  bezalt4.  Seinen  seckel 
•20  in  busen  schöbe,  heim  zu  haute  gienge  unnd  umb  das  liedlein 
gnfig  gezecht  hette. 

Es  were  noch  vil  von  disem  Doschen  zuschreiben ,  was 
seltzamer  abentheur  er  seine  tag  getriben ;  so  willfes  sich  aber 
allher  nit  schicken.  Dann  wa  es  unter  die  edlen  jungkfrew- 
lein  kommen  solt,  wurden  sie  ire  züchtigen  äuglein  mit  schäm 
underschlagen  und  dem  Schreiber  diß  buchs  wenig  ehr  unnd 
zucht  uach  reden.    Derhalben  ich  es  unterwegen  gelassen. 

Wann  aber  jetzt  zu  den  Zeiten  also  ein  schimpfflicher  mann 
were,  wurd  man  [38a]  es  eim  gleich  im  argen  auffnemmen. 
ao  Dann  die  leüth  also  stoltz,  tyrannisch  unnd  Ubernifttig  worden, 
das  inen  armer  kurtzweiliger  leüt  abentheflr  nit  gefallen  will, 
sonder  von  gewaltigen  Sachen  her  reden,  wie  sie  konig,  key- 

ser,  fürsten  und  herrn  kriegen  wollen  ;  reden  inen  auch  nach, 

* 

2  fandl  erdacht  E  4  hatt  E  5  letzlich  E  6  vernagen  E 
7  Orten  E  9  gefiel,  wolt  E  15  *ohe  E  16  seckelin  E  zech- 
lin  E  17  liedlin  CE  19  gefalt  C  20  liedlin  E  24  wo  E 
jungfräwlin  E  25  äuglin  E  28  würde  mans  einem  gleich  in 
argem  E      31  leuten  E      32  redet  E 


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Wegkürzer,  cap.  14. 


35 


das  es  ein  schand  ist  wind  laster  ist.    Aber  so  sie  vor  den 
herrn  selbs  seind,  ziehen  sie  inen  das  helmlin  fein  wol  durchs 
maul  ,  künden  auch  den  fuchfischwantz  dermassen  streichen 
das  man  ire  böse  dück  nicht  an  in  mercken  kan.  Dasselbig 
ist  aber  nichts  anders  dann  ein  Fulcanischer  anboß ,  daran  ff  :> 
der  teüffel  solche  böse  gifftige  pfeyl  schmidet ;  die  bösen  nach- 
retigen  leüt  aber  seint  solche  seine  pfeyl,  darwider  die  herren 
zur  [38b]  gegenwÖr  brauchen  sollen  schwert,  thurn,  stöck, 
plöck  unnd  Ruders,  daß  sie  gut  fug  unnd  recht  haben;  dann 
der  gewalt  inen  von  gott  geben  ist.  Hergegen  aber  ist  mnn-  io 
eher  herr ,  der  sich  solchs  seines  gewalts  überhebt  und  den 
mißbraucht ,  seine  arme ,  ja  auch  fromme  underthonen  mit 
schetzen ,  eim  unnd  den  andern  plagt ,  ihnen  das  marck  auß 
den  beinen  saugt,  das  gott  von  hiinmel  herab  sehen  möcht. 
Ob  ihnen  dann  solches  von  gott  geschenckt  wirdt ,  glaub  ich  i » 
sicher  nicht.    Das  aber  ein  oberkeyt  gar  zu  mildt  sein  soll, 
ist  auch  nicht  güt ;  sonder  sie  soll  das  schwerdt  über  dem  un- 
gerechten dapffer  und  hart  brauchen ,  ihnen  gantz  und  gar 
vertilgen  ;  dann  ihnen  solches  von  gott  bevolhen  ist.  [39a] 


14.  20 

Warumb  die  huud  einander  für  den  hindern  schmecken. 

Vor  zeiten  haben  die  katzen  und  hund  ein  grossen  streit 
mit  einander  gehabt.  Dann  die  hundt  gemeint,  die  katzen  Söl- 
ten den  hunden  in  allen  dingen,  es  wer  mit  essen  eim  und  dem 
andern  den  Vorgang  lassen.  Welches  aber  die  katzen  nit  thun  2.-» 
wollen,  sonder  sich  mit  ihren  scharpffen  neglen  zur  gegenwör 
gesetzet  und  den  hunden  in  all  weg  obgelegen. 

Des  die  hund  auß  dermassen  übel  verdrossen,  auffgewest 
und  mit  einander  zu  ihrem  könig,  so  inn  ferren  landen  ge- 
sessen, gezogen  und  ime  den  handel,  warumb  sie  zü  im  kom-  30 

1  schand  unnd  E  2  sind  E  3  können  E  4  nit  an  inen  E 
6  nachredigen  E  7  sind  solche  pfeil  E  8  thnn  BD,  thürn  C  10 
Dargegen  E  13  einem  E  plage  B  marckt  BCD  16  milde  E 
17  über  den  E  18  ihn  E  24  einem  E  27  ob  glegen  0  28 
Das  E      29  fernen  E 

3* 


\ 


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36 


Martin  Montanus, 


men,  erkleret,  mich  umb  privilegia  wider  die  katzen  gebetten. 
Ihr  k5-[39b]nig  bat  die  weitte  reiß  und  die  grosse  schar  an- 
gesehen nnd  bedacht  unnd  sie  gewaltig  privilegiert,  also  das 
forthin  die  hund  inn  allen  Sachen  solten  den  Vorgang  haben 

5  unnd  die  katzen  erst  den  letsten. 

Wie  sie  nun  nahend  bey  heymen  waren ,  kamen  sie  zu 
einem  grossen  fliessenden  wasser,  darüber  kein  brugk  gienge, 
und  auch  kein  schiff  da  wäre,  darinn  sie  hetten  mögen  hinüber 
fahren.  War  inen  sehr  angst,  wüsten  nicht,  wie  sie  dem  brieff 

lüthon  solten,  das  er  nicht  naß  wurde.  Doch  letztlich  zü  rath 
wurden,  es  solt  den  brieti'  einer  unter  den  schwantz  nemmen, 
so  blibe  er  drucken.  Der  rath  inen  allsamen  wol  gefiel ,  ga- 
ben also  einem  den  brieff  unter  den  schwantz,  Hessen  sich  in 
das  wasser  und  schwanien  hinüber.  Ich  [40a]  weiß  aber  nicht, 

15  wie  es  der  mit  dem  brieff  übersähe ;  ye  er  empfiel  im  und 
sc h warn  das  wasser  hinnab,  des  ihr  keiner  gesehen  het.  Als 
sie  aber  hinüber  kamen,  fanden  sie  den  brieff  nit,  giengen 
umbher  unnd  schmeckten  ye  einer  dem  andern  für  den  hin- 
dern ;  aber  sie  fanden  ine  nicht. 

tu  Derhalben  sie  noch  heütigs  tags  also  einander  an  schme- 
cken unnd  noch  stiits  vermeinen,  sie  wollen  den  brieff  finden. 
Aber  ich  förcht,  es  sey  vergebens. 

15. 

Ein  junger  gesell  erwarb  eins  köüigs  tochter. 

2ö  Vor  zeiten  ein  gewaltiger  konig  gewesen,  dessen  namen 
mir  unbekant ;  derselbig  het  mit  seinem  weyb  ein  einige  toch- 
ter, die  auß  dermas-[40b]sen  ein  schon  mensch  wäre,  also  das 
sie  von  jederman  die  schönest  in  der  gantzen  weit  geschätzt 
wäre.  Von  deß  wegeu  sie  auch  der  vatter  keinem  mann,  wie 

:W  mächtig  er  auch  war,  verheiraten  wolte,  sonder  sie  stets  vor 
seinen  äugen  als  ein  spiegel  behalten,  und  ime  nicht  wol  ge- 
wesen, sie  seye  dann  bey  ime. 

* 

4  furhin  E  6  heymat  E  10  th.m  E  würd  E  letzlich  E 
16  des]  das  E  nette  E  \\)  funden  in  E  22  fürcht  C  25  nam  E 
28  schftnat  E      29  keim  E      31  im  nit  E 


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Wegkörzer,  cap.  15. 


37 


Nun  es  begab  sich ,  das  der  jungen  konigin  ein  wertzlin 
am  leibe  wüchse.  Davon  sie  so  unmassig  trawrig  ward ,  das 
sie  sich  zü  beth  leget ,  von  tag  zu  tag  abnanie  unnd  sich  so 
Gbel  gehüb,  das  man  ineinet,  sie  mfiste  sterben.  Der  kunig, 
als  er  solche  sein  tochter  so  betr&bt  sähe ,  auch  schier  vor  b 
leid  gestorben  wäre,  sie  fragen  ward,  was  ihr  breste  oder  ob 
man  ir  etwas  widerdrieß  gethon  hette,  sie  solte  ihms  [41a] 
sagen,  oder  ob  sie  ein  mann  begert,  so  wolt  er  ir  ein  geben  • 
allein  sie  solt  auffstohn  und  wol  zu  müt  sein.  Die  jungkfraw 
wolts  aber  keins  wegs  sagen ;  dann  sie  vermeinet,  es  ein  böß  io 
ding  were,  wann  sie  es  saget ;  es  mocht  ihr  villeicht  spot  und 
schände  dardurch  zustehn;  batte  den  vatter  ruwig  zu  sein. 

Wie  nun  der  konig  sähe,  das  kein  besserung  umb  die 
junckfrawen  war  ,  sonder  von  tag  zu  tag  je  lenger  je  mehr 
abnam,  ließ  er  ein  gebott  außgehn :  welcher  ihm  sein  tochter  io 
lachendt  machet,  dem  wolt  er  sie  zur  ehe  geben.  Da  ward 
mancher  gefunden,  der  der  schonen  jungkfrawen  mit  seltzamen 
instrumenten  zum  hoff  käme.  Yegklicher  das  beste,  so  er 
kundte,  hören  ließ;  ein  yegklicher  vermeint  die  jungkfraw  [41b] 
zu  überkommen,  welches  aber  alles  vergebens  was.  Hiß  letz-  20 
lieh  kam  ein  schöner  jüngling,  welcher  sich  inn  jungkfrawen 
kleyder  verkleydet  hett,  der  aller  weyber  arbeyt  als  spinnen, 
naen ,  mit  seyden  stücken  einem  und  dem  andern  wol  kundt, 
dar/ü  mit  harpffen  schlagen ,  geygen ,  pfeyffen  ,  singen  unnd 
allen  instrumenten  gantz  wol  erfaren  war.  Der  fuget  sich  zu  £> 
der  jungkfrawen ,  schlüge  die  harpffen  vor  der  konigin.  Des 
der  konigin  wol  gefiel,  und  bat  ine,  bey  ihr  im  frawenzimmer 
zu  sein ;  dann  jederman  meint,  er  ein  schone  jungkfraw  were. 
Des  der  jung  wol  zumüth  was,  gedacht,  sein  sach  solt  güt 
werden.  »> 

Nun  es  nicht  lang  anstund,  der  kunigin  des  jönglings  ge- 
berden so  wol  gefiele,  das  er  bey  [42a]  ir  in  irer  kamraer 
ligen  müst;  und  wann  die  konigin  nicht  schlaffen  mocht,  schlug 
er  ir  die  harpffen,  etwan  die  lauten,  biß  sie  entschlieff.  Nun 

2  Darvon  CE  7  gethan  E  9  auffstehn  E  11  sagte  E  12 
bat  E  16  lachen  E  zü  der  E  18  zft  hof  E  22  alle  CE 
25  all  B      26  schlag  CDE   -  das  E 


r 

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38 


Martin  Montanus, 


die  konigin  wolt  nicht  lachen,  gott  geh  was  er  mit  ir  machet. 
Unnd  anff  ein  zeyt,  als  er  neben  ir  lag,  fieng  er  an  zusagen 
unnd  sie  zu  fragen,  was  ir  doch  breste ,  das  sie  für  und  f&r 
so  trawrig  war. 

o  ,Ach\  sprach  die  konigin,  ,ich  habs  keinem  menschen  nie 
wollen  sageu,  ja  auch  meinem  aignen  vatter  nit.  Aber  die- 
weyl  ir,  liebe  gespilen,  mich  fraget,  so  will  ich  es  euch  sa- 
gen. Uud  wissend,  das  mir  vor  etlichen  wochen  ein  wärtzliu 
an  der  seyten  gewachsen  ist.    Unnd  ich  fürcht,  es  werd  mir 

10  etwas  schaden  bringen,  kan  aber  wol  gedencken,  das  es  mehr 
zü  einer  straff  von  gott  geschi-[42b]cket  seye.  Dann  mich 
mein  vatter  nye  keinem  mann  verheüraten  hat  wSUen ,  wie 
mächtig  er  auch  gewesen,  sondern  mich  allwegen  als  für  ein 
Spiegel  vor  seinen  äugen  behalten.  Darumb  ich  wol  weiß,  das 

iö  mir  von  gott  solches  zugesandt  ist.  Unnd  ob  man  mich  schon 
yetzundt  gern  verheürate,  so  will  ich  aber  kein  haben;  dann 
ich  wol  weiß,  so  einer  solches  an  mir  sehen  wurde,  wurde 
ich  von  ime  gantz  veracht  und  unwerdt  gehalten.1  Und  nach 
solcher  red  klaglich  anhüb  zuweinen. 

20  Der  jung  gesell ,  so  sich  für  ein  junckfraw  außgab ,  die 
konigin,  so  best  er  mocht,  tröstet,  sie  solt  gAtter  ding  sein,  bat 
sie ,  sie  wolt  ine  doch  das  wertzlin  greyffen  lassen.  Die  ko- 
nigin der  junckfrawen  hand  name  unnd  ihm  das  wertzlin  [43a] 
wise.    Des  der  jung  gesell  heimlich  lachen  was,  das  sich  die 

2Tj  konigin  so  übel  an  einem  solchen  kleinen  ding  gehöbe,  in  zeit 
daucht,  das  er  sich  der  junckfrawen  zueignen  unnd  zuerkennen 
geben.  Sie  weitters  tröstet  und  sprach  ,  ein  unverstandner 
mann  sein  must,  der  ir  solches  verweisen  oder  dest  unwerder 
halten  wolte;  dann  es  ihr  gar  nit  schide;  so  were  manchs 

80  mensch,  das  der  wertzlin  vil  hette ,  wie  sie  dann  auch  selbst 
eine  hette.  Damit  der  konigin  hand  name,  ihr  die  auff  sein 
wertzlein  setzet,  welches  zu  gütter  massen  lang  unnd  starck 
ward. 

Darvon  die  konigin  begund  zulachen;  dann  sie  wol  sähe 

5  nie]  nit  C  7  gespiel  E  8  wisset  E  9  ftrchte  E  22 
soll  E  24  das  BD  29  gar  nichts  E  «schiede  CDE  80  selbs 
eins  E       32  wertzlin  CD,  wärtzlin  E 


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Wegkürzer,  cap.  16. 


39 


unnd  vernarae  ihne  ein  mannsbild  sein.  Sie  sehr  verwundert, 
das  er  sich  so  lange  zeyt  an  irem  hof  und  bey  ir  [43b]  an 
ihrem  beth  wie  ein  jungkfraw  enthalten  hette ,  anhüb  über 
laut  zulach en,  das  ihreu  vil  jungkfrawen  wol  horten.  Dessen 
der  jung  gesell  wol  zumüt  was,  auft  dem  beth  spränge,  zum  5 
konig  lieffe  unnd  ihme  solliches  anzeigte.  Der  konig,  der  sein 
gelabt  nicht  mocht  hindersich  gohn,  dem  jüngling  die  tochter 
gab.  Dessen  die  jungkfraw  wol  zu  müt  was ,  also  bey  ein- 
ander lange  zeit  in  grossen  frewden  lebten. 


16.  10 
Ein  student  wirt  zü  eim  nachrichter. 

Ein  schöner  wolgelerter  jüngling,  der  von  jugent  auff 
gestudiert  und  jetz  die  zeit  vorhanden,  das  er  mag  ister  artium 
werden  solt ,  seinem  vatter  heim  schribe ,  er  solt  ihme  gelt 
[44a]  schicken;  dann  er  müst  meister  werden.  Der  vatter,  der  i:> 
zimlich  vil  gelt  an  seinen  son  gehenckt  unnd,  noch  kein  auff- 
horens  da  sein  wolte,  wol  sähe,  im  wider  zuschrib,  ein  hencker 
wer  auch  ein  meyster.  Da  nun  der  güt  studiosus  sähe ,  das 
sein  vatter  im  kein  gelt  schicket,  ime  darzü  entbotten,  er  solt 
ein  hencker  werden ,  ward  er  inn  zorn  bewegt ,  den  nächsten  20 
zum  hencker  gieng,  das  handwerck  von  ime  lehrnet  unnd  in 
kurtzer  zeit  auß  gelernet  hette. 

Wie  nun  der  vater  sähe,  das  sein  son  ein  hencker  wor- 
den, warde  ine  seiner  hartigkeit  sehr  gerewen,  groß  gelt  gäbe, 
damit  er  sein  son  widerumb  darvon  kaufft.  Doch  dorfft  er  23 
sein  lebenlang  undter  kein  ehrlich  gesellschafft  nimmermehr 
gon ;  dann  im  stäts  auffgehebt  [44b]  warde,  er  were  doch  nur 
ein  hencker.  Also  sein  leben  lang  von  yderman  verschmecht 
bleiben  muste. 

Es  ist  ein  grosse  schand  unnd  laster  den  eitern ,  das  sie  90 
ire  kinder  dahin  ziehen,  das  sie  studieren  müssen,  und  her- 

l  Sie]  sich  E  3  erhalten  BD  7  gehn  E  11  einem  E  12 
jOnglig  BD  13  jetzt  DE  15  mieat  C,  müßte  E  vatter  zimlich  E 
24  bertigkeit  E      26  keine  ehrliche  E     27  gehen  E      31  miessen  G 


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40 


Martin  Montanus, 


nacher,  so  es  an  dem  ist,  das  sie  zü  herren  werden  sollen, 
erst  die  hand  abziehen  und  sie  also  hilfloß  ston  lassen.  Were 
vil  weger,  man  het  es  von  ersten  underwegen  gelassen  und 
ime  von  ersten  ein  schauffel  in  die  hand  geben  ,  ehe  er  sich 

3  zum  studieren  gericht  hett.  ,Ja4,  mochten  die  eitern  fürwen- 
den, ,mein  son  hat  mir  nicht  gefolget.4  Ja,  du  müstest  ihn 
auch  darnach  gehalten  haben.  Es  wirt  mancher  durch  hertig- 
keit  seines  vatters  zü  ungehorsam  gezwungen,  also  das  etwan 
einer  müß  auß-[45a]tretten  unnd  seinem  vatter  weyte  lassen. 

io  Dann  was  frewd  einer  mag  haben,  der  also  vom  vatter  hilff- 
loß steht ,  gib  ich  einem  yegklichen  güthertzigen  sonderlich 
zubedencken ,  neinlich  das  demselben  all  sein  frewd  zu  boden 
ligt,  dardurch  dann  der  son  gezwungen  wirt  heimzuziehen,  un- 
angesehen wie  hart  seine  eitern  sich  gegen  ihme  halten.  Wann 

lö  ihne  aber  der  vatter  nit  will  auff  nemen,  wirt  er  gezwungen, 
sich  etwann  inn  ein  teüffelisch  verfürisch  leben  zugeben ,  da- 
mit er  sich  selbst  inn  abgrunde  der  hellen  stürtzet ;  dahin  ihn 
der  vatter  bracht  hat. 

Ob  aber  solches  den  eitern  geschenckt  wirt,  kan  ich  nicht 

20  wissen.  Unnd  ob  schon  fürgeworffen  wirt:  , Gott  hat  gebotten  : 
Ir  kinder,  seit  ewern  eitern  gehorsam ;  [45b]  das  hat  mein  son 
nicht  than ;  dann  er  mir  je  und  allwegen  ungehorsam  gewesen  ; 
darumb  will  ich  sein  nicht  mehr  haben,4  —  ist  war,  gott  hats 
befolhen ;  er  hat  aber  auch  gesprochen :  ,Ir  eitern ,  reitzend 

2r>  ewere  kinder  nit  zu  zorn!4  Dises  gebotts  vergessen  meine  vä- 
terlin,  schlagens  in  windt;  vorab  wann  sie  zü  vil  most  gela- 
den, kommen  heim,  müß  also  über  den  frommen  son  außgehn, 
unangesehen  was  gott  gebotten  hat.  Darzü  dann  die  stieff- 
mätterlein  dapffer  schüren  künden ;  da  laßt  man  kein  zu  ver- 

:w  antwortung  kommen ,  ir  schreyen  müß  für  gon :  Der  hat  das 
von  dir  gesagt ;  darumb  ist  das  dein  verdienter  Ion  ,  den  solt 
du  hiemit  empfahen.4 

Ist  dann  das  billich,  göttlich  unnd  recht,  ein  inn  voller, 
doller,   trunckner  weiß  unver-[4Ga]schulter  Sachen  schlagen, 

2  utehen  E  7  auch]  fehlt  E  21  ewern]  den  E  22  thon  C 
HU  Minnen  E  lesset  E  30  fürgehen  E  32  empfahen  E  33 
emnit  R       34  und  toller  E 


Wegkürzer,  cap.  17. 


41 


reüffen  unnd  tretten?  Kan  ich  bey  mir  nicht  finden,  sonder 
dasselbige  tyrannisch,  türckisch ,  unmenschlich,  ja  auch  teüf- 
lisch  schetze.  Ich  versihe  mich,  es  solte  ein  yegklicher  vatter 
wol  wissen,  wie  er  seine  kinder  straffen  soll,  nemlich  mit  rü- 
tem  unnd  dasselbig  mit  lachendem  mund ;  darff  er  nicht  sor-  5 
gen,  das  er  ihnen  ripp  oder  anders  entzwey  schlage. 

Aber  man  wils  vergessen.  Derhalben  mich  für  güt  an- 
gesehen hat ,  dasselbige  hie  ein  wenig  zumeiden ,  damit  sich 
ein  yegklicher,  was  im  zuthün  seye,  erinnere.  Das  hab  ich 
aber  hieher  gesetzt,  das  sich  die  vatter  ein  wenig  gottes  be-  10 
felch  erinnern.  Wiewol  -ich  wol  weiß ,  mir  solchs  in  argem 
außgelegt  werden,  frag  ich  doch  wenig  darnach,  ver-[46b]sihe 
mich  auch,  es  werde  mir  solchs  kein  unschuldiger  auffheben, 
sonder  etwann  einer,  den  ich  getroffen,  zü  verantworten  under- 
stehn.  iö 


17. 

Ein  Iantzknecht  lehret  ein  edelman,  wie  er  im  thün 

solle,  das  ine  nit  friere. 

Auff  ein  zeyt  ritt  ein  edelmann  Über  feld ,  den  auß  der- 
massen,  wie  wol  er  wol  bekleidet  was,  fröre;  dann  es  hefftig  20 
schnye.  Dem  begegnet  ein  armer  zerrißner  Iantzknecht,  wel- 
cher nichts  umb  oder  an  hett  dann  ein  alts  fischer  netz,  das 
er  villeicht  kürtzlich  von  einem  fischer  gartet  hat,  unnd  hat 
in  dannocht  nit  gefroren. 

Als  der  edelman  der  zerrißnen  Iantzknecht  sähe,  sich  sehr  25 
verwunderte,  das  er  nicht  erfrure,  ine  fragen  ward,  ob  es  ine 
nit  frure ,  dieweil  er  [47a]  so  gar  nackend  gieng ,  und  frure 
ihne  doch  auff  dem  roß,  wiewol  er  wol  kleydet  were.  ,Wie?' 
sprach  der  Iantzknecht,  ,ist  es  dann  kalt  ?4  Thet  also  ein  finger 
zum  netz  hinnauß,  zuckt  den  also  bald  wider  zu  ihm  und  w 
sprach:  ,Hautsch,  hautsch,  ist  es  so  kalt!' 

* 

1  rauffen  E  3  schetzt  B  20  gekleydet  E  21  achneyet  E 
22  umb]  rnid  E  23  und  ihn  dannoch  nicht  fror  E  26  erfröre  E 
27  frure  E      fröre  E       27  dann]  fehlt  E      31  Schlich,  schuch  E 


42 


Martin  Montanus, 


Des  der  junckherr  wol  sähe,  ihne  fragen  ward :  ,Lieber, 
lehr  mich,  wie  du  ihm  thust,  das  dich  nit  friere !  So  will  ich 
dir  ein  kleyd  schencken.1  Der  lantzknecht  war  sein  wol  zu- 
friden ;  unnd  wie  er  das  kleyd  hette ,  sagt  er  zum  junckher : 
5  ,Wolan,  vester  junckher,  so  ir  wölt,  das  euch  nicht  friere,  so 
legend  all  ewere  kleyder  an !  Dann  ich  all  meine  kleyder  an 
habe;  darumb  mich  nicht  freuret.1  Zohe  also  darvon  unnd  hat 
mit  seiner  kunst  ein  kleid  überkommen.    [47b  | 

Mich  beduuckt,  man  solt  der  edelleut  yetzundt  nicht  vil 

10  finden ,  die  einem  armen  so  trew  weren ,  das  sie  ime  ein  bar 
batzen  schenckten,  will  geschweigen  yon  newem  kleyden,  son- 
der hencken  als  an  iren  stoltzen  niadensack,  got  geb  der  armb 
sterb  hungers,  erfriere  oder  gehe  ihme,  wie  es  wolle,  wann 
sie  allein  tag  und  nacht  voll  stecken.  Und  vergessen  des  grew- 

15  liehen  urtheil  gottes  gantz  und  gar ,  da  er  sprechen  wirdt : 
,Geht  hiu,  ir  vermaledeyten,  in  das  ewig  unaußleschlich  fewr, 
welches  euch  unnd  allen  teüfFeln  von  anfang  der  weit  bereit 
ist!  Ir  habt  mich  nicht  gespeyset,  getrencket,  ihr  habt  mich 
nicht  bekleydet;  dann  ich  bin  nackendt  gewesen.'    Wa  wer- 

20  den  da  meine  herrlin  sitzen  ?  Was  werden  sie  darzü  sagen  ? 
[48a]  Da  wurde  man  gern  goldt,  gelt,  hab  und  gut  den  ar- 
men geben,  das  man  wider  erlölat  wäre,  unnd  solt  man  dar- 
nach gantz  unnd  gar  manglen.  Aber  es  wirdt  alles  vergebens 
sein ;  ja  man  wirdt  weniger  heraufkommen,  weder  ein  kamel 

25  durch  ein  nadelöhr  gohn  mag. 

Darumb,  o  mensch,  wilt  du  dein  seel  von  der  ewigen  ver- 
damnuß  erretten,  so  gib  gern  allmüsen  dem  dürfftigen  umb 
gottes  willen!  Gedenck,  das  du  gott  solches  selbs  thüst !  Daun 
er  ye  gesprochen  hat:    ,Was  ir  den  minsten  in  meinem  na- 

30  men  thfit,  das  habt  ihr  mir  gethon.4  Sihe,  wie  schön,  herr- 
lich und  gewaltig  wirstu  dann  scheinen,  wann  du  mit  den  lie- 
ben engein  und  außerwölten  gottes  in  das  himel-[48b]reich 

und  in  die  ewige  unaufhörliche  freüd  eingeest,  hergegen  aber 

* 

Das  E  5  junckherrn  E  6  legt  E  7  friert  E  10  waren  C 
sie]  fehlt  E  11  schencken  E  12  henckens  alles  E  15  ur- 
theils  E  19  nacken  E  Wo  E  21  würd  E  25  gehen  E 
26  o  lieber  mensch  D  28  selbst  E  30  gethan  E  33  dar- 
gegen  E 


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Wegkürzer,  cap.  18. 


43 


die  ungetrewen,  gottlosen,  verruchten ,  tyrannischen  menschen 
in  abgrundt  der  hellen  faren  mössen ! 

Lieber  christ,  gedenck  ihm  selb  nach,  nimb  frewd  und 
träbsal  gegen  eiuander,  besieh  sie  eygentlich !  Zweyffelt  mir 
nicht,  du  wirst  frewd  für  leid  erwolen.  Wilt  du  nun  die  ewig  5 
freüd  gottes  besitzen,  nuist  du  warlich  auch  daruinb  thün,  was 
sich  gebürt ;  dann  gott  uuib  dein  boß  sundtlich  leben  dir  solche 
nicht  geben  wirdt,  sonder  vil  mehr  umb  dein  gerechtigkeit. 

18. 

Die  handtwercks  gesellen  füren  eine  zü  Straßburg  10 

im  schütten  umbher. 

Zu  Straßburg  ein  metzger  ein  [49a]  faule  schlafferige  magt 
gehabt,  wie  dann  yetzt  schier  gemeinklich  alle  raägt  seind. 
Dieselbig  auff  ein  nacht,  als  yederman  schlaffen  gewest ,  erst 
(mit  züchten  zumeiden)  die  fuß  hat  waschen  wollen.  Nun  hat  15 
aber  der  metzger  erst  deuselbigen  tag  ynschlit  geschmeltzt, 
dasselbig  hin  und  wider  in  galten  und  z&berlin  gössen  unnd 
stehn  lassen. 

Wie  nun  die  magt  sähe,  das  yederman  schlaffen  was,  in 
die  kuchen  gienge ,  suchet ,  ob  nyergents  kein  warm  wasser  20 
were,  und  ungeferde  zü  einem  zuberlein  kam,  darein  der  metz- 
ger ynschlit  gössen,  welchs  noch  ein  wenig  warm  warde.  Die 
magdt  meinet,  es  ein  warm  wasser  wäre,  ein  styelin  nam  uund 
sich  mit  den  f&ssen  in  das  ynschlit  stelte.  Nu  der  magdt  thet 
die  würme  des  in-[49b]schlit  so  wol ,  das  sie  entschließe  und  20 
nicht  erwachet,  biß  es  morgen  taget.  Also  inn  der  nacht  das 
inschlit  gestünde,  das  sie  die  fuß  nit  gewinnen  mocht,  gott 
geb  wie  sehr  sie  sich  bemuhete. 

Wie  nun  die  knecht  am  morgen  auffstünden ,  fanden  sie 
die  magdt  im  inschlit  sitzen,  namen  sie  und  satztens  auff  ein  ao 

4  Zweifflet  E  7  gepürt  C  12  Straßburg  hat  E  13  jetzund  E 
U  gwest  C  ;  gewesen  E  16  unschlit  E  17  gelten  CE  20  ku- 
chin  C  21  züberlin  CDE  22  war  E  23  8tttlen  E  25  werm  E 
anscülita  E      26  morgens  E 


44 


Martin  Montanus, 


schütten  und  fftrten  sie  in  der  statt  urabher ;  dann  es  eben  in 
der  faß  nacht  war.  Und  als  yedermann  die  magdt  gnög  ge- 
fatzt  hette,  fürten  sie  die  gesellen  auff  dem  schütten  in  das 
bad  unnd  liessen  das  inschlitt  auffschmeltzen.  Darnach  zohe 
o  die  gut  köchin  heim  und  wolt  nicht  mehr  so  schlefferig  sein. 

19. 

Von  eiuer  andern  faulen  schlätferigen  dirnen. 

[50a]  Noch  ist  ein  solche  diernen  gewesen,  die  an  einem 
orth,  welches  namen  mir  abgefallen,  bey  einem  meister  ge- 

io  dienet ,  den  man  allwegen  für  ein  kargen  filtzen  geschetzet. 
Nit  weiß  ich,  ob  man  ihme  recht  oder  unrecht  thüt;  dann 
einer  leicht  verschulden  mag,  das  er  den  leuthen  inn  das  maul 
kompt.  Derselbig  schicket  sein  magt  an  einem  sambstag  am 
morgen  inn  das  holtz. 

i;,  Nun  die  magdt  macht  die  bürde  flucks  zusammen  unnd 
sähe  wol,  das  es  noch  fru  war,  das  es  erst  drey  geschlagen, 
gedacht,  sie  wolt  ein  kleines  schleflin  thün  ,  käme  dannocht 
noch  wol  heim.  Leget  also  das  holtz  nider  und  leget  sich 
darauff  und  entschlieff  als  bald.    Ich  weiß  nicht,  wie  es  die 

20  gut  tochter  übersähe  oder  wie  sie  ihm  [50b]  thon  hat;  ye  sie 
schlüff  biß  morgen  wider  umb  drey  uren ,  das  ist  24  stund 
auff  einer  seyten.  Darnach  erwacht  sie,  stunde  auff,  vermeint, 
es  wäre  noch  sambstag,  gedacht  bey  ir  selbs:  ,Es  ist  noch 
frü,  unnd  hab  ich  dannocht  ein  zimlichs  göts  schleflin  thon.1 

2r>  Das  holtz  auff  den  kopff  name  und  heim  zü  haufi  zohe. 

Wie  sie  nun  zü  der  statt  eingienge,  begegneten  ir  die  leüt 
und  kamen  schon  auß  der  vesper,  sprachen:  ,Ey,  wie  ist  das 
so  ein  karger  filtz,  das  er  sein  magt  am  sontag,  da  yederman 
feyret,  inn  wald  schicket!1    Als  solchs  die  magt  höret,  wol 

30  gedacht ,  umb  welche  zeyt  es  im  jar  wäre  und  wie  lang  sie 

3  geellen  C  7  Vo  B  12  leücht  C  15  ire  bürde  E  20 
than  E  21  schließe  E  umb  die  drey  E  ist]  sind  E  24  zim- 
lichs] fehlt  E      gethan  E      30  welcher  E 


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Wegkürzer,  cap.  20,  21. 


45 


geschlaffen  hette,  heim  mit  irem  boltz  zuhaute  gierige  und  von 
yederman  gnög  gefatzet  warde.  [51a] 

20. 

Ein  köchin  versaltzet  alle  suppeu. 

Zu  Strasburg  bey  einem  herrn  ein  kochin  gewesen,  die  *i 
alle  suppen  versaltzen  hat,  gott  geb  man  saget  ir,  was  man 
wolte.  Und  auff  ein  zeyt  het  ir  herr  ehrlich  gast  geladen,  den 
er  gern  ehr  bewisen  hette.    Nun  als  die  supp  auff  den  tisch 
käme,  war  sie  versaltzen,  das  sie  kein  mensch  nit  essen  mocht. 

Als  solches  der  herr  empfand,  den  loffel  schnei  drücknet,  io 
der  mag  dt  rüffet  unnd  sprach:  ,Wie  kompt  es  doch,  das  nim- 
mer kein  suppen  gnflg  saltzest?  All  deine  suppen  seind  zu 
wenig  gesaltzen.'  Die  kochin,  die  des  herrn  red  nit  als  bald 
verstanden,  schnell  antwort  und  sprach:  , Warlich  unnd  gott 
herr,  ich  hab  [51b]  den  grosten  loffel,  der  im  haute  ist,  drey  i> 
mal  voll  saltz  darein  thon/  Deß  die  göst  all  lachen  wurden, 
all  gemeinklich  sagten,  wol  geantwort  wer.  Die  magdt  aber 
wol  verstund,  waruiub  sie  also  lachten,  gierig  zur  stuben  hin- 
auf und  wolt  sich  denselbigen  tag  nicht  mehr  sehen  lassen. 

21.  *> 
Ein  magdt  sagt,  sie  trenck  kein  wein. 

Ein  herr  het  ein  magt,  die  über  tisch  nimmer  kein  wein 
trincken  wolt,  man  machte  es  mit  ir,  wie  man  wolt;  sonder 
sie  entschuldiget  sich  stäts,  sie  hette  nye  keinen  truncken  von 
jugent  auff,  so  wolt  sie  es  nicht  erst  anfallen.  Der  herr  ge-  &> 
dacht,  es  were  güt,  er  wolt  ihr  den  käller  befelhen,  so  were 
er  ohn  sorg,  das  ihme  [52a]  nit  vil  wein  autetruncken  ward  ; 
dann  wann  er  knecht  zu  kellern  gesetzt  hat,  haben  sie  ihme 

* 

5  Straßburg  ist  E      7  denen  E      10  trücknet  E      16  gethan  E 
gaurt  E      24  kein  E      25  wölt  E      27  ward  CD,  würde  E 


46 


Martin  Montanua. 


so  vil  wein  außtruncken,  das  ihme  schier  nicht  mehr  zu  dul- 
den geweßt.  Gab  ir  derhalben  den  Schlüssel  und  befahl  ir, 
des  weins  mit  trewen  zu  warten. 

Die  magdt  bey  ihr  selbs  heimlich  fro  war,  gedacht  des 

•'>  kellers  zu  warten,  das  er  bald  lehr  wurde ;  doch  sich,  so  fast 
sie  mocht,  wöhret  mit  anzeigung,  sie  mochte  den  wein  nicht 
wol  schmecken,  wolle  geschweige!!  täglich  mit  umbzugon.  ,Du 
hörst  wol,  was  ich  dir  befilch,4  sagt  der  herr.  Die  magdt  nam 
die  Schlüssel  zuhanden,  verweset  das  kainer  ampt. 

10  Nun  gieng  die  magdt  hin  unnd  gewane  groß  hafen  voll 
alles  des  besten  weins  und  setzt  die  in  die  kuchen.  Wann  sie 
[52b]  dann  schlaffen  gieng,  nam  sie  es  mit  ir  in  die  k  um  tu  er, 
suff  sich  als  dann  voll  wein.  Der  herr  fand  etlich  mahl  die 
häfen  mit  dem  wein  in  der  kuchin  ston ;  er  wol  gedacht, 

15  solchs  niemand«  anders  weder  sein  källerin  thün  wurde,  doch 
er  sich  gegen  nyemandt  nichts  vernemen  Hesse.  Unnd  eins 
nachts  befalhe  ihr  wein  zuholen.  Die  magt  zündet  ein 
liecht  an,  nam  ein  kandten  sampt  irem  hafen,  zohe  in  kaller. 
Und  der  herr  zohe  ir  fein  all  gemach  nach ,  schlüg  ein  weiß 

ao  leynin  tilch  umb  sich  und  setzt  ein  schlaff  haub  auff  unnd 
versteckt  sich  au  ein  orth  bey  der  thüren,  da  er  alle  ding  ge- 
sehen mocht,  was  sie  im  kaller  thete. 

Die  magdt ,  als  sie  dem  herren  seines  tischweins  genom- 
men hett,  zum  besten  faß  gieng,  [53a]  den  hafen  voll  Hesse, 

25  darnach  an  mund  setzet,  halber  außtranck  und  wider  voll  ge- 
nommen; des  der  herr  eben  war  name.  Nun  nach  dem  die 
magt  ir  sechlin  gemacht,  sich  wider  der  thüren  zunahete.  Der 
herr  schnell  die  magdt  beym  haar  erwischet,  eh  sie  sein  innen 
war,  unnd  ihr  das  Hecht  auß  den  handen  schlug  und  unge- 

80  redt  dapffer  tractieret ;  darnach,  so  schnell  er  mocht,  wider  in 

die  stuben  zum  tisch  gieng. 

Die  kochin  aller  zerschlagen  auch  in  die  stuben  kam, 

weinet  unnd  klaget,  ein  geyst  ir  das  Hecht  und  kandel  auß 

den  handen  geschlagen  het,  darzü  sie  zugerichtet,  wie  man  sie 

* 

1  aaßgetruncken  E  4  was  E  7  umbzugehn  E  9  verwase  E 
kellner  C,  keller  E  10  die  magd  gieng  E  13  softe  E  weins 
E  14  stehen  E  15  würd  E  18  iren  hafen  E  20  leinen  E 
satzt  E      25  satzte  E 


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Wegkürzer,  cap.  22. 


47 


sehe.  Der  herr,  als  der  solchs  nicht  lenger  vertragen  niocht, 
anhub  ir  übel  zft  reden  und  sie  umb  solch  übelthat  zustraffen, 
ir  auch  als  1 53b]  bald  iren  verdienten  Ion  darzelt  und  lauffen 
ließ.  Darnach  seinen  knechten  den  käller  als  vor  befalhe,  von 
denen  er  mehr  nutz  in  eim  jar  spürt,  weder  er  von  der  magdt  •"-> 
inn  zehen  jaren  het  gehaben  mögen. 

22. 

Wie  ein  jung  gesell  einer  ein  kind  im  schlaff  macht. 

Ein  gute  schlefferige  diernen  gewesen  ist,  die  auch  lieber 
vergebens  geschlaffen  hette  weder  umb  gelt  gearbeitet.  Die-  10 
selbig  auff  ein  zeyt  von  irer  rafitter  inn  garten  geschicket  ward. 
Nun  die  diem,  als  sie  in  garten  kommen,  ist  sie  entschlaffen » 
nicht  weiß  ich,  ob  sie  die  vergangen  nacht  gewachet  oder  ob 
sie  mud  vom  graben  worden. 

Nun  was  aber  ein  junger  mütwilliger  gesell  inn  [54a]  dem  10 
selben  flecken,  dem  kein  boßheit  zfi  vil  wäre,  der  der  jungk- 
frawen  weiß  mit  dem  schlaffen  wol  wißte.  Und  eins  mals  sich 
begab,  das  er  für  den  garten  gieng,  die  jungkfraw  sähe  auff 
dem  rugken  ligen  und  schlaffen ;  wol  gedacht ,  sie  nit  leicht- 
lieh  erwachen  wurde ,   derhalben  ihm  sein  heyl  zuversuchen  20 
wäre.    Nun  er  besan  sich  nicht  lang,   tratt  inn  garten  und 
fieng  an  mit  der  jungkfrawen,  die  da  schlieff,  zuschertzen  und 
macht  des  schertz  so  vil,  das  die  junckfraw  schwanger  ward. 
Unnd  als  er  sein  sechlin  gemacht,  ir  ein  bim  darauff  legt, 
darnach  wider  auß   dem  garten  vonn  yederman  ungesehen  &> 
gienge. 

Als  aber  die  jungkfraw  erwachet,  sich  geschwecht  fände, 
doch  nicht  wußte  von  wem,  trawrig  zu  hauß  [54b]  gienge, 
irer  ni  Atter  alle  sach  klagen  ward,  die  sie  zu  solchem  hefftigk- 
lich  schlug.  Damit  ihr  dannoch  nicht  geholffen  wardt,  sonder  30 
den  schaden  ir  selbs  behalten  mußt. 

10  vergebes  B,  vergebea  D      19  und  wol  E      30  dannocht  C 


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48 


Martin  Montanus, 


23. 

Sein  weib  schlecht  ein  korbleinmacher. 

In  einem  dorff  ein  korblinmacher  gesessen,  welcher  eins 
mals ,  als  er  ein  korb  auß  gemacht,  zu  seinem  weib  gespro- 
chen: ,Wolan,  weib,  nun  sag:  Gott  sey  es  gelobt,  der  korb 
ist  gemacht !'  Das  weib  aber,  die  balßstarrig  was,  solchs  nit 
sagen  wolt.  Davon  der  korblinmacher  erzürnet,  sie  auß  der- 
massen  übel  schlug  unnd  sprach:  ,VVoltest  du  nit  sagen  :  Gott 
sey  gelobt,  der  korb  ist  gemacht?1 
10  Inn  solchem,  als  der  korblinmacher  sein  fraw  schlug,  der 
vogt  fttrging  und  [55a]  ine  fragen  ward,  was  doch  das  für 
ein  wesen  wäre.  Dem  deß  korblinmachers  fraw  alle  ding  kla- 
get. Der  vogt,  so  ein  edelman  was,  begunt  zu  lachen,  heim 
zü  hauß  zohe  unnd  seiner  frawen  alle  sachen ,  was  sich  zwi- 
sehen  dem  korblinmacher  und  seiner  frawen  begeben ,  erzelt. 
Darüber  die  fraw  sprechen  ward :  ,Nun  wolt  ichs  auch  nit  sa- 
gen, und  wann  ich  darüber  zerrissen  wurd.4  Als  solches  der 
edelman  höret,  sprach  er:  ,Wie?  Woltst  auch  so  balßstarrig 
sein?4  Mit  dem  ein  bengel  erwischt  unnd  sie  dapffer  knilt. 

Die  magt,  so  solchs  gesehen,  in  stall  zum  knecht  lieff, 
im  sagt,  wie  der  junckherr  die  fraw  geschlagen  bette,  und  ihn 
fragt,  ob  er  nicht  wisse  warumb.  Der  knecht,  als  er  mit  dem 
junckherrn  inn  des  [55b]  körbelmachers  hauß  gewesen ,  der 
magt  alle  sachen  zuwissen  thete.  Als  bald  die  magd  solches 
hört ,  schnell  unbedacht  sprach :  ,Noch  wolt  ich  auch  nit 
sprechen:  Gott  sey  gelobt,  der  korb  ist  gemacht;  und  solt  es 
mir  gon  wie  des  körbelmachers  frawen.4  —  ,Wie?4  sagt  der 
knecht.  ,woltest  du  auch  so  balßstarrig  sein  ?4  Die  magdt  nam 
unnd  dapffer  mit  fussen  tratte,  darnach  wider  lauffen  ließ. 
:w  Also  ward  des  körbelmachers  fraw,  die  vögtin  und  ir  magt 
alle  drey  aufF  ein  tag  von  eins  korbs  wegen  dapffer  geschla- 
gen.   Wann  man  aber  die  halßstarrigen  weiber  allsammen 

2  körblinmacher  E  6  aufgemacht  E  die]  das  E  18  wei- 
test E  19  pengel  E  22  als  der  E  26  gmacht  C  27  gehen  E 
32  Wenn  E 


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Wegkürzer,  cap.  24,  2b.  49 

schlagen  solt,  wurden  nicht  gnüg  bengel  da  sein;  man  must 
auch  etwan  stein  unnd  andere  instrumenta  brauchen.  [5ba] 

24. 

Ein  bettler  schlecht  sein  mantel  umb  50  gülden  an. 

Ein  edelman  ein  mal  spatzieren  ritt;  und  der  weg  in  für  ein  5 
zäun  trüge,  darhindter  ein  bettler  saß  unnd  mit  dem  stab  auff 
sein  mantel  schlug  und  sprach:    ,Wievil  vermagst?4  und  im 
selber  an  des  mantels  statt  antwortet:    ,Zehn  guldin.'  Das 
aber  als  offt  thet,  biß  er  auff  50  guldin  kam. 

Der  edelman,  so  hinder  dem  zäun  sich  gehalten  unnd  alle  10 
wort,  so  der  bettler  mit  seinem  mantel  geredt,  wol  gehört, 
herfttr  ritte  unnd  zum  betler  sprach :  ,Was  thfist  du  da,  mein 
mandlein?  Du  hast  einen  bösen  mantel.'  —  ,Ja,  junckherr4, 
sagt  der  bettler,  ,ich  inächt  leyden,  ich  het  ein  bessern.1  Der 
junckherr  zum  bettler  sagt:  [56b]  ,Wilt  du  aber  mit  mir  15 
tauschen  ?  Ich  wil  dir  mein  umb  deinen  geben/  —  ,Ey  junck- 
herr1 ,  sagt  der  betler,  ,ir  spottet  nur  mein.  Was  woltet  ir 
mit  einem  solchen  zerrissen  bösen  mantel  thün?'  —  ,  Horst  du 
nit,  waa  ich  sag?1  Nam  also  des  betlers  mantel  und  warff  im 
sein  rock  dar.  20 

Wer  was  trawriger  dann  der  bettler,  das  er  seine  50  gul- 
din verloren !  Hett  gew61t ,  er  still  geschwigen  bette.  Dar- 
nach aber  der  edelman  wenig  fragt,  ritt  also  in  des  bettlers 
mantel  heim  unnd  ließ  im  das  nachsehen. 


25. 

Ein  bettler  verleurt  zweintzig  gülden. 

Drey  landsknecht  zohen  ein  mal  über  feld ;  denen  begeg- 
net ein  bettler,  der  trug  ein  sack  vol  brot.    [57a]  Die  lantz- 


1  pengel  £  2  instromenta  CD  6  darhinder  CE;  darhinter  D 
7  seinen  E  8  selbs  E  gülden  E  13  mäudlin  C ;  m&nnlin  E 
18  zerrißnen  E      26  zwentzig  E      27  zogen  eins  mals  E 

4 


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50 


Martin  Montanas, 


kriecht  waren  hungerig,  sprachen  den  bettler  umb  ein  stuck 
brot  an ;  er  kündte  wol  anders  überkommen.  Des  sich  der 
bettler  waigert.  Als  aber  sie  sahen,  daß  er  ihnen  ein  stuck 
brot  versaget,  namen  sie  ihm  den  sack  gar,  theten  das  brot 

i»  ausser  und  warfen  den  sack  auf  den  bäum,  lagerten  sich  nider 
in  das  graß  und  zechten  güts  müths. 

In  dem  aber  der  betler  in  die  stat  gelauffen  wäre  unnd 
dem  amptman  geklaget,  wie  in  drey  lantzknecht  beraubt  net- 
ten und  im  zweintzig  gülden  genommen.    Der  amptman  als 

10  bald  mit  seinen  knechten  au  ff  zü  roß  saß ,  hinauß  ritt  unnd 
die  lantzknecht  noch  all  drey  bey  einander  sitzen  fand,  sie 
fraget,  warumb  sie  dem  armen  mann  das  gelt  genommen  net- 
ten. Die  lantz-[57b]knecht  sich  als  bald  verantworten  und 
sagten,  sie  von  keinem  gelt  nicht  wüßten ;  sie  hetten  ihn  umb 

15  ein  stuck  brot  angesprochen,  das  het  er  inen  versagt ;  so  het- 
ten sie  im  den  sack  gar  genommen ,  das  brot  darauß  geleret 
und  den  sack  auf  den  bäum  geworffen ;  sey  gelt  darinnen,  wer 
inen  nit  wissent;  er  mocht  wol  lögen,  dann  es  irenthalben 
noch  darinn  were.  Der  amptman  den  sack  ab  dem  bäum  name, 

20  die  zweintzig  guldin  darinn  verneet  fände,  den  auffschnit,  den 
lantzknechten  ein  par  guldin  zuverzeren  schanckte,  mit  dem 
überigen  heim  ritt  und  dem  betler  das  nachsehen  liesse. 

Man  findt  manchen  landstreiffer ,  der  mehr  par  gelt  hat 
weder  mancher  wol  habender  burger,  wel-[58a]ches  er  als  mit 

2o  betlen,  bescheissen  und  betriegen  gewunnen  hat.  Dann  wann 
die  schelmen  nit  mögen  arbeiten,  lauffen  sie  hinauß  von  weib 
und  kinden ,  geben  sich  an  bettelstab.  Wil  dann  weib  und 
kind  nicht  hungers  sterben,  so  müssen  sie  nach  hin  lauffen, 
dardurch  dann  der  hauff  gemehret  wirt.    Hernach  geben  sie 

30  einer  herrschafft  die  schuld ,  dieselbig  hab  sie  also  verderbt, 
und  liegen  auff  sie,  das  sich  die  balcken  biegen  mochten. 

Da  solt  ein  herrschafft  ein  einsehen  haben  unnd  ein  sol- 
chen verthonen  büben  nemen  und  ihn  straffen  ,  das  ihme  der 

halß  krachet,  sie  zur  arbeyt  zwingen  unnd  dringen.  Dann  die 

* 

1  stuck  brots  E  3  wegert  E  4  brots  E  5  legerten  CE 
10  reyt  E  14  nichts  E  18  lugen]  sehen  E  22  reyt  E  23  land- 
streicher  E  24  weder]  dann  E  alles  E  27  kindern  E  29  hauf- 
fen  E      30  dieselbe  E      33  verthanen  E      34  tringen  E 


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Wegkürz6r,  cap.  26. 


51 


Iandtfarer  umbher  faren  von  eim  herren  zum  andern,  von  einer 
statt  zu  der  andern,  dieselbigen  biß  auffs  [58b]  hinderst  auß 
merglen.  Wann  dann  darnach  ein  frommer  gesell  kompt,  der 
sich  gern  mit  frömbkeit  ernoren  wolte,  umb  ein  zerpfenning 
ansuchet,  müß  derselbig  darnach  diser  Iandtfarer  entgelten,  ö 
wirdt  also  mit  lärer  hand  abgewisen. 

26. 

Zu  Augspurg  hanget  ein  junckfraw  mit  blossem  leib 

zum  dantzhauß  herauß. 

Zu  Augspurg  ist  auff  ein  zeyt  ein  tantz  gewesen ,  darzü  io 
vil  madlen,  wie  dann  ihr  gewonheyt,  gelauffen.  Nun  weiß  ich 
nit,  wie  es  sich  zugetragen,  das  iren  zwen  mit  einander  uneins 
worden,  von  lader  gezuckt  und  zü  einander  guts  möts  geschla- 
gen, von  deswegen  yederman  von  läder  gezuckt  und  frid  ge- 
macht. Als  solchs  die  mädlin  gesehen,  allsamen  [59a]  ge-  io 
flohen ;  dann  sie  geforcht,  sie  in  solchem  tümmel  sterben  müs- 
sen. Der  larraan  hat  als  lang  geweret,  das  man  laytern  an 
die  laden  geworffen,  damit  die  mädlin,  so  nicht  vor  dem  lär- 
raan  zü  der  thür  mochten,  hinauß  stigen. 

Nun  es  was  noch  ein  jungkfraw  darin n,  die  sprang  auffs  20 
fenster  unnd  wolt  hinauß  steigen.  Weiß  ich  nit,  wie  sie  es 
übersähe,  das  sie  mit  den  kleydern  an  einem  nagel  blib  han- 
gen und  also  bloß  unnd  nackendt  vor  dem  fenster  hienge.  Da- 
von ein  sehr  groß  zulauffen  warde,  yederman  wolte  das  seltzam 
wunder  sehen.  Also  nicht  mit  kleinem  gelächter  der  zuseher 
hangen  blib ,  biß  das  gefecht  ein  end  hette.  Darnach  gieng 
einer  hinnauff,  zohe  die  gut  diern  wider  hindersich  hi-[59b] 
nein  und  furt  sie  heim  in  ir  hauß. 

Ich  glaub,  sie  het  gewolt,  das  sie  zü  Rom  were  oder  an 

* 

3  mergeln  E  4  frümbkeit  CD;  frömbkeit  E  6  hindan  gewi- 
*en  E  9  tantzhauß  E  11  medlein  C;  mägdlin  E  12  ir  E  13 
leder  CE  15  mediin  CD;  raägdlein  E  16  tümmel]  lerman  E 
miesaen  C  18  leden  C  '21  ich  weyü  E  24  grosses  E  29 
bette  E 

4* 


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52 


Martin  Montanun, 


dem  orth,  da  der  pfeffer  wechßt,  weder  also  zu  spot  yederman 
da  hangen.    Darumb  huttend  euch,  ir  lieben  mädlin! 

27. 

Ein  alter  mann  hett  ein  juuges  weyb. 

5  Auff  ein  zeyt  starb  einem  alten  mann  sein  weib;  aber  er 
verheirat  sich  bald  mit  einer  andern,  die  jung  und  einfeltig 
was,  der  man  doch  jetz  nicht  so  überauß  vil  findet.  Und  wie- 
wol  sie  ime  all  nacht  an  der  Seiten  lag,  erkandt  er  sie  doch 
nye,  sonder  stats  ein  jungkfraw  biib;  so  begert  sie  solches  nye 

10  an  ine,  dann  sie  nichts  umb  solche  Sachen  wußte. 

Nun  begäbe  es  sich  eins  mals,  das  die  gut  [60a]  jungk 
fraw  zü  andern  weybern  käme,  die  nichts  änderst  dann  von 
halsen,  küssen  unnd  solchen  abenthefirlichen  dingen  redten. 
Die  jung  fraw  stund  unnd  hörte  zü ,  wußte  nichts  darzü  als 

15  der  sachen  unerfaren  zureden.  Als  nun  die  fraw  am  abent 
heim  käme,  ward  sie  iren  mann  fragen,  was  doch  halsen  und 
küssen  were.  Der  mann  ir  alsbald  antwort:  ,Morgen  wil  ich 
dirs  zeigen/  Und  als  der  tag  kommen,  der  mann  auffstund, 
sein  hämisch  anleget,  zü  seiner  frawen  sprach:    ,Kumb  her, 

20  ich  will  dir  zeygen,  was  halsen  ist.4  Sie  nam  und  an  die  ey- 
sen  brüst  trucket,  das  sie  ersticken  hett  mögen,  zu  ihr  saget, 
das  were  gehalset.  Darnach  die  eysen  hendschuch  nam ,  ihr 
umb  den  mund  und  das  angesicht  für,  [60b]  zü  ir  sprach,  das 
wer  küsset.  Die  gut  jungk  fraw,  als  sie  den  mann  seiner  red 

25  glaubet ,  nicht  mehr  weder  gehalset  oder  geküsset  sein  wolt ; 
sie  wunder  nam,  das  die  frawen  den  fordern  tag  von  so  grosser 
freüd  gesagt  hetten  unnd  es  ein  sollich  unmenschlich  hart 
ding  wäre. 

Nun  eins  nachts  sich  begäbe,  das  dem  alten  kempffer  ein 
ao  frewd  in  ein  achsel  schösse ;  anhüb  sein  newe  braut  am  ersten 
zubeschlaffen,  doch  bälder  feyrabent  machet,  weder  der  güten 

1  weder]  dann  E  7  so]  fehlt  E  9  nye]  nit  E  10  wüßte  C 
12  anders  C ;  fehlt  E  H  wißte  C  16  wäre  E  22  ebenen  E 
24  were  C      sie]  die  E 


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Wegkurzer,  cap.  28. 


53 


tochter  lieb  was.  Unnd  als  ir  solchs  wolgefiel,  fraget  sie  ine, 
wie  doch  das  hiesse,  so  er  yetzundt  mit  ihr  getriben  hett.  ,Ey', 
sagt  er,  ,es  heißt  (mit  züchten  zü  reden)  im  hindern  geleckt.4 
Nun  ein  mal  begab  es  sich,  das  die  fraw  in  die  kirchen 
beichten  gieng.  Und  [61a]  als  sie  all  ire  sund  dem  pfarrherr  5 
erzolet,  sagt  er,  als  der  sie  jung  und  schön  sähe:  ,Fraw,  ich 
kan  euch  nit  ablaß  sprechen,  ir  gangen  denn  in  das  cappelin, 
so  vor  der  kirchen  stat.'  Des  die  fraw  wol  zü  friden  was,  inn 
das  cappellin  gieng.  Der  priester  alsbald  nachfolget  unnd  zu 
ihr  sprach:  ,Fraw,  ich  kan  euch  nit  absolvieren,  es  sey  dann  io 
sach ,  das  ihr  euch  halsen  und  küssen  lasset.1  —  ,0  wehe4, 
sprach  die  fraw ,  ,da  sagt  mir  nichts  von !  Aber  wann  ihr 
mich  im  hindern  lecken  wolten,  dorfft  ichs  thün.'  Der  pfaff 
sprach:  ,Ey,  nun  leck  dich  der  teüffel!'  Hinnach  die  fraw 
uo absolviert  heim  zohe  unnd  wider  ihren  willen  keüsch  bley-  15 
ben  müste. 


28. 

Ein  scherer  schlegt  einer  jungfrawen  ein  ader. 

[61b]  Auff  ein  zeyt  war  ein  güte  junge  tochter,  die  sich 
selbs  schön,  züchtig  und  fromb  schetzet,  aber  die  sach  gar  ein  20 
andere  gstalt  umb  sie  hat;  in  eins  scherers  hauß  kam  und  ir 
ein  ader  schlagen  lassen  wolt. 

Der  scherer,  der  wol  umb  ir  frömbkeit  wüste,  gedacht, 
zuwegen  bringen  wolt,  das  sie  öffentlich  vor  jederman  ein  solche 
sein  bekennen  mußt.  Anhub  und  sagt: , Jungkfraw,  ich  hab  zweyer-  25 
ley  eysen ;  eins,  damit  man  den  jungkfrawen  lasset,  das  ander 
gehört  zü  den  weybern.  Und  wann  ir  kein  jungkfraw  seind, 
so  sa^ent  mir  es !  So  will  ich  das  frawen  eysen  nemen.  Än- 
derst es  wirdt  euch  schaden  darauß  zustehn,  also  das  ihr  umb 

den  armb  kommen  wurden.    Darumb  lugendt ,  was  euch  zu-  30 

♦ 

4  Nu  E  6  erzelt  E  7  ir  geht  dann  E  11  wee  C;  weh  E 
14  Hinnach]  hinzohe  C ;  hinzöge  E  19  war]  fehlt  E  28  frümb- 
keit  C;  frömbkeit  E  wüßt  E  24  wolt]  fehlt  E  25  sein]  sey  E 
26  1&«t  E  27  seyt  E  28  saget  CE  30  lugendt]  sehet  E  was] 
wie  E 


S 


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54  Martin  Montanus, 

thÜD  ist!4  Die  jungkfraw  [(52a]  ein  solche  red  verdriessen 
ward ;  sagt,  ob  er  sie  für  ein  hüren  schätzet,  er  solt  das  jungk- 
frawen  eysen  nemen.  ,Meinthalben',  sagt  der  scherer,  ,es 
gilt  mir  gleich ;  wil  euch  eben  als  mehr  mit  dem  kleinen  eysen 

5  schlagen  als  mit  dem  grossen.  Ich  will  mich  aber  yetzt  pro- 
testiert haben,  widerfert  euch  etwas  am  armb,  das  ich  kein 
schuld  haben  will.1  Also  das  eysen  nam  ,  ir  solches  auff  die 
ädern  setzet,  wider  fragen  ward,  ob  er  schlagen  solt.  Die 
jungkfraw  den  balbierer  fragen  ward,  ob  ihm  also  were,  das 

10  ihr  das  jungkfraw  eysen  schaden  bringen  mochte.  ,Ja\  sagt 
der  scherer,  ,ir  h6rt  mich  wol.  Meint  ir,  das  ich  mit  euch 
schertze?1  —  -»Wolan*,  sagt  die  gut  tochter,  ,so  nement  gleich 
das  frawen  eysen,  und  hab  im  ein  güt  jar !' 

Als  sol-[62b]ches  der  scherer  sampt  den  umbstendern 

15  horten,  annengen  zu  lachen.  Des  sich  die  güt  diernen  hefftig 
Schemen  ward,  bette  gewölt,  geschwigen  hette  unnd  sich  mit 
dem  junckfrawen  eysen  schlagen  lassen ;  heim  zu  hauß  zohe 
und  fürhin  sich  nicht  mehr  frölich  auff  der  gassen  dorfft  sehen 
lassen. 

20  Es  geschieht  den  schonen  diernen  etwann  recht ,  das  sie 
den  leüthen  in  die  meyler  kommen;  dann  sie  im  nachstellen, 
sie  wöllen  die  frömbsten  sein,  unnd  seind  doch  die  ärgesten 
hären,  die  auff  zweyen  beynen  gen  mögen.  Ja,  solt  einer  ge- 
hertzt  sein,  der  inen  etwas  args  nachredte,  sie  wendten  einem 

25  ein  messer  im  leib  umb.  Da  schweig  yederman  still,  schmech 
mir  mein  fromme  jungkfrewlein  nye-[63a]mands !  Ja  wann 
mans  beim  liecht  besieht,  so  sieht  man,  wo  der  beltz  verbro- 
chen ist  und  was  es  für  fromme  töchterlin  seind;  aber  mit 
irem  glaß  schönen  überkommen  sie  etwann  ein  armen  teüfel, 

so  der  in  das  geloch  bezalen  müfi ,  und  die ,  so  lange  zeit  eins 

andern  hüre  gewesen,  er  für  fromb  haben  müß. 

Da  gehört  ein  gütter  newer  sack  zu,  und  ein  sack  iu  den 

andern  gestossen  und  die  Thonaw  hinab  geschickt  ,  das  were 

der  recht  Ion.    Wann  man  aber  alle  hören  solt  die  Thonaw 

* 

4  mähr  E  12  nemmet  E  16  sich]  ir  E  18  fürthin  C;  fort- 
hin E  21  meüler  CDE  22  ergesten  C ;  ergeten  E  26  meine  lieben 
jungfräwlin  E  27  bsicht  C  sihet  E  zerbrochen  D  28  töch- 
terlein  C       29  irm  C      30  inen  E 


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Wegkürzer,  cap.  29. 


55 


hinab  schicken,  wurden  die  weiber  leyden  theür  werden.  Dar- 
umb  den  gütten  tochterlein  etwan  zu  übersehen  ist,  vwann  sie 
schon  im  nebel  umb  gond;  dann  man  wol  weißt,  das  es 
zu  nacht  finster  ist.  Ist  man  warlich  bald  irr  gangen,  vorab 
[63b]  wann  die  jungen  studenten  eins  gelaitent ;  so  verzückt  5 
man  dann  einander ,  das  man  sich  nicht  finden  kan  ,  biß  es 
morgen  sechssen  schlecht.  Da  ligt  man  Über  einander  wie  das 
unvernünftig  vich. 

Ist  dann  das  ehrlich,  kan  ich  nicht  wissen.  Unnd  soll 
darzü  uiemands  nichts  sagen  dorffeu,  sonder  ihnen  ,Gnad  jungk-  io 
fraw'  darzü  sagen,  wolt  ich,  das  der  hagel  inn  solch  teüffelisch 
wesen  schlieg  unnd  das  hellisch  fewr  solch  junckfrawen  all 
verbrennt.  Zweyffelt  mir  nit,  man  wurde  etwan  jungkfrawen 
under  dem  gemeinen  volck  mehr  finden  dann  also.  [64a] 

29.  15 

Wie  ein  junger  gesell,  genannt  Maseto,  sich  zu  einem 
stummen  machet  unnd  inn  eira  kloster  ein  gärtner 
ward,  die  selben  nunnen  mit  sampt  der  eptissin  be- 
schlieff,  unnd  all  die  süssigkeit  der  weit  versuchten. 

Nicht  weit  von  Florentz  ein  nunnen  kloster  gewesen  oder  20 
v illeicht  noch  ist,  gehalten  von  grosser  würdin  unnd  heiligkeyt. 
Darinn  nicht  mehr  dann  acht  nunnen  waren  mit  sampt  der 
eptissin,  alle  jung  unnd  frisch;  die  hetten  ein  gütten  allten 
mann ,  der  iren  garten  in  dem  kloster  bawet.  Aber  der  güt 
mann  ires  kleines  solds  nicht  zukommen  mocht,  mit  des  klo-  25 
ster  schaffher  sein  rechnung  macht,  der  ihn  bezalt,  nam  ur- 
[Ö4b]laub  und  heim  zohe. 

Da  er  von  yederman  unnd  sonderlich  von  Maseto  freündt- 
lich  empfangen  ward ,  der  ein  gerad  mann ,  nach  beürischer 
art  schon ,  jung  unnd  ein  frisch  kuecht  was.    Der  in  fraget,  ao 

* 

3  umbgehen  E  weyß  E  8  viehe  E  10  in  E  12  schlug  E 
24  iren  gerten  BCD;  die  garten  E  25  ires]  des  E  klosters  E  29 
beyrischer  C      30  frischer  E      Der  in]  und  den  alten  E 

- 

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56 


Martin  Montanas, 


wo  er  so  lang  gewesen  were.  Der  güt  allt  mann ,  der  Nuta 
genent  was,  im  antwort  und  sagt,  wie  er  bey  den  nunnen  ge- 
dient hette  und  so  lang  bey  inen  gewesen.  Maseto  ihne  für- 
baß fraget,  womit  er  den  nunnen  gedient  hette.  Dem  er  ant- 
wortet:  ,Ich  hab  in  ir  gärten  gearbeit  und  zü  zeyten  mit 
zweyen  eselin  gen  holtz  gfaren  und  wasser  zö  irer  notturfft  in 
kuchen  tragen,  auch  etlich  ander  dienst,  als  inn  den  klöstern 
gwonheit  ist,  gethon.  Aber  sie  gaben  mir  als  ein  schnöden 
soldt,  das  ich  mich  damit  nicht  betragen  [65a]  mocht.  Über 
10  das  seind  sie  all  jung  und  frisch  unnd  haben  den  teufFel  im 
bauch;  dann  ich  ihnen  nicht  thün  mocht,  was  sie  begerten. 
Deßhalben  von  inen  gezogen  bin.  Mich  bat  wol  der  Schaffner, 
kern  mir  yemandt  zuhanden,  der  ihm  füglich  were,  das  ich  den 
zü  schicket/ 

io  Maseto  deß  alten  red  wol  vernommen  hette,  unnd  die  zahn 
im  zu  den  nunnen  wessern  wurden  ;  in  seinem  gemuth  gedacht 
sich  zuversuchen.  ob  er  mocht  zü  den  nunnen  kommen,  zü  Nuto 
sprach :  ,Wie  wol  hast  du  gethan,  das  du  wider  herauß  kom- 
men bist!    Dann  ein  mann  mit  so  vil  frawen  zufriden  stehn, 

20  er  solt  Leber  bey  den  teüfeln  sein.  Dann  zü  siben  malen  wis- 
sen die  sechs  nit,  was  sie  wollen.'  In  dem  von  iren  reden 
Hessen  unnd  von  einander  schieden.  [65b] 

Maseto  nicht  schlieff,  anhüb  zu  bedencken,  weß  er  sich 
halten  solt,  damit  er  zü  den  jungen  nunnen  in  das  kloster  kein. 

25  Wol  gedacht,  er  alle  arbeyt  kOndt,  die  dann  Nuto  gethan  hette  ; 
so  er  aber  nit  an£Pgenoramen  wurde,  umb  seiner  jugent  wil- 
len das  geschehe,  doch  sich  newer  list  bedacht,  und  zü  allen 
sachen  sinn  züfinden,  mit  ihm  selbs  bedencken  ward,  wie  das 
kloster  fehr  von  dannen  were  unnd  nyemandt  wer,  der  inn 

ao  demselben  kloster  oder  inn  derselben  gegendt  sein  kundtschafft 
hette.    Darumb  seim  selbst  rath  folget  und  sich  zü  einem 

* 

1  Nuto  E  2  im]  fehlt  E  sagt]  sprach  E  3  ihne]  fehlt  E 
fürbaß]  weiter  E  5  ir]  iren  E  6  etilen  E  zä  der  notturfft  in 
die  E  7  kuchin  C  8  gethan  E  schnöden]  bösen  E  13  je* 
niands  E  ich  ihm  den  E  15  welchem  die  zän  zä  E  16  gmuth  C 
20  es  solt  einer  E  21  iren]  denen  E  26  wurde]  fehlt  BCD  27 
das]  welches  E  lißt  C ;  eines  newen  lists  E  29  ferro  E  30  der- 
selbigen  gegne  E      31  seinem  selbest  E 


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Wegkürwr,  cap.  29. 


57 


stummen  machet;  wol  gedacht,  thet  er  das,  ihme  sein  sinn 
(  wie  dann  geschach)  für  sich  gieng  nnnd  vonn  den  nunnen  wurd 
auffgenommeu. 

Solchs  fOrnemen  mit  ihm  selber  be-[66a] stetiget  und  nie- 
mand nicht  sagt,  wahin ;  in  eins  armen  manns  form  sich  auff  5 
den  weg  zft  dem  nunnen kloster,  so  erst  er  mocht,  sich  fuget, 
darein  gieng  und  zft  seinem  glück  der  nunnen  schaffner  in  dem 
hoff  fände,  an  den  er  durch  deütung  das  almüsen  begert,  unnd 
ob  er  wolt,  das  er  ihm  das  holtz  spaltet  und  zerbacket.  Der 
schaffner  gab  ihm  zu  essen,  darnach  etlich  groß  plöck  zuver-  10 
spalten ,  die  Nuto ,  der  ander  knecht,  nicht  mocht  zerhawen ; 
also  Maseto,  der  ein  jung  starck  mann  was,  mit  wenig  strei- 
chen die  plock  zerspalten  hett.  Nun  dem  schaffner,  dem  noth 
thet  zft  holtz  ziehen,  Maseto  mit  im  fürt ;  dann  er  mocht  holtz 
hawen.  Darnach  mit  deüteu  ihm  schüff,  die  esel  mit  holtz  zft-  i:, 
laden  und  zu  hauß  füren.  [66b]  Das  Maseto,  als  der  solches 
meyster  was,  bald  thet  unnd  außricht.  Der  schaffner  hett  groß 
gefallen  ab  dem  stummen ,  in  also  etlich  tag  bey  ihm  hielt, 
mancherley  arbeyt  ihm  fürgab ,  die  er  all  ordenlich  außricht. 

Eins  tags  sich  begab,  das  die  eptisin  des  klosters  in  ge-  20 
sehen  het ,  den  schaffner  fraget ,  wer  er  were.    Der  sprach  : 
,Fraw,  er  ist  ein  armer  mann,  kan  nicht  reden,  ist  ein  stumm 
und  nngehörendt,  der  vor  etlichen  tagen  herein  umb  das  all- 
mösen  kam.    Den  hab  ich  sevther  zü  holtz  und  andern  un- 
sern  geschifften  braucht.    Könd  er  den  garten  arbeyten  und  25 
wolt  bey  uns  bleyben ,  ich  hofft  vil  guter  dienst  von  im  zu 
haben.    Dann  er  ist  jung  und  starck  unnd  wer  uns  gar  füg- 
lich ;  man  mocht  in  brauchen  zü  aller  not-[67a]turfft.  So  wer 
man  auch  on  sorg  der  ewern  jungen  frawen  schirapffens  und 
schertzens  halben ;  dann  er  kan  nit  reden  noch  gehören.4  Die  ao 
eptissin  sprach :  ,Fürwar,  du  sagst  wol.  Frag  in,  ob  er  wolt 
den  garten  bawen  und  bey  uns  bleiben,  und  thü  Heiß,  ob  du 

in  bey  uns  m5chtest  behalten!    Gib  im  ein  bar  schüch  unnd 

* 

5  nichts  E  wohin  E  6  sich]  fehlt  E  10  darnach  gab  er 
ihm  E  zA  erapalten  E  12  junger  starcker  E  15  deuten  mit 
ihm  E  18  wolgefallen  ob  E  tag  E  25  könte  E  26  wolte  E 
30  hören  E  31  Fragt  BD  wolt  E  32  bleiben,  thue  E  33 
bhalten  C 


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58 


Martin  Montanus, 


ein  bar  hosen  unnd  thn  ihm  gütlich,  damit  er  dest  lieber  bey 
uns  bleyb!4  Der  Schaffner  sprach,  mit  ihm  sein  vermögen 
thün  wolt. 

Maseto,  der  nit  fehr  darvon  was,  da  der  Schaffner  mit  der 

ö  eptissin  sein  gesprech  hette,  beyder  red  und  meynung  wol  ver- 
nommen hett ;  dergleichen  thet  den  hoff  zukeren ,  sich  endt- 
lich  macht,  fro  und  wol  zu  möt  was,  ohn  zweiffei  gedacht 
im  wurd  gelingen.  Frölich  inn  seinem  hertzeu  [67b]  sprach : 
,Nempt  ihr  mich  zu  euch  hinnein,  ich  soll  euch  den  garten 

10  also  arbeyten,  das  er  villeicht  all  sein  tag  in  solcher  maß  nie 
gearbeytet  ward.' 

Der  Schaffner  wol  sähe,  das  er  aller  bäum  arbeyt  wol  fer- 
tig wardt,  durch  deüten,  so  best  er  mocht ,  in  fraget,  ob  er 
bey  ihn  bleyben  wolt.  Maseto,  der  umb  anders  nit  dar  kom- 

15  men  was,  mit  deüten  im  an t wort ,  er  sein  gefallen  gern  thün 
wolt.  Zuhand  der  Schaffner  in  fuhrt,  den  garten  zusehen,  unnd 
ihn  weiset,  was  sein  arbeyt  sein  solt,  und  in  andere  gescheft 
des  ktosters  außgieng,  ihne  allein  ließ.  Maseto  den  garten  sau- 
ber arbeyt,  baß  dann  kein  gartner  nye  gethan  hett.  Die  jungen 

20  nunnen  zü  zeyten  zu  ihm  in  den  garten  kamen,  mit  ihm  be- 
gunden  zuschertzen  und  [68a]  ir  abweiß  mit  ihm  zutreiben, 
als  man  dann  gern  mit  stummen  thüt ;  sonderlich  mit  schäm- 
beren  worten  in  umbtreyben ,  nit  raeinten,  das  sie  von  ihm 
vernommen  weren.  Und  auch  die  eptissin  meint,  gleich  als  er 

25  ohn  rede  were,  das  er  auch  ohn  ein  schwantz  were ;  darumb 
er  nicht  acht,  was  sie  mit  im  redten. 

Nun  eins  tags,  da  er  gar  sehr  gearbeyk  und  sich  darnach 
gelegt,  zwo  von  den  jungen  nunnen  iu  den  garten  kamen  nahet 
dabey,  da  er  lag  und  ruwet.  Er  die  nunnen  auch  ersehen  und 

30  deßgieichen  thet,  als  ob  er  schlieff.  Die  zwo  nunnen  in  gar 
eben  beschawten,  doch  die  ein  frecher  und  gehertzter  dann  die 
ander;  dieselb  anhub  und  sprach:   ,\Vann  ich  glaubt,  das  du 

♦ 

1  par  E  4  fenr  E  Ö  entlich  fro  macht  E  12  bäum  E  13 
wardt]  was  E  16  und  im  E  17  andern  geschafften  E  19  baß] 
das  BD  20  zu  ihm]  fehlt  E  21  rabweiß  BCD;  ir  fatzwerck  E 
22  schamparen  E  28  umbtrieben  E  24  Undj  deßgleicben  E  25 
redt  C;  red  E  were  und  achtete  deßhalbcn  nicht  E  27  tags  als 
er  sehr  E      32  dieselbige  E 


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Wegkürzer,  cap.  29. 


59 


verschwigen  werest,  so  wolt  ich  dir  etwas  sagen  und  [68b] 
dir  mein  meynung  zu  wissen  thün.  Ich  hab  zu  mehr  malen  im 
sinn  gehabt,  das  dir  villeicht  nicht  minder  lieb  wer  als  mir.4 
Die  ander  ihr  antwort :  ,Sag  frölich,  biß  on  alle  sorg  !  Ich 
soll  es  nyemandt  sagen.'  ö 

Zü  hand  die  erst  sprach :  ,Ich  weiß  nicht,  ob  du  als  ich 
gemerckt  hast,  wie  wir  so  streng  und  hart  gehalten  sein  und 
zu  uns  kein  mann  herein  mag  daun  allein  unser  Schaffner,  der 
ein  alt  mann  ist,  und  diser  stumm.  Nun  hab  ich  offt  ver- 
nommen von  den  weltlichen  frawen ,  die  zü  uns  herein  kom-  10 
men,  das  alle  sössigkeit  der  weit  nit  zu  schetzen  sey  gegen 
der  süssen  freüd,  die  der  mann  und  die  fraw  mit  einander  be- 
gehn.  Darumb  ich  mir  zü  mehrmalen  hab  fürgenommen,  so 
ich  sonst  kein  mann  nicht  gehaben  mag,  auch  mit  disem  [69a] 
stummen  zuversuchen,  ob  im  also  sey,  als  ich  vernommen  hab  ;  ih 
dann  er  mich  darzu  güt  genüg  dunckt,  und  ob  ers  yeraandt 
sagen  wolt,  so  kan  ers  doch  nicht.  Du  sihest  wol,  er  ist  ein 
junger  auffgewachfaner  lap  vonn  jaren  und  sinnen.  Darumb 
ich  dein  meynung  auch  gern  vernemen  wolt,  was  dich  daucht.4 

,0  weh4,  sprach  die  ander,  ,was  sagst?  Weist  du  nit,  ao 
das  wir  gott  unsere  reyne  keuschheyt  versprochen  haben  ?4  — 
,0\  sprach  die  erst,  ,wie  vil  man  taglich  verspricht  und  ihm 
der  keins  helt !  Haben  wir  ihms  versprochen,  so  suche  er,  die 
ims  halten.4  Die  ander  sprach:  ,Unnd  ob  wir  schwanger 
wurden,  wie  wirt  es  uns  ergohn?4  Die  erst  sprach:  ,Du  hast  20 
sorg,  eh  sich  der  schad  begibt  und  kommen  ist.  Wann  sich 
ein  solches  fügt,  darnach  [69  b]  man  bedencken  solt,  wes  sich 
zuhalten  und  zuthün  sey.  Ich  sag  dir,  es  sein  hundert  gütter 
weg  und  sinn,  damit  man  bedencken  mag,  so  fehr  mir  dasselb 
nyemandt  saget.4  30 

Die  ander ,  die  da  grösser  begirdt  zuversuchen  dann  die 
erst  gewänne,  was  thieres  doch  der  mann  geseiu  mochte,  ,Nun 
wolan  in  dem  namen  gottes4,  sprach  sie,  ,wie  thun  wir  im?' 

4  antwortet  E  7  sin  dt  E  14  keinen  E  auch]  mich  E  19 
daucht]  gedunckt  R  *  20  sagest  du  E  22  verspricht  man  teglich 
und  heltet  man  im  deren  keins  K  23  such  C  25  wurd  C;  wurde 
E  27  ßol  E  26  und  thfin  E  29  ferr  E  30  sagen  E  32  m6cht, 
sprach  E       33  sprach  sie]  fehlt  E 


Martin  Montanu», 


Die  erst  sprach :  ,Du  siehst  wol,  es  ist  yetz  non  zeyt ,  unnd 
unsere  Schwestern  sollen  alle  zft  mittag  schlaffen ;  doch  sehen 
wir,  ob  yemandt  in  dem  garten  sey.  Ist  dann  nyemandts  hin- 
nen, was  haben  wir  anders  zuthün  dann  Maseto  bey  der  hand 

ö  zunemen  und  in  in  die  htitten  fuhren?  Da  die  ein  ihren  wil- 
len hette,  die  ander  hütet.  Er  ist  also  einfaltig,  das  er  sich 
nach  unserm  willen  [70a]  schicken  wirdt.4 

Maseto,  der  da  wachet  und  dergleichen  thet,  als  ob  er 
schlieff,  alle  ire  red  und  gesprech  vernommen  het,  Bich  schi- 

locket,  beyder  willen  zuthun;  ine,  biß  er  in  die  htitten  gefört 
was,  hundert  jar  sein  daucht. 

Die  frawen  sich  umbsahen  und,  das  nyemandt  im  garten 
was,  wol  vernamen.  Zuband  die,  die  der  materi  ursach  was, 
zu  Maseto  gieng,  ihne  auffwecket,  der  sich  nit  säumet,  auff 

15  sein  fuß  sprang.  Die  jung  mit  einem  lieblichen  deütten  oder 
wincken  ihn  bey  der  hand  nam,  und  er  mit  einem  stillen  ein- 
fältigen lachen  in  die  htitten  geführt  ward.  Da  sich  Maseto 
nicht  sehr  bitten  noch  notheu  ließ ,  der  nunnen  willen  mit 
grossen  gefallen  volbracht;  unnd  sie  als  ein  getrewe,  die  irem 

20  willen  zu  diser  stund  [70b]  hette  ein  genügen  gethan,  der  an- 
dern ihren  theyl  widerfahren  ließ.  Maseto  erzeygt  sich  gegen 
inen  einfeltig,  doch  zü  einer  stund  beyder  willen  ein  genügen 
thet;  und  wol  zü  müt  von  im  schieden. 

Darnach  gar  offt  zu  einander  sprachen,  es  sicher  war  wer, 

25  inn  der  weit  nichts  süssers  were  und  das  vil  mehr,  dann  sie 
von  den  weltlichen  verstanden  hetten.  Darnach  ihn  fügliche 
zeyt  namen,  mit  dem  stummen  zuschertzen.  Doch  nicht  lang 
vergieng,  da  sie  mit  dem  stummen  in  frewden  waren,  sie  von 
einer  ihrer  Schwester  am  fenster  gesehen  warden.  Diesel- 

80  big  es  den  andern  zweyen  auch  saget  und  weiset ;  unnd  mit 
einander  eins  wurden,  beyde  Sünderin  gegen  der  eptissin  zu 
verklagen;  doch  sich  bald  änderst  [71a]  bedachten  und  sich 
mit  den  zweyen  gar  wol  vereinten  und  sich  Maseto  süssigkeyt 
auch  theylhafftig  macheten.    Unnd  also  die  drey  nunnen  in 

:i>  kleiner  zeyt  mit  den  zweyen  gesellschafffc  machten. 

* 

1  sihest  E  6  hette]  horte  BCDE  11  was]  ward  E  12  im] 
in  E  18  vernomen  CE  materi]  warterin  BCDE  16  hand  E  19 
iren  BCDE     29  waren  E 


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Wegkürzer,  cap.  29. 


61 


Unnd  zü  letst  die  eptissin,  die  eins  solchen  nit  war  genom- 
men bette ,  eins  tags  spatzieren  in  den  garten  allein  gangen 
was,  und  das  zu  der  zeit,  da  die  hitz  am  grosten,  und  Maseto, 
der  nit  von  kleiner  arbeit,  so  er  die  nacht  gethan,  als  lang 
er  was,  gestrecket  undter  einem  bäum  auff  dem  rugken  schlaf-  :> 
fendt  ligen  fand.  Und  der  wind  hette  ihme  das  hembdlin 
foraen  aber  sich  geworffen ,  das  das  ding ,  das  die  züchtigen 
frawen  die  schäm  nennen,  unbedeckt  hüben  was.  Das  die  ep- 
tissin ersehen  het  unnd  sein  gar  eben  wäre  [71b]  nam ,  sich 
allein  sähe,  auch  in  solchen  lust  und  begirt,  als  ir  nunnen  ge-  10 
than  hetten,  fiel,  Maseto  auffweckt  und  in  mit  ir  in  ir  kam- 
mer  furt. 

Da  sie  ihn  etliche  tag  mit  grossen  murmlen  der  andern 
nunnen  hielte,  darumb  das  der  gartner  den  garten  so  lang  od 
ließ  und  nicht  arbeyt.  Aber  die  eptissin  ihn  so  lang  hielt,  io 
biß  sie  gar  eben  versucht  und  wider  versucht  das,  das  sie  vor 
allwegen  gescholten.  Doch  nach  etlichen  tagen  ihne  wider 
inn  sein  kammer  schicket  und  ihn  mehr  brauchet  dann  die 
andere. 

Des  der  güt  Maseto  nicht  mehr  zukommen  mocht  unnd  20 
augewohnet  was;  darumb  im  gedencken  ward,  blib  er  lenger 
ein  stumm,  ihm  davon  schaden  zustehn  mocht.  Und  eins  mals, 
wie  er  bey  der  eptissin  was,  ihm  selbs  die  [72a]  zungen  lo- 
set, sein  red  wider  an  sich  nam  und  sprach :   ,Fraw,  ich  hab 
offt  vernommen ,  wie  ein  han  neün  hännen  ein  genügen  seye,  25 
unnd  zehen  mann  einer  frawen  nit  mögen  ein  genügen  thun. 
Und  ich  ir  doch  neün  versehen  inüfi.    Solchs  ich  nicht  mehr 
vermag.    Und  das  ich  bißher  gethan,  hat  mich  zu  solchem 
bracht,  das  ich  weder  vil  noch  wenig  mehr  mag.  Darumb  ir 
mich  fürbaß  werden  gehn  lassen  oder  andere  sinn  finden,  da-  au 
mit  ich  leben  mag.1 

Da  die  eptissin  Maseto  red  höret,  aller  erschracke  und 

sprach:    ,0  weh,  was  ist  das!    Nun  glaubt  ich,  du  werest 

ein  stum.4  —  ,Frawk,  sprach  Maseto,  ,ich  bin  ja  wol  ein  stumm 

* 

6  fände  C  7  das  der  ding  BCD  das]  dann  B  9  war  C 
11  mit  in  ir  BC  19  andern  E  21  gewöhnet  BCD  22  davon] 
dai  on  B;  darvon  £  28  löset  £  29  gebracht  E  30  werdet  £ 
indem  £      32  reden  £      aller]  darab  sehr  £ 


62 


Martin  Montanus, 


gewesen,  aber  nit  von  natur.  Sonder  mir  ein  grosse  kranck- 
heit  die  red  nam,  die  mir  in  diser  ver-[72b]gangen  nacht  ist 
wider  kommen.4  Das  die  fraw  alles  glaubt  und  in  fürbaß  fra- 
get, was  das  bedeüt,  das  er  neünen  gedient  het.  Maseto  ir  da 

ö  alle  sachen  sagt,  was  ir  nunnen  täglich  mit  ihm  begangen 
hetten.  Dabey  sie  wol  vernam ,  das  alle  nunnen  gleich  wie 
sie  gethan  hetten ,  doch  Maseto  von  ir  nit  lassen  wolt ,  also 
lang  biß  sie  mit  ihren  frawen  rath  het>  damit  ir  kloster  und 
ir  güter  leymat  nit  geschmecht  wurd. 

10  Und  etlich  tag  dar  vor  inen  ir  alter  Schaffner  tod  was. 
Und  sich  aller  sachen  halb  mit  Maseto  unnd  iren  frawen  ver- 
einigten, unnd  mit  Maseto  groß  freOd  hetten  und  dem  volck 
darlegen  zuverstehn  gaben ,  wie  durch  ir  demütig  gebet  zu 
gott  unnd  dem  heyligen,  inn  deß  er  das  kloster  geweihet  was, 

10  Ma-[73a]seto,  der  lang  zeit  ein  stumm  gewesen,  sein  red  im 
were  wider  kommen.  Zü  band  in  zü  irem  Schaffner  bestaten 
und  sein  mühe  und  reitten  nnder  sich  teylten,  das  er  sein  hin- 
für zu  güter  maß  wol  zukam.  Und  wie  wol  er  vil  junger 
nünnlein  machet ,  doch  iren  handel  in  solcher  maß  führten, 

•20  das  sie  nye  inn  keinerley  argem  verdacht  wurden ;  also  ver- 
schwigen  blibe,  dieweyl  die  eptissin  bey  leben  wäre. 

Doch  nit  lang  darnach,  das  die  eptissin  mit  todt  abgieng 
uund  starb ,  und  Maseto  nun  daselbst  abgeritten  het ,  reich 
widerumb  heim  kam,  ein  allter  reicher  vatter  seiner  kinder,  im. 

a>  on  alle  mühe  erzogen,  der  sein  mühe  und  arbeyt  wol  angelegt 
hette.  Unnd  mit  einer  agst  über  die  L^3b]  achseln,  als  er  in 
das  kloster  zogen  was ,  widerumb  heim  zöge  unnd  sprach  : 
,Gott  allen  den  solchen  lohn  geb,  die  ihm  also  dienen  und  die 
horner  auffsetzen !' 

30  Es  seind  vil  mann  unnd  auch  frawen,  die  thorlich  glau- 
ben, wann  einer  jungkfrawen  oder  jungen  frawen  ein  schwartz 
tüch,  das  man  ein  weyl  nennet,  auff  das  haupt  leget  und  ein 
schopper  an  den  halß  hencket,  das  sie  nicht  mehr  frawen  seind 

noch  fürbaß  mehr  frölichs  lust  empfinden  sollen,  gleicher  weiß 

* 

2  vergangen  BD  3  Da«]  des  B  7  het  BCD  9  leumbd  E 
13  durch]  fehlt  BCDE  gbett  C  14  dem]  den  BCDE  16  zu] 
auti  BCD  17  er«  hinfur  E  19  nünnlin  E  26  axt  E  SO  sind  E 
32  weyler  E       33  schapper  E      sindt  E      34  laste  E 


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Wegkürzer,  cap.  30. 


63 


als  ob  sie  auß  steinen  zu  nunnen  gemacht  weren  unnd  nicht 
frolich  sein  dortften.  Es  aolt  wol  also  sein ,  es  fält  aber  zu 
zeyten  leyden  weyt.  Dann  man  etwan  inn  den  klöstern  hauß 
belt,  das  gott  darein  sehen  [74a]  möcht,  welches  aber  ich  yetzt 
will  bleiben  lassen.  ö 

30. 

Münch  Albrecht  einer  jungen  trau  wen  zuverstehn 
gibt,  wie  der  engel  Gabriel  umb  sie  bühlet,  und  er 
sie  an  des  engels  stadt  offtermals  beschlafft. 

In  der  würdigen  statt  Imola  was  ein  mann  von  bösen  10 
unzichtigen  sitten,  genannt  Borodelle  Masa ;  des  untugent  und 
unzüchtige  werck  an  allen  heüsern  kund  unnd  wissen  waren, 
dem  glaubt  mau  auch  die  warheit  nit.  Dabey  er  wol  vernam, 
seiu  wesen  inn  Iniola  nicht  mehr  gesein  mocht,  unnd  als  ein 
verzagter  gehn  Venedig  zoch.    Da  er  sich  seiner  boßheyt  ab  io 
thet  unnd  zu  einem  münch  ward  barfüsser  orden,  nennet  sich 
münch  Albrecht  von  Imo-[74b]la  und  under  solcher  seiner 
kutten  anfieng,  auch  zuverstehn  gab,  wie  er  ein  streng  unnd 
gütlich  leben  füret.    Er  sehr  lobet  die  penitentz  unnd  gehor- 
sam umb  gottes  willen ,  er  aß  kein  fleisch  unnd  tranck  kein  20 
wein,  ja  wann  er  in  nit  het.   Es  nam  yederman  wunder,  das 
also  auß  einem  grossen  dieb,  ruffianer,  falschen  spiler  ein  so 
heiliger  mann  war  worden.    Über  das  er  sich  auch  zu  prie- 
ster  macht,  stäts  ob  dem  altar  stunde  meß  zulesen ;  unnd  wa 
er  inn  seiner  meß  vil  zuseher  het,  er  stäts  weynet  das  leiden  2.5 
gotes  als  der,  den  sein  zäher  nit  vil  kosten,  wann  er  sie  ha- 
ben wolt.    In  kurtzer  zeit  mit  seinem  weinen  unnd  predigen 
in  solcher  maß  sein  handel  führet,  das  in  Venedig  wenig  gros- 
ser heyrat,  testament  [75a]  und  heimliche  rhät  verbracht  wur- 

* 

2  dorfften  £  fehlet  E  3  leyden]  gar  E  haußbaltet  E  5 
vil  also  röwen  und  bleiben]  E  H  Berodelle  CE  12  an]  in  E 
warend  C  14  gesein]  gehaben  K  15  Da]  das  E  16  ordens  E 
17  nod]  fehlt  E  21  nicht  hatte  E  25  zusehen  BCD  weytten 
CD;  beweynet  E  26  zahern  K  kosteten  E  28  seinen  E  29 
rhat]  that  BD 


64 


Martin  Montanu», 


den ,  das  er  nit  darzü  als  ein  getrewer  diener  gotes  begert 
ward ,  ein  grosser  deposituri  und  hüter  der  verborgen  schetz, 
ein  grosser  rathgeber  und  beychtvatter  der  mann  und  frauwen. 
Inn  solchem  leben  er  von  dem  woltf  zu  einem  hirten  ward 

5  unnd  für  heyliger  unnd  besser  gehalten  war,  dann  sanct  Fran- 
ciscus  ye  ward. 

In  solchem  seinem  heyligeu  leben  sich  begab ,  das  ein 
junge  einfaltige  fraw,  genandt  Liseta,  eins  reichen  kauffmanns 
weib,  der  zü  den  zeyten  mit  galleen  inn  Flandern  gefaren  war, 

10  mit  andern  frawen  zubeychteu  zu  dem  heyligen  münch  Alberto 
giengen.  Und  sie  im  bey  seinen  füssen  knewet,  als  die  ein 
Venedigerin  was,  die  all  hoch  trabend  sein,  [75b]  unnd  nun 
wol  den  halben  theyl  irer  sünd  geklagt  het,  sie  von  dem  beich- 
tiger  gefragt  ward,  ob  sie  ein  bülen  oder  liebhaber  het.  Dem 

15  sie  mit  scharpffem  angesicht  antwortet  unnd  sprach :  ,Herr 
mtinch,  habt  ir  nit  äugen  in  ewerein  haupt?  Dunckt  euch 
mein  schone  den  andern  gleich  sein  ?  Ich  het  ir  genüg,  wann 
ich  ir  begert;  aber  mein  schöne  ist  nit  einem  yegklichen  zu- 
geben noch  von  einem  yegklichen  lassen  lieb  haben.  Wie  vil 

20  secht  ir  der ,  deren  schön  geschaffen  ist ,  als  die  mein  ist  ? 
Dann  fürwar  ich  mich  inn  dem  paradeyß  vergienge.4  Unnd 
so  vil  von  irer  schöne  sagt,  das  ers  zu  hören  verdrossen  war. 

Münch  Albrecht  bald  veruam,  das  sie  übel  gesaltzen  was, 
ihm  wol  gedacht,  sie  sein  fügs  were,  zuhand  ohn  maß  inn  sie 

25  [76a]  in  lieb  entzündt,  doch  auff  diß  mahl  bey  im  bleyben 
ließ  und  sich  gegen  ir  gar  heylig  beweyset  und  sie  straffet, 
zu  ir  sprach,  solche  ihre  wort  nit  anders  dann  hochfart,  über- 
müt  und  eytel  ehr  weren.  Uber  solche  straff  die  jung  fraw 
zu  ihm  sprach,  er  were  ein  bestia  und  kendte  nit  ein  schöne 

30  vor  der  andern.  Münch  Albrecht  sie  nit  mehr  betrüben  wolt, 

ir  die  büß  sprach  unnd  sie  zu  irer  gesellschafft  gehn  ließ. 

Nach  etlichen  vergangnen  tagen  er  ein  getrewen  gesellen 

nam  und  zu  fraw  Liseta  gieuge.    Die  er  in  einem  irem  saal 

fand  und  auff  ein  ort  nam,  da  er  von  nyemandt  mag  gesehen 

* 

5  war]  fehlt  £  11  gieng  E  knyet  £  12  all]  also  E  15 
scharpffen  C  16  euchj  mich  BCD  20  sehet  £  22  ward  £ 
24  eeins  E  26  bewise,  sie  strafft  und  sprach  E  27  wort  nichts  £ 
34  mocht  gesehen  werden  E 


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Wegkürzer,  cap.  30. 


65 


sein,  nider  auf!'  seine  knye  ir  für  die  fuß  fiel  und  sprach: 
,Fraw,  ich  bitt  euch  umb  gots  willen,  das  ir  mir  verzeyhet 
und  vergebet,  das  [76b |  ich  euch  an  dem  vergangnen  sontag 
ewer  schone  halb  gestrafft.  Dann  die  nechste  nacht  hernach 
mir  solliche  büß  und  pein  geschähe,  das  ich  mich  seyther  der-  5 
selben  zeyt  nicht  hab  mögen  auifrichten  dann  erst  heüt  auff 
disen  tag.4  Da  sprach  fraw  Liseta:  ,Wer  hat  euch  also  dar- 
um l>  gethan?1 

Da  sprach  brüder  Albrecht:    ,Fraw ,  das  solt  ir  wissen, 
da  ich,  als  mein  gewonheyt  ist,  an  meinem  gebeth  inn  meiner  10 
zellen  was,  gehling  mir  ein  grosser  schein  kam  unnd  ich  mich 
nit  so  bald  umbkeren  mocht  zusehen,  was  doch  solcher  schein 
bedeüten  mocht,   ich  ein  schönen  jüngling  sähe  mit  einem 
grossen  stecken  in  seiner  hand.    Der  mich  bey  dem  goller 
meiner  kutten  nam  unnd  zü  dem  erdtrich  für  sein  füß  warff,  l» 
mich  zurichtet,  das  [77a]  ich  sein  nit  vergiß,  dieweil  ich  leb. 
Den  ich  fraget,  warumb  das  geschehe  oder  wie  ich  das  umb 
in  verschuldet  hette.    Er  mir  antwort  und  sprach:  Darumb 
das  du  heüt  so  behertzt  gewesen  dich  widersetzen  und  zustraf- 
fen die  himlische  schöne  meiner  lieben  frawen  Liseta,  die  ich  20 
lieb  habe  (gott  außgenommen)  ob  allen  creaturen  der  weit. 
Ich  in  fraget,  wer  er  doch  were.  Er  mir  antwort  unnd  sprach: 
Ich  bin  der  engel  Gabriel.    0  herr ,  sprach  ich  zü  ime ,  ich 
bitte  euch,  ir  mir  verzeicht  unnd  vergebt;  es  ist  nit  mit  ge- 
ferde  geschehen.    Er  zü  mir  sprach :    So  sey  dir  vergeben  •  25 
doch  du  erstlichen  zü  meiner  lieben  frawen  gehest  und  sie 
bittest,  das  sie  dir  vergeh;  unnd  wa  sie  dir  nit  vergibt,  so 
komme  ich  wider  zü  dir  unnd  wurd  [77b]  dich  in  solcher 
maß  zürich ten ,  das  du  ein  armer  mann  sein  solt  alle  deine 
tag.  Was  er  mir  mehr  saget,  mag  ich  euch  nicht  sagen,  biß  SO 
das  ir  mir  vergebet.4 

Fraw  Metze  (ehe  vol  kleyen  dann  saltz)  sich  gantz  frewen 

* 

4  halb]  hab  BCD  6  mügen  E  9  das]  da  BCD  10  da]  das 
BCD  meinem]  einem  BCD  22  Da  fraget  ich  ihn  £  antwort 
mir  E  24  verzeyhen  und  vergeben  mir  E  25  Da  sprach  er  wider 
iä  mir  E  26  doch  solt  du  erstlich  E  frawen  Liseta  gehen  E 
27  bitten  E      28  wir.lt  E      32  eh  CE 

Montanui  jHa^HM^ 


Martin  Montanu«, 


ward,  da  sie  den  münch  vernam ;  das  sie  förwar  alles  so  glaubt, 
als  er  ir  hett  zuverstehn  geben.  Zu  ihm  sprach:  ,lch  sagt 
euch  wol,  brüder  Albrecht,  mein  schöne  himlische  schone  were. 
Aber  warlich  und  als  mir  gott  helff,  so  ist  es  mir  hertzlich 

o  leyd  umb  euch ;  und  damit  euch  hinfür  solches  nit  mehr  ge- 
schehe, ich  euch  vergebe,  doch  das  ir  mir  sagt,  was  der  engel 
zu  euch  weytter  saget.1 

Brüder  Albrecht  sprach:  ,Fraw,  seytemal  ir  mir  ver- 
geben habt,  so  will  ich  es  euch  gern  sagen,  doch  das  ihrs  bey 

10  euch  [78a]  bleiben  last  unnd  das  keinem  menschen  auff  diser 
weit  saget,  wollend  ihr  änderst  ewer  sach  nicht  entweyhen  ; 
dann  ir  seyt  die  seligst  fraw  auff  erden.  Mir  saget  der  engel, 
das  ich  euch  sagen  solt,  wie  ir  im  liebet  ob  allen  frawen  auff 
erden,  in  solcher  maß  das  er  zu  mehrmalen  deß  nachts  zu  euch 

15  kommen  were,  wann  er  nicht  besorgt  hett  euch  schrecken  zu- 
bringen. Und  yetzundt  euch  bey  mir  entbeüt  unnd  wissen 
laßt,  er  wolle  eins  nachts  kommen  euch  frewd  zugeben,  wa  es 
auch  ewer  gefallen  wer,  bey  euch  zuschlaffen  und  euch  der 
himlischen  frewd  theylhafftig  machen.    Unnd  daruinb  daB  er 

lh)  ein  engel  ist,  kam  er  in  geysts  formb,  so  mocht  ir  in  nit  an- 
greyffen.  Darumb  er  euch  zft  lieb  inn  geystes  und  mannes 
formb  [78b]  zft  euch  kommen  wirdt  und  begeret  von  euch  zu 
wissen,  wann  es  euch  an  dem  fügkligsten  sein  mochte,  das  ir 
in  solches  durch  mich  wissen  lassen ;  und  in  welches  manns 

ä>  formb  er  euch  liebt  unnd  gefeit ,  er  zi\  euch  kommen  wolt. 
Deß  ihr  euch  ob  allen  frawen  diser  weit  selig  sprechen  mögen.' 

Wer  was  fröer  dann  die  fraw  Giettel?  Zft  dem  münch 
sprach:  ,Ir  mir  groß  frewd  bracht  habend,  das  ich  vonn  dem 
engel  lieb  gehabt  bin/    Desselbigen  gleichen  er  von  ir  lieb 

:jo  gehabt  were,  unnd  wa  sie  ihn  gemalet  fände,  sie  im  allwegen 
ein  liecht  anzündt.  , Darum  er  von  mir  nit  minder  ist  lieb 
gehalten  als  ich  von  ihm.4  —  Und  zu  welcher  stund  es  ir  ge- 

1  dann  sie  alles  das  glaubet,  so  er  geeagt  hatt.  Darnrab  zum 
münch  sprach  E  2  sag  BCD  5  mehr  nit  E  G  vergibe  C;  bo 
vergib  ich  euch  E  8  sintemal  E  9  ichs  E  10  lalit  CK  11 
wolt  ir  anders  E  17  leßt  E  wo  E  20  kern  CE  24  lasset  E 
26  diser  weit]  fehlt  E      muget  E       28  Ir  habt  E       29  er]  fehlt  E 


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Wegkürzer,  cap.  80. 


67 


fallen,  wolt  er  zu  ir  kommen.  —  Antwort,  er  sie  all  zeit 
wurde  in  ir  kammer  zu  seim  wil-[79a]len  bereyt  finden,  doch 
das  er  sie  vor  der  jungkfrawen  Maria  nit  lassen  solt;  dann  ir 
gesagt  wer  und  sie  auch  wol  gesehen  het,  das  er  gegen  ir  ohn 
maß  huld  und  liebe  trug,  dann  sie  in  allwegen  vor  Marian 
knien  finde.  Und  zu  ir  zukommen,  in  welcher  formb  im  das 
liebet,  er  ir  auch  gefallen  were,  nur  das  ir  nit  schrecken 
brechte. 

Bruder  Albrecht  sprach:  ,Fraw,  ir  reden  weißlich;  ich 
solt  wol,  nach  dem  ir  gesprochen  habet,  mit  im  reden.  Aber,  10 
fraw,  ir  mocht  mir  on  all  ewere  mühe  und  kosten  ein  grosse 
gnad  thün,  das  ist,  das  es  euch  lieb  und  gfall,  das  der  engel 
mit  meinem  leib  unnd  in  meiner  form  zti  euch  komm.  Nun 
mercket,  was  grosser  gnad  ir  mir  tbüt!  Er  wirt  mein  seel 
auß  meinem  leyb  nemen  und  in  das  paradeiß  thün  und  mei-  15 
nen  [79b]  leyb  an  sich  nemen ;  unnd  dieweyl  er  bey  euch  ist, 
mein  seel  dieweyl  im  paradeyß  sein  wirt.4  Da  sprach  sie: 
.Das  ist  mir  lieb,  und  ich  wil  euch  das  an  der  Maria  statt, 
so  ihr  von  dem  engel  empfangen,  gönnen.4 

,Nun  wolan4,  sprach  brüder  Albrecht,  ,so  schaffet,  das  die 
port  ewers  haufi  auff  dise  nacht  geöffnet  werde,  inn  maß  das 
er  einkommen  mög;  dann  in  menschen  formb  er  nicht  kom- 
men mochte,  wo  ewer  thür  nit  offen  wer.4  Fraw  Nese  sprach : 
THerr,  das  soll  geschehen.  Das  er  nur  komm ,  wenn  es  ihm 
fuglich  ist!4  In  dem  mflnch  Albrecht  wol  gemüt  von  ir  schiede.  25 
Die  fraw  gantz  mit  fretiden  blib,  mit  ir  selbs  sie  glorieret,  in 
solcher  maß  das  ir  das  hemat  den  hindern  nicht  beruret,  und 
hundert  jar  daucht,  biß  der  engel  [80a]  Gabriel  zü  ir  käme. 

Und  als  brüder  Albrecht  nun  wol  daucht,  er  ein  ritter 
und  Stecher  und  nicht  ein  engel  sein  müst,  sich  mit  gütten  ;w 
confecten  anhüb  zu  laben  und  stercken,  damit  er  nicht  geringk- 
lichen  vom  roß  abgestossen  wurde,  von  seinem  prior  Urlaub 

* 

1  wolt  E  5  trüg  C  allweg  E  7  gefiel,  auff  das  sie  nit  er- 
schreck E  nun  BCD  9  ir  bis  im  reden)  ich  wil  es  fleissig  aus- 
richten E  10  Aber  ir  mochten  E  11  ewer  CD  12  ist  das]  ist 
wenn  E  es]  er  BCD  lieht  und  gefeilt  E  14  ir]  er  BCD  17 
in  dem  E  18  Marien  E  24  nur]  nun  E  26  sie]  fehlt  K  28 
kerne  E      30  nit  CE 

5* 


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(38 


Martin  Montanus. 


nam  unnd  mit  einem  seinem  gesellen  des  abends  inn  einer 
seiner  freündin  haute  gieng,  da  er  auch  vormals  mit  stöten  gen 
acker  gefaren  was.  Da  er  die  zeyt  wartet,  sich  verkleidet 
unnd  gantz  verkeret.    Da  sein  zeyt  kam,  sich  in  fraw  Liseta 

ö  hauß  fuget,  da  er  sich  mit  mancherley  fantasey  in  engels  weiß 
formieret  het,  also  in  der  frawen  kammer  erschine. 

Da  die  fraw  in  also  schon  und  weiß  in  purpur  färb  sähe, 
für  ihne  auft'  ire  knye  nider  knyet.  Der  engel  ihr  den  [80b] 
segen  gab,  auff  von  der  erd  hüb  und  ir  den  weg  zu  dem  beth 

10  weiset.  Deß  sie  bald  gehorsam  und  willig  was,  der  engel  sich 
bald  zu  ir  füget.  Brüder  Albrecht  was  von  leib  ein  schon 
gerad  mann,  das  fräwlein  änderst  speiset,  dann  ir  mann  thet; 
zu  manch  malen  on  flügel  dieselb  nacht  flog,  darvon  das  Ve- 
nediger fräwlein  frölich  und  wol  zu  mftt  war;  über  das  er  ir 

l")  vil  saget  von  himlischen  freüden  und  grossen  ehren. 

In  dem  sich  der  tag  nahend  ward,  beyde  ir  Ordnung  ga- 
ben des  widerkerens.  Und  der  engel  inn  seinem  hämisch  von 
ihr  schiede  und  zu  seiner  gesellschaff't  gieng.  Und  damit  sein 
gesell  dieselbig  nacht  nit  forcht  hette,  noch  allein  zu  sein  ver- 

20  d Hessen  ließ,  die  fraw  im  hauß  im  zu  beth  geselschafft  ge- 
leist  hette.  Unnd  [81aJ  unser  schone  fraw  Liseta,  als  bald 
sie  das  mal  gessen  het,  ir  geselschafft  name,  zu  dem  mflnch 
Albrecht  inn  das  kloster  kam,  ime  groß  wunder  von  dem  engel 
Gabriel  sagt,  unnd  wie  sie  der  himlischen  frewden  von  ihme 

25  vernommen  hette,  unnd  alls  sein  wesen,  gestalt  und  geberd, 
darbey  vil  ander  newe  mär. 

Zü  deren  brüder  Albrecht  sprach :  ,Fraw ,  ich  weiß  nit, 
wie  ir  mit  im  gestanden  seyt;  aber  in  diser  nacht  da  kam 
er  zu  mir.    Und  da  ich  im  ewer  botschafft  geworben  het,  da 

ao  name  er  mein  seel  und  trüge  sie  in  sovil  blümen  und  rosen, 
das  ich  ir  so  vil  nye  gesehen  hab.  Darinn  ich  also  stund  an 
eiuem  lustigen  eml  biß  auff  disen  vergangnen  morgen  zu  met- 
tin zeit.4 

,So  sag  ich  euch4,  sprach  das  ungesaltzen  fräwlein  ,  ,das 

* 

1  seiner  K  9  zum  E  13  dieselb  nacht  on  flügel  K  16 
nahen  CE  war  E  geben  BD  17  UndJ  fehlt  E  ü5  alles  CE 
27  sprach]  sagt  E      32  metten  E 


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We^ kürzer,  cap.  30. 


09 


ewer  leib  dise  [81b]  vergangne  nacht  bey  dem  engel  Gabriel 
in  meinen  armen  gelegen.  Und  ob  ir  mir  das  nicht  glauben 
wolt,  so  suchet  unter  ewer  lincken  brüst,  da  ich  einen  grossen 
kuß  hin  gethan  habe,  als  ihr  bey  dem  zeichen  wol  mercken 
werden.1  Da  sprach  brüder  Albrecht:  ,lch  soll  auff  disen  tag  5 
thün,  das  ich  lang  zeit  nit  gethan  hab,  und  mich  nacket  auf- 
ziehen,  zusehen,  ob  ir  mir  die  warheit  gesagt  haben.1  Also 
nach  mancherley  öden  thädingen  das  frawlein  wider  zu  hauß 
gienge;  und  mtinch  Albrecht  manch  malen  in  engels  weiß  sich 
bey  der  frawen  fand.  10 

Doch  eins  tags  sich  begäbe,  das  fraw  Liseta  bey  einer 
irer  gefatterin  wäre;  die  beyd  mit  einander  ir  grossen  schöne 
halben  striten.  Und  Liseta,  die  sich  irer  schone  halben  über 
[S2a]  all  ander  frawen  schetzet,  als  die  da  wenig  saltz  in  der 
zungen  het,  sprach:  ,0  liebe  gefatterin,  wißtend  ir,  wem  mein  15 
schone  ob  allen  gefeit  unnd  liebet,  ir  wurdeud  euch  wundern 
und  geschweigen  deß,  das  ihr  saget/  Die  gefatterin  zu  ir 
sprach,  als  die  sie  wol  einfältig  erkendt:  ,Fraw,  ir  möchten 
die  warheit  sagen;  unnd  wa  ich  deß  ein  eygenschafft,  ich  nit 
wider  euch  also  redt.1  Zu  der  das  ungesaltzen  frawlein  sagt :  20 
«Gefatterin,  man  solt  es  nyemand  sagen;  der  engel  Gabriel  hat 
mich  erwölt  auß  allen  frawen  auff  erden  für  die  schönste;  und 
nach  dem  er  mir  zuverstehn  gibt,  er  mich  lieb  hab  als  sich 
selbs.4 

Solcher  wort  die  gefatterin  willens  hette  zu  lachen,  doch  a> 
sie  deß  enthielt,  damit  sie  fürbaß  etwas  news  von  dem  guten 
fraw-[S2b]lin  verneinen  möcht,  und  zu  ir  sprach:  , Fürwar, 
fraw,  ist  der  engel  Gabriel  ewr  bül  und  liebhaber  und  sagt 
euch  solche  ding,  es  soll  sicher  war  sein;  aber  ich  het  war- 
lich nit  glaubt,  das  die  engel  solches  theten/  Die  fraw  zü  :» 
der  gefatterin  sprach :  ,0  weh ,  ich  hab  durch  gangen  die 
wunder  groß.  Er  thüt  es  sicher  baß  dann  mein  mann.  Er 
sagt  mir,  man  thft  es  auch  droben  in  dem  paradeiß;  aber  ich 

ihne  schöner  dunckt  dann  kein  fraw  inn  dem  himel,  darumb 

* 

l  lieb  BCD  bey]  mit  E  7  zu  besehen  E  habt  E  8  man- 
cherley] vilen  E  9  manches  mal  E  18  halb  E  14  alle  andere 
E  15  wißten  E  16  verwundern  E  21  sol  E  26  sie]  sich  E 
27  freülin  C      34  dunck  E 


70 


Martin  Montanua, 


er  gegen  mir  iu  liebe  entzündt  und  kompt  zu  Zeiten  zu  mir.1 
In  solcher  red  die  gefaterin  von  fraw  Liseta  schied  unnd 
dauchte  sie  hundert  jar,  biß  sie  kam,  da  sie  solchs  sagen  möcht. 
Unnd  auff  ein  kirchtag  sich  zu  vil  marichen  frawen  gesellet, 

5  denen  sie  alle  sach  der  frawen  Liseta  [83a]  und  des  engel  Ga- 
briels sagt.  Die  selben  frawen  solches  iren  mannen  sagten 
unnd  auch  andern  frawen ;  unnd  also,  ehe  zwen  tag  vergangen, 
die  gantz  stat  Venedig  diser  abentheür  vol  ward.  Und  under 
andern  mannen,  den  es  zu  wissen  kam,  das  waren  ire  schwa- 

io  ger.  Die  inen  fürnamen  in  geheim  und  still  den  engel  zu  fin- 
den, ob  er  fliegen  oder  springen  kündt,  sich  etlich  nacht  an 
die  hüt  unnd  wart  stelleten. 

Auch  solche  mar  brüder  Albrecht  waren  zu  gehör  kom- 
men, der  sich  eins  nachts  zu  der  frawen  fuget,  die  frawen  ver- 

lö  raeint  umb  solches  zu  straffen.  Unnd  da  er  bey  ir  in  der  kam- 
mer  was  und  sich  noch  nicht  gar  außgezogen  het,  da  kamen 
der  frawen  schwager,  die  ihn  in  das  hauß  he.tten  sehen  gehn, 
[83b]  und  stiessen  die  kamtnerthür  auff.  Das  der  münch  bald 
vernain,  was  das  gesein  möcht,  kein  ander  flucht  nicht  sähe, 

20  dann  ein  fenster  der  kainmer  aufl'thet ,  das  ob  dem  grossen 
wasserfluß  was.  Von  dem  er  sich  hinab  ohn  Hügel  in  das 
wasser  warff  und  ohn  allen  schaden  über  das  wasser  schwam, 
alda  er  eins  armen  manns  hauß  offen  fände.  Den  er  durch 
gott  bathe,  das  er  ihuie  sein  leben  h&Iffe  retten,  manig  lugen 

2ö  und  newe  mahr  saget,  wie  und  warumb  er  also  nacket  daher 
kommen  were.  Der  gut  arm  mann  sich  ihn  erbarmen  ließ, 
ihn  in  sein  eygen  beth  leget,  zu  im  sprach,  das  er  also  still 
leg,  biß  er  wider  kern,  ihn  gar  wol  versperret,  darnach  gienge 
sein  geschehet  außzurichten. 

:w        Nun  als  der  frawen  schwager  inn  die  kainmer  ka-[84a] 

men  und  funden,  das  der  engel  Gabriel  on  zweiffei  zu  dem 

fenster  außgeflogen  was,  ein  klein  beschauipt  bliben  ,  das  sie 

sein  nicht  funden;  die  frawen  schölten  und  ir  übel  zuredten, 

* 

2  gfatterin  C  3  keine  E  4  vilen  E  5  sie]  ihr  E  9  denen 
E  11  konte  E  nacht  E  24  manche  lug  E  26  mann  erbar- 
met sich  sein  und  legt  ihn  an  sein  eigen  beth  und  sprach,  er  solt  nur 
still  liegen  E  28  und  ihn  uiemit  gar  E  32  sie  ihn  nit  E  33 
schulten  CE 


Weg  kürzer,  cap.  80. 


71 


gantz  betrübt  Hessen,  mit  deß  engels  kleyd  zu  hauß  giengen. 

In  dem  der  tag  kam,  der  güt  mann,  inn  deß  hauß  der 
manch  geflohen  was,  auff  sanct  Marxen  platz  auch  vernommen 
het,  wie  das  der  engel  Gabriel  desselben  nachts  mit  fraw  Li- 
seta  zu  schlaffen  kommen  wer,  aber  er  entrunnen  were;  zu  5 
band  gedacht,  er  der  sein  solt,  den  er  in  seinem  hauß  hetf 
unnd  sich  bald  zü  im  füget,  ihn  erkannt  und  zu  ihm  sprach, 
wol  er  nit  in  der  frawen  Liseta  schwäger  hend  kommen,  das 
er  im  schaffet  fünff  hundert  gülden.  Das  er  als  bald  thete. 
[84b]  10 

Nach  dem  münch  Albrecht  heim  und  auß  dem  hauß  be- 
geren.  Zu  dem  der  gut  mann  sprach :  ,Ich  weiß  kein  sinn 
euch  dar  von  zu  bringen,  dann  ein  sinn  allein  ist,  damit  ir  der 
frawen  schwager,  die  auff  allen  ecken  hüter  haben,  nicht  in 
die  hend  kommen.  Darumb  deucht  mich,  wa  es  ewr  gefallen  lö 
wer;  man  machet  heüt  gar  ein  schön  spil  auff  sanct  Marx 
platz,  da  kommen  gar  vil  mit  wilden  thieren  hin,  ye  ein  ge- 
sellschafft  änderst  dann  die  ander;  darnach  macht  man  ein 
gejagdt;  wann  das  vollbracht  ist,  darnach  yederman  gehn  mag, 
wa  sein  hertz  hin  begerte.  Darumb  wolt  ihr,  eh  ihr  bey  mir  jo 
erspehet  werden ,  so  will  ich  euch  anlegen  in  eines  wilden 
manns  form,  von  hie  außfuren,  darnach  ,  wo  euch  hin  liebet, 
[85a]  ich  euch  fuhren  mag.  Kein  anderen  weg  ich  nit  finde, 
damit  ir  von  hinnen  komment/ 

Brüder  Albrecht  schwer  daucht  in  wildes  manns  form  ge-  2., 
fuhrt  sein,  doch  grosser  forcht  halben  es  zugab  unnd  sich  wil- 
liget; zu  dem  götten  mann  sprach,  er  solt  ihn  fuhren,  wie  er 
wolt,  nur  das  er  darvon  käme.  Der  güt  mann  anhflb  ine  mit 
honig  gar  wol  zubestreichen,  darnach  in  mit  federn  außfüllet 
und  in  die  hand  ime  ein  grossen  dremel  gab ,  in  die  ander  30 
zwen  groß  hund,  die  er  in  der  fleyschbanck  auffgefangen  het, 

* 

2  dessen  E  3  Marx  E  4  dieselbig  nacht  bey  K  5  geschlaf- 
fen bett,  er  aber  E  8  Wolt  ihr  nicht  E  11  Darnach  munch  A. 
begeret,  das  er  ihm  heym  ins  kloster  hülffe  E  12  weyl>  euch  mit 
keinem  andern  list  E  13  dann  allein  durch  einen  E  15  duncket 
E  16  gar  schone  E  20  begert  E  23  keinen  E  25  gedaucht 
E  26  verwilliget  E  29  honig  wol  E  30  dremel J  kolben  E  3t 
er  unter  der  E 


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72 


Martin  Montauus, 


und  ihn  selbst  an  einer  grossen  kätten ,  die  er  ihme  an  den 
halß  gelegt,  füret.  Aber  vorhin  einen  auff  sanct  Marxen  platz 
geschickt  hette,  der  außschrey,  welcher  den  engel  Gabriel  sehen 
wolt,  das  er  sich  auff  den  [85b]  regenplatz  machte;  in  also 

5  nicht  mit  kleiner  rumor  und  gschrey  auff  den  platz  bracht. 
Und  da  der  erbar  manu  mit  seinem  wilden  mann  kam. 
da  der  platz  am  höchsten  ist ,  er  seinen  wilden  mann  an  der 
kätten  gar  wol  an  ein  saul  band,  deßgleichen  thet,  als  ob  er 
jagen  wolt.    Dieweyl  stachen  die  mucken  den  enget  Gabriel. 

io  Und  da  der  getrew  mann  den  platz  mit  volck  am  völlesten 
sähe,  deßgleichen  thet,  als  ob  er  in  ab  der  kätten  nemen  wolt, 
ime  die  schembart  von  dem  angesicht  risse,  an  hüb  und  sprach  : 
,Lieben  herrn,  seytemal  das  wild  schwein  an  unser  ^ejägd  nit 
kommen  ist,  darum b  man  nit  hat  jagen  mögen,  darumb  ir 

15  dann  herzü  kommen.  Damit  ir  aber  ewer  zeit  nit  vergebens 
verloren,  ich  euch  an  desselben  statt  den  engel  Gabriel  sehen 
lasse,  [86a]  der  von  hyramel  herab  deß  nachts  kompt,  die 
jungen  Venediger  fräwlin  zutrösten.4 

Und  alßbald  münch  Albrechten  der  schambart  ab  dem 

sogesicht  käme,  er  von  yederman  erkandt  ward,  ein  solch  ru- 
mor und  geschrey  von  dem  volck  wider  in  ward ,  das  wider 
ein  bösen  mann  ye  gebort  ward,  im  sein  angesicht  mit  aller 
unreinigkeit  beworfen  ward,  mit  bösen  unzüchtigen  worten 
übel  außgericht,  also  etlich  stund  gehalten ,  biß  das  geschrey 

25  in  das  kloster  seinen  münchen  kam.  Deren  sich  etlich  auf- 
machten, in  ab  der  kätten  namen ,  ein  kutten  anwurffen ,  nit 
mit  kleinem  geschrey  der  nachfolger  zu  hauß  fürten  und  in 
gefengknuß  verschlussen.  Und  in  solcher  gefengknuß  und 
harten  leben  biß  an  sein  end  verhalten  ward.  [86b] 

w  Also  geschähe  dem  guten  münch  Albrecht,  der  so  gehertzt 
was  und  sich  zum  engel  machet,  zu  nacht  die  schönen  frawlin 
tröstet;  und  aber  im  letstlich  übel  gelohnet  warde.  Gott  wöll, 
das  allen  solchen  münchen  also  geschehe. 

1  ketten  CE  4  in]  ist  E  7  mit  der  ketten  E  8  an  die 
seul  E  20  solche  E  23  ward  beworfen  E  25  auffmachen  E 
26  anworffen  E      28  verschlossen  E 


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Wegkürzer,  cap.  31. 


73 


31. 

Münch  Riualdus  beschlafft  sein  gefatteriri,  darzö  der 
manu  kommet;  dem  sie  beyde  zuverstekn  geben,  wie 
sie  dem  kind  die  Würm  vertriben. 

In  Siena,  der  alten  statt,  was  ein  junger  von  gnüg  er-  b 
barem  geschlecht,  genandt  Rinaldus.  Derselbig  besondere  liebe 
zu  einer  seiner  nachbeürin  trög,  die  was  eins  reichen  manns 
weib.  Groß  begird  und  willen  het  mit  ihr  zureden  und  des 
on  zweyffel  was,  wo  das  geschehe,  [87a]  von  ihr  seinen  willen 
haben  wolte,  doch  das  in  langer  zeyt  nit  gehaben  mocht.  io 

In  solcher  zeit  die  fraw  eins  kinds  schwanger  ward.  Des 
er  ime  gedacht  gefatter  zu  werden  ,  sich  bald  zu  irem  mann 
gesellet,  da  ihn  zeyt  daucht,  so  er  züchtigst  mocht,  an  den 
begert  sein  gefatter  zu  sein,  des  der  gut  mann  willig  und  wol 
zu  mut  was.  Da  nun  Rinaldus  fraw  Agnessen  gefatter  was  L5 
unnd  nun  gut  ursach  het,  mit  ir  zu  reden  ohn  alles  verden- 
ckeu,  umb  des  willen  ein  hertz  empfieng,  ir  sein  groß  lieb, 
sinn  unndt  meinung  entdeckt  unnd  zuverstehn  gab;  dann  sie 
vor  wol  an  seinen  gebärden  verstanden  het.  Aber  der  guten 
frawen  sein  böser  wil  wenig  zu  hertzen  gieng,  da  sie  sein  böse  80 
begirt  vernommen  het. 

Nach  dem  nicht  lang  [87b]  vergieng,  (nit  weiß  ich,  was 
die  ursach  was)  Rinaldus  zu  einem  geistlichen  mann  ward  unnd 
»ich  zu  einem  münch  machet,  alle  lieb  unnd  freündtschafft  sei- 
ner gefatterin  hindersich  zu  ruck  leget,  und  in  solchem  sei- 25 
nem  geistlichen  leben  alle  böse  gedancken  bey  im  verschwun- 
den waren.  Doch  in  etlicher  zeyt  wider  ausich  name,  das  er 
gelassen  het,  unnd  in  seiner  geistlichkeit  anhub  sich  kostlich 
zu  kleiden,  sein  kutten  von  dem  besten  gewand  machet,  groß 
frewd  sein  selbst  hett ,  mit  singen ,  dantzen  allen  Last  suchet.  :» 
lud  in  solchem  verruchten  leben  Rinaldus  wider  inn  sein  erst 

* 

2  Reynaldii8  K  3  gaben  E  5  erbaren  B  7  nachtbeürin  C 
H  des]  das  BCD  18  dann]  den  E ;  das  Arigo  23  Reynaldus  K 
27  nara,  da  ers  E      30  hett]  thet  BCD 


74 


Martin  Montanus, 


gewonheyt  käme,  sich  gar  offt  zu  seiner  gefatterin  fuget  wind 
das  vil  mehr,  dann  er  vor  ye  gethan  het.  Unnd  nach  sol- 
chem offt  kommen  [88a]  er  mit  ihr  anhüb  zu  reden  der  sach 
halben,  die  er  an  sie  begeren  was.  Die  gefatterin  auff  ir  sel- 

5  ber  stund ,  als  die  da  weder  ab  noch  zusagen  kundte  unnd 
sich  vom  münch  solicitiert  sähe;  auch  er  sie  ein  schön  jung 
mann  dauchte,  und  das  villeicht  mehr,  dann  er  was. 

Nun  eins  tags  sich  begab,  das  er  ir  groß  freud  und  kurtz- 
weyl  machet ;  unnd  sie  als  die  andern,  die  willens  haben  sich 

io  zu  begeben  und  zü  geweren,  das  man  an  sie  begeren  ist,  sich 
auch  inn  ihrem  gemüt  gegen  deß  münchs  willen  entbot;  und 
damit  auß  zweyen  willen  ein  will  worden  was.  Zu  münch 
Rinaldo  sprach:  ,Gefatter,  was  ist  das,  das  ir  saget?  Nun 
meint  ich  doch,  die  münch  thetten  solchs  nicht.4    Der  münch 

ir,  antwort  und  sprach :  ,Fraw,  wann  ich  auß  mei-[88b]ner  kut- 
tin bin,  als  ich  dann  yetzuudt  thün  will,  so  solt  ir  sehen,  das 
ich  ein  mann  und  nicht  ein  münch  bin,  als  die  andern  sein.4 
Des  die  fraw  lachet  und  sprach :    ,0  weh  euch !  Nun 
seyt  ir  doch  mein  gefatter;  wie  möchten  wir  ein  solchs  ohn 

*jn  grosse  sünd  gethün  ?  Dann  ich  hab  offt  vernommen,  wie  das 
die  gröst  sünd  sey  auff  erden ;  und  ftirwar,  wann  das  nit  wer, 
ich  thet,  was  euch  lieb  were.4    Auff  diese  wort  frater  Rinal- 
dus  antwort  und  sprach :  ,Ir  seyt  ein  einfaltige  fraw,  undter- 
laßt  ihr  das  umb  ein  solches  willen.    Ich  sag  nicht ,  das  es 

20  nicht  sünd  sey;  aber  gott  vergibt  grosser  sUnd,  dann  die  ist, 
wenn  man  allein  rew  unnd  leyd  darüber  hat.  Aber  sagt  mir 
eines,  fraw  gefatterin !  Wer  ist  ewretu  kind  neher ,  ich ,  der 
es  zu  der  tauff  in  [89a]  den  armen  gehalten  hab,  oder  euwer 
mann,  der  es  gemacht  hat?4    Die  fraw  sprach:  ,Mein  mann, 

:«>  der  der  vatter  ist.4  —  ,Ir  saget  war4,  sprach  der  münich, 
,8chlaffet  ewer  mann  stats  bey  euch  ?4  —  ,Jak,  sprach  sie.  — 
,Darumb  solt  ihr  wissen4,  sagt  der  münch,  ,seytemals  ich  ewrs 
kinds  minster  nechster  bin,  so  sol  ich  als  wol  als  ewr  mann, 
der  doch  dem  kindt  neher  ist,  bey  euch  schlaffen.4 


6  sie]  sich  UK  7  er  was]  etwas  BCD  15  kutten  CE  17 
sind  K  23  Ir  bis  fraw]  fehlt  E  Last  ir  E  24  solchen  BDE 
nit  C       25  die]  diese  E 


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Wegkürzer,  cap  31. 


75 


Die  fraw  kein  loica  künde ,  darbey  übel  gesaltzen  was, 
dem  raünich  antwort  gab:  ,Wer  möchte  ewrn  weisen  Worten 
aotwort  geben !'  Dabey  ir  fürnam  im  zu  willen  werden ,  und 
ander  der  deck  zwischen  zweyen  schneeweissen  leinlachen  sich 
zü  manig  malen  bey  einander  funden,  der  gf atterschafft  mit  5 
mehr  ruhe  und  minder  sorgen  dann  vor  spilten ,  und  [89b] 
das  mit  grossem  tust  zu  beyder  seyt. 

Under  anderm  eins  tags  sich  begab,  das  der  münch  bey 
der  frawen  was  unnd  nyemandt  zu  hauß  was  dann  ein  junges 
madlin ,  das  er  mit  eim  juugen  münch ,  der  in  seiner  gesell-  10 
schafft  was,  oben  auff  in  das  hauß  das  Pater  noster  unnd 
Ave  Maria  zu  lehnten  schicket.  Und  er  mit  seiner  lieben  ge- 
fatterin,  die  das  kindt  am  arrab  het,  in  die  kanimer  gieng, 
sich  darein  wol  versperret,  unnd  auff  das  beth  zu  einander 
setzten ,  da  sie  nach  irer  gewonheit  der  liebe  mit  einander  ib 
spylten. 

Da  sie  nun  beyde  ein  güte  zeit  ir  kurtzweil  bey  einander 
gehabt  hetten,  so  kompt  der  frawen  mann ,  des  münchs  ge- 
fatter,  zü  hauß,  und  eh  yemund  sein  war  nam,  er  an  der  kam- 
merthür  ruffet  und  klo-[90a]pffet.  Da  das  fraw  Agnes  vernam,  a> 
mit  grossem  schrecken  zum  münch  sprach  :  ,0  weh,  wie  sol 
ich  meinen  dingen  thün  ?  Ich  müß  on  zweyffel  sterben.  Dann 
mein  mann  ist  vor  der  thür ;  nun  wirt  er  erst  sehen  und  die 
ursach  unser  beider  grossen  kundschafft  erkennen.1  Nun  was 
der  niünich  nackent  und  one  kutten ;  da  er  der  frauwen  wort  20 
vernam,  zu  ir  sprach:  ,Fraw,  ihr  sagt  recht,  es  ist  besorg- 
lich. Wer  ich  nur  in  der  kutten,  etwan  funden  wir  sinn,  un- 
ser beyder  ehr  zuerretten.  Aber  so  ir  im  auffthut,  so  findet 
er  mich  ,  als  ich  bin ;  so  haben  wir  kein  ursach  unnd  seind 
beschämet.'  Die  fraw  bald  ein  list  erdacht,  zum  münch  sprach  :  30 
.So  schließend  bald  in  ewer  kutten  und  nembt  das  kranck  kind 
in  ewern  arm  und  merckendt  [90b]  gar  eben,  was  ich  zü  ewerm 

gfatter  sprich!   Darnach  wissend  euch  zu  richten,  damit  sich 

* 

1  logica  E  über  BD  5  mancbmalen  £  8  andern  BD 
10  mägdlin  E  14  versperrten  E  17  bey  einander]  fehlt  E  20 
da*  die  fraw  E  21  weh  B  24  grosse  E  27  funden  E  29 
sind  E  30  bald]  geschwind  E  31  schliefft  E  32  mercken  E 
33  wißt  E 


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7(3 


Martin  Montanus, 


ewere  wort  mit  den  meinen  vergleichen ,  unnd  lassend t  nur  mich 
mit  den  Sachen  umbgehn!4 

Der  gut  mann  vor  der  kamraerthür  nit  auffgemercket  het; 
die  fraw  ihm  antwort  und  sprach:    ,Mann  ,  hab  mit  mir  ein 

5  kleine  weyl  gedult!  Ich  komme  jetzund.4  Und  mit  frSlichem 
angesicht  auffstund,  zu  der  thür  lieff,  dem  mann  auifthet,  zu 
im  sprach :  ,0  weh,  mein  lieber  mann,  was  sol  ich  dir  sagen, 
es  ist  heut  unser  gfatter  Riualdus  woi  zu  unserm  glück  her 
kommen.    Ich  gelaub  fürwar,  gott  selb  hab  in  zu  uns  ge- 

losandt;  dann  ohn  zweyfel,  wer  er  nit  gewesen,  unser  kind  were 
auff  disen  tag  gestorben.4 

Da  das  der  mann  vernam ,  aller  erschrack  und  sprach : 
,Wie  [91a]  dem,  liebs  weib?4  —  ,0  lieber  mann4,  sprach  sie, 
,im  kam  vor  einem  kleinen  weyle  solche  on macht  zu,  das  ich 

15  mich  seines  lebens  verwegen  het  und  nicht  anders  dann  für 
todt  schetzet.  In  dem  unser  gefatter  Rinaldus  kam,  das  kind 
zu  seinen  hendeu  nam,  zu  mir  sprach:  Gefatterin,  des  kinds 
kranckheyt  seind  die  würra  im  bauch,  die  gohnd  im  zum  her- 
tzen ;  und  wo  man  das  nicht  fiirsehe,  so  wurden  sie  das  kind 

uotodten;  doch  seyt  on  sorg,  ich  sol  sie  beschwören  und,  eh  ich 
von  euch  gehe,  all  todten  und  das  gut  kind  gesund  machen. 
Darzü  wir  dein  gar  wol  bedörfft  betten,  aber  wir  mochten  dich 
nit  haben  noch  dich  niendert  finden ;  und  wir  an  deiner  statt 
unser  maidlein  und  unsers  gefatern  gesellen  am  höchsten  des 

25  hauß  zu  [91b |  betten  verordneten,  er  und  ich  mit  dem  kind 
in  die  kammern  giengen;  dann  niemandt  anders  bey  solchen 
Sachen  sein  mag  dann  des  kinds  mütter  allein.  Und  damit 
uns  niemandt  irre,  ich  die  kammer  versperret,  unnd  er  hat 
das  kind  noch  stäts  in  seinen  armen,  und  ich  glaub,  er  wart 

:#  nichts  anders,  dann  biß  das  sein  gesell  sein  gebett  mit  un- 
serm maidlein  gesprochen  hab.  Wa  das  geschehen  wer ,  so 
betten  wir  mit  der  hilff  gottes  alle  sorg  überwunden  ;  dann  es 

steht  sehr  wol  umb  unser  kind,  gott  sey  lob.4 

* 

1  last  E  9  glaub  E  selbst  E  12  mann  erhört,  sehr  E 
14  weil  E  17  seine  BD  Gefatter  BODE  18  sind  E  gehn  E 
19  würden  E  20  toden  CD  21  alle  töden  CD  23  gehaben  E 
24  magdlin  E  gfatern  C  25  ich]  mich  BCD  29  seinem  E 
warte  E 


Wegkürzer,  cap.  31. 


77 


Der  schlecht  einfeltig  güt  mann,  genannt  Sandutzo,  der 
frawen  alle  red  glaubet;  dann  sein  liebe  zu  dem  kind  groß 
was,  also  das  er  zu  der  frawen  liegen  und  betriegen  kein  acht 
haben  mocht.  Und  mit  einem  schweren  seuff-[92a]tzen  zu  der 
frawen  sprach :  ,Ich  muß  gen  unser  kind  sehen/  Die  fraw  b 
sprach:  ,Nein,  nicht  gehe,  du  seyest  dann  berufft!  Dann  du 
mochtest  sonst  villeicht  eh  schaden  dann  nutz  bringen.  Hab 
ein  wenig  gedult,  laß  mich  vor  besehen,  ob  du  on  schaden 
hinein  gen  mögest!    So  will  ich  dir  ruffen.' 

Nun  brüder  Ruedel  der  frawen  red  gar  wol  vernommen  10 
het  uund  sich  in  solcher  zeit  gar  wol  und  mit  guter  muß 
wider  angelegt  het,  das  kind  in  sein  arm  name  und  aller  ding 
nach  seinem  willen  fertig  wäre;  er  der  gefatterin  ruffet  unnd 
sprach:    , Gefatterin,  höre  ich  nicht  mein  gefattern  daussen 
reden?1    Der  Sandutzo  eh  dann  die  fraw  antwort:   ,Ja,  herr,  u> 
ich  bin  hie.4  Der  münch  sprach:  ,Kompt  zu  mir!1  Sandutzo 
sich  nit  säumet,  bald  hin-[92b]ein  gieng.  Der  münch  im  das 
kindt  gab ,  zu  ihm  sprach :    ,Gefatter ,  nembt  hin  ewer  kind 
frisch  unnd  gesund !  Aber  ir  werd  machen  lassen  ein  wechsin 
bild  in  seiner  grosse  gott  zö  lob  unnd  dein  lieben  herrn  sanct  20 
Ambrosio  zu  ehren,  durch  des  gebetts  willen  euch  gott  dise 
grosse  gnad  gethan  hat/ 

Da  der  gut  mann  sein  kind  ansichtig  ward,  aller  wol  ge- 
müth  das  halset  und  küsset,  als  dann  gern  die  vatter  den  kin- 
dern  thün,  es  an  sein  arm  empfieng,  vor  grossen  freüden  wei-  2* 
net,  gott  lobet  und  seinem  gefattern  danck  saget,  der  ihme 
sein  kind  bey  dem  leben  behalten  hette. 

Und  in  solchen  mären  bröder  Rinaldi  gesell  das  jung 
miul lein  nit  allein  ein  gebett,  sonder  mehr  dann  viere  gelehrt 
hette;  dem  schanckt  er  ein  se-[93a]ckelein  von  weissen  faden») 
gestrickt,  das,  nit  lang  was,  ihme  ein  nunn  geben  hat,  mit 
dem  er  im  das  töchterlein  geneygt  unnd  andechtig  macht.  Und 
das  pulver  ab  seiner  kutten  schüttelt ;  dann  er  auch  den  hauß- 
wtirt,  das  er  kommen  was,  vernommen  het,  auch  was  der  mann 

* 

10  Ruedel  C;  Rudel  E  12  seine  E  13  ward  E  21  durch 
dessen  E  22  gethon  E  28  des  B  29  nieidlin  E  30  weis- 
sem E 


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78 


Martin  Montanus, 


mit  der  frawen  und  die  fraw  mit  dem  mann  geredt  het,  ver- 
nommen, yederman  in  gütem  frid  sähe;  auch  er  in  die  kam- 
mer  kam,  zu  brüder  Rinaldo  sprach:  , Brüder ,  ir  habt  ein 
bessern  und  sterckern  athem  gehabt  dann  ich.  Ir  habt  recht 
o  und  wol  gethan,  gott  sey  danck.  Ich  für  mich,  da  ewer  ge- 
fatter  kam,  nicht  mehr  dann  zwey  gebett  gesprochen  hett. 
Doch  gott  der  allmächtig  unser  beyder  mäh  und  arbeit  ange- 
sehen und  uns  sein  gnad  mit  getheilt  hat,  das  [93b]  mein  tod 
kind  ist  wider  zu  seiner  gesundheit  kommen.' 
lü  Nach  aller  dieser  vergangner  red  Santutzo  got  lob  unnd 
danck  sagt,  bald  schüff  gütten  wein  und  confect  zukommen, 
seinem  gefattern  zu  ehren  ein  collation  zumachen,  des  sie  beid 
mehr  dann  anders  nottürfftig  waren.  Demnach  sie  beid  auß 
dem  hauß  geleytet,  gott  befalhe  und  bald  das  wechsin  bild, 
15  als  im  der  münch,  sein  gefatter,  gebotten  het,  schüff  zu  ma- 
chen unnd  das  zu  den  andern  fUr  sanct  Ambrosio  bild  hieng. 
Hernach  sich  münch  Rinaldus  und  sein  gefatterin  offtermals 
one  sorg  bey  einander  fanden. 

Es  zweyffelt  mir  nicht,  der  güt  Santutzo  hab  wol  ge- 
20  merckt,  in  welcher  gestalt  mfinch  Rinaldus  sein  kind  gesund 
gemacht  hat.  Was  solt  |94a]  er  aber  darzu  sagen  oder  thün  ? 
Hett  er  etwas  angefangen  ,  die  fraw  geschlagen  oder  solch 
schand  von  inen  außgeschryen ,  wer  es  niemandt  zu  grösserm 
nachtheyl  kommen  dann  im  selbs.  Dann  ein  gemein  sprich- 
st wort  ist,  das  sollichs  ein  böser  vogel  sey,  der  im  selbs  in  sein 
nest  scheist.  Welches  on  z weyfei  der  güt  dölpel  wol  betrach- 
tet hat,  darumb  stillschweig  und  sie  gleich  den  scharrer  offter- 
mals mit  einander  dantzen  lassen. 

32. 

:w  Münch  Burckhardt  ßcblaff't  bey  einer  würtin ,  darzü 

der  mann  kompt. 

In  einem  flecken  in  Meichßnen  ein  wirt  gesessen,  welcher 

2  er  auch  E  5  gethon  K  10  vergangnen  £  11  gilt  £  13  an- 
dere £  16  Ambtosi  E  18  funden  E  22  solche  E  25  das  ein 
solcher  E      30  schlifft  E      32  Meychßnen  C;  Meissen  E 


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Wegkürzer,  cap.  82. 


79 


ein  schon  weyb  gehabt ;  aber  von  irer  tilgend  und  fürtreflich- 
keit  unvonnöten  zu  [94b]  melden,  dann  ihr  dardurch  villeicht 
schand  und  spot  zustehn  mochte.  Zu  der  ein  mttnch,  der  sein 
wonung  inn  eim  kloster  nit  fehr  von  der  würtin  hauß  het,  inn 
unordenlicher  liebe  entzündt,  ir  zu  lieb  offt  in  das  wirtshaufa  5 
gienge,  darinn  zechet  und  versuchet,  ob  er  sie  mocht  zu  sei- 
nem willen  bringen,  aber  kein  zeychen  von  ir  der  liebe  nyer- 
Kendts  spüren  mocht.  Von  deß  wegen  der  arm  inünch  inn  be- 
trübnus  fiele,  doch  letstlich  ime  fürnam,  solche  sein  liebe  der 
frawen  zu  offenbaren,  darüber  liebs  unnd  leids  gewarten.  10 

Und  eins  tags  sich  begab ,  das .  der  wirt  verritten  was, 
fuget  sich  der  münch  in  die  herberg,  fieng  an  zu  zechen  unnd 
des  weins  so  vil  zu  sich  nam,  das  er  seim  bösen  willen  nit 
mehr  mocht  widerstandt  [95a]  thün.  Anhub  unnd  der  wirtin 
sein  noth  klaget  und  sie  freündtlich  bat ,  in  nicht  also  unge-  i» 
trost  verderben  zu  lassen,  sonder  sie  wolt  ihme  deß,  darumb 
er  lang  zeyt  zu  ihr  kommen  wer,  gewehren.  Die  wirtin,  als 
die  den  münch  schon,  jung  unnd  gerad  von  leyb  sähe,  auff  ir 
selb  stund  unnd  gedacht,  was  ihr  zu  antworten  were,  bey  ir 
selbs  betrachten  ward,  wie  ir  mann  sehr  alt  were ,  unnd  übel  uo 
von  im  zu  beth  gespeyset  wurde;  so  wer  es  ir  grosser  schad, 
wann  sie  das,  so  ir  wol  werden  möcht,  solt  außsch Iahen.  Deß- 
halben  dem  münch  sein  begeren  zusagt,  und  nach  wenig  reden 
mit  einander  der  liebe  spilten  unnd  auß  beyder  willen  ein  wil- 
len machten.  i> 

Als  sie  solchs  nun  lange  zeyt  getriben,  begab  es  sich  auff 
ein  zeyt,  [95b]  das  der  wirt,  umb  wein  unnd  anders  einzu- 
kaoffen,  außgeritten  was  mit  der  frawen  verließ,  er  dieselbig 
nacht  nit  kommen  wurde,  sie  solt  kein  frembde  gest  einlassen 
oder  die  beherbergen.  Wie  nun  der  wirt  hinweg  kam ,  die  30 
fraw  nach  dem  mtinich  schicket,  im  das  außreysen  ires  manns 
zo  wissen  thete  mit  bitt,  er  wölte  zu  ir  kommen.  Der  münch 
»ich  nicht  lang  säumet,  bald  auff  seine  fuß  sprang  unnd  in 

* 

1  furtreffenlicbeit  nit  von  E  4  ferr  E  9  seine  E  10  leibe 
BD  ]3  sich]  ihm  E  seinem  E  15  ungetröstet  E  16  son- 
deren E  in  deß  E  19  selbs  E  21  würde  E  24  ain  C 
26  nft  E      28  mit]  1.  und?      31  münch  schickt  E 


80 


Martin  Montanus, 


kurtzem  zu  der  frawen  kam ,  von  der  er  gar  freündlich  wie 
andere  mal  auch  empfangen  ward. 

Wie  sie  nun  zu  nacht  mit  einander  geessen  hetten ,  sie 
sich  zu  beth  fögten  und  mit  einander  das  genfilein  ropfften, 

5  kam  der  wiert  daher  geritten ,  klopffet  an  und  begert  hinein. 
Dem  guten  münch  war  angst;  [96a]  gedacht,  kern  der  wirt 
hinauff  und  ine  in  der  kammer  funde,  ohne  zweifei  er  das  le- 
ben wurde  verloren  haben,  hette  gewölt,  das  er  an  dem  ort, 
da  der  pfeffer  wechßt,  were,  und  in  solchem  schrecken  sich  in 

10  die  kutten  schwänge.  Die  fraw  so  listig  und  geschwind  was, 
den  guten  brftder  au  ff  4en  ofen  steigen  hieß,  daselbst  sich 
still  zuhalten,  biß  man  schlaffen  kerne,  befalhe  (dann  die  Öfen 
an  denselbigen  orthen  seind ,  das  sich  einer  wol  oben  ob  den 
zinnen  verbergen  mag).    Der  münch  gantz  erschrocken  unnd 

15  aller  zitterend  auff  den  ofen  stige,  aber  die  kutten  nicht  aller 
zu  im  zöge;  dann  das  schaplier  im  fornen  über  den  ofen  ab- 
hin  hieng. 

Welches  die  fraw  so  eyleuds  nit  war  genommen  hette, 
hin  lieff,  irem  mann  [96b]  auffthet  und  den  gantz  truncken 

20  in  die  stuben  füren.  Sie  als  bald  fragen  ward ,  ob  sie  nit 
frembde  gest  het.  ,Neinl,  sprach  die  fraw,  ,ich  hab  nyemands. 
Aber  es  seind  heüt  irer  zwen  allhie  gewest,  die  haben  zecht, 
doch  gleich  nach  der  zech  hinwegk  zogen ;  wahin,  das  ist  mir 
nicht  bewust;  so  habe  ich  sie  auch  nicht  gefraget.4    Und  als 

25  der  würt  die  antwort  vernommen,  er  weytter  zu  trincken  be- 
geret.  Dem  die  fraw  als  bald  wein,  so  ir  und  dem  münich 
überhüben  wäre,  darsetzet. 

Nun  ich  weiß  uit,  wie  der  mann  umb  sich  sähe ,  ye  er 
sähe  den  schepper  Über  den  ofen  herab  hangen,  die  frawen 

ao  fragen  ward ,  was  an  dem  ofen  hieng.  Die  fraw  gantz  er- 
schrocken dem  mann  antwortet,  es  were  ein  handzwehel,  so 
[97a]  sie  geweschen  und  an  ofen  zu  drücknen  gehenckt  hette. 
Weichs  der  mann  also  glaubet;  unnd  nach  dem  er  den  für- 

3  gesaen  hatten  £  4  genßlin  rupfften  E  7  in  in  £  fünde 
£  8  wurde  verlorn  £  9  selchem  B  13  sind  £  16  abbin] 
herab  E  20  fürt  K  war  E  22  sind  heut  ire  £  gesechet  E 
23  wohin  E  28  sich]  sie  C  29  berab  B  32  an  den  E  tnick- 
nen  E 


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Wegkürzer,  cap.  32 


81 


gesetzten  wein  abermals  an  den  mund  setzet  und  tranck,  die 
fraw  in  der  stuben  umbher  dantzet  unnd  sprang  und  sänge: 
,Herr  Burckhart,  herr  Burckhart ,  nun  ziehet  den  schepper 
hinauff!*  und  darauß  ein  feinen  dantz  machet  Welches  bru- 
der  Burckhart  wol  mercken  ward,  den  schepper  hinauff  zöge,  5 
doch  also  still ,  das  sein  der  mann  nit  war  genommen  hette. 

Der  gut  einfeltig  mann  die  frawen  wol  het  sehen  umbher 
dantzen  und  hören  singen,  den  Sachen  nicht  weyter  nach  dachte, 
sonder  schlechtlich  meint,  sie  wer  sonst  so  guter  ding,  schlaf- 
fen begeret;  dann  er  vor  volle  deß  weins  sehr  muht  was.  10 
[97  b]  Ime  die  fraw  bald  nider  zündet,  und  als  er  entschlaffen 
was,  sie  sich  wider  zu  ihrem  münch  herab  fuget.  Der  von 
hertzen  fro  was  und ,  dieweil  er  vormals  seinem  willen  kein 
genügen  thon  het,  von  newem  auff  das  roß  sasse,  noch  etlich 
meylen  vor  tag  ritte;  darnach  von  dem  fräwlin  ausgelassen  15 
ward,  heim  zöge  unnd  gott  dancket,  das  er  ohn  schaden  hin- 
auß  kommen  wäre. 

Diß  hab  ich  von  den  mtinchen  geschriben ,  damit  sich 
andere  daran  stossend  unnd  ihren  orden  steyffer  halten,  weder 
sie  thünd.    Aber  es  will  (gott  seys  geklagt.)  kein  warnung,  20 
straff  noch  ermanung  mehr  helffen,  sonder  sie  meinen  und 
sagen  es  auch ,  sie  wissen  sich  sonst  wol  zuhalten ;  welliches 
wie  es  geschieht,  man  leyder  [i*8a]  wol  sieht.    Dann  wenig 
nutz,  frommen  und  Seligkeit  von  unsern  münch  lein  kompt,  ja 
alle  verfurische ,  teüfflische ,  spitzfindige  stücklen  stecken  in  25 
inen,  tragen  also  under  einer  schaffhaut  ein  reissenden  zucken- 
den wolff,  fressen  der  armen  witwen  unnd  weysen  heüser  und 
wenden  lange  gebet  für  etc.  Und  nicht  allein  dasselbig,  son- 
der sie  lögen,  wo  sie  einem  biderman  sein  weib  und  kind  kün- 
den bescheissen ,  betriegen  und  mit  inen  inn  abgrund  der  hei  au 
füren.    Sihe  da,  das  ist  ir  gottselig  leben,  das  sie  den  armen 
einfeltigen  leyen  fürgeben  für  heylig  unnd  gott  angenem. 

Mann  möcht  villeicht  meinen,  ich  redte  ihnen  solches  zu 

* 

1  »atzt  £  2  in  der  stubenj  fehlt  E  5  war  £  8  nachge- 
dacht £  10  von  volle  £  14  gethan  £  daaj  zu  £  15  reyt  £ 
16  war  £  19  atossen  £  20  sey  es  £  21  vermanung  £  22  wel- 
ches £  23  bihet  £  24  münchlen  CD;  münchlinen  £  27  fressend  £ 
29  lögen]  sehen  £      können  £ 

Montanu»  6 


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82 


Martin  Montanus, 


leid  oder  sey  inen  sonst  neydig.  So  sey  gott  mein  zetig,  das 
ich  solchs  in  keinem  argem  nicht  ge-[98b]schriben ,  sonder 
allein,  was  ich  von  mfinchen  hieher  gesetzt,  warnungs  weiß 
gethan  habe.  Ich  wolte  auch  wol  (so  ich  raein  selbs  und  ihr 

5  nicht  daran  schonet)  anders  geschryben  und  vil  gröbere  böfi- 
lin  hieher  gesetzt  haben;  aber  ich  hab  solliches  nicht  thun 
wollen ,  sonder  underwegen  gelassen ;  dann  man  sonst  genüg, 
ja  auch  nur  züvil  ir  heylig  leben  sieht,  und  wie  es  gegen  gott 
gestaltet  ist.    Es  schreibet  ye  die  heylig  geschrifft,  daß  das 

10  gebet,  so  gezwungen  ist  und  nicht  von  hertzen  geht,  sey  got 
nicht  angenem.  Nun  die  münich  der  mehrer  theil,  so  sie  zu 
nacht  sollen  auffstehn,  in  die  mettin  gehn  und  singen,  fluchen 
sie,  das  gott  von  hymel  herab  sehen  mocht.  Solt  gott  solche 
laster  nit  straffen?  Ja,  es  were  nit  [99a]  ein  wunder,  das  sich 

15  der  erdboden  aufthet  und  solche  leüt  verschlucket.  Dioweyl 
dann  nun  solch  ihr  gebett  gezwungen  ist  und  wider  iren  wil- 
len geschieht,  so  ist  es  gott  nicht  angenem,  er  wils  nicht  hö- 
ren, er  verbirgt  sich  darvor.  Sihe  zu,  wie  selig  seind  wir 
dann,  wenn  unser  gebett  gott  nicht  hören  will  und  nichts  vor 

20  seinen  ohren  gilt !  Wer  ja  vil  weger  gar  geschwigen  und 
nicht  bettet  weder  gott  sein  leiden  auffheben,  darob  er  dann 
sehr  zürnet  und  zu  schwerer  straff  verursacht  wirt. 

Das  sag  ich  nicht  von  den  frommen  münchen,  die  ir  Or- 
den steiff  halten,  mit  willen  im  gebett  gott  tag  und  nacht 

25  dienen  ;  dann  dieselben  on  zweyffel  selig  werden.  Sanct  Do- 
minicus,  sanct  Augustinus  und  ander  mehr  seind  auch  niti- 
[99b]nich  gewesen,  aber  iren  orden,  den  sie  selbst  gestifft,  fest 
halten ;  derhalben  sie  auch  erwölte  engel  gottes  seind ,  und 
alle,  die  irem  wesen  nachfolgen,  schetz  ich  für  selig.  Sonder 

ao  ich  hab  solchs  umb  der  argen,  bösen,  verruchten,  verfurischen 
münich  willen  geschriben ,  verhoff  auch ,  es  sol  solche  kein 
frommer  zü verantworten  understehn,  sonder  ich  bin  solchs  al- 

* 

2  sondern  £  6  solches  nit  E  thfin  CK  8  sihet  E  9  ge- 
stalt  E  11  mehrtheil  E  12  fluchen  CE  13  solch  E  17  wil 
es  E  18  sind  E  20  weger]  besser  E  21  gebettet  E  23  ihren 
orden  E  25  dieselbigen  E  26  andere  E  raunche  E  27  ge- 
stifftet.  fest  gehalten  E  28  erwehlete  E  29  sondern  E  30  ver- 
ruchten C       31  solches  E 


Wegkürzer,  cap.  83. 


83 


lein  von  den  bösen  zu  gewarten,  denen  ich  auch  mit  der  hilff 
gottes  will  widerstand  thfin. 

Das  sey  nu  gnüg  von  münchen ;  ander  ding  will  ich  auch 
melden,  damit  man  nicht  ein  lied  zuhören  verdrießlich  werd. 

33.  5 

Ein  pfaff  ermordet  ein  arme  fraw  jammerlichen,  die 
im  den  selben  tag  gebeichtet  het. 

[100a]  Dieweyl  ich  lang  von  froiichen,  kurtz weiligen  und 
läclierigen  dingen  geschriben  hab,  so  ist  nun  von  n6ten,  das  ich 
etwas  von  klaglichen  dingen  schreibe ,  damit  das  man  auch  10 
an  gott  gedeuck,  wie  er  etwan  so  niancherley  straffen  den  leü- 
ten  zusendet  und  zwey,  die  einander  hertzlich  lieb  haben,  von 
einander  scheydet,  wie  man  jetzunder  vernemen  wirk 

Es  ist  in  einem  flecken  ein  pfaff  auff  einer  pfarr  gesessen, 
zu  dem  ein  fraw  auß  einem  andern  dorff,  so  in  dieselbig  pfarr  15 
gehörig,  kommen  ist,  beychtet  hat  unnd  sich  zu  dem  kind  ver- 
sehen hat  lassen,  wie  dann  gebreucblich  ist;  dann  sie  sehr 
groß  gangen  ist  unnd  die  zeyt  so  nahend  vorhanden  gewesen, 
das  sie  kein  stund  mehr  vor  ir  gehabt. 

Nun  auff  dem  [100b]  weg  hat  sie  ein  bullen  funden,  ao 
darinn  bey  etlich  hundert  guldin  waren ,  welche  erst  darvor 
ein  ritter  verloren  hette.  Dieselbig  sie  mit  ir  in  die  kirchen 
nam,  und  als  sie  ir  sünd  bekendt  hette,  sagt  sie  zum  pfaffen, 
wie  sie  ein  bullen  funden  het,  darinn  on  zweyffei  vil  gelts  wer, 
bette  in,  er  wolt  die  bullen  zu  seinen  henden  nemen,  die  auff  25 
der  cantzel  anßschreien  und,  wo  der  kern,  des  sie  ist,  im  wi- 
der zu  handen  stellen;  dann  sie  kundt  solche  nicht  mit  gütem 
gewissen  haben.    ,Eyl,  sprach  der  arg  pfaff,  ,seyt  ihr  so  ein 

* 

3  nu]  fehlt  E  von  den  E  6  arme]  schwangere  E  7  beich- 
tet E  9  lacheringen  E  hab]  fehlt  E  12  einander]  andern  BD 
13  jetzund  E  17  gebürlich  E  18  zeit  also  E  20  bulgen  E 
21  gülden  E  22  reyter  E  23  bekannt  E  24  bulgen  E  25 
bat  E      seiner  handen  E      26  ausschreiben  B      27  kunt  E 

0  * 


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84 


Martin  Montanu*. 


thorichte  fraw?  Hat  euch  got  etwas  bescheret,  so  behalten 
es  und  habend  ein  güte  kindbeth  mit  !*  Ir  die  absolufcion  sprach 
und  hinziehen  ließ. 

Die  güt  fraw  sich  nit  säumet,  den  nechsten  heim  eylet; 

5  dann  [101a]  sie  wol  empfand ,  umb  welche  zeit  es  umb  sie 
wer.  Und  als  sie  in  das  waldlein,  so  auff  halbem  weg  steht, 
kam,  war  die  zeit,  das  sie  geberen  solt,  verbanden ;  aber  nie- 
mand da  war,  der  ihr  hette  helffen  mögen ;  sich  also  inn  gros- 
sem schmertzen  hilfloß  auff  die  bullen  nyder  satzte,  mit  gros- 

io  sem  schmertzen  die  zeit  vertribe.  In  dem  sie  also  weint,  kompt 
der  ritter,  deß  die  bullen  was,  zu  ir.  Der  sie  also  bekümmert 
sähe,  fraget  er,  ob  sie  kein  bullen  funden  het.  ,Ja4,  sagt  die 
fraw,  ,ich  hab  eine  funden.  Aber  thöt  so  wol ,  reytend  mir 
in  das  nechst  dorff  und  holend  mir  die  hebam  unnd  sonst  zwey 

15  weib !  So  will  ich  euch  euwer  bullen  wider  geben.  Dann  ich 
sonst  sterben  muß.4  Der  ritter  sähe  an  die  bekümmernuß  der 
frauwen  unnd  [101b]  auch,  das  sein  bullen  verhanden  was, 
umbkeret  und  den  nechsten  weg  dem  dorff  zuritte. 

Dieweil  aber  der  reyter  nach  der  hebammen  was ,  kam 

20  der  pfaff,  dem  die  bullen  nit  vergessen  was,  zu  der  frawen  inn 
das  waldlin  und  begert  die  bullen.  Als  aber  die  fraw  ihme 
solche  nit  geben  wolt,  zohe  er  das  sobwert  auß  und  durch- 
stäche die  armutselig  fraw;  darnach  schlüge  er  ir  das  haupt 
ab ,  name  dass elbig  sampt  der  bullen  und  keret  den  nechsten 

25  über  zwerch  felds  einem  grossen  wald  zu,  da  rinn  er  vermeint 
zu  entrinnen. 

Wie  nun  der  pfaff  solch  groß  jammerlich  morde  volbracht 
und  sich  hinweg  trollet  het,  kam  der  reytter  mit  sampt  der 
hebammen  und  zweyen  frawen,  darumb  er  dann  von  der  ar- 
:*u  inen  frau- [102a] wen  hinein  geschickt  war.  Als  sie  aber  allein 
den  todten  leichnam  ohn  haupt  da  fanden,  fiel  inen  ein  grosser 
schreck  zu,  wüsten  nicht,  wie  den  sachen  zuthftn  were,  damit 

* 

1  thorechte  E  beschert  CE  behalt  E  2  habt  E  5  sie 
was  E  6  ins  waldlin  E  7  was  die  K  vorhanden  E  8  da 
was  E  9  bulgen  E  11  reyter  E  15  weiber  E  16  mftß  sonst 
sterben  E  reyter  E  IS  weg]  fehlt  E  23  arbeytselige  E  24 
bulgen  E      25  zwerchfeld  E      28  getrollet  E      32  schrecken  E 


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Wegkürzer,  cap.  33. 


85 


der  boßwicht  gefangen  wurde.  Unnd  nach  langem  hin  und 
her  gedencken  sahen  sie  die  füßtritt  (dann  ein  kleiner  schnee 
gelegen)  und  das  blüt ,  so  von  ihrem  haupt  herab  gerun- 
nen  was. 

Der  reyter  sich  eylends  au  ff  machet ,  dem  gespor  nach  5 
rytte  unnd  in  kurtzem  den  boßwicht  erritte,  ine  anschrye,  er 
solt  ime  seine  bullen  geben,  oder  er  wolte  in  mit  dem  blossen 
schwerdt  durch  rennen.  Der  schalckhafftig  pfaff  gedachte, 
wann  der  reytter  sein  bullen  wider  hette,  so  wurd  er  in  lauffen 
lassen ,  stund  still  und  botte  dem  reytter  die  bullen  [102b]  10 
dar.  Als  der  reyter  sein  bullen  hett,  nam  er  den  mörderischen 
pfaffeu,  band  den  seinem  pferd  an  schwantz,  setzt  sich  darauff 
unnd  schleifft  also  den  pfaffen  hernach,  fürt  ihn  in  den  flecken 
und  überantwortet  ihn  der  oberkeit ,  da  er  auch  hernach  sei- 
nen billichen  verdienten  lohn  empfangen  hat.  15 

Also  jammerlich  hat  der  diebisch  pfaff  die  gut  fraw  umb 
ir  leben  gebracht,  die  frucht  dar/u  in  mutterleib  verderbt. 
Darzu  in  der  geytz  gebracht  hat;  dann  wann  einer  im  etwas 
args,  das  wider  got  ist,  in  sinn  nimbt,  so  laßt  der  teuffei 
int  nach,  schaltet  für  und  für,  blaßt  ihme  ein,  das  er  kein  20 
rühe  nicht  haben  mag,  biß  er  ihue  zu  fall  bringet.  Darnach 
singt  er,  springt,  lacht  unnd  dantzt,  [103a]  das  er  ein  so  fein 
on  grosse  mühe  zü  im  gezogen  hat;  da  spilt  er  darnach  das 
dickedack  mit  inen  in  der  hellen. 

0  Christen  mensch,  widerstreyt  2ö 
All  weg  des  teüffels  listigkeit, 
Welche  er  tilg  und  nacht  braucht, 
Dardurch  er  den  menschen  versucht, 
Ob  er  in  brecht  zu  seinem  willen! 

Den  soltest  du  also  stillen  :  30 
lirauch  zur  gegen  wehr  gottes  wort, 
Welches  er  selber  gesprochen  hat: 
,Pack  dich  von  mir,  du  Ssithan ; 

1  w5rde  £  6  erriet  £  in  anschrey  £  7  sein  C  wölt  £ 
9  bälgen  £  würde  £  11  ritter  B  12  satzt  £  14  Überant- 
wort E  18  wenn  £  19  lest  £  21  rftw  nit  £  22  einen  E 
23  spielet  £  25  drümb  widerstreit  £  26  listigkei.  B  27  Die  er 
dann  t.  u  nacht  stets  b.  £  28  den  menschen  er  £  30  Denselben 
solt  B       31  zft  der  £      gotta  £      33  du]  hinweg  K 


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86 


Martin  Montanas, 


Kein  gwalt  solt  du  an  mir  han.' 
Zweyfelt  mir  nit,  warst  du  das  thon, 
Er  wirt  dein  fürhin  massig  stöhn 

34. 

5  Gelt  nimbt  einer  vom  teuffei,  das  er  wöll  sein  weib 

und  kind  umbbringen. 

Zü  Laugingen  ist  einer  gewesen,  welcher  eins  jars  an  der 
heyligen  drey  känig  tag  mit  andern  mit  dem  sternen  zu  Dil- 
lingen und  änderst  [103b]  wa  gesungen.    Nun  auff  ein  zeit 

10  bald  darnach  er  allein  vor  der  statt  heraussen  umbher  gangen, 
on  zweyffel  stets  an  gelt  und  reichtumb,  wie  er  dasselbig  über- 
kommen uiög,  gedacht,  aber  doch  ,  das  dasselbig  durch  sein 
grosse  arbeyt  nit  geschehen  mochte,  wol  betrachtet. 

Nun  er  hab  gedacht,  was  er  wölle,  ye  der  leydig  teuffei 

15  (welcher  tag  und  nacht  umbher  geht  wie  ein  brüllender  low, 
den  menschen  zuverschlucken)  ist  in  gstait  eines  menschen  zu 
ihm  kommen  und  gesagt,  wann  er  w61  weib  und  kind  umb- 
bringen, so  wol  er  im  gelts  gnüg  geben.  Ach  got,  der  gut 
mann  hat  sich  nit  so  weyt  bedacht,  das  ime  mocht  etwas  scha- 

2»  den  darauß  zustehn,  name  das  gelt  und  verhieß  dem  teuffei, 
er  wolte  solchen  mordt  thün.  Hey  in  [104a]  zü  hauß  zohe, 
offt  im  sinn  bett,  sein  weib  und  kind  zu  ermSrden,  aber  solch s 
nye  (viileicht  auß  gottes  Schickung  oder  sonderlichen  affect, 
so  er  zu  weyb  und  kinden  gehabt)  thöu  künden;  dem  teüffel 

25  gern  sein  gelt  wider  geben  hette ,  forchte  aber,  er  wurd  es 
nit  mehr  nemen. 

Nun  eins  mals  der  teuffei  wider  zu  im  kam  und  fragt  in, 
ob  er  das  gethon  hett.  ,Nein4,  sprach  der  mann ,  ,ich  wils 
aber  thün.4  Abermals  willeus  hett  solchen  mordt  zuverbringen ; 

M  doch  wann  er  die  sach  wolt  angreiffen ,  war  im  nit  änderst, 

als  stunde  einer  hiuder  im,  der  in  darfür  bette.  Derhalben 

* 

2  Mir  zweiflet  E  3  stöhn]  gon  E  8  konige  E  9  anderß  wo  £ 
11  stAts  U  an]  on  E  13  mochte  E  16  gestalt  E  17  woll  E 
20  draufi  E  21  wolte  E  24  können  E  28  gethan  E  30  an- 
ders E      31  bäte  E 


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Wegkürzer,  cap.  84. 


87 


gedachte,  ehe  etwas  groß  daroh  zuleyden,  weder  solch  groß 
mord  an  seinem  eignen  weib  und  lieben  kindlein  stifften  wolt, 
das  gelt  bey  einander  [104b]  behielt  und  solchs  dem  teufel 
wider  geben  wolt. 

Und  eins  tags  kam  der  schwartz  mann  abermals  zü  dem  5 
guten  mann  in  hunds  gestillt,  fraget  in,  warum b  er  seinem  zu- 
sagen nit  statt  thete.   Dem  der  mann  bald  antwort,  er  kiude 
es  nicht  thün,  er  sol  sein  gelt  wider  nemen.  Daran  der  teüf- 
fel  nit  content  sein  wolt,  in  mit  dem  schwantz  umbschlög  und 
inn  in  hinein  führ.  Darvon  der  mann  als  bald  besessen  ward,  10 
nicht  änderst  thet  dann  wie  solche  leüt,  so  besessen  seind; 
die  red  empfiel  im,  also  das  er  gar  stumm  ward,  nichts  redet, 
dann  allein,  wann  die  stund  schlüge,  sagt  er:  ,Nun  helff  mir 
der  barmhertzige  got !  Wie  wirt  es  mir  so  übel  gehn !'  Dar- 
nach aber  schwige,  das  so  lang  trib,  biß  im  wider  geholffen  15 
ward.  Also  auff  dise  [105a]  stund  (änderst  mir  nicht  bewußt) 
noch  leben  soll.  Zweyfelt  mir  nicht,  er  werd  fürhin  kein  gelt 
mehr  nemen. 

Ein  sehr  seltzam,  erschrocken  und  grewlich  ding  ist,  das 
die  leüt  dem  gelt  so  hefftig  sollen  nachstellen  und  etwan  durch  20 
geytz  gewunnen  werden,  solches  auch  an  teuffei  zü  begeren, 
wie  dann  diser  auch  gethan  hat.    Wiewol  es  aber  nit  so  ein 
groß  wunder  umb  die  armen  ist;  dann  wenn  sie  schon  tag 
und  nacht  arbeiten  unnd  nichts  überkommen  künden ,  fallen 
sie  dann  in  solche  gedancken ;  darzü  denn  der  teüffel  hefftig  &> 
schüret,  gelt  zeiget  und  den  sorgfeltigen  menschen  von  sol- 
chen gedancken  zu  den  wercken  reytzet.    Darzu  etwan  auch 
die  herren  unnd  wolhabenden  ursach  seind;  dann  wann  sie 
von  den  armen  [105b]  umb  hilff  angesprochen  werden,  schlies- 
sen  sie  vor  inen  die  hend  zu ,  welches  zu  solcher  verzweif-  30 
lung  ein  grosse  ursach  ist.    Damit  aber  die  herrn  sich  dest 
milter  gegen  den  armen  halten,  hab  ich  dise  verßlin  hieher 
gsetzt : 

* 

1  eh  C  7  kont  E  10  davon  E  11  anders  E  14  barm- 
hertzig  C  16  anders  E  17  fürthin  C;  forthin  E  19  er- 
schreckenlich  E  21  gezwungen  E  24  können  E  25  dann  E 
28  wenn  E      32  milder  E 


- 

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88 


Martin  Montanus, 


Welcher  den  armen  nit  thftt  hilffe  sdhein, 
Sonder  alles  in  sein  kästen  hinein 
Secklet  nnd  dasselbig  verspert 
Vor  dem  dürftigen,  der  es  begert, 

5  Der  wirdt  ohn  zweyffel  ein  kleinen  lohn 

Bey  gott  umb  solch  gutthat  empfahen, 
Sonder  vil  mehr  die  grewlich  hell 
Wirt  er  haben  zu  ungefell. 
Darurab.  o  reicher,  theyl  aaß  dein  gut 

10  Dem  dfirfftigen,  so  es  begeren  thut! 

Dann  dir  ein  Schilling,  guldin  nit  schadt  fast, 
Und  dannoch,  ein  armn  in  freüd  gesetzt  hast. 


35. 

Dem  bösen  feind  schreyet  eyner,  er  solt  im  gelt 
io  geben. 

Es  ist  nit  lang,  das  ein  wolliabender  baursraann  mit  sei- 
ner frawen  [106a]  über  feld  gantz  wol  bezecht  gangen  ist, 
und  im  wider  umher  keren  er  vil  mal  über  laut  schreye:  ,0 
teuffei,  gib  mir  gelt!  Ich  wü  dein  eygen  sein.1  Solches  er 
20  lang  getryben ,  unangesehen  wie  trewlich  in  die  frau  darfür 
bäte,  sagt,  was  er  doch  also  schrye,  er  dörff  doch  des  gelts 
nicht,  er  hab  sonst  genüg.  Als  er  nun  solches  sein  schreyen 
ye  lenger  ye  mehr  trib,  kam  der  teüffel,  fürt  in  in  angesicht 
der  frawen  hinweg,  on  zweifei  den  weg,  dahin  er  gehört  hat, 
2ö  da  er  auch  noch  sitzet. 

Also  wirt  den  geitzigen  menschen,  die  niemand  erfüllen 
kan,  ihr  lohn.    Nimb  ein  exerapei  unnd  stoß  dich  daran! 

* 

1  den]  fehlt  E  hftlffes  E  2  in  kästen  alles  hinein  E  3  Das- 
selbig secklet  und  E  4  Vor  dme  B  ders  E  6  empfan  E 
8  Da  wirdt  er  sein  des  teuffels  gsell  E  9  0  reicher,  drumb  E  10 
Dem  armen,  ders  E  11  Ein  Schilling,  gülden  dir  nichts  Bchadt  E 
12  Dem  armen  aber  sehr  wol  batt  E  14  Bchreyet]  rafft  E  sol  E 
18  umbkeren  E  schrye  C ;  geschryen  hat  E  21  dorfft  E  22 
hette  sonst  gelts  gnüg  E      solch  E 


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Wegküraer.  cap.  35.  36.  89 

■ 

36. 

Adam  Stegman  erw&rgt  seine  zwey  kinder. 

Zu  Obernähen  im  Elsaß  ein  bur-[106b]ger  gesessen ,  so 
Adam  Stegman  genandt  unndt  ein  rebman  gewesen ,  welcher 
auff  ein  zeyt  gelt  von  einem  edelman  genommen,  die  reben  s 
zubawen.  Doch  nach  empfahung  defiselbigen  anfahen  zu  ze- 
chen und  das  geltlin  verthön  und  in  kurtzem  gar  feyrabent 
gemacht  het  unnd  nach  etlichen  tagen  kranck  ward,  also  das 
er  nicht  mehr  arbeyten  kundt. 

Unnd  eins  tags ,  als  sein  fraw  sainpt  dem  eitern  sun  in  10 
den  reben  waren,  nyemands  daheim  wäre  dann  der  mann  mit 
zweyen  kindlein,  käme  dem  mann  in  gedauck  (on  zweyffel 
durch  eingiessung  des  tetiffels),  wie  er  gelt  auff  die  reben  em- 
pfangen het,  das  were  schon  verthon,  die  reben  noch  unge- 
bawen ;  so  were  er  kranck,  also  das  er  sie  nicht  machen  [107a]  15 
kundt.  In  summa,  in  solche  verzweyfflung  fiele,  das  er  ge- 
dacht sich  selbst  zu  erhencken.  Ein  axt  nam,  im  häuft  umb- 
her  gienge,  ein  ort  suchet,  da  er  möcht  ein  nagel  einschlagen, 
daran  er  sich  selbst  hencket,  aber  solchs  sich  nye  schicken 
wolt.  Und  in  sollichem  umbher  gon  das  töchterlin ,  so  noch  20 
jung  und  von  wenig  jaren,  zum  vatter  kam  und  ihn  bat,  das 
er  im  wolt  brot  schneiden,  dann  es  sehr  hungert.  Der  vatter 
fragt,  wa  es  ein  messer  het,  das  im  das  töchterlin  bald  gäbe. 
Wie  nun  der  böfiwicht  das  messer  in  der  hand  hette,  stach  er 
dem  töchterlin  die  gurgel  ab ;  darnach  zu  der  wiegen  gieng,  23 
dasselbig  kindt  auch  umbbringen  wolt.  Und  als  ihn  das  kind 
ersähe,  fieng  es  an  zu  lachen;  davon  dem  vatter  sein  hertz  ein 
we-[107b]nig  erweicht  ward,  darvon  gieng  unnd  ihrae  nichts 
thet.  Doch  seinen  bösen  fürgesetzten  willen  nit  zu  ruck  legen 
wolt,  wider  zu  der  wiegen  gienge,  das  kind  auffrichtet  und  30 

* 

3  Oebernäben  E  Elsaß  ist  E  9  kondt  E  10  söhn  E  11 
was  denn  E  12  kindlin  E  16  köndt  E  17  selber  E  18 
mocht  E  19  nje]  nit  E  20  gehn  E  22  schneiden]  geben  E 
23  wo  E 


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90 


Martin  Montanus, 


es  hinden  am  rucken  mit  etlichen  stich en  verletzt,  dardurch  es 
alsbald  sein  leben  erbärmblich  enden  must. 

Darnach  hinab  gienge,  nicht  gedacht  die  kind  hinweg  zu- 
thün,  sonder  sich  für  die  thüren  aller  schwach  und  verzweiffeit 

5  setzet.  Als  aber  die  leüt  hin  und  wider  giengen,  fragten  sie 
ihne,  wie  er  lebte.  ,Eyl,  sprach  Adam  Stegman,  ,ich  leb  wie 
ein  bößwicht.  Ich  gehöre  an  galgen ;  dann  ich  hab  meine 
eygne  kinder  umbbracht.'  Die  leüt  solchs  nit  glauben  wolten, 
sonder  hinauff  giengen  und  den  jämmerlichen  mordt  sahen, 

10  gleich  Adam  [108a]  Stegman  gefangen  namen  und  in  in  sei- 
nem hauß,  biß  sein  fraw  und  der  eltst  son  auß  den  reben  ka- 
men, gefengklich  enthielten.  Als  die  fraw  heim  kam  und  den 
schaden  und  Verlust  irer  lieben  kindlin  sähe,  mag  ein  yegk- 
lichs  bey  im  selbs  wol  ermessen,  ob  sie  trawrig  oder  nit  ge- 

15  wesen  sey. 

Doch,  das  ich  es  kürtze,  der  vatter  dem  son,  so  mit  der 
mütter  heyni  kam,  zu  im  rüfft,  ihn  ermanet,  das  er  gedechte 
und  fromb  were,  gott  vor  äugen  hette  und  tag  unnd  nacht 
arbeytet,  damit  er  nit  also  vom  teuffei  wie  er  verfürt  wurd 
20  und  in  solche  verzweyflung  kerne ,  darinn  er  jetzunder  steck. 
Nach  solcher  ermanung  er  in  die  rechte  gefengknuß  gefürt 
ward  und  nach  wenig  wochen  darnach  als  ein  mörder  zum  todt 
[108b]  verurtheiit  und  gefürt  ward. 

Solchen  bösen  Ion  bringt  verzweyflung  mit  sich.  Hüt  dich ! 


Junckfraw  Lisabeta  bühlet  ein  jungen,  genanut  Lo- 
rentz,   welches  ire  brüder  innen  Warden,  ine  urnb- 
brachten,  und  wie  es  hernach  ergienge. 

In  der  statt  Missina  waren  drey  brüder ,  jung  gesellen, 
30  kaufleüt,  zü  guter  maß  reich,  die  hetten  ein  junge  schwester, 


1  es  baldt  E  3  nit  CE  4  sondern  E  vor  der  thnren  E 
8  nicht  CD  11  alte  st  E  19  wurd  E  20  stecke  E  26  Lisa- 
betha  CE  umb  einen  E  27  welchs  CD  worden  E  29  Mis- 
sinia  CDE 


37. 


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Wegkürzer,  cap.  87. 


91 


genandt  Lisabetha,  schon  und  züchtig  und  noch  nit  verheyrat. 
Dieselben  drey  brüder  in  iren  kramen  ein  jungen  hetten,  ein 
Pisaner,  genandt  Lorentz,  der  inen  alle  geschafft  ires  handels 
aulariebt  unnd  verrechnet,  gar  ein  hUpscher,  züchtiger  junger 
unnd  geradt  von  leib  und  person.  Derselb  jüngling  [109a]  5 
der  junckfrawen  Lisabetha  von  gantzem  hertzen  gefallen  ward. 
Sollicher  irer  lieb  Lorentz  vernam ,  alle  sein  liebe  ausserhalb 
ließ  unnd  sein  gantz  gemüth  zu  ir  keret.  Also  nicht  lang  an- 
stund, sich  zusamen  fugten  und,  was  beyder  begird  und  will 
wäre,  verbrachten.  Solliche  lieb  unnd  kurtzweyl  ein  lange  zeyt  10 
triben  und  auch  das  also  unverborgenlich  handelten,  das  ir 
lieb  zu  Hecht  kam  und  iren  brüdern  wissend  ward. 

Dann  eins  nachts  Lisabetha  zu  ireni  liebsten  Lorentzen 
schlaffen  gieng  und  ires  eltesten  brüders  nicht  war  genommen 
hette;  der  alle  sach  der  zweyer  war  nam  und  sähe,  doch  als  15 
ein  weiß  mann  thet,  wiewol  im  solche  schmach  unleydenlich 
war,  doch  etlichs  raths  pflag.    Da  nun  der  mor-[109b]gen 
kommen,  was  er  in  der  vergangnen  nacht  von  seiner  Schwester 
und  Lorentio  gesehen  hett,  alles  seinen  brudern  sagt  und  zu- 
wissen  thet.   Und  nach  langem  berathen  mit  inen  selber  eins  20 
wurden,  damit  weder  inen  noch  der  Schwester  schand  zustund, 
keins  gleichen  theten,  als  ob  sie  solchs  gemerckt  betten,  biß 
das  ihr  fügliche  zeyt  käme,  damit  sie  solliche  schand  mochten 
rechen,  doch  on  schand  von  ihren  äugen  hin  nemen.  Also  es 
ein  gftte  zeit  angestanden,  keinerley  sich  mercken  Hessen  unnd  25 
mit  Lorentio  mehr  dann  ye  frölich  warend. 

Nun  eins  tags  ihr  fügliche  zeit  käme ;  dergleichen  theten, 
als  ob  sie  all  drey  für  die  statt  wolten  spacieren  gehn  ,  und 
den  jungen  mit  in  fürten.  Und  da  sie  an  ein  verborgen  end 
kamen,  sie  zeyt  [110a]  daucht,  iren  bösen  willen  züvolbringen.  so 
Unnd  an  solchem  end  den  eilenden  jungen  ,  der  sich  keines 
argen  zu  inen  versähe,  würgten,  mordten  und  tödteten,  be- 
gruben unnd  sich  bald  wider  gen  Messina  in  die  statt  fügten. 

4  außrichtet  E  6  war  D  7  ir  lieb  E  anderthalb  C  9 
will  was  E  10  lange]  gute  E  12  zftwissen  war  E  13  lieben  E 
19  Laurentio  E  als  E  26  jhe  frölich  waren  E  27  Nu  E 
28  wolt  B  32  zu  in  E  mordeten  E  33  Muwina  CD;  Mia- 
sinia  E 


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92 


Martin  Moutanua. 


Unnd  wer  nach  dem  jungen  fraget,  dem  gaben  sie  zu  antwort, 
sie  hetten  ihn  in  ihren  geschefften  außgesaudt  und  kerne  in 
guter  zeit  nicht  wider.  Das  inen  allzeit  glaubt  ward ;  dann 
ir  gewonheit  was,  in  vil  hinweg  zuschicken. 

Da  nun  etliche  zeyt  vergienge,  Lisabetha  gar  offt  ihre 
brüder  nach  Lorentzo  fraget,  also  das  lange  auß  sein  ir  hertz 
beschweret  und  in  trübsal  setzet.  Eins  tags  sie  iren  brüder 
gar  ernstlich  nach  im  fraget;  er  ir  antwort:  ,\Vas  bedeut  dein 
stät  fragen?  Was  hast  du  mit  im  [110b]  zuschaffen?  War- 
lich, fragst  du  mehr  nach  ihme,  du  empfahest  deinen  verdien- 
ten Ion/  Solche  wort  sie  sehr  betrübten,  und  groß  schreckeu 
empfieng,  das  sie  keinerley  von  iretn  Loren tzen  vernemen  mocht, 
gedacht  ir  wol,  die  sach  nit  recht  zugienge,  doch  mit  ge- 
dult  ir  leyd  vertrug  und  still  schwige.  Und  zu  mebr  malen 
des  nachts  in  irem  beth  ime  mit  demütiger ,  senffter  stymiu 
und  betrübtem  hertzen  rüffet  und  bat  in ,  das  er  bald  wider 
kerne,  und  mit  schwerem  seufftzen  und  harten  trähern  irer  äu- 
gen sein  langes  auß  sein  beweynet  und  klaget  und  on  alle 
freud  sein  stäts  wartet. 

In  solchem  irem  trawrigen  leben  eines  nachts  nach  vil 
langem  weynen  nach  ihrem  Lorentzen  ,  der  nicht  wider  kam, 
inn  solchen  eilenden  ge-[illa]dancken  sie  entschlieff,  und  im 
selben  schlaffen  Lorentius,  ir  aller  liebster,  ir  für  und  nach 
ihrem  geduncken  zu  ihr  kam  aller  bleich  unnd  ungestalt  und 
zu  ir  sprach:  ,0  Lisabetha,  mein  allerliebste  fraw,  du  thust 
mir  stäts  rüffen,  das  ich  so  lang  von  dir  bin,  dich  selbst  be- 
trübest und  mit  deinem  härten  weynen  mich  gegen  deinen 
brüdern  verklagest  unnd  schuldig  gibst.  Laß  ab  von  deinem 
weinen!  Wiß,  das  ich  nit  mehr  zu  dir  komm;  dann  ich  mit 
tod  von  deinen  brüdern  auß  diser  weit  gescheyden  bin.  Dann 
am  letsten  tag,  da  du  mich  sähest,  mir  deine  brüder  das  le- 
ben namen  unnd  jämmerlich  todteten.4  Darbey  er  ir  das  end 
und  das  orth,  da  er  den  tod  von  iren  brüdern  empfangen  hat, 
weyset  und  lehret  und  zu  ir  sprach,  das  [11  lb]  sie  im  nicht 

4  ine  CD         6  Laurentio  K         7  ihrem  E  10  empfehst 

dein  E  11  Splche  B  grossen  E  20  ein  uacbt  E  29  wiese 
E      83  bett  E 


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Wegkürzer,  cap.  87.  93 

mehr  ruffet;  dann  ir  rüffen  im  sein  pein  mehret.    Inn  dein 
von  ir  schied  und  verschwand. 

In  solchem  schlaff  and  träum  Lisabetha  erwachet,  gentz- 
lich  dem  gesiebt  glaubet,  von  newem  anhüb  kläglich  zu  wei- 
nen und  deß  tags  schein  warten  was.  Da  der  tag  kommen  5 
was,  auffstund,  doch  so  behertzt  nit  was,  den  brudern  etwas 
zusagen,  ihr  fürnam,  an  das  bezeichnet  end  zu  gehn ,  zu  be- 
sehen, ob  im  also  were,  als  sie  in  dem  schlaff  ires  Lorentzen 
halb  vernommen  hett.  Des  Urlaub  von  den  brudern  name,  spa- 
tzieren ein  klein  für  die  statt  zu  gehn  mit  einer  guten  frawen,  io 
die  vil  irer  geheim  wußte,  sich,  so  beldest  sie  mocht,  an  das 
end  fuget,  da  der  eilende  jung  Loren tz  begraben  läge. 

Da  sie  die  bletter  der  bäum  ab  dem  erd-[112a]trich  nam 
und  das  new  frisch  erdtrich  fand  ,  darbey  ir  des  jungen  be- 
grebnuß  kund  warde.  Sie  grüben  nit  lang,  sie  den  todten  15 
leychnam  ires  allerliebsten  fände  in  keinerley  nit  verkert.  Dar- 
bey sie  wol  irs  traums  gesiebt  klärlich  vername,  sähe  unnd 
erkennet,  trawriger  dann  kein  fraw  ye  ward.  Doch  da  nit 
lang  zu  klagen  was ;  und  wa  es  müglich  gewesen ,  sie  gern 
den  gantzen  leyb  mit  ir  getragen  hette,  im  fügklichere  begreb-  30 
nute  zugeben;  aber  nicht  müglich  was.  Darumb  ihme  allein 
das  haupt  mit  einem  messer  abschnitte,  inn  ein  schneeweiß 
thöch  wicklet  und  irer  meyd  zutragen  gab;  unnd  den  leyb 
wider  mit  der  erden  bedeckten,  und  in  die  statt  heim  zu  hauß 
keret.  25 

Da  sie  sich  mit  dem  todten  haupt  in  ihr  [112b]  kammer 
verschloß  und  von  newem  anhub  kläglich  zu  weinen,  mit  ihren 
harten  zehern  das  haupt  zu  weschen ,  das  zu  tausent  malen 
küsset.  Darnach  ein  grossen  schonen  scherben  von  magiolita 
name ,  darein  man  nägelin  ,  mayeron  oder  basilicon  setzet ;  m 
darein  sie  das  haupt  in  einem  seydin  tüch  verwicklet  legt  und 
mit  erdtrich  umbgeben  und  bedeckt.  Daran  ff  sie  seet  und  setzt 
schone  zweyg  von  basilicon  salaritano  und  den  mit  keinem 
andern  wasser  begoß  oder  netzet  dann  mit  einem  rosenwasser 

*■ 

7  end]  ort  E  13  der  bäum]  fehlt  E  15  grub  E  18  je  war 
E  19  wo  E  *8  haupt  E  29  kiiasen  E  30  negelin  CE  ma- 
joren E      33  basilico  E 


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94 


Martin  Montanus, 


und  den  zehern  irer  äugen.  Für  ein  gewonliche  gewonheit 
het,  stäts  beym  scherben  zu  sitzen,  in  mit  grosser  begird  bü- 
let  und  stäts  ansabe  als  den,  der  iren  allerliebsten  bülen  ver- 
borgen hielt     Unnd  nach  lan-[113a]gem  ansehen  darüber 

5  gieng  klaglich  zu  weinen,  das  also  lang  thet,  biß  sie  in  aller 
gantz  genetzt  het.  Der  basilicon  von  ihren  staten  zäher n  und 
der  geile  des  erdtrichs  und  todten  haupts  on  maß  schön  unnd 
wol  schmeckend  ward. 

Die  jungkfraw  solches  weinens  und  klagens  ob  dem  ba- 

lOsilico  so  offt  tribe,  das  sie  zu  mehrmalen  von  etlichen  ihren 
nachbauren  gesehen  was,  die  das  mit  grossem  wunder  irer 
verdorben  schöne  iren  brudern  sagten,  was  sie  täglich  von 
Lisabetha  gesehen  hetten.  Da  das  ire  bruder  vernamen,  sie 
strafften  und  darumb  zu  red  satzten;  aber  als  umbsonst  und 

io  ungeholffen  was.  Die  sich  mit  einander  berichten  und  ir  den 
scherben  heimlich  namen  und  [113b]  stalen.  Den  sie  zu  mehr- 
malen mit  grossem  zorn  und  ernst  an  ire  bruder  fordern  und 
begert,  aber  ir  darumb  nit  wider  ward.  Des  sie  ires  weinens 
nicht  nachließ,  sonder  das  mehret,  umb  des  willens  in  schwere 

20  kranckheit  fiele ,  nye  anders  begeren  was  dann  allein  ihres 
scherben  s. 

Das  die  jungen,  ire  bruder,  gar  frembd  name,  das  sie  in 
solcher  grosser  kranckheit  ihr  zu  hilff  nichts  anders  begeret 
dann  allein  des  scherbens.    Mit  einander  eins  wurden,  zube- 

25  sehen ,  was  doch  anders  dann  basilico  inn  dem  scherben  sein 
möchte,  unnd  den  außschütteten.  Darinn  sie  das  todt  haupt 
unverwesen  in  dem  seydin  töch  funden  unnd  beym  schönen 
haupt  wol  erkandten,  das  es  Lorentzen  haupt  [114a]  was, 
sich  sehr  verwunderten  und  erschracken,  darbey  besorgten,  ir 

ao  niord  zu  liecht  kommen  were ;  doch  das  bald  begruben  und 
auß  Missina  gen  Neapolis  zogen. 

Die  jungfraw,  ir  Schwester,  nicht  änderst  dann  ires  scher- 
bens begeren  ward  und  also  weinend  iren  geist  auffgab  und 
irs  lebens  grosser  überflüssiger  lieb  halb  ein  erbärmlich  end 


1-  gewonliche  E  4  langem  BD  13  Do  CD  14  aber  alles  E 
15  beriethen  E  17  forderet  E  18  weines  BCD  20  nye]  nit  E 
31  Missinia  CDE       84  irs]  des  K 


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Wegküraer,  cap.  88. 


95 


name.    Doch  nach  etlicher  rergangner  zeyt  ein  solches  mehr 
personen  zu  wissen  kam,  davon  einer  diß  lied  dichtet : 

Tu  guasta  latrui  cose  fa  villana. 

Ein  erbärmliche  unnd  klagliche  hystori  ist  das.  Darumb 
hab  ich  sie  hieher  gesetzt,  das  sich  die  jungen  meydlin  darinn  * 
gleich  als  in  einem  Spiegel  ersehen  sollen  und  die  lieb,  so 
[114b]  sie  zu  den  jungen  gesellen  tragen,  recht  in  das  hertz 
fassen  unnd  nicht  allein  lieb  haben,  dieweyl  er  gelt  im  seckel 
hat.  Wann  bey  allen  junckfrawen  unnd  nicht  allein  bey  den 
junckfräwlin ,  «mder  auch  bey  eeweybern  gegen  iren  mannen  » 
ein  solliche  unabtrey bliche  lieb  were,  wurde  es  baß  in  der 
weit  stehn.    Aber  es  heist  jetzt: 

Hast  du  gelt,  ao  hab  ich  lieb; 

Wo  nicht,  dich  in  winckel  schmieg  ! 

Daselb  du  narr  solt  bleiben  stöhn,  15 
Biü  ich  dich  wird  heissen  förher  gohn. 

Es  müß  aber  gewißlich  einer  lang  bölen ,  eh  er  solchs 
Überkompt,  wenn  er  nicht  gelt  hat.    Ja,  man  sehe  dich  auch 
nit  an,  das  man  dir  schier  ein  güt  wort  gebe.  Wo  man  aber 
ein  [115a]  vollen  seckel  weißt,  da  kommen  meine  guten  t6ch-  20 
terlein,  bieten  sich  selbs  fayl  wie  das  fleysch  in  der  metzig. 

Gsell,  wilt  du  bftlschafft  treyben 
Bey  junckfrawen  und  bey  weyben, 
Den  seckel  voll  gelt  thfi  fassen, 

Außgeben  nicht  underwegen  lassen!  25 

38. 

Hieroninius  het  lieb  ein  jungfraw,  genandt  Silvestra; 
uud  damit  er  ir  vergeh,  tbet  man  in  gehn  Pariß, 
er  aber  ir  hernach  an  der  seyten  starb. 

In  der  stat  Florentz  wonet  ein  alter  reicher  kauffman,  der  yo 
mit  einer  seiner  haußfrawen  ein  jungen  son  het,  genant  Hie- 

3  Tngu  astra  BD  5  magdlin  £  7  getragen  E  II  wurde  £ 
U  in  ein  £  15  Daselbst  E  stan  E  16  wird]  fehlt  £  gan  £ 
19  schier]  sicher  £  20  wisse  E  23  und  weiben  E  24  gelt  solt 
du  E      25  Außgehn  E      29  hernach  ir  E      81  Ieronymus  E 


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96 


Martin  Montanua 


ronimus.  [115b]  Derselbig  güt  mann  alters  halben  mit  todt 
abgienge.  Der  jung  knab  mit  andern  kinden  der  nachbawr- 
schafft  erwachsen  was,  doch  mehr  mit  einem  jungen  mäydlin, 
die  eines  Schneiders  tochter  was,  kundtschafft  hette  dann  mit 
o  andern.  Solliche  kundtschafft  und  auffwachsen  beyderhalb  sich 
in  brinnende  lieb  keret  inn  sollicher  maß,  das  der  jung  kein 
gute  stund  on  das  maidlin  gehaben  mocht,  wo  er  sie  nit  sähe ; 
deßgleichen  sie  in  nicht  minder  lieb  het. 

Solcher  liebe  des  jungen  mütter  wahr  genommen  het,  in 

10  offt  und  dick  darumb  straffet  und  zu  red  setzet ,  als  die  da 
meint,  umb  des  jungen  grossen  reichtumb  willen  auß  dem 
schlehendorn  ein  apffelbaum  zuziehen,  [116a]  und  das  den  for- 
m undern  anzeygt,  sprach  :  ,Diser  mein  son,  welcher  noch  nicht 
gnr  zu  viertzehen  jaren  kommen,  zu  eins  Schneiders  tochter 

15  solliche  grosse  lieb  hat,  das  ich  besorg,  fürsehen  wir  es  nicht 
und  schicken  in  von  hinnen,  er  sie  eins  tags  heimlich  on  je- 
mands  wissen  zu  der  ehe  neme,  des  ich  nymmermehr  frölich 
wurd.  Unnd  wa  sie  einem  anderen  geben  wurd ,  er  sich  in 
den  todt  fresse.  Darumb  ein  solchs  zufürkommen,  deucht  mich 

20  gut,  ir  hetten  in  von  ir  genommen  unnd  in  frembde  landt 
gesandt,  da  ihr  ewer  hendel  habt,  ob  im  villeicht  solch  sein 
liebe  vergessen  wurde.  Darnach  wir  ihm  eines  erbarn  manns 
tochter,  im  gleich,  geben  mochten.' 

Den  formündern  der  [116b]  frawen  red  wol  gefiel,  und 

25  sprachen,  sie  wolten  allen  iren  fleyß  thnn ;  den  jungen  zu  inen 
riiffen  und  ztlchtigklich  gnüg  mit  im  reden  unnd  sprachen  : 
,Lieber  son ,  du  bist  nun  mehr  zu  deinen  jaren  und  vernunfft 
kommen.  Darumb  were  unser  meinung  und  sinn ,  du  sehest 
selbst  zu  dein  geschafften,  und  were  unser  güt  meynung,  du 

30  rittest  gehn  Pariß,  da  der  mehrtheyl  deines  handels  und  reich- 

thumb  ist,  und  besehest,  wie  dein  und  auch  unser  sach  stünde  ; 

auch  dabey  etwas  zucht  unnd  tugent  gelehrnet  hettest,  (des 

wir  nicht  zweyflen ;  dann  da  ist  grosser  adel  von  fürsten  und 

* 

2  k indem  E       5  Solche  E       G  brennende  E       9  jungen]  kna- 

ben  E       11  jungen]  knaben  E       12  vormundern  E  16  yemandts 

C        18  wo  E        gegeben  wurde  E        19  fraß  E  22  wurde  E 

25  wolten  E  jungen]  knaben  E  26  rufften  E  redten  E 
29  deinen  E 


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Wegkürzer,  cap.  38. 


97 


herren,  auch  hochgelehrte  manner,  die  dir  on  zweyfel  gefallen 
werden)  darnach  wider  zu  uns  her  kommen  [117a]  werest.4 
Da  nun  der  jung  seiner  formunder  red  vernommen  het,  mit 
kurtzen  Worten  inen  antwort  gab,  wie  er  das  nit  thun  wolt; 
denn  in  daucht,  er  als  wol  zu  Florentz  sein  möchte  als  ein;» 
anderer. 

Des  jungen  müter  solche  antwort  zu  wissen  käme;  die 
umb  solcher  antwort  willen  in  grossen  unmut  und  zorn  fiele 
nicht  darumb,  das  er  nicht  gen  Pariß  wolt,  sonder  seiner  gros- 
sen lieb  halb,  so  er  zu  der  junckfrawen  het.  Ihm  übel  zu-  iu 
redet,  doch  darnach  mit  demütigen,  seniften  worten  in  bath, 
das  er  iren  willen  thete.  Sich  schicket,  nach  irem  gefallen 
ein  jar  zu  Pariß  zustebn  und  nicht  lenger,  auff  saß  und  gen 
Pariß  ritte ;  aber  sein  grosse  lieb  eh  sich  mehret  dann  min- 
dert. Doch  wider  allen  [117b]  seinen  willen  zwey  jar  zu  Pa-  i;> 
riß  verharret  unnd  nicht  minder  inn  seiner  ersten  liebe  brane. 

Und  in  seinem  wider  kommen  er  befände,  das  sein  aller- 
liebste jungkfraw  Sylvestra  sich  verheyrat  het.  Davon  ihm 
groß  leyd  zustünde ;  doch  wol  gedacht ,  was  geschehen  wer, 
nit  wider  zu  ruck  gehn  mocht,  darumb  sich  beflisse,  ime  das  ao 
frid  zugeben.  Doch  sein  liebe  darumb  nicht  nachließ,  und 
ir  hauß  erlehrnet  unnd,  als  der  bftler  gewonheit  ist,  vor  dem 
hauß  oift  auff  und  ab  gienge  und  meint,  gleich  als  er  ihr 
nicht  vergessen  hette,  auch  sie  sein  nit  vergessen  solt  haben. 
Aber  es  hett  sich  alles  umb  sie  verkeret;  es  war  ir  nit  an- 
derst,  dann  hett  sie  in  nye  gesehen ,  unnd  ob  ir  noch  etwas 
inngedenck  [118a]  was,  yedoch  sich  des  gegen  im  nicht  hette 
mercken  lassen.  Solches  der  jung  wol  vername,  nit  mit  klei- 
nem schmertzen  pein  trüg  und  alles  das  thet,  das  solcher  lieb 
halben  zuthön  ist ,  ob  er  ir  wider  in  ihr  hertz  unnd  gemüt  ao 
kommen  mocht;  aber  sie  irer  liebe  gegen  im  änderst  nit  er- 
zeigt. Darumb  er  sich  schickt,  zu  sterben  oder  er  wolt  mit 
ir  reden ;  und  durch  etlich  nachbeürin  underricht  ward  die 

gelegenheit  ires  hauß  und  kammern. 

* 

3  forraunter  CD;  Vormündern  E  5  deuchte  E  7  jungen] 
knaben  E  16  brant  E  17  er]  fehlt  E  20  ihm  des  friede  E 
26  dann]  ah  E  27  eingedenck  E  31  anders  E  nie  C ;  nicht  E 
32  wolt  E 

Montatiu«  7 


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98 


Martin  Montanus, 


Und  eins  nachts  sie  und  ir  mann  zu  der  nachbaursclmfft 
waren  essen  gütigen,  inn  dem  er  das  hauß  erstige  und  in  die 
kaminern  hinder  den  umbhang  des  beths  sich  verbarg,  da  also 
lang  verborgen  läge,  biß  sie  zu  hauß  kamen  und  zu  beth 

ögiengen.  Und  da  er  den  [118b]  mann  entschlaffen  vernam, 
sich  an  das  beth  zu  der  jungen  frawen  leget,  sein  band  auff 
ir  brüst  leget,  mit  niderer,  sänft'ter  stimm  zu  ir  sprach:  ,0 
mein  außerwölte  fraw  und  liebe,  nit  erschrick !  Ich  bin  dein 
Hieronimus.4    Die  fraw,  die  da  nit  schlieff,  willens  het  zu 

io  schreien,  doch  von  alter  freundschafft  bezwungen  still  zuschwei- 
gen,  sonder  in  umb  gottes  willen  bäte,  das  er  hinweg  gienge, 
ehe  der  mann  erwachet,  dann  die  zeyt  irer  beyder  kindlicher 
liebe  vergangen  were :  ,Ich  bin,  als  du  wol  sihest,  verheyrat 
zu  der  göttlichen  ehe,  darumb  mir  nicht  mehr  zusteht  fremb- 

k»  der  liebe  zu  pflegen.  Darumb  durch  gotes  willen  gehe  deine 
wege,  ehe  du  von  meinem  mann  vernommen  werdest!  Wie- 
wol  [ll^a]  dir  vileicht  nichts  arges  zustund,  so  wurde  ich 
doch  gewißlich  mit  ihme  nimmer  in  friden  leben,  so  ich  jetzt 
werd  gehalten  bin.1 

20  Da  der  jung  der  frawen  hefftige  wort  vername,  all  sein 
hoffnung  verlöre  und  in  grossen  unmfltb  fiele,  die  grosse  lieb 
der  vergangnen  zeyt  beyder  halben  bedencken  ward,  und  das 
sich  sollich  sein  lieb,  wie  ferr  er  von  ir  gewesen  was,  nit  ge- 
mindert, sonder  gemehret  bette  und  die  ire  gegen  im  so  gar 

2.»  erloschen  was;  groß  bitten  unnd  verheyssen  durch  einander 
vermischet  er  ir  thete,  aber  von  ir  keiner  bitt  gewehret  was  ; 
darumb  gantz  verzagt  unnd  des  tods  begeren  was. 

Zu  dem  leisten  sie  bathe,  in  widerkerung  seiner  liebe,  die 
er  so  lang  zeit  zu  ir  getragen  [119b]  het,  das  sie  ihme  ver- 

:u>  günnet  ein  klein  sich  bey  ihr  zu  wermen ,  dann  er  vor  frost 
tod  und  aller  erkalten  wer;  und  ihr  versprach,  inn  keynerley 
Unehren  wider  ircn  willen  zuthun ;  als  bald  er  sein  werm  em- 
pfangen het,  wider  von  ihr  gen  wolt.  Die  jung  fraw  sich  er- 
barmen ließ,  die  villeicht  von  seinem  anrüren  seines  frosts  em- 

(>  jungkfrawen  E        9  Ieronymus  E        10  aller  C        12  eh  CD 
dein  CD       geh  hinweg  E        17  wiird  E       21  grossem  E  28 
um  E       31  erkaltet  E       34  anrieren  C 


Wegkürzer,  cap.  38. 


99 


pfunden  hett,  und  ihn,  des  er  begeret,  gewert.  Also  der  eilend 
jung  sich  seiner  lieben  frawen  an  ir  Seiten  schmückt,  anrürt 
unnd  nicht  sprach;  doch  wol  mit  im  selbs  ir  grosse  härtig- 
keit  wider  ine  bedacht,  darbey  sein  verlorne  hoffnung  sähe; 
darurab  ime  fürnam  nimmermehr  zu  ihr  zukommen.  In  sol- 
chem  gedencken  ohn  einicberley  gedancken  noch  icht  gespro- 
chen [I20a|  ime  all  sein  geist  seines  lebens  verschwunden, 
und  der  frawen  an  ihr  seyten  tod  blib. 

Also  etlich  stund  läge,  ehe  die  fraw  seines  tods  war  name. 
Wol  sie  frenibd  daucht  seiner  grossen  zucht  halben ,  das  er  10 
also  sie  unangerurt  ligen  mochte,  auch  sorg  hette,  der  mann 
erwachete  und  des  jungen  warnera ;  umb  des  willen  sie  mit 
grosser  still  in  anhub  zu  wecken :  Jlieronime ,  stand  auff 
unnd  gang  hinweg,  eh  das  mein  manu  erwachet'/  Das  thet 
sie  also  zu  mehrmalen,  aber  kein  antwort  von  im  hette.  Ge-  15 
dacht,  er  were  entschlaffen  ,  ir  handt  zu  im  strecket,  ihn  zu 
wecken,  also  sie  in  aller  eyßkalt  befunden.  Welliches  sie  gar 
größlichen  frembd  nani  und  sie  on  zweyfel  daucht,  das  er 
todt  we-[120b]re. 

Da  ward  kein  betriibtere  fraw  nie  mehr  gesehen  worden,  80 
und  nicht  wüßt,  was  sie  thun  solt.    Doch  bald  mit  ir  selbst 
rath  name  unnd  durch  ein  andere  person  iren  mann  versuchen 
wolt,  was  er  doch  zu  solcher  sach  sprechen  wolt.  Und  in  auß 
dem  schlaff  wecket  und  aber,  was  sich  mit  ir  und  des  jungen 
halb  zutragen  het,  zu  verstehn  gab,  wie  ein  solchs  einem  an-  2:, 
dem  zugestanden  wer,   und  sprach:    ,Mein  lieber  mann,  ob 
mir  ein  solche  sach  beschehe,  was  deucht  dich  zuthfin?k  Der 
gut  mann  ir  antwort  gäbe  unnd  sprach:  .Mich  gedeucht  den, 
der  da  todt  wer,  das  man  denselben  mit  stille  zu  seinem  hauß 
trug  und  ligen  Hesse  und  die  frawen ,  der  das  also  ergangen  yo 
wer,  in  keinem  argen  oder  [121a]  übel  verdecht,  so  sie  doch 
daran  kein  schuld  noch  gsündet  het.1 

Die  fraw  zft  im  sprach:    .Mein  lieber  mann,  wir  also 

tbün  müssen.'  Und  im  sein  handt  name  unnd  auff  den  todten 

* 

3  selber  E  hättigkeit  ß;  hertigkeit  GE  6  nicht  C;  nichts  E 
versprochen  E  8  ihr]  der  15  9  etliche  CD  13  leronyme,  steh  K 
14  geh  E  18  groGlich  E  20  Da  was  E  31  keim  E  32  ge- 
sundet E      33  wir  im  E 

7* 


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100 


Martin  Montan  us, 


legt,  der  ir  an  der  andern  seyten  lag.  Darbey  er  vernam,  als 
die  fraw  gesprochen  het,  gantz  war  was,  erschrocken  lieh  auff- 
stünd,  ein  liecht  anzündet ,  das  wunder  zusehen.  Und  ehe  er 
mit  der  frawen  wider  zu  red  kam,  den  todten  jungen  inn  sein 

o  gewand  wider  kleydet,  auff  die  achsel  nam  und  für  die  thür 
seines  häuft  tröge,  da  ine  ligen  ließ. 

Er  des  morgens  mit  grossem  weinen  unnd  klagen  von 
seinen  freünden  funden  ward,  sonder  von  seiner  mütter,  die 
ihne  mit  grossem  rumor  und  geschrey  mehr  dann  ye-[121b] 

10  mands  anders  klaget.  Da  er  von  seinen  freünden  besucht 
warde,  ob  er  niendert  wund  were ;  es  ward  aber  nichts  fun- 
den. Dann  durch  die  weisen  artzet  gesehen  unnd  gesprochen 
ward,  er  von  grossem  leyd  todt  were,  als  dann  die  warheit 
was.    Also  den  leyb  in  die  kirchen  trugen;  dem  sein  trawrige 

r»  muter  mit  iren  freünden,  frawen  unnd  mannen,  gesell  schafft 
thet,  unnd,  nach  dem  gewonheit  was,  den  todten  klagten. 

Inn  dem  der  gftt  mann ,  in  des  hauß  der  jung  gestorben 
war,  zu  Sylvestra,  seiner  frawen,  sprach:  , Gehe  hin  und  nimb 
ein  mantel  auff  dein  haupt,  gehe  in  die  kirchen,  da  man  Hi- 

20  eronimum  hin  getragen  hat!  Und  setz«?  dich  under  die  frawen 
und  vernimb  was  [122a]  man  doch  von  diesen  Sachen  sagen 
wolle,  ob  wir  in  keinerley  weg  ver Jacht  seind  !  Deßgleichen 
wil  ich  unter  den  mannen  thün.1  Das  der  jungen  frauwen,  die 
sich  zu  spat  gedemütiget  hat,  gefalleu  was ,  als  die  auch  den 

2>  todten  gern  gesehen  het,  dem  sie  bey  leben  nicht  mit  einem 
kleinen  küßlin  wolte  zu  lieb  werden.  Sich  zu  der  kirchen  fü- 
get, zusehen,  was  man  von  dem  todten  Hieronimo  saget,  nach 
befelch  ires  maus ,  und  wie  sie  angeschlagen  hetten  ,  das  sie 
sich  darnach  wißten  zurichten,  ob  sie  verdacht  oder  argwenig 

w  weren. 

Es  ist  ein  grosses  wunder,  zubedencken  und  wollen  durch- 
gründen die  grosse  sterck  der  liebe ;  dann  das  hertz,  welliches 
das  unselig  glück  und  Hieronimus,  1 122b]  dieweyl  er  bey  le- 
ben, nicht  eröffnen  noch  erweichen  mocht,  die  eilende  junge 

* 

2  erschrocken  E  6  in  da  E  8  war  E  11  wäre  E  12 
ärtzt  besehen  E  15  mann  E  19  Ieronyiuuin  E  22  seyen  E 
24  gedemutiget  gefallen  hat  E  26  nit  wolte  E  29  argwonig  wer 
E       31  groß  K       M  jungfraw  E 


I 

Wegkürzer,  cap.  38.  101 

fraw  selbst  auff  thete,  unnd  die  alten  erloschen  flammen  *der 
liebe  sich  in  ir  wider  anzündeten,  und  sich  als  gehlingeri  ker- 
keret. Da  sie  den  jungen  also  tod  ansichtig  warde,  in  solche 
klagliche  deraütigkeyt  fiele,  davon  nicht  zuschreyben.  Unmt 
zu  hand  auß  den  frawen  zu  dem  todten  trang  und  über  ihm 
kläglichen  anhöb  zu  weinen  und  ihr  leyd  zu  klagen  unnd  mit 
ihrem  angesicht  auff'  das  sein  fiele,  aber  mit  wenig  zähern  irer 
äugen.  Dann  so  bald  sie  in  angerüret  hette,  zu  gleicher  weyß 
als  das  groß  leyd  ,  pein  und  schmertzen  dem  jungen  sein  le- 
ben genommen  hette,  also  auch  ihr  das  grosse  [123a]  hertzen-  10 
leyd  ir  leben  name. 

Die  zusehenden  frawen ,  die  ihr  gantz  kein  kundtscbafft 
hetten,  nach  dem  und  sie  die  lang  getrost  hetten,  zu  ir  spra- 
chen, das  sie  von  dem  todten  auffstünde  und  sich  selbst  auch 
tröstet;  dann  das  der  will  gottes  were,  den  jungen  also  zu  i., 
ime  zu  nernen.  Aber  sie ,  als  die  auch  todt  was ,  inen  kein 
an t wort  gab  noch  sie  verrürt.  Die  frawen  sie  angriffen ,  ab 
dem  jüngling  zuheben;  die  zur  stund  Silvestram  erkandten 
unnd  todt  funden.  Umb  des  willen  alle  frawen,  die  da  gegen- 
wärtig waren,  mit  zwyfachen  klagen  und  demütigem  trawren  20 
überwunden,  alle  kläglichen  anhüben  zu  weinen. 

Solche  mähr  für  die  kirchen  under  die  mann  kamen,  und 
Silve-[123b]stra  mann,  der  darunder  was,  zu  wissen  ward.  Der 
on  yemands  trost  auch  anhüb  zu  weinen  unnd  klagen  umb 
sein  Silvestram,  sein  gemahel.  Und  etliche,  die  bey  ime  stun-  25 
den,  die  ursach  seines  leyds  fragten;  denen  er,  was  sich  in 
seinem  hauß  Hieronimi  halben  ergangen,  zuwissen  thet.  Dar- 
nach bey  yederman  kund  ward  die  ursach  irer  beyder  tod ;  je- 
derman  groß  leyd  het,  und  die  jungen  frauwen  neben  den  kna- 
ben  in  die  baar  legten;  da  sie  beyde  von  newem  beweint  wur-  w 
den,  darnach  beyde  inn  ein  begrebnuß  beschlossen.  Also  die 
die  grosse  liebe  im  leben  nicht  mocht  zA  in  fügen,  sie  mit 
tod  und  ewiger  gesellschafft  zA  einander  beschlossen  und  ge- 
fügt wurden.    [124  a] 

* 

3  war  E         5  drang  E         über  in  E         10  groß  hertzleyd  E 
16  im  nemen  E       17  sich  verruret  E       20  demütigen  E       22  mä 
ren  E         26  in  seinem  hauß]  fehlt  E         28  war  E         30  haar  E 
31  Als  E       32  zu  ein  C;  zusammen  E 


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102        •*-.  Maitin  Montiuius, 

.  •  • 

seye  nun  genüg  von  kläglichen  dingen  geschriben. 
Weichs  ein  verstendigs  hertz  hat,  mag  sich  in  disen  zweyen 

.  kläglichen  historien  genugsam  ersehen,  was  ihme  zu  thün  oder 
Zulassen  seye  der  liebe  halben.    Die  fraw  in  einem  weg  nit 

*o  zu  loben  ist,  sonder  vil  mehr  zu  schelten  nnnd  under  die  un- 
getrewen  zusetzen  ,  das  sie  dem  glitten  Hieronimo  nicht  mit 
einem  kuß  mochte  zu  trost  kommen ;  dardurch  sie  ihm  vil- 
leicht  sein  leben  errettet  hette,  die  doch  vormals  mit  irem 
gantzen  leyb  ime,  so  ofl't  er  das  begeren  gewesen,  zu  willen 

10  worden  ist.  In  dem  andern  teyl  ist  sie  sehr  zu  loben,  ja  auch 
für  die  keusch  Lucretia  zusetzen  ,  das  sie  die  ehliche  trew  an 
ihrem  mann  nicht  hat  brechen  [124b]  wollen ;  dardurch  aber 
der  gut  jung  sein  leben  erbärmlich  enden  müssen.  Wer  ist 
aber  die  grost  ursach  seines  tods  gewesen  ?  Die  witzig  möter, 

15  die  iren  son  etwas  schöner ,  reicher  und  gewaltiger  geschetzt 
hat  weder  Sylvestram,  nicht  betrachtet,  das  er  als  wol  fleisch- 
lich ist  als  andere  und  was  Venus  und  Cupido  vermögen,  von 
wes  wegen  er  auch  todt  ligen  müssen. 

Das  volkommenlich  urtheyl  aber  zwischen  Silvestra,  ob 

lh)  sie  recht  oder  unrecht  gethan ,  will  ich  nicht  feilen ;  dann 
dasselbig  sich  hernach  selbst  feilet  und  beweiset,  das  sie  grosse 
rew  und  leid  über  ir  härtigkeit  gehabt  hat,  von  des  wegen 
auch  gleich  über  dem  armen  jüngling  gestorben  ist.  Derhal- 
ben  will  ich  einer  yegkli-[125ajchen  frawen  solchs  selbst  zu- 

25  bedencken  geben,  das  sie  sehen,  was  inen  der  lieb  halben  zu- 
thün  sey;  dann  etwan  sollichs,  was  von  überflüssiger  lieb  und 
nicht  auß  boßheit  und  mütwili  geschieht,  wol  on  sund  zu- 
gehn  mag. 

39. 

auFraw  Agnes   schicket  nach   einem,   den   sie  zwen 
bundtschüch  zu  haben  vermeint. 

Ein  junger  übelgekleidter  gesell  kam  auff  ein  zeyt  in  ein 

* 

1  sey  n.i  gnüg  K      2  Welches  CDE      verstendig      9  begeret  K 
U  zu  schet/.en  K       17  von  welches  E      27  sünd  CD;  sünde  E 


Wegkürzer,  cap.  3U. 


103 


wirtshauß,  darinn  ein  edle  wittfraw  zu  herberg  hig;  von  wes 
handels  wegen,  ist  mir  nit  bewust.  Die  fraw  sich  ein  weyle 
auff  das  bettlin,  so  in  der  stuben  was,  gelegt  liett,  davon  der 
gut  jung  schön  gsell  nicht  weyt  saß.  Nun  ich  weiß  nicht, 
was  ime  in  sinn  kam  [125b]  oder  was  er  gedacht,  ye  das  ö 
hertz  im  latz  wischet  im  auff  und  ihm  neben  dem  latz  ge- 
stracket  hinnauß  före.  Das  die  fraw  beider  dann  der  jüngling 
war  genommen;  doch  so  bald  er  das  seltzam  thier  heraussen 
vermercket,  mit  schäm  dasselbig  wider  hinein  thet.  Nun  hett 
aber  der  latz  an  den  hosen  nicht  mehr  dann  ein  nestel ;  unnd  iu 
wie  er  ihne  an  der  einen  seyten  hinein  thet,  der  gotsdieb  und 
bößwicht  ime  zu  der  andern  seytten  wider  hinauß  före.  Das 
die  fraw  aber  als  bald  sähe,  bey  ir  selbst  gedacht,  ires  willens 
mit  im  zu  pflegen,  dem  gesellen  bald  schüff  essen  zugeben. 

Und  als  der  tag  vergangen ,  die  nacht  herbey"  kommen  i;> 
und  yderman  schlaffen  gewisen  ward,  die  fraw  dem  gu-[126a| 
ten  jungen  gsellen  zu  wissen  thet  bey  einer  irer  magd,  das  er 
solt  zu  ihr  kommen ;  sie  hette  etwas  mit  ime  zureden.  Der 
gftt  gesell  was  der  bottschafft  fro,  gedacht  wol,  der  metzen 
sontag  wer,  dieweil  die  schonen  frawlein  nach  im  schickten,  20 
sich  nit  sauinet,  auff  seine  fuß  sprang  unnd  mit  der  mayd  in 
der  frawen  kamer  gieng.  Und  als  sie  den  jüngling  bey  ir 
sähe,  yederman  auß  der  kamer  schaffet,  und  sie  sich  freündt- 
lich  gegen  dem  gesellen  erzeiget,  sich  mit  sampt  im  auff  das 
beth  setzet.  Der  gut  jung  wol  sähe,  was  ime  zuthün  wer  und 
warumb  er  beschickt  wer  worden,  mit  der  frawen  anfieng  zu 
schertzen  und  in  kurtzem  irem  willen  ein  genügen  thete. 

Nun  undter  an-[126b]derm  die  fraw  ihn  fragen  ward, 
sie  hette  wol  gesehen,  das  er  zwen  hett,  und  ob  sonst  mehr 
leüt  weren,  die  also  wol  gestaffiert  weren.  ,Nein4,  saget  der  m 
jüngling ,  ,ich  bin  durch  sondere  gnad  von  got  also  begabt 
worden ;  dann  ich  sonst  nyemandt  also  weiß  weder  ich.4  Die 
fraw  dem  jüngling  gentzlich  glaubet  unnd  den  andern  auch 
zftversuchen  begeren  warde.  Und  der  jüngling,  der  nun  etlich 

* 

1  von  was  E       6  wuscht  E       7  Des  E       8  thur  K       1«  ge- 
wesen BCD      20  diewezl  B       frawlin  E      28  Nft  E      war  E 


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104 


Martin  Montanua, 


meyl  auff  dem  einen  roß  geritten  was,  auff  saß  und  noch  ma- 
nig  meyl  vor  tag  ritte. 

Ich  weiß  nicht,  wie  der  jungling  mit  der  frawen  handlet, 
ye  er  gefiel  ir  so  wol,  das  sie  ihn  nicht  mehr  wolt  von  ir 
:>  lassen.  Ihne  etliche  wochen  bey  ihr  behielt,  von  newem  klei- 
det und  gern  gar,  wa  es  [127a]  des  jünglings  will  gewesen 
wer  und  ir  darvon  nicht  schand  zugestanden  wer,  bey  ir  be- 
halten het.  Aber  dem  jüngling  solchs  in  die  lenge  so  streng 
zutreyben  nicht  müglich  sein  wolt ,  unnd  nach  etlichen  ver- 
iu  gangnen  tagen  Urlaub  name,  sich  mit  der  frauwen  letzet  und 
mit  grossem  uninüth  der  frawen  von  dannen  schied. 

Gott  geb  allen  guten  gesellen  solche  gütte  herberg ! 
Amen. 

» 

40. 

15  Die  zech  begeret  ein  wirth  an  zwen ,  die  sie  vor 
40  000  jaren  schuldig  blyben  seind. 

Zwen  gesellen  kamen  inn  ein  wirtshauß,  darinn  sie  wol- 
bekannt  waren,  fiengen  an  zu  zechen  und  guter  ding  zu  sein. 
Und  als  man  die  zech  [127b]  macht,  fiengen  sie  an  und  sag- 

•jo  ten  zum  wirt:  ,Herr  wirth,  ir  wißt  wol,  das  man  sagt,  das 
die  weit  vor  viertzig  tausent  jaren  gestanden  sey  wie  yetz- 
under ,  und  nach  vergehung  der  yetzigen  weit  werd  die  weit 
über  viertzig  tausent  jar  abermals  anfallen,  da  wir  dann  all 
wider  zusamen  kommen  werden  und  bey  einander  sein  werden 

2.->  wie  jetzund.  Und  dieweil  wir  aber  yetzund  nicht  wol  gelt 
haben,  bitten  wir  euch,  ihr  wollet  unns  biß  auff  dieselbig  zeit 
warten ;  alßdann  wollen  wir  wider  zu  euch  kommen,  bey  euch 
zechen  unnd  ein  zech  mit  der  andern  bezalen.  Darurab ,  das 
wir  hie  schuldig  seind,  schreybt  uns  an  und,  wenn  dieselbig 

;jo  zeit  kompt,  legt  uns  für!  So  wollen  wir  euch  bezalen.'  [128a] 
Der  wirth  aber  ein  schalckhafftig  mann  wäre,  bald  merckte, 

6  wo  E  12  gebe  E  15  wart  CE  16  viertzig  jaren  E 
20  würt  CDE  21  tausent]  fehlt  E  28  tausent]  fehlt  E  2  wir] 
mir  BCD      29  sind  E 


Digitrrrl  hy  Tingle 


Wegkarzer,  cap.  40.  41. 


105 


das  sie  ihn  umb  die  zech  betriegen  wolten,  inen  antwortet 
und  sprach :  ,Es  ist  war,  lieben  herrn,  das  die  weit  vor  vier- 
tzig  tausent  jaren  wie  jetzt  gestanden  ist  und  über  viertzig 
tausent  jar  aber  wie  yetzt  stehn  wirt,  auch  bey  einander  wie 
yetzt  sein  werden.  Und  dieweil  ihr  vor  viertzig  tausent  jaren  5 
auch  in  meinem  hauß  gewesen  seind  und  dieselbig  zech  auff- 
gesch lagen ,  so  gedenckendt,  das  ir  mir  nit  auß  der  stuben 
weichent,  so  lang  und  vil  biß  ir  mir  beide  zech  mit  einander 
bezalt  haben  !'    Ire  röck  zu  pfand  name. 

Was  wolten  die  göten  gesellen  thün?    Wolten  sie  ire  iu 
rock  haben,  mftsten  sie  dem  wirth  die  zwo  yrten  ge-[128b] 
ben  oder  on  rock  zu  hauß  ziehen.    Den  wirt  bezalten ,  heim 
zu  hauß  giengen  und  kein  wirth  nicht  mehr  betriegen  wolten. 
Also  traffe  untrew  iren  eygnen  herren. 

41.  15 

Ein  fraw  erzeygt  sich  allweg  gegen  irem  mann 

freüntlich. 

Ein  fraw  erzeygt  sich  allwegen  freOndlich  gegen  irem 
mann,  sprach,  sie  gern,  so  es  sich  (da  got  vor  sey)  begeben 
solt,  für  ine  sterben;  unnd  der  schmeychlenden  wort  sehr  vil  ao 
trybe. 

Eins  mals  der  mann  gedacht:    ,üein  fraw  erzeygt  sich 

so  freOndtlich  gegen  dir;  wann  mir  etwas  widerwertigs  zu- 

handt  stoßt,  so  weint  sie ;  gat  es  mir  wol ,  so  lacht  sie ;  zu 

dem  so  fl29a]  sagt  sie,  sie  wolt  gern  für  mich  sterben.  Nun  &> 

ich  will  sehen,  ob  es  ir  umb  das  hertz  ist.4    Unnd  eins  tags 

er  einen  hanen  name ,  denselbigen  lebendig  ropfft ,  im  aliein 

die  federn  am  kopff  und  am  schwantz  bleiben  liesse,  also  das 

er  gar  erschrocken  lieh  anzusehen  wäre.    Sich  nider  zu  beth 

leget  unnd  den  hanen  in  der  kamraer  lauffen  liesse,  nicht  an-  m 

derst  thet,  dann  als  ob  er  gleich  von  hinnen  scheyden  wolt. 

* 

3  tausent]  fehlt  E  <\  tausent]  fehlt  E  5  yetz  C  tausent] 
fehlt  E  6  seyt  E  7  gedenckt  E  8  weichen  C;  weicht  K 
zechen  E  9  habt  E  11  iirten  E  24  gehet  E  25  wolte  CD; 
wolle  E      29  was  E 


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106 


Martin  Montaaus, 


Die  fraw  himiein  in  die  kammer  gien^e,  aber  des  hauen 
nicht  als  bald  wargenomtnen  hett,  den  mann  tröstet  und  sich 
übel  gehub,  irae  als  zuverstehn  gab  und  schrye,  wie  sie  gern 
für  in  sterben  wolt.  In  dem  sich  auffrichtet  und  den  hanen 
'»  sähe  gegen  ir  hergehn ;  von  stund  an  erschrack,  [129b]  nicht 
änderst  meinet,  dann  es  der  tod  were,  mit  senffter  stimm  sprach 
und  mit  dem  finger  anff  den  mann  deüttet :  ,Hie  ligt  er,  hie 
ligt  er.1  Vermeint,  er  were  im  beth,  da  er  ihne  finden  wurde. 

Als  solchs  der  mann  sähe,  wol  verstund,  wie  lieb  ihn  sein 
10  fraw  hett  unnd  das  es  allein  wort  umb  sie  waren,  auffstünd 
und  fürthin  der  frawen  weinen  und  göten  wort  nicht  mehr 
glauben  wolt. 

Hund  hincken, 
Weyher  weynen, 
lö  Kramer  schweren 

Soll  sich  kein  weyser  mann  ankeren. 

Wellicher  glauben  will,  wann  die  hund  hincken,  und  der 
weiber  traher  im  zu  hertzen  gon  lassen  wil  und  [130a]  glau- 
ben wil,  wann  die  kramer  schweren,  der  ist  warlich  nicht  ein 
ao  weyß  mann.    Aber  den  weybern  glaub  und  vertraw  nyemand 
zu  vil.  Nam 

Nere,  flere  et  nihil  tacere 
Tria  sunt  in  muliero 

42. 

z>  Historia  Gisippi  und  Titi. 

Zft  den  zeiten  des  hochwirdigen  Octaviani,  noch  nicht  ge- 
nannt Augustus ,  wol  ein  regierer  des  keiserlichen  ampts ,  in 
der  stat  Rom  ein  edelraan  gewesen  was,  genannt  Publius 
Quintus  Fulvius.    Der  het  einen  eynigen  son ,  genannt  Titus 
no  (Quintus  Fulvius ,  von  sehr  subtilem  gemut  und  grosser  lehr- 

nung;  und  damit  der  jung  ein  mechtiger  philosophus  wurde, 

* 

3  schrey  K  7  liget  E  8  were]  lege  E  würde  E  11  und 
guten  wort]  fehlt  K  15  Kramer  E  18  im]  fehlt  E  gehen  E 
gleuben  C  20  weiser  E  28  gsessen  E  30  subtilen  BCD  31 
darmit  CD      wirt  E 


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Wegkürzer,  cap.  42 


J07 


in  gen  Athen  in  die  ho-[130b]hen  schul  schicket  und,  so  er 
best  mochte,  ihne  einem  seinem  allten  giUten  freünde  Cremeti 
befalhe.  Der  den  jungen  Titum  seinem  vatter  zu  lieb  in  sein 
eigen  hauß  nanie,  ihne  zu  einem  seinem  söhn,  genant  Gisippus, 
gesellet,  die  beid  in  eim  alter  waren.  Und  zu  dem  grossen  5 
philosopho  Aristippo  beyd  jungen  von  Cremeto  gethon  wurden; 
also  beid  jungen  inn  zucht,  kunst,  lehr  und  tugent  gleich  auff- 
stigen.  Umb  des  willen  zwischen  inen  solche  bruderschafft 
wuchfi,  das  die  nyemandt  dann  allein  der  todt  mocht  schey- 
den;  ihr  keiner  ohn  den  andern  sein  kundt;  weder  bey  tag  10 
noch  nacht  kein  rüh  noch  rast  heten,  wann  sie  nicht  bey  ein- 
ander waren;  unnd  das  mit  grosser  freude  des  al-[l31a]ten 
Cremetis,  der  nicht  minder  den  einen  als  den  andern  für  sei- 
nen son  hielt.  Also  bey  drey  jaren  die  zwen  jungen  ihr  Woh- 
nung bey  einander  betten.  15 

In  dem  der  alt  Cremes,  Gisippi  vatter,  mit  tod  abgienge. 
Die  zwen  jung  in  gleicher  formb  in  klagten  ,  beyd  sich  in 
schwartz  kleydeten ,  unnd  weder  freOnd  noch  yemandt  anders 
wußt  umb  des  gehlingen  tods  willen  ,  welchen  von  den  zwen 
jungen,  sie  trösten  und  ir  leid  klagen  solten.  Und  nach  et-  20 
liehen  vergangnen  monaten  Gisippi  freund  mit  ime  und  Tito 
waren,  in  stercken  und  trösteten,  ein  weyb  zu  nemen,  und  ime 
ein  schon  und  edle  junckfraw  von  bestem  geschlecht  der  stat 
Athen  erwölt  hetten,  genannt  Sophronia  [I3lbj  und  bey  fünff- 
zehen  jaren  alt.  Dieselben  unverzogen  Gisippo  zu  einem  weib  a> 
gaben. 

Da  nun  die  zeit  kommen  was,  hochzeit  zumachen,  eins 
tags  Gisippus  Titum,  sein  gesellen,  bath,  das  er  ime  gesell- 
schafft leystet,  sein  weyb  unnd  braut  zusehen,  der  ihr  noch 
nye  gesehen  het.  Beyd  mit  einander  zu  der  junckfrawen  ka-  au 
men,  die  zwischen  beyd  jungen  gesetzt  ward.  Also  nach  lan- 
gem sitzen  und  züchtigem  gespräch  Titus  der  Körner  die  grosse 
schone  der  jungfrauwen,  seins  gesellen  braut,  bedencken  ward; 

im  in  solcher  maß  lieben  ward,  das  ine  gedaucht,  er  mit  au- 

* 

2  Crameti  CD  9  erwuchß  E  10  kont  E  12  grossen  freu- 
den  CK:  grosser  freüden  D  17  jungen  E  18  jemandt»  E  19 
zweyen  E  22  sterckten  unnd  trösten  28  seinen  E  29  die  er 
noch  E      32  züchtigen  BD      34  bedaueut  E 


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108 


Martin  Montanus, 


gen  sein  tag  schöner,  züchtiger,  wol geschickter  fravvenbild  nie 
mehr  gesellen  het,  sie  mit  im  selbst  ob  allen  frawen  lo-[132aJ 
bet;  doch  er  sich  solches  gar  nit  mercken  ließ. 

Da  sie  nun  also  gut  zeit  bey  einander  gesessen  waren, 
auffstünden,  von  der  junckfrawen  beyd  das  Urlaub  namen,  heim 
zu  hauß  giengen.  Titus  allein  in  sein  kammer  gienge,  von 
neuwein  der  züchtigen  junckfrawen  schone  bedacht.  Deß  er 
nach  etlichen  schwären  seufftzen  wol  empfand,  das  im  der 
straal  der  liebe  sein  gemut  und  hertz  verwundt  het,  zu  ime 
selber  sprach  :  ,0  du  eilendes  leben  auff  erden !  0  Tite,  wo 
setzest  du  hin  dein  gmöt,  lieb  und  hofnung!  Erkennst  nicht 
die  empfangen  dienst  von  Chremeto  und  seinem  gesinde ,  Gi- 
sippum,  deinen  liebsten  freünde,  des  die  züchtig  schon  junck- 
fraw  ist,  das  ich  ime  die  zu  lieb  in  solchen  ehren  [132b]  und 
reverentz  haben  müß,  als  wer  sie  sein  liebste  Schwester!  Was 
bedarffst  du  dich  ir  also  bekümmern,  dich  umb  iren  willen 
in  so  groß  unruhe  setzen ,  sie  lieb  haben !  Wo  laßt  du  dich 
die  blinden  lieb  hinffiren,  also  blenden  und  triegen  !  Wa  ist 
dein  groß  weißthumb?  Thu  auff  die  äugen  deiner  vernunfft. 
erkenne  dich  selbst!  0  du  eilender  Romer,  bedenck  die  stat 
der  gerechtigkait,  zeme  und  messige  dein  unkeuschen  willen 
und  schick  dein  begird  zu  audern. willen  !  Widersteh  und  über- 
wind dich  selbst,  dieweil  du  zeit  hast!  Du  solt  nit  wollen 
npch  des  begeren ,  das  unzüchtig  und  nit  erbar  ist,  darzft  du 
dich  yetzund  bereytest.  Und  wann  dir  wissend  wer,  das  es 
dir  werden  solt,  du  [133a]  soltest  mit  aller  deiner  macht  fliehen, 
woltest  du  änderst  der  rechten  waren  freüntschaft,  nach  dem 
der  lehrer  Tulius  spricht,  ein  gnügen  thün.  Darumb  bedenck 
dich  recht,  laß  dein  unmessig  lieb  faren !  Du  solt  deinem 
freünd  thün,  als  du  woltest,  das  er  dir  thet.1 

Also  der  güt  jung  Romer  nach  langem  solchem  seinem 

bedencken  der  junckfrawen  Sophronia  schone  von  newem  be- 

dencken  ward  und  alles,  das  er  wider  sich  und  sein  unmessige 

lieb  gesprochen  het,  zurück  leget  und  sprach:    ,Die  gesatz 

* 

2  ob]  on  BD  4  also  ein  gilt  E  9  staal  C  10  selbs  E 
12  einpfangnen  E  13  frenndt  E  15  seine  leibliche  E  Wes 
CDE  17  lest  E  18  Wo  E  19  grosse  weißbeit  E  28  Tullius 
E      32  bedecken  E 


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Wegkürzer,  cap.  42. 


109 


der  liebe  stercker  und  mechtiger  sein  dann  andere  gesatz  oder 
gebott.  Wie  offt  hat  sich  begeben,  das  der  vater  die  tochter 
\wU  ghabt,  der  bräder  die  Schwester,  die  stieffmütter  den 
stieff-[133b]son !  Das  ersch rockenlicher  und  unehrlicher  ding 
seind ,  dann  das  ein  gütt  freund  seins  freunds  weih  lieb  hat,  •"> 
das  sich  über  tausent  malen  bey  unsern  Zeiten  begeben  hat. 
Über  das  so  bin  ich  jung,  und  die  jugent  ist  keim  gesatz  ver- 
bunden noch  underthan.  Darum b  was  der  liebe  gefallen  ist, 
das  sol  auch  mein  gefallen  sein  ;  dann  die  züchtigen  werck 
Jn»fhr  den  betagten  personen  zu  gehören  dann  den  jungen.  Ich  10 
mag  nicht  mehr  noch  anders  wollen,  dann  was  die  lieb  will 
und  ir  gefallen  ist.  Die  grosse  schone,  die  züchtig  geberd 
diser  junckfrauwen  wol  wirdig  ist,  von  einem  jegklichen  lieb 
zu  haben  ;  dann  ires  gleichen  in  keinem  landt  ist;  unnd  wie- 
wol  sie  meines  freünds  Gisippi  ist  [134a]  und  ich,  als  der  da  13 
jung,  sie  lieb  hat,  wer  mag  mich  darumb  straffen ,  ob  ich  ir 
lieb  trag!  Nun  es  sey,  wie  ihm  wöll,  so  will  ich  sie  lieb 
haben.  Hieran  das  glück  schuldig  ist,  das  sie  Gisippo  ist  ver- 
lihen  worden  vor  einem  andern.  Wo  dem  zu  wissen  kern,  das 
ich  sie  vor  andern  weyben  lieb  hab,  er  nit  wol  zufriden  wer.4  20 

Nach  solcher  red  und  gedancken  wider  auff  sein  erste 
meinuug  kam  ,  ime  selbs  seiner  überflüssiger  lieb  halben  übel 
zu  redet,  au£  im  selbs  sein  gespött  trybe.  Also  von  einem 
gedancken  zum  andern,  vonu  einer  red  zu  der  andern  fiele.  In 
solchem  nit  allein  denselben  tag ,  sonder  auch  die  nacht  mit  c 
schwerem  gemüht  vertryb  ,  unnd  das  ohn  maß,  das  dieselben 
harten  gedan-[134b]cken  im  nicht  allein  den  schlaff,  sonder 
auch  die  speite  und  willen  zu  essen  namen.  Umb  des  willen 
bezwungen  schwacheit  halben  nider  in  kranckheit  fiele. 

Gisippus  der  in  manchen  tag  in  gedancken  und  trawren  so 
gesehen,  nun  in  gantz  kranck  und  zu  beth  ligen  sähe.  Das 
im  besondere  pein  und  leyd  bracht,  seinen  grosten  fretind  also 
kranck  zu  sein;  stets  bey  im  was  ihn  zutrosten  unnd  mit  stä- 
tem  fragen  die  ursach  seiner  kranckheit  begert  zu  wissen.  Das 
nach  langem  beschweren  und  bitten  Titus  mit  weinenden  au-  85 

* 

l  sind  £        2  bat«  E       5  sind  E        11  nit  CE        13  lieb  be- 
halten E       17  liehe  E      20  weibern  E      22  überflUsiger  C 


110 


Martin  Montanus, 


gen  Gisippo  antwortet  und  sprach  :  ,Gisippe,  lieber  freünde, 
wo  es  gott  gefallen  wer,  woit  ich  lieber  tod  sein  dann  leben» 
damit  die  quelung  meines  hertzen  ein  end  het.  [135a]  Dessen 
ist  die  ursach  deiu  schSne  Sophronia;  dann  sie  mir  mein  hertz 

■>  biß  in  den  todt  durchwundet  hat.1 

Da  Gisippus  sein  kranckheit  vernam,  das  klägliche  weinen 
unnd  erbärmliche  wort  ihn  reden  hört,  ein  klein  ungeredt  auff 
ihme  selbst  stünd,  als  der  die  junckfraw  nit  minder  lieb,  aber 
mit  mehr  messigkeit  dann  Titus  hett,  on  anders  gedacht  zu 

10  im  selbst  sprach :  ,Meins  grossen  freünd  und  guten  gesellen 
leben  soll  mir  lieber  dann  Sophronia  sein.4  Mit  Tito  anhub 
zu  weiuen  unnd  zu  im  sprach:  ,Werest  du  nit  trost  notdtirff- 
tig,  als  du  dann  bist,  so  klagt  ich  dir  selb  über  dich,  als  der 
unser  lieb  gebrochen  und  die  entweicht  hat,  das  du  mir  solche 

io  dein  pein,  leyden  und  schmertzen  nicht  ehe  [135b]  anzeigt 
hast  und  das  also  lang  vor  mir  verhalten  hast.  Wiewol  es 
dich  nit  zimlich  sein  daucht,  so  seind  doch  weder  die  züchti- 
gen noch  unzüchtigen  sachen  dem  getrewen  freünd  zu  ver- 
bergen. Denn  welcher  eines  andern  trewer  freünd  ist,  derselb 

üoyegklicber  erbarn  sach  seines  freündts  in  freüd  nimbt;  also 
auch  er  inn  den  unzüchtigen  allen  fleiis  thüt,  ime  zu  rathen 
und  helffen,  damit  sein  freünd  in  freud  und  ruh  gesetzt  werde. 
Also  ich  auch  dir  zu  hilff  unnd  trost  [thun]  meine  unnd  da- 
hin kommen  will,  da  ich  mich  beduncken  laß,  das  notdurfft 

2-j  sey.  Nach  dem  ich  vernimb,  das  du  in  Sophronia ,  die  mein 
haußfraw  sein  sol,  in  unmessige  liebe  entzündt  seyst  und  in 
dem  fewr  der  liebe  brinnest,  [136a]  das  nimbt  mich  kein  wun- 
der ;  wol  mich  frembd  deucht,  wa  im  änderst  were,  angesehen 
ihr  grosse  zucht,  schone  und  tugent.  Aber  mich  frembd  nimbt 

:jo  an  dich,  angesehen,  wer  du  bist,  das  du  dich  tiberwinden  last, 
der  tugenthafften  ding  pein  zutragen,  als  ich  wol  sihe,  du 
thüst,  sonder  der  ding,  die  da  leben.  Unnd  als  dich  billich 
sein  dunckt,  Sophronia  lieb  zuhabeu ,  sovil  mehr  hast  du  un- 

1  sprach:  Gisippo  BD  freundt  E  2  gottes  E  3  hertzens  E 
13  ich  mich  selb»  E  15  angezeigt  E  16  das]  uns  BD  18  ver- 
geben BCD  19  Dann  CE  derselbig  E  22  rüw  E  23  thun] 
Decameron  1035  bl.  206  c;  fehlt  BCDE  27  brunat  E  33  zu- 
habtn  C 


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Wegkürzer,  cap.  42. 


111 


recht,  dich  ab  dem  glück  zu  klagen  und  zu  sprechen,  das  dein 
lieb  haben  erger  were,  wa  sie  eines  andern  weib  und  nicht 
mein  gewesen  were.  Bist  du  dann  weiß,  als  dein  gewonheyt 
ist  und  du  allwegen  gewesen  bist ,  so  hat  das  glück  nyemandt 
geben  mögen  Sophroniam  ,  dem  du  mehr  zu  dan-[136b]cken 
habest  als  mir ;  dann  allein  ich  dir  geheißen  mag.  Dann  wel- 
chem andern  sie  das  glück  geben  unnd  beschert  het  dann  mir, 
wiewol  dein  lieb  haben  zu  ir  züchtig  unnd  erbar  were  ge- 
wesen ,  so  het  er  sie  doch  vil  ehe  für  sich  behalten  dann  dir 
geben.  Hast  du  mich  nun  für  dein  getrewen  freünd,  als  ich  10 
dann  on  zweifei  bin,  so  solt  du  zu  mir  hoffen  und  kein  zwei- 
fei haben ;  und  als  dir  wol  wissent  ist,  seyther  wir  gut  freünd 
unnd  mehr  dann  brüder  gewesen  seind,  das  alles,  das  ich  hab, 
gleich  dein  als  mein  gewesen  ist.  Were  dann  sach ,  das  sich 
die  materi ,  als  dann  mein  meinung  zuthün  ist ,  sich  so  ferr  r, 
verlauffen  hett,  das  es  nicht  anders  gesein  inocht,  so  müst  ich 
dem  thftn,  als  ich  vil  manig-[137a]mal  gethon  hab.  Aber 
unser  sach  ist  noch  nicht  an  dem  end  unnd  in  solcher  maß 
geschickt,  das  ich  Sophroniam  dein  eygen  machen  mag.  Dann 
ich  wißt  nit,  was  dir  mein  freünd tsch äfft  nutz  und  gut  were,  20 
wann  ich  einer  sach,  die  züchtig  were,  dir  zu  lieb  die  in  ehren 
tbün  mocht,  das  ich  nicht  ineinen  willen  dem  deinen  geleich 
macht.  Es  ist  war,  Sophronia  ist  mein  unbeschlaffen  ehlich 
braut,  hab  sie  lieb  unnd  irer  hochzeyt  mit  frefiden  warten  bin, 
und  du,  als  der  ir  mit  mehr  brinnender  lieb  begert  und  lieb  2:» 
hat,  als  sie  dann  wol  wirdig  ist.  Darumb  nicht  mein,  sonder 
dein  sein  soll,  unnd  in  meiner  kamer  die  erst  blümen  der  güt- 
lichen ehe  mit  ihr  abbrechen  solt.  Darumb  schlag  [137b]  von 
dir  alle  schwere  gedancken,  leb  frölich,  trost  dich  und  hinfür 
mit  freuden  und  mehr  würdiger  lieb,  dann  mein  gewesen,  ihr  :w 
warten  biß  V 

Da  Titus  seinen  freund  (jiisippura  in  seinen  trost  so  züch- 
tigklich  reden  vernam ,  des  wort  im  grosse  frewd  und  hoff- 
nung  brachten,  doch  damit,  als  dann  wol  müglich,  etwas  groß 

1  ab]  an  BD  6  welchen  K  10  dein]  den  BCD  15  ferrn 
E  17  gethan  K  22  gleich  K  32  Beinern  E  33  des]  das  B; 
dessen  E 


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112 


Martin  Montanus, 


schäm  hett.  Dann  je  grosser  Gisippi  uiiltigkeyt  daucht,  so 
vil  mehr  dauchte  in,  wider  alle  recht  thet,  stets  weinend  sein 
leyd  klaget.  Doch  nach  etlichen  seuiftzen  mit  grosser  schäm 
Gisippo  antwort  unnd  sprach:    ,Gisippe,  edler  freund  mein, 

ö  dein  trewe,  redliche  milte  freundschafft  mir  heut  bewisen  ist. 
Nun  woli  gott  nicht,  das  ich  von  dir  neme,  des  du  wirtiger 
zu  [138a]  habeu  bist  dann  ich.  Dann  were  ich  Sophronia 
wirdiger  gewesen  dann  du  ,  weder  du  noch  jemands  anders 
glauben  soll,  das  sie  dir  von  mir  were  bescheret  gewesen. 

10  Darumb  folg  mit  frewden  nach  dem,  das  dir  von  gott  geben 
ist,  unnd  mir,  als  der  sollicher  edler  gab  unwürdig  was,  mit 
klaglichen  zähem  meiner  äugen  begabt  hat  unnd  mich  damit 
lassen  verwesen.  Wenn  der  zweyer  ein  sein  wirdt :  ich  wirt 
solche  pein  überwinden  und  von  dir  lieb  gehabt  sein,  oder  sie 

i;>  wirt  mich  überwinden  und  von  aller  pein  und  schmertzen 
nemen/ 

Über  solche  red  Gisippus  im  antwort  und  sprach:  ,Tite, 
wo  mir  vonn  dir  unnd  deiner  freündtschafft  mag  verlihen  wer- 
den, eins  mein  gefallen  inn  deinem  [138b]  dienst  zuthün,  und 

üo  du  dem  also  nachkommest,  wiltu  änderst  meinen  willen,  rath 
und  bitt  zu  lieb  werden,  und  das  mit  aller  k rafft,  als  dann 
solcher  unser  freündschafft  zuthün  gebürt,  so  will  ich  und  ist 
gantz  mein  meinung,  das  Sophronia  dein  ehlich  weib  sey. 
Dann  die  sterck  der  lieb  ohn  maß  groß  und  mir  kundt  ist, 

25  das  manicher  liebhaber  seins  liebhabens  einen  unseligen  tod 
empfangen  hat.  Nun  sihe  ich  dich  in  maß  von  solcher  lieb 
gebunden,  das  du  on  grossen  schaden  die  zäher  deiner  äugen 
nit  überwinden  möchtest.  Das  dir  on  zweyfel  dein  leben  neme, 
wa  ich  das  nit  selbs  versehe.    Wa  das  geschehe,  das  ich  in 

yo  die  lenge  nicht  vertragen  möcht,  dir  mit  tod  nachfolgen  müßte. 

Darumb  [139a]  sey  Sophronia  dein  ;  dann  villeicht  dir  keine 

mehr  zuhanden  kein,  die  dir  liebet  und  gefiel,  als  sie  thüt.  So 

will  ich  mein  weiche  lieb  ein  andern  weg  keren,  dich  unnd 

mich  zu  einer  stund  content  und  wol  zu  müt  raachen.  Des 

* 

1  dacht  BCD  6  wirdiger  K  12  damit  hat  K  18  Wem  E 
eins  K  ich  würde  K  14  ghabt  C  17  sollich  CD  18  frundt- 
schafft  B  20  den  E  22  zuthün]  fehlt  E  23  ehlichs  E  27 
grosser  BCD       zeher  C       29  wo  E       34  Das  B 


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Wegkürzer,  cap.  42. 


113 


ich  villeicht  nicht  so  milt  were,  wenn  weyber  zunemen  als 
theür  wer,  als  die  getrewen  freünd  zu  finden  seind.  Seytemal 
ich  nit  mit  grosser  mühe  ehe  ein  ander  weib  dann  ein  güten 
freünd  finden  mag,  so  will  ich  sie  vil  eh,  sprich  ich,  verlieren, 
die  ich  nicht  verleür,  wa  ich  sie  dir  gib,  sonder  sie  einem  an-  0 
dern,  der  du  sein  solt,  ehe  vergünnen  wolt,  dann  dich  zu  ver- 
lieren. Darumb,  Tite,  liebster  freünd  und  brüder,  haben  mein 
bitt  niendert  krafft  bey  dir,  so  gewer  mich  meiner  [139b]  bitt 
und  Schlahe  von  dir  dein  unmüt  und  zu  einer  stund  mich  und 
dich  tröste !  Schick  dich  zu  meinem  willen,  die  frewd  zu  ne-  10 
inen,  der  dein  brinnende  lieb  allzeit  begert  hat!4 

Wiewol  Titus  Sophroniam  gern  ghabt,  doch  sich  ein  we- 
nig schäm pt.  Also  ein  kleine  zeyt  auff  im  selbs  stunde,  nach 
dem  von  grosser  lieb  zu  Gisippo  sprach :  ,Gisippe ,  gütter 
freund,  mir  ist  nicht  wol  bewußt,  was  ich  thun  oder  lassen  soll  10 
und  ob  ich  mein  oder  dein  gefallen  thft ,  nach  dem  du  mich 
gebetten  und  dich  mir  erbotten  hast,  dein  rath  und  will  werd. 
Doch  seytemal  dein  gute  also  groß  gegen  mir  ist,  das  sie 
mein  schäm  überwunden  bat,  so  bin  ich  bereyt  zuthün  dein 
gefallen.  Doch  wiß,  das  ich  nit  thü  als  einer,  [140a]  der  nit  20 
erkenn,  daß  ich  von  dir  nicht  allein  die  liebhabenden  frawen 
empfahe,  sonder  ich  auch  sprechen  mag,  damit  mein  leben  von 
dir  hab.  Gott  laß  mich  es  umb  dich  verdienen ,  daß  du  mir 
demütiger  gewesen  bist,  weder  ich  mir  selb  gewesen  bin !' 

Nach  dem  Gisippus  sprach :  ,  Damit  ich  die  sach  zu  gu-  20 
tem  end  bring,  bedunckt  mich  disen  weg  zuhalten,  als  dir  wol 
wissend  ist,  wie  nach  langem  rath  und  bedencken  meiner  freunt 
Sophronia  mir  zu  einem  weyb  geben.  Wo  ich  nun  gieng  und 
sprech,  ich  wolt  ir  nit,  on  zweyfel  sich  groß  schand  begeben 
wurde ,  und  bey  der  theil  freund  sich  betrüben  wurden.  Das  :*> 
ich  alles  klein  achtet,  wo  sie  nun  dir  wirt.  Aber  ich  besorg, 
wa  ich  ein  solches  entdeckt  und  [140b]  mich  mercken  ließ, 
das  sie  ire  freünd  nicht  zuhand  einem  andern  geben,  des  freünd 
du  villeicht  nicht  werest,  als  du  mein  bist.  Als  denn  du  ver- 

1  ab]  so  E  5  wo  ich  dir  sie  E  7  habe  BCD;  hat  E  12 
ghaht  B  13  scheinet  E  23  michs  E  24  selbs  E  28  gaben  E 
30  würd  E      würden.    Des  E      31  acht  E      34  den  E 

3iont*nui  8 

/ 

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114 


Martin  Montanu«, 


loren  bettest,  das  mir  doch  nicht  worden  were.  Darumb  mich 
güt  deucht,  wo  es  dir  gefiele,  was  ich  angefangen  hab,  dem 
also  nach  zukommen:  Ich  will  Sophroniam  als  mein  ehliche 
haußfrawen  zu  hauß  führen  unnd  raein  hochzeyt  machen ;  unnd 

*  wann  uns  zey  t  dunckt ,  nach  dem  ich  mein  Ordnung  mit  dir 
geben  würde,  du  verborgen  an  meiner  statt  als  dein  ehliche 
haußfraw  beschlaffen  magst.  Nach  dem  uns  aber  zeyt  nemen 
mögen ,  die  sach  zuoffnen.  Ist  es  dann  ir  gefallen ,  wol  und 
güt;  wo  nicht,  so  ist  es  doch  schon  geschehen,  und  was  [141a] 

10  geschehen  ist,  mag  nicht  mehr  zu  ruck  gehn.  Sie  und  ire 
freund,  es  sey  ihn  lieb  oder  leid,  dessen  content  unnd  zu  fri- 
den  sein  müssen.' 

Solche  meinung  Tito  wol  gefiele. 

Nach  dem  Gisippus  sein  braut  inn  sein  hauß  empfieng,  in 

iö  dem  Titus  wolgeschickt  und  zu  seiner  gesundheit  wider  kom- 
men war.  Da  man  ein  kostliche  reiche  hochzeit  het  zugericht. 
Und  da  es  nacht  worden,  schlaffen  zugehn  sich  bereyten,  unnd 
die  braut  von  den  frawen  allein  bey  Gisippo  gelassen  ward. 
Nun  warend  beyd  kümmern  Titi  und  Gisippi  an  einander,  unnd 

»)  auß  einer  inn  die  andern  man  wol  gehn  mocht.  Da  sich  nun 
Gisippus  allein  in  der  kamern  bey  Sophronia  fand  und  die 
liecht  gelescht  het,  [141b]  er  zu  Tito  gieng,  zu  ime  also 
sprach,  das  er  zu  Sophronia,  seiner  lieben  schonen  junckfrawen 
schlaffen  gienge.    Da  das  Titus  vernara,  das  die  letst  stund 

2o  die  rosen  seiner  lieb  zu  empfahen  kommen  was ,  ein  klein 
schäm  halbem  rew  unnd  leyd  hett,  zur  braut  schlaffen  zu  gen, 
das  widerredet.  Aber  Gisippus  von  gantzem  guten  willen  sein 
Worten  gleich  zu  Tito  willen  geschickt  was  und  nach  langem 
verziehen  und  außreden  in  doch  zu  der  schönen  junckfrawen 

30  bracht. 

Und  da  Titus  zu  seiner  allerliebsten  jungkfrawen  in  das 
beth  kam,  in  schimpffs  form  sie  in  sein  arm  nam,  mit  niderer 
stimm  zu  ihr  sprach  und  sie  fraget,  ob  sie  sein  ehliche  hauß- 
fraw  auch  gern  sein  wolt.  Und  sie,  als  die  da  meinet,  [142a] 
Gisippus  wer  es,  im  antwort  unnd  sprach:  ,Ja.'    In  dem  er 

1  noch  nit  E        2  gefeit  E        14  nauß  B        22  also]  fehlt  E 
26  zügehen  E 


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Wegkürzer,  cap.  42. 


115 


ein  guldin  ring  ab  seiner  band  zohe  und  den  an  ihr  band 
stieß;  mit  dem  er  zu  ir  sprach:  ,So  will  ich  dein  ehlicher 
mann  sein.4  Nach  dem  dem  heiligen  matriinoni  und  gotlicher 
ehe  ein  genügen  theten,  den  lust  und  frewd  von  einander  na- 
men,  die  dann  solche  gab  gibt.  Also  gütte  zeyt  ohn  ihr  noch  ö 
yemands  anders  wissen  Titus  sie  stets  beschlieffe,  und  sie  stats 
in  der  meinung  was,  wie  Gisippus  und  nicht  Titus  bey  ihr 
schlieff. 

In  sollichem  sich  begab,  das  Titus  Publius,  des  jungen 
Titi  vatter,  zu  Rom  mit  tod  abgieng  und  starb.  Das  im  bald  10 
ward  zu  wissen  gethon,  darbey  sich  schickt  gehn  Rom  zu  kom- 
men, seine  f  142b]  geschefft  zu  besehen.  Da  Titus  seins  vatters 
tod  vername,  sich  bereyten  und  sein  Ordnung  gab  gen  Rom 
zuziehen  und  Sophroniam  mit  im  zu  füren;  des  mit  Gisippo 
sein  Ordnung  gäbe.  Doch  nach  dem  ihr  fürnemen  unnd  die  15 
sach  ein  gestalt  hette,  Sophroniam  in  keinen  weg  von  Athen 
mocht  füren,  es  müßt  offenbar  werden,  das  da  noch  verborgen 
was.  Und  er  eins  tags  die  fraw  zu  inen  in  die  kammer  rüffet, 
unnd  ihr  alle  Sachen,  was  sich  allenthalben  ergangen  hett, 
sagten  und  zu  wissen  theten.  20 

Und  da  die  jung  schon  fraw  das  vernam,  sehr  erschrack 
und  mit  grossem  zorn  und  sehr  betrübtem  gemüt  die  beyde 
ansähe,  anhöbe  zu  weinen  und  schwerlichen  Uber  Gisippum  zu 
klagen,  das  [143a]  er  sie  also  boßlichen  und  schändtlichen 
betrogen  hett.  Und  ohn  icht  anders  sprechen  auß  dem  hauß  2» 
zu  ihrem  vatter  gieng,  ime  und  irer  mütter  kläglichen  mit 
weinenden  äugen  saget,  wie  sie  von  Gisippo  betrogen  were 
unnd  wie  sie  Titi  Quinti  Fulvii  weyb  wer  und  nit  Gisippi,  als 
sie  dann  meinten,  sie  sein  solt. 

Da  Sophronia  vatter  und  mütter  Gisippi  schalckheit  ver-  au 
nomen  unnd  gemerckt  hetten ,  ihr  hertz  beschwert  unnd  in 
groß  unrühe  setzten ,  Gisippi  freünd  beschickten ,  grosse  red 
und  klag  der  verlauffen  sach  halben  hetten.  Sich  alle  betrüb- 
ten und  wider  Gisippum  in  grossen  zorn  und  unmüt  fielen, 

1  gülden  E  11  gethan  E  13  bereytet  E  16  keinem  E 
22  gemüt]  möt  E  23  anhäb  CDE  25  ohn  nicht  C;  on  etwas  E 
32  grosse  unriiw  E      33  verlaufinen  E 

8* 


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116 


Martin  Montanus, 


und  beyde  parthey  ime  grossen  neyd  und  haß  trägen  und  spra- 
chen, er  nicht  [143b]  allein  darumb  zu  red  zusetzen ,  sonder 
grosser  straff  würdig  wer.  Demnach  in  beschickten  und  mit 
grossen  treuwen  zu  red  satzten.  Den  er  zu  antwort  gab  und 
5  also  sprach,  wie  er  wol  und  recht  gethon  unnd,  was  er  gethon 
het,  ime  darumb  lob  und  danck  were  zugeben,  das  er  sie  bes- 
serm,  erbarem,  reichern  unnd  edlern,  dann  er  were,  geben 
hette. 

Da  Titus  als  der,  der  die  griechischen  sitten  unnd  hof- 

10  fertigen  gewonheit  wüßt  unnd  wol  erkannt,  lange  zeyt  vertra- 
gen hett  und  in  keinen  weg  vernam  ,  das  sie  sich  wider  Gi- 
sippum  erweichen  wolten ,  das  nicht  lenger  vertragen  mocht, 
als  der  das  römisch  gemüt  und  Athenesier  sinn  het,  beyden 
partheyen,  Gisippi  und  Sophronie  freün-[144a]den,  antwort  und 

i;,  zu  inen  sprach:  ,Es  ist  aller  philosophen  red  unnd  meinung, 
was  die  tödtlichen  thün  ,  anheben  unnd  verbringen,  das  ein 
solches  aller  untödtlichen  götter  geschick  unnd  verhencknus 
sey;  unnd  etliche  wollen,  es  notdürtftig  sey  unnd  sein  muß, 
was  ir  will  begert.    Wolt  ihr  nun  die  sach  recht  bedencken, 

20  so  werden  ihr  klärlich  sehen  unnd  mit  gantzer  warheyt  ver- 
neinen, geschehen  ding  zustraffen  und  euch  wider  die  gesetz- 
ten, die  nicht  wider  zu  ruck  gehn  mögen.  In  dem  ir  nicht 
anders  thün  möcht  dann  allein  euch  weyser  und  fürsichtiger, 
dann  die  götter  sein,  beweysen.    Und  wir  doch  glauben,  was 

se»  sie  thünd,  das  sie  billich  und  mit  recht  on  alle  irrung  all  ding 
ordinie-[144b]rend,  gubernierend  und  regnierend.  Darumb  sie 
zustraffen  das  an  euch  nicht  weißheyt,  sonder  grosse  thorheit 
ist ;  grosser  büß  unnd  pein,  die  so  behertzen  seind  sie  in  ihren 
wercken  zustraffen,  von  inen  sollen  warten ;  nach  dem  ich  sihe 

ao  das  ir  gethon  haben ,  umb  des  willen  das  Sophronia ,  die  ir 
Gisippo  geben  habt,  mein  worden  ist,  nit  angesehen,  was  von 
ewigkeit  geschickt  gewesen  ist  mein  zusein. 

,Von  der  heimligkeit  der  götter  zureden  den  tödtlichen 

4  trowen  C  ;  drowen  E  5  gethan  E  7  erbaren  E  10  wißt 
E  11  keinem  E  14  fründen  BC  15  philosophien  B  18  liehe 
wbllen  B  20  werdend  E  21  desetzten  B  25  thün  £  28 
peen  E      behertzt  sind  E       30  gethan  habt  E      willens  E 


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Wegkürzer,  cap.  42. 


117 


schwer  ist.  Darumb  lassen  nur  ab  unnd  setzen ,  das  sie  kei- 
nerley  unsere  geschefft  bekümmern!  Darumb  were  mein  sinn 
unnd  nieinung,  wer  es  ewer  gefallen,  der  weisen  raht  zupflegen. 
Darinn  ich  zwey  ding  wider  mein  natur  [145a]  thün  muß: 
das  erst  ist  mich  selbs  zu  loben ,  das  ander  einen  andern  zu  o 
schelten.  Und  weder  eins  noch  anders  mich  von  der  rechten 
warheit  keren  will;  nach  dem  unser  gegenwärtig  materi  be- 
geren  ist,  ich  thün  sol.  Eüwer  zorn,  neyd  und  haia  sich  mehr 
von  unform  dann  von  gereohtigkeit  begibt.  Ir  verdampt  Gi- 
sippi,  ine  lesterend  und  schendet.  Das  er  mit  Sophronia  ge-  io 
than  hat  unnd  das  von  eignem  rath  ,  darumb  ime  besonder 
lob  zugeben  ist;  und  das  er  wol  und  recht  gethan  hab,  das 
solt  ir  wissen. 

,Und  er  hat  erst  gethan,  als  ein  rechter  trewer  freünd 
dem  andern  thün  soll;  das  ander,  das  er  weyßlicher  dann  ihr  iö 
gethan  hat.    Dann  die  heyligen  gesetz  der  freündschafft  be- 
geren  [145b]  und  haben  wollen ,  das  ein  jegklicher  getrewer 
freünd  für  seinen  freündt  thün  soll,  das  er  für  sich  selbst  thet. 
Darbe v  merckt  die  k rafft  und  macht  der  freündtschafft ,  das 
die  grösser  und  wirdiger  ist ,  wa  sie  mit  rechten  trewen  ge-  20 
meint  wirdt.   Nach  dem  durch  Gisippum  ist  bewisen  worden, 
des  freündtschafft  gegen  mir  grösser  geweßt,  als  dann  billich 
ist,  dann  die  gegen  seinen  freunden.    Dann  wir  haben  die 
allein  für  freund,  die  uns  zu  freunden  erwölten  und  die  uns 
vom  glück  geben  seind.    Und  ob  Gisippus  mein  leben  lieber  25 
hat  dann  euwer  freündtschafft,  seytemal  ich  sein  freundt  bin, 
das  soll  sich  niemandt  wunder  nemen. 

,Doch  lassen  wir  yetzundt  von  der  red  und  kommen  an  die 

[146a]  ander  sach,  da  ir  baß  verstehn  werdet,   wie  Gisippus 

weißlicher  gethan  hat  dann  ir.   Ich  laß  mich  geduncken,  wie  a»> 

ir  die  geschick  unnd  fürnemung  unser  göter  gar  klein  ver- 

nempt,  deßselben  gleichen  noch  vil  minder  die  geschefft  unser 

freündtschafft.    Darumb  ich  sprach,  das  ir  mit  ewerm  rath 

* 

1  lasset  £  setzet  E  6  wider  BCD  7  gegenwertige  E  9 
verdampt,  schendet  und  lestert  Gisippum  E  16  heyden  BCD  24 
erweblen  E  25  sind  E  26  seyternmal  30  beduncken  E  31 
vernempt]  duncken  BCDK ;  vernempt  hat  Cammerlanders  Decameron 
1535  bl.  208  c 


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118 


Martin  Montanus, 


und  försehung  Sophroniam  Gisippo  geben  habt,  der  ein  junger 
philosophus  ist.  Ewer  wil  und  rath  gab  sie  einem  von  Athene, 
so  gab  sie  Gisippi  rath  einem  Römer  und  philosopho;  ewer 
will  gab  sie  eim  edlen  jüngling  von  der  statt  Athen,  und  Gi- 

5  sippus  gab  sie  einem  vil  edlern  von  Rom ;  ihr  gabt  sie  einem 
jungen,  der  ihr  nicht  allein  kleine  liebe  trüg,  sonder  mit  raar- 
ter  erkennet,  so  hat  [146b]  sie  Gisippus  [einem  jungen]  ge- 
ben ,  der  sie  ob  aller  Seligkeit  und  mehr  dann  sich  selbs  lieb 
gehabt  habt.    Umb  des  willen  (mit  der  warheit  zureden)  ist 

iü  Gisippus  mehr  zu  loben,  dann  ir  seyt.  Darumb  merckt  und 
verstet  allen  handel  unser  materi !  Ich  bin  jung  unnd  ein 
philosophus  als  Gisippus,  als  euch  durch  mein  lehr  und  langes 
studieren  wol  mag  kund  sein.  Wir  seind  beyd  in  einem  alter, 
mit  gleichem  schritt  auff  zu  der  hohen  lehr  und  kunst  gesti- 

iö  gen.  Unnd  er  ist  ein  Atheneser,  so  bin  ich  ein  Romer.  Wol- 
len wir  nun  von  wirdigkeit  der  statt  sagen  und  disputieren, 
so  wurd  ich  sagen,  ich  sey  aufi  einer  freyen  statt  und  er  auß 
einer  underthenigen  und  tributarien  stat.  Mehr  mag  ich  spre- 
chen, ich  auß  einer  [147a]  keyserlichen  statt  sey,  ein  über- 

20  winderin  aller  streit ;  so  mag  er  die  sein  mit  nicht  anders 
dann  allein  mit  irer  hohen  schäl  loben.  Auch  wißt,  das  ich 
nicht  von  den  minsten  unser  statt,  sonder  von  dem  besten 
gschlecht  bin  geboren,  und  meine  heuser  und  palast  am  wür- 
digsten der  statt  Rom  gelegen  seind,  auch  die  statt  Rom  aller 

2ö  vol  ist  meiner  elteni  bilder  und  wappen,  die  zu  vil  manigma- 
len  den  schal  und  triuraph  auff  unser  Capitolium  gebracht 
haben ;  uud  noch  nit  vergangen  seind  allters  halben  ,  sonder 
mehr  heüt  bey  tag  dann  ye  die  ehr  unsers  namens  bluen  thüt. 
Meins  reichtumbs  schäm  halben  ich  schweige.  Ich  sprich  und 

:io  glaub,  das  Gisippi  fretiudtschafft  euch   lieb  [147b]  gewesen 

sey;  auch  der  meinen  zu  Rom  ir  euch  nicht  Schemen  solt, 

unnd  euch  nicht  minder  soll  zu  Rom  ehr  unnd  nutz  sein,  als 

euch  Gisippus  hie  geweren  were.   Dann  fürwar  ir  an  mir  ein 

getrewen  freund  haben  solt  nit  allein  mit  meinem  reichtumb, 

* 

3  Gisippus  eim  £  ewr  C  4  Athene  CD  6  junger  BCD 
7  einem  jungen]  hat  Arigo ;  fehlt  bei  Cammerlander  und  Montanus 
12  durch]  fehlt  E  17  wurd  E  18  unterth&niger  E  22  dem] 
den  BD;  de  C      23  paUat  E      28  blühen  E      29  schweig,  sprich  E 


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Wegkürzer,  cap.  42. 


119 


sonder  auch  mit  allem  gewalt  unser  policey  und  regiment. 
Darumb  folgen  mir  unnd  meinem  trewen  rath !  Laßt  von 
eüwerm  bösen  fürgenommen  willen,  damit  ich  ewern  rath 
mehr  dann  Gisippi  rath  loben  mög !  Dann  ohn  zweyffel  nye- 
mandts  sein  wirt,  der  nicht  sprechen  werde,  das  Sophronia  5 
Tito  Quinto  Fulvio,  dem  wolgebornen  edlen  Römer,  wol  ver- 
heyrat  sey,  der  ein  reicher  machtiger  burger  der  statt  Rom 
und  [148a]  Oisippi  grosser  und  mechtiger  freundt  ist.  Wel- 
cher sich  nun  des  beklagen  ist,  der  weißt  nit,  was  er  thüt 
noch  was  er  begert.  io 

,Nun  werden  villeicht  etlich  sprechen ,  Sophronia  klag 
nicht,  das  sie  Titi  weib  sey,  sonder  des  klag  sie,  das  er  ir, 
als  oben  gesprochen  ist,  verstolen  ohn  ir  unnd  irer  freundt- 
8chafft  wissen  geben  ist.  Das  ist  kein  new  ding  oder  das  vor 
nye  geschehen  sey.  Ich  geschweig  der,  die  wider  ihrer  eitern  iö 
willen  mann  genommen  haben  unnd  die  mit  iren  bülen  hin- 
weg gelauffen  seind  unnd  ihren  freunden  ehliche  weyber  wor- 
den seind,  und  etlich  die  ehe  mit  hüpschheit  kinds  geburt  ehe 
geöffnet  haben  dann  mit  der  zungen.  Deren  ist  keins  Sophro- 
nia zugestanden,  sonder  [  1 48b]  ordenlich  mit  zucht  unnd  ehr  20 
von  Gisippo  ist  Tito  geben  worden.  —  Etlich  möchten  spre- 
chen, er  het  gethan,  das  ihm  zuthün  nicht  zugestanden  were. 
Dann  es  seind  einfeltige  weybische  ding;  wißt  ir  nicht,  weß 
mancherley  weg  das  glück  sucht  zu  end  zu  bringen  deß,  das 
geschehen  sol  ?  Doch  wie  dem  seye,  so  wißt,  das  ich  mit  kei-  20 
nem  betriegen  gesucht  habe  eil  wer  bliU  und  dochter  Sophro- 
niam  zu  schedigen !  Wiewol  sie  verborgen  mein  ehlich  weyb 
worden  ist,  so  bin  ich  doch  zu  ihr  kommen  nicht  als  einer, 
der  sie  ihr  ehren  unnd  junckfrawschafft  berauben  wollen,  oder 
als  ein  feind  und  minder,  dann  zun  ehren  gehört,  ewer  freund-  au 
schafft  hab  außgeschlagen.  Wol  umb  ir  grossen  schö-[149a]ne 
unnd  tugendt  in  sie  in  brinnender  lieb  bin  entzündt  worden. 
Das  euch  nun  jetz  pein  gegen  mir  bringt,  das  ich  mein  sach 

also  verborgen  gefurt  hab.  Het  ich  sie  nun  mit  der  Ordnung 

* 

2  folget  E  3  fürgenommenen  E  8  Gsippi  B  mechtiger 
onnd  grosser  E  9  weyti  E  15  gschweyg  CD  16  manner  E 
17  freund  E  20  zugstanden  C  21  gegeben  E  23  weß]  wie  E 
24  zürn  end  E      daß  das  E      29  irer  E      31  hab]  balb  BCD 


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120 


Martin  Montanua, 


gesucht  und  an  euch  für  mein  ehlich  weib  begeret,  als  dann 
wol  billich  gewesen  were,  ich  besorg,  ihr  hetten  sie  mir  nit 
widerfaren  lassen ,  und  were  mir  nicht  worden.  Das  ist  die 
ursach ,  was  ich  gethan  hab  verborgen  durch  meinen  freünd 
Gisippum.  Wiewol  ich  sie  auß  gantzem  hertzen  lieb  het,  doch 
das  nicht  als  ein  liebhaber,  sonder  als  ein  trewer  ehman  sie 
beschlaffen  hab;  ich  fuget  mich  nicht  eh  zu  ir,  als  sie  selber 
mit  der  warheyt  sprechen  mag,  das  ich  sie  vor  nicht  mit  züch- 
tigen erbaren  [149b]  Worten  unnd  einem  guldin  ring  gemehlet 

10  het,  unnd  ob  sie  mein  ehlich  fraw  sein  wolt,  das  sie  mir  züch- 
tigklich  antwort  und  ja*  sprach.  Beduncket  sie  sich  nun  be- 
trogen sein,  des  bin  ich  nicht  zustraffen,  sonder  über  sich  sel- 
ber zu  klagen  hat.  Warumb  fraget  sie  mich  nicht,  wer  ich 
were?    Weder  ihr  noch  sie  anders  zuklagen  habt,  dann  das 

15  sie  durch  Gisippum  verborgen  mein  weib  worden  ist.  Darum b 
thüt  unnd  laßt,  was  euch  eben  ist,  nempt  es  in  gut  oder  übel 
auff,  so  ist  sie  doch  mein  weib.  Nun  was  wurden  ir  nun 
sprechen,  wann  sie  Gisippus  einem  groben  bawren  geben  het  ? 
An  welcher  marter  und  gefencknuß  wurd  ihr  euch  benügen 

20  lassen  ? 

,Doch  laß  ich  jetz  zu  weil  von  meiner  [150a]  red.  Dann 
die  zeit  mir  kommen  ist,  der  ich  nicht  warten  was,  das  ist 
meines  vatters  tod.  Umb  des  willen  ich  mich  wider  gen  Rom 
fügen  müß,  und  damit  ich  Sophroniam  mit  mir  füren  mog, 

25  hab  ich  euch  entdecken  wollen ,  das  ich  villeicht  noch  lang 
zeit  het  verborgen.  Seyt  ihrs  nun  wißt,  so  werd  ir  frolich 
und  mit  gutem  frid  gedult  haben.  Dann  het  ich  sie  betriegen 
wollen,  ich  hett  sie  also  beschäm pt  sitzen  lassen  ;  aber  da  sey 
gott  vor,  das  inn  eins  Romers  geist  sollich  unehr  verbor- 

:jogen  sey. 

,Als  ir  gnüg  wol  vernommen  habt,  wie  Sophronia  durch 
geschickt  der  gotter  und  krafft  menschlicher  gesatz,  löblicher 
sinn  meines  freunds  Gisippi  unnd  meiner  brinnenden  lieb  mein 
worden  ist,  darumb  [150b]  ich  euch  freündtlich  bitt,  ihr  bes- 

♦ 

7  fug  E        9  gemahlet  E        10  wolt.    Des  E  17  würden  E 

19  wurdet  E  23  wider]  fehlt  E  26  werdet  E  28  beach&mpt  E 
29  aolche  E 


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Wegküraer,  cap.  42. 


121 


sers  rahts  pflegt  Legt  eweren  zorn  unnd  unmüt  von  euch, 
last  mir  Sophroniam  frölich,  das  ich  eüwer  freündt  sein  möge ! 
Dann  es  gefalle  euch  oder  nit,  so  ist  sie  vor  gott  und  der 
weit  mein.  Unnd  wo  eüwer  will  änderst  stund,  dann  das 
Sophronia  mein  were,  so  solt  ir  wissen,  das  ich  euch  Gisippum  o 
nimb,  und  kumb  ich  gen  Rom,  das  ich  die  haben  wil,  es  sey 
euch  Heb  oder  lsid ,  die  mit  recht  mein  ist.  Unnd  ihr  sehen 
solt,  was  die  römischen  gemüt  darzü  thön  werden.4 

Mit  dem  Gisippum  bey  der  hand  name,  inn  maß,  als  ob 
er  ihr  kein  acht  het,  auß  dem  tempel  gieng.  Unnd  etlich  von  10 
den,  die  im  tempel  waren,  Tito  nit  unrecht  gaben;  doch  am 
letzten  der  [151a]  Sachen  alle  eins  wurden,  wie  Titi  frefind- 
schafft  auffzunemen  unnd  nicht  auß  zu  schlagen,  besser  dann 
Gisippi  freündtschafft  were,  seytemal  Gisippus  ihr  freündtschafft 
ante  geschlagen  hett.    Alle  mit  einander  zu  Tito  giengen ,  zu  i., 
ihme  sprachen,  ihr  aller  guter  will  were,  ine  für  ein  guten 
freünd  zuhaben  und  Gisippum  für  ein  guten  günner.  Des  Ti- 
tus als  wol  zu  mftt  was.  Da  ir  newe  fretindschafft  beschlussen 
und  im  Sophroniam  heim  zu  hauß  schickten,  die  da  thet,  als 
weisen  frawen  gebürt,  alle  lieb,  so  sie  zu  Gisippo  hett,  zu  20 
Tito  keret  und  frölich  mit  iine  gen  Rom  füre,  da  sie  von  sei- 
nen freünden  empfangen  wurden. 

Gisippus  zu  Athen  blib,  hinfür  von  yederman  ein  un- 
[151b]nützer  mann  gehalten  ward.  Nach  dem  nicht  lang  ver- 
gieng,  zwitracht  halb  von  seinem  geschlecht  unnd  andern  arm  2:> 
und  eilend  von  Athen  auß  getriben  ward,  nicht  allein  in  ar- 
müt  lebet,  sondern  zuleben  das  almüsen  suchen  gieng.  Und 
wie  er  gehn  Rom  kam,  zusehen,  ob  sich  sein  gut  freundt  Ti- 
tus in  seiner  armüt  über  ihne  erbarmen  wolt,  (dann  er  wol 
vernommen ,  wie  er  bey  leben  und  in  hohem  löblichen  stand  so 
were,  groß  genad  bey  allen  Rötnern  hett)  da  sich  Gisippus  für 
sein  hauß  füget,  zusehen,  ob  er  ime  in  seim  außgehen  zu- 
sprach unnd  erkennt.  Da  also  lang  wartet,  biß  Titus  mit  vil 
andern  burgern  beleyd  zu  hauß  gienge,  Gisippum  wol  sähe, 
aber  nit  war  nam,  wer  er  [152a]  were.  35 

3  gfall  £  4  wa  C  dann  Sophroniam  I3CD  8  gmiit  £ 
18  alles  wol  E  beschlossen  C  28  guter  E  31  grosse  gnad  E 
32  zusprechen  E      34  beleytet  E      36  nit]  nie  E      war  E 


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122 


Martin  Montanus, 


Und  urab  seiner  grossen  armüt  willen  Gisippus  nit  so 
bhertzt  was ,  Tito  zu  zusprechen  noch  sie  ihme  zu  erkennen 
geben;  sonder  da  er  sähe,  das  er  von  Tito  nit  gesehen  ward 
und  er  ime  nicht  zugesprochen  nett,  sonder  nach  seinem  be- 
ö  duncken  in  ehe  gescheuhet  hett,  in  grossen  unmüth  und  ver- 
zagnuß  fiel.  Bedencken  wardt,  was  er  ihm  zu  Athen  in  So- 
phronia  bewisen  het  und  jetz  in  widerkerung  desselbigen  von 
ihm  verschmehet  were,  traurigklichen  von  dannen  gienge ;  dann 
es  nacht  was,  und  desselbigen  tags  keinerley  speii  versucht 

iü  hette ;  dann  arm,  eilend  und  ohn  gelt  was,  nit  wust  wa  hin, 
willens  hett  im  selbs  den  tod  zuthün. 

In  solchem  seinem  leyd  er  in  der  statt  an  ein  [152b]  wild 
end  kam,  da  er  ein  hole  ersähe.  Darein  er  desselbigen  nachts 
beherbergen  meinet  unud  sich  anff  das  blosse  erdtrich  übel 

lögniig  kleydet  niderleget,  von  dem  langen  klagen  und  weinen 
entschlieft.  In  dem  sich  begäbe,  das  zwen  dieb  mit  dem,  das 
sie  gestolen,  in  die  hole  kamen  das  zu  teylen  und  umb  solcher 
diebstal  willen  zuteylen  zu  krieg  und  streyt  kamen;  und  der 
ein  den  andern  erstach,  nach  dem  hinweg  gieng,  den  erstoch- 

20  nen  ligen  ließ.  Alle  dise  ding  Gisippus  gar  wol  gesehen  hette; 
zuhand  ihme  gedacht,  wie  das  ime  ein  gütte  ursach  des  tods, 
des  er  stäts  begeren  was,  were. 

Da  nun  der  Hecht  tag  kommen  was,  der  todt  mann  in 
der  hole  von  den  f umgehenden  gesehen  was,  [153a]  die  das 

2T>  dem  richter  zu  wissen  theten.  Des  knecht  bald  gelaufen  ka- 
men, Gisippum  in  der  hole  funden,  mit  grossem  rumor  fiengen 
und  für  den  richter  fürten.  Der  ungenottet  dem  richter  ver- 
jahe,  er  den  mann  getodt  het  unud  nach  dem  auß  der  hole 
nicht  mocht;  derhalben  er  von  dem  richter  zum  todt  verur- 

*>  theylt  ward. 

Nun  eben  zu  derselben  stund  Titus  ohn  gefar  auff  das 
richthauß  kam  und  den  armen  Gisippum  ernstlich  inn  seinem 
angesicht  ansähe,  die  ursach,  warumb  er  verurtheilt  was,  wol 
vernommen  hett  und  in  solchem  seinem  ansehen  erkennt,  das 

* 

2  sie]  »ich  E  5  eh  gescheühet  CD  10  wo  hin  E  13  dar- 
inn  E  dieselbe  nacht  zubleiben  vermeynt  E  17  das]  fehlt  E 
solches  diebstals  E      28  getodtet  hette  E      29  nit  mögen  E 


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Wegkürzer,  cap.  42. 


123 


es  sein  getrewer  freund  Gisippus  wer.  Seines  Unglücks  groß 
wunder  naine,  bald  auß  brinnendem  hertzen  ime  zu  [153b] 
heiffen  begeret,  aber  keinen  weg  so  schnei  sähe ,  dann  allein 
sich  selbst  des  verbrachten  mords  schuldig  zugeben.  Bald  für 
den  richter  trat ,  mit  hoher  stymm  schreyen  ward  :  ,Marce  5 
Yarro ,  der  armb  mann  ist  des  tods  unschuldig ,  den  du  ver- 
urteylt  hast.  Schaffe  in  bald  wider  umbher  füren!  Ich  hab 
das  gethan  und  mit  der  sünd  wider  unsern  got  getan,  den  zu 
tödten  lassen,  den  dein  knecht  disen  morgen  in  der  h81e  fun- 
den.    Darumb  nit  straff,  der  nicht  schuldig  ist!4  io 

Varronem  groß  wunder  und  sehr  frerabd  daucht,  das  Ti- 
tus gegenwärtig  aller  menig  sich  des  mords  schuldig  gäbe; 
dann  die  gesatz  der  gerechtigkeit  iren  weg  haben  müßten. 
Baldt  gebot,  Gisippum  wider  inn  gefenck-[154a]nuß  zuführen, 
zu  ihme  sprach :  , Wie  hast  du  so  thöricht  sein  mögen ,  des  15 
dich  schuldig  zugeben,  unnd  doch  weist,  das  es  dir  das  leben 
gilt,  des  du  unschuldig  bist?  Du  sagst  uns  on  alle  marter, 
wie  du  in  der  vergangnen  nacht  den  mann  getödt  habest.  So 
kompt  jetzt  zu  uns  Titus  Qnintus  Fulvius  und  spricht,  nicht 
du,  sonder  er  den  mann  getödt  habe:1  20 

In  dem  Gisippus  Tituni  ansähe  unnd  den  erkandt ,  das 
Titus  sein  grosser  freund  was,  der  ihme  den  empfangnen  dienst 
zu  Athen  yetzund  lohnen  und  widerkeren  wolt,  demütigklich 
und  weinend  sprach:  ,Varro,  für  war  ich  hab  dem  mann  den 
tod  gethon ,  unnd  Titi  miltigkeyt  nun  meinem  heil  zu  spat  20 
kommen  ist.4  Auff  dem  an-[154b]dern  theyl  Titus  sprach : 
,Varro,  du  wol  magst  vernemen,  das  der  arm  mann  ein  gast 
unnd  on  alle  waffen  bey  dem  todten  funden  ist;  auch  ver- 
nemen magst,  das  in  so  groß  armüt  unnd  verzagnuß  darzü 
bracht  hat  also  zu  reden  und  mit  willen  on  ursach  sterben  ho 
wöllen.  Darumb  sag  ihn  ledig  unnd  rieht  mich,  das  ich  ver- 
schuldt  hab!'    Varro  sich  ihr  beyder  bestendigkait  unnd  sta- 

ter  meynung  nicht  [gnüg]  verwundern  mocht,  wol  gedacht, 

* 

7  schafft  in  E  herum b  zft  füren  E  10  Darumb  straff  den 
der  schuldig  E  15  torecht  E  dessen  dich  E  17  dessen  du  E 
on]  von  BCD;  fehlt  E;  on  Cammerlander  bl.  210  a  21  den]  fehlt  D 
24  ich  hab  f&rwar  E  29  so]  fehlt  E  verzagniß  E  31  das] 
wie  E      33  gnüg]  fehlt  BCD 


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124 


Martin  Montanus, 


ihr  keiner,  des  er  sich  schuldig  geb,  schuldig  wer,  und,  wie 
er  sie  beid  mit  ehm  ledig  machet,  suchen  gieng. 

In  dem  sich  begab,  das  villeicht  gotes  gefallen  was,  das 
ein  junger,  genandt  Publius  Ambustus,  ein  verwegen  böser 
5  wütterich,  von  yederman  ein  |155aj  offner  verräther  und  dieb 
gehalten  was,  der  das  mordt  gethan  hett,  nach  dem  sich  ir 
yegklicher  schuldig  gab  und  nit  schuldig  was,  der  beyder  ver- 
jehen  und  unschuldig  zu  sein  im  sein  hertz  erweichet,  in  maLi 
das  er  beider  halb  groß  pein  trüg.   Gantz  in  barmhertzigkeit 

10  bewegt,  die  zwen  zu  entledigen  unnd  sich  selbst  schuldig  ge- 
ben, für  Varronem  kam,  zu  im  sprach:  ,Pretor,  gerechtig- 
keit  mich  zwinget,  der  zweyer  unschuldigen  streyt  zurichten. 
Darumb  wißt,  das  irer  keiner  an  dem  begangnen  mord  schul- 
dig ist!    Ich  bin  der,  der  den  mann  in  der  vergangnen  nacht 

15  getodt  hat;  unnd  disen  armen  mann  sähe,  der  da  steht,  und 
in  der  hole  ließ.  Titurn  den  erbarn  darff  ich  nicht  entschuldi- 
[155b]gen ;  dann  jederman  sein  lob  wissend  ist.  Darumb, 
Varro,  ledig  sie  und  rieht  mich  nach  meinem  verdienen!4 
Nun  het  Octavianus,  des  keyserthumbs  ein  verweser,  die 

au  sach  auch  vernommen,  ach  uff  die  drey  für  in  zukommen,  be- 
geret  zuwissen,  was  ursach  yegklichen  bezwung  zuthün ,  das 
er  gethan  het.  Des  yegklicher  besonder  im  sagt  unnd  zuwis- 
sen thet.  Das  Octavianum  ein  sehr  frembde  sach  daucht, 
jegklicher  des  todes  zu  begeren.    Den  zweien  unschuldigen 

25  und  dem  schuldigen  umb  ihrer  willen  vergab. 

Nach  dem  Titus  Gisippum  bey  der  hand  nam,  heim  in 
sein  hauß  füret,  da  ine  Sophronia  mit  manchen  zehern  irer 
äugen  empfangen,  mit  essen  und  trincken  herrlich  labet.  Dar- 
nach Titus  [156a]  ime  eine  sein  Schwester,  genannt  Fulvia, 

30  zu  einem  weib  gab,  ihme  zü  der  wähl  gab,  bey  ihm  zu  Rom 
zustehn  oder  mit  allem,  das  er  im  geben  het,  gen  Athen  zu- 
ziehen, welches  zu  ime  stände.    Gisippus  die  grosse  von  ime 

empfangne  freundschafft  und,  wie  er  von  Athena  ein  vertryben 

* 

4  verwegener  E  5  wütericht  E  8  unschuldt  ihm  E  13  das 
ihr  E  18  deinem  C  21  bezweng  CD;  bezwäng  E  22  Das  E 
besunder  E  24  todes]  tochter  BCD;  tode  E  27  manchem  E  29 
seiner  Schwester  eine,  Fulvia  genant  E  31  zöbleiben  E  33  ver- 
triebner E 


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Wegkürzer,  cap.  42. 


125 


mann  was,  das  bedencken  ward,  auch  grosse  lieb,  die  er  zu 
Tito  het,  inne  zwang;  und  des  mit  im  selbs  eins  ward,  ein 
Horner  zu  sein.  Bey  Tito  zu  Rom  blib,  da  er  mit  frawen 
Fulvia  und  Titus  mit  Sophronia  in  einem  hauß  lange  zeyt 
mit  grossen  frewden  lebten,  und  stats  mehr  ir  freundtschafft 
wuchs. 

Wolte  gott,  das  wir  alle  solche  lieb  gegen  einander  tru- 
gen! Stünde  unser  leben  besser  gegen  gott  dann  also.  Gott 
verleyhe  uns  sein  genad! 

* 

1  war  E      2  die  grosse  E      2  dea]  ich  E      9  gnad,  Amen  E 


~7 


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126 


Martin  Montanas, 


43  *). 

Auff  ein  zeit  kam  ein  wunderbarlicher  abenthewrer  ghen 
Franckfurt  inn  die  mess  unnd  schlug  ein  zettel  an ,  er  wolle 
ein  jedes  mensch  umb  ein  weißpfenning  witzig  machen.  Das 

h  nam  nün  alle  menschen  wunder,  was  doch  das  für  ein  seltza- 
mer  kautz  müst  sein.  In  summa  er  bestellet  im  ein  losement 
und  rüstet  sich  zur  sach,  nam  ein  drommeter,  [2a]  ließ  in  in 
der  stadt  herumb  reyten  und  aufschreien :  wer  umb  ein  weiß- 
pfenning  wöll  gescheid  werden,  der  solte  sich  dahin  verfügen ; 

10  in  der  Strassen  würd  man  den  herrn  finden ,  der  die  bewerte 
kunst  künd.  In  summa  das  geschrey  gieng  in  der  stadt  umb, 
das  die  leut  nit  kundten  warten ,  biß  diesem  abenthewrer  ge- 
legen ward. 

Nün  da  es  ihn  gedaucht,  die  zeit  wer  vorhanden,  ordi- 
lö  niert  er  im  ein  kammer,  da  er  sich  ließ  finden,  das  dieselbig 
kammer  zwo  thüren  hett,  und  ließ  allwegen  nit  mehr  dann 
ein  person  zü  im.  Wann  er  nün  einen  vor  im  hatte,  sagt  er : 
,Höre,  lieber  guter  freundt,  oder  herr,  wer  ir  seyt,  ir 
wisset,  das  ich  raeniglich  hab  lassen  verkünden,  wie  ich  ein 
20 jeden  umb  ein  Mentzer  weißpfenning  wöll  witzig  machen; 
das  bin  ich  gestendig.    Und  solt  ir  von  ersten  wissen ,  wann 
ihr  zü  gaßt  geladen  werdet,  so  sehet  vor  allen  dingen ,  wann 
ir  die  hende  waschet ,  das  ihr  die  allewegen  in  die  mitte  der 
handzwelen  truckent;  dann  wolt  ihrs  zürn  untersten  brauchen, 
2r,  müst  ir  besorgen,  wenn  man  die  stuben  hette  kert,  so  [2b] 

*)  Nr.  43  und  44  erscheinen  zuerst  in  der  Frankfurter  ausgäbe  von 
1565  hinter  der  vorrede  an  den  leser  auf  bl.  lb  und  3a.  Als  Überschrift 
ist  bei  beiden  der  erste  satz  durch  andere  lettcrn  hervorgehoben. 


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Wegkurzer,  cap.  43.  44 


127 


möcht  sie  bespritzt  sein  und  ir  die  hend  von  einem  newen 
bescbeissen.  Truckent  ir  euch  dann  oben  an  der  handzwelen, 
so  laufft  euch  das  wasser  züm  ermel  hinein.  Darurob  ists  das 
best,  bleibet  in  der  mitte,  so  wirdt  es  euch  gewiß  nicht  ge- 
rewen.  Züm  andern ,  wann  euch  einer  ein  bringt ,  so  sehet  •"> 
für  allen  dingen,  das  irs  fein  reyn  außtrinckt,  damit  nichts 
nnlustigs  darinn  bleib  und  ein  wein  den  andern  unreyn  ma- 
che! Einer  hat  ein  feystes  maul,  der  ander  trinckt  sonst  nicht 
gern  mit  im.  So  ists  auch  güt,  das  einer  stets  ein  frischen 
trunck  hat.  Züm  dritten,  wann  einer  soll  über  land  reyssen  io 
und  weder  weg  oder  steg  weyß,  so  bleib  er  nür  auff  der  fahr- 
strassen  und  laß  sich  kein  abweg  kümmern ;  so  kompt  er  ge- 
wiß auffs  letzt  zü  leutben.  Das  sein  die  drey  stuck,  die  ich 
ein  jeden  umb  ein  weißpfenning  lere  ;  unnd  folgt  er  mir,  wirt 
in  gewiß  sein  gelt  nit  gerewen/  lö 

Aber  doch  wil  er  in  eins  vergebens  leren,  und  wann  er 
wider  hinauß  gehe  und  in  die  leuth  fragen  ,  sol  er  niemand 
sagen,  was  [3a]  er  in  gelehrt  hab,  damit  er  nit  der  narr  allein 
sey  unnd  ein  ander  mal  nit  einem  jeden  landtfahr  glaub,  was 
er  sage.  So  wirdt  er  nit  mehr  so  narrecht  sein ,  wie  er  vor  20 
ist  gewest.    Also  fertigt  er  ein  ab. 

Wann  nün  die  leut  ein  fragten ,  was  er  in  doch  gelehrt 
hett,  sagt  [er],  es  wer  ein  solcher  wunderbarlicher  mann,  das 
nicht  darvon  züsagen  wer ;  er  solt  nür  sehen,  das  er  auch  für 
in  kern.  Also  wurd  eiu  sollich  groß  gedreng  umb  den  aben- 
thewrer,  und  überkam  viel  gelts  darmit,  und  blieben  die  jeni- 
gen als  witzig,  als  sie  vor  auch  waren  gewest. 

Doch  müß  es  also  inn  der  weit  zügehen ;  dann  die  leuthe 
wollen  beschissen  sein. 


44.  :k> 

Auflf  ein  zeit  macht  man  zu  Franckfurt  ein  hochzeit,  unnd 
unterstund  sich  einer  die  braut  heym  zü  führen,  wäre  aber 
ihm  nicht  befohlen.  [3b]  Da  nün  die  hochzeit  geschähe  und 
jedermann  güter  ding  war,  wurd  offt  gemeldet,  es  hett  keiner 
kein  glück ,  er  fürte  dann  die  braut  heym ,  wie  es  dann  ein 
Sprichwort  ist.  Das  faßt  ein  abenthewrer  in  seine  ohren  unnd 


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128 


Martin  Montanu». 


gedacht  im .  wann  ihm  mocht  die  braut  werden .  wolt  er  sie 
gewiß  nirgends  hin  füren  dann  in  sein  haute,  ob  er  auch  ein 
mal  glück  hett. 

Da  nun  die  hocbzeit  vollendet  war,  wurd  ihm  die  braut 

;>  ungefehr  Überantwort;  verstund  es  unrecht,  fürt  sie  mit  im 
heym.  Da  nü  [4a]  [der]  breutigaui  heym  kam  mit  seinen  ver- 
wandten, meynet.  sein  braut  wer  da,  wäre  sie  anderßwo.  Nü 
der  abenthewrer  wurd  verraten,  müst  die  braut  wider  lifern. 
Da  man  in  fragt,  wie  er  so  keck  dörffte  sein  und  die  braut 

10  nit  hinfüret,  wie  sich  gebürt,  fienge  er  an  zu  lachen  und 
sprach:  ,0  ihr  grossen  narrn,  wisset  ihr  nit,  das  man  an 
allen  orten  spricht,  es  habe  keiner  kein  glück,  er  füret  dann 
die  braut  heym?  Wolt  ichs  auch  ein  mal  versuchen,  ob  ich 
glück  hett.k 

15  Aber  es  geriet  im  nit,  sonder  müst  ein  weil  im  leimet- 
haufi  tantzen.  Da  geschähe  ihm  wie  dem  hündlein  vonn  Bretta, 
ließ  den  schwantz  hinder  der  thür. 


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Register. 


129 


nafrj  Register 

über  diß  buchlein,  genandt  der  Wegkürtzer  *). 


A. 

nr.  ^,jt». 

17.  Ain  landtsknecht  lehret  ein  edelmann,  wie  er  ihm  thfin  sol, 

das  ine  nicht  friere  folio   46  =  41 

24.  Ain  betler  schlecht  sein  mantel  umb  funfftzig  guldin  an  56  =  49 
36.  Adam  Stegman  erwirgt  seine  zwey  kinder  106  =  89 

D. 

10.  Dosen  bezalt  die  zech  nit  34  =  31 

12.  [157a]  Die  bauren  verklagen  Doschen  36  =  33 

18.  Die  handtwerck8  gsellen  füren  eine  zu  Straßburg  im  schüt- 

ten in  der  statt  umbher  48  =  43 


35.  Dem  bösen  feind  schreyt  einer,  er  soll  im  gelt  geben  105  =  88 
40.  Die  zech  begert  ein  würt  an  zwen  gesellen ,  die  vor  vier- 

tzig  tausent  jaren  schuldig  bliben  seind     .       .  127  =  104 

E. 

7.  Ein  pfaff  singt  am  ostertag  das  Requiem   30  =  28 

13.  Ein  liedlein  singt  Dosen  umb  die  zech   36  =  33 

15.  Kin  junger  gesell  erwarb  eins  königs  tochter  ...  40  =  36 


16.  Ein  student  wirdt  zu  einem  nachrichter    43  =  39 

20.  [I57bj  Kin  kochin  versaltzt  alle  suppen   52  =  45 

21.  Ein  magt  sagt,  sie  trinck  kein  wein   52  =  45 

25.  Ein  betler  verleürt  zweyntzig  gülden   56  =  49 

27.  Ein  alter  mann  hett  ein  junges  weyb   59  =  52 

* 


*)  Es  fehlen  hier  die  erst  1565  eingeschalteten  nr.  43  und  44. 

Montauus  9 


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130 


Martin  M-ntanus, 


nr.  *<«?ite 

28.  Fin  scherer  schlecht  einer  janckfrawen  ein  ader    folio  61  =  53 

33.  Ein  pfaff  erm'»rdt  ein  arme  fraw  jämmerlichen  ...    99  =  83 

41.  Ein  fraw  erzeygt  »ich  freundtlich  gegen  irem  mann    .  128  =  105 

F. 

39    Fraw  Agnes  schicket  nach  einem,  den  sie  zwen  pundtschüch 

zu  ha-[15Sa]ben  Termeindt  125  =  102 

c;. 

34.  Gelt  nimbt  einer  vom  teüffel,  das  er  wolle  sein  weyb  unnd 

kindt  nmbbringen  103  =  86 

H. 

3*.  Hieronimus  het  lieb  ein  junckfraw,  genandt  Silvestra;  unnd 

damit  er  ir  vergeh,  schickt  in  sein  mutter  gen  Pariß  115  =  95 

42.  Hystoria  Gisippi  und  Titi  130  =  106 

J. 

37.  Junckfraw  Lisabetha  buhlet  einen  [158b]  jungeu,  genandt 

Lorentsst,  welchs  ire  briider  innen  warden      .    .      108  90 


30.  Münch  Albrecht  einer  jungen  frauwen  zuverstehn  gab,  wie 

der  engel  Gabriel  unib  sie  bület  74  =  63 

31.  Münch  Rinaldus  beschlaft't  sein  gefatterin,  darzu  der  mann 

kompt,  den  sie  beid  etc  86  =  73 

32.  Münch  Burckhardt  schlafft  bey  einer  würtin,  darzu  der 

mann  kompt  94  =  78 

s. 

11.  Schaft'  lehnet  Dosch  utnli  das  halb   34—32 

23.  [159aJ  »Sein  weyb  schlecht  ein  korbelmacher  .    .    54  =  48 


4.  Von  einem  alten  biiler  17  =  IS 

5.  Von  einem  konig,  rysen ,  ainhorn  und  wilden  schwein  18  =  19 
U.   Von  dem  Schwaben  der  das  leberlin  gefressen    ...    26  =  25 


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Register. 


131 


nr.  ncite 

8.  Von  einem  gaugkler,  dem  ein  jud  ein  fuß  auß  dem  leib 

gerissen  folio  31  =  29 

19.  Von  einer  schlafferigen  diernen  49  =  44 


w. 

1.  Wie  ein  junger  geBeil  eines  hirten  tochter  beschlafft  mit 

verheyssung,  so  sie  es  drey  tag  verschweyge  ...     6  =  9 

2.  [159b]  Wie  eins  rebmans  fraw  sich  gegen  irem  mann  ent- 

schuldiget  9  =  12 

3.  Wie  ein  junger  bawrenknecht  zu  einer  schonen  junckfraw 

zu  Preysach  etc  15  =  16 

1 4.  Warumb  die  hund  einander  für  den  hindern  schmecken   89  =  35 
22.  Wie  ein  junger  gesell  einer  ein  kind  im  schlaff  macht   53  =  47 
29.  Wie  ein  junger  gesell,  genandt  Maseto,  sich  zu  einem  stum- 
men machet  64  =  55 


9.  Zwen  gesellen  fnren  über  Rhein   33  =  30 

26.  Zu  Augspurg  hangt  ein  junckfraw  mit  blossem  leib  zum 

dantzhauß  herauß   58  =  51 


9* 


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Andreützo. 


133 


Ain  seer  schon 


vnnd  fast  nützlich  büchlin 
darinnen  die  jungen  gesellen, 


beuorab  die  so  sich  frembder  Lan- 
den brauchen  wöllen,  wes  sy  sich 
halten  sollen  vnderwisen  werden, 
mit  schonen  Historien  gezieret, 
vnd  newlich  durch  Marti- 


1  Ein  sehr  Schon  BCD  2  nützliche  BC  Buchlein,  BCD  3 
Darinn  BCD  Gesellen,  benor- 1  BCD  4  so]  fehlt  BCD  Landen 
brau-  |  B;  Land  brauchen  C;  Landen  brauchen  D  5  weß  sie  sich 
halten  solle,  |  B;  weß  sie  sich  halten  sollen,  vn-  |  CD  6  werde,  mit 
schonen  Hi-  |  B ;  werden ,  mit  schonen  Hi-  |  C ;  werden,  mit  schonen 
Histo-  |  D  8  newlich  durch  |  BCD  10  Truck  BCD.  -  Über  den 
titel  von  E  vgl.  die  einleitung. 


Apdreützo,  widmung. 


135 


[2a]  Dem  erbarn,  beschaidnen  und  wolgeleerten 
jüngliug  Michael  Ziegler,  yetzund  zü  Ulm  studierend, 
meinem  günstigen  lieben  freünd  unnd  brüder. 

Die  genad  Gottes  sey  mit  dir,  frettndtlicher  lieber  gesell 
unnd  brüder!   So  ich  dein  gesundhait  allzeit  vernimb,  bringt  * 
mir  solchs  sonder  freüd  zfihören. 

Nach  dem  du  vor  ettlichen  wochen,  als  ich  bey  dir  zü 
Ulm  gewesen,  ain  sach  unnd  ding  an  mich  begert  hast,  wel- 
ches meinen  achseln  vil  zü  schwär  ist,  als  nemlich  ich  solle 
dir  ain  schone  historien  schreiben,  zü  welcher  doch  mein  ver-  w 
stand  vil  zü  gering  ist  (dann  hystorien  schreiben  gewaltigen, 
fürtrefflichen  und  hochgeleerten  mennern,  unnder  die  ich  nicht 
gezelt  kan  oder  mag  werden,  die  wol  belesen  unnd  deren  er- 
faren  seind,  züsteet),  dieweyl  ich  aber  dein  [2b]  fretindtliche 
gesellschafft,  so  du  mir  zü  Ulm,  auch  änderst  wo  bewisen  hast,  iö 
wie  billich,  ansehen  und  betrachten  soll,  hat  mich  nicht  billich 
oder  recht  sein  duncken  dir  unib  solliche  gütthat  undanckbar 
zusein ;  dann  wir  vil  exempel  haben ,  quod  ingratitudo  maxi- 
mum  vitium  est,  das  undanckbarkait  das  grost  unnd  ergest 
laster  ist,  so  ain  mensch  an  im  mag  haben.  Damit  aber  ich  20 
nicht  von  dir  für  undanckbar  geschetzt  werd  ,  hab  ich  dise 
historien  unnd  fleissige  ermanung  für  die  hand  genommen,  die- 
selbig  auch  dir  als  meinem  liebsten  freünd  dedicieren  unnd 


Beide  vorreden  fehlen  in  E  1  unnd  C  6  solches  sondere  BCD 
0  nemblich  BCD  solte  BCD  12  nit  BCD  14  zusteht  BCD  16 
soll  BC;  soll  D  18  denn  BCD  19  ärgerst  BC;  lugest  D  20 
mensche  BCD 


* 


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136 


Martin  Montanas, 


züschreiben  wollen.  Und  wiewol  dieselbig  mein  historia  gegen 
andern,  deren  vil  unnd  manigerlay  an  dem  tag  seind,  gar  ge- 
ring oder  nichts  züschetzen  ist,  so  zweyfelt  mir  nicht,  du  wer- 
dest doch  darinn  finden,  darumb  du  mir  danckbar  sein  wer- 

5dest;  dann  ettliche,  ja  auch  alle  beyspil  und  exempel,  so  ich 
darein  gesetzt,  nit  aufi  meinem  kopff  erdicht  [3a]  oder  herfür 
zogen,  sonder  dieselbigen  auß  anderer  hochgelerter  manner 
geschrifften  genommen,  dieselbigen  nach  meinem  geringen  ver- 
stannd  dem  gemainen  volck  verstendiger  gemacht.  Dann  dar- 

10  auß  ich  dise  historia  gezogen  hab,  die  haben  vorhin  gewißlich 
fürtreffliche  manner  auß  latein  in  das  best  teütsch  vertiert 
und  beschriben,  darauß  der  gemain  unverstendig  pöfel  kain 
verstand  nemen  mögen,  sonder  sich  selbst  irr  und  unrichtig 
darinn  gemacht;  jha  ob  auch  ainer  schon  den  gantzen  tag 

V)  darinn  gelesen,  wann  er  darvon  autfgehört  und  auffgestanden, 
des  geleßnen  gantz  kain  nutz  oder  verstannd  gehabt  hat.  Die- 
weil  aber  yetz  ettlich  möchteu  sagen ,  ob  ich  als  ain  unver- 
stendiger  der  fürtrefflichen  manner  scripta  und  bücher,  so  vor 
langem  außgangen  waren,  wolte  verbessern  und  dieselbig  für 

•jo  unverstendig  schetzen ,  sage  ich  hinwider,  das  ich  dise  hoch- 
gelerte  manner  oder  ire  [3b]  bücher  gar  nicht  beger  züver- 
bessern ,  (dann  ich  mich  solchs  nye  understanden  hab  oder 
noch  understeen  will;  dann  ich  wol  waiß,  ich  denselben  vil 
zu  gering  wäre  unnd  bin)  aber  das  sag  ich,  das  solche  ihre 

25  bücher  dem  gemainen  und  unbeleßnen  layen  züversteen  oder 
ain  rechten  gewissen  verstand  darauß  zu  fassen  vil  zü  schwär 
seind ;  für  die,  so  belesen  seind ,  sy  seer  nutz  und  güt  seind. 
Unnd  dieweyl  dise  historien  in  andern  buchten  hin  und  wider 
verstrewet  seind,  hab  ich  derselben  ettliche  hieher  zusamen 

•jo  gesetzt,  dieselbigen  zum  thail  in  reimen  weiß  gestellt,  mit 
ainer  meines  erachteus  guten  leer  und  ermanung  gemeert,  die- 
selbig den  jungen  wander  gesellen  zü  gutem  in  druck  geben 

* 

2  mancherley  BCD  3  oder]  unnd  BCD  4  darinn]  dann  BCD 
darumh  B  5  ich]  sich  BCD  6  nicht  BCD  7  hochgelehrten  BC 
13  nemroen  BCD  15  drinn  C  autfgehortet  BC;  auffgehoret  \) 
17  jetzt  BCD  18  furtrefllichen  B  19  dieselbige  BCD  22  habe 
BCD  28  buchlein  BCD  29  hiehrr  C  30  dieselben  BCD  31 
ermanunge  BCD      32  wanders  BC      truck  BCD 


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Andreützo,  widmung. 


137 


lassen,  darinn,  als  mir  nicht  zweyfelt,  ain  yegklicher  wol  fin- 
den wirt,  was  ime  zuthün  oder  lassen  sey. 

Bit  dich  derhalben,  aller  liebster  freünd  unnd  bröder,  du 
wollest  solch  mein  historien  mit  brüderlichem  genaigtem  ge- 
[4a]raüt  von  mir  auff  nemmen ,  dieselbig  für  ain  thewr  ge-  0 
schenck  als  von  ainem,  der  nicht  mer  vermag,  dir  lassen  be- 
volhen  sein.  Dann  welcher  gibt ,  was  er  vermag ,  der  kan 
nicht  weyter  getrihen  werden.  Das  sag  ich  aber  nicht  dar- 
umb,  das  ich  ains  geschencks  hinwider  von  dir  beger;  sonder 
wa  dasselbig  mein  mainung  wäre,  ich  mein  historia  ainem  ge-  w 
waltigern  und  mechtigern,  weder  ich  und  du  seind,  zftgeschri- 
ben  haben  wolt;  sonnder  was  ich  gethon  hab,  dir  zu  danck- 
sagung  und  widergeltung  aller  von  dir  empfangen  gfttthat  ge- 
thon hab.  Unnd  wiewol  solche  mein  schlechte  historia  diser 
deiner  bewißner  trew  und  freündtschafft  züvergelten  nicht  gnäg  ^ 
ist,  bitte  ich  dich  doch,  du  wollest  mein  gäten  willen,  den 
du  hieran  wol  spüren  magst,  für  die  werck  nemen  und  deren 
content  sein. 

Nun  mochtest  du  aber  sprechen  und  sagen:  ,Mira  de 
lente  predicas,  du  machest  ain  grossen  rhüm  von  [4b]  ai  11er  20 
linsen ;  tritt  nun  meer  zum  an  fang  deiner  historien'  etc.  So 
wil  ich  dieselbig  mein  vorred  hiemit  enden  und  beschliessen, 
auch  dich  hiemit  gebeten  haben,  du  wollest  solche  fleissig  le- 
sen, dein  iudiciura,  wa  ich  recht  oder  unrecht  hab,  darüber 
stellen  unnd  mir  solches  züschicken ,  mich  auch  dir  als  dein  20 
getreüwesten  freünd  lassen  bevolhen  sein. 

I>atum  Dillingen  freytags  post  Martini  anno  57. 
Dein  williger 

Martinus  Montan ns 
von  Straßburg. 

* 

5  autt'newmen  C  8  sage  BCD  10  wo  BCD  12  was]  das 
BCD         14  diaer]  die  BCD         16  meinen  BCD  19  Nira  BCD 

24  wo  BCD        darüben  BC       25  deinem  BCD       28  Dein  williger] 
fehlt  BC 


138 


Martin  Montanus, 


[5a]  An  den  leser. 

Freündtlicher,  lieber  leser,  nach  dem  vil  yrrthumb  unnd 
Unordnung  unnder  der  jugendt  ist  mit  ainem  und  dem  anndern 
(dann  man  manchen  findet,  der  seinen  eitern  das  ihr  unnütz- 

5  lieh  verthüt  und  verschwendfc,  dardurch  er  in  armftt  und  groß 
verderben  gerath)  und  wiewol  vil  schöner  Warnungen,  und  das 
man  darvon  absteen  sol,  vorhanden  sein,  so  wil  sich  doch  die 
unverstanden  jugent  nicht  daran  stossen,  sonder  allain  sagt: 
,Was  geet  es  disen  oder  jhenen  an,  wie  ich  das  mein  verthftn! 

io  Gibt  er  mir  doch  nichten  nit  daran !'  Solcher  wort  ich  auch 
über  diß  mein  büchlin  unnd  freüntlich  schreiben  warten  muß, 
doch  nicht  vil  darnach  frage;  dann  ich  frew  und  trost  mich 
des  gemainen  sprüchwort,  das  man  sagt:  , Welcher  von  ainem 
scorpion  gesto[5b]chen  ist.  dem  schadt  nicht  bald  ain  wefftzen 

l.-»  stich.1  Und  ob  schon  vil  wefftzen  und  premen,  das  seind  ver- 
echter meines  buchlins,  vorhanden  sein ,  mich  begeren  zuver- 
klainern,  frag  ich  doch  wenig  darnach ;  dann  mich  vorhin  ain 
scorpion  umb  ainer  meiner  historien  willen  zustechen  begerfc 
hat;  dieweyl  es  ime  aber  mißlungen,  hoffe  ich,  es  werden  mir 

•jo  die  wefftzlin  und  klainen  mügklin  dest  minder  schaden  thrtn 
mögen.  So  vertröst  ich  mich  auch,  das  ich  nichts  in  meinem 
buchlin  geschriben  hab,  das  mir  mocht  ainichen  nachthail  oder 
schaden  bringen ,  sonder  alles ,  was  dariun  begriffen  ist ,  ich 
guter  mainung  und  damit  sich  ain  yegklicher,  was  ime  zuthfin 
oder  lassen  seye,  zü  erinnern  habe. 

Dann,  lieber  leser,  nymb  diß  mein  buchlin  fein  fleissig 
für  dich,  liß  es  mit  ernst,  so  wirdst  du  mich  gar  nicht  straf- 
fen ,  sonnder  vil  meer  umb  solche  mein  trewliche  waruung 

danck  sagen.  Ich  hab  dich  ex[6a]empel  weiß  oder,  das  du  es 

* 

3  jugentd  B  4  eiteren  C  8  unverständig  BCD  9  verthii 
BCD  10  nit]  fehlt  BCD  11  buchlein  BC  freundtlichs  BCD 
12  frey  BCD  13  Sprichworts  BCD  16  mich]  nicht  BCD  18  ste- 
chen BCD  20  desto  BC  23  alles]  allain  A;  allein  BCD  darin- 
nen BCD      24  jegkliches  BCD      29  exerapelsweyß  BCD 


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Andreützo,  vorrede. 


139 


baß  verstandest,  durch  exempel  gewarnet,  dir  sy  zü  ainem 
beyspil  daher  gesetzt,  damit  du  sehest,  wie  es  andern  leüten 
gangen  sey  durch  ihren  Übermut  und  pracht,  wie  schwerlich 
manger  sein  leben  errettet  hat  auß  der  gefar,  darinn  er  ge- 
stecket ist,  darzü  in  bracht  hat  das  gelt,  welches  er  unschtitzig  5 
außgeben  hat,  desselbig  nicht  verbergen  hat  künden,  wie  dann 
billich  gewesen ,  wie  du  dessen  feinen  unnd  klaren  bericht  in 
dem  bSchlin  finden  wirst.  Unnd  wann  allain  die  historia  von 
Andreytzo  darinnen  wäre,  so  soltest  du  doch  auß  der  selben 
genügsamen  bericht  finden;  aber  es  seind  vil  andere  unnd  ja  10 
auch  gar  schöne  exempel  darinn  begriffen,  darmit  du  wissest, 
was  du  tbün  solt. 

Bitt  dich  derhalben,  du  wollest  sollich  bfichlin  von  mir 
gütwillig  annemen,  gedencken ,  das  ich  solchs  dir  und  auch 
mir ,  dieweyl  ich  selbst  noch  jung  und  unverstanden  bin ,  zü  10 
güttem  geschri[6b]ben  hab  unnd  gar  nicht  auß  argem  willen 
oder  boßer  mainung,  wie  manicher  dencken  möcht,  (dann  man 
all  weg  für  ain ,  der  die  sach  recht  versteet ,  zehen  findt ,  die 
aim  die  sach  unnd  sein  güt  mainung,  auch  trewlich  vermanen 
zürn  aller  hosten  außlegen ,  darnach  ich  aber  nicht  seer  vil  20 
frag)  und  solches  fleissig  lesen.  Wo  ich  aber  ettwan  darinn 
gefalt  bet,  wie  villeicht  wol  mocht  geschehen  sein,  bitte  ich 
dich .  wollest  solches  meinem  Unverstand ,  auch  das  ich  noch 
jung  und  kain  wolbeleßner  historicus  bin ,  züaignen ;  solches 
stat  mir  gegen  dir  zü  yeder  zeit  zübeschulden.  20 

Soli  Deo  gioiia 

4  mancher  BCD  7  desselben  BCD  8  wenn  BCD  9  der- 
•elbigen  BCD  13  solch  BCD  von  mir]  fehlt  BCD  16  nichts 
BCD  argen  BC  17  oder]  unnd  BCD  19  g.itte  BCD  ver- 
manung  BCD      20  aller  unnd  hosten  BCD      22  mocht  BC 


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140 


Martin  MontanuB, 


1. 

[7a]  Wie  Andreitzo  von  Perusio  zft  ross  auffsaß  unnd 

gen  Athen  reytten  wolt. 

Andreytzo,  als  er  auff  ain  zeyt  ain  schon  roß  bey  ainera 

..  Athener  gesehen  het,  ward  er  sich  zft  detnselbigen  fugen  der 
hoffnung,  er  wurde  es  umb  eerliche  bezalung  überkommen. 
Deßhalben  den  Athener  ansprach  und  bat,  er  wolte  im  solches 
zukauffen  geben,  er  wolte  es  im  bezalen ,  so  lieb  es  im  wäre. 
Solches  aber  der  güt  herr  von  Athen  gantz  und  gar  nit  thftn 

io  wolt,  ime,  dem  jungen,  züchtigklich  antwurt,  er  wäre  nicht 
willens  oder  darumb  gen  Perusio  kommen,  das  er  wolle  sein 
ross  verkauften,  sonnder  so  er  das  verkauffte,  mußte  er  her- 
nach ain  anders  kauffen. 

Wellicher  antwurt  der  jung  seer  traurig  war,  doch  so 

i">  vil  von  dem  guten  man  verstund,  das  er  solche  ross  zu"  Athen 
[7b]  wol  und  in  zimlichem  werdt  tiberkommen  mochte,  haim 
zühauß  gienge,  layd  trüge,  das  ime  solcher  kauft*  des  schonen 
roß  nit  wäre  fürsich  gangen,  gedacht,  er  selbst  gen  Athen 
wolt,  da  fend  er  die  waal  under  vil  manigem,  dem  mann  bey 

inj  ime  selbst  Übel  redt  uud  sprach :  ime  nicht  darumb  dancken 
wolt,  ob  er  inie  schon  das  pferdt  geben  hett.  Seine  Sachen 
dahaim  schicket,  fünft"  hundert  guldin  in  seckel  nam ,  all  ain 
auff  zü  ross  saß ,  den  weg  für  sich  name  und  als  ain  newer 
und  vor  nye  außgeÜogner  vogel  gen  Athen  werts  keret. 


Wie  Andreytzo  gen  Athen  konipt,  alda  er  vom 
vvürt  empfangen    und  den  gebrauch  deß  marckts 

nnder wisen  ward. 
* 

3  -jehn  BC;  gehen  D;  ghen  E  8  züverkauffen  BCD  10  ant- 
wort  BCDE  14  antwort  BODE  ward  BCD  16  zimlichen  ADE 
18  nit  was  E  gehn  BCD  19  findt  BCD;  finde  E  20  drumb  BCD 
23  z.vi]  das  BCD      26  gehen  BCD;  ghen  E      27  marcks  BCD 


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Andre ützo,  cap.  1-3. 


Iii 


Und  nach  solchem  seinem  außreyten  in  wenig  tagen  gen 
Athen  kam,  nach  der  besten  herberg,  wie  dann  [8a]  solcher 
j an ngen  gesellen  gewonhait  ist,  fraget,  dahin  er  gar  bald  ge- 
wisen  warde,  da  er  auch  von  dem  wärt  wol  empfangen  ward; 
wol  gedacht,  er  ain  gütten  vogel  haben  wurde,  den  er  dapffer  0 
berupffen  wolte,  aber  ime  doch  nicht  geriethe,  sonder  den 
besten  rogen  ain  anderer  zöge,  wie  ihr  dann  hernach  hören 
werdt  Der  jung  den  würt  die  gewonhait  des  marckts  fraget, 
unnd  wie  er  sich  darauff  halten  solte;  des  er  von  dem  würt 
genüg  underwisen  ward.  Darnach  sich  zü  tisch  satzt,  mit  an-  10 
dem  das  nachtmal  name  unnd  nach  dem  nachtessen  zü  beth 
gefurt  warde,  da  er  die  gantze  nacht  in  gedancken,  wie  er 
schöne  ross  kauffcn  wolte,  ungeschlafFen  läge,  offt  den  Hechten 
tag  begeret;  dann  ime  die  zeyt  lenger  war,  weder  leg  er  in 
ainem  tieften  thurn.    [8b]  ir> 


3. 

Wie  Andreytzo  am  morgen,  als  er  auffgestannden 
was,  auff  den  marckt  gieng,  roß  zukauffen,  aber  iine 

kain  kauff  fürsich  gienge. 

Als  nun  der  tag  die  finster  nacht  vertrungen  hette  und  20 
die  sonn  aufgangen  wäre,  Andreytzo  aufiPstünd,  sich  anleget 
und,  so  beldest  er  mocht,  sich  auf  den  marckt,  da  man  pflegt 
roß  zukauffen,  fuget  unnd  er,  also  der  seiner  fürgenommen 
mainung  ain  genügen  wolt  thün,  vil  pferd  faylset,  aber  ime 
kain  kauff  nye  wolt  fürsich  geen.  Dann  wie  man  ime  die-  '£> 
selbigen  böte,  ine  alle  zeit  dauchten  zü  thewr  sein,  und  als 
ain  junger  büffel  und  unerfarner  kauffnian  nichts  wüßt  darauf 
zulegen ,  sonder  all  wegen  darvou  gieng.  Darumb  yederman 
sein  gespött  auß  Andreützo  tribe,  sprachen,  er  ain  unverstand- 
ner kauffman  wäre  und  villeicht  nicht  roß  zukauffen  willens  w 

4  gar  wol  BCD  6  gerhftte  A  9  des]  das  E  15  thuren  C 
18  ihn  E  20  verdrungen  BCD  23  verfüget  BC  26  ine]  ihm 
BCD;  in  E      29  sprechend  K 


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142 


Martin  Montan ust 


wäre.  Wel[9a]ches  Andreützo,  der  sich  weyß  und  fürt  reff  lieh 
schätzet,  seer  verdriessen  ward,  und  damit  mau  sehe,  das  er 
kain  gespot  tribe,  sonnder  ross  zukauffen  gen  Athen  kommen 
wäre,  er  offtermals  den  seckel  vor  nienigklichem  auffzoge  und 

b  seine  fünfhundert  guldin  sehen  ließ,  gleich  thet,  wie  dann 
solche  junge  männlin  thünd,  groß  pracht  mit  ihrem  gut  trei- 
ben, mainen,  sunst  nyemand  kain  gelt  hab  weder  sy,  und  ma- 
chen sich  fratzig  genüg,  treten  fein  hochtrabig  herein ,  damit 
das  meine  junckherren  gesehen  werden ;  da  erzürne  sy  nye- 

10  niandt,  yederman  sag  inen  :  ,Gnad  junckherr4 ;  da  müß  man 
inen  auß  dem  weg  weichen,  damit  der  gewaltig  herr  platz 
habe.  So  findet  man  dann  feine  leüt,  fuchßschwentzler,  feine 
züdüttler ,  die  aim  glatte  wörtlin  geben  künden ,  den  junck- 
herren in  allen  sachen  gewunnen  geben,  gott  geb  es  sey  recht 

15  oder  unrecht,  sy  zu  gast  laden,  sprechen:  ,Ey  raein  lieber 
[9b]  junckherr,  kompt  heint  zü  mir,  seyt  mein  gast!  Ich  will 
mit  eüch  thailen,  was  ich  liebs  und  güts  vermag.4  Jha,  sy 
schmeckten  den  schwären  seckel;  wann  derselbig  nicht  wäre 
wurde  junckherr  Hans  offt  hinder  dem  offen  sitzen  m&ssen,  so 

20  er  also  herfür  gezogen  wirdt  und  oben  an  die  tafel  gesetzt. 

Damit  ich  aber  wider  zu  meiner  angefanngnen  historia 
komm,  nun  in  solchem  seinem  prangen  mit  den  fünfhundert 
guldin  sich  begäbe,  als  er  ains  raals  den  seckel  aufthet  und 
seine  fünfhundert  guldin  sehen  ließ,  ain  schöne  junge  fraw, 

25  welche  ainem  yegklichen  jha  auch  umb  ain  gering  gelt  willig 
zusein  geschickt  wäre,  fürgienge;  die  hett  ain  alte  vettel  bey 
ir,  und  als  sy  die  guldin  ersähe,  bey  ir  selbs  gedacht:  ,Ach 
weren  die  guldin  mein!4  Doch  ungeredt  fürgienge.  Und  als 
die  alt  fraw  Andreützo  ersehen  hett,  sy  die  jung  allein  geen 

ao  ließ,  zü  Andreützo  gieng,  dem  umb  den  halß  fül  und  freünt- 
lich  empfieng;  [10a]  welches  die  jung  fraw  wol  war  genom- 
men het,  schwig  still,  gieng  haim,  gedacht  wol,  die  sach  solt 
güt  werden.  Andreützo  dem  alten  weyb  dancket;  dann  er  sy 

1  fürtrefienlich  E  4  menigklieben  BCDE  4  Fünffhungert  B 
10  sagt  E  11  ine  A  12  denn  BCD  fuchßschwentzer  BOD 
13  können  E  14  in]  fehlt  E  16  heut  BCD;  hinnacht  E  17  leibe 
BCD  18  schinecken  BCDE  21  angefangner  history  BCD  24 
gülden  E      25  geringes  BCD      29  gesehen  BCD       30  fiel  BCDE 


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AndreÜtzo,  cap.  3.  4. 


143 


wol  erkannt,  an  sein  herberg  zu  gast  lüde,  dann  er  sich  auff 
dem  raarckt  nicht  genüg  mit  ihr  besprachen  mocht.  Damit 
sy  von  im  schiede,  er  wider  anhub  zukauffen  und  marckten 
unnd  doch  desselbigen  morgens  kains  kauffs  kundt  ainß  werden. 

Das  jung  weyb ,  die  Andreützo  seckel  wol  wargenommen  ;> 
und  gesehen  hett  und  die  alte  fraw,  so  sy  bey  ihr  hette,  so 
freündtlich  in  hett  sehen  umbfahen  unnd  mit  ime  reden,  zü- 
hand  gedacht,  wie  sy  versuchen  wolt,  ob  ihr,  die  roten  ge- 
sehen gülden  alle  oder  doch  zürn  wenigsten  ain  thail  werden 
rauchten,  das  alt  weyb,  so  schon  haim  kommen  was,  berötft,  io 
freüntlich  mit  ihr  anhüb  züreden  und  sy  fragt,  wer  der  jung 
mann  wäre,  waher  sy  sein  kandte  oder  wa  sy  vormals  bey  ime 
gewesen  wäre,  [10b]  das  sy  sein  so  güt  kundtschafft  hett  unnd 
ine  so  freündtlich  empfangen  hett   Das  alt  weyb,  als  sie  die 
sach  nicht  so  weyt  verstand  unnd  nicht  mainet,  das  die  fraw  i;> 
sy  auff  ain  solliche  bose  mainung  gefragt  hett,  ihr  alle  Sachen, 
wie  sy  bey  seinem  vatter  inn  Cicilia  und  auch  darnach  lange 
zeit  zü  Perusio  gedient  hette,  von  stuck  zu  stuck  erzelet,  auch 
ihr  saget,  wa  Andreützo  an  der  herberg  gelegen  und  umb  was 
gescheffts  willen  er  gen  Athen  kommen  wäre,  nenüich  das  er  20 
schone  roß  kauften  wolt. 

4. 

Wie  das  jung  weyb  nach  Andreützo  schicket. 

Unnd  als  das  jung  weyb  alle  Sachen  von  seinem  vatter, 
von  allen  seinen  freünden  zü  Perusio  und  ihre  namen  jung  20 
und  alt  nach  allem  irem  willen  gar  wol  von  der  alten  erfarn 
und  durchlernet  hett,  zuband  ir  gar  ain  subtile  boßhait  er- 
dacht und  dem  [IIa]  alten  weyb  des  tags  sovil  geschefft  auff- 
lftd  und  gab,  das  sy  nicht  dess  tags  zu  Andreützo  kommen 

mocht.  Dann  sy  besorget,  so  das  alt  weyb  wider  zu  Andreützo  :;o 

* 

2  oit  gnug  BCDE  mit  ihr]  fehlt  E  ersprachen  E  8  roten] 
alten  E  gesehnen  BCD  10  dahaym  was  BCD  12  woher  BCDE 
wo  BCDE  13  so]  fehlt  E  14  als  die  sach  ABCD  15  so]  fehlt 
BCD  16  solche  BCDE  24  allen  BCD  vateer  B  25  Peruai« 
ABCD      26  allen  ihren  BCD      30  widerl  fehlt  K 


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Martin  Montanus, 


kerne ,  möchte  sy  in  villeicht  vor  der  frawen  warnen ,  damit 
dann  ir  sach  verhindert  wurde  und  nicht  fürsich  gienge. 

Darnach  sy  ain  junges  meidlin  zü  im  schicket,  das  sy 
zu  solchem  dienst  gar  wol  gemustert  hette,  das  ir  auch  zu 

ö  solchen  Sachen  gar  meisterlich  helffen  kund ;  in  die  herberg 
gieng,  nach  Andreützo  traget.  Unnd  eben  den  es  fraget,  An- 
dreützo  selbs  wäre ,  auff  der  porten  der  herberg  stünde.  Er 
zü  dem  meidlin  sprach:  ,Was  begerest  du?  Ich  bins.4  Daß 
meidlin  in  bey  dem  rock  naoie,  auff  ain  haimlichs  orth  fürt, 

10  da  sy  von  nyemand  mochten  gehört  werden,  und  zü  im  sprach: 
,Herr,  ain  edle  erbare  fraw  vou  diser  statt  Neapolis  mich  zü 
euch  gesandt  hat,  die  hat  ettwas  genötigs  mit  euch  zü  reden, 
wa  es  ewer  gefallen  wäre;  und  [IIb]  bitt  eüch  freündtlich, 
ihr  wollend  ir  solches  nicht  abschlagen,  sonder  den  nächsten 

15  mit  mir  zü  ihr  geen  wolt.1  —  ,Gem4,  sprach  Andreützo  unnd 
sich  selb  züschawen  begunt,  bey  im  selbs  gedacht,  der  metzen 
sontag  wäre ,  dieweyl  die  edlen  frewlin  vonn  Neapolis  nach 
ime  schickten,  und  nemlich  im  gedacht,  die  frawen  nach  im 
schickten  umb  seines  schönen  leybs  willen.    Aber  weyt  ain 

20  anndere  mainung  was ;  dann  sy  den  schwären  seckel  bey  im 
gesehen ;  umb  des  willen  sy  nach  ime  geschickt  hett,  wellicher 
ihr  auch  hernach  zü  tail  ward,  wie  ihr  hören  werdt.  Zü  dem 
meidlin  sprach,  er  wäre  berayt,  wo  unnd  wenn  die  fraw  wolt, 
mit  ihr  zureden.  Das  meidlin,  als  das  maisterlich  liegen  kundt, 

üö  zü  im  sprach:  ,Herr,  were  es  ewer  gefallen,  in  irem  hauß 
sy  eüwer  wartet.'  Andreützo  bald  zü  dem  meidlin  sprach : 
,Öo  gee  du  vor  hin,  so  will  ich  dir  nach  folgen.1 

Also  das  meidlin  vorhin  gieng,  ime  Andreützo  auf  [12a] 
dem  füß  nachfolgt  und  in  der  herberg  nyemand t  davon  saget, 

30  zü  der  schönen  frawen  in  das  hauß  kam,  die  da  wonet  in  der 

gassen  genannt  zü  dem  bösen  loch ;  bey  dem  man  wol  merken 

mag  die  frünibkait  der  gassen.  Da  wüßt  Andreützo  nicht  von 

zusagen ;  er  vennaint,  es  an  dem  er  barsten  ort  der  statt  wäre 

* 

2  füsich  A  4  solchem  BC  7  pforten  BCD  8  m&ydlein  BC; 
mäydlen  D;  mägdlin  E  9  führet  BCD;  fürt  E  12  nötig«  E  13 
bitte  BC  14  wollet  BCD  in  selbs  BC  zübeschawen  E  17 
frawlein  BCD  Neaopolis  A  19  seinen  BCD  20  schweren  unnd 
feysten  E       SO  da  die  BCD       33  der  statt]  fehlt  BCD 


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Andreützo,  cap.  4-5. 


145 


und  er  zü  ainer  erbaren  frawen  und  nicht  zü  ainer  bübin 
gangen  wäre;  aber  die  sach  ain  andere  gestalt  hett. 

Darumb  soll  ainer  fragen,  wa  ainer  in  ain  statt  kompt, 
da  er  vor  nyemals  gewesen  noch  derselbigen  kundtschafft  hat, 
wa  er  hin  geen  wöll  oder  das  man  an  das  oder  das  ort  nach  •"> 
im  geschickt  habe.  Ist  es  dann  ain  uneerlich  orth,  wirdt  iroe 
dassel big  als  bald  widerraten  unnd  angezaigt,  was  es  für  ain 
orth  seye.  Welches  aber  mein  gütter  Andreützo  nit  thon  hat, 
sonnder  gedacht,  es  nicht  billich  wäre  solches  anderstwo  oder 
seinem  würt  anzuzaigen,  das  die  schönen  frewlin  nach  ime  ge-  10 
8chi-[12b]cket  haben ,  welches  ime  auch  übel  geriete,  wie  ir 
hören  werdet. 

5. 

Wie  Andreützo  in  der  trau  wen  hauß  kam ,  unnd 

was  sy  mit  ime  redet.  l:> 

Als  er  nun  dem  meidlin  nachfolget,  er  nicht  lang  gienge, 
zu  der  frauwen  hauß  käme,  da  er  anklopffet.  Als  bald  er  von 
der  frawen  gesehen  was,  sy  gedacht,  die  sach  schon  gewunnen 
wäre,  die  thür  bald  züöffnen  verschüff.  Andreützo  hinein 
gienge,  die  stiegen  an  tratte  unnd  nicht  gar  halb  hinauff  gangen  20 
wäre,  die  schöne  fraw,  kostlich  gezieret,  gerad  von  leyb  und 
schon  von  angesicht,  im  die  stiegen  abwertz  entgegen  gienge 
mit  auffgethanen  armen  und  mit  ainem  schwären  seüfFtzen  ine 
umbfieng,  in  klainer  weyl  nicht  sprechen  niocht  zü  gleicher 
weyß ,  als  ob  sy  vor  grosser  freüden  und  liebe  nicht  reden  20 
kündt,  als  dann  der  frawen  gewon[13a]hait  ist,  wann  inen 
seltzame  grosse  freünd  zü  hauß  kommen,  sy  von  freüden  wai- 
nen  und  nicht  gereden  mögen.  Deßgleichen  thet  die  schöne 
erbar  fraw  auch  und  mit  wainenden  äugen  sy  Andreützo  an 
seine  wangen  küsset,  mit  kleglichen ,  senfften  Worten  sprach::» 

,0  Andreützo,  nun  biß  mir  zü  tausent  malen  gotwilkummen  !l 

*  • 

1  ond  er  bis  gangen  wäre]  fehlt  BCD  3  wo  BCDE  5  wo  BCDE 
das  man]  da  man  BCD  7  anzeygt  BCD  8  than  BCD;  gethan  E 
19  thor  BCD  21  schönste  BCD  24  nichts  E  25  freude  E  31 
gott  willkommen  BCDE 

Moutanti*  10 


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146 


Martin  Montanus, 


Abermals  ain  schwären  seüfftzen  ließ  und  kläglich  wainet; 
dann  sy  das  w asser  ihrer  äugen,  wann  sy  es  haben  wolt,  nicht 
vil  kostet. 

Sollicher  grossen  freündschafft  unnd  liebe  Andreützo  sich 

ö  gar  frembd  namb  und  seer  wundert ;  dann  auß  ihrem  kläg- 
lichen wainen  unnd  schwären  seüfftzen  er  wol  verstund,  sy 
sein  groß  freüd  het;  doch  ir  züchtigklich  antwurt  unnd  sovil 
danck  widerumb  saget. 

Darnach  nauie  in  das  böß  listig  weyb  bey  der  band,  fürt 

10  in  die  stiegen  vollend  hinauff  in  ain  schonen  weytten  palast 
und  saal  und  auß  dem  saal  ungeredt  in  die  kammer,  so  nahend 
dabey  [13b]  wäre,  gienge,  die  von  edlem  geschmack  gezieret 
was.  Darinnen  stund  ain  kostlich  schön  wolberayt  beth  mit 
seiden  umbhengen,  dessen  seülen  waren  schön  gebalirt  marmel- 

i.i  stain  mit  guldin  knöpften,  die  wend  waren  mit  reychem  har- 
nisch  unnd  haidnisch  werck  umbhengt:  in  summa  sy  waren 
dermas8en  zugericht,  das  sy  baß  ainem  kayser  gezimpt  hetten 
weder  ainem  solchen  schnöden  verfluchten  weyb.  Als  An- 
dreützo solche  schöne  ding  sähe,  als  der  ain  newer  außge- 

o<>  flogner  vogel  was,  gedacht :  ,Ich  bin  ain  reicher  edelraan  und 
ains  ritters  sun,  füre  ain  eerlichen  stand ;  aber  solche  schöne, 
reyche  und  kostliche  klainat  hab  ich  nit.1  Weyter  als  ain 
fremdling,  der  der  Neapolitaner,  auch  solcher  frewlin  sitten 
nicht  wüßt,  gedacht,  sy  wäre  ain  mechtige ,  gewaltige  fraw 

2:,  «der  furstin,  ihr  vil  eer  bewise  unnd  sich  underthenig  erzaiget. 
Des  die  fraw  wol  wargenommen  hett,  ine  bey  der  [14a  | 
band  narae,  neben  sich  auff  ain  schöne  küsten  oder  sydel  vor 
dem  beth  satzte,  also  zü  ime  sprach :  ,0  Andreützo,  ich  sihe 
und  vernymb  wol,  das  dich  der  freündtschafft,  so  ich  dir  mit 

:k»  meinem  freündtlichen  umbfahen  unnd  kläglichen  zehern  be- 
wisen  hab,  seer  verwundert  und  befrembdt,  als  der  meiner 
nye  kain  kundtschaft  gehabt  und  auch  villeicht  mein  nye  hast 

* 

4  Solcher  grosser  BCD  7  antwort  BCDE  10  Völlens  E  11 
die]  ein  E  12  geschmuck  BCD  gezierer  0  14  gapaliert  A ; 
gepolierte  E  15  kopffen  BCD  18  solchem  BC  21  eon  BCDE 
eelichen  A  22  kleinot  CE  nich  icht  A  27  küatel  BCD ;  kisten 
E  seydel  BCD;  sidel  E  28  ich  sich  BCD  29  dich]  ich  BCD 
31  wundert  BCD 


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Andrefitzo,  cap.  5. 


147 


gedencken  hören.    Doch  das  soll  und  wirt  dich  auch  noch 
grösser  wunder  nemmen,  das  ich,  wie  dann  auch  war  ist,  dein 
leibliche  Schwester  bin.  Darumb  so  sag  ich  dir,  das  ich  yetz- 
und  gern  und  vil  dest  frölicher  sterben  wil,  das  ich  dich  als 
meinen  bruder,  des  mein  hertz  lange  zeyt  begert  hat,  gesehen  ■> 
hab.    Und  ob  ain  solches  dir  nit  wissend  oder  kund  ist,  wie 
mir  dann  nicht  zweyfelt ,  du  nye  nichts  von  mir  gehört  ha- 
best, so  vermerck  mich  weyter  unnd  höre,  was  ich  dir  sagen 
will !    Es  ist  dir  on  zweyffel  wol  wissend ,  wie  Peter ,  mein 
und  dein  vatter,  lange  zeit  [14b]  in  der  schönen  und  raechti-  10 
gen  stat  Palerma  in  Cicilia  sein  wonung  gehabt,  der  umb  sei- 
ner reychtumb,  gute  und  tugent  von  yederman  nicht  allain  der 
statt,  sonder  auch  frembden  außlendern  wol,  eerlich  und  herr- 
lich gehalten  ist  worden.    Doch  ob  allen,  die  in  lieb  hetten, 
mein  mütter  iue  lieb  hett ,  die  ain  fraw  und  zü  zeyten  ain  i:> 
witwin  was,  die  in  lieb  het  über  alle  mann  in  solcher  maß, 
sich  mit  ainander  vermischten  ,  das  ich  von  inen  baiden  em- 
pfangen und  geboren  ward  und  bin,  als  du  mich  sihest.  Dar- 
nach ursach  halben  sich  begab,  das  Peter,  mein  und  dein  vat- 
ter, von  Palerma  schied ,  zohe  haim  unnd  mich  ain  junges  2u 
kind  meiner  mütter  ließ,  darnach  weder  an  mich  noch  mein 
müter  nit  meer  gedacht,  gleich  als  ob  er  mein  vatter  nye 
gewesen   und   raein  müter    nye   gesehen   hett.     Aber  aller 
ü  beiget  honen  ding ,  deren  gedechtnuß  vor  langer  zeit  ver- 
gangen unnd  vergessen  ist,  seind  vil  [15a]  geringer  zustraffen 
dann  wider  zükören.    Doch  im  sey,  wie  es  wolle,  so  ist  es 
doch  also:  er  ließ  mich  ain  junges  kind  in  Palerma,  da  bin 
ich  gewachsen,  als  du  mich  wol  sihest;  und  mein  müter,  die 
ain  reiche  fraw  was,  mir  ain  edelman  zü  der  ee  gab  und  mir 
und  ime  zü  lieb  offt  gen  Palerma  käme.    Unnd  als  er  ain  so 
grosser  Gualfo  was  mit  unnserm  künig  Karolo  wider  künig 
Friderich  und  Neapolis,  was  sach  sy  zügericht  hetten  künig 

♦ 

1  auch  vil  und  grosser  BCD  4  desto  E  7  nit  BCD  9  ist] 
fehlt  ABCD  11  Sicüia  E  12  guter  BCD  15  jhene  BC  16 
witwen  E  17  vermichsten  B;  vermißten  D;  vermischen  E  20  zöge 
BCD  22  obj  wer  BCD  24  übel  gethanen  BC ;  Übel  gethaner  E 
26  n\köhren  C  im]  es  BCD  28  als]  wie  BCD  wol]  fehlt  BCD 
30  ime  offt  sfi  lieb  E      31  unserem  C      kOnig  BCDK 

10* 


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US 


Martin  Montanus, 


Carolo  zü  hilf?  und  ktlnig  Friderich  zu  schaden,  und  ehe  ain 
sollichs  zü  end  kam,  künig  Friderich  solchen  handel  wider  ine 
vemouien  hett,  umb  des  willen  mein  mann  weichen  und  anß 
Cicilia  fliehen  müst ,  da  ich  mit  ime  die  gröst  riterin  worden 

5  bin ,  die  in  allen  künigreichen  ist.  Darumb  namen  wir  das 
wenigest,  das  uns  werden  mocht,  das  gar  klain  was  zuschetzen 
gegen  dem  grossen,  das  müßten  wir  verlassen,  als  dann  waren 
unsere  heüser  und  sch[15b]l6sser  unnd  andere  gelegne  gutter, 
und  her  gen  Neapolis  geflohen  seind,  da  unsers  herrn  des  kü- 

10  nigs  gnad  so  gnedig  gegen  uns  gewesen  ist  und  uns  ain  thail 
unsern  schaden  wider  köret  hat,  die  wir  in  Cicilia  verloren 
betten,  und  uns  hat  geben  heüser  und  ettliche  guter  und  bey 
dem  allem  meinem  lieben  mann,  deinem  Schwager,  stäts  gütte 
Provision  geben  hat,  wie  du,  wils  gott,  bald  sehen  solt.  Also 

i.)  bin  ich  hie,  got  sey  lob.1 

Unnd  ime  von  newem  mit  den  armen  umb  den  halß  fiele, 
mit  weinenden  äugen  an  seine  wangen  ztichtigklich  küsset. 
Da  nun  Andreützo  der  schönen  frawen  red  und  meer  so  or- 
denlich unnd  eben  war  name,  deren  das  wort  inn  kainem  weg 

3)  in  ihrem  mund  oder  zwischen  ihren  zenen  starb  (ihr  was  die 
zung  mit  fleiß  geloßt  worden  unnd  stammlet  nit),  es  käme  im 
wol  in  gedechtnuß,  wie  er  vernommen  hett,  das  sein  vatter 
etlich  zeit  in  Cicilia  und  zü  Palerma  sein  wonung  gehabt  hette, 
[l6a]  auch  bey  im  selbs  wol  gedacht,  wie  der  jungen  gesellen 

2.1  gewonhait  wäre  schone  frawen  lieb  zuhaben,  darbey  auch  sähe 
die  klaglichen  waichen  zähern  und  das  lieblich  halsen  und 
züchtig  küssen,  er  fürwar  nicht  änderst  mainet,  dann,  was  im 
die  schön  fraw  gesagt  hett ,  war  sein ,  er  ihr  antwurt  und 
sprach  (krefftig  unnd  mechtig  seind  die  wort  der  frawen,  be- 
sonder  so  sy  mit  etwas  schone  unnd  zucht  scheinen  von  hertzen 
geen,  unnd  ist  doch  zü  zeyten  ain  falsche  und  mit  listen  er- 
dachte red) ;  darumb  Andreützo  sprach  :  ,Fraw ,  lassend  es 
eüch  nicht  frembd  duncken ,  ob  ich  mich  wunder ,  eüch  die 

1  schänden  13C  2  solches  BCDE  3  des  bis  und]  fehlt  BC 
4  Sicilia  E  6  wenigste  BC  10  genad  BCD  11  unsren  BCD 
13  Schwaget  BD  16  mit  den  armen]  fehlt  BCD  18  nun  fehlt  E 
ralihr  BCDE  24  wol)  fehlt  BCD  29  der  wort  die  frawen  BCD 
30  so  ist  etwas  mit  schone  BCD 


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Andreützo,  cap.  5. 


149 


warbait  zusagen  !  Warumb  mein  vatter  ain  solches  gethon 
hat  noch  was  er  mit  ewer  müter  begangen  hat,  davon  hah 
ich  kainerlay  nye  vernommen  ;  und  ob  er  eü  werthalb  mit  ye- 
mand  ist  zü  red  kommen,  solches  mir  unkund  ist.  Darumb 
nicht  müglich,  das  ich  ewer  kundtschafft  haben  niög,  aber  mir  5 
sovil  [16b]  dest  lieber,  das  ich  ain  sch wester  hie  funden  hab, 
des  ich  mich  nicht  versehen ,  auch  kainen  mann  so  mechtig 
erkenne,  dem  ihr  nit  für  ain  Schwester  soiten  gefallen  sein/ 

Und  solcher  reden  seer  vil  trib;  dann  er  als  ein  juuger 
unverstandner  lapp  nicht  so  weyt  betrachtet,  wo  hin  solche  10 
reden  reichen  soiten ;  darumb  sy  ime  auch  hernach  zü  grossem 
schaden  kamen  unnd  darzü  in  gar  nahend  urab  sein  leben 
bracht  hetten,  wie  ihr  dann  bald  hören  werdet.  Wider  anfieng 
zureden,  die  frawen  fleissig  bat,  das  sy  im  sagen  wolte,  wer 
ihr  sein  beiwesen  kundt  gethan  oder  wie  sy  sein  wargenom-  1., 
inen  und  erkennt  hett. 

Die  fraw  im  bald  antwurt  unnd  sprach:  ,Tch  hab  ain 
güte  arme  alte  fraw  bey  mir;  die  ist  den  verganngen  morgen 
bey  euch  auff  dem  roßmarckt  gewesen  und  one  zweyfel  mit 
eüch  geredt  hat,  wie  eüch  dann  wol  kundt  sein  mag,  die  bey  20 
unnserm  vatter,  nach  dem  als  ich  von  ihr  verstanden,  lange 
zeit  [17a]  zü  Peruß  gestanden  ist.  Und  wär  es  nicht  gewesen, 
das  es  mich  fügklicher  daucht  und  erbarlicher,  wenn  du  mir 
in  mein  hauß  kernest,  dann  das  ich  zü  dir  in  ander  leüt  heü- 
ser  kerne ,  ich  het  mich  so  lang  nicht  künden  säumen  oder  s:> 
zü  dir  zukommen  verzogen,  ich  wäre  zü  dir  in  die  herberg 
gungen/ 

Nach  allen  disen  vergangen  listigen  worten  sy  von  newem 

auhüb  züfragen  nach  allen  seinen  freünden,  wie  es  yegklichem 

insonderhait  gienge,  wie  sy  lebten  oder  was  gewerb  und  hann-  30 

del  ain  yegklicher  tribe,  dereu  namen  sy  alle  und  aines  yegk- 

lichen,  wie  oben  vermeldet,  von  dem  alten  weyb  erlernet  hatte. 

Als  Andreützo  solche  fragen  und  die  namen  seiner  freünd  so 

aygentlich  nennen  höret,  ward  er  der  frawen  wort,  daran  er 

* 

3  nye]  nit  E  8  den  BCD  9  seer]  fehlt  E  denn  BCD 
U  fraw  BCDE  15  beweysen  ABD  17  antwort  BCDE  18  ver- 
gangnen BCDE  21  ihr]  im  E  22  gedienet  hat  E  26  die]  dir  A 
2«  vergangnen  BCDE      30  ergienge  BCD      33  nacken  E 


r 

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150 


Martin  Montanus, 


vormals  noch  zweyfelt ,  gentzlich  gelauben ,  zü  der  frawen 
sprach,  erst  gelaub  er,  das  sy  sein  rechte  Schwester  seye. 

Darnach  schüfF  die  fraw  bald  güten  frischen  wein  zukom- 
men unnd  [17b]  mancherley  confect  nach  sollicher  zeit  ge- 
üwonhait;  dann  die  hitz  groß  was.  Als  Andreützo  mit  ihr 
tranck  und  collation  machet,  solches  lang  auffzog  und  ime 
dapffer  mit  trincken  zösetzet  der  mainung,  das  er  bey  ihr  blei- 
ben solt,  wie  dann  hernacher  auch  geschach. 

6. 

10  Wie  Andreützo  in  sein  herberg  zum  nachtmal  geen 
wolt,  aber  die  fraw  ime  solches  nicht  erlauben  wolt. 

Und  als  solche  zech  ain  end  unnd  lang  genüg  geweret 
hett,  Andreützo  an  sein  herberg  gedacht,  unnd  das  man  allda 
sein  wartten  wurde,  von  der  falschen  frawen,  die  er  yetz  sein 

Iii  Schwester  sein  mainet,  des  Urlaub  begeret.  Welches  im  die 
fraw  in  kain  weg  vergunnen  oder  zögeben  wolt,  deßgleichen 
thet,  als  ob  sy  sich  darumb  seer  betrübet  und  traurig  wäre, 
ine  aber  mit  ihren  armen  umb[18a]fieng  und  sprach:  ,Heu 
nie,  o  we  mir,  ich  erkenne  wol ,  das  dein  liebe  klain  zü  mir 
ist  und  so  gar  nicht  bedenckst,  das  du  bey  ainer  deiner  nye 
gesehnen  Schwester  bist,  bey  deren  du  doch,  da  du  her  kämest, 
abgesessen  soltest  sein ,  von  der  du  dich  schaiden  und  an  die 
herberg  essen  geen  wilt.  Das  wolle  got  nit,  das  ich  dich  auß 
dem  hauß  geen  lasse;  wiewol  mein  mann,  dein  sch wager,  nicht 

25  dahaim  ist,  welches  mir  seer  layd,  ich  nach  frawen  vermögen 
dir  wol  ain  eer  thün  soll.4 

AufF  welches  ihr  Andreützo,  der  gut  jung,  nicht  wüßt 
zü  antwurten,  dann  allain  zü  ihr  sprach :  ,Fraw,  ich  hab  eüch 
lieb  als  mein  leiblich  Schwester,  für  die  ich  eüch  auch  erkenn, 

30  unangesehen  das  ich  eüch  vor  nye  gesehen  hab  noch  von  eüch 

uyemals  hab  hören  sagen.    Aber  gee  ich  nit  haim,  so  wartet 

« 

4  nach  bis  gewonhait]  fehlt  BCD  8  hernach  BCD  14  jetzt 
BCD;  jetzt  E  19  me]  we  C  22  von  deren  E  27  nit  wißt  BCD; 
nicht*  wüste  E  28  antworten  BCD  29  leiblichen  BCD  31 
nicht  BCDE 


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Andreüteo,  cap.  5—6. 


151 


man  mein  die  gantze  nacht ;  das  wäre  nicht  wol  zuthün,  unnd 
wurd  mir  solchs  morgen  von  meim  wiirt  verwisen  werden.4 

,Ey  das  sey  gott  ge[18b]iobt4,  sprach  die  fraw ,  ,das  ich 
nyemandt  in  meinem  hauß  hab,  den  ich  in  das  würtshauß 
schicke  und  anzaigen  laß ,  das  man  dein  nit  warte.  Aber  so 
du  wilt  und  auch  wol  thetest,  wann  du  mir  zulieb  nach  dei- 
nen gesellen  schicktest,  das  dieselbigen  das  nachtmal  mit  uns 
nemen;  darnach  giengen  ir  mit  ainander  haim.'  Das  thet  sy 
darumb,  das  sy  der  vogel  vil  in  das  garn  bringen  möcht,  so 
kündt  sy  darnach  mit  inen  ihres  gefallens  umbgeen.  Dann  sy  10 
verhofft,  wenn  sy  kernen  und  mit  ihr  zunacht  essen,  wurden 
sy  die  zech  thewr  genüg  bezalen  müssen,  wie  dann  Andreützo 
geschehen,  welcher  wider  seinen  willen  das  gloch  bezalt  unnd 
darzü  schier  umb  sein  leben  kommen  wäre,  wie  dann  kurtz- 
lich  hernach  soll  angezaigt  werden.  15 

Andreützo  antwurt,  er  seine  gesellen  auff  dise  nacht  nicht 
bekümmern  wolt,  aber  dieweil  es  ir  gefallen  wäre  bey  ir  zü 
bleiben,  splt  sy  mit  ime  thün,  was  sy  wolt. 

Nün  die  zft-[19a]nicht  fraw  deßgleichen  thet,  als  ob  sy 
au  die  herberg  schicket  und  anzaigen  ließ,  das  man  sein  nicht  ao 
wartet,  dann  er  zum  n achtessen  nit  kommen  wurd,  sonder  bey 
seiner  Schwester  essen  wurde,  aber  solches  nicht  thet;  dann 
ihr  layd  gewesen  wäre,  das  man  gewüßt  hette,  das  er  inn 
ihrem  hauß  wäre.  Darnach  zühand  sich  zü  tisch  satzten,  mit 
herrlichen  richten  baiden  wol  gedient  warde;  mit  dem  es  die  a> 
fraw  mit  fleiß  nach  dem  lengsten  verzöge,  damit  der  nacht 
desto  meer  vergieng  und  es  sich  dest  tieffer  darein  Verzug, 
darmit  sy  ursach  het,  in  bey  ihr  zubehalten. 

Da  sy  nun  das  nachtnial  verbracht  hetten  und  von  dem 
tisch  ausgestanden  waren  und  Andreützo  an  sein  herberg  mai-  30 
net  zügeen,  er  von  ihr  Urlaub  begeret.  Das  sy  ime  in  kainen 
weg  vergunnen  noch  geben  wolt,  zü  im  sprach,  Neapolis  wäre 

* 

2  sollicha  BCD ;  solches  E  3  sey]  fehlt  BCD  5  and  A  6 
deinem  BCD  7  schickest  BCD  nechtmal  A  9  der]  die  BCD 
12  thewer  gnug  BCD;  theur  gnug  E  13  wider]  wie  er  BCD  ge- 
loch  E  14  wäre  A;  war  E  16  antwort  BCDE  19  zunicht)  fehlt 
BCD  22  wurd  CD;  wurde  E  23  gewußt  BCD;  gewißt  E  25 
richten]  trachten  E 


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152 


Martin  Montanus, 


nit  ain  statt,  des  nachts  auff  der  gassen  zögeen  ,  sonnderlicb 
den  gesten  und  fremden;  dann  sy  wol  [19b]  wüßt,  so  er  hinauß 
gieng,  er  von  den  scherganten  oder  riffianern  gefangen  oder 
villeicht  gar  zü  tod  geschlagen  wurde  unnd  im  alles,  so  er 
•>  hett,  genommen  wurde;  so  hett  sy  auch  dem  würt  kundt  ge- 
thon,  das  er  nit  haim  schlaffen  kern;  derhalben  er  bey  ihr 
beleiben  solt. 

Andreützo  der  frawen  trewlich  warnen  unnd  ernstlich  bit- 
ten sähe,  gentzlich  der  frawen  glaubet,  bey  im  selbst  bedacht, 

10  wenn  er  seine  fünff  hundert  guldin  also  verlieren  solt,  und  ob 
er  schon  mit  dem  leben  darvon  kern,  wurd  es  im  grosse  pein 
bringen,  darzü  wurde  er  als  ain  un  weiser  kauf  mau  von  yeder- 
roan  zü  seinem  schaden  und  Verlust  gespottet  werden ;  also 
bey  der  frawen  blibe. 

11  Als  sy  nun  lang  zeyt  bey  ainander  gesessen  waren  und 
die  zeit  schlaffen  zugeen  vornan nden  wäre,  (dann  ain  gut  thail 
der  nacht  schon  verschinen  wäre,  aber  nicht  on  ursach  ine  die 
fraw  so  lang  aufgehalten  hat)  doch  da  die  zeit  kommen  was, 
sy  in  [20a]  mit  sampt  ainem  klainen  büblin,  das  im  das  haim- 

2u  lieh  gemach  zaigen  solt,  in  ihr  kamer  schlaffen  weyset,  und 
sy  mit  iren  anderen  frawen  in  ain  anndere  kamer  schlaffen 
giengen;  bey  ir  selbst  gedacht,  wann  Andreützo  entschlaffen 
wäre,  sy  auffsteen  wolt,  iren  riffiener,  so  in  ainer  andern  Stu- 
ben wäre,  rüffeu  wolt,  der  in  villeicht  umbracht  hett  oder 

äi  doch  auf  das  wenigest  das  gelt  genommen,  welches  aber  auff 
ain  anndern  weg  geschehen. 

7. 

Andreützo  falt  in  ain  sprachhautt ,   da  er  verniaint 
sein  notturff't  zü  verbringen. 

Als  Andreützo  nun  von  solcher  seiner  schönen  Schwester, 

3  ßtherganden  BC;  schergen  E  4  wurde]  fehlt  BCD  so]  was 
BCD  9  selber  dacht  BCD;  selbs  gedacht  E  11  leben]  fehlt  BCD 
13  verspottet  BCDE  16  zugehen  BD;  zu  gehn  CE  verhanden  BCD 
18  hett  BCD  23  auffstehen  BD;  auffstebn  C  ihrem  riffianer  BCD; 
ihrem  rüffianer  E      28  falt  BCD;  feilt  E      30  seinen  BCD 


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Andreützo,  cap.  6—7. 


wie  gehört,  mit  dem  knaben  wäre  schlaffen  gewisen  worden 
und  die  hitz  zu  der  selben  zeit  groß  wäre  unnd  Andretitzo 
sich  allain  sähe,  sich  zufrischen  unnd  külen  bald  außzoch  und 
den  leyb  biß  [20b]  an  das  hemmat  entplößt,  seine  klaider  zu 
haubten  auf  das  beth  leget  und  den  leyb  von  überiger  schwe-  5 
rung  des  bauchs  sein  natürliche  recht  begeren  was  und  nicht 
wüßt  wahin,  den  jungen  knaben  fragt,  der  im  als  bald  an 
ainem  orth  in  der  kamern  ain  thürlin  zaiget,  das  hinauß  auff 
ainen  gang  zum  haimlichen  gemach  gienge.  Andretitzo  on 
alle  forcht  und  sorg  zü  dem  thürlin  hinnauß  gegen  dem  haiin-  io 
liehen  gemach  wertz  gieng.  Nun  zu  seinem  glück  oder  Un- 
glück, wie  es  sich  begab,  er  in  dem  gon  auff  ain  brett  dratte, 
welches  nur  auff  ainem  orth  auffgenagelt  was  und  on  zweyfel 
ime  zü  ainem  maisenschlag  oder  strick,  darinn  er  gefangen 
unnd  todt  bleiben  solte,  hieher  gesetzt  unnd  gestelt  worden  15 
ist.  Darumb  er  hinab  fiele ;  und  wiewol  er  seer  hoch  gefallen 
was  und  sich  von  kot  und  unflat  in  solcher  maß  zügericht 
hett,  das  er  meer  ainem  teüffel  dann  ainem  menschen  gleich 
gesehen,  doch  gott  im  [21a]  sovil  gnad  thet  und  in  so  lieb 
hett,  das  er  im  in  dem  grossen  und  schwären  fallen  kain  scha- 
den  zfisteen  ließ.  Damit  man  aber  verstand,  wie  und  wa  das 
unsauber  geßlin  gewesen ,  es  was  ain  enges  geßlin  zwischen 
zwayen  heüsern ,  von  denen  zway  höltzer  von  ainem  hauß  zü 
dem  andern  giengen,  darauff  unangenagelte  bretter  lagen,  dar- 
auff  man  zü  dem  haimlichen  gemach  gienge ;  derselben  un-  a» 
angenagelten  bretter  ains  mit  ime  hinnab  fiele,  als  ihr  ver- 
nommen habt. 

Es  sey  im  nun  wie  im  wolle,  Andreützo  sich  in  dem  kot 

fände.    Wer  was  trauriger  dann  er!    Gedachte,  wie  spötlich 

und  Obel  im  das  anstünde,  das  er  also  unsauber  solte  hinauff  3 

in  das  hauß  zü  seiner  vor  nye  gesehnen  Schwester  kommen, 

hette  gewolt,  er  tausent  meyl  von  dannen  wäre;  doch  dem 

jungen  knaben  ruffet  und  den  knaben  batt,  er  wolte  im  be- 

* 

2  selbigen  BCD  4  hemmet  BCD;  hembd  E  7  wohin  BODE 
8  thürlein  BCD  12  gehn  E  14  mayenschlag  B  1(5  fiele  bis 
hoch]  fehlt  BCD  20  den  BCD  21  veratehe  E  22  gäßlein  BCD 
23  zweyen  holtzer  BCD  24  ungenagelt  BCD;  ungenaglete  E  28 
wie  es  BCD 


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154 


Martin  Montanus, 


holffen  sein,  damit  er  wider  herauß  kommen  möcht ;  dann  wa 
er  solt  ain  weyl  da[21b]steen ,  er  vor  gschmack  zergeen  und 
sterben  müßt. 

Als  bald  der  arg  knab  solches  vernommen  het,  das  An- 

5  dreützo  hinab  gefallen  was ,  er  zü  der  frawen  lieff  unnd  ihr 
solches  bald  anzaiget  und  zü  wissen  thet.  Die  bald  zü  der 
kamer  eingegangen  kam,  nach  seinem  gewand  oder  klaid  su- 
chet, welches  sy  sampt  den  500  guldin  bey  den  haupten  fand. 
Wer  was  fröer  dann  sy,  und  trauriger  dann  der  güt  Andreützo, 

10  der  nyemandt  vertrawt  und  stats  solch  gelt  bey  im  getragen 
hett,  umb  deß  willen  ain  Schwester  von  Palerma  ainem  brüder 
von  Perus  solche  letz  zügericht  hett,  nach  ime  nit  meer  fra- 
get, das  thürlein  zügesperret  het! 

Da  der  unselig  mensch  hinauß  gefallen  was  unnd  da  der 

15  knab  ime  kain  antwurt  gab,  er  sein  stymm  erhöhet  und  lettter 
schrye.  Aber  sein  schreyen  umbsunst  was,  ime  grawen  und 
gedencken  ward,  die  sach  gieng  nicht  recht  zü;  aber  es  zü 
spat  bedacht,  nit  weßt,  wa  auß  oder  ein,  doch  über  [22a]  ain 
maur,  damit  das  geßlin  vermauret  was ,  er  stig  und  auff  ain 

»»rechte  Strassen  für  die  thür  deß  hauß  käme,  wol  erkant,  das 
er  deß  tags  da  wäre  eingangen. 

Da  er  erst  anhübe  züruffen  und  schreyen,  da  auch  lange 
zeyt  sein  inühe  verlöre  und  mit  wainenden  äugen,  als  der  da 
alles  sein  Unglück  klar  sähe ,  zü  im  selber  sprach  :    ,0  wee 

2ö  mir,  wie  hab  ich  so  in  kurtzer  zeit  fünff hundert  guldin  und 
ain  Schwester  verlorn !'  Und  nach  vil  andern  klaglichen  Wor- 
ten und  wainen  er  wider  anhüb  mit  grossem  geschray  an  die 
thür  zü  schlagen,  das  so  lang  trib,  das  ettliche  in  der  nach- 
baurschafft  ime  seins  riiffens  und  schreyens  nicht  mer  vcrtra- 

30  gen  mochten,  ime  übel  zuredten  und  schalten.  Auch  aine  der 
frawen  magt  gar  schläfferig  an  das  fenster  lieff,  mit  bösen 
unzüchtigen  worten  fragt,  wer  da  wäre.  ,Ol,  sprach  Andreützo, 
, kennst  du  mich  nicht?  Ich  bin  deiner  frawen  Fiordilis  brü- 

1  wa]  so  E  4  bald]  aber  BCD  8  dem  haupten  BCD  9 
frowcr  BCD  10  tragen,  umb  BCD  12  Berus  A  15  antwort 
BCDE  16  echrey  BC  ;  schreye  E  grausen  K  18  wust  E  eine 
BCD  20  erkennet  E  21  da  was  E  22  unnd  zi\  E  33  Fior- 
dis  BCD ;  Fiordelis  E 


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Andreützo,  cap.  7. 


155 


der.1  Sy  ihm  wider  antwurt :  ,Güter  man,  hast  du  [22b]  zü- 
vil  getruncken,  so  gee  schlaffen  und  komb  biß  morgen  her- 
wider !  Ich  kenne  und  wai&  von  kainem  Andreützo  noch  von 
deinen  öden  thiidingen  zusagen.  Gee ,  das  dich  got  berath, 
und  laß  uns  schlaffen  !'  5 

,Wie  mag  das  gesein4,  spräche  Andreützo,  ,das  du  mich 
nicht  kennest  noch  waist,  wer  ich  bin?  Fürwar  du  waist  wol, 
wer  ich  bin,  versteest  auch  wol,  was  ich  sag.  Ist  es  dann  der 
Cicilianer  gewonhait,  bruderlicher  trew  unnd  schwesterlicher 
freündtschafft  in  so  gar  kurtzer  zeyt  vergessen  ,  so  gibe  mir  lo 
doch  mein  gewand  wider,  das  ich  auff  dem  beth  zün  haupten 
gelassen  hab,  das  dich  got  bewar,  damit  ich  geen  mög  meinen 
weg  hin,  den  ich  herkommen  bin!4  Die  magdt  im  antwurt: 
,Gütter  man,  dir  hat  getraumet,  oder  du  bist  vol  und  truncken.' 
In  dem  sich  hinein  zöge,  das  fenster  züschlüge.  15 

Andreützo  seiner  schaden  abermals  meer  aigenschafft  hette 
und  vor  layd  und  zorn  schier  von  sinnen  kommen  wäre.  Im 
gedacht,  [23a]  das  er  durch  sein  wort  nicht  gehaben  mocht, 
er  sein  sterck  brauchen  wolt ,  unnd  von  newem  mit  ainem 
grossen  stain  stärcker  dann  nye  in  die  thür  lieff,  mit  aller  20 
macht  darein  schlug.  Umb  des  willen  vil  herumber  inn  der 
nach  bau  rschafft  auffstünden,  an  ire  fenster  giengen  und  main- 
ten,  es  wär  ettwar,  der  das  der  nach  bau  rschafft  meer  zü  layd 
thet  dann  der  frawen,  irae  züschryen  als  zü  ainem  frembden 
hund  und  sprachen:  ,Was  grosser  buberey  ist  das  an  dir,  zü  20 
solcher  zeit  in  der  nacht  für  Gredtlins  thür  zükommen,  unnd 
nyemandt  in  der  gantzen  gassen  schlaffen  lassest !  Gee  hinweg 
an  den  Hechten  galgen !  Hast  du  ettwas  mit  der  frawen  zu- 
s< -hatten ,  so  kumm  biß  morgen  herwider  und  lasse  uns  heint 
nacht  schlaffen!'  30 

In  dem  ainer,  der  villeicht  der  frawen  riffian  sein  mocht 
an  das  fenster  kam,  welchen  Andreützo  in  dem  hauß  nit  ge- 
sehen oder  gehöret  hett,  mit  grober,  grausamer  und  erschrocken- 

* 

3  Andreygo  B  4  thädigen  BCD  8  Es  ist  E  9  Sicilianer  E 
10  so  gar]  fehlt  E  11  haupten  E  14  bist  du  BC  19  sein] 
ein  BCD  20  in]  an  BCD  23  etwas  BCD;  etwan  E  24  dann 
oder  A  z.ischreyen  BCDE  zft]  fehlt  BCDE  26  Criidleins  BCD 
29  heut  BCD;  hinnacht  E     31  riffianer  BCD     33  erschröcklicher  BCD 


156 


Martin  Montanus, 


licher  stimm  [23b]  sprach:  ,Wer  ist  daniden,  der  uns  nit 
schlaffen  laßt?4  Andretitzo  sein  haupt  auffhübe  und  wol  ainen 
sähe,  nach  dem  in  daucht  und  vernemmen  mocht,  wie  es  das 
klain  schülerlin  mit  dem  grossen  penal  wäre,  mit  ainem  kol- 

o  schwartzen  part;  und  zü  gleicherweiß  thet,  als  ob  er  von  dem 
schlaff  erstanden  wäre,  mit  ginendem  maul  sein  äugen  rib, 
wie  die  schlaff truncknen  thünd.  Dem  Andretitzo  nicht  mit 
klainer  forcht  antwurt  unnd  sprach :  ,Ich  bin  Andreützo,  der 
frawen  brüder,  die  in  dem  hauß  wonet.4 

10  Der  bartet  baccularius  nicht  wartet,  biß  Andreützo  seine 
wort  zü  end  bracht,  sonder  vil  grausamer  dann  er  vor  gethon 
het,  sprach :  ,Sicher  und  fürwar  ich  waiß  nicht ,  wer  mich 
haltet  ye  wider  mein  natur,  das  ich  nit  hinnab  kumm  und 
dir  dein  haut  als  vol  schlage,  das  es  mich  selber  erbarmet, 

k»  du  unnützer  trunckner  esel,  der  du  in  diser  nacht  nyemandt 
wilt  schlaffen  lassen.4  Mit  disen  worten  das  fenster  [24a]  wi- 
der züsperret. 

Ettliche  von  den  nachbauren,  die  des  barteten  baccularii 
kundtschafft  hetten,  zü  Andreützo  sprachen:  , Güter  man,  wilt 

'j>  du  auff  dise  nacht  nicht  zü  stucken  geschlageu  werden ,  so 
gee  umb  gottes  willen  deinen  weg  umb  des  besten  willen  ! 
Dann  du  waist  nicht,  mit  wem  du  zuschaffen  hast.  Das  ra- 
then  wir  dir  mit  trewen.4 

Andreützo,  der  von  des  riffianers  grausamer  stimm  und 

25  ungesicht  seer  erschrocken  was  und  von  dem  rath  der  gütten 
leüt,  die,  als  ine  duncket,  von  barmhertzigkait  beweget  waren, 
bezwungen  was  davon  zugeen,  betrübter,  dann  kain  mann  ye 
ward,  sieb  seines  gelts  gentzlich  verwag  und  den  weg  hin 
gienge,  den  er  mit  dem  meidlin  des  tags  hinkommen  wäre, 

:jo  doch  nicht  wüßt,  wo  er  in  der  statt  was,  aber  gegen  seiner 
herberg  werte  mainet  zü  geen ;  und  im  selbst  ab  ime  grawet 
und  sein  selbs  ungefallen  hett,  des  unsauberen  geschmacks  hal- 

* 

2  lest  E  3  es]  1.  er  4  shulerlin  A ;  schulerlein  E  5  bart  BCDE 
6  entstanden  E  ginenden  BC  10  baccalaurius  E  sein  red  zu  BCD 
11  gethan  BCE  13  haltet  BCD  14  als]  so  E  15  unützer  und 
BCD  18  bacculaurii  B;  baccalaurii  DE  21  des]  1.  deins  umb 
des  besten  willen]  fehlt  E  25  sehr  unnd  übel  erschrocken  BCD  29 
herkommen  E      31  grewelt  E      32  ungefallen]  abscheuhen  E 


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Andreützo,  cap.  7—8 


157 


ben,  der  von  im  kam,  [24b]  willen  het  zü  dem  mor  zugeen, 
sieb  züwescben. 

Da  sihe  zü,  lieber  gesell,  wie  das  gelt  Andreützo  so  in 
groß  not  und  gefaar  seines  lebens  bracht  hat,  das  er  sich,  als 
er  in  dem  haimlichen  gemach  gesteckt ,  gantz  verwegen  het ; '» 
dann  er  nicht  hoffet,  sein  lebenlang  meer  under  die  leOt  zu- 
kommen, sonder  also  in  dem  unsaubern  gschraack  verderben 
und  sterben  müste.    Aber  got,  der  nicht  verlaßt  die,  so  in 
anrüffen ,  und  im  vormals  im  fallen  beystendig  gewesen ,  hat 
im  da  weiter  geholffen,  das  er  nicht  also  on  yedermans  wissen  10 
sterbe  und  verderbe.    Darauff  sich  aber  kainer  verlassen  soll 
und  gedencken  wolte:    ,Ey,  wenn  ich  schon  umb  das  gelt 
käme,  so  beschert  mir  gott  morgen  anders/  Es  gerath  nicht 
allweg,  gleich  wie  auch  dem  güten  Andreützo  solliches  nit 
gerathen  ist ;  dann  er  on  seine  500  guldin  die  stat  Neapolis  i*> 
räumen  müssen.  Dann  es  nicht  wol  mtiglich  ist,  das  dir  gott 
gleich  so  anders  werde  geben.    Er  spricht:    [25a]  ,Arbayte 
unnd  gewinn  dein  brot!4    Er  hat  nicht  gesagt:    ,Thü  das 
maul  auff,  sitz  daher  wie  ain  gante!    Ich  will  dir  umb  faul- 
khait  gnüg  geben/    Darumb  lüg  ein  yegklicher,  was  im  zu-  ao 
thün  sey,  nemlich  das  er  arbaite  und  sich  mit  frümbkait  ernere. 

Damit  das  ich  aber  mit  meiner  angefanngnen  historien  zü 
end  komme,  so  mercket  weyter! 

8. 

Wie  Andreützo  zü  dem  mör  gierige  und  sich  w eschen  2.. 
wolt,  und  wie  es  im  ergienge. 

Als  nun  der  güt  Andreützo  also  on  sein  gelt  beschüssen 
unnd  mit  wüstem  unflat  behenckt  darvon  müst,  ward  ine  sol- 
ches seines  narrechten  gen  Neapolis  reytten  seer  gerewen,  dar- 
zü  ward  ime  selbs  ab  dem  unsaubern  geschmack  seer  grawen,  :io 

* 

1  meer  BCD  8  verlast  BCD;  verlest  E  11  solle  BCD  12 
wölte  E  13  geredt  E  17  geben  werde  BCD  20  lüg]  sihe  E 
jegkliches  BCD  21  er]  der  BCD  frombkeit  BCD;  frombkeit  E 
27  beschissen  BCDE      30  ab]  an  BC      greweln  E 


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158 


Martin  Montanus, 


zobe  derhalben  die  gassen  Catalena  genannt  gegen  dem  mör 
werts  abhin.  Und  als  er  also  gieng,  bekamen  [25b]  im  iren 
zwen  mit  ainer  laternen,  vor  denen  er  sich  besorget;  dann  er 
mainet,  es  wären  die  scbarwächter.    Flohe  derhalben  ab  dem 

5  weg  und  gieng  in  ain  altes  gemeür. 

Die  zwen  mit  der  latern  auch  zü  dem  alten  gemeür  ein- 
giengen  und  da  mancherlay  werckzeüg  von  inen  legten,  als 
eysen,  stangen,  hacken  etc.,  auch  damit  mancherlay  gesprach 
hetten.    Und  dieweil  sy  also  mit  ainander  redten,  ihr  ainer 

10  sprach:  ,Was  bedeüt  das?  Dunckt  dich  als  mich?  Mir  be- 
kompt  und  empfind  des  hosten  geschmacks,  den  ich  ye  ge- 
rochen hab.'  Inn  dem  die  latern  auff  hebet  und  den  armen 
unseligen  menschen  gesehen  het.  Baid  erschracken ,  doch 
fragten,  wer  da  wäre ;  aber  Andreützo,  als  der  sich  seer  forcht, 

15  schwige.  Sy  fürbaß  zu  inie  giengen  unnd  in  fragten,  was  er 
da  also  kotig  thete.  Andreützo  alles,  das  irae  zugestanden 
was,  erzelet  und  züwissen  thett. 

Die  zwen  wol  gedachten ,  wo  das  mocht  geschehen  sein, 
als  in  [26a]  des  Scharagone  Putoffogo  hauß,  zü  im  sprachen : 

20  ,Güter  mann,  wie  oder  wa  du  dein  gelt  verloren  hast,  so  hast 
du  doch  gott  seer  zudancken,  das  du  also  in  das  kot  gefallen 
bist.  Dann  war  dir  das  nicht  widerfaren,  wann  du  entschlaffen 
wärest,  so  wärest  du  on  zweyfel  getödt  worden  unnd  hettest 
mit  dem  gelt  dein  leyb  verloren.    Aber  was  hilfft  dich  nu 

25  meer  dein  wainen !  Dann  dir  mag  das  gelt  so  wenig  wider 
werden  als  die  stern  am  himel;  aber  du  mochtest  dardurch 
wol  erstochen  werden,  wann  er  vernein,  das  du  von  etwarem 
geredt  hettest/ 

Nach  diseu  worten  die  zween,  was  in  Andreützo  halben 

uo  zuthün  wäre,  sich  berieten,  darnach  zü  ime  sprachen :  ,Güter 

freünd ,  uns  ist  layd  und  erbarmet  unns  dein  schaden ;  doch 

wilt  du  ain  gütter  gesell  sein,  so  wollen  wir  dich  mit  uns 

nemmen ,  ettliche  Sachen  außzurichten ;   und  da  wir  yetzund 

* 

1  Catelena  BCD  meer  wartz  BC;  meerwertz  D  2  hinab  E 
ihm  ihr  BCD;  im  irer  E  4  scbarwachter  A  11  besten  BCD  13 
Beyde  sehr  BCD  17  thete  BCD  18  zwen  aber  E  moche  B 
24  Aber  das  BD  nunmehr  BCDE  26  sternen  E  27  etwann  BCD 
29  halbenj  fehlt  BCD      30  bereyteten  E 


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AndreÜtzo,  cap.  8—9. 


159 


hin  wollen  geen  das  zü  Volbringen ,  da  zweyffel  nicht  daran, 
dir  zü  deinem  [26b]  thail  meer  werden  soll,  dann  du  verloren 
hast.4  AndreÜtzo,  als  der  an  ime  selbst  zweyfelt,  zü  inen 
sprach,  er  willig  unnd  berayt  wäre,  alle  ding,  so  sy  begerten, 
zuthün.  » 

Nun  es  sich  den  tag  davor  begeben  hett,  das  der  ertz- 
bischoff  von  Neapolis  tod  wäre  und  mit  grosser  reychthumb, 
auch  kostlichen  klainaten  was  begraben  worden,  besonnder  mit 
ainem  kostlichen  rubin,  den  er  an  der  hand  in  ainem  schönen 
ring  gehabt,  der  auff  füuffhundert  guldin  geschätzet  ward.  Da  10 
was  der  zwayer  mainung  hin  zü  geen  und  den  todten  bischoff 
zü  berauben,  als  sy  dann  auch  theten ;  zu  dem  sy  da  den  ar- 
men, unweysen  AndreÜtzo  zü  inen  namen.  Darumb  sy  sich 
all  drey  mit  einander  bedachten,  sich  mitainander  auff  den  weg 
machten  gegen  der  grossen  kirchen  werts.  15 

9. 

Wie  AndreÜtzo  von  zwayen  inn  ain  brunnen  ge- 
lassen ward. 

[27a]  Als  sy  nun  der  kirchen  zünaheten,  ward  sy  dess 
unsaubern  geschmacks,  so  von  Andreutzo  gienge,  seer  ver- l'o 
driessen.  Darumb  sprachen  sy:  ,Mögen  wir  nicht  ain  rüstung 
erdencken,  das  der  sich  wiesche  von  seinem  kot,  wa  das  yer- 
gent  wäre,  damit  er  nit  so  übel  stencke?'  Bald  sich  bedach- 
ten: ,Hiebey  nahend  ist  ain  brunn,  da  ist  ain  grosser  aimer 
an.  Darinn  wollen  wir  in  hinnab  lassen,  da  mag  er  sich  fast  2r> 
wol  inn  weschen.4 

Da  sy  zü  dem  brunnen  kamen,  wol  das  sayl,  daran  man 
pflegt  wasser  zuschöpffen,  funden ,  aber  der  aimer  was  nicht 
daran.  Doch  bald  ains  wurden,  ine  an  das  sayl  bundeu  und 
inn  brunnen  hinnab  Hessen ,  unnd  wann  er  geweschen  wär,  :*> 

1  zweyffelt  BCD      4  willg  B       6  zuvor  BCD      8  koatliche  CD 

kleinotten  C;  köstlichen  kleinoten  £  17  einen  BCD ;  ein  E  22 

das  er  BCD      wüsche  BCD;  wische  E  irgendt  BCE       23  stincke 

BCD;  stüncke  E      27  wol]  wo  BCD  21)  und  in  in  BCD 


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100 


Martin  Montanus, 


er  das  sayl  rittelte,  so  wolten  sy  ine  wider  herauff  ziehen. 

Da  sy  nun  in  in  brunnen  gelassen  und  schier  geweschen 
was,  föget  sich,  das  ettlich  rieh  terkn  echt,  welliche  ettlich  ge- 
jagt hetten  und  hitzig  waren ,  yetzund  grossen  durst  netten 
ö  und  [27b]  zum  brunnen  kamen  da  zü  trincken.  Bald  hüben 
sich  die  zwen  darvon.  Die  knecht  hetten  die  zwen  nicht  ge- 
sehen noch  AndreUtzo,  der  im  brunnen  was  und  sich  yetzund 
gewaschen  hett,  rüttelt  das  sayl.  Aber  sy  wolten  schlechte 
trincken,  legten  ab  ire  tartschen  und  schwerdter;  da  funden 

iü  sy  des  aymers  nit,  mainten,  er  war  im  brunnen,  sich  ans  sayl 
richteten  und  den  aymer  herauffzogen.  Da  aber  Andretttzo 
ersähe  den  bort  des  brunnens,  sich  daran  hieng  mit  den  ar- 
men. Des  erschracken  die  knecht  gehlingen,  Hessen  das  sayl 
fahren  und  Helfen  darvon  ungeredt,  so  fast  sy  mochten,  unnd 

15  Hessen  ihre  schwerdt  und  hämisch  bey  dem  brunnen;  nit  än- 
derst mainten,  dann  sy  den  teüffel  auß  dem  brunnen  gezogen 
hetten. 

Da  Andreützo  auß  dem  brunnen  wäre,  in  gar  frembd 
daucht,  das  er  seine  gesellen  nicht  solt  finden.  In  verwundert, 

ao  wer  in  aufs  dem  brunnen  gezogen  hette,  wol  die  schwerdter 
unnd  [28a]  tartschen  da  sähe  ligen,  solchs  seine  gesellen  nicht 
darbracht  hetten,  wol  wußte;  darurab  in  frembd  uam,  von 
wannen  das  herkäme.  Abermals  betrübt  was,  nicht  wüßt,  was 
er  thün  solt,  im  selbst  sein  layd  klaget  und  kainerlay  anrüret, 

sä  von  dannen  gienge,  nicht  wüßt  wohin. 

Doch  in  dem  geen  er  seinen  gesellen  wider  begegnet,  die 
wider  kamen ,  im  auß  dem  brunnen  zuhelffen ,  sich  sein  ver- 
wunderten und  in  da  fragten,  wer  ime  auß  dem  brunnen  ge- 
holffen  hett.    Davon  er  inen  nichts  kundt  sagen  dann  allain, 

ao  was  er  bey  dem  brunnen  funden  und  auch  da  gelassen  hette. 
Dabey  die  zwen  wol  marckten,  das  es  die  stattknecht  mußten 
gewesen  sein,  des  lachten  und  da  ime  sagten  ,  warumb  sy  da 

* 

1  rüttelte  BCD;  erschutten  solt  E  2  mm]  fehlt  BCD  3  lich- 
tere knecht  BCD;  reuterknecht  E  welch  BC  etliche  BCD  6  Die 
knecht  die  K  8  gewaschen  BCDE  rüttelt]  er  schütt  E  9  tar- 
schen BCD  10  in  BCD  11  aimet  B  12  brot  BD;  port  E 
16  zogen  BCD  19  das]  da  BCD  22  wüüt  E  26  sein  BCD 
28  da]  fehlt  BCD      31  vermerckten  E 


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Andreützo,  cap.  9—10.  161 

von  dannen  geflohen  wären  und  wer  die  gewesen  waren,  die 
in  au  Ii  dem  brunnen  gezogen  hetten. 

Nun  wolt  «.'s  sich  zü  mitternacbt  nahen  ;  darumb  machten 
sy  sich  auf  die  straft  unnd  fügten  sich  zü  der  [28b]  grossen 
kirchen,  on  mühe  bald  darein  kamen  und  das  grab ,  das  von  5 
marmelstain  was,  darinn  der  bischoff  vergraben  lag,  behend 
auffgethan  heten  und  also  hoch  undersetzt,  das  ainer  wol  dar- 
ein schliefen  mocht.  Nach  dem  das  also  geschach ,  ainer  zu 
dem  .andern  sprach:  , Welcher  under  uns  wirt  hinnein  stei- 
gen ?"  Der  ander  sprach :  ,  Warlich  ich  kumm  hinein  nit.4  w 
Der  erst  wider  sprach :  ,AndreÜtzo  soll  hinein  steigen.'  — 
,Gott  mir  nicht4,  sprach  Andreützo,  ,das  ich  hinnein  komm!4 

Die  zwen  wolten  sich  gegen  im  streissen  unnd  sprachen : 
, Warumb  wilt  du  es  nicht  thün?  Bey  got,  wilt  du  nit  gern, 
so  müst  du  es  wol  thün  oder  müst  dir  dein  haut  vol  schlagen  lö 
lassen  oder  villeicht  gar  zü  tod.  Darnach  wisse  dich  zürich- 
ten  !4  Andreützo  mit  grosser  sorg  inn  das  grab  stige,  wol  ge- 
dacht: ,Die  werden  mich  freylich  auch  betriegen;  dann  wenn 
ich  alle  ding  hinaufi  geben  hab,  werden  sy  mit  dem  gut  dar- 
von  lauffen.4  [29a]  80 


10. 

Wie  Andreützo  inn  das  grab  stig,  dem  bischoff  den 
ring  abzog,  hernach  er  von  seinen  zwayen  gesellen 
in  das  grab  verschlossen  ward. 

Wie  nun  Andreützo  schon  hinein  gestigen  war  und  ge-  25 
dacht,  wie  oben  vermeldet,  sy  wurden  in  betriegen,  derhalben 
bey  ime  gedacht,  er  wolt  sich  selbs  versehen  unnd  im  seinen 
thail  selbs  inn  behalten,  und  der  kostlich  ring  mit  dem  rubin 
im  in  sein  gedechtnuü  kam ,  darvon  er  seine  gesellen  under- 
wegen  het  hören  reden.    So  behend  er  inn  das  grab  kam,  er  :«j 


6  marbelstain  BCD  7  übersetzt  E  12  mir]  mit  BCD  hin- 
nen E  13  8treiffen  B(J;  streussen  E  14  wilt  nit  BC  19  hinge- 
geben E      23  hernacher  er  BCD      28  köstlich  BCDE 

11 


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162 


Martin  Montanus, 


dem  ertzbischoff  den  kostlichen  ring  ab  der  hand  zoch  unnd 
den  im  selbst  an  sein  finger  stiesse,  darnach  den  pastoral,  die 
infel,  die  hendschüch  mit  allem  anderm ,  das  er  nmb  und  an 
hett,  seinen  gesellen  heran ü  gab  und  den  todten  bischoff  na- 
ö  ckend  in  ainem  hembd  ließ,  zü  seinen  gesellen  sprach,  er  nicht 
meer  fende. 

Da  fiengen  [29b]  seine  gesellen  an  nach  dem  ring  zü- 
fragen  und  sprachen,  das  er  woi  suchet ,  dann  er  ye  da  sein 
solt.    Er  fast  dergleichen  thet,  als  ob  er  süchet,  und  sy  also 

10  mit  bayteu  auffhielt,  die  allweg  sprachen :  ,Süch  wol1,  als  die 
in  mit  untrew  maiueten.  Da  es  sy  nun  zeyt  daucht  und  ir 
bürde  gar  eben  gebunden  betten  ,  sy  den  stützel ,  darmit  sie 
das  grab  undersetzt  betten ,  aufschlügen  und  die  deck  nider- 
fallen  Hessen,  die  da  von  marmelstain  und  schwär  was,  und 

15  den  guten  Andreützo  also  im  grab  versperrten  und  mit  dem 
güt  darvon  lieffen. 

Wer  was  in  grösserm  jammer ,  angsten  und  noten  dann 
der  güt  arm  Andreützo,  welches  ain  yegklicher  bey  im  selbs 
bedencken  kan!    Er  sich  zü  meermalen  versücht  mit  dem 

20  haupt  unnd  achsel ,  ob  er  den  stain  rnöcht  erheben ,  aber  nit 
müglich  was.  Umb  deswillen  von  pein,  onmacht  und  schmer- 
tzen  tiberwunden  nider  auff  den  todten  leichnam  sanck  unnd 
da  ligen  blib.  Der  in  da  [30a]  gesehen  hett,  nicht  wol  hett 
mögen  erkennen ,  wellicher  todter  gewesen  war ,  er  oder  der 

25  bischoff. 

Darnach  über  ain  klain  weyl  zü  im  selbs  kam,  anhüb 

kläglich  zü  wainen  und  ime  gedacht,  wurde  das  grab  von  ye- 

mand  auffgethon,  das  er  wider  heraufi  kern  unnd  ledig  wurde; 

er  sunst  von  hunger  und  bösem  geschmack  des  todten  leicb- 

uo  nams  sein  leben  da  enden  mutat:  unnd  ob  auch  yeinandt  kam. 

das  auffzuthün ,  und  er  darinn  funden  wurd ,  aber  gleich  wie 

vor  für  ainen  dieb  gefangen  unnd  an  galgen  gehenckt  wurde. 

Als  er  ain  klaine  zeit  inn  solchen  betrübten  gedancken 

* 

3  andern  BCD;  anderen  K  4  nacket  BCD  6  runde  E  10 
beyden  BCD  11  nun]  nur  BCD;  nü  E  12  eben]  wol  E  den 
stiirtzel  BCD  ;  die  stutzen  E  18  arm]  fehlt  BCD  23  bleib  BC 
gesehen,  nit  BCD  24  todter  E  2fi  weyl  wider  BCDE  32  vor] 
fehlt  BCD 


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Andreützo,  cap.  10—11 


163 


gestanden  was,  er  in  der  kirchen  und  umb  das  grab  leüth 
hört  und  vernam,  aber  in  grossen  sorgen  was;  das  waren  et- 
liche böse  hüben,  die  auch  kommen  waren,  den  bischoff  zü- 
berauben. 

11.  5 

Wie  Andreützo  wider  auß  dem  grab  kam. 

[30b]  Als  nun  Andreützo  solche  leüt  gehört  hett,  ward 
er  sich  förchten  und  auch  frewen  und  gedacht  wol,  waren  es 
rechtgeschaffen  leüt,  sy  bey  tag  her  kernen.  Nun  die  hüben 
richteten  sich  an  die  arch ,  den  stain  bald  auffgehaben  unnd  10 
understürtzt  hetten,  darnach  nicht  ains  waren,  wer  in  das  grab 
stige;  dann  yegklichem  grausset.  Doch  nach  etlichen  Worten 
ain  pfaff,  der  mit  inen  was,  sprach:  ,Was  besorget  ir  euch, 
oder  vor  wem  habt  ir  forcht?  Die  todten  essen  nyemandt. 
Will  ewer  kainer  hinnein,  so  lassend  mich  hinnein!1  Seinen  15 
mantel  bald  von  im  warff,  sich  auff  das  orth  schwang  unnd 
sich  mit  den  fussen  maint  hinnab  zulassen. 

Das  der  güt  Andreützo  ersehen ,  sich  nit  lang  säumet, 
bald  auff  sein  fuß  sprang  und  den  pfaffen  bey  den  bainen 
nam,  dergleichen  thet,  als  ob  er  in  hinab  ziehen  wolt.  Da  20 
das  der  pfaf  empfand,  on  mala  erschrack,  ain  grossen  schray 
ließ  unnd  sich  auß  der  arch  warff.  \31&]  Die  andern,  seine 
gesellen,  nicht  minder  erschracken  dann  er,  dar  von  flohen,  das 
grab  offen  Hessen,  all  luffen  und  flohen,  nicht  änderst  dann 
ob  sy  von  hundert  tausent  teüffel  gejagt  wurden.  25 

Wer  was  fröer  dann  Andreützo!  Sich  bald  auß  dem  grab 
und  der  kirchen  machet,  den  weg,  den  er  hinein  kommen  was, 
in  dem  es  sich  gegen  dem  tag  nahet,  ohn  geferd  gieng,  da  er 
zü  seiner  herberg  kam.  Darein  gieng,  den  würt  und  sein  ge- 
sellen fand,  die  all  sich  sein  verwunderten ,  also  nackend  und 
ungestalt  haim  zükommen,  in  fragten,  wo  er  doch  her  kerne. 
Das  saget  er  alles  nachainander  und  thet  inen  züwissen  vom 

* 

11  understutzt  BCDE        15  lasset  BODE       21  maß  sehr  BCD 
24  luffen]  Heften  E      32  von  BCD 

11* 


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164 


Martin  Montanus, 


anfang  biß  zü  end,  was  sich  in  der  ainigen  nacht  seinethalben 
verlauflfen  het.  Ueber  das  sy  sich  niitainander  berieten,  und 
ward  der  rath  also,  Andreützo ,  so  bald  er  raöcht ,  sich  solt 
auß  der  statt  machen.    Dem  rath  er  folget,  auff  saß,  wider 

•>  haim  gen  Perusiam  reyt  und  fürthin  weißlicher  hand-[31b]let. 
Nun  sihe,  lieber  leser,  was  dem  güten  Andreützo  für  nutz 
oder  frommen  bracht  hat,  das  er  mit  seinem  gelt  also  daher 
pranget  het!    Warlich  kainen  nutz,  weder  das  er  schier  dar- 
durch  umb  sein  leben  kommen  wäre  und  zü  dem  gelt  auch  den 

10  leyb  verloren  hette. 

Darumb  hab  ich  dise  historia  hieher  gesetzt,  das  sich  die 
jungen  gesellen  gleich  als  in  ainem  spiegel  ersehen  sollen,  was 
inen  zuthün  oder  zulassen  sey.  Daun  ich  wol  waiß,  das  iren 
vil  seind,  die  das  gelt  außgeben  wie  haberstro ;  so  findet  man 

15  warlich  leüt ,  die  kindens  ainem  fein  subtil  ablausen ,  geben 
ainem  die  besten  wo  rtlin.  Ja,  weyl  das  gelt  in  seinem  seckel 
ist,  da  ist  alles  nur:  ,6nad  junckherr;  ey  mein  lieber  junck- 
herr,  sitzend  oben  an  tisch !'  So  findt  man  Stütgarter  junck- 
frawen,  die  umb  ain  klain  gelt  zü  bekommen  seind ;  die  wer- 

S)  den  im  als  bald  an  die  seyten  gesetzt.  Wann  dann  meine 
junckherrlin  die  grosse  eer,  so  man  irem  seckel  [32a]  bewey- 
set,  sehen,  mainen  sy,  es  geschehe  inen  zü  lieb.  Da  müssen 
als  bald  spilleüt  sein,  die  dem  junckherrlin  zü  dantz  machen, 
darmit  er  sich  mit  seinen  tochterlin  erspringen  künde.  Da 

25  tawret  in  kain  gelt :  ,Nur  trag  auf,  ich  hab  gelts  genüg,  ich 
kan  es  alles  doppelt  bezalen.1  Das  ist  ain  fein  geschray;  der 
würt  und  solchs  gesindlin  hören  es  leyden  gern,  ja  solch  ver- 
wegens  gesindlin  war  nicht  darfür  im  hyrael;  dann  es  inen 
freüd  gnüg  ist.  Wenn  man  dann  gnüg  gerammlet  hat,  so  ist 

:to  yederman  haiß,  da  müß  man  wider  gesoffen  haben.  So  schreyen 
sy  dann :    ,Ey  junckherr,  laßt  wein  bringen !    Dann  wir  ha- 

* 

1  zum  end  BCD  2  verloffen  BCDE  4  wider]  w.  ger  C  7 
also  mit  seinem  gelt  BCD  9  wer  BCDE  12  in  eim  BCD  15 
kondtens  BCD;  konnends  E  16  wortlein  BCDE  17  aller  BC  18 
Stügarter  BCD  jungfrawlein  E  21  junckberrlein  BCD;  juncker- 
lein E  so]  die  BCD  28  Dautz  B  24  tochterlein  BCDE  k&nde 
BCD;  könne  E  25  Nftn  K  26  kau  A  dopplet  BCD;  doppel  D 
27  gesindlen  A;  geaindlein  E       verwegen  BCD       31  Ey]  wider  BC 


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Andreützo,  cap.  11.  165 

ben  eüch  zülieb  dantzet,  das  unns  warm  ist,  welches  wir  sunst 
nicht  umb  groß  gelt  thon  hetten.1  Ey  das  gefeit  dann  dem 
würt  wol ,  wann  er  wein  soll  bringen ;  der  schreibt  als  bald 
für  ain  kannten  wein  drey  an  die  tafel,  damit  die  summ  dest 
grosser  wirdt.  ,Ey\  denckt  er,  ,man  achtet  es  nicht,  es  ist  ö 
yederman  voll  und  [32b]  toll.1  Unnd  ob  es  schon  ettwan  ainer 
acht  und  war  genommen  hett,  so  will  er  solches  nicht  mel- 
den; dann  sich  kainer  gern  gegen  dem  würt  abwürfft;  ain 
yegklicher  gedenckt,  der  wQrt  ime  in  die  leng  nützer  sey  dann 
ain  solcher  hag  junckherr.  io 

Wenn  dann  mein  edler  junckherr  genüg  gezecht  hat  und 
in  zeit  dunckt  schlaffen  zügeen,  darzü  in  seine  zügesetzte  jungk- 
frewlin  treyben,  riefft  er.  0  da  säumet  sich  nyemandt,  da 
wuscht  yederman  auf,  damit  dem  junckherr  sein  mainung  für 
sich  gang  und  in  nyemand  erzürne.  Da  seind  kertzen  unnd  \0 
liechter,  deßgleichen  diener,  die  ainem  mechtigen  fürsten  ge- 
nüg wären  schlaffen  zü  zünden,  unnd  legt  man  also  dem  gü- 
ten  junckherrn  seine  diernen  zü,  mit  der  er  dann  die  nacht 
nach  seinem  willen  schertzet.  Da  dawret  in  100  krönen  nicht, 
die  er  ainer  solchen  huren  sol  geben ;  wenn  man  aber  ainem  20 
armen  mennschen  nur  solt  ain  haller  geben,  welches  [33a]  doch 
ain  gering  ding  ist,  wurd  man  mainen,  man  hette  unsern  herr- 
got  mit  den  henden  in  himel  hinauff  gehebt  unnd  ain  grossen 
gotslon  thon ;  gedencken  nicht,  wie  es  so  ain  grosse  sünd  umb 
hürerey  und  ffillerey  ist;  dann  Christus  spricht  klärlich:  ,Kain  20 
hürer,  kain  weinsauffer  soll  kain  thail  am  reich  gottes  haben.1 

,Jal,  mochtest  du  sprechen,  ,solte  ich  nicht  wein  trincken, 

ich  müßte,  ehe  zeit  kern,  sterben.4  —  Gott  hat  weintrincken 

zimlich  nicht  verbotten,  aber  vollsauffen  das  ist  wider  sein  ge- 

bott.  Dann  darauß  kompt  allerlay  unrath  und  büberey ;  bist  du  ao 

vol,  so  will  dann  das  vol  b6ß  flaisch  seinen  willen  haben,  das 

ist  unkeüschhait,  dem  du  den  zanra  fein  nachhenngest. 

Du  mochtest  aber  auch  sprechen:  ,Ich  bin  also  genaturet, 

♦ 

1  gedantzet  BODE  2  gethan  £  4  summa  £  5  gedencket  E 
acht  BCD  9  in]  fehlt  BCDE  12  in]  fehlt  BCD  13  rufft  BCD; 
ruftet  E  15  sind  BCDE  16  gnftg  BCD  19  willen  mit  ihr  BCD 
21  beller  E  22  het  BCD  24  than  E  25  spricht]  sagt  BCD 
26  am]  im  BCD      33  genatürt  BCD ;  genaturet  E 


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166 


Martin  Montanus, 


ich  kan  nicht  keüsch  bleyben;  so  bin  ich  noch  zu  jung,  ain 
weyb  zunemcn.'  Ey  wie  ain  thorechte  red  ist  das!  Christus 
spricht:  , Welcher  nicht  kan  keüsch  unnd  raiu  bleiben,  [33b] 
der  greiff  zu  der  hailigen  ehe/  Er  hat  nit  gesagt:  ,Du  bist 
ö  noch  zü  jung.'  Wär  wol  fein  und  gotselig,  das  man  künde 
lang  keüsch  und  rain  bleiben ;  dann  die  junckfrawschaft  ain 
edle  zier  vor  got  und  allen  englen  gottes  ist.  Wann  aber  die 
sach  ye  also  geschaffen  ist,  das  du  nit  kanst  keüsch  bleyben, 
oder  ettwas  bösers  darauß  besorgen  inüst,  so  greifte  im  namen 

10  des  allmechtigen  zü  der  ee ,  die  got  der  allmechtig  selbst  im 
Paradeiß  hat  aufgesetzt,  da  er  gesprochen:  'Es  ist  nicht  güt, 
das  der  mennsch  allainsey;  ich  will  im  ain  gehülffen  schaffen.4 
Hernacher,  da  er  sy  zusamen  geben  hat,  hat  er  gesprochen: 
tCrescite  et  multiplicamini ,  das  ist:  wachssend  und  meeret 

iö  eüch  !4  Inn  welchem  du  deinem  eeweyb  trew  und  freündschafft 
laysten  solt,  bist  du  so  vil  seliger  unnd  glückhafter,  dann  wenn 
du  lang  im  büben  leben ,  ja  auch  ins  teüffels  leben  also  ver- 
rucht wie  ain  unvernünfftig  vich  umbher  lauftest. 

Nymb  doch  den  heff-[34a]tigen  spruch  und  sententz  für 

20  dich,  welchen  gott  gesprochen  hat:  ,Kain  hürer,  kain  wein- 
sauffer  wirdt  thail  am  reich  gottes  haben.'  Lieber  besihe  und 
verstand  ine  recht!  Gedenck,  wie  ain  erschrockenlich  ding 
wirdt  sein,  so  er  das  grewlich  und  unwiderruflich  urthail  wi- 
der alle  solche  zernichte  leüt  feilen  und  pronuncieren  wirt,  da 

25  er  sagen  wirdt :  ,Geet  hin,  ir  vermaledeyten,  in  das  ewig  fewr 
der  hellen ,  welches  eüch  und  allen  teüffeln  von  anfang  der 
weit  berayt  ist!  Ihr  habt  mich  nicht  gespeißt,  ihr  habt  mich 
nicht  getrenckt,  ihr  habt  mich  nicht  klaidt,  ir  habt  mich  nit 
haimgesücht'  etc. 

ao        Das  sagt  er  aber  nicht  allain  von  denen,  sonder  es  seind 

auch  hürer,  weinsauffer,  todtschleger  und  all  andere,  so  wider 

die  gebott  gottes  gehandelt,  darunder  begriffen.    Dann  auß 

füllerey  solche  b6se  stuck  kommen;  wie  man  dann  sagt  von 

* 

5  zfi]  fehlt  BCD  7  engein  BCD  9  greiffen  A  11  gespro- 
chen hat  E  12  seye  BCD  13  Hernach  K  15  welcher  AE  16 
eäliger  BCD  21  besieh  unnd  verstehe  E  22  erschrocklich  BCDE 
23  Vtheyl  B  27  bereytet  BC  Ihr]  fehlt  BC  28  bekleidt  E 
30  er]  fehlt  ABCD      32  gehandlet  E 


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Andreützo,  cap.  11. 


1(37 


aineni  einsidel,  der  in  ainem  waldt  bey  aineni  mann  und  ainer 
frawen  sein  wo-[34b]nung  gehabt  und  ain  gotselig  leben  ge- 
fürt bat.  Welches  der  laidig  Satan  nicht  leyden  mögen,  (wie 
dann  sein  gewonhait  ist,  wa  er  den  menschen  sieht  seligklich 
leben,  er  schawt ,  wie  er  in  von  got  abtrinnig  mache) ,  der-  b 
halben  zü  ime  kommen  und  gesagt,  er  solle  sein  haußwürt 
zü  tod  schlagen ,  welches  der  einsidel  nicht  thün  wollen.  Da 
hat  in  der  teüffel  abermal  angesprochen,  so  soll  er  doch  bey 
seins  haußwürts  frawen  ligen  und  dieselbigen  schwechen,  das 
der  einsidel  auch  nicht  thün  wollen.  Nun  der  teüfel,  welcher  iu 
mit  seinem  versuchen  nicht  nachlasset,  den  einsidel  noch  ain 
mal  anspräche,  er  solt  sich  doch  nur  vol  wein  sauffen.  Wel- 
ches im  der  brüder  verhieß,  sich  vol  wein  trancke ,  dardurch 
er  zü  unkeüschhait  geraitzt  ward,  bey  seins  haußwürts  frawen 
ligen  wolt ,  darzü  der  mann  kam  unnd  den  brüder  zü  tod  10 
schlagen  wolt ;  da  schlüg  der  einsidel  den  mann  zü  todt.  Sihe, 
solcher  unrath  [35a]  kompt  aufs  füllerey.  Hett  er  den  teüfel 
hin  gewisen,  wie  er  billich  solt  gethan  haben,  und  ime  nicht 
gewillfaret,  so  het  er  solche  große  stind  wider  gott  nicht 
gethon.  20 

Werden  wir  dann  so  wol  unnd  hüpsch  sitzen,  wann  wir 
von  den  engein  unnd  außerwolten  gottes  gleich  wie  die  böck 
von  den  schaffen  abgeschaiden  werden  und  von  den  teüffeln 
mit  grossem  geschray  unnd  rumor  in  abgrund  der  hell  gefürt 
werden.  Da  wirdt  ainen  yegklichen  erst  seines  sündtlichen  & 
lebens  gerewen,  aber  zü  spat  und  alles  vergebens  sein.  Dar- 
umb,  o  mensch,  sihe,  was  dir  zu  thün  sey,  betracht  deiner 
seelen  hail  und  seligkait ,  für  sy  nit  selbst  mütwillig  in  ab- 
grund der  hell ,  sonder  vil  meer  für  dein  leben ,  daß  sy  dort 
in  ewige  freüd  und  wollust  gesetzt  werd  !  ;kj 

Damit  ich  aber  wider  auff  mein  angefangen  historien 
komm,  du  raöchst  yetz  sagen:  ,Lieber,  du  kanst  mir  wol  hoch 
genüg  auflmutzen,  das  ich  das  mein  unnützlich  verthü;  gib  mir 

5  mach  BCD  8  abermals  E  11  nachlasse  B;  nachleßt  E 
12  wein]  fehlt  BCD  13  weins  E  14  geraitzt]  bewegt  E  16  Ein- 
südel  B  18  abgewisen  E  19  nich  A  20  gethan  BCDE  28 
schaafen  BCD  24  hellen  BCDE  26  gereüwen  C  27  sihe  bis 
sey]  fehlt  BCD      31  historia  BCD      32  mochtest  jetzt  BCD 


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108 


Martin  Montanus, 


[35b]  auch  ain  leer,  wie  ich  mich  halten  sol  !4  Darvon  liß 
dise  verßlin: 

Her,  gesell,  ich  will  dir  leere  geben, 
Wie  du  in  diser  weit  solt  füren  dein  leben, 
Das  es  got  gefallen  sey, 
Darneben  auch  dein  nutz  darbey ! 

Erstlich  so  du  wilt  wandern  aufs 
Und  kommen  thüst  in  das  wtirtshauß, 
So  setz  dich  nicht  zu  gesellen  frembd, 
Die  dir  sein  werden  unbekendt, 
Daß  du  mit  inen  panckathieren  wolst, 
Sihe,  das  dich  nicht  zu  aim  yeklichen  gesellst! 
Dann  bose  geselschafft  offt  gibt  den  ion, 
Wie  wir  defi  vil  exempel  hon 
In  hailiger  geschrifft,  auch  anderstwo. 

Lieber,  lifi  von  Willibaldo, 
Wie  der  was  ain  f rummer  knab, 
Lotharius  ine  verfuret  hab! 
In  der  hailigen  schrifft  findst  du  fürwar 
Luce  am  fünfftzehenden  clar: 
Wie  ain  reycher  alter  mann  war, 
Der  ain  sun  hett  alt  zwaintzig  jar, 
Der  sich  au  ff  böse  gesellschafft  gab. 
Dardurch  verfuret  ward  der  knab, 
Das  er  sein  erbtail  vom  vater  wolt  haben.  [3üaJ 
Das  verthet  er  in  frembden  landen 
Mit  hären  und  böser  gselschafft. 

* 

3  Hör  gsell  BCDE  lehr  BCD;  lehren  E  4  fiirn  BCD  füren 
dein]  fehlt  E  5  gefallen]  wolgefellig  E  8  das]  ein  E  9  Zrt 
gsellen  setz  dich  nit  zuhandt  E  10  sind  frembd  und  unbekannt  E 
11  in  panckathiern  BCD  Thü  nit  mit  inen  pancketieren  E  12 
Sibe  das]  fehlt  BCD  einem  yeglicben  gsellst  BCD  Das  sie  dich 
nit  mit  in  verfiiren  E  13  Dann  es  gibt  offt  gar  bösen  Ion  E  14 
Als  des  wir  E  15  gschrifft  BCDE  17  der]  er  BC  was  so  ein  D 
18  Locharius  ABCD  ihn  BCDE  19  In  heiliger  BCD;  In  heüger  E 
schriff  finst  A  gschrifft  D  21  Wie]  fehlt  BCD;  Wie  das  E  war] 
fehlt  E  22  Der  hett  ein  jungen  son  gehan  E  23  gsellschafft  BCDE 
24  war  BCDE  25  Hiesch  sein  erbteil  vom  vatter  zhand  E  26  Ver- 
thet dasselb  in  frembden  land  E     27  hären,  böser  gsellschaft  zwar  E 


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Andreil  tzo,  noch  wort. 


169 


Bald  sein  gutlein  verprasset  hat, 
Letstlich  in  solche  armüt  gerieth, 
Das  er  ain  zeytlang  der  sew  hüt, 
Hiß  in  sein  vatter  wider  aufi'nam. 

Ain  yegklicher  sich  sol  stossen  dran,  0 
Das  sein  fein  zimlich  geben  auß, 
Damit,  wo  er  ain  mal  kein  zu  baute, 
Er  auch  ain  zimliche  narung  hett, 
Damit  er  ain  gewerb  anfahen  thet 
Und  nit,  wo  aim  ain  kranckhait  zu  stieß,  lu 
Er  den  nechsten  inn  spittal  muß. 
Daselbst  sein  wirdt  gewartet  so  arme, 
Das  es  möcht  ain  stain  erbarmen. 
Darnach  erst  an  dein  gut  gedenckst, 
Welches  du  lengest  hast  verschwendt  10 
Und  verthon  mit  gesellen  böß, 
Der  dich  kainer  inn  deiner  kranckhait  tröst. 

So  du  aber  mer  exempel  wilt  haben, 
Kan  ich  dir  noch  wol  ettlich  sagen. 
Wir  lesen  auch  in  ainem  orth  fürwar  20 
(Wa  das  steet,  ist  mir  vergessen  zwar): 
Wie  das  ain  reicher  mann  hett  ain  sun, 
Welcher  auch  kain  gftts  nicht  wolt  thün.  [36b] 
Das  bekrencket  dem  vatter  offt  sein  hertz, 
Das  was  dem  sun  als  nür  ain  schertz.  20 
Doch  wie  der  vatter  sterben  solt, 
Er  sein  sun  noch  ain  mal  vermanen  wolt, 

* 

I  gutlin  BCD  Verprasset  er  sein  gütlin  gar  E  2  geruth  BCD 
4  seit  der  sewen  E  5  Ein  jeder  E  7  wo]  wenn  BCD  zhauK 
BCDE  8  zimlich  E  9  Damit  ein  gwerb  BCDE  10  Und  wenn 
im  ein  E  zustüß  BD  11  Den  nechsten  nit  E  ins  BCD  12 
gewart  so  armen  BCD  Dann  da  wirdt  offt  gewart  der  armen  E 
13  einen  E  14  Gur  B  15  Weichest  C  Wenn  du  es  hast  ver- 
schwendet lengst  E  16  Und]  Darzü  E  gsellen  E  17  keinr  in 
deinr  BCD  18  Wilt  aber  mehr  exempel  haben  BCDE  20  lesen  in 
eim  BCD ;  lesen  an  eim  E  21  Wo  es  BCDE  stat  E  zwar]  gar  E 
22  Ein  reicher  mann  der  BCDE  23  kein  gut  wolt  BCD  Derselb 
kurtznmb  nit  göt  wolt  E  24  bekrenckt  BCD;  krenckt  E  25  Und 
dem  son  war  es  alles  ein  schertz  E       27  Sein  söhn  er  noch  vermah- 


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170 


Martin  Montan ub, 


ßatte,  das  er  von  solchem  laster  köret. 

Der  sun  solches  inn  ain  gespott  köret. 

Welches  der  vatter  bald  ward  gewar, 

Sprach :  ,Wolan,  sun,  es  wirdt  nicht  steen  ain  jar, 

Du  dein  gut  wirst  haben  verthon, 

Darnach  in  solche  verzweyflung  kon, 

Das  du  dich  würst  selbst  erhencken 

Oder  underston  dich  zu  ertrencken. 

So  will  ich  dich  doch  zürn  letsten  gebetten  hon, 

Du  wollest  mir  sovil  zü  gefallen  thün 

Und  dich  an  disen  ring  thün  hangen, 

Damit  du  nit  öffentlich  werst  zü  schänden.4 

Der  sun  des  vatters  red  wol  vernommen  hett, 

Daraufi  allain  trib  sein  gespott, 

Wie  dann  solcher  hüben  gwonhait  ist, 

Der  eitern  spotten  zü  yeder  frist. 

Wie  nun  der  vatter  verschaiden  war, 

Der  sun  lieff  zü  der  losen  schar,  l^^a] 

Anfieng  zü  schlemmen  und  prassen, 

Alle  zucht  und  erbarkait  ward  er  hassen, 

Auf  spilen  und  hüren  er  sich  hefftig  gab. 

Dardurch  nam  ab  sein  güt  und  hab. 

In  ainem  jar  er  verzeret  hett, 

Was  im  sein  vatter  verlassen  hett; 

nen  BCD;  Zur  letzt  sein  son  vermanen  E 

1  Batt  BCD  kort  BCD  Bat  in  von  lästern  abzüstan  K  2 
solchs  in  ein  gspott  kort  BCD  solchs  für  ein  gespott  thet  han  E 
3  Welche  E  4  Wolan]  fehlt  BCDE  geatehn  BCD  5  hon  BCD 
Wirst  haben  all  dein  gilt  verthon  E  6  solch  BCDE  7  dich  auch 
selbst  wirst  BC ;  dich  auch  wirst  selbs  D;  dich  selber  wirst  E  9  doch] 
fehlt  BCDE  zürn  letsten]  fehlt  E  10  wolst  E  zgfallen  than 
BCD;  zufallen  thon  E  11  Und  an  den  ring  erhencken  dich  ?]  12 
du)  fehlt  BCD  Das  nit  werst  zuschanden  öffentlich  E  13  Weichs 
der  son  wol  vernommen  E  wol]  fehlt  BCD  15  dann]  fehlt  E 
solchr  BD;  solch  C  gewonheit  E  16  yeder]  aller  BCD  17  ver- 
schieden BCD;  gestorben  E  19  und  zu  BCDE  20  All  BCDE  er- 
barkeit  thet  hassen  BODE  21  und]  fehlt  BCDE  er]  fehlt  BCD 
hefftig]  fehlt  E  23  eim  BCD  er]  fehlt  E  verzehren  thet 
BCDE 


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Antireützo,  nachwort. 


171 


Ime  nieniands  meer  vertrawen  thet, 

Wann  er  kain  glauben  nicht  meer  hett. 

Letstlich  in  solche  verzweyfflung  kam, 

Das  er  sich  selb  wolt  erhangen  han; 

Gedencken  ward  seins  vatters  wort,  ö 

Die  im  vor  waren  nur  ain  spott. 

Der  ring  im  auch  kam  inn  sin ; 

Zft  dem  er  den  nechsten  gieng  hin, 

Ein  sayl  nam,  dardurch  zöge, 

Wolt  sehen,  ob  es  in  tragen  möge.  10 

Da  fül  der  stain  mit  dem  ring  herab, 

Sechshundert  guldin  fftlen  bald  hernach. 

Die  der  vatter  darinn  vermauret  hett, 

Solches  seinem  sun  zu  nutz  thet; 

Dann  er  wol  wüßt,  wie  es  geen  wurd,  1.» 

Das  sich  sein  sun  erhencken  wurd; 

Wrann  er  dann  das  gelt  fende, 

Villeicht  er  von  seim  bösen  leben  stunde, 

Ain  eerlichen  stand  fienge  an, 

Wie  er  dann  auch  hat  gethan.  [37b]  au 

Dann  als  bald  er  die  000  guldin  sähe, 
Er  den  nechsten  wider  hin  gienge, 
Sein  siiber  gesobirr  wider  an  sich  lölat, 
Sich  in  ain  eerlichen  standt  setzt, 

* 

1  Ihm  BCDE  wolt  vertrawen  mehr  E  2  Den  glauben  hett 
verloren  er  E  3  solch  BCDE  4  selb]  fehlt  BCDE  7  in  den 
BCD;  in  sein  E  8  gieng  er  den  nechsten  E  9  name  und  dar- 
durch BCD  seyl  dardurch  Btieß,  thii  ich  sagen  E  10  obs  BCD 
möge  BCD  in  möcht  tragen  E  11  fühl  BC;  fühl  D;  fiel  E  her] 
fehlt  BCD  mit  sampt  den  ringen  E  12  bald]  fehlt  BCD  gül- 
den theten  klingen  E  13  darinn]  fehlt  E  Der  vatter  die  drinn 
BCD  14  Solchs  seinem  söhn  wol  kommen  thet  E  15  wol]  fehlt  C 
wies  wurd  ergon  E  16  Des  E  wurd  hencken  thon  E  17  Und 
wenn  E  gelt  da  BCDE  funde  E  18  Vielleicht  vom  bösen  BCD; 
Vielleicht  von  seinem  E  20  auch  hernach  hat  than  BCD  Als  auch 
hernach  er  hat  gethan  E  21  Dann]  fehlt  BCD  guldin]  fehlt  BCD 
er  das  gelt  bekam  E  22  Den  nechsten  er  dasselbig  nam  E  23 
Lost  widerumb  sein  siiber  geschirr  E  24  Das  er  versetzt,  und  was 
hintur  E 


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172 


Mariin  Montanus, 


Fürthin  der  gesellen  müssig  stände, 

Die  ine  bracht  hetten  in  solche  schände. 
So  hast  du  auch  ain  schone  historia 

Von  Andreützo  von  Perusio, 
b  Wie  der  selbig  gen  Neapolis  kam, 

Sich  ainer  andern  handtierung  an  nam, 

Ain  rofiteüscher  werden  wolt. 

Hillich  er  sich  vernügen  haben  solt 

Lassen  an  dem,  so  im  das  glück  beschert, 
10  Sein  hantierung  nit  haben  verkört, 

Dann  ime  solchs  übel  geraten  ist, 

Wie  dann  in  der  historia  geschriben  ist. 

Ain  böser  handel  im  an  seinem  leyb 

Zustund  von  ainem  falschen  weyb, 
15  Die  seine  fünff hundert  guldin  het  gesehen, 

Bald  ward  sy  nach  im  in  die  herberg  schicken. 

Nach  dem  er  aber  zü  ir  kam, 

Nam  sy  sich  ains  falschen  list  an, 

Sagt,  wie  sye  sein  Schwester  wäre, 
au  Andreützo  glaubt  die  falschen  niare. 

Dieweyl  sie  ime  sein  freünde  nennt, 

Sprach,  sy  die  alsamen  kent. 

Ine  überredt,  das  er  bey  ihr  bleib,  [38a] 
Darnach  ine  schier  bracht  umb  sein  leib, 
25  Ime  ain  fall  richtet  zü, 

* 

1  gsellen  BCD  Gantz  heußlich,  tbet  sich  ab  der  knaben  E  2 
in  BCD  Die  in  in  die  not  gebracht  haben  £  3  Hast  auch  BCD 
Mehr  hast  du  ein  histori  so  £  4  Perusia  BCD  5  selbig]  fehlt  K 
6  Sich]  fehlt  BCD  andern]  fehlt  K  bald  annam  K  7  er  wer- 
den  E  8  vergnügt  han  solt  BCD;  vernügen  solt  E  9  Lassen]  fehlt 
BCD  so]  das  BCD  das]  fehlt  E  10  han  verkert  BCDE  1 1 
Dann]  Das  BC  ihm  BCDE  12  dann]  fehlt  BCD  histori  BCD 
Wie  in  der  histori  geschriben  ist  E  13  Ein  bose  sach  E  seira  BCD 
14  eim  BCD  15  sein  BCD  gsehen  BCD  Ward  sein  500  gülden 
erblicken  E  16  Ward  bald  nach  BCD;  T het  nach  E  dherberg  BCD 
18  lists  BCD  Eins  falschen  list  sie  sich  annam  E  19  Sagt  im  E 
20  märt  C  21  ihm  BCD  freund  all  E  22  alle  samen  BCDE 
23  In  beredt  E  das]  fehlt  BCD  24  ihn  BCDE  bracht  schier 
BCD      25  Ein  lotterfall  im  E      thet  richten  BCD 


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Andreützo.  nachwort 


173 


Das  er  in  ain  sprachhauß  fftl. 

Als  bald  die  fraw  solches  vernommen  hett, 

Gieng  sy  den  nechsten  zu  dem  beth, 

Die  500  guldin  sampt  den  klaidern  natu 

Und  wider  in  ihr  kamern  kam ;  ^ 

Andreützo  den  frommen  stecken  ließ, 

Nicht  fragt,  wie  er  da  nnden  saß. 

Doch  got,  der  die  seinen  nicht  verlat, 

Andreützo  tailet  mit  sein  gnad. 

Da  er  kam  wider  herauf,  10 
Da  er  drat  fornen  für  das  hau fi, 
Welches  er  fand  zugesperrt. 

.JämerJichen  schrey,  sein  fünfhundert  guldin  begert. 
Da  er  mit  spott  ward  dannen  getriben, 
Erst  ine  seins  glaubens  ward  gerewen ;  lr, 
Aber  alles  was  umb  sunst, 
On  sein  gelt  von  dannen  gon  müst. 
Dem  glück  seer  flucht  und  übel  redt, 
Gedacht  nit,  er  solches  selbs  verschult  het 
Und  er  es  im  selbs  hett  zuwegen  bracht, 
Da  er  sich  so  prachtig  gemacht 
Mit  seinem  gelt  auff  dem  roftmarck, 
Welches  gesehen  hett  die  fraw  arg ; 
Darumb  sy  dacht,  wie  sy  das  gelt  von  im  möcht 

bringen,  [38b]  »■> 

Welches  ir  wol  ist  gelungen. 

* 

1  er  da  in  E  2  Als]  fehlt  BCD  solchs  BCD  Als  solchs  die 
fraw  E  4  golden  nnd  kleyder  E  5  die  kammer  E  7  Galt  ir 
gleich,  es  gieng  ir  saur  als  süß  8  der]  fehlt  BGDE  10  Und  da 
BCD  Das  er  z Aletzt  wider  kam  E  12  Weichs  E  zngesperret 
BCD;  gar  wol  zugesperrt  E  13  Jämmerlich  BCDE  sein  gelt  be- 
gert E  14  triben  BCD  15  ihn  BCDE  16  Aber  das  BCD;  Aber 
es  E  17  von]  fehlt  BCD  Von  dannen  on  sein  gelt  E  gehn 
BCDE  19  Gdacht  E  das  er  BCD  solchs  BCDE  selbs]  fehlt 
E  verschuldet  E  20  Und  ob  er  im  BC;  Und  ers  im  E  zwegen 
BCD  21  Da]  Als  E  22  roßmarckt  BCD  23  Weichs  gsehen 
BCDE  frawe  BCD;  fraw  so  E  24  Drumb  sie  dacht  das  gelt  von 
im  zbringen  BCD  Wie  sie  das  gelt  von  ihm  gedacht  E  25  ihr 
ist  auch  wol  BCD      Möcht  bringen,  solchs  zflwegen  bracht  E 


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174 


Martin  Montanua, 


Die  sach  ich  nit  all  erzelen  kan, 

Darumb  ich  es  will  underwegen  lan, 

Dann  sy  hievor  geschriben  sind; 

In  der  historien  man  es  findt. 

Andere  exempel  muß  ich  auch  erzelen 

Zu  nutz  den  wander  gesellen, 

Das  sy  sich  wissen  ztl  hüten  woll, 

Wissen,  was  ainer  thün  oder  lassen  soll, 

Sein  gelt  nicht  yederman  sehen  lassen, 
10  Sonder  sich  des  gantz  und  gar  massen ; 

Dann  es  fürwar  gibt  busen  Ion. 

Wie  ich  es  dann  selbst  gesehen  hon, 

Das  ain  junger  knab  zoch  über  feld, 

Der  hett  bey  irae  ettlich  gelt. 
15  Und  da  er  in  die  herberg  kam, 

Villeicht  dasselbig  hat  sehen  lan. 

Ye  es  waren  in  der  herberg  zwen  Behemar, 

Die  hetten  des  gelts  genommen  war, 

Den  knaben  fragten  in  dem  hauß, 
2<>  Wa  sein  sinn  stunde  hinnauß. 

Der  knab  ine  das  zaiget  an. 

Die  zwen  bald  mit  ainander  legten  an, 

Den  knaben  woltens  bringen  umb, 

Das  war  ir  letste  mainung. 
o-,  Bald  zu  dem  knaben  sagten,  [39a] 

8y  auch  den  weg  müßten  geen. 

* 

1  ich]  fehlt  BCD  all]  fehlt  E  2  Drumb  ichs  BCDE  will] 
fehlt  BCD  3  Da  nun  sie  BCD  5  Ander  BCDE  exempel  auch 
zuerzelen  BCD  6  wanderer  BCD  nutz  und  gut  den  wandergsellen 
7  zhüten  BCD  8  Wissen]  fehlt  BCDE  thon  und  lassen  BCD  9 
nit  sehen  B;  nit  yeden  CDE  10  des]  das  BCD  Sich  dessen  gantz 
und  gar  thun  massen  E  12  ichs  E  gsehen  BCD  13  Das]  fehlt 
E  14  Derselb  E  hette  BCD  ihm  BCDE  16  Villeicht]  Er 
BCD  dasselb  E  17  Es  warn  BCD  Ye  es  waren]  fehlt  E  Beh- 
raar  BCD  18  hattends  E  gelts]  fehlt  BCD  20  stünde  jetzt  E 
21  ihn  BCD;  inen  E  22  bald]  legten  BCD  legten]  fehlt  BCD 
Die  zween  sich  beraten  hatten  schon  E  24  letzter  beschluss  und 
summ  E  25  Bald  sie  BCD  Dem  knaben  sagten  baldt  die  zween  E 
26  auch]  noch  BCD      gehn  musten  BCD      Wie  sie  den  weg  auch  E 


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Andreützo,  nachwort. 


175 


Des  der  knab  wol  zü  friden  wäre, 

Als  der  sich  nichts  args  versähe. 

Und  da  sy  morgens  kamen  anff  dstrafi 

Und  sy  nun  zu  guter  inate 

Die  sach  gut  sein  daucht  zu  greiffen  an, 

Dann  sy  von  irem  fürnemen  nit  wolten  abston, 

Der  jüngst  dem  knaben  gab  ain  schlag, 

Das  er  wol  zü  der  erden  lag. 

Das  gelt  sy  ime  gar  bald  namen. 

Da  theten  eben  zwen  reüter  kommen, 

Die  boßwicht  an  der  that  fanden, 

Welche  sy  gar  bald  bauden. 

Ein  yegklicher  seinn  füren  dato 

Gen  Türingen  [!J  in  die  fürstliche  statt. 

Da  man  sy  gefangen  name  an, 

Kurtzlich  ine  gab  den  verdienten  Ion. 

Man*  schlug  ire  heüpter  ab; 

Solchen  Ion  ir  gesellschafft  gab. 

Damit  war  nicht  geholffen  dem  jungen, 

Der  von  seines  gelts  wegen  war  umbkommen. 

Die  schuld  die  kundt  man  nyemant  geben, 

Dann  er  im  selbst  bracht  das  zu  wegen. 

Darumb  ain  yeglicbs  sehe,  was  im  zuthün  sey,  f 39b] 

Im  ausgeben  nit  sey  zü  milt  und  frey; 

* 

1  Des]  fehlt  BCD  Des  auch  der  E  wol]  fehlt  E  war  E 
2  Zii  in  nichts  args  versähe  gar  E  3  morgens]  fehlt  BCD  Des 
morgens  kamen  sie  E  die  straß  BODE  4  Und  sie  auch  BC;  Und 
als  sie  E  5  deucht  gut  sein  BCD;  sein  daucht  E  zgreiffen  BCD 
6  Dann  sy]  fehlt  BCDE  Von  dem  fiirneinen  BCD;  vom  fürnemen  E 
stan  E  7  jungest  BCD  8  wol  zü]  todt  auff  E  9  ihm  da  bald 
BCD  Von  im  gar  baldt  das  gelt  sie  namen  E  10  In  dem  zween 
reuter  eben  kamen  E  11  An  der  thaat  die  boßwichter  E  12  sie 
auch  gar  BCD  Zü  hand  dieselben  allda  banden  E  13  Ein  jeder 
je  einen  E  14  fürstlich  DE  15  nam  man  BCD  gfengklich 
name  E  16  Kürtzlich  BCD;  Bald  E  den]  fehlt  BCD  17  ihn 
ihre  BCDE  18  Ein  solchen  E  gsellschafft  BCDE  19  gholffen 
BCD  20  Der]  So  E  seins]  fehlt  BCDE  umb  was  kommen  E 
22  ers  ihm  selber  E  das]  fehlt  E  23  ain]  fehlt  BCD  Ein  jeder 
merck,  was  E     24  zmilt  BCD     Stell  sich  im  außgeben  nit  zü  frey  E 


176 


Martin  Montanus, 


Dann  solches  bringt  warlich  kainen  nutz, 
Wie  yetz  gehört  ist  in  kurtz. 

So  müß  ich  aber  noch  ains  erzelen, 
Wie  es  mir  selber  ist  ergangen, 
Damit  man  nit  dörffe  sagen, 
Ich  schrib  darvon  und  habs  nit  erfaren. 
Als  ich  ains  nials  zohe  über  feld 
Und  hett  bey  mir  nit  wenig  gelt, 
Im  wQrtzhauß  solches  auch  sehen  ließ, 
Groß  unglöck  mich  morgen  anstieß. 
Dann  wie  ich  morgens  kam  au  ff  den  weg 
In  ain  wald,  wirt  genent  die  Knittlinger  steig, 
In  welcher  maiiger  biderman  wirdt  beraubt 
(Fürwar,  ich  hett  es  selbst  nicht  glaubt, 
Wann  ich  es  nicht  erfaren  hett), 
Ward  mir  genommen,  was  ich  hett. 
War  fro,  das  sy  mich  Hessen  gon.  * 
Das  leben  wolten  sy  mir  auch  haben  gnon ; 
Doch  auf  mein  freüntlich  bitt  und  flehen 
Sprach  ainer :  ,Lieber,  laßt  in  leben ! 
Ist  gnüg,  das  wir  im  das  gelt  genommen. 
Wolt  ir  in  erst  darzü  umbringen?' 
Als  ich  solch  wort  von  ime  erhört, 
Ich  mich  gar  bald  dannen  droit.  ROa] 

* 

1  solche  BCD  warlich  bringt  kein  E  2  gehöret  E  in  der 
BCD  3  Ich  mftß  aber  BCD  Noch  maß  ich  euch  eins  zeygen  an  E 
4  selbs  autf  ein  zeyt  thet  gan  E  5  auch  nit  dorffte  BCD  Das  man 
nit  sag,  ich  schreib  viel  hie  E  6  und  nie  BCD  Hab  deren  keins 
erfaren  nie  E  7  zoch  BCDE  9  auch]  fehlt  BCDE  10  mir  zfi 
handen  stieß  E  11  Dann]  fehlt  BCD  In  E  ist  der  vers  ausgefal- 
len; in  G  lautet  er:  Als  ich  mir  nun  fürnara  den  weg  12  ain]  fehlt 
BCD  heyst  Knitlinger  steg  E  13  welchem  E  menger  D  bi- 
derman] fehlt  E  braubt  BC  15  ichs  selbs  nit  E  16  Yard  B 
Tr  ctlich  mich  gar  blandem  thete  E  17  Das  gelt  sie  mir  als  hetten 
gnou  E  18  Selben  BC;  Sieben  D  auch]  fehlt  BCD  Wer  schier 
darzü  umbB  leben  kon  E  19  bitt  gar  eben  E  20  laß  E  21 
ihlns  BCDE  gelt  han  gnon  E  22  im  erst  den  todt  anthon  E 
23  wort  erhöret  hett  E  24  bald  von  BCD  Von  dannen  ich  mich 
trollen  thet  E 


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Andreützo,  nachwort. 


177 


Ain  andern  weg  für  mich  nam, 

Damit  ich  von  den  schelmen  kam. 

Ich  keret  gen  Knittlingen  ein, 

Nyemandt  wolt  mir  thün  hülffe  schein. 

Ich  batt  ja  auch,  wen  ich  wolt,  5 

Ein  yeder  sagt,  ich  selbst  lögen  solt, 

Wie  ich  das  mein  wider  fiberkem. 

Kainer  sich  mein  nicht  annem 

In  disem  handel ;  dann  sy  besorgen  müßte, 

Das  in  auch  etwan  ain  unfal  züstiesse.  10 

Ich  als  ain  beraubter  hinzohe 

Ain  andern  weg,  die  refiter  flöhe. 

Dann  ich  gedacht,  wa  sy  mich  kommen  an, 

Ich  mein  leben  auch  verloren  han. 

Sihe,  dahin  bracht  mich  das  schnöd  gelt.  10 

Darumb,  wilt  du  leben  in  der  weit, 
So  thö,  wie  ich  dich  hab  gelert! 
Dan  etlich  leüt  seind  also  verhört, 
Wo  sy  gelt  bey  aim  wissen, 

Sehen  sy,  wie  sy  in  mügen  bescheiden,  20 

Damit  das  gelt  inen  werdt, 

Got  geb  wie  es  ime  darnach  geet 

Laß  dich  gegen  nyemant  nichts  verneinen, 

Das  du  hast  gelt,  damit  nit  thüst  kommen 

In  grosse  not,  darinn  mancher  gestecket  ist!  25 

1  weg  ich  BCD ;  weg  baldt  E  2  schelmen]  bftben  BCD  8  kert 
E  da  ein  E  4  mir  thün  wolt  hBlffes  E  5  hatte  BODE  gleich 
ja  wen  E  6  Ein]  fehlt  BCD  sagt,  selbs  sehen  E  7  wider  das 
mein  BC  bekem  BODE  8  meiner  BGE  9  Dises  band  eis  BCD; 
In  dem  handel  E  sie  sorgen  BC;  sie  bsorgen  D;  so  bsorgen  E  10 
etwan]  fehlt  BCDE  11  Als  ein  beraubter  ich  E  hinzöge  BCD 
13  Ich  dacht  BCDE  14  Mein  leben  ich  E  auch]  fehlt  BCDE 
15  Sihe]  fehlt  BCDE  schnöde  BCDE  16  Drumb  BCD  du] 
fehlt  E  17  thue  E  18  so  yerkert  BCDE  19  bey  einem  BCD; 
bey  eim  irgends  E  20  Sehends,  wie  E  wies  in  BCD  bscheis- 
sen  BCD;  beschissen  E  21  gelt  nur  BCD;  gelt  als  E  22  wies  im 
hernacher  E  23  gen  BCD  Hast  bey  dir  gelt,  sag  nichts  daryon  E 
24  Hast  du  gelt  BCD  Das  du  nit  thflest  darumb  kon  E  25  drinn 
BCD  gsteckt  BCD  Mancher  in  grosser  not  gesteckt  ist  E 
Montanu*  1 2 


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178 


Martin  Montanus, 


Wie  man  das  von  Rinaldo  lifit,  [40b] 
Wie  derselbig  anch  beraubet  war 
Von  zwayen  raubern  gantz  und  gar; 
Ime  nichts  Hessen  dann  ain  bloß  hemetlin, 
Darinn  er  hett  m^gen  erfroren  sein ; 
Dann  es  seer  kalt  war  und  hefftig  schriee. 
Der  knecht  wie  ain  zager  flöhe 
Von  Rinaldo,  seinem  herren  wol  gethan, 
Als  er  die  zwen  rauber  in  sähe  greiffen  an. 
Was  macht,  das  sy  im  also  nachstelte?  [37b] 
Sy  wußten  bey  ime  vil  gelte, 
Welches  er  villeicht  hett  sehen  lassen! 
Dammb  ward  er  beraubt  auf  der  Strassen. 

Aber  got,  der  die  seinen  nit  verlat, 

Sonder  inen  allwegen  beystat 

Sonderlich  so  in  ruffen  an, 

Den  will  er  hülff  und  beystand  thön. 

Wann  aber  ainer  knmpt  an  die.  ort  und  end, 

0  so  schlecht  er  bald  zusam  sein  hend 

Ruft  got  den  allmechtigen  schöpffer  an, 

Das  er  im  wölle  beystand  thün. 

Das  betten  geet  auch  gewißlichen  von  hertzen. 

Dann  ich  waiß  wol,  das  ich  nit  schertzen, 

Sonder  mit  ernst  mich  got  befalhe, 

Als  der  ich  den  tod  vor  den  äugen  sähe.  [41a] 

• 

1  das]  solche  E  2  derselb  BCDE  4  Im  BODE  dann»  hem- 
metlein  E  5  er  solt  erfroren  E  6  Dann]  fehlt  BCD  Was  kalt, 
ein  grosser  schnee  da  lag  E  7  von  im  flog  wie  ein  zag  E  8  seim 
herrn  wol  gethon  BCD  Von  seinem  herren  wolgethan  E  9  sah 
BCD  Als  in  die  rauber  griffen  an  E  10  sy]  fehlt  BCD  11  Denn 
das  sie  BCD  im  gelte  BCD;  im  gar  yiel  gelte  E  12  Weichs  BCDE 
villeicht]  auch  BCD  18  Drumb  er  beraubt  wurd  BCD;  beraubt  ward 
E  14  got,  welcher  nit  E  15  ihn  all  weg  BCD  Die  seinen,  son- 
der in  beystat  E  16  Die  so  in  trewlich  E  17  Denselben  wil  er 
beygestan  E  18  Wenn  E  kompt  BCDE  an  die  end  E  19 
So  schlagt  BCD;  Schlecht  E  bald  zsamen  BCD;  zusamen  baldt  E 
seein  A;  die  E  20  Und  ruftet  BCD;  Und  rfifft  E  den]  seinen  E 
allmechtigen]  fehlt  BCDE  21  im  hulffes  schein  soll  thon  E  22 
gwiß  BCDE  24  Sondern  E  mich]  sich  E  25  Als  ich  E  vor 
äugen  BCD 


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Andreütio,  nachwort. 


179 


Glaub  auch  gentzlich,  got  hab  mich  erhöret 

Und  mich  vor  disen  raubern  bewaret, 

Die  mich  understünden  zü  todten, 

Und  mich  bracht  aufä  solchen  nÖten. 

Dess  ich  ime  noch  zü  dancken  hab,  5 

Auch  dancken  will,  die  weil  ich  mag 

Mein  zung  und  auch  mund  regen. 

Der  wSUen  mein  und  unser  aller  pflegen. 

Damit  ich  aber  zü  ende  bring 
Dise  angefangne  ding,  10 
So  ist  das  endtlich  mein  leer  und  güt  beduncken, 
Darauf}'  sich  gwißlich  ain  yeder  mag  lassen : 
Das  er  in  allen  dingen  messig  sey, 
Im  ausgeben  nicht  sey  zü  frey, 
Nit  fast  panckathiere  und  zeche,  i;> 
Inn  pracht  unnd  fibermüt  nicht  sey  zü  freche, 
Besonder  wa  er  an  frembden  orten  ist. 
Dann  da  sucht  man  vilerlay  litt, 
Wie  man  ain  bring  umb  das  sein; 
Darnach  laßt  man  dich  faren  fein.  20 
Wann  du  kain  gelt  meer  im  beüttel  hast, 
So  bist  du  von  yederman  gehallt; 
Nyemant  will  dein  kain  gnad  meer  han,  [41b] 
Du  bist  verlassen  von  yederman, 
Man  speyt  ab  dir,  man  redt  dir  übel  nach,  25 

* 

1  auch]  fehlt  BCD  erhört  BODE  2  bewart  BCD  Vor  die- 
sen reabern  mich  ernebrt  E  3  So  unterstunden  mich  E  4  ge- 
bracht E  5  Das  E  im  BCDE  7  zungen  E  auch  mein  mund 
BCD;  mein  mund  auch  E  8  Derselb  woll  unser  BCDE  9  Das 
aber  ich  E  10  Wol  dise  BCD;  Allhie  mein  E  11  Das  ist  mein 
trewe  lehr  dermassen  BCD;  Es  ist  die  lehr  und  meynungmein  E  12 
Drauff  sich  ein  BCD  verlassen  BCD  Ein  jeder  soll  sich  fleissen 
fein  13  Ein  in  all  dingen  BCD;  Das  er  in  allweg  E  14  Nit  im 
aaßgeben  sey  E  15  Und  nit  stets  E  pancketier  BCE;  panckatier 
D  16  Im  BCD  Mit  Übermut  E  sü]  fehlt  BCD  17  Bsonder 
BCD;  fehlt  E  18  Da  nun  da  BCD  19  bringe  BCD;  bringt  E 
20  lest  BCDE  21  du]  fehlt  E  22  du]  fehlt  BCDE  vorhast  BCD 
24  yerdman  A  von  jedermann  verlan  E  25  man]  und  BCD 
Übel]  fehlt  BCD      Man  redt  dir  Obel,  speyt  dir  nach  E 


12* 


180 


Martin  Montanuf», 


Als  kainem  menseben  ye  geschach. 
Darnach  kompt  erst  die  schwereste  straff, 
Das  ist  der  rewen,  all  gemach 
Und  bekrenckt  dir  erst  dein  betrübte  hertz, 
r,  Welches  vorhin  beladen  ist  mit  grossem  schmertz ; 

So  ist  es  dann  gar  vil  zü  spat. 
Darumb  bitt  ich,  volg  meinem  rath ! 
Es  wirdt  warlich  nicht  gerewen  dich, 
Sag  ich  dir;  glaub  mir  sicherlich! 

10  [38b]  Wiewol  dise  verßlin  nicht  sonderlich  güt  und.  wol 
componiert  sein  (dann  ich  kain  poet  nicht  bin),  so  hoffe  ich 
doch ,  es  soll  der  leser  ime  ain  genügsamen  verstand  daran ü 
fassen,  was  ime  zü  thün  oder  zü  lassen  sey.  Dann  ich  gnüg 
exempel  unnd  beyspil  hieher  gesetzt  hab,  darinn  sich  die  jungen 

ir,  fein  und  wol  züersehen  haben.  So  ainer  erstlich  für  sich  nympt 
die  historia  von  Andreützo  und  Fiordilis  der  falschen  frawen, 
wie  sy  ine  so  listig  betrogen  [42a]  hat,  so  sieht  er  wol,  was 
ime  zuthün  oder  zulassen  ist. 

Aber  es  laider  dahin  kommen  ist,  das  kain  warnen,  straf- 

20  fen  und  ermanen  meer  helffen  will,  sonder  ain  yegklicher  sein 
leben  dahin  richtet,  wie  er  mog  den  schönen  diernen  und  der 
weit  wolgefallen ,  sich  auffmutzet ,  als  ob  er  ain  fürst  wäre, 
darmit  man  ime  nur  groß  eer  beweise.  So  findt  man  leüt,  die 
nemens  ungezelt  her,  nennen  ain  Gnad  junckherr;  ja,  dieweyl 
er  gelt  im  seckel  hat.  Wann  er  kains  mer  hat,  so  ist  er  un- 
werder  weder  genßmist,  dessen  man  dreu  füder  umb  ain  heller 
gibt,  sagen :  ,Ziecht  hin,  mein  junckherr,  holt  meer  gelt,  dar- 
nach kompt  wider  zü  uns!  So  w&llen  wir  dieweyl  ain  gütten 

1  kainem]  einem  R  2  schworest  BCD  Zuletzt  die  rewstoß 
kommen  her  E  8  ber  A  Das  bis  gemach]  fehlt  E  4  Bekranckt 
erat  dein  betrübtes  BCD  Die  bkrencken  dir  dein  hertz  gar  schwer  E 
5  Deß  vorhin  bladen  ist  mit  grossem  BCD  Welches  bis  schmertz] 
fehlt  E  6  Denn  aber  ist  es  vil  E  6  grewen  BCD  9  mir]  fehlt 
BCD  sicherlich.  ENDE.  E  (hier  schliesst  E  ab).  10  verßlen  BD 
wol]  fehlt  BCD  11  nicht]  fehlt  BCD  13  oder]  und  BCD  15 
zuversehen  BCD  18  oder]  und  BCD  20  und]  oder  BCD  22  ob] 
wann  BCD      26  drey  futer  BC;  dreyfftter  D 


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Andreützo,  nachwort 


181 


wein  holen  unnd  schöne  frewlin  bestellen/  Mit  sollichen  fatz- 
worten  sy  ainen  hindan  weysen,  unnd  das  ist  der  recht  Ion. 
Wolte  got,  das  man  ainem  yegklichen,  der  sich  also  prachtig 
stelt,  derraassen  thete  und  so  grob  schere!  Wurden  sich  ett- 
liche  [42b]  daran  stossen  unnd  das  gelt  baß  behalten  weder  also.  5 

,Ja4,  m6ch8t  du  auch  sprechen ,  was  soll  das  gelt  ainem 
jungen  mann!  Es  müß  verthon  sein*  etc.  Ach,  das  sey  got 
gelobt,  das  kain  arme  letft  auff  erdtrich  seind,  den  man  sol- 
ches mittailte!  —  ,Man  ist  aber  dessen  gar  nicht  gesinnt,  das 
ainer  sein  gelt  also  solt  hin  geben,  da  er  gar  kainen  nutz  nicht  io 
von  bett.4  —  Lieber  höre,  es  ist  auch  ain  andere  mainung. 
Christus  spricht:  ,Was  ihr  dem  wenigsten  und  geringsten 
unnder  eüch  thüt  in  meinem  namen,  das  habt  ir  mir  gethon, 
und  ich  wil  eüch  den  Ion  darfür  im  himel  geben.1  Sihe,  wie 
so  ain  trostlicher  spruch  ist  das,  das  wir  für  unnser  schlechte  i*> 
gab,  so  wir  ainem  armen  thünd,  das  ewig  himelreich  und  die 
ewigen  freüd  besitzen  werden!  Ist  dann  dein  gab,  dein  gelt 
und  güt,  welches  du  ainem  armen  dürfftigen  geben  hast,  übel 
angelegt,  wenn  du  die  ewigen  freüd  und  seligkait  darfür  ha- 
ben solt?  Kan  ich  bey  mir  nicht  fin[43a]den ,  sonnder  ich  au 
schätze  es  für  recht  und  wol  gethon. 

,Ja4,  möchtest  auch  sprechen ,  ,wenn  ich  solches  gewiß 
wäre,  wolt  ich  sehen,  wie  ich  ime  thet4  Ja  ist  wol  war,  dar- 
nach du  es  in  ainer  mainung  thüst.  Wenn  du  almüsen  gibst, 
allain  das  du  wilt  gesehen  sein,  oder  villeicht  mainst,  got  muß  £> 
dir  darumb  den  himel  geben  ,  so  ist  warlich  dein  Ion  klain 
unnd  nichts  werdt ;  jha  du  verdienest  auch  dardurch  den  zoren 
gottes  unnd  ewige  verdambnus.  —  ,Wie  soll  ich  im  dann 
thün?4  —  Es  stat  geschriben:  ,Was  dein  rechte  hand  thüt, 
das  solt  du  dein  lincke  hand  nicht  wissen  lassen.4  Almüsen  ju 
solt  du  geben  dem  armen  der  mainung,  das  du  gedencken  solt, 
das  got  gebotten  hat  unnd  also  haben  will,  auch  das  der  arm 

* 

1  frfiwlein  BCD  2  sie  ein  BCD  3  prächtig  stellet  BCD  4 
scher  BC  6  möchtest  BCD  7  verthan  BCD  8  erdtreich  BCD 
9  mittheile  BCD  aber]  fehlt  BCD  10  nutz  darvon  BCD  13  min- 
der euch]  fehlt  BCD  gethan  BCD  15  tätlicher  BCD  schlechte] 
fehlt  BCD  17  ewige  BCD  19  ewige  BCD  21  setze  es  BCD  22 
möchten  BC    26  den  himmel  drumb  BCD    29  steht  BCD    32  Arm  BCD 


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182 


Martin  Montanus,  Andreützo. 


sollichs  notdürftig  ist,  dasselbig  auch  haimlich,  nicht  vor  me- 
nigklich  oder  das  gelt  yederman  seheu  lassen ;  dann  sunst  dein 
Ion  warlich  klain  sein  würdt. 

Darumb,  lieber  christ,  wSllest  sollich  [48b]  mein  schrey- 
ö  ben  mit  gütwilligem  hertzen  auffhemen,  fleissig  lesen.  Zwey- 
felt  mir  nicht,  du  werdest  darimi  finden,  das  dir  nicht  sched- 
lich,  sonnder  nützlich  sein  würdt,  dir  auch  zür  ewigen  selig- 
kait  fürstendig  sein  mag.  Die  verleyhe  uns  gott  allen !  Amen. 

Soli  Deo  gloria. 
* 

2  odtr  C     jedermann]  fehlt  BCD      3  warlich]  fehlt  BCD 


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Thedaldus  und  Ermilina.  183 


In  sehr  schö 


ue  lustige  vnnd  auch 

klagliche  Hystoria,  von  dein  thew- 

ren    vnnd   mannlichen   Ritter  Thedal- 
do,  wie  der  in  liebe  gegen  einer  schönen  frawen  5 
entzündet,  solcher  lieb  lang  zeyt  ein  genügen 
thet,  Vnd  aber  hernach  von  jr  ins  ei- 
lend t  veriagt,  vnnd  vertriben 
ward,  Letstlich  wider  inn 
die  erste  freundtschafft  10 
gesetzet  ward. 

Durch  Martinuin  Mon 

t  a  n  u  m   von  Straß- 

burg  inn  druck  geben 

Gedruckt  zu  Strasburg,  15 
in  Knoblouchs  Druckerey. 


*  Zeile  1,  12  und  15  sind  rot  gedruckt.  Das  titelblatt  von  B  ist 
verloren. 


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Thedaldus  and  Ermilina,  cap.  1. 


185 


1. 


Wie  der  jüngling  und  ritter  Thedaldus  in  liebe  gegen 
der  schonen  Ermilina  enzündet  ward  *). 

In  der  gewaltigen,  mecbtigen  und  weit  berumbten  statt 
[Aijb]  Florentz  in  Italia  wohnet  ein  junger  mannlicher  und  ö 
dapfferer  ritter,  Thedaldus  genant,  vonn  dem  ehrlichen  unnd 
dapff'ern  geschlecht  Elisey.  Welches  geschlecht  noch  heutigs 
tags  in  solchem  ansehen  zü  Florentz  ist  als  keins  sonsten  in 
der  gantzen  statt;  alle  kirchen  und  rhatsheuser  hangen  foll 
irer  wappen,  ir  gedächtnuß  wirdt  inn  allem  lust  und  freuden-  10 
spielen  gemeldet;  in  summa,  das  ichs  bektirtz,  nichts  in  der 
gantzen  statt  Florentz  wirdt  gehandlet,  darinn  gemelts  ge- 
schlechts  Elisei  uit  gedacht  würdt. 

Derselbig  jung  ritter  (nicht  lang  vergieng)  in  liebe  gegen 
einer  jungen  frauwen  der  selbigen  statt  eudtzündet  dermassen,  i"> 
das  ihn  gedaucht,  wo  er  sie  nit  sehe,  er  sterben  unnd  vor  layd 
zergeh n  müste.  Sich  auch  beflisse  alles  das  zu  thün,  daran 
die  fraw  ein  wolgefallen  haben  möchte,  ihr  zü  lieb  vil  manch 
mal  turniert  unnd  stach ;  unnd  als  offt  er  im  turnier  was,  al- 
weg  sein  begegenden  mit  sampt  dem  ross  zü  boden  rennet  20 

* 

*)  Holzschnitt:  auf  der  Strasse  redet  ein  jüngling,  der  einen  fal- 
ken  auf  der  linken  hand  tragt,  mit  einer  dame  =  Boccaccio,  Cento 
novella  (Strassburg,  H.  Knoblouch  1551)  bl.  81b  und  118a;  in  Cammer- 
landers  ausgäbe  1535,  bl.  90a  und  124b.  5  da  wohnet  B  10  f reu- 
denspiel B  14  vergieng  ward  er  in  liebe  entzündet  B  16  dauchte 
B  er  müste  vor  leyd  sterben  B  18  ihr  zfl  lieb]  folgt  in  B  hinter 
,stach  unnd  thurnieret  er'       19  was,  ritt  er  B 


186 


Martin  Montanus, 


und  er  den  sig  allwegen  erlangt  und  behielt.  Davon  der  jung 
männlich  ritter  von  yederman  solcher  seiner  that  gepreyset 
unnd  gelobet  ward ;  aber  warumb  das  geschach,  nieniandts  wis- 
sen niocht,  auch  die  fraw  Ermilina  selbst  nicht;  sonst  sich 

"»  vilieicht  dessen,  so  er  begert,  nicht  lang  gewaigert  haben  würde. 
Und  Ermilina,  als  der  da  sein  mannliche  ritterliche  that  nicht 
minder  als  andern  gefiele,  haimlich  von  stundan  inn  liebe  ge- 
gen ime  entzündet  und  der  flammen  der  lieb  sie  [Aiija]  so  hart 
brant,  das  sie  sich,  wo  man  ir  nicht  zü  hilff  kerne,  ires  jungen 

10  lebens  verwegen  bette.  Doch  sich  dessen ,  so  ir  im  hertzen 
lag,  gegen  niemandt  öffnen  oder  aigen  wolt,  sonder  vil  ehe 
mit  grossem  schmertzen  ir  leben  enden  wolte  weder  ir  liebe 
zü  öffnen  dem,  so  ir  unbekandt  was. 

Nüu  der  ritter,  der  ir  nicht  minder  liebe  trug  dann  sie 

lö  im,  sich  gleichfals  inn  liebe  übel  gehüb ,  aber  auch  ehe  ver- 
meinte zu  sterben  weder  seiner  aller  liebsten  frauwen,  die  er 
heimlich  ob  allen  frawen  der  weit  lieb  hett,  solches  zu  offnen, 
angesehen  das  sie  ein  mann  hett  unnd  mit  solchen  frewlin  mit 
reden  böß  zü  schertzen  ist.   Derhalben  ime  fürnam  alle  seine 

•jo  liebe  wider  zü  ruck  zü  schlagen ;  aber  alles  nichts  halff,  dann 
er  ye  mehr  in  liebe  enzündet. 

2. 

Wie  fraw  Ermilina  dem  ritter  Thedaldo  ein  brieff 
sampt  einem  guldin  ring  schicket. 

25  Nün  die  fraw  sich  solcher  ihrer  grossen  liebe  nicht  massi- 
gen kunt,  sunder  sie  die  so  streng  sein  gedaucht,  das  sie  ver- 

* 

1  und  behielte  stets  den  sieg  B  3  mochte  niemandt«  B  4  sonst 
wurde  sie  vielleicht  B  5  sich  nicht  lang  gewehret  B  6  Nun  ge- 
fiel E.  sein  B  that  grausam  wol  B  8  ertzündet  A  9  nicht 
wer  zu  hilff  komen  B  10  Doch  das  jenige  B  11  wolte  sie  nie- 
mand B  aigen]  anzeigen  B  sondern  sie  vermeinet,  sie  wolle  sol- 
chen schmertzen  in  irem  leben  enden ,  weder  das  sie  an  tag  kern  B 
15  vermeinte  auch  ehe  B  18  unangesehen  B  19  nam  er  ihm  für 
B  20  es  halff  nichts  B  21  entzünd  wurd  gegen  ir  B  25  Da 
nun  B 


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Thedaldus  und  Ermilina,  cap.  1—2. 


187 


mainet  in  kurtzem  ihr  leben  zü  enden.  Derhalb  sie  bey  einer 
irer  inagt,  deren  sie  ob  allen  andern  vertrawet,  rhat  suchet 
nnnd  sprach:  ,Joanna,  liebste  dienerin,  du  waist  ohn  zweyfel 
wol,  wie  so  ein  schwer  ding  ist  hainilich  und  verborgen  liebe 
tragen ,  und  das  solche  pein  den  schwachen  weiblin  minder  0 
dann  den  jungen  starcken  mannen  zügedulden  ist ,  so  du  än- 
derst [Aiijb]*)  waist,  was  liebe  ist.  Dieweil  ich  mich  aber 
so  starck  in  der  selbigen  gefangen  vernime  und  mein  selbst 
kein  andern  rhat  waifi  dann  allein  zü  suchen  ,  wie  ich  mich 
in  des  armen  finde,  der  mir  ob  allen  mannen  der  weit  liebet,  10 
so  will  ich  sehen,  wie  ich  meiner  angefangnen  materi  an  ein 
endt  khum.  Dieweil  ich  aber  ein  getrew  mensch  zü  solchem 
bedürfftig,  hab  ich  dich  mir  ob  allen  für  ein  trewe  gespilen 
er-[Aiiija]wolet.  Derhalb  wiltu  mich  solches  meines  güts  ge- 
trawens  ergetzen  und  geniessen  lassen  und  mich  bey  leben  be-  15 
halten,  so  thü  das,  so  ich  dir  yetz  bevelhen  will!  Erstlich 
soltu  disen  brieff  mit  sampt  dem  ring  dem  edlen  thewren 
unnd  mannlichen  ritter  Thedaldo,  den  du  den  vergangnen  som- 
mer  offtermals  hast  sehen  turnieren,  bringen,  dem  mein  grosse 
lieb,  die  ich  zü  ime  trag,  zü  wissen  thün  und  in  bitten ,  das  20 
er  den  brieff  mit  sampt  dem  ring  gütwillig  von  meinet  wegen 
empfahe;  und  habe  eben  acht  uff  die  antwort,  so  er  dir  ge- 
ben wirdt!  Damit  du  aber  solches  nicht  vergebens  thüst  unnd 
dir  deiner  arbeyt  gelohnet  werde,  schenck  ich  dir  hiemit  ein 
goldt  gnldin  zü  einem  beytpfenning ;  den  wollest  du  von  mei-  23 
net  wegen  behalten  unnd  mein  sach  bey  dir  tragen.  Wo  du 
aber  mich  züvermähren  understost  und  mir  nicht  trew  laisten 
wilt,  so  bitt  ich  dich,  du  wollest  das  geschenck,  das  ich  dir 
geben,  behalten  und  die  brieff  mir  bey  handen  lassen.1 

Die  magt  den  geschenckten  gülden  nam  und  die  brieff  ao 
von  der  frawen  empfieng;  die  von  stundan  dem  jungen  ritter 
Thedaldo  über  antwort  und  ir  mündtliche  bottschafft  endet. 

Die  er  mit  freuden  vernam  und  den  brieff  läse;  sich  nicht  we- 

* 

*)  Holzschnitt:  in  einer  bergigen  landachaft  mit  bäumen  und 
blumen  ritzt  eine  dame  und  redet  zu  einem  vor  ihr  stehenden  mäd- 
chen  =  Cento  novella  1551  bl.  76a.  10  befinde  B  17  sanmpt  A 
27  »urerraten  B  30  magd  nam  B  81  empfieng]  fehlt  B  33  an- 
nam  B 


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188 


Martin  Montanus, 


nig  verwundert,  das  die  fraw  dessen  unbegeret  willig  was, 
darumb  er  dann  inn  so  grosser  kranckheit  läge.  Und  als  in 
die  verlassen,  der  magt  zu  antwort  gab  und  sprach: 

,Mein  liebe  Joanna,  ich  hab  dich  all  meine  tag  gern  ge- 
•>  sehen ;  aber  inn  [Aiiijb]  keiner  andern  sach  hettestu  mir  lie- 
ber mögen  zu  hauß  kommen  dann  in  diser.  Unnd  wolte  gott, 
ich  solcher  treuwen  bottschafft  dir  gnüg  lohnen  möchte.  Aber 
wie  dem  allen,  so  gehe  hin  zü  deiner  und  meiner  aller  liebsten 
frawen,  die  ich  ob  allen  frauwen  der  gantzen  statt  Florentz, 

10 ja  auch  der  weiten  weit  lieb  habe,  und  sag  ir  von  meinent 
wegen  vil  güts,  auch  das  ich  in  irem  dienst  mich  befleissen 
will  alles  das  zü  thün,  das  sie  an  mich  begert,  auch  von  irent 
wegen  an  die  ort  binn  kummen,  da  du  mich  dann  siehst.  Were 
sie  mir  aber  mit  irem  trostlichen  schreyben  nicht  zü  hilff  kom- 

iö  nien,  ich  on  zweyfel  mein  leben  inn  kurtzen  tagen  geendet  ha- 
ben würd.  Dieweil  sie  aber  inn  ihrem  schreyben  meldet,  sie 
mich  ob  allen  mannen  der  weit  liebet,  daraufa  ich  wol  ver- 
stand ,  sie  gleich f als  als  grosse  liebe  zü  mir  tregt  als  ich  zü 
ir  und  on  zweifei,  wo  ich  nicht  darvor  sein  würde,  ihr  leben 

a>  vermaint  zü  enden ,  binn  ich  willig  und  beger  es  auch  von 
hertzen  der  frawen  zü  dienen  und  also  unser  bayder  willen 
mit  einander  züvermischeu ,  wo  ein  sollichs  allein  vor  meiner 
aller  liebsten  frawen  mann  mochte  verschwigen  bleiben/  Da- 
mit ein  schönen  guldin  ring  ab  der  handt  zoch  unnd  der  magt 
befalhe,  den  der  frawen  zü  bringen. 

Die  magt  von  dem  ritter  Urlaub  nam,  haim  zöge  und  der 
frawen  alle  des  ritters  wort  saget,  darneben  ihr  den  schonen 
guldin  ring,  so  ihr  der  ritter  geschickt,  behendigt.  Wer  was 
froer  dann  die  güt  [Ava]  arm  eilend  und  betrübt  fraw ,  die 

au  den  ritter  ob  allen  mannen  lieb  hett !  Von  irem  beth  auff- 
stünd,  und  sich  ir  kranckheyt  von  tag  zü  tag  mindert  unnd 
hinzöge. 

Nun  die  magt  ir  bayder  schreiben  hin  und  wider  trüge 

und  die  sach  in  kurtzem  dahin  bracht,  das  bayde  liebhabende 

* 

1  dessen,  so  er  noch  nicht  begert  hat  B  2  Und  als  er  ihn  wol 
hat  durchlesen  B  15  ich  wurde  B  16  meldet,  das  B  17  ver- 
stehe, das  B  19  sie  ir  B  20  Nun  aber  bin  ich  B  26  magd  nam 
Urlaub  B      28  geschickt]  geben  hett  B 


i 

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Thedaklus  und  Ermilina,  cap.  2—3. 


18H 


menschen  zü  samen  kamen  und  die  freud  von  einander  namen, 
die  dann  solche  lieb  gibt  Aber  das  vergünstig  gluck  ime  in 
solchem  nit  wolt  beysteudig  sein,  wie  ir  hören  werdfc. 

3. 

Wie  die  sch6n  fraw  Ermilina  einem  münch  beichtete 
und  ime  saget,  wie  sie  mit  dem  ritter  Thedaldo  bül- 
schafft  pfleget,  davon  sie  der  münch  sehr  schelten 
was  unnd  inn  das  fewr  der  verdampten  setzet. 

Als  nun  Thedaldus  ein  güte  weil  mit  seiner  lieben  frawen 
Ermilina  in  freuden  gelebt  und  sie  all  wegen  zü  seinem  willen  10 
geschickt  was,  sich  eins  tags  begab,  das  die  fraw  inn  die  kir- 
chen  ir  sünd  zü  beichten  gangen  was.  Und  under  andern,  so 
sie  ihrem  beichtvatter,  der  ein  münch  war,  beichtet,  fraget  er 
sie,  ob  sie  keinen  bülen  oder  liebhaber  neben  irem  mann  hette. 
Die  gut  einfeltig  fraw,  die  nicht  änderst  maint,  dann  wie  sie  i  . 
alle  ihre  sflnd,  so  sie  vonn  jugent  auff  gethon,  dem  münch 
erzelen  müst,  anhüb  und  ime  alle  sach,  [Avb]  *)  so  sich  zwi- 
schen ir  und  Thedaldo  verloffen,  anzeiget  und  zü  wissen  thet. 
Als  solches  der  münch  hört,  ein  solch  rumor  und  geschrey  in 
der  kirchen  anhüb  und  die  fraw  dermassen  ausrichtet,  das  sie  20 
gewolt  hett,  die  selbig  zeit  in  der  Tyber  gesessen  were.  Ir 
auch  saget,  wo  sie  von  solchem  nicht  würde  nachlassen,  sie 
inn  abgrundt  der  hell  ver-[A6a]dampt  were. 

Ach  ,  die  güt  fraw  darüber  sehr  laydig  was ,  nicht  gern 

iren  liebsten  ritter  und  bülen  verließ  unnd  auch  nicht  von  »-> 

sei nent wegen  in  abgrund  der  hellen  faren  wolt.  Und  ir  giintz- 

lich  fürnam,  sich  des  ritters  aller  dings  zü  entschlagen ,  kein 

brieff  mehr  von  ime  zü  nemen.    Und  als  ir  der  ritter  seiner 

gewonheit  nach  über  ettlich  tag  schrib ,  wolt  sie  seine  brieff 

* 

17  hob  an  im  B  *)  Holzschnitt:  in  einer  kirche  sitzt  ein 
mönch  auf  einem  lehnsessel ,  vor  ihm  kniet  eine  beichtende  frau  = 
Cento  no?eila  1551  bl.  55a  und  121b.  19  hört,  hub  er  B  22  Auch 
saget  er  ir  B  ablassen ,  were  B  24  Nun  wäre  die  B  25  und 
wolt  doch  auch  B      27  sie  wolt  sich  des  B 


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190 


Martin  Montanus. 


nicht  anemen  oder  lesen ,  sonder  im  die  von  stund an  wider 
schicket  und  embot,  er  ir  keinen  mehr  schicken  solt.  Des  sich 
der  ritter  hefftig  zü  beth  leget  und  sein  layd  klaget. 

4. 

r,  Wie  sich  der  jung  thewr  und  männlich  ritter  The- 
daldus  umb  der  frawen  hertigkeyt  willen  zfl  beth 
leget,  doch  ime  für  nam  auß  dem  landt  zu  ziehen. 

Und  als  der  ritter  sähe,  das  alle  seine  brieff  und  freund  t- 
lich  schreyben  bey  der  frauwen  nichts  mehr  erhalten  mochten, 

10  unnd  sie  doch  ein  anfängerin  solches  handels  gewest  wäre  und 
im  sie  lieb  zuhaben  ursach  geben  hett,  ward  ihne  des  auf} 
dermassen  sehr  bekümmern  unnd  betrüben.  Sich  zü  beth  le- 
get, tag  unnd  nacht  nichts  änderst  thet  dann  achtzen  und 
seufftzen  und  sich  hin  und  wider  zü  werffen.  Auff  einem  theil 

Vi  die  grosse  hertigkeyt  und  unverschulten  neyd  wider  ine  be- 
tracht  und  ihr  gleich fals  feindt  zu  sein  understünd,  am  andern 
theil  die  grosse  liebe,  so  sie  baiderseyts  zü  [A6b]  einander 
tragen,  bedeucken  ward,  und  das  er  ir  nicht  kund  oder  mochte 
feind  sein.    Also  auff  dem  selbigen  fürsatz  blib. 

20  Damit  er  aber  ir  und  sie  im  auß  den  äugen  kern,  wolt 
er  sich  ein  Zeitlang  enteussern  und  die  statt  Florentz  meiden, 
ob  sich  vileicht  begeb,  das  das  glück  wider  auff  sein  seitten 
schlug  und  die  fraw  rew  über  solche  hertigkeit  gewen,  wie  ir 
hören  werdt. 

8  5. 

Wie  Thedaldus  von  Florentz  zöge,  gehn  Ancona  kam, 

sich  zü  einem  kauffman  verdinget  und  fürthin  Philip 

nennet. 
• 

2  embot  ihm,  er  solt  ir  B  11  sie  lieb  zuhaben]  steht  in  B  hin- 
ter hett  13  achtzen]  jauchtzen  B  14  Auff  bis  betracht]  und  be- 
trachtet hart,  wo  der  neid  mocht  herkommen  B  16  am  bis  feind 
sein )  doch  kund  er  das  nicht  thun  im  hertzen,  wenn  er  die  grosse  lieb 
bedencken  ward  B  19  Also]  Noch  bliebe  er  B  26  Antona  B  27 
ließ  sich  forthin  Philipp  nennen  ß 


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Thedaldus  und  Ermilina,  cap.  4—6. 


191 


Und  wie  er  nün  ein  Zeitlang  also  gelegen  und  sein  layd 
gn*üg  klaget  hette,  wolt  in  nit  duncken  gut  sein  lenger  zü 
Florentz  zü  bleiben,  damit  er  ir  nicht  freud  gebe,  wann  sie 
in  also  sehe  in  unraüt  umbgehn,  unnd  haimlich  ohn  yemandts 
wissen  sein  pferd  schüff  sattlen.  Nachgendts  eynen  seinen  ge-  » 
trewesten  freund  zü  ime  nam;  dem  er  die  gantze  ursach  sei- 
nes hinsehe iden8  zü  wissen  thet  und  ine  freundtlich  bath,  wann 
sich  ettwas  der  frawen  halb  begeh,  das  er  ime  solches  autfs 
beldest  wolte  zü  schreyben  unnd  zü  wissen  thün. 

Nach  solchem  auff  sass,  aufi  der  statt  ritt  und  in  kurtzem  10 
gehn  Ancona  nahent  bei  Rom  kam  und  sich  hinfttr  Philippum 
nennet    Da  er  sich  zü  einem  [A7a]*)  reichen  kauffman  ver- 
dinget, mit  dem  er  uff  seim  schiff  gehn  Cipern  für.    Nün  in 
solchem  seinem  dienst  sich  so  wol  hielt,  das  ihme  der  kauff- 
man nicht  allein  güten  sold  schüff,  sonder  auch  den  halben  15 
theyl  seins  gewins  thailhafftig  macht  unnd  ihme  den  mehrern 
theyl  seines  gescheffts  nnder  banden  gab.    Darinn  er  sich  so 
wol  und  geflissen  hielt,  das  er  inn  kurtzen  tagen  ein  reicher 
kauff-[A7b]man  ward.    Doch  bey  allen  seinen  grossen  ge- 
schafften, so  er  hett,  die  liebe,  so  er  zü  Ermilina  getragen, 2» 
sein  hertz  durchtrang,  unnd  ir  in  keinen  weg  vergessen  mocht. 
Offtermals  im  willen  hett  gen  Florentz  zü  ziehen  und  sie  ein 
mal  zü  sehen ,  doch  solches  hertigklich  biß  in  das  sibent  jar 
vertrüg  nnnd  wider  sein  willen  bey  dem  kauffman  blibe. 

6.  25 

Wie  Philippus  in  einem  garten  sass  und  das  lied,  so 
er  von  seiner  Ermilina  gemacht,  singen  hört;  davon 
er  nicht  lenger  bleyben  mocht,  sonder  gehn  Florentz 

sie  zü  sehen  gienge. 

* 

2  geklagt  B  5  schflff]  hieß  B  *)  Holzschnitt:  zwei  ge- 
wappnete reiter,  hinter  denen  ein  dritter  sichtbar  wird,  reiten  durch  eine 
landschaft.  15  allein  seinen  verheissenen  lohn  gab  B  ließ  im  auch 
den  halben  gewinn  an  der  kauffmanschafft  B  20  getragen]  trug  B 
28  Florentz  ritte  B 


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192 


Martin  Montanus, 


Als  er  aber  solche  sein  hertigkeyt  nün  ins  sibent  jar  ver- 
tragen hett,  begab  sich  eins  tags,  das  er  in  Cipem  singen 
hört  ein  lied,  das  er  selbers  von  seiner  aller  liebsten  frawen 
gemachet  het,  darinn  alle  liebe,  so  sie  baider  seits  zü  samen 

5  getragen  ,  und  die  frenndtschafft ,  so  sie  miteinander  gehabt, 
begriffen  stünd.  Davon  ihme  sein  hertz  so  groß  warde,  ge- 
dacht nicht  möglich  sein ,  das  sie  sein  solt  gantz  und  gar  in 
grundt  vergessen  haben,  in  groß  begird  entzündet  sie  zü  sehen 
und  solchen  willen  nicht  lenger  vertragen  mocht.    Sich  be- 

10  raitet  unnd  schicket,  wider  heim  in  sein  statt  zü  ziehen,  unnd 
mit  ainem  seinem  knecht  wider  in  Ancona  kam,  da  er  sein 
güt  fand.  Das  er  gehn  Cipem  und  gehn  Florentz  einem  sei- 
nem guten  g5nner  schicket,  und  [A8a]  *)  er  verborgen  in  bil- 
grams  form,  als  ob  er  von  dem  heyligen  grab  kern,  sich  mitt 

lo  seinem  knecht  gehn  Florentz  füget,  da  er  in  zweyer  brüder 
hauß  nahent  bey  seiner  aller  liebsten  frawen  einkeret. 

Unnd  so  bald  er  gehn  Florentz  kam,  eh  er  icht  änderst 
tliet,  für  seiner  frawen  hauß  gierig  zü  besehen,  ob  er  sie  yer- 
gent  sehen  oder  vernemen  mocht.    Aber  alle  [A8b]  thuren, 

20  thor  und  fenster  versperret  waren ;  davon  Thedaldus  nicht  än- 
derst maint,  dann  sie  gestorben  were  oder  anderstwo  hinzogen 
were.  Unnd  vor  irer  thüren  stehen  sähe  vier  seiner  aignen 
bruder,  alle  in  schwartz  geklaidet.  Des  in  sehr  frembd  nam, 
und  gedacht:  ,Nün,  wer  mag  doch  von  den  unsern  gestorben 

2T.  sein  ?l  Er  wolt  sich  gegen  ihn  noch  nit  aigen  oder  sich  inen 
zuerkennen  geben ;  dann  er  sich  dermassen  verkleydet  hett,  das 
sie  in  nit  erkennen  mochten. 

Und  wider  in  das  würdtshauß  gieng,  an  ein  laden  lag 
unnd  fragen  ward,  wes  oder  warumb  die  vier  also  in  schwartz 

:mj  geklaidet  weren.  Da  ime  zü  antwort  ward,  wie  das  vor  zehen 
tagen  ir  brüder  Thedaldus  auß  frerabden  landen  komen  were ; 
der  vor  dem  hauß  unnd  an  dem  endt,  da  die  brüder  ständen, 
vonn  Aldobrandin,  Ermilina  mann ,  zü  todt  were  geschlagen 
worden.  Als  solches  Thedaldus  vernam,  das  Aldobrandin  un- 

8  sie  ihn  zu  B  *)  Holzschnitt:  in  einem  garten  sitzt  neben 
einem  brunnen  ein  jungling,  die  hände  lauschend  empor  hebend  = 
Cento  novella  1551  bl.  28a.  17  ichtj  ettwas  B  21  hin  gezogen  B 
2.j  die  alle  B      gekleidt  waren  B 


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Thedaldus  und  Ermilina,  cap.  (5—7. 


193 


schuldig  also  solfc  in  gefencknuß  ligen  und  sein  leben  verlieren, 
war  es  im  sehr  layd  umb  in;  dann  er  sein  weib  bülefc  het, 
von  deßwegen  auch  wider  gehn  Florentz  kommen  were,  und 
ine  gar  frembd  daucht,  das  im  ein  anderer  so  gleich  solte  sehen, 
das  man  inainet,  ers  were.  Umb  Ermelina  sehr  laid  was;«-» 
doch  wol  vernani,  das  sie  bey  leben,  frisch  und  gesundt  were. 
Stets  gedacht,  wie  er  doch  Aldobrandin  möchte  vom  tod  er- 
ledigen. [Bjaj 

7. 

Wie  Thedaldus  zü  nachts  im  beth  innen  ward  und  10 
erfür,  wer  den  umbbracht,  darumb  Aldobrandin  ge- 
fangen lag. 

Nun  es  sich  gegen  der  nacht  nehenet,  er  wider  mit  man- 
gerley  gedancken  in  sein  herberg  gieng  und  nach  dem  nacht- 
mal zü  obrist  inn  das  hauß  in  ein  kamer  schlaffen  gef&rt  ward.  10 
Da  er  in  schweren  gedancken  lag,  und  kein  schlaff  im  die 
gantze  nacht  in  seine  äugen  kommen  mocht;  das  villeicht  von 
dem  herten  beth  oder  übel  essen  komen  mocht.  Und  nun 
mitnacht  komen  was,  in  dem  ihn  dauchte,  wie  leuth  ab  dem 
dach  oben  ins  hauß  stigen.  Er  mit  halber  forcht  auff  stünd,  20 
an  die  karamerthür  gieng ,  durch  die  speit  hinauß  ein  Hecht 
ersähe,  das  gar  ein  schone  minnigliche  fraw  in  der  handt  trüge, 
und  gegen  ir  kummen  sähe  drey  junge  männer,  die  ab  dem 
dach  gestigen  waren. 

Und  nach  etlichem  schimpff  und  kurtzweil  mit  der  frawen  25 
einer  zu  dem  andern  sprach :    ,Nün  seye  gott  gelobt ;  dann 
wir  fürthin  wol  frey  und  sicher  leben  Thedaldi  todts  halben. 
Dann  seine  brüder  vor  dem  richter  sein  todt  auff  Aldobrandin 
bewisen  haben,  unnd  er  hatt  auch  aller  sach  bekant,  auch  die 

* 

1  und  allda  B  2  gebult  B  5  er  were  es,  unnd  im  was  umb 
B  6  bey  leben]  fehlt  ß  13  Da  es  sich  nun  B  15  gefurt]  ge- 
wiesen B  18  Wie  es  nun  umb  die  B  19  wie  etlich  leut  B  20 
Doch  stund  er  B  21  jucket  durch  die  riß  hinauß ,  so  ereahe  er  ein 
liecht  B  23  ab]  von  B  25  kurtzweiligen  reden,  das  sie  mit  der 
frawen  trieben  B 

MoaUu«.  13 


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194 


Martin  Montanus, 


urtheyl  schon  gefallen  ist  und  beschriben,  das  er  sterben  sol. 
Doch  von  solcher  such  soll  niemandts  reden.  Dann  wo  ein 
solches  zu  liecht  kern,  das  wir  an  seinem  todt  schuldig  we- 
[Bjb]ren,  wir  das  leben  auch  verloren  hetten.'    Nach  solchen 

5  reden  mit  der  frawen  schlaffen  giengen  unnd  ir  freud  betten. 
Da  nün  Thedaldus  dise  abenthewr  und  red  wol  vernomen 
hett,  anhübe  zübedencken  das  groß  übel  und  unrecht,  darin 
die  gemüter  uud  gedancken  der  menschen  gefallen  weren  The- 
daldi  todts  halben,  der  noch  bey  leben  was.    Von  erst  seine 

10  brüder  bedacht,  das  die  einen  fremden  für  iren  brüder  bewaint, 
beklagt  und  begraben  hetten ;  darnach,  wie  Aldobrandin ,  der 
frawen  Ermilina  mann,  so  unschuldig  verklagt  und  zürn  todt 
verurtheylt  worden.  Darnach  weitter  bedacht  das  groß  un- 
recht und  falsch  urtheyl  der  richter  mit  irem  rechten ,  die 
offt  mehr  fleyß  haben ,  dann  noth  ist ,  die  urtheyl  und  recht 
zü  süchen,  darinn  offt  fallen  in  hertigkeyt  und  das  falsch  für 
die  warheyt  beweysen  machen  und  sprechen,  gerechtigkeit  zu 
thün  sey  göttlich,  so  sie  des  teufels  mit  leib  und  seel  und  aller 
boßheyt  foll  sind.    Darnach  sein  gedancken  zü  Aldobrandiu 

ao  hien  keret  und,  was  in  solchen  Sachen  zü  thün  were,  mit  ihm 
selbst  bestettet. 


Wie  Thedaldus  in  bilgers  form  unerkandt  zü  Erme- 
lina,  seiner  liebsten  frawen,  gieng,  die  tröstet  unnd 
25       sie  irer  hartigkeyt  gegen  Thedaldo  straffet. 

[Bija]  *)  Da  er  nün  des  morgens  auffgestanden  was  und 
ine  zeyt  daucht,  er  seinen  knecht  in  der  herberg  ließ  und  er 
allein  zü  seiner  lieben  frawen  hauß  gieng.   Das  er  zü  seinem 

* 

3  zä  liecht]  an  tag  B  5  hetten  ir  freud  mit  ir  B  6  Da]  Als 
B  13  ist  worden  B  Darnach  bedachte  er  B  14  mit  bis  rechten] 
fehlt  B  15  denn  von  noten  B  17  machen]  fehlt  B  20  und  be- 
dacht bey  im  selbst,  was  mit  B  23  form]  gestalt  B  25  irer  bis 
Thedaldo]  mit  etlichen  worten  züchtiglichen  B  *)  Holzschnitt: 
ein  pilger  mit  rosenkranz  und  stab  wandert  durch  ein  waldthal  = 
(Jento  novella  1551  bl.  03  b. 


8. 


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Thedaldus  und  Krmilina,  cap.  7—8. 


195 


glück  offen  fand,  darein  gieng.  Da  er  sein  liebe  eilende  frawen 
Ermelina  klagent  in  grossem  layd  in  dem  haufi  sitzen  fand, 
welches  ime  sein  hertz  erwaichet,  mit  ihr  wainen  und  klagen 
müst.  Sich  zu  ir  nähenet  unnd  [Bijb]  sprach:  ,Fraw,  nicht 
betrübet  euch  so  sehr!  Dann  euwer  freud  sich  nähenet.4  Da  0 
in  die  fraw  vernam,  ir  angesicht  auffrichtet  und  zu  im  wai- 
nent  sprach:  ,Güter  mann,  du  mich  dunckest  ein  frembder 
bilgram  sein.  Was  ist  dir  dann  von  meiner  freud  oder  layd 
kundt  r 

Der  bilgram  ihr  antwort  unnd  sprach :  ,Fraw,  ich  binn  10 
ein  bilgram  und  euch  zu  gut  von  got  dem  allmechtigen  biü 
von  Constantinopel  her  zü  euch  gesandt  binn,  euwer  grosses 
layd ,  klagen  und  wainen  in  frid  zu  setzen  und  in  freud  zü 
keren  unnd  euch  ewem  mann,  der  umb  das  leben  gefangen 
ligt ,  wider  frey  on  alle  entgeltnuß  zft  euch  zü  bringen.4  —  15 
,Wie?4  sprach  die  fraw,  ,bist  du  von  Constantinopel  und  kom- 
mest erst  yetzund  her,  wie  mag  dir  mein  mann  und  sein  trüb- 
sal  wissent  sein,  oder  wer  ich  binn? 

Der  bilgram  anhüb,  ir  die  gantze  historia  von  anfang 
biß  zft  end  irer  und  ires  mans  Aldobrandin  trubsal  halben,  20 
und  was  sich  allenthalben  verlauffen  hett,  saget  und  zü  wissen 
thet.  Mehr  ihr  saget ,  wer  sie  unnd  ir  geschlecht  was  und 
wie  lang  sie  bey  irem  mann  gewesen  was,  und  sie  vii  anderer 
ding  ermanet,  die  im  wissent  waren.  Des  sich  die  fraw  sehr 
verwundert,  ine  für  ein  heyligen  propheten  hielt,  für  ihn  ni-  25 
der  knüet  und  in  umb  gottes  willen  bath,  wer  er  umb  Aldo- 
brandins  hayl  willeu  dar  kommen,  das  er  sich  fürdert;  dann 
die  zeyt  kurtz  und  die  urtheyl  seines  tods  gefallen  were. 

Der  bilgram  sich  gegen  der  frawen  sehr  heylig  bewiß 
und  zft  ir  sprach:  [Biija]  ,Fraw,  stehet  auff,  nicht  wainet  so 
mehr,  nempt  war  meiner  red !  Und  bit  euch  das  niemands 
zü  sagen,  das  ich  euch  verkünd  und  sag.  Ewer  grosser  un- 
müt  sich  begeben  hat  umb  einer  grossen  sünd  willen ,  die  ir 
verbracht  unnd  begangen  haben.  Derselben  sünd  ein  theyl  hatt 
gott  durch  dise  gegenwertige  trubsal  büssen  wollen ;  und  sein  30 

* 

4  Sich  big  sprach]  Nun  sprach  er  B      5  nähenet]  mehret  B  18 
binn  ich  A      31  das  ihr  das  niemandts  sagen  wolt  B 

13* 


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19(5 


Martin  Montanus, 


will  nenilich  ist,  das  ihr  euch  da  solcher  sünd  da  gantzlich 
reiniget  und  widerkeret.  Änderst  euch  wirdt  noch  vil  grosser 
unglück  zu  stehn,  dann  das  vergangen  gewesen  ist.4  Die  fraw 
dem  bilgram  antwort  und  sprach  :  .Herr,  ich  hab  vil  grosser 

;,  sünd  mein  tag  begangen ;  aber  ich  kan  nicht  verneinen,  wel- 
cher sünd  halben  mir  gott  dise  trübsal  zu  gesaut  hat  oder  in 
welcher  süud  ich  widerkerung  thün  solt.  Darumb ,  ist  euch 
die  selbig  mein  sünd  wissent,  so  bitt  ich  euch  durch  gott,  das 
ir  sie  mir  offenbarent.    So  will  ich  all  mein  vermögen  thün, 

10  die  zu  wider  keren.1 

,Ich  waiß  wol\  sprach  der  bilgram,  ,  Weichs  die  sünd  ist; 
ich  muß  euch  aber  noch  weitter  fragen,  damit  ihr  selbst  die 
sünd  vernemmen  mocht  unnd  darüber  desto  grosser  reuw  ha- 
ben.   Nun  sagt  mir,  fraw,  ist  euch  eingedenck,  ob  ir  yrgent 

i:>  ein  büien  oder  liebhaber  gehabt  haben  ?•  Da  das  die  frauw  ver- 
nam,  ihr  ein  grosser  seufftz  von  hertzen  gieng,  und  sich  der 
frag  von  dem  bilgram  wunder  name.  Dann  sie  nicht  glauben 
mocht,  das  yemands  ichts  von  ir  zu  sagen  wüste,  wiewol  in 
den  vergangenen  tagen  der  selbig ,  der  da  was  ge-[Biijb]t6dt 

ao  worden  und  für  Thedaldum,  den  bilgram,  was  begraben  wor- 
den, da  man  wol  durch  etliche  unweyse  wort  ein  kleins  von 
ir  gemurmlet  hett.  ,Nun  sihe  ich  wol4,  sprach  die  fraw,  ,das 
euch  von  got  all  heimlicheit  kundt  sind.  Derhalben  ich  euch 
mein  heimlicheit  nicht  verhalten  will.    Es  ist  war,  das  ich 

2."j  inn  meinen  jungen  tagen  ob  allen  mannen  der  weit  liebet  den 
edlen  und  theuren  ritter  Thedaldum ,  des  todt  meinem  mann 
zu  geschriben  ist,  das  er  es  hab  gethon,  unnd  des  todts  ich 
täglichen  bewainet  hab,  wiewol  ich  mich  hert  gegen  iine  und 
wild  beweyset.    Doch  iu  solcher  liebe  gegen  ime  entzündet 

:io  was,  das  weder  sein  ferr  von  dannen  ziehen  noch  sein  kläg- 
licher todt  mir  ine  nie  haben  auß  meinem  hertzen  bringen 
mögen.' 

Der  bilgram  sprach :  'Fraw,  den  eilenden,  der  da  todt  ist, 
habt  ir  nie  lieb  gehabt;  aber  Thedaldum  Elisei  den  habt  ir 

8  gottes  willen  B  16  und  nam  sie  sehr  wunder  von  des  bil- 
grams  frag  B  18  ichtaj  etwas  B  21  klein  wenig  B  28  und 
wild]  fehlt  B 


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Thedaldus  und  Ermilina,  cap.  8. 


197 


geliebet,  der  hat  euch  beschlaffen.  Nün  sagt  mir,  fraw,  was 
ist  die  ursach,  das  ir  euch  so  hart  wider  ine  setztent?  Hatt 
er  ye  eynicherley  wider  euch  gethon  ?l  —  ,Nein  fürwnr',  sprach 
die  fraw,  ,er  hatt  mir  nie  kein  layd  beweist;  aber  die  ursach 
mein  zorns  waren  eins  verfluchten  unnd  vermaledeyten  münchs.  r» 
Dem  ich  eins  mals  beichtet  und  ime  saget  von  der  liebe,  so 
ich  zü  Thedaldo  trüge;  er  über  mich  ein  solch  rumor  unnd 
geschrey  macht,  das  ich  den  schrecken  noch  heut  bey  tag  nicht 
überwunden  hab.  Unnd  zü  mir  sprach,  ließ  ich  nicht  vonn 
solcher  sach,  ich  zü  dem  teufel  [Biiija]  in  abgrundt  der  hellen  10 
faren  würde,  da  würde  ich  in  das  feuwer  der  verdampten  ge- 
setzt; unnd  mir  solche  forcht  auffthet,  das  ich  mir  gantzlich 
fürnam  Thedaldi  freundtschafft  nicht  mehr  haben  noch 
seiner  brieff  mehr  hören.  Da  er  das  vernam,  als  ich  mir  zü- 
verstehn  gib,  er  layds  und  unmüts  halben  in  frembde  landt  is 
zöge.  Ich  sähe  in  abnenien  und  als  den  schnee  zergehn ;  doch 
ich  sein  kein  gnad  mehr  haben  wolt,  noch  mocht  er  mein 
hart  gemüt  nit  erwaichen.4 

Da  sprach  der  bilgram:  ,Fraw,  das  ist  allein  die  sünd, 
die  da  aller  ewer  trubsal  ursach  ist.    So  waiß  ich  wol,  das  20 
euch  Thedaldus  in  liebzühaben  nicht  genöttet  hatt,  sonder 
euwer   aigener  will   euch   darzü  geladen   und  bracht  hatt. 
Doch  solch  widerdrieß,  die  ir  ime  beweist  habt,  nicht  ange- 
sehen hat,  sonder,  wo  er  euch  vor  lieb  hett,  nün  wol  zu  tau- 
sentmal  lieber  dann  vor  nie  hette.    Ist  im  nün  also,  welche  25 
ursach  solt  euch  darzü  bracht  haben,  in  euch  zünemen  und 
ime  so  hart  zu  sein?   Ihr  solt  euch  vor  bedacht  unnd  nicht 
ding  gethon  haben,  darnach  rew  und  layd  gefolget  hette.  Dann 
in  gleicher  weyß  er  ewer  war,  warent  ir  sein.  Wer  er  nicht 
ewer  gewesen,  wie  hettent  ir  mit  ime  ewer  gefallen  gleich  als  30 
mitt  euch  selbst  gethün  mögen  und  euch  im  umb  Unschuld 


2  setzet  B  7  trflge,  da  macht  er  B  sach ,  so  wurde  ich  B 
14  hören]  annemmen  B  15  gibe,  zog  er  vor  leyd  B  17  mocht  er] 
kund  er  mir  B  18  nit]  inn  keinerlej  Sachen  nicht  zu  recht  bringen 
noch  B  In  B  steht  die  Oberschrift:  Wie  Thedaldus  fraw  Ermi- 
lina straffet  mit  worten  umb  die  anreitzung,  so  sie  an  Thedaldo  gethan 
het,  und  sie  wüste  nicht,  das  er  es  selber  war.  23  ir]  er  AB  28 
gebon  A 


* 


Martin  Montanus, 


also  züuemen !  Das  ist  ftirwar  ein  grosse  rauberey  unnd  übel 
gethon,  sonder,  wo  das  on  sein  willen  geschehe. 

,Ir  8olt  wissen,  daß  ich  ein  manch  binn  unnd  [Biiijb] 
der  münch  sitten  waiß;  und  ob  ich  etwas  von  ihn  minder 

5  dann  wol  in  ewerm  dienst  und  fromen  redet,  ist  mir  nit  inu 
übel  oder  argem  auffzünemen  als  von  einem  andern.  Dann 
mein  sinn  ist  ye  etlich  artickel  von  inen  zu  sagen,  damit  ir 
sie  hinfür  erkennen  mögent  und  ir  euch  hinfürt  vor  inen  baß 
wissent  zü  hüten,  dann  ir  vor  gethon  habt. 

10  ,Es  ist  wol  vor  zeiten  gewesen,  das  die  münch  selig  unnd 
heylig  leuth  waren ;  aber  die,  die  auff  den  heutigen  tag  münch 
haissent  unnd  wollen  gehalten  sein,  nit  änderst  dann  den  müu- 
chen  zugehört,  thün  noch  haben  dann  allein  die  kappen,  an- 
ders nichts  münchisch  an  inen  haben;  darum b  nicht  münch 

15  sind,  sonder  allein  eittel  teufel.  Und  wie  die  ersten  kappen  all 
grob  eng  gemachet  waren  und  all  weltlich  ehr  verschmeheten, 
so  raachen  sie  jetz  ir  röck  weyt,  schon,  zweyfach  und  von  dem 
feinesten  thüch,  so  man  gehaben  mag,  nach  dem  reichsten 
und  wirdigsten,  in  der  kirchen  sich  beschawen  und  sich  in 

20  selbst  wolgefallen  lassen,  zü  gleicher  weyß  ohn  alle  schamm 
als  die  leyen  oder  weltlichen  auff  den  platzen  und  spectacelen 
thünd.  Gleich  als  der  fischer  mit  dem  netz  in  dem  wasser 
die  fisch  fahet,  also  auch  die  münch  mitt  iren  schönen  kutten 
die  einfeltigen  nuunen,  frauwen,  wittwen  und  kinder  darein 

25  befleissen  züfahen.  Das  ist  ir  grosser  fleyß,  den  sie  thünd; 
und  damit  ich  baß  die  warheyt  sage,  wo  vor  zeytten  die  münch 
der  menschen  heyl  begerten,  nün  sie  der  [Bva]  schönen  frawen 
und  grosses  reichturabs  begeren  und  mit  grossem  irem  stu- 
dieren, geschray  unnd  rumor  sich  befleissent  die  gemäter  der 

so  einfeltigen  zü  erschrecken  und  ihnen  züverstehn  gebeu,  wie 
durch  almüsen  und  meßsprechen  die  sünd  vergeben  und  ge- 
raiuigt  werden.  Sie  thünt,  als  die  da  nicht  durch  andacht 
willen  sich  in  orden  geben  haben,  sonder  als  die  verzagteu, 
die  sich  nicht  zü  ueren  wissen,  an  sollich  end  geflohen  sind 

85  unnd  sich  zü  münchen  gemacht  haben ,  arbeyt  und  unrhü  zü 

26  sage  unnd  daran  nichts  luge  B      28  irem  grossen  B 


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Thedaldus  und  Eruiilina,  cap.  8. 


199 


fliehen.    Da  schicket  ihn  einer  wein,  der  ander  käß  und  brot 
urab  der  abgestorbenen  seel  willen. 

,On  zweyfel  es  ist  war,  das  das  allmüsen  und  gebet  die 
sünd  abneuien.    Aber  wann  die  erkenten,  die  solch  alltnusen 
geben,  wem  sie  das  geben,  sie  solten  das  zü  hundert  mal  ehe  5 
under  die  schwein  werften.  Dann  ye  ärmer  sie  sind,  ye  minder 
sie  sorg  und  mehr  rhu  sie  haben.    Sie  schreyen  über  das 
volck  umb  das,  so  sie  stets  begeren  sind,  und  es  auch  nit  un- 
gethon  lassen.    Sie  schreyend  und  predigen  wider  die  un- 
keuschen mann,  damit  die  beschrayten  sich  bekeren  unnd  die  io 
weyber  den  schreyenden  zü  theil  werden,  und  das  man  die 
bösen  gewinn   und  wücher  wider  ker  und  umb  gottes  willen 
geb,  damit  sie  ire  kutten  desto  weitterer  und  reicherer  machen 
mögen.    Sie  söchen  bistumb  und  aptey  und  reiche  prelaturen; 
und  wann  man  sie  darumb  straffet  und  zü  red  setzet,  geben  15 
sie  zü  antwort :  ,Thüt  das,  so  wir  euch  sagen,  predigen,  und 
nit,  das  [Bvb]  wir  thün  !4 

,0  wie  sind  deren  so  vil,  die  solches  thün!  Wer  ist  der, 
der  da  nicht  will,  das  ir  faulkeyt  ohn  gelt  [nicht]  geweren 
mag !  Aber  gibstu  auß  das  dein  inn  lust  und  freuden,  so  müß  20 
der  münch  solcher  freud  emberen.    Gehestu  umb  die  schonen 
frauwen,  so  mag  der  münch  nicht  hinzü  komen.    Bistu  dann 
ungedultig  und  unleidig,  so  darf  der  münch  nit  in  dein  hauß 
komen,  dein  gesindt  zu  bekümmern.    Nun  seittemal  sie  sich 
so  gut  und  heylig  duncken,  warumb  volgen  sie  nicht  dem,  wie  25 
Christus  inn  dem  evangeli  spricht!    Christus  lehret,  als  er 
thet ;  darumb  thün  sie  vor  wol,  darnach  uns  das  selbig  lehren, 
leb  hab  ir  mehr  als  tausent  gesehen  groß  büler,  hofierer  der 
schonen  frauwen;  nicht  allein  den  weltlichen,  sonderauch  den 
geystlichen  in  den  clostern  hofierten.    Auch  die  selbigen,  die  ao 
das  rumor  auff  dem  predigstül  am  grösten  machten ,  die  sel- 
bigen an  dem  minsten  solchem  geschefft  nachgehen. 

,Nün  ich  euch  zü  gib,  das  euch  der  münch  mit  seinem 
geschrey  ein  schrecken  bracht  und  gestraffet,  wie  das  ehebre- 

* 

5  geben]  außtheiln  B  7  und  dester  meh  B  10  manner  B 
beschrayten]  gescholtenen  B  14  apteien  B  19  nicht]  fehlt  AB 
27  darnach  lern  sie  uns  B 


200 


Martin  Montan us, 


eben  groß  8Ünd  sey.  Doch  nicht  minder  sünd  ist  ein  mann 
berauben,  den  todten  oder  in  das  eilend  schicken;  des  mir  ein 
yeglicher  recht  geben  müß.  Und  die  fraw,  die  des  maus 
willen  in  freundtschafft  begert ,  das  ist  ein  natürliche  sOnd ; 

o  aber  ein  mann  berauben,  todten  und  inn  das  ellent  verjagen 
das  ist  ein  sünd,  die  von  böser  untugent  des  gemuts  kompt. 
Als  ich  vor  ge-[B6aJsprochen  hab,  ir  beraubt  haben  Thedaldum, 
als  ir  durch  ewern  willen  gegen  ime  sindt  hart  worden;  dar- 
nach an  euch  nit  mangelt,  das  ir  ime  mit  euwern  aigen  banden 

10  das  leben  nemen  solt.  Nun  wollen  alle  recht,  das  ein  yeg- 
liche  person,  die  eins  Übels  ursach  ist,  die  büß  und  pein  als 
wol  verfallen  sey  als  der  übeltheter.  Dieweil  ir  dann  ursach 
seit,  das  Thedaldus  das  ellent  siben  gantzer  jar  gebauwet  hatt, 
das  ihr  mir  nit  leugnen  mogent,  so  habent  ir  in  dem  grosser 

15  sünd  begangen,  dann  ir  mit  der  sünd,  darurab  euch  der  münch 
beschryen,  gethon  habt. 

,Ntin  sehen  wir,  ob  Thedaldus  ein  solches  umb  euch  ver- 
schuldt  hab!  Warlich  nain  er;  daran  mir  nicht  zweifelt  und 
ir  auch  bekant  haben,  und  ich  wol  waiß,  das  er  euch  lieber 

20  gehabt  dann  sich  selbst.  Kein  fraw  ward  nie  so  hoch  geehret, 
gelobet  und  gepreyset,  als  ir  von  ime  wardt,  wo  er  on  sorg  von 
euch  reden  mocht ;  all  sein  freud,  last  und  ehr  in  seinen  händen 
stund.  Was  er  nicht  von  geschlecht  ein  edler  junger?  Was 
er  nicht  under  den  andern  jungen  burgern  ein  gerader  jüng- 

2~>ling?  Was  er  nicht  redlich  in  allen  sachen,  wie  einem  burger 
gebäret?  Er  was  von  jederman  lieb  und  werdt  gehalten,  des 
ihr  nicht  nayn  darzü  sprechen  mögt.  Darumb  wie  mocht  ir 
euch  durch  eins  onnützen  neydigen  münchs  wort  willen  so 
hart  wider  in  setzen?    Ich  waiß  nicht,  was  thorheyt  das  der 

a>  frauwen  gesein  möcht,  die  die  mann  fliehen  und  klein  von  inen 
halten  und  nicht  an  sich  selber  gedenck-[B6b]en,  wer  sie  sind 
und  wie  groß  der  adel  von  got  über  alle  thier  der  weit  ge- 
geben ist.  Sie  solten  sich  des  glorieren ,  wo  sie  von  inen 
würden  liebgehalten,  und  das  in  besonder  gnad  haben  unnd 

&>  lieb  haben,  wo  sie  ihn  mochten  zu  lieb  werden,  damit  ir  freundt- 

4  in  gantzer  B     26  des]  das  B     30  fleihen  A     klein]  wenig  B 
35  werdrn  A 


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Thedaldus  und  Ermilina,  cap.  8. 


201 


schafft  ewig  weret,  und  nit  thun,  als  ir  vonn  eines  münchs 
wort  theten,  der  ein  rechter  auppen  sauffer  ist,  als  ir  wol  wis- 
sen, und  villeicbt  selbst  begert  an  des  statt  zu  kommen,  den 
er  vertriben  hat. 

,Das  ist  die  sünd,  die  das  gottlich  recht  mit  der  wag  der  ■> 
gerechtigkeyt  gericht  und  zu  end  gefüget  hatt.    Und  gleich 
als  ir  euch  on  alle  ursach  Thedaldo  nainent,  also  auch  ewer 
mann  ohn  alle  schuld  umb  Thedaldo  willen  in  grosse  gefänck- 
nus  und  todt  kommen  ist  und  ihr  in  betriibung  seit.  Wollend 
ir  nun  solcher  sach  erledigt  werden,  so  müst  ir  mir  verspre-  10 
chen  und  das  versprochen  halten,  das  ist,  das,  ob  sich  immer 
begeb,  das  Thedaldus  wider  auß  dem  ellent  zu  land  kerne,  das 
ir  ime  ewer  huld,  lieb  unnd  gnad  der  innersten  freund tschafl't 
ewers  hertzen  geben  und  mittheylen  wolt  und  ine  wider  in 
den  ersten  standt  ewer  freundtschafft  setzen.    0  ir  thorechts  10 
weib,  das  ihr  dem  münch  sovil  glaubt!1    Damit  er  sein  red 
nnd  wort  endet. 

Die  fraw,  die  dem  migrain  mit  grossem  fleyfi  zügehöret, 

?ernomen  hett,  und  nach  allem  irem  geduncken  ir  die  war- 

heyt  gesagt  hette,  und  on  zweyfel  glaubt,  als  er  gesprochen  a> 

hett,  das  allein  die  [B7a]  stind  aller  ihrer  trubsal  ursach  were, 

zu  dem  bilger  sprach:  ,Freundt  gottes,  ich  bekenne  die  war- 

heyt  aller  sach,  nach  dem  mir  durch  ewer  wort  ist  beweist 

worden.   Nun  ich  erst  erkenne,  wer  die  münch  sind,  die  mich 

biaher  all  heylig  dauchten,  und  ohn  zweyfel  wol  vernim,  das 

ich  in  Thedaldo  schwerlich  gesündet  und  wider  in  gethon  hab. 

Furwar,  wann  ich  in  der  weyß,  als  ihr  mir  sagt,  ihme  solches 

wider  keren  möcht,  ich  darzü  willig  were.  Aber  wie  mag  das 

gesein  ?  Dann  er  mag  ye  nit  mehr  herwider  komen ;  dann  er 

todt  ist.    Darumb ,  das  zü  thün  nicht  möglich,  sol  man  zu  &> 

thim  nicht  verbunden  sein.  Deshalben  nicht  nodt  ist,  das  ich 

euch  icht  versprich.* 

Der  bilgram  sprach:  ,Fraw,  Thedaldus  ist  nicht  todt,  als 

* 

15  thorechthafftigs  B  16  so  sehr  geglaubt  haben  B  17  und 
wort  fehlt  B  In  B  steht  die  Ober» chrift:  Wie  Ermilina  dem  bil- 
ger antwortet  auff  sein  fürgelegte  red ,  die  er  zu  ir  sprach.  19  ir] 
fehlt  B  26  gesündigt  B  30  auch  soll  mans  zuthun  B  32  icht] 
etwas  B 


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202 


Martin  Montanus, 


mir  durch  den  gütlichen  gewalt  ist  beweist  worden,  sonder  er 
ist  frisch  und  gesund  und  in  gutem  stand.  Wann  er  allein 
in  ewer  guad  were,  so  dunckt  in ,  wie  er  alles  das  hette,  so 
er  von  gott  begeret.'  Mitt  solchen  reden  die  fraw  laug  auffzoge. 

5  9. 

Wie  Thedaklus  sich  der  frauwen  zu  erkennen  gab, 
die  sich  so  sehr  forcht,  das  sie  Hieben  wolt. 

Wie  er  nun  die  betrübt  fraw  lang  mit  solchen  reden  auff- 

i»  gehalten  hett  und  die  frauw  schier  zürn  theyl  verschmähen 
wolt,  autwort  sie  dem  bilgram:  ,Nün  sehent,  was  ir  redet! 
Ich  sähe  Thedaldum  todt  vor  meinem  hauß  und  hett  ine  [B7b]*) 
in  meinen  armen  und  mit  meinen  zahern  im  sein  angesicht 
netzet,  die  villeicht  ursach  geben,  das  man  etliche  unzüchtige 

ü  wort  von  mir  geredt  hat.4  Da  sprach  der  bilgram :  ,Fraw, 
was  ist  das,  das  ir  da  sagent!  Ich  sag  euch  fürwar,  das  The- 
daldus  noch  bey  leben  ist.  Unnd  wo  ihr  mir  das  versprecht 
und  auch  halteut,  so  hoff  ich,  ihr  werd  in  bald  sehen.4  Die 
fraw  sprach :  ,Herr,  was  ir  begert,  das  will  ich  thün.  Dann 

uu  grosser  freud  mir  nit  |  B8a]  zu  stehn  mocht  dann  mein  mann 
erledigt  und  Thedaldum  lebendig  sehen.' 

Nun  Thedaldum  wol  zeyt  daucht,  das  er  sich  öffnet  und 
der  frawen  mocht  zu  erkennen  geben  und  sie  aygentlicher 
trösten,  irs  mans  hayl  und  freyung  sicherer  machen  wolt.  Er 

i»5  anhüb  und  sprach:  4Fraw,  damit  ich  euch  ewrs  mans  bald  er- 
frew,  ich  euch  ein  grosse  haimliche  sach  weysen  muß.  Aber 
euch  hüten  sollen,  so  lieb  euch  das  leben  ewers  mans  ist,  das 
keinem  menschen  zu  sagen.4 

Nun  warend  sie  gnüg  ferr  von  dem  anderen  haußgesind 

ao  und  allein  und  nun  der  heyligkeyt  des  bilgrams,  als  sie  daucht, 
die  bey  ime  were,  zu  guter  maß  ein  genügen  empfangen  net- 
ten.   Thedaldus  ein  guldin  ring  herfürher  zöge,  den  er  lang 

* 

*)  Holzschnitt:  vor  einer  sitzenden  frau  steht  ein  redender  jüng- 
ling  mit  federbaret  und  kurzem  mantel,  im  Hintergründe  eine  kirche 
und  ein  bäum.  23  aygentlicher]  besserer  B  30  und  allein]  gante 
allein  B      31  z&  giUer  maß]  fehlt  B 


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Thedaldus  und  Ermilina,  cap.  9. 


203 


zeyt  mit  grossem  fleyß  bewaret  hette;  den  im  die  fraw  geben 
bette,  als  er  die  letst  nacht  bey  ir  glegen  was.  Den  er  ir 
zeigt  und  sprach:  'Fraw,  kennet  ir  das  guldin  fiugerlin?'  Also 
bald  sie  das  ersähe,  erkant  sie  es  und  sprach:  ,Herr,  ja.  Ich 
gäbe  in  Thedaldo.4  Der  bilgram  sich  auffrichtet  und  sein  bil-  0 
grams  höt  und  kotzen  von  ihm  warft'  und  in  tuscanischer 
sprach  mit  der  frauwen  anhüb  zu  reden  und  sprach :  ,Fraw, 
kent  ir  mich  dann  nicht?' 

Die  fraw  in  ansähe  und  erkant,  das  es  Thedaldus  wäre, 
und  von  ime  schrecken  empfieng;  forcht  hette,  er  were  ein  10 
geyst  in  Thedaldi  form  und  nicht  von  Constantinopel  her  kö- 
rnen, sonder  auß  dem  grab  also  erstanden  were,  anhüb  [B8b] 
zü  fliehen;  dann  sie  noch  nit  änderst  maint,  dann  Thedaldus 
todt  were.  Da  Thedaldus  sähe,  das  die  fraw  forcht  hette,  zu 
ir  sprach  :  ,Frauw,  seit  ohn  sorg,  nit  zweyfelt !  Ich  binn  ewer  15 
Thedaldus  frisch  und  gesnndt,  nie  gestarb,  als  dann  ir  und 
meine  briider  mainent.4 

Von  disen  worten  die  fraw  wider  ein  hertz  empfieng,  ine 
baß  vername  und  ansehen  ward.    Mit  ir  selbst  nemlich  und 
fürwar  bestattet,  er  Thedaldus  were,  und  sich  mit  warnenden  20 
äugen  im  an  sein  hals  warfF,  in  lieblichen  halset  unnd  küsset, 
zu  ime  sprach  :  'Nun  biß  mir  gott  wilkommen,  du  mein  auß- 
erweiter herr  Thedalde  !l  Thedaldus  sie  inn  sein  arm  empfieng, 
wol  zü  tausent  malen  küsset,  zu  ir  sprach:  ,Fraw,  yetzund 
wollent  wir  nicht  anders  tbun  dann  allein  zusehen,  wie  Aldo-  25 
brandin  auß  gefencknuß  kum.    Und  ich  hoff,  ehe  morgen  zü 
nacht  komen  sol,  ihr  güte  mahr  haben  soit,  hab  ich  sie  än- 
derst, als  ich  hoff,  zu  seinem  hayl.    Doch  wie  dem  sey,  so 
will  ich  heut  noch  einest  zu  euch  komen  und  euch  weiter 
sagen,  das  sich  yetzund  zü  lang  verzüg.1    Sein  kotzen  wider  w 
nam  und  sein  bilgrams  hüt  auffsetzet,  die  fraw  noch  einmal 
küsset  und  von  ir  gieng. 

* 

5  dem  Thedaldo,  der  erschlagen  ist  B  6  kotzen]  den  rock  B 
8  denn  B  16  der  nie  B  27  nacht  wird  B  30  kotzen]  bilger- 
rock  B      31  die  bis  küsset]  fehlt  B 


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204 


Martin  Montanus, 


10. 

Wie  der  bilgrarn  zü  Aldobrandin  iu  gefencknus  koinpt 
und  ine  tröstet  und  ermaht,  ohne  forcht  des  todts 

zü  sein. 

5  [^Ja]  *)  Und  als  sich  Thedaldus  der  frauwen  gnüg  zü  er- 
kennen geben,  sie  auch  sein  nün  ein  gruntlichs  wissen  hctte, 
tröstet  er  sie,  von  ir  schied  und  zü  irem  mann  Aldobrandin 
in  gefencknuiä  gieng,  der  mit  mehr  forcht  des  todts  warten 
was  dann  mit  hoffnung  seins  lebens.  Zü  dem  Thedaldus  kam 
10  als  einer,  der  in  trösten  wolt,  mit  urlaub  des  [Cjb]  hüters  zü 
ime  ging,  sich  zü  im  nider  setzet  und  also  sprach :  Aldobran- 
din, ich  binn  einer  dein  grosser  freundt,  von  gott  zü  dir  ge- 
sandt umb  deins  hayls  willen;  dann  mich  dein  Unschuld  sehr 
erbarmet  hatt.  Wo  du  mich  got  zü  ehren  einer  deinen  bitt 
l.-j  gewehren  wilt,  ohn  zweyfel,  ehe  der  morndrige  tag  vergehet, 
wo  du  der  urtheyl  des  todts  warten  bist,  du  der  freyheyt  deins 
lebens  gewiss  sein  solt.1 

Zü  dem  Aldobrandin  sprach :  ,  Frommer  bidennan,  seite- 
mal du  das  hayl  meines  lebens  süchen  gehest  und  du  mir  un- 
20  erkandt  bist,  noch  nicht  gedenck,  das  ich  dich  ye  gesehen  hab, 
fürwar  ich  glaub,  du  mein  grosser  freundt  sein  solt,  als  du 
sprichst.  Warlichen  der  sünd  halb,  darumb  ich  des  todts  wir- 
dig  sein  soll  nach  der  verklagten  fürlegung  und  der  richter 
falsches  richten  ,  der  ich   vor  gott  unschuldig  unnd  solchen 
20  doch  nie  verdient  hab.    Wol  in  andern  Sachen  vil  gesündigt 
unnd  wider  gott  gethon  habe,  die  mich  villeicht  yetzund  an 
das  end  bracht  haben.   Aber  das  sag  ich  dir,  ist  es  müglich, 
das  mir  gnad  und  barmhertzigkeit  durch  gott  geschieht,  nicht 
allein  ein  kleine  gab,  als  du  begerest,  sonder  einer  yeden  gros- 
sen gaab  dir  zügeben  mich  versprich.    Darumb  begere,  was 

3  tröstet  und  saget  im,  er  gölte  eich  nit  furchten,  sein  sach  wurd 
gut  werden  B  *)  Holzschnitt  wie  im  Guiscardus  bl.  Bja  und  Cy- 
mon  bl.  Biiija:  Turm  mit  einem  gefangenen;  davor  lagern  zwei  Wäch- 
ter. 15  morgende  B  13  seitemal]  dieweil  B  20  noch  ich  nicht 
kan  gedencken  B      25  doch]  1.  tod 


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Thedaldua  und  Ermilina,  cap.  10 — 11. 


205 


dir  liebet  und  dein  gefallen  ist,  und  biß  ohn  zweifei,  wo  ich 
mit  dem  leben  darvon  kutunie,  das  ich  dir  halten  will  alles 
das,  so  ich  dir  versprich!4 

Der  bilgram  zu  ime  sprach  :    ,  Aldobrand  in ,  das  ich  be- 
[Cija]ger  unnd  haben  will,  ist  nicht  änderst,  dann  das  du  The-  :> 
daldi  brüder  vergebest ,  die  dich  dann  bracht  haben ,  da  du 
bist,  unnd  vermainten,  du  schuldig  werest ,  unnd  das  du  sie 
hinfur  haltest  als  deine  leibliche  brüder  und  güte  freundt,  wo 
sie  das  an  dich  begeren.4  Zü  dem  Aldobrandin  sprach  :  ,  Wie 
süü  uns  dunckt  und  wie  mit  so  grosser  inbrünstiger  begird  iu 
wir  begeren  unser  empfangen  widerdrieü  zü  rechen !  Aber  ein 
solches  ich  mir  nit  gestatten  oder  bedencken  will,  seitemal  mir 
gott  will  gnad  thün  unnd  mich  meines  laydts  ergetzen.  Dar- 
umb  ich  williglich  und  gern  beraidt  binn  zu  thün  und  zu- 
vergeben unnd  yetzund  zü  diser  zeit  und  stundt  inen  lauter  15 
vergib.    Und  ist  sach ,  das  ich  au  Ii  diser  trübsal  kum ,  ich 
versprich  alles  das  zü  thün,  das  dir  liebet  und  dein  gefallen  ist4 

Alle  dise  wort  dem  bilger  wol  gefielen,  ihme  fürbaß  nicht 
mehr  sagen  wolt,  dann  allein  zü  ime  sprach  unnd  ihne  bath, 
das  er  frolich  unnd  güts  müts  were ;  dann  ohn  zweyfel  ,  ehe  20 
der  tag  vergienge,  er  newe  mähren  seins  haylß  haben  solt. 


Wie  der  bilger  für  den  richter  kompt  unnd  ihuie  Al- 
dobrandins  Unschuld  anzeyget. 

Also  er  nün  Urlaub  von  Aldobrandin  genommen,  für  die  &, 
herrschafft  gieng  unnd  inn  gehaim  zu  einem  bekanten  ritter, 
der  zü  der  selbi-[CijbJgen  zeyt  die  herrschafft  inhielte,  gienge 
unnd  nach  seinem  grüß  zü  ime  sprach:  ,Herr,  ein  yegliche 
edle  unnd  wirdige  person  sich  gern  mühen  soll,  damit  ein  jeg- 
liche verborgne  warheit  zü  liecht  kurn ,  erkandt  unnd  funden  yo 
werde,  sonder  die,  die  sich  finden  in  solchem  standt,  darinn  ir 
seit,  damit  nit  gepeinigt  werden  die,  so  nicht  gesündigt  haben, 


11. 


16  iat  ea  aach  B 


18  nichts  B 


21  mar  B 


25  Ale  B 


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Martin  Montanus, 


und  das  die  gebüßt  werden ,  die  des  todts  ein  ursach  sindt 
unnd  den  todtschlag  verbracht  haben ;  davon  euch  lob  unnd 
ehr  vonn  der  weit  wechst.  Unnd  damit  solch  übeltheter,  die 
Yerschuldt  haben,  gepeiniget  und  gebul.it  werden,  binn  ich  her 

ö  zü  euch  kommen.  Als  euch  wol  wissen t  ist,  wie  ihr  so  gar 
hefftiglichen  wider  den  guten  mauii  Aldobrandin  gericht  unnd 
procediert  haben,  und  last  euch  fürwar  geduncken,  wie  er  der 
sey,  der  dem  ritter  Thedaldo  von  dem  gesell lecht  Elisei  das 
leben  genommen  bab ,  darumb  ir  ime  dann  mainent  den  todt 

10  zü  geben;  das  fürwar  falsch  unnd  nicht  recht  gethon  ist;  als 
ich  dann  verhoff,  ehe  mitnacht  vergehe,  ich  euch  die  selbigen 
morder,  so  den  todtschlag  gethou,  überantworten  will.1 

Der  edel  ritter,  der  umb  Aldobrandin  sehr  groß  laid  helt, 
dem  bilgram  seine  ohren  den  zü  hören  williglich  verlihe.  Unnd 

1 »  diser  Sachen  halb  gar  tnancherley  miteinander  redten  und  des 
eins  wurden ,  das  in  dem  ersten  schlaff  der  nacht  die  zwen 
brüder  oder  würdt  mit  sampt  irer  magt  gefangen  und  für  den 
richter  gefürt  wurden.  Vor  dem  yeg-[Ciija]lichs  besonder  die 
missethat  bekanten ,  darnach  alle  miteinander  verjahen  unnd 

üo  Thedaldi  mordt  und  todtschlag  bekanten  und  sich  des  alle 
schuldig  gaben.  Aber  sein  nicht  kundtschafft  gehabt  hatten  ; 
und  die  ursach,  warumb  sie  das  gethon  hetten,  war  die,  da 
sie  nicht  zu  haute  waren,  er  einer  irer  frawen  mit  gewalt  sein 
willen  volbracht  hette. 

2.-,  Als  nun  der  bilger  vernam ,  das  die  drey  personen  mit- 
einander gefangen  waren,  mitt  Urlaub  des  ritters  von  dannen 
schied  unnd  verborgen,  so  er  erst  mocht,  sich  zü  seiner  lieben 
frauwen  hauß  füget,  die  er  sein  allein  warten  fand.  Unnd 
alles  ihr  gesindt  zu  beth  gangen  was,  die  mit  grosser  begird 

au  güte  mähr  ihres  manns  halben  warten  was. 

l  gebiiüt]  gestrafft  B  4  wedre  A  U  die  mittemacht  B  23 
willen  mit  gewalt  B  27  mocht,  fuget  er  sich  bald  zu  B  28  allein 
fand  seiner  warten  B  29  gesind  was  alles  schon  zu  B  die]  und 
sie  B 


X 


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Thedaldu*  und  Ermilina  cap.  11—13. 


207 


12. 

Wie  der  bilgratu  wider  zu  der  frawen  kam  unnd  ir 
die  bottschafft  Aldobrandin  hails  halben  saget. 

Thediddus  in  die  stuben  dratt,  sein  angesicht  frolichen 
auffrichtet  unnd  zu  der  frauwen  sprach:    ,Mein  aller  liebste., 
frauw ,  gehabent  euch  wol  unnd  frewent  euch !    Ffirwar  biß 
morgen  solt  ihr  hie  bey  euch  ewern  Aldobrandin  haben  frisch 
unnd  gesundt.4  Unnd  damit  sie  dess  ohn  zweyfel  were,  er  ihr 
alle  sach ,  wie  sich  die  verloffen ,  erzelt  und  zü  wissen  thet. 
Die  fraw  utub  der  zweyer  gählingen  sachen  willen ,  nemlich  io 
ihren  Thedaldum  le-[Ciijb]*)  bendig  zu  sehen,  den  sie  für  todt 
bewainet  het,  und  iren  mann  auß  grossen  ängsten  und  noten 
und  seins  lebens  frey  zü  sehen,  den  sie  doch  innerthalb  wenig 
tagen  getödt  niainet  klagen,  so  frölich  ward,  das  sie  den  me- 
rerntheyl  ires  layds  vergass  und  Thedaldum  mit  auffgethonen  iö 
armen  umbfieng,  zü  tausent  malen  halset  und  küsset. 

Zühandt  darnach  [Ciiija]  baide  miteinander  zü  beth  giengen 
und  baid  mit  einem  willen  einigkeit  und  friden  machten.  Dar- 
nach der  new  tag  kam  und  Thedaldus  uffgestanden  was,  bath 
er  die  fraw,  das  sie  sein  ankunfft  niemand  nicht  sagt  noch  in  au 
keinerley  zü  wissen  thet.  In  bilgrams  form  wider  von  ir  gieng 
unnd  der  zeyt  wartet,  wann  Aldobrandin  ledig  solt  werden. 

13. 

Wie  man  die  zwen  mörder,  die  den**)  [Ciiijb]  todt- 

schlag  gethon,  an  dem  ort,  da  er  beschehen,  ent-20 

hauptet  unnd  Aldobrandin  ledig  gelassen  wirdt. 

* 

4  hübe  sein  angesicht  frolich  auff  B  *)  Holzschnitt:  ein  lie- 
bespaar  sitzt  auf  einem  bette  nebeneinander  =  Cento  novella  1551, 
bl.  61a  und  161a.  12  und  sie  iren  B  13  und  seins  lebens]  fehlt  B 
solt  frey  sehen  B  18  baid]  fehlt  B  Darnach  wie  es  tag  ward  B 
20  noch  niemands  zu  B  **)  Holzschnitt:  ein  bis  zum  gürtel 
nackter  jüngling  wird  von  einem  bewaffneten  an  einem  stricke  geführt, 
dahinter  zwei  zuschauende  männer  und  häuser  =  Cento  novella  1551, 
bl.  109a.      25  geschehen  was  B 


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208 


Martin  Montanus, 


Tedaldus  in  bilgrams  form  wider  zü  den  richtern  gieng 
und  Aldobrandin  ledig  begeret.  Unnd  die  herrschafft,  die 
yetzund  Aldobrandin  unschuldig  wüsten,  zü  handt  frey  Hessen, 
aber  die  übelthater  namen  unnd  sie  an  dem  ort,  da  sie  den 

o  todtschlag  verbracht,  enthaupten  Hessen,  wie  dann  ir  billicher 
verdienter  lohn  was. 

Da  nun  Aldobrandin  ledig  was,  haim  zöge.  Ob  er  du 
nicht  ehrlich  und  wol  von  seiner  frawen  und  gantzem  hauti- 
gesindt  empfangen  ward,  gib  ich  einem  yeglichen  sonderlich 

10  zÜ  bedencken.  Ohn  zweyfel  die  freud  so  groß  was,  das  ich 
sie  nicht  erzelen  kan.  Den  bilgram  yederman  mit  grossem 
wunder  besahen  und  ine  für  ein  heyligen  hielten,  das  er  so 
glückselig  wer  Aldobrandin  vom  todt  züer losen.  Im  yeder- 
man groß  ehr  embot,  sonderlich  die  fraw,  die  wol  wüst,  wer 

Iii  oder  was  für  ein  heyliger  mann  er  were.  Aldobrandin  ihn 
bath,  das  er  wolt  bey  ime  stehn  und  bleyben,  so  wolt  er  ine 
all  seins  güts  theylhafftig  machen.  Welches  dem  bilger  wol 
gemaint  was  unnd  das  nicht  vergebens;  dann  er  darumb  dar 
kommen  was.  das  er  mit  der  frawen  sein  zeyt  in  freuden  ver- 

20  treiben  möcht.  [Cva] 

14. 

Wie  Thedaldus  seine  brüder  inn  bilgrams  form  un- 
erkandt  zü  gast  ladet,  mit  Aldobrandin  das  mal  zü 

nemmen. 

25  Und  als  nün  Thedaldus  ein  zeytlang  unerkandt  von  yeder- 
man, aufgenommen  Ermelina,  in  bilgrams  form  bey  Aldobran- 
din gestanden  was,  gedaucht  in  zeyt  sein,  seine  brader  mitt 
Aldobrandin  züverainigen,  die  sich  gar  sehr  scheumieten  ,  das 
sie  Aldobrandin  so  unrecht  gethon  betten,  sich  vor  ime  be- 

* 

5  das  was  ir  rechter  Ion  B  7  was,  gieng  er  heim  B  10  icha 
nit  gnug  B  12  besähe  jederman  B  13  wer  unnd  B  erloüt 
bett  B  14  wust  die  fraw  wol,  was  B  16  stehn  und]  fehlt  B  18 
und  thet  das  B  22  form]  gestalt  B  23  lüde  B  24  nemmen, 
und  in  ir  keiner  nicht  erkannte  B  26  form]  weiß  B  27  gedauchtj 
beduncket  B 


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Thedaldua  und  Ermilina,  cap.  14 — 15. 


209 


sorgten  und  allwegen  gewapnet  giengen.  Und  Thedaldus  an 
Aldobrandin  begeret,  das  er  ime  hielte  des,  so  er  im  inn  der 
gefencknuß  versprochen  hett.  Dem  Aldobrandin  freyes  müts 
antwort,  er  allwegen  berait  were  zü  thün  sein  gefallen.  The- 
daldus in  bath,  das  er  ime  ein  kostlich  mahl  zü  beraiten  ließ  5 
und  darzu  verordnete,  was  darzü  gehört;  so  wolt  er  die  vier 
bruder  Thedaldi  darzu  laden  und  sie  miteinander  verainigen. 
Des  Aldobrandin  alles  willig  und  wol  zü  müt  was. 

Zü  handt  Thedaldus  inn  bilgrams  form  zü  seinen  br&dern 
gieng  unnd  ,  als  solcher  matery  zü  gehört ,  mancherley  fein  io 
gesprech  hielt  unnd  mitt  seinen  züchtigen  worten,  darwider  sie 
nicht  reden  mochten  ,  ettlich  leichtlich  dahin  bracht ,  das  sie 
sich  willigten  Aldobrandin  freundtschafft  zü-[Cvb]haben  unnd 
das  solches  inn  keinen  weg  auß  züschlagen  were  unnd  an  ihn 
alle  vier  gnad  unnd  Verzeihung  begeren  wolten.  Und  da  das  15 
gethon  was ,  er  sie  unnd  ihr  haußfrauwen  auff  den  nechsten 
morgen  zu  hauß  mit  ihme  zü  essen  und  frid  zü  machen  lüde, 
welches  sie  auff  sein  treuwe  namen  und  zü  erscheinen  ver- 
sprachen. 

15.  20 

Wie  Thedaldi  vier  bruder  sarapt  ihren  weybern  an 
Aldobrandin  unnd  sein  haußfrauwen  gnad  unnd  Ver- 
zeihung begerten. 

Und  da  nün  der  morndrige  tag  kommen  was ,  das  die 
gast  erscheinen  solten,  unnd  Aldobrandin  mit  sampt  dem  bil-  23 
gram  ihr  wartet,  die  mit  iren  haußfrauwen  und  andern  freun- 
den allen  kamen  und  gegenwertig  yederman  ihr  waffen  von  inen 
wurffen  unnd  sich  gentzlich  in  Aldobrandins  händ  ergaben,  in 
hatten  ,  das  er  inen  vergeh ,  das  sie  wider  in  verbracht  unnd 

gethon  hetten.  Ein  solches  Aldobrandin  mit  grosser  demutig-  so 

* 

2  des]  das  B  8  wol  zufrieden  B  13  verwilligten  B  Aldo- 
brandins B  16  lade  er  sie  alle  vier  mit  iren  haußfrawen,  das  sie 
den  nechsten  morgen  mit  Aldobrandin  essen  wolten ,  welches  sie  ver- 
hiessen  nnd  zu  erscheinen  sich  versprachen  B  24  morngende  B  28 
gantz  und  gar  B 

MonUnus  14 


210 


Martin  Montanus. 


keyt  von  ihnen  auffnam ,  inen  williglichen  vergab.  Darnach 
kament  sie  sampt  iren  weybern  alle  inn  schwartz  geklaidet, 
da  sie  von  Aldobrandin  ehrlich  empfangen  wurden.  Unnd  da 
nün  die  vier  Thedaldi  bruder  sahen,  das  er  sie  in  keinem  ar- 

5  gen  zü  gast  geladen  hette,  da  begerten  [C6a]  sie  abermals 
wie  vor  gnad  unnd  Verzeihung  an  Aldobrandin.  Darnach  die 
weyber  alle  zü  Ermelina  giengen  und  an  die  selbig  huld  unnd 
gnad  begerten ;  die  von  ihr,  auch  iren  freunden  lieblich  uffge- 
nomen  und  empfangen  wurden. 

io  Da  nün  solches  geschehen  was ,  zü  tisch  sassen  und  mit 
einander  assen.  Da  inen  gantz  höflich  und  wol  gedienet  warde, 
und  alle  ding  loblich  unnd  wirdig  waren  dann  allein  das  kla- 
gen und  layd  tragen  deren,  die  in  schwartz  waren  geklaydet, 
umb  des  todten  manns  willen.  Darum b  des  bilgrams  herrlich 

15  essen  in  dem  nicht  gelobet  warde.  Das  er  gar  bald  verao- 
men  hett,  selbst  laidig  wäre;  derhalben  gedacht  zeyt  sein  sich 
zü  offenbaren. 

16. 

Wie  der  bilgram  auffstünd  und  sich  seinen  brüdern 
«o  zü  erkennen  gab. 

Und  dieweil  sie  die  andern  frücht  namen,  Thedaldus  auff 
stund  unnd  sprach:  ,Mein  aller  liebsten  freund,  bruder  und 
herren,  kein  ding  au  disem  tisch  gemangelt  hatt,  gantz  freud 
zü  haben,  dann  allein  Thedaldus,  den  ihr  stets  sehen  und  bey 
ü;»  euch  gewesen  ist,  und  ir  sein  nie  erkandt  haben,  welches  ein 
groß  wunder  ist.  Und  damit  sich  unser  freud  mehre,  ich  be- 
zwungen binn ,  ihn  euch  zü  weysen  und  zü  erkennen  geben/ 
Inn  dem  die  rauhen  kotzen  von  ime  warff,  in  einem  seiden 
grünen  wammes  vor  inen  stehn  blib  und  nit  mit  kleinem  wnn- 

3  Unnd]  fehlt  B  7  und  begerten  auch  gnad  von  ihr,  die  sie 
ihnen  gantz  wüliglich  gab  B  12  ding  waren  wol  zugeriiat  denn 
H  15  in  dem  trawren  B  bald  w argen omen  B  16  dnncket 
es  in  zeit  sein,  das  er  sich  inen  offenbarte  B  19  auffstünd  von  dem 
tisch  unnd  gäbe  B      21  ander  speis  B      24  sehet  B 


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Thedaldus  and  Ermilina,  oap.  16. 


211 


der  von  jederman  angesehen  ward;  [C6b]  doch  güt  zeyt  ver- 
gienge,  ehe  yemandts  mit  gantzer  warheyt  wissen  mocht,  das 
ers  war. 

Doch  da  Thedaldus  geborne  freundt  zu  gegen  waren ,  er 
mit  namen  sie  alle  nennet  und  sich  inen  gar  wol  zu  erkennen  5 
gab ,  darbey ,  was  sich  seinethalben  in  siben  jaren  verloffen 
hetfc,  alles  saget.  Darumb  seine  brüder  und  andere  freund 
von  großen  übrigen  freuden  mit  warnenden  äugen,  halsen  und 
küssen  alle  zü  ime  lieffen,  in  freuntlich  empfiengen.  Derglei- 
chen die  frawen  nach  den  mannen  theten,  aufgenommen  Er-  10 
melina,  die  allein  stehn  blib. 

Welches  Aldobrandin,  ir  mann ,  war  genomen  hett  unnd 
zu  ir  sprach :  ,Fraw,  warumb  thüstu  nit,  als  die  andern  ge- 
thon  haben,  und  machest  freud  und  fest  Thedaldo,  unserm 
gr6sten  freundt?4  Da  die  fraw  das  vernam ,  zu  im  sprach:  16 
,Hie  ist  keine,  die  im  billicher  und  lieber  freud  mache  dann 
ich ,  als  die  ime  mehr  dann  andere  frawen  zü  thftn  pflichtig 
binn ,  wann  ich  bedenck ,  was  ich  durch  ine  empfangen  hab. 
Aber  die  ursach,  das  ich  es  nit  thü,  das  sindt  die  unzüchtigen 
wort,  inn  diesen  tagen  verloffen,  da  ich  klaget  den,  den  wir 20 
für  Thedaldum  hielten;  die  mich  machen  still  stehn  und  sol- 
ches under  wegen  lassen.4  Zü  der  Aldobrandin  sprach :  ,Gehe 
hin,  mein  liebes  weib,  thö,  was  ich  dir  sag,  lata  mich  dich 
gegen  den  klaffern  verantworten !  Bald  gehe  hin ,  küß  und 
hals  in  und  sage  im  danck  unsert  halb!4  Die  fraw,  so  in  25 
irem  hertzen  nichts  anders  begeren  was,  sich  nicht  säumet 
ires  mann»  [C7a]  gebott  zü  verbringen  und  thet,  gleich  wie 
die  andern  auch  gethon  hetten,  ine  lieplich  empfienge,  freundt- 
lichen  halset  und  küsset. 

Aldobrandin  seiner  miltigkeyt  in  disen  Sachen  von  The-  au 
daldo  brudern  und  allen  andern  sehr  gelobet  ward,  die  davon 
alle  groß  gefallen  hetten  und  alle  schwere  gedancken  zü  ruck 

1  vergieng  ein  gute  weil  B  8  angen  in  küsseten  und  halßten, 
lieffen  all  umb  in  B  U  fest]  lust  B  20  wort,  die  B  verloffen] 
vergangen  sind  B  21  solch  sach  B  22  laß  B  29  in  gar  B 
empfienge  und  küsset  in  freundlichen  B  30  vonn  wegen  seiner  B 
31  gelobet,  und  hetten  darvon  alle  einen  grossen  B 


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212 


Martin  Montanus, 


legten  und  alle  gleich  Thedaldo  freud  machten.  Unnd  er  sel- 
ber das  schwartz  gewandt  seinen  brüdern  auftzoge;  nach  an- 
dern klaydern  schicken  mösten.  Darnach,  da  sie  von  newem 
klaydt  waren,  auch  newe  freud  sich  anßeng  mit  singen,  dan- 

5  tzen  und  springen.  Also  das  kostliche  mal  und  essen  ein  traw- 
rigen  anfang  het,  aber  ein  frölichen  außgang  gewann.  Dar- 
nach mit  grossen  freuden  alle  in  einer  geselschafft  inn  The- 
daldi  haufi  giengen,  das  nachtmal  zu  essen. 

Also  viel  manchen  tag  vertriben,  und  Thedaldua  vor  allem 

10  volck  für  ein  wunder  angesehen  ward ,  zu  gleicher  weyfi  als 
ob  er  von  dem  todt  erstanden  were.  Auch  seine  aigne  brüder 
des  zweyfel  hetten,  ob  ers  wer  oder  nicht;  gäntzlich  es  nicht 
glaubt  hetten,  hette  sich  nicht  noch  ein  sach  begeben,  davon 
sie  klar  wurden,  das  er  es  war. 

lö  Und  das  ists,  das  sich  eins  tags  ohn  geferd  fuget,  das 
für  seinem  hauß  etlich  füßknecht  fürgiengen,  waren  von  Lu- 
nisana  und  Thedaldum  sahen  under  seiner  thür  stehn.  Ime 
entgegen  giengen,  den  grfisten  und  sprachen:  ,Wo  ist  unser 
Facibulo?4  Den  Thedaldus  gegenwertig  seiner  bröder  antwort 

20  und  sprach :  ,Ir  habt  mich  für  ein  an-[C7b]dern  ersehen.4  Da 
sie  inen  reden  horten,  erschracken  und  sich  schampten,  in  hat- 
ten, das  er  in  verzih,  und  sprachen:  , Warlich ,  ir  Fatzibulo 
gleich  seit,  als  werend  ihr  sein  brüder.  Der  bey  zwölff  ta- 
gen her  käme;  seither  haben  wir  in  nie  vernemen  mögen,  wo 

25  er  hin  k innen  sey.  Wiewol  es  uns  frembd  name,  das  er  in 
solcher  form  solt  geklaydet  sein,  als  ir  seit;  dann  er  was  ein 
mtiller,  als  wir  sindt/  Da  das  der  alter  brüder  Thedaldi  ver- 
nam,  näher  zü  inen  drat  und  sie  fraget,  wie  ihr  gesell  Fatzi- 
bulo geklaidet  were;  das  sie  im  sagten.   Da  wurden  sie  finden 

90  und  erkennen,  das  es  der  wer,  der  den  tod  von  den  zweyen 
wirten  empfangen  hette. 

Also  Thedaldi  brüder  und  auch  andere  hinfürt  nicht  mehr 

* 

1  grosse  freude  B  Kr  aber  zöge  seinen  brudern  die  schwartse 
kleidang  ab,  und  sie  musten  gleich  B  4  waren,  fiengen  sie  auch  B 
5  also  daß  das  B  7  in]  mit  B  8  nachtmahl  da  mit  im  B  9 
viel]  fehlt  B  15  Und  es  begab  sich,  das  B  18  den]  in  B  19  in 
gegenwertigkeit  B  20  an  gesehn  B  21  inen]  in  B  23  seit] 
sehet  B      24  wir  nichts  von  im  B      29  sie  gewar,  das  B 


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Thedaldi»  und  Ermilina,  cap.  16. 


213 


Thedaldi  halben  zweyfelten.  Und  Thedaldus  reich  und  niech- 
tig  wider  haiin  kam  und  in  stetter  lieb  lange  zeyt  mitt  sei- 
ner frauwen  inn  freuden  lebte.  Also  wolle  auch  gott  alle 
liebhabende  nienschen  mitt  freuden  zü  einander  schaffen ! 
Amen. 


1  Thedaldus  was  B  2  kam  bis  Amen]  kommen,  denn  er  hatte 
groß  gut  mit  dem  kaufiman  zu  Antona  gewunnen.  Darnach  lebt  er 
ein  lange  zeit  mit  seiner  I  misch  äfft,  Aldobrand  ins  weib,  in  freuden,  und 
solches  der  gute  fromme  mann  nie  mochte  gewar  werden  B 


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Quiscardus  und  Sigismund a. 


In  sehr  schö 

ne,  lustige  vnd  ausz 
dermassen  klägliche  Hysto 


ria,  von  zweyen  liebhabenden  Mensch 
en,  wie  die  bey  einander  gefunden  worden,  der 
Jungling  gefangen,  vnd  jme  das  hertz  auft 
geschnitten ,  Volgendts  seynem  bü- 
len  geschickt,  die  vergifft  wasser 
darüber  schüttet  vnd  aufi- 
tranck,  vnd  von  stund 
an  starb. 


Newlich  durch  Mar- 
tinum  Montanum  von 

Strasburg  in  druck  geben. 

Gedruckt  zü  Straßburg, 
in  Knoblouchs  Druckerey. 


* 

*)  Zeile  1,  3,  12  und  15  sind  rot  gedruckt. 


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GuiscardiiB  and  Sigismunda,  cap.  1.  2. 


217 


1. 

Wo  Tancredus  der  fürst  gewohnet  hab*). 

In  der  fürstlichen  mechtigen  und  weitberiimbten  statt  Sa- 
lerno  wohnet  ein  gewaltiger  landtsfürst,  [2b]  genant  Tancre- 
dus, ein  junger,  klüger  und  genüg  demütiger  mann  unnd  herr,  5 
wo  er  in  seinen  alten  tagen  seine  handt  inn  seinem  aygenen 
blüt  nicht  verunrainiget  hette.    Dem  gott  in  allen  seinen  ta- 
gen von  kinden  nicht  mehr  dann  ein  einige  thochter  geben  het; 
aber  vil  säliger  gewesen  were,  wann  er  nie  kaine  gehabt  hette. 
Die  selbig  sein  thochter  von  ime  also  inniglichen  lieb  gehabt  io 
was,  als  ein  thochter  von  einem  vatter  ye  gehabt  warde.  Und 
umb  solcher  grosser  unmenschlicher  liebe,  die  er  zü  ir  trüg, 
vil  jar  übergangen  hett,  das  er  ihr  kein  mann  gab ,  und  das 
von  der  ursach  ,  das  er  sie  nicht  von  ime  geben  oder  lassen 
mocht  oder  kunt.  Sie  also  mitt  ihrem  grossen  Unwillen  lange  IS 
zeyt  au  ff  hielt. 

2. 

Wie  Tancredus  der  fürst  sein  liebe  und  schöne  thoch- 
ter dem  hertzogen  von  Capua  verheurat. 

Nun  wie  die  jungfraw  lange  jar  also  ohn  ein  mann  wider  20 
iren  willen  war  gestanden  und  nün  das  glück  auch  auff  ihr 

* 

*)  Holzschnitt:  ein  jungling  mit  baret,  einen  falken  auf  der 
hand  =  Boccaccio,  Cento  novella  (Strassburg,  Knoblouch  1551)  bl.  53b, 
85  b,  120  b,  155  b. 


218 


Martin  Montanu», 


Seiten  sein  wolt,  sich  begab,  das  der  hertzog  vonn  Capua  an 
den  f&rsten  Tancredum  werben  ließ,  das  er  die  tochter  seinem 
sün  zü  der  ehe  verheuraten  unnd  geben  wolte.  Tancredus  der 
fürst,  der  des  hertzogen  von  Capua  grosser  freundt  was,  ihme 

5  sollich  sein  begeren  nicht  kundt  oder  mochte  abschlagen  und 
ihme  die  zügeben  versprach.  Der  jung-[3a]frawen  nachgends 
sollichs  fürhielt  und  sie  fraget,  ob  sie  des  hertzogen  von  Ca- 
pua sün  zu  einem  mann  haben  wolt.  Und  die  jungfraw,  die 
lieber  lengest  ein  mann  gehabt,  sich  willig  finden  ließ,  haim- 

10  lieh  gott  dancket  und  lobet,  das  sie  solchen  tag  erlebet  het, 
und  der  hochzeit  mit  grossen  freuden  warten  was*). 

3. 

Wie  des  hertzogen  sün  von  Ca-[3b]pua  mit  Tancredi 
des  f&rsten  thochter  hochzeit  hielte. 

15  Unnd  da  nün  der  tag  der  hochzeit  kommen  was,  den  yeder- 
man  mit  freuden  erwartet  het,  dratten  sie  nach  fürstlichen 
ehren  zü  kirchen,  da  sie  von  dem  priester  nach  gütlichem  ge- 
brauch zü  einander  vermehelet  wurden.  Da  hett  man  ein 
grosse,  herrliche  unnd  mechtige  zierdt  gesehen  von  klainottern 

20  unnd  leuthen  von  grossen  fürsten  unnd  herren,  die  alle  zü 
lieb  der  edlen  jungfrauwen  aufF  der  hochzeyt  ersehynen  waren. 
Nach  verbrachtem  ampt  miteinander  zü  tisch  gingen,  das  essen 
namen  und  frolich  waren. 

4. 

&    Wie  nach  dem  essen  ein  turnier  gehalten  ward. 

Wie  man  nün  das  fürstlich  unnd  wolbereyt  mal  einge- 
nommen hette,  schicket  des  herren  sün  von  Capua  seinen  he- 
roldt  uff  zü  blasen  unnd  außzürüffen,  welcher  der  neuwen  braut 
zü  lieb  scharpff  rennen  wolt,  der  solt  sich  von  stund  an  auff 

* 

*)  Holzschnitt:  ein  bärtiger  mann  und  eine  frau tafeln;  neben 
ihnen  steht  ein  jüngling,  laute  spielend. 


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Gui8cardu8  und  Sigiamunda,  cap.  3—6. 


219 


den  plan  machen.  Vonn  disein  außruffen  vil  ritter  unnd  edel- 
leuth  auff  den  blatz  kamen,  alle  der  schonen  jungfrauwen  unnd 
des  hertzogen  sün  zü  lieb  turnieren  wolten.  Da  hatt  man  ge- 
sehen vil  manchen  künen  ritter  auff  dem  anderen  sein  speer 
zür brechen.  Auff  einander  renten,  als  ob  nicht  mehr  gut  tur-  » 
nieren  were ;  ein  yeg-[4a]licher  das  lob  von  der  newen  braut 
gewinnen  wolt.  Und  da  nün  der  turnier  follendet  war,  erhüb 
sich  ein  zuchtiges  dantzlin ;  und  nach  dem  selbigen  einem  jeg- 
lichen, nach  dem  er  verdient,  ein  schenckung  geben  warde, 
doch  das  in  solcher  maß  versehen ,  das  kainer  spott  dardurch  10 
hett  erlangen  mögen  *). 

5. 

Wie  des  hertzogen  sün  mit  seiner  braut  haim  in  sein 

landschafft  zöge. 

[4b]  Da  nun  die  hochzeyt  etlich  tag  also  inn  freuden  15 
gewehret  hette  und  man  darzwischen  alle  tag  turniert  unnd 
stach,  dauchte  den  breutigam  gut  sein,  sich  mit  seiner  braut 
inn  sein  landtscbafft  zü  fugen.  Dem  grossen  hoff  Urlaub  gab, 
inen  der  freundtlichen  geselschafft  dancket,  darnach  von  sei- 
nem sch weher,  dem  fürsten  Tancredo,  Urlaub  begeret.  Das  20 
ime  der  fürst  willig  gab,  ihne  mit  grosser  haußsteur  und  viel 
rittern  inn  sein  landt  schicket.  Unnd  als  des  hertzogen  sön 
von  Capua  heim  kam,  erst  von  seinen  freunden  mit  grossen 
freuden  ehrlich  und  wol  empfangen  warde. 


Wie  des  hertzogen  sün  von  Capua  starb  und  zü  der 

erden  bestattet  ward. 

Wie  nün  der  jung  hertzog  von  Capua  yetz  bey  seiner 
braut  dahaimen  war  unnd  die  heimfurung  ehrlich  unnd  wol 

*)  Holzschnitt:  jOngling  und  dame  reiten  durch  eine  bergige 
landachaft  =  Cent»  novella  1551  bl.  117  b. 


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220 


Martin  Montanus, 


begangen  hette,  wolfc  das  glück  disen  zweyen  ehleuten  nicht 
lenger  gedulden  bey  ein  ander  zü  leben.  Dann  sich  begab,  das 
dem  jungen  fursten  ein  schwere  kranckheyb  zufiel;  doch  bald 
nach  den  besten  ärtzten  schickten.    Die  aber  alle  an  seiner 

5  gesundtheyt  verzagten,  unnd  nicht  lang  verging,  er  nach  dem 
willen  gottes  auß  diser  weit  schiede.  Wer  was  laydiger  dann 
die  güt  jung  frauw,  die  erst  ihr  freud  [5a]  *)  mit  dem  fursten 
zü  haben  vermeint,  nün  aber  on  ein  mann  sein  müßt!  Den 
fursten,  iren  ehman,  mit  grossen  ehren  zü  der  erden  bestattet. 

10  Warde  vor  die  hochzeit  kostlich  und  mit  vil  ehrlichen  leuten 
gezieret,  so  ward  die  begrebnuß  noch  mit  vil  ehrlichem  leu- 
then,  doch  trauriglich  begangen. 

7. 

Wie  die  jung  fraw,  des  fürsten  Tancredi  thochter, 
iö  wider  zü  irem  vatter  kam. 

[5b]**)  Nün  die  güt  fraw  sähe  wol,  das  da  nicht  lang 
zü  trawren  wer,  dann  sie  damit  den  fürsten  nicht  wider  le- 
bendig muchen  köndt.  Auch  nicht  willens  war  in  seinem 
landt  zü  bleiben,  sonder  wider  zü  irem  vatter ,  dem  fürsten 

20  Tancredi,  und  zü  iren  freunden  zü  faren ;  dem  landt  ein  gu- 
ten regenten  setzt,  unnd  sie  wider  heim  zü  irem  vatter  für. 
Von  dem  sie  mit  grossen  freuden  empfangen  warde,  unnd  sie 
hielte,  wie  dann  einer  fürstin  gebüret. 

Nün  die  fraw  was  von  angesicht  ein  jung  gerad  unnd 

25  außdermassen  schön  mensch,  bey  dem  [6a]  vatter  inn  grossen 
ehren  stund ;  aber  wol  gedacht,  das  ihr  der  vatter  von  grosser 
liebe  wegen,  so  er  zü  ir  trüg,  kein  man  geben  würde;  sie 
auch  nicht  ehrlich  daucht  solches  zü  begeren.  Umb  des  wil- 
len ir  fflrnam,  ir  in  stiller  gehaim  ein  bülen  züsüchen,  mit 

30  dem  sie  ir  zeyt  in  freuden  vertribe ,  und  vil  edelman,  ritter 

* 

*)  Holzschnitt:  ein  toter  auf  einer  bahre,  hinter  ihm  zwei  kla- 
gende frauen  und  ein  bärtiger  mann. 

*•)  Kleinerer  holzschnitt:  eine  gekrönte  frau  reicht  einer  da- 
vonreitenden  und  von  bewaffneten  geleiteten  frau  die  hand  zum  ab- 
schiede. 


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Guiscardus  und  Sigismunda,  cap.  7—8. 


221 


und  graven  an  ihres  vatters  hoff  sähe  und  erkant.  Als  sie 
nüu  vermercket  hett  aller  ires  wesen,  sitten  und  leben  und 
nichts  sähe,  das  bey  ihnen  erschine  unnd  fürtreffe,  dann  allein 
alle  üppigkey t,  boßheit  und  buberey,  derhalben  sie  keinen  zu 
bülen  nicht  haben  mocht.  Und  under  andern  wardt  ir  lieben  ö 
unnd  gefallen  ein  schöner  gerader  jüngling  vonn  niderer  ge- 
burt,  aber  von  hohem  und  edlem  gemüt,  Guiscardus  genandt, 
des  fursten  Tancredi  ires  vatters  kammerling.  Wiewol  er  von 
geschlecht  unedel  was,  doch  von  tugent  nicht  edler  gesein 
möcht.  Darumb  er  ir  gar  wol  gefiel ,  und  sie  ine  offt  gar  10 
lieblichen  ansehen  warde  und  von  tag  zü  tag  ye  mer  gegen 
ihme  in  liebe  entzündet  und  seine  güte  sitten  stets  loben  und 
preisen  warde. 

Nün  der  jüngling  der  jungen  frawen  mainung,  ir  liebe 
zu  ime  und  guten  willen  vername,  widerurab  gegen  ir  in  liebe  10 
entzündet,  tag  unnd  nacht  gedacht,  wie  er  in  liebe  und 
freuudtschafft  ir  mächt  zü  willen  werden  und  ir  wolgefallen. 
Sie  in  solcher  mass  in  sein  hertz  empfienge,  das  er  alle  andere 
aufwendige  liebe  fallen  ließ  und  zü  ir  all  sein  sinn ,  hertz 
unnd  [6b]  gemüt  keret.  Buy  den  t  halb  gegen  einander  dise  ver-  20 
borgene  lieb  trügen;  und  die  edle  frawen  nichts  anders  be- 
geren  was,  dann  sich  allein  bey  ihme  züfinden. 

8. 

Wie  die  witfraw  Guiscardo,  irem  bülen  und  liebhaber, 
in  einem  rhor  ein  brieff  gibt.  25 

Nün  die  frauw  niemandt  vertrauwen  wolt,  solche  sach 
dem  jüngling  zü  wissen  thün,  sonder  hingienge ,  ein  brieff 
schribe  und  den  in  ein  rhor  steckte,  Guiscardo  gab  und  in 
8chimpffsform  zü  ime  sprach :  ,Guiscarde,  das  rohr  gib  deiner 
magd,  das  sie  damit  das  fewer  auffbloß !'  Guiscardus  das  rohr  ao 
zü  ime  name,  woi  gedacht,  sie  ihme  das  on  ursach  nicht  ge- 
ben hette,  von  ir  schied,  zü  hauß  gienge  und  das  rhor  öffnet. 
Darinn  er  den  brieff  fand  ,  den  läse  und  bald  vername ,  was 

* 

16  ensftndet  A 


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222 


Martin  Montanna, 


er  thün  solt.  Frölich  ward ,  sich  zürichtet  unnd  beraitet  zü 
ir  zü  kommen ,  nach  dem  sie  ine  durch  ir  schreyben  under- 
richtet  hette. 

9. 

5  Von  der  holen  durch  den  felsen,  die  zü  der  frauwen 

gemach  gienge. 

Nün  was  zü  nechst  bey  der  fürstin  gemach  oder  palast 
ein  graben  oder  hole  vor  langen  zeyten  in  ein  berg  oder  fel- 
sen gehauwen.  Die  selbige  hole  het  ir  liecht  von  oben  herab 

10  durch  etliche  [7a]  löcher ,  die  mit  gewalt  durch  den  felsen 
waren  gehawen  ;  aber  solch  hole  von  jederman  unwissent  und 
unerkent  was,  und  die  löcher  mit  dornen  verwachsen  waren. 
In  dieselben  hole  auß  dem  palast  von  der  frawen  gemach  durch 
ein  verborgen  porten  und  stiegen  auß  einer  kammer,  die  unden 

15  in  der  frawen  zinimer  was,  darzü  die  fraw  allein  die  Schlüssel 
het,  man  auß  und  ein  gehn  mocht. 

Solch  porten,  der  hole  auß  und  eingang,  (als  dann  der 
liebe  gewonheit  ist,  der  kein  ding  zu  tbün  zü  schwer  ist)  der 
jungen  frawen  in  gedancken  kam,  damit  ir  grosse  lieb  lange 

20zeyt  verborgen  blib.  Vil  manchen  tag  sich  bemuhet,  eh  sie 
die  porten  geöffnen  mocht.  Und  da  sie  die  geöffnet  hett, 
darein  gieng  und  den  außgang  der  höle  wol  erlernet  und  sähe. 
Solchen  weg  sie  Guiscardo  zü  wissen  thet,  wie  er  sich  in  die 
höle  lassen  inust,  und  ime  an  dem  ort,  da  er  hinab  steigen 

25  solt,  ein  zeichen  steckt,  damit  er  sich  nit  an  dem  unrechten 
ort  hinab  Hesse;  ihne  auch  im  schreyben  freundtlich  bat,  zü 
ir  zü  kommen. 

10. 

Wie  der  jüngling  sich  an  eynem  sayl  in  die  höle  ließ 
30  und,  damit  in  die  dorn  nicht  stechen,   ein  lideren 

klaid  anlegt. 

Da  nün  Gulscardus  der  jungling  gnügsam  verstanden  hett, 


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Guiscardus  und  Sigistnunda,  cap.  9 — 11. 


223 


durch  was  weg  er  zü  der  frawen  komen  mochte ,  ime  ein  li- 
dern  klaid  mach-[7b]en  ließ  und  ein  sayl  mit  guten  grossen 
und  starcken  knüpften  zü  beraittet ,  zü  der  hole  an  das  ver- 
zaichnet  ort  gieng,  sein  strick  an  ein  pfeyl  bände,  der  ob  dem 
loch  was,  und  sich  hinab  zü  seiner  aller  liebsten  frauwen  ließ,  6 
die  er  inn  dem  loch  sein  fand  warten.  Die  mit  ihren  jung- 
frauwen  verlassen  hett,  wie  sie  wolt  schlaffen  gehn.  Da  sie 
nicht  mit  bayder  kleiner  freud  inn  die  kammern  giengen,  da 
sie  in  freuden  unnd  lust  den  mehrern  theyl  des  selben  tags 
vertriben.  Darnach  ein  züchtig  verborgen  Ordnung  gaben,  da-  10 
mit  ir  lieb  lang  werend  were.  Unnd  Guiscardus  wider  in  die 
hole  gieng;  unnd  die  fraw  die  porten  der  selbigen  hole  wider 
verschloß  und  herfür  zü  iren  jungfrawen  gienge.  Und  da  es 
nacht  was,  Guiscardus  wider  auß  der  hole  stige,  haim  zü  hauß 
gienge.    Also  vil  manche  nacht  thet.  15 

11. 

Wie  Tancredus  der  fürst  in  der  kammern  war,  da 
Guiscardus  bey  des  fürsten  thochter,  seinem  liebsten 

bülen,  schlaffet. 

Nün  in  solchem  ab  und  zügehn  es  sich  begab,  (als  der  20 
neyd  des  Unglücks,  der  solche  grosse  freud  und  lust  der  zwayer 
liebhabenden  inn  die  leng  nit  vertragen  mocht)  das  sich  sollich 
freud  in  bitter  wainen  unnd  trawrigkait  bekert. 

Nün  was  des  fürsten  Tancredi  gewonheit,  zü  zeyten  allein 
in  der  thochter  kammer  zü  gehn  und  [8a]*)  allein  mit  ir  zü  20 
reden  ;  darnach  also  allein  wider  in  sein  gemach  gieng.  Und 
eins  tags  er  nach  dem  essen  seiner  gewonheit  nach  in  der 
thochter  kammern  kam;  und  aber  die  thochter,  die  Sigismunda 
mit  irem  nammen  genennet  was,  bey  iren  jungfrawen  auff  die 
zeyt  im  gartten  was,  darein  man  auß  irer  kammern  gehn  30 

*)  Holzschnitt:  ein  liebespaar  neben  einander  auf  einem  bette 
litzend,  binter  einem  vorhange  ein  lauschender  mann  =  Cento  novella 
1551,  bl.  76a. 


224 


Martin  Montanus, 


mocht.  Und  der  vatter  sie  von  solcher  kurtzweil  nicht  nem- 
men  wolt,  [8b]  alle  fenster  der  kamruer  zü  gethon  fand,  sich 
uff  ein  fürbanck  neben  dem  befch  hinder  den  umbhang  setzet, 
sein  haupt  an  das  beth  naiget,  also  einschiieff.  In  dem  Sigis- 

5  niunda  iren  aller  liebsten  Guiscardum  hett  verzielet,  all  ir  ge- 
schafft inn  dem  garten  ließ.  Mit  still  und  gehaim  bayd  in 
ir  kaminer  kamen,  die  wol  versperten,  des  fürsten,  ires  vatters, 
schlaffen  hinder  dem  beth  nit  war  genomen  hetten,  nach  ihr 
gewonheit  mit  einander  der  frolichen  lieb  spielten  und  das 

10  nach  irem  lust  und  gefallen  lange  weil  triben. 

In  solchem  schimpften  der  fürst  erwachet,  sähe,  hört  unnd 
vername  alles,  das  die  thochter  und  Guiscardus  mit  einander 
begiengen.  Ohn  maß  unmutig  und  trawrig  und  in  willen  was 
sich  zA  offnen  unnd  sie  zü  beschreyen;  doch  ime  da  bessere 

15  gedacht  und  schwig  als  ein  weyß  mann,  damit  er  solch  sünd 
und  übel  in  gehaim  mit  rhat  unnd  minder  seiner  schandt  baß 
gestraffen  mochte,  als  er  dann  willen  züthün  was. 

Da  nun  die  zwey  lieb  ein  gute  zeyt  nach  irer  gewonheyt 
die  letsten  freud  der  liebe  empfangen  hetten  und  sie  zeyt 

20  daucht ,  hinweg  giengen  ;  und  Guiscardus  sich  wider  in  die 
höle  fuget,  und  die  jungfraw  wider  in  den  saal  zu  iren  jung- 
frawen  gieng.  Und  der  fürst,  wiewol  er  ein  betagt  mann  was, 
doch  sich  zu  einem  fenster  hinab  auß  der  kammern  gelassen 
het  in  den  garten ,  des  niemants  war  genommen  het ,  betrübt 

2o  biß  in  den  todt;  doch  in  sein  [9a]  kammern  gieng,  sein  heim- 
lich Ordnung  gab,  wie  er  Guiscardum  fahen  möcht. 

12. 

Wie  Guiscardus  in  seinem  lideren  klayd  gefangen  ward 
und  für  den  fürsten  Tancredum  gefürt*). 

ao  [9b]  Nun  der  fürst,  der  ye  willens  wäre  sein  kämmerling 
zü  fahen,  nach  zweyen  knechten  schicket,  den  befahle,  zu  dem 
loch  der  hole  zü  gehn  und  den,  so  darauß  stige,  zü  fahen. 

* 

•)  Holzschnitt:  Zwei  Wächter  mit  hellebarden  lagern  vor  einem 
türm,  hinter  dessen  gitterfenster  ein  bärtiger  gefangener  sichtbar  ist. 


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Guiscard  ob  und  Sigismunda,  cap.  11—13.  225 

Die  diener  ires  herren  gebott  züverbringen  zu  der  hole  giengen. 
In  dem  Guiscardns  darauß  stige ;  da  er  als  bald  von  den  zweyen 
verordneten  gefangen  unnd  fftr  den  fürsten  Tancredum  ge- 
furet  ward. 

Als  ine  aber  der  fürst  ansichtig  ward ,  fieng  er  an  und  5 
sagt :  ,Guiscarde,  ich  mainet,  ich  umb  dich  nit  verdient  hette 
solche  schmach  nnnd  schand,  die  du  mir  in  mein  tieysch  unnd 
blüt  bewisen  hast,  als  ich  heut  mit  meinen  äugen  gesehen 
hab.'  Dem  der  jüngling  kein  antwort  gab,  dann  das  er  sprach : 
,Herr,  die  liebe  so  groß  ist,  das  sie  das  und  anders  vermag.  10 
Ir  sterck  raechtiger  ist,  dann  ich  und  ir  seyt.'  Nach  disen 
worten  der  fürst  ine  schliff  wol  zübehiiten.  Unnd  er  mit  gros- 
sem trauwren  die  gantze  nacht  vertrib. 

13. 

Wie  Tancredus  sein  thochter  berüfft  und  ir  die  sach,  15 
so  sie  mit  Guiscardo  begangen,  ver wisse. 

Nun  als  die  selbig  nacht  vergangen  und  der  neuw  tag 
herkommen  unnd  Sigismunda  solche  sach  noch  unwissend  was 
unnd  der  fürst  dieser  sach  halb  gar  mancherley  bedacht  und 
nach  seiner  gewonheyt  aber  inn  der  thochter  kammer  kam,  ir  20 
also  zü  ime  rufft,  die  thüren  gar  wol  ver- [10a]*)  schloß  und 
versperret  und  mit  klaglicher  stimm  und  wainenden  äugen  zö 
ir  sprach:  ,Sigismunda,  liebe  thochter,  ich  gab  mir  zuver- 
stehn,  wie  ich  erkennet  dein  zucht,  tugent  und  gute  sitten ; 
so  binn  ich  in  solcher  meiner  mainung  betrogen  worden.  Und  2.» 
mir  in  mein  gemüt  niemandt  het  bringen  mögen  noch  glau- 
ben machen,  het  ich  es  nit  selbst  mit  meinen  äugen  gesehen, 
das  du  dich  einem  mann  zü  [10b]  Unehren  hettest  underthenig 
gemachet  und  deinen  leib  zü  seinem  willen  geschicket,  er  were 
dann  dein  eblich  mann  gewesen.  Ich  hette  niemandts  glauben  30 
mögen,  das  du  ein  solches  gedacht  hettest,  will  geschweigen 
gethan.    Darumb  ich  fürthin  mein  kleines  leben  mit  jamer, 

* 

*)  Holzschnitt:  Eine  frau  und  drei  jünglinge  auf  der  Strasse 
mit  einander  redend  =  Cento  novella  1551,  bl.  81b,  103  b,  136  b. 
Moni»«  15 


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226 


Martin  Montanas, 


angst  und  nodt  verzeren  würd ,  wann  ich  gedenck  an  die 
schmach,  so  du  mir  bewisen  hast.  Nün  wolte  gott,  seittemal 
du  dich  zü  solchen  Sachen  ye  schicken  woltest,  das  du  doch 
einen  dir  gleich  im  adel,   wirden  und  standt  erwolt  hettest, 

ö  deren  doch  viel  an  unserem  hoff  sind !  So  hastu  dir  Guis- 
card um,  den  schnödesten  an  unserm  hoff,  zü  einem  liebhaber 
erwölet,  den  wir  umb  gottes  willen  an  unserm  hoff  erzogen 
haben.  Damit  du  mir  mein  hertz  unnd  gemüt  beschwert  und 
in  unrhü  gesetzet  hast,  und  waifi  nicht,  was  ich  vor  grosser 

10  lieb  mit  dir  beginnen  soll.  Auff  einer  seyten  bezwungen  binn, 
lieb  halben  dir  züvergeben,  und  auff  dem  andern  theil  von  ge- 
rechtem billichem  zorn  bewegt,  dich  deiner  grossen  sünde  unnd 
thorheit  zü  büssen.  Also  auff  einem  theil  ich  dir  vergeben 
solt  und  auff  dem  andern  theyl  wider  dich  und  mein  natur  in 

15  hertigkeit  fallen  sol ;  doch  ehe  ich  dir  etwas  thü ,  vor  dein 
inainung  hab  vernemnien  wollen.4 

Unnd  als  er  solches  gesprochen,  sein  haupt  nayget  und 
klaglich  anhüb  zü  wainen. 

14. 

20  Wie  Sigi8munda  irem  vatter,  dem  fürsten,  antwortet. 

[IIa]  Da  nön  Sigismunda  iren  vatter  vernommen  het  und 
durch  sein  wort  wol  vernam,  nicht  allein  ir  verborgen  lieb 
geöffnet  was,  sonder  ihren  aller  liebsten  freundt,  trost  und 
hoffnung  inn  gefencknus  sein  vernanie ,   besonder  pein  und 

&  schmertzen  empfieng,  anfieng  kläglichen  zu  wainen  und  ir  layd 
gott  zü  klagen.  Nichts  desto  minder  wolt  sie  ehe  sterben 
dann  gnad  an  iren  vatter  begeren ;  dann  sie  gedacht ,  Guis- 
cardus  were  getödt  worden  und  nicht  mer  bey  leben  were. 
Und  thet  nit  als  ein  Qbelthäterin,  die  umb  ihr  sünd  zü  straf- 

30  fen  were,  sonder  als  ein  redliche,  behertzende  frauw,  ohn  alles 
achten  mit  frölichem  an  blick  on  alle  betrubung  zü  irem  vatter 
sprach  : 

, Vatter,  weder  zü  laugen  oder  an  dich  gnad  zü  begeren 
ich  inn  keynen  weg  geschickt  binn ;  dann  das  erst  brecht  mir 
ai  kein  hillf,  der  andern  beger  ich  nicht,  das  es  mir  behilflich 


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Guiscardus  und  Sigismunda,  cap.  14. 


227 


sey,  und  mein  sinn  ist  in  keinen  weg  mich  dir  noch  deiner 
hnld  zftbefelhen.  Doch  von  erst  mein  wort  und  die  warheit 
vernira,  wie  ich  mit  natürlichen  guten  Ursachen  mein  ehr  ret- 
ten will  und  mit  veatem  starcken  gemut  darnach  meinem  wil- 
len nachkommen  will!  Darumb  wiss,  ich  hab  Guiscardum  lieb  .r> 
gehabt  und  noch  habe  und  ,  dieweil  ich  lebe  (des  gar  wenig 
»ein  wirdt\  ich  in  liebhaben  will ,  und  ist  es  sach  ,  das  man 
in  jhener  weit  auch  lieb  hatt,  ich  ine  lieb  haben  will.  Auch 
wiss,  das  mich  nicht  zn  solcher  seiner  liebe  weipliche  begird 
gebracht  oder  geraitzt  hatt,  sonder  dein  |  1  lb|  kleine  fürsehung  10 
und  versaumnufi  meinenthalben,  das  du  mich  nicht  mit  einem 
ehlichen  mann  versehen  hast ;  dabey  Guiscardi  grosse  tu  gen  t 
ursach  gewesen  sindt. 

,Es  8olt  dir,  vatter  Tancrede,  wol  wissent  gewesen  sein, 
als  du  von  fleisch  und  blftt  geboren  wärest,  das  auch  dein  k» 
thochter  von  fleisch  und  nit  von  stein  geboren  wer  und  ich 
von  natürlicher  begird  grosse  krafl't  bey  mir  hab  als  die,  die 
dann  vor  einen  mann  gehabt  und  erkant  hat,  was  lust  solche 
freud  geben  mag.  Solcher  begird  stercke  und  macht  ich  nit 
lenger  widerstehn  und  vertragen  mocht,  nachvolgen  mnste,  da  20 
mich  solche  begird  hinzöge.  Darumb  ich  mich  als  ein  junge 
fraw  berieth  und  schickt  lieb  zü  haben  und  darzu  allen  fleyß 
thet,  damit  weder  mir  noch  dir  des,  darzu  mich  natürlich  sünd 
zohe  und  raitzet ,  davon  schand  bekera.  Zu  dem  ich  durch 
gnad  des  glOcks  und  demfttigkait  der  edlen  liebe  mir  ein  ge-  20 
nüg  züchtigen  verborgenen  weg  gefunden  hett,  damit  ich  on  ye- 
maudts  wissen  wol  meinem  willen  ein  genügen  thftn  mocht. 
Wie  das  dir  ist  zü  wissen  kommen,  nimpt  mich  frembd.  Ich 
langne  dir  nicht,  ich  erwölt  mir  Guiscardum  zü  einem  liebhaber 
und  das  nicht,  als  manche  thftt,  sonder  von  gantzem  willen:«) 
und  aignem  rhat  auß  allen  deinen  herren  und  edellenthen ;  ob 
allen  andern  mannen  mit  ffirsichtigkeyt  meiner  gedancken  mir 
in  für  mein  aller  liebsten  erwölt  und  mit  lieblicher  steter 
freundtschafft.  Baydenthalben  ich  [12a]  lange  zeyt  meiner 
liebe  and  willen  ein  genügen  gethon  hab.  :i> 

,Mebr  mich  vernimb!  Als  du  sprichst,  ich  in  liebhaben 
gesündigt  hab ,  bedunckt  mich  ,   wie  du  in  dem  mehr  nach- 

15* 


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228 


Martin  Montanus, 


volgen  w&llest,  das  der  gemeinen  meinung  ist,  dann  der 
warheyt  und  darumb  mich  hertiglicher  straffen.  Und  zü  glei- 
cher weiß  redest,  als  ob  du  dich  darumb  nicht  betrübt  hettest, 
wo  ich  mir  einen  edlen  mir  gleich  geboren  zü  meinem  lieb- 

5  haber  erwölt  hette.  In  dem  du  mich  nicht  verdencken  solt, 
sonder  dem  glück  die  schuld  zü  ziehen,  das  da  offt  die  nidern 
erhöhet  und  die  hohen  ernidert.  Doch  lassen  wir  das  faren 
und  den  anfang  diser  Sachen  besehen ! 

,Nün  nim  war  unnd  gar  eben  merck,  sprich  ich,  das  wir 

10  alle  von  fleisch  und  blüt  und  einem  schöpffer  geschaffen  sind 
in  gleicher  sterck,  macht  und  tugent,  on  alle  underschid  von 
einem  mann  und  frawen  kommen  sind ;  und  die  an  dem  raai- 
sten  tugentlich  würcken  und  der  tugent  mehr  dann  die  an- 
dern gewaltig  sind,  die  selbigen  edel  gebeissen  sein.  Nün 

15  nim  war  deiner  edelleuthen,  bedenck  ihr  wesen,  zucht,  weyß 
und  geberd ,  darnach  Guiscardi  zucht ,  tugent  und  vemunfft 
bedenck!  Und  wiltu  recht  richten  und  die  warheit  bekennen, 
so  wirstu  sprechen,  er  ob  allen  deinen  herren  der  edlest  sey; 
und  von  seiner  zucht  und  redlicheit  ich  niemands  glaubt  bah 

ao  dann  deiner  red  und  meinen  äugen.  Wer  hat  in  gelobt  und 
geprisen,  als  du  gethon  hast,  in  allen  loblichen  Sachen,  darin 
einem  jeglichen  mann  zügeburet  gelobt  [12b]  zü  sein?  Für- 
war du  ime  recht  und  nit  unrecht  thetest,  als  du  ime  yetzund 
gethon  hast.    Und  wo  mich  meine  äugen,  sinn  und  vemunfft 

25  nicht  betriegen,  so  laß  ich  mich  geduncken,  kein  lob  dir  von 
im  nie  gegeben  was,  ich  in  ein  solches  vil  mehr  brauchen 
sähe,  dann  durch  deine  wort  ye  möcht  beweist  werden.  Wo 
ich  seinenthalben  betrogen  were,  solches  von  dir  komen  were. 
Und  als  du  sprichst,  ich  mich  zü  einem  mann  von  niderer  ge- 

aobürt  gelegt  hab  ,  so  sprich  ich,  du  sagest  nit  war;  wol  zü 
einem  armen.  Das  mit  deiner  schand  ich  dir  vergeben  tnocht, 
das  du  also  ein  redlichen  mann,  deinen  diener,  also  arm k lieh 
versehen  und  nit  zü  gütem  stand  bracht  hast.  Doch  darumb 
die  armüt  niemand  den  adel  nimbt.    Wir  haben  gelesen  und 

35  auch  gesehen  vil  grosser  herren ,  fursten ,  könig  und  keyser, 

♦ 

1  nachnolgen  A. 


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Guiscardus  und  Sigumunda,  cap.  14—15.  229 

die  arm  gewesen  sein,  das  feld  gebawet  haben,  des  viehes  ge- 
hütet haben,  reich  gewesen  und  noch  sindt 

,Den  leisten  puncten,  den  du  mir  fürgeworffen  hast,  als 
du  sprichst,  du  nicht  wissest,  was  du  mit  mir  beginnen  oder 
thün  sollest:  leg  von  dir  solch  gedancken,  thü  in  deinen  alten  5 
tagen,  das  du  inn  deiner  jugent  nicht  gethon  hettest,  erherte 
dein  gemut  wider  mich !  Dann  in  keinen  weg  ich  deiner  gnad 
noch  Vergebung  beger  noch  geschickt  bin  die  zübegeren.  Dar- 
umb  thü  und  verbring  wider  mich  deinen  herten  willen  als 
die ,  so  von  erst  aller  diser  sflnd  ursach  gewesen  ist ,  sol  es  10 
änderst  Obel  gethon  und  sönd  sein!  Darumb  biss  gewiss  und 
on  al-[lSa]len  zweifei,  was  du  mit  Guiscardo  thün  wilt  oder 
hast  gethon,  das  selbig  thü  auch  mit  mir!    Thüstu  es  aber 
nit,  mein  eigne  hand  das  thün  sollen.   Nün  geh  hin  mit  den 
w eibern  zü  wainen  und  mit  inen  vergeuß  die  zeher  deiner  au-  iö 
gen,  und  uns  baiden  mit  einem  schlag  in  deiner  hertigkeit 
(ob  dich  dunckt,  wir  verschult  haben)  den  tod  gib!1 

Mit  solchen  worten  on  alle  zeher  ir  red  endet. 

15. 

Wie  Tancredus  der  fürst  gebot,  Guiscardum  in  der 20 
gefencknus  umb  zü  bringen  und  irae  das  hertz  auß 

zü  schneiden. 

Nun  Tancredus  der  fürst  der  thochter  groß  und  starck 
gemät  wol  vername;  doch  nicht  glauben  mocht,  das  sie  so 
gantzlich  zürn  todt  geschickt  were,  nach  dem  ir  wort  erklungen  25 
und  lauteten.  In  dem  von  ir  schied,  sich  mit  ime  selbers  be- 
riet, die  dochter  nit  am  leib  zü  straffen  und  sein  hertigkeit  in 
zorn  gegen  ir  fallen  lassen ,  sonder  mit  eins  andern  schaden 
der  thochter  ir  grosse  lieb  brechen  maint.  Und  denen,  die 
Guiscardum  in  hüt  hetten,  gebott,  das  sie  ine  in  still  on  alle  30 
rumor  würgten  unnd  dötteten,  das  hertz  auß  dem  leib  nem- 
men  und  ime  brechten. 

16  baide  A.      23  thocheer  A. 


J30 


Martin  Montanua, 


Die  höter  des  herren  gebott  verbrachten ,  ine  des  nachts 
todteten ,  das  bertz  ausschnitten  unnd  dem  fürsten  brach- 
ten. II  3b] 

16. 

Wie  Tancredus  seiner  thocbter  Sigismunda  irs  bülen 
hertz  in  einem  guldin  kopff  schicket. 

Da  nün  der  morgen  komen  wäre,  der  fürst  ihme  schuff 
I -ringen  ein  schonen  guldinen  kopff.  Darein  er  des  todten 
<iuiscardi  hertz  leget  und  das  bey  einem  seinem  getreuwen 
10  diener  der  thocbter  schickt  mit  disen  Worten  zü  ir  sprechende: 
.Dein  vatter  schicket  dir  das,  dich  mit  dem  zü  trösten,  das 
dir  am  liebsten  ist,  als  du  in  getrost  hast  des,  so  ime  am 
liebsten  was.4 

Die  jung  fraw  ab  irer  harten  fürsatzung  nicht  abdratt, 

18  sonder  anhüb  vergifft  wasser  zü  distiliereu,  die  zu  brauchen, 
ob  sich  begeh  das ,  des  sie  dann  sorg  het.  Nicht  lang  ver- 
meng, des  Kirsten  diener  mit  der  gaab  unnd  guldin  kopff  und 
den  vorgesagten  Worten  zü  der  thochter  kam.  Unnd  sie  niitt 
auffgerichtem  anblick  den  kopff  inn  ire  arm  empfieng ,  den 

80  l-ald  entdeckt;  darinn  sie  das  bertz  sähe  und  bey  den  Worten 
sie  wol  vername,  es  ohn  zweyfel  Guiscardi  hertz  were.  Ir  an- 
gesicht  gegen  dem  diener  kert,  zü  ime  sprach  :  ,Sag  meinem 
vatter,  deinem  herren,  grossen  danck  seiner  würdigen  gab! 
Inn  dem  hatt  mein  vatter  wol  gethon;  dann  sollich  gab  nicht 

i  minder  dann  von  goldt  einer  begrebnuß  würdig  ist.'  Und  also 
.besprochen  das  hertz  im  kopff  zü  irem  mundt  neheret,  lieb- 
lichen küsset,  halset  unnd  sprach  :  ,Ich  hab  alwe-[14ajgen  mein 
vatter  gegen  mir  demutig  unnd  willig  funden  ,  nün  aber  an 
meinem  letsten  ende  meines  lebens  mehr  dann  ye.  Darumb 
ig  ihme  mein  letsten  danck  seiner  wirdigen  gaab!' 

In  dem  sich  gegen  dem  kopff  keret,  das  hertz  lieblichen 
ansähe  unnd  sprach:  ,0  du  aller  liebste  unnd  sössest  herberg 
meiner  frend  unnd  begird ,  verflücht  sey  die  hertigkeyt  des, 
der  da  ursach  ist,  mich  dich  mitt  den  angen  meiner  stirn  also 

85  jämmerlich  zCi  sehen !   Du  hast  volbracht  den  lauff  deines  le- 


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Guiacardua  und  Sigismunda,  cap.  16. 


231 


bens,  als  dir  vonn  dem  unglück  ist  beschert  gewesen ;  dabist 
zü  dem  endt  kommen,  darzä  ein  yeglichs  hertz  kommen  maß ; 
du  hast  gelassen  all  trubsal  der  weit ;  doch  vonn  deinem  todt- 
lichen  feindt  ein  güldene  begrebnuß  empfangen  hast,  als  du 
wol  wirdig  bist.  Nichts  änderst  dir  mangelt  und  gebricht,  & 
damit  alle  ding  volbracht  werden,  dann  allein  zeher  der  äu- 
gen, die  du  bey  leben  am  liebsten  hettest.  Und  damit  dir 
solche  zeher  der  äugen  zü  theil  würden,  gab  got  meinem  un- 
barmhertzigen  vatter  in  sein  gemüt ,  dich  mir  zü  schicken. 
Darum b  ich  dir  sie  freundtlich  geben  unnd  mittheylen  will,  10 
wie  wol  mein  sinn  was  mitt  druckenen  äugen  mein  leben  zü 
enden  und  mit  unerschrocknem  angesicht  mein  seel  unnd  geyst 
zü  deinem  zü  fugen,  die  du  auff  erden  ob  allen  dingen  lieb 
hettest.  Inn  welcher  geselschafft  mächte  ich  sicherer  inn  un- 
erkandte  weg  faren  als  mit  dir  unnd  deiner  seel,  die  ohn  zwei-  15 
fei  noch  hie  in  disem  gul-[14b]din  kopff  ist  und  mich  noch 
von  hertzen  lieb  hat  unnd  der  meinen  warten  ist,  vonn  der 
dein  seel  auch  lieb  gehabt  ist!1 

Nach  disen  worten  nicht  änderst  dann  ein  messender 
brunn  ihr  auß  ihrem  haupt  gieng ;  ohn  alle  weibliche  rumor  30 
ihr  haupt  auff  den  guldin  kopff  und  das  hertz  naiget,  waynet, 
kläglichen  anhüb  züvergiessen  die  zeheren  irer  äugen  inn  sol- 
cher maß,  das  es  nicht  zü  sagen  noch  zü  schreyben  ist ,  alle 
zeyt  das  todt  hertz  küsset. 

Inn  solchem  kläglichen  wainen  der  frauwen  maid  umb  sie  20 
stünden ;  aber  warumb  die  frauw  so  kleglichen  thett  oder  was 
für  ein  hertz  in  dem  kopff  were  oder  was  ir  klagen  und  har- 
tes waynen  bedeutet,  ihnen  unwissent  was;  dann  sie  ire  wort 
nicht  vernein  ruen  mochten.  Doch  mit  ihr  alle  klagen  unnd 
wainen  müsten,  demütiglich  hatten,  sie  ihnen  die  ursach  ihres  30 
jamers  unnd  layds  wissen  Hesse.  Aber  alles  umb  sonst  was; 
dann  sie  keiner  kein  andere  andwort  geben  wolte,  dann 
allein,  man  solt  sie  zü  friden  unnd  ihr  layd  klagen  lassen. 
Doch  die  jungfrauwen,  so  best  sie  mochten,  die  frauwen  trö- 
steten. 85 


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232 


Martin  Montanus, 


17. 

Wie  Sigisinunda  vergifft  wasser  über  das  hertz  gösse 
und  außdranck,  hernacher  starbe. 

[15a]  Da  sie  nün  also  etlich  stund  mit  also  kleglichein 
5  wainen  vertriben  hett,  ir  haupt  auffrichtet,  ihr  äugen  trück- 
nefc,  an  hob  und  sprach :  ,0  du  mein  aller  liebstes  hertz,  nun 
ist  volbracht  das  ampt  meiner  zehern ,  unnd  ist  nün  nichts 
anders  vorhanden  züthün  dann  der  angefangnen  materi  ein 
endt  zü  geben.1 

10  Also  gesprochen  sie  ir  scbüff  das  geschirr  zü  geben,  dar- 
inn  das  vergifft  wasser  was,  das  sie  den  vorigen  tag  ir  den 
todt  zü  geben,  gemacht  hett.  Das  selbig  vergifft  wasser  inn 
den  guldin  kopff  goss  auff  ires  aller  liebsten  bülen  hertz,  das 
sie  mit  iren  eilenden  zehern  gewaschen  hett,  on  alle  forcht 

15  und  erschrecken  den  mundt  daran  setzet  unnd  das  vergifft 
wasser  ab  dem  hertzen  alles  dranck,  darnach  zü  handt  mit 
dem  guldin  kopff  an  ir  beth  gieng  unnd  ,  so  sie  züchtigest 
mocht,  ir  brüst  und  hertz  dem  todten  hertz  und  kopff  nähenet 
und  on  icht  gesprochen  des  laydigen  todts  warten  was. 

ao  Ihre  jungfrawen,  die  alle  sach  irenthalben  gesehen  hetten, 
doch  nicht  wißten,  wes  wassers  sie  druncken  und  genommen 
hette ,  wol  sahen ,  das  der  todt  begundt  mit  ir  zü  ringen ; 
schnell  lieffen ,  dem  fftrsten  ,  ihrem  vatter ,  was  sich  begeben 
hette,  zü  wissen  thetten.    Der  sich  nit  säumet  unnd  sorg 

25  hett  des ,  das  da  schon  geschehen  was ,  bald  zü  der  thochter 
kam,  aber  zü  spath.  Die  er  uff  dem  beth,  aber  mit  kleinem 
leben  ligen  fand,  sehr  erschrack  unnd  da  mit  süssen  und  hüp- 
schen  demü-[15b]tigen  worten  sie  anhüb  zü  trösten.  Unnd 
da  er  sie  also  in  todts  nöten  ligen  sähe,  kläglich  anhüb  zü 

80  wainen,  schreyen  und  sein  laid  zü  klagen. 

Die  fraw  mit  niderer  tödtlicher  stimm  zü  ihnie  sprach : 
,Tancrede,  vatter,  behalt  dein  treheren  zü  den  Sachen,  die  on 
dein  willen  geschehen!    Ich  beger  weder  dein  noch  deiner 

* 

24  thette  A. 


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Guiscardus  und  Sigismunda,  cap.  17—18.  233 

zeher.  Wer  sähe  yeraand  wainen  des,  des  er  gewölt  hett! 
Dann  du  solches  gewölt  hast.  Doch  ist  yergent  liebe  bey  dir 
lebendig  bliben,  die  du  zü  mir  etwan  trögest,  so  beger  ich 
von  dir  für  mein  letste  gab,  seittemal  dein  gefallen  nicht  was, 
das  ich  inn  still  und  gehaim  mit  Guiscardo  leben  möcht,  das  5 
du  mich  zü  irae,  wo  du  in  hingelegt  hast,  offenbarlich  legest 
oder  werffest  und  mich  todt  bey  ime  ligen  lassest.4 

Das  gross  peiu,  layd  und  schmertzen  den  herren  der  thoch- 
ter  kein  antwort  geben  liessen.  Inn  dem  die  jung  fraw  sich 
zü  irem  endt  kummen  sähe,  das  todt  hertz  an  ir  brüst  drucket  10 
und  zü  den,  die  umb  sie  stünden ,  mit  sänffter  stimm  ir  letst 
wort  sprach:  ,Stehet  mit  gott!  Ich  far  dahin.4  Ire  äugen 
sich  zü  theten,  alle  sinn  und  vernunfft  bey  ir  verschwunden, 
und  ein  so  kläglich  end  nam,  das  yederraan  wainen  und  kla- 
gen müste.  15 


18. 

Wie  Guiscardus  und  Sigismunda  zü  einander  in  ein 

grab  gelegt  wurden. 

[16a]  Nün  der  fürst,  der  ye  seiner  thochter  nicht  mehr 
helffen  kundt,  sonder  vor  unmüt  vermeinet  zü  sterben,  unnd  20 
in  seiner  hertigkeyt  sehr  gerewen  ward  ,  baide  junge  verstor- 
bene leuth  in  ein  grab  zü  summen  leget ;  und  die,  so  das  Un- 
glück lebendig  nicht  bey  einander  gedulden  wolt,  nün  also 
doth  in  ein  köstlich  grab  zü  samraen  verschlossen  wurden. 

Nün  sagt  die  hystoria,  das  auß  irem  grab  ein  schöner  25 
rosen  stock  gewachsen  sey,  der  solche  schöne  rosen  allerley 
färb  getragen  hatt,  darvon  nicht  zü  sagen.  Daraufi  man  ab- 
nemen  mag,  das  ir  liebe  sich  auch  in  irem  todt  nicht  ge- 
enderet  hatt.  Gott  verleihe  uns  allen  ein  selig  und  vernünff- 
tiges  ende!    Amen.  80 


Gedruckt  zu  Strasburg, 
In  Kloblouchs  [!]  Drackerey. 


I 


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Cjmon  und  Iphigenia. 


235 


Ein  schöne  vnnd  kläg- 
liche Hystoria, 

Von  zweyen 

Jungen  gesellen,  wie  die 
liebe  zu  zweyen  Jungfrauwen  tru- 

gen ,   die  zweyen  anderen  verheurat 
wurden,  Derhalben  sie  die  hochzeyt  vber- 
fielen,  jre  neuwe  Breut  inn  die  Insel 
Creta  fürten,  vnd  nach  ettlicher 

zeyt  mit  jhne  inn  die  Insel  10 
Rodi  füren. 

Newlich  durch  Mar- 
tinum  Montaniim  beschri 

ben,  vnd  in  druck  geben. 


Zeile  1,  3  und  12  sind  rot  gedruckt.  Die  Schreibung  von  A  konnte 
oben  in  seile  3  (Von  zweyen)  und  5  (trft-)  nicht  genau  wiedergegeben 


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Cymon  und  Iphigenie  cap.  1. 


237 


1. 


Aristippus  wo  der  gesessen  unnd  was  er  für  kinder 


Wir  lesen  in  den  ciprianischen  hystorien  und  in  iren  cro- 
nicken  der  lenge  nach  geschriben  finden,  wie  inn  der  insel  5 
Cipro  [Aij  b]  ain  reicher  edel  man  war  gesessen  mit  namen 
Aristippus,  über  alle  herren  des  lands  ain  mechtiger  herr,  in 
weltlichen  sachen  ein  weitberumbter  mann,  in  ehren  und  reich- 
tuinb  der  aller  reichest.    Und  sich  der  seiigest  in  aller  weit 
hett  sprechen  mögen,  wo  in  das  glück  nicht  in  einer  einigen  10 
sachen  betrübet  hette;  das  was,  das  er  under  andern  seinen 
kindern  ein  sün  het,  der  von  leib  und  anblick  der  aller  scho- 
nest junger,  der  in  der  insel  Cipri  gefunden  mocht  werden, 
was,  aber  ohn  alle  sinn  unnd  menschliche  vernunfft  unnd  für 
ein  öffentlichen  thoren  gehalten  ward,  das  seinem  vatter  grosse  15 
pein  nnd  betrübung  bracht.    Er  was  mit  seinem  tauünammen 
genennet  Galesus.    Man  mocht  im  weder  durch  lieb  noch  on 
lieb,  weder  mit  straff  oder  one  straff,  mit  maistern  oder  one 
meister,  in  keinen  weg  keinerley  ding,  weder  zucht  noch  tu- 
gent  in  sein  haupt  bringen ;  und  hett  ein  grobe  beurische  20 
stimm ,  all  sein  geberd  viehisch ,  und  yedermans  gespott  was. 
Und  umb  mehr  gespÖts  willen  in  Cymon  nanten ;  das  ist  als 
vil  gesprochen  als  ein  vieh  oder  bestia. 

Des  verlorne  zeyt  sein  vatter  mit  grossem  layd  trüg  unnd 
nün  seiner  sinn  halb  all  sein  hoffnung  verloren  hette,  wol  ge-  25 
dacht,  er  nit  mehr  zü  sinnen  kern.    In  grossem  unmüt  sein 


gehabt*). 


*)  Holzschnitt:  eine  befestigte  stadt. 


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238 


Martin  Montanus, 


tag  des  sons  halben  verzeret,  gott  trewlich  tag  und  nacht 
hatte,  were  es  sein  gottlicher  will,  er  den  sön  von  diser  weit 
nemen  wolte  oder  aber  ime  verstand  und  sinn  geben  wie  an- 
dern seinen  sünen.  [Aiija] 

a  2. 

Wie  Aristippus  seinen  sün  auff  ein  dorff  zü  einem 

bauwren  thüt. 

Nün  der  gut  alt  herr,  der  nün  wol  sähe,  das  all  sein 
hoffnung  des  süns  halben  verloren  was,  und  in  von  grosses 

io  gespots  wegen,  so  im  taglich  bewisen  warde,  nicht  lenger  bey 
ime  inn  der  statt  gedulden  oder  haben  mocht;  auch  Cymon 
mehr  gelüstet  auff  dem  feld  des  viehes  zü  hüten  weder  sein 
wonung  inn  der  statt  bey  den  herren  und  seins  vatters  hoff 
zü  haben.   Von  des  wegen  der  vatter  ihne  auff  ein  sein  dorff 

15  zü  seinem  bawren  einen  thet;  dem  er  nach  beurischen  sitten 
unnd  gewonheit  des  viehes,  als  der  solches  lust  hette,  mit  fleyfi 
hütet;  nicht  mitt  kleinem  verwundern  yederman  sein  leben 
also  ein  zeytlang  verzärte. 

3. 

20  Wie  Cymon  in  ein  vvald  zü  einer  schönen  jung- 
frauwen  kam  ,  da  ihme  nach  langem  ansehen  seine 

fünff  sinn  gegeben  Warden. 

Nün  als  das  glück  sein  wider  willen  gegen  Cymon  nicht 
lenger  tragen  mocht,  sich  begab,  das  Cymon  eins  tags  nach 
2ö  mittem  tag  von  einem  feld  zü  dem  andern  mit  einem  grossen 
tremmel ,  den  er  auff  der  ach  sein  trüge ,  gienge  und  in  ein 
kleines  weldlin  käme,  das  alles  von  schönem  [Aiijb]*)  grönem 

*)  Holzschnitt:  auf  einer  wiese  liegen  drei  schlafende  madchen, 
im  Hintergründe  steht  Cymon  mit  narrenkappe  und  stab  =  Boccaccio, 
Cento  novella,  Strasaburg  1551  bl.  95  b. 


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Cymon  und  Iphigenia,  cap.  2 — 3. 


239 


laub  bedecket  was ;  wann  es  war  in  dem  mayen ,  da  im  das 
gluck  sein  sinn  hingefürt  het.  Da  er  hin  ein  grüne  schone 
wisen  kam,  die  gantz  mit  hohen  grünen  felbern  bedecket  was, 
und  in  dem  an  einem  ort  ein  schöner  frischer  brunnen  was. 
Bey  dem  er  ein  auß  dermassen  schöne  und  züchtige  jungfraw  5 
ligen  unnd  schlaffen  fand,  welcher  [Aiiij  a]  schneweisses  klayd 
also  subtil  was,  das  ir  weisser  leib  darunder,  als  in  bedaucht, 
QU  bedecket  were  und  von  der  gürtel  hinab  von  einem  weissen 
decklach  verborgen  war;  und  bey  der  jungfrauwen  fuß  ir  zwo 
magdt  lagen,  die  zu  irem  dienst  berayt  waren.  10 

Und  da  Cymon  diser  schönen  jungfrawen  war  genominen, 
nicht  anders  thet,  als  ob  er  frawen  bild  vor  nie  mehr  gesehen 
hett;  sich  an  sein  tremmel  lainet,  mit  nichten  geredt  noch 
ichts  gesprochen  mit  grossem  wunder  und  fleyß  die  schönen 
jungfrawen  ansähe.  Und  das  grob  unvernOnfftig  hertz,  darein  15 
weder  durch  lehr  noch  keinerley  anweysung  adeliche  tugent 
konien  noch  die  begreiffen  mocht,  auff  die  stund  inn  ihm 
ein  süsser  gedanck  erwachete,  der  ime  zü  wissen  thet,  wie  das 
die  aller  schönest  jungfrauw  diser  gantzen  weit  were  unnd  die 
ein  lebendigs  mensch  mit  äugen  nie  mehr  gesehen  hette.  Und  20 
anhöbe  ruitt  ihme  selbst  die  grosse  unaufisprech liehe  lieb  zü- 
bedencken  unnd  die  schöne  ihres  leibs  auß  zütheilen.  Vonn 
dem  aller  ersten  ihr  schönes  haar  lobet  unnd  zü  dem  goldt 
gleichet,  auch  ir  stirn ,  nasen  unnd  iren  rosenfarben  mundt 
unnd  besonder  ir  wolgeschickte  prüstlin  preyset ;  in  summa  So 
ihr  sollich  lob  bey  ihme  selbst  verlihe,  das  keiner  frauwen 
vonn  einem  mann  nie  verlihen  warde. 

Nun  sihe  zü,  wie  also  gehlingen  der  unvernünfftig  Cy- 
mon, der  von  der  groben  bawren  ar-[Aiiij  b]beit  unnd  viech- 
hüten erst  war  auffgestanden  und  also  der  liebe  und  schöne  ao 
ein  gerechter  richter  und  urthailer  worden  ist!  Unnd  ime  ein 
besonder  willkomen  was  ir  schöne  äugen  zü  sehen,  die  auß 
ursach  ihres  schweren  schlaffs  noch  nit  geöffnet  waren.  Damit 
er  sie  hett  sehen  mögen,  umb  des  willen  er  offternials  willen 
hett,  sie  auß  irem  süssen  schlaff  zü  erwecken ;  doch  besorget  83 
und  zweyfel  hett,  (darumb  das  er  sie  schöner  dann  nie  kein 
frawen  gesehen  hette)  sie  ein  göttin  und  nicht  ein  mensch 
were.    Und  zü  dieser  stund  sovil  sinn  empfangen  hette,  das 


240 


Martin  Montanus. 


er  göttliche  geschefffc  urtheylen  ward,  als  die  mehr  ehr  wirdig 
waren  dann  die  weltlichen.  Das  ihn  verhalten  machet ,  biß 
sie  selbst  erwachet.  Und  wiewol  ihn  das  zft  warten  lang 
daucht,  doch  von  unwissenden  empfangnen  frewden  von  dan- 
snen  nicht  kommen  mochte,  sonder  also  im  verruckt  an  seinem 
stecken  lainen  blib. 

4. 

Wie  die  schön  jungfraw  Iphigenia  von  dem  schlaff 
erwachet,  Cymon  sähe  vor  ir  stöhn,  mit  dem  redet 
10  unnd  ihne  bath  haim  zü  gehn. 

Nun  nicht  lang  vergieng,  die  junckfraw,  die  mit  irem 
nnmmen  Iphigenia  genennet  was ,  ehe  dann  keine  irer  magt 
erwachet,  das  haupt  uff  [Ava]*)  hüb,  und  ire  äugen  sich  öff- 
neten, und  den  guten  Cymon  vor  ir  an  seinem  stecken  lainen 

15  sähe.  Des  sie  gar  fremhd  daucht,  doch  zft  ihme  sprach :  «Cy- 
mon, guter  knecht,  was  gehestu  irr?  Oder  was  gehestu  su- 
chen zü  diser  zeyt  inn  dem  wilden  walde  ?' 

Nun  was  Cymon  umb  seiner  thorheyt  willen  von  yeder- 
man  erkendt.    Umb  des  willen  der  jnngfrawen  [Avb]  kein 

20  antwort  gab ,  sonder ,  da  er  ire  äugen  offen  sähe ,  er  sie  mit 
sclierptfe  seiner  äugen  durchsähe;  darauft  in  gehn  daucht  ein 
liebliche  süssigkeit,  die  ine  erst  aller  unversuchter  freud  er- 
füllet. Und  da  die  jungfraw  sein  also  scharpffs  ansehen  er- 
sähe, zweyfeln  ward  und  besorget,  das  ein  solches  ansehen  ine 

2ö  villeicht  zü  unehrlichen  Sachen  nützet ,  darvon  ir  schandt  be- 
koraen  möcht.  Umb  des  willen  ihren  magten  rüffet  und  von 
dem  schlaff  wecket.  Von  dannen  giengen  und  das  Urlaub  von 
dem  narren  namen  unnd  sprachen:  ,Wolan,  Cymon,  gesegen 
dich  gott!    Wir  wollen  yetzunder  haim  gehn.1  Vermainten 

ao  sich  also  von  Cymon  abzüstelen. 

♦ 

*)  Derselbe  holzscknitt  wie  bl.  Aiijb:  Cymon  und  die  schlafen- 
den miidchen. 


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Cymon  und 


oap.  4—5. 


241 


5. 

Wie  Cymon  der  schöuen  jungfrawen  das  gelaidt  biß 

zü  ires  vatters  hauß  gäbe. 

Niin  Cymon,  der  wol  sähe,  das  die  jungfraw  forcht  hette, 
des  halb  sie  sich  begerten  vonn  ime  abzuziehen  und  Urlaub .» 
von  im  namen ,  der  jungfrauwen  bald  antwort  unnd  sprach: 
,Jungfraw,  icb  will  mit  euch  gehn.4  Und  wiewol  sie  sein  ge- 
sell  schafft  forcht  und  verdrossen  was,  doch  darumb  ine  von 
ir  nicht  bringen  in  och  t,  biß  er  sie  in  ires  vatters  hauß  be- 
laitet  hett.  io 

Von  dem  er  hairn  in  seins  vatters  haute  gieng  und 
seinem  vatter  sprach:  ,Lieber  herr  und  vatter,  ich  will  in 
keinen  weg  mehr  inn  dem  dorff  bey  den  bauren  wo-f  AGaJnen.4 
Weichs  dem  vatter ,  auch  allem  andern  hautigesind  ,  die  sein 
empfangene  vernunöt  noch  nicht  wisten,  zu  thün  schwer  was;  \b 
doch  in  bey  in  bleiben  und  stehn  Hessen ,  ob  sie  doch  ver- 
nemen  mochten,  was  die  ursach  were,  das  er  sich  so  eylendts 
verkert  und  von  beurischem  leben  zu  adelichen  tilgenden  ge- 
keret  wäre. 

Nun  het  weder  kunst,  lehr  noch  tugent,  als  vor  geschri-  »> 
ben  ist,  inn  Cymons  haupt  nie  gewolt ;  aber  von  eignem  ge- 
müt,  hertz  und  willen  die  stral  der  liebe  in  gantz  verwunt 
unnd  ihme  sein  hertz  besessen  hetten,  ursach  der  grossen  schone 
Iphigenia,  die  ihme  gehling  sein  grobes  gern  5t  bekeret.  Des 
sich  der  vatter  sampt  allen  freunden  nicht  gnfigsam  verwun-  ar, 
deren  mochten.  Dann  von  erst  Cymon  an  den  vatter  begeret, 
das  er  ine  seinen  brfidern  gleich  klaiden  wolt.  Des  der  vat- 
ter von  hertzen  fro  und  content  was,  ime  besonder  freud 
bracht,  da  er  vernam,  das  der  sün  wider  zü  sinnen  was  kom  - 
men, in  kostlich  den  andern  jungen  herren  gleich  klaidet.  :w 
Mitt  denen  er  spacieren  gieng  und  sein  freud  hette,  sich  or- 
denlich zü  allem  dem,  so  dem  adel  zügebürt,  adelich  schickt, 
unnd  auch  züthün,  was  den  grossen  büiern  und  liebhabern  zü 
gehöret,  mit  grossem  wunder  aller  deren,  die  sein  kundtschalft 
hetten.    Und  mehr,  dann  von  keinem  nie  gesehen  ward,  sich  :*5 

16   


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242 


Martin  Montanua, 


beraitet  und  nicht  allein  in  kurtzer  zeyt  die  schlechten  büch- 
staben  erlernet,  sonder  als  der  ein  grosser  raayster  under  an- 
dern philosophen  was,  des  [A6b]  allein  die  liebe,  die  er  zu  der 
jungfrawen  Iphigenia  trüge,  ursach  was.  Nicht  allein  seine 
o  grobe  geben!  Warden  adelich,  sonder  auch  ein  grosser  maister 
aller  saittenspiel ;  auch  nicht  allein  mit  reitteu ,  stechen  und 
brechen  autf  dem  land  groü  lob  hett,  sonder  auch  in  dem 
meer  ein  daptler,  weyli,  behertzent  mann  was.  Dann  kurtz 
abgeredt  unnd  damit  ich  nit  sein  jegliche  tugent  besonder  er- 

10  zelen  dörffe,  ehe  vier  jar  vergangen  waren  seiner  erst  em- 
pfangenen liebe,  er  der  aller  hüpschest,  geradest  und  fürsich- 
tigest  jüngling  mit  mehr  zucht  und  besonder  tugent  ward,  der 
in  der  insel  Cipri  was. 

Nun  wolan ,  was  sollen  wir  von  Cymon  sagen?  Ffirwar 

13  wir  nit  änderst  von  ime  sprechen  mögen ,  dann  das  ime  vou 
oben  herab  in  sein  gemüt  solche  edle  tugent  sey  eingesogen 
und  eingegossen  wordeu,  da  in  der  neid  der  untugent,  der  un- 
seligkeyt  ein  theyl  seins  hertzens  mit  starcken  und  vesten  ban- 
den gebunden  und  versperret  het.    Die  selbigen  herten  bandt 

20  von  der  edlen  liebe  alle  gebrochen  wurden ,  als  die  da  mehr 
sterck  het  dann  der  bola  obgenandt  neid  und  das  edel  schlaf- 
fend  gemüt  erweckt  hatt,  das  gar  under  einer  grausammen 
finsternus  verborgen  lag,  auff  das  ihr  macht  und  auch  stercke 
zü  klarem  liecht  kern  und  beweisen  möcht,  wie  und  auch  wa- 

25  her  sie  die  geist  neme,  die  ir  underthan  sein. 

Und  wiewol  Cymon  der  jüngling  lieb  het  und  in  etlichen 
Sachen,  als  gern  der  liebhaber  gewon-[  A7ajheit  ist,  etwas  sol- 
cher lieb  züvil  thet  und  gethon ,  als  maucher  vatter  seinem 
sün  nicht  übersehen  het,  aber  Aristippus,  sein  vatter,  das  alles 

80  zü  dem  besten  schetzet,  wol  gedacht,  das  ine  solche  liebe  von 
einem  thier  zü  einem  menschen  gemacht  hette ;  darumb  ime 
alle  sach  verhenget  und  zü  gab,  ihne  tröstet  und  stercket,  dem 
also  nachzüfolgen.  Und  Cymon,  der  mit  namraen  genennet 
was  Galesus,  nicht  mehr  also  wolt  genennet  sein  und  das  dar- 

3ö  umb,  das  er  von  der  edlen  jungfrawen  Iphigenia  bey  dem  nam- 
men  Cymon  genennet  und  geruffet  ward. 

Und  damit  er  seiner  grossen  lieb  ein  züchtig  güt  end 
bringen  mocht,  er  olftermals  versuchen  lieJi,  ob  Lipseus,  der 


Cymon  und  Iphigenia,  cap.  5—6. 


243 


jungfrawen  vatter,  sie  ime  zü  einem  weib  geben  wolt.  Aber 
Lipseus  antwortet,  er  het  sie  geben  nnnd  versprochen  Pasi- 
inonda,  dem  jungen  edel  man  von  Rodi ,  dem  er  seiner  gelüb- 
nuß  nicht  wolte  zü  ruck  gehen.  Des  der  güt  Cymon  auß 
dermassen  traurig  ward ;  gewölt  hette ,  er  bey  dem  bawren  0 
im  feld  hüben  were  und  des  viehes  gehütet  hett. 

6. 

Wie  Cynion  sein  aller  liebste  Iphigenia  auff  dem 
meer  raubet  unnd  mit  ihme  hinweg  fürete. 

[A7b]  *)  Und  da  nün  die  hochzeyt  komen  was,  Pasimon-  10 
das  nach  Iphigenia  in  Ciprum  schicket.  Da  das  der  jung  Cy- 
mon veraam,  sich  etwas  betrübet,  das  sein  grosse  liebe  zü  der 
jungfrawen  alle  vergebens  sein  solte,  ime  gedacht  und  zü  ime 
selbst  sprach :    ,Nün  ist  kommen  die  zeyt  der  jungfrauwen 
Iphigenia  zü  beweysen,  ob  ich  sie  lieb  [A8a]  hab  oder  nicht,  ir» 
Des  ich  pflichtig  und  schuldig  zü  thün  binn;  dann  sie  mich 
von  dem  viehe  genommen  und  zü  einem  lebendigen  menschen 
gemacht  hatt.    Und  wo  sie  mir  werden  mag,  ich  mich  ohn 
zweyfel  seliger  sprechen  mag  weder  etliche  gotter  und  leben- 
dige menschen  auff  diser  erden.    Und  färwar  sie  mir  werden  20 
mü£,  oder  ich  umb  irent  willen  sterben  und  das  leben  verlie- 
ren will.4    Also  gesprochen  in  still  und  gehaim  etliche  junge 
gesellen  zü  im  ruffet,  die  umb  hilff  batte;  bald  ein  galeen 
nach  aller  notdurfft  wapnen  unnd  zürüsten  thet  und  sich  auff 
das  meer  machet,  des  schiffs  zü  warten,  darauff  Iphigenia  gehn  z> 
Rodi  faren  solt. 

Also  nach  etlichen  empfangnen  freuden  von  Iphigenia  vat- 
ter  sich  die  geselschafft  mit  der  neuwen  braut  auff  das  meer 
füget,  gehn  Rodi  heim  zü  faren,  die  spitz  des  schiffs  gegen 
nidergang  der  sonnen  und  Rodi  werts  kerent.  Cymon,  der  des  ;jo 
schiffs  stets  wartet,  an  dem  andern  tag  seiner  außfart  das 

* 

*)  Holzschnitt:  ein  schiff  mit  aufgespanntem  segel  und  sechs 
männern,  davor  ein  jüngling  in  einem  kahne  =  Gento  novella  1551 
bL  21b  und  83  b.      21  virlieren  A. 

16* 


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Martin  Montanus, 


schiff'  fibereylet,  zö  den  er  schrye:  , Halten t  still!  Oder  ir 
sind  alle  des  todts  und  raiist  inn  dem  meer  erdrincken.4  Das 
schiff  sich  nicht  sauinet,  bald  zü  der  wehr  stellet,  ire  waffen 
zu  handt  namen.  Und  die  galeen  den  hacken  in  das  schiff 
.>  warft" ,  das  zü  ir  zohe,  und  mit  gewalt  Cyraon  uff  das  schiff, 
darinn  die  jungfraw  was,  stifte  mit  einem  blossen  schwert  in 
seiner  handt  gleich  wie  ein  hungriger  lew,  alle,  die  darauf? 
wareu  ,  für  nichten  achtet  unnd  mit  grossem  blfttvergiessen 
[A8b]  under  sein  feinden  umbgieng,  nicht  minder  dann  der 

10  low  under  den  schaffen  thüt. 

Da  das  die  Rodianer  sahen  ,  zö  handt  ire  waffen  zfl  der 
erden  warffen  ,  alle  einhelliglich  sich  Cyraon  ergaben  und  ine 
umb  gnad,  auch  fristung  ires  lebens  hatten.  Zü  der  Cyruou 
sprach:    ,Ir  jungen  Rodianer,  ihr  sollent  wissen,  das  mich 

i;,  weder  neyd  oder  hass  euch  zflberauben  mit  gewapneter  hand, 
sonder  mir  ein  grosse  sach  und  euch  ein  kleine,  des  ich  von 
euch  begeren  binn,  bezwungen  hatt.  Unnd  das  nfln  wo!  mit 
dem  schwert  gewunnen  hab,  euch  mir  das  züverleihen  gar 
kein  m&h  sein  soll:  das  ist  die  jungfraw  Iphigenia,  die  von 

au  mir  ob  allem  diser  weit  ist  lieb  gehabt.  Die  mir  von  ihrem 
vatter  als  eiu  freundt  unnd  von  euch  mit  friden  nit  werden 
raocht.  Darumb  ich  von  hoher  lieb  bezwungen  binn  die  zü- 
iieminen ,  wie  sie  mir  werden  kan  und  mag,  unnd  euch  mit 
gewapneter  handt  Oberfallen  habe.    Darumb  lassent  sie  mir 

2;,  mit  friden  und  willig  und  fart  ir  hin  in  dem  nammen  gottes!4 

7. 

Wie  Cymon  mit  seiner  geraubten  jungfrau wen  gegen 
der  insel  Creta  keret,  unnd  wie  sie  schier  von  un- 

gewitter  erdruncken  waren. 

30  [Bja]*)  Da  die  jungen  Rodianer,  mehr  von  gewalt,  dann 
von  miltigkeit  bezwungen,  ime  die  jungfrawen  williglich  gaben. 

*)  Holzschnitt:  ein  scheiterndes  schiff,  ringsum  schwimmen  vier 
menschen;  vorn  am  ufer  zwei  reiter,  im  Hintergründe  eine  stadt  — 
Cento  uovella  1551  bl.  27b  und  32  b. 


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Cymon  und  Ipbigenia,  cap.  6—7. 


245 


Die  er  mit  grossen  freuden  in  seine  arm  empfieng  und  zu  ir 
sprach:  ,Edle  jungfrauw,  tröstent  euch  unnd  seit  wol  zumüt! 
Ich  binu  ewer  Cymon,  der  durch  also  langes  liebhaben  zu 
euch  ewer  mehr  wirdig  binn  dann  f Bj  b]  Pasimondas,  dem 
allein  ir  durch  versprechen  geben  worden  sindt.'  Nach  disen 
worten  sie  mit  ime  in  sein  galeen  füret  keinerley  angerüret 
und  die  Rodianer  faren  ließ. 

Wer  was  baß  zu  müt  dann  der  edel  thewr  jüngling  Cy- 
mon ?  Freilich  frölicher  ward,  dann  kein  mann  auff  erden  nie 
gewesen  unnd  der  seins  raubs  frölicher  ward  dann  Cymon.  10 
Und  da  er  nun  die  trawrige  jungfrauw  ires  wainens  und  un- 
uiüts  getröstet  hett,  sich  mit  seinen  gesellen,  wie  ime  weiter 
zu  thüu  were,  berathschlaget.  Da  ward  erkant,  das  nicht  so 
schnell  wider  inn  Cipern  zu  faren  were.  Gegen  der  insel  Creta 
kerten,  da  ir  yeglicher,  besonder  Cymon,  ein  grossen  theyl  16 
seiner  gebornen  freundt  hette;  und  umb  solcher  kundtschafft 
willen  mit  Iphigenia  dar  faren  mainten  umb  mehr  freyung 
und  Sicherung  willen. 

Aber  das  glück,  das  mit  gnüg  frölichem  aig  Cymon  die 
schone  jungfraw  verlihen  hatt,  im  nicht  beystendig  was  noch  20 
gantz  mainte  mit  trewen.    In  wenig  stunden  all  sein  freud 
und  kurtzweil  in  eyttel  wainen  und  traurigkeit  verkert  ward 
unnd  des  jungen  gesellen  überflüssige  lieb  in  eittel  trawren 
setzet.    Dann  es  waren  uit  gar  vier  stundt '  vergangen ,  da 
Cymon  die  Rodianer  gelassen  hette  und  die  finster  nacht  ko-  Sj 
men  was,  deren  er  mit  grosser  freud  wartet,  dann  er  keiner 
nacht  ye  gewartet  hett,  in  der  ein  grausam  ungestüm  wetter 
und  windt  auffstünd,  das  den  bimmel  mit  drüben  gewolcken 
unnd  das  meer  mit  [Bija]  pestilentzischem  windt  biß  in  den 
grundt  betrübet,  in  solcher  maß  das  kein  mensch  weder  ge-  ao 
sehen  noch  vernemmen  mocht,  was  zü  thün  were,  noch  die 
schiffdiener  auff  iren  füssen  stehn  mochten,  ainicherley  dienst 
zü  thün. 

Ob  sich  Cymon  eins  solchen  klaget,  da  frage  niemand 
nach.  Dann  da  erschine  nicht  änderst,  dann  als  ob  alle  gotter  & 
ime  solcher  schöner  lieb  unnd  jungfrawen  nicht  vergünten, 
unnd  damit  ime  der  todt  schwerer  were  unnd  sie  solches  inn 
solcher  form  an  ihme  wolten  rechen.  Auch  seine  gesellen  alle 


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240 


Martin  Montanus, 


unmutig  waren,  und  die  aller  trawrigest,  die  under  ihnen  war, 
das  war  die  edel  jungfrauw,  die  in  irem  klagen  und  waineu 
zu  tausent  malen  Cyraons  unmessige  lieb  verfluchet  und  sein 
grosses  behertzent  geiuüt  vermaledeyet.    Fürwar  glaubt  unnd 

5  maint,  dises  grausamen  gegenwertigen  wetters  niemandt  anders 
ursach  were  dann  allein  grosser  Übermut,  unnd  die  gotter  ime 
nicht  vergünnen  wolten,  das  er  sie  wider  ihren  willen  besitzen 
und  haben  solte  unnd  zu  seinem  hochtrabenden  willen  zu  brau- 
chen; umb  des  willen  vergünten  ihme  solliches,  damit  er  auch 

10  schendtlichs  tods  vergehn  solt.  Ir  auch  offtermals  den  tod 
wünschte,  der  ir  doch  vor  den  äugen  schwebete. 

8. 

Wie  die  galee,  daruff  Cymon  sass  mit  der  schönen 
jungfrawen,  in  die  insel  Rodi  geworffen  warde. 

15  [Bij  b]  *)  Nün  inn  solchem  trawrigen  leben  die  armen 
Bchifleut  stünden,  und  der  starck  hart  wind  sich  stets  mehret ; 
darumb  ir  hoffnung  klain  was,  niemandts  wissen  mocht,  wo 
sie  waren.  Hin  und  wider  vonn  dem  windt  getragen  wurden, 
doch  zu  letst  ohn  ir  wissen  wider  in  die  insel  Rodi  kament, 

20  da  er  die  jungfraw  genommen  hette,  aber  [Biija]  die  insel 
nicht  erkenneten.  Allen  fleifi  theten,  ihre  person  und  leben 
zu  retten,  alle  von  dem  schiff  ab  in  das  land  sassen.  In  dem 
inen  das  glück  guten  beystandt  thet,  das  sie  in  ein  kleine 
porten  der  inseln  getragen  hett,  in  dem  nicht  lang  darvor 

25  auch  die  Rodianer,  denen  Iphigenia  genomen  was,  komen  wa- 
ren; darbey  sie  erkandten,  das  sie  in  der  insel  Rodi  waren. 

Und  da  der  tag  angieng  und  der  himmel  sein  liecht  bracht 
hette,  sich  auff  ein  armbrust  schuß  bei  der  Rodianer  schiff 
ungevorlich  fanden.    Des  Cymon  mit  aller  seiner  geselschafft 

:;o  sehr  erschrocken  was  unnd  auch  grosse  sorg  hett  des,  so  ihme, 
nicht  lang  vergieng,  zu  hand  stiesse.  Bald  gebott,  wie  man 
künt  und  mocht,  das  man  sich  auß  der  porten  züge  unnd  sich 
ehe  dem  glück  dann  den  Rodianern  befalhe;  dann  sie  an  kei- 

* 

*)  Derselbe  holzschnitt  wie  bl.  A7b:  schiff  und  kahn. 


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Cymon  und  Iphigenia,  cap.  7 — 9. 


247 


nem  end  erger  stehn  mochten  als  da.  Und  all  ir  sterck  brauch- 
ten auß  der  porten  zü  fahren;  aber  alle  mühe  unnd  arbeit 
waren  verloren  und  was  alles  umb  sunst.  Dünn  der  heftig 
starck  windt  sie  alle  zeyt  wider  zü  ruck  schlüge;  darumb  on 
möglichen  was  hinauf  zü  kommen.  Und  nach  lnnger  mühe  ■'- 
und  arbeyt  mit  gewalt  der  windt  die  galeen  an  das  landt 
schlug.  Da  wurden  sie  alle  von  den  Rodianern  gefangen,  er- 
kandt  und  gehn  Rodis  in  gefencknuß  gefüret;  des  die  Ro- 
dianer  alle  fro  und  wol  zü  müt  waren, 

Also  es  dem  edlen  herren  Cymon  mit  seiner  lieb  ergienge.  io 
Und  sein  aller  liebste  Iphigenia,  die  [Biij  b]  er,  nit  lang  was, 
genommen  hett,  sie  hie  wider  verlor,  von  der  er  nicht  andere 
freud  genommen  und  empfangen  hette  dann  allein  etlich  süß 
halsen  und  küssen.  Also  Iphigenia  in  freuden  außfür,  von 
etlichen  edlen  frawen  zü  Rodis  empfangen  ward,  irer  trübsal,  13 
gefencknuÜ  und  müh  den  mehrern  theyl  getröstet.  Bey  den 
selbigen  frawen  sie  biß  auff  den  benamten  *tag  der  newen 
hochzeyt  blib. 

Unnd  den  jungen  Cymon  mit  sampt  seinen  gesellen  umb 
der  redlichen  freyheyt  willen,  die  er  des  tags  darvor,  da  er  so 
die  Rodianer  bestritt,  mit  inen  begangen  hett,  und  umb  der 
güten  geselschafft  willen,  die  er  ihnen  da  hett  bewisen,  ihme 
und  allen  seinen  gesellen  das  leben  sicherten,  (als  vor  ge- 
schriben  ist,  sie  in  keinen  weg  iren  todt  haben  wolten)  das 
doch  inen  der  new  breutigam  in  all  weg  süchet  zü  nemen.  s& 
Und  da  das  nicht  gesein  mocht,  er  den  Cymon  inn  ewige  ge- 
fencknuß  banuet.    Darumb  wol  zü  sorgen,   er  und  seine  ge- 
sellen in  grossen  Ängsten ,  layd ,  pein  und  schmertzen  sein 
mochten,  sich  aller  hofihung  ewig  verwegen  hetten.  Und  Pasi- 
niondas  sein  hochzeyt  auffs  beldest  zürichtet ;  den  güten  jungen  ao 
Cymon  mitt  seiner  geselschafft  im  gefencknuß  ligen  Hessen. 

9. 

Wie  Cymon  durch  hilff  Horinisdas  *)  sampt  seiner 
geselschafft  ledig  gelassen  waide. 

*)  lies:  Lyaimachi. 


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248 


Martin  MontaniiB, 


[Biiija]*)  Nün  in  solchem  jamer  und  klagen  der  armen 
gefangenen  das  glück  sich  wider  zü  in  keret,  rew  und  layd 
irenthalben  einpfienge,  newe  ursach  ires  bavls  zü  gab  und 
verhenget. 

ö  Es  hette  Pasimondas,  der  breutgain,  ein  bröder  jünger 
an  dem  alter,  dann  er  was,  aber  nicht  jünger  an  vernunfft 
und  sinnen,  mit  nammen  ge-[Biiijb]nennet  was  Horroisdas, 
dem  man,  gute  zeyt  was,  ein  edle  jungfraw  genant  Casaandra 
solt  zü  eynem  weib   geben  haben.    Die  selbig  jungfrauw  ein 

10  edelman  von  der  stat  bület  find  huldelt,  genant  Lysiinachus, 
den  sie  vonn  gantzem  hertzen  lieb  hett  unnd  auch  villeicht 
irem  willen  zü  dem  seineu  gehabt  het.  Nün  Pasimondas  sein 
hochzeit  und  freud  zü  beraitet,  wo!  gedacht,  die  zwo  freud  mit 
einer  speiß  man  außrichten  möchte.    Das  an  Hormisda  unnd 

iö  Cassandra  freundt  langen  Hesse ;  darzü  sie  willig  unnd  berait 
waren,  seitemal  er  Iphigenia  zü  kirchen  füret,  das  Hormisdas 
Cassandram  auch  füret. 

Da  das  Lysimachus  vernam,  betrübet  wardt  biß  inn  den 
todt,  grosses  layd  unnd  übel  gefallen  daran  hatte;  dann  er 

*)  sich  ihr  entfrembdet  sähe.  Dann  sein  maynung  was,  das  Hor- 
misdas vorgenant  sie  nicht  neramen  solt,  sonder  er  sie  selbst 
zu  der  göttlichen  ehe  haben  wolt.  Doch  als  ein  weyser  junger 
sein  trübsnl  mit  mit  gedult  vertrüg  unnd  mit  ihme  selbst  be- 
dencken  ward,  wie  er  das  understehn  unnd  hindern  möcht,  da- 

l>o  mit  solliche  freud  zerstöret  würd.  Aber  keinen  weg  nicht  ver- 
name  dann  alleiu  mitt  gewalt.  Unnd  gewalt  zü  brauchen 
ihme  ein  geringe  sach  was  umb  des  ampts  willen,  das  er  zü 
der  zeyt  hette  (dann  er  was  der  statt  richter);  doch  das  zü 
thün  ine  mehr  unehrlich   dann  ehrlich  dauchte.    Doch  nach 

au  langem  bedencken  unnd  seynem  fürnemen  er  der  liebe  den 
weg  gab,  er  the-[Bva]te  recht  oder  unrecht.  Ihm  gantz  füruain, 
Cassandram,  die  dann  mit  dem  Hormisda  unnd  dem  vorgenanten 
seinem  brüder  Pasimonda  unnd  Iphigenia  seinem  gemahel  zü 
kirchen  wolten  gehen,  mit  gewalt  zü  nemmen ;  anhüb  zü  be- 

* 

*)  Derselbe  holzschnitt  wie  in  Guiacardus  und  Sigistnunda 
bl.  Bj  a :  ein  gefangener  im  türm,  davor  sitzen  zwei  wäcbter.  15  liea- 
sen  A. 


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Cymon  und  Iphigenia,  cap.  9. 


249 


dencken,  was  zü  thün  were,  was  geselschafft  ihme  darzü  fug- 
lich were,  was  weg  unnd  Ordnung  er  halten  solte. 

Inn  solchem  seinem  bedencken  ihme  Cymon,  den  er  mit 
seiner  geselschafft  iun  gefencknuß  hette,  inn  gedancken  kam, 
wie  er  zü  seinen  Sachen  nicht  besser  oder  getrewer  geselschafft  ö 
haben  mochte  dann  Cymon.  Unnd  ihne  desselben  nachts  auß 
der  gefencknuß  in  sein  kammer  kommen  schaff,  also  zu  inie 
sprach:  ,Cymon,  zö  gleicher  weyß  als  die  gotter  dem  men- 
schen gute  unnd  milte  geber  sindt,  also  sie  auch  die  Versucher 
sin  dt  irer  tugent  unnd,  die  selben  sie  stet  unnd  fest  finden  10 
inn  allen  iren  Sachen,  die  selben  sie  hoher  und  redlicher  gab 
wirdig  machen.  Die  haben  auch  dich  und  dein  tugent  mit 
mehr  experients  versuchen  wollen  (das  inn  deins  vatters  hauß, 
den  ich  ein  reichen  henren  erkenn,  nicht  hat  sein  mögen)  und 
dich,  nachdem  ich  vernim,  von  erst  mit  iren  brinnenden  fackeln  15 
der  liebe  von  einem  unvernünftigen  thier  zu  einem  fürsich- 
tigen weysen  mann  bracht  haben,  darnach  mit  schwerem  Un- 
glück yetz  vorhanden  inn  gefencknuß  gethon  haben.  Und  das 
allein  gethon  haben,  dich  züversüchen,  ob  dein  gemüt  inn  ge- 
dult  bestendig  sey  oder  ob  es  [Bvb]  sich,  nach  dem,  unnd  20 
nicht  lang  ist,  du  frölich  wärest  deins  gewunnen  ranbs  hal- 
ben, wider  betrübt  hab.  Bistu  nun  der  selbig  noch,  der  du 
gewesen  bist,  kein  frSlicber  ding  dir  von  den  göttern  nie  mehr 
gegeben  ward,  als  sie  diryetzund  zü  schicken  unnd  berait  haben. 

,Unnd  damit  du  dein  verlornen  trost  unnd  stercke  wider  20 
empfahest  unnd  von  neuwem  dein  hertz  inn  frid  setzest,  ich 
dich  wol  underrichten  will,  wie  Pasimondas,  der  deins  Scha- 
dens so  groß  gefallen  hatt  und  darzü  auch  ein  fleissiger  pro- 
curator  deins  todts  gewesen  ist,  der  da  mitt  grosser  eyl  die 
hochzeyt  mit  seiner  Iphigenia  zü  beraittet  und  mitt  deinem  ao 
raub  sein  freud  dir  zü  layd  zü  haben  vermaint,  die  dir  ein 
frölich  glück  geben  unnd  berait  hatt  unnd  den  [!]  so  gechling 
wider  nam.    Das  dir  on  zweyfel  sol  wehe  thün,  hastu  änderst 
liebe,  wie  ich  maiu  unnd  wie  ich  das  bey  mir  selbst  bedenck 
unnd  erkenne.    Dann  mir  nicht  minder  dann  dir  sollich  un-  *> 
glück  auff  einen  tag  zü  gestanden  ist;  dann  der  jung  Hor- 
misdas,  Pasitnonde  brüder,  sich  schicket  mit  meiner  lieben 
Cassandra,  die  ich  ob  alleu  frauwen  lieb  hab,  eben  das  auch 


250 


Martin  Moutanus, 


mir  zü  thün,  das  dir  Pasimondas  mit  Iphigenia  gethon  hatt. 
Unnd  aber  dem  zü  wider  stehn  unnd  solche  freud  inn  betrii- 
bung  zü  setzen,  ich  keinen  weg  sihe  noch  erkenn  dann  allein 
die'tugent  unser  bayder  geniüt  unnd  stercke  unser  hand  unnd 

;»  waffeu,  die  on  zweyfel  uns  den  weg  geben  wer-[B6a]den  zü 
dem  andern  raub  unser  bayder  frawen,  wiewol  ich  glaub,  du 
verzweyfelt  habest  die  deinen  nicht  mehr  zü  sehen,  wiewol  die 
wider  zühaben  dir  besonder  freud  brecht. 

,Darumb,  Cymon,  güter  freundt,  damit  ich  meiner  ange- 

iu  fangenen  matery  nach  kommen  mog,  die  gätter  mich  des  wegs 
underricht  und  des  weyß  gemacht  haben.  Darumb  bedenck 
dich  gar  eben  !  Dann  gott  hatt  dir  dein  glück  auff  dise  stundt 
zugesandt/ 

Solche  wort  und  red  dem  Cymon  sein  verlorne  hoffnung 

15  ein  klein  wider  brachten.  Mit  kurtzen  Worten  zü  Lisimacho, 
dem  amptman,  sprach :  ,Edler  Lisimache,  zü  disen  Sachen  du 
nicht  sterckern  noch  festern  getreuwern  freundt  unnd  gesellen 
dann  mich  haben  magst,  seitemal  mir  nachvolgen  soll,  als  du 
gesprochen  hast.    Darumb,  was  zü  thün  sey,  laß  mich  wis- 

20  sen !  Soltu  sehen,  ob  ich  nicht  deinem  und  meinem  willen 
ein  genügen  thün  wolle.* 

Lysimachus  sprach :  ,Von  heut  Über  drey  tag  bayde  newe 
breut  von  erst  zü  ihren  mannen  gehn  werden.  Da  du  mit 
deinen  gesellen  unnd  ich  mit  ettlichen  meinen  besten  freunden, 

25  so  sich  tag  unnd  nacht  schayden  unnd  ir  freud  am  besten  ist 
unnd  zü  tisch  sitzen,  wir  sie  mit  gewapneter  handt  überfallen 
wollen  unnd  mit  gewalt  bayd  frauwen  nemmen ;  unnd  alle,  die 
dem  widerstehn  wollen,  von  unsern  banden  den  todt  on  alle 
barmhertzigkeit  empfahen  sollen.  So  hab  ich  inn  gehaim  mein 

30  groß  schiff  zü  berait,  sie  darein  zü  füren  und  nach  [B6b]  uu- 
serm  willen  von  dannen,  wo  uns  hin  liebet,  zü  schiffen.4 

Dise  Ordnung  dem  edlen  gefangenen  Cymon  groß  gefallen 
was ;  unnd  solcher  zeyt  züwarten,  wider  in  gefencknuß  ging, 
damit  er  von  niemandts  vermerckt  würde. 


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Cymon  and  Iphigenia,  cap.  9  —  10. 


251 


10. 

Wie  Cymon   unnd  Lisimachus  die  hochzeyt  über- 
fielen, die  tisch  zü  bodeu  wurffen  nund  die  zwo 
neuwe  breut  zü  schiff  schickten. 

Nun  der  tag  solcher  hochzeyt  kommen  was,  die  hochzeyt  •*> 
mitt  grosser  herlicheyt,  freud  unnd  schall  zü  beraitet  ward ; 
das  häuft  bayder  brüder  mit  allen  iren  freunden  vol  was.  Da 
nun  Lisimachum  zeyt  daucht ,  mit  Cymon  sein  Ordnung  gab, 
und  ir  geselschafft  in  drey  partheyen  thailten.    Die  erst  par- 
they  an  die  port  des  meeres  schickten,  damit  inen  der  weg  io 
des  schiffs  nit  vertretten  würde.    Doch  vor  Lysimachus  die 
gantze  geselschafft ,  was  zü  thün  were ,  underricht  und  mit 
den  zweyen  theylen  sich  inn  Pasimonda  häuft  auff  die  hoch- 
zeyt füget.    Unnd  von  den  zweyen  theylen  das  ein  theyl  an 
der  porten  des  häuft  lieft,  damit  er  in  dem  häuft  nicht  macht  lo 
verspert  sein,  unnd  mit  dem  dritten  theyl  er  und  Cymon  über 
die  stegen  des  häuft  auff  stigen  inn  den  schonen  saal,  da  die 
zwo  breut  mit  vil  ander  frawen  unnd  [B7a]  mannen  zü  tisch 
sassen.  Da  wurffen  Cymon  und  Lisimachus  die  tisch  zu  boden, 
und  ein  yeglicher  die  seine  nam  und  seinen  gesellen  gab,  inen  90 
gebotten,  das  sie  bald  zü  dem  schiff  eylten. 

Des  alle  frauwen  und  mann  erschracken,  sonder  die  zwo 
newen  breut  anhüben  klaglichen  zü  waynen  und  ir  layd 
zü  klagen,  deft  selben  gleichen  alle  die,  die  mit  inen  waren ; 
das  gantz  häuft  was  foll  rumor  und  geschray.  Cymon  und  95 
Lisimachus  zü  iren  blossen  sch werten  griffen ,  inen  den  weg 
über  die  stegen  hinab  weit  machten,  zü  dem  häuft  auftgiengen. 
In  dem  Pasimondas,  der  ein  breutigam,  mitt  einem  grossen 
brigel  züm  rumor  inen  entgegen  kam;  dem  Cymon  an  der 
selben  statt  das  leben  nam,  im  sein  haupt  entzwey  spielt.  Dem  au 
Hormisda,  sein  brüder,  zü  hilff  käme ;  aber  er  schlüg  in  auch 
zü  todt.  Unnd  alle,  die  zü  solchem  rumor  kamen,  von  Lisi- 
macho  und  Cymon  verloren  entweders  das  leben  oder  wurden 
zü  ruck  geschlagen;  imm  häuft  unnd  vor  dem  häuft  alles  mit 
blut  verdeckt  was.    Das  mit  jamer  und  kläglichen  wainen 


252 


Martin  Montanus, 


Hessen  also  stehen,  mit  irem  raub  und  schönen  frauwen  ohn 
alle  irrung  in  das  schiff  giengen. 

Inn  dem  die  porten  des  meers  alle  voll  mit  gewapnetem 
volck  gelauffen  waren,  aber  ir  lauffen  und  schreyen  umb  sonst 

5  was.  Zühandt  das  schiff  die  segel  zohe;  mit  freuden  die  schö- 
nen frauwen  von  dannen  segelten,  inn  die  insel  Creta  flohen. 
Da  sie  von  iren  freunden  ehrlich  empfangen  wurden,  [B7b] 
und  bayd,  Cymon  und  Lisimachus,  yeglicber  die  seyn  zü  der 
ehe  nam;  grosse  freud  unnd  kostliche  hochzeyt  miteinander 

10  hetten.  In  Cypri  und  Rodi  das  geschrey  Ober  die  zwen  mann 
groß  was.  Doch  nach  etlicher  vergangner  zeyt  die  freund 
mit  einander  sovil  brauchten,  das  nach  etlichen  jaren  Cymon 
mit  Iphigenia  inn  Cypri  unnd  Lisimachus  mit  Cassandra  gehn 
Rodi  berüfft  wurden,  da  sie  lange  zeyt  mit  freuden  mitein- 

i:>  ander  lebten. 


Gedruckt  zft  Strasburg 
in  Knoblauchs  Druckerey. 


> 


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Gartengesellschaft. 


253 


Das  Ander  theyl  der 

Garten  gesellschafft. 

In  disem  Büch 

lin  findt  man  gar  vil  schö- 
ner, lustiger,  kurtzweiliger  vnnd  s 

schimpffiger  Hystorien,  beyde 
au  ff  dem  feld  vnd  heu- 
sern,  lustig  zü 
lesen. 

Durch  Martinum  Mon  w 

tanum  besehriben  vnd  in 
druck  geben. 

Zü  Strafsburg,  durch  Pall- 
ium Messerschmidt. 


* 

Zeile  1,  3,  10  und  13  sind  rot  gedruckt.  Die  Schreibung  in  z.  3 
(In)  konnte  oben  nicht  genau  wiedergegeben  werden. 


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Gartengesellschaft,  vorrede. 


255 


[Ajb]  Ann  den  leser. 

All  die,  so  kurtzweil  wollen  haben, 
Es  seyen  frawen  oder  knaben, 
Inn  gärtten  oder  auff  dem  veldt 
Oder  anch  inn  krieges  gezelt, 

Die  kanffen  diss  buchlin,  welches  schon  •'• 
Und  lastig  ist,  gantz  wolgethon. 
Es  sagt  von  abenthürlichen  sachen, 
Das  gewisslich  einer  mus  lachen; 
Wann  schon  einer  wer  halb  dodt 

Oder  aunst  steckt  inn  grosser  not,  10 
Das  er  nicht  konte  frolich  sein, 
Und  einer  less  dis  buchlin  mein, 
So  vergiBst  er  als  bald  den  unnult 
Und  würt  erfült  mit  freuden  gut. 

Wann  du  auch  yetz  urdrützig  bist  \;> 
Der  schweren  bftcher,  die  du  lisst, 
Oder  sunst  mit  gschefften  bist  beladen, 
So  thut  dich  dis  mein  buchlin  erlaben. 
Kauff-es  und  liss  es  fleissiglich! 

Fürwar  es  würt  sehr  nützen  dich;  üo 
Es  ist  nicht  narrenwerck  und  kinderspil, 
Wie  man  sonst  findt  der  bucher  vi), 
Die  keinem  menschen  sind  nicht  nütz, 
Sonder  allein  treiben  unütz  gschwetz, 

Darinn  kain  freud  noch  kurtzweil  ist,  2ö 
Wie  man  inn  meinem  buchlin  lisst. 
Nicht  das  ich  andere  dardurch  veracht 
Oder  mich  allein  hochtrabig  macht 
[Aija]  Und  andre  darzu  schetz  nicht  gfit, 

Das  trag  ich  nicht  in  meinem  müt.  :w 
Dann  vil  schone  buchlin  sind  geschriben, 
Gegen  den  das  mein  würt  überbliben; 


256 


Martin  Montanu«, 


Hiergegen  man  vil  loser  findt 
Und  die  nicht  werdt  des  druckens  sindt, 
Inn  den  kein  kurtzweil  ist  verfasst, 
Die  man  auch  fast  dem  drucker  lasst, 
ö  Dem  mussens  maclaturn  bleiben. 

Von  den  selben  scribenten  thu  ich  schreiben, 
Damit  werden  vil  buchlin  verschlagen. 
Die  uff  in  vil  kurtzweil  tragen. 
Nun  bin  ich  des  wol  überhebt, 

10  Das  mir  solchs  werde  auff  gehebt ; 

Dann  ich  allein  die  besten  hab 
Und,  deren  ich  selb  freuden  trag, 
Hieher  gesetzt  dem  gmeinen  man 
Zu  güt,  das  er  auch  künde  han 

i;>  Vil  frewd  und  kurtzweil  mit  lesen, 

Damit  vergess  des  teuflischen  wesen 
Ja,  das  das  gm  eine  volck  yetz  treibt 
Und  an  bescheid  nichts  überbleibt. 
Vil  besser  ist,  man  lese  mich, 

20  Dann  das  man  inn  bossheit  nbe  sich, 

Die  man  zu  vil  mir  treiben  thut 
Inn  biiberey  unnd  argem  müt. 
Kein  biiberey  will  sein  zu  vil, 
Man  übt  yetzt  alle  bose  spil 

S»  Mit  spilen,  fressen  und  mit  sauffen. 

In  hurey  man  thut  umblauffen, 
Gott  und  seiner  heiigen  man  vergisst. 
Sunst,  wann  man  inn  mein  büchlin  lisst, 
[Aijb]  So  würt  darinn  doch  gottes  ermant 

:*)  Und  auch  gestrafft  umb  grosse  schand. 

Die  man  tiiglichs  ziivil  thut  treiben 
Mit  rassleu,  spilen  und  mit  weiben. 
Kurtzweylige  stücklin  sind  darin, 
Die  warlich  nicht  zuwerffen  hin. 

ü.  Aber  hiegegen  sind  auch  gesetzt, 

Damit  sich  der  mensch  nicht  verletzt, 
Erschrockenliche  cli'igliche  historia; 
Die  selbig  ich  beschriben  da 
Neben  den  kurtzweyligen  wolgethon, 

40  Die  ich  nicht  underwegen  glon. 

Darumb,  mein  freundtlicher  lieber  leser. 
Desgleichen  auch  du  zuhorer, 
Nim  hin  die  buchlin,  liss  mit  fleis! 
Mich  nicht  straffen  würst,  ich  gwiss  weis, 

4:*  Sonder  stets  dancksagen  mir 


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Gartengeae  11  schuft,  cap.  1 


257 


Das  ich  so  günstig  bin  gwesen  dir 
Und  dir  das  büchlin  hab  gemacht. 
Hab  du  allein  daraoff  gilt  acht 
Und  volg  im,  wa  es  dir  nagt  gfit! 

Wa  nicht,  so  trag  kein  unniut  5 

Darab !   Und  wa  auch  etwas  wer 

Darin  geschriben,  das  dich  deucht  wunderber 

Und  ungleublich,  so  ist  es  nit  gesungen, 

Das  du  es  ziiglauben  bist  gezwungen, 

Und  hat  die  sach  ein  solchen  bschaid:  iu 
Glaubsta  nit,  so  bist  darumb  kein  haid. 


[la]  Ein  armer  mann  sagt  zü  seinen  kindern,  sie  Söl- 
ten den  leuten  die  gänss  lassen  gehn. 

Das  erst  capitel. 

Einem  armen  mann  wa*  auff  ein  zeyt  ein  ganss  züge-  i;> 
standen,  die  er  vileicht  kaufft,  ehe  sie  feyl  worden  war.  Und 
als  sie  bereit  war,  und  nün  zü  tisch  sassen,  begab  sich,  das 
der  mann,  der  die  ganss  verloren,  ein  argwon  auff  den  armen 
mann  hett,  für  des  armen  manns  fenster  kam  und  horchet, 
ob  er  sie  doch  höret  die  ganss  essen  oder  darvon  reden.  Wie  20 
solches  der  güt  arm  mann  höret,  sprach  er  zü  seinen  kindlin: 
Rieben  kindlin,  essent  das  habermüss,  bettendt  und  sind  frunim 
und  lond  den  leuten  ihre  gans  gehn,  damit  nicht  über  uns 
zü  klagen  kum!1 

Der  güt  mann ,  des  die  ganss  was,  solche  red  vor  dem  20 
fenster  erhöret  hett,  heim  zöge  und  zü  seiner  frawen  sprach: 
, Warlich  der  mann,  auff  den  wir  unser  ganss  halben  ein  arg- 
won gehapt,  ist  unschuldig ;  dann  er  seine  kindlin  so  fein  er- 
manet,  wie  sie  sollen  den  leuten  die  gänss  gehn  lassen  und 
ein  habermüss  darfür  essen.4  Also  blib  dem  armen  mann  die  ao 
ganss,  unnd  müst  diser  den  schaden  haben. 

Montan  us  17 


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2f>8 


Martin  Montanns, 


Fünff  vatter  unser  beth  ein  fraw  ihrem  mann  in 
ein  karnierlin  und  heist  ihn  damit  gehn  marckt  gehu, 

sie  zü  verkauften. 

Cap.  2. 

5  [lb]  In  einem  dorff  nahent  bey  Dinckelspübel  sass  ein 
armer  mann,  der  ein  fraw  unnd  vil  kleiner  kinder  und  nichts 
darzü  hatt,  dann  was  er  täglicbs  mit  seiner  sauren  arbeit  ge- 
wann. Unnd  eins  mals  saget  die  fraw  zü  ihme :  ,Lieber  bauss- 
würt,  es  gehn  alle  unsere  nachbauren  gehn  marckt,  verkauf- 

10  fent  und  kauffen,  und  wir  allein  bleiben  daheim  und  verkauf- 
fent  nichts.  Darumb  will  ich  dir  fünff  vatter  unser  in  ein 
karnierlin  betten.  Mit  den  selbigen  zeuch  zü  marckt  und  ver- 
kauff  sie,  darnach  kauff  uns  fleisch,  das  wir  doch  auch  ein 
mal  ein  fleischsuppen  essen  !4 

K»  Nün  der  güt  mann  zohe  mitt  seinem  karnier  unnd  den 
fünff  vatter  unsern  gehn  Dinckelspühel  uff  den  marckt  unnd 
satzt  sich  zü  andern  bauren,  die  korn,  saltz,  schmaltz,  kass, 
ayer  und  anders  feyl  hatten.  '  Wann  er  dann  gefragt  ward, 
was  er  feyl  hette,  sprach  er:  ,Ich  hab  fünff  vatter  unser  in 

s»  einem  karnierlin  feyl.4  Da  nün  yederman  verkaufft  hatt,  sass 
mein  güter  armer  mann  noch  mit  seinem  carnierlin  unnd  den 
fünff  vatter  unsern  unnd  kundt  sie  nicht  verkauffen  und  so  lang 
sass,  biss  es  für  die  metzger  in  der  statt  kam. 

Nün  die  metzger,  die  auch  zimlich  güt  spottvogel  sindt, 

2.)  hienfür  an  den  marckt  giengen  unnd  den  armen  mann  fragten, 
was  er  doch  im  carnier  feyl  hette.  Von  dem  ihnen  als  bald 
geantwort  warde:  ,lch  hab  fünff  vatter  unser  feyl.*  Der  ein 
metzger  hüb  an  unnd  sprach:  ,Wolan,  kumm  her!  Ich  will 
dir  als  schwer  fleisch  für  dein  secklin  geben,  als  schwer  es 

w  ist.4  Des  der  bawr  wol  zü  friden  was ,  in  die  metzig  gieng. 
Der  metzger  legt  das  secklin  auff  die  ein  schüssel  und  fieng 
an  fleisch  auff  die  ander  schüssel  zü  legen,  erstlichs  zwey 
pfundt,  darnach  vier  pfundt.  In  summa,  er  legt  auff  hin  bis 
auff  ein  zentner;  [2a]  es  wolt  das  secklin  nicht  hienwegen. 
Er  nam  alles  das  gewicht,  so  in  der  metzig  war,  und  legts 


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Gartengeaellschaft,  cap.  2—4 


250 


auff;  das  secklin  war  als  schwerer.  Letstlich,  da  sie  nicht 
gewicht  genüg  hetten,  gaben  sie  dem  bauren  sein  carnierlin  foll 
fleisch  und  Hessen  ihn  hienziehen. 

Ein  narr  wainet,  wann  die  sunn  schinn,  und  lachet, 

wann  es  regnet.  * 

Cap.  3. 

Auff  ein  zeit  was  ein  narr  oder  thor.  Derselbig  alle  zeit, 
wann  es  schön  war  und  die  sunn  schinn,  wainet  und  sich  sehr 
Obel  gehüb,  und  wann  es  regnet  und  ungestüm  wetter  war, 
so  lachet  er  und  frewet  sich.  Unnd  wann  ihn  die  leut  fragten,  io 
warumb  er  lachet,  wans  wüst  wetter  wer,  und  wainet,  wann 
die  sunn  schinn,  des  sich  doch  yederman  frewet,  sprach  er: 
,.Ja,  wann  es  schon  ist,  so  möss  ich  sorgen,  das  es  regnet; 
darumb  wain  ich.  Unnd  wann  es  regnet,  so  nifiss  ich  warten, 
wann  schön  wetter  kumpt;  darumb  lach  ich.4  15 

Daher  diss  Sprichwort  kumpt:  Post  nubila  Phoebus. 

Ein  narr  kaufft  ein  hafen  mitt  dreyen  füssen  und 
stelt  ihn  auff  den  weg,  heist  ihn  heim  lauffen. 

Cap.  4. 

Ein  arme  fraw  hett  ein  sün ,  den  der  müller  auch  mit  20 
dem  sack  geschlagen  hett;  und  uff  ein  zeit  schicket  sie  ihn 
in  ein  andern  flecken  gehn  marckt,  ein  hafen  und  für  ein 
pfenning  nadlen  zükauffen. 

Der  güt  narr  zohe  gehn  marckt  unnd  kauffte  ein  hafen 
mitt  dreyen  füssen  und  für  ein  pfenning  nadlen,  wie  ihm  sein 
müter  bevol-[2b]hen  hette.  Und  als  er  ausshien  gieng,  begab 
sich,  das  er  zü  einem  füder  hew  kam,  das  in  sein  flecken  für. 
Der  narr  bald  die  nadlen  nam,  die  inn  das  hew  steckt  unnd 
sprach :  ,Wolan,  ir  farent,  so  gang  ich ;  welchs  will  am  ersten 
daheim  sein  ?'  Darnach  den  hafen  nam,  den  auff  den  einen  ») 
weg  setzet,  er  den  andern  gieng  und  sprach:  ,Wolan,  hafen, 
du  hast  drey  füfi  und  ich  nür  zwen;  welches  will  am  ersten 

17* 


260 


Martin  MontanuH, 


daheim  sein?'  Damit  den  nechsten  heim  lieff,  vermeint,  sein 
hafen  und  nadlen  solten  daheimen  sein. 

Und  als  der  narr  heim  kam,  fragt  ihn  die  muter,  wa  er 
das  eiugekautfte  ding  hett,  erzelt  er  ihr  die  sach,  wie  er  ge- 
5  handlet  het.    Davon  die  muter  sehr  zomig  ward ,  selbst  in 
die  statt  zöge  und  anders  kau  ff  t. 

Ein  schone  history  von  einer  frawen  mitt  zweyen 

kindlin. 

Cap.  5. 

io  Ein  güter  armer  mann  hett  ein  fraw,  vonn  deren  er  zwey 
döchterlin  hett.  Und  aber,  ehe  die  selbige  kindlin,  deren  das 
kleinst  Margretlin  und  das  gröst  Annelin  hiess,  erwachseu 
waren,  starb  ihm  die  erste  fraw,  derhalb  er  ein  andere  naui. 
Nun  warff  aber  die  selbig  fraw  ein  neyd  auff  das  Margretlin 

!•>  unnd  hette  gerne  gewolt,  das  es  todt  were  gewesen ;  doch  das- 
selbig  selbst  umb  zfibringen  sie  nicht  güt  daucht,  und  mit 
listen  zohe  sie  das  alter  meitlin  an  sich,  das  es  ihr  holdt  und 
der  Schwester  feindt  warda. 

Und  eins  mals  begab  sich,  das  die  müter  unnd  die  altist 

2o  dochter  bey  einander  sassen  und  berhatschlagten,  wie  sie  ihm 
doch  thün  wolten,  das  sie  des  meitlins  abkemen ;  und  be- 
schlossen endtlich,  das  sie  mit  einander  wolten  in  den  waldt 
gehn  und  das  meitlin  mit  ihn  [3a]  nemmen,  unnd  in  dem 
wald  wolten  sie  das  meitlin  verschicken,  das  es  nicht  mehr 

25  zu  ihn  kummen  künte. 

Nün  stunde  das  meitlin  vor  der  stuben  th&r  und  horte 
alle  die  wort,  so  sein  müter  und  Schwester  wider  es  redten 
unnd  ursach  zü  seinem  todt  suchten,  sehr  betrübt  was,  ohn 
alle  ursach  so  jemerlich  zü  sterben  und  von  den  wolfen  zer- 

w  rissen  zü  werden.  Und  also  betrübt  ging  es  zü  seiner  dotten 
oder  göttel,  die  es  aus  der  tauff  gehebt  hette,  und  klaget  ihr 
die  grosse  untrew  unnd  tödtliche,  mörderische  urtheyl,  über 
sie  von  der  Schwester  unnd  müter  geschehen.  ,Nun  wolan\ 
8p räch  die  güt  alt  fraw,  ,mein  liebs  kindt,  dieweil  dein  sach 


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Gartengesellachaft,  oap.  5. 


261 


ein  solche  gestalt  hatt,  so  gang  hien  und  nim  segmel  und, 
wann  du  deiner  müter  nachgehst,  strewe  es  als  vor  dir  anhien  ! 
Wann  sie  hernacher  schon  von  dir  lauffen,  so  geh  du  dem 
selbigen  gespor  nach,  so  kumstu  wider  heim.4 

Die  gut  dochter  thet,  als  ihr  die  alt  fraw  bevolhen  hett.  ö 
Und  wie  sie  hienauss  in  wald  kam,  setzt  sich  ihr  müter  nider 
und  zürn  altera  meidlin  sagt:  ,Kumb  her,  Annelin,  unnd  süch 
mir  ein  lauss!  So  geht  dieweil  das  Gretlin  hien  und  klaubet 
uns  drey  bürdin  holtz;  so  wollen  wir  an  disem  ort  sein  war- 
ten, darnach  gehn  wir  mitt  einander  heim.4  10 

Nün  das  güt  arm  döchterlin  zohe  hien  und  strewet  als 
vor  ihm  anhien  das  segmel  (dann  es  wol  wust,  wie  es  ihm 
gehn  würde)  und  samlet  drey  bürdin  holtz.  Und  als  es  die 
gesamlet,  nam  es  sie  auff  den  kopff  und  trüg  sie  an  das  end, 
da  es  sein  stieffmüter  und  Schwester  gelassen  het.  Als  es  aber  lö 
dar  kam,  fand  es  sie  nicht ;  doch  seine  drey  büschlin  auff  dem 
kopff  behielt  und  seinem  gemachten  weg  nach  wider  heim 
zohe,  die  drey  büschlin  abwarff. 

Und  als  es  die  müter  ersähe,  sprach  sie  züm  meitlin: 
,An-[3b]nelin,  unser  dochter  ist  wider  kummen,  und  hat  uns  au 
all  unser  kunst  gefeiet.  Darunib  wollen  wir  morgen  an  ein 
ander  ort  gehen  und  das  meitlin  aber  von  uns  schicken;  so 
würt  es  nicht  mehr  mögen  heim  kummen,  so  sind  wir  her- 
nacher sein  ledig.4 

Nün  het  das  güt  Margretlin  abermals  solche  wort  gehört,  20 
wider  zü  seiner  göttel  lieff  und  ihr  die  handlung  anzeigt. 
,Wolan',  sprach  die  fraw,  ,ich  sihe  wol,  das  sie  dir  nach  dei- 
nem leben  stellen  und  nicht  rhü  haben  werden,  biss  sie  dich 
umbringen.  Darumb  so  geh  yetz  hien  und  nim  sprewer  und 
strew  die  abermals  vor  dir  hien,  wie  du  mit  dem  segmel  ge-  :w 
thon  hast !  So  kanstu  wider  heim  kummen.4 

Als  nün  das  meitlin  wider  heim  kam,  sagt  sein  müter: 
, Kummet  her,  Gredtlin  und  Annelin!  Wir  wollen  gehn  in  wald.4 
Das  alter  meitlin,  als  das  umb  alle  sach  gar  wol  wust,  auch 
hilff  und  rhat  darzü  gethon  hette,  gantz  frölich,  aber  Gredtlin  % 
hergegen  gantz  traurig  hinauss  zöge.  Und  als  sie  in  wald 
kamen,  setzt  sich  die  böss,  arglistig,  zernichtig  fraw  nider  und 
sagt  züm  Annelin:  ,Kumm  her,  Annelin,  und  fahe  mir  ein 


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262 


Martin  Montanus, 


lauss!  So  gehet  das  Gredtlin  hien  und  süchet  dieweil  yeg- 
lichem  ein  bürde  holtz ;  darnach  gehn  wir  wider  heim.' 

Das  arm  Gredtlin  gieng  hien  und  süchet  holtz,  unnd  ehe 
es  wider  kam,  war  sein  müter  und  Schwester  hienweg.  Nön 

o  gieng  das  güt  Gretlin  mit  seinem  holtz  den  sprewern  nach, 
biss  es  wider  heim  kam.  Unnd  als  es  von  seiner  müter  ge- 
sehen ward,  sagt  sie  zürn  Annelin :  ,Unser  ellendt  meitlin  kumpt 
wider.  Nün  wollen  wir  sehen,  wie  wir  sein  abkummen,  und 
solt  es  uns  etwas  gross  kosten.  Und  wir  wollen  morgen  wider 

10  in  wald ;  da  wollen  wir  sehen,  das  es  dahinden  bleib.4 

Solche  red  das  meitlin  abermals  gehört  het-[4a]te  und 
zftiu  dritten  mal  zu  seiner  basen  gieng,  die  rhatsfraget,  wie 
es  ihm  doch  thön  solte.  ,Nün  wolan,  liebs  kindt4,  sagt  die 
fraw,  ,so  geh  hien  und  nim  hanffsamen,  sähe  den  als  vor  dir 

iö  anhien,  darnach  geh  dem  selbigen  nach  wider  heim  !* 

Das  güt  meitlin  zöge  abermals  mit  seiner  müter  uud 
Schwester  in  den  wald  und  säet  den  hanffsamen  vor  hien.  Nün 
sagt  die  müter  abermals,  wie  sie  vor  zwey  mal  gesagt  hette: 
, Annelin,  süch  mir  ein  lauss!  So  müss  das  Gretlin  holtz  suchen.4 

a>  Das  arm  Gretlin  zohe  hien  und  süchet  holtz,  gedacht:  ,Bin 
ich  vor  zwey  mal  wider  heimkummen,  so  will  ich  das  dritt 
mal  auch  wider  heimkummen.4  Und  als  es  das  holtz  gesucht 
und  wider  an  das  ort  kam,  da  es  sein  müter  gelassen,  waren 
sie  aber  hienweg.    Und  als  das  arm  meitlin  seinem  weg  nach 

26  wolte  heim  gehn,  da  hetten  die  vogel  den  samen  allensammen 
auffgefressen.  Ach  gott,  wer  was  trauriger  dann  das  arm 
meitlin!  Den  gantzen  tag  im  wald  umblieff  zü  wainen  und 
schreyen  und  gott  sein  laid  züklagen,  kein  weg  finden  knnt, 
dardurch  es  möchte  auss  dem  wald  kummen,  auch  so  ferr  in 

w  wald  hienein  kummen  was,  da  ohne  zweifei  nie  kein  mensch 
gewesen.  Als  nün  der  abent  herzü  kam  und  das  arm  verlassen 
meitlin  an  aller  hilff  verzweyflet  hette,  stig  es  auff  ein  sehr 
hohen  bäum  zü  besichtigen,  ob  es  doch  yergent  ein  statt,  dorff 
oder  haiiss  ersehen  möcbt,  darein  es  gienge,  damit  es  nicht 

£>  also  jiimerlich  den  wilden  thieren  zür  speyss  gegeben  würde. 
Inn  solchem  nmbsehen  sich  begab,  das  es  ein  kleins  reuchlin 
ersähe;  behend  ab  dem  bäum  stige  und  dem  selbigen  rauch 
zügin ge  und  in  wenig  stunden  an  das  ort  käme,  da  dann  der 


Gartengeaellschaft,  cap.  5. 


263 


rauch  aussginge.    Das  war  ein  kleines  heusslin,  dar[4b]inn 
niemants  wouet  dann  nür  ein  erdkülin. 

Das  meitlin  kam  fürs  thurlin  und  klopftet  an,  begert, 
man  solte  es  einlassen.  Das  erdtkülin  antwort:  ,Ich  lass  dich 
warlich  nicht  herein,  du  verheissest  mir  dann,  dein  lebtag  bey  5 
mir  zü  bleiben  und  mich  nimmermehr  zuvermeren/  Welches 
ime  das  meitlin  gelobt,  und  alsbald  ward  es  von  dem  erdt- 
külin eingelassen.  Und  das  erdtkülin  sagt:  ,Wolan,  du  darffst 
nichts  thün  weder  eben  mich  des  abents  und  morgens  melcken. 
Darnach  issestu  die  selbig  milch  vonn  mir ,  so  will  ich  dir  iu 
seiden  und  sammat  genüg  zutragen ;  darvon  mach  dir  schone 
kleyder,  wie  du  sie  begerest !  Gedenck  aber  unnd  sihe,  das  du 
mich  nicht  vermerest!  Wann  schon  deine  eigne  Schwester  zü 
dir  kumpt,  so  lass  sie  nicht  herein,  damit  ich  nicht  verrhaten 
werd,  das  ich  an  disem  end  sey !  Sunst  hett  ich  das  leben  15 
verloren.1  —  Nach  solchen  worten  au  sein  waid  gieng  und 
dem  meitlin  des  abents,  wann  es  heim  kam,  seiden  und  sam- 
mat bracht,  darvon  sich  das  gut  Gredtlin  so  schon  kleidet, 
das  es  sich  wol  einer  fürstiu  hett  vergleichen  mögen. 

Als  sie  nün  biss  in  das  ander  jar  also  bey  einander  ge-  80 
west  waren,  begab  sich,  das  dem  grossem  meitlin,  so  daheim 
bliben  war  unnd  das  jung  Gredtlin,  sein  schwesterliu,  ohn  alle 
schuld  het  heißen  in  das  eilend  verjagen,  in  gedancken  kam 
unnd  gedencken  warde,  wie  es  doch  seinem  schwesterlin  gehn 
mochte,  das  sie  hett  helffen  ins  eilend  verjagen ;  kläglich  an-  25 
hüb  zü  wainen  und  die  grosse  untrew  zü  bedenckeu,  die  sie 
ihr  ohn  alle  schuld  bewisen  hett.  In  summa,  in  ein  solchen 
rewen  kam,  das  sie  nicht  mehr  bleibeu  kundt  oder  mocht, 
sunder  sehen  wolt,  ob  sie  doch  yergent  ein  beinlin  von  seinem 
schwesterlin  finden  mocht,  damit  sie  dassel[5a]big  heim  trüge 
und  es  in  ehren  hielte. 

Und  eins  tags  sie  morgens  frü  hienauss  in  wald  ging  und 
süchte  und  sollich  süchen  mit  kläglichem  wainen  so  lang  trib, 
biss  sie  sich  im  wald  gantz  und  gar  vergangen  und  verirret 
het  und  nün  die  finster  nacht  ihr  auff  dem  halss  lag.  Wer  Bs 
was  da  trauriger  dann  das  Annelin?  Erst  gedencken  ward, 
es  solches  wol  an  seiner  Schwester  verdienet  hette,  kläglich 
wainet,  gott  umb  gnad  unnd  Verzeihung  anrüffet  und  hatte. 


2H4 


Martin  Montanus, 


Doch  war  da  nicht  lang  zü  warten  oder  zu  klagen,  sonder  den 
nechsten  auff  ein  sehr  hohen  bäum  stig,  zü  besichtigen,  ob 
es  doch  yergent  ein  haus  sehen  möcht,  darinn  es  über  nacht 
blibe,  damit  es  nicht  also  jamerlich  von  den  wilden  thieren 

5  zerrissen  wurde.  Und  in  solchem  umbsehen  ersähe  es  ein 
rauch  aus  dem  heusslin  gehn,  darinn  sein  Schwester  war;  von 
stundan  dem  hauss  zü  nahet,  nicht  änderst  meinet,  dann  es 
eines  hirten  oder  waldtbrüders  heusslin  were. 

Und  als  es  zü  dem  hauss  kam,  klopffet  es  an;  da  es  bald 

lovonn  seiner  Schwester,  wer  da  were,  gefragt  ward.  ,Ey\ 
sprach  das  Annelin,  ,ich  binn  ein  armes  meitlin  unnd  in  dem 
wald  verirret  unnd  bitte,  das  man  mich  durch  gottes  willen 
über  nacht  behalte.'  Das  Gretlin  sähe  durch  ein  speltlin  ausser 
und  erkante,  das  es  sein  untrewe  Schwester  was,  bald  anhüb 

15  und  sprach:  , Warlich,  liebs  meitlin,  ich  darff  dich  nicht  herein 
lassen ;  dann  es  mir  verbotten  ist.  Wann  sunst  mein  herr 
kern  und  ich  yemandts  frembds  bette  einher  gelassen,  so  würd 
er  mich  schlagen.  Darumb  ziehe  fürt  !4  Das  arm  meitlin  wolt 
sich  nicht  lassen  abreden  noch  vertreiben,  sunder  mit  bitten 

20  seinem  unerkanten  schwesterlin  anlag,  das  es  ihm  die  thür 
auffthet  und  hienein  Hess.  [5b] 

Und  als  es  hienein  kam,  erkant  es  sein  Schwester,  fieog 
an  haiss  zü  wainen  und  gott  zü  loben,  das  sie  es  noch  lebendig 
funden  hett,  nider  auff  seine  knu  fiel  unnd  es  batt,  das  es 

25  ihme  verzeihen  solt  alles  das ,  so  es  wider  sie  gethan.  Dar- 
nach sie  freuntlich  batt,  das  es  ihr  doch  sagen  wolt,  wer  bey 
ihm  wer,  das  es  so  schon  und  wol  gekleydet  ginge.  Das  güt 
Gretlin,  dem  verbotten  war  zü  sagen,  bey  wem  es  were,  inan- 
cherley  aussred  erfand  und  herfür  zohe;  dann  ein  mal  sagt 

*o  es,  es  wer  bey  einem  wolff,  das  andermal,  bey  einem  beren. 
Welches  alles  das  Annelin  nicht  glauben  wolt,  dem  Gredtlin, 
seinem  schwesterlin,  süss  züredet,  ihr  die  warheit  zü  sagen. 
Und  das  meitlin  auch  (wie  dann  aller  weiber  brauch  und  ge- 
wonheit  ist,  das  sie  mehr  sch wetzen,  weder  ihn  bevolhen  ist) 

35  sehr  klaffig  war  und  zü  seinem  schwesterlin  sagt :  ,Ich  binn 
bey  einem  erdtkülin.    Aber  lüg,  verrhat  mich  nicht!4 

Als  solches  das  Annelin  höret,  welches  seiner  untrew  an 
der  Schwester  noch  kein  genügen  gethon  het ,  bald  sagt : 


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GartengeBellschaft,  cap.  5. 


265 


,Wolan,  für  mich  wider  auff  den  rechten  weg,  damit  ich  heim 
kämme!4  Welches  das  Gretlin  bald  thet.  Unnd  da  mein  güts 
Annelin  heimkäme,  sagt  es  seiner  müter,  wie  sie  ihr  Schwester 
bey  einem  erdtkulin  fanden  hette,  und  wie  es  so  köstlich  ge- 
kleidet ginge.  ,Wolan4,  sprach  die  müter,  so  wollen  wir  die  5 
zükunfftig  wochen  hienauss  ziehen  und  das  erdtkülin  sampt 
dem  Gretlin  heimfuren ;  so  wollen  wir  das  kfilin  metzgen  und 
essen/ 

Solches  alles  das  erdtkulin  wol  wust;  und  als  es  des 
a beute  spat  heim  kam  ,  sagt  es  wainendt  zürn  meitlin :  ,Ach,  10 
ach  mein  aller  liebsts  Gredtlin,  was  hastu  gethon,  das  du  dein 
falsche  Schwester  hast  eingelassen  und  ir  gesagt,  bey  [6a]  wem 
du  bist?  Unnd  nün  sihe,  dein  zernichte  müter  und  Schwester 
werden  die  zükünfftig  wochen  herauss  kämmen  und  mich  und 
dich  heimfüren.  Mich  werden  sie  metzgen  und  essen ,  dich  15 
aber  bey  ihn  behalten ,  da  du  übler  gehalten  wärst  dann 
vor  nie/ 

Nach  solchen  reden  sich  so  kläglich  stellt,  das  das  arm 
meitlin  anfieng  zü  wainen  und  vor  traurigkeit  vermeint  zü  ster- 
ben, sehr  gerewen  ward,  das  es  sein  schwester  hett  eingelassen,  ao 
Doch  tröstet  es  das  erdtkulin  und  sprach :  ,Nün  wolan,  liebs 
meitlin,  dieweil  es  ye  geschehen  ist,  so  kan  es  nicht  wider 
zurück  getriben  werden.  Darumb  thu  ihm  also!  Wann  mich 
der  metzger  yetz  geschlagen  hat,  so  stand  und  waine !  Wann 
er  dich  dann  fraget,  was  du  wilt ,  so  sprich :  Ich  wolt  gern  & 
meins  kölins  schwantz.  Den  würt  er  dir  geben.  Wann  du 
den  hast,  so  fahe  aber  an  zu  wainen  und  beger  das  ein  horn 
vonn  mir!  Wann  du  dasselbig  auch  hast,  so  waine  aber! 
Wann  man  dich  dann  fragt,  was  du  wilt,  so  sprich :  Ich  wolt 
gern  meins  kfilins  schulin.  Wann  du  den  hast,  so  geh  hien  so 
unnd  setz  den  schwantz  inn  die  erden,  auff  den  schwantz  das 
horn,  unnd  auff  das  horn  setz  das  schülin  und  geh  nicht  darzü 
biss  an  dritten  tag!  Und  am  dritten  tag  würt  ein  bäum  dar- 
auss  worden  sein;  der  selbig  würt  summer  und  winter  die 
scbönisten  öpffel  tragen,  die  ein  mann  ye  gesehen  hatt.  Unnd  36 
niemants  würt  sie  künden  abbrechen  dann  du  allein ,  unnd 
durch  den  selbigen  bäum  würstu  wider  zü  einer  grossen,  mech- 
tigen  frawen  werden.4 


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266 


Martin  Montanue, 


Als  man  nün  das  külin  schlachtet,  stund  das  Margredtlin 
und  begeret  die  ding  alle,  wie  ihm  sein  külin  bevolhen  hett, 
die  ihme  auch  geben  Warden.  Unnd  es  ging  [6b]  hien,  steckets 
in  die  erden,  und  am  dritten  tag  war  ein  schöner  bäum  dar- 
:>  auss  gewachsen. 

Nun  begab  sich,  das  ein  gewaltiger  herr  für  ritte;  der 
selbig  sein  sün  mit  ihm  fürte,  der  das  fieber  oder  kalt  wehe 
hatte.  Und  als  der  sün  die  schönen  öpffel  sähe,  sprach  er: 
,Mein  herr  vatter,  lassen  mir  öpffel  bringen  von  disem  bäum ! 
10  Mir  ist,  ich  würde  gesundt  darvon  werden.4  Der  herr  von 
stundan  rüffet,  man  solt  ihm  öpffel  bringen,  er  wolt  sie  thewr 
genüg  bezalen. 

Die  alter  dochter  den  nechsten  zürn  bäum  gieug  und  öpffel 
darvon  brechen  wolt.  Da  zogen  sich  die  äst  allesamiuen  in 
15  die  höhe,  also  das  sie  kein  erlangen  mocht.  Da  riifft  sie  der 
müter  und  sprach,  sie  solte  öpffel  abbrechen  und  sie  dem  her- 
ren  geben.  Als  aber  die  arge  fraw  öpffel  abbrechen  wolt,  zo- 
gen sich  die  ast  noch  vil  höher  auff;  welches  der  herr  alles 
wol  gesehen  hett,  sich  hefftig  verwundert, 
au  Und  letstlich  kam  das  Margredtlin  zürn  bäum ,  öpffel  zü 
brechen,  zü  welchem  sich  die  ast  neigten  unnd  es  willig  öpffel 
abbrechen  liessen;  welches  den  herren  noch  vil  mehr  verwun- 
dert, und  meinet,  sie  vileicht  ein  heylige  fraw  were,  sie  be- 
rüfft  unnd  sie  des  Wunders  fraget.  Dem  die  gut  dochter  die 
gantz  handlung ,  was  sich  ihrer  müter ,  Schwester  und  des 
erdtkülins  halben  verloffen  hett,  von  anfang  biss  zü  end  an- 
zeiget. 

Der  herr,  als  er  die  sach  vernummen  hett,  die  junckfraw 
fraget,  ob  sie  mitt  ihme  darvon  wolt.  Welches  die  güt  doch- 
:jo  ter  wol  zü  friden  was,  ihren  bäum  aussgrüb  und  sich  sampt 
irem  vatter  zü  dem  herren  auff  den  wagen  setzt;  von  dem  sie 
freuntlich  und  ehrlich  empfangen  wurden,  hienfüren  unnd  ihr 
schalckhafftige  müter  und  Schwester  sitzen  liessen. 


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GartengesellBchaft,  cap.  6. 


267 


[7a]    Ein  fraw  sagt,  ihr  man  het  zwey  eyer  gelegt. 

Cap.  6. 

Kein  mann  solt  sein,  er  solte  sein  weib  probieren,  ob  sie 
rainen  mund  kond  halten  oder  nit,  damit  er  sich  wüste  vor 
ihr  züh  fiten.  Dann  kein  böserer  teufel  ist  dann  ein  weib,  be-  ö 
vorab  gegen  ihrem  mann,  wann  sie  es  nicht  mit  trewen  mit 
im  meinet.    Ey ,  wie  listig  kan  sie  dem  man  sein  haimlich 
Sachen  aberforschen!    Wan  er  dann  hernaher  sie  nuhr  ein 
wenig  krumbs  ansieht,  so  laufft  sie  hinaus  und  verleugt  den 
man  gegen  yederman  auffs  höchst,  und  wo  sie  ihn  kond  oder  io 
möcht  umb  ehr  und  glimpff  bringen,  so  thet  sie  es.    0,  da 
gehurt  gut  bengel  kraut  zu,  dapffer  drauff  geschlagen,  das  die 
fuueken  darvon  stüben.    Es  geschieht  aber  etwan  manchem 
dolpel  recht;   es  solt  einer  vorhin  probieren  sein  arges  weib, 
und  wann  er  sie  gerecht  findt,  so  soll  er  ihr  vertrawen  und  IS 
sie  ehrlich  und  wol  halten.   Dann  ein  fromb  ist  nicht  zu  be- 
zalen,  aber  ein  arges  weib  ist  nicht  genüg  zu  straffen. 

Uff  ein  zeit  ist  ein  man  gewesen  ,  der  selbig  bette  auch 
gern  gewisst,  wie  from  und  verschwigen  sein  fraw  were.  Und 
eins  morgens  frii ,  als  er  auff  gestanden ,  berufft  er  sein  fraw  20 
und  sprach :  ,0  mein  aller  liebstes  weib ,  ich  wolt  dir  gern 
etwas  haimlichs  sagen,  wan  du  nuhr  verschwigen  werest  und 
es  niemandt  sagtest;  dann  ich  vertraw  dir  als  meinem  aignen 
leib.1  —  ,Ach  lieber  man4,  sprach  die  fraw,  ,was  wiltu  mir 
dan  sagen  ?  Vertraw  mir  gwisslich !  Dann  ich  mich  ehe  selbst  25 
in  ein  finger  beissen  wolt,  ehe  ich  dich  in  einichem  ding  ver- 
meret/  —  ,Ach  mein  liebe  haussfraw4,  sagt  der  man,  ,so  hab 
ich  die  yetz  vergangen  nacht  ein  ey  [7b]  gelegt,  und  ich  weis 
nicht,  was  es  bedeut.  Darumb,  liebe  haussfraw,  vermeld  mich 
nicht !    Es  dörfft  mir  sunst  schad  darvon  züston.4  ao 

Die  fraw  schwör  hoch  und  theur,  sie  wolt  es  nicht  sagen, 
und  doch  nicht  erwarten  mocht,  bis  das  sie  hinaus  kam,  son- 
der, als  ihr  nachbeurin  eine  ein  fewr  holet,  sprach  sie:  ,0 
weh,  liebe  gefatter,  was  soll  ich  euch  Wunders  sagen !  Dann 
mein  man  hat  heint  nacht  zwey  eyer  gelegt.  Aber  lügen,  sa- 


268 


Martin  Montanup, 


gends  niemantsf  Die  gefatter  zog  hin  und  sagt  zu  einer  an- 
dern frawen,  wie  ihr  gefatter  drey  eyer  gelegt  hett.  Je  es 
sagts  eine  der  andern,  bis  das  es  wol  acht  oder  neun  eyer 
wurden. 

5  Letstlich  kam  es  dem  man  für.  Der  sagt  zü  seiner  frawen  t 
,  Warlich,  fraw,  du  bist  verschwigen  gewesst;  und  ich  sihe 
wol,  wann  es  etwas  namhafftigers  antreffe,  so  würstu  die  sein, 
die  mir  mein  unfahl  mehret.  So  vertrawe  dir  der  teufel  !4  Sie 
übel  schlug  und  hemacher  nichts  mehr  vertrawet. 

10  Ein  edelmann  verbot  seiner  frawen ,  sie  solt  nicht 
auff  den  grossen  englischen  hundt  sitzen. 

Cap.  7. 

Ein  edelmann  reit  uff  ein  zeit  über  veld  mit  seinem  knecht; 
und  als  er  fehr  von  dem  schlos  kam,  warff  er  den  gaul  her- 

15  umb  und  sprach  zü  seinem  knecht:  ,Haintz,  ich  hab  etwas 
vergessen4.  —  Juncker,  was?1  —  ,Ey,  du  müst  wider  hinder- 
sich  reyten  und  zü  meiner  frawen  sagen,  das  sie  gedenck  und 
nicht  auff  den  grossen  engelischen  hundt  sitze.1  —  ,Warlich, 
juncker4,  sagt  der  knecht,  ,ich  thet  es  nicht.    Dann  was  man 

20  den  weybern  verbeut,  das  thünd  sie  erst.1  —  ,Ey,  reyt  hinein4, 
sagt  der  edelman,  ,so  waisst  sie  sich  zü  hüten.4 

Nün  der  knecht  reit  hinein,  da  er  bald  von  der  frawen 
gefragt  [8a]  ward,  was  er  wolt.  ,Ey4,  sprach  er,  ,der  juncker 
hat  gesagt,  ihr  solt  nicht  uff  den  grossen  engelischen  hund 

2j  sitzen.4  —  ,Ja,  lieber  Haintz4,  sagt  die  fraw,  ,reyt  hin  und 
sag  zum  Junckern,  du  seyest  hie  gewesen  !4  —  Der  knecht  reit 
hin,  wol  wisst,  das  die  fraw  nicht  wtird  underlassen,  sonder 
auff  den  hund  sitzen,  zum  junckern  sprach,  er  hett  es  zü  der 
frawen  gesagt. 

;w  Nün  gedacht  die  fraw :  ,Was  kan  doch  der  hund ,  das 
dir  der  juncker  erst  ein  botten  nach  geschickt  hat?  Es  würt 
gewisslich  etwas  besonders  sein.  Ich  will  gon  sehen  und  auff 
in  sitzen/  Mit  dem  hin  zü  gieng  und  auff  den  hund  sass. 
Aber  der  hund,  der  sollichen  schimpf  nicht  vertragen  mocht, 


Gartengesellschaft,  cap.  7.  260 

die  fraw  gar  hefftig  in  die  hand  schedigt;  und  wo  man  ihr 
nicht  zü  hilf  were  körnen,  het  er  sie  vileicht  gar  umbracht. 

Da  der  edelman  heim  käme  und  sein  weih  also  gesche- 
digt  fände,  fragt  er  sie,  wer  ihr  gethon  het.  ,Ey\  sprach 
sie,  ,ewer  hund  hat  mich  gebissen1.  —  ,Hat  aber  der  knecht  .» 
dir  nicht  bevolhen,  das  du  des  hunds  müssig  gangest?1  — 
,Ja4,  sagt  die  fraw,  ,er  hat  mirs  bevolhen.4  Als  solches  der 
knecht  hört,  drat  er  herfür  und  sprach:  ,Sagt  ichs  euch  nit, 
juncker,  ihr  solts  underwegen  lassen  und  ihr  nichts  entbieten? 
Dan  der  frawen  gewonheit  ist,  wan  man  in  etwas  verbeut,  10 
so  thund  sie  es  erst.4  —  ,Ist  war,  lieber  Haintz4,  sagt  der 
juncker,  ,het  ich  dir  gevolgt,  so  wer  raein  fraw  gesund.4  Und 
wann  er  hernaher  aus  reit,  verbot  er  ihr  nichts  mehr. 

Es  ist  ein  teufelisch  thier  umb  ein  weib :  wan  man  in 
ein  ding  verbeut,  so  thund  sies  erst.  Aber  ich  kan  gedencken,  ir» 
das  es  ein  angeerbt  böse,  gifftige  natur  ist.  Dann  Eva,  als 
ihr  gott  verbot  den  apfFel  züessen ,  gieng  sie  hin  und  ass  in. 
Was  aber  das  nicht  ein  grosse  sünd  ?  Noch  was  es  nicht  gnüg, 
sonder  sie  gab  auch  Adam  darvon  zü  essen,  [8b]  dardurch  er 
auch  zu  fahl  bracht  warde.  Diser  gros  fahl  hat  uns  all  in 
ewige  verdamnus  bracht,  wann  nicht  got  seinen  eingebornen 
sün  Jhesum  Christum  in  dise  weit  geschickt  het,  der  uns  wi- 
der vom  todt  erlösst  und  huld  beim  vatter  erworben  het,  da- 
mit wir  nicht  immer  unnd  ewiglich  verloren  weren.  Sihe, 
solch  güts  kumpt  aus  der  weyber  unbestendigkeit.  Ach  was  ssi 
grosses  Übels,  mordts  und  unrüh  von  weibern  entstanden 
sehen,  lesen  und  hören  wir  laider  nuhr  züvil!  Und  will  auch 
noch  kein  end  haben,  sunder  ye  lenger  ye  erger,  und  bleiben 
würt  bis  zü  end  der  weit.  Wolte  gott,  ich  lüge!  Aber  man 
sichts  laider  wol  ja  züvil.  Derhalb  ich  nicht  mag  gestrafft  so 
werden.  Ein  yeder  ziehe  sein  weib  zür  forcht  gottes;  darfT 
dannocht  glück,  das  es  wol  gerath. 

Dein  weib  das  soltu  ehrlich  ziehen, 
Und  lehr  sie  allen  mütwill  fliehen, 

Zör  kircben  heis  sie  embsig  gon.  &"> 
Nicht  lass  sie  lang  am  niarckt  ston 
Bey  alten  weibern,  die  kuplerin  sind, 
Ja  die  verfüren  manch 8  bidermans  kind 
Und  sie  mit  gaben  bringen  darzft, 


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270 


Martin  Montanus, 


Das  sie  hand  weder  rast  noch  rhu 

Bey  ihren  mannen  und  gond  auff  steltzen! 

Dan  frembde  speis  die  ist  in  seltzen 

Und  werden  gar  verwent  darvon. 
■t  Darnach  wend  sie  kein  g&ts  mehr  thftn 

Da  heimen  ihren  frummen  mannen. 

Solches  lasten  mfls  sich  einer  schämen; 

Wa  solches  kumpt  under  die  leut, 

Bald  mit  eim  finger  man  auff  in  deut  [9a] 

Und  spricht:    ,Schaw  zft,  das  ist  der  man, 
.  Des  fraw  all  nacht  thfit  schlecken  gan.'  — 

O,  darzS  brauch  gftt  bengel  kraut 

Und  reibs  ihr  dapffer  umb  die  haut, 

Ellenbogen  stos  brauch  auch  darbej! 
15  Darmit  zembst  du  dein  weib  frey, 

Das  sie  hernach  werd  ghorsam  dir. 

Es  hilfft,  das  soltu  glauben  mir. 

Uff  einem  schloss  sas  ein  edelman,  der  verbot  sei- 
nen underthonen,  das  sie  an  keinem  feyrtag  solten 
20  arbeiten. 

Cap.  8. 

Ein  edelman  het  ein  schloss  uff  einem  berg  ligen  und 
unden  am  berg  ein  dorff,  daraus  er  gewonlich  sein  einkommen 
hette.  Er  strafft  auch  die  bauren  dermassen,  das  in  die  scbwart 

25  krachet ;  und  es  mocht  einer  leicht  ein  krummen  drit  thfin, 
er  müst  in  thurn  und  hart  darzü  gestrafft  werden ;  dann  der 
edelman  alles  das  sähe  vom  schloss  herab,  was  man  im  dorff 
thet.  Nün  hett  der  edelman  auff  ein  zeit  aber  kein  gelt  oder 
ist  zü  karg  gewesen,  das  er  keins  hat  mögen  aussgeben,  oder 

ao  wie  die  sach  ein  gestalt  hatt  gehabt;  ye  er  lies  ein  gebott 
aussgehn,  welcher  in  seinem  flecken  an  einem  feyrtag,  er 
were  gleich  wie  er  wölte,  arbeitet,  den  wolt  er  an  leib  und 
gut  straffen. 

Ach  gott,  die  guten  leut  nicht  alle  feyrtag  wusteu  und 
a>im  vil  dardurch  ins  netz  fielen.    Letstlich  war  ein  zimmer- 
man,  ein  verwegner  junger  lediger  gesell ;  der  selbig  gedacht : 
,Nun  will  ich  dem  edelman  zükummen  oder  mein  leben  da- 


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Gartengeselachaft,  cap.  8. 


271 


hiuden  lassen.4  Und  an  einem  schlechten  [9b]  ungebauten 
feyrtag  gieng  er  an  ziramerblatz  und  fieng  an  zu  zimmern. 
Welches  der  edelmann  bald  ersehen  het,  eylents  on  einichen 
knecht  den  berg  herab  auff  den  zimmerplatz  lieff  unnd  den 
guten  gesellen  zornigklich  ansprach  und  sagt:  ,Waistu  nicht,  5 
was  ich  verbotten  hab?  Und  ich  sihe  wol,  du  achtest  meins 
gebots  wenig.  Darumb  gehe  eylents  und  bald  mit  mir  auff 
mein  schloss,  da  du  mein  gefangner  sein  wärst  !' 

Nün  der  jung,  der  schier  genäg  zechet  het,  bald  sein  axt 
inn  die  händ  nam,  dem  edelman  under  äugen  drat  und  sprach:  io 
,Das  dich  botz  tausent  sack  foll  enten  sehend,  als  unflats !  Du 
unnd  dein  Schreiber  sitzen  die  gantze  wochen,  gott  geb  es  sey 
feyrtag  oder  nicht,  auff  dem  schloss  unnd  schreiben  und  ver- 
dienen inn  einer  stund  mehr  dann  ich  ein  gantzen  monat.  Und 
du  woltest  mir  an  solchen  leppischen  feyrtagen  verbieten  zü  10 
arbeiten  und  •  mein  brodt  im  schwaiss  Zugewinnen  !    Das  dich 
botz  tausent  über  und  über  sehend,  wehr  dich  mein,  als  lieb 
dir  leib  und  leben  sey  !4  Mit  dem  uff  den  edelman  dar  schlug. 
Aber  der  edelman,  dem  fliehen  bass  thet  dann  sich  wehren, 
redlich  fersen  gelt  gab  unnd  dem  schloss  zü  eylet;  unnd  der  20 
zimmerman  sich,  so  beldest  er  mocht,  d rollet  und  des  edel- 
mans  nicht  erwarten  wolt,  wol  gedacht,  kern  er  ihm  in  die 
her,  er  müst  ein  hüt  foll  fleisch  dahinden  lassen. 

Man  findt  manchen  oberherren,  wau  er  kondt  den  under- 
thonen  das  marck  aus  den  beinen  saugen,  er  thet  es ;  und  ge-  20 
dencken  nicht,  wann  sie  die  underthonen  schon  gar  verderben, 
das  sie  auch  verdorben  sind»  Dan  was  soll  ein  herr,  wan  er 
keine  underthonen  hat?  Er  kan  kein  herr  geschetzt  werden. 
Also  ist  das  auch,  wan  ein  herr  oder  edel- [10a] man  seine 
underthonen  schon  gar  verderbt,  so  kernend  sie  im  ye  nichts 
mehr  geben  und  werden  vil  mehr  zü  ungehorsam  bewegt  dan 
zü  gehorsamkeit;  kumpt  etwan  dazü,  das  die  underthonen  ein 
solchen  herren  und  tyrannen  zü  todt  schlagen  oder  zum  land 
aus  jagen.  Ich  habs  erlebt,  das  ein  gantzer  fleck  züsamen  ge- 
thon  und  ihres  herren  tyranney  nicht  haben  erleiden  mögen,  &> 
ausgewesen  und  under  ein  andern  herren  mit  leib  und  güt 
zogen  sind.  Darnach  hat  derselbig  graf  gross  bitt  und  ver- 
heissung  an  die  gedachten  underthonen  anlegen  müssen,  da- 


272 


Martin  Montanus, 


mit  sie  wider  under  inen  zogen  sind.  Sihe  da,  solchen  lohn 
gibt  es;  es  kumpt  nichts  güts  daraus,  ja  vil  mer  mörderey 
und  anders.  Es  sind  vil  büchlin  wider  solche  tyrannen  ge- 
schriben  ;  wolte  gott,  sie  lesens  recht  und  theten  darnach,  so 

;>  würde  es  besser  inn  der  weit  ston,  unnd  auch  grossem  lohn 
von  gott  empfahen  dan  uff  solche  weys.  Ich  wils  nicht  fast 
bereden,  es  mocht  mir  sunst  schad  darvon  komen ;  dan  nicht 
güt  mit  solchen  herren  zü  schertzen  oder  inn  schilt  zü  reden 
ist.    Derhalb  ichs  wil  bleiben  lassen.    Ein  yeglichs  thüe,  das 

10  es  vertraw  umb  gott  züverantworten. 


Ein  baur  het  ein  sün ;  den  wolt  er  auch  studieren  lassen, 
wann  in  nür  das  gelt  nit  thauret.    Und  eins  mals  lüd  der 

15  baur  ein  wagen  mit  holtz  und  satzt  sein  sün  darauff  und  wolt 
in  inn  die  stat  uff  die  hohen  schüh  oder  pantoflen  füren.  Und 
wie  er  hinein  kam,  lies  er  den  wagen  auff  dem  marckt  ston 
und  gieng  mit  dem  knaben  zü  dem  [10b]  schülmeister  und 
sprach:    ,Herr  schülmeister,  ich  wolt  gern,  das  ihr  aus  niei- 

20  nem  sün  machtet,  das  man  auch  das  hutlin  vor  im  abzüge.' 
Der  Schulmeister  sähe  bald,  was  er  für  ein  künden  underhan- 
den  het,  zum  bauren  sprach:  ,Lieber  baur,  wie  gern  hettend 
ihr  ihn  also?1  Der  baur  sprach:  ,Ich  hab  ein  wagen  mit 
holtz,  biss  ich  den  selbigen  verkauf!',  so  will  ich  in  wider  ha- 

25  ben.4  —  ,0  lieber  baur4,  sagt  der  schülmeister,  ,so  bald  kan 
ich  kein  herren  aus  im  machen ;  aber  über  ein  jar  oder  zwölffe 
mocht  etwas  geschehen.  Du  müst  aber  vil  roter  guldin  ha- 
ben.1 —  ,0',  sagt  der  baur,  .so  lang  mag  ich  nicht  warten.4 
Sein  sün  wider  nani  unnd  sagt,  er  must  ein  baur  bleiben. 

30      Gelt  begert  eins  bauren  sün  ann  sein  vatter. 

Cap.  10. 

Ein  baur  hett  ein  sün  studieren.  Der  selbig  im  auch  ein 


Ein  baur  fürt  sein  sün  auff  die  schül. 


Cap.  9. 


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Gartengesellachaft,  cap.  9—10.  278 


wüst  loch  in  seckel  macht  und  die  roten  pfenning  dapffer  ausser 
bliess  und  doch  nichts  studiert;  dann  es  der  vatter  nicht  ver- 
stund. Und  uff  ein  zeyt  kam  der  sün  wider  heim  unnd  wolt 
mehr  gelt  holeu.  Den  guten  man  schier  die  grosse  Vergeu- 
dung seines  süus  verdriessen  ward  und  auch  seinem  seckel  :> 
schier  züvil  gewesen. 

Und  eins  tags  lüd  er  mist,  da  stünde  der  sün  vor  der 
thüren  unnd  sähe  im  zu.  Da  sagt  der  vatter :  ,Sün ,  was 
haisst  ein  gabel  ?4  Antwurt  der  sün :  ,Gäbelinum\  —  ,Was 
haisst  mist?4  Antwurt:  ,Mistelinum4.  —  ,VVas  heisst  ein  wa-  10 
gen?4  Antwurt:  ,Wagelinuin4.  —  ,Ey',  sagt  der  vatter,  ,so 
nim  inn  thausent  teufel  namen  das  gäbelinum  und  würf  das 
mistelinum  uff  das  wagelinum!4  Dem  [IIa]  sün  die  mistgabel 
inn  die  hand  gab  und  sprach :  ,Das  sey  fürthin  dein  schreib- 
feder,  und  lass  studieren  studieren  sein!'  10 

Man  findt  manchen  sün,  könt  er  seinen  vatter  unnd  ge- 
schwisterigen gar  verderben  und  berauben,  so  thet  ers  und 
gedenckt  nicht,  das  in  sein  vatter  von  seins  nutz  wegen  da- 
hien  verordnet  hat.  ,Ja4,  sprechen  sie,  ,mein  vatter  verstets 
nit;  ich  kan  im  wol  das  sues  durchs  maul  streichen.  Wann  ao 
ich  ime  als  verthü,  so  will  ich  ein  langen  spiess  über  die 
achsel  nemen ,  ander  leuthen  das  ihr  rauben,  vil  witwen  und 
waisen  helffen  machen,  junckfrawen  sehenden  und  alle  böse 
stuck  üben.  Kuiupt  darnach  einer  und  scheusst  ein  kugel 
durch  mich,  so  bin  ich  der  marter  ab  und  darff  nicht  sorgen,  ar. 
das  ich  lang  auff  dem  beth  zü  streben  lig.4  —  0 ,  da  würt 
der  teufel  güt  kirchweyhe  haben,  da  lachent  sie  alle.  Ach, 
ach ,  was  gedencken  solche  leuth !  Ich  glaub ,  sie  glauben 
nicht,  dass  ein  hell  sey ;  ich  acht,  sie  glaubend  nicht,  das  ein 
jüngst  gericht  sey,  sie  mercken  uff  kein  teufel  nicht.  Wann:«» 
aber  gott  körnen  würt  unnd  sagen:  ,VVa  sind  solche  bose 
hüben  ?4,  da  würd  es  kappen  geben,  da  würt  man  wollen,  man 
were  frumb  gewesen ;  aber  es  ist  alles  vergebens,  in  abgrundt 
der  hellen  müssen  sie  faren.  Ach,  wann  doch  einer  bedechte 
die  gross,  unaussprechliche  freud,  so  die  auserwolten  kinder  x> 
gotte*  haben  !  Ach,  wann  doch  einer  bedechte  die  unmensch- 
liche, unableschliche  hellische  pein,  die  die  verdampten  leiden 

Mouunu.  18 


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274 


Martin  Montanus, 


müssen  !  Es  were  nit  wunder,  das  einer  vor  forcht  und  quell 
verzaget.  Dieweil  es  aber  nicht  ist,  muss  mans  gott  bevelhen. 

Ein  graff  sagt,  es  were  glück,  wann  einer  ein  kind 

überketn. 

j  Cap.  11. 

[IIb]  Ein  reycher  graff  sass  uff  einer  grafschafft,  der 
het  under  ime  etliche  dörffer.  Unnd  uff  ein  zeit  kam  ein 
Schultheis  in  einem  dorff  zu  im  und  het  mit  ime  zureden  von 
etlichen  Sachen,  die  das  dorff  antraffen.    Als  aber  der  baur 

10  also  beim  graffen  sas ,  kam  des  bauren  knab  unnd  sagte ,  er 
solte  eyleuts  heim  kummen;  dann  die  fraw  were  kindts  ge- 
legen. ,Ey4,  sprach  der  baur,  ,wann  will  sie  uff  hören !  Sie 
het  im  nün  gnüg  thon.4  —  , Schweig,  menlin4,  sagt  der  graff, 
,es  ist  glück,  wann  einer  kinder  hat.1  —  ,Ja,  gnediger  herr\ 

|:»  sagt  der  baur,  ,euer  gnaden  sagt  wol  darvon ;  ich  hab  dess 
glücks  sovil,  das  ich  schier  nicht  mer  inn  die  schüssel  darvor 
kan.4  Des  fieng  der  graf  an  zülachen ,  schenckt  dem  bauren 
ein  thaler  unnd  Hess  in  hinziehen. 

Ein  edelman  weckt  sein  magt,  das  ir  der  bauch  ge- 
sw  schwall. 

Cap.  12. 

Eine  junge  dochter  wolt  sich  zü  eim  edelmann  verdingen. 
Und  als  die  müter  mit  ihr  zürn  jnnckern  ging,  sagt  sie :  ,Ach 
lieber  juncker,  mein  dochter  ist  noch  gar  jung  und  sehr  schläf- 

25  ferig.  Darumb  wölt  ihr  sie  haben,  so  müst  ihr  sie  an  ein 
ort  legen,  da  ihr  sie  wecken  könt.4  —  ,Ja,  liebe  fraw4,  sagt 
der  edelman,  ,wann  ihr  gern  wolt,  will  ich  sie  legen,  das  ich 
sie  mit  den  ellenbogen  wecken  kan.4  —  ,0  lieber  juncker', 
sagt  die  fraw,  ,wann  ihr  das  thün  wollen,  will  ich  sie  euch 

30  gern  verdingen.4 

27  Eedleman 


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Gartengesellschaft,  cap.  11—14. 


275 


Nach  solchem  die  raüter  wider  heim  gieng,  und  der  cdel- 
wan  die  magt  alle  nacht  zu  im  inn  sein  beth  leget.  Ich  weiss 
nicht,  wie  er  die  magt  wecket  oder  wie  er  mit  ihr  umbgieng; 
das  waiss  ich  wol,  das  ir  der  bauch  geschwall.  Darnach  [12a] 
nam  die  müter  die  dochter  wider  zu  ihr  und  wolt  sie  fürthien  r> 
nicht  mehr  also  wecken  lassen. 

Eine  sagt,  sie  het  ein  tisch  für  hundert  gülden. 

Cap.  13. 

Ein  junge  dochter  hett  sich  gern  verheurat,  wann  es 
allein  im  seckel  gewesen  were.  Nün  trug  ihr  ein  junger  knab  i« 
huld,  der  hett  sie  gern  gehabt,  wann  man  ime  nur  etwas  zu 
ihr  geben  hett.  Des  die  junckfraw  bald  war  nam  ,  für  gab, 
sie  hette  all  ihr  barschafft  an  einem  tisch ,  den  sie  für  hun- 
dert gülden  schetzet.  Als  nün  der  jung  solches  hört,  das  sie 
ein  tisch  für  hundert  gülden  hette,  nam  er  sie  gleich  zu  k» 
der  ehe. 

Und  auff  ein  zeit  kam  er  zü  ihr  in  das  hauss,  da  ass  sie 
ein  suppen,  die  hett  sie  vor  ihr  auff  der  schoss.  Der  güt  ge- 
sell fraget  sie,  wa  sie  den  tisch  hett,  das  sie  auff  der  schoss 
ess.  ,Jal,  sprach  sie ,  ,das  ist  der  tisch ,  darauff  ich  iss ;  der  au 
ist  hundert  gülden  wert.4  Also  ward  der  güt  gesell  betrogen 
und  inüst  sie  zü  kirchen  füren,  sie  hett  etwas  oder  nit. 

Eiu  junge  dochter  theylt  drey  ayer  auss  ,  das  neun 

darauss  wurden. 

Cap.  14.  a> 

Drey  junge  gerade  schone  dochtern  hett  ein  biderman, 
deren  yegliche  gern  ein  mann  gehabt  hette.  Nün  war  dem 
guten  vatter  züvil,  seine  döehter  alle  drey  zümal  miteinander 
züverheurhaten.  Derhalb  er  bald  ein  list  erfand  und  sprach: 
, Liebe  dochtern ,  ewere  yetwedere  hett  gern  ein  mann.  Nün  ao 
ist  es  ye  nicht  in  meinem  vermögen;  derhalben  will  ich  ihm 
also  thün.  Ein  yegliche  nem  [12b]  hien  drey  ayer;  und  welche 

18* 

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270 


Martin  Montanus, 


ihre  ayer  am  besten  anlegen  kan,  also  das  ihr  am  meisten 
daraus  werden,  der  selbigen  will  ich  ein  mann  geben;  die 
andern  müssen  lenger  warten.4 

Nun  die  altist  dochter  fieng  an  und  sagt:    ,  Vatter,  gib 

u  mir  drey  ayer!4  Die  selbigen  nam  sie  unnd  sod  sie  hart  und 
gab  dem  vatter  das  ein  und  sprach :  ,Seh  hien,  vatter,  das  ein 
ay,  und  hastu  zwey,  das  sind  drey/  Darnach  gab  sie  der 
müter  eins  unnd  sprach:  ,Da  hastu  auch  eins,  und  gibt  dir 
zti  nacht  der  vatter  zwey,  so  hastu  auch  drey.    Und  will  ich 

10  das  ein  behalten ;  gibstu  mir  dann  ein  mann,  so  gibt  mir  der 
selbig  zwey,  so  hab  ich  dann  auch  drey.4  Sovil  rechnen  kimdt 
keine  ihr  Schwestern,  das  sie  auss  dreyen  ayern  neun  machen 
kundt.  Also  behielt  sie  das  veld,  und  müst  ihr  der  vatter  ein 
mann  geben. 

1«  Ein  Kochersperger  sagt,  der  schreiber  het  drack  dar- 

auff  thon. 

Cap.  15. 

Zu  Buchswiler  hett  auff  ein  zeit  ein  Kochersperger  etwas 
in  der  cantzley  zu  handien;  dann  er  umb  etlicher  unrüwiger 

20  sachen  halben,  so  er  in  seinem  flecken  begangen ,  mitt  einem 
brieff  von  seinem  amptman  gehn  Buchswiler  geschickt  ward. 
Die  herren  rhät,  als  sie  den  brieff  verlasen  und  den  unfriden, 
so  gemelter  baur  begangen,  verstanden  hetten,  stelten  sie  ihr 
gut  bedunckcn  darüber,  nemlich  das  gemelter  bawr  von  seinem 

2.>  amptman  gefancklich  solt  angenummen  und  nach  seiner  miss- 
handlung  gestrafft  werden.  Nün  hett  aber  der  secretarius,  der 
den  bevelch  an  den  amptman  schrib,  kein  goldtsandt  oder 
strewbulfer  auff  seinem  tisch  stehn.  Derhalb  er  hinder  die 
thür  gieng  unnd  ein  wenig  kat  oder  fegoten  [13a |  darauf!' 

:xj  strewet.  Der  bawr  hinder  der  thür  stund  unnd  wol  sähe,  was 
der  herr  secretarius  auff  den  brieff  thet,  sehr  erschrack  und 
gedacht,  die  sach  würde  nicht  recht  zugebn,  doch  den  brieff 
nam  unnd  den  nach  der  herren  bevelch  dem  amptman  antwurt. 
Nün  der  amptman  der  herren  bevelch  vername  und  dem 

35  selbigen  zü  gehorsamen  den  bauren  nam  und  in  gefancknüs 


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Gartengesellschaft,  cap.  15  —  17.  277 

verschlösse.  Als  solches  der  bawr  sähe,  fieng  er  an  und  sagt : 
,Botz  verden  schwaiss  willen,  es  hatt  mich  wol  eins  zwey  ge- 
dunckt,  die  sach  gang  keyss  recht  zü ,  da  der  cantzel  Schrei- 
ber drack  auff  den  brieff  thon  hatt.'  Diser  red  der  amptman 
unud  die  umbstender  lachen  wurden ,  doch  den  bauren  nichts  '* 
destoiuinder  in  thurn  legten  unnd  nach  ernanter  zeit  ledig 
Hessen. 

Eiu  gerber  zeucht  ein  Schumacher  aus  einein  ey. 

Cap.  16. 

Auff  ein  zeit  hett  ein  Schumacher  ein  ey  gessen  ;  unnd  io 
ich  waiss  nicht,  ob  das  ey  zü  gross  oder  ob  der  Schumacher 
so  eiu  grosser  manlicher  held  gewesen  war,  das  er  ins  ey  fül, 
—  nün  es  sey  im,  wie  im  wolle,  er  lag  im  ey. 

Nön  giengen  vil  leut  für  und  sahen  den  armen  Schu- 
macher im  ey  schwimmen ,  aber  niemandts  wolt  im  herauss  iö 
helffen,  sonder  yedernian  lachet  sein.  Letstlich  kam  ein  ger- 
ber, der  sähe  in  auch  also  ligen,  gedacht :  ,Ach  gott,  wer  will 
mir  mein  leder  abkauffen ,  wan  der  Schumacher  erdrinckt !' 
Ine  beim  har  nam  und  wider  aus  dem  ey  zoch. 

Ein  fuchs  unnd  ein  eichhörmlin  betriegen  einander,  jo 

Cap.  17. 

[13b]  Niemand t  soll  lugen thafften  menschen  glaubeu,  da- 
mit er  nit  betrogen  werde.    Davon  hör  dise  historia ! 

Ein  eychbönulin  sprang  uff  ein  zeit  von  einem  bäum  zürn 
audern.  Darunder  stund  ein  fuchs,  der  sähe  zu  und  ward  des  z> 
eychhormlins  spotten  und  sprach:  ,Du  überhebst  dich  sehr 
mit  deinem  springen  und  thüst  doch  nicht,  wie  dein  vatter 
gethon  hatt;  dann  der  selbig  die  äugen  zü  thet  und  blintz- 
lingen  vonn  einem  bäum  zum  anderen  sprang.4  —  ,04,  sprach 
das  eychhermlin,  ,ich  kan  es  auch  wol  thün.1  Die  äugen  zü-  au 
thet  unnd  auff  ein  bäum  zü  springen  vermeiut.  Nün  feiet 
aber  dem  güten  thierlin  der  sprung ,  also  das  es  überab  fiel ; 


278  Martin  Montanue, 

unnd  der  fuchs  war  nicht  unbehend,  erwtischt  das  eycbberni- 
lin  unnd  wolt  es  fressen. 

Als  solches  das  eychhermlin  sähe  und,  das  es  yetz  ster- 
ben müst,  wol  vername,  ward  es  sehr  gerawen  ,  das  es  dem 

•>  listigen  fuchs  gefolget  hett;  doch  bald  ein  list  erfand,  anhub 
und  sprach  :  ,0  lieber  fuchs,  du  thüst  auch  nicht ,  wie  dein 
vatter  thet.  Dein  vatter ,  wann  er  etwas  zu  essen  überkam, 
lobet  er  vor  gott;  aber  du  wilt  mich  ungebettet  essen.4  — 
,Ey4,  sprach  der  fuchs,  ,hatt  mein  vatter  das  gethon,  ich  kan 

w  es  auch  thfin.'  Bald  vom  eychhermlin  Hess,  sich  aufF  die  hin- 
dern füss  leinet  und  anfieng  zu  betten  unnd  gott  zu  loben. 
Dieweil  er  aber  also  stund,  sprang  das  gefangen  eychhermlin 
wider  auff  den  bäum  unnd  fieng  an  des  fuchs  zu  spotten  und 
ihn  umb  sein  dorheit  züstraffen.    Als  solches  der  betrogen 

i:>  fuchs  sähe,  ward  er  umb  sein  thorheit  klagen  und  sprach,  wann 
er  ein  ander  mal  etwas  zu  essen  hett,  so  wolt  er  es  essen  und 
darnach  gott  loben. 

Mancher  vermeint  und  dunckt  sich  listig  sein  unnd  [14a] 
würt  doch  offt  und  dick  von  einem  mindern  unnd  unversten- 

20  digern  betrogen ;  also  geschah  auch  disem  fuchs.  Darum  sehe 
ein  yeglicher,  wo  er  betrogen  würde,  das  er  auch  list  hergegen 
brauche,  wie  er  künde. 

Ein  hass  jagt  neun  Bayer. 
Cap.  18. 

•s>  Kün  und  unverzagt  leut  sind  die  Bayer,  das  auch  ihren 
neun  ein  einigen  Imsen  furchten. 

Uff  ein  zeit  war  oder  lieff  im  Bayerland  ein  hass ,  der 
thet  den  guten  Lienlin  nach  ihrem  beduncken  grossen  schaden; 
und  warent  doch  nicht  so  behertzt,  das  ihm  einer  oder  zwen 
allein  dorfften  nachstellen,  sunder  meinten,  das  gross  scheutz- 
lich  thier  mit  den  langen  obren  würde  sie  fressen.  Und  auff 
ein  zeit  geselten  sich  ihren  neun  Bayer  zusammen,  namen  ein 
langen  spies  und  zogen  gantz  forchtsam  hienaus  uff  den  acker. 
da  der  hass  lieff,  und  stelt  sich  ye  einer  hinder  den  andern 
an  dem  spies  auff  hien.    Nun  der  hass,  der  yetzt  der  Bayer 


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Gartengeaellschaft,  cap.  18—19. 


279 


kunheit  und  mannheit  wol  wust,  in  keinen  weg  fliehen  wolt, 
suuder  gantz  unforchtsam  sitzen  blib  und  seine  Widersacher 
ansähe. 

Nun  die  Bayer  stunden  gewert  gegen  dem  armen  hasen, 
doch  wolten  sie  nicht  mit  dem  spies  follents  zum  hasen.  Letst-  5 
lieh  fieng  der  hinderst  am  spies  an :  ,Yetz  kumm  her,  ragen 
örlin  !  Yetz  milstu  sterben.4  Als  solches  der  vorderst  hört, 
ward  er  zornig  und  sprach  :  ,Ey  das  dich  botz  hur  sehend, 
als  Lieulins!  Wann  du  dafornen  stündest  als  ich,  so  würstu 
nicht  also  sagen.1  Den  spies  fallen  liess  und  darvon  lieff,  die  io 
andern  all  ihm  nach,  gott  geh,  wer  den  haseu  jagt. 

Es  ist  war,  ja  wers  glauben  will;  ich  schwer  kein  ayd, 
das  im  also  sey.  [14b] 

Einer  gibt  dem   schulthaissen   fttnff  Schilling  und 
schlecht  ihn  in  hals,  das  er  zu  boden  falt.  10 

Cap.  19. 

Ein  seltzamer,  wunderbarlicher  abentheurer  war  uff  ein 
zeit,  der  ein  neyd  zum  schulthaissen  in  seinem  flecken  drüg, 
doch  den  selbigen  gegen  ihm  nicht  dorfft  aussziehen ;  dann 
er  weyters  und  grösser  straff  besorgen  müst.  20 

Nun  auff  ein  zeit  sich  begab,  das  sie  bey  einander  in 
einer  zech  sassen ,  frölich  unnd  guter  ding  waren.  Und  min 
der  güt  gesell  ein  guten  drunck  überkommen,  stund  er  auff, 
hienauss  gieng  und  sich  (mit  gunst  zft  melden)  des  wassers 
eniplust.  Nun  lag  aber  dem  kerle  die  schmach  noch  im  sinn,  25 
so  er  ime  vileicht  bewisen  hett;  derhalben  hinein  ging,  für 
den  schulthaissen  stund  und  fraget:  ,Herr  schulthaiss,  was 
ist  der  frevel,  wann  einer  den  andern  in  hals  schlecht?1  — 
Der  schulthaiss,  als  der  da  nicht  meint  oder  hoffet,  das  der 
gesell  umb  arges  wider  ihne  fraget,  antwort  und  sprach  :  ,Es  au 
ist  fünff  Schilling  die  frevel.1  Der  seltzam  kund  den  seckel 
bald  autf  zog,  fünff  Schilling  herausser  zeit,  den  schulthaissen 
darmit  inn  hals  schlecht,  das  er  über  den  stül  abfiel,  und 
ihme  fünff  Schilling  darlegt  und  sprach  :  ,Seh  hien ,  da  hast 
fttnff  Schilling.' 


280 


Martin  Moiitaaus, 


Ach  gott,  was  wolt  der  güt  schulthaiss  thün?  Die  fünff 
Schilling  hien  nam,  wol  gedacht,  wann  er  ihne  schon  verklagt, 
das  er  es  verlieren  wtird ,  darzü  den  spot  zürn  schaden  haben 
mÜ8t,  hienzog  und  fürthin  nicht  mehr  saget,  was  der  frevel 
'■>  were.  [15a] 

Einer  verpflicht  sich  mitt  einer  güten  dirnin  und  sagt 
ihr  zu,  es  solt  sie  niemandts  scheiden  weder  gott. 

Cap.  20. 

Noch  ein  seltzamer  abentheurer  war,  der  sich  auff  ein 

10  zeit  hinder  ein  güte  dirnen  richtet,  mit  deren  er  so  vil  redet, 
das  er  sie  zü  seinem  willen  bracht  durch  die  verheissuug,  das 
er  sie  sein  leben  lang  behalten  wolt  und  sie  niemants  scheiden 
solt  weder  gott.  Ach  gott,  die  gut  ungesaltzen  dirn  dem  ge- 
sellen vertrawet,  nicht  meinet,  das  er  also  mit  ihr  handien 

15  solte.  Nim  der  jtingling,  der  sie  lang  genüg  zü  seinem  willen 
gehept  hette  unnd  nun  ihr  gern  ledig  gewesen  were,  wann  er 
es  nühr  mit  fügen  het  könden  thün. 

Unnd  auff  ein  zeit  zogen  sie  mit  einander  Überfeld  und 
kamen  zü  einem  creutz,  daran  die  bildtnuss  Christi  hingen,  da 

20  gingen  zwen  weg.  Der  güt  gesell  bald  anhüb  und  sprach : 
.Liebe  dirn,  du  weist,  was  ich  dir  verheissen  hab,  nemlich  das 
uns  niemants  scheiden  soll  weder  gott.  Nün  hanget  aber  da 
unser  lieber  hergott  an  dem  creutz,  und  da  gehn  zwen  weg. 
Darumb  gang  du  den  einen  ,  und  will  ich  den  andern  gehn.4 

\>ö  Damit  sein  weg  hinzöge,  gott  geb,  wa  die  güt  dochter  hinkam. 

» 

Ein  gesell  stünd  zü  Lauvvingen  uff  dem  inarckt  und 

sagt,  er  were  wild. 

Cap.  21. 

Zü  Lauwingen  stund  eins  mals  ein  seltzamer  foller  kund 
yo  auff  (Uni  marckt,  juchtzet  und  schrey,  sprach:    ,Ky,  wie  bin 

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Gartengesellschaft,  cap.  20—22. 


281 


ich  so  wild,  ey  wie  bin  ich  bo  wild!*  Und  des  geschreys  so- 
vil  trib,  das  ihn  schier  yederman  furchten  ward. 

Nün  was  ein  guter  gesell  anff  dem  marckt,  den  warde 
[15b]  des  follen  künden  geschrey  schier  verdriessen.  Derhalb 
er  von  leder  zuckt ,  dem  follen  esel  under  äugen  drat ,  mitt  "> 
rauhen  Worten  in  ansprach  und  sagt :  ,Botz  feintlich ,  wie 
wild  bistu  dann  ?  Und  flux  und  bald  wehr  dich  mein ,  oder 
du  müst  sterben!1  Der  seltzam  foll  narr,  der  yetzunder  einen 
wider  ihn  sähe,  gegen  dem  er  sich  wehren  solte,  bald  antwort 
und  sprach :  ,Ey,  ich  binn  nicht  so  wild,  als  ich  mich  mach/  io 
Hiemit  die  gassen  einlieff ,  als  ob  er  unsinnig  wer ,  sich  nit 
fast  wild  gegen  seinem  widersecher  erzeiget. 


Züm  wein  fürt  einer  sein  weib,  das  sie  auch  gut  le- 
ben habe. 

Cap.  22.  13 

Ein  guter  zechbrüder  sass  tag  und  nacht  beim  wein  und 
soff  sich  foll  und  doli  und  seinem  weib  daheimen  lies,  das  sie 
gern  mehr  gehapt  hett.  Wann  er  dann  heim  käme,  schlug 
und  stiess  er  sie  Obel,  in  summa  sie  hielt,  das  ein  stein  hett 
erbarmen  mögen.  20 

Nun  uff  ein  zeit,  als  er  sie  aber  übel  geschlagen  hatt, 
sprach  sie :  , Was  zeihestu  mich  doch  ?  Du  sitzest  tag  und 
nacht  beim  wein  und  hast  gut  leben  und  lasst  mich  daheim 
sitzen,  gott  geb,  ich  hab  zu  beissen  oder  zu  brechen.  Unnd 
wann  du  heim  kumst,  schlechst  mich  erst  übel  darziV  Der  20 
güt  zechbrüder  sagt:  ,Wolan,  du  sagst,  ich  seye  tag  und  nacht 
beim  wein  unnd  habe  güt  leben.  Du  raüst  auch  sollich  gut 
leben  erfaren.1  Den  nechsten  mit  ihr  züm  haus  hinaus  ins 
würts  haus,  der  frawen  dapffer  zu  tranck  und  sie  zwang  wider 
ihren  willen  zü  drincken.  30 

Davon  die  fraw  also  kranck  ward,  das  sie  sich  verwegen 
hett  züsterben.  Unnd  als  sie  wider  zü  ihrer  ersten  sterckin 
kam,  sprach  sie  züm  mann  :  ,Ziehe  züm  wein  unnd  habe  güt 
leben,  wann  du  wilt!  Ich  beger  [16a]  sein  nicht  mehr.4  Also 


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282 


Martin  Montanas, 


blib  der  mann  hienfürt  ungefexiert,  und  ward  im  nicht  mehr 
uffgehebt,  er  hette  güt  leben. 

Küssen  und  beth  wäscht  aiue  im  Schwabenland. 

Cap.  23. 

•)  Inn  einem  dorfF  im  Schwabenland  sass  ein  güte  einfeltige 
dirn,  ein  beurin,  die  ihr  lebtag  nicht  fast  an  orten  unnd  en- 
den gewesen  wäre,  da  man  sauber  hauss  hielte.  Derhalb  alle 
ihr  leinwat  küssen  unnd  beth  so  schwarte  waren,  das  sie  bas 
koler  secken  verglichen  hetten  mögen  werden  weder  iinlachen. 

10  Nun  auff  ein^  zeit  sich  begab,  das  ihr  müter,  so  in  einem 
andern  flecken  wonhafft,  inn  ihr  behausung  komen  wäre  unnd 
dise  ding  alle  so  schwarte  gesehen  hette;  fing  an  und  sagt: 
,0  liebe  dochter,  warumb  weschestu  nicht  die  bett  und  küssen? 
Sihe,  wie  sie  so  schwarte  sind!4    Die  güt  einfeltig  hausfraw 

15  sagt,  sie  wolt  es  thün.  Unnd  als  bald  die  niütter  wider  hin 
kam,  natu  sie  küssen  unnd  beth,  warffs  inn  ein  zuber  und  goss 
wasser  darüber ,  wusch  sie  und  vermeint ,  also  im  recht  ge- 
than  haben. 

Also  gescheid  dirnen  hatt  es  inn  dorffern  hin  und  wider, 
so  0  wie  wol  ist  ein  mann  mit  einer  solcheu  frawen  versorget ! 

Kiu  landtsknecht  daust  umb  ein  hemmat. 

Cap.  24. 

Auff  ein  zeit  zogent  etlich  landsknecht  miteinander  über 
feld ;  und  als  sie  also  gingen,  kamen  sie  zu  einem  zäun,  daran 

2:>  etliche  tücher  anhingen.  Nun  hett  der  ein  landtsknecht  ein  alt 
zerrisses  heminat  an,  darinn  vileicht  mehr  müller  floh  lieffen, 
weder  gülden  darinn  ver-[16b]nehet  waren. 

Derhalb  er  bald  anhub  und  sprach  :  , Lieben  bruder ,  ich 
hab  ein  böss  hemmat  an,  unnd  hangen  an  dem  zäun  vil  guter. 

:iu  Derhalb  mich  für  güt  ansehe,  ich  zog  mein  heminat  anss, 
Iiieng  es  an  den  zäun  unnd  nem  ein  güts  darfür.'  Also  ge- 
redt unnd  gethon  ein  ding  war.   Sein  hemmat  ausszog,  es  an 


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Gartengesellechaft,  cap.  23—26. 


283 


den  zäun  hieng  unnd  ein  güts  darfür  nain,  es  anleget  uund 
drey  heller  aus  dem  seckel  zocb,  die  selbigen  auff  das  schwartz 
hemraat  legt  und  darnach  sein  weg  fürt  zoch. 

Die  burger  inn  der  stat,  als  sie  solches  sahen,  schreyen 
sie  von  stund  an  Diebio  über  den  landsknecht  unnd  ereylten  0 
in,  sprachen  in  an  nmb  den  diebstal.  Der  landtsknecht  sprach : 
,Nicht  ein  meit.  Ich  habs  nicht  gestolen,  ich  hab  mit  ime 
tauscht  und  gelt  auffgeben,  das  ligt  auff  dem  hemmat.  Dar- 
urab  geht  hin  unnd  sucht,  so  wert  irs  finden.4  Die  erbaren 
leut  gingen  und  lugten.  Dieweil  war  der  landsknecht  mit  iu 
dem  hemmat  darvon. 

Ein  junger  landsknecht  zeucht  inn  krieg. 

Cap.  25. 

Eins  mals  wolt  ein  junger  kerlin  in  krieg  ziehen ;  unnd 
als  er  durch  die  musterung  zoch,  sagt  der  hauptman  zu  ime:  10 
,0  lieber  sün,  du  bist  noch  vil  zü  jung.  Ziehe  wider  heim 
und  spil  noch  ein  weyl  mit  deiner  inüter!  Dann  du  noch  vil 
zü  glat  umb  das  maul  bist/  —  ,Botz  tausent  sack  am  end4, 
sagt  der  landtsknecht,  ,wann  har  ein  man  schlecht,  so  will 
ich  ein  gantzen  ross  schwantz  urabs  maul  binden.  Unnd  hapt  20 
ihr  mangels,  herr  hauptman,  so  dretten  heraus!  So  wollen 
wir  ein  gänglin  miteinander  thün;  da  werdt  ihr  sehen,  ob  ich 
ein  kind  sey  oder  [17a]  nit.4 

Als  solches  der  hauptman  hört ,  Hess  er  ihn  durch  die 
musterung  ziehen  und  verachtet  fürthien  kein  jungen  bruder  20 
mehr. 

Ein  landsknecht  hofiert  (mitt  gunst  zü  melden)  einem 

würt  in  garten. 

Cap.  26. 

Ein  landsknecht  zog  auff  ein  zeit  über  feldt  und  gieng  w 
imgeferd  über  eines  würts  acker,  da  ihn   (mit  gunst  zü  mel- 
den) sein  notdurfft  zwingen  ward;  die  hellen part  in  grundt 


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284 


Martin  Montanus, 


stecket  und  ein  wenig  darvon  gieng,  das  follbrachte,  daruuib 
er  dann  von  der  natnr  geheischen  ward. 

Nün  in  solchem  der  würt,  des  der  acker  war,  kam  und 
den  landsknecht  darauff  fand ,  auch  die  hellen parten  stecken 

ä  sähe,  bald  der  hellenparten  zölieff,  die  vor  dem  landsknecht 
erwüscht  und  zu  ihm  sprach:  ,Du  laur,  was  darffstu  mir  in 
mein  acker  zü  scheissen  ?l  —  iEy4,  sprach  der  landsknecht, 
,was  soll  sollichs  schaden?  Furt  man  doch  sunst  mist  auff 
die  acker  !4  Der  würt  wolt  solcher  aussred  nicht  genug  haben, 

10  sunder,  dieweil  er  die  hellenparten  in  henden  hatt,  den  guten 
frommen  landsknecht  zwang,  das  er  im  den  dreck  wider  aus 
dem  acker  tragen  müst.  Darnach  er  ihm  die  hellenparten  wi- 
der gab  unnd  sprach :  ,Nün  wolan ,  yetz  ziehe  hien  und  thü 
keinem  mehr  fürthien  solche  leckerey!1 

i.)  Der  landsknecht,  als  er  sein  hellenparten  wider  hett,  an 
die  erst  bewisen  schmach  gedencken  ward,  und  das  er  die  sel- 
bige nicht  wol  ungerochen  kundt  lassen,  dem  wflrt  bald  ant- 
wort  und  sprach:  ,Das  dich  botz  tausent  Ober  unnd  über 
sehend,  als  bösswichts !    Wie  darffstu  mich  solche  ding,  die 

l"u  wider  alle  bil-[17b]lichheit  sind,  zwingen!  Und  flux  unnd 
bald  trag  mir  den  dreck  wider  dahien,  da  er  vor  gelegen  ist ! 
Oder  ich  will  ein  wehr  durch  dich  stechen.  Darnach  wiss 
dich  zü  richten  !4  —  Der  würt,  der  sich  nün  überwunden  sähe, 
den  kat  bald  nam  unnd  ihn  wider  an  das  ort  trüg,  da  er  vor 

n-»  gelegen  war ,  darnach  zü  dem  landsknecht  sprach  :  , Lieber 
bruder,  kuinb  her,  ich  will  dir  von  deiner  behertzigkeit  wegen 
ein  mass  wein  zalen!4  Den  landsknecht  mitt  ihm  heinifürt, 
den  foll  wein  füllet  unnd  hernach  wider  zihen  lies. 


Der  Lucifer  schickt  seiner  diener  einen  nach  einem 
:«>  landsknecht. 

Cap.  27. 

Ein  seltzani  thier  ists  umb  ein  landsknecht,  das  in  auch 
13  zeihe. 


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Gartengesellachaft,  cap.  26—28.  285 


der  teufel  nichts  kan  abgewinnen  ,  sunder  sie  förchten  müss. 
Davon  hör  dise  histori ! 

Uff  ein  zeit  schicket  der  öbrist  teufel  ein  diener  aus,  er 
solte  sehen,  wo  doch  die  landsknecht  weren,  das  keiner  in  die 
hell  kern ,  und  solte  lugen ,  wo  er  doch  einen  niocht  mit  im  ;> 
bringen.  Der  diener  zöge  aus  unnd  kam  in  eines  hauen  ge- 
stalt  in  ein  wörtshauss,  da  er  sich  hinder  den  ofen  setzet  unnd 
den  landsknechten  züsahe,  wie  sie  zechten.  Nun  als  die  lands- 
knecht foll  Warden  ,  fiengen  sie  an  kanten  und  gleser  zu  zer- 
brechen und  alles  zftverw&sten,  was  auff  dem  tisch  stund,  und  k> 
ein  sollich  rumor  anfingen ,  das  ihme  der  teufel  hinder  dem 
ofen  förcbten  ward.  Letstlich  fieng  einer  hinder  dem  tisch 
an:  ,Botz  tausent  sack  foll  enten!  Wolauff,  wir  wollen  den 
han  hinder  dem  ofen  berupffen  und  die  federn  uff  die  hüt 
stecken ,  darnach  den  hanen  fressen/  Als  solches  der  teufel  iö 
hört,  zür  stuben  hienaus  der  hell  zülieff  und  seinem  meister 
anzeigt,  wie  kein  böser  thier  uff  [18a]  erden  wer  weder  ein 
landsknecht. 

Wann  darnach  ein  landsknecht  für  die  hell  kam,  beschloss 
man  alle  thür  und  thor  vor  im  zü ,  sie  mochten  sunst  alle  20 
teufel  verjagen. 

Zu  Strassburg  auff  des  ammeisters  stub  asse  einer 

für  14  pfenning  broilt. 

Cap.  28. 

Auff  des  ammeisters  stub  zü  Strassburg  kam  ein  mal  ein  <s> 
grosser  frass,  so  man  ihn  änderst  ein  frass  nennen  soll.  Der 
setzt  sich  zü  andern  gesellen  über  den  tisch  und  fieng  an  der- 
massen  zü  fressen,  das  ihme  kein  mensch  mit  essen  mocht  zü 
kummen.  Und  als  man  die  zech  macht,  hatt  er  sechs  kreutzer 
verzert ,  unnd  befand  sich ,  das  er  allein  für  siben  kreutzer  :io 
brodt  gessen  hett.  Nun  die  diener  zeigten  dem  herren  am- 
meister  an,  wie  einer  da  were,  der  für  vierzehen  pfenning 
brodt  gessen  hett.  Nam  der  ammeister  die  sechs  kreutzer  und 
schickts  ihm  wider  über  sein  tisch,  entbot  im  dabey,  das  er 


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28(3 


Martin  Montanua, 


gedechte  und  fürthien  nicht  mehr  wider  kerne.  Er  gab  für, 
er  wolt  noch  wol  mehr  gessen  haben ,  wann  nians  ihm  ge- 
ben hette. 

Also  findt  man  vil  leut,  wann  sie  alles  fressen  und  den 
5  gantzen  tisch  sehenden  kündten  ,  so  theten  sie  es.    Hut  dich 
darvor ! 

Seine  kind  macht  ein  armer  mann  nissig,  die  brodt 

begeren. 

Cap.  29. 

io  Eins  raals  was  ein  armer  mann ,  der  vil  kinder  het  (wie 
dann  gemeinlich  geschieht,  das  die  armen  das  hauss  foll  kin- 
der haben  lauffen,  hergegen  ein  reicher,  der  sie  wol  zuerziehen 
vermocht ,  gar  keins  hatt)  und  darzü  wenig  brodt.  Da  war 
keins  vorhanden,  unnd  wust  auch  [18b]  keins  zü  tiberkummen. 

13  Derhalb  er  ein  list  erfand,  bald  hienging,  kolen  nam  und  seine 
kind  russig  macht.  Die  kinder  sassen  in  der  stuben  und  sahen 
einander  an,  und  ye  eins  zürn  andern  sprach  :  ,Ey,  wie  bistn 
so  rüssig,  ey  wie  bistu  so  rüssig!1  Damit  vergassen  sie  des 
brodts  und  bliben  ungessen  biss  nacht. 

ao   Einer  bürstet  seinen  kindern,  die  brodt  heischeu. 

Cap.  30. 

Noch  ein  solcher  guter  kerlin  war,  der  hett  auch  vil  kin- 
der und  wenig  brodt  im  hauss ,  und  die  kinder  hetten  alle 
bose  köpff  und  Hessen  ihn  nit  gern  bürsten.  Wann  dann  die 
25  kinder  brodt  begerten,  sprach  er :  »Schweigen ,  oder  ich  will 
euch  bürsten!1  Damit  geschweigt  er  die  kinder,  das  sie  kein 
brodt  mehr  begerten. 

Ein  dochteriin  beichtet  einem  pfaffen. 

Cap.  31.. 

ao       In  der  fasten  ist  gewonlich  im  bapstum  der  brauch,  das 


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Gartengesellschaft,  cap.  29—33. 


287 


yederraan  jungs  unnd  alts  beichtet  und  sich  mit  dem  sacra- 
ment  versieht.  Und  auff  ein  zeit  kam  ein  jungs  dochterlin 
zum  pfaffen  und  beichtet.  Und  under  anderm  fragt  er  es,  ob 
es  auch  ins  beth  bruntzet.  ,Ja,  herr1,  sprach  das  dochterlin, 
,ich  brüntzle  darein.4  —  iEy',  sprach  der  pfaff,  ,das  soltest  :> 
nicht  thün.  Ich  friss  die  dochterlin ,  die  ins  beth  bruntzen.4 
—  «Wie,  herr1,  sagt  das  dochterlin,  ,fr essen  ihr  die  kinder, 
die  ins  beth  brüntzlen  ?  Das  thftn  nicht !  Aber  ich  hab  ein 
bruderlin  daheim,  das  scheist  ins  beth.  Das  fressen !'  [19a] 

Drey  gesellen  wetten  mitt  einander ,  welcher  züni  i« 

besten  zechen  tn6cht. 

Cap.  32. 

Drey  gesellen  giengen  mit  einander  zum  wein  und  wetten 
mit  einander,  welcher  züni  besten  zechen  und  den  andern 
zweyen  mit  drincken  obligen  kündte,  der  solt  der  bezalung  i.» 
halben  lehr  aussgehn,  und  solten  die  andern  zwen  für  in  be- 
zalen. 

Nun  als  sie  in  das  würtshauss  kamen,  fieng  einer  an  und 
nestlet  sich  auff.  ,0l,  sprach  der  würt,  ,der  ists  nicht.'  Der 
ander  ging  hien  und  wetzt  das  messer.  ,0',  sprach  der  würt,  2u 
,der  ists  auch  mV  Der  dritt  ging  hieuab  und  schiss.  ,Der 
ists\  sprach  der  würt.  A  Iso  hett  der  letst  die  zech  gewunnen, 
und  mästen  die  anderen  zwen  für  ihn  bezalen. 

Drey  bauren  urtheilen  über  ein  wolff. 

Cap.  33.  2& 

Ein  edelmann  het  ein  flecken  oder  dorff  under  im  züver- 
walten,  da  er  uff  ein  zeit  ein  wolff  gefangen  unnd  zA  dodt 
geschlagen  hette.  Nun  war  im  eben  zur  selben  zeit  der  Schult- 
heis im  dorff  gestorben,  derhalb  er  ein  andern  Schultheis  ha- 
ben niüst    Darumb  er  drey  bauren ,  die  erbarsten  unud  an-  :io 

* 

22  in. 


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288 


Martin  Montanas, 


sehelichsten  under  der  ginein  zu  ime  bernfft,  denen  fürhielt, 
wie  er  eins  schultheissen  nottttrfftig  were ;  nän  het  er  ein  dot- 
ten  wolff  da  ligen ,  unnd  welcher  under  inen  das  best  unnd 
gerechtest  urtheil  über  den  wolff  feilet,  derselbig  solt.  schul  t- 
5  heia  sein. 

Nfin  die  bauren  einer  fing  an  und  sagt:  ,Ich  sihe  an  den 
zänen  wol,  das  er  mehr  roh  fleisch  gessen  hat  dann  gesotten s.' 
Der  [19b]  ander  sagt:  ,So  sihe  ich  an  den  füssen  wol,  das 
er  mehr  geloffen  dann  geritten  ist.1  Der  drit  sagt:  ,So  sag 
10  ich  uff  mein  trew,  das  ime  nie  würst  gewesen  sey  dann  auff 
die  stund,  da  er  gestorben  ist.*  Dise  letste  urtheil  gefiel  dem 
edelmann,  unnd  setzt  den  bauren  zum  schultheiss. 

Ein  doctor  inn  der  artzney  sagt,  es  hette  sein  krancker 
ross  unnd  wagen  im  leib  stecken. 

i5  Cap.  34. 

Uff  ein  zeit  was  ein  doctor,  der  het  ein  krancken,  dem 
solt  er  den  harn  besehen.  Nun  het  aber  der  hochgelert  herr 
etwan  von  einem  andern  auch  seins  gleichen  doctorn  gehört, 
das,  wann  er  zu  einem  krancken  gangen  were,  hette  er  vor 

lh»  under  das  beth  gelagt  und  gesehen,  ob  er  etwa  stücklin  ier- 
gendt  von  sehe,  die  den  krancken  zü  solcher  kianckheit  hette 
bringen  mögen;  wann  er  dann  etwas  sähe,  sprach  er:  ,0  sfln, 
du  hast  das  oder  dess  züvil  gessen/ 

Also  thet  diser  doctor  auch;  da  er  dem  krancken  das 

2r>  wasser  solt  besehen,  sähe  er  vor  under  das  beth  und  sähe  ein 
alt  kommet  und  sattel  darunder  ligen,  gedacht:  ,Das  würt  gut 
sein4.  Bald  anhub  und  sprach:  ,0  lieber  sün,  du  hast  gar 
ein  schwere  kranckheit,  unnd  würt  dir  nicht  wol  zü  helffen 
sein.    Dann  du  hast  ross  unnd  wagen  inn  dir  stecken/  — 

:*>  Als  solches  die  umbstender  horten,  fingen  sie  an  zAlachen  unnd 
spotteten  des  gelerten  doctors,  zogen  hin  unnd  Hessen  den  er- 
barn  herren  beim  krancken  ston. 


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Gartengesellacbaft,  cap.  33—38. 


289 


Fftr  ein  crucifix  kam  einer  und  sagt  zu  unserm  hergot, 
ob  er  auch  ein  weib  hette. 

Cap.  35. 

[20  a]  Ein  güt  gesell  hett  ein  weib,  die  im  villeicht  mehr 
mit  camillen  zwüge  und  mit  sesslen  strelet  dann  mit  laugen.  • 
In  summa,  den  armen  mann  dermassen  hielt,  das  er  mehr  einem 
dürren  todten  cörpel  züvergleichen  war  dann  einem  lebendigen 
menschen. 

Unnd  uff  ein  zeit,  als  er  umb  ging  spacieren  und  gott 
sein  laid  zu  klagen,  kam  er  zu  einem  crucifix,  daran  die  bildt- 
nüss  Christi  gantz  mager  unnd  ungestalt  hing,  fieng  er  cläg- 
lich  an  zu  wainen  und  sprach:  ,0  lieber  hergot,  ich  glaub 
sicherlich,  du  habest  auch  ain  weyb,  das  du  so  dürr  unnd 
mager  bist.4  Er  meinet,  die  weil  er  dürr  wer,  so  het  er  auch 
ein  weib. 


Ein  mann  sagt,  er  het  noch  ein  kleins  zipflelin. 

Cap.  36. 

Auff  ein  zeit  het  ein  bidermann  ein  weib,  die  gehüb  sich 
für  und  für  übel,  wann  er  solche  Sachen,  die  man  jensyt  des 
Reins  za  treyben  pflegt,  mit  ihr  pflag.  Ich  waiss  nit,  wie  er 
mit  ir  umb  gieng,  ye  sie  sagt  allwegen:  ,Nün  werestu  mir 
vil  lieber,  wann  du  keinen  hettest  unnd  still  legest,  weder  das 
du  so  unruwig  bist.' 

Nun  gedacht  der  güt  gesell:  ,Wie  thetest  im  doch,  das 
du  erfaren  möchtest,  wie  lieb  dich  doch  dein  fraw  hett,  wann 
du  keinen  hettest?'  Unnd  auff  ein  zeit  gieng  er  hien  und  liess 
ein  dann  voll  blüts  füllen,  heim  gieng,  ein  axt  nam  und  ett- 
was  anfieng  zühawen.  Nün  inn  solchem,  als  in  zeit  daucht, 
sein  gemachtes  würstlin  herfür  zoch,  das  entzwey  hüwe,  also 
das  der  stock  voller  blüt  wäre.  Darnach  rüfft  er  von  stundan 
dem  weyb,  die  zü  der  selbigen  zeit  inn  der  kuchin  wäre,  unnd 
sprach:  ,0  weh,  o  weh,  mein  liebe  hauss-[20b]fraw,  ists  mir 
so  übel  gangen!  Ich  hab  mein  bupenhan  gantz  und  gar  ab- 

Moauau»  19 


290 


Martin  Montanus, 


gehawen.  Da  sihestu  noch  das  worzeichen.4  —  ,0  da  zer- 
nichter mann1,  sagt  die  fraw,  ,wer  will  yetzt  bey  dir  sein,  da 
du  keinen  mehr  hast?  Wem  wiltu  nün  nütz  sein?4  Bald  ihr 
blünderlin  znsamen  band  unnd  darvon  wolt,  zürn  man  sagt: 

>>  ,Ey  du  nieman  nfltziger  mann,  yetz  hause  du  allein !  Ich  will 
mir  ein  suchen,  der  mir  die  gippen  erstreichen  kan.4 

Als  nün  der  mann  die  frumkeit  seines  weibs  sähe  und 
wol  erkant,  das  sie  ohn  sollich  ding  nicht  bleiben  mocht,  sprach 
er :  ,Ey  kum  her,  mein  fraw !  Ich  hab  noch  ein  kleins  stinip- 

10  Hn.4  —  ,Ach4,  sagt  die  fraw,  ,so  will  ich  gleich  bey  dir  bleiben. 
Es  ist  dannocht  weger  ein  zipffelin  weder  gar  nichts.4 

Für  Draminner  begert  ein  junckfraw  Drabrautter. 

Cap.  37. 

Auff  ein  zeit  het  ein  herr  gest,  denen  er  gern  ein  ehr 
»*>  bewisen  hette.    Nün  het  er  sunst  ein  güten  freundt,  der  het 
ein  güten  Draminner  im  keller.    Derhalb  er  die  magt  zu  im 
schickt  mit  einer  kanten,  ir  bevalhe,  das  sie  ein  mass  Draruin- 
ner  holen  solte. 

Die  güt  dochter  gieng  hien  und  scheinet  sich  doch  also 
20  züsagen.  Als  sie  nün  in  die  stuben  kam  unnd  gefragt  ward, 
was  sie  wolte,  sagt  sie:  ,Es  schickt  mich  mein  herr  berumb, 
ihr  solt  im  ein  mass  Drabrauter  schicken.4  Sie  meinet,  sie 
hette  nicht  so  grob  geredt,  als  wann  sie  Draminner  gesagt 
hette.  Diser  züchtigen  red  yederman  lachet,  der  magt  die  mass 
»  Drabrauter  gab[en]  unnd  sie  hinziehen  Hessen. 

Drey  Schneider  drincken  ein  mass  wein  und  sind 

güter  ding. 

Cap.  38. 

[21  aj  Uff  ein  zeit  kamen  drey  Schneider  züsamen  in  ein 
.Tostetlin,  heisst  Ingwyler,  begerten  arbeit  da.    Nün  was  aber 
ein  junger  edelmann  mit  ihn  zogen,  der  hett  im  schloss  zü- 
schaffen ;  mit  dem  selben  gieng  ein  schneyder,  der  ihn  beleitet 


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Gartenpesellschaft,  cap.  37—40. 


291 


NAn  verzog  aber  das  geschefft  sich  so  lang,  das  der  edelman 
ein  mal  ausser  gieng  und  zürn  Schneider  sagt:  ,Lieber  Schnei- 
der, zeuch  hin  zA  dein  gesellen  und  heiss  sie  zechen  und  guter 
ding  sein !  Ich  will  bald  zA  euch  kuinmen.' 

Der  Schneider  zöge  hien ;  da  in  seine  gesellen  bald  fragen  5 
warden,  wa  der  juncker  were  oder  was  er  gesagt  hette.  ,Ey\ 
sprach  der  kostfrey  Schneider,  ,der  juncker  hat  gesagt,  wir 
sollen  ein  halb  mas  wein  drincken  und  frölich  und  gAter  ding 
sein.4  Dem  Voigten  sie,  drancken  ein  halb  mas  wein  und 
warendt  gAter  ding.  10 

Ein  gast  sagt  zAm  würt,  er  solt  im  das  fleisch  uff- 

schneiden. 

Cap.  39. 

Uff  ein  zeit  kam  ein  gast  inn  eins  würts  hauss,  ohn  alle 
wähl  ein  abgefeumpts  kind.  Dem  bracht  oder  stelt  die  würtin  ir> 
fleisch  für,  daran  der  merentheil  bein  war.  Als  solchs  der 
gast  sähe,  steckt  er  beide  hend  in  bösen,  zA  gleich  als  ob  er 
lam  were ,  rafft  dem  würt  und  sprach :  ,Herr  würt ,  koment 
her  und  schneident  mir  mein  fleisch  auff!  Dann  ich  inn  hen- 
den  nicht  so  starck  bin  noch  das  vermag  auff  zAschneiden.'  20 

Der  würt  dem  gast  gern  willfaren  und  das  fleisch  vor- 
schneiden wolt;  da  was  es  lauter  bein,  unnd  sagt:  ,Lieber 
gast,  darumb  hast  du  das  fleisch  nicht  konden  zerschneiden/ 
Im  ein  ander  und  besser  stück  fleisch  bracht  unnd  darnach 
die  zech  schencket  und  Hess  ihn  hienziehen.  [21b]  25 

Siben  kreuter  isst  ein  gast  zA  Lauwingen. 

Cap.  40. 

Ein  würt  was  zu  Lawingen,  hiess  der  Kallhart;  zü  dem 
kam  ein  gast  und  begert  zA  essen.    Die  würtin  bracht  ime 
ein  suppen  und  ein  kraut.    Er  begert  mehr  zA  essen ;  man  so 
bracht  ime  ein  kraut.    Er  begert  noch  mehr  zA  essen;  man 
bracht  im  aber  ein  kraut,  biss  man  ime  syben  kreuter  bracht. 

19  *  ^—     .  ^ 


292 


Martin  Montan  ua, 


Unnd  da  man  ime  die  zech  wolt  machen,  fragt  ihn  der 
würt,  was  er  het  gehabt.  Der  gast  antwort  und  sprach:  ,Ein 
kraut/  —  ,Was  mehr?1  —  ,Ein  kraut.1  —  ,Was  mehr?'  — 
,Ein  kraut*    Ye,  wann  er  ihn  fragt,  sagt  er  allweg  ein  kraut 

5  biss  er  uff  syben  kreuter  kam.  Letstlich  ward  es  den  würt 
verdriessen,  unnd  sagt :  ,Botz  tausent  sack  voll  enten,  wie  ge- 
schneyest  du  es  mit  dem  kraut!  Hast  dann  sunst  nichts  ge- 
fressen weder  kraut?1  Hienaus  in  die  kuchen  lieff  und  fragt, 
was  doch  der  gast  hette  gessen.    Da  erfür  er,  das  er  sunst 

10  nichts  dann  kraut  gehapt,  ging  hienein  unnd  schanckt  dem 
gast  die  zech  und  lies  ihn  hienzihen. 

Ein  schiffman  fürt  ein  Jüdin  über  Rein. 

Cap.  41. 

Ein  jud  und  ein  judin  kamen  züm  Rein  und  wolten  hien- 
ir>  über  faren  und  kamen  mit  dem  schiffman  des  lohns  halben 
überein.  Nün  sähe  der  schiffman  wol,  das  die  jüdin  hübsch, 
schön,  jung  und  wolgestalt  wäre,  unnd  sie  gern  zü  seinem 
willen  gehapt  hette.  Derhalb  zu  dem  juden,  ihrem  mann, 
sprach :  ,Lieber  jud,  du  sihest  wol,  das  schiflin  ist  klein  und 
an  das  wetter  ungehewr,  darumb  ich  euch  nicht  beyde  mit  ein- 
ander über  kan  füren.  Darumb  [22a]  sitz  du  da  still!  So 
will  ich  dein  fraw  vor  hientiber  füren.4 

Nün  der  schiffman  setzt  die  fraw  ins"  schiff  und  so  vil 
mit  ihr  redet,  das  er  sie  zü  seinem  willen  bracht,  legt  sie  ins 
25  schiff  nider  und  fienge  an  mit  ihr  zü  schertzen.  Als  solches 
der  jud  sähe,  schrey  er:  ,0  fraw,  verrencks  im,  verrencks  im!* 
Aber  sie  kert  sich  wenig  an  das  schreyen,  für  mit  dem  schiff- 
man darvon,  gott  geb  wo  ihr  mann,  der  jud,  blibe. 

Ein  Iristori  von  einer  verheurhatung ,  zü  Lauwingen 

beschehen. 

Cap.  42. 

Gehn  Lauwingen  im  Schwabenland  kam  ein  mal  ein  junger 


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Gartengeselltichaft,  ca}>.  41—42. 


293 


Lrürt  ler  gesell,  der  in  seinem  sinn  sich  hochtrabig  daucht  und 
auch  listig  genüg  war.  Der  selbig  hnld  tragen  ward  zu  eines 
reichen  in  ans  dochter  (on  von  nöten  hie  zü  melden),  sich  gegen 
der  selbigen,  auch  yederraenigklich  reich  erzeiget,  sagt,  wie  er 
tausent  gülden  vermocht.  5 

Nün  der  dochter  altern  von  seiner  reichtnmb  von  ime 
veruummen  hetten,  ihn  oflft  zü  gast  lüden  und  gern  im  hauss 
sahen,  gar  ein  lieber  gast  war.  Und  wiewol  der  dochter  altern 
reich  waren  und  einem  armen  gesellen  wol  hetten  helffen  mö- 
gen ,  wolten  sie  doch  ihren  hauffen  mehren  und  die  reichen  10 
züsammen  stossen.  Nün  der  jüngling  und  die  junckfraw  hetten 
sich  schon  genüg  mit  einander  verpflicht,  und  mangelt  allein 
an  den  altern,  das  die  den  heurhat  zü  beyden  Seiten  mit  ein- 
ander beschliessen  solten. 

Darauff  lies  ihme  der  gesell  ein  schönen  guldin  ring  ma-  15 
chen,  den  er  der  junckfrawen  auff  die  ehe  gab,  und  ihme  ein 
silberin  dolchen.  Und  dieweil  er  aber  kein  gelt  nicht  hatt, 
auch  ihme  der  goldtschmidt  solche  geschmeid  nicht  ohn  gelt 
geben  wolt,  ging  gedachter  herr,  der  des  [22b]  jungen  schweher 
sein  solt,  zürn  goldtschmidt  und  sagt,  er  wolte  bürg  sein.  Des  90 
der  goldtschmidt  wol  zü  friden  war,  dem  jungen  den  ring  und 
dolchen  gab. 

Nün  wolte  der  schweher  unnd  die  freund  wissen,  was  er 
doch  für  ältern  daheimen  hett,  oder  ob  er  auch  so  reich  wer, 
nach  dem  er  fürgeben.  Derhalben  sie  dem  jungen  ein  pferdt  s 
bestelten ,  und  die  braut  ihme  ein  schonen  krantz  mit  einer 
guldin  schnür  macht,  und  mit  ihme  hienein  gehn  Augspurg, 
da  er  dann  daheimen  was,  ritten.  Als  sie  nün  in  forst  kamen, 
hett  sich  der  gesell  gern  abzogen  und  enteussert,  die  büchsen 
offt  aus  der  hulffter  zog,  den  hanen  auffzog  und  sein  kurtz- 90 
weil  trib,  also  das  ihn  die  guten  frummen  herren  schier  forch- 
ten  warden  und  zü  im  sprachen:  , Lieber,  steck  doch  die 
büchsen  ein,  damit  du  niemandt  kein  schaden  thüest !' 

Nün  er  kundt  sich  eben  in  keinen  weg  aussen  lei  Ifen  und 
mit  ihn  biss  gehn  Augspurg  einritt ,  da  er  in  einer  herberg 
einkeret  und  zü  den  herren  sprach :  ,Lieber  schweher  und  lie- 
ben schwager,  bleibent  ihr  hie  stehn!  So  will  ich  zü  meinem 
vatter  gehn  unnd  ihm  den  handel  anzeigen,  damit  er  etwann 


294 


Martin  Montanus, 


nicht  zürne,  das  ich  ohn  sein  wissen  ein  weib  genunimen  hab. 
Darnach  will  ich  zü  euch  kummen  und  die  ross  holen.1  Ach 
lieber  gott,  die  erbarn  leut  waren  des  wol  zu  friden,  merckten 
aber  den  schalck  nicht,  den  der  erbar  gesell  hinder  den  ohren 

ö  hatt,  und  warteten. 

Nün  ging  der  gesell  heim  zü  seinem  vatter  und  zeigt  dem 
an,  wie  er  seinem  brüder  ein  weib  zü  Lauwingen  überkuramen 
hette,  die  eins  guten  Vermögens  were,  und  die  freund  weren 
hie  und  wolten  den  heurhat  beschliessen.    Der  güt  alt  vatter 

10  glaubet  dem  sün  und  rüstet  daheimen  alle  ding  zü,  als  sich 
dann  gebürt. 

Nün  der  [23a]  ehrlich  gesell  name  die  magt  und  zöge 
wider  ins  würtshauss,  zürn  herren  sagt:  , Lieben  freund,  ihr 
sollen  mit  der  magt  heim  gehn.    So  will  ich  die  ross  holen 

r>  und  hernach  kummen ;  dann  sie  der  vatter  daheim  mit  mindenu 
kosten  haben  mag  dann  allhie.1  Ach  gott,  die  güten  herren 
haben  dem  jungen  glaubt  und  sind  mit  der  magt  heim  gangen. 
Der  gesell  aber  nam  das  best  ross,  setzt  sich  darauff  und  ritt 
darvon,  das  kein  mensch  nit  wust,  wie  oder  wohien. 

•20  Und  als  die  herren  zürn  alten  kamen  und  mit  ihm  von 
der  sachen  anfingen  zü  reden,  fragt  der  vatter,  welcher  sün 
es  were.  Die  herren  antworten  und  sprachen,  es  were  der, 
so  mit  ihnen  von  Lauwingen  geritten  were.  ,0' ,  sprach  der 
vatter,  ,er  hat  uns  vil  ein  andere  meinung  anzeigt.  Eylendts 

25  geht  hien  unnd  secht ,  das  er  kein  ross  hienweg  reit  !4  Die 
herren  zogen  hien  und  wolten  lügen.  Da  war  der  vogel  aus- 
geflogen unnd  der  gesell  mitt  dem  ross  hienweg.  Und  als 
sie  gehn  Lauwingen  kamen,  mftsten  sie  das  ross  und  den  dol- 
chen  für  ihren  schonen  dochterman  bezalen. 

so  Es  geschieht  denen  gesellen  et  wann  recht,  die  ihre  kinder 
nach  gut  und  nicht  nach  frumkeit  verheurhaten.  Lieber,  sag 
mir  doch,  was  güts  daraus  kunime ,  wann  man  einander  also 

*  umb  güts  willen  wider  beyder  jungen  willen  zusammen  stost, 
offt  das  beyde  gantz  und  gar  verderben!   Und  ob  sie  schon 

y.>  autF  diser  weit  an  hab  und  güt  weidlich  zunenmien,  helff  ihn 
doch  gott  nach  diser  weit,  da  warlich  nicht  nach  güt  oder 

* 

82  darana. 


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Gartengesellschaft,  cap.  42 — 44. 


295 


reich  tum  b  geurtheylt  werden  würt,  suuder  allein  nach  uuserni 
verdienst.  Gott  wolt,  das  ein  yeglichs  das  betrachtet;  so 
stund  es  besser  in  der  weit,  weder  es  stat.  Gott  verzeihe  uns 
unser  sünd.  [23b] 

Ein  newe   braut  lasst  ein  junckfrawen  furtzlin  in  0 

dein  beth. 

Cap.  43. 

Uff  ein  zeit  war  ein  hochzeit  in  einem  flecken.  Und  als 
man  des  nachts  die  zwey  newe  eheleut  zusammen  legt  und 
nön  ein  güt  weil  gelegen  waren,  begab  sich,  das  der  guten  10 
dochter  (mit  gunst  zö  melden)  ein  furtzlin  empfür.  Ach  gott, 
wer  erschrack  übler  weder  sie!  Forcht,  der  mann  hette  es 
gehört,  und  damit  er  es  nicht  schmackte,  hüb  sie  die  deckin 
auff  und  lies  es  fein  subtil  hienaus  schleichen. 

Nön  der  mann,  der  da  thet,  als  ob  er  schlief!',  aber  in  15 
keinen  weg  thet,  als  ob  ers  gehört  hett,  was  die  fraw  mit 
dem  furtz  begangen,  bald  ein  grossen  starckeu  bomber  her 
faren  lies  und  zu  der  braut  sprach :  ,Liebe,  bistu  ein  portner, 
so  lass  mir  den  auch  hienaus  !*  Davon  die  gilt  dochter  sehr 
beschemmet  ward  und  verbiss  es  ein  ander  mal.  20 

Dosch  facht  visch  uff  der  brach. 

Cap.  44. 

Ein  seltzamer  abentheurer  ist  uff  ein  zeit  gewesen ,  von 
dem  ich  vil  inn  meinem  buchlin,  so  ich  den  Wegkürtzer  ge- 
nant, geschriben  hab.  Derselbig  kund  nam  uff  ein  zeit  ein  85 
andern  abentheurlichen  gesellen  zii  ime  und  sagt:  ,Ich  will 
hingon  und  mit  einem  angel  auff  der  brach  vischen.  So  wer- 
den mir  die  rossbuben  nach  lauffen ;  so  fahe  du  dieweyl  ein 
ro«8  und  reyt  heim!' 

Nön  der  gesell  volget  ime  und  gieng  auff  die  brach  zö  ao 
den  rossen.    Desselbigen  gleichen  thet  Dosch  auch,  nam  sein 
angel  und  gieng  ein  wenig  hindan  von  den  buhen.   Die  böben 


29(3 


Martin  Montanus, 


zogen  im  also  nach ,  biss  sie  ein  guten  ferren  weg  von  den 
ros-[21a]sen  kamen,  und  fragten  in:  ,Ey  lieber  Dosch,  was 
wiltu  auff  der  brach  fahen  ?4  —  ,Ha4,  sagt  er,  ,fahe  ich  nicht, 
so  facht  mein  gesell.4  Und  die  böben  so  lang  auff  zog,  biss 
ö  Doschen  gesell  das  ross  hien  hett. 

Das  haupt  schlecht  einer  dem  andern  hinder  dem 

disch  ab. 

Cap.  45. 

Es  hat  sich  auff  ein  zeit  begeben ,  das  etlich  gut  ge- 
10  seilen  mit  einander  zechten  und  guter  ding  waren.  Nun 
kam  ein  anderer  voller  unflat  hienein  unnd  drat  für  den  disch, 
sprechent:  ,Secht,  lieben  gesellen,  wie  ich  so  ein  schon  new 
wehr  kaufft  hab!  Und  ich  het  ein  lust,  ich  hiewe  dem  den 
grind  vor  dem  disch  ab.4  —  ,Ey4,  sagten  die  andern,  ,du  narr 
i  >  steck  ein ,  damit  du  niemandt  kein  schaden  thüest  !4  —  ,Nfin 
hett  ich  nur  ein  lust,  das  ichs  thet.4  Darmit  darschlüge  und 
dem  gesellen  ungewarneter  sach  das  haupt  abschlüge,  das  es 
inn  der  stuben  lag. 

Sihe  zü,  ob  das  nicht  ein  erschrockenlich  ding  sey,  das 
20  billich  ja  yederman   darab  erschrecken  solte  unnd  sich  vor 
weinsauffen  hüten ! 

Zü  Lohr  im  Kintziger  thal  ersticht  einer  einen,  der 

im  beim  weyb  ligt. 

Cap.  46. 

2.1  Im  Kintziger  thal  ligt  ein  stetlin ,  heisst  Lohr ;  darinn 
wonet  ein  burger,  der  ein  jung  schon,  grad  weyb  het.  Und 
wiewol  er  auch  noch  jung  und  gerad  gewesen,  auch  ihr  mans 
genüg  gewesen  were,  hat  sie  sich  doch  sein  nicht  behelffen 
wollen,  sonder  sich  mit  unordenlicher  lieb  zü  einem  andern 
verpflichtet. 

* 

9  hegeben. 


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Gartengeßellachaft,  cap.  45—46. 


207 


Und  uff  ein  zeit,  als  der  selbig  ihr  bul  bey  ihr  lag,  be- 
gab sich,  das  der  [24b]  mann  zü  hauss  kam  und  ohn  alle 
geferd  inn  die  karamer  gieng,  da  der  ebrecher  bey  der  fraweu 
lag,  und  trüg  ein  axt  über  die  achsel,  aber  gar  wenig  meinet, 
das  er  sein  weib  inn  solcher  gestalt  finden  solt.  Aber  die  •» 
zwey  den  nechsten  auff  waren;  die  fraw  im  under  dem  arm, 
wie  sie  kunt  oder  mocht,  durch  hin  schloff;  der  ebrecher  im 
under  den  streich  stund,  das  er  nicht  schlagen  kunt,  unnd  die 
hosen,  wie  er  mocht,  auff  hin  zöge,  darnach  den  nechsten  der 
kaminer  thür  und  stiegen  zü  eylet.  Aber  der  man  hernach  w 
unnd  den  ubelthäter  uff  der  stegen  ereylet,  ain  streich  nach 
im  thet  unnd  ihn  mit  der  axt  tieff  hinden  inn  die  schultern 
verwundet. 

Ach  gott,  der  verwundt  den  nechsten  der  rahtstuben  zü- 
lieff,  vermeint  Sicherung  da  zühaben.  Unnd  die  hauptkiinnin  io 
eben  auss  der  kuchin  gieng,  da  sie  der  verwundt  lauter  umb 
gottes  willen  batt,  sie  solt  im  Sicherung  seins  lebens  geben. 
Die  hauptkannin  gern  das  best  gethon  hett  und  ihn  inn  die 
kuchin  verbarg,  nicht  meinet,  das  der  frawen  mann  ihne  inn 
der  kuchin  suchen  solt.  Doch  der  mann  den  nechsten  der  20 
kuchin  züeilet  unnd  ihn  darinn  ergriff,  inn  ein  winckel  trib 
und  mit  der  axt  dermassen  verwundet,  das  er  sich  des  lebens 
verwegen  hette.  Der  ebrecher  den  eh  man  lauter  umb  gottes 
willen  batt,  er  solt  im  das  leben  fristen  nühr  ein  tag;  aber 
es  halff  alles  nichts,  sondern  für  unnd  für  inn  ihn  schlug.  20 
LeUtlich  rissen  ihn  die  leuth  von  ime,  bis  der  thäter  entran 
unnd  er  den  nechsten  den  kirchoff  zü  eylet,  alda  vermeinet 
Sicherung  zühaben.  Aber  der  mann  als  bald  ime  nach  drat, 
auff  dem  kirchoff  ereylet  und  ime  noch  ein  streich  gab,  dar- 
durch  er  füle.  :iu 

Als  er  aber  yetz  gefallen  war,  der  ehman  wider  ab  dem 
kirchoff,  uff  die  rhat[25a]stuben  gieng,  der  hauptkiinnin  ein 
halben  batzen  gab  unnd  sprach :  ,Liebe  würtin,  gebt  mir  ein 
kreutzer,  ein  pfenning  unnd  zwen  heller  !l  Welches  die  würtin 
als  bald  thet.  Unnd  der  zimmerman ,  der  eheman  ,  auff  den  35 
kirchoff  gieng,  drey  heller  auff  den  doten  cörpell  leget  und 


32  eie. 


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298 


Martin  Montanus, 


sprach :  ,Lieben  burger,  Bebet  zö  !  Disen  mann  bab  ich  an  orten 
und  enden  funden,  da  er  mir  mein  glimpff  unnd  ehr  schalck- 
lich  genuminen  hat.  Nün  vermögen  alle  recht  und  erlauben 
einem  yeglichen  das,  wo  einer  ein  in  solchen  Sachen  bedrit, 

ö  das  er  ihm  möge  das  leben  ohn  alle  genad  und  barmhertzig- 
keit  nemmen.  Nön  hab  ich  aber  disen  mann  an  solchen  orten 
funden,  die  ime  die  recht  verbieten.  Derhalb  ich  auch  an  ihme 
verbracht,  des  mir  und  einem  yegklichen  alle  recht  erlauben. 
Üarumb  ich  auch  hiemit  drey  heller  auff  ihn  lege,  damit  soll 

10  er  gebust  und  gebessert  sein,  und  euch  auch  hiemit  zu  zeugen 
ni m,  das  ihr  diser  sach  sollen  zeugen  sein.1    Darmit  heimzöge. 

Wer  wolt  ihme  darumb  thon  haben?  Fürwar  niemandts. 
Ein  gelt  straff  mftst  er  geben,  das  er  den  kirchhoff  entweicht 
hat.    Also  geschah  disem  ehebrecher,  und  ward  ihm  sein  bil- 

15  lieber,  verdienter  lohn.  Aber  die  fraw  entrann  ihme,  und 
waisst  noch  niemandts,  wo  sie  hienkummen  ist. 

Ein  kriecht  sagt  zü  seiuern  meister,  er  solte  ein 

Scheiben  saltz  kauffen. 

Cap.  47  (49)*). 

L'o  Auff  ein  zeit  het  ein  maurer  ein  knecht;  der  vexiert  den 
maister  für  und  für,  wann  er  beim  pfenningwert  saltz  eiu- 
kauffet,  sprechend:  ,Ey,  wie  möcht  ich  also  mit  lumpenwerck 
umbgehn!  Wolt  ich  doch  ein  gantze  [25b]  Scheiben  mit  ein- 
ander kauffen !  So  hetten  ir  ein  weile  dran.4    Der  arm  meister 

l'o  sprach :  ,Lieber  gesell ,  du  darffst  mein  nicht  spotten.  Lüg, 
wann  du  ein  weib  nimst,  das  dirs  nicht  auch  also  gang!' 
Solches  war  alles  dem  knecht  nur  ein  gespött. 

Und  nicht  lang  darnach  begab  sich,  das  der  selbig  knecht 
auch  ein  weib  natu,  mit  deren  er  in  grosser  armüt  lebt,  kaum 

au  vermocht,  das  er  hett  für  ein  pfenning  saltz  kaufft.  Und  eins 
mals  sich  begab,  das  der  gedacht  knecht  auff  dem  marckt  war 

*)  Von  hier  ab  wird  in  A  die  numerierung  durch  überspringen 
zweier  zahlen  fehlerhaft.  In  unuerni  abdrucke  ist  dies  versehen  gebes- 
sert, die  alte  nummer  aber  in  klammern  hinzugefugt. 

i 

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Gartengesellschaft,  cap.  46 — 48. 


299 


gewesen  und  (mit  gunst  zu  melden)  ein  par  schüch,  darein  für 
ein  pfenning  saltz  kaufft.  Dem  sein  meister  begegnet  und  ihn 
fragt,  was  er  trüge.  ,Ey4,  sprach  der  knecht,  ,ich  hab  ein 
par  schlich  kaufft.1  Damit  die  schüch  under  den  kittel  zohe, 
damit  der  meister  das  pfenningwert  saltz  nicht  sehe.  ,Ey  heb4,  5 
spricht  der  meister,  ,lass  michs  sehen  !  Ich  verstand  mich  auch 
ein  wenig  auff  schüch.4  Darmit  dem  knecht  die  schüch  aus 
den  henden  nam  und  das  pfenningwert  saltz  darinn  fände. 
,Wie?4  sagt  der  meister,  ,was  ist  das?  Kauffst  auch  für  ein 
pfenning  saltz,  und  hast  mein  also  gespottet  ?4  Dem  knecht  die  iu 
schlich  unnd  das  saltz  wider  gab  uund  sprach :  ,Yetz  waistu, 
was  reichtumb  in  der  ehe  ist.  Geh  hien  und  spott  fürthien 
keins  meisters  mehr!1 

Mancher  meint,  wann  er  nür  ein  weih  hab,  so  hab  er 
alles  genüg ;  so  facht  warlich  erst  sein  angst  und  not  an,  unnd  10 
haben  seine  beste  tag  ein  end.    Das  betracht  aber  keiner,  biss 
er  es  selbers  erfart  unnd  solche  kranckheit  am  hals  hat;  so 
hilfft  als  dann  kein  recept  darfür.  [26aJ 

Ein  gräfin  sagt,  die  armen  leut  solten  käss  und  brodt 
essen,  damit  sie  nicht  hungers  stürben.  ao 

Cap.  48  (50). 

Uff  ein  zeit  war  inn  einem  land  ein  grosser  hunger  und 
theure  zeit,  also  das  die  güten  armen  leut  schier  hungers  star- 
ben. Nün  wüsten  sie  nicht  weyters,  weder  das  sie  die  landts 
türstiii  umb  hilff  anriifften.  Derhalben  die  ältisten  im  land 
von  dem  gemeinen  volck  erwölten  etliche,  die  sie  für  die  fürstin 
schickten  und  umb  hilff  anrüffen  Hessen. 

Als  sie  nün  für  die  fürstin  kamen  und  die  grosse  not  und 
hunger  des  gemeinen  volcks  ihr  fürlegten ,  darbey  umb  hilff 
hatten ,  sprach  die  gräfin  :  ,Ey ,  wie  sind  es  aber  so  dorecht 
leut !  Noch  wolt  ich  ehe  käss  unnd  brodt  essen,  ehe  ich  wolt  ;x> 
hungers  sterben.4  Sie  meint,  sie  weren  sunst  zü  foll,  das  sie 
nicht  mochten  käss  und  brodt  essen. 


1 


300 


Murtin  Montanu«. 


Ein  baur  lasst  (mit  guust  zü  melden)  ein  furtz  und 
spricht  züm  teufel,  er  soll  ein  knopff  daran  machen. 

Cup.  49  (51). 

Ein  verwegner,  böser  baur  sass  in  einem  dorff,  der  vil 
guter  bett  und  sehr  reicb  war.  Nün  war  es  eben  umb  die 
ernd,  das  er  solt  Schnitter  auf  dem  veld  haben,  die  ihm  das 
korn  und  ander  frücht  abschnitten.  So  thauret  in  das  gelt 
übel,  das  er  den  taglonern  geben  solt  (wie  dann  der  reichen 
gewonbeit  ist,  ye  mehr  sie  güts  haben,  ye  karger  sie  sind); 

10  d erhalb  er  tag  und  nacht  trachtet,  wie  er  doch  solche  frücht 
on  sein  kosten  mochte  heim  zü  hauss  bringen. 

Und  in  solchem  seinem  betrachten  kam  der  teufel  in  men- 
schen gestalt  zü  ihm  und  fraget  ihn,  warumb  [26b]  er  doch 
in  so  grossen  engsten  leg;  er  solts  ihme  anzeigen,  ob  er  ihme 

r>  mochte  behilflich  sein.  Der  baur  sagt:  , Lieber  brüder,  ich 
hab  vil  frücht  auff  dem  veld,  die  soll  ich  nün  alle  tag  ab- 
schneiden und  heimfuren  lassen  ;  so  thauret  mich  nür  das  gelt. 
Darumb  vermeinest  du  mir  ein  guten  rhat  zü  geben,  so  thü 
es!4  Der  teufel  sprach:  ,Wann  du  hernacher  mein  wiit  sein, 

20  so  will  ich  dir  die  frucht  alle  zü  hauss  füren.4  Der  listig 
baur,  der  wol  getrawet  den  teufel  zü  betriegen,  bald  antwort 
und  sprach:  ,Wann  du  drey  ding  thün  wilt,  die  ich  beger,  so 
will  ich  hernacher  mit  dir,  wa  du  hien  wiit.4  Der  teufel  war 
solchs  wol  zü  friden  und  fraget,  was  er  thün  solt.  ,Wolan4, 

2:,  sprach  der  baur,  ,dieweil  du  dich  solches  underwunden  hast, 
so  geh  hien  und  thü  mir  alle  frucht  on  schaden  herein ,  die 
auff  dem  veld  stond !  Wann  solches  geschehen ,  so  thü  mir 
alles  mein  holtz,  das  auff  dem  veld  unnd  in  den  weiden  ligt, 
zü  hauss!   Wann  solches  auch  geschehen,  will  ich  dir  weiters 

:>>  sagen,  was  du  thün  solt.4 

Der  schwartzman,  den  solches  nit  schwer  daucht,  bald 
hienging  unnd  die  geheissenen  ding  verbracht  und  bald  wider 
zürn  bauren  kam,  ihn  fraget,  was  das  dritt  unnd  letst  were. 
Nün  hett  der  baur  am  morgen  fru  rohe  rüben  gessen,  davon 
er  wol  fartzen  mochte.    Derhalb  ein  grossen  furtz  lies  und 


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Gartengesellschaft,  cap.  49—50. 


301 


zöm  teufe!  sprach:  ,H6r,  brüder,  fah  den  und  mach  ein  knopff 
dran  !4  Solches  wäre  dem  teufel  unmöglich,  hienzoge  und  den 
bauren  sitzen  lies. 

Ein  narr  wolt  ein  sack  mit  mäl  in  der  mülen  holen. 

Cap.  50  (52).  5 

[27a]  Ein  arme  witfraw  hett  ein  sün,  der  auch  dem  uiül- 
ler  durch  die  mule  geloffen  und  mit  dem  sack  geschlagen  warde. 
Den  selbigen  schickt  sie  auff  ein  zeit  in  ein  andern  flecken  in 
ein  mulin,  gab  ihm  ein  sack,  setzt  ihn  auff  ein  ross  und  sprach 
zü  ihme:  ,Nün  reit  hien  und  sprich  als  ausse:  Ein  sack  foll,  m 
ein  sack  foll  !4  Der  güt  Jockel  ritt  hien  und  sagt ,  wie  ihm 
sein  müter  bevolhen  hett. 

Nicht  lang,  als  er  also  geritten  was,  hett  sich  sein  ross 
gestossen,  das  der  narr  schier  überab  gefallen  was.  Davon 
er  vergessen ,  wievil  er  solt  mal  bringen ,  wider  hienrit  und  i » 
sprach  :  ,Ein  sester  foll,  ein  sester  foll  !l  Nun  in  solchem  sei- 
nem reiten  begab  sich,  das  er  zü  einem  ackerman  kam,  der 
sähet  frücht;  und  als  er  den  narren  also  hört  schreyen,  lieff 
er  hienzü  und  schlug  ihn  gotsjamerlichen  Übel  und  sprach:  ,Du 
solt  nicht  also  sagen,  sunder:  Es  werd  sein  vil,  es  werd  sein  vil !4  ji> 

Der  güt  Hansel,  der  schon  ein  mal  abgetoffelt  ward,  wei- 
ter hienritt  und  sagt:  ,Es  werd  sein  vil,  es  werd  sein  vil!4 
wie  ihme  dann  der  baur  bevolhen  hett.  In  solchem  kam  er 
zü  zweyen,  die  schlügen  einander.  Der  narr  schrey  als:  ,Es 
werd  sein  vil,  es  werd  sein  vil!'  Als  solches  die  zwen  hörten,  z> 
Hessen  sie  von  einander  und  auff  den  narren  hien,  schlügen 
den  aus  der  massen  übel  und  sprachen :  ,Du  solt  sagen :  Schaid 
euch  gott,  schaid  euch  gott!' 

Der  güt  Lienlin,  der  yetz  seins  mels  vergessen  hett  und 
nün  die  ander  zügab  seins  newen  Unglücks  empfangen  hett 
und  der  dritten  warten  was,  hienritte  und  schrey,  wie  ihm  die 
zwen  bevolhen  hetteu.  In  solchem  seinem  reitten  unnd  schreyen 
bekamen  ihm  zwey  newe  eheleut,  die  einander  erst  den  selbigen 
tag  zü  kirchen  gefürt  hetten.  Der  narr,  als  er  solche  ersähe, 
schreye  er  als:  [27b]  ,Schaid  euch  gott,  schaid  euch  gott!4:r> 


302 


Martin  Montanug, 


Die  erbarn  leut  solches  verdriessen  ward,  gedachten:  ,Wir 
haben  erst  heut  einander  genumrnen,  und  schreyt  der  narr: 
Schaid  euch  gott!4  Den  armen  narren  schlügen,  das  gott  von 
himmel  herab  hett  sehen  mögen,  und  zu  ihm  sprachen:  ,Du 
ö  8olt  sagen:  ,Nims  an  arm  und  heb  sie  warm!4 

Der  gut  narr,  dem  sein  rucken  sehr  weh  thet  und  nicht 
wust,  wie  er  sich  doch  halten  solt,  das  er  nicht  weyters  ge- 
schlagen würde,  hienrit  und  sprach:  ,Niins  an  arm  und  heb 
sie  warm,  nims  an  arm  und  heb  sie  warm !4  In  solchem  ge- 

10  schrey  bekam  im  einer,  der  fürt  ein  saw  an  einein  strick  und 
höret  das  geschrey,  den  narren  Übel  schlüg  und  sprach:  ,Du 
solt  sagen:  Stoss  an  spiss,  brodts  und  friss!4 

Der  güt  Jockel  abermals  hienritt  unnd  sprach:  Stoss  an 
spiss,  brodts  und  friss,  stoss  an  spiss,  brodts  und  friss!4  Sol- 

13  ches  trib  er,  biss  er  zü  einem  kam,  der  (mit  gunst  zü  melden) 
sein  notturffb  thäte.    Der  arm  geck  abermals  schrey :  ,Stoss 
an  spiss,  brodts  und  friss  !4  Der  gesell  den  narren  übel  schlüg 
und  sprach :  ,Du  solt  sagen  :  Geh  darvon  und  lass  riechen  !4 
Ach  gott,  ach  gott,  wer  was  bekümberter  dann  der  arm 

20  übelgeschlagen  Lienlin?  Hienritt  und  zü  der  mulen  kam,  die 
selbig  brante  in  all  macht.  Der  narr  schrey,  wie  man  ihn 
gelernet  hett:  ,Geht  darvon  und  lasts  riechen.!4  Als  solches 
die  güten  leut  horten,  namen  sie  den  narren,  warffen  ihn  ins 
fewr  und  Hessen  ihn  verbrennen. 

&  Für  fünff  heller  gewürtz  kaufft  ein  baur  in  einem 

laden. 

Cap.  51  (53). 

Ein  kirchweyhe  wolt  auff  ein  zeit  in  einem  dorff  sein.  In 
dem  selbigen  wonet  auch  ein  par  volck,  mehr  [28a]  gewonet, 
ao  rüben  unnd  kraut  zü  essen  dann  ander  ding.    Nün  sagt  aber 
die  fraw  zürn  mann :  ,Lieber,  nim  fünff  heller  und  geh  in  die 
statt  unnd  kauff  ein  säcklin  foll  gewürtz  !4 

Der  güt  dolpel  zöge  hien,  name  ein  sack,  darein  wol  ein 
malter  korn  ging,  zöge  für  den  wurtzladen  und  begert  ein  sack 
85  foll  gewürtz.    Der  kreraer  sah  bald,  was  er  für  ein  gesell  war, 


i 

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Gartengesellschaft,  cap.  51  -53. 


303 


unnd  fraget,  was  er  für  gelt  hette.  ,Fünff  heller  hab  ich,4 
sagt  der  baur.  Die  selbigen  nam  der  wurtzkreiner  und  schut 
ihm  gewflrtz  darfür  in  sack.  Den  schlög  der  baur  über  die 
achsel  und  zöge  damit  heim. 

Vieriockers  kaufft  ein  baur  inn  der  apoieck.  0 

Cap.  52  (54). 

Uff  ein  zeit  ward  einem  bauren  ein  kuh  kranck;  dem 
rieth  man,  er  solt  inn  die  apoteck  gen  und  solt  im  heissen 
driockers  geben.  Der  baur  zoch  hien,  und  auff  dem  weg  ge- 
dacht er  bey  im  selbst :  ,Soll  es  ein  gut  ding  sein,  so  will  ich 
mir  heissen  vieriockers  geben ,  damit  meiner  küh  desto  bas  10 
geholffen  werde.4 

Unnd  als  er  für  die  apoteck  kam  unnd  gefragt  ward,  was 
er  wolt,  sagt  er :  ,Ich  solt  driockers  kauffen.  So  gebt  ihr  mir 
vieriockers,  ob  der  selbig  besser  were  !4  Der  apotecker  sähe 
wol,  was  er  für  ein  vogel  hett,  dem  bauren  driockers  inn  ein  10 
büchsslin  gab,  dasselbig  doppelt  bezalt  nam  unnd  den  bauren 
hien  ziehen  lies. 

Ein  waldtbrüder  sagt  unnd  nam  im  für,  wie  er  ein 
fraw  wolt  nemen  unnd  kinder  zielen. 

Cap.  53  (55).  20 

Ein  guter  alter  brüder  hett  inn  eim  wald  sein  wonung, 
von  dem  er  alle  tag  inn  die  statt  ging  und  [28b]  ein  mas 
honig  holet,  den  man  im  gab.  Den  selbigen  honig  sparet  er 
allen  züsamen  inn  ein  hafen,  der  ob  seinem  beth  an  einem 
seil  hienge.  >i; 

Nün  begab  sich  auff  ein  zeit,  als  er  inn  seinem  beth  läge 
und  den  stab  inn  bänden  hett,  fieng  er  an  mit  im  selbs  zu- 
reden und  sprach :  ,Ich  hab  alle  tag  ein  anzal  honig,  und  gilt 
mir  die  mas  fünff  batzen.  Wann  ich  dann  für  ein  gülden  oder 
etlich  hab,  will  icbs  verkauffen.  Umb  dasselbig  gelt  will  ich  :» 
schaff  kauffen ,  die  selbigen  schaff  bringen  mir  dess  jars  noch 


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304 


Martin  Montanu«, 


sovil  junge  schäflin.  Dieselbigen  will  ich  verkauffen ,  unnd 
umb  dasselbig  will  ich  ein  schön  weib  kauffen,  mit  deren  ich 
inn  kurtzweil  leben  will.  Von  dem  selbigen  weib  will  ich  ein 
schönen  sün  zielen.  Den  selbigen  will  ich  ehrlich  unnd  wol  ziehen ; 
ö  und  wann  er  mir  nitt  volgen  will ,  so  will  ich  ine  mit  dem 
stecken  übel,  übel  schlagen.1  Mit  dem  auff  den  hafen  schlug 
und  in  zu  stucken  zerbrach.    Also  hett  sein  anschlag  ein  endt. 

Ein  fraw  fragt  ihren  man,  wie  lieb  er  sie  hett. 

Cap.  54  (56). 

io  Ein  edelmann  het  ein  fraw,  die  im  tag  und  nacht  mit 
bitten  anlag,  er  solt  ihr  doch  sagen,  wie  lieb  er  sie  hett.  Der 
edelman  ,  der  sie  lang  also  auffgehalten  het ,  antwurt  unnd 
sprach  :  ,Du  bist  mir  als  lieb  als  ein  göt  oder  haimlich  scheys- 
sen.1    Solche  red  die  fraw  hart  verschmachten,  und  mainet 

\h  er  het  sie  dardurch  veracht;  solch  red  in  keinen  weg,  wie  sie 
der  edelman  gemeinet,  verstanden  het.  Derhalb  sie  hefftig 
traurig  unnd  über  ihren  mann  zürnen  ward. 

Und  eins  mals  sich  begab,  das  der  juncker  die  fraw  am 
arm  hett  unnd  mit  ihr  kurtzweylet;  der  [29a]  frawen  begunde 

abzustreichen,  unnd  an  die  orth  begeret,  dahien  sie  dann  die 
notturtft  zwingen  was.  Der  edelmann  solches  bald  sähe  unnd 
die  fraw,  die  Urlaub  an  ihn  begeret,  mit  uichten  wolte  gehn 
lassen,  sonder,  als  lang  er  mocht,  uff  hielte  und  sie  stets  fraget, 
was  sie  doch  thün  wolte.    Nun  mochte  die  fraw  lenger  nicht 

s>  verziehen,  über  den  man  schier  zürnen  ward  und  sprach :  ,Ey 
lieber,  lasst  mich  doch  gehn!  Ich  müss  (mit  gunst  zümelden) 
scheyssen.4 

Als  solches  der  edelman  hört,  sprach  er:  ,Fraw,  sihestu 
yetz,  wie  lieb  ich  dich  hab?  Als  wenig  als  du  ohn  solches, 
au  das  du  )*etz  begerest,  leben  kanst,  als  wenig  kan  ich  ohn  dich 
leben;  und  als  lieb  dir  solches  ist,  als  lieb  hab  ich  dich/  Da 
erkant  die  fraw  erst,  wie  lieb  sie  der  manu  hett,  unnd  ihn 
fürthien  auch  lieb  hett. 

2  deren  ch. 


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üartengeBellschaft,  cap.  54—55. 


305 


Ein  fraw  hett  ihren  bnlen  bey  ir,  darza  der  maun 
kam,  unnd  sie  verbarg  den  jungen  ins  olfass,  dar- 
nach zum  man  saget,  es  vvere  einer  im  olfass,  der 

es  kauften  wolt. 

Cap.  55  (57).  5 

Zu  Neapolis  inn  der  weitberfimpten  statt  ein  armer  man 
ein  schone,  junge,  gerade  fraw  zu  einem  weib  hett,  die  auch 
etwan  neben  den  weg  gienge,  die  auch  ein  gute  wollspinnerin 
war  und  den  pflüg  bas  zü  beth  füren  knnt  dann  kaine  ihrer 
nachbeurein,  unnd  ihr  man  ein  maurer;  beide  ihr  leben  mit  io 
klainein  gewinn  hienfürten.  Und  eins  mals  das  frewelin  an 
dem  fenster  läge ,  da  sie  von  einem  jungen  knaben  gesehen 
ward,  und  inn  solcher  mass  gegen  ihr  entzündet,  das,  wann 
er  sie  eins  tags  nicht  sähe,  er  meinet  allein  sein,  auch  offter- 
oi als  [29b]  des  tages  die  gassen ,  darinn  die  fraw  sass,  auff  i'> 
unnd  ab  gieng.  Des  die  fraw  bald  mercken  ward  und  gleich- 
fals  liebe  auff  den  jungen  warff ;  und  nach  langein  sich  beident- 
halb  sovil  begab,  das  sie  zusamen  kamen.  Unnd  das  frewlin 
mit  dem  knaben  ihr  Ordnung  gab,  das  er  alle  morgen  sich  an 
orth  unnd  end  stellen  solte,  da  er  sehe  den  maurer,  ihren  mann,  a> 
auss  dem  hauss  gehn ;  als  dann  mocht  er  ohn  alle  sorg  bey 
ir  sein.    Solches  sie  lange  zeit  mit  einander  triben. 

Nun  inn  solchem  ab  unnd  zugehn  sich  eins  morgens  be- 
gab, das  der  schonen  frawen  mann  nach  arbeit  wäre  auss- 
gangen und  der  jung  zu  der  frawen  inn  das  haus  kam,  sein  e» 
freud  nach  beider  gewonheit  bey  ihr  zuhaben.  Uud  wie  der 
frawen  mann  vor  allweg,  wann  er  aus  gieng,  nicht  wider  heim 
kam  biss  abents,  kam  er  doch  den  selben  tag  inn  der  stund, 
darinn  er  aussgangen,  wider  heim.  Unnd  als  er  zü  der  thür 
kam ,  fand  er  die  beschlossen  und  allenthalben  wol  verriglet,  :io 
anhftb  zu  klopffen  und  zü  im  selber  sprach  :  ,0  herre  gott, 
dir  sey  lob  und  danck  gesagt.  Wiewol  du  mich  hast  arm  be- 
schaffen ,  hastu  mich  doch  mit  einer  frommen ,  erbaren  und 
zfichtigen  frawen  begäbet  unnd  versehen.  Wie  hat  sie  sich 
so  bald  versperret  und  verwaret ,  damit  niemants  frembds  zu  x, 

Moounat  20 

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306 


Martin  Montanus, 


ihr  kommen  mög,  sie  zü berauben  oder  etwas  wider  ihren  wil- 
len züthün!4 

Nün  het  das  gut  jung  frewlin  an  dem  klopffen  wol  er- 
kant,  das  es  ihr  mann  wäre ;  zu  dem  jungen  knaben  sprach : 

"»,()  weh  mir,  wie  soll  ich  meinen  dingen  thün?  Ich  binn  des 
todts;  denn  mein  man  klopffet  an  der  thUr.  Was  mag  doch 
das  bedeuten,  das  er  yetzund  heim  kompt?  Ich  forcht  war- 
lich, er  hab  dich  sehen  herein  gehn.  Doch  wie  dem  allem 
sey,  steig  eylents  in  das  fass,  [30a]  das  in  dem  winckel  steht ! 

10  So  will  ich  gehn  lauffen  und  im  uffthün  unnd  sehen,  was  doch 
bedent,  das  er  so  bald  zü  hauss  kumpt.4 

Der  jüngling  in  das  fass  sprang.  Die  fraw  zu  der  hauss- 
thür  lieff,  dem  mann  auft'thet  und  mit  zornigen  worten  zü  ihm 
sprach:    ,Was  soll  das  sein,  das  du  so  bald  wider  zu  hauss 

Jökumst?  Es  dnnckt  mich,  du  wollest  heut  ein  feyrtag  machen 
unnd  nicht  arbeiten,  dieweil  du  den  werckzeug  wider  heim 
bringest.  Wann  du  also  machen  wilt,  was  wollen  wir  leben  ? 
Was  wollen  wir  essen?  Haberstraw?  Wa  wollen  wir  brodt 
nemmen  ?    Du  meinest  vileicht,  ich  solt  dir  zulassen ,  das  dn 

20  meine  kleider  verkauftest.  Ich  sehe  dich  nicht  an,  ich  spinn 
vorhien  bey  tag  und  nacht,  das  mir  das  blüt  möcht  bein 
neglen  auslauffen,  damit  ich  dich  faulen  lauren  erneren  mag 
und  zu  erübrigen  ein  wenig  611  in  unser  lucernen  anzüzinden. 
Und  du  kurast  mir  mit  hangenden  henden  heim  zü  hauss, 

2ö  wann  du  wol  zü  arbeiten  hast.4 

Mit  disen  worten  anhüb  klaglich  zü  wainen  und  ir  laid 
zü  klagen :  ,0  weh  mir  armen  eilenden  frawen,  in  was  böser 
stund  binn  ich  geboren!  Nun  hett  ich  doch  wol  ein  schonen 
jungen  reichen  zü  einem  mann  haben  mögen,   und  ich  wolt 

ao  sein  nit  und  hab  ehe  mein  willen  geben  zü  dem  zü  kunimen, 
der  nicht  bedenckt,  was  er  an  mir  hatt.  Andere  weiber  ha- 
ben gute  tag  und  schaffen  ihnen  mit  ihren  liebhabern  ein  gu- 
ten müt,  und  ist  keine,  sie  hatt  zwen  oder  drey,  mit  dem  sie 
ihr  freud  haben  und  ihrem  mann  den  mon  für  die  sunnen 

;tt  weisen;  und  darunib  das  ich  schlecht  und  einfeltig  binn,  sol- 
chen Sachen  nicht  nachgeh ,  müss  ich  vil  leiden.  Ich  waiss 
nicht,  warumb  ich  mir  nicht  auch  umb  einen  lüg,  der  mich 
lieb  hab,  wie  die  andern  thün.4 


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Gartengesellschaft,  cap.  55. 


307 


Nach  disen  woifcen  der  mann  [30b]  antwort  und  sprach: 
,Fraw,  umb  gottes  willen  nicht  bekümber  dich!  Es  ist  wol 
war,  ich  gieng  in  der  meinung  aus,  das  ich  arbeiten  wolt.  So 
bedunckt  mich,  es  sey  dir  als  wenig  wissend  als  mir,  das  heut 
sanct  Gallen  tag  ist  und  yederman  feyret;  darumb  binn  ich» 
wider  heim  kummen.  Aber  doch  ,  liebes  weib,  ich  hab  mich 
heut  wol  fursehen,  das  wir  wol  für  ein  gantzen  monat  brodts 
genüg  haben;  dann  ich  unser  alt  ollfass  disem  gfttem  mann 
für  fünff  Schilling  verkaufft  hab,  das  uns  doch  allenthalben 
im  hauss  geirret  hatt.4  io 

Das  listig  frewlin  schnell  antwortet  und  sprach:  ,Das 
ist  da  mein  klag,  die  ich  für  über  dich,  du  unheusslicher 
mann,  das  du  ein  sollichs  gross  fass  umb  fünff  Schilling  geben 
hast ,  und  ich  armes  einfältigs  frewlin ,  das  mit  marter  den 
weg  zur  kirchen  waiss ,  es  bass  und  theurer  verkaufft  hab  \:> 
dann  du.  Dann  es  kam  ein  mann  ein  kleine  weil  vor  dir  her- 
ein ,  der  kaufft  mirs  ab  und  gab  mir  siben  Schilling  darumb 
und  ist  yetzund  darinn,  zu  besehen,  ob  es  gantz,  rain  und 
sauber  seye.4 

Als  solches  der  mann  vernain ,  das  sein  frummes  weib  20 
theurer  und  hoher  verkaufft  het  dann  er,  wol  zu  mut  und  con- 
tent was,  zft  dem,  der  mit  im  kummen  was,  sprach:  ,Mein 
lieber  freundt,  du  siehst  wol,  das  mein  fraw  das  fass  umb  si- 
ben Schilling  verkaufft  hatt,  da  du  mir  nicht  mehr  dann  fünff 
Schilling  gebest.  Darumb  ziehe  im  friden  hieu  und  hab  mir  2> 
nichts  für  Obel.4  Der  alt  mann  sprach:  ,Ich  binn  sein  wol 
zu  friden.4  Hiengienge. 

Petronella  zu  dem  mann  sprach :  ,Geh  herein,  mann,  in 
die  kaminer  zu  dem,  der  mir  das  fass  abkaufft  hatt,  und  sihe 
du  selbst  zu  unsern  Sachen!4  Der  jung  gesell,  der  in  dem  30 
fass  mit  grosser  sorg  seines  lebens  stack ,  sich  aus  dem  fass 
schwang,  zü  gleicher  [31a]  weiss  thet,  als  ob  er  nicht  ver- 
nommen hett,  das  der  mann  kummen  wer.  Zu  der  frawen 
sprach:  ,Fraw,  wa  seit  ihr?1  Dem  der  mann  bald  antwort: 
,Ich  binn  hie  an  ihr  statt.  Was  gebieten  ihr  ?4  —  ,Ey4,  sprach  8r> 
der  jungling,  ,ich  wolt  gern  die  frawen  haben,  die  mir  das 
fass  zü  kauffen  geben  hatt.4    Der  frawen  mann  sprach  :  ,Ey 

20* 


308 


Martin  Monianus, 


gfiter  freundt,  ich  binn  ihr  mann.  Was  ihr  begeret,  das  sa- 
gen mir!4 

Da  sprach  der  jttngling:  ,Mir  gefalt  das  fass  wol.  Aber 
mich  gedunckt,  es  sey  vil  öllheften  und  unsaubers  dariun  ver- 

u  dorret ,  das  ich  es  nit  kann  mit  den  negeln  abher  kratzen ; 
und  ich  nimme  das  fass  nicht ,  es  seye  dann  sauber.*  Petro- 
nella  schnell  antwort  und  sprach  :  ,Umb  des  willen  soll  unser 
kanff  nicht  zurück  gehn.  Mein  mann  soll  es  sauber  unnd  rain 
machen.4  —  ,Gern4,  sprach  der  mann,  sein  werckzeug  von  ihm 

iü  leget  und  in  das  fass  sprang,  ihme  ein  liecht  bringen  hies 
und  mit  einer  brodischarren  anfing  zu  kratzen.  Das  weibliu 
sich  mitt  einem  arm  und  haupt  auff  das  fass  leget  und  dem 
mann  zeiget,  wa  er  abkratzen  solt,  und  sprach:  ,Lieber,  lass 
dich  kein  arbeit  verdriessen,  seitmal  ich  es  bass  verkaufft  hab 

15  dann  du  !4 

Und  dieweil  das  jung  frcwlin  mit  dem  arm  und  kopff  also 
in  dem  fass  steckt ,  dem  mann  zu  zeigen ,  was  er  abkratzen 
solt,  der  jung  gesell,  der  den  selben  morgen  seinem  willen 
noch  kein  genügen  gethon  hatte,  sich ,  so  best  er  niocht ,  zu 

20  der  frawen  schicket,  und  fast  beyde  mit  einander  gerecht  wur- 
den. Der  mann  im  fass  und  der  jung  mit  der  frawen  yeglicher 
sein  arbeit  verbracht  hette,  das  fass  sauber  ward,  und  er  sich 
von  der  frawen  zurück  zöge. 

Der  mann  aus  dem  fass  stig,   und  Petronella  zü  ihrem 

25bülen  sprach:  ,Nün  beschawet  ewer  fass,  ob  es  euch  gefalle!4 

—  ,Ja4,  sprach  der  gesell,  ihr  die  siben  schil-[31b]ling  für  das 

fass  zelet  und  dasselbig  schütf  heim  tragen.    Also  blib  die 

fraw  bey  ehren,  und  der  mann  ein  gauch  und  narr  sein  leben 

lang  bleiben  niüst. 

:u  Welcher  aufF  ein  eyss  baut 

Und  einem  juden  vertraut, 
Einer  frawen  glaubt, 
Der  ist  warlich  seiner  sinn  beraubt 

Zu  beicht  h6rt  einer  sein  weib  inu  priesters  form. 

y,  Cap.  56  (58). 

In  der  statt  Ariniel  sass  gar  ein  reicher  kauffmann  an 


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Gartengesellachaft,  cap.  55-56. 


309 


güt  und  gelt;  aber  er  was  ein  grosser  eyferer  unnd  hatte  aus 
der  massen  ein  schon  weib  unnd  urab  ihrer  schone  willen  heff- 
tig  eyfern  ward  und  ihr  vor  andern  besorget;  kein  ander  ur- 
sach  nicht  hett,  dann  das  er  ir  ohn  mass  wol  wolt  und  lieb 
hett,  sie  mit  schönen  kleidern  rain  und  sauberhielt;  auch  sie 
sich  stets  zü  seinem  willen  fliss.  Darumb  er  meint,  wie  sie 
ihm  zü  gefallen  würde,  also  sie  auch  einem  andern  thet.  Das 
waren  alles  zunichte  und  unweyse  gedancken  und  argument. 
Sein  eyfern  war  so  gross,  das  er  solche  hüt  het  und  die  gu- 
ten frawen  so  streng  und  hert  hielt,  als  man  manchem  inen-  i» 
sehen  thüt,  der  in  den  todt  verurtheilt  würt.  Er  hat  sie  in 
kein  kirchen  oder  auff  kein  hochzeit  gehn  lassen;  sie  dorfft 
auch  kein  füss  für  die  thftr  setzen,  an  kein  fenster  gehn,  und 
das  vil  mehr  umb  der  Ursachen  willen,  das  sie  sich  des,  darinn 
sie  der  mann  verargwonet,  unschuldig  wüste.  \h 

Und  als  sie  sähe,  das  solches  des  manns  eyferns  [32a] 
kein  auffhSren  sein  wolt,  gedacht  sie  ir  sinn  und  weg  zü  fin- 
den, dardurch  sie  auch  lust  und  freud  überkeme,  damit  ihr 
der  mann  nicht  unrecht  thete  oder  vergebens  eyferte.  Nün 
mocht  die  fraw  in  keinem  weg  an  kein  fenster  gehn,  das  sie  ao 
sich  gegen  yemants  in  liebhaben  hett  erzeigen  mögen  ,  damit 
sich  einer  irer  lieb  underfangen  hett.  Nün  was  ihr  wol  wis- 
sent,  das  in  der  behausung  neben  ihrem  hauss  etliche  schone 
junge  Studenten  weren.  Derhalb  sie  zft  der  maur  ging  zü 
besehen,  ob  sie  iergent  ein  loch  oder  klufft  in  der  maur  mocht 
finden,  dardurch  sie  mit  den  Studenten  reden  möcht;  verhoffet, 
sie  wol  einen  zü  irem  willen  bringen  wolt,  mit  dem  sie  doch 
auch  ein  kurtzweil  tribe,  biss  der  mann  von  seinem  eyfern 
abliesse  und  ime  ein  theyl  ausschwitzet. 

Und  eins  tags  ging  sie  an  gedachte  wand  und  fände  ein  tw 
spalt  durch  die  mauren  gehn,  dardurch  sie  in  eins  juugen  kam- 
mer  sehen  mocht.  Und  eins  mals  sähe  sie  ihn  in  der  kam- 
mer;  derhalben  sie  kleine  steinlin  nam  und  durchs  loch  oder 
spalt  die  selbigen  zü  dem  jüngling  warff.  Des  der  jüngling 
bald  gewar  ward,  zft  dem  loch  ging  unnd  besähe,  was  wun- 35 
ders  es  doch  were,  das  die  stein  heraber  würffe;  da  er  die 
fraw  als  bald  ersähe  und  erkant,  fragen  ward,  was  sie  begeret. 
Die  fraw,  als  die  wol  zeit  und  weil  hett  mit  dem  knaben  zü 


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310 


Martin  Montanus, 


reden,  (dünn  der  mann  nicht  dabei men  war)  ihm  all  ihr  an- 
ligen  und  begeren  zü  wissen  thet.  Des  der  edel  jung  on  mas- 
sen  wol  züinüt  und  zu  friden  ward,  zühand  auff  seinem  theyl 
das  loch  der  raauren  weyter  macht,  doch  in  solcher  mass,  das 

ö  es  von  niemand  gemercket  ward.  Da  sie  beyde  taglichen  ihr 
gesprach  mit  einander  hetten  ,  einander  angriffen ,  die  band 
einander  botten,  doch  umb  des  eyfferers  gros- [32b]ser  hüt  wil- 
len nicht  weyters  thun  mochten. 

Inn  solcher  zeit  die  haylig  weyhenacht  sich  nahet.  Die 

10  fraw  zu  dem  man  sprach:  ,Herr,  ich  müss  auch  beychten 
unnd  mich  mit  dem  hochwirdigen  sacrament  versehen  lassen.4 
—  ,Wa8  hastu  thon4,  sprach  der  mann,  ,das  du  beychten  wilt? 
Bistu  doch  nie  aus  dem  haus  komen  !l  —  ,Ey4,  sagt  die  fraw, 
meint  ihr  darumb,  das  ich  haylig  sey,  das  ich  nicht  aus  dem 

i  »  haus  gang?1  —  ,Wolan\  sprach  der  eyferer,  ,so  ziehe  hien! 
Was  dir  an  deiner  sehlen  hail  und  Seligkeit  nützlich  ist,  daran 
will  ich  dich  nicht  hindern.1  Aber  ime  gedacht  weg  zA  su- 
chen, damit  er  die  fraweu  selbst  zu  beicht  hören  mocht,  unnd 
sprach,  sie  hingehn  solt,  doch  allein  inu  ihr  Cappel  unnd 

•20  ihrem  caplon,  oder  wen  ihr  der  selb  verordnen  würd,  beichten 
unnd  solt  am  morgen  fru  gehn.  ,Ja4,  sprach  die  fraw  unud 
am  morgen  frü  auffstund ,  inn  die  kirchen  gieng  unnd  ihr 
man  auch. 

Und  der  man  als  bald  zu  dem  ] »fallen  gieng,  den  batt, 
2.)  das  er  ihn  wolt  sein  fraw  au  seiner  stat  beicht  huren  lassen; 
des  ime  der  caplon  willig  vergünt.  Und  er  etlich  stein  inn 
mund  nam,  damit  in  die  fraw  nicht  an  der  red  erkant.  Wel- 
ches die  fraw  als  bald  sähe,  gedacht:  ,  Wohin,  du  wilt  ge- 
nurret  sein ;  so  will  ich  dir  darzü  vollents  helffen.4  Sich  inn 
M)  keinen  weg  merckeu  Hess,  das  sie  in  erkant,  sonder  zu  seinen 
füssen  nider  km'iet. 

Unnd  under  anderm  sie  im  beichtet  und  sagt,  wie  sie  ein 
ehnian  hette  unnd  darzü  ein  platten  bület,  der  alle  nacht  mit 
ihr  zü  beth  lege.  Da  das  der  eyferer  vernani,  ine  nicht  an- 
sö  ders  daucht,  dann  wie  ime  ein  schwert  durch  sein  hertz  gieng; 
unnd  wann  er  nicht  mehr  begeret  hett  zuwissen  oder  der 
frawen  gern  mehr  aus  erforsch let  hett,  er  hette  die  beicht  ston 
lassen  und  were  dar-[33a|von  gangen.  Aber  sich  selbst  über- 


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G  ar tengesei  lach  aft,  eap.  56. 


311 


wand,  sitzen  blib  und  die  frawen  fürbas  fraget  unnd  sprach  : 
,Liebe,  wie  beschicht  aber  das?  Leit  nicht  ewer  man  bey 
euch  ?k  Die  fraw  sprach  :  ,Ja,  herr.'  —  ,Nün  wie  mag  dann 
der  pfaff  bey  euch  ligen?'  sagt  der  eyferer.  ,Herr',  sagt  die 
fraw,  ,ich  wais  nicht,  mit  was  kunst  er  das  thüt.  Es  ist  kein  ■'> 
thür  nicht  so  wol  verspert,  wann  er  darzü  kompt,  so  kann 
ers  auff  thün.  Unnd  wann  er  an  mein  kammerthur  komet, 
vor  etlich  wort  spricht,  ehe  er  die  thür  auff  thüt,  inn  denen 
mein  man  allwegen  entschlafft.  Unnd  als  bald  thüt  er  die 
thür  uff,  zu  mir  gehet  unnd  sich  zu  mir  leget;  das  fehlet  im  w 
nimmer.' 

Da  sprach  der  eyferer:  ,l)as  ist  übel  und  nicht  wol  ge- 
thon.  Ihr  werd  gedencken  unnd  euch  ein  solches  erlassen/ 
—  ,Nain',  sprach  die  fraw,  ,ich  kau  es  nicht  thün ;  dann  ich 
hab  ine  zu  lieb.'  —  ,So  kan  ich  euch  nicht  absolvieren',  sprach  i;> 
der  eyferer.  Die  fraw  sprach:  ,Das  ist  mir  laid.  Dann  ich 
biun  nicht  zu  euch  komen,  euch  lugen  zu  sagen ;  dann  inocht 
ich  ine  lassen ,  so  sagt  ichs  euch.'  Da  sprach  der  eyferer : 
, Fürwahr,  fraw,  mir  ist  unib  euch  laid,  das  ihr  also  sollent 
ewer  seel  verdammen.  Aber  ich  will  mich  ewerthalb  bemühen  au 
unnd  besonder  gebet  zu  gott  thün,  die  euch  villeicht,  wa  es 
gtittes  gefallen  ist,  helffen  mochten  ;  unnd  will  euch  zu  zeitten 
meinen  clericken  schicken,  darbey  ihr  mich  wissen  lasst,  ob 
euch  mein  gebet  geholtfen  hab  oder  uit.  Were  dann  sach,  das 
euch  mein  gebet  helffe,  so  wolt  ich  fürthin  gott  stets  für  euch  2r» 
bitten.'  Zu  dem  die  fraw  sprach:  ,Das  solt  ihr  nicht  thün, 
ihr  solt  mir  niemants  zü  haus  schicken.  Dann  wo  solches  mein 
man  sehe,  das  ewer  clerick  so  offt  zü  mir  kein,  würde  er  mich 
villeicht  in  argem  verdencken ;  so  hett  icli  dann  kein  güts 
mehr  von  ime.'  Der  eyferer  sprach :  [33b]  ,Fraw ,  habt  des  au 
kein  sorg !  Ich  kan  das  in  solcher  mas  thün ,  das  es  ewer 
man  nicht  erfahren  sol.'  Die  fraw  sprach :  ,Trawend  ihr  das 
züthün,  so  bin  ich  wol  züfriden.'  Mit  disen  Worten  ihr  beicht 
endet,  absolution  empfieng,  autfstund,  mess  hören  gieug. 

Der  eyferer  inn  seinem  Unglück  geschwollen  auffstund,  :v> 
das  pfaifen  klaid  ausszoge  und  sich  heim  zü  hauss  füget,  be- 
dencken  ward ,   wie  er  den  pfaffen  bey  dem  weib  begreiffen 
mocht.    Die  fraw  nach  der  mess  heim  zü  haus  kam  ,  an  des 


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312 


Marlin  Montanua, 


mans  gestalt  wol  vernam,  das  sie  ime  ein  boss  jar  geben  hat. 
Und  der  mann,  so  best  er  niocht,  was  er  gethon  hatt,  verbarg 
und  nam  i  Ii  nie  für,  die  necbst  nacht  an  der  haussthur  zü  war- 
ten, ob  er  den  pfaffen,  wann  er  die  thür  auffthet,  ergreiffen 

5  mocht  und  ihm  sein  haut  foll  schlagen. 

Da  nun  der  abent  kummen  was,  zü  der  fraweu  sprach, 
er  müst  die  selbig  nacht  anderstwo  essen  und  schlaffen :  ,Dar- 
umb  versperr  wol  alle  thüren,  besunder  die  haussthur  und  die 
mitten  an  der  stegen,  und  die  kanunerthür  nit  offen  vergiss, 

iü  und  wann  dich  zeit  dunckt,  so  geh  schlaffen  !4  Die  fraw  sprach  : 
,So  geht  im  nammen  gottes!1 

Da  nün  der  mann  hienweg  was  gangen  unnd  sie  alle 
thuren  wol  verrigelt  hett  unnd  sie  zeit  daucht ,  zu  dem  loch 
gieng  und  ihrem  aller  liebsten  zü  ihr  rüffet.    Der  schnell  zü 

15  dem  loch  kam ;  dem  sie  alles,  das  sich  dasselbig  mal  verloffen 
und  ergangen,  zu  wissen  thet,  und  wie  er  ihr  züverstehu 
hett  geben,  aus  zü  essen  unnd  aus  zu  schlaffen,  aber  ihr  zwey- 
felt  nicht,  er  seye  inn  dem  hauss  oder  umb  das  hauss,  zü 
sehen,  ob  yemandts  heint  zü  mir  kumme.    , Darum b  deuchte 

20  mich  und  wer  mein  gefallen,  du  kernest  heinacht  zü  mir  und 
neme8t  dein  weg  oben  über  das  dach ,  da  du  mich  offtermals 
hast  sehen  das  haar  [34a]  an  der  sunnen  bleichen,  damit  wir 
uns  mit  freuden  heinacht  bey  einander  finden  mögen.4  Der 
jung  sprach:    ,Fraw,  zü  euch  zü  kummen  binn  ich  willig; 

2r>  und  lasst  mich  allein  sorgen !' 

Da  nün  die  finster  nacht  kummen  was,  der  mann  sich 
wol  gewapnet  in  die  hüt  des  pfaffen  setzet  und  sich  unden  im 
hauss  nahent  bey  der  thur  in  ein  6de  kammer  verbarg.  Und 
die  fraw  alle  thür  und  thor  starck  verrigelt,  besunder  die  an 

ho  der  mittel  stegen ,  damit  ihr  mann  nicht  mocht  hienauff  ins 
hauss  kummen.  Unnd  da  beyde  lieb  zeit  daucht,  sich  zü  ein- 
ander fugten,  zü  beth  giengen,  der  liebe  mit  einander  spielten 
und  den  armen  eyferer  daunden  im  hauss  stelin  liessen. 

Da  nün  der  newe  tag  anging,  der  jung  sich  wider  zü 

&*  hauss  füget.  Der  eyferer  Übel  gemüt  und  traurig ,  als  der  da 
die  gantz  nacht  ungessen  und  ungetruncken  an  der  kulin  ge- 
standen was,  von  frost  mehr  todt  dann  lebendig  des  güten 
pfaffen  gewartet  het.    Doch  da  es  gegen  dem  tag  ging,  das 


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Gartengesellschaft,  cap.  56. 


313 


wachen  er  nicht  mehr  mocht  vertragen  und  in  ein  andere 
kainmer  unden  in  dem  hauss  schlaffen  ginge ,  da  er  biss  uff 
tertz  zeit  lag  und  schlieff.  Und  als  nün  alle  thüren  geöffnet 
waren,  er  desgleichen  thet,  als  ob  er  von  dem  ort  her  kerne, 
da  er  über  nacht  gelegen,  in  die  stuben  ging,  sich  hinder  den  5 
tisch  setzet  unnd  ass. 

Darnach  er  einen  jungen  schüler  zü  ihr  schicket,  als  ob 
ihn  ihr  caplon  zü  ihr  schicket,  sie  fragen  lies,  ob  der,  sie  wist 
wol  wer,  noch  zü  ihr  kern.  Dem  die  fraw  antwort,  als  die 
des  mans  bossheit  wol  wust  und  den  schüler  wol  kaut,  sprach,  io 
er  were  die  vergangen  nacht  nicht  kumtnen,  und  wo  er  fürt- 
hien  also  thün  würde,  mocht  er  ihr  vileicht  aus  gedachtnüss 
klimmen  und  sein  vergessen,  welches  doch  wider  mein  willen 
ist.  Was  mocht  im  [34b]  der  eyferer  gedencken,  da  er  solche 
wort  von  seiner  frawen  vemam?  Er  stund  vil  manche  lange  iü 
winter  nacht,  des  pfaffen  zü  warten,  dieweil  ihm  der  jüngling 
bey  der  frawen  lag. 

Doch  nach  langem  vergebenem  wachen  der  eyferer  solchs 
nicht  lenger  ertragen  mocht,  unnd  eins  tags  mit  sehr  betrüb- 
tem angesicht  er  die  frawen  fraget,  was  sie  den  heyligen  mor-  so 
gen  gebeichtet  hette  und  was  das  bedeutet,  das  der  schüler 
so  offt  zü  ir  kern.  Die  fraw  sprach  ,  sie  woll  ihm  darvon 
nicht  sagen,  dann  es  wer  unzimlich.  Der  eyferer  sprach :  ,Ey 
du  zernichtes  böses  weib,  nün  waiss  ich  doch  alle  dein  heitn- 
lichkeit  und  was  du  ihme  gesagt  hast.  Nün  will  ich  ye  von  25 
dir  wissen,  wer  der  pfaff  ist,  der  alle  nacht  bey  dir  ligt,  oder 
du  niüst  mir  dein  leben  geben.  Darnach  wiss  dich  zü  rich- 
ten !l  Die  fraw  im  antwort  und  sprach ,  es  wer  nicht  war, 
sie  kein  pfaffen  liebt.  ,Nün  wie  ist  dem  ,  ists  dir  so  bald 
vergessen  ?  Sprachstu  nicht  also  zü  dem  pfarrherr ,  der  dich  w 
beicht  hört?1  Die  fraw  sprach:  ,Du  sagst,  gleich  als  seyest 
darbey  gewesen,  und  nicht  als  hett  er  dirs  gesagt.  Es  ist  war, 
ich  sagt  ime  gar  wol,  was  mir  eben  zü  sagen  war.1  Der  ey- 
ferer sprach :  ,Nün  wolan,  wer  ist  der  pfaff?  Sag  an 
gschwind  und  bald!4  35 

Die  fraw  lachent  zü  ime  sprach:  ,Es  thüt  mir  in  mei- 
nem hertzen  aus  der  massen  wol,  das  ein  mann  sich  von  einer 
so  schlechten  frawen  anfüren  lasst ,  wie  wol  du,  seither  den 


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314 


Murtin  Montanus, 


eyfrigen  gaist  angenummen ,  nie  weyss  gewesen  bist;  und  ye 
einfeltiger  und  doreehter  du  bist,  sovil  niebr  sich  mein  ehr 
mindert.  ülaubstu,  mein  lieber  manu,  das  icb  blindt  au  den 
äugen  seye ,  als  du  bist?    Fürwar  nein   ich;   dann  ich  deu 

ö  prallen  wol  erkant,  dem  ich  beichtet,  das  du  es  wärest.  Der- 
halb  ich  dir  auch  gab,  das  du  suchen  ging-[35a]est,  und  saget 
dir,  das  dir  nicht  liebet.  Aber  werest  ein  weyser  mann  ,  als 
dich  duncket ,  du  seyest,  du  bettest  nicht  die  heimlichkeit 
deiner  frawen  durch  sollich  weg  gesüchet  und  on  alle  arge 

10  danck  wol  soltest  vernummen  haben,  das  das  on  zweyfel,  das 
ich  dir  saget,  nicht  war  were.  Ich  sagt  dir,  wie  ich  einen 
pfaffen  lieb  hett;  warestu  nicht  der  selbig,  den  ich  nicht  im- 
billich  lieb  hab?  Mehr  saget  ich  dir,  wie  er  alle  thür  aun"- 
thet  und  ihm  kein  thür  meins  hauss  versperret  were,  wann  er 

i.»  zu  mir  schlaffen  kern.  Nün  sag  mir,  lieber  mann,  welche  thür 
unsers  hauss  ist  dir  ye  versperret  gewesen ,  wann  du  zu  mir 
hast  kummen  wollen  ?  Und  als  offt  du  deinen  schüler  zu  mir 
schicktest,  sagt  ich  dir  nit,  du  werest  nicht  bei  mir  gewesen  ? 
Nün  was  zünichten  maus  magstu  nur  sein  ,   das  du  dich  die 

20  falschen  untugent  des  eyferens  hast  überwinden  unnd  so  schaut- 
lieh  blenden  lassen !  Und  du  bist  des  nachts  in  dein  haus;» 
verborgen  gelegeu  und  hast  mir  züverstehn  geben,  änderst  wo 
zü  schlaffen.  Ich  sag  dir,  lass  ab  von  deinem  eyferen  und 
würd  ein  mann,  damit  du  nicht  yedennan  zu  gespott  werdest, 

'S)  die  dein  gespott  [!]  vernemmen  !  Ich  sprich  unnd  schwer  dir  bey 
gott  und  allen  heyligen,  das  ich  dir  die  hörner  wol  auff  setzen 
wolt,  wann  ich  es  gern  thete.  Und  wann  du  schon  hundert 
äugen  bettest,  ich  wolt  dich  an  allen  blenden  und  meinem 
willen  ein  genügen  thün  on  all  dein  wissen.4 

:jo  Den  bösen  eyferer  wol  daucht,  die  fraw  ime  die  warheit 
gesagt  hette,  sich  gantz  beschambt  sähe  und  on  ander  red 
und  antwort  die  frawen  für  weiss,  frumm  und  erbar  hielt,  so 
ime  erst  eyferns  wer  not  gewesen.  Er  sich  des  gantz  abthet. 
frunun  und  erbar  hielt,  hienfürt  nicht  [35b]  mehr  eyfert,  sun- 

a*j  der  ihr  fürthien  erlaubet  zü  gehn,  wo  sie  hien  wolt. 

Ein  listiger  fuchs  müss  einer  sein,  welcher  ein  weib  be- 
triegen  will.  Es  geschieht  aber  manchem  recht;  es  hatt  et- 
wann  einer  ein  frummes  weib  und  vertraut  ihr  nit,  eyfert  on 


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Gartengesellschaft  cap.  56—58. 


315 


ursach,  wie  diser  gethon ;  darunib  auch  sein  weib  sehen  hat 
müssen,  das  sie  ihm  thu,  damit  er  nicht  vergebens  eyfere. 

Welcher  hatt  ein  frumme  fraw, 
Derselbig  ihr  gantzlich  vertraw 

Und  eyfere  gar  in  keinen  weg,  » 
Das  sie  fremder  bulschafft  pfleg. 
Sunst  würt  sie  zu  Ursachen  geraitzt. 
Davon  sie  yetzund  gar  nicht  waiss, 
Und  etwas  newes  fahet  an, 

Weichs  sie  sunst  under  wegen  glan.  m 

Ein  fraw  kaufft  den)  rotgerber  leder  ab. 

Cap.  57  (59). 

Ein  ans  dermassen  züchtige  fraw  ,  die  bass  von  sachen, 
die  man  zu  beth  treibt,  reden  kunilt  dann  vom  heyligen  Vat- 
ter  unser ,  auff  ein  zeit  zu  einem  ledergerber  kam  und  ein  I*  . 
stüeklin  leder  failset.  Der  ledergerber  sprach :  ,Ich  gibs 
umb  vier  batzen.'  —  ,Ey4,  sprach  die  fraw,  ,wie  dorfft  ihrs  so 
theur  bieten?  Es  ist  doch  nicht  so  gross,  das  ich  die  fotzen 
mit  decken  konde.4  —  ,Wolanl,  sprach  der.gerber,  ,es  gelt 
wol.  Hebent  auff  und  verdeckens !  Wann  ir  es  dann  nichts 
mit  verdecken  kündt,  so  habt  ihr  das  leder  gewunnen.' 

Die  fraw  sprach  ja,  sich  auf!'  hüb  und  das  leder  für  die 
hu  hu  hüb,  darnach  das  hess  oder  kleider  [;J6a]  (mit  gunst 
zu  melden)  Ober  den  hindern  warff ,  sich  bücket  und  sprach : 
,Nun  secht,  gerber,  ob  es  verdeckt  sey  oder  nit  !;  Der  gerber,  &*> 
als  er  in  ein  sollich  verbrent  dorf  sähe,  fieng  er  an  zu  lachen 
und  sprach:  ,Ja ,  liebe  fraw,  ihr  habts  redlich  gewunnen. 
Aber  auff  ein  ander  zeit  will  ich  noch  ein  schlafftrunck  dar- 
für bey  euch  thun.4  Des  die  fraw  wol  zu  friden  war,  hien- 
zöge,  das  leder  mit  ihr  name  und  dem  gerber  das  einsehen:*' 
liesse. 

Ein  junge  fraw  klaget  ab  iretn  mann,  er  habe  keinen. 

Cap.  58  (60). 

Einem  jungen  edulman  und  fürwar  kurtzweiligen  bossen 


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316 


Martin  Montanus, 


ward  auf!"  ein  zeit  ein  junges  weib  geben ,  die  er  in  keinen 
weg  erfüllen  oder  genug  thün  hatt  künden.  Nicht  waiss  ich, 
ob  die  schuld  sein  gewesen  oder  ob  sie  nicht  zu  benügen  ge- 
wesen;  ye  sie  war  gar  traurig  und  gehüb  sich  sehr  übel. 

b  Und  eins  tags  zu  ihrer  müter  kam,  nicht  frolich  war,  als 
der  newen  breut  gewonheit  ist,  sunder  gantz  bleich,  ungestalt 
und  geschweifl't  ward.  Die  müter  fraget,  was  ihr  were,  das 
sie  so  übel  sehe  und  nicht  frolich  were.  ,Ach*,  sprach  sie, 
,8olt  ich  nicht  trauren?    Du  hast  mir  ein  mann  geben,  der 

10  zü  den  wercken,  darumb  die  ehe  autfgesetzt  ist,  wenig  oder 
auch  gar  nichts  werdt  ist;  dann  er  hatt  keinen.4  Des  die 
müter  sehr  bekümert,  das  sie  ein  solche  schone  dochter  einem 
unmügenden  solte  zu  der  ehe  geben  haben,  unnd  zü  ihr  sprach: 
,Wolan,  mein  liebs  kindt,  wir  wollen  die  tag  ein  gut  mal 

l-Vzürüsten  und  allen  unsern  freunden  sollich  Sachen  anzeigen. 
Die  werden  uns  behilflich  sein  unnd  verhelffen,  damit  du  von 
dem  läppen  kummest  und  an  ein  ort  gethon  werdest,  da  du 
auch  freud  [36b]  hast  und  deine  junge  tag  nicht  also  ver- 
gebenlich  verzerest.'     Die  junge  dochter  wäre  des   wol  zu 

so  friden. 

Und  eins  tags  lies  die  alt  der  jungen  bevelhen ,  das  sie 
gedechte  und  ein  gut  mal  zürüstet,  dann  sie  sampt  allen  ihren 
freunden  kummen  wolt  und  den  imbis  mit  ihr  essen,  welches 
geschah.    Und  als  sie  zusammen  kamen  und  der  jung  der 

»  fraweu  mann  etwas  im  hauss  zü  schaffen  hett,  fieng  die  alt 
der  jungen  frawen  müter  an  und  erzelt  der  freuntschaflft  alle 
dise  ding,  wie  sie  von  der  dochter  vernummen  hett,  mit  bitt, 
sie  solten  ihr  verholtfen  sein ,  damit  sie  nicht  ihre  junge  tag 
also  schantlichen  verzerte.    Die  freundtschafft,  als  sie  solche« 

«o  vernummen,  von  stundan  traurig  ward,  und  sie  die  junge  doch- 
ter übel  taurten,  ihr  all  verhiessen  von  dem  gecken  zü  helften, 
still  sassen  unnd  nicht  mehr  frolich  als  vor  waren. 

In  solchem  der  güt  jüngling  wider  hienein  ging  und  wol 
sähe,  das  sie  etwas  unmüts  trügen  ,  bald  fraget  und  sprach, 

s>  was  newes  in  zugestanden,  das  sie  also  traurig  weren.  Yeder- 
man  sass  still  und  wolt  nichts  sagen,  biss  letstlich  einer,  ein 
frecher  gesell,  herfür  für  und  sprach:  ,Lieber  freundt,  dein 
fraw  klaget  ab  dir,  du  habest  keiuen.  Darumb  sihe,  das  dich 


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Gartengesellschaft,  cap  58—59. 


317 


verantwortest  und  beweysest,  das  dem  nicht  also  seye !  Sunat 
werden  wir  gezwungen,  dir  sie  zu  nemmen  und  einem  andern 
zü  geben.    Darnach  wiss  dich  zü  richten!4 

Der  gesell,  als  er  solches  gehört,  fieng  er  an  zü  lachen 
und  sagt:  ,Lieben  freund,  legent  ewern  unniüt  umb  solcher  :> 
Sachen  willen  hien!  Dann  ich  hoff,  disem  mangel  soll  bald 
erstattung  geschehen.4  Mit  dem  den  buppenhan  heraus  zohe 
etc.  unnd  den  auff  den  tisch  legt  unnd  sprach:  ,Nün  secht, 
lieben  freund,  ob  dein  also  seye,  wie  mein  weib  von  mir  kla- 
get!4 [:^7a]  Als  solches  die  weiblin,  so  zü  tisch  sassen,  sahen,  10 
fiengen  sie  alle  an  zü  lachen ,  all  gemeinklich  sagten,  das  sie 
von  solchem  haussrhat  überwunden  weren.  Lachten  ihnen  der 
abentheur  genüg,  und  warde  die  malzeit  mit  lachen  und  freu- 
den  volendt. 

* 

Zwen  gesellen  yeglicher  dem  andern  sein  weib  be- 10 

schlafft. 

Cap.  59  (61). 

Inn  der  statt  Sena  zwen  jung  gesellen  von  genüg  erbarem 
geschlecht  ihr  wonung  heten,  der  ein  genant  Spinellutzo,  der 
ander  Zeppa.  Beid  nachbauren  unnd  güt  gesellen  mit  ein-  -jo 
ander  waren,  unnd  yegklichen  gott  mit  einem  schonen  weib 
begäbet  hette.  Nun  begab  sich,  als  offt  und  dick  geschieht, 
das  Spinellutzo  mit  Zeppa  weib  grosse  freundtschafft  macht 
unnd  die  inn  solcher  mass,  das  aus  dem  schimpff  ein  ernst 
wardt,  und  die  güte  fraw  zü  seinem  willen  brauchet  unnd  die  sr> 
zü  vil  manchen  mahlen  beschlieff ;  unnd  sie  willig  seinen  wil- 
len thet,  und  des  also  lang  mit  einander  triben,  biss  einest  Zeppa 
solcher  arbeit  wahr  nam. 

Das  begab  sich  also ,  das  einest  Spinellutzo  kam  ,  nach 
Zeppa  fraget  und  im  rfiffet.  Das  weib  im  antwort  und  sprach,  ao 
er  were  nicht  zü  haus,  als  die  sein  nit  wahrgenommen,  das  er 
im  haus  was.  Da  Spinellutzo  vernam ,  das  Zeppa  nicht  im 
haus  sein  solt,  bald  über  die  stiegen  auff  inn  sahl  lieff,  da  er 
die  frawen  allein  fand.  Die  er  mit  seinen  armen  umbfieng, 
halset  und  küsset,  nicht  änderst  mainet,  dann  Zeppa  nicht  zü  &> 


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318 


Martin  Montanus, 


haus  were;  beider  willen  zu  der  stund  ein  genügen  theten. 
das  Zeppa  an  dem  end,  da  er  sass,  alles  sähe.  Nach  dem  beide 
von  newem  inn  die  kammer  giengen,  da  hftb  [3/b]  sich  erst 
der  betler  dantz.  Des  sich  Zeppa  sehr  betrüben  ward ,  doch 
r,  bey  allem  zorn  sein  ehr  bedencken  wardt,  zA  ime  selbst  sprach: 
,Mach  ich  nnnor  oder  geschrey,  es  steht  darautf,  mir  bekum 
ehe  davon  schand  unnd  laster  dann  ehr.*  Unnd  anhub  zu  be- 
dencken, wie  er  sich  des  ohn  yemants  wissen  inn  der  nach- 
baurschafft  an  Spinellutzen  möchte  rechen,  damit  er  and  sein 

lftgemut  beide  inn  friden  hüben.  Also  nach  langem  gedencken  ine 
daucht,  wie  er  solcher  materi  weg  und  ursach  genüg  fanden 
hett,  also  lang  verborgen  lag,  das  beider  kirchtag  ein  end  hette. 

Und  als  bald  Spinellutzo  vom  weib  hinweg  giong,  Zeppa 
inn  die  kammer  kam,  das  weib  fand,  die  ihr  stauchen  wider 

r»  uinb  das  haupt  band,  den  ihr  Spinellutzo  in  dem  schertzen  ab 
dem  haupt  hette  fallen  machen,  zu  ihr  sprach:  ,Weib,  was 
thftst  du?'  Die  fraw  antwort:  ,Siliestu  nicht,  was  ich  thü?* 
Zeppa  sprach:  ,Ja,  ich  sihe  es  wol ;  ich  habe  aber  auch  an- 
ders gesehen,  des  ich  lieber  nicht  gewölt  hett.4   Also  mit  ihr 

20  an  hüb  von  der  verlauffnen  sach  zureden.  Sie  mit  vil  newen 
historien  unnd  ausszügen  ihr  ehr  understund  zftbewaren ,  ime 
doch  aller  dings  die  warheit  sagt,  was  Spinellutzo  biss  aufl 
dise  zeit  mit  ihr  begangen  hette,  unnd  ine  mit  warnenden  äu- 
gen ernstlich   nmb  gottes  willen  bat,  er  solt  ir  verzeihen. 

£»  Zeppa  zu  seiner  frawen  sprach:  ,Fraw,  du  hast  sehr  übel 
unnd  wider  gott  unnd  götliche  recht  gethon.  Doch  wiltu,  das 
ich  dir  vergeh,  so  würstu  thun,  als  ich  dir  bevelhen  würd. 
Und  das  ists,  das  du  Spinellutzo  bis  morgen  zft  dir  zukommen 
ziel  gebest,  wann  ich  unnd  er  heyeinander  sein,  damit  er  ur- 

«>  sach  find ,  von  mir  zugehn  und  zft  dir  zukommen.  Unnd  ob 
sich  begeh,  das  ich  inn  dem  zft  bans  kerne,  so  sperr  ihn  inn 
den  grossen  kästen  inn  unser  [38a]  kammer!  Wann  du  das 
gethon  hast,  so  will  ich  sagen,  wass  du  thun  solt.  Unnd  hah 
weder  sorg  noch  forcht!    Das  versprich  ich  dir  bey  meiner 

:ß  trew,  das  weder  dir  noch  ime  laid  widerfahren  soll.1  Die  fraw 
ime  versprach  das  zu  thun  und  auch  thet. 

* 

10  1.  Als? 


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Gartengesellschaft,  cap.  59. 


319 


Da  nün  der  morgen  kummen  was,  Zeppa  und  Spinellutzo 
nach  ihrer  alten  gewonheit  bey  einander  waren  und  nun  tertz 
zeit  kommen  was,  als  Spinellutzo  zft  ihr  zukommen  verspro- 
chen unnd  sie  ime  zil  geben  hett,  zü  seinem  gesellen  Zeppa 
sprach  :  ,Ich  müs  auff  disen  morgen  mit  einem  meinem  freund  5 
zu  morgen  essen;  den  will  ich  mein  nicht  warten  lassen.  Dar- 
umb  stehet  mit  gott !'  Zeppa  sprach  :  ,Es  ist  noch  nit  essens 
zeit.1  Spinellutzo  sprach :  ,Das  gibt  mir  nicht  züschaften.  Ich 
hab  auch  anders  mit  im  zureden  etlichs  meins  gescheffts.  Dar- 
umb  stehet  mit  gott!  Darumb  ich  mich  bey  zeit  bey  ime  fin-  u» 
den  lassen  will.4 

Inn  dem  von  dannen  gieng,  zu  Zeppa  weib  heim  kam, 
die  ihn  freundtlich  empfieng.  Haid  miteinander  inn  die  kam- 
mer  giengen  unnd  so  bald  darein  nicht  kommen  waren,  Zeppa 
auch  zu  haus  kam.  Den  das  weib  bald  vernomen  hett,  die  i"> 
sich  gegen  Spinellutzo  sehr  forchtsam  bewis  und  ,  nach  dem 
ihr  von  dem  mann  was  befolhen  worden,  in  inn  den  grossen 
kästen  verbarg,  den  wol  verspert  und  aus  der  kammer  gieug. 
Zeppa  zü  der  frawen  sprach ,  ob  es  nahent  essens  zeit  were. 
,.Ia4 ,  sprach  die  fraw ,  ,es  ist  nun  dalest  wol  zeit.1  Zeppa  an 
sprach  :  ,Spinellutzo  ging  newlich  von  mir  und  sprach,  er  wolt 
uff  disen  morgen  mit  einem  seinem  freund  zft  morgen  essen, 
sein  weib  allein  daheimen  lies.  Gehe  hien  ann  das  fenster 
und  rüff  ihr,  das  sie  mit  uns  essen  kom  !fc  Das  sprach  Zeppa 
alles  dem  in  dem  kästen  zü  gehör.  a> 

Das  weib,  die  ihr  selbst  [34b]  besorgt,  dem  mann  gehor- 
sam was,  bald  an  das  fenster  lieff  unnd  ihr  nachbeurin ,  Spi- 
nellutzo weib,  r&flet  und  sprach,  sie  solte  komen  mit  ihr  essen, 
dann  Spinellutz  keine  nicht  zu  haus.  Die  sich  nicht  säumet, 
bald  kam,  als  sie  vernain  ,  das  ihr  mann  nicht  solte  heim  zü  jjo 
haus  kommen.  Und  alsbald  sie  inn  Zeppa  haus  kam ,  Zeppa 
seinem  weib  bevalbe  in  die  kirchen  zü  gehn  unnd  mit  Spinel- 
lutzo weib  anhüb  züschertzen,  sie  mit  ime  inn  die  kammer 
füret,  die  kammerthür  wol  verriglet. 

Da  das  die  fraw  sähe,  sie  zü  Zeppa  sprach :  ,0  weh  mir,  &> 
Zeppa,  was  bedeut  das?    Habt  ihr  mich  umb  dess  willen 

* 

32  kirchen]  bo  auch  Centonovella  1551  bl.  156b;  kuchen  Arigo. 


Jloogle 

j 


320 


Martin  Moutanus, 


heissen  her  kommen  ?  Ist  das  die  freundtschafft  unnd  brüder- 
liche geselschafft,  die  ihr  meinem  mann  beweysen  wolt  umb 
des  grossen  getrawen  willens ,  den  er  stets  zü  euch  gehapt 
hatt?4  —  Zeppa  die  frawen  umbfangen  het,  starck  unnd  vest 
5  hielt  unnd  sich  mitt  ihr  ann  den  kästen,  darinn  ihr  mann 
versperret  was,  lainet,  zü  ihr  sprach:  ,Fraw,  ehe  ihr  euch 
etwas  über  mich  beklagend,  vor  vernempt,  was  ich  euch  kla- 
gen will !  Ir  solt  wissen ,  das  ich  Spinellutzo ,  ewern  mann, 
als  meinen  leiblichen  brüder  lieb  gehabt  hab  unnd  noch  hab. 
10  Aber  gestern ,  das  er  villeicht  nit  waisst  oder  gemerckt  hat, 
ich  fand  unnd  sähe  das  gros  getrawen  ,  das  ich  zü  ime  hett; 
das  ist,  das  ich  in  gestern  bey  meinem  weil)  ligen  sähe,  und 
mit  ihr  thet,  wie  er  mit  euch  thüt,  wann  ihr  zü  beth  seit. 
Unnd  darumb,  das  ich  in  lieb  hab  als  meinen  brüder,  ist  mein 
15  meinung  ihm  nicht  anders  züthün ,  dann  er  mir  gethon  hat ; 
unnd  wie  er  mein  weib  zü  seinem  willen  gebraucht  hat,  also 
auch  ich  euch.  Und  wa  ir  das  nicht  thün  wolt,  müsst  ihr 
gezwungen  werden.  Darnach  wisst  euch  zü  richten!  Dann 
das  er  mir  beweisst  hat,  will  ich  in  kei-[39a]nen  weg  unge- 
brochen lassen;  ich  sol  solch  weg  halten,  das  weder  ich  noch 
er  sol  nimmer  frölich  werden.  Aber  ich  hoff,  ir  sollen  eim 
solchen  zü  weis  sein  und  nit  darzü  kommen  lassen.4 

Da  die  fraw  Zeppa  vernam ,  ihm  kein  unrecht  sprechen 
kund,  zü  im  sprach:  ,So  gehe  es  über  mich.  Und  damit  aus 
25  übel  nicht  ergers  werd,  ich  geschickt  bin  yetzund  zü  leiden 
von  euch,  das  ewer  weib  von  meim  mann  gelitten  hat.  Nftr 
mir  mit  friden  bleiben,  unnd  mir  ewer  weib  das  nit  übel  uff- 
nemm ;  so  will  ich  ihr  auch  vergeben ,  was  sie  mir  gethan 
hat.4   Zü  der  Zeppa  sprach:  ,Fraw,  daran  habt  keinen  zwei- 
JW  fei ,  ich  sol  euch  mit  meiner  frawen  wol  zü  friden  stellen. 
Uber  das  wil  ich  euch  ein  schone  kleinot  geben,  als  ir  ie  ge- 
habt habt.1   Mit  dem  sie  nider  uff  den  kästen  legt,  darinn  ir 
mann  was,  da  er  mit  ihr  nach  allem  seinem  willen  thet,  unnd 
das  als  lang  und  vil  im  liebet,  sie  mit  einander  aus  zweien 
a*.  willen  ein  machten. 

Spinellutzo  all  sach  und  des  weibes  red  und  antwort  ver- 
nomen  het  unnd  den  dantz  mit  dreien  dritten  ob  im  lang  zeit 
zü  gebort,  verdriessen  ward,  besonder  pein  bracht.  Unnd  het 


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Gartengesellschaft,  cap.  59—60. 


321 


er  sich  von  Zeppa  nit  besorgt,  er  het  das  weib  gescholten 
und  ein  bübin  geheissen;  doch  bedacht,  wie  aller  anfang  von 
inn  kommen  wer  unnd,  wie  Zeppa  mit  dem  weib  begieng,  er 
recht  und  nit  unrecht  het;  zü  im  selbe  sprach,  er  wolt  sein 
besserer  gesell,  dann  er  ie  gewesen  wer,  sein,  doch  so  ferr  es  5 
Zeppa  gefiel. 

Da  mm  der  güt  Zeppa  ein  genügen  auff  Spinellutzo  weib 
gewesen  was,  darab  steig.  In  dem  da  die  gilt  fraw  die  ver- 
heissen  kleinot  an  in  begert,  er  bald  die  kammerthür  uff  thet, 
seinem  weib  rüfft ;  die  da  kam,  nit  anders  dann  lachend  sprach :  10 
,Fraw,  ir  habt  mir,  gott  gesegens  euch,  brot  für  küchen  wider 
geben.'  Zep-[39b1pa  zu  ir  sprach :  ,Fraw,  thu  auff  den  kästen, 
las  mich  geben  das  kleinot,  das  ich  unser  nachbewrin  ver- 
sprochen hab!'  Die  fraw  im  bald  uffspert;  da  er  Spinellutzo 
seim  weib  zeigt  und  sprach :  ,Fraw,  das  ist  das  kleinot,  das  15 
ich  euch  verheissen  habe.4 

Es  wer  nicht  zft  sagen,  welches  sich  am  seersten  geschii- 
met  het,  Spinellutzo  oder  sein  weib,  die  ob  im  auff  dem  kästen 
getantzt  het.  Da  er  Zeppa  sähe  und  bei  der  arbeit  vernonien 
het,  ungeredet  aus  dem  kästen  steig,  zft  Zeppa  sprach:  , Wir  ao 
sein  gleich.  Darumb  güt  ist,  als  du  ietzund  zu  meim  weib 
gesprochen  hast,  das  wir  hinfür  als  bissher  gut  gesellen  sein 
sollen.  Und  als  unser  beider  ding,  ausgenummen  die  weiber, 
gemein  gewesen,  wer  mein  sinn  und  meinung,  die  selbige  un- 
sere weiber  hienfür  als  ander  unser  ding  sein  sollen.*  25 

Zeppa  auch  wol  zü  friden  war.  Nach  dem  alle  vier  mit 
einander  gingen  das  nachtmal  essen.  Unnd  hienfür  yegliche 
fraw  zwen  mann  und  yeglicher  mann  zwey  weiber  hett.  Also 
lange  Zeit  mit  einander  in  lust  und  freuden  lebten. 


Einer  verspielt  sein  weib  vor  dem  chorgericht.  a> 

Cap.  60  (62). 

Ein  güter  gesell  hett  auff  ein  zeit  ein  dirnin  zü  der  ehe 
genummen;  und  ich  waiss  nit,  wie  er  mit  ihr  umb  ging  oder 

17  gaschämet  A  — . 

Montana«  21  M 


322 


Martin  Montanus, 


wie  er  ihr  thet,  das  die  güt  dochter  von  ihme  lieff  und  sich 
zü  Augspurg  in  sanct  Catarinen  closter  verdinget. 

Nün  zog  der  güt  gesell  umbher  von  einem  dorff  zum 
andern,  von  einer  statt  zü  der  andern  und  fraget  seiner  frawen 
5  nach,  doch  sie  niergent  erfaren  kundt,  biss  letstlich  kam  er  in 
gedacht  closter  in  den  stadel  oder  scheureu  und  fraget,  ob  sich 
nicht  erst  körtzlich  ein  magt  [40a]  hierein  verdinget  hette, 
die  Anna  hies.  ,Nein  warlich',  sprachen  die  drescher,  ,es  i&t 
keine  hierinnen,  die  Anna  heist;  aber  es  ist  wol  eine  newlich 

10  hierein  kummen,  die  heist  Catarina.  Die  sitzt  yetzunder  dar- 
oben  in  der  stuben  und  isst  zü  morgen/  —  ,Ey,  sie  heist, 
das  sie  botz  füdloch  sehend4,  sprach  der  bauren  knecht,  Tsie 
ist  mein  weib  und  ist  mir  entloffen.'    Den  nechsten  hienauflf 
in  die  stuben  ging  und  die  magt,  so  am  tisch  sass,  bey  den 

15  zöpffen  nam,  zü  boden  riss.  und  göt  ding  mit  füssen  walcket. 
Nach  solchem  sie  für  das  chorgericht  lüd  und  citiert,  da- 
selbst sie  verklaget  unnd  sich  zü  scheiden  begert.  Die  urtheil 
ging,  das  sie,  die  dochter,  dem  gesellen  für  sein  versäum nüss 
unnd  auffgeloffenen  kosten  solt  zwen  gülden  geben,  uund  er, 

20  der  gesell,  ihr  solt  ledig  gezelet  sein.  Nün  hett  aber  die  magt 
sollich  gelt  nicht  bey  ihr;  derhalb  sie  den  bawmeister,  ihren 
herren,  batt,  das  er  es  ihr  auff  den  lohn  geben  wolt,  das  er 
bald  thet. 

Da  nün  der  gesell  die  zwen  gülden  het,  schlüg  er  die  auff 
25  den  tisch  und  sprach :  ,Wolan,  ihr  lieben  herren,  ich  hab  mein 
weib  vier  wochen  gehabt  und  ir  nie  nichts  abgewinnen  künden. 
Derhalben  sie  meinenthalben  noch  wol  ein  junckfraw  ist.  Nun 
aber  mir  urtheil  und  recht  geben  hatt,  das  ich  ihr  ledig  sey. 
unnd  mir  zwen  gülden  für  mein  versaumnüss  ist  zügesprochen 
:so  worden ,  welcher  ist  nün  so  behertzt,  der  mir  zwen  gülden 
auff  meine  zwen  setzet  und  mit  mir  spielet,  damit  ich  doch 
sagen  künde,  ich  habe  mein  weib  vor  dem  consistorio  ver- 
spielt?4   Der  herren  einer,  als  er  solches  hört,  bald  zwen  gül- 
den aus  dem  seckel  zoch ,  die  auch  auff  den  tisch  leget  und 
35  sprach:  ,Wolan,  ich  will  mit  dir  spielen.'    Also  mit  einander 
anfiengen  spielen ;  unnd  nach  langem  spielen  der  chorherr  [40b] 
das  gelt  gewann.    Als  solches  der  gesell  sähe,  frölich  warde. 
von  heller  stim  juchtzet  und  schrey,  sprechent:  ,Nün  seye  gott 


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Gartengesell schaft,  cap.  60 — 61. 


323 


gelobt,  das  ich  mein  weib  verspielet  Lab  !*  Hienaus  zöge.  Wo 
er  hernacher  zü  gesellen  kam,  sagt  er  zu  kurtzweil,  wie  er 
sein  weib  vor  dem  chorgericht  verspielt  nette. 

Ein  guter  gesell  mftss  ein  dirne  haben,  die  der  vat- 
ter  und  sün  vorlnen  lange  zeit  zu  ihrem  willen  b 

gehabt  hatte. 

Cap.  61  (63). 

Ein  güte  Stütgarter  junckfraw  dienet  auff  ein  zeit  in 
einem  dorff  bey  einem  bauren.  Ich  waiss  nicht,  wie  kuppelig 
sie  sich  gestelt  oder  umbthon  hat ;  das  waiss  ich  wol,  das  ihr  »o 
der  baur  und  des  bauren  sün  ir  all  beid  holdt  wurden  und 
sie  beschließen  und  die  sach  so  lang  unnd  vil,  dick  unnd  grob 
machten,  das  sie  sich  schwanger  fand.  Solches  ihren  zweyen 
beyschläffern  zu  wissen  thet,  sie  batt,  sie  solteu  sehen,  wie 
sie  der  Sachen  theten,  damit  sie  nicht  öffentlich  zü  schänden  lö 
würden.  ,Wolanl,  sprach  der  baur,  ,so  lüg,  wie  du  unsern 
knecht  mit  dir  zü  schertzen  überredest!  Wann  er  dann  also 
bey  dir  leit,  so  heb  ihn  starck,  damit  er  dir  nicht  entrinnen 
künde!  So  wollen  ich  und  der  sün  hinein  wüschen  und  ihm 
übel  zü  reden ;  so  müss  er  dich  dann  zü  der  ehe  haben ,  er  20 
woll  oder  woll  nit.4  —  ,Es  ist  güt',  sprach  die  dochter,  ,er 
bült  mich  one  das  und  leg  gern  bey  mir.  So  will  ich  ihne 
heint  nacht  heissen  zü  mir  kunimen.4 

Als  nun  die  nacht  kam ,  der  knecht  wie  vormals  nach 
seiner  alten  gewonheit  anhüb  umb  die  magt  zü  bülen.  Die  23 
magt  anhüb  und  sprach :  , Wohin,  lieber  [41a]  Hcintz,  du  bist 
mir  yetz  lange  zeit  nachgangen  und  hast  mich  nie  erbitten 
künden.  Nün  in  widerkerung  des  selbigen  und  das  du  nicht 
vergebens  umbgangen  seyest,  binn  ich  auff  diss  mal  geschickt 
dein  willen  züthün,  doch  mit  der  bescheidenheit ,  das  du  es  30 
niemandt  sagest.1  —  ,0  weh,  liebe  Gred4,  sprach  der  bauren- 
knecht,  du  darffst  nicht  sorgen,  das  ich  es  yemandts  sage,  nür 
du  mir  zü  willen  werdest/ 

Als  nün  die  nacht  kummen  was,  der  güt  Jockel  meinet 
in  rosen  und  kurtzweil  zü  ligen ;  da  lag  er  in  eytel  angst  und 

21* 


324 


Martin  Montanus, 


not,  und  fing  erst  sein  jamer  und  eilend  an.  Dann  als  er  bey 
ihr  lag  und  die  zwen  vor  der  kammer  zeit  daucht,  stiessen  sie 
die  kammer  auff,  und  die  hür  den  güten  gesellen  starck  hielt, 
das  er  nicht  mocht  entrinnen.   Der  baur  fieng  an  seinen  knecht 

5  Obel  zA  schelten  unnd  sprach  :  ,Ey  das  dich  botz  füdloch  sehend, 
alles  bösswichts !  Du  hast  mir  mein  hauss  zA  einem  hArhauss 
gemacht,  und  da  wtirstu  gedencken  und  sie  zA  der  ehe  nem- 
ment  oder  du  mAst  sterben.4  Ach  got,  was  wolt  der  gAt  ge- 
sell thAn!    Wolt  er  nicht  geschlagen  werden,  so  mAst  er  die 

10  breckin  zA  der  ehe  nemmen  und  vor  ihnen  beyden  (doch  ge- 
zwungen) bekant,  wie  er  sie  zA  einem  weib  haben  wolt. 

Als  nAn  der  tag  kam,  wolt  er  sein  kauff  nicht  bestan; 
dann  er  on  zweyfel  wol  wust,  wie  die  sach  ein  gestalt  umb 
die  dochter  hett  gehabt.    Und  mit  einander  für  das  consisto- 

i.»  rium  kamen,  fürbracht,  wie  er  zA  solchem  gelübdt  were  ge- 
zwungen worden,  mit  bitt  ihne  zA  absolvieren.  Die  herren 
richter  nicht  bedachten ,  das  die  gelübt,  so  gezwungen  und 
aus  forcht  geschehen,  nicht  statt  haben,  und  dem  gAten  ge- 
sellen die  verfeit  dochter  zAsprachen.    Die  er  haben  mAst  und 

20  mit  ihr  heim  zu  hauss  zöge.  [41b] 

Ein  würt  inn  einer  statt  nimbt  ein  junckfraw  zü  der 
ehe,  die  er  in  siben  gantzer  jaren  nicht  beschlafft. 

Cap.  62  (64). 

Ein  würt  sass  uff  ein  zeit  in  einer  statt;  der  selbig,  als 
sö  ime  sein  weib  gestorben  was,  ein  andere  reiche  schone  junck- 
fraw zA  der  ehe  nam,  doch  sie  in  keinen  weg  beschließ"  oder 
beschlaffen  kundt  (nicht  waiss  ich ,  was  dem  gAten  gesellen 
widerfaren  was);  derhalben  er  sehr  unmAtig  war.    Die  fraw 
oder  junckfraw  ein  solches  nicht  ein  wenig  bekümbert,  doch 
;«)thet,  wie  einer  frummen  frawen  wol  ansteht,  zA  dem  würt 
sprach :  ,Wolan,  mein  lieber  hausswürt,  du  waist  wol,  das  du 
zA  den  Sachen,  zü  den  die  weyber  erschaffen  sind,  kein  mann 
bist.    Derhalb  mich  hefftig  verwundert,  das  du  dich  mein 
understanden  hast  und  wol  gewist  hast,  das  ich  schon ,  jung 
&>  und  dich  darumb  genummen  hab,  das  du  mir  freud  und  möt 
gebest.    Doch  wie  dem  allem,  so  biss  du  zü  friden  und  be- 


Digitiz- 


Gartengesellschaft,  cap.  62-63. 


325 


kümber  dich  nicht  oder  nicht  gedenck,  das  ich  dich  darumb 
desto  unehrlicher  halten  will,  sonder  solches  alles  von  dir 
verschweigen  will  und  mich  auch  so  wol  halten,  das  du  in 
keinen  weg  kein  arges  von  mir  erfaren  solt/ 

Nün  solches  stunde  an  biss  in  das  sibent  jar,  das  sein  5 
niemandts  war  nam  ;  yedertnan  name  frembd,  das  ein  sollichs 
schon  weib  nicht  solte  kinder  haben.    Biss  letstlich  der  würt 
sein  frumme  fraw  zige,  wie  sie  bülschafft  mit  einem  andern 
pfleget ,  und  sie  übel  darumb  schlug.    Die  güt  frum  dochter 
zu  ihrem  würt  sprach :  ,Mein  lieber  mann,  des,  so  du  mich  io 
zeihest,  biun  ich  warlich  unschuldig.    Darumb  lass  mich  zü 
friden  und  beschuldige  mich  nit  des,  so  ich  [42a]  unschuldig 
binn!4    In  summa,  die  fraw  saget,  was  sie  wolt,  so  inüst  sie 
dem  würt  liegen ;  und  sich  in  keinen  weg  wolt  abreden  lassen, 
sonder  sie  für  und  für  übel  schlüg,  das  der  gftten  frawen  15 
nicht  mehr  zü  gedulden  war. 

Derhalb  sie  mit  einander  für  das  chorgericht  oder  consi- 
storium  kamen.  Der  würt  klaget  des  ehebruchs  halben  auff 
sie.  Hergegen  die  fraw  sich  verantwort  und  fürbracht,  wie 
sie  yetz  in  das  sibent  jar  bey  ime  als  ein  junckfraw  gewesen  au 
were :  dann  er  sie  nie  beschlafen  hette ;  nün  zige  er  sie  einer 
sach,  der  sie  warlich  unschuldig  were.  Und  begerte,  man  solt 
sie  die  geschworne  hebammen  besichtigen  lassen;  wa  sie  nicht 
als  ein  junckfraw  funden  würde,  so  solte  man  sie  nach  Un- 
gnaden unnd  nach  ihrem  verdienst  hartigklich  straffen.  Wel-  25 
ches  alsbald  geschach ;  von  der  hebammen  besichtigt  ward, 
die  sie  für  ein  reine  unverfelte  junckfraw  erkant.  Uff  solches 
ward  erkant,  das  der  würt,  dieweil  er  ihr  unrecht  gethon,  ihr 
ihr  zugebracht  güt  wider  geben,  darnach  zü  gleich  mit  ir 
durch  den  banck  aus  theylen  solt;  wann  solches  geschehen  au 
were ,  so  inocht  sie  sich  nach  ihrem  gefallen  anderstwo  ver- 
lieurhaten,  welches  alsbald  geschah.  Also  geschähe  dem  würt 
recht,  der  sein  frumme  fraw  ehebruchs  zige. 

Einer  schenckt  dem  richter  ein  wagen,  der  ander 

zwey  pferdt.  x> 

Cap.  63  (65). 


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326 


Martin  Montanus, 


Zwo  partheyen  hetten  ein  bandel  vor  einem  gericht  umb 
schmachhändel.  Nün  schanckt  die  ein  parthey,  die  vileicht 
recht  hett,  dem  richter  ein  schonen  newen  hobelwagen,  darinn 
er  spatzieren  füre;  und  die  ander  parthey  schanckt  dem  rieh- 

5  ter  zwey  schöne  pferd  für  den  [42b]  wagen.  Als  nün  der 
sententz  ging,  lautet  er  also,  das  der,  so  dem  richter  den 
wagen  geschenckt,  die  sach  verloren  und  seiner  widerparthev 
für  ihr  versaumnüss  hundert  gülden  geben  solte.  Als  solches 
der  güt  arm  mann  hört,  ward  ihn  der  Verlust  seins  wagens 

io  rewen,  überlaut  anhüb  und  sprach:  ,0  richter,  wo  ist  mein 
schöner  wagen?4  —  ,0  lieber  mann4,  sagt  der  richter,  ,die 
pferd  haben  ihn  hienweg  gezogen.4 

Eiu  würt  lobet  sein  wein  für  und  für  für  andere  all. 

Cap.  64  (66). 

15  Ein  rümgiriger  würt  het  ein  wein,  den  rfimbt  er  für  und 
für,  wie  es  der  aller  best  wein  sey,  den  man  in  dem  gantzen 
land  finden  mög.  Solches  kam  etlichen  güten  spottvöglen  zü- 
wissen ;  die  ritten  uff  ein  zeit  in  sein  herberg  und  versuchten 
sein  wein  und  den  nicht  also  gar  just  funden,  wie  der  würt 

üo  darvon  sagt.  Als  sie  nün  ein  lange  zeit  gezecht ,  fieng  der 
würt  aber  an  sein  güten  wein  zü  loben  unnd  des  rümens  unnd 
lobens  sovil  trib,  das  es  die  güten  gest  verdriessen  ward. 
Letstlich  hüb  einer  an  unnd  sagt :  ,Er  ist  güt,  herr  würt,  und 
dem,  der  ihn  gern  drinckt,  thüt  hencken  leiden  weh.4  Solche 

^  wort  den  würt  verschmähen  wurden,  und  sie  für  ehr  verletzliche 
wort  anzöge  und  hoch  auffmutzt.  Darnach  aber  die  gest  wenig 
fragten,  auff  sassen,  von  dannen  ritten  unnd  den  würt  boldern 
unnd  bochen  liessen. 

Ein  fraw  geht  zü  marckt  unnd  will  fisch  kauften. 

80  Cap.  65  (67). 

In  etlichen  Stetten  treyben  die  weiber  grossen  bracht  in 
gülden  ringen;  manche  kompt  daher,  tregt  drey  [43a]  oder 


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Garten  gesellschaft,  cap.  64—67. 


327 


vier  gülden  ring  an  der  hand  und  hat  daheim  im  haus  nicht 
ein  pfenning,  das  sie  kÖnde  brot  kauften.  Also  kam  auch  eine 
auff  den  fischmarckt,  fisch  zu  kauften,  und  umb  hoffart  unnd 
bracht  willen  sie  den  finger,  daran  die  ring  waren,  aus  streckt 
und  uff  die  fisch  zeigt,  sprechend:  ,Fischer,  wie  gebt  ir  die  0 
ringlin  ?'  —  , Warlich,  fraw1,  sprach  der  fischer,  ,wann  sie 
mein  weren ,  wolt  ich  sie  wolfeil  geben.*  Die  fraw  sehr  er- 
schreck, das  ir  ein  solche  red  empfaren  war,  dem  fischer  die 
fisch  zalet  und  heim  zü  haus  zöge,  fÜrthien  nicht  mer  uff  den 
fischmarckt  gohn  wolte.  10 

Ins  grab  legt  ein  messner  unsern  herrgott. 

Cap.  66  (68). 

Am  charfreirag  ist  im  bapstum  der  brauch,  das  man  die 
biltnus  Christi  in  das  grab  legt  den  kindern  und  jungen  volck 
zü  einer  gedachtnüs.  Also  thet  uff  ein  zeit  ein  messnel*  (ge-  ^ 
wisslich  ein  abgefeumbter  speyvogel)  auch  und  legt  in  ins 
grab.  Als  er  nun  allerdings  mit  im  fertig  ward,  sagt  er  zu 
den  urabstendern  :  ,WoIan,  nön  seye  dem  kalb  auch  gestrewet.1 
Des  die  umbstender  anfiengeu  zü  lachen,  darvon  giengen  unnd 
den  messner  über  seim  hergott  ston  Hessen.  20 

Ein  reicher  heisst  ein  armen  stelen;   dem  stilt  er 

korn  ab  dem  kästen. 

Cap.  67  (69). 

Ein  armer  mann  war  einem  reichen  etlich  zinss  schuldig 
und  vermocht  armüt  halben  die  nit  zü  bezalen.  Derhalb  er  25 
seinen  zinss  herren  batt,  das  er  ime  den  zinss  schenken  wolt. 
Der  reich  sprach :  ,Ich  thü  es  nicht.  Lüg,  wa  du  ine  über- 
kommest!' —  ,Ach  gott1,  sprach  der  arm,  ,wo  [43b]  sol  ichs 
nemen?  Ich  wais  ye  nicht,  wo  ichs  überkommen  sol.4  — 
,Ha\  sagt  der  reich,  ,was  frag  ich  darnach!    Stil  es!'  90 

Dise  red  der  arm  mann  in  sein  kopflin  fasst,  heim  zü 
haus  zöge  unnd,  da  die  nacht  käme,  ein  leiter  nam  unnd  sie 


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:128 


Martin  Montanus, 


an  des  reichen,  seins  gleubigers,  kästen  leinet,  darab  etlich 
ferten  korn  trüge,  biss  er  letstlich  daran  ergriffen,  gefangen 
unud  für  ein  malefitz  gericht  gestelt  ward.  Da  der  reich  des 
diebstals  halben  anff  in  klaget,  und  hergegen  der  arm  sich, 

5  so  fast  er  mocht,  entschuldiget  und  saget,  wie  er  in  geheissen 
stelen;  so  wüst  er  kein  ander  orth,  da  er  mit  besserin  füg  gestelen 
mocht,  dann  eben  in  des  kästen,  der  es  in  geheissen  het.  Als 
solches  die  herren  richter  horten,  ein  recht  und  biliich  urtheil 
feiten,  das  der  reich,  so  den  armen  het  heissen  stelen,  das 

logestolen  korn  aus  des  armen  haus  selbst  personlich  aufF  sein 
aigen  kästen  wider  tragen  solt  und  yedes  mahl  nicht  iner  neme, 
dann  der  arm  mann  gethon  hett.  Wann  dann  das  geschehen, 
solt  der  arm  mann  frey  ledig  ohn  alle  entgeltnus  absolviert 
sein.    Diser  urtheil  der  arm  mann  fro  was,  unnd  der  reich 

15  ir  volg  unnd  gnüg  thün  müst,  es  were  im  lieb  oder  laid. 
Hernaher  gewitziget  ward,  das  er  kein  mehr  hies  stelen. 

- 

In  einer  zech  setzt  ein  fraw  ein  laus  uff  ein  deller. 

Cap.  68  (70). 

Vil  ehrlicher  reicher  weiber  sassen  auff  ein  zeit  in  einer 
2u  zech  beieinander,  under  denen  was  ein  güte  arme  fraw.  Als 
sie  nun  ein  güte  weil  gezechet  und  nahent  darbey  war,  das 
man  die  zech  zalen  solt,  hette  die  arm  fraw  gern  weg  unnd 
steg  gesücht,  damit  sie  ohn  gelt  ledig  aussgohn  mochte,  doch 
kein  züfinden  wüste ,  biss  [44a]  letstlich  sie  etwas  im  büsen 
z>  bisse.    Darnach  griffe,  es  fieng  unnd  sprach:  ,Wolan,  lieben 
weiber,  ich  Ii  ab  ein  floch  gefangen.    Den  will  ich  uff  mein 
deller  setzen,  und  zü  welcher  er  springt,  die  soll  die  zech  für 
mich  bezalen.'    Die  weiber  waren  des  all  wol  züfriden  und 
sprachen:  ,Gern.k    Und  die  fraw  setzt  ireu  vermeinten  floch 
m  uff  den  deller  —  ach  gott,  da  war  es  ein  laus  und  blib  Hey 
ir.    Desshalb  sie  die  zech  selbst  bezalen  müst. 

Gehn  Wisenstaig  kumpt  ein  Bayer. 

Cap.  69  (71). 


Gartengesellacliaft,  cap.  68—70. 


329 


Das  stetlin  Wisenstaig,  den  graffen  von  Helffenstain  zu- 
gehörig, ligt  in  eiin  dieffen  loch,  geringsumb  mit  bergen  umb- 
uchen. In  das  selbig  stetlin  kam  aulf  ein  zeit  ein  Bayer  in 
Hans  Weckerlins,  des  würts,  haus  ;  und  als  er  ein  weyle  darin 
gewesen  was,  lüget  er  zum  fenster  hinaus  unml  sähe  nichts  5 
dann  eyttel  berg.  Von  stund  au  ward  er  die  würtin  fragen, 
ob  es  auch  in  dem  loch  regnet.  ,Ja  freylich1,  sagt  die  würtin, 
,solt  es  nicht  regneu?'  —  ,0  würtin1,  sagt  der  Bayer,  ,so  gebt 
mir  eylents  züessen ,  damit  ich  hinaus  kom !  Ich  bleib  nicht 
übernacht  in  dem  würts  haus;  dann  wann  es  regnen  solte,  M> 
musten  wir  alle  ertrincken.1  Des  die  würtin  uund  alle  im 
haus  lachen  wurden,  dem  Bayer  züessen  gab  uund  in  hien 
ziehen  Hess. 

Schelleuhencker  zü  Mulh  ausen   sucht  ein  ross  und 

reit  darauff.  ifi 

Cap.  70  (72). 

Ein  dorff  ligt  bey  Weissenburg,  heist  Mülhausen.   In  dem 
selben  dorff  wonet  ein  stuter  oder  hirt,  welcher  der  ross  hütet. 
Ich  wais  nicht,  was  dem  güten  [44b]  dSlpel  in  sinn  kam  oder 
was  er  irr  ging ;  das  wais  ich  wol,  das  er  ime  einbildet,  wie  20 
er  ein  ross  verloren  het,  hien  gieng  und  eben  das  ross  nam, 
das  er  mainet  verloren  haben,  sich  darauff  setzt  und  von  eim 
ort  an  das  ander  rit,  sein  ross  züsüchen.    Letztlich  also  uff 
dem  ross  für  sein  haus  kam  unnd  seiner  frawen  klagt,  wie 
er  ein  ross  verloren  het  und  het  es  den  gautzen  tag  gesucht,  25 
kündt  es  niergent  finden  und  förcht,  er  müss  es  bezalen.  ,() 
weh,  lieber  mann4,  sagt  sein  fraw,  ,was  ist  es  für  ein  ross?1 
—  ,Ey,  es  ist  des  und  des  bauren.1  —  ;Ey,  du  narr,1  sprach 
die  fraw,  ,was  süchestu  das  ross?    Du  reiftest  doch  darauff.1 
Als  solchs  der  hirt  hört,  ab  dem  ross  sprang,  es  besähe  unnd:» 
wol  zü  müt  was,  das  er  es  wider  fanden  hett. 

Hernacher  ein  Sprichwort  ward:  Du  bist  eben  Schellen- 
hencker  von  Mullhausen,  süchst  das  ross  und  reytest  darauff. 


330 


Mariin  Montanus, 


Zu  Dillingen  werffen  die  edelleut  eine  über  den  schüt- 
ten ab. 

Cap.  71  (73). 

Zü  Dillingen  hetten  eins  inals  die  edelleut  ein  gute  doch- 
ö  ter  (die  etwann  auff  holtzschühen  in  druckenem  wetter  gangen 
ist)  überkummen ;  die  selbige  sie  inn  der  statt  von  einer  gassen 
in  die  ander  auf  dem  Schlitten  umbher  fürten.  Letstlich  kamen 
sie  auch  in  das  schloss  und  machten  ein  redlin  umb  den  brun- 
nen  umbher.    Der  bischoff  lag  als  oben  am  laden  und  sähe 
io  zu ;  und  da  die  edelleut  zeit  daucht,  warffen  sie  den  schütten 
umb  und  warffen  sie,  das  ihr  die  kleyder  ob  dem  kopff  zu- 
sammen schlügen.    Aber  die  gut  dochter,  als  deren  nicht  vil 
daran  lag,  unbedeckt  ligen  blih  und  hienauff  zu  dem  bischoff 
schrey :  [45a]  .Lüg,  bischoff,  ob  das  loch  gebrent  oder  gebort 
\ö  sey  !;    Des  yederman  anhüb  zü  lachen,  die  frumb  dochter  uff 
den  schütten  wider  lüden  und,  ich  waiss  nicht  wohien  flirten. 

Ein  banr  sagt  zü  seiner  fravven,  faisste,  schmaltz  und 

brodt  weren  sein  doth. 

Cap.  72  (74). 

20  Ein  baur  hett  ein  weib,  die  ihme  auch  nicht  nach  dem 
besten  zu  essen  geben  wolt,  sunder  es  vil  ehe  und  lieber  guten 
gesellen  gab  weder  ihrem  mann.  Und  uff  ein  zeit  war  der 
mann  im  holtz  gewesen  und  gar  spat  fast  hungerig  heim  kam. 
Die  beurin,  die  one  das  nicht  gern  vil  kochet,  irem  mann 

25  ein  schmaltz  und  brodt  machet  und  im  es  zü  essen  gab.  Dem 
bauren  schmackt  das  schmaltz  unnd  brodt  so  wol,  das  er  es 
gar  ausfrass.  Hernacher  sprach  er  zü  seiner  frawen :  ,0  liebe 
fraw,  gib  mir  nicht  vil  so  faisste,  schmaltz  und  brodt!  Dann 
sie  sind  mein  doth.1 

:io  ,Ach  gott,1  dacht  die  beurin,  ,wann  du  nür  doth  werest ! 
So  kündt  ich  doch  frolich  mit  dem  pfaffen  bülschafft  pflegen.' 
Anfieng  und  irem  mann  die  aller  besten  schmaltz  und  brodt 
gab,  die  man  finden  mocht;   davon  der  baur  so  faisst  ward 


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GartengeaelUchaft,  cap.  71—74. 


331 


als  ein  niest  saw.  Als  aber  die  beurin  sah,  das  er  allein  faisst 
darvon  ward,  wolt  sie  im  keins  mehr  geben,  sunder  in  ander 
weg  lögt,  wie  sie  des  pfaffen  halben  ihrem  willen  ein  genügen 
thün  mochte. 

Ein  rebknecht  beschlafft  seins  meisters  weib. 

Cap.  73  (75). 

Ein  rebman  arbeit  auff  ein  zeit  mit  seinem  knecht  in  den 
reben.    Und  als  es  umb  mittag  was,  sagt  er  zü  seim  knecht: 
»Knecht,  geh  heim  und  haiss  dir  ayer  in  [45b]  schmaltz  schla- 
gen und  iss,  darnach  kumm  wider  heraus!  So  will  ich  dieweil  iu 
heraussen  warten.4 

Der  knecht  ging  heim  zu  der  frawen  und  sprach:  ,Fraw, 
der  meister  hatt  gesagt,  ich  soll  bey  euch  ligen.1  —  ,Ey4,  sprach 
das  ungesaltzen  frewlin,  ,du  würsts  etwa  wenen.4  Den  nech- 
sten  hienaus  in  die  reben  zöm  mann  lieff  unnd  sprach :  ,Mann,  i-> 
soll  ichs  thun?*  —  ,Ey  du  narrin',  sprach  der  mann,  ,hasts 
noch  nit  thon  ?  Geh  eylents  heim  unnd  thü  es!4  (Er  meinet 
aber,  sie  solt  ihm  ayer  in  schmaltz  geben).  Die  fraw  nicht 
weiter  fraget,  den  nechsten  heim  lieff  und  zöm  knecht  saget: 
.Vetz  glaub  ich  dirs  erst;  dann  der  meister  hatt  michs  selbst 
geheissen.4  Der  knecht  das  frewlin  nam,  uff  den  tisch  leget, 
daselbst  ir  ein  göts  feil  herab  hacket,  darnach  lauffen  lies. 

Da  nün  der  meister  heim  kam ,  da  fieng  der  knecht  an 
und  beklagt  sich,  die  fraw  bette  im  die  ayer  nit  genug  ge- 
bachen.  Da  das  der  meister  hört,  warde  er  erzürnt  und  sprach  a* 
zö  der  frawen,  sie  solte  gedencken  und  die  ayer  ein  ander  mal 
bass  bachen.  Des  der  knecht  und  die  fraw  wol  zü  friden 
waren  und  darnach  offtermals  solche  ayer  buchen  und  mit 
einander  assen. 

Wie  und  wa  durch  Virgilius,  der  hoch  unnd  weit- :t0 
berümpt  poet,  so  gelert  worden. 

Cap.  74  (76). 

Die  poeten  schreiben  unnd  dichten  von  Virgilio  also:  Vir- 


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332 


Martin  Montanus, 


gilius  sey  ein  armer  schäler  gewesen,  unnd  auff  ein  zeit  seye 
er  hienans  in  ein  wald  spatzieren  gangen ;  in  dem  selbigen 
wald  sey  der  teufel  in  ein  glas  beschworen  worden,  zu  welchem 
Virgilius  kommen.    Der  teufel  hat  Virgilium  angesprochen, 

•">  ob  er  in  wöll  heraus  [46a]  lassen;  so  wolle  er  ine  zu  dem 
geiertesten  mann  machen,  der  in  der  gantzen  weit  seye.  ,Nain\ 
antwurt  Virgilius,  ,wann  du  mir  aber  vorhin  sagen  wilt,  wa 
durch  ich  so  gelert  werden  mög,  so  will  ich  dich  herausser 
lassen.4  —  ,Wolan4,  sagt  der  teufel,  ,so  gehe  hien  auff  den 

10  berg !  Da  würstu  zü  einer  hölin  komen,  in  wölcher  hölin  ein 
riss  ligt  unnd  hat  ein  büch  under  dem  haupt  ligen.  Und 
wann  du  dasselbig  büch  überkommen  kanst,  so  bistu  der  ge- 
lertest  maister  in  aller  weit.4 

Virgilius  zöge  hien  unnd  fände  alle  ding,  wie  ime  der 

lösch wartz  mann  anzeigt  hett;  unnd  der  riss  het  ein  grossen 
schweren  harner  in  der  band  unnd  schlieff.  Nun  gedacht  Vir- 
gilius: , Erwacht  er,  so  bin  ich  des  tods.  Nun  ist  eben  als 
gut,  ich  wags.  Villeicht  mir  gott  gluck  gibt,  das  ichs  über- 
korac  und  dannocht  bey  leben  bleibe.1    Hien  zöge,  das  büch 

20  dem  risen  under  dem  kopff  herfür  narae  und  darvou  eylet. 
In  solchem  der  riss  erwachet,  den  hammer  nam  unnd  nach 
Virgilio  warff,  aber  feiet.  Als  aber  Virgilius  sein  buch  hett, 
thet  er  es  aulT  unnd  sähe  darein:  da  war  er  schon  gelerter 
dann  vor. 

txi  Als  er  nun  wider  zu  dem  im  glas  kam,  begert  er  an  Vir- 
gilium, er  solt  ime  yetz  das  versprochen  halten  unnd  herausser 
lassen.  Virgilius  thet  es,  öffnet  das  glas  und  Hess  den  teufel 
heraus.  Als  er  nun  heraus  was,  da  beumet  er  sich  auff  und 
macht  .sich  gros  und  ungestüm,  das  es  Virgilium  verwundert, 

30  und  sprach :  ,0  Virgili,  wie  hastu  so  ein  bös  werck  gethon, 
das  du  mich  hast  ledig  gelassen !  Dann  yetzund  will  ich  hien- 
gehn,  alle  schiff  uff  der  Tyber  und  auff  dem  mehr  ertrencken 
unnd  ein  sollich  rumor  anfallen,  das  sich  die  gantz  weit  furch- 
ten uiüs.'  —  ,E.y4,  sprach  Virgilius,  ,wie  bistu  so  klain  im  glas 

:>,:>  gewesen,  unnd  bist  [46b]  yetzund  so  gross !  Ich  glaub  fürwar 
nicht,  das  du  darinn  gewesen  seyest,  du  steigest  dann  wider 
hienein  und  last  michs  sehen.4  Der  teufel  nicht  so  listig  was, 
das  er  heraussen  blib,  sunder  wider  hienein  stig  unnd  Virgi- 


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Gartenge8elUchaft,  cap.  74 — 76. 


333 


lium  wolt  sehen  lassen ,  wie  klein  er  were.  Bald  ihne  aber 
Virgilins  im  glass  vernani,  dratt  er  hienzü  und  vermachte  das 
glatt  wider.  Und  er  zöge  hien,  Hess  den  schwartzen  mann 
im  glass  sitzen. 

Ein  fürman  schwert  für  und  für,  wann  er  fert.  •> 

Cap.  75  (77). 

Ein  fürman,  wann  er  über  landt  für,  so  schwur  er  all  weg 
so  übel,  das  gott  von  himmel  herab  hett  sehen  mögen,  wie 
dann  schier  aller  fürleut  gewonheit  ist.  Wann  es  ihnen  nicht 
allwegen  nach  ihrem  sinn  geht,  so  schweren  sie,  das  nicht  ein  10 
wunder  wer,  das  sich  das  erdtrich  auffthet  und  solche  leut 
verschluckt.  Also  thet  diser  fürman  auch,  dardurch  er  yeder- 
man  so  bekant  ward,  das  ihn  niemandts  zü  einem  fürman 
haben  wolt;  yederman  sagt :  ,Ich  will  in  nicht;  dann  solt  mir 
etwas  Unglücks  auff  dem  weg  züstohn,  so  waiss  ich,  das  es  15 
mir  nur  von  seins  schwerens  wegen  herkeme.' 

Nün  wolt  auff  ein  zeit  ein  edle  fraw  über  feldt  faren  unnd 
aber  kein  fürman  überkummen  kundt  dann  disen  ;  derhalb  sie 
wol  neinmen  müst,  was  ihr  werden  mocht.  Nun  sie  für  mit 
ihm  hienauss;  und  als  sie  hienaus  kam,  fieng  mein  lieber  für- 20 
man  aber  an  zü  fluchen  und  schelten  nach  seiner  alten  gewon- 
heit. ,Ach  lieber  fürman1,  sprach  die  edelfraw,  , fluch  doch 
nicht  als  greusslich!  Es  würt  uns  warlich  sunst  ein  Unglück 
zü  hand  stossen.*  —  ,Ey  fraw1,  sagt  der  [47a]  fürman,  ,wann 
ich  nicht  schwehr,  so  geht  es  nicht.*  —  ,Ey  Versuchs!'  — 25 
,Wolan,  in  gottes  nammen,  es  gilt  mir  gleich',  sprach  der 
fürman  und  anhüb,  zü  seinen  rossen  sprach:  ,Hayle  in  gottes 
Dämmen !  Hott,  liebs  niennlin!1  Der  nicht  gehn  wolt,  das 
waren  die  ross.  Und  wolt  die  fraw  nicht  auff  dem  veld  blei- 
ben, so  müst  sie  den  fürman  faren  lassen,  wie  er  wolt.  Und  w 
sie  sprach:  ,Ey,  so  far,  wie  du  wilt  !4  Als  bald  der  fürman 
wider  anhüb  zü  schelten,  lieffen  die  ross  darvon  wie  alle  teufel. 

Von  einem  waldtbrüder  und  seinem  sün. 


Cap.  76  (78). 


334 


Martin  Monianus, 


In  der  wirdigen  statt  Florentz  wonet  ein  reicher  burger, 
Philippus  Baldutzo  genant ;  der  hette  ein  liebs  weib,  die  ging 
ihine  ab  mit  doth ,  und  die  verlies  ime  ein  kindt  von  zwey 
jaren.    Deshalben  ward  der  mann  so  laidig,  das  er  nicht  mehr 

5  wolt  in  der  weit  sein,  sunder  gab  all  sein  güt  umb  gottes 
willen  und  zohe  mit  seinem  sün  auf  den  berg  Asinaio ;  da 
behalff  er  sich  armklich  in  einer  zellen  mit  seinem  sün.  Dem 
saget  er  stets  von  gott  und  götlichen  dingen  und  nichts  welt- 
lichs.    Das  triben  sie  nün  ein  lange  zeit,  das  der  knab  nie 

lü  aus  der  zellen  kam.  Nun  was  des  guten  mans  gewonheit,  das 
er  offt  in  die  statt  kam,  das  almflsen  zü  suchen,  darnach  wider 
hien  au  ff  sein  berg  zöge.  Das  finge  den  sün,  der  yetz  vier- 
zehen  jar  alt  was,  züverdriessen,  und  sprach  züm  vatter :  ,  Vat- 
ter, du  bist  nün  alt  unud  auch  schwach,   und  wiirt  dir  zu 

15  schwer  sein,  also  disen  berg  auff  und  ab  zü  steigen.  Darurub 
zeige  mir  an  deine  gute  freund  !  So  will  ich  in  die  statt  gehn. 
das  almüsen  züholeu,  unnd  du  [47b]  bleibst  daheim.4  Der  gut 
vatter  meinet,  er  hett  wol  sein  sün  aufferzogen  in  geistlichen 
Sachen,  das  er  nicht  vil  mehr  nach  der  weit  fraget,  und  nani 

20  ihn  mit  ihme  in  die  statt. 

Da  sie  nün  in  die  statt  kamen,  sähe  der  sün  die  grossen 
heuser  und  paläst,  auch  andere  weltliche  zierd  mehr  und  fra- 
get den  vatter,  was  das  were.  Der  ihne  fein  ordenlich  be- 
scheidet.   In  dem  begegneten  ihnen  schone  meydlin,  die  waren 

25  bey  einer  hochzeit  gewesen.  Da  fraget  der  sün  aber :  , Vatter. 
was  sind  das?4  Der  vatter  sagt:  ,0  sün,  schlage  deine  äugen 
undersich  !  Dann  es  sind  böse  ding.4  —  ,\Vie  nennet  man  sie 
dann?4  —  Der  vatter  wolt  nicht  sagen:  ,Es  sind  junckfrawen4, 
sunder  sagt:  ,Es  sind  gänss.4    Behend  vergass  der  sün  aller 

;jo  gesehenen  ding  und  aller  gelerten  geistlichheit  und  sprach  züm 
vatter:  , Lieber  vatter,  schaff,  das  mir  diser  jungen  gänss  auch 
eine  werd!4  —  ,Xein,  lieber  sün,  es  sind  böss  sündtliche  ding.* 
—  ,VVurumb,  lieber  vatter,  sollen  das  bose  ding  seiu?  Sie 
sind  schöner  dann  unser  engel,  die  ihr  mir  oft  gezeigt  haben 

6  Ach,  lieber  vatter,  thüt  so  wol  und  fürt  mir  der  ganss  eine 
heim!  Ich  will  ihr  schon  warten.4  —  Das  thü  ich  nicht*, 
sprach  der  vatter,  ,du  waist  nicht,  wa  man  ihn  speiss  hienein 
gibt.4    Damit  gedacht,  wie  die  natur  weit  überträffe  sein  lehr 


Gartengesellschaft,  cap.  76—77.  ;i35 


nnd  er  so  übel  gethan  hett,  das  er  den  sün  in  die  statt  ge- 
fürt hette. 

Welcher  der  natur  widerstrebt 
Und  allweg  nach  gottes  willen  lebt, 

Sein  heyigen  auch  in  ehren  halt,  ä 

Gegen  dem  mindern  treibt  kein  gwalt 

Und  auch  die  alten  halt  in  ehren, 

Dem  wfirt  gott  glück  und  heyl  bescheren. 

[48a]  Ein  koch  stillet  seins  herren  zorn  mit  einer 

einfeltigen  red.  i« 

Cap.  77  (79). 

In  der  wirdigen  statt  Florentz  wonet  ein  reicher  edelman 
mit  nammen  Cünrad  Granfigliari.  Der  selbig  allweg  zü  Flo- 
rentz für  ein  weysen  und  redlichen  mann  gehalten  was,  dabey 
milt,  einen  herlichen  hoff  nach  ritterlicher  gewonheit  hielt;  i'> 
von  falcken,  habichen  und  Sperbern  er  grosse  freud  hett ;  an- 
dere adeliche  werck,  die  er  trib,  vil  zü  lang  züerzelen  weren. 
Der  selbig  herr  hett  eins  tags  mit  seinem  falcken  ein  kranch 
gefangen,  jung  und  faist,  und  ihn  bald  seinem  koch,  Ciphibio 
genant,  gab  und  ihm  bevalhe,  das  er  ihn  auff  das  nachtmal  20 
briete  und  zübereitet  und  allen  fleiss  thet,  damit  er  güt  würde. 
Da  es  nün  zeit  war,  der  koch  den  kranch  zü  dem  fewr  thet; 
und  als  er  schier  fertig  ward,  ein  solchen  geschmack  gab, 
das  das  gantz  hauss  darvon  schmacket. 

In  dem  begab  sich,  das  des  kochs  bül  in  das  hauss  kam,  20 
die  vileicht  den  kranch  geschmack  hett,  und  zü  dem  koch, 
ihrem  bülen,  sprach;  ,Ciphibio,  gib  mir  auch  ein  diech  von  dem 
kranch!4  —  ,Nein  warlich,  liebe  Bruneta4,  sprach  der  koch, 
,ich  thü  es  nit.    Dann  wann  der  kranch  auff  den  tisch  kern 
und  nur  ein  bein  hette,  so  beschiss  mich  der  teufel  unnd  gebe  ao 
mir  der  herr  Urlaub.    Was  wolt  ich  dann  anfahen?  Darumb 
gib  ich  dir  keins.4  —  ,Wolan4,  sprach  Bruneta,   ,gibstu  mir 
dann  keins,  so  seye  dir  zügesagt,  das  du  mein  leib  nimmer- 
mehr beschlaffen  [solt].'    Also  gar  mancherley  red  beydent- 
halben  triben    Doch  damit  der  koch  sein  feines  lieb  nicht  erzür- $> 
net,  schnitt  er  ein  diech  vonn  dem  kranch  und  gabs  Bruneta. 


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336 


Martin  Montan u?, 


Da  nön  zeit  was,  das  man  [48b]  zö  nacht  essen  solt,  der 
koch  den  kranch  für  den  herren  und  seine  gest,  deren  er  vil 
darzü  geladen  hett,  tröge.  Und  da  der  ritter  den  kranch  on 
den  diech  sähe,  ihn  frembd  nani;  bald  den  koch  riiffet  und  ihn 

5  fraget,  wa  das  ander  diech  hien  kummen  were.  Der  lugen- 
hafft  Venediger  schnell  antwort  und  sprach:  ,Wist  ihr  nicht, 
herr,  das  die  krench  nur  ein  diech  und  ein  bein  haben?1  Der 
herr  ime  mit  zorn  antwort:  ,Sie  haben  den  teufel.  Ich  mein, 
du  wenest,  ich  hab  vor  nie  kein  kranch  gesehen/    Der  koch 

«"sprach:  , Fürwar,  herr,  es  ist  ihme  also,  wie  ich  sage.  Und 
wann  irs  nicht  glauben  wolt,  so  will  ich  es  euch  sehen  lassen, 
das  ihm  also  ist.4  Der  herr  umb  der  gest  willen  nicht  weiter 
fraget,  dann  allein  sprach:  ,Seitmal  du  dich  embotten  hast, 
mich  solches  zu  sehen  lassen  ,  so  will  ich  es  also  gern  sehen 

•  >als  mein  lebtag  ye  ein  ding.  Doch  wiss,  wa  dem  nit  also 
sein  würt,  ich  dich  an  den  nechsten  bäum  will  hencken  lassen/ 
Und  als  es  morgens  tag  ward,  der  herr,  dem  der  zorn 
noch  nicht  verrochen  was,  die  pferd  sattlen  schaff  und  sampt 
dem  koch  auff  zu  ross  sass,  an  ein  wasser  ritten,  da  die  kranch 

2<>  gern  ihr  wonung  hetten.  Und  als  sie  ein  weyl  geritten  wareu, 
der  herr  sprach:  ,Wolan,  wir  wollen  bald  sehen,  ob  ich  oder 
du  gelogen  haben.*  Da  Ciphibio,  der  koch,  vernam,  das  seins 
herren  zorn  noch  nicht  nachgelassen  hett,  ihm  gedacht,  wie 
er  yetz  mit  liegen  ein  grosse  prob  thün  müst,  mit  grossen 
sorgen  nahen t  beim  herren  ritt  und,  hett  er  gemocht,  er  gern 
entrunnen  were.  Dann  er  besorgt,  kein  sein  liegen  an  tag. 
der  herr  ine  an  den  nechsten  bäum  hencken  mocht;  yetzund 
für  sich,  yetzund  neben  sich,  dann  hindersieh  sähe ;  alles,  das 
er  sähe,  ihn  kranch  dauchten  auff  zwey  beinen. 

'»)  Unnd  in  [49a]  solchem  ihrem  reiten  ihme  ehe  dann  dem 
herren  oder  niemants  anders  bey  zwölff  kranchen  bey  dem 
wasser  zu  gesiebt  kamen ,  die  da  rüweten  und  alle  yeglicher 
auff  eim  bain  stünden,  als  dann  ihr  natur  und  gewonheit  ist, 
wann  sie  schlaffen  oder  rüwen.    Die  er  bald  dem  herren  zeiget 

a.  und  sprach  :  .Nempt  war,  herr,  ob  ihr  yetzund  mit  der  war- 
heit  vernemmen  und  sichtbarlich  sehen  mögt,  als  ich  euch 
nechten  sagt,  das  es  war  unnd  nicht  erlogen  ist,  das  die  kranch 
nicht  mehr  daun  ein  bein  haben!    Haben  sie  dann  nur  ein 


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Gartengesell  achaft  cap.  77—78. 


337 


bain,  wie  künden  sie  dann  zwey  diecher  haben,  als  ihr  nechtin 
sagten  und  hapt  mich  vor  ehrlichen  leuten  darurab  beschempt 
und  vor  gott  und  der  weit  unrecht  thon.4  Über  dise  wort 
der  herr  ime  antwort  und  sprach ;  ,Nün  hab  ein  klein  gedult ! 
Ich  will  dich  bald  sehen  lassen,  ob  sie  ein  bein  oder  zwey  » 
haben,  nach  dem  dich  mit  meiner  handt  hencken.4  Mit  disen 
worten  sich  zü  den  kranchen  nehenet,  anhftb  zü  schreyen,  die 
arm  auffwarff  und  sprach :  ,Hu  ha  hu  !4  Die  kranch  von  des 
herren  geachrey  wegen  das  ander  bein  auch  herfür  zogen  und 
nach  etlichen  schritten  ihren  weg  flogen.  Der  herr  aller  foll  i° 
zorn  sich  gegen  Ciphibio  keret  und  zü  ihme  sprach:  ,Wie 
dunckt  dich?  Haben  sie  ein  bain  oder  zwey?4  Ciphibio  aller 
erschrocken  nicht  wust,  wa  er  was  oder  was  er  sagen  solt, 
doch  sich  bald  eines  lists  erdacht,  dem  herren  antwort  gab 
und  sprach  :  ,Ja,  herr,  es  ist  war,  als  ihr  redt.  Aber  nechten  10 
schreyen  ihr  nicht  züm  kranch  :  Hu  ha  hn  ha.  Hetten  ihr 
aber  auch  also  geschrauwen,  so  bette  er  das  ander  bain  auch 
herfür  gezogen,  wie  dann  dise  gethon  haben.4 

Dem  herren  des  kochs  einfeltige  antwort  in  sollicher  mass 
gefiel,  das  er  allen  zorn  fallen  lies;  den  inn  [49b]  grosses 20 
lachen  und  freud  keret,  zü  Ciphibio  sprach:  ,Du  hast  recht 
und  ich  unrecht.  Ich  solt  es  gethon  haben.4  Also  entranne 
der  koch  mit  seiner  schnellen  antwort  grosser  sorg  und  be- 
hielt dabey  seins  herren  gunst. 

Ein   weih  und  ein   mann  zanckend  und  schlagend  25 

einander. 

Cap.  78  (80). 

Ein  armes  par  volcklin,  die  ir  leben  mit  genüg  kleinem 
gewinn  vertriben ,  lagen  uff  ein  zeit  am  fenster  unnd  sahen 
die  gassen  auff  unnd  ab  etliche  klaine  facklin  oder  sewlin  ao 
lauffen.  Dem  mann  gefielen  die  klainen  thierlin  so  wol,  das 
er  bald  anhüb  unnd  sprach  :  ,Lüg,  mein  liebe  haussfraw,  sind 
das  so  hüpsche  thierlin  !  Weren  sie  unser,  so  wolt  ich  sie 
for  den  hirten  treiben ,  damit  sie  der  andern  hard  auch  ge- 
wonten.4  —  ,Ein  dreck4,  sprach  die  fraw,   ,sie  sind  noch  vil  a-> 


22 


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3;i8 


Martin  Montan  us. 


zü  klein,  sie  musten  dahaimen  bleiben.1  —  ,Sie  sind  nicbt  zu 
klain1 ,  sprach  der  mann ,  ,sie  müsten  für  den  hirten/  Die 
fraw  wider  sprach:  ,Sie  sind  zu  klain  und  müsten  daheimen 
bleiben.4  Und  solche  red  baidenthalben  sovil  tribeu  ,  das  es 
"inen  selbst  nicht  mehr  zü  dulden  war;  uff  stünden  unnd  ein- 
ander dapffer  abschmierten,  biss  sie  bald  darob  erlagen,  und 
hatten  dannocht  kaine  fäcklin. 

Wie  einer  sein  weib  für  die  haussthür  versperret. 

Cap.  79  (81). 

10  Kin  reicher  burger  sass  in  ainer  statt,  deren  namen  un- 
vonnoten  hie  zü  melden.  Dem  selbigen  ein  aus  dermasseu 
schone  junckfraw  zü  der  ehe  geben  ward,  das  er  sie  auch 
understünd  haimlich  zü  totten  und  doch  zü  ihr  kain  ursach 
wust.  Und  wann  man  ihn  gefragt  hett,  warumb  er  also  eyferte, 

i">  hette  er  kain  ursach  anzüzaigen  [50a]  wissen.  Welches  der 
frawen  besonder  pein  bracht;  derhalb  sich  erst  understünd  ir 
umb  ein  bülen  zusehen.  Und  in  kurtzem  ir  ein  jungen  f?nüg 
schonen  überkam,  mit  dem  sie  in  freuden  lebte,  damit  ir  mann 
nicht  vergebens  eyferte.    Nün  wust  sie  wol,  das  ir  mann  heff- 

ä  tig  drancke;  des  sie  ine  nicht  allain  lobet,  sonder  auch  tröstet, 
ihn  hies,  er  solt  nur  waidlich  drincken.  Auch  wann  er  des 
nachts  voiu  wein  kam  und  druncken  war,  gab  sie  ime  noch 
mehr  zütrincken,  damit  er  gar  foll  würde.  Wann  er  dann 
blind  foll  war,  legt  sie  ine  zü  beth ,  und  gienge  sie  hernach 
zü  irem  bülen,  auch  zü  Zeiten  ine  zü  ihr  ins  haus  lies. 

Als  sie  nün  solches  lang  zeit  getriben,  wolt  den  manu 
gedunckcn,  die  sach  gienge  nicht  recht  zü,  das  ine  sein  fraw 
allweg  hies  drincken  und  doch  sie  nit  drünck.  Unnd  eins 
mals,  als  er  aus  gewesen  was,  kam  er  haim  und  stellet  sich 

:»)  nicht  anders,  dann  als  ob  er  sticket  und  wicket  foll  were 

Die  fraw  wolt  im  noch  mehr  zü  drincken  geben ;  aber  er  wolt 

nicht,  sonder  sagt,  er  hette  vorhien  züvil  gedruncken,  sie  solt 

in  schlaffen  füren.    Die  fraw  meinet,  es  were  im  also ,  unnd 

den  güten  mann  zü  beth  füret.    Und  als  sie  mainet  er  ent- 

* 

34  heth  A  - 


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GartengeßellBchaft,  cap.  79. 


:330 


schlaffen  sein  ,  stAnd  sie  bald  auff  und  zA  irem  bulen  gieng. 
Als  bald  aber  der  mann  vernam ,  das  sein  fromme  fraw  ans 
dem  haus  war,  stund  er  auff  und  verriglet  alle  thüren  wol 
unnd  fleissiglich,  damit  er  sehen  mochte,  wann  sein  fraw  wider 
zA  haus  kerne.  o 

Da  es  nAn  umb  mittnacht  was,  die  fraw  wider  zu  haus 
käme  und  vermainet  darein  zügohn.  Ach  gott,  da  war  es 
beschlossen.  Wer  erschrack  übler  weder  fraw  Agnes,  das  ihr 
sach  also  war  an  tag  kommen !  Anhub  an  die  thür  zAstossen, 
ob  sie  die  auffbringen  mocht;  aber  in  kainen  weg  die  geöffnen  w 
mocht.  Derhalb  sie  anhüb  irem  mann  [50b]  zArüffen  unnd 
ine  bitten,  das  er  ihr  auffthet;  sie  were  bey  einer  ihrer  nach- 
beurin  mit  der  kunckel  gewesen.  ,0  liebe  fraw4,  sprach  der 
mann,  ,ich  wais  nicht,  wer  ir  seit.  Ziehet  nur  wider  hien  den 
weg,  den  ir  herkommen  seit!  Ich  las  niemants  frembds  her-  15 
ein,  bevorab  umb  mitternacht,  da  kainer  fromen  frawen  zu- 
stehet auff  der  gassen  umbher  zAlauffen.' 

Solches  gesprach  sie  baidenthalben  fast  biss  auff  ein  stund 
triben,  unnd  das  es  die  fraw  letstlich  schier  verdriessen  ward, 
anhub  und  zum  mann  sprach :  ,Wolan,  mann,  dieweil  du  mir  20 
dann  nicht  wilt  auffthün,  so  seye  dir  zugesagt,   das  ich  mich 
will  in  disen  brunnen  werffen  und  selbst  ertrencken.  Dar- 
nach so  wört  man  sagen,  du  habest  mich  in  ainer  follen  weis 
zu  todt  geschlagen  und  in  den  brunnen  geworffen.    So  würstu 
gefangen  werden  unnd  dir  als  eim  übelthäter  das  haupt  ab-  ffi 
[gejschlagen ,  oder  aber  in  Ast  darob  entlauffen.4  —  ,0  mein 
liebs  weib\  sprach  der  mann,  ,wiirff  dich  hinab  und  ertrenck 
dich!    So  will  ich  morgen  von  der  seel  wegen  ein  andere 
nemen.    Lass  sehen,  ob  ich  mein  äugen  darumb  netzen  wolle! 
Wurff  dich  eylents  hinein!  Stehest  du  noch?  Was  thAstdu?:w 
Was  wartest?' 

Solcher  red  sovil  trib,  das  es  die  fraw  nicht  lenger  ver- 
tragen mocht,  ein  grossen  stain  nam,  zA  dem  brunnen  gieng 
und  sprach:  ,Ey  nAn  helffe  mir  der  almechtig  gott,  der  sey 
meiner  armen  seel  gnedig  und  barmhertzig !'    Mit  dem  den  ;i» 
stain  in  brunnen  fallen  lies,  der  ein  sollich  rumor  und  ge- 

32  rrib  A  — 

22* 


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340 


Martin  Montanus, 


schray  macht,  das  der  mann  nicht  änderst  mainet,  dann  wie 
es  die  fraw  were.  Dessen  er  sehr  erschrack,  bald  dem  brunnen 
zü  eylet  unnd  seiner  frawen  vermainet  zühelffen.  Aber  die 
listig  fraw  het  sich  nahent  zft  der  thür  gestellet;  und  als  bald 
>  der  mann  heraus  kam,  lieff  sie  hienein,  [51a]  versperret  die 
thür  gar  wol  unnd  lies  den  guten  Jockel  daussen  ston,  bald 
hinanff  in  das  fenster  lieff,  zü  besehen,  was  doch  ir  mann 
thün  wolt,  wann  er  die  thür  verschlossen  ftind. 

Als  nun  der  mann  sein  weib  nicht  im  brunnen  fand,  gieng 

10  er  wider  zum  hauss  und  vermeinet  darein  zü  gehn ;  da  war 
es  verspert,  unnd  hett  ihm  sein  weib  thon,  wie  er  ihr  thün 
wollen.  Der  mann  der  batt  sie,  das  sie  in  wolt  hienein  lassen. 
,Nein  warlich,4  sprach  die  fraw,  ,du  zernichter  foller  esel,  hier- 
ein und  an  ineinen  arm  kumstu  mir  nicht  mehr ,  biss  ich 

ir>  allen  deinen  freunden  angezeigt  hab,  wer  du  seyest  und  in 
welcher  zeit  in  der  nacht  du  umbgangest.  Du  böser  wicht, 
binn  ich  dir  nit  hübsch  genüg  zü  den  sachen,  darzü  die  ehe 
auffgesetzt  ist?  Ich  glaub,  ich  vermöge  es  auch  als  wol  als 
andere  weyber.    Dann  nicht  lang  ist,  ich  in  einem  münchs 

20  closter  wäre ,  da  ich  den  münchen  allensammen  genüg  thate 
und  dannocht  nicht  ersettigt  wäre,  will  geschweigen  dir  allein.* 
Der  mann  sich  von  des  weibs  Worten  überwunden  sähe, 
sie  anhüb  übel  zü  schelten  und  in  solcher  mass  ausrichtet, 
das  die  flachbauren  in  der  gassen  darzü  gelauffen  kamen  unnd 

25  fragten,  was  solcher  lerman  in  der  nacht  bedeutet  unnd  warunib 
er  nicht  ins  hauss  zü  seiner  frawen  schlaffen  ging.  Denen 
die  fraw  wainent  antwort  und  sprach :  ,Lieben  freund  und 
nachbauren,  es  ist  mein  feyger,  böser,  zernichter  mann,  der 
mir,  als  ihr  wol  sehet,  zü  dieser  zeit  der  nacht  foll  unnd 

30  truncken  zü  hauss  kumpt.  Das  ich  yetz  lang  vertragen  und 
ihne  vil  manch  mal  darumb  gestrafft  hab ;  aber  es  hilfft  alles 
nicht,  auch  mich  nie  hatt  helffen  wollen.  Uuib  des  willen 
hab  ich  ime  auff  dise  nacht  solche  schand  thün  wollen  und 
ihn  ausserthalb  des  hauss  ver- [51b]  sperr  et,  ob  er  sich  doch 

35  solches  ausschweiffens  wolte  abthün  und  sich  seiner  drunckenen 
weyss  massen.4  Der  güt  arm  betrogen  mann  auff  dem  andern 
theil  den  nachbauren  erzelet,  wie  es  gangen  wer;  aber  die 
fraw  wolt  ihne  nicht  lassen  zü  red  kurumen,  sunder  sprach: 


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Gartengesellschaft,  cap.  79—80. 


341 


,Lieben  freund,  nun  sehent,  was  zernichten  mans  er  ist !  Lie- 
ber, was  würdent  ihr  sagen,  wann  ihr  mich  also  spat  und  foll 
auff  der  gassen  funden  hetten  als  ihne?  Fürwar,  es  würde 
mir  yederman  unrecht  geben.  Sehet  zu,  der  lawr  kumpt  erst 
von  seiner  bübin  daher  und  wolt  mich  yetz  zwingen,  das  ich  ö 
ihne  solt  herein  lassen.  Vileicht  schlug  er  mich  erst  darzü.4 
Da  die  nachbaurschafft  der  frawen  red  vernamen,  ir  alle 
recht  gaben  und  den  güten  maun  übel  schalten.  Solches  gar 
bald  für  der  frawen  freund  kam.  Die  selbigen  eylents  zürn 
hauss  lieffen,  den  güten  Jockel  in  solcher  mass  zurichteten,  10 
das  es  hett  ein  stein  erbarmen  mögen.  Darnach  in  das  hauss 
gingen,  die  fraw  sampt  aller  ihrer  zügehörd  hienweg  namen 
und  dem  maun  den  dodt  treweten.  Da  wäre  erst  das  fewr  im 
dach,  da  man  ihme  sein  schöne  frawen  gen  um  inen  hette,  zü 
dem  sich  des  lebens  besorgen  müste.  Alle  seine  freund  unnd 
guten  günner  anruffet,  das  sie  ihme  von  newem  umb  die  fra- 
wen würben ;  er  wolte  fürthien  nicht  mehr  eyferen.  Welches 
geschah ,  und  ihm  sein  weib  wider  geben  ward.  Deren  er 
verhies  fürthien  züthün  und  zü  lassen,  was  ihr  hertz  gelüstet, 
da  ihme  doch  erst  eyfern  not  gethon  hette.  20 

Ein  statt  würt  gewunnen ,  daraus  die  weyber  ihre 

mann  und  kinder  tragen. 

Cap.  80  (82). 

[52a]  Wir  lesen  inn  einer  cronica,  das  auff  ein  zeit  ein 
statt ,  deren  nammen  mir  abgefallen ,  nach  langem  stürmen  25 
erobert  ward.  Nün  ward  aber  der  herr,  so  die  statt  gewunnen, 
dermassen  erzürnet,  das  er  allein  den  weybern  freyheit  gab, 
abzuziehen  und  solten  mit  ihnen  tragen,  was  sie  ertragen  möch- 
ten; so  wolte  er  hernach  die  statt  mit  allem,  das  darinnen 
wer,  verbrennen.  Ach  got,  die  güten  weyber  waren  beträbt  au 
umb  ihre  mann  und  kinder,  das  sie  solten  also  jämerlich  ver- 
brennen. Derhalb  mit  einander  zü  rhat  gingen  und  sich  be- 
sannen, das  ein  yegliche  fraw  ihren  mann  und  kinder  auff  den 
rucken  nemmen  solten  unnd  zftr  statt  hienans  ziehen.  Solches 
alsbald  geschah,  und  ein  yegliche  fraw  natu  ihren  mann  auff  30 


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342 


Martin  Montan  us, 


den  rucken  und  die  kindlin  under  den  arm  und  zogen  erbarmk- 
lich  zur  statt  hienaus.  Nun  sagt  die  histori,  als  solcbes  der 
berr  gesehen  hatt,  seyen  ihme  die  äugen  übergangen,  und  hab 
inen  allensammen  das  leben  geschenckt,  darzü  freyung  der 
o  statt  geben. 

Das  ist  ein  schon  herlich  exempel  von  weybern  und  ein 
grosse  tugent,  das  sie  ein  solche  freund tscbafft  an  iren  mannen 
begangen  haben.  Was  haben  sie  aber  dardurch  erlangt?  Das 
haben  sie  erlangt,  das  man  inen  allen  das  leben  geschenckt, 
iu  unnd  nicht  allein  das  leben  geschenckt,  sunder  alles  ihr  hab 
uud  gut  frey  und  unverletzt  wider  zügestelt.  Das  kau  ein 
schon  exempel  sein,  darinn  sich  billich  alle  frawen  ersehen 
sollen,  was  für  trew  ihren  ehemannen  gebürt.  [52b] 

Ein  vogt  fart  aus  einer  statt  auff  einem  wagen  und 
15  müss  in  der  kotlachen  absitzen. 

Cap.  81  (83). 

Nahent  bey  einer  statt  inn  einem  flecken  sass  ein  vogt, 
der  auff  ein  zeit  von  einem  rhat  in  die  stat  gefordert  ward. 
Ich  waiss  nicht,  was  der  gut  gesell  gessen  oder  gethon  hett; 
das  waiss  ich  wol,  das  man  ihn  des  ampts  entsetzt  unnd  eiu 
andern  vogt  an  sein  statt  verordnet.  Des  der  gut  herr  vogt 
traurig  ward  und  also  in  einem  grossen  unmut  zur  statt  hien- 
aus heim werts  ging. 

Als  er  nün  ein  wegle  gangen,  für  ein  baur  aus  seinem 

20  dorff,  der  on  zweyfel  nichts  darumb  wüste,  das  sein  vogt  ab- 
gesetzt wäre,  hernach  und  schrey  den  vogt  au:  ,Herr  vogt, 
sitzet  auff  den  wagen  und  faren  mit  mir  heim!4  —  ,Ey  lieb-* 
beurlin4,  sagt  der  gewesen  vogt,  ,ich  will  fein  allgemach  heim 
ziehen.    Far  du  nur  hieu !    Ich  mag  nicht  faren.1  —  ,Ey 

ao  mein  herr  vogt4,  sagt  der  baur,  ,sitzent  auff  den  wagen !  Was 
wolt  ihr  lang  gehn  und  mud  werden?  Fart  mit  mir  Fein 
allgemach  heim  !k  Nün  der  vogt  lies  sich  nicht  lang  bitten, 
setzt  sicli  auff  den  wagen  und  für  dahien. 

Unnd  als  sie  ein  weile  gefaren  waren,  fieng  der  vogt  an 

%>  und  sagt:  ,Beurlin,  waistu  nichts  news?4  —  ,Neiu  warlich, 


Gartengesellscliaft,  cap.  81—82. 


343 


lierr  vogt4,  sagt  der  baur,  ,ich  waiss  nichts  newes,  ich  hab 
nicht  gefraget.  Wist  ihr  nichts  newes?  Ihr  vögt  wissen  all- 
wegen  etwas  besunders.4  —  ,Ja  warlich,  beurlin4,  sagt  der  vogt, 
,ich  waiss  wol  etwas  news :  ich  binn  nicht  mehr  vogt ;  heutigs 
tags  hat  mich  ein  rhat  abgesetzt.*  Nün  was  der  baur  eben  5 
in  ein  grosse  lachen  mit  dem  wagen  kumnien,  da  der  vogt 
solche  wort  geredt  [53a]  hett.  Und  da  er  hört,  das  er  nicht 
mehr  vogt  war,  sprach  er:  ,Wie?  Bistu  nicht  mehr  vogt?4 
—  ,Nein  warlich1,  sprach  er:  ,ich  binn  nicht  mehr  vogt.4  — 
, Bistu  dann  nicht  mehr  vogt,  so  müstu  auch  nicht  mehr  faren.4  iu 
Also  niüst  der  gut  vogt  inn  der  lachen  absitzen,  gott  geb,  er 
sehe  saur  oder  süss  darzü. 


Ein  mann  sagt  und  nennet  die  werck,  die  er  mit  der 
t'rawen  braucht,  bossel  arbeit. 

Cap.  82  (84).  i5 

Ein  würtin  ist  an  einem  ort  gesessen,  deren  nammen  von 
unnoten  zü  melden,  ein  seltzame  abentheurerin.  Die  selbig 
hett  ein  mann,  der  sie  vileicht  nicht  nach  ihrem  willen  zu 
beth  speiset,  und  ihm  mehr  zumutet,  weder  des  guten  mans 
vermögen  was.  20 

Und  eins  mals  betten  sie  etlich  gest,  die  von  solchen 
sachen,  so  man  des  nachtes  im  beth  zu  brauchen  pfleget,  red- 
ten und  nün  ein  gut  weil  darvon  geredt  hetten.    Fieng  die 
fraw  an  nnnd  sagt:  , Lieben  herren,  es  denckt  mir  wol,  das 
ich  von  der  abentheur  auch  zü  reden  wust ;  aber  yetzundt  25 
kumpt  mein  mann  so  selten,  das  es  mir  schier  vergessen  ist. 
Ich  roocht  wol  wissen,  wie  man  ihm  doch  thet.4  —   ,Ey4,  • 
sprach  der  mann,  ,wie  kan  ich  für  und  für  mit  solcher  bossel 
arbeit  umbgehn!    Es  ist  recht  narrenwerck.4  —  ,Mein  lieber 
mann4,  sprach  die  fraw,  ,ist  es  dann  bossel  arbeit  und  narren-  ao 
werck  und  thüsts  darzü  nicht  gern,  so  lass  es  unsern  kuecht 
thün !    Der  ist  jung  und  starck  unnd  mags  wol  erleiden.  Wir 
haben  ihn  doch  dinget,  das  er  alle  bossel  arbeit  und  was  nar- 
reuwerck  ist,  thün  soll.4  —  ,Nein,  liebe  fraw4,  sprach  der 


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344 


Martin  Montanus, 


mann,  ,er  gehört  nicht  darzü.  Ich  will  mir  ehe  selbst  desto 
wtirser  thün,  damit  ich  in  solcher  arbeit  überhebe.4  [53b] 

Es  mu88  gwisa  sein  ein  freydiger  mann, 

Ja  der  seinr  frawen  gnüg  will  than. 
5  Vil  lieber  hett  sie  ihren  nein 

Dann  nftr  dich  guten  gsellen  allein. 

Noch  dannocht  stellen  sie  sich  schwach 

Und  greiffens  an  fein  allgemach, 

Wann  sie  ein  arbeit  sollen  thon, 
10  So  thund  sie  im  kopff  kratzen  ston 

Und  hetten  vogelleim  in  den  henden. 

GiH  bengelkraut  thiH  faulkeit  wenden. 


Ein  kuecht  ligt  im  beth  und  klagt  sich,  wie  ihn  so 

übel  dürste. 

15  Cap.  83  (85). 

Ein  edelman  hett  ein  knecht,  gewiss  ein  faulen  bossen, 
wie  man  ir  dann  vil  findt.  Den  selbigen  ward  eins  nachts 
übel  dürsten  (uicht  waiss  ich,  ob  er  des  tags  darvor  sovii  ge- 
soffen hett  oder  wie  es  ihm  gangen)  und  lag  als  im  beth  und 
soschrey:  ,Ach  gott,  wie  dürst  mich  so  übel!  Ich  würd  war  lieh 
durst  sterben.1 

Nün  was  aber  seins  junckern  kammer  aller  nechst  an  dem 
ort,  da  er  lag.  Der  hört  alle  wort,  so  der  knecht  redet,  bey 
ihm  selbst  gedacht :  ,Das  kan  mir  ein  fauler  schelm  sein.  Was 

23gelts?  Ich  will  ihn  auff  bringen,  das  er  mir  müss  ein  wasser 
holen.4  Dem  knecht  bald  rüfft  und  sprach:  ,Heintz!4  — 
Juncker?1  —  ,Steh  auff  und  hol  mir  ein  frischen  drunck  was- 
ser!   Es  dürst  mich.4  —  ,Ja,  juncker.4    Bald  auff  stund,  ein 

•  kanten  nam ,  über  den  brunnen  ging ,  wasser  fasset  und  sie 

ao  dem  junckern  bracht.  ,Hast  wasser  ?4  sprach  der  edelman. 
,Ja,  juncker,  ich  hab.4  —  ,Ey  so  sauff  in  tausent  teufel  Däm- 
men, als  bosswichts,  das  dirs  das  hertz  abstoss!  Bist  so  faul, 
das  dir  nicht  selbst  [54a]  magst  ein  wasser  holen,  wie  woltest 
dann  erst  mir  eins  holen!4 

35  Unnd  als  es  morgens  taget,  gab  er  ihm  Urlaub  und  Hess 
ihn  springen.    Das  was  sein  rechter  lohn. 


1 


Gartengesell  schal  t,  cap.  83—85. 


345 


Zü  Strassburg  sieht  einer  ein  fraw,  so  mit  eira  letzen 
beltz  in  kireben  geht,  für  ein  närrin  an. 

Cap.  84  (86). 

Zü  Strassburg  in  der  weitberümpten  statt  ist  es  sitt  und 
gewonheit,  das  die  weiber,  wann  sie  in  die  kirchen  wollen  * 
gobn,  letze  beltz  über  sich  schlagen,  das  fürwar  ein  lächerlich 
ding  zusehen  ist. 

Also  kam  uff  ein  zeit  ein  frembder  mann  dar  und  sähe 
von  ferrem  ein  fraw  mit  einem  letzen  beltz  zürn  Prediger  klos- 
ter  gohn  der  mainung,  das  sie  predig  hören  wolt.  Da  gedacht  w 
der  gut  mann,  sie  were  unsinnig  worden  oder  hett  etwan  das 
hauptweh  unnd  gieng  also  in  einer  unbesinnten  weys  in  die 
kirchen  unnd  wist  selbst  nicht  wohien.  Ihr,  so  beldest  er 
mocht,  nacheylet,  vermaint  sie  zü  warnen,  damit  sie  nicht 
also  spotlich  in  die  kirchen  kern.  Doch  sie  im  zü  geschwind 
war,  das  er  sie  nicht  ereylet ,  biss  sie  in  die  kirchen  kam. 
Ach  gott,  wie  er  darein  kompt,  so  sieht  er,  das  sie  schier  all 
also  sitzen  ;  dabey  er  wol  abnam,  das  es  also  landts  brauch  were. 
Als  manches  land,  als  mancher  sitt; 

Als  mancher  baur,  als  manche  gip.  20 
,Vil  kopff,  vil  sinn',  sprach  ein  f Armann,  der  warff  ein 
wagen  mit  krauts  kopff  umb;  da  sprang  einer  hie  aus,  der 
ander  dort  aus. 

Der  teufel  nimpt  aine  zü  der  ehe ,  in  acht  tagen 

dotet  er  sie.  25 

Cap.  85  (87). 

[54b]  Ainer  armen  frawen  war  uff  ein  zeit  ihr  mann  ge- 
storben, unnd  sie  blib  ein  witib,  nichts  hat,  weder  was  sie 
taglich  mit  spinnen  unnd  anderer  arbeit  überkam.  So  war 
doch  der  gewinn  vil  zü  klain,  dann  das  sie  mochte  ire  klaine  m 

* 

6  schhagen  A  — 


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34(3 


Martin  Montanus, 


kindlin  darmit  ernehren  und  erhalten,  sonder  gar  nahe  hungers 
starben  unnd  verdarben.  Dardurch  die  fraw  in  verzweyflung 
geriet;  unnd  eins  tags,  als  sie  allein  sass,  fieng  sie  an  mit  ihr 
selbst  zu  reden  unnd  zu  kallen  sprechend :  ,Soll  ich  ein  maun 

o  nemen  oder  soll  ich  kain  nemen?  Ich  hah  vil  klainer  kind- 
lin und  wais  sie  nicht  zu  erneren,  so  schein  ich  mich  betlens. 
Nim  ich  dan  ein,  so  thüt  er  mir  villeicht  kain  güts  unnd 
schlecht  mich  übel;  so  bin  ich  dann  erst  gar  gebutzt.4 

Nach  solchen  worten  sich  dem  bösen  feind  gantz  unnd 

w  gar  ergeben  ward.  Unnd  der  b6s  feind ,  der  nicht  feyret, 
sonder  dein  menschen  zu  verzweifflung  hilfFt,  bald  in  die  stu- 
ben  hinein  trat,  sich  zü  der  frawen  nider  setzt  und  sprach: 
,Mein  liebs  weibliu,  ich  wais  wol,  das  du  gern  ein  mann  het- 
test  und  in  verzweyflung  darüber  fallest.    Schweig,  verzweyfel 

i-i  nicht!  Nim  mich  zur  ehe!  Ich  will  dir  güts  thün  und  deine 
klaine  kindlin  hellfen  ziehen.  So  hab  ich  güts  genüg,  das 
wir  nicht  hart  arbeiten  dörffen.  Darumb  wiltu  es  thün ,  so 
sag  mir  es  bald!1  Die  gut  fraw,  die  den  mann  nicht  kant, 
noch  vil  weniger,  das  es  der  teufel  sein  solte,  glaubte  unnd 

^  sich  mit  armüt  beladen  sähe,  den  schwartzen  mann  zu  der 
ehe  nam.  Unnd  der  teufel  ihr  etlich  gelt  auff  die  band  gab 
und  sprach,  er  wolt  des  nachts  zu  ir  komen ;  des  die  fraw 
willig  was. 

Und  als  die  nacht  kam,  der  teufel  zü  ihr  kam  und  sie 
beschlieff  und  ein  sollich  wesen  mit  ihr  trib,  das  es  alle  nach- 
baurn  horten.  Und  am  morgen,  als  sie  auffstünd,  fragten  sie 
die  [55a]  nachbaureu,  wie  es  ihr  heint  nacht  gangen  were, 
das  sie  so  ein  greulich  geschray  gefürt  bette.  Die  fraw  hüb 
an  unnd  erzelet  in  alle  ding  von  anfang  biss  zü  end,  wie  es 

w  sich  begeben  und  zutragen  hett,  und  wie  der  man,  so  sie  ge- 
nomen,  so  ein  unmenschliche  pein  mit  ir  gefftrt  hette;  daraus 
sie  wol  abnemen  künde,  das  es  der  laydig  Satan  were,  und 
wa  er  nicht  nachlassen  würde,  sie  ohn  zweifiel  sterben  niüste. 
Welches  auch  geschach;  dann  über  acht  tag  ward  sie  todt 

&  am  beth  funden,  das  sie  der  teufel  zü  todt  geritten  hette. 

Sihe,  solchen  lohn  gibt  verzweyflung.  Höt  du  dich  dar  vor! 

5  bah  A  - 


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Garteuge»ell»chaft,  cap.  85  —  86. 


347 


Zwen  junge  gesellen  beschlaffeo  eini  wärt  sein  vveib 

und  dochter. 

Cap.  80  (89). 

In  einer  ebne  nit  weit  von  einer  stafc  war  ein  würt  «xe- 
sessen,  welcher  zü  Zeiten  etlichen  fürziehenden  leuten  uinb  ir  ;* 
gelt  essen  und  drincken  gab,  auch  zu  Zeiten  ,  wie  wol  er  ein 
klains  engs  heusslin  hette,  etlichen  seinen  zinssleuten  Kierberg 
gab.  Nun  hat  der  selbig  mann  ein  schon  weib,  mit  deren  er 
zwo  thochter  het;  die  ein  wäre  ein  schon  jung  thochter  bey 
vierzehen  jaren  alt,  noch  unverheurat,  Magdalena  genant,  die  io 
ander  noch  ein  kindt  eins  jors  alt.  Der  selben  Magdalena  ein 
junger  edelman  huld  tragen  ward  und  stets  ihr  zu  lieb  sein 
wonung  in  der  selben  gegent  het;  dessgleichen  die  junckfraw, 
als  sie  solchs  ruerckt,  gegen  im  in  liebe  entzündet  ward.  Und 
wa  der  jüngling  nicht  besorgt,  das  inen  schad  und  schand  15 
daraus  entstanden  were,  beyder  liebe  zü  irem  letsten  willen 
kommen  were.  Doch  zü  letst  dem  jüngling  in  sinn  kam,  sich 
einest  des  nachts  zü  ihr  zü  verfügen  und  seinem  willen  [55b] 
ein  vernügen  zu  thün;  dann  er  die  junckfraw  zü  seinem  willen 
geschickt  wist. 

Nim  hette  der  jung  einen  getrewen  gesellen,  dem  er  alle 
sein  sach  zü  wissen  thet.  Unnd  eins  abents  zwey  ross  namen, 
zwen  wathseck  darauff  legten,  zü  der  statt  aussritten  unnd  biss 
in  die  dunckel  nacht  ein  unibschweitf,  als  ob  sie  von  ferrem 
her  kamen,  namen,  zü  der  herberg,  darinnen  die  schon  junck-  25 
fraw  was ,  kamen ,  anklopft'ten  und  herberg  begerten.  Der 
würt  empfieng  sie  freundtlich,  sagt  inen  hiemit,  er  hette  ein 
klains  engs  heusslin ;  wa  sie  wolten  mit  ime  vergüt  haben,  so 
wereut  sie  im  liebe  gest.  Die  zwen  antwurten,  ja,  sie  weren 
wol  zufriden.  Nun  het  der  güt  würt  mir  ein  kamer  zumal  :jo 
klein,  darin  drey  kleine  betlin  stünden  und  also  eng  bey  ein- 
ander, das  man  mit  marter  kaum  darzwüschen  gehn  mocht. 
Von  den  selben  dreyen  betten  das  best  für  die  gest  bereit, 
und  nach  dem  sie  gessen  und  getruncken  hetten,  wise  er  sie 
schlaffen.  85 


348 


Martin  Montanas, 


Als  nün  der  würt  unnd  die  fraw  sampt  der  dochter  auch 
schlaffen  giengen ,  stalte  die  würtiu  die  wag  mit  dem  jungen 
kind  für  ihr  heth  unnd  legt  sich  zürn  würt  schlaffen.  Als 
nün  der  junckfrawen  bül  vernam,  das  der  würt  unnd  die  wür- 

ö  tin  entschlaffen  waren,  stünd  er  auff,  legt  sich  zü  seiner  liebe, 
da  er  von  ihr,  wie  wol  sie  in  grossen  sorgen  waren,  freundt- 
lich  empfangen  ward;  da  sie  baide  die  frewd  unnd  lust,  die 
sie  lang  begert  hetten,  von  einander  namen. 

Da  sie  nun  ein  güte  zeit  in  solcher  liebe  gelegen  waren, 

w  begab  sich,  das  ain  katz  in  dem  haus  etwas  het  fallen  lassen. 
Von  dem  gebössel  erwacht  die  würtin,  gienge  hinab  zü besehen, 
was  das  were.  In  dem  der  ander  gesell,  nit  der  junckfrawen 
bül,  das  wasser  abzuschlagen  auff  stund,  des  kinds  wagen  fand, 
vor  [56a]  welcher  er  enge  halb  nit  gehn  mocht,  er  hübe  sie 

i">  dann  aus  dem  weg ;  die  uam,  für  sein  beth,  darinnen  er  lag, 
setzt,  also  stehn  lies  unnd  sich  wider  schlaffen  legt. 

Als  nün  die  würtin  fertig  ward,  zog  sie  also  fiosterling 
in  die  kammer.  Und  da  sie  die  wagen  mit  dem  jungen  kind 
nit  fand,  zü  ir  selber  sprach :  ,0  weh,  sehet  nür  zü !  Bey  dem 
waren  gott,  ich  het  mich  schier  in  der  gast  beth  gelegt.1  Fiir- 
bas  griff,  die  wagen  fand,  die  sie  mainet  für  ihrem  beth  stehn, 
sich  zü  dem  gast  legt  und  nit  änderst  maint,  sie  het  sich  zü 
irem  mann  gelegt.  Der  güt  gesell,  der  noch  nit  entschlaffen 
was,  die  fraw  mit  frulichem  gemüt  und  hertzen  empfieng  unnd 

25  on  icht  gesprochen  zü  dreyen  malen  sein  armbrust  spannet 
unnd  abschos,  unnd  das  nicht  mit  minderm  lust  der  frawen 
dann  sein. 

Da  nün  beyde  gesellen  ein  zeit  lang  in  solchem  lust  und 
frewden  gelegen  waren,  der  erst,  der  bey  der  dochter  lag,  be- 

ao  sorgen  ward,  der  würt  würde  solcher  sachen  innen,  und  seinem 
willen  auff  diss  mal  ein  genügen  gethon  het,  uff  stund,  ver- 
meint sich  zü  seinem  gesellen  zülegen.  Da  er  aber  die  wagen 
vor  dem  beth  fand,  legt  er  sich  zü  dem  wirt,  nit  änderst  wist, 
dann  er  sich  zü  seinem  gesellen  gelegt  het,  fieng  an  und 

x>  sprach :  ,0  Adriane ,  wiss,  das  ich  süsser  ding  mein  tag  nie 
versucht  hab,  als  Magdalena,  des  wirts  dochter  ist !  Ich  hab 
grösser  frewd  mit  junger  frawen  nie  gehabt  weder  heinacht 
mit  ir.    Mehr  wiss,  das  ich,  seither  ich  von  dir  uffgesümdeo 


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Gartengesellschaft,  cap.  86. 


349 


bin ,  sechs  mal  mit  ir  über  feldt  geritten  bin.1  Da  das  der 
wirt  vernam,  sprach  er:  ,Weth  den  teufel,  was  thüt  der  hie 
bey  mir!'  Weiter  zü  dem  gesellen  sprach:  ,  Warlich  du  hast 
unrecht  nnnd  nit  wol  gethon.  Oder  gott  helff  mir  nit,  ich 
dir  des  lohnen  will.'  Der  jung,  der  auch  nicht  am  klügsten  > 
[56b]  was,  zü  dem  wirt  sprach :  ,Was  wiltu  mir  dann  darumb 
thün,  wann  du  gleich  übel  thün  wilt?4 

Die  wirtin,  die  bey  dem  andern  lag  und  nicht  anders 
wiste,  dann  sie  leg  bey  irem  mann,  wol  gedacht,  das  sie  un- 
recht gethon  het,  bald  uff  stund,  die  wagen  nam,  für  der  io 
thochter  beth  stalt ,  sich  zü  ir  niderlegt  und  sprach :  ,  Was 
rumore  und  geschreys  machen  ir  da?4  Der  gilt  gesell,  der 
bey  der  wirtin  gelegen  was,  sagt:  ,Ey,  sie  truncken  nechten 
züvil.4  Der  mann  sprach  :  ,Fraw,  hörstu  nicht,  was  diser  sagt, 
wie  er  unser  thochter  das  bös  unnd  schamper  ding  gethon  i"> 
hab?4  —  ,Des  leugt  er  in  sein  hals  hinein4,  sagt  die  wirtin, 
,bey  unser  thochter  ist  er  nit  gelegen.  Ich  legt  mich  nechten, 
als  ich  von  dir  uff  stund,  zü  ir,  hab  seither  nie  keinen  schlaft 
gethon.  Unnd  du  bist  auch  ein  rechter  narr,  das  du  im  glaubst. 
Ir  follen  zapffen,  was  thüt  der  bey  dir?  Des  nachtes  sauften  so 
ihr  euch  fol,  gehn  darnach  hien  unnd  wider,  das  nit  ein  wun- 
der wer,  das  ir  die  häls  abstürtzten ;  darnach  traumpt  euch, 
wie  ihr  grosse  ding  in  der  wein  fleschen  gethon  hapt.4 

Der  gesel,  der  bey  dem  wirt  lag,  thete  nit  änderst,  dann 
als  ob  er  aus  dem  schlaff  und  trawm  erwacht,  fieng  an  unnd  äi 
sagt:  ,Ge8ell,  ist  es  schier  tag?4    Da  das  der  gesell  vernam, 
der  bey  der  wirtin  gelegen  was,  die  frawen  für  weiss  erkant, 
der  thochter  und  auch  ihr  schand  zü  bedecken,  seim  gesellen 
rüfft  und  sprach  :  ,Ich  hab  dir  das  zü  hundert  malen  gesagt, 
das  du  nit  also  im  schlaff  auffstehn  unnd  also  unib  den  weg  :w 
gehn  solt  und  also  fablen  und  lugen  sagen.    Warlich  es  wirt 
dir  der  mal  einest  nit  zü  gütem  erschiessen.    Stand  uff  nit  in 
gots  namen  unnd  leg  dich  zü  mir  !4    Das  der  jung  bald  thet. 
Da  der  wirt  die  red  des  gasts  und  auch  der  frawen  vernom- 
men het,  nit  änderst  maint ,  [57a]  dann  der  jung  hette  dise  :b 
wort  im  schlaff  geredt. 

4  Rethen  A  —       6  daun  A  — 


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350 


Martin  Montanus, 


Mit  dem  der  tag  herkommen  was.  Sie  alle  uff  stunden, 
die  zwen  gesellen  sattelten  ire  ross,  darnach  ein  gute  zech  mit 
dem  wirt  hielten,  den  hezalten,  auff  sassen  unnd  der  statt  zu 
ritten,  baide  der  verloffnen  sach  frolich  unnd  wol  zümüth 

.>  waren.  Die  zwey  jungen  einander  Ordnung  gaben,  wann  inen 
geliebt,  sich  bej  einander  zu  finden.  Die  thochter  die  muter 
beredt,  wie  der  jung  die  wort  im  schlaff  geredt  het ;  aber  die 
müter  das  lieplich  halsen  und  küssen,  das  sie  von  dem  jungen 
empfangen  het,  bedacht  und  zu  ir  selbst  sprach :  ,So  bin  ich 

10  allein  die,  die  gewacht  unnd  nit  geschlaffen  hat.4 

Einer  ward  gefragt,  warumb  die  wolff  den  schaffen 
so  feind  unnd  die  pfaffen  den  weibern  so  ufFsetzig 

weren. 

Cap.  87  (90). 

iö  Uff  ein  zeit  warde  ein  schafthirt  kranck,  also  das  er  sich 
zu  sterben  gantzlich  verwegen;  schickt  derhalben  nach  dem 
pfarrhern,  hatte  ihn,  das  er  in  nach  christlicher  Ordnung  be- 
waren  wolte.  Als  nun  der  pfarrher  kam,  fragt  er  ihn,  ob  er 
ein  testament  oder  etwas  armen  leuten  und  zu  fürderung  gots 

ü»)  diensts  setzen  und  machen  wolte.  Daruff  gäbe  der  kranck 
antwort  und  sagt,  er  hette  ein  schafferisch  und  beurisch  testa- 
ment gemacht,  in  welchem  er  den  wolfen  alle  seine  schaff, 
ihme,  dem  pfaffen,  sein  fraw  und  den  hecken  seinen  mantel 
gesetzt  und  verordnet  hette.    Der  pfarher  fragt  ihn,  warumb 

z>  er  so  ein  unförmlich  und  nichtig  testament  gemacht  hett. 

Der  kranck  gab  antwort  und  sagt,  so  hette  er  erstlich 
den  wolfen  alle  seine  schaff  darumb  vermacht,  dieweil  sie  ihme 
noch  [57b]  biss  anher  nie  kein  schaff  genummen;  so  solten 
sies  nach  seinem  todt  haben  und  sie  essen.    ,Für  das  ander 

:jo  wissen  ir,  herr  pfarher,  selbst  wol,  das  ihr  meiner  frawen  alle 

zeit,  fürnemlich  zu  nacht,  wann  ich  zu  feld  mit  meinen  schäf- 

lin  gelegen,  vil  guts  gethon  und  sie  wol  verwart,  auch  euch, 

damit  sie  desto  bass  verwart  würde,  zft  ihr  ins  beth  gelegt; 

was  weiter  fürgangen  und  besehenen,  wisst  ir  bass  dann  ich. 

* 

34  bescheben  A  — 


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Gartengesellacliaft,  cap.  87—88. 


351 


Umb  der  ursach  willen  hab  ich  sie  euch  nach  meinem  todt 
zu  euch  zu  nemmen  in  meinem  testament  verordnet.  Zum 
dritten,  das  ich  den  hecken  meinen  mautel  verordnet,  ist  aus 
diser  ursach  besehenen,  das  sie  mir  zum  offtermalen,  wann  die 
sonn  so  heiss  geschinnen,  vil  schatten  und  küle  geben  haben.4  5 

Als  aber  nun  der  schaffer  gestarb,  wolte  die  freundtschafft 
disem  testament  nit  statt  thün.  Daraus  erfolgt  unnd  erwach- 
sen, das  als  bald  die  wolff  den  schaffen,  die  pfaifen  den  wei- 
bern  und  die  hecken  den  kleydern  abgesagt.  Dise  feindt- 
schafft  weret  noch  uff  den  heutigen  tag;  aber  zwischen  den  i<> 
weibern  unnd  den  pfaffen  ist  die  feindtschafft  in  freundtschafft 
verwandelt  worden. 

Ein  pfaff  gibt  eim  inn  der  beyclit  ein  seltzame  und 

wunderbarliche  büss. 

Cap.  88  (91).  ia 

Ein  grosser  böler  beichtet  eins  mals  einem  j>faffen  und 
sagt,  wie  er  vil  eheweiber  und  junckfrawen  geschwächt  und 
geschendt  hette.  Nun  wäre  der  selbig  beichtvatter  nit  vil 
früimner  dann  diser  gut  gesell;  und  wie  er  ein  beichtvatter 
was ,  also  gäbe  er  auch  buss ,  wie  man  dann  solcher  bauch-  * 
vatter  noch  genüg  tindt.  In  sum-[5Sa]ina  er  gab  ihme  zft 
buss,  das  er  hienziehen  solt  und  nach  dem  aller  ältisten  weib, 
so  er  in  der  gegendt  finden  möcht,  fragen,  und  so  er  die  er- 
fragt hette,  solt  er  sie  so  vil  mal,  als  sie  zän  im  hals  hette, 
uberziehen  ;  darnach  solten  ihm  seine  siind  verzigtm  und  ver-  £"» 
geben  sein. 

Nün  wolan,  der  güt  gesell  zöge  also  darvon.  Und  als 
er  hienaus  ungeforlich  uff  ein  meyl  von  dem  dorff,  darinn  er 
gebeicht,  kam,  so  findt  er  sehr  ein  altes  müterlin  in  einem 
krautgarten  gehn.  Er  grüsst  sie  und  sagt  zu  ihr:  , Liebs  mü-  5» 
terlin,  sagt  mir,  ob  ihr  ein  altere  fraw,  dann  ihr  sind,  in  diser 
gegendt  wissen!'  Sie  gab  ihm  antwort  und  sagt:  ,Xein  war- 
lich, lieber  sün,  ich  waiss  in  vier  oder  fünff  meilen  kein  altere, 
dann  ich  binn.4  —  , Wolan4 ,  sagt  der  jung ,  ,so  ist  es  eben 
recht.4    Fienge  damit  an  und  erzalt  ihr  den  gantzen  handel,  tt 


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352 


Martin  Montanas, 


was  nün  zü  thün  wer.  Als  sie  aber  solches  vernummen,  sagt 
sie:  ,Da  behüt  mich  gott  vor,  das  ich  in  meinen  alten  tagen 
solch  büss  ding  thün  wolt.  Es  hatt  mich  nün  mehr  dann  in 
dreissig  jaren  nie  kein  mann  berürt.    0  du  böser  folandt, 

.")  ziehe  nür  bald  dein  strass!  Dann  hie  solstu ,  ob  gott  will, 
nichts  schaffen/  Der  gut  gesell  sprach:  ,Nün  wolhien,  so 
ligen  mein  sünd  alle  uff  euch.4    Und  zöge  hiemit  darvon. 

Ach  gott,  das  güt  müterlin  gedacht:  ,Wie  wilt  ihm  thün? 
Solte  ich  erst  seine  sünd  zü  den  meinen  uff  mich  laden ,  es 

10  würde  mir  zü  schwer.*  Bedacht  sich  kurtz,  rüfft  dem  güten 
gesellen  widerunib  unnd  sagt,  sie  wolte  sich  recht  umb  gottes 
willen  mit  ihm  leyden,  damit  ihm  seine  sünd  verzigen  würden. 
Da  der  gesell  ihren  güten  willen  vernummen  hett,  legt  er  sie 
in  den  garten  zü  werck,  sähe  ihr  in  den  mundt,  befände,  das 

i'»  sie  noch  zwen  zän  im  hals  hette ,  fürt  sie  schnell  zwey  mal 
über  Rhein  und  vermeinte  [58b]  hiemit  seiner  büss  ein  ge- 
nügen gethon  haben. 

Als  er  aber  seinen  abscheidt  von  dem  müterlin  genuruinen 
unnd  ein  theyl  wegs  von  ihr  kam,  fienge  das  güt  müterlin  im 

20  mund  hien  unnd  her  an  zü  greiffen,  ob  sie  yergendt  noch  ein 
stünipflin  von  einem  zan  findeu  kündte,  damit  dem  güten  ge- 
sellen seine  sünd  desto  bass  verzigen  würden.  Zületst  nach 
langem  süchen  und  greiffen  findt  sie  noch  ein  kleins  stücklin, 
rüfft  dem  gesellen  und  sagt:  ,Ach  mein  lieber  gesell,  grab 

sr>  mir  das  stücklin  vollends  heraus,  damit  dir  deine  sünd  desto 
vollkummenlicher  verzigen  werden  !4  Damit  kuttenniert  sie  der 
güt  kerlin  noch  ein  mal  unnd  thet  seiner  büss  ein  fölliges 
vernugen,  zöge  hiemit  sein  strass. 

Hiemit  warde  das  Sprichwort  erfült,  das  alte  schaff  auch 

:wgern  saltz  lecken. 

Von  einem  bauren  und  seinem  weib,  die  steths  reclit 
haben  wolt  uud  dem  mann  allzeit  zü  wider  was. 

Cap.  89  (92). 

Ein  junger  bauren  knecht  vermahelt  sich  mit  eines  bau- 
3ö  ren  dochter,  die  schon,  jung  und  gerad  von  leib,  aber  ein 


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Gartengesellschaft,  cap.  88—89. 


353 


schäum  von  einem  bösen  stuck  Heisch.  Als  sie  nun  den  kirch- 
gang  mit  einander  bestetigt  und  zusammen  kummen  waren, 
erhüb  sich  ein  stetiger  krieg  unnd  zanck  zwischen  inen  beyden. 
Aber  es  was  alles  der  bösen  bäfftzen  und  nit  des  nians  schuldt; 
<lann  das  böss  weib  wolt  immerdar  recht  haben ;  gott  geb  wie  » 
es  der  man  mit  ihr  anfieng,  so  wolt  sie  allwegen  das  letst 
wort  haben.  Sagt  der  man,  das  wasser  lieff  den  berg  hienab, 
so  sagt  sie,  es  lieff  hienuff;  sagt  er,  es  wer  tag,  so  must  er 
ihr  nacht  sein;  was  es  warm,  so  sagt  sie,  es  wer  kalt;  in 
summa  sie  was  [59a]  ihm  steths  zü  wider.  io 

Da  sie  aber  eins  mals  ein  grossen  zanck  einer  matten 
halb,  ob  die  geschoren  oder  gemahet  wer,  mit  einander  hetten, 
sagt  der  man,  sie  were  gemähet ;  aber  die  fraw  wolt,  sie  were 
geschoru.  Der  man  wolt,  sie  solts  widerrüffen  und  sagen,  die 
matt  were  gemahet;  in  summa  sie  behart  uff  irer  red  und  15 
wolts  nit  widerrüffen.  Da  ward  der  man  in  zorn  gegen  ir 
bewegt,  schlug  dapffer  und  güts  müts,  das  ein  nammen  hett, 
drauff,  traffe  die  hundts  haut  wol.  Ja  wol  hasen  fahen,  da 
keiner  ist.  Ye  mehr  er  schlug,  ye  mehr  sie  uff  ihrem  für- 
nemmen  und  streitigen  kopff  behart.  Da  nun  der  man  schla-  20 
gens  müd  warde  und  an  dem  bösen  weib  nichts  verfallen  wolt, 
trewet  er  ir,  wo  sie  dise  wort  nit  widerrüffen  wolt,  so  wolt 
er  sie  ertrencken,  erwüscht  hiemit  ein  seyl,  bindt  sie  und  lasst 
sie  hienab  biss  an  den  hals  in  brunnen,  fragt  sie,  ob  die  matt 
noch  geschorn  sey.  Sie  sagt:  ,Ja4.  Er  lies  sie  noch  bass  biss  85 
über  den  kopff  hienab ,  also  das  sie  nit  mehr  reden  kundt, 
fragt  sie  aber,  ob  die  matt  geschorn  oder  gemahet  wer.  Als 
sie  aber  nit  mehr  reden  kundt,  streckt  sie  ein  handt  durch 
das  wasser  heruff  und  gab  ihme  ein  zeichen  mit  zweyen  fingern, 
die  matt  wer  geschorn.  In  summa,  wolt  der  man  nit  haben,  J» 
das  sie  im  brunnen  ertrencke,  müst  er  sie  wider  heraus  ziehen 
und  ihr  recht  lassen. 

Als  sie  aber  eins  mals  in  ein  ander  dorff  gehn  wolte, 
miiste  sie  über  ein  steg,  der  über  ein  wasser  gieng,  gehn. 
Da  thet  sie  ein  missdritt  unnd  fiele  hienab  ins  wasser  unnd  ß 
erdranck.  Solchs  käme  dem  mann  für ;  der  narae  ein  rechen, 
zöge  hienaua  das  wasser  hienuff',  sein  fraw  zü  suchen.  Das 
ersieht  ein  anderer  baur,  fragt  ihn ,  was  er  da  suchen  gang. 

Montanas 

-  23 


354 


Martin  Montanus, 


Er  sagt,  er  süchte  sein  ertrunckne  fraw.  Der  ander  schalte 
[59b]  ihn  und  sprach:  , Lieber,  meinstu,  das  sie  das  wasser 
hienuff  geflossen  sey?  Du  inüst  sie  das  wasser  hienab  süchen.' 
Der  frawen  man  sprach :  ,0  nein,  keins  wegs  ist  sie  das  was- 

5  ser  hienab  geflossen.  Dann  sie  ist  allweg  so  widerspennig 
gewesen,  wann  ich  gesagt  hab,  das  wasser  lauffe  den  berg  ab. 
hatt  sie  gewölt,  es  lauff  den  berg  uff.  Derhalb  nit  wol  müg- 
lich,  das  sie  das  wasser  ab,  sunder  uffwerts  geflosen.1 

Also  findt  man  noch  vil  halsstarriger  weiber,  an  denen 

10  crisam  unnd  tauff  verloren ,  die  allweg  das  letst  wort  haben 
wollen,  an  denen  weder  schlagen  noch  stossen  hilfft;  wann 
man  einen  teufel  heraus  schlecht,  so  schlecht  man  dargegen 
drey  hienein;  man  ruüss  sie  nür  selbst  ertrincken  lassen. 

Von  einem  falschen  notarien  iinnd  zweyen  jungen 
15  gesellen. 

Cap.  90  (93). 

Zu  Rom  wonet  uff  ein  zeit  ein  falscher  notarius,  welcher 
seins  notariat  ampts  kleinen  gewinn  hette  und  sein  leben  in 
grosser  annutt  hienbracht.    Nün  waren  zü  Rom  zwen  reicher 

uo  kauffhern,  welche  in  kürtz  beyde  mit  todt  abgangen  und  ihr 
yeder  einen  jungen  sün  verlassen  hett;  der  ein  hiesse  Johan- 
nes, der  ander  Paulus.  Zü  dem  Johannes  sich  diser  fruni 
notarius  verfügt,  im  anzeigt,  ob  im  auch  zü  wissen,  das  des 
Paulus  vatter  laut  einer  bekantnus  seinem  vatter  funff  hundert 

i->  gülden  schuldig  bliben  und  noch  unbezalt  ausstünden.  Darauff 
er,  Johannes,  antwort,  er  hette  nichts  in  seins  vatters  schuld- 
büchern  darvon  funden ;  so  aber  ime  (den  notarium  maineiule  i 
etwas  darvon  zü  wissen  und  er  ein  instrument  dise  schuld 
besagendt  bey  banden  hette,  so  wolte  er  [60aJ  in  gebetten 

oo  haben,  ime  solches  zü  züstellen.  Der  notarius  sagt,  er  solte 
etwan  Ober  drey  tag  zü  im  kommen ,  so  wolt  er  es  mitler 
weil  aus  dem  protocoll  aus  schreiben  und  ime  solchs  zü  stellen. 

Als  nün  die  drey  tag  verschinen,  verfugte  sich  der  jung 
zü  dem  notario,  welcher  im  als  bald  das  falsch  instrument 

&>zü  stellet;  dargegen  ime  der  jung  zehen  gülden  für  ein  ver- 


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Gartengeaellachaft,  cap.  89 — 90. 


355 


ertrag  schencken  thet.  Als  aber  nün  der  güt  Johannes  das 
Instrument  zu  handen  bracht  und  vermeinte  vil  visch  darmit 
zü  fahen,  Hesse  er  als  bald  den  guten  Paulum  für  gericht 
citieren  und  durch  seinen  procurator  für  tragen,  wie  des  be- 
clugten  vatter  sein  clagers  vatter  fun ff  hundert  gülden,  welche  5 
er  irae  also  bar  geliehen,  schuldig  worden,  unnd  ime  als  erben 
seins  vatters  noch  unbezalt  aussstunden.  Darauff  beclagter 
fürtragen  lies,  das  er  solcher  clag  nit  gestendig ;  dann  er  in 
seins  vatters  schuld  buch  nichts  von  solcher  schuld  fünde,  so 
wisse  er  auch  wol ,  das  sein  vatter  bey  zeit  seins  lebens  so  io 
fleyssig  büch  gehalten,  wo  er  sein  clagers  vatter  etwas  schul- 
dig gewesen  oder  umb  ine  entlehenet,  er  würde  es  ungezweifelt 
auch  auff  geschriben  oder  an  seinem  todtbeth  angezeigt  haben; 
wo  aber  clager  solchs  beweisen  wolte,  raüste  er  darumb  erge*n 
lassen,  was  recht  sein  würde.  Uff  solchs  warde  beyden  they-  15 
len  beweisung  erkant. 

Nün  stünde  aber  der  güt  frum  notarius  darbey,  hört  und 
sähe  alle  ding,  wol  gedacht,  es  müste  im  noch  ein  feder  von 
der  gans  werden.  Sich  bald  zü  dem  beclagten  Paulo  verfügt, 
zeigt  im  an ,  es  were  war ,  das  clagers  vatter  solch  gelt  von  20 
seinem  vatter  entlehenet,  aber  er  bette  es  widerumb  bezalt, 
über  welche  bezalung  er  ein  instrument  uffgericht,  wie  dann 
[60b]  solches  in  seinem  protocoll  verzeichnet  stünde ;  so  er 
solches  begert ,  so  wolte  ers  ime  ausschreiben  und  züstellen. 
Wer  was  frolicher  dann  der  güt  Paulus?  Er  hette  sich  solche'^ 
schuld  zu  bezalen  gantzlich  verwegen,  befalhe  dem  notario, 
ime  solch  instrument  zü  verfertigen,  so  wolt  er  im  ein  willen 
darfür  machen;  welches  dann  der  notarius  thet.  Und  nach 
Verfertigung  desselben  schanckt  er  dem  frummen  notario  zweint- 
zig  gülden  und  zöge  mit  darvon.  80 

Nach  solchem,  als  der  clager  im  wider  fürgebot,  legte 
der  beclagt  das  instrument  yn  und  satzte  darmit  zü  recht. 
Als  nün  die  richter  beyde  instrument  besichtigt  und  verlesen, 
ward*  der  beclagt  von  des  clagers  ynbrachten  clag  sampt  be- 
kerung  kostens  ledig  erkant.  Und  hette  der  falsch  notarius 
die  dreissig  gülden,  und  dise  beid  den  schaden. 


26  begalen  A  — 


23  * 


350 


Martin  Montanus, 


Gott  wolle,  das  solche  notariell  zu  unsern  Zeiten  nit  be- 
funden werden. 

Drey  dorffbeurin  bezalen  einen  würt  zu  Hagnaw  mit 

dreyen  rhäterschen. 

5  Cap.  91  (94). 

Ein  dorff  ligt  nit  weit  von  Hagenaw,  Batzendorff  genant: 
daraus  giengen  drey  frawen  gehn  Hagnaw  uff  den  marckt. 
kass,  ancken,  ganss  und  hüner  zu  verkauffen.  Und  als  sie 
nun  verkaufft  hetten,  kauffte  ihr  yede,  was  ihr  zu  ihrer  noturfift 

io  von  nöten  war,  also  das  sie  nit  vil  überigs  gelte  behielten. 
Win  was  es  eben  spoth  im  tag,  dar  zü  gar  ein  haisser  tag, 
das  die  güten  frewlin  sehr  hungerig  und  durstig  waren;  aber 
sie  betten  alle  drey  nicht  mehr  dann  sechs  pfenning  in  aller 
ihrer  gewalt.    Was  beschicht?    Sie  gehn  zü  rhat,  wie  doch 

i'">  der  sach  [61a]  zü  thün,  das  sie  iren  hunger  und  durst  ge- 
büssen  mochten.  Da  fieng  die  ein  an  und  sprach :  ,Wir  wol- 
len hien  in  die  herberg  züm  schwert  ziehen,  ein  halb  mässlin 
weins  drincken  nnnd  für  zwen  pfenning  brot  darzü  neiumen/ 
Wolan,  sie  ziehen  hien,  heissen  in  wein  und  brot  bringen. 

20  Und  als  sie  hinein  kamen,  sass  ein  burst  güter  zechbrüder 
bey  einander ,  Hessens  in  nur  dapffer  und  nach  der  schwere 
her  tragen,  hüner,  gänss,  vogel,  in  summa  was  der  wirt  nur 
guts  het.  Ach  gott,  die  guten  frewlin  sassen  am  tisch  dar- 
neben, der  güt  geruch  gienge  inen  in  die  naseu,  hetten  auch 

25  gern  mit  gezecht,  aber  da  was  kain  gelt.  Sie  warden  mit 
einander  rhatig,  sie  wolten  auch  etwas  güts  haben ,  der  wirt 
müste  inen  wol  biss  auff  den  nechsten  marcktag  borgen  ;  Hes- 
sen inen  her  tragen,  was  der  wirt  güts  hette,  zechten  und 
waren  leichtsinnig,  gott  geb  wie  der  wirt  bezalt  würde.  Da 

:w  sie  nün  wol  gezechten ,  käme  der  wirts  knecht ,  machte  die 
zech,  also  das  ir  yede  zwen  batzen  verzert  hette.  Da  sähe 
ye  eine  die  ander  an  und  sagten  züra  knecht,  da  were  kein 
gelt,  der  wirt  müste  inen  ein  tag  oder  acht  borgen.  Der 
knecht  zeigts  dem  wirt  an.    Der  käme  zü  inen  in  die  stuben 

&  und  sagt:  , Wolan,  ir  weiblin,  ich  hör,  das  ir  kein  gelt  haben. 


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Gartengesellschaft,  cap.  91.  357 

So  will  ich  im  also  thün :  ich  will  ewer  yeden  ein  rhätersch 
uff  geben,  and  welche  die  ire  rhat,  die  soll  ir  zech  gewunnen 
haben;  welche  aber  die  ire  nit  rhat,  die  uiüs  mir  ein  pfand 
geben.1    In  summa  sie  waren  wol  zü  friden. 

Da  fieng  der  wirt  an  unnd  fragt  die  erst  (dann  er  one  ü 
das  ein  schimpüger  man  was) :  ,Sag  mir,  ob  dein  arms  thöch- 
terlin  junger  oder  alter  sey,  dann  du  bist!4  Die  selbig  fraw 
fienge  an  unnd  sagt,  ihr  arme  thochter  were  jünger.  Der 
würt  sagt:  ,Warumb?1  [61b]  Die  fraw  sagt:  ,Darumb,  dann 
ich  habe  zan,  und  sie  hat  nocli  keine/  Der  wirt  lacht  und  10 
sagt:  ,Wolan,  du  hast  dein  zech  redlich  gewunnen.4 

Fieng  an  und  fragt  die  ander  unnd  sagt,  sie  solt  im  sa- 
gen, ob  ihr  ketterlin  alter  oder  jünger  were  dann  sie.  Die 
selbig  gab  antwurt  und  sprach,  ihr  ketterlin  were  älter.  Er 
fragt  weiter:  ,Aus  was  ursach?4  Sie  gab  antwurt  und  sagt:  15 
,Aus  diser  ursach,  das  sie  ein  bart  hat  und  ich  keinen  hab.4 
Der  wirt  verwundert  sich ,  das  die  weiber  so  kurtze  und  ge- 
schwinde antwort  gaben,  sagt  auch  zu  diser:  ,Wolan,  du  hast 
dein  zech  auch  redlich  verdient  und  wol  geantwort.4 

Fragt  weiter  die  dritt  und  sprach:  ,Uhat  du  auch,  ob  20 
dein  profuntzen  alter  oder  jünger  seye  dann  du  !4  Sie  antwort 
schnell  unnd  sagt :  ,Sie  ist  jünger  dann  ich.*  Der  wirt  sagt: 
,Wo  bey  oder  wo  her  waistu  das?1  Sie  sagt:  ,Da  her  waiss 
ichs,  das  sie  noch  saugt,  und  ich  sauge  nit  mehr.*  Der  wirt 
lacht  und  sagt ,  sie  hetten  alle  drey  wol  geantwort  und  das  25 
gloch  wol  verdienet. 

Die  umbstender  lachten  ihnen  der  guten  schwenck  genüg. 
Uud  thete  hiemit  der  wirt  dem  knecht  rüffen,  befalhe  im,  er 
solte  den  frawen  noch  ein  mass  weins  bringen,  damit  sie  foll 
und  frolich  heim  kummen  möchten ,  wie  dann  auch  geschah,  so 
Aber  als  sie  auff  den  weg  kamen  und  heim  gehn  wolten,  da 
hette  einer  ein  hübsches  niderlegen  und  bürtzlen  gesehen.  Yetz 
lag  eine  hie,  die  ander  dort  also  und  der  gestalt,  das  sie  nit 
vil  gantzer  häfen,  pfannen  unnd  kachlen  heim  brachten,  ohn 
was  weiter  mit  reuspeien  geschehen,  davon  unvonnoten  hie  zü  sfö 
melden. 


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358 


Martin  Montanus, 


Ein  müller  uimpt  eim  baureu  syben  sester  von  eiui 

vierteyl  körn. 

Cap.  92  (95) . 

[62a  j  Ein  müller  sass  auff  einer  muten  nit  weit  von  eiuera 

5  dorff,  welcher  die  seck  gar  wol  verscheumen  uund  diefF  darein 
greiffen  kundt;  er  hette  auch  vil  schwein,  gans,  enten,  hüner 
unnd  tauben,  welche  alle  aus  der  bauren  seck  ernert  und  er- 
halten warden.  Nün  wäre  in  der  selben  gegend  ein  baur,  der 
auch  des  müllers  kund  was,  gar  ein  listiger  baur  seius  be- 

wdunckens;  wann  der  selbig  zür  ni&len  für,  käme  er  nimmer 
von  seinem  sack,  er  hette  dann  sein  mel  darin  empfangen. 
Daran  der  müller  ein  gross  verdriessen  het,  bey  ime  gedacht 
wie  er  doch  dem  bauren  zü  körnen  möcht. 

Unnd  eins  tags  wäre  der  müller  oben  im  haus  und  wolt 
den  tauben  essen  geben,  so  sieht  er  den  bauren  dort  her  der 
mulen  zü  faren.  Der  müller  macht  sich  schnell  hinab,  ver- 
schlecht sich  unden  in  der  mulen  nit  weit  von  der  thüreu,  da 
der  baur  mit  dem  korn  hin  komen  niüst.  Unnd  als  der  baur 
zür  mulen  kumpt,  zeucht  er  hinein  und  rüfft:  ,Hoscha,  mul- 

w  1er,  wa  bist?1  In  summa  es  wolt  im  nieraandts  antworten. 
In  solchem,  als  der  baur  in  der  mulen  zü  raffen  gieug,  schliche 
der  müller  hinaus,  natue  den  sack  mit  dem  korn  unnd  trüg 
in  hinweg  unnd  lieff  schnell  hinder  der  mulen  herumb,  gab 
dem  bauren  antwort  und  sprach:  ,Wer  rüfft  da?'    Der  baur 

Uöantwort:  ,Ich  bin  da  und  bring  ein  vierteyl  korn,  hets  gern 
bald  genialen.4  Der  müller  sagt:  ,Brings  her!  Es  ist  one 
das  die  ein  mül  lehr;  so  will  ichs  gleich  auff  schütten.4  Der 
baur  zöge  hinaus,  wolt  sein  korn  holen,  da  was  es  vor  hin- 
weg.   Ach  gott,  wer  was  laidiger  dann  der  güt  baur!  Wiste 

30  nit,  wie  er  den  Sachen  thün  solte.  Nün  hette  der  baur  gar 
ein  böse,  abgesehen mpte  vettel  zü  einem  weib  (wie  mau  dann 
deren  vil  findt),  vor  deren  er  on  mel  nit  heimkommen  dorfft; 
[62b]  hatte  den  müller,  er  wolte  im  ein  vierteil  korn  zü  kauf- 
fen  geben,  so  wolte  ers  ime  mitler  zeit  one  seins  weibs  wissen 
bezalen.  Der  müller  war  wol  zü  friden ,  gäbe  im  sein  eygen 
korn  wider  zükauffen. 


Gartengesellschaft,  cap.  92 — 93. 


359 


Nun  gedachte  der  muller,  wie  er  den  bauren  noch  weiter 
betriegen  unnd  ine  noch  bass  im  sack  straffen,  erdachte  einen 
fund,  wie  er  den  bauren  bereden,  er  hette  ein  katz,  die  kündte 
visch  fahen;  gieng  zu  dem  bauren,  zeigts  im  an.  Der  baur 
kundte  sich  der  katzen  nit  gnüg  verwundern ,  in  summa  er  o 
wolt  solch  abentheur  sehen.  Der  müller  zeigt  im  noch  weiter 
an,  das  er  der  katzen,  darumb  das  sie  so  gescbickt  zu  vischen 
wer,  einen  besundern  namen  geben,  nämlich  Haintzman.  Nun 
hette  der  muller  ein  knecht,  der  hiesse  Haintz;  mit  dem  sel- 
bigen hette  er  die  sach  angelegt,  wann  er  schreyen  würd:  10 
,  Haintzman,  greiff  druff1,  so  solte  er  dem  bauren  einen  sester 
korn  aus  dem  kästen ,  darin  das  korn  zü  malen  geschüt,  ne- 
nien.  Also  geheissen  unnd  gethon  ein  ding  was.  Nun  wolan, 
der  muller  name  die  katzen  an  arm,  zöge  mit  dem  bauren 
hinder  die  mulen  dem  abloss  zü,  setzt  die  katz  nider  unnd  15 
sagt:  , Haintzman,  greiff  druff,  Haintzman,  greiff  druff !'  Wel- 
ches der  knecht  Haintz  bald  erhört,  seinem  befelch  ein  fölliges 
vernügen  thet;  der  baur  dorfft  sein  aber  nit  lachen.  Ach 
gott,  die  arm  katz  wolte  wider  ihr  natur  kain  visch  fahen; 
ja  wann  sie  gefaugen  gewesen,  vil  lieber  gessen.  Damit  aber  80 
der  müller  nit  mit  schänden  bestund,  sagt  er:  ,lch  merck,  das 
sich  die  katz  vor  dir  (den  bauren  meinend)  schempt  unnd  yetzt 
ihr  kunst  nit  [wilj  sehen  lassen.1  Damit  wider  in  die  mitten  zogen. 
Der  baur  nam  sein  mel,  füre  mit  heim,  het  also  mit  seim 
schaden  die  katz  sehen  vischen.  85 

Darumb  ist  ein  Sprichwort:  Wer  übel  vertrawt,  der  wirt 
zü  zeiten  auch  betrogen. 

[08a]  Von  einem  jungen  kauffman,  dem  in  einer  nacht 
drey  tödtlicher  gef&rlichheit  zustunden,  aber  von  allen 

dreyen  erledigt  ward.  ao 

Cap.  93  (96). 

[q  der  stat  l'erusa  was  ein  junger,  genant  lieichhart,  dem 
selben  schone  und  grosse  ross  wol  gefielen.  Der  hett  ver- 
nummen ,  wie  solche  ross  zü  Neapolis  gar  in  gütem  kauft" 
weren,  uff  sass,  fön  ff  hundert  gülden  zü  ihm  nam,  da  hien  85 


360 


Martin  Montanus, 


ritte.  Es  was  auch  seine  erste  ausfart.  Er  käme  uff  ein  son- 
tag  zü  vesper  zeit  dahien,  von  seinem  würt  des  rossinarckts 
gewonheit  underricht  ward.  Des  montags  fru  uff  den  ross- 
marckt  kam,  vil  schöner  ross  feilset,  aber  er  kuudte  nit  zu 
<>  kau  ff  kummen,  offt  gegen  yederman  seinen  seckel  uffthet,  sein 
gelt  sehen  Hess,  wie  dann  der  jungen  läppen  gewonheit  ist. 

Solches  het  ein  junge  fraw  ersehen,  welche  einem  jeg- 
lichen mit  irem  leib  zü  dienen  willig  und  bereit  was.  Nun 
bette  die  selbig  jung  fraw  war  genummen,  das  ein  alt  weib 

10  mit  dem  jungen  geredt,  sie  bald  beschickt,  fragt,  ob  sie  den 
jungen  keilt  oder  was  kundtschafft  sie  zü  ihm  hett.  Deren 
die  alt  fraw  antwort  und  sagt,  wie  sie  bey  seinem  vatter  ge- 
dienet, auch  wie  der  jung,  sein  vatter  und  mfiter  hiessen,  wo 
sie  in  der  statt  Perusa  gesessen,  in  summa  die  gantz  gelegen  - 

15  heit  der  frawen  anzeigt. 

Da  sie  nün  alle  sach  genugsam  erfaren.  sie  gar  einen 
subtilen  list  erfunden  het,  ihr  meitlin  zü  dem  jungen  schickt, 
das  sie  zü  solchen  geschefften  gar  meisterlich  abgefertigt  hett, 
im  befalhe  nach  Reicharten  von  Perusa  zü  fragen.    Und  zü 

20  allem  seinem,  des  jungen  ,  unglfick  das  meitlin  in  under  der 
th&r  stehn  [63b]  fände,  das  fragt,  was  sein  begeren  wer.  Das 
ihm  bald  sagt,  wie  ein  schon  edle  fraw  an  ihn  begert,  das 
er  zü  ihr  kummen  wolte.  Er  sprach  :  , Willig  und  gern1.  Wenig 
gedacht,  das  sie  nicht  seinen  leib,  sunder  sein  gelt  begeren 

25  was.  Heichart  zü  dem  meitlin  sprach,  es  solte  allgemach  vor- 
aushien  gehn,  so  wolte  er  hernach  ziehen. 

Als  er  aber  zü  der  frawen  bauss  kam,  die  inn  einer  gas- 
sen,  zürn  faulen  und  finstern  loch  genant,  gesessen  was;  aber 
der  güt  lapp  wisste  nit  änderst,  dann  er  au  dem  aller  erbarsten 

ao  ort  und  f rumsten  frawen,  so  in  der  gantzen  statt  gesein  mocht, 
were.  Da  er  nün  die  stegen  nit  halb  hienuff  kummen  was, 
käme  ihm  die  schon  fraw  entgegen  kostlich  gekleidt,  mit 
warnenden  äugen  ihn  umbfieng  und  sprach:  ,Nün  biss  mir 
gott  wilkum  zü  tausent  malen,  du  mein  aller  liebster  brüder!' 
Mit  dem  in  die  steg  hienauff  in  ein  kostlichen,  wol  gezierten 
palast  fürt.  Darinn  ein  kostlich  schon  unnd  wol  geziert  beth 
stund,  daruff  sich  die  zwey  nidersatzten ;  und  so  fleissigst 
er  kundt,  er  ihr  dancket  und  sprach:   ,Fraw,  ich  kan  mich 


Gartengesellschaft,  cap.  93. 


361 


eicht  erinneren  noch  genügsam  verwunderen ,  das  ich  ein 
sch wester  hie  zü  Neapölis  finden  sol.1  —  ,Du  thüst  mir  gleich, 
wie  unser  vatter  mir  und  meiner  müter  auch  gethon  hat.  Als 
er  zu  Palerma  ein  zeit  lang  gewonet,  hatt  er  sie  also  hinder- 
gangen unnd  geschwecht,  darnach  sie  also  schwanger  verlassen  ö 
und  darvon  gezogen.  Als  ich  aber  erwachsen,  binn  ich  einem 
jungen  edelman  vermahelt  worden;  und  als  er  in  einem  krieg 
umbkuminen,  binn  ich  also  in  witwelichem  standt  bliben.1  — 
,Nün  sagt  mir  eins !  Wer  hatt  euch  mein  zu  k im  ff t  zü  wissen 
thon?1  —  ,An  disera  morgen1,  sprach  sie,  ,mir  es  zü  wissen  10 
thet  ein  arme  fraw,  die  lange  zeit  bey  unserm  vatter  Peter 
zü  Pe-[G4a]rusa  gedient.  Unnd  wann  ich  nit  gedacht,  das  es 
ehrlicher  were,  du  k  um  niest  zü  mir,  dann  ich  zü  dir,  ich  were 
zü  dir  in  dein  herberg  kummen/  Hiemit  ilime  die  gantz 
freundtschafft  er/alen  thet  Uinb  solchs  willen  Richart  ihr  i  > 
alles,  was  sie  gesagt,  glaubt.  Darnach  sie  ein  kostlich  col- 
lation  zurichten  liess,  zechten  mit  einander  und  waren  leicht- 
sinnig. 

Als  nün  die  zeit  nacht  essens  kummen  war,  wolte  der 
jnng  urlaub  von  ihr  nemmen  unnd  in  sein  herberg  gehu.  20 
Aber  es  war  ir  umb  keinen,  und  thete  zü  gleich,  als  ob  sie  ein 
hotten  inn  die  herberg  schicken  wolt  zü  sagen,  das  man  sein 
die  nacht  nit  warten  solt :  aber  es  was  evtel  beschiss  und  be- 
trug  darhinder.  In  summa  er  müst  die  nacht  da  bey  der 
Schwester  bleiben ;  dann  sie  sagt,  Neapolis  were  nit  ein  statt, 
des  nachts  umb  die  weg  zü  gehn ,  sunderlicli  den  frembden; 
auch  bette  sie  dem  würt  embotten ,  das  er  nit  bey  im  essen 
und  die  nacht  nit  heim  kummen  würde. 

Als  es  nün  schier  umb  mitnacht  und  die  zeit  schlaffen 
zü  gehn  kummen  was,  sie  ihn  mit  einem  jungen  bubiin,  das  w 
ihm  das  heimlich  gemach  zeigen  solt,  in  ihr  kammer  schlaffen 
weisen  liess,  unnd  sie  mit  den  andern  frawen  auch  schlaffen 
gieng.  Dieweil  aber  die  zeit  heiss ,  zöge  sich  der  jung  aus 
und  legt  seine  kleyder  zü  haupten  uff  das  beth,  begerte  den 
bauch  zü  erleichteren,  fragt  den  knaben,  wo  das  heimlich  ge-  35 
mach  were.  Der  zeigte  ihm  in  der  kammern  ein  kleins  thür- 
lin,  da  solte  er  hienaus  gehn,  so  würde  ers  finden. 

Nün  wäre  das  cloack  zwischen  zweyen  heusern;  darüber 


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362 


Martin  Montanus, 


waren  /wen  dielen  gelegt,  die  waren  nit  genagelt.  Darüber 
der  jung  on  alle  forcht  gieng;  und  als  er  daruff  kam,  gnapte 
der  dielen  uff,  und  fiel  hienab  in  den  kat.  Und  wie  wol  es 
zimlich  hoch  was,  gab  im  doch  gott  das  [64b]  glück,  das  es 

ü  ihm  keinen  schaden  thet,  aber  sich  im  kat  wol  besudlet.  Da 
nun  der  jung  vernummen,  das  der  arm  Reichart  im  cloack 
lag,  zeigte  ers  der  frawen  an.  Die  sich  nit  lang  saumpt,  in 
die  kammer  kam,  bald  nach  dem  seckel  lugt,  den  sie  mit  den 
fünffhundert  gülden  fand,  den  zu  ihren  banden  nam  und  sich 

lu  schlaffen  legt ;  gab  hiemit  yederman  befelch,  ob  er  schon  im 
cloack  schreyen  würd,  das  ihm  niemandts  antworten  solt.  Das 
was  ein  getrewe  Schwester. 

Als  nun  der  gut  arm  Keichart  sich  im  kat  befand,  fienge 
er  an  umb  sich  zu  schreyen ;  aber  da  was  niemandts,  der  im 

i:>  antworten  wolt.  Ach  gott,  wer  was  leidiger  und  in  grossem 
liisten  weder  der  gftt  jung!  Gieng  hien  und  her  im  dreck 
knetten,  ob  er  iergent  ein  ort  finden  mocht,  damit  er  aus  dem 
pfeffer  keine;  wol  gedacht,  die  sach  gienge  nit  recht  zu,  aber 
die  sach  zu  spat  bedacht.    Doch  zü  letst  fände  er  ein  niaur, 

20  damit  das  gesslin  vermaurt  was.  Daruff  er  stig  und  uff  die 
rechte  Strassen  für  die  thür  des  hauses  kam,  anfieng  zü  klopften 
und  schreyen ;  aber  es  wolt  ihn  niemand t  hören  noch  antwor- 
ten. Da  warde  er  erst  sein  unfal  und  Unglück  bedenckeu,  zü 
im  selbst  wainend  sagt:  ,0  wie  in  einer  kurtzen  zeit  hab  ich 

20  fün ff  hundert  gülden  und  ein  Schwester  verlorn  !4 

Unnd  nach  vil  andern  Worten  und  klagen  fienge  er  wider 
an  zü  ruffen  und  klopffen  und  das  mit  solcher  ungestüme,  das 
die  nachbaurn  erwachten,  ihm  übel  redten  und  schalten.  In 
solchem  der  magt  eine  ihm  zü  einem  fenster  aus  antwort  ga)>e 

yo  unnd  fragt,  wer  da  were.  Der  güt  arm  narr  sagt :  Jch  binn 
der  frawen  brüder.  Kenstu  mich  dann  nicht  mehr?1  Die 
magt  sagt:  Jch  glaub,  du  seyest  foller  weins  oder  du  redest 
im  schlaff.  Hie  inn  hastu  kein  Schwester.  War-[65a]lich  ich 
rhat  dir  in  gantzen  trewen ,  das  du  dich  hienweck  packest, 
ehe  dir  dein  haut  zerschlagen  wirt,  das  du  nicht  waist.  wo 
du  bleiben  solt/  —  ,Ach\  sprach  der  jung,  ,gib  mir  doch  nur 
meine  kleider,  damit  ich  mich  bedecken  möge!4 

In  dem  einer,  der  vileicht  der  frawen  riffran  sein  mocht 


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Gartengesellschaft,  cap.  93. 


303 


an  das  fenster  kam,  den  Richart  vor  in  dem  hauss  weder  ge- 
sehen noch  gehurt  hette,  mit  grober  grausammer  stimm  sprach : 
,\Ver  ist  da  nideu,  der  uns  nit  schlaffen  lasst  ?4  Reichart  sein 
haupt  nffhüb  unnd  wol  einen  sähe,  nach  dem  als  ihn  daucht, 
ein  kol  schwartzen  hart  hette.  Dem  er  nit  mit  kleiner  forcht  :> 
antwort  unnd  sprach:  ,lch  binn  Reichart,  der  frawen  brüder, 
die  iu  dem  hauss  wonet.4  Der  bartet  bacculaureus  nit  gar 
wartet,  biss  Reichhart  sein  wort  zürn  end  bracht,  sunder  vil 
grausammer ,  dann  er  vor  gethon  hett,  anhüb  und  sprach: 
,Sicher  und  fürwar,  ich  waiss  nit,  was  mich  haltet  ye  wider  10 
mein  natur,  das  ich  nit  hienab  kum  unnd  dir  dein  haut  so 
foll  Schlahe,  das  es  mich  selber  erbarmt,  du  unnützer  truncke- 
ner  esel,  der  du  uff  diss  nacht  nieinandt  schlaffen  lasst.4  Mit 
disen  worten  das  fenster  widerumb  zü  schlug. 

Etliche  von  den  nachbauren  sprachen:  ,VVarlich,  güter  lö 
mann,  wilt  du  uff  dise  nacht  nit  zü  stucken  gehawen  werden, 
»o  gang  hienweg!  Dann  du  waist  nit,  mit  wem  du  zü  schaffen 
hast4  Reichart,  der  von  des  schwartzbartechten  bacculaurii 
stimm  sehr  erschrocken  was,  darneben  die  trewe  Warnung  von 
den  nachbauren  vernummen  hett,  trauriger  dann  kein  mann  a> 
ye  ward,  darvon  gieng,  auch  sich  seins  gelts  gantz  verwegen 
hett.  Den  weg,  den  er  des  tags  mitt  dem  meidtlin  herkum- 
meii,  seiner  herberg  zügehn  wolt,  doch  sich  bedacht,  ein  andern 
weg  dem  mer  zü  gieng,  ver-[G5bJ meint  sich  zü  waschen. 

In  solchem  gehn  kamen  im  zwen  mit  einer  lateruen  ent-  20 
gegen.    Vor  denen  er  sich  besorgt,  vermeint,  es  weren  die 
scharwechter,  flöhe  derhalben  ab  dem  weg  und  käme  in  ein 
alt  gemeur.    Die  zwen  mit  der  laternen  kamen  auch  in  das 
alt  gemeur,  hetten  vil  seltzams  werckzeugs  von  eysen,  stangen, 
beyhel,  hacken  etc.  bey  ihnen.    Und  als  sie  also  bey  einander  uo 
stunden,  sagt  der  ein  zürn  andern:  , Lieber,  bedunckt  dich  nit, 
das  ein  seltzainmer  geschmack  gegen  uns  gange?4    In  dem 
die  laternen  uff  thet,  den  eilenden,  unseligen  menschen  er- 
sahen, des  beyd  erschracken,  doch  fragten,  wer  da  wer.  Aber 
der  arm  Reichart  schwige  still.    Sie  giengen  naher  zü  ihm,  35 
fragten  in,  was  er  also  katig  da  stunde.    Reichart  ihnen  alles, 
was  ihm  zü  gestanden,  zu  wissen  thet.    Die  zwen  wol  ge- 
dachten, wo  das  geschehen  sein  solt,  (dann  sie  auch  solche 


304 


Martin  Montanus, 


lose  kiiuler  waren)  sagten  zu  ihm:  ,Das  ist  warlich,  das  du 
in  das  kat  gefallen  bist,  dein  gross  glück  gewesen.  Dann 
wo  das  nit  besehenen,  so  werestu  warlich  also  schlaffendt  er- 
mordt  worden.    Darumb  vil  besser  ist,  du  habest  das  gelt 

ö  weder  den  leib  verloren.4 

Nach  disen  worten  zü  ihm  sprachen,  ob  er  mit  ihnen  gehn 
wolt;  so  solt  er  ungezweifelt  sein,  es  solte  ihm  für  sein  theyl 
mehr,  dann  er  verloren  hett,  zü  beut  werden.  Reichart,  der 
one  das  au  ime  selbs  halb  verzweifelt  was,  bald  mit  ihnen  zü 

10  gehn  bewilligt.  Nun  hett  es  sich  begeben ,  das  der  bischoff 
der  statt  des  vergangnen  tags  gestorben  und  mit  grosser  reich- 
tumb,  kostlichen  kleynaten  und  besnnder  mit  einem  kostlichen 
rubin,  den  er  an  der  handt  het,  uff  fünft'  hundert  gülden  werdt 
gesebetzt,  begraben  ward.    Da  was  der  zweyer  meinung,  den 

k»  todten  bischoff  zü  berauben,  hien  zü  gehn,  als  [66a]  sie  auch 
theten.  Zü  disem  spiel  dauchte  sie  der  eilend  mensch  güt  sein, 
derhalb  sie  ihn  mit  inen  namen.  Aber  des  bösen  geschmacks 
halben  sie  nit  wol  züfriden  waren ,  zü  einander  sprachen : 
,Hie  nahe  ist  ein  brunn ;  da  wollen  wir  ihn  in  dem  eymer 
hienab  lassen,  da  kan  er  sich  waschen.4 

Als  sie  nun  zü  dem  brunnen  kamen,  da  fanden  sie,  das 
der  eymer  nit  mehr  daran.  Bald  rhätig  Warden,  banden  ihn 
an  das  seyl,  Hessen  ihn  hienab ;  unnd  wann  er  sich  gewaschen 
hett,  solte  er  das  seyl  rütlen,  so  wolten  sie  ihn  wider  heruff 

2i  ziehen.  Da  sie  ihn  nün  hienab  gelassen  und  er  sich  schier 
gewaschen  hette,  trüg  sich  zü,  das  die  stattknecht,  die  etlich 
gejagt  betten,  durst  halben  zü  dem  brunnen  zü  drincken  kamen. 
Da  aber  dise  zwen  die  stattknecht  kummen  sahen ,  darvon 
ließen ,  den  güten  Reicharten  in  dem  brunnen  sitzen  liessen. 

yo  Aber  die  stattknecht  hetten  weder  die  zwen  noch  Reicharten 
im  brunnen  nit  gesehen,  ir  schwert  und  gewehr  von  in  legten 
und  wolten  drincken.  Als  sie  aber  den  eymer  nit  funden, 
meinten  sie  nit  änderst,  dann  er  were  im  brunnen,  sich  an 
das  seyl  legten,  den  güten  Reicharten  heruff  zogen.    Da  Rei- 

x,  chart  den  bort  des  brunnens  ersähe,  sich  bald  mit  den  armen 
daran  hieng  und  heraus  sprang.  Da  die  stattknecht  das  er- 
sahen, liessen  sie  ihre  gewehr  ligen,  flohen  darvon,  vermeinten 


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Gartengeaellschaft,  cap.  93. 


365 


nit  änderst,  dann  das  sie  den  lebendigen  teufel  ans  dem  brun- 
nen  gezogen  hetten. 

Da  nun  Reichart  aus  dem  brunnen  kam  und  seine  ge- 
sellen nit  fand,  auch  die  waffen,  die  sie  nit  dar  bracht  betten, 
sähe,  kundt  er  sich  dessen  nit  geniig  verwundern,  wäre  aber-  0 
mals  in  tausent  lasten,  wüste  nit,  was  er  anfahen  solt,  also 
betrübt  von  dem  brunnen  hienweg  gieng.  Aber  in  solchem 
gehn  bekamen  im  sein  zwen  [66b]  gesellen,  fragten,  wer  in 
aus  dem  brunnen  gezogen  hette.  Sagt  er,  darvon  wisste  er 
ihnen  nichts  zü  sagen,  dann  allein,  was  er  bey  dem  brunnen  10 
funden  hett,  inen  anzeigt.  Darbey  sie  wol  gedachten,  wer  die 
sein  solten,  die  ihn  aus  dem  brunnen  gezogen  betten,  und 
müsten  ihnen  der  abentheur  genug  lachen. 

In  dem  wolt  es  sich  der  mitnacht  zü  nahen ;  darumb 
machten  sie  sich  uff  die  strass  der  grossen  kirchen  zu ,  das  15 
grab,  darinn  der  bischoff  lag,  öffneten,  undersetztens  so  hoch, 
das  einer  wol  darein  schließen  mocht.    Nach  dem  solchs  ge- 
schehen, fragten  sie  under  einander,  welcher  under  ihnen 
dreyen  hienein  steigen  wolt.    Der  ein  sprach:  , Warlich,  ich 
kum  hienein  nit/    Der  ander  sprach :  ,Bey  gott,  so  will  ich  20 
auch  nit  hienein.1    Reichart  sagt :  ,Dieweii  es  dann  ewer  keim 
gelegen  sein  will ,  so  kum  ich  auch  nit  hienein.    Ich  will 
nichts  mitt  den  todten  züschaffen  haben.1   Die  zwen  sich  gegen 
ihm  streussten  und  sprachen:  ,Warumb  wiltu  es  nicht  thün? 
Warlich,  du  müsts  thün ;  oder  wir  wollen  dir  dein  haut  beren  & 
oder  vileicht  gar  zü  todt  schlagen.    Darnach  wiss  dich  zü 
richten !' 

Reichart  mit  grossen  sorgen  in  das  grab  stig,  besorgte, 
er  würde  von  seinen  gesellen ,  wie  dann  auch  geschah ,  be- 
trogen werden.  Doch  der  kostlich  ring  mit  dem  rubin,  dar-  «1 
von  seine  gesellen  uff  dem  weg  geredt  hetten,  ihm  zü  ge- 
dancken  kam;  bey  ihm  selbst  bedacht,  den  selbigen  ihm  für 
seinen  theil  zü  behalten.  Und  als  bald  er  in  das  grab  kam, 
zohe  er  dem  bischoff  den  ring  ab  der  handt,  steckte  den  an 
sein  handt,  darnach  seinen  gesellen  das  pastoral,  die  infel,  die  35 
bandtschüh  mit  allem  andern,  das  er  umb  und  an  hett,  heraus 
gab  unnd  den  todten  bischoff  im  hembd  ligen  Hess,  zü  seinen 
gesellen  sprach,  er  nichts  mehr  [67a]  fünde.    Da  fiengen  sie 


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366 


Martin  Montanus, 


an  nach  dem  ring  zü  fragen  und  sagten,  er  solt  wol  süchen; 
dann  er  ye  da  sein  solt.    In  summa  er  sagt,  er  were  nit  da. 

Da  sie  nun  zeit  daucht  und  sie  ihr  bürden  gar  wol  ge- 
bunden hetten ,  die  stützen  ,  damit  sie  den  deckel  undersetzt 

ö  hetten,  ausschlügen  und  den  deckel  fallen  liessen,  darvon  lief- 
fen,  den  armen  unnd  eilenden  Reichart  bey  dem  todten  bischoff 
im  grab  sitzen  liessen.  Da  mag  ein  yeglicher  bey  ihm  selbst 
gedencken,  in  was  angsten  und  noten  der  güt  Reichart  was. 
Sich  zu  mehrmalen  versucht,  ob  er  den  stein  mit  deu  achseln 

10  uff  heben  möcht,  aber  in  keinen  weg  er  das  vermocht  Des- 
halben er  vor  onmacht  und  schmertzen  nider  uff  den  todten 
corpel  sanck.  Darnach  über  ein  kleine  weil,  als  er  wider  zü 
ihm  selbst  kam,  gedacht:  würde  das  grab  von  niemand  uff- 
gethan,  so  müste  er  vor  hunger  und  dem  bösen  geschmack 

\ö  sterben ;  würde  dann  das  grab  uffgethan  und  er  darinn  fanden, 
würde  er  für  ein  dieb  gefangen  und  an  galgen  gehenckt  werden. 

Als  aber  er  ein  zeit  lang  in  solchen  betrübten  gedancken 
gestanden,  horte  er  etliche  leut  in  der  kirchen  und  umb  das 
grab  gehn.    Aber  ihm  wol  gedacht,  wo  es  rechtschaffene  leut, 

20  sie  nit  bey  nacht,  sunder  bey  tag  kummen  solten,  und  sie 
gleich  wie  ihn  und  seine  gesellen  achtet.  Da  sie  nun  zü  dem 
grab  kamen,  undersetzten  sie  den  stein;  darnach  sich  under- 
retten,  wer  in  das  grab  steigen  solte;  dann  sie  forchten  sich 
vor  dem  todten  bischoff.    Doch  nach  laugem  zancken  wäre 

2.»  under  inen  ein  pfaff,  der  sagt:  , Was  forchten  ihr  euch  vor 
den  todten  ?  Ich  will  hienein  steigen.4  Bald  seinen  raatitel 
von  im  warff,  sich  uff  den  borten  des  grabs  schwang  und  sich 
mit  den  füssen  vermeint  hienein  zü  lassen. 

Da  das  Reichart  ersehen  het,  bald  uff  [67b]  sein  füss 

w  sprang,  den  pfaffen  bey  den  füssen  nam ,  des  gleichen  thet, 
als  wolt  er  ihn  hienab  ziehen.  Da  das  der  pfaff  empfand,  on 
mass  ersehrack,  ein  grossen  schrey  lies  und  sich  aus  der  arch 
warff.  Die  andern  seine  gesellen  nicht  minder  erschracken, 
darvon  lieffen,  das  grab  offen  stehn  liessen,  nit  änderst  flohen, 

ifc  dann  als  sie  von  tausent  teufein  gejagt  würden. 

Wer  was  in  grossem  freuden  dann  der  güt  Reichart! 
Bald  sich  aus  dem  grab  und  der  kirchen  macht  den  weg,  da 
er  her  kummen  was.    In  dem  sich  der  tag  hernahet,  er  on- 


Gartengeaellschaft,  cap.  93—94. 


367 


geferd  zü  dem  mer  kam,  sein  herberg  erkant,  darein  ging, 
den  würt  und  seine  gesellen  fand,  die  sich  alle  verwunderten, 
wo  er  so  ungestalt  unnd  nackend  herkäme.  Er  ihnen  alle 
sach,  was  sich  die  nacht  mit  ihme  verloffen ,  zü  wissen  thet. 
Über  das  sie  ihme  rieten,  er  solte  sich  fiirderlich  darvon  ma-  r> 
eben.  Dem  rhat  er  folget,  uff  sass,  heim  in  Perusiam  ritt 
und  an  stat  der  ross  den  kostlichen  ring  mit  ihm  bracht. 

Ich  mein,  diser  hette  eim  sagen  künden,  wie  nahe  glück 
and  unglück  bei  einander  gewesen  were. 

Wie  ein  fraw  der  andern  verübel  hielt,  das  sie  bülte,  iu 
sie  hefftig  schalt  und  übel  redt,  und  sie  an  solcher 

that  auch  begriffen  ward. 

Cap.  94  (97). 

In  einer  stat  ein  reicher  mann  gesessen  was,  mit  namen 
genant  Peter,  der  villeicht  mehr  ander  leut  zä  betriegen  ge-  i» 
sinnet  was  dann  sein  selbs  lob  zü  mehren.  Der  selbig  ein 
schone  junckfraw  zü  eim  weib  nam,  doch  mehr  zü  einer  aus- 
red dann  zü  dem,  dar  zü  frawen  bild  erschaffen  ist.  In  dem 
das  glück  im  eine  zü  fügt  gnüg  seins  [68a]  gleichen.  Dann 
die  fraw  jung,  schön  unnd  frisch  was,  wol  geschickt,  vil  lie-  is> 
ber  zwen  oder  drey  mann  zu  der  ehe  gewollt  het  dann  einen 
allein;  unnd  zü  irem  glück  ihr  einer  geben  ward,  des  sinn 
und  gemut  anderswa  hin  stünd  und  geschickt  ward  dann  zü 
ihr.  Das  die  fraw  nach  etlicher  zeit  mercket  und  wol  vernam, 
als  die  sich  jung  unnd  frölich  sähe,  mehr  maus  dann  anders 
begeren  was.  Und  da  sie  ires  mannes  böse  gewonheit  erkant 
unnd  gemerckt  het,  uneins  mit  einander  wurden,  ein  unfrölieh 
leben  mit  einander  fürten. 

Unnd  die  fraw  ihr  keusch  leben  wider  ihren  willen  be- 
dencken  ward.  On  zweifei  sie  maint,  solt  sie  das  lange  zeit  :*> 
treiben,  es  ihr  schaden  brechte,  als  die  da  in  irer  blüenden 
jagent  was ;  dann  der  mann  des  nachts  zü  beth  ihr  in  keinen 
weg  wolt  gnad  haben,  unnd  solt  sie  in  einer  winter  kalten 
nacht  erfroren  sein,  so  hette  er  sie  doch  nicht  bedeckt.  Umb 
des  willen  ihr  gedacht  sinn  zü  finden,  damit  sie  zü  zeiten  von  ;{» 


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•  3G8 


Martin  Montan us, 


mannen  bedeckt  würd,  zü  ihr  selbst  sprach :  ,Diser  bös  mann 
mich  unbedeckt  stehn  lasst  umb  seiner  andern  unkeuschen 
bülerey  willen  unnd  auff  holtzschühen  bey  truckenem  wetter 
geht.    Darumb  ich  mich  fleissen  unnd  fUrseheu  müs,  das  ich 

•'>  bey  nassem  wetter  ander  leut  mit  trucken  fussen  in  ein  schiff 
setz.  Ich  nam  in  für  meinen  ehemann  unnd  gab  ihm  gros 
heimstewr  unnd  glaubt,  er  wer  ein  mann,  und  raaint,  er  wer 
als  ander  mann  seind ,  die  ihr  schone  frawen  lieb  und  werdt 
haben.    Solt  ich  aber  glaubt  haben,  das  er  gewesen  wer,  als 

10  er  ist,  ich  het  mir  sein  zü  einem  mann  nit  gewünscht.  Dann 
ihm  solt  wol  wissent  gewesen  sein,  das  ich  ein  weib  und  nit 
ein  mann  was.  Waruni b  nam  er  mich  zü  einem  weib,  da 
ihm  weibsbild  also  unzam  und  wider  sein  natur  und  gemüt 
was?    War-|08b]lich,  warlich,  ich  sol  ihm  das  nicht  lenger 

r»  vertragen.  Dann  hette  ich  nit  wollen  an  der  weit  sein,  ich 
het  mich  zu  einer  nunnen  in  ein  kloster  gemacht;  aber  ich 
hab  wollen  sein,  als  ich  bin.  Aber  sol  ich  von  dem  bösen 
mann  natürlicher  freud  und  lüst  warten  sein,  so  besorg  ich, 
solt  ich  des  warten,  ich  dabey  eraltet.  Wann  ich  dann  er- 
haltet bin  und  mein  verlorne  juget  bedencken  würd,  darin  er 
mich,  als  er  sich  an  andere  end  gethan  hat,  solt  getrost  unnd 
mir  freud  geben  haben,  solcher  lust  und  freud  bey  uns  beiden 
wer  gotlich,  gftt  unnd  loblich  gewesen,  da  sich  noch  gros 
schand  und  laster  daraus  begeben  möcht,  wa  ich  die  gotlich 

2»"»  gesätz  der  ehe  überging,  als  besorglich  ist,  ich  müs.  Und 
der  unnütz  bos  mann  nit  allein  wider  die  gesetz,  sonder  alle 
natürliche  recht  thüt.4 

Also  die  gftt  fraw  ihr  mühe  ires  bösen  mans  vil  dick 
bedacht.    Nach  dem  ir  fürnam,  ihr  glück,  wa  sie  möcht,  auch 

:w  in  still  unnd  gehaim  zü  suchen  und  ihrem  willen  ein  genügen 
thün.  Unnd  mit  eim  alten  weib  mit  dem  pater  noster  in  der 
handt,  die  gnad  in  allen  kirchen  zü  sftchen  hien  und  wider 
gieng  und  von  keinerley  nimmer  anders  dann  von  der  heiligen 
leben  und  ir  m arter  saget,  der  heiligen  fünff  wunden  sancti 

3.-,  Francisci  nimmer  vergas,  darumb  von  jedermann  gar  für  ein 
heilige  fraw  gehalten  was,  —  deren  die  jung  fraw  allen  ihren 
gebrechen  unnd  meinung  giintzlich  saget. 

Zü  der  das  alt  weib  sprach:  ,Mein  liebe  tochter,  allein 


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Gartenge&ellachaft,  cap.  94. 


369 


gott,  dem  alle  ding  kundt  seind,  bey  dem  ich  dir  schwer,  das 
du  recht  hast,  und  ich  kan  dir  darüber  kein  unrecht  sprechen. 
Unnd  wann  du  ein  solchs  umb  ander  ursach  willen  thetst,  so 
solt  du  und  ein  jegliche  junge  fraw  das  thün,  damit  sie  nit 
die  zeit  irer  schönen  jugent  on  nutz  und  freud  also  verlier.  & 
Dann  [69a]  kein  pein  unnd  schmertz  ist  dem  gleich,  wer  sein 
verlorne  zeit  recht  bedencken  will.  Dann  welcher  teufel  will 
unser  begeren,  oder  zü  wem  seind  wir  nütz,  wenn  wir  alt 
seind,  dann  allein  der  aschen  und  des  herts  zü  hüten !  Unnd 
ob  je  kein  ward  oder  ist,  die  des  güte  zügnüs  geben  möge,  10 
so  bin  ich  die  selbig,  die  sich  alt  und  ungestalt  sieht  und  des 
nicht  mit  klainer  pein  meines  hertzen,  das  ich  on  alle  freud 
mein  junge  zeit  also  verloren  unnd  unnützlich  hab  gehn  lassen, 
wiewol  ich  ihr  so  gantzlichen  nit  verlor,  als  du  vileicht  biss- 
her  gethan  hast.  Doch  nicht  darumb  glaub,  das  ich  darumb  15 
ein  bübin  oder  pf äffen  weib  gewesen  sey,  wiewol  ich  het  thün 
mögen,  was  mir  geliebt  het!  Unnd  wann  ich  bedenck  unnd 
mich  sihe  unnd  find,  als  du  wol  sihest,  unnd  nicht  finde,  der 
mir  ein  fewr  reiche,  drumb  gedenck ,  was  pein  mir  das  mag 
sein!  Ein  solchs  sich  bey  den  mannen  nicht  begibt;  dann  sie 20 
sein  zü  mancherley  ander  Sachen  beschaffen,  darzü  mir  nit  nütz 
sein,  der  frawen  willen  zü  thün.  Aber  die  frawen  allein  be- 
schaffen seind  das  züthün  (du  vernimbst  mich  wol)  und  kinder 
zutragen ;  darumb  sein  sie  Heb  gehalten.  Und  ob  du  es  nie 
vernommen  hast,  so  soltu  es  dabey  mercken,  das  wir  den  man-  25 
nen  alz«it  bereit  seind,  das  begibt  sich  bey  den  mannen  nicht. 
Mehr  ich  dir  sag,  das  du  deinem  mann  recht  thüst,  im  brot 
für  kiichen  wider  zü  geben,  damit  er  in  deinem  alter  nit  spre- 
chen mog:  Warumb  namstu  es  nit,  da  es  dir  werden  mocht? 
Dann  wir  frawen  die  zeit  vil  mehr  brauchen  müssen ,  wann  30 
sie  uns  werden  mag.  Dann  wann  wir  alt  seind,  uns  weder 
unsere  mann,  als  du  sihest,  weder  ander  sehen  noch  hören 
mögen,  uns  stets  in  die  kuchen  jagen,  das  fewr  zü  schüren, 
merlin  und  pater  noster  mit  der  katzen  zü  sagen ,  [69b]  die 
alten  hafen  und  sch&sslen  zü  zelen,  auch  noch  vil  mer.  Und  35 
so  erger  sie  von  uns  singen,  sagen  und  sprechen:  ,Den  jungen 
sol  man  wol  thün  und  die  alten  gehn  lohn,  der  jungen  ein 
guten  kappaunen,  der  alten  ein  grossen  tremmel.'    Solch  ihr 


24 


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370 


Martin  Montanus, 


abweis  unnd  gespöt  sie  mit  uns  treiben.  Mehr  ich  dir  zu 
wissen  thün,  damit  ich  dich  nit  lenger  mit  worten  auffbalt, 
das  du  dich  keiner  person  in  diser  weit  dein  notturfft  mit  mehr 
Sicherung  deiner  ehren  hettest  erklagen  und  sagen  mögen,  als 

ö  du  mir  hast  thün  mögen ,  und  die  besser  zü  deiner  notturfft 
sein  mög,  als  ich  dir  sein  soll.  Dann  kein  junger  mann  in 
diser  statt  nit  ist,  dem  ich  nit  mein  notturfft  sagen  thar.  Auch 
so  grob  unnd  hert  ich  kainen  erkenn,  das  ich  nit  mit  nieinen 
worten  in  erwaich  und  zü  meinem  willen  bringe.    Lass  mich 

10  nür  verstehn,  welcher  dir  am  liebsten  sey,  nach  dem  las  mich 
schaffen !  Aber  eins  ich  gedenck,  mein  liebe  tochter :  las  mich 
dir  in  meiner  armüt  befolhen  sein!  Dann  ich  hab  nichts, 
binn  arm,  eilend  unnd  hab  niemand,  der  für  mich  sey.  So 
will  ich  dich  aller  gnaden,  die  ich  täglichen  von  allen  kirchen 

16  hol,  sampt  meinem  heiligen  pater  noster  theilhafftig  machen, 
damit  dir  gott  dein  verloren  zeit  wider  kere  und  dir  deine 
vergangne  tage  mit  dem  ewigen  liecht  erleucht.4 

In  dem  das  alt  weib  von  ihrer  red  ablies;  unnd  die  jung 
mit  ir  aller  Sachen  eins  ward  und  sie  freundlich  bat,  wa  ihr 

20  ein  junger  knab,  der  gar  vil  da  für  giengen,  zü  handen  käme, 
der  ihr  ob  allen  andern  jungen  gefiel,  das  sie  dem  selben  zu 
sprach  und  ihr  den  zuwegen  brächt.  Dabey  ihr  alle  zeichen 
fein  gab,  zü  ihr  sprach,  das  sie  allen  iren  fleis  an  legt,  sie 
solt  sein  nit  entgelten;  unnd  gab  ihr  ein  stuck  fleisch  von 

25  dem  Schweinen  backen.    Mit  dem  sie  von  ir  [70a]  schied. 

Nach  dem  nicht  vil  tag  vergiengen,  das  alt  weib  den 
jungen  knaben  zü  der  schönen  frawen  bracht,  nach  dem  selben 
einen  andern.  Als  vil  ihr  die  fraw  begert  und  ihr  gefallen 
was,  als  vil  sie  ihr  zuwegen  bracht,  doch  das  als  in  geheim 

30  und  verborgen  vor  dem  mann,  damit  sie  in  kainem  argen  von 
ihm  möcht  verdacht  werden. 

Nün  eins  abents  sich  begab,  das  der  frawen  mann  mit 
einem  seinem  gesellen,  genant  Herculanus,  das  nachtmal  essen 
gangen  was.    Da  die  jung  fraw  vernam,  das  ihr  mann  anders- 

85  wo  essen  gieng,  sie  dem  alten  weib  gebot,  das  sie  einen  jungeu 
knaben  kommen  lies,  der  in  der  gantzen  statt  der  aller  schönst 
gehalten  ward.  Das  die  alt  bald  ausricht  und  zft  ihr  bracht 
Und  da  sich  die  schöne  fraw  mit  dem  jungen  das  nachtmal 


Gartengesellschaft,  cap.  94. 


371 


zü  essen  zü  tisch  gesetzt  het,  in  dem  der  mann  wider  zü  haus 
kam,  anklopfft.  Des  die  jung  fraw  sehr  erschrack,  sich  still 
hielt,  nit  wist,  wa  sie  den  jungen  hien  verbergen  solt.  Doch 
nahe  bey  ihr  am  tennen  ein  korb  was,  daruff  gras  lag;  under 
den  sie  in  verbarg,  ein  alten  sack  daruff  warff,  bald  lieff,  dem  ö 
mann  ufflthet,  zü  im  sprach:  ,Wie  habt  ihr  also  bald  gessen?4 
Er  ir  antwort  und  sprach :  ,  Warlich  wir  haben  nie  kein  bissen 
versucht.4  —  ,Wie  kompt  das?4  sprach  sie. 

Peter  sprach:  ,Das  will  ich  dir  sagen.    Da  wir  zü  tisch 
gesessen  waren,  da  horten  wir  nahe  bey  uns  under  der  stegen  10 
husten,  des  wir  zürn  ersten  unnd  andern  mal  nit  war  namen. 
Da  er  aber  noch  mehr  mal  hüstet  unnd  niesst,  das  uns  alle 
frembd  nam.    Herculanus  mit  dem  weib  zürnet,  das  sie  uns 
das  essen  so  lang  verzogen  het  unnd  uns  an  der  thür  so  lang 
het  stehn  lassen ,  zü  ihr  sprach :  ,Was  bedeut  das  hüsten  ?  15 
Wer  ist  under  der  stegen?*    Bald  uff  vom  tisch  für,  zü  der 
[70b]  stegen  lieff,  darunder  ein  behalter  was  von  bretter  ge- 
macht, die  thür  uffthet.    Ein  grosser  geschmack  von  schwebel 
daraus  gieng,  den  sie  ob  dem  tisch  gerochen  hetten ;  über  das 
selbig  in  die  fraw  antwurt  geben  het,  wie  sie  ir  schleier  da-  20 
mit  geweschen  het,  den  scherben  under  die  stegen  gesetzt  het, 
das  ruchen  sie.    Da  Herculanus  das  thürlin  uffgethan  hett,  er 
hinein  sähe,  den,  der  also  gehüst,  sähe.    Der  vom  rauch  des 
schwebeis  hüsten  müst,  doch  sich  also  fand,  das  er  nit  vil 
mehr  hüsten  mocht,  bey[nahe]  todt  was  von  enge  wegen  seins  hert-  25 
zens;  nit  lang  vergangen  er  erstickt  wer.  Zü  der  frawen  sprach: 
.Nun  sibe  ich,  warumb  du  uns  so  lang  vor  der  thür  hieltest. 
Nun  soll  mir  gott  nit  helffen,  wann  ich  dir  nit  lohne  deiner 
falscheit  unnd  mich  an  dir  reche.4    Da  die  fraw  sähe,  das  ihr 
sünd  erkant  was,  hinweg  flöhe.    Herculanus  zü  dem  under  30 
der  stegen  sprach:  ,Wer  bistu?4    Da  er  kein  antwort  geben 
mocht,  sich  nit  verrürt,  als  ob  er  tod  wer,  er  in  bey  den  fös- 
sen  nam,  heraus  zohe,  umb  ein  messer  lieff,  in  wolt  tödten. 
Aber' ich  im  des  nit  verhengen  wolt,  den  gesellen  beschützt, 
so  best  ich  mocht.    Zü  solchem  rumor  die  nachbaurschafft  35 
gelauffen  kam,  im  den  jungen  namen,  hinweg  trügen,  ich  wais 

31  anrwort  A 

24* 


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372 


Martin  Montanus, 


nicht  wa  hien.  Also  unser  nachtmal  beträbt  nnnd  underwegen 
bliben  ist,  und  des  nicht  ein  bissen  versucht  hab.4 

Da  das  die  fraw  hört,  sprach  sie:  ,Ach  was  heilige  fraw 
das  sein  sol !    Das  sie  gott  sehend !   Sehet  nün,  was  getrewer 

5  ehefraw  sie  irem  frommen  mann  gewesen  ist!  Sie  daucht  mich 
eitel  zucht  und  ehr,  ich  het  für  sie  geschworen.  Sie  ist  nün 
dalest  betagt,  solt  andern  frawen  ein  gut  beispiel  sein.  Ver- 
flucht sey  sie,  das  sie  an  die  weit  kam !  Sie  solt  sich  Sche- 
men, ein  schenderin  aller  frommen  frawen  diser  [71a]  statt, 

10  die  ihr  ehe  so  schantlich  an  dem  mann  gebrochen  und  die  ehr 
diser  weit  zü  ruck  gelegt  hat.  Der  sie  also  schon  gehalten, 
in  sampt  ihr  geschendet  hat.  Und  als  mir  gott  helff,  ich  ihr 
kein  gnad  tbet ;  man  solt  sie  lebendig  vergraben.1 

In  solchen  reden  sie  an  den  knaben  underm  korb  verbor- 

15  gen  gedacht,  züm  mann  sprach,  das  er  schlaffen  gieng.  Und 
Peter,  der  mehr  lust  zü  essen  dann  zü  schlaffen  het,  fraget, 
ob  sie  icht  zü  essen  het.  ,Ja4,  sprach  sie,  ,es  ist  wol  mein 
gewonheit  vil  zü  kochen,  wann  du  nicht  daheimen  bist?  Ich 
bin  vileicht  Herculani  weib?  Du  thetst  bass  schlaffen  zü  gehn.4 

20  Nün  waren  die  selb  nacht  bauren  von  Peters  dorff  kom- 
men, die  hetten  esel  ohn  essen  etc.  in  den  stall  gethan,  der 
nit  ferr  von  dannen  was,  da  der  knab  verborgen  lag.  Deren 
esel  einer  ledig  ward,  aus  dem  stall  in  den  tennen  gieng  and 
zü  dem  korb  kam,  darauff  gras  lag,  darunder  der  jung  ver- 

25  borgen  lag.  Dem  der  korb  uff  allen  vieren  lag;  dann  der 
korb  war  eng  und  nider.  Darumb  im  ein  hand  underm  korb 
herfür  gieng,  unnd  zü  seinem  Unglück  der  esel  im  uff  die  hand 
trat,  das  er  wetumbs  halben  schreien  nicht  verhalten  niocht. 
Das  höret  Peter,  ihn  daucht,  das  schreien  in  dem  haus  wer; 

30  zü  der  kammer  aus  lieffe,  den  jungen  underm  korb  sehr  klagen 
hört;  dann  der  esel  im  uff  der  hand  stünd. 

Peter  sich  zü  dem  korb  nahet,  fraget,  wer  da  were  und 
wer  sich  also  klagt,  den  korb  uff  hüb,  den  knaben  fand,  der 
über  alle  wehtag,  so  er  empfangen,  grosser  forcht  und  er- 

35  Schreckens  halb  zittert,  seins  lebens  besorgt.  Und  da  Peter 
den  jungen  sähe  und  erkant,  als  der  ihm  manig  mal  umb 
böberey  nachgefolget  het,  zü  im  sprach :  ,Guter  junger,  was 
thüstu  da?    Wer  hat  dich  daher  tragen?4   Der  jung  in  durch 


Garteilgesellschaft,  cap.  94. 


373 


gott  batt,  er  solt  ihm  ver-[71b]zeihen.  Zü  dem  Peter  sprach: 
,Nicht  hab  sorg,  biss  güts  müts,  steh  uff!  Ich  beger  dir  nichts 
züthün.  Sag  mir  nür  die  warheit,  wer  hat  dich  an  das  end 
gebracht?4    Der  jung  im  all  sach  zü  wissen  thet. 

(  Und  Peter  nicht  minder  des  gefunden  jungen  wol  zu  müt  5 
als  sein  weib  übel  zümüt  was,  den  jungen  bey  der  band  nam, 
mit  im  in  die  kauimer  fürt,  da  sein  die  fraw  mit  grosser  forcht 
wartet.  Zü  der  sich  Peter  setzt  und  zü  ir  sprach :  ,Weib,  was 
duncket  dich?  Du  verflüchtest  jetzunt  Herculanus  weib  umb 
ir  sünd  willen  und  sprachst,  man  solt  sie  verbrennen,  dann  io 
sie  wer  aller  frawen  schand  und  laster.  Was  wiltu  nün  zü 
dir  selbst  sprechen?  Dann  du  als  sie  in  der  selben  sünd  bist; 
ir  seit  all  über  ein  leist  gemacht  und  mit  ander  leut  übelthün 
ewer  eigen  sünd  bedecken  unnd  verbergen.  Das  euch  all  gott 
sehend  und  mit  dem  himlischen  fewr  verbrenn!1  lö 

Da  die  fraw  sähe,  das  es  in  irs  mans  ersten  zorn  nit  übel 
stund  dann  allein  wort  und  in  ehe  frölich  daucht  dann  zornig 
(dann  den  jungen  stets  bey  der  hand  hielt),  umb  des  willen 
ein  gut  hertz  empfieng  und  sprach :  ,Ich  waiss  wol ,  das  es 
dein  gefallen  were,  das  uns  das  wild  fewr  verbrant,  als  der,  20 
dem  wir  also  lieb  sind,  als  dem  hundt  der  brügel  ist.  Aber 
ich  versprich  dir,  es  soll  dir  allein  nit  also  güt  werden,  als 
du  raeinest ;  w61t  nün  dalest  gern  rechenschafft  mit  dir  ma- 
chen und  haben,  warumb  du  dich  nür  klagst.  Ich  lass  mich 
geduncken ,  du  wollest  mich  gegen  Herculani  weib  schätzen  ;  25 
die  ein  heiligen  küsserin  ist,  doch  bey  Herculano  hatt,  was 
ihr  hertz  begert,  und  er  hat  sie  lieb,  als  billich  ist  und  mann 
ihr  weiber  haben  sollen.  Des  ich  von  dir  nicht  binn.  Wiewol 
ich  von  dir  gekleydet  würd,  waistu  wol,  wie  ich  von  dir  zü 
beth  gedient  binn,  und  wie  lang  [72a]  es  ist,  das  du  bey  mir  30 
nit  geschlaffen  hast.  Darumb  wiss ,  das  ich  lieber  wolt  zer- 
rissen gehn  dann  wol  gekleidet  sein  und  in  dem  beth  von  dir 
bass  gehalten  sein,  dann  ich  binn.  Du  solt  wissen,  das  ich 
ein  weib  als  die  andern  binn  ,  hab  lust  als  die  andern.  Ob 
ich  mich  selber  versihe  des,  das  mir  mangelt  und  von  dir  nit  &» 
hab,  das  soll  mir  niemants  für  übel  haben.  Ich  binn  von 
fleisch  und  blüt,  als  du  bist,  hab  begird  und  willen;  so  thü 


374 


Martin  Montanus, 


ich  dir  doch  die  ehr,  das  ich  mich  nit  zü  hüben  und  schint- 
fesseln  leg.4 

Also  nach  langem  beiten  Peter  wol  vernam ,  ir  red  sich 
uff  dise  nacht  nit  enden  würd;  als  der  irer  red  klein  acht  hett 

5  unnd  dabey  hunger  hett,  zü  dem  weib  sprach:  ,Nün  wolan, 
fraw,  hör  deins  reden  uff!  Sein  ist  nun  dalest  genfig ;  ich  soll 
dir,  des  du  begerst,  zü  willen  werden.  Gedenck,  das  wir  essen ! 
Dann  fürwar  mich  bedunckt,  das  diser  jung  gleich  als  wol  als 
ich  fast  und  zü  nacht  nit  gessen  hab.4  —  ,  Fürwar4,  sprach  die 

10  fraw,  ,er  hatt  nit  gessen ;  dann  da  du  anklopfftest,  da  setzten 
wir  uns  zü  tisch.4  —  ,So  gehe  bald  hien  und  schaff  uns  essen ! 
In  dem  ich  unser  sach  all  in  solcher  inass  soll  anrichten,  das 
du  über  mich  nit  mehr  solt  zü  klagen  haben.'  Da  die  fraw 
den  mann  also  willig  und  güts  müts  sähe,  bald  uffstund,  den 

15  tisch  zübereit  und  die  bereitten  speyss  kummen  thet  und  mit 
sampt  irem  bösen  mann  und  dem  jungen  knaben  zü  tisch  sass, 
und  güts  müts  assen. 

Und  was  nach  dem  Peter  seiner  frawen  willen  ein  genü- 
gen züthün  anrieht  und  ihr  aller  dreyer  halben  thet,  ist  mir 

so  zü  sagen  vergessen.  Aber  eins  ist  mir  wissend :  den  nechsten 
morgen  darnach,  da  der  jung  auff  der  herren  platz  käme,  ihm 
nicht  wol  wissend  was,  Weichs  von  den  zweyen  die  vergangen 
nacht,  die  fraw  oder  der  mann,  besser  gesellschafft  ge-[72b]habt 
hab.    Also  will  ich  zü  euch  sprechen,  ihr  mein  aller  liebsten 

25  frawen :  wer  es  euch  thüt,  dem  thüt  es  hien  wider!  Und  wa 
ihr  nit  mögen,  so  vertragen  es  mit  gedult,  so  lang  bis  ihr 
mögen  seit,  und  bey  der  mass,  dabey  ihr  einnempt,  bej  der 
gebt  wider! 

Wie  ein  jüngling  für  todt  in  eiuen  kästen  gelegt  uund 
30  des  nachts  von  zweyen  wücherern  gestolen  ward. 


Ein  doctor  der  artzney  wonet  uff  ein  zeit  zü  Meylandt  in 
der  stat,  welcher  in  seinen  alten  tagen  ein  hübsche  junge  und 


Cap.  95  (98). 


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Gartengesellschaft,  cap.  94 — 95.  375 


miert  hielt.  Aber  die  güt  tochter  den  meren  theil  den  hüsten 
het,  als  die  von  dem  alten  doctor  zü  beth  übel  bedeckt  ward ; 
uud  ihr  die  lehr  gab,  wie  das  man  zör  wochen  nür  ein  mal 
der  letsten  lieb  mit  den  frawen'  spielen  solt ;  dann  solches  der 
leib  in  vil  tagen  nit  tiberwinden  mocht.    Solche  lehr  er  ihr  5 
vor  predigt.  Darum b  sie  übel  zü  inüt  was ;  doch  als  die  weys 
bey  ihr  bedacht,  damit  sie  iren  doctor  sparen  möcht,  ir  einen 
jungen  zü  erwolen ,  der  sie  des  nachts ,  damit  sie  nit  erfror, 
deckt.    In  dem  sich  begab,  das  sie  eins  tags  in  irem  fenster 
lag,  das  ein  hübscher  jüngling  fürging,  Teophilus  genant.  Dem  10 
sie  zü  ir  rüfft,  im  alles  ihr  anligen  anzeigt,  und  wie  sie  des 
nachts  so  böslich  am  beth  von  irem  alten  mann  versehen  würd. 
Ve  so  lang  von  der  sach  redten,  das  ir  beyder  will  ein  will 
ward  und  der  blinden  metis  mit  einander  spielten  und  ir  der 
bauch  erwermpt  ward.  15 

Nun  begab  es  sich,  das  dem  artzet  ein  krancker  mit  einem 
faulen  [73a]  schenckel  zü  bracht  ward.  Des  gebrechen  er  bald 
vernomen  het,  zü  des  krancken  freunden  sprach,  wo  man  dem 
krancken  nit  ein  faul  bein  aus  nem ,  so  müst  man  im  den 
schenckel  gar  abschneiden ;  er  wolte  in  auch  nit  weiter  dann  20 
für  einen  todten  menschen  annemen.    Solches  des  krancken 
freund  wol  zü  friden  waren  unnd  ime  den  also  lüferten.  Dem- 
nach der  artzet  ein  wasser  zü  richtet,  darvon  der  kranck  schlaf- 
fen solt,  damit  er  den  schmertzen  desto  bas  erleiden  mocht. 
Da  nun  das  wasser  unnd  artzney  bereit  was,  stalts  der  artzet  20 
in  sein  kammer  und  sagt  niemandts  nichts  darvon,  was  es  für 
ein  wasser  were.    Als  aber  der  artzet  zü  vesper  zeit  zü  dem 
krancken  gehn  unnd  ime  den  tranck  geben  wolt,  kam  ime  bot- 
schafft, das  er  eylents  verreitten  müst,  Hesse  also  das  wasser 
uff  dem  fenster  stehn  unnd  rit  darvon.  30 

Da  nun  der  artzt  hinweg  kam,  schickte  die  fraw  eylents 
nach  irem  bülen ,  die  nacht  bey  ir  züschlaffen.  Und  als  er 
kam,  spert  sie  in  in  die  kammer,  biss  etlich  leuth  im  haus 
weren  schlaffen  gangen.  Ich  wais  nit,  was  der  jung  des  tags 
gessen  het;  in  kam  ein  grosser  durst  an,  er  erwüscht  das  £> 
-wasser  im  fenster,  meint  nit  änderst,  dann  es  were  brunnen 
wasser,  und  trancks  gar  aus.  Nit  lang  vergieng ,  das  in  ein 
schwert-r  schlaff  an  kam,  das  er  sich  nider  auff  ein  trog  legt 


376 


Martin  Montanus, 


unnd  entschlieff.  Da  nün  die  fraw  bereit  ward,  gienge  sie  in 
die  kamtner  unnd  fände  den  jungen  schlaffen.  Den  sie  züch- 
tiglich  weckt  und  sagt:  ,Da  du  schlaffen  woltest,  werest  dn 
wol  daheim  bliben.1  Und  in  rütlen  und  schütlen  ward  so  hart, 

5  das  er  von  dem  trog  auff  die  erd  fiel,  aber  nit  erwacht.  Dar- 
von  die  fraw  sehr  erschrack,  vermeinte  nit  änderst,  dann  er 
todt  sein  solte.  Wer  war  trauriger  'dann  die  güt  fraw !  Dann 
[73b]  sie  den  jungen  von  hertzen  lieb  het,  ob  im  stände,  gott 
ihr  laid  und  schmertzen  waiuend  clagen  thet,  besorgt,  das  sie 

10  auch  zu  irem  schmertzen  zü  schänden  würd,  nit  wisste,  wie 
sie  den  todten  aus  dem  hauss  bringen  solt. 

Eylends  zü  ihrer  magt  lieff,  was  sich  des  jungen  halb 
verloffen  hett,  ihr  zü  wissen  thet.  Das  die  magt  gar  ein 
frembde  sach  dancht,  den  jungen  auch  anruren  thet,  nicht  an- 

15  derst  dann  die  fraw  todt  sein  meint.  Zü  der  frawen  sprach, 
das  man  in  auffs  beldest  aus  dem  hauss  trüg.  Die  fraw  sprach: 
,Nün,  wie  mächt  das  geschehen,  damit  wir  in  seinem  todt  nit 
verdacht  oder  er  bey  dem  hauss  gefunden  würde  ?l  Die  magt 
sprach:  ,Fraw,  heut  gienge  ich  für  Roman  schreyners  hauss, 

20  da  sähe  ich  zwen  trog  vor  seinem  hauss  stehn.  Da  wöllen 
wir  ihn  hin  tragen  und  in  einen  legen,  doch  züvor  zwo  oder 
drey  wunden  in  kopff  schlagen.  So  würt  man  gedencken,  er 
seye  von  seinen  feinden  gewund t  oder  erschlagen  worden.4  Der 
frawen  der  magt  rhat  gefiel,  ausgenummen  ihn  also  zü  ver- 

2ö  wunden ;  dann  sie  solches  inn  keinen  weg  thün  oder  zulassen 
wolt.    Die  magt  hien  schickt  zü  besehen ,  ob  die  trög  noch 
da  stünden.  Da  nün  die  magt  wider  kam,  die  ein  starcke  dirn 
war,  den  todten  uff  die  achsel  nam  und  in  den  trog  legt. 
Nün  waren  kurtz  darvor  zwen  wücherer  inn  ein  hauss 

so  gegen  dem  schreiner  Uber  gezogen ,  die  mit  haussrhat  noch 
übel  versehen  waren;  die  kamen  und  trügen  den  trog,  darinn 
der  jung  lag,  nit  weit  von  ihr  kammer  in  ihr  hauss  und  leg- 
ten sich  darnach  schlaffen.  Ais  nün  der  jung  in  dem  kästen 
etliche  stund  geschlaffen  und  das  doli  tranck  verdaut  hett,  er- 

35  wacht  er,  seine  äugen  aufthet  und,  als  der  im  finsteren  kästen 
verspert,  nichts  sehen  kundt.  Umb  sich  [74a]  greiffen  ward ; 
wol  vernain,  das  er  in  einem  schrein  lag,  nit  erdencken  mocht, 
wie  er  darein  kummen  wer,  zü  ihm  selbst  sprach :    ,Was  ist 


Garten  gesellschaft,  cap.  95. 


377 


das  ?  Wo  mag  ich  nön  sein  ?  Schlaff  ich  oder  wach  ich  ? 
Nün  ist  mir  ye  wol  eingedenck  ,  das  ich  in  meiner  lieben 
frawen  kammern  kummen  bin ;  so  bedunckt  mich,  wie  ich  in 
einem  kästen  lig.  Was  mag  das  bedeuten?  Gewisslich  ist 
der  artzet  zü  haus  kummen  oder  meiner  frawen  sunst  ein  forcht  5 
zugestanden  ,  das  sie  mich  also  schlaffend  inn  den  kästen  vor 
dem  artzet  verborgen  hat.*  Nön  was  der  schrein  klein ,  und 
als  er  sich  umbwenden  wolt,  das  also  ungestüm  thet,  das  der 
schrein  umbfiel,  und  in  solchem  fallen  der  kästen  uffgieug. 
Als  aber  der  jung  solchs  vernam,  sich  aus  dem  kästen  macht,  10 
gedacht :  ,Es  gang,  wie  es  wöll,  so  wiltu  lieber  aus  dem  kä- 
sten weder  darinn  sein.4  Also  in  dem  hauss  hien  und  her 
gieng,  ob  er  vendert  thür  oder  thor  finden  möcht,  damit  er 
aus  dem  hauss  kerne. 

In  solchem  hien  unnd  her  gehn  Warden  die  wücherer  und  10 
ihre  weiber  sein  innen,  fiengen  an  zü  schreyen  ,Diebio,  diebio  !4 
unnd  ein  solch  geschrey  machten,  das  die  gantz  nach  bau  rschafft 
zuließen,  den  armen  Theophilum  für  einen  dieb  gefangen  in 
den  kercker  fürten.  Diser  märe  am  morgen  die  gantz  statt 
foll  ward,  wie  Theophilus  für  einen  dieb  in  der  wftcherer  hauss  20 
gefangen  worden.  Solches  käme  des  artzts  frawen  und  der 
magt  auch  zu  gehör,  was  sich  ihres  bülen  halb  in  der  Wu- 
cherer hauss  verloffen.  Sich  nit  genügsam  verwunderen  kund- 
ten,  wie  das  zügehn  solt,  das  sie  ihn  todt  in  den  kästen  ge- 
legt und  er  yetzt  für  ein  dieb  gefangen  sein  solt.  20 

In  dem  wäre  der  artzt  wider  zft  hauss  kummen,  nach  sei- 
nem wasser  fragen  ward.  Da  warde  im  der  lähr  angster, 
[74b]  darinnen  das  wasser  gewesen,  fürbracht.  Da  warde  er 
zornig,  zü  der  frawen  sprach ,  kein  ding  in  seinem  haus  mit 
friden  bleiben  noch  stehn  möcht.  Die  trau ,  die  one  das  be-  30 
trübt  was,  dem  mann  zorniglich  antwort  unnd  sprach:  Klei- 
ster, was  würde  ich  sprechen,  wann  etwas  grössers  geschehen 
wer,  wann  ihr  umb  einen  verschütten  angster  mit  wasser  so  zornig 
sind?  Findt  man  dann  sein  nit  mehr?4  Der  meister  zü  der 
frawen  sprach :  ,Du  meinst  vileicht,  es  seye  schlecht  brunnen  30 
wasser.  Nein  freylich,  es  ist  von  grossen  künsten  schlaffen 
zü  machen  gemacht.4  Und  sagt  ihr  alle  ding,  warumb  er  das 
wasser  gemacht  hett.    Die  fraw  sagt :    ,Meister ,  wir  wissen 


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378 


Martin  Montanus, 


nicht  darvon.  Darumb  lassend  ewern  zorn  und  machen  ein 
anders  !4 

Da  die  fraw  ihrn  herren  vernummen  hett,  zü  handt  ge- 
dacht, das  ihr  bül  das  wasser  gedruncken  hett,  zü  der  magt 

5  sprach  :  ,Gang  eylendts  herfür,  lüg,  ob  du  erfaren  kündst,  wie 
Theophilus  in  der  wücherer  haus  kummen  sey  und  was  man 
weiters  mit  ihm  handien  wöll !  Das  lass  mich  bald  wissen  !* 
Die  niagt  gieng  schnell  herfür  und  kam  bald  wider,  zeigt  der 
frawen  an,  wie  das  gemein  geschrey  were,  das  man  ihn  mor- 

logends  hencken  solt  und  keiner  seiner  fründ  sich  sein  annein- 
men  wolt.  Mehr  zeigt  sie  ihr  an ,  das  der  trog  ,  darein  sie 
Teophilum  gelegt,  nit  des  schreiners  ,  sunder  eins  andern  ge- 
wesen wer:  die  selbigen  zwen  hetten  yetz  ein  grossen  streit 
des  trogs  halben  mit  einander  gehabt;  der  schreiner  sagt,  er 

15  wer  im  gestolen  worden,  so  sagt  der  ander,  der  schreiner  hette 
ihn  verkaufft;  dann  er  den  kästen  die  vergangen  nacht,  als 
Teophilus  gefangen  worden,  in  der  zweyer  wücherer  haus  ge- 
sehen und  hetten  die  zwen  gesagt,  sie  hetten  irae  den  trog 
abkaufft.  ,L)aruff  der  schrei-[75a]ner  weiter  gesagt  hett:  Sie 

so  liegen  in  ihre  halss  hienein ;  ich  hab  ihn  nit  verkaufft,  aber 
sie  sollen  wol  die  sein ,  die  mir  ihn  genummen  und  gestolen 
haben.  Und  gehn  yet/under  mit  einander  in  der  wücherer 
haus,  sie  zü  befragen,  wo  inen  der  schrein  her  kum.  Darunib 
ich  eylends  herheim  kummen  bin,  euch  solchs  anzüzeigen.k 

25  Da  die  fraw  solchs  von  der  magt  verstanden  hett,  kundt 
sie  wol  gedencken,  das  ihr  liebster  bül  mit  dem  kästen  in  der 
wücherer  haus  wer  getragen  worden.  Der  magt  bald  alles, 
was  sie  von  ihrem  artzt  des  wassers  halb  vernummen  hett, 
zü  wissen  thet,  darnach  sie  früntlich  bitten  thet,  das  sie  ir 
behilflich  sein  wolt,  ir  ehr  zü  behalten  und  Teophilo  s^in 
leben  zu  retten,  welches  sie  dann  woi  thün  mocht.  Die  magt 
sprach :  ,Fraw ,  ir  sollen  mich  dessen  underrichten  und  lehr 
geben;  was  ich  dann  thün  soll,  das  will  ich  willig  und  gern 
thün.1    Die  fraw  sich  schnell  bedacht  und  berhaten  hett,  was 

&>  diser  Sachen  halb  zü  thün  wer,  die  magt  ordenlich  bericht. 
wie  sie  alle  Sachen  angreiften  und  thün  solt. 

Als  nün  die  magt  allen  bericht  von  der  frawen  empfangen 
hett,  sicli  bald  zü  ihrem  herren,  dem  artzet,  verfügen  thet  und 


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Gartengesellschaft,  cap.  95. 


379 


zü  im  sprach:  ,Herr,  ich  bitt  umb  gnad  und  Verzeihung  umb 
etwas  Obels,  das  ich  in  ewerm  haus  begangen  hab.4  Der  herr 
sprach:  ,Was  ist  das,  das  du  begangen  hast?'  —  ,Herr,  ihr 
solt  wissen,  das  ich  in  den  vergangnen  tagen,  als  ihr  nit  an- 
heimisch  gewesen ,  Teophilam ,  der  yetzt  umb  das  leben  ge-  ö 
fangen  ligt,  bey  mir  zu  schlaffen  herein  vertagt;  und  als  ihn 
ein  grosser  durst  ankuinmen,  hab  ich  vor  dem  volck  im  hauss 
nit  wol  über  den  brunnen  kumnien  mögen.  Also  ist  mir  das 
wasser  in  dem  angster,  das  ich  newlich  darvor  gesehen  hett, 
zü  gedancken  kuinmen ,  hab  ich  ihm  [75b]  dasselbig  bracht  io 
und,  als  ers  ausgedruncken,  den  angster  lahr  widerumb  an  die 
statt,  da  ich  ihn  genummen  hab,  gestelt.  Beken,  das  ich  un- 
recht gethon  hab,  unnd  ist  mir  laid  nit  allein  umb  das  wasser, 
sunder  auch  um  mein  liebsten  bülen.  Derbalb  bit  ich  umb 
Verzeihung,  darbey  auch  umb  erlaubnus,  für  den  richter  zu-  v, 
gehn  unnd  ime  anzuzeigen,  wie  sich  alle  sachen  verloffen  und 
ergangen  sey,  damit  ich  den  armen  Teophilum  wider  aus  der 
gefencknus  erledigen  m6g.4  Der  artzet,  da  er  solches  hört, 
wie  wol  er  des  wassers  halb  über  die  magt  zornig  was,  müste 
er  der  abentheurlichen  geschieht  lachen  ;  zü  der  magt  sprach :  au 
.Wolan,  du  hast  dir  deiner  sünd  selbst  büs  geben.  Dann  da 
du  uff  dise  nacht  meintest  ein  frischen  jungen  knaben  an  dei- 
nem arm  zuhaben ,  der  dir  den  beltz  solt  gestrelt  haben ,  so 
hastu  ein  schlaff  trunckenen  esel  geritten.  Darumb  gang  hien 
und  such  sein  heil  nach  deinem  vermögen  unnd  wiss  dich  fürt-  &> 
hin  zü  hüten  unnd  für  mir  nit  mehr  truncken  leuth  in  mein 
haus!    Änderst  ich  würd  mit  dir  gehn  holtz  reitten.1 

Die  magt  daucht,  sie  die  erst  sach  wol  genüg  aus  ge- 
richtet het,  und  sich,  so  beldest  sie  mocht,  zü  der  gefencknus 
verfügt,  darin  Teophilus  gefangen  lag,  unnd  den  hutern  sovil  w 
gfiter  wort  gab,  das  sie  mit  Teophilo  reden  mocht.  Dein  sie 
alle  sach,  was  sich  seinent  halben  verloffen  het,  zü  wissen 
thet,  weiter  im  undericht  gab ,  was  er  vor  dem  richter  reden 
solt.  Darnach  zü  dem  richter  gieng,  wie  alle  sachen  mit  Teo- 
philo ergangen,  gar  ordenlich  bericht  und  zü  wissen  thet.  x> 

Da  der  richter  der  magt  red  vernommen  het ,  sich  zürn 
ersten  zü  dem  artzet  verfügt,  den  fragt,  ob  die  magt  gelogen 
oder  wahr  gesagt  het.   Dem  der  artzet  alle  sach,  was  sich  in 


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380  Martin  Montanus, 

seinem  haus  [76a]  die  nacht  des  wassers  halb  verloffen  het, 
anzeigt.  Da  der  richter  vernara ,  das  die  magt  wahr  gesagt 
het ,  er  schnei  nach  dem  schreiner  und  dem  andern ,  des  der 
schrein  gewesen  was,  schickt.    Unnd  nach  langer  und  man- 

5  gerley  red  sich  befand,  das  die  zwen  wücherer  den  kästen  ge- 
stolen  unnd  Teophilum  darin  heim  getragen  hetten.  Da  nun 
der  richter  solches  auch  gehört  het,  Hesse  er  von  stund  an 
den  eilenden  Teophilum  für  sich  bringen,  fragt  in,  wie  er  in 
der  wücherer  haus  zu  stelen  kommen  wer.    Er  dem  richter 

10  antwort  unnd  sprach:  ,Herr,  wo  ich  die  nacht  geherbergt 
hab,  ist  mir  warlich  unwissend.  Das  wais  ich  aber  woi  unnd 
mir  yngedenck  ist,  das  ich  in  des  artzets  haus,  bey  seiner  magt 
züschlaffen,  gangen  bin.  Da  ich  ursach  grosses  dursts  wasser 
gedruncken  hab  und  gleich  darauff  entschlaffen.  Wie  es  dar- 

i">  nach  meinent  halben  ergangen ,  da  wais  ich  gar  nichts  von 
zü  sagen;  dann  da  ich  aus  dem  schlaff  erwacht,  ich  in  einem 
schrein  in  der  wücherer  haus  stack.4  Da  der  richter  die  aben- 
theurlich  sach  vernam,  besunder  freud  het,  Teophilum  ledig 
lies,  die  zwen  wücherer,  die  den  schrein  gestolen,  umb  zehen 

2ü  marck  sylbers  strafft. 

Ob  der  gilt  Teophilus,  der  yetzt  nit  anders  meint,  dann 
er  sterben  miist,  frölich  und  wol  zü  müt  was ,  des  gleichen 
auch  sein  schöne  fraw,  da  frag  nieinandts  nach.  Dann  sie 
darnach  mit  irer  getrewen  magt ,  die  dem  guten  jungen  die 

a>  wunden  in  kopff  schlagen  wolt,  der  vergangen  Sachen  genüg 
lachten,  in  irer  lieb  freud  namen.  Von  tag  zü  tag  ihr  lust 
sich  mehrt,  und  was  der  güt  Teophilus  verschlaffen,  er  das 
darnach  alles  wider  doppel  erstattet  und  einbracht.  Aber  er 
wolt  fürt  hien,  wann  er  durst,  kein  wasser  mehr,  sunder  wein 

sodrincken.  [76b] 

* 

9  wucher  A      14  gedrurcken  A 


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Gartengesellschaft,  cap.  95—96. 


381 


Wie  ein  juuger  baurenknecht,  Lawel  genant,  sich  zü 
einem  stummen  macht  und  in  einem  closter  ein  gart- 
ner  ward,  die  nunnen  sampt  der  eptissen  beschlieff, 
auch  etlich  darander  schwanger  macht. 

•     Cap.  96  (99).  5 

Ein  frawen  closter  nit  weit  vonn  einer  statt  in  einem 
wald  gelegen,  von  grossen  wirden  und  heiligkeit  gehalten,  das 
ich  nit  nennen  will,  damit  ihr  guter  leumde  unnd  wirdigkeit 
nit  gemindert  noch  geschwecht  werde.  Darin  nit  mehr  dann 
acht  nunnen  sampt  der  eptissin  waren,  alle  jung  und  frisch;  W 
die  hätten  einen  guten  alten  man  zö  einem  gartner.  Aber 
der  grossen  arbeit  unnd  kleinen  lohns  nit  mehr  zu  kommen 
mocht,  mit  dem  Schaffner  rechnet  unnd  heim  zöge. 

Da  er  von  seinen  bekanten ,  besonder  von  einem  jungen 
bauren  knecht,  früntlich  empfangen  ward,  welcher  nach  beu-  10 
rischer  art  ein  gerad  jung  und  hübsch  mann  was.  Der  in  fragt, 
wa  er  so  lang  gewesen.    Der  alt  mann  sagt,  wie  er  so  lang 
bey  den  nunnen  gedient  und  gewesen  were.  Der  jung,  Lawel 
genant,  in  fragt,  was  sein  arbeit  bey  den  nunnen  gewesen 
were.    Er  antwort  und  sprach  :    ,Ich  hab  in  iren  gärten  ge-  20 
arbeit  und  zu  zeiten  mit  zweyen  eseln  gehu  holtz  gefaren  unnd 
wasser  zu  irer  notturfft  in  die  kuchen  getragen,  auch  andere 
mehr  bossel  arbeit,   wie  dann  iu  den  clostern  gewonheit  ist, 
gethan.'    Lawel  in  fragt:    , Lieber,  weistu  nit,  ob  sie  noch 
kein  andern  haben?4  —  ,Nein  warlich1,  sprach  der  alt,  , aber  25 
mich  hat  wol  ir  Schaffner  gebetten,  wann  mir  yemand  zu  hand 
kern ,  ich  solten  im  zuweisen.    Aber  ich  Hess  sie  den  [77a] 
ritten  haben ;  es  kan  in  niemands  genüg  gethon.4 

Lawel  sprach:  ,Wie  wol  hastu  gethon ,  das  du  von  in 
kommen  bist!  Ich  ken  die  untrew  art  wol:  es  kan  die  geit- 30 
sack  niemands  erfüllen.1  Aber  darneben  gedacht:  ,Das  würde 
eben  ein  sach  für  dich  werden.  Kemestu  hinein ,  du  woltest 
inen  die  gärten  jätten,  sie  solten  sein  gewisslich  gewar  wer- 
den.4   In  dem  von  dem  alten  abschied. 

Nun  het  Lawel  tag  und  nacht  kein  ruh  ,  sunder  ste^ 


382 


Martin  Montanus, 


nachgedencken  het,  wie  er  die  sach  angreiffen  wolt,  damit  er 
zft  den  nunnen  in  das  closter  kommen  macht.  Stets  sorg  het 
das  er  umb  seiner  jugent  willen  nit  angenomen  würd  ;  doch 
zu  letst  newen  sinn  bedacht,  aller  Sachen  rhat  zu  finden.  Mit 
im  selbst  bedencken  ward,  das  das  closter  ferr  von  dannen 
und  niemandts  in  der  selben  gegent  noch  in  dem  closter  in 
kennen  solt. 

»Sich  annam,  als  ob  er  ein  stumm  wer;  in  betlers  weis 
mit  einem  schellin  das  almftsen  zuheischen  für  das  closter  kam 

10  und  zu  allem  glück  den  schaffner  in  dem  closter  hoff  stehn 
fand,  an  den  er  mit  deuten  das  almusen  begert,  unnd  ob  er 
wolt,  das  er  im  das  holtz  uff  spielt.  Der  schaffner  gab  im  zu 
essen  ,  darnach  zeigt  er  im  etlich  blocher,  die  der  alt  manu 
nit  zerspalten  mögen,  die  hette  er  behend  und  mit  wenig  strai- 

lö  chen  zerspalten.  Als  aber  dem  schaffner  zu  holtz  zu  faren 
von  nöten  was,  name  er  Lawel  mit  im ;  der  hette  gar  geschwind 
also  vil  holtz  gemacht,  das  die  beide  esel  daran  zü  tragen 
hetten,  und  zogen  also  zü  haus.  Der  schaffner  gross  gefallen 
ab  dem  stummen  het,  in  etlich  tag  bey  im  behielt,  mancherlei 

20  arbeit  im  für  gab,  die  er  alle  gar  ordenlich  ausrichten  thet. 
Eins  tags  sich  begab,  das  die  eptissin  des  closters  in  ge- 
sehen het,  den  schaffner  fragt,  wer  er  wer.    Der  sprach: 
,Fraw ,  er  ist  ein  [77b]  armer  mann ,  kan  nicht  reden ,  ein 
stumm  und  ungehörend,  der  iu  disen  tagen  herein  umb  das 

2:»  aluiusen  kam.  Den  hab  ich  seider  zft  holtz  unnd  andern  un- 
sern  geschafften  gebraucht.  Ründt  er  den  garten  arbeiten 
und  wolt  bey  uns  bleiben,  ich  hoff  vil  guter  dienst  von  ihm 
zft  haben.  Dann  er  ist  jung  und  starck  und  wer  uns  gar  füg- 
lich ;  man   mocht  ihn  brauchen  zft  aller  notturfft.    So  wer 

so  man  auch  on  sorg  der  ewern  jungen  frawen  schimpffens  unnd 
schertzens  halben ;  dann  er  kan  nit  reden  noch  gehören.'  Die 
eptissin  sprach:  ,Fürwar ,  du  sagst  war.  Frag  ihn,  ober 
wolt  den  garten  arbeiten  und  bey  uns  bleiben !  Thft  fleiss, 
ob  du  in  bey  uns  mochtest  behalten ,  gib  ihm  ein  par  schü 
."»:,  und  ein  par  hosen  und  thft  ihm  gutlieh,  damit  er  desto  lieber 
bey  uns  bleib!'  Der  schaffner  sprach,  er  mit  im  sein  ver- 
mögen thftn  wolt. 

Lawel  nicht  ferr  davon  was,  da  der  schaffner  mit  der 


Gartengesellschaft,  cap.  96.  383 

eptissin  sein  gesprach  hett,  beyder  red  und  meinung  wol  ver- 
nommen hett;  des  gleichen  thet  den  hoff  zü  keren,  sich  end- 
lich macht,  fro  und  wol  zü  müt  was,  hofft,  im  würde  gelingen. 
Frölich  in  seim  hertzen  sprach :  ,Nempt  ir  mich  zu  euch 
hienein,  ich  soll  euch  den  garten  also  arbeiten,  das  er  vileicht  5 
all  sein  tag  inn  solcher  iuass  nie  gearbeit  ward.1 

Der  Schaffner  wol  sähe,  das  er  aller  baurn  arbeit  wol 
fertig  was;  durch  deuten,  so  er  best  raocht,  er  ihn  fragt,  ob 
er  bei  ihn  bleiben  wolt.  Lawel,  der  umb  anders  nit  darkum- 
men  was,  mit  deuten  ihm  antwort,  er  sein  gefallen  gern  thün  io 
wolt.  Zü  hand  der  schaffner  ihn  füret,  den  garten  zü  sehen, 
und  ihn  weiset,  was  sein  arbeit  sein  solt ;  darnach  in  anderem 
geschafft  des  closters  ausgieng,  ihn  allein  lies.  Lawel  den  gar- 
ten sauber  arbeit,  bass  dann  kein  gartner  nie  gethon  hett. 
Die  jungen  nunnen  zü  Zeiten  zü  ihm  [78a]  in  den  garten  ka-  iö 
men,  mit  ihm  begunden  zü  schertzen  und  ihr  abweiss  mit  ihm 
zü  treiben,  als  man  dann  gern  mit  den  stummen  thüt;  sunder 
gar  mit  schamperen,  unzüchtigen  worten  ihn  umbtriben,  nicht 
meinten,  das  sie  von  im  vernummen  weren.  Und  auch  die 
eptissin  meint,  gleich  als  er  on  red  wer,  das  er  auch  on  ein  20 
penitentzer  wer;  darumb  sie  nicht  acht,  was  sie  mit  ihm 
redten. 

Nün  eins  tags,  da  er  gar  sehr  gearbeit  und  sich  darnach 
gelegt  hett,  zwo  von  den  jungen  nunnen  in  den  garten  ka- 
men nahe  da  bey,  da  er  lag  unnd  rühet.  Er  die  nunnen  auch  25 
ersehen  hett  und  des  gleichen  thet,  als  ob  er  schlieff.  Die 
zwo  nunnen  ihn  gar  eben  beschawten ,  doch  die  ein  frecher 
und  gehertzter  dann  die  ander;  die  selb  anhüb,  zü  der  ande- 
ren sprach:  ,Wann  ich  glaubt,  das  du  verschwigen  werest,  so 
wolt  ich  dir  etwas  sagen  und  dir  mein  meinung  zü  wissen  so 
thim.  Ich  hab  zü  mehr  malen  sinn  gehabt,  etwas  mit  disem 
stummen  zü  versüchen,  das  dir  vileicht  nit  minder  lieben  würd 
dann  mir.4  Die  ander  ihr  antwort:  ,Sag  frolich,  biss  on  alle 
sorg!    Ich  soll  es  niemandt  sagen.1 

Zü  handt  die  erst  wider  sprach :  ,Ich  waiss  nicht,  ob  du  » 
als  ich  gemercket  hast,  wie  wir  so  streng  und  hert  gehalten 
sind  und  zü  uns  herein  kein  mann  kummen  mag  dann  allein 
unser  schaffner,  der  ein  alter  mann  ist,  und  diser  stumb.  Nün 


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384  Martin  Montanas, 

hab  ich  offt  vernummen  von  den  weltlichen  frawen ,  die  zö 
uns  herein  kuminen,  das  all  süssigkeit  der  weit  nit  zü  schetzen 
sey  gegen  der  süssen  freud,  die  der  mann  und  die  frau  zö  beth 
mit  einander  begehn.    Darumb  ich  zu  mehr  malen  hab  für- 

5  genummen,  seittenmal  ich  anders  mans  nit  gehaben  mag,  mich 
mit  disem  stummen  züversüchen,  ob  ihm  also  sey,  als  ich  ver- 
nutnmen  hab;  dann  er  mich  darzü  güt  genüg  dunckt,  und  ob 
ers  jemant  [78b]  sagen  wolt,  so  kan  ers  nit  thün.  Du  sihest 
wol,  er  ist  ein  junger  auffgewachssner  lapp  von  den  jaren  und 

io  sinnen.  Darumb  ich  dein  meinung  auch  gern  vernemmen  wolt, 
wes  dich  gedaucht.4 

,0  wee4,  sprach  die  ander,  ,was  sagstu?  Weistu  nit,  das 
wir  gott  unser  reine  keuscheit  versprochen  haben?1  —  ,0\ 
sprach  die  erst,  ,wie  vil  man  im  täglich  verspricht  und  im  der 

15  keins  helt!  Haben  wir  im  versprochen,  so  süch  er,  die  ims 
halten.4  Die  ander  sprach:  JJnnd  ob  wir  schwanger  würden, 
wie  würde  es  uns  ergehn?4  —  ,Du  hast  sorg,  ehe  sich  der 
schad  begibt  und  kommen  ist.  Wann  sich  ein  solches  füget, 
darnach  man  bedencken  sol,  wes  sich  zuhalten  und  züthtiu  sey. 

20  Ich  sag  dir,  es  sind  hundert  guter  weg  und  sinn,  damit  man 
bedencken  mag,  so  ferr  mir  das  selbs  niemand  sagen.4 

Die  ander ,  die  da  grösser  begird  züversüchen  dann  die 
erst  gewan,  was  thiers  doch  der  mann  gesein  mocht,  ,Nun 
wolan  in  dem  nammen  gottes4,  sprach  sie,  ,wes  begönnen  wir? 

25  Wie  thün  wir  im  ?l  Die  erst  sprach :  ,Du  siehst  wol,  es  ist 
jetzund  non  zeit,  unnd  unsere  Schwestern  sollen  all  zö  mittag 
schlaffen  ;  doch  sehen  wir,  ob  jemand  in  dem  garten  sey !  Ist 
dann  niemand  hinnen,  was  haben  wir  anders  züthün  dann  La- 
wel  bey  der  band  zünemmen  und  in  in  die  hütten  f^ren?  Er 

yo  ist  so  einfeltig ,  das  er  sich  schicken  würt  nach  unserm  ge- 
fallen.4 

Lawel,  der  da  wachet  und  des  gleichen  thet,  als  ob  er 
schlieff  t  alle  ihr  red  und  gesprech  vernommen  hett ,  sich 
schicket,  beider  willen  züthün  ;  ine  hundert  jar  daucht ,  wann 
35  er  in  die  hütten  gefürt  würde,  aller  ding  bereit  was. 

Die  frawen  sich  umbsahen  und  wol  vernamen,  das  nie- 

27  garren  A      34  ine  A 


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GartengexellHchaft.  cap  96 


385 


ruandt  in  dem  garten  was,  der  sie  sehen  möchte;  dann  sie 
allein  mit  Lawel.  Zu  hand ,  die  da  der  materi  ursach  und 
[79a]  anfang  was,  zü  Lawel  gieng,  in  auffwecket;  der  sich 
nit  säumet,  auff  sein  füss  sprang.  Die  jung  mit  einem  liep- 
lichen  deuten  oder  wincken  in  bey  der  handt  nara,  und  er  mit  5 
einem  stillen  einfeltigen  lachen  in  die  hatten  gefürt  ward. 
Da  sich  Lawel  nicht  sehr  bitten  noch  nöthen  Hess,  der  nun- 
nen  willen  mit  ihrem  grossen  gefallen  verbracht;  und  sie  als 
ein  getrewe,  die  ihrem  willen  zü  diser  stund  hette  ein  genü- 
gen gethon ,  der  andern  ihren  theyl  widerfaren  lies.  Lawel  i° 
erzeigt  sich  gegen  ihnen  gar  einfeltig,  doch  zu  einer  stund 
beyder  willen  ein  genügen  thet;  unnd  wol  zümüt  von  ihm 
schieden. 

Darnach  gar  offt  zü  einander  sprachen,  es  sicher  war  wer, 
in  der  weit  nichts  süsser  wer,  und  das  vil  mehr,  dann  sie  von  15 
den  weltlichen  verstanden  hetten.  Darnach  ihn  fügliche  zeit 
namen,  mit  dem  stummen  zü  schimpffen.  Doch  nit  lang  ver- 
gieng ,  da  sie  mit  dem  stummen  in  freuden  waren .  sie  von 
einer  ihrer  Schwestern  ab  einem  fenster  gesehen  Warden.  Die- 
selbig es  anderen  zweyen  auch  saget  und  weiset;  und  mit  ein- 20 
ander  eins  wurden ,  bey  de  sünderin  gegen  der  eptissin  zü  ver- 
klagen; doch  sich  bald  änderst  berieten  und  sich  mit  den 
zweyen  gar  wol  vereinten  und  sich  Lawels  süssigkeit  auch 
theilhafftig  machten.  Also  die  drey  nunnen  in  kleiner  zeit 
mit  den  zweyen  gesellschafft  machten.  25 

Und  zü  letst  die  eptissin ,  die  eins  solchen  nit  war  ge- 
nummen  hette,  eins  tags  spacieren  in  den  garten  allein  ge- 
gangen was,  und  das  zü  der  zeit,  da  die  hitz  am  grösten,  und 
Lawel.  der  nit  von  kleiner  arbeit ,  so  er  die  vergangen  nacht 
gethon  hett,  als  lang  er  was,  gestrecket  under  einem  mandel-  :«> 
bäum  an  dem  schatten  und  rucken  ligeu  und  schlaffen  fand. 
Und  der  windt  hette  im  das  hembdlin  fornen  übersieh  ge- 
worffen,  [79b]  das  das  ding ,  das  die  züchtigen  frawen  die 
nchftmm  nennen,  unbedeckt  beliben  was.  Das  die  eptissin  er- 
sehen hett  und  sein  gar  eben  war  nam,  sich  allein  sähe,  auch  85 
.sie  in  solchen  lust  und  begird,  als  ihr  nunnen  gethon  betten, 
fiel,  Lawel  auffweckt  unnd  mit  ihr  in  ihr  kammer  fürt. 

Da  sie  ihn  etlich  tag  mit  grossem  murmlen  der  andern 

Mo&Uüiu  25 


386 


Martin  Montanus, 


nunnen  hielt,  darumb  das  der  gartner  den  garten,  mit  haar 
umbzeunt,  so  lang  öde  lies  und  nit  arbeit.  Aber  die  eptissin 
ihn  so  lang  hielt,  das  sie  gar  eben  versucht  und  wider  ver- 
sucht das,  das  sie  dann  vor  all  wegen  gescholten  hett.  Doch 

ö  nach  etlichen  tagen  ihn  wider  in  sein  kammer  schicket  und 
hienfür  mehr  dann  die  andern  brauchet. 

Des  der  güt  Lawel  nit  mehr  z&kumraen  mocht  und  un- 
gewont  was ;  darumb  ihm  gedencken  ward,  blib  er  lenger  ein 
stumb,  ihm  davon  schaden  züstehn  mocht.  Und  eins  male,  da 

lu  er  bey  der  eptissin  was,  ihm  selbst  die  zungen  loset  und  sein 
red  wider  an  sich  nam  und  sprach:  ,Fraw,  ich  hab  offt  ver- 
numinen, wie  ein  han  neun  hennen  ein  genügen  sey  und  zehen 
mann  einer  frawen  nit  mögen  ein  genügen  thün.  Und  ich 
doch  ir  neun  versehen  möss.    Solchs  ich  nit  mehr  vermag. 

15  Und  das  ich  bissher  gethon  hab,  hat  mich  zü  solchem  bracht, 
das  ich  weder  vil  noch  wenig  mehr  mag.  Darumb  ihr  mich 
fürbass  werden  gehn  lassen  oder  ander  sinn  fiuden,  damit  ich 
leben  mög.4 

Da  die  eptissin  La  weis  red  hört,  den  sie  für  einen  stum- 
men  hielt,  aller  erschrack  und  sprach:  ,0  wee,  was  ist  das! 
Nun  glaubt  ich,  du  werst  ein  stumm.4  —  ,Fraw',  sprach  La- 
wel, ,ich  binn  gar  wol  ein  stumm  gewesen,  aber  nit  von  na- 
tur.  Sunder  mir  ein  grosse  kranckheit  die  red  nam,  die  mir 
in  diser  vergangnen  nacht  (gott  sey  lob)  ist  widerkummen.' 

25  Das  die  fraw  alles  glaubt  und  [80a]  ihn  fürbas  fragt,  was  das 
bedeut,  das  er  neunen  gedient  hett.  Lawel  ihr  all  sachen  sagt, 
was  ihr  nunnen  taglich  mit  ihm  begangen  hetten.  Da  bey 
sie  wol  vernam,  sie  kein  nunnen  nit  hette,  das  sie  nicht  weib- 
licher gethon  hette  dann  sie.   Doch  Lawel  von  ihr  nit  lassen 

:»  wolt,  also  lang  biss  das  sie  mit  ihren  frawen  rhat  hett,  da- 
mit ihr  closter  und  ihr  guter  leumat  nicht  geschwecht  würd. 

Und  etlich  tag  darvor  inen  ihr  alter  Schaffner  todt  was. 
Und  sich  aller  verloffen  sach  mit  Lawel  und  ihr  allenthalben 
mit  einander  vereinten  und  mit  Lawel  gross  freud  hetten  und 

35  dem  volck  dargegen  züverstehn  gaben  ,  wie  [durch]  ihr  de- 
mutig gebett  zu  gott  und  dem  heiligen,  in  des  ehr  das  closter 
geweihet  was,  Lawel,  der  lang  zeit  ein  stumm  gewesen  was, 
sein  red  ihm  were  widerkummen.  Zühand  ihn  zö  irem  Schaffner 


I 

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Gartengesellschaft,  cap.  96—97. 


387 


bestatten  und  in  solcher  zeit  sein  muhe  und  reitten  under  sich 
theilten,  das  er  sein  hienfür  zü  guter  mass  wol  zukam.  Unnd 
wiewol  er  viel  junger  nünlin  machet,  doch  ihren  handel  in 
solcher  mass  fürten,  das  sie  nie  in  keinerley  argem  verdacht 
warden.  Also  verschwigen  blibe,  dieweil  die  selbig  eptissin  5 
bey  leben  was. 

Doch  nicht  lang  darnach  die  eptissin  mit  todt  abgieng 
und  starb,  und  Lawel  nun  dalest  abgeritten  hette,  reich  wider- 
umb  heim  kam ,  ein  alter  reicher  vatter  seiner  kinder  im  on 
alle  muh  erzogen,  der  sein  muhe  und  arbeit  wol  angelegt  n> 
hette,  und  mit  einer  axst  über  die  achseln,  als  er  in  das  clo- 
ster  kummen  was,  widerurab  heim  zohe. 

Sein  weib  verkaufift  einer  den  juden. 

Cap.  97  (100). 

[80b]  Ein  böser,  verwegner  lecker,  ein  baurssman,  het  i» 
ein  weib  und  etliche  klaine  kinder ,  der  sich  wol  mit  seiner 
arbeit  het  erneren  mögen,  hett  er  nicht  ein  schelmenbein  im 
rucken  gehapt  stecken.  Der  selbig  baur  sich  hinder  die  juden 
macht  und  denen  sein  weib,  die  dasselbig  mal  sehr  gros  kindts 
schwanger  gieng  unnd  alle  stund  wartet,  wann  sie  unser  lie-  20 
ber  hergott  entbende,  zükauffen  gab  unnd  mit  inen  eins  ward, 
das  er  sie  solt  in  wald  füren;  daselben  wolten  sie  sein  warten. 

Der  baur  zohe  haim  und  sagt  zü  seiner  frawen :  ,Wolan, 
du  niüst  morgen  mit  mir  in  wald  faren,  holtz  holen.4  —  ,Ach4, 
sprach  die  fraw,  ,du  sihest  wol ,  ich  bin  gross  und  hab  auss-  &> 
gerechnet,  wais  keiü  stund  vor  mir,  wann  mich  unser  hergott 
augreifft.  So  wais  ich  wol,  ich  kan  nicht  faren,  und  möcht 
mir  leicht  etwas  begegnen,  das  mir  misslünge.  So  werestu 
hernacher  schuldig  dran.4  —  ,Was  geth  das  mich  an1,  sagt 
der  mann  ,  ,du  müst  mit  mir  faren ,  got  geb  es  missling  dir 
oder  gang,  wie  es  wöll.4  —  ,Ach  gott4,  sprach  die  fraw,  ,wie 
will  es  mir  ergon!4  AufF  den  wagen  sass  und  mit  ime  dar- 
vou  för. 

Nün  für  der  schelmig  baur  hien  in  den  wald  und  seltzam 
umbfür.    Und  da  er  schier  an  das  orth  kam  ,  da  die  juden  35 

25* 


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388 


Martin  Montan us, 


waren,  stig  er  von  dem  ross  ab  unnd  sagt:  ,Weib,  ich  bin 
in  dem  wald  verirret.  Darum b  bleib  du  auff  dem  wagen 
sitzen  !  So  will  ich  gehn  sehen,  wo  mein  holte  ligt/  —  ,Ach', 
sagt  die  fraw,  ,bistu  so  offt  in  dem  wald  gewesen  unnd  waist 

5  nicht,  wo  dein  holte  ligt?  Gehe  eylents  hien  unnd  kum  bald 
wider!  Dann  mir  ist  nit  recht/  Der  baur  gieng  zü  den  ju- 
den, zeiget  den  an,  wo  er  sein  weib  gelassen  hett  unnd  das 
sie  hiengiengen  und  dasselbig  holten.  Und  die  juden  den 
nechsten  dem  wagen  zü  lieffen,  das  weib  mit  grossem  ru-[81aj 

10  inor  unnd  geschmy  ab  dem  wagen  namen,  auss  zogen  und  an 
einen  bäum  banden ;  solche  auff  schneiden  unnd  das  kindt  von 
ihr  nemen  wolten.  Nun  hett  die  fraw  ein  sollich  gross  ge- 
schray,  das  es  durch  den  gantzen  wald  erschall.  Derhalb  sie 
ihr  ein  knebel  ins  maul  banden,  damit  sie  nicht  mehr  schreyen 

15  kundt. 

In  solchem  gedöss  ritt  ein  edelman  mit  seinem  kriecht 
für  den  wald  hien  und  hört  die  frawen  so  hefftig  schreyen. 
Zü  seinem  knecht  sprach:  ,Knecht,  es  gehet  nicht  recht  zü. 
Reit  eylents  hinein  unnd  besihe,  was  doch  für  ein  geschrey 

20  sey !'  Also  miteinander  den  wald  ein  sprengten  unnd  bald  an 
das  ort  kamen,  da  die  juden  die  fraw  angebunden  hetten  und 
sie  yetz  auff  schneiden  wolten.  Aber  als  sie  den  edelman  hor- 
ten durch  den  wald  reitten ,  lieffen  sie  den  wald  hinein  ,  als 
jagt  sie  tausend  teufel.    Unnd  der  edelmau  loset  die  frawen 

23  von  dem  bäum ,  legt  ihr  die  kleider  wider  an  unnd  füret 
sie  heim. 

Aber  ihr  mann  kam  nicht  mehr  zü  haus;  sonst  het  er 
den  grindt  dahinden  lassen  müssen. 

Ein  junger  münch  beschlafft  eins  bauren  thochter, 
au  unnd  sein  apt  warde  es  innen. 

Cap.  98  (101). 

Ein  münchs  closter  wäre  nit  weit  von  einem  dorff  ge- 
legen.   In  dem  selbigen  wonet  ein  junger  münch,  welcher 

4  8U. 


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Gartengesellschaft,  cap.  97—98. 


389 


eines  tags,  als  die  andern  münch  schlieffen,  zü  seinem  glück 
oder  vileicht  unglück  umb  sein  closter  spacieren  gieng.  Da 
begegnet  ime  ein  hübschs  jungs  bauren  meitlin,  welches  bey 
dem  closter  grasen  wolte.  Er  sprengt  sie  mit  hitziger  begird 
an  und  Überredt  das  meitlin,  welches  one  das  zü  solcher  kurtz-  5 
weil  begird  hette,  [81b]  das  es  mit  ime  in  sein  zell  gienge. 
Da  spielten  sie  der  blinden  meuss  mit  einander. 

Nön  wäre  der  apt  in  solchem  vom  schlaff  auffgestanden 
unnd  käme  für  des  jungen  münchs  zellen,  sähe  zürn  Schlüssel- 
loch hinein,  hört  unnd  sähe,  wie  der  münch  mit  dem  jungen  io 
meitlin  schertzet.  Da  der  apt  solches  sähe  und  hört,  stunde 
er  in  gedancken,  ob  er  an  der  zellen  anklopffen  und  besehen, 
wer  doch  bey  dem  münch  3ein  möchte.  Nach  langem  be- 
dencken  wider  in  sein  zellen  gieng  zü  warten,  wann  der  münch 
die  capel  genügsam  geweicht  hette.  15 

Und  wiewol  der  münch  mit  dem  jungen  meitlin  grosse 
freud  gehabt,  doch  ihn  eins  zwey  bedaucht,  wie  er  etwas  vor 
seiner  zellen  börete.  Uffstund  und  sähe  durch  ein  kleins  loch- 
iin den  apt  vor  seiner  zellen  stehn  zü  horchen  ,  ihm  wol  ge- 
dacht, wie  er  alle  sach  vernummen  und  gesehen  hette.  Wer  20 
war  in  grössern  nöten  dann  der  jung  münch?  Hien  und  her 
gedacht,  wie  er  solcher  straff,  deren  er  gewertig  was,  entrin- 
nen möchte.  In  solchen  gedancken  im  ein  newer  sinn  und 
gedanck  einfiel ;  und  wie  er  ihm  gedacht,  also  es  ihm  ergieng. 
Da  er  sich  nün  der  freuden  mit  dem  meitlin  genügsam  ergetzt  25 
hette,  sprach  er  zü  ihr:  ,Liebe,  lass  dich  nit  verlangen!  Ich 
will  lügen,  wie  du  wider  hienaus  kum niest.  Bleib  du  also  hie, 
biss  ich  wider  zü  dir  kumb!*  Also  von  ihr  schied,  zü  dem 
apt  gieng  und  sprach :  ,Herr,  ich  hab  etwas  nötiger  geschefft 
aus  zü  richten.  Hie  habt  ir  den  Schlüssel  zü  meiner  zellen.4  au 
(Dann  solchs  zü  thün  ihr  gewonheit  was.)  Also  von  dem  apt 
abschied. 

Wer  was  fröer  dann  der  apt?  Wol  gedacht,  es  muste 
ihm  auch  ein  feder  von  disem  gänsslin  werden;  mit  grosser 
stille  zü  des  münchs  karamer  gieng,  die  auffthet,  darein  gieng  35 
und  die  bald  nach  ihm  züspert.  [82a]  Da  das  jung  meitlin 
den  apt  kummen  sähe,  schamm  und  forcht  halben  anhüb  zü 
wainen.    Der  apt  des  schönen  meitlins  bald  war  genummen 


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390 


Martin  Montanus, 


hett;  und  wiewol  er  ein  alter  betagter  mann  was,  doch  nit 
desto  minder  zugleich  wie  der  jung  münch  gegen  ir  in  fleisch- 
liche begird  entzündt  warde.  Und  als  bald  sich  zu  dem  nieit- 
lin  nahet,  bey  seiner  handt  nam,  sie  tröstet  mit  bitt,  sie  wolte 

5  von  ihrem  wainen  abstehn;  dann  ihr  nichts  arges  widerfaren 
noch  züstehn  solte,  unnd  ihme  auch  zü  willen  werden  wolte. 
Das  meitlin,  dem  noch  die  süssigkeit,  die  sie  vor  empfangen, 
eingedenck  was  und  ir  wol  geschmackt  hette,  thet  dem  apt 
auch  sein  willen.    Der  apt  aber  sein  schwere  wirdigkeit  an- 

10  sähe,  legt  sich  under  das  meitlin.  Als  aber  der  apt  mit  dem 
jungen  meitlin  in  solchen  freuden  stunde,  schliche  der  jung 
münch  an  die  thfhr  und  sähe,  wie  der  apt  mit  dem  meitlin 
schertzet,  und  gienge  darnach  wider  darvon.  Da  der  apt  sei- 
nem willen  auch  ein  genügen  gethon ,  spert  er  die  kammer 

15  wider  zü  und  gienge  in  sein  zell. 

Nit  lang  darnach,  da  der  apt  vernam,  das  der  jung  münch 
wider  zu  haus  kummen  was,  fordert  er  in  für  sich  zü  kuni- 
tuen  der  meinung ,  ihn  zü  straffen  und  in  in  gefancknüss  zü 
legen,  damit  er  den  gewunnenen  raub  zü  seinem  willen  allein 

•20  behalten  und  besitzen  mocht.  Da  nün  der  jung  münch  für 
ihn  kam,  da  fienge  der  apt  an  ihn  mit  harten  worten  zü  straf- 
fen und  betrawet  in  dabey  in  das  gefäncknüs  zü  legen.  Der 
jung  münch  ihm  antwort  und  sprach :  ,Herr ,  ob  ich  ewern 
willen  nit  gethon  hab  ,  das  lasst  euch  nit  frembd  duncken  ! 

25  Dann  ich  binn  in  dem  orden  nit  so  lang  gewesen,  das  ich  yeg- 
lichs  ding  besunder  lehren  möcht.  Dann  ihr  habt  mich  noch 
nit  underwisen  noch  [82b]  gelert,  wie  die  jungen  münch  mit 
den  jungen  meidtlin,  wann  sie  zü  sammen  kummen,  umbgehn, 
ob  die  münch  oben  oder  unden  ligen  sollen.  Das  ich  von  euch 

so  newlich  gesehen  unnd  gelernt  hab.  Darumb  bitt  ich  euch  umb 
Verzeihung;  so  will  ich  euch  versprechen,  das  ich  allzeit  thün 
will,  wie  ihr  dann  newlich  in  meiner  zellen  gethon  habt.' 
Der  apt  was  ein  gescheider  fuchs,  wol  gedacht ,  das  er  alles, 
das  er  mit  dem  jungen  meitlin  gethon,  gesehen  und  gehört 

«5  hett,  sich  mehr  dann  der  jung  münch  seiner  sünd  schemniet 
Also  dem  jungen  münch  seine  sünd  vergab,  darbey  ihme  ge- 
bot, was  er  von  ihme  gesehen,  niemandts  nichts  darvon  sagen 
noch  offnen  solte. 


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GartenseBellschaft.  cap.  98—99. 


391 


Nach  dem  das  jung  meitlin  widerumb  hienweg  schickten. 
Ob  es  aber  wider  kummen,  ist  mir  nit  zu  wissen. 

Ein  mürmch  verkuplet  zwey  in  der  beicht  züsamen 

ohn  sein  wissen. 

Cap.  99  (102).  h 

In  einer  statt  warde  ein  junckfraw,  von  hohem  stammen 
und  adel  geboren,  einem  thticher,  welcher  reich  was ,  on  und 
wider  ihren  willen  vermahlet.  Nün  als  der  kirchgang  unnd 
hoch  zeit  ein  end  het,  da  hette  der  thücher  vil  mehr  nach- 
denckens,  wie  er  seinen  handel  volfuren  mocht,  weder  er  ge-  10 
dacht,  was  er  zü  nachts  in  dem  beth  mit  seiner  jungen  frawen 
zü  thön  hette.  Darumb  die  fraw  in  grossem  neid  unnd  zom 
gegen  dem  geytzsack  bewegt  ward  und  ir  fürnam,  einen  an- 
dern büler  unnd  liebhaber  zü  erwelen,  und  ire  lieb  uff  einen 
jungen  gesellen  legt.  Doch  wäre  dem  selbigen  solche  lieb,  so  15 
die  junge  fraw  gegen  im  trüg,  nit  zü  wissen;  darumb  er  ir 
kein  acht  [83a]  het.  Nün  het  aber  die  selbig  fraw  warge- 
nommen ,  das  er  sehr  güt  kundtschafft  zü  einem  barfüsser 
münch  hette.  Darumb  die  fraw  gedacht,  er  ein  güt  mittel 
zwischen  ihr  und  irem  bülen  sein  solt.  20 

Uff  solches  sich  zü  dem  münch  verfugt,  zü  im  sprach,  ob 
er  sie  beicht  hören  wolt.  Der  münch  zü  ihr  sprach :  ,Ja, 
gern.1  Die  güt  fraw  anhüb  und  sprach:  ,Vatter,  ich  kum 
zu  euch  umb  hilff  und  rhat,  doch  nit  allein  der  seien,  sonder 
auch  des  leibs.  Nün  ist  einer,  sicher  mir  unbekant,  wie  wol  25 
er  mich  ein  erbar  mann  dunckt ;  bin  ich  änderst  nit  betrogen, 
so  wonet  er  vil  zü  euch ;  ein  hübscher  mann,  gerad  von  leib, 
der  vileicht  gedenckt,  das  ich  liebe  zü  ime,  wie  er  zü  mir  tregt, 
hab.  Dann  ich  kan  an  kein  fenster  oder  sunst  weder  stehn 
noch  gehn ,  das  er  sich  mir  nit  under  äugen  stelle  unnd  mir  #) 
den  weg  verdret;  unnd  mich  nimpt  wunder,  das  er  yetzund  nit 
hie  ist.  Derbalben  ist  mein  bitt  an  euch,  ir  wollen  ime  solchs 
undersagen,  damit  nit  argers  daraus  kome/  Mit  solchem  von 
im  ab  schied,  sich  ime  in  sein  gebet  befelhen  thet.  hiemit  ime 


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392  Martin  Monianus, 

ein  gülden  in  die  hand  stiess.  Der  münch  ihr  zü  sagt,  in 
diser  sach  das  best  zü  thün. 

Nit  lang  hernach  der  güt  gesell  seiner  alten  gewonheit 
nach,  welchem  von  solcher  sach  gar  nichts  zü  wissen,  zü  dem 

•j  münch  kam.  Und  nach  mancherley  red  unnd  gesprach  der 
münch  mit  züchtigen  worten  anfieng  und  ime  anzeigt,  was  die 
erbar  fraw  von  ime  geklagt  hette.  Der  güt  gesell,  dem  solche 
sachen  frembd,  der  frawen  nit  kaut,  auch  den  selbigen  weg 
selten  gieng,  anhüb  zü  leugnen  unnd  sagt,  das  er  solcher  sach 

to  unschuldig  wer.  Aber  der  münch  liess  in  nit  zü  red  kommen 
und  sagt :  ,Du  mainst  vileicht,  icli  habs  von  h6r  sagen.  Nein 
freilich ,  sie  selbst  hat  mirs  klagt.  Dar-[83b]umb  lass  dein 
laugnen  und  gang  der  sach  müssig  !l  Der  güt  gesell  die  sach. 
auch  der  frawen  listigkait  vil  bass  dann  der  münch  verstünde, 

iö  von  dem  münch  abschiede  und  mit  fleiss  für  der  frawen  haus 
lieimgienge,  die  an  einem  klainen  fensterlin  lag  und  ine  zü 
sehen  wartet,  sich  sehen  Hess  unnd  sich  freundtlich  gegen  ime 
erzeiget.  Darbey  er  wol  merckt,  das  die  sach  dermassen,  wie 
er  gedacht,  geschaffen  were,  und  füro  hin  täglichs  der  frawen 

an  zü  gefallen  vor  irem  haus  fürgienge. 

Unnd  nach  etlichen  tagen  die  fraw  wol  vernam,  das  er 
ir  zü  gefallen  uff  und  ab  gienge,  und  mehr  dann  vor  gegen 
im  in  fleischliche  begird  entzündt  warde.  Demnach  wider  zu 
irem  münch  kam  und  abermals  klagt  und  sagt,  wie  er  ir  zü 

sö  laid  und  schmach  einen  gürtel  und  köstlichen  seckel ,  den  sie 
ime  hiemit  gab,  mit  einem  alten  weib  zü  haus  geschickt  hette : 
darbey  ine  fleissig  thet  bitten  ,  das  er  bey  dem  gesellen  ver- 
schaffen wolt,  das  er  sie  fürthien  unbelestigt  und  unbeküm- 
mert solt  lassen.    Hiemit  von  dem  münch  abschied ,  ime  wi- 

:;•>  derumb  ein  gülden  in  die  hand  stiess. 

Nun  glaubt  der  münch,  das  solches  alles  war  were ,  wie 
ime  die  fraw  anzeigt  hette,  zü  handt  nach  dem  güten  gesellen 
thet  schicken,  ine  abermals  wie  vor  mit  rauhen  worten  anfüre 
unnd  ine  umb  sein  misshandlung,  die  er  mit  der  güten  frawen 

■'->  begangen  het,  strafft.  Der  güt  gesel  hefftig  leucknet ;  aber  es 
was  dem  münch  umb  keiuen,  in  summa  er  müsts  getbon  ha- 

l  dia. 


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Garten  gesell  schaft,  cap.  99. 


393 


ben,  da  balff  nichts  für.  Ye  letztlich  gäbe  im  der  münch  den 
gürtel  und  seckel,  liesse  in  dar  von  ziehen.  Nun  gedachte  der 
gut  gesel  und  verstände  wol  vil  bass  dann  der  münch,  was 
die  glock  geschlagen  hette,  den  seckel  nam,  sich  zü  der  fraweu 
haus  füget  unnd  sie  [84a]  den  seckel  sehen  Hess  ,  das  er  in  5 
empfangen  het.  Wol  gedacht,  die  sach  wurde  sich  nach  irem 
willen  unnd  gefallen  schicken,  und  .nichts  änderst  warten  was, 
dann  wann  ihr  mann  ausritt,  damit  sie  das  angefangen  werck 
zu  end  bringen  möcht. 

Darnach  nit  lang  vergieng,  das  der  mann  seinen  gescheff-  10 
ten  nach  aus  reitten  niüst.    Unnd  da  er  des  morgens  auffge- 
sessen  unnd  hinweg  geritten,  zü  handt  die  fraw  sich  zu  irem 
munch  verfugt  und  abermals  Ober  den  gesellen  anfieng  zu 
klagen  unnd  sagt :  ,Ir  solt  wissen,  was  mir  ewer  guter  gesel 
(ich  sprech  schier ,  der  teufel)  heut  vor  tag  vor  metten  zeit  iö 
gethon  hat.    Ich  wais  nit,  wer  ime  solchs  so  bald ,  das  mein 
mann  verritten ,  zü  wissen  gethon.    Dann  heut  vor  tag ,  wie 
ihr  vor  gehört,  ist  er  in  meinen  garten  kommen  und  an  einem 
bäum  auff  zü  dem  fenster  meiner  kammer,  die  ob  dem  garten 
ist,  gestigen  unnd  das  fenster  meiner  kammer  schon  geöffnet.  20 
In  dem  ich  erwacht,  auffür  unnd  fieng  an  zü  schreyen.  Da 
er  mein  schreyen  erhört,  sehr  erschrack  und  an  mich  gnad 
begert,  unnd  sagt  mir,  wer  er  wer.    Da  ich  veraam,  das  ers 
war,  umb  ewert  willen  ich  schwig,  also  nackend  uffstünd  und 
«las  fenster  widerumb  züthet.    Lieber  herr,  duncken  euch  das  2:, 
hübsche  Sachen  sein  ?l   Der  münch  sprach  :  ,Ziehet  heim  und 
sind  zü  friden  !    Ich  will  bey  ime  verschaffen ,  das  er  solchs 
nit  mehr  thün  soll  und  ihr  fürthien  nit  mehr  von  ihm  kla- 
gen sollen.1 

Und  von  stund  an  nach  dem  güten  gesellen  schickt  und  yu 
ihme  die  sach,  was  sich  zwischen  ihme  unnd  dem  ungesaltze- 
nen  frewlin  die  vergangen  nacht  verloffen  hett,  der  leng  nach 
frzalen  thet  und  sagt,  wer  ime  doch  so  bald,  das  ihr  mann 
verritten,  solchs  kundt  gethon  hett.  Der  güt  gesell  gab  sich 
letstlich  gefangen,  [34b]  was  hiemit  den  münch  umb  ver- 85 
zeihung  bitten  ,  bey  im  selbst  wol  gedacht ,  die  glock  were 
schon  gössen  und ,  was  nit  geschehen  ,  noch  wol  geschehen 


I 


394  Martin  Montanus, 

möchte.  Name  hiemit  Urlaub  von  dem  müoch  und  scbide  von 
dannen. 

Der  güt  gesell  hette  alle  sach  wol  vernummen  ,  hiemit 
weg  und  steg  erlernt.    Und  da  die  selbig  nacht  und  metten 

ö  zeit  kummen  was ,  sich  in  der  frawen  garten  fugt ,  auff  ein 
bäum  bey  dem  fenster  in  der  frawen  kaminer  stig.  Als  aber 
die  fraw  in  ersähe,  sprach  sie :  ,Nun  hab  immer  dauck  unser 
münch,  der  dich  die  weg  und  steg  zu  mir  zu  kummen  so  wol 
gelert  hat/   Sie  beyd  des  münchs  einfeltigkeit  genug  lachten 

10  und  des  besunder  frewd  betten ,  darnach  die  nacht  und  dar- 
nach vil  mehr  nacht  der  strebkatzen  uff  der  bethziechen  mit 
einander  zogen.  Darnach  den  münch  solcher  Sachen  halb  un- 
bekümbert  liesseu ;  dann  sie  sein  zu  solcher  Sachen  nit  mehr 
von  noten  waren. 

15  Ein  münch  beschlafft  eiin  würt  seiu  fraw,  aber  der 

frawen  on  wissend. 

Cap.  100  (103). 

In  einem  dorff  nit  weit  von  Strassburg  war  ein  würt  ge- 
sessen ,  der  hette  ein  zimlich  hübsch  weib,  welcher  der  for- 
tziehenden gesten  umb  ir  gelt  güt  geschirr  macht;  dam  nah 
yederman  bey  ihm  einkeren  unnd  zechen  wolt.    Nün  begab 
es  sich ,  das  in  einem  stättlin  nahent  darbey  ein  grosser  jar- 
marckt  was ;  und  uff  den  selbigen  abent ,  als  am  morgen  der 
niarckt  was,  vil  gest  von  mannen  und  frawen  bey  ihm  ein- 
25  kerten  und  herberg  begerten,  under  welchen  ein  münch  (aber 
sehr  spat)  auch  in  die  herberg  kam.    Da  nun  schier  yeder- 
man schlaffen  gangen  [85a]  was ,   klopfft  der  münch  an  der 
thüren  an  und  begert  herberg.    Der  würt  Hess  in  eiu  ,  ^ab 
ihm  essen  und  drincken ,  als  güt  als  eis  hett,  sagt  ihm  dar- 
in) bey,  er  müste  sich  die  nacht  uff  der  banck  behelffen :  dann  die 
beth  weren  alle  mit  gesten  belegt.    Der  münch  wäre  wol  zu 
friden  und  sagt:  ,Ich  binn  fro,  das  ich  bey  den  leuten  binu. 
Dann  ich  hab  mich  im  feld  irr  gangen  und  hette  mich  gantz- 
lich  verwegen,  ich  müste  die  nacht  uff  dem  feld  bliben  sein.4 
35        Als  aber  yederman  schlaffen  gangen  und  der  würt  und 


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Gartengesellaehaffc,  cap.  99—100. 


395 


die  würtin  auch  schlaffen  gehn  wolten ,  käme  ihr  botschafft, 
wie  das  ihr  gefattern  eine  weh  zü  einem  kind  were  worden, 
sie  solte  eylends  zü  ihr  kummen.  Und  wiewol  die  würtin  müd 
und  lieber-  schlaffen  gangen  were,  wolte  sie  doch  solchs  nicht 
abschlagen ,  zöge  also  hien  and  befalhe  dem  mann  das  haus  5 
Der  würt  legt  sich  auch  schlaffen.  Und  als  es  am  morgen 
gegen  tag  ward  ,  stunde  er  uff  und  rüstet  sich  zü  marckt. 
Dieweil  aber  der  münch  von  der  zeit,  als  er  schlaffen  gangen, 
uff  dem  banck  gelegen  was,  hette  der  würt  erbärmd  mit  ihm, 
hiesse  ihn  uffstehn  und  sich  an  sein  beth  legen  und,  biss  es  io 
tag  wfird,  rügen.  Der  münch  was  fro,  dann  er  hette  noch 
nit  vil  geschlaffen ;  stunde  bald  uff  und  legt  sich  in  des  würts 
beth,  aber  wenig  gedacht,  das  ihm  ein  solch  glück  züstehn  sult. 

Da  nün  die  würtin  bey  irer  gefattern  fertig  ward,  zöge 
sie  heim.  Und  dieweil  sie  die  nacht  auch  nit  geschlaffen  hett,  \b 
wolte  sie  sich  noch  ein  stund  oder  zwo  schlaffen  legen ,  zöge 
sich  ans  und  legt  sich  zü  dem  münch  ,  wüste  aber  nit  än- 
derst ,   dann  sie  sich  zü  ihrem  mann  gelegt  hette.    Da  der 
münch  der  frawen  gewar  ward,  schmückte  er  sich  also  still- 
schweigend zü  ihr.  Da  erwachte  sein  güter  scharwechter,  unnd  20 
ohn  ichts  ge-[85b]sprochen  besang  er  die  capel  einmal,  zwey, 
drey  geschwind  uff  einander;  dann  er  wäre  hungerig  und  be- 
ging, hette  solch  fleisch  lang  nit  versücht.    Da  die  würtin 
also  die  drey  mälin  über  macht,  wie  ein  gans  ein  haberkorn, 
hette  eingenommen,  gedacht  sie  bey  ihr  selbst :  ,Wie  mag  das  23 
/Ai  gehn,  das  dein  mann  yetz  so  gemmelich  ist?    Nün  ist  es 
doch  nit  sein  gewonheit1  Fienge  hiemit  an  den  mann  zü  fra- 
gen und  sagt:    ,Hörstus,  mann,  was  bedeut  das?    Ich  glaub 
warlich,  du  habst  etwann  an  die  magt  oder  sunst  an  ein  an- 
dere gedacht ,  das  du  yetzt  so  geschwind  und  hurtig  uff  der  3u 
bethziechen  gewesen  bist.    Aber  ihm  sey,  wie  ihm  wöll,  so 
ist  es  meim  kätzlin  und  mir  gleich  wol  bekummen.  Gott  ge- 
segen  uns  das  badlin  !k 

Da  ir  aber  niemandts  kein  antwort  geben  wolt,  fienge  sie 
an  umb  sich  zü  greiften ,  und  in  solchem  greiffen  griffe  sie  a> 
dem  münch  uff  den  kopff.  Und  als  sie  befand,  das  er  ein  be- 
schoraen  kopff  hett,  vermeinte  sie  nit  änderst,  (dann  sie  nit 
an  den  münch  gedacht)  dann  es  were  der  leibhafftig  teufel, 


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396 


Martin  Montan  us, 


fienge  an  umb  sich  zü  schreyen.  Und  ward  ein  gross  rumor 
in  dem  haus,  niemandts  wusste,  was  es  war;  dann  der  münch 
hett  sich  vor  tausent  teufel  über  das  feldt  darvon  trolt. 

Als  aber  der  wtirt  wider  zü  haus  kam,  erzalte  die  fraw 

5  dem  würt  alle  sach,  wie  es  ihr  mit  dem  gespenst  gangen  were : 
sie  besorgt,  das  sie  vor  laid  und  schrecken  sterben  muste.  Als 
aber  der  würt  solchs  hört,  trist  er  sie  und  sagt  ihr,  wie  es 
gewisslich  der  münch,  den  er  des  nachts  beherbergt  hette,  ge- 
wesen were ;  dann  er  in,  als  er  gehn  marckt  gangen ,  in  sein 

10  beth  heissen  ligen.  Da  die  fraw  vernam ,  das  es  ein  mensch 
und  kein  gespenst  gewesen,  was  sie  wol  zü  friden,  batte  den 
mann,  er  solts  ihr  nit  für  übel  haben;  [86a]  dann  es  ihr  un- 
wissend geschehen  were.  Der  würt  sagt :  , Wolan ,  zü  be- 
schehenen  dingen ,  die  nit  wider  zü  bringen  sind ,  soll  man 

15  das  best  reden.  Es  sey  dir  verzigen ;  dann  die  schuld  mehr 
mein  dann  dein  gewesen.  Aber  warlich,  hett  ich  den  münch, 
ich  wolt  ihm  der  arbeit  lohnen ,  er  solt  sein  gewisslich  nit 
lachen.4 

Aber  ich  kan  gedencken,  das  der  münch  darnach  nit  mehr 
'ju  sey  kumnien ;  es  were  sein  sunst  übel  gewart  worden,  er  müste 
die  baderfart  thewr  genüg  bezalt  haben. 

Von  einem  pfaffen,  maier,  seinem  weib  und  farenden 

schüler. 

Cap.  101  (104). 

'£>  Ein  maier  hoff  wäre  nit  weit  von  einer  statt  gelegen. 
Der  selbig  maier  bette  ein  jung,  gerad,  stoltz  weib,  welche 
den  pflüg  zü  beth  auch  gar  wol  füren  kunt  Nun  wäre  in 
der  selbigen  stat,  bey  dem  maier  hoff  gelegen,  ein  junger  fre- 
cher pfaff,  pfarher  zü  sanct  Brictius ;  der  selbig  machte  kundt- 

:w  schafft  zü  dem  maier.  Im  wol  gedacht ,  wann  er  des  man- 
luild  unnd  freundtschafft  hette ,  so  wolte  er  der  frawen  buM 
und  freundtschafft  auch  bald  bekommen  unnd  zü  seinem  willen 
bringen,  wie  dann  auch  geschähe.  Nün  hette  der  maier  disen 
brauch,  wann  er  in  die  stat  kam,  so  söffe  er  sich  boden  voller 

Söweins,  käme  auch  nit  heim,  es  were  dann  finster  nacht,  wie 


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Gartengesellschaft,  cap.  100 — 101. 


397 


man  dann  der  selbigen  bawren  noch  vil  findt.  Wann  dann 
der  pfaff  den  maier  in  der  stat  ersähe,  verfügt  er  sich  schnell 
auff  den  maier  hoff,  besang  der  maierin  die  Capellen  und  gab 
ir  eins,  sie  het  zwey  dar  für  genomen. 

Eins  mals  begab  es  sich ,  als  der  maier  abermals  in  die  » 
stat  gefaren  unnd  der  pfaff  in  gesehen  het,  vermeint  er,  er 
würde  aber  [86b]  seiner  alten  gewonheit  nach  vor  nacht  nicht 
heim  kommen.    Da  machte  er  sich  auff  unnd  dem  maier  hoff 
zu,  überzog  die  maierin  geschwind  ein  mal,  zwey,  drey  auff 
einander,  dann  er  hungerig  und  begirig  was.   Darnach  sassen  10 
sie  züsamen  ,  zechten  und  waren  leichtsinnig,  vermeinten  nit, 
das  der  maier  so  bald  zu  haus  kommen  solt.    Als  sie  aber 
also  bey  einander  sitzen ,  kompt  ein  armer  schüler ,  singt  vor 
der  thür  und  begert  etwas  umb  gots willen.  Die  maierin  sagt 
zu  dem  pfaffen  :  ,Ich  will  ihn  herein  lassen,  so  zecht  er  auch  IS 
mit ;  es  mochte  auch  noch  etwan  ein  frommer  priester  aus  im 
werden.4  Der  pfaff  sagt :  ,Ach  liebe,  lass  in  daussen  and  gib 
im  etwas  für  die  thur!    Er  mochte  sunst  gedencken,  was  wir 
/.wey  also  eynig  mit  einander  zü  thün  betten.4    Die  fraw 
>l>rach  :   ,Was  wolt  er  gedencken  ?    Er  ist  ein  junger  einfei-  JW 
tiger  knab.  Ich  will  ihn  herein  lassen.4  Also  gesprochen  und 
tfethon  ein  ding  war. 

Als  sie  aber  im  besten  zechen  waren ,  kompt  der  maier 
zürn  hoff  herein,  findt  die  haus  thür  beschlossen,  klopfft  an 
unnd  begert  hinein.  Wer  war  in  grössern  ängsten  weder  der  20 
pfaff  unnd  die  fraw?  Sie  het  aber  gar  behend  ein  list  er- 
dacht, wie  ihr  dann  hören  werden.  Uff  den  selbigen  morgen 
hette  die  fraw  ein  bauch  aus  gewaschen  und  die  bauch  bütten 
zu  irem  glück  in  die  stuben  nit  weit  von  der  thüren  gestelt. 
Darunder  sie  den  pfaffen  verbergen  thet,  gieng  schnell  hinaus,  80 
thete  dem  mann  die  thur  uff,  empfieng  in  freundtiich  und 
>agt:  , Hette  ich  gewisst,  das  du  so  bald  kommen  werest,  ich 
wolte  dein  mit  dem  essen  gewart  unnd  lenger  verzogen  haben. 
Aber  du  findest  dannocht  noch  dein  theil.4  Mit  dem  beyde  in 
die  stuben  gi engen.  &> 

Da  er  in  die  stuben  kam,  fände  er  den  schüler  am  tisch 

* 

13  hey 


398 


Martin  Montanus, 


[87a]  sitzen,  fragt,  wie  er  herein  kommen  oder  was  sein  ge- 
schefft  were.  Er  antwort  unnd  sprach,  er  were  ein  farender 
schüler  unnd  keine  aus  fraw  Venus  berg ,  were  für  den  hoff 
kommen  das  almüsen  zu  heischen,  da  hette  in  die  fraw  herein 

5  gelassen,  das  morgen  mal  mit  ihr  zü  essen.  Der  maier  fragt 
in  weiter,  wie  es  in  fraw  Venus  berg  stunde,  ob  der  Danheuser 
noch  lebte  unnd  ob  er  auch  etwas  mit  der  schwartzen  kunst 
kfindte.  Der  schuler  sagt,  ja,  er  künte  sehr  wol  darniit,  unnd 
so  er  im  etwas  schencken,  so  wolte  er  den  teufel  [beschweren). 

io  welcher  kurtz  verschinen  tagen  in  den  hoff  kommen  und  im* 
ohn  sein  wissen  vil  laids  zü  gefugt ;  und  zü  besorgen  ,  wo  er 
nit  beschworen  würd ,  noch  weyters  thün  würde.  Der  pfafl 
sass  under  der  bütten  und  war  in  tausent  lästeu,  besorget,  wo 
er  in  verrhaten,  so  würde  er  vom  maier  todt  geschlagen.  Als 

iö  nun  der  maier  solches  gehört,  sagt  er:  ,Wolan,  ist  im  dann, 
wie  du  gesagt  hast,  so  beschwer  den  teufel,  das  er  nit  wider 
herein  kom,  hinaus!  So  will  ich  dir  zehen  gülden  schencken.1 
Der  schüler  sagt  weiter,  er  müste  zu  solchem  beschweren  goldt 
und  silber  in  der  handt  haben.    Da  das  der  maier  hört,  gab 

2<>  er  im  ein  goldt  gülden  unnd  ein  thaler  in  die  handt. 

Als  er  nün  das  gelt  in  der  handt  het,  name  er  ein  kreyd. 
machte  vil  seltzamer  creutz  und  charact^res  uff  den  tisch,  a» 
die  erd,  an  die  wänd,  an  die  stuben  thür  und  uff  die  bütt. 
darunder  der  pfaff  sass,  fragte  den  pfaffeu  hiemit  in  latin,  wa> 

25  er  im  schencken  wolt;  so  wolte  er  im  darvon  heißen.  Der 
pfaff  fienge  under  der  bütten  an  zü  reden  mit  einer  grausamen 
stim,  verhiesse  im  auch  zehen  gülden  zügeben,  sagte  im  hie- 
mit, das  er  in  der  statt  daheimen  und  pfarher  zü  sanct  Bric- 
tius  were.    Als  aber  [87b]  der  maier  den  pfaffen  under  der 

:»» bütten  reden  bort,  vermeinte  er  nit  änderst,  dann  es  Wen- 
der lebendig  teufel,  machte  vil  creutz  für  sich,  batte  den  schü- 
ler sorg  zu  haben,  damit  niemandts  an  dem  leben  geschedigt 
würd.  Der  schüler  sprach,  er  solte  on  sorg  sein,  er  wisst*- 
wol  mit  der  Sachen  umb  zü  gehn. 

Uff  solchs  sagte  der  schüler  weiter  züm  pfaffen,  yetz  wolw 
er  hienaus  gehn  und  die  haussthür  weit  uff  sperren ,  darnach 
wider  hienein  in  die  stuben  gehn  ,  die  bütten  allgemach  lieb 
der  stubenthür  zü  rucken  und  als  dann  ihn  mit  der  bütten 


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Go*L 


Gartengesellschaft,  cap.  101  —  102. 


399 


zür  stubenthur  hienaus  stossen  und  die  thür  zu  thun.  da  solte 
er  sich  darvon  packen.  Der  pfaff  gab  aber  mit  grausammer 
stimm  antwort  und  sprach,  er  solte  der  sach  also  nach  klim- 
men. Uff  solches  gienge  der  schäler  hienaus,  thete  die  haus- 
thur  auff ,  gienge  wider  inn  die  st  üben,  machte  abermals  wie  s 
vor  vil  seltzams  gauckel  wercks,  ruckte  hiemit  die  bütten  der 
thuren  zu  ,  stiess  sie  sampt  dem  pfaffen  hienaus ,  schlug  die 
thür  zü  und  sagt:  ,Far  aus,  du  böser  geist,  und  lass  dich 
f ürthien  den  mayer  nit  mehr  hinn  finden !  Änderst  es  würt 
dein  übel  gewart  werden.1  Hiemit  lieffe  der  pfaff  für  tausent  io 
teufel  der  statt  zü.  Als  aber  der  mayer  den  pfaffen  ein  wenig 
erblickt,  sagt  er:  ,Pfuch  dich,  du  schantlicher  teufel,  wie 
sichstu  dem  pfarrhern  zu  sauet  Briccius  so  gleich !  Und  wann 
ich  ihn  heut  am  morgen  nit  in  der  statt  gesehen ,  hett  ich 
gantzlich  vermeint,  du  werests.  Aber  gott  sey  lob ,  das  der  Ii 
schantlich  teufel  hienweg  ist !'  Gab  hiemit  dem  farenden  Schü- 
ler sein  verheissen  gelt  und  liess  ihn  darvon  ziehen. 

Ob  aber  der  teufel  darnach  wider  uff  den  hoff  kummen, 
waiss  ich  nit;  dann  ich  nit  so  laug  da  bliben.  [88a] 

Ein  pfaff*  beschlatft  eins  bäum  weib,  gibt  ihr  seinen  20 
chorrock  zü  pfand,  betreugt  sie  darnach,  das  er  ihm 

wider  würt. 

Cap.  102  (105). 

In  einem  dorff,  nit  weit  von  Strassburg  gelegen,  wont 
ein  junger  gerader  pfaff,  ohn  mass  redlich  in  der  jungen  frawen  £> 
dienst.  Und  wiewol  er  nit  hoch  gelert,  doch  den  so n tag  gar 
mit  vil  hey ligen  worten  under  der  linden  seinen  pfarrkindern 
predigt,  besunder  den  weibern  und  jungen  döchtern,  wann  die 
banren  nit  zugegen  waren.  Er  trüg  den  weibern  auch  den 
weihbrunnen  und  kertzlin  heim,  damit  sie  nit  weit  darnach  ao 
gehn  dorfften,  damit  ihnen  sein  heiigen  segen  mittheilt.  Nün 
begab  sich,  das  er  ihme  vor  den  andern  weibern  eins  schlech- 
ten bauren  weib  zü  einem  bülen  erweit,  die  gar  ein  fründt- 
liche  metz  was,  die  den  pflüg  zü  beth  bass  füren  kundt  dann 
keine  ihrer  nachbeurin.    Und  wann  er  sie  am  sontag  in  der  Jö 


400 


Martin  Montanua, 


kirchen  ersähe,  er  ir  zu  lieb  ein  Kirie  oder  Sanctus  zö  gleich 
wie  der  esel  quintiert. 

Auff  ein  zeit  sähe  der  gut  domine  ihren  mann  zu  marckt 
faren^ihm  gedacht,  er  die  frawen  allein  daheim  finden  würde, 
5  wie  dann  auch  beschahe.  Verfügt  sich  schnell  in  das  haus, 
die^frawen  allein  fände,  grusst  sie  und  umbfieng  sie  fründt- 
lich,  batt  sie  hierait,  seinen  willen  zu  thön  und  ihn  nit  also 
sterben  lassen.  Die  fraw  sähe  ihn  an,  lacht  und  sprach  :  ,Ey 
herr,Xwas  thü  ich  euch  dann  ?4    Der  pfaff  sprach :  ,Du  thüst 

10  mir  nichts.  Aber  warurab  lastu  mich  dir  nit  thön,  das  ich 
will?4  Da  sprach  sie:  ,Ey  nün  gehn  zürn  hencker!  Thun 
die  pfaffen  auch  also?4  Der  pfaff  sprach:  ,Ja  freylich  und 
vil  bass  [88b]  dann  die  andern  mann.  Unnd  lastu  mich  ma- 
chen, dir  soll  dein  hertz  lachen.4  —  ,Nün ,  was  göts  mocht 

k»  mir  dann  von  euch  beschehen  ?  Ihr  pfaffen  sind  alle  karge 
hund.4  Der  pfaff  sprach:  ,Was  gefalt  dir?  Ein  par  schüh, 
ein  hübschs  schleyerlin,  ein  seckel,  oder  was  gefalt  dir?  Das 
binn  ich  bereit  dir  zu  kauffen.4 

Die  fraw  sprach  :  ,Des  hab  ich  vorhin  genüg.  Aber  so 
ihr  mir  ye  zö  dienen  begert,  so  wisst,  das  ich  etlich  meiner  klei- 
der~under  die  juden  umb  fünff  pfundt  versetzt.  So  ihr  mir 
die  fünff  pfundt  fürsetzen  und  leihen  wÖllen,  binn  ich  bereit 
ewern  willen  zö  thön.4  —  Warlich,  fraw4,  sagt  der  pfaff,  ,uff 
diss  mal  hab  ich  nit  so  vil  bey  mir;  aber  in  dreyen  tagen 

2.»  solt  ihrs  gewiss  haben.4  —  ,Ja4,  sprach  die  fraw,  ,ihr  pfaffen 
sind  alle  gross  verheisser,  aber  kleine  leyster.  Habt  ihr  des 
gelts  nit  bey  euch,  so  geht  darnach!  Ich  mein,  ihr  wolt  mir 
gern  thön,  wie  ihr  meiner  nachbeurin,  Wintzenlawels  frawen, 
gethon  habt.    Die  habt  ihr  auch  zö  einer  hören  gemacht,  nnd 

:«  laufft  yetz  mit  andern  thörin  im  land  umb.  Nein  bey  gott, 
solche  narrin  solt  ihr  bey  mir  nit  finden.4  —  ,Ach  nein,  hertx 
lieb,  mach  mich  nit  heim  gehn!  Wir  zwey  sind  yetzt  allein. 
Wer  waisst,  wann  es  uns  mehr  mocht  so  güt  werden  !k  Die 
fraw  sprach:    ,Ich  ker  mich  nit  an  ewer  falsch  geschwetz. 

->W61t  ir  nit  gehn,  so  steht!4 

Da  der  pfaff  sähe,  das  die  fraw  nit  geschickt  was  seinen 
willen  zö  thön,  sie  bette  dann  zövor  die  fünff  pfundt,  sagt  er 
zöjihr:    ,Seitenmal  du  mir  nit  glauben  wilt,  das  ich  dir  das 


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Gartengesellachaft.  cap.  102. 


401 


gelt  bring,  so  nim  hien  meinen  korrock  zü  pfandt  !l  Da  das 
die  fraw  vernain,  ihr  angesicht  auffricbt  und  sprach :  ,Was  ist 
der  korrock  wo]  werdt?'  Der  pfaff  sprach :  ,Es  ist  noch  nit 
vil  Ober  vierzehen  tag,  das  ich  zü  Strassburg  siben  pfundt 
darfur  bezalt;  unnd  sagt  der  [89a]  pfarrherr  von  Gugenheim,  ö 
ich  hett  ihn  wolfeil  kauftV  —  ,Das  hett  ich  nit  glaubt',  sprach 
die  fraw ,  ,aber  ich  will  in  vor  haben  ,  ehe  ihr  mir  das  böss 
ding  thün.4  Der  pfaff,  der  das  armbrust  gespannen  hett,  der 
frawen  den  korrock  bald  züstelt,  den  sie  bald  in  ein  kist  be- 
scliloss.  Darnach  sich  beyde  zusammen  legten ,  und  der  pfaff  io 
sie  geschwind  ein  mal  oder  vier  kutteniert,  Hess  sie  unver- 
bunden  ligen  und  zohe  darvon. 

Nün  der  pfaff  das  übel ,  das  er  gethon  hett ,  bedencken 
ward ,  und  das  er  on  den  korrock  nichts  ausrichten  kundt, 
bald  einen  geschwinden  list  erdacht,  schickt  seinen  schüler  zu  15 
der  frawen,  sie  solte  ihm  ihren  mürselstein  (aber  nit  den,  da 
er  gesterigs  tags  innen  gestossen)  leyhen;  er  hette  etwas  darinn 
zu  stossen,  er  wolten  ir  bald  wider  schicken.  Die  fraw  thet, 
wie  der  pfaff  begert,  wenig  gedacht,  waruff  der  pfaff  das  thet 
oder  mit  was  finantzen  er  umbgieng.  sw 

Da  nun  der  pfaff  vernummen  hett,  das  der  frawen  mann 
heimkummen,  zu  tisch  sassen  und  assen,  den  mürsel  bey  sei- 
nem schüler  wider  heim  schicket,  ihr  danckt  und  hiemit  sa- 
gen liess,  das  sie  ihm  den  korrock,  den  er  ir  zü  pfand  und 
gedechtnüs  des  mürsels  halb  gelassen  het ,  widerumb  heim  £ 
schicken  wolt.  Der  schüler  thet,  wie  ihm  der  pfaff  befolhen 
hett,  den  mürsel  nam,  der  frawen  heim  trüg,  neben  sich  uff 
den  banck  setzt.  Da  die  fraw  vernam,  das  der  pfaff  den  kor- 
rock forderen  liess,  willen  hett  zü  antworten,  wie  dann  wol 
billich  gewesen,  aber  schwig  und  in  sich  schluckt.  Da  der  so 
mann  solche  red  von  dem  schüler  vernummen  hett,  sie  gar 
saur  ansähe  und  sprach :  ,Und  du  nimst  vom  herren  pfand, 
den  mürselstein  zü  leyhen  ?  Ich  schwer  bey  meiner  trew, 
schont  ich  mein  selbst  nit,  ich  main,  ich  wolt  dich  zürichten, 
du  zernichter  sack.  Geh  [89b]  bald  hien  und  gib  im  den  korrock  !  83 
Das  ist  die  ehr,  die  du  mir  anthüst?  Das  dich  das  zipperliri 
todt!  Und  gedenck,  was  er  fürthien  an  dich  begert,  das  du 
nit  nein  sprechst!  Ihm  soll  nichts  in  unserm  haus  versagt  mmii.4 

Montanu*  26 


402 


Martin  Montanus, 


Die  fraw  raurmlen  gieng,  dein  schüler  den  korrock  gab, 
zü  ihm  sprach:  ,Sag  deim  herren,  ich  wolle  im  meinen  mür- 
sel  nit  mehr  leyhen,  darinn  zü  stossen.  Also  schon  hat  er 
dtirmit  gethon ,  das  ims  got  vergeh.    Ich  wils  im  nimmer 

ö  mehr  vergessen.4  Der  schüler  mit  dem  korrock  zü  haus  gieng, 
sagt  seim  herreu,  was  die  fraw  gesagt  hett.  Dam  ff  sagt  der 
pfaff  zürn  schüler :  ,Wann  du  sie  mehr  siehst,  so  sag  ihr  von 
meinet  wegen,  leicht  sie  mir  ihren  mürsel  nit,  leihe  ich  ihr 
meinen  stempffel  nit;  also  eins  gegen  dem  andern  abgieng.4 

10  Also  die  fraw  ihrer  geitigkeit  betrogen  ward  und  dem 
pfarrherrn  die  red  biss  in  rüben  herbst  vorhielt.  Da  wurden 
sie  bey  dem  süssen  most  der  Sachen  wider  eins  und  spielten 
darnach  offt  der  blinden  meuss  mit  einander.  Der  pfafF  kaufft 
ihr  für  die  fünff  pfundt  uff  der  kürweyhe,  nemlich  ein  Spiegel; 

15  damit  sie  wol  content  und  zü  friden  was. 

Von  einem  pfaffen,  der  den  zehenden  von  den  eh- 

weibern  haben  wolt. 

Cap.  103  (106). 

In  einem  dorff  wonet  ein  junger  frecher  pfaff,  welcher 

20  mehr  einem  büben  und  lecker  weder  einem  frommen  priester  zü 
vergleichen  was;  derselbig  machte  vil  frommer  weiber  in  der 
beicht  zü  hüren.  Dann  wann  ein  hübsche  beurin  kam  ,  die 
im  gefiel ,  fragt  er  sie  alwegen ,  ob  sie  auch  iren  zehenden, 
den  sie  ime,  dem  pfarhern,  zü  geben  schuldig,  recht  verrichten 

25  thet.  Nün  die  güten  frawen,  [90a]  die  solche  frag  unnd  des 
büben  meinung  nit  verstünden,  sagten,  sie  wissten  nichts,  das 
sie  ime  weiter  zü  zehendeu  schuldig  weren.  Darauff  der  pfaff 
alwegen  sagt,  sie  weren  ime  den  nacht  zehendeu  schuldig; 
dann  als  offt  ire  mann  neun  mal  über  Kein  füren,  so  gebürte 

%  ime  das  zehend  mal  zü  faren.  Ach  gott,  welche  dann  one  das 
solchen  zehenden  zü  geben  gütwillig  was,  die  litte  sich  recht 
umb  gots  willen,  damit  der  pfaff  nit  über  sie  zü  clagen  het 
Als  er  aber  solche  büben  stuck  ein  zeit  lang  getriben  het, 
begab  sich  uff  ein  zeit,  das  ein  junge  beurin,  die  erst  ein  halb 

35  jar  in  der  ehe  gewesen,  ir  sünd  zü  beichten  und  zü  clagen  zü 


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Gartengesellschaft,  cap.  102  —  103 


403 


im  kam.  Under  anderm  befragt  er  sie  auch  wie  die  andern 
des  zehendes  halben,  beredt  sie,  das  sie  ime  auch  den  zehen- 
den aus  dem  understen  harigen  fass  widerfaren  Hess.  Unnd 
triben  solchs  also  lang,  das  den  mann  der  frawen  langes  aus- 
bleiben verdriessen  ward.  Nun,  als  die  fraw  heim  kam,  fragt  5 
er  sie,  wo  sie  so  lang  gewesen  und  ob  sie  so  lang  gebeicht 
het.  Die  fraw  fienge  an,  erzelte  im  alle  ding  nach  der  leng, 
was  sich  zwischen  ir  und  dem  pfaffen  des  zehendes  halb  ver- 
loffen het.  Der  mann  nam  sich  der  sach  nichts  an ,  schwig 
still ,  aber  bey  im  selbst  gedacht ,  er  wolt  dem  pfaffen  sein  io 
verdienten  lohn  darumb  geben. 

Und  über  acht  tag  Hess  er  ein  güt  malzeit  zü  bereiten, 
lüde  den  pfaffen  sampt  andern  guten  gesellen  (damit  er  kundt- 
schafft  haben  unnd  die  sach  lautbrechtig  würd)  zu  gast  unnd 
liesse  mitler  zeit  sein  fraw  in  einen  hafen  (mit  züchten  zu  re-  15 
den)  scheissen  und  seichen ,  rurts  wol  durch  einander ,  liess 
also  ein  tag  oder  zwen  stehn,  deckts  beheb  zü,  damit  der  güt 
geruch  nit  heraus  gieng. 

Als  nün  der  sontag  komen  ,  da  zohe  mein  güter  [90b] 
pfaff  sampt  den  andern  gesten  daher,  vermeint,  er  were  gar  20 
wol  mit  dem  bauren  dran,  wüsste  aber  nit,  was  ime  für  ein 
guter  malfasier  zü  bereit  was.  Nün  hette  der  baur  den  dranck 
in  ein  httbschs  verdeckts  käntlin  neben  sich  in  das  kelt  wasser 
gestelt;  unnd  als  in  zeit  daucht,  nam  er  das  käntlin ,  satzts 
dem  pfaffen  für  unnd  sagt:    ,Herr  pfarher,  drinckt  auch  ein  25 
mal!    Dann  wann  man  lang  isst,  so  müss  man  auch  darzü 
drincken/    Der  pfaff  name  das  käntlin,  thets  uff,  schmäckt 
daran  uud  sprach:    ,Pfuch,  der  wein  stinckt  und  schimlet.1 
Der  baur  sagt:  ,Wie,  pfaff,  schmäckt  er  dir  nit?    Er  kompt 
doch  aus  dem  fass,  da  du  den  zehenden  von  genommen  hast,  so 
Du  müst  in  aus  sauffen,  unnd  soltestu  daran  erworgen.4  Der 
pfaff  legt  die  händ  zü  samen,  thet  umb  gnad  und  Verzeihung 
bitten ;  aber  hie  was  weniger  gnad  dann  in  der  hellen.  Der 
baur  sagt  widerumb:  ,Sihestu,  pfaff,  du  müst  den  dreck  heruss 
sauffen  oder  du  müst  sterben.1    Name  hieinit  sein  Schwert,  83 
welches  er  vor  zü  weg  gelegt,  zü  beyden  händen,  stünde  also 

* 


25  p fafien       36  hnnrien 

26  * 


404 


Martin  Montamis, 


mit  blossem  schwert  für  den  pfafFen  unnd  sagt:  ,Sauff  in 
tausent  teufel  namen,  das  dich  botz  fünff  zehen  wochen  sehend, 
in  schelmen  hinein!'  Da  der  pfaff  des  bauren  ernst,  und  das 
er  übermannt,  sähe,  satzte  er  das  käntlin  an  den  mund,  thet 
5  die  äugen  zü  unnd  das  maul  auff,  söffe  also  einen  teufel  mit 
dem  andern  heraus  und  macht  sich  schnell  zürn  haus  unnd 
dorff  hinaus. 

Ich  glaub,  hetten  in  die  bauren  ergriffen,  sie  würden  ime 
den  zehenden  geben,  ja  gewiss  gar  zu  todt  geschlagen  haben; 
10  das  were  auch  sein  rechter  und  verdienter  lohn  gewesen.  Also 
vil  güts  kompt  aus  der  ohren  beicht.  [91a] 

Eiu  stationierer  zeigt  dem  volck  kolen  für  heiltumb. 

Cap.  104  (107). 

Eine  kleine  stat  nit  weit  von  Florentz  uff  einem  berg 

15  gelegen,  Certal  genant.  Umb  die  selbig  stat  wechst  vil  guter 
waid,  darumb  vil  vich,  besunder  schwein  da  gezogen  werden. 
Umb  des  willen  käme  järlichs  ein  münch  Anthonier  Ordens, 
lnünch  Zwyfel  genant,  das  almüsen  der  schwein  einzüsamlen, 
welcher  gar  schimpffig  und  kurtzweilig  mit  reden  was,  also  das 

20  yederman  gern  bey  im  was. 

Nun  was  münch  Zweyfels  gewonheit,  alweg  im  äugst 
dahien  zü  komen.  Und  uff  einen  sontag  begab  es  sich,  das 
er  auff  den  predig  stül  trat,  das  volck  ermant,  das  sie  ihr 
almüsen  dem  lieben  herren  sanet  Anthonien  rewlich  mit  they- 

25  len  wolten,  uff  das  er  inen  ihr  vich  wolte  behüten ;  so  wolte 
er  sampt  seinen  mit  brudern  (wann  sie  hinder  inen  stunden) 
gott  trewlich  für  sie  bitten.  Thet  inen  hiemit  befelhen,  nach 
mittag  wider  zu  komen,  so  wolte  er  inen  ein  wirdig  predig 
thün  und  auch  das  creutz  zü  küssen  geben.    Zeigt  inen  dar- 

uo  neben  an,  er  wolte  inen  ein  wirdig  heiltumb  zeygen,  nämlich 
ein  feder  von  dem  ertzengel  sanet  Gabriel,  welche  er  zü  Na- 
zaret,  als  er  Maria  den  grüss  bracht,  in  der  kämm  er  fallen 
lassen ;  die  er  kurtzlich  selbst  mit  ime  über  mehr  bracht  bette. 
Damit  sein  red  uff  diss  mal  endet. 

Nün  het  sich  zü  getragen,  das  zwen  junge  gesellen  genüg 


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Gartengeaellschaft,  cap.  103—104. 


405 


listig  in  die  kirchen  kummen  waren,  des  münchs  red  wol  war 
genumnien  hetten ,  die  beyde  seine  güte  fründ  und  günner 
waren.  Ihnen  furnamen,  dem  münch  ein  schalckheit  zü  thön; 
dann  sie  wol  wissten,  das  er  des  selbigen  tags  bey  einem  sei- 
nem guten  freund  [91b]  zö  morgen  essen  würde.  Und  als  5 
niünch  Zweyfel  zu  tisch  gangen  war,  die  zwen  sich  in  die 
herberg  verfügten  mit  disem  bescbeidt ,  der  ein  solte  mit  des 
münchs  knecht  ein  gespräch  halten,  so  solte  der  ander  mitler 
weil  die  feder  aus  dem  wotsack  nemmen  und  ihm  kolen  an 
die  statt  legen.  Und  wie  sie  die  sach  berhatscblagten ,  also  10 
gerieth  es  ihnen  auch. 

Als  nun  yederman  gessen  hette,  das  gut  einfeltig  volck, 
beyde  von  mannen  und  frawen ,  mit  häuften  der  kirchen  zü 
eylten,  münch  Zweyfels  heilthumb  zö  sehen.  Da  nün  münch 
Zweyfel  auch  gessen  hette ,  seinen  knecht  nach  dem  wotsack  i'o 
schickt,  uff  die  cantzel  kam ,  die  offen  beicht  dem  volck  für- 
sprach ,  anhub  zü  predigen.  Und  mit  vil  umbschweiffenden 
worten  er  zü  letst  das  kästlin  öffnet ,  das  seyden  thüchlin, 
darinn  er  die  feder  zü  finden  vermeint ,  herfür  zohe ,  kolen 
dariun  fand,  sehr  erschrack.  Doch  ihm  gleich  zufiel,  das  es  au 
die  zwen  seine  gesellen  gethon  hetten,  die  dazumal  sich  auch 
in  die  kirchen  verfügt,  zü  sehen,  zü  was  end  der  münch  mit 
den  kolen  kummen  wolt. 

Als  aber  er,  der  münch,  der  kolen  ansichtig  ward,  mit 
frölichem  gemüt  und  hertzen  anhub  und  sprach :    ,Nün  sey  20 
gott  der  allmechtig  gelobt,  das  er  mir  heut  so  grosse  gnad 
und  beystandt  gethon  hat,  das  ich  seine  grosse  wunderthaten 
verkündigen  soll.  Lieben  freund,  ihr  solt  wissen,  da  ich  noch 
jung  war,   warde  ich  über  mehr  in  ein  kloster  sanct  Antho- 
nius  orden  zü  dem  apt  geschickt,  sein  heilthumb  zü  besieh- 30 
tigen  unnd  mir  dessen  ein  copey  und  abschrifft  mit  zütheilen. 
Der  zeigt  mir  solch  heylthumb,  wie  ihr  hören  werden:  erst- 
lich ein  finger  und  ripp  vom  heyligen  geist;  darnach  ein  schopff 
des  hars  des  Seraphin,  der  sanct  Francisco  erschein  ;  mehr  ein 
kleydt  des  [92a]  heiigen  Credo  und  etliche  flammen  des  sterns,  35 
der  den  heyligen  drey  konigen  in  Orient  erschinen  ist;  weiter 
ein  glesslin  des  schweiss  sanct  Michaels,  den  er  vergoss ,  als 
er  mit  dem  teufel  gestritten  hat;  item  mehr  ein  zau  von  dem 


40(5 


Martin  Montanus. 


heiligen  creutz  und  ein  angster  foll  glocken  thon  des  teuipel 
Salomonis;  auch  damit  ein  feder  von  dem  engel  Gabriel,  welche 
ich  mit  mir  herauss  bracht  hab,  und  ein  holtz  schuh  von  sanct 
Gerhart.  Mehr  gab  mir  der  selbig  würdig  apt  von  den  koleu, 

'■>  daran ff  sanct  Lorentz  zu  Rom  geröst  ward,  und  noch  vil  mehr 
heilthumb,  welches  alles  zü  erzalen  zü  lang  wer.  Damit  ich 
aber  euch  zü  verstehn  geb,  wie  es  sich  mit  der  federn  und 
den  kolen  zugetragen  hat,  solt  ihr  wissen,  das  da  heymen  in 
sanct  Anthonius  cioster  in  der  sacrastey  die  zwey  ledlin  mit 

10  der  federn  und  kolen  neben  einander  gestanden  sind  und  durch 
Schickung  gottes ,  dieweil  es  morgen  sanct  Lorentzen  tag  ist, 
mir  das  ledlin  mit  den  kolen  in  die  hand  kommen.*  Mit  dem 
das  ledlin  mit  den  kolen  hoch  embor  auffhüb  unnd  mit  heller 
stimm  anfieng  zü  singen  das  responsorium ,  welches  man  auff 

15  sanct  Lorentzen  tag  pflegt  zü  singen.  Mit  dem  zü  dem  altar 
gieng,  das  volck  mit  den  kolen  zü  bestreichen,  zü  latin  sagt: 
,Mundus  vult  decipi1,  das  ist  zü  teutsch  gesagt:  ,Die  weit 
will  betrogen  sein.1  Darmit  das  volck  gar  rewlich  mehr  dann 
vor  ye  opffert,  den  frawen  aber  ihre  weisse  Schleyer  mit  deu 

20  kolen  gar  wol  besudlet ;  dann  er  ihnen  gar  grosse  creutz  dar- 
auff macht. 

Die  zwen  gesellen,  die  münch  Zweyfel  die  bossheit  gethon 
hetten,  kundten  sich  des  geschwinden  lists  und  lugen  nicht 
genüg  verwundern.  Unnd  als  das  volck  verloffen  war,  giengen 
25  sie  zü  dem  münch,  erzalten  ihm  alle  Handlung,  [92b]  was  sich 
der  federn  und  kolen  halb  zwischen  ihnen  verloffen  hett;  ihme 
die  feder  wider  gaben,  die  ihme  das  ander  jar  nit  minder  dann 
die  kolen  dienstlich  waren.  Darnach  mit  dem  münch  zechten 
und  frölich  waren. 


tjo  Von  einer  müllerin ,  wie  sie  ein  thümherren  betrog. 

Cap.  105  (108). 

In  einem  dorff  sass  ein  müllerin  nicht  weit  von  einer  stat. 
deren  namen  unvonnöten  zümelden,  die  etlich  hüner,  entteo. 
schwein  unnd  ander  schmal  vich  zöge,  mit  dem  sie  offtermals 
35  gehn  marckt  gieng  und  sie  verkaufft. 


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Gartengesellschaft,  cap.  104  —  105. 


407 


Und  eins  tags  kam  sie  abermals  mit  etlichen  nennen  für 
das  miin8ter  in  die  stat  nnnd  bot  sie  fail.  Zil  allem  glück 
oder  zu  seinem  Unglück  geht  ein  thümherr  herauss.  Der  sie 
ersähe,  zu  ihr  gieng  unnd  sie  fraget,  wie  sie  die  hünlin  geb 
oder  ob  sie  fail  weren,  so  solt  sies  ime  haim  tragen,  so  wolt  0 
er  ihr  das  gelt  geben.  Vermaint,  wann  er  sie  heim  zu  hauss 
brächt,  so  wolt  er  mehr  und  anders  dann  die  hiiner  von  ihr 
haben.  Die  fraw  dacht :  ,Das  würt  ein  rechter  gesell  für 
mich  sein.  Es  betriegen  mich  dann  all  mein  sinn,  so  hab  ich 
ein  vogel  bey  der  nasen  gefangen.  Wolan,  ich  will  ime  geben  10 
des,  so  er  suchen  geht.1  Dem  thümherren  die  hunlin  haim 
trüg  unnd  wartet,  wann  er  ihr  das  gelt  geben  wolt. 

Der  thümher  gab  ir  das  gelt,  darneben  mit  ihr  von  aben- 
theurlichen  Sachen  redet,  die  pfaffen  nit  wol  anstehn.  Welcher 
red  das  frewlin  lacheu  ward  und  sprach,  sie  were  weltlich,  so  10 
were  er  gaistlich;  so  würd  sich  die  sach  nit  wol  schicken. 
Zu  dem  allem  hett  sie  irem  mann  trew  unnd  freundtschafft 
verbeissen,  die  müsst  sie  im  laisten;  er  mochte  wol  hein  [93a] 
gehn  unnd  in  bitten;  wann  ers  ihr  erlaupt,  so  wolt  sie  es 
gern  thün.  —  , Wolan4,  sprach  der  pfaff,  ,so  saget  mir,  wie  au 
ir  heisst,  damit  ich  ewerm  mann  umb  euch  schreyben  kau  !k 
,0  ehrwürdiger  her,  ich  haiss  fraw  Esslerinne.    Dann  da  er 
mich  erst  natu,  wäre  er  so  arm,  das  er  kein  knecht  vermocht; 
da  müst  ich  im  die  seck  vom  wagen  in  die  müle  tragen  und 
wider  von  der  müle  auff  den  wagen.   Darum b  heisst  er  mich  2.", 
biilich  unnd  recht  also.'  Mit  solchen  worten  von  dem  erbarn 
herren  schied. 

Nün  es  stund  nicht  gar  lange  zeit  an,  der  pfaff  die  inul- 
lerin  haben  wolt,  bald  sein  knecht  in  die  mulen  schickt  und 
ime  umb  sein  fraw  Esslerin  bitten  Hess.  Den  müller  sehr  ao 
wunder  nam,  was  doch  der  pfaff  mit  dem  esel  thftn  wolt,  sprach 
zürn  knecht :  ,Geh  hinab  in  den  stall !  Da  würstu  vier  esel 
finden.  Under  denen  nim,  welcher  dir  gefalt,  unnd  bring  mir 
in  auch  bald  wider!4  Der  knecht  gieng  in  stall  und  nam  den 
grossen  alten  esel ,  setzt  sich  darauff  und  ritt  haim.  Als  er  85 
aber  durch  das  uiünster  ritt,  drabet  der  esel  so  hart ,  das  es 

3  unglüch  ^^^^^ 


408 


Martin  Montanus, 


der  herr ,  der  zü  derselbigen  zeit  geschetft  hett ,  erhört  unnd 
meinet,  es  wer  die  müllerin  ;  dann  sie  gewonet  was  auff  holtz- 
schuchen  zu  gohn.  Von  stundan  ein  botten  zürn  knecht  schicket, 
das  er  gedächte  unnd  sein  fraw  Esslerinne  mit  guter  speys 

5  und  wein,  dessgleichen  gutem  confect  wol  versorgte;  darnach 
solt  er  sie  im  in  sein  schlaffkammer  füren.  Der  knecht  gieng 
hien  in  die  kuchen,  hiess  im  das  best  geben,  dann  es  der  herr 
bevolhen  hett  Dasselbig  asse  er  und  gab  dem  esel  hew ;  dar- 
nach fürt  er  ine  in  die  kammer,  band  im  alle  viere  zu  samen 

10  und  legt  in  ins  pfaffen  beth.  Darnach  hienauff  in  die  stuben 
gieng  unnd  zü  dem  herrn  sagt,  wie  er  alle  ding,  nach  dem 
er  in  gehaissen,  volbracht  [93b]  hett. 

Der  herr  seine  geschefft  mit  den  gesten  bald  auff  ein  orth 
fertigt  und  hinab  in  die  kammer  gieng,  sich  ausszog  unnd 

15  mit  seiner  lieben  frawen  anfieng  zü  schertzen.  Ach  gott ,  da 
lag  der  esel  und  schnarchlet  (Iberlaut.  Noch  maint  der  dorvcht 
pfaff,  es  were  die  fraw,  sich  zu  ihr  nunder  legt,  sie  angriff 
und  des  grevffen  sovil  macht,  das  er  dem  esel  an  die  eysen 
kam.    Erst  fiel  es  ime  zft,  das  ine  die  fraw  betrogen  hett: 

20  seim  knecht  bald  rüfft ,  er  solte  im  den  esell  eylents  dannen 
thün;  sonst,  so  man  es  innen  würd,  möcht  man  ine  verbren- 
nen. Und  über  den  esel  der  massen  so  zornig  ward  ,  das  er 
in  erstach. 

Da  hett  er  erst  das  habermüss  verschüt;  yederman  ine 
25  den  eselstecher  nennet.  Gern  hundert  gülden  geben  hett,  das 
er  den  esel  lebendig  gelassen  hett.  Es  wäre  aber  vergebens, 
unnd  er  fürt  hien  von  gespot  wegen  der  leut  nicht  dorfft  frö- 
lich  über  die  gassen  gon.  Von  diser  geschieht  ist  das  lied 
gemacht : 

90  Ich  waiss  mir  ein  stoltae  müllerin. 

Sie  daucht  sich  hüpsch  und  klftg. 

Ein  pfaff  verleurt  sein  buppenhan. 

Cap.  10G  (109). 

In  einem  dorff  sass  ein  pfaff,  dem  kein  büberey  mit  wey- 
Söbern  züvil  was,  wie  schier  aller  pfaffen  gewonheit  ist.  Der 


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Gartengesellachaft,  cap.  105—106. 


400 


selbig  pfaff  under  andern  weibern,  so  er  an  ime  hangen  hett, 
ein  reiche  beurin  bölet.  Unnd  des  nachts  kam  er  allwegen 
zü  ihr  für  das  fensterlin ,  wann  sie  beim  monschein  spanne, 
und  schwetzet  mit  ihr.  So  lag  dann  der  baur  auff  einem  bret 
hinder  dem  ofen  und  het  ein  alte  lauten ,  darauff  ratzet  er  ö 
für  die  lange  weil,  und  damit  kundt  er  nicht  hören,  wer  mit 
der  frawen  redet.  Wann  [94a]  daun  die  fraw  zeit  daucht, 
hiess  sie  den  mann  schlaffen  gehn  und  Hesse  den  pfaffen  zü 
ihr  hienein. 

Nun  was  aber  ein  junger  gesell  im  dorff,  der  wust  wol,  10 
das  der  pfaff  des  bauren  fraw  bület.  Derhalb  zürn  bauren 
ging  und  sprach:  ,Baur,  wölt  ir  mir  ewern  hoff  geben,  so  wil 
ich  euch  dienen,  biss  ewer  fraw  weder  teutsch  noch  welsch 
kau  und  dannocht  noch  bey  frischem  gesundem  leben  sein 
muss  fc  —  ,Gottl,  gedacht  der  baur,  ,du  müst  mir  lang  dienen,  lö 
biss  mein  fraw  weder  teutsch  noch  welsch  kan.'  Zum  knecht 
sprach  :  ,Wolan,  es  sey  ime  also.  Wann  du  mir  dienst,  biss 
mein  beurin  weder  teutsch  noch  welsch  kan  ,  so  will  ich  dir 
mein  hoff  für  eygen  geben  und  den  kauff  vor  redlichen  leuten 
beschliessen.4  90 

Nön  der  knecht  stund  in  dienst  und  fieng  an  zü  dienen. 
Und  als  er  yetz  ein  Zeitlang  gedienet  hette,  begab  sich  eins 
tags ,  das  des  bauren  fraw  abermals  den  pfaffen  bescheiden 
hett.  Zum  bauren,  seinem  meister,  sprach:  , Meister,  geht 
heint  die  nacht  nicht  on  ewer  fraw  schlaffen  !  Dann  sie  hatt  20 
den  pfaffen  zü  ihr  bescheiden.1  —  ,Lst  güt\  sprach  der  baur, 
Jass  nör  mich  machen!1  Und  als  man  zü  nacht  gessen  hett, 
nam  der  baur  sein  lautten  und  legt  sich  auff  das  brett  hinder 
dem  ofen  unnd  fing  an  zü  schlagen.  ,Ey4 ,  sagt  die  beurin, 
.du  darffst  mein  nicht  warten.  Geh  nür  hien  schlaffen  !  Ich  30 
will  noch  ein  stund  oder  zwo  beim  monschein  spinnen,  damit 
wir  auch  leinwath  überkummen.4  —  ,Nein  warlich4,  sprach 
der  baur,  ,ich  thü  es  nicht.  Du  müst  gehn ,  gott  geb ,  wie 
sawr  du  darzü  sihest.4  Die  fraw  sich  weret,  als  hefftig  sie 
kundt ;  aber  es  halff  sie  nichts,  sunder  mit  dem  mann  schlaffen  85 
gehn  müst. 

Und  als  die  fraw  schlaffen  kam,  der  knecht  ein  Schleyer 
nam,  den  umband  unnd  sich  mit  der  kunckel  an  das  fenster, 


410 


Martin  Montanus, 


da  [94b]  die  fraw  gewon  was  mit  dem  pfatfen  zft  sch wetzen, 
setzet  und  des  pfati'eu  wartet.  Über  ein  kleine  weil  kam  der 
pfaff'  und  fieng  an  mit  dem  knecht,  den  er  meinet  die  beurin 
sein,  zü  schwetzen.  Und  da  den  knecht  zeit  daucht,  anhüb 
und  sprach:  ,Mein  lieber  herr,  ich  kan  heint  nicht  zu  euch 
kummen;  dann  mein  mann  ligt  hinder  dem  ofen  und  scblafft. 
Aber  gebt  mir  den  ewern !  So  ist  es  eben  als  genüg,  als 
wert  ihr  selbst  bey  mir.1  Der  pfaff  sein  pupenhan,  der  eben 
zur  selben  zeit  wol  gerüst  stund ,  züm  fenster  hienein  bott, 
10  den  ime  der  knecht  von  stundan  mit  einem  messer  herab- 
schnitt. Ach  gott,  ach  gott,  der  güt  herr  sein  etcetera  bundt- 
schüh  verloren  hette,  traurig  heimzöge;  dargegen  der  knecht 
frölich  warde. 

Und  als  es  am  morgen  tag  warde,  kam  der  beurin  für, 

i:,  wie  der  pfarrherr  krauck  were.  Derhalb  sie  ein  hünlin  zu- 
setzet und  züm  mann  sprach:  ,Ich  will  gehn  sehen,  was  unser 
herr  pfarrherr  thüt,  und  hab  ihm  ein  hünlin  kochet.*  AU 
nun  das  hünlin  kochet  was,  gieng  sie  wieder  hienein  unnd 
saget:  ,Wolan,  ich  will  gehn.    Und  bleib  du  dieweil  daheim!' 

t*o  Dieweil  aber  die  fraw  in  der  stuben  was,  ging  der  knecht  in 
die  küchen  und  nam  das  hunliu  aus  dem  hafen  und  legt  des 
pfarrhers  armütlin,  welches  er  ihme  abgeschnitten,  darein,  fräs? 
das  hünlin  und  lies  dises  ligen. 

Nün  die  fraw  den  hafen  nam  und  nicht  wider  zum  hün- 

2t,  lin  luget,  sunder  den  nechsten  züm  pfafTen  ging  und  den,  so 
best  sie  mocht,  tröstet  und  sprach,  sie  hett  ime  ein  güts  han- 
lin kochet,  das  solt  er  essen  von  ihrentwegen;  damit  ein  zinn- 
lin  nam  unnd  das  hünlin  anrichten  wolt.  Ach  gott,  da  war 
es  des  pfafTen  penitentzer.    Die  fraw  fibel  erschrack ,  nicht 

»u  wust,  was  es  war.  Und  als  ihne  der  pfaff  ersähe,  gedacht  er 
wol,  es  we-[95a]re  sein  entenschnabel,  bald  zür  beurin  sprach: 
,0  liebe  beurin,  gebt  mir  ewer  zung  in  mein  mundt!  Mir 
ist,  ich  würd  gesundt  darvon  werden.'  —  ,Ja,  mein  herr,  gero\ 
sagt  die  beurin,  dem  pfafTen  die  zung  in  mundt  gab.  Und 

3.-,  der  pfalf,  als  der  da  meinet,  sie  hett  ihme  den  seinen  abge- 
schnitten und  ihme  erst  den  selben  zü  tratz  kochet,  der  benrin 
bald  die  zungen  abbiss.    Ach  gott,  die  güt  beurin  hett  ihr 


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>  ,nno  Ip  i 


(Jartengeaellschaft,  cap.  106 — 107. 


411 


zung  umb  Unschuld  verloren,  heim  kam  und  gern  geredt  hett; 
so  kundt  sie  nichts  anders  sagen  dann  ,Lell,  lell,  lell,  lelL4 

Als  solches  der  knecht  hört ,  dratt  er  bald  herfür  und 
sprach:  ,Baur,  yetz  hab  ich  den  hoff  redlich  gewannen.  Dann 
die  beurin  kan  weder  teutsch  noch  welsch,  sunder  alweg  spricht 
Lell  lell.  Kü'ndt  ihr  sagen ,  das  es  teutsch  oder  welsch  ist, 
so  will  ichs  gern  verloren  haben.4  Ach  gott,  was  wolt  der 
gut  arm  baur  thün?  Er  kundt  weder  teutsch  noch  welsch 
aus  seiner  frawen  lellen  machen,  sunder  dem  knecht  sein  hoff 
gab;  und  er  daraus  zog  und  fürthien  sein  leben  im  eilend  L0 
verzeret. 


Ein  pfaff  rüfft  seiner  hüren  weib. 

Cap.  107  (110). 

Ein  pfaff  sass  in  einem  dorff,  dess  namen  mir  abgefallen 
ist  Der  selbig  het  ein  concubin  oder  kochin,  wie  mans  nen-  13 
nen  will.  Unnd  auff  ein  zeit  waren  etlich  lent  zü  im  komen, 
den  wolt  er  zu  trincken  geben.  Derhalb  er  seiner  köchin  be- 
gond  zu  schreyen  unnd  sprach :  ,Weib,  weib  !k  Die  concubin 
wolt  irae  aber  nicht  antworten,  sonder  still  schwig.  Das  den 
pfaffeu  verdriessen  ward,  und  zü  seinen  gesten  sprach:  ,Wolan, ->u 
sie  will  mir  nicht  antworten,  wann  ich  ihr  weib  schrey.  Ich 
will  ir  iren  rechten  nam-[95b]nien  geben.4  Bald  anhüb  zü 
schreyen:  , Pfaffen  hür,  gang  herein,  das  dich  botz  über  unnd 
über  sehend,  aller  hüren  !4  Bald  solches  die  kochin  höret,  das 
er  ihr  iren  rechten  titel  und  namen  gäbe,  lieff  sie  bald  in  83 
die  stuben  und  sprach:  ,Hie  bin  ich,  herr.  Was  wolt  ihr 
mein?4  Da  das  die  gest  sahen,  fiengen  sie  an  zü  lachen,  das 
sie  ehe  komen  was,  da  er  sie  ein  pfaffen  hür  genennet,  dann 
da  er  sie  ein  weib  nennet. 

Daraus  ist  zü  lernen,  das  mau  eim  yeglichen  sein  rechten  N 
und  gebürlichen  titel  und  namen  geben  solle. 


412 


Martin  Montanus, 


Ein  pfaff  prediget  all  wegen,  man  solte  vil  durch  got- 

tes  willen  geben. 

Cap.  108  (111). 

In  einem  dorff  sass  ein  pfaff,  welcher  all  wegen  off  der 

ö  cantzel  schrey  und  predigt,  man  solte  vil  durch  gottes  willen 
geben,  closter  und  kircben  stifften,  dann  solches  were  gottes 
gefallen ;  wie  dann  fast  aller  mtinch  unnd  pfaffen  brauch  ist. 
das  sie  nur  predigen,  das  ihrem  bauch  gut  ist,  bauchprediger ; 
also  thet  diser  pfaff  auch.    Und  auff  ein  zeit  het  er  predigt, 

lu  welcher  ein  küh,  ross  oder  schaaff  an  ein  gotshaus  gebe,  dem 
würde  unser  hergot  hundert  darfür  geben. 

Nun  wäre  ein  armer  mann  in  der  kirchen  gewesen,  der 
het  nicht  mehr  dann  ein  küh  und  hette  gehört,  was  der  pfaff 
gepredigt  het.    Bey  im  selbst  gedacht:  ,0  möcht  ich  hundert 

i.)  kuh  für  eine  überkommen,  ich  wolt  nicht  begeren  reycher  zu 
sein.4  In  solchen  gedancken  heim  zu  seiner  frawen  gieng  unnd 
der  sagt,  was  der  pfaff  gepredigt  het,  unnd  wann  es  sie  als 
güt  daucht  als  ine,  so  wolten  sie  dem  pfaffen  die  küh  geben, 
damit  inen  hundert  dar  für  würden.    Ach  gott,  die  güt  fraw, 

20  die  auch  [96a]  gern  vil  küh  gehabt  het,  dem  mann  solches 
willfaret,  und  dem  pfaffen  die  küh  heim  fürten.  Der  pfaff 
was  fro,  nam  die  küh  in  sein  stall  und  stellet  sie  zü  seiner  küh. 

Als  er  sie  nun  etlich  tag  gehapt,  wolt  er  sie  eins  mais 
für  den  hirten  treiben  ;  und  damit  sie  nicht   wider  zü  irem 

2ö  alten  maister  lieff,  band  er  des  bauren  küh  an  sein  küh,  da- 
mit sein  küh  des  nachts  die  fremd  küh  mit  ir  heim  füren 
solt.  Nün  was  aber  des  bauren  küh  stercker  dann  des  pfaffen. 
derhalb  sie  des  pfaffen  küh  mit  ir  heim  zöge.  Als  solche* 
der  baur  ersähe,  wäre  er  sehr  fro  und  zü  seiner  frawen  sprach: 

30  ,Sihe,  fraw,  unser  küh  hat  schon  ein  fremde  küh  mit  ir  bracht. 

Unnd  nun  sihestu,  das  war  ist,  was  unser  herr  gepredigt  hat ' 

Die  güt  fraw  was  eben  als  fro  als  der  man. 

Nün  es  stünde  nicht  lang  an,  der  pfaff  kam  und  fraget 

* 

0  Gotres 


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Gartengesellschaft,  cap.  108 — 109. 


413 


ob  nicht  seine  zwo  kuh  kommen  weren ;  er  solts  ime  wider 
geben.  Der  baur  antwort  und  sprach :  ,  Warlich,  herr,  ich  ver- 
sihe  mich,  ihr  seit  noch  wol  eingedenck,  was  ihr  die  vergangen 
woch  gepredigt  haben,  nämlich ,  welcher  ein  küh  oder  etwas 
uiub  gottes  willen  geb,  dem  wolle  got  hundertmal  als  vil  dar  5 
gegen  geben.  Nun  hab  ich  euch  mein  küh  heimgefärt  der 
hoffnung,  es  solten  mir  hundert  dar  für  zü  haus  komen  ,  als 
ich  auch  noch  hoff.  Und  ist  mir  heintnacht  erst  eine  zü  haus 
komen,  die  mir  unser  hergot  auff  rechnung  geschickt  hat; 
unnd  stond  mir  noch  neun  unnd  neuntzig  aus.  Der  halben,  io 
mein  herr,  ziecht  hin  und  begeren  kein  küh  von  mir!  Dann 
ich  gib  euch  kaine.4  —  Ach  gott,  was  wolt  der  gilt  herr  thün? 
Haim  zohe  unnd  den  spott  zürn  schaden  haben  must.  [96b] 

Ein  eptissin  sitzt  in  einem  capittel  und  hat  ein 

brfich  auff  dem  haupt.  10 

Cap.  109  (112). 

In  Lombardia  was  ein  sehr  reychs,  mechtigs  und  gewaltigs 
frawen  closter,  die  meniglich  für  heylig  achtet.  Under  den 
selbigen  wras  ein  junges  nünlin,  genant  Lisabeta.  Die  selbig 
nunn  oder  closterfraw  eins  tags  heim  zü  iren  freunden  komen  20 
war;  daselbst  sie  ein  jungen  edelraan  ersehen  het,  zü  dem  sie 
von  stuudan  in  liebe  entzündet;  desselbigen  gleichen  er  in  sie. 
Solche  liebe  sie  beydenthalb  lange  zeit  ohn  frucht  tragen 
hetten.  Doch  nach  langem  warten  dem  jungen  edelman  ein 
verborgner  weg  zü  gesiebt  kam,  dardurch  er  ohn  alle  muhe  85 
zü  dem  schonen  nünlin  komen  mocht.  Des  sie  von  gantzem 
hertzen  fro  was ;  also  ein  lange  zeit  mit  baider  lust  und  freu- 
ten ir  leben  mit  einander  fürten. 

Und  in  solchem  irem  ab  und  zü  gon  sich  begab,  das  er 
eins  nachts  von  einer  andern  nunnen  gesehen  ward,  das  weder  80 
er  noch  sie  wargenomen  hetten.  Derhalb  sie  bald  zü  der 
eptissin  lieff,  ihr  das  anzeigt.  Und  die  fraw  eptissin  sprach, 
sie  solt  still  schweigen,  biss  das  er  wider  zü  ihr  keine;  so 
wolten  sie  ihr  die  kammer  auffstossen,  so  mochte  sie  es  nicht 
geleugnen. 

19  Lisabeta. 


414 


Martin  Montanus, 


Nün  wisst  aber  die  güt  Lisabeta  nichts  von  solcher  hat 
zü  sagen,  sonder  eins  nachts  iren  bülen  und  liebhaber  zü  ir 
schüff  komen;  welches  die  nunnen,  so  auff  die  höt  bestelt 
waren ,  bald  ersehen  hetten ,  zü  der  heiligen  eptissin  ließen 

o  und  ihr  das  anzeigten.  Die  eptissin  bald  etlich  verordnet,  die 
die  kammer  verhütten,  damit  der  jüngling  nicht  entrinnen 
möcht.  Und  aber  die  eptissin,  die  zür  selbigen  [97a]  zeit  ein 
jungen  pfaffen  bey  ihr  hett,  übel  forcht,  die  nunnen  würden 
ihr  die  kammer  auffstossen,  bald  uffstünd  und  sich,  so  sie  bei- 

10  dest  mocht ,  in  der  eyl  anleget.  Und  in  solchem  eylenden 
anlegen  erwüscht  sie  des  pfaffen  niderwath  an  des  weyhels 
statt  und  legts  uff  ir  haupt,  nicht  acht  hett,  ob  es  ein  weyhel 
oder  etwas  anders  were.  Aus  irer  kammern  ging,  die  mit 
allem  fleiss  wol  versperret  und  zü  den  nunnen  sprach :  ,Nün, 

15  wa  ist  die  vermaledeyet  von  got?4  Also  mit  den  andern  junck- 
frawen  für  Lisabeta  kammer  kam ,  die  von  solchem  rumor 
nichts  wüste. 

Die  eptissin  mit  hilff  der  andern  die  kammern  auffstiessen 
und  hie  zwey  lieb  in  ihren  armen  bey  einander  beschlossen 

20  funden ,  die  bey  de  von  solchem  gehlingen  überfallen  nicht 
wüsten,  was  sie  reden  oder  thün  solten,  also  still  lagen.  Li- 
sabeta aus  geheiss  der  eptissen  in  das  capitel  gefürt  warde. 
Der  jung  in  der  zellen  blib,  sich  anleget  und  wartet,  was  sich 
doch  seiner  lieben  nunnen  halben  begeben  wolt,  und  bey  ihme 

2r>  selbst  gedacht,  sie  mochten  also  mit  ihr  handien,  er  legte  den 
nunnen  allensammen  Unglück  an  und  fürte  Lisabeta  mit  ihme 
hienweg. 

Da  nün  die  eptissin  mit  ihren  nunnen  in  das  capitel  kam, 

anhüb  Lisabetara  in  solcher  mass  zü  schelten,  das  es  nicht  zu 

* 

so  schreiben  ist.  Sie  sprach ,  wie  sie  das  gotshauss  mit  iretu 
sündtlichen  leben  verunreint  hette,  und  wa  man  solches  solte 
ausserthalb  des  closters  innen  werden,  würden  sie  allesammen 
ewigklich  verschmecht  sein.  Fraw  Lisabeta,  die  sich  solcher 
sünd  schuldig  erkant,  forcht  unnd  schamm  halben  nicht  wust, 

35  was  sie  thün  solte.  Des  die  andern  nunnen  sampt  ir  auch 
laid  trügen ;  dann  der  eptissin  rumor  und  geschrey  sich  stetbs 

* 

1  Lissbeta 


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Gartengesellschaft,  cap.  109—110. 


415 


mehret.  In  solchem  murmlen  die  [97b]  jung  betrübt  fraw 
ir  haupt  und  gesiebt  in  die  hohe  hüb  und ,  was  die  eptissin 
auff  dem  haupt  hett ,  ehe  dann  yemandts  anders  sähe;  dann 
die  brüchbendel  ihr  über  die  obren  abhingen.  Da  das  das 
gut  nünulin  ersehen  hett,  aller  in  ihr  selbst  frölich  ward  und  ;> 
sprach:  ,Fraw  eptissin,  bindet  vorhieu  die  bendel  an  der  hau- 
ben  zu !  Darnach  saget  mir,  was  euch  lieb  ist  !4  Die  eptissin 
ir  red  nicht  verstund ,  sunder  bald  antwort :  ,Du  zemichtes 
weib,  was  für  bendel  meinstu?  Du  darflest  nicht  schertzred  mit 
mir  treiben.4  Die  jung  aber  sprach :  ,Fraw,  ich  bitt  euch,  ir  10 
wollen t  die  bendel  an  der  hauben  züknipffen.  Darnach  will 
ich  ewer  red  und  antwort  gern  gehorsam  sein.1 

Die  nunnen  ihr  gesicht  alle  auff  die  eptissin  wurffen  und 
sichtbarlich  erkanten,  warumb  Lisabeta  also  zu  der  eptissin 
geredt  hett.  Unnd  da  sich  die  eptissin  also  von  allen  ihren  15 
Donnen  angesehen  sähe,  sie  frembd  nam,  und  ihr  handt  auff 
das  haupt  leget  und  der  brücb  bey  den  bendein  warnam,  also 
bey  dem  greiften  vermerckt,  was  Lisabeta  hett  sprechen  wollen. 
Und  da  sie  sich  ihrer  eigenen  sünd  entdeckt  fand  und  das 
alle  ihre  Schwester  gesehen  hetten,  ihr  red  in  ein  predig  be-  20 
keret,  sagt,  weil  es  unmüglich  were  umb  Schwachheit  des 
fleische  all  wegen  in  keusch  heit  zu  leben.  Und  wa  sie  biss 
auff  dise  stund  ihr  sach  verborgen  gehabt,  nün  concludiert, 
das  ihr  yegliche,  wa  sie  das  zü  wegen  bringen  kündt,  ihr  gute 
tag  geben  solt.  25 

Also  das  schon  jung  nünnlin  aller  büss  unnd  peiu  erledigt 
ward  und  mit  seinem  bülen  wider  zü  beth  schlaffen  ging. 
Desselbigen  gleichen  die  eptissin  mit  ihrem  pfaffen  thet.  Hien- 
für  das  nünnlin,  es  were  den  andern  lieb  oder  laid,  [98a]  ihr 
den  jungen  zü  manichmalen  kummen  thet;  und  die  andern,  30 
so  nicht  bülen  hetten,  behalfien  sich,  wie  sie  mochten. 

Hin  closter  würt  visitiert,  darin  würt  ein  junger  ge- 
sell gefunden. 

Cap.  110  (113). 
An  einem  ort  eines  lands  was  ein  reichs  frawen  oder  x> 


416 


Martin  Montanus, 


uunnen  closter.  Die  selbigen  für  yederman  für  heylig  leut 
geachtet  wurden ,  aber  die  sach  uuib  sie  gar  ein  andere  ge- 
stalt  hett,  weder  sie  fürgaben.  Dann  sie  hetten  ein  jangen 
geraden  schonen  jüngling  under  ihnen,  dem  sie  nnnnen  kley- 
der  angelegt  hetten;  derselbig  nün  etliche  junge  nünnlin  oder 
closterfrewiin  gemacht  hett.  Und  ich  waiss  nicht,  ob  nians 
etwan  hett  hören  schreyen  oder  wie  es  Zugängen,  ye  die  her- 
ren  superattendenten  wolten  das  closter  visitieren ,  gott  geb, 
es  wer  den  nunuen  lieb  oder  leid. 

Nün  gedachten  sie,  wie  sie  doch  den  Sachen  thun  solten, 
damit  man  nicht  innen  würde,  das  sie  ein  mans  bild  under 
ihnen  hetten;  und  ihne  doch  nicht  verbergen  dorfFten,  dann 
er  war  in  die  zal  der  andern  nunnen  gerechnet.  Deshalb  bey 
ihnen  selbst  befunden,  das  er  solte  sein  entenschnabel  an  ein 
faden  binden  und  den  unden  hiendurch  ziehen  und  den  faden 
oben  am  halss  anbinden ;  so  würde  das  har  ihne  verdecken, 
damit  sie  nicht  erkennen  kündten,  ob  er  ein  mann  oder  ein 
fraw  were. 

Die  guten  ungesaltznen  nünnlin  meinten,  sie  hetten  die 
sach  recht  versehen,  unnd  die  superattendenten  sampt  den 
hebammen  hienein  Hessen,  da  sie  alsbald  nackend  ausgezogen 
wurden.  Ach  gott,  der  güt  gesell,  als  er  sähe  die  guten  nünn- 
lin mit  den  schwartzen  fledermeusslin  zwischen  den  scbnee- 
weissen  beinlin  da  stehn,  ward  ihm  das  hertz,  [98b]  ich  wais 
nit  woh,  lachen,  und  ward  der  faden  zu  schwach,  d erhalb 
ihme  der  entenschnabel  auffstracket.  Da  sähe  man  öffentlich, 
was  für  frumrae  nünnlin  im  closter  waren.  — 

Man  meint,  wann  man  ein  junckfraw  in  ein  closter  thü, 
so  hab  man  ein  güt  werck  und  gott  gefellige  sach  gethon; 
dann  da  müssen  sie  junckfrawen  bleiben,  daran  dann  gott 
sunders  gefallen  habe,  zü  gleicher  weiss  als  ob  aus  menschen 
stein  werden  mussten.  Ich  sag  aber,  das  die  nunnen  und 
closterfraweu  besser  sach  haben  dann  die  weltlichen  heraussen 
mit  essen  und  drincken ,  desgleichen  weltlichen  freuden ,  die 
die  natur  begeren  ist,  dasselbig  auch  wol  bass  verhelen  und 
verbergen  künden  dann  die  heraussen.  Dann  wann  sich  eine 
ausserthalb  den  clostern  mit  einem  mann  Übersicht,  so  waiss 
es  die  gantze  statt,  das  gantz  dorff,  und  geht  ein  solche  schnmi 


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GartengeselUchaft,  cap.  HO.  41? 


über  die  arm  dochter,  das  sie  wölt  die  zeit  im  Rein  biss  an 
halss  gestanden  sein.  Aber  in  den  clöstern  waiss  mans  nicht, 
bevorab  die,  so  verschlossen  sind  und  sich  für  gar  heylig  aus- 
geben ,  das  sind  schier  die  grösten  hüren.  Dann  gewonlich 
geschichts,  wann  ein  solch  closter  zerstört  würt,  so  findt  man  5 
kinder  beim  dotzet.  Das  heisst  fein  heylig  wesen  getriben. 
Noch  dannocht  wöllen  sie  den  nammen  nicht  haben,  sind 
fromb  gaistlich  leut,  betten  gott  für  die  weltlichen,  so  heraus- 
sen  in  sündtlichem  leben  stecken.  Ey  sie  betten,  das  sie  das 
hellisch  fewr  mit  ihrem  wesen  verbrenn.  Solt  ein  solche  ver-  1» 
zweyflete  hür,  die  sich  dem  armen  gemeinen  volck  für  heylig 
fürgibt  unnd  ein  hür  zü  hinderst  ist,  für  mich  bitten,  würd 
es  laider  schlecht  gebettet  sein;  ja  ich  hett  sorg,  ich  mfist 
sampt  ir  in  abgmndt  der  hellen  faren. 

Kein  besser  ding  ist  nie  herfür  kummen ,  so  lang  die  k> 
weit  ge- [99a] standen  ist,  als  da  der  Lauter  ist  auffkummen, 
der  den  fürsten  hatt  eingeben,  das  sie  sollen  die  gots  (hett 
schier  gesagt  hur)  heuser  abbrechen,  zerstören,  dasselbig  gut 
nemmen,  kirchendiener  und  frunrrae  prediger  daraus  erhalten, 
allmusen  geben ,  dadurch  yetz  frey  an  tag  kumpt  ihr  hären- 
werck.  Ists  aber  nicht  ein  teuflisch  verflucht  wesen,  das  sie 
in  den  speluncken  in  den  clöstern  sitzen,  betten  und  lesen, 
und  wissen  und  verstehn  nicht,  was  sie  betten  oder  lesen! 
Darzu  sind  etliche,  die  vil  lieber  arbeiten  wolten,  das  ihn  die 
schwärt  kracht,  und  dannocht  in  der  kirchen  sitzen  müssen  2."» 
und  blerren,  und  solt  ihn  der  hertzbendel  darüber  zerspringen. 
Ey,  ist  dann  das  so  ein  schon  gebett?  Ey,  wie  ist  es  gott 
so  angenem !  Wie  lautet  es  so  wol  vor  seinen  ohren !  Gleich 
als  ob  man  alt  hafen  die  stiegen  hienab  wflrfF.  Er  spricht 
ye :  ,Das  gebett,  so  gezwungen  geschieht,  gilt  nichts  vor  inei-  :«> 
nen  ohren;  ich  wils  nicht  hören.*  Wie  vil  weniger  würt  er 
hören  deren  gebett,  die  nicht  wissen,  was  sie  betten!  Sihe, 
wie  sitzen  wir  dann  so  wol,  wann  gott  unser  gebett  nicht 
hören  will!  So  haben  wir  unsere  heuser,  äcker  unnd  matten 
vergebens  in  die  closter  gestossen,  die  nunnen  hand  vergebens  s:> 
wol  darum b  gelebt. 

Es  geschieht  uns  aber  recht.  Wir  wöllen  uns  heut  bey 
lag  nichts  daran  keren;  gott  geb,  was  alle  prediger  sagen  und 

Monuno.  27 


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418 


Martin  Montanus, 


uns  vor  ihn  warnen,  so  müssen  nichts  destoweniger  unser 
kinder  hienein.  Das  gilt  dauret  uns  nicht,  so  wir  mit  in  hie- 
nein  stossen;  es  ist  hernach  als  heylig  ding,  und  vermählen 
dardurch  unsere  kinder  gott.  Ja,  dem  teufel  vermählet  man 
5  sie,  der  alsbald  gewalt  über  ein  solche  person  gewint ,  auch 
nicht  von  ihr  weicht,  biss  er  sie  mit  ihm  in  abgrundt  der 
hell  gefurt  hatt.  Ja,  das  bedencken  [99b]  wir  nit,  wir  glau- 
bens  nit.  Das  thüt,  das  keiner  von  unden  heruff  kurapt  und 
sagts  uns.    Und  vergessen  des  texts  fein,  den  Lucas  am  sech- 

10  zehenden  capitel  beschreibt,  da  der  reich  man  an  Abraham 
begert,  er  solt  doch  einen  von  den  verstorbnen  zü  seinen  bru- 
dern  schicken,  der  ihn  solche  pein  anzeigt;  dann  wann  einer 
von  den  doten  aufferstünd,  würden  sie  ihm  glauben.  Da  Abra- 
ham antwort:  ,Sie  haben  Moysen  und  die  propheten;  die  hören 

iö  sie.  Glauben  sie  den  nit,  so  glauben  sie  auch  nicht,  wann 
einer  von  den  thoten  ufferstund.'  Darumb  hilfft  es  nicht, 
wir  glauben  den  predicanten  nicht,  die  unsere  propheten  sind, 
werden  noch  vil  weniger  glauben,  wann  einer  von  den  todten 
herkam.    Würt  auch  gar  kein  glaub  nit  in  uns  kummen,  bis 

20  Christus  selbst  kumpt  und  lehrt  uns  glauben  und  macht  ein 
end  an  solch  gottloss  wesen ,  welches,  ob  gott  will,  bald  ge- 
schehen würt. 

Pfaff  Zianus  macht  seinem  gefattern  Petro  das  weib 

zü  einer  rossmütter. 

2ö  Cap.  111  (114). 

In  einem  dorff  sass  ein  guter  armer  pfaff,  welcher  alle 
wochen  mit  einem  esel  in  die  stat  gen  marckt  für,  kaufft  et- 
was und  verkauffts  darnach  wider.  Der  selbig  pfaff  in  seinem 
hien  und  wider  faren  gross  kundtschafft  zü  einem  armen  beur- 

:to  lin  gewan,  welches  beurlin  auch  wie  der  domine  gehn  marckt 
zöge.  Und  ihr  freundtschafft  baiderthalb  so  gross  ward,  das 
sie  einander  gefattern  hiessen  ;  und  wann  der  gut  arm  baur, 
so  Pettrus  genaut,  zürn  pfaffen  kam  ,  fürt  er  in  mit  im  heim 
unnd  thet  im  ehr,  sovil  er  vermocht. 

:{.-,        Nun  was  gefatter  Peter  gar  ein  ar-[100a]mer  mann  und 


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Gartengeaellschaft,  cap.  111. 


410 


het  nichts  anders  dann  ein  klains  heussliu,  da  er  und  sein 
esel  samt  seinem  weib  mit  marter  in  wonen  mochten.  Doch 
als  offt  der  pfaff  von  allen  heiigen  kam,  furt  in  der  baur  auch 
in  sein  hauss  und  ehret  in,  so  fast  er  raocht.  Doch  het  er 
nicht  mehr  als  ein  klains  betlin,  darin  er  und  sein  haussfraw,  5 
die  dazumal  jung  und  schon  was,  lagent ;  derhalb  er  in  nicht 
ehren  kundt,  nach  dem  er  gern  gewölt  hette.  Nün  hette  er 
neben  der  kammer  ein  klains  stellelin ,  darin  der  esel  stund ; 
da  er  auff  ein  wenig  stro  dem  pfaffen  ein  bettlin  machet. 
Nün  hette  die  güt  fraw  wol  vernommen,  wie  der  pfaff  iren  10 
mann  so  wol  geehret  hett;  derhalb  gern  aus  dem  hauss  zu 
einer  irer  nachbeurin  gangen  wer.  damit  der  pfaff  bey  irem 
mann  gelegen  were.  Aber  der  pfaff  wolt  ir  solches  nicht  zu- 
geben, sonder  sprach,  er  könte  aus  seinem  esel  ein  schöne 
juuckfraw  machen,  damit  er  sein  freud  hette;  darnach  könte  15 
er  sie  wider  zü  einem  esel  machen. 

Ab  diser  red  die  fraw  sich  grösslich  verwundert  und,  wie 
sie  des  nachts  schlaffen  kam ,  zü  irem  mann  sprach :  ,Mein 
lieber  mann ,  du  sprichst ,  er  sey  dein  güter  freund.  Wann 
du  in  dann  bettest,  das  er  aus  mir  auch  ein  rossmüter  machet,  20 
so  köntestu  mit  mir  gehn  marckt  faren,  so  were  unser  gewinn 
desto  grösser.4  Der  güt  ungesaltzen  baur  dem  weib  glaubet 
und  morgens,  da  sie  auffgestanden  waren,  den  pfaffen  bat,  das 
er  aus  seinem  weib  auch  ein  rossmüter  machen  wolt. 

Der  pfaff  sich  entschuldigt,  vermaint  den  bauren  ab  sol-  25 
chem  glauben  zübringen;  aber  es  was  alles  umbsunst,  er  wolt 
eben  ain  rossmüter  haben.    ,Wolan  in  dem  namen  gottes*, 
sprach  der  pfaff,  ,die  weil  ihr  michs  ye  nicht  erlassen  wölt^ 
so  bin  ich  berait  ewer  gefallen  zü  thün.    Aber  ich  sag  euch 
zü,  das  [100b]  es  ein  schwer  ding  ist  ;  sonderlich  den  wadel  ao 
an  zü  setzen,  das  würt  gross  mühe  neinen ;   und  ihr  werdt 
gedencken,  das  ihr  nichts  darzü  reden  werdt,  gott  geb  wie 
ich  im  thü.    Sonst  ist  es  alles  vergebens  und  umb  sunst.1 
Der  baur  verhiess  im  still  züschweigen.    Nün  der  pfaff  zöge 
sich  auss  biss  an  das  hemmat  und  sagt  zür  beurin ,  sie  solt  35 
sich  nackendt  aus  ziehen.    Nach  dem  dem  bauren  ein  lieclit 
in  die  hand  gab,  ime  von  newem  gebot,  das  er  kein  wort 
sprechen  solte,  gott  geb,  was  er  mit  der  frawen  machte,  we- 

27* 


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420 


Martin  Montanus, 


der  allein  für  unnd  für  betten,  das  es  wol  geriete.  Petrus 
das  Hecht  zü  banden  nam  und  sprach,  er  wolte  den  sachen 
recht  thün. 

Nün  der  pfaff  stellet  die  fraw  nider  auff  alle  viere  unnd 
5  ir  auch  verböte,  das  sie  nichts  saget,  gott  geb  was  er  thete. 
Nach  dem  anhüb  zü  greyffen  von  erst  ihr  haupt  und  ange- 
sicht  und  sprach:  ,Das  werde  ein  schön  roashaupt!4  Demnach 
das  haar  in  heine  hände  nam  und  sprach:  ,Das  werde  schon 
rosshaar!4    Darnach  an  ire  schneweysse  brtistlin  kam,  die  er 
10  steyff  und  hart  fand,  die  bey  im  erweckten  den,  dem  noch 
nit  gerütft  wardt;  und  in  demselben  uifstehn  sprach  er:  ,Das 
werde  ein  schöne  rossmüter  brüst!4    Also  an  dem  bauch,  an 
den  bainen  und  allen  enden  des  leibs  thet;  und  da  er  kam, 
der  frawen  den  schwantz  an  zühencken,  er  ihr  nach  seim  ge- 
ir>  fallen  auch  ansetzt  unnd  sprach:  ,Das  werde  ein  schöner  ross 
schwantz  !4 

Da  das  der  güt  einfeltig  baur  gesehen,  der  biss  auff  dise 
stund  still  geschwigen  hett,  in  kain  schimpff  daucht;  anhüb 
zü  schreyen  und  sprach:  ,Gefatter,  lieber  herr,  ich  will  kain 

20  schwantz  da  haben.4  Also  der  pfaff  sich  zü  ruck  zoch  und 
sprach  :  ,0  weh,  lieber  baur,  was  hastu  gethon!  Befalhe  ich 
dir  nicht  still  zü  schweigen?  Yetzund  hastus  entwicht,  [101a] 
das  kein  weg  mehr  ist,  dardurch  ichs  mög  zü  einer  rossmüter 
machen.4    Da  die  fraw  hört,  das  alles  vergebens  was  unnd 

2.-,  nicht  möglich  was,  das  sie  zü  einer  rossmüter  kündt  werden, 
auff  stund  und  dem  mann  übel  redt,  das  er  kaum  in  ein  schüch 
güt  were  gewesen.  Welche  wort  den  güten  mann  von  newem 
bekümberten;  mit  seinem  esel  wie  vormals  gehn  marckt  zöge 
und  den  pfaffen  fürt  hien  nicht  mehr  batt,  das  er  ein  ross- 

au  müter  aus  seiner  frawen  machen  solt. 

Ein  kurtzweylige  historia  von  könig  Artus,  wie  er 
durch  Virgiliurn  die  ebrecher  brück  zü  richten  Hess. 

Cap.  112  (115). 
Vor  Zeiten  in  Kngellandt  ein  mechtiger  gewaltiger  könig 
27  gaweaen 


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Gartengesellschaft,  cap.  111  —  112. 


421 


wonte,  so  Artus  genennet  was.  Derselbig  ein  auss  derinassen 
schone  und  auch  fromme  fraw  hett;  aber  ihr  frommkeit  der 
könig  wenig  bedacht,  sonder  ein  arckwon  auff  sie  hette,  wie 
sie  mit  einem  ritter  am  hoff  bülschafft  pflegte,  doch  mit  nich- 
ten  kundt  den  grund  oder  die  warheit  erfaren.  Derhalb  er  ö 
der  unmutigst  und  bekümmerst  mann  wäre,  den  man  in  gantzem 
Britania  oder  Engellandt  finden  mocht.  Alle  seine  rhät  unnd 
diener,  dess  gleichen  auch  sein  eigne  haussfraw  wol  sahen 
unnd  erkanten,  das  der  könig  ein  haimlich  und  besonder  an- 
ligen  hette,  aber  in  kainen  weg  wissen  oder  erfaren  mochten,  10 
was  doch  die  ursach  solch  seins  trawrens  were,  sonder  in,  so 
best  sie  mochten,  trösteten. 

Nun  het  aber  der  könig  den  Virgilium ,  der  ein  nigro- 
manticus  was,  (des  nammen  in  der  gantzen  weit  bekant  ist) 
am  hoff.  Derselbig  auff  ein  zeit  zum  könig  kam  und  ine  bat,  10 
er  8olt  im  doch  [101b]  sagen,  was  im  were:  so  wolt  er,  woh 
möglich,  ime  behülflich  sein,  damit  er  wider  in  freud  gesetzt 
würde.  Der  könig  mit  betrübtem  angesicht  antwort  unnd 
sprach :  ,0  Virgili,  dein  kunst  mir  zu  nichten  güt  ist.  Der- 
halb ich  hilflos  unnd  ohne  trost  stand ;  unnd  woh  mir  nicht  20 
bald  geholffen  würt,  ich  das  leben  one  zweyfel  würd  verloren 
haben.4  —  ,0  aller  gnedigster  her  könig',  sprach  Virgilius, 
,zeigt  mir  die  sach  auff  hoffnung  an!  Villeicht  gott  glück 
gibt,  das  euch  möcht  geholffen  werden.1  —  ,Wolan4,  sprach 
der  könig,  ,dieweil  du  mich  also  tröstest,  so  will  ich  dirs  sagen.  25 
Und  wiss,  das  ich  ein  arckwon  auff  mein  frawen  eines  ritters 
halben  trag  und  mich  bedunckt,  ihr  königliche  ehr  sei  ihr 
durch  in  verschnitten  worden.  Doch  nicht  den  rechten  grund 
der  warheit  erfaren  kan.  Darumb  ich  also  unmutig  und 
traurig  bin.1  90 

Virgilius  den  könig,  so  best  er  mocht,  tröstet  unnd  batte, 
er  solte  ein  hoff  auss  schreyen  lassen,  darzü  er  yederman, 
fürsten  und  herren,  graffen  unnd  ritter,  auch  alle  vom  adel 
darzü  berüffen  solt;  solte  auch  ein  brück  nach  seinem  willen 
machen  lassen ,  darauff  er  ein  thurn  setzen  wolt  und  darein  30 
ein  glöcklin  hencken;  wann  dann  die  brück  gemacht  were. 


12  testeten 


18  wüde 


422 


Marti ii  Montanus, 


solte  er  mit  allem  volck  hinüber  reitten;  welcher  dann  sein 
ehe  gebrochen  hett,  es  were  weib  oder  mann,  die  müsten,  so 
er  sein  glöcklin  erschalte,  hinab  in  des  dieffen  wassers  flüt 
fallen;  doch  würde  in  solchem  bad  niemandts  kein  laid  ge- 

5  schehen,  allein  damit  er  erfaren  mochte,  wie  die  sach  umb 
sein  fraw  und  umb  den  ritter  stünde. 

Der  konig  Virgilio  alle  seine  bawleut  zu  gab,  die  fört 
Virgilius  an  das  gross  wasser  Ramesis.  Darüber  er  iun  kurtzer 
zeit  ein  brück,  zwei  unnd  dreissig  joch  [102a]  lang  und  neun 

io  eilen  bogen  hoch,  von  eyttel  gehawenen  werck  stucken  machen 
Hess.  Das  pflaster  diser  brücken  was  von  geballiertem  mar- 
melstain.  Es  was  auch  gedachte  brück  allein  dreyer  spannen 
breit,  zü  beiden  seitten  kein  lanen  hatte,  sonder  glatt  was 
wie  ein  spiegel.    Und  mitten  au  ff  der  brücken  setzte  er  einen 

15  kostlichen  thurn  von  marmelstain ,  des  wand  mit  schönem 
gemiild  herlich  durchgraben  waren.  Als  nun  die  brück  von 
den  bawleuten  gantz  unnd  gar  vollendet  war,  gieng  Virgilius 
in  den  thurn  und  hieng  ein  glöcklin  darein,  molet  auch 
abenthürliche  figuren  darein  uud  beschwür  sie.    Und  als  sie 

20  beschworen  war,  zeigt  ers  dem  könig  an. 

Der  könig  schwig  still  und  liess  bald  ein  hoff  auss  schrei- 
ben in  seinem  gantzen  reych  allen  fürsten  und  herren,  rittern 
und  graffen,  auch  allem  frawen  /immer,  das  sie  gehn  Trio- 
manten  in  sein  haupt  statt  kernen.    Da  das  seine  regenten 

25vernamen,  ritten  sie  eylents  mit  allein  frawen  ziramer  in  die 
hauptstat  Triomanta;  da  der  könig  an  gedachtem  wasser  Ra- 
mesis vil  kostlicher  gezelt  von  samet  und  seyden  het  auff 
schlagen  lassen,  darin  den  edlen  gesten  mit  kostlichem  essen 
unnd  drincken,  auch  allen  lieblichen  instrumenten  zu  tisch 

ao  gedient  warde.  Und  allwegen  nach  essens  zeit  tienge  man  au 
zü  turnieren  und  stechen,  zü  jagen  und  baitzen ;  an  eim  orth 
dantzt  man,  dort  sang  man,  am  dritten  fechtet  man ;  in  summa 
alle  freud  und  kurtzweil  ward  gehalten.  Doch  bey  dem  allen 
ward  dem  könig  sein  schwer  gmüt  nicht  geringert,  sonder 

6  stets  an  sein  frawen  und  den  ritter  ward  gedencken. 

Da  nön  der  hoff  drey  tag  geweret  hette,  liess  der  könig 
durch  seinen  herolt  auss  rüffen  und  der  herschafft  verkünden, 
wie  er  morgens  [102b]  frü  über  die  schmale  brücken  reytten 


Gartengeaellschaft,  eap.  112—113. 


423 


wolt ,  mit  bitt,  die  berren  wolten  in  gelaiten.  Solches  die 
berren  alle  sampt  willig  waren,  wenig  den  list  merckten,  der 
darhinder  verborgen  lag.  Und  am  morgen  fru  yederman 
auff  zu  ross  sass  und  zur  brücken  kam ,  einander  drengten, 
und  yederman  der  erste  sein  wolte.  Des  königs  boffniaister  ö 
ordnet  alle  diug,  unnd  wie  sie  nach  einander  reytten  solten. 
Von  ersten  so  ritt  konig  Artus,  nach  ime  die  erentreicb  zart 
fraw  königin  mit  irem  frawen  zimmer  füss  für  füss  von  schmale 
wegen  der  brücken.  Aull'  sie  ritten  hernach  alle  fürsten, 
graffen,  ritter  unnd  herren;  under  denen  ritt  auch  der  edel  iu 
ritter,  den  der  konig  mit  der  königin  in  arckwon  hielte. 

Unnd  als  sie  mitten  auff  die  brücken  kamen,  Hess  Vir- 
gilius  sein  glöcklin  erschallen.  Da  sähe  der  konig  nach  seiner 
frawen  und  dem  ritter  umb,  die  er  alle  beide  auff  recht  ulf 
der  brücken  her  sähe  reitten.  Davon  sein  hertz  grösslich  unnd  lä 
über  die  mass  erfrewet  war,  das  er  sein  fromme  frawen  unnd 
•  den  ritter  des,  so  er  sie  arckwonete,  unschuldig  sähe  unnd  er- 
kant.  Demnach  tratt  des  marschalcks  ross  zu  kurtz  unnd  fiel 
über  ab  in  das  wasser.  Da  erhüb  sich  erst  ein  recht  fallen 
unnd  zahlen  im  wasser ;  da  fielen  zweu,  dort  drey  gleich  wie  &> 
in  einem  turnier,  zabelten  im  wasser  wie  die  meus.  Doch 
geschach  niemants  kein  schad,  dann  allein  das  sie  nass  wur- 
den. Yederman  lachet  dess  nassen  kalten  bads;  wenig  wüsten, 
warumb  das  geschehen  were. 

Und  der  könig  erhielt  den  hoff  noch  dreyzehen  tag  mit  25 
grossem  kosten ,  darnach  gab  er  yederman   Urlaub.    Und  er 
lebt  fürthien  in  rüwigeni  lebeu  mit  seiner  lieben  frawen.  [103a] 

Von  könig  Alkiuo,  wie  der  erstochen  worden. 

Cap.  113  (116). 

Wir  lesen  in  der  Lambarder  cronica,   wie  in  Lanibardia  ao 
ein  reicher  kundiger  könig  gesessen  was,  den  man  Alkinus 
nennet.    Der  selbig  vil  streit  mit  dem  welschen  könig  des 
landts  halben  gehabt  und  gethon.    Und  eins  mals  kamen  beyde 

* 

3  morgens 


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424 


Martin  Montanus, 


konig  selbst  personlich  aneinander  und  des  streits  sovil  triben, 
das  AI kin us  den  welschen  könig  erlegt  und  zü  todt  schlüg. 
Und  hernacher  des  ertodten  königs  haupt  nam  und  in  goldt 
zu  einem  pocal  und  drinckgeschirr  fassen  lies.    Darnach  er 

5  die  schon  junckfraw  Rosimundam,  des  todten  königs  dochter, 
zu  einem  ehelichen  weib  nam. 

Und  eins  mals  was  Alkinus  zü  Dietrich  Bern  druncken 
worden,  und  in  einer  follen  weiss  lies  er  wein  einschenken 
in  die  hirnschal,  dranck  und  gab  hernach  auch  Rosimunda, 

10  seiner  frawen,  zü  drincken  sprechend:  ,Sehien,  weib,  drinck 
mit  deinem  vatter !'  Die  fraw  aber,  die  mit  nichten  verstund, 
warumb  ihr  herr,  der  könig,  also  redet,  oder  waraus  sie  drancke, 
den  kopff  nam  und  dranck.  Und  erst  hernacher  über  lang 
erfür,  waraus  sie  druncken  hett,  unnd  das  er  ihr  solche  schmach 

15  zü  Verachtung  bewysen  hett.    Bald  in  zorn  wider  den  könig 
entzündet  und  gedacht,  sie  solches  nicht  wolte  angerochen 
lassen,  stäts  dichtet,  wie  sie  in  doch  mit  füg  ab  der  erden  . 
möchte  richten. 

Nün  was  aber  im  frawenzimmer  ein  junckfraw  (so  maus 

20  änderst  ein  junckfraw  nennen  soll),  mit  der  selbigen  bület  ein 
junger  ritter  und  beschlieff  sie  alle  nacht  nach  seinem  willen, 
welches  die  königin  wol  wust.  Der- [103b] halb  sie  es  mit  der 
selbigen  junckfrawen  anleget,  das  sie  sie  an  ihr  beth  solt  ligen 
lassen,  damit  sie  der  ritter  beschlieife;  hernacher  möchte  sie 

25  mit  im  machen ,  was  sie  wölte.  Welches  als  bald  geschah ; 
und  der  ritter  des  nachts  unerkant  die  königin  beschlieff ;  dann 
er  vermeint,  er  lege  bey  seiner  bülschafft.  Und  als  er  nün 
yetz  seinem  willen  ein  genügen  gethon,  sprach  die  königin: 
,Waistu,  wer  ich  binn?1    Der  ritter  autwort:  ,Bistu  nit  mein 

30  bülschafft?'  —  ,Nein\  sprach  die  königin,  ,ich  bin  Rosimunda. 
Und  yetzund  hastu  dein  willen  an  mir  follbracht,  derhalb  ge- 
dencken  würst  und  mich  einer  bitt  geweren,  die  ich  yetz  thün 
würd,  das  ist,  das  du  den  könig  umbringest  und  erdötest. 
Darzü  will  ich  dir  behilflich  sein ;  dann  ich  will  im  sein  wehr 

35  verbinden,  die  kammer  öffnen ;  so  magstu  in  leichtlic|j  on  alle 
sorg  umbringen.  Wa  du  dich  aber  ein  solches  wegern  würst, 
will  ich  zü  wegen  bringen ,  das  dich  der  könig  würt  tödten 
lassen.    Dann  ich  will  sagen,  du  habest  mich  genotzwenget, 


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Gartengesellschaft,  cap.  113. 


425 


über  das  dem  könig  getrewet,  du  wollest  in  ermorden.  So 
würt  er  mir  vil  ehe  glauben  daun  dir.  Darnach  wiss  dich 
zu  richten!4  Der  ritter  wol  sähe,  das  er  tiberwunden  war; 
doch  alle  forcht  des  königs  halben  zu  ruck  schlug  und  der 
königin  bösen  willen  züerfüllen  ir  versprach,  sich  auch,  so  3 
best  er  mocht,  darzü  rüstet. 

Unnd  die  konigin  auff  die  bestimpte  nacht  die  kammer 
öffnet  und  dem  könig  alle  seine  wehr  verband,  das  er  die 
weder  rucken  noch  regen  mocht.  Und  der  ritter  uff  vil  be- 
stimpte nacht  kam ,  die  kammer  offen  fand ,  hienein  in  die  10 
kammer  dratt  und  den  konig  in  dem  beth  ligen  sähe.  Der 
konig,  der  ein  ampell  beim  beth  hett  brennen  und  des  ritters 
innen  ward,  nackendt  vom  beth  auffür  [I04nj  und  zür  wehr 
greiffen  wolt,  aber  mit  nichten  die  gehaben  mocht.  Derhalb 
er  den  füssschemel  erhast  und  sich  mannlich  genüg  mit  wehret,  15 
den  ritter  auch  hefftig  verwundet.  Doch  letstlich  ward  der 
konig  vom  ritter  erstochen ;  dann  der  ritter  hett  hämisch  an, 
hergegen  war  der  k6nig  bloss.  Als  nün  die  königin  ihren 
konig  ermördt  sähe,  lies  sie  eylents  in  derselben  nacht  vil 
gold  und  gelt  und  ander  kleynat  auff  zwey  pferd  laden  unnd  2u 
eylents  mit  dem  ritter  aus  dem  land  ritte.  Doch  entlich  zu 
Raven  na  sich  niderliessen  und  da  hochzeit  hetten;  daselbst  sie 
bliben  und  das  entfurt  gelt  verzechten. 

Als  sie  nün  etlich  jar  also  bey  einander  gewesen  waren, 
begab  sich ,  das  die  falsch  fraw  ein  edelman  sehr  jung  und  25 
wolgestalt  ersehen  hett,  den  sie  gern  zu  eim  mann  gehabt, 
wann  sie  allein  des  ritters  abgewesen  were.  Sich  letstlich 
understund  denselben  zü  tödten,  vermeinet,  es  solte  ihr  auch 
also  hienschleichen  wie  mit  ihrem  herren  konig.  Aber  gott, 
der  mordt  und  ehbruch  nicht  ungerochen  lasst ,  änderst  mit  30 
ihr  haben  wolt,  weder  sie  meinet. 

Dann  eins  tags,  als  der  ritter  im  bad  gewesen  wäre  und 
nach  dem  bad  hitz  halben  begeret  zü  drincken ,  vergab  ihm 
die  fraw  mit  gifft  im  wein.  Als  er  aber  den  empfinden  ward, 
sprach  er  zü  ihr,  sie  solt  auch  drincken.  Aber  die  fraw,  als  Jö 
die  wol  wust,  was  es  für  wein  war,  nicht  drincken  wolt,  sun- 
der sich  in  ihrem  angesicht  entfernt.  Doch  der  ritter  sein 
schwert  auszucket,  solches  der  frawen  an  das  hertz  setzet 


42(3 


Martin  Monianus, 


sprechend  :  ,Drinck  oder  stirb  !l  Damit  die  frawen  zwang,  das 
sie  den  gifftigen  wein  ausdranck.  Darnach  zu  band  der  ritter 
nider  sanck,  desgleichen  das  arge  falsche  weib. 

Also  sie  beyde  bey  einan-[104b]der  starben  und  verdarben. 
ö  Damit  ward  ihnen  beyden  irs  inordts  und  ehebruchs  billich 
und  recht  gelohnet.  Dann  gott  lasst  solch  grewlich  laster 
nicht  ungerochen,  sunder  vil  mehr  es  öffentlich  an  tag  kuni- 
men  lasst,  wie  dann  disen  auch  geschähe.  Gott  behut  uns 
vor  scli and ! 

10  Zü  Rom  wflrt  ein  consul  erstochen. 

Cap.  114  (117). 

In  anfahung  des  romischen  reichs  und  erbawung  der  statt 
Rom  waren  die  consules  in  grösserm  ansehen  und  würden 
dann  yetz  zü  unsern  zeiten.    Dann  das  romisch  reich  sich  der- 

11  massen  gemindert  und  abgenommen  hat,  und  sich  noch  tag- 
lichs  mindert  und  abnimpt  also ,  das  sein  schier  niemandts 
mehr  begert. 

Nön  der  selbigen  hochgeachten  consules  warde  einer  ge- 
setzt, dem  villeicht  umb  wol  oder  Übels  thnn  etlich  der  statt 
unnd  auch  des  rahts  neydig  wurden,  derhalben  einen  mit  gelt 
bostrichen  [!],  das  er  in  solte  erstechen.  Es  wäre  aber  einer 
under  inen,  der  gedachtem  burgermeister  günstig  war  und  im 
der  ehren  wol  gönte  und  gehört  hette,  was  sie  seinethalben 
gerahtschlagt  betten.    Bald  im  ein  brieff  schrib  und,  als  der 

'£>  burgermaister  auff  das  rahthauss  gieng,  im  den  in  sein  handt 
gab  unnd  sprach:  ,0  consul,  liss  den  brieff!*  Der  consul,  der 
solche  feindtsebafft  auff  in  nicht  wüste,  auch  mit  schwere  der 
statt  geschafften  beladen  was,  den  brieff  in  der  handt  behielt, 
vermeint,  er  wolte  den  daheim  überlesen.    Als  er  aber  ab  dem 

'M  rahthaus  gehn  wolt,  war  einer  vorhanden  unnd  erstach  in. 

Das  sollen  die  grossen  herren  inen  zü  einem  beyspil  ne- 
meu,  damit,  wann  inen  brieff  geben  werden,  das  sie  die  1 105a] 
selbigen  von  stundan  überlesen  unnd  nicht  in  die  langen  truhen 
schliessen,  wie  schier  bey  allen  breuchlich. 


- 

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(iur  ton  gesell  sohaft,  cap.  114 — 115. 


427 


Jäcklin  jiul  von  Obernberckheim  ward  zfi  Ensissheim 

gehenckt. 

Cap.  115  (118). 

Zü  Obernberckheim  im  Elsass  sass  ein  jud,  Jäcklin  ge- 
nant. Der  selbig  sein  gewerb  mehr  mit  edclleuten  gehabt » 
dann  mit  armen  leuten ;  dann  ime  die  selbigen  bass  ins  büchs- 
lin  haben  blosen  künden  weder  die  armen.  Dess  halb  er  auch 
den  rhüm  im  gantzen  Elsass  gehabt,  wie  er  der  frümbst  jud 
seye,  der  im  gantzen  land  ist ;  dann  er  seine  dück  fein  haim- 
lich  hatt  füren  künden.  10 

Nün  hatt  sich  auff  ein  zeit  begeben,  das  gedachter  jud 
mit  einem  edelman,  under  dem  bischoff  von  Strassburg  ge- 
sessen, zü  handien  gehebt  und  ye  sovil  zü  wegen  bracht,  das 
er  des  edelmans  bitschier  abgrübe.  Mitler  zeit  fienge  der  zug 
für  Metz  an,  und  der  edelman  zöge  auch  mit.  Wie  nun  die  lö 
knecht  so  hefftig  starben,  käme  das  geschrey  für  den  juden, 
der  edelman  wer  gestorben.  Der  jud,  als  er  den  edelman  todt 
höret ,  machte  er  eylents  ein  bekantnus  ins  edelmans  namen 
für  syben  hundert  gülden  unnd  bekrefftigts  mit  des  edelmans 
abgegrabnen  bitschier.  Und  den  nechsteu  zü  der  frawen  ritte,  20 
ir  die  bekantnus  zeiget  und  sprach,  ihr  juncker  hette  syben 
hundert  gülden  von  ime  entlehenet;  nün  hette  er  aber  ver- 
notnen,  wie  der  juncker  todt  were,  derhalb  er  solches  nit  hett 
wollen  unangezeigt  lassen,  damit  die  schuld  nicht  veralte  und 
man  hernacher  nichts  darumb  w61te  wissen ;  doch  wolte  er  2r> 
die  fraw  nicht  umbstossen,  sonder  warten  [105b]  und  ihr  ge- 
mach thün ,  yetzt  hundert  gülden  nemen  unnd  über  ein  jar 
aber  hundert  gülden,  biss  er  bezalt  were. 

Ach  gott,  die  güt  fraw  was  trawrig,  nichts  von  der  schuld 
wust;  dann  ihr  ir  juncker  nichts  von  der  schuld  gesagt  hette.  w 
Solches  iren  freunden  anzeigt;  und  die  freund  nicht  gern  het- 
ten,  das  sie  von  dem  juden  beschrait  würden,  derhalb  mit 
einander  berieten  unnd  dem  juden  die  syben  hundert  gülden 
also  bar  erlegten  und  bezalten.  Da  hett  mein  güter  jud  ein 
rechte  beuth  erjagt,  frolich  und  woi  zü  müt  heim  gen  haus  & 
ritte,  wenig  besorgte  dess,  so  ime  hernach  kam. 


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428 


Martin  Montanus, 


Nün  über  etlich  monat  kam  der  edelman,  den  der  jud 
todt  niainet,  wider  aus  dem  krieg  heim.  Und  eins  tags  sagt 
die  fraw:  ,Ach  juncker,  wie  habt  ihr  mir  solches  mögen  zu 
laid  thün,  das  ir  dem  juden  sovil  schuldig  seit  und  mir  nichts 

ödarvon  gesagt  haben?4  —  ,Wie?1  sprach  der  edelman,  ,wel- 
chem  juden  bin  ich  schuldig?'  Die  fraw  sprach:  ,Jäcklin 
juden  von  Obern berckheim.  Dem  hab  ich  sybenhundert  gülden 
erlegt,  die  ihr  im  schuldig  gewesen  seit  laut  ewer  bekantnus.' 
Damit  ime  die  bekantnus,  darneben  des  juden  quittantz  Über 

10  die  empfangne  sybenhundert  gülden  zeiget.  ,0\  sprach  der 
edelman,  ,das  ist  nit  mein  handtgeschrifft.  Der  bosswicht  hat 
mir  mein  bitschier  abgraben  lassen/ 

Den  nechsten  uff  sass  und  eylents  gen  Zabern  zöm  bi- 
schoff  yon  Strassburg  rit,  ime  die  handlung  des  juden  anzeigt, 

15  darneben  batt,  das  er  auff  den  juden  auff  allen  Strassen  woit 
warten  lassen  und  gefäncklich  annemen.  Nün  wäre  es  eben 
umb  sanct  Johans  tag.  Welches  der  bischoff  wol  wüst,  der- 
halb  dem  wirt  zö  Matzenheim  bevalhe,  das  er  gedächte  und 
den  juden,  woh  er  durch  ritte,  gefäncklich  anneme  unnd  [106a] 

20  gehn  Zabern  füren ;  welches  geschähe.  Dann  da  er  heim  reit- 
ten  und  zö  Matzen  heim  durch  zohe,  nam  in  der  wirt  gefangen 
unnd  füret  in  gen  Zabern,  da  er  im  schloss  in  thurn  gelegt 
und  gefäncklich  gehalten.  Nün  ward  dem  juden  anzeigt,  war- 
umb  er  gefangen  lag.    Da  fiel  im  erst  die  pfeiff  in  sack ; 

äiwol  gedacht,  das  er  bald  erhöcht  würde  werden.  Doch  sich, 
so  fast  er  mocht,  beschirmet  und  ausredt. 

Und  als  er  nün  uff  ein  viertel  jar  gefangen  gelegen,  auch 
seiner  frawen  und  andern  schwanen  warde,  die  sach  gienge 
nicht  recht  zü,  und  das  er  die  haut  am  galgen  dorren  würde, 

uu  lieffen  sie  tag  unnd  nacht,  hetten  gern  yü  gelt  für  in  geben, 
damit  er  ledig  gewesst  were.  Und  auch  letstlich  dahien  kom- 
men wäre,  das  er  dem  edelman  seine  sybenhundert  gülden 
erlegen  und  dem  bischoff  ein  abtrag  für  seine  begangne  misse- 
that  erlegen  unnd  geben  wolt.    Welches  auch  sein  fraw,  die 

ftjüdin,  gern  thün  wollen,  solche  summa  au ffb rächt  und  sie  dem 
bischoff  antworten  wällen.  Als  sie  aber  über  die  brücken 
dem  schloss  zügangen  sind,  ist  ein  anderer  jud  aus  dem  schloss 
gangen  unnd  zü  in  gesagt,  sie  solten  gedencken  und  dem 


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Gartengeaellschaft,  cap.  115. 


429 


bischoff  kein  gelt  geben;  dann  geben  sie  im  ein  heller,  so 
müsten  sie  zü  Enssisheim  drey  darfßr  geben;  er  würde  wol 
ohne  gelt  ledig  werden. 

Als  solches  die  geytzigen  juden  horten,  zogen  sie  mit 
irem  gelt  wider  zü  ruck  den  nechsten  Enssisheim  zü,  vil  schenck  o 
hien  und  wider  ausgaben  und  die  herren  dapffer  schmierten, 
damit  man  fflr  den  juden  schribe.    Und  die  herren  der  regie- 
rung  auch  selber  willens  waren  dem  bischoff  züschreiben  und 
den  juden,  die  weil  er  under  sie  gehörig,  zü  begeren.  Auch 
dem  bischoff  von  Strassburg  schriben,  er  solt  in  ihren  [106b]  io 
juden  schicken;  sie  wolten  in  wol  straffen,  nach  dem  er  ver- 
dient hette.    Welches  aber  der  bischoff  in  keinen  weg  thün 
wolte,  sonder  in  wider  antwort,  er  hette  den  juden  auff  seinem 
grund  unnd  boden  gefangen;  so  hette  er  auch  die  misshand- 
lung  in  seinem  landt  begangen ;  derhalb  er  ine  nach  seinem  i» 
verdienst  wol  straffen  wolte  und  keins  wegs  gesinnet  were, 
den  juden  hienaus  zü  lassen.    Aber  letstlich  durch  vil  unnd 
inancherley  handlung  der  jud  gehn  Ensissheim  gelüfert  warde. 

Als  aber  der  jud  zü  Ensissheim  war,  gedacht  er,  er  hette 
gewunnen  unnd  nün  Sicherung  seins  lebens  hette,  fieng  er  an  20 
alles  das  zü  leugnen,  das  er  zü  Zabern  bekant  het.    Dess  die 
herren  nit  wenig  verdrissen  ward,  unnd  noch  andere  st&cklin 
taglich  darzü  schlügen,  derhalb  den  juden  für  ein  öffentlich 
malefitz  gericht  stalten.    Da  ward  von  den  richtern  einhellig- 
lichen  zü  recht  erkant,  das  Jäcklin  jud  an  die  gewonlich  rieht-  25 
stat  solt  gefürt  werden  und  alda  von  dem  nachrichter  zwüschen 
zwen  hund  an  den  galgen  gehenckt  unnd  andern  juden  zü 
einem  exempel  den  vöglen  zür  speyss  gegeben  werden.  Wel- 
cher urtheil  statt  geschähe.    Doch  nicht  lang  darin  blibe 
leben;  dann  das  gemecht,  darin  er  hieng,  was  im  umb  die») 
brüst  zü  eng,  das  er  nicht  wol  othmen  mocht,  sonder  ersticken 
müste ;  so  war  es  auch  sehr  kalt. 

Also  hat  der  frumb  jud  sein  leben  schäleklich  geendet. 


Hienach  volget  das 

Register.  Hö 


8  selbers  willen      17  hianaus 


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430 


Martin  Montanus, 


[io7aj  Register*). 


A. 

45.  Am  disch  schlecht  einer  einem  das  haupt  ab.  am  blat  24  =  296 
21.  Am  marckt  zii  Lawingen  stund  ein  gilt  gesell  und  sagt, 

er  were  gantz  wild  15  ==  280 

19.  An  halss  schlecht  einer  ein  schul  theuss,  gibt  ihm  dar- 
nach fünff  Schilling  14  ^  279 

B. 

30.  Brodt  begerten  junge  kinder  an  ihren  vatter  ....    18  =  286 

D. 


85.  Der  teufel  nimpt  eine  zu  der  ehe,  darnach  todtet  er  sie 

54 

=  345 

91.  Drey  dorff  beurin  bezalen  einen  würt  mit  dreyen  rhä- 

60 

=  350 

32.  Drey  gesellen  wetten  mit  einander,  welcher  am  basten 

19 

=  287 

19 

=  287 

38.  Drey  Schneider  drincken  ein  mass  wein  und  sind  leicht- 

20 

=  290 

23 

=  295 

E. 

1.  Ein  armer  mann  sagt  zu  seinen  kinden,  sie  aolten  den 

leuten  die  gfrnss  gehn  lassen   1  =  257 

3.  Ein  narr  waint,  wann  die  sonn  schinn,  und  lacht,  so 

es  regnet  2  =  259 

4.  Ein  narr  kaufft  ein  halfen  mit  dreyen  füssen     ...     2  =  259 

* 

*)  Im  register  fehlen  die  cap.  14  (Ein  junge  dochter  theylt  drey 
eyer  aus,  das  neun  daraus  wurden  s.  25)  und  114  (Zu  Rom  würt  ein 
consul  erstochen  s.  426). 


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Gartengesellschaft,  register.  431 

cap.  scitc 

6.  Ein  fraw  sagt,  ihr  mann  hett  zwey  eyer  gelegt  7  =  267 

9.  [107b]  Ein  baur  fürt  seinen  siin  uff  die  hohen  schul  .  10  —  272 

11.  Ein  graff  sagt,  es  were  glück,  wann  einer  ein  kindt 

überkem   .  11  ^  274 

12.  Ein  edel  man  weckt  sein  magdt,  das  ir  der  bauch  ge- 

schwall   11  =  274 

13.  Eine  sagt  sie  hett  ein  disch  für  hundert  gülden    .    .  12  =  275 

15.  Ein  baur  sagt,  der  schreyber  hett  drack  dar  uff  gethon  12  =  276 

16.  Ein  gerber  zeucht  einen  Schuhmacher  aus  einem  ey  .  13  —  277 

17.  Ein  fuchs  und  ein  eychhornlin  betriegen  einander  13  =  277 
20.  Einer  sagt  einer  guten  dirnen  zu,  es  soll  sie  niemandts 

scheiden  dann  gott    15  =  280 

24.  Ein  landtsknecht  dauscht  umb  ein  hemmat   ....  16  =  282 

25.  Ein  junger  landtsknecht  zeucht  in  krieg   16  =  283 

26.  Ein  landtsknecht  hofiert  eim  würt  in  acker    .    .    .    .  17  —  283 

31.  Ein  dochterlin  beichtet  einem  pfaffen   18  =  286 

34.  Ein  doctor  sagt,  sein  krancker  hab  ross  und  wagen  im 

bauch  stecken   19  =  288 

36.  Ein  mann  sagt,  er  bette  noch  ein  kleins  zipffelin  .  .  20  =  289 
39.  Ein  gast  sagt  zum  würt,  er  solt  ihm  das  fleisch  uff- 

schneiden   21  =  291 

41.  Ein  schiffman  fürt  ein  jüdin  über  Rein   21  =  292 

43.  Ein  braut  lasst  ein  junckfrawen  fürtzlin  im  beth  .    .  23  =  295 

47.  Ein  knecht  sagt  zu  seinem  meister,  er  solt  ein  Schei- 

ben saltz  kauffen   25  =  298 

48.  Ein  grafin  sagt,  die  armen  leut  solten  käss  unnd  brot 

essen  etc   26  =  299 

49.  Ein  baur  lasst  ein  furtz  und  sagt  zum  teufel,  er  soll 

ein  knopff  daran  machen   26  =  300 

50.  Ein  narr  wolt  ein  sack  mit  mal  in  der  mülen  holen  .  27  =  301 

53.  [108a]  Ein  waltbruder  zerschlecht  einen  haffen  raitt  honig  28  =  303 

54.  Ein  fraw  fragt  ihren  mann,  wie  lieb  er  sie  hab     .    .  28  =  304 

55.  Ein  fraw  verbarg  ihren  bulen  in  ein  olfass,  darzft  kam 

ihr  mann   29  —  305 

57.  Ein  fraw  kan  ir  arme  dochter  mit  einem  stuck  leder 

nit  bedecken   35  =  315 

58.  Ein  junge  fraw  klagt  ab  ihrem  mann ,  er  hab  keinen  36  —  315 
60.  Einer  verspielt  sein  weib  vorm  ehegericht  .  .  .  .  39  —  321 
Gl.  Einer  muss  ein  weib  haben,  die  vatter  unnd  sün  lange 

zeit  zu  unehrn  gebraucht  haben    40  =  323 

62.  Ein  würt  nimpt  ein  junckfraw  zu  der  ehe ,  die  er  in 

siben  jaren  nit  beschlafft   41  —  324 

C3.  Einer  schenckt  dem  richter  ein  wagen,  der  ander  zwey 

pferd   42  =  325 


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432 


Martin  Montanus, 


oap. 

64.  Ein  würt  lobt  sein  wein  für  und  für  

65.  Ein  fraw  geht  zu  marckt  und  will  visch  kauffen  .  . 
67.  Ein  reicher  haisst  ein  armen  stelen  etc  

72.  Ein  baur  sagt  zu  seiner  frawen,  faisste,  schmaltz  und 

suppen  weren  sein  todt  

73.  Ein  rebknecht  beschlafft  seins  meistere  fraw  .  .  .  . 
75.  Ein  fürman  schwenk  für  und  für,  wann  er  fert    .  . 

77.  Ein  koch  stillet  seins  herren  zorn  mit  einer  einfelti- 

gen  red   

78.  Ein  weib  und  ein  mann  zancken  und  schlagen  etc.  . 

80.  Ein  statt  wflrt  gewunnen,  daraus  tragen  die  weiber  ire 

mann  und  kinder  

7.  Ein  edelman  verbot  seiner  frawen,  sie  solt  nit  uff  den 
englischen  hundt  Bitzen  

81.  [108b]  Ein  vogt  raiist  in  einer  katlachen  absitzen  .  . 

82.  Ein  mann  nennet  die  werck,  die  er  mit  der  frawen  zu 

beth  tribe,  bossel  arbeit  

83.  Ein  knecht  ligt  am  beth  und  klagt  den  durst    .    .  . 

87.  Einer  ward  gefragt,  warumb  die  wolff  den  schaffen  so 

feindt  unnd  pfaffen  den  weibern  so  uffsetzig  weren 

88.  Ein  pfaff  gibt  einem  inn  der  beicht  ein  seltzauime  büss 
92.  Ein  müller  nimpt  einem  bauren  siben  seater  korn  von 

von  eim  viertheyl  

100.  Ein  mflnch  beschlafft  eim  wQrt  sein  weib,  aber  die 
fraw  vermeint,  es  sey  ihr  mann  

102.  Ein  pfaff  beschlafft  eins  bawren  weib  und  gibt  ihr  sei- 
nen chorrock  zu  pfand  

106.  Ein  pfaff  verleurt  sein  buppenhan  

107.  Ein  pfaff  rufft  seiner  hören  weib  

108.  Ein  pfaff  predigt  allwegen,  man  solte  vil  durch  gotts 

willen  geben  

109.  Ein  eptissin  hatt  ein  brich  für  ein  weyhel  uffgesetzt 

110.  Ein  closter  würt  visitiert,  darinn  würt  ein  junger  ge- 

sell für  ein  nunn  funden  


2.  Fünff  vatter  unser  beth  ein  fraw  ihrem  mann  in  ein 
karnierlin  

35.  Für  ein  crucifix  kumpt  einer,  fragt  unsern  hergot,  ob 
er  auch  ein  fraw  hab   

'M.  Für  Draminner  fordert  ein  jungfraw  Urabrauter    .  . 

51.  (109a)  Für  fünff  heller  gewürtz  kaufft  ein  bawr  in 
einem  laden  


aeite 

42  =  326 

42  =  326 

43  r=  327 

45  =  330 

45  =  331 

46  r-  333 

48  «  835 

49  =  337 

52  rrr  341 

7  =  268 

52  =  342 

53  =  343 
53  =  844 

57  =  350 
57   -  351 

61  =  358 

83  =  394 

88  =  399 
93  =  408 
95  =  411 

95  =  412 

96  413 

98  =  415 


1  ^  258 

20  ==  289 
20-290 

27  =  302 


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Gartengesellscbaft,  register.  433 

0. 

rap.  Mt'itt? 

10.  Gelt  begert  eins  bauren  sun  an  sein  vatter    ....   10  =  272 

69.  Gehn  Wisenstaig  kumpt  ein  Bayr   44  =  328 

H. 

5.  Hiatoria  von  einer  frawen  und  zweyen  kindlin  ...  2  =  260 
42.  Historia  von  einem  heurhat  zu  Lawingen   22  =  292 

J. 

66.  Ins  grab  legt  ein  messner  unsern  hergot   43  =  327 

68.  In  einer  zech  setzt  ein  fraw  ein  laus  uff  ein  deller    .   43  = 
99.  In  der  beicht  verkuplet  ein  münch  zwey  zusammen  on 

sein  wissen  82  = 

1 15.  Jäckel  jud  von  Oberberckheim  ward  zu  Ensisheim  ge- 

henckt  105  =  427 

K, 

23.  Kfissen  und  beth  wascht  eine  im  Schwabenland  .  .  16  =  282 
1 12.  Konig  Artus  laset  durch  Virgilium  die  ehebrecher  brück 

zurichten  101  =  420 

L. 

27.  Lucifer  schickt  einen  diener  nach  einem  landtsknecht   17  =  284 

TL 

104.  Mflnch  Zweifel  zeiget  dem  volck  kolcn  fflr  heilthumb   91  —  404 

N. 

18.  Neun  Baier  jagt  ein  has  14  =  278 

[109b]  P. 

111.  Pfaff  Zianue  macht  seinem  gefatter  Peter  das  weib  zü 

einer  rossmuter  99  =  418 

8. 

29.  Seine  kind  macht  einer  russig,  darumb  das  sie  brodtbegeren  18  =  286 
40.  Siben  kreuter  isst  ein  gast  zu  Lawingen  21  =  291 

70.  Schellenhencker  zü  Mülhausen  sticht  ein  rosa  und  reytet 

daruff   44  =  329 

97.  Sein  weib  v  er  kau  ff t  einer  den  juden   80  —  387 

V. 

8.  Uff  einem  schloss  sass  ein  edel  in  an,  der  verboth  seinen 

undertbonen  etc  9  =  270 

28 


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434 


Martin  Monianus, 


52.  Vieriockers  kaufft  ein  baur  in  der  apotecken  .  .  .  28  =  303 
76.  Von  einem  waldtbrftder  und  »einem  sftn   47  =  333 

89.  Von  eines  bauren  weib,  die  ihm  in  allen  dingen  zü- 

wider  was  *   58  =  352 

90.  Von  einem  falschen  notarien  und  zweyen  jungen  ge- 

sellen   59  =  354 

93.  Von  einem  jungen  kauffman,  dem  in  einer  nacht  drey 

todlicher  geferlichheit  zustunden  etc   63  =  359 

101.  Von  einem  pf äffen,  maier,  seinem  weib  und  farenden 

schuler  86  396 

103.  Von  einem  pf  äffen ,  der  den  nachtzehenilen  von  den 

eheweibern  haben  wolt   89  =  402 

105.  Von  einer  müllerin,  wie  sie  einen  thümbherren  betrog  92  =  406 
113.  Von  dem  konig  Alkino,  wie  der  erstochen  worden     .  108  =  423 

[HOaJ  W. 

74.  Wie  und  woh  durch  Virgilius  so  gelert  worden  ...  45  =  331 
79.  Wie  einer  sein  weib  für  die  hausthür  verspert  ...   49  =  338 

94.  Wie  ein  fraw  der  andern  verübel  hat,  das  sie  bftlt,  und 

sie  an  solcher  that  auch  begriffen  ward   67  =  367 

95.  Wie  ein  junger  für  todt  in  einen  kästen  gelegt  und 

des  nachts  von  zweyen  Wucherern  gestolen  ward     .    72  =  374 

96.  Wie  ein  junger  bauren  knecht  sich  zu  einem  stummen 

macht  und  ein  gartner  in  einem  frawen  closter  ward, 
den  nunnen  den  garten  thet  jetten,  das  inen  die  beuch 

gesch  wallen   76  =  381 

98.  Wie  ein  junger  münch  eines  bauren  dochter  beschlafft 

und  sein  apt  würt  es  innen  81  =  388 

22.  Zürn  wein  fiirt  einer  sein  weib,  das  sie  auch  gilt  etc.  15  =  281 
28.  Zü  Strassburg  uffs  ammeisters  stub  aas  einer  für  vier- 

zehen  pfenning  brodt   18  =  285 

46.  Zü  Lohr  im  Kintzger  thal  ersticht  einer  einen,  der  im 

sein  weib  beschlafft   24  =  296 

56.  Zü  beicht  hört  einer  sein  weib  inn  eines  pfaffen  gestalt  31  =  308 
59.  Zwen  gesellen  yeglicher  dem  andern  sein  weib  beschlafft  87  =  317 
71.  Zu  Dillingen  werften  die  edelleut  eine  Über  den  schüt- 
ten ab    44  =  330 

84.  Zü  Strassburg  sieht  einer  ein  fraw  mit  einem  letzen 

beltz  für  ein  narrin  an   54  =  345 

86.  Zwen  jung  gsellcn  beschlaffen  eiin  würt  sein  weib  etc.  55  —  347 


Finis. 


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Von  vntrewen  Wür- 

ten  vnd  jren  vntrewen 

knechten. 

Ein  Neuwes, 

sehr  schönes  vnd  lustigs 

büchlin .  vom  vberrechnen  der 

Würt,  darin  ordenlich  begriffen, 
was  sie  für  breuch  in  Teutschen  vfi  Welsch- 
en landen  haben,  darneben  ein  feine  erma- 
nung,  von  solcher  vnordnung  vnd  Si 
money  abzüstohn,  vfi  einem  y et- 
lichen vmb  sein  gelt,  das 
recht  vnd  billich  ist 
zü  geben. 

Durch  Martinum 

Montannm  in  dmck 

verfertiget. 

Gedruckt  zü  Strafsbnrg 

bey  Paulo  Messerschmidt. 


* 

Zeile  1,  2,  4.  5,  15,  16  und  18  sind  rot  gedruckt. 

28* 


Von  untreuen  wirten. 


[Aija]  Was  grosser  missbreuch  zft  diser  zeit 

In  allen  landen  ist  so  weit 
In  unsern  würten  allenthalb, 
Ob  sie  schon  sitzen  auff  der  Alb, 
Mit  kochen,  wein,  brodt  und  andern! 

Wann  einer  kumpt  aus  frembden  landen 
Und  keret  bey  einem  würt  hie  ein 
Und  haisst  ihm  bringen  ein  frischen  wein, 
So  bringt  man  ihm,  das  gott  erbarm, 
Ein  saigern  wein;  der  ist  gar  warm, 
Ja  wol  vor  acht  tagen  gewunnen 
Und  seither  gestanden  an  der  sunnen, 
Darzft  ein  brodt,  das  ist  gar  hart, 
Hatt  vor  vil  tagen  auf  ihn  gwart. 
Wann  ihm  dasselbig  nicht  will  gfallen, 
So  hört  er  bald  ein  antwort  schnallen: 
.Gefalts  dir  nicht,  so  zeuch  forthin! 
Du  gibst  mir  doch  gar  kleinen  gwinn. 
Gast  hab  ich  gern,  die  hand  vil  pferdt 
Und  den  die  Btatt  vil  wein  verehrt. 
Der  bleibt  all  mir,  und  dannocht  sie 
Die  foll  zech  müssen  zalen  hie, 
Drey  b atzen  fürs  mahl,  das  ist  gwinn. 
Wann  dirs  nicht  gfalt,  so  zeuch  nur  hin! 
Ich  darff  dein  nichts,  das  ist  das  best; 
Dann  ich  beger  nicht  solcher  gest.4 

Ach  gott.  was  will  der  gute  man 
Wider  solch  würt  sich  understan, 
[AijbJ  Bevorab  wann  er  hungrig  ist! 

So  lasst  er  bringen  auf  den  disch, 
Was  der  würt  will  und  nicht  der  gast. 
Will  ers  nicht,  so  haisst  es:  ,Fast!< 
Ein  suppen  ist  die  beste  tracht, 
Die  bringt  man  ihm  schier  umb  mitnacht, 
Darnach  ein  fleisch,  ist  gar  versotten. 


437 


5 


10 


15 


20 


25 


35 


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-138 


Martin  Montauua, 


Das  steckt  foll  wttrni  und  grosser  motten, 

Stinckt,  als  ob  es  schelmig  wer 

Oder  kam  ab  der  grüben  her. 

Das  iat  das  best,  so  die  würt  haben 

ö  Oder  fürstellen  uns  armen  knaben. 

Wann  aber  kumpt  ein  reicher  herr, 
Und  ob  er  schon  aus  landen  ferr 
Were,  so  er  nur  vil  gelt  hatt, 
So  ist  bey  ihm  als  eytel  gnad. 

lü  Spricht:   ,Ey  lieber  juncker,  sitzet  nider! 

Ich  will  bald  zu  euch  kummen  wider 
Und  ein  frischen  drunck  mit  mir  bringen, 
Darnach  ein  freyes  liedlin  singen, 
Darneben  sehen,  das  wir  haben 

15  Meydtlin,  die  ewerm  leib  behagen.' 

Das  künden  die  würt  gar  mechtig  wol; 
Dann  ihn  ihr  bauch  darbey  würt  voll, 
Sunst  keinen  nutz  sie  haben  mehr. 
Wann  man  nur  nicht  so  neydig  wer 

20  Und  behielt  die  armen  umb  ihr  gelt, 

So  stund  es  besser  in  der  wult. 
Aber  alldieweil  wir  also  leben 
Und  in  den  Bünden  so  hefftig  streben, 
[Aiija]         So  ist  im  land  kein  glück  noch  heyl, 

2ö  So  uns  soll  werden  zu  unserm  theyl. 

Der  würt  will  gar  nicht  gedencken 
Und  mir  die  zech  nit  thun  schencken. 
Iss  oder  drinck  ich  schon  nicht  sovil 
Oder  treib  nicht  alle  frewdenspil 

ao  Mit  singen,  springen  und  mit  dantzen, 

Mit  würflen,  karten  und  urabschantzen 
AU  einer,  der  des  gelts  vil  hat, 
Sunder  halt  mich  nach  meinem  stat, 
Muss  ich  doch  das  bezalen  schon 

35  Und  das  er  mir  hat  fürsetzen  lohn. 

Kein  heller  er  mir  nicht  schencken  thnt, 
Nem  mir  darfür  ehe  meinen  hftt. 

Sie  haben  auch  ein  feinen  brauch, 
Den  ich  doch  hie  muss  schelten  auch: 

40  Wann  sie  gelt  bey  einem  mercken, 

So  thfind  sie  bald  den  wein  stercken 
Mit  brantem  wein  und  andern  kreutern; 
Dassel b  thrtt  eim  den  seckel  leutern. 
Darnach  setzt  er  sich  zu  den  gesten, 

4ö  Haiast  au  ff  tragen  nach  dem  besten, 


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Von  untreuen  wirten. 


Zechet  mit  ihn  biss  in  die  nacht, 

Biss  mancher  hinderm  tisch  entschlafft. 

»Frisch  auflF,  frisch  auff!'  spricht  dann  der  wttrt, 

,Wie  bist  im  schlaff  so  gar  verirt! 

Steh  auff!    Ich  will  dir  yetz  ein  bringen. 

Darnach  w6ln  wir  ein  liedlin  singen.' 

Dann  kumpt  man  erst  in  den  schwanck, 

Biss  das  man  wart  im  seckel  kranck. 

Wann  dann  der  würt  thftt  merken  §chon. 

Das  es  will  auff  den  drusen  gohn 

Und  kein  gelt  mehr  vorhanden  ist, 

So  braucht  er  dann  erst  wttrtes  list. 

Sein  zalbrett  und  die  kreiden  bringt, 

Mit  rechnen  ihm  gar  wol  gelingt. 

Die  kreiden  ist  auch  zwifach  fin; 

Wann  er  auffschreibt,  machte  ein  zweyerlin. 

Ob  man  ihm  schon  darein  wolt  reden, 

Spricht  er:   ,Ks  ist  gschehn  ohn  gferden.' 

Ein  strich! in  wider  ab  thüt  wischen, 

Darneben  thiH  sich  fein  beflissen, 

Das  er  ein  anders  mach  an  dstatt; 

Nicht  hüpBch  iste,  wann  es  ledig  stat. 

Das  register  und  ringlin  macht  so  gross, 

Das  es  ist  Uber  alle  moss. 

Erst  gaht  den  armen  guten  gsellen, 
Die  sich  des  abents  theten  füllen 
Und  lebten  im  brass,  darzft  im  sauss, 
Vor  angsten  der  kalte  schwaiss  auss. 
Des  gelte  des  haben  sie  nit  gnug, 
Erst  denckens  an  den  wasserkrug; 
Aber  es  alles  vergebens  ist, 
Erfinden  kündens  kein  ander  list 
Dann  nur  allein  den  mantel  auss, 
Darnach  zeuch  aus  dem  würtehauss. 
Dem  wart  dem  iste  ein  gutes  pfandt; 
Er  Iasste  auch  nicht  aus  seiner  handt, 
Biss  er  ja  ist  bezalet  gar. 
Lasste  ligen  warlich  auch  kein  jar; 
Wann  der  nicht  gar  bald  wider  kümpt 
Und  sein  versetztes  pfand  nimpt. 
So  verkaufft  ers  oder  behalt  es  im, 
Wie  im  das  kumpt  in  seinen  sin. 
Wann  dann  der  gut  gsell  wider  kert 
Und  Bein  versetztes  pfand  begert, 
So  hat  der  teufel  dasselhig  hin. 


Martin  Monianus. 

Wider  zö haben  nem  er  nit  in  sin. 

Das  ist  mit  denen,  so  gelt  haben; 
Änderst  gehts  den  andern  knaben. 
Kumpt  ein  armer  gsell,  der  herberg  bgert, 
Die  würtin  sich  des  bald  beschwert, 
Spricht:   »Lieber  mann,  ich  hab  vil  gest; 
Sonst  wolt  ich  mit  dir  thfln  das  best/ 
Wans  schon  als  erlogen  ist. 
Das  thftts  allain  auff  disen  list, 
Das  im  durch  gott  nichts  geben  dürff. 
Sind  aber  das  nit  gegen  würff? 
Lieber,  wie  mainst,  das  doch  werden  bston 
Solche  würt?    Die  werden  rechnung  thon 
Vorm  richterstill  Christi  und  seinen  apo  stein 
Warlich  man  würt  nit  zalen  mit  nesteln, 
Sonder  mit  leib  und  seel;  die  wirt  ihr  pein 
Leiden  und  immer  verdammet  sein. 
Dasselbig  bctracht  man  yetzund  nicht, 
Sonder  allain  nach  dem  pfenning  rieht, 
Wie  ein  fogler  nach  den  foglen  thftt. 

,Ja',  sprechen  sie,  ,gftt  macht  raiit. 
Ich  will  mein  sei  ein  wenig  setzen 
Uff  d  oberthür  und  mich  ergetzen 
[Aiiijb]         Meins  laids,  damit  ich  auch  werd  reich 
2.»  Und  mit  gut  andern  leuthen  gleich. 

Ey  lieber,  was  ists,  wann  ich  nichts  hab 
Und  predig  hör  bey  nacht  und  tagl 
Ich  miiss  lang  horn,  ehe  mir  würt  foll 
Mein  bauch;  allein  darvon  würd  doli, 
yo  Daheimen  will  ich  bleiben  fein 

Und  warten  der  hausshaltung  mein.' 

Nun  wolan,  solch  verzweiflete  leuth, 
Die  allain  stellen  nachs  teufels  beuth 
Und  weder  gott  noch  der  heiigen  achten 
To  Und  nicht  ihr  hailigs  leiden  betrachten, 

Will  ich  ihrn  stand  verdretten  Ion; 
Kein  anderer  darffs  für  sie  nicht  thon. 
Wer  aber  gut,  das  under wegen  blib, 
Darumb  ich  auch  diss  biichlin  schrib. 
4U  Damit  ich  aber  gantz  ernenn, 

(Dann  ichs  zft  giiter  m aasen  kenn 
Und  solches  alles  gsehen  hab 
Ja  fru  und  spat  bey  nacht  und  tag) 
Was  für  hüpsche  atuben  zierd  sie  haben, 
tö  Davon  sich  billich  solt  erlaben 


440 


lu 


I» 


20 


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Von  untreuen  wirten. 


4  il 


Ein  milder  mann,  der  kern  daher 
Und  den  selbigen  tag  wer  zogen  ferr, 
Bedorfft,  das  man  im  brecht  gilt  wein ; 
So  will  es  vil  ein  anders  sein. 

Erstlich,  wann  du  ins  hausa  eingehst  h 
Und  dich  nur  ein  wenig  umb  sehst, 
So  findest  du  alt  Buttel  hangen, 
Daran  alt  kummet  an  der  stangen, 
[Ava]  Welches  alles  gantz  ist  verrost, 

überzogen  mit  eitelm  wilst;  1<> 

Alt  hawen,  bickel  stond  darbey. 

Gehstu  dann  in  die  stuben  frey, 

Die  gleisset  hüpsch  und  ist  gar  schon; 

Im  sawstall  thüt  es  hupscher  ston. 

Die  stuben  ist  gantz  nit  gekert,  V> 

Die  disch  mit  kot  sind  verehrt, 

Die  fenster  sind  voller  fliegen  dreck. 

In  yedem  winckel  ein  spinnwep  «teckt. 

Über  dem  disch  ist  die  aller  grost, 

Dag  ist  der  himmel  für  die  gest,  üü 
Damit  nichts  wüsts  in  d  suppen  fal. 

Ich  lob  die  würt  all  zu  mal; 
Die  magt  die  ist  doch  gar  zu  faul, 
Sie  schnaufet  wie  ein  karren  gaul, 

Hafen  und  pfannen  hat  sie  ston  '£> 

Summer  und  winter  ohn  underlon 

In  der  stuben  hinder  dem  ofen ; 

Und  wann  sie  dann  will  etwas  kochen, 

So  bruntzt  sie  drein  und  wäscht«  mit  auss, 

Das  ist  ein  hüpscher  lust  im  hausa,  ao 

Und  laufft  darnach  ind  stuben  hin; 

Gehn  holtz  steht  ihr  hertz,  mnt  und  sin. 

Den  hafen  nimpt,  das  fleisch  zii  setzt, 

Darneben  mit  dem  hausknecht  sch wetzt 

Und  ine  umb  sein  wQratlin  bit ;  33 

Was  weiter  beschicht,  waiss  ich  nit. 

Damit  ich  aber  auch  beschreib 
Und  doch  auch  gar  nicht«  aussen  bleib, 
[Avb]  Was  sie  weiter  für  breuch  haben. 

So  will  ich  von  giessf aasen  sagen.  f> 
Hinder  der  thür  ein  gieasfaas  stot, 
Darzü  ein  handtzwehel  besprengt  mit  kot. 
Wann  einer  die  händ  will  wichen, 

♦ 

33  bafen  A 


Maitin  Montanus, 


So  trag  er  wasser  in  einer  Haschen 
Mit  ime,  das  rain  und  sauber  sey. 
Darneben  auch  ein  thüchlin  frey; 
Dann  sunst  er  gar  nicht  gewaschen  wirt. 
Also  hüpsch  wasser  haben  die  würt 
In  ihren  giessfassen  hin  und  wider, 
Es  ist  doch  auch  kain  mann  so  bider, 
Das  er  die  hand  rain  waschen  kund. 

Wann  es  dann  ist  umb  d  neunde  stund 
Und  er  kains  gaste  mehr  warten  thiit, 
So  spricht  er  dann  auss  freyem  mftt: 
,Nun,  lieben  gest,  min  sitzend  nider, 
Sind  frolich  und  darzft  auch  bider, 
Essend  und  drinckend,  sind  wolgemilt! 
Ich  will  euch  geben  alles  gftt.' 
So  thüt  er  gar  gross  herbrangen 
Mit  einem  mftss  in  der  pfannen ; 
Dasselbig  das  vor  essen  ist, 
Ja  gm  acht  mit  subtilem  list 
Und  von  dem  aller  besten  mehl; 
Die  bauren  nennen»  habermehl. 
Darnach  so  kumpt  ein  lautter  sup, 
Als  were  sie  auss  der  mist  grttb 
Genommen  und  zfim  fewr  gesetzt. 
Ob  derselbigen  yederman  sch wetzt, 
Nicht  einer  was  darvon  versucht; 
Also  hat  sie  ein  gilt  gerucht. 
Drey  schnitten  schwimmen  in  der  hrüe 
Gleich  wie  die  fisch  in  weitem  see. 
Darnach  so  kumpt  ein  wüstes  fleisch, 
Das  stecket  foll  von  würmes  gschmeiss. 
Die  deller,  darauff  mans  schneyden  soll, 
Sind  weiss  wie  ein  schwartzer  kol; 
In  manchem  land  die  erd  ist  heller 
Weder  in  Teutschem  land  die  teller. 
Nach  solchem  kumpt  dann  abermals 
Ein  gemäss,  das  ist  gleichfals 
Wie  ander  speysen  wol  gekocht. 
Uff  solches  der  würt  gar  hefftig  bocht 
Und  sagt,  wie  mechtig  gut  es  sey, 
Dann  es  gekocht  die  maget  frey. 
Das  geytig  frisst  in  seinen  kragen, 
Damit  gefüllet  werd  sein  magen. 
Wann  solches  alles  ist  verbracht, 
So  ist  die  weil  das  brotens'gmacht 


Von  untreuen  wirten.  443 

Wann  man  das  auft'  den  diBch  stelt 

Und  man  mit  messern  darein  feit 

So  ist  es  alles  noch  foll  Mut. 

Noch  spricht  der  würt:   ,Es  ist  sehr  gilt.' 

Und  es  doch  niemandt  essen  kan.  ö 

Was  frewd  will  einer  davon  han! 

Darnach  so  setzt  man  auff  den  disch 

Gesotten  und  gebachen  fisch, 

Die  sind  allsand  zft  lumpen  versotten; 

Die  andern  sind  im  Ol  gebroten.  10 
[A6b]  Nach  solchem  kumpt  die  letste  speiss, 

Dasselbig  ist  ein  kese  weiss, 
Einem  stein  wer  er  wol  zfivergleichen. 

Darnach  thut  er  bald  fürher  schleichen 
Mit  dem  zalbrett  und  haisst  bezaln,  15 
Vil  seltzam  strich  thflt  er  hermaln: 
,Drey  batzen  geb  einer,  nembt  für  gut!4 
Darmit  zeucht  er  ab  seinen  Mit, 
Danckt  den  herrn  und  gsegnet  ihns  essen. 
Des  bzalens  thut  er  nicht  vergessen  2U 
Und  nimpt  das  gelt  fein  hoflich  ein, 
Setzt  ihn  bald  auff  ein  kant  mit  wein 
Zum  schlaffdrunck ;  der  ist  gar  säur. 
Er  biss  ein  loch  durch  ein  maur. 
Der  selbig  muss  thewr  bzalt  werden, 
Obs  schon  den  gesten  bringt  bachwerden. 

Darnach,  wann  yederman  gessen  hat t 
Und  es  min  auff  den  eylfen  stat, 
Ein  knecht  der  kumpt  mit  einem  Hecht 
Und  mit  heller  stimme  riefft:  80 
,Wer  schlaffen  will,  der  kumb  herbey! 
So  woll  man  ihme  zünden  frey, 
Sunst  würd  ich  ihm  kein  bsunders  machen. 
Drumb  lüg  ein  yeder  zu  sein  sachen!' 

Disem  gschrey  yederman  nachdringt  & 

Und  hefftig  der  stiegen  zuspringt; 

Kein  auffsehens  ist  auff  den  andern  nitt. 

Also  haben  die  Teutschen  ein  sitt, 

Der  giertest  müss  dahinden  stöhn, 

Die  bauren  thttnd  her  fürher  stöhn.'  -10 
[A7a]  Wann  man  dann  zü  der  kam  m er  yn  kimpt, 

Der  haussknecht  etwan  zehen  nimpt 
Und  in  ein  kammer  legen  thut ; 
Darinn  sie  sind  gleich  wol  behut 

Als  ob  sie  auff  der  gassen  legen;  46 


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Martin  Moutauus. 


Also  thüt  es  auff  sie  regen. 

Die  beth  sind  weiss  als  kuchen  fetzen. 

Kumpt  einer  darvon  ohn  ein  letzen, 

So  hatt  er  gott  zu  dancken  wol; 

Sie  lauffen  grosser  leuse  voll. 

Kein  underschaidt  ist  under  ihn  nicht, 

Zun  ehren  sind  sie  gar  nicht  gericht, 

Der  giert  müss  undera  bauren  sin. 

Oefalts  ihm  nicht,  so  zieh  er  hin ; 

Man  kan  ihm  kein  besunders  machen. 

Vor  zorn  mocht  einer  billich  lachen, 
Das  sollich  anerzogen  knollen 
Für  würt  sich  ausgeben  sollen. 
Ein  oberkeit  solt  gscheider  sein 
Und  doch  ein  wenig  sehen  drein, 
Rechte  würt  an  die  Strassen  setzen, 
Da  sich  ein  armer  mag  ergetzen 
Seins  laides,  so  er  den  tag  gehabt. 
Aber  sie  gar  wenig  darnach  fragt. 
Wann  sie  allein  das  ungelt  haben, 
Gott  geb  wie  hausen  solche  knaben. 
Es  haisst  nicht  also  und  ist  nicht  recht; 
Gott  lassts  nicht  ungestraffet  schlecht, 
Sunder  sie  gar  sehr  peingen  würt, 
Das  sie  in  bossheit  sind  verirt. 
Ein  armer  gsell  sein  gelt  muss  geben, 
Gott  geb  wie  er  darumb  thut  leben. 

Im  Welschland  es  auch  würt  hat, 
Die  füren  wol  ein  andern  stat. 
Wann  ein  gast  zu  ihnen  kimpt, 
Sein  pferdt  man  gar  bald  von  ihm  nimpt, 
Ihn  gar  ehrlich  empfahen  thut. 
Kin  wein  bringt  man  ihm,  der  ist  gilt, 
Davon  er  den  durst  leschen  mag, 
Den  er  gehabt  den  gantzen  tag. 
Ein  eygen  gemach  es  auch  hatt, 
Darinn  man  d  stifel,  die  mit  kat 
Besprenget  sind,  gar  bald  austhüt. 
Ein  new  par  schuh,  die  da  sind  gut, 
Werden  ihm  dar  gsetzt :  und  der  knecht 
Die  stifel  ihm  auswüschet  schlecht 
Und  spick  ta  ime  gantz  rain  und  schon. 
Darnach  thftt  er  in  stall  gon, 
Versichts  mit  allem  seinem  fleiss, 
Gar  ordenlich  gibt  er  im  sein  speiss. 


Von  untreuen  wirten. 


44.r> 


Ein  aignen  knecht  hats  im  stall, 
Der  versehen  soll  die  ding  all. 
Die  dann  den  pferden  gehören  zii. 
Er  hat  anch  weder  rast  noch  rhu", 

Bisa  das  ers  als  versehen  hat  5 

In  der  stuben  es  recht  zu  gat; 
Da  steht  ein  aigener  haussknecht, 
Der  alle  ding  versihet  recht 
Ein  schön  giessbecken  bat  er  in  der  band, 
(Den  Teutschen  ista  warlich  ein  schand)  lu 
|A8a]  Darneben  ein  handtzwehel  wolgethon, 

Daran  drficknet  er  sein  hindiin  schon. 
Die  disch  die  sind  all  wol  formiert. 
All  ding  sind  gar  wol  reformiert. 

HOpsch  gfirnist  ist  die  stuben  thür,  15 
Daa  einer  thausendt  ayd  schwur, 
Es  wer  von  eitlem  edlem  holtz 
Und  von  den  besten  färben  stoltz. 
Dem  menschen  gibts  ein  grosse  fraid; 

Und  wann  einer  steckte  foller  laid  20 
Und  dise  schone  ding  sehe  an, 
So  würde  er  gleich  fraid  empfan. 

Darnach  wann  es  ist  essen 8  zeit 
Und  alle  ding  sind  zubereit, 

Ein  schöne  junckfraw  ist  vorhanden,  25 

Die  die  gest  zfi  sitzen  thttt  manen. 

Wann  dann  die  selbigen  gsessen  sind, 

So  bringt  man  her  gar  bald  und  gschwind 

Ein  herlichs  und  wolberaita  essen. 

Darneben  thftt  man  nicht  vergessen,  30 

Den  besten  wein  thftt  einher  tragen, 

Den  man  zur  selben  zeit  mag  haben. 

Dann  schencken  schone  junckfrewlin  ein. 

Die  in  dem  gantzen  hauss  mögen  sein. 

Vil  lauten  und  ander  saitenspil  :{.'» 

Brauchen  sie  tag  und  nacht  gar  vil, 

Die  gest  zu  essen  offt  ermanen, 

Darneben  singens  wie  die  schwanen. 

Fürwar  es  ist  ein  edels  leben; 

Tag  und  nacht  sie  in  frewden  leben.  40 
lA8bJ  Wann  man  dann  yetzund  gessen  hat, 

Darnach  ein  dantzlin  urabher  gat 
Mit  schönen  junckfrewlin  umbher  springt. 

8  versihet  ercht  A 


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440 


Martin  Montanus, 


Darnach  man  newe  liedlin  singt, 
Bisa  et  die  seit  des  schlaffen*  ist. 

Als  dann  jeder,  nach  dem  er  ist, 
An  ein  beth  und  kamnier  wflrt  gelegt, 
Daselbst  sein  gar  wol  würt  gepflegt 
Die  jnngen  meidtlin  zünden  nider. 
Die  selben  achten  kain  für  bider, 
Wann  ers  nicht  dapffer  greyffet  an 
Und  setzt  in  ein  klaines  würstlin  dran. 
Es  kan  nit  alzeit  gehn  gleich  zft; 
Die  meidtlin  woln  nicht  haben  rüb, 
Biss  inen  zä  zeiten  auch  misslingt 
Und  man  das  ,Puer  natus'  singt 
Davon  will  ich  aber  nicht  vil  sagen; 
Ich  will  sie  es  lassen  selb  vertragen. 
Warumb  gond  sie  nit  hinweg!    Was  hilti't  es  mich 
Ja,  das  die  meidtlin  lond  schneblen  sich! 
Uff  meiner  materi  will  ich  bleiben, 
Und  darvon  nach  meim  wissen  schreiben; 
Dasselbig  ich  bissher  gethon. 

An  d  hecken  wflrt  muss  ich  auch  kon, 
Die  selben  auch  herausser  straichen, 
Ob  ich  damit  sie  möcht  erwaichen, 
Das  sie  von  solchem  stünden  ab; 
Ich  aber  vergebens  sorge  trag. 
Dann  wann  er  kaufft  ein  sauren  wein, 
So  thut  er  bald  vil  waaser  drein, 
[Bja]  Damit  er  desto  gschlachter  sey. 

Darnach  gibt  er  in  den  gesten  frey, 
30  Die  ihr  tag  nit  vil  truncken  haben. 

Fürwar  er  thftte  wol  solchen  knalien, 
Die  in  warlich  gut  schetzen  thiln. 
Wann  sie  denselben  kauffen  nun 
Dem  fader  nach,  und  das  die  mass 
&  Über  als  und  wie  sie  in  dem  fasa 

Nicht  über  drey  heller  kosten  thut, 
So  dunckt  es  in  in  seinem  müt, 
Er  sey  gar  thewr,  und  thftt  in  mischen, 
Sich  unsere  hergots  kunst  beflissen : 
40  Wasser  zu  wein  sie  machen  wollen. 

Ihr  rechnung  nach  dem  datum  stellen, 
Das  in  die  maa  kaum  drey  heller  kost, 
Da  er  in  anffgladen  für  most 
Ein  mas  die  müss  ein  batzen  gelten ; 
4ö  Den  bzalen  die,  so  drincken  selten 


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10 


15 


au 


50 


Von  untreuen  wirfcen. 


Wein;  die  dunckt  er  hefftig  gftt. 
Das  bringt  dem  würt  ein  frischen  mftt, 
Wan  man  sein  wein  drinckt  dapffer  auss 
Und  holet  in  auch  haim  zu  hauss 
Und  bzalt  in,  als  wer  er  malfasier 
Oder  als  gilt  als  ungrisch  hier. 

Vil  seltsam  wein  er  auch  macht, 
Damit  treibt  er  ein  sundern  bracht 
In  wald  geht  er,  thftt  schienen  brechen, 
Die  selben  thftt  er  in  ein  fesslin  flechten, 
Ein  argen  wein  geusst  er  daran. 
Wann  er  vier  wochen  darob  thftt  stan, 
ijb]  So  hatt  er  dann  ein  schone  färb; 

Wiewol  er  ist  an  ihm  selbst  arg, 

So  muss  ihn  doch  die  färb  vertreiben. 

Sechs  kreutzer  thftt  er  darauff  schreiben, 

Die  selbgen  er  ihm  gar  gern  gilt. 

Vorn  gesten  er  ihn  gar  nicht  schilt, 

Sagt,  wie  er  hab  den  besten  wein. 

Der  in  dem  gantzen  land  m6g  sein, 

Darzft  hab  er  ein  schone  färb. 

Ein  salbey  wein,  der  sey  nicht  arg, 

Den  hab  er  auch  im  keller  ligen, 

Ein  weckolter  wein,  der  sey  verschwigen, 

Darzft  ein  göt  ungerisch  hier, 

Da»  gelte  nur  der  batzen  vier. 

Den  gesten  macht  ers  also  göt, 

Des  weins  yeglicher  begern  thöt 

Und  den  ein  yeglicher  bald  will  haben. 

Der  wQrt  darnach  schiert  solchen  knab  , 
Ja  die  sein  wein  ausdruncken  haben, 
Das  es  zu  sagen  ist  ein  schand. 
Bey  ihm  keinr  mehr  zu  zechen  bgert, 
Dermassen  hatt  er  nie  gelert 
Vinum  in  latin  kennen. 
Des  thut  er  sich  mit  nichten  schemmen, 
Wol  gedenckt,  der  gast  der  kumb  nit  mehr 
Und  begere  seines  würtes  ehr; 
Darumb  müss  er  ihm  daptt'er  schein 
Und  ein  ander  mal  mores  lehrn 
Und  nicht  versuchen  alle  wein, 
Die  in  des  würtes  keller  sein, 
ja]  Das  essen  das  ist  gleicher  weiss, 

41  versuche  allen  A 


Martin  Montanus, 


Wie  ich  hievor  bschriben  mit  fleiss. 
Danimb  ichs  yetz  will  bleiben  lohn 
Und  auch  an  ihre  kammern  kon. 

Die  würt  darumb  verordnet  sind. 
Das  sie  eim  frembden  gast  geschwind 
Umb  ein  schlatfpfenning  herberg  geben. 
Dem  selbigen  bevelch  sie  wenig  gleben; 
Dann  wann  ein  freinbder  gast  kumbt  her, 
Der  den  selben  tag  ist  zogen  ferr 
Und  hatt  des  übrigen  gelts  nicht  vil, 
Darniit  er  ziehen  muss  manig  mil, 
Und  auch  den  würt  umb  d  herberg  bitt, 
Zu  zechen  hab  er  geltes  nitt, 
Den  schlaff pf eng  woll  er  bezalen  schon, 
Darnach  so  w&ll  er  ziehen  darvon, 
Dasselbig  ist  dem  würt  nicht  glegen 
Und  spricht,  er  kündt  nicht  würtechafft  pflegen, 
Wann  er  allein  solch  gest  solt  haben, 
Die  ihm  kein  nutz  in  seckel  tragen, 
Sunder  allein  die  beth  verrissen ; 
So  mfisst  er  bald  zum  thor  nauss  wischen, 
Darumb  er  fürbass  ziehen  solt, 
Von  seint  wegen  er  nicht  entlauffen  wolt. 

Was  will  ein  armer  gsell  dann  thon? 
Den  nechsten  muss  ins  spital  gohn, 
Den  [!]  er  sein  tag  geflohen  hatt, 
Gleich  wie  der  teufel  das  creutz  that. 
Da  wirt  er  dann  der  leuss  gar  foll, 
Die  ihn  an  sinnen  machend  doli 
Und  tag  und  nacht  kein  rhu  nicht  lassen, 
Kr  sey  im  würtzhauss  oder  der  Strassen. 
Das  bringt  ihm  zü  wegen  der  böse  würt, 
Ja  der  im  geytz  ist  gar  verirrt 
Dannocht  muss  er  hören  die  seh  mach, 
Er  sey  faul,  zieh  dem  spittel  nach, 
Arbeiten  solt  er  und  gelt  verdienen, 
Und  kau  kein  arbeit  finden  nienen. 

0  wievil  sind  der  armen  gselln. 
Die  sich  mit  arbeit  gern  nehm  wbln 
Wann  nie  allein  die  überkemen! 
Dieweil  sie  es  aber  finden  nienen, 
Ist  billich,  das  sie  wandern  auss, 
Dann  das  sie  solten  ligen  zu  hauss 
Und  nur  allein  ihr  hüntel  verzern; 
Vil  besser  ist,  sie  thiinds  inehrn. 


Von  untreuen  wirten. 


449 


Wiewol  man  findt  vil  arger  geseln, 

Die  arbeit  band  und  nicht  arbeiten  woln, 

Allein  der  büberey  nachziehen, 

All  erbarkeit  und  frumbkeit  fliehen. 

Mit  den  selbigen  hett  es  wol  ein  gstalt,  5 
Bas  sie  der  wQrt  nicht  herbergt  baldt, 
Sunder  sie  etwann  fQrbass  weist, 
Damit  sich  einer  der  arbeit  befleist. 
Solcher  gsellen  mfiss  ein  armer  knecht 

Von  wörten  gleichwol  sein  geschmecht  IC 
Und  gleich  der  feulest  gscholten  werden, 
Der  leben  thftt  auff  diser  erden. 
Wolan,  gott  wölle  sehen  drein 
Und  dem  armen  thftn  hilffe  schein, 
[Biija]  Damit  er  in  seim  reich  gherbergt  werd,  15 

So  arm ut  mfist  leiden  auff  diser  erd. 

Wolan,  damit  ich  auch  erzell 
Der  Bayer  würt  seltzams  gefell, 
Was  die  für  seltsam  rflstung  haben: 

So  einer  durch  ihr  land  thut  draben  20 
Und  köret  in  ein  wärtshauss  ein, 
So  forder  er  bey  leib  kein  wein; 
Der  selbig  ist  ihm  gar  zu  thür. 
Er  haiseh  darfür  ein  frisches  bier. 

Dasselbig  ich  nicht  zu  schelten  weiss;  25 

Dann  es  gemacht  nach  allem  fleis9 

Vil  besser  dann  im  Schwabenland 

(Es  ist  doch  schier  den  Schwaben  ein  schand). 

Das  bringt  man  ihm  gar  eylents  her; 

Darnach  ein  handtzwehl  wunderber,  90 

Daran  die  hend  getrücknet  sind, 

Die  legt  man  auff  den  tisch  geschwind 

Oerings  umbher,  die  kann  darein, 

Darneben  auch  das  brote  fein. 

Als  mit  der  handtzwehl  würt  beschlossen ;  35 
Es  thuts  wol  solchen  Wanderbossen. 
Wann  einr  darinn  wein  drincken  will, 
So  mach  ers  fein  hoflich  und  still; 
Es  würt  ihm  sunst  sein  seckel  leicht, 

Und  würt  dardurch  der  würt  reich.  40 
Doch  welcher  ye  will  drincken  wein, 
Der  folge  yetz  der  lehre  mein! 
Der  sitz  ins  mal  under  die  andern  gest; 
Das  rhat  ich  ihm,  und  ist  das  best. 
[Biijb]  Da  gschicht  im  umb  sein  gelte  recht,  45 

Montanns  29 


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450 


Martin  Montanus, 


Da  hat  er  all  sein  essen  schlecht, 
Die  einem  fürsten  weren  gnug. 
Darin  ich  warlich  die  Baier  lob; 
Dann  allen  landen  thnnd  sies  vor. 

5  Ich  het  es  auch  gäntzlich  verschwor, 

So  ichs  nicht  gesehen  het; 
Darum  ichs  auch  mit  warheit  redt. 
Von  herren  herbergen  sag  ich  allain; 
Die  andern  all,  so  für  die  gmain 

10  Geaetzet  sein,  sag  ich  nicht  von. 

Dann  in  den  selbigen  thut  es  ston 
Gleich  wie  bey  wir  in  eim  sewstall. 

Nun  hab  ich  sie  beschriben  all, 
Wiewol  sich  wenig  bessern  werden 

lö  Darab;  dann  yetx  auff  diser  erden 

Das  volck  ist  also  gar  verrucht, 
Das  es  kein  gotsforcht  mehr  sucht; 
Wann  es  allain  nur  liebet  sich, 
Gott  geb  wie  der  armen  seel  geschieht. 

•jo  Ach,  ach,  o  weh  des  armen  stand, 

Den  sie  vor  zü  bestehen  hand! 
Sie  gedencken  nicht,  was  doch  für  wort 
Sie  hören  müssen  an  disem  ort 
Vom  höchsten  gott  in  seinem  thron, 
Wann  er  solch  leut  würt  straften  thon 
Umb  ihr  verfurisch  bos  leben. 
Welches  sie  gfurt  autt'  diser  erden. 
Es  haisst  eim  armen  mann  ye  gstolen 
Sein  gelt,  (das  red  ich  unverholen) 
|  BiiijaJ         Wann  inen  nicht  umb  solches  wirt, 

Wie  sich  dann  vor  gott  billich  gbürt. 
Gott  lasst  das  unrechtfertig  gilt 
Nicht  erspreissen,  (sag  ich  auss  freyera  mtit) 
Sonder  es  geht  dahien  gleich  wie  der  wind  ; 

30  Wie  es  gewunnen,  also  verschwindt, 

Ob  schon  der  ein  hie  reychet  wol 
Und  wirt  sein  seckel  und  kästen  fol 
Und  im  geht  nach  seins  hertzen  beger, 
So  Hchawt  doch  drauff  der  g waltig  herr 

Vi  Im  himmel  und  will  solchen  leuthen 

Gesegnen  ihr  gefangne  beuthen. 
Die  wider  all  ehr  und  gütlich  recht 
Beraubet  haben  gottes  knecht. 
Wie  werden  sie  dann  so  wol  sitzn 

4o  Und  ins  teufels  hinnnelreich  schwitzen! 


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Von  untreuen  wirten. 


Da  wer  erst  güt  wider  geben, 
So  man  au  ff  erden  in  disem  leben 
Unrecht  empfangen  ;  es  hilfft  aber  nit 
Darumb  darvon  lass,  ist  mein  bit, 

Gedencke  doch  an  den  ewigen  got,  5 
Und  das  der  nichts  ungerochen  lot 
Das  bos,  so  wir  verbracht  haben! 
Dann  er  ein  missfaln  drab  thiit  tragen. 
Eim  armen  dem  gib  umb  sein  gelt, 

Das  er  dir  darumb  lob  nach  zeit!  10 
Umb  smnst  begert  es  kainer  nit 
Kuinpt  einer  zu  dir,  der  dich  bit, 
Das  du  im  umb  sein  gelt  wolst  geben 
Zu  essen,  das  er  möge  leben, 
[Biiijb]         Wann  du  im  dasselbig  stellest  fflr,  lö 
So  Unit  ers  gern  bezalen  dir. 

Aber  zrtvil  geben  ist  im  schwer, 
Und  bezaln,  das  im  nicht  tragen  her, 
Das  will  ein  armen  mann  verdriessen. 

Darumb  er  etwan  red  lasst  schiessen,  20 
Die  dir  an  ehren  raichen  thon. 
So  thfistu  dann  bald  mit  im  gon 
Für  d  oberkeit  und  in  verklagst, 
Wider  in  fürbringst,  was  du  magst; 

Kr  »ich  hergegen  verantwurtet.  25 
Und  wann  man  euch  hat  lang  zughort, 
So  feit  man  dann  ein  urthel  baldt, 
Das  yeder  in  seinr  vorign  gstalt 
Bleiben  solt  und  ziehen  hin, 

Gedechten  forthin  fridsam  ziisin.  80 
Der  gast  zeucht  von  des  wQrtes  hauss, 
Den  erbarn  wQrt  rieht  dapifer  auss, 
Wie  er  im  sein  gelt  abgnomen  hab, 
Gross  bfiberey  er  autf  im  trag, 

Kein  gast  solt  bey  im  kheren  ein;  85 
So  hab  er  auch  den  ergsten  wein, 
Der  in  der  gantzen  stat  mocht  ligen; 
Solchs  kont  er  von  im  nit  verschwigen, 
Dann  er  es  selbst  erfaren  het, 

Drumb  ers  unverborgen  redt.  40 
Er  spricht,  er  het  es  au«;h  verschworen, 
Wann  ers  nicht  selbers  het  erfaren; 
Er  lobt  sein  wein  für  andere  all 

* 

36  So  hat  A 

29  * 


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Martin  Montanus, 


Und  treibt  mit  in  ein  gdten  schall, 
Den  gesten  also  süss  zuredt, 
Das  dessen  yederman  begert. 
Wann  sie  in  dann  verswehet  hand, 
So  spürn  sie  erst  des  w  Ortes  schaud. 
Aber  keiner  in  darumb  darff  schelten, 
Der  würt  der  wUrts  im  sonst  vergelten, 
Das  sie  gewolt  geschwigen  hefte. 

Darumb  so  haists:    Ihr  gest  tacete, 
Dem  frommen  wQrt  all  gebent  recht! 
So  sind  ihr  dann  gar  feine  knecht 
Und  werden  bald  Gnad  juncker  gnent 
Vom  würt,  der  euch  doch  bauren  kent. 
Aber  was  schadt  dem  wftrt  ein  wort! 
Er  spricht,  er  hab  es  also  ghort. 
Das  sie  edelleut  seyen,  und  leugt  daher, 
Ja  das  es  nicht  ein  wunder  wer, 
Das  sich  die  balcken  ob  im  biegen. 
Dardurch  thut  er  sein  gest  betriegen. 
Das  d  junge  bursch  otlt  zu'  im  kimpt; 
Ein  yeder  gern  die  ehre  nimpt, 
Das  er  Gnad  juncker  gescholten  werd. 
Und  hat  doch  kaum  drey  heller  anif  erd 
Der  würt  gar  bald  ersehen  kan, 
Was  er  sey  für  ein  edel  man; 
Sein  hütlin  vor  in  zeucht  huflich  ab. 
Nach  edelmans  sitten  sie  empfacht; 
Dasselb  er  hat  gelernet  wol, 
All  büberey  der  steckt  er  fol. 

Sein  gesten  tregt  er  dapffer  aufl', 
Die  kanten  setzt  er  all  zü  hau  ff, 
So  sie  foll  wein  gefüllet  sindt: 
Darnach  er  gar  baldt  eine  nimpt 
Und  bringts  foll  auss  dem  nechsten  schon 
Und  spricht,  der  drunck  soll  umbher  gohn. 
Dem  würt  will  solches  kainr  versagen, 
Und  drincken  solche  feine  knaben 
Des  würt«  wein,  das  sie  werden  foll, 
Das  sie  an  sinnen  werden  doli. 
Noch  will  man  gar  nicht  lassen  nach, 
Vil  mehr  zGtrincken  ist  in  gach, 
Dem  besten  wein  sie  bald  nach  fragen. 
So  thut  der  würt  dann  auti*  her  tragen 
Sein  roten  wein,  das  edle  safft, 
Der  gmachet  ist  von  schieben  satlt, 


Von  untreuen  wirten. 


453 


[B6a| 


Die  mass  desselben  ein  batzen  gilt. 
Den  selben  yor  folle  kainer  schilt, 
Sprechen  all,  er  sey  sehr  gut, 
Vergeht  im  maul  wie  ein  filtzhftt 

Wann  man  sich  dann  hat  foll  gesoffen, 
So  thut  der  wQrt  schon  einher  bochen, 
Die  zech  man  bald  bezalen  soll, 
Dann  sie  des  weins  all  aeyen  foll. 
Da  recht  er  her,  das  es  ein  spott, 
Und  spricht:    .Wolan,  nun  gsegens  euch  gott, 
Geb  einer  drey  batzen,  nem  für  gilt* 
Da  ist  in  erst  betrübt  ihr  miit, 
Wann  sie  sovil  gelt  müssen  geben, 
Darumb  sie  hetten  mögen  leben 
Ein  tag;  das  müssen  sie  als 
Dem  wört  werffen  in  sein  hals. 

Noch  kan  ich  haben  kein  rast  noch  rhu, 
Mir  ist  etwas  news  gefallen  zu, 
Der  hauss  und  stallknecht  auch  gedencken 
Und  ihnen  auch  ein  bancket  schencken. 
Wies  mir  mit  ihn  ergangen  ist, 
Will  ich  erzaln  in  kurtzer  frist 
Und  die  gantze  warheit  erzein, 
Auch  darinnen  gar  nichts  verheln. 
Am  stallknecht  will  ichs  heben  an, 
Was  er  mir  zu  laid  hatt  gethan. 

Als  ich  in  d  herberg  ynkeren  thet 
Und  ihm  mein  rosslin  befolhen  het, 
So  kan  und  mag  ichs  nit  verheln, 
Da  thet  er  ihm  den  habern  stein. 
Und  als  ich  zum  stall  yn  was  gahn, 
Fieng  mein  rosslin  zu  schreyen  ahn, 
Darbey  ich  wol  kundt  abnemmen  das, 
Das  mein  rösslin  nit  gefiltert  was. 
Der  stalknecht  kam;  ich  zeigt  ihm  das, 
Der  schwör  gar  thewr,  er  hett  ihm  geben. 
Ich  sagt:    ,Güt  gsell,  du  scheusst  darneben. 
Ich  kenn  mein  rSsslin  also  wol. 
Wann  man  ihm  gibt,  das  man  thfln  sol, 
So  hatt  es  nit  ein  solch  geschrey.' 
In  dem  der  knecht  gar  mancherley 
Aussreden  sucht,  doch  zletst  bekant, 
Lieff  zu  dem  kästen  bey  der  wandt 
Und  schüt  ihm  erst  ein  füter  für. 

Ich  sagt:   .Lieber  gsell,  sag  du  mir, 


10 


10 


au 


au 


40 


40 


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454  Martin  Montanas. 

Wann  ich  yetzund  nett  geben  dir 
(B6b]  Da«  gelt  fürs  föter,  woltsts  han  gnummen, 

Weil  kein  föter  in  barren  kuramen?' 

Der  knecht  sagt:    ,Warumb  solt  ichs  nit 
h  Genummen  haben,  weil  der  sitt 

Ist  doch  in  manches  würtes  haus, 

Das  man  den  rossen  nimpt  heraus 

Föter,  so  ihn  schon  was  für  gschitt? 

Der  würt  mest  huner,  ganss  darmitt, 
10  Was  schon  die  gest  vor  haben  zalt' 

Ich  sagt:    „Hand  die  würt  solchen  gwalt 

Im  stall,  was  hand  sie  dann  im  haus?' 
Er  sagt:    »Das  ist  nit  zrechnen  aus, 

Was  list  sie  brauchen  mit  dem  wein. 
15  Kein  herr  kan  ihn  zu  listig  sein, 

So  nit  von  ihn  wirt  Überlist, 

Wie  gschwind  und  bscheid  der  immer  ist. 

Der  haussknecht  mfiss  auch  sein  im  spil, 

Wie  ich  dann  yetz  erzalen  will. 
20  Solche  mfiss  der  selb  Beuberleichen 

Künnen  vermolen  und  verstreichen ; 

Sunst  hat  er  nit  lang  platz  im  haus, 

Mobs  Urlaub  han  zftr  thüren  aus. 

Der  aber  ist  der  aller  best, 
25  Wann  an  dem  disch  schreyen  die  gest: 

,Haussknecht,  kumb  her  und  schenck  uns  ein,4 

So  soll  er  umb  die  weg  nit  sein, 

Sich  anderer  geschefften  nemmen  an. 

Das  bhalt  den  wein  im  fass,  nüchtert  den  man, 
:»  Wann  man  so  langsam  schencket  ein, 

Hatt  mich  auch  lieb  der  meister  mein. 
[B7al  Wans  schier  will  ans  bezalen  gohn, 

So  soll  der  würt  vom  disch  auff  stöhn, 

Den  haussknecht  lassen  d  Ürten  machen. 
3.j  Der  rechnet,  das  die  gest  nit  lachen,  . 

Acht  wenig,  ob  es  sey  zuvil. 

Und  wann  schon  einer  murren  wil, 

So  gibt  der  haussknecht  gar  nit  drumb, 

Kriegen  mussends  dise  summ. 
M)  Der  würt  ist  vom  disch  gangen  schon; 

Wer  er  vorhand,  Hess  nit  ziigohn; 

Also  musst  ihr  die  sach  verstohn.' 
Ich  sagt  ihm:    .Lieber  guter  knecht, 

Haben  die  würt  allsam pt  das  recht, 
40  Das  ihn  solche  freyheit  gebürt?' 


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Von  untreuen  wirten. 


Kr  nagt:    ,Man  findt  manch  truramen  wilrt, 
So  solcher  stück  kein 8  brauchen  thüt, 
Nimpt  auch  dern  keine  in  seinen  müt; 
Er  hett  das  auch  keins  wegs  für  gut, 
Wann  in  sehn  haus  sollichs  solt  gschehen. 
Darzö  hatt  er  selb  ein  auffsehen 
Zum  disch,  kuchen,  keller  und  stall, 
Damit  die  gschefft  thönd  gschehen  all 

Wolan,  es  sey  genßg  gesagt 
Von  würten,  die  ich  wol  geplagt 
Und  sie  zür  gottes  forcht  ermant, 
Das  sie  abstünden  von  der  schand, 
Die  sie  taglich  mit  wuchern  yeben, 
Die  frummen  leut  urobs  gelt  betriegen. 
0,  o,  ihr  würt,  gedencket  doch, 
Was  schweren  standts  ihr  tragen  noch 
Und  vor  gott  rechenschafft  musst  geben, 
Wie  ihr  gefiirt  habt  ewer  leben ! 
Gedencken  doch  der  urtheil  schwer, 
Weichs  feilen  wirt  der  gwaltig  her 
Uber  die  Ubelthater  und  bose  würt, 
Die  in  simoney  sind  gantz  verirt! 
Ja,  nicht  über  die  würt  allain, 
Sonder  auch  über  die  gantz  gtnain, 
Uber  bäpst,  kong,  k aiser,  fürsten,  herrn, 
Die  das  gantz  regiment  sollen  fiirn, 
Das  übel  straften,  das  gfit  l>elohnen. 
Derselben  würt  er  nit  verschonen, 
Sonder,  woh  sie  das  nit  haben  thon, 
So  müssen  sie  zu*  der  lincken  ston 
Ja  bey  dem  hauffen,  der  möss  in  d  hell. 
Da  empfahen  sie  dann  ihr  gefeil, 
Welches  sie  auff  erden  verdient  band. 

Darumb  ihr  all  steht  ab  von  schand, 
Den  waren  gott  den  ruffend  an, 
Das  er  uns  allzeit  woll  bey  stan, 
Sein  gotlichen  segen  allzeit  geben 
Und  nach  diser  zeit  das  ewig  leben! 


A  M  K  N. 


457 


Anhang  verwandter  stücke. 

I.  Eine  Angsburgcr  Schmähschrift  wider  den  Weg- 
kttrzer  und  Andretttzo  (1558). 

(Der  nachfolgende  prosadialog  ist  in  zwei  Sammlungen  hsl.  paa- 
quille  auf  den  Augsburger  bürgermeister  Jacob  Herbrot,  dem  Mscr. 
histor.  fol.  397,  bl.  83b— 99a  der  Stuttgarter  bibliothek  und  dem  Mscr. 
Aug.  246  der  bibliothek  des  historischen  Vereins  für  Schwaben  und 
Neuburg  in  Augsburg  bl.  84  b — 102a,  erhalten.  Dagegen  fehlt  er  in 
einer  ähnlichen  Wolfenbütteler  (Aug.  80.  4.  fol.)  und  Heidelberger  (Cod. 
pal.  germ.  844  =  331  Bartsch)  hs.  laut  gefälliger  mitteilung  der  biblio-  10 
theksverwaltungen.  Unserm  abdrucke  liegt  die  Stuttgarter  hs.  (S)  zu 
gründe;  die  abweichungen  der  Augsburger  bezeichne  ich  mit  A.  Der 
text  ist  vielfach  verderbt.) 

Der  gelertter  leütt  urteil 

über  ain  büchlin.  15 

Georg.  Grüeß  dich  gott,  Petter!  Wie  laufst  so  vast, 
und  wa  wilt  so  eüllends  hin? 

Petter.  Danck  hab,  lieber  Georg.  Ich  wil  den  nechsten 
haim. 

Georg.  Thue  gemacli !  Ich  wolt  dir  geren  ain  wort  20 
zusprechen  und  dich  etwas  fragen. 

Petter.  Ich  kan  fürwar  nit  bleiben ;  ich  bin  so  lang 
nit  zu  hauß  gewest.   Darunib  mueß  ich  sehen,  wie  es  anhaimb 

14  Oberachrift  in  A:  Voigt  ein  büchlin,  so  dem  Herbrott  zugeschri- 
ben  worden,  darauf  die  gelerten  ir  urthail  geben  haben.     22  ich]  und  S 


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158 


Martin  Montanus, 


stee.  (Jene  aber  mit  mir,  so  wil  ich  dir  red  und  antwort 
gnug  geben. 

Georg.    Ich  bin  wol  zufriden. 

Petter.    So  sag  an,  was  dir  angelegen  ist! 
ö        Georg.    Nichts  sonders,  gott  hab  lob.    Ich  wü  nur  in 
aim  ding  dein  alls  aines  gelertten  judicium  erkundigen. 

Petter.    Lieber,  warumb? 

Georg.  Es  ist  ain  bflchlin  zu  Dillingen  im  druckh  auß- 
gangen,  haist  der  Wegktirtzer,  daß  ainer,  der  sie  Marti- 
10  num  Montanum  nent,  gemacht  und  dem  reichen  herrn  Jacob 
Herb  rot,  den  du  alweg  vernichtest  und  args  nach  geredt 
hast,  zugeschriben.    Hast  du  solchs  büchlin  nit  gesehen? 

Petter.    Nit  allain  gesehen,  sonder  durchauß  gelesen. 

Georg.  Hast  du  gemerckht,  wie  er  den  gemeltten  Her- 
iö  brot  so  hoch  ernent  und  treffenlich  lobt,  wiewol  du  in  so 
offt  geschmecht  und  grobe  stuckh  von  im  gesagt  hast,  er  sei 
so  boß,  das  in  niemandt  loben  mig?  Waß  sols  gellten,  der 
Montanuß  kindt  in  loben  und  preissen? 

Petter.    Mein  Georg,  warmit? 

Georg.  Das  er  im  ein  schenß  büchlin  zuaignet  und 
schreibt  im  wie  eim  freyherren  auch  ,dem  wolgebornen4,  auch 
wie  ainem  ritter  ,dem  gestrengen4,  und  nent  in  gnedigen  herrn. 
Haist  dan  das  sein  groß  ehr  nit  herfürgestrichen  und  pracht- 
lich gelobt? 

Ii7.  Petter.  Ja  wie  du  und  ander  deiuß  gleichen  schlecht 
lettth  darvon  reden.  Aber  bei  den  weißen,  gelertten  vnd  hoch- 
verstendigen,  die  ain  ding  hecher  und  scherpffer  erwegen  (dan 
der  gemain  man  ain  ding  oben  hin  rechnet),  hat  es  weit  ain 
andere  mainung  und  bedenckhen.  Das  wil  ich  dich  berichten ; 
wan  ich  antwort ,  das  ich  args  von  dem  I  lerbrot  geredt,  und 
waß  ich  je  und  alweg  gesagt,  hab  ich  auß  jeder  m  an  ß  mund 
geredt,  der  in  kendt;  dan  in  niemandt  bißher  durchauß  ge- 
lobt hat,  wie  du  selbs  waist. 

Georg.    Laß  nun  dasselbig  bleiben;  sag  mir  darfür,  waß 

&  helts  du  auf  dasselbig  büchlin? 

* 

4  sag  her  A  9  hat  ainer  der  sich  A  15  gelobt  S  21  iu- 
achreibt  A  27  danj  wann  A  30  verantwort  A  32  durchaub] 
fehlt  A 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  I. 


459 


Petter.  Nichts. 

Georg.    Wie  so?    Ist  es  dan  dem  Herbrot  nit  ain  lob, 
das  man ü  im  zugeschriben  ? 

Petter.    Nain,  sonder,  wie  hochversteudig  und  erfareu 
leüth  wol  arguieren,  solls  im  vil  mehr  ain  schandt,  spot  und  5 
nachthaillung  sein. 

Georg.    Wie  kan  das  sein? 

Petter.    Ich  wil  dir  der  gelertten,  auch  der  klugen  hoff- 
ling  bedenncken  erzellen,  wie  ichs  von  innen  geliert,  darmit 
du  mich  nit  abermalß  scheltest,  ich  zeichs  den  Herbrot  auß  10 
mir  selbs.    Darumb  merckh  eben  auf!    Sie  sagen ,  es  sei  in 
langer  zeit  kain  solcher  unkundiger  und  unversehempter  buch- 
tichter  auf  die  ban  kumen  alß  der  Martinus  Montanuß,  glau- 
ben auch  nit,  daß  er  auß  der  statt  Strasburg  sei,  da  eß  gar 
stattlich  gelert  leith  in  allen  sprachen  unnd  kunsten,  nit  solch  15 
hailloß  eilend  fantasten  hab ,  der  reimen  und  schreiben  gar 
kain  schmackh,  art  noch  grundt  in  sich  begreifft.    Dan  er, 
Montanuß,  so  kunst  und  schickhlichait  in  seinen n  reimen  er- 
zaigr,  das  ainem  nattürlichen  esel  schier  pesser  träumen  solt, 
wie  ich  bald  hernach  ausfieren  wil,   wan  ich  zuvor  deß  Her-  ao 
brots  hoch  ansehenlich,  doch  eüttel  bedichten  schmach  titteil 
irem  judicio  nach  erret  hab. 

Georg.    Gefeit  er  den  den  hefflingen  und  gelertten  nit? 
Was  feldt  im? 

Petter.  Nichts  dan  das  er  kain  nütz  ist.  2ö 
Georg.    Warumb  ? 

Petter.  Das  der  dichter  ain  freiherrn  und  rütter  auß 
dem  Herbrot  gemacht,  kan  sie  menigclich  nit  gnueg  verwundern. 
Von  wanen  ist  er  doch  ein  freyherr  und  rütter?  Von  Bet- 
zingen und  Katzingen.  Niemand  wil  darumb  wissen,  daß  in  80 
die  rom.  kay.  may.  darzu  gemacht  oder  geschlagen  hab.  Wa- 
lter ist  ers  dan?  Er  mueß  eß  villeicht  nun  dahin  rechnen, 
dieweil  der  Herbrot  bißher  alle  boßhait  und  schalckhstuckh 

vnd  allerlay  btieberey  frey,  alß  ob  er  selbs  herr  gewest,  be- 

• 

6  nachthaillung]  thadlung  A  8  hoffnung  S  16  pantaaten  S 
li>  seiner]  fehlt  S  21  hochansehenlich  Herhrota  S  22  irem]  fehlt  A 
ererert  S  27  Das  bis  und]  fehlt  S  30  Katzingenhaim  A  31  der 
rhöni.  kayser  A 


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460 


Martin  Montanus, 


gangen  und  getriben,  daß  er  in  derhalben  ein  freyherrn  nen, 
welchs  aber  gar  ain  ungepreüchlichs,  nit  erherts,  auch  andern 
hochadlichen,  welcher  herkhumen  rechten  freyherrn,  ain  leiden- 
lichs  ding  were.    Daran  sich  doch  der  dichter  nit  pentiegen 

ö  last,  sonder  wie  ain  duppelnar  dem  Herbrot  duppel  herrn 
schreiben,  so  er  doch  einß  herren  namen  nit  werd  sei.  Noch 
vii  mer  befrembden  sie  sich,  das  er  im  den  rütter  tittel  ge- 
streng zulegt;  dan  er  nie  kain  rütterliche  that  begangcu,  sei 
auch  nie  in  kainen  krieg  dan  nur  ainmal  zu  Augspurg ,  alß 

io  er  wider  den  kaiser  rebellieren  wellen  und  er  nur  herauß  biß 
an  den  galgen  zogen,  da  er  auch  daran  gchert.  Kinden  deß- 
halben  auch  nit  bei  innen  berunden,  auß  waß  ursach  man  in 
ain  rütter  schelt,  es  sey  dan,  das  er  zu  ainem  katzenrtttter 
und  ain  katz  durch  den  bach  hin  und  her  gezogen  hab,  Weichs 

15  im  doch,  dieweil  im  doch  seines  handwerckhs  die  katzen  so 
nachendt  fraind  sendt,  auch  nit  loblich  anstueud.  Sonst 
mig  er  gleichwol,  weil  er  im  burgermaisterampt  gesessen,  den 
frumen  armen  unschuldigen  streng  gnug  gewest  sein  und  ge- 
mainer  sag  nach  den  tittel  wol  verdient  haben.    Sichstu  jetz, 

20  Georg,  waß  dem  Herbrot  der  tittel  für  ain  ehr  bringt  vnd 
das  sein  leben  dardurch  nit  änderst  genent  würdt  und  zunimbt 
alß  wie  der  reüff  am  zäun?  Ach  gott,  es  ist  mit  solchen 
pachantten  verloren,  die  dem  Herbrot  sein  ehr  wie  ain  bad 
dieren  verzet  und  wider  zubringen.    Es  forderet  vil  ain  an- 

25  dern  man  und  darzu  ain  dapffern  ernstlichen  weeg,  dan  solche 
fabel,  merle  und  unwerdte  thedung  fürhand  zu  nemen.  Also 
wie  sie  gleich  und  gleich  geren  geselt,  also  hat  der  loß  dich- 
ter im  auch  ein  losen  pattronnen  suechen  vnd  er ki essen  inies- 
sen ;  dan  er  mit  seinem  eilenden  zusamen  geraspelten  büchlin 

au  nit  allain  zu  schänden  werdt ,  sonder  sein  patron  darzu  zu 
schänden  macht,  wiewol  daß  best  an  der  sach,  das  seinem 
patron  kain  schand  zue  seltzam  ist  noch  so  nachendt  zu  hertzen 
get,  daß  im  kumer  pringt  oder  zu  hertzen  geth  und  wee  duet; 
sonst  wurd  er  sich  bei  sovil  schänden,  die  er  sein  tag  be- 

* 

6  herren]  fehlt  S  7  so  gestreng  S  11  gehert  hette  A  14 
katzen  A  17  den]  der  AS  28  ein  losen]  fehlt  S  29  mit]  zu  S 
31  daaj  fehlt  A      33  oder  bis  geht]  fehlt  A 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  I. 


4f>l 


gangen  und  eingenomen,  l engst  an  todt  gelegt  haben  und 
zum  teuffei  gefaren  sein. 

Georg.  Du  mainsfc  villeicht,  so  der  Herbrot  sovil  scbmech- 
lichen  pasquilluß  hat  schlickhen  kinden,  er  werdt  an  disem 
auch  nit  erworgen  ?  0 

Petter.  Weth  Fritz,  wie  änderst!  Er  kauft  alles  wol 
verdeien.  Aber  ich  wil  in  jetz  ein  weil  auf  ain  orth  stellen 
und  deß  schickhlichait  und  deß  kundighait  deß  dichters  weit- 
ter  von  dem  reden,  wie  es  jetz  ain  kunst  sei,  das  man  in 
gutten  kunsten  so  hoch  erfaren  sei.  Dan  vor  zeitten  hab  10 
manß  für  ain  herlichs  ding  gehalten,  wan  ainer  nur  schreiben 
und  lesen  hat  kinden;  dasselb  sei  jetz  gemain,  und  kinds  ain 
jegclicher  paur  schier.  Zeucht  sich  also  selbs  auß  seinem 
pövel  (den  er  nicht  recht  schreiben  und  popfel  nent)  und  dem 
seicht  gelertten  und  schetzt  sich  ainer ,  der  vil  kind,  zu  sein,  15 
so  er  doch  (almechtiger  gott)  auch  weitter  nichts  dan  das 
bloß  schreiben  und  lesen  kan. 

Georg.    Daß  wer  ain  wunder. 

Petter.    Nun  ists  war.    Dan  er  die  orthografiam  noch 
nit  recht  schreibt ;  in  der  13.  fabel  [s.  35,  r,]  von  dem  Ful-  2») 
canischen  amboß  P.  F.    Darum b  daß  büchlin  wirdig  wer,  daß 
es  Vulcanuß  verzeren  solt.    Versteest  mich  wol? 

Georg.    Hat  er  dan  das  büchlin  nit  alleß  auß  im  selbs 
gedichtet  ? 

Petter.  0  nain.  Er  hats  den  mereren  thail  auß  dem  z> 
schäm  parischen  büchlin  Oentonovella  abgeschriben  und  so  gar 
kain  verstand  nit  gehabt,  das  ers,  gleich  wie  auß  dem  wel- 
schen übel  verteütscht  ist  worden,  un verbessert  bleiben  lassen. 
Ist  auch  darbei  so  unverschempt,  das  er  gantz  offenbar  und 
jederman  lang  her  fablen,  die  er  auch,  der  Bocatius,  so  sie  üo 
gemacht,  selbs  für  nichtzit  änderst  außgeben ,  darff  historien 
nennen  und  für  warhaffte  geschienten  darthon ;  eß  sei  dan 
sach,  das  er  den  underschid,  als  schier  die  gelerttenn  dunckhen 

wil,  der  doch  zwischen  historien  und  fablen,  warhait  und  lugen 

* 

1  begangen  und]  fehlt  A  6  Wetz  A  7  ein  weil]  fehlt  A 
8  deß]  das  A  9  das]  wie  S  10  so]  fehlt  A  12  kinds  jetz  schier 
ain  A  13  anß]  auf  S  22  erzeren  S  28  worden]  oder  vordem  S 
30  sie]  sich  S       32  dargethon  S 


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462 


Martin  Montanus, 


gar  leicht  zu  erkennen  ist,  gar  nit  gewiß  noch  verstee.  Dan 
der  nam  historien  zeucht  sich  nur  auf  warh äfften  und  ergang- 
nen  geschichten  und  kan  solchen  fablen  nit  zugelegt  werden. 
Waß  ist  dan  auf  in  zu  halten,  wan  er  fablen  für  geschichten, 
das  ist  lugen  für  warhait  understee  einzubilden !  Thut  er  nit 
eben  wie  sein  patron,  der  Herbrot,  welcher  auch  teglich  mit 
betriegen  lugen  für  warhait  verkaufft? 

Georg.    Es  hat  schier  dieselben  niainung. 

Petter.    Der  dichter  deß  buchß  wil  schimpff  und  ernnst 

10  tiberall  äfft  [ !]  sein  und  demselben  autoren  nachthon ;  doch 
ist  er  grosser  unkundigcait  weder  zu  schimpft'  noch  ernst  taug- 
lich. Dan  sein  reimen  send  so  eilend,  das  sie  hl  netten  mech- 
ten,  und  er  seiner  poetischen  knnst  so  arm,  da«  eß  ein  hertten 
stain  erbarmen  mecht. 

i*>  Georg.  Daß  wer  seltzam  zu  heren,  wan  dir  die  reimen 
darzn  nit  gefüellen. 

Petter.  Wie  kinden  sie  aim  gefallen,  wan  niemand  un- 
geschickhter  ding  ist  fürkomen?  Nim  die  ainigen  gereimbt 
vorredt  dem  leßer  fürhandt  und  gleich  die  pesten  silben ,  die 

au  gleich  lautten  sollen!  llilfft  unß  gott  zusamen  ,  wol  würst 
du  wunders  finden.  Sie  stimen  gleich  zusamen,  alß  wans 
in  der  musigkh  umb  ain  hand  vol  notten  feit.  Und  damit 
nit  mainest,  es  sei  ungrundt,  wil  ich  die  genielten  vorred  ein 
wenig  durchlauffen.    Am  aller  ersten  [s.  5,  2i]  reimpt  er  zu- 

2,»  samen  ,leser4  und  an  der  andern  lini  ,zulosser\  und  darnach 
gleich  darauf  ,kurtzweil4  vnd  ,begerest  vil.4  Siehst,  Georg, 
wie  wol  ers  droffen? 

Georg.  Der  anfang  ist  nit  gut.  Kar  aber  für!  Es  wttrt, 
so  gott  will,  besser. 

au  Petter.  Ja  wol  besser.  Er  kans  nit  baß;  darum b  würts 
nur  erger.  Dan  bald  darnach  reimbt  er  , lustig1  und  »nützlich4; 
item  |s.  6,  i]  ,bescbrihen'  und  ,lieben4;  item  ,gemacht4  und 
.erdacht1,  so  doch  das  ain  in  a  darum,  das  ander  in  a  obscurum 
terminiert,  zusamen. 


2  nur]  nun  A  10  aterien  S;  atoren  A  11  grosse  S  18  Nun  A 
19  gleich]  helt  A  21  wans]  wie  A  25  zulosser]  loser  A  26 
laut/weil  bis  Georg]  fehlt  A  '29  lecht  besser  A  81  nur]  nun  S 
nützlich  und  listig  S       3*  der  ander  S 


♦ 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  I 


Georg.    Her  auf!  Ich  glaub,  er  habs  nit  so  weit  bedacht. 

Petter.    Gleich  volgt  darauf  ,geschriben4  und  ,bleiben4; 
item  Jesen  wilt4  und  ,hieher  gestelt4;  item  ,aii8serle8en4  und 
,  vergessen' ;  item  ,fleckhen4  und  ,merckhen4  (das  sich  doch  nit 
zusamen  füegt ,  aber  fleckhen  und  im  arsch  leckhen  het  sich  5 
wol  zusamen  gereimbt);  item  , betrachten'  und  ,haben4;  item 
gewesen4  und  Jeben4;  item  ,sahe4  und  ,füelle4;  item  ,ligen4 
und  ,fragen4;  item  »straffet4  und  ,gemasset4;  item  [s.  8,  i]  ,tros- 
ten4  nnd  ,setzen4;  item  ,legt4  und  ,füegt4:  item  ,ermant4  und 
,ain  schand4  (das  ists  im  ewigclich) ;  item  ,zu  Rom4  und  ,angon4 ;  10 
item  ,that4  und  ,wardt4;  item  ,klaget4  und  ,beschickhet4 ;  item 
,zu  wissen4  und  ,durch  lesen4  (das  reimpt  sich  gar  nit,  aber 
zu  wüsaen  und  für  den  hindern  küssen  data  reimbt  sich  auch). 
Änderst  mer,  so  nur  in  zwajen  blettern  ainem  begegnet,  daß 
mich  vertreust  zu  erzellen  und  mir  der  köpf  wee  thut,  wan  10 
ich  daran  gedenckh. 

Georg.    Ich  hab  sein  gnueg  und  beger  seins  Unverstands 
nit  mer  zu  wissen. 

Petter.    Nun  weitter!    Neben  daß  solche  seiner  verß 
«ich  änderst  nit  reimet,  dan  wie  man  spricht  gehewen  vnd  20 
saltz  messen ,  ist  auch  der  structur  der  wortten  vil  änderst 
gestelt,  dan  man  nach  teütscher  art,  sprach  und  weiß  pflegt 
zu  reden.    Aber  nemblich  spricht  er  [s.  6,  3]:   ,So  du  die 
beöcht  [!l  lesen  thust4,  ,[nit  thu]  sehenden4  für  ,und  schendts 
nit4;  item  [s.  7,  <]  ,die  ward  gevallen  Titi  leib4  selbs  für  ,sie  s»-, 
gefiel' ;  item  ,k lagen  thet4  für  , klaget4,  und  dergleichen  vil, 
so  gemainem  brauch  deß  redenß  gar  zu  wider  ist.  Darumb 
er  werdt  wer  nnd  mit  solchem  fanllen  stinckhenden  gedieht, 
wol  verdient  het,   das  er  bei  seinem  Andreutzo,  (dessen 
fabel  er,  wie  ain  saw  ain  dreckb,  wider  new  macht)  im  haim- :» 
liehen  gmach  erstinckhen  und  erstickhen  solt.    Ich  mag  nit 
sovil  zeit  nnnutzlich  verschwenden,  also  sein  fäl  außzuckhen. 
Hab  nur  acht  auf  die  zal  der  silben,  da  ain  jeder  reim  acht 

3  wilt]  fehlt  S  ß  wol  baß  A  7  Hachen  AS  11  werdt  S 
ftchickhet  S  14  bletter  S  16  ich  mer  A  25  Hie  waren  geval- 
len AS  Titen  A;  item  S  sich  gefiel  AS  2fi  thet)  und  S;  fehlt 
A  27  so]  fehlt  AS  gar  nit  zu  S  32  unnutzlichen  A  sein 
vaal  A       33  da]  dan  S 


464 


Martin  Montanus, 


silben  sol  haben  und  nit  minder  noch  mer!  So  findst,  das 
manicher  kaum  7  hat.  Also  [s.  5,  ai]  der  aller  erst:  ,Fraindt- 
licher  lieber  leser4;  item  |~s.  8,  18]:  ,Da  wolt  der  schertz  erst 
angon.4  Dagegen n  etlich  13,  alß  nemblich  [s.  8,  2o] :  ,Wie  sie 

5  Tituß  und  nit  Güsippus  beschlaffen  het.4  Ja  etlich  wol  14, 
das  ist  wol  zwaymallen  sovil,  als  [s.  6,  34]:  ,Am  112.  blat 
wirds  iren  anfang  thon4,  da  er  demnach  für  haben  raiessen 
setzen  reim  in  15  silben,  wie  der  gewachsen  [!],  also  das  ainer 
kain  eilen,  sonder  ein  gantzen  baurenschrit  lenger  sei  alß  der 

10  ander.  Send  deßhalben  einander  so  gleich  als  ain  i  und  k  in 
dem  abc ;  dan  sie  vast  all  durch  auß  1 1  und  12  silben  haben, 
das  den  je  greber  [!]  übersehen.  Noch  demnach  kan  er  bei 
allen  seinen  wortten  in  kain  zierlichait,  wolstand  noch  rechten 
sin  pringen.    Deßhalben  im  die  gelertten  zu  danckh  seines 

i-'>  schennen  werckhs  etlich  lobreimen  gemacht.    Solche  mir  kain 
beschwerdt  sein,  daß  ich  dirß  auch  recitier. 
Georg.    Ich  binß  begürlich  zuvernemmen. 
Petter.  So  merckh  fleissig  auf !  Sie  send  kurtz  und  gut,  wol 
begriffen  schließlich  und  mit  wenig  wortten  in  sich  haltendt  vil : 

11»  Der  laussig  peß  poet 

Zwingt  seine  wort  und  ret 

Gantz  wider  reden s  art ; 

Darum b  gendß  ab  so  hart, 

Dieweil  er  sieb  nit  scheucht, 
2Ti  Beim  har  znsamen  zeucht, 

Waß  nit  zusamen  ghert. 

Wer  hat  den  essel  giert 

Sein  adelose  knnst? 

Es  kan  doch  niemand  sunst 
ao  So  Obel  reimen  mer 

In  gantzer  weit  alß  er. 

Dan  wer  gesehen  jhe 

So  hailloli  reimen  hie. 

Die  er  in  dem  büchlin  gemacht, 
3-'»  Die  menigelich  verlacht 

Und  treibt  darauß  das  gspot ! 

2  kam  S  7  wirds]  wurd  AS  8  ainer]  kainer  AS  19  wol 
vergriffen  S  schließlich]  lies  schimpflich?  20  Der]  fehlt  AS  21 
ret]  net  S;  neth  A  26  gehert  AS  27  gelert  AS  28  attolo  A 
29  sonst  S      36  dar  gespot  S 


Anhang  verwandter  stücke  nr.  I. 


4(55 


Wie  ungleich,  lieber  gott, 

Wan  man  die  letzt  silb  niuipt, 

Sie  zu  der  andern  stimht, 

Die  ir  gleich  lautten  soll! 

Drunib  ist  er  blind  und  doli 

Und  gschicht  im  eben  recht, 

Daß  sein  dicht  würdt  verschmecht. 

Georg.    Die  reimen  send  warlich  guet  unnd  lobenswerdt, 
daß  al  haben  gleich  6  silben.    Doch  mueß  ich  noch  etwaß 
fragen.    Er  setzt  mitten  im  bttchlin  auch  etlich  reimen ;  sendt  10 
dieselben  auch  so  beß? 

Petter.  Gleich  wie  die  andern;  dan  er  ist  allenthalben 
kunstloß.  Daß  es  war  sei,  so  setzt  er  [s.  85,  27]  , braucht4 
und  , versucht1  gegen  ainander,  item  ,wort4  und  ,hat4  etc.  So 
felts  auch  an  der  silben  zall  eben  so  grob.  Daß  magst  an  i«» 
den  reimen  wol  ermessen:  , Welches  er  selber  gesprochen  hat'; 
der  ist  von  9,  unnd  der  nechst  darnach :  ,Packh  dich  von  mir, 
Sathan4  von  6  silben  gemacht,  sendt  aber  nit  gleich  gesellen 
zusamen. 

Georg.    Ja,  wie  sie  mit  dem  kaiser  reütten ;  ist  der  ain  an 
kurtz,  der  annder  lang.    Darumb  schweig  nur  stil !    Es  gefeit 
mir  selbs  nimer. 

Petter.  Die  überigen  mengel  wil  ich  dir  mit  kurtzen 
außfieren;  sonnst  wer  wol  drey  tag  darvon  zu  reden.  Er 
spricht  auch  in  der  epistel  [s.  4,  J2],  es  sei  den  weibern  auch  &"» 
zu  guttem  geschriben.  Lieber,  waß  sollen  sie  guets  darauß 
lernen,  so  gleich  die  erste  fabel  ein  exempel  der  huererey  für- 
stelt,  wie  aiuß  hürtten  dochter  verfüert  und  zur  huren  worden 
sei;  die  dritt,  wie  im  ain  pauren  knecht  den  schwantz  abge- 
schnitten und  in  Rein  geworffen ;  die  viert,  wie  aim  altten  au 
man  der  sein  nimer  steen  hab  wellen;  darnach  [cap.  22],  wie 
man  ainer  ain  kind  im  schlaff  angemacht,  und  dergleichen 
züchtige,  heff liehe  pösslin  in  ain  erbars  frawen  zimer  (ja  inß 

5  Darumb  AS  6  geschieht  S  9  sie  al  A  etwaßj  ains  A 
11  so]  fehlt  A  15  an  silben  der  AS  17  ist]  erst  S  9]  fehlt  AS 
18  6J  fehlt  AS  24  aufispieren  S  27  gleich  im  exempel  der  ersten 
fabel  AS       fürgestelt  AS       32  anmacht  A 

Mout*nu»  30 


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466 


Martin  Montanus, 


bordel)  geherig!  Volgendts  kumpt  er  auf  die  schennen  zucht 
stuckh,  so  er  anß  Bocatio  mit  grosem  fleili  unnd  huren  prech- 
ten  |  genommen  |.  In  sonnderhait  aber  zu  lesen  und  zu  pflan- 
tzung  gutter  sitten  dienendt  dar  setzt  er  auß  dem  schändlichen, 

r»  unzüchtigen  buch  Centonovella  nur  die  aller  lasterlichesten, 
schandparsten  stuckh  und  gleich  abfaim  keüscher  ehebrecher 
vorbildt,  darmit  er  je,  sovil  an  im  ist,  nichts  änderst  thut, 
dan  au  weißung  und  1er  thut  oder  gipt,  wie  man  valscher 
liebe  pflegen,  bulschaftt  treiben,  einander  umb  ehr  pringen, 

10  hurerey  ieben  und  ehebrnch  begeeu  solle.  Noch  schempt  er 
sich  dessen  nit,  ja  er  achtets  für  gebürlich  der  jugent  zu  leßen. 
Dan  das  es  war  sei,  so  schreibt  er  am  end ,  er  het  noch  vil 
aubentheur  zu  schreiben,  das  sich  aber  nit  schickhen  soll; 
dann  wa  es  under  die  edlen  junckhfrauwen  komen  solt,  mies- 

l"»  ten  sie  ire  züchtigen  eglen  underschlagen  und  dem  Schreiber 
des  buchß  (das  ist  im,  dem  stockhfisch)  wenig  ehren  und  zucht 
nachreden;  deßhalben  er  daß  underwegen  gelassen.  Darauß 
jhe  zu  schliessen,  das  edel  zichtig  junckhfrawen  die  obgesetzten 
und  dem  buech  einverleibten  groben  bossen  ohn  allen  schäm 

20  wol  lesen  migen ;  das  haist  aber  Stuttgartter  junckhfrawen 
gezogen.  In  suma,  nur  ain  ding  gefeit  mir  im  gantzcn  büchlin. 
Georg*    Was  mag  daß  sein? 

Petter.  Das  er  an  datto  der  epistel  setzt,  er  habs  an 
sant  Martinß  tag  lassen  aufigen.    Daran  het  er  ain  ganß  ge- 

25  fressen,  die  auß  im  geredt  hab  und  (zu  besorgen)  noch  lenger 
auß  im  reden  und  gangen  wird.  Dan  daß  ain  solchs  büchlin 
dem  dichter,  oder  dem  es  zngeschriben  würdt,  vill  lobs  ge- 
peren  sol,  kan  ich  von  den  gelertten  nit  versteen  noch  fil 
weniger  bei  mir  selbs  finden.   Wolt  deßhalb  inier  geren  wissen, 

ho  wa  die  jhenigen  doch  hin  gedechten ,  die  fürgeben  tirffendt, 
der  Montan uß  hab  wol  daran  gethon,  das  er  dem  Herbrot  das 

* 

l  khunststuckh  und  zuchtstuck  A  4  gutten  AS  Daß  AS  6 
und  schandtlichisten  A  7  darmit]  fehlt  S  ist  und  nichts  S 
10  sollen  AS  14  da  was  S  15  underschlagen  miessen  S  H>  im 
AvS  18  ettlich  edel  A  21  geding  S  23  Petterj  fehlt  S  er  an) 
in  A       Met/t  er  habs]  fehlt  A       2«  wurden  AS       27  vill]  unnd  S 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  I. 


467 


büchlin  zugeschriben.  Doch  fiudt  man  jetz  verkertter  leütli 
gnug,  die  in  nie  args  dan  guets  gefallen  lassen. 

Georg.  Lieber  Petter,  haben  sie  dennocht  auch  etlich 
Ursachen  darauf ,  dardurch  sie  bewegt  worden  zu  judicieren, 
daß  der  dichter  dem  llerbrot  dato  buech  billich  zugeschrieben.  5 

Petter.    Sag  fluchß  her,  warum b! 

Georg.  Fürs  erst  mainen  sie,  das  im  der  autor  kain 
pessern  patron  im  gantzen  land  liab  kinden  außtretten  noch 
erwellen  dan  eben  den  Herbrot,  also  das  er  kain  bequemern 
person  darzu  winschen  migen ;  dan  niemand  patrocinier  billi-  w 
eher  über  solche  betruglichen  stuckh  und  schandpossen  weder 
der  Herbrot,  der  die  selben  für  aller  menigklich  von  kmdts 
wesen  auf  getriben,  ja  damit  gewiegt  worden  seie.  Fürs  ander 
schmaichlet  und  hochfüert  er  im  allß  aim  gewesnen  kürschner 
in  der  14.  fabel,  da  er  einfüert,  wie  hund  und  katzen  unains 
werden  und  zu  krieg  kumen ,  also  das  die  katzen  mit  iren 
scharpffen  neglen  obgelegen  und  das  feld  in  behalten  haben. 
Ists  nicht,  daß  er  in  mit  einem  solchen  sig  erfreudt?  Item 
in  der  34.  fabel  zaigt  er  an,  wie  ainer  von  dem  teüffel  gelt 
aufgenomen,  und  darnach  [nr.  35],  wie  ein  ehrgeitziger,  den  nie-  20 
mandt  erfillen  mocht,  dem  teuffei  umb  gelt  zueschreit,  er  wol  sein 
aigen  sein  und  wie  er  in  letzlich  hinfüeret.  Also  fein  arttlich 
dem  Herbrot  sein  thonn,  damit  er  beschrait  ist,  wie  in  ainem 
Spiegel  fiirbildet.  Allain  hat  sich  der  guet  dichter  in  der 
ersten  fabel  übersehen ,  das  er  setzt,  der  man ,  so  sich  dem  So 
teüffel  ergeben,  sei  zu  Laugingen  und  leb  noch;  deßhalb  iren 
tili  darauf  fallen,  es  sei  der  Herbrot  selbs. 

Petter.    Es  mag  auch  wol  sein,  das  er  in  gemaint  hab. 
Wan  aber  daß  büchlin  billich  allain  im  zugeschriben  ist,  daß 
es  von  katzen  und  teüti'len  sagt,  so  wer  daß  ander  büch-30 
I  in ,  welchs  des  argumentß  hernach  außgangen  und  katzen 
beren  sol,  im,  Herbrot,  vil  billicher  zugeschriben  worden.  Dan 

* 

2  in  ehe  A  3  Lieber  Petter]  fehlt  S  demnach  etlich  A  f> 
warumbj  fehlt  A  9  noch  erwellen]  fehlt  S  16  das]fehlt  AS  katz 
AS  22  Also]  altt  Bj  alles  A  25  gesetzt  drin  ain  man  der  A  2<> 
»ei]  fehlt  A  Laugingen  wonhatft  A  30  büchlin]  hillich  AS  31 
des]  der  S;  fehlt  A  katzeneren  S;  katzen  empören  A  (Michael 
Lindeners  Katzipori  erschien  1558  zu  Augsburg)        32  werden  AS 

30* 


468 


Martin  Montanus, 


wem  gehert  k atzen  beren  baß  zu  dan  aim  solchen  kürschner? 
Sambt  dem  haist  ers  auch  in  seinen  fablen  und  in  der  vorred 
katzenschwentz,  und  bald  hernach  schreibt  er  auch,  wie  er  ain 
gasterey  gehalten  und  ain  katzen  für  ainen  hasen  gebratten 
hab,  daß  die  kürschner  verdrossen  und  nit  leiden  haben  wellen, 
deßhalben  ain  krieg  darauß  worden.  Item  volgends  in  ainer 
fabell  haist  er  drey  kürschner  von  Nürnberg,  die  gen  Bam- 
berg gezogen,  auf  teütsch  katzenschinder;  und  hernach  in  ainer 
andern  fabel  schreibt  er,  wie  die  studeutten  zu  Leibzig  so  ain 
Stetten  krieg  mit  den  kürschner  haben ,  daß  sie  sie  katzen- 
schinder nenendt.  Dieweil  dan  solchs  büchlin  dem  Herbrot 
so  wol  gefüegt  het  und  seiner  herligkhait  angestanden  wer, 
ist  groß  zuverwundern,  daß  ers  nit  bedacht  hat  und  im  auch 
solchs  zugeschriben. 

Ucorg.  Es  ist  noch  nit  vil  daran  versaumpt;  den  nur 
der  erst  thail  des  Katzenporen  gedruckht  worden.  Wan  mer 
ain  thail  außget,  wirt  er  imß  villeicht  zuschreiben.  Aber  du 
hast  das  allerpest  darin  ausgelassen  und  vergessen ,  nemb- 
lich  daß  der  selb  autor  den  dreyen  kürschner  noch  ain  hechern 
tittel  gipt,  dan  der  Montanuß  dem  Herbrot,  und  haist  sie  hoch- 
wirdig  kürschner;  daß  ist  fürstlich  unnd  vill  mer  dan  wol- 
gebom.  Het  er  dan  dem  Herbrott  wie  in  der  kürschner  kart- 
ten  spil  den  obersten  zugeschriben,  würdt  er  in  on  allen  zweif- 
fei den  aller  hochwürdigisten  genent  haben. 

Petter.  Ich  habs  mit  willen  fürgangen;  dan  er  haist 
die  kürschner  auß  lautter  gespet  also.  Das  es  war  sei,  so  liü, 
was  er  dar/u  setzt:  ainen  glitten  grossen  dreckh  für  ainen 
hochwttrdigen  kürschner.  Daß  laß  dir  eingen !  Ks  thuts  dem 
Herbrott  woll,  katzen  peren  für  wolgeborn.  Pfui  wie  schandt- 
lich  ding,  dessen  sich  die  elttern  vor  zeitteu  nur  zu  gedenckhen, 
zu  geschweige!!  vor  erbaren  leüthen  zu  reden  geschempt  betten  ; 

* 

1  gehert]  kert  S  beren  1  poren  A  2  fablen  und  vorred]  vgl. 
Lindener  ed.  Lichtenstein  1883  s.  «1  und  102,  nr.  45  4  braten  A 
7  fabell]  vgl.  Lindener  1883  s.  159,  nr.  106  8  hernach]  fehlt  S  9 
fabelj  vgl.  Lindener  1883  a.  172,  nr.  119  10  aie  «ie]  nie  «ich  S;  sie  A 
18  ist  flie  groß  S  er  S  15  nun  S  20  Bich  hochwürdiger  A  21 
vill]  wol  S  23  den]  der  S  27  grossen]  fehlt  S  29  poren  A 
Pfu  wol  S      31  erbare  S 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  I. 


46<> 


und  waß  man  unnderdruckhen  solt,  truckht  man  jetz  auß  und 
last  es  der  jugent  zu  grosser  mailigung  und  befleckhung  aller 
erbaren  öffentlich  aufigen,  das  die  oberkait  mit  nichten  ge- 
statten solt  Georg  Wiek hram  von  Colmar  hat  mit  seinem 
Rol wagen,  den  er  auff  die  pan  gefeiert,  ursach  geben,  das  ain  5 
jeder  nar  auf  seinem  karen  auch  hinnach  wil  faren.  Das 
Sprichwort  ist  und  bleibt  war:  Ain  nar  macht  zehen  naren. 
Wiewol  derselbs  Wickhram  etwaß  beschaidners  gwesen;  aber 
unser  gegkh,  der  Montanufi,  fttert  tietf  in  kutt  und  schandpare 
unsauberkait ;  und  gott  geb,  das  im  sein  Herbrot  miefi  herauß  io 
helffen  oder  auch  darin  hangen! 

tieorg.    Dergestalt  last  du  im  nichts  auß  seinen  kunsten 
gehn,  die  er  in  dem  Wegkürtzer  last  sehen.    Wie  gefeit  dir 
aber  daß  daran  gehenckht  büchlin,  das  doch  gar  ain  hertzieen 
Schönnen  tittel  füert,  nemblich  ,Ain  gar  schon  undt  vast  nutz-  15 
lieh  büchlin1? 

Fetter,  Wie  solts  mir  gevallen  ?  Übler  dann  daß  vorig. 
Er  schreibts  ainer  mindern  personnen  zu  dan  dem  Herbrot; 
darum I)  ist  billich,  das  epistel  und  btlchlin  auch  unflettiger 
(wolt  sagen  unfleissiger)  und  hailloßer  seiendt.  Es  stet  die  a) 
epistel  [oben  s.  135]  jetz  an  ainen,  der  zu  Ulm  studiert,  daß 
gar  fraindtlich  zu  boren  ist.  Dan  wer  hat  je  von  ainer  uni- 
versitet  zu  Ulm  vernomen!  Aber  villeicht  studiert  er  daselbs 
im  Narenscbiff  wie  der  dichter,  der  warlich  in  solcher  epistel 
ein  eilender  tautologuß  ist,  etwan  ain  wort  dreynial  setzt,  alß  25 
ers  kaum  ain  mal  bedarff,  alß  zum  exempel  [s.  136,  a6]i  r^u 
fassen  vil  zu  schwer  seindt;  für  die,  so  belesen  seind,  die  sehr 
nutz  und  gut  seind.1  In  solchen  wenigen  worten,  dieweil  sie 
da  beschriben  in  der  epistel  starckh  auf  ainander  geendet, 
setzt  er  dreymal  ,seindt',  da  doch  das  nur  ainmal  von  netten  ao 
gewest  wer.  Ja,  wan  er  recht  kinde  teütsch  schreiben,  das 
er  het  setzen  migen :  ,zu  fassen  vil  zu  schwer,  für  die  beleßen 

* 

1  tmckht]  fehlt  A  auß]  fehlt  A  2  es]  fehlt  A  verder- 
hung  und  mailigung  aller  befleckung  erbar  A  4  sollten  A  hat] 
fehlt  A  9  tieff  in]  weit  im  S  14  hertzlichen  A  15  gar]  sher  A 
20  hailloß  AS  23  daselbs]  fehlt  S  26  zu]  der  AS  28  für  bis 
gut  seind]  fehlt  AS  30  setzt  er]  setz  das  AS  da]  fehlt  AS  82 
bolloßen  S 


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470 


Martin  Montanus, 


aber  nutz  und  gut  seindt',  Weichs  nit  allain  zierlich  und  deut- 
lich am  verstand,  sonder  auch  am  leiten  vil  baß  gelauttet. 
Er  inast  sich  aber  eins  rotwelschen  (sol  ich  sagen  halbwelschen) 
stilus  au,  den  er  auß  fleissiger  studierung  deß  übel  teütschen 
ü  burenbuchß  Johannes  Bocatii  an  sich  genomen.  In  den  rei- 
men braucht  er  solchs  vitiura,  daß  noch  vill  übler  stett.  Daß 
merckh  auß  nachvolgenden  versen  (wie  ers  nent),  die  im  Benen- 
nen nutzlichen  büchlin  hart  uff  ain  ander  gesetzt  sendt  [s.  170,  i]: 

Bäte,  das  er  von  solchem  laster  keret. 
10  Der  sun  solchs  in  ain  gespet  keret. 

Item  [s.  171,  «.] :  Dan  er  wol  wist.  wie  es  gen  wurdt, 

Das  sich  sein  sun  erhängkhen  wurdt. 
Item  [s.  170,  u]:  Wan  ichs  nit  erfaren  het, 

Wurd  mir  genommen  waß  ich  het. 

l  )  Vermercklist  du,  wie  übel  lautt,  das  die  zwo  leisten  silben 
auf  baiden  i ahnen  auff  ein  gleichß  lauttenndt:  ,keret\  ,wurd4 
und  ,hetl?  Wiewol,  er  mit  dem  ,hetl  noch  grober  umbget, 
die  4  nach  einander  geenden  reimen  bezeugendt  [s.  170,  «]: 

In  ainem  jar  verzeret  het, 
jji)  Was  im  sein  vatter  verlassen  het. 

Ime  niemandt  mer  vertraut  het, 
Wan  er  kain  glauben  nicht  mer  het. 

Da  sieht  ainer  sein  wunder,  wievil  nur  in  vier  kurtzen 
linien  sendt,  welches  gar  nit  send  oder  doch  zum  wenigisten 
&•>  Uber  30  oder  40  versch,  die  trinitation  [!]  in  het  nit  komen  solt. 

Georg.  So  her  ich  wol,  die  letzten  reimen  im  letzsteu 
büchlin  sind  nit  besser  wan  der  Wegkürtzer. 

Petter.    Was  fragst  du  nur?    Es  ist  überall  haut  und 

har  gar  kain  nutz,  das  Herbrot,  der  beriembtist  kürschner, 

selbs  kain  peltz  darauß  raachen  künden.    Dan  seine  dar  me- 

rende  silben  [!]  stimt  und  lauttet  gar  nit  zusamen;  so  send 

auch  die  reimen  gantz  ungleich  an  der  zall,  also  das  sie 

hyuckhend,  ja  gar  lam  sendt.    Dan,  lieber,  wie  stimbt  ,haben4 

* 

1  deutlich]  dienlich  A  2  nit  am  AS  3  eins]  auü  AS  4 
stiluenß  S;  stülenG  A  5  genommen]  gebraucht  A  6  In  bis  er 
fehlt  A  7  die]  das  S  10  son  S  12  sich]  sie  S  16  ainü  gleich 
lauttet  S  23  seine  S  24  lini  S  25  kennen  solenn  A  29  be- 
riembist  S;  berüemest  A      31  stuem  S;  stund  A 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  I. 


471 


und  , landen"  [&.  168, 25)  zusanien  oder  [s.  169,  15]  ,gedenckhst4 
unnd  ,verschwendst4?  Item  [s.  170,  u]  ,thun  hangen"  unnd 
,zu  schänden1,  item  [s.  171, 5]  ,wort4  und  ,spot4,  item  ,herab4 
und  ,bald  hernach4,  item  ,fienge  ank  und  ,bat  gethan4,  item 
,sahe4  und  ,hiugienge4,  item  ,an  sich  setzt4  und  ,lost4,  item  0 
[s.  172,  1]  ,mü8sig  stunde4  unnd  ,schande4,  item  ,historia4  und 
,von  Perrusio4,  item  ,het  gesehen4  und  ,in  die  herberg  schück- 
lien4,  item  ,richtet  zu4  und  ,inn  ein  spruchhauß  ful4  (so  ge- 
schech  dem  ainfeltigen  dichter  auch),  item  [s.  173,  fi]  ,stecken 
ließ4  und  ,unden  saß4  (das  were  ime  noch  vill  gesünder),  item  10 
.getriben4  und  ,gerawen4,  item  ,utnbsonst4  und  ,gehn  muest4, 
item  »marckht4  und  ,arg4,  item  ,pringen4  und  gelungen4,  item 
fs.  174,  2rJ  »sagten4  und  ,miesten  gen4,  item  [s.  175,  1)  ,zu- 
friden  wäre4  und  ,args  versache4 ,  item  ,greiöen  an4  und 
.abston4,  item  ,nieraandt  geben4  und  ,pracht  zu  wegen4,  item  15 
|s.  176,  t]  ,kainen  nutz4  und  ,ist  kurtz',  item  ,sagen4  und  ,er- 
faren4,  item  ,auf  dem  weg4  und  ,Knidtlinger  staig4,  item  [s.  177, 
X9]  ,\vißen4  und  ,bescheissen4  (das  laut  aber  wissen  und  hats 
beschissen),  item  ,werdt4  und  ,geet4,  item  [s.  178,  «j  ,schnee 
und  .zager  vloche4,  item  [s.  180,  2]  ,straiP  und  ,algemach.4  uo 
Daß  alle  Li  mit  ainander  reimpt  gar  übel;  aber  ,grob  dolppisch 
läppen  durch  her  blappen  und  wissen  nit  waß',  reimpt  sich 
vil  baß.  Also  verhaist  im  schennen  bUchlin  Montanuß  aureos 
nionte8,  wie  hoch  es  nutzlich  sei;  was  würdt  aber  darauß? 
Ain  schimpfflichs  kindswerckh.  20 

Georg.    Du  hast  war.    Ich  hab  nit  vermaint,  das  es  so 
gar  ungeschiikht  sei. 

Fetter.  Er  kan  docli  durch  schlechte  nichts,  wiewol  er 
in  seinen  beden  werckhen  lob  begeret,  man  solte  für  ain  ge- 

3  zu]  fehlt  S  4  an]  fehlt  AS  hats  S  5  aachen  AS  hin- 
gangen AS  loat]  zuletzt  S  6  measig  atenden  S  schänden  S 
7  het  und  gei  »eben  A8  8  zu]  fehlt  AS  inen  S  ful]  richtet 
AS  9  stecken]  seckh  S;  stockh  A  10  under  vaü  AS  noch  will] 
nit  vül  S  11  getrawen  AS  12  pring  under  geligen  AS  13  sag- 
ten] sachen  8;  sagen  A  15  achatuend  S;  atuendt  A  19  alter 
schnee  A  20  vloche]  voldt  herz  A  atraß  AS  algemacht  S  21 
dopplich  A  27  das  du  gar  so  ungeschickt  sevst  A  29  baiden  sei- 
nen A      lobt  begerendts  A 


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472 


Martin  Montivnus, 


schenckhts  anneinen,  dan  er  geb,  was  er  vermeg.  Wie  un- 
gleich send  nur  seine  verß  in  iren  silben !  Der  ander  verß 
in  ainer  [!|  reinipt  also  [s.  168,  4] : 

Wie  du  in  diser  weit  solt  füeren  dein  leben. 

;>  Diser  hat  zwelff,  und  der  nechst  darnach  : 
Das  es  gott  gevallen  sei 
nit  uier  dan  sieben  silben.    Item  [s.  178,  i2]:  ,  Weichs  er 
fand  zugespert4,  welcher  auch  nur  sibenn,  und  der  nechst  dar- 
auf: ,Jemerlichen  schrey,  sein  fünffzehen  hundert  gülden  be- 

10  gert4,  der  13  silben  hat.  Sichstu,  wie  er  rissenn  und  zwergen 
zusamen  stelt?  Und  daß  du  nit  mainest,  ich  hab  die  so  gar 
sonderlich  aufgesucht  und  seiend  sonst  nit  so  kurtz  oder  lang 
verß  mer  darinen,  so  setzt  er  [s.  171,  „]:  ,Ain  sail  nam,  dar- 
durch  zöge1,  item:  ,Wan  er  das  gelt  finde1,  item:  , Wie  er  dan 

15  Ii  et  gethan4,  item  fs.  173,  ij:  ,Die  sprach  was  aber  al  umb- 
sonst4,  item:  ,Da  er  kam  wider  heraufi4 ,  item  [s.  175,  4]  * 
,Unnd  sie  nun  zu  gutter  maß4,  item:  , Welche  sie  gar  bald 
banden4,  item:  ,Man  schlueg  ire  heupter  ab4,  item  [s.  179,  )0]: 
,Di8e  angefangne  ding.4    Welche  all  7  silben  und  nit  mer 

•jo  haben  ;  hie  entgegen  aber  fs.  173,  24]:  ,Darurab  sie  dacht, 
wie  sie  das  gelt  von  ime  zu  wegen  bringen4  und  fs.  175,  J: 
,Dann  sie  von  irem  ffirnemen  nit  wolten  abston4 ;  baide  13. 
Item  fs.  108,  i2]  :  ,Sihe,  das  du  dich  nit  zu  ainem  jegclichen 
gesellest4;  item  fs.  174,  i7]:  ,Es  waren  in  der  herberg  zwen 

25  Behamer4  (deta  Beheim).  Wa  hat  ainer  sein  leben  lang  der 
gleichen  nomen  gentile  in  teütscher  sprach  gehert!  (Man 
spricht  sonst  Beham).  Item  fs.  177,  2r,]:  ,ln  große  nott,  darin 
manicher  gesteckht  ist4 ,  item  fs.  180  ,  ft] :  , Welches  vorhin 
beladen  ist  mit  grossem  schmertz.4  Die  all  zwelff  silben  haben; 

:so  unnd  solt  dennoch  das  letst  wort  schmertzlin  haissen,  so  hett 
er  13  silben.    In  suma,   was  sol  ich  aber  sagen?    Es  jamert 

* 

1  vermüg  A  7  dan]  wann  A  16  Das  kam  AS  17  Unnd] 
fehlt  S  nun]  nutz  unnd  S;  nutz  A  Welcher  sich  AS  19  7  sil- 
ben) samen  AS  20  haben]  fehlt  AS  Darumb  sie  dacht]  fehlt  AS 
21  sie]  sach  S;  sich  A  22  und  Dann]  wolten  AS  wolten]  fehlt  BS 
24  war  8  25  deß]  dns  A  26  nomen  gentile]  namen  8  27  Be« 
haimb  A  28  groß  nott,  da  manicher  AS  Weichs  AS  29  grosse 
schmertzen  S     30  unnd]  fehlt  S     31  er  13]  fehlt  AS     aber]  fehlt  A 


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Anhang  verwandter  »tücke  nr.  1. 


478 


mich  gleich  selb» ,  das  sich  der  liederlich  phantast  also  mit 
schreiben  under  die  leüth  last  und  so  gar  nichts  kan  und 
weder  hinder  im  noch  vornen  nichts  ist.  Wan  man  mit  guttera 
willen  und  vleiß  ungleichende,  übel  lauttende  wort  zusamen 
suchen  und  außlesen  miest,  kindt  manß  ungereimpter  nit  zu  i 
wegen  pringen. 

Georg.    Es  ist  hie  nit  wenig  zu  verwuudern,  das  er  so 
keckh  darff  sein. 

Fetter.    Das  macht  sein  grosser  Unverstand.    Wer  er 
gescheid,  so  thet  ers  nit  und  schemet  sich.    Und  das  ist  ain  10 
rechte  brob,  das  man  spricht,  das  er  gar  unwitzig  ist  nach 
der   altten    lateinischen  regel  und  Sprichwort:  Jmperitiani 
doctrine  prodit,  qui  peritiam  dubitat  eorum,  quibus  fidenduui.4 
Ainigung  [!],  damit  der  eilend  dichter  [s.  187,  .»<)  hat  seim 
hochgelertten  baccalaureo  zu  Ulm  erlaubt  über  sein  schreiben  15 
zu  urthaillen.    Dieweil  aber  die  gelertten  an  demselben  lang 
zusehen  und  er  nit  herauß  wil  (villeicht  von  geselschafft  das 
sein  verschwendt),  so  haben  letstlich  ander  an  die  hand  ge- 
nomen  und  in  vexieren  miessen,  das  er  witziger  werdt;  wan 
,Vexatio  dat  intellectum.1    Der  dichtet  esel  wurd  im  sonst  «20 
selbs  wol  gevallen  unnd  im  träumen  lassen,  es  gefiel  andern 
auch,  und  deßhalben  nit  aufheren  büchlin  zu  dichten  und  pa- 
pir  znverhudlen.    Darumb  muß  man  in  mit  straff  von  seiner 
torhait  nemen.    Ich  gee  jetz  leite  mit  im  umb  und  stretich 
im  nur  ein  fnchßschwantz.    Last  er  aber  nit  darvon,  so  wer-  20 
den  die  theologi  hinder  in  komen  und  in  recht  abkeren,  in 
unnd  seinß  gleichen,  die  solche  unzucht  under  die  jugendt 
aufwiglen,  sambt  irem  patronen  gar  dem  teüffel  geben.  Dan 
hat  man  hievor  von  dem  Hossenteüffel  geschribenn,  schreibt 
man  jetz  wol  billicher  wider  den  schandlosen  teüffel ,  dieweil  30 
er  sich  nit  in  eüsserlichen  hossen  ding  setzt,  sonder  dem  in- 
nern  menschen  daß  hertz  einnynipt  und  mit  den  schandtlichen 

* 

1  selbB]  fehl  A  3  ist]  fehlt  A  4  übel]  und  AS  10  schempt 
er  sich  nnnd  thets  nit  A  13  declina  vero  at  (pereat  A)  qui  perritii 
dubitationem  edifidenti  S;  ahnlich  A  14  damit]  nit  A  20  sonst] 
fehlt  S  23  zuversudlen  A  29  Andreas  Musculus  gab  1556  seine 
satire  ,Vom  hosenteufel'  heraus      31  hossen]  hochen  S 


r 


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474 


Martin  Montanus 


schnöden  begürden  abgewendt,  daß  mich  gleich  wunder  nimpt, 
daß  herr  Andreas  Musculus  so  lang  schweigt  und  im  nit 
auf  die  bauben  greifft.  Er,  Montanuli,  würdt  aber,  ob  gott 
wil,  hiufürau  nimer  so  nerisch  sein,  das  er  mer  ain  buch 
r,  schreib,  sonder  daß  dichten  ainem  hochverstendigen  bevelchen; 
dan  eß  ist  bei  ainem  solchen  bochgelerten  häuften ,  so  jetzo 
vorhanden,  ainem  so  schlechten  dichter  vil  baß  zu  rathen,  er 
bleib  hinder  dem  offen  steckhen,  dan  er  herfür  krüech  und 
sein  un8chickhlichcait  so  grob  sehen  last.    Wan  es  gelten  solt 

10  auß  lautter  weibertheding  oder  kindermerliu,  also  wurd  jeder 
paurenknecht,  er  loß  nur  auf  und  merkh,  was  er  ain  winter 
für  schandbaren  wort  und  unzüchtigcait  her,  so  hat  er  schon 
ein  buch,  wie  Montanuß  und  sein  gesellschafft  macheudt,  wa 
es  nit  besser  ist;  dan  es  jetz  mit  solchem  schreiben  verloren. 

lö  Sie  soltten  kumen  sein,  da  das  Narenschiff  und  Schelmen  zun  fit 
gemacht  werden,  da  werden  sie  wol  eiukunien  unnd  einen 
namen  und  standt  erlangen,  der  innen  gepürt  het,  daß  der 
Montanuß  im  Narenschiff  gubernattor  und  der  Herbrot  im 
andern  zunfftmaister  werden. 

20  Georg.  Ich  hab  die  sach  vor  nit  recht  verstanden,  kann 
aber  jetz  wol  recht  erkhenneu,  das  vil  besser  gewessen  wer 
und  der  Herbrott  auch  vil  gelts  geben  solt,  daß  er  geschwigen 
het.  Dan  er  inn  also  gelobt,  das  im  ain  schelm  im  stal  uitzer 
wer.    Mir  nit  ainß  solchen  lobs,  darauß  jederman  das  gespet 

20  und  gehaimb  [!]  treibt ! 

Pettcr.  Es  hat  mit  dem  Herbrot  ain  audere  gestalt  dan 
mit  ander  leithen,  die  deß  lobenb  werth  sendt.  In  hat  kaiu 
recht  verstendiger  nie  gelobt.  Darauß  der  düchter,  wa  er  gleich 
pesser  geschriben ,  demnach  zu  erkhenneu  geben  hat,  das  er 

au  ain  nar  war.  Ich  frew  mich  auf  den  künfftigen  reichstag,  der 
im  winter  zu  Augspurg  sol  gehalten  werden.  Da  würdt  man 
aber  der  k atzen  die  schellen  anhenckhen,  das  ist  im,  dem  Her- 
brot, das  bier  außrieffen;  dan  er  hat  den  zunfftmaistern  vil 

1  schnöden]  fehlt  S  6  bochgelerten]  gelerent  S  so  jetzo]  die 
jetz  S  9  es]  das  A  10  wurd]  fehlt  A  15  da]  fehlt  AS  16 
da  warden  S  19  worden  A  20  vor]  fehlt  A  26  andern  S 
27  die]  fehlt  AS  30  gemeint  ist  der  reichstag,  der  im  marz  1559 
zu  Augsburg  zusammentrat      82  im]  mir  S 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  I. 


475 


neuburgerisch  hier  geschenckht,  das  sie  uß  im  zu  Augspurg 
ain  burgermaister  gemacht.  Sonder  [!|  das  hoffgesyndt  feirt 
nicht,  sonder  thiit  das  maul  auf  und  last  den  Fasquilluß  reden  ; 
der  darff  auch  die  warhait  sagen  und  niemand  dartimb  ansehen. 

Georg.  Sols  aber  gut  sein  die  leith  der  massen  ußzu-  5 
sehenden  ? 

Fetter«  Ja,  wan  ain  solcher  mau  je  kain  gewissen  hat, 
daß  er  sich  seiner  besen  stuckh  weder  vor  gott  fürcht  noch 
vor  weltlicher  straff  entsetzt  und  von  seinen  übelthatten  nit 
ablassen  wil,  so  thut  Fasquilluß  recht,  das  er  in  vor  der  ge-  10 
maine,  das  ist  allermenigclich  außriefft,  beschrait  macht  und 
sein  boßhait  an  tag  gipt,  ob  er  sich  doch  eben  deß  öffent- 
lichen leumunds  und  berichtigenß  schäme,  wan  sonst  nichts 
helffeu  wil. 

Georg*  Ich  het  bißher  alweg  geren  deß  Herbrotts  sachen  10 
guet  gesehen,  find  aber  je  lenger  je  uier,  das  sein  büeberey 
znhandt  nimpt,  außpricht  und  so  grob  alß  der  baur  an  der 
gunn  en  am  tag  ligt,  daß  manß  mit  nichten  uier  veranttwortten 
noch  beschennen  daran  kan.  Darum b  wil  ich  in  hinftiran 
auch  nimer  underthedingen.  20 

Petter.    Du  hast  recht.    Behiet  dich  gott! 

Georg.    Und  dich  auch! 

2  freit  S;  feürt  A  8  hosten  A  furcht]  fehlt  S  9  vor] 
der  S;  fehlt  A  10  ablassen]  absteen  A  gemainen  S  tl  be- 
schrait macht]  fehlt  S  13  schann]  schon  da  A  22  dich]  müch  8; 
mich  A. 


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476 


Martin  Montanas, 


IL  (zu  Wegkürzer  cap.  1). 
Par  pari  relatum. 

(Nicod.  Frischlini  Facetiae,  Lipsiae  1600  p.  10  [nr.  24].) 

Ado!esceri8  rusticus  praedives  amabat  bubulci  filiam  eique 
5  matrimonium  promittebat,  si  ea  potiretur  et  ipsa  sileret.  An- 
nuit  puella;  et  mane  ab  amatore  consurgens  matri  rem  aperii 
iubetque  illara  sequi  patrem  et  nna  pascere  pecudes,  dum  satis- 
faciat  ipsa  vicini  filio  et  in  matrimonium  eat  splendidum.  Sed 
adolescens  subauscultans  omnia  percipiebat. 
io        Pater  adolescentis,  cum  animadverteret  illum  amore  pau- 
perculae  irretitum,  dat  ei  aliam  uxorem  bene  dotatam.  Cele- 
bratis  nuptiis  accurrit  pastoris  filia  et  cum  sponso  ante  in- 
gressum  templi  expostulat,  sed  proraissa  dote  turba  componitur. 
Noctu  sponsa  interrogat  sponsnm  suum  t  quidnam  illud 
15  concertationis  fuerit.  liefert  ille  rem,  uti  gesta  fuerat.    Sponsa  : 
.Proh  deum',  inquit,  ,quam  stulta  et  garrula  fuit  huius  pastoris 
filia!  Servus  parentis  mei  biennio  mecum  rem  habuit,  neque 
ego  cuiquam  bomini  praeterquam  tibi  nunc  primum  aperui.4 


III.  (zu  Wegkürzer  cap.  2). 

aoUxor  vinitoris  fiugit  se  intirmam  nec  vult  comedero 

cum  eo. 

(G.  Hulßbusch,  Sylva  sermonum  iucundisairaorum  1568  p.  174 — 178.) 

In  oppidulo  Elsatiae  morabatur  vinitor  tenuis  conditionis, 
cui  elegantissima  fuit  uxor.    Et  licet  nihil  habuerit,  nisi  quod 
2.»  improbo  labore  manuum  suarum  nanciscebatur,  tarnen  hoc  pro- 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  II — III. 


477 


curavit  uxor,  ut  suo  crasso  ventri  bene  provisum  fuerit,  quo- 
quo  modo  cum  viro  ageretur.  Mane  cum  vir  adiisset  vineam, 
surgebat  ac  aptabat  sibi  boni  quid,  deinde  coxit  viro  pultem 
avenaceam  vel  similem  secundarium  cibum  neque  voluit  ullo 
modo  comedere  cum  eo,  sed  fingebat  se  male  babere  nec  posse  5 
comedere. 

Cum  hanc  viam  diu  trivisset,  non  videbatur  vinifcori  eam 
vivere  ex  aere  neque  crassum  illum  ventrem  nutrire  inedia, 
cogitans,  qua  via  poaset  rescire,  quid  ageret  uxor.  Surrexit 
uno  dierum  summo  mane  dicens,  se  velle  adire  opus  suum,  iu 
ipsa  adferret  ad  edendum  hora  praetixa;  ad  quod  libens  con- 
sensit.  Reclusit  autem  se  in  cubiculo,  unde  prospicere  posset, 
quid  ageret  uxor  in  culina. 

Circa  horam  octavam  surgit  illa,  excitat  ignem  in  coquina 
constituit  sartaginem  super  ignem  cum  butyro,  in  quo  indidit  15 
duodecim  ova  more  solito.  Deinde  capit  ollani  mensurae  unius, 
[175]  capit  et  mundum  peplum ,  quod  indit  superne  in  vas 
vini  (nam  vir  epistomia  maiorum  vasorum  absciderat)  expri- 
mens  illud  in  ollam  suam,  repetens  id  toties,  usque  dum  im- 
plesset  illam.  Interim  quod  uxor  erat  in  cella  vinaria,  prodit  ao 
vir  et  indit  in  sartaginem  adbuc  octo  ova,  recurrit  cito  in 
pristinum  suum  locum. 

Postquam  redierat  ex  cella  vinaria,  adiungit  se  ovis,  in- 
corporat  ea  mediatim,  hoc  facto  capit  commodum  baustum  vini, 
repetit  ova,  quorum  comedit  adhuc  duo.  Cum  non  posset  plura  *& 
comedere,  coepit  apud  se  conqueri  hoc  modo:  ,An  valeo  ego 
male  aut  incipio  iam  declinare?  Solebam  enim  antehac  Semper 
exedere  totum  V 

Has  querelas  ingeminabat  aliquandiu ,  quas  audiens  vir 
putabat  iam  tempus  esse  consecrandi  ova.  Capit  snccinctorium  :tu 
uxoris,  quod  forte  reperit  ibidem,  aptat  sibi  idem  loco  super- 
pellicii,  armat  se  fuste  quercino,  descendit  ad  uxorem  dicens: 
Video  equidem  te  valde  infirmari  nec  tarn  bene  comedere  ut 
ante ,  neque  quid  magis  instet  tibi  quam  mors.  Sed  ne  de- 
cedas  non  consecrata,  a  deo  raissus  sum  auditum  confessionem 
tuam.  Quo  dicto  arripit  fustem  quercinum,  perstringit  eius 
Iatera  eo  modo,  ut  potius  mortui  quam  viventis  referret  ima- 
ginem,  atque  ita  relinquit  eam  et  accedit  opus  suum.  Kever- 


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478 


Martin  Montan us, 


titur  tarnen  quam  primum  et  coquit  sibi  ipsi;  nam  sciebat 

uxoris  cocturae  non  esse  fidendum. 

Sollicita  erat  uxor,  quomodo  posset  hanc  iniuriam  vindi- 

care,  dissiraulavit  tarnen  eam.  f  1 7(5] 
5        Contigit  autem  quodani  die  vicinos  simul  adesse  uxori  et. 

nescio  quid  non  ludorum  genus  exercere.  Inter  caeteros  ludos 

cogitans  uxor,  tempus  adesse  se  vindicandi,  quaerit,  nam  ve- 

lint  ludere  absconsionem.     Consensit  vir.    Illa  suadet  viro, 

indat  se  sacco,  ita  non  reperietur.  Patitur  hoc  vir  putans  se 
10  hoc  modo  rite  absconsum  iri.    Videns  uxor  eum  in  sacco  con- 

stringit  eum  ilico  ligaculis,  currit  quaesitum  baculum,  inungit 

eum  eodem,  ut  iniuriam  a  se  passam  ulcisceretur. 

Postquam  iam  satis  percussit  virum  et  vindicata  videbatur 

injuria,  cogitavit,  si  vir  liberatus  esset,  occideret  eam.  Quare 
i.»  accedit  praetorem  linquens  virum  in  sacco,  conqueritur  ei  tot  um 

negotium  obsecrans,  velit  sibi  assistere  mittens  pro  viro,  velit 

iubere,  obliviscatur  iniuriae  nec  recompensare. 

Praetor,  vir  alioqui  subtilis,  risit  affatira  super  negotio, 

mittit  servum  pro  vinitore;  qui  reperit  eum  adhuc  in  sacco, 
sosolvit  ac  ducit  eum  coram  praetore.    Vinitor  videns  ibidem 

uxorem  suam  accusat  eam;  illa  defendit  se,  quantum  potest. 

Auditis  longis  illorum  altercationibus  imposuit  eis  silentium  ; 

primo  iussit  mulieri  abstinere  a  delicatis  cibis,  deinde  viro  in- 

iungit,  pro  eo,  quod  praeterita  nocte  designaverat  uxor,  nihil 
2:>illi  retaliare  percutiendo,  trudendo  uec  vira  inferendo.  Quod 

coegit  eum  promittere;  et  ita  rediere  simul. 

Vir  autem  videns  se  circumventum  a  rauliere,  volvens 

animo,  quomodo  posset  [177J  ulcisci  iniuriam  nec  transgredi 

praeceptum  praetoris.  Obtulit  se  casus,  ut  unus  vicinorum 
m  dnxerit  uxorem  invitatique  sint  ambo  ad  nuptias.  Post  coenam 

agitantur  choreae ,  et  in  ipsis  choreis  subit  illi,  tempus  esse 

se  vindicandi;  tripudiat  [cum]  illa,  volvit  ac  revolvit  eam, 

donec  essent  prope  gradus.    Rapiens  deiicit  eam  ex  gradibus 

linquens  pro  semimortua  ac  redit  domum. 
:r,        Postquam  redit  illa  ad  se,  festinat  praetorem  accedere, 

quid  nocte  praeterita  factum  sit,  narrare.    Ille  apud  se  ridere 

* 

7  quaerit  uxor  num 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  III— IV. 


479 


iudicans  illum  recte  fecisse;  mulieri  vero  vultum  severiorem 
ostendens  pro  vinitore  mittere,  culpare  non  observati  praecepti. 
Vinitor,  ut  qui  bene  observasset  mandatam  praetoris,  respon- 
dere:  ,Ne  ego  eam  vel  percuterem,  truderem  neu  vim  inferrem, 
mandavit  mihi  praetor.  Mandatuni  hoc  ego  sedulo  observavi, 
iniuriae  mihi  factae  ne  memini  quidem.  Nocte  praeterita 
egimus  una  choreas,  et  in  circumiiciendo  excidit  mihi  ex  bra- 
chiis.  Si  nimis  gravis  erat,  quae  culpa  erat  in  rae,  aut  cur 
non  raansit  superne?  Quare,  domine  praetor,  spero  me  va- 
care  culpa  nec  plecti  meruisse.  Si  mali  quid  accidit,  aua  culpa  10 
factum  est.4 

Audita  vinitoris  responsione  laetatur  praetor  super  excu- 
satione  sua  (co actus  enim  fuisset  alias  animadvertisse  in  enm), 
absolvit  eum  ac  liberum  dimittit.  Ad  quod  ringit  uxor,  redit 
domum  cum  eo,  viventes  posthac  quietius.  Videbat  enim  se  15 
nihil  proficere,  sed  potius  obnitendo  contra  mentein  la-fl78] 
pidem  in  se  Semper  ruere  et  praetorem  potius  coniugis  partium 
quam  suarum  faufcorem  esse. 


IV.  (zu  Wegkürzer  cap.  5). 
Wartim  die  Schneider  so  stoltz.  ^ 

(Der  geist  von  Jan  Tambaur,  o.  o.  u.  j.  (um  1690)  b.  266—273). 

För  zeiten  begab  sichs,  daß  eine  jnngfrau  vor  einem 
schneiderpursch  vorüberging  und  hatte  einen  korb  voll  äpffel. 
Wie  nun  unter  diesen  Schneider  gesellen  einer  war,  der  das 
mägdlein  kennet,  giebt  er  ihr  einen  freundlichen  blick;  das.-, 
wirfft  sie  ihm  einen  apffel  zu.  Denselben  leget  er  neben  sich 
ans  fenster,  und  weil  es  schon  mittag  war,  ward  er  zur  mahl- 
zeit  beruffen,  lasset  also  den  apffel  liegen  und  gehet  zum  essen. 
Wie  er  nun  gessen  hatte  und  wieder  zu  seiner  arbeit  gehen 
will,  siehe  da  haben  sich  [267]  unzehlich  viel  fliegen  auf  den  :to 
apffel  gesetzt,  sich  zu  erlaben.  Da  wird  der  Schneider  im  zorn 
erhitzet  und  fasset  in  der  fury  einen  läppen  und  schnieisst  in 
allem  grimm  auf  die  armen  fliegen,  daß  ihrer  sieben  das  leben 


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480 


Martin  Montanus, 


einbüssen.  Wie  das  der  Schneider  ersiehet,  wirfft  er  die  nadel 
und  fingerhut  von  sich,  laufft  hin  und  lässt  sich  einen  schönen 
wohl  auspolirfcen  hämisch  machen  und  mit  güldenen  buchsta- 
ben  darauf  schreiben  diese  folgende  wort:  ,Sieben  erschlagen 

ö  in  einem  streich,  das  mag  ein  wunderbar  kriegsmann  seyn.1 
Damit  reiset  er  davon,  sein  heil  zu  versuchen. 

Wie  er  nun  ferne  gereiset,  aller  müde  ward,  kömmt  er 
eben  vor  einen  königlichen  hoff,  da  legt  er  sich  auff  die  erden 
nieder  zu  schlaffen.    Und  wie  er  also  ausgestreckt  da  lag,  be- 

10  gibt  sichs,  daß  etzlich  von  hofe  da  spaciren  gehen ;  da  werden 
sie  diesen  helden  gewahr,  gehen  leise  hinzu,  lesen  die  schrifft 
mit  höchster  Verwunderung,  und  dorftt  sich  niemand  erkühnen 
ihn  aufzuwecken,  sondern  gehen  hin  und  meldens  dem  könig 
au.    Der  könig  befiehlt,  man  soll  achtung  darauff  haben,  wann 

ir»  der  held  erwacht,  daß  derselbe  nicht  etwa  vorüber  passirte, 
sondern  solten  ihn  zu  hof  fordern. 

Wie  nun  dieser  held  erwachet,  ward  er  von  des  königs 
bedienten  freundlich  angeredet  und  gebeten,  er  wolle  ihnen 
allerseits  die  ehr  und  freund  schafft  [268]  erzeigen  und  den 

lh)  königlichen  hof  besuchen,  sintemal  es  des  königs  wille  wäre. 
Also  lasset  er  sich  erbitten  und  gehet  mit  ihnen;  da  ward  er 
gar  wohl  empfangen,  lieb  und  werth  gehalten.  Es  waren  aber 
viel  vornehme  cavalliers  am  hofe,  die  all  gern  gewust  hätten, 
woher  und  was  die  ursach  der  gtildnen  buchstaben  auf  dem 

£i  hämisch  bedeuten ;  es  war  aber  keiner  so  drist,  der  den  ver- 
meynten  helden  darum  besprechen  dorffte.  Das  glück  aber 
wolte  dem  Schneider  so  wohl,  daß  der  könig  ihm  seine  tochter 
zusagte;  dann  der  könig  liebte  ihn  sehr.  Weil  aber  allezeit 
bey  einem  engel  ein  teufel  und  bey  der  kirchen  ein  capell 

ao  ist,  als  geschah  hier  auch.  Daun  die  tochter  war  ihm  nicht 
so  wohl  als  der  vater  gewogen;  darum  bat  sie  den  könig, 
ihren  vater,  er  wolle  doch  ihren  bräutigam  einmal  auf  die 
probe  stellen,  damit  man  erfahren  möchte,  was  er  vor  ein 
held  wäre,  damit  sie  wüsten,  wessen  sie  sich  ins  künfflige  zu 
ihm  zu  versehen  hetten ;  dann  sie  könte  ihn  eher  nicht  lieben. 

Nun  hatte  der  könig  zu  der  zeit  ein  einhorn  in  seinem 
lande,  welches  dem  reisenden  mann   und  sonst  den  menschen 


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Anbang  verwandter  stücke  nr.  IV. 


481 


grossen  schaden  zufügte  und  hielt  sich  im  nächsten  walde  auf. 
Da  sprach  der  könig  zu  Freymod  (dann  so  nannte  sich  der 
Schneider) :  ,  Lieber  künftiger  eidam,  wir  zweifeln  nicht  an  dei- 
ner tapfferkeit,  weil  [269]  wir  derselben  vorlängst  gesichert 
seyn.  Darum  bitten  wir  dich,  daß  du  uns  das  einhorn,  das  5 
in  unserm  lande  ist  und  sich  vornehmlich  in  dem  nächsten 
wald  aufhält,  entweder  tödten  oder  lebendig  fangen  wilt.  Als- 
dann solt  du  meine  tochter  zum  weibe  haben.*  Es  war  aber 
von  des  königs  räthen  wie  auch  von  des  königs  tochter  also 
angestellet;  denn  sie  Freymod  nicht  zum  besten  gewogen.  w 

Wie  nun  Freymod  des  königs  meynung  vernam,  schickt 
er  sich  zur  reise ;  dann  er  hatte  des  königs  tochter  sehr  lieb 
Waget  derowegen  sein  leben  und  gieng  in  den  wald,  nahm 
nicht  mehr  als  seinen  degen  und  einen  strick  zu  sich.  Wie 
er  nun  lange  in  den  wald  hin  und  her  gangen  war,  da  wird  51 
er  das  einhorn  gewahr,  welches  von  fern  in  voller  furie  auf 
ihn  daher  lauffen  kömmt.  Der  gute  Freymod  hatte  nicht 
lange  zeit  sich  zu  bedenken,  stellete  sich  geschwind  an  einen 
dicken  bäum.  Wie  nun  das  einhorn  in  so  schneller  eile  auf 
ihn  zuläufft,  in  meynung  ihn  durch  und  durch  zu  lauffen,  da  20 
säumet  er  sich  nicht  lange,  und  weil  er  doch  leicht  auf  seinen 
füssen  war,  sprang  er  geschwind  beyseit.  Also  lieff  das  ein- 
horn in  solcher  schnelle  sein  horn  fast  halb  in  den  bäum, 
daß  es  dasselbe  nicht  wieder  zurück  ziehen  könte.  Da  sprang 
Freymod  geschwind  herzu  und  nahm  sein  strick  und  schnüret  02 
ihm  die  kehle  zu,  daß  es  [270]  kein  luft  haben  könte.  Doch 
wolte  ers  nicht  tödten  in  betrachtung,  er  mehr  ehre  davon 
haben  würde,  wann  ers  lebendig  dann  todt  gefangen  und  sich 
dessen  bemächtiget  hette;  band  ihm  demnach  alle  vier  füsse 
zusammen  und  ließ  also  liegen,  gieng  zum  könig  und  sagte:  ao 
,Seine  majestät  wollen  das  einhorn  holen  lassen.  Dann  ich 
hab  es  (sagt  er)  bei  allen  vieren  zusammen  gebunden.4  Da 
sendet  der  könig  wagen  und  pferde  hin  und  ließ  es  mit  Ver- 
wunderung gen  hofe  holen.  Nach  diesem  ward  Freymod  des 
königs  tochter  vermählet.  03 

Da  sie  aber  noch  nicht  lange  mit  einander  gelebt  hatten, 

* 

1  hält  A 


Montunus 


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482 


Martin  Montanus, 


da  begibt  sichs,  daß  dem  Freymod  im  schlafe  vorkam,  wie  er 
mit  seinen  werckgesellen  sitzet  und  nähet,  und  rufft  überlaute: 
,Mein  gesell,  nähe  doch  fort,  daß  das  kleid  fertig  wird !  Dann 
der  mann  muß  es  morgen  haben.4  Wie  nun  des  königs  tochter 

5  ihren  jungen  eheherrn  in  solcher  phantasey  reden  höret,  merckt 
sie  bald,  wie  viel  es  geschlagen,  und  ward  ihm  gram,  wüste 
aber  nicht,  wie  sie  ihm  thun  soite.  Zuletzt  gedachte  sie  den 
dingen  nach  und  sagte  zu  ihrem  eheherrn :  .Mein  allerliebster, 
ich  hörte  euch  diese  nacht  reden ,  wie  ihr  das  grosse  wilde 

io  schwein,  das  so  viel  leute  ums  leben  gebracht,  getödtet,  wor- 
über ich  so  froh  ward,  als  wann  es  schon  geschehen  wäre.  Als 
zweifle  ich  auch  nicht  dran,  weil  ihr  das  ein-[271]horn  gefangen 
habt  (welches  mehr  ist,  als  wann  ihrs  getödtet),  ihr  werdet 
das  schwein  auch  leicht  bezwingen.    Darum,  mein  allerliebster, 

15  will  ich  euch  um  unserer  liebe  willen  gebeten  haben,  ihr  wollet 
doch  das  schwein  aus  dem  wege  räumen.  Dann  mich  erbarmet 
der  armen  leute,  die  all  bereit  so  schändlich  um  ihr  leben  kom- 
men seyn,  und  befürchte  dessen  noch  mehr  Unglücks.  Werdet 
ihr  mir  nun  hierin  zuwillen  seyn,  so  werde  ich  daraus  erken- 

2onen,  daü  ihr  mich  liebet.'  (Sie  gedachte  aber  sein  los  zu 
werden). 

Freymod,  der  seine  junge  königin  sehr  liebte,  gedacht: 
,Tst  es  dich  mit  dem  einhorn  gelungen,  wer  weis,  es  mochte 
dich  mit  dem  wilden  schwein  auch  gelingen.4    Und  macht  sich 

25  auff  die  fahrt,  seiner  liebsten  zu  willen  zu  leben ,  und  nahm 
zu  sich  ein  strick  und  spieß;  damit  geht  er  in  das  geholtz, 
das  ihm  benennet  ward,  da  sich  das  schwein  aufhält.  Wie  er 
nun  in  das  geholtz  kommen  war,  ersiehet  er  eine  kleine  capel, 
gehet  in  dieselbe  und  befand  an  dem  mist,  daß  sich  das  schwein 

J*>  da  zuweilen  auffhält.  Gedachte  demnach,  wie  er  der  Sachen 
thun  wolt,  und  band  seinen  strick  an  die  thür  und  wartet 
des  schwein.  Siehe  da  kömmt  es  daher  gelaufen  an  den  ort, 
da  das  fenster  war;  da  blieb  er  in  der  capell  stehen.  Da 
springt  das  schwein  zum  fenster  hinein,  Freymod  zur  thür 

35  hinaus  [272J  und  machte  die  hinter  ihm  zu.  Das  schwein 
wieder  zum  fenster  hinaus  und  will  von  der  andern  Seiten 
diesem  beiden  zu  leibe ;  der  springt  geschwind  wieder  zur  thür 
hinein.  Weil  aber  das  schwein  mit  ihm  hinein  drang,  springet 


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Anhang  verwandter  stucke  nr.  IV— V. 


483 


er  zum  fenster  hinaus;  dann  er  war  leicht  auff  seinen  fttssen. 
Da  will  das  schwein  wieder  zurück  aus  der  thür;  aber  Frey- 
mod  hatte  den  strick  in  der  hand,  den  er  an  die  thür  gebun- 
den, damit  zog  er  die  thür  zu.  Da  sprang  das  schwein  ihm 
nach  zum  fenster  hinaus;  damit  hatte  Freymod  seinen  spieß  o 
parat  und  hielt  das  dem  eber  entgegen  ;  also  sprang  der  eber 
selber  in  den  spieß,  daß  ihm  derselbe  durch  den  leib  gieng, 
daß  es  davon  zu  der  erden  fiel. 

Gieng  also  Freymod  mit  freuden  wieder  heim  und  be- 
richtet seiner  liebsten  und  dem  könig,  daß  er  das  schwein  10 
gefället.  Der  könig  verwunderte  sich  hierob  zum  höchsten, 
und  war  ihm  sehr  lieb,  daß  das  schwein  getödtet  war;  dann 
der  könig  kont  es  zuvor  mit  seinen  leuten  nicht  tödten,  weil 
man  zu  der  zeit  noch  von  keinem  geschuß  etwas  wüste.  Dar- 
um ward  Freymod  vor  einen  braven  heiden  gehalten ,  und  15 
seine  gemahlin  hielt  ihn  hernachmal  lieb  und  werth. 

Also  überkam  der  Schneider  und  behielt  des  königs  toch- 
ter.  Darum  ist  kein  wunder,  daß  die  Schneider  sich  noch  heut 
zu  tag  so  patzig  und  in  kleidern  fast  [273 1  edelmännisch  hal- 
ten. Freymod  lebte  darnach  mit  des  königs  tochter  lange  20 
zeit  in  gutem  fried  und  ruhe;  und  da  sie  nicht  gestorben 
mögen  sie  noch  wol  leben. 


V.  (zu  Wegkürzer  cap.  6). 

Sanct  Peter  mit  der  Hochzeit. 

Tn  der  lewenweis  Peter  Flaischers.  2i 

(Meisterlied  Sebastian  Hilprants,  gedichtet  1552,  den  10.  hornung 

Aus  der  Dresdener  hs.  M  5,  s.  346). 

1. 

Nach  dem  und  unser  herr  noch  hie  auf  erden 
Umb  ginge  mit  ganz  menschlichen  geberdeu,  :» 
An  einem  abend  spate. 
Als  er  war  gangen  fcrr, 
Käme  er  in  ein  atate. 
Sein  jünger  sprachen:  .Herr, 

* 


16  ihm  A       17  behält  A 


31* 


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Martin  MontanuB, 


Wiltu  die  nacb[t]  beleiben  an  dem  orte, 
So  wöllen  wir  gehn  und  brot  kauften  forte, 
Das  wir  zu  essen  haben, 
Uns  weret  hungers  not, 
Unser  herzen  zu  laben 
Allesamen  on  spot.' 

Er  sprach:  ,80  geht  hin  und  brot  kaufft, 
Wie  ir  habt  für  genuinen!4 
Zu  Petro  kam  einer  und  schnaufft, 
Bat  in,  das  er  wolt  kumen 
In  sein  hauß,  dann  er  het  ein  netz  zu  flicken. 
Petrus  gedacht:    ,Die  sach  wirt  sich  recht  schicken. 
Dann  er  ein  fischer  wäre 
Gewesen  also  frei, 
Und  er  kund  ganz  und  gare 
Wol  mit  der  fischerei. 

2. 

Die  anderen  beliben  in  der  state. 
Das  arme  volck  denn  herren  fleissig  bäte. 
Das  er  denn  tag  belibe 
Bei  inen  recht  und  gut. 
Aber  Petrus  der  dribe 
Beim  fischer  sein  hochmut. 

Der  fischer  saget  im,  wie  ein  hochzeite 
In  der  statt  werden  wurd  mit  froligkeite 
Drum  zu  dem  herren  ere 
Ging  und  zeiget  im  an, 
Wie  das  ein  hochzeit  were, 
Darauf  so  wolt  er  gan. 

Der  herr  sprach:   ,Peter,  versteh  du, 
Die  nacht  det  ein  mann  sterben. 
Heut  geht  man  herum  mit  unru, 
Dut  leut  zu  der  leich  werben. 
Wir  wollen  darmit  gehn  allsande/ 
Petrus  antwortet  dem  herren  zu  hande: 
,Auf  die  hochzeit  ich  wile 
Und  gar  nicht  zu  der  leich, 
Mit  andren  leuten  wile 
Leben  gar  freudenreich.1 

3. 

Der  herr  saget:    .Petrus,  volg  meiner  lere! 
Geh  mit  der  leich,  fliehe  die  vollen  sere; 
Dann  sie  sind  ungestüme, 


Anhang  verwandter  stücke  nr.  V— VI. 


485 


Wöllen  dot  haben  als.4 
Petrus  sprach  widerüme : 
,Ich  geh  dahin  nach  mala.' 

Er  wolt  nicht  folgen,  ging  auf  die  hochzeite. 
Der  herr  dete  im  ein  gute  schalckheite,  ö 
Das  er  am  mantel  drnge 
Ein  sackpfeif  hinden  dran. 
Ids  wirtshauß  er  bald  zuge, 
In  empfing  fran  und  man. 

Sie  sprachen:    .Pfeif  auf,  mach  ein  danz!  W 
Wir  wollen  frölich  springen.' 
Petrus  sach  sie  an  zornig  gantz, 
Marret  ob  diesen  dingen, 
Hiß  sie  voll  lauren,  narren  und  vol  dropffen. 
Bald  deien  sie  im  seinen  köpft  zerklopffen  15 
Mit  feuaten  und  sein  hare 
Raufftens  im  auß  mit  gwalt. 
Bupfften  in  platet  gare. 
Drum  man  in  glatzet  malt. 


VI.  (zu  Wegkürzer  cap.  13).  ao 
Einer  singt  eim  wirth  ein  lied  für  die  zech. 

(Meisterlied  Ambrosius  Metzgera,  in  dem  frischen  thon  Georg  Wiek  - 
rams,  am  5.  januar  1626  gedichtet    Aus  dem  Göttinger  cod.  philol. 

196,  s.  128.) 

L  sa 

Als  auff  ein  zeit 
Ein  wanders  g'aell 
In  einer  jahrkuchen  einkehrt 

Was  vom  weg  weit, 
Matt  ward  sein  seel,  w 
Der  hunger  ihn  hett  hart  versehrt, 

Auch  klebt  die  zung  an  seinem  gauni, 
Wegen  des  dursts,  der  ihn  mit  g'fahr 
Eing'nommen  hett  ohn  allen  räum 
Und  er  sich  itzt  gesetzt  zu  tisch, 
Er  alsbald  begert  ein  trunck  frisch. 

18  Eine  andre  Ursache  der  kahlköpfigkeit  st.  Peters  führt  Hans 
Sachs  1551  in  einem  meiaterlicde  von  Christus  und  Petrus  als  dreachern 
(Zs.  f.  vgl.  litgeseb.  7,  453)  an,  wie ler  eine  andre  Schönwerth,  Aus  der 
Oberpfalz  3,  300  (1859)  und  De  Mont  en  Cock,  Vlaamsche  vertelsels 
2898  p.  129. 


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480 


Martin  Montanus, 


Wie  ihm  der  itzt  gereicbet  dar, 
Er  bald 

Zu  essen  was  begeren  war. 


5  Schnell  und  geschwind 

Auff  des  beger 

War  der  jahrkoch  geschafft  ig  fast, 
Befahl  seim  g'Bind 

Zu  tragen  her 
10  Alles,  was  begeret  der  gast. 

Da  nun  die  zech  gerechnet  gar 

Und  der  gast  nicht  zu  zahlen  hett, 

Er  dem  jahrkoch  aubieden  war, 

Für  die  zu  singen  ein  liedlein, 
l.j  Der  ihm  sagt,  wen  daß  selb  würd  sein 

Also,  das  ihm8  gefallen  thet, 

bezahlt 

Solt  sein  dieße  zech  an  der  stett. 

3. 

* 

20  Lieder  ohn  ziel 

Sang  er  da  her, 

Und  keines  auß  derselben  schar 
Dem  wirth  gefiel. 

Sein  seckel  er 
2;,  In  die  händ  faßt  und  singen  war: 

Mach  dich  aulF,  liebes  peutelein 

Dan  itzt  vorhanden  ist  die  zeit, 

Daß  der  wirth  will  bezahlet  sein.' 

Zu  welchem  gsang  der  wirt  vermelt: 
:jo  'Das  liedlein  mir  sehr  woll  gefeilt.' 

Der  gast  erfreud  ward  ab  dem  b' Scheidt, 

Der  g'stalt 

Kr  sich  zu  dem  abschied  bereit. 


VII.  (zu  Wegkürzer  cap.  14). 
Cur  canes  odorent  se  mutuo  sab  cauda. 

(Hulsbusch,  Sylva  sermonum  1568  p.  181  f.) 

Olim  convenit  male  inter  fei  es  et  canes;  eines  enim  j»u- 
tabant  feles  admissuras  eis  potiores  partes  in  comedendo  et 


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Anbang  verwandter  stücke  nr.  VII— VIII. 


487 


similibus ;  quod  tarnen  nolebant  concedere  feles,  sed  defeodendo 
se  aduncis  suis  unguibus  obtinuerunt  potiores  partes. 

Quae  res  supra  modum  displicuit  canibus,  ac  communi 
consilio  adeunt  gregatiui  regem  eorum  in  longinquis  re-[182] 
gionibus  significantes  ei  rem  omnem  et  causam  adventus  ip-  0 
sorum  simulque  impetrantes  privilegia  contra  feles.  Rex  eorum 
considerans  longinquitatem  itineris  et  multitudinem  illorum 
dotavit  iilos  fortibus  privilegiis,  ita  ut  canes  in  posterum  prae- 
cederent  et  haberent  potiores  partes,  feles  vero  secundas. 

Cum  iam  fere  rediissent  domum,  venere  ad  niagnum  10 
flumen,  in  quo  non  erat  pons  nec  ponto,  quo  potuissent  trans- 
vehi.  In  magno  erant  constituti  discrimine  nescientes,  quo 
pacto  servarent  literas  a  madefactione.  Tandem  concluserunt, 
ut  unus  eorum  haberet  eas  sub  cauda  sua,  atque  ita  manerent 
illaesae.  Dederunt  literas  uni  sub  cauda,  iinmiserunt  se  in  1» 
aquam  et  tranarunt  omnes.  Verum  nescio,  quo  pacto  ne- 
glexerit  is,  qui  habebat  literas,  negocium  sibi  commissum, 
quod  exciderint  literae  et  fluxerint  secundo  flumine  nemine  vi- 
dente.  Cum  autem  tranassent,  non  reperierunt  literas,  cir- 
cuibant  et  odorabant  se  mutuo  sub  cauda  nec  invenerunt.  20 

Ob  haue  causam  odorant  se  mutuo  adhuc  putantes  se 
reperturos  literas.    Sed  verendum  est,  ne  frustrentur. 

VIII.  (zu  Wegkürzer  cap.  14). 

Der  krieg  zwischen  meußen,  katzen,  ratzen  und 

hunden.  20 

(A=Flugblatt  des  Nürnberger  illuministen  Albrecht  Glockendon 
in  querfolio  (Gothaer  sammelband  2,  177).  Auf  dem  holzschnitte  er- 
blickt man  links  einen  mann,  der  eine  geschlachtete  kuh  auanimmt; 
zu  ihm  kommen  zwei  hunde  mit  bütten.  Dann  folgt  die  schlacht  zwischen 
den  hunden  und  katzen  (feldzeichen  drei  würate  und  drei  fische)  und  :w 
die  zwischen  den  katzen  und  ratten.  Ganz  rechts  enthauptet  eine  ratte 
eine  katze,  der  die  äugen  verbunden  sind.  Im  hintergrunde  drei  zettel, 
auf  denen  die  könige  der  hunde,  katzen  und  ratten  sitzen.  —  Unter 
dem  texte  von  A  verzeichne  ich  die  abweichungen  eines  Frankfurter 
nachdrucks  (B)  von  Anthony  formschneyder  (im  selben  Gothaer  sam- 
melbande  2,  239):  4Newe  zeytung  vu  aygentlich  kuntschafft,  auü  was 


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488 


Martin  Montanas, 


vrsach,  die  Hundt,  Meuß,  Ratzen,  vnd  Kateen,  ein  sölch  lang  zeit,  von 
Noe  biß  auff  dise  stund,  sölch  grossen  haß  z'i  samentragen,  den  kein 
mensch,  wie  mechtig  es  ye  lebt  vnd  ynier  leben  mag,  verrichten  hat 
mQgen,  vnd  biß  an  den  Jfln[g]sten  tag,  nit  verricht  mag  werden.1  Der 
o  Holzschnitt  von  B  ist  eine  kopie  von  A  im  gegensinne;  der  kopist  ist 
wohl  Anthony  Corthoys,  der  um  1580  thätig  war.) 

Nun  hört  von  wunderlichen  gschichten, 

Ein  krieg,  den  niemandt  kan  verrichten, 

Zwischen  meußen,  katzen,  ratzen  und  hunden, 
io  Die  einander  thon  verwunden! 

In  heusern,  kirchen,  auff  der  gassen 

K (innen  sy  ir  zwitracht  nicht  lassen, 

Und  wenn  sy  haben  ein  hochzeyt, 

So  seind  ir  allweg  vil  bereit; 
15  Von  jung  und  alten,  klein  und  groß 

Laufit  durch  einander  ein  grosser  stob, 

Schwartz,  graw,  rot,  gescheckelt  und  weissen, 

Die  klaider  sy  einander  reissen. 

Die  prawt  so  vil  hund  an  sich  henckt, 

Ir  keiner  an  sein  mutter  denckt, 

Thond  ir  zur  hindern  reyhen  schmecken, 

Gar  mancher  thut  daselbst  bestecken. 

Darnach  die  andern  hundt  zu  lauffen, 

Da  wirdt  ir  dann  ein  grosser  hauffen, 
2.-  Da  hebt  sich  schreyen,  peissen,  peulen, 

Gar  mancher  nach  der  prawt  thut  heulen. 

Wenn  ir  dann  vil  zusamen  kommen, 

So  sagens,  was  in  sey  genommen 

Ein  grosser  nutz  und  gerechtigkeit 
^  Wol  durch  der  katzen  hinlossigkeyt. 

Darumb  seinds  an  einander  feindt, 

Kain  könig,  fürst,  berr  den  krieg  vereint. 
Nun  höret  zu,  was  es  doch  mach 

Und  was  doch  sey  die  recht  ursach ! 
<^  Noe  thets  mit  freyheit  begaben, 

Des  viechs  ingreusch  solten  sy  haben, 

Die  lung,  leber  und  kudelfleck, 

7  geschichten  9  meuß,  ratzen,  katzen  10  Die  aneynander 
11  und  auff  12  nit  15  alt  17  grow  gescheckelt  braun  und 
18  zu  reissen  19  so]  fehlt  21  Und  thun  zu  der  25  peylen  27  denn 
30  Wol]  fehlt  hinleßigkeyt  31  sein  sie  einander  82  Kein  keiser, 
könig  noch  herr  33  hörent  35  Noe  sie  mit  f.  thet  36  Das 
sie  es  alles  solten  haben   37  Das  gelüng  wanpel  und 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  VIII. 


489 


Darinn  gewo[n]lich  ist  der  dreck, 
Von  khuen,  kelbern,  ochsen  und  schwein, 
Das  solt  alsamen  allein  ir  sein. 
Darüber  hetten  sie  ein  schrifft, 

Vnd  war  in  alles  wol  verbriftt.  ö 

Es  fieng  sich  an  an  einer  faßnacht, 

Das  man  den  hunden  gar  vil  bracht 

Des  ingewaids  ein  grossen  hanffen. 

Einer  sprach:  ,Wir  wöllens  nicht  verkauffen, 

Es  bleibt  uns  wol  on  allen  schaden/  10 

Der  ander  sprach:  ,Wir  wöllen  laden 

Die  katzen  zu  uns  in  die  rastung 

Und  wöllen  haben  ein  Frölich  gastung.' 

Des  Stossen  hund  daucht  es  auch  gut, 

Sie  wolten  haben  ein  guten  mut.  lo 

Katzen  und  hund  Bassen  zu  tisch, 

Sie  lebten  wol  und  waren  frisch, 

Die  hund  mit  pellen  und  mit  gauntzen. 

Die  katzen  theten  darunder  rauntzen 

Und  heten  do  ein  frölich  wesen.  20 

Die  hnnd  Hessen  die  katzen  lesen 

Iren  brieff  mit  dem  sigel  breit, 

Von  wann  in  kern  solch  groß  freyheit: 

,Von  einem  Fürsten  über  mer, 

Der  gab  uns  disen  brieff  so  her 4  ä> 

Da  die  malzeit  schier  het  ein  end 
Das  [!]  Nopen  hund  sprach  gar  behendt: 
,In  freundtschafft  wöll  wir  mit  euch  walten, 
Wir  bitten  euch,  wölt  uns  behalten 

Der  [!J  freyhaits  brieff  mit  seinem  sigel.  30 

Bewart  in  baß  dann  mit  eim  rigel! 

Wann  daran  ligt  unser  freyhait  gar.« 

Ein  katz  Stichan  gieng  hin  fürwar, 

Het  mit  den  andern  katzen  rath, 

Wie  sie  den  brieff  behielten  drath, 

Das  er  wer  wol  versorget  doch: 

Sie  schoben  in  [inj  ein  meuß  loch, 

Do  solt  er  wol  hebalten  sein. 

Die  meuß  die  lieffen  auß  und  ein 

Und  kifften  von  dem  brieff  fürwar.  ^ 

Darnach  kam  faßnacht  über  jar, 
Do  schlug  ein  armer  man  ein  khu. 

3  Das  es  allein  als  ir  solt  9  nit  18  bellen  21  da  27  Des 
Lochen    30  Der  freiheyt    31  biß  dann    37  schuben    38  Da    42  Da. 


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4'JO 

Der  hund  kamen  etlicb  daran, 

Sie  sprachen  zu  im :  ,Merck  ans  eben, 

Das  in^ewaid  soltu  uns?  geben, 

Und  du  »ölt  es  wol  wissen  «war, 
5  Wir  haben  brieff  und  sigel  klar, 

Das  es  ans  alles  ist  zu  geben, 

Das  wir  die  faßnacht  auch  wol  leben.' 

Er  sprach:  .Bring  brieff  und  sigel  her. 

So  gib  ichs  euch  on  alle  wer.' 
lu  Des  Reiben  hund  schickt  hin  gar  bald, 

Wie  im  geschech  grosser  gewald, 

Das  in  die  katzen  den  brieff  geben 

So  gar  on  alles  widerstreben. 
Die  katzen  Helfen  eylend  doch, 
ir>  Suchten  den  brieff  in  dem  meußloch, 

Da  betten  sy  in  gar  zupissen. 

Sie  sprachen:  ,Hat  uns  dann  beschissen 

Der  teuffei  mit  dem  brieff  und  hunden! 

Nun  weren  wir  zu  kainen  stunden 
2i>  Kain  frid  haben  zu  kainer  zeit, 

Wenn  sy  verlieren  ir  freyhait.' 

Ein  katz  sprach:  ,Wie  sol  wir  im  thon? 

So  wöll  wir  auch  der  meuß  nit  schon 

Und  wöllen  sy  darumb  erwürgen 
25  Und  dafür  nemen  kainen  pürgen, 

Soll  wir  der  hund  freundtschafft  enperen. 

Sie  gaben  uns  in  hohen  eren.' 
Die  hund  die  waren  laydig  all: 

,Ach  we  des  jamers  und  des  [!]  quall, 
:K)  Das  uns  die  katzen  hand  verloren 

Den  brieff,  das  thut  uns  pillich  zoren. 

Das  wöll  wir  bringen  an  ein  ent 

Gen  Schweinaw  an  das  perlament. 

Das  wir  die  freyhait  wider  gwinnen.' 
%  Schickten  den  minsten  hund  von  hinnen, 

Solt  in  die  freyhait  bringen  wider. 

Den  haben  sie  fürwar  auch  sider 

Gesehen  nie  zu  kainer  fart. 

Ks  ist  auch  noch  aller  hund  art, 
40  Kompt  in  ein  stat  ein  frembder  hund, 

So  lautft  ein  gantzer  stoß  zu  stund 

* 

4  es]  das  8  bringt  11  geschehe  im  19  werden  22  solin 
23  wöllen  26  entperen  29  Au  we  der  qual  30  han  31  billich 
32  wöln  wir  pringen  on      33  berlament 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  VIII. 


191 


Und  schmecken  im  hinden  für  das  loch 

Und  fragen  in  als  baldt  darnoch, 

Ob  er  in  bring  den  brieff  vom  mer, 

Den  in  sol  schicken  der  mechtig  her. 

Der  frembd  hund  spricht  bald:  ,Nain  ich  zwar, 

Ich  bring  euch  [k]einen  brieff  von  mar; 

Parzu  ist  mir  die  each  zu  schwer, 

So  weyt  zu  ziehen  über  nieer.' 

Also  seinds  urab  ir  freyhait  kommen, 
Doch  haben  sy  in  für  genommen  10 
Mit  den  katzen  ein  krieg  fürwar; 
Des  gleichen  auch  die  katzen  zwar 
Seind  mit  den  meusen  einig  nicht: 
Niemand  der  dreyer  krieg  verricht, 

Ligen  in  drey  hauffen  zu  feld,  15 

Ein  yede8  her  in  seim  gezeld, 

Und  rüsten  sich  die  hauffen  frey 

Zu  füß  und  roß  mit  pulfer  und  pley 

Und  werden  yetzt  ein  Schlachtung  than. 

Vier  vogelhund  werden  hauptman,  20 

Des  Stichen  hund  wirdt  sein  profoß, 

Des  Noppen  hund  bestelt  zum  geschoß, 

Des  Scheuben  hund  wirdt  fenderich, 

Der  webel  heist  Frölich  drein  stich. 

Von  Spalt  ein  hund  geboren  war, 

Der  selb  wirdt  seckel  maister  zwar. 

Ir  Schreiber  heist  Woldran  von  Kölen, 

Ligt  dauß  zu  Werd  in  einer  hölen. 

Der  droß  ligt  gar  heimlich  verborgen 

Zum  Schopperßhoff  in  grossen  sorgen.  30 

Sie  haben  den  verloren  hauffen 

Gen  Marr  in  graben  lassen  lauffen. 

Da  selbst  wil  ichs  beleiben  lau, 

Biß  ich  noch  weiter  kundtschafft  han. 


2  darnach  3  pring  von  meer  5  nein  ich  (main  ich  A) 
6  keynen  9  sind  sie  15  zu  dreyem  deyl  imin  feldt  16  ydes 
17  rüstent  hauffen  drey  19  ytz  21  Des  buttern  23  Des 
schewbein  24  Waybel  26  wurd  29  verporgon  34  noch  fehlt 
35  Anthony  Formschneyder  zu  Franckfurdt. 


^  Albrecht  Glockendon  Illuminist. 


* 


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192 


Martin  Montanus, 


IX.  (zu  Wegkürzer  cap.  14). 
Ursach  der  hund  und  katzen  feindschafft. 

(Meisterlied  in  der  brieffweis  Bart  Regenbogen.    Aus  der  Dresdener 
handschrift  M  5,  s.  235  (A);  die  Varianten  (B)  aus  der  Weimarer  hand- 
ö  schritt  Quart  569,  bl.  156a,  wo  am  Schlüsse  die  Jahreszahl  1592  steht.) 

1. 

Ks  ist  ein  frag,  wo  doch  die  feindschafft  kume  her, 
Das  hund  und  katzen  einander  sind  so  gefer. 
Nun  schweiget,  so  sag  ich  euch  hie  die  rechten  mer, 
Von  wannen  diser  haß  entspring; 
Das  ist  nicht  on  Ursache. 

Da  Noa  von  dem  engel  gotes  erlaubt  wart 
Zu  essen  fleisch  der  thier,  des  vormals  war  gespart, 
Do  waren  die  hund  der  menschen  diner  gerechter  art. 
Darum  ward  inen  ein  geding 
Durch  ir  nuten  und  wache, 

Das  man  von  al  thieren,  so  man  det  schlagen, 
Inen  ale  zeit  geben  solt  des  ingreusche  schlecht, 
Lung,  leberen,  kröü,  hertz,  miltz  (verstet  recht). 
Des  namens  von  Noa  ein  briff  zum  zeugnis  (secht), 
Wo  inen  in  dem  spruch  mißling, 
Das  sies  möchten  beklagen. 

2. 

Eins  mals  ein  faßnacht  begab  es  sich,  das 
Iderinan  gar  ser  vich  schlug  und  auch  frölich  was, 
Heten  die  hund  des  eingereuschs  über  die  mas. 
Darum  deten  sie  auch  hernach 
Die  katzen  zu  in  laden. 

2  Die  feindtschafft  der  hund  und  katzenn  B  7  wo  doch]  von 
wan  B  8  gfer  B  9  sag]  bescheidt  B  hie  die]  der  B  10  ent- 
springt AB  12  Noa]  vor  B  gotz  erlaubet  B  13  der  thier] 
fehlt  A  war]  was  B  U  gerechter]  nach  irer  B  15  so  wart  in  B 
gedingt  B  16  huettung  B  wachen  A  17  allen  thieren,  die 
man  schlüge  B  18  In  allzeit  B  ingereische  gar  B  19  leber  B 
miltz  und  ingeweidt,  nembt  war  B  20  namen  sy  ein  brief  von, 
merckt  offenbar  B  21  Wie  in  nun  an  B  22  Das  in  geschieht  kein 
gnuege  B  24  Nun  merckt,  eins  mals  zu  einer  faßnacht  sich  das  B 
25  Das  jederman  vil  viches  B  auch]  fehlt  B  2ü  Da  wurd  den 
hunden  ingereisch  B  27  Darnach  da  wurden  sy  zu  rat  B  28  zu 
in]  all  zu  b 


10 


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2U 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  IX 


193 


Weil  auch  mit  in  der  menschen  diner  weren  sie. 
Fro  waren  die  katzen  and  kamen  zu  in  hie. 
Lebten  den  gantzen  dag  in  hohen  eren ;  die 
Hund  baten  die  katzen  on  schmach, 

Dieweil  sie  alle  gaden  5 

Durch  ir  behendigkeit  möchten  ersteigen» 
Das  sie  sich  ihres  brifs  auch  wolten  nemen  an 
Und  inen  auch  den  selbigen  verwaren  schon. 
Die  katzen  sprachen :  ,Das  sei  euch  zu  lieb  getan.' 
Ein  katz  name  den  brif  on  räch,  10 
Sie  kundt  sich  höflich  neigen. 

3. 

Die  katz  sprach:  Den  brif  ich  dreulich  behalten  sol.' 
Die  in  denn  wo)t  nach  irer  art  versorgen  wol, 
Schub  den  in  ein  loch,  das  war  der  meuse  vol.  ir> 
Von  denen  wure  der  brif  gar 
Zerkifet  und  zerbissen. 

Eines  mala  schlüge  ein  ku  ein  ser  armer  mann. 
Die  hund  durch  ir  gerechtigkeit  kamen  hinan. 
Der  arm  sprach:  ,Ich  gib  euch  alen  gar  nichts  darvon.  20 
Die  ku  ist  mein  mit  haut  und  har. 
Das  solt  ir  ale  wissen ' 

Die  hund  sprachen:  ,Man  wirt  dich  wol  drum  finden. 
Dann  die  gerechtigkeit  ist  uns  gar  wol  verbrifft.4 
Sie  schickten  hin  zu  den  katzen  nach  irer  schrifft,  20 
Da  war  der  brief  zerrissen  und  auch  gar  zerkifft. 
Da  des  die  hund  wurden  gewar, 
Da  deten  sie  sich  winden. 

4. 

Hernach  haben  die  hund  vil  boten  auttgesandt  yn 
Hin  zu  dem  grosen  dämm  in  der  Carthaier  landt 

1  Seid  das  sy  doch  mit  B  weren  sie]  wem  B  2  Die  katzen 
warn  fro  und  thetten  das  gar  gern  B  3  Da  lebten  sy  B  die]  fehlt  B 
4  Die  hundt  B  on  schmach]  dratt  B  5  Seid  das  B  7  auch] 
fehlt  B  8  Und  in  treulichen  behalten  und  auch  schon  B  10  Der 
schnelsten  man  den  brief  dar  batt  B  11  Sy  gund  B  13  Sie  sprach  B 
14  Die  katz  nach  irer  art  wolt  in  B  15  Sy  schob  B  was  der 
meuse  B  16  Da  wurd  er  von  den  ineusen  gar  B  17  zurisen  B 
18  Darnach  da  schlug  ein  guter  armer  man  ein  ku  19  hinan]  dar- 
in B  20  euch  nichts,  und  het  ich  zwu  B  23  wol  drum]  baldt  B 
24  Wann  B  25  nach  der  geschrifft  B  26  zukifft  B  27  des]  das  B 
28  deten]  m ästen  B     31  Zu  dem  kung  wohl  in  der  Kazathoner  land  B 


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194 


Martin  Montan  us, 


Und  von  alten  geboten  den  Noa  ermandt, 
Als  er  wer  in  seiner  hauptstat 
In  seiner  kantzeleie. 

Der  boten  man  doch  nie  keinen  erforschen  kund, 
5  Wos  hin  komen  sein  oder  wie  die  sach  bestund. 

Und  wo  noch  in  ein  stat  laufet  ein  frembder  hund, 
Laufen  die  andren  zu  im  spat 
Und  fragen,  wer  er  seie, 

Und  schmecken  im  al  hinden  für  den  schwantze 
10  Und  sprechen  zu  im:  ,Bringstu  uns  nicht  den  brif  her?* 

So  bleckt  er  seine  zenn,  spricht:  ,Ach  nein,  ich  kum  1er. 
Ks  ist  der  weg  vil  zu  weit,  unsicher  mit  gfer; 
Dann  es  vil  berg  und  waser  hat, 
Das  uns  verderbt  die  schantze.' 


5. 

Seit  her  sind  die  hund  den  katzen  alen  so  gram; 
Dann  durch  iren  unfleiii  ir  berscbaiFt  ein  end  nam. 
Herwider  die  katzen  den  meusen  alen  sam, 
Das  sie  den  brief  zukifet  han, 
Dadurch  sie  ale  jare 

Kmperen  müsen  der  wirtschafft  zu  der  faßnacht; 
Umb  diser  ursach  sind  sie  also  ungeschlacht. 
Darum  wer  sein  sach  wil  haben  in  guter  acht, 
Der  mag  wol  zu  aler  zeit  than. 
Sein  sach  bewaren  gare. 

Das  rat  ich  im  und  ist  das  aller  beste; 
Keinem  andren  Ober  das  sein  zu  vil  verdrau, 
Und  was  er  thun  wil,  das  er  vor  auf  das  end  schau, 

1  Und  in  des  briefs  vom  gebott  neu  ermand  B  2  Zu  nöre  in  B 
3  In  seines  reichs  cantzleye  B  4  man  doch]  seid  B  5  Wo  sie 
sein  hinkomen  B  6  Denn  wo  B  laufen  in  ein  statt  B  7  Zu 
im  lauffen  die  andren  drat  B  8  wer]  wann  B  9  zu  dem  schwantz  B 
10  sprechen :  Sag  an,  bringst  B  auch  her  B  1 1  seine]  denn  die  B 
und  spricht:  Sy  nein,  ich  wer  B  12  Ich  forcht  furwar,  der  weg  sey 
un  vil  zu  fer  B  13  Wann  B  14  schantz  B  16  Seidter  so  sein  B 
alen  so]  imer  B  17  Wann  durch  sy  ir  grosse  B  ende  B  18  Her- 
widerumb  b  alsani  B  19  zerkittet  B  21  Der  grossen  wirtt- 
schaff  zu  faßnacht  müssen  entbern  B  22  Dardurch  sie  jerlich  zu  der 
zeit  geladen  wem  B  23  Hernach  rat  ich,  wer  sy  vor  jamer  wol  er- 
nern  B  24  Der  lug,  hat  im  gott  hilf  gethan  B  25  Das  er  sich 
selbst  beware  B  20  Das  er  im  selber  sey  der  neste  B  27  Und 
kein  B      so  vil  getrau  B       28  wil]  wol  B      vor  das  ende  schau  B 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  IX— X.  495 

Anf  das  er  nicht  sein  hauß  auf  den  sand  bau ; 
Snnst  dut  es  der  wind  fechten  an, 
Und  kan  nit  bestan  veste. 


X.  (zu  Wegkürzer  cap.  18). 
Die  nietzgers  magt  im  unschlitt. 

(Mcisterlied  im  gülden  ton  des  Marners,  gedichtet  von  Georg  Hager 
1603  am  aschermittwoch.    Aus  dem  mscr.  Will  III,  782  fol.  der  Nürn- 
berger Stadtbibliothek,  s.  217.) 

1. 

Zu  Strasburg  war  vor  manchem  jar 
Gar  ein  reicher  metzger  fürwar, 
Der  selb  ein  faulle  magtt  het, 
Die  eins  mala  in  der  nachte 

Die  füeD  wolt  waschen  (thut  verstau). 
Da  schon  zu  bett  war  jederman. 
Nun  het  der  metzger  an  der  stet 
Den  selben  tag  mit  machte 

Das  unschlit  ausgelassen  schlecht, 
Schütt  das  in  ettlich  gelten  aus 
Und  in  die  kifflein  kleine, 
Daß  eß  darin  gesteh n  solt  recht 
Die  magtt  suchtt  finsterling  im  haus 
Nach  warmen  wasser  rein, 
Die  ffieü  zu  waschen  mit  beger, 
Kam  zu  eim  kiefflein  an  gefer, 
Darinnen  unschlitt  kuellen  thet ; 
Das  nam  sie  wol  in  achte. 

2. 

•Sic  nam  ein  stul,  setzet  sich  fein, 
Hencket  die  füeß  in  das  kufflein, 
Das  unschlitt  war  noch  warm  die  zeitt, 
Noch  nicht  bestanden  gare. 

Das  thet  der  magtt  gar  sanft  (verstet), 
Das  sie  darob  einschlaffen  thet, 
Schliff,  biß  der  helle  tag  bereit 

* 

1  Und  auf  den  abent  auf  witze  nit  sovil  bau  B  2  »So  mag 
er  dester  bas  bestan  B      3  Das  halt  ich  für  das  beste  B. 


10 


15 


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496 


Martin  Montanu», 


Her  scheinen  tbet  so  klare. 

Die  weil  das  nnacblitt  bestehn  w&ß. 
Das  sie  die  fueß  nit  zihen  kund 
Auß  dem  kiefflein  mit  gwalte. 
Der  raagtt  war  angst  ül>er  die  maa. 
Vor  engsten  beschiD  sie  sich,  und 
Da  kamen  die  knecht  balde, 
Fanden  die  magtt  in  der  unru, 
Vor  gstanck  hieltens  die  nassen  zu, 
Der  metzger  kam  auch  zu  dem  9treitt 
Mit  seim  weib  ungefohre. 

3. 

Sie  waren  zornig  alle  beid 
Und  mußten  doch  lachen  der  meid. 
In  dem  so  war  zu  recht  erkand, 
Das  man  die  magtt  solt  nemen 

Und  setzen  auff  ein  schütten  schlecht 
Mit  sambt  dem  kiefflein  unschlitt  recht, 
Rumb  zu  fahren  zu  einer  schand. 
Die  magtt  thet  sich  hart  Schemen. 

Die  knecht  spanten  den  schütten  an, 
Fahrten  umb  in  der  stat  mit  fleis 
Die  gassen  auff  und  nider. 
Da  lachet  der  magtt  frau  und  man. 
Vor  kelt  so  war  noch  schnee  und  eiß; 
Sie  rucket  hin  und  wider. 
Eß  war  gleich  an  der  fasenacht, 
Als  man  die  Btuben  magtt  heim  bracht, 
Lösset  sie  von  des  unschlitt«  band. 
Deß  thet  sie  sich  lang  Schemen. 

XI.  (zu  Wegkürzer  cap.  28). 
Einer  jungkfrauen  lest  man  mit  dem  trauen  eissen. 

(Meisterlied  im  kurtzen  thon  Vogels,  1597  gedichtet.    Aus  der  Erlanger 

hs.  1668,  bl.  584  b.) 

1. 

Kins  tags  ein  jungkfrau  freisam 
Zu  einem  bader  kam. 
Ihr  ein  ader  zuschlagen. 

Der  bader,  ein  schalckhaftig  man. 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XI. 

Sprach:  ,Ich  wila  geren  than; 
Doch  muß  ich  euch  vor  fragen. 

Der  eysen  ich  zweyerley  hab 
Scharpff  auf  das  allerbeste; 
Daß  ein  ist  für  die  frauen, 
Für  die  jungkfrauen  feste 
Ist  daß  ander  zu  hauen. 
Darumb  so  sagt  mir,  bitt  ich  hoch, 
Seit  ihr  ein  jungkfrau  noch  ? 
So  weiß  ich  euch  zu  lassen  ab.' 

2. 

Sie  sprach  zum  bader  trutzigklich : 
,Mein,  worfür  halt  ihr  mich? 
Ich  bin  ein  jungkfrau  reine. 

Nempt  auch  daß  jungkfrau  eissen  mir!' 
Der  bader  sprach  zu  ihr: 
.Zürnet  nicht,  jungkfrau  feine! 

Dan  daß  eisen  hat  solche  art, 
Welche  keine  jungkfrau  iste 
Und  thut  ihr  dannit  lassen, 
Die  muß  sterben,  daß  wüste. 
Derhalb  hütt  euch  dermassen, 
Auf  daß  euch  kein  schad  widerfar 
Durch  unlleiß  gantz  und  gar!' 
Das  gutt  mensch  war  erschrocken  gar. 

3. 

Sie  sprach:  ,Ey,  so  nemet  doch  ihr 
Daß  fraueneisen  mir, 
So  sind  wir  one  sorgen 

Und  geräht  daß  lassen  deat  baß.' 
Balt  nara  der  bader  daß 
Frauen  eisen  den  morgen. 

Also  geritt  daß  lassen  woll. 
lUirumb,  ihr  bader,  heuer 
Kaufft  nicht  viel  jungkfrau  eisen! 
Die  jungkfrauen  sindt  theuer. 
Und  thut  euch  auch  befleisen, 
Daß  ihr  doch  haltet  underacheid 
Zwischen  frauen  und  meid, 
Wie  man  ein  jeder  lassen  soll ! 


498 


Martin  Montanas, 


XII.  (zu  Wegkürzer  cap.  30). 
De  fratre  Alberto. 

(Jo.  Bapt  Egnatius,  De  exempHs  illnstrium  virorum  Venetae  civi- 
tatis.   Venetiis  15&4  p.  18.   lib.  1,  c.  3.) 

ü  Nescias,  an  ullum  simulatae  religionis  exemplum  buic  uni 
praeferri  possit,  nisi  quis  forte  Boecatianas  fabulas  ad  hoc 
ipsum  elevandura  huc  citet.  Cum  igitur  hic  Albertus,  unus 
minoritanae  familiae,  quae  tum  Venetiis  in  [li>]  summa  auto- 
ritate  erat,  recenti  adhuc  memoria  divi  Francisci  tum  con- 

io  cionando  aliisque  institutis  uomeu  sibi  peramplura  parasset, 
in  aures  animumque  Elisae  Quirinae,  matronae  nobilis,  facile 
pervenit.  Quae  marito  tunc  abseute  Britannica  negociatione 
implicito  ad  Albertum  ipsum  stato  tempore  venit,  ut  more  in- 
stitutoque  nostrati  annuum  confessionis  obiret  munus.  Qui 

i">  conspecta  statim  matrona  formaeque  elegantia  inotus,  munere 
tarnen  in  praesentia  suo  perfunctus,  cum  in  illa  quaedam  lau- 
daret,  quaedam  etiam  corrigeret:  ,Abi\  inquit,  ,uiatrona,  fastum- 
que  hunc  tuum  depone,  quasi  vero  caelesti  quadam  hac  forma 
nullam  tibi  parem  ducas!'  —  Nec  multos  moratus  dies  ad  eam 

20  profectus  amoreque  iam  flagrans  bonaeque  spei  plenus  ad  eam 
solus  ingreditur;  tum  ad  genua  illi  accidens :  ,Nescis',  inquit, 
,matrona,  quam  gravi  supplicio  sira  affectus,  ex  quo  a  me  dis- 
cessisti,  cuiusve  rei  nuncius  ad  te  felicioris  accedam.  Si  igitur 
penes  te  arcanum  id  fore  secretumque  polliceberis,  magnae  te 

ss>  certe  rei  et  felicissiiuae  certiorem  faciam.  Jussu  igitur  archan- 
geli  Michaelis  huc  ad  te  venio,  qui  te  unam  prae  ceteris  Ve- 
netis  matronis  diligit  noctemque  unam  condicit,  qua  ad  te 
visendam  venturus  sit,  meo  tarnen  hoc  ipso  vestitu  meoque 
hoc  corpore.1  —  Quod  cum  illa  (ut  sunt  feniinarum  ingenia) 

au  perlibenter  accepisset,  praescripta  adventus  sui  die  ad  eam  venit 
inoxque  semel  et  Herum  in  eodem  versatus  negocio.  Res  prae- 
dicatione  m  ulier  is  ipsius  palam  facta  est  dataque  Opera  a  cog- 
natis,  ut  Albertus  deprehensus  gravi  supplicio  afficeretur.  Ille 
vero  nudus  in  subiectum  canalem  praecipitem  sese  e  fenestra 
dedit  evadeusque  in  incogniti  sibi  hominis  tectum  ingressus, 


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I 


Anbang  verwandter  stQcke  nr.  XII— XIII.  499 

mox  ab  eodem  re  cognita  perque  urbem  vulgata,  ductus  est 
in  Marcianam  aream  ursina  pelle  tectus,  sed  pari  quoque  dolo 
ab  omnibus  cognitus,  contumeliis  variis  ab  nrbe  petitus.  Mox- 
que  fratrum  suornm  adventu  sublevatus  carceri  perpetuo  ab 
eisdem  includitur. 


XIII.  (zu  WegkOrzer  cap.  35). 
Der  teuffei  holt  ein  gottlosen  bawren. 

(Meiaterlied  in  der  orgelweiß  Georg  Rausen  [?  Rauschraair],  gedichtet 
von  Benedikt  von  Watt  am  8.  november  1609.    Aus  dem  mscr.  Will 

III,  784  fol.  der  Nürnberger  stadtbibliothek,  bl.  573b.)  io 

1. 

Ja 

Es  ist  gar 
•    Nicht  lang,  das  zwar 

Ein  bawer  war  15 
Über  feld  mit  seim  weibe 
Da 

Gangen  recht 
Sehr  fast  bezecht, 

Welcher  gott  schmecht  20 
Und  wolt  geben  sein  leibe 

Dem  teufel  und 
Sprach  zu  der  stund 
Mit  vollem  mund: 

»Teuffel,  thu  mir  gelt  geben,  2.-» 
So  wil  ich  fein 
Ewig  allein 
Dein  eigen  sein.1 
Aber  auf  grüner  awen 

Ward  er  von  seiner  frawen  :so 
Gestrafft;  sy  sprach  mit  grawen  : 

2. 

,Wie? 
Sag,  mein  man, 

Was  ficht  dich  an  x, 
Auf  diser  ban, 
Das  du  thust  gelt  begercn 
Hie 

32* 


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500 


Martin  Montanus, 


Vom  bößwicht, 
Dem  teuffel?  Nicht 
Thus,  merk  bericht! 
Du  hast  doch  on  beschweren 
r,  Kein  mangel  zwar 

An  gelte  bar. 
Gott  dich  bewar!' 
Er  thet  steiff  widerstreben, 
Und  mit  unehr 
10  Je  lenger  mehr 

Er  schrie  sehr 
Dem  teuffel,  im  zu  reichen 
Gelt   Nun  hört  der  geleichen, 
Was  da  gachach  für  ein  zeichen ! 

i:>  3. 

Wie 

Er  nun  dort 

Nicht  abließ  fort, 

Kam  an  das  ort 
2»  Der  teuffel  und  nam  greulich 

Hie 

Den  unflat 

Nach  gottes  rat 

Auff  dem  fußpfat, 
2ö  Führt  ihn  darvon  abscheulich 

Zu  angesicht 

Seins  weibs  verpflicht. 

Merck  die  geschieht, 

Du  geitziger,  im  leben, 
:!o  Welchen  kein  mau 

Erfüllen  kan, 

Stoß  dich  daran ! 

Jeder  thu  sich  in  gfiten 

Vor  der  trunckenheit  hüten  ; 

Dann  schaden  bringt  ihr  wüten. 


XIV.  (zu  Wegkürzer  cap.  41). 
Des  edelmans  weib  mit  dem  dot. 

(Anonymes  meisferlied  im  kurtzen  ton  Hans  Vogels,  gedichtet  am  7.  Ok- 
tober 1574.    Aus  dem  Dresdener  mscr.  M  5,  s.  741.  —  Nach  Drescher, 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XIII  -XIV. 


501 


Nürnberger  meistersingerprotokolle  1,  37  ward  es  am  25.  dez.  1584  von 

H.  Gürtler  vorgetragen.) 

1. 

Ein  edelweib  erzeiget  sich 
Ale  zeit  gar  freuntlich  5 
Gegen  irem  ehmane. 

Wann  es  im  etwann  übel  ging, 
Sie  zu  weinen  anfing  ; 
Det  es  im  dann  wol  gane, 

So  lachet  sie  auch  mit  im  ;  doch  10 
Det  sie  zu  im  offt  sagen: 
'Mein  lieber  man,  merck  eben! 
Wenn  dir  in  disen  dagen 
Etwas  gebrech  im  leben, 

So  wolt  ich  mit  dir  sterben  frei.'  15 

Der  mann  gedacht  darbei: 

'Du  erzeigst  dich  gar  freuntlich  noch. 

2. 

Ob  ir  das  aber  sei  umbs  hertz, 
So  wil  ich  si  in  schertz  20 
Probieren  thon  gerichte.' 

Gar  bald  ging  hin  der  edelman 
Und  fing  ein  jungen  han, 
Brupfft  den,  doch  den  kopff  nichte, 

Ließ  lauffen  in  die  kamer  in  2i 
Und  legt  sich  in  ein  bete 
Und  klagt  sich  hin  und  here. 
Die  frau  bald  kumen  dete, 
Wolt  sehen,  was  im  were. 

Bald  sie  den  han  ersacb,  in  not  30 

Meint  sie,  es  wer  der  dot, 

Der  wolt  iren  mann  nemen  hin. 

3. 

Sie  erscbrack  und  sprach  in  gefer: 
'Hieher!  Da  liget  er,  85 
Hie  ligt  er!'  das  weib  rete. 

Meint,  er  leg  in  dem  bete  dort, 
Den  er  solt  holen  fort. 
Der  mann  das  hören  dete 

Und  verstünde  darbei  gar  wol,  40 

* 

27  klaget. 


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Martin  Montanus, 


Wie  lieb  in  het  sein  fraue, 
Das  es  nor  wer  ein  scheine. 
Ein  ider  wol  zuschaue, 
Bewar  sich  selb  aleine. 
Bocacius  liesch reibet  noch, 
Ein  man  seinem  weib  doch 
Gar  nicht  zuvil  verdrauen  sol 


XV.  (zu  Wegkürzer  s.  5l2). 
Von  dein  kayser  Augustus  und  einem  poeteu. 

10  (Meisterlied  im  guldin  Regenbogen,  gedichtet  von  G[eorg]  D[anbeckh] 
in  Augsburg  1600.    Aus  dem  Münchner  cod.  germ.  5102,  bl.  384  a.) 

1. 

Kayser  Augustus  auff  ein  zeit 
Ritt  von  seinem  palast  herab ; 
15  Begegnet  im  ein  y>oet  auf  der  gassen, 

Der  het  herrlich  vers  zuebereit, 
Die  er  kayser  Augusto  gab, 
Der  thet  in  ohn  Verehrung  von  im  lassen. 
Als  der  poet  offt  sollichs  thöt 
«jy  Und  Augustus  maint,  er  wurd  diß  mehr  treiben,  , 

Macht  er  auch  selbs  vers  an  der  stöt, 
Thet  sie  selber  mit  aigner  hand  abschreiben. 
Als  er  den  poeten  erblickht, 
Die  vers  er  im  entgegen  schickbt 
25  Inn  mainung,  er  wurd  hernach  außen  bleiben, 

2. 

Dieweil  er  in  bete  ergetzt, 

Auch  mit  gleichen  veraen  bezalt. 

Der  poet  nam  die  vers  an  mit  verlangen 
:j„  Und  sich  auch  ob  der  kunst  entsetzt, 

Dem  kayser  danckht  demüetig  halt 

Und  war  deshalb  mit  grosser  freud  umfangen. 
Eilt  zue  des  kaysers  senfften  dar, 

Griff  in  seckhel  und  buckht  sich  nidertrechtig, 
;j5  Zoch  heraus  etlich  kreuzer  bar, 

Welche  er  zuestellet  dem  kayser  mechtig, 

Sprach :  'Herr,  ich  gib  dir  inn  dein  haud, 

Das  gleichwol  nit  gemäß  deim  stand.' 

Und  sprach  hernach  noch  weiter  wolbedechtig : 


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Anhang  verwandter  stucke  nr.  XIV— XVI.  503 

3. 

'Wann  ich  mehr  het,  geb  ich  dir  mehr.* 
Des  boßen  lachet  jederman. 
Dan  thet  dem  kayser  trefflich  wolgefallen, 

Ruefft  seinein  pfenning  inayster  her.  5 
Der  kam  zue  im  schnell  auf  der  bun; 
Dem  bevalch  er  vor  andren  menschen  allen, 

Er  solte  dem  poeten  guet 
Hundert  tausent  taler  alsbald  erlegen. 

Der  poet  was  gar  wolgemuet.  10 

In  dem  thet  der  kayser  der  milte  pflegen. 

Plutarchus  die  geschieht  beschreibt, 

Das  lob  dem  kayser  noch  beleibt, 

Die  kunst  will  nit  belont  werden  alwegen. 


XVI.  (au  Andreützo  s.  169,20).  iö 
Der  ungeratten  sun. 

(Meisterlied  inn  der  abentheuer  weiß  H.  Foltzen,  gedichtet  1574  am 
7.  Oktober.  Aus  dem  Erlanger  mscr.  1668,  bl.  491b.  —  Gleichen  anfang 
bat  ein  im  frau  eren  ton  Ehrenboten  gedichtetes  lied  Hans  Sachsens 

vom  29.  Marz  1548  (MG  5:282):  Der  wüestling.)  20 

I. 

Ein  reicher  kauffman  hett  ein  sun, 
Derselb  war  ungeratten  nun. 
Daß  krenckt  dem  Vatter  ofl't  sein  hertz, 
Daß  hielt  der  sun  nur  für  ein  scherz.  2ö 
Doch  wie  der  vatter  sterben  solt, 
Den  sun  er  vor  vermanen  wolt, 

Bath  ihn  von  lästern  abzuston. 
Der  sun  ließ  daß  für  ohren  gon, 

Daß  den  vatter  betrübet  gar,  no 
Sprach:  ,Sun,  es  wird  nit  sten  ein  jar, 
Du  wirst  verprassen  daß  erb  dein 
Und  in  verzweifflung  fallen  ein, 

Daß  du  dich  hencken  wirst  warlich 
Oder  erdrencken  selber  dich. 
Jedoch  will  ich  dich  bitten  hie, 
Du  wolst  mich  deß  geweren  ie, 
Wan  du  dich  hencken  wilt  gebling, 
So  hencke  dich  an  diesen  ring, 


Maitiu  Montanus 


Der  eingeinaurt  ist  in  der  wand, 
Daß  du  nicht  habst  weltliche  schand.' 

2 

Spottweiß  ginge  von  ihm  der  sun 
Und  thet  daß  als  verlachen  nun, 
Wie  solcher  buben  gwonheit  ist, 
Daß  sie  der  eltren  spotten  all  frist. 
Alß  der  vatter  gestorben  war, 
Lieff  er  bin  zu  der  lossen  schar, 

Zu  prassen  und  schlemen  anfing, 
AU  zueht,  erbarkcit  von  ihm  ging, 
Zum  spiel  und  huren  er  sich  gab, 
Darmit  so  nam  sein  gutt  balt  ab, 
In  einem  jar  verthet  er,  daß 
Ihm  sein  vatter  verlassen  was 

Ihm  wolt  niemand  vertrauwen  mehr ; 
Dahin  war  all  sein  gutt  und  ehr. 
Letzlich  kam  ihn  verzweifflung  an, 
Daß  er  sich  selbst  wolt  hencken  than 
Er  dacht  an  seines  vatters  wortt, 
Daß  er  zuletzt  bette  gebort, 
Und  kam  ihm  der  ring  in  den  sinn, 
Zu  dem  ging  er  gar  eilent  hin. 

'S. 

Ein  strick  er  gar  balt  dardurch  stieß, 
Ob  er  ihn  tragen  wolt  gewiß; 
Da  fiel  der  ring  mit  sampt  dem  stein, 
Sechshundert  gülden  klingent  fein, 
Die  der  vatter  verborgen  hett, 
Daß  ihm  zu  guttem  kumen  thet. 

Er  wust  woll,  wie  es  würd  ergan, 
Wan  sein  Bun  daß  gutt  hett  verthan, 
Wan  er  dan  dises  gelte  fündt; 
Vielleicht  vom  Übel  er  abstund 
Und  fing  an  ein  ehrlichen  stand, 
Als  noch  geschehen  ist  zu  hand. 

Dan  alßbalt  er  daß  gelt  bekam, 
Dassel  big  er  zu  handen  nam, 
Löst  widerumb  seine  kleinot, 
Die  er  versetzt  hett  frü  und  spott, 
Und  thet  sich  ab  der  losen  rott, 
Hasset  vorthin  auch  schand  und  spott. 
Daß  ist  ein  warnung  zum  beschluß, 
Spricht  Johannes  Bocacius 


Anhang  verwandter  stucke  nr.  XVI  — XVIII. 


5Ü5 


XVII.  (zu  Garteugesellschaft  cap.  4). 

De  stulto,  qui  eniit  ollam  tripodem,  quam  ponit  in 

via  iubens  eurrere  donium. 

(Hulabusch,  Sylva  sermonum  1568  p.  3.) 

Teuuis  fortnnae  mulieri  erat  filius,  quem  raolitor  fortassis  3 
saeco  aut  pistor  cribro  suo  caput  infestaverat.    Hunc  niittit 
uno  dierum  in  proximura  oppidum  emptum  ollam  et  pro  de- 
uario  uno  acus. 

Stultus  exsequitur  matris  mandatum  emitque  ollam  tri- 
podem  et  acus  pro  denario  uno.  Cum  iam  esset  extra  urbem  10 
in  agro,  reperit  vehiculum  foeni,  quod  in  suum  pagum  desti- 
natum  erat.  Stultus  imponit  acus  in  foeno  dicens:  ,Vos  ve- 
hemini  curru,  ego  pedibus  ibo.  Videamus,  quis  nostrum  primus 
veniet  domum  !4  Capiens  ollam  imponit  viae,  quae  sibi  vide- 
batur  compendiosior,  dicens:  ,Euge  olla,  tu  tripes  es,  ego  vero  ir> 
bipes.  Videamus,  quis  nostrum  prior  domum  veniet!4  Sicque 
currens  volebat  suas  merces  praecedere. 

Iamque  domum  veniens,  mater  rogat,  ubi  merces  essent. 
Exponit  matri  rem,  ut  acta  est.  Illa  irata  cogitur  ipsamet 
redire  emptum  suas  merces.  üo 

XVIII.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  IC). 
Neun  Schneider  essen  ein  ei. 

(Aus  dem  Münchener  cod.  lat.  18910,  bl.  34b  (vor  1498  in  Tegernsee 
geschrieben)  von  G.  Schepss  im  Neuen  archiv  f.  ält.  deutsche  geschichtsk 
12,  221  veröffentlicht;  hier  nach  nochmaliger  vergleichung  der  hs.  —  25 
Kirchhof,  Wendunmut  1,233  führt  1563  das  Sprichwort  an:  .Neun  Schnei- 
der haben  an  eira  ey  genug ') 

Carmen  elegiacum   merito  sie  appellatum,  nam  miseriain  et 

inediam  sartorum  describit. 

Forte  novem  inBignes  epulones  prandia  pacti,  «o 
Sartores  omnes.  sartor  et  hospea  erat. 


16  bieeps. 


50(5 


Martin  Montana», 


Introire  domum,  parent  conridere  iussi, 

Statque  salnm  in  medium  Candida  [dona]  ferens; 
,Hic  cibus,  o  hospes!  dictum  et  factum,*  inquit,  .habemus, 

Munera,  que  poterunt  alleviare  famem/ 
b  Nec  mora;  [mox]  affert  patera  sublime  salignu, 

Una  die  galli  qnod  dedit  uxor  ovans. 
Accipit  hec  hospes  (nam  sie  et  iura  monebant 

Hospicii),  soeiia  praeparat  ante  eibum. 
Spergere  sal  primum  summa  testudine  rupta, 
10  Inde  levi  cultro  molle  remiscet  opus. 

Expectata  famis  tandem  medicamina  porgit, 

Parva  velut  cunetis  ante  parata  Ceres, 
Qua  tingunt  avidi  properantque  et  fercula  siccant 

Unua  itemque  alias  ordine  quisque  suo. 
15  Foelices  primi  Fortunae  munera  sumunt, 

Ultimus  infelix  fit  sine  parte  eibi. 
Proxime  et  ille  [eibi]  siccus  mansisaet  et  expers, 

Sed  reficit  mensa  guttula  parva  cadens: 
Guttula  conciderat,  rapuit  promptissimua  illc 
20  Ante  alios.  plures  traxerat  illa  manus. 

Fit  racio,  solvunt  escam,  sed  laucior  hospes 

Contenti,  ter  trina  cohors  (quis  credit!)  ab  uno 
Ovo  abeunt,  sese  iudice  quisque  satur. 


2.-,  XIX.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  18). 

Uiius  lepus  fugat  novem  Barbaros  f!]. 

(Hulsbusch,  Sylva  sermonum  1568  p.  13.) 

Per  campum  in  Barbaria  cueurrit  lepus,  qui  videbatur 
illis  inferre  multum  damni.  Nec  tarnen  audebant  duo  tresve 
:W  illoruui  appropinquare  beluam  illam  auriculatam,  sed  novem 
numero  se  associant  capientes  hastile  inque  campum  egredi- 
untur,  in  ordinem  se  constituunt  tenentes  omnes  simul  hastile. 
Lepus  eorum  audaciam  conspiciens,  quanquam  natura  timidum 
sit  animal,  tantum  abest  ut  fugerit,  ut  ne  moverit  quidem 

2  Statque  et  salcm  A  3  Huc  A  10  mollem  A  11  porri- 
git  A  13  praeparantque  A  15  fortunis  A  17  Proximus  illi  et 
siccus  A      23  cabors  A, 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XV11I — XX.  507 

pedem,  sed  intuitus  inimicos  potius  incusserit  illis  timorem. 
Et  licet  fuerint  armati,  non  audebant  tarnen  progredi  et  ap- 
propinquare.  Tandem,  qui  ultimus  atetit  in  ordine,  caeteris 
audacior  lingua  inquit:  ,Age,  auriculata  bestia,  niorienduni 
iam  est  tibi.4  Primus  in  ordine  audiens  boc  iratus  et  torvuni  ö 
intuens  dixit:  ,Dii  te  perdant!  Si  tu  hic  in  frontispicio  stares 
ut  ego,  non  diceres  huiusmodi.1  Simulque  abiiciens  hastile 
fugit;  quem  insecuti  sunt  reliqui  omnes. 


XX.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  18). 
Comedia  de  lepore  quadaru.  10 

(Aua  dem  vor  1498  in  Tegernsee  geschriebenen  Münchner  cod.  lat. 
18910,  bl.  56a;  in  dem  ans  derselben  zeit  herrührenden  index  als  ,Car- 
men  de  lepore  et  novem  Suevis*  bezeichnet.  Zwischen  dem  texte  stehen 
interlinearglossen,  doch  fehlen  die  namen  der  redenden  personen  und 
meist  auch  jede  andeutung  einer  neu  anhebenden  rede.  —  Hinter  der  13 
Überschrift  folgt  die  erklärung:  ,In  hac  quidem  comedia  de  lepore, 
qui  horribilissiinum  putabatur  ac  iudicabatur  monstrum,  tres  introdu- 
cuntur  principales  persone,  de  lepore  eiusque  [?]  mira  horribilique  eo- 
rum  iudicio  specie  intuituque  loquentes,  quam  ä  [?],  cum  una  solacii 
quondam  temporis  causa  ac  videndorum  plurimorum  monstrorum  gratia  20 
et  floride  estatis  tempore  ac  gravia  inspiciendo  [?  |  timidissimum  quod- 
dam  animalium  conspicati  sunt,  qui  lepus  dicitur.  Quo  viso  Petrus 
ex  ipsis  inspicienB  id  monstri  timide ,  quid  esset,  sie  inquirens :  Vere 
istos.'  —  Am  rande  die  notiz :  ,Comedia  est  laus  villana  aut  villanus 
cantus ;  inde  comicus,  qui  scribit  comedias  ;  sie  Plautus  et  Therencius.4)  2ö 

[Petrus.]  Vere  istos  laudandos  puto ,  qui  videndorum 
gratia  prodigiorum  diversas  oras  peragrarunt.  Ego  quoque  id, 
ut  multa  noscerem ,  non  preterniisi.  Nusquam  autem  mon- 
strum quam  istud  horribilius  est.  Estimo,  quod  nostra  Alma- 
nia  id  non  aluerit,  sed  Zeleno  sit,  una  Arpisarum,  aut  Scilla  no 
aut  periculosa  Caribitis.  Huius  rei  quippe  cuperem  esse  in- 
struetus.   Sed  Iheronimum  censeo  vocandum. 

[Hieronymus.]    Me ,  mi  Petre ,  huc  allatum  reeipiam, 

* 

30  Celaeno  bei  Vergil,  Aen.  3,211      33  petes  hunc. 


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508 


Martin  Montanus 


si  tute  securii8  solus  secura  esses.  Me  sine!  Nani  tu  fortis  es, 
ut  resistas.   Hostio  pessulum  addamus! 

[Petrus]   At  aliquos  tremebundos  fores  pulsare  audio. 
Quid  negocii  illud  est? 
«">        [Stephanus,  foris.]   Heus  apperi! 

[Petrus.]    Quid  tarn  pallidus  appares? 

[Stephanus.]    Ni  dii  suis  bonis  auspiciis  nos  couser- 
vassent,  perissemus  penitus.   Qua  de  re  vix  sum  apud  me.  Me 
sine,  ut  spiritum  capiam,  et  rem  tibi  ordine  narrabo. 
10        [Petrus.]   Cedo,  queso,  ne  animum  meum  tarn  diu  cir- 
cumitione  suspendas  tua! 

[Stephanus.]    Vellern,  quod,  ut  horriduni  est,  tibi  ex- 
planare  possem ;  verum  ut  verbis  parcamus,  rogo,  nobiscum 
armis  resurges  [!| 
\ö        [Petrus.]   Non  opus  est. 

[S  t  e  p  h  a  n  u  s.]  Ignoras.  Ni  hisce  oculis  vklissenj,  nun- 
quam  instituissem  tarn  prodigiosum  terribileque  animal  in  terra 
vixisse. 

[Petrus.]   Kam  us.   I  pre ! 
20        [Stephanus.]    Vos  procedite !  Sequar. 

[Hieronymus.]  Tauietsi  cor  motu  propulsum  sit, 
auribus  tarnen  meis  sepius  hausi  militari  calcari  gaudere  cu- 
pientem  periculis  ingentibus  se  exponendum.  Et,  Petre,  si 
fidem  des  animose  lateri  meo  assistere,  [glosse:  omnia,  que 
8ä  habeam]  tecum  amittam.  Te  [glosse :  Steffanum]  rogandum 
insuper  arbitror. 

[P  e  t  r  u  s.]  Nichil  promitto,  sed  postquam  videro,  respon- 
debo.   Suspenso  gradu  foris  accedam  illosque  apperiam.  Quodsi 
forte  oculos  somno  commisisset,  inprovisum  inputatumque  illud 
:x>  portentum  aggrediamur ! 

[Hieronymus.]  Accipe  claves,  quas  mihi  custodiendas 
tradidisti ! 

[P  e  t  r  u  s.]    At  dorrait.  Ecce,  Iheronime,  quam  horribilis 
facies  eius,  quam  distense  aures!  Quidnam  hoc  monstri  alit! 
:u  Audivi  ab  avo  meo,  quondam  tale  prodigiosum  animal  cuius- 

* 

3  audeo       12  horrituin       17  Glosse  zu  instituissem :  adhibuissem 
fidem       terribilique  animalis      28  gradui. 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XX. 


509 


dam  edes  subintrasse  et  omnes  aspectu  interemisse.   Ne  id  idein 
nobis  contingat,  restat,  ut  cautius  agamus. 

[Hieronymus.]  Utinani  toraces  ceteraque  arma  adessent ! 

[Petrus.]     Vellern  etiam  tantum  dare,  quod  gladius 
fibiarius  [?  ad  esset].    Non  festinemus  tanto  discrimini  [nos]  o 
submittere! 

[Hieronymus.]  Video  huc  Theobaldum  nostrum  so- 
cium  properantem. 

[T  h  e  o  b  a  1  d  u  s.]  Salvum  te  gaudeo.  Quid  tarn  adto- 
nitus  ?  io 

[Hieronymus.]  Nescis?  Si  tibi  id  quoque  [?]  tantum 
evenisset,  non  ita  fortis  esses,  quia  auimus  vacillaret.  Huc 
accede  et,  quam  ferox  sit  illius  ostenti  aspectus,  intuere! 

[T  h  e  o  b  a  1  d  u  8.]   Ubinam  est? 

[Hieronymus.]  Ubi  hi  duo  armati  stant,  post  eos  i;> 
arator,  duos  passus  in  loco  obscuro  atque  sedet. 

[T  h  e  o  b  a  1  d  u  s.]   Accedain.   Ni  auimus  me  fallit,  lepus 
est,  inter  omnes  feras  timidissima. 

[Hieronymus.]    At  acutius  lumina  illuc  dirige ,  ne 
decipiaris !  m 

[T  h  e  o  b  a  1  d  u  s.]  Plus  milesies  vidi  et  illam  ut  bominem 
notam  babeo.  Inque  domo  paterna  iuecum,  cum  iunior  [essem], 
eam  educabam. 

[Hieronymus.]   Vale  ,  et  id  ne  abste  exeat ,  rogo. 
Obsecro,  linguam  prohibeas.  —  Nullam  rem  certam  scio,  que  2i 
maiori  pudori  esse  valeat  quam  nostra  pusillanimitas,  si  in 
aures  hominum  pervenerit. 

[Petrus.]  Audio  Iheronimum  secum  loquentem.  Uti- 
nam  sciret,  quantum  forti  animo  atque  militari  fortitudine 
illius  ferocissimi  animalis  crura  fregissem !  :») 

[Hieronymus.]  Gaudete  vero  quidem  !  Constanti  animo 
estote!  Rem  vobis  gratam  refero. 

[Petrus.   Stepbanus.]    Enarra ! 

[Hieronymus.]  Lepus  est,  ut  niichi  Theobaldus  refert. 

[Petrus.]    At  vix  credo.  & 

* 

12  facillaret  13  verox  15  by  19  Ut  accucius  22  Inquio  (glosse: 
dico)      28  Audeo      29  scieret      30  venerisairai      34  miehi]  niultia. 


510 


Mariin  Montanus, 


[Hieronymus.]  Et  quidem  creditu  armis  vos  exor- 
nate  et  leti  niecum  domum  meam  petitote! 


Finis  huius  etc. 


XXL  (zu  Gartengesellschaft  cap.  31). 
r,  Die  drej  beichten. 

(Meisterlied  im  blutt  thon  des  alten  Stollen,  von  Hans  Deisinger 
1599  den  2.  juli  gedichtet.  Aus  der  hs.  R.  297  der  Breslauer  stadt- 
bibliothek,  bl.  39Öb.  Zu  gründe  liegt  Paulis  Schimpf  und  ernst  c.  294, 

296  und  297.) 

10  1. 

Ein  junge  magdt  die  beichtett  einem  pf äffen, 
Wie  sie  bey  einem  man  gelegen  wer. 

Der  pfaff  war  zornig,  tedt  sie  darum  straffen : 
,Du  hast  begangen  ein  grosse  sindt  schwer, 
lö  Lagestu  nackett  bey  im  ?'  tedt  er  fragen. 

Sie  antwordt:  .Nein, 
Ich  nette  ein 

Hauben  auf,'  tedt  sie  sagen. 

Er  lachett,  vergab  ir  die  sindt  raitt  gfer. 

üo  2. 

Ein  junges  techterlein  auch  beichten  tedte 
Einem  pfaffen,  der  fragt  sie  niitt  begir, 

Ob  sie  zu  nacht  noch  bruntzett  in  das  bette. 
Sie  sprach:  ,Ja.'    Er  sprach:  ,Maidlein,  ich  nag  dir, 
ä*i  Ich  thu  die  kinder  fressen  undt  zureissen, 

Die  bruntzen  drein.'  — 
,Ein  briderlein 

Hab  ich,  das  tudt  drein  scheissen,' 
Sprach  sie,  ,den  selbigen  soldt  essen  ir.« 

:»  3. 

Einsmals  ein  pauer  beicht:  ,Ich  gieb  mich  schuldig 
An  meinen  sieben  sinnen  das  ich  bin 

Ein  armer  sinder.'    Der  pfaf  ungeduldig 
Sprach  :  ,Es  hatt  ein  mensch  nicht  mer  dan  finf  sin.4 
:ti  Der  pauer  sprach  herwider  undt  sach  sauer: 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXI— XXII.  51 1 

«Ich  bin  Schultheis, 

Darum  ich  weis 

Mer  dan  ein  gmeiner  pauer. 

Drum  brauch  ich  billich  zweier  sin  mer  forthin/ 


XXII.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  31).  5 
Eines  töchterleins  beicht. 

(Meisterlied  in  der  alber  weiß  Sig.  Schwarzenbachs,  gedichtet  von  dem 
Augsburger  H[ans]  W[eidner].   Aus  dem  mscr.  Will  III,  784  fol.  der 

Nürnberger  stadtbibliothek,  bl.  570b.) 

1-  10 

Ein  pfarrherr  was, 
Der  zu  beicht  sas; 
Zu  dem  da  kam 

Ein  töchterlein 
Noch  jung  und  klein  15 
Vol  forcht  und  schäm. 

Das  herrlein  es  bald  fraget 
Sehr  vil,  die  junge  maget 
Ein  gute  antwort  saget, 
Deß  er  verwundert  sich. 


20 


2. 


Letztlich  fragt  der 
Gut  herr  on  gfer 
Das  töchterlein, 

Ob  es  noch  thet 
Prunzen  ins  bet 
Es  sprach :  ,0  nein/ 

Da  warnet  er  das  kinde, 
Sprach  :  ,Die  solches  tbun,  gschwinde 
Friß  ich.    Drum,  mein  kind,  linde 
Hüte  vor  solchem  dich!' 

3. 

Das  meidlein  bald 
Sprach  auß  einfald: 

,0  mein  herr  hoch,  %t 

Ich  hab  noch  ein 
Kleins  brüderlein ; 


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» 


512 


Martin  Montanus, 


Dasaelb  thut  noch 


Sein  selber  offt  vergessen 
Und  scheisst  inns  bet  vermessen. 
Dasselbig  solt  ir  fressen.4 
Der  herr  lacht  innigklich 


XX III.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  49). 
Rusticus  decipit  daemonem. 

(Hu  lab usch,  Sylva  sennonum  1568  p.  24.) 

Rusticus  quidam  dives  tempore  raessis  sollicitus  multum 
10  fuit,  quomodo  possit  congre-[25]gare  messen)  in  horreum  snum 
parva  aut  nulla  niercede. 

Dum  ergo  ob  haec  se  cruciaret,   offVrt  se  daemon,  quae- 
rens  causam  suarum  cogitationum  simulque  promittens  operam 
suam.    Respondit  rusticus:  ,Habeo  multa  bona  in  agro,  quae 
lö  optarem  indita  in   horreum  meum ;  sed  cruciat  nie  expositio 
tot  pecuniarum  in  has  operas.    Si  mihi  potes  quicquam  prae- 
stare  in  hac  re,  facito!4    Respondit  daemon  :  ,Si  mei  volueris 
esse  iuris  in  posterum,  ego  omnem  tuam  messem  collegero  in 
horreum.4    Rusticus,  sperans  se  decepturum  daemonem,  respon- 
se dit :  ,Si  tribus  meis  postulatis  satisleceris,  ego  te  comitabor, 
ubi  libuerit.4    Annuit  daemon  petitque,  quid  velit  tieri.  ,Age,4 
inquit  rusticus,  ,indito  omnes  meas  messes  in  horreum  indem- 
ne;  hoc  facto  confer  domum  omnia  mea  ligna,  quae  sunt  vel 
in  agro  vel  siivis!     Cum  haec  feceris,  accede  ad  me,  et  in- 
26  dicabo  tibi,  quid  ulterius  facturus  eris/ 

Daemon,  cui  haec  omnia  erant  facilia.  mandata  exsequitur 
rediensque  ad  rusticum  quaerit,  quod  esset  tertium.  Rusticus, 
qui  hoc  mane  rapas  aliquot  crudas  comederat,  aptus  erat  ad 
emittendos  ventris  crepitus  ;  quare  magnum  emitteus  crepitum 
:jo  ait  daemoni:  ,Heus  socie,  cape  hunc  ac  nodum  in  eo  mihi 
necte,  aut  de  pacto  nihil.4  Hoc  videbatur  daemoni  impossi- 
bile;  quare  relicto  rustico  abiit  elusus. 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXIII— XXIV.  5 1 3 


XXIV.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  50). 

Stultus  niittitur  in  molendinum  allaturns  saccum 

farinae. 

(Hulsbusch,  Sylva  sermonum  1568  p.  26.) 

Vidua  quaedam  paupercula  habuit  filium,  qui  fariua  per- 
fusus  erat,  ut  proverbio  dicitur.  Hnnc  inittit  .'id  molendinum 
qnoddam  una  cum  sacco  locatque  eum  in  equo  cum  mandato, 
ut  alta  voce  inclamaret :  ,Saccum  plenum,  saccum  plenum.» 
Facit,  ut  iu8sus  erat. 

Contimit  autem  non  multum  post  inceptum  Her,  ut  equus  io 
sterneret,  ita  ut  parum  abfuit,  quin  deiectus  fuerit  mono.  Quo 
factum  est,  ut  oblitus  fere  commissi  clamoris  prosequeretnr 
non  ut  prius  ,Saccum  plenum1,  sed :  ,Sextarius  plenus,  sextarius 
plenus.4  Praeteriens  rnsticum,  qui  sementem  faciebat ;  qui  sibi 
persuadebat  morionem  sua  causa  ita  inclaniare,  accurrit  ac  lö 
miserabiliter  verberans  inbet  clamare:  ,Multiplicabitur,  niulti- 
plicabitur.* 

Insipiens  persistens  in  commisso  materno  prosequitur  iter 
suum  versus  molendinum  clamans:  ,Multiplicabitur.1   Forte  re- 
perit  duos  pugnantes ;  qui  putantes  morionem  eorum  causa  ita  so 
clamare  involant  anibo  in  eum  misereque  tractantes  iubent 
clamare:  ,Separet  vos  Deus,  separet  vos  Deus!1 

Miser  hic  morio  oblitus  iam  suae  farinae  ob  unam  aut 
alteram  acclamationem  infortunatam  prosequitur  nihilominus 
in  mandato  clamans  :  , Separet  vos  Deus  !'  F actus  autem  obvius  £> 
duobus  novis  nuptis,  qui  eodem  die  primum  se  sacramento 
obstrinxere,  [27]  et  prosequens  clamorem,  quem  edoctuserat; 
et  ipsi  raorioni  multas  alapas  impegere  dicentes:  ,Hoc  pacto 
tibi  clamandum  est:  Amplectere  et  fove!4 

Stultus,  quem  iam  potuisset  pertaesum  esse  tot  infortuni-  :{u 
orum  et  verberum ,  progreditur  inclamans ,  ut  erat  doctus : 
,  Amplectere  et  fove!1  Et  obvius  factus  cuidam  ducenti  por- 
cellum  cborda  ligatum.  Is  putans  morionem  sibi  ita  acclamare 
involat  in  eum  ac  dilacerasset  eum,  ni  succursum  fuisset,  iu- 
bens  clamare:  ,Veru  fige,  torre  et  comede!k  35 

Montauu»  33 


514 


Martin  Montanas. 


Quod  diligenter  imprimens  animo  et  ingerainans.  Ea  via, 
qua  praeteriit,  erat  quidam  exonerans  ventrem.  Qui  putans 
morionem  sibi  ita  acclamare  arripit  eum  ac  male  tractat  dicens: 
,Non  ita  clamandum  est,  sed  dicendum:  Abi,  foeteat.4 

i  Stultus  iam  desperabundas  ob  tot  indignas  tractationes 
iter  suum  institutum  perficit  et  veniens  ad  molendinnm  re- 
perit  conflagrari.  Et  licet  attonitus  non  desistit  tarnen  cla- 
mare :  ,Abi,  foeteat!*  Quod  audientes,  qui  aderant  incendio, 
indignabundi  arripiunt  morionem  et  iniiciunt  in  igneni,  atque 

iu  is  finis  suae  erat  stultitiae. 

XXV.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  55). 
Der  im  fasse  verborgene  buhle. 

(Ottomarua  Luacinius,  loci  ac  sales  1524  bl.  K7a  nr.  171.) 

Moecbae  cuiusdam  maritus  cum  inopinato  adventn  ali- 

ir»  quando  irrueret ,  nt  parum  abfuerit ,  quin  peccantem  depre- 
henderet ,'  mulier  in  proximum  vas ,  quod  vino  iam  erat  ex- 
haustum,  adulterum  abscondit.  Maritus  autem,  qui  andito 
strepitu  minime  levem  suspicionem  conceperat  animo  de  adul- 
tero  in  vase  latente,  uxorem  accedens:  ,Vas4,  inquit,  ,istud  cum 

au  non  sit  nobis  usui  et  locum  hunc  aedium  sine  fructu  occupat, 
vendidi.  Evolvamus  igitur  illud  iam  tradendum  emptori !(  Ad 
quae  mulier:  ,Quin  mihi  tecum  per  omnia  convenit,  dulcissime 
raarite  ?  Novi  iampridem  auimum  tuuin  et  mecum  quoque  ipsa 
adduxi  quendam  emptorem,  qui  iampridem  in  vas  ipsum  in- 

2>  siliit  contemplaturus,  num  per  omnia  rebus  suis  conveniat. 
Heus  tu  homo,  qui  vase  conspiciendo  includeris,  prodi !  Non 
tibi  hoc  vas  vendemus.  quod  prior  alius  a  marito  raeo  emit.4 
Tum  ille  erumpens :  ,üii  melius4,  inquit,  ,ut  huius  vasis  gratia 
dissidium  inter  nos  oriatur.   Magis  ex  re  mea  est,  ut  dominae 

:su  retineam  benevolentiam.  Denique  ita  habetote,  ut  etäara  con- 
tracta  emptione,  si  id  melius  visum  fuerit  vobis,  rescindi  illam 
patiar-4  Caeterum  maritus:  ,Ut  video,4  ait,  ,frugi  homo  es. 
Nisi  te  lautior  domi  maneat  coena,  coenato  hic  mecum,  ob- 
secro.4   Verum  uxor  habita  hac  occasione  nonnihil  renitentem 

;r>  blanditiis  vincens  domi  retinuit. 


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Anbang  verwandter  stücke  nr.  XX V — XXVt. 


515 


XXVI.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  56). 
Ehemann  als  beichtvater. 

([Jodocus  Gallus,]  Mensa  philosophica,  Colonie  1508  bl.  35  b;  trac- 
tatus  4,  tit  De  militibus  =  Mich.  Scotus,  Mensa  philos.  Lipsiae 

1603  p.  211  lib.  4,  c.  9.)  5 

Quidam  miles  voluit  audire  confessionera  uxoris  sue.  Que 
renuit  dicens,  quod  ipse  non  baberet  superpellicium  neque 
stolam.  Qui  querens  [ea]  eam  vocavit  ad  confitendura.  Que 
ait :  Juvenis  fui  et  dilexi  iu venera  arraigerum,  postea  militem, 
postea  fatuuni,  deinde  sacerdotem.1  Tunc  ille  proiiciens  super-  w 
pellicium  et  stolam  quesivit,  si  sacerdos  adhuc  veniret.  Que 
dixit ,  quod  sie,  et  rogavit,  ne  ista  revelaret.  Post  triduum 
cum  cognovisset  eum  affligit  vocavit  eum  ad  se  dicens:  ,Scitote, 
quod  ea,  que  vobis  in  confessione  retuli,  ex  industria  dixi  et 
verum  protuli.  Vos  enim  aeeepi  doraicellum,  post  habui  vos  K> 
militem,  post  fatuuni,  quia  talia  volebatis  audire,  et  modo 
sacerdotem,  quia  confessionem  audivistis.' 

XXVII.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  58). 

Eine  junge  frau  klagt  über  ihres  mannes  impotenz. 

(Meisterlied  in  der  schneweis  Michels  Müllers,  gedichtet  von  Jochem  «jo 
(ilockenthon  1588  am  7.  juni.  —  Aus  der  Dresdener  handschrift 

M  5,  s.  347—349.) 

1. 

Zu  Florenz  ein  edler  knab  aas, 
Der  nam  fürbaa  &> 
Eines  riters  tochter,  der  was 
Neri  Pacci  genante. 
Also  die  zwei  bekante 
Beisain  wonten  hernach. 

Kines  tags  die  jungfrau  alein  yo 
Bedrübt  ging  ein 


13  em  permisisset  A ;  cum  permisisset  B. 


33* 


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Martin  Montanus, 


In  das  hauß  irer  eitern  fein 
Und  det  auch  also  jehen: 
,Wie  habt  ir  mich  versehen 
So  gar  bößlich!4  sie  sprach. 

Ir  muter  det  sie  fragen, 
Was  sie  dann  het  zu  klagen. 
Da  hübe  sie  nun  weinet  an, 
Sprach:  ,Mercket  mich, 
Ihr  habt  warlich 
Mir  geben  thon 

Einen,  der  ist  kein  rechter  mon; 
Er  hat  nur  ein  wenig  darvon.' 

2. 

Ir  muter  erschrack  der  red  do, 
Saget  also 

Solches  irem  mann  Nerio. 
Der  wundert  ob  dem  schaden, 
Doch  eins  mals  thet  er  laden 
Sein  freundschafft  in  sein  hauß. 

Als  sie  nun  zu  disch  saasen  all, 
Drat  hinein  ball 
Der  jungen  frauen  man  zumal, 
GrQst  sie  all  in  gemeine, 
Sprach:  ,Wie  draurig  alleine 
Sitzt  ir  alhie  durchaus?« 

Die  gest  deten  all  schweigen, 
Keiner  wolt  im  anzeigen 
Die  ursach  ires  draurens  schon. 
Doch  einer  zwar 
Under  in  war, 
Der  sprach:  ,Hör  an, 
Dein  weib  saget,  du  seist  kein  man 
Habest  nur  ein  wenig  darvon.* 

a. 

Des  wundert  der  jung  mann  der 
Gant  7.  lachend  sprach 
Zu  in:  ,Ich  beweiß  es  hernach.4 
Da  sie  nun  heten  gessen, 
Stund  er  auf  un vennessen 
Und  zucket  seinen  Stecher  bloß, 

Sprach:  ,Nun  urtheilet  ir  dabei, 
Ob  ich  nicht  sei 
Bewehrt  und  aler  anklag  frei!1 


Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXVII  -XXVIII.  517 

Ides  weib  wundren  thete, 
Dacht:  ,0  das  mein  man  hete 
Ein  solchen  halb  so  groß!' 

Sie  strafften  zu  der  zeite 
Diser  frauen  thorheite.  ö 
Sie  sprach:  .Unser  esel  hat  ein, 
Der  was  aber 
Ser  vil  grösser, 
Und  er  dut  sein 

Ein  vidi,  und  mein  man  ist  allein  10 
Ein  mensch.'   Sie  lachten  algemein. 

■ 

XXVIII.  (zu  Gartengesellscliaft  cap.  72). 
Die  kesküchlein. 

(Meisterlied  in  der  sauerweis  Hans  Vogels,  gedichtet  von  Uans  Vogel 
1541.  —  Aus  der  Dresdener  Iis.  M  5,  s.  792;  steht  auch  in  der  Dresdener  15 

hs.  M  8,  bl.  420  b.) 

1. 

Eins  mals  ein  frau  ein  zaubrin  bäte, 
Sprach:  .Liebe  frau,  rat  mir  in  einer  saclie! 
Wie  sol  ich  im  thon,  auf  das  mire  20 
Mein  man  bald  inöcht  erblinden  ?' 

Sie  gab  ir  einen  solchen  rate: 
.Geh  in  sanct  Lenharts  kirchen',  die  alt  spräche, 
,Bet  vor  sanct  Lenhart!    Der  wirt  dire 
Qar  bald  einen  rath  finden.'  2ö 

Das  wurd  ir  man  geware, 
Ging  in  die  kirchen,  stelt  sich  in  alture 
Mit  fug, 

Sam  er  sanct  Lenhart  were. 

Die  frau  kam  ein  geschriten,  »j 

Sprach:  .Lieber  sanct  Lenhart,  ich  thu  dich  biten, 

Gib  mir  doch  ein  1er  here, 

Wie  ich  im  doch  sol  thane, 

Auff  das  doch  bald  erblinden  mög  mein  mane !' 

Er  sprach:  .Gib  im  gut  wein  ttö 

Und  keli  küchlein  genug! 

So  wirt  er  bald  blind  sein/ 

2. 

Nach  dem,  als  der  mitag  her  ginge, 
Sprach  die  fran:  ,Lieber  man,  was  wiltu  essen?'  w 


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Martiu  Montanus, 


Kr  sprach:  ,Wann  ich  kes  küchlein  hetc ; 
Der  lustet  mich  gar  sere.' 

Die  frau  was  fro  und  dacht,  die  dinge 
Weren  gut  werden,  und  na  in  ungern  essen 
Vil  deigs  und  küchlein  machen  thete 
Ein  schüssel  vol  und  mere. 

Und  wenig  sie  auf  hüben. 
Der  man  stund  auf,  fiel  midten  in  die  stuben 
Und  sprach: 

,0  wie  ist  mir  geschehen!' 

Das  weib  sprach:  .Lieber  inane, 

Was  ist  dir  widerfahren?    Zeig  mir  ane!' 

Er  sprach:  .Ich  kan  nichts  sehen, 

Bin  gehling  erblint  gare.* 

Das  weib  glaubet  im  und  meint,  es  wer  wäre 

Sie  sprang  vor  freuden  fast 

Und  lud  gar  bald  darnach 

Iren  pf äffen  zu  gast. 

8. 

Und  als  sie  nun  zu  dische  sassen, 
Must  der  blind  man  hinter  dem  ofen  sitzen ; 
Vor  im  lag  ein  gspant  armbrust  grosse, 
Welches  des  pfaffen  wäre. 

Und  als  sie  nun  druncken  und  assen, 
Der  man  heimlich  auf  das  armbrust  thet  schmitzcu 
Und  den  pfaffen  am  disch  erschösse. 
Die  frau  schri,  raufft  ir  hare, 

Sprach :  ,Was  hastu  zu  schaffen, 
Das  du  erschossen  haut  unseren  pfaffen! 
Dein  leib 

Wirt  man  marteren  schwere.4 

Der  man  bald  zu  ir  spräche : 

,0  liebes  weib,  nun  wirff  mich  in  ein  bachc, 

Ke  ich  gemartert  were!' 

Sie  nam  in  bei  der  hende 

Fürt  in  zum  bach.    Gar  bald  er  sich  umb wende 
Und  warff  sie  selb  hinein, 
Ließ  ersauffen  sein  weih, 
Ging  darnach  die  stras  sein. 


Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXVIII— XXIX. 


519 


XXIX.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  80). 
Ein  küue  that  der  weiber. 

(Meisterlied  in  der  tagweiß  Bartolt  Regenbogen.  —  Aus  dem  wscr. 
Will  III,  782  fol.  der  Nürnberger  stadtbibliothek,  8.  449.) 

1.  o 

Als  keisser  Conradus  der  dritte 
Mit  herzog  Welff  auß  Beyren  stritte, 
Schlug  er  des  herzogs  volck  gemein. 
Der  herzog  floch  gen  Weinsperg  ein 
Mit  seinem  heer,  in 
Welches  nicht  war  ein  ringe  zahl. 
Da  waren  in  dem  schlos  zumal 
Vil  tugentsame  frauen. 

Der  keisser  belegtt  alle  Strassen 
Und  trenget  sie  über  die  massen,  15 
Trauet  ihnen  allen  den  tot. 
Deß  kamen  sie  in  grose  nott 
Umb  so  vil  mehr, 
Weil  sie  nicht  lenger  an  dem  ortt 

Sich  künden  auffhalten  hinfortt  20 
Noch  diser  festung  trauen, 

Weil  die  nicht  hetten  bey  der  band 
Hüstung  noch  in  der  theurung  schwer 
Zur  nahrung  gnugsam  proviant. 

2.  25 

Dem  keisser  wolten  sie  auffgeben 
Das  schloß,  so  fern  er  sie  lieb  leben. 
Der  keisser  aber  der  gestalt 
Liese  sich  nicht  erbitten  bald, 

Sonder  mit  macht  '.{0 
Wolt  er  das  schloß  zerstören  gar 
Sambt  allem,  waß  darinnen  war, 
Mit  dem  schwerdtlossen  schlagen. 

Alß  solche  nott  theten  anschauen 
Im  schloß  die  tugendtsamen  frauen,  :jt> 
Butten  sie  den  keisser  gar  fein, 
Daß  er  doch  wolte  sie  allein 
Ohn  allen  bracht 
Lassen  abzihen  sicherlich 

Sampt  dem,  wuß  ein  jede  mit  sich  40 


r 

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520 


Martin  Montanus, 


An  irem  leib  möcht  tragen. 

Der  keisser  sprach :  ,Wir  wöllen  nit 
Mit  weibern  halten  eine  schlacht; 
Ich  lasse  in  zu  ire  bitt* 


Der  keisser  begeret  zu  schauen 
Aus  dem  schlos  den  abzug  der  frauen 
Und  hielt  mit  seinem  beer  darbei, 
Da  sie  aolten  durchzihen  frei. 
10  Ohn  allen  neid 

Die  tugentaamen  frauen  fein 
Vereinigtton  sich  in  gemein; 
Ein  jede  ohne  scherzen 

AuM  lieb  und  deniut[?]  sich  thet  bücken, 
15  Nam  iren  man  au  ff  iren  rücken, 

Trug  in  aus  dem  schlos  der  gestalt. 
Der  keisser  lise  sie  alsbald 
Ohn  alles  leid 

Alle  sambt  fein  ledig  und  los. 
20  Weil  im  der  weiber  treu  so  gros 

Gantz  christlich  ging  zu  herzen. 

Solchs  beschreibt  Hedion 
In  dem  zehenden  buch  bereitt 
In  dem  dritten  capittel  schon. 

2.,  XXX.  (zu  Garten  Gesellschaft  cap.  80). 

Vou  der  belegerung  Weinsberg  in  Bayren. 

(Meisterlied  in  der  froliclien  inorgenweiK  Ofnufrius]  S|chwartzcnbach], 
gedichtet  von  H[ans]  W[ei  d  nerj  aus  Augsburg  1591)  am  28.  september. 
—  Aus  dem  Münchner  cod.  germ.  5102,  bl.  20a.) 

30  1. 

Als  nun  baid  sander 
Kriegten  ein  ander, 
Kayser  Conradt  der  drit  genant 
Und  der  Bayr  fürst  bekannt, 
Hieü  Gwelffus  mit  dem  namen, 
Wellicher  mit  seinem  volckh  allersamen 

Den  krieg  erreget 
Und  sich  bald  leget 
Inn  sein  statt  Weinsperg  zu  der  frist. 

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Anbang  verwandter  «Lücke  nr.  XXIX— XXX. 

Für  dio  kam  bald  gerist 

Kayser  Conradus  mechiig 

Mit  seinem  hör,  schlueg  Bein  leger  bedechtig, 

Tbet  nach  den  dingen 
Der  statt  zue  dringen, 
Hett  doch  inn  schnellem  zoren 
Etliche  stürm  verloren. 
Wolt  dannoch  nit  ablaßen, 
Sonder  plaget  die  statt  sollicher  inaßen, 
Bis  das  darinnen 
Thete  zerrinnen 

Allerlay  speiß  und  an  dem  brott 
War  groß  mangel  und  nott, 
Also  das  inn  den  tagen 

Sich  inn  der  statt  das  volckh  hoch  thet  becl.i 

2. 

Der  hörtzog  eben 
Sich  m  uest  ergeben 
Inn  des  kaysers  gnad  und  Ungunst, 
Nichts  mocht  in  hellten  sunst; 
Doch  thet  er  genud  hoffen, 
Der  kayser  gebott,  ehe  die  statt  war  offen. 

Man  solt  bedenckhlich 
Halten  gefenckhlich 
Den  hertzog  und  sein  ritterschafft. 
Es  begab  sich  war h äfft, 
Das  die  hörtzogin  zichtig 
Mit  andem  edlen  frawen  auffrichtig 

Ließ  durch  bitt  werl>en 
Vor  dem  verderben 
Bcy  dem  kayser  hesunmin. 
Er  solt  ihnen  vergunnen, 
Dieweil  sie  müesten  fliehen, 
Das  liebest,  sie  damit  lassen  abziehen, 
Was  sie  ohn  klagen 
Mochten  ertragen. 
Der  kayser  ihnen  das  verhieß 
Und  solliches  zueließ. 
Vil  gedachten  ohn  sorgen. 
Silber  und  gold  wer  ir  liebstes  verborgen. 

3. 

Daraus  sie  wurden 
Machen  ein  bürden 


Martin  Monianus, 

Und  damit  aus  der  statt  bingohn. 
Du  trueg  jode  darvon 
Ihren  man  mit  frolockhen 

Sambt  einem  kind  in  der  sclioL»  uncrschrockhen. 

Vorher  ist  gangen 
Sehr  mit  verlangen 
Die  hörtzogin  ganz  wolgewuet, 
Trueg  ihren  herren  guet. 
Etlich,  die  da  zuesahen, 
Wolt  dise  sach  auf  die  weiber  verschmähen, 

Sprsichen  sehr  klücglich, 
Der  kaiser  füeglich 
Die  weiber  solt  abschaffen, 
Sie  umb  dise  that  straffen. 
Dus  wolt  er  thon  mit  nichten, 
Thet  sie  der  weiber  that  bosser  berichten. 
Sein  zue  gedenckhen, 
Thet  er  bald  schenckhen 
Kinem  jeden  weib  iren  man 
In  dem  friden  ;  fortan 
Der  frummen  weiber  titel 
Rüinbt  im  Regentenbuch  das  drit  capitel. 

XXXI.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  81). 
Der  abgesetzte  vugt. 

(Jodocus  Gallus,  Mensa  philosophica  1508  bl.  3G  ,de  advocatis4  = 

1603  p.  214.) 

Quidam  advocatus  absolutus  ab  administratione  transiens 
per  viam,  quia  debil  iorem  solito  habebat  equutu,  cecidit  in 
lutuni.  Quem  videntes  stathu  occurrentes  eura  extraxerunt. 
:;u  C^ui  grntins  agens  dixit,  si  esset  adhuc  advocatus,  se  eis  velle 
recompensare.  Cui  unus  de  rusticis :  ,Non  estis  vos  advocatus?1 
,Non,4  inquit.  Et  ille :  ,Ergo  iacebitis  in  luto.1  Et  reiecerunt 
euin  in  lutuni  ut  prius. 

XXXII.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  87). 

X}    Warum  b  die  wölff  die  schaff  vervolgen  und  die 
pfaffen  den  weibern  uü'setzig  sein. 

(Esopua  leben  und  fabeln,  darzü  ußzflge  schöner  fabeln  und  exempeln 
doctor  Sebastian  Brant,  Freiburg  i.  B.  1535,  bl.  13Ca.) 


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522 


10 


LH 


Anhaog  verwandter  btüeke  nr.  XXX  XXXIII. 


52;^ 


Es  ward  gefragt  ein  priester,  warumb  die  geistlichen  all- 
weg  uffsetzig  weren  den  weyben  und  die  wölff  den  schaffen. 
Antwurt  er:  ,Es  lag  einist  ein  hirt  siech  an  schwerer  kranck- 
heit,  allso  das  er  den  priester  hieß  kommen  mit  dem  letsten 
ole.  Do  der  nün  kam,  fraget  er  den  pawren ,  ob  er  kein  te-  :» 
stament  machen  wolt  oder  etwas  zü  götlichen  saclien  setzen 
und  gottzdienst  fürdern.  [136b]  Do  sprach  der  pawr,  er  het 
ein  hirten  und  pfirisch  testament  gemacht  zü  gütten  Sachen, 
inn  dem  er  den  wolffen  alle  sein  schaff'  gesetzt  het,  darumb 
das  er  alwegen  vor  inen  sicher  gewesen  were  unnd  nie  kein  10 
schaden  empfangenn.  Und  hette  dem  pfaffen  sein  fraw  gesetzt, 
welch  er  fast  lieb  het,  by  dem  sie  auch  baß  und  frölicher 
leben  mocht.  Und  den  hecken  seinen  mantel,  darumb  das  er 
dick  von  inen  enpfangen  het  angeneine  schatten.  Do  nün  nach 
des  hirten  tod  die  erben  sollich  gesetzt  gut  abschlügen  und  10 
verneinten  das  ußzerichten  oder  zehalten,  band  alsbald  die 
wolfte  den  schaffen ,  die  pfaffen  den  weybern  und  dye  hecken 
den  kleydern  widerseit;  und  das  wert  noch  uff  disen  tag.4 

XXXIII.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  88). 

Wie  clor  bapst  einem  landsknecht  eine  bus.se  au  ff-  *j 
leget,  und  wie  er  sich  hielt. 

(B.  Hcrtzog,  Schiltwacht,  Magdeburg  0.  j.  bl.  D7a  nr.  30). 

Es  war  ein  kriegsknecht,  der  kam  gen  Rom,  beichtet  dem 
bapst,  bekandte  seine  sünde ,  deren  nun  viel  waren ,  begerte 
eine  absolution  und  busse,  dardurch  er  seiner  sünde  abstehen  20 
möchte.  Der  bapst  setzet  im  auff ,  er  sol  in  zweyen  jähren 
kein  wein  trincken,  kein  fleisch  essen,  auff  keinem  fedderbet 
ligen  und  kein  weibesbild  berühren;  nach  verscheinung  der 
zweyen  jähren  solt  er  sich  zu  Rom  wiederumb  erzeigen.  Das 
er  denn  versprach,  und  wiewol  es  ihm  schwerlich,  hatte  er  yo 
ihm  doch  fürgenommen  solches  zu  vollbringen.   Er  zog  so 

18  klyedern  A. 


524 


Martig  Montanus, 


lauge  uuib,  das  er  kein  gelt  [hatte] ,  auch  an  Kleidern  gantz 
bloß  gieng. 

Nach  langem  [D7b]  heruuib  ziehen  kam  er  in  ein  nonnen 
closter,  so  auff  einer  Strassen  lag,  bey  welchem  ein  schöner 

ö  garten,  in  demselben  stund  ein  schöner  birnbaum.  Der  gute 
gesell,  so  gante  hungerig,  steig  hinauff,  brach  der  birn.  Es 
trug  sich  aber  eben  zu,  das  die  eptissin  ihrer  gewonheit  nach 
in  den  garten  spatzieren  gieng,  zu  dem  bäum  kam,  hinauff 
ruftet,  wer  im  den  befehl  oder  gewalt  geben,  das  er  auff  den 

iu  bäum  gestiegen.  Der  gute  gesell  verantwortet  sich,  es  bette 
in  so  übel  gehungert.  Es  hatte  aber  der  kriegsman  zerrissene 
hosen  an,  das  ihnte  das  geschirr  alles  hindurch  hieng,  der  nun 
zimlich  staffiert  war.  Welches  die  nonne  bald  ersehen,  ge- 
dacht: 'Der  mus  dir  wol  zu  statten  komen4,  führet  ihn  in 

u,  ire  zellen,  wein  und  fleisch  darsetzet.  Das  wolt  er  nit,  saget, 
wie  es  im  vom  bapst  verbotten  were.  Die  eptissin  sagt,  solchen 
dingen  were  wol  rath  zu  finden,  setzet  im  wiidprat  und  nial- 
vasier  für,  sagt,  es  were  weder  wein  noch  fleisch.  Desgleichen, 
da  die  nacht  her  drang,  wolte  sie  ihn  in  ihr  beth  weisen. 

20  Dessen  entschuldiget  er  sich,  er  dürffte  zugleich  auff  keinem 
federbette  schlaffen.  Die  nonne  saget,  es  were  kein  fedder- 
bett,  sondern  pflaumen,  dessen  der  gut  gesell  wol  zufrie-f  D  8a] 
den.  Letzlich  begerte  die  nonne  sein  beyschlaff  zu  sein.  Dessen 
er  sich  abermahls  wehret;  es  were  im  auch  von  dem  bapst 

2.j  verbotten ,  er  solte  bey  keinem  weibe  schlaffen.  Die  ebtissin 
antwort,  er  hett  wol  fug  bey  ir  zu  ligen;  denn  sie  were  eine 
nonne  und  kein  weih.  Also  blieb  der  landsknecht  die  zwey 
jar  ein  bauchvater  bey  den  nonnen  im  closter.  Sonder  zweiffei 
wird  er  sich  wol  gehalten  und  erzeigt  haben;  sie  hetten  in 

:w  sonst  nit  so  lange  gelitten. 

Da  nun  die  zeit  herumb  kam,  zog  er  wieder  nach  Rohm, 
begert  der  büß  eine  absolution.  Der  bapst  höret  in  die  beicht, 
fraget  erstlich,  ob  er  auch  wein  getruncken.  Er  antwort  nein, 
sondern  er  were  die  zeit  in  einem  closter  gewesen,  da  hettc 

30  er  nialvasier  getruncken.  Item,  ob  er  fleisch  gessen.  Saget, 
er  habe  wiltprät  und  vogel  genossen,  das  were  kein  fleisch. 
Zum  dritten,  ob  er  auff  f eddern  geschlaffen.  Er  antwortet  auch 
nein,  sondern  er  bette  auft'  pflaumen  gerastet.    Welches  ihm 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXXIII— XXXIV.  525 

der  bapst  alles  verzeihet,  doch  ihn  letzlichen  examiniret,  ob 
er  auch  bey  einem  weibe  geschlaffen.  Darauff  der  kriegsnian 
auch  nein  antwortet:  ,Ich  bin  aber  bey  der  eptissin  und  bey 
den  nonnen  allen  gelegen.1  Der  bapst  war  zor-[D  8b]nig,  sagt, 
er  were  ein  kind  der  verdauinis,  er  köndte  ihn  nicht  absol-  :» 
vieren ;  denn  die  nonnen  wcren  unsers  herrn  gottes  Schwestern. 
Der  landsknecht  sagt:  ,Wolan ,  sein  die  nonnen  unsers  herrn 
gotts  Schwestern,  so  ist  er  mein  sch wager ;  so  wil  ich  wol 
selbst  mit  ihm  eins  werden,  darff  keiner  absolution  nicht.1  Zog 
wieder  zu  seinen  nonnen.  n> 

XXXIV.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  89). 
Das  läuß  knicken. 

f  Meisterlied  Ambrosius  Metzgers  im  braun  thon  Regenbogen»,  am 
a.  december  1625  gedichtet  —  Aus  dem  üöttinger  cod.  philol.  10«,  a.  125.) 

1.  i:> 

Wo  zwitracht  ist  in  dem  ehlichen  leben. 
Darinen  thut  sich  viel  seltzams  begeben. 
Poggius  in  seiner  kurzweil  erzehlet, 

Daß  ein  man  bett  ein  bößes  weib  genummen, 
Die  nichts  kund  dan  zancken,  kiffen  und  brumen ;  no 
Was  sie  ihr  fürnam,  ward  für  gudt  erwehlet. 

Daher  sich  groß  Uneinigkeit 
Mit  ihnen  beiden  offt  batt  zugetragen, 
Also  das  offt  zu  mancher  zeit 

Es  kommen  ist  von  Worten  zu  dem  schlagen.  v> 
Der  man  thet  alls  versuchen. 
Ob  er  sein  weib  boßhafft 
Durch  krafft 

Der  schlag  ab  g'wehnt  das  fluchen, 

Damit  gleichwol  nichts  schafft.  ::o 

2. 

Als  er  ein8mal8  sie  gValtig  thet  erreichen 
Viel  baß  dan  sunst  mit  meng  der  großen  streichen, 
Sie  ihn  ein  lausigen  hund  hatt  genennet; 

Welche  wort  ihn  so  hart  verdroßen  haben,  :r, 
Daß  er  seim  zohren  hefftig  thet  nachtraben 
Und  sie  mit  streichen  g'waltiglich  anrennet, 


52« 


Martin  Montanüs, 


Also  das  er  auß  grimigkeit 
Sie  ward  stoßen  und  tretten  mit  den  fOßen, 
Vermeint,  daü  sie  ihre  boßheit 
Durch  solches  wQrd  bereuen  und  abbOssen. 
ö  Wie  sie  fortfuhr  unb'sunnen, 

Er  die  an  ein  sail  band 
Zuband 

Und  ließ  sie  in  ein  brunen, 
Zu  bessren  der  [!)  verstand. 

10  3. 

Aber  sie  wolt  nicht  von  der  schmachred  weichen, 
Da  schon  das  wasser  thet  den  hals  erreichen, 
Snnder  schry  ,Laußiger'  ganz  unbescheiden. 

Da  ihr  daß  wasser  Obers  maul  ward  gehen, 
1>  Kund  sie  nicht  ablassen  von  ihrem  schmehen, 

Hub  beid  band  Ober  den  kopff  zu  den  zeiten, 

Truckt  beider  daum  nägel  zusamm, 
Gleichsam  sie  mit  dießera  die  lüuß  wolt  knicken. 
Kein  besserung  ihrs  lebens  kam, 
3j  Wolt  viel  lieber  in  dem  wasser  ersticken. 

Drauß  die  lehr  thut  verbleiben, 
Daß  sey  ein  schwere  sach 
Hernach 

Von  den  weibren  zu  treiben, 
o-.  Die  einmal  g'fast  der  schmach. 


XXXV.  (zu  Qartengesellschaft  cap.  89). 
Einer  su<ht  sein  ertruncken  weil)  wider  den  ström. 

(Meisterlied  Ambrosius  Metzgers,  in  der  alten  weiß  Kriegsaura,  am 
7.  Januar  1626  gedichtet.  —  Aus  dem  Uöttinger  cod.  philol.  196,  s.  133.) 


Als  ein  böß  weib  eins  malen 
In  ein  wasser  gefallen, 
Auch  drin  ersoffen  gar 

Und  daß  ihr  man  vernommen, 
Ist  er  an  das  ort  kommen, 
Da  sie  nein  g'fallen  war, 

Suchet  sie  ohn  verdrus 
Stettig  wider  den  Aus 
Unbeschwerd  der  arbeit. 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXXIV— XXXVI. 


527 


2. 

Wie  itzt  die  leut  gesehen, 
Was  von  ihm  thet  geschehen, 
Es  sie  groß  wunder  nara 

Und  theten  hefftig  lachen,  5 
Fragten,  was  er  thet  machen ; 
Sein  thun  wer  unlobsam, 

Die  weil  sein  todes  weib 
Nicht  könd  mit  ihrem  leib 

Streben  wider  den  flas  jo 
3. 

Der  man  sagt:  ,Weil  im  leben 
Sie  stets  durch  widerstreben 
Alles  widersinns  thet, 

Würd  sie  sich  auch  bewegen 
Im  todt  dem  fluß  entgegen 
Nach  der  art,  die  sie  hett, 

Weil  sie  im  leben  war. 
Dan  sie  nie  g'scheucht  kein  g'fahr, 
Da  sie  lebet  auff  erd.' 


10 


•jo 


XXXVI.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  92). 

Molitor  capit  quinque  sextaria  ex  quatuor  sextariis 

granorum. 

(Hulsbusch,  Sylva  sermonum  1568  p.  35.) 

Molitor  quid  am ,  cuius  molendinum  non  procul  aberat  a  25 
pago,  artifex  in  participio,  habuit  anseres,  gallinas,  colunibas 
et  similia  volatilia,  quae  etiam  de  publico  proventu  vivebant. 
Uno  dieruui  cnm  columbarium  visitaret,  prospicit  venientem 
quendam  parcum  rusticum,  qui  pro  more  habuit  nnnquani  de- 
cedendi  ex  molcndino  nisi  habita  sua  farina,  quae  res  maxi  nie ;jo 
displicebat  molitori.  Quare  comminiscitnr  modum  imponendi 
huic  parco  rustico.  Descendit  ergo  actutum  et  abscondit  se  in 
molendino  proxime  ianuam. 

Rusticus  intrat  molendinum  ubique  clamans,  num  quis 
esset  domi.   Interim  se  subducit  molitor  et  vacuat  equum  onere  :k 
reponens,  ubi  sibi  commodum  videbatur,  atqne  alia  via  intrat 


528 


Martin  Montanus, 


molendinuru  dicens :  ,Quis  vocat  ?*  —  iEgo4,  inquit  rusticus, 
,adfero  quatuor  sextaria  granorum,  quae  Vellern  quaraprimuin 
molarier.4  —  ,Kietl,  inquit  molitor,  ,adfer  huc!  Nam  vacua  est 
una  molurum,  quare  iamiam  expedieris'.    Exiens  rusticus  vo- 

5  lebat  adferre  saccum  snuni ,  quem  videt  ablatum.  Quae  res 
maxinie  perculit  eum;  de  qua  re  fingebat  et  molitor  se  mi- 
rari.  Rusticus  autem,  ne  resciret  uxor,  quid  actum  erat,  rogat 
molitoreni ,  velit  sibi  vendere  quatuor  sextaria  granorum  ac 
molere;  se  bona  fide  soluturum.   Annuit  molitor  et  vendit  sna 

10  propria  grana. 

Iam  cogitabat  molitor,  [36]  quomodo  posset  rusticum 
ulterius  decipere.  Fingit  se  feiern  habere,  quae  praeter  na- 
turam  norit  piscari  in  aqua.  Rusticus  gestiens  videre  boc 
spectaculuin   rogat,   velit  boc  experiri  se  praesente.  ,Imo4, 

15  inquit  molitor,  ,ita  est  edocta,  ut,  cum  ego  com  pell  o  eam  Haintz- 
man,  norit,  quid  volo.4  Convenit  autem  molitor  cum  suo  fa- 
mulo,  ut,  si  quando  inclamaret  ,Cape,  Haintzman',  ipse  caperet 
scxtarium  unum  ex  granis  rustici,  quae  infusa  erant  in  in- 
fundibulo.    Molitor  capit  feiern,  accedit  ripara  fluvii,  deponit 

20  ac  ingeminat:  ,Haintzman,  cape !'  Quod  intelligens  servus 
exsequitur  iussum.  Sed  felis  non  videns  pisces  coctos  abnuit 
venationem.  Molitor  autem  fingit  feiern  se  verecundari  ob 
rustici  praesentiam  atque  ita  se  excusat.  Rcversi  ergo  in  mo- 
lendinum ;  cum  molita  essent  grana,  redit  dorn  um  rusticus  bene 

23  illusus. 

XXXVII.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  02). 
Katzenfischerey. 

(.loh.  Jacob  Weitin  er,  Teutsehen  poetischen  lustgärtleins  dritter  theil, 

Nürnberg  1622,  bl.  Cßb). 

3Q  Hört  zu  und  seyt  ein  wenig  stiller! 

Ich  muß  was  sagen  von  eini  inaller, 

Welcher  gebraucht  hat  disen  li«t 

Und  mit  der  katzen  hat  gefischt. 

Wie  nun  die  fischerey  abgangen, 
..-  Will  ich  zuschreiben  jetzt  anfangen. 

ü  frommer  man,  nimm  dichs  nicht  an! 

Dann  es  ist  nur  vexation. 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXXVI-XXXVII. 


Zu  einem  müller  ist  vor  jarn 
Ein  baor  mit  frucht  inn  d'  mühlen  gfahrn. 
Dem  wolt  der  müller  gerne  nützen  ; 
Der  baur  abr  blib  stets  bei  ihm  sitzen 
Und  hütet  fleissig  seiner  sack, 
Er  gieng  kein  tritt  darvon  hinweg. 
Das  thet  den  müllr  im  hertzen  plagn, 
Daß  r'  ihm  kein  körnlein  kundt  abtragn. 
Er  gieng  hinauff  zu  seinem  weib 
Und  sprach  zu  ihr:  ,Du  hertziger  leib, 
Inn  unser  mühlen  ist  ein  baur, 
Der  ist  so  ein  verschlagner  laur, 
Er  hat  jetzt  schon  zu  etlich  malen 
Allhie  inn  unser  mühlen  gmahlen; 
Aber  er  thut  stets  bey  mir  steckn, 
Ich  kan  nie  kommen  zu  sein  säckn, 
Ich  kan  ihm  nicht  ein  handvoll  zwackn; 
Der  handel  will  mir  gar  nicht  scbmackn. 
Lieber,  hilff  mir  darauff  studiern, 
Daß  wir  ihn  doch  einmal  anführn!' 
Das  weib  das  sprach:  .Mein  lieber  man, 
Der  sachen  ist  gar  leicht  zuthan. 
Nimb  nur  den  bäum  ans  wassr  zu  dir 
Und  unser  katzen  mit  dir  führ, 
Bered  ihn,  wie  sie  fisch  könn  fangn ! 
Wenn  nun  der  baur  ist  mit  dir  gangn, 
So  stoß  die  katzn  inn  bach,  sprich  Greiffl 
So  will  ich  inn  d'säck  greiften  steiff. 
Es  gilt  ein  daler  bey  meim  ayd, 
Der  baur  soll  uns  nicht  sein  zu  gscheid.' 
Der  fund  geriet  gar  wol  dem  man, 
Er  sagt:  ,Ich  will  ihm  gleich  so  than.' 

Er  sprach  zum  baurn :  .Kommt  mit  mir  her, 
Weil  d'  gerbmühl  ohn  das  noch  nicht  lar 
Und  weil  ihr  demnach  müst  allhier 
Warten  ein  stund  drey  oder  vier. 
Daß  nun  die  zeit  euch  nicht  werd  lang, 
So  bseht  ein  weile  mein  fischfang! 
Mein  katz,  so  allhie  unibher  geht, 
Umbs  fischen  sich  gar  wol  versteht.* 
Der  baur  der  glaubt  deß  müllers  wort 
Und  gieng  mit  ihm  ans  wasser  fort. 
Da  nam  der  müllr  die  katzen  sein 
Und  stieß  sie  inn  den  bach  hinein. 
Er  sagt:  ,Katz,  tumel  dich  und  greiff!4 

34 


530 


Martin  Montanas, 


Da  griff  das  weib  ins  baurn  säck  steiff. 

Die  katz  Heng  nichts  zum  erstenmal, 

Da  stieß  ers  nein  zum  andernma). 

,Katz\  sprach  r\  .greiff  noch  einmal  und  fisch, 
6  Kehr  fleiß  an  und  was  guts  erwisch!' 

Da  griff  das  weib  nochmal  inn  d'säck, 

Nam  widr  ein  guten  theil  hinweg. 

Als  nun  d'katz  auch  das  andermal 

Nichts  hett  gefangen  liberal, 
10  Stieß  ers  mm  drittenmal  hinein 

Und  sprach:  ,Huy  kdrschner,  gTeiff  dapffer  nein!' 

Da  thet  das  weib  nochmalen  fiscbn 

Und  noch  mehr  dünckl  und  korn  erwischn. 

Darnach  knOpfft  sie  widr  zu  die  säck 
K  Und  trollt  sich  auß  der  mahlen  wegk, 

Gieng  widr  inn  d'stuben,  span  daher, 

Als  ob  sie  nie  drundn  gwesen  wer. 

Der  baur  thet  warten  mit  verlangn, 

Wann  doch  die  katz  ein  fisch  würd  fangn. 
20  Aber  die  katz  bestund  gar  schal, 

Sie  fieng  auch  uichts  das  dritte  mal. 

Da  hub  der  mQUer  an  und  sprach: 

,Es  ist  jetzt  gwiß  zu  kalt  der  bach; 

Drumb  will  mein  katz  kein  fisch  anfassn, 
25  Sie  will  sich  nicht  gnug  nunder  lassn.' 

Drauff  giengens  baid  widr  inn  die  mQhl, 

Und  war  dem  müllr  erfüllt  sein  will. 

Er  lacht  heimlich  und  war  sehr  fro, 

Daß  er  dem  baurn  geschrepfft  also. 

ao  XXXVIII.  (zu  Garteugesellschaft  cap.  99). 

Wie  ein  luünch  zwey  zusamen  koppelt  on  sein  wissen. 

(Ain  httpsch  lied  wie  ein  |  münch  tzwey  zusamen  koppelt  on  |  sein 
wißen.  In  dem  speten  ton.  |  Frawonlist.  |  2  holzschnitte :  frau  und 
geistlicher.  4  hl.  8».  |  Gotruckt  zu  Straßburg  von  |  Mathis  hüpfuff  als 
man  zalt  j  XV.  hundert  vnd.  XV.  Jor.  j  —  Ein  defektes  exemplar  in  Er- 
langen; vgl.  Ch.  Schmidt,  Repertoire  bibliographique  strasbourgeois 
5,  40  nr.  133;  1893.   Ich  habe  versucht  die  lücken  zu  ergänzen). 

L 

ZA  Florentz  saß  ein  edelman, 
40  Der  het  ein  dochter  wol  gethan, 

Ein  kauffman  sie  gar  lieb  gewan, 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXXVII— XXXVIII. 


Der  warb  mit  Heiß  wol  umb  die  innigleiche. 

Dem  kau  Aman  er  die  dochter  gab, 
Darumb  das  er  was  reicher  hab, 
Die  iunckgfraw  het  groli  leid  dar  ab, 
Sy  docht:  ,Er  mag  meim  adel  nit  gleiche.« 

Kein  willen  het  sie  gantz  in  yrem  hertzen 
Zu  dem  kauffman  mit  schimpffen  oder  schertzen, 
Tag  und  nacht  thet  sie  nur  daruff  sinnen, 
Und  wie  sie  yren  sachen  thet, 
So  sie  doch  gantz  kein  willen  het 
Zu  dem  kauffman  frü  oder  spet, 
Ein  andern  man  begund  sie  lieb  gewinnen. 

g. 

Den  het  sie  holt  im  hertzen  gar, 
Tag  und  nacht*  nam  sie  seyn  war, 
Daa  sie  [im]  thet  ein  botschafft  dar, 
Das  er  von  ir  [wurd]  innen  dißer  liebe. 

Der  selbig  man  [ging  al]le  tag 
Zä  einem  münch,  als  ich  [euch  sag], 
In  ein  closter,  das  nit  ferr  lag, 
[Andechtig]  war  und  thet  sich  darinn  üb[e]. 

Sie  dorfft  niemant  vertrauwen  diser  dinge. 
Hyn  zu  dem  münch  die  fraw  selb  heimlich  ginge, 
Sy  bat  yn  seer,  das  er  sie  beicht  verhörte. 
Der  münch  sprach:  .Gern,  uff  der  fart*. 
Do  ym  die  fraw  min  beichten  wart, 
Sie  sprach:  ,Geystlicher  vatter  tzart, 
Verhöret  recht  und  eben  myne  worte! 

3. 

Ich  clag  euch  hie  meins  hertzen  not; 
Ein  man  zä  euch  sein  wonung  hot, 
Der  geht  mir  noch  frü  und  spot 
Und  meint,  er  wöl  mich  umb  mein  ere  hie  bringen. 

So  ist  es  ye  meins  willes  nit, 
Darumb  ich  euch  gar  freuntlich  bit, 
Tr  schafft  mir  vor  ym  einen  frid 
Und  das  er  lassen  thä  von  dissen  dingen, 

So  doch  der  man  hat  wandel  zä  euch  here.« 
Der  münch  verstund  gar  wol  ja  [dis]er  mere. 
Er  sprach:  ,Die  ding  die  wil  ich  [überjkummen.4 
Sie  bot  ym  dar  der  pfening  [eine  summen.] 
[Die]  nam  der  münch  und  schwig  gar  [stil.J 
[Und  sprjach:  ,Ich  yn  wol  straffen  wil; 
In  diß[er  sachen]  will  ich  mich  nit  seumen/ 

34* 


Martin  Montanas, 


4. 

[Sie  sprach:]  ,Das  tftt*  und  urlob  nam 
Von  dem  geistlichen  vatter  zam. 
Der  biderman  ins  closter  kam 
Wol  z&  dem  münich,  der  was  so  ungeschlachte. 

Der  mü[n]ch  der  für  in  Übel  an, 
Er  sprach:  ,Die  ding  hastu  gethan. 
Ich  het  dich  für  ein  andern  man.' 
Er  leugnet  fast,  doch  thet  er  das  betrachte : 

.Villeicht  wil  mich  die  fraw  in  liebe  haben.' 
Die  gassen  ging  er  oft't  auch  uff  und  aben. 
Das  sah  die  fraw,  sie  frewot  sich  im  hertzen, 
Sie  ging  an  ein  fenster  hin  für, 
Sie  ließ  sich  schawen  vor  der  thür. 
Der  selbig  man  sah  das  von  yr, 
Ir  liebe  ward  sy  meren  one  schmertzen. 

5. 

Do  nun  die  fraw  ward  mercken  das, 
Wie  er  ir  lieb[e]  kennen  was, 
Do  ging  sie  aber  [hin]  fürbas 
Under  ein  krom  und  kauflft  so  köstlich  dinge, 

Ein  gOrtel,  der  was  silberin, 
Und  einen  seckel  hübsch  und  fein; 
Das  trugs  in  das  kloster  hin  ein, 
Wol  für  [den]  münch  thet  sie  das  alles  bringe. 

[Sie  sprajch:  ,0  her',  mit  also  grossem  gel[fen] : 
[,Eu]wer  straff  wil  gantz  an  ym  n[immer  helfen.] 
[Secht  die]  ding,  die  hat  er  mir  geschickt  beide,] 
[Die]  hat  mir  bracht  ein  altes  weib. 
Das  mir  bekümmert  seel  und  leib, 
Mich  wundert,  was  er  da  mit  treib.4 
Der  münch  der  sprach:  ,Die  ding  seind  mir  leid[e].* 

6. 

Sie  sprach:  ,Des  krometz  wil  ich  nit. 
Gebent  im  das  wider,  ich  euch  bit, 
Das  er  mich  laß  unkümmert  mit 
Und  das  er  laßen  wöl  von  diseni  dingen!1 

Der  münch  darvon  betrübet  wart, 
Er  sprach :  ,Vil  liebste  fraw  so  zart, 
Darumb  wil  ich  yn  straffen  hart. 
Ich  hoff,  ich  wöll  die  sach  zum  besten  bringen.1 

Sie  sprach:  ,Das  thüt,  das  bit  ich  euch  gar  eben.' 
Ein  roten  gülden  ward  sie  ym  do  geben. 


Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXXVIII. 


Kr  sprach:  »Die  ding  wil  ich  warlich  wenden.4 

Sie  sprach:  .Das  thötl'  und  schied  hindan, 

Darab  sie  heimlich  freüd  gewan. 

Kurtz  [darnach]  kam  der  biderman 

Wol  zA  dem  [mflnch,  der]  straffet  yn  behende. 

7. 

[Er  strafft]  yn  hertiklich  gnftg, 
Das  kromes  [er  im  herzA  tr]Ag. 
Er  sprach:  ,Sye,  merck  off  [und  lög'.J 
[Das]  wil  sy  von  dir  nit  enpfahen, 

Sie  spricht,  du  sollests  selber  hon 
Und  sie  do  mit  unbekümmert  Ion/ 
Der  man  die  sach  ward  bald  verston, 
Er  docht,  erst  wirt  dy  rechte  lieb  nahen. 

Die  kröm  empfing  er  also  tugentleiche, 
Die  gassen  ward  er  uff  und  ab  offt  streiche, 
Das  sah  die  fraw,  yr  [liebe]  wart  sich  mere. 
Ir  man  gen  Genou  [einst  geritjten  was 
Nach  kauffmanschatz  (nfln  [merck]et  das). 
Die  fraw  ging  aber  fiirebas 

[Hin]  zA  dem  münch:  ,lch  clag  euch,  lieber  [here,] 

8. 

Die  sach  mir  nah  zu  hertzen  gat, 
[Der  man]  mich  nit  mit  friden  lat. 
Weiß  nit,  wer  [im  ge]saget  hat, 
Und  das  mein  man  gen  Ge[now  ist]  geritten. 

Er  kam  nechten  in  den  ga[rten  mein] 
Und  klam  uff  einen  bäum  nit  klein 
[Und  stiegl  in  die  kamer  hynein, 
Ich  hab  mich  kum  [er]wert  mit  clugen  sitten. 

Die  ding  die  wil  ich  meinem  man  thön  sagen 
Und  dar  zu  allen  meinen  fründen  clagen.' 
Er  sprach:  .Thfitz  noch  [dis]  ein  mal  an  mich  lassen!' 
Und  bat  sy,  das  sy  h[eira]  wölt  gon. 
Das  thet  das  frewlin  wol  [gethon.] 
Der[!]  man  den[!]  münch  wardt  nit  verlon, 
Er  strafft  yn  hertiglich  auß  der  massen. 

9. 

Der  münch  strafft  yn  auß  zornes  list: 
,Yr  man  gen  Genow  geritten  ist, 
Du  in  yren  garten  kommen  bist, 
Hoch  an  eym  bäum  bistu  [zu]  yr  gestigen  * 


534 


Martin  Montanas, 


Der  man  die  sach  gar  wol  vernara, 

Des  [nacht]s  er  in  den  garten  kam 

Und  stig  uff  [eine]s  bäumet»  stam, 

Das  fenster  fandt  [er  offen]  unvertzigen. 
ö  [Die  f]raw  thet  sein  gar  schön  und  eben  war[te,] 

[S]ie  yn  empfing  gar  fleissig  unnd  gar  [zarte,] 

Yr  beyder  willen  theten  sie  volbrin[gen] ; 

[Solchs]  triben  sie  vil  manchen  tag. 

Dar[umb  sich]  niemant  hüten  mag 
10  Vor  fraw[en  list],  als  ich  euch  sag. 

Das  schaff  der  manch  und  wust  nit  von  den  dingen. 

XXXIX.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  99). 

Von  einer  witfrawen,  wie  sie  einem  Studenten  ihre 

liebe  eröffnet. 

15  (Bernh.  Hertzog,  Schiltwacht.    Magdeburg  o.  j.  bl.  Aiija,  nr.  1.) 

Vom  Rheinstrom  war  ein  junger,  schöner,  doch  frommer, 
einfeltiger  mensch  und  geselle  gen  Wien  in  Oesterreich  von 
seinen  eitern  abgefertiget ,  allda  zu  studieren,  welcher  ward 
einem  alten  doctor  und  professor  daselbst,  auff  ihn  achtung 

20  zu  geben,  befohlen.  Wie  wol  nun  der  junge  gleichwol  fast 
schön,  leget  er  doch  seine  schöne  (wie  einem  jungen  Studenten 
wol  anstehet)  viel  mehr  auff  seine  bücher  denn  andere  kurjz- 
weil;  in  summa  er  lag  tag  uud  nacht  seinem  studieren  so 
hefftig  ob,  das  er  schöner  weiber  freundschafft  sich  wenig  be- 

25  kümmert.  Es  war  aber  am  selben  orth  eine  junge  gerade, 
hübsche  witfraw,  derer  mann  kaum  für  zweyen  monaten  ge- 
storben ;  doch  ihr  käutzlein  sich  ohn  speifi  nicht  erhalten  mocht, 
also  das  sie  ein  sonderliche  lust  und  liebe  zu  dem  Studenten 
gewan,  im  weg  und  steg  vorschlug,  ob  sie  ihn  zu  irer  lieb 

90  bringen  möchte.  Aber  der  gut  einfeltige  bruder  wolte  die 
sache  nicht  verstehen. 

Als  [Aiijb]  aber  das  weiblein  sähe,  das  sie  nichts  schaffen 
mochte,  ward  sie  bey  ihr  zu  rath,  wie  sie  die  Sachen  anstellen, 
damit  sie  den  jungen  gesellen  zu  ihrem  gefallen  reitzete,  thet 

85  seiner  gelegenheit  fleissig  nachforschen.  Und  als  sie  letzlich 
vernam,  das  der  gute  fromme  junge  student  dem  alten  herrn 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXXVIII  — XXXIX. 


535 


commendirt  und  befohlen  war,  thet  sie  sich  auff  ein  gereumbte 
zeit  zu  dem  alten  verfügen ,  zeiget  im  an  ,  wie  sie  vor  dem 
jungen  Studenten  nirgend  bleiben  möchte ;  er  verstand  ir  weg 
und  steg,  sie  in  irem  witfrewlichem  stände  zu  feilen  und  uuib 
ihr  ehre  zu  bringen ;  were  also  ihre  bitte,  er  wolte  ihn  dahin  5 
ziehen  und  halten,  das  er  ihr  müssig  stünde;  denn  wo  sich 
solches  weiter  begebe,  würde  sie  verursacht  solches  ihrer  freund- 
schafft zu  klagen.  Der  gute  fromme  alte  herr  thet  sie  freund- 
lich bitten,  sie  wolte  solches  auff  dismal  bleiben  lassen;  denn 
er  wolte  ihn  unter  die  sporen  nemen  und  dermassen  unter-  10 
sagen,  das  er  sonder  zweiffei  ir  müssig  gehen  würde.  Das 
weiblein  zog  wider  zu  haufi,  gedacht,  die  sache  würde  gerathen. 

Wie  nun  der  gute  frome  geselle,  welcher  von  solcher 
sachen  nichts  wüste,  von  seinem  studio  heim  kam,  dem-[Aiiija] 
selben  den  gantzen  tag  fleissig  obgelegen  und  gar  keiner  sol-  15 
chen  sachen  gedacht  hatte,  ließ  ihn  der  gute  herr  für  sich 
fördern,  erzehlete  ihm  die  sach  nach  der  lenge,  was  die  wit- 
frau  über  ihm  geklaget  hette;  wo  er  solcher  schände  nicht 
abstehen,  würde  er  verursacht  werden,  solches  seinen  eitern 
heim  zu  schreiben.  Der  gute  gesell  entschuldiget  sich  zum  so 
höchsten,  er  were  diesen  sachen  unschüldig.  Der  alte  herr 
wolt  ihm  keinen  glauben  geben,  doch  nachdem  er  ihm  einen 
guten  Leviten  gelesen,  ließ  er  ihn  wieder  von  sich. 

Als  aber  die  fraw  sähe  und  merckte,  das  ir  der  bofi  noch 
nit  recht  angegangen  war ,  zog  sie  wiederumb  für  den  alten  25 
doctor,  zeiget  ihm  den  handel  noch  etwas  kleglichers  an ,  wie 
sie  der  jung  student  weiter  angetastet,  also  das  sie  sich  seiner 
kaum  erwehren  künte,  mit  hefftiger  bitt,  er  wolte  in  wiederumb 
beschicken  und  solches  untersagen;  denn  sie  einmal  auff  dem 
wege  solches  ihren  freunden  anzuzeigen ,  wiewol  sie  solches  so 
ungern  thet.    Zog  mit  dem  iren  seckei  auff,  gab  dem  herrn 
einen  duppelten  ducaten,  er  solte  es  dem  jungen  gesellen  geben 
zu  einer  Verehrung,  damit  er  ihr  müssig  stünde;  denn  wenn 
[ Aiiij  b]  sich  solches  mehr  begebe ,  würde  sie  doch  beweget 
werden,  solches  nicht  allein  ihren  verwandten,  sondern  auch  85 
ihrer  ordentlichen  obrigkeit  oder  dem  rectori  daselbst  zu  offen- 
baren. 

Der  gute  alte  fromme  herr  war  hefftiger  denn  zuvor  ob 


536 


Martin  Montanua, 


solchem  klagen  der  frawen  bekümmert,  thet  den  jungen  stu- 
denten  beschicken;  ward  ihme  der  hämisch  bass  denn  zuvor 
erbutzet.  Der  junge  gesell  thet  sich  abermals  höchlich  ent- 
schuldigen,  begeret,  man  solte  ihm  das  weib  fürstellen.  Der 
5  doctor  ward  ob  der  entschüldigung  des  jungen  bewegt ,  das 
weiblein  zubeschicken  ;  welche  sich  zum  schimpff  auch  schmücket 
und  zum  doctor  verfüget,  gedachte  wol,  der  schimpf  würde 
sich  machen. 

Er  zeigt  an,  wie  sie  zum  andermal  den  Studenten  für  im 

10  seiner  unbefugten  handlung  halben  verklaget;  nun  were  er 
zugegen  und  thet  dasselbige  leugnen ,  wolte  also  sie  beyde 
gegen  einander  verhören.  Das  witweiblein  gedachte:  ,Hette 
ich  den  Studenten  daheim,  wir  wolten  den  krieg  bald  gericht 
haben.4    Hub  doch  an  sich  kläglich  zu  stellen,  zeiget  an,  wie 

lö  sie  ihre  witfrewliche  ehre  für  ihm  erhalten  möchte,  sie  teg- 
lich  in  unzucht  zu  bringen  [Ava]  unterstünde;  das  wüste  sie 
nicht  zu  dulden,  sondern  müste  solches  zuvor  kommen,  ihren 
freunden  klagen,  hette  aber  bisher  solches  unterlassen,  damit 
sie  in  kein  geschrey  käme;  wüste  auch  wol,  wenn  es  die  ihren 

20  erführen,  das  es  ein  zerstochen  leben  gebe ,  hette  vermeinet, 
dieweil  sie  ihm  solches  zum  andern  mal  untersagen  lassen,  er 
solte  ihr  müssig  gangen  sein.  Des  aber  unangesehen  so  were 
er  vorschienener  nacht  umb  zehn  uhr  für  ihr  hauss  körnen, 
dafür  ein  grosser  steinhauffen  lag ;  auff  denselben  er  erstlich en 

25  und  darnach  auff  einen  maulbeerbaum ,  so  nahe  bey  ihrem 
kammerladen  auffgewachsen,  gestiegen  und,  als  sie  ohn  gefehr 
der  warmen  zeit  halben  den  laden  offen  gelassen,  sich  zu  ihr 
hinein  in  die  kammer  geschwencket  und  sie  nötigen  wollen. 
Als  sie  aber  hefftig  umb  hülff  ihren  nachbaren  (ich  achte,  wie 

30  eine  mauss  im  keükorb)  geschrien,  were  er  wieder  zum  laden 
hinaus  gesprungen  und  entlauffen.  Das  wüste  sie  nicht  zu 
dulden,  sondern  müste  solche  gewalt  ihren  obern  klagen  ,  die 
würden  ihr  wol  dafür  sein.  —  Der  gute  gesell  entschuldigt 
sich,  so  wol  er  möchte,  thet  die  sach  allererst  mercken.  Der 

35  alte  [Avb]  Chremes,  so  der  Sachen  unwissend  war,  ließ  sie 
beyde  von  sich,  thet  doch  dem  studioso  ein  gut  cavelantes  [!]  lesen. 

7  schimp. 


Anhang  verwandter  stücke  nr.  XXXIX— XL.  537 

Als  aber  der  geselle  sich  also  beschüldiget  un verdienet 
wüste,  ward  [er]  der  sach  weiter  nach  zutrachten  verursachet. 
Thet  sich  zu  der  witfrawen  hauß  verfügen  ,  befand ,  wie  sie 
angezeiget  hat,  gedachte  wol,  das  es  umb  ein  niderlendischen 
streit  zu  thun  were;  kam  also  zukünftige  nacht  zum  maul-  5 
beerbaum  und  flog  zum  laden  hinein,  thet  den  maulbeerbaum 
recht  erschütteln.  Aber  das  gute  weiblein  thet  weder  ihren 
nachbarn  zuruffen  oder  ihn  für  ihrer  freundschafft,  obrigkeiten 
und  dem  alten  doctor  zuverklagen ,  sondern  ward  die  klage 
bey  ihnen  eingestellet.  10 

XL.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  100). 
Ein  mönch  ligtt  bei  einer  hebam. 

(Meisterlied  in  der  buchßbaum[weis]  M.  Ambrosi  Metzger,  gedichtet  von 
Ambrosius  Metzger  1625  am  15.  märz.  —  Aus  dem  mscr.  Will  III, 

783  fol.  der  Nürnberger  stadtbibliothek,  s.  78.)  15 

1. 

Ein  münch  [einst]  terminiret 
Zu  heiachen  ayr  und  keß, 
Und  wie  er  nun  in  sojcher  leß, 
In  die  nacht  übereiltet 

Daß  deß  wegs  er  nicht  iret, 
Er  zu  eim  bauren  trat 
Und  disen  umb  nacht  herberg  bat. 
Der  ims  gercn  mit  theillet 

Und  legtt  den  in  sein  bett. 
Sein  frau  nicht  anbeimb  war, 
Dan  eie  zu  schaffen  het. 
Als  sie  ir  gschefft  verichtet  gar, 
Sie  sich  nicht  lang  verweiltet 

2» 

Und  sich  nach  hauß  verfüget, 
Legtt  sich  nider  fein  etil. 
Der  münch  der  drib  der  liebe  spil 
Mehr,  dan  ir  man  sonst  pfleget. 

Als  sie  nun  wol  vernüget, 
Beym  mond  sie  gsehen  hat 
Des  münchs  abgeschorene  blat. 


20 


30 


538 


Martin  Montanus, 


Ir  diß  zweiffei  erreget, 

Ob  solches  ir  man  wer; 
Auch  sein  fetter  bauch  los 
Ir  macht  gedancken  schwer. 
5  Drumb  sie  mit  eim  gschrey  gros 

Iren  ehman  beweget, 

3. 

Das  er  zu  liff  unbscheiden 
Und  fing  mit  seiner  band 
10  Den  mönch  gar  bald  obn  widerstand. 

Daß  weib  erzürnet  mechtig 

Det  im  sein  pfeiff  außscbneiden. 
Der  mönch  deß  fahlen  ward 
Grossen  schmertzen  zu  diser  fart. 
15  Das  weib  saget  unbedechtig: 

»Des  zeugs  hastu  zu  vil. 
Drumb  ich  mit  guttem  raht 
Dich  itzund  machen  wil, 
Das  du  den  namen  mit  der  that 
20  Und  forthin  seist  fürtrechtig.* 

XLI.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  101). 
Der  fareut  schuler  mit  dem  pfaffen. 

(Meisterlied  in  der  rebenweis  Hans  Vogels,  gedichtet  1548  am  27.  Sep- 
tember. —  Aua  der  Dresdener  bandschrift  M  5,  s.  459.) 

85  1. 

Ein  schfiler  reiset  auß 
Vor  etlichen  jaren,  der  drat 
Eins  abends  spatt 
In  eines  bauren  hauß. 
30  Die  wirtin  war  alein, 

Und  der  dorff[pfaff],  so  bei  ir  sasse. 

Umb  herberg  batt  er  sie. 
Die  wirtin  sprach:  ,Ich  darffs  nit  thon. 
Es  ist  mein  mon 
Über  feld  und  nit  hie.4 
Der  schöler  ließ  gut  sein, 
Doch  er  denn  hund  wol  mercken  wasse 

Er  segnet  sie  baide  gar  ball, 
Ging  hinauß,  kroch  in  ein  seustall. 
40  Die  wirtin  gedacht,  er  wer  hin, 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XLI. 

Kein  sorg  hett  sie  nit  mer  auf  in. 

Und  als  es  nun  nacht  wur, 

Da  kam  der  bauer  und  anklopfft, 

And  leden  stopfft 

Vor  achrecken  sie  auflur; 

Der  pfaff  in  angst  und  pein 

Dacht:  ,Wer  ich  auf  sanct  Jacobs  Strasse!* 

2. 

Sie  mit  dem  pfaffen  kam 
Oben  under  das  rusig  dach, 
Behend  darnach 
Zwei  bratne  hüner  nam, 
Ein  gsottne  hennen  gut 
Und  ein  krug  mit  wein  setzt  in  schreine. 

All  ding  sach  der  student, 
Doch  schwig  er  still  in  dem  seustall. 
Damach  sie  ball 
Denn  mann  einließ  behend. 
Der  war  gar  ungern ut 
Und  fluchet  ser  der  frauen  seine. 

Der  Student  lieff  hinden  umbs  hauß, 
Klopfft  voren  an.    Der  wirt  sach  rauß, 
Sprach:  ,Wer  klopfft  und  wer  reget  sich?4 
Der  schuIer  sprach  behe[n]t:  »Bergt  mich 
Umb  gottes  willen  fast!' 
Der  bauer  liß  in  hinein  gon, 
Sprach:  ,Ich  sich  schon, 
Wer  du  bist,  über  gast. 
Flux  zeuch  ab  rock  und  hut! 
Sag  war  mir  und  der  frauen  raeine!4 

3. 

Der  sohuler  macht  ein  kraiß, 
Stund  drein,  rett  ein  wenig  latein, 
Sprach:  ,DauU  im  schrein 
Stet  ein  gsotne  henn  heiß, 
Zwei  hüner  wol  geschmach.' 
Sie  lieffen  und  es  fürher  zogen. 

Der  wirt  sprach:  ,Mir  her  bring 
Denn  deufel  lebendiger  gstalt!4 
Der  student  balt 
Stelt  denn  wirt  in  ein  ring, 

* 

32  schuler]  bauer. 


540  Martin  Montanas, 

Lieff  rauß,  zn[m]  pfaffen  sprach: 

,Herr,  ich  hilff  euch  auü  unerlogen. 
Drum  ziecht  euch  muter  nacket  ab!4 

Der  pfaff  war  fro,  vil  gelte  im  gab, 
5  Macht  in  mit  ruß  überal  schwartz, 

Rumplet  mit  im  die  stieg  abwartz. 

Der  wirt  erschrack  mit  grauß, 

Meint,  es  wer  der  recht  deuffel  do. 

Der  pfaff  war  fro, 
10  Das  er  kam  auß  dem  hauß. 

Sie  beid  schlempten  darnach. 

So  wurd  der  gute  mann  bedrogen. 


XLII.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  102). 
Das  schön  goltschmitts  weib. 

16  (Meisterlied  im  kurtzen  thon  Hans  Vogels,  gedichtet  von  Hans  Vogel 
1539  den  18.  april.  —  Aus  dem  mscr.  Will  III ,  782  f.  der  Nürnberger 

stadtbibliothek  s.  237.) 

1. 

Nun  höret,  was  geschehen  ist 
20  Neulich  in  kurzer  frist 

Zu  Wormetz  in  der  state! 
Darinn  ein  reicher  goltschmidt  sag, 

Welcher  auch  mechtig  was 

Ein  herr  wol  in  dem  rahte. 
25  Der  hett  ein  wunderschönes  weib, 

Thet  eim  kauffman  gefallen 

Und  liebet  im  gar  sehre 

Ob  andern  frauen  allen. 

Er  gedacht  hin  und  here, 
30  Wie  er  doch  möcht  heimlich  dar 

Zu  ir  kumen  fürwar; 

Dan  sie  war  schön  gezirt  von  leib. 

2. 

Eines  tags  der  goltschmitt  ausritt. 
36  Der  kauffman  sambt  sich  nit, 

Ging  in  der  frauen  hause, 

Sprach:  »Frau,  wolt  ir  mein  willen  thon, 
So  gib  ich  euch  zu  lohn 
Funffzig  krönen  herause.' 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XLI  -XLIII. 

Die  frau  thet  nach  seinem  beger, 
Das  gelt  legtt  er  ir  nider. 
Darnach  am  andren  morgen 
Kam  der  kautfman  herwider, 
Sprach  zum  goldscbmit  on  sorgen 
Fragett  den  goldschmidt,  ob  er  nichtt 
Sein  schenren  hett  zughricht: 
,So  gebt  mir  wider  mein  gelt  herl4 

8» 

Der  goldschmidt  fluchtt  mit  ungedult, 
Sprach:  ,Waß  ist  daß  für  schuld, 
Darnmb  ir  mich  thut  mahnen?' 

Er  sprach:  ,Ich  lih  in  eurem  haus 
Auff  ein  scheuren  heraus 
Eurem  weib  fünfzig  cronen. 

Die  mus  jezunder  ferttig  sein.1 
Theuer  war  in  das  lachen; 
Der  goldschmidt  das  weib  schalte: 
,Wie  künd  ichs  so  bald  machen! 
Gib  mir  nur  sein  geltt  balde!' 
Sie  war  wilfertig,  gab  ims  do 
Zornig  und  war  doch  fro, 
Daß  sie  bey  ehren  blib  so  fein. 


XLIII.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  102). 
Der  studeut  mit  dem  mörser. 

(Meisterlied  in  der  beren  weis  B.  von  Watt,  gedichtet  von  Benedikt 
Watt  1592  am  1.  april.  —  Aus  der  Dresdener  handschrift  M  5,  s. 

1. 

Nun 

Hört,  im  Baierland  zu  Ingolstatt, 

Da  es  ein  hohe  schule  hatt 

Und  vil  studenten  über  za[re], 

Bei  den  einer  von  Augspurg  wäre, 

Eins  goldachmids  sun,  der  war  Felix  genandt. 

Dem  sein  vatter  auß  Hb  gelt  het  gesandt, 

Hun- 
dert gülden,  darmit  der  sone  frei 
Solen  zalen  sein  schulden  darbei, 
Das  auch  zur  nodurfi't  brauchen  tun. 


Martin  Montanas, 


Als  er  das  het  empfangen  nun, 

Ward  er  fro  und  verliß  die  schalen  gut, 

Bulet  eins  burgers  frauen  wolgemut. 

Dise  war  schön  jung  von  leib  und  gestalt, 
Die  het  elich  einen  mann,  der  war  alt 
Der  liß  der  gsel  sein  wilen  rund 
Bey  eim  alten  weib  machen  kund. 
Auf  das  sie  sich  bald  lencken  lise, 
Er  ir  hundert  gülden  verhise, 
Das  sie  nur  ein  nacht  alein  bei  im  schlif. 
In  dem  als  nun  ein  kurtze  zeit  verlif, 

% 

Das 

Ir  mann  auß  ritt  und  wolt  über  nacht 
Auß  bleiben.    Die  frau  wol  bedacht, 
Schickt  auß  die  alten  kupierine 
Zum  Studenten,  das  er  kern  hine 
Und  brecht  mit  im  die  hundert  gülden  gut. 
Er  säumt  sich  nit,  macht  sich  auf  wol  gemut 
Was 

Im  am  morgen  weisen  einen  gang 

Durchs  haus,  sprach:  ,Geht  hin,  machte  nit  lang!' 

Der  gsel  stund  auf  und  war  nit  drege. 

Ein  mörser  stunde  bei  dem  wege; 

Den  nam  er,  als  er  ginge  durch  das  haus, 

Under  denn  rock  und  droltt  sich  mit  hinaus, 

Verzog  so  lang,  bis  das  vername  er, 
Wie  der  frauen  mann  zu  land  komen  wer. 
Wie  er  eins  mals  zu  dische  sas, 
Mit  der  frauen  und  gesten  as, 
Ging  nein,  sprach:  ,Das  mal  gsegn  euch  gote!4 
Sprach  zur  frauen:  ,Ir  wist  on  spote, 
Wie  ich  euch  am  vergangnen  mitwoch  spatt 
Ser  fleisiglich  umb  disen  mörser  batt* 

8. 

Und 

Sprach  zu  dem  heren  :  .Verzeicht  mir  dys! 
Sie  woltt  mir  den  nit  leihen,  bys 
Ich  ir  etwas  setzt  zu  pfände, 
Des  ich  sie  geweret  zu  hande. 
Ich  kund  des  morser  nit  entberen  wol 
Und  gewert  sie  mit  einem  pfand  für  vol, 
Sund- 

er  on  gefer  in  mein  daschen  dif 


Anhang  verwandter  stücke  nr.  XLIII— XLIV. 


543 


Dapt  and  hundert  gülden  ergrif 
In  einem  seckel  wol  verstricket, 
Mein  vatter  min  zur  serung  schicket. 
Den  bring  ich  euch  itzund  wider  zu  hand, 
Bitt,  gebet  mir  auch  widerum  mein  pfand.' 

Die  frau  erschrack  eer  und  sich  bald  bedacht, 
Eilet  hin  und  die  hundert  gülden  bracht, 
Sorget,  er  würd  sagen  etwas 
Und  irem  eeman  sagen  das. 
Ward  fro,  das  sie  seiner  loß  wäre. 
Voigt  im  hinach  mit  zoren  gare, 
Sprach  mit  solchen  bossen:  .Denn  pfefer  dein 
Solst  nit  mer  stossen  in  dem  morser  mein.' 


XLIV.  (zu  Gartengeaellschaft  cap.  106). 
Der  hasen  geyer. 

(Meisterlied  im  strengen  ton  HanB  Vogels.  —  Aus  der  Dresdener  hand- 

schrift  M  5,  s.  804.) 

1. 

Zu  Franckfurt  saß  ein  edel  weibe, 
Die  war  gar  schön  von  leibe. 
Sie  het  ein  reichen  pfaffen  Hb, 
Mit  im  sie  groß  bulerei  drib, 
Lebet  mit  im  on  alle  sorgen. 

Das  merckt  ein  ander  edelmane, 
Der  wurff  auch  kleten  ane 
Und  ging  hin  zu  der  frauen  klug; 
Sein  bit  sie  im  al  mal  abschlug 
Und  sprach  stets:  ,Ei  kumpt  wider  morgen!4 

Darmit  thet  sie  in  gar  offt  effen. 
Das  mercket  er  auß  klugen  sinnen 
Und  gedacht:  ,Harr,  ich  wil  dich  dreffen, 
Es  wöl  mir  dann  der  kunst  zerrinnen.* 
Ein  hasen  geier  er  da  het, 
Den  er  seinem  knecht  geben  det, 
Sprach:  ,Drag  in  zu  dem  weib  verborgen!4 

2. 

Und  machet  im  alle  sach  offen, 
Wie  es  sich  het  verloffen. 


544 


Mariin  Monianus, 


Der  knechi  der  hasen  geier  nam 

Und  darmit  zn  der  franen  kam 

Und  thet  mit  worien  also  sprechen: 
,Der  vogel  gehört  eurem  herren, 
5  Ist  her  kumen  von  ferren.4 

Sie  sprach:  .Saget  mir,  was  er  kan!4 

Er  sprach:  ,Die  warheit  zeigt  er  an 

Vorauß  dem,  das  sein  eh  dut  brechen. 
In  dreuen  wil  ich  euchs  nit  laugen. 
10  Wo  mit  der  vogel  künt  verderben : 

Wenn  man  im  brunzet  in  die  äugen, 

Von  stundan  muß  der  vogel  sterben.' 

Nach  dem  nam  wider  Urlaub  er. 

Die  frau  sagt  dem  pfaffen  die  iner, 
15  Sprach:  ,Am  vogel  wil  ich  euch  rechen.' 

3. 

Sie  graidelt  über  in  verzwunzen, 

Wolt  auf  den  vogel  prunzen. 

Der  vogel  meint,  sie  brecht  im  speis, 
20  Und  fiel  darein  grimiger  weis, 

Riß  ir  ein  stück  auß  der  loreten. 
Die  frau  ließ  einen  schrei  gar  ferro: 

,0  brunzet  auch,  mein  lieber  herre!' 

Der  pfaff  prunzt  auch.   Der  vogel  keck 
2'i  Riß  dem  pfaffen  sein  gschleuder  weck. 

Gar  laut  sie  beide  schreien  theten. 
Die  meid  hört  das  geschrei  und  jamer, 

Sie  meinet,  der  pfaff  schlug  das  weib, 

Und  lieff  mit  eim  scheit  in  die  kamer, 
30  Zerschlug  dem  pfaffen  seinen  leib. 

Erst  schri  der  pfatf  und  kaum  enthran. 

Also  bracht  ein  ides  darvon 

Schand,  spot  und  schmertzen  sie  lang  heten. 

XLV.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  108). 
Die  hundertfeltig  gab. 

(Meiaierlied  im  hofton  Danheusers,  1541  gedichtet.  —  Aus  der  Dresdener 

handschrift  M  5,  8.  155.) 

1. 

Eins  mahle  ein  armer  bauer  war. 
40  Der  in  die  kirchen  ginge 


Anhang  verwandter  stücke  nr.  XLIV-  XLV.  545 

Er  und  sein  weib,  nnd  wolten  die 
Bredig  hören  vom  pfafen. 

Der  pfaf  dratt  auf  den  bredigstul, 
Zu  predigen  anfinge. 

Sprach,  wenn  einer  im  leben  sein  ö 
Ein  gutes  werk  wöl  schafen. 

So  sol  der  selbige  ein  ku 
Umb  gottes  wilen  geben 
Gott  wirt  ims  reichlich  mesen  zu 

Alhie  in  disera  leben,  10 

Hundert  ku  wirt  er  im  darfür 

Wider  dargegen  schencken. 

Diaen  worten  detten  die  zwei  nach  denken. 

Die  beurin  sprach :  .Mein  Uber  man, 

Wir  haben  in  dem  stale  \:, 
Ein  ku  alein;  die  wolen  wir 
Dem  pfafen  schenken  bale. 

2. 

So  wirt  uns  gott  auch  hundert  ku 
Wider  dargegen  schafen.4  20 
Den  mann  war  es  auch  wol  zu  mut 
Und  sein  wilen  drein  gäbe. 

Also  namen  sie  ir  ku  bald 
Und  brachten  sie  dem  pfafen, 

Gabens  umb  gottes  wilen  im  25 
Und  zogen  wider  abe. 

Der  pfaf  stelt  die  ku  in  sein  haus, 
Da  sein  ander  kü  wasen. 
Zu  mitag  liß  ers  dreiben  aus 

In  dem  felde  zu  grasen.  80 

Der  pfaf  het  guter  kü  wol  sechs. 

Als  nun  der  abend  käme, 

Des  bauren  ku  die  andren  sechs  kü  naine, 

Furt  sie  heim  in  des  bauren  hof. 

Der  baur  freuet  sich  sere  :t.> 
Und  meinet,  gott  het  ims  beschert, 
Saget  gott  lob  und  ere. 

3. 

Und  als  der  pfaf  des  innen  wur, 
Das  der  baur  sein  kü  bete,  4U 
Lif  er  zu  im  und  sprach  :  ,Du  schalck, 
Bald  gib  mir  mein  kü  rause!' 

Der  baur  sprach:  ,0  her,  wist  ir  nicht, 

Montanut  35 


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54Ö 


Martin  Montan us, 


Wie  ir  predigen  dete, 
Wo  einer  ein  ku  geb  aldo 
Umb  gotts  wilen  on  grause, 

Dem  werd  gott  hundert  ku  darzu 
Wider  geben  darneben? 
So  hab  ich  euch  geleich  mein  ku 
Um  gottes  wilen  geben, 
So  hatt  mir  gott  sechs  kü  beschert 
In  meinen  stal  gedultig, 
10  Ist  mir  noch  vier  und  neuntzig  darzu  schuldig.' 

Der  pfaf  in  fürname  mit  recht, 
Das  doch  der  baur  gewane. 
Also  der  pfaf  bedrogen  war 
Von  einem  einfeltigen  niane. 

i;,  XLVI.  (zu  Gartengesellschaft  cap.  109). 

Die  begiue  mit  der  hose  auf  dem  köpfe. 

(Jod.  Gallus,  Mensa  philosophica  1508  bl.  47a  =  Mich.  Scotus,  Mensa 
philosophica  1603  p.  284  lib.  4,  c.  42  de  beginis.) 

Contigit  in  quadam  domo  beghinarum  quendam  clericum 
20  nocie  inventum  fuisse  cum  una,  ubi  ad  cameram  illius  multae 
convenerunt  ad  videndum  spectaculum.   Quod  audiens  una  alia, 
in  cuius  lecto  adhuc  quidam  alter  clericus  latebat,  festinans 
videndi  cupiditate  credens  cooperire  caput  suum  consueto,  ac- 
cepta  braca  amasii  sui  caput  suum  cum  ea  cooperuit  et  sie  ad 
2-0  locuin  spectaculi  vel  lamenti  venit,  couans  cum  aliis  plangere, 
ac  si  ipsa  nihil  de  simili  sciret.    Quam  bracam  capiti  super- 
positam  una  prospiciens  clamavit:   ,0  soror  et  socia  dilecta, 
quid  est  hoc,  vel  quid  sibi  vult  hoc  somnium,  quod  appor- 
tasti?4  Tlla  ex  hoc  plus  confusa  est  quam  altera  socia,  quae 
:»  salvata  est  per  simile,  cum  non  esset  sola  in  tali  delicto. 

XLVII. 

Samuel  Karoch  von  Lichtenberg,  Epistula  de  amore 
cuiusdam  studentis  erga  mulierem  civaticam. 

(Verfasst  etwa  in  den  jähren  1460 — 1476.  Abgedruckt  nach  dem  Berliner 
üoMeer.  lat.  fol.  49,  bl.  42b -43b  (A).    Verglichen  damit  sind  B,  der 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XLV— XLVII.  547 


Münchner  Cod.  lat.  18910,  bl.  66a — 70a  (geschrieben  in  Tegernsee  vor  1498); 
C,  die  Wiener  handschrift  3502,  bl.  107b  -1 10a;  D,  die  Weimarer 
handschrift  Quart  109,  bl.  3a  (geschrieben  von  Michael  de  Zwif alten 
1508;  vgl.  Wattenbach,  Anzeiger  f.  künde  der  d.  vorzeit  1880  ,  289). 
Die  hss.  BCD  sind  mit  interlinearglossen  versehen.  —  Über  den  fahren-  ö 
den  hnmanisten  Samuel  Earoch  handelt  Wattenbach,  Zschr.  f. 
gesch.  des  Oberrheins  28,  1  und  Allgem.  d  biographie  15,410;  sowie 
im  Anzeiger  f.  künde  der  d.  vorzeit  1879—1881.  Zu  der  Umwandlung 
von  liebesnovellen  zu  icherz&hlungen  in  briefform  vgl.  Wattenbach, 

Peter  Luder  1869  s.  110.)  10 

Cum  summo  mentis  desiderio  salutem  plurimara.  Amice 
ac  fautor  specialissime ,  nosti,  quia  distancia  inter  nos  per- 
longa  est  nec  tarnen  familiaritatera  nostram  disiungit,  concepi 
iam  superioribus  diebus  epistulam,  quam  tibi  mitto,  tum  quia 
michi  es  antiqua  fraternitate  coniunctus,  tum  quia  apud  te  est  10 
michi  secretorum  summa  fides.  Neque  egre  feras,  quoniam  de 
amore  haec  res  est,  que  infinitam  prebet  scribendi  copiam,  cuius 
tu  non  eipers  es,  quia  ingeniosus  es  formarum  spectator. 
Quidquid  vero  sit,  aurem  prebe!  De  paucis  tibi  dabo. 

Annotim  quondam  subii  diversorium  citisandi  causa  et  ai 
vorandi,  cum  dira  fames  me  nimium  cruciaret.    Obtulit  se 
illico  meo  conspectui  mulier  facie  egregia  atque  forma  integra. 
Hanc  ubi  primum  inspexi,  mirum  in  modum  eius  ingenium 
admirabar,  cum  Semper  illud  facere  studuit,  ut  mores  sue  essent 
forme  consimiles.    Quare  et  de  bero  cogito ,  qualis  esset ,  cui  25 
tantum  decus  domi  serviret.    Video  namque  eum  fore  virum, 
in  quo  relucebat  comoditate  condita  gravi tas;  non  admodum 
grandis  natu,  sed  iam  etate  provectus;  et  quamvis  sapiens 
habebatur,  parum  tarnen  civilitatis  habuit.    Ubi  sie  eos  vidi 
etate  esse  dispares,  me  serviendo  amicissiimmi  sibi  reddidi  ac  30 
laborando  pervigili  cura  presto  aflui ;  hunc  laudo,  huius  ingenia 

* 

Die  vorrede  z.  11—19  fehlt  in  CD  11  pluriuiam  dico  B  13  disiungat 
A  15  tum  quia]  cum  B  19  De]  Et  B  '20  Annotim]  glossiert 
C:  ante  annos  aliquot,  olim  quodatu  A  citisandi  (—  eyathissandi) 
AD;  pitisandiBC  21  forandi  ABCD  23  in]  fehlt  B  24  statuit 
13  essent  sue  BCD  25  et]  fehlt  BD  vgl.  Aeneas  Sylvius, 
De  duobus  amantibus  bl.  A3b:  ,Menelao  indigno,  cui  tantum  decus 
domi  serviret*  27  lucebat  BCD  28  sed  tum  A;  sed  tarnen  iam  B; 
sed  tum  iam  D  profectus  ABCD  29  civitatis  novit  BCD  30  esse] 
fehlt  B     31  affui]  reddi  B  fui  B     hunc]  huic  CD     laudo]  ludo  BCD. 

35* 


548 


Martin  Montanus, 


admiror ;  si  ait  quid,  aio,  si  quid  negat,  nego ;  tum  impetravi, 
quae  volui. 

Cumque  vero  vidi  michi  omnia  assentiri ,  liberior  micbi 
fuit  potestas  heraru  amare.   Ac  quidem  multum  fervorem  do- 

5  mare  non  potui;  quamvis  herus  maturus  et  sibi  verba  dare 
difficile  esset,  dominam  accessi ,  iilius  forniam  atque  etatem 
co uim endo ,  (erat  enim  pene  sex  et  viginti  annos  nacta)  pro- 
geniem  eins  magnifico,  ipsam  ceteris  antepono,  quod  ac  lubens 
audivit.    Demum  eam  bumili  prece,  ut  me  amat,  oro.  Hoc 

10  cum  audivit,  asperrime  prorupit  in  iram,  amorem  voltu  tegens 
acri  verbo  respondit:  ,Ha  homo  ignavissime,  quid  ceptas !  Abi 
hinc  in  malam  crucem,  quo  dignus  es  cum  suspicione  istac! 
Credis  me  de  illarum  esse  progenie,  que  se  cuiquam  solent  ven- 
dere?  Vix  me  detineo,  quin  in  capillos  manus  involvam  tuos 

10  ac  ita  suplicium  de  te  sumam ,  ut  te  omnium  indiguum  red- 
dam.4  Quamvis  hec  peracerba  michi  visa  fuere  et  amorem  pe- 
nitus  deseruissem,  si  me  illud  vetus  non  detinuisset  proverbium : 
,  Femina  quod  prohibet,  cupit ;  volt  sepe  rogari.1  Dixi  ei :  ,Ach 
domina  benigna,  noli  tantum  adversari  meis  precibus !  Adequa 

20  animum  pie  ac  prestanti  tue  forme!  Et  si  peccavi,  tarnen  verba 
fuere.  Ignosce,  precor!1  Quae  ait:  ,Vade,  abi  et  vide,  ne  me 
amplius  biis  illecebris  verbis  tribules!'  Discessi  ferme  exani- 
matus  ac  spiritum  demum  resumens  mecum  cogito:  ,Hac  non 
successit,  alia  agrediendum  est  via.1    Et  quia  sedulo  michi  iste 

Z)  animus  fuit  ,Sine  Cerere  et  Bacho  friget  Venus,1  ideo  tempus 
opportun  um  expecto. 

* 

I  si  bis  nego]  fehlt  A  sie  tum  D  3  vero]  fehlt  B  assentari  A 
4  ac  quidem]  atque  BD  5  maturua  est  et  BC  7  nata  CD  pro- 
genie C ;  pro  genio  D  8  magnifica  C  ipsas  A  libens  C  9  au- 
divi  B  aniet  B  10  aprime  D  amores  A  12  crucem]  rem  BC 
istac]  fehlt  B  13  illa  CD  solet  BCD  vgl.  Aeneas  Sylvius 
bl.  Aßb:  ,Vix  me  contineo,  quin  in  capillos  involem  tuos*  14  con. 
volvaui  B  17  id  veutus  D  18  Glosse  in  B  .Ovidius  in  primo  de 
arte  araandi :  Que  dant,  negant,  gaudent  cum  esse  rogatura*  [!] ;  vgl. 
Ovid,  Ars  am.  1.  711:  Ut  potiare,  roga;  tantum  cupit  illa  rogari.4 
•J0  prestante  CD  22  hiis]  fehlt  C  tribulas  AB  21  vgl.  Aeneas 
Sylvius  bl.  B5a:  ,Hac  non  successit,  alia  aggrediamur  via4  22  so- 
dule  BCD  25  Vgl.  Terenz,  Eunuchua  4,5,6  Bacho]  Libero  BCD 
friget]  vagat  D 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XLVII 


549 


Paucis  autem  transactis  diebus  anniversarium  seniorum 
heri  mei  celebratur.  Convenientibus  singulis  amicis,  apparatur 
cena,  ornantur  sedilia,  raense  pateris  et  ciphis  onerantur,  nec 
defuit  merum  suave.  Tota  vero  domus  speciali  decore  venu- 
statur,  apparantur  epule.  Epulantur  amici ,  hic  vorant,  hic  & 
bibunt,  quousque  sol  vergebat  in  Tesperam.  Sole  vergente 
populus  ad  lumen  bibit  atque  in  tnmultu  maximos  clamores 
exercebant,  quousque  sol  dimoverat  umbram.  Mane  facto  hera 
perpulcra  et  maximo  gaudio  circumfulta  extitit.  Illos  gravis 
somnus  oppressit,  illi  superflua  eiecerunt ,  hü  nusquam  stare  10 
poterant  huc  atque  illuc  cursitantes  veluti  insanientes. 

Hec  ubi  vidi,  aniiuum  adverto  dominam  querere,  existimans 

me  iam  audituram.    Eam  accessi,  iterum  oravi :  ,0  preclara, 

o  dulcis  hera,  accipe  me  iam  tibi  in  fidem  servum  et  ne  esto 

amara  michi,  quoniam  id  mea  non,  sed  tua  facio  causa!4  Quae  Ii 

ait :  ,Vade  et  abi  fugitive  ad  furcas,  tu  male  conciliate !  Video 

eniin  te  omni  vicio  deditura,  quia  me  persequeris  ac  fallaci 

animo  herum  tuum  decipis  et  totam  nostram  familiam  conaris 

dedecori  subicere/    Cui  ego :  ,Parce,  domina,  ignosce  tan  tum 

hoc  scelus!  Quod  amplius  si  facio,  occidito.    Sed  unum  hoc  20 

scito,  contumelie  non  me  fecisse,  sed  araoris  causa/    At  illa: 

,Bene,  furcifer,  scis,  quod  prius  fidem  dederis  et  iam  eandem 

fregisti.    Nunquam  amore  dignus  es/    Interea,  cum  hec  lo- 

quitur,  raecum  cogito:  ,lam  iam  amat,  quia  de  amore  disputat. 

Tempus  est  factum   persequendi/    Voce  sonora  respondi:  ,0  i". 

domina  benigna,  ne  me  repudies  seu  indignum  dicito,  quia 

forma  impulsus  tua  te  diligo  !'  —  ,Abi  hinc,  omnium  vilissime\ 

ait  illa;  ,iam  penam  lues,  cum  vir  aderit.    Cui  si  dixero,  vah 

quibus  ille  te  lacerabit  modis !  Neque  sinam,  quin  sibi  revelem/ 

* 

3  et]  fehlt  B  4  totaque  BCD  5  forant  ABCD  7  lumen] 
snme  A  tnmulto  C  8  demoverat  CD  9  circumvulta  BC;  cir- 
cumvlta  D  Illos]  ho«  BCD  10  oppressit]  supsit  BCD  illi]  hi  CD 
reicinntBCD  11  atque]  et  B  velut  BCD  insapienteg  A  12  Hec] 
fehlt  A  13  me]  fehlt  B  -  14  o  dulcis]  haec  ducis  D  fidum  C 
15  non  mea  CD  16  conailiate  C  18  nostram]  roeam  D  20  hoc 
scelus]  istud  BCD  fecero  B  21  occide  B :  occidar  CD  me]  fehlt  B 
22  dederas  CD  23  amori  A  Nunquam]  quamquam  D  cum  hec 
loquitur]  fehlt  A  25  respondet  A  26  seu  me  B  28  quin]  num  B 
revelavi  AB;  revelam  D. 


:>5ü 


Martin  Monianas, 


Tunc  hec  mecum  ipse  cogito:  ,Ad  ingenium  redit,  ut  mos  est 
omnium  mulieruiu,  nolunt  ubi  volunt  et  cupiunt  ultro.1  Et 
sibi  dixi :  ,0  hera  nobilis,  quid  male  de  te  merui,  cum  te  amo 
nec  tibi  uuquam  contrarius  fui,  et  me  perdere  queris!  Quid 

5  faceres,  si  tibi  essem  inimicus?  Effrene  mentis  impetus,  precor, 
compesce  animosque  restringe  furibundos  et  me,  quia  te  diligo, 
ama!4  Tunc  ipsa:  ,0  Iupiter  magne,  scelestem  et  audacem 
hominem !  Quod  namque  quis  cavere  potest,  stultum  est  ad- 
mittere.    Sed  ego  scio ,  quod  saepe  ex  huiusmodi  re  et  malo 

10  principio  magna  familiaritas  conflata  est.  Et  quid ,  si  hoc 
quispiam  voluit  deus !' 

At  quid  multa,  fautor  amicissime !  Ne  te  morer,  ipsa  men- 
tem  apperuit  dicens:  ,Non  possuni  amplius  tibi  adversari  nec 
te  amplius  mei  amoris  expertem  habere.    Do  me  tibi  tuamque 

15  sequor  fidem.1  Et  continue  me  suas  recepit  in  ulnas  dicens: 
Salve,  salus  mea!1  Et  subiunxit:  Jierum  fallere  opus  est, 
quia  fatuus  est  iusulsus,  tardus,  stertit  dies  et  noctes.  Neque 
istum  metuas!1  Cui  ego:  ,Dignus  est;  placet.4  At  ipsa  ait 
hoc  modo:  ,Unum  vehementer  ex  te  volo,  ut,  quicquid  te  iu- 

20  beam,  presto  facias.4  Fidem  do,  promitto.  Quae  ait :  ,Hoc  ex 
te  volo,  ut  sole  vergente  te  in  cubiculum  recipias  meum  et 
sub  lecto  sis  latens  meo,  doncc  te  revocabo  ;  et  utique  vir  esto 
et  virili  toga  armatus  sies.1  Quod  libenti  animo  despondi,  me 
in  cameram  recepi  nec  tarn  iners  fui,  quin  semper  mulierum 

25  fraudes  timui. 

Dilatum  est  negocium,  quousque  cadencia  sidera  suadent 
somnos.    Herus  cum  hera  in  cubiculum  sie  transierunt.  Post- 

* 

1  ipso  CD  2Terenz,  Eun.  4,  2,  43 :  ,  Nolunt  ubi  velia,  ubi 
nolis  cupiunt  ultro.4  Auch  von  Aeneaa  Sylvius  bl.  B  4b  citiert 
Et]  fehlt  A  3  raali  BD;  mala  C  5  facit  B  6  verebundos  D 
7  terrestrem  CD  8  naui  A  9  Sed]  si  B  10  quid]  fehlt  A  hec  A 
12  morar  CD  ipsa]  fehlt  A  13  dicens]  fehlt  B  vgl.  A  eneas 
Sylvius  bl.  B4a:  ,Non  possuni  tibi  amplius  adversari  nec  te  amplius, 
Euriale,  mei  amoris  expertem  habere*  14  mei]  me  A  da  CD 
me]  michi  D  tuamque  totaliter  B  15  sequar  BCD  continuo  B 
dicit  B  17  impulsus  CD  per  dies  B  18  dingnus  A  At]  Tunc 
BCD  10  Unumj  fehlt  BCD  22  meo]  fehlt  C  23  sie  B  26  us- 
que  quo  BD  vgl.  Vergil,  Aen.  2,  9:  ,suadentque  cadentia  sidera 
somnos'      27  sie]  fehlt  BCD. 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XLVII.  551 

quam  lectulo  incumbunt,  letos  hymeneos  celebraturi,  ipsa  do- 
mina  se  infirraam  simulavit.  Cai  vir :  ,0  meum  suavium ,  o 
anime  mi,  quis  dolor  te  opprimit  ?*  Quae  respondet :  Jntinitas- 
iam  mentis  tribulaciones  et  mirum  in  modum  varias  turba- 
ciones  habui  a  nostro  servo.  Ipse  nauique  plus  decies  me  nite-  5 
batnr  diffainie  subicere  et  non  minus  te  totamque  meam 
familiam.  Quod  in  suo  proposito  si  manserit,  e  mestu 
moriar.4 

Ubi  boc  sub  lecto  audivi,  bec  mecnm  huc  atque  illuc 
mente  revolvo ,  timens  me  a  muliere  fore  deceptum :  ,0  me  10 
fatuum,  o  stultorum  stultissinium,  cum  in  hanc  sentinam  volens 
cecidi!  0  deus,  eripe  me  hinc,  noli  ineas  metiri  ignorancias, 
reserva  me,  ut  hornm  delictorum  meorum  agara  penitenciam! 
At  si  nunc  evasero,  nulla  me  unquam  mulieris  tecbna  recludet. 
Heu,  quibus  me  vir  calcabit  modis !  Hinc  si  me  deorum  quis-  15 
quam  traxerit,  nunquam  me  rursus  illaquiabit  ainor.4 

Hec  atque  alia  acerba  mecum  cogito.  Interea  vir  femine 
dicebat:  ,Estne  noster  Gnato,  qui  sibi  omnia  assentari  facit? 
Quod  illum  dii  deeque  omnes  perdant!  Ab,  quod  illum  inferi 
superique  in  fundum  lacerent !  Ubi  nebulo  est?  Hei ,  quam  20 
sibi  caput  demulceatn  !l  Cui  ipsa  respondet:  ,Nescio  hercle,  ubi 
est;  ita  prorsus  mei  sum  oblita.  Sed  unum  micbi  in  m entern 
venit;  dixit  se  velle  operiri  me  in  camera,  que  in  solo  penes 
cisternam  sita  est.  Surge  cito  et  meo  te  babitu  vestiam,  mox- 
que  descende!  Ubi  eum  in  locum  veneris,  si  ibi  est,  fac,  ut& 
esses  hera,  atque  illis  utere  verbis :  0  dulcissime  amice  et  sua- 
vissime  amator,  veni  et  te  oblecta!  Cumque  ad  te  vadit,  rape, 

* 

1  celebratum  D  2  similat  CD  3  respondit  BCD  infirmitas  A 
4  pertarbacionea  8  6  meam]  noBtram  BCD  7  quodsi  in  suo  pro- 
posito permanserit  BCD  9  mecum  cogito  B  10  Die  ganze  folgende 
rede  ist  ans  Aeneas  Sylvius  bl.  C  la  abgeschrieben  11  fatuum] 
vanum  B  o]  et  BCD  sentenciam  volans  D  12  0  deus  bis  igno- 
rancias]  fehlt  CD  metun  A;  mediri  B  13  serva  C  14  tegna  A; 
tigna  B;  ticna  C;  ulna  D  recludent  A  15  recalcavit  B  quis- 
piam  B  16  nnsqnam  BD  me]  fehlt  AC  17  Dum  hec  CD 
18  assentire  B;  assentiri  CD  fecit  BCD  19  omnes]  fehlt  B  quod] 
fehlt  D  20  superi  inferique  CD  21  respondet]  fehlt  BCD  22  ob- 
litus  CD  24  vestias  BCD  moxquel  etc  BCD  25  In  eum  locum 
cum  CD      27  oblectare  B     vadet  CD     cape  latera  D. 


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552 


Martin  Montanus, 


lacera,  quantum  potes!  Sin  abest,  operire  eum,  quousque  ve- 
niat!'  Hec  omnia  mente  gerens  nee  fraudem  uxoris  sensit, 
accellerat  festinanter  descendens  in  predictutn  locum ;  ad  quem 
postquam  venit,  reperit  neminem  atque  in  eo  expectans  per- 

5  mansit,  quousque  tempus  secundam  lucem  reduxit. 

Interea  dum  hec  fiunt,  mulier  me  de  tenebris  vocat  di- 
cens :  ,Veni,  delectacio  raea,  suavium  meiim,  veni !  Recesait  iam 
omnium  dulcium  inimicus,  ille  curvus  tremulus,  labiis  dimissis, 
sparso  ore.   Veni,  propera!  Omuia  sunt  tua.    Tuum  exple  nunc 

iu  animum  leticia!"  Ubi  hec  audivi,  resumo  animum  spiritumque 
letum  et  immortalem  pene  me  putavi.  Ac  hec  mecum  dixi : 
,0  fidam  femioam,  o  amatricem  prudentem  et  insignem  ac  nobi- 
lissimum  amoris  vasculum,  cur  me  tibi  non  credam  et  tuam 
non  sequar  fidem  !l  Et  cicius  ,  quam  hec  corde  habeo ,  aptum 

15  me  amori  reddidi,  in  lectum  me  reeepi,  et  quidquid  ibi  age- 
batur,  me  latet ;  nara  pudor  prohibet  dicere,  quam  suavia  basia, 
quam  dulces  amplexus,  quam  mellifluos  morsus  tuue  temporis 
suseeperam. 

At  quid  multa!  Appropinquante  secunda  luce  clava  me 
20  cinxi  et  descendi.  Cum  ipsum  herum  in  vestibus  uxoris  sue 
vidi,  hoc  siraulavi  me  nescire,  hec  in  eum  protuli  verba:  ,Ach, 
meretrix  pessiraa,  iam  sensio  te  fore  mecham.  Heccine  me 
facere  flagicia  tecum  putas  ?  Prodamne  ego  dominum  meum  ? 
Non  alia ,  nisi  ut  te  probarem  ,  feci  causa.1  Et  cum  talibus 
25  verbis  crudeliora  verbera  sibi  dedi  ac  taliter  cum  clava  iu  eum 
irrui  ictus  ictibus  cumulando.  Vir  se  fuge  committit,  nec  ego 
ah  ictibus  cesso,  sed  sedulo  sequor  usus  hiis  verbis:  ,Reris  id 

* 

1  in  quantum  BCD  Si  vero  BCD  operiri  C  veniet  CD 
7  vgl.  Aeneas  S  y  1  v  i  u  s  bl  Clb:  ,Veni  gaudiorum  summa  meorum, 
veni  fons  delectationum  mearum  .  ucaturigo  letitie  .  .  .  iam  tuta  sunt 
omnia4  9  sparso  ore]  fehlt  BC  nunc]  fehlt  BCD  10  quej  quo- 
que  D  12  ,0  tidaro  bis  sequar  fidem'  ist  aus  Aeneas  Sylvins 
bl.  C  3a  entlehnt  fidem  feminarum  D  oj  et  CD  13  amorem  cur  BD 
etj  cur  BD  14  cordi  AB  habui  B  15  reeepit  C  16  pudore  A 
Vgl.  Aeneas  Sylvius  bl.  D3a:  ,0  suavia  basia ,  o  dulces  amplexus, 
o  melliflui  morsus*  —  o  quam  B  17  o  quam  B  o  quam  B  21  vidij 
inveni  BCD  hoej  hec  BCD  22  Hec  D  23  domino  meo  B  25  ver- 
benx]  fehlt  B  ;  verba  D  eum]  ipsum  B  26  fugt  D  ne  D  27  sedule 
BCD     Rerisne  id  fore  facinus  B. 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XLVII. 


553 


tu  tum  facinus,  lena  perdita?  Hu  quantam  penam  Ines!4  Nec 
vir  a  fuga  cessat,  donec  se  in  cameram  receperat ;  et  nondum 
mediu8  in  camera  extitit,  quin  post  se  ianuam  clausit.  Hoc 
facto  discessi. 

Mulier  autem  ubi  lamentari  molestarique  virum  audivit,  5 
compassa  est  ei  dicens:  ,A  mi  vir,  quid  turbarisV*  Ingemuit 
vir.  et  lacrimando  hec  ait:  ,0  mea  amatrix,  ubi  ad  ipsum  veni 
locum  mente  semper  gerens4  —  Inter  loquendum  autem  vir  ob 
nimiam  mesticiam  in  media  voce  resiluit.    ,Dic,  quidquid  est, 
mi  vir !  Hercle  aut  re  aut  consilio  te  invero/  ait  mulier.  Cui  io 
herus:  'Quecunque  volui  sibi  inferre,  michi  intulit  mala.  Quam 
ob  rem1,  ait  ipse,  ,scies,  ipsum  non  contumelie  sed  probitatis 
causa  fecisse,  quod  te  temptavit.    Iamque  nosco  eum  antiqua 
virtnte  atque  fide  servum.    Iam  sibi  totam  profecto  committaro 
familiam  domumque  nostram  et  te,  quia  fidus  est,  sicut  re  >"> 
ipsa  comperi.    U tin am  sie  sint  omnes,  qui  nobis  mala  volunt ! 
Peccatum  meum  hoc  magnum  est,  ex  quo  nunquam  tarn  mane 
egredior  nec  tarn  vesperi  revertor,  quin  ipsum  in  opere  suo 
faciendo  viderira  fidelem,  ut  quivis  facile  eius  ingenium  posset 
capere.4  Cui  domina:  ,  Perpol  nunquam  in  hoc  nomine  tan  tarn  20 
credidissem  virtutem  sitam  neqne  ego  possum  amplius  adver- 
sari  sibi ;  ymmo  animam  pocius  relinquam  quam  ipsum  dese- 
ram.4    Vir  autem  non  persensit  fraudes,  sed  in  sua  simplici- 
tate  misere  deeeptus  est. 

Hiis  sero  peractis  mane  facto  e  meo  exivi  cubili,  opus  20 
facio.    Occurrit  herus,  me  salutat,  de  rae  gratulatur  non  sciens 
me  sibi  plus  damni  una  vice  in  sua  facere  uxore,  quam  ipse 
et  tota  eius  familia  per  totum  mensem  lucrabantur.   Quot  dies, 

1  Hoy  C  penam]  fehlt  C  2  reeepit  CD  3  post)  fehlt  B 
6  passa  A  0  mi  CD  8  m entern  A  9  resistit  BD;  restitit  C 
quid  est  CD  11  mala]  verbera  CD  12  scias  B;  »eis  C  non] 
nomen  B  14  servum  fore  B;  servum  esse  CD  profecto]  confido  B; 
cum  fide;  fehlt  D  16  sint]  fuissent  BCD  omnes  homines  BD 
17  magnum]  maximum  BCD  18  revertor"  fehlt  A  19  faciendum 
viderem  A  22  pocius  fehlt  C  23  sed  neu  C  simplicitate  et 
azinitate  BCD  24  estj  fehlt  CD  26  facto]  A  me]  fehlt  B  salu- 
tavit  CD ;  saltavit  B  27  sibi]  fehlt  A  dauipnum  D  28  eius] 
fehlt  CD     totam  mensam  AB     lucrabuntur  A. 


5:»4 


Martin  MonUnu*. 


quotve  noctes  in  gaudio  consumpserim ,  esset  dictn  difficile, 
qnia  haut  minus  quam  annnm  ibi  fui.  Neque  habere  amicam 
vicium  esse  decrevi  adolescencie ;  nam  id  omnibus  innatum  est 
te  iudice. 

ö         Hec  sunt,  quae  scire  te  rolui,  et  ne  gugnlus  sciat,  hec 
mente  recludas.  Vale. 

XLVI1L  (zu  Wegkörzer  cap.  23). 
Von  einem  korbmacher  und  seiner  frau. 

(Kin  schimpflich-  |  er  Sprach,  von  einem  Korb-  |  m acher  Tnnd  seiner 
l°  Frawen,  wel-  |  che  nit  sagen  wolt,  Gott  sers  gelobt  der  |  Korb  ist  ge- 
macht, vnnd  darumb  rbel  ge-  |  schlagen  ward,  wie  jr  hören  wer-  |  det, 
gar  kurzweilig  zu  |  lesen,  etc.  |  □  |  Wenn  wir  theten  was  wir  sblten,  | 
So  thet  auch  Gott  was  wir  wolten.  |  1570.  |  4  bl.  8«.  —  Im  britischen 

museum  zu  London.) 

\:>  i  Ajb  Ir  herren,  seind  ein  wenig  still! 

Kin  sprach  ich  euch  hie  sagen  will 

Von  einem  mann  und  seinem  wcyb. 

Dfraw  wolt  auch  haben  iren  streyt, 

Der  mann  der  wolt  irs  nicht  vertragen 
20  Und  hat  sie  darumb  übel  geschlagen. 

Ks  ist  im  Schwabenland  geschehen 

In  einer  statt,  hab  ichs  gesehen. 
Kin  korbmacher  sali  vor  eini  hauß, 

Kin  korb  macht  er  fru  Tor  tag  auß, 
'£>  An  einem  so n tag  es  geschach. 

Darnach  er  zu  seiner  frawen  sprach : 

,Sag:  gott  seis  globt,  der  korb  ist  gemacht!' 

Die  fraw  die  hat  des  worts  kein  acht 

Der  mann  sprach:  ,Fraw,  gbfirstu  es  nicht? 
:so  Wenn  du  die  wort  nicht  sogen  wilt. 

So  gib  ich  dir  eins  zu  dem  kopff.' 

Die  fraw  die  sprach :  ,Du  fauler  tropft", 

Woltestu  mich  zu  dem  wort  zwingen? 

Ich  muß  nit  grad,  was  du  wilt.  singen.' 
•'*■>  Der  mann  sprach:  ,Fraw,  was  gmeinst  darmit, 

Das  du  die  wort  nicht  sagen  wilt? 

1  quot  noctesve  A  gaudia  sumpserim  A  esset]  est  B  2  quin] 
fehlt  B  3  ignotum  B  5  te]  fehlt  CD  gugulus]  vulgus  BCD 
ü  recfibas  D  B  sehliess* :  Congestum  epistolare  versucias|  depromens 
mulieruiii  ßnit  fauste,  Amen.  D  schliesst.  Michael  de  Zwifalten 
«cripnit  a  quodani  l.aculario  anno  domiui  m  V°.  VIU. 


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Anhang  verwandter  stücke  nr.  XLV11-XLVIH. 


Der  korb  ist  gm  acht;  darumb  lob  gott, 
Wie  dann  ein  fraw  billig  thun  solt! 
Darumb  lob  gott  in  seinem  reich!* 
Sie  sprach :  ,Ea  gilt  mir  eben  gleich. 
Ist  der  korb  gm  acht,  so  sey  er  gmacht,' 
Sprach  sie  und  was  gantz  ungeschlacht. 

Der  mann  der  sprach:  .Mein  liebe  fraw. 
Glaub  mir,  das  ich  dir  das  vertraw, 
Du  werdest  mich  dea  worta  geweren. 
Lieber  nun  sags,  thu  mirs  zu  ehren, 
Sag:  Gott  seis  globt,  der  korb  ist  gmacht! 
Du  hast  mich  jetzt  lang  gnug  veracht' 
Sie  wolts  nicht  thun,  es  was  verlorn. 

Da  kam  der  mann  in  einen  zorn 
Und  gab  der  frawen  manchen  schlag, 
Das  sie  dort  auff  dem  erdtrich  lag. 
Die  fraw  schrey  fewr  und  mordio. 
Der  mann  sprach:  ,Dir  gschicht  recht  also; 
Als  ungluck  steckt  dir  in  der  zwilchen.' 

Der  burgermeister  kam  von  der  kirchen 
Und  wolt  heim  gehen  zu  seinem  hauß, 
Da  kam  er  grad  zu  disem  strauß; 
Es  fügt  sich  on  alles  geferd, 
Das  weyb  lag  noch  dort  auff  der  erd. 
Er  sprach:  ,Was  hand  ir  für  ein  strauß?' 
Der  mann  sagt  im  die  sach  durchauü 
Und  sprach :  ,Ich  hab  sie  darumb  gschlagen, 
Drumb  das  sie  nit  hat  wollen  sagen : 
Gott  sey  gelobt,  der  korb  ist  gmacht, 
Und  mich  so  gantz  und  gar  veracht' 

Der  burgenmeister  fieng  an  lachen, 
Wolt  sich  nicht  bladen  diser  sachen, 
Gieng  für  sich  heim  gen  zmorgen  essen. 
Noch  kund  er  der  sach  nicht  vergessen, 
Da  er  bey  seiner  frawen  saß 
Und  die  malzeit  schier  um  aber  was, 
Der  herr  lachet  für  und  für. 

Die  fraw  sprach :  .Lieber  sag  du  mir, 
Was  lachest  du  heut  disen  tag?4 
Er  sprach:  ,Fraw,  loß,  was  ich  dir  sag! 
Es  hat  ein  mann  sein  frawen  geschlagen, 
Drumb  das  nicht  hat  wollen  sagen : 
Gott  sey  gelobt,  der  korb  ist  gmacht 
Damit  hat  sie  den  mann  veracht; 
Es  halff  an  ir  kein  bitt  noch  betten, 


Martin  Montanus, 


Drumb  hat  er  sie  mit  füssen  tretten/ 

Die  fraw  sprach:  »Lieber  herre  mein, 
Wer  ich  wie  d  korblinmacherein, 
Ich  hett  es  warlich  auch  nicht  gseit, 
Und  wer  es  im  gwest  noch  so  leyd/ 
Er  sprach:  »Woltst  du  auch  keibig  sein 
Gleich  wie  die  korblinnmacherein, 
Das  du  durch  bit  noch  durch  mein  trewen 
Mit  dem  wort  mich  wolst  erfrewen, 
So  dorffts  dir  auch  wo]  gehen  wie  ir. 
Nun  laß  darvon,  das  Rag  ich  dir! 
Wolts  auch  nicht  sagen,  als  ich  acht: 
Gott  sey  gelobt,  der  korb  ist  gm  acht, 
Fürwar  es  dörfft  dich  wol  gerewen. 
Das  sag  ich  dir  mit  guten  trewen/ 

Sie  sprach:  «Ich  wolts  dennocht  nit  .sagen, 
Wenn  du  mich  gleich  zu  tod  thest  schlagen. 
Dann  dise  wort  seind  nicht  von  noten; 
Ich  wolt  mich  ehe  drumb  lassen  todten. 
Ich  wolt  gern  sehen  herr  oder  knecht, 
Ja  der  dise  wort  von  mir  brecht.1 
Da  schlug  er  ir  die  faust  in  halß 
Und  sprach:  ,  Wolst  duß  erkeiben  als? 
Was  leg  dir  doch  an  disem  wort?* 

Die  fraw  schrey  mord  Über  mord; 
Dann  sie  was  von  dem  streich  entricht, 
Sprach:  ,Du  bist  ein  rechter  boßwicht. 
Mein  freünd  die  müssen«  an  dir  rechen. 
Die  wort  will  ich  dennocht  nicht  sprechen.' 
Da  treyb  er  ir  die  hauptreiff  baß. 

Die  jungkfraw  in  der  kuchen  was. 
Sie  fragt  den  reitknecht  umb  die  ding; 
Es  nam  sie  wunder,  wies  zogieng. 
»Ich  will  dirs  sagen',  sprach  der  knecht, 
.Warumb  die  fraw  den  herren  schmecht 
Und  sie  im  gibt  so  bose  wort.' 
Sagt  ir  vom  anfang  biß  ans  ort. 
Wie  er  hett  gsagt:  Laß  von  deim  pracht, 
Sag:  Gott  Bey  globt,  der  korb  ist  gm  acht. 
Das  bat  die  fraw  nicht  wollen  sagen, 
Drumb  hat  er  sie  ins  angsicbt  gse h lagen. 

Die  jungkfraw  sagt  frey  auß  her  glat: 
,Wer  ich  gwest  an  irer  statt, 
Ich  hett  es  warlich  auch  nicht  gesprochen, 
Solt  mich  der  herr  drumb  han  erstochen/ 


Anbang  verwandter  stücke  nr.  XLVIII. 


Der  reytknecht  sprach :  ,0  du  unflat, 
Dein  balg  ich  dir  ertreschen  solt, 
Woltest  du  dich  auch  also  sperren. 
Ein  anders  lied  müßtest  mir  lehren.4 

Sie  sprach:  ,TruU,  daßt  mich  rurtest  an! 
Ich  glaub,  du  seyest  nicht  der  man/ 
Do  schlag  er  dapffer  auff  sie  dar 
Und  nam  sie  darnach  bey  dem  haar 
Und  war  ff  sie  unter  einen  trog 
Und  in  der  kuchen  umbher  zog, 
Wiewols  im  nicht  vil  «leid  hat  than; 
Jedoch  wolt  ein  mannheit  bgan 
Gleich  wie  der  erst  und  auch  der  herr; 
Sie  hattend  eingleit  kleine  ehr. 

Man  find  noch  vil  der  selben  lap'pen, 
Hand  kein  verstand,  seind  groß  diltappen 
Und  wolln  doch  gar  fast  witzig  sein. 
Wenn  sie  heim  kommen  von  dem  wein, 
So  sticht  sie  der  narr  und  die  grillen, 
WSln  dwriber  zwingen  umb  nichts  willen. 
Auß  der  ursach  ist  der  sprach  gmacht. 
Welcher  sein  fraw  also  veracht 
Und  meint  dest  hoher  zsein  und  ferrer, 
Derselb  geht  wol  zum  narren bschwerer 
Und  lest  sein  fraw  dieweil  ungirt, 
Biß  das  er  wider  nüchtern  wirdt 
Hörst  du  etwann  ein  frawen  schelten, 
Laß  du  drumb  deine  nicht  entgelten! 
Dann  man  noch  gar  vil  frawen  find, 
Die  ehren  werd  und  wirdig  sind. 
Denselben  sol  man  ehr  entbieten 
Und  vor  den  bösen  sich  wol  hüten. 

Der  sprach  trifft  an  allein  die  bösen; 
Ich  kÖnd  ab  in  kaum  d  örten  lösen. 
Ein  gute  fraw  mag  niemand  bzalen. 
Ich  denk,  der  sprach  der  soll  euch  gfallen; 
Er  ist  in  nllem  guten  gseyt, 
Ich  hab  es  gredt  mit  underscheid. 
Ich  hab  auch  ein  fromm  ehren  weyb, 
Sie  gfelt  mir  wol  sampt  irem  leib. 
Sie  Sprech,  es  wer  tag  oder  nacht: 
,Gott  8ey  gelobt,  der  korb  ist  gmacht.' 
Das  sprech  sie;  wenn  sie  tranck  gern  wein. 
Den  kau  ff  ich  ir,  red  ir  nichts  drein, 
Sie  raust  mir  sonst  untruncken  sein. 


558 


Anmerkungen. 

L  Wegkürzer  (a.  1—131). 

Widmung  s.  8,«1 :  Jakob  Kerbrot  war  ein  Augsborger  kürsch- 
ner  (geb.  um  1490),  der  im  kämpfe  der  evangelischen  zünfte  gegen  die 
patrizierherrschaft  lange  die  leitung  gehabt  hatte.  Zweimal  bekleidete 
er  das  bürgermeisteramt ,  1546,  wo  er  Schertlin  im  schmalkaldischen 
kriege  unterstützte,  und  1552,  wo  er  das  von  Karl  V.  umgestosseue 
zünftische  regiment  wiederherstellte.  Als  nach  dem  Passauer  vertrage 
der  kaiser  nach  Augsburg  kam,  war  Herbrots  rolle  ausgespielt;  er  über- 
gab sein  geschäft  seinen  söhnen  und  ging  als  pfui /gräflicher  rat  und 
pfleger  nach  Lauingen.  Verarmt  und  geschmäht  starb  er  1574  zu  Neu- 
burg. —  Vgl.  v.  Liliencron,  Histor.  Volkslieder  4,  573  nr.  609—612. 
Hecker,  Zs.  des  histor.  v.  f.  Schwaben  1,34  (1874).  Mezger,  ADB  12,40 
(1880).  Gegen  ihn  ist  zugleich  die  oben  s.  457  abgedruckte  Augshurger 
Schmähschrift  gerichtet. 

Vorrede  s.  5,  2 — 1 2:  Augustus  und  der  arme  dichter. 
—  Nach  Pauli,  Schimpf  und  ernst  c.  506.  —  Vgl.  Oesterleys  nachweise 
dazu;  ferner  Goedeke  zu  Hans  Sachs,  Dichtungen  1,  262  (1870);  Pe- 
trarca, Gedenckbuch  Obers,  v.  S.  Vigilius  1541  hl.  32a  (2,58);  G.  Dan- 
beckhs  meisterlied  von  1600  (abgedruckt  oben  s.  502  nr.  XV).  Gerlach, 
Eutrapeliae  1656  3,  nr.  48. 

l)Wie  ein  junger  gesell  eines  hirten  tochterbe- 
schläft  mit  verheissung,  so  sie  es  drei  tag  verschweige, 
wolle  er  sie  zu  der  kirchen  fahren.  —  Abgedruckt  in: 
Kurtzwcilige  und  lacherliche  geschieht.  Frankfurt  1583  (Berlin  Yt  6811) 
s.  5415a ;  Scheible,  Schaltjahr  2,  134  (1846;  ohne  angäbe  der  quelle).  — 
In  kürzerer  form  lateinisch  übersetzt  bei  Nie.  Frischlin.  Facetiae  1600 
p.  10  ,Par  pari  relatum'.  Gereimt  von  Dietrich  Mahrold,  Koldmarsch 
kästen  1608  nr.  41  (vgl.  Frey  ed.  Bolte  1896  s.  270).  Erweitert  im 
Schiltbürgerbuch  1598  c.  31  (=  Bobertag,  Volksbücher  des  16.  jh.  1888 
s.888)  =  Grillenvertreibcr  1,  125  (1670).  —  Von  den  beiden  teilen  des 
uchwankes :  a)  ein  bursch  verlässt  sein  mädchen,  weil  sie  das  Verhältnis 


Wegkürzer  c.  1—2. 


559 


wider  sein  gebot  auaplaudert,  und  b)  die  neue  braut,  der  er  davon  er- 
zählt, offenbart  unabsichtlich  ihre  frühere  buhlerei,  kommt  der  zweite 
auch  für  «ich  allein  vor;  vgl.  Bolte,  Zs.  f.  dtach.  altert.  86,  366.  — 
Beide  zusammen  begegnen:  Poggio,  Facetiae  nr.  157  (Opera  1538 
p.  462:  ,De  Florentino,  qui  filiam  viduae  desponsaverat'  =  Facetiae 
1798  1. 165  .Repensa  merceB').  Sabadino  degli  Arienti,  Le  Porretane  1475 
nr.  30:  .Messere  Ludovico  Araldo  de  la  communitä  di  Bologna  va  data 
•uu  sposa  e  con  lei  prende  piacere ,  e  egli  allegro  di  quello  ha  fatto, 
ne  prende  un  altra,  e  poi  se  trova  vituperato*.  Fortini  (f  1562)  .Novelle 
1,2,  3  (1890)  Giornate  nr.  24:  ,Come  un  villano'.  Domenichi,  Facetie 
motti  et  burle  1581  p.  37.  Kirchhof,  Wendunmut  3,  213  (1602).  Harten, 
Ffinfftzig  newer  Historien  1603  e.  54  (5, 5).  Fa&ciculus  facetiarutn  1670 
p.  199  nr.  80.  (Ziegler),  Schola  curiositatis  1,142  (c.  1700).  Rottmann, 
Lustiger  historienschreiber  1717  s.  133  (197).  Hilarius  Seiupiternu*,  Der 
kurzweilige  polvhistor  1719  s.  7  (1, 17).  Der  lustige  und  possierliche 
historienschreiber  (c.  1750)  s.  17  nr.  22  'Das  freywillige  bekänntniü'. 
Allerband  Iii -tonen  1750  nr.  110  (Berliner  ms.  gern),  qu.  616).  Lyrum 
larum  1701  nr.  136  =  1730  nr.  77.  Fabulanus  Kurzweill,  Tischreden 
-  998  nr.  98  (Wiener  hs.  14914).  D'Ouville,  Contes  3,30  (1644).  La- 
fontaine, Contes:  ,Les  aveux  indiscreta'.  Nouveaux  contes  ä  rire  1702 
p.  100 :  ,La  fiancee  ingenue*.  Contes  ä  rire  ou  reereations  francaises 
1787  1,72:  ,D'un  fiance  ä  sa  fiancee'.  —  In  einigen  erz&hlungen  kehrt 
schliesslich  der  jüngling  zu  der  verlassenen  ersten  geliebten 
zurück:  im  Haslein  (v.  d.  Hagen,  Gesamtabenteuer  nr.  20),  bei  An- 
tome  de  la  Sale,  Cent  nouvelles  nouv.  nr.  8  ,Garce  pour  garce'  —  Ma- 
Iespini,  Ducento  novelle  2,  nr.  18  (1609)  und  in  Maternus  Steyndorffers 
Comoedia  lectu  utilis  et  iucunda  v.  j.  1540  (Zs.  f.  dtscb.  altert.  36,  225. 364). 

2)  Wie  eines  rebmanns  frau  sich  gegen  ihrem 
mann  krankBtellteund  nichtmitihm  essen  wollte.  — 
Abgedruckt:  Kurtzweilige  geschieht  1583  b.  544a;  Scheible,  Schaltjahr 
1,38  (1846);  Hub,  Die  kom.  und  hnmorist-  litteratur  der  deutschen 
Prosaisten  des  16.  jahrh.  2,816  (1857);  Qoedeke,  Schwanke  des  16. 
jabrb.  1879  nr.  53.  —  Ins  lateinische  übersetzt  von  HulsbuBch,  Sylva 
sermonum  iueundissimorum  1568  s.  174  ,Uxor  vinitoris  fingit  se  in- 
tirmam  nec  vult  comedere  cum  eo1  =  oben  s.  476  nr.  III.  Abgekürzt 
l*i  Nie.  Frischlin ,  Facetiae  1600  p.  10  [nr.  25]  Jurgia  coniugum'  = 
Doctae  nugae  Gaudentii  JocoBi  1713  p.  87  (=  1725  p.  67)  »Vindicta 
mariti'.  Job.  Sommer,  Kmplostrum  Cornelianum  1609  nr.  52:  .Von 
zweyen  eheleuten,  die  sich  schlugen  und  wieder  freunde  wurden'. 

Der  schwank  besteht  aus  zwei  teilen  :  a)  der  belauschung  derle- 
ckerhaften  frau  durch  den  mann,  der  noch  sechs  eier  in  die  pfanne 
schlägt:  Hans  Sachs,  Die  lieurin  mit  dem  eirimschmalz ,  meisterlied 
von  1547  (Dichtungen  ed.  Goedeke  I,  230);  Waldis,  Esopus  1548  4.  nr.  19 
,Von  dem  Schultheiß  und  seinem  weilte'.  Knoop,  Sagen  und  erzäh- 
hingen  aus  der  provinz  Posen  1893  s.  213.  Roquelaure.  Roger  Bontems 


500 


Anmerkungen 


en  belle  humeur  1757  1,  104.  —  b)  der  listigen  räche  des  vom 
richter  verwarnten  mannes  an  seiner  frau.  Vgl.  H.  Sachs, 
,Drey  loß  antwort  eins  bösen  mans'  MG  8,  25*  =  Dresd.  hs.  M5.519: 
1546.  Er  folgt  ihr,  aber  mit  schlagen),  .Der  mann  mit  den  guten 
worten*  (MG  12, 134  =  Dresd.  hs.  M  5, 409.  Er  wirft  sie  mit  dem 
gebetbnch)  und  ,Der  mann  dorfft  sein  weib  nit  schlagen*  (Nürnberger 
stadtbibL,  ms.  Solger  56  fol.,  2.  teil  bl.  274b:  1551,  3.  juli).  Br.  Sei- 
delius,  locus  mariti  (Delitiae  poet.  Germanorum  6,115.  1612).  Wick- 
ram, RollwagenbQchlin  1555  nr.  17  .Einer  leidt  mit  seiner  frau  wen  lieb 
und  leid*  =  Grimm  KHM  nr.  170  ,Lieb  und  leid  teilen*.  Zeitvertreiber 
1668  s.  415.  Krüger,  Hans  Ciawert  1587  c.  8  (folgen).  Melander,  loci 
atque  seria  2,67  nr.  52  (1604) ;  Verdeutschung  2,  25  nr.  23  (1605).  Lun- 
dorp,  Wißbadisch  wisenl>rünlein  2  (1611),  nr.  57  (mit  guten  worten 
strafen)  nach  Melander.  Wander,  Sprichwörterlexikon  4, 888  nr.  4.  Fa- 
bulanus  Kurzweil),  Tischreden  (Wiener  hs.  14914 ;  geschrieben  in  Mün- 
chen um  1770)  s.  981,  nr.  44:  «Alles  muss  nach  meinem  köpfe  gehn'. 
Lyrum  larum  1701  nr.  113.  Lee  recreations  franeoises  1662  1,101. 
Bouchet,  Serres  nr.  9  (2,  166  ed.  Roybet). 

8)  Wie  ein  junger  bauern  knecht  zu  einer  schönen 
jungfrau  zu  Breisach  in  liebe  entzündet,  sie  aber 
8  e  i  n  kein  gnad  haben  wolt  (er  entmannt  sich).  -  Abgedruckt 
bei  Scheible,  Schaltjahr  1,469  (1846).  -  Vgl.  Bandello,  Novelle  3,  nr.  31 
(der  verschmähte  jüngling  vergiftet  sich). 

4)  Von  einem  alten  buhler  (zornig  über  seine  impotenz).  — 
Abgedruckt  bei  Scheible,  Schaltjahr  3,559  (1847).  —  Vgl.  Bandello, 
Novelle  3,  nr.  2  (1554).  Guyon,  Les  diverses  lecons  suivans  Celles  de 
P.  Messie  et  de  Vauprivas  1,  18  (1625.  Limousiner  entmannt  sich). 
Bouchet,  Serees  nr.  5  (1,191  ed.  Roybet  1873). 

5)  Von  einem  könig,  Schneider,  riesen,  einhorn 
und  wilden  schwein.  —  Abgedruckt :  Kurtzweilige  geschieht  1583 
s.  546  a.  Scheible.  Schaltjahr,  1,129.  Goedeke,  Schwänke  1879  nr.  6. 
Merkeus,  Deutscher  humor  alter  zeit  1879  s.  177.  Bobertag,  400  schwanke 
des  16.  jahrh.  1887  s.  254  nr.  317.  —  Niederdeutsch  im  Wegekörter 
1592  nr.  1  =  Niederdeutsches  jahrbuch  20,  135-138.  Nacherzählt  bei 
Grimm,  KHM  nr.  20:  ,Das  tapfere  schneiderlein',  Aurbacher,  Büchlein 
für  diejugend  1834  s.  174  und  Bechstein,  Märchenbuch  1845  s.  5  ,Vom 
tapfern  schneiderlein*.  Auf  Monianus  geht  auch  zurück  eine  holländische 
erzählung  in:  Het  wonderlijk  en  niet  min  kluchtig  leven  van  kleyn 
Kobisje  (Amsterdam.  Jac.  Bouinan  1700  u.  ö. ;  vgl.  Bolte,  Tijdschrift 
voor  nederl.  taalkunde  13,  91)  s.  7  ,Hoe  kleyn  Kobisje  koning  wierd* 
=  Grimm  KHM  33,  31—34;  abgedruckt  in  einer  um  1786  erschienenen 
Amsterdamer  ausgäbe  von  Jan  Soets  »Leven  en  bedrijf  van  Clement 
Marot'  (zuerst  Dordrecht  1635)  s.  133-138:  ,Hans  Onversagt'  =  Ver- 


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Wegkarzer  c  2-5. 


561 


makelijke  kluchtvertelder  (Gent,  Snoeck-Ducaju  um  1890)  s.  31—35; 
Teirlinck,  Contes  pop.  flamands  1896  p.  45;  Mont-Cock,  Vlaamsche  ver- 
telsels  1898  p.  231 :  ,Hans  Onverzagd4.  Der  geist  von  Jan  Tambaur 
(um  1690)  8  266:  /Warum  die  Schneider  so  stoltz4  =  oben  s.  479  nr. 
IV.  Historie  om  en  skomagersvend  i  Rysland  (gereimt,  o.  j.  Njerup, 
Almindelig  morskabslaesning  1816  s.  241).  Stor-hjerta  eller  den  tappre 
skräddaren,  som  med  ett  bugg  dödade  sju,  Stockholm  1824  u.  ö.  (Bäck- 
ström. Svenska  folkböcker  1848  2,  264—270). 

Wir  unterscheiden  bei  Montanus  drei  teile;  a)  die  prahlerei  des 
fliegentöters :  ,8  i  e  b  e  n  auf  einen  streich/  Vgl.  dazu  die  nach- 
weise bei  R.  KOhler,  kleinere  schriften  1,  563—565  (1898);  Zs.  d.  v.  f. 
Volkskunde  6,  76  zu  Gonzenbach  nr.  41  ;  Cosquin ,  Contea  pop.  de  la 
Lorraine  nr.  8  mit  anm.  Ferner  Schambach-Müller ,  Niedersachsische 
sagen  1855  s.  299  nr.  22.  Lemke,  Volkstümliches  in  Ostpreussen  2, 137 
(1887).  Eichrodt,  Gesammelte  dichtungen  1890  2,  197:  .Das  tapfre 
achneiderlein'.  Revue  des  trad.  pop.  7,  699. 9,  336.  Yeats,  Märchen  aus 
Irlands  gauen  1894  s.  104.  Crane,  Italian  pop.  tales  1885  p.  94  =  Im- 
briani,  Novellaja  milanese  nr.  5.  Aleover,  Rondayes  mallorquinea  1,  51 
(1896).  Moore,  Folk-lore  journal  3,  299  (chilenisch).  Pedersen,  Zur  alba- 
nesischen  Volkskunde  1898  s.  42  nr.  6.  Steel-Temple,  Wide-awake  sto- 
ries  1884  p.  89  =  Indian  antiquary  11,282.  Swynnerton,  lndian  nights' 
entertainments  1892  nr.  54.  —  b)  die  im  auftrage  des  königs  vollführte 
tötung  zweier  riesen,  des  e  in  ho  ms  und  des  Wildschweins. 
Diese  schliesst  sich  in  fast  allen  angeführten  Märchen  an  die  einleitung 
a  an ;  ausserdem  findet  sich  bisweilen  damit  verbunden  die  überlis- 
tung eines  riesen  durch  einen  schwachen  menschen 
bei  verschiedenen  kraftproben;  vgl.  Grimm,  KHM  nr.  20  und  183.  Cos- 
quin nr.  25.  Köhler,  Kl.  schriften  1,  85.262.  290.  328.  Nyrop,  Svenska 
landsmulen  2,  CHI  (zu  Bondeson,  Svenska  folksagor  nr.  2).  Clouston, 
Populär  tales  and  fictions  1,  140—154.  Mont-Cock  1898  s.  164.  —  c) 
die  entdeckung  seiner  abkunft  durch  die  ihm  vermählte 
königstochter  und  den  ihm  gelegten  hinterhalt  Vgl.  u.  a.  Schneller, 
Märchen  aus  Wälschtirol  1867  nr.  54. 

Anspielungen  auf  das  märchen  bei  Fischart,  Gargantua  1575 
cap.  46.  s.  4o5  ed.  Alsleben  (Ich  will  euch  tödten  wie  die  mucken,  neun 
in  eim  streich,  wie  jener  Schneider)  und  Flöhhatz  1577  v.  667  (Hörst 
nicht  vom  tapfern  schneiderkneclit ,  Der  drei  in  aim  straich  tödtet 
schlecht?).  Bosecker,  Predigt  1614:  .Wie  jener  Schneider  siben  mucken 
—  ey  ich  versprich  mich  —  siben  Türken  auff  ainen  straich  erschlagen* 
(Birlinger,  Germania  17,  92).  Rist,  Friedejauchzendes  Teutschland  1653, 
2.  Zwischenspiel  =  s.  115  ed.  Goedeke  1885  (.Ich  habe  wol  eher  sieben 
auf  einen  schlag  geschlagen  —  flegen,  meine  ich4).  Grimmelshausen, 
Simplicissimus  1669  b.  2,  cap.  28  =  s.  ISO  ed.  Kögel  1880  (,den  titul 
eines  Schneiders  Sieben  auff  einen  streich4).  Fabel-Hanns  1703  s.  16 
(Vor  dem  Corydon  hat  sich  ein  schneiderpürschel  gerühmet:  ,Herr,  ich 

Montana»  36 


502 


Anmerkungen. 


hah  fünf  auf  einen  streich  erschlagen'  .  .  .).  Wander,  Sprichwörter- 
lexikon 4,  552  nr.  7. 

0)VoneinemScbwaben,  der  das  I  eher  lein  gefressen. 
—  Abgedruckt  bei  Scheible,  Schaltjahr  1,  223.  Hub,  Prosaisten  2,  518. 
Goedeke,  Schwanke  s.  28  nr.  10.  Merkens,  Deutscher  bumor  a.  a.  1879 
b.  174.  Altdeutscher  schwank  und  scherz  1880  s.  54.  Bobertag,  400 
schwanke  s.  258,  nr.  318.  —  Benutzt  von  Aurbacher,  BQchlein  fflr  die 
jugend  183t  s.  180.  Bechstein,  Märchenbuch  s.  10  .Vom  Schwaben, 
der  das  leberlein  gefressen*.  Simrock,  Deutsche  märchen  1864  s.  153, 
nr.  32  ,Vom  Schwaben,  der  da«  leberlein  gefressen  hatte.' 

Kin  zeugnis  für  die  frühe  Verbreitung  des  roärchens  in 
Deutschland  hat  man  in  dem  lateinischen  gedichte  auf  den  92»?  gestor- 
benen Mainzer  erzbiscliof  Heriger  (Müllenhoff-Scherer,  Denkmäler  nr.  25; 
dazu  Grimm-Sehmeller ,  Latein,  gedichte  1838  s.  343  und  D.  mytho- 
logie«  s.  XXXVI,  sowie  Koegel,  Gesch.  der  d.  litteratur  1,2,  263).  dem 
ein  vagant  erzählt,  er  habe  im  himmel  dem  heil.  Petrus  ein  stück  lunge 
gestohlen  und  Terzehrt.    Spätere  belege  sind:  Brant,  Narrenschiff  1494 
c  79,  8:  .Der  maß  die  leber  gessen  han'  ').  Geiler  von  Heisenberg:  ,das 
leberlin  aus  dem  braten  ziehen*.  Der  newen  weit  gattung  i Siraasburg, 
Cammerlander  1539)  bl.  3b:  ,Er  muß  das  leberlin  gessen  han'.  Maalcr, 
Di«;  tcOtoofa  spraach  1561 :  ,Kr  bats  leberle  gefressen,  certe  captus  est.' 
Kimhart,  Klöhhaz  1577  v.  114:  .Noch  muß  das  läberle  ich  han  gessen. 
Tho.  Mezler,  Odaeum  litt,  iuventutis  1651  p.  239:  ,Viget  adagium  :  der 
Hchwab  hat  gfressen  sleberlin'.  Zeitvertreiber  1668  s.  152:  .Der  Schwabe 
muß  allezeit  das  leberle  gefressen  haben«.    Wander,  Sprichwörterlexi- 
kon 2,  1K67  nr.  4.  4,  406  nr.  20  (Gruter  3,  79.    Lebmann  2.  575,  46. 
Auerbachs  orzählung  vom  heil.  Antonius  und  dem  Schwäblein). 

In  Hans  Sachsens  1550  gedichtetem  meisterliede  .Sant  Peter  mit 
dem  landsknechf  (Diebtungen  ed.  Goedeke  1.291  j  auch  im  mscr.  K  446 
der  Breslnuerstadtbibl.  bl.280b  und  im  mscr.  Solger  56foL  der  Nürnberger 
Stadtbild.,  2.  »eil  bl.  278a)  tritt  statt  Christi  Petrus,  statt  des  Schwa- 
ben ein  landsknecht  auf;  statt  der  tolenerweckung  eine  krankenheilnng; 
es  fehlt  die  errettung  des  verstockten  leugners  vom  galgen.  Zu  Mon- 
tunus  s.  25,  3i,  wo  der  Schwabe  seinen  kreuzer  unter  die  gülden  wirft 
und  gemeinsame  kasse  machen  will,  vgl.  Pauli  nr.  566.  Nach 
einer  andern  Überlieferung  hatte  Petrus  selber  naschhaft  die  leber 

* 

1 )  Zarncke  (zu  Brant  NS  c.  79)  und  Goedeke  (zu  Job.  v.  Morsheim, 
Der  spiegel  des  regiments  1^50  v.  498  ,Der  fromm  muß  ledcr  gessen 
han  )  bringen  damit  das  Sprichwort  in  Verbindung :  ,Der  bunt  hftt  leder 
vrezzen,  sö  man  dienstes  will  vergezzen-  (Freidank  138,  17  u.  a.) ;  ,Dum 
canem  caedimus,  corrosisse  dicitur  corium*  (Hebel.  Proverbia  germanica 
ed.  Suringar  1879  s.  14.  nr.  22;  dazu  s.  191)  Wander,  Spriehwörter- 
lexikon  2,  862  nr.  1021  f. 


Wegkürzer  c.  5-6. 


563 


verzehrt');  denn  in  einem  Sterzinger  OHterspiele  (um  1500)  schmäht  Jo- 
bannes Beinen  rnitapostel  Petrus:  .Kr  hat  unsere  herren  drei  mal  verholen 
Un  hat  das  leberl  (lempretel  steht  in  einer  andern  hs.)  aus  dem  oster- 
lamp  geatolen4  (Picbler,  Über  das  drania  des  mittelalters  in  Tirol  1850 
s.  167.  Nach  Peter  2,  136  that  Judas  dies).  Dass  Petrus  lieber  zur 
bochzeit  als  mit  Christus  zum  leichenbegängnis  geht,  erzahlt  ein 
meisterlicd  Hans  Sachsens  ,S.  Peter  auf  der  bochzeit'  (MG.  12  bl.  227b  : 
1551  12.  dec.  ,  auch  im  ms.  Solger  56  fol.  der  Nürnberger  stadtbibl. 

2.  teil.  bl.  279b)  und  ein  andres,  das  Seb.  Uilprant  am  10.  febr.  1552 
dichtete  =  oben  s.  483,  nr.  V). 

Mit  der  erziLblung  des  Montanus  stimmt  ziemlich  genau  aberein 
Cento  novelle  anticbe  nr.  75  ,Come  Domeneddio  s'accompagnb  con  uno 
giullare'  (vgl.  A.  d'Ancona,  Romania  3,  181=Studj  1880  p.  333.  Hi- 
stoire  litt,  do  France  23,  93).  Noch  alter  ist  eine  muhammedanische 
legende  von  Jesus  und  einem  juden,  die  nach  E.  Kuhn  (Darlaam  und 
.loasaph  1893  s.  S2)  vermutlich  aus  einem  apokryphen  evangelium  ge- 
flossen ist1):  Rehatsek,  Calcutta  review  73,  27  (1881)  .The  jew  and  the 
loaves  of  bread';  M.  C.  Siddi  Lebbe,  The  Orientalist  1,46  (1884);  F  G. 
Kohles,  Leyendas  moriscas  1,  173  .Estoria  que  acontecid  en  tiempo  de 
Jesus'  (1885.  Aus  einer  hs.  des  15. — 16.  jahrh.  GrQnbaum,  N.  beitrüge 
zur  semit.  Bägenkunde  1893  s.  279);  persisches  gedieht  des  scheikh 
Ferideddin  'Attär  aus  dem  13.  jahrh.,  von  Rdckert  verdeutscht  (Zs  der 
d.  morgenl&nd.  gesellsch.  14,  280  =  Beyer,  Neue  mitteilungen  über  F. 
Rückert  1873  1,304.  Pizzi,  Storia  della  poesia  persiana  1804  2,  376). 
Statt  der  leber  stiehlt  hier  der  habgierige  gefährte  Jesu  eins  ihrer  drei 
brote  und  bleibt  bei  allen  gewissensmahnungen  (Jesus  heilt  einen  blin- 
den und  einen  krüppel,  schreitet  Ober  einen  ström,  schlachtet  eine  an- 
tilope  und  ein  kalb,  um  sie  dann  wieder  zu  beleben ,  und  fragt  jedes- 
mal nach  dem  verbleib  des  brotes)  und  in  todesgefahr  (als  er  vergeh- 

# 

1)  Aehnlich  wird  auch  die  vorwitzige  bestrafung  einer  diebischen 
magd,  die  man  sonst  von  einem  Schneider  erzählte,  bisweilen  dem  Pe- 
trus zugeschrieben ;  vgl.  Bolte  zu  Frey  nr.  109. 

2)  Zu  diesem  stoße  .St.  Peter  mit  der  geige*  vgl.  ferner 
Sandrub,  Delitiae  bist,  et  poeticae  1618  nr.  124.  Aurbacher,  Ein  volks- 
bachlein  1  1,  85.    Simrork.  Märchen  s.  136.    Panzer  2,  21.  Schönwerth 

3,  293.  Bartsch  1,  521.  Rochholz,  Schweizer  Bagen  2, 309.  Lütolf  1862 
s.  109.  Rappold,  Sagen  aus  Kärnten  nr.  111.  Müller,  Siebenbürg.  sagen 
1885  nr.  170.  Krauss  2,  nr.  60.  Hörmann,  Zs.  des  Ferdinandeums  1870, 
227  nr.  3.    De  Nino  4,  93. 

3)  Ohne  kenntnis  dieser  sage  nahmen  Benfey  Pantschatantra  I, 
430—433)  und  Ubland  (Schriften  8,  617)  einen  Zusammenhang  unsres 
m&rchens  mit  der  äsopischen  fabel  vom  fuchse  an ,  der  das  herz  des 
vom  löwen  zerrissenen  hirsches  stiehlt  (Oesterley  zu  Gesta  Rom.  c.  83. 
Waldis  2,  12.  Scherer,  Kleine  schritten  1,  lb2.  Keidel,  Zs.  f.  vgl.  lit- 
gesch.  7,  264). 

36* 


504 


Anmerkungen. 


lieh  versucht  hat ,  mit  Jesu  stab  einen  kranken  könig  zu  heilen  ,  und 
den  tod  leiden  soll)  hartnäckig  dabei,  es  seien  nur  zwei  brote  gewesen ; 
erat  als  Jesus  ihm  drei  häufen  gold  zeigt,  von  denen  der  dritte  dem 
zufallen  soll,  der  das  brot  verzehrt  hat,  bringt  ihn  gewinnsticht  zum 
Geständnis.  In  allen  vier  fassungen  ist  die  auch  in  Europa  (Cento  no- 
velle  antiche  nr.  83.  HanB  Sachs  1,  225  ed.  Goedeke  ,0er  tod  im  stock*. 
Chaucer,  The  pardoner's  tale)  verbreitete  erzähl  ung  von  den  einander 
mit  gift  und  schwert  mordenden  schatzfindern1)  angehängt. 
Hei  Rehatsek  und  Siddi  Lobbe  lässt  der  jude  auf  Jesu  Warnung  die 
^'olihaufen  liegen;  drei  wandrer  finden  sie  und  erschlagen  einander 
um  ihretwillen  ;  Jesus  kehrt  mit  dem  juden  zurück  und  belebt  die  er- 
schlagenen; aber  während  sich  diese  bekehren,  will  der  jude  nicht  vom 
golde  lassen  und  versinkt  in  die  erde.  Tn  der  spanischen  aufzeichnung 
und  im  persischen  gedieht«  bleibt  Jesu  geführte  beim  schätze  zurück 
und  wird  von  den  (zwei  oder  dreil  hinzukommenden  bOsewichtern  ge- 
tötet. 

Die  neueren  aufzeichnungen  aus  dem  volksmunde  unter- 
scheiden sich  sowohl  hinsichtlich  der  handelnden  personen,  als  der  Un- 
terschlagung lieber,  käse,  brod),  die  bisweilen  ganz  fortgefallen  ist ;  die 
^>'v.  innsucht  wird  nicht  mehr  so  scharf  als  bestimmender  charakterzug 
dt»  neiden  dargestellt  wie  in  den  muhammedanischen  fassungen.  Grimm, 
K1I.M  nr.  81  .Bruder  Lustig'  und  3,  129;  danach  Marbach,  Volksbücher 
1 1 ,  75— 82  .Bruder  Lustig'  (1838)   und  Ellen  (=  Herrn.  Schauenburg), 
•amliche  geschienten  des  bruder  Lusti«;  (Düsseldorf  1857.  4°) ;  Bäck- 
in. Svenska  lolkböcker  2,  224  (1848)9  .SftBCt  Pdn  och  brod.-r  L«- 
;eine  seit  1824  öfter  gedruckte  Übersetzung  des  Grimmschen  mär- 
chena).  Strackerjan,  Aberglaube  und  sagen  aus  Oldenburg  2,801(1867) 
.Bruder  Lustig*.   Jahn,  Volksmärchen  aus  Pommern  1,  256  nr.  49  (1891): 
,Scli mied  Günther'.  E.  Meier,  Volksmärchen  aus  Schwaben  1852  nr.  62 
, Bruder  Lustig*.    Menghin,  Aus  dem  deutschen  Südtirol  1884  s.  91  .Das 
rto".  Rosegger,  Stoansteirisch   1896  s.  308  .Die  gonsleber*.  Peter, 
Volkstümliches  aus  Oesterreichisch-Schlesien  2,  136  (1867):  ,Wie  Judas 
beim  letzten  abendmahl  das  herz  des  lammes  aß'.    Schönwerth,  Aus 
der  Oberpfalz  3,  302  (1859.  Ein  bauer  wandert  mit  Christus  und  Petrus 
und  verzehrt  ein  ktlsleibchen).    Wcnzig,  Westlavischer  märchenschatz 
1857  8.  88  (Petrus  isst  die  käse,  Christus  teilt  das  geld  in  drei  teile). 

* 

1)  Vgl.  Über  diese  legende  Goedeke  a.  a  o.  Originals  and  ana- 
logues  of  Chauccr's  Canterbury  talcs  p.  129.  415.544  (Chaucer  society. 
2.  serie«  1872-1887).  E.  Kuhn  s.  82.  Ferner  Geibel,  Werke  4,  114. 
Fliegende  blätter  81,  181  (1884).  Nyt  Vademecum  til  tidsfordriv  1783 
nr.  343.  The  pleasing  instruetor  p.  307.  ßraga,  Conto«  trad.  do  povo 
portuguez  nr.  113  (1883).  P.  Paris,  Lcs  manuscrits  franeois  de  la  bibl. 
du  roi  4,  83  (1841)  nr.  7026,  aus  dem  anfange  des  15.  jahrh.  Guichard, 
Contes  et  fahles  1808  1,  53:  ,Les  scelerats  punis  par  eux-memes'. 


Wegkarzer  c.  6—8. 


565 


Polivka,  Za.  f.  öaterr.  Volkskunde  2,  224  nr.  13,  1.  ülinaki,  Bajarz 
polski  2,  220  (1862).  Ralston,  Ruaaian  folk-talea  1873  p.  351  ,The  priest 
with  thegreedy  eyes.'  Vogl,  Erzählungen  eines  grosamutterchens  (c.  1845) 
g.  27  ,Die  gestohlene  lammsleber'  (kroatisch  t  =  Kletke ,  Märchensaal  2, 
37  (1845).  Kraoss.  Sagen  der  Südslaven,  2,  84  nr.  55(1874):  ,Der  hei- 
lige Andreas'  (zieht  mit  Christus  und  Petrus,  6tiehlt  ein  lnmmshcrz, 
wird  verbrannt  und  wiedergeboren).  Leskien- Brugman,  Litauische  Volks- 
lieder und  märchen  1882  a.  485  nr.  39  ,Voin  juden  und  Petrua'  mit 
der  anm.  (käse  gestohlen,  geld  in  drei  teile,  misslungene  erweckung  der 
toten  prinzessin  A.  de  Cook.  Rond  den  heerd  1890  p.  19:  ,Onze  lieve 
beer  en  de  schoenmaker'.  Mont  en  Cock,  Vlaamsche  vertelsela  1898p.  873 : 
, Hi  t  scbaap  zonder  hart'.  Denlin,  Contes  du  roi  Cnmbrinus  1874  p.  116. 
Cosquin,  Conlea  populaires  de  Lorraine  1887  1,  285  nr.  30  ,La  foie  de 
mouton'  (Christus  und  ein  soldat).  Luzel,  Legendes  chretiennes  de  la 
Basse- Bretagne  1,  SO  (1881).  Knuat,  Jahrbuch  f.  roman.  litt.  7,  396 
nr.  11  ,Ein  erdengang  dea  erlösen'.  Nerucci,  Novelle  popolari  mon- 
taleai  1880  nr.  31.  A.  de  Gubernatis,  Novelline  di  Santo-Stefano  1869 
p.  57  nr.  31  ,Geaü  e  Pipetta'  (nur  krankenheilung).  Pitre,  Fiabe  pop. 
siciliane  3,  54  nr.  123  (1875.  Petrus  will  eine  tote  erwecken).  A.  de 
Nino,  l'si  e  costumi  abbruzzeai  4,  77  (1887).  Enciclopedia  1880,  734. 
Maspona  y  Labrös,  Cuentos  pop.  catalana  1885  p.  56  ,Los  tres  xavos< 
(aoldat  wandert  mit  Christin  und  Petrus,  unterschlägt  geld ,  versucht 
mehrmals  vergeblich  kranke  zu  heilen  und  endet  am  galgen).  Leite 
de  Vasconcelloa,  Uiornale  di  filol.  romanza  4,  193  nr.  5  (portugiesisch. 
Joäo  de  Marrnes  wandert  mit  Christus  und  Petrus).  Killinger,  Erin  C, 
166  (1849):  ,Mac  Kneiry  der  habgierige*  (zieht  mit  Don  Firine  umher, 
versucht  hässliche  nach  dessen  vorbild  durch  kopfabscbneiden  schön  zu 
machen  und  zeigt  sich  undankbar  gegen  seinen  geführten  und  retter). 
In  einem  indischen  märchen  ,The  princess  and  the  aepoy'  (North  in- 
dian  notes  and  queries  5,  119  nr.  331.  1896)  wandert  ein  jungling  zu- 
sammen mit  einer  abenteuernden  prinzes<tin,  verzehrt  heimlich  die  leber 
eines  rebs  und  wird  endlich  der  gemahl  der  prinzesain.  —  Die  miß- 
lungenen kuren  erinnern  an  daa  jung  geglühte  männlein 
(Grimm  KHM.  nr.  147.    Bolte,  Archiv  f.  alav.  phil.  18,  184). 

7)  Ein  pfaff,  der  am  oster  tag  dasRequiem  sang.  — 
Vgl.  die  zu  Frey  nr.  14  aufgezählten  schwänke;  ferner  R  Köhler,  Klei- 
nere Schriften  I,  484  (zu  Nasr-eddin  nr.  9).   Ana  1,  327  (Poggio). 

8)  Von  einem  juden,  der  einem  gaukler  einen  fu(i 
aus  dem  leib  gerissen.  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwänke 
1879  a.  149,  nr.  106  .Schrammhansen')  gänse*  (mit  falachem  citat).  — 

])  Dieser  Schrammhans,  dessen  namen  Goedeke  willkürlich 
dem  namenlosen  gaukler  bei  Montanus  beilegt,  ist  nicht  bloss  aua  Lin- 
denera  schwänken  (Katzipori  c.  33.  46.  47)  bekannt,  sondern  offenbar 


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l 


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Anmerkungen. 


überaeUt  von  Hulabnach,  Sylva  1568  p.  178:  .Iudaeua  decipitar  a  prae- 
atigiatore'.  —  Wir  scheiden  zwei  teile  : 

a)  gänae  in  at  roh  wische  verwandelt,  /irumersche  Chro- 
nik'2, 472,  10  (pf  erdeLudwigi  von  Liechtenberg)  =  Goedeke,  Schwanke 
a.  143,  nr.  102,  2.  Lindener,  Katzipori  1558  nr.  46  (a  103  Lichtenst«in  : 
aäue  des  Schrammbana)  =  Hcrtzog,  Schiltwacht  15G0  nr.  72  =  De 
nienwe  vaakverdryver  1669  p.  513  =  Goedeke,  Schwanke  nr.  104.  Hon- 
dorff, Promptoarium  exemplorum  1570  1,82a  =  1597  1,  162a  (pferd 
und  schweine)  =Tharaander  (Wegner),  Schauplatz  vieler  ungereimten 
meynungen  2,  474  (1749).  BQtner,  Epitome  hiat.  1576  bl.  62a  (pferd 
des  Georg  Baumann)  =  BOtner-Steinhart  1596  bl.  44a  =  Caprimulgius 
Ridiculantiua,  Polischinello ,  Lpz.  1695  nr.  104  =  Archiv  f.  litgeach.  6, 
808  =  Goedeke,  Schwanke  nr.  195.  Melander.  Jocoseria  deutsch  1605 
2,  99  nr.  83  (pferd).  W.  Meyer ,  Nürnberger  Fanatgeschichten  1895 
a.  395  (schweine  Fauata.  1575  geschrieben).  Historia  d.  Joh.  Fausti  ed. 
Milchaack  1897  a.  83  nr.40  und  44  (pferd  und  a  ch  w  e  i »  e)  =  Fauat- 
buch  1587  nr.  39  und  43  (s.  83.  85  ed.  1878).  Dubravius  1552  (Kraus, 
Za.  f.  vgl.  litgeach.  12,  61.  Menzel,  Gesch.  der  d.  dichtung  2,  188; 
ach  weine  Zyloa). 

b)  Das  vom  gläubiger  auagerissene  bein.  Zimmerache  Chro- 
nik 5  2,  474,  6  (Ludwig  von  Liechtenberg)  =  Goedeke  ,  Schw.  a.  145. 
Lindener,  Katzipori  nr.  46  (Schrammhans).  Luther,  Tischreden  ed.  Auri- 
faber  1566  a.  307  =  3,  97  ed.  Föratemann  (namenloser  zaubrer).  Hon- 
dorff 1570  (desgl.).  Bütner  1576  (G.  Bnumann)  Melander  1665  2,  99 
nr.  83.  W.  Meyer  1895  a.  392 (Faust;  zwei  Fassungen).  Historia  Fauati 
ed.  Milchaack  nr.  40  =  Faustbuch  1587  nr.  89  =  Widmann  1,  c.  35. 
Dykstra,  Uit  Frieslands  volksleven  1895  2,  132:  ,Dr.  Faust  te  Leou- 
warden'.  —  Im  Fauatbucb  1587  nr.  40  (=39  ed.  Milchsack)  sagt  Faust 
selber  seinen  fuas  ab  und  giebt  ihn  dein  juden  als  pfund.  Dubravios 
1552  (Zyto).  Herbelot.  Bibliotheque  Orientale  s.  v.  Scheherverdi=  Lieb- 
recht, Gervasius  von  Tilhury  1856  a.  64  (arm  ausgerissen).  Ulenapiegel 
1515  cnp.  6j  (pferdeschwanz  ausgerissen). 

9)  Zwei  gesellen  fuhren  über  Rhein.  (Bezahlen  soll, 
wer  sich  zuerst  kratzt.)  —  Abgedruckt  bei  Scheible,  Schaltjahr  1,  283. 

* 

mit  dem  Erfurter  magister  Joh.  Schramm  von  Dachau  identisch,  der 
1490  immatrikuliert  1494  eine  aus  fremdem  gut  zusammengeatoppelte 
Queatio  fabulosa  (Zarncke,  Die  d.  Universitäten  I,  103  und  252.  1857) 
herausgab.  Fischart  braucht  den  nauien  als  bezeichnung  eines  rauf- 
boldea  (Gargantua  1575  c.  8  a.  141  ed.  Aisleben:  ,Schrambänülin.'  Ca- 
talogua  catalogorum  1590  bl.  D  5a  :  ,New  gamenspiel  von  Hans  Schram- 
men und  sein  aon  Sclirammhünßlein') ;  ebenso  Wolf  hart  Spangenberg 
1014  (Dichtungen  ed.  Martin  1887  s.  327:  .Dein  Schramhansen  von 
Ingelatat');  nach  Wackernagel  (Kl.  Schriften  3,  135)  ein  beiname  Pap- 
penheima. 


Digitized  b; 


Google 


Wegkürzer  c.  8-13. 


MIT 


10)  Dosch  bezahlt  die  zech  nicht.   (.Ich  beit  dir  nicht'). 

—  Abgedruckt :  Kurzweilige  geschieht  1583  s.  54S;t.  Goedeke,  Schwanke 
s.  139,  nr.  101,  1.  —  Ins  lateinische  abersetzt  bei  Frischlin,  Facetiae 
1600  p.  16  (nr.  32):  «Dolos  Doschii';  danach  J.  Sommer,  Emplastrmn 
Corneliannm  1609  nr.  56.  Talitz  von  Lichtensee,  Kurtzweiliger  reyßge- 
spahn  1645  nr.  128.  —  Der  abenteurer  Dosch  erscheint  anrh  im  Weg- 
kürzer nr.  11 — 13  und  in  der  Gartengesellschaft  nr.  44. 

11)  Dosch  leiht  schafeumdas  halb  (Die  wirtin  kauft 
sein  pferd  für  halb  heller  und  halb  pfennig).  —  Abgedruckt:  Kurt/.- 
weilige  geschieht  1583  &  5  t-b.    Goedeke,  Schwlinke  s.  140,  nr.  101,  2. 

—  Lateinisch  bei  Hulsbusch  1568  p.  179  :  , Dosch  aeeipit  oves  titulo  lo- 
cati  pro  dimidio.' 

12)  Die  bauern  verklagten  Doschen,  (dass  er*  seine 
pferde  auf  ihre  ficker  triebe).  —  Abgedruckt:  Kurtzweilige  geschieht 
1583  s.  548b.  Goedeke,  Schwanke  s.  140,  nr.  101,  8.  —  Lateinisch  bei 
Hulsbusch  1568  p.  181:  .Rustici  accusant  Dosch  damni  dati.' 

13)  Ein  liedlein  singtDosch  der  wirtin  um  die  zech. 
Abgedruckt:  Kurtzweilige  geschieht  1583  s.  541».  Goedeke,  Schwanke 
s.  141.  nr.  101,  4.  —  Lateinisch  bei  Frischlin,  Facetiae  1600  p.  17  (nr.  33) : 

,De  eodem' ;  danach  Sommer,  Kniplastrum  Cornelianum  1609  nr.  57.  

Vgl.  Poggius,  Facetiae  nr.  259  ,De  cantilena  tabernariis  placita'  (Opera 
1538  p.  487=  Facetiae  1793  1,  26G  .Viatoris  vacui  nstutia').  Ana  l,  362 
(1789).  Bebel,  Geschwenck  1558  bl.  1  la  (Poggius i.  Villon,  Le*  repues 
franebes  nr.  4  (Oeuvres  ed.  Moland  p.  292)  =  Den  vryen  kost  1610.  B. 
des  Feriers,  Les  nouvelles  recreations  nr.  122  p.  277  ed.  Jacob.  Ulen- 
Spiegel  1515  nr.  61  :  .Wie  U.  zu  Erdfurt  ein  mclzigcr  noch  umb  ein 
braten  betrog*.  Wickram,  Rollwagen  1555  nr.  53  ,Ein  guter  schlemmer 
dichtet  ein  liedlin ,  damit  ward  sein  würt  bezahlet  von  den  Fuckern' 
(Urünenwaldt  1530  in  Augsburg);  dazu  Unland,  Volkslieder  1841  nr.  237 
-238  und  Schriften  4,  215.  296  (1869).  Kirchhof,  Wendumnut  1,  193. 
A.  Metzger,  rueisterlied  1626  =  oben  s.  485,  nr.  VI.  Heinrieh  Julius 
von  Brannschweig,  Schauspiele  ed.  Holland  185*>  s.  B21  i  Von  einem 
wirte  1593,  akt  4.  scene  3)  Lange,  Deliciae  academicae  1,  74  nr.  6tf 
(1665).  Lyrum  lamm  1701  nr.  523  (Dosch).  Fabulanus  Kurzweill, 
Tischreden  (Wiener  hs.  14  914;  geschrieben  um  1770)  s.  1021»  ni 
Vademecum  für  lustige  leute  2,  nr.  124(1768).  D.  nionatsschritt  1782, 
3,  118.  Brömel,  Gideon  von  Tromberg  1785  a.  41  (Genta,  Shakespear- 
sehe  dramen  in  Deutschland  1870  s.  277).  Warmund  [=  Scheller],  Dat 
sassische  dönekenbök  1829  nr.  177.  Merry  tale-  and  quicke  answeres 
1567  nr.  57  (Shakespeare  jestbooks  ed.  Hazlitt  1881  p.  74):  ,Of  hym 
tli.it  wolde  gyve  a  songe  for  his  dyner'.  Loockmaus,  71  lustige  historien 
oft  nieuwicheden  1539  nr.  33  (Tijdschr.  18,  8).  Casalicchio,  L'utile  col 


568 


Anmerkungen. 


dolce  1,  nr.  4  (1687;  deutsch  1706).  Somma,  Cento  racconti  1859  nr.  15. 
Pitre,  Fiabe  pop.  siciliane  4,  368  (1875;  und  Proverbi  steil.  4,  345.  F. 
Caballero,  Cuentos  1878  p.  145  (Magazin  f.  d.  litt,  des  ausländ«  1878, 
197). 

14)  Warum  die  hunde  einander  vor  den  hintern 
schmecken.  —  Abgedruckt  bei  Scheible,  Schaltjahr  1,  375  Nieder- 
deutsch im  Wegekörter  1592  nr.  2:  .Warümrae  de  hunde  «ick  under- 
langes  vor  den  stert  rüken'  (Nd.  juhrl).  20.  133).  —  Lateinisch  bei  Huls- 
buHch,  Sylva  1568  p.  181  ,Cur  cancs  odorent  se  mutuo  sub  cauda'  = 
oben  s.  486,  nr.  VII.  —  Beruht  auf  einer  weit  ausführlicheren  Nürnberger 
dichtung  .Der  krieg  zwischen  meufcen,  katzen,  ratzen  und  hunden*.  die 
oben  a.  487  nr.  VIII.  nach  einem  bilderbogen  des  illuministen  Albrecht 
Glockendon  (c.  1530)  und  einem  Frankfurter  nachdrucke  dieses  flug- 
blattes  aus  der  2.  hälfte  des  16.  jahrh.  abgedruckt  ist.  Hiernach  be- 
snHsen  die  hunde  einst  ein  privileg  Noahs,  das  ihnen  das  ingercuscb 
aller  geschlachteten  rinder  und  schweine  zusicherte.  Diese  Urkunde 
Obergaben  sie  den  befreundeten  katzen  zur  aufbewahrung,  aber  die 
mause  zernagten  sie,  und  der  zur  erneuerung  des  privilegs  weithin  Ober 
nieer  gesandte  hund  kehrte  nicht  zurück.  Daher  stammt  die  feindschaft 
zwischen  katzen  und  mausen ,  zwischen  hunden  und  katzen  und  das 
beriechen  der  fremden  hunde.  Der  unbekannte  dichter  hat  allerlei 
Nürnberger  personen  und  örtlichkeiten  in  seine  darstell ung  verflochten 
(Stoss,  Nop,  Stichan,  Reib.  Scheub;  Schweinau,  Spalt,  Wöhrd,  Schoppen- 
hof, Marr).  An  dies  flugblatt  schliesst  sich  das  anonyme  meistarlied 
in  der  briefweis  Hogenbögens  v.  j.  1592  , Ursach  der  hund  und  katzen 
feindschaft'  (abgedruckt  aus  zwei  hss.  oben  s.  492  nr.  IX)  treu  an,  wäh- 
rend H.  Sachs  in  einem  schwanke  .Warumb  die  hund  den  katzen  und 
die  katz  den  meussen  so  piter  feint  sein'  (20.  april  1558.  Folio  2,  4, 
90a  =  Schwanke  ed.  Uoetze  1,  591  nr.  2Ö0)  und  in  einem  meiBterliede 
.Die  hunde  mit  den  briefen'  (8.jan.  1560.  Dresdener  hs.  M  207,  bl.  31b) 
neue  züge  einflicht :  das  privileg  ist  vom  papste  gegeben  und  verstattet 
den  hunden,  freitags  und  samstags  fleisch  zu  essen;  nach  Verlust  der 
Urkunde  durch  die  katzen  und  mauBe  erneuert  der  papst  es,  aber  die 
beiden  abgesandten  hunde  betrinken  sich  und  stürzen  in  eine  berg- 
schlucht  Hans  Sachsens  schwank  ist  erneuert  von  Simrock,  Deutsche 
märchen  1864  s.  127  «Warum  Bich  die  hunde  beriechen'.  Montanus 
redet  ganz  allgemein  von  einem  streit  der  hunde  und  katzen  über  den 
vorrang  beim  ewen  und  beschreibt  genauer  den  vertust  des  Privile- 
giums, das  einer  der  zum  fernen  könig  gesandten  hunde  beim  durch- 
schwimmen eines  stroines  unter  den  schwänz  nimmt.  Eycring,  Prover- 
biorum  copia  3.  547-549(1604).  Tabarin,  Oeuvresed.  Aventin  1,35  (1858) 
.Pourquoy  les  chiens  s'entre  saluant  so  flairent  au  derriere  Tun  a  l'au- 
tre.'  Auf  d.Mn  deutschen  bilderbogen  beruht  vermutlich  ein  schwedisches, 
seit  1800  öfter  erschienenes  Volksbuch:  .Orsaken.  hwarföra  hundarne 
nosn  p8  hwarandra,  cller  deras  priwilegier  Bauit  fri-  och  rättigheder, 


Wegkarzer  c.  14-15. 


569 


innefattande  äfwen  anledningen  tili  sä  will  hundars  och  kattors,  som 
kattors  och  rlttors  ewiga  fiendskap  niot  hwarandra'  (Bäckströra,  Svens- 
ka  folkböcker  1848  2,  öfversigt  s.  155  nr.  8;  vgl.  Liebrecht,  Germ. 
24,  188). 

Vgl  Zeitschrift  f.  dUch.  roythol.  1,  224.  225.  460.  2,  17  —  Dähn- 
bardt,  Naturgeschichtliche  Volksmärchen  lc98  b.  5,  nr.  4.  Schambach- 
MQller,  Niedera&chs.  sagen  1855  s.  320,  nr.  30  ,Die  katzen  und  hunde'. 
Strackerjan,  Aberglaube  aus  Oldenburg  2,  88  (1867).  Curtze.  Volks- 
uberlieferungen nus  Waldeck  1860  s.  240  nr.  78:  .Warum  die  bunde 
knocben  und  kein  fleisch  erhalten'.  Kuhn ,  Westfälische  sagen  2,  '287 
(1859) :  ,Das  verlorene  urteil*.  Jahn ,  Volkssagen  aus  Pommern  1889 
s.  452  nr.  568  .Weshalb  die  hunde  sich  beriechen*.  Blatter  f.  pommer- 
sche  Volkskunde  1,  83  (1993):  .Warum  sich  die  hunde  beriechen4.  Bir- 
linger,  Nimm  mich  mit  1871  s.  238  =  Zs.  f  d.  mythol.  1,  224.  Dykstrn. 
Uit  Frieslands  volksleven  2,  137  (1895):  .Warom  de  honden  elkandcr 
beruiken*.  Volkskunde  2,  65  (Gent  1889).  Mont  en  Cock.  Vlaamsche 
vertelsels  1898  p.  434.  Bondeson,  Halländ*ka  sagor  1880  nr.  13.  Jann- 
sen,  Märchen  des  estnischen  volkes  2,  157  nr.  56  (1888) :  .Warum  hund 
und  katze ,  und  katze  und  maus  einander  feind  wurden*.  Veeken- 
stedt,  Mythen  der  Zamniten  2,  173  1 1892).  Wenzig,  Westslavischer  mär- 
chenst  hatz  1858  s.  44 :  .Waruni  die  hunde  die  katzen  anknurren  und 
warum  die  katzen  den  mausen  feind  sind*.  Krauss,  Sagen  der  Südslaven 
1.  53  nr  18  (1883):  .Weshalb  kann  der  hund  die  katze,  und  diu  katze 
die  maus  nicht  leiden?'  Revue  des  traditions  pop.  2,  433.  3,  97.  7, 
479.  9.  165.  10.  26.  176.  301.  624.  Notes  and  queries  6.  «er  10.  141 
(Arany).  Braga ,  Contos  tradicionaes  do  povo  portuguez  1883  nr.  202. 
AiXtCcv  tt(c  {yrop.  xal  i^voX.  i-mp.'.a;  tt(;  '£XXdBo{  1,  531.  Fortier,  Loui- 
siana folk  tales  1895  nr.  15.  Allen,  Korenn  tales  1889  p.  50.  nr.  4  = 
Arnous,  Korea  1893  ■.  53  nr.  3:  .Die  verzauberte  weinkanne'  (die  katze 
läsät  den  zauberstein,  den  sie  mit  dem  hunde  ihrem  herrn  zurückbringen 
soll,  ins  wasser  fallen). 

15)  Ein  junger  gesell  erwarb  eines  königs  tochter 
(bringt  sie  als  madchen  verkleidet  zum  lachen).  —  Abgedruckt  in  den 
Kurtzweiligen  geschichten  1583  s.  549b  und  in  Scheibles  Schaltjahr  1, 
372.  —  a)  Traurige  prinzessin  zum  lachen  gebracht.  Ein 
häufiges  luärchenmotiv ;  vgl.  Benfey.  Fantschatantra  I,  518.  Köhler. 
Kleinere  Schriften  1,  93.  348.  —  b)  ein  freier  wohnt  als  mild- 
chen  verkleidet  bei  der  geliebten.  Vgl.  Jänicke ,  Deut- 
sches beldenbuch  4,  XLI  (1873)  zu  Hugdietrichs  Werbung  um  Hildburg. 
Grimm,  Altdän.  heldenlieder  s.  301.  517.  Grundtvig,  Daninark*  gamle 
folkeviser  1,  271.  Erk-Böhme,  Liederhort  nr.  140.  Luzel  et  Le  Uraz, 
Chansons  populaires  de  la  Bretagne  1890  2,  127  (Le  clerc  deguise)  und 
131  (Le  clerc  Simon).  Auch  einige  unten  zu  Cartenges.  c.  110  ange- 
führten parallelen.  Wetzel,  Söhne  Ginffers  1896  s.  215  und  Laurem- 
berg, Scherzgedichte  2,  v.  137— 242  (1652)  lassen  rieh  vergleichen. 


570 


Anmerkungen. 


16)  B in  student  wird  henker,  (weil  ihm  sein  vater  kein 
geld  mehr  schickt).  —  Abgedruckt  in  den  Kurtzweiligen  geschieh  ten 
1683  s.  550  b.  —  In  einer  erzählung  von  W.  Tesche  (Der  Enten-Piet. 
1852  =  Heyse,  Deutscher  novellenschatz  19,  121)  will  Berthold  Scharf- 
richter werden,  um  die  ihm  von  seinem  vatcr  versagte  geliebte,  ein 
uneheliches  kind,  heiraten  zu  können. 

17)  Ein  landaknecht  lehrt  einen  edelman,  wie  er 
ihm  thun  solle,  das  ihn  nicht  friere.  (.Legt  alle  eure  klei- 
der  an!  )  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke  s.  203,  ur.  165  und 
Merkens,  D.  huraor  alter  zeit  s.  182.  —  Vgl.  Poggius,  Facetiae  nr.  153 
.Facetum  dictum  pauperis  ad  divitem  frigentem'  (Opera  1538  p.  461  = 
Facetiae  1798  1,  161  .Pauper  et  divesV  Bebel,  Proverbia  germanica 
(zuerst  1508)  ed  Suringar  1879  •.  10,  nr.  29:  ,Homo  friget  pro  quali- 
tate  vel  multitudine  vestium4,  vgl.  a.  196;  abgedruckt  in  Frisch lini  Fa- 
cetiae 1660  p.  157.  Jac.  Pontanus,  Attica  bellaria  1644  p.  205  nr.  27 
,Homo  pannosus'.  Cainerarius,  Fabulae  Aesopicae  1570  nr.  331.  Pauli, 
Schimpf  und  ernst  1522  nr.  513.  Scherz  mit  der  warheyt  1550  bl.  81b.  Bebel, 
Geschwenck  1558  bl.  R  6  b.  Gerlach,  Eutrapeliae  1656  1,  823.  Mei- 
dinger, Franzöa.  grammatik  1808  s.  86.  Passe-tems  agreable  1715  p.  216. 
Nouvcaux  contes  ä  rire  p.  213  =  2,  200  ed.  1752:  ,D'un  Gascon  bravant 
le  froid'.  Contes  a  rire,  on  recreations  francaises  1,52  (1787).  Diction. 
naire  d'auecdote*  1,  352.  Poggiana  9,  2,  4  p.  219.  In  den  deutschen 
kolonien  SihlruHslands  hörte  K.  Mielko  1897  einen  schwank  von  den 
Kosenheimcrn  bei  Taratow :  sie  fischen  mit  dem  ziehgarn ;  da  regnet», 
sie  bedecken  sich  mit  dem  netz;  einer  ruft:  .Steck  mal  den  finger  hin- 
aus, obs  noch  regnet!* 

18)  Die  h  a  n  d  t  w  e  r  k  s  ge  b  e  1 1  e  n  f  (1  h  r  e  n  ei  ne  i  u  Straß- 
burg im  schütten  umher,  (schläfrige  magd  verspottet).  —  Ab- 
gedruckt bei  Scheible,  Schaltjuhr  I,  160;  Hub,  Prosaisten  2,  321;  Mer- 
kens, D.  humor  alter  zeit  s.  183 ;  Altdeutscher  schwank  u.  scherz  1880 
8.  53.  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  s.  182:  .Quaedam  cir. 
cumfertur  traha  per  eivitatem'.  —  Vgl.  G.  Hagers  meisterlied  .Die 
metzgera  magd  im  unschlitt  v.  j.  1603  =  oben  a.  495  nr.  X.  D.  Mah- 
rold,  Bold  marsch  kästen  1C08  nr.  55  (vgl.  Frey  ed.  Bolte  s.  271). 

19)  Von  einer  andern  faulen  schläfrigen  dirne 
(Schläft  24  stunden  durch  im  walde).  —  Abgedruckt  bei  Scheible,  Schalt- 
jahr I,  161  und  Goedeke,  Schwänke  a.  100  nr.  58. 

20j  Eine  k  8  c  h  i  u  versalzt  alle  tuppen.  (Ihr  herr  be- 
schämt sie  vor  den  gästen).  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwänke  s. 
101  nr.  59.  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  a.  183:  ,Coqua  salit 
n im  tum  iurulenta'. 

21)  K  ine  magd  sagt,  sie  tränke  keinen  wein.  (Der 


Wegkürzer  c.  16—23. 


571 


herr  prügelt  sie  als  geist  verkleidet  im  keller).  —  Niederdeutsch  im 
Wegekörter  1592  nr.  3.  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  s.  134  : 
.Ancilla  abstemia  est*. 

22)  Wie  ein  junggesell  einer  ein  kind  im  schlaf 
macht.  —  Abgedruckt  bei  Scheible,  Schaltjahr  2,  222.  Gereimt  von 
Mahrold,  Roldmarsch  kästen  1608  nr.  56  (vgl.  Frey  ed.  Bolte  s.  271). 
—  Vgl.  Kirchhof,  Wendunmut  1,834.  M.  D[ürr?],  Straff  eines  stuels, 
co  ein  schlaflente  soll  geschwängert  haben  (meisterlied  von  1585  in  der 
lewenweis  Fleischers  im  Krlanger  mscr.  1668,  bl.  583  b).  Zach.  Her- 
mann. Histor.  blumengepüsch  1680  s.  225  ,Die  lebendig-tote  witwe' 
(trunken  geschwängert.   Ans  Lansius  contra  Galliam  407). 

23)  Sein  weibsch  lägt  ein  körbleinmacher.  —  Ab- 
gedruckt bei  Scheible,  Schaltjahr  1,376;  Goedeke,  Schwänke  s.  52,  nr. 
32;  Merkens,  D.  humor  alter  zeit  s.  184.  —  Lateinisch  von  N.  Frischlin. 
Facetiae  1600  p.  9  nr.  28  ,De  fisrellario*.  —  Vgl.  zwei  meisterlieder 
von  Hans  Sachs,  Der  krämerskorb  (im  hofton  Tanhäusers  1543,  16  juli, 
MG  6,  13)  und  Der  korbleinmacher  (in  des  Kömers  gesangweis  1550, 
ende  april.  MG  11.228  =  fl.  blatt,  Nürnberg,  F.  Gutknecht;  in  Berlin 
Yd  8436  =  Ambraser  liederbuch  1582  nr.  240),  sowie  ein  fastnachts- 
spiel  ')  ,Der  kremerkorb'  (1554,  19.  juli.  Folio  4,3,  42b  =  17,  170  ed. 
Keller;  vgl.  17,  532.  18.559  =  Faatnachtspiele  ed.  Goetze  6,  41  nr.  66). 
Ein  schimpflicher  sprach  von  einem  korbmachcr  vnnd  seiner  frawen, 
welcho  nit  sagen  wolt,  Gott  seys  gelobt  der  korb  ist  gemacht,  vnnd 
darumb  vbel  geschlagen  ward.  1570  (Schweizeriseh?  Malt/.ahn,  1).  bücher- 
schatz  1875  a.  165,  nr.  1014)  =  abgedruckt  oben  s.  554  nr.  XLVIII.  Fischart, 
Gargantua  1575  c.  5  =  s.  104  ed.  Atsleben;  J-t  ihr  ehwirt  frölich,  so 
frolockt  sie:  Gott  sey  gelobt,  der  korb  ist  gemacht'.  Th.  de  Ury,  Emblc- 
mata  saecularia  1611  nr.  27:  ,Quod  bene  di  vertant,  spurt  am  pertexi- 
mu*  istam'  =  Hirth,  Kulturgeschichtliches  bildcrbuch  2,  nr.  1459  (1885). 
Herruotimus,  Additamenta  nr.  25  ,De  uxore  cuiusdam  nobilis  vapulante' 
in  N.  Frischlini  Facetiae  1660  p.  290).  Kin  körtwylich  spill,  wo  men 
böse  frouwens  fraem  maken  schal  1611,  bl.  B6:  ,Worthnmo  ein  körve- 
maker  Byne  frouwe  scbloech'  (Seelmann,  Mnd.  fastnachtsspiele  1885  s. 
XX 11  Der  geist  von  Jan  Tambaur  (c.  1690)  s.  210:  .Von  ungehorsam- 
keit der  frauens  persohnen'.  Philunder,  ZeitverkOrzer  1702  nr.  585. 
Chph.  Friederici,  Oel  und  wein,  8.  spendage  1719  s.  3—10:  ,Die  aus- 
getriebene eigensinnigkeit'.  Jasander,  Historienschreiber  1730  s.  249 
bis  258.   Schreger,  Zeitvertreib  1753  s.  626.   Aurbacher,  Volksbüchleiu'1 

* 

1)  Hier  zankt  ein  wandernder  krämer  mit  seiner  frau,  wer  den 
korb  tragen  soll.  Ahnlich  streiten  mann  und  weib  Uber  das  tragen 
der  latente,  in  einem  nid.  ,Tafelspeelken  van  een  droncken  man  ende 
»ijn  wijf,  hoe  hein  het  wijf  dwinght  den  Inntaren  tc  draghen'  (Veelder- 
hande  geneuchlijcke  gedichten  1600  bl.  Aija);  aber  hier  siegt  die  frau 


572 


Anmerkungen. 


2,  117:  ,Der  korbniacher  und  seine  frau'.  R.  Benedix,  Gesammelte 
dramat.  werke  5',  115  (1874  ;  zuerst  1849):  .Eigensinn'.  Leon  Gozlan, 
Dieu  merci,  le  couvert  est  mis.  comedie  en  un  acte,  tiree  du  theatre 
iusbc  (vielmehr  nach  einer  russischen  bearbeitung  von  Benedix),  Paris 
1851  =  (iott  sei  dank,  der  tisch  ist  gedeckt,  bearb.  von  Max  Röttinger, 
Lpz.  (1884).  A.  Lerehner,  Eigensinn  oder  Gott  sei  dank  der  tisch  ist 
gedeckt  (Neue  liebhaber-bühne  nr.  30.  Landsberg  a.  W.)  Heinr.  Zscbokke, 
Feldblumen  1850  a.  87:  .Gottlob,  der  schuh  ist  fertig4  (1807  verfasst). 
Crome-Schwiening,  Burlesken  2,28  (1898):  .Das  streittuch'. 

24)  Ein  bettler  schlagt  seinen  mantel  um  50  gül- 
den an.  —  Lateinisch  von  Uulsbugch,  Sylva  1568  p.  185:  .Mendicus 
excutit  togam  pro  quinquaginta  dorenis.'  —  Nach  einem  meisterliedc 
des  Hans  Sachs  ,Der  petler  schlecht  sein  mantl'  in  der  feoerweise  des 
Leschen  (1552,  7.  nov.  MG  13,  bl.  67b  =  Dresdener  hB.  M  5,  a.  109), 
das  der  dichter  1563  zu  einein  Spruchgedichte  umarbeitete  (Folio  4,  3, 
791.  =  Fabeln  ed.  Goetze  nr.  309)  und  das  im  Weimarer  mscr.  qu. 
577c  bl.  76  a  unter  dem  namen  von  Hans  Winter  erscheint;  wie  häufig 
es  von  1558  bis  1645  in  der  Nürnberger  singschule  vorgetragen  ward, 
geht  aus  dem  von  Drescher  veröffentlichten  Gemerkbuchlein  des  H. 
SachB  1898  s.  46  und  aus  den  Nürnberger  meistersingerprotokollen  (1897 
1,  61.326.  2,  19.  30.  61.  69.  78)  hervor.  Vgl.  Melander,  Jocoseria  deutsch 
1605  2,  74  nr.  61.  Rivnnder,  Festchronica  2,  54  (1602)  =  M.  Sax,  Christ- 
licher zeitvertreiber  4,  48  (1628).  Memel,  Lustige  geaellschaft  1660  nr. 
517.  Happel,  Der  academische  roman  1690  s.  898.  Ähnlich  Kirchhof, 
Wendunmut  1,  360  (dienstmagd  zu  Schweinfurt).  Zimmersche  chronik 
ed.  Barack  (1869  2,357,  14  =  2,  314,26  ed.  1881  (Peter  Letzkopf  laset 
den  blinden  bettler  in  die  Tiber  springen). 

25)  Ein  bettler  verliert  20  gülden  (im  brodsack ,  den 
die  landsknechte  auf  einen  hauiu  werfen).  —  Abgedruckt  bei  Goedeke, 
Schwanke  s.  206,  nr.  167.  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p. 
186:  , Mendicus  perdit  decem  florenos'. 

26)  Zu  Augsburg  hangt  eine  jungfrau  mit  blossem 
leib  zum  tanz  haus  heraus.  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva 
1568  p.  187:  ,Ex  fenestra  dependet  puella  nudata'.  —  Ähnliches  erzählt 
EuriciuB  Cordus  (Epigratmnata  1529  bl,  M  7  b:  ,De  monacho,  cui  Scro- 
fae  cognomen')  von  einem  durch  die  kanzel  gefallenen  mOnch ;  deutsch 
bei  Sandruh,  Delitiae  bist,  et  poeticae  1618  nr.  131 :  ,Von  einem  mün- 
chen  die  Tausch  genandt'.  Melnnder,  Jocoseria  deutsch  1605  2,  144 
nr.  149.  Eine  frau  füllt  durch  die  decke  der  schulstuhe  bei  Guichard, 
Contes  et  fables  1808  2,40:  .L'ecolier  d.!termine'. 

27)  Ein  alter  mann  hatte  ein  junges  weib,  (zeigt  ihr 
halsen  und  küssen,  «owie  im  hintern  lecken).  —  Abgedruckt  bei  Scheible, 
Schaltjahr  1,  44.    Lateinisch  von  N.  Frischlin,  Facetiae  1600  p.  29  nr. 


Wegkörzer  c.  23—29. 


573 


57:  ,De  mutiere  simplici*.  —  Vgl.  Mahrold,  Roldmarsch  kästen  1608 
nr.  42  (Frey  ed.  Bolte  8.  270).  A.  Tabens,  Mäynhincklers  sack  1612 
nr.  2.  Geest  van  Jan  Tamboer  1664  p.  143:  ,Van  een  jongn  vrouw, 
die  niet  gesoent,  niaer  wel  in  de  neers  wou  geblasen  wesen*  —  Der 
geitt  von  Jan  Tauibaur,  um  1690  b.  124.  —  Ähnliches  bei  Bolte  zu  Frey 
nr.  130;  dazu  H.  Sachs,  Elich  werck  im  hämisch  (in  der  rebenweis 
Hans  Vogels.  MG  14,79  =  Dresdener  hs.  H  5,688).  Rottmann,  Der 
lustige  historienschreiber  1717  b.  233  (2,67).  241  (2,73).  397  (8,52). 

28)  Ein  scherer  schlägt  einer  jungfrau  eine  ader 
(mit  dem  fraueneisen).  —  Abgedruckt  bei  Scheible,  Schaltjahr  1,  162 
and  Merkens,  I».  humor  alter  zeit  s.  185.  Lateinisch  von  N.  Frischlin, 
Facetiae  1600  p.  4  nr.  10  ,De  chirurgi  dolo'.  Gereimt  von  Mahrold, 
Roldroarsch  kaaten  1608  nr.  43  (Frey  ed.  Bolte  s.  270).  A.  Tabeus, 
Mäynhincklers  sack  1612  nr.  19.  —  Lied  von  einer  schwangeren  junck- 
frawen  ,  wie  es  ihr  ergangen  ist,  als  sie  ihr  wolt  ein  ader  schlagen 
lassen,  20  str.  im  thon:  Ich  weyß  mir  ein  stoltze  mQllerin.  Augspurg, 
Val  Schonigk  (Wien.  Weller,  Annalen  2,  541):  ,1m  mayen.  im  mayen 
nicht  man  der  kurtzweyl  vil'.  Ein  anonymes  meistcrlied  im  kurzen 
ton  Vogels  v.  j  1597:  .Einer  jungkfrauen  lest  man  mit  dem  frauen- 
eisen' ist  oben  s.  496  nr  XI  abgedruckt.  Rottmann,  Historienschreiber 
1717  e.  166  (2,20).  Hilarius  Sempiternus,  Der  kurzweilige  polyhistor 
1719  s.  181  (3,  68).  Lyrum  larum  1701  nr.  193  ss  1730  nr.  118.  Der 
lustige  und  possierliche  historienschreiber,  Frankfurt  u.  Lpz.  (um  1750. 
Berlin  Yt  4262)  s.  75  nr.  118.  Berliner  mscr.  gertn.  qu.  616,  s  117  nr. 
142,   Kabulanus  Kurzweill,  Tischreden  (Wiener  hs  14914)  s.  1004  nr.  112. 

21))  Wie  ein  junger  gesell,  genannt  Maseto,  sich 
II  einem  stummen  machte  und  in  einem  kloster  ein 
zärtner  ward,  dieselben  nonnen  mit  samt  der  äbtissin 
beschlief.  —  Abgedruckt  bei  Soheible.  Schaltjahr  1,  275.  Nochmals 
von  Montanus  in  der  Gartengesellschaft  c.  96  bearbeitet.  Gereimt  von 
Mahrold.  Roldmarsch  kästen  1608  nr.  44  (Frey  ed.  Bolte  s  270).  Nach 
Boccaccio,  Decamerone  3,  1,  den  Montanus  in  einem  Stras»burger 
drucke  von  Arigos  Verdeutschung  benutzte  ;  vgl.  Dunlop-Liebrecht.  GeBch. 
der  prosadichtungen  1851  s.  226;  Cappelletti,  studj  sul  decamerone  1860 
p.  343;  Landau,  Die  quellen  des  dekameron  188t  s.  172.  177.  Ähnlich 
»t  der  anfang  von  Cento  novelle  antiche  nr.  62  ed.  Gualteruzzi  — 
Keller,  Italien,  novellenschatz  1,15.  1851;  vgl.  A.  d'Ancona,  Romania 
3,177.  Sercambi,  Novelle  ed.  Renier  1889  nr.  68  ,De  malitia  hominis'. 
El  Bolognese  o  vero  Masetto  da  Lampoleccbio  f in  oktaven,  um  1500). 
Vinc.  Bragiantino,  Cento  novelle  1554  (in  oktaven  i.  Einige  verse  von 
Ant  Kr  Grazzini  stehn  l>ei  Manni,  Istoria  del  Decamerone  1742  p.  219. 
Casti,  L'ortolano  delle  monache  (Pasaano,  I  novcllieri  italiani  in  verso 
ISfiJ?  p.  160).  Vgl.  ein  meisterlied  des  Hans  Sachs:  .Ein  stumm  schwechet 
etliche  nunnen'  im  rosenton  H.  Sachsen  (Krlanger  hs.  1668,  bl.  542a; 


574 


Anmerkungen. 


Dresdener  bs.  M  5,  789  ,Der  stum  gertner').  Nicolas  de  Troyes,  Graml 
parangon  des  nouvelles  nr.  67  (hsl.  1535—36;  nicht  in  Mabilles  aus- 
wahl  von  18G9).  Lafontaine,  Contes  2,  16:  .Mazet  de  Lamporecchio* 
(Oeuvres  ed.  Regnier  4, 483).  Anseaume,  Mazet,  cotucdie  1761  (Diction- 
naire  dramatique  2,  19f>).  Mihi  y  Fontanals,  Romancerilio  catahin  1882 
nr.  168. 

30)  Mönch  Albrecht  giebt  einer  jungen  frau  zu 
verstehen,  wie  der  enget  Gabriel  um  aie  buhlet,  un  d 
beachläft  sie  an  des  engels  statt  oftmals.  —  Abge- 
druckt bei  Scheible.  Schaltjahr  2,  26  (184G).  Gereimt  von  Mahrold, 
Roldmarsch  kästen  160S  nr.  46  (Frey  cd.  Bolte  s.  270).  —  Nach  Boc- 
caccio, Decamerone  4,2;  vgl.  Dunlop-Liebrecht  1851  s.  231;  Landau 
1884  s.  298;  Benfey,  Pantschat antra  1,  162.  Überarbeitet  im  Schertz 
mit  der  Wahrheit  1550,  bl.  56  a  =  1563,  bl.  59  a.  Egnatius,  De  exem- 
plis  ill.  virorum  Vcnetae  civitatis  1554  p.  18  =  oben  s.  499  nr.  XII  = 
Jo.  Wolfius,  Lectionum  memorabilium  centenarii  XVI  2,  602  (1600); 
übersetzt  in  einem  um  1675  in  Nürnberg  zusammengeschriebenen  .Histo- 
rienbuch' (hs.  2431  des  Germanischen  museuma  in  Nürnberg)  bl.  680  a: 
.Der  verübte  beichtvatter'.  Remigii  Daemonolatria  3.49  (16i'3).  Casti, 
Novelle  gahinti  nr.  18:  L'nrcangelo  Gabriello.  Urteile  von  A.  F.  Graz- 
zini  und  Jacopo  Gaddi  führt  Manni  (latoria  del  Decamerone  1742  p. 
275)  an. 

Vgl.  Pseudokallisthenes,  Vita  Alezandri,  anfang  (Nectanabus  al» 
Amnion  bei  Olympias).  Delrio,  Disquisitiones  magicae  2,  27,  1  =  p. 
315  ed.  1657.  Oesterley  zu  Kirchhofs  Wendunmut  6,  238  (Paulina  von 
Decius  Mundus  in  der  gestalt  des  Anubis  besucht.  K.  v.  Ammenhausen, 
Schachzabelbuch  1892  v.  13191).  Masuccio,  Novell ino  1476  nr.  2  (p.  24 
ed.  Settembrini  1874):  ,Un  frate  domenichino  da  ad  intendere  a  ma- 
donna  Barbara,  che  coneeperä  di  un  giusto  e  fara  lo  quinto  evangelista'. 
Doni,  Novelle  ed.  Gamba  1815  nr.  7.  Parabosco,  Novelle  um  1550  nr.  3. 
Bandello,  Novelle  2,  nr.  2.  3,  nr.  19  (1554).  Antoine  de  la  Sale,  Cent 
nouvelles  nouvellea  nr.  14  ,Le  faiseur  de  pape'  =  Malespini,  Ducento  no- 
velle  1609  nr.  80.  La  Fontaine,  Contes  2,15.  .L'bermite'  (Oeuvres  ed. 
Regnier  4,453-  1887);  auch  5,2  ,Le  fleuve  Scamandro'.  Ch.  Robinet, 
I/ettres  en  vere  1665  (Continuateurs  de  Loret  1,  178.  192).  Crebillon 
fils,  Le  sylphe  1730  (Oeuvres  2,  613.  1772).  Panard  et  Fagan,  Le  Bylphe 
suppose'  1730  (oper).  Gomez,  Cent  nouvelles  nouv.  1735  nr.  23—24  = 
Bülow,  Novellenbuch  3,111  ,Der  genius'.  Saint-Foix,  Le  sylphe  1748 
(komödie).  Cointreau,  L'amant  Salamandre.  Marmontel,  Le  muri  sylphe 
(Contes  moraux  1761).  Favart,  Isabelle  et  Gertrude,  ou  les  sylphes 
supposes  tkomödie)  1765  (benutzt  auch  Voltaire,  Oeuvres  14,49:  .Ger- 
trude'); danach  Löwen,  Die  neue  Agnese  (Hamburg.  Unterhaltungen 
6,  3ü5.  1765*).  Quetant  et  Martini,  L'umant  sylphe,  on  la  feerie  de 
l'amour  (komödie)  St.  Georges  et  Clapisson.  Le  sylphe  (oper) 

1856.    Kryptadia  2,  231.  —  Judontochter  soll  den  Messias 


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Wegkureer  c.  80—32. 


575 


gebären:  Caesarius  Heisterbacensia,  Dialogua  iniraculorum  L  2,  c. 
24  =  1,94  ed.  Strange  =  Wright,  Latin  atories  1842  nr.  SO  ,De  filia 
Judaei'  (Landaa,  Decamerono  1884  •.  253).  Herrn.  Corner,  Chronicon 
ad  a.  902  (Eccard.  Corpus  historicoruru  medii  aevi  2,508:  ein  clericua 
Wilhelniua  in  Limogea  und  .'udith).  Foix,  Von  der  juden  Messias  (Kel- 
ler, Fastnachtapiele  3, 1223).  Bebel,  Facetiae  2,  cap.  104  .Hiatoria  de 
Judaea  filiara  pro  Messia  |  .uiente";  auch  2,  c.  113  ,De  fratre  minore 
monialem  gravidam  reddente'.  Oeaterlej  zu  Kirchhof,  Wendunmut  1, 
2,50  und  56.  Grimmelshausen,  Siraplicianiache  achriften  1,  XXI  ed. 
Tittmann  1877.  Ruckard.  Lachende  schule  I72.r»  nr.  12.  Fortini  (f  15C2), 
Le  piacevoli  notti  dei  novizi  ü,  nr.  2  (Ulrich,  Festschrift  der  Universität 
Zürich  mr  89.  philologenvei  Sammlung  1887  a.  88)  etc.  —  Ferner  Mor- 
lini, Novellae  1520  nr.  69:  ,De  patricio,  qui,  ut  matronam  falleret, 
Christum  aemulatus  est1.  EL  EBtienne,  Apologie  pour  Hi?rodote  156»5 
chap.  21  a  2,15  ed.  Ristelhuber  1879;  O.  Hager,  St.  Franziscus  und 
st.  Petrus,  meiaterlied  von  22.  aept.  1588,  abgedruckt  in  Birlingers 
Alemannia  22,  161  (1894);  benutzt  yon  Ayrer  (f  1608)  in  einem  fast- 
nachtspiele .Der  verlarft  Franciacus  mit  der  venediachen  jungen  witt- 
frauen*  (Opna  tbacatricum  H18  2, 1S2  d  =  5.30O1  ed.  Keller)  und  in 
einem  gleichbetitclten  sin^spiele  (1618  2,137  b  =  5,3025  ed.  Keller, 
Bolte,  Singspiele  der  engl  komödianten  1893  a.  12).  Tarlton,  Ncwes 
out  of  purgatorie  15'JO  —  p.  66  ed.  Halliwcll  1844:  ,The  täte  of  friar 
Onjon4.  Whetstone,  Heplanieron  1582.  4.  day:  ,The  adventure  of  frycr 
Inganno'  (Koeppel.  Studien  zur  gesch.  der  italien.  novclle  1892  a.  35). 
R.  Greene,  The  apanish  mas.puerado  1589  (=  Works  ed.  Grosart  5,  266). 
—  Über  die  orientalische  «r/ählung  vom  fliegenden  thron  vgl. 
Benfey,  Pantschatantra  1,  159  f.  2,530;  Zs.  der  d.  morgen),  gesellach.  42, 
117;  Somadeva,  Märchensammlung  Qbers.  von  Brockhuus  1,  128(1843). 

81)  Mönch  Kinaldus  beachläft  Beine  gevatterin, 
dazu  der  mann  kommt;  dem  sie  beide  zu  veratehu 
geben,  wie  aie  dem  kind  die  würmer  vertreiben.  — 
Abgedruckt  bei  Scheible,  Schaltjahr  1,  163.  Gereimt  von  Mahrold, 
Roldmarach  kaaten  1608  nr.  43  (Frey  ed.  Bolte  b.  270).  —  Nach  Boc- 
caccio, Decamerone  7, 3 ;  vgl.  Dunlop- Liebrecht  18Ö1  a.  23P.  Vgl.  For- 
tini. Le  piacevoli  notti  8,  nr.  2  =  Novelle  di  autori  senesi  ed.  Poggiali 
1796  nr.  9.  Nie.  de  Troyes .  Parangon  1536  nr.  147  (lwl.).  Esliennc, 
Apologie  pour  H«:rodote  l.W,  chap.  15.  Chrzanowski,  Rozprawy  aka- 
demii  umiejctno«ci,  wydzial  filolog.  scr.  2,  tom  8,  372  (Kraknu  1894). 

a.  78,  24  vgl.  Wander,  Sprichwörterlexikon  4,  1655  nr.  212:  ,Es  ist 
ein  böser  vogcl,  der  im  selbst  in  sein  nest  hofiert'  (Franrk  1,  78a. 
2,  119b.  Petri  2,  261);  dazu  nr.  33.  43.  90.  94.  152.  Murner,  Schel- 
menzunft 1512  c.  30  .Der  unnütz  vogcl.' 

32)  Mönch  Burckhardt  schläft  bei  einer  w  i  r  t  i  n , 


57r, 


Anmerkungen. 


dazu  der  mann  kommt.  (Sie  singt  dem  anf  dem  ofen  versteckten 
mönche  eine  warnung  zu).  —  Abgedruckt  bei  Scheible,  Schaltjahr  1,  464 
mit  holzschnitt.  Gereimt  von  Mahrold,  Roldmarsch  kästen  1608  nr.  57 
(Frey  ed  Bolte  s.  271).  —  Vgl.  Val.  Schumann,  Nachtbüchlein  nr.  20 
,Der  mönch  im  käsekorb4  und  Frey  ed.  Bolte  s.  281.  Drescher,  Litbl. 
1897,  156  f.  Dykstra,  üit  Frieslands  volksleven  2,  120  (1895):  ,Ken 
dag  baaa.4  —  Anderwärts  warnt  die  frau  den  anpochenden 
buhlen  im  beiscin  des  monnes  durch  gesang:  Bolte,  Singspiele 
der  engl,  komödianten  1893  s.  45*.  188.  Erk-Böbme  nr.  902.  Hoff- 
mann  v.  F.,  Nid.  Volkslieder  nr.  156;  Findlinge  1,  118.  Volkskunde 
2,  49.  5,  20.   Boccaccio,  Decam.  7,  1.    Kryptadia  2,  115. 

88)  Ein  pfaff  ermordet  eine  arme  frau  jämmer- 
lich, die  ihm  denselben  taggebeichtethatte  (um  einer 
von  ihr  gefundenen  geldtasche  willen).  —  Diese  im  januar  1556  ge- 
schehene mordthat  ist  auch  in  einem  flugblatte  (Serapeum  1863,  64) 
beschrieben :  ,Ein  grausamlich  niord,  so  geschehen  ist  in  dem  Minster- 
thal,  sechs  meil  wegs  von  Kur,  da  ein  pfaff  ein  schwangere  frawen 
gemördt  hat,  die  in  kindsnöten  gelegen  ist,  warhafftig  geschehen  im 
56.  jar.  Getruckt  zu  Strassburg.4  Ferner:  Fincelius  Wunderzeicben  2, 
bl.  S  7a  (Frankfurt  1566;  zuerst  Jena  1559)  =  Hondorff,  Calendarium 
sanctorum  et  bist.  1573  1  ,  22a  (zum  20.  januar)  =  Bütner- Steinhart, 
Epitome  historiarum  159G  bl.  495b. 

34)  Geld  nimmt  einer  vom  teufel,  dass  er  wolle 
sein  weib  und  kind  umbringen.  —  Wie  der  teufel  zum  morde 
reizt,  erzählt  auch  Bütner-Steinhart,  Epitoine  bist.  1596  bl.  497a. 

85)  Dem  bösen  feind  schreit  einer,  er  solle  ihm 
geld  geben,  (wird  darauf  vom  teufel  entführt).  —  Abgedruckt  bei 
Scheible,  Schaltjahr  1,  174.  Gereimt  von  B.  v.  Watt  in  einem  meister- 
liede  vom  3.  nov.  1609  ,Der  teufel  holt  ein  gottlosen  bauren4  =  oben 
b.  499  nr.  XIII.  —  Dass  ein  flucher  vom  teufel  geholt  wird,  berich- 
ten zahlreiche  hiatorien:  Manlius,  Locorum  communium  collectanea 
2,  192  —  Butner  Steinhart,  Epitome  hist  1596  bl.  32a  =  Hondorff, 
Promptuarium  exemplorum  1,  132b  (1597;  zuerst  1570);  Kirchhof,  Wend- 
unmut Ü,  2'» 4.  Didacus  Apoliphtes  (=  J.  Zanach),  Historische  erquick- 
stunden  4,  1,  295  (um  1620);  Zingerle,  Sagen  aus  Tirol  1891  nr.  690 
mit  tler  anm. 

3«)  Adam  Stegman  erwürgt  seine  zwei  kinder.  — 
Ausführlich  berichtet  über  diesen  am  freitag  den  10.  april  1556  zu 
Obernehen  geschehenen  mord  der  Aarauer  Heinrich  Wirri  in  einer 
im  den  Zürcher  ratsherrn  Heinrich  Lochman  gerichteten  schrift:  ,Ey- 
gentlicher  vnnd  warhaffter  bericht,  der  grausamen  that,  so  geschehen 
ist  zu  Oberneben,  in  dem  Elsab,  Da  ein  Burger,  drey  seiner  rechten, 


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Wegkürzer  c.  32-37.  577 


Leyblicben,  vnd  Ehelichen  kinder  jemmerlich  erstochen ,  ermördt  vnd 
vmbbracht  hat'  .  .  .  Anno  M.  D.  LVI.  Bey  Johann  Kramer.  4  bl.  4° 
(Berlin,  flugschr.  1556,  5).  Wirri,  der  auf  der  reise  zur  Frankfurter 
messe  in  Strassburg  von  dem  morde  hörte,  wohnte  am  24.  april  der 
Gerichtsverhandlung  in  Obernehen  bei  und  durfte  die  ,vergicht*  der 
Bürgermeisters  zu  seinem  am  27.  april  in  Strassburg  abgeschlossenen 
berichte  benutzen.  Auf  einer  andern  quelle  scheint  Fincelius  (Wunder- 
zeichen 2,  bl.  Tiiija.  1566)  zu  fussen,  der  ebd.  2,  bl.  V7a  dieselbe  ge- 
schichte  noch  einmal  erzählt;  danach  Hondorff,  Promptuarium  exem- 
plorum  1570  1,  bl.  179b  und  Calendarium  sanctorum  et  hist.  1573  1, 
bl.  98b;  Bütner-Steinhart,  Epitome  historiarum  1596  bl.  126b;  Tragica 
1598  p.  361.  Nürnberger  historienbuch  von  etwa  1675  (hs.  2434  des  Ger- 
manischen museums)  bl.  221a.  Einen  ähnlichen  Vorfall,  von  einer  ihre 
kinder  ermordenden  frau  zu  Eschwege,  hatte  1551  Burkard  Waldis 
(Goedeke,  Grundriss  '  2,  452)  geschildert;  vgl.  Fincelius  1,  bl.  S  7a 
(1556)  =  1,  bl.  M4b  (1566);  Hondorff  1570,  bl.  179b;  Bütner-Steinhart 
1596  bl.  126b;  Tragica  1598  p.  360  ;  Zanach,  Hist.  erquickstunden  2, 107. 

87)  Jungfrau  Lisabeta  liebt  einen  jüngling,  ge- 
nannt Lorenz,  welches  ihre  brüder  innen  wurden, 
ihn  umbrachten,  und  wie  es  hernach  erging.  —  Gereimt 
von  Mahrold,  Roldmarsch  kästen  1608  nr.  59  (Frey  ed.  Bolte  s.  271). 
—  Nach  Boccaccio,  Decamerone  4,5;  vgl.  Val.  Schmidt,  Beiträge 
1818  s.  40.  Cappelletti,  Studi  sul  decamerone  1880  p.  375.  Das  lied, 
auf  das  B.  am  Schlüsse  hinweist,  hat  man  in  der  von  Fanfani  und 
Cappelletti  aus  einer  hs.  des  14.  jahrh.  mitgeteilten  romanze  wiederge- 
funden: 


Questo  fu  lo  malo  cristiano 
Che  mi  furo  la  resta 
Del  bassilico  mio  selemontano. 
Cresciut'  era  in  gran  podesta, 


Ed  io  lo  mi  chiantaicolla  mia  mano, 
Fu  lo  giorno  della  festa. 
Chi  guasta  l'altrui  cose,  e  villania 

(8  str.). 


Dies  lied  steht  auch  in  den  Canzone  a  ballo  1533  und  1568;  vgl. 
Carducci,  Cantilene  e  ballate  nei  aecoli  XIII  e  XIV  1871  p.  48.  Istoria  delT 
infelice  innamoramento  di  Gianfiore  e  Filomena,  Firenze  1587.  4°  (Pas- 
»ano,  I  novellieri  italiani  in  prosa  1878  p.  390).  —  Hans  Sachs  hat  die  no- 
velle  nicht  weniger  als  fünfmal  behandelt:  zuerst  1515  atn  7.  april  als  sein 
erstes  spruchgedicht  ,Der  ermört  Lorenz'  (Folio  1,  2,  161b  =  2,  216 
ed.  Keller.  Ein  citat  im  ersten  fastnachtapiele  1518  v.  173:  Folio  3,  3, 
4b)  ,  alsdann  1519  als  meisterlied  in  der  silberweis  H.  Sachsen  ,Die 
Lisabet  mit  irem  Lorenzen'  (Dichtungen  ed.  Goedeke  I,  32.  15  str.), 
1546  am  31.  dec.  als  ,Tragedi  von  der  Lisabetha'  (Folio  2,  3,  97  =  8, 
366  ed.  Keller.  Aufführungen  in  Dresden  1646  und  1676,  nach  Fürstenau 
1,  107.  249;  in  Nördlingen  1606  nach  Archiv  f.  litgesch.  13,  71),  1548 
am  23.  juli  als  meisterlied  im  schwarzen  ton  Hans  Vogels ,  1549  am 
16.  dec.  als  meisterlied  im  rosenton  H .  Sachsen  (anonym  im  Weimarer 
inscr.  fol.  419,  bl.  173).   Ein  schöne  tageweiß  von  eines  kauffmans 

37 


578 


Anmerkungen. 


tochter  und  einem  schönen  jünglhog,  wie  derselbige  von  ihren  dreyen 
hrüdern  ermördt  ist  worden,  im  ton :  ,Ea  wohnet  lieb  bey  liebe'  (Erk- 
Höhme,  Liederhort  1,  304  nr.  86)  aus  der  ersten  halfte  des  16.  Jahr- 
hunderts liegt  in  vielen  fliegenden  blättern  vor:  a)  Nürnberg,  Friderich 
Qutknecht.  8  bl.  8*  (Berlin  Yd  9088  und  9089);  b)  Nürnberg,  Val. 
Newber  (Berlin  Yd  9048);  c)  Nürnberg,  Val.  Fuhrmann  (Berlin  Yd  9048); 
d)  Straubing,  Hans  Burger  (Berlin  Yd  7831,  89);  e)  Augspurg,  Val. 
Schönigk  (Berlin  Yd  7850, 1);  f)  Augspurg,  Matth.  Langen waldter  (Frauen- 
feld).  g)  Basel,  Joh.  Schröter  1607  (Zürich.  Weller.  Annalen  1,  267); 
h)  ebd.  1629  (Frauenfeld);  abgedruckt  nach  f  und  h  in  Birlingers  Ale- 
mannia 17,  35 :  .Dieweil  mein  hertz  thut  lieben'  ...  33  str.  —  Turber- 
vile,  Tragical  tales  (c.  1576)  nr.  7  (vgl.  Koeppel,  Anglia  13.  51).  Sim- 
rock,  Berlin,  musen-almanach  1830  253.  J.  Keats,  Isabella,  or  the  pot 
of  basil  (Poetical  works  1876  p.  151). 

38)  Hieronimus  batte  lieb  einejungfrau,  genannt 
Silvestra;  und  damit  er  ihrer  vergässe,  thatmanihn 
gen  Paris,  er  über  starb  ihr  hernach  an  der  seiten.  — 
Gereimt  von  Mahroki ,  Roldmarsch  kosten  1608  nr.  60  (Frey  ed.  Bolte 
s.  2711.  —  Nach  Boccaccio,  Decamerone  4,8;  vgl.  Val.  Schmidt,  Bei- 
trüge 1819  s.  44;  Landau,  Quellen  1884  s.  161.  Nie.  de  Troyea,  Pa- 
rangon  nr.  98.  Turbervile,  Tragical  tales  nr.  10  (Koeppel,  Anglia  13, 
51).  Coornhert,  Lustige  historien  Joa.  Bocacii  1568  nr.  18  (Bolte,  Tijd- 
sehrift  voor  nederl.  taalkunde  13,  1).  Hans  Sachs,  Wie  zwey  lieb- 
habendo  menschen  vor  lieb  starben  (1544,  27.  nov.  Folio  1,  2,  160b  = 
2,  213  ed.  Keller)  und  ein  meisterlied  .Jeronimus  und  Silvestra*  von 
1544  (Weimarer  mscr.  fol.  419,  bl.  259a  und  mscr.  qu.  567,  bl.  891»). 
Ein  anonymes  meisterlied  von  1593  den  22.  märz  ,Die  Silvestra  mit 
Hieronimo'  in  der  gestraften  zinweis  G.  Christians  steht  im  Erlanger 
mscr.  1668,  bl.  473b.  —  Vgl.  Rohde,  Der  griech.  roman  1876  a.  82 
(Arceophon  und  Arsinoe  bei  Hermesianax).  t.  d.  Hagen,  Gesamtaben- 
teuer nr.  13  .Frauentreue';  dazu  Eschenburg,  Denkmäler  1799  s.  265 
=  Oesterley,  Nd.  dichtung  1871  s.  87;  Münchner  cod.  germ.  714,  bl.  137 
,Der  ritter  mit  dein  glenreiten'.  Gesamtabenteuer  nr.  14  ,Der  achüler 
zu  Paris'.  Straparola,  Notti  piacevoli  9,  2  (prinz  Rolin  und  Violante) 
=  SanKOvino,  Novelle  nr.  38  (1561).  Bandcllo,  Novelle  1,  nr.  20  und  33 
(1554).  Grazzini,  Novelle  2,  117(1793).  Castiglione,  II  cortegiano  3,  43 
p.  207  ed.  1854.  Kirchhof,  Wendunmut  3,  224  .Einer  adelicben  person 
heimliches  leiden.'  A.  de  Musset,  Simone  1840  (Oeuvres  1866  vol.  2). 

39)  Frau  Agnes  schickt  nach  einem,  den  aiezween 
b  u  n  d  s  c  h  u  h  ■  u  h  a  b  e  n  m  e  i  n  t.  —  Abgedruckt  bei  Scheible,  Schalt- 
jahr 1,  620.  Gereimt  von  Mahrold,  Roldmarsch  kaaten  1608  nr.  62 
(Frey  cd.  Bolte  a.  271).  —  Vgl.  Poggio,  Facetiae  no.  62  (Opera  1538 
p.  438  ,De  Guilhelmo  ,  qui  habebat  priapeam  supellectilem  formosam' 
=  Facetiae  1798  1,  70  ,Duo  priapi').  Nie.  de  Troyea,  Le  grand  paran- 


Wegkürzer  c.  87—41. 


579 


gon  de  nouvelles  ed.  Mabille  1869  nr.  21  p.  95.  B.  la  Monnoye,  Le 
double  oatil  (Poggio  1798  2,  61).    Kryptadia  4,  325  (vläniisch). 

40)  Die  zeche  begehrt  ein  wirt  an  zween,  die  sie 
tot  40.000  jähren  schuldig  blieben  sind.  —  Abgedruckt 
bei  Scheible,  Schattjahr  1,  43;  Goedeke,  Schwänke  s.  124,  nr.  87.  - 
Vgl.  Bebel,  Facetiae  2,84  bl.  Ggöb  ed.  1514:  ,De  magno  anno  Pia- 
tonis' ==  Bebeiii  Geschwenck  1558  bl.  M  7b.  Pauli,  Schimpf  und  ernst 
1570  s.  69.  Kirchhof,  Wendunmut  1,  194:  ,Von  zweyen  betriegern 
und  eim  wirt.'  Acerra  philologica  1,  62  (1708).  Rottmann,  Historien- 
schreiber 1717  s.  494  (8,  98).  Tharsander,  Schauplatz  vieler  ungereimten 
meynungen  1,  30  (1735).  De  nieuwe  vaakverdryver  1669  2  p.  374.  — 
Ueber  die  antike  lehre  vom  weltj  ah  re  vgl.  Zeller,  Philosophie  der  Grie- 
chen 1»,  396.  411  (Pythagoräer);  3,  ls,  154  (Stoiker);  2S,  684  (Plato : 
10  000  jähre  =  weltjahr/.  Die  englische  morality  Lingua  1007  ukt  4, 
»c.  7  (Coli,  of  ohl  plays  ed.  by  Dodslcy-Hazlitt  9.  Losch,  Joh.  Rhe- 
nanus  1895  -.  9). 

s.  105,  14  vgl.  Wander,  Sprichwörterlexikon  4,  1485  nr.  22:  »Un- 
treu schlecht  iren  eigen  herren'  (Agricola  1,  19.  Franck  1,  53a.  2,  14b. 
89a.  Petri  2,  564).  Zingerle,  Die  d.  Sprichwörter  im  mittelalter  1864 
s.  157  f. 

41)  Ein  frau  erzeigt  sich  allweg  gegen  ihrem 
mann  freundlich,  (weist  aber  den  Tod  zu  dem  kranken  hin).  — 
Abgedruckt  bei  Scheible,  Schaltjahr  1,  288;  Hub,  Prosaisten  2,  821; 
Goedeke,  Schwanke  s.  87  nr.  51.  —  Gereimt  von  Mahrold,  Roldmarsch 
kästen  1608  nr.  63  (Frey  ed.  Bolte  s.  272).  Nach  Abstemius,  Heca- 
tomythium  1495  nr.  60  ,De  muliere ,  quao  pro  viro  se  rnori  velle  dice- 
bat'.  Waldis,  Esopua  1548  2,  nr.  86  ,Wie  ein  fraw  für  iren  mann  ster- 
ben wolt'  =  H.  Wolgemuth,  Newer  Esopus  1628  nr.  181.  Kirchhof, 
Wendunmut  1,  350  .Untreu  eines  weibs  gegen  irem  mann*.  Ein  ano- 
nymes meisterlied  ,Des  edelmans  weib  mit  dem  dot',  im  kurzen  ton 
Hans  Vogel  am  7.  oct.  1574  gedichtet,  findet  man  oben  s.  500  nr.  XIV 
al>gedruckt.  Wolgemuth,  500  frische  hauptpillen  1669  s.  87  (2,  92). 
Geliert,  Sämtliche  Schriften  1,64  (1769):  , Die  zärtliche  frau'.  Gnicciar- 
dini,  Höre  di  recreatione  1583  p.  4  =  Belleforeat ,  Heures  de  recreu- 
tion  1605  p.  12  — -  Federmann,  Erquickstunden  1574  s.  26.  Casalicchio, 
L'utile  col  dolce  2,  nr.  4  (1687).  Desbillons,  Fabulae  Aesopicae  2,  nr.  29 
,  Femina  mortem  pro  marito  appetens*.  Cabinet  des  fees  18,  71  ,La 
paysanne  et  sa  fille.'  Carmoly,  Le  jardin  enchantö  1844  nr.  18  ,L'oie 
blanche.' 

s.  106,  1 3  H  u  n  d  hinken,  Weiber  weinen  etc.  vgl.  Uhl,  Die 
deutsche  priamel  1897  b.  316.  317.  386.  388.  Zimmersche  chronik  1 
1,  SOI,  7.    Wander,  Sprichwörterlexikon  2,  819  nr.  33. 

37* 


:>su 


Anmerkungen. 


8.  106,  22  Nere,  flere  et  nihil  tacere  etc.  Sutor,  Latinum 
Ohaos  1716  p.  289  Doctae  nugae  Gaudentii  Jocosi  1713  p.  283  (ebenso). 
Wamler,  Sprichwörterlexikon  4,  720  nr.  34—35:  .Spinnen,  weinen, 
waschen,  lügen,  ihren  besten  freund  betrügen ,  findet  man  bei  weibern 
viel;  von  allen  doch  nicht  sagen  wöll'  (Zincgref  4,  414). 

42)  Historia  Gisippi  und  T i  t  i.  —  Von  Montanus  auch 
als  drama  bearbeitet;  vgl.  die  cinleitung.  Gereimt  von  Mahrold,  Rold- 
marsch  kästen  1608  nr.  1  (Frey  ed.  Bolte  s.  267).  —  Nach  Boccaccio, 
Dei  amerone  10,  8;  vgl.  Dunlop-Liebrecht  1851  s.  251 ;  Landau,  Quellen 
1884  s.  264;  Val.  Schmidt,  Beitrage  1818  s.  110  und  zu  Petrus  Alphonsi 
8.  98.  —  Boccaccios  quelle  war  Petrus  Alphonsi,  Disciplina  clericalis 
3,  2 — 14,  woraus  auch  die  Gcsta  Romanorum  c.  171  schöpften  (zwei 
ritter  aus  Aegypten  und  aus  Baldach);  Rohde,  Der  griech.  roman  1876 
s.  541  denkt  statt  dessen  an  eine  mittelgriechische  dichtung  von  Athia 
und  Prophilias  (dazu  W.  Grimm,  Ze.  f.  dtsch.  altert.  12,  18A  =  Kl. 
schriften  3,  346).  —  Ueber  die  Verbreitung  des  Stoffes  giebt  Oesterley 
zu  Gesta  Rom.  171  reiche  nachweise;  ferner  vgl.  die  deutschen  bear- 
beiter  von  Jac.  de  Cessolis  achachbuch,  den  pfarrer  zum  hechte  Zs.  f. 
d.  altert.  17,  287;  Heinr.  v.  Beringen  ed.  Zimmermann  1883  v.  5122— 
6083;  Meister  Stephan  ed.  Schlüter  1883  v.  3187— 3314 ;  Kunrat  v  Am- 
menhausen ed.  Vetter  1892  v.  12385—12609.  Seelentroist  in  From- 
manii8  D.  mundarten  2,  10  nr.  80  =  Själens  tröst  ed.  Klemming  1878 
p.  472.  Lübecker  fastnachtspiel  von  1431  ,de  twe  truwen  kumpana, 
rex  Baldach'  (Nd.  jahrbuch  6,  25).  Kausler,  Denkmäler  altniederl. 
spräche  3,  165.  491  (1866).  Stainhöwcl,  Aesop  nr.  142  (coli.  1)  p.  294 
ed.  Oesterley  1878.  Violier  des  hist.  romaines  1858  p.  392  nr.  139. 
flerrtagc,  Knglish  versions  of  the  Gesta  Rom.  1879  nr.  196.  Herolt, 
Scrmones  de  sanetis,  disc.  21.  De  Lantfrido  et  Cobbone  (MSD  nr.  20; 
rgt,  Kögel,  Gesch.  der  d.  litt.  I,  2,  255)  —  Boccaccios  novelle  ward 
von  Phil.  Beroaldus  ins  lateinische  übersetzt  (Titi  Romani  et  Egesippi 
Atheniensis  amicorura  historia.  Mediolani  1509;  Beroaldi  opuscula,  Ba- 
silcae  1515  bl.  26a  , Historia  Gisippi  et  Titi';  Fabulosae  hist  tres  de 
amore,  Arg.  1536  etc.  Manni,  Istoria  del  Decamcrone  1742  p.  562—582*; 
ebenso  um  1555  vom  cardinal  Ruberto  Nobili  von  Montepulciano  (Manni 
p.  582  —600).  Beroaldus,  L'histoire  de  Titus  et  GisippuB  interpr.  en  rime 
franeois  par  Fr.  Hahert  1551.  Nie.  de  Troyes,  Parangon  nr.  130.  Coorn- 
hert.  Lustige  historien  .1.  Bocacii  1564  nr.  48.  Englisch  von  W.  Walter 
s.  j.;  Tho.  Elyot.  The  governour  1531  2,  c.  12  =  2,  132  ed.  Croft  18S0; 
Edw.  Lewicke,  Iiistory  of  Titus  and  Gisippus  drawen  into  english  metre 
1562;  Faithful  friendship  or  Alphonso  and  Ganselo  (A  collection  ofold 
ballada  2,  145.  1724) ;  Tho.  Underdowne,  Titus  and  Gesyppus j  R.  Greene. 
Philomela  1592  (Koeppel,  Studien  zur  gesch.  der  ital.  novelle  1892 
a  54.  84).  Bishop  Percy'a  folio-manuscript  8,  507  (1868).  Lydgate, 
Fabula  duorum  mercatorum  hsg.  von  Schleich  1897.  Goldsmith,  Story 
of  Alcander  and  Septimus  (Works  4,  99.  1825).   R.  Radcliffe  (f  1559), 


Wegkürzer  c.  42—44. 


581 


De  Titi  et  GUippi  amicitia  [Drama.  Warton,  History  of  engl,  poetry 
p.  576;  ein  stück  gleichen  titeU  1576  in  London  gespielt),  Herald  Griffin 
t  1840),  Gisippus  (Poetical  worka  1857).  Giraldi,  Novelle  nr.  5  p.  444. 
Jacopo  Nardi,  Amicizia  (komödie  um  1510.  Palermo,  Manoscritti  pala- 
tini  di  Firenze  2,  528—536.  1860)  Libro  di  novclle  antiche  trotte  da 
diversi  testi  1868  (Scelta  di  curiositä  lett.  93)  no.  4:  .Di  due  mercatanti 
l'uno  di  Baldacca  e  l'altro  d'Egitto.'  Galeotto  Oddi ,  Gisippo ,  com- 
media  1613.  Risposta  di  Carmide  Ateniese  a  Tito  Quinto  Fulvio  di 
G.  Boccaccio,  Padova  1553.  Timoneda,  Patrahuelo  nr.  22.  Lope  de 
Vega ,  La  boda  entre  dos  maridos  (Comedias  vol.  4.  1614).  Hardy, 
Geaippe  ou  les  deux  atnis  1622  (Parfaict,  Histoire  du  theatre  francais 
4,  358).  Chevreau,  Les  deux  amis  1638  (Parfaict  5,  436).  Gering  ,  Is- 
lenzdk  aeventyri  1882  nr.  92  .Ganze  freundschaft*.  Ward,  Catalogue  of 
romance8  in  the  British  muBeum  1,  845.  Hans  Sachs,  Historia  die  neun 
getreuen  beiden  nr.  S  (1531.  Folio  1,  2,  181b)  und  Comedia  Titus  und 
Gisippus  (1546.  Folio  3,  2,  4  =  12,  15  e.l.  Keller).  Cbph.  Bruno,  Et- 
liche historien  und  fabulen,  Augspurg  1541  nr.  8.  L.  Schwärt zenbach, 
Comedi,  darinnen  rechte  trew  und  freundtschafTt  fiirgestelt  würdt, 
Nürnberg  1551  (Berlin).  Speccius,  Comoedia  de  Titi  et  Gisippi  ami- 
citia, Altdorf  1623.  Melander,  Jocoseria  deutsch  1605  2,  333  nr.  315. 
Didacus  Apoliphtes  (=  J.  Zanach),  Historische  erquickenden  4,  1, 
722.  J.  P.  de  Memel ,  Lustige  gesellschaft  1660  nr.  364.  Sommerklee 
und  wintergrün  1670  s.  120,  nr.  195  (Nicolaus  und  Franciscus).  Boissy, 
Le  mari  par  supercherie  (Oeuvres  de  theatre  7,  81.  1773)  —  Gotter, 
Der  mann  den  seine  frau  nicht  kennt  1781.  .1.  V.  Widmann,  Die  kö- 
nigin  des  Ostens  (schaaspiel.  Zürich  1880.  Nach  Boccaccio).  Zach. 
Heyns,  Vriendts-spieghel,  Amsterdam  1602  (Worp,  Noord  en  zuid  1897). 
1001  nacht,  deutsch  von  Habicht,  v.  d.  Hagen  und  Schall  13,3  (1840): 
.Geschichte  Attafs  von  Damask*. 

48)  Drei  Weisheiten  lehrtein  abenteurer  für  einen 
pfennig.  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke  s.  224  nr.  181.  Bo- 
bertag,  4U0  schwanke  s.  252  nr.  316.  —  Eine  lustige  umkehrung  der 
verbreiteten  erzähl  ung  vom  ankaufe  dreier  Weisheiten  (Oester- 
ley  zu  Gesta  Rom.  c.  108.  Etienne  de  Bourbon,  Anecdotes  historiques 
1877  p.  77  nr.  81  =  Wiener  hs.  12538,  ML  153b  etc.).  Vgl.  Bouchet, 
Serees  nr.  10  (2,  200  ed.  Roybet).  Der  lustige  heer-paucker  (um  1690) 
s.  152:  .Ein  Schulmeister  lehret  den  kiudern  das  wahrsagen'  llilsst 
sie  an  menschenkot  riechen ,  wie  Eulenspiegel  hist.  3 j).  Eulenspiegel 
bist  50  (lehrt  die  Schneider  eine  kunst).  Talitz  von  Liechtensee, 
Kurt  -/.weil,  reyügespabn  1645  nr.  196  (7  eilen  weit  von  narren  bleiben). 

s.  127,  J8  vgl.  Wander,  Sprichwörterlexikon  6,  168  nr.  288-298: 
.Die  weit  will  betrogen  sein' ;  dazu  nr.  108.  558. 

44)  Ein  bochzeitsgast  führt  die  braut  heim,  war 


582 


Anmerkungen. 


ihm  aber  nicht  befohlen.  —  Abgedruckt :  Kurzweilige  geschieht 
15S3  b.  543a. 

s.  127,  31  und  128,  12   vgl.  Wander,   Sprichwörterlexikon  1,  .  .  . 
,Wer  das  glück  hat,  führt  die  braut  heim'. 

s.  128,  10.  Das  hündlcin  von  Brctta  ließ  den  schwant/, 
hinder  der  thttr.  —  Vgl.  Zimmerische  chronik  1  8,  12 ,  l  (1881) :  .Sein 
also  baid  wie  das  hundle  von  Prctten  davon  kommen'.  B.  Hertzog, 
Schiltwacht  1560  nr.  4 :  ,Das  heist  au  ff  die  bulsebafl't  gangen  wie  herr 
Hündlcin  von  Bretten,  dem  der  doldrian  an  der  thür  liencken  bleib'. 
Fiscbart,  Practic  1574  bl.  B  7b  (zu  den  baurenhundeu,  sie  jagten  nächst 
das  hündlein  von  Brctta,  das  es  den  schwachen  werckzeug  am  zäun 
lies),  Gargantua  1575  c.  5  (s.  90  ed.  Ableben)  und  Flöhhaz  1577  v.  140. 
lieberer,  Servitus  Aegyptiaca  1610  s.  63.  Scliuppius,  Salomo  (Schriften 
1,  89):  .Der  edelman  stunde  wie  das  hündlein  von  Breda'.  Alamodisch- 
technologisches  interim  1675  s.  845:  .das  hündlein  zu  Bretta'.  Grimm, 
Deutsche  sagen  nr.  96  (mündlich).  E.  Meier,  D.  sagen  aus  Schwaben 
1852  nr. 395.  Schnezler,  Badisches  sagenliuch 2,441  (1846:  gediente  von 
Simrock  und  Maxim.  Sachs).  Baader,  Volkssagen  aus  Baden  1851  nr.  308. 
Wackernagel,  Kleinere  Schriften  1,  423:  ,Die  hündchen  von  Bretzwil  und 
von  Bretten';  ein  scher/.,  den  J.  Franck  (Anzeiger  für  künde  der  d. 
vorzeit  1880,  332.  1881,  7.  Allg.  d.  biogr.  11,  198)  missverstand  Wen- 
deler, Nd.  korresp.blatt  5,  44  (1880).  VVander,  Sprichwörterlexikon  2, 
904  nr.  18. 

II.  Audretltzo  (s.  133—182). 

Montanus'  quelle  von  Boccaccio  (Dccamerone  2,  5),  den  er  in 
der  Gartengesellschaft  c.  93  nochmals  bearbeitete.  —  Vgl.  Val.  Schmidt, 
Beitrage  8.8.  Dunlop-Liebrecht  1851  s.  223;  Landau,  Quellen  1884  b.  122. 
Capelletti,  Studi  sul  decamerone  1880  p.  59 — 86.  —  Sacchetti,  Novelle 
nr.  120  (dieb  im  grabe  erschreckt  andre  diebe).  P.  Aretino,  II  filosofo. 
commedia  1546  (vgl.  Gaspary  2,  592).  F.  Canali,  Andreuccio  di  G. 
Boccaccio  ridotto  al  rappresentabile ,  Vicenza  1612.  Nasceta,  vita  e 
disgrazie  de  Biaso  Valentino  (Napoli  1748.  Imbriani,  Propugnatore  8, 
heft  6).  Nie.  deTroyes,  Grand  parangon  (1585-86;  hsl.)nr.  42.  Coorn- 
hert,  Lustige  historien  J.  Bocacii  1564  nr.  1.  W.  D.  Hooft,  Andrea  de 
Piere  peerdekooper  (klucht.  1628).  Painter,  Palace  of  pleasure  1,  nr.  36 
(1567).  —  Hans  Sachs,  Der  dieh  ins  bischofl's  grab,  meisterlied  im  spie- 
geltoii  Erenboten  (MG  5,  32  —  Dresdener  hs.  M  5,  118)  behandelt  nur 
die  beraubung  des  erzbischöflichen  grabes  und  verlegt  den  Schauplatz 
nach  Mainz;  ferner:  Drei  Unglück  Andretttzo,  1546  23.januar,  im  lan- 
gen ton  Heinrich  Müglings  (MG  8,  30  =  Dresdener  hs.  M  192,  131b 
=  Gött.  cod.  pbil.  194,  43=  Weimarer  uiscr.  fol.  419,  nr.  254  =  Wei- 
marer mscr.  qu  5<>7,  bl.  39b).  Schertz  mit  der  warheit  1550  bl.  33a 
=  1563  bl.  35b  .Junker  Andres'.    Bütncr,  Epitome  historiarum  1576 


Andreützo. 


583 


bl.  389a  =  Büitner-Steinhart  1596  bl.  309b.  Ayrer,  Fastnachtespil  von 
Antreuxo  (4,  2387—2364  ed.  Keller).  Mahrold,  Roldmarsch  kästen  1608 
nr.  76  (Frey  ed.  Bolte  8.  278).  Lundorp,  Wißbadisch  wisenbrünlein  2, 
2  nr.  2  (1611).  Bidermann,  Utopia  1691  p.  38— 79  (zuerst  1640)  =  C.A. 
Hörl,  Bacchusia  oder  faßnacht-land  1677  s.  38—66  (Corsicns  von  Dru- 
silla  betrogen).  Le  Noble,  Promenades=  Mylius,  Kleine  romane,  er- 
zälungen  nnd  schwanke  1,  1  (1782):  ,Blaiae  Gaulard  oder  tante  Bob^s 
nefiV.  Vade  mecum  für  lustige  leute  3,  nr.  225  (1767)  und  8, 188  (1781). 
Dykstra,  Uit  Frieslands  volksleven  2,  111  (Die  entschädigung  durch 
leichenraub  fehlt).  Pitre,  Fiabe  popolari  siciliane  3,237  nr.  163  (1875) 
,Lu  figghiu  tistardu*.  Nerucci ,  Novelle  pop.  montalesi  1880  nr.  45: 
.Paolino  da  Perugia'.  Gianandrea,  Biblioteca  delle  tradizioni  marchigiane 
1878:  ,E1  mercante'.  —  Im  islandischen  volksliede  .Kistudans*  (Lieb- 
recht, Germania  29,  357)  wird  eine  ahnliche  rettung  aus  dem  grabe 
durch  diebe  erzählt:  desgleichen  bei  Gering,  Islendzk  aeventyri  1882  2, 
170  nr.  82  und  bei  Casalicchio,  L'utile  col  dolce  l,nr.  61  (1687)=Utile 
cum  dulci  (deutsch)  1706  1,  nr.  61.  Campbell,  Populär  tales  of  the 
West  Highlands  1860  nr.  6.  7. 

135,  2  Michael  Ziegler  war  vermutlich  ein  Strassburger ,  der 
dem  1556  zum  rektor  der  Ulmer  schule  berufenen  Ludwig  Rabe  aus 
Strasburg  dorthin  gefolgt  war.  Vgl.  Veesenmeyers  Ulmer  progr.  1818. 

137,  19  Mira  delente  praedicas.  —  Erasmus,  Adagiorum 
chiliades  1599  p.  92.  1072 :  öetvdc  nspl  cpaxfc. 

138,  13  Welcher  von  ainem  scorpion  gestochen  ist, 
dem  schadt  nicht  bald  ain  wefftzen  stich.  —  Diese  stelle 
scheint  Val.  Schumann  (Nachtbüchlein  2,  vorrede,  s.  172.  7  ed.  Bolte) 
im  sinne  gehabt  zu  haben. 

147,  81  gemeint  sind  Karl  II.  von  Anjou  (1289 -1809)  und  Frie- 
drich II.  von  Aragon  (1290—1337). 

159,  6  der  erzbischof  von  Neapel,  dessen  namen  schon  der 
erste  verdeutscher  des  Decameron  Arigo  fortgelassen  hat,  heisst  bei  Boc- 
caccio Filippo  Minutolo ;  dieser  starb  am  24.  Oktober  1301. 

167,  1  die  erzahlung  vom  ein  sied  ler,  der  zwischen  trunken- 
heit,  ehebruch  und  mord  wählen  soll  und  alle  drei  sünden  be- 
geht, ist  weit  verbreitet.  Ein  conte  devot  ,de  Termite  que  le  diable 
enivra'  bei  Legrand,  Fabliaux  4,  68  =  deutsche  Übersetzung  5,  231 
(1798);  Roquefort,  Etat  de  la  poeaie  franeaise  p.  334.  Libro  de  los 
enxemplos  c.  56  ,Ebrietas  plura  vitia  inducit'  (Bibliotheca  de  autores 
espanoles  51,  461.  1860).  Frommanns  Deutsche  Mundarten  1,208  nr.  39 
(Hilarion).    Meisterlieder  der  Kolinarer  hs.  ed.  Barts  ;h  1862  s.  231  und 


581 


Anmerkungen. 


50S  (at.  Urban).  Gengenbach  ed.  Goedeke  1855  8.521  (st.  Urban).  Pauli, 
Schimpf  und  ernst  nr.  243.  Schert*  mit  der  Wahrheit  1550  bl.  78b. 
Wickram.  Rollwagen  1557.  nr.  72  ed.  Kurl.  Friderich.  Sauft'teuffel  (Thea- 
trum diabolorum  1587  1,  225b)  Hondorf.  Promptuarium  exemplorum 
U,  229.  Tragica  1598  p.  117.  Gryae,  Leienbibel  1604  42.  frage  (2, 
bl.  Hja).  Melander,  Joci  atque  seria  8,  91  nr.  61  (1607):  De  iuvene  Pa- 
risiensi,  qui  ebrius  utrumque  parentem  instinctu  diaboli  interfecit  (aus 
Lostiius.  Epigrammata  p.  226).  Melander.  Jocoseria,  deutsch  von  W. 
Kezelius  1605  2,  nr.  101.  222.  373.  374  =  1617  2,  89.  176.  342.  344. 
Ramlers  tabellese,  1,  167  (1783):  , Folgen  des  ersten  lat-ters*.  Lesging, 
Faust  (Werke  ed.  Hempel  11,2,  592)  nach  A.üazäus,  Pia  hilaria  1619: 
Fundanus.  Pfeffel,  Poet,  versuche  2,28(1802):  ,Die  wähl'.  E.  T.  A.  Hoff- 
imtnn,  Elixire  des  teufels  1816.  Aurbaclier,  Volksbüchlein s  1,  81.  A. 
Schreiber,  Sagen  des  Rheins  u.  des  Schwarzwalds  2,  28  (1839) :  Langen- 
stein. —  Chevalier  de  La  tour  Landry  cd.  Montaiglon  1854  c  89:  ,De 
abstinenco*.  Piron,  Laconisme  (Anthologie  satyrique  1,41)=  La  legende 
joyeuBC,  ou  les  101  leyon  de  Lampsaque  1,44  nr.  81  (1753).  Recucil 
de  nonvelles  poüsies  galantes  1, 113  :  Qui  choisit  prend  le  pire  (um  1750). 
—  Skjemt  og  alvor  1781  p.  162.  Tidsfordriv  eller  lystig  selskabsbog 
1788  nr.  19.  Historien  om  de  syv  vise  mestere  1733  (Nyerup,  Morsknbs- 
laesning  1816  p.  253.  263).  —  Lopacinski,  Legende  vom  einsiedler,  der 
vom  teufel  zu  drei  sQnden  verführt  ward;  Wisla  11,  448  —  451.  — 
Etienne  de  Bourbon ,  Anecdotes  hist.  ed.  I.ecoy  de  la  Marche  1877 
nr.  481  (Saladin  und  mönche).  Grünbaum,  Jüdisch-deutsche  Chresto- 
mathie 1882  a.  450  (christlicher  könig  und  11  jüdische  weise;  wein, 
Schweinefleisch,  ehebruch).  —  Ueber  ähnliche  Versuchungen  der  ein- 
siedler vgl.  A.  d'Ancona,  La  leggenda  di  sant  'Albano  1865  und  Lieb- 
recht, Gött.  gel.  anz.  1866,  671. 

168,  lßWilibalduB  undLotharius  sind  die  hauptpersonen 
in  Wie  kram  s  roman  ,l>er  knahenspiegel'  (1554). 

169,  20  Ein  Verschwender  erhängt  sich  an  dein  ihm  vom 
verstorbenen  vater  gewiesenen  ringe  und  entdeckt  den  dort  ver- 
borgenen schätz.  —  Montanus  schöpfte  diese  verbreitete  erzäh- 
lung  vermutlich  aus  Pauli,  Schimpf  und  ernst,  anhange.  16  ed.  Oester- 
ley  (zuerst  1533)=  1545  bl.  42b-.Schertz  mit  der  warheitl550  bl.  4*5b. 
Ein  anonymes  meisterlied  von  1574  labgedruckt  oben  8.  503,  nr.  XVI  be- 
ruft sich  zwar  auf  Bocacius,  geht  aber  wohl  auf  Montanus  zurück.  H. 
Salat,  Eyn  parubel  von  dem  verlornen  son  1537  v.  935  (Gescbichtsfrcuud 
36,  33.  1881)  und  J.  Murer,  Junger  mannen  Spiegel  1560  (ebd.  36,  86 1. 
Hütner,  Epitomo  historiaruin  1576  bl.  376b  =  Rütner-Steinhart  1596 
bl.  295b.  J.  <Ügas,  Postilla  aestiv.  bl.  282a.  Despauterius,  Prosodia 
bl.  135b.  Zwinger,  Theatrum  vitae  hum.  p.  2517.  2187.  Zanach,  Histor. 
erquickstunden  4,  1,  250.  Wichgrev,  Cornelius  relegatus  1600,  akt  5,  2. 
Mahrold,  Roldmarsch  kästen  1608  ur.  81  tFrey  ed.  Bolte  a.  273).  Tieck, 


Andreützo. 


585 


Die  gemäldo,  novelle  1822  (Schriften  17,  1.  1844).  Deecke,  Lübiacbe  ge- 
Bchichten  und  sagen  1652  b.  111.  Aurbacher,  Volkabüchlein  3  1,  180. 
Child,  Knirlihh  and  acottiah  populär  ballads  5,  1.  11  nr.  267  ,The  heir 
of  Linne'  mit  anm.  =  Uodmer.  Altengl.  balladen  2,  117  ll781)  =  Knortz, 
Lieder  und  romanzen  Altenglanda  1872  a.  78.  Ashton ,  Chap-booka-  of 
the  18.  century  1882  p.  455:  ,The  drunkard's  legacy'.  Gueulettc.  1001 
quarts  d'heure  (Cabinet  de«  fees  21,  66-70.  89-63:  Sinadab).  Vierzig 
veziere  übers,  v.  Bchrnauer  s.  253.  1001  nacht,  Brest  auer  Ubers.  14,  65 
(1840).  1001  tag  (Cab.  des  f<5es  14,  457).  Vartan.  Cboiz  de  fablea  1825 
nr.  42  ein  verarmter  könig  zerschlägt  aus  wut  ein  götzenbild  ,  worin 
sein  vater  achätze  verborgen  hatte);  vgl.  Benfey,  Pantachatantra  1,  478 ; 
Waldia  Esopus  3,  45. 

Die  einfachste  form  (a)  der  erzilhlung,  in  der  einer,  der  sich  an 
einem  balken  oder  bäume  aufhängen  will,  einen  dort  verborgenen 
schätz  entdeckt,  worauf  sich  der  beraubte  eigentümer  das  leben 
nimmt,  begegnet  schon  in  der  Anthologia  palatina  9,  44  (Piaton)  und 
45  (Stutilius  Flaccus);  danach  Auaonius,  Kpigrammata  nr.  23  (p.  316 
cd.  Peiper  1886)  =  Luscinius,  Joci  1524  nr.  150.  Syntipas,  Fabulae 
nr.  48  ed.  Matthaei  1781  =  Aesopus  ed.  Koraia  1810  nr.  884  =  ed.  Huhn 
nr.  53:  Avijp  v.o.:  KüxXu)^.  Abatemius ,  Fabulae  nr.  110  ,Ue  paujieie 
flentc  ruinam  domus,  ubi  theaaurum  invenit'  (Neveleti  Mythologia  Ae- 
sopica  1610  p.  582.  Hier  nichts  vom  erhängen).  Robert,  Fahles  ine- 
dites  2,  28.  Gueroult,  Premier  livre  dea  emblemea  p.  14:  ,D'un  paisant 
et  d'un  avaricieuz*.  La  Fresnaie  Vauquelin,  Poeaiea  diverses  1612  p.  639. 
Lafontaine,  Fables  9,  16  (Oeuvres  ed.  Regnier  2,  435):  ,Le  tr<5aor  et  Ich 
deuz  hommes'.  Desbillons,  Fabulae  Aesopicae  lib.  8,  nr.  13:  ,Homines 
duo  et  thesaurus'.  Joa.  Peregrinus  (=  Gast) ,  Convivalium  sermonum 
über  1541  bl.  N  2a  ,De  eadem  re'=  1543  bl.  P  2a  =  1554  1,217.  Hon- 
dorff, Promptuarium  ezemplorum  bl.  344a.  Mathesiua,  Syrach  1,  bl.  73a 
(1586.  Plautus'  Euclio  und  Auaonius).  Job.  Sommer,  Emplastrum  Cor- 
nelianum  1609  nr.  34:  ,Von  einem,  der  durch  hencken  reich  wird'. 
Lundorf,  WiÜbadiach  wiBenbrünlein  1,  68  nr.  22  (1610).  Sandrub,  De- 
liciae  bist,  et  poeticae  1618  nr.  85:  .Von  einem  geitzwanst,  der  aich 
selbaten  erhencket'  (nach  Auaonius).  Opitz,  Von  enderung  des  glücke», 
in  Güchlers  Klorilegium  div.  epigrammatum  1,  24  (1618)  =  Rubensohn, 
Griechische  epigrainme  1897  a.  39,  nr.  10.  Gognatus,  Narrationum  aylva 
1567  p.  62:  ,De  paupere  et  divite4.  Giraldi  Cinthio,  Hecatommithi  1565 
2,  563  (9,  8.  Hier  aind  zwei  mädchen  an  Btelle  deB  achatznnders  und 
des  verzweifelnden  besitzen  getreten;  =  Painter,  Palace  of  pleasure  2, 
nr.  11  (1567).  Guicciardini,  Detti  e  fatti  p.  5.  Sagredo,  L'Arcadia  in 
Brenta  1785  p.  41.  Vottiero  ,  Lo  specchio  de  la  ceverta  (zuerst  1789) 
p.  131.  Contes  du  cheykh  El-Mohdy  traduita  par  Marcel  2,  246  (1834). 
R.  Lindau,  Türkische  geachichten  1897  s.  182. 

Damit  ward  in  den  zuerst  erwähnten  erzählungen  ein  andres  nio- 
tiv  (b)  verbunden,  das  vom  vorsorglichen  vater,  der  für  notfälle 


586 


Anmerkungen. 


Beines  verschwenderischen  sohnes  einen  Bchatz  versteckt:  Piautas,  Tri- 
nummus.  Somadeva  19,  16.  Anvar-i  Suhaili  1,  nr.  2  (Eastwick  1854 
p.  74).  Hidpai  et  Lokman  (Cal>.  des  feea  17,  122).  Fahles  of  Pilpay 
1818  p.  51.  —  Vgl.  Benfey,  Pantsch atantra  1,  97.  .Clouston,  Populär 
talcs  and  fictions  2,  53  (1887). 

178,  l  Rinaldus  ist  der  held  von  Boccaccios  Decamerone  2,  2. 
—  Vgl.  Dunlop-Liebrecht  1851  s.  222;  Cappelletti ,  Studi  1880  p.  27— 
58;  Landau.  Quellen  1884  s.  19;  Kocppel,  Quellenstudien  zu  Ben  Jon- 
son  1895  s.  64.  Painter  1,  nr.  33.  De  jonge  dochters  tijt-kortinge  1591 
nr.  6.  Hans  Snchs,  Von  dem  beraubten  kauffman  Rinaldo  1554  (Polio 
1,  2,  177b).  sowie  zwei  meisterlieder  ,Der  beraubt  kauffman'  (gesang- 
weis Römers.  1547, 29.  juli.  Weimarer  mscr.  fol.  419,  bl.  469b)  und  ,Der 
betrübt  kauffman'  (Romweis  II.  Sachsen  1554,  10.  nov.  Weimarer  mscr. 
fol.  419,  bl.  545b). 

III.  Thedaldus  und  Ermilina  (s.  183—213). 

Diese  novelle  hat  MontanuB  aus  Boccaccio  (Dccamerone  3,  7) 
entlehnt.  —  Vgl.  Manni,  Istoria  del  Decamerone  1742  p.  228.  Nie.  de 
Troyes  ,  Grand  parangon  (hsl.)  nr.  77.  Die  beichte,  die  der  als  pilger 
verkappte  held  unerkannt  der  in  not  geratenen  geliebten  frau  ubnimmt, 
kehrt  in  Wickrains  Galmy  und  dessen  litterarischen  verwandten  (The  erl 
of  Tolous  and  the  emperes  of  Almayn  ed.  LQdtke  1881  s.  133.  181.  198. 
Colevelt,  nartoginne  van  Savoyen  1634)  wieder.  —  Die  namen  Thedal- 
dus und  Ermilina  scheinen  Grimmelshausen  bei  der  abfassung  seines 
romans  Dietwald  und  Amelinde  (1670.  Stilgebauer,  Grimmelshausens 
D.  u.  A.  1893  s.  40)  vorgeschwebt  zu  haben. 

IV.  Guiscnrdus  und  Sigisraunda  (s.  215 — 233). 

Die  von  Montanus  wenig  veränderte  vorläge  ist  Bo  cc  a  c  cios  De- 
camerone 4,  1 ;  vgl.  Val.  Schmidt,  Beiträge  1818  b.  30.  Dunlop-Lieb- 
recht 1851  s.  230;  Cappelletti,  Studi  1880  s.  117— 146 ;  Landau,  Quellen 
1884  s.  115.  218.  --  Vgl.  Due  antiche  novelle  anteriori  al  Decamerone 
1859  nr.  2.  Leonardus  Aretinus,  De  duobus  amantibus  Guiscardo  et 
Sigismunda  1438  (vielfach  bsl.  und  gedruckt;  vgl.  Brunet  1,399;  Biblio- 
grafia  Boccaccesca  1875  p.  86.  Manni,  Istoria  del  Decamerone  1742  p.  247). 
Phil.  Deroaldus,  Fabula  Tancredi  cx  Boccatio  in  latinum  versa  =  Car- 
men de  duobuB  amantibus.  capite  iueundutn,  exitu  amarissimum  (in 
distichen,  seit  1492  vielfach  gedruckt;  auch  in  Beroaldi  opuscula,  Ba- 
sileae  1515.  bl.  74a.  Fabulosae  historiae  tres  de  amore  Ph.  Beroaldo 
interprete,  Arg.  1536.  Manni ,  Istoria  del  Decamerone  1742  p.  264). 
Nie.  von  Wyle,  Translationen  nr.  2  (vor  1469  geschrieben)  =  s.  79 


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Thedaldos.  Guiscardus. 


587 


ed.  Keller  1861  (vgl.  Goedeke,  Grundriss1  1,363;  Scherer,  Anfange  des 
prosaromans  1877  s.  17.  73.  78.  Strauch,  Allgem.  d.  biogr.  85,  738). 
Albrecht  von  Eyb,  EhebQchlein  1472  =  Deutsche  schritten  ed.  Herr  mann 

1,  52  (1890  ;  vgl.  Herrmann,  A.  v.  Eyb  1893  8.  287).  Die  verdeutuchung  in 
Arigos  Dekameron-  Übersetzung,  die  Man  tan  us  benutzte,  erschien  1  >e- 
sonders:  Von  dem  trawrigen  ende  Guiscardi  und  Sigißmunde  des  kü- 
nigs  von  Salern  tochter,  ein  gar  erbermbkliche  history.  gedruckt  z3 
Straßburg  am  kornmarckt  bey  Jakob  Frölich  (2  bogen  8"  um  1560.  In 
Celle)  und  ward  als  Volksbuch  noch  lange  fortgepflanzt  (Goedeke 1  1 , 
363:  Frankfurt  a.  M.  um  1580.  R.  Köhler,  Zs.  f.  dtsch.  phil.  8,  103); 
Sinirock,  Deutsche  Volksbücher  6,  153—170  (1847).  Anspielungen  bei 
Wickram,  Gabriotto  1551  bl.  F  3a  und  Goldfaden  1557  bl.  J  5b  und 

0  2b  (E.  Schmidt,  Archiv  f.  litgesch.  8,  839  f.).  Hans  Sachs,  Tiage- 
dia  des  fürsten  C'oncreti  1515  (Folio  1,  2,  117a);  vgl.  die  erwähtiung  im 
fastnachtspiel  ,Von  der  eigenschaft  der  liebe'  1518  (Folio  3,  8,  5a  = 
Fastnachtspiele  ed.  Goetze  1,  6);  zwei  nieisterlieder,  .Guiscardus  und 
Gismonda',  13  str.  in  frauen  Eren  ton  1516  (Berliner  mscr.  germ.  qu.  414, 
12.  Str.  9— 13  im  liederbuche  der  Ottilia  Fenchlerin  1592  nr.  12  =  Ale- 
mannia 1,  19.  Münchner  cod.  germ.  3635,  49a.  Flugblätter  ,Von  eines 
fQrsten  tochter4  Nürnberg,  H.  Guldenmundt  und  Val.  Newber:  Weiler 
Annalen  1,214  f;  Nümbcrg.F.  Gutknecht:  Berlin  Yd 8461.  8462 ;  Nürnberg, 
V.Fuhrmann:  ebd.  Yd  8468;  Straubing,  H.  Burger:  ebd.  Yd  7831,  78; 
Augspurg,  M.  Manger :  ebd.  Yd  8470  =  II.  Sachs ,  Dichtungen  ed.  Goe- 
deke 1,  18)  und  ,Sigi8munda  und  Guisgard'  in  H.  Sachsen  rosonton 
1549  (Weimarer  mscr.  fol.  419,  nr.  174).  Schertz  mit  der  warheit  1550 
bl.  42b  =  1568  bl.  45a.  Mahrold,  Roldmarach  kästen  1608  nr.  66  (Frey 
ed.  Bolte  s.  272).  Ambrosius  Metzger  in  einem  meisterliede  vom  ll.juni 
1628  (GOttingen  cod.  philol.  196,402).  Da«  tödtliche  liebes-glück,  oder 
freudentrauerspiel  von  Guiscardo  und  Sigismunda ,  anno  1677.  10  bl. 
fol.  o.  o.  (in  Erfurt).  Aufführungen  J.  Veltens  in  Dresden  1679  und 
Torgau  1680  (Fürstenau,  Theater  in  Dresden  1,254.  Schnorr,  Katalog 
der  Dresdener  hss.  2,214).  Weimarer  repertoire  um  1720  nr.  102  (Jahrb. 
der  d.  Shakespeare-gesellsch.  19,  151).  Bürger,  Lenardo  und  Blandine 
1776  (dazu  R.  Köhler,  Zs.  f.  d.  philol.  8,  101 ;  Baggesen,  Danske  vaerker 

2,  161).  W.  v.  Schütz,  Gismunda  (Dramatische  wälder  1821)  Immer- 
mann, Ghismonda  (zuerst  Die  opfer  des  schweigen».  1837.  Werke  17, 
279).    Pöhnl,  Gismunda  (Deutsche  volksbühnenspiele  2,  1.  1887). 

Gismonda  e  Guiscardo,  gedieht  des  15.  jahrh.  in  80  oktaven  (Passano 

1  novellieri  in  verso  1868  p.  47).  Francesco  di  Michcle  Accolti  (f  1483) 
schrieb  einen  monolog  der  sterbenden  Gismonda  in  terzinen  (Manni, 
Istoria  p.  257—262),  Girolamo  Benivieni  um  1485  eine  Novella  diTan- 
credi  (ed.  Zambrini  1865).  Vincenzo  Brugia ntino.  Cento  novelle  1554 
(in  oktaven).  Parabosco,  Novelle  nr.  10  (um  1550).  Annibale  Guasco, 
La  Ghismonda  composta  in  ottuva  rima  1583.  Antonio  da  Pistoia,  Fi- 
lostrato  e  PamBla  1508  (Gust.  Meyer,  Essays  1885  s.  126).  Girolamo 
Razzi,  Gismonda  1569  (Klein,  Geschichte  des  dramas  5,  401),  Ottaviano 


588 


Anmerkungen. 


Asinari,  II  Tancredi  1586  (Gaspary  2,  216.  508).  Pomponio  Torelli,  II 
Tancredi  1507  (rep.  1875).  Kidolfo  Campeggi,  II  Tancredi  1612.  Silv. 
Branchi,  II  Guiscardo  1627  (?).  Gioach.  Cocchi,  Gismonda  1750  (oper). 
Piazzano,  Gismonda  di  Sorrento  1876  (oper).  Ani.  Satt;,  Tancredi  prin- 
cipe di  Salerno  ,  in  terza  rima  (Albo  Felsineo  per  il  1836.  Bologna). 
Widter-Wolf,  Volkslieder  aus  Venetien  1864  s.  72  nr.  93  ,11  padre  cru- 
dele'.  Rivista  delle  tradizioni  pop.  italieno  1,  691  (1894) :  .Ricardo  e 
Germonda'.  Bernoni,  Tradizioni  pop.  veneziane  1875  p.  39:  ,  Risguardo 
belo  e  Risuionda  bela'.  Rivista  di  litteratura  popolare  1877  p.  17  .Fla- 
via'. —  Den  L.  Aretinus  ,Guisgardus  et  Sigismunde'  ühertrug  1493  Je- 
han  Fleury  in  französische  achtzeilige  stanzen  (Brunet.  Manuel  1,  399)- 
La  piteuBe  ot  lamentable  histoire  du  vaillant  et  vertueux  Guiscard  et 
de  la  trej- belle  dame  Gismondo,  Lyon  1520;  auch  an  Ant.  Prevost,  Lea 
regretz  damours  1538  (Brunet  1,  400.  i,  1190).  Beroaldus,  L'histoire  de  Ti- 
tus et  Gisippus  et  autres  petites  oeuvres  interpretecs  en  rime  franeois 
par  Franeois  Habert  1551.  Histoire  de  Tancredus  trad.  en  vers  fran- 
eois par  Richard  le  Blanc  1658.  Nie.  de  Troyes ,  l'arangon  des  nou- 
velles  nr.  94.  Palmerin  d'Angleterre,  traduit  de  caatillan  par  Jaquea 
Vincens,  livre  1,  ebap.  90  (Lyon  1553  p.  263.  Brandisic ,  die  tochter 
des  königs  Sarmadant  von  Turacien,  liebt  Artibel;  Brandimar  belauert 
den  glücklichen  nebenbuhler;  der  könig  schickt  der  tochter  das  herz 
ihres  buhlen  in  einem  becher ;  sie  füllt  ihn  mit  thränen  und  stürzt  sich 
vom  türme  herab;  ihre  binterlassene  tochter  Leonarde  wird  vom  hart- 
herzigen Sarmadant  verzaubert  und  erst  durch  Palmerin  befreit  und 
mit  seinem  bruder  vermählt).  —  über  drei  englische  gedichte  von  Gil- 
bert Banester  (anfang  des  15.  jahrh.) ,  von  einem  anonym us  des  15. 
jahrh.  und  von  William  Walter  (1532)  vgl.  Zupitza ,  Vjschr.  f.  kul- 
tur  der  renaissance  1,  63  (1886).  Painter,  Palace  of  pleasure  1,  nr.  39 
(1566).  Über  erwähnungen  bei  Tho.  Peend  (1565),  Tho.  Howell  (1568) 
und  B.  Hidge  (1574)  vgl.  Koeppel,  Studien  zur  gesch.  der  italienischen 
novelle  1892  n.  80.  Ein  drama  Tancred  and  Gismund  1563,  von  R.  Wil- 
mot  1592  Uberarbeitet  =  Dodsley-Hazlitt,  Ohl  english  plays  7,  1.  Henry 
Wottons  tragödie  Tancred  (1586—1589)  ist  verloren.  Dryden,  Sigis- 
mouda  and  Guiscardo  1700  (Poems  2,  215.  1779).  Susannah  Centlivre. 
The  cruel  gift  1716  (Dramatical  works  1872  vol.  2).  F.  Howard  earl 
of  Carlisle,  The  father's  revenge  (1873)*).  Vgl.  Shcrwood  ,  Die  neu- 
englischen bearbeitungen  der  erzählung  Boccaccios  von  Ghismonda  und 
Guiscardo,  Berliner  diss.  1892  ;'  dazu  Varnhagen,  Litteraturblatt  1892, 
412.  Child,  English  und  scottish  populär  ballads  5,  I,  29  nr.  269  ,Lady 
Diamond'  mit  anm.  —  Knortz,  Schottische  bailaden  1875  s.  22  nr.  9.  — 
Niederdeutsch:  Van  Sygismunda  unde  Gwiscardo,  Hamburg  um  1502 

* 

1)  Nicht  hierher  gehört  J.  Thomson ,  Tancred  and  Sigismund 
(1745.  Deutsch  in  den  von  Lessing  bevorworteten  Sämtlichen  trauer- 
spielcn  Thomsons  1756);  vgl.  über  die  quelle  Peter,  Rojas  tragödie 
Casarse  por  vengarse,  progr.  Dresden  1898  s.  25. 


Guiacardus.  Cymon. 


589 


(Goedeke,  Grundriss'  1,  467).  —  Dänisch:  Sigismund»  oc  Guiscbardo, 
Hamburg  1528  u  0.  (Kletnming  und  Bruun,  Danske  aamlinger  2.  r.,  6, 
391.  1879).  Olrik,  Danmarka  gamle  folkoviser  5,  2,  216  nr.  305  .Her- 
tug  Frydenborg*.  Kristensen,  Jyake  folkeminder  2,207.  10,213.885.  II, 
117.  Geijer-Afzelius,  Svenska  folkvieor  1880  nr.  18  .Hertig  Fröjden- 
borg  och  fröken  Adelin'  mit  anm  es  Mohnike,  Altschwediache  halladen 
1836  nr.  10  =  Warrens.  Schwedische  Volkslieder  1857  nr.  15.  C.  Eich- 
horn, Guiacardo  och  Ghismonda,  Stockh.  1861  (Volksbuch).  —  Nieder- 
ländisch: Coornhert,  Lustige  bistorien  J.  Bocatii  1564  nr.  13.  Van 
Millert,  Harcilia  1632  (trauerspiel.  Die  liebe  der  prinzessin  H.  zu  Bel- 
curius  wird  durch  seinen  nebenbuhler  Phelander  mit  hilfe  einer  Zau- 
berin entdeckt  und  dem  könige  verraten).  Adr.  Poirters,  Het  masker 
van  de  wereldt  afgetrocken  (zuerst  1646)  den  7.  druck  s.  371  (erzählung 
in  prosa).  —  Ein  tschechisches  volksbach  von  Guiskard  und  Sigismund 
von  1564  (Cbl.  f.  bibliothekawesen  13, 161  nr.  37). 

V.  Cymon  und  Iphigenia  (s.  235—252). 

Nach  Boccaccio,  Decamerone  5,  1.  —  Vgl.  Manni,  Iatoria  del  De- 
camerone  1742  p.  322;  Val.  Schmidt,  Beitrage  1818  a.  47;  Dunlop-Lieb- 
recht  1851  a.  233;  Rohde,  Der  griechische  roman  1876  a.  588;  Landau, 
Quellen  1884  s.  315.  —  Lateinisch  von  Phil.  Beroaldua,  Hiatoria  my- 
thica  de  Cymone  (Opuscula  1515  bl.  33b.  Fabulosae  hiatoriae  tres  de 
amore.  Arg.  1536.  Manni,  Istoria  p.  325 — 836).  Bebel,  Elegia:  aiuor 
Cymonis  fatui,  qui  ex  amore  vir  praestantisaimua  evasit  ex  proaa  ora- 
tione  in  numeroa  conversus :  .Cyprua  erat  quondam  regnia  decorata  no- 
venia* .  .  .  (Bebel,  Oratio  ad  regem  Maximilianum  etc.,  Phorce  1504  bl.  i  4a 
— 1  In  =  Bebeliana  opuacula  nova,  Argentorati  1512  bl.  Q  4b — R  7b : 
,Elegia  Cimonis  denuo  emendata'  sa  Argent  1514  bl.  Qq  6a— Rr  5b); 
damit  ist  vermutlich  identiach  Historia  Cymonis  et  Iphigeniae  veraibua 
elegiacis  (Addit.  macr.  10300  des  Brit.  muaeuma.  17.  jahrh.).  Historie 
von  eines  reyeben  burgera  aon  .  .  .  Cimon  uß  Cippern,  Strasburg  J.  Grü- 
ninger  1516  (Heidelberg.  München).  Die  alten  Römer  (Cammerlandera 
Genta  Romanoruin)  1538  bl.  la.  Chph.  Bruno,  Etliche  hiatoria  und  fa- 
bulen  1541  nr.  9.  Hana  Sachs,  Cymon  mit  Kphigenia,  mcisterlied  in 
aeinem  rosenton  1546  (Dichtungen  ed.  Goedeke  I,  190;  auch  im  ms. 
Solger  fol.  56,  1,  bl.  70b  der  NQrnberger  atadtbibliothek  und  im  Wei- 
marer macr.  qu.  567,  bl.  87a)  und  hiatoria  ,Der  edel  jung  Cimon  mit 
»einer  lieben  Ephigenie'  (Folio  1,  2,  159:  1546  =  2,  207  ed.  Keller)  W. 
Waldung,  Cymon  Galeaus,  qui  ex  stulto  et  insulso  homine  per  amorem 
Virginia  apecioBae  evadit  vir  prudena  et  sapiens,  Altdorf  1616  (komödie; 
vgl.  Allgem.  d.  biogr.  40,  725).  S.  v.  Birken,  Sylvia  oder  die  wunder- 
thätige  Schönheit  (an  aeinem  AndroHlo  1656;  benutzt  Waldung.  Vgl. 
Birkens  Redebindekunat  1679).  P.  Heyae,  Die  braut  von  Cypern  1856 
=  Novellen  in  versen  2,  1—85  (1873).  —  Angelo  Ingegneri,  Danza  di 


590 


Anmerkungen. 


Venere,  pastorale,  Vicenza  1584.  Camillo  Dom.  Cajafa,  Cimone  1792 
(epos  in  18  gesängen).  Coornhert,  Lustige  bistorien  J.  Bocatii  1564 
nr.  19.  J.  van  Arp,  Chimon,  treur-bly-eyndent-spel ,  Amsterdam  1639. 
A  pleasant  and  delightfull  history  of  Galesus  Cymon  and  Iphigenia, 
transl.  into  english  verse  by  T.  C.  Gent.  (1550—70).  R.  Greene,  Mo- 
rando  (1584)  und  Ciceronis  amor  (1589)  benutzt  einzelne  stellen  (Koep- 
pel,  Studien  z.  gesch.  der  ital.  novelle  1892  s.  52  f.).  Dryden,  Poems 
3,  256  (1779):  .Cymon  and  Iphigenia'. 

VI.  Gartengesellachaft  (s.  253-434). 

1)  Ein  armer  mann  sagt  zu  seinen  kindern,  siesoll- 
ten den  leuten  die  gänse  lassen  gehn,  (als  ihn  die  bestoh- 
lenen  nacbbarn  belauschen).  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke 
1879  s.288  nr.  241.  Bobertag,  400  schwanke  s.  240  nr,  310.  Lateinisch 
von  Hulsbusch,  Sylva  sermonum  1568  p.  I:  .Pauper  pro  furato  ansere 
iubet  comedere  pultem  avenaceam'. 

2)  Fünf  vaterunser  betet  eine  frau  ihrem  mann 
in  ein  karnierlin  und  heisst  ihn  damit  gen  markt 
gehn,  sie  zu  verkaufen.  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke 
s.  51  nr.  31.  Bobertag,  400  schwanke  s.  240  nr.  311.  Lateinisch  von 
Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  2:  .Pauper  quidam  rusticus  mittitur  ab  uxore 
venditum  quinque  Paternoster  in  mantica'.  —  Wie  hier  das  vaterunser 
der  frau,  so  wird  bei  Pauli  (Schimpf  und  ernst  c.  465)  das  Requiescat 
in  pace  des  priesters  abgewogen  und  schwerer  als  200  gülden  befunden. 
Ähnlich  klagt  bei  Reiser  (Sagen  des  Allgäus  1,328  nr.  424)  ein  toter 
wirt,  dass  er  die  von  ihm  missachteten  Vergeltsgott  der  armen  nicht 
vom  bodcn  aufheben  könne. 

3)  Ein  narr  weint,  wenn  die  sonne  scheint,  und 
lacht,  wenn  es  regnet.  —  Abgedruckt  bei  Goedeke ,  Schwanke 
s.  42  nr.  22.  —  Vgl.  Jodocus  Gallus,  Mensa  philosophica  1508  bl.  39  b 
,de  fatuis'  =  1603  p.  2*29:  ,Quidam  fatuus  splendente  solo  flevit,  sed 
quando  pluit,  risit  dicens  causam,  quia  splendorem  eequitur  pluvia, 
quod  praesentiens  flevit,  pluviam  autera  sol,  et  ideo  risit*.  Sommer, 
Emplastrum  Comelianum  1609  nr.  64:  ,Von  narren'.  Oesterley  zu  Kirch- 
hof, Wendunmut  1,  426.  4,  294.  7,  95.  148.  Von  Eulenspiegel  wird  ahn- 
liches erzahlt:  Blatter  für  pommersche  Volkskunde  4,  12  (1896). 

8.  259,  16  vgl.  Alanus,  Parabolae  cap.  1,  v.  33:  ,Gratior  est  solito 
post  maxima  nubila  Phoebus*  (Migne,  Patrologia  lat.  210,  581).  Voigt 
zu  Ysengrimus  2,  v.  423.  Franck,  Sprichwörter  2,104  a  (1541):  ,P  o  8  t 
nubila  Phoebus*.  Wander  5,  384  nr.  82  nach  Tunnicius,  Sprich- 
wörtersamml.  1870  nr.  1264 :  ,Na  düsteren  wölken  schynt  die  Bunne  klarst4. 


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Gartengesellschaft  c.  1 — 5. 


591 


4)  Ein  narr  kauft  einen  hafen  mit  drei  f  fl  s  s  e  n  und 
stellt  ihn  auf  den  weg,  h  e  i  s  s  t  ihn  heiml  aufen.  —  Ab- 
gedruckt bei  Goedeke,  Schwanke  s.  165  nr.  117.  Lateinisch  von  Huls- 
busch,  Sylva  1568  p.  3:  .De  stulto,  qui  emit  ollam  tripodem ,  quam 
ponit  in  via  iubens  currere  domum'  =  oben  s.  505  nr.  XVII.  —  Die 
beiden  narrenstreiche  des  vom  markte  heimkehrenden  dummlings  be- 
gegnen in  verschiedenen  verwandten  erzählungen;  vgl.  Bolte  zu  Frey 
nr.  1.  —  a)  Nadeln  in  einen  heu  wagen  gesteckt:  Grimm, 
KHM  nr.  32;  Haltrich,  Volksmärchen  aus  Siebenbürgen  1885  nr.  66. 
Köhler,  Kleinere  Schriften  1,  99.  Teirlinck,  Contes  populaires  flamands 
1896  p.  61.  Joos,  Vertelsels  van  het  vlaamRche  volk  2,  152  nr.  47  (1890). 
Mont-Cock,  Vlaamsche  vertelsels  1898  p.  244.  —  b)  Topf  soll  allein 
heim  gehen.  Joos  2,  158  (ferkel).  Mont-Cock  s.  247  (kuhj.  Beau- 
vois,  Contes  populaires  de  la  Bourgogne  1862  p.  203:  .Cadet-Cruchon'. 

5)  Von  einer  fran  mit  zwei  kindlein  (märchcn  vom 
e  r  d  k  0  h  1  e i n).  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke  s.  12  nr.  5; 
Bobertag,  400  schwänke  s.  241  nr.  312;  Martin,  Goethejahrbucb  19, 
297—303.  Citiert  von  Goethe  am  19.  mai  1776  in  einem  billet  an  frau 
von  Stein  (Briefe  an  frau  v.  Stein  ed.  Schöll- Fiel  itz  1,  35  =  Werke, 
Weimarer  ausgäbe  4.  abt.  3,62):  ,Zum  erstenmal  im  garten  geschlafen, 
und  nun  erdkülin  für  ewig*.  —  Dies  ist  die  älteste  aufzeichnung  des 
verbreiteten  inärchens  von  Einäuglein,  Zweiäuglein  und 
Drei&uglein  (Fescheck  in  BQschings  wöch.  nachrichten  f.  freunde 
de«  mittclalters  2,  17.  1816  =  Haupt,  Sagenbuch  der  Lausitz  2,  199. 
1863  =  Grimm,  KIIM  nr.  130).  Vgl.  Haltrich,  Vm.  aus  Siebenbürgen 
1885  nr.  18  und  35.  Stuufe,  Roman,  märchen  aus  der  Bukowina  nr.  25 
(Wiener  ha.  1357],  bl.  33  a).  Leskien  -  Brugman,  Litau.  märchen  1882 
nr.  25;  dazu  s.  572.  Wuk,  Serb.  Volksmärchen  nr.  32.  De  Gubernatis, 
Die  tiere  in  der  indogerm.  mythologie  1874  s.  138  (russisch).  Ralston, 
Russian  pop.  tales  p.  183.  295—297.  Beauvois  1862  p.  239  (Köhler, 
Kl.  schriften  1,  100).  Cosquin,  Contes  pop.  de  la  Lorraine  1,246  nr.  23; 
dazu  2,  539.  Sebillot.  Contes  pop.  de  la  Haute-Bretagne  1 ,  nr.  58.  2, 
nr.  29.  Luzel,  Legendes  de  la  Basse-Bretagne  2,264.  Campbell,  Fop. 
tales  of  tbe  West  Highlands  nr.  43  (Köhler,  Kl.  schriften  1,258.  272;. 
Jacobs,  English  fairy  tales  1890  nr.  43.  Asbjörnsen-Moe,  Norweg.  Volks- 
märchen 1847  nr.  19.  Busk,  Folk-lore  of  Korne  1874  p.  31.  Ortoli. 
Contes  pop.  de  Corse  1883  p.  81.  Rome"ro,  Contos  pop.  do  Brazil  1885 
nr.  17.  Riviere,  Contes  pop.  de  la  Kabylie  1882  p.  67.  Dulac,  Journal 
asiatique  8.  Serie  5,14  (1885.  Aus  Cairo).  Knowles,  Folk-tales  of  Kash- 
mir  1888  p.  127.  —  In  all  diesen  märchen  gewährt  eine  kuh  (ziege, 
schaf)  einem  von  der  Stiefmutter  misshandelten  mädchen  speise  oder 
spinnt  für  sie  (vgl.  Zs.  d.  v.  f.  volksk.  6,71  zu  Gonzenbach  nr.  32); 
ihre  Schwester  belauscht  und  verrät  dies  geheimnis;  die  kuh  wird  ge- 
schlachtet; aber  aus  ihren  vom  mädchen  vergrabenen  eingeweiden  oder 
knochen  «priesst  ein  apfelbaum  hervor,  dessen  früchte  nur  das  mäd- 


592 


Anmerkungen. 


eben  zu  pÖücken  vermag1).  Bisweilen  erscheint  eine  weise  Trau  (Pe- 
scheck. Säbillot)  oder  ein  mitleidiger  mann  (Cosqnin),  die  das  hungernde 
mädchen  an  die  kuh  verweisen,  oder  die  kuh  wird  direkt  als  die  ver- 
zauberte rechte  mutter  (Haltrich  18,  Ortoli)  oder  als  ein  verwandelter 
prinz  (Haltrich  35)  bezeichnet.  —  ünserm  Montanus  eigen  ist  der  an- 
fang,  in  dem  Gretlin  von  Stiefmutter  und  Schwester  wie  Hansel  und 
Gretel  (Grimm  nr.  15;  auch  Basile,  Pentaraerone  5,8  und  Mango,  No- 
vellioc  pop.  sarde  1890  nr.  25)  dreimal  in  den  wald  geführt 
und  verlassen  wild,  und  die  wunderbare  natur  des  in  einer  einsamen 
waldhöhle  hausenden  e  r  d  k  ü  h  1  e  i  n  s.  Mit  diesem  lässt  sich  wohl 
am  besten  das  fabelhafte  erdferkel  vergleichen,  das  in  einer  elsäs- 
siBchen  sage  (Faber,  Jahrb.  f.  gesch.  Elsass-Lothringens  9,  12)  als  hüter 
eines  vergrabenen  Schatzes  auftritt.  Auch  der  m  a  u  1  w  u  r  f  wird  sonst 
vom  volke  als  schatzhüter  betrachtet ;  trinkt  man  sein  blut,  so  vermag 
man  verborgenes  geld  zu  sehen  (Wlialocki,  Volksglaube  der  Sieben- 
bürger Sachsen  1893  s.  176). 

0)  Eine  frau  sagt,  ihr  mann  hatte  zwei  eier  gelegt, 
(als  er  ihre  Verschwiegenheit  auf  die  probe  stellte).  —  Übersetzt  von 
Hulsbusch,  Sylva  sermonum  1568  p.  4  :  ,De  viro,  qui  dixit  sc  peperisse 
ovum*.  —  Vgl.  Ab8temius,  Fabulae  129  , De  viro,  qui  uxori  se  ovum 
peperisse  dixerat*  (Neveleti  Mythologia  Aesopica  1610  p.  589).  Eyering", 
Proverbiorum  copia  1,289  (1601).  Lafontaine,  Fahles  8,  6:  ,Les  femniea 
et  le  äderet'.  Robert,  Fables  inedites  2, 127.  Doni,  Novelle  ed.  Gamba 
1815  nr.  2.  Ferrand,  Contes  populaires  malgaches  1893  nr.  54.  — 
Nahe  verwandt  ist  der  schwank  von  den  5  0  r  a  b  e  n  ,  die  dem  manne 
aus  dem  leibe  geflogen  sein  sollen;  vgl.  Oesterley  zu  Gesta  Romanorum 
c.  125  und  zu  Pauli  nr.  395;  ferner  Wright,  Latin  stories  p.  104.  Vio- 
lier  des  histoires  romaines  ed.  Brunet  1858  nr.  149.  Ritter  von  Thurn 
c.  55  (Buch  der  liebe  1587  bl.  302b).  Der  lustige  bistorienschreiber 
nr.  7  (um  1750.   Berlin  Yt  4262).    Kryptadia  1,207  nr.  63.  4,248. 

Noch  alter  ist  die  erzahlung  von  P  a  p  i  r  i  u  s  und  dein  angeblichen 
senatsbeschlusse  Über  bigamie  der  männer;  vgl  Oesterley  zu  Gesta 
Romanorum  c.  126  und  Pauli  nr.  392,  sowie  Waas,  Die  quellen  der 
beispiele  Boners  1897  s.  67  nr.  97;  ferner  Vitry,  Exempla  nr.  235  ed. 
Crane.  Lecoy  de  la  Marche,  La  chaire  franyaise  au  moyen  äge  186S 
p.  404.  Joa.  Peregrinus  (Gast),  Convivalium  sermonum  über  1541  bl. 
M  8b:  ,Papyrii  historia*  (nach  Gellius).  H.  Schober,  Historia  de  Pa- 
pyrio  Paeto  (Delitiae  poet.  Germ.  5,  1422).  Enikel,  Weltchronik  v. 
23441  ed.  Strauch.    Heinrich  v.  Beringen,  Schachgedicht  ed.  Ziinmer- 

* 

1)  Zu  diesem  zuge  vgl.  Wolf,  D.  hausmarchen  1858  s.  395  (drei 
hlutstropfen  des  pferdes).  Franzisci,  Carinthia  1806,  240.  Berntsen, 
Folkeaeventyr  2,  nr.  25  (1883).  Hahn,  Griech.  und  albanesische  mär- 
chen  nr.  1. 


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Gartengesellschaft  c.  5—7. 


593 


mann  1883  v.  944  —  1049  mit  anra.  Kunrat  v.  Ammenhausen,  Schach - 
zabelbuch  ed.  Veiter  1892  v.  8060.  Salomon  und  Markolf  v  1376  (Bc~ 
bertag.  Narrenbuch  1884  s.  346).  Schertz  mit  der  warheit  1550  bl.  23  b. 
Culman,  Spiel  von  der  auffrur  der  erbarn  weiber  zu  Rom  wider  ire 
männer,  um  1540  =  Scheible,  Schaltjahr  5. 422.  Hans  Sachs,  zwei  meister- 
nder (1545:  H.  Sachs  ed.  Arnold  1,82.  1550:  MG  11.302.  Weimarer 
mscr.  qu.  567,  bl.  100  a)  und  ein  fastnachtspiel  ,Der  knab  Lucius  Pa- 
piriua  Cursor«  (1556.  Folio  5.2,274  a  =  20,249  ed.  Keller.  Goetze  = 
Fastnachtspiele  ed.  Goetze  6, 136  nr.  73),  auch  Juditium  Salomonis  (1550. 
Folio  2t  1,28  =  6,129  ed.  Keller);  vgl.  Stiefel,  Germania  36,52.  M. 
Forchhem,  Speel  van  dem  Papyrio  praetextato  1551  (Nd.  korresp.  blatt 
9,51).  Lintwurm,  Der  knab  mit  den  weibern,  um  1616  (Widmann,  Zur 
gesch.  des  meistergesanges  in  Oberösterreich,  Steyr  1885  s.  41).  P. 
Messia,  Schöne  historien  deutsch  v.  J.  B.  Grass  1570  bl.  16  a.  Zanach, 
Histor.  erquickstunden  2,541  (1616).  Ritter  v.  Thurn  c.  55  (Buch  der 
liebe  1587  bl.  802  b).  Conlin,  25  närrinnen  2,444  (1711).  Hilarius 
Salustius,  Melancholini  weeg-gefährt  1717  s.  180.  Hilarius  Sempiter- 
nus,  Der  kurtzweilige  polyhistor  1719  s.  177  (3,61).  Freudenberg,  Et- 
was für  alle  1732  nr.  141.  Bodenstedt,  Der  Römerknabe  (Gesammelte 
schriften  9,  108.  1867).  Fliegende  blätter  37,61  (1862).  —  Gento  novelle 
antiche  nr.  67;  A.  d'Ancona,  Studj  p.  329.  Libro  di  novelle  ed.  Zani- 
brini  1868  p.  1.  Fra  Paolino,  Trattato  de  regimine  rectoris  ed.  Mussafia 
1868  p.  L1II,  44.  Fiore  di  filosofi  ed.  Gappelli  p.  16.  Sercambi,  No- 
velle ed.  Renier  1889  nr.  32  ,De  prudentia  in  consiliis'  (Merlino).  — 
Pieter  Langendijk  (f  1756)  hinterliess  ein  lustspiel  ,Papirius  of  het 
oproer  der  vrouwen  binnen  Rome'  (Meijer,  Langendijk  1891  8.  358). 
Nyt  Viide  mecum  til  tidsfordriv,  Kiöbenhavn  1783  nr.  387.  —  Ähnlich 
Harten,  50  newer  historien  1603  s.  63.  Jahn,  Volksmärchen  aus  Pom- 
mern 1,153  nr.  26  (1891:  hühnerhund  verheiraten). 

7)  Kinedelmann  verbot  seiner  frauen,  sie  sollte 
nicht  auf  den  grossen  englischen  hund  sitzen.  —  Ab- 
gedruckt bei  Goedeke,  Schwänke  1879  s.  91  nr.  54  und  Bobertag,  400 
schwanke  s.  247  nr.  313.  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  sermonum 
1568  p.  5:  ,Nobilis  quidam  mandat  uxori,  ne  inequitet  cani  maiori 
Anglico'.  —  Vgl.  Pauli,  Schimpf  und  ernst,  anhang  nr.  12:  , Von  einer 
witzigen  frawen'.  Des  edel  in  ans  weib  mit  dem  englischen  hundt,  mei- 
sterlied  ins  Römers  gsangweis  (Dresdener  ha.  M  8,  bl.  413  b.  Berliner 
ms.  germ.  fol.  23,  nr.  78).  Schertz  mit  der  warheit  1550  bl.  30  a. 
Mahrold,  Roldmarsch  kästen  1608  nr.  82  (Frey  ed.  Bolte  s.  273).  Me- 
lander-Kezel ,  Jocoseria  1605  2,  327  nr.  309  ,Von  einem  edelmann  in 
Westfalen'.  D.  Gramer,  Emblemata  raoralia  1630  p.  89:  ,Dum  lasciva 
nimis  colludit  anicla  Molosso.  Laeditur  et  facti  vulneris  ausa  luit*  (zu 
einem  kupferstiche).  De  geest  van  Jan  Tamboer  1664  p  120:  ,Van  een 
juffer  die  op  een  dogge  reedt  =  Der  geist  von  Jan  Tambaur,  um  1690  p.  103. 
Wolgemuth,  500  hauptpillen  1669  s.  88  (2, 94).  Langius,  Democritus  ridens 

Montanut  38 


594 


Anmerkungen. 


1689  a.  527  (2,70).  Lyrum  larum  lyrissimuni  1701  nr.  366.  Berliner 
ms.  germ.  qu.  616  p.  200  nr.  199.  Vademecam  für  lustige  leute  1, 
nr.  151  (1767).  Baraton,  Poesies  diverses  1705  p.  21 :  .La  morsnre  du 
dogue1  =  Triller,  Neue  äsopische  fabeln  1740  s.  139  nr.  66:  .Die  vor- 
witzige  frau  Kunigunde*.  —  Älter  ist  die  erzählung  von  dem  verbo- 
tenen bade  in  der  pfütze :  Caesarius  von  Heisterbach ,  Dialogus 
miracnlorum  4,  76  =  Kaufmann.  Annalen  d.  histor.  Vereins  f.  den  Nie- 
derrhein 53,  142  (1891).  Pfeiffer,  Germania  3,  420  nr.  10.  Joa.  Pere- 
grinuB  (Gast),  Convivalium  sernionum  über  1541  bl.  D4a:  .Concionatoris 
fabula  pasrhali8'=  1543  bl.  D  3  a  =  1549  p.  51.  J.  A.  du  Cerceau,  Po<5- 
sies  diverses  1726  p.  180:  .La  nouvelle  Eve'  =  1772  2,35  (nach  Cae- 
sarius); danach  Hagedorn,  Adelheid  und  Henrich  (Poet,  werke  3,140). 
Grecourt,  Oeuvres  badines  1881  p.  246:  ,La  nouvelle  Eve*.  Ramlers 
Pabellese  1,87  (1783):  .Die  neue  Eva'.  Mery  tales  and  quicke  anawers 
1567  nr.  120  (Shakespeare  Jest-books  ed.  Hazlitt  1881  p.  132).  —  Andre 
beispiele  von  frauen,  die  verbotenes  thun,  bei  Oesterley  zu 
Pauli  nr.  318.  Caesarius  Heisterb.  4,  77.  88.  Etienne  de  Bourbon,  Anec- 
dotes  hi«t.  ed.  Lecoy  de  la  Marche  1877  p.  253  nr.  300.  Jacques  de 
Vitry,  Exempla  ed.  Crane  nr.  228  und  236.  Juan  Manuel,  Conde  Lu- 
canor  nr.  5  (Eichendorff,  Werke  6,406).  Parnaso  lusitano  4,374(1827). 
Somnia,  Cento  raeconti  1860  nr.  104:  ,Non  si  da  persona  piü  capric- 
ciosa  della  donna*.  Boccaccio,  Decamerone  9,  7.  Hans  Sachs,  Dich- 
tungen ed.  Goedcke  1,205:  ,Das  bös  weib  mit  dem  wolf*. 

8)  Auf  einem  schloss  sass  ein  edelmann,  der  ver- 
bot Beinen  unterthanen,  dsii  sie  an  keinem  feiertag 
sollten  arbeiten.  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  6: 
,De  nobili  interdicente  suis  operari  diebus  festis.' 

9)  Ein  bauer  führt  seinen  söhn  aufdie  schule  (will 
ihn  in  einigen  stunden  wieder  mitnehmen).  —  Lateinisch  von  Hulsbusch, 
Sylva  1568  p.  7:  ,De  rustico,  qui  duxit  filium  ad  studia*.  —  Vgl.  Ge- 
schichte der  Schildbürger  1605  c.  43  =  v.  d.  Hagen,  Narrenbuch  1811 
s.  205.  Hayneccius,  Almansor  s  ludus  litterarius  1578  (deutsch  1582) 
akt  1,  sc.  ß.  Val.  Frölich,  Comcdia  von  einem  bawren  1609.  Über 
andere  verwandte  darstellungen  s.  BoHe-Seelmann,  Niederdeutsche  Schau- 
spiele älterer  zeit  1895  s.  *35— #38.  Das  dort  s.  36*  erwähnte  Augs- 
burger flugblatt  von  etwa  1620  liegt  im  Germanischen  museum  zu  Nürn- 
berg; einen  anderen  .Kunst  eingiesser'  mit  demselben  kupferstich,  aber 
andern  veraen  o  o.  und  j.,  sah  ich  auf  dem  Münchner  kupferstich- 
kabinet.  Das  s.  36*  angeführte  .Gespräch  zwischen  einem  Meissniachen 
bawem  und  seinem  söhn'  steht  auch  im  Kurtzweiligen  polyhistor  1719 
s.  161  und  bei  Grässe,  Sagenschatz  des  kOnigreicbs  Sachsen  2.  420  0874; 
nach  Frisius  1703).  Zu  s.  37*  vgl.  Soet,  Leven  van  Clem.  Marot  1655 
s.  103.  Rottmann,  Lustiger  historien  Schreiber  1717  s.  45  (1,69).  Ru- 
ckard, Lachende  schule  1725  nr.  129. 


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Gartengesellschaft  c.  7—15, 


595 


10)  Geld  begehrt  eines  bauern  söhn  an  seinen  Tä- 
ter, (dieser  heisst  ihn  mist  laden  statt  studieren).  —  Abgedruckt  bei 
Bobertag,  400  schwänke  s.  249  nr.  314.  Lateinisch  von  Hulsbusch. 
Sylva  1568  p.  8:  ,Filius  rustici  expetit  pecnnias  a  patre*.  —  Vgl.  Halt- 
rich,  D.  Volksmärchen  aus  Siebenbürgen  1885  nr.  52  ,Der  missratene 
gelehrte*. 

11)  Ein  graf  sagt,  es  wäre  glück,  wenn  einer  ein 
kind  überkäme.  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  9: 
.Cornea  quid  am  dixit  secundam  fortunam  esse,  si  cui  nascatur  proles'. 

—  Vgl.  L indener,  Rastbüchlein  1558  nr.  12  ==  s. 27  ed. Lichtenstein: 
,Ein  herr  sagt,  wann  einer  ein  kindt  überkäme,  so  wär  es  nichts  dann 
eitel  glück*.    Zincgref- Weidner,  Teutsche  apophthegmata  3, 281  (1553). 

12)  Ein  edelmann  weckt  seine  magd,  dassihr  der 
bauch  geschwoll,  (nachdem  ihre  mutter  ihn  gebeten,  sie  früh- 
morgens zu  wecken). 

13)  Eine  sagt,  sie  hätte  einen  tisch  für  hundert 
gülden  ,  (meint  ihren  schosB).  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva 
1568  p.  9 :  .Quaedam  dixit  *e  habere  mensam  valentem  centum  aureos*. 

—  Ahnlich  sagt  im  Lyrum  larum  1701  nr.  452  =  Berliner  ms.  germ. 
qu.  616,  s.  217  nr.  216  eine  magd,  ihre  frau  hätte  bei  300  gülden,  die 
wären  ihr.  Bei  Bouchet,  Serres  nr.  34  (5,  69  ed.  Roybet)  hat  ein  mäd- 
chen  eine  wind-  und  eine  Wassermühle  nahe  bei  einander.  Bei  Bäch- 
told,  Schimpf*  und  glimpfreden  1890  s.  9  und  Wolgemuth,  500  haupt- 
pillen  1669  s.  51  (2,  22)  rühmt  ein  freier  seine  felder,  indem  er  auf  die 
placken  seiner  hose  schlägt.  Im  kurtzweiligen  Arlequin  (1691  s.  884 
,Der  arme  freyer'  =  Rottmann,  Historienschreiber  1717  s.  369  8,40) 
versichert  ein  freiwerber,  der  jüngling  sitze  warm'  habe  einzubrocken 
und  einen  pfennig  in  händen,  was  nur  im  wörtlichsten  sinne  wahr 
ist.  —  Ein  gegenstück  bietet  weiter  unten  nr.  20. 

14)  Eine  junge  tochter  teilt  drei  eier  aus,  daas  neun 
daraus  worden.  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  10: 
,Fuella  ita  partitur  tria  ova,  ut  ex  tribus  novem  eveniant*.  —  Vgl. 
Wetzel,  Die  reise  der  söhne  Giaffers  ed.  Fischer  und  Bolte  1896  s.  207. 
R.  Köhler,  Kleinere  Schriften  1, 499.  504.  Phil.  Hermotimus  an  Frisch- 
lini,  Bebeiii  et  Poggii  facetiae  1660  p.  302:  ,De  quinque  ovis  aequali 
numero  dividendis'.  Sommerklee  und  Wintergrün  1670  p.  255  nr.  532. 
Pio,  Gontes  pop  grecs  1879  p.  155.  —  über  die  verwandte  erzählung 
von  der  klugen  Verteilung  eines  huhns  vgl.  Köhler,  Schriften  1,354. 
582  und  Zs.  d.  v.  f.  Volkskunde  6,  59.  Wünsche,  Zs.  f.  vgl.  littgesch.  11,  36. 

15)  Ein  Koch  ersberger  sagt,  der  schre iber  hätt  drack 
darauf  thon.  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  11:  ,De 
eo,  qui  dixit  secretarium  siccasse  scripturam  coeno*. 

38* 


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.V.H) 


Anmerkungen. 


16)  Ein  g  e  r  b  e  r  zeucht  einen  schuh  niacherauseinem 
c  i.  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwänke  s.  116  nr.  77.  —  Handwer- 
kerspott wie  unten  nr.  38  und  dos  oben  b.  505  nr.  XVIII  abgedruckte 
lateinische  gedieht  von  den  neun  schneidern  und  einem  ei. 

17)  Ein  fuchs  und  ein  eichhörnlein  betrügen  ein- 
ander. —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  12:  ,Vulpes  et 
sciurus  deeipiunt  »e  mutuo*.  —  Nach  Waldis,  Esopus  4,  88  (1548): 
,Vom  fuchß  und  dem  eichhorn*.  Vgl.  dazu  die  anin.  bei  R.  Kurz  2, 
181.  Ysengrimus  ed.  Voigt  1884  s.  LX  XXI  .Gallus  et  vulpes'.  Kolland, 
Faune  populaire  de  France  1,  148  (1877):  ,Le  loup  et  l'ecureuil'.  Ram- 
lers  Fabellese  3,  266  (1790):  .Der  fuchs  und  das  eichhorn' =  Pfeffel, 
Poetische  versuche  1,  176  (1802).  Schleicher,  Litauische  märchen  1857 
s.  100  ,Vom  kater  und  dem  sperling'. 

18)  Ein  hast;  jagtneun  Bayern.  —  Abgedruckt  bei  Goedeke. 
Schwanke  s.  256  nr.  208.  Hobertag,  400  schwanke  s.  250  nr.  315.  La- 
teinisch von  Hulsbusch,  Sylva  1508  p.  13:  ,Unus  lepus  fugat  novem 
Harbaros  [!J' =  oben  8.  500  nr.  XIX.  —  Nach  Hans  Sachs'  meister- 
lied  ,Die  neun  Schwaben'  vom  1.  sept  1545  (gedruckt  in  seinen  Dich- 
tungen eil.  Goedeke  1,  1C6  und  Alemannia  2,  255  nach  dem  Berliner 
ms.  germ.  lol.  23,  nr.  67.  Auch  in  der  Dresdener  hs.  M  100,  s.  283, 
im  Nürnberger  mscr.  Will  VIII  235,  bl.  279  und  Solger  fol.  56,  2,  bl.  177a 
und  257a  ;  die  erste  strophe  mit  melodie  in  Val.  Voigts  meisterlieder- 
liandschrift  von  1557  =  Wiedeburg,  Nachricht  von  einigen  teutschen 
iuscr.  in  Jena  1754  s.  144;  vgl.  H.  Sachs'  gemerkbücbleiu  1555 — 61  ed. 
Drescher  1893  s.  35;,  aus  dem  auch  1563  Kirchhof,  Wendunmut  1,  274 
schöpfte.  Eine  bisher  unbekannte  lateinische  darstellung  aus  dem  ende 
des  15.  jahrhunderts  in  dialogform,  .Comedia  de  lepore  et  novem  Suevis', 
Labe  ich  oben  s.  507  nr.  XX  mitgeteilt.  Seit  dem  anfange  des  17.  jahr- 
hunderts erscheint  die  neunzahl  der  Schwalten  überall  in  eine  sieben- 
za Iii  umgewandelt,  bei  Eucharius  Eycring  (Proverbiorum  copia  2,  227)t 
auf  einein  bilderbogen  ,Historia  von  den  Bieben  Schwaben  mit  dem  ha- 
sen  ,  in  gut  schwäbischer  baurensprach'  (44  verse ;  drei  verschiedene 
drucke  des  17.  jahrh.  in  München,  Nürnberg  und  Donaueschingen;  ab- 
gedruckt Zs.  d.  v.  f.  Volkskunde  4,  435  und  bei  Radlkofer  s.  20).  auf 
einem  /.weiten  ,Die  sieben  redlichen  Schwaben'  (16  verse.  Zs.  f.  volksk. 
4.  436  und  Radlkofer  s.  26)  u.  s.  w.  Vgl.  die  Zusammenstellungen  von 
Bolte,  Zs.  d.  v.  f.  Volkskunde  4,  430—437  und  Radlkofer,  Die  sieben 
Schwaben  und  ihr  hervorragendster  historiograph  L.  Aurbacher ,  Ham- 
burg 1895.  —  Ferner  Birlinger,  Germania  17,  94  (Jaboda,  predigt);  Mau- 
rus Liudemayr,  Komödieprobe  1776  (citiert  Sailers  kotnödie).  Eine  Ver- 
teidigung der  Schwaben  findet  sich  auf  einem  um  1650  gedruckten  bil- 
derbogen des  Nürnberger  Verlegers  Paul  Fürst  (auf  der  Erlanger  Uni- 
versitätsbibliothek): .Abbildung  und  entwurtl  der  sieben  frommen  und 


Gartengesellschaft  c.  16-20. 


Ml  7 


redlichen  Schwaben'.  Unter  einem  19,5  cm.  hohen  und  35  cm.  breiten 
knpferstiche ,  auf  dem  wie  auf  der  oben  erwähnten  .Historia'  Mnrte, 
Bartie,  Jäckle,  Lentzli,  Heintzli,  Galle,  Fritza  mit  einem  spiesse  auf  den 
hasen  losgehen,  stehen  die  verse: 

Obgleich  sieben  Schwaben  hier  hertzverzagt  den  haasen  stechen, 
So  muß  man  den  Schwaben  doch  treQ  und  redligkeit  nachsprechen. 
Denn  viel  besser  ist«  gethan  haasen  hetzen,  alß  wie  dort 
Jene  Römer  um  die  katze  thun  den  grossen  menschen  mord. 
Ward  nicht  einst  die  leichte  schaar  mit  dem  Ziegenbock  gehetzet, 
Wie  sie  ihren  maister  kreba  in  die  see  zum  todt  gesetzet  ? 
Drünib  lacht  nicht  die  Schwaben  aus  !  Schwaben  schweben  in  den  rühm, 
Darnach  mancher  trachten  soll :  from  sein  ist  ihr  eigenthum. 

Paulus  FürBt  Ezc. 

Eine  andre  Verteidigungsschrift  Hess  1763  ein  Schwabe  aus  dem 
Ries',  der  sich  Riamgi  s  (?  anagramm  für  Sig.  Mair)  nennt,  erscheinen  : 
, Heidenmäßige  und  weit  berühmte  haasenjagd  der  sieben  ehrlichen 
Schwaben  beschrieben  von  einem  unwürdigen  landsmann  schwäbischer 
nation,  anno  1763.  4  bl.  4°  (druckort  wohl  Nördlingen ;  exemplar  auf 
der  Münchner  Universitätsbibliothek).  In  holprigen  alezandrinern  erzahlt 
der  Verfasser,  wie  der  teufel  in  gestalt  eines  hasen  in  verschiedenen 
ländern  entsetzen  verbreitet ;  nur  die  Schwaben  leisten  ihm  widerstand  ; 
sieben  männer  ,vom  Rieß  ,  Lechstrohm  ,  Ellwang ,  von  Würtenberger 
landen,  von  Herzfeld,  Bodensee,  vom  Algey'  treten  ihm  auf  dem  haascn- 
bühl  im  Ries  entgegen  und  erstechen  ihn,  allen  voran  Hänßle  von  Ries. 
—  A.  Schnezler,  Badisches  sagenbuch  1,  65  (1846):  ,Das  märchen  von 
den  sieben  Schwaben'  (nach  Bechstein)  und  1,  71:  .Schwäbische  tafel- 
runde'  (nach  der  bearbeitnng  des  Sachsseben  raeisterliedes  in  Des  knaben 
wunderborn).  F.  A.  Mutb,  Die  sieben  Schwaben  (Gustav  Haller,  Biblio- 
thek humoristischer  dichtungen  9,  150.  1871).  Wolfg.  Muller  von  Kö- 
nigswinter, Dichtungen  5,  259—278  (1875.  Rheinisches  märchenbuch). 
Millöckers  oper  Die  sieben  Schwaben  (1887). 

19)  Einer  giebt  dem  s  cb  u  1 1  bei  s  s  e  n  f  Ün  f  schi  Iii  n  g 
und  schlägt  ihn  in  hals  (nachdem  er  sich  bei  ihm  nach  der 
auf  einen  schlag  gesetzten  busse  erkundigt  hatte).  —  Lateinisch  von 
Hulsbusch ,  Sylva  1568  p.  13:  ,Quinque  solides  dat  quidam  villico  et 
percutit  eum'.  —  Vgl.  Pauli,  Schimpf  und  ernst,  anh.  nr.  25.  Hans 
Sachs,  Der  pawer  mit  seim  Schultheis,  meisterlied  von  1549  (MG  11, 
132)  und  schwank  von  l563(Folio  5,3,  386b  =  21, 211  ed.  Keller-Goetzo 
=  Schwanke  ed.  Goetze  nr.  349).  Ein  reicher  vorrath  artl.  ergötzlich- 
keiten 1702  nr.  71. 

20)  Einer  verpflichtet  sich  mit  einer  guten  dirne 
und  sagt  ihr  zu,  es  sollt  sie  n  i  ein  and  scheiden  weder 


598 


Anmerkungen. 


Rott.  (Er  verlässt  sie  bei  einem  kruzifix  am  Scheidewege).  —  Latei- 
nisch von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  14  :  .Promittit  quidam  puellae  ne- 
minem 40  ab  invicem  sepuraturum  nisi  deuiu'.  —  Ein  gegenstück  zu 
nr.  13.  Vgl.  Ruckard,  Die  lachende  schule  1725*  s.  23  nr.  20  (.Der  teufe! 
hole  mich,  wenn  ich  dich  —  dabei  schlagt  er  an  seinen  hut  —  nicht 
behalte1).  Talvj,  Volkslieder  der  Serben  1.  165  (1853.  Der  gefangene 
Marko  schwört  der  mohrenprinzessin,  indem  er  seine  mutze  abnimmt: 
Ich  will  dich  nicht  verlassen);  Vogl,  Marko  Kruljevits  1851  s.  90. 

-1>  Ein  geBeil  stund  zuLauwingen  auf  dem  markt 
und  sagt,  er  wäre  wild,  (wird  aber  zahm,  als  er  ein  blosses 
schwert  sieht).  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  15:  ,Quidam 
ilixit  <e  ferum'. 

22  Zum  wein  führt  einer  Bein  weib,  data  sie  auch 
gut  leben  habe,  (weil  sie  ihm  dies  immer  vorgeworfen  hat). 

23)  Kissen  und  b  e  1 1  wascht  eine  im  Schwabenland. 
—  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  15:  .Lectum  et  pulvinaria 
l.ivit  quaedam*.  —  Bei  Meinuder,  Joci  atque  seria  2  (1604)  nr.  27  —  Me- 
landei  Kezelius,  Jocoseria  deutsch  1605  2,  13  nr.  11  =  1617  2,  12  kocht 
eine  junge  frau  ein  huhn,  ohne  es  auszunehmen. 

24)  Ein  landsknecht  vertauscht  sein  homd.  —  Ab- 
pedra  Rt  bei  Uoedeke,  Schwanke  s.  200  nr.  162.  Lateinisch  von  Huls- 
busch, Sylva  1658  p.  16 :  ,Miles  quidam  commutat  indusium  suuni'. 

'_'.")  Ein  junger  1  a  ml  s  k  n  e  c  h  t  zeucht  in  k  r  i  e  r,  i'ohwohl 
der  hauptmann  den  unbärtigen  zurückweist).  —  Abgedruckt  bei  Goe- 
deke,  Schwänke  s.  193  nr.  152.  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568 
p.  17:  .Iuvenis  imberbis  prodit  in  militiam*. 

26)  Ein  landsknecht  hofiert  einem  wirt  in  garten; 
(der  wirt  zwingt  ihn  den  kot  wogzutragen,  niuss  dann  aber  dasselbe 
thun).  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  17:  ,Miles  compel- 
litur  et  compellit  hospitem  in  agro*.  —  Vgl.  Frey,  Gartengesellschaft 
nr.  73  mit  anm. 

•27  Der  Lucifer  schickt  seiner  diener  einen  nach 
einem  landsknecht,  (aber  der  teufel  kehrt  nnverrichteter  Bache 
zurück  .  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwänke  s.  194  nr.  154.  La- 
ii  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  18:  , Lucifer  mittit  unum  ex 
IBM  pro  milite'.  —  Nach  Hans  Sachs,  der  1548  ein  meiBterlied  ,Per 
teufel  mit  den  lanezknechten'  (Dichtungen  ed.  Goedeke  1,  265.  Auch 
im  Erlanger  mscr.  1G68,  bl.  591b)  und  1555  ein  sprnchgedicht  ,Der  teu- 


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GartengewlUchafl  c.  20—83. 


599 


fei  lest  kain  lanzknecht  in  die  helle  faren'  (Folio  1,  5,  494b  =  5,  121 
ed.  Keller  =  Schwanke  ed.  Goetxe  nr.  160)  verfasate.  Vgl  Ayrer  5, 
2958.  Bouchet,  Serees  nr.  15  (8,  1 18  ed.  Roybet).  H.  Kurz,  Gedichte 
1874  b.  119  (nach  Hans  Sachs). 

28)  Zu  Strasaburg  auf  des  ammeistera  stube  an 
einer  für  14  p fennig  brot. 

29)  Seine  kinder  macht  ein  armer  mann  ruaaig,  die 
brotbegehren."  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke  a.  287  nr.  239. 

80)  Einer  büratet  seine  kinder,  die  brot  heiachen. 
—  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke  a.  288  nr.  240. 

81)  Ein  tOchterlein  beichtet  einem  pfaffen,  (das« 
es  ins  bett  brunze).  —  Lateinisch  von  Hulabusch,  Sylva  1568  p.  10: 
.Puella  mingebat  in  lecto*.  —  Vgl.  Pauli,  Schimpf  und  ernst  nr.  296; 
übersetzt  bei  Hulabusch  1568  p.  250  :  «Puella  confitens  iubet  fratrem 
suuiu  vorari'.  Hans  Sachs,  Die  drei  beichtstück,  meisterlied  im  roten 
P.  Zwinger  von  1541  (MG  5,  156b.  Erlanger  ha.  1668,  bl.  574a).  Hans 
Deisinger,  Die  drei  beichten  1599  =  oben  8.  510  nr.  XXI.  H.  Weidner, 
Eins  tochterleina  beicht  =  oben  a.  511  nr.  XXII.  Kirchhof,  Wendunmut 
1,  234;  auch  241.  Harten  ,  50  newer  hiBtorien  1603  a.  82  (8,  3)  .  ,Von 
einem  kind,  so  mit  einer  ungefahrnen  red  einen  pfaffen  beschämet'.  J. 
P.  de  Memel,  Lustige  geeellachaft  1660  nr.  360.  —  Anden  Lindener, 
Katzipori  1558  nr.  105  (a.  158  ed.  Lichtenstein). 

82)  Drei  gesellen  wetten  mit  einander,  welcher  tum 
besten  xechen  mOcht.  (Der  wirt  erteilt  dem  den  preis,  der  vor- 
her zum  abort  geht).  —  Vgl.  Macropediua,  Aluta  ed.  Holte  1897  v.  267 
und  a.  X1. 

33)  Drei  bauern  urteilen  Uber  einen  (toten)  wolf 
{schulzen probe).  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke  s.  168  nr.  122. 
Lateinisch  von  Hulabusch,  Sylva  1568  p.  19 :  ,Trea  ruatici  ferunt  sen- 
tentiam  super  lapo'.  —  Vgl.  Frey ,  Gartengesellschaft  c  59  mit  anm. 
Ferner  Talitx,  Kortzweyl.  reyügespahn  1645  nr.  202.  Grillenvertreiber 
1,  117  (1670).  —  Anders  die  strafe  des  gefangenen  wolf  es, 
zwei  frauen,  bei  Bebel,  Facetiae  3,  15.  Oester! ey  zu  Kirchhof  1,  73. 
Waldia  3,  16.  Stiefel,  Germania  36,  21.  Die  bauren  mit  dem  wolf, 
meisterlied  im  hofton  Schillers  (Dresdener  hs.  M  5,  402:  , Bei  Kosthinge 
in  einem  wald').  Ruckard,  Die  lachende  schule  1725  nr.  152.  H.  Maller, 
Ans  Davos  s.  8t>.  Inibert,  Historiettes  1774  p.  83  (1,  7):  ,Le  jugement 
du  loup'.  Beauquier,  Blason  populaire  de  Franche-Comte  1897  p.  98. 
Domenichi,  Facezie  1581  p.  265.  Arcipreate  de  Hita,  copla  179-186. 
Chrzanowaki  1894  p.  348. 


i 


Ooti 


A  un  i  uik  u  ngen. 


34)  Eiudoktorsagt,  es  hätte  sein  kranker  rois  und 
wagen  im  leib  stecken  (weil  er  das  kuuitnet  unter  dem  bette 
liegen  sieht).  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  20 :  ,Medicus  dicit 
patientem  hubere  eqnum  in  ventre1.  —  Vgl.  Poggius,  Facetiae  nr.  109, 
,De  medico  in  visitatione  infirmorum  versuto' (Opera  1538  p. 449  =  Facetiae 
1798  1,  118  .Clitelhv),  Braut,  Mythologi  Esopi  1501  bl.  B3a:  ,De  medico 
indocto'  =a  deutsch  von  Adelphus,  Esopus  leben  und  fabeln  1535  bl.  118a: 
,Yon  einem  ungelerten  arzt :  Mensa  philosophica  tracU  4,  tit.  de  roe- 
dicis  (bl.  48a  ed.  Col.  1508  =  p.  289  ed.  1603).  Joa.  Peregrinus  (Gast), 
Convivales  Mimones  1541  bl.  K8a  ,De  medico'  (nach  Poggius)  =  1543 
bl.  M  T.i.  Pauli,  Schimpf  und  ernst  1545  bl.  78b  (dagegen  gehört  c.  357 
ed.  Oesterley  nicht  hierher)  —  Schertz  mit  der  warheit  1550  bl.  73a. 
II.  Sachs,  Der  artzet  mit  des  esels  sattel,  meisterlied  in  der  hagelweiß 
Hiiltzings  1546  (MO  8,  61.  Dresdener  hs.  M  5.  221  und  H  8,  bl.  47b. 
Nürnberger  ms.  Solger  fol.  56,  2,  272b  und  298a).  Gerlach,  Eutrapeliae 
1,  nr.  766  (1656).  Morlini ,  Novellae  nr.  32  ,Dc  medico  et  mediculo*. 
Straparola  8,  4.  Bouchet ,  Serres  nr.  10  (2,  212  ed.  Koybet).  Roger 
Bon te tun  en  belle  humeur  p.  29.  Nouveaux  contes  ä  rire  1702  p.  126  : 
Apprenti  medecin'. 

85 j  Vor  ein  crueifix  kam  einer  und  sagt  ta  unserm 
herrgott,  ob  er  auch  ein  weil)  habe  (weil  er  so  dürr  und  elend 
aussehe).  —  Vgl.  zu  Frey,  Gartengesellschaft  c.  101. 

36 1  Ein  mann  sagt,  er  hätte  nochein  kleins  zipfelin 
(nachdem  er  >*nnc  prüde  frau  auf  die  probe  gestellt  hat!.  —  Vgl.  im 
allgemeinen  Frey  c.  84  und  den  schluss  von  c.  20.  Mancherley  histo- 
rien  1676  bl.  B6b  (mann  setzt  sich  angeblich  das  glied  des  fQllens  an). 


87)  Für  Draminner  begehrt  eine  jungfrau  Dra- 
ll r  a  u  l  e  r.  —  Eine  ähnliche  abänderung  eines  falsch  gedeuteten  wortes 

unten  s.  603  nr.  52. 

88)  Drei  Schneider  trinken  ein  mass  wein  und  sind 
guter  ding.  —  Abgedruckt  bei   Goedeke ,  Schwänke  s.  113  nr.  78. 

-  Handwerkerspott  wie  s.  596  nr.  16.  Von  den  geringen  leistungen  der 
schneide  I  im  essen  und  trinken  handeln  mehrere  lieder  :  Erk-Böbme, 
Deutscher  liederhort  nr.  1634.  1635.  Köhler-Meier,  Volkslieder  Ton  der 
Mosel  nr.  331.    Brentano,  Märchen  1,292  (1879). 


I 


89   Kin  gast  sagt  zum  wirt,  er  soll  ihm  das  fleisch 

aufschneiden  (weil  soviel  knochen  darin  sind)  —  Abgedruckt  bei 
Goedt  .  änke  s.  131  nr.  92.    Lateinisch   von  Uulsbusch  ,  Sylva 

1568  ]>.  21:  ,Iubet  quidam  hospitem  suum  praescindere  carnes'.  —  Vgl. 
Fasciculus  facetiarum  1670  p.  111  nr.  14.    Lyrum  larum  1701  nr.  36. 


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Gartengeaellschaft  o.  34—48. 


C01 


Fabulanua  Kurzweil),  Tischreden  (am  1770.  Wiener  ha.  14914)  s.  994. 
Nyt  vademecum,  Kjöbenhavn  1783  nr.  503. 

40)  Sieben  kräater  i  s  s  t  ein  gast  zu  Launingen  (for- 
dert kein  fleisch).  —  Vgl.  Jörg  Hager ,  Die  zwölff  köl,  meisterlied  in 
der  feielblüweis  Lor.  Wessels,  1593  26.  hornung  (Dresdener  hs.  M  5, 
656) :  zum  einweihangsinahle  eines  hauses  bringen  zwölf  nachbarn  auf 
Veranlassung  eines  Schälks  alle  kohl  mit. 

41)  Ein  schiffmann  fahrt  eine  jadin  Ober  Khein 
(umarmt  sie  vor  den  äugen  des  am  ufer  stehenden  marines).  —  Es  spielt 
der  doppelsinn  der  redensort  .Ober  Rhein  fahren'  mit;  vgl.  Vul.  Schu- 
mann ed.  Bolte  s.  482. 

42)  Von  einer  Verheiratung  zu  Lauwingen  gesche- 
hen (Augsburger  hochBtapler).  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568 
p.  21:  .Procatio  iuvenis  eniusdam  in  Suevia'. 

43)  Eine  neue  braut  lässteinjungfrauen-fürzlin 
in  dem  bett.  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  23:  ,Nova 
nupta  emittit  crepitulum  ventris  in  lecto'. 

44)  Dosch  fängt  fische  auf  der  brache  (wahrend  sein 
gesell  den  zuschauenden  hirten  ihre  rosse  stiehlt).  —  Abgedruckt  bei 
Goedeke,  Schwanke  b.  142  nr.  101,  5.  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva 
1568  p.  24:  ,Dosch  piscatur  in  novali'.  —  Eine  ähnliche  diebslist  be- 
gegnet unten  in  cap.  92.  Fische  auf  dem  lande  fangen  als  beispiel 
einer  unmöglichen  sache  bei  R.  Köhler,  Kl.  schriften  1,  461.  —  Über 
Dosch  vgl.  Wegkttrzer  nr.  10—13. 

45)  Das  haupt  schlägt  einer  dem  andern  hinter  dem 
tisch  ab  (aus  blossem  Übermut). 

4«)  ZuLohr  imKintziger  tbal  ersticht  einer  einen, 
der  ihm  beim  weib  liegt  (verfolgt  den  ehebrecher  bis  auf  den 
kirchhof,  bleibt  ungestraft). 

47)  Ein  knecht  sagt  zu  seinem  meister.  er  sollte 
eine  Scheibe  salz  kaufen  (Als  er  selber  verheiratet  ist,  vermag 
er  es  ebensowenig). 

48)  Eine  gräfin  sagt,  die  armen  leutBolltenkäs 
und  brot  essen,  damit  sie  nicht  hungers  stürben.— 
Vgl.  Bütner,  Epitome  historiarum  1576  bl.  380b  =  Iiutner-Steinhart  159ö 
bl.  301a:  .Eine  andere  [edle  frawj  sprach  und  fraget:  Warumb  klagen 


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.„.2 


Anmerkungen. 


und  leiden  die  leute  hunger?  Hat  man  doch  auff  dem  inarck  semmel, 
brod,  hutter  und  keülein  umbs  geld  feil;  damit  kondten  aie  ja  den 
bunger  Betzen  und  stillen'. 

40)  Ein  bau  er  1  ä  sst  einen  furz  und  spricht  zum  teu- 
fe], er  soll  einen  knöpf  daran  machen.  —  Abgedruckt  bei 
Qoedeke,  Schwanke  s.  182  nr.  143.  Lateinisch  von  Hulsbusch  p.  24 : 
.Rusticus  dccipit  daemonem'  =  oben  s.  512  nr.  XXIII.  —  Vgl.  die  neue- 
ren Volksmärchen,  die  ich  in  der  Zeitschrift  f.  vgl.  littgesch.  7, 458  nr.  7 
und  11,  72  zusammengestellt  habe;  ferner  Jahn,  Volkssagen  aus  Pom- 
mern 1389  nr.  402. 

Andre  unmögliche  aufgaben,  durch  die  man  sich  den  teufel  vom 
halse  schafft,  sind  das  strecken  eines  krausen  haaren:  Lafon- 
taine, Contes  4,  14  ,La  cbose  impossible'  =  Oeuvres  ed.  Regnier  5,  548 
(1889).  Sebillot,  Contes  pop.  de  la  Ilaute-Bretagne  1,  282  (ring  daraus 
schmieden).  Cerquand,  Legendes  du  pnys  basque  1,  89.  4  nr.  91.  Pan- 
zer, Bayr.  sagen  I,  96.  Meier,  Volksmärchen  aus  Schwaben  nr.  33.  Bauin- 
garten.  Aus  der  heimat  2,  56.  Lütolf,  Sagen  aus  den  fünf  orten  1862 
s.  516  nr.  473  (666'5  klafter  lang  strecken).  Pfister,  Sagen  aus  Hessen 
1885  s.  34.  Voges,  Sagen  aus  Brauuschweig  1895  nr.  56.  Strackerjan, 
Aberglauben  aus  Oldenburg  1,  §  277  1.  Kamp,  Danske  folkeminder 
1877  nr.  313.  Kristensen,  Aevcntyr  fra  Jylland  2,  nr.  43;  Jyske  folke- 
minder 4,  nr.  419.  Bondeson,  Svenska  folksagor  nr.  55.  Waldau,  Böh- 
misches märchenbuch  s.  553  (drei  haare  jedes  um  zwei  eilen  langer 
machen). —  Ferner  das  schon  im  griechischen  altertume  ttekannte  drehen 
eines  Strickes  aus  sand:  Zs.  f.  dtsch.  mythol.  2,  147  (Rügen).  11. Ir- 
land and  Wilkinaon,  Lancasbire  folklore  p.  88.  Notes  and  Queries  4. 
ser.  6,  211.  Mickiewicz ,  Frau  Twardowska.  —  In  einem  pommerschen 
m&rchen  (Blätter  für  pomraersche  Volkskunde  4,  125.  1896)  rauss  sich 
der  beim  bauern  dienende  teufel,  als  ein  Wagenrad  bricht,  die  achse 
in  den  hintern  stecken  und  krumm  mitlaufen. 


50)  Einnarrwollteeinen  sack  mitmehlin  der  in  ü  Ii  1  e 
holen  (verkehrte  begrüssungen  der  begegnenden).  —  Abgedruckt  bei 
Uoedeke,  Schwanke  s.  33,  nr.  12.  Lateinisch  von  Baisbusch,  Sylva  1568 
p.  26 :  .Stultus  mittitur  in  molendinum  allatum  saccum  farinae*  =  oben 
s.  513  nr.  XXIV.  —  Vgl.  Frey  ed.  Bolte  s.  216  zu  nr.  1 ;  ferner  Mont- 
Cock.  Vlaamsche  vertelsels  1898  p.  264.  Haltrich,  Volksmärchen  aus 
Siebenbürgen  1885  nr.  68.  Ludwig  Salvator  ,  Märchen  aus  Mallork  a 
lü9.r>  s.  125  .Der  Magenpeter'.  Aleover,  Rondayes  mallorquines  1,  21 
,Un  festet  jador'  und  145  ,En  Pere  de  sa  hutza'  (1896).  Polivka,  Archiv 
f.  slav.  phOoL  19,  257  nr.  109.  HO.  Schiefner,  Hürkanische  Studien 
1872  s.  96  (Memoire«  de  l'acad.  de  St.  Petersbourg  7.  serie  17,  nr.  8). 

51)  Für  fünf  beller  gewürz  kauft  ein  bauer  in  einem 


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Gartengeeellschuft  c.  48—53. 


CU3 


laden  (und  bringt  dazu  einen  m  altera  ack  mit).  —  Lateinisch  von 
Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  27  :  .Rusticus  emit  species  pro  quinque  obolis'. 
—  Nach  Hans  Sachs,  der  1548  ein  meisterlied  ,Der  paur  mit  dem 
saffran'  im  spiegelton  frawen  Ehrenpoten  (MG  10,  190.  Gedruckt  au 
Nürnberg  bei  F.  Gutknecbt  und  Val.  Neuber :  Berlin  Yd  8411  und  8414, 
Weller,  Annalen  2, 538),  dann  ein  zweites  .Der  messner  mit  dem  saffran' 
im  schwarzen  ton  Klingsor  (MG  11,348.  Dresdener  bs.  M  5,  209.  Erlanger 
hs.  1668,  575a;  vgl.  H.  Sachs'  gemerkbüchlein  ed.  Drescher  1898  s.  35 
und  91)  und  1555  ein  drittes  lied  ,Der  pawer  mit  dem  saff  saff'  im  roten 
tone  Peter  Zwingers  (MG  15,  186)  dichtete  und  1558  im  79.  fastnacht- 
spiele .Der  bauer  mit  dem  safiran4  (Fol.  5,  3,  346b  =  21,  35  ed.  Keller- 
Goetze)  denselben  stoff  dramatisierte.  Das  lied  von  1548  ist  in  den 
Grillenvertreiber  1603  c.  27  =  1605  c.  25  =  1670  1,  91  übergegangen 
und  daraus  von  v.  d.  Hagen,  Narrenbuch  1811  s.  453  und  von  A.  Hart- 
mann, Meisterliederhandschriften  in  Ungarn  1894  s.  47  abgedruckt. 
Eine  anspielung  bei  Lindener,  Rastbüchlein  1558  c.  28  p.  53  ed.  Lieh- 
tenstein:  .wie  Stolpprion  der  ein  safferan  kauffet'.  Melander-Kezelius, 
Jocoseria  deutsch  1605  2,  295  nr.  280.  J.  P.  de  Memel,  Lustige  gesell  - 
schaft  1660  nr.  494.  Schola  curiositatis  ed.  III.  1,  236.  Lyrum  larum 
1701  nr.  539.  Doctae  nugae  Gaudentii  Jocosi  1713  p.  65.  Auch  in  der 
Hamburger  posse  Teweschen  hochtydt  (1640.  Jellinghaus,  Nd.  bauern- 
komödien  1880  s.  225.  231)  zieht  der  bauer  mit  einem  grossen  korbe 
in  die  stadt,  theriak  zu  kaufen. 

52)  Vieriockers  kauft  ein  bauer  in  der  apotheke 
(statt  driocker).  —  Vgl.  oben  s.  6Ö0  nr.  37. 

63)  Ein  waldbruder  sagt,  wie  er  eine  frau  wollt  neh- 
men und  kinder  ziehen,  (und  zerschlagt  den  honigtopf,  auf  dem 
seine  hoffnungen  beruhen).  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke  s  48 
nr.  27.  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  28 :  .Heremicola  pro- 
ponit  mutare  vitae  condicionem'.  —  Nach  Hans  Sachs,  Der  einsiede! 
mit  dem  honigkrug,  meisterlied  1538  im  spetten  thone  Frauenlobs 
(MG  4,  271.  Gedruckt  zu  Nürnberg,  F.  Gutknecht:  Berlin  Yd  8448)  und 
spruchgedicht  von  1560  (Folio  4,  8,  54a  =  17,  218.  583  ed.  Keller  - 
Goetze  =  Schwanke  ed.  Goetze  nr.  268) ;  seine  quelle  waren  die  Bei- 
spiele der  weisen  s.  130  ed.  Holland.  Vgl.  Fischart,  Gargantua  1575 
c.  36,  s.  356  ed.  Aisleben.  Eyering,  Proverbiorum  copia  1601  1,  70  und 
2,  898  (ehepaar  hat  einen  honigtopf  überm  bett).  Manlius,  Locorum 
communium  collectanea  1562  p.  370  =  1594  p.  375  =  deutsch  von  Ka- 
gor  1566  1,  bl.  Fp4b.  Peregrination  oder  reyse-spiegel  Auankylo- 
mitens  1C32  s.  28  =  1655  s.  46.  Chrys.  Scbultze,  Esther  1636  akt  5,  1 
=  Schwartz.  Zs.  f.  vgl.  littgesch.  9,  345.  Schuppius,  Schriften  1634 
=  Merkens,  Deutscher  humor  alter  zeit  1879  s.  422.  Kurzweiliger  zeit- 
vertreiber 1668  s.  467  =  Fasciculus  facetiarum  1670  p.  298  nr.  8.  Ca- 


601 


Anmerkungen. 


primulgius  Ridiculantiu«,  Polischinello  1695  nr.  8  ,Der  nicht  gelungene 
anschlag'.  Grimm  KHM  nr.  164  ,Der  faule  Heinz'  (nach  Eyering).  Die 
älteste  fassung  liegt  vor  im  Pantschatantra  5,  c.  9  (2,  345  Benfey  :•.  wo 
ein  brahmane  einen  mit  reis  gefällten  topf  zerschlagt  über  die  dar- 
aus abgeleiteten  orientalischen  erzahlungen  s.  Benfey  1,  499.  2,  548; 
Bickell,  Kalilag  und  Damnag  1876  s.  53 ;  Hartraann,  Za.  d.  ▼.  f.  volksk. 
5, 42. 66.  Lidzbarski,  Geschichten  aus  den  neuaramäischen  Iis.  zu  Berlin 
1896  s.  140.  Radioff,  Volkslitterator  der  türkischen  stamme  von  Süd- 
sibirien 4,  260.  Stokes,  Indian  fairy  tele«  1890  p.  31.  Swynnerton,  In- 
dian  night«'  entertainments  1892  p.  23  (buttertopf).  North  indian  no- 
te«  and  queriea  1,  46  nr.  348.  Jacobs,  Indian  fairy  tales  1892  p.  38 
,The  broken  pot'.  Baldo,  Alter  Aeaopus  nr.  16  (E.  du  Meril,  Po6- 
sies  inedites  du  moyen  age  1854  p.  239) :  ,De  viro  et  vaae  olei'.  Cabinet 
des  fees  18,  36:  ,Le  santon  qui  a  cassd  sa  cruche'  (Belle-belle  ou  le 
Chevalier  fortune).  Irabert,  Historiettes  et  nouvelles  en  vers  1774  p.  43 
(2,  1)  .Alnascar'  (nach  1001  nacht  3,  910  Weil).  Addison,  Spectator 
nr.  535 :  ,  AI  nasebar'.  Wlislocki,  Volksdichtungen  der  Zigeuner  1890 
s.  891:  .Der  bettler  mit  den  drei  töpfen'=Zs.  d.  dUch.  morgenl.  ges. 
42,  136.  Ebd.  42,  189:  ,Der  UJpfer  und  sein  topf.  Rabelais,  Gargan tua 
1, 33  (schuster  und  milchtopf).  —  Daneben  erscheint  in  Europa  seit  dem 
13.  jahrhundert  die  fabel  von  der  luftscblösser  bauenden  frau  mit  dem 
m  i  1  c  h  t  o  p  f  e:  Delisle,  Bibl.  de  l'ecole  des  chartes  29,  601  (1868 :  bei- 
spiolsammlung  aus  Tours);  ebd.  38,  662.  Jacques  de  Vitry,  Exempla 
nr.  51.  Etienne  de  Bourbon,  Anecdotes  hist.  1877  p.  226  nr.  271.  Ni- 
colaus Pergamenus,  Dialogus  creaturarum  nr.  100  p.  250  ed.  Grösse 
1880.  Micbelant,  Atbenaeum  fran9aia  1853,  1187.  De«  Perier»,  Nou- 
velles recreations  1558,  nr.  12  =  Thresor  des  recreations  1611  p.  280. 
Jacques  Regnier,  Apologia  Phaedri  1643  1  nr.  25.:  ,Pagana  et  eius  mer- 
cis  emptor1.  Lafontaine,  Fables  7, 10  ,La  laitiere  et  le  pot  au  lait'  (Oeu- 
vres ed.  Regnier  2,  145.  Robert,  Fables  inedites  2, 89).  Kirchhof,  Wend- 
unmut 1,171.  Ens,  Epidorpidum  1.  II  1612  p.  206  ( veree)  =  Lange,  De- 
moeritus  ridens  1649  p.  150.  Mala  gallina  malum  Ovum,  um  1710  p.  141 
mit  kupferstieb.  Desbillons,  Fabulae  6, 12  .Puella  ruatica  et  lactia  cym- 
bium*  (nach  Lafontaine).  Gleim,  Die  milchfrau  (S&mtl.  werke  3,  419. 
1811).  Michaelis,  Werke  2,  60  (1791).  Juan  Manuel,  Conde  Lucanor 
c.  29  (Eichendorff,  Werke  6,  496;  m&dchen  mit  honigtopf)  Gil  Vicento, 
Auto  de  Mofina  Mendez  (Ersch-Gruber  1,  67,  330.  F.  Wolf,  Studien 
s.  93'.  Rivista  di  lett.  pop.  1,  125).  Lope  de  Rueda  bei  Rapp,  Spani- 
nisches  theater  1,  815  (1868)  .Die  oliven'  (Puibusque,  Histoire  comparee 
des  litt  espagnole  et  francaise  1, 220  -233).  La  Enciclopedta  5  de  marzo 
1879  p.  499.  Coelho,  Contos  nacionaes  1882  nr.  8.  Braga,  Contos  trad. 
do  povo  portuguez  nr.  150.  Pitre,  Novelline  pop.  tose.  1885  nr.  45. 
Grönborg,  OptegneUer  pa"  Vendelbomll  1884  p.  74.  Djurklou,  Sapor 
och  afventyr  188:J  nr.  86.  Poh'vka,  Archiv  f.  slav.  phil.  19,  259  nr.  148. 
-  Eierfrau:  Luscinius,  loci  1524  nr.  77.  Gast,  Convivalium  aermonum 


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Gartengesellschaft  c.  53  -  55. 


605 


über  1543  bl.  Xlb:  ,De  villica'  =  1554  1,  307  (noch  nicht  1541).  Die 
atoltze  beuerin,  meisterlied  im  spiegelton  Frauenlobs ,  im  Dresdener 
mscr.  M  5,  369.  Hnlsbusoh,  Sylva  sermonum  1568  p.  293:  .Rustica  lie- 
fert ova  ad  mercatum*.  Sommer,  Emplastrnm  Cornelianum  1609  nr.  23. 
Schildbürger  c.  33  (v.  d.  Hagen,  Narrenbuch  1811  s.  178  =  Bobertag 
Volksbücher  1888  s.  392)  =  Grillenvertreiber  1,  132  (1670).  Eyering, 
ProYerbiorum  copia  2,  173.  Vademecum  fOr  lustige  leute  1,  nr.  90  (1767). 
Andersen,  Samlede  skrifter  12, 212(1876.  Gedicht).  Mont-Cock,  Vlaamsche 
vertelsels  1898p. 881  (ehepaar).  —  Eierbauer:  Eyering  1,652.  Rnckard, 
Die  lachende  schule  1725  nr.  8.  Volkskunde  9,7.  Oestrup,  Contes  de 
Damas  1897  s.  24.  —  Bettler  will  eine  hindin  fangen:  Wahlis, 
Esopus  4,80  , Des  betlers  kauffmanschafft*.  —  Baue r  und  nachtigall: 
J.  A.  Schlegel,  Das  ausgerechnete  glück  (Fabeln  und  erzähl ungen  1769 
s.  65  =  Ramlers  Fabellese  2,  341.  1783).  J.  C.  Krüger,  Herzog  Michel 
1750.  C.  F.  Pockels,  Martin  Hans  oder  die  luftschlösscr  (Ol)a  potrida 
1785,  3,  109).  -  Diener  und  lotterieloos:  Collin  d'Harlevitle. 
Les  chäteaux  en  Espagne,  acte  3,  sc.  8  (1803).  -  Vgl.  Max  Müller, 
E*«ays  3,  303  (1872):  .Über  die  Wanderung  der  märchen".  Joly,  Hi- 
Btoire  de  deuz  fahles  de  La  Fontaine  p.  91  (Memoire*  de  l'acadäniie 
de  Caen  1877).  Clouston,  Populär  tales  and  fictions  2,  432:  .Don  t 
count  your  chickens  until  they  are  hatched'  (1887).  -  Ein  pläneschmie- 
dendes ehepaar  unten  nr.  78. 

54)  Eine  frau  fragt  ihren  mann,  wielieb  er  sie  habe. 
(Wie  ein  gut  scheissen).  —  Vgl.  Kirchhof,  Wendunmut  4,  195.  Eine 
derbe  Umgestaltung  der  verbreiteten  fabel  ,Lieb  wie  das  salz';  vgl. 
R.  Köhler,  Aufsätze  über  m&rchen  1894  s.  V  und  15;  dazu  Litbl.  f. 
germ.  phil.  1882,  321.  Teirlinck,  Contes  flamands  1896  p.  67,  De  Mont 
en  Cock,  Vlaamsche  wondersprookjes  1896  s.  155  nr.  19.  Bondeson, 
Svenska  folksagor  nr.  4.  Prato,  Tradition  1887,  114.  Bibl.  de  las  tra- 
diciones  pop.  espauolas  8,  175  (1886).  Olpp,  Mitt.  der  geogr.  gesellsch. 
zu  Jena  6,  25  (1888).  Swynnerton,  Indian  nights'  entertainments  1892 
nr.  27.    Stumme,  Zs.  der  d.  morgen l.  ges.  48,  893  nr.  1. 

56)  Eine  frau  hatte  ihron  buhlen  bei  ihr,  dazu  der 
mann  kam,  und  sie  verbarg  den  jungen  ins  dlfass, 
darnach  zum  mann  sagt,  es  wäre  einer  im  Olfass,  der 
es  kaufen  wollt.  —  Nach  Boccaccio,  Decameronc  7,  4,  der 
aus  Apuleius  Metamorphoseon  lib.  9,  cap.  5—7  schöpfte;  vgl.  Manni. 
Istoria  del  decamerone  1742  p.  466.  Dunlop-Liebrecbt  s.  239.  Cappel- 
letti,  Studj  sul  decamerone  1880  p.  413 — 417.  Landau,  Quellen  des  de- 
cauieron  1884  s.  311.  —  Morlini,  Novellae  nr.  35:  ,De  adultero,  qui 
uxorem  in  praeaentia  viri  in  dolio  permanentis  retromarte  delibabat'. 
Luscinius,  loci  1524  nr.  131  =  oben  s.514  nr.  XXV  =  Joa.  PeregrinuslGast), 
Convivalium  sermonum  Uber  1541  bl.  B  7a  ,De  adultera'  =  1543  bl.  B3a 


(»00 


Anmerkungen. 


=  1549  1.  20.  Sommer,  Emplaatrutn  Cornelianum  1609  nr.  40:  ,Von 
oiner  ehebrecherin,  die  ihren  bnlen  in  ein  fass  versteckte'.  Hanenreyerey 
1018  akt  3,  1  (Bolte-Seelmann.  Niederdeutsche  Schauspiele  1895  s.  119). 
Cinthio  dei  Fabrizi,  Origine  dei  volgari  proverbi  1526  nr.  35  ,Guas- 
tanda  s'impara'  (Lemcke,  Jahrb.  f.  roman.  litt.  1,  317).  H.  Estienne, 
Apologie  pour  Herodote  c.  15.  Delices  de  Vcrboquet  1623  p.  83.  La- 
fontaine, Contes  4,  13  ,Le  cuvier'  (Oeuvres  ed.  Regnier  5,  589).  Audinot, 
Le  tonnelier  (oper)  1761.  Fabliau  du  cuvier  (Montaiglon-Raynaud,  Re- 
cueil  des  fabliaux  1,  nr.  9.  Bedier,  Lea  fabliaux  1893  p.  414).  Hagen, 
Gesamtabenteuor  2,  XXXVI  nr.  41  :  Der  ritter  unterm  zuber.  Mesnewi 
(Sitzgsber.  d.  Wiener  akad.  7,  829.  1851). 

56)Zu  beicht  hört  eineraein  weih  in  priesters  form. 
—  Nach  Boccaccio,  Dccamerone  7,  5;  vgl.  Manni,  Istoria  p.  475. 
Val.  Schmidt ,  Beitrage  z  gesch.  der  romantischen  poesie  1818  s.  G8. 
Dunlop-Liebrecht  s.  240.  Cappelletti,  Studj  1880  p.  24—58.  Landau, 
Quellen  1884  s.  126.  —  Vgl.  Jod.  Gallus,  Mensa  philosophica  1508  bl.  35b 
.de  militibus*  =  oben  s.  515  nr.  XXVI,  auch  bei  Manni  p.  476  und  La  Fon- 
taine ed.  Regnier  4,  99.  Hans  Sachs,  ,Der  eyffrer  hört  peicht',  meister- 
licd  im  rosenlon  1543  (MG  6,  56.  Dresdener  hs.  M  207,  bl.  96b.  Wei- 
mnrer  hs.  Q.572,  bl.  20a);  Der  groß  eyffrer  1543  (Fabeln  und  schwanke 
ed.  Goctze  nr.  74)  und  faßnachtspiel  ,Der  groß  eyferer  der  sein  weib 
beicht  höret'  1563  (Folio  4,  3.  7b  =  17.  29  ed.  Keller-Goetze  =  Faat- 
nachtspiele  ed.  Goetre  4,  89  nr.  45).  Pauli,  Schimpf  und  ernst  1545 
bl.  83b  =  Schertz  mit  der  warheit  1550  bl.  75a.  Mancherley  hiatorien 
1675  bl.  C  6b.  Der  lustige  heerpaucker  1672  s.  22S  =  um  1690  a.  229: 
.Eine  frau  beichtet  ihrem  manne  in  meinung,  dass  ea  ein  pater  sey'. 
Rottmann,  Lustiger  historienschreiber  1717  s.  434  (3,  71).  Hilarius  Sem- 
piternus,  Der  kurtzweilige  polyhietor  1719  s.  211  (4,  17).  Ramlers  Fa- 
bellese 3,  88  (1790):  ,Der  falsche  heichtvatev'.  Den  melancolyen  ver- 
dryver  (=  Vermeerderde  ncederlandschen  wegkorter  II)  nr.  8,  bl.  H  la 
ed.  1734.  Bormeester,  Klucht  van  Doeden  1643  (Worp,  Noord  en  zuid 
20,  heft  5).  J.  Soet,  Leven  van  Clement  Marot  1655  p.  85—95:  .Den 
jaloersen  rijckaart'.  Doni,  Novelle  ed.  Gamba  1815  nr.  16.  Bandello, 
Novelle  1,  nr.  9  (mit  tragischem  schluss).  Papanti,  Novelliert  italiani 
in  prosa  1871  nr.  28.  Fabliau  du  chevalier,  qui  fist  sa  femme  confesse 
(Montaiglon-Raynaud,  Fabliaux  1,16.  Bedier,  Le«  fabliaux  1895  p.  453). 
Antoine  de  la  Sale,  Cent  nouvellea  nouv.  78.  La  Fontaine,  Contes  1.4 
,Le  man  confesseur*  (Oeuvres  ed.  Regnier  4,  99).  Margucritc  de  Na- 
varre,  Heptam^ron  nr.  85.  Malespini.  Novelle  nr.  92.  D'Allainvil ,  Le 
muri  curieux  1731.  E.  d'Hervilly,  Lafontaine  des  Beni-Mönad  1878  (co- 
mddie).  Tho.  Twyne,  Schoolemaster ,  or  teacher  of  table  phyloaophie 
1576-83  (Collier,  Account  2,  458).  wohl  nach  Jod.  Gallus. 

67)  Eine  frau  kauft  dem  rotgerbe  r  leder  ab  (zote).  — 


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GartengeaelUchaft  c.  55—59. 


<»07 


Vgl.  Le  troisieame  livre  de  1»  Muse  folastre,  Rouen,  L.  Loudet  1612 

p.  83: 

11  eatoit  un  hotnrae  qui  de«  cuin  vendoit; 
11  vint  une  dame  qui  le«  marchandoit: 
,Dit*a  xnoy,  bon  homme,  que  cea  cuirs  vendes?*  — 
,Par  ma  foy,  madame,  aept  sola  et  demy.' 
La  dame  fut  fine,  dedana  son  »ein  le  met. 
Si  toat  qu'il  y  fut,  ae  print  a  plorer. 
,De  quoy  plorez  voua,  petit  mariolet?'  — 
,J'ay  de  quoy  plorer,  j'ay  perdu  mon  bonnet.' 

(Refrain :)  Et  zeat,  len  tan  tirlicoton  landon  et  pauf, 
Je  luy  mia  tout  droit  dedana  aon  guignolet. 

68)  Eine  junge  frau  klaget  ob  ihrem  manne,  er 
habe  keinen.  —  Nach  Poggius,  Facetiae  nr.  43  ,De  adoleacen- 
tula,  quae  virum  de  parvo  priapo  accuaavit' (Opera  1538  a.  433  =  Fa- 
cetiae 1798  1,  52  .Aaelli  priapua')  =  Stainhöwel ,  Ksopus  nr.  160  (col- 
lectae  nr.  19):  ,Ain  frow  verklaget  ieren  man,  er  bette  kainen'.  Jo- 
chem  Olockenlhon,  meiaterlied  von  1588  =  oben  a.  515  nr.  XXVII. 
Lindener ,  RastbQchlein  1558  nr.  83,  a.  133  ed.  Lichtenatein.  Kirch- 
hof, Wendunmut  1,  339.  Sommerklee  und  Wintergrün  1670  a.  187 
nr.  339.  Hermotimus,  Additamenta  nr.  7  ,Recen8  nupta  conqueritur 
apud  parentea  de  parvitate  instrumenti  sui  mariti'  (Frischlini  Facetiae 
1660  p.  286).  Priapua  aaininna,  gedieht  in  Poggii  Facetiae  17982,  33; 
ebd.  2,  30—33  :  Gerardua  Dicaeua,  Puppia ;  La  juate  plainte ;  La  femnie 
diacrete ;  La  juate  plainte.  Recueil  de  nouvellea  poeaiea  galantea,  Lon- 
drea  um  1750  2,  112:  ,La  femme  diacrette*.  La  lägende  joyeuae  1753 
1,  40  nr.  73.  Antoine  de  la  Sale,  Cent  nouvellea  nouv.  80  .La  bonne 
roeaure*.  Joyeuaea  adventurea  et  nouvellea  recre*ationa  1582  nr.  43.  Be- 
roalde  de  Verville,  Moyen  de  parvenir  ed.  P.  Jacob  1889  p.  361.  Con- 
tes  en  vera  imitla  du  Moyen  de  parvenir  1874  p.  201—205:  La  juste 
plainte;  Melin  de  Sainct-Gelaya,  La  m^lancolie  de  Catin  (nach  Martiat 
7,  13);  Piron,  ComparaiBon.  Maleapini,  Novelle  2,  74.  -  BeiGiraldiCinthio 
(Hecatommitbi  9,  4=  verdeutachung  1614  e.  861  nr.  35)  dagegen  klagt 
Julia  mit  recht  Ober  ihren  gatten  Titio ,  der  aber  liatig  ihre  klage 
widerlegt. 

50)  Zween  gesellen  jeglicher  de  in  andern  sein  weib 
boachläft  (Zeppa  und  Spinelloccio).  —  Nach  Boccaccio,  Dccume- 
rone  8,  8 ;  vgl.  Val.  8chmidt,  Beiträge  1818  s.  89.  Dunlop-Liebrecut 
e.  246;  Du  Meril,  Histoire  de  la  poesie  scandinave  1839  p.  356.  Lan- 
dau, Quellen  1884  a.  151.  —  Vgl.  Roaenplüt,  Die  wiederVergeltung 
(Keller,  Ersählungen  aua  altdeutschen  hss.  1855  a.  387).  Lindener, 
Raatbüchlein  1558  nr.  25,  a.  42  ed.  Lichtenstein.  Mahrold,  Rold marsch 
kaaten  1608  nr.  90  (Frey  ed.  Bolte  «.  274).  Barthol.  Alectrochora,  Hahn- 
reyatuteer  1680,  bl.  Cijb.   Der  kurzweilige  Arlequin  1691  a.  324:  ,Uer 


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008 


Anmerkungen. 


gestraffte  buhler'.  Langbein,  Schwänke:  .Stille  räche«  (Archiv  f.  litt.- 
gesch.  11,  517).  Tien  goede  boerden  ed.  Verwijs  1860  s.  1:  ,Van  enen 
man,  die  lach  gheborghen  in  ene  scrine*.  Jan  van  Breen,  Bedrooge 
jalouzy  1659  (Worp,  Noord  en  zuid  1897,  heft  14).  Fabliau  de  Con- 
atant  Duhamel,  2.  teil  (Montaiglon-  Raynaud  ,  Ii  ecueil  des  fabliaux  4, 
106  .  Bedier,  Les  fabliaux  1895  p.  454).  Nicoiaa  de  Troyes,  Parangon 
des  nouvellea  nr.  120  (hsl. ;  =  Boccaccio).  Bouchet.  Serees  nr.  32  (5, 
6—8  ed.  Roybet).  Le  Courier  facätieux  p.  326.  Des  divertisseraens  cu- 
rieux  de  ce  teras  p.  153.  La  Fontaine,  Contea  2,  1  ,Le  faiseur  d'oreilles 
et  le  raccommodeur  de  moules',  2.  teil  (Oeuvres  ed.  Regnier  4,  153) 
J.  F.  Guichard,  Contes  et  fable»  1808  2,  72,  La  revanche'  =  Anthologie 
satyrique  1,  236  (1876).  Kryptadia  2,  36  nr.  12  ,Jean  Matelot*  (bre- 
tonisch);  vgl.  1,  219  nr.  65  (russisch).  Masuccio  Salernitano ,  Novel- 
lino  nr.  36,  p.  383  ed.  Settembrini  1874.  Parabosco,  Diporti  1552  nr.  5. 
Fortini,  Novelle  1,  1,  228  (1894.   Giornate  nr.  8). 

GO)  Einer  verspielt  sein  weib  vor  demchorgericht 
(das  ihn  von  ihr  geschieden  hat,  weil  sie  ihm  davongelaufen  ist.).  — 
Vom  verkaufe  der  franen  in  England  berichtet  Ashton,  Mo- 
dern street  ballads  1888  p.  1:  ,Sale  of  a  wife*.  Roxburghe  ballads 
ed.  by  Chappell  1,  451  (1871):  ,Half  a  dozen  of  good  wives,  all  for  a 
penny*  (der  erzähler  hat  sechs  weiber  probiert  und  bietet  sie  zu  bil- 
ligem preise  am).  Hans  Sachs,  Der  alten  weiber  rossmarck  1583  (Fo- 
lio 1,  3,  526  b  =  5,  261  ed.  Keller  =  Fabeln  ed.  Goetze  nr.  35). 
Merken8,  Deutscher  hnmor  alter  Zeit  8.  111.  Ein  holzschnitt  des  16. 
jahrh.  (Berliner  kupferstichkabinet)  zeigt  zwei  bÖ8e  flauen  gezäumt 
und  auf  allen  vieren  gehend,  von  den  ehomännern  vorgeführt;  dazu 
Las8berg,  Liedersaal  1,  297 :  ,Die  zeltende  fran'. 

Gl)  Ein  guter  gesell  rauss  eine  dirne  haben,  die 
der  vatcr  und  söhn  vorhin  lange  zeit  zu  ihrem  willen 
gehabt  hatten.  —  Vgl.  Grimmelshausen,  Das  wunderbarliche 
vogelneat  2,  cap.  9  (1672).  Morlini,  Novellae  1855  p.  248,  appendix 
nr.  7:  ,De  rectore  qui  amasiam  eiua  famulo  sponsavit*  (von  E.  T.  Si- 
mon, f  1818). 

62)  Ein  wirt  in  einer  stadt  nimmt  einejungfrau  zu 
der  ehe,  die  er  in  sieben  jähren  nicht  beschlaf t.  (Als 
er  sie  der  untreue  bezichtigt,  wird  er  geschieden).  —  Anders  die  Ver- 
teidigungsrede der  chebrecherin  bei  Boccaccio,  Decamerone  6,  7.  Joa. 
Pcregrinus  (Gast),  Convivaliuro  aermonuro  über  1541  bl.  Qlb:  ,De 
senis  iuvene  uxoie'  =  1543  bl.  S2a.  Sommer,  Emplastrum  Cornelia- 
num  1609  nr.  4. 

63)  Einer  schenkt  dem  richtereinen  wagen,  der 


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Gartengesellschaft  c.  59—65. 


609 


ander  zwei  pferde.  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke  1879 
s.  251  nr.  202.  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  sermonum  1568  p.  29: 
,De  indice,  cui  dono  datus  erat  currus  et  duo  equi'.  —  Nach  Pauli» 
Schimpf  und  ernst  nr.  125  =  Schertz  mit  der  Wahrheit  1550  b).  71b 
=  Hulsbusch  1568  p.  258  Judex  dat  sententiam  pro  datore  equorum*. 
Vgl.  Oesterley  zu  Pauli  125  und  zu  Kirchhof»  Wendunmut  1,  126 ; 
ferner  Meffret,  Hortus  regine,  pars  hyemalia  1625  p.  168  a.  Hans  Sachs, 
Die  falschen  juristen,  meisterlied  im  hoffton  Marners  1556  (Dresdener 
hs.  M  5,  895).  Scheffer,  Iudicis  corrupti  bella  responsio  (Deliciae  poet. 
Germ.  5,  1199).  Gerlach,  Eutrapeliae  1,  nr.  905.  J.  P.  de  Memel, 
Lustige  gesellschaft  1660  nr.  381.  Lyrum  larum  1701  nr.  243.  300 
schwanke  (Augsburger  hs.  um  1770  in  meinem  besitze)  nr.  142.  Fabu- 
lanus  Kurzweill,  Tischreden  (Wiener  hs.  14914)  s.  1016  nr.  139.  Cbrza- 
nowski,  Rej  1894  p.  364.  —  Andre  fassungen  nennen  andre  geschenke  der 
streitenden  parteien:  Ochse  und  kuh:  Boner,  Fabeln  nr.  95;  vgl. 
Waas,  Die  quellen  der  beispiele  Boners  1897  s.  65.  Mensa  philosophica 
1603  p.  254  (4,  33  de  advocatis;  fehlt  in  der  ausgäbe  von  1508).  — 
Ochse  und  pelzschaube:  Eyering,  Copia  proverbioruin  3,  187 
1604).  Ayrer,  Singspiel  von  einem  ungerechten  juristen  (5,3039  ed. 
Keller).  300  schwanke  nr.  180.  —  Stiefel  und  fuchspelz:  Kauf* 
ringer,  Von  den  vorsprechen  v.  56—140  (Germanic  studies  of  the  uni- 
versity  of  Chicago  3, 15.  1897).  —  O  e  1  und  sch  w  ei  n:  Poggius,  Face- 
tiae  nr.  256  (1538  p.  487  =  1798  1,  263  .Oleum  effusum»;  vgl.  2,  267). 
Brant,  Mythologi  Esopi  1501  bl.  A5b  ,Quod  corruptus  iudex  male  pro- 
nunciat'  =  Esopus  leben  und  fabeln  1535  bl.  114  a  (deutsch  von  Adelphus). 
Hans  Sachs,  Der  falsch  richter  mit  dem  öl  und  der  saw,  meisterlied  in 
der  kleweis  Balth.  Wencken  1548  (Dresdener  hs.  M  5,798).  Eyering, 
Proverbiorum  copia  2, 653.  Talitz,  Reyßgespahn  1645  nr.  23.  Lustiger 
Dcmocritus  1650  s.  4.  Gerlach,  Entrapeliao  2,  nr.  8  (1656).  J.  P.  de 
Memel  1660  nr.  487.  Doctae  nugae  Gaudeutii  Jocoai  1713  p.  169: 
,Iudices  schmiralia  amant*.  C.  L.  Noack ,  Lektüre  beim  kaffee 
1789  b.  34,  ferner  Oesterley  zu  Pauli  nr.  128  (milch  und 
ferkel). 

64)  Ein  wirt  lobt  seinen  wein  für  und  für,  (wird  des- 
wegen verspottet). 

65)  Einefrau  gehtzumarktund  will  fische  kaufen 
(wird  wegen  ihrer  fingerringe  verspottet).  —  Abgedruckt  bei  Goedeke, 
Schwanke  s.  295  nr.  249.  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  29: 
,Mulier  annulata  emit  pisces'.  —  Vgl.  Murner ,  Narrenbeschwörung 
1512  cap.  44,  v.  38  .Katzenrein4,  und  Muhle  von  Schwindelsheim  1515 
v.  668  (Strasaburger  studien  2, 24.  1883).  —  It  i  n  g  1  i  n  (s.  327,  6)  muss 
ein  fisch  name  sein;  in  C.  Gesners  Fischbuch  deutsch  von  Forer  1563 
finde  ich  aber  nur  ryßling  (bl.  162  a)  und  reeling  (bl.  168  b). 

Montanu*  QQ 


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610 


Anmerkungen. 


<>G)  Ins  grab  legt  ein  mesner  nnaern  herrgott. 
(Frivole  Äusserung  dabei.) 

• 

67)  Gin  reicher  h e i s 8 1  einen  armen  stehlen;  dem 
stiehlt  er  korn  ab  dem  kästen.  —  Abgedruckt  bei  Goedeko, 
Schwanke  s.  287  nr.  288.  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568  p.  30: 
,Dives  iubet  pauperem  furari*.  —  Vgl.  Abele,  Metamorphosis  telae  iu- 
diciariae  1654  s.  651  (2,  c.  65:  Nimms  wo  du  wilt!).  Aleover,  Rondayes 
inallorquincs  1,  167:  ,En  Salom  y  es  batle«  (1896).  —  Eine  ahnliche 
pointe  hat  die  verbreitete  erzahlung  von  der  Unterweisung  des  buhlers 
durch  den  ehemann  (Dunlop-Liebrecht  s.  260  zu  Ser  Giovanni  1,2. 
Hertzog,  Schiltwacht  nr.  64). 

68)  In  einer  zeche  setzt  eine  fran  eine  laus  auf 
einen  teile  r.  (Zu  wem  der  floh  spränge,  der  sollte  für  sie  zahlen ; 
die  laus  aber  blieb  sitzen).  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568 
p.  81:  ,Mnlier  quaedam  in  symposio  ponit  pediculum  super  quadram*. 
—  In  Des  flobes  zank  und  strauss  (von  W.  Spangenberg ;  hinter  Fisch- 
arts  Flöhhaz  1610  =  Fischarts  dichtungen  ed.  Kurz  2,  157  v.  835  bis 
914)  entscheidet  der  wettlauf  zweier  lause,  wer  von  den  landsknechten 
die  zeche  bezahlen  soll.  Ebenda  v.  496  —  704  (2,  148  ed.  Kurz)  wird  in 
einem  thüringischen  Städtchen  derjenige  bürgermeister,  in  dessen  bart 
die  mitten  auf  den  tisch  gesetzte  laus  kriecht.  Ebenso  im  Grillenver- 
treiber  1670  1,  245  (Witzenbürger  2,  cap.  26)  und  bei  P.  D.  Huetius, 
Iter  suecicum  (Poemata  latina  et  graeca  1694  p.  28): 

Mox  Hardenbergam  sera  sub  nocte  venimus, 
Ridetur  nobis  veteri  mos  duetus  ab  aevo; 
Quippe,  ubi  deligitur  revoluto  tempore  consul, 
Rarbati  circa  mensam  Btatuuntur  acernam 
Hispidaque  imponunt  attenti  menta  Quirites, 
Porrigitur  series  barbarum  desuper  ingens. 
Bestia,  pes  mordax,  sueta  intercrescere  sordes, 
Ponitur  in  medio.   Tum  cuius  numine  divüm 
Barbam  adiit,  festo  huic  gratantur  murmure  patres, 
Atque  celebratur  subiecta  per  oppida  consul. 

69)  Gen  Wiesens  t  ei  g  kommt  ein  Bayer,  (fürchtet  im 
thale  zu  ertrinken).  —  Abgedruckt  bei  Goedeke,  Schwanke  s.  251, 
nr.  203. 

70)  Schellenhenker  zu  Hubihausen  sucht  ein  ross 
und  reitet  darauf.  —  Lateinisch  von  Hulsbusch,  Sylva  1568 
p.  31 :  ,Quidam  quaerit  equum,  cui  insidet'.  —  Vgl.  Bolto  zu  Schu- 
manns Nachtbüchlein  nr.  24  und  zu  Frey  s.  282;  ferner  Erk-Böbme, 


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Gartengesellschaft  c.  66—74. 


611 


Liederhort  nr.  148a  (Löwen fei d ,  Leonhard  Kleber«  orgeltabulaturbuch, 
Berliner  dies.  1897  s.  12).  J.  Soet,  Leven  van  Clem.  Marot  1655  s.  59. 
Groot  klugtboeck  16S0  p.  131.  Cervantes,  Don  Quixote  2,  c.  57  (übers, 
von  Tieck  1860  2,426).  Chrzanowski,  Facecyo  Mikolaja  Reja  1894  p.  339. 
Gregory  John  Bar-Hebraeus ,  Laughablc  stories  ed.  Budge  1897  p.  145 
nr.  569. 

s.  329,  32  vgl.  Wander,  Sprichwörterlexikon  4, 955  nr.  53—56.  76:  ,üu 
sochst  dat  pert  un  sißst  drup'. 

71)  Z  u  Di  1 1  i  n  gen  werfendieedelleute  eine  ab  erden 
schütten  ab.  —  Zu  s.  380,  14  ,Loch  weder  gebrent  noch  gebort« 
vgl.  Der  lustige  heerpaucker  1672  a.  179. 

72)  Ein  bau  er  b  a  g  t  zu  seiner  frau,  feiste,  schmalz 
und  brot  wären  sein  tod.  (Da  sie  ihn  loszuwerden  wünscht,  füttert 
sie  ihn).  —  Ks  fehlt  der  in  den  übrigen  fassungen  vorkommende  schluss, 
dass  der  angeblich  erblindete  mann  den  buhlen  seiner  frau  erschiesst 
oder  diese  ins  wasser  stürzen  liisst.  Vgl.  Hana  Vogels  meisterlied  ,Die 
kesküchlein1  (1541)  =  oben  s.  517  nr.  XXVIII.  In  Hans  Sachsens  meister- 
liede  »Der  bauer  und  messner  mit  dem  pfaffen'  in  des  Römers  gesang- 
weis 1551  (MG  12,143b  =  Nürnberger  ms.  Solger  fol.  56,  1,280b:  Ein 
beuerin  die  het  im  dorff  den  pfaffen  lieb')  soll  der  pfatf  sant  Lienhart 
um  erblindung  des  roannes  bitten;  der  bauer  hörtö  durch  den  kriecht, 
stellt  sich  blind,  giesst  dem  pfaffen  eine  pfanne  heisses  schmalz  in  den 
hals  und  lehnt  die  leiche  an  die  kirchthür.  Hans  Sachsens  fastnacht- 
spiel ,Der  plint  messner  mit  dem  pfarer  und  seim  weib'  (1554.  Folio 
4,  345b  =  17, 183  ed.  Keller-Goetze  =  Fastnachtsspiele  ed.  Goetze  nr.  69), 
dem  ein  gleichbetiteltes  meisterlied  in  der  steigweis  Hans  Pogners  (1549. 
MG  11,84.  Verloren)  voraufging,  enthält  gleichfalls  das  gebet  der  mes- 
nerin an  den  hei).  8tölprian,  dass  er  ihren  alten  mann  erblinden  lasse. 
Der  lauschende  mesner  antwortet,  sie  solle  ihm  küchlein,  braten  und 
wein  reichen,  stellt  sich  darauf  blind  und  erschiesst  den  zur  frau  schlei- 
chenden pfaffen.  Weitere  parallelen  bei  Bolte  zu  Frey  s.  284  *;  ferner 
Dykstra,  Uit  Frieslands  volksleven  2, 121  ,Door  het  rinkel*  (1895).  Mont- 
Cock,  Vlaamsche  vertelsels  1898  p.  285.  Stiefel,  Zs.  d.  v.  f.  Volkskunde 
8,73;  Jaworskij  und  Knoop  ebd.  8,217  und  225. 

78)  Ein  rebknecbt  beschläft  seines  meisters  weib, 
(da  ihr  mann  ihre  frage  »Soll  ich?'  missversteht).  —  Vgl.  R.  Köhler, 
Kleinere  Schriften  1,291  (1898). 

74)  Wie  und  wodurch  Virgilius  so  gelehrt  worden. 
(Er  raubt  das  zauberbuch  des  riesen  und  bannt  den  teufel  wieder  ins 
glas).  —  Von  den  zauberbüchern  Savilons  oder  Zabulons  auf  dem  mag- 

39* 


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612 


Anmerkungen. 


netberge,  die  Virgil  gewann,  wird  erzählt  ira  Reinfrid  von  Brannschweig 
ed.  Bartsch  1871  v.  21023.  24252  und  im  Wartburgkriege  ed.  Simrock 
h.  195.  303 ;  dass  Virgil  durch  einen  teufel ,  den  er  aus  einer  flasche 
befreite,  in  der  magie  unterwiesen  wurde,  berichtet  Enikel  in  der  Welt- 
cbronik  ed.  Strauch  s.  462  v.  23  711  (Hagen,  Gesamtabenteuer  2,513. 
Massman,  Kaiserchronik  3,  438.  Ein  bisher  unbekannter  Druck  ,Von  vir- 
gilio  dem  sauberer'  10  bl.  4°  um  1520,  642  verse  auf  der  Münchner  Uni- 
versitätsbibliothek). Beide  motive  sind  vereint  bei  Heinrich  von  Müg- 
lin  (Germania  5,369),  bei  Felix  Hemmerlin  (De  nobilitate  c.  2,  bl.  8), 
im  französischen  romane  ,Les  faictz  merveilleux  de  Virgile'  (Dunlop-Lieb- 
recht  1851  s.  186),  im  niederländischen  volksbuche  (v.  d.  Hagen,  Erzäh- 
lungen und  märchen  1, 161.  Simrock,  Deutsche  Volksbücher  6,329.  1847); 
vgl.  Comparctti,  Virgilio  nel  medio  evo  1896  2,99.  222.  237.  282  =  Com- 
paretti-Dütschke,  Virgil  im  mittelalter  1875  s.  268.  Tunison,  Master  Vir- 
gil 1888  p.  10.  24.  —  Auf  Theophrastus  Paracelsus  übertra- 
gen ist  die  geschiente  bei  Grimm  KHM  3, 179  zu  nr.  99;  Menzel,  Gesch.  der 
d.dichtung  2, 190;  Alemannia  24, 156;  Peter,  Volkstümliches  aus  Oester- 
reich-Schlesien 2, 27  (1867);  Wolf,  Hessische  sagen  1853  nr.  126.  —  Ohne 
namen:  Grimm,  KHM  nr.  99  ,Der  geist  im  glas4.  Reiser,  Sagen  des 
Allgäus  1,80  nr.  71  (1897):  .Der  teufel  und  der  doktor4.  —  Ueber  die 
orientalischen  faasnngen  vgl.  Benfey ,  Pantschatantra  1,116  f. 
Haxthausen,  Transkaukasia  1,324  (1856). 

75)  Ein  f uhrmann  schwört  für  und  für,  wenn  er 
filhrt.  (Als  die  edelfrau  es  ihm  verbietet,  wollen  die  pferde  nicht 
vom  flecke).  —  Vgl.  Der  kurtzweilige  Arleqnin  1691  p.  100:  , Fluchen 
der  Fuhrleute  bestes  gebet1. 

76)  Von  einem  waldbruder  und  seinem  söhn.  (Der  vater 
nennt  die  frauen  g tt n s  e).  —  Nach  Boccaccio,  Decamerone  4,  ein- 
leitung;  vgl.  Schmidt,  Beitrage  1818  s.  27.  Dunlop-Liebrecht  s.  230. 
Landau,  Quellen  des  decameron  1884  s.  171.  223.  —  Vgl.  Barlaam  und 
Josaphat,  c.  £9  (weiber  werden  dem  in  der  einsamkeit  erzogenen  prin- 
zen  als  dämonen  bezeichnet);  dazu  E.  Kuhn,  Barlaam  und  Joasaph 
1893  s.  80  (Abb.  d.  Münch,  akad.  1.  abt.  20, 1).  Cento  novelle  antiche 
nr.  14  =  Biagi  nr.  17  (A.  d'Ancona,  Romania  3,  167).  Fiore  di  virtü 
im  Libro  di  novelle  antiche  ed.  Zambrini  1868  nr.  22.  Vita  di  s.  Josa- 
fat  (T.  Bini,  Rime  e  prose  del  buon  Hecolo  1852  p.  142).  Cornazano, 
Proverbi  1523  nr.  9:  Meglio  6  tardi  che  non  mai  (p.  60  ed.  1865).  Vitac 
patrum  4,  5,7  (Migne,  Patrologia  lat  .  .  .  .):dämonen.  Odo  de  Ciring- 
tonin,  De  heremita  iuvene  (Gänse.  Oesterley,  Jahrb.  f.  roman.  litt.  12, 
147  nr.  44.  Hervieux,  Les  fabulistes  latins  4,409  nr.  9;  vgl.  2,706)  und 
De  duobus  heremitis  et  muliere  ornata  (mulier  capra  genannt.  Aus 
einer  predigt  In  crastino  Pasche,  sec.  Lncuin.  Hervieux  4,  285  nr.  52)- 
Caeaariua  von  Heisterbach,  Dialogus  mirac.  6,37  (nonne  nennt  eine 


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Gartengesellschaft  c.  74—77. 


ziege  weltliche  frau).  Lecoy,  L'esprit  de  dos  aieux  nr.  33.  Wright, 
Latin  stories  nr.  3  und  78.  Johannes  Discipulus  (Herolt),  Promptuarium 
exeniplorum  1482  L  nr.  24.  Amatus  Fomacius  amator  ineptus  1633 
(La  Fontaine,  Oeuvres  ed.  Regnier  5,601).  —  Das  ganslein  (Hagen,  Ge- 
samtabenteuer  nr.  28;  mit  einer  fortsetzung).  Arigo,  Blumen  der  til- 
gend (Zs.  f.  dtsch.  phil.  28,466).  H.  Sachs,  Die  schönen  deuffel  (MG 
14,  70)  und  Des  königs  son  mit  den  teufein  1562  (Folio  4,  2,  57  =  16, 
217  ed.  Keller-Goetze.  Nach  Herolt).  A.  Tabens,  Mftynhincklers  sack 
1612  bl.  J  4  b  (Pfaffensack  nr.  6;  nach  Herolt  und  Petrus  de  Arno).  G er- 
hielt, Eutrapeliae  1,  nr.  631  (1656).  Abraham  a  s.  Clara,  Weinkeller 
1710  s.  321.  Rottmann,  Lustiger  historienschreiber  1717  s.  362  (3,36). 
Kiederer,  Das  poet.  scher tz-cabinet  1713  nr.  86.  Neue  bey  träge  zum  vergnü- 
gen de«  Verstandes  2,208  (Bremen  1745):  ,Die  gans  des  bruder  Philipps*. 
F.  Kind,  Gedichte  5,237  (1825):  ,Das  gartenteuflein«.  Bauernfeld,  Aus 
der  mappe  des  alten  fabulisten  1870  8.  98:  , Ersehnte  klosterspeise'. 
Baumbacb,  Abenteuer  und  schwanke  1884  s.  165:  ,Das  gänslein'.  Cats, 
Sinnreiche  werke  (deutsch  von  B.  Feind)  4,  a  3  b.  Svenska  landsmälen 
2,  7,  17  nr.  6  (1882).  —  Martin  Franc,  Champion  des  dames  1530  bl.  94 
(Ideler,  Altfranz.  nat.litt.  s.  852).  R.  D.  M.,  Heures  perdues  1615  nr.  9. 
La  Fontaine,  Contes  3,  1  ,Les  oies  de  frere  Philippe*  (Oeuvres  ed.  Reg- 
nier 5, 3).  Lafontaine  et  Champmes.e',  La  coupe  enchantöe,  comedie  16S8. 
Dclisle  de  la  Drevetiere,  La  faueon  ou  les  oies  de  Boccace  1725  (deutsch 
in  den  Schaupielen  der  Schönemannisehen  Bchaubühne  2.  1748).  Saint- 
Foix,  L'oracle  1740.  Scribe,  Delestre-Poirsou  et  Melesville,  La  volicre 
de  frere  Philippe  1818  (als  ballet  1838).  -  Amalfi,  Un  fönte  dei  Cento 
raeconti  di  M.  Soraina  1892  p.  24,  nr.  12.  La  disperazione  di  un  vecchio 
eremitsi,  Napoli  1841  (komödie).  Libro  de  los  enxemplos  c.  231.  Ro- 
mero,  Contos  populäres  do  Brazil  1885  nr.  13,  anfang.  Polivka,  Za.  f. 
österr.  volksk.  2,189  nr.  17.  —  Eine  scene  in  Calderons  Schauspiel,  En 
esta  vida  todo  es  verdad  y  todo  mentira*  (um  1640;  Martin,  Calderons 
Schauspiele  übers.  1.  1844),  die  unter  dem  einflussc  der  alten  erzählung 
entstanden  ist  und  von  Dryden  und  Davenant  ihrer  bearbeitung  von 
Shakespeares  Sturm  eingefügt  wurde,  hat  H.  Grimm  (15  essays  n.  f. 
1875  s.  183:  ,8hakespeares  Sturm  in  der  bearbeitung  vou  Dryden  und 
Davenant4)  trefflich  beleuchtet. 

77)  Ein  koch  stillt  seines  herren  zorn  mit  einer 
einfältigen  rede  (kranichbein  verzehrt).  —  Nach  Boccaccio, 
Decaineroue  6,4;  vgl.  Val.  Schmidt,  Beitrüge  1818  s.  63.  Dunlop-Lieb- 
recht  b.  237.  Landau  ,  Quellen  des  dekaraeron  1884  s.  334.  —  Vgl. 
Pauli,  Schimpf  und  ernst  c  57.  Hans  Sachs,  Von  einem  koch  mit  dem 
krönich,  raeisterlied  im  rosenton  H.  Sachsen  1540  (MG  5,  125  b.  Ge- 
druckt in  Nürnberg  bei  Val.  Neuber:  Berlin  Yd  8571);  Der  koch  mit 
dem  krannich  1540  (Fabeln  und  schwänke  od.  Goetze  nr.  64);  Der  koch  mit 
dem  kranich  1559  (Folio  2,4, 112b  =  9,474  ed.  Keller  =  Schwänke  ed. 


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G14 


Anmerkungen. 


GoeUe  nr.  247).  Biderumnn,  Utopia  1691  6,  18  p.  323  =  Uörl.  Ba 
ebusia  1677  s.  345.  Hermotimus  nr.  72  ,Do  gruis  pedibus4  ( Frisch! ini 
Facetiae  1660  p.  350).  Lange,  Deliciae  acaderaicae  1, 57  (1666).  Ger- 
lach,  Eutrapeliae  2,  nr.  36  (1656).  Vadcmecum  für  lustige  leute  3 
nr.  226  (1767).  Zocher,  Du  schönes  grünes  Alpenland  1898  s.  304 
,Üie  pfiffige  köchin4  (gedieht).  —  Enea  Silvio  Piccolomini,  Chrisis  (Crei- 
zenach,  Geschichte  des  neueren  dramas  1, 567V  Sansovino,  Cento  novelle 
scelte  5,  9  (=  Boccaccio).  Sagredo,  L'Arcadia  in  Brenta  1684  p.  97 
(giornata  3).  Amalfi,  Un  fönte  di  M.  Somma  1892  p.  19.  La  fleur  de 
toutes  nonvelles  nr.  11.  D'Ouville  1, 505.  Timoneda,  Sobremesa  y  alivio  de 
caminantes  1576  2,  nr.  45  (Biblioteca  de  autores  espaft.  3.  1S40.  Stie- 
fel, Archiv  f.  n.  spr.  94,  148)  =  Loockmans,  71  lustige  historien  1589 
nr.  41:  ,Van  eenen  quidam,  die  seyde,  dat  de  reygers  maer  een  becn 
en  hadden4.  Coornhert,  Lustige  historien  Joa.  Bocacii  1564  nr.  28.  Tarl- 
ton,  Newes  out  of  purgatorie  1590  nr.  4  (p.  78  ed.  Halliwell  1844). 
Coelho,  Contos  populäres  portuguezes  1879  nr.  54.  -  Auf  Christus 
und  Petrus  übertragen:  A.  Borgnet,  Legendes  namuroises  1837 
p.  215.  Wolf,  Wodana  1843  s.  149  =  Wolf,  Deutsche  inärchen  und 
sagen  1845  nr.32.  Volkskunde  2,88  (Gent  1889)  =  Teirlinck,  Le  folk- 
lore  flamand  p.  27.  P.  de  Mont  en  Cock ,  Vlaamsche  vertelseU  1898 
p.  153.  —  Nasreddins  schwanke  übers,  von  Camerloher  1857  nr.  75; 
dazu  die  nachweise  bei  R.  Köhler,  Kleinere  Schriften  1,496. 

78)  Einweibund  ein  mann  zanken  und  schlagen 
einander.  (Uneins,  was  sie  mit  den  schweinen  machen  würden, 
wenn  sie  ihnen  gehörten).  —  Abgedruckt  bei  Goedecke,  Schwänke  s.  49. 
nr.  29.  —  Verwandt  mit  Gartengesellschaft  nr.  53.  Eheleute,  die  beim 
bauen  von  luftschlössern  einander  in  die  haare  geraten,  erscheinen  auch 
in  einem  meisterliede  des  Hans  Sachs  ,Der  köhler  mit  der  kuh*  in  der 
zugweis  Frauenlobs  1551  (Dresdener  hs.  M  5,885).  Kirchhof,  Wend- 
unmut 1,  371:  ,Ein  weib  wirt  mutwillig  geschlagen4;  danach  Ayrer, 
Singet«  spil  von  dreyen  bösen  weibern  (5,3057-3061  ed.  Keller)  und 
Grimm,  KHM  nr.  168  ,Die  hagere  Liese4.  Kirchhof  2, 131 :  .Wunderlich- 
keit eines  Schneiders4.  Dykstra,  Uit  Frieslands  volksleven  2,118  (1895): 
,Om  rijk  te  worden4.  Schneller,  Märchen  aus  Wälschtirol  1867  nr.  47 
,Die  bruthenne4.    Neue  acerra  philologica  5,51  (1708). 

70)  Wie  einer  sein  weib  für  die  haustbür  versperrt, 
(Sie  wirft  einen  stein  in  denbrunnen;  er  glaubt  seine  frau  ertrunken). 
—  Nach  Boccaccio,  Decamerone  7,4;  vgl.  Val.  Schmidt,  Beitrage 
1818  s.  66.  Duolop-Liebrecht  s.  239.  Cappelletti,  Studi  sul  decame- 
rone 1880  p.  419.  Landau,  Quellen  des  dekameron  1884  p.  262.  —  Vgl. 
H.  v.  Trimberg,  Renner  1549  bl.  66  b  =  p.  136  ed.  1833.  Altdeutsche 
blatter  1,154.  Pauli,  Schimpf  und  ernst  nr.  678.  Hans  Sachs,  Das 
weib  im  prunnen,  meisterlied  im  grünen  ton  Müglings  1545  (Nürnberger 


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Gartengesellschaft  c.  77—80. 


615 


mscr.  Solger  fo).  56,  2,  bl.  209  b  und  263  b.  Weimarer  mscr.  F  419, 
299  a  nr-  334  und  Q  569,  62  a),  Das  falsch  weib  im  brunnen,  meister- 
lied  in  der  mayenweis  Eyßlingers  1548  (B.  Sachs  ed.  Göz  4,  XI.  1880): 
,In  der  Römer  geschieht  man  11681*  und  fastnachtspiel  ,I)as  weib  im 
brunnen'  1553  (Folio  2,  4,  23b  =  9, 96  ed.  Keller  =  Fastnachtspiele  ed. 
Uoetze  nr.  46).  Meisterlied  ,Dns  böse  weib  inn  dem  brunnen*  im  hoff- 
thon  Danhausera,  Nürnberg  Val.  Newber  (Berlin  Yd  8551):  ,Hort  von 
eim  halsstarrigen  weib*.  Göttinger  ms.  philol.  194,44.  Bütner,  Claus 
narr  1592  p.  98.  Seb.  Wild,  Die  siben  weysen  maister  1566.  Zschokke, 
Peter  Rotbart  1805  (nach  Möllere).  Van  den  seven  vroeden  van  Rorae 
(Muller,  Handelingen  der  maatsch.  van  letterkunde  1896,  189).  Biest- 
kens,  Claes  Kloet  (1619),  klucht.  Gats,  Trouringh  1637 :  Hollants  trou- 
bedrogh  (Tijdschr.  voor  nederl.  taalkunde  16,  241  *).  Kit,  Westward 
for  smelts  1620  nr.  3:  ,The  fisbwife  of  Richmond'  (Koeppel,  Studien  z. 
geuch.  der  ital.  novelle  1892  s.  74).  —  Sanaovino,  Cento  novelle  scelte 

3,  9  (Boccaccio).  Sercam bi,  Novelle  ed.  A.  d'Ancona  1871  nr.  8:  ,De 
celoso  et  muliere  malitiosa'.  Sabadino  degli  Arienti,  Le  Porretane 
1483  nr.  45.    Bändel lo,  Novelle  3,47.  T.  Tasso,  Intrighi  d'amore,  atto 

4,  sc.  3  (Opere  30,  301  ed.  1831).  Casalicchio,  L'utile  col  dolce  1,  nr.  89 
(1687);  deutsch  Augsburg  1706.  Passa-tempo  de*  curiosi  p.  102.  Mo- 
liere,  George  Dandin  3,8  (1668,).  Gaal-Stier,  Ungarische  Volksmärchen 
1857  s.  117.  Moulieras,  Les  fourberies  de  Si  Djeh'a  1892  p.  21.  187. 
—  Qukasaptati,  textus  simplicior  übers,  von  R.  Schmidt  1894  nr.  1«.  Pet- 
rus Alfonsi ,  Disciplina  clericalis  c.  15.  Joh.  de  Alta  silva,  Dolopathos 
ed.  Oesterley  1873  p.  80—82.  Herbers,  Dolopathos  ed.  Montaiglon  1856 
p.  374—379.  Romans  des  sept  sages  ed.  Keller  1836  v.  2083,  p.  CLXXXIX. 
Der  Römer  tat  ed.  Keller  1841  p.  112,  nr.  73.  Adolphus,  Fabula  6 
(Leyser,  Historia  poetarum  medii  aevi  p.  2018).  Vincentius  Bellovac., 
Speculum  morale  3,  9, 5  p.  1395  (1624).  Libro  de  los  enxemplos  c.  235 
(Bibl.  de  autores  esp.  51).  Vgl.  die  tabellen  bei  Goedeke,  Orient  und 
occident  3,422  (puteus)  und  Landau,  Quellen  1884  zu  s.  340  nr.  42 
(ausgesperrter  ehemann). 

80)  Eine  stadt  wird  gewonnen,  daraus  die  wei- 
he r  ihre  mann  und  kinder  tragen.  —  Lateinisch  von  Hula- 
busch, Sylva  1568  p.  32 :  .Mulieribus  obseasis  conceditur  vita  inco- 
lumis  et  quod  secum  anferre  possunt'.  —  Es  ist  die  bekannte  er- 
zählung  von  den  treuen  weibernzu  Weinsberg,  jedoch  ohne 
namen.  Zuerst  taucht  diese  um  1170  auf  in  der  Chronica  regia 
Coloniensis  (Monumenta  Gerroaniae,  scriptores  17,  759.  Die  geschichta- 
schreiber  der  deutschen  vorzeit,  2.  aufl.  13.  jahrh.  1,50.  1896),  woraus 
sie  1499  in  die  Koelhoffsche  chronik  bl.  199  (Chroniken  der  d. 
städte  13,  508)  und  in  Joh.  Trithemius  (f  1516)  chronicon  Hirsaugiense 
(Opera  historica  1601  2,129)  und  in  seine  Annales  Hireaugienses  (1,409 
ed.  1690)  uberging.   Ihre  unglaubwQrdigkeit  ward  schon  von  Leibniz 


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616 


Anmerkungen. 


erkannt  und  neuerdings  von  Bernheim  (Die  sage  von  den  treuen  weibern 
zu  Weinsberg.  Forschungen  zur  dtsch.  gesch.  15,239. 1875  und  Historisches 
taschenbuch  6.  folge  S,  13.  1884)  erwiesen.  Bernheim  vermutet,  der  Kölner 
annalist  habe  die  erzählung  von  der  eroberung  Cremas  durch  Friedrich  Bar- 
barossa (1160),  bei  der  männer  und  trauen  nur  soviel  mitnehmen  durften, 
als  sie  auf  den  schultern  tragen  konnten  (Mon.  Germ.scr.  18,618.23,351 ;  vgl. 
Lex  salica  27),  auf  die  einnähme  von  Weinsberg  durch  Konrad  III. 
(1140)  übertragen.  —  Vgl.  S.  Franck ,  Germaniae  chronicon  1538  bl. 
177b.  V.  Winshemius,  Declamatio  de  Guelfo  duce  Bavariae  1539  (Cor- 
pus reformatorum  ed.  Bretschneider  11,466)  =  Castritius,  De  heroicis 
virtntibus  principum  Germaniae  1565  p.  266.  H.  Mutius,  De  Germano- 
rum  prima  origine  1539  p.  154.  Munster,  Cosmographia  bl.  592. 
Hedio,  'Chronicon  Hb.  10,  c.  13.  Buch  Weinsberg  ed.  Höhlbaum  1,45 
(1886);  vgl.  Germania  19,80.  Lauterbeck,  Regentenbuch  1559  b.  3,  c. 
3,  96.  Manlius,  Locorum  communium  collectanea  1594  p.  275  =  deutsch 
von  Ragor  1566  1,  bl.  Bbijb.  Goltwurm,  Wunderzeichen  1567  s.  106. 
Ireneus-Hondorff,  Lob  und  unschuldt  der  ehefrawen  1568  (zuerst  1543) 
bl.  M.  2  b.  Hondorff,  Promptuarium  exemplorum  1598  2,212  b  (luerst 
1570)  und  Calendarium  sanctorum  et  historiarum  1573  1,41  b.  Bün- 
ting,  Braunschweigische  chronica  l,  bl.  66  b  (1584)  =  1620  s.  137. 
Crusius,  Annales  sueviei  2,382  (1595).  Kirchhof,  Wendunmut  6, 242. 
Bodinus,  Methodus  ad  historiae  cognitionem  1593  p.  5.  Thuanus,  Hi- 
storiarum  libri  10,  293.  Ph.  Camerarius,  Operae  horarum  subcisivarum 
1,228  (1602).  Melander -  Kezelius ,  locoseria  deutsch  1606  2,32  nr. 
27  =  1617  2, 27  (nach  Lossius).  Gebhart,  Fürstliche  tischreden  1614  s.  193. 
Sax,  Kaiserchronik  3,264  und  Christi,  zeitvertreiber  4,657  (W,  29)  1628. 
Alciatns ,  Emblemata  ed.  Thuilius  1621  p.  816  zu  nr.  191  (Nau- 
clerus).  Zincgref,  Apophthegmata  1628  1,29.  Abele,  Metamorphoäia 
telae  iudiciariae  1654  s.  87  (1,  casus  19).  Stengel,  Opus  de  iudiciis 
divinis  1651  2,  309  (c.  24,  §  6)  =  deutsch  Augsb.  1712  2,279.  Ger- 
Inch,  Eutrapeliae  1,  nr.  286  (1656).  Memel,  Lustige  gesellschaft  1G60 
nr.  1108.  Histor.  handbüchlein  1672  s.  289.  347.  Historienbuch,  um 
1690  zu  Nürnberg  geschr.  (ha.  2434  des  German,  museums)  s.  232  a. 
Histor.  Schauplatz  1700  s.  150.  Kurzweiliger  tischrath  s.  92.  Lyrum 
larum  1701  nr.  274.  Grimm,  Deutsche  sagen  2  nr.  492.  Hormayrs 
taschenbuch  f.  vaterl.  gesch.  1838,  169.  Bechstein,  Sagenbuch  s.  723. 
K.  Meier,  Sagen  aus  Schwaben  1852  nr.  374.  Dillenius,  Weinsberg 
1860  s.  14.  262.  Guicciardini,  Höre  di  recreatione  1572  p.  276  =  1583 
p.  202  =  französisch  von  Belieferest  1605  p.  181  =  deutsch  von  Feder- 
mann 1574  s.  319  =  Cluchtboeck  1576  p.  120  =  1680  p.  118  (Tijdschr. 
voor  nederl.  taalkunde  10,  137).  Garon,  Le  chasse  ennuy  1641  p.  151 
(2,  nr.  44).  Soave  (f  1806),  Novelle  morali  nr.  35  :  ,Le  donne  di  Winsberg'. 

Poetische  be  handlangen:  Joach.  Loneman,  Historia  Guel- 
phi  de  fide  conugiali  1559.  4°  (Breslau).  Widebram,  In  historiam  Guel- 
phi  Winsbergensis  (Delitiae  poet.  Germanorum  6,  1112.  1612).    L.  Los- 


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GartengesellBchaft  c.  80. 


(517 


sius,  Epigrammata  1571  p.  278  =  Mel ander,  Joci  atque  seria  2,  76 
nr.  56  (1604).  Bünting ,  Braunschweigische  chronica  2,  13b  (1584): 
»Von  hertzog  Welffen  zu  Beyern*.  Zwei  meisterlieder,  ein  anonymes 
in  der  tagweis  B.  Regenbogen  und  ein  1599  von  H.  Weidner  in  Augs- 
burg gedichtetes,  sind  oben  s.  519  nr.  XXIX  und  XXX  abgedruckt.  H. 
Meibom,  Guelfus  redivivus  1614  (in  hexametern).  S.  v.  Birken,  Die 
weibertreu  der  frauen  zu  Weinsberg,  12  str.  nach  der  weise  .Amarintha 
die  ich  hasse';  anfang  :  .Lasset  uns  ein  liedlein  singen'  (folioblatt  bei 
Weller,  Annalen  2,  490  nr.  1079  =  J.  Höefel,  Histor.  gesang-buch  1681 
s.  441  =  Erlach,  Volkslieder  der  Deutschen  3,391.  1835).  Bürger, 
Die  weiber  von  Weinsberg  (1774).  N.  G.,  Die  ringe  von  der  Weiber- 
treue:! 1824  (Dillenius,  Weinsberg  1860  s.  271).  Elisabeth  Kulmann 
(f  1825),  Dichtungen  1851  s.  500:  «Weinsberg*.  Chamisso,  Die  weiber 
von  Winsperg  (1831.  Werke  1,  176  ed.  1869).  K.  Geib,  Gedichte  (1830?). 
F.  Halm,  Werke  7,177:  Aus  frau  Marthens  hauschronik  (1864).  E.  v. 
d.  Planitz,  Die  weiber  von  Weinsberg  1898.  —  Dramen:  P.  Nich- 
thonius,  Weinspergische  belagerung,  Nürnberg  1614.  Mison  Erythreus, 
Frauentren  oder  hertzog  Welt!  aus  Beyern,  Saltzburg  1682.  J.  A.  Andre, 
Die  weiber  von  Weinsberg  1793  (singspiel) ;  vgl.  die  Wiener  hs.  13570. 
Gleich,  Albert  der  Bär,  oder  die  weiber  von  Weinsberg,  Wien  1806. 
Unlands  entwurf  von  1816  (Keller,  Unland  als  dramatiker  1877  s.  359). 
Th.  Appel  und  K.  E.  Conrad,  Weibertreue  1854  (oper).  K.  Schnabel, 
Die  weiber  von  Weinsberg  1856  (oper).  üust.  Schmidt,  Weibertreue 
1858  (oper).  C.  Volkmer,  Die  weibertreue  von  Weinsberg  1887.  Ad. 
Tafel,  Die  schreckenstage  von  Weinsberg  1.  1893. 

Dieselbe  frauenlist  wird  auch  von  andern  orten  erzählt :  A. 
Krantz,  Saxonia  Hb.  6,  c.  24  (Barbarossa  1162  vor  Mailand) ;  M.  Sax,  Christi, 
zeitvertreiber  4,545  (1628);  Krombach,  Primitiae  gentium  s.  historia 
trium  regum  1654  p.  686—705;  Weyden,  Cölns  vorzeit  1826  s.  33. 
—  Kirchhof,  Wendunmut  1,388  (Thalwig) ;  Zeisseler,  s.  153;  Zincgref- 
Weidner  4,205.  —  Zimmersche  chronik  1,382  (Schwanau) ;  Hertzog, 
Elsasser  chronik  1592  5,111;  Stöber-Mündel,  Sagen  des  Elsasses  2,284 
nr.  22;  Hertz,  Deutsche  sage  iui  Elsass  1872  s.  111.  261;  Stöber,  Ober- 
rbein.  Sagenbuch  1842  s.  142.  —  Stettier,  Annales  in  Helvetia  1627  1. 
344  (Blumeneck.  Dohna.  Kriebstein).  Rochholz,  Schweizersagen  2,  352 
und  Germania  13,  311.  Flugi,  Sagen  aus  Graubünden  1843  s.  24.  J.  C. 
Schwarz,  Wanderbilder,  Schaffh.  1843  s.  91.  93  (Karpfenstein.  St.  Geor- 
genberg). Steub,  Drei  sommer  1846  s.  288.  Zingerle,  Sagen  aus  Tirol  1853 
nr.  702=  1891  nr.  978  (Hochgalsaun) ;  Alpenburg,  Alpensagen  1861  nr. 
248.  Scbnezler,  Badisches  Sagenbuch  1846  1,108  (Thengen);  Scuünhutb, 
Ritterburgen  des  Hegaus  2,  66.  Schöppner,  Sagenbuch  der  bair.  lande 
nr.  659  (Giebelstadt).  Schönwerth,  Aus  der  Oberpfalz  2,  439  (Habsberg). 
Herrlein,  Spessart  1851  s.  76  =  1885  s.  89  (Randenburg.  Alzenau). 
Kaufmann,  Mainsagen  1853  nr.  85  (G.  v.  Vincke,  Die  Randenburg) 
J.  Schwarz,  Buchenblätter  1849  1,  92  (Mechthild  von  Ebersberg  trägt 


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618 


Anmerkungen. 


einen  von  den  ihren  gefangenen  jungling  in  einer  bütte  fort.  Aebnlich 
Ljncker  nr.  221»).  Lersner,  Frankfurter  chronica  1706  2,  1.  174  (Glau- 
burg); Landau,  Ritterburgen  2,316;  Diefenbach,  Archiv  f.  hess.  gesch. 
3,  1  nr.  5,0  und  4,  1,286  f.  (Glauburg.  Nidda).    Wolf,  He«,  sagen 

1853  nr.  236  f.  (Glauburg.  Weidelburg).   Lyncker,  Sagen  in  hess.  gauen 

1854  nr.  225. 230-236  (Chriftenburg.  Hauneck.  GeUterburg.  Weidelburg. 
Braiuburg).  Grimm,  DS  nr.  92  (Christenberg)  und  573  (Nidda).  Hof- 
meister, Hess.  Volksdichtung  8.  10  und  64  (Geisterburg.  Christenberg). 
Printer,  Sagen  aus  Hessen  und  Nassau  s.  127  und  146.  Grösse,  Sagen- 
buch des  preu*.  Staats  2,  nr.  253.  913.  920  (1871).  Curtze,  Volksiiber- 
lieferungen  von  Waldeck  lfc60  s.  263  nr.  114  (Weidelburg).  Hub,  Bal- 
laden 2.  aufl.  s.  62  (Altenburg).  GotUchalk,  Ritterburgen  2,118  (Kri- 
ben*tein)  ;  G  risse,  Sagencchatz  von  Sachsen  1855  s.  257.  Grave,  Sehl  es. 
*>agen  s.  316  (Neuhaus).  Kern,  Schles.  sagen  s.  227  (Gleiwitz).  Prohle, 
Unterharzische  sagen  1856  s.  173  (Hohenstein).  Schflcking-Freiligrath, 
Das  malerische  Westfalen  1841  s.  2141  (Raffenberg).  Steinau,  Volks- 
sagen 1838  s.  249  (Ahrens  bei  Minden)  Bah  1  mann ,  Westfälischer 
sagenkranz  1897  8.  175  (Hohen-Seelbach).  Kuhn,  Norddeutsche  sagen 
nr.  255  (Frauenruhe).  Montanus,  Vorzeit  von  Cleve  2,  253  (Ottenstein) ; 
vgl.  H.  Heine,  Dichtungen  2,  63.  Schmitz,  Sitten  des  Eifler  volks  1856 
1,  13.  2,80  (Entersburg);  Hocker,  Moselland  1852  s.  205.  Schambach- 
Muller,  Niedersächs.  sagen  1854  s.  12  f.  328  (Grubenhagen.  Erichsburg), 
Hormayrs  taschenbuch  f.  vaterl.  gesch.  1841,  194  (Fockenburg  a.  d. 
Leer  1430).  Bartsch,  Sagen  aus  Mecklenburg  1,  297  nr.  396  (Kessin). 
Terame,  Volkssagen  von  Pommern  s.  198  (Cantrek).  Blätter  f.  pom- 
merBche  Volkskunde  1,52.  4,11.  Wolf,  Wodana  s.  40  und  Niederlan- 
dische sagen  1843  nr.  38.  90.  116.  543  (Harlem.  Brüssel). 

Keinen  inneren  Zusammenhang  mit  unsrer  sage  hat  die  erzählung 
von  der  klugen  f  r  a  u  ,  die  bei  der  Scheidung  das  beste  im  hause 
mitnehmen  soll  und  ihren  schlafenden  mann  forttragen  lässt,  obwohl 
sie  Imbriaui  (Due  fiabe  toscane  1876  p.  16  ;  aus  Gioruale  napolet.  8), 
Landau  (Quellen  des  dekameron  1884  s.  157)  und  Gaster  (Germania 
25,285)  damit  vergleichen;  s.  R.  Köhler,  Kl.  schriften  1,446. 

- 

81)  Einvogtfäbrtauseinerstadt  und  mussin  einer 
kotlache  absitzen.  —  Lateinisch  von  Hulsbusch ,  Sylva  1568 
p.  32 :  ,Praefectus  qui  fuerat,  compellitur  descendere  currum  in  luto*. 
—  Vgl.  Jodocus  Gallus,  Mensa  philosophica  1508  bl.  36  =  oben  s.  522 
nr.  XXXI.  Pauli,  Schimpf  und  ernst  nr.  582.  Kirchhof,  Wendunmut 
1,64.  Joh.  P.  de  Memel,  Lustige  gesellschaft  1660  nr.  306.  Peregri- 
nation  oder  reysespiegel  Anangkyloraitens  1631  s.  121  =  1655  s.  191. 
Somuierklee  und  Wintergrün  1670  s.  112  nr.  180.  Rottraann,  Lust,  hi- 
storienschreiber  1717  s.  81  (1,57).  Berliner  mscr.  germ.  qn.  616,  s.  It5 
nr.  140.  Vademecum  f.  lust.  lente  6,  nr.  170  (1778).  Langbein,  Der 
gerichtsverwalter  (Gedichte  1,231.  1820).  Der  lustige  deklamator  s.  24. 


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Gartengesellschaft  c.  80  —  85. 


619 


Ein  barfüsserniönch  tragt  den  pfarrcr  durch  den 
bach  und  lässt  ihn  fallen,  weil  er  geltl  bei  sich  habe:  Hans  Sachs, 
Der  pfaff  im  pacb,  meisterlied  im  lieben  ton  Caspar  Singers  1550 
(MG  11,199.  Dresdener  hs.  M  5,816.  Nürnberger  mscr.  Solger  fol. 
50,  1,322  b)  und  Der  pfarrherr  mit  dem  stacionirer  1563  (Folio  4,  3, 
83a  =  17,355  ed.  Keller-Goetze  =  Schwänke  ed.  Goetze  nr.  313). 
Fischart,  üominici  und  Francisci  leben  1571  v.  265—410  (Dichtungen 
ed.  Kurz  1,  140).  Talitz,  Kurtzweyliger  reyßgeapahn  1045  nr.  56. 
Memel  1660  nr.  305.  Gerlach,  Eutrapeliae  2,  nr.  18  (1656).  Exi- 
limu  melancholiae  1643  s.  328  nr.  6.  s.  407  nr.  121.  Sommerklce 
und  wiutergrfln  1670  s.  238,  nr.  511.  Lustiger  heerpaucker  1672  e. 
154  =  um  1690  s.  166.  Schuppius ,  Schriften  1701  1,165.  Abr.  a  s. 
Clara,  Huy  und  pfny  der  weit  1707  bl.  H  2.  60.  Lyrum  larum  lyria- 
simum  1701  nr.  188.  Vorrath  artl.  ergötzlichkeiten  1702  nr.  53.  Schreger, 
Zeitvertreiber  1753  (17,  22)  p.  529.  Vademecura  für  lustige  leute  1, 
nr.  6  (1767).  300  schwänke  (hsl.  Augsburg  um  1770)  nr.  110.  Const. 
Huygens,  Gedichten  ed.  Worp  1,  23  (1892) :  ,De  rustico  et  monacho'. 
Geest  van  Jan  Tamboer  1664  p.  27  ,Pots  om  pots'  =  Jan  Tainbaur 
(deutsch)  um  1690  s.  27.  Nieuwe  snakeryen  of  vermakelyko  historien, 
um  1750  p.  365  (Berlin  Zh  6144).  Roger  Bontems  en  belle  humeur  1731 
p.  66.  Jaworskij,  Urquell  1898,  195  nr.  2.  Vgl.  auch  Fabnlae  Aeso- 
picae  ed.  Halm  nr.  863:  ,affe  und  delphin'. 

82)  Ein  mann  nennt  die  werke,  die  ermitderfrauen 
braucht,  bosselarbeit,  (dingt  auch  einen  knecht  zu  aller 
bosselarbeit).  —  Bosselarbeit  in  gleichem  sinne  bei  Luscinius, 
Joci  1524  nr.  134  und  Sommer,  Emplastrum  Cornelianum  1G09  nr.  30. 

83)  Ein  knecht  liegt  im  bett  und  klagt  sich,  wie 
ihn  so  übel  dürste.  (Weil  er  zu  faul  ist  sich  wasser  zu  holen, 
entlasst  ihn  der  herr).  —  Aehnliches  erzählt  Mich.  Saxo,  Erklcrung 

°  des  buches  Tobiae,  Jehna  1604  p.  557  =  Melander-Kezelius,  Jocoseria 
(deutsch)  1605  2, 135  nr.  208  =  1617  2, 159  =  Melandcr ,  Joci  atquo 
seria  (lateinisch)  3,  53  nr.  38  (1607). 

84)  Zu  Strassburg  sieht  einer  eine  frau,  so  mit 
einem  letzen  pelz  indiekirchegeht,  für  einen  iir- 
r  i  n  an.  —  Abgedruckt  bei  Goedeke ,  Schwänke  1879  s.  295,  nr.  248. 
—  Vgl.  Fischart,  Geschichtsklitterung  1575  cap.  56,  s.  451  ed.  Ableben. 

s.  345,  19  vgl.  Wander,  Sprichwörterlexikon  2,  1768  nr.  129:  .Jedes 
land  hat  seinen  tand';  2, 1770  nr.  169—171:  ,So  manch  land,  so  manch 
»itten'. 

s.  345,  21  vgl.  Wander  2, 1511  nr.  319—331 :  .Viel  köpf,  viel  sinne*. 

85)  Der  teufelnimmteinezu  derehe,  in  acht  tagen 
tötet  er  sie.  —  Von  einem  teufelskinde ,  das  1565  eine  frau  zu 


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020 


Anmerkungen. 


Schmirtz  geboren,  erzählen  Hondorff,  Calendarium  sanctorum  et  hi- 
storiarum  1573  1, 122a  und  Biitner-Steinhart,  Epitome  historiaruiu  1596 
bl.  27  b.    Vgl.  Menzel,  Deutsche  dichtung  2, 154. 

86)  Zween  jung  gesellen  beschlafen  einem  wirt 
sein  weib  und  tochter.  —  Nach  Boccaccio,  Decamerone  9, 
6;  vgl.  Val.  Schmidt,  Beiträge  1818  s.  96.  Dunlop-Liebrecht  s.  248. 
Landau,  Quellen  des  dekameron  1884  s.  151.  —  Vgl.  v.  d.  Hagen,  Ge- 
samtabenteuer 3, 787 :  ,Von  zwain  Studenten'  (auch  in  der  Wiener  hs.  2885). 
Rüdiger  von  Munre,  Irregang  und  Girregar  (ebd.  3,  87  nr.  55).  De  ge- 
neribus  ebriosorum  1515  (Zarncke,  Die  d.  Universitäten  im  mittelalter 
1,137.  1857):  ,De  duobus  studentibus,  qui  hospitem  cum  uxore  et  filia 
inebriarunt'.  Hans  Sachs,  Die  zwei  gesellen  beim  wirt,  der  nur  ein  kam- 
mcr  het,  meisterlied  im  langen  ton  H.  Mügling  1554  (Dresdener  hs. 
M  5,  662  und  M  207 ,  bl.  103  b).  Lindener,  Rastbuchlein  1558  nr.  24 
s.  37  ed.  Lichtenstein.  Mahrold,  Koldmarsch  kästen  1603  nr.  94 
(Frey  ed.  Bolte  s.  274)  Langbein ,  Die  wiege  (Gedichte  1, 198.  1820). 
—  Fabliau  de  tiombert  et  de  deux  clercs  (Montaiglon-Raynaud,  He- 
cneil  des  fabliaux  1,  38)  und  Le  meunicr  et  les  deux  clercs  (ebd.  5, 83. 
Engl.  Studien  9,241.  B&lier,  Les  fabliaux  1895  p.  463).  Parangon  des 
nouvelles  p.  41  (V).  Lafontaine,  Contes  2,3  (Oeuvres  4,202  ed.  Reg- 
nier):  ,Le  berceau'.  Le  berceau,  comödie  (Choix  des  Mercures  et  autres 
journaux  13.  1758).  Colld,  Le  berceau,  opera  1763.  Luzel,  Soniou  Breiz 
Jzel  2, 203  (1890) :  ,Le  clerc  et  son  frere  laboureur«.  Cinthio  dei  Fa- 
brizii,  Origine  dei  volgari  proverbii  1526  nr.  25 :  ,Tu  vai  cercando 
Maria  per  Ravenna*.  Fortiguerra,  Ricciardetto  18,  45  (deutsch  von 
Gries  1832  2,279).  Chaucer,  Canterbury  tales  v.  3919:  The  reeve's 
tale  (deutsch  von  Hertzberg  1866  s.  279  ;  von  Düring  1835  2, 134). 
Historie  of  the  mylner  of  Abyngton,  with  his  wife  and  his  fayre  daugh- 
ter  and  of  two  poore  scholers  of  Cambridge  (Hazlitt,  Romains  of  early 
euglish  populär  poetry  3,  98.  Englische  studicn  9,247).  Verwijs,  Tieu  -5 
gocde  boerden  1860  p.  11 :  ,Een  bispel  van  twe  clerken'.  Der  jongc 
dochters  tijtcortinghe  1591  nr.  11.  —  Vgl.  Varnhagen,  Die  erzählung 
von  der  wiege  (Engl,  studien  9,240-266.  1886). 

87)  Warum  die  wölfe  den  schufen  so  feind  und  die 
pfaffen  den  weibern  so  aufsätzig  wären  (Testament  des 
schäfers).  —  Vgl.  Strassburgcr  ratselbuch  1505,  hsg.  von  Butsch  1876 
s.  28  nr.  313 :  .Warumb  die  priester  die  frawen  und  die  "wolff  die 
schaff  und  die  dornhecken  die  kleyder  an  sich  ziehen*.  Folz,  Dreier 
bauren  frag  (Meusels  bibliogr.  magazin  4,  127.  1791 ;  vgl.  Keller,  Fast- 
nachtspiele 3,  1214.  1271).  Seb.  Brant,  Mythologi  Esopi  1501  2,  bl. 
E5a:  ,Quare  lupi  sectantur  oves  et  sacerdotes  insidias  faciant  mulie- 
ribus' ;  deutsch  von  J.  Adelphus,  Esopus  leben  und  fabeln,  Freiburg 
1535,  bl.  136  a  =  oben  s.  522  nr.  XXXII.    Hans  Sache,  Das  bauren  ge- 


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Gartengeselfochaft  c.  85-89. 


<)21 


schefft,  meisterlied  im  vergessen  ton  Frauenlobs  1546  (MG  8,  57.  Dres- 
dener hs.  M  5,567.  Nürnberger  rascr.  Solger  fol.  56,  1,360  a)  und 
spruchgedicht:  Ursprung  dreyerley  feintschaft:  pfaffen,  wolff  und  dorn- 
heck 1558  (Folio  2,  4,  91  a  =  9,  388  ed.  Keller  =  Schwänke  ed.  Goetze 
nr.  201).  Vgl.  Stiefel  in  der  Nürnberger  Festschrift  Hans  Sachs- For- 
schungen 1894  s.  149.  —  Anders  Fabulanus  Kurzweil  1 ,  Tischreden 
(Wiener  hs.  14914)  s.  690:  ,Es  hatte  ein  schuester  drey  dungethaufen ; 
von  disen  hat  er  vor  seinem  todt  disponiert  und  hat  ainen  davon 
vermachet  denen  Schreibern,  das  sie  statt  in  die  äpfel  die  feder  darein 
stecken  sollen;  den  andern  aber  denen  spilleuthen,  das,  wan  sie  mit 
denen  fließen  beim  aufmachen  stampfen,  linder  auftretten.  Und  wem 
hat  er  den  dritten  häufen  vermacht?  Dir,  damit  du  deine  vorwitzige 
nasen  darein  stecken  kanst». 

88)  Einpfaffgiebt  einem  in  der  beicht  eine  selt- 
same buss.  —  Vgl.  das  gedieht  ,Die  pawrn  peicht'  (Zs.  f.  vergl. 
littgesch.  7,468;  zuni  anfange  Cnesarius  von  Heisterbach  3,29)  und 
Hans  Sachs,  Der  beckenknecht,  meisterlied  von  1550  (Zs.  f.  vergl. 
littgesch.  7, 467.  11,76).  Hertzog,  Schiltwacht  1570  nr.  30  =  oben  s.  523 
nr.  XXXIII.  Montaiglon-Raynaud,  Fabliaux  3, 178  nr.  77  :  ,De  l'eveqtie«. 
ßonchet,  Serees  nr.  34  (5, 70  ed.  Roybet.  Gekochte  erbsen  in  den  schuhen). 
Mont-Cock,  Vlaamsche  vertelsels  1898  p.  279  (gekochte  erbsen).  J.  D. 
Falk,  Die  erbsen  (nach  Peter  Pindar ,  d.  i.  J.  Wolcot)  =  Rob.  Falck, 
Schatzkästlein  deutschen  scherzes  1884  s.  120.  Merkens,  Was  sich  das 
volk  erzählt  1892  nr.  260.  Kristcnsen,  Aeventyr  fra  .Tylland  2,  nr.  36 
(1884).  —  Die  geile  alte,  die  den  burschen  zurückruft,  um  ihm  noch  einen 
zahnstumpf  zu  weisen,  begegnet  schon  bei  Kundus  Cordus,  De  Crocide 
anu  (Epigrammata  lib.  2  =  Melander,  Joci  atque  seria  3,  73  nr.  51.  1607). 

s.  352,  29  vgl.  Wander,  Sprichwörterlexikon  5,572  nr.  2:  .Alte 
siegen  lecken  auch  gern  salz'. 

80)  Von  eines  bauernweib,  dieihm  inallendingen 
zuwider  was.  —  Lateinisch  von  Hulabusch,  Syl?a  1568  p.  33  ,Dc 
muliere  pertinaci'  und  34  ,Alia  eiusdem  farinae*.  —  a)  streit,  ob  die 
wiese  gemuht  oder  geschoren  sei.  J.  de  Vitry,  Exempla  ed. 
Crane  nr.  222.  Wright,  Latin  stories  nr.  9.  Nicolaus  Pergamenus, 
Dialogus  creaturarum  ed.  Oraesse  nr.  30.  Etienne  de  Bourbon,  Anec- 
dotes  bist.  1877  p.  205  nr.  243.  Magnum  speculum  exemploruin  ed. 
Maior  1611,  Pertinacia  nr.  1;  nach  Gotschalcus  Hollen,  Serraones,  pars 
aestiv.  nr.  82,  lit.  E.  Romulus,  Fabulae  app.  nr.  57:  ,Do  uxore  pro* 
terva'.  Hervieux,  Lea  fabuliates  latins  2,  5 18  nr.  73  ,De  homine  et  uxore 
litigiosa*.  Gerhard  von  Minden  ed.  Seelmann  1878  nr.  28.  Gerhard  von 
Minden,  Fabeln  ed.  Leitzmann  1898  nr.  64.  Korrbl.  f.  nd.  Sprachfor- 
schung 9, 43  (1884).  Marie  de  France,  Fabeln  ed  Warnke  189S  nr. 
95.   Le  pre*  tondn  (Montaiglon-Raynaud,  Fabliaux  4, 154.    Didier,  Les 


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022 


Anmerkungen 


fabliaux  1895  p.  47.  467).  Meon,  Nouveau  recueil  1,  289.  Hist.  litt, 
de  France  23,191.  Baaile,  Pentamerone  übers,  von  Liebrecht  2,264 
anm.  69.  Dunlop-Liebrecht  a.  516.  Benfey,  Pantsch  atantra  1,  523. 
Orient  und  occident  3,  376.  Gradi,  Saggio  di  letture  varie  p.  36.  Pi- 
tre,  Fiabe  siciliane  4,  131  nr.  257  ,Forfici  föru*  =  Crane,  ltalian  popu- 
lär talea  1889  p.  285  nr.  96:  ,Sciasora  they  were*.  Ralston,  Rusaian 
folk-talcs  1873  p.  36.  Asbjörnsen,  Norske  folkeeventyr  nr.  64.  Pitre 
a.  a.  o.  4,412  und  447  ;  dazu  Novelline  pop.  tose.  nr.  67.  Mont-Cock, 
Vlaamscbe  vertelsela  1898  p.  342. 

Nahe  verwandt  ist  die  geschichte  vom  läuaknicker  (pedicnlo- 
rus)  :  Vitry  nr.  221.  Etienne  de  Bourbon  nr.  242.  Dialogus  creat.  nr. 
30.  Wright,  Latin  storiea  nr.  8.  Poggius,  Facctiae  nr.  59  (Opera  1538 
p.  437:  ,De  mutiere  obstinata,  qnae  virum  pediculosnm  voeavit'  =  Face- 
tiae  1798  1,68;  vgl.  2,51)  =  Brant,  Mythologi  Ksopi  1501  bl.  C3a; 
deutsch  von  Adelphus  1535  bl.  124  b;  Bebel,  Geschwenk  1558  bl.  i8a. 
Pauli,  Schimpf  und  ernst  nr.  595  mit  Oesterleys  anm.  Schertz  mit  der 
warheit  1550  bl.  25b.  W.  Spangenberg  1610  (Fischarts  dichtungen 
cd.  Kurz  2,  154).  Melander-Kezelitis,  Jocoaeria  deutsch  1605  2,  nr.  212. 
Doctae  nugae  Gaud.  Jocosi  1713  p.  166  und  187  (Poggius).  A.  Metzger, 
meisterlied  von  1625  =  oben  a.  525  nr.  XXXIV.  Rottmann,  Historien- 
schreiber 1717  a.  202  (2,43).  Hebel,  Werke  ed.  Behaghel  2,185  nr. 
110.  Merkens,  Was  sich  das  volk  erzählt  1892  nr.  212.  Cluchtbocck, 
Antw.  1576  p.  134  =  1680  p.  181.  Garon,  Le  chasse  ennuy  1641  p.  321 
(4,  8 :  .cornard*)  Decourdemanche,  Fables  turquea  1882  nr.  6.  Weitere 
nachweise  bei  R.  Köhler,  Kl.  achriften  1,  136  ,La  femme  mechante1. 

b)  die  ertrunkene  koiferin  wird  stromaufwärts  ge- 
sucht: Vitry  nr.  227.  Ktienne  de  Bourbon  nr.  244  und  299.  Wright 
nr.  10.  Holkot,  In  librum  aap.  Sal.  30,8.  Scala  celi  bl.  87  b.  Speculum 
exempl.  Pertinacia  nr.  2.  Romulu8  app.  58:  ,Iterum  de  uxore  pro- 
terva*.  Poggius,  Facetiae  nr.  60  (1538  p.  487  :  ,De  eo,  qui  uxorem  in 
flumine  peremptam  quaerebat'  =  1798  1,69;  vgl.  2,  53)  =  Brant 
1501  bl.  C3b  =  Adelphus  1535  bl.  124b;  Bebel,  Geschwenck  1558  bl. 
k  la.  Stengel,  Opus  de  iudieiis  div.  1651  2,535  =  deutach  1712  2, 
473.  Doctae  nugae  1713  p.  172  und  240.  Nicol.  Bartholomaeua,  Epi- 
grammata  1532:  ,In  Lincum*.  H.  Arconatus,  üxor  minua  bona  (Deli- 
tiae  poet.  Germ.  1,  887).  S.  Scheffer,  Kpigrammata  p.  96  =  Melander, 
Jocoseria  1603  nr.  277.  Faernua,  Fabulae  1564  nr.  27.  Barth,  Fabu- 
lae  Aeaopicae  5,  20  (1623) :  ,Vir  uxorem  in  flumine  quaerena'.  Royer 
de  Nomceio,  Epigrammata  1690:  ,In  fem  in  am  submersam'.  —  Germania 
3, 420  nr.  10 ;  5,  48.  Gerhard  von  Minden  ed.  Seelmann  nr.  29.  Ger- 
hard von  Minden  ed.  Leitzroann  nr.  65.  Keller,  Erzählungen  aus  ad.  hss., 
1855  a.  204  (danach  Simrock,  Deutsche  märchen  nr.  61).  Pauli  nr. 
142  mit  Oeaterleya  anmerkung.  Schertz  mit  der  warheit  1550  bl.  29  b. 
Kirchhof,  Wendunmut  4,  186.  Lundorf,  Wißb.  wisenbrünlein  1,  nr.  87. 
A.  Metzger,  meiaterlied  von  1626  =  oben  a.  526  nr.  XXXV.   Gerlach,  Eu- 


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Gartengesellachaa  c.  89—92. 


62:^ 


trapeliae  1,  nr.  734.  Schola  cnriositatis  2,279.  (C.  Lehmann),  Exiliii m 
melancholiae  1643  8.  522.  Conrad  von  Salzburg,  Fidus  salutis  moni- 
tor  1683  s.  59  (Zingerle,  Zs.  f.  d.  phil.  24,833).  Rottmann  1717  8.  208 
(2,  48).  Vademecum  f.  lustige  leute  2 ,  nr.  16.  Ebeling ,  Taubmann 
1882  s.  322.  Recueil  von  allerhand  collectaneia  11,  59  (1719).  Ramlcrs 
Fabelleae  3, 226  (1790) :  ,Das  ertrunkene  weih«  =  Pfeffel,  Poet,  ver- 
fiuehe  1,21  (1802).  Firmcnich,  Germ.  Völkerstimmen  2,  253 :  ,Der  liam- 
merschmied«.  —  Marie  de  France,  Fabeln  nr.  96.  La  Fontaine,  Fiibles 
3,  16  (Oeuvres  ed.  Regnier  1,  247).  Garon  1641  p.  318  (4,  6).  Chasse- 
chagrin  1679  p.  139.  Schreck,  Finn.  märchen  s.  173  nr.  21.  R.  Köhler, 
Kl.  schriften  1,  506  *.  Nyare  bidrag  om  de  svenska  landsmalen  2,  CV 
nr.  87-39. 

90)  Von  einem  falschen  notar  und  zwei  jungen  ge- 
sellen. —  Nach  Poggio,  Facetiae  nr.  169  (Opera  1538  p  465: 
,De  notario  Florentino  falso«  =  1798  1,  178)  =  Brant,  Mythologi  Esopi 
1501  bl.  G  lb=  deutsch  von  Adelphus  1535  bl.  146a.  Vgl.  Sacln,  Der 
falsch  notarius,  meisterlied  von  1557  (Dichtuugen  ed.  Goedeke  1,  199; 
MG  8,  59;  auch  im  Berliner  ms.  germ.  fol.  23,  nr.  235  =  Dresdener  hs. 
M  5,  594  =  M  8,  539b  =  M  188,  270  =  Gött.  cod.  philol.  194,  26b  = 
Nürnberger  ms.  Solger  fol.  56,  1,  325a).  Gerlach,  Eu trapeliae  1,  nr.841 
(1656). 

91)  Drei  dorfbäurinnen  bezahlen  einen  wirt  zu 
Hagenau  mit  drei  ratsein.  —  Vgl.  F.  Beroalde  de  Verville, 
Moyen  de  parvenir  nr.  40,  p.  180  ed.  1889(Lequel  est  le  plus  vieil  de 
votre  chouse  ou  de  votre  bouche  ?).  B.  de  la  Monnoye,  Lea  deux  bouches 
(Contes  en  vers  imites  du  Moyen  de  parvenir  1874  p.  70).  —  Andre  un- 
saubre rätsei  bei  Hans  Sachs,  Schwanke  ed.  Goetze  nr.  140,  auch  im 
Strassburger  r&tselbuch  ron  1505  nr.  71  und  88  (ed.  Butsch  1876).  An- 
standig ist  dagegen  die  anseinandersetzung,  dass  der  b  a  r  t  ä  1 1  e  r  sei 
als  der  mann  (ebenda  nr.  289;  Memel,Lust.  gesellschaft  1660  nr.  1129; 
Fabulanus  Kurzweil  in  der  Wiener  hs.  14914,  s.  230),  und  die  begrfin- 
dung  dafür,  dass  das  haupthaar  früher  ergraut  als  der  hart 
(Oesterley  zu  Kirchhof  2,  151;  Hulsbusch  1568  p.  300;  Talitz,  Reyßge- 
spahn  1645  nr.  18;  Gerlach,  Eutrapeliae  1656  1,  nr.  676;  Memel  1660 
nr.  207 ;  Lyrum  1701  nr.  46 ;  Bouchet,  Serees  nr.  84  =  5,  55  ed.  Roy- 
bet;  Rosen,  Tutinameh  2,285;  Ispirescu  nach  Mag.  f.  d.  lit.  des  aus- 
ländes 1879,  580). 

92)  Ein  müller  nimmt  einem  bauern  sieben  sester 
korn  von  einem  viertel.  —  Uebersetzt  von  Hulsbusch,  Sylva 
1568  p.  35:  ,Molitor  capit  quinque  sextaria  ex  quatuor  sextariis 
granorum*  =  oben  s.  527  nr.  XXXVI.  —  Vgl.  Hans  Sachs,  Der 
müller  mit  der  katzen,  meisterlied  vom  25.  juni  1545  (Dichtungen 
ed.  Goedeke  1,  183;  MG  7,  189)  und  Von  einem  müller  und  paw- 


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C24 


Anmerkungen 


ern  mit  einem  sack,  meisterlied  vom  gleichen  tage  in  des  Schillers 
hofthon  (Nürnberg,  F.  Gutknecht  =  Berlin  Yd  8448;  MG  7,188  = 
Dresd.  hs.  M.  8a,  IIb  =  M  12,  129  =  M  191, 10;  auch  im  Weimarer 
mscr.  Q573,  bl.  566  a):  beide  schwanke  vereint  in  dem  spruchgedichte : 
.Warum  die  pawern  den  mülnern  so  übel  vertrawen«  (Folio  2,  4, 106  b 
=  9, 450  ed.  Keller  =  Schwänke  nr.  241).  Stiefel,  Hans  Sachs-for- 
schungen  1894  s.  157  vergleicht  zum  ersten  Saccbetti,  Novelle  nr.  199, 
zum  zweiten  das  fablel  »Gombert  et  lea  deux  clercs'  (Montaiglon-Kay- 
naud,  Fabliaux  1,22  und  5,  119).  Weidner,  Poetisches  lustgärtlein  3, 
bl.  C  6  b  (1022)  =  oben  s.  528  nr.  XXXVII.  Talitz,  Kurtweiliger  reyßge- 
spahn  1645  nr.  180—181  s.  241.  J.  Pratorius,  Katzenveit  1665  bl.  K  5  b. 
Der  kurtz  weilige  Arlequin  1691  s.  330;  ,Üer  behende  müller  (fischende 
katze)  und  333 :  «Der  ungemeine  diebstahl'.  —  ,Le  chat  qui  pßche'  ist 
ein  altes  Pariser  hauszeichen  (Berty,  Revue  arcbeol.  1845,  9). 

s.  359,  25  vgl.  Wander,  Sprichwörterlexikon  4,  1290  nr.  78  (auch 
81.  91):  ,Wer  leicht  trauet,  wird  leicht  betrogen'. 

98)  Von  einem  jungen  kaufmann,  dem  in  einernacht 
drei  tötlicher  fahrlichkeiten  zustunden.  —  Eine  neue 
bearbeitung  des  Andreützo;  vgl.  oben  s.  582. 

94)  Wie  eine  frau  der  andern  für  übel  hielt,  dass  sie 
buhlte,  und  sie  an  solcher  th  at  auch  begriffen  ward. 
(Ehemann  päderast).  —  Nach  Boccaccio,  Decamerone  5,  10;  vgl. 
Manni,  Moria  del  Decamerone  1742  p.  367.  Val.  Schmidt,  Beitrage 
1818  s.  61;  Dunlop-Liebrecbt  s.  237;  Landau,  Quellen  des  dckameron 
1884  8.  313.  —  Boccaccio  benutzte  Apuleius,  Metamorph.  9,  c.  22—29, 
indem  er  den  schluss  etwas  abänderte.  H.  Sachs,  Die  müllerin  und  fer- 
berin,  meisterlied  von  1546  (MG  8,33.  Dresdener  hs.  M  5,495.  Wei- 
marer mscr.  Q573,  bl.  316  a)  nach  Apuleius.  Wieland,  Tentscber  Mer- 
kur 1785,  2,  174.  Morlini,  Novellae  nr.  31.  Branthöme,  Oeuvres  ed. 
Mörimee  et  Lacour  11, 198  (Hecueil  des  dames  2,  disc.  1). 

95)  Wie  ein  jüngling  für  tot  in  einen  kästen  ge- 
legt und  des  nachts  von  zwei  Wucherern  gestohlen 
ward.  (Er  hatte  im  hause  der  geliebten  unversehens  einen  schlaf- 
trunkgenossen). —  Nach  Boccaccio,  Decamerone  4,10;  vgl.  Val. 
Schmidt,  Beiträge  1818  s.  46;  Cappelleti,  Studj  sul  Decamerone  1880 
p.  387-393;  Landau,  Quellen  1884  s.  89.  Vgl.  Hans  Sachs,  Der  jüng- 
ling im  schrein,  meisterlied  von  1546  (MG  8,31)  und  Der  jüngling  im 
kästen,  comediavon  1557  (Folio  3,  2,  211  =28, 244  ed.  Keller-Goetzc).  Para- 
bosco,  Diporti  nr.  4.  Giraldi  Cinthio,  Hecatommithi  3,10  und  3  (15Ö5). 

96)  Wie  ein  junger  bauernknecht,  Lawel  genannt, 
sich  zu  einem  stummen  macht  und  in  einem  kloster 
ein  gürtner  ward  etc.  —  Eine  neue  bearbeitung  von  Boccaccio, 
Decam.  3,  1 ;  vgl.  oben  s.  573  zu  nr.  29. 


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625 


97)  Sein  weib  verkauft  einer  den  juden,  (die  das  kind 
aus  ihrem  leibe  schneiden  wollen;  ein  hinzukommender  edelroann  rettet 
die  frau).  —  Eine  ganz  ähnliche  begebenheit  ist  dargestellt  in  einem 
Hede:  Wie  ein  mann  sein  eigen  eeweib,  welche  groß  schwanger  eines 
kindts  wäre,  den  lnörderen  verkauft  hat,  sie  inen  in  ein  holtz  gelifert, 
daselbst  an  einen  bäum  gebunden  sie  alda  zu  morden,  geschehen  [1575 
zu  Voilland]  im  stifft  Bremen  (o.  o.  —  Wien,  Steffan  Creutzer  1575 : 
,Hort  allsammt  fraw  und  man*.  —  Königsberg,  Job.  Taubmann  1579: 
,lhr  lieben  Christen  gebt  euch  zurhu4.  —  o.  o.  1580:  ,Ach  wer  will 
hören  singen1,  20  achtzeilige  str.  Berlin  Ye  4529;  vgl.  Weller,  Anna- 
len  1,243  f.,  2, 436  f.)  und  in  einem  andern  Von  einem  wirt  im  AUger- 
gaw,  Bastian  Schönmundt  genandt,  in  ein  flecken  Kirchenboland  won- 
hafftig  gewesen;  wie  er  sein  ehelich  weib,  so  schwanger  leibs  gewesen, 
dreyen  mördern  verkaufft,  geschehen  im  6.  januarii  anno  1596,  auch  wie 
er  seinen  lohn  empfangen  und  mit  dem  rad  gericht  ist  worden  (o.  o.  1596. 
Berlin  Ye  5141:  , Ihr  Christen,  höret  ein  wenig  zu',  29  str.  in  könig  Laßla 
thon);  ebenso  in  dem  zuerst  im  18.  jahrhundert  aufgezeichneten  liede  von 
der  verkauften  müllerin  (Erk-Böhme,  Liederhort  nr.  58  a— e.  Köhler-Meier, 
Volkslieder  von  der  Mosel  1896  nr.  19  mit  anm.).  Ferner  vgl.  Zanach,  Hi- 
stor.  erquickstunden  4, 2, 613  (um  1620).  Sebald,  Breviarium  historicum  1655 
a.  436.  469  (1646  geschehen)  =  Zeiller,  Collectanea  2,  107  (1658).  Memel, 
Lust,  gesellschaft  1660  nr.  1119.  Banmgarten,  Linzer  museumsberichte  24, 
97.  25,137.  Schulenburg,  Wend.  volksaagen  1880  8.  245.  Bartsch,  Sa- 
gen aus  Mecklenburg  2,  332.  335.  Strackerjan,  Aberglaube  aus  Olden- 
burg 2, 127.  Verh.  der  Berliner  gea.  f.  anthropol.  1886,  252.  Hars- 
dörffer,  Schauplatz  jämmerlicher  mordgeachichte  1652  nr.  182  (bei  Up- 
sala  geschehen);  dazu  Arwidsson,  Svenska  forns&nger  2,  109  nr.  93  »Jo- 
hannes* und  Svenska  landsmSlen  7,  6,  37.  —  Aus  den  händen  oder  dem 
fette  der  ungeborenen  kinder  verfertigte  man  diebslichter,  die 
nach  dem  weitverbreiteten  volk8glauben  das  erwachen  der  zu  berau- 
benden leute  hinderten,  oder  man  verzehrte  das  herz  der  leibesfrucht. 
Vgl.  dazu  R.  Köhler,  Zs.  f.  dtsch.  mythologie  4,  180;  Erk-Böhme  I, 
198;  Böckel,  Volkslieder  aus  Oberhessen  1885  s.  XXVI-XXXIU.  Fer- 
ner: S.  Heinnitz,  Historia  laquei  venatoris  1608  s.  15.  G.  Ludwig, 
Chronik  von  Brünn  1859  s.  45  (1598).  Happel,  Relationes  curiosae  5,  95. 
Schade,  Wissenschaftl.  monatsbl.  1879,  141.207.  Birlinger,  Aua  Schwa- 
ben 2,  434  (1874).  Haupt,  Sagenbuch  der  Lausitz  1862  s.  199.  Am 
Urdsbrunnen  1, 16.  3,  16.  Lammert,  Volksmedizin  1869  s.  84.  Zahler, 
Die  krankheit  im  Volksglauben  des  Simmenthals  1898  s.  24.  Herrlein, 
Sagen  des  Spessarts  1885  s.  300  (kindsfinger  macht  unsichtbar). 

98)  Einjungermönch  beschläft  einesbauern  toch- 
ter,  und  sein  abt  ward  es  innen.  (Der  tnönch  aber  belauscht 
darauf  den  abt  bei  dem  gleichen  vergehen).  —  Nach  Boccaccio, 
Decatnerone  1,4;  dazu  Landau,  Quellen  1884  s.  174;  Cappelletti,  Studi 

MontuntiM  40 


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Anmerkungen 


1880  p.  297-801.  —  Vgl.  Cento  novelle  antiche  nr.  54  (d'Ancona,  Ro- 
mania  3,  175).  Montaiglon-Raynaud,  Fabliaux  3, 178  nr.  77  ,De  l'eveque 
quit  be"nit  le  c.  de  sa  maitrcsse'  (Bödier  1895  p.  462.  Kalenberger  v.  861 
in  Bobertags  Narrenbuch  1884  s.  40.  Des  Periers  nr.  34).  Bandello, 
Novelle  2,  nr.  45  (1554).  Mahrold,  Roldmarsch  kästen  1608  nr.  3  (Frey 
ed.  Bolte  9.  267).  Guichard,  Contes  et  fables  2,  30  (1808) :  ,Le  moine  ruse'. 

90)  Ein  mönch  verkuppelt  zwei  in  der  beichte  zusam- 
men ohne  sein  wissen.  —  Nach  Boccaccio,  Decamerone  3,  3 ; 
dazu  V.  Schmidt,  Beiträge  1818  s.  15-22;  Du  Meril,  Hist.  de  la  poesie 
scandinave  1839  p.  347;  Dunlop-Liebrecht  s.  227;  Landau,  Quellen  1884 
s.  101.  127.  -  Vgl.  v.  d.  Hagen,  Gcsamtabenteuer  nr.  14  ,Der  schülcr  zu 
Paria4.  Keller,  Erzählungen  aus  ad.  hss.  1855  a.  232  ,üy  falsch  peicht4 
und  242  ,Von  ainem  inünch4.  Kaufringer,  (iedichte  ed.  Ettling  1888 
s.  87  nr.  7.  Meisterlied  im  speten  ton  1515  =  oben  s.  530  nr.  XXXVIII. 
Bebel,  Facetiae  3,  nr.  67:  ,I)e  astutia  mulieruni4  =  Geschwenck  1558 
bl.  Y4b.  Rcrtzog,  Schiltwacht  nr.  1  =  oben  s.  534  nr.  XXXIX.  Vel- 
ten führte  1690  in  Torgau  ein  Schauspiel  ,Der  ehrliche  kuppler*  auf 
(Fürstenau  1,  307).  Vademecum  für  lustige  leute  3,  nr.  236  (1767). 
Sercambi,  Novelle  ed.  Renier  1889  nr.  75  ,De  malitia  mulieris  adultera*. 
Masuccio,  Novellino  nr.  30  p.  323  ed.  Setteinbrini.  Ginthio  dei  Fabrizi, 
Origine  dei  proverbi  volg.  1525  nr.  36 :  ,Ogni  cuffia  scusa  di  notte4. 
Fortini,  Giornate  de'novizi  nr.  45  (Festschrift  der  univ.  Zürich  1887 
s.  83).  Sagredo,  L'Arcadia  in  Brenta  1684  p.  143—149.  Etienne,  Apo- 
logie pour  Herodote  eh.  15,  30.  Des  Periers,  Nonvelles  recreations  nr.  1 14. 
La  Fontaine,  Contes  5,3:  ,La  confidente  sans  le  savoir4  (Oeuvres  ed. 
Regnier  6,  24).  Moliere,  L'ecolo  des  maris  (1661).  Dorimond,  La  femme 
industrieuse  (1661).  Lope  de  Vega,  La  discreta  enamorada  (vor  1603; 
Comedias  escogidas  de  los  mejores  ingeniös  3.  1653).  Marston,  Parasi- 
taster (1606.  Works  ed.  by  Bullen  2,  105).  Beauruont-Fletcher,  The 
widow  (Koeppel,  Quellenstudien  zu  den  dramen  Ben  Jonsons  1895  s.  64). 
Rhodes,  Flora's  vagaries  1663.  Fane,  Love  in  the  dark,  or  the  man  of 
business  1675.  Otway,  The  soldier's  fortune  1681.  Susannah  Centlivre, 
Busy  body  1709.  Pieter  van  lersele,  Wisen  raet  van  vrouwen  (Verwys, 
Middelnederl.  bloemlezing3).  De  jonghe  dochters  tijtcortinghe  1591  nr.  11. 
Den  narrade  munken  1838  (Bäckström,  Svenska  folkböcker  1848  3,67). 

100)  Ein  mönch  beschlaft  eines  wirtes  frau,  aber 
ohne  ihr  wissen.  —  Vgl.  Euricius  Cordus,  De  monacho  quodam 
ruri  medicaute  (Epigrammata  üb.  4  p.  149  =  Melander,  Joci  atque  seria 
1603  nr.  146  =  deutsch  1605  2,  145  nr.  152).  Bütuer,  Epitonic  histor. 
s.  335  a  =  Zanach,  Hiator.  erquickstunden  4,  2,416.  Sandrub,  Deliciae 
historicae  et  poet.  1618  nr.  48  (nach  Cordus).  A.  Metzger,  meisterlied 
von  1625  =  oben  s.  537  nr.  XL. 

101)  Von  einem  pfaffen,  meier,  seinem  weib  und 


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027 


fahrenden  schuler.  (Der  schüler  beschwört  den  versteckten  buh- 
len der  bäurin  in  gegenwart  des  niannes,  der  jenen  für  einen  teufe! 
hält).  —  Vgl.  Wuldis,  Esopu8  4,66  (1548):  ,Vom  Studenten  und 
einem  müller'.  Ueber  die  zahlreichen  bearbeitungen  dieses  schwankes 
8.  Bolte- See)  mann,  Niederdeutsche  Schauspiele  älterer  Zeit  1895  s.  *42 
bis  *48;  ich  fuge  hinzu  zu  s.  431:  Fortier,  Louisiana  folk  tales  1895 
p.  90.  —  Zu  8.  44*:  Hans  Sachsens  meisterlied  von  1549  auch  in  der 
Dresdener  hs.  M  5,  186;  ein  andres  meisterlied  in  der  rebenweis  Hans 
Vogels  vom  27.  sept.  1548  =  oben  s.  538  nr.  XLI.  —  Zu  s.  45 2 :  Linde- 
ners  erzählung  ist  wiederholt  bei  Bütner,  Epitome  hist.  1576  bl.  63  a 
=  1596  bl.  45  a  =  Liechtenberg,  Goetia  vel  theurgia  1681  s.  246  bis 
249  (danach  Pröhle,  Feldgarben  1859  s.  866)  =  Zanach,  Histor.  er- 
qnickstundcn  4,  2,490.  —  Zu  s.  45  6 :  Bidermann,  Utopia  1691  (zuerst 
1640)  p.  182-149  =  Huri,  Bacchusia  1677  s.  125-148.  -  Zu  s.  473:  Lea 
recreations  francoises  1,  131  (1662).  Chasse-chagrin  1679  p.  272.  Nou- 
veauxcontesä  rire  1702  p.  217:  ,Le  diable  traiteur*.  Säbillot,  Archivio 
dellctradiz.  pop.  13,281.  Der  lust.  hcerpaucker  1672  s.  69—78.  niederer, 
Das  poet.  schertz-cabinet  1713  nr.  72.  Vade  mecum  f.  lust.  leute  1,  112 
nr.  133  (1767).   Mont-Cock,  Vlaamsche  vertelsels  1893  p.  200. 

102)  Ein  pfaffbeschläft  eines  bauern  weib,  giebt 
ihr  8  e  i  n  e  n  chorrock  zum  pfand,  betrügt  sie  danach, 
d  a  s  8  er  ihm  wieder  wird.  —  Nach  Boccaccio,  Decamerone 
8,2.  —  Vgl.  Oesterley  zu  Kirchhof,  Wendunmut  3,  176  und  Bolte  zu 
Frey,  Gartengcsellschaft  nr.  76 ;  ferner  Nicolas  de  Troyes,  Parangon  des 
nouvelles  nr.  148.  Firenznola,  Ragionamenti  nr.  4:  ,Di  prete  Gio- 
vanni e  della  Tonia4.  Gir.  Giraldi  Novelle  1819  nr.  1.  Sagredo,  L'Arcadia 
in  Brenta  1684  p.  154.  H.  Vogel,  Das  schön  goltschmits  weib,  meister- 
lied von  1539  =  oben  s.  540  nr.  XLII.  H.  Sachsens  lied  ,Der  pfarrer 
mit  dem  korrock  (1545)  steht  auch  im  Dresdener  mscr.  M  195,  bl.  275a; 
H.  Hoffotts  lied  ,Der  student  mit  dem  mörser*  (1551)  auch  im  Nürn- 
berger ms.  Solger  fol.  56,1,  bl.  355  b;  Hans  Sachs,  ,Der  hecker  mit  der 
gans4  (1553.  MG  13,  110.  Dresd.  mscr.  M  5,  138);  ein  anonymes  von 
1557  ,Die  beurin  mit  dem  mörser4  in  der  abentheuerweis  Foltzen  von 
1557  im  Nürnberger  ms.  Solger  fol.  56, 1,  bl.  326  b:  ,Ein  pfarer  in  eim 
dorffe  Bas';  B.  v.  Watt,  ,Der  student  mit  dem  mörser4  in  der  berenweis 
B.  v.  Watt,  1592  =  oben  s.  541  nr.  XLI1I:  ,Nun  hört,  im  Baierland 
zu  Tngolstatt'.  Jan  Tamboer  1664  s.  153  =  um  1690  s.  137.  221. 
Sommerklee  und  Wintergrün  1670  s.  183  nr.  333.  Der  kurtzweil. 
Arlequin  1691  s.  476.  Lyrura  1701  nr.  162.  C.  Friederici,  Oel  und 
wein  1,54  (1719):  ,Der  undanckbare  Franzoß4. 

103)  Von  einem  pfaffen,  der  den  zehnten  von  den 
eheweibern  haben  wollte.  —  Vgl.  Poggius,  Facetiae  nr.  155 
,De  presbytero,  qui  adolescentulae  decimas  dare  praecepit'  (Opera  1538 

40* 


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628 


Anmerkungen. 


p.  462  =  1798  1,  168)  =  Brant ,  Mythologi  Esopi  1501  bl.  C5a  .De 
aaccrdote,  qui  decimam  indebitam  exegit'  (deutsch  von  Adelphus:  Eso- 
pus  leben  und  fabeln  1535  bl.  126b)  =  J.  Percgrinus  (Gast),  Convi- 
valium  sermonum  liber  1541  bl.  P5a  (=1543  bl.  R6a:  ,De  sacerdote* 
=  1554  1,  255).  Frischlin,  Facetiae  1600  p.  13  nr.  29  ,De  puella  con- 
fitente*.  Mclander ,  Jocoseria  1617  3,219.  Kaufringer,  Gedichte  ed. 
Euling  1888  s.  141  nr.  12.  U.  Sachs,  Die  schusterin  beicht,  meisterlied 
in  der  steigweis  Bogners  (MG  16,72.  Dresd  mscr.  M  5,302:  ,Ein  schu- 
ater  in  einem  dorf  sasse').  Kirchhof,  Wendunmut  2,  8G.  Sommer,  Em- 
plastrum  Cornelianum  1609  nr.  BS:  ,Von  einer  frawen,  die  dem  pfaffen 
den  zehenden  gab«.  Lundorf,  Wiabadisch  wiaenbrünlein  2  (1611)  nr.  14 
(cit.  Colloq.  Asi.  contra  f.  Anahelmum).  Die  im  Ro3enthal  bey  Leipzig 
mit  einer  galanten  schätferey  prangente  Pleiase  1707  8.  160:  ,Der  un- 
gemeine lauteniat*  (gedieht).  Den  roomschen  üylenspiegel  1671  a.  482. 
—  A.  de  la  Sale,  Cent  nou  volles  nouv.  nr.  32  »Lea  dames  dismees'.  La 
Fontaine,  Contes  2,  2  (Oeuvres  4,174  ed.  Regnier) :  ,Les  cordeliera  de 
Catalogne*.  Pasae-partout  de  Peglise  romaine  1777  1,  347.  Malespini, 
Ducento  novello  1,  nr.  23.    Kryptadia  4,  9  (polnisch). 

104)  Ein  stationierer  zeigt  dem  volke  kohlen  für 
h  e  i  1 1  u  m ,  (die  zwei  bekannte  ihm  in  die  hände  gespielt  hatten).  — 
Nach  Boccaccio,  Decamerone  6,10;  vgl.  Val.  Schmidt,  Beiträge 
1818  s.  65;  Dunlop-Liebrecht  a.  237  ;  Landau,  Quellen  1884  s.  92.  Bebel, 
Facetiae  1,63  und  65  ,De  atationario'  =  Geschwenck  1558  bl.  Ria  und 
Elb.  Luther,  Tischreden  ed.  Förstemann  3,256.  Kirchhof,  Wendun- 
nmt  1,  2,  76—77  und  5,  47.  Hulsbuach,  Sylva  aermonum  1568  p.  280: 
.Hierophanta  oatenilit  foenum  pro  reliquiiV.  Zimmerache  chronik 2 
2,  452,  1  (Martin  Viacher,  stationierer,  zeigt  in  Mösskirch  heu  statt  des 
lieiltums  von  at.  Bernhartaperg).  M.  Chemnitius,  Examen  concilii  Tri- 
dentini  1696  4,  12  a.  Bötner-Steinhart ,  Epitome  hiatoriarum  1596 
a.  6  b.  Melander,  Joci  atque  seria  1603  nr.  223  =  1617  1,  73.  Zanach, 
Histor.  erquickatunden  4,  2,647.  Gerlacb,  Eutrapeliae  1,  nr.  635  (Tetzel). 
Lange,  Deliciae  academicae  1665  3,  61.  Löscher,  Vollst,  reformations- 
acta  1,  410  (Iselin).  iL  Sachs,  Der  prueder  Zwiffel  1540  (MG  5,  114  b) 
und  Spruch  gedieht  1540  (Schwänke  ed.  Goetze  nr.  61);  Der  münnich 
Zwiftel  mit  seira  heiltumb  1558  (Folio  2,  4,99  a  =  9,420  ed.  Keller  = 
Schwanke  ed.  Goetze  nr.  217).  ßaumbach,  Abentevier  und  schwilnke 
1884  s.  159:  , Die  gestohlene  feder*.  Nie.  de  Troyes,  Parangon  des  nouv. 
nr.  112.  Etienne,  Apologie  pour  Ht'rodote  1,  365  (1738).  Parabosco, 
Novelle  nr.  3.  Greene,  Works  5,  266  (The  spanish  masquerado  1589). 
Tarlton,  News  out  of  purgatory  ed.  Halliwell  1844  p.  82.  Den  roomschen 
Üylenspiegel  p.  455.    Benfey,  Pantschatantra  1,  410. 

105)  Von  einer  müllerin,  wie  sie  einen  doraherren 
betrog.    (Er  findet  ihre  eselin  im  bett.)  —  Nach  dem  v  o  1  k  s  1  i  e  d  e 


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Gartcngesellschaft  c.  103—108. 


()20 


,Ich  weis  mir  ein  stolze  müllerin'  (zwei  Nürnberger,  ein  Augaburger 
und  ein  Magdeburger  einzcldruck  in  Berlin  Yd  9766,  9769,  9773,  9776. 
Ambraser  liederbuch  1582  nr.  220.  Hsl.  in  Pest,  s.  A.  Harlniann,  Mei- 
sterliederhandschriften in  Ungarn  1894  s.  68.  Abschrift  im  Berliner 
nie.  gerni.  qu.  709,  31.  Melodie  bei  Böhme,  Altdeutsches  liederbuch 
nr.  44  und  Erk-Böhme,  Liederhort  nr.  155),  nd.  in  den  Niederdeutschen 
Volksliedern,  Hamburg  1883  nr.  154:  ,Ick  weth  my  ein  stolt  möllerin* 
(20  str.).  Eine  hsl.  fassung  des  15.  jahrh.  in  Karlsruhe  (St.  Georgen 
71,  bl.  182  b.  Mones  anzeigor  7,67.  Keller- Sievers,  Verzeichnis  alt- 
deutsch, hs.  1890  s.  42)  beginnt:  ,Nun  merkent  al  geliche  von  ainer 
müllerin',  22  str.    In  prosa  auch  bei  Kirchhof,  Wendunmut  4,  240. 

Diese  geschiente  erscheint  uns  als  eine  Steigerung  des  fahl  eis  ,Le 
pretre  et  Alison4  (Montaiglon-Raynaud,  Fabliaux  2,8  nr.  31),  wo  dem 
lüsternen  priester  eine  garstige  vettel  untergeschoben  wird;  vgl.  Boe- 
euccio  8, 4.  Bandello  3,  nr.  47.  Comptes  du  monde  adventureux  nr.  8 
p.  50  ed.  Frank.  Bigarrures  du  seigneur  des  Accords  1,  16  p.  116  ed. 
1C62.  Nie.  de  Troyes,  Parangon  des  nouvelles  ed.  Mabille  1869  nr.  8 
(liolzfigur  im  bett).  Sercambi,  Novelle  ed.  Renier  1889  nr.  20  ,Ue  pru- 
dentia  et  castitate*  (leiche  im  bett).  Keller,  Fastnachtspicle  1, 1 19  (geiss). 

106)  Ein  pfaff  verliert  seinen  buppenhahn  (durch 
den  schlauen  knecht,  der  die  rolle  der  ehebrecherischen  biiurin  spielt 
und  ihn  reizt,  an  dieser  räche  zu  nehmen).  —  Abgedruckt  in  Val.  Schu- 
manns Nachtbiichlein  1893  s.  358.  —  Nach  dem  auch  von  Schumann 
benutzten  meisterlicde  des  Hans  Sachs  ,Üer  schmidkneebt  mits 
platten  gschleuder'  (1551.  MG  12,82a  und  Weimarer  mscr.  Q  571, 
bl.  75  a.  Gedruckt  Zs.  f.  vgl.  litgesch.  7,  461  nr.  14).  Verwandt  sind 
H.  Kaufringers  13.  gedieht  und  RosenplUts  Spruch  vom  hasengeier  (Zs. 
f.  vgl.  litgesch.  11,73),  aus  dem  das  oben  s.  543  nr.  XLIV  mitgeteilte 
meisterlied  geflossen  ist.  Andere  parallelen  habe  ich  zu  Schumann 
s.  380  und  zu  Frey  s.  277  aufgezählt;  vgl.  noch  Uünker,  Zs.  d.  v.  f. 
Volkskunde  7,  310. 

107)  Ein  pf  af  f  r  u  f  t  8  ei  n  er  hure  w  e  i  b.  (Sie  kommt  erst, 
als  er  Pfuffenhure  ruft). 

108)  Ein  pfaff  predigt  all  wegen,  man  solle  viel 
um  gottes  willen  geben,  (und  verlieisst  hundertfältige  vergel- 
lung.  Ein  bauer  schenkt  seine  kuh  und  erhält  sie  nebst  der  des 
pfarrers  zurück).  —  Uebersetzt  von  Hulsbiwch,  Sylva  1568  p.  30:  ,Paro- 
chus  quidaru  hortatur  dare  propter  deum4.  —  Vgl.  Pauli,  Schimpf 
und  ernst  c.  324.  Scbertz  mit  der  warheit  1550  bl.  75  b.  Hans  Vogel, 
Die  hundertfeltig  gab,  oder  Der  ptiwr  und  khu,  meisterlied  im  hofton 
Danheusers  1541  (Dresdener  hs.  M  5,  155.  Breslaucr  Iis.  R  446,  bl.  20Gb. 
Berliner  ms.  germ.  qu.  583,    bl.  274  a)  =  oben    s.  544  nr.  XLV. 


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630 


Anmerkungen. 


Mel ander,  Jocoseria  deutsch  1605  1,  247  nr.  253.  Vorrath  artl.  ergötz- 
lichkeiten  1702  nr.  76.  Vademecum  f.  lust.  leute  3,  nr.  197  (1707). 
—  Etienne  de  Bourbon,  Anecdotes  bist.  ed.  Lecoy  1877  p.  122  nr.  143. 
Vincentiue  Bellov.,  Speculura  morale  3,  10,  21  p.  1474  (1024).  Bromyard, 
Summa  praedicantium  E,  3,  47.  Wright,  Latin  stories  1812  nr.  114. 
Jean  de  Boyes,  Brunain  la  vache  au  pretre  (Montaiglon-Raynaud,  Fab- 
liaux  1,  nr.  10).  Beaufort  d'Auberval,  Amphibologie  1832  p.  201.  Ar- 
lotto,  Facdtieä  ed.  Riatelhuber  nr.  75.  Libro  de  los  enxeniplos  nr.  68 
(Bibl.  de  aut.  esp.  51).  Jack  of  Dover  p.  343.  Kamp,  Danske  folk- 
aeventyr  2  (1891),  nr.  6:  ,Den  gavmilde  praest*.  Vermast,  Vertelsels 
uit  West- Viaanderen  p.  136:  ,De  pastoor  en  boer  Klaas4.  Mont-Cock, 
Vlaamsche  vertelsels  181)8  p.  277.  Kryptadia  1,  158  nr.  49  (russisch); 
2,  183  nr.  5  (schwedisch);  dazu  4,  221.  —  Entfernter  steht  Hervieux, 
Les  fabulistes  latins  4,817  nr.  136:  ,De  quodam  epsicopo  Sardiniae  et 
quodara  Saraceno';  ebenso  Jaba,  Recueil  de  röcits  kourdes  18G0  p.  16 
nr.  3  (frau  des  moliah,  der  freigebigkeit  predigt,  verschenkt  einen  seiner 
röcke). 

109)  Eine  äbtissin  sitzt  in  einem  kapitelundhat 
eine  hose  auf  dem  haupte,  (während  sie  eine  unkeusche  nonne 
ausschilt).  —  Nach  Boccaccio,  Decamerone  9,2;  vgl.  Dunlop-Lieb- 
recht  8.  248;  Landau,  Quellen  1884  s.  247.  Mensa  philosophica  1508 
bl.  47  a  ,de  beginis*  =  oben  s.  546  nr.  XL  VI.  Adelphus,  Margarita  face- 
tiarum  1503  bl.  0  7a.  Schräm,  Monopol iuin  der  schweinezunft  1494 
(Zarncke,  Die  dtsch.  Universitäten  im  ma.  1,  107.  1857).  Morlini ,  No- 
vellae  1520  nr.  40.  Agricola,  750  Sprichwörter  nr.  743:  ,Wir  seind  alle 
gebrechlich'  (C'entonovella).  Michael  Beham,  meisterlied  im  Münchner 
cod.  germ.  291,  bl.  173.  Hans  Sachs,  Die  epthesin  mit  der  pruech,  mei- 
sterlied in  der  spruchweise  H.  S.  1540  (MG  8,  32.  Dresdener  hs.  M  ^, 
bl. 71a) und  spruchgedicht  von  1546  (Schwänkeed.  Goetzenr.  85).  H.Vogel, 
Die  eptiß  mit  der  pruech  in  der  hagelweis  des  Hülzings  (Dresdener  hs.  M  8, 
bl.  535  b).  Waldis,  Esopus4,  33:  ,Von  einer  armen  nonnen'  (154S).  Sommer, 
Emplastrum  Cotnelianum  1009  nr.  97  :  ,Von  einer  beginen*.  Mahrold,  Rold- 
marsch  kästen  1608  nr.  92  (Frey  s.  274).  Exilium  melancholiae  H  10. 
Rottmann,  Historienschreiber  1717  s.  314  (3,9).  Jonas  Dachtimandes, 
Die  hosen  des  doktors  im  nonnenkloster  1783  (Maitzahn,  Bücherschatz 
1875  8.  447  nr.  1078).  Fablel  de  la  nonnette  (Montaiglon-Raynaud, 
Fabliaux  6,  nr.  156).  Henard  contrefait  (Hist.  litt,  de  la  France  23,  83). 
Farce  de  l'abesse  et  les  soeurs  (Leroux  de  Lincy  et  Michel,  Recueil  de 
farces  1837  2,  nr.  14).  Jean  de  Cond£,  Dictz  et  contes  ed.  Scheler 
lf-Hiö  p.  174.  Nicolas  de  Troyes,  Parangon  des  nouv.  nr.  152.  Contes 
du  monde  adventureux  nr.  27.  Noel  du  Fail,  Oeuvres  1,  244  (conte  18). 
H.  Etienne,  Apologie  pour  Herodote  2,22  (137'j).  La  Fontaine,  Contes 
4,  7  :  ,Le  pBautier4  (Oeuvres  ed.  Regnier  5,  407).  Pulci,  Morgante  mag- 
giorc  16,  59.  Cintio  dei  Fabrizii,  Origine  dei  volgari  proverbii  1525 
ur.  36:  ,Ogni  cuffia  Bcusa  di  notte'.   Tho.  Twyne,  The  schoolemaster 


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Gartengescllscbaft  c.  108—112. 


031 


1576  (wohl  nach  Mensa  philos.).  Warner,  Albion's  Kngland  (Chalmers, 
Englisb  poets  2,  570.  1810).  Hooft,  Doortrapte  Meli«  de  metselaer 
(1623).  Den  roomseben  Uylenspiegel  1671  p.  489.  Vade  inecura  til 
tidsfordriv  1781  nr.  267.    Holte  zu  Frey  s.  249*. 

HO)  Ein  nonnenklostcr  wird  visitiert,  darin  wird 
ein  junger  gesell  gefunden.  (Beim  entkleiden  der  nonnen 
verrät  ihn  eine  eroktion).  —  Vgl.  Ziraraersche  chronik*  3,  858  (kloster 
Schmerlebach  im  stift  Mainz).  Melander,  Joci  atque  seria  3,  63  nr.  47 
1607:  ,De  adoleacente  quodam,  qui  puellara  se  mentitus  monialibus 
quibusdam  vitium  intulit'  =  Verdeutschung  2,  nr.  149.  A.  Sylvain 
(=  A.  van  den  Bussche),  Kpitomes  de  cent  histoires  tragieques  1581  p.229 
nr.  91  (jüngling  im  nonnenkloster).  Caesarius  Heisterb.,  Dialogus  nii- 
raculorum  4,  91  (Heinrich  Fikere).  —  Umgekehrt  erscheint  auch  ein  ver- 
kleidetes weib  im  mönchskloster:  Rutebcuf,  Fröre  Denise  (Mon- 
tuiglon-Raynaud,  Fabliaux  3,  263  nr.  87.  Begier  1895  p.  462).  Öster- 
ley  zu  Kirchhof  1,  2,  53.  —  Verkleidete  manner  unter  den  zofen 
der  unkeuschen  kaiserin:  Sercambi,  Novelle  inedite  ed.  Renier 
1889  nr.  4:  ,De  magna  prudentia4 ;  dazu  Köhler,  Giornale  storico  della 
lett.  ital.  14,  94  (1889).  Nie.  de  Troyes,  Parangon  des  nouvelles  nr.  124. 
Dulac,  Contes  arabes  nr.  4  (Mdmoires  de  la  mission  archeologique 
au  Caire  1,  110.  1889). 

111)  Pfaff  Zianus  macht  seinem  gevatter  Petrus  das 
weib  zu  einer  stute.  —  Nach  Boccaccio,  Dccaroerone  9,  10; 
dazu  Dunlop-Liebrecht  s.  250;  Landau,  Quellen  1884  s.  152.  —  Vgl.  Mon- 
taiglon  Raynaud ,  Fablinux  4,  209  nr.  108  ,de  la  pucele  qui  vouloit 
voler4  (B&iier  1895  p.  470).  Nicolas  de  Troyes,  Parangon  nr.  166.  La 
Fontaine,  Contes  4,  10  (Oeuvres  ed.  Regnier  5,  483):  ,La  jument  du 
compere  Pierre4.  Grecourt,  Oeuvres  badines  1881  p.  840:  ,La  charrue*. 
Casti ,  L'incantesimo  (Novelle  galanti).  Batacchi,  Novelle  nr.  4:  ,La 
scommessa'.  Pitre,  Fiabe  popolari  siciliani  1875  4,  219  nr.  284  :  ,I,u 
riraitu1. 

112)  Von  könig  Artus,  wie  er  durch  Virgilium  die 
ehebrecherbrfleke  zurichten  Hess,  (weil  er  seine  gattin 
beargwöhnte).  —  Nach  Hans  Sachs,  Historia  könig  Artus  mit  der 
ebrecher  brück  (1530;  Sonderdruck  Nürnberg,  H.  W.  Glaser  =  Folio  1, 
2,  172  =  2, 262  ed.  Keller;  unvollständige  abschrift  im  Berliner  ms.  germ. 
oct.  46,  bl.  136b.  C.  Becker,  J.  Amman  1854  s.  160.  Dazu  ein  kleiner 
kupferstich  von  Virgil  Solis,  Bartsch  300 ;  ein  grosser  holzschnitt  von 
Jo»t  Amman,  reproduciert  1883  und  bei  Hirth,  Kulturgeschichtl.  bilder- 
buch  2,  nr.  1095 — 1098).  Hans  Sachs  schrieb  auch  1545  ein  meisterlied 
im  langen  ton  Müglins  (MG  7,  97.  Dichtungen  ed.  Goedeke  1,  175 
nach  Dresdener  hs.  M  10,  243 ;  Weimarer  h8.  F  419,  591  ;  Nürnberger 
ms.  Solger  fol.  56,  1,  8b).  Ein  anonymes  meisterlied  ,Die  ehebrecher- 
bruck4,  im  langen  thon  Hopflfengarts  den  23.  okt.  1593  gedichtet,  steht 


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632 


Anmerkungen. 


im  Erlanger  mscr.  1668,  473a:  ,  Ein  konig  in  Pritania'.  Auf  dem  Spruch - 
gedichte  des  H.  Sachs  beruht  auch  Kirchhof.  Wendunmut  2,  22  (1602). 
Paracelsua,  Werke  2,  569  (Strasaburg  1603).  G.  Rosshirt  um  1575  in 
der  Karlsruher  ha.  437,  bl.  400a  (W.  Meyer,  Nürnberger  Faustgeschichten 
1895  8.  380).  Geh.  Unterredungen  von  magia  naturalis  s.  176  =  Thar- 
sander,  Schauplatz  vieler  ungereimter  meynungen  1,  *509  (1736).  — 
Vgl.  Albrecht  v.  Scharfenberg,  Der  jüngere  Titurel  ed.  Hahn  1842  v. 
2248—2378  (Klingsors  brücke  zu  Florischanz).  Meister  Altswert,  Spiegel 
(ed.  Holland  und  Keller  1850  s.  179,  19)  citiert  ,die  brück  zu  Karidol'. 
Warnatsch,  H.  v.  d.  Türlins  Mantel  1883  s.  82  erinnert  noch  an  die 
,Brucke  der  prob  der  trew«  im  Amadie  4,  2,  125b  (Augab.  1578). 

118)  Von  könig  Alkino,  wie  der  erstochen  worden. 
(Alboin  und  Rosamunde).  —  Nach  Hans  Sachsens  spruchgedicht  von 
153G  (s.  unten).  Vgl.  Paulus  Diaconus,  Historia  Langobard.  1,  27.  2, 
28.  Agnellus  (Monumenta  Germ.,  scriptores  rerum  Langobardicarum 
1878  p.  339).  Ekkehardus  Uraugiensis,  Chronicon  universale  (Monum. 
Germ.,  scriptores  6,  143  f.).  Godefridus  Viterbiensia,  Pantheon  23,  6 
(Monum.  Genn.,  scriptores  22,  214=Migne,  Patrologia  lat.  198,  9341)). 
Jacobus  a  Voragine,  Legend a  nureac.  181  ed.  Graesse.  Boccacius,  Dccasibus 
illustrium  virorum  üb.  8,  schluss.  Selentroist  1484  bl.  78—  Frommanns 
-  d.  mundarten  I,  225  nr.  67.  Sabellicus,  Exempla  lib.  10,  c.  4  =  Exem- 
pelbuch,  deutsch  von  L.  Brunner  1535  bl.  93b.  Fulgosus,  De  dictis  fac- 
tisque  memorabilibu8  1509  bl.  T  4b  (5,  4).  Pauli,  Schimpf  und  ernst 
nr.  231.  Schertz  mit  der  Wahrheit  1550  bl.  45a  (Stiefel,  Archiv  f.  n. 
spr.  95,  SS).  Krantz,  Dania  3,  8;  deutsch  von  H.  v.  Eppendorf  1545. 
Münster,  Gosmographia  bl.  194.  Mutius,  De  Getmanornm  prima  ori- 
gine  lib.  5  (1539  p.  43).  Hedion,  Chronica  1539  bl.  248.  Nauclerus, 
Chronica  1544  p.  564.  Messias,  Beschreibung  christl.  keyseren  1564 
h.  238  (3,  23).  Ireneua-Hondorft',  Lob  der  ehefrawen  1568  bl.  G2a  und 
H  2a.  Hondortf,  Promptuarium  exemplorum  1570  2,  46a  =  1572  a.  406. 
313.  Funccius,  Chronologia  1578  bl.  119e.  Dinothus,  De  rebus  et  fac- 
tis  mcmorabilibu8  1580  p.  471  (7,  4).  Ravisius  Textor,  Theatrnm  poe- 
ticum  et  historicura  1592  p.  319  (2,97),  ßütncr-Steinhart,  Epitome 
histor.  1596  bl.  276b.  Tragica  1593  p.  119.  310.  Melander,  Joti  atque 
scria  deutsch  1605  2,  415  nr.  371  =  1617  2,  340.  Kornmann,  Möns 
Veneria  1614  s.  257.  M.  Sax ,  Keyaerchronica  2,  47  und  Christi,  zeit- 
vertreiber 4,  6  (1628).  J.  D.  Ernst,  Histor.  lusthaus  1,464  (1675).  Nürn- 
berger historienbuch  (hs.  2434  des  German,  museums)  bl.  239a  (nnch 
Münster).  Acerra  philolo^'ica  5,  33  (1708).  Grimm,  D.  sagen'  nr.  400 
—  401.  Bandello,  Novelle  3,  nr.  18  (1554)  =  Bändel lo- Bei leforest,  Hi- 
stoires  tragiques  4,  550  nr.  73  (1593,  zuerst  1571)  =  Turbcrvile,  Tragical 
tales,  um  1576  nr.  5  (Anglia  13,  50).  Dupont,  Controverses  dos  sexes 
masculin  et  foemenin  1541  bl.  220b  und  230b. 

Poetische  bearbeitungen:   Godefridus  Viterbicnsis  (Mo- 


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Gartengü8ellschaft  c.  112 — 113. 


633 


Dum.  Germ.  Script.  22,  215).  Hans  Sachs ,  Ein  erschröckliche  histori 
von  einer  königin  aus  Uraparten  1536  (Folio  1,  2,  174  =  2,  271  ed. 
Keller;  auch  einzeldruck ;  Weller,  Ann.  1,220.  Nach  Pauli);  Rosimunda 
die  mörderin  1545,  meisterlied  in  der  alment  des  alten  Stollen  (,Alboi- 
nus  war  ein  künig  reich';  stand  im  verlorenen  MG  7,  49);  Die  königin 
Rosimunda,  tragödie  1555  (Folio  3,  2,  107b  =  12,  404  ed.  Keller;  auch 
nach  Krantz;  Qolther  in  der  Nürnberger  festschrift  Hans  Snchs-for- 
schungen  1894  s.  267)  und  Die  zwölf!  argen  königin,  tragödie  1562 
(Folio  4,  2,  la  =  16,  3  ed.  Keller-Goetze) ;  dazu  Drescher,  Studien  zu 
il.  Sachs  1,  55.  2,  90  (1890  f.).  Von  einer  künigin  aus  Lamparden, 
anonymes  meisterlied  in  des  Spetcn  thon :  .Warhafftig  wil  ich',  7  str. 
(Nürnberg,  Val.  Newbcr  und  Augspurg,  Val.  Schönigk.  —  In  Berlin 
Yd  8081  und  8086).  L.  Stelzer ,  Kunimunds  schädel  (Romanzen  u. 
balladen  1800  =  Dietrich,  Braga  2,  70.  1827).  Gruppe,  Alboin  (1839). 
W.  Hertz,  Albwin  der  Longobarde  (Gedichte  1859  s.  215-242). 

Schauspiele:  Clem.  Stephani,  Von  einer  königin  aus  Lamparden 
1551  (Wolkan,  Böhmens  anteil  an  der  dtsch.  litt.  3,  S89).  H.  Sachs 
1555  und  1562  (s.  oben).  Eine  lateinische  tragödie  de  Rosimunda  Ve- 
ronensi  1602  zu  Cassel  vor  landgraf  Moritz  gespielt  (Zs.  f.  vgl.  littgesch. 
2,  360).  Actio  de  Albico  rege  eiusque  praefecto  Longino  1607  in  Straaa- 
bürg  aufgeführt  (Euphorion  5,  53).  Chunemundus  und  Rosimunda,  seenar 
der  Innsbrucker  jesuiten  1662  (Serapeum  1865,  176).  Locbner,  Rosi- 
munda oder  die  gerochene  rächerin  1676.  Rettenpacher ,  Rosimunda 
(Selecta  dramata  1683).  Der  rechtmessig  gestraffte  Hunnerich  oder  die 
unschuldige  mörderin  Rosemunda  (Jahrb.  der  d.  Shakespeare  ges.  1«), 
150  nr.  79.  ,Hunnerich*  am  20.  okt.  1718  zu  Riga  von  der  prinzipalin 
Victoria  Clara  Böuicke  gespielt).  Albonio  oder  die  kindliche  liebe  in 
der  räche  ihrer  eitern,  oder  Die  Verachtung  einer  verliebten  dainen  ist 
gefährlich,  mit  Arlequins  furchtsahnien  fackelträger  und  soldatesque, 
Weisscnfels  1728,  3  akte  in  prosa  (Gothaer  cod.  chart.  B  1627).  Fou- 
que,  Alboin  1813.  F.  v.  Uechtiitz,  Rosamunde  1834.  Pannasch,  Alboin 
1835.  Miltitz,  Alboin  und  Rosamunde  (oper,  um  1835).  Grillparzer, 
Rosamunde,  entwurf  (Werke  1887  10,  115;  vgl.  11,84).  J.  Weilen, 
Rosamunde  1869.  F.  Michaelis,  Rosamunde  1871.  Metzdorff,  Rosamunde 
oder  der  fall  des  Gepidenreiches  1875.  Kruse,  Rosamunde  1879.  Con- 
sentius  ,  Alboin  1881.  Schuster,  Alboin  und  Roshuund,  2.  aufl.  1884. 
Eichrodt ,  Alboin ,  heldenoper  (Gesammelte  dichtungen  1890  1,  389). 
Walloth,  Alboin  (Neue  dramen  1891).  A.  Ott,  Rosamunde  1892.  —  Ru- 
cellai,  La  Rosmunda  1525  (Klein  5,281.  Gaspary  2,  552).  Cavallerino, 
La  Rosimunda  regina  1582.  Casali,  Alboino  1620.  Rovetta,  Rosmond a 
1659  (oper).  Soderini,  Rosimonda  1683.  Tosi  e  Pollarolo,  Alboino  in 
Italia  1691  (oper;  text  von  Corradi).  Pollarolo,  Rosimonda  1696  (oper; 
text  von  Frigimelica  Roberti).  Ziani,  Alboino  1707  (Wiener  oper).  G. 
Gorini  Corio,  La  Rosimonda  1720  und  La  R.  vendicata  1729.  Traetta, 
Rosmonda  1755  (oper).    Alfieri,   Rosmunda  (Tragediel,  289.1803); 


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634 


Anmerkungen. 


deutsch  von  W.  v.  Ludemann  1825  (Alfieris  trauerspiele  5).  Lillo,  Ros- 
monda  di  Ravenna  1837  (oper ;  text  von  L.  Anialia  Palladina).  San- 
galli,  Alboino  ro  de1  Longobardi  1845  (oper;  text  von  Rotondi).  —  F. 
Porcel,  Rosamonda  en  Ravenna  1844  (oper).  —  N.  Cbretieu  des  Croix, 
Alboin  ou  la  vengeance  (nach  1608).  Claude  Billard,  Alboin  1609.  Du- 
perchc  (?),  Rosinionde  ou  Ie  parricide  puni  1640.  B.  Baro ,  Rosemonde 
1651.  —  Davenant,  Albovine  king  of  tbe  Lombards  1629.  Zevecotius,  Rosi  - 
munda  tragoedia  1621.  Strtiys,  Albonus  en  Rosimondal631  (Worp,  Invlocd 
van  Seneca  1892p.  160  ;  Noord  enzuid  18,213.1895).  VYijnbeek,  Albonus  en 
Rosemond  1770.  —  Hiärne,  Rosi  munda  1665  (Hanselli,  Samlade  vitterhcts- 
arbeten  af  svenaka  ffirfattare  3,  83;  vgl.  Ljunggren,  Svenska  dramat 
1864  p.  569.  Wrangel ,  Sverigee  litterära  förbindelser  med  Holland 
1897  p.  200). 

114)  Zu  Rom  wird  ein  consul  erstochen.  (Cäsar  vor 
der  ermordung  gewarnt).  —  Vgl.  Hans  Sachs,  Leben  und  sterben  Julii 
1563  (Folio  5,  2,  SOOa  =20,  373  ed.  Keller-Cioetze).  Ocsterley  zu  Kirch- 
hof,  Wendunmut  2,  7. 

115)  Jäc  k  1  i  n  J  ud  von  Obernbergheim  ward  zu  En- 
sisheim  gehangt  (wegen  fälschung  eines  Schuldscheins). 

8.  427,  14  der  zug  vor  Metz,  das  im  april  1552  eine  franzö- 
sische besatzung  erhalten  hatte,  fand  im  Spätherbst  d.  j.  statt.  Karl  V. 
vormochte  aber  seine  truppen  nicht  zum  stürme  zu  bewegen  und  hob 
die  belagern ng  am  2.  weihnachtstage  auf. 

In  den  Strassburger  ratsprotokollen  wird  der  von  Mon- 
tanus  berichteten  angelegenheit  mehrfach  gedacht.  Am  16.  Oktober 
1553  erhält  Jockel  jud  von  Obernberckbeim  geleit,  um  in  einer  nicht 
näher  bezeichneten  sache  zeugen  vernehmen  zu  lassen.  Am  24.  juli 
1551  heisst  es:  ,Kpiscopi  weltliche  rhat  zu  Zabern  schreiben,  dass  sye 
Jecklin  judin  umb  seiner  mishandlung  halben ,  namblich  von  wegen 
eins  falsch,  den  er  gegen  einem  armen  man  gebraucht,  gefengklich  ein- 
gelegt; bitten  die  pershonen ,  so  bey  der  handlung  gewesen ,  zu  ver- 
hören und  inen,  was  man  inbericht  befind t,  zu  schreiben.  Erkant: 
die  ernanten  pershonen  beschicken ,  mit  ernst  hören  und  wider  her- 
bringen'. Am  folgenden  tage  (25.  juli)  findet  sich  die  notiz  :  ,Ist  ver- 
lesen, was  uff  meines  gnedigen  herrn  von  Strassburg  weltlicher  rheten 
schreiben  erkundigt  worden.  Erkant:  episcopi  rhethen,  was  man  er- 
faren,  zuschreiben.' 

VII.  Von  untreuen  wirten  (s.  435 — 455). 

Andre  dichtungen,  die  dies  thema  behandeln,  sind:  Priauiel 
von  einem  gast  (WolfenbQttler  hs.  FO  2.  4.  Aug.  fol.  bl.  129d.  Uhl, 
Priamel  1897  s.  102) :  , Wan  der  gast  von  dem  tische  gaf.  Hans  Sachs, 
Der  guet  und  pos  wirt  1561  (Folio  4,  3,  56a  =  17,  228  ed.  Keller-Goetze 


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Von  untreuen  wirten. 


035 


=  Schwanke  nr.  270).  Ein  newcs  lied  von  der  argen  geltsüchtigen  wirt 
schinderey,  im  thon :  In  gottes  namen  farcn  wir.  Nürnberg,  Val.  Newber 
(,Sich  klagt  der  vollen  bruder  orden4,  15  str.  Berlin  Ye  216.  —  Ver- 
ändert, 19  str.,  o.  o.  u.  j.  Ye  221.  Weller.  Annalcn  1,  261.  —  o.  o.  1611. 
Berlin  Ye  227).  Dialogus  zweier  jungen  kauffherren,  wie  man  sie  an 
den  herbergen  empfangen  und  gehalten  habe,  Basel  1574.  Regel  und 
underweisung,  wie  ein  wirth  seinen  gast  traetieren  und  abfertigen  soll, 
Speir  bey  M.  Buchweiler  um  1620  (,Dein  lieb  beweiß  dem  freunde  dein4. 
Münchner  kupferstichkabinet)  =  Hirth ,  Kulturgeschichtl.  bilderbuch  3, 
nr.  1562.  "Willi.  Weber,  Der  h.  würth,  gastgeben,  weinschenkeu,  kellern 
und  hußkn echten  in  Nürnberg  lobspruch  (,Einßmahl  ich  einen  wirth 
tuet  fragen*.  Hs.  7161a  des  German,  museums  bl.  16a — 17b).  Drei 
lieder,  Augspurg  M.  Fraucken  erben:  ,Wer  essen  will,  der  gehe  zum 
tisch',  9  str.  ,Seyt  gott  willkommen  herr  biderman4,  5  str.  ,Herr  wirt 
kompt  her,  hie  hab  ich  gellt4,  5  str.  (Berlin  Ye  511);  das  erste  lied 
auch  Yd  7801,  68  und  im  Berliner  mscr.  germ.  qu.  718,  nr.  32. 

Bekannt  ist  Erasmus'  gespräch  ,Diversoria4  (Colloquia  familiaria, 
1667  p.  227).  Luther  (Tischreden  4,  672  ed.  Förstemann)  rühmt  die 
wirto  in  Schwaben  und  Bayern,  weniger  die  in  Hessen  und  Meissen, 
und  am  wenigsten  die  in  Niedersachsen. 

438,6—18  Dem  rei  ch  e  n  sc  hl  e  m  mer  s  c  h  m  e  i  c  h  e  1  t  de  r 
wirt.   Vgl.  oben  s.  142,  5.  164,  13.  180,  19. 

449,  27  Schlechtes  bier  in  Schwaben.  Der  benediktiner 
Job.  Werlin  in  Seon  hat  1646  (Münchner  cod.  germ.  3636  s.  420  nr.  97) 
folgendes  lied  aufgezeichnet: 

Es  ist  ein  schand, 

Das  in  dem  Schwabenland 

Das  bier  so  schlecht, 

Das  ichs  nit  drincken  möcht. 

Ist  gemacht  auß  haberstro; 

Dessen  seind  die  Schwaben  fro 

In  dulci  iubilo. 

447,  7  Weinfälschung.  Vgl.  A.  Hertzog,  Jahrb.  f.  gesch.  El- 
sass-Lotbringens  10,  88(1894).  Volz,  Württemberg,  jahrbücher  f.  vaterl. 
gesch.  1850,  2,  104.  Mathesius,  Ausgewählte  predigten  ed.  Loesche  2. 
321,  32  (1897).  Liebenau,  Das  gasthof-  und  wirtshauswesen  der  Schweiz 
1891. 

453,  17  Pferdefutter  vom  hausknecht  gestohlen.  Vgl. 
Des  teufels  netz  ed.  Barack  1863  v.  12837  und  8302.  Jac.  de  Cessolis, 
De  ludo  scachorum  c.  27  (Heinr.  v.  Beringen,  Schachgedicht  ed.  Zimmer- 
mann 1883  v.  7873.  Pfarrer  vom  hecht  ed.  Sievers,  Zs.  f.  d.  altert.  17, 
325,  16.  Kunrat  von  Ammenhausen,  Schachzabelbuch  ed.  Vetter  1892 
s.  647  v.  16037.   Stephan,  Schachbuch  ed.  Schlüter  1883  v.  4200). 


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G36 


Erste  zugäbe. 


Neues  über  Michael  Lindener. 


(Sein  tod.    Zwei  bilderbogen.) 


Camillus  Wendeler,  der  in  seinen  inhaltreichen  arbeiten 
über  Fischarts  Verhältnis  zur  schwanklitteratur  und  über  Fi- 
scharts bildergedichte  (Zs.  f.  d.  altertuin  21,  435.  Archiv  f.  litt- 
gesch.  7,  305)  zugleich  Lindener«  lebensschicksaien  mit  schönem 
erfolge  nachgespürt  hat,  machte  mich  kürzlich  mit  einer  nach- 
richt  über  sein  völlig  im  dunklen  liegendes  leben  sende  be- 
kannt1. Es  ist  das  eine  interessante  randbemerkung,  die  der 
conYertit  Jakob  Rabus  in  sein«  1568  erschienene  Verdeutschung 
von  Wilh.Lindanus1  Dubitantius  de  vera  certaque  per  Christi  Jesu 
evangelium  salutis  aeternae  via  libris  III  instructus2  eingeschal- 
tet hat.  Lindanus'  text  lautet  in  Rabus'  Übersetzung  (s.  389 f.): 


1)  Zu  den  in  meiuer  ausgäbe  von  Val.  Schümanns  Nachtbüchlein 
1893  8.  VII 1  citierten  litteratur  über  Lindener  kommt  noch  ein  auf- 
satz  von  K.  Kr  oker  (Schriften  des  Vereins  f.  d.  gesch.  Leipzigs  5,  191. 
1896) ;  vgl.  auch  Ü  i  r  1  i  n  g  e  r  s  sprachliche  bemerkungen  in  der  Ale- 
mannia 16,  280.  Eine  erwähnung  des  Katzipori  aus  dem  jähre  1558 
oben  s.  467 f.    über  die  benutzung  durch  Hertzog  s.  weiter  unten. 

2)  Coloniae,  Maternus  Cholinus  1565  (Berlin)  p.  305  f.  —  Die  Über- 
setzung ist  betitelt:  »Dubitantius  Drey  Schöner  Catholischer  Gesprech, 
Zwischen  einem  zweiffelhafftigen ,  vnd  standthafftigen  Chmten,  Dubi- 
tantio  vnnd  Constantio,  von  dem  rechten  Weg  zu  der  ewigen  Selig- 
keit. Erstmalen,  durch  Wilhelmum  Lindanum  .  .  .  Jetzunder  .  .  . 
in  die  Teutsche  Sprach  trewlich  verdolmetschet,  Durch  Jacobum  Rabus 
Ulmensein,  Christi  Exulem  Spontaneum.  Gedruckt  zu  Collen,  durch 
Maternum  Cholinum.  M.  D.  LXVI1I.  8°  (Strassburger  univ.  bibl.  — 
Weller,  Annalen  2,  240). 


* 


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Neues  Ober  Michael  Lindener. 


G37 


0  lieber  gott,  die  ist  ein  kindisch  lap-  |  penwerck,  das  man  aus 
schlechten  blossen  buchstaben  eines  sententz  bald  ein  gantze  prophe- 
cei  oder  Weissagung  schepffen  will.  Dann  was  ist  leichtere  dann  zu 
einer  jeglichen  sach  irgend  einen  tauglichen  versickel  zu  finden,  welcher 
die  jarzal  in  sich  begreiffe !  Vor  etlich  wenig  jaren  wurden  mancher- 
lei psalmen  versickel  herumb  getragen,  darinn  die  jarzal  der  Löwischen 
belegerung ,  under  Martin  Raüheim  geschehen  ,  begriffen  war.  Also 
wurden  auch  andern  lumpen  dingen  ire  verß  aufgesucht 

Dazu  steht  auf  8.  390  am  rande  folgende  glosse  des  ver- 
deutsch ers : 

Michael  Lindnerus  Poeta  Laureatus,  so  hernacher  zu  Frid- 
berg  eines  todschlags  halben  gericht  worden,  hat  ein  gantze 3  buchlin 
von  disem  narren  wer  ck  geschriben. 

Da  unter  Friedberg  offenbar  die  Östlich  von  Augsburg  ge- 
legene bayrische  stadt  zu  verstehn  ist,  wandte  ich  mich  an  das 
königliche  reichsarchiv  zu  München  mit  der  anfrage,  ob  dort 
oder  im  kreisarchive  von  Oberbayern  akten  oder  nachrichten 
Ober  diesen  kriminalfall  vorhanden  seien.  Leider  war  das  er- 
gebnis  der  darauf  angestellten  nach  forsch  ungen  negativ ;  dafür 
aber  empfing  ich  von  dem  Augsburger  forscher  herrn  Max  Radl- 
kofer,  bei  dem  ich  gleichfalls  angefragt  hatte,  die  gewünschte 
aufklärung.  In  Paul  Hector  Mairs  (f  1579)  hsl.  vorarbeiten 
zu  einer  Augsburger  chronik1  steht  auf  bl.  547  folgende  kurze, 
für  uns  aber  recht  wichtige  notiz: 

Michael  Lindner  ersticht  ain.  Ann  disem  obgemeltenn  tag 
[20.  august  1561]  hat  der  magister  N. ,  gewesener  schuelmeyster  zue 
sannt  Ulrich,  einenn  altenn  mann  zue  Lechhausen  erstochenn.  Michael 
Lindner  ist  ein  poet  gewesenn.  [Spätere  randbemerkung :]  Diser  Lind- 
ner ist  zue  Friedberg  umb  diser  sach  willen  gericht  wordenn  mit  dem 
schwerdt  die  7.  martii  anno  1562;  hat  vor  seim  end  auf  der  pfaflen 
begern  das  sacrament  in  ainerley  gestallt  nit  empfahen  Wüllen. 

Im  Katzipori  1558  cap.  79  (s.  134  ed.  Lichtenstein)  er- 
zahlt Lindener  von  sich  selber,  er  habe  bisweilen  ,ein  carme- 

* 

1)  Memmorij  zu  ainer  cronica,  so  ich  Paulus  Hector  Mair  aus  alten 
geschriebnen  und  warhafftigen  bttechern  zusamen  hab  getragen ,  bis 
ichs  erst  in  ain  rechte  ornung  bring  oder  ein  anderer  mach  es  nach 
mir  aus  nach  seinem  gefallen  (Bibl.  des  histor.  Vereins  in  Augsburg). 
—  Vgl.  Radlkofer,  Zs.  des  histor.  Vereins  f.  Schwaben  und  Neuburg 
19,  46  und  21,  89. 


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G38 


Erste  zugäbe. 


lein  und  tractetlein1  für  buchhändler  verfertigt,  unter  andern 
ein  kurzweiliges  gedieht  zu  der  abbildung  eines  fräuleins,  ,der 
ein  bott  ein  brieff  bracht,  und  darneben  ein  kachel  in  der  an- 
dern band  het,  darein  sie  (mit  Urlaub)  bruntzet*1.  Dieser  holz- 
schnittbogen ist  zwar  gleich  manchen  bildergedichten  von  Hans 
Sachs  und  Fischart  verschollen;  doch  vermag  ich  dafür  zwei 
andere  flugblätter  Lindeners  vorzulegen :  a)  Rechtshandel  eines 
fischers  und  eines  bauern,  b)  Regel  für  fischesser. 

Das  erste  blatt,  das  in  einem  1578  angelegten  sammel- 
bande  des  Zürcher  predigers  Job.  Jacob  Wiek  (*  1523,  f  1588) 
auf  der  Zürcher  stadtbibliothek  (msc.  F.  27)  erhalten  ist,  ward 
schon  von  Weller  (Serapeuni  1863,  91  nr.  57)  erwähnt,  aber 
erst  von  Wendeler  (Archiv  für  litteraturgeschichte  7,  340.  434) 
in  seiner  bedeutung  gewürdigt2.  Da  es  das  datum  1561  trägt, 
haben  wir  darin  vermutlich  das  letzte  schriftstellerische  erzeug- 
nis  des  unruhigen  facetisten  vor  uns.  Zugleich  hilft  es  eine 
stelle  in  F  i  s  c  h  ar  t  s  Geschichtklitterung  (1575  cap.  48,  s.  410 
ed.  Alsleben)  deuten:  ,besser  [sei  es]  im  schiffpruch  ihm  mit 
eim  hacken  den  arm  [nicht :  auge]  durchstechen  und  sich  also 
retten  lassen  als  ersauffen ,  wiewol  einmahl  ein  undanckbarer 
gauch  einen  drumb  verklagt1.  Diese  geschiente,  die  mir  sonst 
bisher  nicht  begegnet  ist,  entlehnte  der  verdeutscher  des  Gar- 
gantua  offenbar  aus  Lindeners  flugblatt,  das  sich  wiederum  auf 
einen  unbekannten  historiker  Poliander  beruft. 

Ein  vhralte  vnd  wunderbarliche  Historia,  welche  sich 
an  dem  Rheinstrom,  zur  zeyt  Kaysers  Conradi  |  des 
Ersten,  im  Jar,  0.  CCCC.    Bey  einer  Reychstatt, 
Daselbst  eygentlich  vcrlauffen  vnd  zugetragen  hat. 

(Darunter  ein  34,3  cm.  hoher  und  56  cm.  breiter  holzschnitt  mit  der 
Jahreszahl  1561 ,  der  durch  einen  bäum  in  zwei  hälften  geteilt  wird. 
Rechts  sieht  man  den  Rhein  und  dreimal  den  bauern  und  den  schiffen 
im  Hintergründe  rudert  dieser  in  einem  nachen  auf  dem  ertrinkenden  zu,  in 

* 

1)  Wendeler,  Zs.  f.  dtsch.  altertum  21,  441. 

2)  Den  von  Weller  verschwiegenen  aufbewahrungsort  teilte  mir 
herr  professor  dr.  Wendeler  mit,  der  ihn  gelegentlich  von  B&chtold  er- 
fahren hatte. 


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Neues  über  Michael  Lindener. 


639 


der  mitte  reicht  er  ihm  eine  stange,  im  Vordergründe  ist  der  baner 
ans  ufer  gestiegen  und  halt  eino  hand  vors  auge,  während  der  schiffcr 
noch  im  kahne  steht.  Auf  der  linken  seite  zeigt  die  obere  hälfte  zwei 
gerichtssitzungen,  eine  in  einem  stattlichen  hause,  die  andre  davor  im 
freien;  beidemal  erscheinen  bauer  und  schiffer  vor  dem  tische  der 
richter.  In  der  unteren  hälfte  halten  zwei  reiter  zwiesprach  mit  sechs 
unter  einem  bäume  in  hügeliger  landschaft  sitzenden  knaben,  die  durch 
stäbe  und  dudelsack  als  hirten  charakterisiert  sind.  Unter  dem  bilde 
steht  folgender  text  in  zwei  spalten:) 

Eins  mals,  nach  dem  der  Rhein  gar  groß  angelauffen  und 
eine  brugk  sumpt  einem  bawren  hingefürt,  der  sich  so  dapffer 
wehret,  das  er  sich  das  wasser  nifc  unterdrücken  ließ  und  mit- 
ten auß  dem  Rhein  bey  einem  dörfflein  hülff  begeret,  da  lau- 
ter vischer  sassendt,  da  sich  keiner  in  sein  schiffelein  wagen 
wolt ;  dann  der  Rhein  überanß  groß  war.  Und  doch  einer,  ein 
trewer  warbafiftiger  gesell,  Michel  genant,  auß  initleyden  und 
erbarmung  sich  bewegen  ließ  und  disem  halb  todten  menschen 
von  gantzer  seiner  macht  nacheylet  unnd  zu  hülffe  kam.  Wie 
er  in  aber  schier  erholet  unnd  doch  der  Rhein  stets  stercker 
ward,  warff  er  dem  bawren  ein  lange  stangen  zu,  die  er  er- 
greifft,  und  stieß  ihme  ein  auge  auß,  errettet  ihne  doch  bey 
seinem  leben,  das  er  nit  ertranck,  ffiret  in  also  dem  ufer  (oder 
gestadt)  zu.  Wie  er  nun  auß  dem  schifflein  steyget,  blüttet 
er  fast  und  zittert  hart  darzu,  ist  doch  fro,  das  er  mit  dem 
leben  darvon  gekommen,  gott  gebe  das  auge  sey,  wo  es  woll. 

Nach  etlicher  zeit  aber,  wie  der  bawr  die  gefahr  seines 
lebens,  darinn  er  gewesen,  vergißt,  kompt  er  zu  dem  schiff- 
man  und  begert,  seines  Schadens  des  augs  halben  vergnügt  zu 
sein,  und  fordert  den  schiffman  für  ein  oberkeit,  zeyget  an, 
wie  das  er  im  mit  der  stangen  sein  auge  verderbt.  Der  s[ch]iff- 
man  gesteht  es,  bekennet  die  warheit,  erzehlet  auch,  wie  sich 
die  sache  verloffen;  unnd  kommen  also  beyde  für  recht  Die 
sach  ligt  jar  unnd  tag  vor  gericht,  man  schickt  hin  und  her 
unnd  kundt  nicht  auß  der  Sachen  kommen. 

Etliche  auß  den  rhäten  sagen ,  die  der  bawr  mit  butter 
hafen  und  rheinkäselein,  auch  mit  guten  alten  batzen  gestochen , 
seytemal  der  schiffman  gestehe,  das  er  im  das  auge  in  der  noth 
mit  der  stangen  außgestossen  hab,  mocht  er  vielleicht  solches 
gerne  gethan  haben  und  ein  Übermut  gewesen  sein ;  wie  man 


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640 


Erste  zugäbe 


dann  bald  einen  bossen  erdencken  kan,  so  man  ein  sache  übel 
oder  b6ß  deuten  will,  das  man  offt  ein  gutt  schläwnige  sache 
vor  gericht  und  recht  mnbschlept,  die  leicht  on  allen  Wider- 
willen und  mfihe  küud  gutlich  verriebt  und  hingelegt  werden. 
Es  sey  ihm  nun,  wie  ihm  wolle,  es  thft  einer  ein  ding  gern 
oder  nicht,  deren  handel  sich  vil  zutragen,  so  sey  es  nicht 
desto  weniger  geschehen  und  der  schade  vor  äugen ;  item  es 
habe  einer  so  ein  gAtte  entschuldigung,  als  er  ymmermehr 
wolle,  so  geht  doch  keiner  lähr  aus  und  ungestrafft  und  mOssc 
gezllchtigt  werden.  Das  fassen  andere  inn  die  ohren  und  be- 
wegen es  wol  und  nemens  zu  hertzen,  rathschlagen  dem  nach 
wie  andere  klüge  gänse  unnd  erkennen  öffentlich,  daß  der 
schiffmann  dem  bawren  sein  auge  zalen  soll  und  in  von  deß 
wegen  vergnügen.  Der  schiffmann  entschuldiget  sich  und  zey- 
get  an,  wie  daß  ers  mit  willen  nicht  gethan,  sonder  in,  den 
bawren,  bey  seinem  leben  erhalten  und  vom  todt  errettet  habe 
und  deßhalben  auch  von  seinet  wegen  in  grosser  gefahr  seines 
eygnen  lebens  gestanden  sey,  und  appelliert  weytter. 

Wie  sie  nun  nit  auß  der  Sachen  kommen  kundten,  tregt 
es  sich  zu,  daß  ir  zwen  rathsherren  eins  mals  spatzieren  fahren 
unnd  zA  einem  hauffen  rosszbAben  kommen,  welche  unter  einem 
bawm,  wie  die  jugend  pflegt,  gericht  hielten,  die  einen  listi- 
gen geschwinden  höben  zA  einem  richter  gesetzt,  der  überauß 
scharpffsinnige  antwort  gab  auff  alles  fttrb ringen  unnd  ankla- 
gen; dem  sie  ein  lange  weyl  zuhöreten.  Wie  aber  die  rossz- 
buben  vil  bossen  getryben  hetten,  fahet  der  ein  rathsherr  an 
unnd  fragt:  ,Lieber,  was  woltest  du  für  ein  urtheyl  geben 
oder  sprechen,  wann  einer  inn  Rhein  gefallen  unnd  ertrincken 
het  müssen,  so  ihm  keine  fiirche  zuhilffe  kommen,  und  doch 
der  färche  im  ein  auge  außstiesse?1  Der  knab  sprach  behend: 
,Was?  Ich  wolt  sagen,  weyl  er  ohne  hilff  nit  het  künden 
herauß  kommen  und  sonst  het  ertrincken  müssen,  ob  im  sein 
auge  oder  leben  lieber  gewesen4.  Saget  der  rathsherr :  lie- 
ber, wie  müßt  man  im  dann  thAn?4  —  ,Das  will  ich  euch 
sagen4,  sprach  der  knabe.  ,Füre  man  ihn  mitten  in  den  Rhein 
und  werffe  in  wider  hinein.  Kompt  er  herauß,  so  soll  ime 
der  schiffmann  das  auge  zalen ;  wo  er  aber  ersiinfft,  so  sey  er 
im  nichts  schuldig.   Und  so  er  inn  seiner  noth  letztlich  noch 


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Neues  über  Michael  Lindener. 


641 


hilif  begeret,  und  stiesse  ihm  das  andere  auge  auch  auß,  daß 
er  gar  blind  wurde,  so  soll  er  den  schaden  zft  der  gefahr  und 
dem  spott  haben*. 

Das  zeygen  die  zwen  rathsherren  einer  oberkeit  an,  die 
disen  knaben  in  den  rath  berüfften,  und  ein  rathsherr  biß  an 
sein  ende  gewesen  und  bliben  ist. 

Haec  ex  P  o  1  i  a  n  d  r  o  Historico.  Michael  L  i  n  d  n  e  r  u  s 
Poeta  L. 


Das  zweite  flugblatt,  das  ich  in  den  reichen  Sammlungen 
des  Germanischen  museums  zu  Nürnberg  aufTand ,  trägt  das 
da  tum  1587,  ist  also  erst  25  jähre  nach  Lindeners  tode  her- 
gestellt, vermutlich  als  neue  aufläge  eines  vor  1562  erschiene- 
nen druckes.  Lindener  hat  darin  eine  ältere  lateinisch-deutsche 
regel  für  fischesser  mit  holperigen  reimpaaren  eigener 
mache  erweitert  und  den  schwank  von  dem  von  den  F  ti  n  - 
singern  vergrabenen  krebs  angehängt,  den  er  auch  1558 
im  Katzipori  cap.  58  (s.  114  L.;  vgl.  Hans  Sachs  1,  162  ed. 
Goedeke.  Zimmersche  chronik2  2,  531,  1)  behandelte.  Von 
jenen  merkversen  gab  Schindler,  Serapeum  1841,  283  eine  um 
1500  in  Tegernsee  aufgezeichnete  Fassung,  die  Wacker- 
nagel (Kleinere  Schriften  2,  30)  wiederholt : 

Charpfen  ia  in  kopfis,  hecht  in  achwantzia,  grundel  gar  fris; 
Nim  pärm  in  mulis,  präxen  in  mediia,  renkchen  in  univerais, 
Ratten  in  lebria,  8alm  in  fedria,  al  in  mittel  drummi8 ; 
Ia  röttl  in  prattia,  schleyn  in  sulciB,  aach  und  vorchen  in  totia, 
In  acbäria  et  caudia  mande  gebarniacbt  viach,  i.  e.  krepaen. 

Conrad  G  es  n  er  citiert  im  Fischbuch  (deutsch  von  Forer 
1563  bl.  193  b),  dessen  Vorschriften  über  die  Zubereitung  der 
fische  und  die  beste  jahreszeit  zu  ihrem  genusse  meist  mit 
Lindeners  versen  übereinstimmen,  wenigstens  den  auf  die  krebse 
bezüglichen  vers:  ,Hey  uns  wirt  das  fleisch  der  schüren  und 
schwentzen  sonderlich  gelobt,  als  das  verüle  oder  ryinen  inn- 
helt:  In  scheris  et  caudis  mande  geharnescht  fisch1.  Das 
Strassburger  rätselbnch  von  1505  nr.  110  (ed.  Butsch 
1876)  antwortet  auf  die  frage,  was  das  beste  an  den  fischen 
zu  essen  sei : 

Montauua  4 1 


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612 


Erste  zugäbe. 


Salmeus  in  federis,  rtipia,  hechtilisque  in  leberis, 
Carpeus  in  zünglis  iss,  alius  im  mitel  drommis, 

Stockfisch  in  blasiis,  krepsius  in  schwantzis,  barba  mefllein  lecker  bias. 

Kurtzer  griff  vnd  bericht,  Visch  zu  essen,  für  grosse 
Herrn,  welche  zu  jeder  zeit  am  besten  ,  vnd  wo  sie 
anzugreiffen  seind,  Die  Armen  habends  nicht. 

(Auf  dem  16  cm.  hoben,  24,s  cm.  breiten  Holzschnitte  steht  ein  fischer, 
der  ein  netz  und  einen  fisch  hält,  einem   wohlgekleideten  bärtigen 
herren  gegenüber;  am  boden  liegen  vielerlei  fische.) 


Karpffen  iö  in  kopfis. 
Der  karpff  ist  auü  frischem  wasser  gsund, 
Sonderlich  im  mertzn  zu  aller  stund. 

Hechten  aber  in  schwantzis. 
5  Der  hecht,  rottinen  gar  vil  sind, 
Im  weinmond  man  sie  am  bestn  find. 

Gründlein,  senglein  gar  friß, 
Dise  vischelein  seind  gar  klein, 
Darumb  ißt  mans  mit  bisselein. 
10      Nimb  barben  in  miiulis. 

Burben  und  egle,  wers  kan  han, 
Seind  gesund  und  gut  im  augstmon. 

Bräxen  in  mediis. 
liruxen  gesotten  und  gebraten, 
lö  Im  hewmond  seinds  gar  wol  gerathen. 

Rencken  in  universis. 
Ein  gar  guter  visch  ist  der  ronck, 
Im  mayen  biß  sein  ingedenck. 

Klaub  ruttn  in  leberis. 
20  Ruttn  und  üblen  im  herbst  gut  Bein, 
So  sie  keck  gbratn  und  gsottn  in  wein. 

Salmen  in  federis. 
Diser  im  hornung  ist  feyßt  und  matt, 
Darzu  gesund,  wer  in  nur  hat. 
£}      Aehle  in  mittel  drummis. 

Ein  visch,  der  da  ist  gantz  geschwind, 
Im  mayen  sie  am  besten  sind. 

Die  rottel  in  pratis. 
Disr  visch  gbraten,  solt  du  verstahn, 
yo  Gut  zu  gniessn  ist  er  im  wintrinon. 

Schleyen  fein  in  sultzis. 
Das  ist  fürwar  ein  geyler  visch, 


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Neues  über  Michael  Lindener. 


643 


Im  mertzen  ziert  er  wol  den  tisch. 

Aesch,  fobren  in  totis. 
35  Aesch,  forhen  seind  im  jenner  gut, 
Die  werdn  keim  armen  brudr  in  hut, 

Groppen  super  ruckis. 
Groppe  ist  ein  schleymiger  viscb, 
Im  jenner  gebackn  in  erbis. 
40     Lawgelein  in  bauchis. 

Lauglein,  so  dus  im  Springwasser  weist, 
Seind  sie  im  hornung  gut  und  feist. 

Blickelein  in  grettis. 
Blick  ist  ein  visch,  der  ist  wol  schlecht, 
4ö  Im  aprill  ist  er  zu  essn  recht. 

Hasseln  sub  schüppis. 
Wann  sie  frisch  sein  und  bereytet  wol, 
Im  brachmon  sie  man  gniessen  soll. 

Nasen  schlecht  in  suris. 
50  Im  wintermon  so  er  gfangn  wirt, 
Ist  er  sehr  gut  mit  essig  gziert. 

Alatten  in  dickig. 
Gantz  dawig,  60  er  ist  gesotten, 
Zu  der  zeit  wann  die  wol  ff  thun  zotten. 
55      In  scheris  et  caudis 

Das  seind,  behiit  uns  alle  gott, 
Krebs,  damit  man  die  Fintzger  spott, 

Mande  geharnischt  visch, 
Den  sie  fürs  dorff  auff  einem  plan 
CO  Als  ein  vergifft  thier  begrabn  han. 
Den  bericht  hab  von  eira  jedn  visch, 
Die  da  ziern  wol  gar  manchen  tisch 
Aber  das  will  ich  dich  berichtet  han: 
Die  reußn  und  Imminn  solt  ungessn  lan. 

Autore  Michaele  Lindnero,  P.  L.  &  Chronico.  1587. 


Zweite  zugäbe. 

Über  Bernhard  Hertzogs  Schiltwacht  (1560). 

Das  jugend werk  des  elsassischen  Chronisten  Bernhard  Hert- 
zog,  dessen  tochter  Anna  Elisabeth  sich  1583  mit  Fischart 
verheiratete,  kann  sich  zwar  keineswegs  an  Originalität  und 

41  * 


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(341 


Zweite  zugäbe. 


frische  mit  den  früheren  schwanksamm hingen  seiner  landsleute 
Wickram,  Frey  und  Montanas  messen,  verdient  aber  immerhin 
eine  eingehendere  betrachtung,  als  ihm  Goedeke  (Grundriss2 
2,  472)  widmen  konnte. 

Die  erste  ausgäbe  der  ,Schiltwacht',  die  nach  Meusebach 
(Fischartstudien  hsg.  von  Wendeler  1879  s.  145)  1560  erschien, 
ist  leider  verloren  ;  aber  wir  besitzen  zwei  nachdrucke  des  17. 
Jahrhunderts.  Angeführt  wird  das  werk  schon  1563  im  bücher- 
verzeichnis  des  Leipziger  buchhändlers  Christoph  Ziehenaus 
(Kirchhoff,  Archiv  f.  gesch.  des  d.  buchhandels  17, 15:  Bern- 
hardt Uertzogs  Schiitwachbuchlein1) ;  1568  übertrug  Hulsbusch 
24  stücke  daraus  ins  lateinische  (Sylva  sermonum  iucundissi- 
morum  p.  200—231),  und  1571  und  1574  gab  es  in  Frank- 
furter buchläden  auch  einen  zweiten  teil  davon  zu  kaufen,  der 
freilich  heut  verschollen  ist,  aber  offenbar  einer  ähnlichen 
Spekulation  sein  dasein  verdankte,  wie  Montanus  mit  seinem 
andern  teil  der  Gartengesellschaft  auf  Freys  erfolg  hin  unter- 
nommen hatte  (Pallmann,  Archiv  für  Frankfurts  geschichte 
und  kunst  n.  f.  7,  165  und  171.  1881:  ,Schiltwach  ander 
theil,  157-2  bogen1).    Die  titel  der  erhaltenen  drucke  lauten  : 

B)  Schiltwacht,  [  Die  Schiltwache  bin  ich  genant  |  Das  ist,  i 
Ein  kurtz  w  eiliges  Büchlein  [mit  vielen  Historien 
vnd  Dichtungen,  zu]  nutz  vnd  frommen  angehenden  Wach  vnd 
Rot-  |  temeistern,  sauipt  andern  deren  schlefferige  vnd  Melan-  |  lancho- 
lische  '!]  Gemüter  damit  zuerrauntern,  mit  vielen  |  Schwencken  augiret 
vnd  gemehret  durch  |  Bernhard  Hertzog.  |  [Holzschnitt:  ein  fürst 
und  hauptleute,  dahinter  zwei  scharen  landsknechte  und  eine  stadt] 
Zu  Magdeburg  bey  Johan:Francken.  |  Titel  schwarz  und 
rot  gedruckt  12  bogen  8°  o.  j.  (Berlin  Yt  7771.  Wolfenbüttel).  — 
Nach  Meusebach  (Fischartstudien  1879  s.  145)  ist  diese  ausgäbe  1612 
erschienen. 

C)  Schildtwach ,  |  Die  Schildwacht  bin  ich  genant.  |  Das  ist.  |  Ein 
kurtzweiliges  Büchlein,  |  mit  vielen  Historien  und  Dichtungen,  |  zu  nutz 
und  frommen  angehenden  Wach-  und  |  Rottmeistern ,  sampt  andere 
deren  schlufferige,  |  und  Melancholische  Gemühter  damit  zu  ermun-  i 
tern,  mit  vielen  Schwencken  augirt  |  und  gemehrt  |  Durch  |  Bernhard 
Hertzog.  |  [Holzschnitt:  eine  frau,  hinter  der  zwei  wickelkinder  liegen, 
kniet  vor  einem  kaiser  (Octavianus?;;  im  Hintergründe  ein  brennender 
Scheiterhaufen  und  krieger.]  |  Gedruckt  im  Jahr,  1657.  |  10%  bogen  8°. 
(Dresden,  Lit.  germ.  rec.  C390).  —  C  stimmt,  abgesehen  von  der  seiten- 
Verteilung  und  der  Schreibweise,  mit  B  völlig  überein. 


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Über  Bernhard  Hertzogs  Schiltwacht. 


645 


Von  den  86  nicht  numerierten  erzahlungen  Hertzogs  sind 
mehr  als  die  hallte  älteren  schwankbüchern  entlehnt:  30  stam- 
men aus  Lindeners  Rastbüchlein  und  Katzipori1  her,  7  aus  Wick- 
rams  Roll  wagen  büchlin2,  5  aus  Freys  Gartengesellschaft1,  3  aus 
Stainhöwels  Aesop4;  3  sind  meisterliedern  von  Hans  Sachs5  und 
eine  dem  Luscinius6  nacherzählt.  Eine  andere  gruppe  von  schwan- 
ken kann  man  als  bearbeitungen  oder  absichtliche  abwand- 
lungen  älterer  vorlagen  bezeichnen  ;  so  ist  nr.  1  offenbar  durch 
Boccaccios  Dekameron  angeregt,  nr.  4  durch  Lindener,  nr.  2, 
8,  11,  13,  17,  22  durch  Frey,  nr.  16  und  58  gehn  auf  das 
Volksbuch  von  Eulenspiegel  zurück.  Für  27  nummern  7  endlich 
vermag  ich  augenblicklich  keine  bestimmte  quelle  nachzuweisen. 


Inhaltsübersicht. 

Zum  gütigen  leser.  bl.  Aija. 

1)  Von  einer  witfrawen,  wie  sie  einem  Studenten  ihre  liebe  eröffnet, 
bl.  Aiija.  —  Eine  bearbeitung  von  Boccaccios  Decameron  3,  3; 
abgedruckt  oben  s.  534  nr.  XXXIX. 

2)  Ein  junger  unnd  ungewanderter  geselle  bulet  höfflich  umb  eine 
jungfraw.  bl.  A  v  b.  -  übersetzt  von  Hulsbusch  1568  p.  200:  Iuvenis  in- 
expertus  procatur  civiliter4.  —  Wohl  eine  nachahmung  von  Frey  nr.  1. 

3)  Ein  thuniherr  bulet  umb  eines  balbierers  tochter.  bl.  A  7  b.  — 
Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  202:  ,Canonicus  procatur  filiam  burbiton- 
soris'. 

4)  Wie  ein  pfaff  eine  gute  dirnen  in  ein  faß  beschied  und  an  stat 
derselbigen  ein  schwein  darinnen  fand.  bl.  A  8b.  —  Übersetzt  von  Huls- 
busch p.  203:  .Constituit  presbyter  conventionem  cum  puella  in  dolio, 
loco  cuius  reperit  suem*.  —  Ähnlich  Lindener,  Rastbüchlein  nr.  14 
(a.  29  h\ 

6)  Wie  ein  fuhrmann  sich  zu  einer  guten  dirnen,  so  er  auffgeladen, 
in  ein  faß  leget,  und  wie  es  ihnen  ergienge.  bl.  Bija.  —  Nach  Lin- 
dener, Rastbüchlein  no.  8  (a.  21  L.).  —  Übersetzt  von  Hulsbusch 

* 

1)  nr.  5,  30-33,  41,  43-46,  49,  53,  59-62,  64-78. 

2)  nr.  50,  54,  79-82,  86. 

3)  nr.  89,  40,  42,  51,  52. 

4)  nr.  83-85. 

5)  nr.  30,  48(?),  56. 

6)  nr.  63. 

7)  nr.  3,  6,  7,  9,  10,  12,  14,  15,  18-21,  23-29,  31-35,  47,  55,  57. 


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616 


Zweite  zugäbe, 


p.  205:  .Auriga  locat  se  cum  puella  in*  vase  vacuo*.  -  Ähnlich  Zim- 
mersche  cbronik2  2,  650,  37  (mönch  und  nonne). 

6)  Ein  junger  gesell  gab  einer  jungfrawen  einen  thaler ,  daa  sie 
ihn  ließ  auff  daa  hembde  knien,  bl.  Biija.  —  Übersetzt  von  Hulsbusch 
p.  206:  .Dalerum  dat  quidam  puellae,  ut  possit  in  eius  indusio  inge- 
niculari'.  —  Vgl.  B.  Krüger ,  Hans  Clawerts  werckliche  historien  1587 
nr.  16.    Sebaldu8,  Breviarium  historicum  1655  8.  526. 

7)  Wie  ein  priester  einen  überredt,  er  were  impotens,  noch  doch 
demselben  bey  dem  weibe  lag.  bl.  Biiija.  —  Ist  ausführlicher  in  einer 
italienischen  novelle  behandelt.  Vgl.  auch  Jodocus  Gallus,  Mensa  phi- 
losophica  lib.  4  tit.  ,de  obsessis' =  1603  p.  241.  Bouchet,  Serees  nr.  8 
(2,  119  ed.  Roybet). 

8)  Wie  einer  einen  Studenten  bey  seinem  weibe  fandt  und  wie  er 
ihn  straftet,  bl.  Bva.  —  Ähnlich  i  rey  nr.  G7. 

9)  Von  einer  jungen  frawen ,  deren  ein  alter  mann  drey  hatte, 
bl.  B  6a.  —  Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  208 :  .Iuvenculac  cuiusdam  ma- 
ritus  habuit  tria'. 

10)  Eine  magd  hatte  in  einem  jähr  den  hindern  nicht  gewischt 
bl.  B7a.  —  Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  209 :  Ancilla  non  tersit  podicem 
uno  anno*. 

11)  Von  einer  höfflichen  bewrin  und  ihrer  tochter.  bl.  B  7b.  — 
Vgl.  Frey  nr.  40. 

12)  Der  palmesel  licff  mit  dem  höltzern  herrgott  in  das  gerner- 
bauB.  bl.  B8a.  —  Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  210:  .Asinus  aufugit 
cum  imagine  Christi  in  fornicem'. 

18)  Ein  altes  weiblein  meinet  sich  unwirdig,  den  höltzern  herrgott 
an  zu  ruffen ,  betet  den  palmesel  an.  bl.  Cja.  —  Vgl.  Frey  nr.  54. 
Anders  Bebel,  Facetiae  1,  83  ,De  simplici  puella*. 

14)  Ein  doctor  der  artzney  thet  seinem  roß  eine  schalckheit.  bl.  Cja. 
(Als  sein  pferd  im  wasser  stehn  bleibt,  steigt  er  ab  und  wirft  gras 
hinein.) 

15)  Von  einem  alten  herrn,  der  seine  tage  nie  geritten  hatte,  bl.  Cija 
(Wird  abgeworfen  und  will  nie  wieder  reiten). 

10)  Von  einem  doctor,  der  gern  einen  guten  weg  ritte,  bl.  Cijb. 
(Der  knecht  lässt  ihn  auf  einerwiese  hin  und  her  reiten).  —  Vgl.  Ulen- 
spiegel,  bist.  64. 

17)  Ein  köcbin  ließ  sich  hinden  und  fornen  sehen,  bl.  C  iiija.  — 
Ähnlich  Frey  nr.  79.  Dazu  noch  Jodocus  Gallus,  Mensa  philosopbica 
4,  c.  42  (1603  p.  284).  Meisterlied  in  der  lügen  weis  H.  Vogels  (Dres- 
dener hs.  M  5,  802). 

18)  Wie  eine  einem  pfaffen  beichtet,  bl.  C  iiijb.  (Als  sie  nicht  sei- 
nen willen  thun  will,  verwünscht  er  sie  öffentlich). 

19)  Eine  fraw,  die  nicht  frölich  war,  sie  were  denn  zuvor  geschla- 
gen, bl.  Cva.  —  Vgl.  Hermotimus  nr.  28  (Frischlini  Facetiae  1660 
p.  302). 


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Über  Bernhard  Hertzogs  Schiltwacht 


647 


20)  Wie  der  stadachreiber  von  Libuß  dem  crtzbischoff  von  Meintz 
verehret,  bl.  Cvb.  —  übersetzt  von  Hulsbusch  p.  211:  .Archigramma- 
teus  oppidi  Libus  erat  coram  archiepiscopo  Moguntinensi4. 

21)  Ein  pfaff  prediget,  es  verschiede  keiner  aus  dieser  weit,  er 
luüate  den  teuffei  zuvorsehen,  bl.  C  7  a.—  Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  212: 
,Quidam  praedicat  neminem  mori,  nisi  videat  prius  daemonem  in  agone'. 

22)  Von  einem  pfaffen,  der  ein  gauckelspiel  anfieng.  bl.  C  7  b.  — 
Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  213:  ,De  sacerdote  exercente  circulatoriam 
artem.'  —  Vgl.  Frey  nr.  19. 

28)  Ein  geschwinde  antwort  eines  kramers,  der  docken  kauften 
wolte.  bl.  Dja.   (Er  fragt,  ob  die  töchter  des  kaufmanns  feil  seien). 

24)  Einea  einfeltigen  mönchs  antwort.  hl.  Dja.  (Er  soll  im  nonnen- 
kl oster  nicht  sagen :  ,mein',  sondern  ,unser  garten'). 

25)  Wie  etliche  nasse  knaben  einen  kautfmann  hotilich  beraubten, 
bl.  Dija.  (Der  dieb  hängt  ihm  eine  narrenkappe  über;  die  bauern 
halten  ihn  deshalb  von  der  Verfolgung  zurück). 

20)  Wie  zween  diebe  einea  diebstala  halben  uneins  worden,  bl. 
Dijb.  (Der  eine  dieb  stiehlt  tuch;  der  andre  erbietet  sich  den  laden 
zu  hüten,  während  der  kaufmann  jenem  nachläuft).  —  Übersetzt  von 
Hulsbusch  p.  215:  ,Non  convenit  duobus  furibus  super  furto'. 

27)  Wie  ein  kriegßman  einen  jüden  betrog,  bl.  Diij  b.  (Er  vertauscht 
den  versiegelten  Schuldschein  mit  einem  andern  papier).  —  Übersetzt  von 
Hulabuach  p.  216:  ,Miles  gregarius  callide  imponit  Judaeo.4 

28)  Von  einem  wirt,  der  die  vom  adel  schwager  hiess.  bl.  Diiijb. 
(Ein  gast  bezahlt  ihm  als  einem  verwandten  nichts).  —  Übersetzt  von 
Hulsbuach  p.  217:  .Hoapea  vocat  nobiles  affines'. 

29)  Wie  ein  schalckhafftiger  mönch  eine  junge  nonnc  beschließ", 
bl.  D  5a.  —  Vgl.  Oesterley  zu  Kirchhof,  Wendunmut  1,  2,  56;  auch 
oben  8.  574  zu  Wegkürzer  c.  30. 

30)  Wie  der  bapst  einem  landsknecht  eine  buase  auflieget,  und 
wie  er  sich  hielt,  bl.  D  7a.  —  Nach  H.  Sachsens  meisterlied  ,Dcr 
beckenknecht'  von  1550  (Zs.  f.  vgl.  litg.  7,467.  11,  76);  abgedruckt 
oben  s.  528,  nr.  XXXIII. 

31)  Wie  eine  junge  witfraw  mit  einem  jungen  gesellen  eine  wettung 
traff,  und  was  für  ein  urtheil  darinnen  gefiel,  bl.  D  8  b.  (Sie  wettet, 
ob  er  eine  nacht  neben  ihr  schlafen  könne,  ohne  sie  zu  berühren). 

82)  Wie  ein  edelman  ein  urtheil  wieder  sich  selbst  stellet,  bl.  Eja. 
—  Vgl.  Nicolas  de  Troyes,  Parangon  de  nouvelles  nouvelles  1869  p.  203 
nr.  47.  Riederer,  Schertzcabinet  1713  nr.  10.  Rottmann,  Historien- 
schreiber 1717  s.  322.  Kryptadia  2,  157  nr.  22-23. 

83)  Wie  ein  bawer  sein  grösten  feind  und  gröaten  freund  für  die 
oberkeit  brachte,  bl.  Eija.  —  Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  218 :  ,Rusticus 
adducit  coram  magistratu  maximos  amicum  et  inimicum*.  —  Vgl.  Gesta 
Romanorum  c.  24.    Köhler,  Kleinere  Schriften  1,  415.  455. 

34)  Es  macht  einer  einen  blind  und  wieder  sehend,  bl.  Eiijb.  (Stu- 


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Zweite  zugäbe. 


dent  schläft  ein;  seine  freunde  löschen  das  licht  und  thun,  als  ob  sie 
schach  spielten).  —  Vgl.  Kirchhof  3,  156. 

86)  Wie  ein  junger  student  bej  einer  edlen  jungfrawen  unwissend 
schlieff,  und  wie  ers  innen  worden,  bl.  Evb.  (Er  kennzeichnet  das  haus, 
in  das  er  nachts  geführt  war.  Sein  gesell  erschreckt  ein  liebespaar 
i tu  schweinstall,  wie  Hans  Clauert  bei  B.  Kruger  nr.  5). 

30)  Ein  edel  geschieht,  einem  edel  man  wiederfahren  von  einer  ober- 
keit.    bl.  Fija.  —  Nach  L  indener,  Katzipori  nr.  17  (s.  80  L.). 

37)  Ein  eifferiger  zorn  ,  den  ein  meüpfaff  auf  der  cantzel  hatte, 
bl.  Fiija.  —  Nach  L indener,  Katzipori  nr.  19  (s.  Öl  L). 

38)  Von  einem,  dem  man  ein  zan  ausbricht  wider  seinen  willen, 
bl.  Fiijb.  —  Nach  Linden  er,  Katzipori  nr.  35  (s.  94  L.).  —  Über- 
setzt von  Hulsbusch  p.  220:  .Cuidam  exseritur  dens  invitc'. 

39)  Von  dreyen  Studenten  ,  die  einen  dreck  in  der  milch  finden, 
bl.  Fiiijb.  -  Nach  Frey  nr.  91. 

40)  Wo  der  landsknechte  wohnung  sein  werde,  wenn  sie  sterben, 
bl.  Fvb.  —  Nach  Frey  nr.  44. 

41)  Eine  lecherliche  antwort  eines  nerrischen  grossen  herrn,  zu  ei- 
nem wirth  geschehen,  bl.  F7  a.  —  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.54 
(«.  111  L.). 

42)  Wie  eine  einfeltige  junge  tochter  einem  weisen  mann  auff  eine 
scharffe  frage  subtiel  antwortet,  bl.  F  8a.  —  Nach  Frey  nr.  127. 

43)  Von  einem  bawren,  der  friede  nam  und  schlug  seinen  knecht 
in  gottes  namen  zu  todt.  bl.  F8b.  —  Nach  Lindener,  Katzipori 
nr.  41  (s.  99  L.). 

44)  Ein  reeept  auff  einen  apoteckers  gesellen  zu  Lützen  geschehen, 
bl.  Gja.  —  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  43  (s.  101  L.l.  Übersetzt 
von  Hulsbusch  p.  222 :  ,Noquitia  facta  servo  pharm  acopolae4. 

45)  Ein  billicher  handel  eines  wandermannes  seinem  wirt  vergolten, 
bl.  Gija.  —  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  43  (s.  105  L.).  übersetzt 
von  Hulsbusch  p.  223:  .Quidam  agit  debito  modo  cum  suo  hospite4.  — 
Vgl.  ein  meisterlied  ,Dcr  schuster  mit  dem  köcher'  im  Weimarer  mscr. 
qu.  572,  290a.  J.  J.  Weidner,  Teutschen  poet.  lustgärtleins  ander  theil 
1621,  bl.  Tijb.  nr.  94  .Bullenzech4.    Aurbacher,  Laienbürger  1898  s.  79. 

4C)  Ein  wercklicher  betrug  einer  wirtin,  der  einem  vom  adel  be- 
gegnet ist.  bl.  Giija.  —  Nach  Lindener,  Katzipori  no.  53  (s.  110  L.). 
—  Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  224  :  ,Hospita  imponit  laseivo  nobili  vo- 
lenti videre  etc.4  —  Vgl.  Domenichi,  Facezie  1581  p.  109.  Sebaldus, 
Breviarium  bist.  1655  s.  527. 

47)  Von  eines  keysers  tochter,  die  einem  secretario  unversehens 
vermalet  ward.  bl.  Giiija.  —  Die  geschiente  von  Eginhard  und  Emma. 
Vgl.  Varnhagen,  Longfellows  Tales  1884  s.  92. 

48)  Ein  bawer  wird  für  der  apotecken  schwach,  bl.  Gvb.  —  Vgl. 
Jacques  de  Vitry,  Excmpla  ed.  Crane  1896  nr.  191  mit  anm.  Bedier,  lies 
fabliaux  1893  p.  430  (Vilain  asnier).  Tünger  nr.  14.  Keller,  Fastnacht- 


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über  Bernhard  Hertzogs  Schilt  wacht.  649 

spiele  2,  686,22.  Raber,  Sterzinger  spiele  2,  103(1886).  H.  Sachs,  Fast- 
nachtspiele ed  Cioetze  7 ,  69.  Bolte.  Der  bauer  im  d.  liede  1890  s.  28. 
Lyrum  lamm  1701,  s.  448  nr.  532.  Meisterlied  im  kurtzen  ton  Hans  Vo- 
gels:  ,Ein  bawer  kam  eins  abends  spat'  (13erliner  ms.  germ.  qu.  583, 
bl.  152b.  Erlanger  inscr.  1668,  bl.  563b).  Melander,  Jocoseria  2,  70 
nr.  58  (1605). 

40)  Von  einem  meßpfaffen,  der  sich  mit  wein  Überladen  und  sei- 
nen bawren  predigen  solt.  bl.  G6a.  —  Nach  Lindener,  Katzipori 
nr.  68  (s.  123  L). 

50)  Von  zweyen  landsknechten  ,  die  mit  einander  in  krieg  zogen, 
bl.  G7a.  —  Nach  Wickram  nr.  14.  Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  225. 

51)  Ein  pfaffenmagd  trat  in  einen  dornen  bl.  G8b.  —  Nach  Frey 
nr.  60. 

63)  Ein  pfarrherr  zeiget  seinen  bnwren  die  kerbe  für  heiligthumb. 
bl.  Hja.  —  Nach  Frey  nr.  62. 

58)  Von  einem  edelman  ,  wie  er  einem  mönch  ein  bossen  riß. 
bl.  Hija.  —  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  71  (s.  125  L.). 

54)  Von  einem  schalckhaflftigen  gesellen  ,  welcher  einem  priester 
seine  schuld  beichtet,  bl.  Hiija. —  Nach  Wickram  nr.  68.  Übersetzt 
von  Hulsbusch  p.  227  :  ,Nequam  quidam  confitetur  debita  coram  sa- 
cerdote* . 

55)  Ein  bawer,  der  calender  für  coriander  aß.  bl.  Hiijb  — 
Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  228:  .Rusticus  insumit  kalendarium  pro 
coriandro'.    Vgl.  Kirchhof.  Wendunmut  1,  120. 

60)  Ein  bawer  aß  seine  hftndschuch  für  kuttelfleck.  bl.  Hiiija.  - 
Vgl.  H.  Sachs,  Schwanke  ed.  Goetze  nr.  265  (1560);  dort  wird  auch 
ein  meisterlied  von  1550  nachgewiesen.  Stiefel ,  Zs.  d.  v.  f.  Volkskunde 
8,  162 

57)  Ein  pfaff  predigte  vom  einreiten  unsere  berrn  am  palmtage, 
und  wie  er  des  herrn  esel  vergleichet  bl.  Hiiijb.  —  Allegorie  wider 
die  Lutheraner. 

58)  Wie  ein  alt  par  ehevolk  von  newen  hochzeit  hielten,  bl.  Hva. 
—  Übersetzt  von  Hulsbusch  p.  229 :  .Nuptias  celebrant  denuo  coniuges 
provectae  aetatis'.  —  Vgl.  Ulenspiegel  bist.  67. 

59)  Ein  geschwinder  bescheid  eines  haußknechts  einem  edelman 
gegeben,    bl.  H6a.  —  Nach  L  i  n  dener,  Katzipori  nr.  76  (s.  130  L ). 

GO)  Wie  eines  bawren  tochter  einen  grossen  dreck  geschissen  hat. 
bl.  H7a.  —  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  82  (s.  137  L ). 

01)  Von  einem  bawrenknecht  und  einer  guten  frommen  dirnen. 
bl.  H8a.  —  Nach  L  i  n  d  e  n  e  r ,  Katzipori  nr.  84  (s.  138  L.).  Eine  an- 
spielung  bei  Fischart,  Gargantua  1582  c.  11  (s.  175  ed.  Alsleben). 

02)  Von  einem,  der  ein  maul  hatte  sieben  eilen  lang.  bl.  H8b.  — 
Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  87  (s.  141  L.).  Übersetzt  von  Huls- 
busch p.  231 :  ,Os  habuit  quidam  diduetum  septem  ulnis4. 

03)  Wie  etliche  leckermeuler  sich  vereinigten ,  wer  die  hechtleber 


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Zweit«  zugäbe. 


essen  solte.  bl.  Jjb.  —  Vgl.  Luscinius,  loci  ac  sales  1524  nr.  161. 
Juan  Aragones,  Cuentos  1576  nr.  3.  Loockmans.  Historien  1589  nr.  66 
=  Tijdschr.  voor  nederl.  taalk.  13,  15.  Sommer,  Emplastrum  Corne- 
lianum  1609  nr.  37.  Bächtold,  Glirapfreden  1890  s.  5.  Politischer  sack- 
pfeiffer  1663  s.  9.  Philander.  Zeitverkürzer  1702  nr.  530.  Rottmann,  Hi- 
stoiienschreiber  1717  s.  454  (3,  81).  Der  kurzweilige  polyhistor  1719 
s.  221.  Nugae  vcnales  1720  p.  52.  Lyrum  larum  löffelstihl  1730  nr.  91 
Treichel,  Am  urquell  3,  302.  Merkens ,  Was  sich  das  volk  erzahlt  2 
(1805),  nr.  202. 

64)  Von  einem  goldschmid  und  armen  Studenten,  bl.  Tija.  —  Nach 
Li  n  dener,  Rastbüchlein  nr.  3  (s.  8  L.).  —  Vgl.  Hans  Sachs ,  Der 
badknecht  (1541.  MG  5,  219  =  Dresdener  hs.  M  5,  573). 

65)  Ein  student  bitt  eine  mflllerin  umb  die  herberg,  die  sie  ihm 
versagt,  dieweil  ßie  vormals  den  pfaffen  bey  ihr  hatte,  bl.  J  7b.  —  Nach 
L  indener,  Rastbuchlein  nr.  5  (s.  16  L  ). —  Vgl.  oben  s.  626  zu  G  101. 

06)  Ein  geygier  sab  in  einer  todtengruben  und  geyget  den  todten 
ein  täntzlein.    bl.  Kjb.  —  Nach  L  i  n  d  e  n  e  r ,  Rastbüchlein  nr.  7  (s.  19  L.) 

67)  Ein  pörtner  in  einem  closter,  thut  einer  armen  frawen ,  die 
das  allmosen  begeret,  in  einem  todtenbaum  den  knmmer  an.  bl.  Kiijb. 

—  Nach  Li n dener,  Rastbüchlein  nr.  9  (s.  22  L.).  —  Vgl.  ein  mei- 
sterlied  von  B.  v.  Watt  (Hampe,  Euphorion  4,  28). 

68)  Wie  etliche  gesellen  einem  saursenffer  in  seinen  senff  schissen, 
bl.  Kiiijb.  -  Nach  Linden  er,  Katzipori  nr.  29  (s.  88  L). 

69)  Von  einer  dirn,  welche  bey  einem  bierbrewer  dienet  zu  Augs- 
purg.  bl.  Kvb.  —  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  36  (s.  95  L  ). 

70)  Ein  wercklicher  spuderling  von  einem  doctcr,  einem  edelman 
zur  antwort  geben,  bl.  K6a.  —  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  49 
(s.  98  L.). 

71)  Ein  narr  reiset  mit  seinem  herrn  über  feld  und  hette  sich  na- 
ckend ausgezogen,  bl.  K  7a.  --  Nach  Lindener,  Katzipori   nr.  46 

(s.  102  L  ). 

72)  Von  einem  zauberer,  der  einem  bawren  sew  verkeufft.  bl.  K7b. 

—  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  46  (s,  103  L.).  —  Vgl.  oben  s.  565 
zu  Wegkürzer  c.  8. 

78)  Ein  pfaff  verklagt  seine  bawren  für  dem  bischoff  und  liess 
einen  grossen  furtz.  bl.  K8b.  —  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  50 
(s.  107  L  ). 

74)  Von  zweyen  bösen  weibern,  die  mit  einander  zanckten.  bl.Lija 

—  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  55  (s.  112  L.). 

75)  Ein  billiche  antwort  einem  apt  gegeben,  welches  ein  kunst- 
reicher mann  thet.  bl.  Lijb.  —  Nach  Lindener,  Katzipori  nr.  56 
(s  112  L.) 

76)  Ein  erschrecklicher  bos ,  der  einer  dirnen  von  einem  bawren- 
knecht  wiederfahren  ist    bl.  Liij  b.  —  Nach  Lindener,  Katzipori 


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Über  Bernhard  Hertzogs  Schiltwacht. 


651 


nr.  57  (s.  113  L.).  -  Vgl.  Mclander,  Jocoseria  deutsch  1605  2,  169 
nr.  192. 

77)  Eine  krumme  that  von  einem  Phinsinger  bawer  im  Beyerlaude 
geschehen,  bl.  Liiija  —  Nach  Lindcner,  Katzipori  nr.  58  (s.  114  L.). 

78)  Eine  wundeibarliche  geschieht  einem  juncker  im  Inthal  ge- 
schehen, bl.  Lva.  —  Nach  Linden  er,  Katzipori  nr.  47  (s.  104  L.). 

79)  Woher  es  kömpt,  das  man  spricht:  ,Ey  du  armer  teuffei4,  und 
herwiederumb:  ,Das  ist  des  teuflels  danek*.  bl.  Lvb.  -  Nach  Wickram 
nr.  37.  —  Vgl.  Bolte  zu  Frey  nr.  77. 

80)  Einer  vertreibt  seinem  alten  weihe  das  hauptwehe.   bl.  L6b. 

—  Nach  W  i  c  k  r  a  m  nr.  44. 

81)  Von  einem  ungelerten  pfaffen,  der  den  calcnder  nicht  ver- 
stund,  bl.  Mj  a.  —  Nach  Wickrain  nr.  48. 

82)  Ein  geitziger  verzagter  pfaff  kleppert  mit  beiden  henden  auff 
der  cantzel  zusammen  und  schreyet:  ,Gelt  her,  die  schuhe  sein  gepletzt!' 
bl.  Miij  a.  —  Nach  Wickram  nr.  51. 

83)  Von  einem  alten  weibe  mit  dem  leinlachen,  bl.  Miiij  a.  — 
Nach  Stainhöwel,  Esopus  nr.  155  (coli.  14)  s.  330  ed.  Oesterley. 

—  Vgl.  Gesta  Rom.  123;  dazu  Kitter  von  Thum  c.  42  (Buch  der  liebe 
1587,  bl.  297  b).    Ayrer  4,  2263.    Macropedius,  Andrisca  II,  4. 

84)  Von  einem  blinden  mann  und  seinem  weibe.  bl.  Mv  a.  — 
Nach  Stainhöwel,  Esopus  nr.  153  (coli.  12)  s.  326  ed.  Oesterley. 

—  Vgl.  Varnbagen,  Anglia  7,  anz.  s.  159.  Jocliem  Glockenthon,  Der 
blind  mann  mit  dem  schönen  weib  1588  (Dresdener  hs.  M  5,  s.  349). 
Kryptadia  1,  65.  4,  198.  Köhler,  Gött  gel.  anz.  18C9,  774.  Leite  de 
Vasconcellos,  Giornale  di  filologia  romanza  4,  192  nr.  4.  J.  C.  Krü- 
ger (f  1750),  Der  blinde  ehemann;  dazu  Wittekindt,  J.  C.  Kröger, 
Berlin  1898. 

85)  Von  einem  kauffmann,  seinem  weibe,  bulen  und  schwiger. 
bl.  M6b.  -  Nach  Stainhöwel,  Esopus  nr.  151  (coli.  10)  s.  321  cd. 
Oesterley.  —  Vgl.  Oesterley  zu  Kirchhof,  Wendunmut  3,  246. 

86)  Wie  zween  diebe  einem  pfaffen  das  podagram  vertrieben, 
bl.  M7b.  -  Nach  Wickram  nr.  56. 


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Nachträge 

zu  den  Anmerkungen. 

Zu  8.  560  (Wegkürzer  c.  5).  Der  jüngste  auslaufet*  der  Mon- 
tanusBchen  erzählung  ist  das  soeben  (ende  dezember  1898)  im  Berliner 
theaier  aufgeführte  zaubermärchen  von  Aloys  Prasch:  ,Das  tapfere 
schneiderlein«.  W.  Osterwald,  Gedichte  1848  s.  171—217:  .Trips  Trill, 
der  mann  der  that ,  ein  fastnachtsmarchen'  (satirische  dichtung  im 
stile  von  Immermanns  Tulifäntchen). 

Zu  s.  571  (Wegkürzer  c.  23).  Von  Hans  Sachsens  meisterlied 
,Der  korbleinmacher4  (1550)  existiert  noch  ein  späterer  ei nzel druck 
»Hamburg,  H.  Binder*  nach  Weller,  Annalen  1,  255  nr.  300.  —  Andersen, 
Samlade  skrifter  12,  36  (1879):  ,Bt  digt  ora  konernc.' 

Zu  8.  573  (Wegkü  rzer  c  28).  Das  angeführte  lied,  das  doch 
wohl  als  quelle  für  Montanus  anzusehen  ist,  lautet: 

XLIX.  (zu  Wegkürzer  cap.  28). 
Die  jungfrau  beim  bader. 

(Kin  schön  newes  lied,  von  einer  schwangeren  junckfrawen,  wie  es  ihr 
ergangen  ist,  als  sie  ihr  wolt  ein  ader  schlagen  lassen.  Im  thon  :  Ich 
weyß  mir  ein  stoltze  müllerin ,  die  daucht  sich  hüpsch  und  klug  etc. 
4  bl.   8°.   Wiener  hofbibliothek  SA.  7.  D.  53.  -  Zur  melodie  vgl.  oben 

s.  629  zu  G  105.) 

I. 

Im  mayen,  im  mayen 
Sucht  man  der  kurtzweyl  vil. 
Da  singt  man  an  dem  reyen 
5  Und  treyben  freydenspil 
Die  zarten  junckfräwelein ; 
Mit  tantzen  und  mit  singen, 
Mit  lauffen  und  mit  springen 
Jede  die  best  will  sein. 


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Nachträge  zu  den  Anmerkungen. 

2. 

Die  junckfrawen  sich  zieren, 
Rüsten  sich  zu  dein  tantz ; 
Jede  den  preyß  will  füren 
5  Mit  einem  schönen  krantz. 
Nach  junckfräwlichem  sitt 
Kommen  sie  her  gegangen, 
Gar  höfflich  sie  da  prangen, 
Kein  Unzucht  spürt  man  nit. 

10  3. 

Ein  abenthewr  ist  gsche[he]n 
Von  einer  haußmagd  gut, 
Wie  ich  es  hab  gesehen; 
Sie  hetten  grossen  uniuftt 
15  Von  wegen  ihrer  ehr; 

Hinder  dem  ring  mit  schmertzen 
Sie  offt  seüft'tzet  von  hertzen, 
Das  sie  die  hett  nit  mehr. 

4. 

20      Heimlich  thet  sie  betrachten 
Ir  grossen  spott  unnd  schand, 
Wie  man  sie  wurd  verachten, 
Wo  sie  thet  sein  bekandt; 
Gedach[t]  in  ihrem  mftt: 

25  ,Ich  hab  offt  hören  sagen, 

Kin  khii  darff  ein  kränz  tragen, 
Die  offtmals  kälbern  thut. 

5. 

.Was  hüllt  mich  vil  das  schämen, 
:K)  Sicht  man  mirs  doch  nit  an! 

Die  sach  will  ich  verblemen, 

So  lang  ich  immer  kan. 

Kin  krantz  ich  tragen  will ; 

Ist  doch  vor  wenig  wochen 
35  Daa  kindt  erst  inn  mich  krochen, 

Das  behalt  ich  in  der  still.' 

6. 

Dises  thet  sie  verschweigen, 
Aber  nicht  inn  die  leng. 
40  Die  zeyt  thet  sich  heroeygen, 


654 


Nachtrüge  zu  den  Anmerkungen. 


ürab  das  hertz  war  ihr  eng 
Und  schmeckt  ir  nicht  die  speyß; 
Letztlich  sie  thet  besinnen, 
Dem  schmertzen  zu  entrinnen, 
5  Und  sacht  mittel  mit  fleyß 


Zu  dem  bader  sie  gienge 
Unnd  sprach  ihm  freundlich  zu, 
Mit  wainen  sie  anfienge: 
10  ,Maister,  ich  bitten  thft, 
Braucht  gutte  mittel  ir! 
Ks  truckt  mich  umb  die  brüste, 
Zum  flaisch  hab  ich  kein  luste, 
Es  widerwillet  mir. 

15  8. 

,Wie  mir  halt  ist  geschehen, 
Das  kan  ich  wissen  nicht 
Und  kan  doch  nichts  nit  sehen, 
Das  mir  am  leyb  gebricht. 
20  Jedoch  glaub  ich  förwar, 
Ich  werd  vor  wenig  tagen 
Erkaltet  hau  mein  magen; 
Das  red  ich  offenbar. 


25     ,Dcrhalb  schlagt  mir  ein  ader! 
Das  böß  blut  muß  herauß.« 
Da  fraget  sie  der  bader: 
.Habt  ihr  darab  kein  grauß, 
So  kan  ich  es  wol  thfin.'  — 

:w  ,Ich  laß  nit  underwegen 
Meiner  gsundheit  zu  pflegen', 
Sprach  sie  mit  worten  schon. 


,So  wöllen  wir  es  wagen', 
35  Sprach  der  bader  hin  für, 
.Jedoch  muß  ich  euch  fragen 
Seyd  noch  ein  junckfraw  ihr, 
So  zaiget  mir  es  an 
Unnd  saget  mir  zur  stunde 
40  Den  rechten  waren  gründe: 
Berührt  euch  nye  kein  mann? 


10. 


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Nachträge  zu  den  Anmerkungen. 


11. 

,Dann  ich  frag  nicht  umbsunste, 
Sag  ich  in  warheit  frey. 
Ich  brauch  zu  dieser  kunste 
5  Der  eysen  zweyerley  ; 

Den  weybern  taugt  das  ein, 
Das  ander  den  junckfrawen. 
Derhalb  sagt  auff  vertrawen  : 
Thut  ihr  ein  junckfraw  sein?' 

1<>  iL'. 

Zornig  thet  sie  auftspringen, 
Sah  streng  den  bader  an: 
.Schweyget  still  mit  den  dingen  ! 
Was  seyt  ihr  für  ein  mann ! 
15  Behüt  mich,  lieber  gott, 

Für  wen  thunt  ihr  mich  halten? 
Doch  laß  ich  es  auch  walten, 
Laßt  ab  von  ewrem  spott! 

13. 

20      ,Ich  bin  und  will  beleyben 
Ein  junckfraw  rein  in  ehr. 
Soll  mich  darvon  nichts  treyben, 
Hiß  das  die  zeyt  kompt  her, 
Das  mir  gott  schickt  ein  mann. 

25  Darumb  ich  nit  will  sorgen 
Unnd  will  der  zeyt  erborgen; 
Dann  ich  wol  warten  kan.* 

14. 

Der  bader  sprach  hin  wider: 
30  ,Mein  schöne  junckfraw  zart, 

Ihr  wolt  euch  setzen  nider, 

Verargt  mirs  nicht  so  hart! 

Ich  main  es  mit  euch  gut, 

Kan  es  auch  nit  verschweigen, 
35  Muß  euch  die  art  anzeigen, 

So  des  eysen  sein  thut. 

15. 

,Wann  ich  das  junckfraweysen  nimb 
Und  euch  mit  Miesem  laß 
40  (Vermerckt  in  gütte  meine  stimb) 


C5G 


Nachträge  zu  den  Anmerkungen. 


Und  ihr  nicht  rechter  maß 
Seyd  junckfraw  rein  unnd  zart 
So  müßt  ihr  des  todts  sterben, 
In  8chme[i]tzen  groß  verderben 
5  Durch  des  laßeyssens  art.* 


Die  junckfraw  thet  erschrecken 
Unnd  sprach  mit  Worten  fein: 
,Weyl  ir  mir  thfit  endecken, 
10  Das  diß  ihr  art  th6t  sein, 
Bedenckt  euch  nicht  hinfür, 
Nembt  ehe  das  frawen  eysen, 
Ewer  kunst  zu  beweysen, 
So  wirdt  es  gut  mit  mir. 

15  17. 

,Dann  also  möcht  das  lassen 
Abgehn  mit  gutter  frucht, 
Und  möcht  mich  etwann  massen 
Vil  manche  böse  sucht, 
20  Die  sunst  st&ts  aufF  mir  blyb, 
Wann  ich  mich  nicht  wolt  hutten 
Und  euch  volgen  in  glitten 
Unnd  es  alles  verblyb.' 


25      Also  das  frauen  eysen 
An  ihr  hett  gewirckt  wol. 
Die  junckfraw[n]  dises  preysen, 
Es  stecket  tugendt  vol. 
Auch  jetxt  zu  diser  zeyt 

:w  Thfit  manche  es  bewaren, 
Wie  man  offt  thrtt  erfaren, 
Das  sie  bleybt  bey  gsundheit. 


Derhalben,  ir  junckfrawcn, 
35  In  trewen  ich  euch  bitt, 

Ihr  wollend  für  euch  schawen, 
Halten  junckfrawen  sitt, 
Damit  die  zucht  unnd  ehr 
In  ewrem  thiin  und  handel 
40  Nicht  durch  ein  bösen  wandel 
Sieh  inn  schaden  verkehr. 


16. 


18. 


19. 


Nachträge  zu  den  Anmerkungen.  (357 


20. 

Ein  Sprichwort  ist  auffkommen, 
Das  thöt  man  treyben  theür  (I.  heür): 
Man  find  selten  ein  fromme, 
5  Die  junckfraw[n]  seyen  theür. 
Ein  jede  das  betracht, 
Zu  der  zucht  thöt  ench  bekeren! 
Nicht  mehr  kan  ich  euch  lehren ; 
Allde  zu  gStter  nacht! 

D.A.8. 

Oetruckt  zu  Augspurg,  durch  Valentin  Schönigk,  auff  unser  frawen  thor. 

Zu  s.  580  (Wegkürzer  c.  42).   Ein  ungarisches  gedieht  »Die 
zwei  treuen  freunde*  von  Kaspar  Veres  (1578)  wird  erwähnt  von  Landau, 
'  Za  f.  vgl.  littgesch.  7,  229. 

Zu  8.  583  (Trunkenheit,  ehebruch,  mord).  Dieselbe 
legende  erzahlt  der  Arciprcste  de  Hita  copla  503-517  (Poetas  eastel- 
lanos  anteriores  al  siglo  XV.  ed.  Sanchez-Pidal-Janer  1864  p.  243). 

Zu  s.  586  (Guiscardus  und  Sigismund  a).  Auf  Beroaldus' 
lateinischer  Übersetzung  beruht  Georg  Enyedis  ungarisches  gedieht 
Guiscardo  und  Ghismonda  (1577);  vgl.  Zs.  f.  vgl.  littgesch.  7,  229.  — 
Das  s.  588,  z.  31  angeführte  englische  drama  ,Gismond  of  Salern4  von 
1567  ist  jetzt  bei  Brandl ,  Quellen  des  weltlichen  dramas  in  England 
vor  Shakespeare  (1898)  aus  den  handschriften  abgedruckt;  vgl.  die 
einleitung  s  XCVII. 

Zu  s.  589  (Cymon  und  Iphigenia).  Von  S.  v.  Birkens 
Schauspiel  ,Die  wunderthätige  Schönheit'  (1656)  liegt  die  Originalhand- 
schrift  zu  Nürnberg  im  besitze  des  Blumenordens;  vgl.  Aug  Schmidt 
in  der  Festschrift  zur  250jahrigen  jubelfeier  des  Pegnesischen  blumen- 
ordens  1894  s.  525  f. 

Zu  8.  595  (Gartengesellschaft  r.  11).  Aurbacher,  Historia 
von  den  Laienbürgern  1898  s.  50. 

Zu  s.  598  (Garten  gesell  schaft  c.  20).  Vgl.  noch  Gröber, 
Der  königssobn  Marko  im  serbiacheii  volksgesang  1883  s  131. 

Zu  s.  602  (G  a  r  t  e  n  g  e  s  e  1 1  s  c  h  a  f  t  c.  50).  Vgl.  das  japanische 
märchen  ,Der  dumme  Tempo4,  das  Iguchi  im  Globus  69,  47  (1896)  mit- 
geteilt hat;  abgedruckt  bei  A.  Seidel,  Anthologie  aus  der  asiatischen 
volkslitteratur  1898  s.  44. 

42 


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658 


Nachtrüge  zu  den  Anmerkungen. 


Zu  s.  604  (GartengesellBchaft  c.  53).  Die  geschiente  von 
der  planeschmiedenden  eierfrau  verwertete  1635  der  Schweizer  pfarrer 
Melchior  Kündig  in  seinem  hsl.  Schauspiele  von  st.  Beatus  (Bächtold, 
Gesch.  der  dtsch.  litt,  in  der  Schweiz  1892,  anmerkungen  s.  114).  — 
Die  aus  Radioff  und  Swynnerton  angeführten  erzahlungen  sind  auch 
abgedruckt  bei  Seidel,  Anthologie  aus  der  asiat.  volkslitteratur  1898 
s.  192  ,Der  hase'  und  325  »Wie  Lull  luftschlösser  baute*.  Kristensen, 
Aeventyr  fra  Jylland  3,  368  nr.  68  (1895);  »Luftslottene'  (milchfrau). 

Zu  s.  605  (Gartengesellschaft  c.  54).  Vgl.  das  gedieht 
von  den  sieben  grOssten  freuden  der  weit,  wo  der  vierte  gesell  dasselbe 
preist,  was  bei  Montanus  der  zärtliche  ebegatte  für  das  wertvollste 
erachtet  (Liederbuch  der  Hatzlerin  1840  s.  272.  Keller,  Erzahlungen 
aus  altdeutschen  hss.  1855  s.  669,  jo). 

Zu  s.  607  (Gar  ten  gesell  sc  h  af  t  c.  58).  Lies  in  z.  19  Katzi- 
pori  statt  Rastbüchlein. 

Zu  s.  624  (G  a  r  t  e  n  g  e  8  e  1 1  s  c  h  a  f  t  c.  92).  Lies  in  z.  14  Revue 
archeol.  1855  statt  1845. 

Zu  s.  627  (Gartengesellschaft  c.  101).  Zu  Rolte-Seelmann 
1895  s.  MS1  füge  noch  einen  niederösterreichischen  Eulenspiegelschwank 
bei  Bünker,  Zs.  für  Österreich,  volksknnde  4,  289. 

Zu  b.  628  (Gartengesellschaft  c.  105).  In  Kellers  Fastnacht- 
spielen 1,  119,  »  findet  ein  buhler  eine  geiss  statt  des  mädehens 
im  bett. 

Zu  s.  633  (Gartengesellschaft  c.  113).  Hin  gedieht  von 
Alkuin  und  Rosimunda,  vermutlich  von  Hans  Sachs,  steht  hsl.  in  nr. 
520  der  Merkeischen  bibliothek  (Mitt.  aus  dem  germanischen  national- 
museum  1898,  93).  Ferner  vgl.  W.  Osterwald,  Gedichte  1848  8.  12: 
Alboin*  (fünf  balladen).  Gabriel  Lobo  Laso  de  la  Vega,  Rosimunda 
y  Alboyno  (Romancero  y  tragedias  1587  ;  abgedruckt  bei  Duran ,  Ro- 
mancero  general  1849—1851  1,  395  nr.  576).  Eine  anonyme  romanze 
,La  hermo8a  Rosimunda*  bei  Duran  2,  255  nr.  1266.  Auch  die  italie- 
nische ballade  .Donna  Lombarda*  beruht  wahrscheinlich  auf  unsrer 
sage :  Nigra,  Canti  popolari  del  Piemonte  1888  nr.  1  mit  anm. ;  ver- 
deutscht von  Dorer-Eglof,  Volkslieder  aus  Italien  1860  s.  86  und  Heyse, 
Italienisches  liederbuch  1860  s.  177;  vgl.  Gustav  Meyer,  Essays  und 
studien  2,  127  (1889).  —  H.  Kruses  tragödie  Rosaraunde  hat  F.  B. 
Miller  1880  ins  russische  übersetzt. 

Zu  a.  638.  Auch  Christian  Zyrl  hat  in  seinem  Schauspiele  vom 
urteil  Salomons  (Strassburg  1592)  den  von  Lindener  erzählten  rechts- 
handel  verwertet;  Monoculus  und  Hegius  erscheinen  vor  dem  throne 
des  königs,  der  sofort  die  bekannte  entscheidung  fällt;  vgl.  Odinga, 
Vierteljahrsschr.  für  litteraturgesch.  2,  239. 


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659 


Wort-  und  Sachregister. 

Die  zahlen  beziehen  sich  auf  seite  und  zeile;  den  Inhaltsangaben  der 
schwanke  sind  ausserdem  in  klammern  die  nummern  des  Wegkörzers 
(W  1  etc.)  und  der  Gartengesellschaft  (G  1  etc.)  beigefügt. 


ab  c.   dat.  21,  ss.  57,  h.  101,  u. 

111,  ..  179,  sr, 
abentewrer:  ein  seltzamer  a.  18,  u. 

31,  i«.  32,  i2.  126, 2. 
abentheurerin  343,  n. 
abentheurlich  379,  so.  422,  i«.  aben- 

thürliche  sachen  255,  7.  407, 13. 
aberforschen  267,  8. 
abfallen  einem  =  aus  dem  gedächt- 

nis  entfallen  44,  0.  341,  a. 
abgefeumpt  291,  u.  326, 10. 
abgescheumpt  358,  si. 
abgewinnen  :  einem  nichts  a.  mögen 

15,  SS. 

abgraben :  ein  bitschier  a.  427,  u. 
abhelffen  einen  eines  24, 3. 
abkummen  eines  260,  21.  262,«. 
ablaü  23,  11. 

abloß  =  wehr  am  muhlbach  359,  i&. 
ablausen  165,  u. 
abnemen  =  vermuten  23,  .s. 
Abraham  418,  10. 
abschmieren  =  prßgeln  338,  e. 
abstelen,  sich  240,  30. 
abstoßen,  das  hertz  344,  m». 
Äbtissin  mit  der  hose  auf  dem 

köpfe  (G  109)  630. 
abtöffeln  301,  m. 

abtrag:  ein  a.  thun  11,  1».  erlegen 
423, 33. 


abweiß  =  thorheit,  mutwille:  ir 
a.  .treiben  mit  58, 21.  383,  t«. 

abziehen,  sich  241,  &.  sich  a.  und 
enteussern  293, 29. 

acc.  c.  inf.  39, 1.  148,  27. 

achsel:  ein  frewd  schoss  ihm  in  ein 
a.  52,  so. 

achtend  =  achte  (octavus)  12,  24. 
achtzen  =  ächzen  190,  1». 
acker:  mit  stuten  gen  a.  faren, 

obsc.  68, 2. 
Adam  269,  10. 
Adrianus  348,  35. 
affect  =  neigung  86,  23. 
Agnes  73,  u.  75,  so.  102,  so.  339, 8. 
Alb  437, 4. 

Alboin  und  Rosamunde  (G  113) 

632.  658. 
Albrecht  63,  7-72, 30. 
Aldobrandin  192,  ss— 211,  30. 
Alkinus  =  Alboin  423,    -424,  7. 
aller,  ndv.  46, 32.  61,  »2.  76,  u. 

als  —  alles  121,  1*. 
all  gemächlich  398,  37. 
almiisen  121,  27. 

Alter  buhler  impotent  (WS)  560. 
—    mann  zeigt  der  jungen  frau 

Iniisen  und  im  hintern  lecken 

(W27)  572. 
Ambrosius,  sanet  77,  21.  78,  1«. 

42* 


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6G0 


Wort-  und  Sachregister. 


Ambustus:  Publius  A.  124,  *. 
ammeister  =  oberineister  der  zunft 

285, 23. 
ampell  425,  ia. 
ampt  =  messtext  28,  is. 
anblick  =  blick:  mit  aufiFgerich- 

tem  a.  230, 19. 
ancken  356, ». 

Ancona  190.se.  191,  it.  192,  n. 
änderst  16,  u.  17,  i»  u.  o. 
AndreQtzo  (Andreitzo,  Andreytzo) 

von  Perusio  139,  9  —  180,  15. 

vgl.  463, 2«.  582.  624  (zu  G  93). 
angster  S77, 27.  406,  1. 
anlegen :  es  a.  =  verabreden  29,  is. 

30,  p. 

anliegen  =  verleumden  33,  tj>. 
Anna  322,  8. 
Annelin  260,  19— 264, 97. 
annemen:  sich  a.  eines  d.  172,  e.  is. 
ansichtig  werden  225,  t,. 
Anthonius,  Banct  404,  34.  406,  9. 

Anthonier  orden  404,  n. 
Anthony  (Cortboys?)  formschneider 

in  Frankfurt  487,  ib. 
antworten  =  überantworten  276,  ss. 
apoteck  303,  8. 

arch  =■  arca,  steinsarg  163,  1«. 
366,  s>. 

argument  309,  s. 

argwenig  =  beargwöhnt  100, 29. 

Arimel  =  Arimino  308,  m. 

Aristippus  107,  e.  237,  7—238,  t. 

Arm  :  geschichten  von  armen  leu- 
ten,  vgl.  Gansedieb,  Kinder  und 
Vaterunser.  —  Armer  bestiehlt 
einen  reichen  auf  dessen  geheiss 
(G  67)  610. 

armbrost:  sein  a.  spannen,  obsc. 
10, 2e.  348,  2ß.  401,  «. 

armklich  228,  3*. 

armütlin,  obsc.  410,  22. 

armutselig  84,  93. 

artickel  198,7. 

Artus  und  die  ehebrecherbrücke 


Virgils  (G  112)  631. 
Artus  420,  ai— 423,  7. 
Arzt  sieht  ein  kummet  unterm 

bette  und  sagt,  der  kranke  habe 

ein  pferd  gegessen  (G  34)  600. 
Asinaio,  berg  bei  Florenz  334,  e. 
Athen  107,  ,-124,  11.  140,  s- 

143, 20  (dann  Neapel). 
Athenesier  116,  n.  Athen eser  118,«. 

Athener  140, 5. 
auflblasen  ,  das  feuer  221,  so.  uff- 

blasen  =  ein  signal  geben 218,  3s. 
Aufgaben:  unmögliche  aufgaben 

dem  teufel  gestellt  (G  49)  602. 
uffgnappen  362,  s. 
auffheben  einem  =  zum  vorwürfe 

machen  82,  21 ;  auffgehebt  39, 27. 

41,  13.  256, 10  auffgehaben  163, 10. 

—  uffheben  282, 2. 
aufmachen:  ein  fewr  a.  12,  2a. 
auffmutzen  =  putzen  180,  22.  = 

vorwerfen  167, 33.  326,  so. 
auffnestlen  287,  19. 
anflfschlagen  =  aufschieben  105, 0. 
auflfschmeltzen  44, 4. 
auffsein:  auffgewest  =  sich  auf- 
gemacht 35, 2«. 
uffsetzig  =  feindlich  350,  12. 
auffwüschen  =  au  ff  springen  165,  u. 
aufziehen  =  hinhalten  202, 4. 
Augspurg  51,  s.  10.  293,  27.  322, 2. 
Augsburger  Schmähschrift  wider 

Montanus  (1558)  457—475. 
Augustinus,  sanet  82, 90. 
Augustus  106,  27- 

Augustus  und  der  arme  dichter 
5,  2.  vgl.  558. 

auß  der  massen  10, 2.  12, «.  36,  2». 
190, 11.  220, 26.  309,  1. 

aussbien  259, 20. 

außmerglen  51,  2. 

außreden:  sich  a  =  sich  gut  ver- 
teidigen 15,  29. 

außrichten:  einen  Obel  a.  = 
schelten  72,  24.  189,  20.  451,  32. 


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Wort-  und  Sachregister. 


661 


ausschleiflen:  sich  a.  293.  u* 
außtruckenlich  17,  4. 
ausszug  =  aasflucht  318.  u. 

baccularius  150,      ih.  363,  h.  i«. 
bachen  370, 

baderfart  =  baden  fahrt  396.  ii* 

bäil'tse  =  wespe  353.  a. 

Baier,  Bayer  278,  *a.  279,  329,  a, 
wirte  449,  u.  450.  a. 

Bayer  fürchtet  im  thale  zu  ertrin- 
ken, obwohl  es  nicht  regnet  (G  69] 
610. 

Neun  Bayern  fliehen   vor  einem 

basen  (G  18)  5M, 
Bayerland  278.  u, 
Baldotzo,  Philippus  334. 
balg  =  leib  12,  ».  n. 
balgen  und  hadern  1_L  ia.- 
balcken :  liegen ,  das  sich  die  b. 

biegen  50,  ai,  452,  ul 
baliren  =  polieren  146,  u.  422.  u, 
banck:  durch  den  b  =  alles  ohne 

unterschied  325.  ao. 
bapstum  286,  so.  327,  ü 
bartet  -   bärtig  156,  u. 
basilicon  salaritano  93,  aa. 
Batzendorff  bei  Hagenau  356,  «. 
bauch,  die  —  wasche  397,  aa* 
bauchbQtte  397,  x8. 
Bauer  bringt  seinen  söhn  zur  schule 

(G  9)  524. 

—  nötigt  den  studierenden  söhn 
mist  zu  laden  (G  10]  595. 

—  in  der  kanzlei;  dreck  aufs  ur- 
teil gethan  (G  15] 

—  kauft  gewürz,  bringt  sack  mit 
(G51)  6J12.  —  kauft  vieriocker 
statt  driocker  (G  52)  603. 

—  zahlt  dem  schützen  fünf  Schil- 
linge und  schlägt  ihn  ins  gesicht 
(G  19)  591 

—  äfft  den  teufel  durch  unmög- 
liche aufgaben  (G  49)  602. 

—  wirft  den  ehemaligen  vogt  vom 


wagen  (G  81]  filß. 
Bauer  schenkt  dem  pfaffen  eine 

kuh    und    erhält    dafür  zwei 

(G  108)  .629. 
Bauer:  vgl.  Jüngling.  Landsknecht, 

Mann. 

Bauern  lassen  ihre  söhne  studieren 

3,  ifl. 

Bauern  urteilen  über  einen  toten 

wolf  (G  33]  593. 
Bäurinnen  lösen   die   rätsei  de» 

wirtes  (G  91)  623. 
bäum      sarg  27,  u  sarch  27+  a. 
bau  wen :  das  eilend  b.  200.  ia. 
bedecken,  obsc.  367.  375, 
begreifen  rz  ergreifen  30,  ia,  367.  u. 
behalter  37L  Iii 

beheb  —  fest  sc h liessend  403.  il 
Hehemar  --=  Böhmer  (Zigeuner?) 

174.  ii:  vgl.  472,  ». 
behendigen  188,  ia. 
behertzend        beherzt     226 ,  so. 

242,  &.  246,  4. 
behertzigkeit  284.  se. 
Beichte,  kindische  (G  31]  hML 
baydenthalb  221^      227,  S4. 
Bein  des  schlafendeu  Schuldners 

ausreisten:  s.  Gaukler, 
beystendig  156^  ».  lb^  r  245,  ao. 
beyten  c  dat.  —  warten  auf  3L  ao, 

ii.  33,  ü  162,  ui, 
beytpfenning  (eig.  an  teil  an  det 

beute)  187.  aa.. 
beiwesen  =  anwesenheit  149,  n. 
bekommen  =  begegnen  158.  m, 

240,  ^  365,  s. 
bekrencken  1 69,       180,  4. 
bekürtzen  185.  uu 
beleiten  12L  34.  24_L  » .290,  s». 
bendel  =  band  14,  a. 
bengel  =  knittel  13,      14,  a,  48,  ia. 
bengelkraut  267,  u,  270,  ia,  344* 
benügen  120,  19.  316,  a. 
beren  365.  a*. 

berichten  =  unterweisen  378.  s>. 


<J<32 


Wort-  und  Sachregister. 


sich  mit  einander  b.  =  sich  ver- 
abreden 94,  15. 

beropffen  141,  «. 

beschehen  99,  27.  357,  u.  400,  v,. 

bescheid  256,  is. 

bescheissen  =  betrügen  32,  ao. 
50,  vo  127,  99.  177,  20.  =  be- 
schmutzen 127,  a. 

beschicken  103,  *e. 

beschiss  und  betrug  361,  ss. 

beschrayen  199,  io.  200,  i6.  224,  m. 
427,  3». 

besprachen  143,  2. 

bestäten  =  bestellen,  bestätigen 
62,  io.  bestatten  203, 20.  387,  1. 

bestia  64,  20 

bestreichen  =  bestechen  426,  21. 
betagt  224,  22. 

betragen:  sich  b.  mit  =  sich  be- 
gnügen 56,  0. 

betrubung  201,  ».  226,  ai. 

Bettler  von  landsknechten  gefoppt 
(W  25)  572. 

—  muss  seinen  mantel  (samt  dem 
eingenähten  gelde)  umtauschen 
(W  24)  572. 

betlerdantz  318,  4. 

bethzieche  394,  u.  395,  31. 

beweisen:  part  beweist  197,  4. 
202,  1. 

beweisung  355,  10. 

bezwingen  einen  zu  einer  straff 
33,  u. 

Bibel  citiert  40,  ao.  24.  42,  1«.  24. 
20.  81,  se.  82,  v.  85,  8i.  86,  15. 

165  ,     25.      166  ,     3.     II.     14      SO-  26. 

168,  1».  181,  12.  20.  418,  ». 
Bier  in  Schwaben  schlecht  449, 27 ; 
vgl.  635. 

bilgram  192  ,  13.  195  ,  10.  bilger 

194  ,  23. 

billichheit  284,  2«. 
bletzen  =  flickeu  24,  23. 
blintzlingen  277,  is 
bloch  382,  is. 


blündeilin  290,  4. 

Boccaccio,  Dccamerone  (Rinaldus) 
178,  1  13.  Centonovella  461, 
2«.  466,  s  470,  5 

bomber  =  crepitus  ventris  295,  17. 

Borodelle  Masa  63,  11. 

bort  160,  12.  364,  as  366,  27. 

boss  =  keil  344,  1«. 

bosschubeit  343,  M.  381,  23.  vgl 
619. 

boßlein  =  possc  32,  1«.  82,  ... 

boßlichen  115,  24. 

botz  Verden  Schwaigs  277,  2.  botz 

feintlich  281,  e. 
Brant,  Seb. :  eine  seiner  von  Joh 

Adelphus  verdeutschten  fabeln 

abgedruckt  522,  34. 
branier  wein  438,  42. 
brass  489,  27. 

Braut  von  einem  unberufenen  heim- 
geführt (W  44)  581. 

-  lässt  ein  fürzlin  (G  43)  601. 

—  zweite  b.  spottet  Über  die 
schwatzhaftigkeit  der  ersten 
(W  1)  558. 

Breysach  16,  -u.  Preysach  16,  ».  10. 
bresten  =  gebrechen,  mangeln  37, «. 
Bretta  =  Bretten.    Ihm  geschähe 

wie  dem  hündlein  von  B  128, 

io.  582. 

Brictius,  sanet  396,  29.  398,  2«. 
brigel  =  knittel  251,  ?«. 
brinnen :  impf,  brane  97,  io. 
Britania  oder  Engellandt  421,  7. 
brot   für  kuchen  nemen    11,  2«. 

geben  321,  u.  869,  27. 
brodtscharre  308,  11. 
br3ch  413,  »*. 
brüchbendel  415,  4. 
Bruder  Lustig  (marchen)  564. 
Bruneta  335,  ts. 

bruntzen  237,  4.  brüntzlen  287,  t>. 
bubenleben  166,  17. 
buberey  372,  37.  408,  34.  449,  3. 
451,  34. 


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Wort-  und  Sachregister. 


668 


bubin  145,  i.  369,  i«. 

bubiin  361.  40. 

Buchswiler  276,  is. 

büffel  =  dummer,  ungehobelter 

mensch  141,  27. 
Buhler  gemesst  einen  Schlaftrunk 

und  wird  als  tot  in  einen  kästen 

gelegt  (G  95)  624. 

—  im  öl  fasse  versteckt,  dem  manne 
als  käufer  vorgestellt  (G  55)  605. 

—  als  enget  (apostel)  verkappt  574. 

—  als  mädchen  verkleidet  (W  15) 
569. 

—  als  nonne  verkleidet  (G  110) 
631. 

—  als  stummer  im  nonnenkloster 
(W  29)  573.  (G  96)  624. 

—  nachts  im  Schlafzimmer  der 
familie;  wiege  (G  86)  620. 

—  vom  manne  erschlagen  (G  46) 
601. 

—  erhält  vom  pf äffen  eine  selt- 
same busse  (G  88)  621. 

—  vgl.  Alter,  Domherr,  Jüngling, 
Mönch,  Pfaffe. 

bulen  mit  dem  acc.  =  liebkosen 
94,  >. 

bullen,  die  =  tasche  83,  so.  84,  9. 
85,  7. 

bulschafft  =  geliebte  424,  27. 
bundte  =  spund  12,  29. 
bundtschfich,  obsc.  102,  31. 
bupenhan,  pupenhan ,  obsc.  18,  st. 

289,  S9.  317,  7.  408,  «s.  410,8. 
Burckhardt,  münch  78,  30. 
burst  =  schar,  rotte  356,  so. 
bftrtzlen  357,  32. 
Busse  des  buhlers  (G  88)  621. 
büssen  =  befriedigen  30,  12.  = 

bestrafen    206,   1.  4.    226,  13. 

büssen  und  besaern  298,  10. 

capel:  die  c.  weihen,  obsc.  389,  u. 
besingen  395,  21.  397, 3.  vgl.  Frey, 
GartengeseUschaft  s.  224  und  291. 


Gapitolium  118,  s«. 

cappelin  23,  13  53,  7. 

Capua  217,  1»— 219,  au. 

Cäsar  vor  seiner  ermordung  ver- 
geblich gewarnt  (U  114)  634. 

Cassandra  248,  » —252,  is. 

Catalena,  Strasse  in  Neapel  (la  Ru* 
ga  Catalana)  158, 1. 

Catalina  322,  10.  Catarinen  clo- 
ster  322, 3. 

Certal  =  Certaldo  404,  10. 

characteres  398,  st. 

charfreitag  327,  is. 

chorgericht  oder  consistorium  325, 

17.  321.  30. 

Christus  165,  *».  166,  2.  181,  12. 
327,  u.  418,  20.  440,  u. 

Cicilia  =  Sicilien  143,  n.  147,  1. 

Cicilianer  155,  0. 

Ciphibio  335,  10 -337,  21. 

clerick  311,  ss. 

cloack,  das  361, 3«. 

collation  78, 12.  150,  «.  361,  ie. 

Comoedia  de  lepore  quadam,  ab- 
gedruckt 507,  9. 

componicren  180, 11. 

concludieren  415,  ss. 

concubin  411,  t&. 

confect  67,  31.  78,  11.  150,  4. 

conscientz  17,  u. 

consistorium    322,  32.    324,  u. 
325,  17. 

Constantinopel  195, 12.  203,  11. 
consul  426, 10. 

content  14,  e.  87,  9.  112,  M.  114, 

11  137,  is.  241,  ss.  402,  15. 
Credo  (fabelhafter  heiliger)  405,  34. 
Cremes  107,  2.  ie. 
Creta  235,  o-252, 10. 
crisam  und  tauft'  354,  jo. 
Cupido  102,  17. 

Cymon  und  Iphigenia  235—252; 

vgl.  589.  657. 
Cypri  252,  10.  Cipern  191, 13.  192, 

s.  12.    Ciprus  257,  «—252,  13. 


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064 


Wort-  und  Sachregister. 


ciprianisch  237,  4. 

Danbeckh,  Georg :  meisterlied  Von 
dem  kaiser  Augustus  und  einem 
poeten,  abgedruckt  502,  s. 

dannocbt  41,  j«. 

dauchten  110,  n.  112,  i. 

dawren  165,  ».  tawren  164,  is. 

dausscn  397,  n- 

decklach  239,  ». 

dcdicieren  und  züschreiben  4  ,  ™ 
135,  ta. 

Deisinger,  Hans:  meisterlied  Die  drei 
beichten  (1599),  abgedruckt  510, 4. 

demütigkeyt  =  betrübnis  101,  4. 

depositari  64,  j. 

dest  —  desto  38,  «». 

detttung  =  handgeberde  57,  ». 

dickedack  =  brettapiel  mit  wür- 
feln 85,  ,4. 

Diebe  wollen  eine  schwangre  frau 
aufschneiden  (G  97)  625. 

Diebio  schreyen  283,  6.  877,  ie. 

diech  =  schenket  336,  4. 

Dietrich  Bern  =  Verona  424,  7. 

Dillingen  5,  ie  31,  m.  86,  fl.  187,  s7. 
330,  1. 

DinkelspQhel  258,  s.  10. 

diatilieren  230,  16. 

Domherr  mit  der  eselin  im  bette 
(G  105)  628.  658. 

domine  418,  so. 

Dominicus,  sanct  82,  J4. 

Thonaw  54,  »8. 

Doppelsinniges  eheversprechen  (G 
20)  597.  657.  —  vermögen sangabe 
(G  13)  595.  —  frage  an  den  ehe- 
mann:  Soll  ich?  (G  73)  011.  — 
Bosselarbeit  (G  82)  619. 

dorecht  299, 

Doscb  bezahlt  die  wirtin  mit  einem 

liede  (W  13)  567. 
—  entleiht  schafe  umsonst,  muss 

sein  pferd  för  zerbrochene  heller 

verkaufen  (W  11)  567. 


Dosch  treibt  seine  pferde  auf  der 
bauern  äcker  (W  12)  567. 

—  will  nicht  warten  (W  10)  567. 

—  fängt  fische  auf  dem  acker  (G 
44)  601. 

Dosch  31  i6.  32,  4.  33,  4. 6.  1:.  ?i  :« 
34,  6.  295,  ji-296,  6. 

dottc  oder  göttel  260,  so. 

dotzet  =  dutzend  417,  « 

Drabrauter  290,  u.  —  statt  Dra- 
minner gefordert  (G  37)  600. 

drack  =  dreck  277,  4. 

Draminner  =  Traminer  wein  290,  is. 

dremel     knittel71,  so. 

driockers     theriak  308,  8 

drucknen  =  trocknen  45,  10. 

drflso,  der  =  hefe  439,  10. 

dttnken:  dauchto  219,  it.  240,4. 

durchlernen  143,  n. 

durchwunden  =  verwunden  110,  ». 

ehcbrecherbruck  420,  3*. 
Edelfrau  verbietet  dem  fuhrmann 
das  fluchen  (G  75)  612. 

—  vgl.  Gräfin. 

Edelmann  tauscht  des  bettlers  man- 
tel  ein  (W  24)  572. 

—  verbietet  arbeit  an  feiertagen 
(G  8)  594. 

—  weckt  die  schläfrige  magd  (G 
11)  595. 

—  s.  Frau,  Landsknecht. 
Egnatius,  J.  B. :  eine  erzählung  aus 

De  exemplis  ill.  virorura  Venetae 
civitatis  (1554)  abgedruckt  498, 1. 

Ehe  zu  vieren  (G  59)  607. 

eelichen  11,  1. 

ehestewr  =  aussteuer  20,  si. 

ehrlich  =  angesehen  45,  7. 

ehrverletzlich  326,  »6. 

eicbhormlin  277,  >o.  »4. 

Eier  verteilen  (G  14)  595. 

ayer  in  schmaltz  331,  ts. 

eyferer  311,  4. 

aigen  =  offenbaren  186, 11.  192,«». 


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Woit-  und  Rachregister. 


665 


eygenschafft :  ein  e.  haben  eines 
dinge«  =  genaue  künde  oder  em- 
pfindung  haben  69,  19.  155,  i«. 

Einäuglein,  Zweiauglein,  Dreiäug- 
lein  591. 

ein  blasen  (vom  teufel)  85,  t«. 

einem  (eim)  und  dem  andern  35, 

34.   37,  S3. 

einest  9,  *«. 

eingiessung  des  teil  fiel  s  89, 
einhorn  19,  3.  22,  is.  19. 
einicherley  91,  e.  197,  3. 
einig  =  einzig  36,  «6. 
einsegnen  (die  brautleute)  11,7.9. 
einsidel  167,  1. 

Einsiedler  soll  wählen  zwischen 
trunkenheit,  ehebruch  und  mord 
167,  i.  583.  657. 

—  mit  dem  honigtopf  baut  luft- 
schlösser  (0  53)  608.  658. 

—  nennt  die  frauen  gänse  (G  76) 
612. 

eysen  =  ei8ern  52,  12. 
Elisey  185,  7. 
elmeÜ  23,  33  24,  «. 
Elsaß  12,  4.  14,  8.  89,  ».  427,  4. 
embieten  =  entbieten  190,  >.  208,  u 
empfallen  ==  entfallen  36,  1». 
empfaren  =  entfahren  295,  11. 
emplossen:  sich  des  wassere  e.  279, 
it. 

end  =  ort,  gegend  92,  32.  93,  7. 

122,  13. 
endtlich  =  eifrig  58,  «. 
Engellandt  420,  »4.  421,  7. 
Ensissheim  427,  1. 
entdecken  =  aufdecken  230,  to. 
entenBchnabel,  obsc.  410,  si.  416,  14. 
enteussern ,   sich  =  ins  ausländ 

gehn  190,  11. 
entgeltnuß  195,  i6.  328,  13. 
enthalten :  sich  e.  =  sich  verhalten 

39,  ». 

entwichten  =  vernichten,  vereiteln 
420,  «. 


entzünden ,  intr.  9,  10.  16,  5.  185, 

is.  186,  s.  221,  1».  1«.  305,  n. 
eralten  368,  19. 
erbärmd  395,  9. 
erbgründ  31,  1. 

ErdkOhlein  nimmt  das  von  der  Stief- 
mutter veretossene  miidchen  auf 
(G  5)  591. 

erdkülin  263,  »—265,  ti. 

e  rentreich  423,  7. 

erforschten  310,  37. 

ertreuen  einen  eines  d.  202, 

erfüllen  =  sättigen  88, 33.  316, t. 

erhaschen  (?) :  erhast  425,  it. 

erherten  =  verharten  229,  «. 

erlassen:  sich  e.  eines  d.  311,  13. 
419,  2*. 

Ermilina  185,  3— 211,  10. 

erreiten  85,  e. 

erechellen;  impf  erschalle  19,  i8. 

erschiessen  zu  gutem  =  wohlge- 
raten 349,  st. 

erschrocken  =  schrecklich  87,  m. 

erechrockenlich  100, ».  105,  »9.  155, 
33.  166,  *t. 

erspreissen  =  orspriessen,  gedeihen 
450,  33. 

erspringen,  sich  164,  u- 

erdöten  424,  »». 

eselstecher  408,  St- 
essen; partic  geessen  15,4.  80,  .1. 

Esser,  starker  (G  28)  599.  —  vgl. 
Kraut. 

E.salerinne,  fraw  407,  «.  so. 
eteetera  bundtschuh,  ob.se.  410, 11. 
ettwar  =  jemand  155,  m.  158,  s: 
Eva  269,  1«. 
experients  249,  13. 

facetiae  4,  »9. 
Facibulo  212,  19  »*. 
facklin  oder  sewlin  337,  30 
fallen:  impf,  fnl  142,  so.  171,  n. 

277,  i». 
fantasey  68,  8. 


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666 


Wort-  und  Sachregister. 


fiiss :  das  underste  harige  f.,  obsc. 
403,  3. 

f atzen  =  necken  44,  s.  45,  *. 
fatzworte  181,  i. 
faulkbait  157,  io. 
Faust-abenteucr,  vgl.  Gaukler, 
fegot  =  kebricht  276,  20. 
feilsen,  faylsen    141 ,  24.  315.  io- 

360,  4. 
faisste  =  fett  330, 17. 
felber  =  weidenbaum  239,  3. 
feil:  ein  güts  f.  herab  hacken,  obsc. 

331,  22. 

ferr  =  fern  35,  20.  111,  n.  196,  so. 

262,  29.  296,1.  febr  56,  20. 
fersengelt  geben  271,  so. 
ferte  =  fahrt :  etlich  ferten  =  einige 

male  328,  2. 
fest:  freud  und  fest  einem  machen 

211,  u. 
filtz  =  geizhals  44,  to. 
finantz  401,  20. 
fingerlin  =  ring  203,  s. 
finsterling  348,  17. 
Fiordilis  154,  33.  180,  ie. 
firnissen  445,  u 
flammen,  der  186,  « 
Flandern  64,  ». 
fleck  =  flicken  19,  7. 
flecken  =  flicken  6,  29. 
fledcrmeusslin,  obsc.  416,  *3. 
flederwisch:   ayehen  f.  =  knittel 

13,  16. 

fleüge  19,  »  fliege  19,  » 

Florentz  55,  20.  95,  30.  97,  5  185, 

»  —  193,  s  334,  1.335,  12.  404,  u. 
flüche  271,  n.  io.  277,  2.   281,  «. 

283,       284,  1«.  285,  i3.  292,  «. 

322,      324,  a.  401,  M.  404,  2. 
flux  und  bald  281,  7.  2S4,  20. 
folandt  352,  4. 

form:  in  schimpffs  form  221,  2«. 
formieren  und  zieren  374,  so.  wol 

formiert  445,  15. 
Franciscus  ,   sanet  64 ,  6.  368,  3j. 


405,  si. 
Franckfurt  126,  2.  127,  3i. 
frass  =  fresser  285,  26. 
fratzig  142,  9. 

Frau  beichtet  ihrem  als  priester 
verkappten  manne  (G  56)  606. 

—  benutzt  den  beichtvater  als  lic- 
besboten  (G  99)  626. 

—  ehebrecherisch,  vom  manne  aus- 
gesperrt, wirft  stein  in  den  brun- 
nen  (G  79)  614. 

 überfahrt,  während  sie  eine 

andre  ehebrecherin  schmäht  (G94) 
624. 

 warnt  den  versteckten  buh- 
len durch  gesang  (W  32)  576. 

 vom  pf äffen  um  den  lohn 

betrogen  (G  102)  627. 

—  —  will  den  mann  zu  tode  füt- 
tern (G  72)  611. 

—  eigensinnig,  setzt  sich  auf  den 
bissigen  hund,  badet  in  der  pfütze 
(G  7)  593. 

 widerspricht  dem  korbraa- 

eher  (W  23)  572. 

—  —  macht  im  brunnen  schere 
(G  89)  621. 

 ertrunken,  vom  manne  strom- 
aufwärts gesucht  (G  89)  621. 

—  fragt  den  mann,  wie  lieb  er  sie 
habe  (G  54)  605. 

—  heuchlerisch,  weist  den  vermeint- 
lichen Tod  zu  ihrem  manne 
(W  41)  579. 

 will  den  impotenten  mann 

verlassen  (G  36)  600. 

—  klagt  über  impotenz  des  mann  es 
(G  58)  607. 

—  kauft  leder  vom  gerber  (G  57) 
606. 

—  läuft  davon,  wird  verspielt  (G  60) 
608. 

—  naschhaft,  erhält  prügel  (W  2) 
559. 

—  putzsüchtig,  beim  fischhändler 


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Wort-  und  sachregifttcr. 


667 


(G  65)  609. 
Frau  schwatzhaft,    plaudert  des 
manne s    angebliches  geheimnis 
(ci,  rabe)  aus  (G  6)  592. 

thöriebt,  fragt  den  mann:  Soll 
ich  ?  (G  73;  611. 

—  —  wascht  betten  samt  den  Über- 
zügen (ü  23)  598. 

—  —  wettet  im  wirtshaus;  laus 
statt  Roh  (G  68)  610. 

—  zänkisch,  inuss  mit  ins  wirts- 
haus (G  22)  598. 

—  unwissend  vom  mönch  beschla- 
fen (G  100)  626. 

—  vom  manne  fälschlich  verklagt, 
wird  als  jungfrau  befunden  (G  62) 
608. 

—  schwanger,  den  juden  verkauft 
(G  97)  625. 

— ,  vgl.  Alter,  Buhler,  Mann,  Mül- 
lerin. 

Frauen  ganse  genannt  (G  76)  612. 

—  in  Strassburg  mit  umgekehrten 
pelzen  (G  84)  619. 

—  tragen  jhre  mann  er  aus  der  be- 
lagerten stadt  Weinsberg  (G  80) 
615. 

[Frey,]  Gartengesellschafft  4, 
freydig  344,  s. 

freyung  202,  u-  342,  4.  f.  und  Si- 
cherung 245,  17. 
fressen:  sich  in  den  todt  f.  96,  t». 
freün  tschaft  =  Verwandtschaft  16, 

sa. 

Friderich  =  Friedrich  11.  von  Ara- 
gon 147,  3S.  148,  i  ;  vgl.  583. 
Frieren:  vgl.  Landsknecht, 
frieren  41,  m.  freuret  42,  ?.  frure 

41,  ST. 

frischen  und  kulen  153,  a. 
Frischlin,  Nie. :  eine  erz&hlung  aus 

seinen  Facetiae  (1600)  abgedruckt 

476,  i. 

fro :  compar.  fröer  30 ,  ie.  66,  27. 
188,  S9.  385,  ss. 


frombkeit53,  *3.  frumbkait  144, 32. 
Fuchs  und  eichhorn  (G  17)  596. 
fuchßschwantz :  den  f.  streichen 
35,  3 

fuchßschwentzler  142,  12. 

fug:  scins  fugs  =  zu  ihm  passend 
64,  u.  mit  fugen  280,  n. 

füglich  =  passend  57,  n.  91,  27. 
93,  20.  149,  23.  249,  1.    382,  *h. 

Fuhrmann,  dem  die  gräfin  das  flu- 
chen verbietet  (G  75)  612. 

Fulcanisch  =  Vulcanisch  35 ,  b. 
461,  :o. 

fullerey  165,  24.  167,  17. 

Fulvia  124,  vo.  125,  *. 

fürbanck  224,  3. 

fürderlich:  sich  f.  machen  367,  &. 
fürgehn  =  vorübergehen   48,  11. 

122,  24. 

fürher  95,  1«. 
fürhin  54,  in.  86,  3. 
fürsatzung  =  vorsatz  230,  u. 
füreehung  =  Sorgfalt  227,  10. 
fürsichtig  116,  «s.  242,  u. 
fürsichtigkeyt  227,  32. 
fürstendig  =■  nützlich  182,  ». 
fürziehen  =  vorüberziehen  347,  6. 
fuss  für  fiiss  423,  «. 
füßknecht=  fussgänger  212,  te. 

Gabriel  63,  «—72,  1«.  404,  ai. 
406,  2. 

gähling  207,  10.  gehling   65,  u. 

107,  i«.  160,  1».  239,  28. 
galee  243,  23.  244,  t.  246, 13.  gallee 

64, 

Galesus  237,  17.  242,  34. 

Gallus:  sanet Gallen  tag  307,  t. 

Gallus,  Jodocus:  drei  erzählungen 
aus  der  Mensa  philosophica  ab- 
gedruckt 515,  1.  522,  2s.  546,  i&. 

galten  und  zuberlin  43,  17. 

gänglin  283,  22. 

Gänsedieb  belauscht,  predigt  ge- 
nügsamkeit  (G  1)  590. 


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068 


Wort-  und  Sachregister. 


gurten:  etwas  von  einem  41,  «s. 

Gartengesellschaft  253-434. 

gast  =  fremdling  123,  ?7. 

Gast,  vgl.  Wirt 

gauckelwerck  399,  e. 

gaugkler  29,  i.  u.  gaogler  29,  tö. 

Gaukler  verkauft  ganse ,  die  au 
st  roh  werden;  der  käufer  reisst 
ihm  ein  bein  aus  (W  8)  565. 

gebössel  348,  u. 

gebussen  356,  u. 

gedöss  388,  i«. 

gedulden  =  ertragen  33,  io.  187,  «. 
gedönken  :  gedaucht  16,  u.  19,  u. 

gedacht  224,  is. 
gefengklich  sein  30,  ts. 
geferde :  mit  geferde  =  mit  böser 

absieht  65, 24.  ohn  geferd  =  ohne 

gefahr  163,  sa ;  zufallig  212, 15 

297,  ». 
geflissen  191,  is. 

geforchten  :  sie  geforcht  =  sie  er- 
griff furcht  20,  «. 

gegenwärtig  101,  1».  123,  12. 

gehaben  =  haben  47,  6.  59,  n  u.  a. 
sich  Übel  g.  30,  ».  37,  4.  gehftb 
106,  ».  186,  «5. 

geheyen  27,  24. 

gehaim,  die  220,  29. 

gehelften  111,  6. 

gehengk  oder  gereQsch  26,  6.  7. 

gehertzt  54,  23  58,  st.  383,  29. 

gehören  =  hören  57,  30. 

gehorsamkeit  271,  s*. 

gejagdt  71,  19. 

geile  =  fruchtbarkeit  94,  7. 

Geist  von  Jan  Tambaur  (um  1690) : 
eine  erzählung  daraus  abgedruckt 
479,  1». 

geytig  442,  42. 

geitigkeit  402,  tu. 

geitsack,  geytzsack  381,  so.  391,  13. 

geligen:  kindts  g.  274,  11. 

geltlin  =  geld  89,  7. 

gelübnuß  243,  s. 


Gerhart,  sanet  406,  4. 
gemecht= Vorrichtung,  putz  429,  so. 
gemehlen  =  heiraten  120,  ». 
gemmelich  395,  se. 
gemot:  übel  g.  312,  s&. 
genötig  144,  12. 

genßlein :  mit  einander  das  g. 
ropffen,  obsc.  80,  4. 

gen ßm ist:  unwerder  weder  g.,  des- 
sen mau  drei  ffider  umb  ain 
heller  gibt  180,  2». 

geringsumb  329,  2. 

gesaltzen:  übel  gesaltzen  64,  23. 
75,  1. 

Gesang,  der  dem  wirte  gefallt  (W13) 

567. 
gesatz  108,  34. 

geschirr:  gfit  g.  machen  394,  so. 
geschmack  =  geruch  364,  17. 
geschweifft   =  niedergeschlagen, 

traurig  316,  7. 
geschweigen,  transitiv  286,  26. 
geschwollen  274,  19.  275,  4. 
geschwisterigen  273,  t«. 
gesegnen  (das  essen)  13,,  u. 
gesehen  46,  st. 

gesein  =  sein  (bes.  nach  negation) 
70,i9  11),  1«  155,«.  200,30.221, 
«.  247,  ;e.  360,  30. 

gesell  in  =  geliebte  11,  so. 

gespilen  =  gespielin  38,  7. 

gespor  =  spur  85,  j>  261,  4. 

gestehn=gerinnen :  gestünde  43,  »7. 

gesterben  203,  i«.  351,  « 

gestraffen  224,  17. 

gethön  197,  ». 

gewarten  5,  9.  79,  10.  83,  1. 

geweßt  =  gewesen  10,  «  190,  10. 

gewild  23,  t«. 

gewon  =  gewohnt  410,  1. 

gezechen  356,  »0. 

giessbecken  445,  9. 

gieBsfass  441,  40. 

Giettel  66,  27  (Gretell  bei  Arigo). 
ginen  156,  «. 


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Wort-  und  Sachregister. 


G69 


gippe  =  jacke  290,  «.  845,  so. 

Gisippus  6,  2«.  106,  ss — 124,  3s. 

Gisippus  und  Titus  (W  42)  580.  657. 

gl  aß :  mit  irem  gl  aß  schönen  54, 19. 

gleaslin  465,  st. 

glimpff  und  ehr  298,  9. 

gloch  =  gelage  151,  is. 

glock :  die  g.  ist  schon  gössen  393,  so. 

Glockendon,  Albrecht :  Nürnberger 
Bugblatt  Der  krieg  zwischen  mau- 
gen,  katzen,  ratzen  und  hunden, 
abgedruckt  487,  sa. 

Glockenthon,  Jochem:  meisterlied 
Eine  junge  frau  klagt  über  ihres 
mannes  impotenz ,  abgedruckt 
515,  19. 

glorieren:  sichg.  eines  dinges200,ss. 
gnad  jungkfraw  55, 10.  gnadjunck- 

herr  164,  17.  180,  u.  452,  13. 
gnad:  kein  g.  eines  haben  16,  e. 

179.  23.  197,  ti.  367,  33. 
goldtsandt  oder  strewbulfer276, 27. 
goller  65,  u. 

gon=gehn  8,  9.  angohn  8,  19. 
part.  gangen  24,  14,  im  per.  gang 
25,  ,7. 

gott  geb  =  gleichviel  ob  12, 8.  38, 

1.  42,  u.  142,  14.  271,  u. 
gotsdieb  und  boßwicht,  obsc.  18, 

».  103,  11. 
göttel  =  patin  260,  si.  261,  se. 
got  willkummen  145,  si. 
Gräfin  fragt,  warum  die  armen 

leute  nicht  brot  und  käse  essen 

(G  48)  601. 
Granfigliari,  Cfinrad  335,  n. 
grasen  =  gras  schneiden  389,  4. 
Gred  323,  31. 

Gredtlin  261,  s-265,   11.  -  lieb- 

chen  155,  se. 
greusslich  333,  ss. 
grind  =  köpf  296,  u.  388,  >8. 
Grindige  wetten,  wer  sich  zuerst 

kratzt  (W  9)  566. 
grob  scheren  181,  4. 


groß  gehn  =  schwanger  sein  83,  i«. 
großlichen ,  adv.  99,  is.  grösslich 

419,  17.  423,  i5. 
gach lacht  446,  ss. 
Gualfo  =  Guelfe  147,  si. 
gubernieren  116,  s«. 
Gugenheim  401,  6. 
Guiscardus  und  Sigismunda  215 — 

233 ;  vgl.  586.  657. 
gunst:  mit  g.  zu  melden  279,  24. 

283.  27.  315,  ss. 
gürtel,  die  239,  8. 

haben:  ich  hon  6,  so. 
habermehl  442, 21. 
habermnss  257, 82.  das  h.  verschüt- 
ten 408,  34. 
haberstraw  306,  is. 
Hagenaw   856,  0.    herberg  zum 

Schwert  356, 17. 
Hager,  Georg:  meisterlied  Diemetz« 

gersmagd  im  unschlitt,  abgedr. 

495,  4. 
hagjunckherr  165, 40. 
halsen  und  küssen  77,  34.  211,  n. 
Halsen  und  im  h.  lecken  zeigt  der 

mann  seiner  jungen  frau  (W  27) 

572. 
halU!  26,3s. 
handtgeschrifft  428,  n. 
Handwerkerspott :    s.  Schneider, 

Schuster, 
handzwehel  80,  st.  126, 5».  441,  43. 

445,  n.  449,  so. 
Hans:  junckher  H.  142,  19. 
Hansel  301,  31. 
harpffe  37,  20. 
hartigklich  325,  25. 
Hasenjagd  der  neun  Bayern  (G  18) 

596. 

hauen:  conj.  impf,  hicwe  296,  1». 

hauptk&nnin  297,  it. 

haußsteur  =  mitgift  219,  12.  vgl. 

heimsteur. 
haut:  die  h.  am  galgen  dörren  = 


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G70 


Wort-  und  Sachregister. 


gehängt  werden  428,  20. 
hautsch,  interj.  41,  31. 
hawe  441,  11. 
heckenwürt  44G,  2«. 
hayle  (annif  an  pferde)  333,  27. 
heiligenkü88erin  373,  se. 
heylthumb  405,  32. 
heiraforung  219,  29. 
heim8tewr  368,  7. 
heinacht  312,  so.  heint  nacht  323, 23. 
Heintz,  Haintz  268,  ».  269,  n.  323, 

20.  344,  so.  359,  0. 
Haintzraan  (eine  katze)  359,  s. 
Heiratsschwindler  in  Lauingen  (G 

42)  601. 

Helffenstain:  graf  von  H.  329,  1. 

hellenpart  283,  32. 

helinlin :  einem  das  h.  durchs  maul 
ziehen  35,  2. 

hemmat  282,  2«.  419,  ss. 

hencken:  zwischen  zwen  hund  an 
den  galgen  h.  429,  27. 

heraussen  22,  17.  herausser  23,  1. 

Herbrot,  Jacob  3,  2.  457.  558. 

Herculanus  370,  sn  -  373,  s«. 

herlicheyt  251,  «. 

hernahen,  sich  =  nahen  366,  a« 

hernaher  269,  u. 

hertigkeit  40,  7    190,  «. 

hertz  im  latz,  obsc.  103,  0.  vgl. 
416,  2«. 

hertzbendel  417,  2«. 

Hertzog,  Bernhard:  Schiltwacht 
643 — 651.  Zwei  erzählungen  dar- 
aus abgedruckt  523,  19.  534,  u. 

hess:  das  h.  oder  kleider  (mhd. 
ha-ze)  315,  23. 

heurhat,  der  293,  m. 

Hieronimus  95,  »7—102,  <j. 

Hieronymus  und  Silvestru  (W  38) 
578. 

hilffloß  vom  vatter  40,  10. 

Hilprant,  Seb. :  meisterlied  von 
Sanct  Peter  mit  der  hochzeit 
0552)  abgedruckt  483,  «. 


hindan  181,  j.  295,  »2. 

hindersich  gohn  =  übertreten  39,  7. 

hienwegen  =  aufwiegen  258,  si. 

history  4, 1«.  6,1.2a.  133,  7.  137,4. 
138, ...  183,3.  215,s.  235,2.  253, 
«.  250,  37.  260,  7.  277,  23. 

hobelwagen  =  wagen  mit  einer 
decke  326,  3. 

hochfart  64,  27. 

hoch  trabend  =  hochmütig  64,  12. 
246,  *. 

hochtrabig  142, 8.  255,28.  293,  1. 
hofieren  283,  27. 

holtzlin:  eingrobesh.=tölpel  18,«. 

holtzschnh:  auf  holtzschnhen  in 
druckenem  wetter  gehn  =  thö- 
richt  handeln  330,  6.  368,  3. 

Hormisdas  248,  7-251,  si. 

hörner  auffsetzen  62,  2».  314,  3«. 

hott  (anruf  an  pferde)  333,  28. 

hu  hu,  die;  obsc.  315,  23. 

huld  tragen  einem  275,  10.  293, 2. 
347,  ». 

hulffter  293,  so. 

Hulsbusch.Joh. :  Riebenerzahlungen 
aus  seiner  Sylva  sermonum  iu- 
cundissimorum  abgedruckt  476, 
i«.  486,  31.  505, 1.  506, 2*.  512, 
«.  513,  1.  527,  21. 

Hunde,  warum  den  katzen  feind 
(W  14)  568. 

Hündlcin  von  Bretta  582. 

hundtshaut  353,  n  (anspielung  auf 
Hans  Sachs,  Schwänkenr.  54,  Die 
neunerlei  heut  eines  pösen  weibs' 
1539,  v.  48). 

hüpscheit  119,  1». 

hnrey  256,  2« 

hflt:  ein  h.  foll  fleisch  dahinden 
lassen  =  geköpft  werden  271, 23. 

Jacklin  jud  von  Obernberckheim 

427,  i-429,  tu. 
—  fälscht  einen  Schuldschein,  wird 

gehängt  (ü  115)  634. 


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Wort-  und  Sachregister. 


671 


jar:  hab  im  ein  gut  j.  54,  is. 
icht  99,  «.  115,  26.  192,  u.  201, 

as.  232,  19.  348,  S(.    ichts  196, 

is.  239,  i4.  395,  91. 
Jhesus  Christus  269,  22. 
Imola  63,  io.  u. 

infel  =  infula,  bischofsniütze  162,  ». 
365,  »6. 

Ingwyler  290,  so. 

innerthalb  207,  n. 

inngedenck  97,  27. 

inschlit,  y  n8chlit=unschlitt  43, 10. 21. 

instrument  37,  i».   49,  s.  354,  n;. 

Joanna  187,  9.  188,  4. 

Jockel  301,  u.  323,  33.  340,  c. 

Johannes  354, 21  s.mct  Johans  t;ig 
428,  it. 

Iphigenia  240,  m— 252,  m. 

irrung  252,  2. 

Italia  185,  &. 

juchtzen  280,  so.  322,  a*. 

Judentochter  soll  den  Messias  ge- 
bären 574. 

iudicium  137,  24. 

Jüdin  vor  den  äugen  des  mannes 

umarmt  (O  41)  601. 
junger  =  jüngling  248,  »$. 
Jungfrau  entblöBst  sich,  als  sie  ans 

dem  fenster  steigt  (W  26)  572. 

—  desgl.  als  sie  vom  schütten 

fallt  (G  71)  611. 

—  mit  dein  fraueneisen  zur  ader 
gelassen  (W  28)  573.  vgl.  652. 

—  spiegelt  ihrem  freier  reichtum 
vor  (G  13)  595. 

—  teilt  drei  eier,  dass  neun  daraus 
werden  (G  14)  595. 

—  vgl.  Braut  und  Magd. 
Jüngling  entmannt  sich,  als  seine 

Werbung  abgewiesen  wird  (W  3) 
560. 

—  als  mädchen  verkleidet  bei  der 
Prinzessin  (W  15)  569. 

—  verlasst  seine  geliebte,  weil  sie 
das  Verlöbnis  ausplaudert,  und 


heiratet  eine  andere  (W  1)  558. 
Jüngling  giebt  ein  doppelsinniges 
eheversprechen  (G  20)  597.  657. 

—  vgl.  Buhler. 
just  326,  1». 

kallen  346,  4. 
Kallhart  291,  28. 

kandt,  kante  =  kanne  12,  s«.  13,  1. 

46,  is.  285,  0. 
kandel  46,  33. 
kappe  =  schlag  273,  32. 
carnier  258,  5». 

karnierlin  =  ledcrtasche  258, 2.  12. 

Karoch,  Samuel :  Epistula  de  amoie 
cuiusdam  studentis  erga  mulie- 
rera  civaticam,  abgedr.  546,  31. 

Karolus,  Carolus  =  Karl  I.  von  An- 
jou  147,  ai.  148,  1;  vgl.  583. 

kat  284, 24.  362, ».  kat  oder  fegot 
276,  29. 

katig  363,  3«. 

Katzipori:  s.  Lindener. 

kätzlin,  obsc.  395,  32. 

kanffen:  etwas  k.,  ehe  es  feyl  ge- 
worden =  stehlen  257,  10. 

kein  trawriger  mann  er  nye  ward 
20,  1« 

keller  =  kellermeister  45,  *».  kai- 
ner 46,  9. 
källerin  46,  i&. 

kempffer:  der  gute  alte  k.  18,  20. 
52,  29. 

kerlin  233,  13.  280.  22.  352,  .7. 
ketterlin  =:  cunnus  357,  13 
Kinder :  hungrige  k.  gebürstet  (G  30) 
599.  —  russig  gemacht  (G  29)  599. 

—  bekommen  ist  glück  (G  11)  595. 
Kintziger  thal  296,  22. 

Kirie  und  Sanctus  (in  der  messe) 
400,  .. 

klaffer     Verleumder  211,  -n. 
klätfig  =  schwatzhaft  264,  a&. 
klainot:  plur.  klainotter  218,  (v. 
knebel  =  tölpel  17,  si. 


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672 


Wort-  und  Sachregister. 


Knecht  zu  faul,  sich  selber  wasser 
zu  holen  (G  83)  619. 

—  tadelt  den  ineister,  dass  er  nicht 
salz  ira  ganzen  kaufe  (G  47)  601. 

—  niuss  die  magd,  die  dem  herren 
zu  willen  gewesen,  heiraten  (G  61) 
608. 

—  redet  der  frau  vor,  ihr  mann 
befehle  ihr  ihn  zu  umarmen  (G  73) 
611. 

—  verstümmelt  den  buhlerischen 
pf äffen,  der  dafür  an  der  bäurin 
räche  nimmt  (G  106)  629. 

knellen  =  mit  einem  knall  schlagen 

48,  t». 
knewen  =  knien  64,  it. 
Knittlingen    177  ,  s.  Knittlinger 

steig  176,  i». 
Knoblouch,  drucker  in  Strassburg 

183,  is.  215,  io.  233,  ss.  252,  17. 
knoll  =  grober  mensch  444,  «. 
knopff  =  knoten  223,  «.  300,  *. 
Koch  naschhaft,  behauptet,  die 

kraniche  hätten  nur  ein  bein  (G 

77)  613. 

Kochersberger  276,  19.  s.  Frey  ed. 

Bolte  b.  300.  —  vgl.  Bauer. 
Köchin,  s.  Magd. 

kommet  =  halsjoch  288,  j«.  vgl. 

kummet. 
kopff=becher  230,  s. 
Kopf  abgeschlagen  ans  blossem 

Übermut  (G  45)  601. 
korbelm acher  48,  to.  körblinmacher 

48,  23. 

Korbmacher  schlägt  seine  eigen- 
sinnige frau  (W  23)  572.  652. 

—  Von  einem  k.  und  seiner  frau 
(gedieht.  1570)  abgedr.  554,  7. 

cÖrpel  289,  7.  297,  s«.  366,  is. 
kost,  der  294,  10. 

kostfrey  =  freigebig,  freigehalten 
291,  7. 

kotze  =  rock  203,  «.  30.  210,  *s. 
Kraut:  einer  isst  sieben  portionen 


ohne  fleisch  (G  40)  601. 
kummet  441,  9. 
kunckel  409,  s». 

kund  295,  st.  ein  seltzamer  foller 
k.  280,  »9.  ein  wunderbarlicher 
k.  29,  4. 

künden  =  können  3,  w.  6,*$.  11, 
tt.  164,  is. 

kundschafft  =  freundschaf t ,  Ver- 
traulichkeit 75,  »4.  360, 11.  kund- 
schafft haben  eines  56,  90.  101, 
11.  149, 6.  mit  einem  96, 4.  zä 
einem  391,  1». 

kuppelig  323,  9. 

kurtzweylen  804,  10. 

küste  oder  sydel  =  kästen ,  truhe 
146,  »7. 

kuttennieren  (eig.  tuch  gekräuselt 
machen)  obsc.  352,  s«.  401,  it. 

lache  343,  e. 
lächerig  83,  9. 
ledlin  406,  9. 
landtfarer  50,  1.  127,  10. 
Landsknecht  hofiert  auf  den  acker 
des  bauern  (G  26)  598. 

—  lehrt  den  edel  mann  ein  mittel 
widers  frieren  (W  17)  670. 

—  vertauscht  sein  hemd  (G  24)  59S. 

—  unbärtig,  aber  mutig  (G  25)  598. 
Landsknechte  werfen  des  bettlers 

sack  auf  einen  bäum  ( W  25)  572. 

—  schrecken  den  teufel  hinterm 
ofen  (G  27)  598. 

landstreiffer  50,  2». 

lane  =  geländer  422,  13. 

lap  =  narr  59,  is.  149, 10.  316, 17. 
360,  e.  384,  ». 

leppisch  271,  15. 

lärman  =  lärm  51,  17. 

lassen  =  zur  ader  lassen  53,  s« 

last:  in  tausent  lasten  365,  e 

Lateinische  Sentenzen  und  aus- 
drücke 106, 2...  135,i«i.  137, 19  139, 
26.  166,i4.    259,.6.  406,i7.  446, 


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Wort-  und  Sachregister. 


673 


is.  447,  ss*  452,  ». 
laugen  =  leugnen  226,  ss.  laugnen 

227,  ss. 
Laugingen  3,  4.  86,  7. 
Lauwingen  280,««.  29.  291,  20.  292, 

29-294,  M. 

Lawel  381,  t— 387, 9.  —  L.  als  stum- 
mer in  einem  nonnenkloster  (0 
96)  624. 

lawr  841,  4. 

Laus  auf  den  tisch  gesetzt  (G68)  610. 
Läusknicker  nennt  eine  frau  ihren 

mann  622  (zu  G  39). 
lautbrechtig  =  ruchbar,  bekannt 

403,  t4. 
Lauter  =  Luther  417,  1« 
leben:  güt  1.  haben  10, 13.  281,  is. 
lecker  387,  ts.  402,  i0. 
leckerey  284,  u. 
lader:  vom  1.  zucken  51,  is. 
ledigen  124,  is. 

lehrnung  =  gelehrigkeit  106,  so. 

leiden  =r  sehr  63,  s.  164, 97.  —  mein 
leiden  gesell  25, 20;  vgl.  Lindener 
8.  176  und  119:  ,ein  leiden  com- 
pan.4 

leidig,  laydig  189,24.  210,  ie.  220, 
e.   362,  ia. 

leymat  =  leumund  62,  0.  leumat 
386,  31. 

leimethauß  =  pranger,  narren  haus- 
lein (?)  128,  is. 

leinen  =  lehnen  278,  n.  lainen  239, 
13.  320,  «.  328,  1. 

leynin  46,  so. 

leinwat  282,  9.  409,  31. 

leist :  Ober  ein  1.  gemacht  373,  is. 

leyster  =  der  etwas  leistet  400,  s«. 

lell  lell  sagen  =  lallen  411,  2. 

lernen  =  lehren  27,  t«. 

letstlich  36,  10  u.  0.  letzlich  37,  20. 

letz  =  link,  umgekehrt  345, 1.9. 444,s. 

letzen ,  sich  =  abschied  nehmen 
104,  10. 

leüten:  impf,  lyte  26,  so. 

Montaou» 


lideren  =  ledern  222,  so.  223,  1. 
Lieb  wie  das  salz;  wie  ein  gut  sch. 

(G  54)  605.  657. 
liebe  =  geliebte  348,  6. 
lieben  =  lieb  sein  6, 3.  66, 13.  107, 

34.  205,  1.   388,  s>.  lieben  und 

gefallen  221,  s. 
Liebhaber,  s.  Buhler,  Jüngling, 
liebhabend  =  geliebt  118,  si. 
lieblichen  =  voll  liebe  221,  ,1.  230, 

26.  Sl. 

Hecht:  an  Hechten  galgen  30,  i«. 
lied  von  der  stoltzen  mülletin  und 

dem  domherrn  408,  ss. 
Lienlin  (Leonhard)  301,  t».  302,  so. 

beiname  der  Bayern  278,  ss.  279, 9. 
Lindener,  Michael  636—643.  658. 

Eatzipori  467,  so. 
1  inlach  282,  9. 
Lipseus  242,  ss. 

Lisabeta  90,  so— 94,  is.  413,  19  bis 
415,  is. 

Lisabeta  und  Lorenzo  (W  37)  577. 

Liseta  64,  «-70,  6. 

list,  der  172,  in. 

Lohr  296,  22. 

loica  =  logik  75,  1. 

Lombardia  413, 17.  Lambardia  423, 

so.  Lambarder  cronica  423 ,  so. 
Lorentz   90,  26—92,  20.  sanet  L 

406,  6.  13. 
losament  20,  4.  losement  126,  «. 
Lotharius  168,  is- 
Lucas  168,  20.  418,  ». 
lucerne  306,  33. 
Lucifer  284,  29. 
Lucretia  102,  11. 

Luftschlösser  des  waldbruders,  der 
milchfrau  etc.  (G  53)  603.  658. 

—  des  ehepaars,  anlass  zum  zanke 
(G  78)  614. 

lügen  21,  6.  25,s«.  33, 17.  177,  o. 

lugenthafft  277,  23. 

I.usciniua,  O.:  eine  erzahlung  aus 
seinen  loci  ac  sales  (1524)  abge- 
43 


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674 


Wort-  und  Bachregister. 


druckt  514,  n. 
lust,  masc.  73,  so.  222,  io. 
Lysimachus  248,  io— 252,  i». 

raaclatur  256, 5. 
madensack  42,  u. 
Magd  schläfrig,  stellt  die  füsse  in 
unschlitt  (W  18)  570. 

—  schlaft  24  stunden  im  walde 
(W  19)  570. 

—  im  schlafe  geschwängert  (W  22) 
571. 

—  vom  edelnianne  geweckt  (Q  1 1) 
595. 

—  versalzt  die  suppe  (W  20)  570. 

—  fordert  Drabrauter  statt  Trami- 
ner  (G  37)  600. 

Magdalena  347,  io. 
magiolita  =  majolika  93,  2». 
mayeron  =  majoran  93,  so. 
mal:  plur.  malin  395, »4. 
malefitzgericht  328,  *  429,  54. 
malfasier  403,  «.  447,  ft. 
Mann  eifersüchtig,  hört  seiner  frau 
beichte  (G56>606. 

—  erschlägt  den  buhler  (G  46)  601. 

—  fragt  das  crucifix,  ob  es  auch 
ein  böses  weib  habe  (G  35)  600. 

—  mietet  einen  knecht  zur  bossel- 
arbeit  (G  82)  619. 

—  päderast,  verzeiht  der  ehebreche- 
rin  und  ihrem  buhlen  (G  94)  ü24. 

—  rächt  sich  an  des  ehebrechers 
frau  (G  59)  607. 

—  redet  der  untreuen  frau  vor, 
fette  kost  töte  ihn  (G  72)  611. 

sperrt  die  ehebrecberin  uub  ; 
diese  wirft  stein  in  den  brunnen 
(G  79)  614. 

—  stellt  seine  prüde  frau  auf  die 
probe  (36)  600.  —  desgl.  die 
schwatzhafte  (G  6)  592. 

—  Rtraft  seine  frau  trotz  des  rich- 
terlichen Verbotes  (W  2)  560. 

—  sucht  die  ertrunkene  keiferin 


stromaufwärts  (G  89)  622. 
Mann  verkauft    die  schwangere 
frau  den  juden  (G  97)  625. 

—  verklagt  seine  frau,  die  als  jung- 
frau  befunden  wird  (G  62)  608. 

—  verspielt  seine  entlaufene  frau 
(G  60)  608. 

—  zankt  mit  der  frau  übergehweine, 
die  ihnen  nicht  gehören  (G  78) 
614. 

—  vgl.  Alter,  Frau, 
menigklich  182, 1. 

Märchen :  s.  Erdkühlein ,  Luft- 
schlösser, Narrenstreiche,  Schnei- 
derlein, Schwabe  mit  dem  leber- 
lein. 

Margretlin  260,  is  -  266,  so. 
Maria,  jungfraw  67,  3.  1».  404,  st. 
marmelstain  161,«.  422,  11. 
Martini  tag  5,  1«.  137,  «. 
Maseto  55,  1«  -62,  »s. 
Masetto  als  stummer  im  nonnen- 

kloster  (W  29)  573.  vgl.  Lawel 

(G  96)  624. 
maß:  in  maß  als  ob  121,  ».  in  maß 

das  124.  «. 
massigen  :  sich  m.  eines  d.  =  sich 

enthalten  14,  s7.  186,  t*. 
inateri60, 13.  111,  1».  U7, 7.  232,«. 

385,  j. 
matrimoni  1 15,  3. 
Matzenheim  428,  is. 
maus:  der  blinden  meuss  mit  ein- 
ander spielen,  obsc.  375.  u.  389,7. 

402,  33 
nieer  =  märe  148,  1*. 
mchrtheyl  96, 30. 
Meichßnen  =  Meissen  78,  ss. 
Meylandt  374,  as. 
mainen  =  lieben  245,  si. 
maisenschlag  153,  14. 
meister  =  magister  artium  39,  u. 
meisterlich  144, 0.  u. 
Meisterlieder  abgedruckt:  Ursach 

der  hund  und  katzen  feindschaft 


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Wort-  und  Sachregister. 


675 


402,  i.  Einer  Jungfrauen  liisst 
man  mit  dem  fraueneisen  496,  ai. 
Des  edelmanns  weib  mit  dem  tod 
500,  3«.  Der  ungeratene  söhn 
503,  i5.  Eine  kühne  that  der 
weiber  519,  i.  Wie  ein  möncb 
zwei  zusammen  koppelt  ohne 
sein  wissen  530,  so.  Der  fahrende 
schüler  mit  dem  pfaft'en  538,  «i. 
Der  hasengeier  543,  u.  Von  dem 
kaiser  Augustus  und  einem poeten 
(G.  Daubeckh)  502,  «.  Die  drei 
beichten  (H.  Deisinger)  510,  4. 
Eine  junge  frau  klagt  über  ihres 
mannes  impotenz  (J.  Glocken- 
thon) 51),  tn.  Die  metzgersmagd 
im  unschlitt  (G.  Hager)  495,  4. 
Sankt  Peter  mit  der  hochzeit 
(S.  Hilprant)  483,  Einer  singt 
einem  wirt  ein  lied  für  die  zeche 
(A.  Metzger)  485,  ao  Das  l&us- 
knicken  (Metzger)  525,  u.  Einer 
sucht  sein  ertrunkenes  weib  wider 
den  ström  (Metzger)  526,  i«.  Kin 
mönch  liegt  bei  einer  bebamme 
(Metzger)  537,  n.  Die  käsküch- 
lein  (Vogel)  517,  u.  Das  schöne 
goldscilmiedsweib  (Vogel)  540,  is. 
Die  hundertfaltige  gäbe  (Vogel) 
544,34.  Derteufel  holt  einen  gott- 
losen bauern  (B.  v.  Watt)  499,  «. 
Der  student  mit  dein  mörser 
(Watt)  541,  54  Eines  töchterleins 
beicht  (H.  Weidner)  511, ...  Von 
der  belagerung  Weinsbergs 
.Weidner)  520,™. 

meit:  nicht  ein  m.  283,  7. 

Mensa  philosophica :  vgl.  Gallus. 

Mentzer  weißpfenning  126,  20. 

merentheil  291,  1«. 

Mesner  spottet  über  die  grablegung 
(G  66)  010. 

Messerschmiilt:  Paulus  M.,  buch- 
drucker  in  Strassburg  2r»3,  iS. 
435,  1».  vgl.  s.  X. 


Messina  91,  sa.  Missina  90,  s». 

mettenzeit  393,  u,. 

Metz  427,  iB;  vgl.  634. 

Metze:  fraw  M.  (bezeichnung  einer 
thörin)  65, 

metze :  der  metzen  sontag  (=  aus- 
gehe tag)  144,  ift 

metzgen  265,  7. 

Metzger,  Ambr. :  vier  meisterlieder 
abgedruckt:  Einer  singt  einein 
wirt  ein  lied  für  die  zeche  (1626) 
485,  so.  Das  läusknicken  (1625) 
525,  it.  Einer  sucht  sein  ertrun- 
kenes weib  wider  den  ström 
(1626)  526,26.  Ein  mönch  liegt 
bei  einer  hebarame(1625)  537, n. 

metzig  258, 30. 

inetzlin  18,  15. 

Michael,  sanet  405,  37. 

miltigkeyt  112,  ,.  123,  s».  211,  «0. 
244,  ai. 

minniglich  193,  12. 

minste,  der  =  geringste  42,  s». 

missdritt  3")3,  »i. 

misshandlung  =  missethat,  ver- 
gehen 429, 14. 

initnacht  193,  19.  206,  11.  339,  «. 
365, 14.  437,  34. 

mitter  tag  238, 21. 

Mönch  Albrecht  besucht  eine  frau 
als  engel  verkleidet  (W  80)  574. 

—  Burkhard  auf  dem  ofen,  von  der 
wirtin  gewarnt  (W32)  576. 

—  Rinaldus  vertreibt  dem  kinde 
der  gevatterin  die  wünner  (W  31 ) 
575. 

—  Zweifel  zeig|  dem  volke  kohlen 
statt  der  engelsfeder  (G  104)  628. 

—  vom  abt  bei  buhlerei  ertappt, 
überführt  diesen  des  gleichen 
Vergehens  (G  98)  625. 

—  liegt  bei  der  wirtin,  die  ihn  für 
ihren  mann  hält  (G  100)  62']. 

—  von  der  beichtenden  frau  als 
liebesbote  benutzt  (G  99)  626. 

43* 


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676 


Wort-  und  Sachregister. 


Montanus :  Martinas  M.  von  Straß- 
burg 1,o.  5,  is.  133,  t.  137,  t». 
183,  is.  215,  io.  235,  it.  253,  i«. 
435,  l».  in  Dillingen  5,  i«.  137,  n. 
in  Ulm  135,  o.  15.  im  walde  bei 
Knittlingen  beraubt  176,  7  — 
177, 15.  kein  poet  180,  u.  citiert 
seinen  Wegkürzer  295,  t«.  — 
Augsburger  Schmähschrift  wider 
ihn  457-475. 

mordt,  das  124,  «. 

morderey  272,  t. 

mores  lehren  447, 41. 

raorndrig  =  crastinus  209,  »4. 

Moyses  418,  t4. 

mnde  =  müdigkeit  10, 11. 

Mulhausen  (im  Elsass)  329,  14  aa. 

Müller  bestiehlt  einen  mahlgast, 
dem  er  seine  fischende  katze  zeigt 
(G  92)  624. 

müller  :  den  der  m.  auch  mit  dem 
sack  geschlagen  hett  =  thörichter 
mensch  259, 20.  vgl.  301,  «. 

müllerflöh  282,  j« 

Müllerin  äfft  den  domherrn  mit 
ihrer  eselin  (G  105)  628. 

mQrselstein  401,  1«  mürsel  401,  st. 

Musculus,  A.  Hosenteufel  473,  i» 
474, ,. 

mfissig  stehn  eines  halb  =  ilin 

aufgeben  18,  4.  eines  d.  33,  13 

mussig  gon  eines  269,  «. 
mustern  —  aufputzen,  rüsten  141,4. 
mut:  wol  zu  m  sein  15,  2».  16,  22. 

baß  zü  m.  werden  21,  «4.  übel 

zutnüt  sein  22, 4. 
mutlein:  ihr  m.  erkiilen  14,  u. 

nachgendts  191,  &. 

nachretig  =  verleumderisch  35,  «. 

nachrichter  3U,  11.  hencker  39,  17. 

23. 

nagelin  =  nelke  93,  so. 
nah:  den  nechsten  =  sofoit  18,  7. 
23,  17  u.  ö. 


nähenen,  nehenen  =  nähern  193,  u. 

195, 4.  ».  nahen  365, 14.  390, 4. 
nahend  =  nahe  146,  n    149,  it. 
nahet  =  nahe  58,  t«. 
namhafftig  268,  7. 
narr  oder  thor  259,  7. 
narrecht  127,  10.  157,  2». 
Narrenstreiche:    eines  hochzeits- 

gastes;  braut  heimgeführt  (W  44) 

581. 

—  bei  Sonnenschein  weinen,  bei 
regen  lachen  (G  3)  590. 

—  nadeln  in  heuwagen  gesteckt; 
topf  soll  allein  heimgehn  (G  4) 
591. 

—  verkehrte  begrüssungen  der  be- 
gegnenden (G  50)  603. 

—  ein  pferd  suchen  und  darauf 
reiten  (G  70)  610. 

in\st  =  ast  21,  7. 
Nazaret  404,  ai. 

Neapolis  94,  ai.    144,  u— 172,  6. 

305,  •   359,  si — 361,  t&. 
Neapolitaner  146,  ta. 
neydig  200,  ta.  438,  19. 
nemen:  sich  besondern  scbmertzen 

eines  dinges  n.  15, 31.  sich  frembd 

n.  eines  dinges  146,  & 
neren  =  retten  198,  u. 
Nese  (wie  Agnes  bezeichnung  einer 

thörichten  frau)  67,  ta. 
nestel  440,  ifc 

Neun  Schneider  essen  ein  ei,  latei- 
nisches gedieht,  abgedruckt  505, 
21. 

nichten  nit  138,  10. 

nider  =  leise  98, 7.  1 14,  at.  232,  ai. 

niderwath  =  beinkleid  414,  n. 

niemandts  250,  m 

niendert  =  nirgends  76,  «3.  100,  u. 
113,  S. 

nigromanticus  421,  13. 

nonzeyt  =  mittagszeitOO,  t.  381,2«. 

Nonne  unkeusch,  äbtiäsin  desglei- 
chen (G  109)  630. 


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Wort-  und  Sachregister. 


677 


Nonnenkloster  visitiert,  verkleide- 
ter jüngling  gefunden  (G  110) 
G31.  —  vgl.  Masetto. 

Notar  betrügt  die  söhne  zweier 
verstorbenen  kaufleute  (6  90)  623. 

nöthen  =  nötigen  60,  »».  197,  Si. 
385,  7. 

nottürfftig  eines  d.  288,  s. 
notz wengen  424,  a«. 
nüchtern  =.  ernüchtern  454,  20. 
nun  dalest  =  nun  endlich  319,  20. 

372,      373,  23    374,  e   387,  „. 
Nuta  56,  1.  Nuto  56,  17. 

oberkeit  85,  14. 
Obernähen  im  Elsass  89,  3. 
oberthür:  sein  sei  auf  die  ö.  setzen 

und  sich  ergetzen  440,  .•». 
Octavianus  106,  s«.  124,  19. 
öde  69,  a. 

öffnen  =  entdecken  202, «.  224,  u. 
offtennals  10,  ?». 
ohrenbeicht  404,  11. 
öllheffen  308,  4. 
ongeferd  366,  a«. 
ordenlich  379,  35. 
ordinieren  116,  ?e    126,  m. 
Ordnung  =  Verabredung  114,  115, 

u.  223, 10.  350,  j„  befehl  224, 2». 
othmen  =  atmen  429,  31. 

Palerma  147,  u.  361,  4 
panckathieren  163,  11.  179,  i>. 
pantoflen  272,  1«. 

Papirius  soll  der  rautter  den  Senats- 

beschluss  verraten  592. 
Pariß  95,  n   96,  s«.  97,  «. 
Pasimondas  243,  2. 
pastoral  =  bischofsstab  162,  2.  365, 

85. 

[Pauli,]  Schimpff  und  ernst  4,  n. 

Paulus  854,  22—355,  2». 

pelz:  wo  der  beltz  verbrochen  ist 

54,  27. 

penal  =  schüler  156,  «. 


penitentz  63,  19. 

penitentzer  =  penis  383, 21.  410,2». 
Perusio  =  Perugia  140,  2 -172,  4. 

Perusa  359,  32—367,  «. 
pestilentzisch  245,  2». 
Peter  147,  e.  10.  361 ,  u.  367,  i*. 

Petrus  418,  33. 
Petronella  307,  28.  308,  24. 
Petrus  mit  der  geige  auf  der  hoch- 

zeit  563. 

—  isst  die  leber  und  leugnet«  563. 
Pfaff  verheisst  hundertfältige  Ver- 
geltung (G  108)  629. 

—  singt  Requiem  statt  Resurrexit 
(W  7)  565. 

—  hört  die  kindische  beichte  (G  31) 
599. 

—  legt  dem  buhler  eine  seltsame 
busse  auf  (G  88)  621. 

—  vom  barfftsserinönch  getragen 
und  abgeworfen  618  (zu  G  81). 

—  ermordet  eine  arme  frau  (W  33) 
576. 

—  zieht  den  ehezehnten  ein  (G  103) 
627. 

—  erhält  den  der  bäurin  versetzten 
chorrock  wieder  (G  102)  627. 

—  versteckt  sich  vor  dem  ehemanne, 
vom  schüler  als  teufel  beschwo- 
ren (G  101)  G26. 

—  vom  schlauen  knecht  verstüm- 
melt (G  106)  629. 

—  ruft  seine  konkubine  weib  (G 
102)  027. 

—  will  seine  gevatterin  zur  stute 
raachen  (G  111)  631. 

Pfaffen,  warum  den  weibern  auf- 

sätzig  (G  87)  620. 
pfaffenhur  41 1,  23. 
pfeffer:  der  orth,  da  der  p.  wechßt 

52,  1.  80,  0. 
pfeiff :  ihm  fiel  die  p.  in  sack  =  er 

verzagte  428,  24. 
pfeyl  =  pfeiler  223,  4. 
pfenningwert  298,  21.  299,  ». 


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678 


Wort-  und  Rachregister. 


pferch  =  ferge  30,  s«.  3L  ». 
Pferdefutter  gestohlen  453,  li;  vgl. 

035. 

pflegen  seines  willen  9,u  ^  11,  l. 

sein  willen  18,  i». 
pflichtig  2iL  ^  243, 
pflüg:  den  p.  zu  beth  füren,  obsc. 

305,  9.  396,  st.  399,  ^ 
pfuch  403.  sa. 
Philip  190,  m.  191*  ii.  in 
Pisaner  £LL  i. 
bitschier  427,  u. 
blerren  417.  io. 

pocal  und  drinckgeschirr  424,  l* 
pöfel  3,  il  136,  ii, 
boldern  und  boclieu  326, 
policey  119,  i- 

porte,  die  222,  u.  n.  2hl ,  lc-  — 

hafen  246.  21    231,  10. 
portner  295,  ih. 

prachtig  =  hoff iirtig  173,  ^  181 ,  s. 
prelatur  199.  ll 
prerae  =  bremse  138.  1^ 
Priameln  (im  modernen  sinne)  106. 

LI»  22±   MOB.  5«. 

Privilegium  36,  ^ 

privilegieren  36,  a. 

procedieren  20ü.  1, 

procurator  249.  2^  355.  l. 

profuntze  =  cunnus  357,  *i. 

pronuncieren  166, 

protestieren,  sich  —  sich  verwahren 

54,  6. 
protocoll  354,  a** 
Provision  148.  ll 

Publius  Quintus  Fulvius  lüfi ,  as. 

Titus  Publius  115,  * 
,Puer  natus'  singen  446.  u, 

quoll  —  qual  274.  l, 
quelung  HO,  a. 

quintieren  wie  der  esel  —  fakch 
singen  400.  vgl.  Brant,  Nar- 
rensehift'  73,  21* 

quittantz  428.  9« 


redlin :  ein  r.  machen  =  im  kreise 
fahren  330,  * 

ragenorlin  279.  «. 

Ramesis  =  Themse  422,  ». 

rammlen  =  tanzen  164,  m. 

rasslen  =  würfeln  256.  ai* 

rath :  zu  r.  werden  =  sich  entschlos- 
sen 20,  ü. 

rhatersch  =  ratsei  356.  4,  357.  u 

rhatig  werden  356.  2s»  Sfiii  a.« 

Rätsel,  schmutz igo  (C,  91J  623.. 

ratzen  auf  der  lauten  =  kratzen 
409. 

rebknecht  33L  *■ 

rebmann  12  ,  «,  331 ,  2,  räbman 

12.  4.  weingarlncr  15.  ?h. 
rechnen  =  anrechnen?  Hj  ia* 
reehtgesebaffen  163,  w. 
reformieren  445.  u. 
regent  220.  21. 
regnieren  1 16.  2a. 
Reichhart  von  Pcrusia  (G  93]  359, 

32 — 366,  30. 

Reicher  mann  heisst  einen  armen 

stehlen  (G  67)  610. 
reydig  =  räudig  3L  l« 
Rein  18,  »•  30,  s«.  292,  i*.  412,  u 

sachen,  die  man  jen«yt  des  Heins 

zu  treyben  pflegt,  obsc.  289,  16. 

vgl.  Val  Schumann  1893  s.  432. 

über  Rhein  füren,  obsc.  352.  ie. 

402.  2* 

Reinbrugk  (bei  Breisach)  18,  u 
reiten ,  obsc.  104,  1-  379,  mit 

einem  gehn  holtz  r.  =?  einen 

prügeln  371', 
requiem  22»  ll  zs, 
resurrexit  28,  21. 
reuchlin  262.  se. 
reuspeien  357,  sa. 
reverentz  =  ehrfurcht  10^,  lö. 
rewen,  der  =  reue  ISO,  ^  2£3»  ja» 
rewlich  404.  ul,  406,  is. 
rieht  =  speise,  gericht  15_L  ^ 
richten :  sich  r.  an  =  sich  an  etwas 


Wort-  und  Sachregister. 


(379 


wagen,  es  angreifen  13,  •  24,  so. 
Richter  erhält  von  zwei  parteien 

pferde  und  wagen  (G  63)  608. 
richterknecht  160,  3. 
riffian  (ital.  rnffiano)  155,  31.  362, 

sa   riffianer  152,  3.  js. 
Rinaldus  178,  1.  vgl.  536. 
Rinaldus,  münch  78,  j— 78,  So. 
ringern  422,  34. 

ringlin,  eine  fischart  327,  «;  vgl. 
609.  zeichen  in  der  wirtsrechnung 
439,  ». 

riterin  =  frau  eines  ritters  148,  4. 

ritte,  der  381,  »«. 

Rodi  =  Rhodas  235,  11 — 252,  10. 

Rodianer  244,  u-247,  7. 

rogen  :  die  besten  r.  ziehen  =  den 

grössten  gewinn  einheimsen  141,7. 
Rom  51,  s».  106,  }«.  115,  .0  19), 

11.  354,  17.  406,  s.  426,  10. 
Roman  schreyncr  376,  10. 
Römer  107,  ss.  108,  3i. 
Romandia,  ein  fabelhaftes  stätlein 

19,  4. 

rose :  die  rosen  seiner  lieb  empfahcn 

114,  ». 
Koäimnnda  424, 

roß:  auff  das  r.  sitzen,  obsc.  81, 14. 

rossmutter  418,  34. 

ru  benherbat  =  rQbenernte  402,  n. 

Ruedel  (=  Rinaldus)  77,  10. 

ruffianer  63,  n.  a.  riffian. 

rumor  229,  31.   r.  und  geschrey 

189,  19. 
rüssig  286,  7.  is 
rütteln,  rittein  160,  1.  s. 
ruwig  =  ruhig  37,  12. 

sack:  in  dem  s.  finden  6,  1.  sack 

=  liederliche  frau  54,  ss.  401 , 35. 
sacrastey  406,  9. 
8aiger  =  matt,  schal  437,  10. 
salbeywein  447,  ss. 
Salerno  217,  3. 
Salomo  406,  s. 


saltz :  wenig  s.  in  der  zungen  haben 
=  thöricht  sein  69 ,  u.  ehe  vol 
kleyen  dann  saltz  65,  ss.  vgl. 
gesaltzen ;  ungesaltzen. 

samb  =  als  ob  10,  10. 

samen  =  saat  33,  e  9. 

Santutzo,  Sandutzo  77,  1— 78,  19. 
(ital.  santoccio  =  duinmkopf). 

Satan.  167,  3.  846,  sa. 

sauffen:  impf.  suff  46,  10. 

schaden :  conj.  impf,  schide  38, 39- 

Schäfers  testament:  schafe  den 
wölfen,  frau  dem  pfaffen,  kleider 
den  hecken  (ü  87)  620. 

schaffen  =  befehlen ,  lassen  57,  13. 
78,  11.  103,  n.  123,  7.  191,  6. 
225,  ia. 

schulck:  den  s.  hinder  den  obren 

haben  294,  4. 
schalckheit  115,  »«. 
schälcklich  429,  33. 
schäm  =  membrum  virile  61 ,  s. 

385,  »4 
schäm  per  349,  15   883,  1» 
schaplier  =  scapulier  80,  ie  schep- 

per  80,  *9.   81,  3.   schöpper  = 

kapuzraantel  62,  33. 
Scharagone  Puttofogo  (Scaral>one 

liuttafuoco)  158,  i» 
scharpff  rennen  218,  29 
scharrer:  den  s.  miteinander  dant- 

zen,  obsc.  78,  »7.    vgl.  Böhme, 

Geschichte  des  tanzea  1,  49.  56. 

2,  35. 

scharwüchter  158,  4.   363,  »7.  — 

obsc.  395,  20. 
Schatzfinder  morden  einander  mit 

dolch  und  gift  564. 
schäum  von  einem  bösen  stuck 

fleisch  353,  1. 
scheibe  saltz  298,  19. 
schein  thun  =  offenbaren ,  zeigen 

88,  1.   177,  4. 
Schellenhencker  329,  n.  32. 
schelm  in  der  haut  33,  21. 


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080 


Wort-  und  Bachregister. 


schelmenbein :   ein  s.  im  rucken 

haben  387,  17. 
schelmig = stinkend,  verwesend387, 

21  438,  «. 
sohembart  72,  u,  u 
schenck  429,  4. 

schenken :  impf,  schanckt  25,  so.  »a. 
Schenkung  219,  9 
schepper  s.  schaplier. 
scherer  53,  «    balbierer  54, 
Scherer  mit  dem  fraueneisen:  s. 

Jungfrau, 
scherganten  oder  riffianer  152. ». 
scherpffe  240,  u. 
scheutzlich  278.  so. 
scbiffdiener  245, 
Hchiffmann  292,  n 
Schilling  88, 

schimpf?  =  scherz  114,  ju. 
schimpften  224.  n. 
schirapffig  253,  0.  357,  «. 
schimpttlich  =  scherzliebend  34,  «$. 
schintfesscl  =  trossbube  374,  u 
schlaflen :  »chluff  44,  ji.  entschlieff 
iL  m 

8chla(fpfenning  448,  «  u 
schlaffhaub  46,  w* 
Schläfrig:  s.  Magd, 
schlechtlich  8Jj  ib 
schlecken  14,  ja. 

schlehe  447. schlehensafft  452,  ^ 
achlieffen  75,       161,  s.  365,  ü 

■chloff  297,  2.  Bchlufl'e  LL  t 
8chmachhändel  32(3,  x. 
schmale  423.  s. 
achinalvich  406.  34. 
schmälte  und  brodt,  ein  gericht 

330.  ü 

schmecken  =  riechen  35,     36,  ia. 
295.  ia. 

schmeltzen :  geschmelUt  43,  1«. 
schmieren  =  beschenken  429.  «■.. 
schmucken    =   schmiegen  99_,  j. 

395.  i» 
schneblen  446,  u. 


schnallen  =  erschallen  437,  ie. 

schnarch len  21,  x.  408.  ia. 

Schneider:  drei  s.  trinken  zusam- 
men nur  ein  mass  wein  (G  38) 
600. 

Schneiderlein,  das  tapfere  (W  5] 
560. 

schnöde  =  niedrig  226.  0. 

schopper  s.  schaplier. 

schoBS,  die  275.  ts. 

schreien  :  partic.  geschrauwen  337. 

IZi 

schlich :  kaum  in  ein  s.  gilt  420, 
Schüler:  fahrender  s.  citiert  den 

versteckten  buhler  als  teufet  (G 

101)  026. 
schülerlin  156.  ± 

Schultheiss  und  bauer  (G  19)  597. 
8chumen  =  schäumen  23,  9. 
Schuster  ertrinkt  beinahe  in  einem 

ei  (G  16}  52fL 
Schwab  25.  1.  &  etc. 
Schwabe,  der  das  leberlein  ass  ( W  6) 

5Ü2. 

Schwaben :  neun  oder  sieben  S. 

fliehen  vor  einem  hasen  596 
Schwabenland  282.$.  292, a».  449.87. 
schwanen  428.  2&. 
schwärt:  das  in  die  s.  krachet  270. 

21*  417.  u. 
Bchwartzbartecht  363.  i». 
Bchwartzman  =  teufel  300,  ai  vgl. 

87,   6-     Si  6,  2fii 

schwebel  371,  ia 
schwerlichen  klagen  115.  »s- 
schwerung  =•  beschwerung  153  ,  & 
scripta  und  bücher  136.  id. 
sechlin  =  sache  46,  zu  47, 
Beckelein  77,  ai> 
scckeln  88,  a. 
8ecr:  am  seeraten  321. 
segmel  261,  l  vl* 
8eider  =  seither  382,  15. 
seittemal ,  seyteuial  66,  e.  113.  r. 
i9.   U7,  »«.  226i  z> 


Wort-  und  Sachregister. 


081 


Selbstmörder  findet  schätz :  s.  Ver- 
schwender, 
seltzen  (im  reim)  =  seltRum  270,  a. 
sententz  160,  i» 
Seraphin  405,  s». 

seater  =  scheffel  (sextariuB)  301,  i«. 

358,  i. 

seufftz,  der  =  seufzer  196,  ia. 

seöfftzen,  der  146,  i. 

sydel  oder  kQate  146,  it. 

sie  =  eich  39,  i.  67,  ao.  101,  it. 

Sieben  auf  einen  streich  (W  5)  561. 

Siena  73,  ».  Sena  317,  ia 

Sigismunda  223,  2a -233,  it. 

silberin  293,  it. 

Silvestra  95,  jt— 102,  io- 

simoney  435,  io.  455,  as. 

sinn:  eins,  erfinden 20,  ai.  andere 

a.  finden  61,  :>o. 
solicitieren  74,  «. 

sontag :  der  metzcn  sontag  =  ge- 
legen hei  t  zu  buhlerei  103,  19. 

Sophronia  107,  14— 125,  4. 

sorgfeltig  =  sorgenvoll  87,  aa. 

spalten,  impf,  spielt  382,  12. 

spectacel  198,  tu 

speyvogel  327,  ia.  s.  spottvogel. 

speit  =  spalte  193,  ti. 

speltlin  264,  1». 

speloncke  417,  at. 

spicken,  die  stifel  444,  4a. 

spilen:  der  liebe  s.  79,  24. 

spil platz  18,  a. 

Spinellutzo  317,  19 -321,  ia. 

spital  448,  a».  spittel  448,  aj. 

spottvogel  258,  »4.  326,  n. 

sprachhauli  =  abort  152,  as.  173, 1. 

sprewer  =  spreu  261,  39   262,  6. 

Sprichwörter  78, 24.  105,  14.  127, 
aa-  S4.  128,  ia.  1«.  138,  ia.  259, 
1«.     329,  aa.     345,  19.     352,  29. 

359,  ae. 
staffieren  103,  ao. 
Stallknecht  453,  ig. 

stauchen,  die  =  kopftuch  318,  u. 


Stecher:  ritter  und  s.  67,  30. 

Stegraan.  Adam:  erwürgt  zwei  sei- 
ner kinder  (W  36)  576. 

Stegman,  Adam  89,  s-90,  10. 

steyff  81,  19.  82,  24. 

stern :  an  der  heyligen  drey  konig 
tag  mit  dem  sternen  singen  86,  a. 

sticken:  mitseyden  stücken  37,  as. 

stock:  an  ein  stock  faren  =  ins 
ungluck  geraten  11,  aa. 

stock,  plöck  =  Instrumente  zum 
fesseln  35,  e- 

8ton  =  8tehn  17,  aa.  stoht  8,  so. 
stunde  9, 19.  —  auffir  selber  stund 
=  stand  schweigend  und  nach- 
denklich da  74,  4.  113,  13. 

stos8en:  sich  s.  an  =  eine  lehre 
daraus  entnehmen  169,6.  181,5. 

straben  273,  2« 

Straßburg  1,  10.  5,  19.  43,  10.  u. 
45,6.  133,  10  137,5o.  183,  i*. 
215.  ,4  f.  233,  si.  252, 1«.  253, 
ia.  435,  1..  285,  aa  345,  1.  394, 
ia.  399,24.  401,  4.  428,  u  429, 
10.  435,  ia.  predigerkloster  345, 
9.  Frauen  tragen  die  pelze  ver- 
kehrt (G  84)  619. 

atrebkatze:  der  s.  mit  einander 
ziehen,  obsc.  394,  11.  —  vgl. 
Bolte-Seelmann,  Niederdeutsche 
Schauspiele  1895  s.  *  31. 

streissen,  streussen  (mhd.  striuzen) : 
sich  s.  gegen  =  sich  sträuben  161, 
ia.  365,  24. 

strelen:  mit  sesslen  s.  289,  &.  den 
beltz  8.,  obsc.  379,  33. 

stuben  =  stieben  267,  ia. 

Student  wird  henker  (W  16)  570. 

-  vgl.  Schüler. 

stümpflin  352,  2t.  stimplin  290,  9. 

Stüter  =  rosshirt  329,  ia 

Stutgarter  junckfrawen ,  die  umb 
ain  klain  gelt  zu  bekommen  seind 
164,  ia.  323,  8.  vgl.  466,  20 

stützel,  der  162,  12. 


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(>82 


Wort*  und  Sachregister. 


styelin  =  stuhl  43,  M. 

subtil  106,      143,  ,t.  239,  t.  295, 

M.  860,  it. 
sünden  =  sündigen  201,  se. 
superattendent  416,  ».  jo. 
suppensauffer  201,  t. 

Tancredus  217,  j-232,  s>. 

Danheuser  398,  s. 

dantz  mit  dreien   dritten ,  obsc. 

320,  87. 
dantzhauß  51,  o. 
däntzlin  219,  «. 
tartsche  160,  31. 
tauschen  283,  ».  daust  282,  >i. 
tenne,  der  371,  4.  372,  ss. 
tertz  zeit=  9  uhr  morgens  313,  3. 

319, 

Teufel  führt  einen  geldgierigen 
hinweg  (W  35)  576. 

—  reizt  zum  morde  von  weib  und 
kind  (W  34)  576. 

—  durch  unmögliche  aufgabeti 
(knoten  in  furz,  strecken  eines 
haares ,  seil  aus  »and)  geäfft 
(G  49)  602. 

—  erschrickt  vor  den  landsknech- 
ten  (G  27)  598. 

—  im  glase  und  Virgiliua  (G  74) 
611. 

—  als  freier,  tötet  die  frau  (G  85) 
619. 

teufel  heisst:  der  schwartz  mann 
87,  -,.  300,  si.  346,  so.  in  hunds- 
gestalt  87,  e- 

teutsch  435,  s.  442,  st. 

thading  —  Verhandlung,  vertrag  69, 
».  155,  4. 

Thedaldus  und  Ermilina  183-213  ; 

vgl.  586. 
Teophilus  275,  io-880,  S7. 
thon  =  thun  16,  4.  thfin  19,  13. 

impf,  thete  16,  2.  part.  gethon 

14,  to.  thon  15,  14.  tban  26,  »t. 

einem  zora  thon  19,  7. 


Tyber  (fluss)  189,  «1.  332,  tu 

Titus  6,  x«.  106,  tv-125,  4.  voll- 
ständig: Titus  Quintus  Fulvius 
106,  n.  U5,  ,s.  119,  i«. 

thöchterlin  =  cunnus  357,  «. 

tod  kind  (Arigo :  tote)=  putenkind 
78,  s. 

todtlich  =  sterblich  116,  i«.  n. 

sterbend  232,  st. 
tractieren  46,  so. 
träher  =  thräne  92,  17.  106,  u. 

treher  232,  3«. 
tratz  =  trotz  410,  a«- 
tremmel  =  knittel  238,  1«.  239,  n. 

369,  ss* 
tributarie  stadt  118,  is. 
Trinkerwette  (G  32)  599. 
Triomanta==Trognovant ,  haupt- 

stadt  des  königs  Artus  422,  -s. 
trog=truhe  876,  M.  376,  s.. 
trollen:  sich  t.  30,  ib.  84,  n.  396, 

8.  drollen  176,  m  271,  «1. 
trücknen  232,  -..  s.drückncn. 
Tübingen  (?)  175,  14. 
thöcher  =  tuchbändler  391,  7. 
Tulius  (Cicero)  108,  M. 
tummel  =  getümmel  11, 17.  tümmel 

51,  16 

türkisch,  tyrannisch,  unmenschlich 
41, 

turnieren  185,  i»  219,  1«. 
tyrannisch,  stolz  und  übermütig  34, 
so.  41,  j.  48,  *. 

überab  277,  87. 

überflüssig  =  übermässig  94,  m. 

102,  ,6.  109,  «.  245,  S3. 
überheben:  sich  ü.  eines  d.  35, 11. 

überhebt  256, 
überkommen  =  erwerben  12,7.  16, 

10.  87,  10.  42,  s.   54,  8».   87,  t4. 

140,  «.  177,  7. 
übememen:  sich  ü.  eines  d.  4,  ». 
überrechnen  =  überteuern  435,  e. 
übersehen  =  versehen,  schlecht  Dia- 


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Wort-  und  Sachregister. 


68:* 


chen  36,  i^.  44,  20  416,  n. 
überziehen,  obsc.  25 1 ,  2^  397,  n. 
überzwerch  84,  ?a. 
uff  -  8.  auf  -. 
Ulm  lSoj  j.  s  15.  469.  91. 
umbhang  (des  bettos)  224.  a. 
umbscbantzcn  438,  31- 
umbschweiff  =  um  weg  347.  j*. 
umbstender  =  die  umstehenden  5_L 

Ii, 

umbtreyben  =  verspotten  58,  aa* 
333,  i8- 

umbwenden :  einem  ein  messer  im 
leib  u.  54,  2^ 

umher  keren  (beim  tan2)  15_,  s. 
umbher  werffen  15,  tu  —  vgl. 
die  frage:  Was  ist  das  beste  am 
tanz?  Das  umkehren  (umschwen- 
ken); Böhme,  Gesch.  des  tanzes 
L  102.   Braut,  NS  c.  fiL 

unableschlich  273,  u, 

unabtreyblich  95,  h. 

unangesehen  das  =  obgleich  150.  aax 

unbedachtlich  IT,  19. 

unbegeret  188,  l 

un  belesen  136.  25. 

understehn  und  hindern  248.  ai. 

understürtzen  103.  u_« 

unforchtsam  279.  a. 

unform  117,  a 

unförmlich  350, 

unfrolich  3£2,  21, 

ungebawen  89,  14. 

ungebant:  ein  u.  feyrtag  271.  l. 

ungefell  88, 

ungefeziert  282,  u 

ungeferd  283,       ungevorlich  24JL 
24.  351 ,  »a.  ohn  gferden  439. 

ungeholffen  =  nutzlos  94,  ia. 

ungehSrend  57,  2a»  382.  n. 

ungelt  444.  u, 

ungenottet  28,  a,  122, 

ungeredt  46^  ^  1 10 ,  z~  146.  tu 
321,  in» 

ungesaltzen  =  thöricht  68,  at-  280, 


11  416.  u. 
uugessen    =    nüchtern    lä ,  ü. 

286.  11L 
ungrisch  bier  447,  «.  ^ 
unleydenlich  91,  10 
unlustig  —  unangenehm  127.  t 
unmenschliche  liebe  217,  1^ 
unnot  8,  2jl  9, 
unordenliche  liebe  79,  a, 
unrechtfertig  450.  12.. 
unruwig  289,  m. 
unschützig  139.  a. 
untodtlich  =  unsterblich  116,  ll 
unverborgenlich  öi,  ll. 
unverbrochenlich  15,  2«. 
unverstanden  =  unverstandig  38,  xi» 

141.  ig,  149,  ul 
unverwendt  22,  aa. 
unverwesen  =  unverwest  94, 
unverzogen  =  ohne  Verzug  107.  26. 
unvonnoten  338, 10. 357. 35.  406, 93. 
unwert  38,  2a 

unwissent  (passivisch)  225,  ib.  231, 
«8.  u.  und  unerkent  222, 

unzäm  =  mhd.  ungezamie,  unange- 
messen, widrig  368,  ta. 

urdrQtzig  =  überdrüssig  255,  ul- 

Urlaub,  das  108. 

ürte  =  zeche  454.  yrte  34,  i, 
105.  ll, 

Varro:  Marcus  V.  123.  &. 
Vaterunser  in  der  tasche  wiegen 

schwerer  als  das  fleisch  (G  2j 

590. 

vätterlin  40,  2^ 

Venedig  63,  1^  ZQ,  a.  sanct 
Marxenplatz  7L  a,  72, 2.  regen - 
platz  72,  1  (Realto  bei  Arigo). 

Venediger  336,  0. 

Venus  102,  fraw  Venus  berg 
398,  a.  e. 

verargwonen  309, 

verbergens  machen  =  versteck  spie- 
len 14,  i. 


(384 


Wort-  und  Sachregister. 


verbringen  =  vollenden  11,  ts.  63, 

39«  86,  2».  209. 
verbrochen  =.  zerbrochen  32,  *». 

33,  i.  54,  s7. 
verdenken  =  in  verdacht  haben  100, 

32-  29- 

verdingen  32,  e. 
verdrieß  14,  u. 
verdrüssig  4,  ss. 
verfahen  353,  ». 

verfurisch  40  ,  i«.  81  ,  »s.  82  ,  90. 
450,  1». 

vergaugeln  =  verzaubern  29,  7. 
vergebens  =  gratis  10,  i8.  47,  10 
127,  1«. 

vergehung  =  verlauf  104,  32. 

Vergeudung  273,  t. 

vergleichen :  sich  v.  mit  =  über- 
einstimmen 76,  1. 

vergunnen  151,  sj. 

vergünstig  =  inissgftnstig  189,  2. 

vergfit  haben  mit  347,  Ss. 

verhalten  =  gefangen  halten  72,  29. 

verheisser  400,  »«. 

verhengen  =  erlauben  371, 

verholften  sein  einem  umb  IG,  u. 

verjehen  122,  «7.  124,  7.  206,  19. 

verlassen :  einem  v.  =  einen  befehl 
hinterlassen  (?)  79,  J8.  223,  7. 

verlaufen:  part.  verloffen  207,  ». 

verlieren:  ich  verleür  113,  & 

vermähren  —  verraten  187,  «7.  ver- 
meren  263,  s 

vermehelen  218,  m. 

vermolen  und  verstreichen  =  be- 
schönigen, verbergen  454,  «. 

vernugen  172,  s.  347,  1».  359,  is. 

verrauchen,  part.  verrochen  336,  ts. 

verreiten  =  ausreiten  79,  u  375, 

verren  ken  292,  j«. 

vemucn  101,  17.  371,  s». 

verschaffen  =  befehlen  145,  1«. 

verschcioen  =  vergehen  152,  17. 
398, 1©. 

verscheunicn  358,  &. 


verschlagen,  sich  =  sich  verstecken 
12,  »1. 

versch machen  einen  =  verächtlich 
erscheinen,  nicht  gefallen  304,  u. 

Verschwender  erhängt  sich  und 
findet  einen  vom  vater  verbor- 
genen schätz  169,  »0.  584. 

versehen  =  das  sacrament  des  al- 
tars  reichen  83,  1«.  =  in  Ord- 
nung bringen  112,»».  sich  v.  = 
erwarten  41,  3. 

versieden  437,  36.  443,  9. 

versperren  75,  h.  verschliessen  und 
v.  225,  ji. 

vertagen  =  bestellen  379,  « 

vertragen  =  ertragen  92,  u.  116,  u. 

verübel  halten  367,  10. 

verunreinen  414,  31. 

verwachsen  =  zugewachsen  222, 13. 

verwegen:  sich  v.  eines  d.  76,  1». 
157, ».  1 86,  io.  28 1 , 31 .  297,  !8.  355,3«. 

verwent  =  verkehrt  270, 

verzagnüß  122,  5.  123,  39. 

verzielen  =  bestellen  224  6. 

verzucken  55,  ». 

vesper  =  gottesdienst  (am  morgen !) 
44,  37. 

Vieriocker  statt  driocker  (theriak) 

gefordert  (6  52)  60  i. 
vieriockers  303,  ». 
Virgiiius  331,  3o-333,2.  420,  3i— 

423,  13. 

Virgiiius  findet  einen  teufel  im 
glase  (G74)  611. 

—  baut  die  ehebrecherbrücke  (G 
112)  631. 

visitieren  415,  33.  416,  is. 

Vogel,  Hans :  drei  meisterlieder  ab- 
gedruckt: Die  käsküchlein  (1541) 
517,  n.  Das  schöne  goldschmiedB 
weib  (1539)  540, 13.  Die  hundert- 
fältige  gäbe  (1541)  544,  34. 

Vogt  muss  in  einer  kotlache  ab- 
sitzen (G  81)  618. 

volcklin  337,  33. 


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Wort-  und  Sachregister. 


685 


vOUe  31,  10. 

vollkommenlich  102,  ig.  3r>2,  se. 
Torgang :  einem  den  v.  lassen  35, 

2fr.  36,  4. 

wechsin  =  wachsern  77,  i». 
wadel  419,  so. 

Waldbruder  mit  dem  honigtopfe 
(G  53)  603.  -  vgl.  Einsiedler. 

wanderboss  =  wandrer  449,  so 

wandergeselle  186,  s*. 

wart:  sieb  an  die  höt  und  w.  stel- 
len 70,  is. 

warten :  einem  nicht  wol  w.  80, 20. 

wartzlin,  wertzlin  37,  1.  38,  s. 

worzeichen  290,  1. 

wessern:  die  zahn  wurden  im  w. 
56,  is. 

wathsack  347 ,  ss.  wotsack  404, 
9.  l». 

Watt,  B.  von  :  zwei  meisterlieder 
abgedruckt:  Der  teufel  holt  einen 
gottlosen  banern  (1609)  499,  o. 
Der  student  m  it  dem  mörser  ( 1592) 
541,  M. 

Weckerlin :  Hans  W.  wirt  in  Wi- 
senBtaig  329,  4. 

weckolterwein  447,  u. 

weflftzen  138,  14  f.  vgl.  bttfftze. 

weg  :  in  keinen  weg  229, 7.  2  37, 1«. 

weger  =  vorteilhafter,  besser  40, 3. 
82,  10.  290,  11. 

wegle  —  weg  312,  24. 

weidlich  25,  10.  294,  a&. 

Weidner,  Hans:  zwei  meisterlieder 
abgedruckt :  Eines  töchterleins 
beicht  511,  6.  Von  der  belage- 
rn ng  Weinsbergs  in  Bayern  (1599) 
520,  95. 

Weidner,  Joh.  Jacob:  Ein  gedieht 
aus  seinem  Poetischen  lustgärt- 
lein  (1622)  abgedruckt  528,« 

weyl,  weybel=lat.  velum,  schleier 
der  nonnen  62,  32.  114,  11. 

Wein  falsch  ung  447,  7;  vgl.  635. 


Weinsberga  treue  weiber  615  (zu 
G  80). 

Weisheiten:    drei    w.  verkaufen 

(W  43)  581. 
Weissenburg  329,  17 
weißlich  117,  1».  so.  386,  »«. 
weißpfenning  126, 4.  20. 
weißthumb  =  Weisheit  108,  i». 
weytte  lassen  einem  =  entlaufen 

40,  8. 

welsch   409,  13.    411,  *.  423,  »2. 

435,  a. 
Welschland  444,  SS. 
Weltjahr  (annus  Piatonis)  579. 
werden:  er  würdet  4,  23. 
[Wickram,]  Rollwagen  4,  10.  469, 

4.    Knabenspiegel  (Willibaldus 

und  Lothar ius)  16^,  10 
widerdrieß  =  verdruss:  etwas  w. 

thon  37,  7.   beweisen   197,  22. 

205,  11. 
widergelten  14,  10. 
widergeltung  137,  n. 
widerkeren,  widerkoren  =  gut  ma- 
chen, ersetzen  123,  23.  147,  so. 

148,  11. 

widerkerung  =  Vergeltung  98,  ?a. 

122,  7.  323,  28. 
Widerreden  114,  27. 
widerBecher  281,  12. 
widerspennig  354,  5. 
Wiege  fuhrt  nachts  die  wirtin  und 

den  liebhaber  ihrer  tochter  irre 

(G  86)  620. 
Wildheit  durch  unerschrockenheit 

gebändigt  (G  21)  598. 
— ,  s.  Kopf  abgeschlagen. 
Willibaldus  168,  10. 
Wintzenlawel  400,  2«. 
Wirt  giebt  den  bäurinnen  rätsei 

auf  (G  91)  623. 

—  lässt  sich  nicht  mit  dem  welt- 
jahre  foppen  (W  40)  579. 

—  lobt  seinen  wein  (G  64)  609. 

—  soll  dem  gaste  das  fleisch  schnei- 


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68G 


Wort-  und  Sachregister. 


den  (W  39)  601. 
Wirt  vgl.  Esser,  Kraut,  Trinker. 
Wirtin  von  Dosch  gefoppt :  gesung 

(W  13)  567.  schafe  (W  11)  567. 

warten  (W  10)  567. 
Wirtshäuser   beschrieben  487,  «. 

444,  s*.  446,  ti.  449,  ,7.  634. 
WisensUig  328,  32.  329,  i. 
wissen:    er   weißt   4,  g.    55,  3. 

119,».  268,  si.  wißte  47,i7.  360, 

so.  wußte  52,  io.  wüste  53,  ?a. 

part.  gewüst  23,  s«.  gewisst  267, 

19. 

witwelich  361,  8. 

witwin  147,  i«. 

wolbelesen  189,  ?<. 

Wolf :  urteil  über  einen  toten  w. 

(G  38)  599. 
—  warum  den  schafen  feind  (G  87) 

620. 

würme  =  wärme  43,  sr, 
würser  =  übler,  weher  344, 2.  würst 
288,  10. 

würstlin,  obsc.  441,      446,  ». 
wurtzkremer  303,  2. 
wurtzloden  302,  s«. 

yetweder  273,  so. 

Zabern  428,  13.  429,  21. 
zahlen  423,  so. 

zäher,  zeher  =  ziibre  63,2«.  93,;*. 

91,  1.  6.  101,  7.  202,  1.1. 
zapft",  voller  349,  20. 
zaora :  den  z.  nachhongcn  H55, 32 
zeihen  27,  20.  zige  32"»,  ». 
zeitlich  =  zeitig  13,  s.v 
Zeppa  317,  so— 321,  s«. 


zernicht  166,  2«.   265,  is.  290,  1. 

341,  .. 
zernichtig  261,  37. 
Zianus  418,  S3. 

Ziegler:  Michael  Z.  zu  Ulm  studie- 
rend 135,  »;  vgl.  583. 
ziehen:  ich  zeühe  25,  7. 
zielen :  einen  söhn  z.  304,  «. 
zimlich  =  geziemend  169,  e.  ». 
zinnlin  =  zinnteller  410,  it. 
zinssleut  347,  7. 
zipffelin,  obsc.  289,  10. 
zipperlin  401,  se 

zucht:  mit  züchten  zu  melden  43, 
ib.  mit  züchten  zu*  reden  58,  3. 

z8düttler=  Schmeichler  142,  13. 

zueignen  und  zuerkennen  geben 
38,  2ö. 

zugehord  341,  12. 

zfihand  =  sofort  59,«.  64,  u.  113,  33. 

zukommen  eines  d  =  zustande 
kommen  mit  61,  20.  zftkummen 
einem  =  entgegentreten  270,  37. 

/finden  —  leuchten  81,  n.  165,  is. 

ziinicht  151,  1»  309,  „  314,  19. 

zuseher  63,  25. 

zusprechen  einem  =  anreden  121,  s?. 

zustehn  =  zusto8sen,  zu  teil  wer- 
den 37,  12.  53,  2».  61, 22.  79,  s. 
99,  sc.  158,  in. 

zustricken  14,  a. 

zwagen :  mit  cnmillen  z  289,  ;.. 

zweyerlin  439,  1«. 

zweyfleln:  es  zweyffelt  mir  nit23, 

23.43,  4  78,  19.  147,  7.  182,  5. 
Zwyfel,  Zweyfel  (mönchl  404,  is. 

4<J6,  3J. 


I 

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BIBLIOTHEK 

DES 

LITTERARISCHEN  VEREINS 

IN  STUTTGART. 

CCXVIII. 


TÜBINGEN. 

OKURUCKT  Alir  KOSTEN   DES  I.ITTER  ARISCHEN  VEREINS. 

1899. 


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PROTECTOR 

DES  LITTERARISCHEN  VEREINS  IN  STUTTGART: 
SEINE  MAJESTÄT  DER  KÖNIG. 

• 

VERWALTUNG : 
Präsident: 

Dr.  H.  Fischer,  professor  au  <ler  Universität  Tübingen. 

Kassier: 

Kansleirath  Roller,  universitäts-actuar  in  Tübingen. 

GESELLSCH  AFTSAUSSCHUSS : 

Geheimer  regierungsrath  Dr.  Barack,  oberbibliothekar  in  Straßburg. 

Professor  Dr.  Böhmer  in  Lichtenthai  bei  Baden. 

Dr.  Bolte,  gymnasialoberlehrer  in  Berlin. 

Dr.  Hertz,  professor  an  der  technischen  hochschule  in  MOnchen. 

Director  Dr.  W.  Heyd  in  Stuttgart. 

Dr.  Martin,  professor  an  der  Universität  Straßburg. 

Dr.  K.  y.  Maurer,  professor  an  der  Universität  München. 

Dr.  G.  Meyer  voq  Knonau,  professor  an  der  Universität  Zürich. 

Dr.  Sievers,  professor  an  der  Universität  Leipzig. 

Dr.  Steinmeyer,  professor  an  der  Universität  Erlangen. 

Dr.  Strauch,  professor  an  der  Universität  Halle. 

Dr.  Tobler,  professor  an  der  uuiversität  Berlin. 


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Ii R I E  F W ECU  SEL 


Z\VI«CIIKN 


GLEIM  UND  UZ 


HERAUSGEGEBEN  UND  ERLÄUTERT 


VON 


CARL  SCHÜDDEKOPF. 


GEDRUCKT  FÜR  DEN  LITERARISCHEN  VEREIN  IN  STUTTGART 


TÜBINGEN  I8ft. 


ALLE  RKCMITK  VORHK HALTEN. 


DRUCK  VON  H.  LAUPP  JR  IN  TÜBINGEN. 


V 


Einleitung. 

Nachdem  innerhalb  weniger  jähre  die  sämtlichen  poetischen 
werke  von  Uz  durch  August  Sauer  in  einer  musterhaften  aus- 
gäbe (Deutsche  litteraturdenkmale,  heft  33—38)  vorgelegt  sind, 
sein  leben  und  dichten  von  Erich  Schmidt  in  einem  gedrängten 
umriss  (Allg.  deutsche  biographie  39,  443—449)  und  von 
Erich  Petzet  in  einer  wohl  abgerundeten  centenarschrift  (Ans- 
bach 1896)  dargestellt  ist,  könnte  es  scheinen,  als  sei  zur  be- 
wertung  dieses  anakreontikers  genug  geschehen,  und  es  be- 
dürfe nicht  der  weiteren  herausgäbe  eines  umfangreichen  brief- 
wechsels  mit  einem  gleichfalls  zur  genüge  bekannten  genossen, 
wie  Gleim  es  ist.  Aber  diese  Urkunden  eines  fast  auschließ- 
lich  litterarischen  Verkehrs  zweier  dichter  in  den  jähren  1741 
bis  1796,  von  Gottscheds  Belustigungen  bis  zu  Schillers  Hören 
reichend,  bedeuten  mehr  als  bloße  beitrage  zu  ihrer  persön- 
lichen entwicklungsgeschichte.  Sie  bieten  zumal  in  den  beiden 
ersten  jahrzehnten  eine  förmliche  chronik  der  deutschen  littera- 
turgeschichte ,  die  fast  jede  neue  erscheinung  des  geistigen 
lebens  aufmerksam  mustert.  Und  wenn  die  thron besteigung 
Friedrichs  des  großen  als  ungefährer  beginn  der  neueren 
geistigen  cultur  Deutschlands  gelten  darf,  so  ergiebt  sich  für 
unsern  briefwechsel,  der  1741  in  der  aufstrebenden  preußischen 
konigsstadt  einsetzt,  eine  erhöhte  bedeutung.  Vorwiegend  sind 
freilich  die  litterarischen  interessen,  wie  es  bei  diesem  nichts  als 
dichtenden  geschlechte  kein  wunder  ist;  besonders  für  eine 
geschichte  der  anakreontik,  die  Q.  Witkowski  längst  versprochen 
hat,  bringen  die  briefe  reiches,  bisher  größtenteils  unbekanntes 
material.  Aber  auch  im  allgemeinen  ist  der  briefwechsel  für 
den  rapiden  wandel  der  geistigen  interessen  im  achtzehnten 
jahrhundert  ungemein  bezeichnend,  obwol  oder  gerade  weil 


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VI 


beide  freunde  auf  einem  früh  gefassten  Standpunkte  verharrten. 
Zeigt  sich  Gleim  in  dieser  hinsiebt  noch  als  der  regsamere  und 
anempfindende,  so  gewinnt  Uz  durch  seine  briefe  mensch- 
lich mehr. 

Eine  ausgäbe  dieser  litterarhistorisch  mehr  als  psycho- 
logisch interessanten  briefe  plante  denn  auch  schon  zu  anfaug 
dieses  jahrhunderts  Wilhelm  Körte,  Gleims  grofineffe  und 
litterarischer  testamentsvollstrecker  (vgl.  unten  s.  442).  Er 
Hess  einen  auszug  anfertigen,  den  er,  zugleich  mit  dem  brief- 
wechsel  zwischen  Gleim  und  K amier ,  keinem  geringeren  als 
Goethe  zuzueignen  gedachte.  Dieser  hatte  auf  der  rückreise 
von  Helmstedt  mit  Friedrich  August  Wolf,  Körtes  späterem 
Schwiegervater,  am  22.  august  1805  Halberstadt  besucht  und 
Gleims  hinterlassenschaft  gemustert;  Körte  Übersandte  ihm 
am  3.  September  eine  reihe  von  Schriftstücken  aus  Gleims 
nachlasse  für  seine  autographensammlung  und  das  vielleicht  von 
Georg  Oswald  May  gemalte  Lessingportrait  den  Weimarischen 
Kunstfreunden  für  längeres  Studium ,  und  erreichte  dadurch 
eine  mildere  beurteilung  seiner  schriftstellerischen  thätigkeit, 
als  er  sie  verdiente  und  von  Seiten  Jacobis  und  Vossens  erfuhr. 
Das  ermutigte  ihn,  den  letzten  band  seiner  auswahl  aus  Gleims 
litterarischem  nachlasse  Goethe  zu  widmen;  die  handschrift- 
liche dedication  möge  als  ein  beitrag  zu  Goethes  Verhältnis  zur 
deutschen  dichtungdes  18.  jahrhunderts,  das  er  selbst  später  im 
siebenten  buche  von  Dichtung  und  Wahrheit  präcisirte,  hier  folgen : 
„Sr.  des  Herrn  Geheimen  Raths  von  Göthe  Excellenz. 

Die  Briefe  deutscher  Dichter  des  vorigen  Jahrhunderts, 
die  Geschichte  ihrer  Bestrebungen  enthaltend,  wie  sie  den 
deutschen  Musen  Glanz  und  Lieblichkeit  zu  geben  bemüht 
waren,  —  wem  unter  den  Deutschen  möchten  sie  lieber  zu 
Schutz  und  vielvermögendem  Wohlwollen  übergeben  werden, 
als  Ew.  Excellenz  ?  —  Wem  verdankt  deutsche  Art  und  Kunst 
ihren  höchsten  allgültigen  Glanz,  als  Ew.  Excellenz,  welche 
Sich  ihrer  mit  aller  erdenklichen  Liebe  und  mit  allem  Reich- 
thum des  erhabensten  Genie's  angenommen? 

Wenn  gleich  Sie  sich  nie  zu  dem  „goldnen  Jahrhundert" 
hingezogen  fühlen  konnten ,  welches  der  Dichterkreis  jenes 
glücklichen  Zeitraums,  im  ausübenden  Genuß  einer  socialen 


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VII 


kritischen  Autorität,  zu  stiften  im  Sinn  hatte,  so  waren  Sie 
doch  gegen  der  edlen  Männer  Bestrebungen  nie  feindseelig 
gesinnt.  Demohngeachtet  ist  es  schon  längst  stillumschleichende 
Gewohnheit,  Ew.  Excellenz  als  den  vornehmsten  Gegner  jener 
Bestrebungen  anzusehn,  wodurch  das  langwierige  Uebel  viel- 
fältiger literarischer  Spaltung  und  Mißgunst  Oberaus  befördert 
worden  ist.  Die  schlimmste  Folge  davon  war,  daß  Ihre  höhere 
Ansichten  und  Bildungen  selbst  ganz  verkannt  wurden ,  und 
ihren  wohlthätigen  Einfluß  auf  die  gesammte  teutsche  Bildung 
nur  im  Einzelnen  erreichten.  Es  ist  leicht,  in  der  Literar- 
Geschichte  zu  bemerken,  wie  fast  zwischen  allen  Ihren  einzeln 
erschienenen  Werken,  eine  fast  bis  zur  Vergeßenheit  reichende 
Gleichgültigkeit  gegen  die  darin  aufgestellten  Momente  der 
Kunst  und  Poesie  liegt.  Immer  neue  Meisterwerke  rißen 
aber  die  Gemüther  immer  von  neuem  zu  Ihren  höheren  Offen- 
barungen hin.  —  Die  Schuld  jener  unglücklichen  Spaltung 
lag  aber  allein  in  dem  mißgünstig-einseitigen  und  herrsch- 
süchtigen Geschmack  jener  Zeit,  welchem  Ew.  Excel  lenz  Werke 
nothwendig  fremd  und  unbehaglich  erscheinen  mußten.  — 
Diese  Briefe  wollen  besonders  hievon  sühnend  zeugen,  und 
möchten  es  befördern,  daß  der  innige  Zusammenhang  des 
frühern  und  des  erneuerten  Fortgangs  deutscher  Poesie  klar 
erkannt ,  und  einem  Jeden  seine  rechte  Stelle  darin  friedlich 
angewiesen  werde,  je  nach  seinem  inneren  Verdienst. 

In  der  freudigsten  Gewißheit,  daß  unter  Ew.  Excellenz 
erlauchter  und  weiser  Regierung  jener  wahre  Frieden  deutscher 
Literatur  noch  zu  Stande  kommen  werde,  welcher  keine  Spal- 
tung gestattet,  aber  jedes  r e dl i che  Bestreben  fördernd 
schützt,  übergebe  ich  Denselben  diese  Sammlung  und  die 
dieser  vorangegangene:  „Briefe  der  Schweizer:  Bodmer, 
Sulzer,  und  Geßner*,  als  eine  herzinnigste  Huldigung 
der  tiefsten  Ehrfurcht,  und  der  empfundensten  Dankbarkeit. 
Halberstadt  am  22iLn  August  1807.       Wilhelm  Körte.« 

Diese  geplante  ausgäbe,  welche  als  vierter  band  der  „  Briefe 
deutscher  gelehrten  aus  Gleims  literarischem  nachlasse"  in 
Cotta's  verlage  erscheinen  sollte,  wird  noch  gelegentlich  der 
proben  erwähnt,  die  Körte  im  „ Morgen blatt  für  gebildete 


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VIII 


stände"  auf  das  jabr  1808,  nr.  231,  232  und  auf  1809,  nr.  20 
daraus  veröffentlichte.  Zur  ausführung  ist  sie  ebenso  wenig 
gelangt,  wie  Gleims  beabsichtigte  aus  wähl  unter  andern  freundes- 
briefen  (vgl.  unten  s.  442);  nur  den  ersten  brief  von  Uz  hat 
Gleim  schon  im  jähre  1746  überarbeitet  in  die  Sammlung  der 
„  Freundschaftlichen  briefe"  aufgenommen. 

Wie  Körte  sich  darauf  beschränkte,  geringe  bruchstücke  aus 
dem  briefwechsel  in  „Gleims  leben*  (Halberstadt  1811)  mitzu- 
teilen, so  haben  auch  die  späteren  benutzer  des  Gleimarchivs  nur 
teile  daraus  veröffentlicht,  die  sich  auf  andere  persönlichkeiten 
beziehen.  Zunächst  Heinrich  Proehle  in  seiner  Schrift  „  Fried- 
rich der  große  und  die  deutsche  litteratur",  Berlin  1878, 
und  in  der  Zeitschrift  für  preußische  geschiente  XII,  641; 
dann  Henriette  Feuerbach  in  ihrem  schlechtgelungenen  bio- 
graphischen versuch  „Uz  und  Cronegk*,  Leipzig  1866;  end- 
lich August  Sauer  im  Archiv  für  literatur geschiente  XI,  481 
und  in  seinen  ausgaben  der  werke  von  Kleist  und  Uz.  Die 
auszüge  und  der  brief  nr.  12,  die  Erich  Petzet  in  seiner  bio- 
graphie  bringt,  beruhen  auf  meiner  abschrift. 

Die  originale  des  briefwechsels  befinden  sich  zum  weitaus 
größten  teile  in  der  Gleimschen  familienstiftung  zu  Halber- 
stadt in  zwei  quartbänden  (manuscr.  20  und  21),  da  Uz  die 
an  ihn  gerichteten  briefe  von  Gleim ,  nebst  denen  von  Götz, 
der  Karschin,  Kleist  und  C.  G.  Krause  im  nmrz  1795  dem 
ersteren  zurückstellte,  um  misbrauch  derselben  nach  seinem 
tode  zu  verhüten.  Ähnlich  hatte  er  kurz  vorher,  am  10.  februar 
1795,  an  Christian  Felix  Weisse  geschrieben  (vgl.  dessen  vor- 
rede zu  Uzens  Poetischen  werken,  Wien  1804,  I,  p.  V): 
„Sie  werden  sich  wundern,  mein  inniggeliebtester  Freund,  von 
mir  ein  so  mächtig  großes  Packet  zu  erhalten,  und  darin  Ihre 
ganze  Correspondenz  anzutreffen.  So  weh  es  mir  thut,  mich 
von  Ihren  Briefen,  die  eines  der  größten  Vergnügen  meines 
Lebens  ausmachten,  getrennt  zu  haben,  so  wollte  ich  sie  doch 
nicht  der  Gefahr  aussetzen,  sie  nach  meinem  Tode  in  fremde 
Hände  kommen  zu  lassen.  So  viel  die  Litteratur  durch  ihren 
größtenteils  sehr  interessanten  Inhalt  gewinnen  möchte,  so 
zweifle  ich  doch  nicht,  daß  Sie  bey  der  Freymüthigkeit  und 
Offenherzigkeit,  womit  wir  einander  seit  vielen  Jahren  zu 

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IX 


schreiben  gewohnt  waren  ,  ihre  Bekanntwerdung  mit  Wider- 
willen sehen  würden.  Ich  stehe  in  dem  75.  Jahre  meines 
Alters,  und  mein  Tod  kann  wahrscheinlicher  Weise  nicht  all- 
zu weit  entfernet  seyn.  Ich  hinterlasse  weder  Frau  nocli 
Kinder,  und  habe  nur  noch  eine  ledige  Schwester,  ungewiß, 
ob  sie  mich  oder  ich  sie  überleben  werde.  Meine  kleine  Ver- 
lassenschaft kömmt  in  fremde  Hände ,  meine  Papiere  werden 
durchstöbert,  und  es  wäre  ein  gar  herrlicher  Fund  für  den 
Eigennutz,  wenn  eine  so  vortreffliche  Briefsammlung  auf  Ein- 
mal Jemanden  in  die  Hände  fiele.  Sie  hingegen ,  liebster 
Freund,  haben  eine  liebenswürdige  und  edeldenkende  Familie, 
vornehmlich  einen  gelehrten  Sohn,  der  gewiß  keinen  Mißbrauch 
von  den  zurückgelassenen  Papieren  gestatten  wird." 

Leider  ist  der  ursprüngliche  bestand  des  briefwechsels 
nicht  mehr  vollständig;  es  fehlen  nicht  nur  zwei  briefe  Gleims 
vom  7.  mai  1743  (vgl.  unten  s.  45  f.) ,  ein  teil  von  nr.  28 
und  ein  brief  von  Uz  vor  nr.  173  (vgl.  s.  438, 23)»  sondern 
auch  von  den  stücken,  die  Körte  noch  für  seinen  auszug  vor- 
lagen,  sind  die  nummern  131.  165.  174.  176.  177  und  181 
dem  Gleimarchiv  entwendet  worden.  Davon  haben  sich  nr. 
131  in  Goethes  autographensammlung,  jetzt  im  Goethe-  und 
Schiller- archiv,  und  nr.  174  in  Varnhagens  nachlaß  auf  der 
königlichen  bibliothek  zu  Berlin  wiedergefunden  —  beide  als 
geschenk  Körtes ,  der  die  ihm  anvertrauten  schätze  ungetreu 
verwaltete.  Die  übrigen  fehlenden  nummern  sind  nach  Körtes 
auszuge  wiedergegeben.  Die  erst  kürzlich  veröffentlichten  briefe 
von  Kleist,  Götz  und  Bodmer  (über  den  letzteren  vgl.  A. 
Dombart  im  46.  Jahresbericht  des  histor.  Vereins  für  Mittel- 
franken s.  14)  nochmals  zu  wiederholen  lag  keine  veran- 
lassung vor.  • 

Was  den  brief  Wechsel  selbst  betrifft,  so  war  eine  unver- 
kürzte wiedergäbe  der  originale  von  vornherein  ausgeschlossen; 
dazu  enthalten  die  späteren  briefe,  besonders  die  Gleimschen, 
zu  viele  Wiederholungen  und  unbedeutenheiten.  Es  sind  daher 
nur  die  ersten  zwölf  nummern  ,  um  eine  probe  des  ganzen 
briefstils  zu  geben,  wortgetreu  abgedruckt,  die  späteren  briefe 
mit  immer  größeren  auslassungen  wiedergegeben.  Litterarische 
erwähnungen  sind  ausnahmslos  aufgenommen. 


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X 


Die  den  b riefen  beigebundenen  handschriftlichen  gedieh te 
von  Uz  sind  wie  die  ausführlicheren  verbesserungs vorschlafe 
Gleinas  nicht  mit  abgedruckt,  da  sie  in  A.  Sauers  ausgäbe 
sorgfältig  verwertet  sind;  aus  demselben  gründe  ist  auch  das 
poetische  Sendschreiben  an  Gleim  vom  2.  october  1753  (Sauer 
nr.  100)  ausgelassen.  Auch  die  Gleims  briefen  beigelegten 
gedieh  te  von  J.  G.  Jacobi,  Kleist,  Lange  und  frau,  Ramler 
u.  a.  sind  nur  mit  der  anfangszeile  bezeichnet.  In  die  an- 
merkungen  verwiesen  wurden  ferner  die  brieffragmente  und 
coneepte  Gleims,  die  nicht  abgesandt  wurden,  also  die  nummern 
71*  (vom  juli  1756)  und  89*  (vom  jähre  1760).  Dagegen 
haben  Gleims  gediente,  soweit  sie  ungedruckt  sind,  im  text 
aufnähme  gefunden,  da  sie  für  seine  dichterische  entwicklung 
sehr  wichtig  sind ;  auf  die  erste  deutsche  romanze  (s.  103) 
sei  ausdrücklich  verwiesen. 

Für  gütige  Überlassung  der  beiden  versprengten  nummern 
des  brief wechseis  bin  ich  der  direction  der  königlichen  biblio- 
thek  zu  Berlin  und  des  Goethe-  und  Schiller-archivs  zu  Weimar 
zu  danke  verpflichtet.  Den  hauptschatz  hat  die  Verwaltung 
der  Gleimschen  familienstiftung  zu  Halberstadt  mit  gewohnter 
liberalität  mir  wiederholt  zur  benutzung  überlassen. 

Weimar,  im  m'arz  1899. 

Dr.  Carl  Schttddokopf. 


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XI 


Inhalt. 


Seite 

Einleitung   V 

1.  Gleim  an  Uz,  Löhme,  7.  September  1741    1 

2.  Uz  an  Gleim,  Halle,  81.  geptember  1741    3 

3.  Gleim  an  Uz,  Löhme,  20.  october  1741   5 

4.  Uz  an  Gleim,  Halle,  13.  deceraber  1741   9 

5.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  15.  april  1742    12 

6.  Uz  an  Gleim,  Halle,  19.  mai  1742    17 

7.  Gleim  an  Uz,  [Löhme  und  Berlin,  juni  1742]   21 

8.  Uz  an  Gleim,  Halle,  5.  januar  1743    28 

9.  Gleim  an  Uz,  Potsdam,  28.  märz  1743    30 

10.  Uz  an  Gleim,  Halle,  6.  april  1743    36 

11.  Gleim  an  Uz.  Potsdam,  11.  april  1743    40 

12.  Uz  an  Gleim,  Leipzig,  21.  angust  1743    43 

13.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  17.  februar  1744    45 

14.  Gleim  an  Uz,  [Potsdam,  September  1743  bis  märz  1744]  .    .  51 

15.  Gleim  an  Uz,  Potsdam,  29.  märz  1744    56 

16.  Us  an  Gleim,  Ansbach,  1.  juni  1741   63 

17.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  6.  october  1744    71 

18.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  1.  mai  1745    74 

19.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  27.  juni  1745    76 

20.  Gleim  an  Uz,  Dessau,  12.  august  1745    78 

21.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  15.  September  1745    87 

22.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  1.  m&rz  1746    89 

23.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  6.  märz  1746    91 

24.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  12.  märz  1746    98 

25.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  25.  märz  1746    106 

26.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  80.  juni  1746    110 

27.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  2.  august  1746    121 

28.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  10.  september  1746    123 

29.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  22.  november  1746    127 

30.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  5.  december  1746    144 

31.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  22.  december  1746    146 

32.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  19.  januar  1747    149 

33.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  21.  februar  1747    156 


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XII 


Seite 

34.  Ur.  an  Gleim,  Ansbach,  16.  märz  1747    158 

35.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  25.  april  1747    161 

36.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  25.  mai  1747    165 

37.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  4.  juni  1747    167 

38.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  3.  juli  1747    172 

39.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  14.  juli  1747    175 

40.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  30.  juli  1747    178 

41.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  6.  august  1747    182 

42.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  15.  September  1747    187 

43.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  29.  September  1747    188 

44.  Gleim  an  Uz,  Berlin,  24.  october  1747    191 

45.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  20.  november  1747    194 

46.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  31.  januar  1748    197 

47.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  29.  februar  1748    202 

48.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  9.  märz  1748    204 

49.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  25.  märz  1748    207 

50.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  10.  juni  1748    209 

51.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  26.  november  1749    211 

52.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  20.  december  1749    212 

53.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  19.  februar  1750    215 

54.  Uz  an  Gleim,  Braunschweig,  7.  mai  1751   216 

55.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  8.  mai  1751   217 

56.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  [mitte]  mai  1751   218 

57.  Gleim  an  Uz,  [Halberstadt,  anfang  1750  bis  mitte  mai  1751]  220 

58.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  26.  juni  1751    223 

59.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  27.  juni  1751    227 

60.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  29.  august  1751    229 

01.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  29.  october  1751    232 

62.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  5.  april  1753    234 

63.  Uz  an  Gleim,  Romhild,  22.  april  1753    237 

64.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  8.  juli  175S   238 

65.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  30.  januar  1754    248 

66.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  15.  october  1754    249 

67.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  13.  december  1754    2o2 

68.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  17.  november  1755    254 

09.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  12.  februar  1756    256 

70.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  12.  märz  1756    203 

71.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  12.  juli  1756    268 

72.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  19.  december  1756    271 

73.  Uz  an  Gleim.  Ausbach,  28.  februar  1757    274 

74.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  16.  mai  1757    276 

75.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  28.  juli  1757    27b 

76.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  16.  august  1757    281 

77.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  16.  november  1757    285 

78.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  13.  märz  1758    287 


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XIII 


Seite 

19.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  16.  auguat  1758    289 

80.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  23.  august  1758    295 

81.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  28.  augnst  1758    296 

82.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  8.  September  1758  ......  298 

83.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  26.  September  1758    300 

84.  Gleim  an  Uz,  Halberatadt,  2.  december  1758    302 

85.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  25.  januar  1759    304 

86.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  5.  februar  1759    306 

87.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  1.  raärz  1759    307 

88.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  25.  m&rz  1759    309 

89.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  1.  october  1759    313 

90.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  8.  october  1761   315 

91.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  12.  december  1761   316 

92.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  16.  jannar  1762    318 

93.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  26.  februar  1762    322 

94.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  18.  märz  1762    322 

95.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  29.  mai  1762    324 

96.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  5.  juni  1762    326 

97.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  6.  juli  1762    326 

98.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  28.  juli  1762    327 

99.  Uz  an  Gleim,  Ansbac  h,  16.  September  1762    328 

100.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  24.  September  1762    330 

101.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  22.  januar  1763   332 

102.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  26.  februar  1768    334 

103.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  2.  august  1763    335 

104.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  5.  august  1763    336 

105.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  9.  augnst  1763    337 

106.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  14.  august  1768    340 

107.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  4.  September  1763    341 

108.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  7.  September  1768    342 

109.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  8.  September  1763    343 

110.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  24.  december  1768    344 

111.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  16.  januar  1764    346 

112.  Gleim  an  Uz,  [Halberstadt,  februar  1764]   346 

113.  Gleim  an  Uz,  Leipzig,  22.  mai  1764    348 

114.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  16.  juli  1764    350 

115.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  9.  august  1764    351 

116.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  31.  august  1764    354 

117.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  24.  november  1764     ......  355 

118.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  8.  december  1754    356 

119.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  11.  december  1764    358 

120.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  30.  januar  1765    360 

121.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  31.  august  1765    362 

122.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  3.  december  1765    364 

123.  Gleim  an  Uz,  [Halberstadt,  13.  februar  1766]   365 


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XIV 


Seite 

[24.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  4.  mai  17C6   36S 

25.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  3.  juli  1766    369 

26.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  27.  juli  1767    371 

27.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  19.  September  1767    372 

28.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  29.  September  1707    374 

29.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  2.  novcmber  1767    377 

30.  (ileim  an  Uz,  Halberstadt,  19.  december  17C7   379 

31.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  4.  januar  1768    379 

32.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  17.  mai  1768    380 

33.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt.  6.  juni  1768                          .    .  381 

34.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  28.  juni  1768    382 

35.  Gleim  an  Uz,  Lauchstedt,  20.  august  1768    383 

36.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  18.  September  1768    385 

137.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  11.  September  1769    38f> 

38.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  19.  September  —  29.  november  1769  388 

39.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  4.  januar  1770                          .  390 

40.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  16.  mai  1770    393 

41.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  18.  juni  1770    395 

42.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  25.  april  1771    396 

43.  Uz  an  Gleim,  Ansbach.  17.  juni  1771    393 

144.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  25.  april  1772    399 

45.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  23.  mai  1772    400 

146.  Uz  an  (ileim,  Ansbach,  6.  april  1773    401 

147.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  4.  mai  1773    402 

148.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  4.  juni  1775    403 

149.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  24.  juli  1775    406 

50.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  24.  october  1775    407 

51.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  16.  juli  1776    408 

52.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  8.  august  1776    408 

53.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  4.  december  1779    409 

54.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  10.  januar  1780    412 

55.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  10.  november  1780    414 

56.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  26.  december  1780    416 

157.  (ileim  an  Uz,  Halberstadt,  27.  januar  1782    417 

58.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  27.  februar  1782    418 

159.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  2.  juni  1783    420 

CO.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  18.  juni  1783    422 

161.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  1.  februar  1784    423 

62.  Uz  an  (ileim,  Ansbach,  2.  märz  1784    424 

63.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  12.  januar  1785    425 

104.  Uz  an  (ileim,  Ansbach,  23.  m&rz  1785    427 

65.  Uz  an  (ileim,  Ansbach,  3.  october  1786    427 

166.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  23.  december  1780    428 

t67.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  15.  januar  1737   430 

168.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  3.  februar  1787    431 


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XV 


Seito 

169.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  27.  februar  1787    432 

170.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  24.  mai  1787    433 

171.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  4.  jnli  1787    435 

172.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  28.  december  1791    436 

173.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  C.  mai  1792    437 

174.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  23.  mai  1792    438 

175.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  26.  juli  1794    439 

176.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  21.  September  1794    440 

177.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  märz  1795    440 

178.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  22.  mai  1795    441 

179.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  27.  november  1795    443 

180.  Gleim  an  Uz,  Halberstadt,  6.  december  1795    443 

181.  Uz  an  Gleim,  Ansbach,  17.  märz  1790    445 

Anmerkungen     447 

Register   529 


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1.  Gleim  an  Uz. 

Hoch-  und  Wertgeschäzter  Herr  und  Freund  pp. 

Was  werden  Sie  dencken,  daß  es  mir  möglich  gewesen  die 
Erfüllung  meines  Versprechens  so  lange  aufzuschieben?  Ich 
selbst  bin  nicht  Schuld  daran,  sondern  die  Unstätigkeit,  in 
welcher  ich  mich,  seit  der  Entfernung  von  meinem  wehrtesten 
Freunde  befunden.  Wie  angenehm  wird  Ihnen  unterdeßen  der 
Umgang  mit  den  stillen  Musen  gewesen  seyn!  Aber  dießmahl 
beneide  ich  Sie  nicht.  Das  prächtige  Berlin  hat  die  Aufmerck- 
samkeit  völlig  verdienet,  welche  ich  demselben  gewidmet.  Ich 
bin  nicht  beständig  in  dieser  Residentz  gewesen.  Wenn  es  mir 
gefallet,  reise  ich  hin  und  wieder  zurück,  so  daß  ich  bishero 
nichts  als  reisen  gethan.  Der  Ort  meines  jetzigen  Aufenthalts 
ist  eine  halbe  Stunde  von  Blumberg,  wo  unser  Canitz  oft 

—  —  —  —  —  aus  dem  Gedränge 

Des  Hofes  müßig  ging.  —  —  — 
Ich  lerne  bey  meinem  jetzigen  Landleben,  seine  Gedichte  welche 
davon  handeln,  erst  recht  verstehen,  aber,  wenn  ich  die  War- 
heit  sagen  soll,  so  bin  ich  nicht  recht  mit  ihm  eins.  Das  Land- 
leben hat  viel  annehmliches,  aber  es  fehlt  ihm  das  Lebhafte, 
welches  aus  dem  Unigange,  und  von  den  Sitten  mehrerer  Bürger 
entstehet,  die  mit  uns  einerley  Neigungen  haben.  Es  ist  nur 
vor  Verfertiger  der  Hirtengedichte.  Die  Tänzerin  ist  gewiß  von 
keinem  Landjuncker  gemacht.  Melden  Sie  mir  Ihre  Meinung, 
oder  geben  sie  mir  nur  Recht,  daß  meine  Unempfindlichkeit 
in  diesem  Stücke,  von  dem  Mangel  Ihres  Umganges  herrühret. 
Soll  ich  Ihnen  viel  merckwürdiges  von  Berlin  schreiben  ?  Ich 
werde  es  nicht  thun,  denn  ich  kan  mich  mit  der  Enge  eines 
Brieffes  ungemein  wohl  entschuldigen.  Ich  sage  Ihnen  nur  so 
viel,  daß  ich  zu  Dännemnrck  weniger  als  jemahls  Lust  habe. 

»Ici  in  -  V  jl  ,  itritfweehsol.  1 


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2 


Indeßen  habe  mich  bis  dato  zu  nichts  fest  entschloßen.  Ich 
würde  es  leichter  thun  können,  wenn  ich  von  dem  Gewißheit 
hätte,  worüber  wir  uns  schon  manche  agreable  chimere  gemacht. 
Ich  habe  indeßen  eben  nicht  lange  Zeit  übrig,  da  sich  das  Glück 
entweder  vor  oder  wieder  mich  erklären  wird.  Am  Dienstage 
habe  ich  eine  Solennitast  mit  angesehen,  welche  denen  Musen 
ungemein  angenehm  muß  gewesen  seyn.  Es  wurde  nemlich  in 
Berlin  von  Printz  Heinrich  der  Grundstein  zum  Opernhause  ge- 
leget. Apollo  stehe  Ihnen  kräftig  bey  wenn  sie  zum  Voraus 
vor  daßelbe  arbeiten  werden.  Wie  stehet  es  mit  Verewigung 
des  Rudnickischen  Namens  ?  Werden  wir  im  nächsten  Stücke 
sein  Meisterstück  zu  sehen  bekommen?  Wenn  die  »Schuld  an 
Ihnen  liegt,  so  verdienen  Sie  den  Zorn  der  witzigen  Köpfe. 
Herr  Götze  wird  denselben  an  den  Tag  legen,  und  er  hat  Recht 
darzu.  Von  mir  haben  Sie  nichts  zu  befürchten.  Was  hat 
HE.  Naumann,  was  haben  andere  von  meiner  schleunigen  Ent- 
fernung gesaget?  Eine  baldige  Antwort  wird  mir  so  will- 
kommen seyn,  als  aufrichtig  ich  bin 

Hoch-  und  Werthgeschätzter  Herr  und  Freund, 

Dero 

Lähme  den  7'iIJ  7br  gehorsahmst-ergebenster 
1741.  Joh.  Wilh.  Gleim. 

P.S.  Die  Aufschrift  ihrer  angenehmen  Brieffe  bitte  mit 
folgendem  zu  begleiten :  Abzugeben  bey  den  Kaufmann  HErrn 
Richter  auf  den  Mühlendaro  a  Berlin.  Alsdenn  werden  Sie 
allezeit  zu  rechte  kommen,  ich  mag  auch  seyn,  wo  ich  will. 
Denn  mein  Bruder  welcher  bey  demselben  ist  hat  Verlaß  mir 
alles  nachzuschicken,  was  an  mich  komt. 

Bey  meinen  Zeilen  belieben  Sie  nur  allezeit  an  die  Bitte  zu 
gedencken  die  ich  kurz  vor  meiner  Abreise  ihrenthalben  gethan. 

P.S.  Es  gehet  eben  ein  Bothe  nach  Berlin  der  diesen 
Brief  auf  der  Post  bestellen  soll.  So  gern  ich  nun  auch  noch 
an  HE.  Götzen  schreiben  mögte  so  unmöglich  ist  es,  indem  er 
nicht  länger  warten  kan,  will  er  anders  diesen  Abend  wieder 
zu  Hause  seyn.  Ich  bitte  mich  dahero  bestens  zu  entschuldigen, 
und  demohngeachtet  demselben  zu  versichern,  daß  ich  mir  auf 
ein  Schreiben  von  ihm  Hofnungen  mache. 


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8 


A  Monsieur, 

Monsieur  Utz, 
Candidat  en  Droits  p 


Francis. 


a  Hallo 


Abzugeben  in  HE. 
Nößelts  Hause  auf 
der  Galgitraße 


2.  Uz  an  Gleim. 


Hoch-  und  werth geschätzter  Herr  und  Freund, 

Das  Vergnügen,  so  Dero  werthe  Zeilen  mir  verursachet, 
kau  ich  Ihnen  nicht  besser  bestimmen,  als  durch  die  Unlust 
so  deren  langes  Ausbleiben  mir  nothwendig  machen  mußte. 
Hey  nahe  wäre  ich  auf  die  Gedanken  gerathen,  als  Dero  Ver- 
sprechen so  langezeit  unerfüllet  blieb,  daß  Sie  entweder  mich 
gänzlich  vergessen,  oder  daß  Ihnen  bereits  so  wichtige  Ehren- 
stellen anvertrauet  worden,  welche  Ihnen  nicht  erlaubten,  für 
das  Vergnügen  schlechter  Leüte  sich  die  geringste  Mühe  zu 
machen.  Beyde  Muthmassungen  befind  ich,  zu  meinem  großen 
Glücke,  irrig.  Ich  hätte  leicht  noch  auf  die  dritte  fallen  kön- 
nen, daß  nämlich  eine  Liebesangelegenheit  allen  Ihren  andern 
Geschäften  die  Zeit  wegnehme.  Was  kan  man  von  einem  Poe- 
ten, der  an  dem  verliebten  Anacreon  einen  Geschmack  findet, 
der  selbst  die  artigsten  Liebeslieder  macht,  leichter  vermuthen, 
als  daß  er  nicht  sobald  in  eine,  ihrer  schönen  Mädgen  wegen 
so  berühmte  Stadt  nur  riechen  werde,  da  er  nicht  gleich  eine 
Gebietherin  haben  sollte?  Vielleicht  liegt  hierinnen  auch  die 
Ursache,  warum  Sie  an  dem  unschuldigen  Landleben  nichts 
reitzendes  antreffen.  Sie  werden  es  nicht  ausstehen  können, 
lange  von  dem  Orte  entfernt  zu  bleiben,  wo  Ihr  Hertze  ist; 
es  fehlt  Ihnen  die  Gemüthsruhe  und  diejenige  Verfassung  der 
Seele,  da  Ihnen  alles  gleichgültig  ist;  Sie  finden  in  der  Gesell- 
schaft und  in  dem  Umgange  mit  Menschen,  insonderheit  denen 
aus  dem  schönen  Geschlechte,  noch  allzuviel  angenehmes  und 
allzuwenig  unangenehmes,  als  daß  es  Ihnen  erträglich  seyn 
kan,  sich  davon  ausgeschlossen  zu  sehen.  Wie  ganz  anders 
sah  es  in  der  Seele  des  Herrn  von  Canitz  aus?   Da  schliefen 


1* 


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4 


so  zu  sagen  die  Begierden  und  Affeckten;  die  Philosophie  und 
Erfuhrung  hatten  ihm  die  Welt  von  innen  und  aussen  kennen 
lernen,  und  ihm  einen  Eckel  dafür  gemacht;  er  hatte  von  Natur 
wenig  Ehrgeitz,  und  noch  weniger  Geitz,  welchen  beyden  Ge- 
müthsleydenschaften  das  Geräusche  der  Gesellschaft  nicht  zu- 
wider ist,  weil  sie  ihren  Vortheil  daselbst  finden;  er  liebte 
eine  gemächliche,   stille  und  ungezwungene  Lebensart,  und 
Vergnügungen  welche  sänfter  sind  und  weniger  Mühe  kosten. 
Bey  dieser  Gemüthsart  mußt  ihm  freylich  das  Landleben  weit 
angenehmer  seyn,  als  das  Leben  bey  Hofe,  wo  eine  Seele,  wie 
die  seinige  war,  wie  ausser  ihrem  Elemente  ist.  Belieben 
Sie  nur,  mein  Werthester,  noch  einige  Jahre  zu  verziehen,  biß 
Sie  Ihre  Ehrbegierde  werden  gesättiget  sehen,  und  die  Hitze 
der  feurigen  Jugend  in  etwas  ver[r]auchet ;  vielleicht  werden 
Ihnen  alsdenn  die  ruhigen  Annehmlichkeiten  des  Landlebens  um 
ein  grosses  reitzender  dünken.  Ich  habe  Ihnen  deswegen  meine 
Meinung  so  ausführlich  überschrieben,  daß  Sie  sehen,  daß  ich 
es  für  einen  blosen  Scherz  halte,  wenn  Sie  den  Mangel  meines 
Umganges  für  die  Ursache  Ihrer  Unempfindlichkeit  ausgeben. 
Sie  gedenken  einmal  einer  Tänzerin,  welche  wie  Sie  glauben, 
von  keinem  Landjunker  verfertiget  worden :  sollte  das  wohl 
eine  netie  Schrift  oder  ein  Gedichte  seyn?  Ich  bitte  sehr,  wenn 
in  Berlin  artige  und  sinnreiche  piecen  herauskommen,  woran 
es  in  diesem  Sammelplätze  aufgeweckter  Köpfe  gewiß  kein 
Mangel  ist;  übersenden  Sie  mirs  doch,  auf  meine  Unkosten, 
oder,  wo  Sie  besorgen  ich  möchte  eine  und  die  andere  schon 
besitzen,  so  geben  Sie  mir  wenigstens  eine  etwas  umständliche 
Nachricht  davon.  Die  Blätter  der  unsichtbaren  Gesellschaft  er- 
halten sich  noch  immer  bey  der  guten  Art,  wodurch  sie  sich 
anfangs  beliebt  gemacht  haben.  Ich  halte  sie  nunmehr  ordent- 
lich mit ;  und  weil  ich  zweifle,  daß  Sie  dieses  gleichfalls  thun, 
so  hab  ich  Ihnen  durch  ein  Blatt  davon,  welches  Herrn  Götzen 
und  mir  sehr  wohl  gefallen,  dazu  Lust  machen  wollen. 

Herrn  von  Hagedorn  Gedichte  sind,  wie  mir  für  gewiß 
gesagt  worden  bereits  aus  der  Presse,  und  sehr  prächtig  ge- 
druckt. Die  neüe  Auflage  der  Hallerischen  Gedichte  soll  diese 
Messe  gleichfalls  herauskommen,  obgleich  andere  das  Gegen - 
theil  behaupten  wollen.    In  unserm  Lections-catalogo  ist  eine 


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5 

ctiriüse  Veränderung  vorgegangen.  Es  steht  darinn  der  Pro- 
rector  zuerst,  darauf  der  Canzler,  der  director  und  endlich  der 
Senior  Fridricianae ;  auf  deren  lectiones  kömmt  erst  die  theo- 
logische Facultät;  daß  also  der  geheimde  Rath  Wolf,  als  Pro- 
rector,  unter  den  philosophis  gar  nicht,  unter  den  Juristen  aber 
Herr  Gasser  zuerst,  steht:  und  diß  alles  vermöge  eines  könig- 
lichen rescripti. 

Die  Enge  eines  Briefes  kan  Sie  nicht  entschuldigen,  wenn 
Sie  mir  nichts  merkwürdiges  von  Berlin  schreiben.  Wenn  ein 
Brief  nicht  hinreicht,  so  reichen  mehrere  zu ;  aber  es  müssen 
nicht  solche  Billetgens  seyn,  wie  Sie  mir  dißmal  geschrieben 
haben,  sondern  hübsch  lange  Briefe,  wie  ich  schreibe,  und  noch 
ferner  an  Sie  schreiben  werde,  wenn  Ihnen  mein  Geschmiere 
nicht  mißfällt.  Aber  lassen  Sie  mich  doch  um  des  Himmels 
willen  nicht  lang  auf  Ihre  Antwort  warteu,  wo  Sie  mich  nicht 
in  Verzweiflung  bringen  wollen.  Ehe  ich  schließe,  muß  ich 
Sie  bitten,  die  Gtitigkeit  zu  haben,  und  mir  zu  meiner  Baum- 
gartischen Dissertation  und  den  Rudnickischen  Briefen,  die  ich 
Ihnen  ehemals  geliehen,  zu  verhelfen.  Wie  ich  sie  bey  Kleine- 
wegen abholen  lassen  wollte,  ließ  er  mir  sagen,  er  hätte  von 
Herrn  Gleim  von  solchen  Sachen  nichts  bekommen.  Ich  ver- 
harre mit  aller  Aufrichtigkeit, 

Hoch-  und  werthgeschätzter  Herr  und  Freund, 

Dero 

Halle,  den  31.  Sept.  1741.       ergebenster  Diener 

Joh.  Pet.  Uz. 

P.S.  Herr  Götze  hat  mir  befohlen,  Ihnen  ein  ergebenstes 
Compliment  von  ihm  zu  schreiben.  Er  hat  sich  sehr  betrübt, 
daß  er  die  Ehre  nicht  gehabt,  ein  Paar  Zeilen  von  Ihren  werthen 
Händen  zu  bekommen. 

3.  Gleim  an  Uz. 

Hoch-  und  Werthgeschäzter  Herr  und  Freund, 

Sie  bekommen  auf  Dero  angenehme  Zuschrift,  die  ich  mit 
innigstem  Verlangen  erwartet,  einige  Tage  später  Antwort,  als 
geschehen  seyn  würde,  wenn  meine  Abwesenheit  nicht  auf  einige 


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6 


Tage  den  Empfang  derselben  verschoben  hätte.  Ich  bin  gestern 
von  einer  kleinen  Heise  ins  Mecklenburgische,  nnd  zwar  ins  be- 
sondere nach  Strelitz  zurück  gekommen,  und  da  hatte  ich  erst 
das  Vergnügen  Ihre  werthe  Zeilen  vorzufinden,  welche  schon 
8  Tage  auf  mich  warten  müßen.  Sie  sehen,  wie  bald  ich  ant- 
worte, damit  ich  nur  bald  wieder  eine  Antwort  sehen  möge, 
oder  daß  ich  mich  nach  Ihrer  Art  ausdrücke,  damit  ich  mir 
die  Schuld  nicht  beymeßen  dürfe,  wenn  mich  ein  rächendes 
Außenbleiben  einmahl  in  Verzweifelung  gerathen  ließe.  Denn 
ohngeachtet  Ihr  Schreiben  schon  ein  ziemliches  Alter  hat,  so 
werden  Sie  doch  keine  Ursach  haben  auf  die  irrig  befundenen 
Muthmaßungen  zu  gerathen,  noch  weniger  meine  Nachläßigkeit 
zu  schelten.  Ich  weiß  nicht  ob  ich  den  Innhalt  ihrer  Zeilen 
dismahl  Stück  vor  Stück  werde  beantworten  können.  Es  würde 
Wiederlegung,  Warnung,  Bestraifung  und  überhaupt  viel  Welt- 
weißheit  dazu  nöthig  seyn,  und  wie  nöthig  ist  es  nicht  mit  der 
nieinigen  sparsam  umzugehen.  Sie  wißen,  wie  wenig  Tiefsinnig- 
keit ich  besitze,  und  halten  mir  daher  zu  gute,  wenn  ich  keine 
Probe  von  meiner  Kenntniß  des  Menschen,  die  Sie  mir,  wie  ich 
errathe,  ablocken  wollen,  geben  werde.  Ich  bin  zufrieden,  wenn 
Sie  zufälliger  weise  Anlaß  bekommen  werden,  durch  angenehme 
Untersuchungen,  meine  Erkenntniß  erweitern  zu  helfen.  Wie 
vortheilhaft  ist  nicht  die  vor  mich,  da  sie  das  verborgenste 
meines  Herzens  aufgeschloßen,  daßelbe  mit  meiner  äuserlichen 
Aufführung  verglichen,  und  die  Ursachen  meiner  Neigungen 
entdecket.  Fahren  Sie  fort,  mein  Wehrtester!  Denn  will  ich 
einst  Ihnen  die  Kenntniß  meiner  selbst  dancken.  Sie  sollen  nur 
alsdenn  meinen  Wiederspruch  hören,  wenn  ich  sehe,  daß  ueue 
Entdeckungen  die  Würckung  deßelben  werden  können.  lu  der 
That,  ich  kenne  den  HE.  von  Canitz  und  mich  schon  noch  ein- 
mahl so  gut.  Ich  habe  vor  Warheit  genommen,  was  Sie  von 
uns  beyden  gesagt  haben.  Aber,  indem  ich  Ihnen  alles  glaube, 
so  muß  ich  Ihnen  auch  sagen,  was  ich  ihrer  Seele  zu  meinem 
besten  wünsche.  Ach!  eine  recht  bidermännische  Aufrichtig- 
keit. Sie  müßen  wir  weniger  schmeicheln  als  tadeln,  wenn 
Sie  meine  Beßerung  suchen.  Machen  Sie  nur  Satyren  auf  mich, 
wenn  es  Ihnen  gefällt.  Ich  will  Ihnen  davor  alle  Neuigkeiten 
wißen  laßen,  nach  welchen  Sie  verlangen  tragen.  Das  Merck- 


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7 


würdige  von  Berlin,  welches  Sie  vielleicht  in  diesen  Zeilen 
lesen  wollen,  wird  Ihnen  ein  ftlat  des  Weltbürgers  erzählen,  so 
anbey  überkomt.  Ich  werde  dadurch  das  Vergnügen  so  Sie 
mir  durch  Mittheilung  eines  ganzen  Heldengedichts  gemacht, 
bey  Ihnen  nicht  ersetzen ;  aber  vielleicht  wird  es  die  Tänzerin 
thun.  Laßen  Sie  mir  Ihr  Urtheil  von  derselben  wißen.  Das 
Traurspiel  des  Schackspears  Julius  Caesar  ist  übersetzt  heraus- 
gekommen, und  wie  mir  der  Buchführer  versichert,  von  einem 
Staats  Ministre.  Ich  hätte  es  Ihnen  gleichfalls  Übersand,  weil 
ich  aber  weiß  daß  Sie  nur  das  muntere  lieben,  und  überdem 
mir  das  ganze  Stücke,  welches  Voltaire  sonst  hochschäzt,  nicht 
sonderlich  gefallen  hat,  so  habe  ich  lieber  meine  Empfindung 
vor  die  Ihrige  ansehen ,  oder  vielmehr  erst  Befehl  erwarten 
wollen.  Weil  ich  nun  in  14  Tagen  nicht  in  Berlin  gewesen 
so  ist  mir  auch  nicht  bekant,  was  seit  der  Zeit  vorgefallen. 
Diese  Woche  sind  5  Regimenter  hinein  marschiret,  worunter 
sich  das  Hallische  befindet.  Nun  werden  sie  in  Halle  wohl 
keinen  Mars  vermuthen.  Man  erwartet  zu  Ausgang  dieses  Mo- 
naths  den  König  mit  den  Gens  d'armes  und  der  Guarde  aus 
Schlesien  gewiß.  Berlin  wird  aber  dismahl  den  würdigsten 
Monarchen  nur  2  Tage  sehen.  Denn  wie  man  glaubt,  wird 
Hannover  deßen  Gegenwart  zu  erwarten  haben.  Indeßen  ist 
zu  vermuthen,  daß  nach  der  Wiederkunft,  Berlin  erst  ein  rechtes 

• 

Berlin  werden  wird,  zumahl  wenn  ein  baldiger  Friedens  Schluß 
die  Sorgen  unsers  Landes  Vaters  verringern  solte.  Ihro  Majestät 
haben  die  untersten  Etagen  von  einer  ganzen  Straaße  vor  an- 
kommende Fremde  gemiethet.  Das  Theatrum  zu  den  Opern 
wird  ad  interim  auf  einem  Saale  des  Scbloßes  aufgeschlagen. 
Das  neue  Opern  Hauß  sieht  man  sich  recht  erheben,  unter  den 
Händen  der  Arbeiter.  Sein  Umfang  ist  sehr  groß.  Es  wird 
Schlößer  und  Palläste  an  Pracht  tibertreffen.  Sein  Gewölbe 
wird  das  Hände  Klopfen,  welches  ein  öfterer  Bey  fall  anfangen 
wird,  wie  ein  Echo  zurück  schallen  laßen.  Mir  deucht,  ich  höre 
schon  die  Probe  über  Ihr  erstes  Meisterstücke  machen.  Wenn 
Sie  des  HE.  von  Hagedorns  Gedichte  nicht  selbst  gesehen  ha- 
ben, so  glaube  ich  auch  nicht,  daß  sie  heraus  sind,  so  wenig 
als  die  Hallerischen.  In  den  Meß-Catalogo  findet  sich  von 
beyden  nichts,  und  die  Buchführer  laßen  ihre  Waare  gar  zu 


< 


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8 


gern  durch  diesen  Epheu  Crantz  bekant  werden.  Aber  um  des 
Himmels  willen,  warum  handeln  Sie  denn  so  vorsetzt  ich  wieder 
die  genommene  Abrede?  Ich  habe  jedes  Stück  der  Belustigungen 
mir  um  des  willen  so  schleunig  verschrieben,  weil  ich  ver- 
meinet, dieRudnickscheEinbildungsKraft  darin  zu  finden.  Allein, 
warum  täuschen  Sie  mich  ?  Haben  Sie  Ihren  Vorsatz  schon 
wieder  geändert?  oder  soll  ich  glauben  können,  HE.  Schwabe 
habe  so  wenig  Geschmack,  dato  er  dies  Stück  nicht  vor  würdig 
gnug  gehalten.  Setzen  Sie  mich  doch  durch  ein  baldige« 
Schreiben  aus  der  Ungewißheit,  in  der  ich  bin,  oder  laßen  Sie 
mich  im  künftigen  Stücke  gewiß  finden,  was  ich  in  den  vorigen 
gesuchet.  Von  Bruckeri  Historie  philosophiae  critica  ist  der 
Iii  Theil  in  4.  heraus.  Andere  Schriften  die  ich  im  Meß-Cata- 
logo  gefunden,  habe  ich  noch  nicht  selbst  gesehen,  und  ver- 
muthlich  werden  Sie  denselben  selbst  haben.  Ich  bin  zwar 
ganz  ungeduldig  Berlin  bald  wieder  zu  sehen.  Aber  die  Jagd- 
lust hält  mich  doch  noch  einige  Tage  ab.  Ich  wünsche,  daü 
Sie  übermorgen  dem  Dachsgraben  bey wohnen  könten.  Vor 
einiger  Zeit  haben  mir  schon  2  dieser  Thier  mit  ihrem  Tode 
eine  Lust  machen  inüüen.  Sehen  Sie,  wie  grausam  mich  schon 
ein  hingen  Jagd  gemacht  hat.  Mir  deucht  nun  schon,  ein  Jäger 
sey  beßer  als  ein  Schäfer,  ohngeachtet  ich  noch  keine  lustige 
Beschreibungen  davon  gelesen  wie  vom  Schäferleben  unschul- 
dige. Aus  HE.  Kleinewegens  Aufführung  kau  ich  nicht  klug 
werden.  Er  hat  noch  gar  nicht  an  mich  geschrieben.  Ich 
weiß  nicht  was  ich  sagen  soll,  daß  er  Ihnen  die  Briefe  nicht 
zugestellet  hat.  Ich  habe  Sie  ihm  ja  selbst  übergeben,  und  ge- 
beten, daß  er  Sie  Ihnen  zuschicken  möchte.  Vergeben  Sie  es 
mir  nur,  daß  ich  es  aus  Nachläßigkeit  nicht  selbst  gethan.  Sie 
müßen  sich  noth  wendig  finden.  In  bey  kommendem  Brieffe 
habe  ich  ihm  schleunige  Einhändigung  eingeknüpfet.  Aber 
mein  Wehrtester,  habe  ich  die  Baumg.[artensche]  Diß.[ertation] 
Ihnen  nicht  den  Abend  vor  meiner  Abreise  zugestellet?  Sehen 
Sie  doch  zu.  Wo  nicht,  so  muß  sie  sich  nothwendig  bey  den 
Briefen  finden.  Halten  Sie  es  mir  zu  gute,  daß  ich  ein  ganz 
paquet  Briefe  an  Sie  adreßire.  Von  dem  Wehrtesten  Freunde 
vernuithe  ich  die  meiste  Gefälligkeit.  Da  haben  Sie  nun  ein 
Schreiben,  wie  Sie  es  verlanget.   Sehen  Sie  wie  gehorsam  ich 


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9 


bin.  Folgen  Sie  mir  nur  hübsch  nucb ,  und  erfreuen  mich 
fein  bald  mit  einem  eben  so  angenehmen  Schreiben.  Ich  habe 
die  Ehre  zu  seyn 

Hoch  und  Webrtgeschäzter  Herr  und  Freund 
Lähme  Dero 
den  20*™  8br  ergebenster  Diener 

1741  Job.  Wilh.  Gleim. 


4.  Uz  an  Gleim. 

Monsieur, 

Pardonnes  moi,  je  vous  prie,  d'avoir  demeure  aussi  long- 
tems  sans  vous  repondre.  Je  vous  jure,  que  ce  n'est  pas  ma 
paresse  qui  ni'eii  a  empecbe :  il  n'y  a  rien  que  je  fasse  avec 
plus  de  plaisir  et  plus  d'exactitude  que  d'ecrire  ;i  un  ami  si 
agreable  comme  vous.  Mais  tenes  vous  a  des  affaires  pres- 
santes qui  ont  pense  m'accabler  et  m'ont  fuit  manquer  a  un 
devoir  qui  sera  toujours  le  plus  doux  pour  moi.  Au  nom  de 
Dieu,  n'uses  de  repressailles ,  ne  me  faites  pas  attendre  vos 
lettres  qui  font  mes  delices.  Me  voilä  en  traiu  de  reparer  ma 
faute  par  une  lettre  des  plus  longues. 

Je  vous  suis  bien  ob I ige,  Monsieur,  des  louanges  donnes 
aux  decouvertes  que  j'ai  faites  sur  votre  coeur  et  sur  celui 
de  Caniz.  II  est  vrai  que  je  les  trouve  assaissonnes  d'un  petit 
grain  de  satyre,  vous  vous  moques  spirituellement  de  quelques- 
unes  de  mes  expressions  peu  naturelles  et  de  la  peine  que  j'ai 
prise  a  vous  apprendre  des  choses  que  vous  saves  mieux  que 
moi-meme.  Mais,  Monsieur,  vous  n'y  penses  pas  cest  par  votre 
ordre  que  je  me  suis  engage  dans  l'entreprise  dont  je  viens 
de  dire.  Vous  voulies  que  je  vous  disse  mes  sentimens  sur  ce 
que  vous  ne  trouvies  point  de  plaisir  ä  la  campagne:  j'ai  crü 
devoir  en  chercher  la  source  dans  vötre  coeur :  voila  ce  qui  a 
amene  asses  naturellement  ma  discussion  philosophique,  qui 
etant  d'un  philosophe  apprentif  ne  peut  faire  que  tres  mau- 
vaise  figure  aux  yeux  d'un  philosophe  ucheve  comme  vous; 
mais  l'envie  d'obeir  a  vos  ordres  qui  Ta  fait  naitre,  lui  don- 
nera,  s'il  vous  plait,  le  prix  qui  lui  manque  en  soi-meme. 


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10 


Treve  de  cela :  passons  aux  pieces  que  vous  aves  eu  la 
bonte  de  m'envo'ier.  Je  vous  en  rens  mille  gracest  Monsieur; 
vous  m'obligeres  infiniment,  si  vous  voules  bien  continuer  k 
nie  conimuniquer  de  ces  brochures,  qui  soit  par  leur  beaute, 
soit  par  leur  nouveaute,  sont  toujours  interessantes.  Je  tacherai 
de  vous  rendre  In  pareille;  mais  vous  connoisses  la  disette  qui 
se  trouve  a  Halle  de  ces  choses  la.  La  description  de  la  ville 
de  Berlin  et  des  Berlinois  m'a  charmee,  sur-tout  par  les  en- 
droits  oü  il  s'agit  des  Personnes  qui  composent  la  cour,  et  du 
beau  Sexe.  Ah  le  caractere  plein  de  cbarnies  et  qui  demande 
le  coeur  meine  aux  absens !  Que  d'agreables  heures  ne  doit-on 
pas  passer  avee  ces  Beiles  Philosophes !  II  est  impossible  que 
vous  aies  garde  votre  coeur  un  seul  moment,  vous  qui  etes 
naturellement  sensible  aux  attraits  des  filles  et,  ce  qui  est  en- 
core  pis,  etes  Poete.  Assurenient  le  Weltbürger  doit  etre  une 
lecture  fort  agreable,  a  en  juger  par  les  morceaux  que  j'en  ai 
vus :  Je  lacheterai,  aussitöt  que  la  premiere  annee  s'en  vendra 
complette.  Mais,  Monsieur,  est-ce  Monsieur  Lambrecht  qui  en 
est  l'auteur?  Pourquoi  ne  degages-vous  votre  parole  que  vous 
m  aves  donnee  ?  Bessouvenes  vous,  vous  m'aves  promis  de  me 
donner  des  nouvelles  de  ce  sage  Ami  des  bommes  et  en  meine 
tems  spirituel  faiseur  d'odes  d'encouragement  pour  les  maris 
paresseux.  Die  Tänzerin  est  une  piece  excellente  et  qui  fera 
bonneur  ä  Tesprit  des  Allemands.  Saves-vous  ce  qu'on  y  re- 
prend  dans  les  Beyträgen?  On  croit  que  la  dispute  des  deux 
Beiles  et  leur  bataille  sont  trop  basses,  on  n'approuve  pas  Pin- 
action  oü  on  voit  etre  presque  tout  le  reste  de  ceux  qui  sont 
de  Tassemblee:  on  souhaite  que  le  morceau  en  question  ait 
plus  d'etendue  qu'il  n'en  a.  Je  voudrois  moi-meme  qu'il  au- 
roit  plü  a  l'Auteur  de  se  mettre  plus  au  large  dans  son  des- 
sein ;  mais  je  le  voudrois  comme  je  souhaite  qu'au  lieu  de  cent 
ecus  j'enrecoive  mille.  Pour  la  tragedie  de  Jules  Cesar,  tra- 
duite  de  TAnglois,  eile  fut  fort  maltraitee  par  le  gazetier  a 
Hambourg,  qui  ne  douta  dire  le  diable  de  l'original  et  de  la 
traduetion.  Mais  il  s'est  dedit  peu  apres,  et  avoua  que  le 
jugement  qu'il  avoit  porte  etoit  preeipite  et  le  plus  injuste 
du  monde.  Alles,  fies  vous  desormais  a  cesgazetiers  raisonneurs, 
qui  portent  des  jugemens  avant  que  d'y  avoir  murement  pense. 


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11 


Sans  nientir  je  ine  suis  bien  scandalise  de  cette  conduite,  qui 
nie  fait  croire  que  c'est  une  personne  de  (Jualite  qni  a  fait  la 
tradnction  en  question.  J'ai  lu  le  livre  de  Mr.  Lindner,  par 
lequel  cet  honnete  honiine  pretend  d'eterniser  nötre  Opiz  de 
Boberfeld.  La  pluspart  des  poesies  que  j'y  ai  trouvees,  sont 
fort  pauvres;  mais  ce  qui  concerne  la  vie  de  cet  illustre  De- 
funt,  y  est  traite  amplement.  Je  souhaite  fort  de  voir  bientöt 
la  nouvelle  edition  que  Messieurs  les  Suisses  nous  ont  fait 
esperer;  Mr.  Gebauer,  Professeur  de  Göttingue,  a  le  meine  des- 
sein,  si  Mr.  Lindner  ne  se  trouipe  pas,  dont  j'ai  cette  nouvelle 
interessante.  Les  entretiens  des  esprits  der  unsichtbaren  Ge- 
sellschaft que  publioit  Fritsch  a  Halle,  ont  finisj  et  c'est  grand 
doinmage.  J'ai  appris  que  celui  qui  en  est  l  Auteur,  se  nonime 
Schmidt;  je  nie  souviens  d'un  etudiant  de  ce  nom,  qui  etoit 
de  vos  aniis.  Vous  saves  sans  doute  qu'un  nouvel  ecrit  de 
cette  sorte  se  publie  ä  Hambourg,  qui  se  distingue  par  le  titre 
des  Bewunderers.  Si  vous  en  aves  lü  quelques  feuilles;  je  vous 
prie  de  m'en  ecrire  vötre  sentiment.  Voila  les  nouvelles  litte« 
raires  que  j'ai  eu  a  vous  mander. 

Comment  se  porte  vötre  Muse?  Pourquoi  ne  m'en  parles- 
vous  pas?  Continut?-t-elle  a  faire  des  odes  anacreontiques?  je 
n'en  doute  pas.  Car  il  y  a  appareuce,  que  l'Ainour  löge  dans 
vötre  tete;  series-vous  asses  fort,  pour  resister  aux  charrnes 
de  vos  aimables  Berlinoises?  jamais.  Or  ce  petit  fripon  dont 
je  viens  de  dire,  n'aime  pas  a  loger  sous  le  meine  toit  avec 
une  Muse  oisive.  Croies,  Monsieur,  que  vous  me  feres  un 
sensible  plaisir  de  m'envoier  ce  que  TAmour  vous  aura  fait  chan- 
ter  dans  vötre  solitude  a  la  campagne.  Mais  peut-etre  que 
vötre  lire  se  voit  occupee  d'un  sujet  plus  noble;  peut-etre 
qu'elle  resonne  deja  des  louanges  de  vötre  roi  incomparable. 
Ah!  qu'il  merite  bien  l'encens  que  lui  offre  tout  le  monde; 
et  qu'il  vous  sieroit  mal,  voiant  celui  que  vous  adores,  de  ne 
vous  joindre  au  Choeur  de  cettes  illustres  Muses  qui  font  re- 
tentir  les  rivages  de  Spree  de  ses  exploits!  II  est  bien  diffi- 
cile  de  ne  s'echaufter  pas  en  parlant  de  lui ;  autre  jour,  lisant 
l'Antimachiavel,  je  fus  pris  d'un  enthousiasme  qui  me  fit  dire 
en  vers  Francois  ainsi : 

Voulant  apprendre  aux  Rois  la  grande  art  de  regner, 


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12 


Sire!  et  de  Bor^ia  faire  abhorrer  les  traces, 
La  Verite  n'eut  rien  de  plus  noble  ä  dicter 
Que  ces  grands  sentimens  qu'on  voit  ici  briller; 
Qui  sont  des  sentimens  qu'elle  dicta  aux  Graces 
Pour  les  inettre  en  öcrit,  et  puis  fit  imprimer. 

Vous  m'obligeres  fort,  Monsieur,  de  nie  faire  savoir  vos  sen- 
timens sur  nion  premier  essai  en  vers  Franeois ;  et,  si  vous 
aves  des  connoissances  qui  s'y  entendent,  je  vous  prie  de  le 
leur  montrer  aussi  et  de  m'informer  de  leur  jugement  Rien 
ne  rae  pouroit  arriver  de  plus  agreable  que  si  ces  belles  chi- 
meres  que  vous  saves  devenoient  actuelles.  II  n'y  a  rien  au 
monde  (jue  je  souhaite  du  van  tage  que  de  pouvoir  nie  rendre 
a  Berlin ;  niais  nia  Mere  est  inexorable,  je  n'en  saurois  tirer 
les  8onimes,  necessaires  pour  ce  voTage.  Cependant  vous  saves 
les  raisons  qui  ine  font  hair  ma  patrie.  Le  moien  d'obtenir 
le  bonbeur  de  votre  conipagnie  agreable  que  je  desire  avec 
taut  d'ardeur?  Si  vous  en  connoisses,  aies  la  bonte  de  niYn 
faire  part:  je  ine  Hatte  de  nieriter  cette  grace  que  je  vous  de- 
mande,  par  l'attacbeinent  avec  lequel  je  suis, 

Monsieur, 

Halle.   Ce  13  Deceinbre        Votre  tres  bumble  serviteur 
1741.  Jean  Pierre  Uz. 

5.  Gleim  an  Uz. 

Hocb-  und  Wertgescbützter  Herr,  und  Freund  p. 

Eine  Stelle  in  Herrn  Götzens  Schreiben  hat  mich  zwar  be- 
hutsam aber  nicht  furchtsam  gemacht.  Ich  will  sie  hersetzen: 
„HR.  Utz  hat  nicht  dahin  gebracht  werden  können  an  Ihnen 
„zu  schreiben.  So  viel  ich  an  ihm  mercke  ist  er  es  Sinnes 
£  niemals  wieder  zu  thun.  Vielleicht  weil  er  davor  hält,  als 
„wolten  Sie  Ihn  in  Ansehen  der  verlohmen  Briefe,  die  er  vom 
,Insp.[ector]  nicht  bekommen,  herum  führen."  Diese  Nachricht, 
die  ich  nicht  unentdecket  laCen  kan,  könte  einen  andern  leicht 
bedencklicher  als  mir  selbst  vorkommen.  Ich  müste  weniger 
Vertrauen  zu  der  Freundschaft  und  den  Vorzügen  eines  so  teuren 
Freundes  haben,  wenn  ich  keine  Bcdencken  trüge,  derselben 
Glauben  zuzustellen.  Indeßen  weiß  ich  nicht,  was  Herr  Götzen 


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13 


muß  bewogen  haben,  auf  eine  mir  so  nachteilige  Mutmaßung 
zu  geraten. 

Sie,  mein  Wertester,  sind  im  Stande  mich  durch  eine  bal- 
dige Erklärung  aus  einer  so  verdrießlichen  Ungewißheit  zu 
setzen.  Ich  will  viel  lieber  von  Denenselben  mit  Gewißheit 
vernehmen,  in  wie  weit  ich  mich  auf  die  Beständigkeit  der  zu 
meinem  größten  Vergnügen  unter  uns  aufgerichteten  Freund- 
schaft zu  verlaßen  habe,  als  mich  noch  länger  mit  einer  halben 
Ueberzeugung  schmeicheln,  die  ihre  Gründe  aus  einem  persön- 
lichen Caracter  hernimt.  Ich  muß  gestehen  daß  HE.  Götze  an 
meinen  bisherigen  Stillschweigen  Schuld  ist.  Weil  ich  ent- 
schloßen  war  selbst  nach  Halle  zu  gehen,  hofte  ich  durch 
meine  Gegenwart,  alle  Vorwürfe  aus  dem  Wege  zu  räumen.  Da 
ich  hieran  durch  eine  andere  Heise  und  einige  Umstände  ver- 
hindert worden,  bat  ich  HE.  Klein  wegen,  meine  Sachen  durch- 
zusehen und  die  Rudnickschen  Brieffe  aufzusuchen ;  aber  wie 
unglücklich  geht  es  mir  nicht  mit  vielen  meiner  Freunde?  Er 
hat  mir  nicht  einmal  geantwortet,  da  Sie  doch  wißen,  daß  ich 
ihm  alle  meine  Sachen  in  Verwahrung  gegeben.  Nun  bin  ich 
in  völliger  Ungewißheit,  wie  es  mit  denselben  stehet.  Möchte 
ich  nur  erfahren  können,  ob  HE.  Kleinwege  noch  da  sey  ?  Be- 
finden sich  meine  Sachen  in  solcher  Sicherheit,  wie  ich  wünsche, 
so  zweifle  ich  nicht,  die  Briefe  müßen  sich  auch  finden.  Denn 
sind  sie  Ihnen  nicht  Uberliefert,  und  hat  Sie  HE.  Kleinwege 
nicht  im  Bücherbrette  gefunden,  so  müßen  sie  unter  die  üb- 
rigen Bücher  gerathen  seyn.  Sie  wißen,  daß  ich  mit  Dero  Er- 
laubniß  einige  Briefe,  den  Ihrigen  und  HE.  Rudnicks  Antwort, 
worinnen  einige  Lehrsätze  von  der  Liebe  behauptet  sind,  nebst 
der  Reise  nach  Schlettau  abgeschrieben  habe.  Diese  Stücke, 
welche  vermutlich  die  besten  sind,  wären  also  hinlänglich  ge- 
rettet, wenn  die  übrigen,  wie  ich  doch  nimmermer  hoffen 
will  solten  verloren  seyn.  Ich  habe  bey  dieser  Gelegenheit 
wieder  an  HE.  Kleinwege  geschrieben,  und  ihn  gebeten,  mir 
meine  Sachen  zu  übersenden,  vielleicht  bin  ich  glücklich  sie 
unter  denselben  zu  finden.  So  sehr  ich  selbst  den  Verlust  der- 
selben bedauren  würde,  so  groß  würde  mein  Mißvergnügen 
seyn,  daß  ich  deswegen  durch  meine  Schuld  den  Zorn  meines 
besten  Freundes  verdienet  hätte.    Ich  bitte  noch  einmal,  er- 


14 


klären  Sie  sich  nur,  in. [ein]  W.[ehrtester],  meinen  Sie  es  denn 
so  böse,  als  mich  HE.  Götze   überreden  will?    Was  ich  mit 
mehrerm  Vergnügen  schreibe,  muß  ich  dismal  auf  etwas  we- 
niges einschrencken.    Es  ist  Ihnen  vielleicht  schon  aus  den 
gelehrten  Zeitungen  bekant,  daß  hier  ein  Wochenblat  heraus 
komt,  nach  Art  der  Leipz.[iger]  Belustigungen.  Der  Unterschied 
ist  daß  hier  wöchentlich  2  halbe  Bogen  herauskommen,  und 
daß  man  sich  weitere  Grentzen  gesetzt.    Es  ist  noch  nichts 
sonderliches  daß  Dero  Beyfall  verdienen  möchte  darin  vorge- 
kommen. HE.  Lamprecht  ist  geheimer  Secretair  beym  Aparte- 
ment  auswärtiger  Affairen  geworden,  und  kriegt  000  R/  Sa- 
lair.  Man  sagt  jetzo,  daß  er  sich  nach  seinen  bisher  geäuserten 
Grundsätzen  verheyrathen  werde.   Das  Frauenzimmer,  welches 
ihn  bezaubert,  soll  nicht  reich,  aber  schön  und  klug  seyn.  Hal- 
ten sie  ihn  ja  nicht  vor  den  Verfaßer  der  Schäfererzälungen, 
so  ich  Ihnen  hierbey  übersende  und  hier  heraus  kommen  sind. 
Sie  sollen  mit  der  Tänzerin  einen  Vater  haben.    Mir  deucht 
sie  werden  Dero  Beyfall  erhalten.  Die  hiesigen  Schönen  sollen 
sie  sich  nur  gantz  heimlich  vom  Verleger  abholen  laßen.  In 
welcher  Geschichte  unter  den  achten,  werden  Sie  sich  am 
besten  getroffen  finden?    Mir  deucht  die  Schäferstunde  wird 
sich  gut  zur  Wahl  schicken.   In  Danzig  komt  ein  Blat  heraus, 
der  Freydencker  genant.  Die  Schreibart  ist  ungemein  rein.  Sie 
verriethe  den  Verfaßer  des  Freymäurers,  wenn  sie  nicht  etwas 
laconischer  wäre.    Ich  schließe  mit  dem  Wunsche,  so  bald  als 
möglich,  die  angenehmste  Antwort  von  Denenselben  zu  erhalten, 
welche  zu  einem  lebhaftem  Briefwechsel  die  Losung  seyn  wird. 
Laßen  Sie  mich  nicht  lange  hoffen,  und  glauben  daß  ich  nichts 
mit  mehrerem  Vergnügen  vernehmen  werde,  als  wenn  Sie  mich 
erlauben  fernerhin  zu  seyn 

Meines  Hoch-  und  Wertgeschätzten  HE.  und  Freundes 
Berlin  ergebenster  und  aufrichtigster 

den  1511^  April.  Freund  und  Diener 


Diemuntre  schöne  Frülingazeit,    Verbreitete  Trieb,  Lust  und  Freude, 


1742 


Joh.  Wilh.  Gleim. 


Die  krancke  Laura. 


Die  Stifteriii  der  Fröligkeit 


Und  rief  den  Schäfer  auf  die 


Weyde. 


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15 


r>  Ein  sanfter  Thau  ein  schwängernd 
Befeuchtete  das  junge  Graß.  [Naß 
Die  Schaafe  scherzten  um  die 

Wette, 

Und  buhlten  auf  den  grünen 

Bette. 

Man  sagt,  daß  sie  dis  schon  gethan, 
10  So  lang  man  Schaafe  dencken  kan. 
Das  muß  ein  Philosoph  verstehen, 
Wir  glauben  was  wir  selber  sehen. 
Die  Turteltaube  lockte  schon, 
Den  Gatten  durch  den  sQßen  Ton, 
Ifi  Und  selbst  der  Hals  der  Nachti- 
gallen, 

Ließ  jetzo  nichts  als  Lieb'  er- 
schallen. 

Nur  Laura  saß  hier  ganz  betrübt 
Und  ungeküüt  und  ungeliebt. 
Ks  drang  aus  dem  beklemmten 

Herzen, 
90  Ein  flücht'ger  Bote  zarter 

Schmerzen. 
Die  volle  Brust  die  zitternd  steigt, 
Den  Wunsch  verrat  den  sie  ver- 
schweigt : 

Ein  Mund  denAmor  selbst  bereitet 
Mit  Lächeln  ziert  und  stets  be- 
gleitet ; 

85  Ein  mattes  Auge  voller  Glut ; 
Ein  Blick  der  reitzend  schüchtern 

thut, 

Der  ohne  falsche  Kunst  verführet, 
Wen  hätten  diese  nicht  gerühret? 

Verführerin  laß  mich  in  Ruh! 
Der  Leser  dencket  nicht  wie  du. 
Du  lächelst,  winckst  und  rufst 

zum  Küßen. 
Er  aber  will  die  Kranckheit  wißen 
Die  dich  so  sehr  bewegen  kan. 
Gut,  höre  mich  nur  weiter  an. 

Kaum  drang  aus  dem  bekl ernten 

Herzen 


Ein  flüchtger  Bote  zarter  Schmer- 
zen 

Der  oft  den  Männern  unbefragt 
Der  Schönen  stillen  Kummer  sagt. 

Ihr  Mädchen  forscht  was  Lauren 

fehlet 

-K »  Hat  niemals  euch  ein  Trieb  ge- 
quälet 

Der  wünscht,  verwirft  und  wieder 

wehlet? 

Es  drenget  sich  das  keusche  Blut 
Gebiert  und  nehrt  die  rege  Glut 
Erwecket  Zittern  und  Verlangen 

4>">  Und  nimt das  ganzeHerz gefangen. 
Ein  Zetir  der  von  Chloris  kam 
Undihrden  leichtenScbleyernahm 
Als  sie  bey  ihren  sichern  Schaafen 
Nach  Tirsis  Abschied  einge- 
schlafen, 

60  Blies  durch  den  schnell  und 

sanften  Lauf 
Das  Feuer  immer  stärcker  auf. 

Sie  geht  und  wirft  die  matten 

Glieder 
An  eine  nahe  Linde  nieder 
Sie  fühlet  in  der  krancken  Brust 

EG  Zu  einer  unbekanten  Lust 

Die  reitzenden  doch  bangenTrietie 
Der  Naso  nennet  dieses  Liebe. 
Doch  Laura  kennt  den  Naso  nicht. 
Sie  hatte  weiter  nichts  gelesen, 

fio  Als  wer  Adalie  gewesen ; 

Wie  Herkules  in  einer  Schlacht 
Zwölftausend  Menschen  umge- 
bracht, 

Und  wie  sich  auf  den  weitenReiaen 
Valisca  pflegte  zu  erweisen. 
r>&  Indem  sie  mit  sich  selber  spricht, 
Was  Trieb  und  Kranckheit  doch 

bedeuten, 
So  zeigt  sich  Reinhold  ihr  von 

weiten, 


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16 


Der  aber  als  er  sie  gesehn.  Man  stört  uns  oft,  ich  muß  allein 

Gleich  anfängt  auf  sie  lofteugehn.  Mit  dir  in  einem  Busche  seyn. 
70  Er  komt  und  sitzt,  sie  klagt  ihr 

Fieber,  Sie  stehen  mit  geheimer  Freude 

Der  schlaue  Reinhold  lacht  dar-  Recht  flüchtig  auf  verschwinden 

über.  beyde. 
Und  spricht,  mein  Kind,  ich  weiß 

die  Kunst  ho  Allein  so  weit  geht  der  Bericht 

Durch  eines  fremden  Artztes  In  meinem  Buch  und  weiter  nicht. 

Gunst,  Drum  kan  ich  euch  hier  auch 

Dergleichen  Kranckheit  zu  ver-  nicht  sagen 

treiben.  Ob  denn  sein  Mittel  angeschlagen. 

Allein  wir  können  hier  nicht  Ich  fand  nur  auf  dem  zwölftenBlat 

bleiben  sr>  Daß  sie  da  noch  gelebet  hat. 

P.S.  Die  krancke  Laura  solt  Ihnen  schon  comtnuniciret 
werden,  ehe  sie  in  einem  Blatte  des  Weltbürgers  erschienen 
war.  Weil  es  einmal  abgeschrieben  ist,  so  habe  es  nicht  zu- 
rück halten  wollen.  Vielleicht  haben  Sie  sich  den  Weltbürger 
nicht  angeschaft.  Der  Verfaßer  ist  mir  unbekant  Ich  erhielt 
es  von  einem  guten  Freunde  ehe  es  im  Druck  erschien.  Wie 
lange  werden  Sie  sich  noch  in  Halle  aufhalten?  Wollen  sie 
sich  nicht  entschließen  dem  Königlichen  Berlin  einmal  Ihre 
Gegenwart  zu  gönnen?  Erfreuen  Sie  mich  doch  mit  einem 
angenehmen  Entschluüe.  Möchte  ich  nur  in  der  Welt  so  glück- 
lich werden,  mit  einem  so  würdigen  Freunde  meine  Tage  in  der 
Nähe  zubringen  zu  können!  Ist  Herr  Naumann  noch  dort? 
Verschaffen  Sie  mir  doch  von  demselben  meinen  Anacreon. 
Sie  wißen,  was  ich  an  ihm  entbehre.  HE.  Götze  hat  mich  von 
seiner  deutschen  Einkleidung  benachrichtiget.  Uebersenden  Sie 
mir  doch  was  von  ihm  in  dieser  Tracht.  Ich  lerne  den  guten 
Anakreon  ganz  verkennen,  da  ich  ihn  nicht  besitze;  Und  die 
anacreontischen  Oden  in  den  Belustigungen  sind  nicht  im  Stande 
mich  in  dem  Geschmacke  Anacreons  zu  erhalten.  Die  Ueber- 
schrift  dieser  Lieder  ist  nöthig  Anacreons  Andencken  zu  verschaf- 
fen. Die  Lieder  selbst  haben  mich  deßelben  noch  nicht  erinnert. 
Ich  erwarte  mit  dem  grösten  Verlangen  eine  baldige  Antwort. 
HE.  Götze  wird  sich  vielleicht  beschweren,  daß  ich  mit  meiner 
Antwort  so  lange  angestanden.  Sie,  mein  HErr,  wißen  einiger 
maaken  die  Ursache  und  werden  mich  entschuldigen.  Ein  Com- 
pliment  an  HE.  Naumann  p.    Leben  Sie  vergnügt. 


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17 


P.S.  Sie  werden  vielleicht  die  angemeldeten  Schäfererzä- 
lungen  suchen.  Ich  kan  sie  aber  nicht  beyfügen,  weil  ich  ver- 
geßen  sie  gestern  abholen  zu  laßen  und  es  heute  Sontag  ist, 
Morgen  aber  die  Reise  meines  Freundes  der  diese  Zeilen  Uber- 
reichen wird  vor  sich  gehen  wird.  Sölten  sie  dort  nicht  zu 
haben  seyn,  so  will  sie  auf  ersten  Befehl  übersenden,  adjeu. 
adjeu. 

Ich  erinnere  mich  daß  sie  vielleicht  nicht  mehr  in  Halle 
seyn  kÖnten.  Ich  habe  daher  die  Aufschrift  a  Anspach  ge- 
macht, daß  der  Brief  allenfals  gleich  kan  auf  die  Post  gegeben 
werden. 

6.  Uz  an  Gleim. 

Hoch-  und  Werthgeschätzter  Herr  und  Freund, 

Dißmal  mögen  Sie  mich  verdammen :  Sie  werden  keine 
Ungerechtigkeit  begehen.  Vier  Wochen  sind  verflossen,  ohne 
daß  ich  auf  Dero  höchstangenehmes  Schreiben  geantwortet. 
Welch  ein  Verbrechen !  gesetzt,  daß  unvermeidliche  Umstände 
zu  dessen  Begehung  mich  gezwungen  haben.  Legen  Sie  mir 
eine  Strafe  auf,  was  Sie  für  eine  wollen ;  ich  werde  mich  deren 
würdig  achten.  Verschonen  Sie  mich  nur  mit  dieser  Gattung 
der  Strafe,  die  mir  zuerkennet,  eben  solange  auf  Dero  Antwort 
zu  warten,  als  ich  Sie  habe  warten  lassen.  Sie  haben  dieselbe 
mir  schon  einmal  zuempfinden  gegeben,  da  Sie  mich,  diesen 
Winter  durch,  umsonst  nach  einem  Schreiben  von  Ihnen  seüfzen 
ließen:  und  ich  habe  gefunden,  daß  unter  allen  Martern,* mir 
diese  am  unerträglichsten  gefallen.  Um  aber  mein  Verbrechen  zu 
vermindern;  nicht,  gänzlich  von  mir  abzulehnen,  will  ich  Ihnen 
doch  die  Umstände  melden,  welche  mich  dazu  verursachet  haben. 

Etliche  Tage  nachdem  ich  Dero  Schreiben  bekommen  hatte, 
ließ  ich  zur  Ader;  Und  da  hatt  ich  das  Unglück,  daß  durch 
ein  Versehen  des  Barbierers  der  Arm  mir  nicht  nur  aufschwoll, 
sondern  auch  wie  mit  Blut  unterloffen  und  grün  und  gelb  aus- 
sah. Urtheilen  Sie  selbst,  Mein  Werthester,  ob  ich  bey  so  ge- 
stalteten Sachen  im  Stande  war,  an  Sie  zu  schreiben,  welches 
zu  thun  ich  eben  im  Begriffe  war:  weil  HE.  Götze  mir  seinen 
Brief  bereits  zu[ge (stellt  hatte,  ihn  in  den  meinigen  einzu- 

G  1  e  i  in  -  L'  z  ,  Iii  k'twechtsl.  2 


18 


schließen.  Bey  Erbliekung  meines  Unvermögens,  nahm  er  seinen 
Brief  wieder  zurücke,  rückte  eine  Entschuldigung  von  wegen 
meiner  hinein,  und  trug  ihn,  nebst  Ihrem  ehrwürdigen  Ana- 
creon,  zu  der  Frau  D.  Gützin;  wo  die  Person,  die  mir  Dero 
Schreiben  zu  überbringen  die  Gütigkeit  gehabt  hat,  sich  auf- 
hielt. Diü  geschah  am  Sonnabend.  Am  Mondtage  bekommt 
HE.  Götze  seinen  Brief  wieder  zurücke  geschickt,  mit  dem  Be- 
richte, daß  die  Person  bereits  abgereiset  wäre.  Er  gab  ihn  des- 
wegen sogleich  auf  die  Post,  und  ohne  Zweittel  haben  Sie  ihn 
auch  schon  längstens  erhalten.  Der  Anacreon  aber  hält  sich 
noch  bey  seinem  Uebersetzer  auf,  und  erwartet,  mit  was  für 
einer  Gelegenheit  Sie  ihm  befehlen  nach  Berlin  abzureisen. 
Nachdem  die  Geschwulst  meines  Armes  vierzehn  Tage  lang 
mich  geplaget,  und  mir  alles  Ausgehn  und  Schreiben  verwehret 
hatte:  legte  sie  sich  auf  einmal,  ohne  weitere  schlimme  Folgen, 
welche  der  Barbirer  zuletzt  selbst  besorgte,  nach  sich  zu  ziehen ; 
und  ich  schickte  mich  an,  meiner  Schuldigkeit  gegen  meinen 
werth geschätzten  Freünd  mich  zu  entladen.  Allein  mein  widri- 
ges Schicksal  machte  mir  abermals  durch  meine  Rechnung 
einen  unvermntheten  Strich.  Ich  wurde  von  einem  Landsmanne, 
welcher  noch  niemals  sollenniter  tractiret  hatte,  zum  Schmauüe 
geladen  ;  und  da  ließ  es  der  zornige  Himmel  (heu !)  geschehen, 
daß  ich  mich  so  stark  betrunk,  als  ich  noch  niemals  ge- 
than.  Aber  ich  wurde  gewaltig  gezüchtiget :  Schnuppen, 
Husten,  Geschwellung  des  Halses,  Kopfschmerzen,  Mattigkeit  p 
waren  die  geringsten  meiner  Plagen :  das  Fieber  meldete  sich 
bey  mir  durch  einen  gräuligen  Frost,  der  manchmal,  im  Ge- 
sichte sonderlich,  von  einer  fliegenden  Hitze  abgelöset  wurde. 
Dennoch  wurde  ich  dieses  unangenehmen  Gastes  loß,  weil  meine 
gute  Natur  durch  dessen  Aufnehmung  sich  nicht  prostituiren 
wollte.  Biß  diese  Stunde  bin  ich  noch  so  elend,  daß  ich  mir 
kaum  selbst  bewust  bin.  Urtheilen  Sie  nunmehro,  mein  Werthe- 
ster, ob  mein  Verbrechen  eben  diejenige  Strafe  verdienet,  welche 
sie  verdienen  würde,  wofern  es  aus  Nuchläßigkeit  herrührte. 
Ich  hoffe,  daß  sich  Dero  Freündschaft  für  mich  nicht  vermin- 
dert haben  werde,  welches  ein  unschätzbarer  Verlust  für  mich 
seyn  würde,  der  mir  um  desto  empfindlicher  seyn  müßte,  weil 
ich  durch  mein  spätes  Antworten  dazu  Gelegenheit  gegeben 


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19 

hätte.  Allein  ich  habe  zu  Ihrem  Charackter  eben  das  Ver- 
trauen, welches  Sie  zudem  meinigen  haben;  und  glaube  nicht, 
daß  Sie  um  eine  jede  Kleinigkeit  mit  dem  Verlust  Ihrer  Freund- 
schaft strafen  werden.  In  der  That,  wie  haben  Sie  Sich  ein- 
bilden können ,  daß  ich  deswegen,  weil  einige  Rudnickische 
Stücke  verloren  gegangen,  einigen  Unwillen  auf  Sie  geworfen? 
Sie  müssen  von  Ihrer  guten  Meinung  von  meinem  Charakter, 
womit  Sie  mir  zu  schmeicheln  belieben,  nicht  allzugewiß  seyn ; 
weil  Sie  etwas,  demselben  so  widersprechendes,  von  mir  ver- 
muthen  dürfen.  Es  ist  wahr,  daß  die  französischen  Briefe  des 
seeligen  Rudnicks,  nebst  der  dissertatiou,  mir  lieb  geweßen, 
und  ich  sie  mit  einiger  Bedauerniß  verliehren  rwürde.  Allein, 
gesetzt  daß  sie  auch  durch  Ihre  Schuld  würklich  verlohren  ge- 
gangen wären:  sollt  ich  deswegen  Ihrer  Freündschaft  aufsagen? 
Was  ist  wohl  für  eine  Proportion  zwischen  diesen  Briefen,  und 
dem  Vergnügen  und  Vortheile,  welches  aus  Dero  Freündschaft 
mir  zufließt?  Da  ich  nun  aber  vollends  weiß,  daß  Sie,  mein 
Werthester,  ganz  unschuldig  sind:  so  müßte  ich  gar  unsinnig 
seyn,  wenn  ich  mich  über  Sie  beklagen  wollte.  Ihr  Freünd. 
dem  Sie  Ihre  Sachen  anvertrauet,  und  der  eher  einen  andern 
Namen,  als  eines  Freundes,  verdienet,  ist  einzig  und  allein  Ur- 
sache, daß  ich  nicht  zu  meinen  Papieren  komme,  und  daß  auch 
Sie  Ihre  hinterlassenen  Waaren  nicht  bekommen,  weil  sie  auf 
Befehl  des  Pro-Rectoris  versiegelt  sind,  welches  doch  leichtlich 
hätte  verhütet  werden  können.  Auf  diesen  nur  ist  mein  Un- 
wille gefallen  ;  und  ist  es  bloß  durch  einen  Mißverstand  ge- 
schehen, daß  HE.  Götze  es  anders  verstanden.  Sie  können  dieses 
auch  hieraus  bemerken,  weil  ich  noch  im  vergangenen  Jahre, 
einige  Wochen  vor  Weyhnachten,  einen  langen  französischen 
Brief  an  Sie  geschrieben,  welchen  HE.  Götze  wie  er  versichert, 
selbst  auf  die  Post  getragen.  Es  scheint,  daß  Sie  denselben 
gar  nicht  bekommen  haben,  welches  mir  leid  thun  sollte.  Denn 
ausser  den  Entschuldigungen,  warum  ich  etwas  späther  als 
HE.  Götze  Ihnen  geantwortet,  welche  Sie  darinnen  gefunden 
hätten ;  so  hab  ich  auch  von  allerhand  andern  Dingen  ge- 
schrieben, die  mir  nicht  mehr  beyfallen,  und  sogar  eine  Kleinig- 
keit meiner  französischen  Poesie  beygefüget.  Insonderheit  be- 
daure  ich  ein  seltenes  und  unvergleichliches  Schreiben  des  HE. 

2* 


20 


Voltare,  welches  in  einem  Journale  gefunden  und  Ihnen  ab- 
schreiben lassen,  aber  nunmehro  selbst  nicht  mehr  besitze. 
Lassen  Sie  daher  allen  Verdacht  fahren,  und  seyn  versichert, 
daß  ich  nicht  ablassen  werde,  Sie  mit  aller  ersinnlichen  Hoch- 
achtung zu  lieben.  Ich  finde  keine  Ursache  warum  ich  mir 
dieses  nicht  auch  von  Ihnen  versprechen  dürfte.  Wir  wollen 
einander  nicht  mehr  zwingen ,  ganze  Briefe  mit  Erklärungen 
und  Gegenerklärungen,  Anklagen  und  Vertheydigungen,  anzu- 
füllen ;  wir  können  sie  zu  nützlichem  Dingen  gebrauchen.  Ha- 
ben Sie  nur  die  Gütigkeit,  und  fahren  fort  in  Uebersendungen 
artiger  pieken,  wodurch  Sie  mich  ungemein  verbinden.  Ich 
werde  nicht  unterlassen,  wofern  mir  etwas  zu  Gesichte  kom- 
men sollte,  das  Ihres  Anblickes  würdig,  es  Ihnen  zu  übersen- 
den. In  Ermanglung  von  dergleichen  Dingen,  habe  ich  voritzo 
einige  Anacreontische  Oden  eingeschlossen:  Sie  werden  rairein 
groses  Vergnügen  machen,  wenn  Sie  mir  Ihre  Verbesserungen 
schicken  wollen;  es  sind  bey  nahe  die  schwehrsten  der  Oden, 
und  ich  habe  in  vielen  Stellen  nicht  so  wohl  die  Idee  Ana- 
creons,  welche  ich  oft  nicht  herausbringen  können,  als  nur 
eine  Idee,  was  es  nun  für  eine  war,  ausgedrückt.  Ich  habe 
die  Ode  auf  den  Bathyll  auch  übersetzt;  allein  in  den  Stellen, 
welche  die  Krau  Dacier  mit  Sternchen  ausgeflicket ,  ist  niirs 
nicht  gelungen.  Wollen  Sie  Sich  nicht  daran  wagen?  Wie 
geht  es  in  Berlin?  Werden  Sie  Bald  Bedienung  bekommen? 
Ohnezweifel.  Schämen  Sie  Sich ,  daß  Sie  nach  Dännemark 
reisen  wollen.  Die  Musen  werden  doch  bald  alle,  in  Berlin 
seyn?  0  möchte  doch  das  Glücke  es  auch  mit  mir  so  fügen, 
daß  ich,  an  dem  Ufer  der  Spree,  meine  Flöte  nach  den  Tönen 
dieser  berühmten  Musen  stimmen  könnte?  Nunmehr  ruhet 
sie  ungebrauchet  an  der  Wand,  und  hat  in  einem  Jahre  kaum 
einen  Ton  von  sich  hören  lassen.  Bleiben  Sie  mir  gewogen, 
und  beehren  mich  bald  mit  einer  Antwort.  Ich  verharre,  mit 
aller  Aufrichtigkeit, 

Meines  Hoch-  und  Werthgesthätzten  Herrn  und  Freündes, 
Halle,  d.  19.  Mäy.  ergebenster  Diener 


NB  Indem  ich  eben  schließen  will,  kömmt  HE.  Stadel- 


1742. 


Joh.  Pet.  Uz. 


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21 

mann,  mein  ehemaliger  Stubenpursche,  dazu.  Er  ersucht  mich, 
ein  Compliment  von  ihm  zu  vermelden.  HE.  Götze  hat  mir 
auch  eins  aufgetragen.  Schreiben  Sie  mir  doch  bald,  daÜ  ich 
die  Worte  auf  der  Aufschrift  meines  Briefes :  Candidat  en  droit, 
mit  den  Worten  verwechseln  soll:  Secretaire  aupres  de  Papar- 
tement  des  affaires  etrangeres. 

[Die]  l)  Schäfererzählungen  hab  ich  gelesen.  Ich  habe  nie- 
mals was  angenehmers  und  sinnreichers  unter  die  Hände  [be- 
kom]men.  Meines  Erachtens,  thun  sie  es  den  contes  des  La 
Fontaine  vollkommen  gleich.  Was  den  Vorzug  der  [Schäjfer- 
stunde  anlaugt,  so  bin  ich  Ihrem  Geschmacke  sogleich  beyge- 
treten,  als  ich  sie  gelesen;  und  es  däucht  mich  [daß]  sie,  wo 
nicht  das  angenehmste,  doch  sinnreichste  und  künstlichste  ist. 
Wer  mag  der  Verfasser  dieser  Er[zähl]ungen,  welche  mir  mit 
der  Erzählung  von  der  kranken  Laura  einerley  Vater  zu  haben 
scheinen,  seyn?  Der  [Verf|asser  der  Tänzerin  soll  Lehmann 
heissen :  kennen  sie  ihn  ?  Was  wird  in  Berlin  davon  geur- 
theilet?  Von  der  [Wochjenschrift,  die  in  Berlin  herauskömmt, 
hab  ich  nichts  habhaft  werden  können.  Haben  Sie  von  keinem 
fran[zös]ischen  Heldengedichte  auf  den  König  in  PreÜssen  ge- 
hört? Es  soll  in  Berlin  herauskommen  seyn.  Haben  Sie  die 
schwei[zeri]schen  Handvesten  Satyren  wider  die  Leipziger,  in 
ihrer  Sammlung  geistvoller  Schriften ,  gelesen  ?  Was  dünkt 
Ihnen  von  diesem  Streite,  wodurch  beyde  Partheyen  sich  lächer- 
lich machen. 


7.  Gleim  an  Uz.         [Juni  1742] 

Hoch-  und  Werthgeschätzter  Herr  und  Freund  p. 

Das  schöne  FrOlingsWetter  und  eine  kleine  Brünette  haben 
mich  auf  das  Land  gezogen,  woselbst  seit  Pfingsten  mein  ver- 
gnügter Auffenthalt  ist.  Dero  angenehme  Zuschrift  hat  mich 
also  nicht  in  Berlin,  angetroffen,  sondern  in  Lähme  bin  ich 
durch  deren  Ankunft  erfreuet  worden.  Ich  muü  Ihnen  dieses 
nicht  verschweigen,  wenn  Sie  etwa  die  Tagereisen  Ihres  Briefes 
nachzählen,  und  darnach  die  Geschwindigkeit  der  erfolgten  Ant- 

1)  Mit  dem  rande  abgeschnitten. 


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wort  abmeßen  wolten.  Eine  von  denen  artigen  Geschöpfen, 
welche  Anacreon  —  doch  ich  habe  mich  schon  verrathen, 
meine  kleine  Brünette  ist  Zeuge,  daß  ich  kaum  Dero  werthe 
Zeilen  durchgelesen,  da  ich  schon  die  Feder  zu  deren  Beant- 
wortung ansetze.  Ich  darf  hier  nicht  fortfahren  zu  schreiben, 
was  ich  gern  wolte.  Mein  kleiner  Zuseher  liebt  Wort  vor  Wort 
nach.  Aber  es  ist  mir  erlaubet,  Ihnen  zu  sagen,  daß  Sie  von 
einem  Kinde,  das  Sie  nur  ihrem  Geiste  nach  kennet,  hochge- 
schätzet  werden.  Welch  ein  netter  Brief,  sagte  sie,  als  ich  Ihr 
die  Lesung  ihrer  Zeilen  an  mich  nicht  abgeschlagen  hatte.  In 
der  That,  ich  beneide  Sie ;  ich  wolte  daß  ich  eine  eben  so  ge- 
schickte Freundin  hätte.  Ich  mag  gern  Briefe  wechseln.  Aber 
ich  muß  es  mit  einer  solchen  thun,  von  der  ich  noch  was  lernen 
kan.  Dieser  lezte  Punct  hält  mich  ab,  mir  selbst  die  Ehre 
eines  so  angenehmen  Briefwechsels  auszu bitten.  Ich  habe  mir 
indelien  niercken  lalien,  daß  Sie,  wehrter  Freund,  mit  gelehrten 
FranenZimmer  Bekan tschaft  hätten ,  welches  geschickt  genug 
dazu  wäre,  ja  Sie  wären  es  selbst.  Das  sehe  ich  schon  aus  dem 
Briefe,  den  sie  jetzo  beantworten,  sagte  sie  jetzo  zu  mir,  da 
Sie  dieses  ließt;  aber  geht  es  an,  daß  ein  FrauenZimmer  eine 
unbekante  Mannsperson  um  einen  Briefwechsel  ersucht.  Ich 
laße  Sie  diese  Frage  selbst  beantworten.  Vielleicht  erhält 
meine  kleine  Brünette,  was  sie  sich  wünschet,  ohue  vorhero 
darum  zu  ersuchen.  Sie,  raein  HErr,  dienen  gerne  artigen  Kin- 
dern, wenn  Sie  gleich  nicht  gebeten  werden  und  können  Ihnen 
nichts  abschlagen,  wenn  Sie  etwas  von  Sie  verlangen.  Die 
historische  Nachricht,  von  denen  Hindernißen,  welche  Dero  Ant- 
wort verzögert  haben,  ist  mir  nicht  angenehm  gewesen,  aber 
meine  kleine  Brünette  hat  darüber  gelacht.  Eben  jetzo  lachet 
sie  noch  einmal,  und  glaubt  Sie  habe  Ursache  dazu,  weil  Sie 
die  Schuld  eines  Rausches  und  der  daher  entstandenen  Züchti- 
gungen auf  die  Zulaßung  des  zornigen  Himmels  geschoben.  Ich 
habe  Sie  wollen  rechtfertigen,  aber  wir  sind  in  Weitläuftigkeit 
gerathen.  Meine  artige  Gegnerin  befindet  vor  gut  aufzuhören. 
Sie  sagt:  schreiben  Sie  nur  erst  ihren  Brief  fertig,  hernach 
wollen  wir  wieder  anfangen.  Meine  kleine  Brünette  ist  listig. 
Sie  geht  weg  und  läßt  mich  allein  fortschreiben.  Sie  wird 
unterdeßen  auf  Gründe  und  Gegengründe  sinnen,  und  ich  werde 


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schlecht  bestehen.  Sie  wißen  nun  schon,  was  mich  verhindert 
hat,  die  ersten  Zeilen  dieses  Briefes  einer  Dancksagung  zu  wid- 
men. Wenn  Sie  sich  auf  meine  Kosten  einen  Abschreiber  ge- 
miethet  hätten,  so  wäre  vielleicht  raein  Vergnügen,  ohne  Dero 
Mühe  durch  eine  größere  Anzahl  übersezter  Lieder  vergrößert 
worden.  Ich  beschwere  Sie  bey  den  grauen  Haaren  ihres  Ur- 
schreibers  des  Anacreons  thun  Sie  es,  so  bald  es  sich  will  thun 
laßen.  Sie  fodern  von  mir  eine  Beurteilung  ihrer  Arbeit.  Sie 
thun  recht.  Denn  Sie  können  das  größte  Vertrauen  auf  meine 
crit.[ische]  Gerechtigkeit  setzen.  Sie  wißen  meine  Aufrichtigkeit, 
welche  nichts  Tadelhaftes  verschweigen  kan,  wo  sie  etwas  an- 
trift.  Aber  in  Ihrer  Uebersetzung  habe  ich  noch  nichts  ge- 
funden. Das  artige  dieser  Liederchen  würde  mir  noch  mehr 
gelten,  wenn  ich  nicht  wüste,  daß  es  Uebersetzungen  wären. 
Ich  weiß,  wozu  man  verbunden  ist,  wenn  man  dergleichen  be- 
urteilen soll.  Man  muß  den  Grundtext  nachsehn.  Ich  habe 
dieses  nicht  thun  können,  weil  mein  Anacreon  sich  noch  bey 
Ihnen  aufhält.  Sie  sehen  also,  warum  ich  ihre  Lieder,  in  so 
weit  sie  Uebersetzungen  sind,  weder  tadeln  noch  loben  werde. 
Aber  sie  sind  bereits  getadelt  worden.  Sie  können  sich  dieses 
wohl  gefallen  laßen.  Es  ist  von  einer  Kunstrichterin  geschehen 
deren  Tadel  Ihnen  angenehm  seyn  wird.  Sie  soll  selbst  reden. 
„Warum  sind  diese  Lieder  nicht  so  abgefaßet,  daß  ich  Sie 
„ singen  kan.  Alle  Arien,  alle  Melodien,  die  ich  im  Kopfe 
„habe,  schicken  sich  nicht  darauf.  Das  28i£  Lied  möchte  ich 
„wohl  nach  der  Menuet  du  Prince  royale  singen  können.  Die 
„schönen  Wörter  würden  sich  unvergleichlich  hören  laßen.  Sie 
„können  ja  sonst  wohl  Liederchens  machen14,  sagt  sie  zu  mich, 
„bringen  Sie  doch  dieses  zu  rechte,  daß  es  dem  menschlichen 
„Geschlechte  nützlicher  wird.  Was  hat  man  vom  Lesen?  Lieder 
„mtilien  gesungen  werden."  —  Wenn  Sie  nicht  aufhöret  mich 
zu  plagen,  so  werde  ich  müßen  anfangen  mich  zu  martern. 
Was  meinen  Sie,  ist  es  möglich,  ein  anacreon  tisch  es  Lied  nach 
einer  heutigen  Sangweise  zu  versetzen?  Kan  man  nicht  er- 
fahren, wie  Anacreon  seine  Lieder  gesungen?  Ich  glaube  nicht, 
daß  es  einerley  sey,  in  was  vor  einer  Versart  man  Sie  abfaße. 
Diejenige,  welche  Sie  zu  ihrer  Uebersetzung  erwählet,  gefält 


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mir  am  besten.  Ich  werde  nun  einige  Puncte  ihre« 

Schreibens  beantworten. 

Die  Krancke  Laura  hat  meines  Erachtens  mit  denen  Schäfer- 
erzälungen  nicht  einen  Vater.  Sie  wurde  mir  von  einem  guten 
Freunde  mitgetheilet,  den  ich  aber  selbst  nicht  vor  den  Ver- 
faßer halten  kan.  Nachhero,  da  ich  Sie  schon  abschriftlich 
besaß,  ist  sie  im  Weltbürger  gedruckt  erschienen.  Man  hat 
ihn  deshalb  getadelt,  wo  wieder  er  sich  in  der  Vorrede  ver- 
theidiget  hat.  Sie  sind  gleichfalls  unrecht  berichtet,  daß  der 
Verfaßer  der  Tänzerin  Lehmann  heiße.  Die  Schäfererzälungeii 
und  die  Tänzerin  sind  aus  einer  Feder  gefloCen.  Ich  kan  Ihnen 
nunmehro  mit  Gewißheit  melden,  daß  der  Verf alier  Rost  heiße, 
und  eben  derjenige  sey,  welcher  die  Oper  Rodelinde,  so  vo- 
rigen Winter  in  Berlin  vorgestellet  worden,  ins  deutsche  über- 
setzt hat.  Ich  habe  seine  Bekantschaft  gesucht,  aber  mit  Ge- 
legenheit nicht  dazu  kommen  können,  und  vor  Kurtzem  habe 
ich  mir  versichern  laßen  daß  er  schleunig  von  Berlin  weg 
und  nach  Dresden  gegangen.  Er  war  nirgends  als  auf  einem 
gewißen  Billard  anzutreffen;  weil  aber  eben  daßelbe  ein  Officier 
besuchte,  mit  dem  ich  mich  erzürnet  habe,  so  konte  das  Bil- 
lard dieses  mahl  kein  Mittel  einer  Bekandschaft  seyn.  Ich 
wUnsche  indeßen  die  Wiederkunft  dieses  aufgeräumten  Kopfes. 
Sie  verlangen  von  mir  zu  wißen,  was  man  in  Berlin  von  sei- 
nen aufgeweckten  Schriften  sa*gt.  Ich  habe  zwar  den  Anfang 
einer  Samlung  von  Urtheilen  gemacht,  aber  ich  bin  noch 
nicht  weit  gekommen.  Man  weiß  schon  vorhero,  daß  sie  vor- 
teilhaft und  nachteilig  vor  einen  solchen  Verfaßer  ausfallen. 
Berlin  hat  indeß  noch  einige  Kenner  die  mir  bekant  sind. 
Ilaben  sie  nicht  gelesen,  wie  verschieden  zwey  Hamburger  da- 
von geurtheilet.  Von  einem  Heldengedichte  auf  unserm  hel- 
denmäßigen König  weiß  ich  nichts.  In  Berlin  ist  es  gewiß 
nicht  heraus  gekommen.  Es  wäre  ein  Wunder,  wenn  es  meinen 
Augen  entwischet  wäre.  Vielleicht  sucht  derjenige  welcher  den 
Lobgesang  auf  den  Apollo  übersetzt  sich  den  Geist  Homers 
zu  erwerben,  einem  solchen  Unternehmen  gewachsen  zu  seyn. 

Das  Bevwort,  welches  Sie  denen  schweizerschen  Satvren 
gegeben  hat  mir  besonders  gefallen.  Ich  habe  Lust  eine  öffent- 
liche Schrift  damit  auszuzieren.    Ach  wie  würden  sich  die 


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Leipziger  freuen.  Aber  wir  wollen  Ihnen  nichts  schencken. 
Sie,  mein  HErr,  sind  glücklich  in  Erfindungen.  Was  wollen 
sie  den  Leipziger  Repliquen  vor  ein  Beywort  geben.  Es  muü 
nicht  eine  solche  Stärcke  anzeigen,  als  handvest,  aber  wohl 
einen  hinlänglichen  Muth.  Helfen  Sie  mich  nur  auf  die  Spur. 
Wir  wollen  uns  alsdenn  noch  mehr  davon  erzählen.  Haben 
sie  Bodmers  verbeßerte  Uebersetzung  von  Miltons  Paradiese 
bereits  gesellen.  Wie  gefällt  sie  Ihnen  nun?  Es  ist  eben  die- 
jenige wovon  man  in  der  Samlung  geistreicher  Schriften  das 
erste  Buch  zur  Probe  gegeben.  Hier  ist  nun  mein  Schreiben 
nach  Dero  Vorschrift  lang  und  voller  Scenen.  Ich  habe  nicht 
nöthig  gehabt  es  mit  GegenErklärungen  zu  erfüllen,  weil  mich 
Ihre  Erklärung  völlig  zufrieden  gestellet.  Sie  sagen  von  einem 
französischen  BrietFe,  von  einer  voltairischen  Poesie,  und  von 
ihrem  eigenen  Versuche;  welchem  Schicksaale  habe  ich  denn 
zu  schelten,  dali  mir  das  alles  nicht  eingehändiget  worden? 
Geben  Sie  mir  doch  ein  klein  bisgen  Nachricht  hievon.  Seyn 
sie  mir  doch  nur  halb  so  gewogen  als  ich  Ihnen  bin,  so  bin 
ich  mit  dem  größten  Vergnügen 

Meines  hoch-  und  werthgeschätzten  HErrn  und  Freundes  p 

ergebenster  Diener 

Joh.  Wilh.  Gleim. 

P.S. 

Haid  werde  ich  mich  genöthigt  sehen,  von  gegenwärtigem 
Briefe  eine  Chronologie  beizufügen.  In  Lähme  habe  ich  ihn 
angefangen  und  in  Berlin  beschlolien ,  hernach  fortschicken 
wollen,  um!  doch  hier  behalten.  Ein  Schwede,  welcher  sich 
Ockermann  nennet,  ist  fast  an  allem  Schuld.  Ich  geriet  nach 
meiner  Zurückkunft  mit  ihm  in  Bekantschaft ,  und  weil  er 
hier  durch  nach  Halle  gehen  wolte  ,  so  erbot  er  sich ,  Briefe 
mitzunehmen,  und  daß  es  ihm  angenehm  seyn  würde,  wenn 
er  vielleicht  dadurch  in  eine  Bekantschaft  gerathen  könte. 
Wenn  Ihnen  daran  gelegen  ist,  mein  Wertbester,  so  werden 
Sie  ihn  schon  am  schwartzen  Biet  citiren.  Er  kau  Ihnen  viel 
Artiges  von  den  Berlinerinnen  erzählen,  den|nj  er  hat  vielen 
Umgang  mit  denselben  gehabt,  ohngeachtet  er  sich  nicht  lange 
hier  aufgehalten.  Er  kam  des  Morgends  als  er  abreisen  wolte, 
zu  mir ;  und  ich  setzte  mich  sogleich  zurechte,  eine  Emphelung 


26 


hinzuzufügen,  er  wurde  aber  sogleich  nach  der  Post  gerufen, 
und  mir  wurde  nicht  so  viel  Zeit  gelaßen,  meine  Briefe  zu 
versiegeln.  Vielleicht  habe  ich  Ihnen  berichten  sollen,  daß 
nunmehr  wo  nicht  ein  gewißer  Friede,  doch  ein  gewißer  Waffen- 
stillfstjand  zwischen  uus  und  Oesterreich  geschloßen  sey.  Ich 
weiß  nicht  ob  diese  Nachricht  bey  ihnen  schon  was  altes  sey, 
vielleicht  aber  wißen  sie  noch  nicht  daß  der  König  den 
folgenden  Monatbs  hier  eintreffen  wird.  Die  Regimenter  welche 
hier  Quartire  bekommen  sind  schon  auf  dem  Marsche  begriffen, 
und  man  sorget  bereits  vor  ihre  Verpflegung.  An  dem  Opern- 
hause sind  die  Arbeiter  verdoppelt,  und  es  sieht  sich  mit  Lust 
zu.  wie  es  täglich  wüchset.  Am  Sonntage  habe  ich  den  innern 
Bau  deßelbeu  besichtiget,  deßen  erste  Anlage  schon  viel  von 
der  fernem  Schönheit  und  Wahl  verspricht.  Ich  kan  mich  nicht 
enthalten  jetzo  täglich  auf  diesem  Platze  spatzieren  zu  gehen. 
Die  Gedancken,  welche  mir  bey  Anschauung  so  vieler  100  Ar- 
beiter einfallen,  sind  mir  so  angenehm  daß  ich  es  gern  sehe 
wenn  sie  mir  öfters  einfallen.  Der  Verfaber  der  Schäfererzäh- 
lungen wird  sie  von  neuem  ein  Vergnügen  machen.  Es  ist  in 
Hamburg  oder  vielmehr  in  Altona  ein  Schäferspiel  (die  erler- 
nete  Liebe)  von  ihm  heraus  kommen,  worüber  in  den  Hamburg. 
Zeitungen  ein  artiges  Urtheil  gefallet  wird.  Ich  habe  es  noch 
nicht  gelesen ,  aber  mir  bereits  Mühe  gegeben,  es  zu  bekom- 
men. Es  sollen  bereits  auf  der  Leipz.  Schaubühne  viele  schöne 
Stücke  aufgeführt  worden  seyn  ,  die  einen  gleichen  Verfaßer 
haben.  Herr  Straube  den  sie  aus  den  Belustigungen  kennen 
werden,  hat  uns  die  Uebersetzung  der  Briefe  geliefert,  welche 
Bodmer  im  poet.|isehen]  Gem.[älde]  p.  359  so  sehr  lobet.  Sie 
sind  auf  Schreibpapier  hier  heraus  gekommen.  In  den  götting. 
Zeitungen  werden  sie  Tändeleyen  genent.  aber  mir  haben  diese 
Täudeleyen  recht  wohl  gefallen.  Meine  Muse  ist  von  einem 
guten  Freunde  in  Versuchung  geführt  worden,  auf  den  Hymen 
eiu  Lied  anzustimmen.  Sie  entschuldigte  sich  zwar  Anfangs 
mit  ihrem  Unvermögen,  aber  endlich  ließ  sie  sich  bereden,  als 
ein  Satyr  dazu  kam  und  gute  Worte  gab.  Der  Strephon  ist 
Prof.  Strimesius  aus  Franckfurth  der  sich  jetzo  hier  aufhält, 
und  welcher  in  dem  Buchladen  des  Bräutigams  einen  Zettul 
herumgeben  lieu,   worinn   er  die  frequentes  benachrichtigte, 


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27 


daß  er  auf  HE.  Göhls  Hochzeit  ein  Carmen  unter  dem  Titul: 
Cupido  der  Buchführer  wolte  drucken  laßen,  wozu  er  sich  Sub- 
scribenten  um  8  gr.  ausbat.  Er  hat  sich  bereits  durch  viele 
Dinge  lächerlich  gemacht,  und  wenn  ich  Liscov  wäre  solte  er 
gewiß  mein  Philippi,  und  ein  gewißer  HE.  M.  Michaelis  mein 
Sievers  seyn.  Es  fehlt 1)  nur  an  ihrer  Gegenwart ,  vielleicht 
könten  uns  einige  muthige  Scribenten  ein  Vergnügen  machen. 
Weil  sie  7011  den  hiesigen  Wochenblättern  noch  nichts  gesehen, 
so  soll  ihnen  gegenwärtiges  Blat  einen  Begrif  davon  machen. 
Wie  gefält  ihnen  die  Satyre?  Mir  deucht,  ich  habe  schon 
anderswo  den  Schönen  Hanß  abgeschildert  gefunden. 

Sie  solten  mir  gewiß  keinen  Verweiß,  wegen  meiner  Abreise 
nach  Dännemarck,  mehr  geben,  so  bald  ich  nur  so  glücklich  wäre 
zu  vernehmen,  daß  sie  sich  entschloßen  hätten  Berlin  zu  be- 
suchen. Vielleicht  eröfnet  die  Wiederkunft  des  Königes  mehrere 
Wege  sein  Glück  zu  machen.  Thun  sie  doch  ihr  Möglichstes, 
ich  will  das  Meinige  auch  thun.  Wie  viel  vergnügter  wird 
nicht  der  Ort  meines  Auffenthalts  seyn  ,  wenn  Sie  nicht  von 
demselben  entfernt  sind.  Bitten  sie  doch  den  Himmel ,  was 
sie  bitten  können,  daß  er  uns  an  einen  Ort  führet.  Er  wird 
sie  erhören,  wenn  es  Ihnen  so  von  Hertzen  geht,  wie  mir. 
Adjeu.  Haben  sie  sich  nun  müde  gelesen?  so  schlafen  Sie 
wohl ;  ich  wünsche  Ihnen  alsdenn  von  meiner  Brünette  zu 
träumen,  a  propos  Sehen  sie  die  Geschichte  ja  vor  keinen 
Scherz  an  pp. 

An  Herrn  Stadeiniann  bitte  wiederum  meine  verbindlichste 
Empfehlung  zu  machen.  Der  erhaltene  Gruß  hat  mich  diesen 
ihren  werthen  Freund  mit  Vergnügen  erinnert.  Grüßen  sie 
doch  alle  gute  Freunde,  die  ich  die  Ehre  habe  zu  kennen;  Sind 
die  HE.  Schnellen  noch  da?  Wenn  sie  etwa  HE.  Ockermann 
ausfragen  solten,  so  belieben  sie  ihn  doch  gleichfalls  von  mir 
zw  grüßen  pp.  adjeu.  Sein  Frauenzimmer  muß  ihn  ungern 
gemißt  haben.  Es  hatte  sich  ganz  rothe  Augen  geweinet,  als 
ich  zu  ihm  kam;  (3  Tage  darauf). 

1)  Darnach  gestrichen:  mir. 


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8.  Uz  an  Gleim. 

Monsieur, 

Je  vou8  ecris  en  francois,  pour  voir  si  ce  ne  sont  que 
mes  lettres  francoises  qui  se  perdent.  Je  coniraence  donc  par 
vous  faire  mes  complimens  sur  le  renouvellenient  de  Tan  nee, 
en  vous  souhaitant  tout  ce  qirun  coeur  plein  de  zele  et  d'amour 
vous  peut  souhaiter  de  bonheur  et  de  benedictions.  Agrees, 
s'il  vous  plait,  cette  maniere  de  vous  temoigner  mes  sentimens, 
et  nie  continues  dans  le  cours  de  cette  nouvelle  annee  vötre 
amitie,[qui  m'est  infiniment  pretieuse.  Pour  moi,  je  nie  croi- 
rai  asses  heureux,  si  je  verrai  a  l'avenir  votre  vertu  heureuse 
et  recoiupensee.  II  est  vrai,  Monsieur,  que  j'arriverois  au  com- 
ple  de  mes  desirs ,  si  la  fortune  nie  vouloit,  au  uioins  pour 
un  peu  de  tenis,  placer  dans  la  meine  ville,  oü  vous  etes;  pour 
pouvoir  y  jouir  de  votre  agreable  compagnie,  dout  la  perte 
m'est  tres  sensible.  Vous  me  faites  tort  de  croire,  qu'il  y  a 
de  ma  faute ,  que  je  n'aille  vous  voir  a  Berlin;  parceque  raa 
mere ,  asse's  inipatientee  par  les  somnies  considerables  qu'elle 
sera  obligee  de  m'envoier  pour  le  paTement  de  mes  lettres,  re- 
fuse  tout-a-fait  de  in'en  remettre  d'autres  moins  necessaires. 
C'est  pourquoi  j'attens  tous  les  jonrs,  niais  avec  tristesse,  le 
dernier  ordre,  de  quitter  au  plutot  cette  academie.  Je  me 
verrai  oblige,  de  renoncer  aux  douces  esperances  que  j'ai  eües  de 
vous  pouvoir  einbrasser  tendrement.  Je  ne  verrai  peutetre  ja- 
inai8  ce  Berlin ,  de  qui  vous  et  la  renonnnee  vantent  tant 
de  cboses ,  dignes  d'etre  vftes  et  dVtre  admirees.  Vous  juges 
bien,  Monsieur,  que  je  crois  tout  ee  que  vous  dites  la-dessus ; 
oui ,  je  le  crois  et  j'en  suis  touche  vivement :  vous  lires  nies 
sentimens  sur  ce  sujet  dans  les  vers  que  j'ai  l'honneur  de  vous 
envoier.  Honores  de  vos  critiques  ce|tte]')  petite  production 
d'une  Muse  jeune  et  bardie  a  la  verite  d'av[oir]  ose  de 
cbanter  un  sujet  si  eleve:  niais  le  inoTen,  de  resister  a  [un] 
enthousiasnie  que  Ton  croit  etre  autorise  par  tout  le  beau  et 
tout  le  grand,  qui  en  est  la  source?  J'avoue  que  les  vers, 
dont  je  vous  parle,  sont  bien  inferieurs  u  cette  galante  iuvi- 

I  >  Ausgerissen 


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29 


tation  pour  Berlin ,  que  j'ai  lue  dans  le  recueil  qui  8 'est  fait 
ä  Berlin  de  verites  utiles,  et  que  fai  achete  il  y  a  quelques 
jours.  Ma  muse  aimeroit  fort  de  profiter  des  avis  de  cette 
Muse  Berlinoise,  qui  sait  ecrire  avec  tant  de  politesse  et  d'a- 
grement,  et  qui  s'est  fait  reconnoltre  par  les  lettres  initiales 

de  son  noni,  G.  W.  L.  Gl  Voilä  votre  nom  qui  se  pre- 

sente  je  ne  sai  com  inen  t  au  bout  de  ma  plume.  An  reste  je 
vous  suis  bien  oblige  de  Tagreable  conte  de  Mr.  Dreyer,  dont 
vous  m'ave's  fait  part;  il  est  du  dernier  joli,  et  je  m'estimerois 
fort  heureux  de  pouvoir  imiter  sa  naYvete.  J'ai  bien  de  la 
curiosite*  de  voir  les  filles  Berlinoises:  il  faut  qu'elles  soient 
tout-ä-fait  charmantes,  de  ce  qu'elles  peuvent  faire  aussi  char- 
mans  et  en  meme  tems  badins,  ceux  qui  les  frequentent,  couie 
Vous  et  Mr.  Dreyer.  Pour  les  stances:  Das  Unfehlbare  que 
vous  aves  pareillement  faites,  j'y  reconnois  les  sentimens  d'un 
petit  libertin,  et  le  genie  doux  et  agreable  d'Anacreon.  Faites 
moi  le  plaisir  de  vouloir  bien  continuer  ä  iii'envoi'er  vos  poesies 
et  celles  de  vos  amis;  elles  sont  toutes  ecrites  dans  un  gout 
digne  de  Berlin.  II  faut  que  vous  passies  le  tems  avec  beau- 
coup  de  satisfaction ,  a'iant  des  connoissances  tres  estimables 
parmi  les  beaux  esprits  d'une  ville,  qui  en  a  du  premier  rang. 
Je  vous  prie  de  faire  mes  tres-humbles  respects  a  Monsieur 
Naumann.  Mais,  Monsieur,  ne  saves-vous  rien  de  certain  sur 
un  bruit  qui  court  que  Mr.  de  Hagedorn  publiera  des  nouvelles 
productions  de  sa  facon,  principalement  le  recueil  de  ses  pre- 
mieres  poesies  qu'il  a  promis  il  y  a  longtems.  Vous  saves  que 
je  suis  amoureux  de  sa  Muse;  je  voudrois  voir  toüjours  quel- 
que  ouvrage  nouveau  de  sa  plume.  Je  crois  que  vous  aures 
vü  le  Supplement  des  poesies  du  feu  Gunther ;  Timpression  en 
est  belle,  et  entre  les  pieces  qu'il  contient.  j'ai  trouve  des 
plus  beaux  morceaux,  selon  mon  ^oüt  particulier,  que  je  n'en 
ai  trouv^  dans  le  recueil  ancien  des  poesies  de  Gunther ,  par 
exemple  le  poeuie  touchant  qu'il  a  fait  sur  la  mort  de  sa 
Sylvia  et  quelques  autres.  N1  aves- vous  pas  vü  les  vers  tres 
piquans  qu'on  a  fait  a  Leipsic  sur  Mr.  le  professeur  Gottsched 
et  sa  femme,  oü  ces  deux  personnes  illustres  sont  traitees  en 
infames;  et  ä  ce  qu'on  dit,  cette  comedie  füt  representee  au 
theatre  de  Neuber?  Un  de  mes  amis  m'a  promis  de  m'en  pro- 


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eurer  une  copie.  Mr.  Götze  n'est  plus  ä  Halle;  il  est  alle,  il 
y  a  trois  mois,  eu  Ost- Fries I and,  en  qualite  de  preeepteur  des 
enfans  du  gouverneur  qui  est  ä  Emden.  Mais  j'ai  donne 
d'abord  la  lettre  que  tous  lui  adresses,  ä  nn  de  ces  compa- 
triotes,  qui  alloit  lui  ecrire.  II  l'aura  sans  doute  recüe,  et  je 
crois  que  vous  aves  deja  sa  reponse.  Vous  saves,  come  nous 
avons  vecu  ensemble ,  Mr.  Götze  et  moi :  juges  donc ,  s'il  a 
agi  en  homrue  poli,  d'etre  parti  sans  m'avoir  dit  adieu,  seule- 
ment  pour  pouvoir  executer  quelques  desseins  indignes  et  vi- 
lains.  Je  nVn  dis  pas  davantage.  pour  menager  un  honime 
qui  a  ete  de  mes  arais.  Mais  je  vois  que  ma  lettre  devient 
longue :  pour  ne  tous  pas  incomtnoder ,  il  faut  que  je  finie. 
Mais  avant  de  le  faire,  je  vous  demande  serieusement,  si  nötre 
commerce  de  lettres  ne  sera  dans  cette  annee  plus  regle  et 
plus  exaet  qu'il  ne  füt  dans  la  passee?  J'ai  dessein  de  rae 
convertir,  et  de  vous  ecrire,  je  crois,  chaque  mois  deux  fois; 
vous  en  feres  de  meme?  et  me  repondres  toüjours  aussitot  que 
vous  aures  re^ii  mes  lettres.  et  me  manderes  des  nonvelles  de 
Berlin  et  d'antres  choses  remarqnables.  Enfin ,  aimes-moi, 
ecrives-moi  et  commaudes-moi.    Je  suis  avec  respect, 

Monsieur 

P.  S.  Monsieur  Stadelmann  m'a  prie     Vötre  tres-humble  et 
de  vous  faire  sea  complimens:  il  est    tres-obeissant  serviteur 
toüjours  de  vos  tres  humbles  serviteurs.  J.  P.  Uz. 

ä  Halle,  ce  5.  Janvier. 
1743. 

9.  «leim  an  Uz. 

Hoch-  und  Wertgeschätzter  Herr  und  Freund  p. 

Es  ist  als  wenn  wir  von  beyden  Seiten  bestirnt  wären, 
allemahl  unsere  langsame  Antworten  zu  entschuldigen.  Sie 
haben  es  in  ihren  Zeilen  gethan ,  und  ich  thue  es  in  diesen. 
Wie  gerecht  aber,  ist  dismahl  meine  Entschuldigung!  Sie 
werden  es  selbst  sagen,  wenn  ich  ihnen  sagen  werde  dali  ich 
sie  in  Halle  unverhoft  persönlich  aufwarten  und  die  Antwort 
selbst  überbringen  wollen.  Fragen  sie  mich  nur  nicht,  warum 
es  nicht  geschehen;  Denn  ich  schäme  mich  zu  sagen  dab  ich 


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nur  4  Meilen  von  ihnen,  neinlich  in  Leipzig  gewesen  sey  und 
doch  nicht  habe  nach  Halle  reisen  können.  Ich  sähe  mich 
nemlich  genötigt  in  den  Aftairen,  deren thalben  ich  mit  Extra- 
Post  nach  Leipzig  gehen  mtißen,  einen  Tag  auf  jemand  zu 
warten,  und  den  andern  war  die  Extra  Post  schon  wieder  be- 
stellt, daß  es  mir  auch  nicht  möglich  zu  machen  war,  nur 
einen  Tag  abzubrechen.  Ich  setze  ein  allzugroßes  Vertrauen 
in  ihre  Ueberzeuguug,  als  dato  sie  nicht  glauben  *)  sollten,  wie 
herzlich  schwer  mir  die  Verabsäumung  einer  so  guten  Gelegen- 
heit meinen  allerwehrtesten  Freund  zu  sehen  angekommen  sey. 
Es  fehlet  nicht  viel,  daß  ich  nicht  hier  in  poetische  Zähren 
darüber  ausbreche.  Doch  verlangen  sie  es  nicht  Ich  würde 
nicht  wieder  aufhören  können,  wenn  ich  einmahl  anfienge. 
Mein  Brief  soll  noch  auf  die  Post;  und  darum  muß  ich  nicht 
säumen ;  denn  ich  habe  Ihnen  noch  so  viel  zu  sagen,  daß  ich 
kaum  weiß,  wo  ich  anfangen  soll.  Erst  muß  ihnen  sagen, 
daß  ich  bisher  ein  bisgen  gereiset,  aber  nicht  wie  Pöllnitz, 
und  nachhero  die  eine  Königl.  Residenz  verlaßen  und  die  andere 
nemlich  Potsdam  zu  meinem  Auffenthalte  erwählt  habe.  Sie 
solten  bald  einen  ganzen  Folianten  von  den  paradisischen  Schön- 
heiten dieses  Orts  lesen,  aber  Sie  lesen  lieber  parnaßische.  Ich 
bin  Ihnen  nun  4  Meilen  näher.  Um  des  Himmels  Willen  reisen 
sie  doch  nicht  von  Halle  bis  wir  uns  noch  einmahl  gesehen 
und  gesprochen  haben.  Ich  glaube  nicht  daß  das  Verlangen 
der  Doris,  die  ihren  Tirsis  in  8  Tagen  nicht  gesehen  hat,  so 
groß  seyn  kan ,  als  meines  ist  sie  zu  sehen.  Es  sind  ja  nur 
16  Meilen.  Wenn  ich  sie  nicht  herziehen  kan ,  kan  es  denn 
der  Ruhm  und  der  Werth  des  Orts  nicht  thun  ?  Die  Entschul- 
digung die  von  Vermeidung  des  mütterlichen  Unwillens  herge- 
nommen ist  kan  ich  nicht  gelten  laßen.  Kommen  sie  doch 
nur  auf  eine  so  kurtze  Zeit,  daß  sie  nichts  davon  erfahren 
kan.  Oder  sagen  sie  mir  sonst  ein  Mittel,  wie  es  möglich 
ist,  sie  vor  ihrer  Abreise  noch  einmahl  zu  sehen.  Die  Entfer- 
nung ihres  Geburths  Orts,  macht  mich  ganz  bange,  wenn  ich 
nur  an  ihre  Abreise  gedencke,  welche  ich  mir  bald  als  schon 
geschehen  bald  aber  noch  als  zukünftig  vorstelle.    Doch  das 


1)  Zuerst :  dencken. 


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erster*  will  und  darf  ich  nicht  glauben,  weil  ich  wenigstens 
ein  bisgen  Nachricht  erhalten  hätte.  Ich  habe  sie  gefragt  um 
ein  Mittel  zu  Erfüllung  meines  Wunsches.  Soll  ich  noch  einen 
^  orsehlag  thun?  \N  as  meinen  sie.  wenn  wir  zukünftige  Ostern, 
da  ich  verniuthlich  werde  abkommen  können,  auf  die  Helfte 
des  Weges  einander  entgegen  reiseten  ?  Ich  erwarte  mit  dem 
ersten  Posttage  ganz  gewib  Dero  gutige  Antwort,  und  solten 
es  auch  nur  zwey  Zeilen  sevn.  Wären  sie  gleich  nicht  nach 
meinem  Sinne,  so  sind  sie  vielleicht  fähig  mich  noch  zu  einem 
andern  Endschlube  zu  nöthigen.  Ich  bitte  herzlich  laben  sie 
mich  nicht  vergeblich  hoffen  pp.  Ich  will  Ihnen  alsdenn 
mundlich  erzählen,  wie  viele  Kenner  mich  beneiden,  daß  Sie 
mich  gewürdiget  haben  meinen  Nahmen  einer  so  schönen  Ode 
vorzusetzen.  Ich  habe  den  ihrigen  gleich fals  einer  vorgesetzt, 
aber  wie  viel  weniger  Ehre  weiden  sie  dadurch  erlangen. 
HE.  Lamprecht  der  ihnen  beygesellt  ist .  schätzt  sie  schon 
hoch,  ohne  dab  sie  ihm  sonst  bekant  sind,  als  durch  die  Vor- 
stellung die  ich  ihm  von  den  \  erdiensten  meines  Freundes 
machen  uiüben.  und  durch  ihr  pindarisches  Lied.  Ich  schicke 
Ihnen  hiebey  ein  klein  Lied  von  ihm  auf  seine  Braut.  Ich  bitte 
mir  ihr  Urtheil  darüber  aus.  HErr  Üreyer  ist  zwar  bisher 
mein  guter  Freund  gewesen,  ich  weib  aber  nicht,  ob  er  nicht 
in  Zukunft  meine  Freundschaft  weniger  verdienen  wird.  HE. 
Straube  ist  ein  Poet  ,  der  das  Tractement  gewohnt  ist  das 
viele  französische  Poeten  gewohnt  sind,  aber  er  verdient  es  viel- 
leicht noch  mehr.  Herr  Naumann  und  ich,  wir  haben  schon 
manchmahl  Ober  ihn  gelacht.  A  pmpos  hat  Herr  Naumann  an 
Sie  geschrieben  r  Er  wolte  mir  einen  Brief  zuschicken  um 
ihn  mit  einzulegen  als  ich  noch  in  Berlin  war,  es  ist  aber 
nicht  geschehen.  Er  hat  den  Flateur  aus  dem  Roubeau  über- 
setzt, den  er  der  Schönemannisihen  Schaubühne  widmen  wird. 
Ich  hätte  ihnen  bev  dieser  Gelegenheit  gleichfals  von  einem  thea- 
tr.  alischen'  Stöcke  was  zu  sagen,  wenn  ich  es  nicht  lieber  ganz 
ihrem  Unheil  linterwerten  wolte.  Es  ist  von  einem  Ungenannten 
verfertiget,  der  die  Gewohnheit  des  HE.  von  Hagedoms  an  9ich 
hat  dab  er  seine  Arbeit  ')  durch  die  Censur  der  Kenner  gehen 

Ii  Daraarn  g..-. trieben:  vorher. 


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Hißt,  um  das  Unvollkommene  darnach  auszubeßern.    Aber  er 
liefert  sie  durch  die  dritte  Hand,  in  keine  andre  als  sichre 
Hände.    Ich  habe  sie  erhalten ,  und  würde  sie  abschriftlich 
nebst  der  Bitte  um  ihre  scharfe  Beurtheilung,  womit  ihm  in 
der  That  gedient  ist,  übersenden,  wenn  ich  nicht  erst  völlige 
Gewißheit  haben  wolte,  daß  Sie,  mein  Wehrtester,  noch  in 
Halle  sind,  und  das  es  folglich  richtig  in  ihre  Hände  kommen 
werde.    Denn  wiedrigenfalls  würde  ich  Verantwortung  davon 
haben.  Es  ist  ein  Schäferspiel  unter  dem  Titul :  der  Blöde  p. 
und  verdient  nach  meinem  Urtheil  durch  mehrere  Censuren,  zu 
einem  vollkomnen  Stücke  gemacht  zu  werden.   Ist  ihnen  nun 
damit  gedient,  was  dazu  beyzutragen,  so  bitte  ich  mir  je  eher 
je  lieber  Dero  gütige  Antwort  aus.    Ich  werde  ihnen  alsdenn 
zugleich  ein  Model  überschicken,  von  der  Art,  wie  der  HE. 
v.  Hagedorn  betet,  wovon  ich  eine  Abschrift  kriegen  werde, 
und  einige  andere  Stücke.    Der  HE.  v.  Hagedorn  wird  seine 
Gedichte  drucken  laßen,  aber  wie  bald  ist  nicht  bekant.  Geben 
Sie  mir  doch,  Wehrtester  Freund,  von  der  Aulführung  des  HE. 
Götzens  ein  mehreres  Licht.    Sie  haben  mich  durch  ein  paar 
Worte  ganz  begierig  gemacht,  mehr  zu  wißen.  Er  hat  mir  auf 
meinen  Brief  noch  nicht  geantwort,  und  ich  habe  seinethalbeu 
in  Berlin  noch  Verdruß  gehabt,  weil  ich  da  wo  die  Condition 
war  immer  Hofnung  machte  von  seiner  Ankunft.    Ich  bitte 
laßen  sie  mir  doch  nicht  in  Unwißenheit  und  melden  mir  zu- 
gleich wo  er  jetzo  ist.  Ich  habe  keine  andere  Satyre  auf  Gott- 
sched gelesen  als  die  unter  dem  Titul:  das  Vorspiel  ein  Helden- 
gedicht.   Wißen  sie  daß  es  den  Verfaßer  der  Schäfererzäh- 
lungen zum  Urheber  hat?  Es  ist  nichts  dem  Pult  des  Boileau 
so  würdig  beygeset/.t  zu  werden  als  dieses.    Wißen  sie  noch 
von  was  anderm  ?   Vermuthlich  haben  sie  das  Vorspiel  wel- 
ches die  Keuberin  auf  Gottsched  gemacht  hat  selbst  oder  auch 
die  Satyre  welche  Gottsched  auf  die  Neuberin  gemacht  hat, 
und  wovon  in  dem  Vorspiel  Meldung  geschieht?  Machen  sie 
mirs  doch  bekant,  wenn  sie  was  davon  haben.    Vielleicht  bin 
ich  im  Stande  durch  ein  Gedicht  unter  dem  Titul:  die  Fechter, 
worin  beyde  Parteyeu  lächerlich  gemacht  werden,  und  davon 
mir  der  Anfang  gefallen  hat,  diese  Gefälligkeit  zu  erwiedern. 
Mein  Brief  wird  lang,  das  macht  er  ist  deutsch.    Ich  werde 

G  1  cim-Uz,  Briefwechsel.  3 


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34 


kürzer  schreiben,  wenn  sie   verlangen,  daß  ich  französisch 
schreiben  sollte.    Doch  ich  will  ihnen  die  Ursache  des  Ge- 
lübdes mündlich  erzählen,  warum  auch  dieses  nicht  geschehen 
könte,  wenn  sie  es  nicht  ausdrücklich  beföhlen.    Wenn  sie 
mir  nicht  den  ersten  Posttag  antworten,  so  werde  ich  sie  ein 
Cartel  auf  den  andern  zuschicken.  Ich  habe  die  Ehre,  mit  aller 
Hochachtung  die  ihre  Verdienste  würdig  sind  zu  verharren  p. 
Hoch  und  Wehrtgeschätzter  HErr  und  Freund 
Potsdam  Ihr 
den  28  Martis  gehorsahmst  ergebenster 

1743  Gleim 

Meine  Addreße  ist:  Bey  dem  HE.  ObristLieutnant  von 
Schulze  bey  der  Garde.  Mit  der  alten  addreße  werden  sie 
auch  allemahl  richtig  gehen,  aber  mit  dieser  krieg  ich  einen 
Tag  eher,  die  Briefe. 

P.S.  Sie  haben  sich  an  der  Berl.  Samlung  p  ein  Buch  ge- 
kauft, daß  ihrem  BücherVorrath  wenig  Zierde  geben  wird.  Das 
benente  Stück:  Einladung  p  ist  wieder  meinen  Willen  hinein 
gekommen.  Ich  könte  ihnen  von  dieser  Samlung  was  lustiges 
erzählen,  wenn  es  nicht  zu  weitläuftig  wäre.  Den  HE.  Bel- 
lander der  in  der  Vorrede  sein  Recht  erhalten  hat,  werden  sie 
vermuthlich  kennen.  Er  heißt  mit  dem  rechten  Nahmen  Wille- 
brand, aus  Rostock  gebürthig,  er  hat  ohngefehr  vor  8/4  Jahren 
in  Halle  unter  Böhmen]  in  Licentiat.  Juris  promovirt.  Er  ist 
ein  Mensch,  qui  non  habet  animam  bellam  in  corpore  hello. 
Der  Buchführer  deßen  Nähme  unter  der  Vorrede  stehet,  war 
sein  bester  Freund ,  bey  dem  er  ehe  er  nach  Potsdam  gieng 
logirte.  Er  ist  jetzt  wieder  in  patriam  gereist.  Er  hat  sich 
hier  dem  Könige  praesentirt,  der  ihm  denn  auch  so  gleich  eine 
Stelle  im  KammerGerichte  in  Berlin  conferirte,  die  er  aber 
nicht  angenommen  hat.  Vielleicht  weil  er  sich  vor  dem  Examen 
fürchtete.  Die  Vorrede  ist  von  einem  Ungenanten  deßen  An- 
fangsbuchstaben J.  W.  L.  G.  sind,  der  aber  die  Vorrede  dem 
Buche  ähnlich  gemacht. 

Wie  hat  Ihnen  die  Erzählung  von  der  Ursula  gefallen? 
Das  Scharfsinnige  haben  die  hiesigen  Bei  Esprits  nicht  finden 
können.    Es  soll  in  der  Stellung  stecken,  die  Ursul  macht, 


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35 


wenn  sie  mit  einem  Beine  im  Himmel  und  mit  dem  andern 
auf  der  Erde  steht. 

An  HE.  Stadelmann  und  die  übrigen  HE.  Landsleute  die 
ich  die  EJire  habe  zu  kennen  bitte  meinen  ergebensten  Gruß 
zu  vermelden,  adjeu. 

An  Herrn  Laraprecht,  und  Herrn  Uz. 

Ich  will,  ich  muß  ein  Schäfer  wer-  Denn  Schaaf  und  Lämmer  abzuzäh- 

Der  Schluß  ist  vestgestellt.    [den,  Ist  keine  Lust  vor  euch.  [len 

Man  findet  nur  bey  Feld  und  Heer-  Wir  wollen  keine  Schächte  graben, 

Das  Glück  der  alten  Welt  [den  Und  dürfen  folglich  euch  nicht  haben. 
Ich  will  den  Stolz  der  Städte  meiden 

Und  willig  meine  Lämmer  weiden.  Ihr,  blaße  Neider,  bleibt  zurücke 

Und  waget  keinen  Schritt. 

Ich  kan  dich  ohne  Gram  verlaßen  Jedoch,  ihr  gönnt  uns  unser  Glücke 

Unruhiges  Berlin,  Und  gehet  so  nicht  mit. 

Wer  Lust  hat,  sich  nicht  selbst  zu  Seht  ihr  uns  erst  auf  unsern  Weiden 

Wird  willig  mit  mir  ziehn.  [haßen  So  sollt  ihr  uns  wohl  noch  beneiden. 

Komt,  Freunde,  laßt  uns  Wald  und 

Buche  Ruf  ich  die  Nymphen  aus  den  Städ- 

Und  Ruh  in  freyen  Feldern  suchen.  Auf  unsre  Schäferflur?  [ten 

0  Nein!  sie  kommen  ungebeten 

Ihr  müßt,  ihr  könnt  zurücke  bleiben  Auf  Antrieb  der  Natur. 

Die  ihr  die  Ruhe  haßt;  Doch  manche  laße  sich  nicht  blicken 

Und,  euer  Glück  recht  hoch  zu  trei-  Soll  man  sie  nicht  zurücke  schicken. 

Euch  keine  Ruhe  laßt.  [ben 

Ich  will  euch  gern  vor  euer  Rennen  Aus  fester  und  erklärter  Liebe 

Das  Glück  des  Staatsministers  Folgt  mir  kein  schönes  Kind. 

gönnen.  Ich  suche  noch  die  rechten  Triebe 
Die  kaum  in  Städten  sind. 

Nehmt,  blinde  Richter,  Gold  und  Die  Spröden  machens  mir  zu  lange, 

Und  bleibt  nur  in  der  Stadt  [Gaben  Und  vor  die  andern  ist  mir  bange. 
Bleibt,  weil  wir  euch  nicht  nöthig 

Wo  man  euch  nöthig  hat.    [haben  Die  Nymphen  in  den  Schäferhütten 

Da  laßt  euch  vor  den  Diebstahl  Sind  meiner  Liebo  Ziel ; 

dancken  Ich  liebe  ihre  stillen  Sitten 

Und  lehrt  den  Bürgern  beßer  zan-  Sie  wißen  nicht  zu  viel. 

cken.  Wenn  Nymphen  das,  was  ich  weiß, 

wißen 

Ihr  fast  zu  Gold  gewordne  Seelen,  Pfleg  ich  von  mir  auf  sie  zu 
Bleibt;  seyd,  und  werdet  reich.  schließen.  ') 

1)  Darnach  ist  in  der  handschrift  folgende  atrophe  gestrichen  : 
Ich  weiß  noch  viele  Schäferinnen     Ich  will  sie  noch  einmal  gewinnen, 
Die  mich  vordem  gekaut.  Ob  ich  sie  gleich  verbaut. 

3* 


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:*6 


Ihr,  fromme  Dichter,  komt  ge- 
Und  eilet  mit  uns  fort,  [schwinde 
Durchsucht,  die  undurchsuchten 
Und  zeichnet  jeden  Ort,  [Gründe 
Wo  die  berühmten  Sch&ferstuuden 
Schon  tausenden  zu  schnell  ver- 
schwunden. 

Da  suchet,  euch  an  reinen  Bächen 

Den  rechten  Musensitz. 

Da  lernet  *),  wie  die  Schäfer  spre- 

Da  prüfet  ihren  Witz.  [chen, 

Erzählet,  oder  laßt  es  lesen, 

So  bald  ein  paar  allein  gewesen. 


Du,  Tirsis,  der  jezt  nur  von  Liebe 

Und  seiner  Doris  Bingt. 

Versuch  einmahl,  wie  deinem  Triebe 

Alsdenn  ein  Lied  gelingt, 

Wenn  du  den  West  im  Thale  fühlest 

Und  da  mit  deiner  Doris  spielest. 

Und  du,  o!  Dämon,  deßen  Flöte 
Wie  Pindars  Flöte  spielt 
Komm  mit,  und  werd'  auch  ein 
Der  unsre  Triebe  fühlt.  [Poßte 
Wir  wollen  in  den  stillen  Gründen 
Das  Band  der  Freundschaft  fester 

binden. 


*  Wird  sie  dieses  Lied  überzeugen,  daß  ich  nunmehr  den 
Empfindungen  des  HE.  von  Canitz  Hecht  wiederfahren  laße, 
der  die  Ruhe  des  Landlebens  dem  Hof  und  Stadtleben  weit 
vorzog  ? 

10.  Uz  an  Gleim. 

Hoch-  und  Werthgeschätzter  Herr  und  Freund, 

Ich  schreibe  Ihnen  mit  der  ordinairen  Berliner- Post :  weil 
nach  Potsdam  von  Halle  keine  weggeht,  als  künftige  Mitt- 
woche, mit  welcher  Sie  meinen  Brief  schon  einige  Tage  später 
bekommen  würden.  Beynahe  hätte  mich  der  Satan  verführet, 
diesen  Post- Tag  vorbey streichen  zu  lassen ,  ohne  an  Sie  zu 
schreiben,  weil  ich  das  gedrohte  Cartel  nicht  ohne  Vergnügen 
würde  empfangen  haben.  Allein,  aus  gerechter  Furcht,  daß 
Sie  über  meine  oftmalige  Nachlüßigkeit  endlich  gar  böse  wer- 
den möchten,  hab  ich  es  ganz  gescheid  unterlassen.  Aber  ich 
hoffe,  sie  werden  ebenfalls  billig  mit  mir  umgehen,  und  gleich 
nach  Empfang  dieses  Briefes,  (welches  künftigen  Diensttag  seyn 
wird,)  mich  mit  einigen  Zeilen  von  einer  so  werthen  Hand  be- 
ehren ;  so  wird  künftiger  Donnerstag  für  mich  ein  Freüdenfest 
seyn.  Denn,  mein  Werthester  Freünd,  werden  mir  gleich  Ihre 
Briefe  immer  schätzbarer;  so  sind  sie  doch  gar  zu  selten. 

Damit  ich  dies  der  Jugend  lerne       1)  Uebor  „sprechet"  geschrieben. 
So  folge  sie,  doch  nur  von  ferne. 


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37 


Warum  soll  ich  iedwedes  von  Ihren,  obgleich  höchstangenehmen 
Schreiben  durch  ein  vierteljähriges  Erwarten  erkaufen,  das  mich 
mit  beständiger  Furcht  und  Zweifel  plaget?  Schreiben  wir  uns 
itzo  schon  so  sparsam,  da  wir  doch  nahe  sind:  wie  wird  es 
gehen,  wenn  wir  über  60  Meilen  von  einander  werden  ent- 
fernet seyn?  Wahrhaftig,  dieser  Gedanke  macht  mir  nicht 
weniger  bange,  als  er  Ihnen  gemacht  hat.  Inzwischen  muß 
ich  bekennen,  beydes  diese  Ihre  Ungedult  und  Ihre  Begierde, 
mich  noch  einmal  zu  sprechen,  überschütten  mich  mit  einem 
heimlichen  Vergnügen.  Ich  schließe  daraus,  daß  Sie  nicht 
gänzlich  gleichgültig  gegen  mich  gesinnet  sind,  sondern  mich 
ein  wenig  lieb  haben :  und  Sie  werden  mir  glauben,  wenn  ich 
sage,  daß  ich  dieses  für  einen  Theil  meiner  Glückseligkeit  halte. 
Ich  wünsche  nichts  in  der  Welt  herzlicher,  als  daß  wir  ein- 
ander in  Potsdam,  von  dessen  Schönheit  mir  so  vieles  gerüh- 
met wird ,  umarmen  könnten ;  und  ich  bin  Ihnen  unendlich 
verbunden  für  die  Gütigkeit,  die  Sie  gehabt  haben,  Vorschläge 
hierzu  zu  thun.  Allein,  mein  Allerwerthester  Freünd !  für  mich 
sind  alle  vorgeschlagne  Mittel  unbrauchbar.  Die  Ursachen 
sind  höchstwichtig,  aber  ich  kan  sie  hier  nicht  schreiben. 
Ich  bin  schon  diesen  vergangenen  Winter  ohne  meiner  Mutter 
Einwilligung  hier  geblieben ;  und  nun  werd  ich  alle  Tage  gantz 
gewiß,  nebst  HE.  Luthern,  HE.  Schnellen  und  HE.  Stadelmann, 
welche  insgesamrat  Ihnen  ein  ergebenstes  Compliment  ver< 
melden  lassen,  in  Anspach  erwartet,  und  es  fehlet  nichts  mehr, 
als  die  letzte  Ankunft  des  Besten.  Urtheilen  Sie  selbst,  was 
für  unüberwindliche  Schwührlichkeiten  sich  hervor  thun  wür- 
den, wenn  ich  itzo  eine  Heise  unternehmen  wollte.  Doch  nun 
muß  ich  Ihnen  auch  schreiben  ,  was  für  Hofnung  mir  über- 
bleibt. Herr  Stadel  mann  wünschet  sehr,  in  den  benachbarten 
Orten  herum  zu  reisen;  und  hoffet  auch,  die  Einwilligung  darzu 
zu  erlangen.  Wofern  er  sie  erhält,  so  verzweifle  ich  gleichfalls 
nicht,  sie  zu  erhalten;  und  alsdann  werden  Sie,  anstatt  eines 
Freündes  und  Dieners,  deren  zwey  bey  sich  in  Potsdam  sehen. 
Nur  wünschte  ich,  daß  ich  nicht  so  vieles  sähe,  beydes  auf  HE. 
Stadelmanns,  als  meiner  Seite,  welches  dieses  Vorhaben  zu  ver- 
hindern drohet.  Beten  Sie  nur  fein  fleißig;  vielleicht  erbitten 
Sie  mir  diese  Glückseligkeit.     Dieses  hab  ich  noch  sagen 


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38 


wollen:  wofern  sich  einige  Möglichkeit  zeigen  sollte,  daß  wir 
auf  der  Hälfte  des  Weges  einander  entgegenreisen  können,  wo- 
bey  es  an  meiner  Bemühung  nicht  ermangeln  soll;  so  werd 
ich  es  Ihnen  unverzüglich  und  mit  der  ersten  Post  berichten. 
Thun  Sie  dergleichen,  und  lassen  mich,  um  des  Himmels- 
willen,  auf  Ihre  Antwort  nicht  lange  warten.  Wievieles  werden 
wir  einander  zu  sagen  haben  ?  Darunter  wird  auch  seyn,  was 
ich  an  HE.  Götzen  auszusetzen  habe,  und  Sie  werden  alsdenn 
selbst  sagen,  daß  er  nicht  gehandelt  habe,  als  ein  Mensch, 
der  Ehre  im  Leib  hat.  Im  Briefe  läßt  sichs  nicht  wohl  schrei- 
ben. Er  ist  in  Emden,  in  Ost-Frießland,  Hofmeister  oder  viel- 
mehr Informator  bey  dem  daselbst  in  guarnison  liegenden 
Preußischen  General,  und  vermeinte,  wie  mir  einer  seiner  Lands- 
leüte  gesagt  hat,  daselbst  besser  zu  stehen,  als  in  der  Con- 
dition,  die  ihm  Sie  ausgemacht  hatten.  Itzo  erfordert  meine 
Schuldigkeit,  Ihnen  den  verbindlichsten  Dauk  abzustatten,  für 
den  Beyfall,  den  Sie  meiner  Muse,  die  Sie  nur  aus  Scherz  Pin- 
darisch  nennen,  zu  geben  beliebet  haben ;  und  hauptsächlich, 
daß  Sie  durch  ein  ungemein  reitzend  Lied  mein  rauhes  belohnen 
wollen.  Aber,  sagen  Sie  mir  doch,  was  Sie  gedacht  haben, 
dem  berühmten  Nahmen  des  Herrn  Lamprecht  den  Namen 
eines  Menschen,  wie  ich  bin,  an  die  Seite  zu  setzen?  Wofern 
Sie  Ihre  Ode  einmal  dem  Druck  überlaßen  wollen,  so  mäßen 
Sie  hierinn  eine  Aenderung  machen;  wenn  Sie  nicht  die  Em- 
pfindlichkeit dieses  Herrn  verdienen  wollen.  Sie  schmeichlen  mir 
mit  einer  Hochachtung  dieses  reitzendes  Dichters :  ich  weiß 
nicht,  wie  Ihre  Freundschaft  gegen  mich,  in  Verfertigung  mei- 
nes Portraits  den  Pinsel  mag  geführet  haben;  allein  ich  weiß 
doch  dieses,  daß  dieser  Beyfall  eines  der  größten  Kenner,  wenn 
ich  ihn  gleich  nicht  verdiene,  mich  doch  ungemein  ermuntern 
wird,  den  Berlinischen  Musen  ferner  nachzusingen.  Fahren  Sie 
doch  fort,  mein  Werthester,  durch  Uebersendung  Ihrer  und  Ihrer 
schätzbarn  Freunde  netten  Poesien,  ineinen  Geschmack  zu  bes- 
sern. Aber  verlangen  Sie  keine  Censuren  von  mir,  da,  wo 
ich  nichts  als  Lobsprüche  austheilen  kan.  Und  wie  sollt  ich 
Stücke  zu  beurtheilen  mich  unterfangen,  welche  von  einer  der 
anmuthigsten  Leidenschaften  handeln ,  mit  der  ich  aber  gar 
keine  ßekandtschaft  habe  ?  Man  sieht  wohl,  daß  die  Verfasser 


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39 

in  dem  glückseligen  Berlin  leben;  ich  aber  halte  mich  in  einer 
Stadt  auf,  wo  die  Gratien  fremd  sind,  und  wo  die  überall 
wüthenden  Seuchen  und  der  Tod  selbst,  der  sogar  in  meinem 
Hause  einen  meiner  Freunde  bedrohet,  meine  Gedanken  mit 
nicht  so  vergnügten  Betrachtungen  beschäftigen.  Es  ist  wahr, 
es  würde  die  Uebersendung  des  blöden  Schäfers  mir  zum  ausser- 
ordentlichen Vergnügen  gereichen;  ich  wünsche  ihn  zu  lesen, 
mehr  um  mich  daraus  zu  bessern,  als  ihn  selbst  vollkommner 
zu  machen.  Allein  die  Ungewißheit  meines  Wegreisens,  welche 
dieses  Stück  in  Gefahr  setzen  mochte,  macht,  daß  ich  mich 
dieses  Vergnügens  solange  berauben  muß,  biß  ich  nach  Pots- 
dam komme.  Ich  verharre  mit  aller  Ergebenheit  und  Hoch- 
achtung, 

Hoch-  und  Werth  geschätzter  Herr  und  Freünd,1) 
Halle,  den  6.  April. 
1743. 

P.S.  Von  der  Satyre  auf  Gottsched ,  ausser  dem  Helden- 
gedichte, wovon  ich  ebenso  urtheile  wie  Sie,  habe  ich  bißher 
noch  nichts  gesehen.  Es  ist  mir  aber  Hofnung  zum  Vorspiel 
gemacht  worden.  Seyn  Sie  so  gütig ,  und  vermelden  dem 
Herrn  Naumann  mein  ergebenstes  Compliinent;  ich  bin  nicht 
so  glücklich  geweßen,  einen  Brief  von  ihm  zu  erhalten.  Werden 
denn  die  Berlinischen  Sammlungen  noch  fortgesetzt?  Können 
Sie  mir  keine  Nachricht  geben,  von  denen  ehemals  in  Ham- 
burg herausgekommenen  Meisterstücken  pp  Wann  ich  doch 
so  glücklich  seyn  könnte,  dieselben  zu  bekommen. 

A  propos,  was  haben  Sie  denn  für  Frauenzimmer  zu 
amanuensibus,  die  Ihnen  Ihre  Sache  abschreiben  ?  Das  Stück 
des  Herrn  Lanipreeht  schien  mir  von  einer  Frauenzimmer  Hand 
abgeschrieben  zu  seyn  ! 

Addressiren  Sie  ihren  Brief  an  mich  an  HE.  Stadelmann, 
gleichfalls  im  Nösseltischen  Hauße. 

NB  Sollte  alle  Hofnung  verschwinden,  Sie  in  Berlin  zu 
sehen;  so  werde  ich  Ihnen  Ihren  Anacreon,  wie  ihn  mir  Götze 
hinterlassen  hat,  auf  der  Post  überschicken. 

1)  Die  Unterschrift  ist  weggeschnitten. 


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11.  Gleim  an  Uz. 

Hoch-  und  Werthgeschätzter  Herr  und  Freund  p. 

Sie  haben  ihren  Brief  Über  Berlin  geschickt,  und  folglich 
hab  ich  ihn  2  Tage  später  erhalten,  als  sie  ausgerechnet  haben. 
Ich  hätte  ihn  nemlich  nach  ihrer  Rechnung  den  Dienstag  er- 
halten sollen  und  ich  erhalte  ihn  den  Donnerstag.  Hätte  ich 
ihr  Schreiben  zu  der  bestirnten  Zeit  erhalten  so  würde  ich 
gestern  die  Reise  nach  meinem  werthesten  Freunde  angetreten 
haben,  an  statt  dali  ich  noch  heute  Abend  nach  Berlin  gehen 
werde.  Ich  versichere  Ihnen  dieses ,  und  sie  können  glau- 
ben ,  daß  den  Trieb  den  ich  dazu  hatte ,  wenn  ich  zur 
rechten  Zeit  ihre  Gegenwart  in  Halle  durch  Dero  Zeilen  er- 
fahren hätte,  nichts  davon  würde  haben  zurück  halten  können. 
Dieser  Brief  wird  geschrieben ,  da  sie  ihn  schon  werden 
lesen  wollen.  Ich  werde  Ihnen  nicht  weitläuftig  genug 
schreiben  können  weil  mir  die  Zeit  dazu  fehlt.  Ich  wolte 
daß  Sie  von  denen  die  die  Durchlesung  ihres  Schreibens  mit 
angesehen  haben,  Zeugniße  haben  konten,  so  würde  Sie  jeg- 
liches von  der  Freude  überzeugen,  welche  ich  in  Minen  und 
Geberdeu  mercken  ließe,  weil  ich  mir  die  sichere  Hofnung 
machte,  entweder  von  ihrer  baldigen  Ankunft  in  Potsdam, 
oder  doch  von  der  Einwilligung  in  meinen  Vorschlag  verge- 
wißert  zu  werden.  Aber  o!  Himmel,  Sie  laßen  mich  mitten 
unter  dieser  freudigen  Hofnung,  ein  Schreiben  lesen,  das  sie 
fast  ganz  und  gar  zu  nicht  gemacht  hat.  Ich  wende  indeßen 
alle  Mühe  an,  nicht  einmahl  alles  zu  mercken,  was  mir  in 
ihrem  Schreiben  Betrübniß  veruhrsachet.  Die  Worte,  in  wel- 
chen Sie  mir  versichern  nach  Potsdam  zu  kommen ,  sind  so 
sehr  auf  Schrauben  gesetzt,  als  es  möglich  ist.  Aber  ich  will  es 
nicht  mercken.  Glauben  Sie  nur,  daß  ich  mir  demohngeachtet 
die  stärckste  Hofnung  mache,  sie  bald  zu  umarmen;  Denn  ich 
kan  ihnen  versichern,  daß  ich  niemals  so  kräftig  gebetet  habe, 
als  vor  einer  Vierthel  Stunde,  und  die  künftige  Gebete,  durch 
welche  ich  Dero  Ankunft,  und  das  Vergnügen,  sie  zu  küßen, 
zu  erbitten  gedencke  sollen  noch  kräftiger  seyn.  Ich  kan 
mir  nicht  einbilden,  daß  sie  unerhöret  bleiben  solten ,  denn 


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41 


mit  welchem  recht  könte  ich  den  Himmel  nicht  unerbittlich 
nennen?  Ich  würde  Ursach  haben  auf  ihn  zu  schelten.  Wenn 
er  weiß  wie  heftig  ich  hierin  sey  *),  und  wie  grob,  so  wird  er 
gewiß  meinen  Zorn  zu  keinen  Schimpfworten  oder  Satiren 
reitzen.  Bedencken  Sie  sich  wohl,  werthester  Freund,  was  Sie 
thun.  Sie  würden  mich  unendlich  beleidigen,  wenn  sie  16 
Meilen  gegen  60  nicht  in  Betrachtung  ziehen,  und  die  Schwürig- 
keit  sich  nicht  vorstellen  wolten,  wenn  wir  bey  einer  solchen 
Entfernung  ein  mahl  gedoppelt  und  drey fache  Lust  und  Ver- 
langen bekämen  uns  zu  sehen.  Wenn  ich  mehr  Zeit  hätte, 
ich  wolte  Ihnen  BewegungsGründe  100  an  der  Zahl  vorlegen, 
doch  es  werden  Ihnen  viele  beyfallen,  wenn  Sie  sich  die  Liebe 
die  Freundschaft  und  die  Treue,  und  was  mit  diesen  verbunden 
ist,  lebhaft  vorstellen  wolten.  Wüsten  Sie  Überdem,  wie  viel 
schöne  Sachen  ich  Ihnen  zu  erzählen  hätte,  sie  ließen  sich 
weder  durch  mütterliche  noch  väterliche  Vorstellungen  zurücke 
halten,  zumahl  wenn  sie  dieselben  ungeschadet  der  kindlichen 
Pflicht  in  den  Wind  schlagen  können.  Ich  habe  gestern  ein 
Stück  von  der  Hagedornschen  Muse  erhalten,  welches  ich  Ihnen 
gern  mittheilte,  wenn  ich  Zeit  zum  Abschreiben  hätte.  Doch 
wenn  Sie  Lust  haben  diesis  und  noch  mehrere  geschriebene 
Stücke  zu  lesen,  so  müßen  Sie  nach  Potsdam  kommen,  wo  sie 
Ihnen  alle  zu  Dienste  stehen  sollen.  Sie  werden  ein  ganzes  Vor- 
spiel zu  lesen  bekommen  von  HE.  Dreyer,  und  mehrere  schöne 
Paritäten  schön  Spielwerck  von  HE.  Anacreons  Erfindungen. 
Apropos  was  macht  der  ihrige?  Ich  weiß  gewiß,  daß  er  nun 
schon  völlig  deutsch  gelernet  hat ;  ich  beschwere  sie  nicht  bey 
der  Mariane  Hallers,  sondern  bey  seiner  jetzigen  Teichmeierim 
daß  sie  ihn  mitbringen,  daß  er  uns  bey  einem  Glas  Wein  bis- 
weilen was  vorsingen  kau.  Die  ehemals  in  Hamburg  *)  her- 
ausgegebene Meisterstücke  p  welche  sie  gern  haben  wollen, 
besize  ich  selbst,  ich  wollte  sie  ihnen  mitschicken,  wo  ich  sie 
nicht  verliehen  hätte.  Ich  muthmaße  aber  daß  sie  sich  eine 
beßere  Vorstellung  davon  machen  als  nöthig  ist.  Die  ineisten 
Stücke  sind  aus  dem  d'Argens.  Ks  ist  nur  ein  poetisches 
Stück  darunter  welches  aber  nachdem  viel  [vermehrter  ge- 

1)  Zueist:  Irin.       2)  Zuerst:  Berlin. 


-42 


druckt  ist,  und  das  Landleben  beißt.    Daß  HE.  Lamprecht 
der  Uebersetzer  ist,  werde  ich  ihnen  wohl  nicht  saßen  dürfen. 
Eben  derselbe  hat  jetzo  eine  Uebersetzung  aus  dem  Englischen 
vor  (das  Leben  des  Cicero)  ich  glaube  aber  nicht  daß  er  da- 
mit zu  Stande  kommen  wird.    In  Berlin  ist  vorige  Woche 
eine  Comedie  aufgeführt  worden  welche  den  HE.  von  Bile- 
feld  der  den  Montesquiou  übersetzt  hat,  zum  Verfaßer  hat, 
und  die  Beschwerlichkeiten  des  Hoflebens  betitult  ist,  welches 
vielen  Beyfall  absonderlich  bey  llofleuten  erhalten  hat,  denen 
die  geheimen  Umstände  bekanter  sind  als  mir.     Denn  ich 
habe  sie  im  Mauuscript  gelesen,  aber  ich  habe  ihr  den  Bey- 
fall nicht  gegeben,  den  ich  ihr  vielleicht  gegeben  hätte  wenn 
ich  selbst  mit  in  die  Geschichte  verwickelt  wäre,  oder  wenn 
ich  Sie  hätte  aufführen  sehen.  Ich  habe  mich  über  die  Kürtze 
der  Zeit  beklaget ,  aber  die  Neigung  zu  meinem  werthesten 
Freunde  hat  dennoch  meinen  Brief  lang  gemacht.   Laßen  sie 
keinen  Posttag  vorbeystreichen,  wenn  Sie  mich  nicht  betrüben 
wollen.    Denn  so  lange  sie  noch  in  Halle  sind,  und  ehe  Sie 
nach  Potsdam  abgehen  ,  möchte  ich  nicht  gern  einen  Posttag 
ohne  Hönning  seyn ,  außer  an  dem  da  ich  selbst  einen  Brief 
abschicke.    Wenn  sie  mir  noch  einen  wehrten  Freund  mit- 
bringen werden,  so  wird  meine  Freude  gedoppelt  werden,  ab- 
sonderlich da  es  HE.  Stadelmann  seyn  soll,  der  ein  so  guter 
Freund  von  Ihnen  ist,  und  den  ich  unter  Ihren  Freunden  am 
besten  zu  kennen  die  Ehre  gehabt  habe.   Es  ergehet  an  den- 
selben   wie   auch  an  HErm   Luther   und  HErrn  Schnellen 
mein  ergebenstes  Compliment.    Ich  muß  kürtzer  schließen  als 
ich  willens  bin.  Ich  sage  Ihnen  nur  noch,  kommen  Sie  nicht, 
so   vermiße  ich  eines  meiner  schönsten   Glücks,  und  einer 
meiner  besten  Wünsche  wird  nicht  erfüllet.    Ueberlegen  sie 
doch  dieses,  und  preßen  mir  keine  Zähren  aus,  denn  ich  weine 
gar  nicht  gerne.    Kommen  Sie  und  erfreuen 

Hoch  und  Werthgeschätzter  HErr  und  Freund  p 

Ihren 

Potsdam  ergebensten  Freund  und  Diener 

d*  n  1  IUI*  April  der  sie  mit  Schmertzen  erwartet 

1743  Gleim 
Ich  bin  künftigen  Dienstag  schon  wieder  hier. 


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13 


12.  Uz  an  Gleim. 

Hoch-  und  Werth  geschätzter  Herr  und  Freund, 

Ich  ergreife  dißinul  die  Feder  in  höchster  Hetrübniß ;  in- 
dem ich  von  Ihnen  Abschied  nehmen,  und  die  Hofnung  ver- 
hissen muß,  Sie  in  Potsdam  zu  umarmen.  Ich  habe  gemeßenen 
Befehl  erhalten,  nicht  länger  in  der  Irre  herumzuschwärmen ; 
und  ein  strenger  Abgesandter  weichet  mir  nicht  von  der  Seite, 
biß  ich  mich  morgen  auf  die  Post  setzen  werde.  Ich  werde 
Sie  also  itzo,  wie  ich  so  sehnlich  gewüuschet,  nicht  sprechen. 
Der  Verdruß  über  dieses  Fehlschlagen  meiner  Hofnung  würde 
noch  weit  größer  bey  mir  seyn,  wenn  eine  Folge  von  Un- 
glücksfällen mich  nicht  in  etwas  gesetzt  und  halb  unempfind- 
lich gemacht  hätte:  Ich  dürfte  nur  noch  länger  verschoben 
haben,  in  meine  Heimreise  zu  willigen ;  wenn  ich  so  elend 
hätte  seyn  wollen,  als  Günther.  Allein  der  Himmel  hat  mich 
ZU  gutem  Glücke  gelenket.  Ich  bin  nun  im  Begriff,  dahin  ab- 
zureisen, wo  meine  Mutter  und  meine  guten  Freünde  mit 
Schmerzen  auf  mich  warten.  Kann  ich  daselbst  nicht  mit  so 
vielem  Vergnügen  leben,  als  ich  in  Potsdam,  in  Gesellschaft 
eines  geistreichen  und  geliebten  Freündes,  hätte  seyn  können: 
so  muß  ich  die  Verbesserung  meiner  äusserlichen  Glücksum- 
stände  zu  jenes  Verlustes  Ersetzung  annehmen.  Ich  habe  in- 
zwischen starke  Versprechungen,  daß  ich  nicht  lange  in  Ans- 
pach bleiben,  sondern  nächstens  nach  Frankfurth  am  Mäyn 
abgehen  sollte.  Vielleicht  wird  sich  allda  das  Glück  williger 
bezeigen,  mich  noch  dereinst  mit  Ihnen  zu  vereinigen;  als 
nach  welchem  Vergnügen  ich  nicht  aufhören  werde  zu  streben, 
solang  ich  lebe.  Sie  sehen,  Werthester  Freünd,  daß  ich  immer 
mit  Ihnen  rede,  als  wenn  ich  von  der  Beständigkeit  Ihrer 
Freündschaft  gantz  gewiß  versichert  wäre;  da  doch  mein 
langes  Stillschweigen  dieselbe  vielleicht  geschwächet  oder  wohl 
gar  aufgehoben  hat.  Allein  ich  vertraue  viel  zu  sehr  auf  ihr 
Herz,  als  daß  Sie  mich  haßen  könnten:  die  verdrüßlichen  Um- 
stände, worinn  ich  in  Leipzig  war,  hatten  mich  gantz  wild 
gemacht,  ich  war  kein  Mensch  mehr.  Was  hätte  Ihnen  ein 
Mensch,  der  für  Verdruß  und  Ungedult  nicht  bey  sich  selbst 


44 


war,  und  keinen  Menschen  sah  als  aus  dem  Fenster,  ange- 
nehmes schreiben  können  ?  Laßen  Sie  uns  unsern  Briefwechsel 
nicht  aufheben :  es  wird  in  Anspach  mein  angenehmster  Zeit- 
vertreib seyn,  wenn  ich  eine  Zeile  von  Ihnen  werde  zu  lesen 
bekommen.  Sind  wir  ziemlich  entfernt,  und  können  einander 
nicht  so  ofte  schreiben:  so  wollen  wir  uns  desto  längere  Briefe 
zu  lesen  geben.  Schreiben  Sie  doch  ohne  Ordnung  und  Kunst, 
und  nach  Bequemlichkeit  alle  Tage  etwas  nieder,  was  im 
Keiche  der  helles  lettres,  und  was  insonderheit  im  Sitz  der 
Musen,  dem  Prächtigeu  Berlin,  vorgeht:  senden  Sie  mir  manch- 
mal neüe  Pieren,  oder  Ihre  Urtheile  davon.  Vielleicht  bin  ich 
[im]  Stande,  sonderlich  wenn  ich  nach  Frankfurth  kommen 
werde,  Ihre  Gütigkeiten  mit  gleichem  Maase  zu  vergelten.  In- 
sonderheit haben  Sie  die  Liebe  für  mich,  und  senden  mir  fein 
fleissig  Ihre  eigenen  schönen  Gedichte,  und  die  Ausarbeitungen 
Ihrer  berühmten  Freünde,  und  wann  Sie  was  neties  vom  HE. 
von  Hagedorn  bekommen.  Sie  wissen,  daß  ich  im  Reich  wie  in 
einer  Wildniß  lebe,  wo  man  von  dergleichen  wenig  oder  doch 
sehr  späthe  was  erhält.  Wie  wird  mein  Geschmack  fein  wer- 
den können,  wenn  Sie  meiner  Bitte  nicht  Raum  geben?  Bitten 
Sie  doch  ihre  schöne  amanuensem,  manchmal  etwas  zärtliches 
für  mich  abzuschreiben:  ich  erbiete  mich,  wenn  es  ihr  gefällig 
ist,  sobald  ich  nach  Potsdam  kommen  werde,  ihr  für  jedwedes 
abgeschriebenes  Wort,  ein  vom  Rheinwein  angefeüertes  Mäul- 
chen  zu  bezahlen.  A  propos  vom  Rheinwein !  ich  stelle  mir 
bereits  im  Geiste  vor,  wie  munter  mein  Pegasus  traben  wird, 
wenn  er,  anstatt  des  sächsischen,  guten  Reichswein  zu  trinken 
bekommen  wird;  insonderheit  da  er  an  HE.  Professor  Christ 
jemanden  finden  wird,  der  ihn  anspornt  und  seine  Kunst  be- 
urtheilen  kann.  Die  beyden  Oden,  die  ich  Ihnen  überschicke, 
mußten  nothwendig  kalt  gerathen,  weil  ich  sie  beym  Breyhan 
geschrieben  habe.  Ich  habe  noch  verschiedene  Stücke  von 
dieser  Art  gemacht:  weil  ich  sie  aber  nicht  werth  achte,  von 
einem  solchen  feinen  Kenner  gelesen  zu  werden,  so  mag  es 
an  den  zweyen  genug  seyn.  Machen  Sie,  wo  es  Ihnen  beliebt, 
eine  Critique  darüber.  Vor  allem  aber  bleiben  Sie  ja,  auch 
in  der  weiten  Entfernung,  mein  Freünd :  ich  bitte  etwas  gros- 
ses; aber  auch  etwas,  ohne  welchem  mein  Aufenthalt  in  Ans- 


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pach  sehr  mißvergnügt  seyn  würde.  Macben  Sie  Herrn  Nau- 
mann mein  gehorsamstes  compliment;  und  überhaupt  grüssen 
Sie  meinentwegen  alle  Musen  und  Giatzien  in  Berlin  und  Pots- 
dam, und  versichern  sie,  daß  ich  ein  beständiger  Verehrer  von 
ihnen  bleiben  werde.  Leben  Sie  wohl  und  vergnügt:  machen 
Sie  doch,  daß  ich  aus  Ihrer  addresse  einmal  das  simple  Can- 
didat  en  Droit  weglassen  und  seine  Stelle  mit  einem  grossen 
Titel  ausfüllen  kau.  Ich  verharre  mit  alier  Ergebenheit, 
Hoch-  und  W orthgeschätzter  Herr  und  Freund, 
Leipzig,  den  21.  August.  Dero  gehorsamster  Diener 

1743.  Johann  Peter  Utz. 

P.S.  Meine  adresse  ist:  ä  Anspac,  bey  HE.  Goldarbeiter 
Reisenleiter  abzugeben.  Ich  habe  von  Ihnen  zwey  Briefe  de 
dato  7.  Mäv  erhalten:  ich  weiß  nicht,  ob  sie  mehrere  an  mich 
geschrieben  haben.  Vom  HB.  Roes  hab  ich  nichts  erhalten. 
Die  Critik  HE.  Dreyers  über  die  Belustigungen  möcht  ich 
wohl  lesen.    HE.  Naumanns  Probe  gefällt  mir. 

Halten  Sie  ihren  Anacreon  nicht  für  verlohren  :  er  soll 
ihnen  nächstens  durch  HE.  Zinn  geschickt  werden.  Hat  er 
Sie  nicht  gesprochen? 

13.  Uz  an  Gleim. 

Hoch-  und  Werthgeschätzter  Herr  und  Freünd  p 

Wenn  unser  Briefwechsel  mir  nicht  mehr  Vergnügen 
brächte,  als  er  Ihnen  bringt;  so  würde  ich  mir  eben  so  wenige 
Mühe,  wie  Sie,  geben,  denselben  wieder  in  den  Gang  zu  bringen, 
nachdem  er  eine  ziemlich  lange  Zeit  unterbrochen  worden.  Ich 
will  aber  alles  mögliche  thun,  wieder  Briefe  von  Ihnen  zu  be- 
kommen, weil  ich  ohne  dieselben  nicht  angenehm  leben  kann. 
Ich  habe  daher  meine  Muse  angesprochen,  daß  sie  eine  Für- 
bitte bey  Ihnen  einlegen  soll.  Allein  das  leichtfertige  Aaß 
entschuldigt  sich  damit,  daß  sie  eine  Zeither  so  viele  Verse 
auf  meine  Mädgens  zu  machen  hätte,  daß  sie  unmöglich  auch 
noch  der  Mannspersonen  wegen  ihre  Stimme  heischer  singen 
könne:  ich  sollte  nur  die  Liedergen  beylegen,  die  Biegemacht 
hätte,  so  würden  Sie  mich  schon  entschuldigen,  wann  ich  gleich 


46 


keine  gereimte  Abbitte  thäte.  Was  soll  ich  machen?  Ich 
muß  doch  wohl  thun,  was  sie  mir  anräth,  weil  sie  nicht -thun 
will,  was  ich  von  ihr  verlange;  und  ich  werde  daher  etwas 
von  meiner  poetischen  Arbeit  mitsenden-  zu  einem  obgleich  ge- 
ringen Geschenke,  wie  man  sonst  die  Götter  zu  versöhnen  pflegt, 
wenn  sie  erzürnt  sind,  und  uns  ihre  Wohlthaten  vorenthalten ! 
Ich  habe  freylich  durch  mein  halbjähriges  Stillschweigen 
verdienet,  daß  Sie  nunmehr  gleichfalls  auf  mein  Schreiben  aus 
Leipzig  die  Antwort  ein  ganz  halb  Jahr  verzögern  sollten,  wo 
Sie  anders  nicht  gar  verschworen  haben ,  mehr  an  mich  zu 
schreiben.  Doch  thun  Sies  immer  nicht,  mein  werthester 
Freünd:  wenn  Sie  den  verwirrten  Zustand  genau  wüsten,  wo- 
rinn  ich  während  meines  Aufenthalts  in  Leipzig  geweßen ;  so 
würden  Sie  es  für  nicht  so  strafenswürdig  halten,  daß  ich  auf 
Ihre  2.  Briefe  vom  Mäy  nicht  eher  als  erst  im  August,  wo 

ich  mich  nicht  irre,  geantwortet  habe.  —  

Ich  habe  Ihnen  die  eingeschlossnen  Oden  auch  in  dieser 
Absicht  mit  übersandt,  daß  Sie  mir  dieselben,  nebst  denen 
zweyen,  die  ich  in  meinem  letztem  Schreiben  beygefügt  habe; 
scharf,  umständlich  und  aufrichtig  beurtheilen  sollen.  Ich 
mache  mich  anheischig,  dieses,  nach  meinem  Vermögen,  auch 
bey  Ihrer  Muse  zu  beobachten,  wofern  änderst  daran  ein  Flecken 
wird  gefunden  werden  können.  Wir  haben  das  große  Exempel 
des  Herrn  von  Hagedorn  vor  uns,  und  sollten  billig  alle  Wege 
nehmen,  wodurch  er  zu  der  Vollkommenheit  gelanget  ist,  die 
wir  an  ihm  bewundern.  Ich  weiß  wohl,  daß  Sie,  mein  Werthe- 
ster, eines  solchen  kleinen  critici,  als  ich  hin,  nicht  benöthigt 
sind,  da  Sie  weit  größere  und  sinnreichere  Leiite  um  sich  ha- 
ben, unter  deren  Feile  Sie  Ihre,  an  sich  schönen  Gedichte 
geben  können.  Ich  aber  brauche  Sie,  dessen  guter  Geschmack 
durch  den  Unigang  mit  den  Berlinischen  Beaux  Esprits  so 
fein  als  möglich  geworden  ;  insonderheit  in  der  neuen  Art  der 
Gedichte,  wo  rinn  ich  angefangen  habe  mich  zu  üben.  Ich 
singe  von  Liebe  und  Mädgen,  da  ich  doch  von  dem  einen  so 
wenig  Wissenschaft  habe,  als  von  dem  andern.  Sie  aber  gehen 
mit  Mädgen  und  galanten  Kunstrichtern  um,  und  können  daher 

))  Corrigirt  aus:  anderthalbjähriges. 


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47 


von  solchen  Sachen  besser  urtheilen,  als  ich  oder  auch  als  die 
sonst  guten  Kenner,  die  hier  in  Anspach  seyn  mögen,  die  aber 
zu  ernsthaft  sind,  als  daß  ich  ihnen  mit  einem,  manchmal  freyen 

Scherz  aufgezogen  kommen  dürfte.  Alle  Verbesserungen 

oder  Critiquen  nun,  sie  mögen  nun  von  Ihnen  oder  von  Ihren 
schönen  und  galanten  Freünden  herrühren,  schreiben  Sie  zu- 
sammen auf  ein  Blat  Papier,  und  übersenden  rairs ;  so  will  ich 
meine  Stücke  darnach  verbessern,  und  Ihnen  eine  verbesserte 
edition  derselben  übersenden.  Sie  können  mich  von  der  Auf- 
richtigkeit Ihrer  schätzbarn  Freundschaft  nicht  angenehmer 
überführen,  als  wann  Sie  in  diese  meine  ergebenste  Bitte  zu 
willigen  sich  gefallen  laßen  möchten. 

Sie  werden  in  dem  Junius  der  Leipziger  Belustigungen 
ein  Stück  wahrgenommen  haben,  das  den  Tittul  des  Lobge- 
sangs des  Frühlings  führt.  Es  hat  dasselbe,  leider !  mich  zum 
Verfasser,  welches  ich  schon  1742  nach  Leipzig  gesandt  habe, 
in  der  Absicht,  einige  Urtheile  über  das  darinn  gebrauchte 
Sylbenmaaß  zu  vernehmen.  Denn  ich  habe  einen  Versuch  thun 
wollen ,  wie  eine  Vermischung  von  Jamben  und  NB  reinen 
Dacktylen  klingen  möchte.  Nehmlich  ich  halte  davor,  daß 
die  Dactyli,  so  eingerichtet  als  sie  in  unsern  dactylischen  Versen 
ingemein  sind,  sich  unmöglich  genug  unterscheiden  können, 
wann  sie  mit  Jamben  oder  Spondäen  vermischt  werden;  und 
daß  sie  sich  nothwendig  nach  den  Hegeln  der  lateinischen  Dac- 
tylen  richten  mfißen,  wofern  sie  in  der  Vermischung  eben  so 
leichtfließend  seyn  sollen,  als  jene.  Daher  eine  Sylbe,  welche 
nach  der  lateinischen  Prosodie  positione  longa  ist,  wenn  nehm- 
lich zween  Mitlauter  auf  einen  Selbstlauter,  in  einer  Sylbe, 
folgen;  nicht  von  mir,  auch  im  Deutschen,  kurz,  sondern  meistens 
lang  gebraucht  worden  ist.  Und  ich  habe  bemerkt,  daß  dieses  zum 
Wohlklang  eines  solchen  vermischten  Sylbenniaases  ungemein 
viel  beyträgt.  Die  Vermischung,  die  ich  gebraucht  habe,  ist 
von  mir  selbst  ausgedacht  worden,  weil  von  den  lateinischen 
metris  im  Deütschen  mir  keines  recht  klingen  wollte.  Es 
besteht  dieselbe  aus  2  Jamben,  einem  Anapästen,  (wenn  man 
genau  reden  will);  abermals  2  Jamben  und  einer  überbleiben- 
den kurzen  Sylbe:  der  zweyte  Verß  ist  zusammengesetzt  aus 
2  Jamben  und  2  Anapästen.  Mau  müßte  freylich  noch  vieles 


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vorher  ausmachen,  und,  neben  der  lateinischen  Prosodie,  auch 
vornehmlich  dengenie  der  deutschen  Sprache  vor  Augen  ha- 
ben; wofern  man  eine  dem  Gehör  angenehme  Vermischung 
in  ein  deutsches  Sy Ibenmaß  bringen  wollte.  Vor  allen  Dingen 
aber  müßte  ausgemacht  werden ,  ob  es  sichs  auch  der  Mühe 
verlohnte,  diese  Vermischung  gänge  und  gab  zu  machen.  Ich 
bitte  Sie,  mein  Werthester,  mir  Ihr  Urtheil  hievon  zu  sagen. 
Dieser  obenbemeldte  Lobgesang  des  Frühling  nun  ist  schon 
im  September  des  1742  sten  Jahrs  in  Leipzig  geweßen,  dessen 
Einrückung  aber  biß  in  den  Juuius  des  folgenden  Jahres  ver- 
schoben worden.  Ich  dachte  demnach,  daß  die  Herren  Leip- 
ziger, nach  ihrem  zärtlichen  Geschmacke,  ihrer  Blätter  dißes 
schlechte  Stück  nicht  würdig  achteten  :  welches  mir  denn,  die 
Wahrheit  zu  sagen ,  einigermassen  lieb  war.  Ich  sähe  gar 
bald  die  große  Schwäche  beyder  Gedichte  ein.  Ich  fieng  da- 
her an,  das  erste  wieder  vorzunehmen;  und  daraus  ist  die 
Ode  erwachsen,  die  ich  mir  die  Freyheit  genommen,  meinem 
besten  Freünde  zu  dediciren,  und  welche  füglich  für  ein  ganz 
neties  Stück  passiren  kann;  aber  auch  in  dieser  Gestalt,  Ihrer 
und  andrer  Kenner  Verbesserungen  höchstbedürftig  wäre,  wenn 
alles  mein  Bitten  mir  diese  Gewogenheit  noch  hätte  ')  erhal- 
ten können.  Was  das  Lob  des  Frühlings  selbst  anbelangt,  so 
hab  ich  es,  während  meines  Aufenthalts  in  Leipzig,  wo  ich 
Muße  hatte,  gleichfalls  von  neüem  vorgenommen,  indem  ich 
die  Belustigungen,  als  der  ich  nur  pro  hospite  da  war,  nicht 
mithielt,  und  daher  nicht  wüste,  das  es  bereits  das  Glück 
oder  Unglück  gehabt  hätte ,  gedruckt  zu  werden.  Ich  trage 
aber  Bedenken ,  die  verbesserte  Edition  dieses  Stückes  bey- 
zufügen  ;  statt  dessen  aber  bekommen  sie  ein  ander  Lied  auf 
den  Frühling,  worinn  einige  Gedanken  des  erstem  von  mir 
gereimt  worden  sind2).  —  —  — 

Doch,  ich  komme  wieder  auf  meine  Verse,  und  bitte  Sie, 
nicht  verdrüßlich  zu  werden,  daß  ich  soviel  von  solchem  Un- 
rath  mitschicke:  es  geschieht,  um  Sie  aufzumuntern,  von  ihren 
bessern  Liedergen  eine  gleiche  oder  noch  grössere  Anzahl 
mir  gütigst  zu  übersenden. 


1)  Handschrift:  hätten.  2)  Handschrift:  ist. 


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49 


Ich  erinnere  mich  auch,  daß  Sie  mir  versprochen  haben, 
verschiedene  Stücke  des  Herrn  von  Hagedorn,  die  Sie  im  ma- 
nuscript  besitzen,  unter  andern  auch  eine  Satyre  auf  Gott- 
•  Scheden  ,  wornach  ich  sehr  begierig  bin ,  zu  schicken.  Laßen 
Sie  sich  doch,  einem  Freünde  zu  lieb,  der  wie  in  einer  Wüste 
lebt,  die  Mühe  nicht  dauern,  Ihr  Versprechen  zu  erfüllen,  und 
mir  manchmal  neue  artige  Piecen  oder  doch  Nachrichten  da- 
von, wenn  sie  allzuweitläuftig  sind,  zu  schicken.  

Ich  wollte  wünschen,  daß  ich  Ihnen  mit  einigen  Nettig- 
keiten dienen  könnte:  ich  weiß  aber  nichts  dergleichen.  Ich 
habe  einige  Galanterien  des  Herrn  Voltäre  gesehen,  die  ich 
Ihnen  auch  hiemit  übersende.  Vermuthlich  haben  Sie  dieselben 
schon,  vielleicht  aber  auch  nicht,  sonderheitlich  die  Antwort 
der  Käyserlichen  Prinzessin,  welche  gewiß  diese  vornehme 
Schöne  zur  Verfasserin  hat.  Des  Herrn  Voltäre  Verse  sind 
überaus  sinnreich  und  fein,  meines  wenigen  Erachtens. 

Wir  haben  hier  in  Anspach  das  Glück  gehabt,  lhro  Maje- 
stät hier  zu  sehen  ;  aber  HE.  Voltäre  ist  mit  einem  der  Prinzen 
in  Bäyreüth  zurückgeblieben.  Wie  gehts  dann  mit  dem  Opern- 
wesen? Diese  Opern  werden  doch  hoffentlich  besser  seyn,  als 
sie  insgemein  zu  seyn  pflegen?  Wie  ist  der  Cato  von  Utica 
beschaffen,  der  schon  etlichemal  mit  so  großem  Beyfall  auf- 
geführt worden  ist?  0  was  wollt  ich  darum  geben,  wenn  ich 
einige  der  Graunischen  Opern-arien  habhaft  werden  könnte, 
Wer  macht  den  Italiänischen  Text  ?  Noch  immer  der  Sprach  - 
meister,  von  welchem  Sie  mir  einmal  geschrieben  haben,  daß 
er  Anmerkungen  über  Anacreons  Ode  vom  Bathyll  aufgesetzt? 
Ich  wünschte,  sie  zu  lesen ;  und  wollte  alsdann  die  angefan- 
gene Uebersetzung  dieses  Liedgens,  welches  viele  Schwtihrig- 
keiten  hat,  vollenden :  so  bekämen  Sie  auch  Anacreons  Kna- 
ben ')  zu  sehen,  nachdem  ich  Ihnen  schon  seines  Mädgens 
Portrait  überschickt  habe. 

Ich  habe  in  den  Zeitungen  gelesen,  daß  die  Academie  der 
Wissenschaften  auf  einen  bessern  Fuß  von  dem  König  gesetzt 
worden  :  wann  es  Ihnen  gefällt  ,  so  schreiben  Sie  mir  doch, 
worin n  diese  Verbesserung  bestehe. 

1)  Ueber  gestrichenem  .  Madgen. 

G  1  e  t  m  -  U  i,  Briefwechsel  4 


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50 


Ich  habe  eine  Piece  gelesen,  welche  den  Titul  hat:  Die 
Geistlichen  auf  dein  Lande,  und  einen,  nabinens  Crüger  zum 
Verfasser  hat,  der  ehemals  studirte  und  nun  ein  Comödiant 
seyn  soll.  Es  hat  mir  dieses  Stfickgen  wegen  der  lebhaften  • 
Caracktere  und  des  feinen  Scherzes  überaus  wohl  gefallen,  und 
scheint  mir  in  dem  Geschmack  der  Pietistin  im  Fischbeinrock 
geschrieben  zu  seyn.  Ist  die  Schönemannische  Bande  noch 
daselbst,  und  hat  Beyfall?  Ich  hab  in  Leipzig  die  Netiberischen 
vielmals  spielen  sehen,  deren  Bande  in  vielen  Theilen  dieser 
Kunst  vortreflich  ist ;  in  einigen  Stucken  aber  eine  Verbesser- 
ung bedürfte.  Es  wurde  die  Netiberin  demnach  in  dem,  ver- 
gangene Ostennesse  herausgekommenen  Theile  der  Beyträg«» 
getadelt,  und  insonderheit  daß  sie  die  Wahrscheinlichkeit  in 
der  action,  Kleidung  p  nebst  den  Ihrigen,  vielmals  beleidige, 
nahmentlich  durch  ihre  Pariser  Kleidermoden,  weisse  Hand- 
schuhe, grolie  Staatsperücken  und  Federbüsche  p  Etwan  vier- 
zehn Tage  drauf,  nachdem  das  Hauptspiel  aus  war,  kam  ge- 
wöhnlicher massen  ein  Comödiant  auf  die  Bühne,  um  das 
Stücke,  welches  den  folgenden  Tag  sollte  aufgeführt  werden, 
anzuktinden  ;  und  dieser  that  es  folgendermassen  :  Morgen  sollte 
ein  Stück  aufgeführt  werden,  das  nach  den  schärfsten  Regeln 
der  Wahrscheinlichkeit,  so  wie  sie  von  den  größten  Kunstrichtern 
unsrer  Zeit  etabliert  worden,  eingerichtet  wäre,  und  das  sollte 
aus  den  Cato  genommen  werden.  Ein  erschröcklich  Gelächter, 
welches  von  allen  Seiten  entstund,  hinderte  ihn,  weiter  zu  reden. 
Den  folgenden  Tag  war  der  Schauplatz  gedrängt  voll ;  und  da 
wurd  erstlich  das  Vorspiel  aufgeführt,  dessen  in  der  Satyre  die- 
ses Namens  gedacht  wird,  aber  eben  nichts  enthält,  was  nicht 
alle  Tadler  sowohl  angienge  als  Gottscheden.  Darauf  wurde 
der  dritte  actus  des  Cato  vorgestellt:  alle  Personen  hatten 
ihres  Landes  Kleidungen ;  die  Römer  und  Römerinnen  er- 
schienen in  bloßen  Fülien  :  welches  alles  nicht  lächerlich  war 
oder  schien ,  als  weil  man  dessen  nicht  gewohnt  ist.  Der 
gröüte  Kunstgriff  aber,  den  sie  gebrauchten,  Gottschedens  Tra- 
gödie lächerlich  zu  machen,  war  diese:  sie  sagten  alle  Verse 
mit  einem  falschen  und  burlesqueniäbigen  Tone,  als  wann  die 
Helden  lauter  Harlekine  wären:  sie  merkten  aber  nicht,  daÜ 
alles  Lächerliche,  welches  hiedurch  in  das  Stück  kam,  nicht 


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Gottscheden,  sondern  ihnen  zukam.    Daher  auch  diese  Satyre 
bey  wenigen  Beyfall  erhielt,  und  es  wenig  fehlte,  daü  an  statt 
Gottachedens,  nicht  sie  selber  ausgeklatscht  worden  wären. 
Ich  verharre  mit  aller  Hochachtung, 

Hoch-. und  Werthgeschätzter  Herr  und  Freund, 
Anspach.  Dero  gehorsamster  Diener 

Den  17.  Febr.  1744.  J.  P.  Uz. 


14.  Gleim  an  Uz.1) 

An  Herrn  Uz. 

Hier  bist  du  im  Thale,  hier  singe,  o  Muse 
Hier  hör'  ich  die  schüchternen  Thöne  allein. 
Hier  singe,  und  wenn  dir  die  Thöne  gerathen 
So  wage  voll  Kühnheit  ein  Lied,  wie  dein  Freund! 

o  Er  sang  und  die  Thöne  erschalten  so  helle! 
Entschlafene  Wälder  erwachten  davon 
Den  Lustwald  in  welchen  ich  traurig  spatzierte 
Ergötzte  sein  Loblied  des  Frühlings,  wie  mich. 

Die  Erde,  die  Mutter  der  Frucht  und  der  Blumen 
10  Erkennet  den  würdigsten  Dichter  in  ihm. 

Sie  wird  ihm  die  Schläfe  mit  Rosen  umcräntzen 
Wozu  sie  schon  Floren  die  Hände  gesalbt. 

Ich  seh  ihn,  die  Göttin  verfolgt  ihn  im  Singen 
Sie  wincket  der  Nymphen  ermuntertes  Chor; 
15  Sie  reichen  ihr  Rosen  und  tanzen  zurücke, 

Und  holen  zum  Cranze  des  Dichter«  noch  mehr. 

Bald  wird  sie  der  muthige  Jüngling  erblicken 
Ihr  plötzliches  Jauchzen  bestätigt  sein  Lob. 
0!  Jüngling  du  hörst  nicht  das  Jauchzen  der  Nymphen? 
•ju  Er  hört  es,  und  lächelt,  und  endigt  sein  Lied. 

Die  Nymfen  entweichen  in  niedres  Gesträuche 
Und  strecken  begierig  die  Hälse  hervor 
Und  hören  die  griechische  Flöte  des  Dichters 
Den  Griechen  gelehret,  der  Griechen  beschämt. 

2ö  0!  Eönt  ich  ihn  öfters  am  Ufer  belauschen! 
Wo  er  und  die  Liebe  Dorinden  besingt 

1)  Sept.  1743;  erst  mit  nr.  15  abgeschickt  V.  2  Zuerst:  höre  die. 
4  „voll  Kühnheit-  über  „hernachmahls"  geschrieben.    21  Zuerst:  finstres. 

A  * 

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Die  lauschenden  Nymphen  beneiden  die  Schöne 
Und  wünschen  sich  selber  Dorindens  zu  seyn. 

Ks  klang  zwar  die  Flöte  des  Pindars  recht  prächtig 
:X)  So  oft  sie  die  Spiele  der  Helden  besang. 
Doch  hätt  er  Dorinden  im  Früling  besungen 
So  bracht  ihn  noch  heute  mein  Freund  um  sein  Lob. 

0  Muse!  welch  Jauchzen!  Dort  lacht  sie  die  Freude! 
Im  Thale  lacht  Echo  sie  tausendmahl  nach 
:15  Sie  lachet  noch  einmahl  vom  Gipfel  der  Höhen, 
Sie  jauchzet  es  hüpfen  die  Thaler  vor  Lust 

Hier  komt  sie,  die  Schöne,  es  führt  sie  der  Frühling 
Sie  steigen  vom  Berge  zum  Hirten  ins  Thal 
Es  sieht  sie  der  Hirte,  es  sieht  sie  die  Heerde 
40  Sie  hüpfet  vor  Wollust  zum  Hirten  im  Klee. 

O  Freude,  du  würdige  Tochter  des  Himmels 
Wie  billig  gefallt  dir  der  blühende  Lenz 
Er  scherzet,  umarmet  und  küßet  die  Schöne 
Es  aehns  nur  die  Schäfer,  die  Wälder,  und  ich. 

45  Es  sehns  auch  die  Nymfen  im  Kohre  am  Ufer, 
Sie  wünschen  sich  selber  den  feurigen  Kuß. 
Geht,  furchtsame  Mädgens,  er  wird  sichs  nicht  weigern, 
Und  seine  Vertraute  vernietete  ihm  nicht. 

Wie  geitzen  die  Lippen,  wie  rauschen  die  Küße 
50  Wie  hurtig  vertheilt  sie  der  kräftige  Mund. 

0  dürft  ich  ihn  helfen!  Wie  wolt  ich  —  —  o  Muse 
Es  küßt  nicht  der  Früling,  es  küßt  nur  mein  Freund! 

Mercken  sie  wohl  daß  ich  aufgehöret  habe  zu  singen,  weil 
ich  nicht  mehr  fortgekont  habe;  denn  sonst  hätte  ich  ihnen 
noch  gern  meine  Begierde  sie  zu  küßen  vorsingen  wollen !  Ich 
schreibe  alles,  wie  es  mir  in  die  Feder  komt.  Wollen  sie  es 
doch  so  haben!  Es  ist  eine  Comedie  gedruckt :  Die  Geistlichen 
auf  dem  Lande.  Den  Augenblick  erhalt  ich  Nafch]richt  daß 
sie  von  einem  meiner  Bekanten  nahmens  Krüger  gemacht  ist 
Sie  soll  in  Berlin  aufsehen  machen.  Ich  habe  sie  noch  nicht 
gesehen.  Die  Schönemannische  Schaubühue  hat  überhaupt 
bisher  mehrentheils  neue  und  gute  Stücke  aufgeführt.  HE. 
Bielefeld  aus  Hamburg  der  an  Hofe  eine  Bedienung  hat  und 

31  Zuerat:  sie.       50  Zuerst:  Zärtliche  Lenz. 


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geadelt  worden,  hat  die  Beschwerlichkeiten  des  Hofes  gemacht 
welche  viel  Beyfall  erhalten.  (Es  ist  eben  der,  welcher  letz- 
tens den  Montesquiou  de  la  grandeur  des  Romains  übersetzt 
hat.)  HE.  Dreyer  hat  ein  Stück  :  Der  Freyniäurer  gemacht, 
vor  welches  er  zum  Gratial  selbst  in  die  Zahl  dieser  Gesell- 
schaft aufgenommen  ist.  HE.  Naumann  hat  unterschiedene 
Uebersetzungen  gemacht,  wovon  letztens  der  Schmeichler  auf- 
geführt ist.  Ich  bin  bisher  wieder  meinen  Willen  abgehalten 
worden,  herüber  zu  reisen,  und  weil  mir  Schönemann  Hofnung 
machte,  daß  er  selbst  nach  Potsdam  kommen  würde,  so  habe 
mein  Verlangen  neue  Stücke  zu  sehen  bis  dahin  aufgeschoben. 
Der  blöde  Schäfer,  welchen  ich  ihnen  nach  Halle  überschicken 
wolte,  hat  vorige  Woche  3  mahl  müßen  wiederholet  werden, 
woraus  ich  urtheile,  daß  die  Acteurs  daß  ihrige  thun  müßen. 
HE.  Dreyer  ist  auf  der  Meße  in  Leipzig  gewesen.  Ich  habe 
ihn  bey  seiner  Durchreise  hier  nur  Va  Stuude  gesprochen,  in- 
deßen  hat  er  mir  viel  erzählet,  noch  mehr  aber  zu  erzählen 
aufschieben  müßen.  Er  hat  sich  3  mahl  bey  HE.  Gottsched 
melden  laßen  aber  sowohl  von  ihm  als  von  HE.  Schwaben 
abschlägige  Antwort  bekommen.  Er  hat  daher  sich  nicht 
entbrechen  können  einen  Leberreim  zurückzulaßen.  Welcher 
aber  zu  grob  gerathen  ist,  als  daß  sie  ihn  bey  einer  Gelegen- 
heit in  Gesellschaft  brauchen  könten:  Doch  ich  will  ihn 
hersetzen : 

Die  Leber  ist  vom  Hecht,  und  nicht  von  einem  Schimmel 
Victoria  ist  dumm  und  Gottsched  ist  ein  L — 
Ich  weiß  schon  daß  ihre  Meinung  von  dem  Streite  zwischen 
Gottsched  und  den  Schweitzern  mit  der  meinigen  übereinkomt. 
Sie  machen  sich  beyde  bey  den  Vernünftigen  lächerlich.  Ich 
bin  es  schon  überdrüßig  alle  die  Poßen  zu  lesen,  zu  welchen 
dieser  Federkrieg  Anlaß  gegeben.  Die  Partheylichkeiten  sind 
handgreiflich.  Haben  sie  des  HE.  v.  Liscovs  Vorrede  gelesen 
zu  Heineckens  Longin?  Er  hat  in  derselben,  da  er  aus  den 
Belustigungen  schlechte  Stücke  anführen  will,  die  Einbildungs- 
kraft von  HE  Rudnick,  oben  angesetzt.  Was  würde  geschehen 
seyn,  wenn  er  wüste  daß  dieses  eine  Satyre  auf  Gottsched 
sey?  HE.  Naumann  hat  es  an  Liscov  schreiben  wollen,  ich 
weiß  nicht,  ob  es  geschehen  ist.  In  Berlin  ist  gleichfalls  eine 


54 


Schrift  wieder  Gottsched  herausgekommen.  Ich  vermuthe,  der 
Verfaßer  davon  werde  Pyra  seyn.  Vielleicht  betrüge  ich  mich. 
Ich  habe  sie  noch  nicht  gelesen.  Wenn  ihnen  in  Zukunft  mit 
dergleichen  Nachrichten  gedienet  ist,  werde  ich  mehrere  zu  er- 
fahren suchen,  damit  ich  mehr  mittheilen  kan.  Die  neue 
Schrift  der  Schweitzer  von  der  theatralischen  Dichtkunst  der 
Neuberin  zugeschrieben,  soll  hie  und  da  sehr  stachlicht  seyn. 
HE.  v.  Hagedorn  hat  ein  Gedicht  auf  2  Bogen  drucken  laßen 
welches  er  mir  zugeschickt.  Es  heißt  die  Glückseligkeit.  Ich 
wolte  es  mitschicken ,  wenn  ich  es  mehr  als  einmahl  hätte. 
Wenn  sie  es  dort  nicht  haben  können  so  will  ich  es  künftig 
mittheilen,  wenn  sie  befehlen.  Der  Gelehrte,  welchen  sie  in 
den  Hamburg.fischen]  Zeitungen  werden  gelesen  haben  ist 
gleich fals  von  ihm.  Sie  werden  leicht  genierckt  haben  ,  daß 
es  ein  Portrait  von  HE.  Pr.  Gottsched  seyn  soll.  Dieser  arme 
Mann  wird  von  Niemand  mehr  verschont.  Sein  Credit  soll 
auch  in  Leipzig  sehr  gefallen  seyn.  Haben  sie  keine  Bekant- 
schaft  mit  ihm  gehabt,  als  sie  in  Leipzig  gewesen  sind  ?  Ver- 
mutlich kennen1)  sie  die  vornehmsten  Verfaßer  der  Belusti- 
gungen. Geben  sie  mir  doch  eine  kurtze  Nachricht  davon, 
Ich  möchte  ohnedem  gern  etwas  mehr  von  ihrem  Lebenslaufe 
in  Leipzig  wißen.  Es  ist  letztens  in  Berlin  ein  junger  Poet 
nahmens  Stahl  ein  Vetter  von  mir  gestorben,  auf  deßen  Tod 
HE.  Straube  ein  langes  Gedicht  gemacht  hat.  Er  hat  darin 
versprochen  fromm  zu  werden.  Er  hat  sich  vielleicht  dieser- 
halb  aus  Berlin  weggemacht  und  sich  nach  Breßlau  in  seine 
Vaterstadt  zurück  begeben.  Ich  wolte  ihnen  gern  den  Ca- 
racter  dieses  Poeten,  bekant  machen,  aber  ich  fürchte,  er  werde 
mir  nicht  gerathen.  Die  Caractere,  welche  so  selten  anzutreffen 
sind,  sind  schwerer,  als  die  gewöhnlichen.  Und  ich  kan  die 
gewöhnlichen  nicht  gut  treffen.  Stellen  sie  sich  einen  magern 
Körper  vor  mit  einem  noch  magerern  Gesichte,  deßen  Haare 
so  weit  von  den  Angenehmen  entfernt  sind,  welches  die  Locken 
an  sich  haben,  wie  die  wilden  Haare  der  Husaren  von  dem 
ordentlichen  Putz  der  preußischen  Grenadiere.  2.  Schwarze 
Augen,  einen  Schwartzen  Bart,  der  täglich  so  stark  wächst  wie 

1)  Im  original:  können. 


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-  -  -  -  ich  habe  nicht  Farben  genug  mein  Gemälilde  zu 
stände  zu  bringen,  und  ich  bin  auch  zu  ungeduldig  dazu.  Ein 
Mensch,  der  nichts  will,  was  sie  wollen,  würde  ihnen  der  sehr 

angenehm  seyn?  Es  ist  ja  eine  Sainlung  vou  Schriften 

und  Gedichten  herausgekommen  bey  Gelegenheit  eines  Jubel- 
festes des  HE.  Grafen  von  Mauteufel.  Haben  sie  auch  An- 
theil  daran  ?  Ihre  Ode  auf  den  Früling  bringt  mich  auf  diese 
Muthmaßung.  Haben  sie  mit  den  HE.  Grafen  von  Manteufel 
Connexion?  Ich  hatte  vor  einiger  Zeit  Gelegenheit  ihm  bekant 
zu  werden,  aber  meine  Kranckheit  verhinderte  mich  daran.  In 
Hamburg  komt  eine  Wochenschrift  heraus  unter  den  Titul : 
Der  Herrenhuther.  Der  Verfaßer  soll  Naumann  heißen.  Ich 
habe  noch  nichts  davon  gesehen.  Ich  könte  ihnen  ein  Gedicht 
mittheilen  auf  die  Herrenhuther  an  den  HE.  Graf  v.  Ziuzen- 
dorf :  Hier  haben  sie  2  Zeilen  daraus: 

Und  könt  ein  Schu,  den  lieben  Engeln  nutzen, 
So  solt  er  gar  die  Schu  im  Himmel  putzen. 
Wenn  sie  einen  Freund  haben  ,  den  sie  von  dieser  Secte  ab- 
wendig machen  wollen,  so  will  ich  ihnen  das  Gedicht  über- 
schicken. 

Ich  muß  noch  mehr  schreiben.  Letztens  habe  ich  mitten 
unter  Prinzen  an  der  Seite  des  Königs  einen  Poeten  gesehen. 
Wißen  Sie  wen?  Es  war  kein  Deutscher.  Es  war  Voltaire. 
Soll  ich  ihnen  sagen,  was  er  mit  dem  Hertzog  von  Holstein 
sprach  als  er  die  Kirchenparade  mit  ansähe?  Er  frug  ob  bey 
Molwitz  die  Hautboisten  keine  falsche  Thöne  angegeben  hätten  ? 
Meinen  sie  daß  dis  auch  ein  geringerer  Poet  hätte  fragen  kön- 
nen ?  Indeßen  wurde  er  bewundert  und  reich  beschenckt  reiste 
er  plötzlich  von  hier  weg,  da  ich  eben  im  Begrif  war  ihm 
meine  Aufwartung  zu  machen.  Sie  werden  ihn  vermuthlich 
in  Anspach  gesehen  haben.  Er  hat  ja  daselbst  ein  Gedicht 
im  Nahmen  einer  Prinzeßin  gemacht.  Ich  habe  es  noch  nicht 
gesehen.  Kan  ich  es  von  ihnen  bekommen?  Sie  werden  in 
Anspach  Gelegenheit  haben,  denen  Schönen  viel  Artiges  fran- 
zösisch vorzusagen.  Ich  habe  dis  entweder  niemahls  gekont, 
oder  ich  habe  doch  vieles  verlernet  seitdem  ich  mehr  italiä- 
nisch  gesprochen  habe.  In  Herlin  sind  bereits  2  neue  Opern 
fertig.    Die  Divertißemens  werden  aber  doch  nicht  vor  dem 


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December  angehen.  Es  ist  jetzo  nur  alle  Mitwoche  französische 
Comedie.  Die  Acteurs  sind  nicht  die  besten.  Vorige  Woche 
sind  etliche  neue  Castraten  angekommen,  mit  welchen  aber  der 
König  nicht  sonderlich  zufrieden  ist.  Hier  ist  jetzo  alle  Abend 
Concert,  wozu  aber  auch  nicht  einmahl  ein  Prinz  ohne  Er- 
laubniß  gelaßen  wird.  Noch  eins:  Die  neue  Academie  von 
welcher  bisher  so  viel  gesprochen  ist,  ist  endlich  etablirt,  dochf 
wie  man  sagt  noch  nicht  im  völligen  stände.  Francheville, 
von  dem  nachfolgendes  Epigramma  handelt  hat  eine  Ode  drauf 
gemacht.  Er  ist  sonst  ein  starcker  Financier  und  schrieb  vor 
2  Jahren  den  Espion  turc,  der  in  Franckfurth  confiscirt  wurde. 

0  ciel!  quelle  foule  d' An  teure  

Hier  haben  sie  noch  eine  Ueberechrift:  Sur  TAntimachiavel 
publik  par  Voltaire. 

Des  auteurs  aßez  meprisables  —  —  — 
NB.1)  Das  Gedicht  an  Sie  hat  kein  Gleim  gemacht.  Er 
wolte  es  thun  aber  er  befand  sich  zu  schwach,  daher  ward  es 
von  ihm  dem  HE.  v.  Kl.[eist|  aufgetragen.  Ich  bin  mit  ihru 
zufrieden.  Wenn  er  sie  so  gut  gekant  hätte,  wie  ich,  so  wäre 
er  noch  begieriger  nach  ihren  Küßen  gewesen.  Sehen  sie  dis 
vor  keinen  Schertz  an,  oder  befehlen  Sie  dem  HE.  v.  Kl.[eist] 
selbst,  Ihnen  das  Ratzel  aufzulösen.  Wenn  das  Paquet  nicht 
zu  groß  wird ,  sollen  sie  ein  philosophisches  Gebet  von  ihm 
lesen.  Eine  Bitte:  Machen  sie  doch  ein  Dutzend  philos.  Ge- 
beten. Herr  von  Kleist  will  gern  ein  philosoph.  Gebetbuch 
drucken  laßen,  und  er  betet  selbst  nicht  fleißig.  Sie  mtißen 
ihm  helfen.  Ich  werde  es  auch  thun.  Es  ist  dieses  der  gröste 
Ernst  von  der  Welt,  und  ich  werde  böse  werden,  wenn  sie 
mir  keinen  Versuch  schicken. 

15.  Gleim  an  Uz. 

Unschätzbarer  Freund, 

Sie  haben  mich  durch  ihr  nnvermuthetes  Schreiben  von 
einem  Flußfieber  befreyet.  —  Ich  bin  ihrer  Muse  un- 
endlichen Dauck  schuldig,  daß  Sie  ihnen  angerathen  hat  mir 

1)  Der  folgende  absatz  ist  später  zugeschrieben. 


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57 


einige  ihrer  Meisterstücke  mitzutheilen.  Aber,  mein  Wehrte- 
ster, ich  habe  sie  nur  zwey  mahl  gelesen ,  und  kan  es  jetzt 
nicht  mehr,  da  ich  sie  gern  auswendig  lernen  wolte.  Wie  un- 
glücklich bin  ich  nicht.  Ich  muß  es  nur  sagen,  sie  sind  eben 
aufgeräumet.  Ihre  Gedichte  sind  mir  weggekommen.  Ich  lag 
eben  im  Bette,  als  ich  sie  bekam,  und  weil  ich  einigen  Be- 
such von  Officiers  hatte,  so  glaube  ich,  daß  sie  mir  ein  loser 
Schelm,  zu  meinem  grösten  Verlust,  wegpracticirt  hat.  Ich 
habe  mir  alle  Mühe  gegeben,  es  auszuforschen,  aber  vergeb- 
lich. Werden  Sie  diesen  Verlust  nicht  ersetzen?  Ich  erwarte 
eine  neue  Abschrift,  mit  100  andern  Meisterstücken  begleitet, 
so  gewiß,  als  mich  heute  Doris  an  der  Tafel  an  ihrer  Seite 
erwartet.  —  —  —  Sie  empfangen  einen  Brief  anbey  der  älter 
ist,  als  ihre  Bekantschaft  mit  der  Margaris.  Mir  deucht,  sie 
.sind  noch  nicht  in  Anspach  gewesen,  als  ich  ihn  angefangen 
habe.  Wenn  ehe  er  geschloßen  ist  das  weis  ich  selbst  nicht. 
Dieser  alte  Brief  wird  ihnen  nicht  entsetzlich  gewesen  seyn. 
Aber  haben  sie  sich  nicht  über  die  6  Bogen  entsetzet?  Ohne 
Zweifel  werden  sie  Krebssteine  nöthig  gehabt  haben? 

In  der  That,  mein  Wehrtester,  ich  zittere,  wenn  ich  an 
meine  Verwegenheit  gedencke,  und  wie  viel  Ursache  haben  sie 
auf  dieselbe  loßzuziehen  ?  Gehen  Sie  gnädig  mit  mir  um.  Ich 
bin  in  eben  den  Umständen,  in  welchen  sich  ein  Mädgen  be- 
findet, welches  zu  viel  geküßet  hat.  Ich  werde  die  nachthei- 
ligsten, die  schimpflichsten  Urtheile  geduldig  anhören  müßen. 
Ich  werde  Ihnen  nicht  erzählen,  was  mich  so  verwegen  ge- 
macht hat,  unreife  Geburten  in  die  Welt  zu  schicken.  Ich 
werde  sie  nur  bitten,  meine  Verwegenheit  bey  Bich  selbst  zu 
rechtfertigen,  damit  ich  ihre  unschätzbare  Freundschaft  nicht 
verliere,  und  mich  zu  trösten.  Oder  wollen  sie  noch  mehr 
thun  ?  Thun  Sie,  alß  wenn  die  elenden  Proben  noch  lesens- 
werth  gewesen  wären,  welches  geschehen  wird,  wenn  sie  die 
elendesten  Stellen  anzeigen,  die  besten  verbeßern,  und  abson- 
derlich mit  dem  Liede  Geduld  haben,  über  welchen  ihr  Nähme 
aus  Verwegenheit  als  ein  Zierrath  gesetzt  ist.  Vergeben  sie 
mir  meine  Sünde,  daß  er  über  einen  Stümperwerck  stehet. 
Sehen  sie  nur  auf  das  hertzliche  Verlangen  sie  zu  küßeu,  wel- 
ches mich  verwegen  gemacht  hatte.    Wenn  Sie  mich  durch 


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ihre  Beurteilung  vollkomner  machen,  so  soll  ihr  Name  nie- 
mahls  wieder  beschimpfet  werden.  —  —  —  Ich  will  ihnen 
den  Freund  kennen  lehren,  welchem  das  dritte  Lied  gewidmet 
ist.  Er  ist  PremierLieutnant  unter  dem  Prinz  Heinrichschen 
Regiment.  Es  fehlt  ihm  keine  von  den  Eigenschaften,  die 
ein  vollkomner  Freund  haben  muß.  Er  ist  Ihnen  ähnlich. 
Er  hat  eine  gründliche  Einsicht  in  die  ftirnehmsten  Wißen- 
scbaften.  Die  Poesie  ist  seine  Belustigung.  Ich  wolte  eine 
Probe  mitschicken,  wenn  ich  Erlaubniß  erhalten  könte.  In- 
dexen soll  ich  Ihnen  versichern,  daß  der  HE.  v.  Kleist  ein 
Verehrer  ihrer  Verdienste  sey.  Sie  hätten  mir  es  nicht  sagen 
dürfen,  daß  sie  der  Verfaßer  vom  Lobgesang  des  Frühlings 
sind.  Wer  könte  es  wohl  sonst  seyn,  als  sie?  Ist  wohl  ein 
Stück  in  den  Belustigungen,  das  den  Vorzug  vor  dem  ihrigen 
verlangen  kan?  VVarhaftig  keines.  Dieses  Urtheil  fället  der 
UErr  v.  Kleist  und  ich.  Wir  haben  es  von  seinen  Nach- 
baren getrennet,  weil  es  eine  beßere  Gesellschaft  verdiente. 
Ich  habe  es  bei  den  Haller  binden  laßen,  und  der  HE.  v.  Kleist 
zu  Hosts  Erzählungen.  Ehe  ich  es  vergeße,  muß  ich  ein  bis- 
gen  ausschweifen.  Ich  habe  dem  HK.  v.  Kleist  die  Verdienste 
und  den  Caracter  des  HE.  Rudnicks  empfindlich  gemacht.  Er 
hat  mit  ihm  in  Danzig  studiret,  und  wundert  sich,  über  seine 
Geschicklichkeit,  welche  er  damahls  nicht  in  ihm  gesucht 
hätte.  Ich  habe  ihm  gesagt,  daß  ich  und  sie  Freunde  von 
ihm  gewesen,  und  daß  noch  einige  Stücke  von  seiner  Poesie 
übrig  wären.  Ich  habe  ihm  den  Vorwurf  der  Einbildungs- 
Kraft  vorgelesen,  in  welchen  er  eine  Aehnlichkeit  mit  S.  Evre- 
mont  Art  zu  dencken  entdeckte.  Wißen  Sie,  was  mein  Freund 
von  uns  verlanget?  Er  will  wir  sollen  HE.  Rudnick  Ge- 
dächtniß  nicht  unverantwortlich  ungestiftet  laßen.  Er  wün- 
schet, daß  wir  die  von  ihm  übrigen  Stücke,  so  wenig  deren 
auch  seyn  möchten,  möchten  zusammen  drucken  laßen.  Damit 
es  ein  bequemes  Bändgen  würde,  könte  man  ja  einige  andere 
Stücke  hinzuthun.  Sie  würden  schon  einen  Vorrath  haben. 
Er  hat  mich  gebeten,  daß  ich  sie,  zur  Antwort  auf  diesen 
Punct,  nöthigen  möchte.  Ich  bin  bereit,  alles  einzugehen,  was 
Sie  vor  gut  befinden  werden.  Wenn  sie  wollen,  daß  der  Druck 
hier  geschehen  soll,  so  körnt  es  drauf  an,  wie  ihnen  der  Druck 


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59 


der  schertzhaften  Lieder  gefallt?  Es  ist  ein  potstammischer. 
Das  bequemste  ist,  daß  man  nicht  nöthig  hat,  einem  Censor 
gute  Worte  zu  geben.  Denn  es  wird  hier  alles  ohne  Censur 
gedruckt.  Ich  würde  alsdenn  einige  Stücke  zu  den  Itudnick- 
schen  fügen ,  welche  nicht  leicht  ein  Censor  würde  paßiren 
laßen.  Ich  werde  Ihnen  die  Schäferwelt  zur  Probe  überschicken, 
welche  so  wohl  am  Hofe  als  in  Berlin  viel  Vertheidiger  und 
Lästerer  gefunden  hat.  Es  weiß  aber  Niemand,  als  HE.  v.  Kleist 
und  Rittmeister  Adler  und  Sie  den  Verftjßer.  Ich  habe  seit- 
dem auch  die  Bürgerwelt  zustande  gebracht,  welcher  HE. 
v.  Kleist  den  Vorzug  giebt.  Die  elenden  Abschriften  welche 
mit  Anmerkungen  herum  gehen,  nöthigen  mich  fast  zum  Druck. 
Sie  werden  sich  über  die  Menge  Scartequen,  welche  ich  Ihnen 
ubersende  beschweren.  Sie  bekommen  auch  den  blöden  Schäfer 
KU  lesen.  Er  ist  gleichfals  von  mir,  welches  ich  nicht  ge- 
stehen würde,  wenn  ich  nicht  überzeugt  wäre,  daß  sie  es  dem- 
ohngeachtet  unparteyisch  beurtheilen  werden.  Ich  habe  viele 
Stellen  verändert,  welche  ich  aber  dismahl  nicht  habe  an- 
mercken  können,  weil  ich  es  hätte  müßen  ganz  abschreiben 
laßen.  Der  blöde  Schäfer  so  wohl  als  sein  Compagnon  der 
dreiste  sind  bereits  sehr  oft  aufgeführt,  ich  habe  aber  nur 
den  blöden  gesehn.  Er  nahm  sich  ziemlich  aus,  und  konte 
ich  mit  der  Vorstellung  zufrieden  sejn.  In  Berlin  hat  ihn 
Schönemann  über  40  mahl  aufgeführt,  und  wie  er  mir  aus 
Breslau  geschrieben,  findet  die  Vorstellung  dort  gleichfals  Bei- 
fall. Indeßeu  ist  die  Schreibart  doch  gottschedisch.  Wie  viel 
größer  würde  der  Beifall  seyn,  wenn  die  Schreibart  der  ih- 
rigen ähnlich  wäre.  Ich  muß  Ihnen  doch  einen  Plan  von  den 
Schäferspielen  geben.  Ich  setzte  mir  vor,  eine  ganze  neue  Art 
von  Schauspielen  zu  versuchen.  Nemlich  es  solten  drey  ein- 
zelne Stücke  nur  ein  ganzes  Hauptstück  aus  machen.  Der  blöde 
Schäfer,  der  dreiste  Schäfer,  und  der  kluge,  waren  die  drey 
Helden,  des  Schauspiels.  Jedes  Schäferspiel  solte  vor  sich  ge- 
spielet werden  können,  und  auch  alle  3  zusammen  ohnbeachtet 
der  Fabel,  und  der  Erzählung.  Welches  ich  auch  mit  den 
zwey  ersten  ausgeführet  habe.  Den  klugen  habe  ich  ange- 
fangen aber  ich  zweifele,  daß  er  fertig  werden  wird,  es  müste 
denn  seyn,  daß  mich  ein  mahl  ein  kluger  Schäfer  wie  sie, 


60 


durch  Gewinnung  der  Sprödesten  dazu  aufmunterte,  und  meine 
Erfind ungsKraft  belebte.  Aber  dennoch  würde  ich  mich  noch 
nicht  völlig  entschließen.  Denn  ich  muß  erst  so  schön  schrei- 
ben lernen  wie  Sie,  in  ihrem  Lobgesange.  Ich  und  der  HE. 
v.  Kleist  sind  ihre  Neider.  Aber  wir  mißgönnen  Ihnen  des- 
wegen ihre  Vollkommenheiten  nicht,  nein,  sondern  wir  bewun- 
dern Sie,  und  ich  schätze  mich  glücklich  daß  ich  einen  so 
vollkomnen  Freund  habe.  —  —  — 

Das  Sylbenmaaß  zu  ihrem  Lobgesang  ist  unvergleichlich. 
Sie  müßen  es  aber  zu  keinen  Heldengedichte  auf  Prinz  Matthews 
Carl  gebrauchen,  ohngeacht  Virgils:  Arma  virumque  cano  p 
eben  so  viel  muntere  Füße  zum  Tanze  hat.  Wenn  ich  wieder 
die  Ehre  habe  an  Sie  zu  schreiben,  will  ich  ein  ander  Genus 
nach  lateinscher  Art  mitschicken.  Ich  weiß  nicht,  ob  ich  Sie 
in  meiner  Ode  nachgeahmet  habe  oder  nicht.  Ich  muß  Ihnen 
sagen,  daß  dies  das  einzige  Stück  ist  welches  ich  dem  Belustiger 
geschickt  habe.  Ich  lobe  seine  Einsicht,  daß  er  es  wegen  seiner 
Unvollkommenheiten  nicht  vor  druckbar  gehalten  hat.  Er  bat 
es  nun  schon  V2  Jahr.  Warum  haben  Sie  mir  die  verbeßerte 
Edition  des  Lobgesangs  nicht  mitschicken  wollen.  Ich  hätte 
so  gern  daraus  gesehen,  ob  es  noch  möglich  sey,  denselben 
zu  verbeßern.  Ich  erwarte  sie  ohnfehlbar  in  dem  ersten  Cou- 
vert  von  ihnen.  Mir  deucht  ich  habe  ihnen  schon  geschrieben, 
daß  ich  Voltairen  gesehen  habe.  Weil  ich  sie  gern  viel  über- 
schicken will,  damit  sie  es  eben  so  machen  sollen,  so  über- 
sende auch  einen  französ[isjchen  Brief  so  von  ihm  geschrieben 
ist  als  er  hier  war.  Fällen  sie  doch  ihr  Urtheil  davon.  Von 
der  Academie  kan  ich  nicht  viel  melden.  Es  ist  die  bisherige 
mit  der  neuen  des  itzigen  Königs  vereinigt  worden,  und  man 
hat  ihr  einige  Apartemen ts  auf  den  Schloße  in  Berlin  einge- 
räumet,  woselbst  auch  letztens  das  erste  öffentliche  Experiment 
de  electricitate  gemacht  worden  ist.  Man  sagt  der  König 
werden  einen  Fond  zu  Salariis  anweisen.  Dis  ist  alles  was 
ich  weis.  HE.  Lamprecht,  HE.  v.  Bilefeld,  Major  v.  Hum- 
bert, Marquis  d' Argens,  Francheville,  HE.  Lieberkühn  (ein 
sehr  großer  Medicus  et  Mathematicus,  mit  deßen  Bruder  der 
hier  Prediger  ist,  ich  Bekantschaft  habe)  etc.  sind  unter  den 
neuen  Mitgliedern.    Wißen  sie  wohl,  daß  Pöllnitz  ein  Mönch 


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Ol 


geworden,  weil  er  ihrer  Gegend  näher  ist,  so  werden  sie  es 
vielleicht  beßer  wißen  als  ich.  Es  hat  ein  reiches  Frauen- 
Zimmer  Nein  zn  ihm  gesagt,  das  hat  ihn  so  desperat  ge- 
macht. 

Ich  glaube  nicht,  daß  ihnen  die  Comedie:  Die  Geistlichen 
auf  dem  Lande  des  feinen  Scherzes  wegen  gefallen  hat.  Der 
grobe  Scherz,  welcher  häufiger  darin  ist,  kan  ihnen  unmög- 
lich gefallen  haben.  Indeßen  sind  viel  Warheiten  deutsch  ge- 
sagt. Es  soll  dis  Stück  deßen  Verfaßer  Ihnen  nicht  unrecht 
genent  ist,  bereits  3  mahl  gedruckt  seyn,  ohngeachtet  der 
Verkauf  verboten  ist.  Der  Verfasser  ist  noch  Commediant 
unter  Schönemauns  Direction.  Er  ist  jetzo  in  Breslau.  Herr 
Pyra,  Conrector  am  Gymnasio  in  Berlin,  der  Verfaßer  vom 
Tempel  der  Dichtkunst  in  Versen  ohne  Reimen,  und  von  der 
unsichtbaren  Gesellschaft  hat  gleichfals  den  Beweiß,  daß  die 
gottschedische  Secte  den  Geschmack  verderbe  an  die  Verfaßer 
der  Bemühungen  in  Halle  gemacht.  Sie  haben  ihm  sehr  grob 
geantwortet.  Er  hat  mir  schriftlich  davon  Nachricht  gegeben, 
und  gemeldet  daß  er  sie  kurz  abfertigen  werde.  Die  Ueber- 
setzung  von  seinem  Virgil  geht  noch  gut  von  statten.  Er 
übersetzt  ihn  nun  in  Versen  mit  Keimen,  da,  wie  sie  wißen, 
die  Probe  in  den  critischen  Bey trägen  und  im  Breitinger  ohne 
Heimen  ist.  Was  er  mir  vorgelesen,  beschimpfte  Schwarzens 
Uebersetzung.  Er  war  willens  das  erste  Buch  diese  Ostern, 
mit  Anmerkungen  herauszugeben.  Die  Zeit  fallt  ihm  aber 
zu  kurz.  Er  hat  mich  zum  Druck  der  scherzhaften  Lieder 
aufgemuntert,  und  weil  ich  ihm  versicherte,  daß  mein  bester 
geschicktester  Freund  an  der  Uebersetzung  des  Anacreon  ar- 
beitete, bezeugte  er  über  die  Probe,  welche  ich  ihm  wieß,  ein 
großes  Vergnügen.  Es  ist  Schade,  daß  er  ein  Schulmann  ist. 
Ich  muß  noch  einen  Bogen  voll  schreiben,  wenn  ich  so  fort- 
fahre. Der  ehemahlige  Verfasser  der  Opern  Bottarelli,  welcher 
den  Anakreon  vertheidigt  haben  wolte,  ist  zum  Schelm  worden. 
Er  hat  in  Charlotten  bürg  Treßen  vom  Königlichen  Trohn  ge- 
schnitten, und  davor  ist  er  des  Landes  verwiesen.  Es  ist  noch 
kein  neuer  Poet  da.  Ich  übersende  hiebey  2  Stück  von  Grauns 

compositum.  Ich  bin  mit  HE.  Graun  Speciel  bekant. 

Ich  weiß  nicht  ob  die  Noten  richtig  geschrieben  sind.  Sie 


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werden  sie  verbeßern.  HE.  Naumann  hat  Hofnung  Regiments- 
QuartierMeister  in  Schlesien  zu  werden.  —  —  — 

Sie  sind  verbunden  mir  ihre  Poesien  noch  ein  mahl  zu 
Überschicken,  wenn  Sie  wollen,  daß  sie  meine  kleine  Brünette 
beurteilen  soll.  Herr  Dreyer  ist  Commißarius  vom  Herzog 
von  Mecklenburg  Streiitz  geworden  in  Berlin ,  und  ich  bin 
nichts  geworden.  Sind  sie  noch  Willens  nach  Franckfurth  zu 
gehen  ?  Grüßen  sie  meinen  Bruder  daselbst.  Er  ist  ein  Apo- 
thecker.  Wird  Sie  etwa  ihr  König  als  Gesandther  dahin 
schicken?  Nehmen  Sie  mich  doch  als  Secretair  mit.  Wiegern 
möchte  ich  von  einem  solchen  Principal  einen  Staatsbrief 
schreiben  lernen  !  Ich  wünsche  mir  das  Vergnügen,  bald  von 
ihrem  Glücke  die  Versicherung  zu  erhalten.  Ich  kan  Ihnen 
von  dem  meinigen  keine  geben,  denn  ich  habe  noch  keines 
gehabt.  Es  sind  hier  mehr  Versprecher  als  Worthalter,  und 
mehr  Bedienungen,  die  ich  nicht  haben  will,  als  solche,  die 
ich  verlange.  —  —  —  Warum  liegt  doch  Anspach  so  weit 
von  Berlin?  Es  solte  mir  an  der  Erfindung  eines  Luftschiffes 
nichts  gelegen  seyn,  wenn  ich  nicht  gedächte,  durch  Hülfe 

deßelben,  sie  so  oft  zu  besuchen,  als  ich  wolte.  Lesen 

sie  erst  die  Ursula,  ehe  sie  einschlafen. 

Ursula. 

Frau  Ursula  lag  auf  dem  Ster[be]bette 

Und  seufzt  und  sprach:  Wer  ist  doch,  der  mich  rette? 

Der  Priester  kam,  der  fromme  brave  Mann 

Der  seelig  preißt,  und  seelig  machen  kan. 
ö  Er  sang  zuerst  erbaulich  Sterbelieder 

Und  macht  es  drauf  wie  seine  Ordensbrüder. 

Was  rednerisch  und  was  pathetisch  heist, 

Das  lehrt  den  Mund  sein  feuervoller  Geist 

Der  im  Beruf  die  Amtspflicht  zu  erfüllen, 
10  Die  Stimm'  erhob  im  Tone  der  Postillen  : 

Ja,  wandert  nur  aus  diesem  Jammerthal 

Wo  nichts  als  Noth  und  Trübsahl  Überall. 

Ach!  liebe  Seel  entreiße  dich  der  Erden 

Du  solt  nun  bald  im  Himmel  Bürger  werden, 
lö  Ja,  Hebe  Frau,  entreißt,  entreißt  euch  nun 

Ihr  habt  ja  nur  noch  einen  Schritt  zu  thun. 

Ich  Beh  euch  schon  mit  einem  Fuß  im  Himmel 

Ach!  Ziehet  doch  aus  diesem  Weltgetümmel 


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Den  andern  nach.  Frau  Ursul  sprach:  Herr  Dehn 
Li)  Herr  Prediger,  sie  können  mich  so  sehn, 
Ich  schäme  mich  vor  Sie  und  diesen  Leuten 
Ich  möchte  so  nicht  gern  zum  Himmel  schreiten. 

Wem  wollen  sie  folgende  Grabschrift  setzen? 

In  diesem  Thal,  in  dieser  Todtenschaar 
Gesellet  sich  ein  Weiser  und  ein  Narr. 
Im  Leben  hieß  ein  Dichter  untertb&nig, 
Hier  wär  er  gern  ein  Sieger  und  ein  König, 
0  Wenn,  unbewust  des  Stolzes  und  der  Wuth 
Sanft  neben  ihm  ein  armer  Dichter  ruht. 
0!  Wenn  ich  nur  im  Grabe  wißen  könte 
Ob  mir  ein  Fürst  die  sanfte  Ruhe  gönte. 

Potsdam 
den  29*111  Martis. 
1744. 

16.  Uz  an  Gleim. 

Insonders  Hochgeehrtester  Herr  und  Freünd, 

Dero  Antwort  hat  völlig  mit  meinen  Wünschen  übereiu- 
getroifen ;  sie  hat  mir  das  empfindlichste  Vergnügen  gemacht. 
Sie  ist  lang,  und  lauter  angenehme  und  nützliche  Sachen  sind 
die  Ursache  dieser  Länge.  —  

Ich  sage  verbindlichsten  Dank  vor  die  Sammlung  der 
artigsten  Liederchen,  die  ich  jemals  gelesen,  die  Sie  mir  ver- 
ehret haben.  Niemand,  als  wer  wie  Sie,  mein  Werthester, 
Anacreons  schertzhaften  Geist  und  aufgeweckten  Witz  hat, 
darf  sich  erkühnen,  ein  ganzes  Buch  beynahe,  in  Anacreons 
reimlosen  Sylbenmase  zu  schreiben;  und  Ihre  Doris  muß  weit 
Über  den  gemeinen  Geschmuck  der  andern  Schönen  hinaus 
seyn,  die  es  einem  Liebhaber  nicht  verzeyhen  würden,  wenn 
er  bey  ihrem  Lobe  nicht  mit  den  Reimen  klingeln  wollte. 
Meinen  Beyfall,  wenn  er  von  einem  Gewichte  wäre,  haben  Sie 
gantz:  ich  glaube  gewiß,  daß  noch  kein  deütscher  Dichter 
der  edlen  Einfalt  des  Griechen  in  den  Liedern  so  nahe  ge- 

7  Ueber  , Grabe*  geschrieben:  Leben.  8  Ueber  .mir-  geschrie- 
ben: ihm,  dann  wiederhergestellt. 


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kommen,  als  Sie,  und  daß  durch  das  ungekünstelte  Sylben- 
maaß  die  naivete  Ihrer  Einfalle  noch  mehr  erhoben  wird.  Ich 
meines  Theiis  kann  mich  noch  nicht  unterstehen,  Meine  Mäd- 
gens  in  Liedern  ohne  Keimen  zu  lieben.  Das  machts  aber, 
weil  sie  keine  Berlinerinnen  sind,  und  weil  meine  Gedanken  der 
Hülfe  der  Reime  nicht  entbehren  können.  Ich  setze  mich  in 
die  Gefahr,  daß  Sie  dieses  abermals  von  mir  urtheilen  werden, 

da  ich  abermals  einige  von  meinen  Liedern  sende:  — 

Ich  schätze  mich  für  glücklich,  durch  Ihre  Lieder  meinen 
Namen  verewigen  zu  können,  da  Sie  demselben  eine  unverdiente 
Stelle  daselbst  gegeben  haben.  Was  für  eine  Ehre  für  mich  ? 
Ich  stehe  unter  lauter  Mädgens  und  schätzbaren  Freunden  von 
Ihnen.  Sie  haben  mich  einem  von  diesen  bekandt  gemacht, 
dessen  erhabner  Geist  und  feüriger  Witz  mir  aus  dem  über- 
sandten Lobe  der  Gottheit  sich  genugsam  zu  erkennen  gegeben 
hat.  Ich  bitte  demselben  meinen  gehorsamsten  Respeckt  zu 
vermelden,  und  zu  versichern,  daß  ich  es  als  ein  ungemeines 
Lob  für  meine  Poesie  ansehe,  von  einem  solchen  Kenner,  als 
der  Herr  von  Kleist  sind,  nicht  gantz  und  gar  verachtet  zu 
werden.  Wie  seelig  sind  Sie,  einen  Freünd  gefunden  zu  haben, 
der  so  seltne  Eigenschaften  besitzet,  als  dieser  hochachtungs- 
würdige Officier?  Aber,  sagen  Sie  mir  doch,  haben  Sie  seiner 
Feder  auch  eine  würdige  Beschäftigung  aufgetragen,  wenn 
Sie  dieselbe  mein  Lied  auf  den  Frühling  loben  lassen  ?  In 
der  That,  sie  beschämen  mich  beide  aus  der  massen  sehr:  ich 
kann  mir  nicht  einbilden,  daß,  da  Sie  beiderseits  so  chatie' 
und  nette  schreiben,  sie  ein  Lied  billigen  können,  in  welchem 
so  oft  ein  unangenehmes  Gewäsche  herscht,  welches^durch  all- 
zuwenig sinnreiches  verzeyhungswerth  gemacht  wird.  Ich  habe 
zwar  diesem  Fehler  abzuhelfen  gesucht,  und  daher  in  der  so 
genannten  verbesserten  Edition  desselben  vieles  hinweggewor- 
fen, welches  vielleicht  Materie  genug  zu  ein  Paar  andern 
Stücken  geben  kann  ;  und  auch  so  manches  geändert;  doch 
sieht  es  noch  nicht  so  aus,  daß  es  die  Augen  scharfer  Kenner 
ertragen  könnte,  weswegen  ich  dessen  Uebersendung  auf  ein 
andermal  verschiebe.  Der  blöde  Schäfer  hat  mich  und  noch 
mehrere,  denen  ich  ihn  vorgelesen,  ungemein  ergötzet.  Ich 
weiß  nicht,  ob  ich  ihn  vielleicht  wieder  zurück  hätte  senden 


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sollen  :  wann  dieses  ist,  so  bitte  ich  um  Vergebung,  daß  ich 
es  nicht  schon  gethan;  so  bald  Sie  mirs  aber  in  Dero  nächstem 
Schreiben  befehlen  werden,  soll  es  geschehen,  doch  mit  der 
Bedingung,  daß  Sie  ihn  drucken  lassen,  und  zwar  so,  daß  er  kann 
zu  Rosts  geraubten  Hammel,  welchen  ich  in  Leipzig  mit  unbe- 
schreiblichem Ergötzeu  habe  aufführen  sehen,  gebunden  werden. 

Die  neüe  Art  der  Schäferspiele,  woran  Sie  sich  gewaget; 
haben,  scheint  mir  angenehm  und  für  die  Schauspieler  bequem 
zu  seyn.  Was  mey[n]en  Sie  aber,  wenn  von  dreyen  Stücken 
ein  iedes  allein  ein  vollkommnes  Stück  ausmacht,  und  vor 
sich  bestehen  kann;  wird  nicht  etwan  ein  un vollkommnes 
Stücke  daraus,  wenn  sie  alle  drey  ein  einig  Gantzes  machen  ? 
Weil  das  Stück  alsdann  drey  verschiedene  Helden  bekömmt; 
so  scheint  die  Einheit  der  Handlung  noth  zu  leiden.  Doch 
ich  irre  mich  vielleicht ;  Welches  um  desto  leichter  geschehen 
kann,  da  ich  von  der  Theatralischen  Dichtkunst  wenig  Kennt- 
niß  habe;  und,  um  völlig  von  dieser  neüen  Art  aus  dem 
Grunde  unterrichtet  zu  seyn,  auch  die  beyden  andern  Stücke 
sehen  müßte.  Es  liegt  also  nur  an  Ihnen,  zu  machen,  daß 
ich  anders  urtheilen  muß:  lassen  Sie  das  gantze  Werk  drucken, 
und  verehren  mirs ;  alsdann  werde  ich  bessre  Einsicht  in  diese 
neüe  Art  erlangen.  Wenn  ich  einmal  in  jenem  Leben  (denn 
in  diesem  wird  es  wohl  kaum  gescheheu)  von  meinen  Schriften 
etwas  drucken  lasse;  so  will  ich  Ihnen  gleichfalls  ein  Ge- 
schenke damit  machen.  Der  Character  des  blöden  Schäfers 
ist  sehr  schön.  Der  Hirt  Filamor  scheint  mir  ein  wahrer 
Gleim  zu  seyn,  so  leich[t]fertig  und  in  der  Kunst  die  Mädgens 
zu  verführen,  geübt  ist  er.  Haben  Sie  ihn  aber  für  einen 
Schäfer  nicht  ein  bißgen  gar  zu  gelehrt  hierin  gemacht  ?  Geben 
Sie  der  Filinde  nicht  manchmal  Reden  in  den  Mund,  und 
lassen  sie  solche  Dinge  vornehmen,  welche  zwar  eine  galante 
Dame,  aber  keine  Hirtin,  welche  nach  der  angenommenen 
Meinung  vom  Schäferstande  voller  Einfalt  und  unfähig  zur 
Verstellung  seyn  soll,  geziemen  ?  Sie  wissen,  wie  Saint  Mard 
dem  Herrn  Fontenelle  verdacht,  daß  er  seinen  Schäferinnen 
Hofcharacteren  beygeleget ;  daß  er  sie  sich  verstellen  läßt, 
damit  sie  durch  eine  angenehme  Sprödigkeit  die  Schäfer  desto 
begieriger  machen;  und  dennoch  hat  auch  Ihre  I>mene  diese 

G  1  o  i  in  -  IT  «  |  Itriefwechiel.  • » 


60 


Maxime.  Ueberhaupt  von  den  heutigen  Schäfergedichten  ist 
dieses  mein  Urtheil :  ihre  Sprache  ist  voller  Einfalt,  aber  ihr 
Hertz  voller  Schalkheit  und  ihr  Geist  so  fein,  als  eines  Städters. 
Dieß  alles  macht  sie  zwar  sehr  reitzend  und  dem  Frauenzim- 
mer sehr  angenehm ;  aber  auch  denen  Schäfern  des  Virgils  so 
unähnlich,  daß  ich  gewiß  glaube,  wenn  jene  alten  wieder  auf- 
stehen und  die  neüern  sehen  sollten,  wenigstens  die  deütschen  ; 
sie  dieselben  nicht  erkennen  würden.  Deswegen  hab  ich  auch 
noch  nie  ein  Schäfergedicht,  so  großer  Liebhaber  ich  auch 
gleich  davon  bin,  gemacht:  ich  bin  wohl  zu  unschuldig  und 
nicht  lose  genug  dazu.  Sehen  Sie,  wie  unverschämt  ich  bin, 
da  ich  mich  unterstehe,  wider  etwas,  das  aus  Ihrer  Feder  ge- 
flossen, Zweifel  zu  erregen,  welches  ich  doch  nur  bewundern 
sollte.  Aber  dieses  geschieht  Ihnen  zum  Exempel  und  zur 
Nachfolge.  Schonen  Sie  mein  Geschmier  gleichfalls  nicht, 
woran  Sie  ja  genug  zu  tadeln  finden  müssen.  Ihre  Schäfer- 
welt hat  mir  sehr  gefallen.  Aber  ums  Himmels  willen,  Ist 
es  Ihnen  denn  in  Berlin  nicht  schädlich,  wenn  sie  so  frey  und 
beißend  schreiben,  als  Sie  es  in  diesem  Gedichte  und  auch  in 
einigen  Ihrer  Lieder  thun?  Ein  Rath,  ein  Schuft,  ein  Richter 
und  ein  Schelm,  p  Es  raubte  noch  kein  Mogul  und  kein 
Dieb  p  Ich  preise  Sie  glücklich,  wenn  in  Berlin  eine  so  ver- 
nünftige Freyheit  herrscht,  daß  ein  Dichter  wahre  und  schöne 
Gedanken  ohne  Gefahr  niederschreiben  kann,  wann  sie  gleich 
unangenehme  Wahrheiten  enthalten.  Die  Ursula,  die  Sie  mir 
tiberschickt  haben,  ist  freylich  um  ein  gut  Theil  besser,  als 
diejenige,  die  ich  in  der  Sammlung  nützlicher  Wahrheiten  laß. 
A  propos,  hat  denn  diese  Sammlung  mit  dem  ersten  Bande 
völlig  aufgehöret?  Ist  keine  andre  dergleichen  Wochenschrift 
an  ihre  Stelle  getreten  ?  Die  eigentliche  Absicht  der  beyge- 
ftigten  Grabschrift  ist  mir  verborgen :  wollen  Sie  mir  nicht 
einiges  Licht  geben?  Den  Punkt  wegen  Edirung  der  Rud- 
nickischen  Schriften  betreffend,  so  gebe  ich  nur  dieses  zu  be- 
denken :  da  das  wichtigste  Stück  beynahe  allgemeinen  Wider- 
spruch angetroffen  und  auch  ein  Mann,  dessen  satyrische  Aus- 
sprüche den  größten  Eindruck  bey  vielen  machen,  daßelbe 
verachtet  hat;  so  zweifle  ich,  ob,  wenigstens  für  dieses  Stück, 
viel  Glück  in  der  gelehrten  Welt  zu  hoffen  ist,  nachdem  es 


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die  Vorurtheile  bereits  wider  sich  hat.    Ks  ist  auch  in  der 
That  gar  zu  dunkel:  ein  Ratzel  muß  durch  einige  Ueber- 
legung  doch  können  aufgelöst  werden.  Ich  bin  aber  versichert, 
daß  Sie  so  wenig,  als  ich,  alle  Stellen  und  Allegorien  dieses 
Stückes  völlig  verstehen  werden;  und  dennoch  würden  wir 
nicht  so  viel  wissen ,  als  wir  wissen  ,  wann  uns  der  seelige 
Rudnick  nicht  so  manches  geoffenbart  hätte.    Ob  ausser  die- 
sem, und  dem  Briefe  von  der  Liebe,  nebst  der  Ode  in  Prosa, 
noch  viel  druckenswürdiges  vorhanden  sey;  weiß  ich  eben  nicht, 
es  müßte  denn  Herr  Götze  noch  mehr  besitzen,  von  dessen 
Aufenthalt  ich  aber  nicht  die  geringste  Nachricht  habe.  Dieses 
alles  zusammengenommen  kann  noch  kein  Buch  ausmachen, 
welches  den  Titul,  Rudnickische  Schriften,  verdiente.  Sollten 
sie  aber  in  eine  Art  von  Sammlung  gebracht  werden  * ;  so 
wäre  alsdann  meine  unvorgreifliche  Meinung,  daß  man  den 
Gegenstand  der  Einbildungskraft  abdrucken  ließe,  wie  er  an 
die  Leipziger  überschickt  worden  ist,  ohne  die  Lücken  auszu- 
füllen, und  ohne  die  Personen  zu  benennen,  auf  die  sie  zielt; 
ob  man  gleich  überhaupt  melden  könnte,  daß  es  hier  und  da 
satyrisch  und  das  die  eigentliche  Absicht  diese  sey,  einen  An- 
fänger in  der  Poesie  vorzustellen,  wie  derselbe  von  einem 
Fehler,  den  er  zu  vermeyden  gedenkt,  in  einen  andern  ver- 
fällt; allerhand  Lehrer  bekömmt,  die  ihm  aber  wenig  nutzen, 
biß  endlich  die  Philosophie  ihm  die  Augen  öfnet,  und  ihn  zu 
einem  guten  Poeten  macht.    Sagen  Sie,  daß  auf  Leipzig  ge- 
stichelt werde,  so  wird  Leipzig  parthey  wider  Sie  nehmen ; 
und  da  die  Ge[ge]nparthey  der  Leipziger  von  diesem  Stücke 
schon  einmal  nicht  allzuvortheilhaft  geurtheilt  hat,  so  kann 
sie,  wenn  sie  gleich  erfähret,  daß  es  gewissermassen  wider  die 
Leipziger  selbst  gerichtet  ist,  ohne  ihre  Partheylichkeit  zu  ver- 
rathen,  dieses  Urtheil  nicht  wieder  zurücknehmen:  dadurch 
wird  also,  bey  beyden  Factionen,  nicht  dieses  Stück  allein, 
sondern  auch  das  (ledächtniß  des  seeligen  Rudnicks  überhaupt, 
ja  auch  die  schönen  Stücke  selbst  von  Ihnen,  mein  Werthester, 
welche  Sie  diesen  Rudnickischen  Schriften  bey  fügen  wollen, 
Gefahr  laufen  verhaßt  zu  werden.    Ich  billige  aber  sehr,  daß 

*  Am  rande:  (Der  Potadanjuier  Druck  gefallt  mir  sehr  wohl) 

5* 


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68 

Sie  aus  tiberschri ebenen  Ursachen  Ihre  Schäferwelt  wollen 
drucken  lassen.  Thun  Sie  dieses  nur  auch  noch  mit  mehrern 
von  Ihren  Gedichten :  an  Beyfalle  wird  es  Ihnen  nicht  fehlen. 
Von  raeinen  Kleinigkeiten  hat  noch  keine  die  benöthigte  Reife 
bekommen :  Sie  müssen  sich  noch  so  lange  zu  Hause  aufhal- 
ten, biß  einmal  ein  so  Critikverständiger,  wie  Sie,  durch  seine 
Beurtheilungen  und  Verbesserungen  denenselben  die  Schönheit 
giebt,  die  sie  brauchen.  Haben  Sie  denn  meinen  Brief  aus 
Leipzig  erhalten,  dem  ich  die  falsche  addresse :  beym  Herrn 
Gouverneur  von  Schultz,  gab?  Aus  einigen  Orten  Ihres  Schrei- 
bens muß  ich  es  schließen ;  andere  wollen  mich  fast  das  Gegen - 
theil  glauben  machen.  Ich  hatte  demselben  ein  Paar  Lieder 
beygefügt,  wovon  das  eine  wieder  mitkömmt,  falls  Sie  es  etwa 
nicht  bekommen  hätten.  Mit  den  Verfassern  der  Belustigungen 
hab  ich  in  Leipzig  keine  Bekandtschaft  gehabt;  ich  hielt 
mich  daselbst  auf  als  ein  hällischer  Pursch,  sie  wissen,  wie 
die  es  machen.  Mit  Herrn  M.  Geliert  speisete  ich  einige  Zeit 
in  einem  Gasthofe;  Er  schien  mir  ein  gantz  artiger  Mensch 
zu  seyn,  nur  daß  er  zuweilen  etwas  affectirte*.  Mit  Herrn 
Graf  Manteüfel  hab  ich  auch  nicht  die  mindeste  Connexion. 
Ich  sah  ihn  etlichemal  dem  collegio  des  HE.  Geheimdenraths 
Wolfs  über  den  Grotium,  welches  ich  mithielt,  beywohnen; 
welches  mir  Gelegenheit  gab,  weil  ich  eben  an  den  Versen 
vor  dem  Lobe  des  Frühlings  arbeitete,  desselben  in  diesem 
Gedichte,  wo  der  Wahrheits-Freünde  erwähnt  wird,  rühmlichst 
zu  gedenken.  Bey  diesem  Hern  steht  Prof.  Gottsched  noch 
beständig  in  größter  Gnade,  welcher  manche  Stunde  mit  ihm 
zubringt.  Herr  Voltaire  ist  nicht  mit  in  Anspach  geweßen, 
sondern  ist  in  Bayreuth  mit  einem  Printzen  zurückgeblieben. 
Verse,  die  er  hier  im  Namen  einer  Prinzessin  gemacht  hätte, 
hab  ich  nicht  gesehen  :  diejenigen  aber,  die  ich  itzo  wieder  mit- 
schicke, hab  ich  schon  meinem  letztern  Schreiben  beygefügt 
gehabt.  Sie  werden  aber,  nebst  meinen  Liedern,  sie  vielleicht 

*  Am  rande:  (Wer  Bind  die  Verfaüer  der  Bemühungen  in  Halle, 
an  die  HE.  Pyra  seinen  Beweiß  gemacht;  Seine  Uebersetzung  vom 
Virgil  wünsch  ich  hald  zu  sehen) 

(In  der  Sammlung  wegen  des  Manteüfelischen  Jubelfestes  steht 
nichts  von  mir) 

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69 


verloren  haben,  weswegen  ich  noch  einmal  sie  mitschicke.  Den 
französischen  Brief  an  ihn  haben  Sie  vergessen  mitzuschicken: 
Ich  bitte  mir  ihn  auf  ein  andermal  aus.  Herr  von  Polnitz 
soll  kein  Mönch  geworden  seyn;  sondern  sich  noch  auf  den 
Gütern  der  Dame,  um  die  er  anhielt,  aufhalten,  weil  er  noch 
nicht  alle  Hofnung  verloren  haben  mag,  sie  zu  bekommen. 
Er  war  unlängst  in  Anspach,  und  wollte  dem  Herrn  Marc- 
grafen, aus  Noth,  eine  güldne  Uhr  ')  verkaufen  :  der  ihm  aber 
die  Uhr,  samt  dem  Preise,  den  er  davor  verlangte,  wieder  zu- 
schickte. Die  Neüberische  Bande,  wie  Sie  schon  wissen  wer- 
den, ist  Banqueroute  geworden.  Wie  wird  sich  Herr  Gott- 
sched nicht  gefreüt  haben,  der  auf  diese  Art  über  die  Neü- 
berin  triumphirt,  indem  er  ohnezweifel  zu  ihrem  Falle  vieles 
beygetragen  hat  ?  Die  Schönemannische  Bande  wird  nunmehr 
die  vornehmste  in  Deütschland,  sonderlich  da  so  viel  gelehrte 
Leüte  um  ihre  Aufnahm  sich  bemühen,  und  ihre  Bühne  mit 
schönen  Stücken  versehen.  Der  Gelehrte  des  Herrn  von  Hage- 
dorn ist  sehr  schön ;  nur  weiß  ich  nicht,  ob  die  Abschrift,  die 
Sie  mir  davon  überschickt  haben,  vollständig  ist.  Wann  ich 
dieses  Stück,  nebst  dem  von  der  Glückseligkeit,  bekommen 
könnte  gedruckt;  so  würde  mirs  am  liebsten  seyn.  Da  Sies 
aber  selbst  nur  einmal  besitzen;  so  können  Sies  nicht  missen, 
es  müßte  denn  seyn,  daß  es  im  Buchladen  zu  bekommen  wäre. 
Warum  schicken  Sie  mir  nichts  von  seinen  lustigen  Stücken? 
Sie  haben  mir  ja  versprochen,  seine  Art  zu  beten  zu  senden  ? 
Vergessen  Sies  ja  nicht.  Ich  hab  Ihnen  auch  einen  Morgen- 
segen gemacht,  weil  Sie  Gebete  von  mir  verlangen :  philoso- 
phisch will  ichs  nicht  nennen,  ob  es  gleich  mehr  als  philo- 
sophisch ist.  Es  ist  nach  den  principiis  der  Schäfermoral  in 
den  Belustigungen  geschrieben;  und  glaub  ich,  recht  aus  dem 
Hertzen  der  heütigen  Schäfer  gebetet  zu  haben.  Wird  HE. 
von  Hagedorn  seine  vermischten  Gedichte  oder  sonst  was  an- 
ders nicht  bald  in  Druck  geben?  Mit  Uebersendung  der 
Graunischen  Stücken  haben  Sie  mich  unendlich  verbunden: 
Nur  bedaure  ich,  daß  sie  etwas  zu  hoch  für  mich  seyn,  da 
eigentlich  von  mehrern  Instrumenten  und  der  Singstimme  ac- 
compagnirt  werden  muß,  wenn  sie  sich  in  ihrer  Stärke  zeigen 

l)  Im  original :  Ohr. 


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70 


sollen.  Könnten  Sie  also  etwas  bekommen,  daß  allein  aufs 
Claveein  gesetzt  ist,  wie  HE.  Graun  dergleichen  gemacht  hat, 
und  wollten  mirs  überschicken;  so  würde  ich  für  Freuden 
außer  mich  kommen.  Ich  besitze  nichts  von  ihm,  als  eine 
Fantasie.  Ich  schließe,  nachdem  ich  lange  genug  geschwatzt. 
Fahren  Sie  doch  fort,  mir  so  lange  und  angenehme  Briefe  zu 
überschicken,  insonderheit  aber  mich  zu  lieben;  und  seyn  ver- 
sichert, daß  ich  mit  der  zärtlichsten  Hochachtung  iederzeit  ver- 
bleiben werde, 

Insonders  Hochgeehrtester  Herr  und  Frefind, 


NB.  Da  Sie  mit  dem  Herrn  von  Hagedorn,  wie  es  scheint, 
Bekandtschaft  haben,  so  sind  Sie  ja  im  Stande,  mir  manchmal 
etwas  von  ihm  zu  schicken :  Thun  Sies  doch.  Dem  Herrn 
Naumann  bitt  ich  mich  gehorsamst  zu  empfehlen,  und  auch 
dem  Herrn  Schnell,  wann  Sie  ihn  etwa  sprechen  sollten.  Er 
ist  ein  Bruder  derer,  die  Sie  in  Halle  gekannt  haben.  

Wer  ist  der  Montgobert,  dessen  in  dem  epigranimate  über 
Francheville  [gedacht  wird]  ?  Was  haben  Sie  für  Nachrichten 
von  Prof.  Baumgarten  in  Frankfurth?  Wird  er  die  Philo- 
sophischen Briefe  nicht  fortsetzen,  oder  seine  encyclopaedie 
herausgeben  ? 


Hoch  und  Wehrtgeschätzter  Herr  und  Freund, 

Ich  werde  ihr  letzteres  Schreiben  dismahl  nicht  beantwor- 
ten, weil  ich  es  in  Potsdam  zurück  gelaßen,  und  folglich  vieles 
unbeantwortet  bleiben  würde.  Ich  werde  es  thun,  so  bald  ich 
nieine  Sachen  von  Potsdam  bekommen  werde.  Sie  werden 
sich  wundern,  mein  Wehrtester,  wenn  Sie  mein  bisheriges 
Schicksahl  vernehmen.  Ich  ward  vor  einigen  Monathen  Se- 
cretair  bey  einem  unvergleichlichen  Prinzen,  ich  begleitete  ihn 
nach  Böhmen,  wohnete  mit  ihm  der  Eroberung  Prags  bey, 

1)  Im  original  verschrieben:  1743. 


Ihr 


Anspach.  Den  1.  Juny. 
1744  1). 


ergebenster  Diener 
Uz. 


17.  Gleim  an  Uz. 


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und  habe  ihn  nunmehro  als  eine  Leiche  zurück  gebracht.  Sie 
werden  diese  traurige  Zeitung  bereits  aus  öffentlichen  Nach- 
richten wißen ,  aber  haben  sie  wohl  dran  gedacht,  daß  ihr 
Freund  zugleich  so  viel  verlohren  hat?  Ich  habe  die  Fürsten 
hochgeschätzt,  seitdem  ich  diesem  Prinzen  gedient  habe. 
Warum  müßen  doch  die  besten  dem  Kriege  zum  Opfer  dienen? 
Ich  mag  an  keine  Vorwürfe  gedencken,  sonst  würden  sie  einen 
Trauerbrief  zu  lesen  bekommen.  Sie  hätten  von  Prag  einen 
Brief  von  mir  erhalten,  wenn  ich  nicht  dis  Unglück  erlebt 
hätte.  Ich  weiß  nicht  was  ich  zuerst  schreiben  soll.  Wißen 
sie  schon  daß  Herr  Pyra,  der  Verfaßer  des  Erweises  daß  die 
gottschedische  Secte  den  Geschmack  verderbe,  des  Tempels 
der  Dichtkunst  und  der  unsichtbaren  Gesellschaft  gestorben 
ist?  Ich  hatte  kurtz  vor  seinem  Tode  eine  genaue  Bekant- 
schaft  mit  ihm  aufgerichtet,  und  er  ist  der,  welcher  mich  zum 
Druck  der  scherzhaften  Lieder  am  meisten  angespornt.  Es  ist 
mit  ihm  der  beste  Uebersetzer  des  Virgils  und  Homers  ge- 
storben. Er  ist  nur  bis  in  das  4i£  Buch  des  Aeneas  avancirt. 
Sonst  aber  hat  er  critische  Betrachtungen  über  den  Virgil 
hinterlaßen,  welche  Beyfall  verdienen.  Sie  würden  unver- 
gleichlich seyn,  wenn  er  sie  selbst  herausgegeben  hätte.  Ich 
weiß  noch  nicht,  ob  ich  es  thun  werde,  ohngeachtet  ich  von 
seinem  Bruder  sehr  drum  ersucht  worden.  Einige  Tage  vor 
seinem  Tode  bat  er  mich  um  meinen  Consens  die  scherzhaften 
Lieder  wieder  ein  nachtheiliges  Lob  der  Bemüher  in  Halle  zu 
vertheidigen.  Er  wolte  es  im  Nahmen  des  Mädgens  thun, 
welchem  die  Lieder  zugeschrieben  sind.  Herrn  Rost  den  Ver- 
fasser der  Schäfererzählungen  p  habe  ich  in  Dresden  besuchet, 
als  ich  zu  Pirna  zerbrochene  Häder  muste  flicken  laßen.  Ich 
erhielt  von  ihm  im  Lager  vor  Prag  ein  Schreiben,  welches 
den  Verlust  sehr  bedaurte,  den  er  in  der  Person  des  HErrn 
Pyra  gelitten.  Herr  v.  Liscov  war  eben  verreist,  sonst  hätte 
ich  das  Vergnügen  gehabt,  diesen  bösen  Mann  gleichfals  ken- 
nen zu  lernen.  Er  ist  Maitre  des  Kequetes  beym  König  von 
Pohlen.  HErr  von  Hagedorn  hat  mir  den  Schwätzer  zuge- 
schickt. Es  ist  eine  Nachahmung  einer  Satyre  des  Horatz. 
Sie  ist  unvergleichlich  aber  zu  lang  zum  Abschreiben.  Sie 
werden  sie  bald  in  einer  Samlung  von  ihm  finden.  Herr  Bod- 


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mer  bat  in  einem  Schreiben  an  HE  Pyra  die  scherzhaften 
Lieder  beurtheilt.  Ich  wolte  ihn  nicht  recht  geben  wenn  sie 
sie  nicht  gelobt  hätten.  Seitdem  ich  von  Prag  zarück  bin 
habe  ich  in  etlichen  Zeitungen  Urtheile  darüber  gefunden, 
welche  ich  vor  parteyisch  hielte,  wenn  die  Verfaßer  so  gute 
Freunde  von  mir  wären,  wie  Sie.  In  Bremen  kommen  neue 
Belustigungen  heraus  unter  dem  Titul:  Neue  Beytriige  zum 
Vergnügen  des  Verstandes  und  des  Witzes.  Herr  Naumann 
gibt  ihnen  den  Vorzug  vor  den  Leipzigern.  Lesen  sie  doch 
den  Fehlschuß  von  ihm  in  den  neusten  Stück  der  Belusti- 
gungen. Wie  fehlerhaft  ist  das  Gedicht,  an  Sie,  abgedruckt ! 
Wie  critisch  hat  es  HErr  Schwabe  verbeßert.  Geben  sie  mir 
doch  die  Erlaubniß,  ihren  Lobgesang  (die  neue  Edition  die 
sie  mir  zu  schicken  versprochen)  apart  mit  einigen  andern 
kleinen  Stücken  drucken  zu  laßen.  Ich  werde  nun  eine  Zeit- 
lang wieder  nichts  zu  thun  haben.  Die  letzteren  Meisterstücke 
von  ihrer  Muse  haben  den  HE.  v.  Kleist  völlig  in  sie  verliebt 
gemacht.  Er  kan  sie  alle  auswendig  und  wird  sie  jezt  den 
Mädgens  in  Prag  vorsagen.  Das  Prinz  Heinrichsche  Regiment 
liegt  daselbst  zur  Besatzung.  Ich  empfehle  ihnen  die  Böhmi- 
schen Mädgens  aufs  beste.  Sie  beschämen  Berlinerinnen.  Mein 
Madgen  ist  mit  mir  böse,  seitdem  ich  dis  behauptet  habe. 
Aus  der  Schweitz  haben  wir  neue  Fabeln  erhalten.  HE.  Bod- 
mer  hat  sie  herausgegeben.  Der  Verfaßer  nent  sich  v.  K. 
Sie  haben  mir  gefallen.  Haben  sie  Drollingers  Gedichte  schon 
gesehen?  Sie  sind  gedruckt,  und  kommen  nicht  in  hiesige 
Gegend.  Mir  verlangt  sehr  darnach.  Herr  Lamprecht  ist  nun 
auch  Secretair  beym  Prinz  Heinrich  (Königs  Bruder)  geworden 
und  hat  400  R/  Salair  erhalten.  Seine  Bedienung  als  ge- 
heimder  Secretair  vom  König  behält  er  gleichfals.  Gestern 
übersetzte  er  eine  Schrift  ans  dem  Englischen,  zur  Verteidi- 
gung unsers  Königs,  verfertigt.  Wie  gefält  ihnen  die  Neue 
Unternehmung.  Man  soll  im  Reich  sehr  übel  damit  zufrieden 
seyn?  Ich  habe  bald  aufgehört  die  Königin  von  Ungarn  zu 
bekriegen.  Das  Gedicht,  welches  ich  auf  den  Tod  meines 
Prinzen  habe  drucken  laßen,  verdient  nicht  von  ihnen  gelesen 
zu  werden.  Ich  übersende  an  deßen  statt  einige  andere  kleine 
Stücke.    Geben  sie  mir  ihr  Urtheii  insbesondere  vom  Traum, 


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und  sagen  sie,  ob  sie  ausgerufen  haben :  o !  iniitatorum  —  Ihr 
Traum  ist  unvergleichlich.  Die  Schreibart  und  der  Geschmack 
ist  neu.  Es  kan  nichts  komischer  und  loser  seyn ,  als  das : 
Nun  wird  sie  wohl  im  Waßer  seyn.  Ein  Duzend  solche  Stücke 
erwerben  ihnen  die  Ewigkeit.  Sie  machen  mich  glücklich, 
wenn  Sie  mir  alle  Monath  6  Stücke  von  ihrer  Muse  mitthei- 
len. Ich  vergeße  alles,  was  mir  verdrießlich  ist,  wenn  sie 
scherzen  oder  singen.  Sie  sind  raein  allerliebster,  mein  bester 
Freund !  A  propos.  Sie  haben  ja  eine  Jungfer  Schwester.  Ich 
erinnere  es  mich.  Sie  haben  mahl  ein  Lied  auf  den  Caffe  an 
Sie  gemacht.  Darf  ich  diesen  Engel  wohl  grüßen  laßen? 
Thun  sie  es,  wenn  sie  courage  haben.  Und  wenn  sie  wollen, 
daß  ich  Lieder  auf  sie  machen  soll  so  schicken  sie  mir  ihr 
portrait.  Es  muß  ein  allerliebster  Engel  seyn !  Ich  empfehle 
mich  in  ihre  Gewogenheit,  und  habe  die  Ehre  jeden  Augen- 
blick zu  seyn 

Mein  Herr  pp 
Berlin  Ihr j) 

[den]  *)  612?  8br 

[1744]  ') 

Belieben  sie  nur  die  Briefe  an  mich  ferner  wie  sonst  au 
den  Kaufmann  Richter  auf  den  Mühlendam  zu  addreßiren,  bis 
ich  von  neuem  eine  bleibende  Städte  habe.  Vermuthlich  werde 
ich  wohl  bey  dem  Bruder  Meines  Prinzen  Marggraf  Carl  in 
Dienste  treten.  Weil  ich  ihre  addreße  vergeßen,  habe  ich  das 
Couvert  an  HE.  Prof.  Christ  gerichtet,  weil  ich  weis  daß  sie 
Bekantschaft  mit  ihm  haben.  Ich  bitte  um  ein  unbekantes 
Compliraent.  Herr  D.  Roßmann  steht  mit  den  HE.  Schweizern 
im  Briefwechsel.  Ich  habe  es  aus  HE.  Bodmers  Briefe  er- 
sehen. Wenn  sie  an  Herr  Bodmer  was  zu  schreiben  haben, 
so  addreßiren  sie  sich  nur  an  diesen.  Aber  um  des  Himmels 
willen  haben  sie  mich  lieber  als  Herr  Bodmer  *) 

HE.  Lamprecht  hat  angefangen  seine  kleine  Schriften  zu 
sammeln,  Es  ist  das  erste  Stück  davon  heraus.  Es  befindet 
sich  darin  Der  Stundenrufer  zu  Ternate.  Caton  d'Utique,  worin 
Cato  zu  einem  Ton  Quichot  gemacht  wird,  und  einige  Ueber- 
setzungen.    Es  ist  nicht  viel  erhebliches.    Wenn  sie  indeßen 

1)  Der  schluß  des  briefes  ist  abgerissen. 


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die  Samlung  haben  wollen,  will  ich  sie  übersenden.  Ich  höre 
jetzo  daß  HE.  Schnelle  noch  hier  ist.  Ich  werde  mich  noch 
heute  nach  ihm  erkundigen.  Antworten  sie  mich  ja  mit  der 
ersten  Post,  wenn  ich  nicht  so  hurtig  gewesen  bin,  als  ich 
hätte  seyn  sollen,  so  bin  ich  disraahl  mehr,  als  sonst  entschul- 
diget. Denken  sie  nur  daran.  Muste  ich  nicht  Prag  erobern 
helfen  ?  Die  Mädgens  in  Böhmen  sind  in  der  That  zwey  Be- 
lagerungen wehrt.  Schreiben  sie  mir  hübsch  viel.  Und  schicken 
sie  mir  22  und  einen  halben  Bogen  voll  geschrieben  von  ihren 
Gedichten.  Ich  will  sie  drucken  [laßen],  Herr  Naumann  labt 
viel  mahl  s  grüßen. 

Ich  werde  heute  mit  einem  Araber  speisen.  Geseegnete 
MahlZeit! 

18.  Gleim  an  Uz. 

Mein  allerliebster  Freund, 

Sind  sie  tod,  oder  hab  ich  mich  ihrer  unwürdig  gemacht? 
Ich  habe  mit  der  größten  Sehnsucht  ihren  Briefen  entgegen 
gesehen,  ich  habe  etliche  mahl  an  Sie  geschrieben,  aber  alles 
vergeblich.  Sie  sind  tod,  oder  es  sind  ihnen  die  größten  Staats- 
geschäfte aufgetragen  worden.  Mir  ist  dies  nicht  geschehen, 
und  dennoch  würde  ich  die  Pflichten  der  Freundschaft  nicht 
an  die  Seite  gesetzt  haben.  Es  ist  gut,  daß  ich  nicht  viel  Zeit 
übrig  habe,  sonst  würde  ich  ihnen  eine  bittere  Strafpredigt 
halten.  Sie  wißen  meinen  bisherigen  Lebenslauf  aus  meinen 
Briefen,  jetzt  muß  ich  ihnen  melden,  daß  sich  bald  ein  neuer 
periodus  anfangen  wird.  Ich  soll  abermahl  Secretair  werden, 
und  zwar  bey  dem  alten  Fürsten  von  Deßau.  Ich  soll  morgen 
bereits  abgehen,  mich  ihm  zu  zeigen,  und  zu  versuchen,  ob 
ich  ihm  gefallen  werde.  Wenn  ich  ihm  vorkommen  werde, 
wie  eine  anakreontische  Ode,  so  werde  ich  gewiß  den  Abschied 
kriegen.  Es  wird  mir  hieran  wenig  gelegen  seyu ,  denn  es 
gereuet  mich  fast,  daß  ich  mich  habe  entschließen  können 
Berlin  zu  verlaßen,  da  es  mir  nicht  an  emplois  fehlen  kan, 
weil  sie  der  König  den  Bedienten  des  Prinzen  versprochen  hat. 
Aber  es  war  mir  gar  zu  reizend,  Secretair  von  einem  Helden 
zu  seyn.    Ich  werde  versuchen,  wie  es  sich  mit  einem  solchen 


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umgeht,  und  wenn  ich  des  Umgangs  müde  bin,  adieu  sagen. 
Herr  Schnelle  reiste  gar  zu  schleunig  weg,  als  daß  ich  ihm 
hätte  Briefe  mitgeben  können.  Ist  er  schon  zum  Doctor  ge- 
macht? Ich  kan  das  Gedicht  nicht  abschreiben,  welches  ich 
bey  dieser  Gelegenheit  an  sie  gerichtet  hatte.  Es  ist  eine  Er- 
zählung im  Geschmack  des  la  Fontaine.  Haben  sie  den  6!£? 
Theil  der  Oeuvres  de  Voltaire  gesehen  ?  Es  stebn  merckwür- 
dige  StUcke  darin.  Man  ist  hier  nicht  zufrieden,  daß  er  die 
Briefe  des  Königs  publicirt  hat.  Er  hat  den  Caracter  seines 
Indiscret  verrathen.  Der  HE.  v.  Hagedorn  hat  mir  vor  et- 
lichen Tagen  eine  geistliche  Ode  überschickt,  welche  er  aus 
Sprüchen  der  Bibel  zusammengesetzt  hat.  Sie  ist  schön  und 
prächtig.  Von  der  neuen  Ausgabe  seiner  Gedichte  hat  er  mir 
nichts  geschrieben,  ohngeachtet  ich  ihn  daran  erinnert  habe. 
HE.  Bodmer  hat  den  lsten  Theil  von  Opitzens  Gedichten 
fertig.  Ich  habe  ihn  gesehen  aber  noch  nicht  gelesen.  Druck 
und  Papier  scheint  schön  zu  seyn,  und  die  Anmerkungen  sind 
es  gewiß,  weil  sie  von  einem  solchen  Kenner  sind.  Ich  habe 
einige  Mahl  Briefe  von  ihm.  Mein  liebster  Kleist  ist  noch  im 
Kriege,  aber  mit  Nutzen,  denn  er  samlet  sich  große  Begriffe, 
und  dichtet.  Er  hat  mir  einige  Gedichte  übersand,  welche  un- 
vergleichlich sind.  Es  ist  mir  nur  noch  ein  halber  Tag  übrig, 
welchen  ich  zu  der  Correspondenz  meiner  Freunde  gewidmet 
habe.  Ich  werde  also  sehr  kurz  seyn.  Haben  Sie  sich  nicht 
Über  die  Fruchtbarkeit  meiner  Muse  erschrecket?  Sie  haben 
vermuthlich  die  Einlagen  schon  gemustert.  Sie  sind  an  dem 
Druck  des  blöden  Schäfers  Schuld,  sie  wolten,  daß  ich  ihn 
mit  alle  Fehlern  nicht  verwerfen  solte.  Ich  habe  mich  nicht 
unterstanden  den  dreisten  beyzufögen.  Er  ist  noch  nicht  recht 
ausgeputzt.  Was  werden  sie  von  der  zweiten  Sammlung  der 
scherzhaften  Lieder  sagen?  Ist  Doris  nicht  verwegen?  Be- 
strafen sie  ihre  Kühnheit  in  einem  Schreiben,  ich  will  es  be- 
stellen.   

Berlin 
den  May 

1745. 

P.S.  Ich  habe  unter  den  von  Halle  erhaltenen  Sachen 
die  Baumgart.[ensche]  Disp.futation]  de  nonnullis  ad  poema 


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pertin.[entibus]  mit  s.[eligen?]  Rudnicks  Anmerckungen,  wie 
auch  einige  von  den  Briefen,  so  sie  mit  ihm  gewechselt,  wie- 
dergefunden. Soll  ich  sie  überschicken  ?  Ich  erwarte  nebst 
Dero  Antwort  einen  ganzen  Haufen  von  Dero  Poesien.  Sie 
wißen  daß  ich  keine  höher  schätze,  als  die  ihrigen.  Absonder- 
lich bitte  ich  mir  den  Lobgesang  des  Frülings  aus,  wie  sie 
ihn  verbeßert  haben.  Je  mehr,  je  lieber.  Machen  sie  mir 
einmahl  eine  rechte  Herzensfreude,  machen  sie  mich  gedoppelt 
gut,  durch  die  Menge  ihrer  Arbeiten,  und  melden  sie  mir,  wie 
bald  ich  eine  Samlnng  von  ihren  Gedichten  gedruckt  sehen 
soll.  Herr  Bodmer  wünscht  in  hiesiger  Gegend  eine  Monaths- 
schrift  etablirt  zu  sehen,  und  er  hat  mich  dazu  aufmuntern 
laßen,  dis  ist  zwar  für  mich  nichts,  aber,  wenn  sich  HErr 
Baumgarten  in  Franckfurth  dazu  entschließen  solte,  würden 
sie  alsdenn  einen  Beytrag  thun  ?  Es  sind  bereits  einige  ge- 
schickte Köpfe  dazu,  unter  welchen  sich  HE.  Rost,  und  Herr 
Lange,  welcher  ihr  Neben buler  in  der  Schreibart  des  Horatz 
ist,  befinden.  Ich  darf  nicht  weitläufiger  seyn.  HE.  Rudnicks 
Kleine  Schriften  konten  in  diese  Samlung  kommen.  Die  neuen 
Bey träge  werden  ihren  vollkomnmen  Beyfall  haben.  Der  Ver- 
faßer der  Verwandlungen  soll  Zachariä  heißen.  Herr  Nau- 
mann läßt  allemahl  grüßen.  Er  wundert  sich  mit  mir  über 
ihr  bisheriges  Stillschweigen.  —  

19.  Uz  an  Gleim. 

Hochzuehrender  Herr  und  Freund, 

Ich  bin  Ihnen  auf  zween  Briefe  Antwort  schuldig.  Ich 
habe  meine  Schuldigkeit  deswegen  nnterlaßen,  weil  ich  Ihnen 
doch  auch  gerne  was  neües  oder  sonst  was  merkwürdiges  hätte 
schreiben  mögen.  Nunmehro  seh  ich  aber  wohl,  daß  bey  mei- 
nen itzigen  Umständen,  Sie  noch  lang  auf  einen  Brief  nach 
meinem  Geschmack  warten  müßten,  und  ich  darüber  wohl  gar 
um  Dero  mir  so  schätzbare  FreÜndschaft't  kommen  dürfte.  — 
—  —  Welch  eine  Ehre,  unter  eines  Anacreons  unsrer  Zeit 
Fretinden  zu  stehen!  Ich  danke  Ihnen  für  diese  Gütigkeit 
auf  das  verbindlichste,  wie  auch  dafür,  daß  Sie  mir  Dero  neüe 


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Schrifften,  die  ich  für  eine  wahre  Zierde  der  deutschen  Dicht- 
kunst halte,  so  wie  sie  das  Vergnügen  der  Ihrem  Dichter  an 
Witz  und  Leichtfertigkeit  ahnlich  kommenden  Schönen  sind, 
zu  überschicken  beliebet  haben.  Ich  wollte  wünschen,  daß  ich 
dieße  Ihre  Gefälligkeit  erwiedern  könnte.  Wie  es  aber  durch 
Ueberschickung  andrer  artigen  Gedichte  nicht  geschehen  kann, 
weil  dergleichen  in  hießigen  Gegenden  nur  alle  Jubeljahre  er- 
blickt werden :  also  kann  ich  Ihnen  auch  nicht  versprechen, 
durch  eine  Sammlung  meiner  eigenen  Arbeiten  Ihnen  meine 
Erkänntlichkeit  zu  bezeigen.  Es  wird  dieses  nicht  geschehen, 
biß  meine  Muse  so  artig  wird,  wie  die  Ihrige,  und  gleichfalls 
so  glücklich  wird,  des  Umgangs  einer  geistreichen  Doris  zu 
genießen.  Doch  a  propos !  ich  glaube,  es  ist  Ihnen  mit  Ihrer 
Doris  wohl  gar  Ernst?  Sie  giebt  Ihre  Schrifften  ja  sogar 
heraus.  Ich  habe  bißhero  immer  geglaubt,  daß  dieße  schöne 
Doris  nichts  anders  sey,  als  die  vielen  Mädgens  in  einem  Ihrer 
Lieder,  welche  Sie  durch  eine  poetische  Dichtung  zu  einer 
einigen  Person  gemacht  und  Doris  genennt  haben.  Ich  habe 
immer  Ihrem  Hertzen  die  Standhafftigkeit  nicht  zugetrauet, 
eine  ordentliche  Liebste  zu  haben.  Hab  ich  mich  betrogen, 
so  bitte  ich  es  Ihnen  und  Ihrer  Doris  ab;  allenfalls  bedanke 
ich  mich  bey  dieser  Schönen,  daß  Sie  meiner  in  Ihrer  Vorrede 
rühmlich  hat  erwähnen  wollen.  Damit  aber  doch  mein  Paquet 
nicht  so  gar  klein  sey,  so  überschicke  Ihnen  einige  meiner 
poetischen  Kleinigkeiten,  ob  ich  gleich  mich  bescheide,  daß 
nicht  viel  daran  ist. 

Was  ich  vom  Magister  Duns  schreibe,  soll  Ihnen  zur  Auf- 
munterung seyn ,  gleichfalls  wider  dieße  Herren  zu  eifern, 
welche  in  den  Leipziger  Belustigungen  und  anderswo  von  der 
Sprache  der  Musen  abweichen,  und  die  Sprache  Wolfs  in  ihren 
Versen  einführen.  Die  Hofnung  einer  in  Ihren  Gegenden  zu 
entrichtenden  Monatschrifft  erweckt  mir  ungemeine  Begierde, 
sie  bald  im  Stande  zu  sehen,  und  darinn  sonderlich  Ihre  Verse, 
nebst  dem  was  aus  HE.  Rosts  und  andrer  Freünde  von  Ihnen 
Feder  fließt,  zu  erblicken.  Eine  arme  Fränkische  Muse  würde 
unter  dießen  Meistern  der  Dichtkunst  eine  schöne  Parade  ma- 
chen !  Gewiß,  ich  wollte  den  Leipzigern  nicht  gerne  Ursache 
geben,  dieser  neüen  Monatschrifft    was   anzuhaben.  Nicht 


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78 


wahr?  Die  Herren  in  Leipzig  können  ihre  Widersacher  zu 
schänden  machen  ?  Haben  Sie  des  HE.  Blauroekelii  Ointenfäßl 
geleßen?  Der  Verfasser  wird  manche  acht  Groschen  bey  einem 
Tyrolermädgen  vercourtesirt  haben,  biß  er  ihre  Sprache  so  be- 
griffen hat.  HIO.  von  Hagedorn  hat,  wie  ich  aus  dem  Meß- 
catalogo  ersehen,  einen  zweyten  Theil  seiner  Oden  herausge- 
geben. Ich  habe  ihn  noch  nicht  gesehen ,  bin  aber  sehr  un- 
geduldig darnach.  Ich  gratulire  zur  neöen  Ehrenstelle,  wann 
es  zur  Würklichkeit  noch  kommen  sollte.  Schreiben  Sie  mir 
doch  ja  bald  wieder.    Ich  bin  mit  der  größten  Passion 

Dero 

Onoitzbach.  Den  27.  Jun.        gehorsamster  Diener 
1 745.  Uz. 

P.S.  Wo  ist  HE.  von  Kleist?  machen  Sie  Demselben 
und  Herrn  Naumann  meine  gehorsamste  Empfehlung.  HE. 
Schnell  ist  noch  in  Jena,  und  hab  ich  also  Dero  auf  ihn  ver- 
fertigtes Gedicht,  zu  meinem  Verdruß,  noch  nicht  gesehn.  Ihr 
blöder  Schäfer  hat  sehr  wohl  reden  lernen,  seitdem  er  zu  mir 
gekommen.  In  der  That,  seine  Sprache  ist  nun  sehr  unge- 
künstelt und  rein.    Wo  find  ich  was  von  HE.  Langens  Muse? 

20.  Gleim  an  Uz. 

Mein  Wehrtester  Freund, 

Ich  empfieng  ihr  sehr  wehrtes  Schreiben  fast  in  dem 
Augenblick,  in  welchem  meine  Unruhe  über  ihr  langes  Still- 
schweigen am  größten  war.  Sie  können  hieraus  schließen,  mit 
welchem  Vergnügen  ich  ihre  Hand  erkennete,  als  ich  die  Auf- 
schrift ihres  Briefes  sah.  Aber  wie  komt  es,  daß  er  so  lange 
unterwegens  gewesen?  Er  ist  den  27l£if  Jun.  datirt  und  ich 
habe  ihn  erst  vor  8  Tagen  erhalten.  —  —  — 

Die  leztbeygefügten  Stücke  hatte  ich,  ohne  ihr  Geständ- 
niß,  für  ihre  Arbeit  gehalten.  So  viel  und  merckliche  Schön- 
heiten unterscheiden  ihre  Wercke  von  allen  übrigen  meiner 
Freunde !  Sie  sind  so  anständig  gepuzt,  daß  man  sie  so  gleich 
unter  den  allzu  gezwungenen,  und  allzu  nachläßigen  Kleidungen 
erkennen  kan.    Sie  sind  ein  Schmeichler,  wenn  sie  gestehen 


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79 


daß  ihre  Muse  noch  nicht  so  artig  sey,  als  die  meinige.  Sie 
ist  artiger,  und  wenn  sie  mir  hierin  wiedersprechen,  so  sage 
ich,  sie  ist  doch  schöner.    Meine  Muse  gleicht  der  Pamela, 
wenn  sie  in  ihrem  Zimmer  wenig  besorgt  ist,  ihrem  HE. 
v.  B.[iron]  zu  gefallen,  die  ihrige  ist  ihr  ähnlich,  wenn  sie 
mit  vollem  Reitz  ihrem  Liebhaber  entgegen  eilt.    Der  HE. 
v.  Kleist  ist  Urheber  dieses  Vergleichs,  woraus  sie  sehen,  daß 
er  mir  weniger  schmeichelt,  als  sie.  Ich  habe  ihm  heute  ihre 
Gedichte  abgeschrieben.    Er  liegt  in  Brieg  in  Schlesien  bis 
dato  in  Guarnison ,  welches  macht,  daß  ich  seinetwegen  we- 
niger in  Sorgen  stehe  als  wenn  er  sich'  mit  den  Panduren 
herumschlagen  mtiste,  wie  er  auf  dem  Marsch  aus  Prag  nach 
Schlesien  gethan  hat.    Er  hat  schon  etliche  Complimente  an 
Sie  bestellt.    Weil  ich  ihm  so  viel  Wesen  gemacht  von  ihrer 
beständigen  Freundschaft,  so  habe  ich  mich  von  ihrer  Kalt- 
sinnigkeit  und  unterbliebenem  Schreiben  gegen  ihm  nichts 
dürfen  mercken  laßen,  ich  habe  ihn  dahero  einige  mahl  von 
Sie  gegrüßt,  ohne  selbst  gegrüßt  zu  seyn.    Sie  stehen  bey 
meinen  Freunden  in  dem  besten  Andencken,  sie  kennen  sie 
und  ihre  Scharfsinnigkeit  so  gut  als  mich.    Noch  vor  einigen 
Tagen  schreibt  mir  der  HE.  von  Hagedorn,  wegen  ihres 
Morgengebeths  der  Schäfer,  welches  ich  ihm  nebst  einigen 
andern  Stücken  von  ihnen  Uberschickt  habe:  „HE.  Uz  würde 
^ einen  losen  Cubach  abgeben,  fals  er  ein  Gebetbuch  für  die 
„  Schäferwelt,  verfertigen  solte."    Die  letzte  Arbeit  des  HE. 
v.  Hagedorn  ist  eine  Ode:  Der  Wein,  auf  drey  Bogen  in  4. 
prächtig  gedruckt.    Er  hat  meiner  in  einer  Strophe  gedacht, 
da  er  von  dem  Unterschiede  der  Trincker  redet.    Das  Gedicht 
ist  an  sich  nur  eine  Verbeßerung  desjenigen,   welches  bereits 
in  seinen  Kleinen  Gedichten,  zu  deren  Herausgabe,  wie  er  mir 
schreibt,  ihn  ein  Zweydeutiger  Freund  genöthigt  hat,  sich  be- 
findet.   Sonst  ist  mir,  seitdem  ich  aus  Berlin  bin,  nichts  neues 
zu  gesicht  gekommeu.    Sie  wißen  doch  bereits  aus  meinem 
letzten  Schreiben,  daß  ich  seit  dem  4ton  May  in  Deßau  bey 
dem  Fürsten  mit  dem  Schnurbarte  Sekretär  bin.    Ich  arbeite 
jetzt  daran,  wieder  nach  Berlin  zurück  zu  kommen,  weil  ich 
nicht  von  einem  Orte  entfernt  seyn  kan,  wo  mein  Hertz  ist. 
Ich  erwarte  jetzt  alle  Augenblicke  Ordre  dem  Fürsten  nach 


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Berlin  zu  folgen,  von  da  ans  werde  ich  von  neuem,  wie  ich 
verinuthe  in  den  Krieg  gehen  müßen.  Aber  dis  dispensirt 
sie  nicht  vom  Schreiben.  Ihre  Briefe  finden  mich  allemahl, 
wenn  sie  nur  nach  Deßau  oder  Berlin,  unter  der  alten  Addreße 
kommen. 

An  ihren  lezten  Gedichten  ist  eben  so  wenig  verbeßer- 
lichs  als  an  den  übrigen  so  sie  mir  Obersandt  haben.  Die 
Reimer  werden  nur  den  Schall  in  den  Reimen  tödtet  und 
redet  tadeln.    Die  neue  Monathschrift  sollte  zur  Hauptab- 
sicht haben ,  den  metaphysischen  Dunsen  Einhalt  zu  thun. 
Meine  Umstände  laßen  nicht  zu  Theil  daran  zu  nehmen.  HE. 
Meyer  in  Halle  der  vom  Scherz  geschrieben,  wird  systematische 
Abhandlungen  wieder  die  prosaisch-trockenen  Belustiger  lie- 
fern, und  HE.  Baumgarten  in  Fninckfurt  wird  auch  einen 
Beytrag  thun.    Dieser  letztere  hat  mir  eine  artige  anakreon- 
tische  Ode  geschickt.   Vor  einigen  Wochen  ist  seine  Doris  ge- 
storben, welche,  als  ich  ihn  im  vorigen  Winter  besuchte,  meine 
scherzhaften  Lieder  so  artig  sang.    Ihr  Meisterstück,  den  Lob- 
gesang des  Frülings  habe  ich   mit  vergnügen  zum  andern 
mahle  gelesen.    Ich  hätte  ihn  gern  mit  der  ersten  Edition  zu- 
sammen gehalten,  aber  ich  habe  die  Belustigungen  nicht  bey 
der  Hand.    Ich  muß  ihnen  bey  dieser  Gelegenheit  sagen,  daß 
ich  gescherzt  habe,  als  ich  den  HE.  v.  Kleist  vor  den  Ver- 
faßer des  Gedichts  an  den  Verfaßer  des  Lobgesangs  des  Frü- 
lings ausgegeben  habe.    Ich  bin  es  selbst  gewesen,  der  sie  in 
einer  poetischen  Begeisterung  vor  den  Früling  gehalten  hat. 
Sie  haben  in  ihrem  Gedichte  fürtrefliche  Stellen,  und  es  ist 
dlirchgehends  ganz  borazisch.    Wir  haben  blutwenig  in  die- 
sem Geschmack;  ich  weiß  fast  gar  nichts,  und  es  körnt  nur 
auf  sie  an,  auch  in  diesem  Stück  den  Geschmack  der  Deut- 
schen zu  verbeßern.    HE.  Lange  hat  einige  schone  Versuche 
gemacht,  vielleicht  laße  ich  einige  Stücke  unter  dem  TituI: 
Versuch  in  Horazischen  Oden,  drucken.  Er  hat  im  Silbenmaß, 
im  Abschnit  der  Strophen,  im  Schwung,  in  der  Verschieden- 
heit der  Bilder  den  Horaz  zu  erreichen  gesucht.    Wenn  ich 
Zeit  übrig  behalte,  will  ich  eine  Probe  abschreiben.  Schreiben 
sie  mir  ihr  aufrichtiges  Urtheil  vom  Recept  und  dem  übrigen 
was  sie  empfangen.   Wie  glücklich  wäre  ich,  wenn  sie  in  der 


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Nähe  wären,  und  wie  leicht  solten  sie  meinen  Geschmack  ver- 
beßern,  wenn  ich  mit  ihnen  beständig  umgehen  könte.  HE. 
Bodmer  läßt  einige  Gedichte  von  HE.  Pyra  und  HE.  Langen 
drucken ,  betitult :   Freundschaftliche  Gedichte.    Wollen  wir 
unserm  Rudnick  nicht  ein  Denckmahl  stiften?    Ihre  und  HE 
Rudnicks  Reliquien  würden  ein  Bändgen  ausmachen.  Doch 
ich  habe  schon  einmahl  keine  Antwort  erhalten  und  jetzt  möchte 
ich  wohl  am  wenigsten  Zeit  haben,  die  Besorgung  des  Drucks 
zu  übernehmen.    An  HE.  Naumann  habe  das  Compliment  be- 
stellt.   Er  ist  jetzt  bey  mir,  aber  nur  im  Portrait.  —  —  — 
De  Kau 
den  12  August 
1745. 

Das  Recept. 
An  Herrn  Uz. 
Als  HE  -  -  -  Doctor  wurde. 

Freund,  heute  wird  ein  Doctor  jung 

Ich  gebe  dir  Versicherung, 

Du  wirst  ihn  in  dem  Purpur  kennen 

Du  wirst  ihn  gleich  HE.  Doctor  nennen, 
•i  Wenn  er  zu  Hauß  im  Doctorhut, 

Verliebter  und  gelehrter  thut. 

Doch  nein,  die  Thorheit  zeigt  ihn  nicht 

Sein  Scherz,  sein  redliches  Gesicht 

Sein  Sinn,  sein  Reden  und  sein  Schweigen, 
10  Sein  wahrer  Vorzug  wird  ihn  zeigen. 

Erkenn  und  prüfe  seinen  Werth 

Und,  wenn  er  deine  Scherze  hört 

So  laß  ihn  auch  den  meinen  hören 

Dann  wird  er  dir  nach  seinen  Lehren 

15  Das  Recipe  darinn  erklären. 

*  * 
* 

Ein  Ritter  von  Alkalenthur 
Wünscht  sich  ein  einzig  Söhnchen  nur 
Kr  läßt,  den  Wunsch  erfüllt  zu  sehn 
Manch  Stoßgehet  gen  Himmel  gehn 
20  Allein,  ro  oft  er  seufzt  und  fleht, 
So  hilft  ihm  doch  kein  Stoßgebet. 

Daß  keins  sehr  hoch  gestiegen  sey, 
Mißt  man  der  Schuld  des  Beters  bey 
Weil  er,  wie  Sirach  falsch  befiehlt 

U  I  e  i  in    r  /  ,  ltriolwci  li»el.  () 


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Z>  Sein  Weib  zu  sehr  im  Zaume  hielt. 

AI»  er  von  Gram  ganz  kranck  und  schwach 
Des  Mittags  noch  im  Bette  lag 
Da  brach  er  in  den  Seufzer  aus, 
Ach       Gott  —  erhalt  doch  nur  mein  Hauß. 

:hj     Kr  hätte  krum  und  sehr  gebückt 
Noch  manchtn  Seufzer  fortgeschickt 
Allein  es  kam  sein  treues  Weib 
Und  rieth,  doch  nur  zum  Zeitvertreib 
Die  blöden  Seufzer  zu  bestärcken 

:ii  Den  theuren  Mann  zu  Liebeswercken. 
Der  als  er  willig  Bich  bewieß 
Noch  einen  Seufzer  von  sich  stieß 
Madame  —  helft  —  mir  doch  -  zum  Erben 
So  könt  ihr  meine  Huld  erwerben. 

10  So  will  ich  bald  vergnügter  sterben. 
Ach  soll  —  mein  Stamm  -  -  -  denn  Untergehn! 
Mein  Schatz,  erhaltet  doch  mein  Lehn. 

Stell,  Ritter,  Stell  dein  Seufzen  ein 
Madame  soll  behül flieh  seyn 
lö  Wer  nur  sein  liebes  Weib  laßt  walten, 
Der  kan  und  soll  sein  Lehn  erhalten 

Dis  wüste  sie  so  gut  als  ich 
Und  doch  beklagt  und  grämt  sie  sich 
Und  tröstet  den  betrübten  Alten, 
Und  spricht:  Wie  soll  ich  es  erhalten? 
Ach  Erben!  ja  —  wie  kriegt  man  sie 
Vergebt  den  Wunsch  und  spart  die  Müh 
Wie  oft  ist  uns  in  muntrer[nj  Tagen 
Die  beste  Hofnung  fehlgeschlagen? 

.v.  Wenn  ich  die  Warheit  sagen  soll, 

Ihr  seyd  ja  kranck,  und  ich  nicht  wohl 
Ich  kan  eucli  keinen  Erben  geben 
Schaft  euch  erst  ein  gesundrea  Leben 
Krfrischt  einmahl  das  böse  Blut 

m  Und  murret  nicht,  und  seyd  mir  gut 
Vielleicht  kan  ein  vergnügtres  Leben 
Gesundheit  Kraft  und  Erben  geben. 
Und  Erben?  Ja,  so  sagt  mein  Mund 
Macht  mich  nur  wohl,  und  euch  gesund 

Ui  Ich  will  den  neuen  Doctor  fragen 
Vielleicht  kan  der  ein  Mittel  sagen. 


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83 


Der  Doctor  kam  und  ward  gefragt 
Und  was  Mc  ihm  schon  oft  geklagt 
Klagt  sie  zur  Lindrung  ihrer  Quaal 
70  Den  jungen  Doctor  noch  einmahl. 

Der  Doctor  frug  den  Heilung«  Gott: 
Wie  hilft  man  doch  aus  solcher  Noth? 

Eg  war  nicht  nüthig  ihn  zu  fragen 
Das  Mittel  pflegt  nicht  fehl  zu  schlagen 

75  Das  man,  eh  man  die  Götter  fragt 
Den  Schönen  zu  verschreiben  pflegt, 
Wenn  sie  von  keiner  Kranckheit  wiüen 
Und  nur  den  Mann  verklagen  müßen. 
Sie  hätte  mir  es  klagen  sollen 

yo  Ich  hätt  ihr  dis  verschreiben  wollen. 
Es  hätte  dieses  Mittels  Kraft 
Den  Erben  für  das  Lehn  geschaft, 
Von  meiner  Kunst  hätt  ich  vielleicht 
Den  jungen  Doctor  überzeugt 

8.'»  Jedoch  es  ist  mir  würcklich  lieb 
Es  half  auch  das,  was  er  verschrieb. 

Mich  deucht,  er  fragte  seinen  Gott 

Nicht  ernstlich,  nein,  er  that's  aus  Spott, 

Er  sann,  und  schrieb  darauf  beym  Thee 
(J0  Ein  Elenlanges  Hecipe 

Zu  dem  er,  welches  sie  nur  wüste 

Die  Species  selbst  geben  muste. 

Nun  —  sprach  der  fromme  Mann  herbey 

Gott  seegene  die  Arzeney. 
96  Madamen  soll  geholfen  seyn. 

Sie  nehmen  nur  die  Tropfen  ein. 

Ihr  Meister  in  Galenens  Kunst, 

Wie  leicht  ist  euch  der  Schönen  Gunst! 

Gesunde  Schönen  werden  kranck  , 
1<ki  Sie  bitten  euch  um  einen  Gang. 

Ihr  komt  und  hört,  was  man  euch  fragt 

Und  schweigt,  wenn  mau  euch  gnug  gesagt; 

Verschreibt  der  Krancken  was  zum  Schein 

Und  seid  hernach  mit  ihr  allein, 
105  Und  ändert,  was  ihr  ihr  verschrieben 

Und  labt  den  Mann  am  Arzte  lieben. 

Wie  aber?  wenn  der  treue  Mann 

Sein  Weibgen  nicht  verlalien  kan. 


84 

Sagt  doch,  ihr  Herrn,  wie  fangt  ihrs  an, 
110  Daß  er,  sein  Weib  und  ihren  Kuß 
Auf  vierzehn  Tage  mißen  muß 
Damit  ihr,  wenn  mane  euch  vergönnt, 
Das  Recipe  verändern  könt 

Nicht  wahr?  ihr  thut,  was  jener  that. 

IIa  Den  Mann  der  euren  guten  Rath 
Der  euren  Beystand  nöthig  hat 
Curiret  ihr  nicht  in  der  Stadt. 
Den  Vortheil  tapfrer  Manbarkeit 
Gibt  die  gesunde  FrülingsZeit 

ISO  Die  man  viel  nützlicher  genießt 
Wenn  man  von  Sorgen  ledig  ist 
Dann  nützt  uns  auch  zum  Zeitvertreib, 
Kein  Mädgen  und  kein  junges  Weib. 

Kurz,  ihr  behauptet  mit  Bedacht 

125  Der  freyen  Lüfte  Heiluugamacht 
Und  sagt  in  gleichen  Fällen  nach 
Was  Doctor  Faust  zum  Ritter  sprach, 
Als  er,  ob  er  es  gleich  nicht  solte, 
Gesund  und  mannbar  werden  wolte 

190  Kr  sann  nun  auf  die  Arzeney 
Wodurch  der  Mann  zu  helfen  sey 
Und  sprach  zuletzt,  Nun  weiß  ich,  wie? 
Ks  fehlt  nur  frische  Luft  für  sie 
Sie  müßen  sich  aufs  Land  begeben, 

i:i:>  Und  da  vergnügt  doch  mäßig  leben 
Doch  laßen  sie,  dis  ist  mein  Rath 
Die  Frau  Gemahlin  in  der  Stadt 
Zur  Förderung  der  Arzeney 
Drey  Tage  und  drey  Nächte  frey 

140  Und  bringen  ihr  nur  starcke  Glieder 
Und  sich  nach  dreyen  Tagen  wieder 
So  sollen  sie  bey  Wohlergehn 
Die  Würckung  meiner  Tropfen  selm 
So  werden  sie,  ich  muß  es  wißen 

140  Bald  ihren  Krben  wiegen  müßen. 

Was  meint  ihr,  das  der  Ritter  that 
Kr  folgte  seines  Doctors  Rath 
Kr  that  getroßt,  was  man  ihn  rieth 
Und  sann  dort  auf  ein  Wiegenlied 
120  Ich  will  es,  sprach  er,  selber  singen 
Den  Krben  in  den  Schlaf  zu  bringen. 


85 


Kr  reißt  aufs  Land  und  kehrt  zurück 
Und  wagt  so  gleich  sein  Meisterstück 
Das  ihm  so  leicht  so  gut  gerieth 
1*>  Als  kurz  zuvor  das  Wiegenlied. 

Es  waren  nach  der  Arzeney 

Zehn  volle  Monde  kaum  vorbey 

Als,  denckt  doch  an  das  Recipe 

Ein  Junckerchen  sich  meldete 
100  Das  er,  so  bald  man  ihm  es  wieß 

Mein  Ebenbild,  mein  Söhnchen  hieß. 

Und  wenn,  und  wo  zu  jeder  Zeit 

Die  Mutter  rief;  der  Juncker  schreyt 

So  sang  sein  Lied:  Bin  ick  nich  brav  — 
I6.1  Den  Juncker  wieder  in  den  Schlaf. 

Ich  weiß  nicht  was  der  Doctor  machte 
Er  hört  es,  winckte  mir  und  lachte. 

Schreiben  sie  mir  doch,  ob  der  Erzählung  etwas  entgeht, 
wenn  ich  die  Tropfen  weglaüe.  Mich  deucht,  man  versteht 
sie  zu  leicht. 

Die  neue  Matrone  von  Ephesus. 

Den  heiligen  verschonten  Wald 

Des  Pans  geheimen  Aufenthalt 

In  dem  Diana  furchtsam  jagt 

In  den  sich  keine  Nimfe  wagt 
ö  Der  seit  undenckbar  langer  Frist 

Von  alten  Eichen  finster  ist 

Den  sieht  in  einer  Abendstund 

Ein  wilder  Jäger  und  sein  Hund. 

Komm  Waldmann,  spricht  er,  komm  hinein 
10  Und  finde  mir  ein  wildes  Schwein. 

Er  scheut,  von  Mordsucht  stolz  erfüllt 
Kein  rothes  und  kein  schwarzes  Wild. 
Er  streicht  im  Walde  hin  und  her 
Und  meint  jezt  schüttle  sich  ein  Bär. 
I  i  Er  spant  sein  tödliches  Geschoß 
Und  geht  gerüstet  auf  ihn  loß 
Und  schießt,  ach  Mörder  ach  Tiran 
Kein  wildes  Thier,  nein,  einen  Mann. 

Er  geht,  die  Beute  zu  besehn 
20  Und  sieht  dabey  ein  Mädgen  stehn 


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86 


Das,  ach  verruchter  Mörder!  spricht 
Verschone  nur  mein  Leben  nicht 
Verkürz  es  durch  den  schnellsten  Schuß 
Da  der  durch  dich  jetzt  sterben  inuß 
2.»  Der  mich  so  treu  so  zärtlich  liebt. 
Der  Mörder  schwieg  und  stand  betrübt 
Und  sah  die  Angst  der  Schönen  an 
Und  augenblicklich  starb  der  Mann. 

Die  treue  Liebste  voller  Leid 
;jo  Fiel  auf  ihn,  schrie,  zerriß  ihr  Kleid 
Nahm  den  Erblaßten  in  den  Arm 
Küßt  ihn  und  sprach  =  Das  Gott  erbarm! 
Der  Mörder  —  Himmel  —  welche  Noth 
Bestraf  ihn  du  gerechter  Gott. 

%      Den  Mörder  rührt  der  Treue  Gram 
So  sehr,  daß  er  selbst  Lust  bekam 
Ein  so  getreues  Weib  zu  lieben 
Und  es  einst  sterbend  zu  betrüben. 

Kr  eilt  der  armen  Witwe  zu 
4«)  Und  spricht,  mein  Schatz,  was  weinest  du 

Was  hilft  dein  Jammer  deine  Noth? 

Dein  Liebster  bleibt  ja  doch  nun  tod. 

Mein  Schatz,  ich  habe  dich  betrübt 

Und  itzt  bin  ich  in  dich  verliebt. 
15  Nimm  mich  zu  deinem  Liebsten  an 

So  hast  du  wieder  einen  Mann. 

Das  Mannbedürftge  Mädgen  that, 
Warum  der  neue  Liebste  bat. 
Es  bat  nicht  mehr  um  einen  Schuß 
:*)  Es  gab  ihm  selbst  den  ersten  Kuß 
Es  nahm  ihn  freudig  in  den  Arm 
Und  sprach  nicht  mehr:  Das  Gott  erbarm! 
Und  eh  der  helle  Tag  begann, 
Begrub  es  den  Erschoßnen  Mann. 

Hier  sind  ein  paar  Strophen  aus  Hagedorns  Ode:  Der  Wein. 

0  warum  sucht  die  fernste  Banck  -  -  - 
Der  Wein,  der  aller  Herz  erfreut  -  -  - 
Weit  klüger  war  Anakreon  -  -  - 

Die  Beschreibungen  eines  Bachusfestes  des  Silens,  eines 
truncketien  Spavento  haben  besondere  Schönheiten. 

Wenn  sie  mehr  Gedieh t[e]   haben   wolleu  so  inüßen  sie 


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öfterer  schreiben,  und  mir  von  ihrer  schönem  Poesie  nicht  so 
wenig  schicken. 

21.  Uz  an  Gleim. 

Hochgeehr[te]ster  Herr  und  Freünd, 

Ich  schreibe  an  Sie,  ohne  zu  wissen,  ob  oder  wo  sie  mein 
Schreiben  bekommen  werden.  Sie  sind  ohne  Zweittel  mit 
Ihrem  Fürsten  zu  Felde  gegangen,  und  gehen  auf  das  liebe 
Leipzig  loli.  Versündigen  Sie  Sich  nicht,  mein  YVerthester! 
Thun  Sie  Leipzig  kein  Leid,  ich  bitte  Sie  in  Prosa  und  in 
Versen  darum.  Bedenken  Sie  als  ein  Christ,  was  für  artige 
Mädgen  und  noch  artigere  YY'eibgens  daselbst  sind,  und  dali  ich 
eine  Doris  drinnen  habe.  —  —  —  Zwey  Hinge  wünsche  ich 
mir  noch  und  zwar  täglich  :  in  Leipzig  mich  noch  einmal  mit 
einem  Freünde,  wie  Sie  sind,  zu  vergnügen;  oder  wann  dieses 
ja  nicht  seyn  könnte,  nur  bey  Ihnen  allein  etliche  Tage  zu 
seyn.  So  wenig  der  Krieg  mir  gefällt,  so  wollte  ich  doch 
denselben  so  wenig,  als  Sie,  achten,  wenn  ich  um  Sie  seyn 
könnte.  Ich  gestehe  Ihnen,  es  hat,  vieler  Ursachen  wegen, 
resolution  dazu  gehört,  die  Bedienung  anzunehmen,  worinn  Sie 
nunmehro  stehen,  und  wozu  ich  Ihnen  gratulire.  Meine  Ab- 
sicht ist  allezeit  geweßen,  einen  Secretair  abzugeben;  aber  ich 
glaube  kaum,  daß  ich  mich  entschließen  könnte,  bey  einem 
Soldaten  und  sollte  es  auch  ein  Held  seyn,  Secretar.[iusJ  zu 
werden.  Sie  werden  es  meinem  wenigem  Courage  zuschreiben. 
Die  wahre  Absicht  darunter  aber  ist,  daß  ich  lieber  in  Affairen 
mich  umsehen  und  die  Welt  sehen  möchte;  hiezu  glaub  ich, 
daß  bey  Ministern,  Gesandten  pp  bessere  Gelegenheit  ist.  Wie 
vielmal  ist  mir  dergleichen  Stelle  schon  versprochen  worden, 
wenn  sich  Gelegenheit  dazu  zeigen  würde!  Aber  sehen  Sie 
hier  das  Elend  der  kleinen  Städte,  wo  dergleichen  Gelegenheit 
sich  nur  alle  secnla  ereignet:  in  Berlin  und  dergleichen  Orten 
würde  hiezu  bald  Rath  werden.  Doch  dieses  ist  nicht  das  ver- 
drüßlichste  bey  meinen  Umständen.  Es  fehlt  hier  an  Freünden, 
welche  Geschmack  und  eine  Kenntnis  des  feinen  Schertzes  und 
des  angenehmen  Umgangs  haben ;  welche  meine  Muse  beur- 


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*8 


theilen  und  vollkommner  machen  konnten.  Hieraus,  glaub 
ich.  hat  sie  die  Unanständigkeit  an  sich  genommen,  welche  ihr 
der  HE.  von  Kleist  auf  eine  verdeckte  Art  vorwirft;  daß  sie 
nehmlich  sich  schminke.  Dieser  schlaue  und  feine  Kenner  sagt 
zwar  nur.  mein  Werthester,  Ihre  Muse  sey  artiger  und  meine 
schöner:  aber  ich  merke  wohl,  wo  er  hinaus  will,  und  bin  auch 
völlig  damit  einig.  Ihre  Muse  ist  ohnezweiffel  so  artig  und  so 
ungekünstelt  schön,  als  keine  in  Deutschland,  und  ich  werde 
niehmals  etwas  machen,  das  ihr  gleicht.  Bey  Ihnen  fliebt  alles 
aus  der  Quelle:  Sie  denken  immer  artig  und  dürfen  hernach 
nur  simple  ausdrücken,  was  Sie  gedenken.  Ihre  muntern  und 
politen  Gesellschafften  gebeu  Ihnen  zu  den  artigsten  Einfallen 
Gelegenheit  und  gewöhnen  Sie  zu  einer  gewißen  ungekünstelten 
Art  zu  denken  und  sich  auszudrucken,  die  eine  Muse  niehmals 
erreichen  wird,  wenn  Sie  ihr  selbst  überladen  ist  und  keine 
Criticos  zum  Umgange  hat.  Wie  weit  artiger  ist  ihre  Muse 
zu  Berlin  worden,  als  sie  zu  Halle  war!  Ihre  Gesellschafften 
in  Berlin  aber  sind  auch  artiger,  als  die  Sie  in  Halle  hatten. 
Sehen  Sie  hieraus,  mein  Werthester,  ob  es  meiner  Muse  so- 
sehr zu  verdenken  sey,  wenn  es  ihr  an  natürlicher  Anmuth 
fehlet,  und  sie,  um  nicht  gar  zu  liederlich  zu  erscheinen,  sich 
ein  wenig  schminket.  HE.  von  Kleist  ist  ohnstrittig  einer 
Ihrer  geistreichsten  Freiinde.  Erhalten  Sie  mir  doch  die  Ge- 
wogenheit dieses  unvergleich[lich]en  Cavaliers  und  auch  ihrer 
übrigen  Freünde.  Es  ist  mir  eine  groüe  Freüde,  wenn  solche 
Geister  meine  Verse  wenigstens  des  Lesens  würdig  schätzen; 
und  muß  ich  lachen,  wenn  ich  bedenke,  daß  meine  Muse  in 
Berlin  besser  bekandt  ist,  al  sin  Anspach,  wo  kaum  zwey  Per- 
sonen von  ihrer  Existenz  wißen.  Ich  fühle  seit  einiger  Zeit 
kein  Feüer  und  keine  Lust,  zu  poetisiren;  und  ich  hätte  Ihnen 
auch  sonst  niehmals  etwas  poetisches  überschicken  können, 
wenn  ich  nicht  zum  öfftern  ihre  Verse  gelesen,  und  durch 
dieses  Lesen,  als  durch  den  Dreyfuß  des  Apollo,  einen  Funken 
von  des  Apollo  Feüer  selbst  in  mir  zu  fühlen  angefangen  hätte. 
Schicken  Sie  mir  doch  zum  öfftern  etwas  von  ihrer  Arbeit: 
Die  letztem  Stücke  waren  ziemlich  leichtfertig.  Sie  sollten 
Erzählungen  schreiben.  Die  nai'fe  Art  zu  schreiben  haben  Sie 
vollkommen  in  ihrer  Gewalt:  und  diese  macht  den  vornehm- 


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steii  Keitz  einer  Erzählung  aus.  Wird  HK.  Rost  nichts  wieder 
drucken  laüen?  Hat  er  sich  denn  sosehr  mit  HE.  Liscov  ver- 
feindet, daß  sie  wider  einander  schreiben  wollen  ?  Das  wäre 
ein  Unglück  für  Deutschland.  Was  ist  HE.  Liscov,  und  was 
ist  HE.  Rost?  Schreiben  Sie  mir  doch  einige  Umstände  von 
ihnen.  Ich  habe  einen  guten  Freünd,  der  durch  die  Lesung 
eines  einigen  Stückes  von  HE.  Liscov,  völlig  in  ihn  verliebt 
worden,  und  zu  allem  Unglück  können  wir  seine  gesamten 
Schriflten  nicht  bekommen.  Was  führen  sie  für  einen  geueral- 
Titel?  Hat  man  keine  neüe  Auflage  zu  hoffen?  Das  Blat  ist 
abermal  voll  und  ich  bin  noch  nicht  fertig.  Doch  Sie  haben 
mehr  zu  thun,  als  mein  Geschmier  zu  lesen.  Leben  Sie  wohl 
und  machen  mich  nicht  elend  durch  langes  Ausbleiben  Ihrer 
Antwort.    Ich  bin, 

Dero 

Anspach  gehorsamster  Diener 

den  15.  Sept.  1745.  Uz. 

P.S.  Ich  glaube,  Ihnen  schon  geschrieben  zu  haben,  dali 
die  Bremischen  Belustigungen  mir  gefallen.  Schreiben  nicht 
Leüte  daran,  die  auch  in  den  Leipziger  Belustigungen  sind? 
mich  dünkt.  Die  Verwandlungen  sind  nicht  nach  meinem 
Gout.  Die  Fabel  vom  Möpsgen  und  Esel  ist  sehr  artig:  wer 
mag  Autor  davon  seyn  ? 

22.  TJz  an  Gleim. 

Hochgeehrtester  Herr  und  Freünd, 

Ja,  ja,  wenn  ich  Sie  gehen  lieüe,  so  schrieben  Sie  mir  in 
Ewigkeit  nicht.  Warum  antworten  Sie  auf  mein  Schreiben 
vom  vorigen  Jahre  mit  keiner  Zeile  ?  Hätten  Sie  sich  wenig- 
stens nicht  entschuldigen  sollen,  daß  Sie,  meiner  Vorbitte  un- 
geachtet, Leipzig  zu  ängstigen  und  einzunehmen  für  gut  be- 
funden haben?  Vielleicht  haben  Sie  wichtige  Ursachen  dazu 
gehabt;  vielleicht  haben  Amor  und  die  Leipzigerinnen  dieser- 
wegen  sich  an  Ihnen  gerochen.  Alles  das  will  ich  wissen, 
und  erwarte  davon,  wie  von  Ihrem  ganzen  Feldzuge,  umständ- 
lichen Bericht.  —  —  —  Sie  werden  diesen  Brief  nicht  sobald 


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gelesen  haben,  da  Sie  sogleich  die  Feder  ansetzen  und  zween 
volle  Bogen,  nebst  einem  Bändgen  Ihrer  und  Ihrer  FreGnde 
Gedichte,  au  mich  schreiben  werden ;  sonderlich,  wenn  Sie  das 
Datum   Ihres  letztern  Schreibens,  vom  August,  a.  p.  wie  ich 

vermuthe,  ansehen.  —  Wenn  ich  wüste,  dafc  Ihr  braunes 

Madgen  Ursache  wäre,  dati  ich  keine  Briefe  von  Ihnen  be- 
komme, indem  sie  Ihre  niüL'ige  Stunden  vielleicht  alle  aHein 
haben  will:  ich  glaube,  meine  Muse  vergriffe  sieh  an  ihr.  so 
viel  sie  und  ich  sonst  Hochachtung  für  diese  würdige  Freundin 
des  artigsten  Dichters  haben.  (liebt  sie  nicht  bald  wieder  ein 
Bändgen  vou  Anacreons  Liedern  heraus?  ich  bin  sehr  begierig 
darauf.  Wissen  Sie  nicht,  wer  an  den  Bremischen  ße?  trägen 
arbeitet?  es  stehen,  wie  mich  deucht,  auch  anacreontische 
Liedergen  darinn.  Sie,  mein  Werthester,  sind  meister:  was 
gäb  ich  drum,  wenn  ich  Sie  sprechen  könnte!  Sie  sind  ohne 
Zweiffei  so  reizend  und  so  schalkhaft  als  Ihre  Muse  und  Ihre 
Doris.  Weil  ich  Ihres  Umgaugs  entbehren  mul>,  so  seyn  Sie 
doch  nicht  so  neidisch  und  mißgönnen  mir  auch  Ihre  Briefe, 
uebst  Ihren  Gedichten.  Ihr  blöder  Schäfer  hat,  unter  andern, 
hier  in  Anspach  sehr  viel  Beyfall  gefunden.  Ich  bin  aber 
wohl  sehr  einfältig,  daL;  ich  unsern  Beyfall  Ihnen  anführe,  als 
wenn  Ihnen  was  daran  gelegen  seyn  könnte.  Ich  bin  unge- 
mein ungeduldig,  des  HE.  von  Hagedorn  gesammlete  Gedichte 
zu  sehen:  kommen  sie  noch  nicht  bald  heraus?  auch  nichts 
von  HE.  Kost  und  HE.  von  Liskov?  Das  sind  drey  Nahmen, 
an  die  und  den  Ihrigen  ich  niehmals  ohne  Hochachtung  ge- 
denke. In  Berlin  soll  ein  französisches  .Journal  gedruckt  wer- 
den :  Sie  werden  wissen,  wer  die  Verfasser  sind  und  ob  es 
seiner  Absicht  genug  thue.  Sie  haben  mir  ehemals  verspro- 
chen, von  HE.  Langens  Poesie  was  zu  überschicken:  wollen 
Sie  nicht  Ihr  Versprechen  halten?  ich  gestehe,  ich  bin  ganz 
schüchtern,  Sie  mit  abschreiheu  sosehr  immer  zu  plagen:  wa- 
rum lassen  Sie  da*  IVoject,  eine  Monat  hsschriftt  von  dortigen 
aufgeweckten  und  sinnreichen  Köpfen  zu  veranstalten,  unaus- 
geführt? So  würden  Sie  des  verdrtikliehen  Abschreiben  über- 
hoben seyn .  und  ich  öfter  etwas  vortreffliches  zu  lesen  be- 
kommen. Erhalten  Sie  mich  hey  Ihren  F refinden  in  gutem 
Angedenken,  und  machen  denen,  die  mich  ihrer  Gewogenheit 


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würdigen,  mein  ergebenstes  Compliment.    Schreiben  Sie  mir, 
was  HE.  von  Kleist  und  HE.  Naumann  machen,  und  ob  Sie 
keine  Nachricht  von  HE.  Götze  haben.  —  —  — 
Onolzbach.  Den  1.  Martis. 
1746. 

P.S.  Sollte  etwan  ihre  Antwort  auf  mein  letzteres  Schrei- 
ben auf  dem  Wege  seyn :  so  lassen  Sie  sich  ja  den  Satan  nicht 
verleiten,  auf  meine  Antwort  wieder  zu  warten,  sondern  schrei- 
ben gleich  wieder. 

23.  Gleim  an  Uz. 

Mein  theurester  Freund, 

Ich  mag  mich  nicht  entschuldigen,  warum  ich  ihr  letztes 
Schreiben  vom  15  Sept.  vorigen  Jahres  erst  jetzo  beantworte. 
—  —  —  Ich  liebe  sie  wie  Kleisten,  und  K leisten  ,  wie  sie. 
Ich  bin  gestern  von  diesem  wehrten  Freunde  aus  Potsdam 
hieher  zurückgekommen.  Wir  haben  in  unsern  Unterredungen 
tausendmahl  an  Sie  gedacht,  wir  haben  ihre  und  ihres  Mäd- 
chens Gesundheit  getruncken,  und  wir  wolteu  gemeinschaftlich 
an  Sie  schreiben,  aber  dencken  sie  einmahl  was  uns  verhin- 
derte! Der  Herr  von  Seidlitz,  Kleistens  bester  und  auch  mein 
Freund,  wurde  plötzlich  kranck,  und  hiedurch  wurden  unsere 
Vergnügungen,  unsere  Unternehmungen  und  unsere  Gemüther 
in  völlige  Unordnung  gesetzt,  und  ich  wurde  überdem  wegen 
meiner  Angelegenheiten  genöthigt,  hieher  zurückzukehren. 
Der  HE.  v.  K.fleist]  hat  mir  indeü  versprochen,  ein  Schreiben 
zum  Einschiuli  mit  erster  Post  zu  senden  ;  wenn  er  vor  Ab- 
gang der  Post  Wort  hält,  so  werden  sie  Versicherungen  seiner 
Freundschaft  von  ihm  lesen.  In  der  Holle  der  Dichter  sezt 
er  sie  gleich  nach  Hagedorn. 

Sie  sehn,  daß  ich  willens  bin  viel  zu  schreiben,  und  in 
der  That,  ich  weiß  nicht,  wo  ich  anfangen  soll.  Doch,  sie 
werden  begierig  seyn,  meinen  bisherigen  Lebenslauf  zu  wilien; 
hier  ist  er.  Ich  blieb  bey  dem  Fürsten  von  D.[essau|  als 
StaabsSecretair  von  der  Armee  bis  zu  der  Zeit,  da  die  bey 
Halle  campirende   Armee  Ordre  bekam  in   die  Quartiere  zu 


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marchiren.  Ich  gieng  von  Deßau  ab  nach  Magdeburg,  theils 
einiger  Geschäfte  willen,  theils  auf  den  Wege  nach  Berlin 
einige  Freunde  zu  besuchen.  In  Magdeburg  wurde  ich,  ich 
weiß  nicht  zum  Glück,  oder  Unglück,  kranck,  denn  ich  muste 
da  liegen,  da  unterdeß  die  Armee  von  neuen  aufbrach  in 
Sachsen  zu  gehen.  Meine  Stelle  als  StaabsSecretair  muste  also 
von  einem  andern  besetzt  werden  und  ich  muste  zu  Hause 
bleiben.  Ich  will  ihnen  durch  keinen  weitern  Bericht  zu 
mercken  geben,  ob  mir  dieser  Umstand  augenehm  gewesen  sey 
oder  nicht,  ich  will  ihnen  vielmehr  sagen,  daß  ich  nachhero 
eine  ziemliche  Zeit  unstet  und  flüchtig  gewesen,  bald  in  Laub- 
imgen bey  HE.  Langen,  bald  in  Magdeburg  bald  in  Halber- 
stadt, bald  in  Stollberg  bey  dem  Grafen,  und  nachhero  bald 
in  Lähme,  bald  iu  Berlin  bald  an  andern  Orten.  Nach  der 
Wiederkunft  des  Königs  setzt  ich  mein  Augenmerck  auf  eine 
anderweitige  Beförderung,  ich  hielt  um  des  verstorbenen  Krieges- 
Kath  Winckelmanns  Bedienung  in  Oüstrin  an,  ich  erhielt  sie, 
ich  machte  1000  R;  Caution.  Das  General  Directorium,  wel- 
ches mich  examinirte,  hatte  nichts  wieder  mich  einzuwenden, 
und  ich  wartete  drey  Wochen  auf  Abfertigung  und  Besitzneh- 
mung dieses  Emploi,  aber  —  —  (hier  lesen  sie  die  Geschichte 
eines  Menschen,  der  ein  Ball  des  Glücks  außer  der  Metapher 
ist)  ein  Regiments  Quartier  Meister  erschlich  durch  die  Re- 
commendation des  Grafen  von  Rothenb.[urg]  eine  Cabinets- 
Ordre,  und  ich  erhielt  Befehl  abzustehen,  und  mich  anderweit 
zu  melden.  Dies  ist  mein  Lebenslauf  bis  hieher.  Nun  warte 
ich  von  neuem  auf  den  Tod  meines  künftigen  anteceßoris.  Wie 
bald  er  erfolgen  wird,  oder  wie  späte,  das  wird  mir  nun  lieb 
oder  verdrießlich  seyn.  Es  ist  ein  Unglück  für  mich,  daß  ich 
in  Absicht  auf  meine  Beförderungen,  meinen  Neigungen  nicht 
ungezähmt  folgen  kan.  Sonst  würde  ich  nichts  anders  wäh- 
len, als  was  sie  wählen  würden,  ich  meine,  wie  sie  mir  schrei- 
ben, die  Stelle  eines  Legations  Secretairs,  der  noch  Gelegenheit 
hätte  die  Welt  zu  sehen.  Wenn  sie  hier  wären,  so  könten 
sie  dazu  eher  gelangen  als  ich,  der  ich  mich  nicht  darum  be- 
werbe. Nun  will  ich  andere  Dinge  mit  ihnen  plaudern,  ohne 
Ordnung,  alles  was  mir  einfällt  will  ich  schwatzen.  Sie  kön- 
nen mir  eben  so  antworten. 


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Ihre  Muse  ist  ein  allerliebstes  Mädchen.  Ich  dancke  ihr 
für  das  artige  Lied,  daß  sie  ihnen  an  mich  eingegeben  hat. 
Sagen  sie  i Ii r  aber  doch  daß  sie  in  Zukunft  mehr  aufrichtig, 
als  schmeichelhaft  gegen  mir  seyn  möchte.  Wo  hat  ihr  denn 
der  HE.  v.  Kleist  vorgeworfen,  daß  sie  sich  schmincke?  Er 
hat  ihre  Gedichte  nie  satirisch  gelobt.  Er  schätzt  sie  so  hoch, 
als  sie  es  verdienen,  und  er  kennt  ihren  unvergleichlichen  Ge- 
schmack  eben  so  gut,  als  ich.  Wollen  sie  einen  Beireiß  haben 
daß  ich  ihn  kenne?  Haben  sie  nicht  die  Horazische  Ode  an 
Bachus  die  so  in  den  Bremischen  Beitrügen  steht,  gemacht? 
Sie  kan  von  Niemand  kommen  als  von  ihnen,  ich  sage  es, 
Herr  v.  Kleist  sagts,  Herr  Naumann  und  Herr  Ramler.  Sie 
geben  mir  alle  recht,  daß  ich  den  Verfaßer  errathen  habe. 
Sie  haben  den  Hora/ischen  Ausdruck  recht  in  ihrer  Gewalt, 
ich  beschwöre  sie,  mir  alles,  was  sie  in  dem  Geschmack  ge- 
macht haben,  in  dem  nächsten  Briefe  mitzutheilen.  Die  Stücke, 
welche  ich  von  eben  der  Art  mitsenden  werde,  sollen  sie 
dazu  verpflichten.  Schreiben  sie  mir  zugleich  ihr  Urtheil  über 
dieselben.  Die  Siege  Friedrichs  sind  von  Herrn  Langen,  der 
in  den  freundschaftlichen  Liedern  die  HE.  Bodmer  herausge- 
geben hat,  der  Dämon  ist.  Ich  will  ihnen  die  freundschaft- 
lichen Lieder  mitschicken,  vielleicht  haben  sie  sie  dort  nicht. 
Schreiben  sie  mir  ihr  Urtheil  davon.  Zwei  Stück  gefallen  mir 
besonders  darin,  das  2if  vom  Thyrsis  (welches  der  seelige  Fyra 
ist)  und  das  von  Dämon  so  sich  schließt:  Oft  Lieder  höre. 
HErr  Lange  hat  viel  Genie  und  kennt  den  lloraz,  aber  er  ist 
zu  hitzig  und  schreibt  zu  flüchtig.  Die  Siege  Friedrichs  hat 
er  in  einem  Nachmittage  gemacht.  Ich  habe  ihm  versprechen 
müßen  eine  Samlung  von  seinen  Oden  heraus  zu  geben,  und 
ich  wolte  es  thun,  aher  er  hat  sich  seit  kurzen  gar  zu  sehr 
verschlimmert,  und  er  will  sich  rauthwillig  in  den  Streit  der 
Schweitzer  und  Leipziger  mischen,  womit  ich  nichts  zu  thun 
haben  mag.  Was  hat  man  für  Vergnügen  von  so  groben 
Zänckereyen,  und  welchen  Nutzen  !  Ein  Gedicht  von  gutem 
Geschmack,  stiftet  mehr  gutes,  als  hundert  bittere  critische 
Scheltschriften.  Wozu  soll  man  von  neuem  anfangen?  Herr 
Bodmer  hat  mir  geschrieben,  daß  er  von  mir  die  Verteidigung 
der  W'arheit  und  des  guten  Geschmacks  erwarte,  aber  ich 


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werde  sie  nicht  anders  auf  mich  nehmen,  als  was  durch  meine 
geringe  Ausarbeitungen  per  indi rectum  geschehen  kan.  So  ist. 
der  HE.  v.  Hagedorn  auch  gesinnt,  und  so  werden  sie  es  auch 
seyn,  wehrtester  Freund.  „Pyra  ist  mitten  in  seinen  Siegen 
gestorben,  Liscov  ist  ein  schlafender  Löwe,  Rost  kämpft  in 
der  Kriegs  Canzley,  Hagedorn  hält  hinterm  Berge.  Die  Zeit 
wird  uns  daher  lange  bis  Ew.  Hochl.  mit  ihren  Freunden  den 
Harnisch  anlegen."  So  schreibt  Herr  Bodmer  mich  und  Sie 
und  meine  übrige  Freunde  aufzumuntern.  Haben  sie  Lust? 
Ich  gestehe  es,  ich  habe  einen  Abscheu  vor  den  gelehrten 
Kriegen,  wie  vor  denen,  in  welchen  statt  der  Dinte,  Blut  ver- 
golten wird,  und  fiberdetn  verbietet  mir  die  Besorgung  meines 
künftigen  Glücks,  mich  in  Weitläufigkeiten  einzulaßen.  Ich 
will  mein  Leben  ruhig  beschließen,  darum  muli  ich  vermeiden, 
was  meine  Ruhe  im  geringsten  stören  kan.  Ich  schreibe  nur 
zu  meinem  Vergnügen  und  für  meine  Freunde;  was  kan  ich 
wichtiges  schreiben?  Die  Begierde  nach  Ruhm  ist  bey  mir 
sehr  geringe,  sie  verleitet  mich  nicht  zu  der  geringsten  Aus- 
schweifung, noch  zu  der  kleinsten  Mühe.  Die  Kleinigkeiten, 
welche  ich  ihnen  abermahl  von  mir  mit  schicke,  sind  keine 
Wiederlegung  dieses  Sentimens,  sie  beweisen  vielmehr  die  War- 
heit  deßelben,  denn  sie  sind  alle  zum  Vergnügen,  ohne  Arbeit, 
aus  der  Feder  geflogen;  Wenn  ich  indeßen  noch  einmahl  Lust 
kriegen  solte,  mit  mehrerem  Nachsinnen  etwas  auszuarbeiten, 
so  solten  es  horazische  Oden  seyn,  doch  sie  und  HE.  K amier 
haben  mir  schon  die  Hofnung  benommen,  etwas  t  fichtig  es  zu 
leisten.  Darf  ich  ihnen  entdecken  was  ich  mit  dem  lezteru 
verabredet  habe?  Wir  wollen  eine  kleine  Satnlung  von  etwa 
sechs  Bogeu  horazischer  Oden  unter  dem  Titul :  Versuch  in 
lyrischen  Gesängen,  herausgeben.  Wißen  sie  wie  wir  30  Stück 
dazu  hernehmen  wollen?  Sie  sollen  zehne  dazu  liefern,  ich 
zehne,  und  HE.  Knmler  eben  so  viel.  Sehn  sie,  wir  machen 
die  Rechnung  ohne  dem  Wirth.  Werden  sie  wohl  Lust  haben 
sich  mit  uns  zu  vergesellschaften?  Wenn  sie  ja  sagen,  so 
sollen  sie  auch  wißen,  daß  wir  den  schönsten  Druck  und  das 
gröste  Papier  dazu  nehmen  und  sie  (doch  nur  vielleicht!)  dem 
Könige  dediciren  wollen.  Nein  das  vielleicht  fällt  weg;  es 
soll  nicht  geschehen.    Der  König  wird  ihre  Oden  nicht  &sti- 


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iniren  und  wen»  sie  noch  so  unvergleichlich  sind ,  weil  sie 
nicht  französisch  sind.  Der  Lohgesang  des  Krülings,  so  wie 
sie  ihn  geändert  haben,  die  Ode  an  Bachns,  und  die  mit  Rei- 
men, so  sie  noch  aus  Halle  an  mich  gemacht  haben,  wenn  sie 
etwas  daran  ändern  z.  E.  die  hier  nicht  gangbaren  Reime 
saßen  lasen,  dis  sind  schon  dreve  auf  ihr  Conto.  Vielleicht 
haben  sie  noch  7  fertig  liegen.  Die  meisten  müGen  ohne  Rei- 
men seyn.  Wollen  sie,  daß  aus  diesem  Scherz,  Ernst  werde? 
Wenigstens  würden  ein  Duzend  solche  kleine  Saralungen,  jede 
von  besondern  Geschmack,  mehr  nutzen,  als  dreimahl  so  viel 
Streitschriften.  Herr  Sulzer,  (sie  kennen  ihn  doch  schon?) 
hat  auf  sich  genommen,  den  Geschmack  der  Correspondenten 
durch  eine  Samlung  freundschaftlicher  Briefe  zu  verbeßern. 
Er  wird  aus  einem  großen  Vorrath  würcklich  geschriebener 
Briefe  von  den  HE.  Langen  HE.  Naumann,  von  mir  von  sich 
selbst,  so  viele  aus  suchen,  als  zu  einem  kleinen  Bändchen 
nöthig  seyn  werden.  Wollen  sie  einen  Beitrag  thun  ?  Es 
werden  alle  Nahmen  und  Umstände,  die  besondere  Dinge  an- 
gehn,  herausgelaßen.  Nun  will  ich  ihren  Brief  aufsuchen 
und  einige  l'uncte  beantworten.  Was  für  ein  angenehmer 
Brief!  Ach  wie  ärgert  es  mich,  daß  ich  Leipzig  nicht  mit 
erobert  habe.  Sie  haben  ja  eine  Doris  darinnen,  wie  hätte 
ich  sie  beschützen  wollen !  Aber  sie  haben  sie  mir  nur  mit 
dem  poetischen  Nahmen  genent,  wie  würde  ich  sie  aufgefun- 
den haben.  Das  Schicksahl  hätte  mich  zu  ihr  führen  müßen, 
so  wie  es  in  den  Memoires  d'un  homme  de  qualite  den  Mar- 
quis auf  dem  portugisischen  Schiffe  zu  seiner  Niece  führt, 
ich  wäre  so  lange  mit  ihrer  Doris  bekant  gewesen,  als  der 
junge  Marquis  mit  der  verkleideten  Türckin,  bis  sich  die 
Doris  selbst  verrathen  hätte,  oder  sie  durch  Eifersucht.  Ha- 
ben sie  im  Ernst  ein  Mädchen  in  Leipzig?  Icl>  will  künf- 
tige Meße  hinreisen.  Wie  heißt  es?  Wo  wohnt  es?  Darf  ich 
es  in  ihrem  Nahmen  küßen  ?  A  propos  was  macht  der  Engel 
in  Anspach ,  an  den  sie  einniahl  an  ihrem  Nahmens  Tage 
eine  Ode  über  den  Kaifee  machten?  Ich  meine  ihre  Madem. 
Schwester?  —  —  — 

Haben  sie  des  Herrn  von  Hagedorns  Ode  auf  den  Wein 
gelesen?    Heute  habe  ich  ein  Schreiben  vom  Herrn  v.  Was- 


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berg  (der  die  Wochenschriff,  den  Freydencker  gesehrieben  hat) 
aus  Danzig  bekommen,  woraus  ich  errathe,  daß  er  willens  ist 
anakreontische  Gedichte  herauszugeben.  Ich  wundere  mich 
daß  man  [an]  dieser  Art  so  viel  Geschmack  gefunden  hat. 
Jedermann  will  jetzo  anakreontisiren,  dadurch  wird  der  Vor- 
zug der  Neuheit  bald  wegfallen.  Wer  hat  ihnen  gesagt,  daß 
Host  und  Liscov  wieder  einander  schreiben  wollen  ?  Sie  werden 
es  in  den  Hallischen  Bemühungen  gelesen  haben.  Diesen 
Dingern  müßen  sie  nichts  glauben.  Sie  haben  die  Lüge  ge- 
schrieben HE.  Liscov  und  HE.  Rost  aneinander  zu  hetzen,  aber 
wie  werden  sie  bey  so  vernünftigen  Leuten  ihren  Endzweck 
erreichen  ?  Herr  Liscov  und  HE.  Rost  sind  beide  in  Dresden. 
Der  erste  ist  Maitre  de  requetes  und  der  andre  Secretair. 
Herrn  Rost  kenne  ich  von  Person  und  habe  ihn  in  Dresden 
besucht  aber  nicht  HE.  Liscov,  der  war  eben  verreist.  Der 
HE.  v.  Bilefeld  (Gouverneur  des  Prinzen  Ferdinand  der  den 
Montesquiou  de  la  grandeur  des  Romains  p  ins  deutsche  und 
einige  politische  Schriften  ins  französische  übersezt  hat,  ein 
Schwager  von  HE.  v.  Stüven  der  jezt  in  Bareuth  ist  und  eben 
der  ist,  deßen  Uebersetznng  der  Alzire  die  Neuberin  der  gott- 
schedischen vorgezogen)  hat  mir  ihn  ehemals  caracterisirt. 
Seine  Lebensart  ist  so  frey  und  ungezwungen,  als  seine  Sa- 
tiren. Diese  sind  unter  dem  Titul :  Samlung  ernsthafter  und 
satirischer  Schriften,  herausgekommen.  Ich  weiß  nichts  von 
einer  neuen  Auflage.  Wenn  ich  wüste,  daß  sie  sie  noch  nicht 
besäßen  so  wolte  ich  sie  ihnen  itzo  mitschicken,  denn  sie  wer- 
den doch  ein  ganz  paquet  Witz  bekommen.  Außer  dieser  Sam- 
lung ist  unter  Liscovs  Nahmen  nichts  bekant,  als  die  Vorrede 
von  Heineckens  Uebersetznng  des  Longin,  die  aber  nicht  so 
fein  ist,  als  seine  übrigen  Sticheleien.  HE.  Rost  soll  die  Vor- 
rede vor  Königs  Gedichten  gemacht  haben.  Haben  sie  sie 
gelesen?  Ich  habe  seit  17a  Jahren  nichts  von  HE.  Rost  ge- 
hört ,  und  wo  mir  recht  bin  ich  ihm  noch  eine  Antwort 
schuldig.  Ich  gestehe  es,  ich  mache  mir  die  Bekantschaft  der 
berühmtesten  Männer  allzuwenig  zu  Nutze,  aber  ich  weiß  selbst 
nicht  aus  was  für  Ursache.  Vielleicht  darum,  weil  ich  ihnen 
weniger  mißfallen  will,  wenn  ich  mich  ihnen  in  einer  gewißen 
Entfernung  zeige,  so  wie  gewiße  Schildereien  in  der  Ferne 

N 

i 

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beßer  gefallen.  Haben  sie  den  ersten  Tlieil  des  Opitz  gesehen 
so  wie  ihn  Bodmer  und  Breitinger  gesellschaftlich  herausgeben. 
Es  wird  ein  unvergleichlich  Werck  werden.  HE.  Gottsched 
bekomt  sein  Theil  in  den  Anmerckungen.  Von  den  Verfaßern 
der  Bremischen  Belustigungen  sind  mir  einige  genent,  z.  E. 
Zachariä  ist  der  Verfaßer  der  Verwandlungen ,  Gärtner  hat 
das  Schäferspiel  gemacht,  einige  andere  fallen  mir  nicht  bey. 
Die  Belustigungen  des  Gemüths  haben  einen  gewißen  HE. 
Naumann  zum  Verfaßer.  Sie  sind  sehr  mittelmäßig  und  hie 
und  da  recht  schlecht.  Berlin  ist  jetzo  kein  Sammelplatz 
witziger  Köpfe  mehr,  wie  sie  es  ehmals  genent  haben.  Einige 
sind  tod,  z.  E.  Lamprecht,  Pyra,  einige  sind  weggegangen 
z.  E.  Dreier,  Rost,  Straube,  an  dem  Hofe  sind  noch  einige 
Kenner,  der  HE.  von  Bilefeld,  der  HE.  von  Borck,  die  etwas 
deutsches  aestimiren.  Die  französischen  Witzlinge,  die  ich  kenne, 
sind  die  elendesten  Köpfe  von  der  Welt.  Z.  E.  Francheville, 
der  eine  pension  hat,  ist  nicht  mehr  wehrt  als  Stoppe,  und 
einige  andere  sind  nicht  halb  so  viel  wehrt.  Indeß  über- 
schwemmen sie  die  Stadt  mit  ihren  Poßen.  Un  sot  trouve 
toiijours  un  plus  sot  qui  Tadmire.  Den  Panegyrique  du  Roi 
hat  der  Prof.  Forniei  gemacht  der  die  Belle  VVolfienne  geschrie- 
ben hat.  Tout  ce  qu'on  a  publie  ä  la  gloire  du  Roi  ne  sert 
que  pour  estimer  davantage  ce  qu'il  a  publie  lui  ineme.  Ist 
es  nicht  Schade,  daß  Deutschland  unter  ihm  nicht  das  goldene 
Alter  der  belles  lettres  erleben  soll  ?  Meine  Freunde  allein 
wären  fähig  das  Seculum  Angusti  und  Louis  XIV.  blühen  zu 
machen,  wenn  sie  aufgemuntert  würden.  Aber  es  ist  wenig 
Hofnung  übrig.  In  der  Academie  ist  allem  Deutschen  der 
Eingang  verboten,  es  wird  alles  übersetzt.  So  sehr  ich  das 
Französische  «stimire,  und  so  gut  ich  weiß,  daß  uns  die  Fran- 
zosen weit  voraus  sind,  so  unbillig  ist  es  doch  die  Sprache  des 
Vaterlandes  und  seinen  Witz  ganz  nachzusetzen.  —  —  — 

Ich  schicke  ihnen  hiebey  ein  Haufen  Witz,  den  müßeu 
sie  erwiedern.    Empfehleu  sie  mich  dem   HE.  Prof.  Christ, 
der,  wie  ich  weiß,  von  ihnen  hochgeschätzt  wird.  —  —  — 
Berlin 
den  6525  Martis  1746. 

Oleiui-Uz,  Briefwechsel.  7 


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HE.  Ramler  lilGt  sich  bestens  empfehlen,  HE.  Naumann 
hat  auch  schon  oft  GrfiÜe  bestelt.  Er  lebt  noch  immer  von 
seinem  Reichthum  und  setzt  fleißig  in  Lotterien  aber  er  ge- 
winnt nichts,  a  propos  D'Argens  schreibt  jetzt  wieder  Gott- 
sched. Er  hat  mit  einigen  andern  ein  Journal  angefangen, 
in  deßen  erstem  Stück  ein  spitziger  Brief  wieder  ihn  und  seine 
Kulmus  steht.  — 


24.  Gleim  an  Uz. 

Mein  theurester  Freund,  (***  diß  sind  Zeichen  daß  ich  sie  kQOe) 

Ich  antworte  ihnen  hurtiger  als  sie  es  haben  wollen. 
Denn  sie  lesen  doch  lieber  die  flüchtigen  Einfälle  eines  Ge- 
sunden als  die  gründlichsten  Betrachtungen  die  einen  Krancken 
verrathen.  Aber  ich  will  nicht  warten  bis  ich  wieder  gesund 
bin ;  ich  bin  ja  noch  nicht  recht  kranck,  ich  könte  gar  ster- 
ben, und  dadurch  verhindert  werden,  ihnen  noch  eiumahl  zu 
sagen,  daß  ich  Sie,  wie  meine  Seele  liehe  * ;  ich  will  schreiben, 
es  mag  verdrießliches  oder  lustiges  Zeug  seyn.  Sie  haben  er- 
rathen,  daß  sich  unsere  Briefe  begegnen  würden,  es  ist  am 
Mitwochen  einer  an  Sie  abgegangen,  oder  vielmehr  ein  ganzes 
Paquet,  haben  sie  es  erhalten?  Ich  habe  darin  schon  alles 
beantwortet,  was  sie  mir  in  ihrem  Schreiben  fragen.  Ver- 
langen sie  noch  mehr  zu  wißen?  Bey  Abgang  des  Briefes 
hatte  ich  unterschiedenes,  das  ich  schreiben  wolte,  vergeßen, 
und  nun  kan  ich  es  mir  in  der  Eil  nicht  besinnen.  Vielleicht 
fält  es  mir  noch  ein.  *    Ich  will  fort  schreiben. 

Was  für  eine  unvergleichliche  Ode  haben  sie  mir  ge- 
schickt! Aber  mein  Gott  warum  trauen  sie  mir  so  wenig 
Einsicht  zu,  daß  ich  nicht  sehen  soll,  wie  viel  Verdienste  sie 
haben.  Laße  ich  mir  zu  wenig  mercken  daß  ich  es  einsehe? 
Seyn  Sie  zufrieden,  ich  will  ihnen  in  Zukunft  in  allen  Brie- 
fen, die  Lobeserhebungen  womit  meine  Freunde  und  abson- 
derlich der  HE.  v.  Hagedorn  ihre  Muse  überhäufen,  über- 
schreiben *.  —  Sie  sind  der  redlichste  Freund,  und  der 

w i tzi gste  Kopf.  ****** 

Den   Augenblick  erhalte  ich  ein  allerliebstes  Schreiben 


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von  meinem  lieben  Kleist  von  meinem  andern  Uz.  Er  ent- 
schuldigt sich,  daß  er  keinen  Brief  an  Sie  eingelegt  habe, 
und  bittet  um  einen  Gruß  an  Sie.  Hier  haben  sie  ihn  ganz 
frisch.  Schreiben  sie  doch  einmahl  an  diesen  liebenswürdigen 
Freund.  Ich  bin  nach  Empfang  seines  Briefs  halb  wieder 
beßer,  und  halb  von  den  ihrigen,  also  werde  ich  wohl  ganz 
wieder  munter  seyn.  Seidlitz  ist  außer  Gefahr,  welches  mich 
herzlich  freuet,  er  ist  Kleistens  einziger  vernünftiger  Freund 
beim  Regiment.  Kleist  will  die  Schäferwelt,  wieder  den  Ver- 
faßer der  Bürgerwelt  oder  wieder  mich  vcrtheidigen.  Haben 
sie  die  Bfirgerwelt  schon  gelesen?  Der  HE.  v.  Hagedorn  hat 
mich  nachdrücklich  ersucht  sie  nebst  der  Schäferwelt  drucken 
zu  laßen,  aber  ich  trage  Bedencken,  es  ohne  gewiße  Umstände 
zu  thun.  Vielleicht  aber  thue  ich  es  doch.  Der  HE.  v.  Kleist 
will  sich  mit  mir  vergesellschaften  zu  einem  Versuch  in  ernst- 
haften Gedichten  ,  und  ich  soll  sie  dazu  einladen.  Vielleicht 
wird  man  unter  mehrern  Stücken  die  Schäferwelt  mit  so  vieler 
Beobachtung  nicht  warnehmen,  als  geschehen  würde,  wenn 
man  sie  allein  in  die  Welt  schickte,  Sie  hat  ohnedem  schon 
mehr  Lärm  gemacht,  als  sie  wehrt  ist.  Doch  man  hält  mei- 
stens den  seel.  Lamprecht  für  den  Verfaßer,  wobei  ich  jeden 
gern  laße,  und  sie  müßen  es  auch  thun,  wenn  jemand  mich 
davor  hält.  Weil  ich  von  Sachen  die  gedruckt  werden  sollen, 
rede,  so  will  ich  zugleich  antworten,  warum  ich  gern  sehe, 
daß  der  Vorschlag  wegen  einer  Monathschrift  ins  Stecken  ge- 
rathen  ist.  Dis  Mittel  zur  Aufnahme  der  schönen  Wißen- 
schaften  ist  nicht  mehr  neu  genug.  Deutschland  ist  mit  Mo- 
nathsschriften  überschwemmt,  alle  Buchladen  wimmeln  davon. 
Indeßen  hätte  ich  doch  Lust  etwas  zu  unternehmen.  Wißen 
sie  wie?  Doch  ich  habe  es  ihnen  schon  im  vorigen  Schreiben 
eröfnet.  Wenn  man  in  jedweden  besonderm  Geschmack  ein 
Bändgen  lieferte,  einen  säubern  Druck  veranstaltete,  und 
Meisterstücke  machte  so  könte  man  noch  durch  die  Menge 
der  elenden  Scribenten  hindurch  dringen.  Sie,  Herr  Ramler 
und  Herr  v.  Kleist  müsten  das  meiste  dabey  thun.  Herr 
Langen  muß  man  gar  zu  sehr  corrigiren,  wenn  seine  Arbeit 
gelten  soll,  Herr  Naumann  will  nichts  schreiben,  oder  er  kan 
nicht,  er  hat  in  ein  paar  Jahren  nur  zwei  Hochzeitgedichte 

7* 


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und  2  anakreontische  Oden  gemacht  Wenn  sie  doch  an  seiner 
Statt  hier  wären.  Gestern  ist  er  bei  mir  gewesen,  und  da 
haben  wir  ihre  Gesundheit  in  einein  Glaß  schlechten  Moseler 
getruncken.  Wie  viel  beßerer  Wein  kau  ihre  Muse  anfeuren  ! 
sie  sind  dem  Bachus  am  Rhein  so  viel  näher,  als  -  -  ich  mag 
dis  als  nicht  voll  machen.  Sie  würden  es  nur  für  Schmeichelei 
halten.  *  *  Ich  kau  ihre  Ode  nicht  kritisiren,  sie  hat  keine 
Fehler,  oder  wenn  sie  welche  hat,  so  werde  ich  sie  heute  nicht 
entdecken.  Das  Ding  von  dem  Dinge  ist  recht  schalckhaft 
schelmisch,  ich  werde  es  HE.  v.  Hagedorn  mitschicken.  Ich 
erwiedre  es  durch  eine  Mordgeschichte.  Beurtheilen  sie  sie 
doch,  ich  habe  mich  beflißen  jede  Strophe  mit  einer  burlesque 
zu  beschließen.  Ich  habe  sechs  Erzählungen  fertig,  wenn  sie 
eben  so  viel  haben,  so  könten  wir  unsere  Miscellanies  zusam- 
men drucken  laßen  wie  Pope  und  Schwift.  Sie  sind  dann  Pope, 
aber  ich  werde  so  wenig  Schwift  seyn,  als  wenig  ich  seinen 
satirischen  Kopf  habe.  Ob  HE.  v.  Hagedorns  Gedichte  Ostern 
herauskönnen  werden  weiß  ich  nicht.  Von  seinen  Gedichten : 
die  Glückseeligkeit,  die  Wünsche  und  der  Weise,  ist  eine  neue 
Edition  erschienen.  Schütze  hat  ohne  mein  Vorwißen  die  dritte 
Edition  von  meinen  Liedern  angefangen  (nemlich  nur  vom 
lsten  Theil).  Es  ist  schon  zu  späte  meinen  Absichten  nach 
eine  Aenderung  zu  machen,  aber  hie  und  da  werde  ich  doch 
etwas  changiren.  Ich  werde  z.  E.  einige  Zweideutigkeiten  weg- 
nehmen, die  keine  seyn  sollen.  Haben  sie  die  Zeile  in  der 
Vorrede:  sie  weiß  nicht  daß  du  auch  eine  hast  vor  zwei- 
deutig gehalten?  item  Da,  hier  hast  du  meinen  Pinsel!  Meine 
intention  ist  es  nicht,  obgleich  der  HE.  von  Bilefeld  meinte, 
das  ganze  Gedicht  sey  um  der  letzten  Zeile  willen.  Liskov 
und  Rost  möchten  wohl,  so  bald  nicht  wieder  erscheinen.  Sie 
stehen  in  Bedienungen  die  sie  allzugeschäftig  machen,  mir 
wird  es  auch  bald  so  gehen,  und  ich  wünsche  daß  es  geschehen 
möge.    Ich  werde  gleich  kranck ,  wenn  ich  faul  bin.  Ich 

wünsche  mir  nur  eine  Bedienung  nach  meinem  Sinn.  

HE.  Lauge  hat  ein  artig  Mädgen,  eine  Blondine,  die  die 
freundlichste  unter  allen  ist,  sie  dichtet  auch,  lacht  und  küßt: 
sie  hat  mich  auch  geküßt  und  mit  mir  Lieder  gesungen,  aber 
letztens  habe  ich  sie,  nein  nicht  sie,  sondern  vielmehr  ihren 


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Geliebten  böse  gemacht.  Sie  bat  eine  Ode  auf  den  König 
drucken  laßen  und  die  habe  ich  schlecht  genent,  ich  habe  noch 
mehr  gethan,  und  habe  kein  Bedencken  getragen,  andere 
Freunde,  welche  es  gelobt  haben  z.  E.  HE.  Meier  in  Halle, 
HE.  Sulzer,  zu  wiedersprechen;  darüber  ist  HE.  Lange  em- 
pfindlich worden,  aber  er  ist  schon  wieder  gut,  und  er  hat  es 
mir  abgebeten,  daß  er  böse  gewesen  ist.  Hiebey  koint  sein 
Schreiben  an  mich  wegen  Verlust  der  cüstrinschen  Bedienung, 
ich  habe  es  vor  HE.  v.  Kleist  abgeschrieben,  nun  sollen  sie 
es  haben.  Wie  gefällt  ihnen  die  Ode  des  HE.  v.  Kleist  das 
Landleben  und  die  an  Belinden  von  HE.  Ramler?  Beide 
Verfaßer  schätzen  sie  fast  so  hoch,  wie  ich.  Herr  Lange  nent 
sie  den  Dencker  bey  fleischigen  Füßgen.  Ich  bin  nicht  mit  ihm 
zufrieden,  daß  er  wegen  des  critischen  Streits  nicht  enthalt- 
sam genug  ist.  Zincke  in  Hamburg  hat  ihn  getadelt,  warum 
kan  er  das  nicht  leiden?  Ich  laße  alles  Kunstrichtern,  was 
will,  und  kehre  mich  an  nichts,  und  antworte  Niemand,  und 
befinde  mich  wohl  dabey.  Von  HE.  Götzen  weiß  ich  nichts. 
Ich  habe  sie  schon  nach  ihm  fragen  wollen.  Wo  mag  er  seyn? 
Können  sie  mir  nun  entdecken,  was  sie  einmahl  wieder  ihn 
gehabt  haben  ?  Sehen  sie  wie  wenig  ich  aufhören  kan,  wenn 
ich  mit  ihnen  plaudre,  aber  ich  mag  kein  neues  Blat  anfangen. 
Empfehlen  sie  mich  den  dortigen  Kennern  qui  putant  meas 
esse  aliquid  nugas.  Machen  sie  daß  ich  dort  lebe!  Ich  will 
sorgen  daß  die  hiesigen  Fluren  von  ihrem  Nahmen  wieder 
schallen.  Antworten  sie  so  bald  wie  ich,  und  schicken  sie  mir 
eben  so  viel  von  ihrer  Muse  *  *.  Ich  bin  mit  unveränder- 
licher Zärtlichkeit, 

Meines  liebenswürdigsten  Freundes 

Berlin  ergebenster 
den  12111'  Martis  Gleim 

1746  ') 

Ihr  Brief  ist  den  liil'  datirt.  Muß  er  denn  12  Tage  bis- 
hieher  reisen  ? 

Von  dem  französischen  Journal  ist  nur  ein  Stück  heraus. 
Es  bedeutet  nicht  viel.    Der  Brief,  der  Gottscheden  angreift 

1}  Im  original  verschrieben:  1745 


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ist  der  witzigste.  Sonst  kommen  mir  Urtheile  und  Nach- 
richten von  Büchern  darin  vor.  Ihr  Magister  Duns  hat  allen 
ungemein  gefallen,  die  das  Original  kennen.  Ich  will  ihn  doch 
mit  au  Bodmern  schicken.  Ich  bin  versichert  daß  er  ihn  nicht 
mißbrauchen  wird.  Ich  mag  sie  nicht  loben,  Bie  schreiben  un- 
vergleichlich belier  alls  alle;  zehnmal  beßer  als  ich! 

Die  freundschaftlichen  Briefe  sollen  mit  HE.  Sulzers  (ohne 
Nahmen)  Vorrede  hier  noch  vor  der  Meße  gedruckt  werden. 
Ich  habe  einen  ihrer  Briefe  dazu  hergegeben.  Wenn  sie  Lust 
haben,  noch  mit  einigen  die  Samlung  zu  schmücken,  so  wird 
es  noch  Zeit  seyn,  mit  künftigen  Posttagen  vor  Ostern.  Es  soll 
Niemand  in  den  Briefen  genent  werden,  auch  nicht  einmal)  l 
mit  dem  AnfangsBuchstaben,  sie  sollen  kleine  den  Leser  inter- 
eßirende  Umstände  enthalten,  artige  Versicherungen  der  Freund- 
schaft, kurz  solche  Briefe  sollen  es  seyn,  wie  sie  schreiben, 
adieu,  lltvouev  aßpx  yeaovts;.  Xopsuato  u,eia  xoup7j;  ßatk>- 
xoXncu. 

Haben  sie  Barnesii  Edition  vom  Anacreon  gesehen?  Ich 
will  sie  durch  den  HE.  v.  Hagedorn  aus  Engelland  kommen 
lauen.  Was  macht  ihre  Uebersetzung?  Ich  habe  noch  einige 
Oden  Übersetzt  aber  schlecht.  Ihre  sind  alle  beßer,  schicken 
sie  mir  doch  einige  Bogen  voll  davon.  Ich  will  ihnen  nichts 
schuldig  bleiben.  Ich  will  alle  hiesigen  witzigen  Köpfe  auf- 
bieten sie  zufrieden  zu  stellen,  und  wenn  sie  sich  nicht  re- 
vangiren  so  will  ich  ihnen  lauter  Gedichte  von  Capitain  Rober 
schicken.    Solche  Scartequen  erfüllen  täglich  die  [Bogen?]1) 

An  Daphnis  dem  seine  Hofnung  fehl  schlug2) 
Freund,  wunderst  du  dich  noch,  daß  dir  es  so  ergeht,  —  [  von  S.  G.  Lange J 

Schreiben  sie  mir,  was  sie  für  Witz  aus  hiesiger  Gegend 
verlangen.  Haben  sie  Hagedorns  Gedichte  von  der  Gltick- 
seeligkeit.  p.  Bodmer  und  Breitinger  schreiben  Auszüge  aus 
den  Gelehrten  Zeitungen  und  darunter  eigne  Criticken  haben 
sie  die  schon  gelesen  ?  In  Zürch  komt  ein  französisch  Blat 
unter  dem  Titul  Misodeme  heraus  von  HE  —  ich  besinne 
mich  nicht:   wieder  Gottsched  Stoppen  pp.    Eben  der  Ver- 


1)  Abgerissen.  2)  Die  folgenden  beilagen  auf  sechs  besonderen 
octavblättern. 


103 


faßer  arbeitet  an  einem  Gedicht  Le  gont  deprave  en  Alle- 
magne.  Herr  Meier  wird  gleichfals  künftige  Ostern  ein  Werck 
drucken  laßen :  Von  den  Ursachen  des  verderbten  Geschmacks. 
Verniuthlich  wird  HE.  Gottsched  herhalten  müßen.  In  seinein 
Werck  vom  Kunstrichter  hat  er  ihn  schon  oft  gehauet,  doch 
mit  aller  Hochachtung.  Er  ist  Schuld  daran,  daß  Lange  so 
wenig  an  sich  hält;  doch  die  Liebe  vor  seinen  verstorbenen 
Freund  Pyra  verleitet  ihn  wohl  am  meisten.  Ich  habe  einige 
von  des  seel.  Pyra  Mscpten  von  den  Schönheiten  in  Virgils 
Aeneas  und  die  Uebersetzung  des  ersten  Buchs  und  etwas  von 
dem  folgenden.  Wie  gefält  ihnen  sein  Erweiß  daß  die  Gdtt- 
schedische  Secte  den  Geschmack  verderbe.  Die  Schweizer  ha- 
ben einen  tüchtigen  Beistand  verlohren. 

Der  neue  Jonas. 
An  Herrn  -  - 

Soldat  und  Schiffer  lügen  Mir  ist  nicht  anzusehen, 

Von  Schifbruch  und  von  Kriegen      Was  mir  bisher  geschehen. 
Italien  und  Flandern  Ich  Pater,  Schout  by  Nacht  und 

I*»t  voll  von  Alexandern,  Wirth 
5  Und  steigt  ein  Schiffer  aus  der      Bin  zwanzig  Jahr  herumgeirrt. 
So  iats  ein  neuer  Crusoe.  [See, 

Z>     Ich  hab  in  manchem  Stande 
Jüngst  dient,  auf  meiner  Reise       Zu  Waßer  und  zu  Lande 
Ein  Gastwirth  zum  Beweise.  Viel  Unglück  leiden  müßen. 

Er  dachte  seine  Lügen  Ich  weiß  nicht,  ob  sie  wißen, 

10  Verschütten  mir  Vergnügen,  Daß  ich  mit  einer  Perserin 

Drum  plaudert  er,  den  halben  Tag,  ;iu  Im  Wallfischbauch  gewesen  bin? 
Uz,  sey  gequält,  ich  plaudr'  ihm 

nach         Nach  sechszehn  KriegesZügen, 
*    *  Und  nach  nicht  mindern  Siegen, 

Nun  fluch  ich  auch  dem  Meere,  Must  ich,  trotz  meinen  Thaten, 
Wie  einst  dem  Kriegesheere.  In  Sclaverey  gerathen. 

K»  Der  Waßer  Ungeheuer  x,  Zum  Glück  -  -  denn  es  verliebte 

Flieh  ich  wie  Schwerd  und  Feuer,  sich 
Und  bleib  in  Strasburg  Bürgers-     Die  schönste  Perserin  in  mich. 

mann, 

Wo  mich  kein  Fisch  verschlingen        Sie  liebte  mich  zwölf  Tage, 

kan      Da  wagt  ich  schon  die  Frage: 
Du  Stern  der  Perserinnen 
Mein  Herr,  seit  zwanzig  Jahren  40  Wilst  du  mit  mir  entrinnen? 
20  Hab  ich  sehr  viel  erfahren.  So  blöd  ich  ihr  ins  Auge  sah, 


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104 


So  hurtig  war  die  Antwort:  Ja  73 

Und  gleich  nahm  ßie  die  Ketten, 
Und  sprach:  wenn  uns  zu  retten, 
4.)  Nun  auf  dem  wilden  Meere 
Nur  eine  Barcke  wäre! 
Und  als  sie  nach  dem  Ufer  sah,  80 
War  glücklich  Mann  und 

Barcke  da. 


Sie  bot  ihm  zwölf  Zechinen, 
;/)  Er  war  bereit  zu  dienen, 
Und  bat  uns  einzusteigen, 
Und  sprach,  den  Weg  zu  zeigen  : 
Geh  du  Nordost,  zum  nächsten 

Port! 

Die  Barcke  ging,  wir  schwammen 

fort. 


v, 


00 


Wir  sahn  bei  hellem  Himmel 
Das  fröhliche  Getümmel 
Der  scherzenden  Delphinen 
Und  Meerpferd  unter  ihnen 
Und  kamen,  eh  wirs  uns  versahn, 
00  Vergnügt  im  nächsten  Hafen  an.  U5 

Hier  wolten  wir  der  süßen 
Versäumten  Ruh  genießen, 
Und,  alles  zu  vermeiden, 
Rieth  ich  uns  zu  verkleiden. 
(Vi  Schnell  ging  mein  Rock  auf  ihren 

Leib  100 

Sie  ward  ein  Mann  und  ich  ein 

Weib. 


Und  nach  dem  Strande  sähe 
Uns  seitwerts  rudernd  nahe 
Und  sprach  mit  freyer  Redlichkeit 
Wie  einer,  den  ein  Gast  erfreut. 

Sie  werden  sehr  gebeten 
Mit  mir  an  Bord  zu  treten. 
Wir  wolln  ein  bisgen  speisen 
Und  dann  gleich  weiter  reisen 
Denn  ich  bin  an  des  Mannes  statt 
Der  sie  hieher  geführet  hat. 

Schnell  flohen  unsre  Blicke 
Bald  vorwerts,  bald  zurücke, 
Es  war,  ach  welcher  Schrecken! 
Der  Mann  nicht  zu  entdecken. 
Mein  Mädchen  sprach  kein  eintzig 

Wort, 

Und  zitternd  traten  wir  an  Bord. 

Als  wir  beim  Tische  saßen 
Und  traurig  wenig  aßen 
Sprach  unser  Wirth:  sie  eßen! 
Der  Führer  sey  vergeßen. 
Versparen  sie  nur  Furcht  und 

Gram 

Ich  bringe  sie  nach  Amsterdam. 

Vor  Schrecken,  Furcht  und 
Verstummeten  wir  beide,  [Freude, 
Und  keiner  konte  wagen 
Des  Führers  Stand  zu  fragen. 
Und  mir  fiel  oft  die  Meinung  ein 
Er  müß  ein  Geist  gewesen  seyn. 


In  diesem  Weiberstande 
Sah  ich  nicht  fern  vom  Strande 
Viel  Perser  müßig  stehen, 
70  Und  nach  dem  Hafen  sehen 
Schnell  nahm  mich  Furcht  und 

Schrecken  ein 
Du  wirst, dacht  ich.vcrrathen  seyn. 

Ein  Mann  der  freundlich  lachte 
Kam  als  ich  dieses  dachte 


Nach  eingenommner  Speise 
Beim  Antritt  unsrer  Reise 
10)  Bat  ich  den  Gott  der  Winde: 
Ach  sey  mit  un9  gelinde! 
Sey  mir  und  meinem  Mädchen  gut 
Und  mache  daß  der  Sturmwind 

ruht. 

Drauf  schwamm  das  Schiff  vom 

Lande 


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105 


lio    Es  wich  gemach  dem  Strande 
Der  Tag  war  schön  und  helle 
Es  schwiegen  Sturm  und  Welle 
Doch  eh  sichs  Mann  und  Schilt" 

versah 

War  Sturm  und  Blitz  und  Welle  da. 

115  Pechschwarze  Wolcken  krachten 
Beständge  Blitze  machten 
Um  Mann  und  Schiff  und  Welle 
Das  dicke  finstre  helle 
Als  solten  wir  bey  Angst  und 

Flehn 

120  Den  nahen  Tod  noch  beßer  sehn. 

Wir  fuhren  auf  der  Welle 
Zum  Himmel  und  zur  Hölle. 
Bald  ward  das  Schiff  vom  Toben 
Der  Fluten  aufgehoben; 
125  Bald  bläckete  des  Meeres  Schlund, 
Dann  fiel  es  wieder  in  den  Grund. 

Ach!  rief  ich  laut,  voll  Schrecken: 
Nun  wird  uns  Waßer  decken. 
Ach !  Schatz,  daß  ich  im  Grabe 
130  Dich  noch  im  Arme  habe 

Wünsch  ich  mir  einen  Wallfisch- 
bauch 

Mein  Mädchen  sprach:  den  wünsch 

ich  auch. 


I4ö     Mein  Herz  fing  an  zu  pochen 
Denn  kaum  war  es  gesprochen, 
So  schien  bei  Wellenschlägen 
Der  Wallfisch  sich  zu  regen, 
Und  plötzlich  stürzt  er  Schiff  und 

Last, 

150  Und  in  dem  Meere  stach  der  Mast. 

Ich  und  mein  Mädchen  schwam- 
Nicht  weitdavon  beisammen  ( raen 
Da  kam  auf  uns  mit  Flößen 
Der  Walfisch  losgeschoßen 
155  Ach,  fing  mein  Mädchen  an  zu 

schrein 

Auf  einmahl  schlang  er  uns  hinein. 

Als  wir  nun  in  dem  Magen 
Nicht  nah  beisammen  lagen 
Da  will  ich  mich  bewegen 
160  Und  mich  ihr  näher  legen, 
Allein  der  Wallfisch  hältnichtstill, 
So  oft  ich  auch  ihr  näher  will. 

Dis  Wälzen  und  dis  Lärmen 
Mag  Magen  und  Gedärmen 
165  Worinn  er  uns  begraben 
Nicht  angestanden  haben 
Drum  drangen  sie  im  Augenblick 
Mich  wieder  durch  den  Schlund 

zurück. 


Schnell  komt  in  Waßerwogen  Ich  hielt'  di*  war  das  beste' 
Ein  Wallfisch  angeflogen  170  Das  liebe  Mädchen  feste, 


135  Und  hält  sich  in  der  Tiefe 
Recht  unter  unserm  Schiffe 
Das  als  ers  dreimal  umgewandt 
Auf  seinem  Rücken  stille  stand. 


Drum  wards  mit  mir  verschlungen 
Und  auch  herausgedrungen, 
Ich  hielt  es  noch  fest  an  der  Hand, 
Und  lag  schon  an  dem  Meer  im 

Sand. 


Ach!  sprach  ich  ganz  verstöret,  175     Ich  bitt  um  mehr  zu  hören 


HO  Der  Wall  fisch  hat  gehöret, 
Was  wir  gewünschet  haben. 
Nun  wird  er  uns  begraben. 
Verschling  uns,  Walfisch,  sprach 

mein  Schatz, 


Im  Wallfisch  einzukehren 
Der  Wirth,  Herr  Michelmeyer 
Weiß  tausend  Abendtheuer. 
Schreib,  schreib,  du  I)ö)i  (Juixot 

zur  See! 


Ist  auch  in  dir  für  zweene  Platz.  180  Schreib  einen  neuen  Crusoe. 


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106 

An  Belingen 

Halinde,  meide  mich  nicht  im  lustigen  Mut,  -  -  -  [von  K.  W.  Ramler] 

Das  Landleben  an  Herrn  'Jlcini 
O  Kreund!  wr-  *eelig  ist  der  Mann  zu  preisen  -  -  -  [von  K.  C.  v.  Kleist] 


25.  Uz  an  Gleim. 

Mein  allerliebster  Freund, 

Ith  beantworte  auf  eiumahl  zwey  Ibrer  Schreiben,  weil 
Ihr  zuletzt  geschriebener  Brief  um  acht  Tage  eher  ankam,  als 
derjenige,  den  Sie  ungemahnt  au  mich  abgeben  lieben.  Was 

für  Vergnügen  haben  Sie  durch  heede  mir  gemacht!  

Schreiben  Sie  mir  immer,  wenn  ich  Ihnen  oder  Ihren  Freünden 
manchmal  nicht  mißfalle;  Sie  muntern  mich  auf,  es  in[s] 
kfinftige  so  gut  zu  inachen,  als  Sie  mir  schmeicheln,  es  schon 
gemacht  zu  haben.  Aber  schreiben  Sie  mir  auch,  worinn  ich 
nicht  gefalle.  Das  wird  öfter  seyn,  als  das  erstere,  und  Sie 
sind  doch  so  sparsam  damit.  Doch  genug  hievon  ;  ich  komme 
auf  Ihre  Fatalitäten  und  betlauere  Sie,  daÜ  es  Ihnen  nicht 
nach  Wunsch  ergangen.  Ich  bin  indeüeu  versichert,  dab  es 
Ihren  Verdiensten  nicht  an  Belohnung  fehlen  werde,  an  einem 
Orte,  wo  es  demselben  nicht  an  Kennern  mangelt.  Ich  ver- 
wundere mich  übrigens  nicht  mehr,  warum  die  IVeüüen  Leip- 
zig geängstiget,  da  die  arme  Stadt  des  Vorspruchs  Ihrer  Muse 
verfehlt  hat.  Hatte  ich  im  Ernst  ein  Mädgen  darinu,  sie 
sollten  andre  Elegien  von  mir  zu  lesen  gehabt  halten,  iuson- 
derheit  weil  icli  in  dem  bedanken  stund.  dal»  der  leichtfertige 
Anacreon  als  Secretar  des  Generals  dahin  kommen  würde.  Sie 
haben  so  viel  Gewalt  über  mich,  dal»  ich  glaube,  sie  würden 
mich  bereden  können,  das  erstemal  verliebt  zu  seyn.  ja  gar 
etwas  von  meinen  Träumen  drucken  zu  laüen.  Wiiien  Sie, 
woraus  ich  es  schlicke?  weil  Sie  über  mich  vermocht  haben, 
dal»  Sie  ein  Schreiben  von  mir  an  HE.  von  Kleist  bekommen, 
mit  Bitte,  demselben  es  zu  übersenden.  Es  ist  unversiegelt 
und  ohne  Ueberschrift't.  machen  Sie  damit,  was  Sie  wollen. 
Wenn  Sie  mir  mit  einiger  Gewogenheit  und  Bevfall  dieses 
Herrn  nur  geschmeichelt  haben,  so  ist  es  noch  Zeit,  dali  Sie 


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107 


es  zurück  behalten  ,  ehe  ich  mit  meiner  Verwegenheit  ausge- 
lachet  werde.  Deßen  Ode  über  das  Landleben  scheint  mir 
vortreflich:  er  schildert  so  lebhafft  als  einer  Ihrer  Freünde, 
und  ist  dabey  in  seinen  Gedanken  und  Ausdrtickungen  sehr 
richtig.  Die  Horatzischen  Oden,  die  Sie  mir  Übermacht  haben, 
zeigen  mehr  Feüer ;  allein  von  Horatzens  Liedern  sind  auch 
die  wenigsten  pindarisch:  von  Lydien  singt  er,  wie  HE.  Ramler 
von  Belinden.  Diß  kleine  Stückgen  ist  sehr  horatzisch,  so- 
wohl im  SylbenmaaG  als  im  Schwung,  den  er  seinen  Vorstel- 
lungen giebt.  Auch  die  Ode  über  Friedrichen  ist  voller  Geist. 
Herrn  Langen  anbetreffend,  bin  ich  mit  Ihnen  einig,  daß  er 
viel  genie,  erhabne  und  lebhaffte  Vorstellungen  und  einen  sehr 
poetischen  Ausdruck  habe.  Sein  Feüer  aber  reißt  ihn  fort 
und  er  nimmt  sich,  wie  mich  deücht,  zuviel  Freyheit  in  ueüen 
Worten,  als  e.  g.  der  verpestende  Hauch  p  Sein  Schreiben 
hingegen  an  Sie,  mein  Werthester,  hat  mir  ungemein  gefallen 
und  beßer  als  die  weitläufftige  Ode.  In  den  Freündscbaftt- 
lichen  Liedern  herrscht  ein  wahrer  horatzischer  Ausdruck  sehr 
oft;  ich  bin  Ihnen  ungemein  vor  deren  Uebersendung  ver- 
bunden. Wer  hat  die  Erzählungen  darinnen  übersetzt?  und 
wer  ist  der  Thomson?  Die  Erzählung  von  den  drey  badenden 
Mädchens  hat  sehr  viel  Schönheiten.  Herrn  Langens  Helden- 
ode hat  viel  ähnlichs  mit  des  scel.  Pyra  Ode  auf  das  Langische 
Bibel  werk:  dieselbe  scheint  mir  aber  nicht  Horatzisch  zu  seyn, 
soviel  poesie  sonst  darinnen  ist.  Das  Miltonische  Wesen  (halten 
Sie  mich  für  keinen  Leipziger;  ich  verehre  ihn,  sie  wissens) 
Miltons  besondere  Art  des  Ausdrucks  schickt  sich  vielleicht 
nicht  für  die  Ode,  wenn  es  nicht  sparsam  und  mit  großer 
Kunst,  in  gewißen  Materien  angewandt  wird.  Unter  allen 
neüern  Dichtern  und  Nachfolgern  des  Horatz  scheint  mir  kei- 
ner deßen  felicitatem  curiosam  besser  erreicht  zu  haben ,  als 
Prior,  mein  Favorit.  Vielleicht  gäbe  mir  HE.  von  Hagedorn, 
der  aus  ihm  verschiedne  Erzählungen  nachgeahmet  hat,  recht, 
wenn  Sie  ihn  hierüber  befragten.  Ich  verlange,  mit  nächstem 
über  dieses  Blatt  meines  Briefs  Ihre  umständige  Erklärung: 
vielleicht  erwiedere  ich  diese  Gefälligkeit  mit  einer  Ode  über 
die  Ode,  wenn  sie  nicht  avortirt,  wie  mit  einer  Ode  über 
den  Bacchus  ergieng,  die  ich  projectirt  hatte.    Denn  diejenige 


108 


in  den  Bremischen  Belustigungen,  die  Sie  mir  zulegen ,  ist 
nicht  von  mir.  Ich  laße  nichts  drucken,  wenn  Sie  es  nicht 
vorher  durchsehen.  Ich  bin  übrigens  gar  nicht  fähig,  etwas 
recht  auszuarbeiten,  daß  es  zum  Druck  tauglich  wäre.  Ob 
Ihnen  gleich  alles  was  ich  mache,  zu  Diensten  steht,  so  bitte 
ich  Sie  doch,  damit  Ihre  Gedichte  nicht  zu  verderben.  Ihre 
Schäfer  weit  ist  vortief  lieh,  ich  hab  es  Ihnen  schon  längst  ein- 
mal geschrieben;  und  ich  bin  äusserst  begierig,  die  Bürger- 
welt gedruckt  zu  sehen,  weil  Sie  mir  dieselbe  nicht  abge- 
schrieben haben. 

Wer  hat  die  Oden  über  des  Königs  Zurückkunft  gemacht? 
mich  dünkt  Herr  Kamler.  Ist  die  andere  davon  nicht  an  HE. 
von  Bilefeld  addressirt:  der  ersten  Strophe  letzte  Zeile  macht 
mich  begierig  mehr  Umstände  von  deßen  Charackter  zu  wis- 
sen, der  mir  reitzend  scheint.  Die  Ode  vom  Graf  Philibert 
ist  sehr  schön,  wie  nicht  weniger  die  andern  geschriebenen. 
Sie  sind  doch  von  Ihnen?  Sie  scherzen,  wenn  Sie  mich  loben, 
dali  ich  den  Horatzischen  Ausdruck,  vor  andern,  in  meiner 
Gewalt  habe;  da  Sie  selbst,  nebst  Ihren  Freünden,  darinnen 
Meister  sind.  0  machen  Sie  doch  bald  eine  Sammlung  von 
lyrischen  Gesängen  fertig,  und  nehmen  an  meiner  Statt  HE. 
von  Kleist;  ich  habe,  seit  meines  Lobgesangs  auf  den  Früh- 
ling, nichts  reimloß  abgefaßt.  Die  Oden,  die  Sie  von  mir  diß- 
mal  bekommen,  haben  alle  den  Charackter  nicht,  welchen  Sie 
mit  Recht  in  einer  Ode  suchen.  Die  lange  Ode  könnte  vol- 
lends Ihre  ganze  Sammlung  in  Berlin  verhaßt  machen;  zeigen 
Sie  dieselbe  einem  andern.  Ich  mag  so  wenig  Streitigkeiten 
haben,  als  Sie,  und  bin  völlig  Ihrer  und  des  HE.  von  Hage- 
dorn Entschlußes.  in  den  berufnen  critischen  Streit  mich  nicht 
zu  mischen,  sondern  an  beyden  Partheyen  meine  Lust  zu  haben. 
HE.  Bodmer,  welcher  Himmel  und  Hölle  aufzuwiegeln  scheint, 
geht  vielleicht  zu  weit.  Mein  Magister  Duns  könnte  mich  un- 
vermerkt einflechten:  drum  will  ich  Sie  bitten,  denselben  nicht 
in  die  Schweitz  zu  schicken.    Sie  singen  mit  Priorn: 

Let'  ein  censure,  what  caro  J? 
The  Herd  of  Criticks  J  defie. 
Let  the  wretches  know,  J  write 
Regardle88  of  their  grace  or  apight. 


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100 


No,  no,  the  Fair,  the  Gay,  the  Young 
(iovern  the  Numbers  of  my  Song. 
All  that  they  approve  i8  sweet, 
And  all  is  sense  that  they  approve. 

Laben  Sie  doch  Ihre  Erzählungen  drucken  :  ihr  alter  Freyer 
ist  ungemein  artig.  Ich  habe  nie  welche  gemacht.  Ich  über- 
schicke Ihnen  Anakreons  Ode  vom  Bathyll,  damit  Sie  mir 
dieselbe  verbessern,  sonderlich  wenn  Sie  Harnesium  bekommen 
werden.  Das  netie  Orakul  wird  Ihnen  schlecht  dünken,  sonder- 
lich wenn  die  Sache  selbst  auf  so  eine  einfältige  Art,  wie  hier 
nicht  bekandt  ist.  Fahren  Sie  doch  fort,  mein  Werthester, 
mich  mit  so  artigen  Nachrichten  zu  versehen:  es  ist  mir  alles 
neü.  Ich  lebe  ja  wie  in  einer  Wildniß.  Herr  Benfes  ist,  ausser 
HE.  .JustitzRath  Christ,  dein  ich  bev  erster  Gelegenheit  Ihr 
Compliment  bestellen  werde,  der  einzige  Freünd,  der  Geschmack 
und  Lust  hat,  von  den  schönen  Künsten  zu  reden;  Ihr  Cha- 
rackter,  wie  ich  ihn  geschildert  habe,  und  Ihre  Verse  haben 
ihm  sowohl  gefallen,  daß  er  von  mir  verlangt,  Ihnen  ein  Com- 
pliment von  ihm  zu  machen.  Ich  bitte,  dieses  von  meinet- 
wegen bey  HE.  Kam  lern,  HE.  Naumann  zu  thun.  Lieben  Sie 
mich  beständig,  und  schreiben  mir  bald.  Ich  bin  mit  der 
gröbten  Hochachtung 

Dero 

Anspach.  Den  29.  Mertz.  ergebenster 
1 746.  Uz. 

P.S.  Sie  wissen,  was  ich  an  HE.  von  Kleist  wegen  eines 
gewiüen  Stengels  für  eine  Bitte  gethan.  Sie  haben  noch  mehr 
Freünde  unter  den  Kriegsleüten :  erkundigen  Sie  Sich  auch  ein 
wenig,  und  schreiben  mir  es  so  bald  als  möglich,  wenn  Sie 
was  erfahren. 

Ich  habe  in  einem  Catalogo  die  Ii  Buch  gefunden:  Scherz- 
hafte Lieder  nach  dem  Muster  des  Anacreons,  herausgegeben 
von  einem  Bauzner.  8.  Hainburg  1743.  Was  ist  daran  ?  Laben 
Sie  doch  die  Pyraischen  Msc.  über  den  Virgil  drucken:  sein 
BeweiÜ  p  ist  sehr  wohl  geschrieben.  Continuiren  die  Leipziger 
Belustigungen?   was  ist  an  ihrem  neiien  Bmliersal.  —  —  — 


110 


26.  Gleim  an  Uz. 

Mein  liebenswürdigster  Freund, 

—  Ich  verbiete  ihnen  hiemit,  mir  jemahls  vorzu- 
werfen, daß  ich  Ihnen  schmeichele,  wenn  ich  sie  lobe;  wenn 
sie  es  dennoch  thun,  so  will  ich  sie  nie  wieder  loben;  aber 
wie  kan  ich  das  unterlaßen  ?  Ich  raüste  ihre  Verdienste  we- 
niger kennen,  ich  müste  ihre  Freundschaft  nicht  so  hoch 
schätzen,  ich  mtiste  nicht  wißen,  daß  sie  kein  Lob  stolz  ma- 
chen kan,  wie  Herrn  Langen.  Denn  der  ist  jetzo  würcklich 
zu  sehr  von  seinem  Wehrt  eingenommen.  Er  giebt  alles  unter 
die  PreGe,  was  er  denckt,  alles  mit  einander,  und  Er  ist  übel 
mit  mir  zufrieden  ,  daß  ich  mit  diesem  Verfahren  nicht  zu- 
frieden bin.  Möchte  «>r  doch  einen  guten  Theil  von  ihrer  Ent- 
haltsamkeit bekommen  können,  er  solte  ihnen  davor  seine 
tiberflüßige  Begierde  seine  Kinder  des  Witzes  der  Welt  jung, 
wie  sie  aus  des  Vaters  Kopfe  kommen,  zu  liefern,  vertauschen. 
Ich  bin  beständig  von  ihm  angelegen,  seine  Horazischen  Oden 
herauszugeben ,  ich  habe  auch  versprochen  es  zu  thun,  aber 
mit  dem  Beding,  daß  er  sie  nach  vorhergegangen! en]  scharfen 
Beurtheilungen  ausbeßern  möchte;  er  versprach  dieses  und  et- 
liche Wochen  drauf,  verlangte  er  von  neuen,  mein  Versprechen 
in  die  Erfüllung  zu  bringen,  ich  sagte  ja,  aber  ich  will  vor- 
hero  das  unrichtige  welches  sich  in  den  meisten  Stücken  be- 
findet mit  einigen  Freunden  entdecken,  und  wo  es  angeht,  ver- 
ändern;  auch  dis  währte  zu  lange;  endlich  schrieb  er  daß  sie 
HE.  Bodmer  herausgeben  wolle;  dis  war  mir  angenehm,  ich 
übersandte  sie,  mit  den  Veränderungen,  und  bekam  zur  Ant- 
wort, daß  ich  sie  zurück  erhalten  würde,  und  daß  sie  HE. 
Lange  durch  Niemanden  als  mir,  der  Welt  übergeben  laßen 
wolte;  vor  acht  Tagen,  that  er  mir  zu  wißen,  daß  sie  bereits 
unter  der  Preße  wären,  und  daß  es  wohl  10  Bogen  werden 
würden.  Ich  hätte  kaum  ein  paar  Bogen  voll  bekommen.  Ich 
weiß  also  nicht,  ob  ich  mich  in  der  guten  Hofnung,  die  ich 
von  diesem  guten  Kopfe  gehabt  habe,  nicht  betriegen  werde. 
Seine  Ruhmbegierde,  wird  seinen  Ruh  in  vernichten.  Ich  habe 
ihn  aus  Ueberzeuguug  gelobt,  und  die  Schweizer  haben  ihm 


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111 

aus  Partheylichkeit  geschmeichelt;  es  ist  Schade,  daß  beydes 
keine  beßere  Folgen  hat.  Ich  habe  mit  ihnen,  über  HE. 
Langens  Schreibart  in  seiner  großen  Ode,  völlig  einerley  Ge- 
dancken.  Was  hat  sie  denn  veranlaßt  zu  glauben,  daß  ich 
andere  Begriffe  habe?  Ich  habe  aus  ihrem  Briefe  an  HE. 
v.  Kleist  ersehen,  daß  sie  willens  sind  über  die  horazische 
Schreibart  mit  mir  zu  zancken.  Es  ist  mir  lieb,  daß  ich  nichts 
zu  wiedersprechen  finde,  ich  würde  sonst  gewiß  verlieren.  Ob 
Prior  unter  den  neuern  der  beste  Horatz  sey,  darin  kan  ich 
ihnen  nicht  wiedersprechen,  weil  ich  ihn  noch  nicht  kenne. 
Ich  habe  ihn  letzthin  in  einer  Auction  kaufen  laßen,  als  ich 
aber  das  Buch  haben  wolte  fand  es  sich  nicht,  ich  muß  also 
von  neuen  sorgen,  wie  ich  diesen  ihren  Favoriten  bekommen 
will.  Denn  er  hält  sich  in  den  hiesigen  Buchladen  nicht  auf. 
Von  dem  HE.  v.  Hagedorn  habe  ich  noch  kein  Urtheil  einge- 
holt, und  ich  habe  daßelbe  auch  nicht  nöthig,  da  ich  das 
ihrige  habe. 

Ich  mag  sie  nicht  loben,  sonst  wolte  ich  ihnen  sagen,  daß 
ich  in  einigen  ihrer  Oden,  absonderlich  in  dem  Lobgesange 
des  Frülings  mehr  hora/.isches  gefunden  habe,  als  ich  zer- 
streuet in  den  Gedichten  der  Ausländer  entdecken  können.  Ich 
besinne  mich  nur  auf  eine  französische  Ode  (mich  deucht,  sie 
war  vom  Hacan)  die  sich  mir  von  dieser  Seite  angepriesen  hat. 
Koußeau  soll  der  französische  Horaz  seyn,  der  HE.  v.  Bile- 
feld  ist  sein  Vertheidiger,  aber  es  ist  mir  nicht  möglich  ihm 
beyzustimmen ;  er  hat  vielleicht  die  Art  des  Horaz  beßer  ge- 
kaut, als  er  sie  erreicht  hat.  Die  Engelländer  haben  den  Ho- 
razisehen  Oden-Ausdruck ,  in  verschiedenen  Dichtarten,  z.  E. 
dem  D.  Joung  in  den  Neight-Thoughts,  von  denen  die  Fort- 
setzung heraus  seyn  soll,  fehlt  bisweilen  nichts,  als  ein  beßer 
Silbenmaaß,  ein  Plan,  und  ein  anderer  Schwung  zur  Ode.  Mir 
deucht  ein  gutes  Silbenmaaß  ist  zur  horazischen  Ode  noth- 
wendig.  Das,  so  sie  erfunden  haben,  ist  ganz  unvergleichlich; 
es  ist  so  schön,  daß  ich  wünschte,  es  mögte  alles  darin  ge- 
schrieben werden,  was  ich  lesen  sollte.  In  den  neuen  Bei- 
trägen haben  einige  Stücke  daßelbe.  Ich  kan  mich  noch  nicht 
zwingen,  sie  nicht  für  die  ihrigen  zu  halten,  aber  wenn  ich 
mich  zwingen  will   es  zu  thun,  so  fange  ich  auch  gleich  an 


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112 

zu  zweifeln,  ob  sie  würcklich  so  schon  sind,  und  ob  mich 
nicht  das  schöne  Silbentnaaß  verblendet.  Sie  raüßen  in  dem- 
selben noch  mehr  arbeiten,  ich  fodre  dis  von  ihnen  mit  aller 
Macht,  die  ich  über  sie  habe. 

HE.  Pyra  hat  in  einem  fünfsilbigten  freyem  lateinischen 
Silbenmaaße  eine  unvollkommene  Tragedie  hinterlaßen,  aber 
es  würde  keinen  Beifall  bekommen,  weil  er  die  Dactilen  und 
Jamben,  mit  gar  keiner  Sorgfalt,  theils  vermischt,  theils  auf 
die  rechten  klangvollen  Silben  gelegt  hat.  HE.  Kam ler  sorgt 
in  diesem  Stück,  wie  sie,  und  er  hat  einige  Silbenmaaße  aus- 
gedacht, die  mir  ungemein  gefallen.    Wie  gefallt  ihnen  dis? 

Belinde,  meide  mich  nicht,  im  lustigen  Mai 
Wenn  dich  mein  glücklicher  Fleiß  beim  Taxus  ereilt 
Und  rufe  nicht  zwei  stille  Fräulein 
Die  meiner  Liebe  zum  Aergerniß  sind. 

Wenn  sie  helfen,  daß  wir  in  dieser  Art  von  Oden  eine  Sam- 
lung  zu  Staude  bringen,  so  helfen  sie  der  deutschen  Sprache 
zu  einem  Vorzuge,  den  bisher  nur  die  lateinische  gehabt  hat. 
Aber  es  verpflichten  sie  wichtigere  Gründe,  Oden  zu  machen  '). 
Wollen  sie  ihren  schönen  Geist  ungebraucht  besitzen? 

Wenn  sie  sich  wundern,  daß  ich  ihren  Prior  noch  nicht 
gelesen  habe,  so  wundere  ich  mich,  daß  sie  meinen  Thomson 
noch  nicht  kennen.  Er  hat  verschiedenes  geschrieben,  insbe- 
sondere Vier  Gedichte  über  die  Vier  JahrsZeiten,  welche 
Brocks  nicht  hübsch  übersetzt  hat.  Ich  habe  einmahl  von 
ihm  gesagt:  Thomson  hat  Popen  übertreffen  können,  denn  er 
hat  in  Versen  ohne  Reimen  gedacht.  A  propos,  wird  der  HE. 
v.  Kleist  mit  ihnen  wieder  die  Reimlosen  Verse  zu  Felde  ziehen? 
Sie  haben  ihm  ja  deshalb  geschrieben,  und  er  hat  ihnen  be- 
reits geantwortet.  In  der  That,  das  wäre  eben  so  viel,  als 
wenn  sie  die  Brünetten  herunter  machen  wolten ,  denen  sie 
doch  mehr  zu  dancken  haben,  als  den  Blondinen.  Ich  will  sehen, 
wie  weit  es  ihr  Ernst  ist,  sich  der  Keime  anzunehmen,  wenn 
sie  mir  die  versprochene  Ode  über  die  Ode  schicken.  Sie  sind 
doch  nicht  damit  verunglückt?  Nein  sie  haben  eine  viel  zu 
gute  Natur;  schwache  Weiber  bekommen  nur  halbe  Kinder. 
Ich  muß  noch  einmahl  von  ihrem  Lobgesange  des  Frülings 

1)  Zuerst:  ihren  schönen  Geist  nicht  zu  sparen. 


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118 


sprechen.  Sie  haben  mir  denselben  einmahl  ganz  verändert 
geschickt,  und  zwar  haben  sie  ganze  Strophen  verworfen.  Vor 
einigen  Tagen  bekam  ich  das  so  genante  Buch  ohne  Titul, 
welches  von  nicht  gar  zu  guten  Kennern  dem  HE.  v.  Hage- 
dorn zugeschrieben  wird,  und  insbesondere  die  Vorrede  deßel- 
ben  zu  lesen.  In  derselben  fand  ich  eine  lange  Stelle  aus 
ihrem  Lobgesange,  die  sie  in  der  veränderten  Ausgabe  nicht 
beybehalten  haben.  Ich  wolte  daß  ich  die  Belustigungen  in 
welchen  ihr  erster  Aufsatz  steht,  bey  der  Hand  hätte,  damit 
ich  sehen  könte,  was  sie  bewogen  habe,  so  fürtrefliche  Theile 
aus  dem  Zusammenhange  zu  werfen.  Die  angeführte  Stelle, 
worin  sie  den  Lenz  abschildern,  wird,  mit  einigen  Verände- 
rungen auf  die  Dichtkunst  angewand.    Sie  fängt  sich  an: 

Der  Reiz  den  Hebe  gebar  p  

und  schließt  sich 

-  -  -  -  der  Erde  gesand. 
Vielleicht  haben  sie  das  Buch  ohne  Titul  noch  nicht,  deshalb 
sehn  sie  in  ihrem  Gedicht  zu,  ob  sie  Kraft  Hechtens  diese 
vortrefliche  Stelle  nicht  wiederherstellen  mülien.  Ueberhaupt 
bitte  ich  sie,  etwas  weniger  behutsam  mit  ihren  Arbeiten  zu 
seyn.  Wie  wenigen  Verfaßern  darf  man  dis  Gesetz  geben! 
Ich  darf  es  mir  selbst  nicht  geben.  Die  Stücke,  welche  sie 
mir  mit  ihrem  letzten  Schreiben  übersand  haben,  unterhalten 
noch  das  Verlangen  nach  mehrera  von  ihrer  Feder.  Wie  viel 
wolte  ich  mir  einbilden,  wenn  ich  Schuld  wäre  an  dem  End- 
schluße,  ihre  Gedichte  drucken  zu  laßen!  Oder,  wie  viel  Danck 
wolte  ich  verdienen,  wenn  ich  sie,  auch  wieder  ihren  Willen, 
heraus  geben  könte.  Als  ich  in  dem  Buch  laden  die  witzige 
Monathschrift,  so  in  Baireuth  herauskönnt,  sähe,  mit  welchem 
Eifer  riß  ich  sie  nicht  zu  mir,  in  der  Hofnung  unter  diesen 
Fränckschen  Musen  die  ihrige  zu  finden,  aber  wie  leicht  merckte 
ich,  daß  sie  nicht  darunter  seyn  könte!  Ich  laß  nur  wenige 
Seiten,  weil  ich  wegen  des  Schlechten  nicht  weiter  lesen  konte. 
Ich  würde  von  dem  fränckschen  Parnaß  nicht  viel  halten, 
wenn  ich  Sie  nicht  kennete.  Ihre  Ode  auf  Deutschlands  Träg- 
heit ist  unvergleichlich  aber  sie  haben  recht,  sie  würde  hier 
keinen  Beifall  bekommen,  denn  die  Preußen  haben  sie  keiner 

O  1  e  i  m  -  U  a,  Briefwechsel  8 


114 

Trägheit  beschuldigt.  Indeßen  hat  sie  den  Beifall  der  Kenner, 
die  keine  Sclaven  sind,  von  denen 

die  uns  ins  schwere  Joch  betrügen. 
Der  Schluß  ist,  nach  dem  Horatz,  d.  i.  unverbeßerlich.  Was 
man  an  ihren  Stücken  tadeln  kan,  ist  so  wenig,  daß  es  wie 
nichts  ist  gegen  das,  was  man  erheben  muß.  Es  sind  insgemein 
ihre  fränckischen  Keime  die  den  hiesigen  Ohren  unerträglich 
sind.  Z.  E.  im  Magister  Duns  redet  und  tödtet,  im  Dinge 
Preiße  und  heiße,  in  dem  Gedichte  an  mich  Rose  und 
Schooße.  So  wenig  einige  der  hiesigen  Kenner  des  Hofes  die 
Reime  vermißen,  wenn  sie  gar  nicht  da  sind,  so  sehr  sehn  sie 
auf  die  Richtigkeit  der  Reime  nach  der  Aussprache.  Kaum 
dulden  sie  Hahn  und  kan  wie  sie  auch  im  Dinge  gereimt 
haben,  und  ich  in  einigen  Stellen.  Die  ersten  Zeilen  in  dem 
Gedichte  auf  Deutschland  habe  ich  so  geschrieben : 
Germanien  lang  genug 

Und  wühlt  in  seinem  Eingeweide. 
Die  Zeile :  das  öde  Feld  steht  jämmerlich,  wolte  ein  Freund 
verändert  haben.  Ein  andrer  setzte :  dem  allen  sehn  wir  müßig *) 
zu,  Dem  Adler,  welchem  Baude  dräuen,  und  anstatt:  in  großen 
Wäldern,  setzte  er  in  dunckeln  oder  in  ihren;  noch  ein  andrer 
verwarf  die  Frage :  Kan  da  ein  Dichter  schweigen ,  als  zu 
matt,  und  wolte  lieber  die  ganze  Strophe  weglaßen,  weil  der 
Inhalt  in  andern  Strophen  wäre.  Aber  die  Zeile:  Den  freyen 
Hals  zum  Joche  beugen,  ist  sehr  nachdrücklich.  Sonst  wünschte 
ich,  daß  wir  in  unsern  Oden  mehr  Ernst  mit  dem  Schertz  ver- 
mischten, nach  Horazens  Exempel,  und  dieser  ihrer  Ode.  Den 
Anfang  der  kleinern  Ode  habe  ich  so  verändert: 

Mit  finstrer  Stirne  stehn  wir  da 
Und  ordnen  das  Geschick  der  Staaten 
Und  wißen,  was  bey  Sorr  geschah 
Und  wißen  Oesterreich  zu  rathen. 

Und  in  der  dritten  Strophe  an  statt:  Du  sprichst,:  Sieh  her, 

 Würden  sie  billigen  wenn  man  in  der  letzten  Zeile  der 

2lJüi  Strophe  sezte ,  die  Elision  zu  vermeideu:  Ein  brauner 
Abend  p.  Die  Zeile:  Denn  all  ihr  Wünschen  ist,  zu  scherzen, 
k öuten  sie  noch  verstärcken.    HErr  Ramler  scherzte  über  den 

])  Zuerst:  ruhig. 


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115 


trägen  Gatten,  er  sagte,  den  muß  die  Nachtigall  erst  dabey 
kriegen,  aber  dieser  Scherz  war  kein  Tadel.  Diese  kleine  Ode 
war  vor  einiger  Zeit  mein  Leibstück.  Da  sang  ich  mit  einer 
finstern  Stirne :  Mit  finstrer  Stirne  stehn  wir  da,  welche  heiter 
ward,  so  bald  ich  Lesbien  nante.  Aber  dis  ist  wohl  izt  nicht 
ihr  Mädchen.    Wie  viel  Mädchen  haben  sie  denn?  —  —  — 

Das  neue  Orackel  dünckt  mir  nicht  schlecht,  wie  sie  meinen, 
die  Caffeschwestern  haben  die  Prophezeyhungen  aus  dem  Schäl- 
chen  hier  so  gut  eingeführt,  als  bey  ihnen.  Ich  habe  es  ein- 
mahl  zu  einem  scherzhaften  Gedichte  nehmen  wollen.  An 
statt:  trotz  einem  hab  ich  verändert:  den  Gästen.  Die  letzte 
Zeile  2111  Strophe  heiüt :  bald  helle  Schätze  siehet.  Das  Bei- 
spiel von  Bileams  Esel  ist  ungemein  artig  angebracht.  Ver- 
mocht sein  macht  eine  starke  Elision.  Sehn  sie,  was  für 
Kleinigkeiten  man  an  ihrer  Muse  aussetzen  kan!  Wenn  man  an 
der  meinigen  nichts  mehr  zu  tadeln  fände,  so  wolte  ich  sagen: 
das  sind  Flecken  zum  Vortheil  des  Schönen.  Wenn  sie  meinen 
Tadel  nicht  erwiedern,  so  will  ich  ihnen  künftig  schmeicheln. 

Die  erste  Ode  auf  die  Zurückkunft  des  Königs  ist  von 
mir,  die  andere  von  HE.  Ramler,  und  zwar  an  HE.  v.  Bile- 
feld,  wie  sie  gemutlimaßet  haben.  Sie  verlangen  seinen  Ca- 
racter  zu  wißen,  aber  ich  bin  jetzt  nicht  aufgelegt  ein  Theo- 
phrast  zu  seyn ,  ich  will  ihnen  also  nur  seinen  historischen 
Caracter  bekant  machen.  Er  ist  Legations  Rath  und  itzo  2i£f 
Gouverneur  vom  jüngsten  Prinzen  des  hiesigen  Hofes.  Er  ist 
aus  Hamburg  gebürtig,  und  eines  Kaufmanns  Sohn,  er  hat 
nicht  ordentlich  studirt,  aber  durch  seinen  Umgang  und  Reisen 
hat  er  sich  eine  große  Kenntniß  der  Welt  erworben.  Weil  er 
Geld  hat,  so  ist  ihm  der  Zutrit  bey  den  Vornehmsten,  und 
beym  Könige  leicht  gewesen.  Der  König  hat  ihn  gleich  bey 
Antrit  der  Regierung  baronisirt,  und  er  ist  dieses  Vorzugs 
würdig  in  der  Bürgerwelt.  Das  Französische  und  Englische 
spricht  er  wie  Deutsch.  Die  natürlichen  Betrach- 
tungen über  das  Verhalten  des  Königs  von  Preußen, 
so  in  Engelland  bey  Anfang  des  letzten  Krieges  herauskamen, 
hat  er  ins  Französische  Ubersezt ,  und  den  Montesquiou 
de  la  grandeur  des  Romains  ins  Deutsche.  Vor 
ein  paar  Jahren  ließ  er  eine  deuts<  lie  aulführen: 


116 


die  Beschwerlichkeiten  des  Hoflehens,  welche 
viel  Beifall  fand.  Er  arbeitet  jetzt  an  einer  durchgängigen 
Verbeßerung  und  wird  sie  nachhero  drucken  laßen.  Aus  bei- 
kommender StrohKranzrede  werden  sie  sehen,  wie  man  hier 
bisweilen  scherzt.  Der  HE.  v.  Bilefeld  hat  sie  in  Gegenwart 
des  Königs  bey  Gelegenheit  der  Vermählung  der  Fräulein  von 
Kalckstein  verfertiget,  und  ich  habe  die  Fabul  in  einem  Au- 
genblick dazu  gemacht.  Das  Fräulein  ist  eine  lange  Zeit,  weil 
sie  eine  Blondine  ist,  das  weite  Hühnchen  genent  worden, 
und  die  Königin  hat  ein  weites  Hühnchen  mit  dem  Kopfe  des 
Fräuleins  mahlen  laben.  Sie  muten  auch  einsehen,  daß  ein 
Wortspiel  vom  ersten  Range  angebracht  ist.  Denn  der  Hahn 
ist  der  Obrist  Willig.  Ich  muß  ihnen  auch  noch  vom  HE. 
v.  Bilefeld  sagen,  daü  er  alles  lobt,  was  ich  ihm  vorlese,  wenn 
es  von  ihnen  ist.  Im  vorigen  Sommer  hat  er  mit  HE.  Ramler 
zur  Uebung  im  Lateinschen  alle  Morgen  ein  scherzhafte«  Lied 
ins  lateinsche  Obersetzt.    Wollen  sie  Proben  davon  sehen  ? 

Witen  sie  schon  dat  Herr  Götze  zum  Vorschein  gekom- 
men ist?  Haben  sie  sein  Buch  schon  gesehen?  Gewiß  wenn 
ich  glauben  könte,  daß  sie  es  nicht  hätten,  so  wolte  ich  es 
mitschicken.  Er  hat  die  Oden  Anakreons  herausgegeben,  seine 
und  ihre  Uebersetzungen,  und  zwar,  wie  ich  glaube,  gewiß 
nicht  mit  ihrer  Bewilligung.  Sie  sind  abscheulich  fehlerhaft 
gedruckt,  und  dann  sind  ihnen  ordentliche  GelegenheitsGedichte 
angehängt.  Ich  habe  sie  nicht  bey  der  Hand  sonst  wolte  ich 
die  anzeichnen  die  ich  von  ihnen  zu  seyn  glaube.  Sie  unter- 
scheiden sich  von  den  übrigen  sehr.  Mein  Mädchen  ist  mit 
dem  schlechten  Druck  und  der  Gesellschaft,  in  welcher  die 
Lieder  ihres  liebsten  Dichters  erschienen  sind,  gar  nicht  zu- 
frieden. Es  hat  sich  immer  geschmeichelt,  dat  sie  sie  heraus- 
geben würden,  und  es  läßt  sie  durch  mich  auf  das  nachdrück- 
lichste ersuchen,  es  noch  zu  thuu.  Oder  wenn  sie  es  nicht 
selbst  thun  wollen,  so  erbietet  es  sich,  zur  Herausgabe.  Sölten 
sie  sie  nicht  selbst  alle  übersetzt  haben,  so  will  ich  einige 
von  meinen  so  viel  möglich  verbeLern  welches  denn  die  seyn 
werden,  so  sie  zu  den  ihrigen  noch  fehlen  laßen  wollen.  Mein 
Mädchen  sagt,  man  könte  daraus  den  dritten  Teil  der  scherz- 
haften Lieder  machen,  aber  ich  müste  die  Erlaubniß  bekommen, 


117 


den  Freund  meines  Gleims  zu  loben.  —  —  —  »Sonst  sind 
unter  HE.  Götzens  eigenen  Gedichten  einige,  die  mir  ganz  un- 
gemein gefallen.  Z.  E.  Der  Burgundier.  Die  Allcimadura  eine 
Erzählung  und  eine  Ode,  in  der  er,  zu  einer  Raupe,  die  sich 
vom  Baum  herunterläßt,  sagt:  Dein  Weibchen  wird  wohl 
unten  seyn.  Nach  einigen  Verbeßerungen  würden  diese  Stücke 
von  den  besten  seyn.  Aber  wer  verdirbt  nicht  seinen  Beifall, 
wenn  er  ihn  durch  Vieles  erhalten  will? 

Von  den  freundschaftlichen  Briefen  würde  ich  mehr  mit 
ihnen  plaudern,  als  ich  davon  schreiben  kan.  Herr  Sulzer  ist 
der  Herausgeber.  Ich  bin  nur  wenig  damit  zufrieden.  Herrn 
Naumanns  Briefe  sind  gar  zu  zärtlich,  es  solte  sie  ein  Mädchen 
geschrieben  haben.  An  den  meinigen  ist  gar  nicht  viel.  Wie 
kan  man  was  rechtes  dencken,  wenn  man  in  den  Verrichtungen 
der  Fürsten  dencken  muß.  Sie  sind  meistens  geschrieben,  als 
ich  beim  Fürsten  war,  und  so  gedruckt,  wie  sie  geschrieben 
sind.  Doch  ich  erwarte  ihr  Urtheil.  Vielleicht  gefallen  sie 
ihnen  beßer  als  mir,  und  dis  will  ich  wünschen.  Denn  so 
werden  sie  zufrieden  seyn,  wenn  sie  eiuen  Brief  antreffen,  der 
von  ihnen  komt.  Er  gefiel  HE.  Sulzer  gar  zu  wohl,  und  ich 
dachte  nur  eine  kleine  Sünde  zu  begehen,  wenn  ich  ihn  ohne 
ihr  Vorwißen  hergäbe.  Die  Briefe  welche  ich  mit  G.  bezeich- 
net, sind  von  mir.  Die  mit  L.  von  HE.  Langen,  mit  S.  von 
Sulzer,  K.  von  Kleist,  N.  von  Naumann,  und  die  4  lezten  sind 
von  einem  Zürchischen  M  Mädchen  des  HE.  Wasers  dem  HE. 
Sulzer  seine  moralischen  Betrachtungen  zugeschrieben  hat. 
Haben  sie  schon  die  neue  Edition  von  den  Mahlern  gesehen? 
Sie  ist  sehr  reformirt,  absonderlich  ist  HE.  Gottsched  nicht 
darin  vergeßen  worden.  Diese  Meße  ist  wieder  reich  an  Streit- 
schriften gewesen.  HE.  Bodmer  hat  mir  die  Beurtheiluug  der 
Panthea  geschickt,  und  die  Satire  wieder  die  Schäfergedichte, 
worin  meiner  auch  in  Ehren  und  Unehren  gedacht  ist.  Sie 
wird  ihnen  wegen  des  muntern  Witzes  gefallen  haben.  HE. 
Lange  hat  sich  auch  in  den  Streit  gemischt,  und  zwar  so,  daß 
ich  übel  damit  zufrieden  bin.  Er  hat  auf  seine  Streitschrift 
wieder  HE.  Zincken  in  Hamburg  gesetzt,  von  Dämon  und 


1)  üeber  „schweizerischen"  geschrieben. 


118 


8 einem  Freunde.  Es  ist  zu  verrauthen,  daß  man  mich  für 
den  letztern  halten  wird,  wenn  man  die  freundschaftlichen  Briefe 
gelesen  hat.  Das  Denckmahl  der  Verdienste  von  HE.  Pro- 
fessor Gottsched  ist  auch  von  HE.  L.[ange]  und  S.[ulzerJ.  Wer 
mich  so  gut  kennt  wie  sie,  wird  nimmermehr  auf  die  Ge- 
dancken  kommen,  daß  ich  mit  solcher  Art  schreiben  kan.  Es 
ist  nicht  die  geringste  politeße  beobachtet.  Die  Grobheit  stiftet 
nie  was  gutes,  und  wird  das  Aufnehmen  des  Geschmacks  nicht 
befördern.  Insbesondere  billige  ich  nicht,  daß  man  der  Frau 
Kulmus  mit  so  wenig  Achtsamkeit  für  ihr  Geschlecht  begegnet 
Herr  L.[ange]  nent  sie  spöttisch  die  zehnte  Muse,  und  wolte 
doch  gern  daß  seine  Frau  die  eilfte  wäre. 

Herr  Spalding,  welcher  den  Sittenlehrer  des  Schaftsburi 
und  etwas  vom  Silhouette  Obersetzt  hat,  und  jetzo  schwedischer 
Legations  Secretair  hier  ist,  hat  mir  aufgetragen,  sie  ganz  be- 
sonders von  seiner  Hochachtung  zu  versichern.  Er  ist  mir 
jetzo  hier,  was  mir  HE.  v.  Kleist  sonst  in  Potsdam  war.  Ich 
bin  fast  täglich  mit  ihm  beisammen,  entweder  zu  philosophiren, 
oder  die  hiesigen  Mädchens  witziger  zu  machen.  Wir  möchten 
gern  ein  Arcadien  stiften,  aber  es  fehlt  uns  an  einer  Tonne 
Goldes.  Letztens  habe  ich  mit  ihm  HE.  v.  Kleist  besucht, 
und  ich  bin  Willens  es  bald  wieder  zu  thun.  Wie  haben  sie 
den  Früling  zugebracht?  Laßen  sie  mir  doch  bald  lesen,  was 
für  artige  Lieder  er  ihnen  eingegeben.  Ich  habe  fast  nichts 
gemacht.  Die  Sorge  für  meine  Glücksumstände  nimt  mir  allen 
Witz,  aber  vielleicht  verstärckt  sie  den  Verstand.  Ich  lerne 
die  Welt  kennen  und  mich  selbst.  Könte  ich  doch  mit  ihnen 
und  einigen  ihnen  ähnlichen  Freunden  den  Hof  eines  obersten 
Schäfers,  der  seinen  Rang  von  uns  erhalten  hätte,  ausmachen ! 

J  would  not  envy  Queens  their  state, 

Nor  once  desire  a  happier  fate. 
Wann  werde  ich  denn  einmahl  von  ihnen  vernehmen,  daß 
ihre  Verdienste  belohnt  sind?  Laßen  sie  sich  doch  als  Resi- 
denten hieher  schicken.  Sonst  ist  ja  jemand  vom  anspachischen 
Hofe  hier  gewesen.  Wer  versiebet  denn  jetzo  hier  die  Ver- 
richtungen] des  dortigen  Hofes?  Ich  bin  einmahl  auf  den 
Einfall  gekommen,  um  mehr  mein  eigner  Herr  zu  seyn,  Corre- 
spondenzen  auswärtiger  Höfe  zu  tibernehmen,  aber  es  hat  mir 


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zu  langsam  geschienen,  damit  recht  in  den  Gang  zu  kommen. 
Sonst  ist  es  eine  rechte  gute  Sache. 

Den  Augenblick  komt  HE.  Rani ler  zu  mir.  Welch  ein 
langer  Brief!  sagt  er.  Das  ist  ein  Buch.  Sie  niüßen  eine  Vor- 
rede dazu  machen.  Grüßen  sie  in  derselben  HE.  Uz  auf  das 
zärtlichste.  Er  komt  von  HE.  Naumann,  welcher  ihm  eine 
Uebersetzung  von  der  Erzählung  Le  Roßignol  so  dem  Fon- 
taine angehängt  ist,  vorgelesen  hat;  HE.  Naumann  hat  schon 
10  Grüße  an  sie  bestellt.  —  —  — 

Berlin  den  30^  Jun.  1746. 

Wie  gefällt  ihnen  der  Vorschlag,  wenn  wir  unsre  lyri- 
sche Gesänge  so  drucken  ließen,  daß  die  neuen  Oden  (die  un- 
gereimten) mit  andern  vermischt  würden?  Sie  sollen  recht 
sauber  gedruckt  werden  und  der  beste  Kupferstecher  der  eine 
Pension  vom  König  hat,  soll  eine  Vignette  dazu  stechen.  Wann 
ehe  soll  es  zu  stände  kommen? 

Eben  fält  mir  ein,  daß  ich  ihnen  die  scherzhaften  Lieder 
noch  einniahl  mitschicken  kan.  Ich  habe  nur  kleine  Verände- 
rungen vornehmen  können.  Die,  welche  gemacht  sind  be- 
treffen einige  Zweideutigkeiten,  die  ich  nicht  mehr  leiden  konte. 
Schicken  sie  mir  doch  einmahl  die  Lieder  mit  ihren  Anmer- 
ckungen  zurück,  damit  ich  sie  nach  ihrer  Critick  verbeßern 
kan.  Ich  möchte  sie  gern  bey  einer  künftigen  Auflage  von  so 
viel  Fehlern  befreien  als  möglich  ist.  Sie  sind  schuldig  zu  helfen. 

Der  HE.  v.  Kleist  wird  ihnen  wohl  wegen  des  Stengels 
geschrieben  haben.  Ich  habe  nichts  von  ihm  erfahren  können. 
Es  wird  schwer  seyn  aus  130  000  M.[ann|  ihn  aufzusuchen. 

An  den  Liedern  des  Bauzners*  ist  nicht  viel  und  noch 
weniger  an  seinen  Schäfergedichten.  Er  hat  Rosten  und  Ana- 
kreon  mit  seinen  Nachahmungen,  neue  Hochachtung  verschaft, 
weil  er  allenthalben  Pöbel  ist.  Hier  ist  eine  Zeile  aus  den 
Schäfergedichten :  Es  wackelt  mir  das  Herz  schon  wie  ein 
Lämmerschwän/gen.  Aus  den  Oden :  Eugenens  Faust  und 
Degen  ,  Wusch  die  zwar  sonst  die  Koller  p.  Ein  paar  Oden 
könten  artig  seyn.    HE.  v.  Hagedorn  hat  mir  geschrieben, 

*  Am  rande:  Im  Buch  ohne  Titul  wird  seine  Schreibart  die  kür- 
melnde  genent. 


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daß  der  Verfaßer  Naumann  beiße.  Herr  Naumann  ist  nicht 
damit  zufrieden,  und  ich  auch  nicht.  Er  hat  auch  die  neuen 
Belustigungen  in  Leipzig  verfertigt,  die  auch  nichts  nutze  sind. 

Die  neuen  Beyträge  erhalten  sich  bey  ihrer  Schönheit. 
Sie  werden  sie  doch  dort  haben  können.  Die  vergnügten 
Stunden  sind  auch  ganz  artig  es  sind  meistens  Uebersetzungen. 
HE.  Gottscheds  Büchersaal  continuirt  auch  noch.  Im  letzten 
Stück  stehn  ein  paar  Gedichte  von  einem  Poeten,  der  vor  einen 
Bauer  ausgegeben  wird,  welche  unvergleichlich  sind,  absonder- 
lich die  Ode  ist  fast  so  gut  als  eine  der  ihrigen. 

Kenneu  sie  des  HE.  v.  Baars  Epitres  diverses?  Es  sind 
2  Theile  heraus.  Neulich  hat  er  auch  eine  Epitre  a  part  heraus 
gegeben ,  unter  dem  Titul :  Epitre  ä  Don  Quichot,  Chevalier 
des  Lions.  Der  Chevalier  des  Lions  ist  der  vorige  König  von 
Preußen  welcher  an  den  HE.  v.  Baar  seinen  Satiric.[us]  hat. 
Es  wird  hier  unter  der  Hand  verkauft.  Vielleicht  kan  ich 
ihnen  ein  Exemplar  verschaffen,  wenn  sie  es  nicht  dort  leichter 
haben  können.  Schreiben  sie  doch,  was  sie  dort  nicht  kriegen 
können,  ich  will  ihnen  alles  schicken.  Ich  habe  letzt  jemand 
aus  Worms  kennen  gelernt,  vielleicht  erfahre  ich  von  dem, 
ob  HE.  Götze  dort  ist.  Wollen  sie  mir  noch  nicht  entdecken, 
was  er  ehemals  wieder  sie  begangen  hat? 

A  propos  habe  ich  ihuen  Baumgart.fens]  Disp.[utation]  de 
nounulli8  ad  poema  pertinentibus  schon  geschickt?  Ich  weili 
wahrhaftig  nicht,  wie  ich  daran  bin.  Sie  hat  sich  gefunden, 
aber  ich  weiß  nicht,  ob  sie  sie  schon  wieder  haben.  Wenn 
sie  es  mir  nicht  schreiben,  so  muß  ich  alle  meine  Papiere 
durchsuchen.  Es  sind  auch  noch  einige  Briefe  von  dem  seel. 
Rudnick  dabey.  HE.  Götze  hat  in  seiner  Samlung  FJE.  Rud- 
iricks Stück,  auf  den  Glauchischen  Brand  mit  eindrucken  laßen, 
und  den  Nahmen  darunter  gesetzt.  Wollen  sie  ihren  Brief, 
darin  sie  behaupten  daß  man  alle  Mädchen  lieben  müße  nicht 
einmahl  wieder  übersehen.  Ich  habe  ihn  nebst  den»  Ruduick- 
schen  dem  HE.  v.  Kleist  vorgelesen  dem  er  ungemein  ge- 
fallen hat.  Der  HE.  v.  Kleist  hat  mir  seit  kurzem  einige 
scherzhafte  Briefe  geschrieben  vielleicht  könten  wir  eine  kleine 

Samlung  zu  Stande  bringen.  Einliegender  Catal.[ogusJ 

Flora)  Berol.[inensis]  ist  von  meinem  Vetter  bei  welchem  ich 


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121 


jetzo  logire,  er  macht  damit  HE.  D.  Schnelle  oder  in  deßen 

Abwesenheit  einem  Liebhaber  der  Botanic  ein  Präsent.  

Sie  schmeicheln  mir,  daß  ich  gut  erzählen  könne,  und  sie 
sagen  daß  sie  noch  nichts  versucht  hätten.  Rechnen  sie  denn 
ihren  Traum,  das  Gedicht  worin  sie  die  Pfirsich  mit  dem 
Frauenzimmer  vergleichen  (nein  dis  ist  wohl  horazisch)  das 
kleine  Stück  vom  Vulkan,  und  das  Dingerding  nicht  zu  den 
Erzählungen?  Wenn  ich  Erzählungen  drucken  laße,  so  werde 
ich  mit  diesen  die  meinigen  in  Beifall  bringen.  Machen  sie, 
daß  ich  es  mit  noch  mehreren  thun  kan.  Ich  bilde  mir  ein, 
daß  wir  was  zur  Verbeßerung  des  Geschmacks  beitragen  kön- 
ten,  wenn  wir  beisammen  wären.  Aber  warum  soll  uns  die 
Entfernung  hindern  so  viel  zu  thun,  als  wir  können.  Ihre, 
HE.  v.  Kleist  HE.  Ramler  und  meine  Sachen  möchte  ich 
gern  nicht  in  andern  Samlungen  zerstreuen  laßen,  und  ver- 
lobren gehen  sollen  sie  auch  nicht.  —  —  —  Heute  habe  ich 
einen  artigen  Brief  von  Voltaire  gelesen;  künftig  will  ich  ihn 
ffir  sie  abschreiben. 

27.  Gleim  an  Uz. 

Mein  allerliebster  Freund, 

Ich  fand  gestern  Abend  bey  meiner  ZnrückKunft  von  einer 
Lustreise  nach  Charlottenburg  und  in  den  neuangelegten  Irr- 
garten, einen  Brief  von  den  HE.  v.  Kleist,  worin  er  mir  zu 
wißen  that,  daß  sie  sich  bey  ihm  Ober  meine  Kaltsinnigkeit 
beschwert  hätten.  Haben  sie  denn  meinen  unendlich  langen 
Brief  nicht  empfangen?  In  der  That  es  solte  mich  ärgern, 
wenn  er  verlob  reu  wäre.  Ich  habe  nicht  allemahl  die  Geduld 
ein  so  langes  Mischmasch  zu  schreiben,  ohngeachtet  ich  weiß, 
daß  sie  es  nicht  ungern  lesen  würden,  wenn  es  nemlich  an 
dem  ist,  daß  sie  dort,  wie  in  einer  Wildniß,  leben.  Ihre  ad- 
dreße  ist  mir  entfallen;  aber  ich  dachte,  daß  sie  berühmt  ge- 
nug wären,  als  daß  man  nöthig  hätte,  die  Postmeister  von 
ihrem  Zimmer  zu  unterrichten.  Ich  kan  mir  auch  noch  nicht 
einbilden,  daß  mein  Brief  sie  nicht  solte  gefunden  haben,  viel- 
leicht ist  ihr  Brief  an  HE.  v.  Kleist  schon  sehr  alt,  vielleicht 
haben  sie  ihn  zu  meiner  Beschämung  älter  gemacht,  als  er 


122 


ist,  vielleicht  stellen  sie  sich  nur,  als  wenn  sie  raeinen  noch 
nicht  hatten.  Dem  HE.  v.  Hagedorn  bin  ich  2  Ant- 
worten schuldig.  Da  ich  indeßen  nun  weiß,  daß  sie  in  diesem 
Punct  so  delicat  sind,  so  will  ich  in  Zukunft  jeden  ihrer  Briefe 
mit  2en  beantworten,  und  ich  mache  hiemit  den  Anfang. 

Der  HE.  v.  Kleist  hat  mir  die  Ode  abgeschrieben,  die  sie 
ihm  geschickt  haben.  Es  ist  vermuthlich  die  Ode  über  die 
Ode,  die  sie  mir  versprochen  haben.  Wenn  sie  sie  mir  zuge- 
schickt hätten,  so  wolte  ich  etwas  daran  tadeln,  aber  nun  will 
ich  ihnen  sagen,  daß  sie  durchgehends  unvergleichlich  ist. 
Doch  ich  will  mich  nicht  so  sehr  rächen.  Die  Zeilen  in  einer 
ihrer  kleinen  Oden: 

Wie  Venus,  wenn  bb  graut, 
Vom  frühen  Himmel  schaut, 
Die  erat  von  Küßen  satt, 
Den  Schoß  verlaßen  hat 

sind  in  den  2  letzten  Strophen  nur  erweitert.  Ich  habe  sie 
schon  damals  fragen  wollen,  ob  es  richtig  sey,  die  Venus  und 
ihren  Stern  unter  gleichen  Bildern  anzuwenden?  Die  zweyte 
Strophe  würde  ich  lieber  Ich  flieh,  ich  flieh  p  anfangen,  das 
zweymalige  seht  welches  schon  in  der  21^  Zeile  steht  zu  ver- 
meiden. Ich  weiß  nicht,  warum  HE.  v.  Kleist  in  seiner  Ab- 
schrift 2  Zeilen  ausgeladen  hat,  die  letzte  in  der  4ten  und  die 
li£  in  der  8ili'  Strophe.  Es  ist  vermuthlich  eine  Schalckheit 
darunter  verborgen.  Ich  erwarte  in  ihren  nächsten  Schreiben, 
ein  ganz  Paquet,  von  ihrer  Muse.  Wie  freudig  werde  ich  es 
dem  Postboten  aus  den  Händen  reißen.  Habe  ich  ihnen  schon 
verrathen,  daß  der  HE.  v.  Kleist  an  einem  Gedicht  arbeitet 
unter  dem  Titul  das  Landleben?  Sein  Entwurf  ist  nach 
dem  Thomson  gemacht,  der  sein  Vorgänger  seyn  soll.  Ich 
habe  den  Anfang  gesehen ;  er  ist  prächtig,  und  in  einer  la- 
teinschen  Versart  ohne  Reimen.  Folgen  sie  doch  seinem  Ex- 
empel ;  wißen  sie  denn  gar  nicht,  wie  viel  Beyfall  ihr  Lobge- 
sang des  Frülings  hat?  Wie  viel  unvergleichlicher  würden  sie 
schreiben,  absonderlich  in  Oden,  wenn  sie  den  alten  Haß,  wieder 
die  fteime  erneurten.  Doch  ich  bin  kein  so  großer  Feind  von 
ihnen,  als  ich  ihr  Schmid  bin.  Wenn  ich  jetzt  noch  was  ma- 
chen will,  so  muß  es  in  Keimen  seyn,  sonst  kan  ich  gar  nicht. 


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123 


Die  Reime  helfen  mir.  Jüngst  wolte  ich  jemand  lehren,  wie 
er  sein  reiches  Weih  todt  beten  solte,  aber  ich  konte  es  weder 
in  prosa  noch  in  reimlosen  Versen.  Ich  lehrte  ihn  in  Reimen 
also  beten: 


Ihr  Götter  gabt  euch  jüngst  die  Müh 
Mir  eine  Frau  zu  geben, 
Von  eurer  Hand  bekam  ich  sie 
Mit  ihr  vereint  zu  leben. 
.">  Ich  danckt  euch,  als  ihr  mir  sie  gabt, 
Doch,  wenn  ihr  sie  erwählet  habt 
Den  Himmel  zu  ererben 
So  laßt  sie  laßt  sie  —  —  sterben. 


Ich  glaube  sie  lesen  noch,  an  meinem  letzten  Briefe,  so 
lang  ist  er.  Wie  gefallen  ihnen  die  Sachen,  die  ich  beygelegt 
habe.  Was  sind  die  freundschaftlichen  Briefe  nutze?  Schrei- 
ben sie  mir  ihr  ausführliches  Sentiment.  Herr  Gottsched  hat 
sie  nebst  dem  ersten  Theil  meiner  Lieder  ganz  Ubermäßig  ge- 
lobt. Er  sagt:  Nun  dürfen  wir  die  Franzosen  wegen  ihres 
Le  Pays  und  Voiture  nicht  mehr  beneiden.  Ein  anderer  hat 
sie  eben  so  sehr  getadelt,  aber  aus  Feindschaft  gegen  HE. 
Langen,  wie  HE.  Gottsched  vermuthlich  aus  Politik  gelobt 
hat.  Ein  Verfaßer  kan  über  das  Lob,  so  ihm  die  Monath- 
schriften  und  Zeitungsschreiber  austheilen  nicht  stolz  thun. 
Sie  sind  keine  gerechte  Richter.  Man  muß  den  Beifall  der 
Kenner  suchen.  Wenn  ich  fähig  wäre,  witzige  Briefe  zu 
schreiben,  so  möchte  ich  solche  schreiben,  wie  Hamilton  und 
Voltaire.  Nun  will  ich  zu  HE.  Spalding  gehen,  und  mich  über 
sie  beschweren.  —  —  — 

Berlin  den  2  Aug.  1746. 

Hat  ihnen  der  HE.  v.  Kleist  schon  Musicalia  geschickt 
Wollen  sie  von  mir  auch  welche? 


Ich  habe  zween  Briefe  hintereinander  von  Ihnen  erhalten, 
wovon  der  erste  ein  mäßiges  Buch  ausmachet.  Wie  kommen 
Sie  auf  einmal  zu  so  grossem  Aufwand?  Ich  vermuthe,  daß 
Sie  gesonnen  sind,  mich  auf  eine  lange  Zeit  Ihnen  vom  Halse 


28.  Uz  an  Gleim. 


Mein  werthester  Freünd, 


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124 


zu  schaffen :  drum  haben  Sie  mir  auf  einmal  so  viel  ange- 
nehmes schreiben  wollen.  Lassen  Sie  Sich  dieses  ausfallen. 
—  —  —  Ich  rechne  d<»n  Briefwechsel  nach  Berlin  für  mein 
♦.rrr-ües  Vergnügen  in  An-jiaeb.  und  Ihre  Freündschafft  ist  mir 
u?  schätzbar.  Halle  ist  mir  Mol:  deswegen  lieb,  weil  es  mir  auf 
mein  ganzes  Leben  einen  x»  vollkommenen  Freund  verschaffet 
hat.  —  —  —  Ihren  ersten  Briet"  hatte  ich  in  der  That  noch 
nicht  bekommen,  als  ich  an  HE-  v.  Kleist  schrieb.  Ich  bekam 
ihn  aber  zween  T;ige  darauf.  Weil  das  Paquet  etwas  groß  war, 
sm  wird  es  vermuthlich  irgendwo  liegen  geblieben  seyn:  denn  es 

kam  mit  der  Landkutsche.  Eis  ist  indessen  wahr,  daü 

ich  HE.  v.  Kleist  gebeten  habe.  Sie  an  ein  Schreiben  für  mich 
zu  erinnern.  Wie  aber  kon.inen  Sie  auf  die  irrigen  Gedanken, 
daL-  ich  Sie  für  kalt>inuig  gehalten  habe?  -  —  —  Sie  wer- 
den mich  ungemein  verbinden,  wenn  Sie.  in  Zukunft,  ein  or- 
dentliches Journal  von  allem,  was  Sie  mir  schreiben  wollen, 
halten  werden.  Diese  Sorgfalt  gefallt  mir.  und  enthebt  mich 
der  Furcht,  etwas  angenehmes  zu  verliehren,  das  mir  gewidmet 

war.    Schicken  M 

des  Horatius  Art,  eingemischten  Sittenlehren. 

Was  ist  das  für  ein  Buch,  das  Buch  ohne  Titul?  ich 
kaufe  mir  kein  Buch,  ehe  ich  Ihre  Meinung  davon  weiti !  HE. 
Götzens  Uebersetzung  Anakreons  werd  ich  suchen,  zu  bekom- 
men, und  alsdann  mein  l'rtheil  Ihnen  darüber  schreiben.  Wann 
sie  nicht  besser  ist,  als  was  ich  davon  gesehen,  so  zweifle  ich, 
daü  sie  dem  Original  an  Artigkeit  gleich  kommt.  Weuu  sie 
es  verlangen,  so  will  ich  Ihnen  alles  überschicken,  was  ich 
übersetzet  habe;  Sie  werdens  aber  sehr  ausbessern  müssen.  Ich 
rathe  Ihnen  aber,  dab  Sie  selbst  den  Anakreon  übersetzen: 
alsdann  findet  Ihre  artige  Doris  etwas  würdiges  zu  loben. 
In  der  That,  soll  niemand  einen  Scribenten  übersetzen,  als  der 
ihm  an  der  Art  des  Witzes,  die  ihn  unterscheidet,  gleichet. 
Niemand  sollte  anakreontisiren,  als  Sie;  und  es  griebgramt 
mir,  wann  ich  in  den  Br.  emischeif  Bevtr. fügen]  und  sonsten 
soviel  unerträglichs  Zeüg  mit  dem  Titel  anakreontischer  Lieder 

1 )  Hier  scheint  ein  blatt  zu  fehlen.  Das  folgende  ist  mit  schwär- 
zerer dinte  geschrieben,  an  einen  selbständigen  brief  ist  aber  nach  dem 
Zusammenhang»}  nicht  zu  denken 


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125 


beehrt  sehe.  Beygehendes  Lied  ist  eine  Würkung  des  Ver- 
drusses meiner  Muse  über  diese  Leute,  die  der  teischeu  Muse 
gewiß  keine  Ehre  machen. 

Haben  Sie  die  Satyre  wider  die  Comödie,  von  den  Geist- 
lichen auf  dem  Lande,  unter  dem  Titul :  Zusätze  p.  gelesen  ? 
Es  wird  Ihrer  scherzhaften  Lieder  also  gedacht :  es  ist  zu  be- 
dauren,  daß  Liebe  und  Wein  der  Anfang  und  Ende  derselben 
ist,  ob  sie  gleich  sonst  artig  genug  sind.  Einige  Stücke  be- 
stärken ihn  in  der  Meinung,  daß  dieser  sonst  starke  Geist  von 
Gott  und  der  Ewigkeit  wenig  glaube.  In  einer  Note  heißt  es: 
sie  wären  aus  eben  der  Feder  geflossen,  so  uns  eine  Samlung 
gar  zu  verführerischer  Hirtengedichte  geliefert,  und  von  glei- 
chem Stoff  und  Feüer.  Ist  das  nicht  ein  treflicher  Kunst- 
richter ?  0  wie  beneide  ich  Sie,  auf  solche  Art  und  von  sol- 
chen Leüten  getadelt  zu  werden.  Eine  solche  Beurtheilung 
wäre  mir  angenehmer,  als  das  Lob  aller  Zeitungsschreiber. 
Ich  bin  Ihnen  sehr  verbunden  für  die  neüe  Auflage  des  ersten 
Theiles  Ihrer  unnachahmbarer  Lieder.  Wenn  Sie  dieselben 
wieder  auflegen  lassen  wollen,  so  will  ich  sie  mit  dem  Vor- 
saze,  etwas  tad  eis  würdiges  zu  finden,  durchlesen.  Bishero,  so 
oft  ich  sie  schon  gelesen,  hab  ich  nichts  bemerken  können. 
Ich  lobe  indessen  die  Verbesserungen,  die  Sie  gemacht  haben : 
ich  gestehe  Ihnen,  daß  die  geänderten  Stellen  mir,  gleich  beym 
ersten  Anblick,  anstößig  gewesen.  Wie  hab  ich  mich  an  den 
freündschafftlichen  Briefen  ergetzt?  Wie  bin  ich  Ihnen  ver- 
bunden, daß  Sie  mir  diese  witzige  Sammlung  verehrt  und  die 
Namen  der  Verfasser  beygeschrieben  haben?  Ich  bin  aller- 
dings der  Meinung,  daß  Deütschland  Ehre  davon  hat.  Die 
Briefe  gefallen  mir  alle,  bis  auf  einen  einzigen,  welchem  man 
es  wohl  ansieht,  da  ßer  von  keinem  Mitgliede  der  frohen 
und  geistreichen  Gesellschaft  herrühre,  von  welcher  Sie  das 
Haupt  sind.  Ich  werde  sie  durchlesen  und  noch  einige  An- 
merkungen darüber  machen;  aber  ein  andermal.  —  —  — 

Ich  bin  Ihnen  äusserst  verbunden,  daß  Sie,  vermuthlich 
durch  schmeichelhafte  Abbildung,  mir  HE.  Spaldings  Freünd- 
schaft  verschafft  haben.  —  —  — 

Sie  fragen  mich,  wie  es  mit  meinem  Glücke  stehe?  Ich 
kann  Ihnen  noch  nichts  erfreüliches  melden:  nur  hat  es  seit 


126 


einiger   Zeit  das   Ansehen   gewinnen    wollen,  als  sollte  ich 
noch  etlich  und  dreissig  Meilen  weiter  von  Ihnen  wegkommen. 
Ist  mir  das  Verhängnib   n\*  ht   recht   sehr  gewogen?  HE. 
Borchward  ist  Anspachisrher  Resident  in  Berlin.    Ich  habe 
lachen  müssen,  wenn  >i-  mich  für  so  berühmt  halten.  daG 
Ihre  Briefe  mich  auch  ohne  Adresse  findm  könnten.  Trauen 
Sie  nicht:  es  dünkt  mich,  ich  sey  in  Berlin  mehrern  bekandt, 
als  in  Anspach.   Es  gehören  atidre  Dinge  dazu,  als  ich  besitze, 
wenn  man   hier  berühmt   werden  will.    Sie  haben  mir  H  K. 
Pr.  Baumgartens  Dissertation J  noch  nicht  geschickt:  behalten 
Sie  sie  nur  noch,  bit-  bessere  Gelegenheit  ist.  sie  mir  zu  schicken, 
wann  sie  deren  nicht  benöthiget  sind,  oder  biü  ich  sie  selber 
hole.    Wenn  Sie  scherzhafte  Briefe  drucken  lassen,  so  werden 
Sie  auch  den  Brief  des  Seel.  Rudnicks  über  seine  Schlettauer 
Reise  können  eindrucken  lassen.  \\  enn  Sie  ihn  nicht  abschrift- 
lich haben;  so  will  ich  ihn  übersenden.    Der  über  die  Liethe 
würde  sich  auch  gut  dazu  schicken :  Sie  brauchen  des  ineinigeu 
nicht,  welcher  dazu  AnlaG  gegeben,  und.  in  allem  Ernste,  des 
Druckes  nicht  würdig  ist.    Machen  Sie  mich  zu  keinem  Scri- 
beuten ;  ich  bin  noch  zu  jung  dazu.  Sie  sollen  mir,  wann  Sie 
mögen,  meine  Kleinigkeiten  erst  noch  tüchtig  st  riechein ;  her- 
nach,  wann  Sie  ertraglich  sind,  werd  ich  vielleicht  auch  das 
Jucken   Ihres  Freundes  kriegen,  mich  von  Ihnen  der  Presse 
übergeben  zu  sehen.   Vielleicht  aber  werd  ich  mich  die  Eigen- 
liebe doch  niemals  so  verblenden  lassen.  Sie,  mein  allerliebster 
Freünd,  Sie  müssen  aber  schreiben ;  Sie  können  dem  Geschmack 
aufhelfen,  ohne  dab  Sie  nöthig  haben,  Sich  in  die  pöbelhaften 
critischen  Streitigkeiten  zu  mengen.    Ach !  wie  schmachte  ich 
nach  einem  Liede  von  Ihrer  Muse!  —  — 
Anspach.  Den  10.  Sept.  1746. 

—  —  —  Wie  befinden  Sie  die  Cebersetzung  der  Oden 
des  Horatius,  wovon  ich  den  Titel  im  MeLcatalogo  gesehen? 
Wie  die  zärtlichen  Gedichte? 

Der  Brief  von  Voltare  ist  sehr  schön.  Der  Lobspruch, 
den  HE.  Gottsched  den  freundschaftlichen  Briefen  giebt,  scheint 
mir  nicht  sehr  ausgesucht,  vielleicht  gar  boshaft.  Sie  haben 
sich  wohl  niemals  beinßht,  Voiture  und  le  Pays  gleichzukom- 
men, die  in  Frankreich  selbst  nicht  mehr  hochgeschätzt  wer- 


127 


den.  Ach!  was  für  ein  leichtfertiger  Beter  sind  Sie?  Sie 
dürfen  für  meine  künftige  Frau  kein  Gebetbuch  machen. 

Erbieten  Sie  Sich  im  Ernst,  mir  Musikalien  zu  schicken? 
Sie  werden  mich  sehr  verbinden;  ich  wage  es  aber  nicht,  Sie 
und  noch  weniger  HE.  v.  Kleist  darum  zu  bitten.  Sie  haben 
in  Berlin  schöne  Redoutenstücke  und  Arien.  Die  Arien  aus 
Opern  sind  für  mich  nicht  alle  zum  spielen :  denn  sie  erfor- 
dern der  Beystimmung  der  Singstimmen  und  übrigen  Instru- 
mente.   HE.  Graun  componirt  treflich  und  oft  leicht. 

29.  Gleim  an  üz. 

Mein  liebster  Freund, 

Sie  sind  noch  ganz  gewiß  in  Anspach.  Mein  Wunsch  hat 
die  Entfernung  von  etlichen  und  dreißig  Meilen  hintertrieben; 
ich  bat  den  Himmel  sie  mir  vielmehr  so  viel  Meilen  näher  zu 
bringen ;  und  weil  er  mir  dergleichen  Wünsche  zu  erhören 

pflegt,  so  habe  ich  sie  alle  Tage  hier  erwartet.  

Wenn  sie  es  mir  gleich  nur  im  Scherz  gesagt  haben,  daß  sie 
Baumgartens  Diß.[ertation]  selber  abholen  wollen ,  so  hat 
mich  doch  die  bloße  Vorstellung  von  ihrer  Gegenwart  in 
die  Empfindung  der  größten  Zufriedenheit  und  Freude  über 
ihre  Ankunft  gesetzt.  Machen  sie  doch  Ernst  daraus.  Sie 
würden  in  der  That  ihr  Glück  weit  eher  hier  machen,  als 
ich.  —  —  —  Ich  habe  seit  einiger  Zeit  nach  einer  Bedie- 
nung gestrebt,  die  mit  1500  Rr  jährlicher  Einkünfte  meine 
zeitliche  Wohlfahrt  befördern  solte,  aber  ich  habe  gestern  er- 
fahren, daß  alle  meine  Bemühung,  von  deren  guten  Würckung 
ich  schon  ganz  gewiß  war,  vergeblich  gewesen.  Es  kam  ein 
Legations  Secretair  zur  Unzeit  aus  Flandern  zurück,  und  "trug 
diesen  guten  Bißen  zur  Belohnung  seiner  Dienste  davon;  ich 
habe  mich  damit  getröstet,  daß  er  mein  Freund  ist,  und  eine 
Frau  nöthiger  hat,  als  ich.  Nun  muß  ich  wieder  Geduld  haben, 
bis  es  dem  Tode  gefällt,  mir  Platz  zu  machen.  Ich  habe  ihn 
gebeten  es  noch  vor  Ausgang  des  Herbstes  zu  thun. 

Schicken  sie  sich  wieder  ein  ganzes  Buch  zu  lesen;  mir 
deucht  ich  werde  mehr  als  einen  Tag  auf  diesem  Briefe  zu 
bringen,  ich  habe  vorsetzlich  biß  itzo  gewartet,  damit  ich  ihnen 


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12* 


Tc-r.  dr~  r. >  cri>r.  t-'r/z*  Xachrici  t  ertheilen  köute. 
ri:e:r.i:  weri-  :cn  er.  :1m h  baü  fertig  werdets.  denn  es  ist  sehr 
T^ij  hera^z-k-  -n.  w-Icr.-*  Mä  :vi!"  ds  l~:tres  gennaniques 
*i-^>r^-ii  wird  Herr  Lar.2e  ist  mit  «eir.ec  « *den  zur  rechten 
Zr  ::  Lerr.  rgetr-t-r:.  .ier.r.  c :..  sie  girich  sehr  vielem  Tadel 
;.r.--rw.  r:-c  sind,  uni  kaum  «irr  dritte  Th-i!  des  Drucks  würdig 
i.-t.  haoen  ?:e  d.-<h  -ren  -rw:.^  Wehrt,  der  ihnen  einen 
Vvrz-.z  v.  r  aiien  Wercker.  ier  V-il«.  1-rttres  so  in  dieser  Mebe 
erse  i.i^r.en  sir.d.  gier»:,  li^rr  Meier  hat  sie  n:it  einer  Vorrede 
bec'eitrt.  die  nicht  firmier  s*-vc  körte,  wenn  g;e;eh  der  größte 
Heid  a-is  P  <p^r>  Dstciade.  die  Ar:  Nicht  darüber  gehabt  hätte. 
Wie  har.dwercksmä^ig  kür.gt  >i- r  Anfu:  Indem  ich  den  Vor- 
satz gefugt  habe,  eine  Vonvde  zu  sc  hreiben  p  und  das  übrige 
ist  nicht  beier  aU  der  Anfar.g.  Herr  Mever  verwirft  den 
Keim,  weil  er  der  Freiheit  des  Abdrucks  wiedersteht,  und  er 
beweist,  dal:  man  schlecht  schrei? *n  kau.  wenn  mau  ohne 
Keim,  ohne  Siibenmaai;.  ohne  Wohlklang  schreibt,  ganz  deut- 
lich dorcb  seine  Vorrede.  Er  hat  mich  fast  zum  Vertheidiger 
des  Reims  gemacht.  Herr  Lan^re  hat  in  seinen  Oden  den 
Wohlklang  fast  durchgehends  ans  der  Acht  geladen.  Wenn 
man.  ihrem  zärtlicher.  Geschmack  g-maLr.  reine  Dactylen  von 
ihm  loderte,  s<»  würde  er  damit  eben  so  wenig  zufrieden  seyn. 
als  wenn  man  ihm  sagte,  daL-  eir.  Reimer  eben  so  gut  schrei- 
ben konte.  Was  für  ein  tialimathias  ist  in  der  Ode:  Das  Lob 
des  Höchsten!  Was  für  ein  Gewäsch  in  der  auf  die  Vergebung 
der  Sünden!  Wie  wenig  Urtheil  laichtet  aus  der  langen  Ode 
an  Doris!  Die  Anrede  Gottes  an  die  Liebe  macht  die  Er- 
schaffung *)  zweyer  Würmer  zu  einem  recht  wichtigen  Werck. 
Als  der  Heyland  der  Welt  von  Ewigkeit  her  gezeuget  werden 
solte.  da  wurden  nicht  so  viel  Anhalten  gemacht;  und  als  er 
nach  seiner  Auferstehung,  wieder  im  Himmel  ankam,  da  war 
nicht  solche  Freude  in  dem  Himmel!  WVmi  diese  Ungereimt- 
heiten ausgeladen  wären,  so  k«"nte  diese  Ode,  wenn  man  sie 
in  Prosa  setzte,  als  ein  zärtlicher  *)  Brief,  eines  Mannes  an 
seine  Doris  noch  gelten.  Ich  habe  sie  so.  einem  guten  Kenner 
vorgelesen,   der  nicht  merckte,  dab  es  Verse  waren,  und  sie 

1;  Zuerst:  «ia-  Geschöpf.       2j  Leber  „Artiger-  geschrieben. 


129 


als  einen  niedlichen  Brief  lobte.  Was  für  gemeine  Gedancken, 
was  für  Sclavische  Sentiinens,  die  sich  für  einen  freyen  Dichter 
gar  nicht  schicken,  finden  sich  in  der  Ode  auf  den  HE. 
v.  Schulenburg.  Lesen  sie  die  1311  Strophe.  Die  beygefligte 
französische  Uebersetzung  wird  einem  Franzosen  nimmermehr 
einen  guten  Begrif  von  der  deutschen  Poesie  beybringen.  Was 
für  ein  abscheuliches  Bild  für  einen  Franzosen !  Du  sang  vir- 
ginal  de  manielles  coupees,  qui  chauds  encore  palpitoient  sur 
les  pointes  des  sabres,  se  cailla  sur  leurs  mains  barbares.  Und 
wie  viel  grammatische  Schnitzer  ')!  Wie  viel  Fehler  wieder 
das  Genie  der  Sprache! 

Die  Flüchtigkeit,  mit  welcher  er  jetzo  alles  zur  Preße 
schickt,  hindert  ihn,  auf  die  nöthigsten  Eigenschaften  des  ho- 
razischen  Ausdrucks  aufmercksam  zu  seyn.  Es  ist  schmeichel- 
haft für  mich,  daß  die  Stücke  an  mich  noch  die  besten  sind. 
Er  hat  sonst  in  den  meisten  gar  zu  viel  lange  und  müßige 
Bey Wörter,  welche  die  Würckung,  die  ein  schöner  Gedancke 
haben  soll,  verzögern  und  schwächen.  Und  wenn  er  Personen 
macht8),  so  ist  kein  Auffhören,  und  es  ist  unmöglich,  daß  sich 
jedwede  der  Einbildungskraft  in  ihrem  rechten  Licht,  und  in 
einer  guten  Absicht,  nebst  der  Uhrsach  ihres  Daseyns  zeige.  Doch 
ich  habe  nicht  nöthig,  ihnen  die  Fehler  zu  zeigen,  sie  werden 
sie  selbst  beßer  sehen.  Wenn  HE.  Lange  den  Tadel  noch  so 
gut  vertragen  könte,  als  damahls,  da  ich  bey  ihm  war,  und 
ihm  nichts  verschwieg,  so  wolte  ich  ihm  alles  dis  selbst  sagen. 
Aber  er  hat  sich  seitdem  sehr  geändert;  Bodmers  partheyischer, 
und  Meyers  blinder  Beyfall  hat  ihn  vermocht,  sich  für  unver- 
beßerlich  zu  halten.  Da  zu  kommt  nunmehro  der  Autorstand, 
welcher  macht,  daß  man  auf  seinen  Meinungen  hartnäckiger 
besteht,  und  seinem  Geschmack  am  meisten  zutraut.  Bodmer 
hat  diese  Verschlimmerung  selbst  schon  gemerckt.  Er  hat  an- 
fangs HE.  Lange  zur  Uebersetzung  des  Horaz  nachdrücklich 
aufgemuntert,  jetzt  giebt  er  ihm  zu  verstehen,  daß  er  wohl  thun 
würde,  wenn  er  diese  Arbeit  einer  geschicktem  Feder  über- 
ließe, wie  mir  Herr  Sulzer,  der  jetzo  ganz  anderer  und  meiner 
Meinung  ist,  jüngst  geschrieben  hat.    Ich  bedaure,  daß  HE. 


1)  Zuerst:  Fehler.      2)  Lies:  malt? 

GliMra-lz,  Briofwccluel.  9 


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130 


Lange  in  diesem  Stück  nicht  anders  beschaffen  ist:  er  hat 
sonst  ein  ftirtreflicbes  Genie  and  er  ist,  ob  n  geachtet  dieser 
Fehler,  ein  redlicher  Freund,  der  Priester  Beschämung,  da  er 
die  schönen  Wißenschaften,  statt  des  Müßiggangs  übt.  und  ein 
munterer  Kopf,  der  fähig  ist.  einer  ganzen  schläfrigen  Gesell- 
schaft Leben  zu  geben.  In  dem  Anhang  befindet  sich  auch 
das  Gedicht  der  Doris,  auf  die  Wiederkunft  des  Königs,  wel- 
ches ich  verwarf  ehe  es  gedruckt  war.  und  worüber  HE.  Lange 
höchst  empfindlich  ward,  und  mir  solches  einige  mahl  hart  zu 
verstehen  gab.  Dt»ch  sie  wißen  dis  schon,  wo  ich  nicht  irre. 
Der  Frau  Lange  2111  Gedicht  an  HE  Heßen  ist  desto  beLer, 
als  das  erste.  Es  sind  Bilder  darin,  die  man  von  einem  Frauen- 
zimmer, das  niemahls  Berge  gesehen  hat,  nicht  erwartet  hätte. 
Der  Mann  wird  freylich  wohl  das  beste  dabey  gethan  haben, 
wie  bey  der  Schöpfung  des  Hylas.  Ich  will  ihnen  aber  doch 
zur  Probe,  die  sie  verlangt  haben  ein  paar  anakreontische 
Stücke  abschreiben,  die  sie  in  der  That  selbst  gemacht  hat. 
und  recht  naTf  sind. 

Ich  muß  aufhuren,  von  einem  Buche  so  viel  zu  plaudern. 
Die  Schweitzer  haben  nichts  herausgegeben,  als  einen  Band 
critischer  Briefe,  welche  nebst  dem  Wesentlichen,  auch  das 
Gute  an  sich  haben,  daß  sie  ganz  dogmatisch  sind,  und  gar 
keine  Streitigkeiten  berühren.  Sie  werden  sie  selbst  lesen,  da- 
her will  ich  nichts  weiter  davon  sagen ,  als,  daß  mir  HE. 
B.fodnier]  in  denselben  auf  eine  gute  Art  erinnert  hat,  daß 
ich  mir  auf  das  Lob  der  Hallischen  Bemüher  nichts  zu  gute- 
thun  müße ;  welches  in  der  That  eine  niedrige  Eigenliebe  ver- 
riethe,  wenn  es  je  geschehen  wäre.  Nun  weiß  ich  schon  nichts 
mehr,  das  ihrer  Aufmerksamkeit  wehrt  wäre.  Denn  von  den 
vielen  Monathsschrifteu,  die,  wie  Ungeziefer,  aus  allen  Ver- 
lagswinckeln,  hervorbrechen,  und  das  Land  mit  ungesalznem 
Witz,  wie  mit  einem  Strohm  überschwemmen,  kan  ich  ihnen 
nichts  sagen.  Ich  habe  nuiuen  Augen  verbothen,  einen  Blick 
weiter  hinein  zu  thun,  nachdem  ich  so  oft  nichts  gefunden 
habe,  das  mein  Verlangen  befriediget  hätte.  Die  neuen  Bey- 
träge  lese  ich  nur  noch  allein,  in  derem  letzten  Stücke  eine 
schwiftische  Satyre  steht,  die  in  der  That  dem  Verfaßer  Ehre 
macht    Die  anakreuntischen  Oden  die  darin  vorkommen,  sind 


131 


freylich  nicht  so  viel  wehrt.  Ich  habe  schon  einmahl  vorge- 
habt, mit  Beybehaltung  der  Erfindungen  einige  von  denselben 
in  die  wahre  natürliche  Denckungsart,  und  den  Ausdruck  Ana- 
kreons  zu  übersetzen,  um  ihnen  durch  den  Augenschein  ihre 
Fehler  zu  zeigen.  Allein  ich  bin  entweder  nicht  aufgeräumt 
dazu  gewesen,  oder  es  hat  mir  nicht  der  Mühe  wehrt  ge- 
schienen. Sie  sind  mir  mit  der  Critik,  in  der  Ode  auf  die 
anakreon  tischen  Lieder  zu  vor  gekommen.  Ich  kan  ihnen  nicht 
verschweigen,  was  ein  Freund  von  uns,  bey  derselben  vor  eine 
Anmerckung  gemacht  hat.  Er  sagte:  Sie  hätten  sich  darin 
ausdrücklich,  wieder  den  Verdacht  bewahren  müßen,  daß  sie 
meine  Lieder  mit  unter  die  verworfenen  rechnen.  Ich  war 
stolz  genug,  darauf  zu  antworten,  daß  es  nicht  nöthig  sey, 
aber  er  überwand  mich  durch  Gründe,  und  ich  versprach  es 
ihnen  zu  schreiben.  Es  wäre  mir  in  der  That  ein  schlimmer 
Streich,  wenn  sie  jemahls,  auch  nur  einen  falschen  Anlaß 
gäben  zu  glauben,  daß  raeine  Lieder  sich  ihren  Beyfall  nicht 
erworben  hätten.  Denn  meine  Freunde  nennen  sie  schon  den 
deutschen  Quintilian ;  wie  schätzbar  ist  nicht  der  Beyfall  eines 
solchen  Kenners  ?  Wenn  ich  einen  Kützel  *)  zum  Tadel  fühle 2), 
so  will  ich  ihre  Ode  auf  einem  besonderen  Blatte  auf  die  revue 

stellen.    Ich  scheue  mich  ihnen  etwas  zu  critisiren.  —  

Wie  viel  ist  nicht  ein  gutes  Herz  beßer,  als  ein  schöner  Witz. 
Ich  bin  nicht  weit  mehr  von  der  Feindschaft  des  Witzes 
entfernt,  wenn  ich  erwege,  daß  so  viel  Eigenschaften,  die  dem 
Menschen  einen  größern  Wehrt  geben,  durch  ihn  verdrenget, 
und  verhindert  werden,  empor  zu  kommen.  Der  bon  sens  ver- 
liehrt  gar  zu  viel,  wenn  eine  ganze  Nation  an  den  Kleinig- 
keiten des  Witzes  Geschmack  findet.  Nach  meiner  Meinung 
hat  nie  in  Deutschland  ein  so  schlimmer  Geschmack  geherr- 
schet als  jetzo.  Der  Lohensteinsche  war  nicht  so  schlecht.  Man 
macht  Schäferspiele,  die  man  mit  Recht,  Schweinhirten  Spiele 
nennen  kan,  man  macht  Comedien  für  die  Senften träger,  und 
singt  Lieder  für  die  Huren  auf  den  Brücken,  und  diese  säu- 
bern Witzlinge  werden  dennoch  von  der  allgemeinen  Menge 
bewundert  gehört  und  gelesen.  Der  saubere  Bauzner  ist  noch 
nicht  erschöpft.    Herr  Dreyer  hat  in  Leipzig  erfahren,  daß  er 

1)  Zuerst:  Trieb      2)  Zuerst:  empfinde, 

9* 


132 


18  bis  20  Trauerspiele  fertig  liegen  habe,  und  nur  einen  Ver- 
leger suche. 

.  —  -  -  Der  bräche  dem  Vater  den  Nacken 
Der  würgte  trunckene  Freunde  bey  Nacht, 
der  sich  von  ihm  bewegen  läßt.  Ich  fürchte  mich  etwas  deut- 
sches zu  lesen,  und  nehme  daher,  zu  Stillung  meines  Appetits 
meine  Zuflucht  zu  den  Ausländern.  In  Dresden  ist  eine  kleine 
Schrift  heraus  gekommen,  unter  dem  Titul:  11  Congreßo  di 
Citera,  welche  von  der  Feder  des  Grafen  Algarotti  zu  seyn 
scheint;  ich  lese  sie  jetzo,  und  sie  müßen  sie  auch  lesen.  Ich 
bedaure  sie,  daß  sie  dort,  so  wenig  haben  können.  Schreiben 
sie  mir  doch  einmahl,  was  ich  ihnen  schicken  soll.    Des  HE. 
v.  Baar  Epitres  diverses  müßen  sie  lesen.    Man  kan  sie  hier 
für  1  fy'  haben.  Seine  Epitre  a  D.[on]  Quichot  ist  nur  2  Bogen 
und  kostet  fast  so  viel,  ich  habe  sie  nicht  bey  der  Hand,  da- 
her kan  ich  keine  Stelle  zur  Probe  abschreiben.    Kenneu  sie 
des  P.fater]  Ceva  Gedicht,  Puer  Jesus?    Es  ist  ein  Meister- 
stück in  seiner  Art.  Wenn  sie  einen  fähigen  Priester  kennen, 
so  empfehlen  sie  es  ihm  zur  Uebersetzung.    Die  niedrigen 
Personen,  die  darin  vorkommen,  geben  dem  Gedicht,  etwas 
Aehnliches  vom  Lustspiel,  und  sie  sind  unserm  Umgang  näher, 
als  die  vornehmen  Helden  in  andern  epischen  Gedichten.  Das 
Wunderbahre  darin  ist  auch  von  einer  ganz  eigenen  Art.  Sehen 
sie  ein  Exempel.    Joseph  erzählt,  was  sich  neulich  in  einem 
Garten  zu  Memphis  zugetragen.  Maria  geht  in  demselben  mit 
dem  Kinde  Jesu  zu  einer  Zeit,  da  die  Kälte  die  Blumen  noch 
verhindert  hervorzubrechen.    Lesen  sie  das  folgende  im  Text. 

Illa  (Maria)  tarnen  puero  optanti  decerpserat  unum  

Sehen  sie  die  Maria  aus  einem  finstern  Walde  kommen : 

—  -  -  -  -  Jeßaa  parens,  complexa  puellum 

Intortum  pannis,  deserta  per  avia  parvum 

Ferre  videbatur  tenera  inter  brachia  solem. 
Das  ganze  Gedicht  ist  voll  von  dergleichen  angenehmen  kleinen 
Gernählden;  Ich  werde  einmahl  einen  Auszug  der  schönsten 
Stellen  daraus  machen.  Ich  habe  es  HE.  Ramler  zur  revange 
versprochen,  der  mir  jüngst,  Ovids  schönste  Züge  in  einem 
langen  Briefe  überschrieben  hat.  Ich  habe  vor  acht  Tagen 
diesen  witzigen  Freund  auf  dem  Lande  bey  meinem  Schwager 


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133 


besucht,  aber  ich  bin  gar  nicht  mit  ihm  zufrieden.  Er  hat 
in  einem  halben  Jahre  nur  ein  paar  Oden  aus  dem  Horatz 
übersetzt,  und  im  übrigen  eine  Menge  Kunstrichter  durchge- 
lesen, die  ihn  in  der  That  blöde  gemacht  haben.  Er  wird  nie 
einen  falschen  Gedancken  dulden  ') ,  er  wird  allemahl  richtig 
seyn,  aber  das  Kühne,  das  Lebhafte,  welches  aus  einem  un- 
bändigen Geiste  hervorbricht,  wird  ihm  öfterer  fehlen.  Sie, 
mein  Wehrtester,  solten  auch  nicht  ein  so  großer  Criticus 
durch  die  Kunst  geworden  seyn.  Ein  munterer  erhabner  Geist 
trift,  ohne  Führer,  die  rechte  Bahn,  und  irrt  niemahls  ohne 
Vortheil.  Ich  wolte,  daß  sie  noch  so  kühn  dichteten,  als 
sonst.  Ihren  Lobgesang  des  Frülings  wird  ihr  eigner  Schimpf 
den  Kennern  niemahls  weniger  wehrt  machen.  Schreiben  sie 
in  dieser  Art  nur  ein  ganzes  Buch,  ich  verspreche  ihnen  den 
Beyfall  aller  Kenner  des  Schönen  und  Fürtreflichen.  Ich  kan, 
wenn  ich  auch  noch  so  aufrichtig  seyn  will,  in  dieser  Ode 
kein  Wortgewäsch  finden.  Es  ist  nichts  träges  darin,  die 
Bilder  haben  alle  ihren  Grund  in  ihrer  Absicht ;  ich  habe  sie 
noch  niemand  vorgelesen,  dem  sie  nicht  ausnehmend  gefallen 
hätte.  Mein  Mädchen  hat  sich  ihrenthalben  die  Belustigungen 
gekauft.  Wenn  ich  so  viel  Gewalt  über  sie  habe,  so  fodre 
ich  von  ihnen,  sie  noch  einmahl  durchzusehen,  und  ihr  das 
wiederzugeben,  was  sie  ihr  aus  Eigensinn  genommen  haben. 
Ich  empfehle  ihnen  dies  Kind,  das  ihnen  so  viel  Mühe  ge- 
kostet hat.  Wenn  sie  es  deshalb  weniger  lieben,  so  stoßen  sie 
es  völlig  aus.  Ich  will  es  adoptiren.  Ich  muß  ihnen  noth- 
wendig  recht  geben,  daß  das  Sylbenrnaaß  für  die  rauhe  deutsche 
Sprache  nicht  das  vortheilhafteste  ist.  Es  verhindert  allerdings 
die  Kürze  und  Einfalt  der  Gedancken,  durch  die  Beywörter, 
die  man  den  Dactilen  zu  gefallen,  gebrauchen  muß.  Allein 
ich  glaube  doch  nicht,  daß  es  so  viel  Uebel  anrichtet,  als  der 
Heim ;  es  ersetzt  den  Schaden  den  es  veruhrsacht,  durch  seine 
Musik  meistenteils.  HErr  Ramler  sinnt  jetzt  auf  ein  Sylben- 
maaß,  welches  dis  noch  an  Schönheit  übertreffen  soll.  Ich 
zweifle,  daß  mir  je  ein  andres  so  gut  klingen  wird.  Sein  Reitz 
hat  mich  verführt,  die  Ode  vom  Bachus  in  den  Br.femischen] 


1)  Ueber  gestrichenem:  haben. 


134 


Beyträgen  für  schöner  zu  halten,  als  sie  ist,  wenn  man  sie 
mit  dem  Original  vergleicht.  Eben  die  Fehler  hat  die  Ode 
auf  den  blandusischen  Quell.  Horaz  singt  viel  kUrtzer;  und 
sein  Plan  ist  leichter  einzusehen  im  Original,  als  in  der  Ueber- 
setzung.  Ob  ich  indeß  gleich  ihrer  Meinung  in  dem  Stuck 
völlig  bin,  so  kan  ich  doch  deswegen  nichts  zum  Vortheil  des 
Reims  daraus  folgern.  Wir  können  ja  das  alte  Silbenmaaß 
behalten,  und  den  Reim  doch  wegwerfen.  Die  Gedanckeri 
müßen  dann  desto  stärcker  kürtzer  und  richtiger  seyn.  Warum 
wollen  wir  unsrer  Sprache  nicht  den  Vorzug  verschaffen,  den 
die  englische  hat,  welche  in  der  That  so  hart  ist,  als  die  uns- 
rige?  Milton8  Paradies,  Glovers  Leonidas  (haben  sie  dis  Meister- 
stück eines  jungen  Kaufmanns  gelesen?  Man  hat  eine  franzö- 
sische Uebersetzung  davon,  wieder  deren  Vorrede  HE.  Pyra 
sehr  aufgebracht  war)  Dr.  Joungs  Nacht-Gedaucken,  Thomsons 
Jahrszeiten,  sind  in  Versen  ohne  Reimen.  Schaftesbury  war 
ein  geschworner  Feind  des  Reims,  und  sie  wollen  ihm  getreu 
bleiben?  Nein,  wehrtester  Freund,  es  ist  jetzt  eben  die  Rechte 
Zeit,  da  man  diesen  Gothen,  wie  ihn  Schaftesbury  nennt,  seiner 
sich  bemächtigten  Rechte  berauben,  und  den  künftigen  Scri- 
benten  die  Freyheit  verschaffen  muß,  ob  sie  sich  seiner  be- 
dienen wollen  oder  nicht?  Dis  kan  nicht  anders  geschehen, 
als  wenn  durch  einige  Meisterstücke  in  Versen  ohne  Reimen, 
der  Geschmack  an  denselben  allgemein  gemacht  wird;  Sie  sind 
unter  den  Wenigen,  die  dazu  fähig  sind;  wollen  sie  sich  die 
Nachwelt  nicht  verbindlich  machen  ?  Ich  darf  sie  zu  keinem 
Scribenten  machen,  sie  sind  es  schon;  ich  wolte  nur,  daß  sie 
sich  an  ihre  Jugend  nicht  kehrten.  Das  ist  eben  das  rechte 
Alter,  zu  welchem  die  Poesie  besondere  Rechte  hat.  Die 
männlichen  Jahre,  bringen  Sorgen,  und  Amtspflichten,  und 
dem  Alter  fehlt  es  an  Munterkeit  und  Feuer.  Man  muß  in 
der  Jugend  Lieder  dichten ,  und  sie  im  Alter  singen.  Laßen 
sie  sich  durch  diese  Gründe  bewegen,  etwas  mehr  zu  machen, 
als  sie  bisher  gethan  haben.  Ich  will  mit  Freuden  der  Pflege- 
vater ihrer  Kinder  seyn.  Denn  sie  lieben  sie  nicht  allzuzärt- 
lich, wie  Herr  Lauge.  Wie  vergnügt  wolt  ich  seyn,  und 
wie  viel  Ehre  wolte  ich  mir  daraus  machen,  wenn  ich  erst 
eine  gute  Anzahl  davon,   der  Welt  vorlegen  könte.  Ich 


135 


biete  mich  biezu  an,  und  ich  wünsche  es  bald  zu  können. 

Sie  werden  vermutblich  nun  schon  HE.  Götzens  deutschen 
Anakreon  gesehen  haben,  wo  nicht,  so  wird  es  mich  verdrießen, 
daß  ich  ihn  ihnen  nicht  mitgeschickt  habe.  Ich  kan  die,  so 
von  ihnen  herrühren,  von  den  seinigen  leicht  unterscheiden. 
Seine  Stücke  sind  zu  kraus,  er  hat  viel  hinzugesetzt,  sein  Aus- 
druck ist  nicht  leicht  und  natürlich  und  oft  schwer  und  hart, 
und  ohne  Wohlklang,  welcher  in  dieser  Art  kleinzeiligter  Ge- 
dichte sehr  notbwendig  ist.  Im  Anhange  stehen  einige  artige 
Stücke  von  anderer  Art  z.  E.  der  Burgundier  Wein,  an  die 
Laura,  die  Erzählung  Alzemadura,  welche  nach  einigen  Ver- 
änderungen viel  Beyfall  verdienten.  Haben  sie  keine  Nach- 
richt von  ihm?  Und  wollen  sie  seine  ehemalige  Unart  noch 
nicht  entdecken? 

Ich  bin  noch  geneigt,  den  Anakreon,  so  wie  ich  ihnen 
vorgeschlagen  habe,  zum  Druck  zu  befördern;  Ich  erwarte  zu 
dem  Ende  ihre  Uebersetzung  so  bald  alß  möglich ;  ich  habe 
jetzt  noch  etwas  Zeit,  und  der  HE.  v.  Hagedorn  verlangt  nach 
einem  guten  deutschen  Anakreon.  Sein  Verleger,  der  wegen 
seines  säubern  Drucks  berühmt  ist,  wird  an  dieser  neuen  Aus- 
gabe meiner  und  der  griechischen  Lieder  nichts  ermangeln 
laßen.  Helfen  sie  nur,  daß  die  ersten  der  Gesellschaft  der 
letztern  einiger  maaßen  würdig  werden.  Ich  will  so  viel  ich 
kan,  (dis  wird  aber  wenig  seyn)  an  der  Uebersetzung  beßern, 
wenn  sie  nur  damit  zufrieden  sind,  und  nicht  vielmehr  glauben, 
daß  ich  etwas  verderben  werde,  indem  ichs  zu  beßern  ver- 
meine. Doch  ich  werde  behutsam  verfahren.  Barnesii  Edition 
habe  ich  noch  nicht  bekommen,  an  deren  statt  aber  Cornelii 
de  Pauw.  seine,  welche  1732  zu  Utrecht  in  4  erschienen  ist. 
Diese  hat  einen  Ueberfluß  an  verschiedenen  Lesearten,  Frag- 
menten, und  Critiken,  wovon  aber  die  letzten  meistenteils  nicht 
richtig  sind,  und  vielmehr  einen  trockenen  Kunstrichter,  als 
einen  Mann  von  lebhaften  Empfindungen  verrathen.  Nach 
seiner  Meinung  sind  sehr  wenige  Oden,  oder  vielleicht  gar 
keine,  von  dem  wahren  Anakreon.  Sein  HauptGrund  ist  das 
Zeugniß  des  Suidas,  daß  Anakreon,  alles  was  er  geschrieben 
habe,  in  der  ionischen  Mundart  geschehen  sey,  wovon  man 
doch  kaum  die  geringste  Spur  in  den  vorgeblichen  Oden  des 


136 


Anakreon  antreffe.  Wenn  Suidas  recht  hat,  so  ist  dis  frey- 
lich ein  guter  Grund.  Aber  das  wäre  noch  zu  untersuchen; 
und  was  mich  anbetrift,  so  ist  der  Verfaßer  der  Oden,  die  wir 
haben  oder  die  Verfaßer  zusammengenommen,  mein  Anakreon; 
und  in  denselben  ist  die  Uebereinstimmung  der  Erfindungen, 
des  Ausdrucks,  und  der  naivete  so  groß,  daß  es  mir  fast  nicht 
möglich  scheint,  daß  sie  verschiedene  Verfaßer  haben  solten. 
Warum  treffen  zu  unsern  Zeiten,  so  viel,  die  sich  mit  dem 
Anakreontisiren  abgeben,  nicht  den  rechten  Weg?  Solte  dis 
ein  Vorrecht  der  Alten  gewesen  seyn,  daß  sie  einem  gewißen 
Geschmack  gleich  ohne  Irrthum  hätten  folgen  können?  Sehn 
•  sie  was  er  vom  Barnes  und  Baxter  sagt:  Duo  commentarii 
duorum  interpreturo,  Barnesii  et  Baxteri,  tot  futilissimis  nugis 
sunt  repleti,  vt  si  eas  singulatim  refutare  instituißem,  plura 
de  illis  solis  conscribenda  fuißent  mihi,  quam  nunc  de  Grads 
Omnibus  conscripsi  p.  Und  dann  eine  Probe  seiner  Critik: 
Oden  quartam  in  2  odas  separavi,  et  earum  posteriorem  cum 
priruum  ad  Cupidinem  Poeta3  servientem  quasi  conscriptam 
fuiße  dixeram,  dein  non  male  etiam  ad  Erotem  Servum  verum 
et  proprie  dictum  referri  poße  subjunxi:  Id  quod  nunc  unice 
mihi  placet.  Er  hält  das  Amt  eines  Bedienten  für  den  Liebes- 
gott für  viel  zu  unanständig.  Aber  wie  wenig  kennt  er  den 
Anakreon !  Er  spielt  mit  seinen  Göttern.  Sonst  sind  alle  Zeilen 
voll  Schimpf,  wieder  alle  Ausleger.  Was  haben  sie  für  eine 
Edition?  Ich  muß  noch  einige  Puncte  ihres  Briefes  beantworten. 
Mich  verlangt  nach  der  wahren  sapphischen  Ode,  die  sie  haben 
versuchen  wollen.  Sind  sie  nicht  schon  damit  zu  Stande?  Sie 
haben  schon  einmahl  eine  gemacht,  die  in  diesem  Geschmack  war. 
Entfleischte  blaßgegrämte  Wangen,  Ein  Aug', 
dem  seine  Glut  entgangen  p  Sie  schien  mir  damahls 
unverbeßerlich.  Ich  will  ehestens  alles,  was  ich  von  ihnen 
habe,  zusammenschreiben  laßen.  Machen  sie  doch  daß  bald 
ein  Buch  voll  wird.  Wie  viel  würden  nicht  ihre  richtigen 
Stücke  zur  Verbeßerung  des  guten  Geschmacks  beytragen! 
Ihre  Oden  haben  etwas  eigen thümliches,  absonderlich,  werden 
die,  worinn  sie  gewiße  Arten  caracterisiren,  oder  einen  übeln 
Geschmack  z.  E.  den  des  Magister  Duns,  tadeln,  sehr  viel  Bey- 
fall  erhalten.    An  statt  Magister  Duns,  dürfen  sie  nur  sagen 


137 


der  Vetter  Duns,  wenn  sie  den  Zorn  der  Magisters  und  auch 
den,  so  sie  getroffen,  entgehen  wollen.  Hiebey  fällt  mir  ein, 
daß  man  mir  versichert  hat,  Schwabe  sey  mit  Gottsched  völlig 
uneins  geworden,  weil  ersterer  die  Panthea  nicht  wieder  die 
Schweitzer  habe  vertheidigen  wollen.  Die  Neuberin  hat  letz- 
tens Gottscheds  parisische  Bluthochzeit  aufführen  laßen,  wobey 
sie  aus  Bosheit,  auf  den  Zettel,  der  sie  angekündigt  hat,  aus 
Gottscheds  Vorrede  die  Stelle,  woriu  er  sagt,  daß  der  Graf 
Manteufel  das  ganze  Stücke  durchgesehen  habe,  als  eine  Em- 
pfehlung hat  abdrucken  laßen,  welches  den  Grafen  nicht  wenig 
beleidigt  haben  soll.  Ein  gottschedischer  Schüler  Krüger, 
(nicht  der,  so  für  Schöneiiianns  Schaubühne  schreibt,)  hat  eine 
schlechte  Tragedie:  Die  allemann ischen  Brüder,  gemacht,  welche 
von  HE.  Dreyer  in  dem  Hamb.[urgischen]  Corresp.fondenten] 
sehr  scharf  beurtheilt  ward.  Der  Verfaßer  meinte  es  sey  von 
Kästner  und  Milius  geschehen,  und  schrieb  deshalb  beykom- 
mende  Raserey  wieder  sie.  Doch  ich  mag  sie  mit  solchen 
Poßen  nicht  unterhalten,  sonst  wüste  ich  noch  ein  Haufen. 
Welches  ist  denn  der  einzige  Brief  in  den  freundschaftlichen, 
der  ihnen  allein  mißfält?  Ich  kan  nicht  begreifen,  daß  ihnen 
nicht  mehrere  tadelhaft  seyn  solten.  Ihre  versprochenen  An- 
merckungen  darüber,  werden  schon  mehrere  auszeichnen.  Ich 
gestehe  gern,  daß  ich  mit  der  ganzen  Samlung  nicht  sonder- 
lich zufrieden  bin.  Was  für  eine  wunderliche  Vorrede !  Man 
wird  von  einem  Cato  in  ein  Lusthaus  geführt.  Sie  sind  ver- 
schiedentlich getadelt  worden.  Von  Niemanden  aber  richtig 
und  unpartheyisch.  Z.  E.  Einer  sagte  in  Gelehrten  Zeitungen, 
der  mit  HE.  Lange  Streit  hatte,  sie  wären  ein  bloßes  nichts, 
ein  anderer  erhob  sie  über  alle  Briefe,  ein  dritter  sagte,  fast 
jeder  Brief  sey  eine  an akreon tische  Ode,  noch  ein  anderer  ver- 
rieth  seinen  Unverstand,  daß  er  in  seinem  Urtheile,  Fonte- 
nellens  Briefe  zum  Muster  solcher  Briefe  anprieß.  Ich  sage, 
daß  sie  mir  jetzo  noch  etwas  mehr  wehrt  sind,  nachdem  sie 
ihnen  gefallen  haben.  Doch  erwarte  ich  noch  ihren  Tadel, 
denn  wird  von  der  Estini  wieder  etwas  abgehen.  Ich  hätte 
wohl  Lust  eine  kleine  Samlung  Briefe  zu  machen.  Aber  die 
müsten  auserlesen  seyn,  es  müsten  Sachen  darin  vorkommen, 
und  sie  NB.  müsten  viele  dazu  hergeben.  Herr  Itudnicks  Brief 


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138 


hat  HE.  Naumann,  von  dem  ich  ihn  bekommen  kan.  Ich 
habe  ihn  nicht  in  die  Samlung  gegeben,  weil  ich  schon  da- 
mahls  auf  eine  eigene  dachte.  Aber  ich  weiß  nicht,  wie  man 
eine  rechte  Samlung  nach  meinen  Geschmack  bekommen  soll. 
Wenn  man  expres  welche  macht,  so  gerathen  sie  zu  künstlich, 
und  nimt  man  würcklich  geschriebene,  so  werden  sie  meistens 
zu  leer,  und  nur  denen  intereßant  seyn,  denen  alle  kleine  Um- 
stände bekant  sind.  Ihr  Brief  von  der  Liebe  darf  nur  ein 
wenig  verändert  werden,  so  ist  er  des  Druckes  schon  würdig. 
HE.  Rudnicks  seiner  würde  ohne  den  ihrigen  nicht  deutlich 
genug  seyn.  Herrn  Rudnicks  Verlangen  nach  der  Unsterb- 
lichkeit eines  Schriftstellers  liegt  mir  noch  immer  im  Sinn. 
Ich  habe  noch  immer  den  Gedancken ,  daß  wir  ihm  diesen 
kleinen  Dienst  schuldig  sind.  HE.  Götze  hat  seinen  Nahmen 
unter  das  Stück  auf  den  Brand  der  glauchischen  Kirche  ge- 
setzt, aber  ich  mögte  ihm  ein  beßeres  Denckmahl  stiften.  Das 
Schicksahl  das  seine  Einbildungskraft  gehabt,  ist  nun  schon 
vergeßeu.  Sagen  sie,  was  wollen  wir  thun  ?  Wenn  sie,  HE. 
von  Kleist,  Ramler,  und  ich  beysammen  seyn  könten,  so  wolten 
wir  uns  einander  aufmuntern,  etwas  großes  zu  unternehmen. 
Wie  gern  möchte  ich  zu  Verfertigung  eines  Trauerspiels  Na- 
turell und  Lust  haben !  Sie  würden  eine  artem  poeticam 
schreiben,  der  HE.  v.  Kleist  würde  die  Wercke  der  Natur 
malen;  Ramler,  würde  nicht  wißen,  was  er  thun  wolte,  aber 
wir  wolten  ihn  nöthigen,  bey  der  horazischen  Ode  zu  bleiben. 
Der  HE.  v.  Kleist  sagte  letztens,  daß  sie,  Ramler  und  ich, 
einerley  guten  Geschmack  hätten,  und  er  ineinte,  was  wir 
schrieben,  gehörte  zusammen.  Ich  fragte  ihn,  ob  er  uns  nicht 
die  Ehre  thun,  und  sich  zu  uns  gesellen  wolte?  Er  antwortete, 
wenn  es  HE.  Uz  haben  will.  Künftigen  Monath  wird  mich 
dieser  unvergleichliche  Freund  hier  besuchen.  Er  hat  jetzt  in 
Potsdam  einen  Schweitzer  Nahmens  D.  Hinsel  zur  Gesellschaft. 
Er  ist  ein  Schüler  von  HE.  Bodmer  der  viel  Genie,  aber  nicht 
genug  UrtheilsKraft  und  Kenntniß  der  Alten  hat.  Er  hat  sich 
in  den  pyraischen  Ausdruck  so  sehr  verliebt,  daß  er  fast  nichts 
so  hochschätzt,  als  die  Lieder  nach  seiner  Art.  HE.  v.  Kleists 
Landleben  geht  sehr  langsam  fort.  Er  hat  gar  zu  viel  mit 
dem  Mars  zu  thun ;  mich  wundert,  wie  alle,  die  die  potsdam- 


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139 


sehe  Lebensart  kennen,  daß  er  noch  das  geringste  machen  kan. 

Die  neuen  Opern,  welche  künftigen  Monath  hier  vorgestelt 
werden  sollen  sind  Cajus  Fabricius  und  Semiramis.  Von  der 
ersten  habe  ich  schon  eine  Probe  gesehen.  Ich  wolte  ihnen 
gern  manchmahl  meinen  Platz  in  der  Oper  gönnen.  Künftiges 
Jahr  wird  die  vornehmste  Sängerin  in  Europa  hier  seyn.  Sie 
hat  schon  aecordirt  und  bekomt,  wie  man  sagt,  jährlich  10  000  R/\ 
Wäre  das  nicht  für  10  Poeten  genug?  Und  wie  viel  Uions 
und  Odyßeen,  würden  die  davor  gingen?  Es  sollen  auch  noch 
einige  beßere  Comedianten  angenommen  seyn,  damit  künftig 
mehr  Tragedien  auf  dem  französischen  Theater  aufgeführt 
werden  können.  Am  Mitwochen  habe  ich  den  Glorieux  des 
Destouches  gehört.  Wenn  der  König  hier  ist,  werden  allezeit 
sehr  gute  Stücke  aufgeführt.  Sind  sie  noch  ein  so  großer 
Liebhaber  vom  Tanzen?  Ach  wie  viel  schöne  Sprünge  könte 
Sie  Barberina  lehren !  Ihre  Schwester  wird  auch  erwartet. 
Ich  müste  noch  einen  Bogen  voll  schreiben,  wenn  ich  der  Ge- 
schichtschreiber der  hiesigen  Gespräche  in  großen  Gesellschaften 
seyn  wolte.  Barbarini,  Lani,  Cochois,  Favier,  Quans  Das  sind 
die  Helden,  welche  in  den  Gedancken  und  Unterredungen  her- 
schen,  man  vergißt  dabey  alles  andere,  Politik,  und  Poesie. 
Vor  6  Jahren,  waren  3  deutsche  Comedianten  hier,  jetzo  unter- 
steht sich  Keiner  sich  zu  nehren.  So  allgemein  ist  der  Ge- 
schmack an  Opern,  Musik,  und  Tänzen.  Wer  nicht  selbst  ur- 
theilen  kan,  merckt  sich  das  Urtheii  eines  andern,  und  spricht 
es  nach.  Letztens  war  die  beste  Tänzerin  von  Dresden  hier, 
und  ließ  sich  mit  Barbarini  in  einen  Wetstreit  ein.  Die  Par- 
theyen sind  noch  nicht  auseinandergesetzt.  Man  zanckt  sich 
noch  in  allen  Gesellschaften,  über  den  Schwung,  die  Leichtig- 
keit, und  Schwere  der  einen  und  der  andern.  Nach  meinen 
Urtheii  ist  Barbarini  in  comischen  Tänzen  nicht  zu  über- 
treffen, und  nicht  in  tragischen.  —  —  — 

Berlin  den  22!^  November  1746. 

—  —  —  Ein  guter  Freund  von  hiesigen  Virtuosen  hat 
einige  von  den  scherzhaften  Liedern  componirt,  wovon  ich 
künftig  eine  Probe  übersenden  will. 

Voltaire  wird  in  kurzer  Zeit  in  der  Suite  des  Herzogs 
von  Richelieu,  der  die  sächsische  Prinzeßin,  abholen  wird,  hier 


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140 


durchgehen,  und  sich  8  Tage  aufhalten.  Da  werde  ich  das 
dürre  poetische  Gesichte,  welches  man  der  Gottheit  des  epi- 
schen Gedichts  geben  könte,  noch  einmal  recht  betrachten. 
Vielleicht  habe  ich  auch  Gelegenheit  ihn  zu  fragen,  wie  weit 
er  mit  seiner  Historie  von  Louis  XIV.  gekommen  ist. 

Haben  sie  die  Satyre  von  dem  Natürlichen  in  Schäfer- 
gedichten noch  nicht  gelesen  ?  Rost  soll  sie  gemacht  haben  ; 
aber  ich  zweifele  daran.  Sie  verdient  nebst  der  Kritick  der 
Panthea  von  ihnen  gelesen  zu  werden.  Ich  sende  ihnen  hie- 
bey  2  Blätter  von  Bodniers  gelehrten  Zeitungen,  welche  er 
mir  wegen  der  Verteidigung  der  freundschaftlichen  Briefe 
zugeschickt  hat.  Er  sähe  gern,  wenn  ich,  wie  Rost,  Parthey 
nähme,  aber  ich  habe  nicht  die  geringste  Lust  ein  Ipponax  zuseyn. 

Des  HE.  v.  Baar  Epitres  diverses  sind  unvergleichlich. 
Seine  Versification  ist  bey  weiten  nicht  so  schön  und  rein,  und 
wohlklingend,  als  die  des  Boileau,  aber  seine  Gedancken  sind 
neuer,  stärcker  und  größer.  Wenn  ich  ein  gewißes  Epigramm 
von  ihm  finden  kan,  so  will  ich  es  auf  ein  Zettulchen,  das 
nicht  zu  diesem  Briefe  gehört  abschreiben.  Wenn  sie  die 
Epitrea  dort  nicht  bekommen  können,  so  befehlen  sie  nur,  sie 
ihnen  zu  schicken.  Sie  sind  ihrer  attention  wehrt.  Ist  die 
Bareyther  Monathsschrift  noch  nicht  tod  ?  Sind  sie  denn  der 
einzige  im  Reiche,  der  Geschmack  und  Kentniß  hat.  Wie 
glücklich  bin  ich  Sie  einzigen  zu  kennen? 

Es  ärgert  mich,  daß  ich  in  der  neuen  Edition  der  scherz- 
haften Lieder  nicht  den  Vornahmen  Caracter  und  Ort  unsers 
Naumanns  über  die  Ode  gesetzt  habe,  die  ihm  zugeeignet  ist. 
Der  Bauzner  Socius  soll  sich  unterstehen  sich  für  meinen 
Freund  auszugeben,  und  durch  die  Ueberschrift  warecheinlich 
machen  daß  er  in  der  Samlung  seine  Lieder  habe.  Wenn  ich 
eine  neue  Auflage  mache  so  werde  ich  darüber  setzen:  An 
Herrn  Naumann  in  Berlin,  nicht  an  den  Bauzner. 

HE.  v.  Bilefeld,  ist  Mayon,  Herr  Dreyer  auch,  HE.  v.  Hage- 
dorn gleichfalls.  Ich  bin  vom  seel.  Lamprecht  oft  eingeladen, 
aber  ich  habe  niemahls  Lust  gehabt.  Noch  vor  einigen  Tagen 
hat  man  mich  proponiren  wollen.  Daß  ihr  Geheimniß  so  lange 
verschwiegen  bleibt,  wundert  mich  nicht.  Man  kan  nichts 
offenbahren,  weun  man  nichts  weiß.  Sie  können  den  Augen- 


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blick  der  Främaurerschaft  theilhaftig  werden.  Ist  denn  bey 
Ihnen  keine  Loge?  Haben  sie  nicht  die  Francma^ons  trahes 
et  ecrases  gelesen.  Was  würden  sie  für  ein  liebenswürdiger 
und  gefährlicher  Arkadier  seyn! 

Die  Oden  des  Horatius  sind  von  einem  Schulmann  in 
Lüneburg  mir  deucht  Bröstedt,  der  auch  ein  Trauerspiel  aus 
dem  Racine  (Esther)  tibersetzt  hat.  Die  Uebersetzung  ist  so 
gut  als  sie  ein  Schulmann  machen  kan,  daß  ist,  Horazens  Oden 
sind  in  fließende  Gottschedische  Oden  übersetzt.  Sie  sind  nicht 
beßer  als  Weidners,  obgleich  dann  und  wann  richtiger.  Aus  den 
Zärtlichen  Gedichten  konte  ich  im  Buchladen  nur  3  Zeileu  lesen. 

Ich  kan  ihnen  von  meiner  Feder  wenig  schicken,  Ich  habe 
nichts  neues  gemacht,  und  das  alte  ist  noch  unausgearbeitet. 
Im  neuesten  Stücke  der  Bremischen  Beyträge  steht  die  kleine 
Ode  von  ihnen  an  den  Amor.  Amor  Vater  süßer  Lieder  p 
Ich  habe  sie  nicht  hingeschickt,  sondern  nur  einige  Abschriften 
gegeben.  Diesem  vorzubeugen  möchte  ich  ihre  Sachen  gern 
beysammen  gedruckt  sehen.  Geben  sie  mir  Ordre,  es  zu  thun  ? 

—  Sie  wißen,  wie  schlecht  die  anakreontischen  Oden 

in  den  Bremischen  Beyträgen  sind,  demohngeachtet  lese  ich 
jetzo  in  den  göttingschen  gelehrten  Zeitungen  da  sie  beur- 
theilt  werden,  von  ihnen :  Man  erkennt  an  ihnen  den  Geist 
Anakreons  und  Gleims.  Sind  das  nicht  brave  Kenner?1)  Noch 
mehr  aber  wundert  mich,  daß  Herr  Bodmer  sie  auf  meine  Rech- 
nung geschrieben  hat.  Wie  schwer  klingt  es  an  Pindar :  Wie 
klang  deine  Leyer  prächtig !  auch  blieb  da  p.  Ich  würde  sa- 
gen:  Pindar!  du  hast  Wein  getruncken.  Warum  lobst  du  denn 
das  Waßer.    Macht  das  Wasser  dich  zum  Dichter. 


Gedichte  der  F  r.  [a  u]  L.  [a  n  g  e]  '•') 
An  HE.  G  - 


Du  Feind  de8  Ehestandes,  -  -  - 

An  HE.  G. 
Freund,  kanst  du  noch  so  mahlen,  -  -  - 

[Ohne  Überschrift] 
Itzt  kan  ich  nicht  mehr  scherzen,  -  -  - 


1)  Am  rande:  Sehn  sie  welch  ein  Stolz! 

2)  Die  folgende  beilage  I  auf  4  oktavblättern. 


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142 


Einladung  an  G. 
Mein  Dämon  spricht  mir  immer  -  -  - 

Die  Sorgen. 

0  Doris  gestern  wolten  Ich  rechne  keine  Zinsen 

Die  Sorgen  meines  Vetters  1  nd  keine  KriegesKosten 

Mich  listig  überfallen,  Und  keine  Königsgelder 

AU  sie  bev  mir  kein  Madchen  l'>  Ich  reebne,  wie  viel  KüGe 

Und  keinen  Bachus  sahen.  Mir  Doris  geben  mttste 

Als  Bogen  voller  Zahlen  Wenn  ich  von  diesen  Bogen 

Voll  schon  gezogner  Summen  Hier  alle  diese  Summen 

Vor  mir  gebreitet  lagen.  In  eine  Summe  brächte. 

Sie  kamen  rasch  geschwärmet.  2»  Da  schwang  der  Schwärm,  be- 

Und  riefen:  Mache  Falten!  trogen*. 

Ich  aber  lacht  und  sagte:  Sich  wieder  zu  dem  Vetter. 

*  dis  betrogen  hält  die  schnelle  Ruckkehr  der  Sorgen 
zu  sehr  auf.  ich  bin  schon  verdrießlich  es  zu  ändern.  Viel- 
leicht können  sie  es  ohne  Mühe. 

In  Halle  ist  bisher  eine  Wochenschrift  unter  den  Titul 
der  Gefällige  herausgekommen,  welche  nicht  elender  mög- 
lich ist.  Man  hat  verschiedene  in  Verdacht  gehabt;  ich  habe 
nur  letzt  erst  erfahren  daß  der  liederliche  Verfaßer  Straube 
heißt,  und  ein  Bruder  von  dem  ist,  der  in  den  Belustigungen 
vorkomt,   und  die  Briefe  des  jOngern  Crebillon  Obersetzt  hat. 

Haben  sie  Crebillons  Tragedies  gelesen.  Er  ist  mein  Leib- 
tragicus  p. 

Den  Augenblick  habe  ich  die  Ode  an  Pindar  in  den  Bre- 
mischen Beyträgen  corrigirt.    Sie  klingt  so: 

Pindar,  du  hast  Wein  getruncken  Gibt  es  Lust  und  Scherz  und 
Warum  lobst  du  denn  das  Water?  Freude? 

Kann  auch  WaOer  dich  begeistern  Macht  es.  dat  von  deiner  Leyer 

Kan  es  deinen  Sinn  erheben?  Die  erhabnen  Thöne  schallen? 

Daß  die  h  Götter  würdig  achten,  Macht  es  deinen  Held  zum  Sieger 
Wenn  du  trinckst,  mit  dir  zu      I">  Oder  macht  es  dich  zum  Dichter? 

sprechen. 

Giebt  es  deinen  Mädgen  Liebe  Pindar.  du  hast  Wein  getruncken 

Macht  es,  dal:  sie  kii  »  n  wollen?  Und  so  bald  du  WaGer  trinckest 

(Übt  es  Blöden,  Muth.  und  Stärekc?  So  wirst  du  das  Lob  der  Helden 

l"  Gibr  es  Todten  Geist  und  Leben?  Matter  oder  gar  nicht  singen. 

Ich  kan  in  der  Eil  nichts  beßers  machen  aber  ich  will 
doch  n«n;-h  etliche  so  verwandeln.  Ist  es  der  Mühe  wehrt,  den 
Unterschied  zu  zeigen? 


143 


Ich  lese  jetzt  mit  Vergnügen  Les  Oeuvres  de  Hamilton. 
Seine  Briefe  sind  unvergleichlich. 

Kennen  Sie  Voyage  de  Bachaumont  et  Chapelle?  Es  ist 
letztens  eine  Nachahmung  davon  heraus  Voyage  de  Languedoc 
et  Provence.  Wie  gern  möchte  ich  eine  machen  unter  dem 
Titul,  Reise  von  Berlin  nach  Anspach.  Machen  sie  die  Reise 
von  Anspach  nach  Berlin. 

Folgendes  ist  von  einem  Unbekannten  —  Leipziger 

Wo  man  verbuhlte  Mädchen  küßet  -  -  -  [Von  Joh.  Adolf  Schlegel] 

Die  Freyer  ') 

NB.  Wißen  sie  keinen  beßern  Nahmen  für  diese  Leute? 

Hört,  was  die  Männer  sagen,  Schon  hundert  Siegesfahnen. 

Wenn  sie  sich  Mädchen  wählen!  Es  sagen  alle  Männer 

Es  sagt  der  Pietiste:  Mit  Sternen  und  mit  Bändern: 

Ich  bet  euch  in  den  Himmel!  16  Seht,  wir  sind  Exellenzen! 

ö  Es  sagt  der  arme  Juncker :  Und  ich,  ich  Bage :  Mädchen, 

Ich  zähle  sechszehn  Ahnen.  Ich  kan  fürtreflich  küßen. 

Es  sagt  der  schwache  Witwer :  Dadurch  verdreng  ich  Ahnen 

Ich  zähle  Tonnen  Goldes.  Gebete,  Tonnen  Goldes 

Ks  sagt  der  Ueberwinder:  20  Und  Stern  und  Exellenzen 

10  Ich  schlage  meine  Feinde  Und  hundert  Siegesfahnen. 
Ich  hab  in  meinen  Tempeln 

Ich  weiß  nicht  ob  sie  das  Gedicht  an  einen  jungen  Ge- 
lehrten schon  haben.    Ich  finde  es  eben.    Es  ist  schlecht. 
Folgende  Ode  könte  heißen: 

Inhalt  der  letzten  Vormittagspredigt. 

Ich  krönte  mich  mit  Rosen  Ach  seht  sie  und  erzittert, 

Und  sang  von  Wein  und  Liebe  15  Und  folget  meiner  Stimme 

Und  ward  beymTrunck  ein  König,  Und  laßt  euch  noch  erretten. 

Da  kam  ein  Sittenrichter  Wo  nicht,  so  sündigt  ewig, 

5  Und  sprach  mit  Donnerworten:  Und  seyd  Kraft  meines  Amtes 

Laßt  ab,  laßt  ab,  Verfluchte,  Dem  Teufel  übergeben. 

Laßt  ab  von  euren  Sünden  20  Und  du  sey  in  der  Hölle 

Das  Maaß  ist  voll  geworden  Ein  König  der  Verdamten. 
Der  Zorn  ruft  schon  der  Hölle. 

10  Sie  hört,  und  spert  den  Rachen  Ich,  den  er  meinen  Brüdern 

Und  droht  euch  zu  verschlingen  Mit  steifem  Arme  '*)  zeigte 

Ach  seht  die  Schwefelflammen  Ich  sah  ihm  ins  Gesichte3), 

Die  ewig,  ewig  brennen  SS  I  nd  fragte:  Willst  dutrincken? 


1)  Ueber  gestrichenem:  Freywerber  2)  Ueber:  steifen  Fingern 
3)  Ueber:  „fiel  ihm  in  die  Rede",  dazu  am  rande:  „welches  ist  beßer?" 


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144 


Sie  werden  denken:  hört  er  denn  nicht  einmahl  auf  zu 
tändeln.  Aber  was  kan  ich  davor,  daß  ich  sonst  nichts  kan. 
und  dann  habe  ich  in  einem  halben  Jahre  nichts  machen  kön- 
nen, als  jetzo  da  ich  ihnen  was  schicken  will.  Ich  schicke 
ihnen  so  lange  Verse  ohne  Reime,  bis  sie  anfangen  nicht  zu 
reimen.  Wann  sie  aufhören,  dann  will  ich  wieder  anfangen. 
Denn  alsdenn  werde  ich  das  Hülfsmittel  meine  Gedancken  auf- 
zustützen nöthig  haben. 

—  —  —  Ist l)  die  Ode  auf  den  Caffe  in  dem  Götzischen 
Anhange  zum  Anakreon,  nicht  ihre  Ode,  die  sie  einmahl  an 
ihre  Madem.  Schwester  machten?  Was  macht  denn  dieser 
Engel?  Ist  sie  noch  nicht  verheyrathet ?  

A  propos  haben  sie  den  deutschen  Beverland  von  der 
Erbsünde  gelesen,  welchen  die  Theologi  in  Halle  confiscirt 
haben,  und  der  König  durch  eine  CabinetsOrdre  wieder  frey 
gegeben  hat?  Vielleicht  ist  es  dort,  wie  in  Sachsen  verbothen. 
Es  wurde  anfangs  der  Confiscation  mit  5  bezahlt,  itzo  ist 
es  Überall  für  8  gr.  zu  haben.  Ich  übersende  ihnen  einen 
Bogen  Briefe  von  ihm,  die  hier  gedruckt  sind.  Es  sind  ein 
paar  Merck  Würdigkeiten  darin.  Sonst  ist  das  deutsche  eine 
elende  Uebersetzung  des  französischen. 

Ich  erwarte  nun  nicht  ein  oder  2  Gedichte  von  Ihnen 
sondern  eine  ganze  Menge.  -  -  - 

Nun  will  ich  noch  an  Hagedorn  schreiben,  und  mich  für 
beykommende  Ode  bedancken.  Wie  gefällt  ihnen  seine  große 
Ode  auf  den  Wein.  Mir  deucht,  sie  ist  oft  langweilig  und 
matt.  Ich  will  ihn  um  eine  Ode  in  Versen  ohne  Keime  bitten. 
Aber  er  hat  sich  schon  zu  starck  an  den  Reim  gewöhnt. 


Hochgeehrtester  Herr  und  Freiind, 
Ich  habe  Ihnen  zwar  versprochen,  nicht  gleich  ungeduldig 

1)  Die  folgende  beilage  II,  auf  zwei  quartb lattern,  enthält  zunächst 
Gleims  verbessern  ngsvorschlage  zu  Uzens  gedicliten  „An  Venus*  (Sauer 
nr.  27),  „Magister  Duns*  (nr.  12)  und  „Die  Lyrische  Muse*  (nr.  17),  die 
in  Sauers  ausgäbe  s.  07 — 70,  34  und  44—40  abgedruckt  sind  und  hier 
nicht  wiederholt  werden. 


30.  Uz  au  Gleim. 


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145 


zu  werden,  wenn  Ihre  Briefe  manchmal  zu  lang  ausbleiben : 
aber  ich  habe  Ihnen  nicht  erlaubet,  gar  nicht  mehr  zu  schrei- 
ben. Ihr  allerletzter,  ohnehin  kurzer  Brief  ist  vom  2.  August: 
ist  es  verantwortlich,  einen  Freünd  solange  ohne  Ihre  Briefe 
zu  lassen,  die,  wie  Sie  wissen,  seine  grösste  Wollust  sind? 
Auch  Herr  von  Kleist  schreibt  nicht  mehr;  und  ich  hätte 
wohl  Fug  und  Recht,  auf  den  Argwohn  zu  kommen,  daß  er 
meines  Briefwechsels  milde  sey,  weil  er  nichts  reizendes  daran 

findet.  — 

Warum  finde  ich  in  den  Meßverzeichnissen  nichts,  das  ich 
für  ein  Werk  Ihrer  Feder  halten  kann?  oder  wann  Sie  etwas 
der  Presse  untergeben  haben,  warum  geben  Sie  mir  nicht 
Nachricht  davon,  damit  ich  mirs  eiligst  bringen  lasse?  Alle 
raeine  Freünde  sind  Schriftsteller  und  zwar  von  Kennern  hoch- 
geschätzt; diese  Vorstellung  ergetzt  mich.  Denn  ich  habe  nun- 
mehr auch  HE.  Götzens  Uebersetzungen  und  eigne  Lieder  ge- 
lesen und  auch  des  seel.  Rudnicks  Ode  darunter  gefunden.  Ich 
bin  mit  Ihnen  einig,  daß  verschiedne  dieser  Lieder  von  feinem 
Geschmack  sind;  wie  denn  durchaus  eine  poetische  Schreibart, 
die  von  grossem  Genie  zeügt,  in  seinen  Aufsätzen  herrscht.  Die 
Anakreon tischen  Uebersetzungen  sind  ofte  zu  hart  und  nicht 
fliessend  genug,  auch,  indem  sich  der  Uebersetzer  zu  sehr  bindet, 
mit  Ausdrückungen  angefüllet,  die  nach  unsern  heütigen  Sitten 
eckelhaft  sind.  z.  e.  seinen  Bart  mit  Salben  balsamiren.  Der 
Verstand  ist  auch  nicht  überall  getroffen.  Wie  unanständig 
aber  ist  es  nicht,  daß  er  in  dem  Liede  vom  Bathyll  seiner 
Scham  gedenkt!  Was  hat  Doris  gesagt,  wie  sie  diese  Stelle 
gelesen?  Was  den  Druck  anbelangt,  so  muß  ich  bekennen, 
daß  ich  nie  ein  Buch  fehlerhafter  gedruckt  gesehen.  So  ist 
es  mit  dem  Druckerwesen  im  Reiche.  Man  thut  besser,  man 
läßt  nichts  drucken,  als  daß  es  so  liederlich  gedruckt  werde. 
Wenn  Sie,  mein  Werthester,  sich  an  diese  Uebersetzung  wa- 
gen wollten  ;  so  würde  was  ungleich  bessers  herauskommen. 
Hat  HE.  von  Kleist  sein  Gedicht  vom  Landleben  noch  nicht 
fertig?  Es  verlangt  mich  ungemein,  nach  seinen  Gemählden ; 
er  wird  dem  Thomson  gleichkommen.  Thomson  ist  in  der 
That  ein  vortrefflicher  Mahler,  auch  in  seinen  Erzehlungen, 
die  Sie  mir  übersetzt  (ich  möchte  wohl  wissen,  von  wem  ?) 

Glcim-Uz,  lirk'fw<*clmcl.  10 


146 


überschickt  haben.  Hat  HE.  Lange  nunmehro  seine  Gedichte 
aus  der  Presse  bekommen?  Es  wird  viel  schönes  darinn  seyn. 

So  oft  ich  die  freündschaftlichen  Briefe  lese,  welches  ge- 
wiß nicht  selten  geschiehet ;  wünsche  ich  allezeit,  daß  des 
seel.  Adlers  Nähme  ausgedruckt  wäre,  weil  der  Charackter, 
den  Sie  von  ihm  machen,  so  schön  und  besonder  ist,  daß  er 
zu  des  Verstorbenen  grossem  Ruhm  gereicht.  Es  geschiebt 
auch  darinn  Meldung  einer  Critik  über  die  scherzhaften  Lieder : 
ist  sie  gedruckt  ?  Wer  vermengt  sich  mit  Kleinigkeiten  ?  Denn 
wesentliche  Fehler  hat  er  doch  nicht  tadlen  können.  Ich  bin 
sehr  ungeduldig,  einmal  wieder  etwas  von  Liscov  und  Rost 
und  fürnehmlich  von  dem  HE.  von  Hagedorn  zu  lesen :  warum 
schreiben  diese  sinnreichen  Köpfe  nichts  mehr?  Man  sieht  ja 
in  den  Buchläden  nichts  als  Uebersetzungen,  Monathschriften 
und  Schauspiele,  die  vermuthlich  ineisten theils  von  schlechtem 
Werthe  sind.  Ich  schicke  Ihnen  ein  Lied  von  meiner  Muse, 
mit  einem  Compliment  an  die  Ihrige  und  der  Bitte,  sie  mit 
einigen  Ihrer  reizenden  Gesänge  zu  entzücken.  —  —  — 

Anspach  den  5.  Decembr.  1746. 

31.  Gleim  an  Uz. 

Mein  allerliebster  Freund, 

Ich  habe  ihnen  schon  vorgeworfen  ,  daß  Sie  mit  meiner 
Langsamkeit  zu  viel  gedult  haben,  und  daß  sie  mir  beweisen 
könten,  wie  angenehm  ihnen  meine  Briefe  sind,  wenn  sie  mir 
öfterer  schrieben,  und  meine  Faulheit  beschämten.  Sie  werden 
es  aus  dem  unendlichen  Briefe  ersehen ,  den  ich  schon  vor 
4  Wochen  an  sie  geschrieben,  und  an  den  HE.  v.  Kleist  über- 
schickt habe,  damit  er  ihn  mit  Musikalien  begleiten  solte.  Da 
ich  am  Dienstage  das  Vergnügen  hatte,  ihn  unvermuthet  bey 
mir  zu  sehen,  frug  ich  ihn  so  gleich,  ob  der  Brief  an  Sie  fort 
sey.  Er  hatte  kaum  nein  gesagt,  als  der  Briefträger  anklopfte, 
und  mir  ihren  Brief  brachte.  —  —  — 

Der  Herr  v.  Kleist  ist  gestern  schon  wieder  abgereist, 
und  jetzo  bin  ich  seinetwegen  besorgt ;  denn  er  ist  nebst  dem 
Oapitän  Donop ,  (dem  satirisch  lächelnden,)  nur  entwischt  in 
der  Absicht,  ehe  wieder  zu  Hause  zu  seyn,  als  der  Obriste  sie 


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vermißen  kÖnte,  aber  sie  konten  nicht  zeitig  genug  wieder 
wegkommen ,  und  ich  bin  jetzo  übel  mit  mir  zufrieden  ,  daß 
ich  zu  ihrer  Säumniß  etwas  beygetragen  habe,  weil  es  ihnen 
Ungelegeuheit  machen  kan.  Wir  sind  recht  vergnügt  gewesen  ; 
ihre  Gesundheit  ist  niemahls  vergeßen ;  als  wir  sie  auf  der 
Redute  trancken ,  muste  ich  auf  den  Champagner  schimpfen, 

in  dem  wir  es  thaten,  weil  er  nicht«  taugte.  Die  Oper 

ist  für  mich  ein  größeres  Vergnügen.  Da  überlaße  ich  mich 
der  sanften  Gewalt  der  Musik  und  vergeße  darüber  ganz  und 
gar,  die  mechanischen  Fehler  wieder  die  Einheit  des  Orts,  der 
Zeit  p  zu  beobachten.  Ich  zürne  nur  bisweilen,  über  den  Coni- 
ponisten,  daß  er  einen  andern  Affect  bey  mir  erregt,  als  der 
Poet !).  —  —  —  Vorjetzo  habe  ich  nur  eine  Aria  bekommen 
können ,  welche  ich  nebst  ein  paar  scherzhaften  Liedern  dem 
HE.  v.  Kleist  gegeben  habe,  sie  mit  in  das  große  Paquet  zu 
legen,  so  sie  von  ihm  bekommen  werden.  Schreiben  sie  mir 
ihr  Urtheil  von  der  deutschen  Musik.  Wenn  sie  ihnen  ge- 
fällt, so  soll  mir  der  Componist ,  welches  der  Secretair  vom 
Grafen  von  Kothenburg  HE.  Krause  ist,  noch  einige  in  die 
Musik  setzen.  Ich  werde  es  auch  mit  einigen  griechischen 
Oden  versuchen  laßen.  —  —  — 

Meine  Muse  bedanckt  sich  für  das  Compliment  der  ihrigen, 
und  für  ihr  fürtrefliches  Lied,  auf  das  schönste,  und  bittet  sie, 
nicht  so  selten  zu  singen.  

Der  Herr  von  Kleist  hat  mir  in  der  That  vorgeworfen,  daß 
ich  ein  Mückensäuger  gewesen  wäre.  Es  kan  seyn ,  ich  war 
geschwinde,  und  wüste,  daß  sie  meine  Schwäche  ohne  dem 
kennen.  In  der  letzten  Ode  finde  ich  trotz  meinem  bösen 
Willen  nicht  das  geringste  auszusetzen.  —  

Liskov  kan  nicht  mehr  schreiben,  denn  er  hat  eine  Frau, 
und  ein  gar  zu  gemächliches  Amt;  und  vielleicht  fehlt  ihm 
ein  würdiger  Held.  Gottsched  ist  ihm  zu  klein.  Er  hat  letz- 
tens zu  Dreyern  gesagt:  Man  muß  selbst  zum  Hundsfott  wer- 
den, wenn  man  wieder  ihn  schreibt.  Kost  kämpft  in  der 
KriegsCanzley ,  wie  Bodmer  spricht,  und  Hagedorn  ist  nicht 
mehr  jung,  und  arbeitet  langsam.    Herr  Dreyer  wird  Lam- 


1)  Ueber  gestrichenein:  der  italienische  Text. 

10* 


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148 


prechts  Schriften  in  2  Bänden  herausgeben,  worin  viel  schönes 
vorkommen  wird.  Seine  Schreibart  hat  ganz  was  eigentüm- 
liches. Ich  habe  einmahl  von  ihm  gesagt:  Seine  Prosa  ist 
zu  poetisch,  und  seine  Poesie  zu  prosaisch.  Das  Landleben 
des  HE.  v.  Kleist  wachst  noch  immer  fort;  er  ist  noch  im 
Früling,  und  hat  schon  einige  Bogen.  Thomson  hat  ihm  das 
beste  weggenommen ,  aber  er  hat  dennoch  so  viel  neue  Ge- 
mählde,  daß  man  ihm  eben  des  wegen  den  Vorzug  geben  wird. 
Ich  wolte  ihnen  gern  eine  Probe  geben,  aber  ich  mflste  alles 
abschreiben.  Doch  hier  haben  sie  eine.  Nachdem  er  eine 
Heerde  Ziegen  beschrieben  hat,  beschließt  er: 
—  —  —  Ihr  bärtiger  Ehmann 
Besteigt,  die  über  den  Teich  sich  neigende  Weide,  beraubt  sie 
Der  bläulichen  Blätter,  und  schaut  von  oben  ernsthaft  herunter. 
Sie  sehn,  daß  dis  die  lateinsche  Versart,  ohne  den  latein- 
schen  Wohlklang  ist.  Rathen  sie  um  des  Himmels  Willen 
dem  HE.  v.  Kleist  nicht  davon  ab.  Er  läßt  sonst  das  ganze 
Gedicht  liegen.  Es  muß  sich  durch  die  fürtreflichen  Mahle- 
reyen  der  Natur  und  die  untermischten  Betrachtungen  am 
meisten  empfehlen.  Ich  bilde  mir  nicht  wenig  ein,  daß  ich 
Deutschland  einen  solchen  Poeten  gebe.  Denn  ich  habe  ihn 
ganz  allein*"  aufgemuntert,  und  das  in  ihm  liegende  Feuer 
angezündet. 

Es  ist  allerdings  ein  Jammer  mit  den  Druckfehlern  in 
HE.  Götzens  Buch.  Es  muß  es  ein  Blinder  corrigirt  haben. 
Ich  habe  es  meinem  Mädchen  noch  nicht  in  die  Hände  ge- 
geben, um  des  Bathyls  willen.  Schicken  sie  mir  ihre  Ueber- 
setzung  nur  bald,  und  mercken  sie  an  was  an  den  Götzischen 
am  fehlerhaftesten  ist,  ich  will  aus  meinen  und  allen  übrigen 
die  besten  aussuchen,  und  verbeßern,  und  so  den  dritten  Theil 
zu  meinen  Liedern  davon  machen.  Denn  den  ganzen  Anakreon 
von  neuem  zu  übersetzen ,  dass  wäre  mir  unmöglich.  Ich 
müste  noth wendig  auf  die  Ausdrücke  meiner  Vorgänger  ver- 
fallen, und  wer  könte  etwas  beßers  machen,  als  sie?  Sie  ha- 
ben doch  wenigstens  schon  die  Helfte  übersetzt.  Ich  sehe, 
daß  sie  Langens  Oden  noch  nicht  haben.  Soll  ich  sie  ihnen 
schicken  ?  —  —  — 

Berlin  den  22l™  Dec.  1746 


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P.  S.  Ich  bin  letzthin  mit  dem  Anspachschen  Residenten 
HE.  Hofrath  Borchwart  bekant  worden.  Er  ist  ein  ganz  ar- 
tiger Mann,  absonderlich,  weil  er  mir  angeboten  hat,  so  oft 
es  mir  gefällt  Briefe  an  sie  in  seinem  Paquete  zu  befördern. 
Er  meint,  sie  könten  ihre  Briefe  gleichfals  dort  nur  beym 
HE.  Expeditions  Rath  Siefried  abgeben,  und  so  könten  wir  uns 
wöchentlich  zweymahl  schreiben.  — 

Ich  wünsche  ihnen  ein  fröhliches  neues  Jahr.  Das  Fest 
über  werde  ich  in  Lähme  bey  meinem  Schwager  und  HE. 
Ramler  zu  bringen.  —  

Es  ist  keine  große  Ehre  mehr  von  HE.  Gottsched  in  sei- 
nem Büchersaale  gelobt  zu  werden,  denn  er  lobt  die  infamsten 
Scartequen.  Z.  E.  Frischens  Fabeln;  sonst  wolte  ich  ihnen 
sagen,  daß  er  bey  Recension  der  Götzischen  Oden  Anakreons, 
die  ihrige  an  den  Mahler ,  als  das  gröste  Meisterstück  ange- 
führt hat.  Er  lobt  sonst  auch  überall,  und  tadelt  nur,  daß 
Anakreons  Silbenmaaß  nicht  durchgehends  beybehalten  ist.  Von 
der  ersten  Ode  hat  er  2  lateinische  Uebersetzungen  und  seine 
eigene  neben  der  neuen  abdrucken  laßen,  wobey  er  dem  Leser 
überläßt,  zu  urtheileu,  ob  der  neue  Uebersetzer  Uhrsache  ge- 
habt habe  von  ihm  abzuweichen. 

32.  Uz  an  Gleim. 

 Ihre  beede  Briefe  habe[n]  mich  mit  Freüden 

überschüttet;  denjenigen  mit  den  Musikalien  bekam  ich  erst  den 
11.  Januar  und  ich  beantworte  nunmehro  beede  zugleich.  Die 
Musikalien  sind  von  auserlesenem  Geschmack  und  werden  von 
allen  Kennern  bewundert.  Ich  bin  Ihnen  und  Herrn  von  Kleist 
höchstens  vor  dieses  kostbare  Geschenk  verbunden ;  und  be- 
daure  nur  die  Mühe  und  Unkosten,  die  Ihnen  Ihre  Gütigkeit 

verursachet.  So  sehr  ich  Ihnen  inzwischen  für  alles 

dieses  verbunden  bin ;  So  haben  Sie  sich  doch  noch  weit  mehr 
um  mich  verdient  gemacht,  da  Sie  mir  an  dem  HE.  von  Kleist 
einen  so  schätzbarn  Freünd  verschafft  haben.  Sagen  Sie  mir 
doch,  was  muß  ich  thun,  daß  ich  ihn  beständig  erhalte?  Ich 
fühle  eine  Hochachtung  für  ihn ,  die  nicht  grösser  werden 
kann,  als  wenn  ich  dessen  Eigenschaften  persönlich  bewundern 


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könnte.  0  wie  wünsch  ich  dieses!  Sie  dürfen  mich  nicht 
aufmuntern,  Berlin  zu  besuchen  :  ich  flöge  hin,  wann  ich  nicht 
angefesselt  wäre.  —  —  —  Ich  finde  Sie  glücklich ,  daß  Sie 
auf  eine  Bedienung  von  1500  Thl.  Rechnung  machen  können. 
Hier,  bey  uns,  würde  es  Ihnen  also  schlecht  gefallen,  wo  man 
10.  Jahr  umsonst  dient  und  alsdenn,  mit  aller  Neid,  50  fl.  er- 
schnappt. Sie  sind  der  grössten  Vortheile  würdig;  und  das 
Glück  wird  sie  Ihnen  nicht  vorenthalten. 

Die  Erzehlung  von  Ihren  Ergetzlichkeiten  bey  den  Opern 
und  Masqueraden  ist  mir  sehr  angenehm  gewesen.  Ich  höre 
gern  von  der  Pracht  Berlins  reden;  und  niemand  lieber  reden, 
als  Sie.  Dass  Sie  sich  mit  dem  Anspachischeu  Residenten  be- 
kannt gemacht  haben ,  ist  ganz  gut ,  wenn  Sie  durch  dessen 
Vermittelung  Ihre  Briefe  franco  herausbringen  können.  Sie 
werden  desto  öfter  schreiben:  was  für  ein  Vortheil  für  mich? 
—  —  —  Es  verdrüsst  mich,  daß  die  Messen  so  wenig  witzi- 
ges bringen.  Warum  schreiben  Sie  nichts,  die  Ehre  der  Deut- 
schen zu  retten?  Auf  HE.  Langens  Gedichte  bin  ich  nicht  halb 
so  neugierig  mehr.  Ich  bedaure  seine  Eigenliebe,  die  ihn  um 
den  Ruhm  betrügen  wird,  dessen  ihn  sein  genie  fähig  macht. 
An  Oden,  die  in  Horazens  Geschmack  geschrieben  seyn  sollen, 
muß  mit  äusserstem  Fleiß  polirt  werden.  Sie,  mein  Liebster, 
reden  als  ein  Meister  von  den  nöthigen  Eigenschaften ,  deren 
Abwesenheit  Herrn  L.fange]  ein  unersetzlicher  Schade  für  sei- 
nen Ruhm  ist.  Ich  verdenke  es  ihm  sehr ,  daß  er  auf  sein 
Buch  :  Horazische  Oden,  gesetzt  hat.  Zu  was  für  Vortrefüch- 
keit  hat  er  sich  durch  diesen  Titel  verbindlich  gemacht  ?  und 
wie  muß  es  den  Leser  ärgern,  wenn  er  nur  Langische  Oden, 
statt  Horazischer ,  findet.  Wenn  der  Reim  keine  stärkere 
Feinde  hätte,  als  HE.  M.[agister]  Mayr,  so  würde  er  wenig  zu 
fürchten  haben.  Was  aber  der  Frau  L.[angeJ  anakreontische 
Lieder  betrift ,  die  Sie  mir  überschickt  haben ;  so  gefallen 
sie  mir  recht  wohl.  Sie  sollte  nichts  anders  schreiben.  Das 
Frauenzimmer  ist  doch  allemal  zu  einer  sanften  Schreibart 
besser  aufgelegt,  als  zu  der  prächtigen. 

lieber  die  Menge  der  Monathsschriften  hab  ich  mich 
schon,  bey  Lesung  der  Bücherverzeichnisse,  verwundert.  Ich 
bildete  mir  gleich  ein,  daß  sie  nicht  viel  werth  seyn  würden; 


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und  Sie  machen  mir  eine  so  niedrige  Idee  davon,  daß  ich  ge- 
wissermaasse  froh  bin,  daß  ich  an  einem  Orte  bin,  wo  ich  nicht 
alles  Geschmier  zu  lesen  bekommen  kann.  Ich  lese  nichts, 
als  was  Sie  mir  empfehlen.  Machen  Sie  mir  doch  einmal 
einige  gute  Schauspiele  der  DeOtschen  nahmhaft:  ich  möchte 
mir  gern  eine  kleine  Sammlung  machen. 

Sie  haben  ohne  Stolz  sich  einbilden  können,  daß  ich  Ihre 
unve[rbe]s8erliche  scherzhafte  Lieder  nicht  mit  unter  die  ver- 
worfenen gerechnet  habe.  Ich  müsste  ohne  allen  Geschmack 
seyn,  wenn  ich  deren  Reiz  nicht  empfände.  Sollte  mein  Lied 
mehrern  Leöten  in  die  Hände  kommen,  so  würde  ich  dieses, 
obgleich  nur  kurz,  darinn  bemerken.  —  —  —  Ich  übersende 
Ihnen,  wie  Sie  begehrt  haben,  die  verbesserte  Ode  an  Sie: 
nehmen  Sie  dieselbe  unter  Ihre  Hechel ;  sie  verdient  es  um 
des  Inhalts  willen.  Durch  Ihre  Hülfe  kann  ich  vielleicht  zu 
einem  nicht  allzu  mittel  massigen  Dichter  werden.  Alles  was 
ich  Ihnen  schon  von  meiner  Muse  überschickt  habe,  muß  stark 
verbessert  werden,  wenn  es  die  Probe  halten  und  verdienen 
soll,  im  Druck  gelesen  zu  werden.  Ihr  Anerbieten,  mir  hierzu 
zu  verhelfen,  daß  ich  ein  Autor  werde,  zeügt  von  Ihrer  Freünd- 
schaft  und  von  Ihrem  Eifer,  meinen  Ruhm  zu  befördern. 
Bessern  Sie  nur  noch  an  mir :  ich  würde  mir  eine  Ehre  daraus 
[machen],  meine  Kleinigkeiten  von  Ihnen  gedruckt  zu  sehen. 
Es  fehlt  aber  noch  viel,  ehe  sie  dessen  würdig  werden.  Auf 
diese  Art  unter  die  Presse  zu  kommen ,  wie  das  kleine  Lied 
an  Amor  das  Unglück  gehabt  hat,  würde  mich  in  der  That 
schlecht  erfretien.  Unzeitige  Geburten  bringen  einem  Ver- 
fasser wenig  Ehre. 

Es  ist  gewiß,  daß  ich  an  Ihnen  mehr  liebe,  als  Ihren 
Witz :  Ihr  edles  Herz  ist  des  höchsten  Ruhmes  werth,  wie  es 
die  Quelle  Dero  liebenswürdigsten  Eigenschaften  ist.  Wenn  ich 
mich  mit  der  Zeit  an  höhere  Sachen  wage ,  werde  ich  diese 
Seite  von  Ihnen  zu  preisen  mir  angelegen  seyn  lassen,  wie  ich 
in  dem  überschickten  Liede  Ihrer  Muse  gedenke.  Sie  ent- 
zücken mich  durch  Ihre  Raisonnemens:  ich  werde  auch  bald 
anfangen,  mich  in  die  Moral  zu  vertiefen;  und  alsdann,  adieu 
Ode  !  Ich  will  nur  noch  vollenden,  was  ich  angefangen :  einige 
Grössere  Stücke  haben  Sie  noch  von  mir  zu  gewarten ,  wann 


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mir  die  Musen  günstig  sind.  Das  schon  gemachte  will  ich 
mit  Ihrer  Hülfe  verbessern.  Machen  Sie  mich  nur  nicht  gar 
zu  kühn.  Ich  fürchte  schon,  daß  meine  beygeschlossene  Ode 
ED  bilderreich  sey:  denn  allzuviel  Imagination  in  einem  Ge- 
dichte macht,  daß  die  Wahrheit  verschwindet.  Dem  Lobge- 
sauge des  Frühlings  hab  ich  einige  weggeworfene  Stellen,  auf 
Ihre  Vorbitte,  wieder  gegeben:  ich  will  Ihnen  denselben  ein 
anderesmal  schicken.  Meiner  Ode  über  die  Unruhen  in  Deutsch- 
land will  ich  auch  einige  ausgestrichene  Bilder  wieder  zustellen  : 
Sie  machen  mich  ganz  kühn. 

Was  soll  man  an  Ihren  Liedern  tadlen?  Man  muß  sie, 
mit  einer  Begierde,  etwas  tadelswürdiges  zu  finden,  lesen,  wenn 
man  sie  critisiren  will.  Die  Zeit  ist  mir  zu  kurz  geworden 
es  zu  thun.  Ich  will  es  aber  thun,  ehe  Sie  eine  neüe  Auf- 
lage machen.  Die  beyden  neüen  Lieder,  die  Sie  mir,  als  ein 
karger  Haushalter  überschickt  haben,  sind  schön:  die  Mit- 
tagspredigt hat  mich  insonderheit  ergetzt.  Sie  hört  und 
sperrt  den  Rachen,  ist  wohl  nur  übersehen:  sollte  es 
nicht  heissen:  aufsperren,  indem  sperren  soviel  bedeütet,  als 
zusch  Hessen.  Ich  sah  ihm  ins  Gesicht  gefallt  mir  des- 
wegen besser,  als  das  andre,  weil  des  Pfarrers  Rede  völlig 
aus  ist  und  von  Ihnen  nicht  unterbrochen  worden.  An  statt : 
da  schwung  der  Schwärm  betrogen,  p  sollten  Sie 
wohl  billigen  :  da  schwung  der  Schwärm  sich  wieder  betrogen 
zu  dem  Vetter.  Des  unbekannten  Leipzigers  Lied  ist  artig: 
sollte  es  nicht  von  dem  Verfasser  seyn,  der  in  den  Bremischen 
Belustigungen  den  Beruf,  die  schwere  und  leichte  Kunst,  die 
Fabel  vom  Möpschen  gemacht  hat  und  die  mir  sehr  artig 
dünken:  wie  mag  sein  Name  seyn?  Die  Zeit  wird  mir  auch 
zu  kurz,  aus  Anakreon  etwas  zu  Ubersetzen :  denn  allein,  ohne 
Götzen,  hab  ich  nichts  oder  wenig  übersetzt,  als  was  ich  Ihnen 
geschickt  habe  und  was  Ihrer  Ausbesserung  nöthig  hat.  Wenn 
Sie  es  verlangen,  so  will  ich  noch  einige  übersetzen  ,  die  Sie 
noch  nicht  angefangen  haben.  Die  Ode  vom  Bathyll,  die  Sie 
nach  meiner  Uebersetzung  haben ,  verdiente  schon ,  daß  Sie 
dieselbe  auf  eine  polite  Art  ausbesserten.  Auch  möchte  ich 
einige  Erzehlungen  des  Anakreon  hauptsächlich  von  Ihnen 
übersetzt  lesen',  als  die  III  Ode  von  Amor,  von  der  Taube, 


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vom  wächsernen  Amor.  p.  Wer  kann  die  naive  Art  zu  er- 
zehlen  dem  Deutschen  einverleiben,  als  Sie?  An  der  Edition 
des  Paw  haben  Sie  sich  schlecht  versehen.  Ich  habe  eine  kleine 
Londner  Auflage,  die  1738.  gedruckt  ist,  gelesen,  die  sehr  cor- 
rect  ist  und  die  Lieder  in  lateinische  Elegien  nach  Ouidii  Art 
in  libr.  Amor,  übersetzt,  und  zwar  ungemein  artig.  Ich  habe 
daraus  gelernet,  daß  ich  in  der  Ode  an  den  Mahler  falsch 
übersetzt  habe,  e£  öXij;  7iapetr){,  da  wo  sich  die  Wangen 
sc  h  Ii  essen:  indem  es  anzeigt,  daß  die  eiue  Wange  ganz 
soll  gesehen  werden. 

Vor  HE.  von  Hagedorn  Harvstehude  danke  ich  Ihnen 
verbindlichst:  dieses  Stück  ist  schön,  wie  alles  was  von  seiner 
Feder  kommt.  Was  ist  dieses  für  ein  Ort,  über  welchen  er 
scherzt  ?  Es  hat  eine  artige  Vignette  und  das  Papier  und  der 
Druck  sind  schön.  Sie  müssen  Ihre  Lieder  noch  so  drucken 
lassen. 

Die  sapphische  Ode,  die  ich  Ihnen  versprochen,  woriunen 
ich  das  wahre  sapphische  Sylbenmaaß,  mit  einem  Dactylo  in 
ieder  Zeile,  nachahmen  wollte,  fällt  mir,  wegen  der  Beschaffen- 
heit der  Sprache,  unmöglich.  Das  Stück  aber,  das  Ihnen,  dem 
Inhalte  nach,  sapphisch  deücht,  Entfleischte  p.  mißfällt 
mir  darinn,  daß  der  Anfang  so  traurig  klingt:  ich  will  eine 
zärtliche,  aber  keine  schwermtithige  Liebe. 

Die  Com position  zweyer  scherzhafter  Lieder,  ist  recht  ar- 
tig: ich  wünsche  bald,  eine  griechische  Ode  in  Noten  zu  sehen. 
Da  diese  Art  von  Liedern  sollen  gesungen  werden ;  so  kann 
man  vielleicht  hieraus  den  Schluß  machen,  daß  sie  [nicht]  allzu 
lang  seyn  sollen.  Haben  Sie,  mein  liebster  Anakreon,  nicht 
in  einigen  Ihrer  Erzehlungen,  e.  g.  der  Vermittler,  hierwider 
gesündigt?  Doch  Sie  verstehen  Sich  auf  diese  Lieder  besser 
als  ich.  Ich  wage  mich  fast  nicht,  Sie  in  dieser  Schreibart 
zu  tadeln. 

Das  Schreiben  unter  den  freundschaftlichen  Briefen,  so 
mir  allein  mißfallt,  ist  der  9te  Brief.  Ich  gestehe,  daß  eine 
Sammlung  von  Briefen,  wie  Sie  im  Sinne  haben,  von  ungleich 
grösserm  Werthe  seyn  würde,  als  blosse  Scherze.  Ich  will 
gern  dazu  beytragen ,  wie  zu  allem ,  was  Sie  von  mir  ver- 
langen, denn  Sie  können  über  mich  gebiethen.  Man  wird  mit 


154 

den  Jahren  immer  ernsthafter,  und  Briefe  sind  sehr  geschickt, 
viele  angenehme  Sachen  auf  eine  reizende  Art  abzuhandeln.  Ich 
weis  nicht,  wie  man  Rud nicken  ein  Ehrengedächtniß  aufrichten 
soll:  ich  trage  soviel  Hochachtung  vor  sein  Andenken,  daß 
ich  zu  dessen  Verewigung  gern  helfen  wollte:  allein  wer  bin 
ich,  daß  ich  mir  so  stolze  Absichten  vorsetzen  sollte? 

Muntern  Sie  doch  HE.  von  Kleist  auf,  sein  grosses  Gedicht 
bald  zu  vollenden  :  ich  habe  es  auch  gethan.  Es  muß  vortrefflich 
werden.  Ich  will  auch  einmal  etwas  unternehmen,  aber  keine 
Poetik  :  hierzu  hab  ich  nicht  Critik  genug.  Machen  Sie  eine 
Tragedie :  warum  sollten  Sie  nicht  geschickt  zu  diesem  Meister- 
stück der  Dichtkunst  seyn?  Werden  Sie  Ihre  Tragedie  nach 
der  Idee  des  Corneille  oder  des  Racine  verfertigen  ?  Bitten  Sie 
HE.  Ramler,  in  meinem  Namen,  um  eine  seiner  Horazischen 
Uebersetzungen  nnd  machen  Ihm  mein  ergebenstes  Compli- 
ment,  wie  auch  HE.  Spalding.  Sie  stehen  bey  meinen  Freünden 
allhier  in  dem  besten  Angedenken.  Meiner  Schwester  darf 
ich  Ihre  Douceurs  nicht  alle  sagen :  sie  würde  zu  hochmüthig. 
Die  Ode  auf  den  Caffee  in  Götzens  Oden  ist  nicht  von  mir, 
aber  eine  der  artigsten.  In  der  beygeschlossen[en]  Ode,  in 
der  2  Strophe  werden  Sie  eine  Idee  finden,  die  schon  in  den 
Versen  auf  Ihren  vermeinten  Feldzug  stehet.  Es  beruhet  auf 
Ihrer  Entscheidung,  an  welchem  Orte  sie  am  besten  stehen  ; 
wenigstens  sind  besagte  Verse  von  geringem  Werthe.  

Onolzbach,  den  19.  Jan.  1747. 

Wenn  ich  einen  Mahler  finde,  der  mich  en  miniature 
mahlen  will ,  so  sollen  Sie  mein  Portrait  haben.  Wir  sind 
hier  mit  Mab  lern  gar  schlecht  versehen.  Was  werd  ich  nicht 
für  eine  Figur  bey  Ihren  Freunden  machen?  Ich  freue  mich 
schon  darauf. 

HE.  Bodmer  hat  die  freundschaftlichen  Briefe  wohl  ver- 
theidiget.  Seine  Zeitung  gefällt  mir :  ich  werde  trachten,  wie 
ich  sie  ordentlich  bekomme.  Haben  Sie  auch  die  grosse  Idee 
von  Gellerts  Erzehlungen  ?  Ich  habe  über  den  Bauzner  herz- 
lich lachen  müssen,  der  gern  ihr  Freund  seyn  möchte.  Ich 
erinnerte  mich  der  Fabel  beyni  Hagedorn  ,  wo  der  Esel  sich 
aus  dem  Luder  schleppt  und  zum  Löwen  spricht :  ich  grüssc 
dich  mein  lieber  Bruder ! 


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155 


Sind  die  Dresdner  Nachrichten  ,  die  vor  einigen  Jahren 
herausgekommen  sind,  von  HE.  Liscov  «nd  Rost?  Es  dünkt 
mich  in  der  That,  dali  Hagedorn  in  seinen  Liedern  manchmal 
schläft.  Insonderheit  scheint  mir  der  andre  Theil  dem  erstem 
nicht  gleich  zu  kommen.  Wird  er  nicht  bald  etwas  zusammen 
drucken  lassen?  Seine  Ode  über  den  Wein  ist  wohl  nicht 
horazisch,  aber  doch  fürtrefflich,  obgleich  nicht  überall. 

Eines  von  Ihren  artigsten  Lieder  ist  dasjenige  im  2ten 
Theil,  unter  dem  Titel:  Bacchus  und  Cythere.  Ich  wollte  es 
lieber  gemacht  haben,  als  alle  meine  Lieder.  Machen  Sie  sich 
aber  einmal  auch  an  etwas  wichtiges  und  grosses:  Sie  sind  fähig, 
die  Deütschen  zu  bessern,  wie  Sie  uns  bishero  ergetzet  haben. 

Ich  zweifle,  daß  ich  des  Gr.fafen]  Algarotti  kleine  Schrift 
hier  bekommen  kann  :  ich  habe  sie  in  keinem  Bücherverzeich- 
nisse gefunden.  Was  ist  ihr  Innhalt  ?  Sie  machen  die  Bremi- 
schen anakreontischen  Stücke  zu  guten  Liedern :  verbessern  Sie 
auch  das  mit  dem  Titel :  Erfindung.  Es  braucht  es,  wie  mich 
dünkt,  am  meisten.  Ich  werde  meine  Ode  an  die  lyrische 
Muse  auch  nach  ihrer  Critik  verbessern,  sonderlich  die  letzten 
Strophen.  Ich  werde  den  Morgenstern  allein  lassen.  Darf 
ich  sagen,  daß  ich  auf  der  Ode  Flügeln  entweiche? 

Hätten  Sie  HE.  Langen  nicht  bereden  können,  seine  Samm- 
lung abzukürzen.  Die  Vielschreiberey  verderbt  alles.  Eine 
kleine  Sammlung  guter  Stücke  ist,  sonderlich  neüen  Seribenten 
allzeit  eher  anzurathen.  HE.  Rost  vor  seinen  SchäferErzäh- 
lungen  [ist]  dieser  Meinung  auch.  Von  Crebillons  Tragedien 
urtheilt  Gacon  an  einem  Orte:  sie  wären  abscheülich,  obgleich 
auch  trefliche  Stellen  vorkämen.  Ich  besitze  sie  selbst  und 
will  sie  nächstens  lesen. 

Dr.  Joung  schreibt  sehr  sinnlich,  aber  nach  meinem  Ge- 
schmack, nicht  simpel  genug.  Ich  glaube  nicht,  daü  in  zweyen 
der  prächtigsten  Oden  Horatii  soviel  kühne  Bilder  sind,  als 
in  dem  mir  überschickten  Anfange  eines  dogmatischen  Ge- 
dichtes. Die  allzugroGe  Menge  gefällt  mir  nicht,  wenn  sie  auch 
alle  richtig  wären ,  welches  doch  noch  erst  zu  untersuchen 
stünde.  Mein  zerscheiternder  verzweif lender  Ge- 
danke treibt  auf  dem  Meer  des  Elendes:  ist  das 
Lohensteinisch  ? 


ized 


156 


33.  Gleim  an  Uz. 


—  —  —  Von  unsern  hiesigen  Lustbarkeiten  hätte  ich 
ihnen  gern  noch  einen  Brief  geschrieben,  aber  ich  zweifle  daß 
man  lebhaft  genug  davon  schreiben  kan,  wenn  sie  schon  so 
lange  vorbey  sind.    An  dem  letzten  Tage  der  Redoute  waren 
die  Ausschweifungen  der  Lust  so  groß  ,  daß  es  schien ,  als 
wenn  jedweder  die  letzten  Stunden  seines  Lebens  nach  dem 
übel  verstandenen  System  des  Epicur  anwenden  wolle.  Es 
waren  ordentliche  Saturnalien.    Wenn  die  wildern  Tänze  an- 
giengen  auf  dem  bürgerlichen  Platze,  so  machte  ich  mich  alle- 
mahl gefaßt  am  Ende  derselben  ordentliche  Rasende  zu  sehen, 
und  dann  schlich  ich  mich  bey  Zeiten  aus  der  tollen  Menge. 
Ich  hatte  ein  beßeres  Vergnügen,  mit  einer  artigen  Nonne, 
die  am  besten  tanzte,  die  schönste  Leibesstellung  hatte,  und 
gar  nichts  von  ihrem  Busen  sehen  ließ.    Diese  machte  mich 
aufmercksain.   Ich  verfolgte  sie  einige  Zeit  vergebens,  aber 
endlich  willigte  sie  darein,  mit  mir  Chocolate  zu  trincken.  Ich 
dachte  sie  da  ohne  Maske  zu  sehen,  aber  Nein.   Ich  war  eine 
ganze  Stunde  mit  ihr  in  einem  Cabinette,  wo  man  seyn  kan, 
ohne  daß  jemand  die  Erlaubniß  hat,  hinein  zu  dringen,  wenn 
man  allein  seyn  will.    Meine  ganze  Beredsamkeit  war  nicht 
vermögend  ihre  Maske  von  dem  Gesichte  zu  bringen;  es  gefiel 
ihr  indeßen  bey  mir,  und  ich  mußte  zufrieden  seyn,  daß  sie 
mich  kennte,  und  mir  ihre  Hochachtung  versicherte,  welche, 
sagte  sie,  vermehrt  werden  würde,  wenn  ich  mich  nicht  be- 
mühte, sie  auszuforschen.    Ich  habe  es  nicht  gethan,  und  ich 
weiß  bis  diese  Stunde  noch  nicht,  mit  was  für  einem  hitu- 
lischen  Geschöpf  ich  zu  thun  gehabt  habe.    Denn  ob  mir 
gleich  ihr  Gesicht  verborgen  blieb,  so  zeigte  sie  mir  doch  den 
schönsten  Verstand,  und  die  liebenswürdigste  Sittsamkeit.  Ach 
wie  werde  ich  diese  Nonne  suchen,  wenn  wieder  Redoute  ist. 
—  —  —  Es  ist  ein  .Schäferspiel  ohne  Liebe  heraus 
gekommen,  und  ein  Vorspiel  ohne  Verstand.  Mein  alter  Freyer 
in uste  auf  der  letzten  Redoute  einen  Spaß  machen,  deshalb  ließ 
ihn  ein  guter  Freund  drucken.    Er  theilte  ein  paar  Dutzend 
Exemplare  aus,   und  machte  den  Geist  des  Argwohns  rege. 


157 


Jederman  wollte  das  Original  errathen  -  -  Selm  sie  da  hin 
ich  schon  wieder  in  weitem  Felde ! 

Ich  bin  ihnen  für  die  beyden  Oden,  und  insbesondere  für 
die  erste  auf  das  höchste  verbunden.    Wie  viel  Ehre  thim  sie 

mir  in  einem  solchen  Meisterstücke !  Die  kleine  Ode 

ist  ungemein  artig.  Ich  finde  nichts  daran  zu  verbeßern,  aber 
wohl  etwas  zu  erinnern. 

Dauerhaft  sey  die  Brünette, 
Wenn  im  Bette 

Lieb  und  Jugend  auf  nie  dringt, 

ist  das  Bild  nicht  ein  bisgen  zu  deutlich?  Wie  macht  man 
es,  wenn  [man]  sich  ihre  Ode  zu  Nutze  machen  ,  und  einem 
Mädgen  sagen  will,  was  man  für  eine  Liebste  verlangt?  Unter- 
stehen sie  sich  einem  Mädchen  ,  daß  schon  etwas  weiß ,  ein 
solches  Bild  zu  zeigen?  Marot  hat  nicht  so  deutlich  gemahlt, 
Embonpoint,  d'aßure  maintien  ist  nicht  so  starck.  Douceur 
en  coeur  ist  vollkommen  gut  gegeben. 

Ihre  Erinnerungen  über  die  beyden  Lieder  habe  ich  mir 
bereits  zu  Nutze  gemacht,  und  bey  dieser  Gelegenheit  machte 
ich  einige  andere  Veränderungen.  Z.  E.  Die  Mittagspredigt 
schließt  gleich  nach  der  Rede  des  Sittenrichters:  Gut,  sagt 
ich,  willst  du  trincken?  Wie  gefällt  ihnen  folgende  Verän- 
derung? Da  Schwärmeten  die  Sorgen  Schnell  wieder  zu  dem 
Vetter.  Das  betrogen  ist  ganz  unnöthig.  Ich  schicke 
Ihnen  hiebey  noch  ein  paar  zur  Verbeßerung.  Von  HE. 
Ramlers  Oden  sollen  sie  nächstens  eine  haben. 

Glauben  Sie  wohl,  daß  ich  noch  begieriger  bin,  Ihre 
Madem.  Schwester  zu  kennen,  als  die  Nonne?  —  —  — 

Wann  werden  sie  doch  eine  Sammlung  ihrer  Oden  zu 
Stande  bringen  ?  Ich  habe  heute  eine  Empfehlung  von  ihnen 
an  HE.  v.  Hagedorn  gemacht.  Dreyer  hat  mir  ein  Lied  ge- 
schickt de  sa  facon.  Er  ist  jetzo  auch  in  Hamburg.  Viel- 
leicht werde  ich  Bärmanns  Timoleon  für  Sie  bekommen. 

Bodmer  hat  mir  seine  Gedichte  geschickt  unter  dem  Titul : 
Critische  Lobgedichte  und  Elegien.  Nachdem  er  Rosten  ca- 
racterisirt  hat  fährt  er  fort: 

Mit  ihm  dringt  einer  durch,  der  die  bewohnte  Welt 

Für  nichts,  als  einen  Raum  voll  schöner  Mädchen  hält  -  -  - 


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158 


Ist  das  nicht  ein  treflicher  Caracter  eines  Anakreons.  Kan 
ein  solcher  Anakreon  wohl  einer  getreuen  Schäferin  mißfallen? 
Ich  bin  so  falsch  zärtlich  nicht,  ihnen  diese  Stelle  ohne  roth 
zu  werden   hergesetzt  zu  haben,  und  ich  habe  Uberdem  noch 

eine  geheime  Absicht.  Haben  sie  dort  keinen  Copi- 

sten?  LaGen  sie  mir  doch  alle  ihre  Oden  zusammen  schreiben. 
Ich  will  sie  denn  nacheinander  durchgehen,  und  mich  recht 
quälen,  etwas  tadelhaftes  darin  zu  findeu.  —  —  — 
Berlin  den  21i£IL  Februar  1747. 

HE.  Spalding  läßt  sich  Ihnen  bestens  empfehlen.  Er  wird 
nun  bald  von  hier  gehen.  Seine  Stelle  ist  durch  einen  Grafen 
von  Düben  schon  besetzt.  Vermuthlich  wird  er  gleich  eni- 
ploirt  werden.  Ich  verliere  nebst  ihm,  noch  einen  braven 
Freund,  den  HE.  Maaß,  der  bisher  Gouverneur  von  den  Söhnen 
des  Staatsministers  Grafen  von  Podewils  gewesen  und  nun 
Professor  in  Stettin  wird.  Wenn  er  die  Gouverneur  Stelle 
bey  einem  Prinzen  ledig  machte,  so  wolte  ich  sie  fragen,  ob 
sie  Lust  hätten,  sie  wieder  einzunehmen? 

34.  Uz  an  Gleim. 

Werthester  Freünd, 

Wie  weit  sind  Sie  mit  ihrer  artigen  Nonne  gekommen  ? 
Ich  zweifle  nicht,  daß  Sie  dieselbe  nunmehr  ausgespüret  und 
in  ihrem  Herzen  sich  festgesetzet  haben.  Denn  wie  könnte 
ein  Mädchen ,  das  Empfindung  hat ,  dem  Anakreon  unsrer 
Zeiten  widerstehen?  Dennoch  wollte  ich  der  Schönen  rathen, 
nicht  allzusehr  rebellisch  zu  thun.  Denn  ich  habe,  in  der 
That  keine  so  gute  Meinung  von  Ihnen,  als  Herr  Bodmer, 
der  Sie  fast  als  einen  getreüen  Schäfer  vorstellt.  Verzeihen 
Sie  mir,  ich  habe  Sie  allezeit  gehalten  für  einen  aimable  fri- 
pon,  qui  coquette  par-tout  et  n  aiine  rien.  Vielleicht  habe  ich 
mich  geirret:  Denn  ich  bin  der  Herzenskündiger  nicht,  den 
Sie  mich  nennen.  —  —  —  Doch  wieder  auf  ihre  Nonne  zu 
kommen,  hat  ihre  Muse  sie  nicht  besungen  ?  Vielleicht  hat 
sie  Ihnen  eines  von  den  Liedern  eingegeben,  wovon  Sie  iu 
ihrem  letzten  Schreiben  sagen,  daß  ich  Sie  bekommen  sollte: 
Sie  haben  aber  vermuthlich  vergessen,  sie  beyzuschliessen ; 


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159 


denn  ich  habe  nichts  erhalten,  als  ihre  Erzehlung  vom  alten 
Freyer.  Wie  beneide  ich  Sie  um  ihre  Gabe  zu  erzehlen!  Ich 
eifere  Ihnen  nach,  aber  umsonst.  Ich  schicke  Ihnen  inzwi- 
schen meinen  kleinen  Versuch,  von  den  Mitteln,  ein  Mädchen 
zu  versöhnen.  Geben  Sie  ihm  doch  das  freye  und  ungekün- 
stelte Wesen,  da  Ii  Sie,  nach  dem  Zeügniß  ihres  alten  Freyers 
und  ihrer  scherzhaften  Lieder,  so  vortrefflich  in  ihrer  Gewalt 
haben.  Auf  meiner  Nase  hängt  ein  Brill;  dünkt  mich  etwas 
hart  zu  seyn.  Doch  Sie  schreiben  sonst  so  rein  und  Hiessend, 
daß  ich  glaube,  Sie  haben  in  gewisser  Absicht,  vielleicht 
zum  Scherz,  also  geschrieben.  Man  kann  kaum  Kleinigkeiten 
an  ihrer  Muse  zu  tadlen  finden:  ich  erfuhr  es,  als  ich  neu- 
lich, nach  ihrem  Verlangen,  die  scherzhaften  Lieder,  in  der 
Absicht,  was  tadelnswürdiges  zu  finden,  durchlas.  Was  glau- 
ben Sie,  daß  ich  fand?  Etwas  weniger,  als  Kleinigkeiten.  Ich 
fand  ein  Paar  Orte,  wo  mich  deücht,  daß  Sie  der  Märkischen 
Mundart  nachschreiben.  Sie  schreiben  z.  E.  P.  I.  p.  2  und 
P.  II.  p.  22.  er  fragt:  da  man  doch  in  ganz  Sachsen  schreibt: 
er  fragt;  wie  es  auch  die  Analogie  der  ähnlichen  Worte 
als  sagen,  klagen  p.  die  in  der  dritten  Person  sagt,  klagt  p. 
machen,  zu  erfordern  scheint,  p.  9.  Und  indem  mich  Amor 
winkt:  muß  wohl  mir  heissen.  Die  Märkische  Mundart  pflegt 
insgemein  mir  und  m  ich  p.  zu  vermischen;  wie  ich  mich  denn 
erinnere,  auch  in  den  freundschaftlichen  Briefen  dergleichen 
Art  zu  Reden  gefunden  zu  haben.  Sie  haben  etlichemal:  sich 
erschrecken,  anstatt  erschrecken.  Was  soll  das  Wort 
Zabel  P.  II.  p.  5.  bedeüten?  Es  ist  mir  ganz  unbekannt. 
Vielleicht  ist  es  ein  Mannsnarae.  Sie  sagen  etlichemal,  als 
z.  E.  p.  9.  P.  II.  vom  Zefir,  daß  er  lache.  Von  einem  an- 
muthigen  Gefilde  sagt  man  metaphorisch,  daß  es  lache,  weil 
die  Anmuth,  die  über  dasselbe  ausgebreitet  ist,  der  Annehm- 
lichkeit eines  lächlenden  Angesichts  zu  gleichen  scheint:  eine 
Taube  lacht,  weil  ihre  Stimme  einem  hellen  Lachen  ähnlich 
kommt.  Zwischen  dem  Ton  eines  lachenden  und  des  West- 
winds kann  ich  keine  Aehnlichkeit  finden.  —  Wegen 

ihrer  Orthographie  bin  ich  zwar  auch  nicht  einig  mit  Ihnen; 
doch  ich  bin  ein  zu  schlechter  Sprachkundiger,  als  daß  ich 
mir  alle  Gründe  ihrer  Art  zu  schreiben  zu  widerlegen  getraue. 


160 


Wegen  des  Wortes:  Schoos,  welches  Sie  bald  Schoß,  bald 
Schooß  schreiben,  gefallt  mir  die  Meinung  des  HE.  v.  Hage- 
dorns, der  an  verschiednen  Orten  es  Schoos  schreibt.  Die 
Aussprache,  die  beyden  oo  und  die  Notwendigkeit,  es  von 
Schoß  Stetier,  zu  unterscheiden,  scheinen  für  mich  zu  seyn. 
Werden  Sie  doch  nicht  böse,  daß  ich  Sie  mit  solchen  gram- 
maticalischen  Possen  besch wehre:  ich  weiß  nicht,  wie  ich 
darauf  verfalle. 

Sie  haben  nicht  nöthig,  in  meiner  letztens  übersandten 
Ode  die  Fehler  erst  zu  suchen :  sie  werden  Ihnen  selbst  haufen- 
weis in  die  Augen  fallen.  Ich  erwarte  indessen  Ihre  Critik 
darüber.  Die  Erinnerung  wegen  des  kleinem  Liedes  aus  dem 
Marot  ist  vollkommen  gegründet:  ich  sehe  nunmehro,  daß 
ich  die  Stelle  gar  nicht  recht  verstanden  habe.  Inzwischen 
weiß  ich  noch  nicht  recht,  wie  ich  sie  verbessern  soll:  das 
Embonpoint  d'assure  maintien  scheint  schwer  auszudrücken 
zu  seyn. 

Sie  fragen  mich,  wann  ich  eine  Sammlung  meiner  Lieder 
zu  Stande  bringen  werde?  Ich  antworte:  wenn  meine  Verse, 
durch  Ihre  Verbesserung,  einmal  so  erträglich  werden,  daß  ein 
Buchhändler  sie  drucken  lassen  mag.  Ich  brauche  keinen  Co- 
pisten,  sie  abschreiben  zu  lasseu:  es  sind  ihrer  nicht  soviele: 
denn  ein  kleines  Bändchen  könnte  mir  Ehre  genug  und  Schande 
genug  machen,  nachdem  die  wenigen  gut  oder  schlecht  sind. 

Ich  bin  Ihnen  sehr  verbunden,  daß  Sie  mich  dem  HE. 
v.  Hagedorn  bekannt  zu  machen  suchen.  Sie  wißen,  daß  ich 
einer  von  den  größten  Verehrern  der  Hagedornischen  Muse 
bin.  Es  ist  wohl  noch  keine  Hoffnung,  daß  er  einmal  seine 
vermischten  Schriften  zusammen  drucken  läßt.  Das  Verspre- 
chen des  Bärmannischen  Timoleorts  ist  mir  ungemein  ange- 
nehm gewesen:  ich  wünsche  sehr,  daß  Sie  denselben  erhalten 
mögen.  Ich  habe  eine  hohe  Idee  davon.  Wann  aber  werden 
Sie  mit  einem  tragischen  Meisterstücke  hervortreten?  Nehmen 
Sie  den  Sophoklem  zu  ihrem  Muster:  jemehr  Sie  sich  dem- 
selben nähern,  je  weiter  werden  Sie  alle  innländische  und  aus- 
ländische Tragicos  zurücklassen. 

Dem  Herrn  Hofrath  Borchwart  bitte  ich,  meinetwegen, 
verbindlichst  zu  danken ,  daß  er  bey  dem  HE.  Expeditions- 


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101 


Rath  Seefried  mir  die  Erlaubniß  ausgebeten,  nieine  Briefe  ins 
hiesige  Paquet  einzuschliessen.  —  —  — 

Ich  bedaure  Sie,  daß  Sie  ein  Paar  witzige  Freünde  ver- 
lohren;  Sie  sind  indessen  glücklich,  daß  Ihnen  noch  andre 
übrig  bleiben.  Wenn  ich  den  einigen  witzigen  und  zärtlichen 
Freünd,  den  ich  an  Ihnen  habe,  verlöhre;  so  hätte  ich  gar 
keinen.  Alsdann  würde  ich  meine  Cyther  wieder  hinhängen, 
und  meine  Muse  würde  mich  verlassen:  denn  niemand  würde 
sie  aufmuntern,  noch  hören  wollen.  Der  Himmel  verhüte 
es!  

Onolzbach.    Den  16.  März.  1747. 

• 

35.  Gleim  an  Uz. 

Liebster  Freund, 

Ich  habe  über  den  Abschied  eines  Freundes,  ohne  dem 
ich  fast  ein  Jahr  lang  nicht  einen  Tag  zugebracht  habe,  ge- 
traurt,  ich  habe  verschiedene  kleine  Reisen  gethan,  ich  habe 
ein  Haufen  Reverenze  machen  müßen,  ich  bin,  ohngeachtet 
der  schönen  Frülings  Tage,  nicht  recht  munter  gewesen,  da- 
her habe  ich  die  Antwort  auf  ihr  wehrtes  Schreiben  so  lange 
verschoben.  —  

Ich  habe  den  Caracter,  den  Rudnick  wieder  sie  verthey- 
digt  hat,  in  der  That,  und  wenn  ich  scherze,  so  nehme  ich 
den  ihrigen  an.  Ueberzeugen  sie  sich  davon,  so  werden  sie 
einem  Vejonto  Catullo 

Qui  nunquam  visae  flagrabat  amore  puellie  '), 
wie  ich  jetzo  bin,  beßere  Dienste  thun.  Wie  können  sie  bey 
Ihrer  J.[ungfer]  Schwester  Hochachtung  gegen  mich  erregen, 
wenn  sie  ihr  weiß  machen,  daß  ich  ein  Schmetterling  bin? 
Machen  Sie  ihr  lieber  von  meinem  Witze  eine  minder  vortheil- 
hafte  Idee,  damit  mein  beständiges  Herz  äjabey  gewinne.  Mein 
Vater  bat  sich  diese  Gefälligkeit  von  einem  nicht  so  vollkom- 
menen Freunde,  als  sie  sind,  bey  gleichem  Anlaß  aus;  und 
dieser  willfahrete  ihm  so  wohl,  daß  er  ihm  ein  Mädchen  in 
Amsterdam  80  Meilen  weit  von  ihm  gewogen  machte,  das 
nachgehends  meine  Mutter  ward.  

1)  Am  runde:  Juv.[enalie]  Sat.  4. 

G  leim»  U  z,  Briefwechsel.  11 


162 


Ihre  beyden  kleinen  Gedichte  haben  mich  einige  Wochen 
ergetzt.  Die  Liebesgötter  ist  das  artigste  kleine  Geraählde, 
das  ich  kenne.  Wie  artig  schlafend  liegt  Hirnen?  Ich  habe 
nichts  getadelt  als  ich  es  gelesen,  das  das  geringste  werth 
wäre.  Izt  komt  mir  vor,  als  wenn  das  erklinget  in  der 
4  Zeile  vom  Reim  herkomme.  Desgleichen  daß  den  hiesigen 
zärtlichen  Ohren  die  Elision :  Aug  verrieth  zu  hart  seyn  werde, 
und  daß  ich  den  lezten  Vers  der  4  Strophe  lieber  läse:  und 
von  Blonden  zu  Brünetten.  Die  versöhnte  Daphne  ist  mir 
ganz  ohne  Tadel.  Wolten  sie  in  der  4  Strophe  2«  Zeile 
wohl  setzen :  Obgleich  ihr  Arm  ermattet  kämpft.  Es  geschähe 
nur  wegen  des  beßern  Klangs.  HE.  v.  Kleist  hat  beyde.Stücke 
gelesen,  und  er  schreibt  mir  davon:  »Herr  Uz  unterhält  in 
„allen  seinen  Stücken  seinen  poetischen  Caracter.  Sie  werden 
„wohl  bald  ein  Bändchen  von  ihm  zusammen  haben,  laßen 
„sie  sie  doch  drucken,  wenn  es  gleich  nur  einige  Bogen  sind, 
„sie  werden  einen  allgemeinen  Beyfall  erhalten.*  Ich  bin  da- 
von überzeugt,  und  ich  ersuche  sie  nunmehr  in  rechtem  Ernst 
daran  zu  gedencken.  Ich  habe  schon  angefangen,  alles  zu- 
sammen zu  suchen,  was  ich  von  Ihnen  habe,  und  ich  glaube, 
daü  es  wohl  6  Bogen  werden  könten.  Vielleicht  ist  ihr  eige- 
ner Vorrath  noch  größer.  Ich  will  einen  Verleger  suchen, 
der  an  dem  äuserlichen  nichts  fehlen  läßt;  ich  wolte  gern, 
daß  sie  so  gedruckt  würden,  als  Hagedorns  neue  Ausgabe  von 
seinen  Oden  und  Liedern,  mit  einigen  säubern  Vignetten.  Ich 
nehme  keine  Verzögerung  mehr  an ;  und  wenn  sie  noch  Ent- 
schuldigungen machen,  so  sind  sie  von  der  Art  der  faußes 
Prüdes.  HE.  v.  Hagedorn  hat  mir  seine  Oden  noch  nicht 
geschickt,  aber  sie  brilliren  in  den  hiesigen  Buch  laden  schon, 
ut  Luna  inter  Stellas  minores.  Er  hat  sie  in  5  Bücher  ein- 
geteilt, und  jedem  Buche  einen  alten  lyrischen  Poeten  vor- 
gesetzt. Ich  weiß  nicht  wie  er  darauf  gefallen  ist,  denn  ich 
habe  meinen  Kleinigkeiten  längst  einen  so  stolzen  Zierrath 
zugedacht.  Am  Ende  eines  jeglichen  Buchs  von  16  Oden  be- 
findet sich  gleichfals  eine  artige  Vignette  aus  den  Antiqui- 
täten. Ich  werde  zu  den  Ihrigen  dergleichen  im  Montfaucon 
aufsuchen ,  wenn  ich  unsern  hiesigen  geschickten  Schmid 
nicht  vielleicht  zu  etwas  Originellen  überreden  kan.  Hagedorn 


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163 


bat  auch  drey  anakreontische  Oden  ohne  Reime  versucht,  wo- 
von daß  eine  den  Anakreons  dieser  Zeit  verbietet  der  Priester 
zu  spotten.  Er  bat  es  gethan,  den  Priestern,  die  wider  ihn, 
aus  eiuigen  Uhrsachen  aufgebracht  sind,  ein  Conipliment  zu 
machen,  und  damit  die  Kenner  dis  mercken  sollen,  hat  er  gar 
kein  ihm  zukommendes  Meisterstück  gemacht.  Läßt  sich  wohl 
sagen:  Ihr  Dichter,  voller  Jugend  p  und  gleich  wohl  hat  es 
der  richtige  Hagedorn  gesagt,  seine  Absicht  mercklich  zu  ma- 
chen. Wenn  ich  ihm  schreibe,  so  will  ich  Anakreons  llü  Ode 
nachahmen:  Ich  wolte  jüngst  das  Lob  der  Priester  singen, 
Doch  meine  Leyer  tlionte  nur  von  ,Liebe.  Schreiben  sie  mir 
doch  was  sie  an  den  andern  beyden  ungereimten  Stücken  aus 
setzen.  Seine  vermischten  Schriften  mochten  nun  wohl  so 
bald  nicht  herauskommen.  Doch  will  ich  bey  ihm  anfragen. 
Dreyer  hat  mir  letzt  aus  Caßel  geschrieben,  daß  er  noch  daran 
polire.  Er  hat  mir  auch  HE.  Bärmanns  Timoleon  für  Sie 
geschickt,  aber  ich  werde  ihn  ihnen  jetzo  noch  nicht  ttber- 
schicken,  vielleicht  bekommen  sie  ihn  mit  mehr  Gesellschaft 
in  ein  paar  Wochen.  Sie  werden  den  Cothurn  in  HE.  Bär- 
manns Tragedie  vennißen,  der  den  meisten  Neuern  fehlt. 
Schlegel  hat  eine  ueue  Tragedie  drucken  laßen,  die  ich  aber 
noch  nicht  gesehen  habe.  Sie  muntern  mich  zu  Verfertigung 
eines  so  langen  und  mühsamen  Wercks  auf,  aber  gewiß  nur 
im  Scherz,  und  ich  antworte  ihnen,  mit  der  Entschuldigung 
eines  alten  Dichters  (in  Virg.  Append.  Scaligeri  p.  m.  206) 
die  sich  endiget: 

Vos  mare  tentetis.  Vos  detis  lintea  ventis 
Me  vehat  in  tutos  parva  carina  locos. 
Werden  sie  sich  nicht  schon  wundern,  wenn  sie  mich  recht 
kennen,  daß  ich  geduld  genug  gehabt  habe,  ein  anakreonti- 
sches  Heldengedicht  zu  Stande  zu  bringen.  Mich  ermüdet  ein 
jedes  aneinander  hangendes  Werck.  Ich  bin  wie  ein  Reisender, 
der  gern  reist  aber  oft  stille  liegt.  Schreiben  sie  mir  doch 
mit  nächster  Post  ihre  Meinung  von  diesem  Monstro,  dem  ich 
selbst  keinen  Nahmen  zu  geben  weiß.  Der  Umstand  ist  ihnen 
zu  wißen  nöthig,  daß  im  vorigen  Jahre  der  Labyrinth  in  der 
That  mit  etwas  Verwunderung  gefunden  wurde.  Er  war  in 
dem  Innersten  des  Waldes  in  der  Stille  ausgehauen  worden, 

11  * 


164 

und  als  er  fertig  war,  wurden  erst  die  Zugänge  in  denselben 
den  Spazierenden  eröfnet.  Jezo  wird  er  noch  bestandig  er- 
weitert und  verschönert,  so  daß  er  einmahl  Berlins  größte 
Zierde  absonderlich  für  Mädchen  und  Dichter  werden  wird. 
Es  ist  ein  starcker  Beweiß  von  der  Trägheit,  und  dem  noch 
umnebelten  Hirn  der  Deutschen,  daß  sie  hinein  gehen,  tausend 
kleine  Listen  darin  wahrnehmen,  und  doch  davon  schweigen 
können.  —  —  — 

Ihr  Tadel  der  scherzhaften  Lieder  ist  wahrhaftig  augen- 
scheinlich boshaft.  Wie?  Sie  hätten  nichts  mehr  gefunden, 
als  solche  Kleinigkeiten  V  Ich  kann  kaum  ernstlich  darauf  ant- 
worten. Das  Lachen  des  Zephirs  hat  schon  HE.  v.  Bilefeld 
getadelt.  Aber  ich  wüste  mich  damahls  aus  den  Alten  zu 
rechtfertigen,  und  wieder  sie  führe  ich  Ruduicken  an,  der  in 
dem  Gegenstande  der  EinbildungsKraft  den  Zephir  lachen  labt. 
Zabel  ist  der  Nähme  meines  ehemaligen  Informators,  eines 
Predigers  und  guten  Freundes  meines  seeligen  Vaters.  Die 
orthographischen  Fehler  mäßen  sie  HE.  Ramler  zuschreiben, 
der  Corrector  gewesen  ist;  in  der  Hamburgischen  Edition  wer- 
den sie  sie  nicht  so  häufig  finden;  und  bey  einer  neuen  Auf- 
lage will  ich  für  alles  beßer  auf  gut  Hagedornisch  sorgen, 
wenn  es  mir  möglich  ist.  Ich  will  an  ihren  Oden  die  Probe 
machen.  Schicken  sie  mir  nur  bald  richtige  Abschriften.  Ich 
will  von  nnserm  Vorhaben  selbst  Kleisten  nichts  wißen  laßen, 
damit  ich  ihm  eine  unverhofte  Freude  mache.  —  —  — 

Berlin  den  25.  April  1747. 

P.S.  HE.  Naumann  läßt  sich  ihnen  bestens  empfehlen. 
Sie  hätten  mit  dieser  Meße  etwas  von  ihm  gelesen,  wenn  ihm 
nicht  die  Preßen  zu  wieder  gewesen  wären.  Ich  will  es  Ihnen 
venathen.  Er  hat  den  Temple  de  Gnide  des  Montesquiou  über- 
setzt. A  propos :  Was  macht  ihre  Uebersetzung  des  Musseus. 
Bodmer  hat  davon  den  Anfang  in  seiuen  Gedichten.  Schreiben 
sie  mir  doch,  wie  weit  sie  gekommen  sind.  —  —  — 

Hier  komt  aujetzt  ein  Journal  unter  dem  Titul  Berli- 
nische Bibliothec  heraus,  von  der  HE.  Ramler  sagt,  die  Ver- 
faßer wollen  den  Auswärtigen  die  gute  Idee  die  sie  von  Ber- 
lin haben,  völlig  benehmen.  HE.  Ramler  ist  noch  in  Lähme 
bey  meinem  Schwager  gauz  faul.    Er  hat  mich  im  Osterfest 


165 


vergeblich  bey  sich  erwartet,  und  Pfingsten  wird  eis  gleich- 
fals  thuu.  Denn  ich  werde  vielleicht  alsdenn  in  Stettin  bey 
einigen  Freunden  seyn,  nur  auf  8  Tage,  damit  sie  nicht  etwa 
ihre  Antwort  verzögern. 

36.  Uz  an  Gleim. 

Erblaßter  Freünd, 

So  sind  Sie  dann  würklich  todt?  Denn  ich  zweifle  nicht, 
Sie  werden  Ihr  un bedachtsames  Versprechen,  bis  den  20.  May 
todt  zu  seyn,  gehalten  haben ;  obgleich  den  Versprechungen 
der  Dichter  sonst  nicht  viel  will  getrauet  werden.  —  —  — 
Da  Sie  nun  also  im  Reiche  der  Todten  sind,  wo,  meinem 
Wissen  nach,  noch  keine  Buchdruckerpressen  angelegt  wor- 
den: so  kommt  mir  sehr  widersprechend  vor,  daß  Sie  gleich- 
wohl meine  Lieder  drucken  zu  lassen,  Sich  anheischig  machen. 
Wann  Sie  noch  lebten,  so  würden  mich  würklich  Ihre  schmei- 
chelhaften Anerbietungen  und  die  fürchterliche  Bedrohung,  mich 
widrigenfalls  für  eine  fausse  prüde  zu  halten,  bewogen  haben, 
meinen  Willen  zu  einer  Sache  zu  geben ,  die  mir  vielleicht 
Ehre  machen  könnte,  wann  Sie  von  Ihnen  ausgeführet  würde. 
Die  vielen  Veränderungen ,  die  ich  an  meinen  Kleinigkeiten 
gemacht  hätte,  würden  mich  gerechtfertigt  haben,  warum  ich 
dieselben  nicht  für  druckenswürdig  gehalten;  und  die  vielen 
schwachen  Stellen,  die  dennoch  übrig  bleiben  würden,  sollten 
mich  rechtfertigen ,  wann  ich  auch  noch  itzo  damit  wegge- 
blieben wäre.  Doch  nunmehr  ist  alles  verlohren,  und  meine 
Ehre  liegt  im  Staube.  Ich  habe  gleichwohlen,  auf  gut  Glück, 
eine  Ode  beygeschlossen,  die  Ihnen  HE.  Richter  nachschicken 
mag.  Lassen  Sie  dieselbe  aber  dem  Flaccus  nicht  sehen.  Ich 
habe  sie  nur  mitgeschickt,  zur  Beschämung  des  HE.  v.  Kleists, 
der  sich  so  nachlässig  bezeigt  in  Vollendung  seines  Gedichtes 
vom  Landleben.  Ich  habe  beständig  auf  dasselbe  gewar[tjet, 
in  der  Hoffnung,  mich  mit  schönen  Bildern  daraus  zu  berei- 
chern. Itzo  ist  gar  nicht  daran  zu  gedenken,  daß  es  sobalde 
zu  Stande  komme;  denn  er  wird  über  Ihren  frühen  Hintritt 
nicht  weniger  bestürzt  seyn,  als  ich. 

Herr  Götze  hat  an  mich  geschrieben  und  mir  berichtet, 


161) 


daß  er  den  Anakreon  mit  Anmerkungen  herausgeben  wolle. 
Er  hat  mich  um  Beytrag  ersucht.  Ich  werde  ihm  den  Ilath 
geben,  seine  Schrift  noch  einige  Zeit  zu  unterdrücken  und  fleissig 
daran  zu  poliren.  Er  meldet  mir,  daß  er  auch  an  Sie  des- 
halben geschrieben  habe;  und  wird  sich  sehr  betrüben,  wann 
er  hören  wird,  daß  derjenige,  welcher  seiner  Uebersetzung  zur 
Vollkommenheit  am  meisten  behülflich  seyn  könnte,  nicht  mehr 
lebe.  Er  hat  mir  auch  eine  Ode  auf  seines  Bruders  Tod  mit- 
geschicket,  welche  schöne  Bilder  hat.  Sie  würde  mir  noch 
besser  gefallen,  wenn  er  mehr  den  Alten,  als  der  Pyraischen 
Ode  über  Laugens  Bibelwerk  oder  auch  dem  Milton  nachge- 
ahmet  hätte.  Ich  kann  unmöglich  verdauen,  daß  ein  Engel 
vom  Himmel  herab  kommen  und  mit  einem  Etherischen  Speer 
das  Band  zwischen  Leib  uud  Seele  auflösen  muß;  und  der- 
gleichen Bilder  mehr.  Wann  Milton  mit  einem  durch  die 
Alten  befestigten  Geschmack  gelesen  wird;  so  ist  er  vollkom- 
men fähig,  einen  mit  den  erhabensten  Bildern  und  mit  einem 
göttlichen  Feüer  zu  erfüllen :  widrigenfalls,  glaube  ich,  kann 
man  zu  dein  unnatürlichsten  Dichter  durch  ihn  werden. 

HE.  von  Hagedorn  neue  Ausgabe  seiner  Lieder  bin  ich  sehr 
begierig  zu  sehen :  es  werden  vermuthlich  auch  seine  langen 
Oden  über  den  Wein,  den  Weisen  p.  darinnen  seyn.  Der 
Anfang  seiner  Ode  an  die  Anakreontischen  Dichter  ist  in  der 
That  nicht  Hagedornisch  und  das  Thema  überhaupt  ihm  unan- 
ständig. Wenn  ich  diese  Auflage  bekomme,  so  will  ich  Ihnen 
meine  Meynung  von  seinen  übrigen  anakreontischen  Liedern 
auch  überschreiben.  Denn  ich  habe  in  der  That  immer  einige 
Hoffnung,  Amor  werde  Sie  wieder  lebendig  machen,  wie  er 
Sie  schon  einmal,  wie  ich  aus  dem  andern  Theil  ihrer  Lieder 
gesehen,  vom  Tode  errettet  hat.  —  

Onolzbach.  Den  25.  May.  1747. 

Ich  bin  verdrüßlich  darüber,  daß  Herrn  Naumanns  Ueber- 
setzung des  Temple  de  Gnide  nicht  gedruckt  worden,  da  ich 
längst  gerne  dieses  Werkchen  hätte  lesen  mögen  und  von 
HE.  Naumann  mir  etwas  gutes  verspreche.  Sie  sind  übrigens 
übel  berichtet,  daß  ich  den  Musäus  übersetzet  habe:  ich  habe 
niemals  daran  im  Ernst  gedacht.    Werde  ich,  vor  meinem 


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167 


Ende,  nicht  noch  eine  von  HE.  Rani ler  übersetz[t]e  Horazische 
Ode  zu  lesen  bekommen? 

37.  Gleim  an  Uz. 

Mein  liebster  Freund, 

Ich  bin  weder  im  Himmel  noch  in  der  Hole,  sondern  auf 
der  Erde  unter  denen,  die  sie  bald  verlaßen  wollen.  Ich  be- 
finde mich  in  der  That  seit  einiger  Zeit  ganz  kranck,  

Was  haben  sie  doch  vor  einen  Begrif  von  den  elysäischen 
Feldern?  Man  sieht  wohl,  daß  sie  niemahls  da  gewesen  sind, 
wie  ich,  und  daß  sie  weniger  von  der  Warheit  derselben  über- 
zeugt sind,  als  ein  türckischer  Freygeist  von  Mahomets  Para- 
dies. Wie  berühmt  will  ich  sie  dennoch  machen,  wenn  ich 
ehe  dahin  komme,  als  sie.  Catull  und  Horatz  sollen  sie  bald 
zu  sich  wünschen. 

Lä  80U8  des  berceaux  toujours  Et  comme  eile  8911t  sagement 

verds  Par  ta  pareße  autorisöe 

Aßia  ä  cote  de  Leabie  10  Preferer  avec  agrement 

Je  leur  parlerai  de  tea  vers  Au  tour  brillant  de  la  pensee 

Et  de  ton  aimable  Genie.  La  verite  du  sentiment; 

ö  Je  leur  raconterai  comment  Et  l'exprimer  ai  tendrement 

Tu  recueillis  si  galamment,  Que  Tibulle  encor  maintenant 

La  Muse  qu'ils  avoient  laiße*e  Lo  En  est  jaloux  dans  l'Elisee. 

—  —  —  Nun  weiß  ich,  warum  ich  noch  lebe,  und  warum 
ich  so  bald  noch  nicht  sterben  werde.  Ich  soll  erst  ihre  Lieder 
zum  Druck  besorgen.  Das  ist  in  der  That  dem  Amor  ein  so 
großer  Dienst,  als  wenn  ich  nie  aufgehört  hätte,  von  seinen 
Thaten  zu  singen.  Denn  wenn  er  Ihnen  gleich  allen  Danck 
schuldig  ist,  so  bin  ich  doch  Schuld  daran,  daß  ihre  weise 
Autor  Sprödigkeit  tiberwunden  ist.  Nun  machen  sie  also,  daß 
Amor  je  eher  je  lieber  das  Vergnügen  hat,  die  Lieder  die  sie 
ihm  und  seinem  Freunde  dem  Bachus  gesungen,  zusammen  zu 
sehen.  Machen  sie  daß  deshalb  unser  Briefwechsel  etwas  hur- 
tiger geht,  und  bleiben  sie  mit  ihrer  Antwort  nicht  zu  lange 
zurück.  —  —  —  Ich  habe  festgesetzt,  daß  sie  künftige  Mi- 
chaelis Autor  seyn  sollen ;  ich  mache  es,  wie  eine  Mutter, 
die  ihrer  Tochter  einen  Mann  bestimmt.  —  —  —  Schreiben 
Sie  mir  etwas  ausführlich  ihre   völlige  Meinung  wegen  des 


168 


Drucks,  ob  sie  etwa  eine  gute  Vignette  auf  das  Titulblat  ha- 
ben, oder  noch  wählen  wollen,  ob  sie  klein  oder  gr.  8  vor- 
ziehen, und  dgl.  —  —  —  Was  die  Stellen  anbetrift,  die  etwa 
noch  zu  verändern  seyn  möchten ,  so  werde  ich  ihnen  meine 
ohnmaßgeblichen  Erinnerungen  darüber  machen,  so  bald  ich 
alles  beysainmen  habe,  was  sie  dismahl  den  Kennern  zu  lesen 
geben  wollen.  Sie  werden  vermuthlich  schon  hie  und  da  einige 
Veränderungen  gemacht  haben  in  den  Stücken,  die  ich  bereits 
habe,  es  wäre  also  gut,  wenn  sie  sie  mit  den  übrigen  zusam- 
men schreiben  ließen  mit  einem  breitem  Rande,  etwa  in  4. 
Hernach  wolte  ich  noch  einmahl  meine  Erinnerungen  machen, 
und  sie  ihnen  zur  Approbation  oder  Verwerfung  wieder  über- 
senden; bey  allem  werde  ich  HE.  Ramler  zu  Hülfe  nehmen, 
und  wenn  etwa  noch  etwas  entwischt  seyn  solte,  so  hoffe  ich, 
dali  die  Veränderungen,  die  wir  etwa  gemeinschaftlich  billigen 
würden,  auch  ihre  Approbation  erhalten  werden.  Denn  sie  wer- 
den ohnedem  nur  in  Kleinigkeiten,  etwa  in  einem  beGerm 
Reime  in  einem  richtigem  Beywort  oder  dgl.  bestehen.  Sie 
sehen  meine  völlige  Meinung  ich  darf  nichts  mehr  sagen. 

Habe  ich  ihnen  nicht  schon  geschrieben,  daß  mir  HE. 
Götze  geschrieben  hat?  Er  hat  mir  sein  Vorhaben  mit  dem 
Anakreon  gleichfuls  entdeckt,  und  sich  erbothen,  mir  sein 
Manuscript  zu  übersenden.  Ich  habe  ihm  ein  paar  Ueber- 
setzungen nach  meiner  Art  abgeschrieben,  ich  will  sie  ihnen 
doch  auch  abschreiben,  denn  es  sind  eben  die  so  sie  einmahl 
von  mir  verlangt  haben.  Schreiben  sie  mir  aufrichtig,  ob  sie 
etwas  beßer  sind,  als  die  Uebersetzungen  so  man  davon  hat, 
z.  E.  in  den  Beyträgen,  die  ich  erst  heute  gesehen  habe,  und 
ob  sie  die  Freyheiten,  die  ich  mir  nehme,  billigen.  Wenn  ich 
die  vielen  Uebersetzungen  nachsehe,  die  ich  jetzo  bey  der  Hand 
habe,  so  sind  meine  Abwege  von  dem  Original  noch  die  ge- 
ringsten. Der  Wohlklang  erfodert  so  viel  Nachsicht  als  der 
Reim.  Ich  habe  itzt  des  Barnesius,  welches  die  schönste  Edition 
ist,  des  Baxters,  des  Paw,  des  Longepierre,  des  Stephan,  der  Dacier, 
des  (iac;on,  des  de  la  Toße,  des  Andrea?  Ausgaben  und  Ueber- 
setzungen. Von  des  Rolli  ital.  Uebersetzung  habe  ich  nur  ein 
paar  Stück  gesehen,  die  mir  aber  sehr  wohl  gefallen  haben, 
des  Regnier  seine  muli  auch  beßer  seyn,  als  die  französischen. 


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109 


Ich  mochte  auch  des  Addison  englische  Uebersetzung  haben, 
aber  es  kan  sie  mir  kein  hiesiger  Buchführer  schaffen,  und 
Rolli  der  doch  nur  6  Bogen  starck  ist  soll  6  fy.  kosten.  Ich 
kam  auf  den  Einfall,  in  kurzen  Anmerckungen  Uber  die  ver- 
schiedenen Thorheiten  der  Kunstrichter  des  Anakreon  zu  scher- 
zen, aber  ich  habe  gemerckt,  daß  man  dem  Frauenzimmer  da- 
mit nicht  sehr  gefällt,  und  der  HE.  v.  Bilefeld  hat  es  mir 
völlig  aus  dem  Kopf  gebracht.  Erzählen  sie  mir  doch  die 
Oden  die  von  ihnen  tibersetzt  sind,  denn  an  diese  wage  ich 
mich  nicht,  sie  sind  unverbeßerlich.  Herrn  Götzens  Ode  auf 
seinen  Bruder  gefällt  mir  freylich  nicht  durchgehends.  Er 
ist  sich  nicht  überall  gleich,  und  ist  mit  Bildern  zu  verschwen- 
derisch am  unrechten  Orte,  und  wählt  nicht  die  besten  Um- 
stände. Z.  E.  da  er  von  seinem  Bruder  sagt,  daß  er  gut  ge- 
sungen hätte,  jedermann  meint,  er  mache  solchen  Lärm  um 

einen  Cantor.  p.  — 

Berlin  den  4^  Jun  1747. 

Dieser  Brief  ist  verschiedener  Verhinderniße  wegen  einen 
Posttag  zurück  geblieben.  Ich  befinde  mich  seit  dem  ziem- 
lich beßer,  und  habe  völlige  Hoffnung,  daß  ich  sie  noch  zum 
Autor  machen  werde.  —  —  — 

HE.  Krause,  Secretair  beim  Graf  von  Rothenburg,  läßt 
sich  ihnen  empfehlen.  Er  wird  sie  ehestens  zum  Richter  über 
einige  Gedancken  von  der  musikalischen  Poesie  machen.  Ich 
habe  sie  dazu  vorgeschlagen,  weil  sie  die  Music  verstehen. 
Ich  habe  ihm  zu  gefallen  eine  anakreontische  Cantate  gemacht, 
die  er  in  Noten  gesetzt  hat,  daran  er  aber  länger  polirt  und 
arbeitet,  als  ich  geduldig  bin.  —  —  — 

Der  HE.  von  Kleist  arbeitet  jetzt  fleißig  an  seinem  Land- 
leben, nachdem  die  Revue  vorbey  ist,  und  weil  er  immer  das 
alte  verbeßert,  so  will  er  noch  nicht  gern  Abschriften  davon 
geben.  Ich  will  Ihnen  den  Früling  schicken  so  bald  er  ganz 
fertig  ist.  HE.  Naumanns  Temple  de  Gnide  ist  wegen  Mangel 
an  feinem  Papier  noch  nicht  unter  der  Preße.  —  —  — 

Ihre1)  Ode:  der  Weise  auf  dem  Lande,  ist  eine  ihrer  schön- 
sten.   Sie  gefällt  allen  Kennern,  denen  ich  sie  communicirt 

1)  Die  folgende  beilage  auf  zwei  oktavblättern. 


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habe,  und  hat  die  Fragen  vermehrt:  haben  sie  nichts  neues 
von  HE.  Uz.  Sie  sind  in  der  That  gar  zu  sparsam.  Allemahl 
nur  1  oder  höchstens  2  kleine  Stücke.  Nonum  premis  in  an- 
num.  Ich  will  dennoch  in  der  Eil  einige  Erinnerungen  ma- 
chen  — 

Sie  sehen,  was  dis  für  Kleinigkeiten  sind,  ich  darf  mich 
daher  kaum  entschuldigen. 

Den  Platz  voll  zu  raachen. 

Der  Abt 

Ich  bin  ein  Abt,  das  müßt  ihr  wiGen, 
Und  zwar  im  Trincken  und  im  KüGcn 
Ein  rechter  Abt. 

Stete  durst  ich,  wenn  ich  Beichte  sitze 
ö  Nach  Andachts  und  nach  Sommerhitze 
Hat  mich  schon  mancher  Trunck  gelabt. 

Nicht  sparhaft  für  den  andern  Morgen 
Zwar  alt,  doch  nicht  zu  alt  von  Sorgen 
Reich  ich  mein  Gl  ab 
10  Der  Nonne,  die  mich  liebt  und  ehret 
Und  wenn  sie  sonst  noch  was  begehret 
So  geb  ich  ihr  auch  wohl  dis  was. 

Der  Nonne  wolt  ich  noch  entsagen 
Und  so  ein  Schloß,  wie  Weiber,  tragen 
l*>  Um  Papst  zu  seyn. 

Doch  ich  vertauschte  keine  Kronen 
Kein  dreyfach  b ersehen  Ober  Thronen 
Für  meinen  lieben  alten  Wein. 

Haben  sie  nun  den  neuen  Hagedorn  gesehen?  Er  hat 
mir  seit  langem  nicht  geschrieben,  und  auf  die  Einladung  in 
den  Labyrinth  nicht  geantwortet.  Es  ist  indeG  nicht  möglich 
daß  er  das,  was  ich  ihm  seiner  Ode  wegen  geschrieben  übel 
genommen  hat. 

Woher,  du  liebe  Taube,  ■)  DaL\  wo  du  schwebest,  Balsam 

Woher  koinst  du  geflogen?         ■>  Von  dir  herunter  tröpfelt? 
Wer  hat  dich  so  durchsalbet,         Wer  ist  dein  Herr.  Geliebte?') 

1)  Hier  folgen  Gleims  bemerkungen,  vgl.  Sauers  ausgäbe  s.  47— 51. 

2)  Vers  1  übergeschrieben :  „mein  liebes  Täubchen"  und  am  rande 
die  benierkung:  .(Aber  mir  gefallen  die  diminutiva  niemahls.)' 

Am  rande:  Ba)  Der  HE  v.  Paw  möchte  gern  wißen  wer  derjenige 


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Sag  es,  ich  muß  es  wißen. 


2."»  Will  ich  ihm  willig  dienen. 
Wog  hätt  ich  von  der  Freyhcit? 
In  wilden  Wüsteneyen 
Auf  Bergen,  auf  dem  Felde 
Wo  ich  dann  fliegen  müßte 


Anakreon,  der  Dichter. 


Er  schickt  mich  zu  Batbyllen 


lo  Zu  seinem  liebsten  Freunde 
Zum  Herscher  aller  Hertzen 
Zum  Liebling  aller  Mädchen. 
Ich  diente  sonst  Cytheren ; 
Allein  es  sang  der  Dichter 


:»)  Da  hört  ich  keine  Lieder. 
Ich  saß  auf  dürren  Bäumen 
Und  speißte,  wie  die  Krähe 
Und  wie  gemeine  Tauben 
Nur  bäurische  Gerichte. 


1*.  Auf  sie  ein  kleines  Liedchen, 


Da  gab  mich  ihm  Cytherc. l)  &>  Itzt  nehm  ich  meine  Speise 
Seit  dem  dien  ich  mit  Freuden      Aus  meines  Wirthes  Händen 


gewesen  sey,  der  Anakreons  Taube  in  ihrem  Fluge  aufgehalten  und  sie 
so  neugierig  gefragt  habe.  Er  meint,  es  sey  ein  Freund  des  Dichters 
gewesen,  aber  da  er  es  doch  nicht  gewiß  sagen  kan,  so  ist  er  so  gütig, 
und  überläßt  einem  jeden  die  Freyheit  zu  glauben,  daß  es  auch  wohl 
sonst  nur  ein  sannscher  oder  atheniensischer  Bürger  gewesen  sey,  dem 
sie  über  den  Kopf  hingeflogen.  Wenn  der  HE.  von  Paw.  nach  den 
Alterthümern  ausgemacht  hätte,  welche  Einwohner  ob  die  zu  Samos 
oder  zu  Athen  am  neugierigsten  gewesen,  so  wäre  er  der  Warheit 
näher  gekommen.4 

„b)  Der  zornige  HE.  v.  Paw  fragt  bey  dieser  »Stelle:  Kan  wohl  ein 
nicht  närrischer  Mensch  auf  diese  Art  von  sich  selbst  reden,  und  eine 
solche  Hochachtung  für  seine  Wercke  verrathen  ?  und  er  antwortet 
darauf:  der  artige  und  bescheidene  Anakreon  kan  so  thöricht  nicht  ge- 
wesen seyn,  und  folglich  hat  diese  Ode  gewiß  einen  andern  gelehrten 
und  aufgeweckten  Mann  zum  Verfaßer.  Sehet  da  einen  redlichen 
Kunstrichter,  welcher  hiemit  aufrichtig  gesteht,  daß  ein  gelehrter  und 
aufgeweckter  Mann,  nicht  nöthig  habe,  so  gesittet  zu  seyn,  als  ein 
halbgelehrter  artiger  Dichter.  Ich  möchte  indeß  diese  Ode  dem  Ana- 
kreon aus  einem  anderm  Grunde  absprechen,  wenn  es  HE.  v.  Paw  mir 
nicht  Übel  nehmen  wolte.  Ich  will  es  doch  wagen.  Wenn  Anakreon 
diese  Ode  gemacht  hat,  was  hatte  er  denn  nöthig  die  Taube,  die  er 
selbst  auHgeschickt  hatte  dergestallt  zu  befragen?  Aber  es  waren  viel- 
leicht besondere  Umstände,  die  ihn  veranlaßeten,  die  Schmeicheley  die 
seinen  Freund  den  Bathyl  angeht,  vielmehr  einem  andern  von  der  Taube 
sagen  zu  laßen  als  sich  selbst.  * 


Dem  Dichter,  statt  der  Göttin. 
Ich  höre  seine  Lieder, 


Er  trinckt  mir  zu,  ich  trincke 
Mit  ihm  aus  einem  Becher 
Und  wenn  ich  gnug  getruncken 


2*j  Und  izo,  wie  du  siehest 
Bestell  ich  seine  Briefe. 
Er  sagt  er  wolle  nächstens 
Mir  meine  Freyheit  geben 
Allein,  so  lang  ich  lebe, 


10  Dann  tanz  ich,  und  bin  frölich, 
Und  breite  meine  Flügel 
Dicht  über  seine  Scheitel 
Und  schlaf  auf  seiner  Leier. 


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Adieu,  nun  weist  du  alles.  Denn,  ich  muß  dir  es  sagen, 

I  i  Ich  habe  gnug  geplaudert.  Ich  bin  kein  Wachspuliirer 

Du  machst  mich  recht  zur         Allein  ich  will  den  Amor 

Krähe.     lü  Den  Gott,  der  alles  liebet,-) 
Nicht  i&nger  bey  mir  dulden. 

Ein  wächserner  Cupido  Da,  hier  ist  Qeld,  ich  nehme 

Ward  mir  einst  feil  gebothen.        Den  schönen  Schlaf  gesellen. 

Da  fragt  ich  den  Verkäufer:         Nun  hurtig,  lieber  Amor 

Wie  viel  soll  ich  dir  geben?       15  Nun  mache,  daß  ich  brenne 
.>  Er  sprach :  gieb  mir  nur  hurtig')     Wo  nicht,  so  sollst  du  schmelzen ! 

So  viel  als  dir  beliebet. 

Haben  sie  die  Gedichte  der  beyden  Sukro  gelesen,  von 
denen  Bodraer  collective  sagt,  daß  sie  kühn  nach  Hallers  Laute 
greifen.  Der  eine,  welcher  der  beßere  ist,  hat  Lehrgedichte 
und  Fabeln  zusammen  drucken  laßen.  Der  andre  hat  ver- 
schiedene Gedichte  und  letztens  2  poetische  Sendschreiben  an 
HE.  Bodmer  und  an  einen  hochbestalten  Lieutenant  heraus- 
gegeben, auf  die  sich  ihr  Lied  schickt :  Magister  Duns  p.  Was 
für  eine  poetische  Sprache.  Wie  schwer!  wie  holpericht!  wie 
abstract,  wie  hoch!  wie  niedrig!  wie  gemein! 

Ich  kenne  nun  auch  den  Gr.  Algarotti  von  Person.  Er 
macht  die  schlechteste  Figur  von  der  Welt,  Er  ist  klein, 
mager,  er  hat  gar  keine  Waden,  seine  Nase  ist  so  groß,  wie 
sein  ganzes  Gesicht,  äuserlich  bewegt  er  sich  so  schnell  wie 
ein  Franzose,  und  scheint  eben  so  zu  schmeicheln*.  Der  HE. 
v.  Bilefeld  hat  mir  indeß  versichert,  daß  er  jetzo  weit  gründ- 
licher gelehrt  sey  als  seit  6  Jahren,  da  er  hier  war,  er  hat 
seit  dem  in  Dresden  und  Venedig  fleißig  studiert,  und  arbeitet 
jetzt  an  einer  französischen  Uebersetzung  seiner  philosophie 
pour  les  Dame8. 


38.  Uz  an  Gleim. 

—  —  —  Hiemit  bekommen  Sie  die  eine  Hälfte  meiner 

1)  Am  rande  zu  vers  5  :  «Das  Verlangen  des  Verkaufers  ihn  loßzuwer- 
den  beßer  auszudrücken,  denn  das  gibt  uns  doch  keine  Idee." 

2)  Am  raude  zu  vers  10:  „Könte  man  dis  nicht  beßer  auslaßen? 
Man  erkennt  die  Uhrsach  des  Verkaufs  doch  hinlänglich  in  der  Rede 
des  Verkäufers." 

*  Am  rande:  „nein  er  schmeichelt,  wie  ein  Italiäner.« 


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Lieder,  soviel  ich  deren  in  Eile  noch  einmal  durchsehen  können. 
Sie  wollen  dieselben  zum  Druck  besorgen;  und  diese  Ihre  An- 
erbietung, die  mit  so  vieler  Mühe  von  Ihrer  Seite  verknüpfet 
ist,  bezeuget  Ihre  Freundschaft  gegen  mich  auf  eiue  so  aus- 
nehmende Art,  daß  ich  sie  nicht  ausschlagen  kann,  wann  ich 
gleich  fürchte,  daG  ich  zu  einem  Autor  noch  nicht  reif  sey. 
Ich  verlasse  mich  auf  Ihren  Beystand.  Sie  werden  mich  nicht 
schonen,  sondern  erinnern  und  verbessern,  was  Ihnen  dessen 
bedürftig  scheint;  und  wie  viel  dieser  Art  wird  Ihnen  vor- 
kommen !  Ich  habe  zwar  selbst  hin  und  wieder  einige  Ver- 
änderungen gemacht,  aber  es  bleibt  noch  eben  so  viel  übrig. 
Ich  sehe  selbst  noch  manche  matte  Stelle,  ohne  im  Stande  zu 
seyn,  sie  zu  verbessern.  Es  ist  in  der  That  eine  verdrüssliche 
Arbeit  um  diese  Verbesserung;  und  die  Verfertigung  neüer 
Stücke  ist  weit  angenehmer. 

Ich  habe  die  abgeschriebenen  Lieder  in  die  Ordnung  ge- 
stellt, wie  ich  sie  ungefehr  nach  und  nach  gemacht  habe. 
Durch  diese  Rangordnung  kommen  ernsthafte  und  lustige  unter- 
einander und  erhebt  eines  das  andere.  Ueber  diese  mitkom- 
menden Stücke  haben  Sie  mir  noch  gar  keine  Critiken  ge- 
schickt; dahero  werden  Sie  desto  mehr  zu  verbessern  finden, 
sonderlich  in  dem  Gedicht  an  Sie  und  dem  Lobgesange  des 
Frühlings.  Die  Durchsehung  der  andern  Hälfte  meiner  Lieder, 
die  stärker  seyn  wird,  als  die  dermalige,  werde  ich  nunmehro 
ungesäumt  vor  die  Hand  nehmen;  und  Sie  sollen  dieselbe  er- 
halten, sobald  ich  einen  Brief  von  Ihnen  bekommen  werde. 
Ich  werde  Dero  Critiken  wohl  zu  gebrauchen  wissen;  und 
wann  ich  andrer  Meinung  bin,  Ihnen  meine  Gründe  vorstellen. 
Die  Verbesserungen  und  Critiken  meiner  Ode:  Der  Weise  auf 
dem  Lande,  billige  ich  und  bin  Ihnen  dafür  verbunden.  Ein 
Paar  Stellen  lassen  mich  noch  zweifelhaft,  wie  ich  Ihnen  sagen 
werde,  wann  ich  diese  Ode  Ihnen,  noch  einmal  übersehen,  zu- 
schicke. Sie  werden  ein  Paar  Stücke  darunter  finden,  die  Sie 
noch  nicht  gelesen  haben  :  ich  hatte  sie  schon  ehemals  ange- 
fangen, aber  unvollendet  liegen  lassen,  bey  dieser  Gelegenheit 
aber  gar  vollendet.  Ich  würde  auch  die  Pfirsig  beygefüget 
haben,  wann  Sie  mir  in  ihrer  itzigen  Gestalt  gefiele.  Ich 
wollte,  daß  sie  herauskäme,  wie  Anakreons  Lied  an  das  thra- 


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ciscbe  Mutterpferd:  es  muß  ein  leichtes  freyes  Wesen  hinein- 
kommen, sonst  bleibt  sie  besser  weg:  und  es  ist  auch  kein 
Schade  um  sie. 

Wegen  des  Druckes,  verlasse  ich  mich  auf  Ihren  vollkom- 
men guten  Geschmack,  mein  Wertbester.  Sie  werden  schon 
sorgen,  daß  ich  sauber  und  reinlich  der  AVeit  mich  zeigen 
kann  :  denn  cum  fastu  in  die  gelehrte  Welt  zu  treten,  möchte 
einem  Neuling,  der  noch  nicht  weiß,  ob  er  gelobt  oder  ge- 
tadelt wird,  für  übel  genommen  werden.  Etwas  grosses  Papier 
ziehe  ich  dem  kleinen  deswegen  für,  weil,  ausser  dessen  bes- 
sern Ansehen,  ziemlich  lange  Sylbenmaase  bey  einigen  meiner 
Lieder  sind,  und  man,  wenn  die  Zeilen  unabgebrochen  stehen 
sollten,  sehr  kleine  Buchstaben  nehmen  müsste,  die  mir  nicht 
gefallen.  Eine  gute  Vignette  auf  dem  Titulblatte  ziert,  und, 
wann  sie  eine  angenehme  Erfindung  hat,  wie  z.  E.  bey  des 
HE.  v.  Hagedorn  lsten  Theii  der  Lieder,  so  setzt  sie  den  Leser 
in  eine  fröhliche  Verfassung  des  Gemüths.  Allein  dies  kommt 
auf  Sie  und  vielleicht  noch  mehr  den  Verleger  an ,  keine 
Vignette  ist  allenfalls  besser  als  eine  schlechte. 

Sie  verpflichten  mich  übrigens  zu  der  grossten  Dankbar- 
keit wie  schon  dadurch,  daü  Sie  mich  aus  der  Dunkelheit  her- 
vorziehen wollen,  als  noch  mehr  dadurch,  wann  Sie  meine  Ge- 
dichte, nebst  HE.  Ramlern,  genau  prüfen  und,  wo  möglich, 
verbessern  werden.  Judicium  supremum  esto  tuum. 

Ich  erfreue  mich,  daß  Sie  an  den  Liedern  Anakreons  wie- 
der Ehre  einlegen  wollen.  Niemand  ist  im  Stande,  sie  mit 
solcher  Anmuth  detitsch  zu  geben,  als  derjenige,  der  selbst 
ein  deütscher  Anakreon  ist.  Ihre  mir  überschickten  Proben 
sind  vollkommen  schön  und  desto  bewundernswürdiger,  je 
für  schwerer  ich  sie  allezeit  gehalten  habe.  Ich  bin  völlig 
Ihrer  Meinung,  daß  der  Wohlklang  einige  Freyheiten  nöthig 
mache ;  und  HE.  Götze  war  in  diesem  Stücke  zu  gewissenhaft, 
und  verfiel  dadurch  ins  Rauhe.  Doch  wird  höchstnöthig  seyn, 
von  der  griechischen  Einfalt  im  Erzehlen  so  wenig,  als  mög- 
lich, abzuweichen.  Der  wächserne  Cupido  kann  seine  Frey- 
heiten bey  mir  alle  rechtfertigen,  und  würde  ich  nicht  billigen, 
wann  sie  die  Zeile  wegliessen,  worinn  der  junge  Mensch  Ur- 
sache giebt,  warum  er  den  Amor  verkaufe;  und  ihn  wie  mich 


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deücht,  einer  Habsucht  beschuldiget.  In  der  Taube  haben  Sie 
sich  mehrerer  Freyheiteu  bedienet.  Es  scheint  mir  einfältiger 
erzehlt,  wann  die  Taube  anfangt,  wie  im  Griechischen:  Ana- 
kreon  schickt  mich  p.  und  auch  dieses:  Cythere  gab  mich 
dem  Dichter  für  eines  seiner  Liedgen.  Und  speiste,  wie 
die  Krähe,  ist  ein  Zusatz,  der  sich  aufs  nachfolgende  be- 
zieht und  mir  etwas  zu  gekünstelt  für  die  Anakreon tische  Ein- 
falt zu  seyn  [scheint].  Ich  gestehe  Ihnen,  dali  ich  Ihre  ana- 
kreontische  Sachen  recht  mit  Furcht  tadle.  Ich  besorge  immer, 
meinen  geringen  Geschmack  in  dieser  Schreibart  zu  verrathen : 
denn  wer  will  sich  in  diesem  Stücke  zu  Ihnen  vergleichen  ? 
Alles  was  Sie  schreiben  ist  schön ;  und  ich  bitte  Sie,  bey  Ver- 
|  pjflegung  fremder  Musen  Ihre  eigene  weit  artigere  Muse  nicht 

zu  vergessen.  

Anspach,  den  3.  Jul.  1747. 

—  —  —  Machen  Sie  Ihren  und  meinen  Freünden  mein 
ergebenstes  Compliment  und  auch  dem  HE.  Secretair  Krause.  Es 
wird  mir  besonders  angenehm  seyn,  wann  ich  dessen  Gedanken 
von  der  musikalischen  Poesie  zu  lesen  bekomme,  ob  ich  gleich 
ein  schlechter  Kenner  von  der  Musik  bin.  Eine  Cantate  will 
ich  machen,  durch  sie  meine  Lieder  zu  beschliessen.  Ich  muß 
aber  vorher  die  Ihrige  sehen.  In  den  Leipziger  Belustigungen 
steht  eine  artige. 

39.  Gleim  an  Uz. 

Wehrtester  Freund, 

Ihr  Schreiben  und  ihre  Musen  sind  glücklich  bey  mir  an- 
gelanget, und  ich  sehe  denen,  welche  ihnen  folgen  sollen,  mit 
Sehnsucht  entgegen.  Die  Einladung  zur  Lust  und  der  Morgen, 
welches  die  beyden  neuen  Stücke  sind,  so  ich  noch  nicht  gesehen 
habe,  sind  den  übrigen  an  Artigkeit  völlig  gleich.  —  —  — 
Indeß  habe  ich  ihnen  gleich  antworten  wollen,  damit  sie  nicht 
säumen  möchten,  die  übrigen  Stücke  nachzuschicken.  So  bald 
sie  dis  gethan  haben,  sollen  sie  die  Heurtheilung  über  die  erste 
Colon ne  erhalten.  Ich  reise  morgen  auf  einige  Tage  nach  Wu- 
sterhausen, dahin  sollen  mich  ihre  Musen  begleiten,  —  —  — 

Da  ich  hier  mit  der  Hölle  und  dem  Himmel  scherze, 


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schreibt  mir  HE.  Spalding,  daß  er  seinem  sterbenden  Vater 

zu  sehen  müße,  und  HE.  Salzer,  daß  sein  bester  Freund  in 

Zürch  HE.  Waser  gestorben  sey.  Er  hat  sich  erst  im  vorigen 

Jahre  mit  dem  artigsten  Mädchen  verheyrathet ,    das  alle 

Schweitzer  loben,  die  hieher  kommen,  und  von  dem  einige 

von  den  letzten  freundschaftlichen  Briefen  herrühren.    Ist  das 

nicht  eine  gute  Erinnerung  zu  ernsthaftem  Gedancken !  Allein 

es  ist  gut,  daß  Ohaulieu  eben  bey  mir  ist.    Er  sagt  mir: 

Qu'iinporte  que  la  Vieilleße 
Vers  moi  s'avance  ä  grands  paa 
Qu  and  Epicure  et  Lucrece 
M'apprennent  que  la  Sageße 
Veut,  qu'au  Sortir  d'un  repas 
Ou  du  Lit  de  »a  Maitresse 
Content,  on  aille  lä  bas. 

Ich  freue  mich,  daß  sie  mit  meiner  Verdeutschung  Ana- 
Ii  reo  ns  noch  so  ziemlich  zufrieden  sind.  Ich  habe  mehrere 
Strenge  von  ihnen  vermnthet.  Dem  HE.  v.  Bilefeld  hat  der 
Zusatz:  Und  speiste,  wie  die  Krähe,  besonders  ge- 
fallen, und  zwar  aus  eben  der  Ursach,  aus  der  sie  ihn  ver- 
werfen, weil  er  sich  aufs  nachfolgende  bezieht.  Einiges  Frauen- 
Zimmer  hat  eben  so  geurtheilt.  Ich  sehe  daraus,  daß  etwas 
mehr  Kunst  nicht  mißfällt,  aber  daß  sie  Kenner  von  der  scho- 
nen Einfalt  unterscheiden.  Es  ist  allerdings  natürlicher  ge- 
sagt: Anakreon  schickt  mich  p.  Aber  wie  kan  man  es  so  in 
Scansion  bringen?  Sie  sind  der  vollkommenste  Kenner  der 
Anakreontischen  Vollkommenheit,  und  wo  sie  mich  nicht  eben 
so  dreist  beurtheilen  wollen,  als  ich  sie,  so  werden  sie  mich 
zu  größerer  Bescheidenheit  nöthigen.  Herr  Götze  hat  mir 
sein  Manuscript  vom  Anakreon  mit  Anmerckungen  geschickt, 
und  verlangt,  daß  ich  seine  Anmerckungen  zu  den  meinigen 
mischen  möchte.  Allein  es  würde  1)  ein  wunderlicher  Misch- 
masch von  Ernst  und  Lust  werden,  und  dann  ist  der  hiesige 
Geschmack  den  Anmerckungen  unter  Gedichten  so  feind,  daß 
ich  keine  Lust  habe  ihn  zu  beleidigen,  da  ich  nicht  Geschick- 
lichkeit genug  habe,  ihn  zu  nöthigen  daß  er  in  absieht  auf 
mich  eine  Ausnahme  machen  müße.  Es  würde  doch  allemahl 
heißen:  Er  kramt  seine  Gelehrsamkeit  aus;  wie  ich  oft  bey 
Gelegenheit  der  Ilagedornsehen  Anmerckungen  gehört  habe. 


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Ich  möchte  daher  lieber  die  griechischen  Sitten  und  Alter- 
thflmer  so  viel  möglich  mit  den  unsrigen  vertauschen.  Kolli 
soll  dis  im  italiänischen  gethan  haben.  Ich  möchte  deshalb 
seine  Uebersetzung  auftreiben  können,  wie  auch  die  englische 
des  Addison.  HErr  Götze  schreibt  mir,  daß  sie  Ober  die  ersten 
Oden  gleichfalls  Anmerckungen  in  Halle  gemacht  hätten,  und 
daß  sie  sie  mir  überlaßen  würden,  wenn  ich  sie  darum  er- 
suchte. Vielleicht  machen  sie  mir  dadurch  die  Anmerckungen 
wieder  angenehm.  Vor  allem  aber  nennen  sie  mir  doch  näch- 
stens alle  die  Oden,  die  von  ihnen  herkommen,  und  die  sie 
etwa  schon  übersetzt  haben.    Denn  an  diese  wage  ich  mich 

nicht.  Was  sie  von  dem  Druck  dem  Papier  und 

den  Vignetten  geschrieben,  das  werde  ich  zu  seiner  Zeit  be- 
obachten. Laßen  sie  es  nur  an  sich  nicht  fehlen,  und  ant- 
worten sie  mir  etwas  geschwinder,  als  das  letzte  mahl.  Herr 
Naumann,  dem  ich  heute  die  Nachricht  von  unserm  Vorhaben 
überbracht,  will  mich  in  dem  Amt  eines  Critici  beystehen, 
wenn  sie  es  ihm  erlauben  wollen.  Er  läßt  sich  bestens  em- 
pfehlen. Schreibt  ihnen  der  HE.  v.  Kleist  nicht  mehr?  Oder 
fehlt  es  an  ihnen?  —  —  — 
Berlin  den  14  Jul.  1747. 

Gestern  wurde  der  Grundstein  zu  der  catholischen  neuen 
Kirche  gelegt.  Ich  müste  ihnen  einen  besondern  Brief  davon 
schreiben  ast  haec  nihil  ad  nos.  Berlin  bekomt  ein  prächtiges 
Gebäude  mehr.  Der  Dhom  wird  gleichfals  neu,  und  ander- 
wertshin  gebauet,  wodurch  der  Platz  neben  dem  Schloße  an- 
sehnlicher werden  wird.  Haben  sie  schon  das  hiesige  Oper- 
hauß  in  Kupfer  gesehen?    Es  ist  in  Augspurg  gestochen. 

Der  HE.  v.  Hagedorn  hat  mir  einen  Brief  geschrieben, 
worin  er  mir  sagt,  daß  seine  Ode  Anakreon  nicht  auf  mich 
ziele,  sondern  wieder  einige  Lieder  deren  Verfaßer  sich  unan- 
ständige Freybeiten  wieder  die  Rel.[igion]  genommen,  und  er 
ersucht  mich  mit  ihm  gemeinschaftlich  diese  Freygeister  zu 
erinnern,  daß  sie  ihren  Witz  beßer  anwenden  möchten.  Er 
meint  im  ganzen  Anakreon  nichts  zu  finden,  daß  wieder  die 
griechischen  Gottheiten  gerichtet  wäre.  Sagen  sie  mir  doch, 
ob  das  Lied  auf  die  Grille  nicht  ganz  deutlich  die  Meinungen 
von  den  Göttern  ohne  Fleisch  und  Blut  verspottet  u.  d.  g. 

G  1  eira-Us,  Briefwechsel.  12 


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Aus  beykommender  Ode  können  sie  ersehen,  wie  vergeb- 
lich sich  ihre  Nachfolger  bemühen  die  Schönheit  ihres  Silbeu- 
maßes,  wie  sie,  zu  erreichen.  Aber  wie  viel  Mühe  mQÜen 
sie  gehabt  haben,  ich  dächte  aber  doch,  daß  sie  endlich  eine 
Fertigkeit  würden  bekommen  haben ;  die  Sprache  hätte  ihnen 
gehorsamen  und  reine  Dactilen  in  Menge  liefern  müßen,  ohne 
schwazhafter  zu  werden. 

Der  Timoleon  liegt  für  sie  parat.  Wenn  ich  wüste,  was 
sie  noch  von  dergleichen  Sachen  dort  nicht  haben  können, 
so  wolte  ich  ihn  einmahl  nebst  andern  Sachen  einpacken.  HE. 
Krause  ist  jetzt  in  Cüstrin.  Herr  Prof.  Maaß,  ein  Freund  ihrer 
Muse,  ist  jetzt  nieine  meiste  Gesellschaft.  HE.  von  Bilefeld 
ist  in  Ituppin.  Er  ist  vor  einigen  Tagen,  Curator  otnnium 
Academiaruin  an  des  Geh.  Rath  Jordans  Stelle  geworden,  und 
das  geistliche  Departement  ist  von  der  Curatei  gänzlich  aus- 
geschloßen. 

40.  Uz  an  Gleim. 

Wehrtester  Freünd, 

Hier  haben  Sie  nuu  alle  meine  Kleinigkeiten.  Ich  wünsche, 
daß  Sie  Ihnen  gefallen  :  so  würde  mir  um  den  Beyfall  aller 
Kenner  nicht  bange  seyn.  Ich  habe  mich  Ihrer  Critiken  be- 
dienet, meine  Musen  vollkommener  zu  machen.  Vieles  ist  un- 
verbessert  geblieben,  welches  ich  selbst  bemerke,  aber  nicht 
im  Stande  bin,  zu  ändern.  Vielleicht  glückt  es  Ihnen  besser, 
einige  matte  Stellen  zu  verändern.  Wenigstens  bitte  ich  Sie, 
mir  Ihre  Gedanken  bey  allem,  was  Ihnen  nicht  gefällt,  auf- 
richtigst zu  überschreiben.  Vielleicht  bringen  Sie  mich  hier 
und  dar  auf  glücklichere  Gedanken ;  und  setzen  also  meine 
Lieder  in  einen  Stand,  in  welchen  ich  sie  allein  nicht  zu  setzen 
vermöchte.  Sie  sind  verbunden ,  Ihren  Fleiß  darauf  zu  wen- 
den:  denn  man  würde  sich  an  Sie  halteu,  wenn  Sie  etwas 
allzuschlechtes  zum  Drucke  beförderten.  Nehmen  Sie  HE. 
Ramlern  und  HE.  Naumann  zu  Assistenten  in  Ausmistung 
dieses  Stalles.  Bitten  Sie  diese  critischen  Kenner  in  meinem 
Nahmen  darum  und  vermelden  Ihnen  mein  ergebenstes  Com- 
pliment.    Ich  hätte  Ihnen  gerne  noch  eine  Ode  beygefüget, 


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die  ich  angefangen,  aber  nicht  Feüer  genug  gehabt  habe,  sie  zu 
vollenden.  Vielleicht  kann  ich  Sie  Ihnen  doch  noch  schicken. 
Doch  es  sind  der  Kleinigkeiten  ohnehin  schon  genug;  und  ich 
will  erst  sehen,  ob  meine  Muse  sich  der  Kenner  Beyfall  er- 
wirbt. Vielleicht  würde  ich  solchenfalls  ermuntert,  mich  auch 
in  der  höheren  Ode  zu  versuchen,  wozu  ich  noch  nicht  Stärke 
genug  besitze.  Denn  ich  sehe  wohl  ein,  wie  viel  dazu  ge- 
höret ;  und  lobe  diejenigen  heiitigen  deütschen  Odenschreiber 
gar  nicht,  qui  nouis  verborum  portentis  et  inauditis  numero- 
rum  tonitribus,  insanisque  translationibus  Pindaricum  scilicet 
et  Uoratianum  spiritum,  simul  cum  sensi[bi]li  eorum  ac  prope 
animabili,  spirantique  dictione,  putaruut  in  vernaculam  linguam 
allaturas:  qui  dum  nouas  locutiones  moliuntur,  nouum  barbariie 
gen us  aduexerunt.  Sie  werden  Sich  dieser  Worte  aus  des  Vor- 
trefflichen Gravinae  Schreiben  an  den  Marchese  Maffei,  das  in  dem 
Büchersaal  der  schönen  Wissenschaften  stehet,  erinnert  haben. 
Dieser  Brief  scheint,  meinem  Geschmacke  nach,  würdig  zu  seyn, 
daß  ihn  alle  diejenigen,  welche  Oden  schreiben  wollen,  auswendig 
lernten  und  sich  genau  darnach  richteten.  Aber  unsre  besten 
Kunstrichter  reden  von  nichts  als  Mahlereyen,  Stärke  im  Aus- 
druck; und  vergessen  des  schönen  Natürlichen,  der  edlen  Ein- 
falt der  Alten,  ihres  ungekünstelten  Ausdruckes.  Dahero,  wie 
gleichfalls  Gravina  sagt,  inueniendi  subtilitas,  verborumque  ac 
numerorum  luxus  adeo  increbrescit,  ut  extinguat  natura* 
similitudinein;  tum  in  eloquentiue  locum  succedit  verborum  et 
argumentorum  luxuries,  ipsa  barbarie  absurdior.  Furenti  enim 
est,  quam  loquenti  similior,  quisquis  eloquentiie  sua)  landein 
a  loquentinm  dissimilitudine  petit.  Ich  weis  nicht,  ob  nicht 
auch  HE.  Lange  vielmals  auf  solche  Abwege  gerathen:  denn 
seine  letztern  herausgegebenfenj  Oden  habe  ich  noch  nicht  ge- 
lesen. Ich  glaube  aber,  wann  dieser  feürige  Geist  das  natür- 
liche des  Horaz  sosehr  bemüht  wäre,  nachzuahmen,  als  er  die 
Lebhaftigkeit  seiner  Bilder  und  Ausdrücke  zu  erreichen  sucht; 
seine  Lieder  würden  weit  reizender  und  nicht  oftmals  so  rauh 
und  gekünstelt  seyn.  Auch  der  Verfasser  des  Liedes  an  den 
Frühling,  welches  sehr  viel  schönes  hat,  affectirt  eine  Luxu- 
riem  im  Ausdrucke  und  künstelt  zu  sehr.  Wissen  Sie  nicht, 
wer  den  Jüngling  schreibt?  Wie  reizend  singt  Chaulieu!  Wie 

12* 


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180 

sehr  liebe  ich  ihn !  Er  verknüpft  eine  feürige  Einbildungs- 
kraft mit  einem  so  natürlichen  Wesen,  daß  seine  Lieder  alle 
den  Weg  zum  Herzen  finden,  aus  welchem  sie  geflossen.  Es 
ist  mir  lieb,  daß  Sie  ihm  auch  gewogen  sind,  wie  ich  daraus 
vermuthe,  weil  Sie  ihn  zum  öftern  anführen.  Haben  Sie 
vielleicht  die  neüeste  Edition?  und  ist  sie  vermehrt?  Wie 
könnten  Sie  aber  dem  Chaulieu  nicht  gewogen  seyn,  diesem 
würdigen  Schüler  Anakreons !  Doch  er  hat  die  alte  Einfalt 
des  Griechen  nicht  erreicht,  oder  nicht  zu  erreichen  gesucht: 
denn  sein  Ausdruck  und  seine  Art  zu  denken  ist  vielleicht 
mehr  horazisch.  Ich  glaube  in  der  That,  da  Ii  ein  heutiger 
Witz  nicht  immer  so  reizendein  faltig  denken  könne,  als  dieser 
alte  Grieche,  nach  der  Beschaffenheit  seiner  noch  nicht  so 
geübten  Zeiten,  natürlicherweise  gedacht  hat.  Vielleicht  ist 
aber  auch  diese  grosse  Einfalt  dem  anakreontischen  Liede  nicht 
eben  wesentlich.  Sie,  mein  Allerliebster,  haben  dieselbe  so 
oft  in  Ihren  Liedern  ausgedrückt,  daß  man  wohl  sieht,  wie 
sehr  Ihr  Witz  dazu  geschickt  sey.  Denn,  Sie  haben  Recht; 
ein  wenig  mehr  Kunst  gefallt  nicht  weniger,  und  kann  in 
eignen  Ausarbeitungen  nicht  getadelt  werden.  Nur  in  Ueber- 
setzungen  des  Anakreons  muß  man,  meiner  Meinung  nach,  so- 
viel möglich,  seinen  Charackter,  wovon  diese  reizende  Einfalt 
ein  Hauptstück  ist,  beyzubehalten  suchen.  Ich  erkenne  die 
Schwürigkeit  dieser  Unternehmung  und  niemand  ist  dersel- 
ben gewachsen,  als  Sie.  Ich  habe  noch  in  Halle  dem  genie 
des  Anakreontischen  Liedes  sehr  nachgedacht  und  dahero,  zu 
meiner  Uebnng,  einige  solche  Lieder  zu  aualysiren  und  deren 
Plan  und  Schönheiten  zu  entwicklen  gesucht.  Hieraus  sind 
die  Anmerkungen  entstanden,  deren  HE.  Götze  erwähnt.  Es 
sind  also  keine  Anmerkungen  für  ein  Buch:  sonst  stünden  sie 
zu  Dero  Diensten.  Wenn  möglich  ist,  daß  Anmerkungen,  des 
eingewurzelten  Vorurtheils  gegen  sie  ohngeachtet ,  gefallen 
können;  so  sind  es  gewiß  die  Ihrigen.  Denn  sie  sind  nichts 
weniger,  als  pedantisch.  Ich  habe  mich  aber  allezeit  gewun- 
dert, wie  der  galante  Hagedorn  seine  Gedichte  mit  so  un- 
nöthiger  Schulgelehrsamkeit  beladen  mag.  Sie  wissen  übri- 
gens, wie  HE.  Götze  und  ich  die  Lieder  Anakreons  übersetzt 
haben,  nehmlich  meistens  gemeinschaftlich,  auf  meiner  Stube. 


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181 


Einige  wenige  habe  ich  allein  übersetzet,  als  die  14.  28.  29. 
30.  40.  43.  51ste  p.  Ich  führe  sie  aber  nicht  an,  daß  Sie 
deswegen  davon  Ihre  Feile  abhalten  sollen :  sie  brauchen  der 
Verbesserungen  so  sehr,  als  die  Götzischen.  Sehen  Sie  doch 
die  Uebersetznng  der  Frau  Gottschedin  von  der  Ode  an  den 
Mahler  nach  in  dem  Englischen  Vormund.  Ich  habe  keine 
Edition  des  Anakreon  als  des  Stephani  seine  ohne  alle  No- 
ten :  und  kann  Ihnen  dahero  keine  Verbesserungen  ttber- 
schicken.  —  —  — 

Sie  dürfen  glauben,  daß  Sie  von  meinen  Schwestern  so 
hochgeachtet  werden,  als  Sie  verdienen.  Sie  sind  ihnen  nach 
Ihrem  Witz  und  Ihrer  Schalkheit  gar  wohl  bekannt:  denn  sie 
haben  Ihre  Lieder  gelesen  :  und  hören  mich  oft  von  Ihnen  reden. 

Ich  erwarte  nunmehro  mit  dem  ehesten  ein  Schreiben  von 
Ihnen  mit  den  Verbesserungen  meiner  Lieder;  und  wenn  sie 
alle  bey  mir  eingelaufen  sind,  will  ich  Sie  Ihnen  verbessert 
auf  einmal  wieder  zuschicken.  —  —  — 

Anspach,  den  30.  Julii  1747  *). 

HE.  v.  Kleist  hat  seit  dem  neuen  Jahre  nicht  an  mich 
geschrieben:  die  Schuld  ist  nicht  an  mir.  Ich  bitte  Sie,  mich 
demselben  bestens  zu  empfehlen.  Ich  weis  zuwohl,  wie  wenig 
schätzbares  ein  Briefwechsel  mit  mir  ist,  als  daß  ich  zusehr 
bey  jemand  darauf  dringen  sollte,  mir  zu  antworten:  ausser 
bey  Ihnen.  Denn  von  Ihnen  fordere  ich  es,  wegen  unsrer  alten 
Freündschaft,  als  eine  Art  von  Schuldigkeit. 

Ich  habe  mir  wohl  eingebildet,  daß  HE.  v.  Hagedorn  in 
seinem  Liede  von  Anakreon  Sie,  mein  Werthester,  nicht  ge- 
meinet  habe,  wenn  er  wider  die  Religionsspötter  eifert.  Denn 
wie  könnte  man  Ihnen  dieses  aufbürden:  man  müsste  dann 
Religion  und  Ceremonien  der  Kirche,  ja  misbräuche,  für  einer- 
ley  halten.  Ich  halte  selbst  nichts  davon,  wenn  sich  einige 
als  Freygeister  in  Schriften  aufführen :  sie  sind  insgemein 
nicht  weit  her.  Ich  zweifle,  ob  man  den  Anakreon  für  einen 
Spötter  seiner  Götter  mit  Grund  halten  könne. 

Ich  habe  einige  Schriften  HE.  Mayers  wider  Gottscbeden 
gelesen.    Was  für  ein  muthiger  Kunstrichter  ist  aus  ihm  ge- 


1)  Von  Gleims  hand:  «empfangen  den  9  Aug.- 


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worden !  Sie  werden  sich  noch  wohl  der  Zeit  erinnern,  da  wir 
ihn,  in  Halle,  nicht  so  niuthig,  sondern  auf  dem  Catheder  zit- 
ternd und  bebend  gekannt  haben.  Machen  Sie  mir  einen  Be- 
griff von  dem  Buch  ohne  Titel !  Was  für  elendes  ZeOg  steht 
in  den  Ermunterungen  zum  Vergnügen  p.  (abentheüerlicher 
Titel!)  und  in  den  Sammlungen  zu  den  Belustigungen]  des 
Geschmackes!  Kommt  denn  gar  nichts  witziges  aus  den  Pressen  ? 

41.  Gleim  an  Uz. 

Mein  liebster  Freund, 

Ich  muß  ihnen  hurtig  noch  einmahl  schreiben,  um  sie  zu 
desto  baldiger  Antwort  zu  bringen,  ob  ich  gleich  ihre  Oden 
noch  nicht  mitschicken  kau.  Sie  sind  noch  bey  HE.  Ramler 
in  Lähme,  der  sie  zu  lange  bey  sich  behält,  vermuthlich  weil 
ihm  Ceres  izt  zu  viel  zu  sehen  giebt.  Ich  übersende  ihnen 
unterdeß  ein  Detachement  anakreontischer  Oden,  mit  Bitte 
ihnen  nicht  das  geringste  durch  die  Finger  zu  sehen.  Es  ist 
mir  seit  ein  paar  Tagen  eine  rechte  Lust  angekommen,  eine 
Arbeit  zu  thun,  die  ich  sonst  nicht  gern  mit  dem  Vergnügen 
selbst  etwas  zu  erfinden  vertausche;  aber  wem  geht  nicht 
die  Schande  zu  Hertzen ,  die  man  seiuem  Lehrer  anthut  ? 
Aulier  einigen  wenigen,  die  ich  vorbeygegangen  bin,  weil 
ich  ungewiß  bin,  ob  sie  sie  nicht  schon  ausgebeßert  und 
die  letzte  Hand  daran  gelegt  haben,  habe  ich  sie  nun  alle 
übersehen,  und  so  viel  möglich,  meinem  Entwurf  gemäß  ge- 
beßert.  Der  närrische  Paw  hat  mir  doch  noch  manche  gute 
Dienste  gethan,  am  meisten  aber  Barnesius,  und  auch  Baxter. 
Schreiben  sie  mir  doch  einmahl  die  Liste  derer  Oden  die  von 
ihnen  dem  Original  gleich  gemacht  sind.  Die  beyden  grosten 
Schönheiten  der  Alten,  Bathyllen,  und  Anakreons  Mädchen 
so  er  in  [der]  28  Ode  gemahlt  hat,  müßen  nur  von  ihnen  co- 
pirt  werden.  Ich  möchte  auch  das  Lob  der  Kose  in  der  53 
Ode  im  schönsten  Deutsch,  d.  i.  in  dem  ihrigen  lesen.  Ich 
habe  meine  Uebersetzung  derselben  schon  3  mahl  umgeschmol- 
zen und  wieder  verworfen.  Die  65.  im  Barnes  oder  16  in 
der  Dacier  wird  mir  auch  noch  ein  Haufen  Schwürigkeit 
machen,  wenn  sie  mir  nicht  zu  Hülfe  kommen.    Nicht  wahr 


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183 


die  55  ist  nicht  viel  wehrt,  und  was  macht  man  mit  einigen 
artigen  aber  unvollständigen  Fragmenten? 

Ehegestern  wünschte  ich  sie  in  Cbarlottenburg  an  meine 
Seite,  um  eine  kleine  SchäferOperette  mit  anzuhören  die  da- 
selbst aufgeführt  wurde.  Astrea,  die  neue  und  jetzt  beste 
Sängerin  that  Wunderwercke  mit  ihrer  Kehle,  wie  Loni  und 
Barberini  mit  den  schnellen  Ftilien.  —  —  —  Gestern  abend 
war  in  Charlottenburg  eine  recht  artige  Illumination  und  ein 
Bull,  aber  mich  dünckt  man  konte  dem  König  die  Unzufrieden- 
heit über  den  Tod  des  General  Goltz,  der  gestern  gestorben 
ist,  und  ein  überaus  geschickter  und  gelehrter  Officier  war, 
ganz  wohl  ansehen.  Unser  König  wäre  in  der  That  wehrt, 
von  einem  Auakreon  besungen  zu  werden,  wenu  er  nur  ihnen 
2000  R/.  pension  gäbe  und  mir  halb  so  viel.  Wie  selten  ist 
ein  König  ein  Mensch ! 

Neulich  habe  ich  die  Oeuvres  de  Grecourt  in  4  kleinen 
Octav  Bänden  auf  ein  paar  Stunden  gehabt.  Sie  sind  sehr  rar, 
weil  man  sie  wegen  einiger  allzu  f'reyen  Stücke  wieder  den 
französischen  Hof  confiscirt  hat.  Er  übertrift  an  naivete*  oft 
den  La  Fontaine.  Der  Vorredner  nennt  ihn  den  französischen 
Anakreon,  aber  vermuthlich  nur  wegen1)  seines  natürlich  schönen 
Ausdrucks  denn  er  hat  wenig  Lieder,  und  meist  sehr  freye 
Erzählungen.  L'origine  des  puces  war  ein  Meisterstück.  Es 
waren  ihm  auch  die  Külie  die  Hagedorn  dem  Ferrari  zuschreibt, 
imgleichen  die  schöne  Ekloge  im  St.  Mard  nebst  vielen  an- 
dern Stücken,  die  mir  sonst  schon  bekant  gewesen  sind,  zuge- 
schrieben. LaCen  sie  diesen  Freygeist  nicht  aus  den  Händen, 
wenn  er  ihnen  vorkommen  solte.  Haben  sie  auch  einige  Bogen 
lateinscher  und  französischer  Gedichte  gesehen  unter  dem  Titul: 
Le  Voluptueux.  In  der  Priapeia  komt  weuig  tolleres  vor.  O 
wie  keusch  ist  mein  heidnischer  Anakreon  gegen  solche  Christen! 

Künftige  Woche  werde  ich  nach  Potsdam  reisen  und  da- 
selbst vielleicht  beym  HE.  Capitain  Donop  ein  paar  Wochen  die 
Stelle  der  Frau,  aber  nur  am  Tisch  einnehmen.  Ich  bin  heute 
dazu  mit  Vorsprach  des  HE.  v.  Kleist  eingeladen  worden,  und 
ich  werde  es  schwerlich  ausschlagen  können.  —  

Berlin  den  6iln  Aug.  1747. 

1)  Im  original:  wenig 

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Die  45.  Ode. 

Es  schmiedete  zu  Lemnos 
Der  Mann  der  schönen  Venus 
Einst  Pfeile  für  den  Amor, 
Und  wie  sie  fertig  waren 

5  So  gab  er  sie  Cytheren 
Die  tauchte  dann  die  Spitzen 
In  ein  Gefäß  voll  Honig 
Und  Amor  mischte  hurtig 
Dazu  ein  wenig  Galle. 

10  Mars  komt  aus  einem  Treffen 
Und  schwendet  die  schwere  Lanze 
Und  nimt  die  leichten  Pfeile 
Und  wieget  sie,  und  spottet. 
Da  spricht  der  Gott  der  Liebe: 

15  Da  dieser  hier  ist  schwerer. 
Da  nimt  der  Gott  der  Treffen 
Den  Pfeil  und  Venus  lächelt 
Mars  aber  seufzt,  und  saget? 
W  a  h  r  h  a  f  t  i  g  *),  der  ist  schwerer 

20  Und  will  ihn  wieder  geben 
Allein  es  sprach  Cupido: 
Du  kamst  ihn  nur  behalten. 

Die  24.  Ode. 

Ich  sterbliches  Geschöpfe 
Lauf  auf  dem  Lebenswege 
Und  weiß  wie  viele  Meilen 
Ich  schon  gewandert  habe 
5  Allein  ich  kan  nicht  wißen 
Wie  weit  der  Weg  sich  strecket. 
Drum  flieht,  entflieht,  ihr  Sorgen, 
Denn  es  ist  festgesetzet 
Ich  scherz  und  tanz  und  lache 


10  Mit  dem  bekränzten  Bachus 
Bis  an  des  Weges  Ende. 

Die  1.  Ode. 

Ich  wolte  die  Helden 

Der  Griechen  besingen8); 

Da  schalte  die  Leyer 

Nur  einzig  von  Liebe. 
5  Ich  wechselte  neulich 

Die  Sayten  der  Leyer 

Da  tönte  sie  wieder 

Nur  einzig  von  Liebe. 

Da  nahm  ich  mir  hurtig 
10  Ein'  andere  Leyer s), 

Und  wagte  die  Thaten 

Des  Hercul  zu  singen 

Da  schallten  zum  Liede 

Nur  zärtliche  Thöne. 
15  Nun  werd  ich,  ihr  Helden, 

Euch  nimmer  besingen. 

Mir  schallet  die  Leyer 

Nur  einzig  von  Liebe. 

Die  2.  Ode. 

Ks  schenckte  der  Schöpfer 
Dem  Rinde  die  Hörner, 
Dem  Roße  die  Scbenckel «) 
Dem  Adler  die  Klauen 

5  Dem  Löwen  den  Rachen 
Voll  schrecklicher  Zähne, 
Er  schenckte  dem  Manne 
Das  tapfere  Herze6). 
Was  schenckt  er  dem  Weibe? 

10  Er  schenckt  ihm  die  Schönheit 
Die  dienet  dem  Weibe 


1)  Dem  soldatischen  Caracter  gemäß. 

2)  Die  Atriden  und  Cadmus  sind  den  Mädchen  allzu  fremde  Nahmen. 

3)  XupTjv  azacav  natürlich  auszudrücken.  4)  Am  rande:  (Hüffe) 
5)  HE.  Götze  übersetzt,  wie  viele,  ^povtjua  durch  Verstand,  und 

meint  es  sey  alsdenn  zugleich  eine  Satyre  auf  dumme  Schönen,  allein 
mich  dünckt  der  ganze  Plan  vertrage  sich  mit  keiner  Satyre  und  der 
schreckliche  Rachen  des  Löwen  pp  verbunden  mit  dem  Schluße  recht- 
fertige mich,  daß  ich  Barnesii  Erklärung  den  übrigen  vorgezogen 
habe. 


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185 


Statt  schrecklicher  Waffen 
Denn,  Freunde,  die  Schönheit 
Bezwinget  gewaltig 
15  Stahl  Eisen  und  Feuer. 

Die  18.  Ode. 

Künstler,  gieße  mir  von  Silber 
Einen  neuen  Frülingsbecher. 
Aber  bild  auf  ihm  zur  Zierde 
Keine  traurige  Geschichte 
5  Auch  kein  Bildniß  eines  Narren 
Und  auch  keinen  Opferpriester. 
Bild  auf  ihm  vergnügte  Brüder 
Und  hernach  die  Blumengöttin 
Wie  sie  mir  die  erste  Rose 

10  Lächelnd  selbst  entgegen  bringet 
Bilde  ferner  um  die  Rande 
Erst  den  schönen  Gott  der  Reben 
Wie  ihn  Venus,  die  ihn  liebet 
Selbst  als  PrieBterin  bedienet. 

IS  Dann  vermische  durcheinander 
Liebesgötter  ohne  Watten 
Gratien,  die  freundlich  lachen. 
Mädchen,  und  recht  schöne  Kna- 
ben 

Aber  nicht  den  schönen  Phöbus. 
SO  Dann  beschatte  die  Gesellschaft 
Hülle  sie  in  kühles  Laubwerck 
Unter  einem  Wald  von  Reben. 

Die  23.  Ode. 

Verlängerten  Thaler 
Das  Leben  der  Menschen 
So  wolt  ich  sie  suchen 
So  wolt  ich  sie  sparen 
5  Den  Tod  zu  bestechen 


Und  weiter  zu  weisen. 

Doch  da  er  für  Thaler 

Kein  Leben  verkaufet; 

So  laß  ich  sie  fliegen; 
10  So  laß .  ich  Betriegern 

Die  Kasten  voll  Schätze, 

Und  störe  die  Seufzer 

Der  geitzigen  Narren, 

Mit  freyem  Gelächter, 
15  Und  suche  die  Freude 

Bey  trinckenden  Brüdern 

Und  hole  mir  Küße 

Von  meiner  Geliebten. 

Die  32.  Ode. 

Kanst  du  auf  allen  Bäumen 
Izt  alle  Blätter  zählen 
Kanst  du  den  Sand  am  Meere 
Und  allen  Ufern  zählen 

6  So  sey  von  allen  Mädchen 
Die  mich  geküßet  haben 
Mein  treuer  Rechnungshalter 
Schreib  hin!  Vors  erste  zwanzig 
Athenienserinnen. 

10  Dazu  noch  fünfzehn  andre. 
Schreib  ganze  Reihen  Zahlen 
Von  Mädchen  aus  Corinthus 
Der  Hauptstadt  in  Achaja 
Denn  da  sind  schöne  Mädchen. 

lö  Nun  setze  nacheinander 
Kin  Haufen  Küßerinnen 
Darunter  sind  auch  Damen 
Aus  Carien  und  Rhodus 
Aus  Lesbos  und  aus  Teos 

20  Aus  Teos  wohl  die  meisten  * 
Zusammen,  nur  zwei  Tausend. 


*  Hier  haben  sie  eine  Probe  der  Freyheit  die  ich  mir  bey  denen 
Oden  zugelaßen  habe,  welche  theils  einen  gar  zu  unrichtigen  Text  ha- 
ben, und  im  Verdacht  sind  daß  sie  nicht  vom  Anakreon  herkommen 
und  theils  mit  Recht  des  Mangels  einer  feinern  Erfindung  und  Aus- 
führung beschuldigt  werden.  Paw  schimpft  nach  seiner  Gewohnheit 
auf  das  Schlechte  dieser  Ode,  die  nur  eine  kahle  Liste  von  Oertern, 
wo  Mädchens  gelebt  haben  in  sich  enthalte.  Werden  sie  meine  Drei- 
stigkeit gut  heißen? 


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186 


Du  siehst  mich  an,  und  lachest? 
Ich  will  dir  alle  Mädchen 
Bey  ihrem  Nahmen  nennen 
2->  Und  die  ich  dir  verschweige 
Die  köntest  du  nicht  zählen. 
Denn  o  wie  viele  Mädchen, 
Die  mich  geküßet  haben, 
Darf  ich  dir  nicht  verrathen! 

Die  30»f  Ode. 

Es  fiengen  die  Musen 

Den  schlauen  Cupido, 

Und  legten  ihn  hurtig 

In  Feßeln  von  Blumen. 
.*.  Und  gaben  ihm  alle 

Die  Schönheit  zur  Wache. 

Da  eilte  Cythere 

Und  brachte  Geschencke 

Und  wolf  ihn  erlösen 
lo  Allein  dem  Cupido 

ßehagte  die  Wache 

Er  wolte  noch  dienen. 

Die  14.  Ode. 

Ich  will,  ich  will  nun  lieben. 
Jüngst  bat  der  Gott  der  Liebe 
Ich  möchte  doch  nur  lieben 
Und  wolte  mich  bereden. 

.»  Allein  ich  war  zu  trotzig 
Und  ließ  mich  nicht  bereden. 
Da  griff  er  schnell  zum  Bogen 
Und  zu  dem  goldnen  Köcher 
Und  sprach  :  heraus  zum  Streite! 

10  Ich  warf  um  meine  Schultern 
Den  Panzer,  wie  Achilles 
Und  stand  mit  Schild  und  Lanze 
Und  stritt  mich  mit  dem  Gotte. 
Er  schoß ;  ich  wolt  entfliehen 

1"»  Allein,  er  traf  mich  immer 
Und  als  er  in  dem  Köcher 
Nun  keinen  Pfeil  mehr  hatte 
Und  doch  noch  rächen 

wolte 

Da  ward  er  selbst  zum  Pfeile 
lu  Und  schoß  sich  in  mein  Herze. 


Was  helfen  nun  die  Waffen? 
Was  nuzt  mir  Schild  und  Lanze. 
Der  Streit  ist  in  dem  Herzen. 

Die  5ȣ  Ode. 

Laßt  uns  die  schöne  Rose 
Die  Lust  der  Liebesgötter 
Dem  Bachus  beygesellen! 
Wie  schön  ist  sie  beblättert! 
ö  Laßt  uns  sie  hurtig  pflücken 
Und  unsre  Schlaf  umkränzen 
Und  dann  mit  sanftem  Lachen 
Den  Becher  weiter  reichen. 
Du,  Kose,  bist  die  Zierde 

10  Der  Garten  und  der  Auen 
Du  bist  des  Lenzen  Sorge, 
Dich  lieben  alle  Götter. 
Wenn  mit  den  Huldgöttinnen 
Der  Sohn  der  Venus  tanzet 

ib  So  krönest  du,  o  Rose, 
Die  göttlich  schöne  Scheitel. 
Wenn  du  auch  mich  bekrönest 
So  spiel  ich  meine  Leyer 
So  soll  ein  artig  Mädchen 

20  Den  hohen  vollen  Busen 
In  Rosen  dicht  verhüllen 
Und  dann  will  ich,  o  Bachus, 
Geführet  von  dem  Mädchen 
Nach  deinem  Tempel  tanzen. 

Die  7.  Ode 

Mich  zwang  der  Gott  der  Liebe 
Mit  ihm  herum  zu  laufen 
Ein  Hyacinthenstengel 
War  seine  schwere  Ruthe 
5  Womit  er  mich  verfolgte. 
Ich  lief  durch  schnelle  Bäche 
Durch  buschigte  Gefilde 
Durch  heiße  krumme  Thäler 
Da  stach  mich  eine  Schlange. 
10  Gleich  wallete  die  Seele 
Nach  den  erblaßten  Lippen. 
Ich  seufzt,  und  wolte  sterben 
Allein  der  Gott  der  Liebe 
Schwung  flatternd  seine  Flügel 


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187 


lö  Und  kühlte  raeine  Stirne 

Und  sprach:  Nun  lern  auch  lieben! 

Die  6.  Ode. 

Auf,  laKt  uns  die  Schläfe 

Mit  Kosen  umcränzen 

Und  trincken  und  lachen ! 

Da  tanzet  das  Mädchen 
:>  Mit  niedlichen  Füßen. 

Es  springet  und  schwencket 

Die  Cränze  von  Myrthen 

Es  rauschen  die  Blätter. 

Da  stehet  der  Jüngling 
10  Mit  froher  Geberde 

Und  spielet  die  Cyther 

Und  singet  von  Liebe 

Mit  zitternder  Stimme 

Der  schöne  Gupido 
Ki  Mit  goldenen  Locken 

Die  schöne  Cythere 

Der  schöne  Lyäus 


Die  alle  zusammen 
Beschmausen  den  Komus 
'JO  Den  Liebling  der  Alten. 

Die  8.  Ode. 

Vom  Bachus  eingeschläfert 
Schlief  ich  des  Nachts  gestrecket 
Auf  purpurnen  Tapeten. 
Da  träumte  mir,  ich  rennte 

:>  Schnell  auf  der  Füße  Spitzen 
Und  tändelte  mit  Mädchen 
Ich  rennt,  und  sähe  Knaben 
Die  noch  viel  schöner  waren 
Als  selbst  der  schöne  Bachus 

10  Allein  sie  waren  zornig 
Sie  spotteten  und  schimpften 
Der  schönen  Mädchen  wegen. 
Ich  eilte,  sie  zu  küßen 
Da  flohn  sie  mit  dem  Traume 

15  Und,  ich  verlaßner  Armer! 
Ich  wolte  wieder  schlafen. 


Die  1  bis  6  Ode  hat  HE.  Gottsched  übersetzt.  Sehn  sie  einigen 
Vorzug?  Ich  habe  um  größerer  Verschiedenheit  willen  selbst  das 
Silbenmaaß  verschieden  genommen. 


42.  Gleim  an  Uz. 

Mein  liebster  Freund, 

Ich  will  ihnen  nur  schreiben,  da(i  ich  noch  lebe,  denn 
ich  werde  verhindert  ihr  letztes  Schreiben,  das  ich  in  Pots- 
dam erhielt,  ausführlich  zu  beantworten.  Tausend  Kleinig- 
keiten sind  fähig  den  besten  Pflichten  verhinderlich  zu  seyn. 
Ich  bin  einige  Wochen  in  Potsdam  gewesen,  ich  hin  auf  dem 
Lande  herumgesch wärmt:  das  ist  Schuld,  daß  ich  ihnen  ihre 
Lieder  noch  nicht  zurück  schicken  können.  Ich  wolte  ihnen 
zugleich  mit  dem  HE.  v.  Kleist  schreiben,  aber  ich  weis  nicht, 
welcher  Teufel  uns  an  einem  so  guten  Werck  verhindert  hat, 
bis  ich  plötzlich  auf  Befehl  hieher  reisen  mußte.  Der  HE. 
v.  Kleist  und  10  andere  Kenner  freuen  sich  auf  die  Uzischen 
Oden.  Herr  Ramler  ist  jetzt  hier  und  möchte  vielleicht  hier 
bleiben.    HE.  Naumann  hat  Lust  nach  Dresden  zu  gehen; 


188 


Herr  Sulzer  ist  Profeßor  der  Mathematik  hier  geworden,  und 
ich  habe  das  Vergnügen  etwas  dazu  beygetragen  zu  haben. 
Wie  glücklich,  wenn  sie  auch  hier  seyn  könten!  Ich  sende 
ihnen  doch  zum  wenigsten  eine  ihrer  Oden  zurück,  zum  Be- 
weise, daß  ich  den  Anfang  gemacht  sie  abzuschreiben,  aber 
abgehalten  worden  bin.  Aber  warum  antworten  sie  mir  nicht 
auf  meinen  Brief?  Haben  sie  nicht  Lust  mir  die  Warheit  zu 
sagen?  Sie  werden  an  meiner  Uebersetzung  zu  viel  zu  tadeln 
finden.  Schreiben  sie  mir  doch  allen  ihren  Tadel.  —  —  — 
Berlin  den  15  Sept.  1747. 

43.  Uz  an  Gleim. 

Werthester  Freünd, 

Dero  ersteres  Schreiben  vom  6.  Aug.  habe  darum  zu  be- 
antworten verzogen,  weil  es  mich  nur  aufmuntern  sollte,  meine 
Lieder  Ihnen  vollends  zu  überschicken;  welches  aber  vorhero 
bereits  geschehen  war.  Ich  wartete  mit  Ungeduld  auf  die 
Zurückschickung  derselben,  bekam  aber  an  deren  statt  ver- 
wichenen  Sonnabend  einen  neüen  Brief  von  Ihnen,  wenn  änderst 
eine  halbe  Seite  ein  Brief  genennet  werden  kann.  Ich  ant- 
worte nunmehro  auf  beyde  und  ermuntere  nunmehro  Sie,  mein 
Werthester,  die  Critik  meiner  Verse  sich  bestens  empfohlen 
seyn  zu  lassen,  weil  ich  sie  höchst  begierig  erwarte.  Die 
Probe  an  meiner  ersten  Ode,  welche  Sie  mir  übersendet  haben, 
vermehrt  meine  Ungeduld.  Ich  verspreche  mir  mehr  Vortheil 
davon,  wenn  ich  von  Ihnen  beurtheilt  werde,  als  wenn  ich  hätte 
sollen  gedruckt  werden.  Ueberschicken  Sie  mir  sie  nur,  wie 
ich  sie  Ihnen  geschickt  habe,  ohne  sie  abzuschreiben,  mit  Ihren 
und  Ihrer  Freunde  Critiken  am  Rande,  wann  gleich  alles 
vollgeschrieben  ist.  —  —  — 

Was  soll  ich  Ihnen  an  Ihrer  Uebersetzung  Anakreons 
aussetzen?  Soll  ich  sagen,  daß  Sie  dem  Grundtexte  nicht 
überall  folgen?  Dieß  wissen  Sie  selbst.  Sie  wollen  aber  lieber 
Ihre  Uebersetzung,  wie  des  Ablancourt  Uebersetzungen,  ein 
belle  Infidelle  heißen  lassen,  als  den  Ruhm  zu  haben,  dem 
Original  von  Fuß  zu  Fuß  nachzufolgen,  aber  nicht  gelesen  zu 
werden.    Ich  kann  Ihre  Art  zu  übersetzen  auch  gar  nicht 


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189 


tadlen,  ob  sie  gleich  ziemlich  frey  ist.  Doch  sie  ist  zuweilen 
mehr  nur  Periphrasis,  und  hat  Zusätze,  die  sehr  artig,  aber 
manchmal  der  alten  Einfalt  des  Griechen,  welcher  sehr  kurz 
und  ohne  alle  überflüssige  Worte  sich  ausdrückt,  nicht  ge- 
mäü  scheinen,  z.  E.  in  der  23  Ode,  lassen  sie  den  Dichter  die 
Seüfzer  der  geizigen  Narren  mit  freyem  Gelächter  stören:  wann 
der  Griech  nur  sagt,  er  möge  nicht  umsonst  sich  grämen  und  kla- 
gen. In  der  18. Ode  scheint  mir  das  Bildniß  eines  Narren1) 
überflüßig  und  der  Absicht  Anakreons,  der  nur  ernsthafte  und 
schreckliche  Dinge  ausschließt,  zuwieder  zu  seyn.  Doch  diese  Ode 
ist  sehr  corrumpirt  im  Original ;  vielleicht  haben  Sie  Ursache, 
diese  Worte  einzuschieben.  Das  Bild  der  Blumengöttin,  welche 
Ihnen  die  erste  Rose  lächelnd  entgegen  bringt,  ist  ein  sehr 
reizendes  Bild  und  drückt  das  Griechische  auf  eine  zwar  freye, 
doch  sehr  schöne  Art  aus.  Sie  haben  noch  mehr  Versetzungen 
und  Abweichungen  in  dieser  Ode:  doch,  wie  ich  schon  gesagt 
habe,  weil  der  Text  sehr  verderbt  ist  und  ich  nur  Stephani 
kleine  Edition  habe,  so  kann  ich  mich  nicht  mit  ihr  einlassen. 
Gleich  in  der  1.  Odo  verdrängen  Sie  die  Atriden  und  den 
Cadmus,  den  Mädchen  zu  Gefallen :  aber  die  Mädchen  bringen 
solchergestalt  den  Tejer  um  eine  Schönheit.  Denn  Atriden 
und  Cadmus  sind  bestimmtere,  und  folglich  sinnlichere  und 
poetischere  Ideen,  als  die  Helden  der  Griechen. 

Ich  will  davon  nichts  sagen,  daü  Sie  xat  tt^v  XupijV  arcaaqv 
auszudrücken  etliche  Zeilen  anwenden  und  dieses  Liedchen,  des- 
sen Artigkeit  durch  die  Kürze  vermehrt  wird,  indem  man  die 
Verhältnisse  desto  leichter  einsieht,  allzusehr  verlängern.  Ich 
hätte  diese  Idee  lieber  gar  weggelassen,  weil  sie  mir  die  Alle- 
gorie mangelhaft  zu  machen  scheint.  Denn  die  Leyer  bedeütet 
verrauthlich  sein  blos  zu  Liebessachen  aufgelegtes  Naturell. 
Wenn  er  also  seine  verliebte  Leyer  weglegt  und  eine  andre 
nimmt,  d.  i.  andre  Neigungen  annimmt;  wie  ist  es  möglich, 
daG  auch  seine  neue  Leyer  verliebt  spielt?  Doch  vielleicht  irre 
ich  mich.  In  der  2ten  Ode  lassen  Sie  die  Hasen,  Fische 
und  Vögel,  welche  zu  Anakreons  Absicht  eben  so  schicklich 
sind,  als  die  übrigen  Thiere,  weg.  Wegen  des  Worts  q>p6vTju.a 
aber  gefällt  mir  Ihre  Meinung.    In  der  5ten  Ode,  in  der 

1)  Am  rande  von  Gleims  hand:  „nach  dem  Baxter* 


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190 


4.  Zeile  sagen  Sie,  wie  schön  ist  die  Rose  beblättert!  Man 
glaubt  also,  Sie  sehen  dieselbe  vor  sich.  Doch  in  der  folgen- 
den Zeile  soll  sie  erst  gepflückt  werden.  Im  Anakreon  scheint 
mir  der  Eingang  ungekünstelter  zu  seyn.  Das  Lob  selbst  ist 
so  eingerichtet,  wie  ein  im  Affeckt  Begriffener  zu  loben  pflegt, 
voller  Figuren.  Er  fangt  mit  der  Anrede  an  und  führt  sie 
bis  in  den  zweyten  Vers  fort,  im  dritten  springt  er  davon  ab 
und  redet  von  ihr  in  der  dritten  Person.  Sie  haben  dieses 
verändert  und  schwächen,  wie  mich  dünkt,  den  Affeckt,  durch 
das  Wort:  bist,  cpeptaiov  avftoc  ist  freylich  viel  simpler,  aber 
vielleicht  nicht  möglich,  so  kurz  und  schön  auszudrücken.  Das 
Mädchen,  welches  den  hohen  vollen  Busen  in  Rosen  verhüllet, 
ersetzet  durch  das  angenehme  Bild,  was  es  an  Länge  sündiget. 
Ich  will  nur  noch  von  der  32  Ode  etwas  sagen;  alsdann  soll 
meine  verdrttßlicbe  Critik  zu  Ende  seyn,  ehe  sie  Ihnen  gar  zu 
eckelhaft  wird.  Sie  haben  sich  darinn  die  meiste  Freyheit  ge- 
nommen, und  haben  vielleicht  Ursache  dazu.  Der  Schiuli  hat 
nichts  piequantes:  er  führt  seine  Idee  bis  ans  Ende  mit  großer 
Einfalt  aus  und  hat  viele  Nahmen  von  Ländern  und  Städten, 
die  doch  überall  artige  Bilder  begleiten.  Inzwischen  gefällt 
mir,  mit  Paws  Erlaubniß,  diese  Ode  sehr  wohl  und  scheint 
mir  dem  griechischen  Geschmack  vollkommen  gemäß  zu  seyn. 
Ich  weiß  auch  nicht,  ob  Ihr  Schluß  sich  zu  dem  Anfange  voll- 
kommen schickt.  Denn  der  Griech  verlangt  nur  von  der 
Menge  seiner  Mädchen  mir  einigen  Begriff  zu  machen:  hierzu 
ist  die  Benennung  derselben  nicht  nöthig.  Das  Stück  bekommt 
eine  doppelte  Absicht.  Ueber  dieß  hab  ich  in  der  Poesie 
lieber  Mädchen,  als  Damen,  wie  Sie  einmal  setzen.  Küsse- 
rinnen will  mir  auch  nicht  gefallen. 

Hab»;  ich  mich  nun  bald  genug  verrathen,  was  für  ein 
schlechter  Kenner  der  anakreontischen  Schönheiten  ich  sey? 
Machen  Sie  sich  nur  nicht  einen  so  gar  schlechten  Begriff  von 
meinem  Geschmacke  und  glauben ,  daß  ich  den  Reiz  Ihr[er] 
Uebersetzungen,  die  angenehmsten  Bilder,  die  schönste  Sprache, 
die  nur  möglich  ist,  welche  darinn  anzutreffen,  nicht  fühlen 
sollte.  Ich  fühle  alles  und  auch  den  Unterschied  zwischen 
den  Göt/.ischen  und  den  Ihrigen.  Die  Ihrigen  verrathen  einen 
Meister,  der  Anakreons  Genie  vollkommen  besitzt;  und  sollte 


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191 


ja  manchmal  die  griechische  Einfalt  und  Kürze  fehlen,  so 
haben  Sie  dieselbe  zwar  ohnezweifel  nachahmen  können,  aber 
wohl  gesehen,  daß  unsern  geübtem  Zeiten  dieselbe  allzu  un- 
geschmackt  vorkommen  würde.  Das  dactylische  SylbenmaaG, 
dessen  Sie  sich  manchmal  bedienen,  scheint  sich  zwar  für  das 
sanfte  Wesen,  das  in  diesen  Oden  herrscht,  nicht  zum  besten 
zu  schicken.  Inzwischen  fängt  doch  auch  Anakreon  sein  Tro- 
chaisches  Metrum  insgemein  durch  einen  Anapaestum  an.  Haben 
Sie  die  gräflichen  Anakreontischen  Lieder,  deren  Gottsched  in 
seinem  Büchersaal  gedenket,  gelesen;  und  können  Sie  mir 
sagen,  was  daran  ist?  —  —  — 

Onolzbach.  Den  29.  Sept.  1747. 

44.  Gleim  an  Uz. 

—  Ich  habe  gethan,  was  sie  verlangt  haben.  Sie 

könten  sich  von  meiner  Critick  Vortheil  versprechen,  wenn  ich 
mich  nebst  der  Kreyheit  und  Redlichkeit  des  Quinctil  (Hör.  art. 
poet  v.  438)  auch  seines  fähigen  Geistes  rühmen  könte.  Daß 
es  mir  aber  daran  hauptsächlich  mangle,  sehe  ich  insbesondere 
daraus,  daß  ich  oft  Fehler  empfinden,  aber  die  Gründe  davon 
nicht  angeben,  und  noch  weniger  sie  verbeiiern  kan.  Erinnern 
sie  sich  dieses  Bekäntnilses,  wenn  ihnen  mein  Tadel  oft  nicht 
gründlich  vorkomt,  und  halten  sie  mir  es  zu  Gute,  wenn  ich 
unrecht  habe.  Herr  Naumann  und  HE.  Ramler  thun  gleiche  Bitte. 

Ich  dancke  ihnen,  raein  Wehrtester,  für  die  gütige  Beur- 
theilung  meiner  übersetzten  anakreontischen  Oden.  Ich  werde 

mir  dieselbe  so  viel  möglich  zu  Nutz  machen,  Sie  ver- 

rathen  den  schönsten  anakreontischen  Geschmack,  dali  sie  die 
edle  Einfalt  des  Griechen  für  den  ambitiosis  ornaraentis  anderer 
Oden  Arten  zu  beschützen  suchen;  ich  gestehe  auch,  daß  ich  nicht 
gern  die  vorsetzliche  Sünde,  meiner  Uebersetzung  dergleichen 
zu  geben,  begehen  mögte;  allein  ich  habe  ihnen  meine  Mei- 
nung schon  darüber  gesagt,  daß  es  fast  unmöglich  sey,  durch 
eine  ängstliche  Beybehaltung  aller  Bilder  und  Wörter  des 
Originals  in  einer  andern  Sprache  natürlich  zu  werden,  und 
Beyfall  zu  erhalten.  Wir,  die  wir  den  Grundtext  kennen, 
müßen  von  deutschen  Lesern  ein  ganz  anderes  Urtheil  er- 


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192 


warten,  als  wir  selbst  fallen.  Cns  verdrießt  die  geringste  Ab- 
weichung; andere  Leser  sehen  nur  auf  die  Schönheit  des 
deutschen  Ausdrucks,  und  auf  die  kluge  Verfolgung  eines 
richtigen  Plans.  Ich  habe  gemerckt,  daß  mich  bloß  die  Liebe 
zum  Wohlklang,  der  im  Original  so  grob  ist.  zu  einigen 
Stellen  verfuhrt  hat,  die  sie  tadeln.  Er  hat  mich  oft  zu  Zu- 
sätzen und  Weglaüungen  veranlaßet,  und  ich  habe  gedacht, 
daß  ich  zufrieden  sein  könte,  wenn  ich  nur  dadurch  den 
größeren  Schönheiten  nicht  schadete.  Doch  ich  will  einige 
besondere  Anmerckungen  bej  den  ihrigen  machen.  Zu  dem 
Bildniß  eines  Narren  in  der  18  Ode  hat  mir  Baxter  Ge- 
legenheit gegeben,  der  Eevöv  durch  ineptum  und  nicht  wie 

Stephanus  durch  peregrinum  giebt.  —  Wenn  sie  in  der 

1  Ode  die  Atriden  und  den  Cadmus  in  mein  erwehltes  Silben- 
maaC  bringen  können,  ohne  den  Wohlklang  zu  beleidigen,  so 
sollen  die  Mädchen  den  Tejer  nicht  um  diese  Schönheit  bringen. 
Sie  haben  recht  daß  nahmentliche  Helden  bestirntere  Ideen 
machen;  aber  bringen  ihnen  nicht  die  Helden  der  Griechen 
die  ganze  Ilias  und  Odyßea  ins  Gedächtnis?    Sie  raeinen,  die 
Lejer  bedeute  in  dieser  Ode  Anakreons  zu  Liebessachen  auf- 
gelegtes Naturell.    Allein  mich  dünckt  die  Allegorie  gehe  als- 
dann ganz  verlohren,  denn  das  Wechseln  der  Sayten  auf  der 
Leyer,  muste  alsdann  so  viel  seyn,  als,  die  Neigungen,  die  ein 
verliebtes  Naturell  ausmachen ,  verändern  und  audere  ihnen 
entgegengesetzte  annehmen,  welches  nicht  in  Anakreons  Ge- 
walt gestanden.     Solte  die  Leyer   wohl  uicht  vielmehr  die 
verschiedenen  Odenarten  bedeuten?   Alsdann  geht  es  an,  daß 
Anakreon  1)  in  seine  sonst  leicht  klingende  Leyer  vergebens 
ein  Lied  von  Helden  singe  2)  daß  er  bald  die  schwachen  Seiten 
mit  stärckern  vertausche,  daß  ihm  aber  dennoch  keine  stärckere 
Ode  glücke,  sondern,  daß  er  wieder  Willen  vom  Held  auf  die 
Liebe  verfalle.  3)  daß  er  die  ganze  Leyer,  d.  i.  die  erwehlte 
OdenArt  wegwerfe,  und  nun  im  höchsten  Thon  das  erhabenste 
Heldenlied  anfange,  daß  aber  dennoch  die  zu  zarten  Thönen 
gewohnten  Finger  nur  zärtliche  Thune  heraus  bringen.  Wie 
werden  sie  mich  mit  dieser  Erklärung  nach  Hause  weisen! 
Ich  bin  im  übrigen  mit  der  deutschen  Länge  dieser  Ode  selbst 
am  wenigsten  zufrieden.    Allein  das  erwählte  Sylbenmaaß  und 


193 


der  Vorsatz  die  wesentlichen  Gedancken  Anakreons ,  die  sein 
Plan  erfodert  nach  dem  Genie  der  deutschen  Sprache  zu 
liefern,  machte  mir  eine  ebenmäßige  Kürtze  unmöglich  ').  In 
der  5^  Ode  hätte  ich  lieber  gesagt:  laßt  uns  unsre  Schläfe 
mit  der  schon  beblätterten  Rose  bekränzen  -  -  allein  wie  soll 
man  den  Dactilus  in  schönbeblätterte  in  den  Vers  bringen. 
Es  dünckt  mich  auch  nicht  unrecht,  daß  man  die  Rose  vor 
sich  zu  sehen  glaubt.  Die  Scene  der  Trincker  kan  in  einer 
Laube  seyn,  wo  neben  ein  Rosenbusch  steht.  Ich  zweifle  hie- 
nächst,  daß  es  im  Deutschen  so  gut  angehe  von  der  Anrede 
so  geschwind  abzulaßen,  und  in  der  dritten  Person  zu  reden. 
Versuchen  sie  nur,  wie  es  klingt:  Du  Rose  p  und  dann:  Sie 
ist  des  Lenzen  Sorge.  In  der  32  Ode  will  ich  ihren  Erinne- 
rungen gemäß  verschiedenes  verändern.  Aber  warum  können 
sie  die  Damen  hier  nicht  leiden?  Ich  nenne  sie  nur  satirisch 
so,  denn  sie  sind  sonst  Mädchen  gewesen,  weil  sie  den  Ana- 
kreon  geküßt  haben.  Wir  müßen  wohl  das  französische:  Dame 
einführen,  denn  Weib  findet  nur  dann  und  wann  statt,  und 
Frau  nur  in  scherzhaftem  Gebrauch.  —  

Was  für  erbärmlichs  Zeug  ist  wieder  aus  der  Preße  ge- 
kommen! Bäurische  Schäferspiele,  jämmerliche  Comedien, 
Oden  und  Schäferlieder  von  Dunsen  (Allardus  und  Zemitz) 
Philosophien  für  und  Postillen*)  wieder  die  Religion,  Ueber- 
setzungen  von  Tagelöhnern  darunter  auch  II  congreßo  di  Cithera 
ist,  und  eine  Ueberschwemmung  von  rasenden  Romanen  und 
Mordgeschichten.  Wann  wird  doch  einmahl  in  Deutschland 
der  beßere  Geschmack  allgemeiner  werden?  -  —  — 

Bodmer  hat  Popens  Duncias  übersetzt,  und  Breitinger  hat 

Trillers  Ausgabe  des  Opitz  weitläuftig  beurtheilt.  HE. 

Bodmer  schreibt  mir  sonst  noch  allerhand.  Das  angenehmste 
wird  ihnen  seyn,  daß  er  den  Codex  der  Minnesinger  aus  der 
Paris.  Bibliotheck  bekommen  hat,  und  ihn  zur  Ausgabe  fertig 
macht,  er  hat  mir  einige  schöne  Stücke  in  Abschrift  geschickt. 
In  Leipzig  ist  ein  Milton ,  der  das  2l£  Buch  eines  epischen 
Gedichts  vom  Meßias  an  HE.  Bodmer  geschickt  hat,  welches 

1)  Davor  gestrichen :  fast 

2)  Zuerst:  dumme  Schlüße  für  und  wieder 

O  I  e  im-  U«,  Briefwechsel.  13 


194 


HE.  Bodmer  mit  vollem  Beyfall  lobt.  Weiter  schreibt  HErr 
Bodiner:  „HE.  Elias  Schlegel  hat  mir  das  erste  Buch  von 
„seinem  Heinrich  dem  Löwen  geschickt,  welches  ich  nicht  lesen 
„kan.  Sein  Canut  ist  noch  gut  genug.  Seine  Schreibart 
„hat  viel  wiedrigen  Zwang.  Bärmanns  Timoleon  ist  sehr 
„schwach,  und  unbestimt.  Es  ist  Zeit,  daß  sich  ein  Uz  an 
„das  Trauerspiel  mache."  Woher  kennt  denn  Bodmer  ihre 
Geschicklichkeit  zur  tragischen  Poesie?  Haben  sie  ihm  etwa 
schon  eine  Probe  geschickt?  Das  würde  ich  ihnen  nicht  ver- 
geben. Indeß  weiß  ich  doch  gewiß  nicht,  woher  er  sie  von 
dieser  Seite  kennt,  von  mir  kan  er  durch  die  dritte  Hand 
etwa  nur  ein  paar  uzische  Lieder  erhalten  haben.  —  —  — 
Ich  habe  bereits  einen  Buchführer  der  an  einem  säubern 
Druck  nichts  will  ermangeln  laßen,  wolten  sie  wohl  selbst 

eine  Vignette  vorschlagen?  —  

Berlin  d.  2412!  Oct.  1747. 

Ich  habe  den  Bflchersaal  nicht  gelesen,  worin  gräfliche 
anakreontische  Lieder  gelobt  sind.  Ich  habe  aber  wohl  einen 
Band  voll  in  411  gelesen,  die  man  einem  jungen  Grafen  von 
Putbus  zuschrieb,  wovon  aber  sein  Hofmeister  Nahmens  Haße 
Verfaßer  seyn  soll.  Es  ist  hie  und  da  ein  ziemlich  natürlicher 
Ausdruck,  aber  die  Sachen  sind  durchgehends  pöbelhaft,  und 
die  Erfindungen  schlecht  und  gemein.  Indeß  will  der  Autor 
doch  eine  Samlung  davon  machen,  weil  sie  HE.  Gottsched 
gelobet  hat. 

45.  üz  an  Gleim. 

Werthester  Freünd, 

Ich  bin  Ihnen  unendlich  verbunden,  daß  Sie  mir  meine 
Lieder  auf  eine  so  angenehme  Art  beurtheilt  und  verbessert 
zurückschicken  wollen.  —  Die  Mühe,  die  Sie  Sich  ge- 
geben haben,  die  Versuche  meiner  Muse  auszubessern,  ist  für 
mich  ungemein  nützlich,  und  Sie  sollen  aus  einer  zurückge- 
geschickten  Abschrift  ersehen,  wie  ganz  veräudert  meine  Lieder 
erscheinen.  Doch  ich  werde  mich  nicht  weit  von  denen  durch 
Sie  mit  einem  Tadel  bemerkten  Stellen  entfernen,  weil  Sie 
mich  durch  die  Erfahrung  lehren,  daß  indem  ich  manchmal 


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105 


verbessern  will,  ich  verschlimmere.  Errathen  Sie,  wie  das  zu- 
gehet? Eine  Stelle  gefallt  mir  nicht:  ich  suche  sie  zu  ver- 
bessern, bin  aber  in  meinem  Versuche  nicht  glücklich,  sondern 
verschlimmere.  Die  erste  Lesart  ist  indeü  einmal  verworfen, 
und  ich  denke  gar  nicht  mehr  daran.  Auf  diese  Art  schleichen 
sich  Fehler  in  den  Text,  und  ich  brauche  einen  aufrichtigen 
Fretind,  der  sie  mir  bemerket.  Wie  glücklich  bin  ich,  in 
Ihnen  alles  zu  besitzen,  was  Horatius  von  seinem  Quinctilius 
rühmet!  Sie  sind  selbst  ein  Meister  der  lyrischen  Dichtkunst: 
wie  gegründet  und  witzig  muß  also  Ihre  Critik  seyn!  Von 
Ihrer  Redlichkeit  bin  ich  überzeuget  und  Sie  haben  mir  eine 
angenehme  Probe  von  derselben  und  von  Ihrem  auserlesenen 
Geschmack  gegeben,  wann  Sie  alle  Zweydeütigkeiten  in  meinen 
Liedern  anmerken.  Ich  habe  diese  Freyheit  von  Ihnen  er- 
wartet und  würde  Sie  in  dem  Verdachte  der  allzugrossen  Nach- 
sicht gehalten  haben,  wenn  ich  in  meiner  Erwartung  mich 
betrogen  hätte.  Lieber  zwanzig  schlechte  Gedanken  und  matte 
Ausdrücke,  als  den  geringsten  Schein  der  Zweydeütigkeit  oder 
etwas,  so  wider  die  guten  Sitten  und  den  Wohlstand  laüft! 
Ich  setzte  in  die  angemerkten  Stellen  selbst  ein  Mißtrauen; 
nunmehro  sollen  sie  weggelassen  werden.  Ich  will  dahero  den 
Morgen  und  das  Morgenlied  nach  Ihrer  Vorschrift  verändern, 
und  das  Stück  vom  Ding  gar  verwerfen.  Auch  die  Ode  über 
die  deütschen  Unruhen  will  ich  lieber  ganz  weglassen,  weil 
sie  in  der  That  zum  Drucke  bey  dermaligen  Umständen  sich 
nicht  schicken  würde  und  auch  ohnehin  allzuernsthaft  für 
alle  übrige  Lieder  ist.  Ich  will  suchen,  die  Stelle  der  ver- 
worfnen, sowohl  derer,  die  ich  schon  angeführet,  als  die  ich 
noch  verwerfen  möchte,  wann  Sie  es  für  gut  befinden,  z.  E. 
das  kleine  Stück  vom  Vulcanus ;  die  Stelle  aller  dieser  mit  an- 
dern Stücken  zu  ersetzen.  Ich  schicke  Ihnen  in  dieser  Absicht 
meinen  Silenus,  den  ich  nach  dem  Virgil  entworfen  habe.  Sie 
werden  denselben  nach  Ihrer  Art  beurtheilen  und  verbessern; 
ich  bitte  sehr  darum.  HE.  Naumann  und  HE.  Ramler,  die 
Ihnen  in  Beurtheilung  meiner  Lieder  beygestanden  haben,  bitte 
mein  ergebenstes  Compliment  und  meine  Danksagung  zu  machen. 

Ich  bitte  Sie  nochmals  um  Vergebung  für  die  schlechte 
Beurtheilung  Ihrer  übersetzten  anakreontischen  Oden.  Ich  bin 

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völlig  mit  Ihnen  einig  wegen  dessen,  was  Sie  in  in  Ihrem  an- 
genehmen Schreiben  anführen.  Ich  gestehe,  daß  es  unmöglich 
ist,  dem  griechischen  Texte  Fuß  vor  Fuß  zu  folgen.  Ihre  Art 
zu  übersetzen  ist  zwar  etwas  frey,  aber  nöthig  und  angenehm. 
Ich  hatte  bey  meiner  Critik  nur  die  Absicht,  Sie  in  Verlas- 
sung der  reizenden  Einfalt  des  Griechen  behutsam  zu  machen. 
Vergeben  Sie  meiner  Freyheit,  mein  liebster  Freünd.  Ich  hätte 
mich  erinnern  sollen ,  was  für  ein  treflicher  Kenner  sowohl 
der  anakreontischen  Einfalt,  als  des  heutigen  Wohlstandes  (denn 
beydes  muß  in  einem  heütigen  anakreontischen  Dichter  ver- 
einiget seyn)  Sie  sind,  wie  Ihre  Lieder  bezeugen.  In  dieser 
Art  der  Gedichte  werden  Sie  allezeit  oben  anstehen,  soviele 
sich  auch  bemühen,  Ihnen  nahe  zu  kommen.  Sie  haben  dahero 
mit  einem  edlen  Stolze  Ihren  Nahmen  in  meinem  Liede  über 
die  anakreontischen  Liederdichter  wegstreichen  können,  indem 
Sie  versichert  sind,  daß  niemand  Sie  unter  die  Gattung,  die 
ich  tadle,  zählen  wird.  Allein  wenn  dieses  Einschiebsel  zu 
Ihrer  Sicherheit  unnöthig  war;  so  hätte  es  vielleicht  zu  der 
Sicherheit  meines  Geschmacks  uothig  seyn  können. 

Wie  glücklich  würde  ich  seyn,  wann  Ihre  Wünsche  er- 
füllet würden  und  ich  bey  Ihnen  seyn  könnte!  Wann  sich 
gewisse  Umstände  hier  änderten,  so  könnte  ich  es  leicht  ein- 
mal wagen  und  zu  Ihnen  kommen.  Meine  Absicht  ist  bisher 
allezeit  gewesen,  Gelegenheit  zu  haben,  die  Welt  zu  sehen 
oder  mich  in  Geschäften  zu  üben.  Meine  Hartnäckigkeit,  bey 
dieser  Absicht  zu  verharren,  ist  Ursache,  daß  ich  noch  gar 

nichts  bin.  Ich  beneide  den  hiesigen  HE.  Registrator 

wegen  seines  Aufenthalts  in  Berlin.  Was  Henker  ist  das,  daß 
iederraann  nach  Berlin  kommt,  und  ich,  der  die  wichtigsten 
Geschäfte  daselbst  habe,  nicht  hin  kommen  kann!  Ich  werde 
mich  melden,  wann  wieder  jemand  von  hier  soll  hingeschickt 
werden,  und  sollte  ich  auch  in  der  Qualität  eines  Botens  hin- 
kommen. Ich  freüe  mich  indessen  auf  besagten  HE.  Regi- 
strators  Ankunft  alibier,  weil  er  mir  verschiedenes  mitbringen 
soll.  Insonderheit  bin  ich  auf  Popens  Duncias  äusserst  begierig: 
auf  Bärmanns  Timoleon  hat  meine  Begierde  etwas  nachge- 
lassen, weil  ich  aus  Ihrer  Nachricht  davon  sehe,  daß  es  ihm 
an  dem  wichtigen  Stücke  des  edlen  Ausdruckes  fehlt.   Sie  sind 


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ein  loser  Herr !  Sie  haben  HE.  Bodmers  Worte  aus  seinem 
Briefe  verfälschet,  wann  Sie  ihn  sagen  lassen,  es  sey  Zeit,  daß 
sich  ein  Uz  an  das  Trauerspiel  mache.  Hier  steht  im  Ori- 
ginal ohnezweifel:  ein  Gleim.  Denn  von  Ihrer  Geschick- 
lichkeit zur  Theatralischen  Poesie  zeügt  bereits  ihr  blöder 
Schäfer,  der  mit  so  großem  Beyfall  ist  aufgenommen  worden. 
Izo  scheint  Ihre  Muse  gar  zu  schlafen.  Doch  indem  sie  schlaft, 
schmieren  die  Allardi  und  Zernitze.  Der  Himmel  gebe,  daß 
ich  nicht  auch  zu  dieser  letzten  Gattung  einmal  gerechnet 
werde,  wenn  ich  ja  noch  soll  gedruckt  werden!  Es  scheint 
in  der  That,  wenn  man  das  elende  Zeüg  betrachtet,  welches 
alle  Messen  herauskommt,  als  ob  Deutschlands  Geschmack  in 
nichts  sich  verbessere,  als  zur  Noth  in  der  Rechtschreibung 
und  dem  säubern  Drucke.  —  —  — 
Anspach  den  20.  Nov.  1747. 

Wegen  der  Vignette  zu  dem  künftigen  Drucke  meiner 
Lieder,  wenn  Sie  einmal  für  gut  befinden,  denselben  gütigst 
zu  besorgen,  weiß  ich  keinen  Vorschlag  zu  thun.  Ich  wünsche 
allein,  daß  sie  von  einem  guten  Meister  und  von  einem  artigen 
Dessein,  welches  zu  solchen  meist  fröhligen  Liedern  sich  schickt 
und  gleichsam  vorbereitet,  seyn  möge.  Die  Vignette  vor  HE. 
v.  Hagedorns  lstem  Teile  der  Oden  hat  mir  allezeit  ungemein 
gefallen.  Ich  zweifle  nicht,  daß,  wenn  Sie  es  besorgen,  der 
Druck  sauber  werden  wird,  weil  man  itzo  sosehr  darauf  sieht. 

Die  deütsche  Uebersetzung  vom  Congresso  di  Cithera  habe 
ich  gelesen.  Wie  schön  muß  das  italienische  seyn,  da  das 
deütsche  mir  so  gefallen  hat !  Ich  habe  freylich  in  der  Ueber- 
setzung viele  Kleinigkeiten  zu  tadlen  gefunden,  als  z.  e.  das 
pöbelhafte  Wort,  Man  nsen;  sonst  aber  scheint  sie  mir  noch 
gut  genug  zu  seyn.  Vielleicht  werde  ich  meine  Meinung  än- 
dern, wenn  ich  das  Original,  wie  ich  hoffe,  zu  lesen  bekomme. 
Wie  begierig  bin  ich,  HE.  Naumanns  Uebersetzung  des  Temple 
de  Gnide  zu  lesen? 

46.  Gleim  an  Uz. 

Liebster  Freund, 
Sie  wißen  es  wohl  schon,  daß  ich  ihnen  nicht  mehr  aus 


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Berlin  schreibe.  Ich  habe  endlich  doch  den  Schwur,  den  ich 
einst  an  Herlin  gethan,  als  ich  in  Deßau  war: 

Mich  soll  kein  Fürst,  aus  deinen  Mauren  bringen 
Wenn  mich  ein  Gott  in  sie  zurück  gebracht 
brechen  mülien,  und  sie  würden  mir  diese  Sunde  vergeben, 
wenn  ich  ihnen  alle  Ursachen  meines  gefaßten  Entschlußes 

erzählen  könte.  

Ich  hatte  mich  eben  von  neuem  bey  dem  Königl.  Prinz 
Ferdinand  als  Secretair  engagirt,  als  der  HE.  Geh.  Rath  von 
Berg,  der  zugleich  Dohmherr  in  Halberstadt  ist,  Gelegenheit 
bekomt,  mich,  bey  streit  iger  Wahl,  dem  hiesigen  hoch  würdigen 
DohmCapitul  zu  seinem  Secretair,  und  zwar  nur  vorerst  als 
Ädjunctus  Secretarii  vorzuschlagen ;  ich  komme  auf  die  Wahl, 
und  ohngeachtet  mich  keiner  der  geistlichen  Herrn  von  Per- 
son, ein  paar  aber  doch  durch  meinen  Tand  die  p  Lieder  ken- 
nen, habe  ich  das  Glück,  von  allen,  einmüthig,  ohne  daß  mir 
auch  nur  eine  Stimme  gefehlt  hätte,  zu  hiesigem  DohmSecre- 
tair  erwählt  zu  werden.  Von  diesem  allen  wüste  ich  nichts, 
bis  es  mir  der  HE.  von  Berg  nach  geschehener  Wahl  anheim 
stellte,  ob  ich  diese  Stelle  annehmen  wolle.  Ich  sagte  nach 
einiger  BedenckZeit  ja,  reiste  hieher  ab,  wurd  so  gleich  in 
Pflicht  genommen:  ich  gab  hierauf  meinem  HErrn  Anteceßor 
der  melancholisch  war,  die  Visite,  und  was  meinen  sie  wohl, 
liebster  Freund,  was  er  eine  halbe  Stunde  darauf  that?  er 
starb,  und  ich  hätte  mir  zu  Gemüthe  ziehen  können,  ob  ich 
ihn  nicht  etwa  durch  meine  Gegenwart  getödtet  habe,  wenn  ich 
nur  so  närrisch  gewesen  wäre,  als  einige  grundgelehrte  Leute. 
Sie  sehen  aus  diesen  Umständen,  daß  ich  mich  seit  einiger  Zeit, 
in  verschiedener  Verwirrung  befunden  haben  müße,  und  werden 
mir  um  desto  mehr  mein  bisheriges  Stillschweigen  vergeben, 
wenn  ich  ihnen  sage,  daß  mir  meine  itzige  Bedienung  Zeit 
genug  übrig  laße,  in  Zukunft  das  Versäumte  doppelt  nachzu- 
holen. Dis  ist  auch  ein  Hauptvortheil  derselben,  daß  ich  freye 
Tage  und  Wochen,  für  mich  behalte,  und  gleichsam  von  Nie- 
mand dependire,  indem  ich  mehr  als  ein  Dutzend  geistliche 
Herren  habe  die  alle  gewohnt  sind,  ihrer  Pfründe  Zinß  in 
Rheinwein  vor  sich  zu  sehn,  wie  Hagedorn  sagt,  und  worüber 
ich  mit  meinen  Herren  schon  oft  gescherzt  habe.  —  —  — 


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Was  hätte  ich  ihnen  nicht  alle  zu  schreiben !  aber  ich 
muß  vor  disniahl  nur  kurz  seyn;  ich  muß  auch  noch  an  den 
General  Stille  schreiben,  mit  dem  ich  in  einen  poetischen  Brief- 
wechsel gerathen  bin,  und  dem  ich  keine  Antwort  schuldig 
bleiben  darf,  weil  er  mich  mit  einem  Regiment  Cüraßiers 
zwingen  möchte.  Sie  sind  sehr  gütig,  liebster  Freund,  daß 
sie  mit  meiner  schlechten  ßeurtheilung  ihrer  Lieder  zufrieden 
sind.  Was  für  eine  fürtrefliche  Samlung  wird  die  ihrige  wer- 
den, wenn  sie  alle  nicht  ganz  vollkommene  Stücke  mit  solchen 
Meisterstücken  ersetzen  wollen ,  als  ihr  Silen  ist.  Und  wie 
viel  Ehre  werde  ich  zugleich  daran  haben!  Ich  will  durch  sie 
berühmt  werden,  denn  ob  ich  gleich  ein  Probst  im  Closter 
bin,  so  will  ich  doch  auch  Herausgeber  ihrer  nicht  geistlichen 
Lieder  seyn. 

Heucheln  sie  wohl  nicht  ein  bisgen  liebster  Freund,  da 
sie  mir  auf  einmabl  wegen  meiner  Art  den  Anakreon  zu  tiber- 
setzen recht  geben?  —  —  —  Meinen  Nahmen  iu  dem  Liede 
über  die  anakreontischen  Liederdichter  habe  ich  mit  keinem 
edlen  Stolze  weggestrichen.  Ich  zitterte  dabey,  denn  meine 
Eitelkeit,  und  der  Wehrt  ihrer  Poesie,  sagten  mir,  daß  ich 
meine  Ewigkeit  wegstriche. 

Machen  sie  nun,  daß  ich  das  Manuscript,  mit  allen  Ver- 
beßerungen,  bald  zurück  erhalte.  Vielleicht  könte  der  baldige 
Druck  deßelben  zur  Erreichung  einer  oder  der  andern  Absicht 
etwas  bey tragen  ?  Wolten  sie  wohl  Regimentsquartiermeister 
beym  Stillischen  Regiment  werden?  Wenn  der  jetzige,  wie  man 
sagt,  abgehen  solte,  so  würde  nieine  Empfehlung  schon  etwas 
gelten.  Ich  habe  ihnen  noch  nicht  gesagt,  daß  HE.  Sulzer 

eben  seine  Profeßor  Stelle  antrat,  als  ich  abreisete.  Mercken 
sie  wohl,  daß  es  mir  ohngeachtet  der  hiesigen  guten  Umstände, 
Mühe  gekostet  hat  Berlin  zu  verlaßen,  Berlin  und  Ramlern, 
diesen  angenehmen  Freund,  der  jetzt  beym  HE.  von  Rosee  ist, 
aber  bisher  nichts  gemacht  hat,  als  ein  Neujahrsgedichte,  das 
letztens  wegen  seiner  Schönheit  in  die  Berlinschen  Zeitungen 
gesetzt  war.  HE.  Götze  hat  mir  auch  wieder  geschrieben. 
Was  haben  sie  denn  mit  ihm  vor?  Schreiben  sie  mir  doch 
einmahl  etwas  umständliches  von  ihrer  Uneinigkeit!  Er^bittet 
mich  sie  mit  ihm  zu  versöhnen !    Hat  er  sie  denn  würcklich 


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so  sehr  beleidigt,  daß  sie  ihm  nicht  vergeben  können?  Er 
hat  mir  eine  Ode  mitgeschickt,  woraus  erhellt,  daß  er  sich  in 
HErrn  Langens  Geschmack  sterblich  verliebt  hat,  denn  er  er- 
wehnt  seiner  darin,  wie  Horatz  des  Pindars;  ich  bin  aber  ge- 
wiß, daß  Horatz  folgende  Strophe  an  seinen  Held,  in  den  bün- 
digsten Ausschweifungen  des  Pindars  nicht  gebilligt  hätte.  Er 
sagt  von  ihm,  daß  er  auf  harter  Erde  von  Ruhe  träume, 

Biß  um  dich  her,  das  Praßein  freßender  Flammen  -  -  - 
Sind  das  nicht  ein  Haufen  ambitiosa  ornamenta,  würde  nicht 
Floratz  sagen :  Qua?  mihi  Ostend  is  Sic,  incredulus  odi ! 

 HE.  von  Kleist  will  mich  künftigen  Sommer 

hier  besuchen;  was  für  Freude,  wenn  sie  sich  auch  dazu  ent- 
schließen. Ich  bin  Ihnen  doch  wenigstens  20  Meilen  näher! 
Hat  ihnen  HE.  von  Kleist  den  Timoleon  und  HE.  Krause  eine 
Menge  Musikalien  geschickt?  Sie  haben  mir  beide  diese  Ge- 
fälligkeit vor  meiner  Abreise  versprochen.  Ich  bin  damahls 
noch  einige  Tage  in  Potsdam  gewesen,  um  mich  mit  meinem 
Kleist,  noch  einmahl  recht  satt  zu  lieben  und  zu  scherzen. 
Was  werden  sie  zu  seinem  Landleben  sagen,  daß  ich  ihnen 
mit  allen  Fehlern  des  Copisten  übersende?  Dencken  sie  doch, 
welch  ein  Narr!  Er  beobachtet  die  Zeilen  der  neuen  Versart 

nicht,  sondern  schreibt  alles  wie  Prose!  —  Schreiben 

sie  mir  doch  ihr  ausführliches  freyes  Urtheil  davon.  Die 
Freundschaft  darf  sie  nicht  hindern,  denn  ich  habe  selbst  schon 
genug  daran  getadelt,  obgleich  das  meiste  fürtreflich  ist,  und 
es  nur  oft  allzu  erhaben  ist.  Doch  wolte  ich  daß  sie  sich 
gegen  den  Herrn  von  Kleist  nicht  zu  dreist  erklärten,  denn 
man  kann  ihn  leicht  furchtsam  machen. 

Dem  Timoleon  fehlt  es  mehr  an  der  nachdrücklichen  af- 
fect vollen  tragischen  Schreibart,  und  an  starcken  Gedancken, 
als  an  dem  edlen  Ausdruck,  wie  sie  selbst  finden  werden. 

Popens  Duncias  komt  hiebey.  HE.  Bodmer  hätte  etwas 
geschmeidiger  übersetzen,  und  viel  dunckle  Stellen,  aus  den 
Anmerckungen  des  Originals  selbst,  aus  der  französischen 
Uebersetzung,  und  aus  dem  Zuschauer  erläutern  sollen.  HE. 
Bodmer  hat  mich  ausdrücklich  ersucht,  meinen  Freunden  zu 
sagen,  daß  er  nicht  Verfaßer  von  der  Schrift  wieder  Trillern 
sey.    Ich  kan  ihnen  allenfalls  mit  seinem  OriginalBriefe  be- 


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weisen,  daß  er  wünscht,  es  möge  sich  ein  Utz  an  das  Trauer- 
spiel machen. 

II  Congreßo  di  Cithera  ist  schlecht  übersetzt,  welches  sie 
auch  nach  Lesung  des  Originals  sagen  werden;  doch  fehlt  es 
dem  Original  selbst  an  genugsam  Einfalt,  HE.  Algarotti  läuft 
nach  dem  Witze,  er  macht  von  seiner  Astronomie  keinen  so 
angenehmen  Gebrauch  als  Fontenelle,  er  schreibt  mir  zu  kraus, 
wie  Marivaux,  oder  Crebillon. 

Haben  sie  wohl  die  letzten  Stücke  der  Bremischen  Bey- 
träge  gelesen?  Sie  enthalten  lauter  Erzählungen,  worunter 
einige  einen  Verfaßer  verrathen,  der  unsern  Chaulieu  nach- 
ahmen will.  Aber  die  Reime  vereinigen  sich  mit  seinem  Witz 
nicht  so  leicht,  er  läßt  sich  zu  oft  mercken,  daß  sie  ihm  Witz 
geben,  er  hält  sich  bey  einem  Einfalle  zu  lange  auf,  und  dehnt 
ihn  zu  weit,  und  wenn  er  wie  Chaulieu,  will 


so  ist  er  an  statt  natürlich  zu  seyn,  spitzfündig.  Eine  be- 
scheidene Critick  dieser  Beytrüge,  die  durchgehends  viel  Bey- 
fall  haben,  könte  viel  Nutzen  schaffen,  und  es  könte  sie  keiner 
beßer  machen  als  Uz.  —  —  — 

Halberstadt  den  31  Jan.  1748.1) 

 Sie  haben  doch  die  neuen  Erzählungen  verschie- 
dener Verfaßer  schon? 

Herr  General  von  Stille  hat  ein  schertzhaftes  Heldenge- 
dicht :  der  Lerchenkrieg,  oder  die  Siege  Victors,  drucken  laßen. 
Ich  habe  kein  Exemplar  mehr  davon,  und  habe  nur  eins  ge- 
habt, so  ich  weggeben  müßen.  Es  hat  viel  Artiges  und  ist 
eine  Satyre  auf  einen  Don  Quixot  unter  seinen  Officieren,  der 
die  Lerchen  als  Korndiebe  ausrotten  wolte.  Ich  schrieb  letz- 
tens unter  anderm  von  diesem  Helden  an  den  HE.  von  Stille : 


Und  will  er  Held  und  Sieger  seyn 

Das  Land  von  Dieben  zu  befreyn 

So  führ  er  Kriege  mit  den  Spatzen  (Sperlingen) 

Er  werb  ein  Kriegesheer  von  Katzen 

Und  werd  ein  Mörder  aller  Ratzen!  —  


1)  Hier  folgen  Gleims  Bemerkungen  zum  „Silenus",  vgl.  Sauers 
ausgäbe  s.  77—79. 


Preferer  avec  agrement 

Au  tour  brillant  de  la  pensöe 

La  verite*  du  sentiment 


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47.  Uz  an  Gleim. 

Werthester  Freünd, 

Die  Nachricht  von  Ihrem  Glück  hat  mir  soviel  Vergnügen 
gemacht,  daß  aller  Unwille  über  Ihr  so  lange  verschobenes 
Schreiben  an  mich  verschwunden,  und  ich  Ihnen  willigst  ver- 
zeihe. —  —  —  Ich  glaube,  daß  die  erhaltene  Stelle  sich 
recht  gut  für  sie  schickt:  die  Verrichtungen  werden  nicht  so 
häufig  seyn,  daß  Sie  nicht  Zeit  übrig  behalten  sollten,  Ihrem 
Vergnügen  und  Ihrer  Muse  abzuwarten.  An  aufgeweckter  Ge- 
sellschaft wird  es  Ihnen  auch  nicht  fehlen;  an  hinlänglichem 
Gehalt  auch  nicht:  was  kann  ein  Weiser  mehr  verlangen? 

—  —  —  Sie  sind  ungemein  gütig,  daß  Sie  für  mein 
Glück  so  sehr  besorget  sind  und  mich  wünschen  näher  bey 

sich  zu  haben.  Es  will  zwar  das  Ansehen  gewinneu, 

als  ob  ich  auf  hiesiger  Canzley  befördert  werden  mochte : 
Allein,  ausser  dem  die  Sache  noch  nicht  richtig,  und  mein 
Entschluß  selbst  noch  nicht  gefasset  ist;  so  steht  mir  doch 
allezeit  frey,  wann  sich  anderwärts  etwas  vortheilhafters  äus- 
sern würde,  das  weniger  vorteilhafte  zu  verlassen.  Schlüß- 
lich  setze  nur  noch  hiezu,  daß,  wann  nach  des  HE.  v.  Kleist 
Wunsche  in  seinem  letztern  Schreiben  an  mich,  wir  lauter 
Geist  wären  und  nichts  zti  essen  brauchten,  daß,  sage  ich, 
meine  Reise  schon  längst  zu  Ihnen  hinein  vorgenommen  wor- 
den wäre.  Allein  da  dieses  nicht  ist,  so  kann  man  aufs  Un- 
gewisse keine  so  weite  Reise  unternehmen.  Besagten  Wunsch 
hat  HE.  v.  Kl. [eist]  bey  Gelegenheit  Ihrer  weiten  Entfernung 
vorgebracht,  und  scheint  gar  nicht  zufrieden  zu  seyn,  daß  Sie 
Berlin  verlassen  müssen.  Was  mich  anbetrift,  so  bin  ich 
noch  nicht  mit  mir  einig,  ob  ich  mich  [über]  Ihre  Entfernung 
von  Berlin  erfreüen  oder  kränken  soll.  Mich  dünkt  indessen, 
daß  ich  leichter  Odem  hohle,  wann  ich  bedenke,  daß  Sie  mir 
20.  Meilen  näher  sind. 

Was  wollen  Sie  mit  dem  Manuscript  meiner  Lieder  machen? 
Können  Sie  dieselben  drucken  lassen ,  wie  Sie  sich  vorge- 
nommen hatten;  da  Sie  nicht  mehr  in  Berlin  sind?  Wann 
Sie  können  und  wollen  und  glauben,  daß  es  einigen  Einfluß 


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auf  meine  Umstände  haben  konnte;  so  will  ich  das  Manu- 
script  schicken.  Ich  darf  sie  nur  abschreiben.  Sollte  es  aber 
diese  Ostern  nicht  geschehen  oder  überhaupt  damit  anstehen; 
(welches  auf  Ihr  Urtheil  von  dem  Werth  oder  Unwerthe  der 
besagten  Lieder  ankommt)  so  wollte  mir  gerne  die  Mühe  des 
Abschreibens  ersparen,  und  könnte  zuweilen  noch  daran  bessern. 
Ich  erwarte  Ihre  baldigste  Antwort,  sowohl  dieses  Druckes 
wegen,  als  überhaupt,  daß  ich  wissen  möge,  ob  Sie  mein 
Schreiben  richtig  bekommen  haben. 

HE.  Krause  hat  mir  nebst  einem  Briefe  von  HE.  v.  Kleist 
auch  Musikalien  geschickt.  Ich  bedanke  mich  dafür  bey  Ihnen, 
denn  Sie  haben  mir  die  FreündschafFt  dieses  geschickten  Man- 
nes verschafft.  Er  setzt  sehr  wohl,  wie  ich  aus  der  compo- 
sition  der  von  Ihnen  verfertigten  Cantate  ersehe.  Der  Text 
ist  so  schön,  daß  er  mir  zum  Muster  dienen  wird,  wann  ich, 
nach  HE.  Krausens  Ansuchen,  auch  eine  Cantate  verfertigen 
werde.  Die  Erfindung  ist  artig.  Es  hat  mich  zwar  gedeücht, 
daß  es  etwas  weit  getrieben  sey,  wann  Sie  deu  Amor  in  eine 
Rose  so  verliebt  werden  lassen,  daß  er  über  die  Biene  eifer- 
süchtig wird  und  affecktuöse  Arien  singt.  Sie  haben  es  ver- 
mutlich dem  Componenten  zu  Gefallen  gethan,  damit  er  Ge- 
legenheit haben  möge,  Affeckt  hinein  zu  bringen.  Denn  wer 
denkt  sonst  natürlicher,  als  Sie? 

Für  die  Mittheilung  des  Gedichtes  vom  Landleben  danke 
ich  ergebenst.  Ich  behalte  mir  vor,  nächstens  mein  Urtheil 
davon  weitläufiger  zu  schreiben,  wenn  ich  es  noch  etliche- 
mal durchgelesen.  Ueberhaupt  zu  sagen,  ist  es  schön,  die 
Mahlerey  stark  und  der  Ausdruck  lebendig.  Nur  dünkt  mich, 
Gemähide  und  Ausdruck  seyen  zu  oft  übertrieben  und  nicht 
natürlich.  HE.  Götzens  Schreibart  gefällt  mir  so  wenig  als 
Ihnen.  Die  Strophen  aus  einer  seiner  Oden  sind  voll  un- 
natürlicher Bilder.  Scaliger  heißt  den  Fehler,  der  itzo,  nach 
der  matten  Schreibart,  bey  uns  einreißen  will,  xaxoJrjXtav. 
Man  will  stark  schreiben  und  schreibt  unnatürlich.  —  — 

Onolzbach.   Den  29.  Febr.  1748. 

Ich  billige  vollkommen,  was  Sie  von  den  letzten  Stücken 
der  Br.|emischen|  Bey  träge  urtheilen.  Einige  der  Erzählungen 
sind  ungemein  artig:  es  schimmert  von  Witze  darinnen.  Aber 


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es  ist  auch  viel  nffectirtes  darinnen.  Diese  vervielfachten  Reime 
gefallen  mir  auch'  nicht.  Welch  ein  Unglück  für  Deutsch- 
land ,  daß  der  Witz  in  unsern  Schriften  schon  anfangt  un- 
ächt  zu  erscheinen,  eh  er  noch  acht  erschienen!  Stellen  Sie 
sich  vor  dem  Riß:  ich  rathe  es  Ihnen.  Sie  machen  mich 
sonst  böse. 

Ich  will  nächstens  an  HE.  Götzen  schreiben.  Bloß  meine 
Nachlässigkeit  und  seine  weite  Entfernung  sind  Ursache,  daß 
es  nicht  bereits  geschehen.  Haben  Sie  den  Seel.[igen]  Heyn 
nicht  gekannt?  Einige  seiner  Schriften  haben  mir  eine  gute 
Idee  von  ihm  gegeben.    Schreibt  dann  Rost  gar  nicht  mehr? 

Ich  bin  Ihnen  für  Popens  Duncias  und  den  geretteten 
Opitz  höchstens  verbunden.  HE.  Bodmer  hat  in  der  That  etwas 
dunkel  und  rauh  (ibersetzt;  und  warum  hat  er  das  vierte  Buch 
der  Duncias  ausgelassen  ?  Bärmanns  Timoleon  habe  ich  nicht 
empfangen;  obgleich  HE.  v.  Kleist  in  seinem  Briefe  dessen  er- 
wähnt. Er  muß  bey  HE.  v.  Kleist  oder  HE.  Krause  liegen 
geblieben  seyn.  Meine  Muse  schläft  den  ganzen  Winter  durch. 
Schläft  Ihre  auch,  weil  Sie  mir  nichts  von  Ihr  zu  lesen 
geben  ? 

48.  Gleim  an  Uz. 

Wehrtester  Freund, 

Ich  komme  mit  meinem  geistlichen  Mantel  aus  dem  General 
Capitul  und  finde  Ihr  wehrtes  Schreiben,  und  laße  Expedienda 
warten,  bis  ich  Ihnen  geantwortet  habe.  

Ich  habe  seit  einiger  Zeit  von  dem  Baron  Bielefeld  keine 
Briefe  gehabt.  Die  Ursach  ist,  weil  er  verliebt  ist,  und  sich 
mit  einem  Mädchen  von  80000  R,f.  der  Madem.  Reichen  in 
Halle  versprochen  hat,  welche  Angelegenheit  ihm  vermuthlich 
keine  Zeit  übrig  läßt  an  seine  Freunde  zu  dencken.  —  —  — 
Aber  vielleicht  bat  er  auch  etwas  wieder  mich.  Er  hat  mir 
nemlich  schon  vor  Jahr  und  Tag  seine  Comedie  (der  Hof)  ge- 
geben, sie  durchzusehn,  und  drucken  zu  laßen,  allein  ich  habe 
noch  nicht  dabey  kommen  können,  ich  habe  auch  annoch  wenig 
Lust  dazu,  weil  ich  lieber  etwas  neues  mache,  als  etwas,  wo- 
ran so  viel  zu  verbeßern  ist;  absonderlich  an  einem  so  weit- 


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205 


läuftigen  Werck,  als  eine  Coraedie  ist.  Ich  habe  mich  zu  Ver- 
beßerung  meines  blöden  Schäfers  noch  nicht  einmahl  ent- 
schließen können,  und  wird  ihn  wohl  der  eigennützige  Ver- 
leger mit  allen  seinen  Fehlern  wieder  drucken  laßen.  Diesen 
Sommer  aber  dencke  ich  beydes,  mehr  Zeit,  und  mehr  Lust 
zu  haben,  und  werde  bis  dahin  den  HE.  v.  Bielefeld  um  Ge- 
dult  ersuchen.  In  de  Ii  dächte  ich  doch,  daß  der  baldige  Druck 
ihrer  Lieder  ein  und  andere  Absicht  wegen  ihrer  Beförderung 
fördern  wörde.  In  Quedlinburg,  welches  nur  ein  paar  Stunden 
von  hier  liegt,  ist  der  Buchftihrer  Schwan,  welcher  durch 
einige  Verlagsbücher  gezeigt  hat,  daß  er  auf  einen  säubern 
Druck  etwas  zu  verwenden  im  Stande  sey,  diesen  wolte  ich 
zu  Uebernehmung  des  Drucks  ihrer  Lieder  vermögen,  und  ihn 
anhalten,  so  viel  möglich,  sie  auf  weiß  Papier  uud  mit  unab- 
genutzten Lettern  zu  liefern.  Nur  würde  zur  Verfertigung 
einiger  Vignetten,  nach  Hagedorns  Art,  zu  wenig  Zeit  übrig 
seyn;  ich  bin  aber  auch,  was  diese  Zierrathen  betrift,  anjetzt 
der  Meinung,  daß  es  bescheidener  gehandelt  seyn  würde,  wenn 
wir  bey  der  ersten  Ausgabe,  mit  etwa  einem  kleinen  Kupfer- 
stich auf  dem  Titul  zufrieden  wären,  und  einen  prächtigeren 
Druck  für  die  211  und  50i£  Ausgabe  versparten.  Was  schlagen 
sie  allen fals  für  eine  Erfindung  dazu  vor?  Nach  meinem  Ge- 
schmack müste  sie  so  einfach  seyn,  als  nur  immer  möglich. 
Z.  E.  Ein  fliegender  Cupido,  ohne  Bogen  und  Köcher,  mit 
Pfeilen  in  der  Hand,  die  er  von  sich  wirft,  oder  dergleichen. 
Ein  Pan  in  einer  vorteilhaften  Stellung,  wie  er  z.  E.  auf 
einem  Kupferstich  in  der  Enquiry  into  the  Life  of  Homer 
p.  13  neben  der  Vesta  vorkomt.  Ich  wolte  noch  einige 
vorschlagen,  wenn  ich  sogleich  einen  Mahler  bey  der  Hand 
hätte,  der  fähig  wäre  nach  meiner  Vorschrift  den  Pinsel  zu 
führen.  Es  ist  zwar  itzt  eben  ein  sehr  geschickter  Mann  hier 
der  aber  nur  in  Portraits  starck  ist,  und  sich  auf  die  mytho- 
logische Malerey  nicht  gelegt  hat.  Indeß  würde  er,  wie  er 
auch  schon  versprochen  hat,  nach  einem  guten  Original,  auch 
mit  einigen  Veränderungen,  schon  eine  gute  Copie  machen 
können.  Wenn  sie  mir  also  gleich  antworteten,  so  könte  ich 
hier  die  erwählte  Vignette  ungesäumt  malen  laßeu,  und  sie 
alsdann  bey  Zeiten  nach  Berlin  schicken.    Ich  gestehe,  daß 


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ich  sehr  gerne  sähe,  wenn  dieser  längst  gewünschte  Druck 

endlich  einmahl  auf  Ostern  zu  Stande  kommen  könte.  

Und  müßten  sich  nicht  Bilefeld  und  Stille  schämen,  wenn  es 
ihnen  möglich  wäre,  mir  das  patrocinium,  das  ich  für  eine 
solche  Muse  erbitten  würde,  zu  versagen,  nachdem  sie  mir 
beyde  auf  gewiße  Art  verpflichtet  sind?  Was  wollen  sie  sich 
doch  in  dortiger  Canzley  engagiren,  da  sie  so  wenig  Einkünfte 
zu  erwarten  haben?  —  Ich  habe  gestern  einen  voll- 
kommen artigen  Brief  und  einige  anakreon tische  Lieder  von 
ihm  [Bodmer]  erhalten.  HErr  Sulzer  hat  ihm  geschrieben, 
daß  an  der  Ausgabe  ihrer  Oden  gearbeitet  würde,  weshalb  er 
große  Begierde  bezeigt,  sie  bald  fertig  zu  sehen.  Künftige 
Ostern  wird  er  den  Anfang  machen  die  Lieder  der  Minnesinger 
in  30  Bogen  herauszugeben.  In  seinen  Zeitungen  fährt  er 
fort  den  alten  Groll  wieder  Gottsched ,  in  den  heftig- 
sten Satiren  an  den  Tag  zu  legen.  Ich  vergebe  ihm  viele 
Ausschweifungen,  weil  er  mit  eben  so  viel  Enthusiasterey  für 
seine  Poesie  streitet,  als  Edelmann  für  seine  Religion.  Er 
lobt  mir  des  Marchese  de  Leinene  italiänische  Poesien  sehr, 
wovon  mir  nur  3  kleine  Stücke  aus  der  Sammlung  des  Anto- 
nini bekant  sind.  In  seinen  critischen  Briefen  will  er  Nach- 
richt davon  geben.  Meine  Cantate  ist  lediglich  aus  Gefällig- 
keit gegen  den  Componisten  so  und  nicht  anders.  Die  Idee 
hat  mir  de  la  G ränge  gegeben.  Ich  freue  mich  auf  künftigen 
Früling  und  Sommer,  den  ich  mit  ein  paar  Freunden  dem 
HE.  KriegesUath  von  Hagen,  und  HE.  von  Haren,  Domherren, 
vergnügt  hinzubringen  gedencke.  Ich  bin  auch  willens  incognito 
mit  ihnen  eine  Reise  nach  Göttingen  zu  Hallern  zu  thun 
Meine  Freude  würde  unermeßlich  seyn,  wenn  mein  Kleist  sein 
Versprechen  hielte,  zu  mir  käme,  und  mit  mir  nach  Göttingen 

Gesellschaft  machte.  — 

Halberstadt  den  9  Martis  1748. 

In  Jena  soll  der  Schriftsteller  ä  la  m od e  gedruckt 
seyn,  worin  Bodmers  Duncias  aufs  gröbste  beurtheilt  seyn  soll. 
Warum  er  das  411  Buch  nicht  übersetzt  hat,  weiß  ich  nicht. 
Kennen  sie  Les  Oeuvres  de  Lainez?  deren  auch  Hagedorn  er- 
wehnt?  Ich  kann  sie  nirgends  auftreiben.  Den  seel.  Hein 
habe  zwar  von  Person  aber  nicht  speciell  gekaut,    Es  gereut 

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mich ,  daß  ich  seine  ßekantschaft  nicht  gesucht  habe.  Er 
wohnte  nicht  weit  von  Potsdam,  und  hatte  viel  Geschick.  Sind 
Sie  durch  ihn  ein  Seelenschläfer  geworden? 

HE.  Krause  hat  Bärinanns  Timoleon  vergeßen.  Der  Ver- 
fasser des  Tr.faite]  L'homme  Machine  soll  M.  de  la  Metrie 
seyn  der  auch  die  Histoire  naturelle  de  Paine  geschrieben  hat, 
und  jezt  in  Potsdam  seyn  soll.  Sind  ihnen  auch  die  pensees 
philosophiques  bekant?  Das  beste  ist  aus  des  Schaf tsbury 
Lettre  of  Enthusiasmc  genommen.  

49.  Uz  an  Gleim. 

—  —  —  Sie  bekommen  hiemit  die  vollständige  und  ver- 
besserte Sammlung  meiner  Lieder.  Ich  habe  sie  aber  nur  so 
verbessert,  so  gut  ich  dießrnal  gekonnt.  Was  für  eine  ver- 
drüßliche  Arbeit  ist  dergleichen  Ausbesserung!  Sie  haben, 
meines  Erachtens,  vollkommen  Recht,  wann  Sie  lieber  selbst 
etwas  neues  erfinden  wollen,  als  ausbessern.  Man  sieht  tausend 
Kleinigkeiten,  die  man  gern  verändert  haben  mochte,  aber 
man  kann  manchmal  nicht  zum  Zwecke  kommen.  So  geht  es 
mir.  Sie  werden  noch  vieles  mit  Grunde  zu  tadeln  finden; 
doch  was  wird  gleich  das  erstemal  vollkommen  ?  Ihre  Critiken 
habe  ich  mir  so  gut,  als  mir  diesesmal  möglich  war,  zu 
Nutzen  gemacht.  Manchmal  hätte  ich  wider  einige  etwas  ein- 
zuwenden; allein  in  Briefen  wäre  es  zu  weitläuftig.  Ich  will 
die  Feile  auf  eine  Zeit  ruhen  lassen.  Finden  Sie  noch  etwas 
noth wendig  zu  verbessern;  so  werden  Sie  es  selbst  thun,  in- 
sonderheit in  den  zwey  neüen  Liedern,  die  Sie  noch  nicht  ge- 
sehen haben.  Nachdem  diese  mühselige  Arbeit  der  Auspolie- 
rung  vorbey ;  so  wünsche  ich  nunmehro  selbst,  daß  meine  Kleinig- 
keiten zum  Drucke  kämen:  und  wann  Sie  sie  dazu  befördern, 
so  werde  ich  Ihnen  sehr  verbunden  seyn.  Ich  habe  Ihnen, 
wann  mir  recht  ist,  schon  ehemals  geschrieben,  daß  ich  nicht 
cum  fastu  meinen  Eintrit  in  die  gelehrte  Welt  halten  wolle. 
Es  ist  mir  genug,  wann  der  Druck  nichts  widerliches  hat  und 
von  Lesen  nicht  abschreckt.  Ich  wünsche  vornehmlich,  daß 
die  Lieder  correct  und  genau  nach  meinem  Manuscript,  auf 
weisses  feines  Papier,  mit  unabgenutzten  Lettern,  abgedruckt 


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werden.  Es  ist  auch  höchst  unangenehm,  wann  der  Druck  so 
kärglich  aussieht,  die  Zeilen  in  einander  gepreßt  sind  und  nicht 
genügsamer  Raum  zwischen  den  Strophen  und  auf  den  Seiten 
gelassen  wird.  Es  sollte  auch  in  der  Einrichtung  des  Druckes 
ein  guter  Geschmack  herrschen,  wie  in  Ihren  zu  Berlin  ge- 
druckten Gedichten.  Was  die  Vignette  anbetrift,  so  überlaß 
ich  es  Ihnen ,  was  Sie  dazu  wählen  wollen.  Eine  Lyrische 
Muse,  nach  alter  Art,  würde  sich  nicht  übel  schicken.  Wann 
sie  säße  und  auf  der  Lyra  spielte,  so  könnte  man  einen  Amor 
sich  an  ihr  anlehnen  lassen.  Sollte  keine  Gelegenheit  zu 
einem  guten  Stiche  seyn,  so  wäre  meine  Meinung,  man  ließe 
die  Vignette  gar  weg.  Ist  sie  doch  nicht  nothwendig  bey 
einem  guten  Buche.  Ich  habe  die  Ode:  die  lyrische  Muse, 
gleich  zu  Anfange  gestellt:  Sie  werden  es  vermuthlich  billigen. 
Die  Ode  an  Sie  steht  etliche  Seiten  weiter  hinter:  ich  mag 
diese  zwey  Stücke  nicht  gerne  bey  einander  sehen,  weil  ihr 
hinhält  sich  gewissermassen  widerspricht,  Ich  kann  nicht 
mehr  über  die  Eine  setzen:  an  Herrn  Gleim  in  Berlin;  und 
doch  ist  sie  ftir  diesen  Ort  gemacht.  Machen  Sie  selbst  die 
Aufschrift.  Ich  überlasse  alles  Ihrer  gütigen  Aufsicht.  Sie 
werden  sich  die  Mühe  geben ,  und  ein  Paar  Zeilen  Vorrede 
davor  setzen,  so  daß  die  Leser  zweifelhaft  bleiben,  ob  ich  oder 
jemand  anders  die  Lieder  herausgiebt.  Ich  bin  in  Vorreden 
ganz  ungeübt.  Ich  verspreche  mir  von  diesem  Drucke  weiter 
nichts,  als  ein  günstiges  Urtheil  der  Kenner.  Wann  ich  dieses 
erhalt«*,  so  habe  ich  meine  Absicht  erreicht.  Sie  haben  Recht, 
daß  ein  Dichter  nicht  mehr  hoffen  darf,  durch  die  Poesie  sein 
Glück  zu  machen.  Wann  einer  sich  dadurch  glücklich  macht, 
ho  ist  es  hellte  zu  Tage  ein  blindes  Glück.  Wann  ich  mir 
Kreünde  mache  durch  meine  Muse,  welches  noch  eher  mög- 
lich ist,  als  Gönner  zu  machen  —  so  kann  ich  nichts  weiter 
wünschen.  Ich  singe  zu  meinem  Vergnügen,  und  singe  nichts, 
was  ich  nicht  empfinde.  Es  ist  nicht  eben  nöthig,  vornehm 
oder  reich  zu  seyn,  reizend  zu  singen.  Niemand  ist  leicht  in 
so  gar  elenden  Umständen,  daß  er  nicht  zuweilen  ein  Glas 
Wein  mit  einem  Freünde  trinken  könne.  Was  braucht  man 
weiter?   Die  Philosophie  muß  das  übrige  thun. 

Aber  wann  werden  dann  Sie  wieder  Ihre  Muse  hören 


le 


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lassen?  Ich  kann  mich  gar  nicht  erinnern,  so  lang  ist  es 
schon  ,  daß  ich  keine  Zeile  von  Ihnen  gelesen  habe.  Lassen 
Sie  doch  Ihre  freyen  Stunden  dem  Vergnügen  der  Kenner  ge- 
weihet [seyn].  Sie  können  kühn  hervortreten:  Sie  sind  des  Bey- 
falls  gewiß.  Aber  ich  muß  furchtsam  seyn,  der  ich  noch  nicht 
weiß,  ob  Unpartheyische  auch  so  von  mir  urtheilen  werden, 
als  Freunde.  Sie  schreiben  mir  von  HE.  Bodmern,  daß  er  Ihnen 
eine  Anakreou tische  Ode  geschickt  habe.  Eine  anakreon tische 
Ode  von  Bodmern!  die  moöhte  ich  sehen:  machen  Sie  mir 
doch  das  Vergnügen  und  schreiben  sie  mir  ab.  Er  hat  viel- 
leicht nicht  mehr  Geschicklichkeit  dazu,  als  ich.  Von  dessen 
Herausgabe  der  Minnesinger  verspreche  ich  mir  mehr:  ich  bin 
recht  begierig  darauf.  Aber  daß  er  nicht  aufhört,  wider  die 
Gottschedianer  loszuziehen,  billige  ich  nicht:  man  wird  es  end- 
lich überdrüssig  und  könnte  wohl  gar  auf  eine  Passion  arg- 
wohnen. —  

Anspach.  Den  25.  Mart.  1748. 

Der  Marchese  de  Lemene  und  Lainez  sind  mir  nicht  ein- 
mal dem  Nahmen  nach  bekannt.  Ist  des  Antonini  Sammlung 
italienischer  Gedichte  schätzbar?  Haben  Sie  von  dem  Italiener 
gehört,  der  in  Berlin  sich  durch  Praestigia  bekannt  macht; 
wie  Circe,  verwandelt  und  todte  lebendig  macht?  D.  Faust 
ist  ein  Schüler  gegen  ihn,  wann  wahr  ist,  was  man  erzehlt. 

Wie  werden  wir  die  ganze  Sammlung  heißen?  Versuch 
in  Oden  und  Liedern?  oder,  Versuch  in  lyrischen  Gedichten? 
Dieser  letzte  Titel  sagt  nicht  mehr,  als  der  erste;  aber  er  klingt 
für  mich  vielleicht  zu  prahlerisch.  Ich  werde  doch  auch  et- 
liche gedruckte  Exemplaria  bekommen? 

50.  Uz  aii  Gleim. 

Werthester  Freund, 

Es  ist  nunmehro  über  ein  Vierthel  Jahr,  daß  ich  Ihr 
letztes  Schreiben  erhalten,  und  beynahe  eben  so  lange,  daß 
ich  Ihnen  das  Manuscript  meiner  Lieder  übersandt  habe,  ohne 
daß  ich  bishero  noch  eine  Antwort  darauf  erhalten  habe.  Wie 
bin  ich  denn  dran  mit  Ihnen?  Haben  Sie  mich  denn  gar  ver- 
gessen ?  Sollten  Sie,  als  selbst  ein  Poet ,  nicht  gedacht  haben, 

O  I  e  i  in  -  IT  x  ,  Bricfwcchnul.  14 


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daß  ich  doch  würde  begierig  seyn,  zu  wissen,  wie  es  mit  dem 
Drucke  meiner  poetischen  Kleinigkeiten  stehe?  Sie  wissen, 
daü  Sie  durch  mein  ungestümes  Bitten  nicht  gezwungen  wor- 
den, dieses  Druckes  Besorgung  zu  übernehmen;  sondern  dab 
Sie  sich  selbst  gütigst  erboten,  dieser  Mühe  sich  zu  unter- 
ziehen. Ich  hatte  mich,  nach  vielem  Bedenken,  endlich  ent- 
schlossen, diesen  Druck  geschehen  zu  lassen,  um  der  Kenner 
Urtheil  über  meine  Muse  zu  hören ,  und  mich  darnach  zu 
bessern.  Ich  habe  auch  das  Vertrauen  zu  Ihrer  Freundschafft, 
daß  es  nicht  an  Ihnen  gelegen,  wann  ich  mich  in  meiner 
Hoffnung,  besagte  Lieder,  Dero  Versprechen  nach,  gedruckt  zu 
sehen,  betrogen  finde.  Es  wird  vermuthlich  an  einem  Ver- 
leger gefehlet  haben.  Ich  bin  darüber  auch  gar  nicht  böse. 
Nur  wollte  ich  wünschen,  daß  Sie  mir  davon  Nachricht  ge- 
geben hätten.  Es  ist  mir  vielmehr  lieb,  daß  der  Druck  solcher 
Lieder,  so  wie  ich  sie  hnen  überschickt  Ihabe,  nicht  zu  Stande 
gekommen.  Die  Zeit  ist  mir  damals  zu  kurz  geworden,  alles 
gehörig  zu  verbessern.  Ich  finde  es  nunmehro  erst.  Ich  bitte 
mir  dahero  mein  Manuscript  wieder  zurück  aus,  damit  ich 
diese  geringen  Früchte  meines  Geistes  noch  einige  Zeit  könne 
abliegen  lassen,  bis  sie  vollends  reif  werden.  Sie  möchten 
ohnehin  bey  den  dasigen  Verlegern  nicht  so  glücklich  seyn, 
als  Sie  mir  manchmal  zu  schmeicheln  beliebt  haben.  Sie  sind 
vielleicht  auf  dem  Boden,  wo  sie  gewachsen,  glücklicher,  als 
auf  einem  fremden. 

Ich  bin  seit  etlichen  Monathen  Justiz-Raths-Secretarius 
allhier,  und  schicke  mich  allgemach  an,  alle  Gedanken  eines 
anderweiten  Etablissement  fahren  zu  lassen;  Habe  ich  nicht 
bekommen  können,  was  ich  gewollt;  so  werd  ich  mich  itzo 
bemühen,  zu  wollen  was  ich  habe.  Ich  habe  allzeit  geglaubt, 
Ihre  Freundschaft  und  der  Briefwechsel  mit  Ihnen  würde  mir 
meine  Umstände  um  ein  vieles  angenehmer  raachen,  wann  mein 
Verhängnis  mich  hier  anheften  sollte.  Auf  was  darf  man  in 
der  Welt  noch  Rechnung  machen?  

Onolzbach,  den  10.  Jun.  1748 

1)  »Den  26  Nov :  oder  den  1  Dec.  1741)  habe  die  lyrischen  Gedichte 
übersand.*    Von  Gleims  hand  auf  der  letzten,  leeren  Seite. 


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51.  Gleim  an  Uz. 

Wehrtester  Freund, 

Wenu  sie  wollen,  so  will  ich  in  Sack  und  Asche  Buße 
thun.  Mich  zu  rechtfertigen  weiß  ich  kein  Mittel;  hätte  ich 
gleich,  durch  die  Schuld  eines  schurckischen  Buchhändlers  auf- 
gehalten, ihre  Lieder  ihnen  nicht  gedruckt  zurück  schicken 
können,  so  hätte  ich  ihnen  doch  schreiben  sollen.  —  —  — 

Hier  empfangen  sie  endlich  ihre  lyrischen  Gedichte  ge- 
druckt zurück.  Ich  mag  ihnen  nicht  erzählen,  was  den  Druck 
so  lange  verzögert  hat.  Sie  niüßen  mir  als  einem  Freunde 
glauben,  daß  es  nicht  an  mir  gelegen,  und  es  komt  izt  nur 
darauf  an,  daß  ich  erfahre,  daß  sie  mit  dem  Druck,  dem  Pa- 
pier, der  Vignette,  und  der  Vorrede  zufrieden  sind.  Die  ganze 
Auflage  ist  so,  wie  sie  hiebey  12  Exemplare  empfangen.  Die 
24  Exemplare  so  ich  ausbedungen,  werde  ich  den  mir  be- 
kanten  Kennern  und  Freunden  ihrer  Muse  zuschicken  und 
ihnen  hienächst  melden,  wer  sie  bekommen  hat.  Wegen  der 
Vorrede  werden  sie  sich  erinnern,  daß  sie  mir  geschrieben, 
„ich  solte  ein  paar  Zeilen  Vorrede  davor  setzen,  so  daß  die 
„Leser  zweifelhaft  blieben,  ob  sie,  oder  jemand  anders  die 
„Lieder  herausgäbe w.  Es  gefiel  mir  damahls  nicht,  daß  sie 
meiner  Freyheit  diese  Grenzen  setzten,  aber,  daß  ich  die  Vor- 
rede ihrer  Absicht  nach  getroffen  habe,  ersehe  ich  aus  dem  im 
Hamburgischen  Correspondenten,  deshalb  bereits  gefalleten  und 
hier  beygehendem  Urtheil,  nach  welchem  man  den  VerfaGer  und 
Herausgeber  für  ein  und  denselben  hält.  Sie  können  sich  auf 
das  verdiente  Lob  und  den  frölichen  Beyfall  weit  beßerer 
Kenner  Staat  machen;  ich  werde  ihnen  einmahl  einen  Auszug 
aus  den  Briefen  meiner  bekanten  witzigen  Freunde,  von  dem 
General  Stillen  an,  bis  auf  den  jüngsten  Verfaßer  der  Bremi- 
schen Beyträge  HE.  Zachariä ,  den  ich  letzthin  in  Braun- 
schweig kennen  gelernt,  übersenden.  Die  Urtheile  unserer 
gemeinschaftlichen  Freunde,  Ramlers,  Kleists,  Spaldings  wißen 
sie  schon,  sie  laßen  sich  sämtlich  Ihnen  und  ihrer  Muse  em- 
pfehlen, und  bitten  nebst  mir  um  Mittheilung  der  Lieder,  so 

sie  bisher  gesungen.  Ich  habe  ihnen  zu  ihrer  er- 

14* 


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212 


haltenen  f  Bedienung  wohl  noch  nicht  Gluck  gewünschet?  Als 
sie  mir  davon  schrieben,  einfand  ich  keine  groGe  Freude  dar-, 
über.    Je  mebr  sie  dort  gefeßelt  werden,  je  weniger  Hofnung 
bleibt  mir,  sie  einmahl  wieder  zu  sehen.  

Eins  mus  ich  ihnen  doch  sagen,  mit  einem  anstandigen, 
recht  ernsthaften  Amtsgesiebte :  Ich  bin  Diener  am  Altare 
Petri  und  Pauli  geworden,  und  singe  itzt  im  Chorhemde, 
Psalme  statt  scherzhafter  Lieder.  Sie  werden  mich  dieses  Ab- 
falls wegen  wohl  verspotten.  Aber  nieine  Apostel  geben  mir 
zum  wenigsten  0  Ohm  Wein  jährlich  und  Venu«  und  Bachus 
gaben  mir  nicht  eine  Kanne.  —  —  — 

Halberstadt  den  26.  Not:  1749 

 —  HE.  Ramler  schreibt  mir,  daß  von  den  Lyri- 
schen Gedichten  kein  Exemplar  mehr  in  Berlin  zu  haben  wäre, 
Ihre  Muse  hätte  schon  etliche  Bären  und  Löwinnen  zahm  gemacht. 
Kennen  sie  HE.  Professor  Christ  in  Leipzig?  Er  hat  Weit- 
brechten bey  der  Vignette  mit  seinem  Rath  bey gestanden.  Ist 
dieser  HE.  P.  Christ  ein  Bruder  des  Anspachschen ?  Wie  ge- 
fallen ihnen  seine  Kabeln?  Von  den  Amsterdamschen  Liedern 
schreiben  sie  mir  auch  ein  bisgen  ihre  Meinung. 

52.  Uz  an  Gleim. 

Werthester  Freund, 

Haben  sie  ausgezürnt?  Denn  ohne  einen  Zorn  auf  mich 
zu  haben,  hätten  Sie  unmöglich  auf  zwey  Briefe  mir  nicht 
antworten  und  zwey  Jahre  schweigen  können.  Inzwischen 
weiG  ich  diese  Stunde   noch  nicht,  was  mir  Ihren  Unwillen 

zugezogen  hat.  —  Sie  geben  mir  eine  der  vornehmsten 

Freüden  meines  Lebens  wieder,  da  Sie  mir  Ihre  so  schätzbare 
Freündschaft  und  Ihren  angenehmen  Briefwechsel  von  nefiem 
wieder  zuwenden.  Ich  wünsche,  daG  ich  deGelben  mich  nie- 
mals wieder  verlustig  inachen  möge.  —  —  —  Ich  rauG  Ihnen 
nunmehro  verbindlichsten  Dank  für  Herausgebung  meiner 
Lieder  abstatten;  und  ich  thue  solches  mit  größtem  Vergnügen. 
Das  äußerliche,  Druck  und  Vignette  sind  schön;  ich  wollte 
wünschen,  daG  mir  das  Innerliche  eben  so  gefiele.  Allein  ich 
getraue  mir  fast  nicht,  recht  hineinzusehen ;  wo  ich  hinblicke, 


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213 


sehe  ich  schwache  und  schlechte  Stellen.  Einige  Stücke  sind 
mir  ganz  unerträglich.  Diese  ganze  Zeit  über,  da  Sie  mir 
nicht  geschrieben,  und  ich  gar  nicht  mehr  daran  gedachte, 
meine  Lieder  von  Ihnen  zum  versprochenen  Druck  befördert 
zu  sehen,  habe  ich  daran  gebessert,  und  verschiedene  Stücke 
gauz  umgegossen,  wie  ich  Ihnen  einmal  dergleichen  senden 
will.  Und  wissen  Sie,  was  ich  vor  hatte?  Als  ich  in  den 
Bremischen  Belustigungen  einige  meiner  Kleinigkeiten  gedruckt 
gesehen,  so  fürchte[tej  ich,  es  möchten  die  an  Sie  übersandten 
Poesien  in  allerhand  Hände  gekommen  seyn,  und  nach  und 
nach  mit  allen  ihren  Fehlern  gedruckt  werden.  Dieses  zu  ver- 
hüten, hatte  ich,  nach  einem  langen  Kampf  mit  meiner  Furcht- 
samkeit, den  Entschiuli  gefasset,  an  einen  Leipziger  Buch- 
händler zu  schreiben  und  ihm  meine  Lieder,  so  wie  ich  sie 
verbessert  und  mit  neüen  vermehrt  hatte,  zum  Druck  anzu- 
bieten. In  eben  der  Woche,  da  ich  sie  von  Ihnen  bereits  ge- 
druckt erhalten,  sollte  der  Brief  abgehen,  und  die  Lieder,  die 
ich  als  Proben  meiner  Muse  beyschließen  wollte,  waren  bereits 
abgeschrieben.  Sehen  Sie,  was  für  Unheil  hätte  erfolgen  kön- 
nen! Hätten  nicht  auf  solche  Art  meine  Gedichte  leicht  zwey- 
mal  gedruckt  zum  Vorschein  kommen  mögen,  die  des  "Druckes 
wohl  gar  nicht  einmal  würdig  sind.  Es  erfreüet  mich  indeüen, 
dali  die  Sache  so  gegangen.  Meine  poetische  Arbeiten  sind, 
durch  Ihre  Vorsprach,  in  gute  Hände  gekommen.  HE.  Weit- 
brecht hat  einen  schönen  Druck  geliefert,  einige  kleine  Un- 
richtigkeiten des  Correctors  ausgenommen.  Wie  ist  er  zu  HE. 
Prof.  Christ  in  Leipzig  gekommen,  welcher  die  Vignette  an- 
gegeben? Sie  ist  gut  gewählt  und  wohl  gestochen:  ich  habe 
sie  schon  sonst  auf  einer  Schrift  delielben  gesehen.  Ich  werde 
bey  seinem  Bruder,  dem  HE.  HofRath  Christ  allhier  mich 
bedanken.  Was  die  Critici  urtheilen  werden,  weiß  ich  nicht; 
ich  verspreche  mir  aber  nicht  viel  vortheil haftes.  Sie  werden 
mich  besonders  verbinden,  wenn  Sie  mir  alle  Urtheile,  die  da- 
von gefällt  werden,  sie  mögen  gut  oder  böse  seyn,  eröffnen ; 
ich  werde  es  für  ein  Zeichen  Ihrer  aufrichtigen  Freündschatlt 
ansehen,  wann  Sie  mir  nicht  schmeicheln,  sondern  um  meine 
Besserung  besorgt  sind  *.     Dali  11 E.  v.  Kleists  Nähme  in 

*  „NB  Das  in  den  Hamburger  Zeitungen  davon  gefällte  ürtheil 


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214 


meinen  Liedern  sich  befindet,  gereichet  ihnen  zu  einer  Empfeh- 
lung. Aber  mir  deucht,  daß  er  nicht  am  rechten  Orte  steht. 
Ich  rede  in  selbigem  Orte  nicht  in  meinem  Nahmen;  könnte 
ich  mich  selbst  einen  Weisen  nennen?  Siesehen,  daß  ich  also 
HK.  v.  Kleist  auch  nicht  anreden  kann.  Ich  will  einmal  eine 
besondere  Ode  an  diesen  Herrn  adreßiren,  wenn  ich  anders 
Erlaubniß  dazu  habe.  Die  Vorrede  ist  wohlgefaßt;  doch  ha- 
ben Sie  nicht  ganz  unterlaßen  können,  mich  wenigstens  per 
indi rectum  zu  loben.  Ich  wollte  wünschen,  daß  ich  in  der 
Bemühung,  anderer  Odendichter  Abwege  zu  vermeiden,  glück- 
licher gewesen  wäre. 

Die,  dem  Titel  nach  zu  Amsterdam,  iu  der  That  aber  ohne 
Zweifel  zu  Berlin  gedruckte  Lieder  sind  witzig,  munter  und 
schalkhaft,  und  alles  dieß  in  weit  höherm  Grade  als  die  mei- 
nigen. Sie  sind  Gewiß  von  Ihnen  ;  wer  könnte  sonst  so  artig 
singen  ?  Einige  in  Form  der  Gespräche  abgefaßte  sind  in- 
sonderheit ungemein  schön,  weil  sie  sehr  ungekünstelt  sind. 
Haben  Sie  die  Uebersetzung  Anacreons  liegen  laßen?  Nie- 
mand ist  in  Stande,  dergleichen,  wie  sichs  gehört,  zu  liefern ; 
und  ich  rathe  Ihuen,  in  der  angefangenen  Arbeit  fortzufahren, 
wenu  Ihnen  des  Griechen  Ehre  lieb  ist.  In  den  neüen  criti- 
schen  Briefen  ist  Ihrer  kleinen  Ode  von  den  Liebesgöttern, 
nach  Verdienst,  mit  Ruhm  gedacht  worden.  Was  daselbst 
über  des  Theocritus  Lied  auf  den  von  einer  Biene  gestochenen 
Amor  geurtheilt  wird,  ist  nicht  völlig  nach  meinem  Geschmack, 
wie  noch  verschiedenes  in  ersagten  Briefen.  Klopstock  ist  der 
Liebling  der  Schweitzer:  wer  hierinn  anderer  Meinung  ist,  wird 
aus  dem  mir  mitgeschickten  Schreiben,  das  Sylbenmaaß  im 
Messias  betreffend,  seinen  Sinn  schwerlich  ändern.  Wer  ist 
dieser  Verfasser?  und  wo  hält  er  sich  auf?  An  Genie  und 
sonderlich  an  einer  lebhaften  Einbildungskraft  fehlt  es  ihm 
nicht.  Ich  erwarte  Ihr  Urtheil  vom  Meßias.  Von  den  übrigen 
mir  gütigst  überschickten  Piecen  will  ich,  wann  ich  sie  noch- 
einnial  gelesen  habe,  meine  wenige  Gedanken  überschreiben, 
ob  Ihnen  gleich  wenig  an  deren  Wissen  gelegen  seyu  kann.  In- 
zwischen giebt  es  mir  doch  Gelegenheit,  mit  Ihnen  zu  schwatzen. 

haben  Sie  vergeßen  beizulegen,  ungeacht  in  Ihrem  Briefe  deßen  ge- 
dacht wird/    Am  rande. 


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215 


Ich  übersende  Ihnen  hierbey  meinen  Morpheus  zur  Censur. 
Sie  sind  selbst  Ursache,  daß  ich  Ihnen  nicht  viel  nettes  von 
meiner  Arbeit  schicken  kann :  Sie  haben  sonst  meine  Muse  auf- 
gemuntert; und  sobald  dieser  Sporn  ihr  gemangelt,  ist  sie  träge 
geworden.  Sie  sollen  gleichwohl  ein.  andermal  noch  ein  und 
anders  erhalten.  Bestellen  Sie  ein  ergebenstes  Oompliment  an 
meine  Freünde  in  Berlin,  wann  ich  noch  einige  übrig  behalten 

habe:  ich  bin  ganz  schüchtern,  ich  gestehe  es  Ihnen.  — 

Onolzbach.   Den  20.  Dec.  1749. 

Daß  Ihnen  der  H.  Petrus  und  Paulus  mit  Wein  versehen, 
ist  mir  angenehm  zu  hören.  Daß  es  Ihnen  an  Wein  nicht 
fehlen  müsse,  sieht  man  aus  Ihren  Liedern.  Sie  sind  also  nun 
ein  halber  Dommherr? 

Den  Pygmalion  und  Dämon  hab  ich  mit  Vergnügen  ge- 
lesen. Ich  will  sie  nochmals  lesen,  und  Ihnen  wieder  davon 
schreiben.  Kennen  Sie  deren  Verfaßer  nicht?  wie  auch  den 
Verfaßer  choriambischer  und  dergleichen  Oden  in  den  netten 
Brem.[i8chen]  Belustigungen. 

53.  Uz  an  Gleim. 

Werthester  Freünd, 

Was  machen  Sie,  daß  Sie  mir  auf  meinen  Brief  vom  vorigen 
Jahre  wieder  nicht  antworten?  Sind  Sie  wieder  gestorben?  Das 
wäre  in  der  That  seltsam.  Man  hat  Exempel  von  Menschen,  die 
zweymal  gestorben.  Aber  daß  jemand  dreymal  sterben  sollte,  ist 
nicht  erhört  worden.  Oder  habe  ich  vielleicht  abermals  gesün- 
diget, und  Sie  entziehen  mir  zur  Strafe  das  Vergnügen  ihres 

Briefwechsels?  —  Wie  würde  es  mich  betrüben,  wenn 

ich  mit  Ihnen  den  einigen  Freünd,  den  ich  in  Ihren  Gegenden 
au  noch  habe,  verlöhre!  Denn  die  Gewogenheit  des  HE.  von 
Kleist  habe  ich  ohnehin  eingebüßet.  Ich  habe  die  vergangene] 
Woche  ein  Paquet  erhalten ,  deßen  Ueberschrift  mir  dieses 
Herrn  Handschritit  zu  verrathen  schieu.  Aber  bey  der  Er- 
brechung  fand  ich  bloß  ein  gedrucktes  Exemplar  von  Seinem 
Gedichte:  der  Frühling,  ohne  Brief.  Ich  weiß  also  nicht,  wer 
mir  daßelbe  eigentlich  tibersendet  hat.  Es  mag  aber  seyn, 
wer  es  wolle,  so  hat  er  mich  ungemein  verbindlich  gemacht; 


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und  es  verdrüßt  mich,  daß  mir  das  Vergnügen  mißgönnet  wor- 
den, Ihnen  oder  dem  HE.  v.  Kleist  selbst  vor  deßen  Ueber- 
schickung  Dank  abstatten  zu  dürfen.  Dahero  enthalte  ich  mich 
auch,  das  verdiente  Lob  dieses  mahlerischen  Gedichtes  beizu- 
fügen, weil  ich  aus  allen  Umständen  wohl  schließen  kann, 
daß  dem  vortrefflichen  Dichter  raein  Beyfall  gleichgültig  sey. 
In  dem  5ten  Bande  der  Bremischen  Beyträge  habe  ich  auch 
einige  kleine  Oden  deßelben  gedruckt  gefunden,  die  ich  schon 
ehemals  gelesen.  Ich  zweifle  nicht,  daß  auch  Sie  und  andere 
Ihrer  Berlinischen  Freünde  in  diesen  Band  verschiedenes  ver- 
fertiget haben :  wollen  Sie  mir  nicht  anzeigen,  was  darinn  von 
Ihnen  ist,  und  ob  diese  Sammlung,  von  welcher  ich  bißhero  das 
4te  Stück  des  bten  Bandes  gelesen  habe,  noch  ferner  fortge- 
setzet  wird.  In  Oettingen  ist  eine  Monathsschrifft  unter  dem 
Titul:  Versuche  zur  Beförderung  des  vernünftigen  Vergnügens 
in  Schwaben,  herausgekommen.  Ich  habe  verschiedenes  darinn 
gelesen,  das  mit  einem  guten  Geschmack  geschrieben  ist.  Aber 
die  Reime  verrathen  den  Schwaben  nicht  selten.  Die  Verfaßer 
haben  auch  einen  Anakreon  unter  sich,  der  aber  ganz  uner- 
träglich ist.  Er  sagt  z.  E.  in  einer  Ode,  die  Versuchung  der 
Liebe  genannt; 

Man  bitt  ihn  zum  Gevatter, 

Gleich  sucht  er  einen  Vatter. 

Da  war  ein  netter  Vatter, 

Und  bat  ihn  zum  Gevatter,  p.  -  -  - 

Verdienen  solche  Liederpossen  eine  Züchtigung?  —  —  — 
Onolzbach  den  19.  Febr.  1750. 

54.  Uz  an  Gleim. 

Hochzuehrender  Herr  Secretarius, 

Ich  bin  seit  dreyen  Tagen  in  Braunschweig,  wohin  ich 
einen  jungen  Herrn  auf  das  dasige  Carolinum  begleitet  habe. 
Sie  halten  sich  etliche  Stunden  von  hier  in  Halberstadt  auf. 
Hätten  die  Lorbeern,  die  Ihre  Scheitel  umkränzen,  Sie  nicht 
so  stolz  gemacht,  daß  Sie  Ihren  alten  Freünd  mit  so  verächt- 
licher Art  aufgegeben,  und  auf  zween  Briefe  in  zweyen  Jahren 
mir  nicht  geantwortet  haben ;  so  würde  mir  unmöglich  ge- 


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217 


wesen  seyn,  nach  Hause  zu  reisen,  ohne  Sie  in  Halberstadt  zu 
besuchen.  HE.  Gärtner,  HE.  Ebert,  HE.  Erich,  denen  Sie 
seit  Ihrem  letztern  Aufenthalt  dahier  annoch  in  gutem  Ange- 
denken sind,  fragen  mich  immer:  Werden  Sie  HE.  Gleim  nicht 
besuchen?  Welche  Schande!  Ich  seüfze  und  antworte:  HE. 
Gleim  ist  gegen  mich  nicht  mehr,  wie  Er  ehmals  gewesen; 
er  verachtet  mich.  Sollte  ich  nach  Halberstadt  wallen,  um 
vielleicht  mit  frostigem  Gesichte  von  ihm  empfangen  zu  wer- 
den? Ich  reise  also  morgen  von  hier  ab,  und  nehme  meinen 
Weg  über  Frankfurth  zurück,  so  wie  ich  Ober  Frankfurth  an- 
hero  gereiset  bin.  Ich  empfehle  mich  Ihrem  freündschafft- 
lichen  Herzen,  das  gegen  andre  so  feürig  ist,  und  allein  gegen 
mich  kalt  geworden.  Ich  verharre  mit  größter  Hochachtung 
Meines  Hochzuehrenden  Herrn  Secretarii 
Braunschweig  gehorsamer  Diener 

den  7.  May  1751.  Uz. 

55.  Gleim  an  Uz. 

Liebster,  Theurester  Freund 

Fast  erstarren  mir  für  Freuden  und  Schrecken  die  Finger, 
kaum  kan  ich  ihnen  noch  sagen,  daß  ich  sie  mit  dem  auf- 
richtigsten beständigsten  Hertzen  liebe.  Denn  ich  bin  für 
Scham,  und  Schrecken  sie  nicht  zu  sehen,  und  ihnen  so  lange 
nicht  geschrieben  zu  haben,  außer  mich  selbst.  Aber  könten  sie 
mir  wohl  so  nahe  seyn,  und  mich  nicht  besuchen?  Nein  mein 
liebster  Utz,  ihr  Mißtrauen  in  meine  Freundschaft  wäre  tau- 
seudmahl  verwerflicher,  als  mein  abscheuliches  Stillschweigen. 
Sie  sehen  ich  rechtfertige  mich  nicht,  aber  kommen  sie  zu 
mir,  wenn  der  schrecklichste  Argwohn  sie  nicht  schon  von 

mir  entfernt  hat.   Wie  will  ich  sie  umarmen  !  —  Ach 

daß  ich  die  halben  Briefe,  die  ich  oft  an  sie  geschrieben,  nicht 
so  gleich  fortgeschickt  habe!  Wie  müßen  sie  mich  haßen, 
wenn  sie  nicht  zu  mir  kommen.  Ich  schicke  den  Augenblick, 
noch  die  Nacht,  da  ich  ihren  Brief  (den  Anfang  mit  jauch- 
zenden Freuden,  das  Ende  zitternd  und  mit  Schrecken)  lese, 
den  Expreßen  nach  Braunschweig.  Vieleicht,  dencke  ich,  hat 
Er  sich  von  den  dortigen  Freunden  noch  einen  Tag  aufhalten 


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laßen.  Vielleicht  könte  ich  ihn  noch  sehen.  Kommen  sie  auf 
meine  Kosten,  mit  Extra  Post  zu  mir,  wenn  sie  eilen  mußen. 
Aber  bleiben  sie  so  lange  als  sie  können  bey  mir.  Doch  muß 
ich  ihnen  sagen,  daß  ich  unwiederst reblich  den  Ulli  bis  13i^ 
oder  1411?  dieses  in  Abbenrode  auf  einer  herzoglich  braun- 
schweigischen  Commißion  sejn  muß.  Sölten  sie  in  den  Tagen 
kommen  da  ich  nicht  zu  Hause  bin,  so  steht  ihnen  mein  ganz 
Hauß  offen,  sie  sollen  aber  einen  Freund  finden,  mit  dem  sie, 
alles  was  sie  wieder  mich  haben,  unterdeß  sprechen  sollen, 
der  aber  mein  bester  Fürsprecher  seyu  kan,  weil  ich  keiuen 
Tag  mit  ihm  zusammen  bin,  ohne  mit  ihm  von  meinem  Utz  zu 
sprechen.  Es  ist  HE.  Dohmprediger  Sucro,  der  Verfaßer  des 
Druiden.  Wfirdeu  sie  den  nicht  auch  gern  kennen  ')  ?  Kommen 
sie  nicht,  und  sind  sie  abgereist,  ohne  mich  zu  sehen,  so  bin 
ich  untröstbar  und  wäre  es  irgend  möglich,  daß  ich  durch  sie 
beleidigt  werden  könte,  so  wäre  es,  ein  solches  Verfahren,  ein 
solcher  Argwohn  gegen  ihren  wahrhaftig  aufrichtigen  Freund. 
Einige  Ausdrücke  ihres  Briefes  gehen  mir  durchs  Hertz!  Ich 
könte  sie  mit  einem  frostigen  Gesicht  empfangen,  ich,  mein 
liebster  Utz,  der  ich  sie  unendlich  liebe,  mehr  als  sie  ein 
Freund  lieben  kan?  Sie  sind  mein  erster  liebster  Freund,  ich 
könte  sie  vergeßen  ?  —  —  —  Und  wie  schlecht  kennen  mich 
Gärtner,  Ebert  und  Erich,  wenn  sie  mich  gegen  ihre  Beschul- 
digungen nicht  aufs  äuserste  vert heidigt,  ihnen  ihren  Argwohn 
ausgeredt,  und  sie  dahin  gebracht  haben  mich  zu  besuchen. 

0  wie  sehr  bestraften  sie  mich  wenn  sie  mich  nicht  be- 
suchten. Der  Bothe  soll  fliegen,  ich  umarme  sie  tausendmahl, 
und  will  sie  tausendmahl  umarmen,  wenn  er  sie  noch  antrift, 
und  sie  zu  mir  kommen.    Ich  bin  Ihr  ewig  getreuster  Freund 

Halberstadt  den  8llü  May.  1751.  Gleim. 
Abends  um  8  Uhr. 

56.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den     May  1751. 
Liebster  Freund, 
Es  ist  doch  was  ganz  entsetzliches,  daß  sie  mir  haben  so 
1)  Im  original :  können. 


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nahe  seyn,  und  wegreisen  können  ohne  mich  zu  sehen.  Nein 
ich  konnte  mir,  ohngeachtet  der  Spuren  in  ihrem  Briefe  nicht 
einbilden,  daß  sie  in  Ernst  mich  für  einen  kaltsinnigen  Freund 
halten  könten.  ich  hofte  noch  immer,  sie  würden  sich  nur 
durch  den  ernstlichen  Vorwurf  im  Briefe  rächen,  und  noch 
selbst  nachkommen,  und  mir  die  gröste  Freude  meines  Lebens 
machen.  Der  verfluchte  Bothe,  daß  Er  nicht  einige  Stunden 
eher  in  Braunschweig  angekommen  ist,  wie  ihm  möglich  ge- 
wesen wäre,  wenn  er  meiner  Aufmunterung  und  meinem  Ver- 
sprechen gefolgt  wäre.  Er  hätte  sie  noch  angetroffen.  Aber 
Gärtner  hat  mir  einen  Umstand  verrathen,  woraus  ich  schließe, 
daß  sie  vielleicht  doch  nicht  gekommen  wären  —  Vielleicht 
auch  mein  liebster  Freund  wären  sie  überall  nicht  zu  mir  ge- 
kommen, wenn  sie  sich  auch  nicht  für  beleidigt  gehalten  hät- 
ten.  Die  Umstände  wären  zu  starck  dawieder  gewesen.  -  - 

Mit  solchen  Muthmaßungen  tröste  ich  mich.  

Hier  schicke  ich  ihnen  die  Antworten  auf  ihre  Briefe  so 
wie  ich  sie  vor  Jahr  und  Tag  vielleicht  angefangen  habe.  Sie 
werden  dadurch  überzeugt  werben  daß  ihr  Argwohn  höchst- 
falsch, und  nur  viele  Zerstreuungen  an  meinem  langen  Still- 
schweigen Schuld  gewesen.  Ich  hatte  noch  allerhand  zusam- 
men gelegt  so  ich  ihnen  schicken  wollte  aber  in  der  Eil  kan 
ich  nichts  finden.  Aus  den  Bevlagen  ersehen  sie,  daß  ich 
ihrem  Befehl  zu  folge  angefangen  habe,  Urtheile  über  ihre 
lyrischen  Gedichte  zu  samlen.  Aber  ich  habe  seitdem  keine 
Zeitungen  mehr  gelesen.  Das  beste  und  richtigste  finden  sie 
in  den  Berlinischen  critischen  Nachrichten  vom  vorigen  Jahre. 
Haben  sie  sie  nicht,  so  will  ich  sie  ihnen  schicken.  Das  ver- 
sprochene Blat  des  Hamburgischen  Correspondenten  überkomt 
anbey;  und  ein  Exemplar  vom  Frülinge,  wie  ihn  einige  Freunde 
haben  drucken  laßen.  Falls  sie  schon  ein  solches,  wie  ich 
glaube  von  HE.  Hofrath  Bergius,  erhalten  haben,  so  bitte  ich 
mir  dis  wieder  für  eine  Dame  aus,  die  es  sich  ausgebeten  hat, 
vor  welcher  aber  mein  Utz  den  Vorzug  haben  soll.  Wie  leicht 
sie  zu  versöhnen  sind  —  Ich  muß  schließen  mein  liebster 
mein  allerliebster  Freund.  Sie  werden  mir  auf  den  Brief  den 
HE.  Gärtner  ihnen  wird  geschickt  haben  und  auf  diesen  so 
gleich  antworten.    Das  werden  sie  gewiß  thun.  


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220 


57.  tjleim  an  Uz.1; 

Wehrtester  Freund, 

Wie  ist  es  möglich,  daß  sie  mich  in  so  üblen  Verdacht 
haben  nehmen  können  ?  —  —  Ich  kan  mich  doch  noch 
in  etwa«  entschuldigen ;  Denn  wenn  man.  Vermöge  seines  Amts, 
-ich  mit  flegulirung  eines  fast  tausendjährigen  Archivs  be- 
schäftigen, und  den  Motten  und  Würmern,  ihre  halbverzehrte 
Speiden,  aus  dem  Monde  rauben  muß.  so  ist  man  für  die  Musen 
und  ihre  Freunde  gewiß,  so  gut  als  tod.  Womit  aber  können 
sie  ihren  Argwohn  beschönigen?  Hienechst  bin  ich  so  oft 
abwesend,  und  auch  einige  Wochen  in  Berlin  gewesen.  Da 
können  Kleist,  Ramler,  Sulzer,  und  alle  unsre  Freunde  be- 
zeugen, daß  ich  mich  oft  für  mich  selbst  geschämt  habe,  wenn 
ich  habe  bekennen  müßen,  daß  ich  Ihnen  und  HE.  Bodmern, 
der  mir  wegen  meiner  Beförderung  den  verbindlichsten  Brief 
geschrieben  hatte,  die  Antwort  noch  schuldig  sey.  Schwift 
oder  Pope  sagt  an  einem  Orte;  es  sey  keine  elendere  Kranck- 
heit,  als  die  Unwilligkeit  (unwilligneß)  an  unsre  Freunde  zu 
schreiben,  und  er  erfodert  einen  großen  Philosophen  ihm  die 
Ursachen  davon  ausftindig  zu  machen !  Ich  habe  diese  Kranck- 
heit  zuweilen.  —  —  Ohne  die  Briefe  meiner  Freunde  wäre 
ich  längst  ein  Misantrop,  so  wenig  ich  sonst  dazu  geneigt  bin. 
Sie  ersetzen  den  Mangel  des  Umgangs  mit  ihnen,  und  sie  ma- 
chen das  Schicksahl,  mit  so  viel  Dummen,  so  viel  Narren,  und 
so  viel  Boshaften,  in  der  Welt  zu  thun  zu  haben,  erträglich. 
Da  ich  mir  kein  Glück  weiter  wünschen  wolte,  wenn  ich  einen 
Uz,  einen  Kleist,  oder  Kaniler  hier  hätte,  wie  solte  mich  nicht 
nach  ihren  Briefen  verlangen?  Und  mttste  ich  nicht  die  Musen 
haßen,  wenn  die  Proben  ihres  schönen  Witzes,  die  sie  ihnen 
zuweilen  beyfügen ,  nicht  meine  Freude,  und  mein  Wunsch 
wären  ?  -    —  - 

Wie  angenehm  ist  mir,  daß  sie  mit  dem  Druck  ihrer 
Lieder  einiger  niaaßen  zufrieden  sind;  Wenn  ihnen  das  Innere 
nicht  so  wohl  gefällt,  so  sind  sie  gewiß,  gegen  die  Muse,  so 

1)  Antwort  auf  nr.  52  und  53,  anfang  1750  zu  verschiedenen  zeiten 
geschrieben,  aber  erat  mit  nr.  50  abgesandt. 


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^21 


ihnen  so  viel  schönes  eingegeben  hat,  sehr  undanckbar.  Ich 
habe  zum  HE.  v.  Kleist  gesagt,  daß  ich  für  die  lyrischen  Ge- 
dichte alles  was  ich  geschrieben  hätte,  mit  Jauchzen  geben 
wolte,  und  sie  halten  die  seichten  Amsterdamschen  Lieder  für 
witziger,  munterer  und  schalckhafter  ?  Wie  kan  ich  das  gelten 
laßen  ?  und  weßen  Urtheil  ist  hier  wohl  das  richtige  ?  Zwar 
dencke  ich  oft  ganz  kühn,  daß  es  ihnen  vielleicht  geht,  wie 
mir,  daß  ich  nemlich  mit  meinen  Sachen  immer  unzufriedener 
werde,  dahingegen  mir  die  VVercke  meiner  Freunde  immer 
beßer  gefallen.  Man  plagt  mich  um  eine  neue  Ausgabe  der 
scherzhaften  Lieder,  ich  habe  sie  nachdem  ich  sie  in  2  Jahren 
nicht  angesehen,  hervorgesucht,  um  sie  von  neuem  durchzu- 
sehen; nun  gefällt  mir  fast  kein  einziges  Lied  recht.  Sie  gölten 
nur  sehn,  wie  viel  ich  schon  ganz  weggestrichen,  und  wie  viel 
Stellen  ich  mit  einem  Strich  gezeichnet  habe.  Auch  stehn  mir 
meine  Uebersetzungen  Anacreons  nicht  mehr  an.  Ich  laß  neu- 
lich ihre  Critick  einiger  Oden,  und  gab  ihnen  Beyfall,  wo  ich 
mich  erinnerte,  daß  ich  ihnen  wiedersprochen  hätte.  Sie  ha- 
ben seit  dem  Stillstande  unsere  Briefwechsels  an  ihren  ge- 
druckten Liedern  auch  noch  zu  beßern  gefunden,  und  einige 
sind  ihnen,  wie  sie  sagen,  ganz  zuwieder.  Welche  möchten 
das  doch  wohl  seyn?  Und  woher  komt  wohl  dieser  veränderte 
Geschmack ?  Oder  solte  es  auch  wohl  uns  treffen,  was  Walsh, 
an  Popen  schrieb,  da  er  ihn  von  der  weitem  Correctur  seiner 
Hirtengedichte  abhalten  wolte :  a  man  may  correct  his  verses, 
tili  he  takes  away  the  true  spirit  of  them. 

Bis  hieher,  mein  theurester  Freund,  kam  ich  mit  Beant- 
wortung ihres  wehrten  Schreibens  vom  201!^  Dec:  als  sich 
plözlich  eine  Revolution  an  unserm  Stifte  hervorthat,  die  bis- 
hieher  gedaurt  und  mich  Tag  und  Nacht  beschäftigt,  und  ge- 
macht hat,  daß  ich  an  nichts  anders  habe  dencken  dürfen.  — 
—  —  Ihr  zweites  Schreiben  vom  19  Febr.  bestiirckt  mich 
noch  mehr,  daß  es  ihnen  mit  ihrem  Verdacht  ein  rechter  Ernst 
ist ,  und  sie  laßen  sich  so  gar  mercken ,  als  ob  sie  auch 
in  die  Freundschaft  unserer  Berlinschen  Freunde  ein  Miß- 
trauen setzten.  Ich  gestehe,  daß  ich  hierüber  recht  empfind- 
lich bin,  und  nicht  begreifen  kan,  wie  sie  darauf  verfallen 
können.    Womit  hätten  sie  doch  wohl  die  Gewogenheit  des 


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222 


HE.  v.  Kleists  eingebüßt?  Ich  bin  ihnen  für  seine  Freund- 
schaft so  gut,  als  für  meine  selbst.  Sie  thun  seinem  Hertzen 
zu  wenig  Ehre,  wenn  sie  an  der  Beständigkeit  seiner  Freund- 
schaft so  leicht  zweifeln.  Ich  könte  sie  vielmehr  versichern, 
daß  er  sie  unter  meinen  Freunden  am  höchsten  schäzt,  und 
daß  ihm  an  ihrem  Beyfall  am  meisten  gelegen  ist,  weit  ent- 
fernt, daß  er  ihm  gleichgültig  seyn  solte.  Ich  will  ihnen  ge- 
rade heraus  sagen,  warum  er  vielleicht  seinen  Frühling  nicht 
mit  einem  Schreiben  begleitet,  und  sie  um  ihre  Beurtheilung 
ersucht  hat.  Es  solte  nemlich  bald  eine  andere  Ausgabe  im 
Druck  erscheinen,  in  welcher  die  Erste,  von  welcher  nur  wenig 
Exemplare  gedruckt  worden,  auf  gewiße  Weise  für  übereilt 
ausgegeben  werden  soll.  Ob  und  wie  es  noch  geschehen  wird, 
darüber  werden  sich  der  HE.  v.  Kleist,  und  HE.  Ramler  sein 

Aristarch,  erst  noch  vereinigen.  —  

Ich1)  habe  vergeßen  mich  zu  entschuldigen,  daß  ich  ohne 
ihre  Genehmhaltung  dem  HE.  v.  Kleist  die  eine  Ode  zuge- 
schrieben ;  itzt,  da  ich  gestehen  muß,  daß  es  ohne  genügsame 
Ueberlegung  geschehen,  bitte  ich  mehr  um  Vergebung  als 
Entschuldigung.  Der  Titul  der  Ode  müste  nur  wegbleiben, 
alsdann  gienge  es  noch  an,  denn  im  Text,  nennen  sie  sich 
selbst  keinen  Weisen,  sondern  sie  sind  nur 
- —  auf  beglückter  Weisen  Spur. 
Indeß  glaube  ich  nicht,  daß  dis  Versehen  irgend  jemanden 
sehr  in  die  Augen  fallen  werde.  Daß  *)  einige  ihrer  Oden  in 
den  Bremischen  Beiträgen  stehen,  davor  kan  ich  so  wenig, 
als  davor,  daß  von  mir  und  von  HE.  v.  Kleist  einige  Kleinig- 
keiten aufgefischt  worden.  Dreyer,  von  dem  ich  ihnen  schon 
sonst  geschrieben,  ist  Herausgeber,  und  macht  sich  alles  zu 
Nutze,  was  er  bey  seinem  Auffenthalte  in  Berlin  nur  immer 
hat  abschreiben  können.  Er  hat  mich  von  Hamburg  aus,  er- 
sucht, ihm  etwas  von  mir  und  meinen  Freunden  einzuschicken; 
Er  hat  aber  von  mir  nicht  eine  Sylbe  bekommen;  ich  ver- 
meide wegen  seines  schlechten  moralischen  Caracters  alle  ge- 

1 )  Das  folgende  auf  einem  besondern  quartbogen ;  am  ran  de  später 
zugeschrieben:  „Auf  den  brief  vom  20^  Dec:  1749." 

2)  Am  rande  später  zugeschrieben :  „Auf  den  Brief  vom  19^"  Febr. 
1750." 


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223 


nauere  Verbindungen  mit  ihm,  und  möchte  auch  meinen  Freunden 
den  Verdacht  von  seiner  Vertraulichkeit  nicht  gern  zuziehen. 

Ich  bin  sehr  begierig  einige  Proben  von  den  Verände- 
rungen zu  sehen,  die  sie  in  ihren  Liedern  vorgenommen  ha- 
ben, ich  bitte  dieserhalb  ihr  Versprechen  nicht  zu  vergeßen. 
Darf  ich  auch  ihren  Morpheus  loben? 

Bis1)  hieher,  mein  liebster  Freund,  bin  ich  schon  vor 
Jahr  und  Tag  gekommen.  Ich  will  mich  nicht  mehr  ent- 
schuldigen. Aber  einige  Stellen  ihres  letzten  Briefes  verdienten 
wohl  einer  Rüge.  

58.  Uz  an  Gleim. 

Hochgeehrtester  Herr  und  Freünd, 

So  haben  Sie  würklich  einen  Boten  nach  Braunschweig 
abgeschickt,  mich  nach  Halberstadt  einzuladen?  Gewiß,  eine 
starke  Probe  Ihrer  feürigen  Freündschaft,  die  ich  auf  die 
Nachricht  Ihres  zuletzt  datirten,  aber  zuerst  eingelaufenen 
Schreibens  kaum  würde  geglaubet  haben ,  wenn  Dero  nach 
Braunschweig  an  mich  gestellter  Brief  meinen  Unglauben  nicht 
überwunden  hätte!  —  —  —  Der  Friede  unter  uns  ist  also 
wieder  hergestellt:  nur  muß  ich  annoch  meine  unterlassene 
Reise  nach  Haiberstadt  bey  Ihnen  rechtfertigen.  Es  wird  bald 
geschehen  seyn.  Ich  war  mit  einer  in  Anspach  gemietheten 
Kutsche  dahin  gekommen,  und  hatte  einen  eigenen  Fuhrmann 
und  Bedienten  bey  mir.  Das  Fuhrwerk  wurde  tagweise  be- 
zahlt: muste  ich  also  nicht  die  Tage  meiner  ohnehin  kostbarn 
Reise  abzukürzen  suchen,  da  eine  fremde  Person  die  Kosten 
zu  tragen  hatte?  Ueber  das  war  der  Fuhrmann  krank,  und 
sehnte  sich  nach  Hause:  er  wollte  auch  durchaus  auf  dem 
Wege  wieder  zurückkehren,  auf  welchem  er  hingereiset  war, 
und  berief  sich  deshalb  auf  einen  Grundsatz  der  Fuhrleüte, 
vermöge  dessen  die  Pferde  solchergestalt  besser  und  lieber 
laufen.  Sehen  Sie  die  Umstände,  welche  mich  würden  ge- 
hindert haben,  zu  Ihnen  zu  kommen,  wann  auch  gleich  Ihr 
Abgesandter  mich  noch  angetroffen  hätte.  Nichts  würde  mich 

1)  Das  folgende  ist  später  zugeschrieben. 


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224 


sonst  abgebalten  haben ,  einen  so  angenehmen  und  oftge- 
wünschten Besuch  abzulegen.    Verwünschte  Umstände  ! 

Mein  kurzer  Aufenthalt  in  Braunschweig  ist  übrigens  sehr 
vergnügt  gewesen.  Ich  wünsche  mir  selbsten  Glück,  daß  ich 
solche  rechtschatfene  und  witzige  Männer,  als  die  Herren 
Gärtner,  Ebert  und  Erich  sind,  kennen  zu  lernen,  Gelegenheit 
gehabt  habe.  HE.  Zachariä  ist  zu  meinem  großen  Mißver- 
gnügen abwesend  gewesen.  HE.  Eberts  Uebersetzung  der 
Nachtgedanken  Jungs  wird  Ihnen  gefallen  haben,  wie  sie 
mir  gefallen.  Doch  wünschte  ich ,  daß  meine  Zerstreüungen 
mich  nicht  verhindert  hätten,  sie  noch  in  Braunschweig  zu 
lesen:  ich  würde  dem  Uebersetzer  einige  Zweifel  wegen  der 
in  seinem  Original  sowohl,  als  in  Thomson  und  andern  neüem 
Engländern  herrschenden  Schreibart  gemacht  haben  ;  er  hätte 
sie  vielleicht  heben  können.  Die  Schreibart  erstangeführter 
treflich  denkender  Männer  scheint  mir  allzuwenig  Natur  und 
gar  zu  viel  Kunst  zu  haben:  die  Kunst  erscheinet  überall  mit 
frecher  Stirne;  sie  verbirgt  sich  gar  nicht.  Alles,  auch  die 
gemeinsten  Dinge,  werden  prächtig  ausgebildet.  Das  Lehr- 
gedicht raubt  der  Ode  die  ihr  eigenthümlichen  dithyrambi- 
schen Figuren,  und  schmücket  sich  ohue  Maaß  damit:  die  Me- 
tapher versteigt  sich  bis  zur  ungebundensten  Frechheit.  Es 
zeiget  sich  nirgends  eine  Spur  von  der  Alten  edlen  Einfalt, 
mit  welcher  der  gute  Geschmack  in  Griechenland,  Rom  und 
Frankreich  stets  vergesellschaftet  gewesen.  Engeland  selbst 
hat  im  verflossenen  Jahrhundert  änderst  geschrieben.  Ro- 
chester, Dorset,  Prior,  Addison,  Pope  denken  und  schreiben 
edel  und  kühn;  aber  zugleich  natürlich.  Dieses  schöne  Na- 
türliche vermisse  ich  bey  den  heütigen  brittischen  Dichtern, 
und  leider !  auch  bey  vielen  ihrer  deutschen  Nachahmer.  Diese 
Nachahmung  wird  unsere  ganze  Poesie  wieder  verderben :  wir 
sind  von  dem  Lohenstein ischen  Geschmack  so  weit  nicht  ent- 
fernt, als  viele  denken.  Was  für  Meteora  erscheinen  nicht  in 
den  Büchern  aller  Messen!  Haben  Sie  das  neue  Heldengedicht 
von  Jacob  und  Joseph  gelesen  ?  Welche  Schreibart !  Sie,  mein 
Wertheater,  sollen  Richter  seyn,  ob  ich  ohne  Ursache  klage: 
Sie  zeigen  in  Ihren  Gedichten,  da(i  Sie  die  Natur  kennen  und 
lieben. 


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225 

Ich  ersehe  mit  Vergnügen  aus  Ihrem  Briefe,  daß  Sie  auf 
eine  verbesserte  Auflage  Ihrer  reizenden  Lieder  bedacht  sind. 
Sie  sehen  dieselben  von  neuem  durch;  und  ohnerachtet  ihre 
Schönheit  mir  nicht  verborgen  ist,  so  billige  ich  doch  diese 
Ihre  Bemühung.  Es  scheint  mir  mit  der  Muse  eines  Dichters 
eine  gleiche  Beschaffenheit  zu  haben,  als  mit  unserm  morali- 
schen Charackter.  Solange  wir  leben,  finden  wir  an  uns  zu 
bessern;  und  wir  behalten  dennoch  Fehler  genug.  Die  Nach- 
welt wird  an  den  schönsten  Gedichten  Flecken  sehen,  und  ge- 
nug zu  verzeihen  haben,  wann  gleich  eine  sorgfaltige  Ver- 
besserung nicht  unterlassen  worden.  Wie  die  alten  Griechen 
und  Römer  Ihre  Schriften  bearbeitet,  ist  bekannt:  aber  sie 
sind  auch  unsterblich  geworden.  Ich  bin  indessen ,  mein 
Werthester,  mit  Ihnen  einig,  daß  die  Ausbesserung  ihr  Ziel 
haben  müsse.  Critische  Freünde  können  hierbey  das  beste 
thun,  und  manchen  guten  Ausdruck  oder  Gedanken  retten, 
welchen  eine  übertriebene  Strenge  wegnehmen  wollen.  Sie 
haben  dergleichen  bey  und  um  sich:  wie  glücklich  sind  Sie! 
Vollenden  Sie  doch  auch  Ihre  angefangene  Uebersetzung  Ana- 
creons,  und  lassen  sie  zugleich  nebst  Ihren  eigenen  Gedichten 
drucken.  Ich  wiederhohle,  was  ich  schon  ehemals  geschrieben 
habe:  niemand  kann  uns  einen  deütschen  Anacreon  liefern4 
als  Sie,  und  dahero  haben  Sie  zu  dieser  Arbeit  einen  Beruf. 
Kürze,  ohne  alle  überflüssige  Worte,  und  eine  reizende  Einfalt 
sind,  wie  ich  glaube,  wesentliche  Eigenschaften  des  Anacreon- 
tischen  Lieds,  und  Sie  werden  dieselben  in  Ihrer  Uebersetzung 
wohl  bey zubeh alten  wissen. 

Sie  schmeicheln  mir,  wann  Sie  bey  meinen  gedruckten 
lyrischen  Gedichten  keine  grosse  Verbesserung  nothig  finden. 
Ich  bin  des  Gegentheils  Überzeügt,  und  habe  bereits  etliche 
Oden  beynahe  ganz  umgearbeitet,  an  allen  übrigen  sehe  ich 
noch  vieles  zu  ändern.  Ich  werde  solches  auch  zu  seiner  Zeit 
nicht  unterlassen,  und,  HE.  Eberts  Aufmunterung  gemäß,  zu 
den  gedruckten  und  verbesserten  Liedern  die  neüverfertigten 
hinzufügen  und  drucken  lassen.  Sie,  mein  Werthester,  sollen 
die  Veränderungen  vorher  beurtheilen,  und  ich  weis,  daß  Sie 
mirs  nicht  versagen.  Aber  dermalen  beschäftiget  mich  eine 
andere  Arbeit:  ich  lege  die  letzte  Hand  an  ein  Gedicht  nach 

Gleim-Uz,  Briefwechsel.  15 


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226 


Art  des  Popischen  Locken raubes.  Darf  ich  Ihnen  ein  Stfick 
davon  zur  Beurtheilung  überschicken?  Mit  diesem  Briefe  er- 
halten Sie  eine  Ode,  wovon  ich  Ihre  Gedanken  mir  aus  bitte. 
Sie  ist  moralisch,  wie  meine  meisten  Lieder:  Was  kann  ich 
bessers  singen?  Ich  habe  keinen  August  und  keine  Helden 
zu  preisen  ;  und  weis  also  nicht,  wie  Sie  mit  Ihrem  Verspre- 
chen, daß  ich  mich  in  der  höhern  Ode  versuchen  wolle,  be- 
stehen werden.  Ich  finde  dieses  sowohl  aus  der  angezeigten 
Ursache,  als  auch  um  deswillen  schwer,  weil  die  gemeinen  Be- 
griffe von  der  höhern  Ode  und  die  meinigen  ziemlich  unter- 
schieden seyn  möchten.  Es  scheint,  dass  man  sich  einbilde, 
Pindar  schwebe  immer  in  den  Wolken,  sehe  immer  Gesichte 
und  habe  lauter  Entzückungen  :  alles  sey  prächtig,  dithyram- 
bisch, kühn.  Ich  aber  finde  in  Pindars  schönsten  Oden  diese 
Dinge  nur  selten  und  mit  Maaß  angebracht:  er  schreibt  all- 
zeit edel,  aber  nicht  allzeit  tragisch,  zuweilen  auf  ganzen  Seiten 
sehr  simple ;  allzeit  feürig,  aber  nur  zuweilen  und  bey  großen 
Gelegenheiten  von  starken  A  fleckten  entzückt.  Kann  ich  der 
Erwartung  vieler  deutschen  Liebhaber  ein  Genügen  thun,  wenn 
ich  nicht  solche  rasende  und  schwülstige  Oden  liefere,  als  zu- 
weilen gedruckt  werden?  Ich  kann  und  mag  in  diesem  Ge- 
schmacke  nicht  schreiben  :  ich  gebe  auch  die  beygeschlossene 
Ode  nicht  für  pindarisch,  sondern  nur  für  Uzisch  aus. 

Für  die  Mittheilung  einiger  von  meiner  Muse  gefällten 
Urtheile  bin  ich  Ihnen  höchstens  verbuuden.  Das  Jenaische 
war  mir  bekannt.  Daß  in  den  Berlinischen  critischen  Nach- 
richten günstig  geurtheilet  worden,  habe  ich  von  HE.  Hof  Rath 
Christ  vernommen.  Wer  hat  diese  Zeitungen,  welche  aufge- 
hört haben  sollen,  verfertiget?  HE.  Simonetti  widriges  Ur- 
theil  ist  so  verwirrt  und  seltsam,  daß  es  ihm  vielleicht  eben 
soviel  Schande  macht,  als  mir.  Er  scheint  mir  zur  Last  zu 
legen,  daß  Berlin  auf  das  Titelblatt  gesetzt  worden,  da  doch 
keine  Weitbrechtische  Buchhandlung  daselbst  wäre.  Welche 
Kleinigkeit!  Ich  habe  selbst  erst  jüngsthiu  erfahren,  daß 
Weitbrecht  in  Stralsund  sich  aufhalte.  Es  wäre  mir  lieber, 
wann  er  zu  Berlin  wäre:  soll  ich  allzeit  bis  Stralsund  schicken, 
was  ich  etwa  in  Zukunft  drucken  lassen  wollte?  HE.  Ebert 
hat  mir  Leipzig  vorgeschlagen? 


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227 


Für  Herrn  v.  Kleist  mitttberschickten  Frühling  danke 
ich  nicht  minder  ergebenst.  Diese  netie  Auflage  ist  mir  wegen 
der  beygefügten  kleinen  Gedichte,  wovon  ich  schon  einige  ehe- 
mals mit  großem  Vergnügen  gelesen,  besonders  schätzbar. 
Dieser  Anhang  und  die  Schönheit  des  Drucks  sind  auch  Ur- 
sache, daß  ich  das  Geschenke  nicht  wieder  zurückschicke, 
da  ich  überhaupt  vom  Frühling  keinen  andern  Abdruck,  als 
den  ersten,  welcher  mir  ohne  beygefügten  Brief  zugesendet 
worden,  besitze.  Ich  billige  sehr,  daß  an  statt  der  lateinischen 
Schrift  die  deütsche  wieder  gebraucht  worden :  die  erstere  hat 
vielen  widerlich  geschienen;  und  sollte  man  nicht  um  der 
vielen  Schwachen,  vornehmlich  unter  Standspersonen,  willen, 
die  nicht  fertig  lateinisch  lesen  können,  die  eingeführte  Schrift 
bey  behalten  ?  Uebrigens  ist  mir  sehr  angenehm,  dass  Sie  mich 
von  der  fortdauernden  Gewogenheit  dieses  edlen  Cavalliers  ver- 
sichern: suchen  Sie  mir  dieselbe  zu  erhalten,  und  belieben 
ihm  meine  unverrück[t]e  Ergebenheit  und  Hochachtung  zu 
bezeügen.  An  HE.  Ramlern  werden  Sie  gleichfalls  ein  Com- 
pliment  von  mir  bestellen.  Dichtet  er  gar  nicht  mehr,  oder 
bekomme  ich  nur  nichts  zu  sehen  ?  —  —  — 

Onolzbach  den  26.  Juny  1751.  !). 

Ist  Ihnen  nicht  bekandt,  wer  Verfasser  der  Schrift:  Von 
der  Bestimmung  des  Menschen,  sey?  Ich  habe  HE.  Formey 
französische  Uebersetzung  mit  Vergnügen  gelesen. 

Wer  ist  der  Prinz  von  Lobkowitz,  der  den  Anacreon  liest, 
und  an  welchen  Arnaud  die  hochmüthige  Epitre  geschrieben, 
worinn  er  den  Deutschen  blos  die  Arbeitsamkeit  und  allein 
seiner  Nation  den  Geschmack  zueignet?  Scilicet:  Kann  Ar- 
nauld  wohl  ein  deütsches  Buch  lesen,  und  folglich  von  dem 
deutschen  Witz  urtheilen? 

59.  Gleim  an  Uz. 

Liebster  Freund, 

Womit  werden  sie  doch  ihr  unbarmherziges  Stillschweigen 

entschuldigen?  —  Die  braunschweigischen  Briefe  haben 

mir  halb  und  halb  verrathen,  daß  ihre  Anheroreise  nicht  uiög- 

1)  Von  Gleims  hand:  „beantwortet  den  29  Aug.  1751.* 

15* 


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228 


lieh  gewesen  seyn  wurde,  wenn  sie  auch  mich  gern  hätten  be- 
suchen, und  den  Argwohn,  der  meine  Freundschaft  so  sehr 
beleidigt  hat,  hätten  überwinden  wolleu  ?  Ich  vergebe  es  ihnen 
also  desto  ehe,  daß  sie  mich  nicht  besucht  haben,  ob  es  gleich 
ein  würckliches  wahres  Hertzleid  für  mich  ist,  daß  die  Gelegen- 
heit, einen  so  lieben  alten  Freund  zu  sehen,  so  umsonst  ge- 
wesen. Denn  wann  wird  sie  ein  mahl  wieder  kommen?  Zwar 
ich  habe  sie  so  lieb,  daß  ich  den  weiten  Weg  für  nichts  acht*?, 
und  nur  bequeme  Zeit  erwarte,  sie  einmahl  zu  besuchen 

Und  wohnten  sie  in  Rußlands  Wüsteneyen 

Und  wäre  dort  ihr  Vaterland 

Wo  Euler  keine  Menschen  fand 

Wo  Vieh  in  menschlicher  Gestallt 

Kraft  rubischer  despotischer  Gewalt 

Zum  Kutschpferd  ihm  zu  Dienste  stand 

Und  hätten  sie,  daselbst  allein  Verstand 

So  wolt  ich,  sie  zu  sehn,  doch  nicht  die  Reise  scheuen. 

 Ebert  hat  mir  mercken  laßen  als  wenn  sie  eben 

nicht  Ursach  hätten  mit  ihrer  Stelle  zufrieden  zu  seyn.  Schrei- 
ben sie  mir  doch  einmahl  freundschaftlich  davon,  und  welch 
Glück  sie  durch  avancement  etwa  zu  hoffen  haben?  Wolte 
Gott  ich  könte  meinen  liebsten  Uz  einmahl  bey  mir,  oder  in 
der  Nähe  befördert  sehen. 

Sie  haben  Eberten  eine  fürtrefliche  Ode  geschickt.  Er 
hat  mir  die  Abschrift  versprochen,  aber  er  hält  seine  Ver- 
sprechen sehr  langsam.  Schicken  sie  mir  alles,  was  sie  ge- 
macht haben.    Sie  können  ihre  Sünden  nicht  beßer  tilgen. 

Wie  haben  ihnen  die  Braunschweiger  gefallen,  wie  Ebert? 
Wie  Gärtner  wie  Giesecke?  Denn  Zachariä  ist  wohl  nicht 
mehr  zu  Hause  gewesen.  Ebert  ist  oft  ein  allzu  strenger 
Criticus,  oft  nicht.  Wenn  er  von  ihren  lyrischen  Gedichten  — 
doch  ich  kan  nichts  mehr  schreiben.  Ich  muß  gleich  nach 
Magdeburg  reisen,  ein  Mädchen  daselbst  zu  sehen. 

Mein  Kleist  wird  ihnen  schon  geschrieben  haben,  daß  er 
endlich  eine  Compagnie  bekommen  hat.  —  —  —  • 

Wann  werden  sie  mir  nun  auf  meine  3  Briefe  antworten, 
den  einen  aus  Braunschweig  an  Gärtner  adreßiert,  mit  einem 
Courier  ihnen  nachgeschickt  und  den  2i^!  mit  einigen  Bey- 
lagen  werden  sie  doch  erhalten  haben.    Wo  sie  mir  nicht 


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antworten  so  bin  ich  nicht  mehr  —  Nein  ich  bin  dennoch  ewig 
Eiligst  Ihr  getreuster  Freund 

Halberstadt  den  27*11:  Juny  1751  Gleim. 

60.  Gleim  an  Uz. 

Mein  liebster  Freund, 

Ich  habe  ihr  Schreiben  vom  26*11'  Juny  sehr  spät  bekom- 
men, und  sie  können  gar  wohl  vier  Wochen  von  der  Zwischen- 
zeit meiner  Antwort  abrechnen ,  die  sie  mir  nicht  zur  Last 

legen  können.  —  Ich  verreise  auf  acht  Tage,  und  habe 

noch  einen  ganzen  Trup  von  Geschäften  vor  mir.  

Youngs  Nachtgedanken  haben  mir  sonst  beßer  gefallen, 
als  jetzo.  Ich  entdecke,  außer  der  allzugekünstelten  Schreib- 
art, die  mir  niemahls  gefallen  hat,  allzuviel  würcklich  falsche 
Gedancken,  die  gar  keine  Warheit  zum  Grunde  haben.  Ex- 
empel  kan  ich  nicht  anführen,  weil  ich  ihn  nicht  bey  der 
Hand  habe.  Sie  werden  sie  auch  selbst  schon  gefunden  ha- 
ben, denn,  mich  dünckt,  sie  sind  nicht  selten.  Indeß  zweifle 
ich,  daß  Herr  Ebert  ihre  Einwürfe,  wieder  seinen  Young  mit 
Gelaßenheit  werde  gehört  haben.  Er  läßt  wieder  das,  was  er 
liebt,  sich  nicht  gern  was  sagen.  Denn  er  meint  er  liebt 
Schriftsteller,  Mädchen  und  Wein,  alles  aus  Grund  und  Ur- 
theil,  und  er  hat  nie  ein  Mädchen  geliebt,  daß  nicht  jeder- 
mann für  recht  schön  gehalten  hat,  und  wer  den  Wein  trinckt, 
den  er  gekostet  hat,  trinckt  allezeit  den  besten.  Indeß  habe 
ich  doch  ein  schlecht  Glaß  Wein  bey  ihm  getruncken.  Die 
Uebersetzung  dünckt  mich  unverbeßerlich,  und  Young  ist  fast 
durch  Ebert  ein  deutsch  Original.  Aber  freylich  sähe  ich 
lieber,  wenn  er  Popen,  Prior,  und  überhaupt  die  Dichter  über- 
setzte, die  es  für  genug  gehalten  haben,  nur  so  klug  zu  seyn, 
als  die  alten  Griechen  und  Römer.  Ich  bin  in  dem  Urtheil 
von  der  Modeschreibart  völlig  ihrer  Meinung,  und  kan  die 
Ausschweifungen  vieler  jungen  und  alten  Scribenten  kaum  er- 
tragen. Indeß  gestehe  ich  ihnen,  daß  ich  den  Verfaßer  des 
Meßias  aus  nehme.  Deßen  Schreibart  kan  ich  nicht  allein  ver- 
tragen, sondern  ich  finde  sie  meistentheils  seinen  Materien  so 
angemeßen,  daß  ich  glaube,  die  Erhabenheit  derselben  recht- 


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230 


fertige  ihn,  nur  ihn  allein,  wegen  der  Art,  mit  welcher  er 
etwa  von  der  Simpeln  Bahn  der  Alten  abweicht.  Ich  habe  sehr 
viel  darüber  mit  ihm  gesprochen,  aber  wenn  Er  sein  Gedicht 
mir  gelesen,  und  sich  wieder  mich  vertbeidigt  hat,  so  habe 
ich  allezeit  unrecht  gehabt.  Vielleicht  kan  die  personelle 
Freundschaft  für  einen  Verfaßer  unserm  Urtheil  die  Richtig- 
keit nehmen;  aber  mich  dünckt  doch,  daß  ich  den  Freund 
vom  Scribenten  zu  unterscheiden  weiß,  und  ich  bin,  meinem 
eignen  Geschmack  nach,  wohl  am  allerwenigsten,  ein  Freund 
übertriebener  Schönheiten.  Ich  habe  allezeit  die  Mädchen  in 
anständigem  Putz  höher  geschätzt,  als  die  prächtigen  Schönen, 
nur  der  einzige  Meßias,  wenn  sie  ihn  unter  diese  Gedichte 
rechnen,  gefällt  mir  mit  aller  seiner  Pracht ;  indeß  mißbillige 
ich,  wie  Herr  Klopstock  selbst,  der  der  bescheidenste  unter 
den  Menschen  ist,  die  übertriebenen  Lobeserhebungen,  die  ihn 
in  den  Rang  höherer  Geister  erheben,  und  ihm  die  Mensch- 
heit rauben,  die  ihn  doch  so  sehr  ziert,  und  die  er  seinen 
Panegiristen  nicht  gern  Preiß  geben  würde.  Wären  sie  zu 
mir  gekommen,  so  hätte  ich  gesucht  sie,  als  einen  guten  Chri- 
sten ,  zum  Meßias  zu  bekehren !  Vielleicht  aber  hätten  sie 
mich  zu  einem  Heiden  gemacht,  und  mir  die  epischen  Vor- 
züge des  Helden  Aeneas  so  sichtbar  gezeigt,  daß  ich  hätte 
nachgeben  raüßen !  Wir  wollen  nun  so  lange  Gedult  haben, 
bis  der  Meßias  ganz  fertig  ist.  HE.  Klopstock  ist  jetzo 
beym  Könige  von  Dännemarck,  und  genießt  des  vertrauten 
Umgangs  einiger  dänischen  Minister  absonderlich  Bernsdorfs, 
von  dem  er  schreibt,  daß  selbst  ein  Lamoignon  annoch  die 
Ausbildung  der  feinsten  Franzosen  nöthig  habe,  nur,  um  das 
zu  seheinen,  was  Bernsdorf  würcklich  sey.  Er  ist  einige  mahl 
von  dem  Könige  beschenckt,  und  außer  dem,  daß  er  am  Hofe 
in  allem  frey  gehalten  wird,  bekomt  er  seine  Pension  allezeit 
richtig,  hoft  auch,  daß  man  sie  vermehren  werde.  So  sehr 
mir  auch  Klopstocks  Muse  gefällt,  so  mißfallen  doch  alle 
seine  Nachahmer  mir  desto  mehr,  absonderlich  sind  in  voriger 
Meße  ein  paar  bekant  geworden,  die,  meistens  in  Oden,  vor- 
setzlich  alle  schöne  Natur  aus  den  Augen  gesetzt  zu  haben 
scheinen.  Eiu  Schwabe,  der  sich  ihn  zum  Muster  vorgesetzt 
zu  haben,  (ihn,  und  Hagedorn),  selbst  gesteht,  ist  so  schlecht, 
daß  nichts  schlechter  seyn  kan. 


231 


Sie,  mein  liebster  Freund,  sind  zugleich  ein  so  guter 
Dichter  und  Criticus,  daß  sie  dem  einreißenden  Uebel  am 
besten  wehren  könten,  wenn  sie  mehr  Gedichte  machten,  und 
in  dogmatischen  Schriften,  etwa  wie  ein  andrer  St.  Mard,  den 
Deutschen  ihre  Fehler  sagten.    Mit  was  für  einer  schönen 

Ode  haben  sie  mich  wieder  beschenckt!  Ich  erwarte 

das  Gedicht  nach  Art  des  Popischen  Lockenraubs  mit  größter 
Ungedult.  —  —  —  Ich  sende  ihnen  hiebey  einige  Blätter 
von  den  Critischen  Nachrichten,  weil  ich  gemercket,  daß  sie 
sie  noch  nicht  gelesen  haben.  —  —  — 

HE.  v.  Kleist  wird  ihnen  nun  wohl  geschrieben  haben. 
HE.  Schmid,  von  dem  ich  das  kleine  Lied  beylege  ist  seit 
8  Tagen  bey  mir,  und  geht  nach  Berlin,  sich  da  ein  halb 
Jahr  aufzuhalten.    Er  läßt  sich  ihnen  aufs  beste  empfehlen. 

Es  freut  mich  von  Herzen,  daß  sie  auf  eine  neue  ver- 
mehrte Auflage  der  lyrischen  Gedichte  dencken,  nur  solten  sie 
einen  beßern  (klügern)  Aristarch  wählen.  Indeß  soll  es  mein 
größtes  Vergnügen  seyn,  ihnen  offenherzig  zu  sagen,  was  ich 
einer  Aenderung  fähig  halte.  —  —  — 

Der  Prinz  von  Lobkowitz  hält  sich  seit  einiger  Zeit  in 
Berlin  auf,  ist  ein  junger  reicher  Fürst,  der  an  den  schönen 
Wißen8chaften  Geschmack  findet,  die  Poeten,  in  ihrer  Grund- 
sprache versteht,  und  den  Mädchen  alle  Galanterien  Anacreons, 
und  Catulls  wiederholet.  Herr  Bach,  ein  Hofmusicus,  der  einer 
seiner  Vertrautesten  ist,  hat  mir  dis  von  ihm  gesagt,  da  er 
vor  einigen  Wochen  bey  mir  sich  aufhielt,  und  von  hier  zu 
dem  Grafen  von  -  -  (dem  der  König  auf  seiner  Reise  nach 
Ostfrießland  deu  Orden  gab)  reiste,  wohin  der  Prinz  v.  Lob- 
kowitz auch  kommen  wollte.  Nach  den  Zeitungen  ist  er  jetzo 
in  Paris.  HErr  Bach  ist  über  Braunschweig  wieder  nach 
Berlin  gegangen,  ich  weis  also  nichts  weiter  seitdem.  Ich 
gab  ihre  lyrische  Gedichte  für  den  Prinzen  und  Grafen  ihm 
mit;  und  ich  erwarte,  daß  er  mir  melden  wird,  wie  sehr  sie 
beyden  gefallen  haben.  Von  Arnauld  könte  ich  ihnen  man- 
cherley  sagen.  Haben  sie  des  de  la  \Iettr[i]e  art  de  jouir  ge- 
lesen ?  Es  ist  fast  ganz  aus  Stücken  der  Poeten  zusammen- 
gesetzt. Unter  andern  steht  Hallers  Ode  an  Doris  von  Wort 
zu  Wort  gleich  im  Anfange  darin,  ohne  die  geringste  Anzeige, 


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232 

und  man  glaubt,  er  habe  Hallers  moralischem  Caractere  da- 
durch etwas  anhängen  wollen.  —  —  — 
Halberstadt  den  29  Aug.  1751. 

Und  sie  wißen  es  noch  nicht,  daß  mein  lieber  Spalding 
Verfaßer  von  der  Bestimmung  des  Menschen  ist  Solte  ich 
ihnen  das  noch  nicht  gesagt  haben  ?  Die  franzosische  Ueber- 
setzung  gefält  dem  Verfaßer,  und  vielen  Kennern  nicht  aller- 
dings. HE.  Spalding  ist  Bräutigam,  und  schreibt  mir,  seit- 
dem er  es  ist,  sehr  verliebte  Briefe.  Diesen  fürtreflichen  Mann 
mästen  sie  kennen !  Aber  er  lebt  noch  von  mir  an  die  50  Meile. 
Dennoch  wollen  wir  übers  Jahr  uns  sprechen. 

61.  Uz  an  Gleim. 

Werth ester  Freünd, 

Ich  sende  Ihnen  hiermit  die  zwey  ersten  Bücher  meines 
Sieges  des  Liebesgottes.  Die  noch  übrigen  zwey  Bücher  sollen 
Sie  erhalten,  sobald  Sie  mir  Nachricht  werden  gegeben  haben, 

wie  Ihnen  die  hierbey  gefügten  gefallen.  Es  bewegen 

mich  verschiedene  Ursachen,  zu  wünschen,  daß  mein  Gedicht 
bald  gedruckt  werden  mochte.  Es  ist  seit  einiger  Zeit  fertig, 
bis  auf  dasjenige,  was  Sie  daran  geändert  werden  wissen  wol- 
len, und  einige  Stellen  in  den  zweyen  letztern  Büchern.  Es 
ist  außer  dem  völlig  auf  unsere  Zeiten  eingerichtet:  viele 
kleine  Umstände  kommen  darinn  vor,  welche  sich  geschwind 
verändern :  Meine  Helden  und  Heldinnen  könnten  altfränkisch 
scheinen,  wenn  sie  nicht  bey  Zeiten  ans  Licht  kommen.  Es 
kommt  also  nur  darauf  an,  ob  mein  Gedicht  überall  des 
Druckes  werth  ist:  ich  erwarte  Ihren  Ausspruch.  Weil  ich 
es,  wie  schon  aus  den  ersten  Büchern  erhellen  wird,  eine 
meiner  Hauptabsichten  bey  dieser  Schrift  seyn  lassen,  auch 
dasjenige,  was  in  den  Werken  des  deütschen  Witzes  mir  fehler- 
haft deücht,  zu  bemerken :  so  kann  ich  voraussehen,  daß  sel- 
bige, nach  der  dermaligen  Art  zu  critisiren,  nicht  allemal  gar 
zu  höfllich  wird  beurtheilet  werden.  Ich  mag  also  Ihnen,  mei- 
nem liebsten  Freünde,  nicht  anmuthen,  Sich  mit  dem  Druck 
dieser  Schrift  zu  bemengen :  Sie  sollen  keinen  Theil  an  der 
critischen  Lauge  haben,  womit  ich  allenfalls  gewaschen  werden 


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233 


möchte.  Nur  bitte  ich  Sie  um  Ihren  Rath  hierbey.  Soll  ich 
sie  an  einen  Leipziger  Buchhändler  schicken?  und  an  welchen? 
Oder  wann  Sie  vermeynen,  daß  ich  bey  Weitbrecht  bleiben 
soll,  welcher  vielleicht,  solche  zu  drucken,  keinen  Anstand  neh- 
men wird;  wohin  addressire  ich  meinen  Brief?  

Vermuthen  Sie  nicht,  dass  die  mir  überschickten  criti- 
schen  Nachrichten  ausbleiben  werden.  Ich  will  sie  noch  besser 
nutzen,  und  Sie  sollen  dieselben  ein  andermal  erhalten.  Die 
Beurtheilung  meiner  lyrischen  Gedichte  ist  sehr  günstig  ab- 
gefasset:  auch  ist  die  beygefügte  Abhandlung  vom  Sylben- 
maaße  mit  großer  Einsicht  geschrieben.  Wann  aber  die  Be- 
obachtung der  Quantität  für  unnöthig  in  deütschen  Versen 
geachtet  wird ;  so  bin  ich  nicht  völlig  überzeüget  worden.  Es 
ist  wahr,  die  wenigsten  Ohren  empfinden  die  nach  lateinischen 
Regeln  eingerichtete  Sylbenlänge.  Allein  die  Regeln  gründen 
sich  auf  die  Natur  des  Wohlklanges,  und  sind  gar  nicht  will- 
kührlich.  Es  sind,  würde  vielleicht  ein  Römer  sagen,  die 
deütschen  Ohren  in  der  Schuld,  daß  sie  den  Unterscheid  der 
lateinischen  Sylbenlänge  auch  im  Deütschen  nicht  bemerken. 
Das  Schreiben,  worin n  der  Ausgang  der  Clarissa  als  gar  zu 
tragisch  getadelt  wird,  hat  meinen  Bey  fall.  Ist  nicht  HE. 
Ramler  ein  Mitarbeiter  dieser  critischen  Nachrichten  gewesen? 
Oder  vielleicht  Sie  selbst  ?  Daß  der  Verfasser  der  Schrift  von 
der  Bestimmung  des  Menschen  Ihr  Freünd  ist,  erfreüet  mich. 
Sie  bringt  Ihnen  Ehre.  Nachdem  ich  das  deütsche  Original 
zu  Händen  bekommen,  so  sehe  ich  dessen  grosse  Vorzüge  vor 
der  französischen  Uebersetzuug  nur  allzuwohl  ein:  die  letztere 
ist  zu  kurz  und  zu  laug.  Der  Verfasser  ist  ein  pommer.[scher] 
Prediger,  vermöge  der  crit. fischen]  Nachrichten :  Sie  schrieben 
mir  ehemals,  HE.  Spalding  sey  Dänischer  Legations-Secretär ; 
ist  er  von  dem  Schriftsteller  unterschieden  ?  Sie  haben  an 
HE.  Schmidt  einen  witzigen  Freünd:  ich  beschwehre  Sie  mit 
einem  Compliment  an  denselben.  —  —  — 

Anspach  den  29.  Oct.  1751. 

Was  urtheilen  Sie  von  den  vielen  Heldengedichten,  die 
wir  diese  Messe  wieder  bekommen  haben  ?  Fürwahr  die  Deüt- 
schen sind  witzige  Köpfe.  Wir  haben  bereits  mehr  Helden- 
gedichte, als  alle  benachbarte  Völker:  Gott  gebe,  daß  sie 


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234 


gelesen  werden!  Ich  lese  keines,  wann  Sie  mir  nicht  eines 
an  rühmen. 

62.  Gleim  an  Uz. 

Was  für  Sünden,  mein  liebster,  mein  bester  theurester 
Freund,  was  för  unvergebliche  Sünden  habe  ich  Ihnen  nicht 
abzubitten  ?  Aber  unmöglich,  ganz  unmöglich  kan  ich  es  itzt, 
itzt  da  ich  Ihnen  sagen  will,  daß  ich  liebe,  dali  ich  das  beste 
Mädchen,  das  im  Himmel  und  auf  Erden  ist,  liebe,  daß  ich 
geliebt  werde,  daß  ich  Bräutigam  bin.  0  welch  eine  Glück- 
seligkeit ist  es,  mein  liebster  Freund,  lieben. 

Freund,  wilst  du  glücklich  seyn,  so  liebe 

Lieb  ein  solch  Kind,  wie  ich 
Das  dich  mit  zartem  gleichem  Triebe 

So  liebt,  wie  Fanny  mich. 

Soll  ich  Ihnen  diese  Fanny  nennen,  mein  liebster  Freund? 
Sie  ist  die  jüngste  Tochter  des  Herrn  BergRath  Mayers  zu 
Blankenburg,  achtzehn  Jahre  alt,  ein[e]  Brünette,  wie  Sie, 
nach  Marot,  sich  eine  gewünscht  haben,  beßer  als  die  Doris, 
die  meine  hundert  Lieder  besingen,  ein  fürtreflich  Mädchen, 
recht  nach  meinem  Sinn,  beßer,  als  das  Mädchen,  das  meine 
EinbildungsKraft  mir  erschaffen  hat,  wenn  sie  geschäftig  war, 
mir  eines  vorzustellen,  das  ich  lieben  könte.  Könte  ich  doch 
meinem  Uz,  meinem  liebsten,  meinem,  ohngeachtet  meines  langen 
unverantwortlichen  Stillschweigens,  so  beständig  von  mir  ge- 
liebten und  hochgeschätzten  Freunde,  könte  ich  doch  dem  alle 
Freuden  der  Liebe  beschreiben,  könte  ich  Ihm  doch,  von  der 
ersten  Stunde  unserer  Liebe  an,  bis  itzo,  alle  die  genoßenen 
Freuden  erzählen!  Wie  viel  Antheil  würde  raein  liebster,  mein 
ältester,  theurester  Freund  an  meinem  Glück  nehmen,  das  so 
groß  ist.  Aber  das  Glück  ist  unaussprechlich,  und  die  Freuden 
sind  unzählbar 

Wo  Lieb  und  Huld,  aus  jedem  Tone  spricht 
Wo  LiebesGötter  in  den  Bücken 
Uns  entzücken, 

Empfindet  man,  und  zählet  nicht. 
Seit  dein  fünfzehnten  Märtz,  mein  liebster  Freund,  bin  ich 


235 


Bräutigam,  und  den  ersten  oder  zwoten  May,  werde  ich  Mann 
seyn.  Was  sagen  Sie  biezu,  mein  liebster  Freund?  Haben 
Sie  von  Ihrem  Gleim  wohl  geglaubt,  daß  er  das  einmahl 
seyn  würde  ?  Die  meisten  meiner  Freunde  haben  es  nicht  ge- 
glaubt, Kleist  nicht,  Ramler  nicht,  Spalding  nicht.  Aber  Sie, 
ja  Sie,  mein  liebster  Freund,  haben  es  geglaubt,  denn  es  ist 
Ihnen  nicht  bekant,  wie  spröde  ich  bisher  allen1)  Mädchen 
gewesen  bin,  und  was  für  welche  ich  nicht  gewolt  habe.  0  wie 
dancke  ich  dem  Himmel,  daß  er  diesem  Kaltsinn  einen  beßern 
Lohn  aufgehoben  hat,  als  der  war,  den  meine  Freunde,  den 

manche  Mädchen  mir  prophezeyheteu  —  —  Was  für 

Freuden,  mein  liebster  Freund,  würden  es  seyn,  wenn  Sie  auf 
meiner  Hochzeit  (o  wie  angenehm  sind  mir  jetzt  diese  Wörter, 
Hochzeit,  EheMann)  wenn  Sie  auf  meinem  Liebesfest  (dencken 
Sie  dabey  nur  immer  an  Hagedorns  Liebesfest)  wenn  Sie  dabey 
gegenwärtig  waren. 

O  welcher  Freuden  Ueberfluß! 
Der  Freundschaft  und  der  Liebe  Freuden! 
Des  Mädchens  und  des  Freundes  Kuß! 
Ihr  Götter  würdet  mich  beneiden. 

—  —  —  Vielleicht,  und  noch  mehr  als  vielleicht,  habe  ich 
das  Vergnügen,  das  unaussprechliche  Vergnügen  auch  meinen 
lieben  Kleist  auf  meiner  Hochzeit  zu  sehen.  Er  hält  sich  aoitzt 
in  Schafhausen  auf,  Menschen  zu  werben,  und  ist  schon  vorhin 
Willens  gewesen  gegen  Anfangs  des  Maymonaths  zurück  zu 
kommen.  Und  solte  er  wohl  nicht  alles  anwenden,  es  möglich 
zu  machen,  daß  er  den  ersten  May  bey  mir  wäre,  da  ich  ihm 
gesagt  habe,  was  ulsdenn  aus  seinem  Gleim  werden  soll  ?  Ich 
habe  ihn  auch  erinnert,  seinen  Rückweg  über  Anspach  zu 
nehmen.  Da  wird  er  nun  meinen  liebsten  Uz  wohl  nicht  an- 
treffen. Wäre  es  also  nicht  unvergleichlich,  wenn  er  in  Halber- 
stadt oder  Blanckenburg  ihn  anträfe?  Das  Vertrauen  habe 
ich  zu  ihrer  Freundschaft,  mein  wehrtester  Freund,  daß,  wenn 
es  nur  irgend  möglich  ist,  Sie  mir,  meinem  Kleist  und  meinem 
Mädchen,  das  Vergnügen  machen  werden,  Sie  bey  uns  zu  sehn, 
ein  Vergnügen,  das  nebst  dem  höchsten  Vergnügen  der  Liebe, 
meinem  ganzen  Leben  unvergeßlich  seyn  würde. 

1)  Aus:  gegen  alle. 


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236 

Kan  ich  nun  wohl  noch  andere  Sachen  mit  Ihnen  sprechen, 
mein  liebster  Freund  ?  Schwerlich  werde  ich  es  können.  Als 
Sie  mir  das  erste  Buch  von  dem  Siege  des  LiebesGottes  schick- 
ten, da  hatte  mich  sein  Pfeil  noch  nicht  besiegt, 
da  war  ich  noch  den  Musen  treu,  da  gefielen  mir 
noch  ihre  Wercke,  aber  was  kan  mir  wohl  itzt  auf  die  Weise 
gefallen,  als  mein  Mädchen?  Das,  ja  das  allein  ist  itzt  mein 
Anakreon,  mein  Uz,  mein  Kleist,  und  wenn  es  mir  Uzens  Lieder 
singt,  (und  es  singt  sie  alle,  und  hat  sie  gesungen,  ehe  es  mein 
Mädchen  gewesen  ist,)  so  dencke  ich,  sie  gefallen  nur,  weil 
mein  Mädchen  sie  singt,  und  Sie  wißen  doch,  wie  die  Lieder 
ihrer  Muse  mir  gefallen  haben,  als  ich  sie  nur  lesen  konte. 
Wie  fürtreflich  war  die  Ode,  der  Sie  meinen  Nahmen  vorge- 
setzt hatten,  und  wie  danckte  ich  Ihnen  dafür!  Wie  fürtreflich 
war  die,  welche  Herr  Ebert  mir  lesen  ließ!  —  —  —  Die 
mehlige  [Muse]  hat  nichts  gesungen,  als  ein  Lied  auf  den  Tod 
des  General  v.  Stille.  Gefallen  kan  es  ihnen  so  wenig,  als 
Herrn  Ramlern,  der  nur  einen  Vers  über  die  Helfte  mit  seiner 
Censur  verschont,  und  wegen  dieses  einen  Verses  gesagt  hat: 
u bi  plura  nitent  p.  Wenn  sie  auch  mir  so  viel  Nachsicht 
haben,  so  kan  ich  zufrieden  seyn.  Den  Verfaßer  des  Schach- 
spiels will  ich  ihnen  nennen,  wenn  Sie  nöthig  haben,  mich 
darum  zu  befragen.  Es  ist  nur  der  erste  Gesang  fertig,  und 
davon  sind  nur  wenig  Exemplare  gedruckt,  und  weil  es  aus 
gewißen  Ursachen  noch  nicht  bekant  werden  soll,  so  muß  ich 
Sie,  und  durch  Sie,  ihren  Freund,  Herrn  Haußwald,  dem  ich 
mich  zugleich  zu  empfehlen  bitte,  ersuchen,  es  vorerst  Nie- 
manden zu  conimuniciren.  Zu  meinem  itzigen  Vergnügen, 

mein  liebster  Freund,  gehört  auch  noch  das,  daß  ich  als  Cu- 
rator  der  Gräfin  von  Schlieben,  vieles  habe  beytragen  können, 
daß  mein  bester  Gönner  und  Freund,  der  Herr  Geh. Rath  v.  Berg, 
sie  bald  zur  Gemahlin  haben  wird.  Ich  erwarte  ihn  morgen 
von  Berlin  in  meinem  Hause,  und  in  künftiger  Woche  wird 
das  Beylager  seyn.  Wie  gefällt  ihnen  das,  zwey  Bräutigams 
in  einem  Hause?  —  

Eiligst  Halberstadt  d.  5l«  April  1753. 


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237 


63.  Uz  an  Gleim.') 

 —  Himmel!  wie  verliebt  sind  Sie!    Sie  schreiben 

so  enthusiastisch  von  Ihren  Flammen,  daß  es  mich  recht  er- 
getzet.  Ich  weis  nicht,  welcher  Stern  regieret,  durch  deßen 
Einfluß  alle  meine  Freünde  auf  einmal  so  verliebt  werden. 
Herr  Ebert,  das  ernsthafte  und  zugleich  comische  Gesicht !  hat 
mir  vor  einem  Jahre  von  seinem  Mädgen  Wunderdinge  ge- 
schrieben. Er  hat  entsetzlich  auf  mich  geschimpfet,  weil  ich 
in  meiner  an  ihn  geschickten  Ode  die  Liebe  nicht  für  den 
höchsten  Endzweck  unsers  Daseyns  gehalten.  Ich  habe  würk- 
lich  die  anstössige  Strophe  abgeändert,  um  ihn  und  seine 
Schöne  zu  begütigen,  unter  deren  Küssen  er  vermuthlich  seine 
Critik  abgefasset  hat.  Aber  Herr  Ebert  ist  noch  gülden 
gegen  Sie.  Sie,  mein  werthester,  schreiben  von  Ihrem  Mäd- 
gen mit  einer  Entzückung,  die  mich  selbst  entzückt.  Ich 
möchte  den  Engel  gleich  sehen!  Ich  möchte  ihn  küssen! 
Doch  das  letztere  möchte  Ihnen  wohl  ungelegen  seyn.  Lebeu 
Sie  glücklich  mit  ihrer  Braut,  die  bey  Ankunft  meines  Briefes 
vielleicht  schon  Ihre  Frau  ist!  Ich  werde  Ihren  Hochzeittag 
mit  einem  Freünde  hier  feyern ,  da  meine  hiesige  Geschäfte 
nicht  zulaßen,  selbigen  an  Ihrer  Seite  zu  begehen.  Vielleicht 
besingt  meine  Muse  diesen  Tag,  den  glücklichsten  Ihrer  Tage, 
wenn  sie  dazu  aufgeräumt  genug  ist,  woran  ich  fast  zweifle. 
Hierzu  kommt  ein  kleiner  Neid,  welchen  Ihr  Zustand  natür- 
licher Weise  bey  mir  erregen  muß.  Himmlische  Cythere!  mit 
welchem  Verschonen  trägst  du  die  Landstreicher  in  deinem 
Reiche!  Wie  wenig  verdient  Gleim,  dieser  berühmte  Libertiner, 
daß  er  noch  mit  einem  güldnen  Pfeile  von  dir  verwundet  wird; 
daß  er  Hebt  und  glücklich  liebt!  Wie  wenig  verdient  er  es, 
gegen  mich,  der  ich  in  der  Unschuld  dahin  wandele,  und  mein 
Herz  nicht  an  den  Mann  briugen  kanu,  welches  gewiß  nicht 
anakreontisch  lieben  würde!  Doch  Sie  sind  mein  Freünd:  Sie 
verdienen  Ihr  Glück  aus  sovielen  andern  Absichten,  daß  ich 
über  die  Göttinn  der  Liebe  nicht  im  Ernste  böse  werden  kann. 

1)  Von  Gleima  hand:  „pr.  d.  6  May  1753.* 


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2S8 


Da  ich  so  in  der  Hitze  hinschreibe,  daß  Sie  mein  Freünd 
seyn  ;  so  fallt  mir  ein,  datf  ich  noch  nicht  mit  Ihnen  gezankt 
habe  wegen  Ihres  abermaligen  zweijährigen  Stillschweigens.  

Es  sollte  mir  sehr  leid  thun,  wenn  ich  das  Vergnügen, 
den  Herrn  von  Kleist  in  Anspach  zu  sprechen,  durch  meine 
Abwesenheit  entbehren  müßte.  Sollte  er  bey  Ihrem  Liebesfeste 
zugegen  seyn ,  so  empfehlen  Sie  mich  deßen  mir  unendlich 
schätzbaren  Gewogenheit.  Ihr  Lied  auf  den  seligen  Stille 
scheint  mir  und  allen  denen,  die  es  gelesen,  vortrefflich.  Es 
erfreüet  mich,  wenn  ich  etwas  von  diesem  Geschmacke,  wo  die 
Schönheit  der  Natur  mit  dem  Witze  vereiniget  ist,  zu  einer 
Zeit  gedruckt  sehe  da  so  viel  unnatürliches  Zeüg  geschrieben 
wird.  Ihr  Schachspiel  ist  ebenfalls  voll  Geist  und  Anmuth: 
aber  ich  hätte  ge wünschet,  daß  der  gemächliche  I1E.  Verfasser 
sich  die  wenige  Mühe  nicht  hätte  verdrießen  laßen,  es  in  einem 
förmlichen  Sylbenmaaß  abzufaßen.  Itzo  ist  es  halb  Prosa, 
und  halb  Vers.  

Römhild  den  22.  April  1753. 

Meine  Muse  macht  wenig  neües:  sie  verbeßert  nur  ihre 
alten  Kleinigkeiten,  zu  einer  dereinstigen  neuen  Auflage,  die 
Weitbrecht  zu  frühe  versprochen  hat.  Beygehendes  kleine  Lied 
wird  Sie  belehren,  daß  ich  zugleich  vom  Hypochonder  und 
den  Gespenstern  angefochten  gewesen.  Ich  habe  mich  ent- 
schließen mülien,  denen  letztern  eine  förmliche  Ehren[er]klä- 
rung  zu  thun  :  daraus  ist  dieses  Lied  entstanden. 

64.  Gleim  an  Uz. 

Mein  wehrtester  Freund, 

Ich  habe  Ihnen  so  viel  zu  sagen,  daß  ich  nicht  weis  wo 
ich  anfangen  soll,  und  ich  thäte  fast  beüer,  wenn  ich  ihnen 
gar  nichts  sagte.  Aber  damit  würden  Sie  nicht  zufrieden  seyn; 
Sie  haben  allzu  viel  Antheil  an  meiner  Liebe  genommen,  als 
daß  ich  Ihnen  ganz  und  gar  verschweigen  könte,  was  für  einen 
Ausgang  der  Roman,  der  so  schön  anfieng,  kurz  darauf,  als 
ich  Ihnen,  wie  sie  sagen,  so  enthusiastisch  geschrieben  haben 
soll,  genommen  hat.  Die  ganze  Geschichte  zu  erzählen,  das 
würde  mir  sehr  viel  Mühe  und  Ueberwindung  kosten.  Denn 


239 


ob  ich  gleich  an  die  tragischen  Scenen,  auf  welchen  ich  die 
Hauptperson  gewesen,  izt  mit  eißkaltem  Blute  zurück  dencken 
kan,  so  habe  ich  doch  wenig  Lust,  mich  so  lange  dabey  auf- 
zuhalten,  als  eine  ausführliche  Erzählung  es  erfodern  würde. 
Vielleicht  bekomme  ich  diese  Lust  auf  einandermahl  —  Vielleicht 
lesen  sie  alsdenn  einen  Brief,  an  deßen  Ende  Sie  sagen  werden : 
In  der  That  das  ist  ein  ganz  guter  Roman,  aber  der  Poet  hat 
die  Warscheinlichkeit  übertrieben  —  Und  dann  werde  ich  ihnen 
antworten :  Wenn  die  Geschichte  gleich  nicht  möglich  ist,  so 
ist  sie  doch  wahr. 

Wundern  Sie  sich  nur  nicht,  über  den  langen  Eingang, 
mein  Freund:  Dinge  von  solcher  Art,  laßen  sich  nicht  so  ge- 
rade heraus  sagen.  Aber  nun  will  ich  auch  keine  Vorrede 
mehr  machen.  Kurz,  mein  liebster  Freund,  ich  bin  kein  Mann, 
ich  bin  auch  kein  Bräutigam  mehr,  und  ich  habe  alle  Ursach 
von  der  Welt,  mich  glücklich  zu  schätzen,  daß  ich  es  nicht 
mehr  bin.  Hiezu  nun  gehört  eine  Geschichte,  die  den  unwar- 
scheinlichsten  Roman  abgeben  könte.  Den  Anfang  nimt  sie 
mit  der  zärtlichsten  Liebe  zweyer  Personen,  an  welcher  der 
Vater  der  Schönen,  das  größte  Wohlgefallen  bezeigt,  selbst  die 
Liebesbriefe  trägt,  die  Verliebten  öffentlich  mit  einander  ver- 
lobt, den  Hochzeittermin  bestirnt  —  plötzlich  aber  wird  der 
Vater  auf  die  Liebe  seiner  Tochter  eyfersüchtig,  er  wirft  ihr 
zum  öftern  vor,  seitdem  sie  ihren  Bräutigam  liebte,  liebe  sie 
ihn  nicht  mehr,  sie  habe  ihr  Herz  ganz  von  ihm  abgewand  — 
Gott  werde  sie  dafür  strafen  —  Diese  Vorwürfe  gehen  so  weit, 
daß  die  Tochter  in  einer  Art  von  Raserey  sich  erklärt,  das 
Gegentheil  zu  beweisen,  wolle  sie  lieber  dem  größten  Unglück 
und  der  grösten  Schande  sich  aussetzen,  als  ihren  Bräutigam 
heyrathen  —  Sie  sagt  dieses  mit  der  grösten  Heftigkeit,  und 
unter  ganz  besondern  Umständen  dem  Bräutigam  selbst.  Dieser 
aber  weili  von  alle  dem,  so  zwischen  dem  Vater  und  der  Tochter 
vorgegangen,  nicht  das  geringste.  Er  fragt  seine  Braut  voll 
der  grösten  Bestürzung,  nach  der  Ursach  dieser  plötzlichen 
Veränderung  ihres  Herzens.  Denn  zween  Tage  zuvor  hatte  er 
noch  den  zärtlichsten  Brief  von  ihr  empfangen.  Aber  er  er- 
fährt nichts.  Die  Braut  sagt  kurz:  Es  sey  keine  Ursach.  Er 
entdecket  dem  Vater,  was  zwischen  ihm  und  seiner  Braut  vor- 


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240 


gefallen,  und  meint  einen  Mann  es  zu  entdecken,  der  mit 
gröster  Behutsamkeit  einen  Bräutigam  begegnen  wird,  der  über 
seine  Braut  dergleichen  Beschwerden  anbringen  muste.  Allein 
er  traf  einen  Mann,  der  in  der  grösten  Hitze  dem  Bräutigam 
den  Vorwurf  machte:  Er  hätte  seine  Tochter  von  der  Liebe 
zu  ihm  abwendig  gemacht,  und  zu  der  seinigen  sie  verführet, 
Gott  habe  ihr  ihre  Bünde  zu  erkennen  gegeben,  nun  kehre  sie 
wieder  zu  ihm  zurück  —  Alle  Vorstellungen  dagegen  halfen 
nichts  —  Bald  danckte  er  Gott  daß  er  das  Herz  seiner  Tochter 
wieder  hatte,  bald  verfluchte  er  ihren  Ungehorsam,  wolte  sie 
mit  Füßen  treten,  wolte  sie  enterben,  nicht  vor  Augen  mehr 
sehn  —  Er  schickt1)  Sie,  wieder  die  genommene  Abrede,  daß 
eine  ihrer  Freundinnen  mit  ihr  sprechen  solte,  nach  Voigtsdale, 
wo  ihre  älteste  Schwester,  die  Frau  eines  Amtmanns  ist  — 
Diese,  Schwester  und  Schwager,  sind  schon  vorher  keine 
Freunde  von  dem  Bräutigam,  und  hätten  gern  gesehen,  wenn 
sie  jemanden,  der  sie  näher  angieng,  geheyrathet  hätte.  Sie 
befand  sich  also  in  schlimmen  Händen.  Der  Bräutigam  wandte 
alles  an,  sie  auf  andere  Gedancken  zu  bringen.  Er  bat  den 
Vater  sie  zurück  zu  nehmen.  Er  schrieb  ihr  die  zärtlichsten 
Briefe  —  Zuletzt  war  er  überzeugt,  daß  seine  Sophia  nicht 
eben  ein  so  göttliches  Mädchen  sey  —  Er  fieng  an  zu  wancken 
—  Er  untersuchte  alles  aufs  genaueste,  und  that  keinen  Schritt, 
ohne  den  Kath  der  rechtschaffensten  Leute,  vornemlich  des 
Herrn  Geh. Rath  von  Bergs  und  des  Herrn  Dohmprediger  Sucro. 
Beyde  waren  so  freundschaftlich,  und  reisten  zu  dem  Vater, 
in  der  Absicht,  etwas  von  der  Ursach  der  Aufführung  so  wohl 
der  Tochter  als  des  Vaters  zu  erfahren.  Aber  man  erfuhr 
nichts.  Der  Vater  sagte,  er  wüste  keine  Ursach,  als  daß  die 
Tochter  nicht  wolte;  der  Bräutigam  müste  Gedult  haben.  Sie 
werde  schon  anders  Sinnes  werden.  Muste  der  Vater  sich  nicht 
schämen,  zu  bekennen,  daß  er  das  Glück  zwoer  Personen  selbst 
ruinirt  hätte?  Es  blieb  also  alles  dunckel.  Der  Bräutigam 
schrieb  an  die  Braut  nach  Voigtsdale,  und  bekam  keine  Ant- 
wort. Sie  daselbst  zu  besuchen,  war  wieder  alle  Klugheit 
Denn  man  erfuhr  Dinge,  die  man  nicht  für  wahr  hielt,  die  es 


1)  Zuerst:  .brachte",  dann  „bringt* 


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241 


aber  seyn  könten ,  und  das  war  scbon  hinlänglich ,  ihn  auf 
alle  Anritte,  die  er  that,  aufraercksam  zu  machen.  Er  erfuhr, 
seine  Braut  habe  ihre  ehemalige  Pflegemutter  die  Frau  Priorin 
in  einem  Closter  bey  Helmstedt  besucht,  die  des  Bräutigams 
Freundin  war.  Er  legte  bey  derselben  gleichfalls  einen  Besuch 
ab,  und  war  nunmehr  völlig  überzeugt,  daß  die  göttliche  Sophia 
seiner  Liebe  ganz  unwürdig  sey.  Er  ließ  dem  Vater  derselben 
erofnen,  daß  er  bereit  sey,  Seinerseits  das  VerlÖbniß,  wieder 
aufzuheben.  Der  Vater  komt  den  Tag  nach  Pfingsten  zu 
dem  Bräutigam  nach  Halberstadt.  Dieser  begegnete  ihm  aufs 
höflichste,  und  er  hätte  ihm  nicht  anders  begegnen  können. 
Denn  an  statt  daß  er  vor  einiger  Zeit  ein  Mann  war,  der  keine 
raison  annehmen  wolte,  sah  man  izt  einen  dhemütigen  Sünder 
vor  sich,  der  über  das  Unrecht,  das  er  ihm  gethan,  die  bitter- 
sten Thränen  weinte,  der  gestand,  daß  er  an  tausend  Verdruß, 
der  ihm  gemacht  worden,  und,  welches  seiner  Seele  noch  weher 
thun  müste,  an  dem  Unglück  seiner  Tochter  Schuld  sey.  Denn, 
sagte  er  zum  Bräutigam,  er  sähe  wohl  vorher,  daß  er  von  ihr 
abstehen,  daß  Sie  zurückkommen,  daß  andere  Absichten,  die 
sonsten  ihre  Freunde  möchten  gehabt  haben,  mißlingen,  und 
daß  sie  folglich  die  unglücklichste  Person  von  der  Welt  seyn 
würde.  Jener  konte  nicht  anders  antworten,  alß,  bey  den  Um- 
ständen, die  sich  ereignet,  und  die  keinen  Zweifel  an  der  Ge- 
müthsart  der  Tochter  übrig  gelaßen,  würden  beyde,  die  Braut 
so  wohl,  als  der  Bräutigam  die  unglücklichsten  Personen  seyn, 
wenn  sie  sich  heyratheten  —  Es  wäre  also  am  besten,  daß  sie 
sich  bey  Zeiten  trenneten  pp  Ich  gab  der  göttlichen  Sophia 
ihre  hundert  zärtlichen  Briefe,  mit  samt  den  darin  übersandten 
zehn  tausend  Millionen  Küßen  zurück,  und  danckte  Gott,  daß 
ich  von  ihr  erlöset  wurde,  ehe  es  zu  spät  gewesen  wäre!  Sie 
können  überzeugt  seyn,  mein  liebster  Freund,  daß  ich  die  wich- 
tigsten Ursachen  müße  gehabt  haben,  eine  Liebe,  wie  die  mei- 
nige war,  auf  diese  Weise  zu  endigen  -  -  Unvermerckt  habe 
ich  ihnen  so  viel  erzählt,  daß  fast  nicht  nÖthig  ist,  ihnen  mehr 
zu  sagen.  Denn  ist  es  nicht  wahr,  Sie  kennen  mich  alzu  gut, 
als  daß  Sie  glauben  könten,  ich  hätte  bey  dieser  Sache,  mir 
doch  vielleicht  wohl  etwas  vorzuwerfen?  Könten  Sie  das 
glauben,  so  wollte  ich  ihnen  alles  umständlicher  erzählen,  und 

O  1  e  i  m  •  Um,  Brh'fwechiel.  16 


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2A'2 


dann  müsten  Sie  sagen,  daß  man  nicht  rechtschaffener  handeln 
konte.  als  ich  gehandelt  habe.  Die  Neben  umstände  sind  zum 
Theü  so  besonders,  daß  es  manchem  Romanschreiber  mag 
schwer  gefallen  haben,  dergleichen  zu  erdichten.  Zu  denselben 
gehört  auch,  daß  ich  an  eben  dem  Tage,  an  welchem  die  Hoch- 
zeit seyn  solte,  den  26!^  Aprill,  auf  der  Rückkehr  von  Blancken- 
bürg,  in  Gesellschaft  des  HE.  Geh.Rath  von  Bergs,  und  des 
Herrn  von  Kleists,  bey  Umwerfung  der  Kutsche,  den  lincken 
Ellbogen  aus  dem  Gelenck  fiel,  an  deben  Cur  ich  sehr  viel 
ausgestanden  habe,  und  noch  nicht  völlig  curirt  bin.  Aber 
du nckt  Sie  nicht  das  besonderste,  daü  ich  von  einem  Mädchen 
mich  habe  betriegen  laben,  ich,  den  sie  für  einen  so  groüen 
Kenner  der  Mädchen  halten !  Den  HE.  v.  Kleist,  der  sie  nicht 
gesehn,  sondern  nur  ihre  Briefe  gelesen,  und  der  von  denen, 
die  sie  kennen,  nur  vieles  von  ihr  gehört  hat,  dünckt  es  nichts 
besonders;  er  meint,  sie  wurde  ihn  und  HE.  Ramlern,  die 
beyde  an  sie  geschrieben  haben,  eben  so  wohl  haben  betriegen 
können  als  mich.  Die  Damen  mit  denen  ich  umzugehen  die 
Ehre  habe,  als  die  Frau  Geh.  Räthin  von  Berg,  die  Frau  Presi- 
dentin von  Lüderitz,  die  ersten  und  klügsten  der  Stadt,  müben 
gestehen,  daß  man  mir  nicht  übel  nehmen  könnte,  wenn  ich 
künftig  in  das  ganze  weibliche  Geschlecht  ein  Mi  L;  trauen  setzte, 
da  ein  Madcheu,  das  den  Bevfall  aller  Rechtschaffenen  Leute 
gehabt,  nicht  allein  mich,  sondern  alle  diese  rechtschaffenen 
Leute,  und  zugleich  ihren  Vater,  und  ihre  nächste  Freunde 
habe  betrieben  können.  Mich  zu  betrieben,  das  wäre  eben 
keine  Kunst,  für  ein  weniger  witziges  Mädchen  gewesen!  Denn 
ich  bin  in  der  That  kein  so  guter  Mädchenkenner,  als  meine 
Lieder  mich  dencken  laßen.  Aber  in  Zukunft  will  ich  es 
schon  seyn. 

Der  ich  der  Schönen  Lob  in  hundert  Liedern  sang 
Und  ihre  Küb  und  ihre  Tugend, 
0  wie  bereu  ich  izt  die  Sünden  meiner  Jugend! 
O  wie  bereu  ich  gie  mein  Lebelang ! 
..  Denn  welch  eiu  Thor  Wiir  ich!  ich  sang 
Der  Schönen  Lob  in  unerfahmer  Jugend 
Prieß  ihre  Küß.  und  ihre  Tugend, 
Und  kante  Kuß  und  Tugend  nicht 
O  wie  bereu  ich  izt  jedwedes  Scherzgedicht 


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248 

10  Das  mit  so  freundlichen  harmonisch  sanften  Thönen 

In  manch  unschuldig  Herz,  das  Lob  der  Schönen, 

Und  ach  zugleich  das  Gift  der  Liebe  sang! 

0  wie  bereu  ich  es,  mein  Lebe  lang! 

Gieb,  Jugend,  gieb1)  den  Liedern,  den  Sirenen 
15  Die  ich  dir  sang,  gieb  ihnen  kein  Gehör 

Sophia  liebte  mich,  seitdem  kenn  ich  die  Schönen 

Seitdem  besing  ich  sie  nicht  mehr. 

Nun  wird  er  gewiß  niemals  heyrathen,  werden  Sie  sagen. 

Aber  ich  weiß  nicht,  ob  ich  mich  demohngeachtet  noch  ein- 

mahl  dazu  entschließe.    Das  ist  indeß  gewiß,  daß  ich,  nach 

dieser  Erfahrung,  weniger  darauf  bestehen  werde,  ein  Mädchen 

zu  meiner  Frau  zu  machen,  das  in  allen  Stücken  nach  meinem 

Sinn  ist.   Ich  werde,  wie  die  übrige  Welt,  mit  einem  solchen 

zufrieden  seyn,  das  mich  nur  nicht  unglücklicher  macht,  als 

ich  ohne  Frau  seyn  kan. 

Aber  auch  das  ist  schon  viel. 

Ich  weiß  selbst  nicht  was  ich  will. 

Nun  noch  ein  paar  Worte  Yon  andern  Materien!  Und 
zwar  zuerst,  mein  liebster  Freund,  muß  ich  sie  noch  einmahl 
fragen,  ob  es  Ihnen  denn  ganz  und  gar  nicht  möglich  ist,  mich 
dismahl  zu  besuchen?  —  —  — 

Der  Herr  von  Kleist  hat  recht  sehr  beklagt,  daß  er  die 
Reise  über  Anspach  vergeblich  gethan  hat.  Ich  schrieb  ihm 
nach  Schaf  hausen,  daß  Sie  in  Römhild  wären,  er  hat  aber 
meinen  Brief  vor  seiner  Abreise  nicht  bekommen.  Er  hat  sich 
einige  Zeit  in  Ztirch  aufgehalten,  und  würde  ihnen  von  den 
dortigen  Barden  oder  Musen,  wie  sie  wollen,  viel  haben  er- 
zählen können.  Ein  junger  Poet,  Nahmens  Gesner,  hat  ihm 
unter  einem  ganzen  Schwärm  von  Witzgebährenden  Jüng- 
lingen, aus  Bodmerischen  und  üottschediscben  Schulen,  am 
besten  gefallen.  Eine  Probe  von  ihm,  in  poetischer  Prose, 
unter  dem  Titul:  Die  Nacht,  zeigt  von  einem  guten  Genie.  Er 
hat  mich  vor  einigen  Jahren  auf  seinen  Reisen  besucht,  und 
war  schon  damahls  ein  Freund  von  der  natürlichen  Poesie. 
Vom  Schachspiel  ist  Herr  Ramler  Verfaßer.  Er  hat  es  in 
Prose  aufgesezt,  und  will  es  in  einen  wohlklingenden  Hexameter 
bringen,  um  zu  zeigen  das  einer  möglich  ist,  davon  die  Ohren 

1)  Zuerst:  Gebt,  Jünglinge, 

16* 


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244 


weniger  wehe  thun,  als  von  den  gewöhnlichen.  Aber  alle 
Regeln  der  römischen  Prosodie,  wie  sie  einmahl  einen  Versuch 
gemacht  haben,  wird  er  nicht  beobachten.  Ich  zweifle  aber, 
daß  er  in  zehn  Jahren,  fertig  werden  wird.  Denn  das  nonum 
prematur  in  annum  hat  ihm  Horaz  nur  allzu  tief  eingeprägt. 
Izt  beschäftigt  er  sich  mit  der  Ausgabe  einer  Samlung  von 
Liedern,  die  die  grösten  Berlinischen  Virtuosen  componirt  haben. 
Sie  werden  auch  einige  von  den  ihrigen  darin  finden.  Hempel, 
unser  Maler,  erfindet  zu  jeder  Ode  eine  Vignette,  jedoch  nur 
zu  einem  guten  Holzstich.  Wie  gefällt  ihnen  Herr  Duschens 
Toppe?  Ich  bin  izt  nicht  aufgelegt  ihnen  mein  Urtheil  davon 
zu  sagen.  Der  Poet  selbst,  oder  vielmehr  seine  Person  hat 
mir  unter  allen  göttingischen  Rednern  und  Poeten  am 
besten  gefallen;  Seine  VersArt  gefält  mir  zuweilen,  zuweilen 
nicht,  ich  glaube,  nachdem  ich  Lust  habe,  mir  etwas  gefallen 
zu  laßen.  Was  soll  ich  ihnen  für  die  Gespenster  geben,  womit 
sie  mich  beschenckt  haben?  Weyrauch  und  Myrrhen  ver- 
langen sie  nicht.  Ich  will  sehen,  was  unter  den  Kleinigkeiten, 
die  ich  seit  dem  2^?  Theil  des  erlebten  Romans  gemacht  habe, 
mir  in  die  Hände  fallen  wird.  Ein  kleines  Stück,  das  ich 
neulich  einem  Franzosen  nachgeahmt  habe,  schickt  sich  zu  der 
dritten  Strophe  ihrer  Gespenster.  —  —  — 
Halberstadt  den  8iLn  Jul.  1753 

Ja,  Zopilus,  es  ist  dein  Weib 

Erschaflen  recht  för  deinen  Leib! 

Geschlanck,  vernünftig,  artig,  nett, 

Unschuldig,  witzig,  jung,  beredt 
.*>  Und  doch  verschwiegen  auch.    Es  ist 

Ein  rechter  Engel,  und  du  bist 

Des  Engels  wehrt.   Oft  sagt  sie  Scherz 

0  dann  lacht  einem  recht  das  Herz 

Denn  ihre  Stimm  ist  so  harmonisch,  und 
10  So  fein  ihr  Scherz^  so  klein  ihr  Mund  - 

Kurz,  Freund,  es  ist  an  Seel  und  Leib 

Dein  Weib  ein  ganz  vollkomnes  Weib. 

Ach  wenn  doch  ich  dergleichen  drey  bekäme 
O  so  gäb  ich,  bey  meiner  Treu,  -  - 
15  Dem  Teufel  zwey 

Damit  er  auch  das  dritte  nähme. 


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245 

Nicht  ich,  sondern  der  Bösewicht  Roußeau  hat  die  Vier 
letzten  Zeilen  gemacht,  ob  ich  gleich  jetzt  wohl  könte  ent- 
schuldigt werden.    Poetiq.  frane.  p.  342. 

Es  ist  letzthin  eine  Samlung  von  allen  französischen  Ueber- 
setzungen  des  Horaz  NB.  in  Versen  in  5  Bänden  herausgekommen, 
die  mir  sehr  gefallt.  Die  meisten  Stücke,  sind  aus  allen  fran- 
zösischen Journalen  zusammengesucht,  und  aus  allen  Scribenten, 
die  einzelne  Stücke  Obersetzt  haben.  Sölten  wir  dergleichen 
Samlung  wohl  aus  unsern  tausend  deutschen  Journalen  zu- 
sammen bringen  können?  Ich  zweifle  sehr.  Durch  diese  Sam- 
lung bin  ich  von  neuem  in  meinem  Geschmack,  daü  Poeten, 
in  Poesie  übersetzt  werden  mülien,  bestärckt  worden.  Herr 
Ramler  und  Herr  Ebert  sind  nicht  von  meiner  Meinung.  Wer 
kau  sich  aber  über  eine  Meinung  zancken? 

Apropos  bey  HF].  Ebert.  Sie  wiüen  doch,  dali  er  seine 
Liebe  vor  der  Mutter  seines  Mädchens  hat  verborgen  halten 
müßen?  Als  ich  im  vorigen  Monath,  wegen  meiner  Liebes- 
Geschichte  zu  Braunschweig  war,  hatte  die  Mutter  an  den- 
selben Tag,  da  ich  sie  besuchen  solte,  beym  Caffe  die  Tochter 
zu  sehen,  alles  entdeckt,  und  das  Mädchen  eingesperrt.  Ich 
sah  es  also  nicht,  und  Ebert  war  in  gröster  Verlegenheit.  Ich 
habe  seine  Liebe  niemahls  gebilligt,  und  ich  würde  kein  ruhiges 
Gewißen  haben,  wenn  ich  durch  den  Haß  der  Eltern,  ein  Mäd- 
chen unglücklich  gemacht  hätte.  Ich  sähe  sehr  gern, 

wenn  sie  von  diesen  Kleinigkeiten  Niemandem  etwas  communi- 
cirten.  Ich  finde  oft  meine  Sachen  unvermuthet,  an  Orten  ge- 
druckt, wo  ich  sie  nicht  finden  möchte. 

Ich  träumte  diese  Nacht  der  stolze  Herr  von  Morben 

Sey  kranck  geworden  und  gestorben 

Ich  träumte,  daß  man  ihn  begraben  habe 

An  einem  Ort,  wo  nah  an  seinem  Grabe 
5  Ein  armer  Mann,  in  seinem  Sarg,  sanft  schlief, 

Den  aber  er,  aus  seiner  Ruhe  rief 

Zu  dem  er  sprach:  Du  Schurck,  was  machst  du  hier 

Geh,  und  verfaule  weit  von  mir. 

Allein  der  arme  Mann  lag  still,  behielt  sein  Grab 
10  Sah  nach  dem  stolzen  Herrn  sich  um,  und  gab 

Zur  Antwort:  Sieh,  will  der  mich  hier  noch  quälen? 

Schurck  selbst,  hast  du  was  zu  befehlen? 

Hier  ist  kein  Herr,  kein  Knecht,  was  ich  bin,  das  bist  du. 


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246 


Hier  sind  wir  alle  gleich,  Fantast,  laß  mich  in  Kuh. 
V.  Nouveau  recueil  des  Epigrammatistes  francois  T.  3.  liv.  3.  p.  163. 

Ich  will  sprach  Silvia,  der  Keuschheit  Lob  erwerben 
Ich  will  als  Jungfer  sterben! 
Wie  wenig,  o  wie  wenig  Mädchen  sind 
Wie  Silvia  gesinnt? ') 
.*>  Ach  aber  sagt,  warum  will  doch  das  schöne  Kind, 
Warum  will  es  so  bald  doch  sterben? 
Nouv.  Recueil  des  Epigr.  francois  T.  1.  p.  170. 

Ich  bringe  izt  meine  Bibliotheque  de  belles  lettres  in  Ord- 
nung. Wenn  ich  fertig  bin,  will  ich  ihnen  eininahl  den  Cata- 
logus  schicken.  Wäre  es  aber  nicht  beßer,  wenn  sie  die  Bücher 
selbst  sähen?  Sie  würden  doch  wohl  einige  finden,  die  sie 
nicht  suchten,  z.  £.  den  Horatz  ganz  in  Kupfer  gestochen  vom 
Pine,  den  ich  letzthin  in  einer  Berlinschen  auction  für  28  R/. 
erstanden  habe,  den  Sie  deutscher  Horatz  billig  ehe  habeu 
solten,  als  ich.  Aber  ich  habe  ihn  gar  zu  lieb.  Sie  fänden 
auch  zehn  Anakreons. 

Ein  BiBchoff  glaubt*  auf  seinem  Sterbebette, 
Dali  er  von  Gottes  Hauch 
Einst  seine  Seel  empfangen  hätte 
Und  sprach:  Ich,  Gott,  Dein  Diener,  ich  empfehle 
."»  Der  Erde  meinen  Bauch 

Und  Dir  empfehl  ich  meine  Seele. 
Nun  hat  die  Erde  seinen  Bauch. 
Ach  wenn  sie  doch  nun  auch 
Nur  seine  Seele  hätte. 

Ein  fettgemästeter  Prälat 
Sprach :  ich  weiß  nicht,  wie  man 
Noch  leben  kan, 

Wenn  man  so  viel  wie  ich,  nicht  zu  verzehren  bat 
:»  Sein  magrer  Hoffpoet  spricht :  Herr,  ich  will  es  sagen : 
Man  denckt  nicht  immer  an  den  Magen. 

Den  19te»  Jun.  1753. 

Ich  lag  gefährlich  kranck, 

Gequält  von  Pillen  und  von  Tranck 

War  ach  mein  Wunsch,  mein  Trost  in  dieser  Noth 

Herr  Doctor  Röper,  und  der  Tod. 

Die  beyden  zanckten  sich 

Wie  unversönliche  Geschworne  Feind'  um  mich 
1)  Am  rande:  ,(rime  riebe)* 

- 


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247 


Ach,  seufzt  ich,  eh  ich  lang  auf  diesem  Lager  liege 
So  gieb  doch  Gott,  daß  einer  nur  bald  siege 
Kaum  war  der  Seufzer  fort 
lu  So  schallet*  in  mein  Ohr  das  Wort: 

Trinck!  und  es  stand  vor  meinem  Bett  ein  Freund 
(Mehr  Freund  allzeit,  als  er  es  scheint)* 
Der  reichte  mir  ein  Glaß  Burgunder, 

Und  sprach:  trinck  das!  ich  tranck,  und  o  welch  Wunder 
l.'i  Der  Magen,  welcher  Tranck  und  Pillen 
Nicht  annahm,  nahm  den  Wein 
Gehorsam  ein, 

Ich  bat  ein  Glaß  nur  noch  zu  füllen. 
Die  LebensGeister  kamen  wieder 
l*u  In  alle  halb  erstorbne  Glieder 

Frisch  war  das  Herz,  und  roth  der  Mund 

Kurz  ich  war  völlig  nun  gesund. 

Herr  Röper  und  der  Tod  sahn  sich  einander  an 

Und  sagten  nichts  —  als:  Du!  wer  ist  der  Mann? 

 Haben  Sie  denn  keine  dergleichen  kleine  Gedichte, 

die  zu  keiner  besondern  Art  gehören,  keine  Oden  und  Lieder  sind, 
gemacht?  Konten  wir,  Sie,  ich,  Ramler,  Kleist,  (denn  mich 
dünckt,  wir  haben  noch  so  den  ähnlichsten  Geschmack)  nicht 
eine  kleine  Samlung  zusammenbringen?  An  meinem  Contingent 
soll  es  nicht  fehlen.  Ich  lese  jezt  die  Gedichte  des  Rochester, 
Dorset,  Roscommnn  pp.  Was  für  fürtrefliche  Köpfe!  Konten 
doch  Gleim  Uz  Ramler  Kleist  ihre  Nahmen  für  solche  Samm- 
lungen setzen !  0  wie  weit  sind  wir  noch  hinter  den  Engel- 
ländern!   Die  neueren  meine  ich  eben  nicht. 

Habe  ich  Ihnen  nicht  schon  einraahl  gesagt,  daß  es  mir  geht, 
wie  den  Vögeln,  die  nicht  ehe  singen,  als  biß  sie  hungert.  Ich  singe 
nicht,  als  wenn  ich  kranck  bin,  oder  anhaltende  Verdrießlichkeiten 
habe.  Wenn  ich  gesund  und  aufgeräumt  bin,  alsdenn  dünckt 
mich  die  Zeit  zu  kostbar,  als  daß  es  mir  leicht  wäre,  Sie  mit 
reimen  zuzubringen.  Daun  dünckt  mich,  man  könne  sein 
Leben  wohl  beßer  anwenden.  Dann  reise  ich,  dann  besuche 
ich  den  Landmann,  sehe  die  schönen  Gegenden  auf  dem  Harz, 
stelle  Spazierfahrten  an,  lade  die  nahe  wohnenden  Freunde  auf 
einen  Congreß,  wie  wir  im  vorigen  Jahre  einen  dergleichen  zu 
Dahle,  am  Waßerfall  der  Bude  gehabt  haben,  wo  sechs  witzige 

*  Am  rande:   ,Der  Herr  Geheimde  Rath  v.  Berg." 


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248 


Kopfe,  das  dulce  est  desipere  in  loco  aus  vollem  Herzen  billig- 
ten, und  zween  darunter,  HE.  Gramer  Consistorialrath  zu  Qued- 
linburg, der  die  Bremischen  Beyträge  samlet,  und  HE.  Sucro 
Dohmprediger,  der  den  Druiden  geschrieben  hat,  nicht  daran 
dachten,  daß  sie  etwas  mehr  wären,  als  witzige  Köpfe. 

65.  Gleim  an  Uz. 

Liebster  Freund, 

Wäre  ihr  angenehmes  Schreiben  vom  [2i£i:J l)  Oct.  des 
vorigen  Jahres  nicht  so  schon,  nicht  so  voll  Geist,  so  hätte 
ich  es  gewiß  ehe  beantwortet.  Denn  ob  es  gleich  von  einer, 
mir  izt  ganz  geläufigen  Materie  handelt,  so  ist  es  doch  nicht 
leicht,  mit  ihnen,  über  einerley  Sache  zu  scherzen,  oder,  welches 
in  diesem  Fall,  eigentlich  wahr  ist,  davon  ernsthaft  zu  sprechen, 
womit  Sie,  nur  ihren  Spott  treiben.  Denu  gewiß,  mein  lieb- 
ster Freund,  es  ist  mir  fast  nicht  möglich  über  die  Liebe  zu 
scherzen.  Ich  werde  gleich  ernsthaft.  Oder  der  Scherz  selbst 
ist  Emst.  Sie  sind  nur  wieder  die  Ehe,  uud  ich  bin  eben  so 
sehr,  wieder  die  Liebe.  Aber  eben  izt,  da  ich  ganz  in  Acten 
verbauet  sitze,  und  auf  Vierzehn  Tage  zum  voraus,  meine 
Arbeiten  gethan  habe ,  weil  ich  so  lange  verreisen  will ,  itzt 
bin  ich  wohl  am  wenigsten  aufgelegt,  hievon  mit  ihnen  zu 
sprechen.  —  —  —  In  Vierzehn  Tagen  bin  ich  wieder  hier, 
dann  will  ich  in  Vers  und  Prose,  ihnen  sagen,  zu  was  für 
einem  Todfeinde  Hymens,  mich  ihr  Brief  gemacht  hat.  Dem- 
ohngeachtet  finde  ich  noch  Geschmack  an  Liedern  von  Liebe, 
und  singe  sie.  Hier  haben  sie  die  Samlung,  aus  welcher 
ich  izt  die,  so  ihnen  zugehören,  singen  lerne;  Sie  werden  in 
ihren  Arbeiten  einige  Veränderungen  warnehmen.  Sie  kom- 
men von  Herrn  Ramler,  welcher  Sie  den  Componisten  zu  ge- 
fallen, wie  er  sagt,  gemacht  hat.  Diese  sind  Graun,  Bach, 
Benda,  Krause,  Berlins  Virtuosen.  Es  sollen  noch  drey  solche 
Theile  erscheinen.  Aber  HE.  Ramler  hat  sich  schon  be- 
schwert, daß  er  in  allen  Zehntausend  deutschen  Poeten,  nicht 
so  viel  Oden,  auftreiben  könte,  als  sich  zur  Musick  und  zu 

1)  Uzens  poetische«  Sendschreiben,  vgl.  Sauers  ausgäbe  b.  345—85(5. 


249 

seinem  Endzwecke  schickten ;  und  er  bat  mich  gebeten ,  sie 
um  Bey trag  zu  ersuchen.  

Haben  Sie  Leßings  Schriften  gelesen?  Er  wendet  gar  zu 
wenig  Fleiß  auf  die  Ausarbeitung;  drückt  sich  nicht  kurz  ge- 
nug aust  geht  dem  Witz  nach,  und  fält  oft  ins  Niedrige,  oft 
ins  Pöbelhafte,  wie  z.  E.  das  Epigramm  worin  der  Hosenknopf 
vorkorat.  Dergleichen  lernt  man  in  verdächtigen  Häusern, 
und  man  verräth  sich,  daß  man  sie  besucht  hat. 

Schreiben  Sie  doch  nach  Berlin  an  mich,  mein  liebster 
Freuud.  Ich  logire  bey  Madam  Diederich  auf  der  Brüder- 
straße,  wenigstens  bis  zum  20l£ü  Februar.  Sie  würden  mein 
Vergnügen,  wenn  die  Geschäfte  welche  ich  da  habe,  mir  Zeit 
dazu  laßen ,  bey  meiuen  Freunden  sehr  dadurch  vermehren, 
absonderlich,  wenn  Sie  von  ihren  bisherigen  Arbeiten  hübsch 
viel  beylegten.  —  Wie  oft  habe  ich  schon  von  ihrem  Siege 
des  LiebesGottes,  mit  ihnen  sprechen  wollen!  —  —  — 

Eiligst.    Halberstadt  den  301^  Jan:  1754. 

Herr  Ebert  hat  mit  seiner  Töpferin  auch  einen  wunder- 
samen Roman  gespielt,  oder  mich  dünckt,  sie  hat  es  mit  ihm 
gethan,  denn  man  sagt,  daß  sie,  so  bald  die  Mutter  ihre  Ein- 
willigung gegeben,  nicht  mehr  gewollt  habe.  Nitimur  in 
vetitum. 

66.  Uz  an  Gleim. 

—  —  —  Inzwischen  hatte  ich  den  Entschluß  gefasset, 
meine  Gedichte  neü  auflegen  zu  lassen.  Weil  ich  Ihnen  ein 
Exemplar  desselben  mitschicken  wollte;  so  verschob  ich  aus 
dieser  Ursache,  noch  an  Sie  zu  schreiben.  Sie  hätten  schon 
zur  Ostermesse  gedruckt  seyn  sollen ;  aber  durch  des  Verlegers 
Schuld  ist  es  unterbliebeb.  Der  auch  nachmalen  erfolgte  un- 
vermuthete  Aufschub  des  leidigen  Drucks  hat  auch  die  Unter- 
blei bung  meiner  Antwort  verursachet;  und  so  ist  nach  und 
nach  unvermerkt  ein  halbes  Jahr  verflossen.  Das  ist  die  wahr- 
hafte Geschichte  meiner  Nachlässigkeit,  weshalben  ich  Sie  um 
Verzeihung  bitte.  Ich  übersende  Ihnen  nun  diese  fatalen  Ge- 
dichte, die  mich  so  strafbar  gemacht  haben.  Sie  köunen  sich 
an  ihnen  rächen.  Aber  strafen  Sie  mich  nicht.  Da  ich  äusserst 


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250 


begierig  bin,  Ihr  Urtheil  Ober  diese  Sammlung  zu  vernehmen ; 
so  lassen  Sie  mich  nicht  lange  auf  Ihre  Antwort  warten.  Ich 
bin  sehr  besorgt,  daü  meine  Nugae  nicht  allzu  günstig  aufge- 
nommen werden  möchten.  Da  ich  keiner  derer  Partheyen,  die 
zu  uiwern  Zeiten  den  Parnaß  zerrütten,  zugethan  bin :  so  kann 
ich  mich  auch  des  Beyfalls  bey  keiner  davon  versichern ; 
Aber  ich  werde  zufrieden  seyn,  wenn  ich  nur  weniger  Kenner, 
wenn  ich  zuförderst  Ihren  Beyfall  und  zwar  nur  in  etwas,  er- 
halte. Sie,  mein  liebster  Freund  hätten  meine  Kleinigkeiten 
vollkommner  machen  können,  wenn  Sie  mir  nicht  seit  langer 
Zeit  den  Bey  stand  Ihrer  Critik  versagt  hätten.  Welche  glück- 
lichen Zeiten,  da  Sie  meine  Muse  bildeten,  da  Sie,  nebst  Ihren 
Kreünden,  raeine  Lieder  durchsahen  und  verbesserten,  und  durch 
diese  Verbesserungen  ihnen  einen  unverhofften  Beyfall  ver- 
schafften. Aber  seit  langer  Zeit  haben  Sie  meine  Muse  ihr 
selbst  überlassen ;  und  da  sie  gar  keinen  Aufseher  mehr  hat, 
so  ist  kein  Wunder,  wenn  sie  sich  verlieret.  —  

Vielleicht  verwundern  Sie  sich,  daß  ich  meine  Gedichte 
nicht  wieder  dem  alten  Verleger,  der  sie  vielleicht  schöner  ge- 
druckt hätte,  Überlassen  habe.  Allein  ausser  dem,  dal]  es  mir 
bequemer  geschienen,  sie  vor  meinen  Augen  drucken  zu  lassen, 
und  die  Correctur  selbst  zu  übernehmen ,  so  hat  Weitbrecht 
sich  gar  zu  schlecht  gegen  mich  aufgeführt.  Er  hat  nicht  nur, 
da  ich  ihm  den  Sieg  des  Liebesgottes  zum  Druck  Überschicket, 
mich  der  geringsten  Antwort  und  einiger  gedruckten  Exem- 
plarien  nicht  gewürdiget;  sondern  auch  auf  meinen  Antrag, 
daß  er  eine  nefie  vermehrte  Auflage  der  lyrischen  Gedichte 
veranstalten  sollte,  seit  mehr  als  zweyen  Jahren  eben  so  wenig 
geantwortet,  und  nur  immer  die  alte  Auflage  wieder  abge- 
druckt, jedoch  aus  Eigennutz  beständig  das  Jahr  des  ersten 
Druckes  beygesetzet.  Ich  habe  ihm  Tang  nachgesehen,  bis  ich 
endlich  im  Krnst  verdrüßlich  worden. 

Durch  das  Geschenk  der  Oden  mit  Melodien  haben  Sie  mich 
ungemein  verpflichtet.  Ich  danke  Ihnen  auf  das  verbindlichste. 
Die  Lieder  sind  vortrefflich  gesetzt,  und  alle  Kenner,  die  sie  bey 
mir  gesehen,  sind  dieser  Meinung.  Es  ist  eine  Ehre  für  mich,  daß 
eines  meiner  Lieder  einer  so  schönen  Coinposition  gewürdiget  wor- 
den; und  ich  bedauere,  daß  nicht  mehrere  deßen  werth  sind.  Ich 


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251 


maß  allerdings  eingestehen,  daß  meine  Lieder  sich  schlecht 
zur  Musik  schicken,  und  ich  gebe  hierinnen  Ihnen  den  Preis 
vor  allen  deutschen  Liederdichtern.  Vielleicht,  ob  ich  gleich 
der  lyrischen  Muse  den  Abschied  gegeben,  möchte  ich  mich 
erkühnen,  einige  Stücke  nach  HE.  Rammlers  Regeln,  die  voll- 
kommen richtig  sind,  auszuarbeiten,  und  Ihnen  mit  der  Zeit 
eine  Probe  zu  schicken.  Vor  dießmal  werden  Sie  aus  dem 
Anschluß  zu  ersehen  belieben,  wie  ein  Liedgen  von  Ihnen  und 
eines  von  mir  in  Anspach  gesungen  werde.  Ich  erwarte  Ihr 
Urtheil  darüber. 

Aber  was  macht  denn  Ihre  Muse?  Schläft  sie?  Wie  viele 
Jahre  sind  schon,  daß  sie  sich  der  Welt  nicht  gezeiget,  die 
sie  mit  sovielem  Vergnügen  siebet,  und  daß  sie  nur  mich  und 
Baven  singen  laßt,  deren  Gesang  niemand  begehrt?  Ich  bilde 
mir  ein,  Sie  haben  etwas  vortreffliches  unter  der  Feder.  Geben 
Sie  mir  Nachricht  davon,  damit  ich  mich  zum  voraus  drauf 
erfreüen  kann. 

Alle  Ihre  Freünde  sind  so  stille,  wie  Sie.  Hat  HE.  von 
Kleist  nicht  den  Sommer  zu  seinem  Frühling  bald  fertig? 
Arbeitet  Herr  Rammler  an  seinem  Schachspiel? 

Ich  bin  begierig,  zu  sehen,  ob  HE.  Leßing  nicht  diese 
Messe  wieder  einen  neüen  Band  seiner  Schriften  herausgeben, 
und  sich  nicht  endlich  durch  sein  Vielschreiben  um  die  Ehre, 
die  er  sich  durch  seine  Kleinigkeiten  erworben,  schreiben  werde. 
Was  dünkt  Ihnen?  Der  Taschen-Format,  fürchte  ich,  wird 
durch  seine  Nachahmer  bald  lächerlich  werden.  Wir  haben 
schon  Lieder  zum  Vergnügen,  oder  vielmehr  zum  Gähnen.  Wir 
haben  Possen,  die  diesen  Nahmen  mit  Recht  haben.  Wissen 
Sie  die  Verfasser  dieser  beyden  Schriftgen  ? 

HE.  Ebert  hat  mir  geschrieben:  einen  kläglichen,  einen 
jämmerlichen  Brief!  Er  will  wegen  seines  Liebes-Abenthetiers 
von  mir  getröstet  seyn.  Wie  soll  ich  es  anfangen?  Ich  darf 
nicht,  wie  mit  Ihnen ,  lachen.  Er  ist  zu  betrübt.  Ich  weis 
nicht,  was  ich  thun  soll.  — 

Anspach  den  15.  Oct.  1754. 

Wenn  Sie  noch  einen  mit  lateinischen  Buchstaben  ge- 
druckten Bogen,  der  Ihren  zu  Amsterdam  angeblich  gedruckten 
Liedern  beygelegt  gewesen,  übrig  haben,  so  bitte  ich  mir  den- 


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selben  aus,  weil  er  nirgends  zu  haben,  und  die  Lieder  selbst 
von  Ihnen  mir  schon  ehemals  tiberschicket  worden. 

67.  Gleim  an  Uz. 

Mein  wehrtester  Freuud, 

Ich  weiß  nicht,  wo  ich  anfangen  soll,  so  viel  habe  ich 
ihnen  zu  sagen,  und  doch  muß  ich,  wie  im  Frühjahr  ihnen 
eben  so  flüchtig  schreiben,  weil  ich  mich  wieder  zu  einer  Keise 
nach  Berlin  anschicken  muß  —  Aber  warum  bin  ich  ihnen 
für  das  ftirtrefliche  Geschenck  der  neuen  Ausgabe  ihrer  lyrischen 
Gedichte,  den  allerverbindlichsten  Danck  so  lange  schuldig  ge- 
blieben ?  Ihr  wehrtes  Schreiben,  mit  welchem  sie  mir 

solche  übersendeten,  hat  sich  unter  die  Ballen  Papiere,  die  um 
mich  herum  lagen,  als  ich  es  empfing,  verlohren,  und  ich  habe 
es,  alles  Suchens  ungeachtet,  bis  diese  Stunde  nicht  wieder 
finden  können  Mein  bestes  Goldstück  würde  ich  leichter 
vermißen,  als  den  kleinsten  Brief  von  meinem  Uz,  die  ich  auf- 
hebe, wie  ein  Mädchen  seine  Liebesbriefe,  und  sie  lese,  wenn 
ich,  in  meiner  Einsamkeit  mir  einen  recht  vergnügten  Abend 
machen  will.  

Wie  ist  es  doch  möglich,  daß  ich  den  Ausdruck  der  Ent- 
zückung, mit  welcher  ich  ihre  neuen  Oden  gelesen  habe,  so 
lange  zurück  halte  —  Warhaftig,  mein  liebster  Freund,  sie 
haben  alle  Deutsche,  die  jemahls  wie  Horatz  haben  singen 
wollen,  weit  hinter  sich  zurück  gelaßen.  Was  für  Meister- 
stücke sind  insonderheit  unter  den  neuern  Oden  —  Ich  kan 
meinen  Uz  schon  auswendig,  so  gut,  wie  meinen  Horatz!  

Ich  habe  von  ihren  ernsthaften  Oden  einige  ausgezeichnet, 
die  so  fürtreflich  sind,  daß  ich  sie  gern  besonders  möchte 
drucken  laßen,  um  sie  dem  Könige,  und  der  Prinzeßin  Amalia 
zu  lesen  zu  geben.  Diese  letztere  hat  Herr  Ramlern  neulich 
für  eine  Paßion s-Can täte,  die  er  nach  einem  von  ihr  vorge- 
schriebenen Plan  gemacht  hat,  Hundert  IXf.  gegeben.  Die 
Audienz  aber,  und  das  Lob  der  Prinzeßin,  ist  einer  größern 
Summe  weit  vorzuziehen  gewesen  —  Ich  werde  ihnen  die  Poesie 
schicken,  und  vielleicht  auch  die  Musick,  die  Graun  dazu 
machen  wird.   Aber,  wenn  sie  weltliche  Musick  lieber  haben, 


v  - 


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253 


so  will  ich  ihnen  auch  die  schicken.    Doch  müßen  sie  diese 

letztere  verdienen.    Und  wie?    Wenn  Sie  mir  nach  Berlin 

schreihen.  Ihr  Brief  findet  mich  bejm  Hoff  Fiscal  Meyer.  Ich 

bleibe  Vier  Wochen  da.  

Hagedorn  ist  auch  in  den  Elisäischen  Feldern,  ehe  ich 

ihn  in  dem  irdischen  Arkadien  gesehen  habe  —  Alle  Jahre 

meines  Hierseyns  habe  ich  ihn  in  Hamburg  besuchen  wollen  — 

Desto  mehr,  weil  es  unterblieben  ist,  bedaure  ich  seinen  un- 

vermutheten  Tod.    Herr  Zachariä  hat  ihn  besungen  —  Ich 

kan  das  Gedicht  nicht  beylegen  —  Herr  von  Baar  hat  ein 

Sinngedicht  gemacht,  das  ich  neulich  im  Staube  von  Acten, 

deutsch  gegeben,  und  darin  geändert  habe,  daß  mein  Bachus 

für  Betrübniß  keinen  Wein  trinckt,  da  der  Bachus  des  Herrn 

von  Baars  nur  Waßer  trincken  kan. 

Er  ist  nicht  mehr,  der  liebenswürdge  Dichter 
Der  Menschenfreund,  der  Sittenrichter 
Die  unerbittliche  grausame  Parce  schnitt 
Des  schönsten  Lebens  Faden  ab 
.">  Seht  seine  Muse  sitzt  und  weint  auf  seinem  Grab 
Die  HuIdCiöttinnen  weinen  mit. 
Die  Liebe  seufzt  und  Bachus  spricht : 
Mein  bester  Wein  schmeckt  mir  izt  nicht. 

Ich  sende  ihnen  hiebey  alle  meine  Lieder,  durchschoßen 
mit  Papier,  und  bitte  Sie,  mein  liebster  Freund,  mein  Aristarch 
zu  seyn,  und  die  Criticken,  und  Verbeßerungen  so  wie  sie  ihnen 
einfallen,  daneben  zu  schreiben.  Ich  muß  mich  doch  endlich 
einmahl  die  Mühe  geben,  die  eine  beßere  Ausgabe  erfodert: 
Denn  es  ist  ein  rechter  Jammer,  das  schlechte  Zeug,  so  oft 
aufgelegt  zu  sehen.  Ich  will  es  mit  ihren  Arbeiten,  die  keiner 
sonderlichen  Verbeßerung  fähig  sind,  auch  so  machen. 

Wollen  Sie  mir  erlauben,  daß  ich  Ihnen  eine  schöne  Aus- 
gabe vom  Horaz  übersende?  Eine  mit  vielen  Kupferstichen 
aus  dem  Alterthum?  Wenn  Sie  nicht  die  Englische  Ausgabe 
des  Pine  haben,  so  kan  diese  vielleicht  Ihnen  angenehm 
seyn  —  — 

Halberstadt  den  1311"  Dec:  1754. 


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254 


68.  Uz  an  Gleim.1) 

Liebster  Freünd, 

Ich  darf  mich  wohl  auf  meinen  Brief  vom  Anfang  dieses 
Jahres  an  Sie  noch  keiner  Antwort  versehen.  —  —  —  Herr 
Hof  Rath  von  Cronegk  hat,  außer  vielen  andern  unendlichen 
Lohsprüchen  von  dem  schalkhaften  Herrn  Gleim,  der  mit  ihm 
bey  den  Mädchen  herumgestrichen  ,  und  der  ihm,  wie  er  mir 
das  verbindliche  Compliment  gemacht  hat,  beßer,  als  ich,  gefallt, 
dieser  hat  mich  versichert,  dali  Sie  noch  mein  Freund  wären. 

 Weitbrecht  wird  Ihnen  vielleicht  schon  Nachricht 

gegeben  haben,  daß  er  meine  Gedichte  nachdrucken  will.  Denn 
ich  kaun  seine  Auflage  nicht  anders,  als  einen  Nachdruck 
nennen.  Er  hat  durch  sein  Stillschweigen  auf  meinen  Antrag 
verursacht,  daß  ich  meine  Gedichte  einem  andern  Verleger  ge- 
geben. Man  drang  in  mich,  eine  neüe  Edition  zu  veranstalten, 
und  ich  ward  endlich  zu  meinem  großen  Misvergnügen  Ober- 
redet, dem  hiesigen  Buchhändler  Poschen  mich  zu  vertrauen. 
Ich  erhielt  von  ihm  50.  fl.  Rhein,  und  0.  Exemplaria,  oder 
sollte  es  vielmehr  bekommen.  Er  hatte  mir  weiß  gemacht, 
dass  er  den  Druck  auf  französischem  Papier  veranstalten  wollte. 
Wie  der  ganze  Druck  aber  ausgefallen,  liegt  vor  Augen.  So 
wenig  ich  nun  mit  ihm  zufrieden  zu  seyn,  Ursache  habe,  so 
gewiß  ich  entschlossen  bin,  ihm  niemals  mehr  ein  Blatt  von 
meiner  Arbeit  drucken  zu  lassen:  so  wenig  kaun  ich  doch  auch 
Weitbrechten  in  allem  seinem  Begehren  willfahren.  Herr  Pastor 
Spalding  hat  schon  unterm  vorigem  Jahr  einen  Brief  an  mich 
geschrieben,  der  mir  aber  erst  in  voriger  Ostermeß  tiberliefert 
worden,  und  worinn  er  Weitbrechts  Vorhaben,  eine  vermehrte 
Auflage  meiner  Gedichte  zu  besorgen,  mir  auf  das  beste  em- 
pfohlen hat.  Es  war  aber  zu  späte ;  und  ich  schrieb  ihm  um- 
ständlich und  detitlich,  daß  ich  mit  dem  netien  Druck  nichts 
zu  schaffen  haben  könnte.    Dem  ohnerachtet  läßt  Weitbrecht 

1)  Von  Gleims  hand :  „Beantw.  den  12'™  Febr.  1756  4  Briefbogen 
starck  und:  Quinti  Horath  Flacci  Opera.  Londini  apud  Gul.  Sandby 
in  vico  dicto  Fleetatreet.  1749.  in  gr.  8.  durchgehend«  mit  Kupfern  zum 
Present  überaand." 


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2r,5 


den  Druck  vor  sich  gehen,  und  hat  mir  Proben  von  Vignetten 
geschickt,  welche  ungemein  schön  sind.  Er  verlangt  zweyerley 
von  mir:  Vermehrungen  und  Verbesserungen;  und  ich  wollte 
lieber,  daß  ich  mit  dem  ganzen  Werke  gar  nichts  zu  thun 
haben  dürfte.  Ks  ist  immer  eine  verhaüte  Sache,  sich  mit 
zweyen  Verlegern  zugleich  einzulaßen ;  und  nur  ein  Voltäre 
kann  es  sich,  ohne  roth  zu  werden,  Öffentlich  vorwerfen  laßen. 
Hieraus  folgt,  daü  ein  Theil  des  Weitbrechtischen  Verlangen,* 
nehmlich  die  Vermehrungen,  wegfallen.  Es  ist  dem  Pu- 
blico  sehr  beschwerlich,  wenn  alle  Jahre  neöe  Editiones,  die 
etwa  eine  kleine  Vermehrung  vorzüglich  macht,  erscheinen.  In 
dem  andern  Stucke  glaube  ich,  meiner  Ehre  halben,  verbunden 
zu  seyn,  die  nöthigen  Verbesserungen  der  Druck-  und  anderer 
Fehler  dem  Weitbrecht  an  Händen  zu  geben.  Thue  ich  es 
nicht,  so  muß  ich  mir  gefallen  laßen,  daß  entweder  abermals 
eine  incorrecte  Auflage  zum  Vorschein  komme,  oder  daß  die 
Verbesserungen  von  andern  Händen  gemacht  werden,  und  beydes 
ist  gleich  unangenehm.  So  viel  Einsicht  und  Geschmack  an- 
dere Personen  haben,  so  muß  doch  der  Verfasser  seinen  Plan 
immer  beßer,  als  jene,  kennen,  und  daher  der  letzte  Richter 
aller  vorgeschlagenen  Verbesserungen  bleiben.  Ich  habe  dahero 
Weitbrechten  verbothen,  eine  Aenderung  in  dem  Texte,  ohne 
meine  Erlaubniß,  zu  machen.  Und  weil  mir  derselbe  Nach- 
richt gegeben,  daß  Sie,  mein  liebster  Fretind,  und  Herr  Rammler 
verschiedenes  Beträchtliches  zur  Verbeßerung  angemerket:  so 
bitte,  ja  beschwöre  ich  Sie,  mir  solches  ohne  Verzug  freund- 
schaftlich mitzutheilen.  Weitbrecht  hat  mich  fast  um  Gottes 
Willen  gebethen,  daß  ich  baldmöglichst  antworten,  und  durch 
verzögernde  Einsendung  der  Correctionen  den  Druck  nicht  auf- 
halten sollte,  da  solcher  wegen  der  Vignetten  ein  Haufen  Zeit 
braucht.  Wenn  ich  also  von  Ihren  Verbesserungen  und  Herrn 
Rammlers  Erinnerungen  Nutzen  haben  soll;  so  sehen  Sie  leicht, 
daß  Sie  keinen  Tag  versäumen  können.  Haben  Sie  die  Gütig- 
keit und  schreiben  an  den  letztern :  Sie  können  in  kurzer  Zeit 
Antwort  von  ihm  haben,  und  mir  sodann  alles  zusammen  gütigst 
übermachen.  In  vier  Wochen  kann  ich  von  Ihnen  Ant- 
wort bekommen,  wenn  Sie  wollen,  d.  i.  wenn  Sie  mich  lieb  haben, 
Belehren  Sie  mich,  ob  die  Ode  auf  die  Prophezeihung  aus 


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256 


dem  Caffee-Schälchen  beßer  ist  nach  der  alten  oder  nach  der 
neüen  Edition.  Das  alte  Sylbenmaaß  gefällt  einigen,  und  mir 
gefällt  der  neüe  Plan. 

Herrn  Rammlers  Veränderungen  in  einigen  Liedern ,  die 
er  aus  meinen  Gedichten  in  seine  Sammlung  eindrucken  laßen, 
sind  allem  Vermuthen  nach  der  Musik  wegen  gemacht.  Ich 
würde  mich  nicht  getrauen,  sie  zu  adoptiren,  wenigstens  nicht 
alle,  die  Ode  auf  den  Magister  Duns  hat  am  meisten  ge- 
litten: was  ist  Ihre  Meinung?  

Anspach  den  17.  Nov.  1755. 

HE.  HofRath  von  Cronegk  weiß  nicht ,  daß  ich  an  Sie 
schreibe:  er  würde  mir  ohnfehlbar  ein  Compliment  aufgeben.  Ich 
will  esaber  dennoch  und  zwar  in  seine  Seele  ablegen,  wie  er  eines 
von  mir  in  Leipzig  abgelegt  hat.  Schreiben  Sie  mir  doch, 
was  Sie  von  dem  angeblichen  Juden  wissen,  der  die  philo- 
sophischen Gespräche  und  die  Schrift  über  die  Empfindungen 
gemacht  haben  soll. 

G9.  Gleim  an  Uz. 

Liebster  Freund, 

Ich  bitte  Sie  tausendmal  um  Vergebung,  daß  ich  nicht 
vor  Ablauf  der  bestirnten  vier  wöchentlichen  Frist,  geantwortet 

habe.  —  Vorerst  also  muß  ich  Ihnen  sagen,  daß  ich 

Ihren  Brief  vom  Anfang  vorigen  Jahres,  gewiß  und  wahrhaftig 
beantwortet  habe,  zwar  geschähe  es  nur  ganz  kurz,  ehe  ich 
mich  in  den  Wagen  setzte,  nach  Berlin  abzureisen,  aber  ich 
hatte  kaum  daselbst  die  erste  Oper  gehöret,  als  ich  den  zwoten 
Brief  anfieng: 

Freund,  in  der  Oper  waren  heute 

Drey  sehr  merckwürdge  Leute 

Der  König,  Grann,  und  ich. 

Der  König,  weil  Er  gleichsam  sich 
5  InB  Herze  sagt' :  Er  sey 

Wie  Montezum  ein  Menschenfreund 

Ein  Vater  seines  Volcks,  ein  Feind 

Der  Grausamkeit  und  Tiranney. 

Graun,  weil  durch  seiner  Töne  Macht 
10  Er  so  geschickt,  uns  ins  Gehör  gebracht 


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257 


Was  Montezum,  und  Friederich  gedacht! 
Ich,  weil  ich  nah  am  König  stand 
Und  mit  gefaltner  Hand 

Andächtiger,  als  Köpp'  und  Sack  *  wohl  je  gebetet  hat, 
15  So  betete :  o  Gott,  gieb  meiner  Bitte  statt 

Vor  deinem  Auge  sey 

Ich  Feind  der  Heucheley 

Nicht  zu  geringe,  nicht  zu  weni^ 

Laß  es  barmherzig  auf  mich  schaun, 
20  Gib,  bitt  ich,  stets,  dem  Lande  solchen  König 

Der  Oper  solchen  Graun ! 

Ich  erzählte  Ihnen  hierauf,  daß  der  König  die  Oper  Montezuma 
in  franzosischer  Prose  selbst  aufgesezt  habe,  daß  ich  würcklich 
gleichsam  zwischen  dem  König  und  Herrn  Graun  gestanden, 
und  dem  einen  den  großen  König,  wie  dem  andern,  den  großen 
M usikus,  an  den  Augen  angesehen  hätte,  daß  ich  Sie  tausend- 
mahl zu  mir  gewtinschet  p  ich  sagte  Ihnen  mancherley,  von 
den  fürtreflichen  Qemählden  zu  Sans  Souci,  und  von  Adams 

Meisterstücken,  den  Bildsäulen  des  Lucretius  p  Aber 

dencken  Sie  nur,  wie  viel  Zerstreuungen  ich,  nur  allein  durch 
lleisen,  im  vorigen  Jahre  gehabt  habe.  Ich  bin  zwomahl  zu 
Berlin,  einmahl  zu  Halle  und  Leipzig,  zwomahl  zu  Eisleben, 
und  an  andern  Orten  in  Sachsen,  zwomahl  zu  Magdeburg,  und 
wöchentlich  einmahl  an  nähern  Orten  verreiset  gewesen.  Ein- 
andermahl, als  ich  mir  einfallen  ließ,  etwas,  das  als  eine  Ant- 
wort auf  ihr  gedrucktes  Schreiben  an  mich,  angesehen  werden 
könte,  aufzusetzen,  solte  folgendes  ein  Stück  davon  seyn: 

An  Herrn  Uz.  10  Ihn,  Abends  spat,  und  Morgens 

Als  Adam  in  dem  Paradieß  früh, 
Die  junge  Schönheit  sah  Liebkosete  zur  Dankbarkeit. 

Die  Gottes  Hand  ihm  werden  ließ,  Ich  glaube,  Freund,  zu  dieser  Zeit, 
Ach  Freund,  ach  da  War  noch  ein  treues  Weib. 

5  Ward  er  entzückt,  und  zärtlich     Wie  könte  sie's  denn  nicht  ge- 

und  verliebt  wesen  seyn 

Und  ein  glaubhafter  Rabbi  giebt  15  Sie  war  ja  noch  mit  Adam  ganz 
Das  Zeugniß,  daß  auch  sie  allein  ? 

Nicht  grausam  sich  erwieß,  Ach  aber,  Freund,  ist  es  nicht  wahr 

Daß  sie,  gemacht  von  Adams     Ob  Adam  gleich  in  der  Geschöpfe 

Leib,  Schaar 


*  Am  rande:    .Die  zwo  vornehmsten  Geistlichen  zu  Berlin" 

Ololm-Ui,  Briefwechsel .  1 7 


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258 


Nach  ihr  das  Schönste  war 
Mit  blauen  Augen,  schwarzem 

Haar, 

20  Ansehnlich,  feurig,  jung 


So  ließ  sie  doch,  vom  Satan  sich 

bethören 


Und  wolte  seine  Schmeicheley 
Viel  lieber  hören 


Voll  Geist ,  wie  du ,  und  starck  2r>  Als  eine  Frau  aeyn,  und  getreu. 

genung 

 —  Daß  obige  Stelle,  aus  dem  Sarrasin  genommen  ist, 

darf  ich  einem  solchen  Kenner,  wie  sie  sind,  nicht  sagen  -  - 

Aber  ich  halte  mich  zu  lange  auf,  ehe  ich  zur  Beantwor- 
tung ihres  wehrtesten  Schreibens  komme.  So  gleich  nach  deßen 
Empfang,  schrieb  ich  an  Herrn  Ramler  und  Herrn  von  Kleist, 
und  bat  sie  um  ihre  Criticken.  Sehn  sie  hier,  was  mir  Herr 
Ramler  geantwortet  hat:  Unsers  Utzen  Lieder  liegen  mir  so 
sehr  am  Herzen,  daß  ich  ihnen  gleich  die  paar  Oden  ab- 
schreiben werde,  die  ich,  nach  meiner  Art,  zu  verändern  ge- 
glaubt habe.  Ich  kan  unmöglich  überall  Recht  haben,  tarnen 
est  laudanda  voluntas.  -  -  Begleiten  sie  diese  Oden,  mit  ihrem 
pour  et  contre  an  Herrn  Uz,  und  machen  sie,  daß  ich  sie  bald, 
mit  seiner  lezten  Entscheidung,  in  meinem  Batteux,  zurück 
erhalte.  Die  Ursachen  meiner  Criticken  habe  ich  nicht  hin 
zu  geschrieben,  es  wäre  zu  weitläuftig,  einige  sind  nur  des 
Hiatus  wegen  gemacht  —  Ueberhaupt  bin  ich  zufrieden,  wenn 
HE.  Uz  nur  daher  Gelegenheit  nimt,  mir  diese  Oden  so  zu 
schicken,  wie  er  sie  selbst  liebt,  und  wie  er  sie,  in  seiner 
nächsten  Ausgabe  will  drucken  laßen.  Dis 
laßen  sie  sich  versprechen,  damit  ich  mich  bey  meiner  lyrischen 
Abhandlung  darauf  verlaßen  kan.  Künftig  werde  ich  ihn,  zum 
unumschränckten  Richter  meiner  eigenen  vielleicht  reimfreyen 
Oden  erbitten,  so  bald  ich  ein  Viertel  Hundert  zu  Stande  ge- 
bracht habe.  (Ein  Viertheil  Hundert  ?  So  denckt  er  gewiß  ein 
paar  hundert  Jahr  alt  zu  werden.) 

In  einem  andern  Schreiben  sagt  er  zu  mir :  Sie  haben 
recht,  der  Autor  muß  das  Endurtheil  fällen,  und  ich  gestehe, 
ich  möchte  selbst  nicht  gern  einen  andern  an  mein  Werck,  die 
letzte  Hand  legen  laßen.  Der  Verfaßer  hat  bey  der  Welt,  die 
Verantwortung  und  das  Lob  allein,  und  muß  beydes  durch  seine 
letzte  Erkennung  verdienen.  Also  wird  Herr  Uz  die  drey  Oden, 
nach  seinem  Gutachten  verkürzen,  verlängern,  umschmelzen ; 
ich  werde  sie  so  gleich  heilig  und  unberührt,  in  die  Abhand- 


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259 


lung  von  lyrischen  Gedichten  einrücken,  und  nichts  als  Lob 
darüber  ausbreiten  p. 

Sie  sehen  ohngefehr  aus  der  Antwort,  mein  liebster  Freund, 
was  ich  ihm  geschrieben  habe.  Ich  bin,  wie  sie,  mit  Herrn 
Itamlers  Verbeßerungen  oft  nicht  ganz  zufrieden,  und  würde 
zwar  allezeit  gern  sehen,  wenn  er  Criticken  machte,  aber  nicht, 
wenn  er  fremde  Arbeiten  umschruelzte,  nach  Gutdüncken  än- 
derte, und  ohne  Anfrage  bey  dem  VerfaGer,  drucken  ließe,  wie 
er  einige  mahle  gethan.  Der  Autor  muß  nothwendig  den  Plan 
seines  Gedichtes  am  besten  kennen,  und  kan  folglich  beßer, 
als  der  beste  Kunstrichter  beurtheilen  ,  was  hineingehöret  — 
Ueberdem  hat  jeder  Autor,  seinen  Personal-Caracter,  der  auch 
in  seine  Schreib-Art  einfließt,  und  den  der  Criticus  mit  gering 
scheinenden  Veränderungen,  in  seinen  eignen  verwandeln  kan  — 
Ein  guter  Autor  5)  ist  auch  ein  guter  Criticus !  Ich  beurtheile 
daher  die  Arbeiten  eines  Uz,  nicht  anders,  als  blöde,  und  furcht- 
sam.  Alles,  was  man  schriftlich  thun  kan,  ist  dieses: 

Man  sagt  kurz,  was  gefällt,  was  nicht  gefällt,  und  überläßt 
dem  klügern  Autor,  recht  zu  geben  oder  nicht.  Von  Ver- 
beßerungen also  bin  ich  kein  Freund,  sondern  überlaße  solche 
dem  Autor,  und  wenn  ich  mir  je  einfallen  ließe,  welche  zu 
machen,  so  verdrießt  es  mich  nicht  im  geringsten,  wenn  der 
Autor  sie  nicht  billigt.  Kurz,  liebster  Freund,  ich  weiß  nicht, 
wer  Weitbrechten  weis  gemacht  hat,  ich  hätte  verschiedenes 
beträchtliches  zur  Verbeßerung  bey  ihren  Oden  angemercket!  — 
Vielleicht  aber  hat  er  mein  Exemplar  ihrer  Gedichte  zu  Berlin 
bey  Ramlern  gesehn.  Denn  bey  meinem  letztern  Dortseyn, 
trug  ich  es  in  der  Tasche,  und  ließ  es  einmahl  bey  HE.  Ram- 
lern liegen  —  Aber  was  für  Kleinigkeiten  sind  es,  die  ich  in 

demselben  auf  den  Rand  geschrieben  habe!  —  Jedoch 

damit  Sie  nicht  mehr  vermuthen,  als  da  ist,  so  schicke  ich 
ihnen  hiebey  das  ganze  Exemplar,  und  setze  mich  der  Gefahr 
aus,  daß  sie  über  mich  die  Achseln  zucken  und  sagen:  Das 
wüste  ich  selbst!  Das  auch  !  Da  hat  er  sehr  unrecht!  

Daß  Sie  eine  neue  Ausgabe  machen,  ist  unvergleichlich,2) 

1)  Uebergeachrieben  und  wieder  gestrichen :  Poet. 

2)  Ära  rande:  .denn  die  Poschische  ist  gar  zu  schlecht,  an  Druck 
und  Papier." 

17* 


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260 


aber  wißen  Sie,  was  mich  dabey  nicht  gefalt?  Daß  Sie,  dem 
Buchführer  zu  Gefallen,  schon  Ostern  damit  erscheinen  wollen. 
Denn  Sie  miißen  doch  ein  ganz  correctes  Mauuscript  machen,  und 
wie  viel  Mühe,  wird  Ihnen  das  kosten!  —  —  —  Aber  nein, 
geben  Sie  sich  lieber  ein  wenig  mehr  Mühe  —  mich  verlangt 
gleichfals  bald  eine  beßere  Ausgabe  in  Händen  zu  haben,  und 
ich  glaube,  Weitbrecht  wird  es  an  nichts  fehlen  laßen  —  Er 
hat,  nachdem  ich  Ihren  Brief  schon  14  Tage  gehabt  hatte, 
gleichfals  an  mich  geschrieben,  und  mir  sein  Vorhaben  erüfnet, 
auch  mich  gebeten,  Ihnen,  die  so  genanten  Verbeßerungen  zu 
schicken  !  Dafür,  sagt  er,  wolle  er  mir  einige  Exemplar  zum 
Geschenck  machen.  Allein  ich  werde  ihm  schreiben,  die  wurde 
ich  mit  Vergnügen  kaufen,  aber  für  den  Vortheil,  den  er  von 
dieser  Ausgabe  ohnfehlbar  haben  würde,  solle  er  schuldig  seyn, 
die  Kosten  zu  einer  Medaille  auf  den  Verfaßer  herzugeben. 
Auf  der  einen  Seite  das  Bildniß  des  Horatius,  wie  man  es  in 
den  Antiquariis  findet,  mit  der  Beyschrift  A.  A.  IT.  C.  (und  die 
JahrZahl)  Auf  der  andern  das  Bildniß  des  HE:  Uz,  mit  der 
Beyschrift  A.  A.  EL  S.  1756.  —  Wie  gefalt  ihnen  diese  Angabe. 
Simple  genug  ist  sie. 

Aber  ich  komme  wieder  zu  ihrem  Schreiben.  Der  Herr 
von  Kleist  hat  mir  folgendes  geantwortet:  Herr  Uz  ist  und 
bleibt  unser  bester  Odendichter,  ohne  meine  Critick.  Sölten 
sich  noch  Fehler  finden,  so  wird  er  sie  schon  selbst  sehen. 
Wenn  er  an  ein  paar  Stellen,  wo  Lorbeer  stehet,  Epheu  pflanzen 
wolte,  würde  er  mir  gefallen,  weil  der  Lorbeer  mir  fast  zu  oft 
vorkomt  —  Sonst  ist  alles  unvergleichlich,  und  der  Dichter 
unsterblich,  wie  Horaz.  Wenigstens  bekommen  wir  in  tausend 
Jahren  keinen  so  guten  Odendichter.   Sie  sagen  das  gewiß  auch ! 

Ja  freilich  sage  ich  das  —  Ich  sage  noch  mehr,  ich  sage 
es  sey  kein  beßerer  möglich.  Weder  die  Franzosen  noch 
Kngelländer  hätten  einen  Uz;  und  würden  keinen  bekommen. 
Am  liebsten  aber  möchte  ich  die  ernsthaften  Oden  gemacht 
haben  (Sie  finden  sie  in  meinem  Exemplar  vorn  in  dem  Ver- 
zeichniß  angestrichen  und  dis  Anstreichen  that  ich,  als  ich  ein- 
mahl  auf  den  Einfall  kam,  ich  wolte  sie  besonders  heraus 
geben  (um  sie  gewißen  Damen  in  di»*  Hände  zu  liefern,  denen 
ich,  wegen  einiger  freyen  Stellen,  das  ganze  Buch  in  die  Hände 


261 


zu  geben,  Bedencken  trug.)  Die  ließe  ich  dann  in  ein  klein 
sauberes  Bändchen  zusammen  drucken,  und  wäre  gewiß,  daß 
es  das  Handbuch  aller  Damen,  und  aller  Weisen  werden 
würde.  —  —  — 

Sie  wollen  wißen,  ob  mir  die  Prophezeyhung  aus  dem 
Caffe- Schalen en  beßer  nach  der  alten,  oder  nach  der  neuen  ge- 
falle ?  Nach  der  neuen,  liebster  Freund  !  und  zwar  um  ein  gutes 
Theil  beßer,  so  wohl  was  den  Plan,  als  das  Sylbenmaaß  betrift. 

Endlich  sagen  Sie  mir  doch,  was  für  Vignetten 

Weitbrecht  nehmen  wird?  Sind  es,  wie  in  Hagedorns  Oden, 
Erfindungen  der  Alten,  oder  ganz  neue.  In  dem  letzten  Fall 
vermuthe  ich  nichts  sonderlichs.  Wir  haben  gar  zu  schlechte 
Künstler!  Wo  haben  wir  nur  einen  halben  Cochin?  Ich  glaube 
also  wohl,  daß  er  Gemmas  copiren  wird,  und  das  ist  auch  das 
beste.  Sie  haben  vielleicht  Lust,  ihm  einige  auszusuchen.  In 
dieser  Absicht  sende  ich  Ihnen  beykommenden  Horaiz,  in  dem 
sie  viele  schöne  Kupferstiche  fiuden  werden,  die  selbst  vielen 
Vorzug  vor  denen  haben,  die  in  des  Pine  ganz  in  Kupfer  ge- 
stochenen kostbaren  Ausgabe  befindlich  sind.  Aber  zugleich 
bitte  ich  Sie,  ihm,  in  ihrer  Bibliotheck,  neben  ihren  Lyrischen 
Gedichten,  einen  Platz  zu  gönnen,  und  mir  zu  erlauben,  daß 
ich  meinen  Anacreon,  so  bald  ich  eine  saubere  Ausgabe  an- 
treffe, zur  Gesellschaft  nachsenden  darf.  Dem  Herrn 

von  Croneck,  und  seinem  Freunde,  der  das  Trio  vollmachte, 
das  in  Leipzig  nach  den  Mädchen  herumstrich,  bitte  mich  zu 
empfehlen.  Er  hat  wohl  nicht  wieder  an  sein  Versprechen 
gedacht,  und  sie  wißen  wohl  nichts  davon.  Es  war,  daß  er 
mir  meines  Uzen  Portrait  verschaffen  wolte!  Ich  habe  Kleisten, 
Kamlern,  Gelierten,  Bodmern ,  Zachariä,  Klopstocken  pp  und 
mein  Uz  fehlt  mir!  Sind  sie  von  einem  guten  Mahler  ge- 
mahlet, so  schicken  sie  mir  nur  auf  8  Tage  das  Original  

Halberstadt  den  12*1?  Febr.  1756. 

Wie  gefult  ihnen  der  Früling  des  Herrn  von  Kleist  im 
Italienischen  ?  In  den  Buchladen  ist  er  nicht  zu  haben.  Mich 
dünckt  er  läßt  sich  sehr  wohl  lesen.  Ueberhaupt  sind  wohl 
die  Italiäner  die  besten  Uebersetzer.  Wie  fürtreflich  ist  der 
Lucrezio  des  Marchetti,  der  Virgilio  des  Caro,  der  Euripide  des 
Carmelli,  der  Omero,  und  Anacreonte  des  Rolli  p.  Ich  dächte, 


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262 


weon  die  italienische  Sprache  meine  Muttersprache  wäre,  so 
wolte  ich  noch  wohl  etwas  schreiben,  das  der  Mühe  wehrt 
wäre.  —  —  — 

Ilerr  Secretarius  Beyer,  ein  Anbeter  und  Nachahmer  ihrer 
lyrischen  Gedichte,  deßen  Versuche  sie  bald  gedruckt  lesen 
werden,  läßt  sich  ihnen  empfehlen.  Er  ist  seit  Jahr  und  Tag, 
meine  einzige  Gesellschaft,  mit  dem  ich  mich  von  den  Wercken 
der  Musen  unterhalten  kan,  ein  gutes  Genie,  dem  es  aber  [an] 
Kentniß  der  Alten  fehlet,  um  die  er  jedoch  sich  Mühe  giebt. 

Der  Verfaßer  der  philosophischen  Gespräche  und  des  Werck- 
chens,  über  die  Empfindungen,  ist  kein  erdichteter,  sondern  ein 
wurcklicher  Jude,  noch  sehr  jung,  und  von  einem  treflichen  Genie, 
der  es,  ohne  Lehrer,  in  allen  Wißenschaften  sehr  weit  gebracht 
hat,  die  Algebra  zum  Zeitvertreib  gebraucht1),  wie  wir  die 
Poesie,  und  doch  von  Jugend  auf,  in  einer  jodischen  Handlung 
sein  Brod  verdienet  hat.  So  viel  hat  mir  Herr  Leßing  von  ihm 
gesagt.  Sein  Kahme  ist  Moses.  Maupertuis  hat  von  ihm  ge- 
scherzt, es  fehle  ihm,  ein  großer  Maun  zu  seyn,  nichts,  als  eiu 
wenig  Vorhaut. 

Herr  Ramler  ist  mit  seiner  Uebersetzung  oder  vielmehr 
Umsetzung2)  des  Batteux,  am  dritten  Theil.  Schicken  sie  doch 
die  drey  Oden,  die  er  zu  Mustern  anführen  will,  bald  zurück; 
er  würde  gern  sehn,  wenn  sie  drey  andre  anzeigten,  die  er  zu 
gleichem  Endzweck  gebrauchen  könte.  Er  hat  von  mir  die 
Wahl  verlangt,  ich  habe  ihn  an  den  Verfaßer  selbst  verwiesen. 
Wie  gefallen  Ihnen  Zachariii  TagesZeiten?  Er  ist  einige3) 
Wochen,  mit  zweenen  Untergebenen  hier  bey  dem  HE.  Dohm- 
dechant  v.  Spiegel  gewesen,  aber  wir  sind  nicht  eben  oft  zu- 
sammen gekommen,  er  bedauret  sehr,  daß  er  sie  in  Brauu- 
schweig  nicht  gesehn  hat. 

Die  verdamten  Buchhändler !  Ich  habe  dem  Verleger 
meiner  scherzhaften  Lieder  verbothen,  keine  neue  Auflage  zu 
machen,  bis  ich  selbst  Hand  anlegen  könte!  Aber  er  hat  sich 
nicht  daran  gekehret.  Vor  ein  paar  Tagen  habe  eine  eben 
so  schlechte,  wie  die  vorigen  erhalten.  50  fl.  für  die  lyrischen 

1)  Darnach  gestrichen:  eich  vom  andren  Nachdencken  zu  erholen: 

2)  Ueber  „Einkleidung*  geschrieben.       3)  Im  original:  eigene 


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263 


Gedichte!  Sind  dus  nicht  Schurcken,  die  Buchhändler.  Nein, 
ich  habe  verschworen;  Almosen  von  den  Schurcken  zu  nehmen  p 
Die  Beaux  esprits  solten  zusammentreten  und  auf  ihre  Kosten 
einen  Buchladen  anlegen  p. 

Ich  habe  mancberley  Kleinigkeiten  bisher  gemacht.  Ich 
will  ihnen  alles  auf  einmahl  zuschicken.  Die  Uebersetzungen 
der  meisteu  Oden  Anacreons,  wird  schon  über  Jahr  und 

Tag  für  sie  abgeschrieben!  Ein  guter  Freund  will 

einen  kleinen  säubern  Band  Gedichte  von  verschiedenen  Ver-  • 
faßern  herausgeben  —  Es  sollen  lauter  kleine  Stücke  von 
feinem  Geschmack  seyn  —  Etwas  von  mir  hat  er  dazu  ire- 
kapert,  auf  ihre  Stücke,  wird  er  auch  ein  Schiff  creuzen  laßen  — 
Die  Gesellschaft  wird  ihnen  nicht  mißfallen;  doch  gebe  ich 
ihm  ohne  ihre  Genehmhaltung  nichts.  

70.  Uz  an  Gleim  !). 

—  —  Sie  haben  auch  meine  Bitte  Statt  finden  laßen,  und 

an  der  Vollkommenheit  meiner  Gedichte  gearbeitet.  Sie  sind  immer 
der  Pflegvater  meiner  Muse  und  beynahe  der  einige  gewesen, 
der  sich  ihrer  treulich  angenommen  hat.  Sie  haben  sie  von 
ihren  ersten  Jahren  an  geleitet,  manchen  Uebelstand  an  ihr 
verbessert,  und  sie  endlich  in  die  Welt  eingeführet.  Sie  ver- 
lassen sie  noch  nicht.  Ihre  bey  dem  mir  zugeschickten  Exem- 
plare beygeschri ebene  Anmerkungen  werden  mir  sehr  nützlich 
seyn.  Ich  werde  viele  Veränderungen  zu  machen  haben:  aber 
wie  viel  wird  unverbessert  stehen  bleiben,  das  ich  gerne  ver- 
bessern möchte,  wann  ich  könnte !  Es  geht  vermuthlich  allen 
Scribenten  so:  sie  würden  niemals  etwas  zum  Druck  geben 
können,  wenn  sie  eine  durfchjgängige  Vollkommenheit  ver- 
langen wollten.  Der  Mensch  bleibt  allezeit  Mensch,  und  seine 
Werke  sind  nicht  die  Werke  der  Engel.  Diejenige  Critiken 
haben  insonderheit  Eindruck  bey  mir  gemacht,  welche  einige 
Stellen  als  zu  frey  und  ungesittet  tadeln.  Ich  bin  schon  ent- 
schlossen, die  anstößige  Zeile  im  Traum  zu  verändern  und 
vermuthlich  zu  verderben,  die  4te  Strophe  aus  dem  Morgen 

1)  Von  Gleims  band:  ,pr.  den  20.  Merz  1756" 


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264 

wegzustreichen,  soviele  Vorbitten  für  sie  geschehen,  und  die 
5te  Strophe  des  Morgenlieds  auszulaßen.  Dieses  scheinen  mir 
die  Stellen  zu  seyn,  die  man  mit  einigem  Schein  als  gar  zu 
schlGpferig  verdammen  kann.  Ich  schmeichle  mir  aber  gar  nicht, 
durch  diese  Opfer  allen  Tadel  abzuwenden.  Es  giebt  Lettte 
genug,  die  nicht  leiden  können,  daß  man  von  Müdgen,  Busen 
und  Küssen  singt.  Diese  mögen  es  mit  der  lyrischen  Dicht- 
kunst ausmachen.  Sie  legen  dem  Dichter  zur  Last,  was  eine 
•  Schuld  der  ganzen  Dich[t]art  und  aller  guten  Dichter  dieser 
Art  ist.  Wieland  hat  schon,  dem  Vernehmen  nach,  in  seinen 
Sympathien  mich  von  den  frommen  Dichtern  ausgeschlossen. 
Weil  ich  ihn,  in  meinem  Brief,  vom  Tempel  des  guten  Ge- 
schmacks aus  geschlossen,  so  will  er  mich  aus  Rache  vom  Himmel 
ausschließen,  aber  vermuthlich  nur  vom  Bod menschen  Himmel. 
Er  wird  aber  künftig  wenigstens  sehen,  daß  ich  mich  bessern 
kann  ;  da  ihm  hingegen  schon  so  vielmals  gesagt  worden,  dati 
er,  bey  allem  seinem  vortrefflichen  Genie,  unsinnig  Zeüg  schreibe, 
und  er  dennoch  immer  darauf  losschreibt,  ohne  vernünftiger 
zu  werden.  * 

Wieder  auf  ihre  Critik  zu  kommen,  so  fürchte  ich  nicht, 
Sie  böse  zu  machen,  wenn  ich  nicht  überall  ihrer  Meinung  bin. 
Sie  haben  sich  desfalls  so  billig  erkläret,  daß  ich  außer  Sorgen 
seyn  kann.  Wenn  ich  mich  mündlich  vertheidigen  könnte,  so 
würden  Sie  vielleicht  meine  Meinung  billigen,  oder  mich  zu 
der  Ihrigen  überreden.  Aber,  wie  Sie  selbst  erinnern,  schrift- 
lich laßen  sich  diese  Sachen,  welche  meist  auf  Kleinigkeiten 
ankommen,  ohne  die  größte  Weitläufigkeit  nicht  ausmachen. 

Ich  wollte  wünschen,  wenn  ich  auch  Herrn  Rammlers 
Verbeßerungen  in  mehrern  Stellen  Bey  fall  geben  könnte.  Er 
hat  ohue  Zweifel  Gründe,  die  ich  aber  bey  vielen  Veränderungen 
nicht  einzusehen  vermag.   Er  hat  immer  seinen  Horaz  vor  den 

*  Am  rande:  «Schlagen  Sie  die  Briefe  der  Verstorbenen  an  hinter- 
laß ene  Freunde  auf.  Am  Knde  der  21.  S.  und  im  Anfang  der  22.  S.  ist 
ein  so  schlüpferiges  Bild ,  als  das  im  3ten  Buch  des  Siegs  des  Liebes- 
gottes von  Lesbien  und  Selimorn,  wodurch  die  Sitten  der  Zeit  geschil- 
dert werden.  Jenes  Wielandische  Bild  macht  noch  dazu  eine  Himm- 
lische !  Warum  haben  Sie  mir  Ihre  Anmerkungen  über  den  Liebesgott 
nicht  mitgeschickt?  Die  französische  Uebersetzung  im  Journal  etranger 
läßt  sich  wohl  leBeu.   Aber  sie  erweitert  und  lälit  weg  nach  Gefallen.' 


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265 

Augen,  und  denkt,  wie  ich  glaube,  bey  allen  Stellen,  ob  wohl 
jener  also  gedacht  oder  sich  ausgedrückt  haben  würde.  Da 
kann  es  nun  nicht  fehlen,  daß  er  bey  meinen  Gedichten  oft 
den  Kopf  schütteln,  und  an  eine  Veränderung  denken  muß. 
Er  schmelzt  dahero  um;  aber,  wie  Sie  vortrefflich  anmerken, 
er  läßt  den  Personal- Carackter  des  Dichters,  den  er  verbessert, 
aus  den  Augen.  Ich  würde  nicht  Uz  seyn,  wenn  ich  so  ge- 
schrieben hätte,  wie  HE.  Rnmmler  zuweilen  vermeint,  daß 
ich  schreiben  sollte.  Er  ist  ohnfehlbar  ein  scharfsinniger  Cri- 
ticus,  und  kennt  den  lyrischen  Carackter  sehr  gut.  Ein  per- 
sönlicher Umgang  mit  ihm  würde  mich  vielleicht  zu  einem 
ganz  andern  Mann  gemacht  haben,  als  ich  bin.  Doch  kann 
ich  ihm  nicht  überall  beypflichten.  Z.  E-  In  der  Ermunterung 
zum  Vergnügen  hat  er  folgende  Verbeßerungen :  einen 
P  ä  1 1  ä  8  t ,  statt  schimmernd  Schloß,  da  doch  der  Accent  nicht 
ohne  Härtigkeit  auf  die  erste  Sylbe  gelegt  werden  kann  ;  Rosen, 
die  matter  Purpur  flecket,  wo  ich  Seinen  Gedanken 
nicht  einsehe;  im  Grase  hingegossen,  über  welche  Redens- 
art ich  doch  selbst  im  Sieg  des  Liebesgottes  gespottet,  und  die 
auch  in  der  Schweizerischen  critischen  Dichtkunst  als  fehler- 
haft getadelt  wird ;  und  dergleichen  mehr.  Im  Silen  wird  bey 
den  2,  ersten  Strophen  der  Abschuitt  nicht  beobachtet,  welches 
meines  Erachtens  doch  in  der  Ode  'geschehen  muß ,  und  auch 
Horaz  thut.  Herr  Rammler  hat  ohne  Zweifel  die  Dithyram- 
bische Freyheit  nachgeahmt,  und  seine  Bilder  sind  prächtig 
und  feürig.  Aber  würde  wohl  die  Zeile  gefallen :  0  1  a  ß 
mich  singen  allen  Jünglingen  und  allen  Jung- 
frauen dein  geheimes  Lied?  Sie  schreiben ,  daß 
der  Wohlklang  Herrn  Rammlers  höchster  Endzweck  sey.  Aus 
verschiedenen  Aenderungen  vermuthe  ich,  daß  er  sonderlich 
dem  Hiatus  abgeneigt  seyn  möge.  So  sehr  der  Hiatus  zu  ver- 
meiden ist,  wenn  kurze  Laut- Buchstaben  zusammenstoßen;  so 
wenig  ist  derselbe  bey  langen  oder  Doppellauten  verwerflich. 
Unsere  Sprache  verträgt  ihn,  und  gleicht  hierinn  der  griechi- 
schen, da  hingegen  die  lateinische  und  französische  alle  Hiatus 
vermeiden.  Unsere  Sprache  hat  weit  mehr  Ursache,  das  Zu- 
sammenstoßen gleichlautender  Consonanten,  welches  unsere 
Gedichte  oft  so  holpericht  macht,  zu  fliehen,  und  ich  habe 


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■ 


266 

darauf  immer  mein  Augenmerk  gerichtet.  Doch  genug  hievon. 

Ich  bitte  Sie,  dem  Herrn  von  Kleist  sowohl,  als  Herrn 
Rammlern  für  ihre  gütige  Meinung  von  meinen  Gedichten  und 
ihre  Critiken,  in  meinem  Nahmen  zu  danken,  und  mich  ihrer 
Gewogenheit  zu  empfehlen.  Ich  habe  die  3.  Oden,  welche  der 
letztere  verbeßert  hat,  so  umgeschrieben,  wie  ich  sie  in  meiner 
neüsten  Ausgabe  drucken  zu  laßen  gesonnen  bin.  Ich  schließe 
sie  hier  bey.  Herr  Rammler  behält  jedoch  die  Freyheit,  diese 
oder  jene  seiner  lyrischen  Abhandlung  beydrucken  zu  laßen, 
wenn  er  änderst  meinen  Arbeiten  die  Ehre,  sie  anzuführen, 
erweisen  will.  Es  wäre  jedoch  ohne  Zweifel  viel  beßer,  wenn 
er  einige  seiner  eigenen  Oden  zu  solchem  Ende  wählen  wollte, 
indem  diese  seinen  Regeln  weit  gemäßer  und  überhaupt  sehr 
schön  seyn  werden.  Wenigstens  getraue  ich  mich  nicht,  noch 
einige  andere  vorzuschlagen,  welche  aus  meinen  lyrischen  Ge- 
dichten angeführet  zu  werden  verdienen  möchten.  Ich  über- 
laße diese  Wahl  billig  ihm  selbst  und  Ihnen. 

Ihre  Anmerkungen  sind  sicher  bey  mir.  Es  soll  sie  nie- 
mand, auch  Sie  selbst  nicht,  mein  liebster  Freünd,  zu  Gesichte 
bekommen.  Sie  wollten  sie  verbrennen  ?  Das  wäre  Schade ! 
Durch  Weitbrechten  wird  Ihnen  die  neüe  Auflage  zugeschickt 
werden.  Ich  werde  es  ihm  befehlen,  wenn  anders  der  neüe 
Druck  noch  zu  Stande  komTnt.  Ich  habe  seit  zweyen  Monathen 
nichts  mehr  davon  gehöret.  Weitbrecht  hatte  mit  mir  ver- 
abredet,  daß  wenn  der  Drucker  anfangen  sollte,  derselbe  mir 
es  zu  wißen  thun  würde.  Dieses  ist  bisher  noch  nicht  ge- 
schehen, obgleich  Ostern  herannahet.  Hat  Weitbrecht  seinen 
Vorsatz  geändert  oder  nur  verschoben  ?  Beydes  ist  mir  einer- 
ley.  Ich  bessere  indeßen  an  meineu  Gedichten,  welches  ihnen 
nichts  schadet,  wenn  sie  auch  gleich  nicht  neü  aufgeleget 
werden.  Die  Vignetteu  sind  wohl  nicht  von  Gemmis  copirt, 
sondern  nette  Erfindungen.  Wenigstens  sind  die  Proben,  die 
mir  überschickt  worden,  und  die  zum  Sieg  des  Liebesgottes 
bestimmt  sind,  modern,  und  ungefähr  im  Geschmack  der  Kupfer 
beym  Popischen  Lockenraube.  Bey  einem  Gedichte,  welches 
die  neuen  und  heütigen  Sitten  zum  Gegenstande  hat,  schicken 
sich  wohl  auch  solche  Kupfer  am  besten,  die  zugleich  die  heü- 
tigen Moden  abbilden.  Aber  bey  den  lyrischen  Gedichten  hätte 


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267 


ich  lieber  antique  Vorstellungen  gesehen.  Der  Verleger  hat 
mich  nicht  gefragt,  sondern  sie  selber  angedingt.  Doch  schreibt 
er  mir,  daß  HE.  Professor  Christ  in  Leipzig  die  Aufsicht  Über 
die  Zeichnungen  gehabt.  So  viel  ist  gewiß,  daß  die  Stiche 
ganz  gut  sind.  Die  neüe  Auflage  aller  Hagedorn ischen  Schriften 
wird  vermuthlich  ein  Muster  eines  Buches  werden,  das  nach 
dem  besten  Geschmacke  gedruckt  ist.  Aber  ist  es  nicht  Schade 
und  Schande,  daß  Sie  Ihre  Lieder  nicht  durch  einen  äußer- 
lichen Schmuck  noch  angenehmer  zu  machen  bedacht  sind-  Sie 
sind  zwar  reinlich  und  sauber,  doch  nicht  nach  Würden  ge- 
druckt. Ich  muß  mich  schämen,  wenn  meine  Muse  besser 
gekleidet  einhertreten  soll,  als  die  Ihrige.  Was  für  schöne 
Erfindungen  des  Alterthums  würden  sich  bey  Ihren  Liedern 
und  insonderheit  Ihrem  deutschen  Anakreon  anbringen  laßen ! 
Ich  verbiethe  Ihnen,  daran  zu  denken,  mich  mit  einem  grie- 
chischen Anakreon,  Ihrem  Versprechen  nach,  zu  beschenken, 
bis  Ihr  deütscher  dabey  ist.  Wie  begierig  bin  ich,  solchen 
zu  lesen!  Herr  von  Cronegk  erzehlt  mir  Wunderdinge  davon. 
Machen  Sie  einmal  fort  mit  dieser  Arbeit  und  eudigen  Sie 
alles  was  Sie  angefangen.  Entledigen  Sie  sich  aller  Verbin- 
dungen, die  nicht  nothwendig  sind,  und  bedenken  Sie,  daß  Sie 
den  Musen  vor  die  Gaben  Rechenschaft  geben  müssen,  die  Sie 
nicht  gebrauchen.  Der  Tod,  liebster  Freünd,  überraschet  uns, 
ehe  wir  venuuthen;  und  warum  wollen  wir  dem  Parnaß  Säug- 
linge und  unmündige  Kinder  hinterlaßen?  Ich  selbst  dichte 
nicht  viel.  Meine  lyrische  Zeit  wird  meistens  vergangen  seyn : 
die  Canzley  will  sich  auch  damit  nicht  recht  vertragen.  Ich 
arbeite  an  einem  moralischen  Gedichte,  wovon  Sie  vielleicht 
eine  Probe  bald  zu  sehen  bekommen.  Inzwischen  sende  ich 
Ihnen  die  aus  der  englischen  Clarißa  tibersetzte  Ode.  Sie  ist 
auf  die  Melodie  gerichtet,  welche  beym  Grundtexte  angedruckt 
stehet,  und  meine  Arbeit  versüsset  hat.  Denn  ich  gestehe, 
daß  Sie  mir  sauer  geworden,  und  doch  bin  ich  dem  ohnerachtet 
weit  unter  dem  Original  geblieben. 

Sie  sehen  daraus,  daß  ich  kein  Feind  der  Engeländer  bin. 
Ich  hasse  nur  die  ungeschickte  Nachahmung  und  den  Schwulst, 
der  unsre  neuere  Gedichte  so  oft  verstellt.  Ich  sage  auch 
nichts  in  meinem  angefochtenen  critischen  Briefe,  als  was 


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Nicolai  seit  der  Zeit  noch  weit  starker  in  seinen  Briefen,  die 
so  sehr  nach  meinem  Geschmacke  sind  und  gewiß  vielen 
Nutzen  schaffen  werden,  ebenfalls  gesagt  hat.  Die  Mizraimische 
Finsterniß  ist  den  Schweizerischen  Dichtern  eigen.  Ihre  Freünde 
haben  sich  nicht  deßen  anzunehmen:  denn  weder  Herr  v.  Kleist 
noch  Herr  Rammler  werfen  immer  mitMizraim,  Olymp  und  ura- 
nisch herum.  Doch  *)  will  ich  die  Zeilen  vom  Sylbenmaaße  weg- 
laßen, weil  ich  die  Hexameter  Oberhaupt  nicht  misbillige.  

Anspach  den  12.  Mart.  1756. 

Ich  habe  des  HE.  Zachariä  Tagzeiten  gelesen,  und  zwar 
nicht  ohne  Vergnügen,  ob  ich  gleich  glaube,  daß  er  zu  der 
darinn  gebrauchten  Schreibart  nicht  gebohren  ist.  Die  Nach- 
ahmung Thomsons  und  des  Herrn  v.  Kleist  zeigt  sich  gar  zu 
stark,  und  er  bleibt  in  Ansehung  der  Starke  der  Mahlerey  weit 
hinter  seinen  Mustern.  Die  italienische  Uebersetzung  des  Früh- 
lings gefallt  mir  sehr  wohl.  Was  in  Original  manchmal  zu 
stark  und  undeütsch  ist,  verschwindet  in  der  Uebersetzung. 

Ich  danke  Ihrem  Freünde,  der  einige  meiner  Poesien  in 
seine  Sammlung  bringen  will :  ich  habe  nichts  dagegen  zu  er- 
innern. Auch  dem  HE.  Secretair  Beyer  empfehlen  Sie  mich, 
deßen  Versuch  ich  fretidig  erwarte ,  weil  er  einen  Gleim  zum 
Freünd  und  Kunstrichter  hat.  Wie  beneide  ich  ihn !  Wann 
ich  doch  Flügel  hätte!  -  -  Doch  ich  habe  keine! 

Ich  glaube,  mit  Ihnen,  daß  meine  ernsthaften  Oden  meine 
vorzüglichsten  Arbeiten  sind.  Dem  ohnerachtet  wissen  Sie, 
daß  nicht  diese  das  bisgen  Ruhm,  das,  solang  Gott  und  die 
Critici  wollen ,  ich  erhalten  habe  mir  zuwegegebracht.  Denn 
wieviel  ernsthafte  Stücke  waren  in  meiner  ersten  Samm- 
lung?   

71.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freünd, 

Sie  haben  ein  Recht,  zu  verlangen,  daß  ich  Ihnen  wegen 
der  neüen  Ausgabe  meiner  Gedichte  Rechenschaft  thun  soll. 
Weitbrecht  hat  mir  vor  14  Tagen  geschrieben,  daß  der  Druck 
bis  Michaelis  vollendet,  und  Breitkopf  solchen  besorgen  würde. 

1)  Im  original  wiederholt. 


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269 

Ich  habe  daher  ein  Exemplar  auf[s]  genaueste  corrigirt,  und 
ttberscbicke  es  mit  heütiger  Post  an  Breitkopf.  Bey  der  Ver- 
besserung ist  ein  großer  Theil  meiner  Arbeit  gewesen,  ver- 
schiedene alte  Lesarten  wieder  herzustellen.  Vielleicht  habe 
ich  zu  viele  angenommen,  vielleicht  zu  wenig.  Bey  verschie- 
denen Stellen  waren  ich  und  meine  Freünde  zweifelhaft.  Ich 
habe  wenige  neüe  Verbesserungen :  doch  werden  Sie  manche 
finden,  die  Sie  mir  angerathen  haben.  Es  würden  mehr  Ver- 
änderungen gemacht  worden  seyn,  wenn  ich  alle  schwache 
Stellen  hätte  ausmerzen  sollen.  Aber  ich  habe  mir  ein  Gesetz 
gemacht,  keine  Veränderung  anzunehmen,  die  nicht  offenbar 
nothwendig  oder  unzweifelhaft  besser  gewesen,  wenigstens  mir 
also  geschienen.  Es  kann  seyn,  daß  man  mit  mir  wiederum 
nicht  zufrieden  ist.  Der  stärkste  Zweifel  hat  sich  wegen  des 
Gedichtes  :  der  Morgen  ereignet.  Ich  war  gänzlich  entschlossen, 
solches  wegzulaßen.  Aber  Herr  v.  Cronegk  und  alle  meine 
hiesige  Freünde  haben  sich  widersetzt  Die  Furcht,  Anlaß 
zu  geben,  daß  Weitbrechts  Auflage  für  unvollständig  und  dahero 
für  schlechter  gehalten  werden  möchte,  als  die  ältern,  hat  mich 
endlich  zum  Nachgeben  bewogen.  Hierzu  kam  noch  der  Ge- 
danke, daß  dieses  Lied  eine  rechtmäßige  ehlige  Liebe  zum 
Gegenstand  hat  und  solche  von  einer  reizenden  Seite  vorstellt, 
welches  den  Sitten  eher  vorträglich,  als  schädlich  ist. 

Weil  Weitbrecht  sich  mit  meinem  zweyten  Verleger  güth- 
lich  gesetzt,  so  hätte  ich  zwar  ohnbedenklich  diese  Sammlung 
vermehren  können,  wenn  ich  nicht  die  Besitzer  der  erstem 
Auflagen  schonen  wollen.  Doch  habe  ich,  auf  Weitbrechts 
dringendes  Anhalten,  die  Uebersetzung  der  Ode  an  die  Weis- 
heit aus  der  Clarißa.  als  einen  Anhang  beygefüget. 

Keine  neüe  Vorrede  habe  ich  nicht  für  nöthig  erachtet,  ohn- 
erachtet  ich  anfänglich  Willens  gewesen  ,  dem  Verfaßer  der 
Sympathien  zu  antworten.  Meine  Freünde  haben  meine  Ent- 
schließung geändert ,  und  meine  zu  diesem  Ende  aufgesetzte 
Vorrede  verworfen.  Es  ist  also  bloß  eine  Anmerkung  zu  der 
letzten  Ode  des  dritten  Buches  dazu  angewendet  worden,  die 
Feinde  der  fröhligen  Dichtkunst  überhaupt  und  ohne  der  Sym- 
pathien zu  gedenken  kürzlich  abzufertigen.  Ich  bin  fast  ge- 
wiß, daß  Sie  diese  Mäßigung  billigen,  Sie,  der  Sie  niemanden 


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270 


antworten ;  und  meine  Freunde  haben  sich  auch  auf  Ihr  Ur- 
theil  beruffen.  Der  Angriff  geht  in  der  That  sowohl  auf  Sie 
und  Hagedorn,  als  auf  mich,  nur  daß  er  sein  paßionirtes 
Gemüth  gegen  mich  dadurch  verräth,  daß  er  mich  vorzüglich 
nennet.  Wenn  die  Stelle  von  dem  elenden  anakreontischen 
Sperling  ebenfalls  mich  angeht,  wie  niemand  zweiflen  kann ;  so 
ist  der  Angriff  sehr  grob.  Wieland  kann  gewiß  glauben,  daß 
ers  mir  nicht  umsonst  gethan;  und  sein  Nähme  wird  künftig- 
hin oft  in  meinen  Versen  zukommen.  Sollten  die  Zunöthi- 
gungen  von  Seiten  der  Schweitzer  fortfahren,  so  werde  ich 
mich  vertheidigen,  und  vielleicht  weiter  gehen,  als  diese  Secte 
vermuthet.  Wieland  ist  ein  Schwärmer,  und  ich  vermuthe  ihn 
noch  unter  den  Quäckern  zu  sehen. 

Wie  die  neüe  Edition  der  Gedichte  ausfallen  werde,  muß 
ich  erwarten.  Ich  habe  Breitkopfen  und  Weitbrechten  scharf 
eingebunden,  auch  nicht  die  geringste  Kleinigkeit  eigenmächtig 
zu  ändern.  Breitkopf,  wie  Sie  wißen,  hat  schon  einmal  in 
diesem  Stücke  gesündiget :  aber  eben  das  Aufsehen ,  welches 
deßelben  Vorgehen  gemacht  hat,  wird  ihn  behutsamer  machen. 
Sie  werden  mir  Ihre  Gedanken  von  der  ganzen  Auflage  schreiben, 
sobald  es  möglich  ist.  Weitbrecht  will  für  mich  etliche  Exem- 
plarien  auf  schöneres  Papier  drucken  laßen,  und  ich  habe  ihm 
aufgegeben,  Ihnen  eines  davon  aufs  schleünigste  zuzuschicken. 
Ich  muß  noch  erinnern,  daß  ich  in  dem  Gedichte:  Ermunte- 
rung zum  Vergnügen,  nach  langem  Rath  schlagen  mit  meinen 
Freünden,  die  alte  Lesart  bey  beb  alten  habe,  und  es  daher  in 
der  neüen  Auflage  heißen  wird: 

Die  Hofnung  träumt,  was  nie  vielleicht  geschiehet, 

So  hitzig  wir  ihm  nachgestrebt. 

Indefien  flieht  und  ungekannt  entfliehet, 

Die  Fredde,  die  uns  nahe  schwebt 

Geben  Sie  Herrn  Rammlern,  wenn  sies  für  nöthig  finden, 
hiervon  zeitlich  Nachricht.  Seine  zwey  ersten  Theile  des  Batteux 
haben  meinen  großen  Bey  fall.  Die  Bescheidenheit  und  Billig- 
keit, die  darinnen  herrschet,  ist  sehr  edel.  Aber  warum  hat 
er  der  deutschen  Fabeldichter  Carackter  nicht  bestimmt,  wie 
Batteux  mit  den  übrigen  gethan?  HE.  Rammler  hätte  sich 
dieser  schweren  Sache  unterziehen  können.  —  —  — 

Anspach  den  12.  .luly  1750. 


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271 


Der  liebe  Herr  Sucro  ist  gestorben  in  Coburg:  ich  be- 
dauere ihn  sehr.  Wenn  er  doch  nur  seinen  Druiden  neü  heraus- 
gegeben hätte,  den  ich  für  die  beste  Wochenschrift  im  Deut- 
schen halte.  Er  ist  fast  nicht  zu  haben,  und  noch  dazu  so 
schlecht  gedruckt. 

Die  Idyllen  von  dem  Verfaßer  des  Daphnis  sind  sehr 
niedlich  gedruckt ,  und  voll  artiger  Ideen  und  Bilder ,  ob  er 
gleich  den  Hirten  auch  zuweilen  ablegt,  und  den  Philosophen 
anzieht.  Aber  was  sind  Idyllen  in  Prosa?  Sollte  ein  so  glück- 
liches Naturell  nicht  einem  Sylbenmaaße  sich  unterwerfen 
können  ? 

Die  Sammlung  vermischter  Gedichte  ist  vermuthlich  von 
ihrem  Freunde,  dem  Herrn  Beyer.  Sie  ist  wenigstens  zu  Berlin 
gedruckt,  und  ich  habe  ein  schönes  Genie  in  dem,  was  ich  ge- 
lesen, angetroffen.  Was  kann  er  noch  werden,  da  er  um  Sie 
ist ?  Aber  Sie  haben  ja  Romanzen  drucken  laßen:  ist  es 
wahr?    Man  sagt  es  wenigstens. 

Man  soll  sich  sobalden  nicht  zu  einer  netten  Verbeßerung 
bereden.  Ich  werde  niemals  mehr  gedemüthiget,  als  über  diese 
Arbeit.  Wie  viel  finde  ich,  das  zu  ändern  wäre  und  wie  viel 
muß  ich  ohngeändert  stehen  laßen:  Jeder  Dichter  hat  seine 
Schranke. 

72.  Gleim  an  Uz. 

Liebster  Freund, 

Ich  muß  nur  den  langen  Brief,  den  ich,  schon  vor  langer 
Zeit,  an  Sie  angefangen,  und  biß  auf  drey  Bogen  gebracht 
habe,  liegen  laßen,  und  ihnen  sagen,  daß  Weitbrecht  mir  ein 
Exemplar  der  neuen  Ausgabe  ihrer  lyrischen  Gedichte  zum 
Geschenck  Ubersand  hat;  —  —  —  Zu  beurtheilen,  ob  sie 
merckliche  Verbeßerungen  gemacht  haben,  dazu  fehlt  mir 
mein  ihnen  übersandtes  altes  Exemplar,  und  ich  bitte  Sie, 
liebster  Freund,  es  mir  nicht  allein  dieserhalb,  sondern  auch, 
wegen  der  dabey  geschriebenen  flüchtigen  An  ine  rc  klingen,  mit 
erster  Post  zurück  zu  senden.  Einige  beraerckte  Veränderungen 
gefallen  mir  sehr  wohl,  und  die  Ode  an  die  Weisheit  ist  ganz 
fürtreflich,  sie  mag  mit  dem  englischen  übereinkommen  oder 


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nicht,  welches  ich  nicht  beurtheilen  kan,  weil  ich  das  Original 
nicht  habe.  Mit  den  Vignetten  werden  sie  wohl  nicht  durch- 
gängig zufrieden  seyn.  Ich  weiß  nicht,  wer  sie  aussieben 
hat,  aber  mich  dünckt,  man  hätte  sie  aus  den  Gedichten  selbst 
nehmen  müßen.  Was  für  ein  artig  Kupferchen  konten  die 
beyden  Verse  an  die  Hand  gegeben  haben: 

* 

Durch  sie  wird  selbst  Lyäus  zahm  pemacat 
Der  hinter  ihr  mit  einer  Mose  lacht 

Auch  ist  der  Druck  und  das  Papier  nicht  schon  genug, 
und  Sallier,  der  berühmte  Tadler  der  BuchdruckerKunst,  würde 
an  der  Arbeit  des  Drukkers  manches  auszusetzen  finden.  Aber 
wir  werden  auf  deutsche  Meisterstucke  dieser  Kunst  noch  lange 
warten  müßen,  da  unsere  Buchhändler  und  Buchdrucker,  unter 
allen  Menschen  die  dümmsten  sind,  und  nur  auf  Gewinn  sehen, 
nicht  auf  Ehre.  Indeß  mochte  ich  doch  von  allen  unsern 
Dichtern  meinen  Uz  am  liebsten  in  einem  säubern  Druck 
sehen,  weil  Er  der  einzige  Dichter  ist,  deu  wir  den  Ausländern 
entgegen  setzen  können,  und  den  Alten  an  die  Seite.  In  meiner 
Hand  sind  keine  Schriftsteller  lieber  beysammen,  als  Horatz 
und  Uz,  auch  stehen  sie  in  meiner  Bibliotheck  beieinander,  in 
gleicher  Kleidung,  und  haben  zum  Titul  nur  ihre  Nahmen: 
Horatius.  Uz. 

Wie  gefällt  Ihnen  die  neue  Ausgabe  von  des  HE.  von 
Kleists  Gedichten,  die  sie  ohne  Zweifel  schon  haben?  Der 
entstandene  Krieg  ist  Schuld,  daß  es  nicht  wahr  ist,  was  in 
der  Vorrede  steht,  sie  sey  unter  seinen  Augen  gemacht.  Er 
ist  auch  nicht  durchgebnds  damit  zufrieden,  wie  er  mir  aus 
Zittau,  wo  er  sich  mit  den  Pandnren  herum  schlagen  muß, 
erst  neulich  geschrieben  hat. 

Sie,  mein  liebster  Uz,  sie  allein  von  allen  unsern  Poeten 
solten  den  Held  bev  Lowositz  besingen.  Wenn  sie  uberzeugt 
sind,  daß  unser  Friederith  den  gerechtesten  Krieg  führt,  der 
jeniahls  gefuhrt  ist,  und  davon  maßen  sie  überzeugt  seyn,  so 
solten  sie  auf  ihn  die  Ode  singen,  die  Horaz  auf  den  August 
sang,  als  Er  —  Ich  will  gleich  die  Ode  aufsuchen.  Es  ist 
die  14i£  des  411"  Buchs.  Qu©  cura  patrum  p  Es  ist  keine 
Zeile  darin ,  die  nicht  auf  unsern  Held  paßt.  Sine  clade 
victor  war  er  bey  Einschließung  der  Sachsen.   Ein  Poet  sollte 


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273 


sich  mercken ,  daß  Osterreichische  Ueberläufer  gesagt  haben, 
über  dem  Berge,  worauf  der  König  gehalten  hätte,  die  Schlacht 
zu  übersehen,  und  Befehle  zu  ertheilen,  hätte  ein  Engel  ge- 
schwebt; ingleichen  daß  würcklich  während  der  Schlacht  ein 
Ungewitter  entstanden,  und  gleichsam  den  weichenden  Feinden 
nachgezogen,  und  über  denselben  bis  in  die  späte  Nacht  ge- 
donnert hätte!  Aber  wird  mein  Uz  auch  noch  Helden  singen 
nachdem  Er  so  oft  gesagt  hat  XaiQoue  "H(ko€q  !  und  seitdem 
mein  Kleist  von  ihm  singt :  Er  schaut,  wenn  Schaaren  wilder 
Krieger  lärmen,  Nur  Wespen  schwärmen.  Was  für  schöne 
Materien  giebt  ihnen  unsre  Zeit,  zu  Oden  von  solchem  Inhalt, 
wie  die  unter  dem  Titul:  das  bedrängte  Deutschland.  Im 
Vorbeygehn  muß  ich  Ihnen  sagen,  liebster  Freund,  daß  ich 
bey  dieser  Ode  gewünscht  habe,  daß  über  einigen  ihrer  Oden 
die  Jahrzahl  in  die  sie  gehören,  bemerckt  seyn  möchte,  damit 
nicht  ein  künftiger  Sanadon  sich  darüber  tod  quälen,  und  zu- 
letzt doch  das  unrechte  Jahr  bestimmen  möge.  —  —  — 
Halberstadt  den  1911"  Dec:  1756 

Wie  befinden  sich  meine  dortigen  Freunde  HE.  Hoffrath 
von  Croneck,  und  HErr  Schnelle?  Soll  ich  nicht  erfahren, 
wer  der  Herr  Hoffadvocat  G  -  -  ist  ?  den  sie  in  dem  Briefe  an 
ihn ,  so  caracterisiren ,  daß  man  seine  Bekantschaft,  als  wie 
die,  eines  zweeten  Uz  wünschet?  Auch  zu  den  übrigen  Punc- 
tirten  Nahmen  möchte  ich  den  Schlüßel  haben,  wenn  nichts 
bedenkliches  dabey  ist. 

Wie  ihnen  die  kürzlich  heraus  gekommenen  Berlinischen 
Fabeln  gefallen  ?  darum  habe  ich  sie  in  dem  liegengebliebnen 
langen  Briefe  gefraget?  Ich  soll  ihnen  den  Verfaßer  nicht 
ehe  verrathen,  als  bis  ich  weiß,  daß  sie  einigermaßen  damit 
zufrieden  sind.  Er  hat  sich  befließen  Simpel  zu  seyn,  und  ist 
es  vielleicht  allzusehr.  Er  wird  nächstens  noch  einige  Bogen 
herausgeben.  Haben  sie  diese  Fabeln  und  die  Romanzen 
nicht,  so  auch  erst  herausgekommen  sind,  so  kan  ich  ihnen  ein 
halb  Dutzend  Exemplare  senden.  Der  Verfaßer  hat  mich  mit 
einem  Dutzend  beschenckt. 

Die  Anmerckung  wieder  die  Encratiten  p.1)  ist  so 

1)  Lücke. 

G  1  eim-Uc  ,  Briefwechsel.  18 


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271 


bescheiden  ,  daß  der  Verfaßer  der  Sympathien,  sich  glücklich 
schätzen  kan,  wenn  sie  es  dabey  laßen  p. 

73.  Uz  an  Gleim. ') 

 Ich  verwundere  mich  nicht,  daß  Sie,  ein  so  feiner 

Kenner  alles  deßen,  was  schön  ist,  die  VVeitbrechtische  Auflage 
meiner  Gedichte  nicht  sehr  loben.  Weder  ich,  noch  meine  hie- 
sigen  Freünde  sind  damit  sonderlich  zufrieden.  Das  Papier  ist 
schlecht.  Die  Vignetten  im  Sieg  des  Liebesgottes  sind  gut 
genug:  aber  die  bey  den  Liedern  sind  weder  der  Erfindung, 
noch  der  Ausführung  nach  schön.  Lauter  Leyern !  Billig 
hätten  die  Erfindungen,  wie  Sie  schreiben,  aus  den  Gedichten 
selbst  genommen  werden  sollen.  Doch  bey  allem  dem  ist  die 
Auflage  schön  genug,  da  viele  andere  weit  beßere  Dichter  noch 
mittelmäßiger  gedruckt  sind.  Bedienen  Sie  sich  immittelst  des 
netten  Exemplars,  bis  ich  Ihnen  das  alte  wieder  zurück  schicken 
kann,  welches  Sie  so  eyfrig  wieder  zu  haben  wünschen.  Es 
ist  billig,  daß  ich  hierunten  willfahre!  Aber  ich  muß  erst 
einige  Critiken  und  Verbeßerungen  abschreiben,  die  mir  vielleicht 
noch  ins  künftige  nutzen  könnten.  Zugleich  will  ich  die  Ur- 
sachen beyschreiben,  warum  ich  einige  Veränderungen  nicht 
angenommen,  auch  was  ich  sonst  noch  zu  erinnern  habe,  und 
wer  unter  den  punetirten  Nahmen  hier  und  dar  verstanden  wird. 

Die  Berlinischen  Fabeln  und  Romanzen  habe  ich  schon 
vor  6.  Monathen  gelesen.  Sie  wollen  umsonst  unter  der  Decke 
verborgen  bleiben :  Man  hat  den  Apelles  sogleich  erkannt.  Wer 
sonst,  als  Gleim,  sollte,  unter  allen  heutigen  deutschen  Dich- 
tern, die  unnachahmliche  Naivetat  erreichen,  die  Phädrus  und 
die  alten  Romanzendichter  besitzen?  Ihre  erste  Romanze  in- 
sonderheit ist  ein  Meisterstück  in  dieser  Art.  Wann  Sie  ein 
Exemplar  von  beyderley  Gedichten  übrig  haben,  so  beschenken 
Sie  mich  damit,  und  ich  will  dereinst  mit  mehrerm  von  diesem 
Punct  an  Sie  schreiben. 

Ihr  großer  König  verdient,  von  einem  größern  Dichter 
besungen  zu  werden,  als  ich  bin.    Vielleicht  hätte  sich  auch 

1)  Von  Gleims  band:  „beantwortet  ni  fallor  den  12112  May  1757* 


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275 


ein  Horaz  gefunden,  wenn  die  deutschen  Musen  in  mehrerer 
Achtung  stünden.  Krieg  und  Helden  sind  kein  Stoff  für  meine 
Lieder.  Ich  habe  dieses  in  der  beiliegenden  Ode  weitläufiger 
gesagt,  die  ich  auf  Ihre  Ermunterung  geschrieben.  Die  Leyer 
hat  übrigens  gute  Ruhe  vor  mir,  indem  die  Canzley-Geschäfte 
sich  mit  dem  lyrischen  Feüer  nicht  vertragen  wollen.  Aber 
womit  beschäftiget  sich  denn  Ihre  Muse?  Wird  Sie  sich  nicht 
an  die  großen  Thaten  unsrer  Zeit  wagen?  Sie  müssen  mit 
Ihren  Arbeiten  nicht  so  heimlich  gegen  Ihren  Freünd  seyn, 
der  alles,  was  aus  Ihrer  Feder  fließt,  unendlich  hochschätzt. 

Ich  bedaure  den  Herrn  von  Kleist,  daß  er  so  gefährliche 
Winter-Quartiere  hat.  Die  Musen  werden  für  ihren  Freund 
wachen.  Ich  habe  schon  zweymal  gezittert,  da  ich  unter  den 
Erschlagenen  einen  Kleist  gefunden.  Damit  ich  inskünftige 
mich  nicht  vergebens  bekümmere,  so  Schreiben  Sie  mir  näch- 
stens, welchen  Posten  derselbe  bekleidet,  und  in  welchem  Regi- 
ment er  dient. 

Glauben  Sie  nicht,  daß  bey  diesen  unglücklichen  Zeiten 
der  künftige  Leipziger  Meß-Catalogus  eben  so  schwach  aus- 
fallen wird,  als  der  letztere  ?  Es  wird  zwar  an  Schriftstellern 
nicht  fehlen,  aber  vielleicht  an  Verlegern.  Wenn  nur  die 
Hagedornischen  Schriften  herauskommen ,  welche  vermuth- 
lich  in  aller  Schönheit  des  Drucks  erscheinen  werden!  Ich 
wünsche  nicht  weniger,  daß  die  neüe  critische  Monathschrift, 
die  aus  Berlin  schon  im  vorigen  Jahr  angekündiget  wor- 
den, nicht  zurückbleiben  möge.  Man  verspricht  sich  viel 
gutes  von  ihr:  Sie  auch?  Wir  haben  wenige  Kunstrichter, 
die  diesen  Nahmen  verdienen;  und  man  sieht  es  wohl  an  den 
Gedichten,  die  den  Parnaß  tiberschwemmen  und  dem  wahren 
alten  Geschmack  nicht  gemäß  sind.  Die  HE.  Schweitzer  haben 
eine  ihren  Kräften  würdige  Arbeit  angefangen,  da  sie  die  Ge- 
dichte der  Minnesinger,  mit  dem  Glossario,  herausgeben  wollen. 
Ich  wollte  wünschen,  daß  sie ,  an  statt  ihrer  Heldengedichte, 
sich  auf  solche  Beschäftigungen  einschränketen.  —  —  — 

Anspach  den  28.  Febr.  1757. 

Ein  hiesiger  Buchhändler  wird  vielleicht  die  Ode  an  die 
Weisheit,  nebst  dem  englischen  Text  und  der  Melodie,  drucken 
laßen  :  Soll  ich  es  Ihnen  schicken,  wenn  es  noch  herauskommt? 

18* 


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276 


Herr  Hof  Rath  von  Cronegk  läßt  sich  Ihnen  empfehlen:  er 
trinkt  mir  Ihre  Gesundheit  zu,  so  oft  wir  beysammen  sind. 

Wenn  Ihnen  meine  flüchtige  Ode  der  Verbesserung  nicht 
ganz  unwürdig  scheint,  so  helfen  Sie  mir  mit  Ihrer  Critik. 

74.  Gleim  an  Uz. 

Liebster  Freund,  Halberstadt  den  16*£2  May  1757. 

Ich  bin  ihnen,  für  die  fürtrefliche  Ode,  die  sie  mir  in 
ihrem  letzten  Schreiben  übersand  haben,  noch  den  größesten 
Danck  schuldig!  Die  Klagen  ihrer  frommen  Muse  sind  nicht 
erhört!  Vermuthlich  wißen  sie  so  gut  als  wir,  wie  viel 
Menschen  sich  am  6*2!?  dieses  bey  Prag  einander  umgebracht, 
Menschen,  unter  denen  vielleicht  manche  gewesen,  die  sich 
geliebt  hätten,  wie  Uz  und  Gleim,  wenn  sie  nicht,  für  ein  ge- 
ringes Taglohn,  schuldig  geworden  wären,  sich  einander  uni- 
zubringen —  Ob  ich  gleich  alle  Listen  unserer  Eroberungen 
vor  mir  liegen  habe,  so  will  ich  Ihnen  doch  kein  Wort  davon 
sagen.  Denn  sind  Sie  nicht  Oesterreichs  BundesGenoße  ?  Und 
würde  ich  sie  nicht  nur,  damit  ärgern? 

Sie  verlangen  mein  Urtheil  über  ihre  Ode?  Sie  ist  un- 
verbeßerlich,  und  verdient  mit  größtem  Recht,  eine  der  ersten 
Stellen  unter  ihren  Meisterstücken.  Indeß,  dünckt  mich,  würde 
die  Zeile: 

Und  alle  Nationen  zagen ! 
wenn  sie  den  Schluß  machte,  den  Leser  in  einem  großen  Affect 
der  Erwartung  von  sich  laßen.  Einige  meiner  Freunde,  denen 
ich  sie  also  gelesen,  sind  gleicher  Meinung,  vornehmlich  auch 
der  Herr  von  Kleist.  Die  Wünsche,  so  ich  für  das  Leben 
dieses  rechtschaffenen  Freundes  gethan  habe,  hat  bisher  der 
Himmel  erhört.  Vier  Majors  des  Regiments,  wobey  er  ge- 
standen, sind  ein  Opfer  des  Krieges  geworden,  und  zwar  hat 
sie  die  Reihe  des  Commando  allezeit  nahe  an  meinem  Kleist 
betroffen.  Gott  Lob!  er  lebt!  Er  ist  aus  den  gefährlichen 
Posten,  Hirschfeld,  Ostritz,  glücklich  entkommen,  und  steht 
jetzt  als  Major  bey  dem  Regiment  des  General  Hauß,  in  Leipzig. 
Ich  habe  mir  das  Vergnügen  gemacht,  ihn  daselbst  zu  besuchen, 
und  bin  acht  Tage  bey  ihm  gewesen.    Zwar  entschloß  ich 


277 


mich  zu  diesem  Besuch,  weil  mir  Herr  Leßiug  schrieb,  er  liege 
am  hitzigen  Fieber  kranck  —  in  einem  Tage  flog  ich  hin  — 
aber  ich  war  so  glücklich  ihn  ziemlich  beßer  anzutreffen,  und 
ehe  ich  abreiste,  hatte  ich  schon  wieder  eine  Spatzierfahrt  mit 
ihm  gethan.  Alle  Tage  sähe  der  Held  einen  Schwärm  von 
Poeten  vor  seinem  Bette,  doch  waren  ihm  nur  Geliert  und 
Leßing  angenehm.  Einmahl  sagte  ich,  wäre  doch  unser  Uz 
bey  uns!  Warhaftig  sagte  er,  ich  spränge  für  Freuden  aus 
dem  Bette  —  Wenn  sie  ihm  schreiben  wollen,  (und  sie  würden 
ihm  mit  ihrer  Correspondenz,  ein  groß  Vergnügen  machen)  so 
dürfen  sie  nur  die  Briefe  an  ihn  als  den  Major  des  Regiments 
du  General  Hauß  au  Service  du  Roy  de  Pruße  a  Leipzig 
addreßiren.  Er  bleibt  vor  der  Hand  noch  da,  und  wäre  er 
weg,  so  weiß  das  Postamt,  wo  das  Regiment  steht.  Briefe, 
ohne  alle  Coinplimente,  sind  ihm  die  liebsten.  Das,  Hoch- 
wohlgeb ohrner  Herr,  kan  er  nicht  vertragen,  er  würde 
die  vollkommenste  Satyre  auf  den  Adel  machen,  und  sich  stärcker 
ausdrükken,  als  Boileau  und  Young,  wenn  er  nicht  ein  Feind 
der  Satire  wäre. 

Sie  fragen  mich,  liebster  Freund,  ob  meine  Muse  sich  nicht 
an  die  großen  Thaten  unsrer  Zeit  wagen  wolle?  Nein  liebster 
Freund.  Sie  wird  es  nicht  thun.  Sie  wird,  wie  Herr  Leßing 
sagt,  mit  aesopischer  Schüchternheit,  stillere  Weisheit  lehren, 
wie  sie  bisher  gethan  hat.  Sehn  sie  hier,  den  zwoten  Versuch ! 
Was  werden  Sie  zu  meinem  Fleiße,  oder  vielmehr  zu  meiner 
Uebereilung  sagen  ?  Denn  in  der  That  übereile  ich  mich  mit 
allen  meinen  poetischen  Arbeiten.  Sie  haben  mir  vorlängst  ge- 
rathen,  nicht  so  fruchtbar  an  neuern  zu  seyn,  sondern  vielmehr 
die  altern  vollkommener  zu  machen.  Aber  sie  glauben  nicht, 
wie  mühsam  das  für  mich  ist.  Meine  Sachen  gefallen  mir  nur 
etwa  so  lange,  als  einem  Ehemann  seine  Frau  gefallen  mag. 
Acht  Tage  nach  der  Hochzeit  findet  er  so  viel  daran  auszu- 
setzen, daß  er  sich  scheiden  laßen  möchte,  um  eine  andre  zu 
nehmen,  und  ich  finde  an  den  W  e  r  k  1  e  i  n  meiner  Muse  so 
viel  zu  tadeln,  daß  ich  sie  alle  ganz  wieder  ausstreichen  möchte. 
Weil  mir  indeß  doch  gute  und  ehrliche  Freunde  sagen ,  daß 
sie  so  schlecht  nicht  sind,  so  eile  ich  damit  zum  Drukke,  so 
lange  ich  es  ihnen  noch  glaube.  —  Sie,  liebster  Freund,  haben 


278 


mir  schon  bey  dem  erstell  Buch  und  den  Romanzen  versprochen, 
mir  ihr  Urtheil  davon  ausführlich  zu  schreiben.  Thun  sie  es 
doch  nun  auf  einmahl  von  beyden  Buchern.  Sie  können  mich 
ihnen  nicht  mehr  verbinden.    Ich  lege  eiu  Exemplar  davon 

bey.  Das  eine  ist  für  den  HE.  Hoffrath  v.  Croneck, 

nebst  meiner  ergebensten  Empfehlung !  Ich  wünschte,  daß  ich 
ihn  wieder  zu  Leipzig  angetroffen  hätte,  und  Sie  mit  ihm,  mein 

liebster  Freund  Ich  bin  Willens  diesen  Sommer,  kurz 

nach  Johanni,  nach  Pyrmont  zu  gehen,  den  Brunnen  zu  trincken. 
Kommen  sie  doch  auch  dahin,  oder  thun  sie  einen  andern  Vor- 
schlag zu  einem  llendezVous.  —  —  — 

Herrn  von  Hagedorns  VVercke  sind  neu  heraus.  Ich  habe 
sie  noch  nicht  gesehn ;  auch  sonst  nichts  neues  von  der  Meße. 

Von  Herrn  Ramlers  Uebersetzung  des  Batteux  wird  ver- 
mutlich der  2I£  Theil  heraus  seyn.  Was  er  von  meinem  Uz 
sagt,  ist  viel  zu  wenig,  als  daß  ich  damit  zufrieden  seyn  könte. 
Er  hat  mir  einige  Bogen  geschickt.  Ueberhaupt  scheint  er  zu 
furchtsam  zu  seyn,  seine  Urtheile  gerade  heraus  zu  sagen. 

Schicken  sie  mir  doch  ja  die  Ode  an  die  Weisheit,  nebst 
dem  englischen  Text  und  der  Melodie!  Herr  Fleischer  zu 
Braunschweig,  ein  Componist,  den  sie  vielleicht  bey  ihrem 
letzten  Dortseyn,  kennen  gelernt,  will  alle  ihre  Oden  in  Musick 
setzen.  Zwey  Theile  von  seiner  Arbeit  sind  schon  heraus.  Im 
2iU}  sind  viele  aus  meinen  gereimten  Liedern.  Viele  sind  nicht 
übel  gerathen. 

Herr  Wieland  hat  in  seinen  Empfindungen  eine  neue 
Raserey  wieder  sie  und  Herr  Beyer,  und  auch  mich.  Herr 
Beyer  will  absolut  nicht  nur  Mitleiden  mit  ihm  haben,  sondern 
seinen  ganzen  Zorn  auf  ihn  ausschütten.  Er  ist  ein  würck- 
licher  Schwärmer  in  seinen  letzten  Schriften,  und  wird  es  immer 
mehr  seyn.  Was  für  Schaden  ist  es  um  ein  so  fürtrefliches  Genie! 

75.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freünd, 

Die  unglücklichen  Zeiten,  in  welchen  wir  leben,  muntern 
nicht  sehr  auf,  Briefe  zu  schreiben  oder  zu  lesen.  Trauriger 
Zeitpunct,  wo  man  mehr  seufzen,  als  reden  kann!    Muß  ich 


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dann  itzo  auch  für  meinen  Freünd,  für  ineinen  Gleim  zittern ! 
Liebster  Freünd !  laßen  Sie  mich  nicht  länger  in  der  Ungewiß- 
heit Ihres  Zustandes,  als  Sie  es  selbst  sind.  Wie  herzlich 
wünsche  ich,  daß  das  Ungewitter,  so  sich  über  Ihnen  zusammen- 
zieht, ohne  Ihnen  zu  schaden,  vorüber  gehen  möge !  Ich  be- 
schwöre Sie,  schreiben  Sie  mir  sobald,  als  Sie  können. 

Sie  werden  sich  über  das  beyliegende  gedruckte  Schreiben 
gewiß  verwundern.  Ich  biu  eben  so  wenig,  als  HE.  Bayer,  geneigt, 
bloß  Mitleiden  mit  Wielanden  zu  haben.  Dieses  Schreiben  ist 
nicht  zum  Druck  bestimmt  gewesen:  Sie  sollten  es  nur  ge- 
schrieben lesen,  nachdem  ich  es  diesen  vergangenen  Frühling 
in  Nebenstunden  aufgesetzt  hatte.  Der  neüe  plumpe  Angriff" 
hat  meinen  Entschluß  geändert  und  mich  bewogen,  es  allhier 
drucken  zu  laßen  ,  doch  Ihres  Nahmens,  aus  leicht  zu  erach- 
tenden Ursachen,  einiger  Maßen  zu  schonen.  Werden  Sie 
diese  abgedrungene  Gegenwehr  tadeln?  Ich  sehe,  daß  ich  mit 
unversöhnlichen  Feinden  zu  thun  habe,  die  alle  Gelegenheiten 
mit  den  Haaren  herbeyziehen,  mich  schwarz  zu  machen,  und 
auf  diese  niederträchtige  Weise  sich  wegen  einiger  Wahrheiten, 
die  ich  Ihnen  gesagt  habe,  an  mir  zu  rächen.  Sie  haben  hierzu 
nichts  bequemer  gefunden,  als  des  übelberüchtigten  Argumenti 
ab  invidia  sich  zu  bedienen.  Sie  bringen  die  Religion  mit  in 
das  Spiel  und  hetzen  die  Theologen  auf.  Ich  habe  daher  ein 
gutes  Werk  zu  thun  geglaubt,  wenn  ich  das  Publicum  in  den 
Stand  setzete,  über  den  Wielandischen  Streit  zu  urtheilen. 
Eines  Theiis  habe  ich  darzuthun  gesucht,  daß  es  erlaubt  sey, 
durch  eine  fröhlige  Muse  Wein  uud  Liebe  besingen  zu  lassen. 
Andern  Theiis  habe  ich  denen  Herren,  die  sich  so  weit  über  uns 
erhaben  zu  seyu  dünken,  weil  sie  erbaulich  seyn  wollen,  zu 
Gemüthe  geführt,  daß  es  nicht  genug  sey,  zu  lehren,  sondern 
daß  der  Dichter  reizend  lehren  müsse.  Ich  habe  am  Ende 
noch  einige  Betrachtungen  über  die  Schreibart  in  geistlichen 
Gedichten  angehängt,  weil  ich  voraussehe,  daß  wir  im  kurzen 
mit  eben  so  vielen  schlechten  Gedichten  dieser  Art  tiberschwemmet 
werden  möchten,  als  es  bey  der  Anakreontischen  Art  geschehen. 
Ob  ich  diesen  Absichten  einiges  Genüge  geleistet,  erwarte  ich 
Ihr  Urtheil.  Ich  habe  mich  wenigstens  beflissen,  alle  entbehr- 
liche Härte  zu  vermeiden.    Es  wäre  mir  nichts  leichters  ge- 


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280 


wesen,  als  Wielandeu  und  seine  Auflietzer  lächerlich  zu  machen, 
da  diese  Leüte  auch  einem  Schönaich  Bloße  gegebeu.  Aber 
ich  habe  diesesmal  noch  ernsthaft  mit  ihnen  geredet,  will  aber 
nicht  fürs  künftige  stehen.  Es  sollte  mir  leid  seyn,  wann  ich 
durch  fernere  Reitzungen  weiter  getrieben  werden  sollte  als  ich 
dermalen  noch  selbst  denke.  Herrn  Bodmern  hätte  ich  gern 
verschont,  da  ich  in  ihm  den  Kunstrichter  eben  so  hoch  schätze, 
als  ich  den  Poeten  verachte.  Aber  dieser  Mann  ist  die  wahre 
fax  et  tuba  belli.  Die  Zürcher  freyniüthigen  Nachrichten  sind 
sein  Tummelplatz,  wo  er  seine  Rache  ausläßt,  und  sogar  in 
Privat- Schreiben,  an  seine  Freünde  in  den  hiesigen  Gegenden, 
nimmt  er  mich  auf  das  ärgste  herum.  Soll  ich  immer  schwei- 
gen ?  J)  Dieser  Streit,  mein  liebster  Freund,  geht  Sie  mehr 
an ,  als  mich.  Ich  werde  unter  den  anakreontischen  Dich- 
tern mitgescholten ,  da  ich  doch  keiner  bin.  Warum  wird 
Leßings  nicht  gedacht?  Warum  nicht  der  Bremischen  Bey- 
träge?  Ist  diese  Partheylichkeit  auszustehen,  an  Leuten,  die 
von  nichts  als  Christenthum  predigen,  und  die  ehmals2),  da  ich 
noch  nicht  die  Ehre  gehabt ,  ihnen  zu  misfallen ,  der  feinen 
und  naiven  Scherze  eines  Utz  mit  Ruhm  gedacht  haben  ?  Hab 
ich  niemals  ernsthaft  gedichtet? 

Genug  hievon !  Ich  danke  Ihnen  für  Ihre  Romanzen  und 
Fabeln.  Herr  v.  Cronegk  ingleichen,  der  sich  Ihnen  empfehlen 
läßt.  Ich  habe  beyde  mit  neuem  Vergnügen  gelesen.  Ihre 
Fabeln  haben  das  Kurze  uud  das  Siccum  des  Phädrus,  wodurch 
sie  den  Fabeln  der  Minnesinger  ähnlich  werden.  Es  scheint 
aber,  daß  ,  indem  Sie  diese  Eigenschaften  in  Ihre  Fabeln  zu 
bringen  suchen,  das  Sylbenmaaß  zuweilen  vernachläßiget,  und 
der  Verstand  zusehr  von  einer  Zeile  in  die  andere  gezogen 
wird.  Ich  weis  wohl,  was  sich  wider  meine  Aumerkuug  sagen 
läßt;  und  obgleich  das  Ohr  auf  meiner  Seite  ist,  so  will  ich 
doch  nicht  darauf  beharren,  da  Sie  ohnfehlbar  über  die  Schreib- 
art in  Fabeln  mehr  nachgedacht  haben,  als  ich.  Indem  ich 
die  Romanzen  nochmals  durchgelesen ,  habe  ich  bedauert,  daß 
Sie  die  allzupoßierlichen  Titel  vorangesetzt.  Sie  haben  da- 
durch einigen  Recensenten  Anlaß  gegeben,  Ihre  Romanzen  für 

1)  Darnach  gestrichen  :  „und  niemals  reden?" 

2)  Am  runde:  «Sehen  Sie  den  Crito  nach,* 


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Satiren  auf  die  Mordgeschichte  anzusehen.  Ein  Gegenstand,  der 

zu  weit  unter  Ihnen  ist!  Die  Romanze  ist  keine  Satire.  

Anspach  den  28.  Jul.  1757. 

An  Herrn  v.  Kleist  habe  ich  uicht  geschrieben.  Nach 
den  Zeitungen  zu  urtheilen,  ist  er  nicht  mehr  in  Leipzig.  Ich 
will  meinen  Briefwechsel  mit  ihm  in  glücklichern  Zeiten  an- 
fangen: ach!  wann  kommen  sie? 

Sie  finden  hier  die  Ode  an  die  Weisheit  beygeschloßen. 
Ich  weis  nicht,  warum  der  närrsche  Verleger  Berlin  auf  den 
Titel  gesetzt.  Ich  glaube,  daß  er  es  Weitbrechts  wegen  gethan. 

76.  Gleim  an  Uz. 

Liebster  Freund, 

Noch  zur  Zeit  dürfen  Sie  für  ihren  Gleim  nicht  zittern. 
Er  befindet  sich  Gott  lob  noch  ganz  wohl,  und  fürchtet  sich 
vor  dem  Uugewitter,  daß  sich  über  ihm  zusammen  zieht  nicht, 
so  lange  Friedrich  lebt.  Seine  einzige  Furcht  ist  für  seines 
Helden  Leben,  denn  iu  was  für  Lebensüefahren  befindet  er  sich 
nicht.  In  der  Schlacht  bey  Collin,  oder  vielmehr  in  dem  Sturm 
bey  Chotemitz,  durch  den  er  bey  Kriegs  Verständigen  mehr 
Ehre  erlangt  hat,  als  durch  acht  oder  Neun  gewonnene  Schlach- 
ten, ist  es  nahe  dabey  hergegangen  -  Aber  hievon  darf  ich 
meinem  Uz  nichts  schreiben  —  Er  ist  auch  zufrieden,  wenn 
ich  ihm  sage,  daß  ich  vergnügt  bin.  Vergnügt?  In  so  böser 
Zeit?  Da  der  Feind  so  nahe  ist?  Nur  sieben  Meilen  von 
hier?  und  in  zwey  Tagen  hier  seyn  kan,  mit  Schwerd  und 
Feuer  in  der  Hand !  —  Ja,  liebster  Freund,  dennoch  bin  ich 
vergnügt.  Denn  was  würde  es  helfen,  wenn  ich  es  nicht  wäre? 
Zuweilen  zwar  seufze  ich  über  die  Helden,  die  sich  einander 
morden,  und  über  das  Unglück,  das  der  Krieg  in  ganz  Deutsch- 
land verbreitet,  aber  ich  erhole  mich  bald  wieder,  denn  wenn 
ich  den  Gedancken  darüber  lange  nachhienge,  so  könte  ich 
ohnmöglich,  die,  bey  allen  Gefahren  so  nöthige,  Aufgeräumt- 
heit behalten.  Bisher  habe  ich  mich  mit  Anlegung  eines  Garten 
beschäftiget,  und  in  einer  recht  königlichen  Laube  sehr  oft  ge- 
seßen,  mit  Horaz  oder  Uz  in  der  Hand.  —  —  — 

Ich  nehme  Ihnen  nicht  übel,  daß  sie  wieder  Herrn  Wie- 


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282 

land  aufgebracht  sind,  sie  sind  es  mit  größtem  recht,  er  bort 
nicht  auf,  und  verfahrt  wieder  sie,  auf  so  parteyische  Weise, 
dal*  man  sich  nicht  genug  darüber  verwundern  kan.  Die 
Zürcher  freym.[üthigen]  Nachrichten  sind  mir  erst  vor  kurzem 
in  die  Hände  gefallen,  und  icb  habe  mich  so  sehr  über  die 
gezwungene  und  grobe  Art,  mit  welcher  man  meinen  Uz  an- 
tastet, geärgert,  daß  ich  gewiß  nichts  anders  als  ein  Pasquil 
gemacht  hätte,  wenn  mein  erster  Eifer  in  so  etwas  ausge- 
brochen wäre.  Ihre  Gelindigkeit  hingegen  kan  ich  nicht  anders 
als  sehr  billigen,  wiewohl  ich  nicht  glaube,  daß  ein  gewißes 
Publicum  von  der  ganzen  Streitigkeit  einen  richtigen  histori- 
schen Begriff  aus  Ihrem  so  schonen  Schreiben  bekommen  werde. 
Mich  dünckt,  eine  trockene  Erzählung,  wie  sie  entstanden,  mit 
Aufuhruug  aller  Parthevlichkeiten,  in  einem  prosaischen  Schrei- 
Ikmi  würde  die  Absicht  beßer  erreicht  haben ;  Es  ist  par  zu 
lacherlich,  daß  ein  Poet  nicht  von  Liebe  und  Wein  singen1) 
soll.    Opit*  sagt : 

Wer  mit  der  Jugend  zürnt  daG  sie  liebt  Lieb  und  Wein 
lVr  iuui<  ;»u  Kräften  dürr,  und  crün  an  Sinnen  «ejn. 
Neid,  brenne  wie  du  wih 

Hat  nicht  Wielaud  selbst  davon  gesungen?  Sehn  sie  seinen 
Antun  id,  worin  n  Er  ihrer  und  meiner  mit  Lobe  erwähnt  hat. 
Man  mi:->  wahrhatVg  ein  sehr  ix-ses  Herz  haben,  wenn  man 
no  leicht   a:  dtrer  Mei::u:^  werden  kan.  oder  man  beweißt» 

d.u*  man  xor'-.er  e::.e  Mt :i :::::: c  ohr.e  Verstand  aE^eiiommen  hat 
Uevr  Itvhv.er  Vs\  iv.ir  fi:-er  die  ^herzhaften  Lieder  so  viel 
iV'.vpI-.t^'M;'  gv.-  ^h': ,  a.;^  ich  bevnah  eesrlav.b:  baue.  *ie 
wäen  a.is,  wolv.r  er  si:»  hit\;.  v.l  i  nur.  a::t  ein  mahl  ist  er  so 
M'i'f  ahes  ?v ;^r;  h  A::e.   S  -  hi'cvn  recht,  da*:  mich  der 

M  e;t  v.  ::  *  ^. :  %  r.v..*  uh  :v..  >  i:e  re:—:  zeksclien  Hiebe  gar 
w.hh  vr.e  iv .v*  r.  r  c- ; U  * r  :;h  =:v.^  sresv :  ~.  da*- "sie  mir 
k.-i u:::  e  r*  Aue;  •. '.  ...k  weh?  z':m~.  Pf  sc  v^i  mir  einfallt, 
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Y    ::ir-  r:  h-i-.T-.    \ :':  r*r  M^se  rz  Ixt^ehesu  ist 


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in  der  That  schändlich,  und  kan  nicht  anders  als  mit  Bosheit 
gescheht).  Unmöglich  kan  Herr  Wieland  einen  vernünftigen 
Menschen  auf  seiner  Seite  haben,  wenigstens  keinen,  der  ihre 
Lieder  gelesen  hat.  Es  fehlt  mir  an  Zeit,  ihnen  etwas  ordent- 
licheres hierüber  zu  sagen;  Herrn  Wieland  habe  gebeten,  Sie 
zufrieden  zu  laGen,  und  ihm  gesagt,  daß  ich  jede  Beleidigung 
für  meine  eigne  ansehn  würde.  Er  hat  sich  nicht  daran  ge- 
kehret; in  dem  ersten  Schreiben  nach  Zttrch  werde  mich  er- 
kundigen, ob  er  bey  gutem  Verstände  ist.  Herr  Gesner,  der 
mir  bis  dahin  nur  noch  allein  geschrieben  hat,  scheint  sich 
zurückzuhalten.  Er  arbeitet,  wie  mir  Herr  v.  Kleist  gemeldet, 
ebenfalls  an  einem  biblischen  Gedicht,  Abels  Opferung; 
nach  den  Theilen,  so  man  davon  gesehn  hat,  urtheilt  man  sehr 
gut  von  dem  Ganzen.  Herr  Sulzer  ist  nicht  ganz  unparteyisch, 
es  ist  ein  gar  zu  blinder  Verehrer  von  allem  was  aus  Zürch 
komt.  Sie  fragen :  Warum  wird  Leßings  nicht  gedacht  ?  Ich 
glaube,  weil  man  ihn  fürchtet.  Denn  warum  läßt  man  Käst- 
nern zufrieden,  der  in  den  vermischten  Schriften  sich  für  einen 
Anti-Christen,  in  Absicht  auf  die  biblischen  Gedichte  öffent- 
lich erklärt  hat.  Ebenfalß  weil  man  die  Satire  scheut.  Es 
ist  ein  rechter  Jammer,  daß  die  besten  Köpfe  gemeiniglich 
wieder  einander  sind.  Es  scheint  Herr  Bodmer  sey  eben  nicht 
friedfertig.  Mit  Herrn  Klopstock,  dem  friedfertigsten  besten 
Menschen  von  der  Welt,  hat  er  sich  nicht  acht  Tage  vertiageu. 
(Haben  Sie  Klopstocks  Tod  Adams  gelesen  ?  Gestern  lali 
ich  ihn  einer  Gesellschaft  von  15  Personen  in  meiner  Laube 
vor,  und  kein  Auge  blieb  trocken)  —  Herr  von  Kleist  meint 
auch,  daß  er  mit  ihm  nicht  lange  zu  recht  kommen  würde; 
er  hätte  zu  sehr  den  Geist  der  Rechthaberey.  Aber  er  hat, 
wie  ich,  einen  Abscheu  für  allen  Zänckereyen,  wodurch  man 
einem  Theil  des  Publici  zum  Gelächter  wird;  demohn[ge]achtet 
würde  ich  für  meinen  Uz  eine  Lanze  brechen,  wenn  es  meine 
itzigen  Umstände  verstatteten.  Doch  stehe  ebenfalls  für  die 
Zukunft  nicht.  Wenn  ja  Partheyen  seyn  sollen,  warum  solten 
wir  Bedencken  haben,  die  vernünftigste  auszumachen,  da  zwi- 
schen Gottschedianer  und  Schweizer  diese  in  der  Mitte  stehn  kan. 

Herr  Beyer   hat   keine  Zeit  an    einen  Federkrieg  zu 
dencken,  da  ihm  der  andere  leidige  Krieg  zu  viel  zu  schaffen 


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macht  —  Er  hat  neinlich  die  Expedition  im  Krieges -Departe- 
ment —  Und  mir  geht  es  eben  so.  Sölten  wir  die  Franzosen 
ins  Land  bekommen,  so  würde  meiner  Arbeit  kein  Ende  sevn. 
Auf  allen  Fall  bin  ich  von  den  Landständen  schon  zum  Depu- 
taten an  den  Duc  de  Richelieu  ernennt,  der  an  des  Marschall 
von  Etrees  Stelle  das  Commando  übernommen  hat.  Vielleicht 
bekomme  also  die  unangenehme  Gelegenheit  zu  erfahren,  ob 
das  Porträt,  das  Voltüre  von  ihm  gemacht,  dem  Original  gleicht. 

Ihr  Urtheil  von  meinen  Fabeln  ist  vollkommen  gegründet. 
Bey  einer  neuen  Ausgabe  werde  auf  das  Sylbenmaaß  mehr 
Fleiß  wenden.  Ich  weiß  in  der  That  nicht,  ob  sie  schon  den 
zwoten  Theil  erhalten  haben,  in  ihren  Briefen  finde  keine  Spur 
davon.  Auf  allen  Fall  lege  ein  Exemplar  bey.  Die  Titul  der 
Romanzen  sind  freylich  allzupoßirlich.  Aus  Nachsicht  für  den 
Geschmack  gewißer  hiesiger  Leser  sind  sie  entstanden,  sie 
werden  aber  bey  einem  ernstlicheren  Druck  gewiß  wegbleiben. 

Nebst  dem  Siegeslied  nach  der1)  Schlacht  vor  Prag  sind 
verschiedene  von  gleicher  SchreibArt  zum  Vorschein  gekommen, 
als  Marschlied  der  Preußen  Siegeslied  nach  der 
Schlacht  bey  Collin  p  aber  ich  habe  kein  Exemplar  davon  be- 
kommen können.  Hingegen  könte  ich  von  dem  holländischen 
Volontär  mehr  als  eines  beylegen,  mehr  aber  werden  sie  nicht 
nöthig  haben,  die  Warheit,  von  den  Lügen  der  Zeitungsschreiber 
zu  unterscheiden. 

Dem  Herrn  von  Cronegk  empfehle  mich  aufs  beste  —  Ist 
es  an  dem,  daß  er  der  Verfaßer  des  Freundes  ist,  der  zu 
Anspach  herausgekommen  ?  Ich  habe  ihn  verschrieben,  nach- 
dem er  mir  als  solcher  genent  worden, 

Leben  Sie  vergnügt,  liebster  Freund, 

Wir  wolln  die  böae  Zeit 
Begraben  in  dem  Wein,  mit  Muth  und  Frölichkeit, 

wie  Opitz  sagt.  

Halberstadt  den  16'«  Aug.  1757. 

Es  gefällt  mir  ungemein,  daß  Sie  Herrn  Wielanden,  mit 
den  Zweyen  Versen  aus  seinen  moralischen  Briefen,  von  sich 
entlaßen  haben.  Sie  drücken  seinen  in  den  Sympathien  be- 
wiesnen  Caracter  aus.  

1)  Zuerst:  auf  die 


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Der  junge  Herr  Nicolai  (nicht  der  Profeßor  zu  Franck- 
furth,  der  die  trockene  Vorrede  gemacht  hat)  sondern  sein 
Bruder,  ein  Buchhändler,  ist  der  vornehmste  Verfaßer  der 
Briefe  tiher  den  Zustand  der  schönen  Wißenschaften  in  Deutsch- 
land. Er  arbeitet  auch,  nebst  Herrn  Leßing,  und  dem  Juden 
Moses  an  der  Bibliotheck  der  schönen  Wißenschaften  wovon 
der  erste  Theil  heraus  ist. 

Der  Herr  von  Kleist  ist  noch  in  Leipzig,  als  Major  des 
Hausenschen  Regiments.  Ich  habe  ihn  Ostern  besucht,  und 
bin  acht  Tage  bey  ihm  gewesen.  Aber  er  war  kranck,  und 
wir  konten  daher  uns  die  Zeit  nicht  recht  nach  Wunsch  zu 
Nutze  machen.  Er  hat  eine  Ode  an  die  Preußen  gemacht,  die 
ich  einandermahl  beylegen  werde. 

77.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freünd, 

Ich  kann  die  Ungewißheit  nicht  länger  ausstehen:  ich 
muß  wißen,  wie  Sie  leben.  Und  doch  weis  ich  nicht ,  ob  Sie 
meinen  Brief  erhalten  werden.  Ist  Halberstadt  offen  ?  Sind 
Sie  daselbst  ?  oder  sind  Sie,  wie  man  gesaget  hat,  als  Geissei, 
in  dem  französischen  Lager?  Ich  ängste  mich  um  Sie,  bis 
Sie  mir  meine  Sorgen  benehmen.  Vielleicht  haben  Sie  mehr 
Vergnügen,  als  Unrauth  gehabt,  Franzosen  sind  keine  Panduren. 
Was  für  große  Begebenheiten  erleben  wir  nicht!  Die  Nach- 
welt wird  sie  kaum  glauben ;  und  so  abgebraucht  dieser  Aus- 
druck ist ,  so  eigentlich  ist  er  bey  dieser  Gelegenheit.  Wenn 
die  Lande  Friederichs  keinen  Virgil  oder  Horaz  hervorbringen; 
so  ist  es  eine  Schande  für  die  Nation.  Meine  Leyer  beschäf- 
tiget sich  noch  immer  mit  alkäischen  Klagen.  Aber  ich  mag 
Ihnen  nichts  dergleichen  schicken.  Weis  ich  doch  nicht  ein- 
mal, in  was  für  Hände  dieser  Brief  kommen  wird!  Verhehlen 
Sie  mir  nicht,  wann  Sie  etwas  neues,  etwas  großes  wissen; 
und  glauben  Sie,  daß  ich  ein  Deutscher  bin. 

Die  Verfasser  der  neuen  Bibliothek  haben  meine  Ehre 
sehr  nachdrücklich  wider  Wielanden  und  seine  Rotte  gerettet. 
Ich  bin  mit  diesen  Herrn  sehr  wohl  zufrieden.  Nur  wollte 
ich  wünschen,  daß  sie  Herrn  Bayern  mehr  Gerechtigkeit  er- 


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wiesen  hatten.  Sie  müssen  seine  Gedichte  gar  nicht  kennen, 
als  nach  dem  Titel.  Glauben  Sie,  daß  ich  künftighin  mit 
meinen  Schweitzern  mich  weiters  einzulaßen  nötbig  habe?  Ich 
will  sie  nach  Herzenslust  schimpfen  laßen,  denn  das  werden 
sie  in  allen  Schriften  thun,  die  sie  aushecken.  Hat  doch  der 
Vorredner  von  den  Schweitzer- Fabeln  mich  und  Schönaich  zu- 
sammen gebracht,  ohne  daß  jemand  errathen  kann,  wie  wir 
Beyde  hier  zusammen  kommen. 

Wenn  diese  Leute  auch  Gcsnern  verderben ,  wie  ich  fast 
fürchte,  da  er  schon  mit  epischen  Gedichten  sich  einläßet;  so 
kann  ich  es  ihnen  nicht  verzeihen.  Ein  so  schönes  Genie  kommt 
in  Deutschland  nicht  oft  hervor.  Aber  hatte  nicht  Wieland 
auch  dergleichen?  Von  Herrn  Sulzern  und,  unter  uns  gesagt, 
auch  von  Herrn  Hammlern  verspreche  ich  mir  keine  genaue 
Unpartheylichkeit.  Doch  bin  ich  begierig,  des  letztern  über- 
setzten Batteux  vollends  zu  Gesichte  zu  bekommen.  Er  ist 
ohnfehlbar  ein  vortrefflicher  Kunstrichter. 

Klopstocks  Tragödie  habe  ich  gelesen.  Ich  war  zum 
voraus  dawider  eingenommen;  und  habe  mich  doch  der  Thranen 
bey  einigen  Stellen  nicht  enthalten  können.  In  der  Bibliothek 
aber  ist  es  stark  getadelt  worden.  Ich  bin  begierig  zu  sehen, 
was  sie  von  Klopstocks  Liedern  sagen  werden.  Mir  haben  sie 
sehr  wenig  gefallen,  und  er  hat  einige  Lieder  unsers  Gesang- 
Buchs  verschlimmert,  nicht  -verbessert.  Geliert  gefallt  mir 
noch  besser,  ob  er  gleich  weniger  Poet  ist.  Soll  ich  Ihnen 
einmal  eine  Probe  schicken  ,  wie  meine  geistliche  Lieder  aus- 
sehen? Sie  werden  selbst  vermuthen,  dali  ich  nicht  daran 
denke,  sie  drucken  zu  laßen,  zu  einer  Zeit,  da  wir  mit 
geistlichen  Liedern  so  sehr,  als  ehemals  mit  anakreontischen 
bedrohet  werden.  Auch  Gottsched  will  dergleichen  drucken 
laßen,  und  Saul  ist  auch  unter  den  Propheten. 

Die  zwey  Theile  Ihrer  Fabeln  laße  ich  nicht  binden,  bis 
ich  ein  Bändgen  machen  kan.  Ich  bin  noch  immer  der  Mei- 
nung, daß  Ihre  Art  der  Fabel,  ob  sie  gleich  nicht  Gellertisch 
ist,  dennoch  sehr  gut  und  im  Geschmack  der  Alten  ist.  Wenn 
Sie  sich  die  Mühe  geben  wollen,  Ihre  Verse  nur  ein  klein 
wenig  mehr  zu  schleifen,  so  werden  Sie  der  deutsche  Phädrus 
seyn. 


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Herr  von  Cronegk  läßt  sich  Ihnen  durch  mich  empfehlen, 
und  bitten,  daß  Sie  von  ihm  nicht  nach  den  Versen,  die  im 
Freund  stehen,  urtheilen  sollen.  Sie  sind  nicht  behörig  aus- 
gearbeitet. Er  ist  übrigens  der  vornehmste  Verfasser  dieser 
Wochenschrift,  woran  ich  keinen  Antheil  habe.  Vielleicht 
werde  ich  manchmal  ein  Blatt  zu  einer  neüen  schreiben,  die 
künftiges  Jahr  herauskommen  soll,  und  wovon  ich  Ihnen  so- 
dann einige  Blätter  zur  Probe  überschicken  will.  —  —  — 

Anspach  den  16.  Nov.  1757. 

Diese  Meße  ist  fast  kein  gutes  Buch  herausgekommen. 
Traurige  Folge  des  Kriegs !  Schreiben  Sie  mir  doch,  ob  Lieber- 
kühn der  Uebersetzer  Theocrits  ist.  Ich  traue  es  ihm  kaum 
zu.  Des  Herrn  v.  Kleist  Ode  an  die  preüßische  Armee  besitze 
ich  und  sie  ist  schön.  Der  holländische  Volontaire  ist  hier 
ebenfalls  bekannt  und  sehr  beliebt,  obgleich  nur  im  Nachdruck. 
Kommt  nicht  bald  ein  neües  Stück? 

Zachariä  hat  in  der  neuen  Edition  seiner  Tagzeiten  meinen 
Nahmen  aus  dem  Verzeichniß  der  deutschen  Dichter  weg- 
gestrichen. Warum  ?  das  weis  ich  nicht ;  ich  hin  auch  nicht 
böse  darüber.  Aber  wer  ist  der  Schmid,  den  er  an  meiner 
Statt  verewiget  hat  ?  Es  ist  doch  nicht  der  Verfasser  der  ab- 
scheulichen Tragödie  Candaules? 

Ich  habe  letzthin  von  Ihnen  ein  an  Sie  gestelltes  Brief- 
Couvert  erhalten,  worein  Sie  Ihre  Fabeln  gewickelt  hatten.  Sie 
werden  darinn  als  Canonicus,  ich  weis  nicht,  von  welchem 
Heiligen  betitelt.  Schreiben  Sie  mir  doch,  was  für  eine  Ver- 
änderung in  Ihrer  Titulatur  vorgegangen. 

78.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freünd, 

Sie  antworten  mir  gar  nicht?  Sie  haben  mich  doch  nicht 
vergeßen  ?  Aber  ich  entschuldige  Sie.  Die  Umstände  des 
leidigen  Krieges  sind  wohl  die  Ursache  Ihres  langen  Still- 
schweigens. In  welcher  Angst  war  ich  nicht  um  Sie,  als  ich 
die  traurige  Geschichte  von  Halberstatts  Unglück  las  !  Aber 
ich  hoffe,  daß  Sie  nichts  dabey  gelitten  haben  werden.  Die 
Musen  werden  über  ihren  Freünd  gewacht  haben.  Sie  müssen 


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noch  mehr  Siegeslieder  auf  Ihren  großen  Friederich  schreiben. 
Denn  wer  kann  es,  wie  Sie?  HE.  Weise  in  Leipzig  hat  mir 
Ihr  Kriegslied  auf  die  Schlacht  hey  Roßbach  geschickt.  Und 
nun  glaubeich,  daGSie  auch  die  zwey  geraachthaben,  die  in  der 
Bibliothek  für  die  Liebhaber  der  schönen  Wißenschaften  stehen. 
Sie  sind  ein  Meister  in  dieser  Art,  welche  Deütschland  noch 
nicht  gehabt  hat.  Wenn  Sie  in  dem  ersten  Stücke  die  deüt- 
schen  Völker  weggelaßen  hätten ,  so  glaube  ich,  daü  Ihr  Lied 
am  Plan  viel  gewonnen  hätte.  Das  ganze  Stück  ist  voll 
Meister-Züge,  sonderlich  am  Anfang  und  am  Ende.  Aber  was  ist 
nicht  schön,  das  aus  Ihrer  Feder  kommt !  Warum  hat  der  Hollän- 
dische Volontair  aufgehört?  Denn  die  Fortsetzung  ist  nicht  von 
dem  ersten  Verfasser,  deßen  Nahmen  ich  wißen  möchte.  Diese 
Schrift  hat  viel  ßeyfall  gefunden.  Sie  können  mir  itzt  wieder 
schreiben,  da  Sie  in'  Halberstadt  nunmehr  außer  Gefahr  sind. 
Ich  erwarte  einen  weitläufigen  Brief  von  Ihnen,  wie  Sie  leben, 
wie  es  Ihnen  bisher  ergangen,  und  von  tausenderley  Dingen, 
deren  ich  in  meinem  letzten  Schreiben  gedacht  habe. 

Ich  habe  einen  großen  Verlust  erlitten.  Der  liebe  Hof- 
Rath  von  Cronegk  ist  am  ersten  Tage  dieses  Jahres  zu  Nürn- 
berg an  den  Blattern  gestorben.  Wie  viel  Thränen  hat  mich 
dieser  Tod  gekostet!  Er  hat  gelebt,  als  ein  Weiser,  und  ist 
gestorben,  als  ein  Weiser.  Sein  Verlust  ist  unersetzlich  für 
mich.  Sie  werden  ihn  gewiß  bedauern:  denn  er  schätzte  Sie 
hoch,  und  erinnerte  sich  oft  mit  Vergnügen  der  Tage,  die  er 
in  Leipzig  mit  Ihnen  zugebracht.  Das  Gedicht  auf  seinen  Tod, 
das  ich  gemacht  habe,  ist  noch  nicht  gedruckt,  sonst  würde 
ich  es  Ihnen  mitgeschickt  haben.  Sie  sollen  es  aber  bekommen. 
Es  erfreüet  mich,  da(i  sein  Trauerspiel :  Codrus,  den  Preis  er- 
langet. Ich  werde,  nach  seinem  Verlangen,  was  er  ausgearbeitet 
hinterlaßen  hat,  zum  Drucke  befördern.  Aber  er  hat  vieles 
nicht  vollendet.  Liebster  FreÜnd!  laßen  Sie  sich  dieses  zur 
Warnung  dienen !  Der  Tod  übereilt  uns.  Ich  bin  versichert, 
daß  Sie  auch  vieles  angefangen  haben.  Fangen  Sie  nicht« 
neties  an,  bis  die  alten  Sachen  weggearbeitet  sind.  Soll  Ihr 
Anakreon  mit  Ihnen,  absterben?  Glauben  Sie,  daß  jemand, 
außer  Ihnen,  eine  Uebersetzung  Ihres  Lieblings  liefern  kann? 
Ich  werde  nicht  aufhören,  diese  Erinnerung  bey  Ihnen  zu 


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wiederhohlen ;  und  ich  weis,  daß  die  Welt  mir  es  danken  würde, 
wenn  sie  es  wüßte. 

Glauben  Sie  nicht,  daß  Wieland  wieder  etwas  ausbrütet? 
Er  wird  gewiß  nicht  schweigen.  Sein  Schelten  wird  doch  nicht 
Ursache  seyn,  daß  Sie  den  Anakreon  bey  Seite  gelegt  haben? 
Sie  können  nicht  so  verzagt  seyn,  da  Sie  ja  ein  Preuße  sind. 
Wieland  mag  Heldengedichte  schmieren.  Sein  Hermann  wird 
in  seiner  Art  so  elend  seyn,  als  Schönaichs  Hermann  in  einer 
andern  Art  ist.  Ich  will  nur  sehen,  ob  diese  Wuth  der  Helden- 
dichterey  in  Deütschland  niemals  aufhöret.  —  —  — 

Anspach  den  13.  Mart.  1758. 

79.  Gleim  an  Uz. 

Liebster,  Theurester  Freund, 

Tausendmahl  habe  ich  mich  der  Schuldigkeit  Ihnen  zu 
sagen,  daß  ich  noch  lebe,  erinnert;  zehn  Briefe  habe  ich  an- 
gefangen, endlich  entreiße  ich  mich  den  zehntausend  Hinder- 
nißen,  Zerstreuungen,  oder  wie  Sie  das  alles  nennen  wollen,  — 

 Ein  Theil  jener  Hinderniße,  liebster  Freund,  ist  Ihnen 

aus  den  Zeitungen  bekant,  Was  für  eine  lange  Chro- 

nick  könte  ich  ihnen  von  dem  vorigen  Einen  Jahre  schreiben ! 
Aber  ich  werde  die  zehn  BriefFragmente  aufsuchen,  und  sie 
bitten,  mit  dem,  was  ich  Ihnen  darinn  von  unserm  bisherigen 
Schicksahl,  und  dem  meinigen  besonders,  gesagt  habe,  bis  nach 
dem  Kriege  vorlieb  zu  nehmen.  Denn  nach  dem  Kriege  konten 
sie  vielleicht  alles  mit  mehrerm  in  einer  eigentlichen  kleinen 
Chronick  zu  lesen  bekommen.  Mit  wenigem  jedoch,  muß  ich 
Ihnen  sagen,  daß  ich  in  dem  hiesigen  Sturm  fast  am  leid- 
lichsten davon  gekommen ;  in  der  ganzen  Stadt  ist  mein  Hauß 
das  einzige  gewesen,  das  keinen  Feind  beherberget  hat ;  (denn 
diejenigen,  welche  mich  besuchten,  oder  vielmehr  meine  kleine 
Bibliotheck,  waren  wohl  keine  Feinde  ?)  das  in  den  betrübten 
Tagen  vom  1112?  bis  15*12  Jenner,  von  feindlichen  Begegnungen 
befreyet  geblieben. 

 Um  Ostern  aus  war  der  Herr  Major  von  Kleist 

auf  Execution  zu  Bärenburg,  sechs  Meile  von  hier!  Ich  be- 
suchte ihn  also  daselbst,  und  hatte  acht  sehr  vergnügte  Tage 

Oleim-Ui,  Briefwechsel.  19 


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290 


bey  Ihm.  Wollen  wir  nicht  gemeinschaftlich  an  unsern  lieben 
lieben  Uz  schreiben?  fragten  wir  uns  einander  zehnmal!  Wir 
setzten  uns  hin,  wir  bekamen  Besuche,  unter  andern,  kam 
auch  Herr  Pastor  Lange  von  Laublingen  (eine  Meile  von  Bären- 
burg) des  Tages  zweymahl,  wir  schieden  von  einander,  und 
sagten  beym  Abschiede:  An  den  lieben  Uz  haben  wir  nun 
doch  nicht  geschrieben!  —  —  —  Als  mein  Kleist  mit  der 
Armee  des  Prinzen  Heinrich  marschierete,  wie  freuete  ich  mich 
da,  daß  Er  nach  Anspach  kommen  ,  und  meinen  Uz  kennen 
lernen  würde!  Weit  von  Ihnen  ist  er  nicht  gewesen.  Ich 
weis  nicht  wie  der  nächste  Ort  an  Anspach  heißt,  wo  Er  ge- 
standen hat!  Er  hat  mir  geschrieben,  wie  sehr  ihn  geärgert 
habe,  daß  die  Armee  zurückgegangen,  ehe  er  sie  gesehen. 
Izt  steht  er  im  Lager  bey  Dippoltswalde,  ohnweit  Dresden, 
wenigstens  hat  er  mir  unterm  2«  dieses  daher  geschrieben. 
Was  meinen  sie  ?  Mitten  im  Getümmel  des  Mars  sind  die  Musen 
um  ihn.  Aber  sie  begeistern  ihn  auch  nur  zu  Heldenliedern. 
Er  arbeitet  an  einer  so  genanten  KriegesGeschichte.  Sein  Held 
heißt  Cißides.  Sie  scheint  in  ganz  besonderm  Geschmack  zu 
seyn,  wenn  ich  nach  dem  Stück,  das  Er  mir  mitgetheilt  hat, 
urtheilen  soll?  Die  neuen  Gedichte  von  dem  Ver- 
faßer des  Frülings,  wovon  Herr  Leßing  der  Herausgeber 
ist,  haben  sie  ohne  Zweifel  schon;  aber  gewiß  noch  nicht  die 
Kriegeslieder  im  Taschenformat.  Auf  ausdrücklichen  Be- 
fehl des  Grenadiers,  der  sie  gesungen  hat,  soll  ich  Ihnen  bey- 
gehendes  Exemplar  übersenden,  mit  Bitte,  daß  sie  belieben 
möchten,  mir  ihre  Kunstrichterlichen  Gedancken ,  darüber  zu 
eröfnen,  die  ich  ihm  sodann  bekant  machen  soll ;  er  verspricht, 
seine  künftigen  Siegeslieder  aus  Danckbarkeit  in  beßerer  Sprache 
zu  singen,  wenn  sie  ihm  sagen,  daß  die  seinige  Ihneu  miß- 
fällt; welches  Er  besorgt.  In  seinem  lezten  Schreiben,  aus 
dem  Lager  bey  KonigsGräz,  schrieb  Er  an  mich: 

Ihnen  gefallen  meine  schlechten  Lieder,  weil  sie  wißen, 
daß  ich  ein  Grenadier  bin,  aber  werden  sie  auch  Herrn 
Uzen  gefallen,  der  es  nicht  weiß?  der  vielleicht  glaubt, 
daß  nur  Jemand  den  Caracter  eines  GrenadierPoeten  ange- 
nommen hat?  Laßen  Sie  ihn  aber  noch  in  Ungewißheit, 
und  verschweigen  ihm  meinen  Nahmen.    Er  könte  einen 


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Freund  bey  unserer  Armee  haben  ,  dem  er  mich  verriethe. 
Aus  dieser  Stelle  ersehn  sie  zugleich ,  daß  ich  Ihnen  nicht 
sagen  darf,  wer  der  alte  Potsdammische  Freund  ist,  der  nach 
Art  der  Barden,  unsere  Heldengeschichte  gesungen  hat;  itzt, 
muthmaße  ich,  wird  Er  auf  dem  Wege  zur  Dohnaischen  Armee 
seyn ;  wenigstens  ließ  er  in  seinem  letzten  Schreiben  mercken, 
daß  Er  die  Rußen  noch  gern  schlagen  möchte,  mit  dem  Degen, 
und  der  Leyer,  wie  er  sagt.  Es  wäre  doch  artig,  wenn  Er 
bey  allen  Schlachten  wäre,  und  bey  allen  gesund  davon  käme. 
Noch  ist  Er  kein  einzig  mahl  verwundet  gewesen.  Man  könte 
auf  ihn  parodiren,  was  Horaz  sagt: 

Me  truncua  illapsus  cerebro 
Suatulerat:  nisi  Faunus  ictnm 
Dextra  levaßet,  Mercurialium 
Custos  virorum. 

Den  Verfaßer  des  Vorberichts  werden  sie  leicht  errathen , 
ich  würde  kein  Geheimniß  draus  machen,  wenn  ich  wüste, 
daß  Sie  mein  Schreiben  unerbrochen  bekommen  würden.  Aber 
auf  welcher  Straaße  werden  nicht  jetzo  die  Briefe  durchsuchet? 
und  es  ist  eben  nicht  nöthig,  daß  derjenige,  der  diesen  etwa 
aufmacht,  denselben  erfahre. 

Sechs  gantze  Wochen ,  in  der  angenehmsten  JahresZeit, 
den  May  hindurch,  habe  ich  auf  einer  Reise  nach  Berlin,  und 
bis  Stettin  zugebracht.  Was  für  eine  angenehme  Reisebe- 
schreibiing  ließe  sich  machen  !  Tausendmahl  angenehmer,  wenn 
Uz  und  Gleim,  wie  ehemahls  Bachaumont  und  Chapelle,  in 
Gesellschaft  die  Reise  gethan  hätten.  Was  für  angenehme 
Schwärmereyen  könten  wir  in  Verse  bringen,  wenn  uns  die  Prose 

zu  trocken  wäre !  Ramler,  Leßing,  Sulzer,  Agricola, 

Krause  (der  Musicus ,  nicht  der  dumme  Zeitungsschreiber  für 
den  behüte  der  Himmel !)  Bach ,  Graun ,  Kurz  alles,  was  zu 
den  Musen  und  freyen  Künsten  gehört  gesellte  sich  täglich 
zu  einander,  bald  zu  Lande,  bald  zu  Waßer;  was  für  Ver- 
gnügen war  es  in  solcher  Gesellschaft  auf  der  Spree  mit  den 
Schwänen  um  die  Wette  zu  schwimmen!  Was  für  Lust,  in 
dem  ThierGarten  sich  mit  der  gantzen  Gesellschaft  unter  tau- 
send Mädchen  zu  verirren  ?  Könten  sie  doch  nur  einmahl  das 
schöne  Berlin  sehn !   Ich  traf  viele  französische  Officiers  alß 

19* 


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292 


KriegsGefangne  an,  die  vor  ein  Paar  Monathen  unter  nnsern 
Überwindern  waren ;  alle  gestunden  einmüthig,  überhaupt  ge- 
nommen, sey  Berlin  weit  schöner  als  Paris!  Auch  gefiel  Ihnen 
dieLebensArt  beßer;-  hingegen  gefiel  die  LebensArt  der  Herren 
Franzosen  ,  den  Berlinern  nicht.  Alle  Tage  hörte  man  von 
lächerlichen  Streichen.  Wir  haben  alle  geurtheilet,  die  fr.fan- 
zösische]  Kation  sey  durchaus  verdorben ;  mich  wundert,  daß 
ihre  moralischen  Scribenten  nicht  mehr  über  den  Verfall  der 
Sitten  klagen;  Ist  er  etwa  nicht  schädlicher  als  der  Verfall 
des  Geschmacks?  Waß  für1)  ein  Jammer,  solche  Nation  den 
Meister  spielen  sehn ! 

Wie  lang  zerfleischt  mit  eigner  Hand 
Germanien  sein  Eingeweide  ? 

Von  Berlin  fuhr  ich  mit  dem  Herrn  von  Arnim ,  einem 
Mecen  der  Gelehrten2),  der  alle  Poeten  auswendig  kan,  alle 
Bücher  gelesen  hat,  aus  allen  Auszüge  macht,  aber  nicht 
weiß,  wie  sehr  unnütz  ihm  das  alles  ist,  nach  seinem  Lust- 
schloß Succow ,  zehn  Meilen  von  Berlin  ,  brachte  bey  diesem 
reichen  Musenfreunde,  der  jährlich  fünfzehn  tausend  ein- 
zunehmen hat,  aber  an  die  Aufnahme  der  schönen  Wißen- 
schaften,  ein  so  großer  Liebhaber  davon  er  ist,  nicht  fünfzehn 
Pfennig  wendet,  einen  Tag  in  dem  schönsten  Garten,  und  in 
der  auserlesensten  Bibliotheck,  sehr  übel  zu,  reiste  zu  dem 
Herrn  von  Berg  (nach  Schönfeld,  4  Meile  davon)  meinem 
beßern  Gönner,  mit  ihm,  blieb  acht  sehr  vergnügte  Tage  da, 
und  wurde  hierauf  von  ihm  nach  Stettin  begleitet,  wo  ich 
meinen  Bruder,  der  dort  verheyrathet  ist,  besuchte,  dem  Prinz 
von  Bevern  aufwartete ,  dem  Helden  ,  der  so  viel  Tausende 
schlug,  und  sich  von  einem  Panduren  gefangen  nehmen  ließ, 
die  Kriegsgefangenen  Schweden  und  Rußen  sah  ,  unter  letz- 
tern Gallmücken,  die  ich  für  Pavians  hielt,  und  hierauf  den 
Rückweg  Uber  Schönfeld  und  Succow,  nach  meiner  Schwe- 
ster zu  Lähme ,  2  Meilen  von  Berlin  ,  von  da  nach  meiner 
Schwestertochter  zu  Berlin,  von  da  nach  meinem  Bruder  zu 
Königshorst,  von  da  nach  meinem  Bruder  zu  Magdeburg,  von 
da  nach  Hause  nahm;  unvernierckt ,  liebster  Freund,  mache 

1)  Zuerst:  Und  ist  es  nicht 

2)  ,der  Gelehrten*  nachträglich  gestrichen? 


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293 


ich  die  Landcharte  meiner  Reise ;  wären  sie  mit  mir  das  Land 
durchzogen,  in  den  schönsten  Tagen,  und  angenehmsten  Näch- 
ten, denn  ich  hin  fast  immer  Nachts  gereiset,  was  würde  Ihre 
lyrische  Muse  nicht  alle  haben  besingen  wollen?  bald  eine 
schöne  Gegend,  bald  ein  schön  Gesicht.  Und  wenn  sie  in  den 
Lustschlößern  des  Königs,  alle  die  fQrtreflichen  Gemähide,  die 
Meisterstöcke  der  Poußins ,  der  Watteaus ,  der  Van  Loo,  der 
Fesne,  gesehen  hätten,  und  in  dem  großen  Saale  zu  Charlotten- 
burg die  große  Menge  der  Antiquen,  absonderlich  den  schönen 
Kopf  des  Horatz,  zu  dem  ich  sagte,  du  bist  izt  Uz,  wenn 
sie  zu  SansSouci  mit  mir  in  der  Bibliotheck  des  Königs  ge- 
wesen wären,  und  aus  der  Wahl  der  Bücher,  den  fürtreflichen 
Geschmack  des  Monarchen  geurtheilet  hätten,  in  wie  viel 
Seufzer  Über  das ,  was  wir  erleben ,  würden  sie  mit  mir  aus- 
gebrochen seyn!  Der  beste  Fürst,  der  je  gelebt  hat,  der 
größte  Geist ,  der  rechtschaffenste  Mann ,  und  ganz  Europa 
wieder  ihn! 

Aber  bey  dieser  Materie  darf  ich  mich  nicht  aufhalten  ! 
nur  laßen  sie  mich  noch  hersetzen  ,  was  mir  ein  Berlinischer 
Freund  unterm  13i£2  dieses  schreibt: 

Je  n'ai  aucune  nouvelle  litteraire  ä  Vous  marquer,  et  les 
autres  Vous  affligeroient,  Vous,  qui  aimez  tant  le  genre  hu- 
main.  11  est  de*plorable,  que  Nous  soyons  d  est  ine  ä  voir  Ie 
ineilleur  des  hommes,  en  devenir  la  terreur.  Je  suis  encore 
tout  transporte  du  sublime  et  de  cette  urbanit^  Horatienne, 
qui  se  trouve  dans  une  epitre  en  vers,  que  Sa  Majeste  a  ecrite 
le  192!  Juillet  au  Marquis  d1  Argens!  Queis  sentimens!  et  quelle 
nobleße  d'expreßion !  Je  ne  desespere  point  de  pouvoir  Vous 
donner  la  Copie  de  quelsques  unes  de  ces  dignes  marques  de 
la  belle  ame  de  notre  Cher  Roy*.  Ses  ennemis  Tadoreroi[en]t, 
s'ils  connoißoient  l'homme  dans  le  Monarque.  L'on  ne  trouve  • 
aucun  parallele  dans  Tantiquite  pour  ses  actions,  je  n'en  trouve 
point  pour  son  caractere,  et  tous  ses  courtisans  doivent  etre 

*  Am  rande:  ,So  bald  ich  diese  Briefe  bekomme,  werde  ich  sie 
mittheilen.  Einige  habe  ich  zu  Berlin  gelesen,  aber  der  HE.  Marquis 
giebt  keine  Abschriften.  Sie  verdienen  die  Bewunderung  aller  Völcker 
und  aller  Zeiten  zu  seyn !  so  wie  sie  die  Schande  unser  Zeiten  seyn 
werden!- 


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294 

pour  lui  des  Rabutins;  Louis  XIV  en  etoit  ahne,  com  nie 
une  Maitreße. 

Wie  hat  Ihnen  Herrn  Ramlers  Batteux  gefallen,  nun,  da 
er  ganz  fertig  ist?  Er  hat  viel  Mühe  darauf  gewand.  Von 
Ihnen,  hat  er  mir  viel  zu  wenig  gesagt.  Er  hat  es  mit  Nie- 
manden verderben  wollen,  darum  ist  er  so  zurück  haltend  ge- 
wesen. Aber  er  wird  doch  auch  einmahl  die  Geduld  ver- 
liehren,  und  gerade  heraus  sagen,  daG  Gottsched  ein  Duns  ist, 
und  Wieland  ein  Herrenhuther!  Wer  ist  doch  der  neue  Dnns, 
der  ihren  Sieg  des  LiebesGottes,  so  tölpisch  angegriffen,  wie 
mir  Herr  Lewing  gesagt  hat?  Die  Verfaßer  der  Bibliothek 
der  schönen  Wißenschaften  werden  ohne  Zweifel  wieder  ihn 
zu  Felde  ziehn.  Diese  sind ,  wenn  Bi'e  es  etwa  noch  nicht 
wißen,  der  junge  Herr  Nicolai,  der  Verfaßer  der  Briefe  über 
den  Zustand  der  schönen  Wißenschaften  in  Deutschland,  Herr 
Moses,  ein  Jude,  Verfaßer  der  philosophischen  Briefe,  und  der 
Abhandlung  von  den  Empfindungen,  und,  aber  sparsam,  Herr 
Leüing.  Die  Criticken  über  die  Uebersetzungen  Theocrits  und 
Virgils  sind  von  ihm. 

Herr  Ramler  hat  die  Ode  aus  dem  Roußeau  (ä  une  Veuve), 
welche  der  König,  Gottscheden  aufgegeben,  so  schön  übersetzt, 
als  Gottsched  es  schlecht  gethan  hat  —  Erfreuen  sie  mich 
doch  einmahl  wieder  mit  einem  Liedchen  von  Ihrer  Muse! 
Ohne  Zweifel  hat  sie  bisher  in  ernsthaftem  Thon  gesungen, 
welches  ich  so  gern  von  ihr  hören  mag.  —  —  — 

H.[alberstadt]  den  161211  Aug.  1758. 

Da  die  Lieder  des  Grenadiers  alle  besonders  in  größerm 
Format  gedruckt  sind,  so  habe  so  viel  Exemplare,  als  in  hie- 
sigen Buchladen  zu  bekommen  gewesen,  für  Dero  Freunde  bey- 
legen  wollen.  

Ich  erinnere  mich,  daß  sie  mich  in  einem  Ihrer  Schreiben 
befragt  haben,  wo  ich  Canonicus  sey  ?  Zu  Walbeck,  4  Meilen 
von  hier,  einem  Stift,  das  zu  hiesigen  Hochstift  gehört,  bin 
ich  es  vor  2  Jaliren  geworden,  in  der  Absicht,  in  meinem  Alter 
daselbst  die  Faulheit  zu  meiner  Göttin  zu  haben,  und  Psalme 
zu  singen.  Es  sind  6  Canonici  an  diesem  Stift,  wären  es  so 
viel  Menschen,  so  könte  es  mit  jener  Absicht  ein  Ernst  seyn, 
aber  leider  ist  keiner  ein  Mensch!    Und  ich  dürfte  aufhören 


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295 


es  zu  Beyn,  wenn  ich  da  wäre.  Ich  kan  aber  zum  Glück  auch 
hier  wohnen. 

Der  arme  Ramler!    Er  hat  seine  Naide  verlohren,  ein 
Frauenzimmer  mit  dem  Er  das  platonische  Liebes-System  einige 
Jahre  geübt  hat.    Sein  Schreiben,  worin  er  mir  heute  ihren 
Tod  meldet,  ist  eine  wahre  Brief  Elegie.  Er  sagt  mit  Petrarch  : 
Madonna  e  morta,  et  ha  seco  il  mio  cuore. 
Ogni  dolcezza  di  mia  vita  e  tolta. 
Ich  werde,  ihn  zu  trösten,  ihren  standhaften  Weisen,  aus- 
schreiben ! 


80.  Gleim  an  Uz. 

 Wir  haben  indeß  eine  betrübte  Nachricht  von 

der  Barbarey  der  R  [ussen]  erhalten,  die,  wieder  alle  Krieges- 
Manier,  nicht  die  Veste  Cüstrin  angegriffen,  sondern  die  arme 
Stadt  mit  FeuerKugeln  abgebrand  haben,  so  daß  kein  Hauß 
stehen  geblieben ,  und  die  armen  Einwohner  nur  das  Leben 
gerettet.  Eine  Dame  die  sich  wegen  des  Kriegs  von  hier 
wegbegab,  hat  barfuß  aus  der  Stadt  gehen  müßen.  Sie  war 
meine  nächste  Nachbarin ;  ich  bat  sie  bey  uns  zu  bleiben,  sie 
meinte  zu  Cüstrin  am  sichersten  zu  seyn.  Wohin  kan  man 
jetzo  dem  Kriege  entfliehen?  Dem  Feinde  hat  das  Abscheu- 
liche Verfahren  nichts  geholfen ,  denn  die  Vestung  nicht,  ja 
nicht  einen  Stein  der  Wälle  hat  er  dadurch  erobert.  Hingegen 
dürfte,  wenn  es  zur  Schlacht  kommt,  es  ihm  zehntausend 
Köpfe  kosten.  Unsere  Armee  hat  nahe  dabey  dißeits  der  Oder 
gestanden,  und  ist  in  die  größte  Wuth  darüber  gerathen,  die 
es  in  der  Schlacht  gewiß  wird  ausbrechen  laßen. 

Wann  wird  der  Mörderische  Krieg  doch  einmahl  ein  Ende 
nehmen !  Ohne  Schanden  kan  kein  Menschenfreund  daran  ge- 
dencken!  Was  für  reichen  Stoff  für  einen  neuen  Opitz,  der 
Trost- Gedichte  schreiben  wolte! 

Das  arme  Teutschland  muß  der  Tummelplatz  aller 
Mächte  seyn,  da  es  die  ganze  Welt  tiberwinden  könte.  Ist 
das  nicht  ein  Jammer!  Welcher  Patriot  kan  sich  der  Thrä- 
nen  enthalten!  Weinen  sie  doch  die  ihrigen  in  einer  Ode  an 
die  deutschen  Fürsten,  die  nicht  wißen ,  was  für  Heldenblut 


f 


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29*3 


in  ihren  Adern  wallet,  die  sich  nicht  schämen,  Sclaven  zu 

seyu,  und  sich  nicht  furchten,  es  zu  werden. 

Leben  Sie  in  dieser  trübseeligen  Zeit,  vergnügt,  so  viel  es 
möglich  ist,  nnd  mäßigen  sie  meinen  Groll,  denn  in  der  That 
es  ist  etwas  mehr  als  patriotischer  Eyfer ,  mäßigen  sie  ihn, 
durch  ein  baldiges  Schreiben:  und  eine  alcaische  Ode.  

H.[alberstadt]  den  2S^f  Ang.  1758. 

81.  Uz  an  Gleim. 

—  —  —  Wie  viel  Antheil  nehme  ich  an  allem,  was  in 
Ihren  Gegenden  vorgeht!  Ich  erwarte  mit  Ungeduld  die  ver- 
sprochene Brief- Fragmente ,  wo  Sie  mir  Ihr  Schicksal  er- 
schien. —  

Ich  danke  Ihnen  wegen  der  überschickten  Kriegs-Lieder: 
ich  habe  sie  schon  mehrentheils  gelesen.  Die  Sammlung  der- 
selben in  Taschen-Format  ist  sehr  niedlich;  und  ich  würde 
Ihnen  doppelten  Dank  dafür  abstatten ,  wenn  das  übersendete 
Exemplar  nicht  defect  wäre.  —  —  —  Ich  habe  Ihnen  schon 
in  meinem  vorigen  Brief  geschrieben,  daß  sie  mir  und  allen, 
die  sie  gelesen,  ungemein  Wohlgefallen.  Ich  halte  keinen  Gre- 
nadier für  den  Verfasser :  sondern  jemand  anders,  der  sie  allein 
gemacht  haben  kann.  Ich  habe  ihn  schon  in  meinem  letzten 
Schreiben  genennt;  künftig  ein  mehreres.  Die  Sprache,  ob 
sie  gleich  nicht  rein,  gefallt  mir  deswegen  doch.  Es  ist  wahr, 
daß  die  ersten  Siegslieder  sich  hierinnen  wenigere  Freyheiten 
nehmen  ,  als  die  letztem.  L'Air  d'Antiquite  steht  inzwischen 
dieser  kriegrischen  Muse  sehr  wohl  an.  Je  kürzer  aber  ihre 
Lieder  sind,  je  mehr  gefallen  sie  mir.  Die  Kürze  vermehrt, 
meines  Erachtens,  ihre  Stärke  und  ihr  Feüer.  Doch  auch  hie- 
von  künftig,  in  bessern  Tagen,  ein  mehreres. 

Sie  schreiben  mir  nichts  von  meinem  gedruckten  Gedichte 
auf  den  seeligen  Cronegk,  deßen  Tod  ich  Ihnen  berichtet  habe ; 
und  hieraus  schließe  ich,  daß  sie  solches  noch  nicht  erhalten 
haben.  Ich  habe  HE.  Weisen  in  Leipzig  einige  Exemplare 
schon  vor  vielen  Wochen  zugeschickt,  und  ihn  gebeten,  daß 
er  eines  derselben  an  Sie  befördern  möchte,  weil  ich  auf  zwey 
Briefe  keine  Antwort  von  Ihnen  erhalten,  und  daher  zweifelte, 


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297 


ob  Sie  solche  erhielten.  Ich  habe  ihn  heüt  erinnert.  Sie 
werden  mir  Ihre  Meinung  von  dem  Gedichte  schreiben,  sich 
aber  dabey  erinnern,  daß  es  nicht  in  meinem  Nahmen  allein, 
sondern  nahmens  aller  Freunde  gemacht  worden.  Dieß  hat 
einen  großen  Einfluß  in  die  Poesie  gehabt.  Auf  allen  Fall 
lege  ich  eines  hier  bey. 

Ich  bin  Herrn  Rammlern  für  die  rühmliche  Art,  auf  die 
er  meiner  in  seinem  Batteux  gedacht,  sehr  verbunden.  Es 
kann  keinem  Dichter  gleichgültig  seyn ,  von  einem  Rammler 
gebilliget  zu  werden.  Ich  bitte,  ihm  bey  Gelegenheit  meine 
Ergebenheit  zu  melden.  Sein  Buch  ist  sehr  schön,  und  wenn 
es  nichts  als  die  Horazianische  Dichtkunst  in  der  vortrefflichen 
deütschen  Uebersetzung  enthielte,  so  würde  es  doch  nicht  mit 
G[e]lde  zu  bezahlen  seyn.  Ich  verdenke  ihm  nicht,  daß  er  es 
mit  keiner  Parthey  verderben  mag.  Man  sagt  itzt  seinem 
Feinde  nichts  als  Grobheiten.  Dusch  hat  meinen  Sieg  des 
Liebesgottes  geschimpft,  theils  den  Verfassern  der  Bibliothek 
wehe  zu  thun,  die  es  gelobt,  theils  sich  bey  den  Schweitzern 
einzuschmeichlen ,  die  ihn  doch  für  einen  Duns  halten.  Er 
darf  nicht  denken ,  daß  es  ihm  von  mir  geschenkt  werde,  so 
wenig,  als  Bodmer,  der  in  etlichen  Stücken  der  freymüthigen 
Nachrichten  dieses  Jahres  über  mich,  die  Bibliothek  und  Ni- 
colai recht  schweitzerisch  gescbimpft  und  mir  solche  zuge- 
schickt hat.  Merken  Sie  dieß :  ich  weis  zuverläßig,  daß  sie 
von  ihm  sind.  Wie  tief  ist  er  von  seiner  Hohe  herab  ge- 
fallen!   

Anspach  den  28.  Aug.  1758. 

 Warum  hat  HE.  Rammler  unter  den  deutschen  lyri- 
schen Dichtern  Hagedornen  ausgelassen?  Ich  schäme  mich,  da  zu 
stehen,  wo  Hagedorn  fehlt.  Hat  er  ihn  vergeßen  ?  oder  glaubt 
er,  eine  Ursache  dazu  zu  haben  ?  Ich  kann  mir  keine  denken. 

Herr  Weise  hat  mir  auch  geschrieben,  daß  der  Herr  von  Kleist 
Hofnung  gehabt  hätte,  mich  in  Anspach  zu  sprechen.  So 
hätte  der  Krieg  mir  doch  noch  ein  Vergnügen  gemacht !  Mit 
welchem  Entzücke[n]  würde  ich  ihn  von  meinem  Gleimen  haben 
reden  hören!  Aber,  außer  mir,  würden  wohl  wenige  sich 
über  diesen  Besuch  erfreuet  haben. 

Seine  neüe  Gedichte  habe  ich:  sie  sind  schön. 


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298 


82.  Gleim  an  Uz. 

 Wie  sprang  ich  mit  dem  Briefe  in  der  Hand 

die  Treppe  hinauf;  ein  Brief  von  meinem  Uz,  rief  ich  Herrn 
Beyern  entgegen,  der  eben  bey  mir  war.  Sehn  Sie,  ein  dicker 
fetter  Brief,  ganz  gewili  sind  es  neue  Oden ;  die  Deutschen 
werden  von  dem  Patrioten  ihren  Text  gelesen  kriegen.  Ohne 
•  Zweifel  hat  er  alkäische  Oden  gesungen !  Wir  fanden  uns  be- 
trogen, aber  in  welch  einer  fürtreflichen  Ode  ihren  Freund 
Cronegk  verewigt !  Gern  will  ich  sterben,  sagte  ich,  wenn  er 
noch  ein  solch  Meisterstück  machen  will.  Drey  mahl  hinter 
einander  laß  ich  es  vor !  Was  für  Poesie,  welche  schöne  voll- 
kommene Sprache,  welcher  Wohlklang  in  einzelnen  Versen,  und 
gantzen  Strophen.  Es  ist  eines  ihrer  schönsten  Gedichte,  noch 
ist  keines  so  schön  bey  irgend  einem  Grabe  erschollen !  Wel- 
cher Affect!  Wie  weit  laßen  sie  mein  Gedicht  auf  Stillens  Tod 
hinter  dem  Ihrigen  zurück!  Kan  man  denn  nicht  mehr  Exem- 
plare davon  bekommen,  damit  mehrere  Kenner  unser  Vergnü- 
gen haben  können?  Herr  Weise  hat  mir  einen  Übeln  Dienst 
gethan,  daß  Er  das  mir  zugedachte  Exemplar  zurück  behalten 
hat.  Auch  der  Druck,  und  die  Vignetten  sind  der  Schönheit 
des  Gedichts  gemäß. 

0  käme  Cronegck  doch  von  seiner  höhern  Sphäre 

Herab,  und  läse  das  Gedicht 
Auf  einen  Augenblick  mißt*  Er  der  Engel  Chöre, 

Und  seines  Himmels  Freuden  nicht. 

In  meinem  lezten  Briefe,  dünckt  mich,  erwähnte  ich  Cüstrins 
Schicksahl.  Wie  bald  hat  unser  großer  Friederich  sein  leiden- 
des Volck  gerächet.  Jede  Thräne  hat  ein  Barbar  mit  seinem 
Blute  bezahlt.  In  den  Zeitungen  ist  der  Sieg  über  sie  bey 
weiten  nicht  so  groß  gemacht  als  er  würcklich  ist.  Wir  wißen 
zuverläßig,  dati  an  dreyßig  tausend  Todte  auf  dem  Platz  ge- 
blieben, weit  mehr  Canonen,  Fahnen,  erobert,  weit  mehr  Ge- 
fangene gemacht  sind.  Es  ist  an  dem,  daß  der  Held  seine 
Truppen  mit  der  Fahne  in  der  Hand  an  den  Feind  geführt  hat. 
Dieser  flüchtet  noch  beständig  durch  Pohlen,  und  unsere  Doh- 
naische Armee  verfolgt  sie!  Der  König  aber  hat  so  gleich  nach 


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299 


dem  Siege,  mit  dem  kleinen  Corps,  das  er  aus  Schlesien  nach 
Zorndorf  geführet,  den  Weg  nach  der  Lausnitz  genommen, 
Zu  schlagen  einen  andern  Feind! 
Die  Nachwelt  wird  die  Wunder,  die  wir  erleben,  nicht 
glauben !  Möchten  Sie  doch  aber  einmahl  sich  in  Wunder  des 
Friedens  verwandeln  !  Vom  Herrn  von  Kleist  habe  einen  Brief 
vom  2i£5  worinn  er  vermeinte,  es  könne  bald  zu  etwas  ernst- 
haften kommen.  Minerva  beschütze  ihren  Liebling  mit  ihrem 
Schilde ! 

Warum  Ramler  in  seinem  Batteux  Hagedornen  ausgelaßen? 
Weil  Er  nicht  mit  ihm  zufrieden  ist.  Er  ist  ein  Feind  der 
Lieder  nach  französischer  Art,  und  läßt  sie  nicht  für  solche 
gelten,  auf  welche  die  lyrische  Muse  Anspruch  machen  kan. 
Er  ist  zuweilen  allzustrenge.  Indeß  dürfen  sie  sich  nicht 
schämen,  allein  zu  stehn.  Ohne  den  geringsten  Wiederspruch 
sind  sie  unser  bester  wo  nicht  einziger  lyrischer  Dichter;  die 
andern  alle  stehn  im  Tempel  der  Musen  weit  unter  Horatz  und 
Anacreon,  sie  allein  stehn  ihnen  an  der  Seite.  Herr  Beyer  em- 
pfiehlt sich  Ihnen  aufs  beste.  Der  Krieg  macht  ihm  auch  sehr 
viel  zu  thun.  Er  muß  itzt  wieder  MagazinLieferungen  be- 
sorgen. —  —  — 

Halberstadt  den  81^  Sept.  1758. 

Herr  Sulzer  wolte  bey  meiner  Anwesenheit  zu  Berlin  auf 
Herrn  Bodmern  nicht  kommen  laßen,  daß  er  der  Verfaßer  der 
kriegerischen  Stücke  in  den  freymüthigen  Nachrichten  wäre, 
noch  weniger  daß  er  die  Vorrede  zu  den  neuen  Fabeln  des  von 
Knonau  gemacht  hätte.  Aber  ich  halte  ihn  dennoch  dafür. 
Ich  traue  ihm  alles  zu,  seitdem  er  Herrn  Klopstock,  den  er  bis 
in  den  Himmel  erhob,  übel  begegnet  hat. 

Herrn  Dusch  habe  vor  einigen  Jahren  bey  meiner  Durch- 
reise durch  Göttingen  bey  Hallern  kennen  gelernt.  P^r  schien 
Erziehung  zu  haben,  und  gefiel  mir  sehr.  Der  Angriff  ihres 
Sieges  des  Liebesgottes  hingegen  ist  so  ungezogen,  daß  ich  ihn 
nicht  daran  erkenne;  er  verdient  allerdings  gezüchtiget  zu  wer- 
den;  ich  selbst  wünsche  zu  einer  Vertheidigung  meines  Uz 
nur  einmahl  Zeit  zu  haben. 


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83.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freünd, 

Da  Herr  Jungheim,  der  Bruder  eines  meiner  hiesigen 
besten  Freünde,  auf  die  Universität  Helmstedt  abreiset,  so  gebe 
ich  ihm  dieses  starke  Faquet  mit,  daß  er  solches  daselbst  auf 
die  Fost  nach  Halberstadt  abgeben  solle.  Beyde  Orte  liegen 
sehr  nahe  an  einander.  Sie  werden  im  Faquet  finden:  1)  die 
mir  vor  vielen  Jahren  zugeschickte  einzelne  Stücke  der  criti- 
schen  Nachrichten.  Sie  haben  mir  geschrieben,  daß  sie  einem 
guten  Freünde  gehörten.  Hier  sind  sie  wieder ;  und  es  ist  kein 
Blatt  verlohren  gegangen.  Es  ist  schade,  daß  eine  so  schone 
Zeitung  sobald  aufgehöret  hat.  2)  Ihr  altes  Exemplar  meiner 
Gedichte.  Ich  hätte  es  wegen  der  Anmerkungen  gern  behalten. 
Aber  Sie  haben  es  so  dringend  gefordert,  daß  ich  es  Ihnen 
nicht  vorenthalten  kann.  Ich  habe  hier  und  dar  etwas  zur  Er- 
latiterung  beygeschrieben,  auch,  in  meinem  Exemplare,  einige 
Ihrer  Critiken  zum  künftigen  Gebrauche  angemerket.  3)  Noch 
etliche  Exemplare  meines  Gedichtes  auf  Cronegk.  Sie  haben  es 
gar  zu  sehr  gelobt :  in  der  Bibliothek  ist  es  auf  eine  ruhigere 
Art  gelobt  worden ,  wie  mir  Weise  schreibt.  Endlich  4)  be- 
kommen Sie,  nach  Ihrem  Verlangen,  eine  alkäische  Ode,  denn 
so  nennen  Sie  es.  Ich  hätte  sie  schon  eher  schicken  können: 
aber  ich  glaube,  daß  sie  bey  dieser  Gelegenheit  sichrer  in  Ihre 
Hände  kommt.  Sie  werden  sie,  wie  ich  nicht  zweifle,  vor  sich 
behalten,  und  sie  critisiren.  Das  Lob  Ihres  großen  Königs  ver- 
lange ich  nicht  zu  singen.  Der  verzweifelte  Grenadier  wird 
alle  Dichter,  die  sich  an  dieses  Lob  wagen,  weit  hinter  sich  zu- 
rück laßen.  Er  ist  unnachahmlich ;  und  wird  viele  schlechteCopien 
machen.  Sie  haben  mir  eine  große  Freüde  gemacht,  daß  Sie 
mir  die  fehlenden  Bogen  von  Ihren  (des  Grenadiers,  wollte 
ich  sagen,  verzeihen  Sie  mir !)  Siegsliedern  so  geschwinde  nach- 
geschickt haben.  Ich  danke  Ihnen  dafür  aufs  höchste.  Die 
neuen  darinn  befindliche  Lieder  sind  alle  schön,  das  auf  Collin 
ist  desto  meistermäßiger,  je  ktitzlicher  die  zu  besingende  Sache 
war.  Was  für  einen  Lobgesang  wird  er  auf  die  Niederlage  der 
Barbarn  anstimmen !  Jedermann  ist  begierig  darauf.  Wenn  er 


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301 

nicht  mehr  singt,  d.  i.  wenn  der  Krieg  ein  Ende  hat:  so  laße 
ich  das  kleine  Bändgen,  das  Sie  mir  geschickt  haben,  nebst 
dem  zweyten  Theilgen,  das  Sie  mir  schicken  werden,  nicht 
wahr  ?  in  Corduan  zusammen  binden ,  dieß  können  Sie  Ihrem 
Grenadier  zum  voraus  melden.  — 

Herr  Grötzner,  an  den  mein  dritter  Brief  gerichtet  ist,  der 
Sie  unendlich  hochschätzt,  hat  mich  in  seinem  eben  einlangen- 
den Schreiben,  ersuchet,  ihn  dem  vortrefflichen  Herrn  Gleim, 
meinem  Freunde ,  (auf  den  ich  stolz  bin,)  zu  empfehlen.  Ich 
soll  ihm  ein  Buch  für  die  langen  Winterabende  anpreisen.  Er 
will  wissen ,  ob  Sie ,  ob  Herr  Leßing  nichts  neües  unter  der 
Preße  haben.  Ich  darf  ihm  doch  schreiben,  daß  beede  Herren 
nicht  sehr  fleißig  sind? 

Herr  Sulzer  wird  freylich  nicht  gern  eingestehen,  daß 
Bodmer  der  Verfaßer  einiger  kriegrischer  Blätter  sey.  Sie 
machen  diesem  keine  Ehre,  und  Sulzer  ist  ßodmers  Freünd. 
Ich  würde  Bodmern  so  sehr  verehren,  als  seine  ehemalige  Ver- 
dienste zu  verlangen  scheinen ,  wenn  er  bey  der  Critik  ge- 
blieben wäre.  Wie  muß  die  Natur  gelacht  haben ,  als  sie 
diesen  Mann  in  seinem  Alter  etwas  treiben  gesehen,  wozu  sie 
ihn  nicht  bestimmt  hatte!  Er  hat  absolut  kein  Genie  zur 
Poesie :  alles  ist  Kunst,  Zwang,  Gelehrsamkeit ;  und  daher  auch 
steif,  hart,  unangenehm.  Ich  werde  mich  schon  noch  ein- 
mal mit  ihm  und  andern,  die  ihm  schmeichlen,  herumtummeln! 
Nur  Geduld  !  

A.fnspacb]  den  26.  Sept.  1758. 

Ich  bin  für  Herrn  v.  Kleist  besorgt :  er  hat  einen  gefähr- 
lichen Posten.  0  Friede!  wenn  wird  dich  Deutschland  wieder 
sehen ,  und  neüe  Symphonien  von  Graun  bekommen ! 

Ihnen  ist  unfehlbar  die  Zürcher  Edition  der  Werke  Opitzens 
bekannt.  Ich  besitze  aber  davon  nur  den  ersten  Theil  in  gr.  8. 
und  Stockhausen  schreibt  in  seiner  Bibliothek  von  einer  Zür- 
cher Auflage  in  zweyen  Bänden.  Sind  würklich  mehr  Theile 
herausgekommen,  als  der  erste  ?  Mir  ist  nichts  davon  bekannt. 
Ich  wollte,  daß  die  HHE.  Schweitzer  alle  ihre  Epopeen  ins 
Feuer  würfen,  und  statt  [deren]  den  Opitz  auf  die  angefangene 
[Weise  fortsetzten.] 

Empfehlen  Sie  mich  dem  Herrn  Beyer,   meinem  Mit- 


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302 


bruder  in  Wielands  Ungnade!  Vielleicht  bekommen  wir 
diese  Meße  wieder  eine  Strafpredigt  von  diesem  Kirchenlehrer, 
wenigstens  in  der  versprochenen  Sammlung  aller  seiner  pro- 
saischen Werke.  Seine  Johanna  Gray  ist  eine  seiner  besten 
Arbeiten. 

84.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  2l™  Dec:  1758. 

—  In  dem  Paquet  habe  alles  gefunden.  Die  Stucke 

der  critischen  Nachrichten  hätten  sie  gar  wohl  behalten  können. 
Der  Freund ,  dem  sie  zugehören  ,  hat  sich  seit  dem  ein  voll- 
ständig Exemplar  angeschaft ;  dagegen  bin  Ihnen  für  die  Zu- 
rücksendung  ihrer  Gedichte  höchstens  verbunden.  Meine  An- 
merckungen  sind  alle  zu  seicht,  als  daß  ich  hätte  wünschen 
können,  sie  in  andern,  als  in  den  Händen  eines  nachsehenden 
Feindes  zu  sehn.  Ueber  einige  Einwendungen  wieder  meinen 
Beyfall  will  ich  mich  mit  ihnen  nicht  zancken.  Sie  sind  Quin- 
tilian  und  Horaz,  und  wißen  beßer  als  ich,  was  fürtreflich  ist 
Von  den  Exemplaren  des  Gedichts  auf  den  Herrn  von  Cronegck 
habe  Herrn  Giesecke  (dem  MitVerfaßer  des  Jünglings,  und 
itzigen  Samler  der  vermischten  Schriften  Oberhof predigern  zu 
Quedlinburg,  zwo  Meilen  von  hier)  den  ich  neulich  besuchte, 
eines  geben  müßen ;  vermuthlich  wird  er  seiner  Samlung,  der 
man  in  den  lezten  Stücken  die  Schwindsucht  ansieht,  damit 
aufhelfen.  Die  Ode  an  die  Freyheit  habe  ihm  vorgelesen,  aber 
nicht  gegeben,  um  nicht  ihr  Verboth  zu  übertreten.  Sie  wollen, 
ich  soll  sie  critisiren.  Es  geschehe  dann  so  kurz  als  mög- 
lich —  —  —  Versuchen  sie  doch  eine  Ode,  worüber  die 
antipatriotischen  Fürsten  sich  zu  Tode  ärgern  müßen,  weshalb 
der  Pabst  sie  in  den  Bann,  der  Kayser  in  die  Acht  thun  muß. 

Dem  Grenadier  werde  ich  alles  ihr  übertriebenes  Lob  wie- 
dersagen. Ist  er  bescheiden,  so  wird  er  sie  dafür  strafen.  Wie? 
Er  könte  einen  Uz  abhalten  Friedrichs  Lob  zu  singen?  Auf 
die  Niederlage  der  Rußischen  Barbaren  hat  er  meines  Wißens 

1)  Hier  folgen  Gleims  bemerkungen  zur  ode  ,An  die  Freyheit* 
vgl.  Sauere  ausgäbe  s.  154. 


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303 


noch  kein  Siegeslied  gemacht.  Eigentlich  schickt  sich  auch 
keines  darauf.  Friederich  hat  keine  Krieger  überwunden,  son- 
dern Mörder  ausgerottet.  Von  einem  Liede  vor  der  Niederlage, 
denn  eine  Schlacht  kan  man  sie  auch  nicht  nennen,  habe  ich 
zwo  Strophen.   Hier  sind  sie: 

Weil  von  den  Kriegern  aller  Welt 

Du  nicht  bezwungen  bist 
Nicht  fällst,  nicht  weichen  willst,  o  Held! 

Der  Macht  nicht,  nicht  der  List. 

So  senden  sie,  o  Friederich, 

Mordbrenner  in  dein  Reich 
Und  Hencker.  Vater,  wieder  dich 

Ist  Ihnen  alles  gleich! 

Beym  Uebergang  über  die  Oder  soll  er  sie  gemacht  haben. 
Auch  habe  ich  eine  Fabel  auf  den  Stoß  bey  Bautzen,  die  ihn 
zum  Verfaßer  haben  soll,  und  die  ich  beylegen  will.  Herr 
Leßing  schreibt  mir,  er  hätte  ein  Gedicht  an  seine  Muse  ge- 
macht, woraus  man  sehe,  daß  er  bey  Zorndorf  verwundet  sey. 
Sie  sollen  es  haben,  so  bald  ich  es  bekomme.  Was  hat  er  noch 
zu  singen  ,  wenn  er  alles  besingen  will  ?  Was  hat  die  halbe 
Welt  in  diesem  Jahre  wieder  seinen  Held  ausgerichtet?  Nichts. 
Niemahls  hat  wohl  die  Fabel  von  dem  Berge  und  der  Mauß 
so  gut  gepaßt,  als  auf  die  erschrecklichen  Zurüstungen  der 
wieder  ihn  verbundenen  Mächte.  Was  haben  sie  gethan  ?  Den 
Sonnenstein  erobert,  und  wieder  verlaßen.  Wir  haben  keinen 
Feind  gesehn. 

Herrn  Gröznern  empfehlen  sie  mich  doch  aufs  beste. 
Da  er  ihr  Freund  ist,  so  muß  er  ein  braver  Mann  seyn.  Zu 
Verkürzung  der  langen  Winter  Abende  empfehle  ich  ihnen 
unsem  Opitz;  ich  wenigstens  gehe  seit  einige[r]  Zeit  mit  ihm 
zu  Bette,  und  stehe  mit  ihm  auf.  Haben  wir  einen  größern 
Dichter?  In  Oden  Uzen,  aber  in  andern  Gedichten  keinen  — 
Wie  sehr  gleichen  doch  seine  Zeiten  den  unsrigen !  Das  arme 
Deutschland !  Wie  lange  soll  es  noch  der  Tummelplatz  der 
Herschsucht  seyn  !  Lesen  sie  doch  seine  Vier  Bücher  der  Trost- 
Gedichte  und  das  Lob  des  KriegesGottes.  Ich  hätte  große  Lust 
diese  beyden  Gedichte  besonders  drucken  zu  laßen,  und  unsem 
Helden  ein  Geschenck  damit  zu  machen,  auch  in  der  Vorrede 


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304 

von  dem  patriotischen  Opitz  zu  handeln,  aber  Zeit  Zeit!  Nun 
habe  ich  Herrn  Leßingen  den  Vorschlag  gethan,  der  aber  an 
einer  Ausgabe  des  Logau  oder  Golau  arbeitet.  — 

Von  dem  Zürchiscben  Opitz  ist  nur  der  IIS.  Theil  heraus. 
Herr  Stockhausen  ist  sehr  unrichtig.  Eine  gute  Ausgabe  von 
diesem  unsern  Vater  wünschte  ich  recht  sehr,  ja  ich  gäbe  was 
darum.   Ich  habe  die  Breslauer  und  Anisterdammer.  —  

Ist  der  Herr  von  Gemmingen,  der  zu  Regensburg  als  Han- 
noverscher Gesandter  steht  der  Poet  Gemmingen,  und  der  Ver- 
faßer der  schönen  Staatsschriften  die  er  dem  ReichsTage  tiber- 
geben hat? 

Ein  andermahl  will  ich  ihnen  erzählen,  was  mir  neulich 
auf  der  Jagd  beym  Grafen  von  Stolberg  begegnet.  Ich  saß 
beym  Grafen  von  Dohna  und  erklärte  demselben  die  Stelle  im 
Horatz :  Aut  trudit  hinc  et  hinc  multa  cane  |  Apros  in  obstantes 
piagas.  Plötzlich  kam  ein  abscheulicher  wilder  Keiler  gerade 
auf  mich  loß,  und  es  hätte  mir  beynahe  das  Leben  gekostet. 
Mehrere  ganz  besondere  Umstände  würden  die  wahre  Geschichte 
einer  Fabel  ähnlich  machen. 

Der  Herr  v.  Kleist  befindet  sich  wohl.  Als  Daun  mit  80/m 
Mann  gegen  12/m  Mann  angezogen  gekommen,  und  Dresden 
in  die  Klemme  gerathen,  hat  man  ihm  das  Willische  Thor  zur 
Beschützung  anvertraut.  Er  ist  oft  zum  Angrif  des  Feindes 
abgeschickt  worden,  niemahls  hat  er  ihm  gestanden,  so  wie 
vorm  Achill  alles  floh!  Komt  er  nach  Leipzig,  so  besuche  ihn 
gewiß. 

Herr  Beyer  empfiehlt  sich  ihnen.  Wir  sehen  uns  gar  selten  ; 
aber  ich  bin  Schuld  daran  ;  ich  kan  mich  von  den  täglicbeu 
Gesellschaften  mit  unserm  fürtreflichen  Oberhaupt,  einem  Frey- 
herrn Spiegel  zum  Dieseuberg  nicht  loßraachen. 

85.  Uz  an  Gleim.1) 

—  —  —  Weil  ich  von  HE.  Jungheim  zu  Helmstädt  ge- 
redet habe,  so  muß  ich  Ihnen  sagen,  daß  ich  an  diesem  Orte 
einen  Freünd  habe,  den  ich  sehr  hochschätze.  Er  ist  HE.  Kip- 
ping,  ein  Doctor  der  Medicin,  der  sich  eine  Zeitlang  in  Ans- 

1)  Von  Gleims  hand:  »beantwortet  den  5^  Febr.  1759* 


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305 


pach  aufgehalten.  So  wenig  seine  Gesichtsbildung  zu  seinem 
Vortheil  einnimmt,  so  gut  ist  doch  sein  Herz.  Er  hat  viele 
Kenntniß  in  den  schönen  und  andern  Wißenschaften ,  einen 
richtigen  Geschmak,  und  viele  Lebhaftigkeit  Sie  sind  nicht 
weit  von  dem  Orte  seines  Aufenthalts.  Wenn  Sie  einmal  nach 
Helmstedt  kommen ,  so  besuchen  Sie  ihn.  Er  wird  entzückt 
seyn,  Sie  zu  sehen,  und  Sie  werden  in  seiner  Gesellschaft  ver- 
gnügt seyn. 

Warum  schweigt  der  Grenadier  ganz?  Soll  man  keine 
Lieder  mehr  von  ihm  bekommen?  Jedermann  fragt,  warum 
bey  so  großen  Dingen  seine  Muse  schlafe.  Ich  meines  Orts 
würde  mich  sehr  ärgern,  wenn  uicht  der  zweyte  Theil  seiner 
Sammlung  herauskommen  sollte.  Möchte  er  sie  doch  bald 
mit  einem  Friedensliede  beschließen  können !  Leider !  hat  es 
hierzu  noch  keinen  Anschein.  Die  Kriegesrüstungen  von  allen 
Seiten  sind  erschrecklich.  Was  wird  das  arme  Deutschland 
in  diesem  blutigen  Jahr  auszustehen  haben  ! 

Ich  hatte  eine  böse  Zeitung  gehört,  daß  die  Bibliothek 
der  schönen  Wißenschaften  sich  ihrem  Ende  nahe.  Aber  nun 
erfahre  ich  mit  Vergnügen,  daß  Hofnung  zu  ihrer  Fortsetzung 
vorhanden  sey.  Es  wäre  für  Deutschland  ein  unersetzlicher 
Verlust,  wenn  ein  Journal,  das  Beines  Gleichen  nicht  hat,  so- 
bald aufhören  sollte.  Sie  sollten  wohl  auch  Hand  anlegen. 
Schreiben  Sie  nicht  an  der  Magdeburgischen  Zeitung?  Es 
sollen  vortreffliche  Kecensionen  darinn  seyn ,  und  ich  bin  ge- 
neigt Ihnen  alles  vortreffliche  zuzuschreiben. 

Ich  bin  völlig  einig  mit  Ihrem  Urtheil  von  unserm  Opitz- 
Ich  glaube,  daß  der  poetische  Grenadier  es  auch  ist.  Das 
Männliche,  das  Nachdrückliche  in  seiner  Schreibart  hat  er  wohl 
einer  fleißigen  Lesung  dieses  großen  Mannes  zu  danken.  Ist 
es  nicht  eine  Schande,  daß  Deutschland  keine  Ausgabe  seiner 
Gedichte  hat,  die  schön  genug  wäre.  Wenn  doch  HE.  Leßing, 
statt  eines  Logau ,  eineu  Opitz  herausgäbe !  Wenn  Sie  doch 
jemanden  dazu  aufmuntern  könnten !  Bey  dem  gütigen  Aner- 
biethen,  mir  eine  von  Ihren  Opitzischen  Auflagen  zu  schicken, 
erkenne  ich  meinen  Gleim,  der  allezeit  bereit  ist,  mich  zu  ver- 
binden. Aber  ich  besitze  selbst  die  Amsterdamer  Edition,  und 
habe  sie  noch  in  Halle,  ich  weis  nicht  von  Rudnick  oder 

G  1  c  i  m  •  U  x,  briofwcchBol  20 


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306 


Götzen  eingehandelt,  deswegen  ist  sie  mir  lieb.  Hören  Sie 
von  dem  letztern  gar  nichts  mehr?  Es  ist  Schade,  daß  sein 
poetisches  Genie  unterdruckt  worden. 

Ich  habe  herzlich  gelacht  über  Ihr  AbentheÜer  mit  dem 
wilden  Schwein.  Was  muß  das  für  ein  Herr  seyn,  dem  Sie 
eine  Stelle  aus  dem  Horaz  erklären  dürfen !  Aber  in  den  Preußi- 
schen Landen  sind  dergleichen  Herren  nicht  so  selten,  als  an- 
derwärts. —  —  — 

Anspach  den  25.  Jan.  1759. 

Derr  Herr  von  Gemmingen  in  Regenspurg  und  der  Poet 
Gemmingen  sind  nicht  eine  Person,  aber  Vettern.  Der  letztere 
ist  RegierungsRath  in  Stuttgardt  und  ein  sehr  angenehmer 
Herr,  aber  mehr  den  Gelehrten  als  dem  Hof.   Kein  Wunder! 


—  —  —  Den  ersten  May  gehe  ich  alle  Jahr  nach  Wal- 
beck, und  kan  den  Weg  über  Helmstädt  nehmen,  werde  also 
ihren  Freund  HE.  Kipping  gewiß  nicht  vorbey  gehen.  Schrei- 
ben sie  ihm  vorher,  so  bitten  sie  ihn,  daß  er  mich  mit  Herrn 
Jungheim  besuche.  Es  würde  mir  sehr  angenehm  seyn.  Herrn 
Kipping  wolte  ich,  an  statt  meines  Uz,  umarmen! 

Der  Grenadier  schweigt  nicht.  Sehn  sie  hier  sein  Ge- 
dicht auf  die  Schlacht  bey  Zorndorf.  Es  ist,  wegen  gewißer 
ganz  besondern  Umstände  noch  ungedruckt;  und  sie  em- 
pfangen es,  unter  der  Bedingung,  Niemanden,  wer  es  auch  sey, 
eine  Abschrift  zu  geben,  auch,  es  nur  ihren  besten  Freunden 
zu  zeigen.  Wie  aber  werden  sie  mit  den  zehn  sylbigten  Jamben, 
ohne  Reim  und  Abschnitt  zufrieden  seyn?  Er  hat  sich  we- 
nigstens alle  Mühe  gegeben  sie  wohlklingend  zu  machen.  Sagen 
sie  mir  doch  je  ehe,  je  lieher,  alles,  was  sie  daran  auszusetzen 
finden:  violleicht  kau  es  der  Grenadier,  der  noch  kranck  ist, 
sich  zu  Nutze  machen  ! 

Die  Bibliothek]  der  sch.|önen]  Wissenschaften  wird  gewiß 
nicht  aufhören.  An  der  Magdeb.furgischen]  Zeitung  habe  ich 
keinen  Antlieil,  ich  kenne  nicht  einmahl  den  Verfaßer;  doch 
ist  mir  i^esa^t,  es  sey  der  ehedem  zu  Braunschweig  gestandene, 
und  durch  schlechte  Gefliehte  hekante  Profeßor  (und  izt  Rector 


86.  Gleim  an  Uz. 


307 


zu  Magdeburg)  Herr  Reichard ,  dem  ich  jedoch  es  fast  nicht 
zutraue,  daß  er  so  schreiben  und  urtheilen  kan,  wiewohl 
einige  Stellen  ihn  auch  ganz  wohl  verratheu. 

Um  eine  Ausgabe  unsers  Opitz  habe  HE.  Leßing  und 
HE.  Ramler  schon  oft  angelegen,  aber  sie  haben  mir  nie  etwas 
gewißes  versprochen;  daher  ich  fast  geglaubt  habe,  als  wenn 
sie  würcklich  dabey  wären.  Ich  will  sie  desfalls  noch  genug 
anliegen.  Von  HE.  Qötze  habe  ich  seit  einigen  Jahren  keine 
Nachricht.  

Halberstadt  den  5i2?  Febr.  1759 

Herr  von  Kleist  liegt  noch  zu  Zwickau.  Hat  er  ihnen 
seinen  Cißides  und  Paches  geschickt?  Vermuthlich.  Er  ist 
sehr  sauber  gedruckt  und  durch  HE.  Leßing  besorgt. 

87.  Uz  an  Gleim.1) 

Liebster  Frettnd, 

Sie  haben  mir  ein  vortreffliches  Gedicht  geschickt:  ich 
danke  Ihnen  für  dieß  Geschenke.  Was  für  Bilder  !  Welche 
Erhabenheit!  Welche  Stärke  des  Ausdrucks!  Das  Jambische 
Sylbenmaaß  ist  regelmäßig  und  wohlklingend.  Aber  man  muß 
doch  das  Gedicht  etlichemahl  lesen,  bis  man  es  recht  liest.  Ich 
glaube,  daß  dieses  von  den  häufigen  Enjambemens  herkommt. 
Die  Zeilen  sind  stark  in  einander  geflochten.  Wenn  man  sie 
nach  dem  Verstände,  den  sie  enthalten,  mit  einander  verbindet, 
so  verliert  sich  ein  großer  Theil  des  Sylbenmaaßes.  Es  bleibt 
fast  nichts,  als  eine  wohlklingende  und  erhabene  Prose.  Wollen 
Sie  mir  noch  eine  Anmerkung  erlauben?  Es  gefällt  mir  nicht, 
daß  ich  so  viele  alte  und  unrichtige  Wortfügungen  antreffe. 
In  den  Kriegsliedern  sind  sie  mir  nicht  anstößig.  Wer  wird 
einen  Grenadier  um  eine  Wortfügung  chicaniren  ?  Aber  das 
neüe  Gedicht  ist  zu  erhaben,  als  daß  ich  ihm  soviele  Ar- 
chaismos  erlauben  könnte.  Ich  fürchte  mich  über  dieses  vor 
den  üblen  Folgen.  Die  Deutschen  ahmen  alles  nach  und  über- 
treiben alles.  Ist  nicht  zu  besorgen,  daß  ein  solches  Meister- 
stück uns  wieder  auf  die  Construction,  welche  in  Luthers  Biebel- 

1)  Von  Gleima  band:  „Beantw.  den  25»«  Merz  I7ö9» 

20  * 


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HOB 


Uebersetznng  herrschet,  zurückführen  möchte?  Ich  bin  einmal 
im  Tadeln  und  will  darinn  fortfahren.  Sie  haben  es  verlangt. 
Dünkt  Ihnen  nicht,  daß  gleich  im  Anfange  Daun  etwas  mis- 
handelt  wird?  Ich  merke  dieses  an,  weil  die  Beschreibung  des 
alten  Marschalls  ganz  unvergleichlich  und  eine  der  schönsten 
Stellen  des  Gedichtes  ist.    Sollte  jenem  nicht  mit  gleicher 
Mäßigkeit  begegnet  worden  seyn?    Alle  Tausende,  die 
du  beliebetest  durch  einen  Strich  p    Geschieht  ihm 
hier  nicht  Unrecht?    Ist  es  historisch  wahr  ?    Die  Stelle  von 
seinem  Vettern  verstehe  ich   gar  nicht.    Das  Wort:  rip- 
peltest  du  dich  ist  ein  Provinzial- Wort,  und  viel  zu  niedrig. 
Man  kann  den  Schnecken- Gang  wohl  trag,  aber  vielleicht 
nicht  giftig  nennen.     Das  Gleichniß  von  dem  Zug  der 
Schlangen  und  die  ganze  Beschreibung,  wozu  es  gehört,  ist 
erhaben.  Das  Haus  von  Leinwand,  ein  mehr  scherzhafter, 
als  edler  Ausdruck,  macht  keinen  angenehmen  Contrast  mit 
dem  vorhergehenden  Erhabenen.  Betete  für  ihn,  ist  eine 
unrichtige  Wortfügung  und  bringt  eine  Dunkelheit  über  den 
ganzen,  ohnehin  etwas  langen,  Satz.    Ist  der  Umstand,  ein 
Fernglas  in  der  Hand,  nicht  auch  ein  wenig  zu  klein, 
zu  unwichtig?   Und  kamen  wohlbehalten  über  dich. 
Das  Wort  thut  keine  gute  Wirkung.    Es  erweckt  ein  Lachen: 
ich  habe  es  bemerkt.    Es  ist  nicht  edel  genug.    Ist  der  Um- 
stand mit  der  Blutfahn  historisch  richtig?    Die  C  e  n  t  u  e  r- 
Last  gefallt  mir  nicht  sehr.    Dein  ganzes  Leben  sey 
ein  solcher  Traum!  Eine  Zeile,  die  Shakespeare  würdig. 
Was  vor  und  nach  steht,  ist  alles  vortrefflich.    Furcht  vor- 
aus zu  schaden  über  Stadt  und  Land.    Es  muß  vermut- 
lich  heißen :  voraus  zu  schicken.    Der  Schluß  ist  des  vor- 
trefflichen Ganzen  würdig.    Sehen  Sie  eine  lange  Critik !  Ich 
weis  nicht,  warum  ein  solches  Meisterstück  nicht  gedruckt 
werde.    Die  eingemischten  historischen  Umstände  sind  hier 
und  anderer  Orten  schon  bekannt.    Das  zweymalige  Weinen 
zu  Ctistrin  wird  doch  keine  Hinderung  machen?    Aber  laßen 
Sie  den  Grenadier  seine  Leyer  nicht  weglegen.    Er  muß  den 
zweyten  Theil  zu  seinen  Liedern  liefern.    Die  Welt  wartet 
darauf,  und  niemand  mehr,  als  ich. 

Ich  habe  Ihrem  Verlangen  Folge  geleistet,  und  nur  zween 


Diaitizfidbv  Google 


30<> 


vertraute  FreÜnde,  HE.  ConRector  Jungheim  und  HE.  Cammer- 
Rath  Hirsch,  der  Bruder  deßen,  den  Sie  vielleicht  in  Leipzig 
gesehen  haben,  haben  es  gelesen.  Sie  haben  es  mit  Bewun- 
derung und  Entzücken  gelesen.  Der  letztere  insonderheit  ist 
ein  besonders  vertrauter  FreOnd  von  mir.  Bey  ihm  kommen 
ich  und  noch  einige  andere  Personen  Samstags  nachmittags 
zu  einer  Pfeife  Toback  und  Bouteille  Weins  zusammen.  Mitt- 
wochs abends  eßen  ich  und  Junkheim  bey  ihm  des  abends. 
Er  hat  eine  schöne  Bibliothek,  ist  in  Italien  und  Frankreich 
gereiset.    Er  trinkt  mir  allemahl  die  Gesundheit  meines  Gleims 

zu.  — 

Anspach  den  1.  März  1759. 

Ich  danke  Ihnen,  nahmens  HE.  Kippings,  für  Ihre  gütige 
Einladung  nach  Halberstadt.  Ich  werde  es  ihm  schreiben,  Und 
er  wird  mir  Dank  wissen,  daß  ich  ihm  Ihre  Bekanntschaft 
verschaft  habe. 

Ich  habe  die  ersten  Stücke  der  Briefe  über  die  neüste 
Litteratur  gelesen.  Sie  sind  ungemein  schön,  und  ich  fürchte, 
diese  Wochenschrift  werde  der  Quatember- Schrift  Abbruch 
thun  ?  Ich  vermuthe,  daß  HE.  Leßings  Feder  mit  im  Spiele  ist. 

Herr  v.  Kleist  hat  mir  durch  Herrn  Weise  sein  neties 
Gedicht  geschickt.  Es  ist  voll  edler  Empfindungen  und  starker 
Bilder.  Aber  sein  Jambus  nimmt  sich  mehr  Freyheiten,  als 
der  Jambus  des  Grenadiers  und  selbst  der  Engländer.  Billigen 
Sie,  daß  eine  Zeile  mit  und,  des,  wie,  p  sich  endiget? 
Kann  die  Harmonie  damit  bestehen? 

Eben  bekomme  ich  die  zu  Berlin  gedruckte  Lobrede  auf 
den  König.  Sie  scheint  mir  schön  und  von  gutem  Geschmacke 
zu  seyn.  Wer  ist  der  Verfaßer  ?  und  wer  hat  die  schönen 
Melodien  zu  den  Kriegsliedern  componirt? 

-    88,  Gleim  an  Uz. 

Liebster  Freund, 

Hätten  Sie  ihre  Critick  des  Grenadiergedichts  mir  ehe  ins 
Ohr  gesagt,  so  wäre  gewiß  Gebrauch  davon  gemacht.  Aber 
aus  beygehenden  gedrucktem  Exemplar  ersehen  sie,  daß  es  zu 
spät  gewesen  ist.  Indeß  kan  es  bey  einer  neuen  Ausgabe  ge- 


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310 


schehen.  Das  Silbenmaß  könte  freylich  vollkommener  seyn, 
und  dann  würde  es  sich  beym  Lesen  nicht  leicht  verliehren, 
wiewohl  auf  einen  guten  Leser  viel  ankörnt.  In  Glovers  Leo- 
nidas sind  die  Enjambemens  auch  sehr  häufig.  Der  größeste 
Vorzug  dieses  Verses ,  vor  dem  gereimten  ,  dunckt  mich ,  be- 
steht in  der  Freyheit,  die  Zeilen  in  einander  zu  flechten. 

Das  Mißfallen  an  den  alten  Wortfügungen  könte  sich 
vielleicht  mindern,  wenn  man  bedächte,  daß  der  Grenadier 
Grenadier  bleibt,  er  singe  ein  Kriegeslied,  oder  mache  ein  Ge- 
dicht. Nicht  Sie  allein,  liebster  Freund,  sondern  schon  andere 
Kenner  haben  ihm  deshalb  Vorwürfe  gemacht,  und  ich  habe 
ihn  mit  dieser  Einwendung  vertheidigt.  Aber  sie  werfen  ihm 
auch  unrichtige  Wortfügungen  vor.  Wolten  Sie  sich  mit 
einer  Auszeichnung  derselben  bemühen,  so  würden  Sie  sehen, 
wie  geneigt  der  Grenadier  ist,  sich  zurecht  weisen  zu  laßen. 
Man  sieht  seine  eigene  Fehler  am  wenigsten. 

Was  hingegen  die  Mißhandlung  Dauns  betrift,  wie  sie  die 
Art  nennen,  mit  welcher  von  ihm  geredet  ist,  so  ist  wohl  mit 
großem  Bedacht  dieser  östreichische  Feldherr  so  caracterisirt, 
wie  der  Grenadier,  aus  den  allgemeinen  Urtheilen  über  ihn  in 
der  Preußischen  Armee,  ihn  gekant  hat.    Die  Stelle: 

Und  alle  Tausende 
Die  du  beliebetest  durch  einen  Strich 
Im  Buche  deiner  Thaten,  in  das  Reich 
Der  Schatten  zu  versetzen,  lebten  hoch  p 

werden  die  Oestreicher  selbst  nicht  mißbilligen.  Ich  habe 
viele  Ihrer  Officiers  gesprochen,  die  an  den  Lügen  in  den  Be- 
richten aus  dem  Oestreichischen  Hauptquartier,  groß  Miß- 
fallen bezeigten.  Und  sollte  aus  dem  HauptQuartier  wohl 
etwas  dürfen  geschrieben  werden ,  wovon  der  Feldherr  nicht 
wüste?  Ich  weiß  aus  der  Erfahrung  im  Dienst  des  Fürsten 
von  Deßau,  wie  es  damit  gehalten  wird.  Sfe  fragen,  ob  es 
historisch  wahr  ist,  was  der  Grenadier  sagt?  Ich  weiß  vou 
ihm  selbst,  daß  er  weder  in  den  Kriegesliedern,  noch  in  dem 
Gedicht,  wovon  die  Rede  ist,  keinen  einzigen  unwahren  histo- 
rischen Umstand  hat  wollen  einfließen  laßen;  die  Stelle  von 
Dauns  Vetter  habe  ich  mir  damit  erklärt,  daß  ich  gehört, 
Daun  habe  einen  Adjutanten  seines  Nahmens,  der  ein  sehr  ge- 


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311 


schickter  Officier  seyn  soll.  Statt :  rippeltestt  ist  rüh- 
ret est  gesetzt,  und  doch,  ich  gestehe  es,  gefallt  mir  rip- 
p  e  1 1  e  s  t  beßer  im  Munde  des  aufgebrachten  Soldaten ,  und 
dünckt  mich  nichts  weniger  als  niedrig.  Man  darf  es  nur  laut 
lesen,  und  das  soldatische  Gesicht  dazu  machen,  das  dazu  ge- 
hört, so  wird  es  der  Thon  selbst  aus  dem  Staube  des  Niedrigen 
erheben.  Der  träge  SchneckeuGang  der  Schlangen  ist  giftig ; 
will  der  Grenadier  sagen.  Das  Hauß  von  Leinwand,  soll  einen 
König  vor  Augen  stellen,  der,  aus  Liebe  zum  Vaterlande,  als 
Beschützer  seines  Volcks ,  sich  alles  seines  Pomps  begiebt, 
gleich  seinem  Grenadier,  ein  dünnes  Hauß,  ein  Zelt,  ein  Hauß 
von  Leinwand  bewohnt,  darinn  er  für  dem  Ungestüm  des  Wet- 
ters nicht  sicher  ist  —  Wenn  es  ein  scherzhaftes  Bild  ist,  so 
hat  der  Grenadier  seine  Absicht  sehr  verfehlt,  und  er  thut 
wohl ,  wenn  er  das  Hauß  von  Leinwaud  den  Augen  eutzieht, 
die  es  dafür  an  sehn.  Betete  für  ihn  solte  allerdings 
heißen:  für  ihn  betete;  EinFernglaß  in  der  Hand 
hat  der  König  gehabt,  als  er  die  Rußen  auf  dem  Cüstrinschen 
Wall  stehend,  recognoscirt  hat.  Der  Umstand  ist  also  wahr. 
Es  fragt  sich  aber,  ob  er  dadurch  aufhört  klein  zu  seyn  ?  Und 
ob  nicht  kleine  Umstände  oft  eine  große  Würckung  thun? 
Ich  habe  gemerckt,  daß  er  den  Soldaten  gefallen  hat,  die  den 
König  im  Felde,  oft  mit  dem  Fernglaß  in  der  Hand  gesehn 
haben.  Wohlbehalten,  muß  in  dortiger  Gegend  einen 
Nebenbegrif  oder  einen  Nebenklang  machen  ,  weil  es  dort 
Lachen  erweckt,  und  hier  Ernst.  Die  Blutfahne  ist  historisch 
wahr.  Als  einige  Preußische  Regimenter  (Regimenter  die  in 
Preußen  in  Besatzung  liegen)  aus  der  vielleicht  boshaft  bey- 
«^ebrachten  Furcht,  die  Rußen  würden  ihre  in  Preußen  zu- 
rückgelaßenen  Weiber  umbringen,  wenn  sie  die  Schlacht  ver- 
löhren,  nicht  an  den  Feind  wolten,  und  sie  so  gestellt  standen, 
daß  auf  Ihnen  der  Sieg  beruhete,  da  nimt  der  König  die  erste 
die  beste  Fahne,  sagt:  Komt  Kinder,  sterbt  für  das  Vaterland! 
und  alle  folgen  ihm,  und  wollen  nun  keinen  Rußen  zum  Mör- 
der ihrer  Weiber  übrig  laßen.  Die  Centnerschwere  Last  miß- 
fallt mir  ebenfalls  sehr;  in  einer  neuen  Ausgabe  wird  sie  ge- 
wiß wegfallen.  Furcht  voraus  zu  schaden,  soll  heißen: 
senden. 


312 


Sehn  Sie,  liebster  Freund,  das  sind  in  der  Eil  einige  Zeilen 
zur  Entschuldigung  meines  Freundes  des  Grenadiers.  Ohne 
Zweifel  werden  sie  daraus  sehen ,  daß  mich  die  Freundschaft 
verblendet  hat.  Aber  wißen  sie,  wie  ich  es  machen  will  ?  Da 
wir  dem  Grenadier,  wie  man  es  sonst,  bey*  gelehrtern  Autoren 
gewohnt  ist,  das  letzte  Wort  nicht  laßen  dürfen,  so  will  ich 
ihre,  meine,  und  anderer  Criticken  zusammen  schreiben,  sie  an 
HE.  Ramler  und  HE.  Leßing,  der  die  Ausgabe  des  Gedichts 
besorgt  hat,  übersenden,  und  sie  bitten,  ein  critisches  Urthel 
zu  fällen.  Wir,  Uz  und  ich,  wollen  dann  hinwiederum,  über 
Leßings  und  Ramlers  Criticken  Richter  seyn ;  Denn  beyde  haben 
welche  gemacht,  und  eines  Theils  ist  der  Aufschub  des  Drucks 
daher  entstanden.  Z.  E.  Wie  gefällt  ihnen,  angezwackt, 
statt  angepackt.  Angezwackt  habe  ich  gesagt ,  sind  die 
Preußen  vorOllmütz,  aber,  ob  es  gleich  der  Konig  gewollt,  so 
hat  er  doch  mit  aller  List  und  Kunst,  seinen  Feind  zum  schlagen 
nicht  bringen  können ;  Daun  ließ  ihn  un angepackt.  Anzwacken 
ließ  er  ihn  an  allen  Orten  und  Enden  durch  leichte  Truppen, 
aber  anpacken,  mit  dem  ganzen  Kriegesheer,  wollt  er  ihn  nicht, 
er  wäre  zu  kurtz  gekommen.  —  — 

Könte  ich  doch  nur  einmahl  meinen  Uz  bey  seinen  Freun- 
den überfallen !  Ich  stelle  mir  oft  vor,  wie  vergnügt  wir,  bey 
Pontack  mit  Zucker,  in  Halle  saßen!  Erst  neulich  erzahlte  ich 
es,  meinem  unvergleichlichen  Dohindechant,  bey  einer  Schaale 
voll  B  i  s  c  h  o  f  f.  Gleich  stieß  er  an,  und  sagte  :  Herr  von  Kleist, 
und  Herr  Uz!  —  Ihres  Gedichts  auf  den  Herrn  von  Croneck 
erwähnt  er  oft  mit  großem  Lobe,  und  der  Aschenkrug  ihres 
Freundes,  mit  der  dabey  angebrachten  Erfindung,  hat  ihm  so 
Wohlgefallen,  daß  er  Lust  hat,  sein  hiesiges  Erbbegräbniß  dar- 
nach machen  zu  laßen.  Aber  er  soll  erst  nach  hundert  Jahren 
sterben.  —  —  — 

Wie  gefällt  ihnen  das  Trauerspiel  Philotas?  Ich  vermuthe, 
es  sey  von  Herrn  Leßing,  ob  er  es  gleich  nicht  Wort  haben 
will.  Ich  bin  sehr  für  das  Trauerspiel  in  Versen.  Es  ist  schwer, 
in  der  Prosa  den  tragischen  Cothurn  anzulegen,  und  eben  so 
schwer,  sich  für  Weitläufigkeit  in  der  Schreibart  zu  hüten. 
Man  läßt  sich  mehr  Freyheit  alles  zu  sagen.  —  —  — 

Halberstadt  d.  25l™  März.  1759 


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313 

Herr  Leßing  will  nichts  davon  wißen ,  daß  er  an  den 
Briefen  über  die  neueste  Litteratur  Theil  hat;  aber  einigen  hat 
er  gewiß  —  Herrn  von  Kleists  Jambus  ist  allerdings  allzu 
kühn;  die  Harmonie  kan  mit  den  und,  des,  wie  am  Ende 
nicht  wohl  bestehen.  Doch  muß  man  einem  Kleist  etwas  zu  gut 
halten.  Schlechtere  Scri beuten,  wie  z.  E.  der  Grenadier  dürfen 
solche  Fehler  nicht  machen.  r 

Den  Verfaßer  der  neuen  Lobrede  kenne  ich  nicht.  Sie 
hat  mir  nicht  so  gefallen,  wie  Herrn  Sulzers  seine,  die  sie  ver- 
mutlich werden  gelesen  haben.  Der  Plinius  unsere  Trajans 
ist  jedoch  noch  Keiner  von  alleö.  Die  Melodien  zu  den  Krie- 
gesliedern haben  Krause,  Graun  ,  Quanz  gemacht.  Eines  von 
HE.  Bach  couiponirt,  ist  zu  spät  gekommen.  Ich  kan  aber 
damit  aufwarten. 

89.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freünd, 

Ich  würde  mich  Über  Ihr  langes  Stillschweigen  beklagen, 
wenn  ich  nicht  die  unglücklichen  Umstände  und  Zeiten  bedächte, 
die  Ihnen  wohl  wenig  Lust  machen ,  zu  sehreiben.  Gott  hat 
Ihnen  noch  etwas  härteres  aufbewahret,  als  alles  bisherige  ge- 
wesen. Sie  haben  Ihren  vortrefflichen  Freünd  verlohren.  Multis 
ille  bonis  flebilis  occidit,  nulli  flebilior  quam  tibi.  Kleist  wird 
wohl  von  ganz  Deutschland  betrauert.  Die  erste  Nachricht,  die 
ich  aus  den  öffentlichen  Zeitungen  bekommen,  hat  mich  em- 
pfindlich gertihret.  Er  war  auch  mein  Freünd!  Aber  ich 
glaubte  dieser  Nachricht  nicht.  Ich  dachte:  es  giebt  mehr 
K leiste;  vielleicht  ist  eine  Verwechselung  der  Nahmen.  Aber 
ich  erhielt  bald  gewißere  Nachrichten,  selbst  aus  Frankfurth. 
Ich  kann  Ihnen  meine  Betrübniß  nicht  ausdrücken.  Aber  es 
ist  gewiß,  daß  ich  seit  Kronegks  Tod  nicht  empfindlicher  ge- 
röhrt worden.  Bey  aller  meiner  Betrübniß  dachte  ich  doch 
immer  an  meinen  Gleim.  Ich  stellte  mir  Ihren  Schmerz  vor 
und  bedauerte  Sie.  Ich  weis,  wie  schmerzlich  der  Verlust  eines 
vertrauten  Freündes  einein  zärtlichen  Herzen  ist.  Sie  werden 
sich  trösten,  wie  ich  mich  getröstet  habe :  Gott  hat  es  gethan, 
und  was  er  thut,  ist  recht.  Besingen  Sie  das  Lob  Ihres  Kleists, 


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SH 


wie  ich  gethan  habe.  Sie  werden  meinen  Versuch  in  der  An- 
lage finden  und  ihn  verbeßern.  Ich  bin  versichert,  daß  Sie 
ihn  schöner  besingen  werden.  Ich  zweifle  nicht,  daß  mehrere 
seiner  Freünde  ihm  ein  würdigeres  Denkmaal  stiften  werden. 
Aber  es  soll  doch  auch  meine  Stimme  bey  dem  allgemeinen 
Lobe  nicht  fehlen.  Die  Nachwelt  soll  sehen,  wie  hoch  ich  ihn 
geschätzt  habe.    Non  ego  te  meis  chartis  inornatum  silebo. 

Der  neüe  Tbeil  der  Bibliothek  hat  mich  herzlich  erfreüet, 
da  er  mit  dem  Bildniß  meines  Gleims  pranget.  Ich  habe  es 
geküßt,  als  ich  die  Gesichts-Züge  erkannte,  die  mir  so  lieb 
sind.  Sie  sehen  sich  gewiß  viel  gleich,  wenn  ich  mich  änderst 
recht  erinnere.  Aber  schreiben  Sie  mir,  ob  der  Kupferstich 
Ihnen  ganz  ahnlich  sieht.  Denn  die  Zeit  verändert  vieles.  Es 
ist  mir  angenehm,  daß  die  Bibliothek  noch  dauert.  Der  neüe 
Theil  macht  den  vorigen  keine  Schande.  Es  ist  wahr,  daß 
Herr  Winkelmann  vielen  Antheil  an  der  Schätzbarkeit  dieses 
Theils  hat.  Es  ist  zu  beklagen,  daß  HE.  Nicolai  und  HE. 
Moses  die  Hand  abgezogen  haben.  Man  vermißt  ihre  Aufsätze. 
Die  Briefe  über  die  neüeste  Litteratur  ersetzen  diesen  Verlust 
nicht,  ob  sie  gleich  sehr  schätzbar  sind.  Die  weitläufigen  Ab- 
handlungen aus  der  höhern  Philosophie  werden  nur  wenigen 
angenehm  seyn ,  ohnerachtet  die  Verfaßer  auch  darinnen  sich 
schön  ausdrücken  und  einen  leichten  Vortrag  behalten.  Ich 
wünschte,  meines  Orts,  daß  sie  öfter  so  kleine  und  angenehm«» 
Recen8ionen  einruckten,  als  in  dem  ersten  Theile  stehen.  Für 
kleine  wöchentliche  Briefe  scheint  mir  diese  Art  die  schick- 
lichste zu  seyn.   Doch  dieii  unter  uns! 

Ich  möchte  wohl  einmal  wieder  ein  Lied  von  dem  Grena- 
dier sehen.  Muntern  Sie  seine  Muse  auf.  Vielleicht  besingt  er 
auch  den  unsterblichen  Kleist.  Möchte  er  doch  bald  einen  glück- 
lichen Frieden  besingen  können!  Ich  selbst  wollte  iu  seine 
Leyer  einstimmen.  Ich  erwarte  mit  Begierde  einen  Brief  von 
Ihnen.  Laßen  Sie  mich  wenigstens  wißen ,  daß  Sie  gesund 
sind.    Sie  wißen,  wie  sehr  Sie  liebet 

Ihr 

A.fnspach]  <len  1    Oct.  1759.  getreüer  Freünd 

UM 


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315 


90.  Gleim  an  Uz. 

Seit  dem  Tode  meines  Kleists,  mein  liebster  bester  Freund, 
bin  ich  mehr  todt,  als  lebendig  gewesen  ;  tansendmahl  dachte 
ich  ihnen  zu  schreiben ,  und  tausendmahl  fiel  mir  die  Feder 
aus  der  Hand;  zehn  halbe  Briefe  an  meinen  besten  Freund  auf 
der  Welt,  an  Sie,  mein  Uz,  liegen  in  meinem  Schreibtische, 
mit  keinem  einzigen  konte  ich  fertig  werden;  ihr  Gleim,  der 
noch  immer 

Stumm  über  seiner  Urne  weint, 
wäre  vielleicht  noch  lange  auch  für  seinen  besten  Freund  todt 
geblieben,  wenn  ihn  nicht  eine  fürtrefliche  Muse  in  leibhafter 
Gestalt  ins  Leben  zurück  gerufen  hatte;  ihren  irdischen  Nah- 
men mein  Liebster,  werden  sie  schon  gehöret  haben,  aber  alle 
Wunder  dieser  außerordentlichen  Frau  wißen  sie  gewiß  noch 
nicht;  denn  die  im  Druck  erschienenen  Gedichte  sind  nur  von 
der  Frau  Karschin ;  die  sie  als  Sapho,  Horaz,  Anacreon,  und  Uz 
gesungen  hat,  liegen  noch  bey  mir  in  Verwahrung,  und  nur 
wenige  Abschriften  sind  in  den  Händen  ihrer  nächsten  Musen- 
freunde. Sie,  mein  liebster,  sollen  sie  zuerst  sehen,  so  bald 
ich  nur  Zeit  habe,  Abschriften  davon  nehmen  zu  laßen ;  mit 
unglaublicher  Leichtigkeit  singt  sie  alles,  was  sie  singen  will ; 
die  Vorbitte  an  Sie,  den  ganzen  Bogen  meine  ich,  den  sie  hie- 
bey  empfangen,  hat  sie  geschwinder  geschrieben,  als  ich  ihnen 
dis  Blätchen  schreibe,  und  sie  können  sie  als  eine  kleine  Probe 
ihres  Genies  ansehen.  Arbeiten  kan  sie  nicht;  und  so  lieb  ihr 
Horatz  ist ,  so  ist  ihr  doch  nicht  möglich  die  Feile  zuge- 
brauchen, die  er  seinen  Schülern  in  die  Hand  zu  nehmen,  be- 
fiehlt ;  einraahl  umschreiben,  oder  wieder  abschreiben,  kan  sie, 
was  sie  gesungen  hat;  gemeiniglich  aber  hört  man  alsdenn 
einen  ganz  andern  Gesang;  in  Gesellschaft,  die  ihr  angenehm 
ist,  läßt  sie  Kleinigkeiten  ihrer  Muse  hören ;  Epigrammen, 
dergleichen  keine  Anthologie  schöner  hat;  an  einem  Abend, 
den  wir  bey  Herrn  Beyer,  dem  Verfaßer  der  Kleinen  Lieder, 
neulich  zubrachten,  beschenckte  sie  die  Gesellschaft  mit  einem 
halben  hundert;  wir  konten  nicht  so  geschwind  schreiben,  als 

1)  Geschrieben:  Pfeile. 


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316 


sie,  bey  dem  geringsten  Anlali  sie  sagte;  ein  deutscher  Martini, 
der  sie  mit  Mühe  erfunden  hätte,  dürfte  nicht  besorgen,  dal, 
wegen  des  falschen  Witzes,  ein  Naugerus  dem  Catullus  jähr- 
lich ein  Exemplar  opferte ;  sehen  sie  hier  eines,  oder  ein  Paar. 

Als  ein  Schweinskopf  auf  der  Tafel  stand. 
Des  Waldes  Thiere  sind  dem  Löwen  unterthan, 
Der  Eber  schäumt  und  droht  mit  starckgewachsnen  Zahn 
Des  Jägers  starck  gewordnen  Gliedern;  , 
Ich  bin  ein  schwaches  Wrib,  und  wehre  mich  mit  Liedern. 

Als  sie  gefragt  wurde:  ob  sie  sich 
vor  dem  Blitz  fürchtete? 
Zevs  schillt  im  Wolckenhimmel, 
Sein  lauter  Donner  sprichts, 
Er  schilt  dem  KriegsGetümmel 
Den  Dichtern  thut  er  nichts. 

Als  Herr  Ramler  kalt  genennet 

*    wurde,  an  mich; 
Dein  Ramler  ward  am  kalten  Belte1) 
Gebohren  auf  begrünter  Flur, 
Trau  aber  nicht  auf  seine  Kälte 
Im  Herzen  ist  er  Epicur. 

Die  saphischen  Gesänge  die  sie  im  Caracter  der  Griechin 
gesungen  hat,  würde  ein  Wolf  für  aufgefunden  halten,  wenn 
sie  sie  griechisch  gesungen  hätte;  von  diesen,  mein  liebster 
Freund,  sollen  sie  sich,  mit  der  Vergebung  meines  Stillschwei- 
gens und  einem  Briefchen  die  Abschriften  erwerben.  

Halberstadt  den  81»  Oct:  1761. 

91.  Uz  an  Gleim.2) 

Liebster  Freüud, 

Sie  sind  ein  schlauer  Mann  !  Nachdem  Sie  mich  etliche 
Jahre  sitzen  laßen,  ohne  Sich  meiner  zu  erinnern,  nehmen  Sie 
eine  Muse  zu  Ihrer  Fürsprecherin.  Sie  konnten  wohl  vermuthen, 
daß  dieses  Mittel  Ihnen  gelingen  würde.  Aber  Sie  können  auch 
wissen,  daß  ohne  Muse  und  Sappho  ich  allen  Unmuth  vergeßen 

1)  Am  rande:  „Kr  ist  aus  Colherg  gebürtig." 

2)  Von  Gleims  hand:  .Empfangen  erst  den  2<^J  Jan.  1762*. 


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317 


hätte,  wenn  ich  anch  nur  von  Ihrer  Hand  zwey  Zeilen  gesehen 
hätte ,  die  mich  versicherten ,  daß  Sie  noch  mein  Freünd 
wären.  —  —  — 

Ihrer  Sappho  antworte  ich  in  beyliegendem  Schreiben.  Sie 
ist  in  allen  Absichten  ein  bewundernswürdiges  Frauenzimmer. 
Ihre  Poesie  ist  so  feurig,  so  mahlen sch  und  geistreich,  daü  sie 
hinreißt  Was  würde  Sie  seyn,  wenn  sie  ihr  unvergleichliches 
Genie  mit  mehrerer  Geduld  bearbeitete!  Ich  weis  nicht,  wie 
ihre  Erziehung  gewesen.  Wenn  sie  aber  in  jüngern  Jahren 
keine  Anweisung  gehabt,  so  ist  sie  noch  mehr  ein  Wunder. 
Ich  erwarte  ihre  Geschichte  und  Ihren  Roman.  Theilen  Sie  sich 
darein. 

Am  begierigsten  bin  ich  nach  ihren  sapphischen  Lie- 
dern. Ich  habe  ihr  selbst  geschrieben,  daß  ich  hierinnen  Liebe 
und  zwar  feurige  Liebe  suchte.  Es  ist  eine  schwere  Gattung 
der  Dichtkunst,  und  von  den  Deutschen  noch  nicht  bearbeitet 
worden.  Unter  ihren  Sinngedichten  gefällt  mir  das  auf  HE. 
Kammler  vorzüglich.  Wenn  wird  dieser  Ihr  Freünd  seine  Oden 
herausgeben  ?  Und  warum  schweigt  die  kriegerische  Muse  des 
Grenadiers?  Wenn  alle,  die  gut  schreiben,  ihre  Feder  hinlegen, 
was  werden  die  Buchläden  noch  zuletzt  für  elendes  Zeug  lie- 
fern ?  Es  hat  sich  ein  gewisser  Eil,  ein  versprengter  Preußi- 
scher Korporal,  hier  aufgehalten,  der  sich  für  den  Verfasser 
der  Kriegslieder  ausgegeben.  Er  machte  mit  großer  Fertig- 
keit Verse,  und  schrieb  einen  großen  Bogen  voll  über  die 
Liegnitzer  Affaire.  Es  kamen  schöne  Sachen  darinn  vor,  von 
der  Babilonischen  Hure  und  dergleichen  Biblische  Allusionen. 
Es  sollte  unter  dem  Nahmen  des  Verfassers  der  Kriegslieder  ge- 
druckt werden.  Aus  Bache  hätte  ich  es  beynahe  geschehen 
laßen.  Er  hat  nachgehends  hieher  gemeldet,  daß  er  Oberst- 
Lieutenant  geworden;  und  nun  wird  nach  ihm  gestrebt,  weil  er 
in  hiesigen  Landen  einige  tolle  Streiche  begangen.  Er  hat  mich, 
bey  seinem  zweymaligen  Hierseyn,  nicht  besucht,  welches  mich 
Wunder  genommen  hat.  Glauben  Sie,  daß  Ihr  Grenadier  nach 
Anspach  kommen  würde ,  ohne  mich  zu  besuchen  ?  —  —  — 

Anspach  den  12.  December  1761. 


318 


92.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  I6'üü  Jenner  1762 

—  —  —  Gestern  empfing  ich  die  Antwort  unserer  Sapho 
von  Magdeburg  auf  den  Brief,  den  sie  ihr  geschrieben  hatten, 
denn  zu  Magdeburg  ist  sie  nach  ihrer  Abreise  von  hier,  und 
daselbst  an  allen  Höfen  wie  zu  Hause.    Izt  lege  ich  alle  meine 
Arbeiten  auf  die  Seite,  um  Ihnen  mein  liebster,  sobald  als 
möglich  das  Vergnügen  zu  machen ,  das  Ihre  aaphischen  Ge- 
sänge mir  machten,  als  ich  sie  zuerst  hörete.    Sie  fürchteten 
keine  Liebe  darinn  zu  finden ;  der  erste  Gesang,  der  ihnen  in 
die  Hand  fält,  wird  sie  belehren,  daß  diese  Furcht  vergebens 
war,  und  könten  sie  alles  lesen,  was  die  saphische  Muse  in 
Versen  und  Prosa  gesungen  und  geschrieben  hat,  sie  würden, 
ja  sie  würden  über  die  Frau  erstaunen,  die  mit  solcher  Leich- 
tigkeit alle  mögliche  Affecten  annimt,  und  mit  so  viel  Ge- 
schmack alles  schreibt,  was  man  nur  Genien,  die  die  große 
Welt  kanten,  zutrauen  dürfte.  Sie  wollen  ihre  Geschichte  und 
unsern  Roman  wißen;  die  erste  werden  sie  vor  der  Samlung 
ihrer  Gedichte  lesen;  und  daraus  erfahren,  daß  sie  in  dem 
niedrigsten  Stande  gebohreu,  nicht  die  mindeste  Erziehung  ge- 
habt hat,  daß  sie  zwey  mahl  sehr  unglücklich  verheyrathet 
gewesen,  Mutter  von  einigen  Kindern,  und  schon  in  den  Jahren 
ist,  in  welchen  wir  anderen  Dichter  aufhören   Musen  und 
Mädchen  zu  haben ;  den  Roman  kan  ich  ihnen  in  zweyen 
Zeilen  erzählen.    Ich  sagte,  als  ich  zu  Berlin  im  letzten  May- 
inonath  sie  zum  ersten  mahl  sähe,  sie  könte  eine  deutsche 
Sapho  seyn;  ich  hatte  eine  Ode  von  ihr  gelesen,  die  sich  an- 
fängt :  Sohn  Gytherens,  kleiner  Weltbezwinger, 
welche  hinlänglich  war,  von  ihrem  Geist  mir  einen  völligen 
Begriff  zu  geben;  Auf  meinen  Vorschlag  machte  sie  einen  Ver- 
such und  übersezte  die  beyden  Oden  der  Griechin  aus  Herrn 
Götzen;  sie  kam  dadurch  so  sehr  in  den  sapbischen  Schwung '), 
daß  sie  hernach  bey  dem  mindesten  Anlaß  dazu,  ein  saphisches 
Lied  sang;  ohne  einen  Phaon  zu  haben,  wäre  es  nicht  ange- 
gangen, sie  that  mir  die  Ehre  und  erwählte  mich  dazu;  lächelte 

1)  Zuerst:  in  ihren  Geschmack, 


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319 


Phaon  so  sang  sie  das  süßeste  Lied,  hatte  er  eine  kaum  merck- 
liche  Wolcke  auf  der  Stirn,  so  hörte  man  den  traurigsten  Ge- 
sang; wir  machten  in  uusern  Gesellschaften  uns  alle  kleine 
Umstände  zu  Nutze;  alle  Arten  von  Affecten  der  Liebe  be- 
kamen ihren  Gesang ;  sie  dürfen  aber  nicht  glauben ,  daß 
Thyrsis  der  einzige  Liebhaber  dieser  außerordentlichen  Frau 
sey.    Nein,  au  einem  fände  ihr  Herz,  das  ganz  Zärtlichkeit, 
ganz  Freundschaft  ist,  nicht  genug  zu  Lieben,  Sulzimen  (HE. 
Sulzer) ,   Palemon  (HE.  Bachmann  zu  Magdeburg) ,  Daphnis 
(HE.  Ramler),  Bylen  (Herr  Beyer),  Spirus  (HE.  von  Spiegel), 
Wernigus  (HE.  Graf  von  Wernigerode),  alle  Männer  ihrer  Be- 
kan tschaft,  an  denen  sie  mehr  oder  weniger  Vollkommenheit 
nach  ihrer  Idee,  wahrnimt,  sind  ihre  Liebhaber,  und  jedem 
singt  sie  in  dem  Caracter,  der  ihm  nach  ihrer  Meinung  zu- 
komt,  Thyrsis  hört  zärtliche,  Sulzimen  moralische ,  Wernigus 
andächtige  Lieder;  mein  Utz  würde  philosophische  hören;  denn 
mau  sagt  seine  alte  Liebe  zur  Philosophie  sey  aufgewacht,  so 
bald  er  unsern  Moses  gelesen  hätte,  und  sie  kan  nur  gar  zu 
leicht  mercken,  wofür  unser  Herz  eingenommen  ist.    0  mir 
entwischt  nichts,  was  die  Menschen  fühlen,  sagt  sie  in  einem 
Gedicht  an  Sulzer,  und  schon  mehr  als  einmahl  habe  ich 
wahrgenommen,  daß  sie  verrätherische  Blicke  in  die  Herzen 
der  Menschen  gethan  und  sich  nicht  geirret  hat.  Wäre  meine 
Zeit  nicht  so  kurz,  so  wolte  ich  Herrn  Sulzern  vorgreifen,  der 
uns  versprochen  hat,  in  das  Genie  dieser  Wunderfrau,  wie  man 
sie  hier  nennet,  solche  tiefgehende  Blicke  zu  thun ,  und  uns 
Anmerckungen  darüber  zu  geben ;  denn  ich  habe  mit  ihr 
gleichsam  manche  Versuche  angestellet,  ich  habe  auf  ihre 
Reden  von  dem  Künstlichen  Achtung  gegeben  p    Ich  will 
doch  flüchtig  einige  Beobachtungen  hin  schreiben.   Wenn  man 
sie  fragt,  wie  machen  sie  es,  daß  sie  so  geschwind  so  fürtref- 
liche  Sachen  schreiben  können?    So  antwortet  sie,  wenn  ich 
nur  einen  Vorsatz  habe,  etwas  gutes  zu  machen,  so  geht  es 
sehr  leicht,  und  Vorsatz  habe  ich  allezeit,  wenn  ich  einen 
Kenner  und  Freund  der  Musen  vor  mir  habe.  Gelingt  ihr  eine 
Ode,  oder  ein  Lied,  so  sagt  sie:  ich  bin  in  den  rechten  Thon 
gekommen.  Sie  sagt  nicht,  ein  Lied  im  horazischen  Geschmack, 
sondern  im  horazischen  Thon,  im  saphischen  Thon.  So  flüchtig 


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320 


sie  auch  in  dem  schwersten  Sy Ibenmaß  zum  ersten  mahl 
schreibt,  so  irret  sie  doch  Niemahlen,  nur  schreibt  sie  ein 
klein  wenig  langsamer,  als  in  den  bekantern  Sylbenraaaßen, 
und  schlägt  gleichsam  den  Tact  dazu.  Von  unsern  Deutschen 
Dichtern  kan  sie  den  einzigen  Opitz  sich  nicht  müde  lesen ; 
lieber  als  alle  neuern  Dichter  liest  sie  die  alten  in  Ueber- 
setzungen;  sie  abstrahiret  sich  eine  allgemeinere  Vollkommen- 
heit, wenn  sie  findet,  daß  die  Sprache  des  Uebersetzers  nicht 
die  vollkommenste  ist,  so  setzt  sie  sich  in  den  Affect  des  Au- 
tors, und  macht  eine  Uebersetzung  nach  ihrem  Sinn;  80  hat 
sie  aus  dem  Griechischen,  lateinischen,  und  französischen 
tibersetzt ;  eine  Probe  sehen  sie  an  den  beyden  Oden  der  Sapho. 
Lesen  thut  sie  wenig,  aber  was  sie  liest,  wird  augenblicklich 
von  ihr  genuzt;  Herr  Sulzer  gab  ihr  den  Plutarch  zu  lesen, 
sogleich  waren  in  allen  ihren  Gedichten  Spuren  davon,  ich  er- 
zählte ihr  vieles  von  der  griechischen  Sapho  und  Wolfs  ge- 
samieten Nachrichten,  alles  wurde  angebracht;  sie  wolte  was 
zu  lesen  haben,  zehn  Bücher  gab  sie  mir  zurück,  ich  gab  ihr 
Xenophons  Cyropedie  und  sie  horte  nicht  auf  zu  lesen  ;  die 
zwey  Bücher  der  Ilias,  die  zu  Zürch  in  Hexametern  heraus- 
gekommen sind,  verschlang  sie,  kurz  die  Alten  waren  ihr  alles 
in  allem.  Die  Uhrsach  ist  leicht  einzusehen  ;  die  alten  waren, 
wie  sie,  Mehr  von  der  Natur  gebildet,  als  von  der  Kunst. 
Sie  samleten  ihre  Bilder  aus  Betrachtung  der  Welt,  wir  samlen 
sie  aus  Büchern ;  ein  Mahler ,  der  immer  copirt,  wird  nie  ein 
Raphael  werden,  und  ein  Dichter,  der  Hirten  und  Helden  nur 
im  Virgil  gesehen  hat,  nie  ein  Homer.  Wer  glaubt ,  daß  es 
einen  blinden  Dichter  geben  kan,  der  kan  auch  glauben,  daß 
es  blinde  Mahler  geben  kan.  Milton  hatte  seine  Augen  als 
Poet  so  viel  gebraucht,  daß  er  blind  ward,  er  hatte  die  Ding<», 
die  er  mahlen  wolte  alzu  scharf  betrachtet;  und  Homer  war 
wohl  nie  blind.  Man  wird  von  Dingen ,  die  man  sieht  ganz 
anders  eingenommen,  als  von  denen,  die  man  erzählen  hört: 
Man  gebe  mir  zehn  Poeten,  die  alle  die  aufgehende  Sonne  be- 
schrieben haben,  ich  will  die  herausfinden,  die  nie  aufgestanden 

waren,  sie  zu  sehen  1).  Noch  eine  Anmerckung  fällt 

mir  ein,  daß  sie  in  allen  ihren  Gedichten  einen  Plan  hat,  an 

1)  Zuerst,  die  ihre  Beschreibung  aus  dem  Milton  nahmen. 


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321 


den  sie,  als  sie  anfieng  zu  schreiben,  nicht  dachte,  und  daß  es 
ihr  sehr  schwer  wird,  nach  einem  vorgeschriebenen  Plan  zu 
arbeiten.  Ich  sagte  ihr  einen  Plan  zu  einer  gewißen  Ode,  sie 
saß  einen  halben  Tag  dabey  und  brachte  nichts  zu  Stande. 
Für  die  Prinzeßin  Amalia  des  Königs  Schwester,  hat  sie  nach 
einem  prosaischen  Entwurf  eine  PaßionsCantate  mit  vieler 
Mühe  zu  Stande  gebracht ;  hätte  man  ihr  freye  Hand  gelaßen, 
so  würde  es  ganz  was  anders  geworden  seyn,  so  gut  sonst  alles 
ist ;  mit  weniger  Arbeit  hätte  sie  die  100  R;.  die  die  Prinzeßin 
ihr  geschenckt  hat  weit  ehe  verdient  —  Nächstens  werde  ich 
ihnen  den  Plan  zu  dem  Druck  ihrer  Gedichte  übersenden.  Mich 
dtinckt  ich  habe  ihnen  schon  gesagt,  daß  wir  zu  ihrem  Besten 
eine  Subscription  machen  wollen.  Sie  werden  es  hoffentlich 
nicht  übelnehmen,  wenn  sie  ihren  Nahmen  unter  den  Samlern 
finden.  Den  Plan  hat  Herr  Bachmaun  aufgesetzt,  ich  bin  in 
allen  Stücken  nicht  damit  zufrieden;  man  hätte  keine  zwey 
Claßen  machen  sollen.  Wer  wird  zum  Besten  eines  solchen 
Genie  nicht  gern  einen  Fr.[iedrich]d'or  geben?  Auch  muste 
man  mehr  Samler  benennen  p.  Herr  Ramler  ist  sehr  kränck- 
lich;  mehr  als  einmahl  ist  er  in  vorigem  Jahre  dem  Tode  nahe 
gewesen.  Sein  Freund  Langemack,  mit  dem  er  viele  Jahre  in 
einem  Hause  gewohnt  hat,  ist  ihm  vorangegangen;  zu  der 
HerausGabe  seiner  Oden  ist  bey  seinem  Leben  keine  Hoffnung, 
er  hört  nicht  auf  an  seinen  Arbeiten  zu  künsteln.  Auch  wird 
die  Uebersetzung  des  Horatz  nie  fertig.  Siebzehn  Oden,  jede 
in  ihrem  eignen  römischen  SilbenMaaße  übersetzt,  hat  er  [mir] 
anvertrauet;  hätte  er  sie  behalten,  so  wären  sie  schon  einige 
mahl  wieder  umgearbeitet;  er  beweiset,  daß  man  das  Nonum 
prematur  in  annum  übertreiben  kan.  Izt  giebt  er  seinen 
Batteux  von  neuem  heraus. 

Der  Grenadier  ist  völlig  todt.  Er  starb  frey willig,  er 
wolte  seinen  Major  nicht  überleben.  Schon  mehr  Corporals 
haben  sich  für  den  Grenadier  ausgegeben,  man  hat  ihren  Be- 
trug entdeckt,  und  zur  Strafe  sie  zu  Trommelschlägern  herunter- 
gesetzt. Wenn  mein  Grenadier  von  den  Todten  auferstehen 
und  nach  Anspach  kommen  solte,  so  würde  Er  keinen  Men- 
schen sonst  sehen  wollen,  als  meinen  Uz.  —  —  — 

Gleim-  Uz  ,  Briefwechsel.  2 1 


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322 


93.  Gleim  an  Uz. 


Liebster  Freund, 


Halberstadt  den  26*1?  Febr.  1762 


Ich  wolte  Ihnen  gern  die  Nachricht  von  der  HerausGabe 
der  Karschischen  Gedichte  mitsenden;  aus  dieser  Ursach  ließ 
ich  den  Brief  an  Sie  bis  itzo  liegen.  Sie  empfangen  also  einige 
dieser  gedruckten  Nachrichten;  und  weil  ich  nicht  weiß,  ob 
Herr  Bachmann,  der  den  SamlungsPlan  aufgesetzt  und  die  Be- 
sorgung der  Austheilung  und  der  Einnahme  übernommen, 
Ihnen,  mein  liebster  Freund,  auch  schon  gedruckte  Praenume- 
rations  Scheine  übersand  hat,  so  sende  hiebey  vorerst  zwanzig 
Stück  ä  Einen  Fried. [rich]d'or.  und  eben  so  viel  ä  2  R,r.  Uebri- 
gens  bin  ich  mit  diesem  SamlungsPlan  gar  nicht  zufrieden. 
Meine  Vorschläge  sind  dabey  gar  nicht  beobachtet,  und  ich 
besorge  nun,  daß  für  die  gute  Dichterin  nicht  viel  heraus 
kommen  wird.  Thun  sie  an  ihrem  Orte  ihr  Möglichstes.  Man 
sollte  an  mehrern  und  den  größern  Orten  Deutschlandes  Sa.m- 
ler  benennen,  war  meine  Meinung.  Ehe  mancher  einen  Brief 
deshalb  schreibt,  unterläßt  er  das  gute  Werck  lieber  ganz. 

Ich  lege  die  Ode:    Cytherens  Sohn  p 
von  der  Dichterin  eigenen  Hand  bey.  So  wie  diese  geschrieben 
ist,  ohne  Unterscheidungszeichen,  so  geschwind  als  möglich, 
so  sind  sie  alle  geschrieben,  und  so  geschwind  singt  sie  die 
erhabenste  Ode  und  das  leichteste  Lied.  


Lange  vorher,  ehe  ich  Ihren  Brief  erhalten,  wurde  von 
Frankfurth  an  mich  geschrieben,  und  der  Sammlungs-Plan  ver- 
langt. Ich  erstaunte,  da  Sie  mir  von  der  Ausgabe  der  Kar- 
schischen Gedichte  nichts  geschrieben  hatten.  Sobald  ich  aber 
diesen  Plan  erhalten,  schickte  ich  davon  ein  Paar  Exemplarien 
nach  Frankfurth,  wo  etliche  Personen  pränumeriren,  aber  das 
Geld  nach  dem  ihnen  bequemer  liegenden  Braunschweig  schicken 


!)4.  Uz  au  Gleim. 


Liebster  Fretind, 


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323 


wollen.  Ich  werde  meines  Orts  keine  Sorgfalt  spahren,  Con- 
tribuenten  zu  bekommen.  Auf  viele  Friedrichsd'or  kann  ich 
nicht  Hofnung  machen.  Ein  Louisd'or  ist  in  unsern  Gegenden 
schon  viel  Geld.  Die  Frau  Erbprinzeßin  von  Coburg  hat  in 
Gold  pränumerirt,  und  den  Friedrichsd'or  an  mich  geschickt. 
Ich  weis  nicht,  warum  n  e  ü  e  sächsische  Drittelstücke  verlangt 
werden.  Diese  geringhaltige  Münze,  wovon  mir  von  Erlang 
2.  Thl.  eingeschickt  worden,  ist  bey  uns  völlig  verruffen  und 
wird  um  die  Hälfte  weggegeben.  Sie  müssen  mir  überhaupt 
genauer  schreiben,  wie  die  eingehenden  Gelder  und  wohin  sie 
tibermacht  werden  sollen,  baar  oder  durch  Wechsel.  Soviel 
baares  Geld  auf  die  Post,  bey  diesen  Zeiten,  zu  geben,  ist  Ha- 
zard:  ich  weis  aber  auch  nicht,  wer  so  schlechtes  Geld  von 
mir  annehmen  und  durch  Wechsel  übermachen  wird.  Ich  muß 
auch  wissen,  wie  lang  die  Pränumeration  währen,  und  wenn 
die  Gedichte  gewiß  herauskommen  sollen,  damit  ich  desto  besser 
treiben  kann.  Ich  wünsche  von  Herzen,  daß  eine  ansehnliche 
Summe,  zum  Nutzen  der  Frau  Karschin,  herauskomme.  Diese 
Frau  verdient  es,  daß  Deutschland  sie  aufmuntere.  Alles,  was 
Sie  mir  von  ihr  schreiben,  und  wofür  ich  Ihnen  unendlich 
verbunden  bin,  vermehrt  meine  Bewunderung.  Ihre  sapphischen 
Oden  gefallen  mir  ungemein.  Ich  wünschte,  daß  einige  davon 
dem  Sammel-Plan  beygefügt  wären.  Die  daselbst  eingedruckt 
worden,  sind  ihre  besten  Gedichte  nicht,  obgleich  sehr  gut. 
Sie,  mein  Liebster,  sollten  billig  die  ganze  Direction  dieser 
Ausgabe  haben.  Sie  haben  diese  Frau  studiert,  und  kennen 
ihr  Genie:  Sie  sollten  auch  der  Welt  davon  Nachricht  geben. 
Doch  werden  Sie  vermuthlich  die  Stücke  in  Ordnung  bringen, 
und  darüber  wird  viel  Zeit  vergehen.  Wenigstens  bin  ich  ver- 
sichert, daß  Sie  bis  Ostern  nicht  fertig  werden. 

Ich  bedaure  den  HE.  Rammler,  wegen  seiner  kränklichen 
Umstände.  Warum  haben  Sie  mir  nicht  eine  seiner  horazi- 
schen  Uebersetzungen  beygelegt?  Ich  wäre  begierig,  zu  sehen, 
wie  er  tibersetzt.  Es  ist  gewiß,  daß  er  den  Horaz  sehr  studiert 
hat.  In  allen  seinen  Oden  zeigen  sich  davon  die  Spuren.  Die 
Ode  an  die  Feinde  des  Königs  ist  sehr  schön.  Aber  bey  der 
Medaille  (:  sieht  Friederichs  Porträt  im  Kupferstiche  dem 
König  gleich?:)   habe  ich  Zweifel.    Ich  weis  nicht  anders, 

21* 


321 


als  daß  die  Römer,  auf  den  Münzen,  nicht  eher  ihre  Kayser  Divos 
genennet  haben,  als  wenn  sie  consecrirt  worden,  und  folglich 
gestorben.  Herkules  ist  auch  eher  nicht  unter  die  Götter  auf- 
genommen worden,  und  als  Gott  führt  er  auf  den  Münzen  zu- 
weilen den  Donnerkeil.  Doch  HE.  Rammler  wird  Ursachen 
wissen,  die  ich  nicht  weis. 

Ich  hoffe,  der  Grenadier  soll  wieder  aufleben,  wenn  Friede 
wird.  Von  ihm  muß  der  Friede  besungen  werden.  Niemand 
hat  den  König  besser  besungen.  Alle  Nachrichten  melden  den 
Frieden  mit  Rußland.  0  wenn  doch  Friede  würde,  und  dieser 
barbarische  Krieg  einmal  aufhörte!  Vielleicht  machten  Sie 
alsdenn  Ihr  Versprechen,  hieher  zu  reisen,  wahr.  Was  für 
Vergnügen !  0  ich  mag  mir  damit  gar  nicht  schmeichlen. 
Von  meiner  Muse  kann  ich  Ihnen  nicht  viel  erfreüliches  mel- 
den. Sie  wird  alt  und  mag  nicht  mehr  singen.  Ich  mache 
allgemach  Anstalt,  den  alten  Gaul  auszuspannen,  ehe  er  mir 
noch  mehr  Schande  zuzieht.  Ich  habe  alles  ausgestanden,  was 
ein  Autor  ausstehen  kann.  Meine  Feinde  schlummern  nur: 
ich  muß  sie  nicht  aufwecken.  Bodmer  lebt  noch.  Wieland 
übersetzt  den  Shakespear;  und  das  ist  ein  gutes  Geschäft. 
Deutschland  wird  ihm  vielen  Dank  schuldig  seyn,  wenn  er  den 
Engländer  nur  nicht  verschweitzert.  Er  hat  viel  Geschick  zu 
dieser  Uebeisetzung,  wie  ich  glaube. 

Anspach  den  13.  März  *)  1762.  

Hören  Sie  gar  nichts  mehr  von  HE.  Leßing?  Es  ist  doch 
Schade,  daß  ein  solcher  Manu  für  die  Musen  verlohren  seyn  soll. 

95.  Gleim  an  Uz. 

Endlich,  mein  liebster  Freund,  empfange  ich  die  nähere 
Nachricht  auf  die  ich  gewartet  habe,  um  sie  Ihnen  zu  über- 
senden. Ich  war  vor  Vierzehn  Tagen  zu  Magdeburg  beym 
Profeßor  Sulzer,  der  sich  diesen  Sommer  hindurch  daselbst 
aufhalten,  und  an  seinem  Wörterbuch  der  schönen 
Künste  arbeiten  wird ;  Wir  vereinigten  uns  über  einen  Theil 
der  Karschischen  Gedichte,  die  in  unsere  Samlung  sollen,  über 

1)  Die  baifte  des  datuins  ist  abgeschnitten. 


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325 


alle  konten  wir  uns  nicht  vereinigen,  denn  es  gab  doch  man- 
ches darüber  zu  streiten;  und  ich  konte  nur  drey  Tage  dort 
seyn  ,  bey  dieser  Gelegenheit  wurde  diese  nähere  Nachricht 
nöthig  gefunden.  Herr  Sulzer  Ubernahm  es,  sie  aufzusetzen; 
ich  bin  nicht  überall  damit  zufrieden  ;  Sie  haben  recht,  mein 
liebster  Freund,  nur  einer  solte  die  ganze  Direction  so  wohl 
der  Pränumeration  als  der  Ausgabe  haben;  Über  der  Vereini- 
gung verschiedener  Meinungen,  und  über  dem  Hin-  und  her 
Schreiben  geht  viel  Zeit  hin,  die  man  nützlicher  anwenden 
könte.  —  

Morgen  wird  das  Friedensfest  mit  Rußland  zu  Magde- 
burg gefeyret;  die  Dichterin  hat  mich  in  einem  Liede  dazu 
eingeladen,  ich  darf  ihnen  nicht  sagen,  mein  liebster  Freund, 
warum  ich  hier  geblieben  bin,  sie  möchten  es  einem  Patrioten 
nicht  gutheißen.  Der  Grenadier  würde  durch  des  Volckes 
Freuden Geschrey  so  gar,  nicht  wieder  aufleben;  er  liegt  in 
zu  tiefem  Todesschlaf.  Von  der  Freundschaft  zwischen  Friede- 
rich und  Peter  werden  einmahl  alle  Musen  singen.  Ich  könte 
ihnen  Wunder  davon  erzählen,  aber  man  erbricht  izt  die  Briefe, 
und  wer  weiß  ob  man  diese  Wunder  gern  läse. 

Eine  Probe  von  Ramlers  Uebersetzungen  aus  dem  Horaz 
finden  sie  hiebey  gelegt,  unter  der  Bedingung,  daß  sie  in  ihren 
Händen  bleibe,  denn  er  will  nicht,  daß  sie  bekant  werden 
sollen ,  ehe  sie  gedruckt  werden ;  und  unter  der  zwoten  Be- 
dingung, daß  Sie  mir  sagen,  wie  sie  ihnen  gefällt.  Bey  dem 
Aufsuchen  fielen  mir  die  beyden  Gedichtchen  in  die  Hände, 
von  welchen  ich  nicht  weiß,  ob  sie  sie  schon  gesehen  haben. 
Sie  sind  von  ihrem  Freunde. 

Was  sagen  Sie  zu  den  Amazonen  Liedern  ?  Herr  Weiß 
zu  Leipzig  soll  der  Verfaßer  seyn;  Sulzer  schrieb  sie  dem  Gre- 
nadier zu ;  das  that  Uz  nicht ;  meinen  Beyfall  haben  sie  über- 
haupt so  sehr,  als  die  Vorrede  sie  nicht  hat;  doch  halte  ich 
die  Stelle,  in  welcher  die  Amazone  ihren  Held,  den  Kopf  zer- 
spalten, die  Brust  zerschießen,  den  Arm  abhauen  sieht,  und 
nicht  in  Ohnmacht  fällt,  für  sehr  übertrieben;  so  wie  noch 
einige  Stellen,  bloß  für  witzig;  überdem  vermißt  man  der 
Amazonin  und  ihrer  Helden  Vaterland,  und  die  historische 
Warheit,  die  diesen  bardischen  Liedern  eigen  seyn  soll,  zu 


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sehn.    Herr  Leßing  ist  GouvernementsSecretär  zu  Breßlau, 

und  schreibt  nichts  mehr.  

Halberstadt  den  29^  May  1762 

Im  Julius  will  der  Herr  Graf  von  Wernigerode  unsere 
Dichterin  auf  den  Blocksberg  oder  Brocken  führen;  er  ist 
durch  HexenZusarumenkunft  berühmt,  und  wird  so  dann  durch 
Gesänge  der  Dichterin  berühmt  werden.  —  —  — 

96.  Uz  an  Gleim.1) 

Wie  nun?  Warum  antworten  Sie  mir  nicht  auf  meine 
Anfragen  wegen  der  Karschischen  Gedichte?  Warum  schreiben 
Sie  mir  nicht,  wie  und  wohin  ich  die  PränumerationsGelder 
übermachen  soll?  Was  ich  mit  den  Sächsischen  Dritteln  an- 
fangen soll,  jleren  schon  einige  bey  mir  eingelaufen  sind? 
Kein  Banquier  nimmt  sie,  ohne  schrecklichen  Verlust,  wenn 
ich  sie  durch  Wechsel  übermache.  Sie  auf  der  Post  zu  über- 
schicken, ist  ein  gewaltiger  Hazard,  da  Ihnen  nicht  unbekannt 
ist,  daß,  vermüg  Kayserlichen  Befehls,  dergleichen  Geld-Sorten 
auf  den  Posten  weggenommen  werden.  Kurz,  liebster  Fretind, 
Sie  müssen  mir  antworten.  Weil  ich  nicht  weis,  ob  die  Briefe 
von  hier  aus  nach  Halberstadt  sicher  genug  laufen,  so  habe 
ich  dieses  Billet  an  einen  Freünd  in  Leipzig  [geschickt,  der  es] 
auf  die  Post  geben  soll.  Die  Frau  Erb-Prinzeßin  von  Coburg 
und  der  HE.  Geheime  Rath  von  Gemmingen  in  Studtgardt, 
deßen  Gedichte  Ihnen  bekannt  sind,  haben  mit  Friedrichsd'or 
pränumerirt,  und  das  Geld  an  mich  geschickt.  Ich  habe  noch 
mehr  zu  hoffen,  wenn  ich  nur  wegen  des  Drucks  zuverläßige 
Nachricht  geben  kann.  —  

Anspach  den  5.  Jim.  1762. 

97.  Gleim  an  Uz. 

Diesen  Augenblick  erst,  mein  liebster  Freund,  erhalt  ich 
Ihr  Schreiben  vom  Juny;  Schon  lange  ist  es,  als  ich  alle 
ihre  Fragen  wegen  der  Karschischen  Gedichte,  wegen  Einsen- 
dung der  Gelder,  und  Annahme  der  Münzsorten  beantwortete; 

1)  Von  Gleims  band:  „ Empfangen  und  beantw.  d.  61™  Jul.  1762* 


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327 


 An  der  Ausgabe  wird  mit  allem  Ernst  gearbeitet;  vor 

Michaelis  aber  wird  sie  schwerlich  können  abgeliefert  werden ; 
wegen  iziger  Zeiten  geschiehet  mancher  nicht  vorhergesehene 

Auffenthalt.  —  Sorgen  sie  nur,  daß  fein  viel  einkomt, 

damit  unsere  Pupille  zu  leben  bekomt.  Sie  ist  noch  in  Magde- 
burg, der  Herr  Graf  von  Wernigerode  wird  in  diesem  Monath 
sie  auf  unsern  durch  die  Hexenfahrt  so  berühmten  Blocksberg 
führen;  Mit  ihrem  Gesänge  soll  sie  Hexen  und  Eulen  ver- 
jagen, und  ihn  zum  Parnaß  einsingen.  Ich  zweifle  sehr,  daß 
der  Herr  Graf  seine  Absicht  erreichen  wird.  Es  ist  kein  Frü- 
ling  auf  diesem  unserm  Atlas,  noch  itzt  seh  ich  aus  meinem 
Gartenhause  seine  Stirn  mit  viel  Schnee  bedekt.  —  —  — 
Halberstadt  den  6IL'  July  1762 

Die  nähere  Nachricht  ist  von  Herrn  Prof.  Sulzer  aufge- 
setzt. Stoßen  sie  sich  nicht  an  den  vielen  Drukfehlern.  Die 
Samlung  selbst,  wird  in  gute  Hände  gerathen.  ' 

Unser  Berlinischer  Horatz  HE.  Ramler  wird  immer 
schwächlicher.  Ein  guter  Freund  hat  mich  für  sein  Lebeu 
bange  gemacht.  —  —  —  HE.  Sulzer  war  auch  gefährlich 
krank,  ist  aber  wieder  beßer.  Zwey  gelehrte  Frauen,  die  Frau 
Gottsched  zu  Leipzig,  und  die  Frau  D.  Leporin  in  unserer 
Nachbarschaft  zu  Quedlinburg,  sind  in  die  andre  Welt  ge- 
gangen.   

98.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freünd, 

Ich  habe  die  mir  überschickten  neüen  Avertissemens  so- 
wohl, als  Ihr  letztes  Briefgen  wohl  erhalten.  Hierbey  folget 
die  kleine,  kleine  Consignation  der  Praenumeranten ,  die  sich 
bey  mir  gemeldet  haben.  Mir  ist  leid,  daß  ich  der  Frau  Kar- 
schin  nicht  nützlicher  seyn  können.  In  den  hiesigen  Gegenden 
sind  wenige  Kenner,  und  noch  wenigere,  die  zugleich  etwas 
aufwenden  wollen  oder  können.  Mir  wird  Sappho  nicht  ver- 
denken, daß  ich  mit  dem  geringem  Vorschuß  von  zwey  Tha- 
lern mich  begnüge.  Ich  bin  selbst  ein  Poet,  und  dieser  Nahrae 
zeigt  schon  daß  die  Friedrichsd'or  bey  mir  nicht  gesucht  wer- 
den können.    Ich  bin  nur  Secretär,  und  nicht  Domherr. 


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328 


Ich  hoffe,  Sie  werden  mehr  Abdrücke  machen,  als  der- 
malen bestellt  sind.  Ich  vermuthe,  daß  noch  einige  Pränume- 
rationen bey  mir  eingehen  werden,  wovon  ich  Ihnen  die  Con- 
signation  sogleich  überschicken  werde.  Herr  v.  Thümmel,  der 
mir  die  Pränumeration  der  Frau  Erb-Prinzeßin  von  Coburg 
tibermacht,  hat  mir  ohnlängst  zu  noch  einigen  andern  Hoff- 
nung gemacht.  Er  soll  ein  würdiger  Cavalier  seyn,  wenig- 
stens ist  er  ein  großer  Bewunderer  der  Frau  Karschin,  davon 
zeügt  sein  Sinngedicht,  das  er  mir  tiberschickte,  und  ich  Ihnen, 
ohne  Erlaubniß  darzu  zu  haben ,  hiehersetze.  Es  dtinkt  mich, 
der  Gedanke  sey  ganz  artig,  und  die  Ausführung  ist  auch 
nicht  übel.    Doch  hier  ist  es: 

Auf  die  Frau  Karschin. 
Ein  gilldnes  Sattenspiel  entfiel  Apollens  Hand : 
Ks  tönte  in  der  Luft  noch  einmal  —  und  verschwand. 
Beklagt  von  dem  Olymp,  sieht  Amor  es  verschwinden, 
Fliegt  nach  —  durchsucht  die  Welt  —  und  weint  und  kanns  nicht 
Der  himmlische  Verlust  lag  in  bemoosten  Gründen,  [finden : 

Wo  Philiis  weidete,  die  ungesucht  es  fand. 

Wegen  der  Gelder  erwarte  ich  Ordre.  Sie  liegen  bereit. 
Vielleicht,  da  einig  gutes  Geld  darunter  ist,  findet  sich  Mittel, 
durch  Lifferanten  sie  zu  überniachen.  Doch  HE.  Bachmann 
wird  hiefür  sorgen,  und  ich  erwarte  seine  Verfügungen.  Wol- 
ten  Sie  mich  [mit]  zwey  Zeilen  wegen  Erhaltung  dieses  Briefs 
außer  Sorgen  setzen,  so  würden  Sie  mich  sehr  verbinden.  Es 
würde  ein  gewaltiger  Streich  für  mich  seyn,  wenn  meine  Con- 
signation  nicht  zu  Ihren  Händen  käme,  da  so  große  Nahmen 
drinnen  stehen.  Mit  der  größten  Ungeduld  erwarte  ich  nun 
die  Gedichte  selbst.    Betreiben  Sie  ja  den  Druck  eifrig. 

Der  Himmel  gebe  dem  HE.  Rammler  seine  Gesundheit 
wieder.  Sein  Tod  wäre  für  Deutschland  ein  großerVerlust.  

Anspach  den  28.  Jul.  1762. 

99.  Uz  an  Gleim.1) 

Liebster  Freünd, 

Diesen  Augenblick  erhalte  ich,  von  dem  Herrn  von  Thümmel 
in  Coburg,  wieder  3.  Friedricbsd'or  auf  der  Frau  Karschin  Ge- 

1)  Von  Gleims  hand:  „Beantw.  den  24*12  Sept.  1702« 


329 


dichte.  Der  jüngere  Prinz  von  Coburg  Franz  pränumerirt  auf 
1.  und  die  Hofdame  von  Thümmel  auf  2.  Exemplare.  Ich 
wünsche,  daß  es  nicht  zu  späte  seyn  möge.  Aber  es  darf  durch- 
aus nicht  zu  späte  seyn.  Sie  werden  es  schon  einzurichten 
wissen,  daß  diese  Personen  noch  in  das  Verzeichniß  kommen. 
Sie  haben  doch  meine  erste  Consignation  erhalten  ?  Wie  wenn 
Sie  solche  nicht  erhalten  hätten?  Nichts  unangenehmeres 
könnte  mir  begegnen.  Ich  will,  aus  Fürsorge,  die  Consignation 
lieber  noch  einmal  beyschließen.  So  werden  Sie  solche  doch 
gewiß  erhalten.  Aber  nur  um  zwey  Zeilen  bitte  ich  Sie!  Ma- 
chen Sie  meiner  Sorge  ein  Ende. 

Sie  irren  nicht,  wenn  Sie  glauben,  daß  ich  die  Amazonen- 
Lieder  niemals  dem  Grenadier  zugetrauet  habe.  Der  Unter- 
schied ist  sehr  sichtbar.  Ich  glaube  nicht,  daß  die  Kriegs- 
lieder jemals  von  einem  Dichter  erreichet  werden,  soviel  Witz 
er  hat.  Herrn  Weisen  fehlt  es  daran  gewiß  nicht.  Aber  es 
gehört  noch  etwas  mehr  dazu.  Sie  haben  sehr  richtig  und 
billig  von  den  Amazonen-Liedern  geurtheilet,  und  es  frettet 
mich,  daß  Ihr  Urtheil  mit  dem  Meinigen  übereinstimmt,  das 
ich  auch  Herrn  Weisen  ohne  Rückhalt  geschrieben  habe. 

Die  Zeitungen  haben  mir  angekündigt,  daß  zu  Magdeburg 
ein  Schäferspiel  von  meinem  Gleim  aufgeführt  worden.  Es  ist 
gewiß  vortrefflich !  Ist  es  nicht  gedruckt,  damit  auch  die  Welt 
und  nicht  bloß  Ein  Hof  dadurch  entzückt  werde? 

Sind  Sie  in  Helmstedt  gewesen  ?  Man  hat  Sie  erwartet, 
und  auch  HE.  Kloppstok.  Die  Bürgerschaft  wird  ins  Gewehr 
getreten  seyn,  und  alle  junge  Mädchen,  wenigstens  die  artigen, 
werden  entgegen  gegangen  seyn.  Der  Einzug  solcher  Leüte 
muß  solenn  seyn. 

Wenn  Sie  mir  doch  sagen  könnten,  was  ich  aus  den 
KreützzUgen  des  Philologen,  aus  den  Essais  a  la  Mosaique 
machen  soll!  Soll  ich  den  Verfaßer  für  ganz  klug  halten? 
Wenigstens  hält  er  seine  Leser  nicht  für  klug  und  hat  sie  zu 
Narren.    Ich  möchte  den  Mann  kennen.  


1)  Am  scbluß  des  briefea  von  Gleima  hand:  „Aus  allen  Gegenden 
her  wird  der  Friede  angekündiget !  Läßt  aber  Engelland  Preußen  im 
Stich,  so  soll  es  in  den  Waßern  die  es  umgeben,  versincken.  Ein  poe- 


A.[nspach]  den  16.  Sept.  1762. l) 


330 


100.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  24*2  Sept.  1762 

Diesen  Augenblick,  bester  Freund,  empfang  ich  Ihr  Brief- 
chen vom  16«,  und  eile  mit  erster  Post  ihnen  zu  sagen,  daß 
ich  auch  das  neuliche  nebst  dem  Verzeichniß  der  Pra?nume- 
ranten  empfangen  habe,  und  daß  noch  nichts  versäumet  ist. 
Vielmehr  ist  zur  Annehmung  noch  mehrerer,  Zeit  geuug  übrig. 
Denn  wir  haben  schlechterdings  noch  anstehen  müßeu,  mit 
dem  Drukk  den  Anfang  zu  machen.  Das  Papier  ist  in  unsern 
Gegenden  so  theuer,  und  alle  übrige  Kosten  belaufen  sich  so 
hoch,  daß  für  die  arme  Frau  Karschin  nicht  ein  Pfennig  übrig 
bleiben  würde,  wenn  wir  uns  übereileten.  Es  ist  recht  fatal, 
daß  diese  Theurung  just  zu  dieser  Zeit  einfallen  muß,  und  wir 
dadurch  gehindert  werden,  dem  Publico  unser  Wort  zu  halten; 
nber  ich  sagte  es  gleich,  daß  man  die  Pränumeration  in  beßerm 
(ielde  annehmen  müßte,  Sulzer  und  Bachmann  waren  dagegen. 
Das  Publicum  zwar  verliehrt  nichts.  Es  bekomt  beßere  Stücke. 
Denn  die  allzu  fruchtbare  Muse  singt  unter  der  unzähligen 
Menge  manches,  das  einen  Vorzug  vor  denen  verdienet,  die 
schon  in  die  Samlung  gewählet  waren ! 

Vielleicht  giebt  der  Himmel  uns  den  Frieden.  Aus  allen 
Gegenden  her  wird  er  augekündiget.  Läßt  aber  Engelland  uns 
im  Stich,  so  soll  es  in  den  Waßern,  die  es  umgeben,  ver- 
sincken.  Ein  poetischer  Fluch,  mein  liebster  Freund,  den  die 
Frau  Karschin,  wenn  sie  ihn  hörte,  so  gleich  in  eine  Ode  ver- 
wandelte. Sie  lebt  noch  zu  Magdeburg  im  Hause  des  Herrn 
Commendanten  von  Reichmann.  Ich  wünschte,  daß  ich  die 
guten  Stücke  die  sie  bisher  gemacht  hat,  für  meinen  Uz  ab- 
schreiben kÖnte.  Noch  angenehmer  wäre  mir,  Ihm  alles  zu 
lesen  zu  geben ;  denn  in  den  flüchtigsten  Stücken  sind  Züge 
ihres  Genies,  die  ein  Kenner  mit  Vergnügen  wahrnimt,  und 
sie  den  Zü^en  der  Kunst  weit  nachsetzt.  Sehr  oft  fragt  sie 
in  ihren  täglichen  Briefen,  denn  sie  schreibt  mir  alle  Tage, 
nach  meinem  Uz !  Und  ich  sage  ihr  die  Antwort  sehr  selten, 

tiscuer  Fluch,  mein  liebster  Freund  den  die  Fr.  Karschin  wenn  sie  ihn 
hörte,  so  gleich  in  einen  Gesang  verwandelte.*'   Vgl.  den  folgenden  brief. 


333 


habe  noch  keine  Zeile  von  meinem  besten  Freunde!  

Herr  Klopstock  kam  im  vorigen  Sommer  aus  Coppenhagen 
nach  Quedlinburg  zu  seiner  Frau  Mutter,  im  Vorsatz  den  Winter 
bey  uns  zu  bleiben.  Ich  freuete  mich,  wie  eine  Braut  sich 
auf  ihren  Bräutigam  freuet,  denn  er  versprach  mir,  den  halben 
Winter  bey  mir  zuzubringen  —  Aber  die  Feindin  der  Freund- 
schaft, die  Liebe  hat  meine  Freude  zu  Nicht  geraachet.  Klop- 
stock sah  an  dem  Orte,  an  dem  ich  einmahl  liebte,  das  hüb- 
scheste und  reicheste  Mädchen  hiesiger  Gegend,  liebte,  wurde 
geliebt,  (aber  der  Vater  will  schlechterdings  seine  Einwilligung 
nicht  geben,)  und  nun  ist  er  nur  einmahl  ein  Paar  Tage  bey 
dem  Freunde,  und  die  übrige  Zeit  bey  dem  Mädchen  gewesen. 
Die  Meßiade  ruhet  nun  wohl.  Ich  fieng  neulich  ein  Sinnge- 
dicht an: 

Was  Böses  ist  geschehn,  das  nicht  die  Liebe  that? 
und  wolte  in  zweyen  Versen  sagen,  daß  sie  uns  auch  um  die 
Meßiade  brächte,  aber  nicht  zwey  Verse  kont  ich  zu  Stande 
bringen.  0  wie  betrübt  ist  es,  so  ganz  allen  Geist  zu  ver- 
liehren,  und  es  ist  doch  nichts  als  der  Mangel  an  Musenfreun- 
den, und  die  tägliche  allzu  beschwerliche  Beschäftigung  mit 
Welthändeln  Schuld  daran :  Mich  dünckt,  ich  würde  der  glück- 
lichste Mensch  seyn,  wenn  ich  bey  Salz  und  Brod  in  der  Ge- 
Seilschaft  eines  Uz  am  Fuß  des  Parnaß  wohnen  könte.  Wie 
leicht  könte  man  sich  diese  Glückseeligkeit  schaffen,  wenn  man 
Muth  genug  hätte,  sich  von  seinen  Verbindungen  loß  zu  reißen, 
und  sein  eigen  zu  werden.  Man  sagt,  der  König  habe  dem 
Sonderling  Roußeau  antragen  laßen,  mit  800U  R/.  Gehalt  Pre- 
sident der  Academie  zu  werden;  Nicht  8/m.  hat  er  geant- 
wortet ;  sondern  Speise,  Tranck,  Kleidung,  und  die  Freyheit 
nicht  mehr  President  zu  seyn,  wenn  ich  es  nicht  mehr  seyn 
will.  —  Könten  wir  uns  nicht  auch  mit  so  wenigem  begnügen  ? 

Die  Frau  Karschin  ist  seit  Vier  bis  Fünf  Monathen  zu 
Berlin ;  ihre  vielen  neuen  Freunde  laßen  ihr  wenig  Zeit  an 
ihre  alten  Freunde  zu  schreiben,  ich  weiß  also  nicht  viel  von 
ihrem  itzigen  Lebenslaufe.  An  der  Ausgabe  der  Samlung  wird 
mit  Eifer  gearbeitet ;  es  könte  aber  doch  leicht  kommen,  daß 
man  vor  Ostern  nicht  fertig  würde.  Wenn  mit  einer  Sache 
sich  so  viele  beschäftigen,  so  geht  es  insgemein  langsam. 


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334 


Sulzers  Reise  in  die  Sehweite  und  der  Briefwechsel  mit  ihm 
dahin,  denn  er  ist  noch  zu  Winterthur,  macht  nebst  dem  Pa- 
piermangel, allen  Aufschub.  —  

Herr  Beyer  ist  Bräutigam,  er  heyrathet  die  älteste  Tochter 
des  Cammerdirector  Diederich  der  als  Geißel  so  lange  zu  Nürn- 
berg geseßen  hat.  —  —  —  Letzthin  bekam  ich  meines  alten 
Freundes  Spaldings  Porträt  von  Rode  gemahlt;  wenn  werd 
ich  meinen  Uz  einmahl  bekommen  ?  —  —  —  Ich  studire  itzt 
in  Hagedorns  Betrachtungen  über  die  Mahlerey.  Welch  ein 
fürtreflicher  Kenner ! 

102.  Uz  an  Gleim. 

—  —  —  Ihr  letztes  Schreiben  hat  mich  nicht  so  sehr 
vergnüget,  als  Ihre  vorigen.  Außer  daß  Sie  mir  Ihren  nicht 
ganz  guten  Gesundbeits-Zustand  melden,  welches  mich  schon 
genug  bekümmert;  finde  ich  so  was  schwermüthiges  in  Ihrem 
Briefe,  das  ich  an  dem  deutschen  Anakreon  nicht  gewohnt 
bin,  und  nicht  wünsche.  Kommt  es  vom  Körper  her,  so  mag 
der  Frühling  Sie  curiren.  Vielleicht  aber  ist  Ihr  Herz  Iär, 
und  macht  Ihnen  Langeweile,  weil  Sie  nicht  wissen,  was  Sie 
damit  anfangen  sollen?  Ich  bin  böse  auf  die  Mädchen  Ihrer 
Gegend,  daß  sie  nicht  artig  genug  sind,  ein  so  zärtliches  Herz 
der  Liebe  zuzuführen.  Wie?  Sie  schimpfen  so  gar  auf  die 
Liebe?  Und  sind  böse  auf  Klopstock,  daß  er  lieber  ein  reiches 
und  schönes  Mädchen  liebt ,  als  Verse  macht?  Ich  verdenke 
es  ihm  wahrhaftig  nicht.  Ich  wünsche  ihm  Glück  zu  seiner 
Unternehmung.  Er  wird  sie  wohl  hinausführen,  insonderheit 
da  er,  wie  die  Zeitungen,  nach  einer  großen  Liste  von  Gene- 
ralen, ankündigen,  Legations- Rath  ist.  Vielleicht  hat  dieser 
Titel  bey  dem  Vater  mehr  Einfluß,  als  zehn  Meßiaden.  Aber 
Sie  müssen  itzt  gar  nicht  melancholisch  seyn.  Ist  es  nicht 
Friede  ?  Und  müssen  Sie  ihn  nicht  besingen  ?  Wenn  der 
Grenadier  diesmal  seine  Leyer  nicht  wieder  nimmt,  so  werde 
ich  böse  auf  ihn,  und  wenn  er  noch  zehnmal  mehr  todt  wäre, 
als  er  seyn  soll.  Mit  was  für  Jubel  wird  Friederich  em- 
pfangen werden  ,  wenn  er  sein  Berlin  zum  erstenmal  wieder 
sieht!   Ich  traue  Ihnen  wohl  zu,  daß  Sie  da  seyn,  und  Ihre 


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335 


Stimme  zum  Frohlocken  des  Volkes  mischen  werden.  Rammler 
wird  gewiß  auch  nicht  schweigen;  und  welcher  Dichter,  der 
nur  noch  Eine  Saite  auf  seiner  Leyer  hat,  wird  hier  schweigen? 

Der  Friede,  der  so  sehnlich  gewünschte  Friede  hat  doch, 
fürchte  ich,  eine  fatale  Wirkung  für  die  Frau  Karschin.  Wenn 
das  sächsische  Geld  so  weit  herunter  gesetzt  wird,  als  man 
sagt :  wie  wenig  wird  sie  bekommen  ?  Ich  bedauere,  daß  mit 
dem  Drucke  nicht  mehr  geeilet  worden.  Ich  habe  oft  im 
Herzen  gefürchtet,  was  itzt  geschieht.  Doch  ist  es  mir  lieb, 
wenn  nur  einmal  endlich  zum  Druck  geschritten  wird,  ehe 
denn  der  Schade  größer ,  und  vielleicht  auch  das  Preüßische 
Geld,  selbst  in  den  Pretißischen  Landen,  herunter  gesetzt  wird. 

HE.  Zachariä  will  seine  Gedichte  auch  auf  Pränumeration 
drucken  laßen.  Ich  habe  ihm  keinen  Pränumeranten  schaffen 
können.    Vermuthlich  ist  er  in  Ihren  Gegenden  glücklicher. 

Was  ist  die  Petriade  für  ein  Ding,  die  in  Coppenhagen 
confiscirt  worden?  Ist  sie  eben  die  Schrift,  die  in  Berlin  weg- 
genommen worden?  — 

A.[nspach]  den  26.  Febr.  1763 

Melden  Sie  mir  doch ,  ob  Roußeau  Präsident  der  Aka- 
demie geworden,  und  ob  Sie  bald  wieder  in  Berlin  eine  Oper 
haben  werden? 

103.  Uz  an  Gleim.1) 

 Ich  schreibe  Ihnen  nur  zwey  Zeilen,  um  zu 

wissen,  wie  Sie  sich  befinden,  und  wie  es  mit  den  Karschi- 
schen  Gedichten  geht.  Es  währt  sehr  sehr  lange.  Sie  wissen,  daß 
mir  die  Pränumerations-Gelder  noch  nicht  abgefordert  worden, 
und  aus  was  für  Geld-Sorten  diese  bestehen.  Was  wird  man 
nun  mit  dem  sächsischen  Geld  anfangen  ?  Wenn  man  doch 
den  Frieden  nicht  abgewartet  hätte!  Die  gute  Frau  kömmt 
auf  solche  Art  in  großen  Schaden.  Machen  Sie  aber  doch 
nur  endlich  fort,  ehe  der  Verlust  immer  grösser  wird.  Itzt 
ist  der  rechte  Zeitpunkt.  Der  deutsche  Parnaß  ist  mit  einer 
Todten-Stille  bedeckt:  nur  unten  am  Fuße  hört  man  zuweilen 

1)  Von  Gleims  hand:  .Empfangen  den  9'^  August  und  eodem  beant- 
wortet, weitläuftig,  einige  Lieder  mit  Übersand  pp* 


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336 


einen  rauhen  Waldgesang  erschallen !  Wie  wird  sich  der  Kar- 
schische  Gesang  ausnehmen  !  Ganz  Deutschland  horcht  schon 
lange,  und  wird  ungeduldig,  daß  es  vergebens  horcht.  Ich 
habe  Lieder,  die  sie  beym  Frieden  gesungen,  in  den  Buch- 
läden gefunden :  sie  sind  ihrer  würdig.  Herr  Rammler  hat 
sich  auch  auf  eine  vortreffliche  Art  hören  lassen.  Nun  wird 
er  doch  endlich  ein  Bändchen  Oden  zusammen  bringen  können? 
Ich  wünsche  es.  Muntern  Sie  ihn  dazu  auf,  und  empfehlen 
mich  ihm.  Aber  haben  denn  Sie  und  der  Grenadier  geschwie- 
gen? Das  könnten  Sie  nicht  verantworten.  Wenn  Sie  etwas 
in  Händen  haben,  so  vorenthalten  Sie  mir  es  nicht.  Schreiben 
Sie  mir  auch,  wie  Herrn  Klopstocks  Liebes- Abentheuer  abgelau- 
fen, und  ob  er  noch  nicht  wieder  an  seinem  Meßias  arbeitet. 
Er  muß  ihn  ausmachen,  oder  der  König  von  Dänemark  soll 

ihm  seine  Pension  wieder  nehmen.  

Anspach  den  2.  August  1763. 

104.  Gleim  an  Uz. 

Halbers,tadt  den  5l££  Aug.  1763. 

 —  Zu  Berlin  bin  ich  wieder  gewesen,  aber  nur 

acht  Tage,  in  der  Gegend  von  Berlin,  absonderlich  zu  Nauen 
bey  meinem  Bruder,  der  daselbst  OberAmtmann  ist,  desto 
länger,  zu  Potsdam  nur  einen  Tag.  Aber  an  diesem  einen 
Tage  sah  ich  fürtrefliche  Dinge,  den  König  sah  ich  nicht,  ich 
gieng  dicht  vor  ihm  vorbey,  als  er  aus  dem  Thore  ritt,  und 
sah  ihn  nicht.  Der  Prinz  von  Preußen  redte  mich  an,  und 
du  merckt  ich  erst,  daß  ich  das  Gefolge  des  Königs  vor  mir 
hatte.  Aber  ich  sah  die  neue  Gallerie  des  Königs,  ein  für- 
treflich  Gebäude,  und  die  Gemähide  Raphaels,  Rubens,  Rem- 
brands  und  anderer  großen  Meister  in  großer  Menge  erst  vor 
drey  Tagen  aufgestellt.  Es  ist  zu  verwundern,  woher  der 
König  eine  solche  Menge  herbekommen  hat.  Was  ich  mehr 
sah,  darf  ich  nicht  sagen,  ich  raOste  mehr  Zeit  haben.  Ein 
neues  großes  Schloß  neben  Sans  Souci  wird  gebauet,  acht  hun- 
dert Bildsäulen  von  weißem  Marmor  sollen  künftig  darauf  zu 
sehen  seyn.  Was  bekümmern  wir  uns  um  die  Pracht  der 
Könige?  sagen  Sie!  Aber  ist  Friedrich  nicht  mehr,  ein  WTeiser, 


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337 


als  ein  König?  Um  ihn  wollen  wir  uns  doch  noch  bekümmern, 

wär  er  nur  König,  so  könt  er  sicher  vor  uns  seyn.  

Die  Sanilung  von  der  Frau  Karschin  Gedichten  wird  endlich 
gedruckt,  ich  habe  einige  Bogen  fertig  gesehen.  Ihr  Porträt 
macht  der  berühmte  Kupferstecher  Schmid ,  die  Vignetten 
Meil.  Es  dürften  doch  noch  ein  6  Wochen  daraufgehen,  ehe 
alles  fertig  wird.  Die  großen  Künstler  sind  langsam.  

105.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  9iLn  Aug.  1763. 

—  Wegen  der  Karschischen  Samlung  sagt1  ich 

Ihnen,  was  sie  wißen  wollen,  schon  in  meinem  vorigen  Schrei- 
ben. Ich  bin  an  der  Verzögerung  nicht  im  mindesten  Schuld, 
der  Philosoph  Sulzer,  und  der  Kaufmann  Bachmann  sind  es 
allein.  Der  erste  hat  mit  Drucker  und  Kupferstecher  keine 
schriftliche  Contracte  errichtet,  daher  sind  wegen  nachheriger 
Theurung  des  Papiers,  allerley  Schwürigkeiten  entstanden  ;  die 
arme  Frau  Karschin  leidet  allerdings  sehr  darunter,  nach  ohn- 
gefehrem  Ueberschlag  behält  sie  doch  noch  mehr,  als  wohl 
jemahlen  eine  deutsche  Muse  für  ihre  Gesänge  bekommen  hat; 
denn  das  Capital  soll  doch,  wie  Herr  Bachmann  den  Ueberschlag 
gemacht  hat ,  monathlich  zehn  fy.  für  sie  abwerfen.  Herr 
Bachmann  ist,  wie  sie  wißen,  General Rendant.  Ich  habe 
ihm  ihre  Pränumerations-Liste  übersand ,  und  die  Einziehung 
des  Geldbetrags  ihm  Uberlaßen.  Seyn  sie  nur  so  gütig,  und 
senden  ihm  denselben  gerade  nach  Magdeburg,  in  was  für  Münze  ' 
es  seyn  mag. 

Die  Friedenslieder  der  Frau  Karschin  können  wohl  un- 
möglich ihren  Beyfall  ganz  haben,  mein  liebster  Freund,  we- 
nigstens können  die  Thaten  des  Königs  verwandelt  in  Pla- 
neten ,  und  alle  die  Erdichtungen ,  die  sie  immer  Frageweise 
anbringet,  und  bey  denen  man  immer  nein  sagen  muß ,  weil 
man  von  allen  den  schönen  Sachen,  die  sie  für  so  ausgemacht 
annimt,  nichts  gehöret  hat,  meinem  Uz  unmöglich  gefallen 
haben.  Die  gute  Frau  macht  von  ihrer  Fähigkeit  einen  allzu- 
großen Mißbrauch,  und  nach  gerade  glaubt  sie  nicht  mehr, 
daß  sie  was  mittelmäßiges  schreiben  kan.    Ich  habe  ein  paar 

Gleim -Uz,  Hricfwech8el  22 


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338 


Stellen  ihrer  so  eilfertig  gesungenen  und  gedruckten  Stücke 
getadelt,  bin  aber  übel  angekommen.  Und  sonst  koute  sie 
den  Tadel  so  gut  vertragen.  Aber  wen  verdirbt  nicht  allzu- 
vieler  Weyrauch?  Man  hat  sie  zu  viel  gelobet,  und  bewun- 
dert, ich  habe  mir  keine  Vorwürfe  deswegen  zu  machen,  denn 
ich  habe  allezeit  die  MittelstraaGe  gehalten.  In  ihrem  letzten 
Schreiben  giebt  sie  mir  doch  recht,  daß  sie  meinen  freund- 
schaftlichen Erinnerungen  mehr  hätte  zutrauen  sollen ,  und 
sieht  nun  selbst  die  angezeigten  Fehler.  Am  dieses  schrieb 
sie  aus  Potsdam,  und  war  bey  dem  General  v.  Seydlitz,  einem 
Lieblinge  des  Königs,  der  ihrentwegen  den  König  sprechen 

wolte.  

Ich  und  der  Grenadier,  wir  beyde,  mein  liebster  Freund, 
haben  den  Frieden  nicht  öffentlich  gesungen,  wir  haben  unsere 
Andacht  in  der  Stille  gehabt.  Ich  zwar  ließ  sie  in  manches 
Lied  ausbrechen,  aber  der  Grenadier  fieng  nur  eines  an ,  und 
hat  seit  dem  den  rechten  Thon  nicht  wieder  finden  können. 
Sehen  sie  hier  alles,  was  er  gesungen  hat: 

Krieg  war  mein  Lied,  o  Vaterland,  Und  Gott  um  Hülfe  fleht. 

Und,  Friede  sey  es  nun  Und  endHch  ^  dürcü8eufzter 
Schlag,  Ungar,  ein  in  meine  Hand  Nacht 

ünd  laß  die  Waffen  ruhn.  Der  gtörrae  Wuth  ^  ^ 

5  Und  höre,  wie  voll  Harmonie        Die  Sonne  scheint ,  der  Himmel 
Ein  Friedenslied  erthönt  lacht 
Gott  hat,  mit  einem  Blick  auf  sie  20  Das  Meer  sich  nicht  bewegt 
Die  Völcker  ausgesöhnt.  So  ^  wftrd  ^  nftch  Qottea  ßlick 

Wie  wenn  auf  offenbahrer  See        Die  Erde  jauchzte  Sieg 
10  Der  Herr  der  Winde  stürmt  Indeß  in  Höllenschlund  zurück 

Und  biß  zu  Donnerwolcken  Höh     Die  Zwietracht  brüllend  stieg. 
Sich  Wog  auf  Woge  thürmt      fi  Wie  langß  ^  ^  Q  Qott| 

In  der  empörten  Waßerwelt  Es  war  als  wärst  du  nicht 

Kein  Tropfen  stille  steht  Als  wären  wir  der  Hölle  Spott 

15  Der  Schiffer  auf  die  Knie  fällt.     In  deinem  Zorngericht ! 

So  weit  kam  er,  er  wurde  gestöret,  und  nun  ist  ihm  unmög- 
lich, in  diesem  Thon  das  Lied  zu  vollenden.  Meine  eigene 
Lieder  sang  ich  zu  Magdeburg;  ein  junger  Advocat  Köpke, 
und  der  Prediger  Patzke  ,  der  den  G  r  e  i  ß  daselbst  schreibt, 
hatten  mich  behorchet;  sie  mein  Liebster  solten  mit  diesen 
Liedern  hintergangen  werden.   Ich  wolte  sehen,  ob  sie  sie  für 


3:^9 


ihres  Gleims  Arbeit  halten  würden.  Aber  kan  man  seinem 
besten  Freunde  wohl  etwas  verschweigen?  Der  Druck  wurde 
aufgehalten,  und  nun  muß  ich  ihr  Urtheii  noch  einholen.  Sie 
wißen,  daß  ich  viele  Versuche  gemacht  habe,  den  Anacreon 
zu  übersetzen.  Niemahls  war  ich  damit  zufrieden,  ich  sähe 
immer,  wie  weit  mich  mein  Uz  hinter  sich  zurück  ließ.  Nach 
Magdeburg  reiste  ich  das  Friedensfest  daselbst  zu  feyren,  ich 
hatte  einen  kleinen  Glasgowschen  Anacreon  in  die  Tasche  ge- 
steckt. Auf  einmahl  bekam  ich  den  Einfall,  seine  Lieder  nicht 
zu  übersetzen,  sondern  nachzuahmen.  Viele  kont  ich  auf  un- 
sere Zeiten  einrichten.  Sehn  sie  hier  ein  Paar  solche  Versuche. 
In  14  Tagen  sang  ich  bey  nahe  den  ganzen  Anacreon  in  sol- 
chen Liedern  nach.  Viel  geschwäziger  ist  der  Nachsinger, 
werden  sie  sagen . 

—  —  —  Klopstocks  LiebesGeschichte  hat  ein  tragisches 
Ende  genommen.  Sein  Mädchen  das  in  ihn  so  verliebt  war, 
wie  Cidli  in  Lazarus,  und  das  mit  hundert  Schwüren  versichert 
hatte,  getreu  zu  bleiben,  der  Vater  möchte  machen,  was  er 
wolle,  ist  ungetreu  geworden,  und  hat  sich  mit  einem  gewißen 
Herrn  von  König  versprochen.  0  die  abscheulichen  Mädchen  ! 
Difficile  est  satyram  non  scribere!  Wo  ist  noch  ein  Mädchen 
dali  der  Liebe  eines  Dichters  würdig  ist?  Ich  habe  seit  dem 
Ende  der  Geschichte  HE.  Klopstock  noch  nicht  gesprochen. 
Den  16l£!i  Juny  nahm  ich  ihn  mit  nach  Magdeburg  auf  meiner 
Berlinischen  Reise.  Er  blieb  acht  Tage  bey  Bachmann.  Ich 
blieb  nur  einen  Abend.  Diesen  aber  brachten  wir  sehr  ver- 
gnügt auf  der  so  genanten  Insul  zu.  Klopstock  lab  uns  sein 
Trauerspiel :  Salomon.  Es  war  noch  nicht  ganz  fertig;  aber 
nach  meinem  Geschmack,  ein  Meisterstück,  in  eilfsylbigten  nicht 
gereimten  Versen. 

An  Herrn  Meil  den  Zeichner. 
Einen  Amor  zeichne  mir... 

Dieser  Amor  soll  auf  meine  Brust  schon  noch  mehr  Pfeile 
stumpf  schießen.  Wer  wird  nach  solchen  Erfahrungen  noch  so 
thörigt  seyn,  und  eine  Frau  nehmen.  Bachmann,  der  sehr  gute 
Bach  mann ,  den  sie  kennen  solten  ,  hat  auch  eine  Frau  ge- 
nommen,  eine  Frau  die  sich  sehr  glüklich  schätzen  müste, 
aber  alle  seine  Hoffnung  ist  fehl  geschlagen,  alle  seine  Wün- 

22* 


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340 


sehe,  denn  er  wünschte  sich  immer  nur  das  Glück  der  Liebe 
in  der  Ehe,  sind  unerfüllet  geblieben.  Sie  ist  eine  Tochter 
des  Geh. Rath  Buchholz  der  itzt  in  Bayreuth  ist.  Vielleicht 


dem  armen  Mann  nun  seine  hundert  und  fünfzig  tausend  Rthlr.? 
Er  konte  sich  kein  Herz  damit  erkaufen .  Was  hilft  ihm  seine 
schöne  Bildsäule?  —  

Haben  sie  denn  gar  keine  Lust,  Berlin  einmahl  zu 
sehen?  Mir  hat  es  das  letzte  mahl  wieder  so  wohl  da  ge- 
fallen, daß  ich  damit  umgehe,  mich  über  kurz  oder  lang  ganz 

wieder  daselbst  niederzulaßen.  Die  fürtrefliche  Gallerie 

des  Königs  würd  ich  oft  besuchen.  Des  Actendreschens  bin 
ich  herzlich  müde,  und  möchte  wenigstens  die  letzten  Jahre 
mir  selbst  leben. 

Der  König  will  eine  neue  RitterAcademie  stiften.  Zwölf 
Lehrer  sollen  aufgesucht  werden.  Man  wird  wohl  wieder 
Schweizer  und  Franzosen  suchen.  An  Ramlern  nicht  einmahl 
wird  man  dencken ,  der  doch  vor  aller  Augen  herumgehet. 
Sulzer  könte  mehr  gutes  stiften,  aber  er  ist  für  seine  Schwei- 
zer zu  sehr  eingenommen.  Herr  von  Beausobre,  der  Heraus- 
geber der  poesies  diverses  ist  der  einzige  der  die  Deutschen 
liebt.  HE.  le  Cat  der  Vorleser  des  Königs  ,  ist  ein  ehrlicher 
Mann ,  aber  er  spricht  kein  Wort  Deutsch.  Quintus  Izilius 
oder  der  Obrist  Guichard  ist  wieder  viel  bey  dem  Könige.  Er 
wäre  leicht  auf  unsre  Seite  zu  bringen.  Sie  sind  alle  meine 
gute  Freunde  aber  ich  müste  beständig  dort  seyn,  um  was 
gutes  zu  stiften.  Die  erste  Pension  müste  mein  Uz  haben, 
die  zwote,  Ramler  die  dritte  Klopstock,  die  vierte  —  ich  kan 
mich  nicht  so  gleich  besinnen.  In  zehn  Jahren  solte  Friedrichs 
Jahrhundert  fertig  seyn.  —  —  — 

Sind  sie  mit  ihrer  Samlung  auf  HE.  Zacharias  Gedichte 
glücklich  gewesen?  Ich  bin  durch  alzu  viel  Geschäfte  abge- 
halten, und  werde  wenig  zusammen  bringen. 


selien  sie  ihn.    Laben  sie  sich  nichts  mercken.    Was  helfen 


10«.  Gleim  an  Uz. 


Halberstadt  den  14*£?  Aug.  1763 
Unterm  10*111  Nov.  1757  sagen  sie  mir,  ihre  Leyer 


341 


beschäftigte  sich  noch  immer  mit  alkäischen  Klagen.  Aber  sie 
wolten  mir  damahls  nichts  dergleichen  schicken,  weil  sie  nicht 
wüsten,  ob  es  zu  recht  kommen  würde. 

Ferner  fragen  sie  mich  in  diesem  Briefe  bey  Gelegenheit, 
da  von  Klopstocks  geistlichen  Liedern  geredet  wurde:  Soll  ich 
ihnen  einmahl  eine  Probe  schicken,  wie  meine  geistliche  Lieder 
aussehen?  0  ja  doch,  bester  Freund,  schicken  sie  mir  doch 
alle  ihre  geistlichen  Lieder,  es  werden  ihrer  so  viele  nicht 
seyn,  denn  sie  haben  noch  nicht  das  Alter,  in  welchem  David 
seine  Psalmen,  und  Jeremias  seine  Klagelieder  sang,  ich  hin- 
gegen reiche  nahe  an  diese  Jahre,  und  mich  verlanget  alles 
zu  sehen,  was  sie  in  dieser  Art  gemacht  haben.  Sie  werden 

ohne  Zweifel  fürtreflich  seyn : 

Sie  werden  wahr,  und,  wie  der  Christen  Glaube 
Hoch  ohne  Schwulst,  in  edler  Einfalt  schön 
Und  rührend  seyn,  und  jedes  Herz  erhöhn. 

Schicken  sie  mir  aber  auch  alle  ihre  alkäischen  Klagen.  Sie 

werden  nicht  weniger  fürtreflich  seyn ,  als  die  Ode ,  die  sich 

anfängt : 

Die  Kriege  Friederichs,  und  wie  mit  güldnen  Schwingen  pp 
Wenn  sie,  mein  bester  Freund,  zu  einem  neuen  Bändchen  von 
Liedern  ihrer  Muse  keinen  Vorrath  hätten,  wolten  wir  nicht 
einmahl  unsere  einzelnen  Stücke  zusammen  suchen ,  und  ein 
gemeinschaftlich  Bändchen  machen.  Ich  fände  auch  noch 
wohl  einige  Stücke  von  andern  Freunden,  die  sich  dazu  schick- 
ten. —  —  — 

Herr  Klopstock  ist  ausgeblieben,  aber  diese  Woche  will 
er  kommen ,  acht  Tage  bey  mir  bleiben ,  und  seinen  Salomo, 
eine  Tragedie,  fertig  machen.  Dieser  Salomo  wird  Ihnen  ge- 
wili  gefallen.  

107.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  V™  Sept.  1763 

Hat  sie   mein    Briefbuch    abgeschrecket    mein  liebster 

Freund  ?  Klopstock  ist  zehn  Tage  bey  mir  gewesen. 

Wir  haben  tausend  Schritt  von  der  Stadt  in  einem  sehr  ange- 
nehmen Garten  gewohnet,  und  viel  Vergnügen  gehabt;  ein 


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jüngerer  Bruder  von  ihm,  zwey  Schwestern  von  ihm,  und  eine 
Nichte  von  mir  waren  unsere  ganze  Gesellschaft;  es  fehlte 
nur  der  dritte  Mann,  so  wäre  sie  vollkommen  gewesen. 

Die  Frau  Karschin  bat  mir  von  ihrem  Glück  Nachricht  ge- 
geben. Der  König  hat  sie  sich  vorstellen  laßen,  und  eine  lange 
Unterredung  mit  ihr  gehabt,  die  sie  mir  ganz  erzählt;  sie  hat 
sich  ein  kleines  Hauß  in  Charlottenburg  gewünschet,  der  König 
hat  erforschet,  welches  es  sey ,  und  es  ihr  gekaufet  und  ge- 
schencket,  200  ty.  pension  und  freyes  Holz  soll  sie  dazu  haben, 
sie  hat  die  Ausfertigung  dieser  Gnadenbezeigungen  an  dem 
Tage  erwartet,  an  dem  sie  mir  schreibt.  Mußen  wir  uns  nicht 
schämen ,  wir  männlichen  Dichter ,  daß  wir  nichts  gemacht 
haben,  daß  einer  solchen  Königlichen  Aufmercksamkeit  würdig 
gewesen  ist?  Ein  paar  Epigramme  nur  hat  der  General  Quin- 
tus  ins  französische  übersetzt  und  diese  haben  dem  König  so 
sehr  gefallen.  —  

108.  Uz  an  Gleim. 

 Es  ist  ganz  gewiß,  daß  wir  keinen  Mahler  haben, 

von  dem  ich  gemahlt  seyn  möchte.  Der  einzige,  den  wir  hatten, 
sitzt  itzt  Schuldpn  halber  im  Zuchthause.  Kommt  er  wieder 
los,  so  entschließe  ich  mich  doch  vielleicht,  mich  von  ihm, 
so  mittelmäßig  er  ist,  mahlen  zu  laßen ;  und  alsdann  soll  mein 
Gleim  der  erste  seyn ,  der  ein  Porträt  von  mir  erhält.  Ich 
danke  Ihnen  für  Ihre  Anakreontische  Nachahmungen.  Sie 
könnten  eigene  Erfindungen  heißen  ,  da  Sie  mehren theils  nur 
wenig  von  dem  Griechen  borgen.  Aber  der  Geist  Anakreous 
lebt  darinn.  Sie  sind  alle  sehr  schön,  nur  gefällt  es  mir  nicht, 
daß  die  Taube  auf  den  Schuhen  und  dem  Iluth  Anakreons, 
eines  Griechen,  sitzen  soll.  Auch  scheint  es  mir,  daß 
durch  diese  neüen  Stücke  Ihre  angefangene  Uebersetzung  nicht 
überflußig  gemacht  wird.  Sie  sollten  diese  wirklich  nicht 
liegen  laßen.  Wie  glücklich  sind  Sie,  daß  Sie  noch  so  rei- 
tzend,  so  fröhlich  singen  können!  Von  mir  ist  die  fröhliche 
Muse  gewichen.  Meine  Muse  ist  entweder  ernsthaft,  oder, 
welches  öfter  geschieht,  singt  gar  nicht.  Ich  schicke  Ihnen 
eine  Probe  geistlicher  Gedichte.  Schreiben  Sie  mir  Ihre  Mei- 
nung davon.    Ich  weis  nicht,  was  ich  mit  meinen  wenigen 


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Gedichten  noch  machen  werde.  Ich  sehe,  daß  ich  wenig  mehr 
schreiben  werde.  Ich  möchte  alle  meine  Sachen  in  einer  voll- 
ständigen Sammlung  bey  einander  sehen.  Kurz,  ich  habe 
Lust,  mich  einzuspinnen,  und  dann  zu  sterben.  Vielleicht 
laße  ich  einstweilen  meine  Kunst,  stets  fröhlig  zu  seyn,  wieder 
drucken  ,  wovon  eine  neüe  Auflage  verlangt  wird.  Ich  habe 
sie,  soviel  ich  gekonnt,  verbeßert.  Die  Berlinische  Critik  hat 
mich  nicht  abgeschreckt,  noch  einmal  Hand  daran  zu  legen. 
Es  ist  eine  seltsame  Critik.  einen  Lehrdichter  nach  dem  ly- 
rischen Dichter  zu  beurtheilen.  Schreibt  denn  Horaz  nicht 
weit  anders  in  seinen  Oden,  als  in  seinen  Briefen  ?  Doch  man 
pflegt,  in  unsern  Tagen,  alles  nach  Engländern  zu  beurtheilen ; 
und  Joung  schreibt  freylich  ganz  anders,  als  Horaz.  Aber 
auch  Pope  schreibt  nicht,  wie  Joung,  und  ist  doch  vortrefflich. 
Doch  da  ich  Ihnen  von  einer  Sammlung  schreibe,  so  muß  ich 
Ihnen  sagen,  daß  Sie  wohl  auch  einmal  darauf  denken  könn- 
ten ,  die  Welt  mit  einer  vollständigen  Sammlung  Ihrer  Ge- 
dichte zu  beschenken.  Ich  habe  mehr,  als  einmal,  die  Klage 
gehört,  daß  man  Ihre  Schriften  nicht  zusammen  bekommen 
kann.  Sorgen  Sie  aber  dafür,  daß  diese  Sammlung  in  einem 
Schmucke  erscheine,  welcher  ihrer  Muse  würdig  ist. 

Ich  habe,  vor  zweyen  Tagen,  die  Karschischen  Pränume- 
rations-Gelder  an  HE.  Bachmann  fortgeschickt.  Ich  wünsche, 
daß  sie  glücklich  ankommen  mögen.  Thun  Sie  mir  doch  die 
Liebe,  und  erkundigen  sich  bey  ihm  darnach.  Ich  kann  nicht 
ruhen,  bis  ich  erfahre,  daß  die  Gelder  an  Ort  und  Stelle  sind. 
Es  sind  45.  Thaler.  Vor  HE.  Zachariä  habe  ich  nicht  ein 
einziges  Exemplar  verstellen  können ;  und  wie  ich  höre,  ist  es 
mehrern  so  ergangen.  Seine  Schriften  sind  schon  in  gar  zu 
vielen  Händen,  und  die  Ursache,  warum  die  Frau  Karschi n  so- 
viel Pränuraeranten  bekommen,  fallt  bey  ihm  weg.  —  —  — 

Anspach  den  7.  Sept.  1763. 

109.  Gleim  an  Uz. 

Ich  besinne  mich,  mein  liebster  Freund  ,  warum  sie  mir 
nicht  antworten,  meine  Lieder  haben  ihnen  nicht  gefallen,  und 
sie  wollen  es  mir  nicht  gern  sagen.    0  sagen  sie  mir  es  immer ! 


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 Wie  aber  mein  liebster  Freund,  wenn  sie  ganz  ver- 

geßen  könten,  daß  es  des  leichten,  ganz  ungessch muckten  Ana- 
creons  Lieder  sind.  In  ganz  Deutschland  ist  kein  Kenner 
Anacreons,  wie  sie,  ich  sehe  also  wohl,  daß  sie  einsehen,  wie 
oft  ich  seiner  fürtreflichen  Einfalt  zu  nahe  getreten  bin.  Ich 
sprach  schon  einmahl  darüber  mit  Ihnen.  Sie  gaben  mir  recht, 
daß  sie  schwer  zu  erreichen  sey,  und  daß  für  unsere  witzigere 
Zeiten  nicht  einmahl  Beyfall  damit  zu  gewinnen  wäre.  Sie 
sehen,  bester  Freund,  daß  ich  mich  vor  ihrem  Urtheile  fürchte, 
und  doch  soll  mir  das  wiedrigste,  das  ich  vermuthen  kan,  an- 
genehm 8eyn,  denn  ich  fürchte  mich  zugleich  vor  der  Nach- 
richt daß  sie  sich  nicht  Wohlbefinden.  —  —  —  Herr  Ramler 
ist  aus  seinem  Vaterlande  Pommern  frisch  und  gesund  zurück 
gekommeu,  er,  der  so  sehr  kräncklich  wegreiste,  daß  ich  für 
ihn  in  Sorgen  war.  Er  hat  mich  von  neuen  zu  einer  Ausgabe 
meiner  Sächelcben  heraus  gefodert,  er  will  nun  recht  fleißig 
daran  seyn.  Ich  wolte  auch  g«'rn,  ehe  ich  zu  meinem  Kleist 
versamlet  wäre,  daß  sie  in  etwas  beßerer  Gestalt  erscheinen 

könten.    Aber  Zeit  fehlt  mir.  — 

Halberstadt  den  8'™  Sept.  17Ö3 

 Wie  gefallen  ihnen  die  Versuche  über  italienische 

Dichter?  Sie  sind  von  Herrn  Meinhard,  einem  sehr  artigen 
und  geschickten  Mann,  der  mich  besucht  hat,  und  sich  izt  zu 
Leipzig  oder  Kiga  aufhält ,  denn  an  letzten  Ort  hat  er  vor 
Kurzem  als  Hoffmeister  sich  hinbegeben  wollen.  —  —  — 

110.  Uz  an  (ileim. 

 Man  hat  mich ,  wider  alles  mein  Denken  und 

Hoffen  mit  der  Stelle  eines  Aßeßors  beym  Kayserlichen  Land- 
gericht Burggrafthums  Nürnberg  begnadiget.  Diese  Stelle  ist 
sehr  ansehnlich,  und  verändert  meine  Umstände  auf  eine  vor- 
theilhafte  Art;  aber  entfernt  mich  immer  mehr  von  den  Musen. 
Ohne  die  Rechtssachen,  die  beym  Landgericht  anhängig  ge- 
macht werden,  müßen  die  Aßeßores  noch  überdieß  die  Rechte 
beyder  hochf.[ürstlichen]  Häuser,  Onolzbach  und  Bayreuth, 
gegen  Nürnberg  besorgen  ,  und  die  Proceße ,  die  alltäglich 
hierüber  entstehen,  bey  den  Reichsgerichten  führen.   Ich  muß 


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also  ganz  Jurist  seyn:  was  bleibt  mir  für  Zeit  übrig,  Poet  zu 
seyn  ?  Sie  sind  weit  beßer  daran ,  und  mäßen  also  auch  für 
mich  dichten.  Ich  habe  Ihnen  schon  geschrieben,  daß  Ihre 
nefien  anakreontischen  Gedichte  mir  ungemein  gefallen,  und 
ich  bin  ungeduldig  zu  hören,  wie  weit  Sie  damit  gekommen. 
Thun  Sie  mir  die  Liebe,  und  erkundigen  sich  bey  HE.  Bach- 
mann, ob  er  die  PränumerationsGelder  auf  der  Frau  Karschin 
Gedichte  erhalten.  Ich  habe  sie  schon  vor  etlichen  Wochen 
an  ihn  abgeschickt,  und  bin  wegen  des  Empfangs  in  Sorgen. 
Werden  denn  diese  erwarteten  Gedichte  nicht  bald  erscheinen? 
Folianten  hätten  diese  Zeit  gedruckt  werden  können.  Ueber 
das  verdiente  Glück,  das  diese  poetische  Hexe,  wie  sie  Herr 
Ebert  in  einem  Briefe  an  mich  nennt,  gefunden,  erfreue  ich 
mich  aufrichtig.  Da  die  Männer  nicht  mehr  schreiben,  so  muß 
sie  dermalen,  fast  allein,  die  Ehre  Deütschlands  retten.  Nur 
beklage  ich,  daß  sie  kein  Ohr  für  die  Critiken  ihrer  Freunde, 
und  keine  Geduld  zur  Verbeßerung  hat.  Doch  nun  wird  bald 
HE.  Klopstock  mit  einem  neüen  Gesänge  der  Meßiade  zum 
Vorschein  kommen ;  und  dann  wird  es  auf  dem  deütschen  Par- 
naß wieder  lebendig  werden.  Auf  seinen  Salomon  ,  den  Sie 
mir  so  hoch  anpreisen ,  bin  ich  deswegen  sehr  begierig.  Er 
schreibt  nichts  mittelmäßiges. 

Es  ist  mir  das  NettjahrsGeschenk  fUr  die  Schönen  zu  Ge- 
sichte gekommen.  Ich  habe  darinnen  auch  Ihr  Porträt  ange- 
troffen, aber  ganz  verschieden  von  dem  in  der  Bibliothek,  wel- 
ches Ihnen,  meines  Bedünkens,  mehr  gleicht.  Auch  Hagedorn 
erscheint  ganz  anders,  als  ich  ihn  je  abgebildet  gesehen.  Von 
meinem  Bildniß  will  ich  nichts  sagen,  welches  mir  unmöglich 
gleich ,  da  es  nach  keinem  Porträt  gemacht  werden  können. 
Ich  werde  in  Ernst  darauf  dencken ,  mich  mahlen  zu  laßen, 
und  das  erste,  das  gemahlt  wird,  sollen  Sie  haben.  Ich  werde 
daher  die  mir  überschickten  Maaße  sorgfältig  aufheben.  

Anspach  den  24.  Dec.  1763. 

Damit  Sie  meine  Addresse  wissen  will  ich  sie  hersetzen: 
Asseßeur  au  Siege  Imperial  du  Burggraffiat  de  Nuremberg 
a  Anspac. 


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111.  Uz  an  Gleim. 

Aber  ums  Himmels  willen,  liebster  Freund,  warum  höre 
ich  denn  gar  nichts  von  den  Karschischen  Gedichten  ?  Ich  be- 
komme weder  die  Gedichte  selbst,  die  schon  so  lange  heraus 
sind,  noch  eine  Nachricht  von  den  eingeschickten  Geldern. 
Was  müssen  die  mehrentheils  vornehmen  Personen  von  mir 
denken,  deren  Geld  ich  eingeschickt  habe,  wenn  sie  sehen, 
daß  diese  Gedichte  in  allen  Zeitungen ,  sogar  in  der  Nürn- 
bergischen zum  Verkauf  feilgebothen  werden ,  und  jedermann 
solche  hat,  nur  sie  nicht,  die  durch  ihren  Beytrag  das  ganze 
Unternehmen  unterstützt  haben?  Natürlicher  Weise  müssen 
sie  glauben,  daß  die  Schuld  an  mir  hafte.  Es  wird  eine  große 
Warnung  für  mich  seyn,  mich  niemals  wieder  zu  einer  Sache 
gebrauchen  zu  laßen,  wovon  man  am  Ende  nichts  als  Verdruß 
und  von  allen  Seiten  keinen  Dank  hat. 

Ich  bin  weit  entfernt,  Ihnen  hierunter  das  geringste  zur  Last 
zu  legen.  Ich  bin  gewiß  versichert,  daß  diese  Nachläßigkeit 
auf  deren  Rechnung  zu  schreiben  sey,  die  bisher  die  Sache 
solange  aufgehalten  haben.  Aber  aus  Liebe  zu  mir,  erinnern 
Sie  doch,  ich  bitte  Sie,  an  behörigen  Orten,  daß  ich  die  Ge- 
dichte baldmöglichst  bekomme.  —  —  — 

A.fnspach]  den  16.  Jan.  1764. 

112.  Gleim  an  Uz. 

[Februar  1764] 

Endlich,  mein  bester  Freund,  ist  die  Samlung  der  Kar- 
schischen Gedichte  fertig  geworden,  oder  vielmehr,  der  gott- 
lose Buchdrucker  Winter  zu  Berlin  hat  für  gut  befunden  sie 
nun  fertig  seyn  zu  laßen.  Denn  dieser  allein  ist  an  aller  Ver- 
zögerung Schuld ,  wie  es  sich  nun  zu  Tage  leget.  Weil  die 
Kosten  des  Drucks  für  die  Dichterin  nicht  viel  übrig  gelaßen 
hätten  ,  so  erlaubte  Sulzer  ihm  eine  gewiße  Anzahl  für  sich 
an  statt  der  Druckerkosten  nachzuschießen.  Diese  wolt  er  erst 


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verkaufen,  darum  hielt  er  die  Austheilung  der  pramumerations 
Exemplare  so  lang  auf.  Er  verdiente  dafür  gestrafet  zu 
werden.    Aber  wer  wird  ihn  verklagen  ?  Herr  Bachmann  wird 

ihnen  mit  der  ersten  Post  ihre  Exemplare  senden.  

Das  Bild  der  Dichterin  ist  ihr  sehr  ähnlich.  Sie  hat  die  Ehre 
von  einem  großen  Schmid  in  Kupfer  geätzet  zu  seyn  vor  allen 
unsers  Geschlechts!  Ich  weiß  nicht,  ob  ich  ihnen  schon  mei- 
nen Arger  über  das  NeujahrsGcschenck  für  die  Schönen  ge- 
sagt habe.  Es  ist  als  wenn  Herr  Nicolai  uns  allen  Mädchen 
habe  zum  Abscheu  machen  wollen.  So  häßlich,  ja  so  abscheu- 
lich hat  er  uns  machen  laßen.  Schmid  ist  mein  sehr 

guter  Freund,  er  soll  an  ihrem  Bildniß  sein  Meisterstück  ma- 
chen. An  der  Frau  Karschin  hat  er  sich  als  einen  großmü- 
thigen  Künstler  bewiesen,  es  waren  ihm  100  sp.[ecies]  Duc.faten] 
für  ihr  Bild  versprochen,  er  hat  aber  nichts  genommen. 

Ich  bin  etliche  Tage  bey  Herrn  Klopstock  zu  Quedlinburg 
gewesen,  er  arbeitet  sehr  fleißig  an  Tragedien.  Seinen  Salomo 
werd  ich  ihnen  nächstens  schicken.  Wie  gefallen  ihnen  bey- 
gehende  kleine  Gedichte  ?  Und  wen  halten  sie  für  den  Ver- 
faßer? Ich  habe  auf  den  unrechten  gerathen.  Herr  Götz  hat 
mir  nach  sieben  Jahren  wieder  geschrieben ,  und  mir  anver- 
trauet, daß  Er  seine  kleinen  Gedichte  an  Herrn  Ramler  zur 
Herausgabe  geschickt  hätte.  Dieser  hat  mir  noch  nichts  da- 
von gesagt,  Herrn  Götz  ist  wegen  des  Inhalts  sehr  daran  ge- 
legen, daß  er  nur  seinen  Freunden  als  der  Verfaßer  bekant  ist. 

In  der  gestrigen  Leipziger  Zeitung  war  angekündiget : 
Utzens  Lyrische  Gedichte  1763.  Ist  dis  eine  neue  Ausgabe  von 
ihnen  veranstaltet,  oder  ein  bloßer  Nachdruck  von  ßreitkopf, 
bey  dem  sie  zu  finden  ist?  Ich  habe  sie  mir  heute  verschrie- 
ben, und  bin  sehr  ungeduldig  sie  zu  sehen.  Auf  eine  saubere 
Ausgabe  unsers  Horaz,  mein  bester  Freund,  laßen  sie  uns  doch 
einmahl  mit  Ernst  dencken.  Einen  Theil  der  Kosten  zu  den 
Zierrathen  will  ich  mit  Vergnügen  übernehmen.  Meil  wird 
bey  Uz  mehr  für  die  Ehre  arbeiten,  als  er  bey  der  Karschin 
gethan  hat.  

Ramler  hat  am  18l£ü  Jenner  eine  sehr  schöne  Ode  an 

seine  Muse  zum  Lobe  des  Prinzen  Heinrichs  gesungen.  

Beym  Apoll  beschwer  ich  sie,  bester  Freund,  ihre  Leyer  nicht 


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348 


aus  der  Hand  zu  legen !  Welch  ein  Verlust  für  die  Musen  !), 
wenn  Uz  ganz  Jurist  seyn  muß ! 

113.  Gleim  an  Uz. 

Leipzig  den  22fI£  May  1764 

Ich  bin  liier,  mein  liebster  und  bester  Freund,  mit  Herrn 
Bachmann  bin  ich  hier;  wir  wolten  nach  Dresden  reisen,  uud 
den  fürtreflichen  Hagedorn  besuchen,  aber  unserm  Vorsatz 
sind  Hinderniße  zuwieder  gewesen,  wir  reisen  nun  nicht, 
morgen  reis  ich  über  Halle  nach  meinem  Halberstadt  zurück  ; 
aber  ich  kan  Leipzig  nicht  verlaßen,  ehe  ich  Ihnen  gesagt 
habe,  daß  ich  hier  gewesen  bin.  Gestern  Abend  war  ich  mit 
Herrn  Habener,  Herrn  Nicolai,  dem  Mitverfaßer  der  Briefe 
von  der  neuesten  Litteratur  und  Herrn  Bachmann  bey  Herrn 
Weiß!  Wir  waren  sehr  vergnügt,  zehnmal  wrünscht  ich  mei- 
nen Uz  in  die  Gesellschaft,  und  zehnmal  sagte  man  mir  ich 
wäre  nicht  aufgeräumt.  —  —  — 

Mit  ihrem  letzten  Briefe  gaben  sie  mir  zweene  Gesänge 
ihrer  fromm  gewordenen  Muse  zu  lesen.  Sie  waren  sehr  schon. 
Herr  Frediger  Küster  zu  Magdeburg,  und  Herr  Prediger  Solli- 
kofer  hier ,  diese  beyde  Herren  wollen  eine  Samlung  guter 
geistlicher  Lieder  für  ihre  reformirte  Kirche  machen ,  und 
haben  mich  gebeten,  ihnen  Beyträge  zu  verschaffen.  Wollen 
sie,  mein  liebster  Freund,  einige  ihrer  Stücke  dazu  hergeben? 

Sie  erwarten  ohne  Zweifel  viel  Nachrichten  vom  hiesigen 
Parnaß  !  Bey  dreyhundert  Leuten,  die  von  dem  Witz  der  Scri- 
benten  leben,  habe  ich  noch  nichts  gefunden,  das  für  uns  zu 
seyn  schien,  als:  Fingal,  ein  Heldengedicht  in  6  Büchern  von 
Oßian,  einem  alten  schottischen  Barden.  Dieses  laß  ich  diesen 
Morgen  mit  Bachmann,  und  wir  wurden  von  den  Schönheiten 
dieses  Barden  so  dahin  gerißen,  daß  wir  alle  Welt  darüber  ver- 
gaßen, Herr  Weiß  kam  zu  uns,  und  fand  uns  noch  ohne  Hosen 
um  eilf  Uhr.  Kan  ich  in  der  Eil  noch  ein  Exemplar  bekommen, 
so  leg  ich  es  bey.  Klopstocks  Salomo  ist  wohl  die  Erscheinung 
auf  dem  Parnaß,  die  am  meisten  Aufsehen  macht.  Hier  haben 
Sie  ein  Exemplar.  

1)  Ueber  „Deutschland-  geschrieben 


349 


Was  soll  ich  es  leugnen  ?  Meine  Muse  hat  die  übrigen 
kleinen  Dingerchen  gesungen,  die  sie  hier  finden.  Einige  Stücke 
sind  ihnen  schon  sonst  bekant,  hier  sind  sie  nur  etwas  ver- 
beßert,  ich  habe  nur  eine  kleine  Anzahl  für  meine  Freunde 
drucken  laßen.   

Man  sagt  mir,  wir  hätten  gute  Hofnung  unser  großer 
König  werde  endlich  auch  für  die  Deutschen  Mußen  groß 
seyn,  ich  glaube  nichts  davon.  Denn  ob  wohl  der  Konig  bis- 
her vielen  Gelehrten  ansehnliche  Gehalte  gegeben,  so  ist  doch 
keiner  darunter  deßen  Verdienst  um  die  deutsche  Litteratur 
dazu  Anlaß  gegeben  hätte.  Es  sind  Lehrer  der  Philosophie, 
der  Rechtsgelehrtheit,  und  Arzeney Kunst  die  man  berufen  und 
gut  besoldet  hat.  Zwar  hat  der  König  auch  Sulzern  mit  einem 
Gehalt  von  1500  fy.  begnadigt;  aber  er  soll  dafür  das  Haupt 
einer  neuen  KriegesSchule  seyn,  die  der  König  stiften  will,  und 
in  dieser  Schule  wird  man  wohl  wenig  deutsch  zu  lernen  haben. 

Zu  Paris  soll  ein  gewißer  Juncker  eine  Grammaire  alle- 
mande  geschrieben  haben.  In  der  Vorrede,  sagt  man,  hab  er 
der  Deutschen  Lob  geredet,  darum,  daß  sie  ohne  Hülfe  der 
Großen  auf  dem  Gipfel  des  Parnaß  gestiegen  wären.  Und  wel- 
chen unserer  guten  Köpfe  setzt  er  oben  drauf?  Wen  anders, 
als  meinen  Uz?  —  

Herr  Weiß  giebt  uns  den  3l™  Theil  seiner  Beyträge  zu 
dem  deutschen  Theater  zu  lesen.    Noch  hab  es  nicht  gesehen. 

Noch  eins.  Der  Buchhändler  Mylius  zu  Berlin  hat  die 
Weitbrechtschen  Verlagsbücher  an  sich  gekauft.  Darunter 
sind  auch  ihre  Gedichte.  Er  bat  mich  für  ihm  ein  gut  Wort 
einzulegen  daß  sie  eine  neue  Ausgabe  für  ihn  machen  möchten. 
Herr  Weiß  meinte,  sie  hätten  schon  mit  der  Witwe  Dieck  sich 
eingelaßen.  Mylius  scheint  ein  guter  Mann  zu  seyn.  Hechtel 
zu  Magdeburg  hat  HE.  Klopstock  für  den  Bogen  seines  Salomo 
20  R/.  in  Louisd'or  ä  5  R/.  gegeben.  Wenn  sie  mit  der  Witwe 
Dieck  noch  nicht  geschloßen  haben ,  so  soll  Mylius  oder  ein 
anderer  sich  schon  bequemen ,  mehr  zu  geben,  als  die  Witz- 
freßer  sonsten  gewohnt  sind.  Sagen  Sie  mir,  mit  nächster 
Post  ihre  Meinung.  — 


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350 


114  Uz  an  Gleim. «) 

Liebster  Freünd, 

Sie  können  unmöglich  so  beschäftigt  seyn,  als  Sie  mir 
schreiben,  da  Sie  Zeit  haben ,  so  schöne  Sachen  zu  schreiben, 
als  Sie  mir  geschickt  haben.  Sie  sind  allerliebst,  und  Anakreon 
guckt  überall  hervor,  Sie  mögen  eine  Gestalt  annehmen,  wie 
Sie  wollen.  Fast  möchte  ich  wünschen,  daß  Sie  sich  dem  lie- 
benswürdigen Geiste  des  Tejers  mehr  überlaßen ,  und  nicht 
einige  allzuernsthafte  Betrachtungen  hier  und  dar  angehängt 
hätten.  Z.  E.  Ich  wollte  wünschen,  daß  Sie  das  vortreffliche 
Lied  :  Doris  im  Garten ,  da  geendiget  hätten  ,  wo  Doris  bey 
allen  Blumen  vorbey  geht,  und  der  Rose  den  Vorzug  giebt. 
Anakreon  selbst  hat  die  Rose  nicht  prächtiger  gelobt.  Was 
angehängt  ist  von  dem  Schöpfer,  scheint  mir  die  Einfalt  des 
Plans  zu  verderben.  Doch  Sie  wißen  belier,  als  ich,  was  zu 
einem  reitz enden  Liede  gehört,  da  Sie  so  reitzende  Lieder  sin- 
gen können. 

Ihre  Wette  wegen  des  Salomo  werde  ich  Ihnen  weder  ge- 
winnen, noch  verlieren  helfen.  Ich  bin  nicht  tüchtig,  Schau- 
spiele zu  beurtheilen.  HE.  Klopstock  kann  nichts  schreiben, 
woran  nicht  viel  zu  bewundern  seyn  sollte.  Ich  will  nicht 
sagen,  daß  Salomo  zu  wenig  Handlung  und  Charackter  habe, 
da  dieses  Stück  vermuthlich  nicht  für  die  Bühne  gemacht 
worden.  Aber  ich  muß  Ihnen  doch  melden,  wie  es  mir  damit 
gegangen.  Ein  Freünd  lobte  es  mir  sehr,  und  konnte  nicht 
müde  werden,  die  Reden  des  Salomo  zu  erheben.  Auf  meine 
Frage,  wie  er  mit  dem  Denouement  zufrieden  sey,  zuckte  er 
die  Achseln,  und  getraute  sich  nicht,  solches  zu  loben.  Nach 
einigen  weitern  Fragen ,  merkte  ich ,  daß  die  scharfsinnigen 
Betrachtungen  des  sceptischen  Salomo  dasjenige  gewesen,  was 
ihn  für  das  ganze  Stück  eingenommen.  Ich  überlaße  Ihrer 
Ueberlegung,  ob  dieses  nicht  bey  mehrern  Leüten  geschehen 
könne,  und  ob  der  Eindruck,  den  die  Zweifel  des  Salomo 
machen,  durch  die  Widerlegungen  seiner  Freünde  und  durch 

1)  Von  Gleims  hand  :  „Beantwortet  d.9i£L  Aug.  1764  und  5  Exem- 
plare der  2'I2  Claße  der  Karachischen  Samlung  überschickt.  ■ 


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die  Entwickelung  genugsam  vermindert  worden,  da  man  am 
Ende  fast  nicht  weis,  warum  Salomo  selbst  seine  Meinung  so 
plötzlich  geändert  habe.  Genug  hie  von  !  Warum  ist  HE.  KIop- 
stock  immer  in  Deütschland  ?  Er  hat  doch  seine  dänische 
Pension  noch?   Wie  ist  sein  Liebeshandel  abgelaufen? 

Sagen  Sie  mir,  ums  Himmels  willen,  ob  ich  denn  niemals 
die  Exeruplarien  der  Karschischen  Gedichte  bekommen  soll, 
worauf  ich  pränumeriert  habe?  Ich  habe  endlich  diejenigen, 
gegen  ein  Postgeld  von  2.  fl.  erhalten,  wofür  ein  Louisd'or  be- 
zahlt worden.  Aber  die  von  der  2ten  Claße  fehlen  mir  noch 
immer,  ohnerachtet  ich  selbst  deswegen  an  Wintern  ge- 
schrieben habe.  Was  soll  ich  zu  diesem  Verfahren  sagen? 
Sie  sind  nicht  Schuld  daran.  Aber  HE.  Bachmann,  als  ein 
Kaufmann ,  sollte  mehr  Accuratesse  beweisen.  Ich  habe  ihm 
das  Geld  geschickt,  und  von  ihm  weder  Bescheinigung ,  noch 
Exemplarien  erhalten.  Ich  bin  müde,  mich  zu  beklagen,  und 
werde  endlich,  zu  Rettung  meiner  Ehre,  mich  genöthiget  sehen, 
den  Pränumeranten  ihr  Geld  aus  meinem  Beütel  zurückzu- 
zahlen, wenn  Sie  mir  nicht  aus  diesem  Handel  helfen.  

Anspach  den  16.  Jul.  1764. 

—  •  Dem  HE.  Mylius  kann  ich  zum  Verlag  meiner 

Gedichte  keine  Hofnung  machen ,  da  ich  mit  der  Frau  Dycke 
mich  desfalls  eingelaßen,  aber  auch  ihr  dermalen  nicht  will- 
fahren kann,  da  sie  noch  mit  Breitkopf  zu  streiten  hat,  der 
auf  den  Weitbrechtschen  Verlag  Praetension  macht.  Ich  bin 
entschloßen,  mich  in  diese  BuchhändlerStreitigkeiten  nicht  zu 
mischen. 

Ihr  Gespräche  mit  der  deütschen  Muse  ist  vorzüglich  schön. 
Aber  ich  wundere  mich  über  Ihre  Dreistigkeit.  Ich  hotfe, 
so  wenig,  als  Sie,  desfalls  eine  Aenderung. 

115.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  9lLn  Aug.  1764 

Liebster  Freund, 

Von  Pyrmont  bin  ich  gesund  und  glücklich  zurückge- 
kommen ,  aber  kaum  war  ich  ein  paar  Tage  zu  Hause ,  als 
ich  mit  einem  sehr  heftigen  Wechselfieber  befallen  wurde.  In 


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die  dritte  Woche  muß  ich  nun  schon  das  Bette  hüten ,  das 
Fieber  hat  mich  seit  fünf  Tagen  verlaßen  ,  aber  ich  bin  so 
matt,  und  so  ausgemergelt,  von  den  allerheftigsten  Paroxismis 
von  welcher  einige  zehn,  zwölf,  bis  vierzehn  Stunden  daurten, 
daß  ich  mich  so  bald  nicht  wieder  erholen  werde.  

Sie  sind  bey  nahe  der  einzige  critische  Freund,  mein  Lieb- 
ster, auf  deßen  ßeyfall  ich  mich  was  rechtes  zu  gute  thue. 
Wenn  sie  loben,  so  sieht  man,  daß  das  Herz  dabey  ist,  und 
tadeln  sie,  so  erkennt  man  den  Freund ,  dem  die  Ehre  seines 
Freundes  am  Herzen  liegt.  Sie  haben  vollkommen  recht,  das 
Lied :  Doris  im  Garten,  solte  sich  da  endigen ,  wo  Doris 
der  Rose  den  Vorzug  vor  allen  Blumen  giebt.  In  der  Sam- 
lung  meiner  Gedichte  sollen  sie  es  nach  ihrer  Critick  geändert 
finden.  Ich  wünschte  nur,  sie  machten  mir  mehr  so  gründ- 
liche Erinnerungen. 

Den  Salomo  hab  ich  noch  nicht  mit  kaltem  Blute  gelesen. 
Beyde  mahl  laß  ich  ihn  in  einer  Gesellschaft  vor,  und  war 
mehr  Acteur1)  als  Leser.  Nun  werd  ich  ihn  noch  ein- 
mahl  lesen  ,  und  ich  glaube  wohl ,  daß  ich  alsdenn  ihr  Ur- 
theil  unterschreiben  werde. 

Aber  wie  haben  ihnen  Herrn  Weiß  neue  Trauerspiele  ge- 
fallen? Zehnmal  schon  hab  ich  sie  zu  lesen  angefangen,  aber 
es  ist  mir  ohnmöglich  zu  Ende  zu  kommen,  so  oft  muß  ich  sie 
aus  der  Hand  legen,  so  wenig  intereßiren  sie  mich.  Sagen  sie  mir 
im  Vertrauen,  ob  mein  eigensinniger  Geschmack,  oder  was  sonst 
daran  Schuld  ist.  Allenthalben  vermiß  ich  die  Sprache  der 
Natur,  und  wenn  das  Herz  sprechen  soll,  spricht  der  Witz. 

Herr  Ramler  rühmt  mir  ein  prosaisches  Gedicht:  Wil- 
li elmine.  Ich  laß  es  zu  Leipzig  Herrn  Bachraann  vor.  All- 
zu viele  platte  Stellen  und  gemeine  Redensarten  machten  ,  daß 
ichs  ohnmöglich  für  die  Arbeit  eines  Uz,  Weiß,  Gersten bergs, 
halten  konte,  wie  Herr  Ramler;  und  ich  hörte  auch,  daß  der 
Verfaßer  ein  Cammerjuncker  in  Gotha  sey. 

Meine  liebste  Lecture  ist  bisher  gewesen :  Les  Oeuvres  de 
Möns.  Thomas  und  Oeuvres  diverses  de  Möns.  Desmahis.  Von 
dem  ersten  haben  mir  ein  paar  Oden  im  hohen  Styl  ausneh- 
mend gefallen,  auch  seine  Lobreden  sind  die  einzigen,  die  mir 

1)  Über  ungestrichnem  , Spieler" 


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je  gefallen  haben;  der  andere  gehört  in  die  Claße  der  Cha- 
pelle,  Chaulieu  und  Greßets.  Eine  Nachahmung  der  Reise  des 
Bacha[u]mont  und  Chapelle  ist  ein  Meisterstück;  ich  habe  nie 
was  niedlichers  gelesen  ,  als  das  Gemähide  einer  LandHoch- 
zeit  p.  126.  

Herr  Klopstock  hat  sich  bey  seiner  Frau  Mutter  vor- 
nehmlich wegen  seiner  LiebesGeschichte  mit  Genehmhaltung 
seines  Königs,  so  lange  aufgehalten.  Das  Mädchen  das  ganz 
göttliche  Mädchen  wurde  ihm  plötzlich  ungetreu,  als  ein  sehr 
dummer  von  Adel  sich  meldete,  und  sich  erboth,  sie  zu  einer 
gnädigen  Frau  zu  machen.  

Nun  ist  HE.  Klopstock  wieder  in  Coppenhagen  und  ar- 
beitet an  der  Ausgabe  fünf  neuer  Gesänge  seines  Meßias.  Die 
Briefe  über  die  neuste  Litteratur  haben  aufgehört.  Wie  ge- 
fallen ihnen  die  Briefe  zur  Bildung  des  Geschmacks?  Sie 
sollen  von  Dusch  seyn. 

Wir  haben  den  Chapellen ,  den  Desmahis,  den  Chaulieu 
der  Franzosen  nichts  entgegen  zu  setzen,  als  ihre  den  Oden 
angehängte  Briefe  und  Gerstenbergs  Tändeleyen.  Schreiben 
sie  uns  doch  mehr  solche  artige  Kleinigkeiten.  Sie  müßen 
ihnen  sehr  leicht  seyn. 

Les  Contes  de  Guillaume  Vade  sind  von  Voltaire.  Sie  wer- 
den ihnen  sehr  viel  Vergnügen  macheu,  wenn  sie  sie  noch  nicht 
gelesen  haben.  Ich  hab  auch  Le  Tresor  du  Parnaße  ou  le  plus 
joli  des  Recueils  in  4  Bändchen  bekommen.  Es  besteht  aus 
lauter  kleineu  Stücken,  worunter  viel  artige  von  Voltaire,  Des- 
mahis und  andern  sich  befinden.  

Herr  Ramler  arbeitet  an  der  Ausgabe  von  Herrn  Götzens 
kleinen  Gedichten,  die  unter  fremdem  Nahmen  herauskommen 
sollen.  Er  hat  inständig  gebeten,  seiner  zu  schonen,  sonst  er  in 
Gefahr  stünde  sein  Amt  zu  verliehren.   Welche  Barbarey!  Wir 

wollen  schon  schweigen.  Wenn  sie  eine  neue  Außgabe  ihrer 

Gedichte  machen,  liebster  Freund,  so  laßen  sie  sie  doch  ja  recht 
sauber  machen,  in  12  und  in  dünnen  Bändchen,  daß  man  sie,  wie 
unsern  deutschen  Horatz  in  der  Tasche  tragen  kan.  Wenn  der 
Berliner  Meil  die  Kupferstiche  nicht  machen  kan,  so  rath  ich  zu 
einer  ganz  simpeln  aber  säubern  Ausgabe  auf  das  feinste  Papier, 
und  wo  möglich  eine  mit  lateinschen  Lettern,  wie  Kleist. 

Oloim-r»,  Rriefwerhfl«!.  23 


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116.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freünd, 

Ich  danke  Ihnen,  daß  Sie  mich  wegen  der  Karschischen 
Gedichte  auf  eine  so  freundschaftliche  Art  aus  Verlegenheit 
setzen  wollen.  Ich  lege  eine  Art  von  Bescheinigung  bey,  da- 
mit Sie  sich  bey  HE.  Bachmann  legitimiren  können.  Nur  hätte 
ich  wünschen  mögen,  daß  auch  dieser  Sammlung  das  Portrait 
der  Dichterinn  beygelegt  worden  wäre,  da  es  doch  in  dem 
Sammel-Plan  versprochen  worden.  Wenn  Sie  mir  mit  der 
Zeit  eines  verschaffen  können,  so  werden  Sie  mich  sehr  ver- 
bindlich machen.  

Eine  neue  Auflage  meiner  Gedichte  ist  so  nahe  noch  nicht, 
als  Sie  vielleicht  denken.  Vors  erste  habe  ich  nicht  Zeit  ge- 
nug. Hernach  zanken  sich  Breitkopf  und  die  Dyckin  noch 
darum,  und  ich  will  sie  diesen  Streit  erst  ausmachen  laßen, 
ohne  mich  darein  zu  mischen.  Ich  will  einmal  eine  vollstän- 
dige Sammlung  meiner  Verse  machen,  und  ich  wünsche,  daß 
Sie  auch  einmal  daran  denken. 

Die  Contes  de  Vade  habe  ich  gelesen.  Man  erkennt  die 
Hand  des  Voltaire  überall,  wenn  es  auch  nur  an  den  Spotte- 
reyen  wider  die  Religion  wäre,  die  seine  letztern  Schriften  alle 
brandmarken.  Es  eckelt  einem,  wenn  man  hundertmal  gesagte 
und  eben  so  oft  widerlegte  Dinge  immer  wieder  aufgewärmt 
sehen  muß.  Doch  diese  Leichtsinnigkeit  bezeichnet  die  meh- 
resten  französischen  Schriften  unserer  Zeit.  Ein  anderes  der- 
gleichen Buch  unter  dem  seltsamen  Titel:  Aretin,  welches  ich 
auch  dem  Voltaire  zugetrauet  hätte,  wenn  er  nicht  so  sehr 
darinn  gelobt  würde ,  ist  auch  ein  solcher  Mischmasch  von 
Witz  und  Religions-Spötterey,  der  sich  wohl  lesen  läßt. 

Vom  Desmahis  habe  ich  noch  nichts  gelesen.  Ihr  Erbie- 
then,  mir  ihn  zu  schicken,  ist  zu  freundschaftlich  und  gütig, 
als  daß  ich  es  annehmen  könnte.  Wenn  er  so  schreibt,  wie 
Sie  mir  schreiben,  so  sind  Sie  ihm  mehr  ähnlich,  als  ich. 

Sagen  Sie  mir  doch  ,  ob  Gersten berg  gar  nichts  mehr 
schreibt?  Es  wäre  doch  Schade,  wenn  eine  so  artige  Muse 
sobald  verstummen  wollte. 

Auf  die  Götzischen  Gedichte  hin  ich  begierig.    Aber  ich 


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muß  lachen,  daß  HE.  Rammler  sich  so  eifrig  fremder  Kinder 
annimmt,  und  seine  eigenen  verwahrloset.  Ich  dächte,  nun 
könnte  er  doch  einmal  ein  Händchen  zusammen  bringen.  Seine 
Ode  an  die  Muse  habe  ich  mit  Vergnügen  gelesen.  Aber  ich 
bin  doch  nicht  gewiß,  ob  er  nicht  manchmal  mehr  natürlich 
und  klar  schreiben  sollte. 

HE.  Weise  scheint  mir  viel  Genie  zur  dramatischen  Dicht- 
kunst zu  haben,  aber  zu  flüchtig  zu  schreiben,  und  sich  allzu- 
wenig Zeit  zu  nehmen.  

Anspach  den  31.  Aug.  1764. 

Wie  schickt  sich  denn  die  Frau  Karschin  in  ihr  Glück? 
Schreibt  sie  noch  fleißig?  Es  wäre  zu  wünschen,  daß  sie  die 
Erinnerungen,  die  ihr  in  den  Briefen  über  die  Neueste  Litte- 
ratur  gegeben  worden,  sich  zu  Nutz  machte. 

117.  Uz  an  Gleim.1) 

Liebster  Fretind, 

Verzeihen  Sie  mir,  wenn  ich  Sie  mit  der  Bitte  eines  meiner 
Freunde  beschwehre.  Der  hiesige  Geheimde  Secretarius  Lösch 
sammlet  mit  vielem  Fleiße  die  Brandenburgischen  Denkmäler. 
Da  er  Ihre  Freündschaft  gegen  mich  weis ,  so  hat  er  mich 
ersucht,  ihm  durch  Sie  eine  richtige  Abzeichnung  von  dem  in 
der  Halberstättischen  Dom-Kirche  befindlichen  Grabmal  oder 
Grabstein  des  Herrn  Marggraf  Friedrich  Erzbischoffens  zu  Mag- 
deburg und  Halberstatt,  welcher  A.  1552.  gestorben,  nicht  min- 
der von  denen  in  ermeldter  Domkirche  irgend  noch  mehr 
vorhandenen  Brandenburgischen  Monumenten,  in  seine  Sammlung 
zu  verschaffen.  Wenn  es  irgend  ohne  Ihre  gar  große  Beschwerde 
geschehen  könnte,  so  wünschte  ich,  daß  dem  Ansuchen  dieses 
Freundes  willfahret  würde. 

Diese  Meße  ist  an  witzigen  Schriften  so  arm  gewesen, 
daß  ich  wenig  neues  gelesen  habe,  außer  dem  Fingal  und  die- 
sen mit  großem  Vergnügen.  Ohnerachtet  eine  gewiße  Wild- 
heit darinnen  anzutreffen  ist,  so  gestehe  ich  doch,  daß  ich  noch 

1)  Von  Gleima  hand  :  „  Ist  beantwortet  den  81™  Dcc.  1764  zugleich 
auch  der  Iiiief  vom  31ün  Aug.  1704.  Die  Oeuvres  de  Desmahis  habe  mit- 
geschickt und  das  Iii  Buch  meiner  Fabeln." 

23* 


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immer  einen  Betrug  oder  wenigstens  eine  große  Interpolation 
argwohne.  Ich  finde  mehr  Schmuck  und  Poesie  darinn,  als  ich 
den  alten  Zeiten  des  Dichters  und  dem  Volke,  zu  dem  er  gehört, 
zutraue.  Ist  es  denn  so  ganz  außer  Zweifel,  daß  alte  Stucke 
nicht  etwa  modernisiret  worden?  Zweifelt  in  England  nie- 
mand daran  ?  

Anspach  den  24.  Nov.  1764. 

118.  Gleim  an  Uz. 

Liebster  Freund,  Halberstadt  den  8*12  Dec.  1764 

Mit  gröstem  Vergnügen  werd  ich  dem  Verlangen  des 
Herrn  Geh.  Secret.  Lösch  ein  Gentige  thun,  und  ihm  eine  rich- 
tige Zeichnung  des  im  hiesigen  Dohm  befindlichen  Grabinahls 

verschaffen.  Eine,  wiewohl  unvollständige  Beschreibung 

deßelben  findet  Herr  Lösch  in  der  Nachricht  von  unserm  Dohm, 
die  ich  für  ihn  beylege.  Mehrere  Brandenburgische  Monumente 
sind  mir  nicht  bekant,  es  möchten  auch  hiesigen  Orts  sich  kaum 
mehrere  finden.  Der  hier  wohnende  Nerr  Hoffrath  Lncanus 
hat  von  solchen  Sachen  mehr  Kenntniß  als  ich ;  er  und  seine 
beyden  Brüder  haben  alles  gesamlet,  was  dahin  einschlägt; 
wenn  Herr  Lösch  selbst  an  ihn  schriebe,  und  ihm  näher  bekant 
machte,  womit  ihm  zu  seiner  Absicht  gedienet  sey,  so  würde 
dieser  dienstfertige  Mann  ihm  ohne  Zweifel  gern  mit  allem 
das  er  hat,  an  Hand  gehen. 

Der  Bayreuthische  Cammerherr  von  Spiegel,  der  vor  kurzen 
aus  Engelland  zurückgekommen  ist,  und  sich  ziemlich  lange 
zu  London  aufgehalten  hat,  versicherte  mich,  P'ingal  werde  für 
das  gehalten,  wofür  er  ausgegeben  ist.  Ich  glaube  bey  dem 
allen  wohl ,  daß  der  Ubersetzer  nicht  zu  getreu  gewesen  ist. 
Mit  aller  mir  gegebenen  Mühe  hab  ich  das  englische  Original 
noch  nicht  bekommen  können.  Was  meinen  Sie,  könten  wir 
aus  unsern  Minnesingern  und  andern  alten  Liedern,  nicht  eine 
Samlnng  zu  Stande  bringen,  die  von  der  Beschaffenheit  wäre, 
daß  man  ebenfalls  einen  Betrug  vermuthen  würde?  Neulich 
fand  ich  in  einer  alten  Anweisung  zur  Dichtkunst  ein  Lied,  aus 
der  ältesten  Zeit,  das  verdiente  von  einem  guten  Kopfe,  von 
einem  Uz,  in  unserer  Sprache  gesungen  zu  werden.    Ich  habe 


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das  Buch  nicht  bey  der  Hand,  sonst  wolt  ich  ein  Paar  Stro- 
phen abschreiben.  Es  ist  ein  Kriegeslied ;  weder  Morhof,  noch 
Klotz  in  seiner  Ausgabe  des  Tyrtäus  haben  Erwähnung  da- 
von gethan. 

Auch  in  unsern  Gegenden  ist  völliger  Mißwachs  an  witzi- 
gen Schriften  in  diesem  Jahre  gewesen.  Herr  Ramler  rühmte 
mir  eine  Wilhelmine  so  sehr,  daß  ich  sie  mit  der  reiten- 
den Post  von  Leipzig  kommen  ließ;  er  sagte  zum  fünften  mahl 
hält  er  sie  gelesen,  und  nennte  sie  ein  Meisterstück,  ich 
könte  mich  nicht  tiberwinden  sie  zum  zweyten  mahl  zu  lesen ! 
Eine  altügliche  Geschichte  in  gemeiner  poetischen  Prose!  oft 
die  Sprache  und  der  Spott  der  Ungezogenheit  und  des  Leicht- 
sinns !  Wie  konte  von  einem  Hamler  diese  Wilhelmine  so 
schön  gefunden  werden  ?  Herr  Zachariä  ist  an  drey  Wochen 
bey  uns  gewesen,  er  gab  ihr  eben  so  wenig  Beyfall,  ich  möchte 
nun  auch  noch  von  meinem  Uz  hören,  wer  recht  hat. 

Herr  Zachariä  hat  mir  ein  Paar  Bücher  von  seinem  Cor- 
tes  vorgelesen.  Ich  kan  noch  nichts  davon  sagen.  Der  Plan 
scheint  vortreflich,  die  Geschichte  giebt  ihm  Stoff  genug,  er 
darf  bey  nahe  nicht  dichten.  Er  hat  den  zehnsylbigten  jam- 
bischen reimlosen  Vers  mit  männlicher  Endigung  erwählt,  hat 
ihn  aber,  wie  mich  dünckt,  noch  nicht  in  seiner  Gewalt! 

Ich  versprach  ihnen  den  Desmahis  zu  schicken,  mein  lieb- 
ster Freund.  Er  komt  hiebey.  Was  gab  ich  darum  wenn 
ich  die  Reise  p.  114  im  deutschen  von  einem  Uz  lesen 
könte !  — 

Seit  ihrem  vorigen  Schreiben  hab  ich  auch  das  Buch  das 
sie  mir  bekant  machten,  unter  dem  Titul  Ar  et  in  gelesen. 
Er  hat  nicht  Voltären,  sondern  einen  elenden  Berlinischen 
Comedianten  zum  Verfaßer,  es  ist  nicht  ohne  Witz,  aber  auch 
voller  Dummheit  und  Unsinn. 

Es  ist  vortreflich,  daß  sie  eine  vollständige  Sammlung  ihrer 
Wercke  machen  wollen !  —  —  —  Daß  es  mir  ebenfalls  mit 
einer  vollständigen  Ausgabe  ein  Ernst  sey,  sehen  sie  aus  bey- 
gehendem  ersten  Buch  meiner  Fabeln !  Es  stellt  sich,  mit  den 
gemachten  Verbeßerungen  bey  ihnen  als  meinem  Aristarch  ein, 
und  ich  bitte  ihre  Aninerckungen  und  Criticken  so  kurz  und 
mit  so  weniger  Mühe,  als  es  seyn  kan  beyzufügen ,  und  dann 


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das  Manuscript  so  bald  als  möglich  zurück  zu  senden.  

Haben  sie  nicht  auch  wieder  geistliche  Lieder  gesungen? 
Die  beyden  so  sie  mir  vor  einiger  Zeit  schickten,  waren  für- 
treflich !  Ich  reise  vielleicht  bald  nach  Magdeburg  da  soll  sie 
mir  Herr  Rolle,  ein  sehr  geschickter  Componist,  in  Musick  setzen. 

119.  Gleim  au  Uz. 

Halberstadt  den  11*22  Dec.  1704 

Als  ich  ihnen  das  lezte  mahl  schrieb,  mein  bester  Freund, 
da  war  icli  sehr  eilfertig!  Insonderheit  vergaß  ich,  bey  dem 
ersten  Buch  meiner  Fabeln,  ihnen  zu  sagen,  daß.  ich  mir  alle 
Mühe  gegeben  bätte,  nach  ihrer  Vorschrift,  und  Erinnerung 
mehr  Wohlklang  in  die  Verse  zu  bringen.  Sie  sagten  mir 
mehr  als  einmahl,  daß  ich  das  Sylbenmaaß  sehr  vernachläbigt 
hätte ;  sie  hatten  recht,  ob  es  mir  geglückt  ist,  diesen  Fehler, 
ohnbeschadet  der  Einfalt  und  Kürze,  die  ich  mir  zum  vornehm- 
sten Zweck  gesezt  hatte ,  zu  verbeliern,  das  mögen  sie ,  mein 
liebster  Aristarch,  sehen,  und  es  mir  sagen.  —  —  —  Unbe- 
greiflich ist  mir,  wie  man  sich  aus  solcber  Arbeit  ein  Ver- 
gnügen und  noch  dazu  sein  ganzes  Leben  hindurch  sein  einziges 
Vergnügen  machen  kan ,  wie  Herr  Kamler!  Er  feilt  noch 
beständig  an  Herrn  Götzens  Gedichten !  Und  ob  er  mir  wohl  heilig 
versprochen  hat,  endlich  eiue  Samlung  seiner  Oden  her- 
auszugeben ,  so  wird  doch  gewiß  nichts  daraus !  An  einer 
Ode  an  mich  feilt  er  schon  mehr  als  zehn  Jahre.  Ich  gehrieb 
des  falls  au  ihn  : 

Ich  weiß  es  lange  schon,  wie  sich  mein  Kamler  quälet 
Wie  er  die  Worte  horcht,  wie  er  die  Sylben  zählet, 
Ich  weiß  es  lange  schon,  wie  vielen  Öhl  und  Schweiß 
Auf  einen  Odenvers  er  zu  verwenden  weiß, 
Biß  er  zufrieden  ist  und  solche  Füße  schallen 
Die  seinem  Geiste  so,  wie  seinem  Ohr  gefallen 
Ich  weiß  es  lange  schon,  zu  Tode  quält  er  sich 
Zehn  Jahre  feilt  er  schon  an  einer  Od*  au  mich 
0  Ramler  liebster  Freund  !   Hinweg  mit  deiner  Ode 
Und  der  Unsterblichkeit  erkauft  mit  deinem  Tode! 

Sie,  mein  liebster  Freund,  halten  das  rechte  Maali,  Rani ler 

feilt  zu  viel,   ich  feile  zu  wenig.    In  einem  ihrer  Briefe  vou 

L7u3  les  ich,  daß  sie  in  ihrer  Kunst  stets  frölich  zu  seyn  viel 


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verbeßert  haben.  Schon  damahls  waren  sie  willens  uns  eine 
neue  Ausgabe  davon  zu  geben.  Warum  haben  sie  es  nicht 
gethan  ?  Es  ist  ein  fürtreflich  Gedicht  ihrer  philosophischen 
Muse  —  Sie  solten,  wenn  sie  mit  der  ganzen  Ausgabe  ihrer 
Gedichte  nicht  so  bald  könten  fertig  werden  ,  es  nebst  dem 
Schreiben  an  einen  Freund,  besonders  drucken  laßen.  Es  wird 
indeß  noch  zehnmal  verkauft  —  nur  wünscht  ich  daß  ein  klei- 
nes Format  und  sauberer  Druck  genommen  würde.  Das  Schrei- 
ben p  ist  bisher  vielfaltig  gesucht,  in  Pyrmont  hätt  ich  die- 
sen Sommer  fünfzig  Exemplare  anbringen  können,  so  wurd 
ich  darnach  gefragt. 

Mit  einem  Arger,  der  nicht  größer  seyn  kan  ,  les  ich  in 
ihren  mir  unschäzbaren  Briefen,  daß  Posch  ihnen  nur  50  fl. 
für  ihre  Gedichte  gegeben  hat,  nur  kaum  die  Schreibgebühren  ! 
Wir  wollen  mit  unsern  Musen  keinen  Wucher  treiben,  aber  so 
eine  Kleinigkeit  soll  mein  Uz  dem  Buchhändler ,  der  sie  ihm 
noch  einmahl  anbietet,  vor  die  Füße  werfen!  Klopstock  hat 
für  den  Bogen  seines  Salomo  zwey  Louisd'or  von  Hechtel  in 
Magdeburg  bekommen.  Das  geht  doch  einiger  maaßen  an. 
Für  jede  Ode  muß  mein  Uz  von  einem  Buchhändler  50  fl.  und 
von  einem  Mecänas  5000  haben.  Wir  haben  nichts,  das  un- 
serm  Uz  gleichkomt,  das  sag  ich  allen,  die  mich  nach  unsern 
bestem  Dichter  befragen.  So  viel  als  die  Frau  Karschin  für 
ihre  Samlung  bekommen  hat,  kan  sich  noch  kein  deutscher 
Dichter  rühmen,  und  sie  hätte  dreymahl  so  viel,  wenn  das 
schlechte  Geld  nicht  so  viel  weggenommen  hätte.  Zwey  tau- 
sind R/.  in  Louisd'or  und  efwas  darüber  sind  nach  Abzug  der 
Kosten  übrig  geblieben.  Ich  habe  eine  ausnehmende  Freude 
darüber,  daß  es  mir  nur  so  weit  mit  Versorgung  der  armen 
Karschin  gelungen  ist.  Alle  meine  Berlinischen  Freunde  waren 
dawieder,  und  glaubten,  es  würde  nichts  heraus  kommen.  Nun 
sehen  sie  das  Gegentheil  und  glauben  mir,  daß  der  Deutsche, 
so  gut  wie  der  Engländer  einzunehmen  ist.  Herr  Zachariä  ist 
mit  seiner  Subscription  auch  ganz  wohl  zufrieden!  

Einmahl  fragten  sie  mich  nach  dem  Ausgang  der  Liebes- 
Geschichte  Herrn  Klopstocks,  mich  dtinckt  ich  sagt  ihnen  da- 
mahls  alles,  und  muß  also  noch  dieses  hinzusetzen,  daß  das 
ungetreue  Mädchen,  das  einem  armen  und  dummen  Edelmann 


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deu  großen  Dichter  nachsetzte,  vor  Kurzen  gestorben  ist  Die 
Vorsehung  hat  ulso  für  Herr  Klopstock  sehr  gut  gesorget,  daß 
sie  seinen  Wunsch  nicht  erfOilete.  Er  hat  ein  zärtliches  Herz 
und  würde  sich  zu  Tode  grämen,  wenn  er  seine  zweyte  Frau 
verlohren  hätte.  Auf  Ostern  sollen  fünf  neue  Gesänge  seines 
Meßias  zum  Vorschein  kommen,  und  an  einer  Abhandlung  über 
das  deutsche  Sylbenmaaß  wird  schon  gedruckt  Von  dieser  ver- 
sprech  ich  mir  sehr  viel  gutes;  das  Stück,  so  ich  schon  da- 
von gelesen  enthielt  viele  gründliche  Anmerckungen.  Er  hat 
die  Griechen  sehr  studirt,  und  weil  diese  in  Sachen  des  Wohl- 
klangs die  Meister  auf  dem  Parnaß  sind,  so  wird  er  vieles  zu 
sagen  haben,  das  er  ihnen  abgelernet  hat. 

Wie  steht  es  um  die  Alkäischen  Klagen,  die  sie  in  dem 
letzten  Kriege  sangen?   Soll  ich  sie  nicht  lesen.  

Von  Herrn  Gerstenberg  hör  und  sehe  ich  nichts.  Er  soll 
in  Dänischen  Diensten  Officier  seyn,  und  im  Hollsteinischen  im 
Quartier  stehen.  Er  könte  unser  Chaulieu  seyn ,  wenn  er  iu 
einer  gesellschaftlichen  Welt  lebte.  

Die  Frau  Karschin  schreibt  mir  noch  sehr  oft.  Aber  alle 
ihre  Briefe  sind  voller  Klagen  über  die  Untreue  ihrer  Freunde  ! 
Man  hält  ihr  in  der  That  zu  wenig  zu  gute.  Der  Prinz  Frie- 
derich von  Braunschweig,  der  itzt  beständig  um  dem  König  ist, 
und  sehr  geliebt  wird ,  macht  sehr  viel  von  ihr ,  und  hat  sie 
oft  bey  sich.  —  

120.  Uz  an  .Gleim. 

 Sie  haben  mir  mit  der  feinern  Edition  der  Kar- 

schischen  Gedichten  ein  angenehmes  Geschenk  gemacht,  aber 
noch  ein  angenehmeres  mit  des  Desmahis  reitzenden  Versen. 
Sie  sind  voll  Schönheit,  und  nur  der  deütsche  Anakreon  kann 
mit  gleicher  ungezwungenen  Leichtigkeit  dichten.  Sie  machen 
mich  immer  mehr  zu  Ihrem  Schuldner.  Ich  schicke  Ihnen  das 
erste  Buch  Ihrer  Fabeln  zurück  und  Sie  werden  sehen ,  daß 
ich  es  mit  Aufmerksamkeit  gelesen  habe.  Ich  bin  strenge  ge- 
wesen, weil  ich  weis,  daß  Sie  es  von  mir  fordern.  Sie  werden 
finden ,  daß  meine  meisten  Critiken  auf  die  neüen  Verbeße- 
rungen  gehen.    Es  dünkt  mich,  daß  sie  oft  von  dem  Cha- 


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rakter  Ihrer  Fabeln  abgehen.  Diese  sind  simpel  und  na'if,  und 
haben  mehr  von  der  Siccitate  eleganti  des  Phaedrus ,  als  dem 
lustigen  des  Fontaine.  Pracht  und  Wortgepränge  schicken 
sich  nicht  für  sie.  Sie  gefallen  ohne  fremde  Zierrathen.  Wenn 
ich  also  dergleichen  zu  bemerken  geglaubt,  habe  ich  die  Stellen 
angestrichen.  Ich  verwerfe  sie  deswegen  nicht  Ich  will  Sie 
nur  darauf  aufmerksam  machen,  und  überlaße  Ihnen,  als 
einem  feinen  Kenner,  das  entscheidende  Urtheil.  Inzwischen 
erfreüe  ich  mich ,  daß  Sie  mit  Ernst  an  eine  vollständige 
Sammlung  Ihrer  Gedichte  denken,  die  so  sehr  vermißet  wird. 
Wenn  ich  eine  Sammlung  meiner  Kleinigkeiten  zu  Stande  brin- 
gen werde ,  kanu  ich  nicht  sagen.  Bey  noch  fürdauernden 
Zwistigkeiten  der  Buchhändler  sind  mir  die  Hände  gebunden. 
HE.  Nicolai  wünscht  ebenfalls,  daß  ich  sie  in  12.  drucken 
laßen  möchte,  und  zwar  mit  Meilischen  Vignetten.  Allein  an 
das  letztere  ist,  bey  der  bekannten  Sparsamkeit  unserer  Buch- 
händler, wohl  nicht  zu  denken.  Sollte  es  einmal  wirklich 
dazu  kommen,  daß  die  Sammlung  zu  Stande  käme,  so  werde 
ich  Sie  über  die  geschickte  Einrichtung  weiters  um  Rath  fra- 
gen. Übrigens  wundert  mich,  daß  nach  meiner  Kunst,  stets 
fröhlich  zu  seyn,  Nachfrage  geschieht.  Es  ist  mir  um  so  an- 
genehmer, da  ich  geglaubt,  daß  die  ungünstige  Berlinische 
Recension  diese  Arbeit  von  mir  ganz  in  Vergeßenheit  ge- 
bracht habe. 

Das  kleine  Gedicht  Ihres  HE.  Neveu  ist  ungemein  artig. 
Es  ist  das  schönste  Hochzeit- G edich t ,  das  ich  gelesen.  Fast 
halte  ich  den  HE.  Oncle  in  Verdacht,  daß  p. 

Ich  gestehe,  daß  ich  die  Wilhelraine  ebenfalls  mit  großem 
Vergnügen  gelesen,  und  viel  Witz  und  Erfindung  darinn  an- 
zutreffen vermeine.  Aber  für  ein  Meisterstück  kann  ich  es, 
mit  HE.  Rammlern  nicht  halten. 

Ich  dancke  Ihnen  für  das  freundschaftliche  Nachfragen 
nach  meinen  Schwestern.  Wir  machen  zusammen  noch  eine 
unverheyrathete  Familie  aus.  Wie  lange  ich  noch  so  seyn 
werde,  steht  bey  den  Göttern,  und  insonderheit  Ihrer  guten 
Freündin,  der  Göttin  von  Amathunt. 

Ich  will  einmal  meine  Papiere  durchsuchen,  und  sehen, 
ob  sich  noch  etwas  darunter  findet ,  das  verdient ,  von  Ihnen 


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gelesen  zu  werden.  Ich  weis  nicht  anders,  als  daß  ich  Ihnen 
alles  geschickt  habe,  was  ich  aus  Veranlaßung  des  letztern 
Krieges  gedichtet.    Jetzt  hängt  meine  Leyer  an  der  Wand.  In 

Jahr  und  Tag  habe  ich  sie  nicht  in  die  Hand  genommen.  

Anspach  den  30.  Jan.  1765. 

121.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  'SV™  Aug.  1765 

Wann  und  was  schrieb  ich  doch  das  letzte  mahl  meinem 
Ufas?  Lange  her  ist  es  schon,  denn  seit  ich  kranck  bin  schrieb 
ich  ihm  nicht.  Sein  lezter  Brief  war  der,  mit  welchem 
er  mir  meine  Fabeln  mit  seiner  sanftmüthigen  Critick  zu- 
rück sendete!  Für  diese  seine  mir  so  willkommene  Bemü- 
hung hab  ich  ihm  wohl  noch  nicht  ein  mahl  gedancket?  Er 
mag  dencken  ,  als  wenn  ich  dadurch  beleidiget  sey,  weil  er 
mich  getadelt  hat!   0  er  kennt  mich  beßer!  

Seit  dem  161™  Jeuner  mein  liebster  Freund  bin  ich  fast 
beständig  kranck  gewesen,  An  diesem  Tage  bekam  ich  zu  Berlin 
das  Fieber,  und  muste  an  drey  Monath  dort  bleiben  und  aus- 
halten. Das  Fieber  hinterließ  eine  völlige  Erschlaffung  der 
vesten  Theile,  ich  befand  mich  lange  Zeit  sehr  übel  und  konte 
das  Anwehen  des  gelindesten  Zephirs  nicht  ertragen.  Seit  kur- 
zem gebrauch  ich  die  Arzeney  des  berühmten  Werlhofs  zu 
Hannover  und  nun  geht  es  beßer.  —  —  —  Gestern  war  der 
Graf  von  Wehrter  ein  sächsischer  Cammerherr  bey  mir,  der 
hatte  sie  auf  seinen  Reisen  gesehen.  Alle  ihre  Gliedmaaßen, 
ihre  Minen,  ihr  ganzes  Wesen  must  er  mir  beschreiben!  

Ihre  Criticken,  mein  bester  Freund,  werd  ich  mir  bestens 
zu  Nutze  machen.  Ramler  hat  mir  die  seinigen  auch  geschickt, 
aber  welch  ein  Unterschied  zwischen  ihm  und  Uz,  in  Absicht 
auf  die  Art  mit  welcher  er  seinen  Tadel  sagt!  Unbändig  grob 
und  für  einen  Freund  so  beleidigend,  daß  es  scheint,  als  wenn 
er  zu  der  Zeit,  da  er  sie  hin  geschrieben  hat,  seinen  Verstand 
verlohren  gehabt  hätte!  Es  ist  von  einem  so  alten  Freunde, 
der  auf  gewiße  Weise  mein  Schüler  ist ,  unglaublich  aber  es 
ist  doch  wahr,  und  ich  kan  wenn  sie  es  nicht  glauben  ihnen 
seine  eigene  Hand  schicken.    Nur  meinem  Utz  klag  ich 


363 


es,  daß  er  so  wohl  durch  diese  ungezogene  Grobheit,  als  durch 
ii nverzeyh liehe  Kehler  seines  Herzens,  sich  meiner  fernem 
Freundschaft  völlig  unwürdig  gemacht  hat.  Seine  l'arthie 
werden  sie  nie  nehmen  ,  so  bald  ich  ihnen  den  Briefwechsel 
zu  lesen  gebe ,  der  un  ter  uns  vorgefallen  ist,  sie  können  mir 
auf  mein  Wort  glauben,  daß  man  es  nicht  weiter  treiben  kan, 
als  es  Ramler  getrieben  hat.  Meine  Geduld  hat  ein  Ende 
nehmen  müßen,  alle  meine  Freundschaft  für  ihn,  die  so  groß 
und  so  zärtlich  war,  wurde  von  seinem  Verhalten  gegen  mich 
daniedergeworfen.  Was  ist  aller  Geist  und  aller  Verstand, 
ohne  Sitten  und  Herz?  Laßen  Sie  uns  gut  seyn,  bester  Freund, 
das  ist  die  Hauptsache!  Meinem  Uz  zwar  darf  ich  das  nicht 
sagen.    Sein  Herz  ist  eben  so  edel ,  als  sein  Geist  schön  ist. 

Was  für  Menschen  giebt  es  auf  der  Welt!  Ist  es  möglich? 
Kan  der  Geist  und  das  Herz  in  so  großem  Wiederspruch  stehen, 
wie  Wielands  Sympathien  und  Wielands  comische  Erzählungen? 
Sehen  sie  meine  Briefe  nach  ,  vor  etlichen  .Jahren  schon  sagt 
ich  vorher,  daß  Wieland  ein  Freygeist  werden  würde,  nun  ist 
er  etwas  weit  ärgeres!  Und  ihr  Sieg  Uber  ihn,  wird  ihnen 
von  ihm  selbst  in  die  Hände  gegeben. 

In  der  letzten  Meße  kam  doch  auch  nicht  das  mindeste 
zum  Vorscheiu,  das  unser  Auge  verdiente,  als  nur  allein  Abt 
vom  Verdienst.  Diese  gründliche  und  zugleich  schöne 
Arbeit  werden  sie  ohne  Zweifel  gelesen  haben. 

Vor  ein  Paar  Tagen  besuchte  mich  auch  Herr  Meinhart, 
der  Verfaßer  von  den  Versuchen  über  die  italiänischen  Dichter. 
Er  kam  aus  Rom,  Paris,  London  und  dem  Haag.  Ich  verwieß 
ihm  seine  weite  Reisen,  weil  er  meinen  Utz  nicht  gesehen  hatte. 
Herr  Huber,  sagte  er  mir,  arbeitet  an  einer  Samlung  der  aus- 
erlesensten deutschen  ins  französische  übersetzten  Gedichte. 

Ich  komme  noch  einmahl  auf  meine  Fabeln.  Es  ist  doch 
keine  verdrießlichere  Arbeit,  als  die  Ausbeßerung!  Meist  um 
des  Wohlklangs  Willen  ändert  ich  die  Stellen,  die  ihnen  in 
der  Veränderung  mißfielen.  Nun  bin  ich  wieder  ganz  ihrer 
Meinung,  und  werde  die  meisten  alten  Lesarten  beybehalten. 
Oft  sind  indeß  meine  lieben  Aristarchen  so  wenig  einig,  daß 
Bamler  für  die  schlechteste  Fabel  hält ,  die  Moses  mit  am 
meisten  lobet.    Z.  E.  die  23i£:  der  Esel,  die  Nachtigall,  und 


364 


der  Staar.  Ich  habe  ihren  Tadel  so  wohl  als  Raoilers  Tadel 
mir  zu  Nutze  gemacht  

122.  Uz  an  Gleim.') 

Liebster  Freünd, 

Cur  me  querelis  examinas  tuis?  Unserm  Horaz  können 
die  Klagen  des  Mäcenas  über  seine  Unpäßlichkeit  unmöglich 
mehr  zu  Herzen  gegangen  seyn  als  mir  die  Ihrigen.  Ihre 
häufigen  Fieber  gefallen  mir  durchaus  nicht.  Vielleicht  warten 
Sie  denselben  nicht  genugsam  ab.  Schonen  Sie  Sich,  liebster 
Freünd!  Was  hilft  aller  Witz,  wenn  man  nicht  lebt?  Ich 
hoffe,  mein  Brief  soll  Sie  völlig  gesund  antreffen.  Schreiben 
Sie  mir  es  bald,  und  beruhigen  Sie  Ihren  Freünd. 

Sie  würden  mir  gewiß  Unrecht  gethan  haben ,  wenn  Sie 
von  mir  vermuthet  hätten,  daß  ich  die  Ursache  Ihres  langen 
Stillschweigens  meiner  Kritik  beymeßen  würde.  Ich  weiß,  daß 
Sie  mich  beßer  kennen,  und  ich  kenne  Sie  auch  zu  gut,  als 
daß  ich  von  Ihnen  vermuthen  könnte,  Sie  würden  über  die 
Kritik  eines  Freündes  böse  werden  können,  dem  Ihre  Ehre  so 
lieb  ist,  als  seine  eigene.  Ich  verlange  gar  nicht,  daß  Sie 
Ihre  Fabeln  nach  meinen  Anmerkungen  allein  ausbessern  sollen. 
Ich  weiß  wohl ,  daß  Sie  mehrere  Freunde  und  Freünde  von 
größerer  kritischer  Einsicht  haben.  Durch  Vergleichung  der 
verschiedenen  Beurtheilungen,  die  vielleicht  alle  nicht  richtig 
sind,  und  auf  einer  oder  der  andern  Seite  zu  weit  geben,  wer- 
den sie  auf  den  rechten  Weg  geleitet.  Der  Autor  muß  alle- 
zeit der  letzte  Richter  seiner  Arbeiten  seyn,  und  nur  das  Publi- 
cum ist  über  ihm ,  und  doch  kann  auch  das  ihn  nicht  zwin- 
gen, eine  Zeile  zu  ändern,  wenn  er  nicht  will.  Aber  daß  HE. 
Rammler  über  dem  kritisiren  Ihre  Freündschaft  verlohren,  geht 
mir  nahe.  So  wie  ich  Sie  kenne,  muß  er  es  sehr  arg  ge- 
macht haben,  daß  eine  so  alte  Freündschaft  darüber  zu  Grunde 
gegangen.  Ein  Freünd  muß  anders  kritisiren,  als  ein  Fremder, 
von  dem  man  Härte  noch  eher  verträgt,  weil  man  sie  ver- 

1)  Von  Gleims  hand:  „empfangen  den  13Hn  Dec  1765.  beantwortet 
den  13l«  Febr.  1766« 


365 


tragen  muß.  Aber  von  meinem  Freünde  erwarte  ich,  daß  er 
sich  für  meine  Ehre  intereßire.  Ich  muß  es  ihm  ,  wenn  er 
mich  tadelt,  anmerken,  daß  er  es  ungern  thut,  und  mit  bei- 
ßenden Spöttereyen  kann  eine  solche  Gesinnung  nicht  bestehen. 
I1E.  Rammler  muß  durch  den  Weihrauch,  der  ihm  so  haüfig 
gestreüt  wird,  und  den  er  so  wohl  verdient,  betaübet  worden 
seyn,  daß  er  seinen  Gleim  verkannt  hat.  Ich  bedaure  seinen 
Verlust:  er  wird  ihn  noch  bald  genug  fühlen. 

Mit  großem  Vergnügen  habe  ich  eine  neüe  Auflage  Ihrer 
Gedichte  angekündiget  gefunden.  Wenn  Sie  nur  einen  wahren 
Ernst  bezeugen !  Mit  der  neüen  Auflage  meiner  Gedicht  geht 
es  mehr  hinter  als  vor  sich.  Breitkopf  hat  die  schon  gedruck- 
ten Gedichte  wieder  auflegen  laßen,  und  die  Dyckin  will  die 
ungedruckten  herausgeben.  Aber  auf  diese  Art  bekäme  ich 
keine  vollständige  Auflage  und  zween  Verleger,  welches  ich  nicht 
will.    Drum  bleibt  die  ganze  Sache  liegen. 

Was  müßen  die  Schweitzer  zu  ihrem  Wieland  sagen,  ihrem 
auserwählten  Schooßjünger?  Was  für  eine  [lache  könnten  wir 
an  ihm  und  seinen  Panegyristen  nehmen !  Aber  wir  sind  keine 
Devots,  noch  Schweitzer.  

Anspach  den  3.  Dec.  1765. 

123.  Gleim  an  Uz. 

Bester  liebster  Freund,  [13.  Februar  1766.] 

Sie  haben  recht,  aller  Witz  ist  ohne  die  Gesundheit  nichts  ! 
aber  der  Witz  macht  mich  gewiß  nicht  kranck ,  ich  studire 
so  wenig,  als  es  immer  möglich  ist,  gar  nicht  zu  studiren 
wäre  ärger  als  die  schlimste  Kranckheit!  Die  Fieber  Anfalle 
haben  mich  völlig  verlaßen  ,  an  ihre  Stelle  ist  ein  von  den 
Ärzten  also  genanter  Rheumatismuß  getreten,  der  mich  vollends 
ausmergelt.  —  —  —  Das  schlimste  ist,  daß  man  bey  nun 
schon  Jahr  und  Tag  ausgestandenen  Kränklichkeiten  den  guten 
Humor,  verliehret,  und  grämlich  gemachet  wird,  so  daß  die 
kleinste  Kleinigkeit  das  Gemüth  beunruhiget  und  zu  Altera- 
tionen Anlaß  giebt. 

Sie,  mein  bester  Freund,  sind  der  einzige,  gegen  den  ich, 
wegen  der  Streitigkeit  mit  R.|  amier]  mein  Herz  ausgeschüttet 


366 


habe ;  ich  muß  mir  noch  die  völlig«»  Beruhigung  desfalls  da- 
durch verschaffen,  daß  ich  sie  völlig  überzeuge,  von  meiner 
Seite,  sey  nicht  die  mindeste  Schuld  der  aufgehobenen  Freund- 
schaft. Er  hat  es  so  sehr  arg  gemacht,  daß  das  kälteste  Ge- 
müth  es  nicht  hätte  ausstehen  können,  von  einem  bis  zur  En- 
thusiasterey  geliebten  Freunde  so  behandelt  zu  werden.  Ich 
werde  den  Briefwechsel  der  die  traurige  Geschichte  unsere 
Gezänckes  ganz  enthält,  für  sie  abschreiben  laßen,  damit  nach 
meinem  Tode,  wenigstens  ein  rechtschaffener  Mann  sich  meiner 
annehmen  könne,  denn  leider  höre  ich,  daß  Herr  R.Jamler^ 
seinen  boßhaften  Caracter  bis  zur  Lästerung  treibt,  und  mich 
für  einen  Menschen  ausschreyet,  der  in  seine  Sächelchen  so 
verliebt  wäre,  daß  er  die  gegründetste  und  billigste  Critic  nicht 
ausstehen  könne. 

Bey  meiner  vier  und  zwanzigsten  Fabel  sagt  mein  Uz : 
„Dis  ist  wieder  keine  Fabel.  Es  fehlt  die  poetische  Wahr- 
scheinlichkeit, es  fehlt  eine  Handlung,  das  ganze  Stück  enthalt 
„eine  dichterische  aber  edele  Empfindung  meines  Gleims.* 

Hingegen  sagt  K. [amier] 

„  Lieber  Dichter !  suchen  sie  eine  andere  Gelegenheit  sich 
„die  Mine  der  Frömmigkeit  zu  geben,  und  laßen  sie  diese 
„fromme  Fabel  mit  samt  dem:  Wach  auf  mein  Herz  und  sin^e, 
„in  Gottes  Nahmen  weg!" 

Welche,  von  beyden  Criticken  ist  die  billigste?  Spricht 
nicht  mein  Uz,  die  Sprache  der  Freundschaft,  und  R.[amler] 
die  Sprache  des  hämischen  Menschen  ?  Welche  Beschuldigung, 
Gleim  habe  mit  dieser  Fabel  keine  andere  Absicht  gehabt,  als 
sich  die  Mine  der  Frömmigkeit  zu  geben!  Ein  Heuchler  ist 
in  meinen  Augen  von  allen  Sundern  der  abscheulichste.  Und 
doch  ist  diese  Critick  noch  die  gelindeste  von  allen  !  Sie  wer- 
den <»s  selbst  sagen,  wenn  sie  erst  die  Briefe  sehen. 

Ist  es  nicht  ein  Jammer,  daß  man  so  vielen  fürtreHichen 
Köpfen,  den  Vorwurf  inachen  muß,  daß  ihr  Her/,  ein  verwerf- 
liches Ding  ist?  Wieland  scheint  es  recht  darauf  anzufangen,  daß 
wir  ihm  diesen  Vorwurf  machen  sollen,  er  wird  es  nicht  erleben. 

Ich  bin  bey  Anfertigung  des  Manuscripts  zur  vollstän- 
digen Ausgabe  meiner  Gedichte  ziemlich  fleißig  gewesen.  Die 
Kranckheit  hat  mir  Zeit  und  Muße  gegeben.    Sehen  sie  hier 


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367 


einen  Beweiß,  daß  ich  ihre  Critic  genutzet  habe!  In  dem  Ge- 
spräch mit  der  Taube  werden  sie  die  getadelten  Steilen  nicht 
wieder  finden.  Ich  habe  nun  diese  Lieder  nach  dem  Anakreon 
an  einen  geschickten  Mann  geschickt,  der  sie  in  Musick  setzen 
soll,  er  kan  aber  vor  Ostern  nicht  damit  fertig  werden.  Wie 
gern  gäb  ich  ihnen  sie  alle  noch  einmahl  zur  Beurtheilung, 
es  macht  nur  ihnen  und  mir  zu  viel  Arbeit !  Sie  haben  voll- 
kommen recht,  eine  wörtliche  Übersetzung  Anakreons  wäre 
nicht  unnütze,  den  Kennern  würde  sie  angenehmer  seyn ,  als 
diese  Nachahmung!  Vielleicht  begeistert  ihre  critische  Mei- 
nung, mich  noch  einmahl!  Einmahl  ist  es  geschehen,  gleich 
nahm  ich  meine  Versuche  zur  Hand ,  und  kam  mit  der  Aus- 
beßerung  bis  über  die  Helfte  der  Oden.  Herr  Leßing  will  den 
Anakreon  griechisch  herausgeben ,  werd  ich  mit  dieser  von 
Ihnen  mir  eingegebenen  Arbeit  fertig,  so  wird  er  sie  beydrucken 
laßen.  Kläglich  ist,  daß  ich  hier  keinen  kritischen  Freund 
mehr  habe;  Herr  KriegsRath  Beyer  (der  Verfaßer  der  ver- 
mischten Poesien  und  der  kleinen  Lieder)  geht  als  Geh.  Fi- 
nanzRath  nach  Berlin,  ein  seltener  Vorfall ,  daß  ein  witziger 
Kopf,  ein  junger  Mann,  der  vor  ein  Paar  Jahren ,  noch  ganz 
Anacreon  war,  und  alles  so  genante  Glück  verachtete,  es  in 
so  kurzer  Zeit  bis  zu  der  höchsten  Stufe  bringet,  auf  welche 
das  Glück  bey  uns  einen  Bürger  steigen  läßet  —  wiewohl  noch 
die  Frage  ist,  ob  er  zugleich  mit  der  höhern  Stufe  seine  äu- 
serlichen  Umstände  verbeßert.  Er  bekomt  1200  R*.  Gehalt 
und  hat  hier  eben  so  viel  und  wohl  mehr  gehabt,  zu  Berlin 
ist  izt  alles  um  die  Helfte  theurer  als  hier.  Ich  würde  durch 
seine  Versetzung  sehr  viel  verliehren,  wenn  ich  nicht  schon, 
durch  seine  hiesige  Beförderung  zum  KriegesRath,  welche  Be- 
dienung ihm  allzu  viel  Arbeit  gab ,  und  bald  darauf  durch 
seine  Verheyrathung  seinen  Umgang  fast  ganz  verlob ren  hätte. 

Mit  Verlust  des  Vergnügens,  das  mir  der  Umgang  mit 
den  Musen  verschaffet,  mag  ich  kein  größeres  Glück  erkaufen, 
sonst  hätt  ich  vor  einiger  Zeit  Gelegenheit  gehabt!  Man  bot 
mir  bey  einer  HandlungsGesellschaft  die  Director-Stelle  mit 
2000  R/.  Gehalt  an !  Ich  hatte  einen  Aufsatz  zu  Einrichtung 
dieser  Gesellschaft  gemacht,  und  dieser  hatte  den  vornehmsten 
Mitgliedern  der  Gesellschaft,  die  aus  dem  Churmärkischen  Adel 


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368 


bestand,  so  wohl  gefallen ,  daß  man  bey  der  Wahl  auf  mich 
verfiel.  Es  ist  mir  lieb,  daß  ich  sie  verbat,  denn  nun  hat  sich 
die  ganze  Gesellschaft  verschlagen.  Es  bleibt  unter  uns!  wie 
auch  dieses,  daß  man  noch  einen  Vorschlag  hat,  mich  nach 
Berlin  zu  ziehen !  Kleist  ist  tod,  Ramler  ist  nicht  mehr  mein 
Freund,  oder  vielmehr  ich  bin  sein  Freund  nicht  mehr,  Spal- 
ding  ist,  seit  dem  er  Probst  ist,  ganz  umgekehrt,  wiederge- 
bohren  wie  sie  wollen,  Sulzer  ist  ein  Misantrop,  nun  ist  das 
prachtige  Berlin  mir  nicht  mehr  wehrt  als  mein  altes  Halber- 
stadt. Wäre  ein  Uz  da,  wie  würd  ich  alles  so  geschwind  an- 
nehmen, was  mir  angebothen  würde. 

Nun  noch  ein  ernsthaftes  Wort  wegen  der  neuen  Ausgabe 
ihrer  Gedichte !  Sagen  sie  mir  in  Vertrauen  was  die  Dyckin 
ihnen  für  die  ungedruckten  geben  will?  Und  warum  sie  Breit- 
kopfen  auf  die  gedruckten  ein  Recht  zugestehen?  Zween  Ver- 
leger sind  freylich  nichts  nutze,  es  ist  uns  an  einer  vollstän- 
digen Ausgabe  unsers  deutschen  Horatz  gelegen!  Diese  Aus- 
gabe müßten  sie  einen  ihrer  Freunde  besorgen  laßen!  War 
ich  zu  Berlin,  tausend  Louisd'or  wenigstens  müst  ich  meinem 
Uz  zum  Honorario  verschaffen!  Laßen  sie  sich  nur  mit  der 
Dyckin  nicht  ein,  bis  sie  mir  die  obigen  Fragen  beantwortet 
haben.  Vielleicht  thu  ich  ihnen  viel  beßere  Vorschlage! 
Beßere  so  wohl  in  Absicht  auf  ihren  Vortheil,  als  auf  die 
Schönheit  der  Ausgabe ! 

Sie  correspondiren  mit  Herr  Nikolai!  Sagen  sie  ihm 
nichts  davon,  daß  ich  ihnen  Vorschläge  thun  will.  Er  ist 
ein  Buchhändler,  und  in  dieser  Eigenschaft  mag  ich  mit  ihm 
nichts  zu  thun  haben. 

Aber  ihre  ungedruckte  Gedichte,  bester  Freund!  soll  ich 
so  lange  warten,  bis  sie  gedruckt  sind  ?  soll  ich  darüber  hin- 
sterben ?  —  —  — 

124.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  4!ü'  May  1760 
Theurester  liebster  bester  Freund, 

Ich  wolte  ihnen  diese  Lieder  in  einem  schönen  Bande  zu- 
senden ;  die  Exemplare  sind  mir  aber  zu  spät  von  Leipzig  ge- 


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schickt,  nun  wolt  ich  nicht  gern  daß  sie  sie  von  einem  Buch- 
händler ehe  als  von  mir  erhielten,  darum  eile  ich  damit  und 
sende  sie  ihnen  ohnbekleidet !  Sagen  sie  mir  ihr  Urtheil  dar- 
über so  ausführlich,  daß  ich  bey  der  Ausgabe  meiner  Werck- 
chen  Vortheil  davon  haben  kan.  Denn  in  dieser  Absicht  hab 
ich  sie  vorher  noch  drucken  laßen. 

Was  sagen  sie  zu  den  Liedern  der  Deutschen?  Warum 
nicht  lauter  Originale,  wenn  sie  diesen  Titul  führen  solten? 
Sind  sie  mit  Ramlers  Correctur  zufrieden?  Er  ist  doch  wahr- 
haftig nichts  anders,  als  unser  Rector,  der  uns  die  Exercitia 
corrigiret ,  oder  er  dünckt  sich  es  zu  seyn.  Wie  ?  wenn  ein 
Ruinier  zu  Rom  mit  Catull  und  Horaz  so  umgegangen  wäre? 
Man  muß  die  Wahrheit  sagen,  einige  Lieder  insonderheit  von 
Herr  Weiß  sind  so  sehr  verschönert,  daß  man  es  ihm  Danck 
wißen  muß;  wenn  gleich  der  Autor  nicht  um  Rath  gefraget 
ist.  Leßings  Laokoon  wird  ihnen  viel  literarisches  Vergnügen 
machen.  —  —  — 

125.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Fretind, 

Ich  umarme  Sie  wegen  Ihrer  neüen  Lieder  !  Sie  sind  aller- 
liebst. Ich  schmeichle  Ihnen  nicht,  wenn  ich  sage,  daß  ich 
sie  für  eine  Ihrer  besten  Producte  halte.  Man  erkennt  überall 
den  Anakreon  und  meinen  Gleim.  Sie  sind  voll  Geist  und 
Leben.  Ihre  Taube  ist  ein  so  artiges  Thiergen,  daß  man  sieht, 
daß  sie  der  Venus  gehört  habe.  Sie  schmeichelt  mir  ein 
bisgen  zu  viel :  aber  ich  bin  ihr  doch  herzlich  gut.  Erwarten 
Sie  keine  Kritik.  Ich  habe  im  mehrmaligen  Lesen  noch  nichts 
anstößiges  gefunden.  Wenn  ich  sie  jemals  mit  kaltem  Blute 
lesen  kann,  so  wird  sich  zeigen,  ob  mir  etwas  aufstößt,  das 
Tadel  verdient.  Bringen  Sie  nur  die  vollständige  Ausgabe 
Ihrer  Gedichte  zu  Stande,  und  bekümmern  sich  nichts  um  die 
grämlichen  Kunstrichter,  die  so  lange  feilen,  bis  sie  alle  Schön- 
heiten wegfeilen.  Ausbesserung  ist  nöthig,  und  Sie  wissen, 
daß  ich  selbst  bessere,  und  Sie  auch  dazu  ermuntert  habe,  son- 
derlich wegen  der  scherzhaften  Lieder,  die  manchmal  zu  ge- 
dehnt  und  zu  schwatzhaft  sind.     Manchmal  werden  ganze 

ü  leim  -  Ux,  Hriefwechacl  24 


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370 


Lieder  wegbleiben  können,  die  zu  den  Zeiten,  da  diese  Dicht- 
art neü  war ,  gefielen ,  aber  itzt ,  da  man  bis  zum  Eckel  von 
Wein  und  Liebe  singen  hört,  unschmackhaft  sind.  Aber,  bey 
allem  dein,  ist  Ihr  Ruhm  so  festgegründet,  daß  er  wohl  dauern 
wird.  Erhalten  Sie  nur  die  Heiterkeit  Ihres  Gemütbs,  und 
laßen  Sie  sich  durch  das  üble  Verfahren  anderer  Letite  nicht 
niederschlagen.  Es  thut  freylich  wehe,  sich  von  einem  Freünde 
mißhandeln  zu  sehen.  Ein  Fretind  ist  berechtigt  und  schuldig, 
seinem  Freünde  die  Wahrheit  nicht  zu  verhehlen,  aber  er  muß 
sie  nicht  auf  eine  beleidigende  Art  sagen.  Bitterer  Scherz  ver- 
wundet bis  in  die  Seele,  wenn  er  von  einem  Freünde  kommt. 

Ich  arbeite  jetzt  an  der  neüen  Ausgabe  meiner  Gedichte. 
Sie  wißen,  daß  Weitbrecht  zuerst  die  lyrischen  Gedichte  ge- 
druckt hat.  Er  hat  mir  niemals  einen  Heller  dafür  bezahlt. 
Nach  seinem  Tode  hat  Breitkopf  sich  der  noch  vorhandenen 
Exemplare  und  des  Privilegii  angemaßt,  weil  ihm  Weitbrecht 
schuldig  gewesen.  Das  ist  alles  Recht,  welches  er  hat.  Dycke 
hat  meine  Kunst  gedruckt.  Als  nach  seinem  Tode  seine 
Wittwe  eine  neüe  Auflage  machen  wollte ,  so  wünschte  ich, 
daß  lieber  eine  vollständige  Ausgabe  meiner  Gedichte  ge- 
macht würde.  Sie  hat  aber  Breitkopfen  nicht  dazu  bewegen 
können,  daß  er  sein  Privilegium  abgetreten  hätte.  Hingegen 
hat  sie  ein  Privilegium  über  meine  sämtliche  Schriften  er- 
halten. Sie  sehen,  daß  ich  nicht  wohl  von  ihr  kommen  kann, 
ohnerachtet  sie  mir  nicht  einen  Heller  dafür  angebotten,  und 
vielleicht  auch  nicht  geben  wird.  Auch  vom  Druck  verspreche 
ich  mir  weder  Richtigkeit  (die  ich  über  alles  schätze)  noch 
Schönheit.  

Die  Lieder  für  die  Deütschen  sind  noch  nicht  zu  uns  ge- 
kommen. Aber  ich  bilde  mir  schon  ein,  was  für  gewaltsame 
Veränderungen  vorgegangen  seyn  mögen  ,  die  den  Verfaßem 
selten  angenehm  seyn  werden.  Ein  seltsamer  Charackter,  immer 
anderer  Leüte  Arbeiten  corrigiren  zu  wollen !  —  —  — 

A.fnspach]  den  3.  Jul.  1766. 

HE.  Leßings  Laokoon  ist  ein  vortreffliches  Werk.  Der  Him- 
mel gebe,  daß  er  ihn  nicht,  wie  andere  Sachen,  unvollendet  laße ! 
Nicolai  hat  mir  schon  in  2.  Jahren  nicht  geschrieben.1) 

1)  „Den  2fc  Jul.  1767  habe  an  HE.  Uz  geschrieben,  flberaand 


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371 


126.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  27^  Jul.  1767 

—  —  —  Meine  gesunden  Freunde  starben  dahin,  und 
ich ,  der  ich  nun  schon  im  dritten  Jahre  mich  noch  immer 
mit  Kranckheit  schleppe,  ich  muß  leben.  Abt  und  Meinhart 
welch  ein  Verlust  für  die  deutschen  Musen  !  Manche  vergnügte 
Stunden  erschuf  ich  mir  in  meinem  Garten  in  der  stillsten 
Einsamkeit,  und  dann,  mein  liebster  Uz,  dann  beßerte  ich  an 
meinen  jugendlichen  Gedichten  ,  oder  sang  neue  jugendliche 
Lieder.  Ivan  man  im  Alter  was  beßers  thun,  als  in  seine  Ju- 
gend sich  zurück  setzen  ?  Sehen  Sie  hier  Proben  davon !  Viel- 
leicht sind  sie  mit  den  Verbeßerungen  des  blöden  Schäfers 
nicht  ganz  unzufrieden.  Ich  hätte  nie  wieder  an  ihn  gedacht; 
aber  die  Fürstin  von  Bärenburg  findet  an  deutschen  Schau- 
spielen Geschmack,  und  führet  sie  selbst  mit  auf,  Sie  ist  sonst 
eine  liebenswürdige  Fürstin ,  und  sie  hat  eine  Hoffdame ,  die 
es  verdient,  daß  man  ihr  was  deutsches  zu  lesen  giebt,  dieses 
alles  verführte  mich,  ihn  noch  einmahl  hervorzusuchen.  In 
voriger  Woche  ist  er  zu  Ballenstedt,  3  Meilen  von  hier,  der 
itzigen  Residentz  des  Fürsten,  bey  dem  ich  mich  zum  öftern 
bisher  einige  Tage  aufgehalten  habe ,  von  den  Herren  und 
Damen  des  Hofes  aufgeführt;  man  sagt  mit  großem  Beyfall. 
Gegenwärtig  gewesen  bin  ich  nicht,  ich  wurde  dazu  eingeladen, 
weil  aber  der  Printz  Heinrich,  Bruder  des  Königs  in  unserer 
Nachbarschaft,  zu  Langenstein,  eine  Meile  von  hier,  sich  auf- 
hielt und  ich  demselben  aufwarten  muste,  so  war  es  nicht 
möglich,  mir  dis  Vergnügen  zu  machen  —  Wie  aber  gefallen 

meinem  Uz  die  Liederchen?  in  vorigem  Jahr  wagte 

ich  es,  und  that  eine  Reise  nach  Dresden,  zu  dem  Herrn  von 
Hagedorn,  dem  Verfaßer  der  Betrachtungen  über  die  Mahle- 
rey,  ein  gantz  fürtreflicher  Mann,  der  an  Geist,  Kenntniß  aller 
schönen  Künste,  und  an  Güte  des  Herzens  seines  gleichen  nicht 
hat,  es  müste  denn  mein  Uz  seyn.  — 

Die  neue  Ausgabe  ihrer  Gedichte  ist  noch  nicht  er- 

die  Gesnerache  Auagabe  vom  blöden  Schäfer  und  die  neuen  Lieder.« 
Von  Gleima  band  nuf  der  letzten  aeite. 

24* 


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schienen.  Woran  liegt  es?  Konten  sie  sich  nicht  von  heyden 
Buchhändlern,  die  sich  deshalb  zancken,  loß machen?  Sie  sind 
meines  Erachtens  keinem  verpflichtet.  Itzt  wäre  die  fürtref- 
lichste  Gelegenheit,  so  wohl  für  die  Schönheit  des  Drucks,  als 
fUr  ihr  Intereße  zu  sorgen.  Herr  Bachmann  zu  Magdeburg, 
ein  Freuud  von  mir,  hat,  nebst  einigen  andern  Intereßenten, 
angefangen  ,  einen  Plan  auszuführen ,  den  ich  schon  längst 
machte,  die  schönen  Wißenschaften  in  Aufnahme  zu  bringen, 
und  berühmte  Verdienstvolle  Verfaßers  von  dem  Buchhändler- 
Joche  zu  befreyen ;  da  hätte  ich  Gelegenheit  (es  bleibt  aber 
unter  uns)  ihnen  zu  verschaffen  2  Louisd'or  für  den  Bogen ; 
oder  wenn  sie  das  lieber  wolten,  den  halben  Vortheil  der  gan- 
zen Ausgabe,  ehrlich  und  redlich  berechnet.  Ist  es  noch  res 
integra,  so  sagen  Sie  mir  bald  ihre  Meinung.  

Unter  dem  Nahmen  einer  Typographischen  Gesellschaft 
wird  dieser  Plan  ausgeführet.  Vor  etlichen  Jahren,  wäre  die 
Ausführung  viel  leichter  gewesen.  Viele,  die  Antheil  daran 
nehmen  sollten,  fehlen  izt,  entweder  weil  sie  todt  sind,  oder 
die  Umstände  sich  geändert  haben.  HE.  Meil  ist  der  Kupfer- 
stecher der  Typographischen  Gesellschaft.  Die  ersten  von  ihr 
verlegten  Wercke,  wurden  übereilet. 

Wie  gefallen  Ihnen  die  Fragmente  zu  den  Li tteratur Briefen  ? 
sind  sie  nicht  fürtreflich,  das  allzu  große  Lob  ihres  Gleims 
ausgenommen!  Und  dann  haben  sie  nun  die  Lieder  der  Deut- 
schen gewiß  gesehen.  Wie  sind  sie  mit  den  eigenmächtigen 
Änderungen  zufrieden? 

127.  Uz  an  Gleim.') 

Allerliebster  Freünd, 

Ihr  Brief  vom  27*111  Jul.  ist  [mirj  ein  unvermuthetes  Vergnügen 
gewesen.  In  so  langer  Zeit  habe  ich  nichts  von  meinem  Gleim 
gesehen !  nichts  von  seinen  reitzenden  Liedern  !  Freylich  habe 
ich  sie  in  dem  Meßverzeichniße  gefunden.  Aber  die  Buch- 
händler, wenigstens  in  unsern  Gegenden,  laßen  es  wohl  bleiben, 
die  von  der  typographischen  Gesellschaft  verlegten  Schriften 

1)  Von  Gleims  hand:  .empfangen  und  beantwortet  den  29«^  Sept. 
1767- 


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373 


zu  verkaufen.  Hätten  Sie  mir  dieselben  nicht  selbst  geschickt, 
so  hätte  ich  sie  noch  nicht.  Sie  sind,  wie  alle  Ihre  Lieder, 
Werke  der  Grazien.  Der  Fragmentenschreiber  hat  nicht  ein 
Wort  zuviel  zu  Ihrem  Ruhm  gesagt.  Wie  freüe  ich  mich  auf 
die  neüe  vollständige  Ausgabe  Ihrer  Werke !  Schicken  Sie  sie 
mir  ja  gleich!  Denn  die  Buchhändler  möchten  mir  wieder  einen 
Streich  spielen.  Vielleicht  erscheinen  zu  gleicher  Zeit  auch 
meine  Gedichte.  Zweifeln  Sie  nicht,  daß  es  mir  Oberaus  an- 
genehm seyn  würde ,  wenn  ich  einerley  Verleger  mit  Ihnen 
haben  könnte.  Die  Dyckin  hat  mir  nicht  einen  Kretitzer  ver- 
sprochen, und  ich  bin  so  sehr  gewohnt,  mit  meinen  Kleinig- 
keiten nichts  zu  gewinnen,  daß  es  mir  gar  nicht  eingefallen 
ist,  Bedingungen  vorzuschreiben.  Ich  fürchte  überdieß,  der 
Druck  werde  weder  zierlich,  noch  correckt  ausfallen.  Aber 
ich  bin  schon  einmal  gebunden,  und  kann  mit  Ehren  nicht 
zurück  gehen. 

Der  Plan  der  typographischen  Gesellschaft  ist  sehr  schön, 
und  die  Autoren  sollten  mit  gesamter  Macht  an  deßen  Aus- 
führung arbeiten,  damit  sie  endlich  einmal  das  Joch  ihrer  ty- 
rannischen Herren  abschütteln  könnten.  Aber  ich  besorge,  wie 
Sie,  daß  zu  lange  damit  gewartet  worden.  Die  meisten  Schrift- 
steller in  Deütschland  haben  schon  ihre  Verleger,  von  denen 
sie  nicht  allemal  loskommen  können.  Die  Buchhändler  wer- 
den der  Gesellschaft  so  viele  Steine  in  den  Weg  werfen,  daß 
es  ihr  schwer  seyn  wird,  sich  zu  erhalten.  Wenigstens  wer- 
den sie  den  Verkauf  auf  alle  Weise  erschweren ,  wie  es  sich 
schon  in  dieser  Meße  gezeigt  hat.  Doch  vielleicht  linden  die  In- 
tereßenten  Mittel,  alle  diese  Schwürigkeiten  zu  überwinden,  die 
sie  voraus  sehen  müßen. 

Ihr  blöder  Schäfer  ist  durch  Ihre  Verbeßerungen  ein  ganz 
ander  Ding  geworden!  Er  verdient  den  größten  Beyfall,  und 
ich  freüe  mich,  daß  er  ihn  an  einem  erleüchteten  Hofe  ge- 
funden, der  auch  an  deütschen  Sachen  Geschmack  findet.  Es 
ist  noch  keine  Hofnung,  daß  er  viele  Höfe  zu  Nachfolgern 
haben  werde. 

0  wie  erschreckten  Sie  mich  durch  den  kleinen  Wink  von 
Meinhards  Tode !  Ich  traute  meinen  Augen  nicht.  Ich  glaubte, 
Sie  irrten  sich,  bis  die  Bibliothek  die  schreckliche  Nachricht 


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bekräftigte.  Ein  wahrer,  ein  großer  Verlust  für  Deutschland ! 
Also  sollen  wir  nie  einen  deutschen  Homer  bekommen!  Die 
reitzenden  Versuohe  über  die  Italienische  Dichtkunst  sind  auch 
unvollendet !  Sollte  nicht  HE.  Jacobi  in  Halle  der  Mann  seyn, 
der  diese  Schrift  fortsetzen  könnte  ?  Seine  Übersetzung  der  spa- 
nischen Romanzen  macht  mir  eine  gute  Idee  von  ihm,  und 
mich  dünkt,  gehört  zu  haben,  daß  er  auch  im  Italienischen 
stark  seyn  soll,  wie  im  Spanischen.  Sie  sind  ein  Freünd  des 
HE.  Klotz ,  und  können  leicht  erfahren ,  ob  ich  mich  be- 
trüge.   

Anspach  den  19.  Sept.  1767. 

Was  macht  Ihre  FreÜndin,  die  Frau  Karschin  ?  Hat  sie 
sich  durch  die  unerbittliche  Kritik  abschrecken  laßen,  daß  sie 
nicht  mehr  singt?  Oder  gehört  sie  unter  die  Nachtigallen, 
die  nicht  singen,  wenu  sie  zu  gut  gefüttert  werden?  Warum 
haben  Sie  mir  Ihre  in  Musik  gesetzten  Sachen  nicht  mitge- 
schickt? Sie  sind  weder  hier,  noch  in  Nürnberg  zu  haben! 
Noch  einmal  leben  Sie  wohl. 

128.  Gleim  an  Uz, 

Halberstadt  den  291^  Sept.  1767. 

 Sie  sind  mein  erster  Freund,  mein  treuester 

und  beständigster!  Das  sagt  ich  meinem  jüngern  Freunde 
Jacobi!  Von  diesem  mit  Ihnen  zu  sprechen,  erlauben  Sie  mir 
gern,  denn,  ich  sehe  t  sie  wißen  es  noch  nicht ,  daß  er  mein 
Freund  ist,  und  noch  mehr,  daß  er  es  verdient  auch  der  Ihrige 
zu  seyn.  Wie  könt  ich  ihn  meinen  andern  Uz  nennen,  wenn 
er  nicht  große  Verdienste  hätte  ?  und  so  nennt  ich  ihn  in  den 
acht  glücklichen  Tagen  die  er  hier  in  Halberstadt  in  diesem 
Monath  bey  mir  zubrachte!  Schon  vorm  Jahre  lernt  ich  in 
Lauchstedt  ihn  kennen.  Dieses  Jahr  wieder  war  ich  inLauch- 
stedt  drey  Wochen  ,  mich  des  Bades  zu  bedienen.  Mehr  die 
Freundschaft  als  das  Waßer  machte  mich  gesund.  Meyer, 
Klotz,  Clodius1),  Jacobi,  besuchten  mich  daselbst  einer  nach 

1)  Am  rande:  „  Diesen  kennen  sie  doch  ohne  Zweifel  aus  seinen 
Versuchen,  er  schrieb  sie,  ehe  ich  ihn  kante,  ein  9ehr  munterer  und 
guter  Mann,  ein  beOerer  Kunstrichter,  als  Dichter!" 


>s 


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den  andern,  Klotz  und  Jacobi  sah  ein  jeder  viermahl  mich  in 
dem  Bade,  und  sie  versicherten  mich,  sie  hätten  die  Venus 
nicht  lieber  darinnen  gesehen.  Wie  glücklich  macht  mich  die 
Freundschaft!  Sie  nahm  mir  drey  Freunde,  viere  nahm  sie 
mir,  Abten,  Meinhardten,  Giesecken,  und  den  ich  noch  immer 
mit  blutendem  Herzen  nenne,  meinen  Kleist.  Einen  Jacobi  gab 
sie  mir  für  diesen  Verlust!  Einen  zärtlicheren  kernte  sie  nicht 
geben!  Sie  solten  ihn  kennen,  liebster  Uz,  sie  gäben  mir  recht. 
Sie  gab  mir  noch  einen,  er  ist  ganz  Empfindung,  und  ganz 
Freund  der  Musen.  Schulze  heißt  er,  und  ist,  solten  sie  es 
wohl  glauben?  und  ist  erster  Burgemeister  in  einer  Magde- 
burgischen Land-Stadt  —  Aber  er  hat  eine  liebe  Frau,  und,  ich 
habe  es  aus  der  Erfahrung ,  Hymen  verträgt  sich  mit  der 
Freundschaft  nicht.  Zwar  will  er  mit  seinem  Exempel  diese 
Erfahrung  wiederlegen!  Wir  wollen  sehen!  Jacobi  hingegen 
giebt  sein  Herz  der  Freundschaft  und  den  Musen  ganz  —  Die 
Musen  gaben  ihm  noch  keinen  Freund  nach  seinen  Wünschen 
—  Izt,  sagt1  er,  hätt  er  ihn  empfangen  völlig  nach  seinen 
Wünschen  —  Sein  Herz  ist  ein  liebenswürdiges  kleines  Ding ! 
Seine  Talente  des  Geistes  sind  fürtreflich ;  franzosisch,  spanisch, 
italiänisch  versteht  er  vollkommen  !  er  könte  uns  unsern  Mein- 
hart, den  Versucher,  ersetzen  —  erst  aber  soll  er  unser  Cha- 
pelle,  unser  Greßet  seyn!  oder  welches  gleich  viel  ist,  unser 
zweyter  Utz,  in  seinen  Gedichten  und  Briefen.  Das  zu  werden, 
dazu  hab  ich  ihn  ermuntert,  sein  Genie  schien  mir  dahin  zu 
neigen.  Sehen  sie  hier  ein  Pröbchen,  seiner  Art  zu  dichten. 
Einander  mahl  geb  ich  ihnen  mehr  von  ihm  zu  lesen ! 

Er  und  Klotz  sind  Verehrer  der  utzischen  Muse.  Näch- 
stens werden  sie  Beweise  davon  lesen.  Klotz  arbeitet  an  einer 
Schrift  über  die  Kunstwercke  der  Griechen  und  Römer.  Darin 
werden  sie  sie  lesen.  Auch  Riedeln  den  Verfaß  er  der  Theorie  p 
hab  ich  kennen  gelernt.  Er  scheint  auch  zu  uns  zu  gehören, 
doch  kenn  ich  ihn  noch  nicht  genug;  ich  hab  ihn  ermuntert, 
Meinhards  Leben  zu  schreiben.  — 

Sie  haben  recht ,  mein  lieber  Freund !  Die  gnädigen 
Herren  Buchhändler  sind  wieder  die  Typographische  Gesellschaft 
in  Harnisch  gebracht;  sie  werden  aber  den  Bloßen  schlagen, 
wenn  nur  die  eine  SchwÜrigkeit  gehoben  wird,  einen  tüchtigen 


Factor  zu  finden ;  deun ,  unter  uns  gesagt ,  der ,  von  Herrn 
Bachmann  erwählete,  ist  ein  —  und  nun  hat  es  Mühe,  sich 
von  ihm  loßzu  machen.  Auf  künftiger  Meße,  erscheinet  sie  mit 
keinen  neuen  Sachen,  mit  desto  mehren  auf  den  nächstktinf- 
tigen ! 

Vielleicht  ist  Ihnen  eiu  ganz  neu  heraus  gekommenes  Re-  . 
cueil  de  Romances  p  bekant.  Nach  diesem  Muster  will  die 
Gesellschaft :  Romanzen  der  Deutschen  heraus  geben.  Es  bleibt 
unter  ihren  Freunden ;  ich  bin  um  Beyträge  gebeten ,  zwölf 
Stück  ohngefehr  werd  ich  selbst  dazu  liefern.  Hatten  Sie, 
mein  lieber  Freund,  vielleicht  etwas  vorräthig  von  dieser  Dicht- 
art, so  seyn  sie  doch  so  gütig,  und  theilen  mir  es  mit.  Oder 
wollten  Sie  die  Mühe  der  Erfindung  sich  ersparen,  und  be- 
kämen sie  Lust,  ein  paar  Stücke  des  Recueils  nachzuahmen, 
oder  auf  ihre  Weise  einzukleiden,  auf  diesen,  und  auf  den  Fall, 
daß  sie  das  Recueil  nicht  hätten,  finden  sie  hier  ein  paar  der 
besten  Stücken  abgeschrieben  beygelegt. 

Die  Frau  Karschin  befindet  sich  zu  Berlin  noch  immer 
recht  wohl ;  singt  aber  seltener  gute  Sachen,  wie  sonst.  Denn 
von  den  Berlinischen  Kennern  wird  sie  nicht  sonderlich  er- 
muntert, und  singt  sie  keinem  Kenner,  so  singt  sie  schlecht, 
und  wär  es  den  Prinzen  und  Prinzeßinnen.  Diesen  nur  allein 
sang  sie  bey  Gelegenheit  des  Absterbens  unsers  nie  genug  bedau- 
reten  Prinzen  Heinrichs,  der  in  Wahrheit  ein  fürtreflicher  Herr 
war,  und  der  einzige,  auf  welchen  die  deutschen  Musen  einige 
Hoffnung  setzen  konten  !  Einen  langen  Brief,  angefüllet  mit 
dahin  gehörigen  Nachrichten  schrieb  sie  mir  jüngst.  Die  junge 
Fürstin  von  Deßau  ,  eine  Grazie,  neben  welcher  zu  sitzen,  au 
der  Tafel  Ihres  Herrn  Vaters  ich  oft  die  Gnade  hatte,  gab 
ihr  für  ein  Liedchen  zwanzig  Pistoletten ;  die  schone  Prinzeßin 
Wilhelmine  die  uns  der  Holländische  Statthalter  bald  ent- 
führen wird ,  gab  ihr  für  einige  Zeilen  ,  die  sie  ihr  in  einen 
Brief  dictirete,  zwölf  Dukaten ;  von  solchen  Allmosen  lebt  die 
arme  Muse.  Doch  hat  sie  von  der  Ausgabe  ihrer  Gedichte 
auch  jährlich  hundert  IV.  und  noch  einige  kleine  jährliche  Bey- 
träge von  ihren  Musenfreunden.  Von  ihren  Liedern  sind  ,  so 
viel  ich  weiß  ,  keine  mit  Musick  versehen,  als  das,  so  in  den 
Liedern  der  Deutschen  sich  befindet.    Meinen  Sie  aber  meine 


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Lieder  nach  dem  Anakreon,  welche  sämtlich  in  Music  gesetzt 
erschienen  sind,  gut,  so  will  ich  gleich  damit  bey  Ihnen  er- 
scheinen; ich  dachte,  sie  wären  meiner  letzten  Remise  bey  geleget. 

Eine  Samlung  von  den  besten  Briefen  der  Frau  Karscbin 
möchte  bald  zum  Vorschein  kommen.    Alles  bleibt  bey  uns! 

HE.  Klotz  ist  mit  den  Ramlerischen  Verbeßerungen  in 
den  Liedern  der  Deutschen  so  sehr  unzufrieden,  daß  er  nicht 
abzuhalten  ist,  recht  nachdrücklich,  wie  er  sagt,  dawieder  sich 
aufzulehnen.  Wie  sind  sie  mit  dem  zufrieden ,  was  sie  be- 
troffen hat.  — 

Von  Lauchstedt  reist  ich  auf  einen  Tag  nach  Leipzig,  und 
sähe  unsres  Weißen  Romeo !  und  Julie,  keine  Thränen,  sondern 
Erschütterungen  des  Schreckens  erregte  Julie,  welche  die  für- 
trefliche  Schauspielerin  Schulzin  vorstellte. 

Lesen  sie  doch  ja  Leßings  Dramaturgie!  Sie  macht  dem 
Verfaßer  sehr  viel  Ehre;  über  die  Urtheile  über  unsre  deut- 
schen Originale  sind  dreist,  mich  dünckt  nicht  ungegründet; 
unser  Cronegck  wird  nicht  geschont. 

Die  Vestalin.  [Von  J.  G.  Jacobi.J 
Da,  wo  bey  stiller  Mitternacht,  -  -  - 

Das  Gewitter.    (Von  J.  G.  Jacobi.] 
Chloe  und  Dämon. 
Chloe.   SiehBt  du  die  schnellen  Wolcken  aiehn?  •  -  - 

129.  Uz  au  Gleim. 

—  —  —  Aber  wo  haben  Sie  hin  gedacht,  Romanzen  von 
mir  zu  fordern  ?  Wenn  ich  auch  der  Poesie  nicht  entsagt 
hätte,  wie  doch  geschehen,  so  ist  dieses  doch  keine  Dichtungs- 
art, die  sich  für  mich  schickt.  Der  scherzhafte  naife  Ton,  den 
die  Romanze  verlangt ,  ist  meine  Sache  nicht.  Sie,  und  Sie 
allein  ,  sind  hierinn  ein  Meister.  Aber  ein  ganzes  Buch  von 
Romanzen !  Es  ist  fast  nicht  zu  hoffen,  daß  sie  alle  gut  seyn 
sollten.  Wenigstens  scheinen  mir  die  französischen  Dingergem 
die  Sie  mir  geschickt  haben,  nicht  sehr  beträchtlich  zu  seyn. 
Herr  Jacobi  scheint  eine  gute  Anlage  zu  dieser  Schreibart  zu 
haben.  Überhaupt  wünsche  ich  Ihnen  Glück  zu  der  Freünd- 
schaft  eines  so  würdigen  Mannes.   Da  er  Ihre  Aufmunterungen 


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hat,  verspreche  ich  mir  ungemein  viel  Gutes  von  seinen  Ta- 
lenten. 

Sobald  meine  Gedichte  gedruckt  sind,  sollen  Sie  sie  haben. 
Die  Dykin  soll  sie  Ihnen  gleich  schicken.  Von  HE.  Rammlers 
Verbesserungen  kann  ich  nichts  brauchen,  Sie  wissen  es  schon 
von  alten  Zeiten  her.  Seine  Lieder  der  DeOtschen  sind  in  den 
Briefen  über  Merkwürdigkeiten  der  Litteratur  auf  eine  drolligte 
Art  beurtheilet;  und  das  Urtheil  hat  meinen  Beyfall.  Er  hat 
einiges  verbessert,  aber  gewiß  mehr  verschlimmert. 

Ich  habe  die  Dramaturgie  gelesen,  aber  mit  Verdruß.  Ich 
verehre  Herrn  Leßing  so  sehr,  als  jemand.  Aber  die  Art,  wie 
er  unsern  Cronegk  mishandelt,  ist  unausstehlich,  und  es  er- 
freut mich,  daß  man  auch  in  Hamburg  darüber  unwillig  ge- 
worden. Er  legt  ihm  offenbare  Kleinigkeiten  zur  Last,  und 
bedenkt  nicht,  daß  der  Dichter  nicht  die  letzte  Hand  an  sein 
Werk  gelegt.  Hingegen,  was  daran  gefallen,  wird  den  Schau- 
spielern als  ein  Verdienst  angerechnet.  Man  wird  noch  un- 
williger, wenn  man  sieht,  wie  saüberlich  er  mit  andern  Leü- 
ten,  mit  einem  Hippel  z.  E.  umgeht.  Aber  die  Eröfnung  eines 
neüen  Theaters  hat  vermuthlich  ein  Opfer  haben  müßen,  und 
der  Gott,  der  es  gefordert,  mag  ein  Gott  seyn,  der  keine  an- 
dern Götter  neben  sich  leiden  kann.  Bey  der  heütigen  Art 
zu  kritisiren,  ist  es  eine  schlechte  Fretide,  etwas  drucken  zu 
laßen.  Man  darf  sich  nur  die  Rechnung  machen,  einem  großen 
Mann  in  die  Hände  zu  fallen,  der  sich  und  seine  Leser  auf 
Kosten  des  Autors  lustig  machen  wird.  Ich  glaube  nicht, 
daß  wir  schon  so  viele  gute  Schriftsteller  haben,  daß  wir  junge 
Genies  mehr  abschrecken,  als  ermuntern. 

Wenn  sie  ein  übriges  Exemplar  von  Ihren  in  Musik  ge- 
setzten Liedern  haben,  so  erfreüen  Sie  mich  damit.  Sie  sind 
in  hiesigen  Gegenden  nicht  zu  haben,  wie  alles,  was  die  typo- 
graphische Gesellschaft  drucken  laßen.  HE.  Weiße  schreibt 
mir,  daß  er  Ihre  neüen  Lieder  dato  noch  nicht  zu  Gesichte 
bekommen  können.  Das  sind  Griffe  der  Buchhändler!  Ich 
wünsche,  daß,  dieser  Hindernisse  ohnerachtet,  die  Gesellschaft 
ihren  Fortgang  haben  möge,  damit  die  vollständige  Aus- 
gabe Ihrer  Gedichte  nicht  gehindert  werde.  

Anspach  den  2.  Nov.  1767. 


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130.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  19l™  Dec.  1767 

Sehen  Sie  hier,  mein  liebster  bester  Freund,  ein  Briefchen 
von  unserm  jungen  deutschen  Greßet,  an  Unsern  Horaz  Uz; 
ich  hab  ihn  dazu  ermuntert,  und  ich  hoffe,  sie  werden  seine 
ersten  Versuche,  mit  ihrem  Beyfalle  beehren ;  stolz  darauf  wird 
er  dann  immer  höher  zu  seinem  Lehrer  hinansteigen,  und  sie 
werden  mit  Schuld  daran  seyn,  oder  vielmehr  sie  werden  das 
Verdienst  uns  einen  Qreßet  gegeben  zu  haben,  sich  damit  er- 
werben. Es  fehlt  mir  heute  an  Zeit,  sonst  gäb  ich  ihnen  noch 
ein  paar  seiner  Versuche  zu  lesen;  und  warten  möcht  ich 
nicht  länger.  Denn  ich  hoffe  diese  Weynachten  den  kleinen 
lieben  Greßet  bey  mir  zu  sehen,  und  da  möcht  ich  ihm  gern 
zu  lesen  geben,  mit  welchem  Beyfall  mein  Uz  sein  Briefchen 
aufgenommen  hat.  Er  bleibt  bis  3  Wochen  bey  mir,  also  hat 
mein  Uz  Zeit,  seinem  Gleim  so  zu  antworten,  daß  die  Ant- 
wort noch  bey  seinem  Hierseyn  ankommen  möge!  

131.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freund, 

Ich  danke  Ihnen  vom  ganzen  Herzen  für  den  reitzenden 
Brief  des  Herrn  Jacobi.  Er  ist  ganz  schön,  und  Greßets  wür- 
dig. Mit  unendlichem  Vergnügen  habe  ich  ihn  mehr,  als 
einmal  gelesen,  und  die  Lobsprtiche  ausgenommen,  die  er  an 
mir  verschwendet,  weis  ich  nichts  auszusetzen.  Es  ist  eine 
wahre  Freude  für  mich ,  solche  aufblühende  Genies  zu  ent- 
decken, die  Deutschland  Ehre  machen  werden.  Herr  Jacobi 
kann  unser  Greßet  und,  welches  bey  mir  noch  mehr  ist,  unser 
Chaulieu  werden.  Er  zeigt  die  lebhafte  Imagination  des  letz- 
tern ,  und  wenn  er  noch ,  wie  dieser ,  seine  Briefe  mit  der 
sanften  und  liebenswürdigen  Moral  würzet,  die  der  Franzos 
in  seinen  ausgearbeiteten  Epitres  ausstreuet,  so  wird  er,  nebst 
der  Einbildungskraft,  auch  das  Herz  rühren  und  einen  dauer- 
haftem Eindruck  machen.  Ich  sollte  ihm  selbst  meinen  Dank 
überschreiben.    Aber  Verse  mache  ich  nicht  mehr,  und  meine 


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Prose  würde  ein  schlechtes  Gegengeschenk  für  seine  reitzende 
Poesie  seyn.  Danken  Sie  ihm  also  in  meinem  Nahmen,  wenn 
er  itzo  das  beneidenswürdige  Vergnügen  Ihrer  Gesellschaft 
genießt.  Aber  sagen  Sie  ihm  zugleich,  daß  ich  ihn,  seiner 
schönen  Verse  wegen,  der  Pflicht,  unser  Meinhard  zu  werden, 
nicht  entlaße. 

Das  Leben  Meinhards  hat  mich  ergetzt  und  betrübt.  Der 
vortreffliche  Mann!  Herr  Riedel  hat  es  mir  selbst  geschickt. 
Auch  er  ist  ein  würdiger  Mann,  von  dem  sich  Deutschland 
noch  viel  versprechen  kann.  HE.  Geh.  Rath  Klotz  macht 
sich  ein  wahres  Verdienst  um  unser  Vaterland  durch  seiue 
Schüler.  Seine  Bibliothek  ist  ein  vortreffliches  Buch :  aber 
ihre  Freyniüthigkeit  wird  ihr  viele  Feinde  machen.  Ich  schreibe 
dießmal  weiter  nichts ,  damit  mein  Brief  Herrn  Jacobi  noch 
bey  Ihnen  antreffe.  

Anspach  den  4.  Jan.  1768. 

132.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Fretind, 

Endlich ,  mit  dem  seeligen  Gottsched  zu  reden ,  endlich 
ist  mein  Porträt  fertig.  Tantae  niolis  erat  p.  Eis  ist  freylich 
uur  Anspacher  Manufactur,  und  nicht  von  Öesern.  Doch  soll 
es  Aehnlichkeit  haben ,  obgleich  manches  auszusetzen  seyn 
mochte.  Sie  werden  mich  vermuthlich  nicht  erkennen.  Sie 
müssen  aber  nur  denken,  daß  natürlicher  Weise  zwischen  dem 
zwanzigjährigen  Jüngling  und  dem  mehr  als  vierzigjährigen 
Manne,  in  ansehung  des  Gesichts,  eben  der  Unterschied  ist, 
als  zwischen  den  Gedichten  des  Jünglings  und  des  Mannes,  in 
ansehung  der  Lebhaftigkeit  und  des  Feüers. 

Aber  wo  ist  denn  dieses  längst  versprochene  Porträt?  — 
In  Leipzig.  Herr  Weise  liegt  mir  schon  lange  um  mein  Por- 
trät an,  das  er  vor  die  Bibliothek  setzen  will.  Er  hat  mich 
gebeten,  daß  ich  dasjenige,  welches  ich  an  Sie  schicken  würde, 
nach  Leipzig  an  ihn  addressiren  möchte,  damit  er  eine  Zeich- 
nung davon  nehmen  laßen  könne.  —  —  — 

Vielleicht  erhalten  Sie ,  nebst  meinem  Porträt ,  auch  die 
netie  Auflage  meiner  Gedichte.    Ich  habe  der  Frau  Dyckin 


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aufgegeben,  Ihnen  förderlichst  ein  Exemplar  zuzuschicken.  Ich 
wünsche,  daß  Sie  mit  den  Gedichten  so  wohl  zufrieden  seyn 
mögen,  als  ich  mit  den  Vignetten.  Herr  Oeser  hat  in  der 
That  viel  Geschmack  dabey  gezeiget,  und  Geyßers  Grabstichel 
ist  fein  und  lieblich. 

Ich  hatte  gehofft,  daß  auch  Ihre  Gedichte  diese  Meße, 
mit  allen  typographischen  Schönheiten  geziert,  herauskommen 
würden :  warum  ist  es  nicht  geschehen  ?  Haben  sich  vielleicht 
solche  Umstände  in  ansehung  der  typographischen  Gesellschaft 
geäußert,  als  ich  gleich  anfänglich  befürchtet  habe?  Es  sollte 
mir  leid  seyn ,  wenn  die  reizende  Muse  meines  Gleims  hier- 
unter leiden  sollte,  wie  ich  doch  nicht  hoffen  will. 

Mit  großem  Vergnügen  habe  ich  hingegen  Briefe  von 
Ihnen  und  Unserm  Jacobi  angekündiget  gefunden.  Ich  ver- 
spreche mir,  nach  dem,  was  ich  von  ihm  gesehen,  zu  nrtheilen, 
etwas  ausnehmendes,  und  freüe  mich  darauf.  Wenn  nur  nicht 
ein  solcher  Vertag  gewählet  worden,  mit  welchem  die  andern 
Buchhändler  nicht  correspondiren,  und  die  Gedichte  selbst  aus 
dieser  Ursache  in  wenige  Buchläden  kommen,  wie  es  mit  Ihren 
neuesten  Sachen  gegangen ! 

Ich  habe  noch  keine  neüe  Bücher  gesehen.  Der  Meß- 
Catalogus  verspricht  mir  wenig  tröstliches,  keine  neüen  Ge- 
sänge vom  Meßias ,  vom  Cortes ,  keine  Meisterstücke  unserer 
alten  Genies,  aber  Kritik -genug,  und  leider!  nur  zu  viel.  Alles 
kritisirt ,  und  fast  alles  ist  partheyisch.  Jedes  Journal ,  jede 
Zeitung  hat  ihre  Parthey.  Sogar  die  Schweitzer  treten  mit 
einem  Archiv  ihrer  Kritik  hervor.  Vermuthlich  enthält  es 
alles  Gift,  daß  sie  in  ihren  freymüthigen  Nachrichten  ausge- 
spien haben.  Bodmer  kann  noch  in  seinem  Alter  nicht  ruhen,  ein 
alter  Mann,  der  seine  Jugendstreiche  mit  triumphirender  Mine  er- 
zehlt.  Er  wird  uns  doch  nicht  zwingen,  daß  wir  seine  Schau- 
spiele lesen,  wenn  er  sie  auch  in  Kupfer  stechen  läßt.  

A.fnspach]  den  17.  May  1768. 

133.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  C1™  Juny.  1708 
Mit  großem  Verlangen,  mein  theurester  Freund,  seh  ich 


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der  neuen  Ausgabe  ihrer  Gedichte  und  ihrem  Bildniß  entgegen, 
beydes  habe  noch  nicht  erhalten ;  ich  schreibe  aber  mit  näch- 
ster Post  an  HE.  Weiß,  und  bitt  ihn,  mich  nicht  lange  warten 
zu  laßen.  Ein  Exemplar  von  den  gestohlenen  Briefen  em- 
pfangen sie  hiebey;  in  größester  Eil,  weil  die  Post  augen- 
blicklich abgehen  will,  und  ich  dem  Buchhändler,  der  es  ihnen 
zum  Verkauf  anbieten  wird,  gerne  zuvorkommen  möchte ! 

Welche  Freude !  mein  Theurester.  Unser  Jacobi  wird 
bey  ihrem  Gleim  künftig  wohnen.  Der  König  hat  mir  er- 
laubt, für  ihn  ein  Canonicat  zu  kaufen,  und  sein  Herr  Vater 
hat  sich  bewegen  laßen  darin  zu  willigen.  

Ihr  Urtheil  über  die  Briefe,  bester  Freund !  Alle  geschrie- 
ben ,  ohne  einen  Gedancken  an  die  AutorEwigkeit ,  sind  sie 
nicht  gelehrt  genug!  aber  ganz  mißfallen  werden  die  Briefe 
von  Gleim  meinem  Uz  nicht,  die  von  Jacobi  werden  dadurch 
erhoben,  wie  ein  schönes  Madchen,  neben  einem  das  nicht 
schön  ist. 

134.  üz  an  Gleim. 

Allerliebster  Freünd, 

Tausend  Dank  für  das  reitzende  Buch,  das  Sie  mir  über- 
schickt haben!  In  langen  Zeiten  habe  ich  kein  solches  Ver- 
gnügen gehabt.  Ich  habe  es  mehr  verschlungen,  als  gelesen. 
Ich  habe  geglaubt,  in  Anakreons  und  der  Musen  und  der  Gra- 
zien Gesellschaft  zu  seyn.  Ich  lese  es  immer  wieder  und  werde 
es  immer  wieder  lesen.  Alles  ist  fein,  Empfindungen,  und 
Bilder,  und  sogar  die  eingestreüte  Kritik.  Sie  sind  sich  auch 
in  dieser  Schrift  gleich,  und  über  mein  Lob  erhaben.  Da  ich 
meinen  Nahmen  manchmal  antraf,  so  glaubte  ich  in  Ihrer  Ge- 
sellschaft zu  seyn,  und  meinen  lieben  Gleim  zu  umarmen.  Ich 
wollte  sogar  mitsingen:  aber  ich  hatte  keine  Stimme,  und 
meine  Leyer  konnte  ich  gar  nicht  mehr  finden.  Ihr  Jacobi 
ist  ein  vortreffliches  Genie.  Die  lebhafte  Einbildungskraft,  die 
reitzenden  Bilder  und  die  glückliche'  Leichtigkeit  berechtigen 
ihn  zu  dem  Nahmen  eines  deütschen  Greßets,  den  Sie  ihm  mit 
ttecht  und  nicht  bloß  aus  Freündschaft  geben.  Gewiß,  Sie 
sind  glücklich,  einen  solchen  Freünd  zu  haben,  und  ihn  nun- 


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mehr  gar  zum  bestandigen  Gesellschafter  zu  bekommen.  Kein 
Wunder,  wenn  Sie  Ihre  andern  Freünde  manchmal  vergeßen, 
wie  Ihnen  die  Frau  Karschin  vorwirft! 

Noch  einmal !  Die  Briefe  Gleims  und  Jacobi  verdienen  in 
allen  Händen  zu  seyn.  Es  verdrießt  mich ,  daß  die  Buch- 
händler-Cabalen  hinderlich  sind ,  daß  dieß  Buch  wiederum  in 
wenig  Buch  laden  kommt.  Ohne  Ihre  Gütigkeit  würde  ich  es 
in  langer  Zeit  nicht  und  vielleicht  niemals  zu  Gesichte  be- 
kommen haben  1).  Aber  was  werden  die  Schweitzer  dazu 
sagen?  Wiederum  ein  Sardanapalisches  Buch,  wo  von  Mäd- 
chen und  Küssen  und  Wein  und  Liebe  geredet  und  gesungen 
wird,  wo  man  auf  allen  Blättern  die  heidnischen  Götzen,  aber 
nichts  von  heiligen  Patriarchen  antriftl  Fürchten  Sie  nicht, 
daß  Sie,  mit  Ihrem  Jacobi,  eine  Stelle  in  dem  Archiv  der 
Schweitzerischen  Kritik ,  oder  doch  in  einer  Schweitzerischen 
Vorrede ,  bekommen  werden  ?  Vermuthlich  achten  Sie  aber 
dieses  kritische  Schimpfen  so  wenig ,  als  ich ,  den  sie  wieder 
nach  Gewohnheit  mishandeln.  Man  sollte  denken,  wenn  man 
ihre  Invectiven  liest,  daß  ich  der  einzige  oder  doch  der  erste 
Deutsche  gewesen,  der  von  Wein  und  Liebe  gesungen.  Aber 
ich  lache  über  ihren  lächerlichen  Grimm ,  der  mir  nicht  ver- 
zeihen kann,  daß  ich  sie  nicht  bewundere.  Hiernach  st  tröstet 
es  mich,  daß  es  den  besten  Köpfen,  die  nicht  Schweitzer  oder 
Schweitzer-Genoßen  sind,  nicht  beßer  ergehen  wird,  und  zum 
Theil  schon  ergangen  ist. 

Ob  Sie  meine  Gedichte  bekommen  haben,  weis  ich  nicht. 
Der  Text  ist  ganz  abgedruckt:  es  fehlt  nur  an  den  Vig- 
netten. —  —  — 

Anspach  den  28.  Jim.  1768. 

135.  Gleim  an  Uz. 

Eiligst  Lauchstedt  den  20*12  Aug.  1 708 

So  zerstreuet,  mein  allerliebster  Freund,  bin  ich  hier  im 
Bade,  daß  ich  nicht  weiß,  mich  nicht  mehr  erinnere,  ob  ich 

1)  Am  rande  von  Gleims  hand  :  »Herr  Bachmann  schreibt  mir.  diese 
Cabalen  würden  nun  gänzlich  aufhören;  die  typographische  Gesellschaft 
würde  ihren  Verlag  künftig  debitiren,  wie  andre  Buchhändler.« 


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meine  Dancksagung  für  ihr  Porträt,  und  für  die  neue  Aus- 
gabe ihrer  Gedichte  schon  abgestattet  habe.  Ohn- 

möglich,  meinTheurer,  kan  es  Ihnen  gleichen.  Die  Züge  ihres 
Gesichts  sind  viel  zu  tief  in  meine  Seele  gegraben.  Und  wenn 
auch  einige  Züge  dem  Originale  abgenommen  wären,  so  ist 
doch  das  ganze  Gemählde  von  der  Hand  eines  Stümpers,  die 
unwürdig  war ,  unsern  deutschen  Horaz  zu  mahlen !  Einen 
Graf  solten  alle  deutsche  Genies  zu  ihrem  Mahler  in  Sold 
nehmen;  bey  unserm  Weiße  sah  ich  ein  fürtrefliches  Stück 
von  ihm  ;  nächstens  werden  sie  Rabenern  von  ihm  gemahlet 
in  Kupfer  gestochen  sehen  von  Bausen,  der  izt  ein  sehr  guter 
Künstler  geworden  ist.  —  —  — 

Wie  aber,  mein  Theurester,  soll  ich  für  die  neue  Aus- 
gabe ihrer  Gedichte  ihnen  dancken?  Allzuviel  Ehre  erwiesen 
sie  mir,  daß  sie  meinen  Nahmen  neben  Findar  und  Horaz  lesen 
ließen.  —  Die  Vignetten  sind  fürtreflich;  Oesers  Mei- 
sterhand Venrath  sich  überall,  unser  Meil  ist  weit  übertroffen, 
aber  das  Format  hätt  ich  gern  noch  kleiner,  die  Bande  dünner, 
das  Papier  feiner,  so,  wie  der  bey  gehende  Brief  den  HE.  Ja- 

cobi  bey  meinem  Hierseyn  an  mich  hat  drucken  laßen.  

Künftige  Michaelis  wird  er  bey  mir  zu  Halberstadt  wohnen, 
wo  sein  Herr  Vater  ihm  ein  Canonicat  gekaufet  hat!  Süße 
Hoffnung  mit  einem  Freunde  der  Musen  in  gleicher  Stadt  zn 
wohnen.  Wer  sich  nur  zwanzig  Jahre  verjüngen  kirnte;  denn, 
warlich,  mein  Liebster,  ihr  Gleim  ist  schon  ein  alter  Mann, 
und  wird  dem  jungen  Dichter,  der  noch  immer  Liebesgötter 
zum  Gefolge  hat,  oft  zu  ernsthaft  seyn. 

Morgen  reise  ich  nach  Halberstadt  zurück.  Das  Bad  ist 
mir  ziemlich  wohl  bekommen.  Zwey  Tage  war  ich  zu  Leip- 
zig, und  sähe  unsern  Weiße,  Oeser,  Clodius,  und  Huber,  vier 
ganz  fürtrefliche  Männer  ! 

Wieland,  sagte  man,  hätte  an  meinen  Uz  geschrieben, 
und  ihm  seine  Jugendsünden  abgebeten.  Ist  es  an  dein  ? 
Da  haben  sie  sein  neuestes  Gedicht,  das  seinen  veränderten 
Sinn  genug  beweist.  —  —  — 


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136.  Uz  an  Gleim. 

—  —  —  Schicken  Sie  mir  das  Porträt  wieder  zurück, 
und  ich  verspreche  Ihnen,  nicht  ehe  zu  ruhen,  bis  es  in  einen 
beßern  Stand  gesetzt,  oder  ein  beßeres  neües  gemacht  werde. 
Ich  bitte  Sie  ernstlich  darum:  denn  ich  kann  es  nicht  in  Ihren 
Händen  laßen.  Aber  Sie  müssen  sich  nicht  einbilden ,  daß 
wenn  ich  noch  tausend  raachen  laße ,  Sie  doch  das  Gesicht» 
das  Sie  in  Halle  gekannt,  bekommen  werden.  Von  der  Kunst 
gar  nichts  zu  gedenken:  denn  die  Oeser  und  Grafen  möchten 
wohl  nicht  bloß  in  unsern  Gegenden  seltene  Vögel  seyn. 

Ich  erfreüe  mich,  daß  Sie  den  Herrn  Jacobi  nun  bald  bey 
sich  haben  werden.  Sein  Brief  an  Sie  ist,  wie  alle  seine  Sa- 
chen, geistreich  und  schön.  Ich  hoffe,  daß  er  Sie  aufmuntern 
soll.  Ich  höre  Sie  gar  nicht  gerne  klagen,  und  begreife  eben 
so  wenig,  warum  HE.  Jacobi  Sie  zu  trösten  Ursache  habe.  Wer 
wird  sich  über  alle  Narren  ärgern!  Pfuy,  schämen  Sie  sich, 
daß  Sie  sich  einen  alten  Mann  nennen !  Anakreon  war  alt,  und 
doch  trank  und  sang  er,  immer  fröhlich:  soll  der  deütsche 
Anakreon,  in  seinen  besten  Jahren,  schon  alt  und  sorgenvoll 
seyn?  Ich  fürchte,  ich  fürchte,  daß  etwas  hypochondrisches 
dahinter  steckt.  Und  doch  besuchen  Sie  die  Bäder,  und  Ihre 
auswärtigen  Freünde,  wodurch  wenigstens  der  Körper  gesund 
erhalten  werden  sollte.  Denn  die  Gesundheit  der  Seele,  d.  i. 
die  Heiterkeit  des  Geistes  müssen  wir  uns  selbsten  geben.  Das 
sind  Ihre  eigene  Lehren.    Nicht  wahr?  —  —  — 

HE.  Riedel,  und  nicht  HE.  Wieland,  hat  an  mich  geschrieben, 
daß  diesem,  was  er  gegen  mich  gethan,  leid  wäre,  und  er 
mich  um  meine  Freündschaft  bäte.  Ich  habe  ihn  allezeit,  als 
eines  unserer  besten  Genien,  hochgehalten,  und  seine  Schwär- 
mereyen  der  Schweitzerischen  Luft  zugeschrieben.  Seine  Musarion 
ist  ein  Gedicht  voll  Geist  und  Laune:  ich  danke  Ihnen  von 
ganzem  Herzen  dafür.  —  —  — 

Anspach  den  13.  Sept.  17C>8. 

(Hei  in  -  U  /  ,  firiefwt'ch»el.  25 


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137.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freünd, 

Was  zu  arg  ist,  ist  zu  arg.  Sie  laßen  mich  gar  zu  lange 
auf  Ihre  Briefe  warten.    Seit  Jahr  und  Tagen  habe  ich  nichts 
von  Ihnen  gehört.    Ich  würde  geglaubt  haben,  daß  Sie  mich 
ganz  vergeßen  hätten,  wenn  nicht  Herr  v.  Knebel,  den  Sie  ich 
weis  nicht  wo  ?  kennen  lernen,  (ein  würdiger  junger  Herr,  der 
Ihrer  Freundschaft  würdig  ist)  durch  seinen  hiesigen  Bruder  ein 
compliment  an  mich  bestellt  hätte,  das  Sie  ihm  aufgegeben.  Das 
hat  mich  wieder  aufgelebt.  Um  nicht  ganz  außer  Connexiou  mit 
Ihnen  zu  kommen,  habe  ich  mir  nicht  änderst  zu  helfen  gewust, 
als  daß  ich  Ihre  und  Ihres  Jacobi  Briefe  gelesen  und  wieder 
gelesen,  so  daß  ich  sie  itzo  fast  außwendig  kann,  die  allerliebsten 
Briefe!  So  lang  ich  sie  gelesen,  glaubte  ich  in  Ihrer  Gesell- 
schaft zu  8eyn.    Ich  sah  den  zärtlichen  Gleim ,  ich  hörte  ihn 
tändeln,  scherzen  ,  so  wie  er  allein  tändelt  und  scherzt,  und 
außer  ihm  niemand,  außer  Jacobi,  sein  Schüler  und  FreOnd. 
Er  darf  sich  nicht  wundern,  wenn  er  von  den  Kunstrichtern, 
soi-disans,  noch  zuweilen  angeschnarcht  wird.    Es  ist  seinem 
Meister,  Gleim,  und  seines  Meisters  Freunden  auch  nicht  beßer 
ergangen.    Noch   neulich  las  ich  ein  grimmiges  Schreiben 
eines  gewißen   Daneil  an  Herrn  Jacobi,  in  den  kritischen 
Nachrichten,  die  zu  Lindau  am  Bodensee  herauskommen,  und 
worinnen  jüngsthin  durch  viele  Stücke  die  unvergleichlichen 
Schönheiten  der  Bodmerischen  Calliope  »ngepriesen  worden. 
Die  Spöttereyen  über  die  Nachtsänger,  in  den  Nachtgedanken 
und  sonst,  haben   vermuthlich  diesen  Mann  in  den  Harnisch 
gebracht.   HE.  Jacobi  ist  noch  lange  nicht  so  arg  geschimpft 
worden,  als  ich,  und  ich  lebe  doch  noch.    Aber,  bey  diesen 
elenden  Zeiten,  wo  alles  kritisirt  und  schimpft,  möchte  ich  doch 
nicht  schreiben,  wenn  ich  auch  noch  schreiben  könnte.  Em- 
pfehlen Sie  mich  ihm  aufs  beste,  und  schreiben  Sie  mir,  wo- 
mit er  itzo  beschäftiget  ist.    Denn  bey  seiner  itzigen  Muße 
wird  er  nicht  feyren.    Ein  so  vortreffliches  Genie  würde  es 
auch  zu  verantworten  haben,  wenn  es  den  Frühling  der  Jahre 
ungenützt  verstreichen  ließe.    Ich  wollte,  er  dächte  nun  all- 


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gemach  daran,  daß  er  zum  Nachfolger  Meinhards,  in  ansehung 
der  Versuche  Ober  die  Italienische  Dichtkunst ,  bestimmt  ist. 
Er  braucht  deswegen,  seine  Muse  nicht  zu  verabschieden.  Be- 
hüte der  Himmel!  Vielmehr,  indem  er  uns  die  Schönheiten 
der  italienischen  Dichter  aufsucht,  würde  seine  Muse  sich  selbst 
bereichern  und  verschönern,  und  in  einem  neüen  Glanz  her- 
vortreten. 

Warum  haben  Sie  mir  nicht  geschrieben,  daß  Sie  Oden 
nach  dem  Horaz  drucken  laßen  ?  Aber  sobald  sie  mir  der  Buch- 
händler zugeschickt,  und  ich  sie  gelesen,  habe  ich  Ihre  Hand 
erkannt.  Entweder,  dachte  ich,  hat  sie  Gleim  gemacht,  oder 
jemand,  der  seine  Manier  vortrefflich  nachmachen  kann.  Allein 
wer  wird  sie  nachmachen  können  ?  Sie  ist  originell,  und  auch 
in  diesen  Oden  originell ,  und  würde  es  auch  seyn ,  wenn  er 
den  Kirchengesang:  o  Lux,  Creator  Spiritus  p  übersetzete. 

Herr  Wieland  soll  empfindlich  darüber  seyn,  daß  ich  meine 
Vertheidigung  wider  ihn,  in  der  neüen  Auflage  meiner  Ge- 
dichte, wieder  drucken  laßen.  Wahrhaftig,  unbillig !  Sind  denn 
die  Schriften,  worinnen  er  mich  gewiß  sehr  unglimpflich  an- 
geschwärzt hat,  nicht  auch  noch  in  der  Welt?  Und  haben 
diese  übertriebenen  Invectiven  seiner  jungen  Muse  nicht  we- 
nigstens soviel  gewürkt,  daß  noch  manche  die  fröhliche  Dicht- 
kunst verabschefien ?  Warum  sollte  denn  eine  Vertheidigung 
dermalen  unterdrückt  werden,  die  es  gar  nicht  mit  der  Person 
oder  den  Talenten  HE.  Wielands,  sondern  bloß  mit  einigen 
Meinungen  deßelben,  die  er  nun  selbst  verwirft,  zu  thun  hat? 
Ich  verlange  keinen  Krieg,  und  werde  mich  nicht  einmal  in 
einen  Vertheidigungs-Krieg  verflechten  laßen.  Vielmehr  rathe 
ich  allen  meinen  Freünden  zum  Frieden,  und  wünsche,  daß 
dem  ärgerlichen  Gezanke  endlich  einmal  ein  Ende  gemacht 
werde,  nachdem  Deütschland  deßelben  müde  zu  werden  an- 
fangt. Thun  Sie  dergleichen  bei  Ihren  Freunden.  Kein  Genie 
kan  aufblühen ,  solang  diese  Händel  dauern  ;  und  der  Parnaß 
wird  ganz  öde  werden.  — 

Anspach  den  11.  Sept.  1769. 

25* 


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138.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  19!^  Sept.  1769 

 —  Ich  muß  es  gestehen,   verschiedene  ganz  neue 

Freunde,  van  Goens,  in  Utrecht,  der  vortrefliche  junge  Gelehrte, 
der  in  der  deutschen  Litteratur  bis  hinter  die  Zeiten  der  Minne- 
singer, wie  in  der  griechischen,  bis  in  die  Zeiten  der  Orpheus, 
Thaies  und  Pythagoras,  und  in  aller  übrigen  Volcker  Littera- 
tur bis  in  die  Zeiten  der  Kindheit,  so  bewandert  ist,  alG  wie 
die  Damms,  die  Fabers,  die  Frischen  es  sind,  die  nicht  Ge- 
dancken,  sondern  Wörter  suchen,  und  doch  so  viel  Geschmack 
behalten  hat,  daß  er  die  Utzen,  die  Bernis,  die  Dorats  lieset, 
und  empfindet,  wie  wir  sie  lesen  und  empfinden,  Herder ,  der 
weit  etwas  beßeres  thäte,  wenn  er  alle  Griechen  uns  zu  lesen 
gäbe,  die  er  alle,  wie  Winckelmann,  versteht,  als  daß  er  gegen 
Klotz  zu  Felde  liegt,  Schulze,  der  ohne  das  Glück,  das  Hymen 
ihm  gegeben  hat,  unser  Dennis  wäre,  VVillamov,  Benzler,  und 
selbst  der  jüngste  meiner  Freunde,  der,  wie  Uz,  vor  dreyßig 
Jahren,  mich  in  einem  Augenblick,  mit  seiner  Ehrlichkeit  und 
seinem  Geist  im  Auge,  gleichsam  wie  bezaubert  hat,  die  alle, 
und  noch  mehr,  womit  ein  guter  Gott  den  verlohrenen  Ramler 
mir  ersezt,  haben  einen  großen  Theil  meiner  mir  so  sparsam 
für  die  Freundschaft  und  die  Musen  zugetheilten  Zeit,  unver- 
merckt  hin  weggenommen.  Rechnen  sie  dazu,  was  für  Schrei- 
berey  die  Schöpfung  unsers  Jacobi  zum  Geistlichen  gekostet 
hat,  und  daß  ich  etliche  Wochen  zu  Berlin  gewesen  bin  ,  so 
werden  Sie,  glaub*  ich,  mir  den  BußGesang  Selbsten  gütig  er- 
laßen ! 

Wo  ich  ihn  kennen  lernte,  den  jüngsten  meiner  Freuude, 
den  Herrn  von  Knebel?  Bey  meinem  Bruder  dem  Ober  Amt- 
mann zu  Berge,  auf  dem  RtickWege  von  Berlin  nach  Halber- 
stadt. Mit  einem  Herrn  von  Itzen plitz ,  einem  Herrn  von 
Aschersleben,  und  einem  Herrn  von  Byren  kam  er  dahin,  alle 
Freunde  der  Musen!  —  — -  —  Mit  der  liebenswürdigsten  Be- 
scheidenheit empfal  sich  Knebel  mir,  das  aber  wust  ich  noch 
nicht,   daß  er  den  Musen  schon  geopfert  hatte.    Den  zwoten 


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Tag  beehrt'  er  mich  mit  einem  kleinen  Liede,  so  niedlich,  daß 
Anakreon  es  ihm  beneidet  hätte,  so  sanft,  wie  die  Quelle  des 

Tejers  floß  es  dahin!  Drey  niedliche  Gedichtchen 

hab'  ich  schon,  zwischen  Uz  und  Kleist,  recht  in  der  Mitte 
stehen  sie !  Sie  sollen  aber  dem  Sohn  des  Kriegesgottes  nichts 
davon  verrathen,  daß  ich  es  so  ernstlich  meine,  seine  Liebe  zu 
den  Musen  anzufeuren!   Seinem  Bruder  noch  weniger!  

Die  Oden  nach  dem  Horatz  solten  meinem  Uz,  und  einigen 
von  meinen  Freunden,  hingestellet  werden,  wie  Apelles  (lalien 
Sie  mir  die  That,  und  vergeßen  sie  den  großen  Nahmen)  seine 
Gemähide  seinen  Freunden  hinstellete;  —  —  —  Die  Vergeß- 
lichkeit hat  mich  verrathen.  Ein  kleines  Stück  stand  schon 
in  den  Briefen  von  Gleim  und  Jacobi !  Das  war  der  Verräther, 
sonst,  glaub'  ich  doch,  hätte  weder  mein  Utz,  noch  raein  Ja- 
cobi, die  Ödeu  für  gleimisch  gehalten !  Etwas  beßeres,  glaub' 
ich,  hätten  sie  mir  zugetrauet.  Denn,  ohne  Heucheley,  für 
Oden  sind  sie  doch  warlich  allzuweit  unter  Uz,  Klopstock  und 
Ramler!  Klopstocks  Oden  erscheinen  nun  bald,  und  werden 
ohne  Zweifel  meine  Dingerchen,  vergeßen  machen. 

Halberstadt  den  29!^  Nov.  1769 

Hier,  mein  liebster  Freund,  hört  ich,  vor  bey  nahe  zweyen 
Monathen,  auf!  und  in  dieser  Zeit  war  ich  wechselsweise  kranck, 
und  hatte  zu  viele  Geschäfte;  Sie  hingegen  hatten  indeß  das 
Vergnügen,  den  Herrn  von  Knebel  oft  bey  sich  zu  sehen,  und 
noch  ist  er  bey  Ihnen !  —  —  — 

Die  Sinngedichte,  (hätten  sie  schon  ein  Exemplar  davon 
empfangen,  so  vergeben  sie  meiner  Vergeßlichkeit,  daß  ich 
solche  Kleinigkeiten  zum  zwoten  mahle  sende)  ließ  ich  für 
einige  Freunde  drucken  ;  aus  gewißen  nur  mich  angehenden 
Uh  rsacben,  sollen  sie  noch  nicht  in  die  corsarischen  Hände  der 
Buchhändler  gerathen  ;  hätten  sie  Freunde,  und  wie  kan  es 
einem  Uz  daran  fehlen  ?  von  denen  sie  versichert  sind,  daß  sie 
die  Kleinigkeiten  nicht  in  solche  Corsarische  Hände  weggeben, 
so  stehet  ihnen  frey,  nicht  allein  sie  ihnen  zu  lesen,  sondern 
auch  ihnen  Exemplare  zu  geben ,  zu  dem  Ende  leg'  ich 
einige  bey ! 

Was  sagen  Sie  zu  den  critischen  Kriegen?  Sie  gleichen 
den  Kriegen  der   Türcken  und  Tartarn!    Wir  wollen  uns 


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hüten,  mit  darin  verflochten  zu  werden!  Es  ist  eine  Schande, 
wie  sehr  die  Ehre  der  Musen  erniedriget  wird!  Ein  Glück  ist 
es,  daß  die  große  Welt,  das  wenigste  davon  zu  lesen  bekomt. 
Auf  den  Bösewicht,  der  meine  Kriegeslieder  parodiret  hat, 
war  ich  einmahl  so  böse,  daß  ich  ihn  mit  einem  Liede  nieder- 
singen wollte,  ich  nicht,  der  Grenadier  solt  es,  ich  besann  mich 
bald,  man  hat  von  einem  solchen  Siege  zu  wenig  Ehre! 

Herr  Wieland  hat  mir  neulich  sehr  freundschaftlich  ge- 
schrieben! Nächstens  bekommen  wir  von  ihm  wieder  ganz 
neue  vortreffliche  Sachen;  seine  Musarion  ist  ins  Französische 
übersetzt,  ich  vermuthe,  nicht  so  gut,  wie  von  Dorat  sein 
Selim  und  Selima! 

Herr  Leßing  komt  in  unsre  Nachbarschaft.  Er  wird  Biblio- 
thecarius  zu  Wolfen büttel ,  eine  Stelle  die  für  ihn  sich  ganz 
vortreflich  schickt,  denn  er  ist  ein  großer  BücherKenner !   — 

Beym  lesen  der  Schutzschrift  für  Amor  müßen  sie  ja  sich 
erinnern,  daß  daraahlen  die  Pabstwahl  war,  und  daß  Caunitz 
und  Bernis  Gesandte  dabey  waren!  — 

139.  Uz  an  Gleim. 

—  —  —  Ich  glaube  gern,  daß  Ihre  Zerstreuungen  und 
Ihre  übrigen  Freünde  Ihnen  viele  Zeit  wegnehmen ,  so  wenig 
ich  mich  wundere,  daß  Sie  immer  neüe  Freünde  bekommen. 
Wer  sollte  sich  nicht  nach  der  Fretindschaft  eines  so  liebens- 
würdigen Mannes  drängen,  der  das  Gute,  wo  er  es  nur  findet 
und  oft  nur  vermuthet,  mit  Hitze  aufmuntert  und  unterstützet! 
Das  ist  Eine  von  den  tausend  schönen  Eigenschaften,  die 
Ihren  Carackter  auszeichnen.  Ich  begreife  daher  leicht,  wie 
Sie  des  Herrn  v.  Knebel  Freünd  so  geschwinde  werden  können. 
Er  verdient  es.  Er  hat  mit  einem  wahren  Enthusiasmus  von 
meinem  Gleim  mit  mir  gesprochen.  Denn  Sie  glauben  wohl, 
daß  wir  niemals  beysammen  gewesen ,  ohne  von  Ihnen  zu 
sprechen  und  auf  Ihre  mir  so  theüre  Gesundheit  zu  trinken. 
Er  wird  es  Ihnen  selbst  sagen.  Denn  er  will  Sie  besuchen, 
und  nächstens  abreisen,  trotz  dem  abscheülichen  Wetter  und 
den  im  Grund  verdorbenen  Strassen.  Ich  verliere  ihn  ungern, 
weil  er  ein  angenehmer  Gesellschafter  ist,  und  viel  Kenntniß, 


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Geschmack  und  Empfindung  des  Schönen  hat,  welches  alles 
in  Anspach  selten  ist.  Aber  darüber  muß  ich  mich  über  ihn 
beschwehren,  daß  er  mir  die  drey  niedlichen  Liedgen  nicht 
gezeiget  hat,  die  Sie  mir  anpreisen.  Vermuthlich  hält  er 
mich  für  keinen  so  guten  Kenner  der  Grazien,  als  Sie,  und  dar- 
inn  hat  er  nicht  unrecht. 

Für  die  neüen  artigen  Gedichtgen,  die  Sie  mir  mitge- 
schickt haben,  danke  ich  von  ganzem  Herzen.  Ich  mag  Sie 
gar  nicht  mehr  loben :  denn  ich  müßte  nur  widerholen,  was  ich 
schon  tausendmal  geschrieben  habe.  Erwarten  Sie  von  mir  keine 
Kritik,  am  wenigsten  über  die  Oden  nach  dem  Horaz.  Man 
würde  offenbar  thöricht  handeln,  wenn  man  sie  als  genaue 
Nachbilder  der  römischen  Oden  beurtheilen  wollte.  Sie  haben 
mehrentheils  nur  die  Ideen  des  Römers  genommen,  und  sie  nach 
Ihrer  eigenthümlichen  naiven  Art  ausgebildet.  Fast  wollte  ich 
sie  daher  lieber  Lieder,  als  Oden,  nach  dem  Horaz  nennen. 
Kleine  Nachläßigkeiten  tadelt  man  an  den  Grazien  nicht.  Die 
Exemplarien  der  Sinngedichte  werde  ich,  nach  Ihrem  Ver- 
langen, mit  Vorsicht  austheilen.  Eines  davon  habe  ich  bereits 
dem  Bruder  des  Herrn  v.  Knebel,  einem  Ihrer  Verehrer,  ge- 
geben.   Es  sind  ungemein  reizende  Stückgen  darinn. 

Ich  wünsche  Ihnen  zu  Ihrem  neüen  Freünde,  dem  Herrn 
van  Goens,  Glück.  Sie  machen  mir  eine  hohe  Idee  von  ihm. 
Aus  Amsterdam  wird  mir  von  einem  andern  solchen  Freünde 
der  deutschen  Litteratur  geschrieben.  Er  ist  Directeur  einer 
Banque,  und  meine  Kunst  stets  fröhlich  zu  seyn,  dieses  arme 
von  Kunstrichtern  verachtete  Gedicht,  ist  eines  seiner  Lieb- 
Ii  ngsGedichte.  Verzeihen  Sie  meiner  Eitelkeit,  wenn  mich 
diese  Nachricht  erfreüet  hat. 

Bitten  Sie  alle  Ihre  Freünde,  dem  ärgerlichen  Gezänke 
einmal  Einhalt  zu  thun.  Ich  thue  es  meines  Orts  auch.  Das 
Publikum  ist  es  satt.  Von  Herrn  Herder  wünschte  ich  wohl  noch 
Ein  Wäldgen,  aber  nicht  eben  wider  Klotzen,  zu  sehen.  Denn 
er  mag  protestiren  so  lang  er  will:  man  hält  ihn  doch  für 
den  Verfaßer.  

Nachdem  ich  dieses  schon  vor  mehr,  als  8.  Tagen  ,  ge- 
schrieben, und  von  Tag  zu  [Tag]  vermuthet,  daß  er  (Herr  v. 
Knebel)  abgehen  und  meinen  Brief  mitnehmen  würde,  ist  er 


r 


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392 


wieder  krank  worden.  Er  hat  in  Bayreütb  schon  etliche  Wochen 
wegen  Krankheit,  auf  seiner  tierreise,  liegen  bleiben  müssen,  und 
ist  niemals  völlig  gesund  geworden.  Diesen  Augenblick  ist 
er  bey  mir  gewesen,  und  hat  in  Ernst  Abschied  genommen. 
Morgen  geht  er  ab.  Aber  da  der  Urlaub  bis  auf  2.  Tage  ver- 
flossen, so  muß  er  den  kürzesten  Weg  nehmen,  und  darf  sich 
keinen  Umweg  erlauben.  Er  kann  also  nicht  nach  Halber- 
stadt kommen,  welches  er  mehr,  als  den  Mangel  der  Gesund- 
heit bedauert.  Er  hat  freylich  Recht.  Nächstens  wird  er  Ihnen 
schreiben.  Weil  also  Herr  v.  Knebel  nicht  zu  Ihnen  kommt,  so 
muß  ich  Ihnen  selbst  sagen,  was  für  ein  Porträt  ich  meine.  Es 
ist  Petrarchs  Laura.  Der  jüngere  HE.  HofCammerRath  Hirsch 
hatte  gelesen,  daß  in  Avignon  Abbildungen  von  ihr  vorhau - 
den  wären,  und  ruhte  nicht,  bis  er,  durch  HE.  HofRath  Schlä- 
ger in  Gotha,  eine  Copie  eines  solchen  Familien-Gemähldes  er- 
hielt. Sie  wurde  in  Anspach  zweymal  ganz  ähnlich  copirt 
Das  eine  bekam  ich ,  und  mit  dem  andern  überließ  er  mir 
einen  meiner  Fretinde  zu  erfreüen.  Wir  gedachten  es  HE. 
Weißen  zu  schicken,  um  es  für  die  Bibliothek  stechen  zu 
laßen.  Wir  zweifelten  aber  am  Ende  doch,  daß  es  schicklich 
seyn  würde.  Ich  kam  auf  den  Einfall,  daß  vielleicht  das 
artige  Gesichtgen  ein  Stück  in  Ihre  Galerie  seyn  möchte.  Daß 
ich  es  nicht  schon  überschickt,  ist  die  Ursache  einestheils,  weil 
ich  seit  Jahr  und  Tagen  nicht  gewust,  ob  Sie  lebten,  andern - 
theils  weil  ich  gewust,  daß  Sie  elegans  Spectator  sind,  und  das 
Bild,  nach  alter  Manier,  ziemlich  steif  und  simpel  gemahlt  ist. 
Ich  wollte  es  daher  auf  des  H.  v.  Knebel  Relation  ankommen 
laßen,  der  immer  mit  einer  Art  von  Anbetung  davor  stehen 
geblieben,  und  geglaubt  hat,  dass  es  Ihnen  auch  angenehm  seyn 
würde.  Er  wird  Ihnen  vermuthlich  davon  schreiben.  Der- 
malen ist  HE.  Hirsch  in  Amsterdam,  und  sobald  er  zurück  kommt, 
will  ich  mit  ihm  sprechen.  Ich  hoffe,  er  wird,  während  seiner 
Abwesenheit,  nicht  auf  andere  Art  darüber  disponirt  ha- 
ben.  — 

Anspach  den  4.  Jan.  1770. 


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893 


140.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  16115  May  1770 

 —  Neulich,  als  ich  des  Morgens  um  Vier  Uhr,  in 

welcher  Stunde  ineine  schüchterne  Muse  mich  zu  besuchen 
pflegt,  an  ihr  gütiges  Versprechen,  mich  mit  dem  Bildniße 
der  Laura  zu  beschencken,  gedachte,  da,  mein  liebster  Freund, 
wurde  das  kleine  Gedicht,  das  ich  beilegen  werde,  durch  die- 
sen Gedancken  veranlaßet.  —  

Der  Herr  von  Knebel  hat  mich  leider  nicht  besuchet! 
aber  mit  einem  Briefchen  hat  er  aus  Potsdam  mich  beehret, 
und  in  demselben  von  meinem  Uz  mit  mir  gesprochen,  die 
Laura  hat  er  darüber  ganz  vergeßen!  so  voll  war  er  von 
meinem  Uz!  —  —  — 

Sollte  Herr  Cammerrath  Hirsch,  dein  ich  mich  zu  em- 
pfehlen bitte,  von  dem  zwoten  Exemplare  der  Laura  schon  dis- 
poniret  haben,  so  wünscht1  ich,  er  wolte  so  gütig  seyn,  und 
das  Original  mir  anvertrauen ;  unbeschädigt  wollt1  ichs  ihm 
zurücke  senden,  und  hier  von  Herr  Kahlau,  (so  heißt  unser 
geschickter  Mahler,  es  ist  der,  welcher  die  Wachsmahlerey  er- 
funden hat)  eine  Copie  machen  laßen  !  —  —  — 

Herr  Jacobi  verließ  mich  schon  am  3l£T  April,  und  ver- 
reiste, zu  meinem  großen  Mißvergnügen,  abermahl  auf  ein 
halbes  Jahr  über  Zelle,  und  Hannover,  nach  Düßeidorf! 
Tages  vorher  wurde  mein  Geburthstag  von  ihm  und  meiner 
Nichte,  welche  von  der  Frau  Karschin,  Gleminde  getauft  ist, 
ohne  daß  ich  das  mindeste  von  den  Anstalten  erfahren  hatte, 
feyerlich  begangen;  der  allzugütige  Freund  beehrte  mich  an 
diesem  Tage  mit  dem  Liede  der  Grazien!  Meine  Nichte  hatte 
den  Tempel  der  Freundschaft  vorgestellet ,  an  welchem  die 
Bildniße  meiner  Freunde  zu  sehen  waren.  —  

Herr  Jacobi's  Wercke  kommen  diese  Meße  heraus,  in  den- 
selben werden  sie  eine  Operette:  Elisiuni,  finden,  die  ohne 
Zweifel  meines  Uz  Beyfall  sich  erwerben  wird.  Vermutlich 
ist  izt,  eine  zwote  Operette  schon  fertig;  aus  Düßeidorf  schrieb 
er  mir,  daß  er  daran  arbeite,  damit  sie  den  4l£T  Juny  zu  Han- 
nover aufgeführet  werden  könne.  Die  Music,  zu  Elysium,  soll 
vortreflich  seyn.  Neulich  ist  sie  zu  Zelle  vorgestellet.  Herzog 


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394 


Ferdinand  von  Braunschweig  ist  ihrentwegen  dahin  gereiset. 

In  ihrem  vorletzten  Schreiben  sagen  sie:  Bey  diesen 
elenden  Zeiten,  wo  alles  kritisirt  und  schimpft, 
möcht1  ich  nicht  schreiben!  Und  ich,  mein  Theu- 
rester,  ich  schreibe  desto  mehr,  jemehr  man  schimpft  und 
critisirt ;  denn  ich  lese  die  Scartequen  der  Scriblers  nicht ,  die 
sichs  unterstehen,  über  die  besten  Köpfe  Gericht  zu  halten, 
diese  besten  Köpfe  sollten  gegen  die  unberufeneu  Kunstrichter 
sich  vereinigen,  und  sie  zu  Schanden  raachen,  zum  Gelächter 
mein'  ich,  damit  es,  auch  bey  denen,  die  nur  mit  sprechen, 
Ehre  würde,  von  ihnen  getadelt  zu  werden. 

Neulich  wurde  Herr  Jacobi  von  den  Verfaßern  der  Hambur- 
gischen Neuen  Zeitung  grimmig  und  boshaft  angefallen,  man 
gab  Herrn  von  Gerstenberg  für  den  Verfaßer  aus.  Ich  schrieb 
darüber  an  HE.  Jacobi: 

Kunstrichter  werfen  dich  mit  Koth, 
Entfliehe,  Freund,  du  wirst  getroffen, 
Entfliehe  dem  Werfer,  der  grimmig  dir  droht, 
Der  Tempel  der  Grazien  stehet  dir  offen ! 

Und  an  den  Herrn  von  Gerstenberg 

Die  Musen  lehrten  dich,  in  ihrem  Tempel  scherzen, 

Du  glaubst  den  Donner,  der  die  Bösen  trift! 

Nein,  Gerstenberg,  in  deinem  Herzen, 

Ist  Galle  nicht,  nicht  Gift! 
Noch  kan  ichs  nicht  glauben,  daß  Gerstenberg,  der  Dich- 
ter der  Tändeleyen,  solch'  einer  Bosheit  fähig  sey.  Rechtfertigt 
er  sich  nicht,  so  hab'  ich  leider  einen  Freund  weniger! 

Wieland  ist  gegen  die  Kritikasters  unsrer  Zeit  im  höch- 
sten Grade  aufgebracht!  Die  allgemeine  Berl.  Bibliotheck  soll 
in  ihren  letzten  Stücken  auch  mich  heftig  angegriffen  haben, 
weil  die  Verfaßer  glauben,  ich  stehe  mit  Klotz  in  critischer 
Verbindung,  worin  sie  sich  erschrecklich  irren;  denn  ich  bin 
so  wenig  mit  der  deutschen  Bibliotheck  als  mit  der  allgemeinen 
zufrieden  p. 

Man  laße  sie  schmieren,  die  Schmierer ;  sie  leben  davon! 
und  ihre  Wercke  findet  man,  mit  unserm  alten  Opitz  zu  reden: 

Da,  wo  man  an  die  Wand  den  bloßen  Rücken  kehrt! 

Wie  gefielen  meinem  Uz  unsers  Wielands  Dialogen? 
Unser  können  wir  ihn  nennen,  die  Sünden  gegen  meinen 


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39r> 


Uz  hat  er  dem  Apoll  und  den  Musen  tausendmahl  abgebeten ; 
Er  mag  nicht  davon  hören,  Ragte  mir  neulich  ein  Freund,  der 
ihn  persönlich  kenut.  Beiträge  zur  geheimen  Geschichte  des 
menschlichen  Verstandes  und  Herzens  hab'  ich  heute  von  ihm 
zum  Gesehen ck  bekommen,  mit  einem  Blick  hinein  fand  ich 
den  launischen  Wieland,  so  viel  ich  mit  diesem  einen  Blick 
sehen  konte,  sind  sie  hauptsächlich  gegen  des  ehrlichen  und 
guten  Hans  Jacobs  System  gerichtet,  und  bloß  deswegen  sehr 
nach  meinem  Geschmack!  Der  gute  Mann  könte  mit  seiner 
Ehrlickeit  es  dahin  bringen,  daß  die  Menschen,  die  es  bequemer 
finden  dumm,  als  klug  zu  seyn,  anfiengen,  wieder  auf  Vieren 
zu  gehen,  wenn  nicht  seiner  Ehrlichkeit  eine  andre  wieder- 
spräche, und  dazu  dünkt  Wieland  mich  der  rechte  Mann.  

141.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Fretind, 

Hierdurch  erhalten  Sie  die  versprochene  Laura,  von  HE. 
Hirsch,  der  sich  Ihnen  Bestens  empfiehlt.  Ich  wünsche,  daß 
sie  Ihnen  so  gut  gefallen  möge,  als  mir.  Aber  ich  zweifle 
daran,  wenn  Sie  die  Geliebte  des  Petrarcha  nicht  mit  einem 
Petrarcha  in  der  Hand  besehen.  Die  Einfalt  der  alten  Mah- 
le rey  läßt  keine  große  Kunst  erwarten.  Wenigstens  kann 
ich  mit  Wahrheit  versichern,  daß  die  Copie,  welche  Sie  er- 
halten, der  aus  Avignon  gekommenen  völlig  ähnlich  ist.  Die 
Geschichte  finden  Sie  im  Briefe,  den  ich  hier  beyschließe. 
Aber  Sie  vergeßen,  wenn  Sie  mir  schreiben,  nicht  wieder  das 
Liedgen  auf  Lauren,  deßen  Sie  im  vorigen  Briefe  Meldung 
thun.  Ich  weis  zum  voraus ,  daß  es  das  meinige  weit  über- 
treffen wird. 

Ich  muß  lachen,  daß  Sie  mein  Portrait  aus  dem  Kopf  und 
nach  einer  Erinnerung  von  30.  Jahren  her  mahlen  laßen  wollen. 
Es  wird  freylich  schon  und  kunstreich,  aber  gewiß  nicht  ähn- 
licher werden,  als  das  in  den  Nicolaischen  Berloquen.  

Es  ist  mir  recht  sehr  unangenehm,  daß  unsere  Kunst- 
richter auf  Ihren  lieben  Jacobi  so  harte  Ausfälle  thun,  und  bey 
dieser  Gelegenheit  Sie  zuweilen  selbst  nicht  verschonen.  Ihrem 
brennenden  Eifer,  junge  Genies  aufzumuntern,  sollte  man  mehr 


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396 

Gerechtigkeit  widerfahren  laßen.  Wie  HE  Jacobi  in  diesen 
Krieg  verwickelt  worden,  und  ob  er  selbst,  wenigstens  durch 
einige  Verbindungen,  Anlaß  gegeben,  ist  mir  unbekannt.  Ich 
zweifle  aber  nicht,  daß  es  in  seiner  Macht  steht,  alle  Kritiken 
zum  Stillschweigen  zu  bringen.  Seine  Talente  zur  scherzenden 
Dichtkunst  werden  selbst  von  denen,  die  ihn  tadeln,  nicht  ver- 
kannt. Er  darf  nur  seine  scherzende  Leyer  einige  Zeit  ruhen 
laßen,  und  seine  Genie  auch  in  andern  Dingeu  zeigen,  wie  er  kann, 
so  wird  ihn  die  Nation  selbst  in  Schutz  nehmen.  Aber  ich 
wundere  mich,  daß  er  itzo  schon  seine  Gedichte  sammelt.  Mich 
dünkt,  es  ist  zu  frühzeitig.  Nach  etlichen  Jahren  möchte  er 
vielleicht  manches  geäudert  wünschen :  Sie  wißen  es  aus  eige- 
ner Erfahrung. 

Das  neüe  Werk  des  HE.  Wielands  ist  noch  nicht  in  meinen 
Händen :  ich  erwarte  es  aber  stündlich,  und  freüe  mich  darauf. 
Nach  dein,  was  dieses  bewundernswürdige  Genie  seit  einigen 
Jahren  geschrieben,  läßt  sich  was  vortreffliches  erwarten.  Er 
thäte  nicht  wohl,  wenn  er  sich  mit  den  Kunstrichtern  ein- 
ließe. Sie  laßen  ihm  itzt  Gerechtigkeit  widerfahren.  Von  HE. 
Herdern  wünschte  ich  wohl  einmal  wieder  etwas  zu  lesen.  Die 
kritischen  Wälder  werden  vermuthlich  nicht  fortgesetzt.  

Anspach  den  18.  Jun.  1770. 

142  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  2511»  April  1771 
_   Mit  Herrn  Jacobi  that  ich  eine  Reise  nach 
Berlin,  wir  brachten  zu  Potsdam  bey  dem  HE.  von  Knebel 

einen  Abend  zu,  mein  Uz  war  das  Gespräch.  0  wie 

seufz'  ich  mit  unsers  Horaz  Seefahrer  oft  nach  Ruhe!  Solch 
ein  mühevolles  Leben  hatten  wenige  Menschen;  nachgerade 
werd'  ichs  so  müde,  daß  ich  augenblicklich  mein  Amt  nieder- 
legte, und  mit  Salz  und  Brod  zufrieden  wäre,  wenn  ich  nur 
aus  dem  Labyrinth  in  welches  die  Geschäfte  mich  verwickel- 
ten, mich  so  gleich  heraus  fiuden,  und  davon,  ohne  noch 
größere  Mühe,  mich  loß  machen  könte!  Wiewohl  auch  als- 
denn  noch,  die  Betrachtung,  daß  ich  in  itziger  Lage,  manchem 
nützlich  sey,  vielleicht  mich  wieder  in  das  Joch  spannete! 


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397 


Die  meiste  Zeit  bin  ich,  den  Göttern  sey  Danck,  bey  allem  dem, 
heitern  Gemüths  —  Und  meine  Erholung  sind  immer  noch 
die  Musen.  Sehen  Sie  hier,  mein  theurester  Freund,  einen 
Alexis  und  eine  Elise,  zum  Beweise  davon!  Petrarch  und 
Laura  hätten  in  den  elysäischen  Feldern  eyferstichtig  auf  Ale- 
xis und  Elise  werden  sollen,  wenn  ich  mehr  Zeit  auf  die  Er- 
zählung ihrer  Geschichte  hätten  verwenden  können!  

Der  Gebrauch  der  Feile  ist  mir  keine  Erholung,  und  vielleicht 
behaupt'  ich  aus  diesem  Grunde,  daß  eine  gewiße  Nachläßig- 
keit  den  Kindern  der  Musen  nicht  übel  steht!  —  —  — 

0  wie  vieles,  mein  bester  Freund,  hab'  ich  in  dem  Jahre 
meines  Schweigens  verlohren.  Ihr  Urtheil  über  so  manche  neue 
Schriften  z.  E.  über  Wielands  Grazien  —  Was  dachten  sie, 
als  sie  darinn  mich  und  meinen  Jacobi,  seine  Freunde,  fan- 
den? Wenn  sie  nicht  überzeugt  sind,  mein  liebster  Freund, 
daß  jener  Wieland,  der  meinen  Uz  mit  Koth  bewarf,  ein  ganz 
anderer  war,  als  der  die  Grazien  singt,  so  must1  es  Ihnen  an- 
stößig vorkommen  —  Zeigte  sich  hingegen  Wieland  Ihnen, 
wie  er,  ohne  seines  Streits  mit  Ihnen  nur  mit  einer  Sylbe  zu 
gedencken,  sich  mir  und  Herrn  Jacobi  gezeigt  hat,  warlich  sie 
wären  sein  Freund,  wie  sie  mein  Freund  sind.  Oft  bin  ich 
selbst  mit  mir  unzufrieden,  daß  ich,  mit  einem  Manne,  den  ich 
persönlich  nicht  kenne,  solch  ein  Band  der  Freundschaft  knü- 
pfen konte,  jeder  Brief  aber  von  ihm,  wiederlegt  mir  alle 
Zweifel,  und  nimt  mir  alle  Bedencklichkeit.  Oft  dacht'  ich 
meinen  Uz  mit  ihm  zu  versöhnen !  Ich  hatte  schon  ein  kleines 
Gedicht  dieserhalb  an  Wieland  gemacht,  aber  Herr  Jacobi 
wiederrieth,  es  fort  zu  schicken  ;  Wieland  der  Sänger  Abra- 
hams war  nur  der  Feind  von  ihrem  Uz,  nicht  der  Sänget*  der 
Grazien,  sagte  Jacobi. 

Diesen  Sommer  will  er  mich  besuchen,  und  dann  wird  es 
mir  doch  schwer  fallen,  nichts  von  dem  berühmten  Streit  zu 
erwähnen ! 

Welch  ein  vortrefliches  Genie,  mein  bester  Freund,  hat 
dieser  zwote  Wieland!  Sein  neuer  Amadis,  mit  allen  seinen 
muthwilligen  Stellen,  hat  mich  entzückt.  Sie  haben  ihn  ver- 
mutlich noch  nicht  gesehen,  denn  er  ist  erst  aus  der  Preße 
gekommen  —  —  — 


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398 


Fehlte  mir  es  nicht  an  einem  guten  Verseschreiber,  so  gab' 
ich  Ihnen  auch  noch,  sehr  gern  die  Versuche  zweyer  jüngern 
Künstler  zu  lesen,  von  welchen  der  eine  Hoffnung  macht, 
unser  Petrarch  zu  seyn,  der  andre  was  vortrefliches  in  verschie- 
denen Arten,  denn  sein  Caracter  hat  sich  noch  nicht  genüg 
auf  was  Eigentümliches  bestirnt.  Er  schwebt  noch  zwischen 
Original  und  Nachahmung.  Ist  es  nicht  viel,  für  unser  Hal- 
berstadt, daß  wir  solche  gute  Köpfe  bey  uns  haben,  wie  sie 
manches  Königs  Residenz  nicht  aufweisen  kan,  den  Frager 
dieses  keinesweges  mit  darunter  gerechnet?  In  einigen  Jahren 
hoff'  ich,  sollen  Sie  Wunder  sehn,  solch*  ein  Wett-Eifer  ist 
unter  meinen  jungen  Freunden.  —  

Herr  JacobiV.  An  das  Publicum  ist  eigentlich  gegen  die 
Göttingischen  Zeitungen  gerichtet,  in  welchen  Wielands  Gra- 
zien lästerlich  beurtheilet  wurden. 

143.  Uz  an  Gleim. 

Freylich,  liebster  Freund,  haben  Sie  mich  lange  auf  Ant- 
wort warten  laßen.  Ein  volles  Jahr!  Das  ist  zu  arg.  Wenn 
Sie  mir  wenigstens,  wegen  des  übermachten  Bildnißes  der 
Laura,  ein  Recepisse  geschickt  hätten.  Aber  bey  Ihrem  Still- 
schweigen mußte  ich  befürchten,  daß  Sie  entweder  es  nicht  er- 
halten ,  oder  daß  es  Ihnen  völlig  gleichgültig  sey.  Herr 
Hirsch  bezeügte  mir  mehrmalen  seine  üuruhe.  Nunmehr  er- 
freüt  er  sich,  daß  Ihnen  seine  Laura  angenehm  ist,  und 
dankt  Ihnen  für  die  reizende  Elise,  dieß  thue  ich  auch.  Herrn 
v.  Spiegel  habe  ich  sein  Exemplar  zugeschickt.  Er  ist  aber 
nicht  mehr  hier,  und  wird  Ihnen  wohl  selbst  seinen  Dank  zu- 
sehreiben. —  — 

Es  ist  für  mich  eine  große  Frettde,  daß  wir  endlich  eine 
vollständige  Sammlung  Ihrer  Gedichte  hoffen  dürfen.  Mir 
sind  ebenfalls  Avertissemens  zugeschickt  worden.  Aber  mit 
Ihrer  Erlaubniß  werde  ich  die  bey  mir  eingehenden  Gelder 
unserm  Buchhändler  Poschen  zustellen,  damit  er  solche  an 
seinen  Ort  schicke  und  die  Exemplarien  künftig  auch  besorge. 
Ich  tauge  zu  solchen  Sachen  nicht.  Ueberhaupt  hoffe  ich  von 
den   hiesigen  Gegenden    nicht   viel.     Auf    Herrn  Zachariä 


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399 


habe  ich  nicht  Eine  Pränumeration  erhalten,  ohnerachtet  her- 
nach, als  die  Gedichte  selbst  erschienen,  solche  verschiedent- 
lich gekauft  worden. 

Es  ist  kein  Wunder,  daß  junge  Genies  erweckt  werden, 
wenn  ein  Mann,  wie  Gleim,  mit  seiner  gefälligen  liebreichen  Art 
sie  ermuntert.  Von  HE.  Sangerhausen,  deßen  Briefe  Sie  mir 
geschickt  haben,  laßt  sich  viel  versprechen. 

Endlich  habe  ich  den  neuen  Amadis  gelesen  mit  dem  Ver- 
gnügen, mit  welchem  ich  alle  Sachen  von  Wieland  verschlinge. 
Er  ist  voll  Geist  und  launigter  Satire.  Die  wollüstigen  Bil- 
der sind  freylich  auch  nicht  gespaart,  und  diese  werden  ihm 
allerdings  Vorwürfe  zuziehen.  Seine  Streifereyen  wider  die 
Kunstrichter  hätte  er,  meines  Erachtens,  beßer  unterlaßen.  Es 
zieht  Replicken  nach  sich,  die  nicht  allemal  angenehm  sind. 
Ich  gehöre  unter  seine  Verehrer  und  gar  nicht  unter  seine  Feinde. 
Der  alte  Zwist  ist  längst  vergeßen,  wie  ich  schon  einmal  an 
HE.  Riedel  geschrieben.  

Anspach  den  17.  Jun.  1771. 

144.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  25*™  Apr.  1772 

—  —  —  Und  nun  lesen  sie  die  L  i  e  d  e  r  c  h  e  n  ihres 
Gleims  der,  so  alt  und  grau  er  ist,  noch  immer  Liederchen 
singt  —  Und  dann,  mein  Bester,  lesen  sie,  so  bald  sie  können, 
meines  Wielands,  goldenen  Spiegel,  von  welchem  die  zween 
ersten  Theile  schon  zu  lesen  sind.  Meinen  Wieland ,  darf 
ich  ihn  nennen,  denn  er  liebt  meinen  Uz,  und  wenn  er  von 
unsern  Dichtern  diejenigen  großen  Männer  nennen  will,  die 
der  simplen  schönen  Natur  getreu  geblieben  sind,  dann,  mein 
bester  Freund,  nennt  er  Hagedorn  und  Uz.  Erst  in  seinem 
letzten  Briefe,  rief  er ;  im  Zorn  über  einige  neuere  Dichter,  die 
von  jener  simpeln  Natur  sich  entfernen,  rief  er  aus: 

0  Hagedorn!  o  Uz!  Wo  seyd  ihr?  Was  würdet  ihr 
sagen,  was  sagt  ihr  zu  den  Zeiten,  in  die  Gleims  Abend  und 
Wielands  Nachmittag  gefallen  ist! 

Sie  kennen,  mein  lieber  Freund,  unsern  Dohmherrn,  den 
dortigen  Cammerherrn  von  Spiegel,  er  hat  sie  einmahl  be- 


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400 


sucht,  und  nachher  mit  großer  Hochachtung  mir  von  Ihnen 
gesprochen!  Geben,  oder  wenn  er  nicht  dort  ist,  senden  sie 
ihm,  nur  vermittelst  eines  Umschlags,  dieses  Exemplar  von 
den  Liedern  für  das  Volck  —  und  auch  Ihrem  Freunde,  dem 
ich  meine  Laura  zu  dancken  habe,  geben  Sie  das  zwote 
Exemplar. 

Diese  Meße  wird  ihnen  petrarchische  Gedichte,  unter  dem 
Titnl:  Phantasien,  nach  Petrarka's  Manier,  zu  lesen  geben,  zu 
deren  Existenz  jene  Laura  nicht  wenig  beyget ragen  hat.  

145.  Uz  an  Gleim. 

Mein  liebster  FreÜnd, 

Die  wenigen  Zeilen,  die  Sie  mir  geschrieben  haben,  sind 
mir  theürer,  als  von  vielen  andern  ganze  Bogen.  Ich  sehe 
mit  Vergnügen,  daß  mein  alter  Fretind  mich  noch  liebt,  und 
daß  er,  nach  Herrn  Michaelis  Schilderung,  wirklich  glücklich 
ist.  Ein  so  wohlthätiger  Menschenfreund  verdient  es  und  muß 
lange  leben,  um  noch  viele  glücklich  und  vergnügt  zu  machen. 
Ihre  Lieder  für  das  Volk,  wofür  Herr  Hirsch  mit  mir  höch- 
lich danket,  sind  Ihres  edlen  Herzens  würdig  und  werden  nicht 
ohne  Segen  seyn. 

Da  ich  Herrn  Wieland  unendlich  hochschätze,  so  muß  es 
für  mich  sehr  wichtig  seyn,  daß  er  eine  so  gute  Meinung  von 
mir  hat,  als  Sie  mir  schmeichlen.  Seinen  goldenen  Spiegel 
erwarten  wir  in  Anspach  mit  Ungeduld  von  der  Meße,  nach- 
dem wir  uns  bisher  immer  in  unserer  Hofnung  betrogen  ge- 
sehen haben,  ohnerachtet  wir  in  Leipzig  veranstaltet  hat[!J,  daß 
er  sogleich  auf  der  Post  geschickt  werden  sollte.  Er  bleibt 
in  seiner  Schreibart  der  schönen  Natur  getreti,  und  kann  frey- 
lich das  bey  unsern  Dichtern  einreißende  unnatürliche  Wesen 
nicht  auderst,  als  mit  Unwillen,  bemerken.  Ich  kann,  nicht 
glauben,  daß  er  den  Misbrauch  des  Harden-Geschmacks ,  der 
unserer  Poesie  drohet,  billige.  Herrn  Schmidts  petrarchische 
Fantasien  erwarte  ich  von  der  Messe.  Das  Petrarchische  Ge- 
dicht ist  eine  schwere  Gattung,  und  gelingt  selten  in  der  Aus- 
bildung, wenn  nicht  eine  Petrarchische  Seele  auch  wirklich 


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401 


mit  einer  so  schwärmenden  Liebe  entflammt  ist,  als  der  Ita- 
liener.  — 

Anspach  den  23.  May  1772. 

Weil  HE.  Cammer-Herr  v.  Spiegel  nicht  hier  ist,  so  habe 
ich  die  ihm  bestimmten  Lieder  fürs  Volk  seiner  Frau  Schwe- 
ster, der  Frau  Obrist-Lieutenantin  v.  Metsch  gegeben,  die  sie 
ihm  schicken  wird. 

146.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  6.  Apr.  1773. 

Sie  haben  mir  schon  sehr  lange  nicht  geschrieben,  mein 
alter  liebster  Freund:  denn  Ihren  Trauer-Brief  vom  vorigen 
Jahr  wünschte  ich  lieber  nicht  empfangen  zu  haben.  Der 
arme  Michaelis!  Es  ist  ewig  Schade  um  ihn.  Er  war  einer 
von  den  wenigen  jungen  Dichtern,  von  denen  ich  glaubte,  daß 
sie  der  Nation  Ehre  machen  würden.  Zwar  ist  er  in  seiner 
Schreibart  etwas  gewagt,  dunkel  und  entortille*  geworden:  aber 
ich  glaube,  er  hätte  sich  geändert,  wenn  er  älter  geworden 
wäre.  Seine  sehr  lebhafte  Einbildungskraft  stellte  ihm,  an 
seinem  Gegenstande,  eine  Menge  Seiten  vor,  die  er  alle  und 
alle  stark  ausdrücken  wollte:  darüber  verlohr  sein  Bild  die 
Klarheit  und  wurde  manchmal  verworren.  Er  war  gewiß  ein 
guter  Kopf.  Sie  bekommen  hier  einen  Theil  der  prosaischen 
Uebersetzung  unsers  Horazens.  Schon  vor  mehr  als  10.  Jah- 
ren haben  ich  und  ein  Paar  meiner  hiesigen  Freünde  ange- 
fangen, zu  unserm  Vergnügen,  manchmal  eine  Ode  unsers 
Lieblings-Dichters  zu  übersetzen.  Jeder  von  uns  übersetzte 
für  sich,  und  aus  den  dreyen  Uebersetzungen  machten  wir,  bey 
einer  besondern  Zusammenkunft,  eine  gemeinsame;  und  so  wurde 
eine  Ode  nach  der  andern,  endlich  auch  eine  Satyre  und  Epistel 
nach  der  andern  übersetzt,  bis  endlich  der  ganze  Horaz  zu 
Stande  gekommen.  Wir  hatten  niemals  die  Absicht,  etwas 
drucken  zu  lassen:  doch  haben  wir  uns  endlich  dazu  bereden 
lassen,  obgleich  die  jetzige  Art  zu  kritisiren  billig  einen  jeden 
abschrecken  sollte,  etwas  drucken  zu  lassen.  Es  gehe  damit 
wie  es  wolle!  Wird  dieser  Theil  nicht  ganz  übel  aufge- 
nommen, so  kann  der  zweyte  folgen,  auüerdem  aber  auch 

G  1  e  i  m  -  U  z  ,  Briefwechsel.  26 


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402 


wegbleiben.  Ich  verlange  über  keinen  Tadel  zu  streiten, 
und  Sie  müssen  meinen  Nahmen  nicht  bekannt  machen :  ich 
will  nicht  genennt  seyn.  Ich  fürchte,  daß  wir  zu  deütsch,  in- 
sonderheit zu  verständlich  übersetzt  haben,  sermonenique  nos 
non  publici  saporis  habere.  Schreiben  Sie  mir  Ihr  Urtheil, 
und  vornehmlich,  wie  Sie  leben. 

Von  Herrn  Wielands  deütschem  Merkur  habe  ich  noch 
nichts  gesehen,  ohnerachtet  ich  mich  abbonniret  habe.  Ich  ver- 
spreche mir  viel  Gutes,  und  hoffe,  daß  keine  Zänkereyen  die 
Blätter  füllen  werden. 

Aber  denken  Sie  denn  nicht  einmal  im  Ernste  daran, 
Ihre  reitzenden  Schriften  zusammen  drucken  zu  lassen?  Lassen 
Sie  doch  die  Pränumerations-Projeckte  fahren,  die  nun  einmal 
in  Deutschland  nicht  durchzusetzen  sind.  Die  Werke  eines 
Gleims  brauchen  solche  Anstalten  nicht.  —  —  — 

Herr  HofCammerRath  Hirsch,  den  Sie  von  der  Laura  her 
kennen,  ist  ein  Mitarbeiter  bey  der  Uebersetzung ,  und  em- 
pfiehlt sich  Ihnen  aufs  beste. 

147.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  4l™  May  1773 
Sie  haben,  mein  theurester  Freund,  mit  ihrem  Schreiben, 
und  ihrer  Uebersetzung  unsers  Horatz,  mir  eine  große  Freude 
gemacht ;  ich  wolte  dann  erst  Ihnen  es  sagen,  wenn  ich  eini- 
ges Neues  meiner  Muse  beylegen  könte.  Dieses  neue  hatte 
ich  nach  Leipzig  zum  Druck  abgesendet,  keine  menschliche 
Seele  solte  davon  wißen,  ich  wolte  meine  Freunde,  die  sich 
gegeneinander  herausgelaßen  hatten,  mich  in  allen  Gestalten 
meiner  Schreibart  kennen  zu  wollen,  mit  einer  Kleinigkeit  in 
Versuchung  führen,  aller  genomnen  Maaßregeln  ungeachtet, 
wurde  das  Geheimniß  verrathen,  und  der  Druck  selbst  ge- 
rieth,  durch  die  Bosheit  des  Buchdruckers  in  Stillstand,  kurz, 
mein  theurester  Freund,  es  möchte  zu  lange  dauren,  eh'  ich 

jene  Spiele  meiner  Muse,  meinem  Uz  übersenden  könte.  

An  der  Uebersetzung  selbst  wüst'  ich  nicht  das  mindeste 
zu  tadeln;  über  all  habe  ich  Richtigkeit  und  Sprach-Natur 
bemerckt,  nur  in  Absicht  auf  den  Wohlklang,  den  unsre  nie- 
dersächsischen Ohren  verlangen,  wünschte  ich,  sie  hätten  sich 


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denselben  bequemt.  Dieser  Wohlklang,  der  beym  Vorlesen 
hauptsächlich  zu  Hülfe  komt,  besteht  in  den  mehresten  Stellen 
nur  in  Beybehaltung  oder  Weglaßung  des  E.  Zum  Exempel 
8.  214  in  der  Ode,  Lob  des  Drusus  die  Zeile: 

Tapfere  werden  von  Tapfern  gezeuget, 
würden  wir  lieber  lesen: 

Tapfre  werden  von  Tapfern  gezeugt. 
Sehr  oft  ist  dieser  Wohlklang  des  Sylbenmaaßes  auch  für 
unsre  niedersächsischen  Ohren  sehr  genau  beobachtet,  so  daß 
wir  nicht  anders  urtheilen  können,  als  daß  es  nur  eines  Wincks 
bedurft  hätte,  zur  Sorge  für  unsern  Eigensinn  in  diesem  ein- 
zigen Stück,  Sie,  und  ihre  Gehülfen  zu  vermögen,  llienächst 
aber  wünscht  ich,  daß  ihr  Herr  Verleger  seinen  Vortheil 
beßer  verstanden  haben  möchte.  So  eine  feine  Ausgabe  mit 
Beydruckung  des  Textes,  wie  die  kleine  des  Batteux,  wäre 
von  allen  unsern  Liebhabern  der  schönen  Wißenschaften ,  die 
den  Horaz  nur  halb  verstehn,  gekauft,  und  so  genutzt  worden, 
daß  aus  manchem  Liebhaber  ein  Kenner  geworden  wäre,  der 

mit  unserm  Hagedorn  hätte  sagen  können : 

Horatz,  mein  Freund,  mein  Lehrer,  mein  Begleiter, 
Wir  gehn  aufs  Land  p. 

Wären  indeß  die  ganz  abscheulichen  Buchdruckerstöcke 
nur  weggeblieben,  die  den  Augen  unsrer  mehresten  Großen, 
die  an  den  feinen  französischen  Druck  sich  gewöhnet  haben, 
unausstehlich  sind,  so  gieng  es  noch  an,  und  ich,  zum  Exem- 
pel, brächt'  es  dahin,  den  Horatz  meines  Uz,  zum  Taschenbuch 
meines  vortreflichen  Erbprinzen  von  Braunschweig  gemacht 
zu  sehn.  Ich  nenn  ihn  mein,  weil  ich  so  glücklich  bin,  in 
seiner  Gnade  zu  stehn,  und  einen  warmen  Freund  und  Schutz- 
gott unsrer  vaterländischen  Musen  in  ihm  zu  verehren.  Er 
that  mir  neulich  die  Gnade  mich  in  meinem  kleinen  Musen- 
tempel zu  besuchen,  er  kante  die  Bildniße  Klopstocks,  Men- 
delsohns,  Leßings,  Gärtners,  Eberts  pp  

148.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  4l£ü  Juny  1775 

Wir  haben  uns  so  lange  nicht  einander  geschrieben,  mein 
Bester  Uz  —  Wir  wollen  unsre  Sünden  gegeneinander  ant- 

20* 


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heben  —  und  hier,  sehen  Sie,  mein  Theurester,  ein  so  ge- 
nantes rothes  Buch,  und  nehmen  Sie's  zum  Beweise,  daß  ich 
nie  an  meinem  Uz,  mich  versündigte  —  Denn  indem  ichs 
schrieb,  dacht  ich  an  meinen  Utz,  bej  allen  diesen  Stellen,  in 
welchen  das  Herz  am  lautesten  spricht  — 

Wenn  unter  deinen  Brüdern  einer  ist, 

Der,  mit  der  Güte  seines  Herzens  dir. 

Ins  Auge  leuchtet,  und  mit  seinem  Geist 

Den  deinigen  befriedigt  und  erquickt, 

Wohl  dir,  o  Mensch,  dann  hast  du  einen  Mann 

Dem  du  dein  Leben  anvertrauen  kanst. 

Bey  diesen  allen  dacht'  ich  tief  an  meinen  lieben  Uz,  und 
seufzte,  daß  ich  nicht  in  meines  Gottes  Welt  in  einer  kleinen  Hütte, 
Gott,  und  Welt,  und  ihn,  um  mich  herum,  mein  Leben  lebte 
—  Zwanzig  Exemplare  send'  ich  ihnen  —  Ich  habe  dieses 
rothe  Buch  auf  meine  Kosten  zum  Druck  befördert  —  KIop- 
stock  wollt'  es  durch  seine  Samler  verkaufen  laßen ,  mir  die 
Mühe  dabey  selbst  abnehmen  —  Er  muste  nach  Carlsruh  ver- 
reisen —  Und  da  blieb's  alles  mir  zur  Last  —  Das  Exemplar 
wird  verkauft  für  8  Ggr.  den  Louisd  or  zu  5  R..  Die  Ver- 
käufer profitiren  von  zwanzigen  fünfe  —  bezahlen  für  15 
Exemplare  mir  Einen  Louisd'or,  das  PostGeld  trag'  ich,  so 
weit  die  Preußischen  Posten  gehn ;  Ich  weiß  es,  bester  Freund, 
daß  ich  meinen  lieben  Uz  mit  keinem  solchen  Geschäft  be- 
schwerlich fallen  darf;  In  Klopstocks  Gelehrten Republic  findet 
sich  aber  kein  Samler  augezeigt  —  Und  also,  mein  bester, 
ich  send1  ihnen  die  zwanzig  Exemplare  —  Kennen  Sie  einen 
Mann  in  ihrer  Stadt,  der  der  Verkäufer  seyn  will,  danu  gut, 
so  geben  Sie  dem  die  Exemplare,  wo  nicht ,  so  verschencken 
sie  dieselben  an  die  dortigen  besten  Bücherleser  —  und  das 
Erste  Geschenck  geben  sie  der  Dame,  von  welcher  Sie  ein- 
mahl  mir  meldeten  ,  daß  Sie  die  einzige  Freundin  der  Musen 
in  ihrem  Anspach  wäre  —  Das  andere  Sr.  Exellenz  von  Gem- 
mingen, wenn  er  der  Dichter  Gemmingen,  oder  dem  Dichter 

an  Verdiensten  gleich  ist  — 

Gestern  fand  ich  im  Buchladen  den  Zwevten  Theil  der 
Werke  des  Horatz,  und  lief,  und  saß  in  meiner  Rebenlaube, 
laß,  und  ärgerte  mich  über  die  elenden  Krittmänner,  die  meinen 
Uz  so  jämmerlich  getadelt  haben  —  Kehren  sie  doch,  mein 


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Freund,  sich  nicht  au  alles  dieses  Geschmeißes  Geschwätz  — 
Es  hat  mich  her/lieh  gefreut,  daß  sie  nicht  abgehalten  sind, 
den  zweyten  Theil  zu  liefern,  an  dem  ich,  heute  noch,  in 
meiner  Laube  mich  letzen  will  —  Denn  man  liest  doch  gar 
zu  gern  deji  großen  Römer  auch  in  unsrer  Vatersprache. 

Wie  meinem  Uz  das  rothe  Buch  gefallen  hat?  ob  er's 
für  ein  kleines  Verdienst  dem  Verfaßer  anrechnet,  daß  Er,  zu 
einer  Zeit,  in  welcher  alles  niederreißet,  gern  aufbauen  will, 
das,  mein  bester,  von  Ihnen  selbst  zu  hören ,  ist  mein  itziges 
großes  Verlangen !  Die  ganze  Kunstrichterey  —  mit  ihren 
Ver8chwornen  —  wiegt  ein  kleines  Urtheil  meines  Uz  nicht 
auf  — 

Im  vorigen  Sommer  war  ich  zu  Leipzig  und  fand  Kam- 
lern bey  Weißen.  Gott  im  Himmel  welche  Menschen  —  Ich 
hörte,  Ramler  hätte  seinen  Freunden  gesagt,  er  wäre  mit  mir 
verfallen,  weil  ich  seine  Verbeßerungen  meiner  Lieder  in  den 
Liedern  der  Deutschen,  ihm  übel  genommen,  und  wie  rasend 
darüber  geworden  wäre  —  Keine  Sylbe  von  Wahrheit!  —  Und 
doch  —  er  hat  .in  seine  Lyrische  Blnmenlese  nur  eines  meiner 
Lieder  aufgenommen,  von  zweyhunderten,  die  er  hätte  auf- 
nehmen können,  das  schlechteste,  und  dieses  nicht  verbeßert  — 
Welche  Bosheit!  Denn  anders  kan's  nicht  seyn,  er  will  seine 
Insinuationen  geltend  machen.  Ich  seufze.  Soll  ich  aber 
immer  nur  seufzen!  oder  ists  Pflicht,  die  Wahrheit  zu  sagen? 
Mein  Uz  soll  Richter  seyn. 

Wieland,  begleitet  von  Bertuch,  einem  sehr  liebens- 
würdigen jungen  Mann  und  seiner  Frau,  und  seiner  ältesten 
Tochter,  einem  lieblichen  Mädchen  von  sieben  Jahren,  ist  an 
14  Tage  bey  mir  gewesen  —  Wieland  und  Uz,  mein  Bester, 
wären  Herzensfreunde,  so  bald  sie  sich  kennten  —  Von  jener 
Versündigung  an  meinem  Uz,  kan  er  nicht  sprechen  hören, 
so  sehr  gereuts  den  guten  Mann,  einen  Uz  beleidigt  zu  haben : 
er  würde  fußfällig  ihnen  abbitten,  wenn  er  jemahlen  sie  sähe, 
warlich  ia  p  — -In  der  nächsten  neuen  Ausgabe  ihrer  un- 
sterblichen Gedichte,  müßen  Sie,  mein  theurer  Freund,  die 
kleinste  Spur  von  Andencken,  an  diese  Versündigung,  die 
solche  Reue  nach  sich  gezogen  hat,  auslöschen,  wegnehmen. 


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149.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  24.  Jul.  1775. 

 Ich  bin  zu  allen  Zeiten  Ihr  Verehrer  gewesen,  und 

bin  es  noch.  Ihr  rothes  Buch  hat  diese  eingewurzelte  Hoch- 
achtung Ihres  Geistes  und  Ihres  edlen  Herzens  verstärkt.  Ich 
habe  es  schon  mehrmalen  ,  mit  immer  gleichem  Vergnügen, 
gelesen,  und  bin  mit  Herrn  Wielands  Urtheii  im  Merkur  völlig 
einstimmig.  Die  Schrift  macht  Ihnen  gewiß  Ehre,  so  ver- 
schieden auch  die  Urtheile  ausfallen  möchten.  Es  ist  ein 
großes  Verdienst,  den  Menschen  beßer  zu  machen,  und  dieses 
thut  ein  Dichter,  der  edle  Empfindungen  in  ihnen  erweckt. 

HE.  Hof-Cammer-Rath  Hirsch  dankt  Ihnen  aufs  verbind- 
lichste für  Ihr  gütiges  Andenken  und  für  das  überschickte 
Exemplar,  iugleichen  die  Frau  Ober-Marschallin  v.  Altenstein, 
die  Dame,  von  der  Sie  in  Ihrem  Brief  Meldung  thun.  Noch 
etlichen  andern  Damen  habe  ich  damit  ein  willkommenes  Ge- 
schenk gemacht.  Ich  habe  Ihre  Intention,  die  mir  übermach- 
ten 20.  Exemplarien  durch  den  Verkauf  in  die  Hände  des 
Publikums  zu  bringen ,  nicht  außer  Acht  gelaßen.  Aber  der 
hiesige  Buchhändler,  Commercien-Comuiißarius  Haueisen,  hat 
nur  15.  übernommen,  die  er  zu  verkaufen  suchen  und  Ihnen 
das  Geld  künftige  Michaelis-Meße,  durch  den  Halberstädtischen 
Buchhändler  Grose,  Ubermachen  wird.  Zugleich  sollen  Sie  den 
21^  und  Theilder  hiesigen  Uebersetzung  des  Horaz  erhalten. 
Das  Schimpfen  der  seichten  und  partheyischen  Zeitungsschrei- 
ber über  diese  Arbeit  hatte  vielleicht  meinen  Gleim  schüchtern 
gemacht,  mir  deswegen  zu  schreiben.  Aber  ich  denke  immer, 
die  Uebersetzung  sey  nicht  so  schlecht,  als  man  sie  ausge- 
geben ,  obgleich  nicht  so  vollkommen  als  die  Uebersetzer 
wünschten.  Ich  hoffe,  man  wird  ihr  künftig  mehr  Gerechtig- 
keit erweisen. 

Herrn  Wieland  versichern  Sie  meiner  wahren  Hochach- 
tung, die  kein  Compliment  ist.  Ich  halte  ihn,  bey  dem  ein- 
reibenden schlechten  Geschmack,  für  die  vornehmste  Stütze 
des  guten,  des  Geschmacks  der  Natur  und  des  Alterthums.  Meine 
ehemalige  Streitigkeit  mit  ihm  hat  sich  von  selbst  gehoben 


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und  ist  längst  vergeßen,  so  wie  ich  selbst  und  was  ich  ge- 
schrieben, nach  und  nach  vergeßen  wird.  — 

Ihre  Zwistigkeit  mit  Herrn  Raniniler  ist  mir  um  desto 
unangenehmer,  da  sie  von  verdrüßlichen  Folgen  für  Sie  ge- 
wesen ist.  Denken  Sie  ja  nicht  daran,  diesen  Streitt  in  Schrif- 
ten zu  erneüern.   Sie  würden  nur  [das]  Uebel  ärger  machen. 

150.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  Ocfc.  1775 

Eiligst,  tausendfachen  Danck,  mein  bester  Uz,  für 
Ihren  vortreflichen  Horatz! 

Nicht  ohne  den  empfindlichsten  Aerger  über  unsre  toll- 
kühneu  Kritmänner  (Knaben  nicht  Männer)  laß  ich  in  der 
Vorrede  zum  zweyten  Theil ,  wie  so  schändlich  die  Buben 
meinem  Uz  begegnet  sind.  Denn  ich  lese  keine  gelehrte  Zei- 
tungen und  Tagebücher  mehr,  sie  werden  ja  samt  und  sonders, 
die  gothaische  ausgenommen  (die  Leipziger  Bibliotheck  der 
schönen  Wißensch aften  nicht)  von  elenden  Partheygängern 
geschrieben  ! 

Hätt  ich  die  Zeit,  mein  bester  Uz,  so  bewies'  ichs,  daß 
sie  beßer,  als  alle  ihre  Vorgänger,  uns  den  Horatz  gegeben 
hätten ! 

JammerSchade  nur,  mein  bester  Freund  ,  daß  ihr  Ver- 
leger seinen  Vortheil ,  und  der  geschickten  Uebersetzer  wohl- 
verdienten Ruhm,  nicht  beßer  verstanden  hat  —  Beßrer  Druck, 
und  das  Lateinsche  dabey,  so  wäre  der  deutsche  Horatz  das 
Handbuch  unsrer  Hoffleute  geworden  und  unsers  Landadels, 
wie  Batteux  Horatz  in  sauberm  Kleide  das  Handbuch  der 
französischen  geworden  ist. 

Und  dann  nur  kleine  Fehler  nicht  der  Uebersetzung,  son- 
dern der  Sprache,  kleine  Fehler  gegen  den  Wohlklang  oder 
gegen  das  behülfliche  Lesen  —  Kleinigkeiten,  die,  wenn  sich 
nicht  so  viele  Bemercker  derselben  überall  befänden,  nicht  der 
Erwähnung  wehrt  wären,  und,  bey  einer  neuen  Ausgabe  sehr 
leicht  sich  wegschaffen  laßen,  im  Fall  mein  theurer  Uz,  und 
sein  Freund  damit  zufrieden  sind,  daß  ich  ein  Exemplar  mit 
meinen  kleinfügigen  Randgloßen  versehe,  wozu  der  liebe  Gott 
ein  Stündchen  Muße  verleyhen  wird!  — 


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151.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  Jul.  1776 

Hoffrath  Borchward,  Anspachseber  Resident  oder  Agent 
zu  Berlin  ist  gestorben  —  Schon,  seit  einigen  Jahren,  in  wel- 
chen ich  hier  manchen  Verdruß  hatte,  war's  meiu  Plan,  mich 
hier  loß  zu  machen,  und  nach  Berlin  zu  gehn !  Verschiedne 
kleine  Agentschaften,  dacht'  ich,  werden  dir  so  viel 
Einkünfte  geben,  als  du  nöthig  hast,  und  zu  den  kleinen 
Agentschaften  schickt  sich  keiner  beßer ,  als  du ,  denn 
du  kennst  ja  ganz  Berlin ,  vom  Konig  bis  zum  Canzlisten ! 

Ihnen,  mein  Theurer,  sag'  ichs  in  Yertraun,  und  bitte  Sie, 
mir  Nachricht  zu  geben,  so  bald  es  immer  seyn  kan,  ob  Sie, 
bey  ihrem  dortigen  Geheimden  Raths  Collegio ,  in  aller 
Vorsicht,  unter  der  Hand  zu  Stande  bringen  können, 
daß  ich,  wie  aus  eigner  Bewegung,  sondiret  würde?  War's 
aber  ihre  eigne  Sache,  mein  Theurer,  dann,  so  wünsch 
ich  von  Grunde  des  Herzens,  daß  Sie  der  Unsrige  würden; 
und  ich  würde  dann  schon  einen  andern  Weg  einschlagen, 
und  einen  wichtigen  Grund  mehr  haben,  meinen  Wohnungs- 
ort zu  verändern  — 

Ists  alles  Beydes  nichts,  dann  sehn  sie's  an,  wie  eineu 
flüchtigen  Gedanken,  und  sagen  keinem  Menschen  etwas  davon. 

Ich  bin  vor  dreyen Wochen  zu  Berlin  gewesen  —  p  p  

Wir  haben  in  unsrer  Gegend  alle  die  französischen  Auf- 
schriften und  gothischen  Titulaturen  abgeschaft;  geben  Sie 
doch  auch  in  der  ihrigen  ein  gutes  Exempel  — 

Und  steuren  und  wehren  Sie  doch  auch ,  dem  Greuel  der 
Verwüstung,  welche  das  stultum  pecus,  das  unsern  Gö- 
then nachläuft,  überall  anrichtet. 

Die  Iris  unsers  Jacobi  lesen  sie  doch  ? 

152.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  8.  August  1776. 

Ich  habe  mit  Verwunderung  und  ich  laügne  es  nicht, 
theüerster  Fretind,  mit  einiger  Betrübniü  vernommen,  daß  Sie 
Ihren  Aufenthalt  verändern  und  nach  Berlin  gehen  wollten.  Das 


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liebe  Halberstadt!  wo  Sie  schon  in  die  30.  Jahre  iu  Ansehen 
und  Würde  gelebt  haben,  sollten  Sie  das  verlaßen  können? 
Thun  Sie  es  nicht,  mein  Liebster !  Oiunis  Mutatio  periculosa, 
vornehmlich  in  den  J ah  reu,  worinnen  wir  beyde  sind.  Ich  er- 
innere mich  zwar  noch  wohl ,  daß  Sie  von  der  Agentschaft 
allezeit  sich  viel  Vortheii  und  Vergnügen  versprochen  haben. 
Ks  mag  seyn!  Mancher  saurer  Tritt  wird  auch  dabey  seyu. 
Wegen  der  hiesigen  Agentie  habe  ich  mich  erkundiget,  und  er- 
fahren, daß  Serenissimus  noster  solche  Stelle,  noch  bey  Borch- 
warts  Lebenzeiten,  einem,  ich  weis  nicht  wem,  der  einen  italie- 
nischen Nahmen  führt,  versprochen  habe.  Ich  würde  mich 
niemals  darum  gemeldet  haben.  Ich  bin  zu  alt  und  zu  steif, 
mich  zu  einer  neüen  Lebensart  zu  gewöhnen.  Lieber  behelfe 
ich  mich  mit  dem  Wenigen,  was  ich  habe,  so  lang  es  mir 
Gott  läßt,  und  suche  mich  als  ein  Weiser  zu  beruhigen ,  wenn 
mir  manches  nicht  gefallt.  Thun  Sie  es  auch!  Wie  ich  aus 
der  neüen  schönen  Romanze,  die  Sie  mir  überschickt  haben, 
sehe,  besitzen  Sie  noch  alle  Munterkeit  des  Geistes.  Was 
brauchen  Sie  mehr  zu  einem  glücklichen  Leben?  Sie  haben 
das  Nothdürftige.  Setzen  Sie  sich  lieber  den  Verderbern  des 
Geschmacks  entgegen,  die  unser  Deutschland  entehreu.  Müssen 
wir  denn  immer  mit  den  Affen  großer  Männer  heimgesuchet 
werden?  —  —  — 

153.  Gleim  an  Uz. 

Haiberstadt  den  4^  December  1779 

—  —  —  Nur  noch  einmahl  in  meinem  Lebeu  sie  zu 
sehen,  war  raein  heißer  Wunsch,  und,  wäre  Herr  Bertuch  zu 
Weimar,  den  ich  zur  Gesellschaft  mitnehmen  wollte,  zu  Ende 
des  Julii  dieses  Jahrs,  nach  Lauchstedt,  wo  ich  war,  gekommen, 

so  wäre,  dieser  heiße  Wunsch,  nun  schon  erfüllt.  —  

Auch  auf  das  künftige  Jahr  ist  schon  der  Plan  gemacht, 
über  Anspach  nach  Zürch  zu  reisen ;  Uz  und  Bodmer,  sag' 
ich  zu  allen  meinen  Freunden ,  und  Anverwandten,  muß  ich 
noch  sehn,  oder  ich  sterbe  nicht  ruhig!  Herr  Graf  von  Platen. 
welcher  meinem  Uz  dieses  selbst  einzuhändigen,  versprochen 
hat,  sollte  nicht  allein  nach  Anspach  reisen,  wenn  ich  ihn 
begleiten  könnte!  Gelingt  es  mir,  was  ich  vorhabe, 


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so  bin  ich  bald  ein  freyer  Mann,  und  dann  leb'  ich  für 
meine  Freunde !  reise  von  einem  zu  dem  andern,  von  Wei- 
mar, nach  Anspach,  von  Anspach  nach  Zürch.  An  Vater 
Bodmer  hab'  ich  mich  gröblich  versündigt.  Er  zerfiel  mit 
Klopstock,  ich  entschied  für  diesen  —  Damalen,  mein  Theu- 
rer ,  hatt  ich  mit  der  Schwachheit  der  Menschen  noch 
nicht  so  viel  Geduld  als  izt  —  Vater  Bodmer  blieb  mein 
Freund;  er  schrieb  an  mich  von  Zeit  zu  Zeit,  ich  konte 
mich  nicht  überwinden,  oder,  beßer,  das  große  Recht  auf 
Klopstocks  Seite  machte  gegen  Vater  Bodmer  mich  kalt; 
Hochachtung  hatt  ich  für  ihn,  aber  ich  liebte  den  Manu  nicht 
mehr,  der,  in  meinen  Augen,  an  Klopstock  gröblich  sich  ver- 
sündigt hatte;  Dieses  ihnen  deutlicher  zu  raachen,  müst  ich 
einen  ganzen  Bogen  voll  schreiben  —  Auf  alle  die  treuherzi- 
gen Briefe  des  guten  Vater  Bodmers  blieb  ich  die  Antwort 
schuldig  —  Endlich  ists  mir  Last  geworden  auf  dem  Herzen, 
ich  mache  mir  Vorwürfe,  halte  für  Unrecht,  daß  ich  nicht 
gleich  dem  Beklagten  offenherzig  meine  Gedanken  bekant  machte, 
Verteidigung  von  ihm  verlangte  p  —  Nun  kan  ichs  Alles 
nicht  anders  wieder  gut  machen,  als  damit,  daß  ich  zu  ihm 
reise,  pp  

Von  Ihnen  hört  ich  die  Frau  von  Metsch  und  den  Herrn 
Grafen  v.  Platen  viel  zu  wenig  sprechen  !  Die  Propheten  sagt 
ich  zu  Ihnen,  gelten  gemeiniglich  nicht  viel  in  ihrem  Vater- 
lande —  Der  Uebersetzer  des  Cervantes  ist  er  ein  braver  Mann 
und  meines  Freundes  Freund?  

Ich  habe,  mein  Theurer,  Allerley  gedruktes, 
für  Sie  zusammen  gesucht  — 

K  r  iegeslied  er  im  Jahr  1778  und  1779  —  Mit  wenigen 
dieser  Lieder  ist  der  alte  Kriegessänger  i  z  t  zufrieden  —  Er  ist 
des  Dienstes  entlaßen,  hat  nun  Zeit  zu  feilen,  will  eine  neue  Aus- 
gabe seiner  alten  und  neuen  Kriegeslieder  nächstens  herausgeben. 

Lieder  der  Liebe.  Sind  Lieder,  nach  dem  Salomo  ; 
veranlaßt  durch  Herders  Lieder  der  Liebe;  der  sechzigjährige 
Sänger  derselben  machte  sich  einen  Spaß  damit,  sang  Sie  zum 
Beweise,  daß  man  Lieder  der  Liebe  singen  könnte,  wenn  mau 
nicht  mehr  liebte  —  In  dreyen  Tagen  waren  die  dreyßig  Lie- 
der gesungen,  gedrukt,  und  auf  die  Post  gegeben,  um  den 


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vortreflichen  Herder  —  der  freylich  meinem  Utz  überall  nicht 
eben  gefallen  wird,  damit  zu  überraschen  — 

Lieder  nach  Walter  von  der  Vogelweide  —  nicht  eben 
sehr  getreu  —  Hätt  ich  die  Zeit,  wie  ich  die  Lust  habe,  so 
sang  ich  eine  Menge  solcher  Lieder  nach  unsern  herrlichen 
Minnesingern,  die  von  unsern  Deutschen  so  schändlich  schon 
vergeßen  werden  — 

H  a  1 1  a  d  a  t  neue  Auflage  vermehrt  mit  dem  dritten  Buche  — 
Dis  dritte  Buch  ist  noch  im  Buchladen  nicht  zu  haben;  ich 
bitte  deswegen  es  nicht  aus  den  Händen  zu  geben,  damit  es 
nicht  den  schändlichen  Nachdrukkern  in  die  Klauen  geräth. 
Zu  Leipzig  hat  in  diesem  Jahr  ein  solcher  Schurke  herausge- 
geben: Friedrich  Wilhelm  Gleims  sämtliche  Wercke  —  neue 
verbeßerte  Ausgabe  —  Das  Bild  davor  ist  aus  dem  Soldaten- 
Galgen  gestohlen  —  Der  Schurke  soll  arm  seyn,  und  mit  die- 
ser Ausgabe  sich  geholfen  haben,  deswegen  ärgerts  mich  nicht 

—  Hätt  er  nur  nicht  so  gar  elende  Gedichte  mit  aufgenommen, 
und  für  Gleims  Gedichte  gegeben. 

Kriegeslieder  in  den  Jahren  1756—57.  ist  eine  Aus- 
gabe für  die  gemeinen  Soldaten  —  ich  habe  die  Menge  von 
Exemplaren  zur  Vertheilung  an  Feldprediger  übersendet  in 
unsre  Feldlager,  und  die  Soldaten  haben  sie  fleißig  gesungen, 
auf  den  Feld-Wachen  und  Märschen  —  Die  neue  Composi- 
tion  ist  von  Rolle  zu  Magdeburg  — 

Andre  Kleinigkeiten  mögen  sich  selbst  erklären  — 
unsre  hiesigen  Musen  haben  viel  bisher  gesungen;  ich  habe 
keinen  Abschreiber  itzt,  sonst  gab  ich  meinem  lieben  theuren 
Uz,  von  dem  ich  weiß,  daß  er  den  Musen,  so  sehr  ers  äusert, 
noch  nicht  ungetreu  geworden  ist,  es  alles  zu  lesen.  Ich  habe 
dem  guten  Clamer  Schmid,  (sie  solten  ihn  kennen,  er  ist  von 
unsern  Dichtern  warlich  einer  der  besten,  unschuldig,  wie  ein 
Kind,  macht  izt  Erzählungen  im  Geschmack  der  Contes  de 
la  Fontaine  —  viele,  ganz  vortreflich  — )  ich  hab'  ihm  ge- 
rathen  —  Einen  A 1 1  m  a  n  a  c  h  oder  so  Etwas  herauszugeben 

—  nicht  für  das  elende  deutsche  Publicum  —  sondern  für 
unsre  besten  Kenner  und  Liebhaber  —  Hundert 
sollen  sich  verbindlich  machen  zehn  K/.  jeder  zu  geben  — 
macht  1000  Rf.    Davon  soll  1)  Schmid  einen  Theil  haben 


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2)  sollen  die  Unkosten  bestritten  werden  3)  sollen  einige  Preise 
ausgebothen  werden.  Die  geheimsten,  freyesten  Stükke 
sollen  hinein  —  Jeder  der  hundert  soll  sich  verbindlich  machen 
sein  Exemplar  nicht  aus  den  Händen  zu  geben  —  Wers  thut 
ist  augenblicklich  verrathen,  denn  es  werden  nur  hundert  Exem- 
plare gedruckt  und  jedes  hat  ein  geheimes  Kennzeichen,  das 
den  Nachdrukker  bekant  macht  pp  —  —  — 

Ich  bitte,  mein  Theurer,  die  Beylage  an  den  Herrn  Pro- 
feßor  Bodmer  dort  auf  die  Post  zu  geben,  und  so  weit,  als 
nöthig,  das  Porto  zu  bezahlen,  ich  bleibe  dafür  ein  Schuldner. 

154.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  1012?  Jan.  1780. 

Allerliebster  Freünd 

Ich  habe  niemals  an  Ihrer  Freundschaft  gezweifelt,  auch 
bey  Ihrem  langen  Stillschweigen  nicht.  Es  ist  aber  besonder, 
daß  Sie  es  zu  einer  Zeit  unterbrechen,  da  ich  eben  damit  um- 
gieng,  an  Sie  zu  schreiben.  Die  Sache  verhält  sich  also.  Ich 
bin  gegen  das  Ende  des  abgewichenen  Jahres  in  das  Sechzigste 
Jahr  meines  Alters  getreten.  Es  war  ganz  natürlich,  da  ich 
schon  so  weit  in  den  Jahren  bin,  daß  ich  daran  gedachte, 
meine  Sachen  auch  in  Ordnung  zu  bringen.  Es  fiel  mir  meine 
Brief-Sammlung  ein.  Um  sie  nicht  in  fremde  ungewaschene 
Hände  kommen  zu  laßen,  wollte  ich  es  so  einrichten,  daß,  bey 
einem  unvermutheten  Falle,  meine  vornehmsten  Freünde  ihre 
Briefe  wieder  zurück  erhalten  sollten.  Ich  suchte  sie  also  aus- 
einander, und  hatte  keine  geringe  Freüde,  daß  die  Sammlung 
mit  meinem  lieben  Gleim  anfieng,  und  auch  lange  Zeit  die  mei- 
sten von  ihm  waren.  Ich  fieng  an  zu  lesen,  und  konnte  nicht 
davon  kommen,  soviel  schöne,  gründliche,  witzige  Sachen  fand 
ich.  Sie  sind  ein  wahrer  Schatz.  Aber  ich  betrübte  mich, 
daß  ihrer  in  den  neüern  Zeiten  immer  weniger  wurden,  und 
sie  mit  dem  Jahr  1776.  endlich  gar  aufhörten.  Ich  nahm  mir 
auf  der  Stelle  vor,  an  Sie  zu  schreiben.  Ich  sagte  es  meinem 
Hirsch,  daß  ich  nicht  aus  der  Welt  gehen  könnte,  ohne  noch 
einen  Brief  von  Ihnen  zu  sehen.  Nun  sind  Sie  mir,  auf  eine 
so  freundschaftliche  Art,  mit  Ihrem  liebevollen  Briefe,  der  mich 


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wieder  ganz  jung  gemacht  hat,  zuvorgekommen.  Dank,  inni- 
ger Dank,  sey  Ihnen  dafür,  und  für  Ihre  lieben  Geschenke! 
Ihre  schöne  Taße  steht  in  meinem  Gläser-Schranke  vor  aller 
Augen,  als  ein  Geschenk  meines  Gleims.  Ich  lief  sogleich  zu 
HE.  Grafen  vonPlaten,  mich  zu  bedanken,  daß  er  mir  sie  so 
unverletzt  überbracht  hatte.  Ich  sprach  auch  im  Concert 
mit  der  Frau  v.  Reitzenstein,  die  mir  HE.  Schmidts  Gedicht 
auf  die  Frau  v.  Spiegel  überschickt  hatte.  Ich  erkundigte 
mich  bey  beyden  nur  nach  Ihnen,  und  erfuhr  mit  größtem 
Vergnügen,  daß  Sie  gesund,  munter  und  allgemein  geliebt  sind. 
Beyde  machten  mir  Hofnung,  daß  wir  Sie  in  Anspach  sehen 
würden.  Gott  gebe,  daß  endlich  erfüllet  werde,  was  Sie  seit 
20.  Jahren  versprechen !  Geschäftig  und  thätig  sind  Sie  genug, 
das  seh  ich  aus  Ihren  neüesten  Gedichten.  Die  Muse  hat  sie 
noch  nicht  verlassen,  wie  mich.  Sie  dichten  noch  immer  mit 
eben  so  großer  Leichtigkeit  und  natürlichen  Anmuth,  als  je- 
mals. Der  vermehrte  Halladat  ist  mir  ein  angenehmes  Ge- 
schenk. Ich  habe  diese  Schrift  allzeit  für  eines  Ihrer  besten 
Producten  gehalten.  Die  neüern  Kriegslieder  sind  des  unsterb- 
lichen Grenadiers  nicht  unwürdig.  Wenn  sie  nicht  die  Er- 
habenheit und  den  Enthusiasmus  der  alten  haben,  so  ist  zu 
bedenken,  daß  der  letzte  Krieg  auch  weniger  Veranlaßung  da- 
zu gegeben,  Gott  sey  Dank  dafür !  Daß  Sie  die  alten  Kriegs- 
lieder, mit  den  angemeßenen  Melodien  des  braven  Rolle,  unter 
die  Soldaten  austheilen  laßen,  ist  des  patriotischen  Gleims 
würdig. 

Nun  noch  ein  Paar  Worte  von  mir!  Ich  bin,  seit  einer 
vor  etlichen  Jahren  ausgestandenen  harten  Krankheit,  Gott 
Lob!  gesund,  und  lebe  zufrieden.  Ich  habe  keinen  Überfluß, 
doch  auch  keinen  Mangel.  Ich  lebe  nicht  als  ein  Domherr, 
doch  auch  nicht  völlig  als  ein  Einsiedler.  Ich  mache  mir  keine 
neüen  Freünde,  sondern  vergnüge  mich  meist  mit  den  alten, 
worunter  HE.  Hirsch  für  Ihr  gütiges  Angedenken  verbindlich- 
sten Dank  erstattet.  Den  Ubersetzer  des  Cervantes  kenne  ich 
als  einen  braven  Mann.  Gott  hat  mir  nur  noch  Eine  Schwe- 
ster, die  sich  Ihnen  bestens  empfiehlt,  gelaßen.  Vor  etlichen 
Jahren  hat  er  mir  die  ältere  genommen,  und  im  vorigen  Jahre 
meine  acht  und  achtzigjährige  gute  Mutter.  Nun  lebe  ich  in 


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einem  kleinen  HaUschen,  das  eben  für  mich  und  meine  Schwe- 
ster zulangt,  solange  der  allgemeine  Vater  will.  —  —  — 

Der  Plan  zum  Halberstädtischen  AI  man  ach  ist  gut,  und 
deßen  Ausführung  wünschenswerth.  Aber  werden  Sie  100. 
Personen  finden,  die  jeder  10.  Tbl.  hierzu  hergeben  wollen 
oder  können!  Unter  den  Gelehrten  wohl  schwerlich,  die 
insgemein  das  Geld  nicht  überflüßig  haben. 

Sie  besch wehren  sich,  daß  der  Hällische  Nachdrucker  eine 
häßliche  Abbildung  von  Ihnen  geliefert  habe?  Aber  warum 
sorgen  Sie  nicht  für  eine  beßere  ?  Ist  es  nicht  eine  Schande, 
daß  wir  von  einem  Gleim  kein  gutes  Porträt  habeu  ?  ob  ich 
gleich  mit  meinem  eigenen  nicht  ganz  zufrieden  bin. 

HB.  Clamer  Schmidt  kenne  ich  als  einen  unserer  vorzüg- 
lichen Dichter.  Aber  warum  schreiben  Sie  mir  nichts  von 
dem  liebenswürdigen  Jacobi?  Ist  er  nicht  mehr  bey  Ihnen? 
und  dichtet  er  nicht  mehr? 

Ihr  Paquet  an  Bodmern  habe  ich  bestellt,  und  sollten  Sie 
es  wohl  glauben?  mit  einem  Schreiben  begleitet.  Es  ver- 
drießt mich,  daß  der  verdienstvolle  Mann  noch  immer  böse  auf 
mich  ist.  Sie  wissen,  daß  ich  ihn  verehre.  Wielands  und  Duschens 
Angriffe  auf  mich  haben  die  Sache  aigrirt. 

155,  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  IG1™  Nov.  1780 

Endlich,  mein  theurer  Utz,  hab'  ich  in  meinen  Musen- 
tempel ein  erträglich  Bild  von  Ihnen  erhalten,  durch  die  Güte 
des  Herrn  Grafen  von  Platen,  ein  nur  erträgliches!  Schande, 
daß  uusre  großen  Maler  lieber  reiche  Dummköpfe  malen,  als 
arme  Dichter  und  arme  Philosophen  —  und  Schande,  daß 
unsre  Fürsten  nicht  die  großen  Maler  in  alle  Welt  umher  sen- 
den, die  weisesten  und  besten  der  Menschen  für  sie  [zu]  ma- 
len —  Dieses  zu  thun,  mögt  ich  ein  Fürst  seyn !  Olm  aber  es 
zu  seyn,  hab  ich  die  Hoffnung  von  meinem  Uz  noch  einmal 
ein  gutes  Bild  zu  bekommen.  Eich  ein  vortreflicher  Maler 
komt  vielleicht  in  ihre  Gegend,  er  ist  itzt  zu  Mannheim,  ich 
werde  dahin  ihm  schreiben,  und  ihn  bitten,  nach  Anspach  zu 
gehn,  und  meinen  Uz  für  die  Nachwelt  zu  malen.   In  meinem 


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kleinen  Musenteinpel  befinden  sich  schon  vier»  sehr  schöne  Bil- 
der von  Ihm  —  Jacobi ,  der  Verfaßer  Woldemars,  Er  selbst, 
und  zweymal  Heinse,  der  Verfaßer  von  den  Briefen  über 
die  Düßeldorfische  Gallerie  im  deutschen  Mercur,  ein  treflicher 
Kopf,  der,  wenn  Er  auf  seiner  Reise  nach  Rom,  meinen  Uz 
vorbeygereiset  ist,  sich  versündigt  hat,  an  mir,  denn  ich  habe 
so  viel  von  meinem  Uz  mit  ihm  geschwatzt,  daß  er  nicht  vor- 
bey  gereiset  wäre,  wenn  ers  geglaubt  hätte.  

Von  un8ern  Musen  haben  Sie  manches  vermuthlich  zu  lesen 
bekommen.  Unserm  Dohmdechant,  dem  sehr  braven  Mann  zu 
gefallen  haben  sie  geschertzt  —  Ich  send  Ihnen  den  Liebes- 
götterkrieg —  den  sie  vielleicht  noch  nicht  gesehen  haben, 
ob  wohl  der  Herr  Dohmdechant  einige  Exemplare  nach  Ans- 
pach an  die  Frau  von  Reitzenstein  abgesendet  hat  —  Bekant 
soll  er  nicht  werden,  deswegen  sind  nur  etwa  zwanzig  Exemplare 
gedruckt  —  Freund  Fischer  (hier  Rector)  ist  der  Verfaßer  — 

Vor  kurzem  hatt'  ich  das  Vergnügen  Herrn  Prof.  Müller, 
der  die  Geschichte  der  Schweitzer  ganz  im  Geist  des  Tacitus 
geschrieben  hat,  bey  mir  zu  sehen  —  Haben  Sie  diese  Ge- 
schichte noch  nicht  gelesen,  so  rath  ich  alles  andre  bey  seit 
zu  legeu.  Wir  haben  keinen  solchen  Geschichtschreiber  — 
Alle  die  andern  mögen  sehr  vortrefliche  Geschichterforscher 
seyn,  dieser  ist  mein  Mann!  Sein  Buch  soll  in  der  Schweitz, 
und  zu  Wien,  sehr  großes  Aufsehen  machen  —  Das  Neuste 
das  ich  Ihnen  melden  kan,  ist,  daß  unser  Clamer  Schmid  eine 
Laura  gefunden  hat,  für  mich  nichts  angenehmes,  denn  er  sitzt 
bey  seiner  Laura,  singt,  und  liebt  seine  Freunde  nicht  mehr 
—  Der  arme  Mann!  

Diesen  Sommer  war  ich  in  der  Nähe  Berlins,  und  kam 
nicht  hin  —  Ich  habe  keinen  Kleist  zu  Potsdam  mehr,  und 
keinen  Sulzer  zu  Berlin,  denn  dieser  war  der  eine  treu  ge- 

bliebne  

Der  Kayaer  sagt  man,  wäre  Kayser  

Dis  ist  mein  letztes  Lied,  gesungen  den  3*111  Nov.  1780 
ich  möchte  für  meinen  theuren  Uz  alle  Kleinigkeiten  meiner 
Musen  abschreiben  um  ihn  zu  ermuntern,  daß  er  dafür  von 
seinen  Meisterstükken ,  mir  etwas  dagegen  gäbe,  denn  gewiß 
ist  seine  Muse  nicht  müßig  gewesen. 


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Meine  Wercklein  sind  endlich  in  einer  säubern  Hand- 
schrift zusammen  geschrieben,  und  ich  gehe  sehr  ernsthaft  da- 
mit um,  sie  drukken  zu  laßen,  vermuthlich  auf  Subscription, 
weil  ich  mit  keinem  Buchhändler  zu  thun  haben  mag  —  Zu 
Leipzig  ist  1779  eine  der  eleudesten  Ausgaben  erschienen,  mit 
einer  Menge  von  Stükken,  die  der  elende  Samler  für  die  mei- 
uigen  gehalten  hat,  es  ist  ein  Elend,  wer  aber  kans  hindern  ? 

156.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  26.  Dec.  1780. 
 Herr  Graf  von  Platen  hat  Ihren  Brief  mir  rich- 
tig überschickt.  Durch  ihn  haben  Sie  auch  mein  Bildniß  er- 
halten, das  eine  Copie  von  einem  guten  Pastell-Geinählde  ist. 
Sie  ist  ziemlich  treü,  aber  gleicht  freylich  in  ansehung  der 
Kunst  dem  Original  nicht,  nach  welchem  Bause  seinen  großen 
Kupferstich  gemacht  hat,  aber  nicht  mit  aller  Treüe.  Ueber- 
haupt  gleicht  mir  von  den  vielen  Bildnissen,  die  nach  mir  ge- 
macht worden,  nicht  Eines  recht,  nicht  einmal  die  Silhouetten. 
Nunmehr  sitze  ich  keinem  Mahler  mehr,  ich  bin  zu  alt,  und 
es  verlohnt  sich  der  Mühe  nicht.  Aber  sehen  will  ich,  ob 
denn  Sie  nicht  einmal  für  Ihr  eigenes  Bildniß  sorgen  werden, 
an  welchem  der  Welt  mehr  gelegen  seyn  muß,  als  an  meinem. 
Sie  haben  gewiß  beßere  Gelegenheit,  ein  gutes  Gemähide  zu 
bekommen,  als  ich.  Vielleicht  erhalten  wirs  vor  der  neüen 
Auflage  Ihrer  Gedichte,  wozu  Sie  Hoffnung  machen.  Daß  Sie 
noch  immer  Gleim  sind,  hat  mir  Ihr  neüestes  kleines  Gedicht- 
gen, das  Sie  Ihrem  Briefe  beygelegt  haben,  gezeigt.  Aber  ich 
fürchte,  Sie  fahren  nicht  wohl,  wenn  Sie  mit  eigenem  Verlag 
sich  beladen.  Außer  dem  vielen  Verdruß,  der  gewiß  nicht  feh- 
let, können  Sie  auf  den  geschwindesten  Nachdruck  rechnen. 
Eben  deswegen  ist  der  Weg  der  Subscription  nicht  mehr  so 
vortheilhaft,  als  ehemals. 

Für  den  Liebesgötterkrieg  danke  ich  unendlich.  Es  ist 
sehr  angenehm,  voll  Erfindung  und  Witz.  Den  Verfaßer, 
Herrn  Fischer,  kenne  ich,  als  einen  geschickten  und  denken- 
den Dichter,  aus  denen  gesammelten  Gedichten  bey  dem  Tode 
der  Frau  von  Spiegel,  welche  Sammlung  Herr  v.  Spiegel  mir 
überschickt  hat.    Es  ist  mir  ein  großes  Vergnügen  gewesen, 


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von  einem  so  ausgesuchten  Chor  vortrefflicher  Männer,  bey 
Einer  Gelegenheit,  unterhalten  zu  werden. 

Herr  Heinse  ist  letzthin  nicht  bey  mir  gewesen,  aber  wohl 
vor  etlichen  Jahren,  als  er  in  hiesigeu  Gegenden  sich  aufhielt, 
und  den  Petron  übersetzte.  Ich  widerrieth  ihm  dieses  Unter- 
nehmen sehr  ernstlich,  ob  ich  gleich  die  Proben  seiner  Ar- 
beit, von  Seiten  des  Geistes,  seiner  würdig  fand.  Ich  wollte, 
er  hätte  mir  gefolgt,  und  wenigstens  die  häßlichen  Noten 
weggelaßeu. 

Ich  habe  Ihnen,  soviel  ich  weis,  geschrieben,  daß  ich  dem 
Paquet,  das  Sie  mir,  vor  Einem  Jahre,  an  Bodmern  beyge- 
geschlossen,  auch  ein  Paar  Zeilen  von  mir  beygefügt  habe. 
Der  ehrwürdigste  Greis  hat  mir  sogleich  geantwortet,  und  zwar, 
soviel  ich  enträtseln  können,  auf  das  freundschaftlichste  und 
liebreichste. 

Herr  Hirtzel  hat  mir  durch  seine,  an  Sie  gerichtete  Bio- 
graphie des  unsterblichen  Sulzers  ein  wahres  Vergnügen  ge- 
macht, und  HE.  Müller  durch  seine  Geschichte  der  Schweitzer 
nicht  weniger.  —  

157.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  27lLn  Jan.  1782 
—  —  —  Etwas  vortreflichs  haben  sie  gemacht,  ein  neues 
Gesangbuch,  und  ein  dortiger  Geistlicher,  der  ein  braver  Mann 
seyn  muß,  weil  Er  ihr  Freund  ist,  hat  ihnen  geholfen  —  Ich 
habe  so  gleich  in  den  Buchladen  geschickt,  das  neue  Gesang- 
buch ist  aber  nicht  zu  haben  —  Also,  mein  Theurer,  bitt'  ich, 
es  mir  zu  senden,  ich  werd  es  einführen  in  meiner  Hauß- 
Kirche  — 

Sie  haben  ohne  Zweifel  schon  unser  preußisches  allge- 
meines Gesangbuch,  mit  dem  ich  nicht  Uberall  zufrieden  bin  — 
Man  hat  die  besten  neuen  Lieder  nicht  gewählet,  und  die 
guten  alten  schlecht  verbeßert  —  Hätten  sies  nicht,  so  könnt 
ichs  Ihnen  senden  gegen  ihr  Anspachisches. 

In  ihrem  Alter,  mein  Bester,  scheinen  sie  Freunde  dort 
zu  haben,  wie  sie  ihnen  fehlten  in  der  Jugend ;  sie  haben  auch 
noch  den  Herausgeber  und  Ubersetzer  unsers  Anakreons.  Die 
Übersetzung  hab  ich  noch  nicht  gesehen,  wollten  sie  sie  dem 

0  1  e  im  -  U  z,  «riefwecliscl  27 


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Gesangbuch  beylegen,  und  Alles  was  sonst  in  ihrer  Gegend 
für  uns  heraus  gekommen  ist,  so  würd'  es  mir  angenehm  seyn 
—  Ich  bringe  meine  Bücher  in  Ordnung,  die  nach  meinem 
Tode  beysammen  bleiben  sollen,  und  da  fehlt  mir  manches 
Neue  — 

Daß  wir  unsern  Götz  verlohren  haben  —  daran,  mein 
lieber,  mag  ich  nicht  denken,  ich  weine  noch  um  meinen 
Leßing!  Die  alten  Freunde  verlaßen  mich,  sterben,  oder  wer- 
den ungetreu;  Sie  mein  Theurer,  sind  noch  übrig  sie  sind 
immer  mir  getreu  geblieben,  möcht  ich  noch  einmahl  in  meinem 
Leben  die  Freude  haben,  meinen  Uz  zu  sehn  —  Noch  immer 
war's  mein  vester  Vorsatz  über  Anspach  eine  Reise  vorzuneh- 
men in  die  Schweitz  —  Die  Ermordung  Wasers  durch  Ein 
und  Zwanzig  Zürcher  hat  endlich  diesen  Vorsatz  wankend  ge- 
macht, und  nun  reis  ich  nicht  weiter  als  nach  Anspach  zu 
meinem  lieben  Uz,  wenn  er  mich  haben  will,  auf  Ein  paar 
Tage  - 

Von  meinem  itzigen  Leben  kan  ich  nicht  viel  Rühmens 
machen  —  ich  bereite  mich  zum  Abschied  aus  der  Welt,  krame 
viel  in  meinen  Papieren  und  Büchern,  um  alles  in  Ordnung 
zu  bringen,  was  bisher  in  Unordnung  gelaßen  wurde  — 

Meinem  Leßing  werd  ich  ein  kleines  Denkmahl  setzen, 
in  meinem  Garten,  eine  Urne,  mit  dem  Nahmen  Leßing,  auf 
die  andre  Seite: 

Götz  war  sein  Feind, 
Mendelsohn  sein  Freund! 

158.  Uz  an  Gleim.1) 

Anspach  den  27.  Febr.  1782. 
Freylich,  mein  liebster  Gleim,  habe  ich  lange  gewünscht, 
daß  ich  Sie  vor  meinem  Tode  wohl  noch  sehen  möchte.  Seit 
zwanzig  und  mehr  Jahren  haben  Sie  auch  Hoffnung  dazu  ge- 
macht. Ich  habe  diese  Hoffnung  längst  aufgegeben.  leb 
glaube,  wir  beyden  haben  unsere  Reisen  auf  diesem  Erdklum- 
pen gethan.  Als  ich  letzthin,  in  der  Gothaischen  Zeitung,  die 
unvermuthete  Nachricht  von  unsers  Götze  Tode  las,  sagte  ich 
zu  einem  Frettnde,  dem  HE.  HofCammer-Rath  Hirsch,  der 

1)  Von  Gleims  hand:  „Empfangen  den  23^  Marz.  1782*. 


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Sie  verehrt  und  sich  empfiehlt:  so  ist  denn  auch  dieser  Todt, 
und  nun  lebt  keiner  meiner  ältesten  Freünde  mehr,  als  der 
älteste,  mein  Gleim!  Gott  weis,  welcher  von  uns  beyden  des 
andern  Tod  beweinen  muß!  Ich,  mein  liebster  Gleim,  habe 
lang  genug  gelebt,  und  als  Schriftsteller  mich  überlebt,  wie 
der  Verfaßer  des  Almanachs  für  Belletristen,  historisch  wahr, 
bemerkt.  Ich  tröste  mich  mit  Vater  Hagedorn,  dem  es  auch 
nicht  beßer  geht,  und  fttrchte,  die  Ewigkeit  vieler  itzt  so  hoch 
erhobenen  Dichter  möchte  auch  nicht  länger  dauern,  als  die 
meinige.  Aber  ist  es  nicht  schändlich,  daß  der  arme  Götze 
so  mishandelt  wird,  als  wäre  er  mit  dem  Hamburger  Götze 
gleichen  Kalibers?  Der  Bube  muß  von  diesem  feinen  und 
empfindungsvollen  Dichter  gar  nichts  gelesen  haben.  Ich  freüe 
mich,  daß  sein  ältester  Sohn  in  Mannheim  eine  Sammlung  der 
Gedichte  seines  Vaters  herausgeben  wird,  und  zwar  unverän- 
dert, wie  sie  aus  deßen  Feder  gekommen.  Es  wird,  bey  dem 
elenden  Zustand  unserer  Litteratur,  ein  großes  Geschenk  für  das 
deutsche  Publikum  seyn,  wenn  daßelbe  anders  noch  Geschmack 
an  der  ächten  Natur  und  wahrem  Witz  finden  kann,  woran 
ich  ziemlich  zweifle. 

Hiebey  überschicke  ich  das  neüe  Anspachische  Gesangbuch 
das  Sie  verlangt  haben.  Da  die  Erste  Auflage  mit  gröberem 
Drucke  schon  vergriffen  ist,  so  habe  ich  die  zweyte,  mit  klarem 
Druck,  abwarten  müssen,  wobey  aber  das  kleine  Gebetbuch 
noch  nicht  abgedruckt  ist.  Desto  beßer  ist  es  zum  über- 
schicken, auf  einem  weiten  und  kostbaren  Wege.  Ich  wünsche, 
daß  Sie  damit  zufrieden  seyn  mögen.  Mein  Freünd,  D.  Junk- 
heim  und  ich  haben  etliche  .fahre  mit  dieser  Arbeit  uns  be- 
schäftiget, und  es  ist  eine  saure  Arbeit  gewesen.  Zwar  ist 
schon  viel  vorgearbeitet:  wir  haben  auch  die  neüesten  Ge- 
sangbücher, unter  andern  das  Berliner  und  Kieler,  die  wir  je- 
doch etwas  späte  erhalten  haben,  genutzt.  Aber  oft  hielten 
wir  doch  eine  neüe  Verbeßerung  nöthig.  Sodann  durften  wir 
das  Locale  nicht  außer  Augen  setzen,  und  mußten  vornehm- 
lich die  schon  im  ältern  Gesangbuch  gewesenen  guten  Lieder 
zu  verbessern  suchen.  Die  alten  Lieder  haben  einen  ehrlichen 
herzlichen  und  wirklich  populären  Ton,  den  wir  durch  über- 
triebenen Purismum  nicht  verlieren  wollten.    Sehen  Sie  z.  E. 

27* 


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wie  kr.  'i:-  GerLiri:~rL?n  Linier:  Ich  «in  je  «lir  mit  Herz  und 
M  i.':l  i».  i;r:-i  Di  h':<  ein  Mensch  p.  verbessert  habe.  Die 
r>  r:i  Li-i-r  siv.d  vielmals  >:  rohere  u:.d  tr.xken.  Von  meinen 
L:^i-rn  i.  4be  ich  nur  2 wer.  und  diese  unfern,  einschalten 
la~r..  w^it  sie  sebon  in  den  mei-ten  Gesansbüchern  stehen: 
do»-h  Labe  ich  das  bekannte  Morgenlied:  o  gros^r  Schöpfer 
d.  r  Xat^r  p.  populärer  und  sangbarer  zo  machen  gesucht. 
Aus  Mangel  hinlänglicher  Exemplarien  hat  das  Gesangbuch 
n«-ch  nicht  allgemein  eingeführt  werden  können,  obgleich  die 
Au.x  ..dignrg  schon  längst  und  ohne  Sehwfirigkeit  geschehen. 
Ich  horte.  da->  bis  Pfingsten  die  gänzliche  Einführung  ge- 
s<-Lehen  kann.  Inzwischen  wird  in  der  Hofkirche  sch^n  lange 
darans  gesungen.  Es  fehlt  freylich  nicht  an  trüben  Gesich- 
tern, wie  bey  ali^n  neuen  Dingen.  Aber  der  Marggraf  hat. 
7  im  Zeichen  seiner  Zufriedenheit,  mir  und  meinem  Mitarbei- 
ter, einem  jeden  eine  goldene  Medaille  24.  Dnkaten  an  Werth, 
zustellen  laßen. 

Der  neüe  Übersetzer  Anakreons.  M.  Degen,  ein  junger 
rfi-tiger  Mann.  von  dem  sich  noch  viel  hoffen  läßt,  ist  Lehrer 
am  hiesigen  Gyninasio  illustri.  wohey  ich  Scholaren  mit  bin. 
und  ihn  daher  zum  Oftern  spreche.  Es  hat  ihm  sehr  ge- 
schmeichelt, daß  der  deütscbe  Anakreon  seine  Übersetzung  zu 
sehen  verlangt,  und  er  empfiehlt  sich  gehorsamst.  Ich  schicke 
Ihnen  nebst  seinem  Anakreon.  auch  seinen  Tibull.  und  eine 
hier  gedruckte  Übersetzung  der  Lieder  Saloiuons.  Freylich 
i>t  es  eine  Verwegenheit,  nach  einein  Herder  und  Gleim  diese 
Lieder  nochmals  zu  übersetzen.  Ihre  Arbeit  scheint  er  nicht 
zu  kennen.  —  —  — 

159.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  2'-  Juny  1783. 
Da  les'  ich  diesen  Augenblick,  mein  ewig  Theurer!  in 
dem,  was  Meister  über  Bodmer,  mich  dünkt  zum  Anfang  nur, 
vortreflich  geschrieben,  daß  man  aus  des  großen  Mannes  lez- 
ten  Zuschriften  an  Uz  ersehen  konnte,  wie  viel  toleranter 
der  achtzigjährige  Bodmer  gewesen  gegen  die  Dichter  des 
Weins  und  der  Liebe,  als  der  jüngere  Bodmer  —  Zuschrif- 
ten ist  zwevdeutig  —  sinds  Zuschriften  von  Büchern?  oder 


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sinds  Briefe?  Briefe  vermutlich!  —  Diese  Briefe  dann,  mein 
Theurester,  möcht'  ich  lesen,  niöcht'  ich  in  Abschrift  haben; 
und,  wenn  sies  erlaubten,  mocht'  ich  sie  drukken  laßen.  Briefe 
sind  Spiegel  der  Seelen.  Man  sieht  darinn  die  Abdrükke  des 
Geistes  und  des  Herzens  so  völlig  wie  das  leibliche  Gesicht  eines 
Menschen  im  Spiegel  von  Glaß;  in  Briefen  aber  nur  die  nicht 
zum  Druk,  und  nicht  einmahl  mit  dem  Gedanken,  daß  sie 
einmahl  gedrukt  werden  könnten,  geschrieben  sind!  Briefe 
sind  die  besten  Dokumente  zu  Biographien  —  und  Bodmers 
Leben  verdient  beschrieben  zu  werden,  bis  auf  die  kleinsten 
Umstände  mit  Belegen  der  uuwiederleglichen  Wahrheit  —  er 
war  ein  allzu  großer  Mann,  ein  Held  in  meinen  Augen!  — 
Sie  glauben  nicht,  mein  Thenrer,  wie  so  sehr  noch  immer  ich 
bereue,  daß  ich  den  Briefwechsel,  mit  dem  großen  Mann,  nach 
seinem  Streit  mit  Klopstok  abgebrochen,  und  ohngeachtet,  der 
Überzeugung,  daß  Bodmer  entschuldigt  werden  könnte,  seine 
lezten  Briefe  nicht  beantwortet  habe  —  Diese  Sünde,  bester 
Uz,  gedenk'  ich  gut  zu  machen,  durch  Beförderung  alles  deßen 
was  in  meinen  Kräften  steht  zur  Ehre  meines  Bodmers.  Also 
z.  E.  will  ich  seine  Briefe  drukken  laßen,  aufs  sauberste,  (wie 
Pope's  Versuch  vom  Menschen  Hamburg  1783)  bey  Hoffmann, 
alle  seine  Briefe,  wenns  möglich  wäre  sie  alle  zu  bekommen! 
weils  aber  nicht  möglich  ist,  nur  diean  Uz  und  Gleim  - 
Und  so,  mein  Theurer,  kommt  auf  einem  Titulblat  mein 
Nähme,  bey  zweyen  Nahmen  meiner  Heiligen  zu  stehn,  und 
wer  die  Briefe  liest,  erfährt,  daß  beyde  meine  Freunde  waren 
—  Ist  das  Stolz?  Stolz  nicht,  du  Frager!  Ehrbegierde  mag 
es  seyn!  Principibus  placuiße  viris  non  ultima  laus  est.  Die 
Menschen  mögen  reden  was  sie  wollen,  was  beküramerts  mich  ? 
Wir  gehen  unsern  Gang.  Ich  laße  die  Briefe  drukken  ohne 
Sternchen  bey  den  Nahmen,  versteht  sich,  was  nur  Meinung 
ist,  und  nichts  geschehenes  das  schlimme  Folgen  haben  kan  — 
und  Sie,  mein  Theurer,  haben  nichts  dawieder,  und  geben  mir 
Abschriften  von  einer  guten  leserlichen  Hand  der  Briefe  die 
sie  haben  von  dem  großen  Bodmer  so  bald  als  möglich, 
weil  ich  wollte,  daß  die  Briefe  Bodmers  an  Uz  und 
Gleim  die  künftige  Michaelis  Meße  herauskommen  könn- 
ten.  — 


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Herder  ist  bey  mir  gewesen  Vierzehn  Tage  —  Lesen  sie 
doch  des  großen  Mannes  Geist  der  ebräischen  Poesie!  — 

160.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  18.  Jim.  1783. 
Ich  habe  es  also  HE.  Meistern,  deßen  Schritt  über  Bod- 
iuern  ich  noch  nicht  gelesen,  zu  danken,  daß  ich  endlicli  wie- 
der einmal  eine  Zeile  von  meinem  theüersten  Gleim  zu  Gesicht 
bekomme!  Ich  bedauere  nur,  daß  er  Ihnen  eine  vergebliche 
Freude  gemacht.  Er  spricht  von  Zuschriften,  und  ich  habe 
nicht  mehr,  als  Einen  Brief  von  Hodmern  erhalten,  und  auch 
meiner  Seits  niemals  mehr,  als  Einen  an  ihn  geschrieben.  Es 
ist,  wie  Sie  leicht  glauben  werden,  niemals  eine  ordentliche 
Correspondenz  unter  uns  gewesen.  Er  hat  mich  für  seinen 
Feind  gehalten,  und  als  einen  solchen  behandelt.  Aber  das 
war  ich  niemals.  Sie  müssen  sich  von  unsern  ersten  Zeiten 
her  erinnern,  daß  ich  ihn  als  meinen  Lehrer  in  der  Dicht- 
kunst verehrt  habe.  Aber  seine  Dichtart  wollte  mir  nicht 
behagen.  Daß  ich  es  sagte,  zog  mir  den  Haß  der  Schweitz 
zu.  Der  junge  VVieland  wurde  aufgefordert,  mich  zu  lästern, 
und  er  thats.  Auch  Dusch  vereinigte  sich  mit  ihnen.  Ich 
schwieg  denn  auch  nicht.  Es  that  mir  aber  im  Herzen 
wehe,  von  einem  so  verdienten  und  rechtschaffenen  Manne, 
wie  Bodmer  gewiß  gewesen,  mich  angefeindet  zu  sehen.  Als 
ich  demnach  vor  ein  Paar  Jahren  von  Ihnen,  mein  Theüer- 
ster,  einen  Brief  erhielt,  um  solchen  Bodmcrn  zu  schicken, 
so  schrieb  ich  zugleich  an  ihn,  versicherte  ihn  mit  aufrichti- 
gem Herzen  meine  wahre  Hochachtung,  und  wünschte  hö- 
rnernem zunehmenden  Alter  nicht  seinen  Unwillen  mit  ins  Grab 
nehmen  zu  dürfen.  Er  antwortete  mir  sogleich  mit  dem  edlen 
altherzlichen  Wesen,  das  ihm  eigen  war.  Seinen  Brief  zu  ent- 
ziffern, mußte  ich  alle  Schreib  verständigen  um  Rath  fragen. 
Ich  lege  das  Original  hier  bey,  disponiren  Sie  damit  nach 
Ihrem  Gefallen.  Aber  Sie  werden  bald  sehen,  daß  daraus 
nicht  das  folge,  was  HE.  Meister  daraus  folgerte:  es  ist  eines 
ehrlichen  Mannes  Gegen-Oompliment  auf  ein  erhaltenes  Coui- 
plimeut.  Ich  schrieb  Ihnen  zu  seiner  Zeit  den  ganzen  Vor- 
gang.   Wullen  Sie  seine  Briefe  drucken  laßen,  so  bitte  ich 


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Sie,  zu  bedenken,  daß  Sie  mit  dergleichen  Dingen  sich  schon 
ehemals  vielen  Verdruß  zugezogen.  Bodmern,  der  todt  ist, 
können  Sie  nicht  mehr  beleidigen,  aber  die  noch  lebenden, 
die  er  vielfältig  nicht  geschont  haben  wird.  Er  war  von 
seiner  Meinung  so  tiberzeügt,  daß  er  keinen  Widerspruch  dul- 
dete; und  er  hatte  gewiß  nicht  immer  Recht.  Also  einige 
Auswahl  möchte  doch  anzurathen  seyn.  Ich  wenigstens  mag 
in  meinen  alten  Tagen  keinen  Streit  haben.  Es  ist  auch,  bey 
der  jetzigen  anarchischen  Periode,  wenig  Ehre,  sich  unter  das 
junge  rohe  Volk  zu  mischen.  Ich  weis,  der  vortreffliche  Her- 
der wird  meiner  Meinung  seyn.  Sein  Buch  über  die  Ebräische 
Dichtkunst  habe  ich  vorlängst  mit  Vergnügen  gelesen,  und 
mich  gefreüet,  daß  ein  zweyter  Theil  herauskommt.  — 

161.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  lt£2  Febr.  1784 
Länger,  mein  theurester  Uz,  darf  ich  nicht  warten !  Wer 
weiß,  haben  Sie  nicht  schon  die  Episteln  gekauft,  von  wel- 
chen ich  das  erste  Exemplar,  meinem,  Gottlob !  noch  lebendem 
ältesten,  und  treusten  Freunde  so  gleich  mit  der  ersten  Post 
übersenden  wollte.  Tausend,  und  aber  Tausend  Abhaltungen 
sind  dazwischen  gekommen,  zuletzt,  der  Tod  des  Bruders,  den 
ich  liebte,  wie  den  besten  meiner  Freunde.  So  ein  vortref- 
licher  Mann  war  er! 

Sie  sehn,  mein  Theurer!  daß  es,  mit  einer  guten  Aus- 
gabe meiner  Werke,  mir  ein  Ernst  ist.  Mit  diesen  Episteln 
wollt  ich  den  Anfang  machen,  die  Fabeln  und  die  Romanzen, 
sollten  nachfolgen  in  zweyen  Bänden  —  dann  die  Lieder  in 
vieren,  dann  die  —  die  —  die  —  Die  Handschriften  sind  fer- 
tig, und  doch  wer  weiß,  ob  ich  dennoch  nicht  darüber  hin- 
sterbe. —  —  -- 

Das  Reisegespräch  des  Königs  ist  von  Wort  zu  Wort  so 
vorgefallen  Haben  wir  von  Titus,  oder  von  Heinrich  dem 
Vierten,  ein  Dokument  das  diesem  gleich  ist?  Hätten  wir 
doch  alle  die  Gespräche  des  Königs,  aufgeschrieben,  nur  wie 
dieses,  so  hätten  wir  die  herrlichsten  Materialien  zu  einem 
preußischen  Plutarch !  Wir  werden,  glaub*  ich,  nimmer  einen 
guten  Geschichtschreiber  bekommen,  nachdem  wir  kalt  genug 


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gewesen  sind,  den  deutschen  Tacitus,  ich  meine  den  Johannes 
Müller,  der,  so  vortreflich,  im  Geist  des  Römers,  die  Geschichte 
der  Schweitzer  geschrieben  hat,  wegzulaßen  aus  Berlin,  wo- 
hin er  mit  dem  vesten  Vorsatz,  ein  Preuße,  zu  leben,  und  zu 
sterben,  vorher  aber  die  Geschichte  der  Preußen  zu  schreiben 
gekommen  war !  Solch  einen  Enthusiasmus  für  Preußen,  und 
den  König  der  Preußen,  fand  ich  nicht  in  irgend  einem  Preu- 
ßen! Er  hat  sich  bey  mir  aufgehalteu  etliche  Wochen!  lebt 
jetzt  zu  Genf,  und  wird  nicht  wieder  zu  uns  kommen. 

Traurig  ists,  mein  bester!  daß  die  besten  Köpfe  nicht  in  ihre 
rechte  Lage  kommen,  in  ihren  rechten  positum  corporis,  mit 
unserm  Wolf  zu  reden,  welcher  leider  schon  vergeßen  wird! 

Mein  Uz  wird  [nicht]  vergeßen!  Ich  höre,  mit  großem 
Vergnügen,  seine  Lieder  singen,  und  vorlesen  in  allen  unsern 
Gesellschaften  — 

Unser  Fischer,  Rector  der  Dohmschule,  die  aus  etlichen, 
und  sechzig  Primanern  besteht,  erklärt  sie  seinen  Schülern, 
neben  Horaz  und  Anacreon,  Sie  kennen  ihn  vermutlich  aus 
seinen  fliegenden  Blättern,  die  zu  Deßau  herauskamen  — 

Erfreuen  sie  den  alten  Gleim  doch  bald,  mein  Theurer, 
mit  einem  Schreiben ;  und  sagen  sie  nur  Etwas  ihm  zum  Trost, 
über  die  Episteln,  mit  welchen  Er  nicht  mehr  zufrieden  ist, 
seitdem  sie  können  gelesen  und  bekrittelt  werden  von  alle 
dem  Geschmeiß,  das  um  dem  Bloksberg  schwermt,  und  um  den 
deutschen  Helikon!  —  

162.  Uz  au  Gleim. 

Anspach  den  2Ü?  März  1784. 

Tausend  Dank  für  Ihre  herrlichen  Episteln,  liebster  Gleim. 
Sie  tragen  das  ächte  Gepräge  der  Gleimischen  Muse.  Die 
kräftigen  Gedanken  werden  durch  den  starken  und  doch  Sim- 
peln, Ihnen  eigenen,  Ausdruck  noch  mehr  erhoben.  Seit  dem 
vortrefflichen  Halladat,  ist  nichts  von  gleicher  Stärke  aus  Ihrer 
Feder  gekommen.  Das  Reisegespräche  des  großen  Königs  ist 
ein  sehr  intereßantes  Stück,  und  wird  gewiß  den  größten  Bey- 
fall  erhalten,  wenn  es  bekannt  wird.  Denn  bis  jetzt  weis  nie- 
mand etwas  davon,  so  wenig  als  von  Ihren  Episteln.  Das  ist 
die  schlimme  Seite  des  eigenen  Verlags. 


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Meine  Freünde,  die  Sie  mit  Iiiren  Episteln  beschenkt  haben, 
danken  anfs  verbindlichste  für  dieses  Geschenk.  HE.  IlofCam- 
inerRath  Hirsch  erfreüt  sich  insonderheit  Ihres  fortdauernden 
Andenkens.  HE.  General-Superintendent  Junkheim  sublim i  feriit 
sidera  vertice,  als  er  Ihr  Geschenk  erhielt,  und  hieß  mich  Ihnen 
schreiben,  daß  er  Ihnen  für  den  herrlichen  Brief  an  Herder, 
er  wolle  nicht  sagen,  seinen  Segen  ertheile,  sondern  den  Segen 
des  Höchsten  anwünsche.  HE.  M.  Degen  wird  mit  künftiger 
Ostermeße  sich  selbst  bedanken,  und  vermuthlich  ein  neües 
Product  von  ihm  bey legen.  Nun  erhalte  Sie  Apollo  bey  dem 
guten  Vorsatz,  auf  diese  Art  alle  Ihre  Gedichte,  die  Sic  zu  er- 
halten wünschen ,  herauszugeben !  Gott  gebe  Ihnen  Gesund- 
heit und  Ruhe  des  Gemüths,  welche  durch  den  Tod  Ihres  Bru- 
ders ziemlich  gestört  worden  ist.  Ich  entsinne  mich  aus  Ihren 
ältern  Briefen,  daß  er  nicht  nur  Ihr  Bruder,  sondern  auch  Ihr 
Freünd  gewesen.  Ich  weis,  wie  tief  man  in  unserm  Alter  den 
Verlust  solcher  Personen  fühlt,  von  denen  man  liebreiche  Sorg- 
falt braucht  und  erwartet.  Gott  hat  mir  nur  noch  Eine  Schwe- 
ster zu  meinem  Tröste  erhalten.  Sie  ist  durch  Ihr  gütiges  An- 
denken sehr  gerührt  worden,  und  dankt  Ihnen  dafür  höch- 
stens. Bleiben  Sie,  wie  Sie  sind,  alter  Freünd!  In  unserm 
Alter  muß  man  nicht  ändern.  —  —  — 

Ich  kenne  HE.  Rektor  Fischer  von  einer  sehr  vortheil- 
haften  Seite,  und  bin  daher  stolz  darauf,  daß  er  meine  Ge- 
dichte etwas  achtet,  er,  der  selbst  ein  guter  Dichter  ist,  wenn 
er  anders  Verfaßer  vom  Liebesgötterkrieg  ist. 

Sie  haben  ja  auch  HE.  Schmidt  bey  sich,  deßeu  poetische 
Briefe  ich  unlängst  erhalten  und  mit  Vergnügen  lese. 

163.  Gleim  au  Uz. 

Halberstadt  den  1211?  Jan.  1785. 

Ohnmöglich,  mein  theurer  Uz,  kan  ich  den  Herrn  Geh. Rath 
von  Metseh,  der  einige  Tage  bey  uns  gewesen  ist,  nun  aber 
plötzlich  abreisen  will,  abreisen  laßen,  ohn'  Ihm  ein  Paar  Zei- 
len mitzugeben  ,  an  meinjen]  geliebtesten  ältesten  Freund,  von 
dem  ich  in  so  langer  Zeit  nun  schon  nichts  vernommen  habe  — 
Daß  Sie  arbeiten  an  einer  besten  Kirchen  Agenda,  zugleich 
mit  dem  vortreflichen  Jungkheim,  das  zwar,  raein  bester,  hab' 


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426 


ich  erfahren,  und  oft  mich  hingedacht  zu  Ihnen,  an  Ihren  Ar- 
beitstisch —  Gebe  der  liebe  Gott,  daß  diese  wichtige  Arbeit, 
wichtiger  bey  nah,  als  die  Arbeit  bey  dem  herrlichen  Gesang- 
buch, den  beyden  Meistern  gerathe,  so  wohl,  daß  sie  Muster 
werde,  den  andern  Kirchenvätern  die  auch  beschäftigt  sind, 
mit  solcher  Arbeit  — 

Mein  Befinden  ist  bisher  so  wohl  gewesen,  daß  ich  sehr 
fleißig  an  der  Ausgabe  meiner  Gedichte  habe  arbeiten  können. 
Auch  hab*  ich  eine  Menge  neuer  Lieder  und  andrer  Kleinig- 
keiten den  alten  noch  beyfügen  können  —  Könnt  ich  meinen 
ewig  geliebten  Uz  zum  Vertrauten  meiner  Musen  machen,  dann 
so  solten  ihre  Spielwerke  wohl  um  vieles  vollkomner  seyn  — 

Wir  wollen  hier  den  Geburthstag  unsers  Nestor  Friedrichs 
feyreu;  der  Adel,  und  die  Bürgerschaft,  jede  Claße  besonders  — 
Was  es  werden  wird,  weiß  ich  nicht,  man  hälts  von  beyden 
Seiten  geheim  — 

Der  preußische  Grenadier  ist  darüber  in  Eifersucht  ge- 
rathen,  und  hat,  das  E  t  w  a  s  heute  gesungen,  das  er  für  seinen 
Uz  abschreiben  läßt  —  Wird's  noch  fertig,  so  leg'  ichs  bey! 

Ihre  Muse,  mein  Theurer!  hat  bisher  geschwiegen;  laßen 
sie  doch  von  ihren  geheimsten  Liedern  mir  einmahl  wieder  et- 
was lesen!  

Meine  hiesigen  Musenfreunde  sind  Fischer,  und  Schmidt. 
Daß  Freund  Jacobi  zum  Kayser  übergegangen,  das  wißen 
Sie!  

Stamfort  ist  diese  Tage  bey  mir  gewesen !  Er  singt  noch 
immer  Fabeln,  und  Romanzen  —  und  wühlt  zugleich  in  Zah- 
len; er  ist  ein  großer  Allgebraist  —  Wir  haben  viel  mit  ein- 
ander gesprochen  von  Uz  —  und  Götz  — 

Was  halten  Sie  von  Ramlers  lyrischen  Blumenlese?  Nicht 
viel,  vermuthlich!  Er  hat  eine  Menge  von  unsern  schlechte- 
sten Liedern  aus  Freundschaft  aufgenommen  -  Die  Fabellese 
dünkt  mich  noch  schlechter  —  Und  unsre  Trompeter  trom- 
peten sie  aus,  als  eine  Lese,  die  kein  andres  Volk  so  aufwei- 
sen könnte  — 

Ramler  ist  der  Herausgeber  der  Gedichte  die  unser  Gütz 
vor  vielen  Jahren  mir  zur  Herausgabe  zustellte  —  Wir  werden 
also  den  wahren  Götz  wohl  nicht  bekommen. 


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427 


164.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  23.  März  1785. 

Ihr  freundschaftliches  Briefchen  vom  12!£?  Jan.  liebster 
Gleim,  ist  freylich  etwas  spät  an  mich  gelanget,  weil  1IE.  Geh. 
Rath  y.  Metsch  nicht  gerade  von  Halberstadt  nach  seinem 
Bayreuth ischcn  Oberamt  gegangen,  von  wannen  mir  Ihr  Schrei- 
ben zugeschickt  worden.  So  viel  ich  weis,  ist  er  noch  nicht 
hier.  Inzwischen  Ihr  Schreiben  war  mir  herzlich  angenehm, 
vornehmlich  daß  ich  daraus  sehe,  daß  Sie  gesund  und  heitern 
Geistes  sind,  und  an  der  neüen  Ausgabe  Ihrer  Gedichte  arbei- 
ten. Das  ist  eine  herrliche  Sache!  Ich  bewundere  und  be- 
neide Sie,  daß  Sie,  auch  alt,  noch  so  leicht  gute  Verse  machen. 
Das  zeigt  das  Gedichtchen  auf  Ihren  großen  Friederich,  das 
Sie  mir  geschickt  haben.  Sie  sind  hierinn  vnicus.  Ich  schreibe 
keine  Verse  mehr,  das  glauben  Sie  meinen  Worten;  und  wenn 
nach  meinem  Tode  Verse  von  mir  erscheinen,  die  nicht  gedruckt 
sind,  so  halten  Sie  solche  nur  für  unächt 

Es  ist  eine  ganz  falsche  Sage,  daß  ich  au  einer  Ans- 
pachischen Kirchen-Agenda  arbeite.  Jungheim  hat  hiezu  den 
Auftrag,  und  wird  sich  schon  Zeit  dazu  nehmen:  denn  es  ist 
eine  kützliche  Sache.  Wie  sollte  aber  ich,  Laye,  zu  diesem 
Geschäfte  kommen  V  Kirchenlieder  zu  verbeßem,  ist  noch  et- 
was für  jeden  Dichter,  wenn  er  gleich  nicht  Theolog  ist.  Aber 
Kirchen-Ordnung?  Doch  ich  darf  mich  darüber  nicht  wun- 
dern, da  mich  Meüsel  noch  immer,  ganz  wider  alle  Wahrheit, 
für  den  Verfaßer  der  hiesigen  Feüerordnung  ausgiebt. 

Meiu  Freünd  Jungheim  hat  sich  sehr  über  Ihr  gütiges 
Andenken  gefreüet,  und  bittet  mich,  ihn  meinem  vortreff- 
lichen Freunde  zu  empfehlen.  Auf  Götzens  Gedichte  freüe 
und  fürchte  ich  mich  :  wenn  seine  angenehme  Nachläßig[keitj  *) 
im  Ausdrucke  weggeschliffen  wird,  o  wehe!  

165.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  3l™  October  1786. 
Seit  geraumer  Zeit  lese  ich  in  den  Zeitungen  immer  von 
dem  berühmten  Herrn  Gleim:  Bald  ist  er  zu  dem  großen  König 

1)  Mit  dem  Hiegel  ausgerissen. 


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großen  König  gerufen  worden,  und  hat  mit  ihm  über  den  Zu- 
stand der  deutschen  Litteratur  conferirt:  Bald  hat  er  seinen 
Hut  geerbet:  Bald  hat  er  an  den  neüen  König  geschrieben, 
und  ihm  die  deutschen  Musen,  nicht  ohne  Würkung,  empfoh- 
len.  Ich  hätte  wohl  erwarten  können,  daß  Sie,  mein  Liebster, 
selbst  von  allen  Ihren  glücklichen  Abentheuern  an  Ihren  alten 
unbertthmten  Freünd  einige  Nachricht  ertheilen  würden.  Wenig- 
stens hoffe  ich  von  der  Conferenz  wieder  eine  so  meistermäßige 
detaillirte  Nachricht,  wie  von  der  ehemaligen  kleinen  Reise 
des  großen  Mannes.    Etwas  auf  seineu  Tod  erwarte  ich  zu- 
verläßig  von  dem  Preußischen  Grenadier.   Vergeblich  muntert 
er  andere  zum  Singen  auf:  er  selbst  muß  singen,  und  nie- 
mand kann  es  beßer,  als  er.   Und  wer  soll  denn  sonst  singen  ? 
Rammler  wird  zwar,  da  er  zudem  eine  längst  verdiente  Pen- 
sion erhalten,  gewiß  nicht  schweigen,  und  von  ihm  läßt  sich 
etwas  Schönes  erwarten.   Aber,  wer  sind  sie  sonst,  die  Sänger, 
die  einen  Friederich  würdig  besingen  können?    Gewiß  mein 
theüerster  Freünd,  wenn  Sie  etwas  zum  Vortheil  der  deut- 
schen Musen  unternehmen  wollen  —  und  ohnfehlbar  geht  Ihr 
patriotischer  Kopf  mit  Projekten  schwanger  —  so  thun  Sie 
bald  dazu,  ehe  auch  der  Saame  von  Dichtem  in  Deütschlaud 
vollends  ausgeht.    Denn  ich  sehe  fast  keinen  Nachwuchs,  der 
mir  große  Hoffnung  macht.    Hat  man  doch,  um  die  Prämie 
auf  den  Herzog  Leopold  austhcilen  zu  können,  ein  Paar  Schwa- 
ben krönen  müßen,  deren  pomphafter  brausender  Ton  freylich 
den  Ohren  unsere  Zeitalters  am  lieblichsten  klingt.    Doch  da- 
für mögeu  die  Musen  sorgen !   Ich  kann  die  gehotften  schönen 
Tage  der  deutschen  Litteratur  nicht  erleben.  — 

166.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  23i£?  Dec.  1786 
—  —  —  Von  gestern  ein  Jahr,  das  ist,  von  dem  Tag 
an,  an  welchen  ich  den  Einzigen  zu  sprechen  endlich  am  Ende 
seines  und  meines  Lebens  das  Glük  noch  hatte,  bis  zu  seinem 
Aufflug  zu  den  höhern  Wesen,  nicht  Tode,  wollt  ich  alle  Tage 
Ihnen  schreiben,  und  konnte  nicht,  immer  bliebs  bey  den  Ge- 
danken an  meinen  Geliebtestcn !  Endlich,  mein  Theurer,  reiß 
ich  micli  loß,  von  den  Banden,  den  Ketten,  die  mich  feßeln 


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an  tausend  nur  irrdische  Dinge,  reiße  mit  Gewalt  mich  loß, 
ehe  das  Jahr  zu  Ende  läuft,  und  sag'  Ihnen,  mein  Theurer, 
vom  Gespräch  mit  dem  Einzigen,  den  ich  den  Göttlichen  künf- 
tig nenne,  weil  Einziger  mir  nicht  genug  thut,  nichts,  weil 
sie  das  Gespräch  von  Wort  zu  Wort  einst  lesen  sollen,  einst, 
das  ist,  nicht  lange  hin,  spätestens  im  May,  Nichts  von  seinem 
Aufflug  zu  den  Unsterblichen,  davon  geh  ich  Ihnen  Etwas  zu 
lesen,  nichts  von  Allem  dem  Übrigen,  sag'  Ihnen  nur, 
daß  ich,  so  schweigend  auch  ich  Ihnen  vorkommen  muß,  nicht 
schweige,  daü  ich  täglich,  bey  allen  Gelegenheiten  spreche  von 
Ihnen,  daß  ich  mit  dem  Göttlichen  gesprochen  habe  von  Ihnen, 
daß  ich  dein  Nachfolger  des  Göttlichen,  der  öffentlich  zum 
Beschützer  unsrer  Musen  sich  erklärt  hat,  durch  die  Antwort 
an  mich  die,  ohne  mein  Zuthun  in  der  Berlinischen  Hoff- 
Zeitung  erschienen  ist,  daß  ich  dem  das  Wahreste,  noch  in 
diesem  Leben  sagen  möchte  von  Ihnen,  dieses,  daß  Sie  unser 
Horatz  sind,  mehr  als  Rainler,  und  irgend  Einer  unsrer  Dich- 
ter, und  also,  daß  Sie  verdienten  der  Liebling  eines  Augustus, 
oder  Titus  zu  seyn.  Titus  will  der  liebe  König  seyn,  unsre 
Dichter  nennen  schon  ihn  unsern  Titus,  er  ists  auch,  ich  aber, 
Theurer,  unter  uns,  ich  fürchte,  daß  er  den  Bey  nahmen 
des  Allzugütigen  einmahl  erhalten  wird  —  Sie  haben  recht 
es  braust  in  meinem  Geist,  so  alt  er  ist,  von  Entwürfen  zum 
Besten  unsrer  Musen.  War  ich  zu  Berlin,  so  hätt  ich  Hoff- 
nung Sie  ausbrausen  zu  laßen  —  Hinzukommen  aber,  auf  hin- 
längliche Zeit,  ist  schwer,  meine  hiesigen  Geschäfte  binden 
mich,  wär  ich  frey,  so  sollte  mein  lieber  Uz  selbst  der  doch 
kein  Geisterseher  ist,  und  nicht  so  leicht,  wie  Lavater 
Wunder  sieht,  noch  Wunder  sehn! 

Geduld,  mein  Theurer !  Die  Götter  werden's  fügen,  wie's 
seyn  soll,  werden  auch,  wenn's  seyn  soll,  die  Faunen,  die  unsern 
Parnaß  umschwärmen,  in  ihre  Wildniße  zurück  verweisen  — 
Wir,  mein  Theurer,  wollen  dem  schönen  Natürlichen  bis  ans 
Ende  treu  verbleiben;  die  Brauser  werden  ausbrausen  und  ster- 
ben ;  Sie,  raein  Theurer  Un berühmter!  werden  ewig  leben !  —  

Die  goldenen  Sprüche  bitte  nicht  aus  den  Händen  zu  ge- 
ben, (sie  sind  nur  für  Freunde  gedrukt)  damit  sie  nicht  in 
Nachdrukker  Hände  gerathen,  weil  nächstens  eine  vermehrte 


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Ausgabe  erscheinen  wird.  Die  Fabeln  sind  fertig;  nächstens 
send  ich  Ihnen  ein  Exemplar! 

Von  den  goldnen  Sprüchen  des  Pythagoras  haben  Sie, 
mein  bester  die  erste  Ausgabe  von  1775  ohne  Zweifel,  diese 
zweyte,  hoff  ich,  wird  etwas  mehr  Ihren  Beyfall  haben ;  der 
Anhang  besteht  aus  nicht  goldenen  Sprüchen,  gefallen  sie 
meinem  Uz  etwa  durch  die  reine  Wahrheit  und  Sittenlehre, 
so  sieht  der  Spruchmacher  sich  mehr  belohnt  für  seine 
Nachtwachen  (denn  sie  wurden  alle  gemacht  in  diesem  Jahr 
in  schlaflosen  Nächten,  und  die  Anläße  dazu  bey  Tage,  waren 
die  Eingebornen,  oder  die  Musen)  als  Ramler  für  die  seini- 
gen.  — 

Herders  zerstreute  Blätter  haben  ohne  Zweifel  auch  meinem 
Uz  sehr  vieles  Vergnügen  gemacht ;  daü  er  nach  Berlin  kommen 
werde,  mag  wohl  bloßes  Gerücht  seyn,  zu  Berlin  weiß  man 
nichts  davon.  Izt  arbeitet  der  vortrefliche  Mann  am  3—  Theile 
seiner  Ideen.  Wieland  übersetzt  den  Lucian,  Er,  der  selbst 
Lucian  seyn  könnte  sollte  nicht  Übersetzer  seyn. 

1«7.  Uz  au  Gleim. 

Anspach  den  15.  Jänner  1787. 

Mein  theüerster  Freünd !  Ihr  lieber  Brief  vom  23.  Dec. 
des  abgewichenen  Jahres,  den  ich  aber  freylich  erst  in  diesem 
Jahr  erhalten,  hat  mich  sehr  erquickt.  Es  ist  ein  großer 
Trost  für  mich,  in  meinem  Alter,  doch  noch  Einen  und  so 
vortrefflichen  Freünd,  Übrig  behalten  zu  haben,  der  mit  mir 
sympathisirt.  Ich  würde  sonst  wie  isolirt  in  der  Welt  leben. 
Alle  Freünde  meiner  Jugend  sind  dahin.  In  spätem  Jahren 
macht  man  sich  nicht  leicht  neüe  Freünde,  wenn  man  auch 
Bekannte  hat,  mit  denen  man  sich  ein  Paar  Stunden  amüsirt. 
Nur  Jungheim,  der  freylich  um  vieles  jünger  ist,  lebt  noch, 
und  hält  viel  von  meinem  Gleim.  Da  ich  nicht  mit  Ihnen 
leben  kann,  so  müßen  Ihre  Briefe  Ihre  Stelle  bey  mir  vertreten, 
die  mir  jetzt  nöthiger  sind,  als  sonst.  Aber  Ihre  Geschäfte 
und  Zerstreuungen  leiden  es  nicht,  daß  ich  so  oft  Briefe  von 
Ihnen  haben  kann,  als  ich  wünsche,  und  ich  bin  nicht  unbe- 
scheiden. Ich  begnüge  mich,  wenn  ich  nur  von  Zeit  zu  Zeit 
ein  Paar  Zeilen  von  Ihnen  sehe,  und  die  Producta  Ihrer  Muse 


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erhalte.  Ich  danke  für  alles,  was  Sie  mir  geschickt  haben. 
Sie  werden  Ihrem  großen  Könige  gewiß  ein  würdiges  Denk- 
mahl errichten.  Auf  das  Gespräch  mit  demselben  bin  ich  or- 
dentlich ungeduldig.  Die  Pythagoräischen  Sprüche  habe  ich 
mit  Vergnügen  gelesen.  Ich  habe  sie  zum  Theil  mit  der  ersten 
Auflage  verglichen,  und  ansehnliche  Verbeßerungen  gefunden. 
Es  freüt  mich,  daß  Sie  auch  an  der  Versification  gefeilt  haben. 
Diese  wird  gar  zu  sehr  vernachläßiget,  und  Herder,  den  ich 
ungemein  verehre,  hat  wegen  seiner  Übersetzung  der  Antho- 
logie in  der  Bibliothek  der  schönen  Wissenschaften  eine  harte 
Censur  deswegen  erfahren.  Ich  lese  selbst  seine  Prose  lieber, 
als  seine  Verse.  Junge  Letite  steifen  sich  inzwischen  auf  den  Vor- 
gang so  großer  Männer,  und  schreiben  ganz  regellos.  Herder 
bleibt  immer  einer  unserer  vortrefflichsten  Scribenten:  aber  es 
sollte  mir  wehe  thun,  wenn  er  den  nicht  minder  vortrefflicheu 
Spalding  verdrängte.    Doch  das  sieht  ihm  nicht  gleich. 

Wieland  ist  dermalen  die  stärkste  Vormauer  wider  den 
eindringenden  schlechten  Geschmack.  Er  mag  in  Prose  oder 
in  Versen  schreiben,  so  bleibt  er  der  Natur  getreü  und  immer 
meistermäßig.  Die  Uebersetzung  Lucians  ist  seinem  Geiste  ganz 
angemeßen,  und  ich  wünsche,  so  lange  zu  leben,  daß  ich  sie 
lesen  kann.  Die  Musen  mögen  Ihnen,  bey  Ihren  Entwürfen 
zum  Nutzen  der  deütschen  Dichtkunst  kräftigst  beystehen ! 
An  Ihrem  Eifer  zweifle  ich  nicht,  aber  an  einem  glücklichen 
Erfolg.  —  

1(58.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  3!LU  Febr.  1787 

Hier,  mein  bester,  theurester!  send'  ich  Ihnen  meine  Fabeln; 
Herders  Kinder  bekamen  die  ersten;  weil  der  Vater  mich  mahnte; 
sonst  hätt'  ich  meinem  Utz  das  Erste  Exemplar  schon  längst 
gesendet  —  Vor  dem  Tode  des  Einzigen  waren  Sie  schon 
fertig,  ich  wollte  die  Zuschrift  an  den  nunmehrigen  Cronprinzen 
umdrukken  laßen ;  wegen  vieler  Amtsarbeiten  könnt'  ich  nicht 
dazu  kommen,  und  noch  izt  bin  ich  nicht  aufgelegt,  zu  diesem 
kleinen  Autorgeschäfte!  Dieser  wegen  kann  ich  das  Büch- 
lein in  den  Buchladen  noch  nicht  abgeben,  und  bitte  daher 


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meinen  lieben  Freund,  es  nicht  aus  den  Händen  zu  geben,  so 
lange  bis  er  hört,  daß  es  in  den  Buchladen  zu  haben  ist. 

Sie  haben  sehr  recht,  mein  lieber  Freund!  Mit  unserm 
Geschmak  siehts  jämmerlich  aus,  in  unserm  heil.  Romischen 
Reith  —  Ich  habe  deswegen  so  wenig  Lust  zur  Herausgabe 
meiner  sämtlichen  Werke.  Man  kann  sie  zahlen,  die  wenigen, 
dies  wehrt  wären,  daß  man  so  unendlich  Tiel  Muhe  sich  ge- 
geben hat !  Meinem  Uz  und  etwa  noch  dreyen  meiner  Freunde 
möeht'  ich  alles  zu  lesen  geben ,  was  in  meinem  Schreibepult 
noch  liegt  —  und  sagten  Sie,  daß  es  Ihren  ßeyfall  hätte,  so 
wär'  ich  zufrieden.  Der  Beyfall  der  ganzen  übrigen  gelehrten 
Welt  bekümmerte  mich  nicht  —  Also,  mein  Theurer,  sagen 
Sie  mir  ehrlich  und  redlich,  ob  einige  meiner  Fabeln  Ihren 
Beyfall  haben  ?  oder  ob  nur  die  Eine :  Die  Biene  und  d  i  e 
Gärtner  eine  Stelle  verdient  in  einer  Blumenlese?  —  Sie 
wißen  vermutlich,  daß  Raniler  in  die  seinige  nur  diese  Eine 
aufgenommen  hat;  in  der  Absicht  ohne  Zweifel,  dadurch  zu 
verstehn  zu  geben,  daß  die  andern  alle,  keinen  solchen  Ehren- 
posten verdienen.  —  —  — 

Iß».  Uz  an  Gleim.1) 

Anspach  den  27.  Febr.  1787. 
Ich  danke  Ihnen  von  ganzem  Herzen,  liebster  Freünd,  für 
Ihr  Fabel-Büchelchen.  Es  ist  voll  Bonsens  und  verdient,  bey 
Erziehung  der  Jugend  fleißig  gebraucht  zu  werden.  Ich  selbst 
werde  fleißig  darin  lesen.  Zwar  will  ich  nicht  behaupten,  daß 
alle  nach  dem  schulgerechten  Leisten  der  Fabel  Probe  halten 
würden:  es  sind  manche  darunter  nur  kleine  versificirte  Er- 
zählungen, die  aber  immer  einen  nützlichen  heilsamen  Gedan- 
ken enthalten.  Daß  HE.  Rammler  nicht  mehr,  als  eine  da- 
von, unter  seine  auserlesene  Fabeln  aufgenommen  habe,  nimmt 
mich  nicht  Wunder,  da  ich  die  Verhältnisse  wie  sie  gegen 
einander  stehen,  kenne.  Überdem  hat  der  Mann  seinen  eige- 
nen Geschmack,  wie  aus  allen  seinen  Blumenlesen  zu  sehen. 
Man  weis  oft  nicht,  warum  er  Stücke  wählt,  oder  verwirft, 
ob  ich  gleich  glaube,  daß  er  immer  Ursachen  seiner  Wahl  an- 
zugeben wißen  wird,  die  für  ihn  gültig  seyn  mögen.    Er  be- 

1)  Von  (Jleiins  hand:  Jjcantw.  den  24i^  May  1787-. 


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wundert  nur  das  Korreckte,  und  korrigirt  deswegen  fremde 
Stücke  so  lange,  bis  er  sie,  wenigstens,  nicht  beßer  macht. 

Daß  Sie  schon  sobald  an  eine  neüe  Ausgabe  von  den 
goldnen  Sprüchen  des  Pythagoras  denken,  gefallt  mir  nicht. 
Ich  will  glauben,  daß  die  in  Ihrem  Pulte  liegenden  Sitten- 
sprüche von  gleicher  Güte  mit  den  schon  gedruckten  sind : 
aber  wenn  sie  keine  große  Vorzüge  von  diesen  haben,  so  machen 
sie  wenig  Sensation.  Geliert  hat  bloß  deswegen  mehrere  von 
seinen  spätem  Fabeln  nicht  drucken  laßen  ,  weil  sie  nicht 
besser  gewesen,  als  die  bereits  gedruckton.  Sodann  wird  den 
Freünden  Ihrer  Muse  der  Ankauf  Ihrer  Gedichte  noch  mehr 
erschwehrt.  Sie  kommen  ohnehin  selten  in  den  Buchhandel, 
und  sind  deswegen  Ihre  neüeste  Produckte  aüßerst  selten.  Ich 
schmeichle  mir,  eine  vollständige  Sammlung  zu  haben,  und 
werde  daher,  da  ich  sie  für  eine  Seltenheit  halte,  die  es  in 
künftigen  Zeiten  noch  mehr  seyn  wird,  (denn  Gleims  Gedichte 
dauern  gewiß)  Sorge  tragen,  daß  sie  nach  meinem  Tode  einer 
öffentlichen  Bibliothek  zu  Theil  werde.  Die  Nachwelt  urtheilt 
billig. 

Ich  danke  Ihnen  für  die  freundschaftliche  Einladung  nach 
Halberstadt.  Ich  bin  gewiß,  daß  ich  die  beste  Aufnahme  von 
Ihnen  und  Ihren  lieben  Angehörigen  finden  würde,  daß  ich  in 
Ihrem  Umgange  die  größte  Freüde  meines  hinwelkenden  Lebens 
finden  würde,  daß  wir  uns  tausend  Dinge  sagen  würden,  die 
sich  nicht  schreiben  laßen.  Aber  ich  bin  zu  alt  zum  Reisen : 
da  ich  in  jüngern  Jahren  wenig  gereiset  bin,  so  habe  ich 
keine  Erfahrung,  und  würde  leicht  Schaden  nehmen,  wenig- 
stens immer  fürchten,  Schaden  zu  nehmen.  Sie  sind  im  Alter, 
wie  Ihr  großer  König,  immer  thätig,  und  haben  immer  viel  ge- 
reiset. Mich  feßelt  eine  gewiße  Vis  Inertiae  an  mein  Schnecken- 
haus, und  ich  werde  es  wohl  so  leicht  nicht  verlaßen,  bis  ich  in 
die  höhern  Wohnungen  abgerufen  werde,  wo  ich  meinen  alten 
liebsten  Freünd  mit  mehrerer  Sicherheit  umarmen  werde.  

170.  (ileini  an  Uz. 

Halberstadt  den  24'™  May  1787 
Meinem  Uz  gefällt  nicht,  daß  ich  so  bald  schon,  an  eine 
neue  Ausgabe  von  den  goldiHMi  Sprüchen  des  Pythagoras  denke  — 

Q  1  e  i  oi  -  U  x ,  Briefwechsel.  28 


431 


Meinem  Uz  aber  will  ich  gern  überall  gefallen ,  also  m  u  G 
ich  Ihm  nur  sagen,  daß  die  so  genente  neue  Ausgabe  keine 
neue  Ausgabe  ist ;  sondern  eigentlich  die  erste.  Die,  nur  sehr 
wenigen  Exemplare  der  Ausgabe,  von  welcher  ich  Ihnen,  mein 
Theurer,  eines  schickte,  können  wohl  eine  Ausgabe  nicht  ge- 
nennet werden  —  Sie  setzen  hinzu:  So  dann  wird  auch  den 
Freunden  ihrer  Muse  der  Ankauf  ihrer  Gedichte  noch  mehr 
erschwert !  Sorgen  Sie  nicht,  mein  Lieber !  Meinen  Freun- 
den bin  ich  nie  beschwerlich  gefallen  —  Ich  habe  die  Kosten 
getragen,  und  die  Auflagen  verschenkt,  an  alle  die  sie  haben 
wolten;  von  den  Kriegesliedern  bey  zweytausend  Exemplare, 
von  andern  meinen  Gedichten,  als  z.  E.  dem  rothen  Buche  hab* 
ich,  bey  hunderten,  die  Exemplare  weggegeben ! 

Eine  vollständige  Samlung  von  allem  meinem  Gedichteten 
hab'  ich  selbst  nicht  —  Manches  ließ  ich  drukken,  und  be- 
hielt nicht  ein  Exemplar  für  mich.  So  z.  E.  kann  ich  von 
der  Schäfer  und  Bürgerwelt  keine  Handschrift  mehr  finden* 
und  ein  gedruktes  Exemplar  nicht  auftreiben.  So  gleichgültig 
gegen  seine  Geisteskinder  wie  ich,  war  nie  ein  andrer  Vater 
—  Auch  bin  ich  äuserst  gleichgültig  gegen  den  Beyfall  der 
Menge  —  der,  eines  Kleist,  eines  Uz,  ist  mir  statt  deßen,  den 
die  meisten  Gelehrten  sich  zu  erwerben  unendliche  Mühe  geben ! 
Beweisen  kann  ich  diesen  Kaltsinn  damit,  daß  in  meinen 
Bücherschränken  manche  gedrukte  Sachen  noch  liegen ,  die 
liegen  blieben,  so  bald  sie  gedrukt  waren. 

Hier,  mein  bester!  empfangen  Sie  wieder  einen  Hinwurf 
ihres  Freundes;  in  recht  eigentlichem  Verstände  nur  ein  Hin- 
wurf aus  Geist  und  Herz  aufs  weiße  Papier  —  Zeit  zum  Blü- 
ten laßen,  wie  Pope1),  hab'  ich  nicht;  wärs  nicht  gleich,  so 
bald  gedrukt,  als  hingeschrieben,  so  würd*  ich  manches  nun 
beßern ;  daß  ich  nicht  aufhöre  zu  beßern,  sehn  sie  aus  dem 
beygehenden  Exemplar  des  Freudenliedes.  An  den  Oden  ist 
auch  schon  gebeßert. 

Sie  reden  von  hinwelkendem  Leben  —  weil  sie  nicht  rei- 
sen, mein  bester,  so  welkt  ihr  Leben  noch  eher  als  das  meinige. 
Zwar  sitz  ich  auch  sehr  viel,  aber  ich  mache  doch  zuweilen 
Reisen  von  etlichen  Meilen,  und  alle  Jahr,  wenns  möglich  ist. 

1)  Ueber  f?e*trii'heneni  „Kamler*. 


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eine  große  Reise;  dieses  Frühjahr  wärs  losgegangen  zu  meinem 
lieben  Uz,  wenns  nur  nicht  gar  zu  weit  gewesen  wäre.  Bis 
zu  Ihm  giengs  noch,  aber  auf  halbem  Wege  zu  meinem  Hir- 
zel,  und  Gesner,  und  Lavater,  dem  Weisen  nicht  dem  Schwär- 
mer, wie  könnt1  ich  umkehren  ? 

Vor  kurzem  hatt1  ich  das  Vergnügen  aus  ihrer  Gegend 
brave  Männer  hier  zu  sehn,  sie  begleiteten  den  jungen  Herrn 
Grafen  von  Castel,  welcher  sich  rühmte  meinen  Uz  persönlich 
zu  kennen.  Geh.  Rath  Zwanziger  aus  Nürnberg  intereßirte  mich 
sehr,  ich  hätt'  ihn  gern  bis  Nürnberg  begleitet!  Vermuth- 
1  i  c  h  kommt  er  bald  einmahl  wieder  nach  Halberstadt,  da 
sollten  Sie  Gesellschaft  machen,  sie  blühten  wieder  auf,  leb- 
ten länger!  —  —  — 

Ich  habe  schon  wieder  einen  Bruder  verlohren,  den  Hofl- 
apotheker  zu  Marburg,  einen  braven  Mann,  nun  bin  ich  der 
älteste  noch  übrig  von  fünfen,  und  der  jüngste,  Kautl'mann  zu 
Stettin. 

171.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  4.  Julij  1787. 

Ich  bewundere  Sie ,  liebster  Freünd !  Ihre  Thätigkeit 
dauert  in  Ihren  spätem  Jahren  fort  wie  in  den  frühern.  Noch 
itzt  treten  Sie  zur  Akademie  der  Künste,  und  feyern  Ihren 
Eintritt  mit  einer  Ode  voll  Jugendfeüers.  Mit  Vergnügen  habe 
ich  sie  und  die  andern  beygelegenen  Verse  gelesen,  mit  Vergnü- 
gen, aber  auch  nicht  ganz  ohne  Neid.  Mir  gehen  die  Verse  so 
hart  ab,  wenn  ich  manchmal  mich  nicht  entbrechen  kann,  nur 
ein  Paar  Zeilen  zu  machen,  daß  ich  immer  uugern  an  diese  Ar- 
beit gehe.  Freylich  bin  ich,  unter  den  Rechtlichen  Arbeiten, 
.  harum  Deliciaruni  mehr  entwohnt.  Die  Sammlung  Ihrer  Ge- 
dichte wird  immer  größer,  und  desto  seltener  zusammen  zu 
bringen,  weil  Sie  alles  verschenken.  Das  war  immer  Ihre  edle 
Sitte.  Das  große  Publikum  bekommt  aber  wenig  davon  zu 
sehen,  da  selten  etwas  davon  in  den  Buchhandel  kommt.  Doch 
habe  ich  letztens,  mit  Vergnügen,  Ihre  Fabeln  im  hiesigen  Buch- 
laden  gefunden.  Uberhaupt  werden  Gedichte  zu  jetziger  Zeit 
nicht  sehr  gesucht,  da  man  nichts,  als  Romane  und  Komödien 

_  28* 


43G 


liest.  Ich  selbst  lese  selten  neüe  Verse,  weil  sie  so  selten  gut 
oder  nur  erträglich  sind.  Alxinger  hat,  mit  einem  freund- 
schaftlichen Schreiben,  mir  seinen  Doolin  von  Mainz  geschickt, 
wofür  ich  ihm  sehr  verbunden  bin.  Dieß  Gedicht  zeichnet 
sich  unter  den  Wienerischen  Producten  sehr  vortheilhaft  aus, 
und  erregt  große  Hoffnung  von  dem  Verfaßer. 

Der  gute  Lavater  kommt  sehr  ins  Gedränge.  Ich  wünsche 
ihm  und  seinen  Freünden  mehr  Kaltblütigkeit  in  diesem  Kampf. 
In  der  Philosophie  gehen  auch  große  Veränderungen  vor,  die 
mir  nicht  zum  Besten  gefallen.  Die  Kantische  Philosophie  hat 
wichtige  Vertheidiger ,  aber  auch  ansehnliche  Bestreiten  Sie 
hat  das  Verdienst,  daß  sie  den  stolzen  Dogmatismus  demüthigt, 
aber  sie  befördert  auch  den  Skepticismus,  und  selbst  der  Spino- 
cismus,  welcher  ziemlich  Mode  wird,  macht  sich  die  Kanti- 
schen Lehrsätze  zu  Nutz.  Wie  sehr  sie  gemißbraucht  werden, 
zeigt  mit  seinem  Beyspiel  Weckherlin,  der  sein  graues  Unge- 
heuer noch  immer  fortsetzt,  ohnerachtet  er  wegen  eines  zum 
Druck  beförderten  Pa[squills]  *)  in  Verhaft  ist.  So  ist  überall 
Streit.  Selbst  der  rechtschaffene  Mendelssohn  wird  nach  seinem 
Tode  mishandelt.  

Eben  geht  HE.  Capellmeister  Naumann  von  mir  weg, 
der  mit  Enthusiasm  von  dem  fetiervollen  Gleim  sprach.  Er 
geht  noch  in  diesem  Jahr  nach  Berlin,  eine  Oper  zu  com- 
poniren. 

172.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  28^  Dec.  91 

Meinem  Uz  bin  ich  eine  Antwort  schuldig  geblieben  !  Ach  ! 
das  liegt  mir  schwer  auf  dem  Herzen !  Aber  ich  wollt  ihm 
ein  Brief  buch ,  einen  langen  Brief  wollt'  ich  ihm  schreiben  ; 
darüber  giengen  Tage,  giengen  Monathe  hin!  Damit  nicht 
Jahre  darüber  hingehn,  so  eil  ich,  mein  Theurer,  das  bey- 
gehende  Versbrieflein  mit  diesen  zwey  Zeilen  zu  begleiten,  und 
Ihnen  die  Nachricht  unsers  Tiedgen  wegen  Vorschuß  auf  seine 
vortreflichen  Episteln ,  zu  übersenden.  Sie  kennen  *)  diesen 
Tiedge  schon.   Er  wohnt  in  einem  meiner  Häuser,  zehn  Schritte 

1)  Mit  dem  siegel  ausgorisscMi.      2)  Im  original  „können". 


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437 


von  meinem  Wohnhause;  wir  sehn  und  aber  doch  nur  selten, 
weil  wir  beyde  viele  Geschäfte  haben,  er  mit  seiner  Autor- 
schaft, ich  mit  meinem  Amt !  Ach !  mein  Theurer,  wohnten 
wir  alte  Freunde  doch  einander  so  nah !  Fragen  Sie  nur  nicht, 
was  meine  Muse  macht ?  Ich  kau  die  Frage  nicht  beantwor- 
ten. Die  Zeit  ist  zu  kurz.  Lesen  aber  sollen  sie  nächstens 
den  zehnten  Theil  ohngefehr  deßen  das  sie  gemacht  hat!  

173.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  6l™  May  1792 

Hier,  mein  Theurester,  ewig  Theurester!  send  ich  Ihnen, 
zum  Beweise,  daß  jene  gute  Muse,  die,  wie  sie  wißen  ,  vor 
mehr  als  einem  halben  Jahrhunderte  schon,  mein  liebes  Mäd- 
chen war,  von  jener  Zeit  an,  in  welcher  wir  uns  im  Regner- 
schen  Buchladen  kennen  lernten,  damahls,  als  sie  nach  des 
alten  Bodmers  Werkchen  von  der  Beredsamkeit  bey  mir  sich 
erkundigten,  und  ich  solches  ihnen  geben  konnte,  bis  auf  die 
jetzige  trübselige  Zeit  mir  altem  Graukopf  getreu  geblieben 
ist,  sende  sie  dem  ältesten ,  und  getreuesten  meiner  Freunde, 
dem,  der  unter  den  Wenigen  Lesern,  mit  welchen  ich 
wie  mein  Horatz,  zufrieden  bin,  der  Erste  seyn  und  bleiben 
wird,  Gott  dankend,  daß  mein  Utz  noch  lebt,  und  daß  ich  also 
für  ihn  gedichtet  habe! 

Könnten  wir,  mein  Theurer!  uns  einmahl  wiedersehn  in 
diesem  Leben,  o  wie  glilkklich  wären  wir!  Seit  dem  Sie  ganz 
nun  ein  Preuße  sind,  seit  diesem  schmeichele  ich  mich  mit 
süßer  Hoffnung!  Er  läßt  sich,  sagt  ich  neulich  zu  meinen 
Freunden,  von  seinem  Minister  von  Hardenberg,  den  ich  einen 
Musenliebenden  Mann  mehrmalen  nennen  hörte,  nach  Berlin 
versenden,  und  nimt  dann  über  Halberstadt  seinen  Weg  da- 
hin !  Alle  Tage,  mein  Theurer,  sprach  ich  mit  Fischer,  Schmidt 
und  Tiedge,  meinen  nächsten  Nachbaren,  von  meinem  Utz; 
Ein  großes  Glück  in  meinem  redseeligen  Alter,  daß  ich  Freunde 
habe,  mit  welchen  ich  von  meinem  liebsten  unvergleichlichsten 
Freunde  sprechen  kann!  Daß  von  Horm  Tiedgens  Episteln, 
die  sie  aus  den  Allmauachen  vermuthlich  schon  kennen ,  zum 
kleinsten  Theile  doch  nur,  eine  Samlnng  von  zweyen  Bünden  auf 


188 


Vorschuß  zu  2  U/\  angekündigt  sey,  das  werden  Sie  schon 
wißen ;  Sie  werden  hoff  ich,  mit  diesem  jüngsten  Epistelmann 
in  hohem  Grade  zufrieden  seyn,  ich  wünsche  nur,  daß  die  An- 
zahl der  Liebhaber  sicli  vermehren  möge;  jetzt  ist  sie  noch 
viel  zu  klein !  Der  Liebhaber  der  Dingerlehre  sind  desto  mehr, 
in  unserm  lieben  deutschem  Lande;  Bald  wirds  nöthig  seyn, 

daß  man  einen  Creuzzug  gegen  sie  unternehme  pp  —  

Von  Herrn  Tiedgens  Avertißement  legte  gern  ein  Exem- 
plar bey,  es  ist  aber  keines  bey  der  Hand. 

174.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  23.  May  1792. 

Was  für  ein  Mann  sind  Sie!  Da  bekomme  ich,  nebst 
einem  Brieflein  meines  allerliebsten  Gleims  vom  6.  May  einen 
starken  Band  von  Gedichten,  die  fast  alle  seit  wenigen  Jahren 
gemacht,  alle  von  Ihnen,  dem  70£Lr,  mit  der  eigentümlichen 
Dickterkraft  und  Naivetät  gesungen  worden  !  Sie  sind  einzig 
in  Ihrer  Art,  wie  Ihr  Friedrich  in  der  seinigen.  Ich  danke 
tausendmal  für  dieses  Geschenk  und  noch  mehr  für  die  unver- 
ändert seit  einem  halben  Jahrhundert  dauernde  Freundschaft: 
wirklich  ein  seltenes  Phänomen  ,  unter  Poeten  sonderlich ! 
Meine  Muse  liegt  nicht  im  tiefen  Schlaf,  wie  Sie  in  einem 
Ihrer  Gedichtgen  sagen,  sondern  ist  ganz  entwichen.  Ich  ruflTe 
sie  auch  nicht  zurück,  weil  es  doch  vergeblich  wäre,  so  nöthig 
ich  sie  bey  der  im  Anspacher  Lande  vorgegangenen  großcu  Ver- 
änderung hätte.  Doch  ich  habe  Ihnen  hierüber  schon  ein  Paar 
Zeilen  geschrieben,  die  Haueisen  auf  die  Leipziger  Meße  mit- 
genommen, und  sie  einem  Halberstädter  Buchhändler  aufge- 
geben haben  wird.  Nun  haben  sie  das  Brieflein  ohnfehlbar 
schon  lang  erhalten.  Gott  gebe,  daß  es  meinen  lieben  ältesten 
Freünd  gesund  und  vergnügt  gefunden,  den  Wassertrinker! 

Hac  in  Re  scilicet  vna 
Multum  dUsimiles,  ad  caetera  paene  genielli. 

Herr  Tietgen  hat  einen  ungünstigen  Zeitpunct  gewählt, 
um  mit  2.  Bänden  von  Gedichten  hiernächstens  zu  erscheinen. 
Er  darf  sich  nicht  wundern,  wenn  der  Zulauf  nicht  allzustark 
ist.  Verse  liebt  unser  feines  Publikum  nicht  mehr,  es  will 
nur  Komödien  und  Romane,  die  mag  ihm  denn  machen,  wer 


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439 


da  will  und  kann,  gut  ists,  daß  ich  sie  und  so  viel  anders  nicht 
lesen  muß. 

Genug  hievou !  Wir  haben  in  Anspach  andere  Sachen  zu 
schreiben.  Gott  erhalte  Ihnen  Ihre  Gesundheit  und  Munter- 
keit, mir  aber  Ihre  unschätzbare  Liebe,  die  ich  in  mein  Grab 
mitzunehmen  hoffe.  —  —  — 

■ 

175.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  26^  Jul.  1794. 

Ich  kann  ihn,  kann  ihn  nicht  schreiben,  den  langen  Brief, 
den  ich,  Theurer,  Ihnen  schreiben  wollte! 

Mathison,  der  Elegier,  der  den  Tigern  zu  Lion  entkommen, 
Köpke,  der  im  Tempel  der  Themis  den  Musen  nicht  ungetreu 
geworden,  Voß,  der  Homer  des  Pfarrers  von  Grünau,  Herder, 
der  Pabst  im  Tempel  der  Menschheit,  die  Herderin  seine  Muse, 
sind  bey  mir  gewesen  !  Wir  haben  im  Tempel  der  Freund- 
schaft hohe  Feste  den  Musen  gefeyert!  Ach!  wann  seh  ich 
meinen  Uz  in  diesem  Tempel,  wann  in  diesem  Hüttchen,  Theu- 
rer, in  dem  ich  an  Sie  denke !  Wir  haben  viel,  sehr  viel  von 
Ihnen  gesprochen,  Herder  ist  bey  Ihnen  gewesen  und  auch 
Mathison,  der  über  Anspach  in  die  Sehweite  zurückgegangen 
ist!  und  dem  ich  tausend  Umarmungen  an  meinen  lieben  Uz 
auf  die  Reise  mitgab,  vermuthlich  auch  Baggesen  der  Däne, 
der  alle  gute  Menschen  aufsucht  und  alle  sie  findet!  Auf  der 
Thurmspitze  des  Münsters  zu  Strasburg  hätte  der  Verwegene 
sie  nur  nicht  suchen  müßen!  Mathison  sagt  man,  käme  zurück 
nach  Magdeburg  in  sein  Vaterland !  Was  er  suchte,  die  Frei- 
heit, fand  er  in  Frankreich  und  in  der  Schweitz  wohl  nicht, 
in  seinem  Vaterlande  hoff'  ich,  wird  er,  wenn  er  die  rechte 
nur  sucht,  sie  finden ! 

Ach !  wie  taumeln  die  Menschenkinder !  Im  Hüttchen, 
Lieber,  ist  uns  wohl,  im  Hüttchen  sind  wir  frey!  Laßen  Sie 
uns  im  Hüttchen  unser  Erdenleben  beschließen,  wir  habens  gut 
genug  bisher  genoßen,  weit  von  einander,  aber  in  Gedanken 
oft  und  oft  beysammen ! 

Nehmen  Sie,  lieber  Theurer!  »das  Hüttchen"  für  den 
langen  Brief,  der  Hüttenlieder  sind  mehr,  als  sie  zu  lesen  be- 


■UO 


koniinen,  bekomm  ich  Hülfe,  so  lesen  Sie  bald  auch,  die  noch 
übrigen!  —  —  — 

- 

176.  Uz  au  Gleim. 

Anspach  den  21l£i»  September  1791. 

Ich  danke  Ihnen,  liebster  alter  Freünd,  für  Ihr  Hüttchen ; 
Es  Unit  einem  wohl,  bey  so  abscheulichen  Zeiten  so  herzliche 
natürliche  Empfindungen  mit  so  reitzender  Einfalt  ausgedrückt, 
zu  lesen !  Noch  angenehmer  muß  es  seyn,  sie  selbst  in  seiner 
Brust  zu  empfinden.  Sie  haben  ein  glückliches  Alter,  da  die 
Musen  Ihnen  noch  immer  hold  sind,  und  Sie  so  herrliche 
Freunde  haben,  die  Sie  von  Zeit  zu  Zeit  besuchen.  Der  vor- 
treffliche Herder  ist  auf  seiner  Reise  nach  Italien  vor  etlichen 
Jahren,  hier  gewesen.   Er  hat  mich  mit  seinem  Besuch  erquikt. 

Baggesen,  der  Thurmsteiger,  ist  nicht  bey  mir  gewesen, 
so  wenig,  als  der  geistreiche  Matthison. 

Gott  erhalte  Sie,  liebster  Freünd,  noch  viele  Jahre  bev  guter 
Gesundheit  und  Ihrer  jovialischen  Laune,  damit  Sie  noch  viele 
vergnügte  Tage  in  Ihrem  Hüttchen  zubringen  mögen.  — 

177.  Uz  an  Gleim. 

Liebster  Freünd!  Anspach  im  Maerz  1795. 

Sie  erhalten  hierbei  alle  Briefe,  die  Sie  seit  einem  halben 
Jahrhundert  an  mich  geschrieben  haben.  Eine  lange  Zeit ! 
Und  diese  Briefe  machten  einen  beträchtlichen  Thcil  meines 
irdischen  Vergnügens !  Ich  habe  mit  Wehrauth  mich  von  ihnen 
getrennt.  Aber  da  jetzt  alles  gedrnkt  wird,  was  man  unter 
den  Papieren  eines  verstorbenen  Gelehrten  findet,  so  habe  ich 
bei  Zeiten  diesem  Unfug  vorbeugen  wollen.  Ich  stehe  in  dem 
75sten  Jahre  meines  Lebens.  Ob  ich  gleich,  Gott  Lob!  ge- 
sund bin,  und  Gesicht  und  Gehör  für  dieses  Alter  gut  genug 
sind,  so  daß  ich  meinen  Geschäften  ungehindert  vorstehe,  so 
kann  es  doch,  der  Natur  nach,  nicht  immer  so  bleiben,  das 
Grab  erwartet  mich.  Nun  habe  ich  weder  Frau  noch  Kinder, 
zwar  eine  ledige  Schwester,  die  aber  fast  so  alt  ist,  als  ich. 
Meinen  Anverwandten,  die  meine  geringe  Verlaßenschaft  erben. 


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44 1 


darf  ich  nicht  trauen.  Es  würde  ein  herrlicher  Fund  für  einen 
gierigen  Buchhändler  seyn,  wenn  er  diesen  Pack  Gleimischer 
Briefe  in  die  Hände  bekäme.  Ich  könnte  mir  ein  schönes 
Stück  Geld  verdienen,  wenn  ich  diese  and  anderer  Freünde 
Briefe  zum  Druck  hergäbe.  Aber  so  schlecht  kann  Ihr  Uz 
nicht  denken.  Die  gelehrte  Welt,  würde  sie  freylich,  wegen 
der  Menge  intereßanter  Nachrichten  und  sinnreicher  Gedanken 
mit  Nutzen  und  Vergnügen  lesen.  Aber  Sie  haben,  sonder- 
lich in  altern  Zeiten,  sehr  frey  und  offenherzig  an  Ihren  Freünd 
geschrieben.  Viele  Ihrer  damaligen  Aeußerungen  möchten  Sic 
vermuthlich  jetzt  nicht  gern  gedrukt  sehen.  Sie  haben  Brü- 
der und  Schwestern,  die  Ihren  litterarischen  Nachlaß,  und  auch 
meine  an  sich  nicht  so  erhebliche  Briefe,  nicht  in  ungewaschene 
[laude  werden  kommen  laßen,  daher  habe  ich  fürs  Beste  ge- 
halten, sie  an  ihren  Verfaßer  zurückzuschicken,  da  es  noch 
Zeit  ist. 

Ich  bitte  doch,  mit  ein  Paar  Zeilen  mich  zu  benachrich- 
tigen, daß  dieser  Schatz  glücklich  angekommen.  Ueberhaupt 
bitte  ich  Sie,  noch  ferner  so  kleine  Briefgen,  wie  bisher,  mir 
nach  Ihrer  Bequemlichkeit  nicht  vorzuenthalten!  Ich  habe 
diese  Briefe  nochmals  alle  mit  Vergnügen  und  Dankbarkeit 
durchlesen,  da  sie  zeigen,  wie  freundschaftlich  Sie  immer  gegen 
mich  gesinnt  gewesen,  wie  sorgfältig  Sie  an  der  Bildung  meiner 
jungen  Muse  gearbeitet,  und  wie  viel  Sie  zu  Ihrer  Vervoll- 
kommnung beygetragen  haben.  Gott  erhalte  Sic  ferner  in 
Ihrem  gesunden  und  fröhlichen  Alter.  

178.  Gleim  an  Uz. 

Halberstadt  den  22i!l'  May  1795 

Ihr  Schreiben,  liebster  Freund,  vom  März  erhalt'  ich 

nebst  dem  Denckmal  unsrer  Freundschaft  erst  diesen  Augen- 
blick, und  eile  von  der  geschehenen  Einhändigung  Nachricht 
Ihnen  zu  geben!  Sie  sind  der  Mann,  der  Freund  für  den  ich 
immer  Sie  hielt!  Von  allem  was  ich  in  den  fünfzig  Jahren 
Ihnen  schrieb  möge  die  ganze  Welt  alles  zu  lesen  bekommen, 
es  wäre  mir  gleichgültig,  denn  alles  ist  wahr,  ist  aus  dein 
Herzen  ihres  Freundes  gefloßen,  beßer  aber  ist,  daß  Sies  nicht 
alles  zu  lesen  bekommt.    Als  ein  Heiligthsm  wird^im  Tem- 


442 


pel  der  Freundschaft  niedergelegt!  in  ungeweihte  Priesterhände 
kommt  nichts,  dafür  wird  bestens  gesorgt !  Ein  naher  Anver- 
wandter wird  Verwahrer,  und  so  gehts  auf  die  Nachwelt  fort. 
Archiv  der  Freundschaft  ist  der  Bücherschrauk,  der  den  Brief- 
wechsel mit  meinen  Freunden  enthält,  überschrieben,  und  zu 
diesem  Archiv  hat  nur  der  beeydigte  Bücherverwahrer  den 
Schlüüel.  Also  seyn  Sie,  wegen  ihrer  Briefe,  nur  immer  un- 
besorgt ;  diese  send'  ich  Ihnen  nicht  zurück,  sie  sind,  und  blei- 
ben ein  Denkmal  unsrer  Freundschaft. 

Daß  von  meinen  Briefen  an  Leßing  die  mehresten  ge- 
druckt sind,  daran  ist  Eschenburg  schuld,  der  zum  beßern  Ver- 
ständnis der  Briefe  Leßings  an  mich,  sie  haben  wollte ;  Wie 
könnt  ichs  ihm  abschlagen?  ich,  der  ich  mehrmalen  wünschte, 
daß  würklich  geschriebene  Briefe,  statt  der  erdichteten  unsem 
lieben  Deutschen,  zu  Mustern  gegeben  werden  möchten  ?  Ver- 
steht sich,  mit  Auslaßung  aller  Unheil  anrichtenden,  unbe- 
trächtlichen, und  Geschäfte  betreffenden  Stellen! 

Von  den  Leßingischen  Briefen,  sagt  man,  daß  viele  viel 
Unheil  angerichtet  hätten,  die  besonders,  die  ein  ewiges  Gehcim- 
ni(i  wegen  häußlicher  Angelegenheiten  hätten  bleiben  sollen  ! 

Mehrmalen  dacht  ich  an  ein  Denkmal  der  Freundschaft; 
von  jedem  meiner  Freunde  zwey  oder  dreye  der  interessante- 
sten Briefe,  wollt'  ich  abschreiben  laßen,  und  zum  Druck  be- 
fördern!  Geschiehts  noch,  so  soll  mein  Uz  mit  meiner  Wahl 
der  seinigen  gewiß  zufrieden  seyn ! 

Fabeln  fürs  Jahr  1795  und  NeGeln  auf  Gräber  kom- 
men hieboy  !  Ihren  VerfaGer  mögen  sie  verrathen  !  Blumen 
auf  Gräber  und  Zeitgedichte  fürs  Jahr  1794  sind 
nicht  fertig  geworden ! 

Gesund  bin  ich,  gottlob!  und  erquicke,  labe  mich  an 
Herders  Terpsichore  jetzt,  die  seit  ein  Paar  Tagen  in  meinen 
Händen  beständig  ist!  Ein  göttliches  Buch!  Haben  Sie's  noch 
nicht,  so  suchen  sie's  zu  bekommen;  sie  legen's  nicht  aus  der 
Hand  !  Solche  Werke  geben  Hoffnung,  daß  die  Verbündeten, 
die  die  Menschheit  zur  Viehheit  herabwürdigen  wollen,  ihren 
Zweck  nicht  erreichen  werden !  —  —  — 

Tiedgens  Episteln  werden  bey  Diederich  zu  Göttingen,  ge- 
drukt,  und  nächstens  zu  haben  seyn !  Er  wohnt  zwey  Meilen 


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443 


itzt  von  hier,  und  arbeitet  um  zweiten  Theile. 

Wir  feyerteu  den  22t22  May  die  zehnte  Spiegelfeyer !  Die 
ubgesungne  Lieder  leg'  ich  bey  —  Sie  sind  von  Fischer,  Schmid, 
Stubenrauch  —  mein  Nachbar,  und  sehr  guter  Kopf  und  Ge- 
schäftsmann, und  mir!  Es  war  ein  großes  volkreiches  Fest. 
Aus  allen  umliegenden  Gegenden  waren  Haufen  auf  den  Spie- 
gelbergen. 

179.  Uz  an  Gleim1). 

Liebster  Gleim  Ansbach  den  27.  Nov.  1795. 

Warum  antworten  Sie  mir  nicht?  Ich  habe  in  der  Oster- 
meße,  durch  den  hiesigen  Buchhändler  Haueisen,  einen  großen 
Pack  Ihrer  Briefe  von  einem  halben  Jahrhundert  her,  nach 
Leipzig  geschickt,  und  dieser  hat  das  Paquet  dem  Halber- 
städtischen Buchhändler  zugestellt.  Es  muß  Ihnen  wohl  zu 
Händen  gekommen  seyn.  Ich  wollte  diese  kostbare  Sammlung 
bey  Zeiten  retten,  damit  sie  nicht,  bey  meinem  unvermutheten 
Tod,  in  die  Hände  gieriger  Buchhändler  komme.  Es  ist  also 
Ihnen  und  mir  nicht  gleichgültig,  ob  diese  Briefe  sicher  in 
Ihre  Hände  gekommen  sind.  Schreiben  Sie  mir  also,  ich  be- 
schwöre Sie,  nur  mit  wenigen  Worten:  ich  habe  die  Briefe 
erhalten  —  damit  ich  meiner  Sorgen  los  werde.  Ich  habe 
einen  schweren  Fall  gethan ,  und  bin  noch  nicht  ganz  ge- 
sund. —  

180.  Gleim  an  Uz. 

An  Uz.  Halberstadt  den  6!LU  Decbr  1795 

Die  Briefe  sind  sicher  in  meine  Hände  gekommen,  theurer 
Utz  !  auch  hab'  ich's  augenblicklich  Ihnen  gemeldet ;  nachzu- 
sehn  unter  welchem  Dato  hab*  ich  izt  eben  die  Zeit  nicht ! 
Ich  will  die  Post  nicht  versäumen ! 

Gottlob !  Sie  leben,  Einziger !  0  daß  ich  von  ihrem  Leben 
mehr  nur  erfahren  möchte  !  Sie  haben  S  c  h  1  o  ß  e  r  n  jezt  bey 
sich!  Gestern  laß  ich  seine  Briefe  Pia  tos,  ich  bin  nicht 
seiner  Meinung ,  diese  Briefe  kann  Plato  nicht  geschrieben 

1)  Von  Gleims  hand:  „ Empfangen  den  CiL"  Dec.  I7i)5  Beantwor- 
tet eod." 


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444 


Imbun  ;  ein  Stümper  bat  sie  gedichtet.  Das  scheint  mir  jede 
Zeile  zu  beweisen!  „GroGe  Gewalt  und  große  Weißheit  siud  ge- 
schaffen beysammen  zu  wohnen." 

So  schrieb  Voltaire  nicht!  nicht  an  den  Ersten,  nicht  an 
die  zweyten! 

Um  des  lieben  Friedens  willen  aber,  bitt'  ich,  Niemanden 
von  dieser  meiner  Meynung  etwas  zu  sagen !  Ich  liebe  Feder- 
kriege ;  jezt  aber  werden  sie  wie  die  Jakobiner-Kriege  geführt, 
man  vergießt  Tinte  wie  Blut! 

Zwischen  Herder  und  Wolf  zu  Halle  scheint  solch  ein 
Krieg  entstehn  zu  wollen!  Die  Kriegserklärung  war  so  bitter! 
Ists  möglich  so  such*  ich  das  Feuer  in  der  Asche  zu  dampfen. 

Hier  ein  Etwas  meiner  greisen  Muse !  —  

Hat  Ihnen  Terpsichore  nicht  auch  viel  Freude  gemacht  *i 

Sollten  wohl  nicht  in  Ihrer  Gegend  Jacobi  Balde  Coloniae 
Ubiorum  16C0  gedruckte  Werke  4Tomi  in  12  zu  haben  seyn? 

Mein  Nachbar  Clamer  Schmidt  übersezte  bisher  aus 
diesem  mehr  als  Horaz  vortrefliche  Stücke!  

Eiligst  will  ich  doch  das  lezte  kleine  Gedicht  ihres  alten 
Freundes  abschreiben,  das  lezte,  diesen  Morgen  um  4  Uhr  ward 
es  in  sein  48*1!  kleines  Buch  geschrieben! 

Die  schöne  Nacht! 

Ei  welch  ein  schöner  Traum!  Ich  war  im  Pantheon 

Ich  irrte  zwischen  den  Altären 

.Sah  Götter  sah  den  Xenophon 

Den  Tlato  den  Anakreon 

Sah  Dodmern,  sah  Voltairen 

Und  meinen  Einzigen,  und  meinen  lieben  Kleist 

Sucht'  ich,  und  fand  sie  nicht,  und  gieng  heraus  und  klagte ! 

Heym  Ausgang  aber  stand  ein  schöner  guter  Geist 

Der  sah  mich  freundlich  an  und  sagte  : 

«Die  du  gesucht  hast,  die 
Sind  dort  im  Paintheon!  Dort  oben  suche  sie." 

Das  will  ich  thun,  sagt1  ich,  und  gieng  und  wollte  gehn, 
Allein  es  war  zu  viel  zu  hören  und  zu  sehn. 
Ich  gieng,  stand  still,  und  gieng!  Darüber  aufgewacht 
Bin  ich,  welch  eine  schöne  Nacht  ! 

Und  auf  die  schöne  Nacht  folgte  dieser  schöne  Tag,  an  dem 
ich  ein  Schreiben  von  meinem  Uz  empfieng. 


445 


Schreiben  Sie  mir  doch  etwas  von  ihrem  Hardenberg,  dem 
Friedensgesandteu !  Ist  er  ein  so  braver  Mann,  wie  man's  von 
ihm  rühmt? 

Sie  haben  einen  schweren  Fall  gethan,  und  sind  noch 
nicht  ganz  gesund,  das  thut  mir  sehr  leid,  sorgen  Sie  doch 
ja  für  Ihre  Gesundheit,  wir  mUßen  den  Ausgang  der  großen 
Welttragödie  noch  erleben,  das  ist  noch  lange  hin,  sie  hat 
7  Acte. 

181.  Uz  an  Gleim. 

Anspach  den  17ÜÜJ  Maerz  1796. 

Ich  bin  sehr  erfreut,  liebster  Gleim,  daß  Ihre  Briefe  wohl- 
behalten bey  Union  angekommen,  da  ich  sie  blos  deswegen 
zurückschickte,  damit  sie  nicht  nach  meinem  Tode  in  die  Hände 
der  räuberischen  Sosier  gerathen  möchten,  denn  ich  habe  mich 
ungern  von  ihnen  getrennt ,  so  würde  es  mich  äußerst  ge- 
kränkt haben,  wenn  sie  in  unrechte  Hände  gekommen  wären. 

Daß  Ihre  Muse  noch  lebendig  und  thätig  ist,  sehe  ich 
nicht  nur  aus  den  Versen  in  Ihrem  Schreiben,  sondern  auch 
aus  dem  Hamburgischen  neuesten  Musen- Almanach.  Man 
hat  mit  vollem  Recht  daselbst  von  Ihnen  gesagt:  was  Iloraz 
nur  gewünscht,  sey  Ihnen  reichlich  zu  Theil  geworden. 

Frui  parotis  et  valido  mihi, 
Latoe,  dones,  et  precor  i  n  t  e  g  r  a 
Cum  mente,  nec  turpem  senectum 
Degere  nec  cithara  carentem. 

Von  der  Cithara  weiß  ich  nichts  mehr;  aber  übrigens  bin  ich 
gesund,  und  von  meinem  Fall  ziemlich  wieder  hergestellt,  außer 
daß  der  Fuß  noch  etwas  schwach  ist. 

Der  vortreffliche  Herder  hat  mir  seine  Terpsichore  selbst 
geschickt.  So  viel  Vergnügen  sie  mir  gemacht,  so  hat  sie 
mich  doch  in  einige  Verlegenheit  gesezt.  Ich  kenne  die 
neuern  lateinischen  Dichter  wenig.  Außer  Buchanan,  Sarbiev, 
Sannazar,  Lotichius  habe  ich  keinen  gelesen.  Balde  war  mir 
bloß  als  ein  schlechter  deutscher  Dichter  bekannt  und  Masenius, 
deßen  Palaestrum  ich  in  meiner  Jugend  gelesen,  war  mir  we- 
gen seiner  argutiae  nicht  genießbar.  Ich  glaubte ,  Herder 
spiele  eine  piam  fraudem,  und    noch  vermuthe  ich,  daß  seine 


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440 

verbeßernde  und  ausschmQkende  Hand  vieles  zu  der  Vollkom- 
menheit dieser  Oden  beigetragen.  Es  sey,  wie  ihm  wolle,  es 
ist  ein  merkwürdiges  Phänomen,  und  ich  bin  auf  den  letzten 
Theil,  wo  ich  mehreren  Aufschlug  erwarte,  begierig. 

Leben  Sie  ferner  gesund  und  bey  guter  Laune,  in  Consortio 
Musarum  et  Gratiarum.    Ich  liebe  Sie  von  ganzem  Herzen. 

Ihr  treuer  Uz. 


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447 


Anmerkungen. 

1.  Gleim  hatte  Halle  im  august  1741  verlassen.  Er  spricht  selbst 
am  7.  September  (2,  t«)  von  seiner  schleunigen  entfernung  und  Götz, 
der  ihm  am  I.  august  zum  abschied  eine  Haller'sche  sentenz  ins  Stamm- 
buch schrieb,  beklagt  (Briefe  von  und  an  .J.  N.  Götz,  Wolfenbüttel 
18l)3,  s.  1),  daß  er  ihn  vergebens  am  abend  vor  seiner  abreise  aufge- 
sucht habe.  Gleim  ging  zunächst  über  Berlin  nach  Löhme,  einem  dorf 
mit  königlicher  domaine  im  kreise  Niederbarnim,  3  meilen  nordöstlich 
von  Berlin,  wo  seine  älteste  Schwester  Anna  Catharina  Magdalena  Ger- 
trud (geb.  1710,  gest.  27.  juni  1760)  an  den  kgl.  amtsverwalter  Joh. 
Friedrich  Fromme  verheiratet  war.  Erstere  zeichnete  sich  am  12.  Sep- 
tember, letzterer  am  5.  november  1741  mit  folgender  priamel  in  Gleims 
Stammbuch  ein,  in  welchem  Uz  nicht  vertreten  ist: 

Ein  Standt  der  ohn  Gefahr  ist, 
ein  guter  Ruhm  der  wahr  ist 
ein  Capital  das  haar  ist 
ein  Eßen  das  fein  gahr  ist 
ein  Trunck  der  hübsch  und  klar  ist 
ein  Weib  das  guter  Haar  ist 
und  unter  20.  Jahr  ist 
wenn  das  zusammen  dar  ist 
das  ist  ein  Glück  das  rahr  ist. 

Dieses  wünschet  dem  hochgeehrten  Herren 
Amt  Löhme  Besitzer,  wohlmeinend  ein  naher  Freund  und 

d.  5*2  Novembr:  Diener  der  sich  nennet 

1741.  Joh:  Fried:  Fromme 

Blumberg  war  eine  besitzung  des  freiherrn  Friedrich  Rudolf  Lud- 
wig von  Canitz,  über  den  Goedekes  grundriß*  III,  345  und  die  Heidel- 
berger dissertation  von  Valentin  Lutz  (Neustadt  a/H.  1887)  zu  verglei- 
chen ist ;  das  citat  über  ihn  ist  eine  freie  wiedergäbe  aus  Bodmers 
„Character  der  Teutschen  Gedichte*,  vers  485  f.  (Deutsche  litteratur- 
denkmale  XII,  10),  welche  lauten  : 

Zum  ersten  nennet  sie,  o  freyer  Caniz  dich, 

Der  von  des  Hofs  Gedriing  in  sich  hinein  entwich. 

Die  Tanzerinn.  In  Berlin  1741.  [86  s.]  8°  ist  von  Johann  Christoph  Rost, 
nicht  von  Jacob  Friedrich  Lamprecht,  oder  Lehmann,  wie  Uz  21,  i« 


448 


schreibt,  vgl.  meine  Götzbriefe  8.  4.  —  Ueber  seinen  plan,  nach  Däne- 
mark zu  gehen,  vgl.  Gleims  autobiographische  aufzeichnungen  (Körte. 
Gleims  leben  s.  21).  —  Der  grundstein  zum  neuen  opernhause  in  Berlin 
wurde  am  5.  September  1741  gelegt,  vgl.  Brachvogel,  Geschichte  des 
königlichen  theaters  zu  Berlin  I,  94.  —  Ueber  Paul  .lacob  Rudnick 
vgl.  Allgemeine  deutsche  biographie  XXIX,  478;  sein  „meisterstück* 
ist  die  prosasatire  „Der  heutige  gegenständ  meiner  einbildungskraft*, 
die  von  Uz  an  Schwabe  gesandt  und  in  dessen  Belustigungen  des  Ver- 
standes und  des  witzes  1741,  winteruionat ,  s  441  —  450  abgedruckt 
wurde.  —  Ueber  den  Hallenser  genossen  Naumann  ,  der  1743  wieder 
in  Berlin  auftaucht,  ist  wenig  bekannt;  vgl.  meine  dissertation  Ober 
Ramler  (Wolfenb (Ittel  1886)  s.  12.  Sauer,  Kleist  III,  SGI,  verwechselt 
ihn  mit  dem  sogenannten  .Bauzner«  Christian  Nicolaus  Naumann,  Ober 
den  Muncker  in  der  Allg.  deutschen  biographie  23,  302  gehandelt  hat 

2.  Diesen  brief  hat  Gleim  17-16  überarbeitet  in  die  Freundschaft- 
lichen briefeals  nr.  9  aufgenommen,  über  die  s.  1 17  und  anmerkung  zu  ver- 
gleichen ist.  Um  ein  beispiel  von  der  redaction  dieser  briefsamiulung. 
die  G.  Steinhausen  in  seiner  Geschichte  des  deutschen  briefes  (Berlin 
1889—91)  nicht  berücksichtigt  hat,  zu  geben,  setze  ich  zum  vergleich 
diese  fassung  hierher: 

Mein  Herr, 

Ich  kann  das  Vergnügen,  so  mir  ihr  werthes  »Schreiben  verursacht, 
nicht  besser  bestimmen,  als  durch  das  Verlangen,  so  ich  nach  dem- 
selben gehabt  habe.  Beinahe  wäre  ich  auf  die  Gedanken  gerathen, 
daß  sie  entweder  mich  gänzlich  vergessen  ,  oder  daß  sie  ein  wichtiges 
Amt  nicht  erlaube,  für  das  Vergnügen  ihrer  freunde,  sich  die  geringste 
Mühe  zu  geben.  Beide  Muthmassungen  befinde  ich,  zu  meinem  Glücke, 
irrig.  Ich  hiitte  leicht  noch  auf  die  dritte  fallen  können,  daß  nemlich 
eine  Liebesangelegenheit  allen  ihren  andern  Geschäften  die  Zeit  weg- 
nähme. Was  kann  man  von  einem  Poeten,  der  nn  dem  verliebten  Ana- 
kreon  einen  Geschmack  findet,  und  der  selbst  die  artigsten  Liebeslieder 
macht,  leichter  vennuthen,  als  daß  er  nicht  so  bald  in  eine,  ihren 
schönen  Mägden  wegen  so  berühmte  Stadt  kommen  werde,  da  er  nicht 
gleich  eine  Gebietherin  haben  sollte?  Vielleicht  liegt  hierin  auch  die 
Ursache,  warum  das  unschuldige  Landleben  in  der  Gegend  von  Blum- 
berg,  wo  der  Herr  von  Canitz  oft 

•  -  -  frey  vom  Gedränge 

Des  Hofes  müßig  ging, 
für  sie  nichts  reitzendes  hat.  Sie  werden  es  nicht  ausstehen  können, 
lange  von  dem  Orte  entfernt  zu  bleiben ,  wo  ihr  Herz  ist.  Es  fehlt 
ihnen  die  Gemüthsruhe,  und  diejenige  Verfassung  der  Seele,  da  ihnen 
alles  gleichgültig  ist.  Sie  finden  in  der  Gesellschaft  und  in  dem  Um- 
gänge mit  Menschen,  insonderheit  denen,  aus  dem  schönen  Geschlecht» 
noch  allzuviel  angenehmes,  und  allzuwenig  unangenehmes,  als  daß  es 
ihnen  erträglich  Heyn  kann,  sich  davon  ausgeschlossen  zu  sehen.  Wi<» 


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449 


ganz  anders  sab  es  in  der  Seele  des  Herrn  von  Canitz  aus?  Da  schlie- 
fen, so  zu  sagen,  die  Begierden  und  Affecten;  die  Philosophie  und  Er- 
fahrung hatten  ihm  die  Welt  von  innen  und  aussen  bekannt  gemacht ; 
er  hatte  von  Natur  wenig  Ehrgeitz,  und  noch  weniger  Geitz,  welchen 
beiden  Gemütsleidenschaften  das  Geräusche  der  Gesellschaft  nicht  zu- 
wider ist,  weil  sie  ihren  Vorteil  daselbst  finden ;  er  liebte  eine  gemach- 
liche Stille,  eine  ungezwungene  Lebensart,  und  Vergnügungen,  welche 
sanfter  sind  und  weniger  Mühe  kosten.  Bei  dieser  Gemütsart  mußte 
ihm  freilich  das  Landleben  weit  angenehmer  seyn,  als  das  Leben  bey 
Hofe,  wo  eine  Seele,  wie  die  seinige  war,  wie  ausser  ihrem  Elemente 
ist.  Belieben  sie  nur,  mein  werthester,  noch  einige  Jahre  zu  verziehen, 
bis  die  Hitze  der  feurigen  Jugend  in  etwas  verrauchet,  und  bis  sie 
ihre  Ehrbegierde  werden  gesatigt  sehen;  alsdann  werden  ihnen  die 
ruhigen  Annehmlichkeiten  des  Landlebens  um  ein  grosses  reizender 
dünken.  Ich  habe  ihnen  meine  Meinung  so  ausführlich  Überschrieben, 
damit  sie  sehen,  daß  ich  es  für  Scherz  halte,  wenn  sie  den  Mangel 
meines  Umgangs  für  die  Ursache  ihrer  Dnempfindlichkeit  ausgeben. 
Sie  gedenken  einer  Tänzerin,  welche,  wie  sie  glauben,  kein  Landjunker 
verfertigt  hat:  Solte  das  wohl  eine  neue  Schrift  oder  ein  Gedicht  seyn? 
Lassen  sie  sich  doch  zum  Vergnügen  eines  Freundes,  der  wie  in  einer 
Wüste  lebt,  die  Mühe  nicht  dauern,  mir  manchmal  artige  und  sinn- 
reiche Stücke ,  woran  in  Berlin,  in  diesem  Sammelplatze  aufgeweckter 
Köpfe,  kein  Mangel  seyn  kann,  entweder  nur  bekannt  zu  machen,  oder 
zu  Übersenden.  Ich  will  keine  Gelegenheit  vorbey  lassen ,  ihre  Gütig- 
keit zu  erwiedern.  jc. 

4,ss:  Die  , Blätter  der  unsichtbaren  gesellschaft"  sindPyra*s  Wochen- 
schrift Gedancken  der  unsichtbaren  gesellschaft,  Halle  in  der  Fritzschi- 
sehen  buchhandlung  1741,  vgl.  Waniek,  Pyra  (Leipzig  1882)  b.  CG  ff. 
Das  stück  mit  dem  »heldengedicht",  das  Uz  an  Gleim  übersendet  (vgl. 
7, 4)  ist  das  siebente,  welches  den  ersten  gesang  von  Pyra's  komischer 
epopöe  „Bibliotartarus"  enthält.  —  Hagedorns  Sammlung  neuer  oden 
und  lieder,  mit  musik  von  Görner,  erschien  in  Hamburg  1742,  Hallers 
Versuch  schweizerischer  gediente  in  dritter  aufläge  in  Bern  1743.  — 
Unter  Baumgartens  dfcsertation  ist  Alexander  Gottlieb  Baumgartens  ha- 
bilitationsschrift  „Meditationes  philosophicae  de  nonnullis  ad  poenia 
pertinentibus",  Halle  1735,  zu  verstehen,  welche  „die  schlafenden  geister 
erweckte",  wie  Gleim  selbst  (Körte,  Gleims  leben  s.  21)  sagt.  Ueber 
die  Rudnickschen  briefe  vgl.  die  anmerkung  zum  5.  briefe. 

8.  »Der  Weltbürger"  (7, 2)  ist  eine  der  ersten  Berliner  Wochen- 
schriften, die  vom  2.  februar  1741  bis  25.  januar  1742  in  52  nummern 
erschien.  L.  Geiger  hat  darüber  in  seinen  Vortragen  und  versuchen, 
Dresden  1890,  s.  88-94  gehandelt,  ohne  zu  bemerken,  daß  Jacob  Frie- 
drich Lamprecht  der  herauageber  (Goedeke  MV,  12)  und  Gleim  sein 
mitarbeiter  ist.  —  Der  „Versuch  einer  gebundenen  Übersetzung  des 
trauerspiels  von  dem  tode  des  Julius  Casar.    Aus  dem  englischen 

Gleim-Uü,  Briefwechsel.  29 


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450 


werke  des  Shakespear'  ,  Berlin  1741  ,  ist  von  Caspar  Wilhelm  von 
Borcke,  mit  einer  vorrede  von  Lamprecht,  vgl.  Goedeke "  III,  368.  — 
Die  friedenspräliminarien  des  ersten  Bchlesischen  krieges  wurden  am 
13.  joni,  der  definitivfrieden  am  28.  juli  1742  unterzeichnet,  vgl.  Koser, 
Friedrich  der  große  I,  171.  175. 

4*  Die  beiden  französischen  briefe  von  Uz  (nr.  4  und  8)  sind  mit 
allen  eigenheiten  der  grammatik  und  Orthographie  abgedruckt ;  auch 
Kleists  erster  brief  an  Gleim  (Sauer  II,  3)  ist  französisch  geschrieben. 
—  10,  36 :  Die  recension  von  Rost's  Tänzerin  steht  in  Gottscheds  Bey- 
trägen  zur  critischen  historie  der  deutschen  spräche  1741 ,  VII,  18, 
die  von  Borckes  Shakespeare- Übersetzung  im  Hamburgischen  correspon- 
denten  von  1741  nr.  172.  Es  beißt  darin  zum  Schluß  (nach  gütiger 
Mitteilung  dr.  F.  Gerhards) :  .Wir  haben  unsern  Lesern  keine  Stellen 
aus  diesem  Übersetzten  Trauerspiele  mitgeteilet.  Die  Hochachtung,  die 
wir  einem  solchen  Englander,  als  der  Shackespear  ist,  schuldig  sind, 
wiewohl  er  die  Gesetze  der  Schaubühne  auch  nicht  allemal  beobachtet, 
hat  uns  daran  verhindert.  Wie  leicht  könnte  man  viele  Fehler  dem 
Verfasser  der  Urschrift  zuschreiben,  für  welche  doch  der  Deutsche  allein 
mit  Recht  büssen  muß*.  —  11,  s:  Umständliche  nachricht  von  des  . .  . 
Martin  Opitz  von  Boberfeld ,  leben,  tode  und  Schriften,  nebst  einigen 
lobgedichten  auf  ihn.  Hsg.  von  Kaspar  Gottlieb  Lindnern.  Hirschberg, 
1740—41.  —  Martin  Opitzens  Von  Boberfeld  gediente.  Von  J.  J.  B.[odmer] 
und  J.  J.  B.[reitinger]  besorget.  Erster  teil  erschien  erst  1745  in  Zürich, 
vgl.  75,i».  —  11,  n :  Der  Bewunderer,  Hamburg  1742,  4°,  herausge- 
geben von  Zink,  enthält  beitrage  von  Hagedorn  und  Joh.  Arnold  Ebert, 
vgl.  Karl  Jakoby,  Die  ersten  moralischen  Wochenschriften  Hamburgs, 
Hamburg  1888,  s  46.  —  Die  französischen  verse  von  Uz  auf  Friedrich  II, 
bei  Sauer  nr.  107. 

5.  Der  brief  von  J.  N.  Götz,  den  Gleim  citirt,  ist  verloren,  vgl. 
meine  Götzbriefe  p.  IX. — .Unter  den  von  Gleim  abgeschriebenen  papieren 
Rudnicks,  die  im  Gleimarchiv  zu  Halberstadt  und  (als  gesebenk  Körtes 
an  Varnhagen)  in  der  kgl.  bibliothek  zu  Berlin  liegen ,  befindet  sich 
unter  andern  ein  brief  von  Uz  über  die  liebe  vom  juli  1740  —  also 
sein  ältestes,  bisher  ungedrucktes  litterarisches  produet  — ,  Rudnicks 
antwort  darauf  vom  5.  october  1740  und  ein  brief  von  ihm  an  Uz  vom 
5.  februar  1710,  der  in  komischer  form  eine  reise  nach  Schlettau  bei 
Halle  schildert.  Ich  werde  die  reliquien  Rudnicks  in  auswahl  an  einer 
andern  stelle  abdrucken.  -  14,5:  Das  Berliner  Wochenblatt  nach  art 
der  Leipziger  belustigungcn  ist  die  »Berlinische  |  Sammlung  |  Nütz- 
licher Wahrheiten.  |  Wöchentlich  [!]  herausgegeben.  I  Bey  Daniel  August 
Göhl,  1742.«  [2  bl..  400  s.,  2  bl  ]  b\  die  sich  in  der  königlichen  biblio- 
thek zu  Berlin  befindet  und  bisher  —  auch  von  L.  Geiger  in  seinem 
oben  erwähnten  aufsatze  —  unbeachtet  geblieben  ist.  Sie  erschien  vom 
27.  märz  bis  21.  september  1742  in  5u  stücken  zu  8  seiten ,  dienstags 
und  freitags,  und  steht  ganz  auf  dem  niedrigen  Standpunkt  der  übrigen 


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451 


moralischen  Wochenschriften  jener  zeit  (vgl.  E.  Milberg,  Die  moralischen 
Wochenschriften  des  18.  jahrhunderts,  Meissen  o.  J.).  Gleim  hat  dazu 
folgende  beitrage  geliefert : 

1)  »Vorbericht",  unterzeichnet:  »Der  Verleger,  Daniel  August  Göhl", 
vgl.  34,  a  v.  u. 

2)  Stuck  89,  seite  311  f.:  »Piece  echape>.  Die  sterbende  Ursul" 
ygl.  62,  tz  und  66,  u. 

3)  Stück  42,  seite  329  f.:  »Eine  Fabel"  (Hin  Ziegenbock,  ein  junger 
stier)  handschriftlich  in  den  Halberstlidter  papieren  Rudnicks  von 
Gleims  hand. 

4)  Stück  49,  seite  387-390:  »Einladung  nach  Berlin  an  Herrn  A.  J, 
F.  F.fromme]",  unterzeichnet  J.  W.  L.  G.[leim],  aufgenommen 
in  den  »Versuch  in  scherzhaften  Hedem",  zweiter  teil  (Berlin 
1745)  s.  17-20.    Vgl.  oben  34,  i*. 

Die  »Schäfererzahlungen,  o.  0.  [Berlin,  Haude]  1742"  [70  ■.]  8°  sind 
von  Johann  Christoph  Rost,  vgl.  Goedekc*  IV,  13.  —  »Der  Freydenker 
zwey  jähre  lang  herausgegeben  in  Danzig.  In  der  Waasbergschen 
buchhandlung."  o.  J.  [1741-43]  4°  (vgl.  Milberg  s.  9)  beßndet  sich  in 
Gleims  bibliothek  als  nr.  335;  »Der  Freimaurer",  Leipzig  1738,  gr.  8° 
Milberg  s.  8.  —  Die  kranke  Laura  ist  abgedruckt  im  Weltbürger, 
blatt  50,  vom  11.  januar  1742;  Gleims  angäbe  (IG,»),  der  Verfasser 
sei  ihm  unbekannt,  ist  eine  mystification.  Gottscheds  »Bey trüge  zur 
c ritischen  historie"  1742,  VIU,  31 — 45  enthalten  ein  polemisches 
.Schreiben"  gegen  Gleims  beitrüge  zum  Weltbürger  von  J.  F.  Z.[ernitz?] 
vgl.  Waniek,  Gottsched  s.  447. 

6.  In  der  fünften  zeile  des  briefes  steckt  ein  Schreibfehler;  vielleicht 
fehlt  ein  »nicht"  nach  »daß*.  —  Der  brief  von  Götz  an  Gleim,  datirt 
Halle,  20.  April  1742,  ist  gedruckt  in  meinen  Götzbriefen  s.  5—9;  eine 
entachuldigung  Uzens  enthalt  er  nicht.  —  Der  lange  französische  brief 
(19, »«)  ist  nr.  4,  der  nach  s.  25  nicht  in  Gleims  hände  gelangte;  die 
abschrift  von  Voltaire's  schreiben  ist  verloren.  —  »Die  schweizerischen 
handvesten  satyren  wider  die  Leipziger"  sind  bei  Goedeke*  IV,  7  f. 
und  genauer  bei  Bächtold,  Geschichte  der  deutschen  literatur  in  der 
Schweiz  s.  560  ff.  verzeichnet. 

7.  Der  brief  ist  zu  verschiedenen  zeiten  in  Löhrae  und  Berlin  nach 
pfingsten  1742,  im  juni,  geschrieben,  vgl.  s.  25.  —  Die  28.  ode  Anacreons 
ist:  "Aya  ^wy^wv  dtptats  (Bergk,  Anthologia  lyrica3  419);  von  Uzens 
Anacreonübersetzungen  aus  dieser  Zeit  hat  sich  handschriftlich  nichts 
erhalten.  —  Was  Gleim  s.  24  über  »die  kranke  Laura"  sagt,  ist  natür- 
lich gleichfalls  versteckspiel.  —  Die  oper  »Rodelinda,  regina  dei  Longo- 
bardi,  drama  per  musica  di  Bottarelli*  wurde  zuerst  am  13.  december 
1741  in  Berlin  gegeben,  vgl.  Brachvogel  1,97.  Rost's  Übersetzung  ist  mir 
unbekannt.  —  Bodmers  »Sammlung  cri tischer,  poetischer  und  anderer 
geistvoller  Schriften"  erschien  in  12  stücken,  Zürich  1741 — 44;  die  zweite 
aufläge  (schcinaa.sgabe),  Zürich  1753,  ist  nicht  von  Wieland.  vgl.  Waniek, 

29* 


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452 


Gottsched  s.  433.  -  Itost's  schäferspiel  ist  .Die  gelernte  liebe«,  o.  0. 
1742,  wiederholt  als  »Der  versteckte  hammel  oder  die  gelernten  diebe" 
o.  O.  1743.  -  üeber  Gottlob  Benjamin  Straube  vgl.  Waniek.  Gott- 
sched s.  382  f.  und  oben  s.  54;  seine  Übersetzung  der  von  Bodiner 
gelobten  briefe  kenne  ich  nicht.  —  Gleims  gedieht  auf  Göhls  hoch  zeit 
ist  unbekannt.  —  Henrich  Jakob  Sivers  und  Johann  Ernst  Philippi 
(vgl.  Goedeke  2 IV.  23)  sind  durch  Liscow's  satiren  verewigt  geworden.  — 
.Der  schöne  Hans*,  eine  satirische  erz&hlung,  steht  im  16.  stück  der 
Berliner  Sammlung  nützlicher  Wahrheiten,  vgl.  den  folgenden  brief. 

8.  ,Les  vers",  die  L'z  an  Gleim  übersendet,  und  denen  des  letzteren 
name  vorgesetzt  ist  (32,  ts) ,  wird  die  ode  ,An  Hrn.  Gleim  in  Berlin 
1741'  sein,  die  Uz  später  mit  dem  , Lobgesang  des  frühlings"  vereinigte 
(Sauer  nr.  1).  —  Die  „invitation  pour  Berlin*  ist  die  in  der  Berliner 
Sammlung  nützlicher  Wahrheiten  stück  49  abgedruckte  Einladung  naeh 
Berlin,  an  Gleims  schwager  Fromme  gerichtet.  Ist  mit  der  .agreable 
conte"  von  Dreyer  die  oben  erwähnte  erz&hlung  «Der  schöne  Hans" 
gemeint?  Die  stanzen  ,Das  unfehlbare«,  die  Uz  Gleim  zuschreibt, 
kenne  ich  nicht.  —  Die  .Nachlese"  zu  Joh.  Christian  Günthers  gedienten 
erschien  1742  in  Breslau,  vgl.  Goedeke5  III,  851.  —  „Les  vers  tres 
piquans"  auf  Gottsched  ist  das  zuerst  am  18.  September  1741  in  Leip- 
zig aufgeführte  Vorspiel  der  Neuberin  „Der  all  erkostbarste  Schatz"  vgl. 
Waniek ,  Gottsched  s.  442  und  „Das  Vorspiel.  Ein  satirisch-episches 
gedieht,  in  fünf  büchern",  o.  O.  1742,  von  Joh.  Christoph  Rost, 
Goedeke  "  IV,  13.  —  Ueber  Uzens  zerfall  mit  J.  N.  Götz  vgl.  meine 
Götzbriefe  s.  XI. 

9.  Gleim  ging  zu  anfang  des  jahres  1743  nach  Potsdam  als  haus- 
lehrer  bei  dem  Oberstleutnant  von  Schulze,  vgl  Körte  a.  21  ff.,  oben 
s.  34.  —  Das  beigelegte  lied  von  Jacob  Friedrich  Lamprecht  auf  seine 
braut  ist  nicht  erhalten.  —  Ueber  Gottlob  Benjamin  Straube  vgl.  zum 
7.  briefe.  —  Naumanns  Übersetzung  von  Rousseau's  Flateur  ist  nicht 
bekannt  —  Das  schäferspiel  Der  blöde  schäfer  ist  von  Gleim  selbst, 
vgl.  zum  15.  briefe.  —  Gleims  gedieht  Die  fechter  ist  nicht  erschienen ; 
Uber  seine  beitrage  zur  Berliner  Sammlung  nützlicher  Wahrheiten  vgl. 
den  f».  brief  nebst  anmerkuug.  Das  gedieht  „An  herrn  Lamprecht  und 
herrn  Uz'  ist  meines  Wissens  bisher  ungedruckt. 

10.  Ueber  die  „ehemals  in  Hamburg  herausgekommenen  meister- 
stücke"  vgl.  8.  41  f.  und  meine  Götzbriefe  s.  11. 

11.  Das  „stück  von  der  Hagedornschen  muse'  ist  „Die  glück  Selig- 
keit" ,  Hamburg  1743,  8  °.  —  Dreyers  Vorspiel  ist  „Das  glück  der 
Völker**,  das  zum  geburtstage  Friedrichs  II.  am  24.  januar  1743  von 
Sehönemann  aufgeführt  wurde,  vgl.  Devrient  s.  75.  —  Ueber  „Schöne 
raritftten  ,  schön  spielwerk"  vgl.  die  Zusammenstellung  bei  Minor  und 
Suuer,  Studien  zur  Goethe-philologie,  Wien  1880,  s.  10.  —  Haller  hatte 
sich  1741  zum  drittenmal  mit  Sophia  Amalia  Christina  Teichmeyer 
verheirathet,  vgl.  Hirzel  p.  CLXXXVI.  -  Lamprechts  Übersetzung  vom 


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453 


Leben  Cicero's  ist  nicht  erschienen.  —  Ueber  Bielfelds  auch  im  druck 
erschienenes  lustspiel  „Die  beschwerlichkeiten  des  hofes"  vgl.  Deviient, 
Schönemann,  s.  75  und  unten  zu  nr.  26. 

12.  Dieser  brief  ist  von  Erich  Petzet,  Uz,  s.  6—8  abgedruckt ;  daselbst 
ist  s.  7  z.  9  v.  u.  statt  des  ergänzten  „Wasser"  zu  lesen  „Breyhan",  ein 
bier,  über  das  Grimm ,  Deutsches  Wörterbuch  II,  379  s.  v.  .Breuhahn" 
zu  vergleichen  ist.  —  Die  beiden  oden,  die  Uz  überschickt,  sind  nicht 
erhalten,  Sauer  (p.  V)  vermutet  unter  der  einen  den  „Traum"  (nr.  7) 
den  Uz  am  1.  juni  1744  nochmals  übersendet.  Doch  sind  vielleicht  zwei 
der  oden  „an  Chloe"  (Sauer  nr.  3 — C)  gemeint,  da  Uz  schreibt,  er  habe 
noch  verschiedene  stücke  von  dieser  art  gemacht.  —  Die  beiden  briefo 
Gleims  de  dato  7.  mai  1743  sind  verloren. 

13.  Die  beigelegten  oden  von  Uz  sind  gleichfalls  nicht  erhalten, 
Der  „Lobgesang  des  frühlings"  (Sauer  nr.  1.  2)  steht  in  Schwabes  Be- 
lustigungen des  Verstandes  und  des  witzes  auf  das  jähr  1743,  brach- 
monat,  s.  485—489.  Ueber  das  metrum  vgl.  Petzet,  Uz  s.  29,  Waniek. 
Gottsched  s.  431.  Das  erste  daraus  entstandene  lied  hatte  Uz  bereits 
am  5. 1.  1743  übersandt  (oben  s.  28);  das  jetzt  beigelegte  „andere  lied 
auf  den  frühling4'  ist  Sauers  nr.  10  „Frühlingslust".  —  Die  Voltaire'schen 
verse  sind  nicht  erhalten.  —  Die  oper  „Cato  in  Utica",  text  von  Meta. 
stasio,  musik  von  Graun,  wurde  am  6.  januar  1744  zum  erstenmal  in 
Berlin  gegeben,  vgl.  Brachvogel  I,  119.  —  Ueber  die  academie  der 
Wissenschaften  vgl.  oben  s.  60.  —  Ueber  „Die  geistlichen  auf  dem  lande" 
vgl.  zum  folgenden  briefe.  —  „Die  pietisterey  im  fischbein-rocke",  Rostock 
1736,  ist  ein  lustspiel  der  frau  Gottsched.  —  Schönemann  ging  zu  ostern 
1744  von  Berlin  nach  Breslau.  —  Die  Verhöhnung  Gottscheds  durch 
die  Neuberin  gelegentlich  des  Cato  fällt  also  in  das  frühjahr  1743, 
nicht  ins  jähr  1741,  wie  Waniek,  Gottsched  s.  442  u.  a.  annehmen. 

14.  Dieser  Brief  ist  bis  auf  den  letzten  absatz  bereits  im  September 
1743  geschrieben,  aber  erst  mit  nr.  15  am  29.  märz  1744  übersandt  (vgl. 
8.  57  zeile  is  — i«);  das  beweisen  besonders  die  worte  s.  55/56  über  die 
Berliner  oper.  —  Gleims  gedieht  ist  in  Schwabes  Belustigungen  des 
Verstandes  und  des  witzes  auf  das  jähr  1744,  augustmonat,  s.  190 — 192 
gedruckt  unter  dem  titel :  „An  den  Verfasser  des  lobgesangs  auf  den 
frühling.  Im  brachmonate  des  vorigen  jahres"  mit  correcturen  Schwabes 
und  mit  fehlem  (z.  b.  vers  24  „beschönt1  statt  „beschämt"),  die  Gleim 
72tn  verurteilt.  —  s.  52:  Die  geistlichen  auf  dem  lande.  Ein  lustspiel 
in  drey  handlungen.  Zu  finden  in  der  Franckfurter  und  Leipziger  Mi- 
chaelis-messe.  1743.  [135  s.'J  8°,  von  Johann  Christian  Krueger,  über 
den  Goedekes  Grundriß-  IV,  72,  E.  Schmidt  in  der  Allg.  deutschen 
biographie  XVI l ,  230  und  H.  Devrient ,  J.  F.  Schönemann  s.  67  zu 
vergleichen  ist.  In  Gleims  Stammbuch  findet  sich  folgender  eintrag 
von  ihm  : 

Nein,  Hoffnung  macht  des  Lebens  müde; 
Wenn  mir  mein  Glück  nicht  viel  verspricht, 


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So  hab  ich  gnug,  uml  hoffe  nicht, 
Und  habe  von  den  Sorgen  Friede. 

So  tausch  ich  nicht  mit  ienen  Thoren, 
Die  Glück  vergnügt  und  edel  macht, 
Mir  hat  die  Tugend  zugedacht, 
Was  mir  noch  nicht  mitangebohren. 

Des  HErrn  Besitzers  HochEdl : 
Berl:  d.  13t  =  8br:  empfiehlt  sich 

1742.  J.  C  Krüger. 

aus  Berlin. 

s.  53:  Naumann  schreibt  an  Gleim  aus  Berlin,  2.  juli  1743  (ungedruckt, 
im  Gleimarchiv):  „Eben  heute  habe  die  Liscovische  Vorrede  vor  dem  Lon- 
gin gelesen.  Er  greift  darin  dio  Belustigungen  und  unter  andern  den 
Gegenstand  meiner  heutigen  Einbildungskraft  vom  seel.  Hn.  Rudnick  an. 
Ich  verdenke  ihm  dieses  nicht.  Denn  er  weiß  nicht,  daß  es  eine  Satire 
auf  Gottsched  ist.  Es  wäre  nöthig  ihn  durch  Briefe  davon  zu  unter- 
richten. Vielleicht  entschließe  ich  mich  dazu."  Gleim  antwortet  aus 
Potsdam,  20.  juli  1743  (ganz  verändert  als  nr.  29  der  „Freundschaft- 
lichen briefe"):  ,.Ich  kan  Ihnen  nichts  überschicken,  das  sie  mit  so 
viel  Vergnügen  lesen  würden,  als  ich  die  Liscov.  Vorrede.  Sie  konit 
daher  mit  nichts,  als  mit  Dank  begleitet,  wieder  zurück.  Ich  habe 
nicht  so  viel  satyrisches  darin  gefunden  als  ich  verinuthet  habe ;  viel- 
leicht werden  die  Belustiger  mehr  finden.  Schreiben  Sie  mir  doch,  ob 
Sie  das  rudnickigehe  Stück  schon  von  dem  Verdacht,  daß  es  zu  ihnen 
gehöre,  befreyet  haben  ?  Ist  denn  der  Schneider  aus  Leipzig ,  und  der, 
welcher  mit  dem  Kothkehlchen  verglichen  ist,  eine  Person  ?  oder  ist  der 
letztere  P.  Beyer.  Geben  Sie  mir  doch  hievon  einiges  Licht  *'  —  s.  54: 
Die  in  Berlin  herausgekommene  schrift  wider  Gottsched  ist  der  ,, Erweis, 
daß  die  G*ttsch*  dianische  Secte  den  Geschmack  verderbe",  Hamburg 
und  Leipzig,  1748,  von  Immanuel  Jacob  Pyra.  —  Critischc  betrachtungen 
und  freye  Untersuchungen  zum  aufnehmen  und  zur  Verbesserung  der 
deutschen  schau-  bühne.  Mit  einer  zuschritt  an  die  frau  Neuberin, 
Bern  1743.  —  „Der  gelehrte",  von  Hagedorn,  zuerst  o.  O.  1740,  dann 
im  Hamburgischen  correspondenten  1748,  stück  116.  —  Ueber  Straube 
vgl.  zum  7.  briefe.  —  55, 7 :  In  der  frühesten  gestalt  des  „Lobgesang 
des  frühlings"  (Sauer  nr.  1)  wird  der  graf  Manteuffel  in  der  neunten 
strophe  erwähnt: 

Wolf  reicht  es  nun  dem  Grafen  dar, 
Der  Philurenens  Fluren  schmücket. 
Ueber  den  grafen  Ernst  Christoph  von  Manteuffel  vgl.  E.  Wolff, 
Gottsched  I,  207  ff,  über  die  von  ihm  gestiftete  „Gesellschaft  der  ale- 
thophilen"  ebda.  I,  215-230.  —  Der  Herrenhuther,  Humburg  1743, 
8°,  vgl.  Milberg  s.  10 ,  .lacoby  s.  46.  Ueber  den  „Bauzner"  Christian 
Nicolaus  Naumann  vgl.  zum  1.  briefe.  —  Das  „Gedicht  auf  die  Herren- 


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455 


Luther,  an  den  grafcn  von  Zinzendorf",  Btatnnit  von  Gleim  selbst  und 
steht  unter  dein  titel  „Schreiben  an  das  pflanzstädtlein  zu  Herrnhuth,  bey 
Übersendung  eines  mohren"  in  der  Wochenschrift  ,,Freye  urthoile  und 
nachrichten  zum  aufnehmen  der  Wissenschaften  und  historie  überhaupt", 
Hamburg  1744,  s.  774-776,  vgl.  Goedeke  1 IV,  758  und  S.  G.  Lange» 
Sammlung  gelehrter  und  freundschaftlicher  briefe  I,  105.  Die  von 
Gleim  citirten  verse  sind  die  beiden  letzten  des  gedichts.  —  lieber 
Voltaires  besuch  in  Berlin  1743  vgl.  Koser.  Friedrich  der  große  I,  218.  —  • 
s.  55/56 :  Nach  Brachvogel ,  Geschichte  des  königlichen  theaters  zu 
Berlin  I,  118  schloß  sich  am  IX).  october  1743  an  die  oper  Clemenza  di 
Tito  von  Graun  die  erste  redouto  an;  das  j  ihr  schloß  am  1.  december 
mit  einem  hofconcert,  dem  am  andern  Tage  zur  eröft'nung  des  carne- 
vals  die  aufführung  der  oper  Artaxcrxes  von  Graun  folgte,  in  welcher 
der  altist  und  castrat  Pasqualino  Bruscolini  auftrat,  der  bereits  im 
september  nebst  dem  sopranisten  Feiice  Salimbeni  in  Berlin  eingetroffen 
war.  —  Daß  das  gedieht  „An  Herrn  UzM  (s.  51)  von  Kleist  sei,  ist 
wiederum  ein  versteckspiel  Gleims.  —  Das  philosophische  gebet  von  Kleist 
ist  soin  „Lob  der  gottheit"  (Sauer,  Kleist  I,  22).  -  Der  letzte  absatz  des 
briefes  ist  erst  bei  der  absendung  im  marz  1744  zugeschrieben. 

15.  Ueber  die  verlornen  gedichte  von  Uz  vgl.  zu  nr.  13.  —  Der 
beigelegte  brief,  der  angefangen  wurde,  als  Uz  noch  nicht  in  Ansbach 
war,  ist  nr.  14.  —  ,,Die  6  bogen"  sind  Gleims  „Versuch  |  in  |  Scherz- 
haften |  Liedern.  |  Nos  haec  nouimus  esse  nihil.  |  Martialis.  |  BERLIN." 
o.  J.  [1744],  4  bl.  88  s.  8°,  nach  59,  i  in  Potsdam  gedruckt  und  nach  s.  119. 
125  in  neuer  aufläge  mit  Veränderungen  erschienen;  die  kgl.  biblio- 
thek  zu  Berlin  besitzt  beide  auflagen,  die  sich  besonders,  auf  s.  72  und 
80  unterscheiden,  als  Yk.  7521  (1)  und  Yk.  7532,  letztere  enthält  als 
handschriftliche  dedication  an  Spalding  ein  in  den  „Sieben  kleinen  Ge- 
dichten, nach  Anacreons  Manier,"  Berlin  1764,  s.  6 — 10  gedrucktes  lied. 
Vgl.  auch  zu  nr.  24.  —  Uzens  name  steht  über  dem  liede  auf  s.  33  „Wünsche 
an  Herrn  Uz  in  Anspach",  das  dritte  lied  ist  „An  Herrnfv^n  Kleist" 
betitelt.  —  In  der  matrikel  des  gymnasiums  zu  Danzig  erscheint  „Paul 
Jacob  Rudnick  Bütoa  Pomeranus"  am  19.  october  1730,  Ewald  von 
Kleist  am  15.  september  1729  als  in  die  zweite  klasse  aufgenommen, 
vgl.  Seufferts  vierteljahrschrift  III,  289.  —  Gleims  „Schäferwelt"  (Sämmt- 
liche  werke  III,  5-10)  steht  zuerst  in  \V.  A.  Paulli's  Poetischen  ge- 
danken  1750,  II,  86—88,  vgl  Goedeke  "IV,  759,  ferner  in  C.  F.  Lent- 
ner's  Schlesischer  anthologie  II,  161-164  als  ein  Straubesches  gedieht; 
auch  Consbruchs  Westpbälische  beyträge  sollen  es  enthalten  vgl.  [Borch- 
mann]  Briefe  zur  erinnerung  an  merkwürdige  zeiten  von  1740—1778, 
Berlin  1778,  s.  129.  Das  Gleimarchiv  enthält  auf  einem  losen,  nach- 
träglich gefundenen  quartblatt,  das  zu  diesem  briefe  zu  gehören  scheint, 
das  gedieht  in  folgender  ursprünglicher  gestalt: 


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•156 


»Die  Schäferwelt. 
An  -  -  -  - 


Ja,  -  -  -  -  die  Welt  ist  zu  beklagen 

Ihr  Glück  entwich  mit  ihren  ersten  Tagen. 

AU  noch  das  Land  voll  Schäferhütten  war 

War  GlQck  and  Gold  noch  nicht  so  wandelbar. 

Man  aß,  man  tranck,  man  schlief  auf  seiner  Weide 

Man  fühlte  noch  den  rechten  Trieb  zur  Freude. 

Man  war  ein  Mensch,  man  blieb  ein  Mensch  mit  Lust 

Man  raubte  sie  sich  selbst  nicht  aus  der  Brust 

Man  ließ  sie  sich  von  keinen  Feinden  rauben 

Von  Fürsten  nicht,  auch  nicht  vom  Aberglauben. 

Ein  Rath,  ein  Schuft,  ein  Richter  und  ein  Schelm 

Ein  Kriegesmann,  Schild,  Panzer,  Schwerd  und  Belm, 

Ein  Königsfreund,  ein  Sieger  und  ein  Henker 

Ein  Ordensband,  ein  statsgelehrter  Zänker 

Ein  Ritterpferd,  ein  Stutzer,  ein  Prälat 

Ein  Rabenstein,  ein  Galgen,  ein  Castrat 

Ein  Cämmerer,  ein  Pabst,  ein  Burgemeister 

Ein  Atheist,  und  Klein  und  große  Geister 

Ein  Hasenfuß,  ein  Hofmann,  ein  Pedel 

Ein  Sclav,  ein  Herr,  ein  Meister,  ein  Gesell 

Ein  Höllenbrand,  ein  Narr,  ein  Schriftgelehrter 

Sind  nach  und  nach  entstandne  neue  Wörter. 

Die  Schäferwelt,  war  nicht  der  unsern  gleich 

Sie  war  nicht  stolz,  nicht  närrisch,  und  nicht  reich. 

Ihr  Reichtum  war,  ein  Bach,  ein  Feld  und  Schafe 

Ein  Lindenbaum  zur  Kühlung  und  zum  Schlafe 

Man  ehrte  noch  die  gütige  Natur 

Was  sie  ihr  gab  das  wünschte  sie  sich  nur. 

Kein  Wunsch,  kein  Flohn  entehrte  das  Geschicke 

Ein  Priester  that  noch  keine  Bubenstücke. 

Furcht,  Höll,  und  Wort,  war  noch  von  keiner  Kraft 

Es  machte  noch  kein  Teufel  tugendhaft 

Kein  Kettenzwang  in  tiefen  Finsternißen 

Kein  Schwefelpfuhl  erschreckte  die  Gewißen 

Des  Menschen  Sohn  hieß  noch  kein  Teufels  Kind 

Und  Satan  fuhr  durch  keinen  Wirbelwind 

Das  Crocodill,  die  Katzen  und  die  Affen, 

Ernehreten  noch  keine  faule  Pfaffen. 

Es  herrschte  noch  kein  Peter  und  kein  Paul 

Aus  frommer  Furcht1)  war  noch  kein  Closter  faul. 


1)  Ueber  gestrichenem  „Pflicht" 


457 


Kein  Pietist  schalt  auf  das  Weltgetüniniel 

Kein  Quäcker  fuhr  lebendig  in  den  Himmel. 

Es  zanckte  noch  kein  Martin  kein  Johann 

Es  schimpfte  noch  kein  Christ  den  Muselmann 

Man  küßte  noch  kein  seeliges  Gerippe 

Und  kein  Komet  wieß  Weise  zu  der  Krippe. 

Den  Heiligen  wuchß  noch  kein  Haupt  voll  Glanz 

Der  Teufel  hielt  noch  keinen  Hexentanz 

Man  sah  noch  nicht  den  Prinz  der  schwarzen  Schaaren 

Den  Blocksberg  zu  auf  Ofengabeln  fahren. 

Kein  falscher  Schwur  betrog  des  Bruders  Mund 
Betrug  und  List  erschlich  noch  keinen  Bund 
Die  Bürgerpflicht  macht  unsre  Häuser  sicher. 
Dort,  ohne  sie,  war  alles  bürgerlicher. 

Es  raubte  noch  kein  Mogul  und  kein  Dieb 
Und  jeder  Mensch  war  jedem  Menschen  lieb, 
Kein  reicher  Narr  stolzierte  in  Caroßen, 
Kein  kluger  Narr  erwarb  sein  Brod  mit  Poßen. 
Neid,  Stolz  und  Geitz  erzog  noch  keinen  Held, 
Und  damahls  war  die  rechte  beste  Welt, 
Der  beste  Theil  erlebenswerther  Zeiten, 
Verschwand  zu  früh  ins  Meer  der  Ewigkeiten. 
Bewegt  ein  Wunsch  das  künftige  Geschick 
So  holt  ich  ihn  durch  meinen  Wunsch  zurück! 
Die  Critic  über  den  blöden  Schäfer  bitte  vollständig  genung  zu 
machen* 

Gleims  „Bürgerwelt"  ist  bruchstückweise  gedruckt  in  den  Sämt- 
lichen werken  III,  11 — 13;  nach  s.  484  konnte  Gleim  keine  hand- 
schrift  mehr  davon  rinden  (ebenso  Kürte ,  Gleims  leben  s.  482), 
doch  vgl.  unten  zum  26.  briefe.  —  Der  |  Blöde  Schäfer,  |  Ein  |  Lust- 
spiel. |  Dich  macht  die  Liebe  nicht  zu  kühn.  |  Hagedorn.  |  Berlin, 
bey  J.  J.  Schützen.  |  1745.  [40  s.]  4°.  —  s.  60:  Wer  ist  „Prinz  Matthews 
Carl"? —  Ueber  Gleims  gedieht  an  Uz  vgl.  zu  nr.  14.  —  Ueber  Carl  Ludwig 
freiherrn  von  Poellnitz  vgl.  Allg.  deutsche  biographie  26,397.  —  Die  von 
Gleim  erwähnten  Schriften  von  Immanuel  Jacob  Pyrahat  Waniek  in  seiner 
vortrefflichen  biographie  (Leipzig  1882) behandelt;  vgl.  auch  A.  Sauersein- 
leitung zu  den  Deutschen  litteraturdenkraalen,  heft  22.  —  Ueber  die  Vergil- 
übersetzung  von  Johann  Christoph  Schwarz  (Regensburg  1742 — 44)  vgl. 
Goedeke  *  III,  363  ;  über  die  fehde  Pyra's  mit  Schwarz  vgl.  Waniek,  Pyra 
und  Gottsched.  —  Über  Bottarelli  vgl.  zu  nr.  7  und  13.  —  Gleims  bruder 
Friedrich  Ludwig  Lorenz  starb  als  hofapotheker  zu  Marburg  1787.  — 
Gleims  gedieht  „Ursula"  ist  in  der  Berlinischen  „Sammlung  nützlicher 
Wahrheiten"  1742 ,  stück  39  ,  mit  abweichungen  gedruckt ,  vgl.  zum 
5.  briefe.    Die  unverständliche  „Grabschrift'*  ist  bisher  ungedruckt. 


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458 


IG.  Der  erste  teil  von  Gleims  scherzhaften  licdern  ist  seiner  .Doris« 
gewidmet.  —  Unter  den  liedern,  die  Uz  mit  diesem  briefe  übersendet, 
int  „Ein  träum«  (Sauer  nr.  7)  und  .Morgenlied  der  scb&fer«  (Sauer 
nr.  9),  vgl.  s.  68  f.  —  üeber  Rost«  scbäferspiel  „Der  geraubte  ham- 
mel«,  das  Uz  in  Leipzig  „ mit  unbeschreiblichem  ergötzen«  auffuhren  sah, 
vgl.  oben  zu  nr.  7.  —  8.  67 :  Die  ode  in  prosa  von  Rudnick  ist  »Ode 
über  die  abgebrannte  Kirche  zu  Glaucha  bey  Halle.  1740  den  6.  Jenner", 
die  Götz  in  seinem  Anacreon  von  1746  s.  84  abgedruckt  und  R.  Köhler 
im  Weim arischen  jahrbuch  III,  476  wiederholt  hat.  —  Das  bereits  mit 
nr.  12  übersand to  lied,  das  Uz  wieder  beilegt,  ist  nach  Sauers  Vermutung 
„Ein  träum*.  —  Ueber  den  Grafen  Manteuffel  und  die  „Gesellschaft 
der  aletophilcn*  vgl.  zum  14.  briefe.  —  Der  morgensegen,  den  Uz  beilegt, 
ist  das  „Morgenlied  der  schäfer"  (Sauer  nr.  9),  —  Ueber  Alexander 
Gottlieb  Baumgarten  vgl.  Goedeke*  IV,  4  und  Allg.  deutsche  bio- 
grapliie  2,  153. 

17«  Gleim  wurde  1744  secretfir  beim  prinzen  Friedrich  Wilhelm,  söhn 
des  markgrafen  von  Brandenburg-Schwedt;  am  30.  juli  1744  schreibt 
er  an  Naumann  (ganz  verändert  als  nr.  34  der  .Freundschaftlichen 
briefe'):  „Machen  Sie  sich  fertig,  wenn  Sie  marschiren  wollen.  Ich 
will  es  nicht,  und  muß  doch".  Am  2.  September  waren  die  preußischen 
heeresabteilungen  um  Prag  vereinigt  und  am  12.  September  wurde  dem 
prinzen  Wilhelm  an  Friedrichs  II.  seitc  durch  eine  österreichische  stück- 
kugel  der  köpf  zerschmettert,  vgl.  Koser,  Friedrich  der  große  I,  230. 

—  Pyra  starb  am  14.  juli  1744  nach  dreitägiger  krankheit;  Kleist 
und  Gleim  waren  zum  besuche  ihres  kranken  freundes  von  Potsdam 
nach  Herlin  gereist:  „Auf  dem  Wege  zu  ihm  ward  der  vortreffliche 
junge  Mann  ihnen  entgegen  zu  Grabe  getragen*  (Körte,  Gleims  leben, 
s.  24);  vgl.  feiner  L.  Geiger  in  Seufferts  viertel,)  ahrschrift  II,  471. 
Ueber  seine  nachgelassenen  Yergilstudien  vgl.  Waniek,  Pyra,  s.  67.  128. 

—  Kost's  brief  an  Gleim  lautet  nach  dem  original  im  Gleimarchiv  (ma- 
nuscript  93): 

Hochedler 

Hochzuehrender  Herr  p. 

Eine  unvermeidliche  Reise  ist  die  einzige  Ursache  daß  ich  Ew. 
Hochedlen  nicht  eher  auf  Ihren  Brief  geantwortet.  Ob  ich  gleich  bisher 
die  Ehre  nicht  gehabt  Ew.  Hochedeln  zu  kennen ,  so  ist  mir  diese 
unvermuthete  Bekanntschaft  gegenwärtig  um  desto  angenehmer.  Der 
Verlust  des  HE.  P£ra  rührt  mich  gedoppelt.  Er  that  mir  die  Ehre 
mich  unter  seine  Freunde  zu  zählen ,  und  wußte  sehr  wohl  daß  die 
Gottsched ische  Art  zu  dichten,  nehmlich  deutsche  Phrases  ohne 
Gedanken  in  Heime  zu  bringen  von  schlechter  Erheblichkeit  wäre. 
Ich  nehme  mir  die  Freyhcit  Ew.  Hochedlen  meine  Empfehlung  an  dem 
HE.  Bruder  des  sei.  HE.  Pyra  ergebenst  aufzutragen.  Ihnen  selbst 
aber  danke  ich  auf  das  verbindlichste  für  die  mir  gegebene  Nachricht, 


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•159 


der  ich  nebst  schuldigem  Complimcnte  des  HE.  Liskov  mich  Ihrer  Freund- 
schaft bestens  empfehle  und  verharre 

Ew.  Hochedlen 

Dresden  am  27.  August.  ergebenster  Diener 

1744.  Rost. 

s.  71 :  Der  schwatzer.  Aus  dem  Horaz.  Hamburg  1744, 4°,  von  Hagedorn. 
—  Bodnier  sehreibt  an  Pyra  (undatirt,  Briefe  der  Schweizer  s.  3):  „In 
den  Liedern  des  Herrn  Gleims  redet  der  griechische  Anakreon,  denkt 
und  empfindet  Anakreon.  Man  hat  sonst  auf  einen  gewissen  Herrn 
Dreyer,  einen  Niedersachsen,  gerathen  ,  daß  dieser  Verfasser  jener 
naturreichen  Liederchen  wäre".  —  „Der  fehlschuß",  ein  anakreontisches 
lied  von  Naumann,  anonym  in  Schwab  es  Belustigungen  1744,  weinmonat, 
s.  459—463;  Gleims  Gedicht  .An  den  Verfasser  des  lobgesangs  des 
frühling"  (oben  s.  51)  ebda.,  augustinonat,  s.  190—192.  —  Ein  halbes 
hundert  neuer  fabeln.  Durch  L  M.  v.  K.  [Johann  Ludwig  Meyer  von 
Knonau].  Mit  einer  critischen  vorrede  von  Bodmer.  Zürich  1744,  vgl. 
Bächtold  s.  578.  —  Karl  Friedrich  Drollingers  gedichte  erschienen 
1743  in  Basel,  1745  in  Frankfurt.  —  Gedicht  |  über  |  den  Tod  |  des  [ 
Helden tnüthigen  Fürsten,  |  Herrn  |  Friderich  Wilhelm,  |  Prinzen  in 
PreuÜen  und  Marggrafen  |  von  Brandenburg  |  :c.  2C.  2C  |  von  |  Gleim,] 
Seiner  Königlichen  Hoheit  |  bißherigem  Secretair.  |  Berlin ,  den  2ten 
des  Weinmonaths  1744.  [2  bl.]  4°,  exemplar  in  Göttingen.  —  Gleims 
gedieht  ,.Ein  träum"  in  den  Scherzhaften  liedern  II,  29.  Uz  „Der 
träum"  bei  Sauer  nr.  7;  das  „Lied  auf  den  caffe"  an  seine  Schwester 
ist  nicht  erhalten,  vgl.  s.  95. 144.  154.  —  Lamprechts  „Kleine  Schriften'* 
finde  ich  nirgends  verzeichnet. 

18.  Ueber  Gleims  secretariat  beim  „alten  Dessauer"  vgl.  Körte, 
Gleims  leben  s.  30—32.  —  Gleims  gedieht  an  Uz  über  Schnelles  pro- 
motion  folgt  s.  81 — 85.  —  Schriftmässige  betrachtungen  über  einige  eigen- 
sebaften  gottes  in  einer  ode  von  F.  v.  II.  Hamburg  1744,  4°.  —  Ueber  Bod- 
mers  Opitzausgabe  vgl.  zu  nr.  4.  —  Der  blöde  schafer,  von  Gleim,  vgl.  zu 
nr.  15;  Versuch  in  scherzhaften  liedern.  [motto]  Zweeter  theil.  Berlin, 
1745.  [  XXIV,  80  8.]  8°,  mit  einer  vorrede  von  „Doris".  —  Ueber  die  geplante 
monatschrift  schreibt  Gleim  an  Bodmer  nm  4.  mai  1745,  Briefe  der 
Schweizer  8  13.  —  „Die  Verwandlungen"  in  den  Bremer  beitrügen  1745 
I,  203  ff.  sind  von  Zachariä,  vgl.  Allg.  deutsche  biographie  44,  635. 

19.  Uz  wird  im  zweiten  teil  der  „Scherzhaften  lieder"  auf  seite 
4  und  56  genannt.  —  „Magister  Duns"  bei  Sauer  nr.  12.  —  Ueber 
Melchior  Griram's  „Volleingeschancktes  tintenfaßl  .  .  .  von  R.  D.  Vito 
Blanroeckelio",  Kufstein  1745,  vgl.  Waniek,  Gottsched  s.  478  tf.  -  Hage- 
dorns „Sammlung  neuer  oden  und  lieder",  mit  compositionen,  zweiter 
teil,  Hamburg  1744. 

20.  Pamela,  roman  von  Samuel  Richardson.  —  Hagedorns  brief  an 
Gleim  in  seinen  Poetischen  werken,  ed.  Eschenburg  V,  148  ;  Michael  Cubach, 
buchhändler  des  17.  jahrhunderts,  war  Verfasser  eines  weit  verbreiteten 


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•100 


gebetbucbcs.  —  Der  Wein.  Hamburg  1745, 4°  ist  Umarbeitung  des  im  „Ver- 
such einiger  gedichte",  Hamburg  1729,  s.  13 — 29  gedruckten  gleichnamigen 
gedichts,  vgl.  Deutsche  Htteraturdenkmale  10,  VIII.  —  Ueber  die  von  Bodmer 
angeregte  monatsschrift  vgl.  zum  18.  briefe.  —  Gedanken  von  schertzen, 
von  Georg  Friedrich  Meier,  Halle  1744,  vgl.  Sauer,  Kleist,  III,  11.  —  Sa- 
muel Gotthold  Langes  „Horatzische  oden"  erschienen  erst  1747  in  Halle 
vgl.  zu  nr.  29.  —  Tbirsis  und  Dämons  freundschaftliche  lieder,  Zürich 
1745,  von  Bodmer  herausgegeben,  sind  neugedruckt  von  A.  Sauer  in 
den  Deutschen  litteraturdenkmalen  heft  22.  —  Gleims  gedichte  „Das 
Recept"  und  „Die  neue  Matrone  von  Ephesus"  sind  bisher  angedruckt; 
zum  letzteren  vgl.  £.  Grisebach,  Die  Treulose  Witwe,  Leipzig  1883.  — 
Die  strophen  aus  Hagedorns  ode  „Der  Wein"  sind  nur  mit  den  anfangs- 
zeilen  bezeichnet. 

21.  Mit  diesem  briefe  übersendet  Uz  seine  gedichte  „An  den  Ver- 
fasser der  schertzhaften  lieder",  zuerst  gedruckt  von  Sauer  als  nr.  108, 
und  „An  Amor"  (Sauer  nr.  14).  —  Liscows  Schriften  erschienen  unter 
dem  titel  „Sammlung  satyrischer  und  ernsthafter  Schriften'1  in  Franck- 
fnrt  und  Leipzig  1739,  vgl.  Goedeke'  IV,  22.  -  Ueber  „Die  Verwand- 
lungen" in  den  Bremer  beitragen  von  Zachoriä  vgl.  zu  nr.  18;  die  fa- 
bel  „Der  esel  und  das  hündchen44  (band  I  stück  6  s.  620-623)  ist  von 
Johann  Adolf  Schlegel,  vgl.  seine  Fabeln  und  erzählungen  1769  s.  21. 

22,  Ueber  das  französische  journal  in  Berlin  vgl.  s.  98  und  101  f. 
28.  Kleist  schreibt  am  25.  märz  1746  an  Gleim  (Sauer  II,  30): 

„An  Herrn  Uzen  werde  ich  ehestens  schreiben  und.  Ihnen  den  Brief 
zuschicken".    Ueber  seinen  freund  von  Seidlitz,  leutnant  im  regiraent 
Prinz  Heinrich,  vgl.  Sauer  I,  XIX.  XXVIII.  -  üzens  lied  an  Gleim  ist 
die  zum  21.  briefe  erwähnte  nr.  108  bei  Sauer.  —  „Bacchus.  Die 
19.  ode  des  II.  buches  aus  dem  Horaze",  in  den  Bremer  beitragen  II, 
4,  333  ist  von  Johann  Adolph  Schlegel,  vgl.  seine  Vermischten  gedichte 
1787,  1,  319.  —  „Die  siege  Friedrich's,  besungen  im  September  1745", 
in  Langes  Horatzischen  oden  1747,  s.  4—21  ;  Ober  die  „Freundschaft- 
lichen lieder'4  von  Pyra  und  Lange  vgl.  zum  20.  briefe.  —  ßodmers 
brief  an  Gleim  vom  11.  juli  1745  steht  in  den  Briefen  der  Schweizer 
s.  15—17.  —  s.  95:  Uzens  „Ode  an  Bachus"  ist  vermutlich  „Die  Wein- 
lese44 (Sauer  nr.  20),  die  mit  reimen ,  welche  Uz  noch  aus  Halle  an 
Gleim  gesandt,  „An  hm.  Gleim  in  Berlin  1741**  (Sauer  nr.  1);  der 
reim  „saßen:  lasen'4  kommt  nicht  darin  vor,  dagegen  „Götterspeise: 
Fleiße4',  vers  30.  32.  —  Ueber  die  „Freundschaftlichen  briefe",  die  im 
vorigen  schon  öfters  citiert  wurden,  vgl.  zu  nr.  26,  s.  117;  der  herausgeber, 
Sulzer,  wird  hier  von  Gleim  zuerst  erwilhnt.  —  Die  „Memoircs  et  avan* 
tures  d'un  horame  de  qualitd,  qui  «'est  retiro  du  monde44,  Amsterdam 
1730 — 31,  sind  von  Antoine  Francois  Prdvost  d'Kxiles.  —  Uzens  „Ode 
über  den  kaffee4'  an  seine  Schwester  ist  nicht  erhalten,  vgl.  zu  nr.  17.— 
Ueber  die  Danziger  Wochenschrift  „Der  freydenker'4  und  ihren  heraus- 
geber Waasberg   vgl.  zum  5.  briefe.  —  Ueber  Bielfelds  Übersetzung 


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461 


des  Montesquieu  vgl.  zu  nr.  26;  über  Peter  v.  StQven  und  seine  Über- 
setzung von  Voltaires  „Alzire",  Hamburg  1739,  vgl.  Heitmüller,  IJam- 
burgische  dramatiker  zur  zeit  Gottscheds,  Wandsbeck  1890,  s.  35—59. 

—  üeber  Liscov's  vorrede  zu  Heineckes  Longin  vgl.  zu  nr.  14.  —  Des 
herrn  von  Königs  gedichte,  Dresden  1745,  sind  von  Rost  herausgegeben, 
vgl.  Goedeke*  III,  347.  —  üeber  Bodmer-Bieitingers  Opitzausgabe 
vgl.  zu  nr.  4.  —  Gärtners  schäferspiel  in  den  Bremer  beitragen  I, 
9—38  ist  „Die  geprüfte  treue".  —  „Neue  belustigungen  des  gemüths", 
Hamburg  und  Leipzig  1745,  von  Christian  Nicolaus  Naumann,  vgl. 
Minor,  C.  F.  Weisse,  8.  10.  —  Lamprecht  starb  am  8.  decembor,  Pyra 
am  14.  Juli  1744;  über  Caspar  Wilhelm  v.  Borcke  vgl.  zum  3.  briefe. 

—  Ueber  den  hofrat  Francheville  vgl.  Sauer,  Kleist  II,  286;  über  Daniel 
Stoppe:  Goedeke*  III,  352.  —  Ueber  dos  französische  journal  von 
d' Argens  und  seine  polemik  gegen  Gottsched  ist  mir  nichts  bekannt. 

24«  Die  „unvergleichliche  ode"  ist  die  mit  nr.  21  übersandte  „An 
Amor"  (Sauer  nr.  14).  —  Kleists  brief  an  Gleim  vom  9.  märz  1746  ist 
abgedruckt  bei  Sauer  II,  26 — 29;  von  entschuldigungen  und  grüßen 
steht  nichts  darin.  —  Ueber  Gleims  schäferweit  und  bürgerweit  vgl. 
zum  15.  briefe;  der  versuch  in  ernsthaften  gedichten,  gemeinsam  mit 
Kleist,  Ramler  und  Uz,  ist  ebenso  wenig  zur  ausfuhrung  gekommen, 
wie  die  übrigen'  hier  entwickelten  pläne.  —  „Das  Ding  von  dem  Dinge" 
ist  ein  verlornes  Uzisches  gedieht,  vgl.  zu  nr.  26.  —  „Die  Mordgeschichte", 
welche  Gleim  mitschickt,  ist  „Der  neue  Jonas",  abgedruckt  auf  s.  103—105, 
zugleich  die  erste  deutsche  romanze,  denn  Gleim  nahm  sie  1756  in  seine 
Romanzen,  Berlin  und  Leipzig,  1756,  s.  31  als  dritte  unter  dem  titel 
„Wundervolle  doch  Wahrhafte  Abentheuer  Herrn  Schout  by  Nacht?, 
Cornelius  van  der  Tyt,  vornehmen  Bürgers  und  Gastwirtin  im  Wallfiscli 
zu  Hamburg,  wie  er  solche  seinen  Gästen  selbst  erzählet.  Aus  seiner 
holländischen  Mundart,  in  hochdeutsche  Keime  getreulich  übersetzt'* 
wenig  verändert  auf;  vgl.  C.  v.  Klenze,  Die  komischen  romanzen  der 
Deutschen  im  18.  jahrhundert,  Marburg  1891,  s.  6.  —  Die  glfickseligkeit, 
die  wünsche  und  der  weise.  Dritte  und  verbesserte  nuflage.  Hamburg 
1745.  4°,  vgl.  Goedeke"  IV,  17.  —  Die  dritte  aufläge  von  Gleims  Ver- 
such |  in  |  Scherzhaften  |  Liedern.  |  Nos  haec  nouimus  eße  nihil.  |  Mar- 
tialis.  |  Erster  Tbeil.  |  BKRLIN.  o.  J.  [1746J  hat  wie  die  erste  4  blätter 
und  88  Seiten  inhalt,  ist  aber  daran  kenntlich ,  daß  sie  auf  s.  72  und 
78 — 82  lieder  umsetzt  und  einschiebt,  in  der  vorrede  bl.  4"  einige  zwei- 
deutige Zeilen  ausläßt;  vgl.  zu  nr.  15.  —  Langes  frau,  Anna  Dorothea  geb. 
Gnügin,  war  unter  dem  arcadischen  namen  Doris  vielfach  dichterisch  thfitig, 
vgl.  Waniek,  Pyra  s.  53  und  unten  s.  141.  Ihre  ode  auf  den  könig 
muß  in  einem  einzeldruck  existiren,  den  ich  nicht  kenne;  Lange  schreibt 
an  Gleim  19.  I.  1746  (ungedruckt):  „Sie  haben  recht  gut  gethan .  daß 
Sie  der  Doris  ode  auf  die  Wiederkunft  Friedrichs  nicht  haben  drucken 
lassen,  eine  gewisse  Betrachtung  hatte  mir  und  Doris  den  Druck  in 
Berlin  verleidet ,  da  zumal  Doris  den  Druck  gar  nicht  hat  zulassen 


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462 

wollen.  Sic  ist  a.:-hr  confus  gemacht  durch  die  Grade  gegen  einander 
laufenden  Urtbeile  der  Kenner.  HR.  Kammler  lobet,  HB.  Sultzer  ad* 
miriret  dieses  Stück.  HK.  M.[agister]  Meyer  ist  ganz  entzückt  davon, 
und  just  über  die  lezte  Strophe  am  meisten.  Ich  sage  sie  soll  ihren 
Kmpfindungen  traoen,  und  sich  an  Lob  nnd  Tadel  nicht  kehren.  Wie 
aber  können  Sie  mit  gutem  Gewissen  sagen:  Alle  Dorisse  and  Knllmnsse 
schreiben  eben  so?"  —  Ceber  den  Hallenser  aesthetiker  Georg  Friedrich 
Meier  vgl.  Allg.  deutsche  biograpbie  21,  193.  —  Langes  gedieht  „An 
Duphnis  dem  seine  Hofnung  fehl  schlug4*  (vgl.  s.  102)  ist  unge- 
druckt, Kleists  ode  „Das  Landleben*'  bei  Sauer  I,  59,  Ramlers  ode  „An 
Belinden"  (vgl.  b.  106)  ganz  umgearbeitet  als  „An  Lalagen"  in  seinen 
Lyrischen  gedienten,  Berlin  1772,  s.  7.  —  Lange  an  Gleim  20.  VIII. 
1745  (ungedruckt):  „Den  Herrn  Utz,  den  Denker,  der  so  viel  zärtlichs 
bey  dem  fleischigen  Fußgen  gedenkt,  grüssen  Sie  vielmals  von  mir*'.  — 
l  eber  Langes  streit  mit  dem  Hamburgischen  correspondenten  wegen 
Kästners  beurteilung  der  Freundschaftlichen  lieder  und  «eine  gegenschrift 
vgl.  Deutsche  litteraturdenkmale  22  p.  VII— XVIII.  —  Ueber  das  fran- 
zösische journal  von  d'Argens  vgl.  zu  nr.  23.  —  Uzens  „Magister  Düna4« 
(bei  Sauer  nr.  12)  wurde  allgemein  auf  Gottsched  gedeutet.  —  Uzens 
brief  vom  31.  IX.  1741,  oben  nr.  2,  wurde  von  Gleims  als  neunter  in 
die  Freundschaftlichen  briefe  aufgenommen.  —  Die  citate  aus  Anacreons 
5.  ode  bei  ßergk,  Anthologia  lyrica*  p.  429.  —  Ueber  den  Anacreon 
von  Barnes  vgl.  zu  nr.  37.  —  „Gedichte  von  capitain  Röber",  wie  „Der 
neue  Jonas"  s.  103  ff.  —  Bodmer-Breitingers  auszöge  aus  gelehrten 
zeituugen  in  den  Züricher  Freymüthigen  nachrichten,  über  deren  redaction 
die  Briefe  der  Schweizer  s.  69  zu  vergleichen  sind.  —  Ueber  Samuel 
Henzi's  „Amusemens  de  Misodeme"  1745  vgl.  Baebler,  S.  Henzi's  leben 
und  Schriften,  Aarau  1880,  s.  23  ff. ;  über  das  epos  „Sur  la  depravation 
du  gout  en  Allemagne",  das  nicht  vollendet  wurde ,  ebda.  s.  43  f.  — 
Ueber  G.  F.  Meiers  „Untersuchung  einiger  Ursachen  des  verdorbenen 
geschmacks  der  Deutschen",  Halle  1746,  vgl.  Waniek,  Gottsched  s.  518. 
—  Ueber  Pyras  hinterlassene  manuscripte  vgl.  zu  nr.  17. 

25,  Uz  legte  diesem  briefe  ein  schreiben  an  Kleist  bei,  das  verloren 
ist;  Kleista  antwort  bei  Sauer  I,  41.  —  Die  drei  „Erzehlungen  uus 
Thomsons  englischem"  am  schluss  der  „Freundschaftlichen  lieder"  vou 
Pyra  und  Lange  sind  von  Bodmer  übersetzt,  vgl.  Deutsche  litteratur- 
denkmale 22  p.  VI.  —  Pyras  ode  auf  das  Langische  bibelwerk,  eine 
Verherrlichung  des  streitbaren  Hallenser  theologeu  Joachim  Lange,  ist 
„Das  Wort  des  Höchsten",  vgl.  Waniek,  Pyra  s.  49.  —  Die  ode  über 
die  ode  ist  „Die  Lyrische  Muse",  Sauer  nr.  17  ;  die  ode  über  den  Bacchus 
ist  nicht  vollendet.  Die  in  den  Brenior  beitragen  ist  von  J.  A.  Schlegel, 
vgl.  oben  zu  nr.  23.  —  s.  108:  Die  beiden  oden  über  des  kOnigs  zurück - 
kunft  von  Gleim  und  Kamler  (vgl.  auch  s.  115)  sind  bisher  nicht  auf- 
gefunden ;  vgl.  Lange  an  Gleim  26.  I.  1746  (ungedruckt):  „Warum 
haben  Sie  mir  denn  verschwiegen,  dass  Sic  das  Gedicht  auf  die  Wieder- 


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463 


kunft  des  Königes  gemacht  lieben,  und  HE.  Rammler  da«  andere?" 
und  am  19.  I.  46:  „So  viel  Schönheiten  da«  Gedicht  auch  hat,  60  Sie 
mir  übersendet  haben,  unter  dem  Titel  der  Wiederkunft  des  Könige«, 
so  halte  ich  der  Doris  [frau  Lange]  Arbeit  doch  viel  stärker,  neuer 
und  zärtlicher.  Ich  wünschte  daß  die  2te  ode  weggeblieben  wäre. 
Weil  sie  sich  nicht  auf  die  Wiederkunft  des  Königes  beziehet.  Diese 
lezte  aber  ist  vollkommen  Horatzisch,  nnd  gehet  der  ersten  weit  vor. 
Wer  hat  diese  beyden  Stücke  gemacht?"  Die  zweite  ode  von  Ramler 
an  Bielfeld  erscheint  später  umgearbeitet  als  ode  „An  Herrn  Christian 
Gottfried  Krause",  Oden  1767  s.  47.  —  Die  von  Uz  mit  diesem  briefe 
übersandte  „lange  Ode"  ist  „Das  bedrängte  Deutschland"  Sauer  nr.  16, 
ferner  folgten  „An  ***•«  Sauer  nr.  22  und  „Das  neue  Orakel"  Sauer 
nr.  23.  —  lieber  das  citat  aus  Prior,  Poems  on  several  occasions, 
London  1751 ,  s.  40 ,  vgl.  E.  Schmidt ,  H.  L.  Wagner  *  s.  126.  — 
Ueber  Gleims  „alten  Freyer"  vgl.  zum  33.  briefe.  —  Anacrcons  ode 
vom  Bathyll ,  die  Uz  übersendet ,  ist  die  29te.  —  Kleist  schreibt  an 
Uz  15.  V.  1746  (Sauer  II,  43):  „Nach  dem  Stengel,  welcher  in  un- 
sern  Diensten  seyn  soll,  habe  ich  mich  bei  unserm,  auch  verschiedenen 
andern  Regimentern  erkundiget;  ich  kann  ihn  aber  nicht  erfragen."  — 
Scherzhafte  Lieder,  |  nach  dem  Muster  dre  Anakreon,  |  herausgegeben 
von  |  einem  Bauzner.  |  1743.  |  Hamburg,  in  Coramißion  bey  Herold  |  im 
Dohm.  (43  s.)  S°  [Berlin,  kgl.  bibl.  Yk.  7321]  von  Christian  Nicolaus 
Naumann,  die  erste  bisher  ganz  unbeachtete,  freilich  auch  recht  minder- 
wertige Sammlung  anacreontischer  lieder.  —  Neuer  büchersaal  der 
schönen  Wissenschaften  und  freien  künste ,  Leipzig  1745—54,  in  zehn 
bänden,  herausgegeben  von  Gottsched. 

26«  Ueber  Gleims  verändertes  urteil  von  Samuel  Gotthold  Lauge 
vgl.  meine  dissertation  über  Ramler  s.  21  f.  —  Uzena  brief  an  Kleist, 
auf  den  dieser  am  15.  mai  1746  antwortet  (Sauer  II,  41),  ist  verloren.  — 
Ueber  Young  vgl.  Barnstorff,  Youngs  nachtgedanken  und  ihr  einthiss 
auf  die  deutsche  litteratur,  Bamberg  1895. —  Ueber  Pyras  nachgelassene 
tragödio  Saul ,  die  in  fünffüßigen  daktylisch-trochäischen  versen  ge- 
schrieben Ist,  vgl.  Waniek  s.  100  ff.  —  Ramlers  ode  „An  Belinden" 
oben  s.  106.  —  Ueber  Thomsons  Jahreszeiten  und  die  deutschen  Über- 
setzungen des  gedichts  vgl.  Sauer,  Kleist  I,  151  ff.  —  Das  sogenannte 
„Buch  ohne  titel"  von  Johann  Adolph  nnd  Johann  Elias  Schlegel  hat 
E.  Wolff  in  Seufferts  vierteljahrschrift  IV,  384—406  behandelt.  —  Die 
witzige  monatschrift,  die  in  Bayreuth  herauskam ,  kenne  ich  nicht.  — 
Uzens  ode  auf  Deutschlands  trägheit  bei  Sauer  nr.  16,  wo  auch  Gleims 
Verbesserungsvorschläge  abgedruckt  sind.  Ueber  den  später  weggeschafften 
reim  im  „Magister  Düna"  (Sauer  nr.  12)  „redet :  todlet"  vgl.  oben  s.  80. 
144.  „Das  Ding"  ist  das  s.  100  erwähnte  gedieht.  Das  gedieht  an  Gleim 
ist  Sauer  nr.  1;  über  den  reim  „rose:  schooße"  vgl.  zu  nr.  23.  —  Die 
kleinere  ode  ist  „An  *  *  •"  Sauer  nr.  22;  „Das  neue  Orakel"  Sauer 
nr.  2:J.  —  Ueber  die  oden  auf  die  zurückkunft  des  königs  vgl.  zu  nr.  25. 


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464 


-  üeber  Jacob  Friedrich  v.  Bielfeld  vgL  Allg.  deutsche  biographie  2,  624; 
seine  „Lettres  familieres*'  characterisiert  Koser,  Friedrich  der  große  als 
kronprinz,  s.  253;  seine  übrigen  hier  citirten  werke  sind  oben  (vgl.  zn  nr.  11) 
schon  öfters  genannt;  die  anecdote  über  die  strohkranzrede  bei  Proehle, 
Friedrich  der  grolie  und  die  deutsche  litteratur*  s.  22. —  Ramlers  Über- 
setzung der  Scherzhaften  lieder  ins  lateinische :  meine  dissertation 
s.  10.  —  Die  Oden  Anakreons  in  reimlosen  Versen.  Nebst  einigen  andern 
Gedichten,  [motto]  Franckfnrt  und  Leipzig.  1746.  [4  bl.,  128  s.]  8°,  vgl. 
Sauers  Uz  p.  II.,  meine  ausgäbe  der  gedichte  von  Götz,  Deutsche  littera- 
turdenkmale  42,  p.  XVI.  Darin  s.  72  „Auf  den  Burgunder- Wein*4,  s.  114 
,,Alciuiadure.  Eine  Erzählung  der  Doris  zugeeignet,  den  5.  Octobr.  1745." 
und  s.  121  in  dem  Hede  „An  die  Laura"  die  atrophe : 
Was  fahrst  du,  Schönste  aller  Maden, 

0  Raupe,  krum  vor  Liebes- Pein 
Vom  Apfelbaum  an  einem  Faden  ? 

Dein  Weibgen  wird  wohl  unten  seyn. 
s.  117:  Freundschaftliche  |  Briefe.  |  Berlin,  bei  J.  J.  Schützen.  |  1746. 
(4  bl.,  151  s.]  &°,  wiederholt  als:  Sechzig  freundschaftliche  briefe.  von 
dem  verfaßer  des  Versuchs  in  scherzhaften  Uedem  Berlin  1760  bey 
Gottlieb  August  Lange.  [4  bl. ,  152  s.]  8°.  A.  Sauer  hat  in  seiner 
Kleistausgabe  II,  33  versucht  die  einzelnen  briefe  ihren  Verfassern  zuzu- 
weisen ;  ich  trage  folgende  nachweise  aus  den  Halberstadter  papieren 
nach:  nr.  2  Gleim  an  Lange  (original  vom  14.  VI.  45),  nr.  4  Lange 
an  Gleim  (original  vom  30.  V1IL  45),  nr.  5  frau  Lange  an  Gleim  (original 
undatirt),  nr.  7  Gleim  an  Lange  (original  vom  1.  X.  45),  nr.  8  Lange 
und  frau  an  Gleim  (original  vom  11.  X.  45),  nr.  9  Uz  an  Gleim  (original 
vom  31.  IX.  41),  nr.  11  Lange  und  frau  an  Gleim  (original  vom  13.  XII. 
45),  nr.  15  Gleim  an  Lange  (original  vom  3.  X.  45),  nr.  26  Naumann 
an  Gleim  (original  vom  9.  IV.  43),  nr.  27  Naumann  an  Gleim  (original 
vom  2.  VII.  43),  nr.  28  Naumann  an  Gleim  (original  vom  16.  VIL  43), 
nr.  29  Gleim  an  Naumann  (original  vom  26.  VIL  43),  nr.  31  Naumann 
an  Gleim  (original  vom  17.  IX.  und  28.  IX.  43),  nr.  32  Naumann  an 
(ileim  (original  vom  12.  V.  44),  nr.  34  Gleim  an  Naumann  (original 
vom  30.  VII.  44),  nr.  35  Naumann  an  Gleim  (antwort  auf  nr.  34),  nr.  30 
Naumann  an  Gleim  (original  vom  27.  VI.  44),  nr.  87  Naumann  an 
Gleim  (original  vom  24.  VII.  45),  nr.  38  Naumann  an  Gleim  (original 
vom  3.  XII  43),  nr.  39  Naumann  an  Gleim  (original  vom  14.  XII.  43), 
nr.  40  Naumann  an  Gleim  (original  vom  13.  VII.  45),  nr.  41  Naumann 
an  Gleim  (original  vom  13.  VII.  45),  nr.  46  Naumann  an  Gleim  (original 
vom  28.  IX.  45),  nr.  50  Sulzer  an  Gleim  (vgl.  Briefe  der  Schweizer  s.  115, 
mit  falschem  datum),  nr.  57— G0  Wasers  braut  an  Waaer  und  Sulzer 
(laut  unserm  briefe).  Von  Lange  scheint  ferner  nr.  2  (an  Gleim),  nr.  3 
(an  Gleim,  dessen  antwort  im  original  vom  1.  VII.  45),  nr.  6  (an  Gleim?), 
nr.  20  (an  Gleim),  nr.  23  (an  Gleim?);  von  Gleim  an  Lange  nr.  12 
(antwort  auf  nr.  11),  nr.  14,  16,  18  (vgl.  Sauer  II,  17.  34.  36  und  Uz 


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465 

an  Gleim  5.  XII.  46),  ferner  von  Gleim  nr.  25  (an  Sulzer?),  nr.  80  (an 
Uz?),  nr.  33  (an  Naumann?),  nr.  42  (an  Naumann?),  nr.  43—45  (an 
Naumann  ?),  nr.  48  (an  Lange?  zusammen  mit  nr.  49,  Ramler  an  Lange?), 
nr.  56  (an  Sulzer?);  endlich  von  Ramler  an  Lange  nr.  22,  49,  von 
Sulzer  an  Lange  nr.  10.  17,  51,  52,  an  frau  Lange  nr.  53.  —  Die  mahler 
der  Ritten.  Von  neuem  übersehen  und  stark  vermehret,  Zürich  1746; 
ßeurtheilung  der  Panthea,  eines  sogenannten  trauerspiel*,  Zürich  1746; 
Vom  natürlichen  in  schäfergeriichten,  wider  die  Verfasser  der  Bremischen 
neuen  beyträge.  Zweyte  aufläge,  Zürich  1746  (von  Job.  Adolph  Schlegel, 
vgl.  Netoliczka  in  Seuflerts  vierteljahrschria  II,  31)  siehe  Goedeke2  IV, 
8  und  Bächtold,  anmerkungen  s.  180  ff.  —  üeber  Langes  Beantwor- 
tung der  critik,  über  Thyrsis  und  Dämons  freundschaftliche  lieder,  . . . 
verfasset  von  Dämon  und  seinem  freunde,  Franckfurt  und  Leipzig, 
1746,  vgl.  Deutsche  litteraturdenkmale  22,  X.  Verfasser  der  kritik 
im  Hamburgischen  correspondenten  war  nicht  dessen  redacteur  Zink, 
sondern  Kästner.  —  Ueber  das  Denckmal  der  seltenen  Verdienste  um 
gantz  Deutschland,  o.  0.  1746,  von  Lange  und  Sulzer,  habe  ich  in 
Koch-Geigers  Zeitschrift  für  vergl.  litteraturgeschichte ,  neue  folge,  V, 
96  gehandelt,  vgl.  Waniek,  Gottsched  s.  521.  —  s.  119:  Ueber  die  neue 
ausgäbe  der  Scherzhaften  lieder  vgl.  oben  zu  nr.  15  und  24  ;  über  Stengel 
zu  nr.  25 ;  über  die  Scherzhaften  lieder  des  Bauzners  Christian  Ni- 
colaus Naumann  ebda.  Es  heißt  in  den  letzteren  s.  20,  zeile  1  in 
dem  Hede  „Ueber  die  Franzosen":  „Eugenens  Faust  und  Degen  |  Wusch 
dir  zwar  sonst  die  Kolbe",  wonach  s.  119,  z.  4  v.  u.  zu  ändern  ist. 
Die  von  Gleim  citirten  schäfergedichte  des  Bauzners  Bind  „Sieben  Hirten- 
Gedichte  von  Schoch  dem  jungem  aus  Sachsen."  1743.  o.  0.  [36  s.]  8° 
[Berlin,  kgl.  bibliothek  YK.  7321  (4)] ,  wo  auf  s.  25  Menalk  spricht : 
„Das  Herze  wackelt  mir  schon  wie  [ein]  Lämmerschwänzgen".  —  Ueber 
das  Buch  ohne  titel  vgl.  oben  zu  nr.  26;  „kürmeln"  =  lallen,  vgl. 
Grimm  ,  Deutsches  Wörterbuch  V  ,  2813.  —  Ueber  Naumanns  „Neue 
belustigungen  des  gemüths"  vgl.  zu  s.  97.  —  Die  vergnügten  stunden, 
Leipzig  1745,  8°,  vgl.  Milberg  s.  10.  —  In  Gottscheds  Neuem  bü- 
chersaal  der  schönen  Wissenschaften  und  freyen  künste  II,  ö  (1746) 
s.  450  steht  von  Gottlieb  Fuchs  „Der  Dichter  auf  seiner  Reise  nach 
Leipzig",  vgl.  Goedeke*  IV,  124.  —  Georg  Ludwig  v.  Bar  „Epitres 
diverses  sur  des  Sujets  ditferens" ,  Londres  1740.  —  Ueber  Rudnicks 
Ode  auf  den  brand  der  kirche  in  Glaucha  und  seinen  brief  an  Uz  über 
die  liebe  vgl.  zu  nr.  5  und  16.  —  Uzcns  träum  bei  Sauer  nr.  7,  „Die  Pfir- 
sich", dos  stück  „Vom  Vulkan"  und  „Das  Dingerding"  sind  verloren. 

Zu  diesem  briefe  scheinen  zwei  lose  octavblätter  des  Gleimarchivs 
zn  gehören,  die  Körte  in  seinem  auszuge  fälschlich  dem  14.  briefe  an- 
geschlossen hat;  wenigstens  beweist  die  stelle  über  Ramler,  daß  sie  in 
den  sommer  1746  fallen  (vgl.  meine  dissertation  über  Ramler  s.  12). 
Ich  füge  sie  hier  ein,  da  sie  die  einzigen  erhaltenen  reste  von  Gleims 
„BQrgerwelt"  enthalten  (vgl.  oben  zum  15.  briefe): 

Ü  1  e  i  ui  -  U  «,  Briefwechsel.  30 


r 


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466 


»Ich  wolte  ihnen  gern  die  Burgerwelt  abschreiben  aber  sie  ist  zu 
lang,  und  noch  nicht  gnug  verbeßert.   Hier  haben  sie  einige  Stellen: 
Ks  Lancken  sich  die  Weiber  und  die  Pfaffen 
Was  hätte  sonst  das  faule  Volck  zu  schaffen  ? 
Es  raufe  sich  der  Küster,  der  Prälat 
Bis  Creutz  und  Pult  das  Chor  verlaßen  hat. 
Kin  Weiser  sieht  die  kleinen  Streitigkeiten 
Und  lacht  dazu,  und  läßt  die  Narren  streiten, 
Weil  allem  ah  1  bey  heiigem  Zorn  und  Zwist 
Kein  Machtigrer,  als  Satau  Rächer  ist. 

Du  sprichst  den  Schäfer  holt  kein  Teufel 

Er  glaubt  ihn  nicht.  —  Beglückt  ihn  dieser  Zweifel  ? 

Nein,  Schäfer,  nein,  wer  keinen  Teufel  glaubt 

Ist  Milton  gram,  ist  mancher  Lust  beraubt. 

Was  für  ein  Held  ist  Satan  in  Gedichten 

In  Dantens  Höll'1),  in  unsern  Mordgeschichten 

Wer  kan  so  viel,  so  mancherley,  wie  er. 

Er  singt,  wie  du,  er  brummet,  wie  ein  Bär 

In  welchen  Balg  kan  sich  sein  Geist  nicht  hüllen 

Kr  zischt,  er  pfeift,  er  kann  im  Löwen  brüllen 

Er  wird  ein  Wolf,  wenn  du  es  

Ja,  Satan,  sey,  die  Furcht  für  seiner  Kraft 

Macht  bürgerlich,  uud  fromm  und  tugendhaft 

Doch  kan  sie  dir  die  Seelenruhe  rauben 

So  sey  er  nicht!  wer  zwingt  dich  ihn  zu  glauben? 

Wenn  aber  er,  der  Laster  Menschen  stört, 

Ist  denn  die  Welt  nicht  eines  Teufels  wehrt? 

Die  Tugend  quillt  aus  unterschiednem  Triebe 

Ich  bin  gerecht  aus  reiner  Tugendliebe 

Und  laß  aus  Furcht  für  Satans  Höllenpein 

Den  Priester  fromm,  den  Staatsmann  ehrlich  Reyn. 

Du  ärgerst  dich,  wenn  Menschenmörder  rasen. 
Verschonst  du  denn  den  Widder  und  den  Hasen  ? 
Du  mordest  selbst,  gesteh  es  nur  mit  mir, 
Ist  denn  der  Mensch  was  anders,  als  ein  Thier? 

Der  Wettgesang  verliebter  Nachtigallen 
Zwingt  dich  zur  Lust,  wenn  Berg  und  Thal  erschallen. 
O  komm  und  sieh,  was  mich  zur  Freude  zwingt 
Wenn  Lani  tanzt,  und  Salimbeni  singt. 

Mein  Grottenwerck  durchwandeln  tausend  Quellen 
Vergleichstu  es  mit  deinen  Waßerlallen? 

1)  Zuerst:  ,Iin  Paradies* 


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467 


Für  deinen  Durst1)  sind  Bäche  hell  und  rein, 
Gut,  trincke  nur,  sieh  her!  ich  trincke  Wein. 

Die  Schäferwelt  ist  seitdem  auch  starck  verändert  worden.  Hier 
sind  einige  Zeilen  vom  Zusatz. 

Gott  war  kein  Feind  vom  menschlichen  Geschlecht 

Und  Satan  war  noch  nicht  sein  Buttel knecht. 

Er  duldete,  was  seine  Hand  erschaffen 

Und  straft*  es  nicht,  mit  ewig  zorngen  Waffen. 

Zu  seinem  Dienst  bekehrte  keine  Wuth 

Zu  seiner  Lust  geronn  kein  Menschenbluth 

Zu  Peitsch  und  Strang,  zu  Rost  und  Scheiterhaufen 

Lief  noch  kein  Volck,  den  Himmel  zu  erkaufen 

Kein  Pfaffe  herrscht'  in  Stambol  und  in  Rom 

Und  Dhomherrn  tränckt'  und  mästete  kein  Dhom. 

Ich  kan  mich  nicht  entschließen,  diese  beyde  Gedichte  dem  HE. 
v.  Hagedorn,  der  sie  zum  Druck  verlanget  hat,  zu  schicken.  Er  hat 
mir  geschrieben ,  daß  die  Stellen  in  den  schertzhaften  Liedern ,  die 
einiges  Absehen  auf  den  herrschenden  Glauben  zu  haben  schienen,  am 
meisten  Wiodersacher  gefunden  hätten,  was  könte  man  von  der  Schäfer 
und  Burgerwelt  erwarten.  Sie  mäßen  ihren  geheimsten  Freunden  den 
Verfaßer  nicht  nennen. 

A  propos.  Herr  Ramler  wird  in  einigen  Tagen  Berlin  verlaßen. 
Er  wird  ein  paar  Jahr  bey  meinem  Schwager  die  Oeconomie  lernen 
und  alsdenn  in  einem  CammerCollegio  eine  Stelle  erhalten.  Ich  freue 
mich  auf  den  Einfluß,  den  das  Landleben  auf  seine  Poesie  haben  wird." 

27.  Kleist  schreibt  am  31.  juli  1746  an  Gleim  (Sauer  11,  48):  „Herr 
Uz  hat  mir  geschrieben  und  über  meineB  geliebten  Freundes  Kaltsinnig- 
keit  sich  beschwert.  Er  hat  Ihre  Antwort  auf  das  vorige  Schreiben 
vermuthlich  noch  nicht  erhalten  gehabt.  Er  hat  mir  beikommendes 
Meisterstuck  von  einer  Horazischen  Ode  überschicket."  Diese  an  Kleist 
übersandte  und  von  ihm  abgeschriebene  ode  ist  „Die  Lyrische  Muse" 
(Sauer  nr.  17),  als  „Ode  über  die  Ode"  oben  s.  107  angekündigt;  die 
kleine  ode,  worin  die  verse  „Wie  Venus,  wenn  es  graut"  vorkommen, 
ist  verloren.  —  Kleists  „Landleben",  später  „Der  Frühling"  genannt, 
taucht  zuerst  in  dem  obigen  briefe  an  Gleim  vom  31.  juli  1746  auf.  — 
Gleims  gebet  (s.  123)  steht  wenig  verändert  als  „Seufzer  eines  Ehe- 
mannes" in  Beinen  Liedern,  Amsterdam  1749,  s.  29.  —  Gottscheds  an- 
zeige der  Freundschaftlichen  briefe  im  Neuen  büchersaal  der  schönen 
Wissenschaften  1746,  juni,  s.  571. 

28.  Der  brief  ist  unvollständig,  vgl.  a.  124  anmerkung.  —  Ueber 
das  „Buch  ohne  titel"  vgl.  zu  nr.  26;  über  Götzens  Anacreon Übersetzung 
von  1746  ebda.  —  I)a9  , »beigehende  lied"  Uzens  int  „An  Venus" 
(Sauer  nr.  27).  zuerst  mit  der  Überschrift  ,, Die  Anakreontischen  Lieder  \ 

1)  Zuerst:  „Mund* 

30* 


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4  GS 


—  „Verbesserungen  und  Zusätze  des  Lustpiels :  die  Geistlichen  auf  dem 
Lande,  in  zweien  Handlungen  sanimt  dessen  Nachspiele",  1744  ;  vgl. 
darüber  Gleim  an  Kleist  10.  November  1744,  Sauer  1, 4.  —  Der  einzige 
brief,  der  Uz  in  den  Freundschaftlichen  briefen  nicht  gefiel,  ist  nach 
s.  153  sein  eigener,  der  neunte.  —  Zu  Rudnicks  brief  über  die  reise 
nach  Schlettau  und  über  die  liebe  vgl.  zu  nr.  5.  —  Die  Übersetzung 
von  Horazcns  oden  ist  nach  8.  141  von  Johann  Christian  Broested,  con- 
rector  in  Lüneburg  (f  1747) ;  der  „Versuch  in  Zärtlichen  Gedichten  von 
F***',  Rostock  1746,  von  Friedrich  Klein  aus  Danzig;  der  Verfasser  fehlt 
bei  Goedeke  *  IV,  52.  60. 

29.  Eleazar  Mauvillon  (1712 — 1779)  hatte  im  eilften  seiner  Lettre« 
francais  et  germaniques  (Amsterdam  1740)  den  deutschen  dichtem  zu- 
gerufen :  „Nommez  moi  un  Esprit  createur  sur  votre  Parnasse ;  c'est 
a  dire,  nommez  moi  un  poete  Allemand  qui  ait  tire*  de  son  propre  fond 
un  ouvrage  de  quelque  reputation!  Je  vous  en  defie!";  vgl.  Waniek, 
Gottsched  s.  396.  —  Samuel  Gotthold  Langen'«  Horatzische  oden  nebst 
Georg  Friedrich  Meier'«  vorrede  vom  werth  der  reime.  Halle  1747; 
darin  s.  64  „Lob  de«  Höchsten",  8.  74  „Empfindung  der  Vergebung  der 
Sünde44,  «.89  „An  Doris'4,  «.  101  „An  den  Herrn  von  Schulenbnrg44.  Vgl. 
Kleist'«  urteil  bei  Sauer  II,  73.  Sulzer  an  Gleim  20.  X.  1746  (Briefe  der 
Schweizer  «.  41 ) :  „Herr  Bodmer  hat  mir  geschrieben :  er  fürchte,  Herr  Lange 
wende  nicht  genug  Fleiß  an  den  Horaz."  Im  anhang  zu  Lange«  oden 
stehen  unter  der  Überschrift  „Anhang  Horatzischer  Gedichte'4  drei  oden 
von  Langes  frau,  s.  161  „Friedrichs  Zurückkauft  in  sein  Land'4  (vgl.  oben 
s.  101),  «.  167  „An  Hr.  J.  C.  Hessen44  und  s.  172  „An  Dämon".  Die  ana- 
kreontischen  stücke  von  ihr,  die  Gleim  für  Uz  abschrieb,  unten  «.  141  f. 

—  Critische  briefe.  Zürich ,  bey  Heidegger  und  Comp.  1746,  von  Rod- 
iner  und  Breitinger;  es  heißt  dort  8.  181  im  10.  briefe  von  Hermann 
Axels  fabeln :  „AI so  müßte  man  vor  seine  Fabeln  die  Aufschriften 
setzen:  -  •  -  als  Hr.  G.[leim]  «ich  «cbämete,  daß  seine  Schriften  in  den 
Hiil Hachen  Bemühungen  gelobet  worden44.  Vgl.  Bemühungen  zur  be- 
fürderung  der  critik  und  des  guten  geschmacks,  Halle  1744,  stück  6 
s.  575,  1745,  stück  10  8.  188.  —  Breiner  beiträge  III,  4,  255—292  „Ge- 
heime Nachricht  von  D.  Jonathan  Swifts  letztem  Willen",  von  Rabener, 
vgl.  seine  Satiren,  Leipzig  1763,  II,  379.  —  Uzens  ode  auf  die  ana- 
kreontwcben  lieder  =  An  Venus,  Sauer  nr.  27,  vgl.  unten  zu  s.  196. 

—  Heber  den  Bnuzner  Naumann  schreibt  Giseke,  Leipzig,  2.  XII.  1747, 
an  J.  A.  Schlegel  (Archiv  für  litteratnrgeschichte  V.585): 

Wie  etwan  in  zwölf  Stunden 
Der  reiche  Bauzner,  kühn,  vom  Zwang  der  Kunst  entbunden, 
Kin  Trauerspiel  erschafft,  in  Scheltwort  überfließt, 
Und  in  fünf  Acten  sich  ergießt, 
Wovon  ein  ieder  sich  mit  einer  Todsart  schließt, 
Die  sein  fruchtbares  Hirn  auf  Griechschen  Fuß  erfunden: 
So  haben  wir  itzt  Themata  erfunden. 


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469 


Ueber  des  graten  Algarotti  (vgl.  s.  172)  „11  congresso  di  Cithera"  eiche 
unten  8. 197. 201 ;  über  Bar's  „Kpitres  diverses"  zu  nr.  26.  —  Auf  den  pater 
Ceva  hatte  Bodmer  aufmerksam  gemacht;  vgl.  die  ausgäbe  von  Müchler 
1797.  —  Ramlers  briefe  an  Gleim  über  Ovids  metamorphoeen  vom  august 
und  10.  September  1746  liegen  im  Gleimarchiv.  —  üeber  die  ode  an  Bacchus 
in  den  Bremer  beitragen  II,  333,  von  J.  A.  Schlegel,  vgl.  zu  nr.  23;  „Der 
blandusische  Qvell.  Die  13.  Ode  des  dritten  Buchs  aus  dem  Horaz",  Bremer 
beitrage  II,  226,  ist  von  liamler,  vgl.  meine  dissertation  s.  18.  — Glovers 
Leonidas  wurde  1748  in  der  Sammlung  vermischter  schritten  der  Bre- 
mer bei  träger  von  J.  A.  Ebert  übersetzt.  —  Ueber  Götzens  Anacreon 
von  1746  und  die  lieder  des  anhangs  vgl.  oben  znnr.  26. —  Hagedorns 
brief  an  Gleim  ist  ungedruckt;  sein  Verleger  ist  Bohn  in  Hamburg.  — 
Ueber  die  Anacreonausgaben  vgl.  oben  s.  102.  —  Uzens  ode,  die  beginnt 
„Entfleischte  blasagegrämte  Wangen",  ist  verloren.  —  Ueber  die  „Be- 
urtheilung  der  Panthea"  vgl.  Waniek,  Gottsched  s.  535 ;  die  aufführung 
von  Grimms  „Banise"  durch  die  Neuberin  wird  sonst  nicht  erwähnt.  — 
Ueber  Benjamin  Ephraim  Krügers  trauerspiel  „Vitichab  und  Dankwart 
die  A11emanni8cben  Brüder"  Leipzig  1746,  die  recension  desselben  im  Ham- 
burgischen correspondenten  (die  nach  unserm  briefe  nicht  von  Gärtner  und 
J.  A.  Schlegel  ist,  wie  Waniek  annimmt)  und  Krügers  „Nöthige  ableh- 
nung  des  scberzes  über  die  altemannischen  brüder  welchen  ein  paar  lose 
freunde  aus  Leipzig  in  den  Haniburgischen  correspondenten  einrücken 
lassen,"  Wittenberg  1746,  vgl.  Goedeke  s  III,  371,  Waniek,  Gottsched 
s.  526.  —  Ueber  Johann  Caspar  Hirzel  vgl.  Bächtold  s.  590,  Allg.  deut- 
sche biographie  12,  485.  —  Grauns  neue  oper  „Cajo  Fabricio"  wurde 
am  2.  deceinber  1746  zuerst  gegeben,  vgl.  Brachvogel  I,  128 ,  die  oper 
„Semiramis"  (text  nach  Voltaire  von  Tngliazucchi ,  musik  von  Graun) 
dagegen  nach  Brachvogel  I,  149  erst  am  27.  märz  1754.    Ueber  „die 
vornehmste  Sängerin  in  Europa",  Signora  Giovanna  Astrua,  vgl.  Brach- 
vogel I,  129,  über  die  tänzerinnen  Barbarina ,  mademoiselle  Lany  und 
Cochois  ebda.  I,  126.   Die  Dresdener  Sängerin  war  wohl  Maria  Hasi, 
genannt  la  Marearola,  Brachvogel  I,  128.   Ueber  Uzens  tanzlust  vgl. 
meine  Götzbriefe  s.  4  f.  —  Im  jnhr  1742  waren  die  deutschen  Wander- 
truppen von  Eckenberg,  Hilverding  und  Schönemann  in  Berlin,  vgl. 
Brachvogel  I,  99.  —  s.  140 :  Ueber  J.  A.  Schlegels  satire  „Vom  natür- 
lichen in  Schäfergedichten14  vgl.  zu  nr.  26.  —  Scherzhafte  lieder  I,  65: 
„An  den  tod  einer  nachtigall.    An  herrn  Naumann",  vorher  einzeln 
gedruckt,  vgl.  Naumann  an  Gleim  21.  XII.  1743  (ungedruckt):  „Ich 
müste  mich  so  schön  ausdrücken  können,  wie  Sie,  wenn  ich  Ihnen  den 
Dank  gebührend  abstatten  wolte,  den  ich  Ihnen  für  die  überschickte 
Ode  auf  meine  Nachtigall  schuldig  bin.  -  -  -  Warum  haben  Sie  mir  doch 
nur  fünf  Exemplare  von  Ihrer  Ode  geschickt?"  —  Ueber  Broestedts  Horaz- 
überaetzung  und  Kleine  Zärtliche  gedichte  vgl.  zu  nr.  28.  —  „An  Amor" 
(Sauer  nr.  14)  gedruckt  in  den  Bremer  beitragen  111,234.  —  „An  Pin- 
darn",  Bremer  beiträge  I,  402 ,  von  Johann  Adolph  Schlegel,  vgl.  seine 


470 

Vermischten  gedicbte  I,  324.  —  Von  den  anncreon  tischen  gedienten 
der  frau  Lange  ist  das  erste  „An  Herrn  •*  [Gleim]"  gedruckt  in  den  Bre- 
mer beitragen  V,  92  und  falschlich  in  J.  M.  Dreyers  Gedichten  (1771) 
s.  263.  —  lieber  die  Hallenser  Wochenschrift  „Der  Gefällige"  schreibt 
Gleim  an  Lange  (29.  X.  1746,  Langes  briefe  I,  91):  „Wer  schreibt  den 
Gefälligen  in  Halle  ?  Die  Scarteque !  Es  kann  der  nicht  seyn,  den  man 
dafür  hält".  Ueber  Straube  vgl.  zu  nr.  7.  —  Ueber  die  „Voyage  au 
Provence  et  Languedoc"  von  Bachaumont  und  Chapelle  (1663)  vgl.  Wit- 
kowski ,  Die  Vorläufer  der  anakreontischen  richtung  in  Deutschland, 
Leipzig  1889,  a.  20.  —  „Wo  man  verbuhlte  Mädchen  küsset"  =  Die  Wahl, 
Bremer  beiträge  III,  479,  vermutlich  von  Job.  Adolph  Schlegel,  vgl. 
meine  dissertation  über  Ramler  s.  70.  —  Gleims  gedieht  „Die  Freyer4 
unter  dem  titel  „Die  Wahl"  in  den  Bremer  beitragen  V,  98,  der  „Inhalt 
der  letzten  Vormittagspredigt"  als  „Der  Sittenrichter"  ebda.  V,  94,  von 
Dreyer  unrechtmäßig  eingerückt.  —  Das  lied  „Bey  Überreichung  einer 
schale  caffee"  in  Götzens  Anacreon  von  1746  s.  56  ist  nicht  von  Uz, 
sondern  von  Götz,  vgl.  s.  154.  —  Hagedorns  ode  Der  wein.  Hamburg 

1745,  4°,  vgl.  zu  nr.  20. 

80.  Dieser  brief  kreuzte  sich  mit  dem  vorigen  von  Gleim.  —  Ueber 
J.  N.  Götzens  Anacreonübersetznng  von  1746  vgl.  oben  zu  s.  116,  über 
die  Rudnicksche  ode  zu  s.  120.  Das  ,,Lied  vom  Bathyll"  ist  die  29.  odc. 
Die  klagen  über  den  fehlerhaften  druck  sind  vollauf  gerechtfertigt  — 
Ueber  die  ,,Erzehlnngen  aus  Thomsons  englischem"  von  Bodtncr  vgl. 
oben  zu  nr.  25.  —  Kleists  freund,  der  rittmeister  Adler,  wird  im  18ten 
der  „Freundschaftlichen  Briefe"  von  Gleim  geschildert.  Eine  critik  von 
Gleims  „Scherzhaften  liedern"  wird  im  40ten  briefe  von  Naumann  an 
Gleim  (original  vom  13.  juli  1745  in  Halberstadt)  erwähnt.  —  Das  von 
Uz  übersandte  lied  ist  nicht  nachzuweisen. 

81.  Der  „unendliche"  brief  Gleims,  der  bei  Kleist  liegen  blieb,  ist 
nr.  29.  —  Christian  Gottfried  Krause  (1729 —1770),  Verfasser  des  buchs  „Von 
der  musikalischen  poesie"  später  advocat  in  Berlin  vgl.  Sauer,  Kleist  II,  50 
und  unten  zu  nr.  47.  -  Ueber  „Mückensäuger  =  Mückenseiger"  vgl.  Grimm, 
Deutsches  Wörterbuch  VI,  2613.  —  Bodmer  schreibt  an  Gleim  am  11. 
juli  1745  (Briefe  der  Schweizer  s.  16)  vgl.  S.  94:  „Pyra  ist  mitten  in 
seinen  Siegen  gestorben,  Liscow  ist  ein  schlafender  Löwe,  Rost  kämpft 
in  der  Kriegskanzlei,  Hagedorn  hält  hinter1  in  Berge;  die  Zeit  wird  uns, 
darum  lange,  bis  daü  Ew.  mit  Ihren  Freunden  den  Harnisch  anlegen." 
—  Dreyers  ausgäbe  von  Lamprechts  Schriften  ist  nicht  erschienen,  nur 
seinen  „Menschenfreund"  hat  er  1749  neu  herausgegeben,  vgl.  Goedeke  - 
IV,  12.  —  Die  stelle  aus  Kleists  „Frühling"  bei  Sauer  I,  191.  —  Ueber 
Ernst  Samuel  Jacob  Borchward  (1717 — 1776),  der  sich  auch  als  geist- 
licher liederdichter  bekannt  gemacht  hat  ,  vgl.  Allg.  deutsche  biogra- 
phie  III,  156.  —  Gottscheds  anzeige  von  Gützens  Anacreon  Übersetzung 
steht  im  Neuen  biiehersaal  der  schönen  Wissenschaften  und  freyen  künste 

1746,  november,  s.  417-428. 


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471 


32.  Kleist  hatte  Gleims  bricf  nr.  31  mit  einem  schreiben  an  Uz  be- 
gleitet, das  bei  Sauer  II,  62  abgedruckt  ist.  —  Die  verbesserte  ode  an 
Gleim  bei  Sauer  nr.  1 ;  die  ode  über  die  unrulien  in  Deutschland  bei  Sauer 
nr.  16.  —  Des  unbekannten  Leipzigers  (Johann  Adolf  Schlegels)  liep 
oben  s.  143.  „Der  Beruf" ,  Bremer  beitrage  I,  625 ,  „Die  schwere  und 
leichte  kunstu  I,  401,  beide  vermuthlich  von  J.  A.  Schlegel  (vgl.  meinen 
Ramlers.  73),  „Der  Esel  und  das  Hündchen"  I,  620,  von  demselben,  vgl. 
seine  Fabeln  und  erzählungen  s.  21.  Uz  hat  also  richtig  geraten.  — 
Hagedorns  „Harvstehude",  Hamburg  1746,  4°,  beschreibung  eines  lustorts 
bei  Hamburg.  —  Uzens  verse  auf  Gleims  vermeinten  feldzug  bei  Sauer 
nr.  108  „An  den  Verfasser  der  scherzhaften  lieder'4.  —  Gel ler ts  Fabeln  und 
erzählungen,  Leipzig  1746.  —  Ueber  Rost  und  Liscow's  mitarbeit  an  den 
„Dresdnischen  nachrichten  von  Staats-  und  gelehrten  Sachen'4  vgl.  Wa- 
niek,  Gottsched  s.  460.  —  Gleims  „Bacchus  und  Cytbere"  in  den  Scherz- 
haften liedern  II,  45.  —  „Die  Erfindung'1  in  den  Bremer  beiträgen  11 
174,  von  Gärtner  oder  J.  A.  Schlegel? 

88«  Ein  Schäferspiel  |  Ohne  Liebe,  |  von  |  J.  W.  Jelpken.  [vign.]  Braun- 
schweig  1747.  [24  s.]  4°,  vgl.  Goedecke  *  IV,  80.  —  Der  |  Alte  Freyer,  |  Eine 
Erzehlung.  |  Cölln,  1747.  [8  s.]  4°,  von  Gleim,  fehlt  bei  Körte  und  Goedeke. 

—  Die  beiden  oden  von  Uz  sind  der  „Lobgesang  des  Frühlings"  (bezw. 
,,  An  Hrn.  Gleim  in  Berlin  1741'*  =  Sauer  nr.  l)und  „Die  Eigenschaften  einer 
Geliebten",  nach  Clement  Marot  (Sauer  nr.  24).  —  Timoleon  der  bör- 
gerfreund. Ein  trauerspiel  des  herrn  Georg  Behrmanns.  Hamburg  1741, 
vgl.  Heitmüller,  Hamburgische  dramatiker  zur  zeit  Gottscheds,  1890, 
s.  20.  —  Critische  lobgedichte  und  elegien.  Von  J.  G.  S.  [Johann  Ge- 
org Schultheß]  besorgt.  Zürich  1747.  Die  verse  über  Gleim  in  „Die 
Drollingerische  muse"  v.  243  ff.,  neugedruckt  in  den  Deutschen  litte- 
raturdenkmalen  12,  70.  —  Spalding  ging  am  1.  april  1747  als  pastor 
nach  Tribsees  in  Pommern,  vgl.  Briefo  von  herrn  Spalding  an  herrn 
Gleim.    Frankfnrth  und  Leipzig.  1747,  s.  2  ff. 

84.  Uzens  „Versuch  von  den  Mitteln  ein  Mädchen  zu  versöhnen"  ist 
„Die  versöhnte  Daphne",  Sauer  nr.  23.  —  Ueber  den  prediger  Zabel  (Gleims 
Scherzhafte  lieder  II,  5)  vgl.  Körte,  Gleims  leben  s.  5  f.  und  oben  s.  164 

85.  Der  frennd,  den  Gleim  vermisst,  ist  Spalding,  vgl.  oben  s.  158.  — 
Rudnicksbrief  über  die  liebe  an  Uz,  vgl.  oben  zu  nr.  5  —Gleims  mutter  Anna 
Gertrud  geb.  Peil,  vermählte  sich  am  25.  mai  1706  in  Brühne  bei  Wesel 
mit  Gleims  vater;  ihre  Schwester  Johanna  Marlene  war  die  frau  von 
Gleims  onkel  David  Balthasar,  apotheker  in  Wesel,  vgl.  Körte,  Gleims 
leben  s.  414  f.  —  „Die  Liebesgötter"  bei  Sauer  nr.  25.  —  Die  stelle  auf 
Kleists  brief  an  Gleim  vom  12.  april  1747  abweichend  bei  Sauer  II,  75. 

—  Hagedorns  Oden  und  lieder  in  fünf  büchern.  Hamburg  1747.  — 
Dreyers  briet  aus  Cassel  vom  28.  märz  1747  liegt  im  Gleimarchiv  (raa- 
nuscr.  87).  —  Johann  Elias  Schlegels  trauerspiel  Canut,  Copenhagen  1747. 

—  Der  Ursprung  |  Des  Berlinischen  Labyrinths.  |  Credite  Posteri.  |  Hör. 
Lib.  II.  Od.  19.  |  Berlin,  1747.  [4.  bl.]  4°  [Berlin,  Kgl.  bibliothek,  Yk. 


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472 


754 1J.  —  Naumanns  Übersetzung  von  Montesquieu,  Temple  de  Gnide, 
ist  nicht  erschienen.  —  Die  „Berlinische  bibliothec**  gab  0*1  rieb s  heraus. 

30.  Gleim  hatte  am  25.  april  1747  (in  einer  ausgelassenen  stelle) 
geschrieben :  „Was  für  ein  Vergnügen  wolte  ich  haben,  wenn  ich  die- 
sen Sommer  einen  Freund  hier  hatte,  wie  sie !  Aber  ich  dencke  nicht 
daran,  daß  ich  nur  bis  den  20^*°  May  lebe." —  165,27:  Die  beigeschlos- 
sene ode  ist  „Der  Weise  auf  dem  Lande.  An  Herrn  r.  Kleist44,  Sauer 
nr.  18  (wo  auf  s.  47  beide  mal  „wahrscheinlich4*  zu  streichen  ist).  — 
Der  brief  von  Götz  an  Uz,  Forbach  13.  mai  1747,  ist  abgedruckt  in 
meinen  Götzbriefen  i.  11  — 15:  Czens  antwort  ist  nicht  bekannt;  Götz 
an  Gleim,  14.  mai  1747,  ebda.  s.  15 — 20.  —  Götzens  ode  „Ueber  |  den 
Tod  seines  Bruders  |  Cornelius  Georg  Götzens.  |  Dämon.  |  Kein  Reim  ent- 
weih dies  dir  geweihte  Lied.  |  1747."  O.  J.  (6  Bl.]  4*  in  meiner  ausgäbe 
nr.  8.    Die  zweite  strophe  beginnt: 

Hilf  GOtt!  es  öfnet  sich  des  Himmels  Pforte, 
Ein  heiiger  Wächter  fahrt  im  Glantz  herab, 
Und  löset  aanft,  mit  dem  etberseben  Speere, 
Das  künstliche  Gewirr  des  Knotens  auf, 
Der  die  geweihte  Seele  meines  Bruders, 
An  dies  zerbrechliche  GefiUe  band. 
Ueber  Pyra's  ode  auf  das  Langische  bibelwerk  vgl.  oben  zu  nr.  25. 
87.  Das  citat  aus  Chaulieu  kehrt  in  Gleims  briefe  vom  31.  januar 
1748  (oben  s.  201)  wieder.  —  Götzens  brief  an  Gleim  vom  14.  mai  1747 
ist  abgedruckt  in  meinen  Götzbriefen  s.  15—20.  —  Gleims  Anacreon- 
ubersetzungen  folgen  unten  s.  170—172.  —  Anacreon  Tetus,  Poeta  Ly- 
rieuß,  emend.  op.  et  stud.  Josuae  Barnes.    Cambridge   1705;  Editio 
altera,  auet.  et  emend.  1721.  Die  übrigen  von  Gleim  citirten  Anacreon- 
ausgaben  hier  anzuführen,  würde  zu  weit  führen.  —  Ueber  Götzens  ode 
auf  den  tod  seines  bruders  vgl.  zu  nr.  36.  —  Ueber  Krause  vgl.  zu 
nr.  47 ;  die  von  ihm  componirte  anacreontische  cantate  Gleims  ist 
nicht  bekannt.  —  Uzens  ode  „Der  weise  auf  dem  lande44  Sauer  nr.  18. 
—  Gleims  gedieht  „Der  abt"  ungedruckt?  —  Der  neue  Hagedorn  ist  die 
Sammlung  Oden  und  lieder  in  fünf  büchern.    Hamburg  1747.  —  Bod- 
mers  verse  auf  Sucro  beginnend 

Nebst  Jenem,  der  so  kühn  nach  Hallers  Laute  greifl't 
(Die  Drollingerische  muse  rers  209—214),  standen  in  den  Cri tischen  lob- 
gedichten  und  elegien  1747  und  sind  neugedruckt  in  den  Deutschen 
litteraturdenkmalen  12  s.  69.  —  Ueber  Christoph  Joseph  Succo  ,  Ver- 
fasser der  Versuche  in  lehrgedichten  und  fabeln,  Halle  1747,  und  Jo- 
hann Joaias  Sucro,  Verfasser  von  Zwey  poetische  sendschreiben  von  S** 
Hülle  1747  (an  Bodmer  und  H.  W.  ?on  Reisswitz  gerichtet)  vgl.  meine 
diasertation  über  Ramler  s.  24,  Allg.  deutsche  biographie  37,  113  und 
Seufterts  vierteljahrschrift  4,  75.  —  Ueber  die  französischen  litteraten 
an  Friedrichs  des  großen  hofe  berichtet  wenig  später  Krause  an  Gleim 
in  einem  interessanten  undatirten  briefe  (von  Gleim  beantwortet  am 


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473 


28.  november  1750)  folgendes :  „Mit  den  so  genandten  Philosophen  am 
Hofe  gehet  es  sehr  wunderlich  her.  Der  Marquis  d' Argens  war  2  Jahr 
ganz  in  der  äussersten  grace,  dann  konnte  eres  nicht  mehr  aushalten, 
bat  den  König  ihm  nor  seine  Pension  als  Chambellan  von  600  9*.  (denn 
ausser  dem  hat  er  an  die  2000)  su  lassen,  er  wolle  in  Ruhe  mit  seiner 
neuen  Frau,  der  stumpf niisigen  schminkerfahrnen  Cochois  leben.  Der 
König  ließ  ihm  zur  Antwort  sagen ,  er  möchte  nur  in  8  Tagen  wieder 
anfragen,  und  sich  besinnen.  Daruber  aber  ist  er  seit  Jahr  und  Tag 
dem  König  nicht  mehr  unter  Augen  gekommen.  D' Arget  ist  ein  kleiner 
Kopf,  nahm  eine  Frau,  steckte  sie  mit  dem  Franzosen  an,  gab  darüber 
viel  von  sich  zu  reden  und  zu  lachen,  bleibt  aber  weil  er  klein,  doch 
noch  da.  La  Mettrie  hat  im  Anfange  den  König  ein  paar  mal  ge- 
sprochen, darnach  2  Jahr  nicht  mehr.  Nun  ist  er  seit  6  Monaten  nebst 
D' Arget,  und  8.  Arnaud,  Mitlector,  fährt  aber  immer  fort,  tolle  Streiche 
zu  machen.  Vor  einiger  Zeit  hat  er  ein  Ding  drucken  lassen.  Da  lobt 
er  unsern  König  auf  Unkosten  des  Königes  von  Frankreich.  Daniber 
wird  der  König  sehr  unwillig,  heist  ihn  faquin,  und  ich  weis  nicht  was 
mehr,  und  er  antwortet :  he  bien ,  Sire ,  il  faut  me  raettre  a  Spamlo. 
Arnaud  ist  nun  gar  ein  närrischer  Schüler,  hat  auch  jetzo  seinen  Ab- 
schied. Vor  einiger  Zeit  sagt  er :  Die  Garde  in  Potsdam  wären  zwar 
schöne  Leute,  aber  die  Garde  des  Königes  in  Frankreich  wären  doch 
noch  schöner,  ce  sont,  dit-il,  des  hommes  bien  fait  comme  moi.  Mau« 
pertuis,  der  den  jungen  Grischo  bald  in  das  gröste  Unglück  gebracht, 
indem  er  beym  König  angegeben ,  er  habe  Plane  vom  Lande  aufge- 
nommen, und  wolle  damit  in  Russische  Dienste  gehen,  der  arme  Mensch 
hat  daröber  Wache  und  alles  ins  Haus  gekriegt,  Maupertuis  soll  celi- 
schiret  |?]  seyn.  Man  erzählet  2  Historien  davon,  die  eine,  dati  heraus- 
gekommen ,  er  habe  in  Frankreich  noch  eine  Frau.  Algarotti  siehet 
der  König  auch  schon  seit  Jahr  und  Tag  nicht  mehr.  Nun  fehlt  nichts 
als  nur  daß  noch  Voltaire  einmal  vons  Königs  Thron  in  Potsdam  Tres- 
sen stehle,  wie  Bottarelli  Franchen  aus  der  Capelle  in  Charlotten- 
burg stahl." 

88.  Das  gedieht  an  Gleim  und  der  lobgesang  des  fruhlings  bei 
Sauer  nr.  1.  2,  der  weise  auf  dem  lande  Sauer  nr.  18.  Die  stucke,  die 
Gleim  noch  nicht  kannte,  sind  nach  s.  175  „Einladung  zum  Vergnügen" 
(Sauer  nr.  26)  und  „Der  Morgen"  (Sauer  nr.  8) ;  die  „Pfirsig"  ist  ver- 
loren. —  Anacreons  lied  an  das  thracische  mutterpferd  ist  die  54.  od<\ 
—  In  den  Bremer  beiträgen  I,  2,  202  steht  „Amymone.  Cantate  aus 
dem  französischen  des  herrn  Rousseau"  von  Joh.  Elias  Schlegel,  vgl. 
dessen  werke  1766,  4,  214. 

39.  Vgl.  Briefe  von  herrn  Spalding  an  herrn  Gleim.  Frankfurth 
und  Leipzig.  1771,  s.  12  f.  —  Über  den  diaconus  von  Winterthur  Jo- 
hann Heinrich  Waser  (1713 -1777)  vgl.  Bächtold  s.  682  ;  Ober  die  beitrage 
seiner  braut  zu  den  „Freundschaftlichen  briefen"  oben  zu  nr.  26.  —  Götz 
über«andte  sein  manuscript  vom  Anacreon  mit  anmerkungen  am  12.  jnni 


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471 


1747,  vgl.  meino  Gützbriefe  s.  29;  Sauer,  Kleist  3,  47:  e6  heißt  in  dem 
briefe :  „Ich  habe  den  Herrn  Uz  ersuchet,  mir  einige  Reflexionen,  die  er 
über  die  ersten  Oden  Anakreons  zu  Halle  aufgesetzt  hatte  miUutbeilen", 
vgl.  auch  Götz  an  Uz,  13.  mai  1747,  ebda.  s.  13.  —  Hagedorns  brief 
an  Gleim  vom  12.  mai  1747  bei  Eschenburg,  Hagedorns  werke  V,  150. 
—  Die  beikommende  ode  ist  nach  s.  179  ein  anonymes  „Lied  an  den 
frnhling".  —  üeber  Jordan  vgl.  Koser  ,  Friedrich  der  große  als  kron- 
prinz  s.  128. 

40.  Mit  diesem  briefe  übersendet  Uz  cum  erstenmal  das  manuscript 
seiuer  gedichte  an  Gleim,  vgl.  den  49.  brief.  —  Des  Oravina  schreiben 
an  Maffei  steht  in  Gottscheds  Neuem  büchersaal  der  schönen  Wissenschaften, 
band  II,  stuck  4  s.  310.  —  Ueber  die  vonCramer,  Ebert  und  Giseke  heraus- 
gegebene Wochenschrift  „Der  jüngling",  Leipzig  1747 — 48,  in  zwei 
bänden  ,  vgl.  E.  Schmidt,  Beiträge  zur  kenntniss  der  Klopstockschen 
jugendlyrik.  Straßburg  1880,  s.  50-73.  —  Ueber  Uzens  an  teil  an  der 
Anacreonübersetzung  von  Götz  vgl.  Sauer  p.  II  f.;  seine  anmerkungen 
über  Anacreon  sind  verloren.  —  Der  Zuschauer  aus  dem  englischen  des 
R.  Steele  und  J.  Addison  übersetzt  (von  frau  Gottsched),  Leipzig  1739 
— 43,  in  9  bänden.  —  Ueber  Georg  Friedrich  Meiers  Streitschriften  gegen 
Gottsched  vgl.  Waniek,  Gottsched  s.  516—519;  wichtig  ist  Uzens  urteil 
über  Meiers  erste  lebrthätigkeit.  —  Ueber  das  sogenannte  buch  ohne 
titel  vgl.  oben  zu  nr.  26.  —  Ueber  die  „Ermunterungen  zum  vergnügen 
des  gemüths4' ,  Hamburg  1747—48,  in  9  stücken,  worin  Lessings  erste 
verbuche  gedruckt  sind,  vgl.  Minor,  Weisse  s.  10.  Sie  fehlen,  wie  die 
„Sammlungen  zu  den  belustigungen  des  geschraackes"  bei  Milberg. 

41*  Das  detachement  anacreontischer  oden ,  von  Gleim  übersetzt, 
folgt  auf  8.  184—187.  —  Ueber  die  Sängerin  Giovanna  Astrua  vgl.  oben 
zu  nr.  29.  —  Ueber  Gleims  besuch  in  Potsdam  vgl.  Sauer,  Kleist,  3, 
53.  —  Gottscheds  A nacreon Übersetzung :  Waniek  s.  291  und  Koch  in 
Seufferts  vierteljahrschrift  6,  496  ff. 

42.  Ramler  kehrte  im  september  1747  aus  Löhme  nach  Berlin  zu- 
rück und  wurde  erzieher  bei  einem  herrn  v.  Rosee,  vgl.  meine  disscr- 
tation  s.  13.  —  UVber  Sulzers  anstellung  als  professor  der  mathematik 
am  Joachimsthalschen  gymnasiura  vgl.  Sauer,  Kleist  3,  49. 

48.  Ueber  die  gräflichen  anacreon  tischen  lieder  vgl.  s.  194  und  Goe- 
deke' IV,  52  nr.  5. 

44.  Matthias  Andreas  Alardus,  Gedichte,  reden  und  Übersetzungen. 
Hamburg  1747;  Christian  Friedrich  Zemitz,  Versuch  in  moralischen  und 
schiifer-gedichten  ,  Hamburg  und  Leipzig  1748,  vgl.  Goedeke  2  IV,  58. 
35.  -  Ueber  Algarotti'a  „11  congresso  di  Cithera"  oben  zu  nr.  29.  — 
Alexander  Popens  Duncias ,  ein  heldengedicht ,  mit  histor.  noten  und 
einem  tchreiben  des  überaezers  an  die  übotriten,  Zürich  1747;  Der  ge- 
mißhandelte Opitz  in  der  Trillerischen  ausfertigung  seiner  gedichte, 
Zürich  1747,  vgl.  Goedeke  2  IV,  8.  Bodmer  an  Gleim,  12.  september 
1747  (Briefe  der  Schweizer  s.  66)  über  Klopstock :  „Von  einem  jungen 


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475 


Menschen  in  Leipzig  hat  man  mir  etwas  Ungemeines  gezeigt;  es  ist  das 
zweite  Buch  eines  epischen  Gedichts  vom  Messias.  Aus  dieseui  Stücke 
zu  urteilen,  ruhet  Miltons  Geist  auf  dem  Dichter.4*  Die  stelle  über  Behr- 
mann  und  Uz  fehlt  in  den  Briefen  der  Schweizer ,  wie  auch  sonst  der 
abdruck  lückenhaft  und  fehlervoll  ist 

45.  „Der  Morgen"  Sauer  nr.  8,  „Morgenlied  der  Schäfer"  Sauer 
nr.  9,  „Das  Stück  vom  Ding44  verloren,  die  „Ode  über  die  deutschen  Un- 
ruhen'4 Sauer  nr.  16,  das  „Kleine  Stück  vom  Vulcanus44  verloren,  „Si- 
lenus4*  Sauer  nr.  32.  —  Ueber  Gleims  namen  in  Uzens  ode  „An  Venus'4 
vgl.  Sauer  s.  70. 

46.  Gleim  ging  ende  october  1747  als  domsecretär  nach  Halber- 
stadt, vgl.  Sauer,  Kleist  III,  59.    Die  verse 

Eh  soll  ein  West  den  starken  Nordwind  zwingen. 
Als  mich  ein  Zwang  aus  deinen  Mauren  bringen, 
Wenn  mich  ein  Gott  in  sie  zurück  gebracht 
stehen  im  45.  der  freundschaftlichen  briefe  (von  Gleim  an  Naumann  V  vgl. 
oben  zu  s.  117).  —  Ueber  Christoph  Ludwig  vou  Stille  vgl.  R.  Fisch,  general- 
major  v.  Stille  und  Friedrich  der  große  contra  Lessing,  Berlin  1885;  das 
Gleimarchiv  bewahrt  drei  briefe  von  ihm  (5  1,  30.  III  ,21. X.  1748)  und  das 
handschriftliche  „Journal  du  voyage  et  de  la  Campagne  du  roi  depuis  le 
18janvier  1742,  juwju'au  12  juillet'4;  über  welches  Körte,  Briefe  zwischen 
Gleim,  Heinse  und  J.  v.  Müller,  2,  339  zu  vergleichen  ist.  —  Ramlers 
neujahrsgedicht  („Da  sehn  wir  ja  der  vorsieht  macht4')  in  den  Berli- 
nischen nachrichten  von  Staats-  und  gelehrten  Sachen  1748  nr.  1,  vgl. 
meine  dissertation  s.  56.  —  Götz  an  Gleim,  28.  december  1747:  Götz- 
briefe 8.  29;  die  übersandte  ode  ist  „An  den  grafen  von  Stralenheim44, 
Deutsche  littcraturdenkmale  42,  s.  41.  —  Bodmer  an  Gleim,  12.  IX.  1747 
(Briefe  der  Schweizer  s.  66) :  „An  dem  geraißhandelten  Opitz  durch  Tril- 
ler44 hab'  ich  keinen  Antheil.  Dieses  bitte  ich,  Ihren  Freunden  zu  sa- 
gen ;  ich  wollte  nicht  gerne  den  Namen  haben,  daß  ich  mich  mit  dem 
ehrlichen  Stümper  so  sorgfaltig  abgegeben  hfttte/4  —  Die  Bremer  bei- 
trage band  IV,  stück  1—3,  enthalten  fabeln  und  erzahlungen  von  Ebert, 
Giseke,  .1.  A.  und  J.  E.  Schlegel  und  Cramer,  vgl.  Muncker  in  Kürsch- 
ners Deutscher  national- litteratur  43,  p.  XXVII  ff.  —  Neue  crzählungen 
verschiedener  Verfasser.  Frankfurt  und  Leipzig.  1747,  von  Bodmer  und 
Blaarer  von  Wartende,  vgl.  Seufferts  vierteljuhrschrift  IV,  187.  — 
Ueber  Stilles  verschollenes  komisches  heldengedicht  ,,Der  lerchenkrieg44 
vgl.  auch  Sauer,  Kleist,  3,  67. 

47«  Ueber  Uzens  beförderung  zum  secretär  beim  justizcollegium  vgl. 
den  50.  brief.  —  Kleist  schreibt  an  Uz  am  24.  december  1747  (Sauer 
II,  98):  „Warumsind  wir  doch  nicht  lauter  Geist,  daß  wir  nicht  essen 
dürften  ?  denn  könnten  wir  immer  beisammen  sein !"  —  Kleists  brief 
an  Uz  vom  24.  december  1747  ist  abgedruckt  bei  Sauer  II,  97;  der  von 
Krause  an  Uz  ist  Gleims  briefen  beigebunden  und  lautet  folgender- 
maßen: 


476 


Hoch  Udler  Herr, 

Insonders  hochzuehrender  Herr, 

Schon  seit  bey  nahe  zwey  Jahren  hat  mir  Herr  Gleim  von  Ihnen 
so  viel  Gutes  und  Schönes  gesagt,  daß  es  mir  nicht  anders  als  höchst 
angenehm  seyn  kann,  da  ich  jetzo  Gelegenheit  finde,  Ihnen  meine  vor 
Sie  habende  besondere  Hochachtung  su  bezeugen.  Ich  kann  Sie,  mein 
Herr,  wohl  ohne  Erröthen  versichern,  daß  es  bey  mir  nicht  mehr  ,  als 
einen  redlichen  Caracter  braucht ,  wenn  ich  jemanden  lieben  soll.  Da 
mich  nun  Herr  Gleim  davon  so  wohl  als  auch  von  Ihrem  Geiste  fiber- 
zeuget, so  hoffe  ich  um  eben  dieser  Ihrer  Eigenschaften  willen  die  Er- 
laubniO  zu  haben  mir  Ihre  Freundschaft  aus  zu  bitten.  Ich  getraue 
mir  damit  zu  schmeicheln ,  weil  ich  Sie  wahrhaftig  hochschätze  und 
weil  ich  von  Herr  Gleimen  ein  Freund  bin. 

Dieser  werthe  Mann  hat  dem  Herrn  von  Kleist  und  mir  in  Pots- 
dam bey  seiner  Durch  Heise  nach  seiner  Probstey  aufgetragen ,  Ihnen, 
mein  Herr,  Musikalien  zu  schicken.  Es  hat  sich  damit  etwas  lange  ver- 
zogen. Ich  bitte  deswegen  um  Vergebung.  Hier  kommen  sie  aber  end- 
lich. Herr  Gleim  bat  mir  befohlen,  eine  Cantate  beyzulegen,  die  ich 
über  seine  Worte  gemachet  habe.  Ich  unterwerfe  sie  Ihrem  Urtbeile. 
Sie  wird  nichts  gutes  an  sich  haben,  als  daß  Herr  Gleim  sie  Ihnen  zu 
schicken  verlanget  hat.  Es  ist  darinn  ausser  dem  Baß  gar  keine  an- 
dere Harmonie.  Ich  habe  versuchen  wollen,  was  man  mit  der  blossen 
Melodie  ausrichten  könne.  Doch  wird  die  Singestirome  mehr  erhoben 
werden,  wenn,  indem  sie  gebet,  allemal  der  GeneralBaß  dazu  gespielet 
wird,  und  die  Ritornelle  von  einer  Violin  oder  Flöte  bewerkstelliget 
werden.  Sonst  aber  ist  eine  Person,  welche  singt  und  das  Ciavier  spielt 
zu  allem  hinlänglich. 

Herr  Gleim  will  mehr  solche  Cantaten  machen.  Herr  Rammler  hat  es 
auch  versprochen.  Wenn  ich  so  dreiste  seyn  darf,  so  nehme  ich  mir  die 
Freyheit,  Sie  gleichfalls  um  einige  oder  wenigstens  eine  zu  bitten.  Nach 
dem  Begriffe  den  ich  mir  von  Ihrem  Geiste  gemachet,  und  den  mir 
Herr  Gleim  auch  bestätiget,  schicken  Sie  sich  ungemein  wohl  zu  dem 
affectuösen,  welches  in  musikalischen  Versen  seyn  muß. 

Ich  habe  jetzo  eine  Abhandlung  von  der  musikalischen  Poesie  unter 
den  Händen,  die  vielleicht  dürfte  gedrucket  werden.  Es  kommt  dabej 
alles  darauf  an,  daß  beständig  rührend  und  nicht  eigentlich  witzig  ge- 
schrieben werde.  Was  die  Form  der  Singgedichte  betrift,  so  habe  ich 
von  dem,  was  sie  besonders  haben  ,  mehr  allemal  einen  Grund  anzu- 
führen gesucht,  als  daß  ich  davon  was  neues  gesagt  hätte. 

Ich  wiederhohle  meine  Ansuchung  um  Ihre  Freundschaft,  und  werde 
mich  bemühen,  sie  durch  die  ganz  besondere  Hochschätzung  zu  ver- 
dienen, mit  der  ich  die  Ehre  habe  zu  seyn 

Euer  HochEdlen 

Berlin  den  17  Januar  ganz  gehorsamster 

1748.  Diener 

Krause. 


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48.  Die  nacliricht.cn  Ober  den  baron  Bielfeld  hatte  Gleim  von 
Ramler  erhalten,  der  am  26.  II.— 2.  III.  1748  aus  Berlin  schrieb:  „Der 
H.  v.  B.  soll  in  Halle  nicht  so  wol  die  Universität  besuchen ,  als  viel- 
mehr seine  Privat- Angelegenheiten  befördern,  indem  er  ein  Mädchen 
die  ein  leb  -  -  [haftes?]  Anges  -  -  [icht?]  und  eine  Tonne  Goldes  hat, 
heyrathen  will.  Ich  weiß  eine  lustige  Begebenheit  von  ihm.  In  Pots- 
dam will  er  sich  vom  Könige  Erlaubniß  bitten  nach  Berlin  zu  gehen, 
um  sich  bey  dem  Feldscherer  N.  einen  schmertzbaften  Zahn  auaziehen 
zu  laßen.  Der  König  merkt  eine  List,  und  erlaubt  es  ihm  auf  sein 
Vorgeben,  schickt  aber  noch  denselbigen  Abend  einen  Jäger  nach  Berlin, 
und  läßt  den  Feldscherer  N.  herauskommen.  Dieser  praesentirt  sich 
den  andern  Morgen  früh,  als  der  H.  v.  B.  abreisen  will,  und  dieser  ist 
ein  viel  zu  guter  Hoffman,  als  daß  er  lange  anstehen  solte,  sich  einen 
gantz  gesunden  Zahn  ausreißen  zu  lassen."  Gleim  antwortet  am  16.  III 
1748 :  „HErr  v.  B.  Liebe  ist  mir  aus  Halle  bekant  gemacht.  Ich  werde 
ihm  nächstens  schreiben.  Besuchen  sie  ihn  doch  nun  nachgerade  wieder. 
Sein  leb.  Anges.  ist  eine  Muhme  von  dem  DohmCapitul.  Amtmann 
Reich  in  Zilly  ,  mit  dem  ich  sehr  viel  zu  thun  habe ,  und  der  auch 
reich  ist,  und  einige  7  und  8jährige  Mädchen  hat.  Ihr  Vater  hat  auch 
seinen  Reichthum  der  Oeconomie  des  DohniCapituls  zu  danken ,  denn 
er  hat  ihn  auf  dem  Amt  Zilly  erworben.  Habe  ich  ihnen  die  Historie 
vom  Zahn  nicht  schon  selbst  erzählt?"  —  Bielfeld  comödie  „Der  hol*1 
ist  wohl  identisch  mit  dem  früher  (vgl.  zu  nr.  11)  erwähnten  lustspiel  „Die 
beschwerlichkeiten  des  hoflebens."  —  Uzens  Lyrische  gedichte  wurden 
nicht  in  Quedlinburg  sondern  in  Greifswald  bei  Weitbrecht  verlegt.  — 
Boduier  schreibt  an  Gleim  im  december  1747  (Briefe  der  Schweizer 
s.  75):  „Auf  Ostern  sollen  Sie  eine  Probe  aus  den  Minnesingern  sehen. 
.  .  Ihre  angenehmen  anakreontischen  Stücke  haben  mich  verführt,  daß 
ich  etwas  Gleichmässiges  versuchen  dürfen;  aber  es  sind  leider  nur 
Uebersetzungen  von  Originalen  des  Marchese  de  Lemene."  —  Ueber  Jo- 
hann Christian  Edelmnnn  vgl.  Allg.  deutsche  biographie  5 ,  639.  — 
Gleim  hatte  seinen  „Versuch  in  scherzhaften  Liedern"  1744  Haller  zu- 
gesendet, dessen  antwort  bei  Körte,  Gleims  leben  s.  38.  Ein  brief  Gleims 
an  Haller  vom  22.  II.  1749  in  Schuorrs  archiv  V,  374.  —  Ramler  schreibt 
an  Gleim,  14.  September  1748  (ungedruckt):  „Es ist  auch  in  Jena  eine  Wo- 
chenschrifft  herausgekommen:  die  Wochenschrifft  nach  der  Mode  ge- 
nannt. Vermutlich  ist  der  Bautzner  Verfaßer  davon.  Er  hat  sich  über 
den  Lobspruch  Bodmers:  Unsinn,  Bautzner  und  Gewäsche  in  der  Vor- 
rede geärgert  Und  in  der  Schrifft  selber  hat  er  eine  Anakreontische 
Ode  darüber  gemacht.  Der  Narr!  Die  Uebersetzungen  sind  das  eintzige 
Gute  an  dieser  Charteque.  Plutarch  von  der  Neugierigkeit;  Popens 
Brief  der  Eloise  an  den  Abelard  und  ein  Traum  von  dem  Nachruhm 
aus  dem  englischen  Schwätzer  sind  von  diesem  deutschen  Schwätzer 
übersetzt.  Es  scheint  der  Mensch  irrt  in  der  Welt  herum  und  läßt  an 
iedem  Ort  eine  Monathssch rillt   hinter  sich,   wie  der  Teufel  einen  Ge- 


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478 


stank."  Derselbe  am  G.  april  1748  (ungedruckt)  :  „Ich  habe  heut  eine 
wunderliche  Materie  snr  Untersuchung  bekommen.  Der  luitige  und 
seelige  Hayn  bat  vom  Seelenschlaf  geschrieben,  wie  ihnen  bekannt  i*t, 
und  D.  Bauragarten  bat  ein  theologisch  Bedenken  darwieder  ausgehen 
laßen.  Hier  soll  ich  mein  Urtheil  von  mir  geben  ob  Baumgarten  ihm  in 
der  That  einen  seiner  Gründe  unkräftig  gemacht  hat!"  —  I/homme 
machine,  Leyden  1748,  von  Julian  Offray  de  La  Mettrie,  Vorleser  des 
König«  Friedrich  II.  und  mitglied  der  Berliner  academie;  vgl.  Hirtel, 
Haller  p.  CCLIV  ff. 

49.  Gleim  an  Ramler,  11.  april  1748  (ungedruckt):  „Herr  Uz  hat 
mir  endlich  seine  Gedichte  geschickt  sie  drucken  zu  laßen.  Ich  bin 
willens  sie  Weitbrechten  in  Greifswalde  zu  geben.  Ks  ist  schade,  daß 
es  zur  Meße  schon  zu  spät  ist,  ingleicben  daß  er  verlangt,  ich  soll 
den  Leser  in  Ungewißheit  laßen  ,  ob  er  selbst ,  oder  ein  anderer  die 
Vorrede  gemacht  hat.  Wie  soll  man  das  ohne  Zwang  thun ?*  —  Die 
zwei  neuen  lieder,  die  Gleim  noch  nicht  gesehen  hatte,  sind  nicht  nach- 
zuweisen. „Die  lyrische  muse44  Sauer  nr.  17,  die  ode  an  Gleim  Sauer 
nr.  1.  —  Leber  die  anspielung  auf  die  Faustsage  vgl.  Seu Berti  viertel- 
jahrschrift  III,  200. 

50.  Die  secretarstelle  beim  justizcollegium  versah  Uz  nach  Goedeke  5 
IV,  42  zwölf,  nach  Petzet,  Uz  s.  8  fünfzehn  jähre  long  ohne  irgend- 
welchen gebalt. 

51.  Mit  diesem  briefe  übersendet  Gleim  die  seit  1746  (vgl.  oben 
8.  113)  geplante  erste  ausgäbe  von  Uzen*  gedichten  unter  dem  titel : 
Lyrische  Gedichte  [vignJ  Berlin,  bey  Johanu  Jacob  Weitbrecht,  174ü>. 
[56  s.]  8°,  über  die  Sauer  p.  IX  ff.  zu  vergleichen  ist.  —  Gleim  an  Itain- 
ler,  4.  IX.  1749  (ungedruckt):  „Sie  wißen  doch  schon  von  H.  Sulzer  daß 
ich  in  Braunschweig  gewesen,  und  Ebert,  und  Zachariä  kennen  gelernt. 
Beyde  sind  in  ihre  Muse  verliebt,  die  sie  nur  aus  dem  kleinen  Stück 
in  Bodmers  Briefen  kennen.  -  -  -  Zacbariae  hat  ein  neues  Heldengedicht 
angefangen:  Der  Scbnuptuch,  betitelt,  und  hat  schon  einige  Bücher  fer- 
tig. Es  ist  in  dem  ihm  gewöhnlichen  Geschmack  voll  unendlich  kleiner 
Gottheiten.  Er  selbst  ist  nicht  so  klein  als  seine  Götter,  sondern  ein 
rechter  Saul  an  Länge  aber  schlank,  und  angenehm.  Ebert  scheint  ein 
sehr  empfindliches  und  zur  Freundschaft  gemachtes  Herz  zu  haben.  Das 
Englische  versteht  er  so  gut,  daß  er  ein  öffentlicher  Lehrer  deßelben  seyn 
kan."  Raraler8chreibtüberdie,.Lyri8chenGeclichte44an  Gleim,  12.XL  1749 
(ungedruckt):  „Was  für  Vergnügen  haben  mir  Uzens  Lieder  gemacht !  Ich 
singe  bisweilen  einen  Mund  voll  davon  außer  der  Ordnung,  bald  sage  ich: 
„Denn  wer  ist  der  wißen  mag,  ob  für  ihn  ein  FrülingsTag,  Aus  Aurorens 
Arraen  fliehet?"  und  gleich  nachher:  „Und  Cythere  sehr  ergrimmt,  Hieß 
ihn  auch  zum  Bacchus  gehen."  Wie  unvergleichlich  schließt  er  sein 
letztes  Stück  mit  der  Syrinx  !  Er  ist  so  sehr  Horatz  und  Anacreon  mit 
drunter,  daß  ich  mich  betrübt  habe,  daß  er,  der  Kenner  des  Wohlklangs, 
den  Reim  gelitten  hat.    Ich  weiß  wohl  daß  er  sagt,  ohne  ihn  würde 


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der  Vers  ihm  noch  schwerer,  aber  ich  weiß  auch,  daß  er  eine  schwere 
Arbeit  aushalten  kan.  Er  darf  sich  nicht  abschrecken  laßen,  daß  wir 
nicht  genug  reine  Dactylen  in  der  Sprache  finden ,  unser  Jambischer 
Vers  ist  auch  nicht  Römisch  richtig,  und  wir  werden  es  mit  unsrer  har- 
ten Sprache  nimmermehr  bis  dahin  bringen.  Sein  Früling,  deßen  Vers- 
art so  oft  nachgeahmt  ist,  besteht,  wie  ich  erst  kürtzlich  geBehn  habe, 
aus  einem  Hexameter  und  einem  lyrischen  Verse.  Der  Hexameter  aber 
ist  der  aller  wohlklingendste,  und  hat  die  Cäsur  da,  wo  ich  sie  in  Kleists 
Frühling  so  gern  setzen  mag.  Doch  weil  es  eine  große  Vollkommen- 
heit vom  Hexameter  ist  daß  er  sich  abändern  läßt,  so  wolte  ich  ihm 
nicht  gern,  auch  nicht  in  Lyrischen  Gedichten  ,  eine  Feßel  anlegen. 
Horatt  thut  es  auch  nicht.  Der  Abschnitt  aber  mQste  wohl  bleiben, 
weil  er  zur  Harmonie  oder  vielmehr  zur  Respiration  unentbehrlich  ist. 
Kleist  hat  etliche  Uzische  Verse.   Z.  E. 

Ich  will  die  Wollust  in  mich  mit  eurem  Balsamhauch  einziehn  p. 

Scheint  dort  aus  Mitternacht  nicht,  vom  Sonnenstrale  getroffen,  p. 
Die  Lieder  gehn  hier  so  stark  ab,  daß  man  kein  Exemplar  mehr  auftreiben 
kan,  (Ich  warte  selber  auf  frische  Recruten)  denn  sie  gefallen  auch  et- 
lichen Feinden  der  Dichtkunst:   Tantum  potuit  suadere  loquela! 

Etliche  Tiger  und  Bären  sind  hier  schon  damit  gezähmt  worden, 
und  ich  will  gleichfals  ein  Paar  Bärinnen  und  Tigerinnen  dadurch  um 
ihre  Wildheit  bringen.  Sie  werden  doch  nunmehr  an  H.  Uz  geschrieben 
haben,  ist  es  noch  nicht  geschehen,  oder  wird  es  wieder  geschehen  ,  so 
grüßen  sie  ihn  von  mir,  und  melden  ihm,  daß  ich  in  die  Hände  klat- 
sche, und  daß  es  mir  mit  seinen  Oden  geht,  wie  dem  Themistocles  mit 
des  Miltiades  Ehrensäulen :  sie  laßen  mich  nicht  schlafen.  Wenn  es 
doch  möglich  wäre  ihn  näher  zu  uns  zu  bringen!  Wo  hält  er  sich  ietzt 
anf?  Welche  Bedienung  hat  er  und  was  taugt  sie?  Schreiben  sie  mir 
dieses,  wenn  sie  es  wißen,  vielleicht  regiert  einmahl  ein  guter  Stern, 
der  einem  witzigen  Kopfe  ein  Glück  bringt.  Was  werden  sich  die  Aus- 
wärtigen für  gute  Gedanken  von  Berlin  machen.  Sie  werden  glauben 
die  schönen  Philosophen  und  die  weisen  Poeten  gehörten  hier  zu  Hause/' 
—  Ueber  Johann  Friedrich  Christ  vgl.  Allg.  deutsche  biographie  4,  140; 
sein  bruder  war  justizrat  in  Ansbach.  —  »Lieder.  Frui  paratis,  &  va- 

lido  mihi,  Horatius.  Amsterdam  1749.*  [64  s.],  mit  deutschen  lettern, 

von  Gleim;  über  die  „Lieder.  Cantamus  vacui.  Horatius.  Zürich.  1749.* 
[16  b.],  mit  lateinischen  lettern,  vgl.  oben  s.  251. 

52.  In  den  Bremer  beiträgen  III,  234  steht  „An  Amor4*  (Sauer  nr.  14). 
ebda.  V,  91  f.  „Ein  Traum"  (Sauer  nr.  7)  und  „Das  neue  Orakel"  (Sauer 
nr.  23) ;  Gleims  entschuldigung  vgl.  auf  s.  222.  —  Kleists  name  steht 
über  der  ode  „Der  Weise  auf  dem  Lande"  (Sauer  nr.  18).  —  Neue  cri- 
tische  briefe  über  gantz  verschiedene  Sachen ,  von  verschiedenen  Ver- 
fassern [Bodiner  und  Breitinger],  Zürich  1749.  —  Critik  über  den  Wohl- 
klang des  sylbenmaases  in  dem  heldengedichte  der  Messias ,  Chemnitz 
1749,  von  Job.  Nathanaet  Reichel,  vgl.  Goedeke*  IV,  88.  -  Uzens  „Mor- 


480 


pneus"  Sauer  nr.  35.  —  Pygmalion  und  Elise,  Berlin  1749,  von  Böh- 
mer, mit  ausätzen  Sulzers,  vgl.  Seufferts  vierteljahrschrift  IV,  187.  — 
Die  „choriambische  Ode"  in  der  Sammlung  vermischter  schrilten  von 
den  Bremer  beitragern  I,  312  ist  von  Giseke,  vgl.  seine  Poetischen  werke 
8.  142;  aber  die  anderen  oden  vgl.  Muncker  in  Kürschners  DNL.  43, 
XXXII  f. 

6$.  Der  Fruehling.  Ein  Gedicht.  Berlin,  1749.  [40  s.]  kl.  4°.  -  In 
den  Bremer  beitragen  stehen  von  Kleist  folgende  gediente:  V,  1,  75  „Das 
landleben«,  V,  2,  112  „Der  Vorsatz",  143  „Menalk",  V.4,287  „An  Herrn 
von  .  .  .  [Adler]'1,  848  „Die  heilung."  Auch  von  Gleim  sind  gediente  im 
5.  und  6.  bände,  die  Dreyer  herausgab,  vgl.  zu  nr.  29. 

54.  Vgl.  E.  Schmidt  in  der  Allg.  deutschen  biographie  39,  444: 
„Was  ihn  1751,  in  der  zeit  einer  Spannung  mit  Gleim,  nach  Braunachweig 
u.  8.  w.  führte,  ist  unbekannt."  —  üeber  den  Braunschweiger  Erich  ist 
mir  nicht«  bekannt. 

55.  Die  halben  briefe,  die  Gleim  angefangen  aber  nicht  fortgeschickt 
hatte,  siehe  unten  als  nr.  57.  —  Abbenrode  ist  ein  braunschweigisebes 
dorf  mit  domaine,  2  meilen  Östlich  von  Brannschweig.  —  Ueber  Johann 
George  Sucro,  den  Verfasser  des  Druiden,  seit  dem  sommer  1750  dorn- 
prediger  in  Halberstadt,  vgl.  meine  dissertation  über  Ramler  s.  24.  — 
Karl  Christian  Gärtners  antwort  auf  Gleims  brief  nach  Braunschweig  ist 
im  Gleimarchiv  erhalten;  sie  ist  auf  einem  quartbogen  sehr  eilig  ge- 
schrieben und  lautet: 

Mein  lieber  Gleim, 
Gleich  um  4.  Uhr  köint  Ihr  Bote  an.  Uz  ist  um  11.  Uhr  abgereiset, 
nachdem  wir  alle  unsre  Beredsamkeit  vergebens  angewendet  hatten, 
ihn  nur  noch  einen  Tag  hier  zu  behalten.  So  gar  ein  Fieber,  welches 
seinen  Fuhrmann  heute  überfiel,  hat  ihn  nicht  können  zurück  halten. 
Ich  musH  aber  auch  das  zu  Beiner  Entschuldigung  sagen,  daß  er  mit 
des  HEn.  Prof.  Oeders  Bruder  in  Gesellschaft  reisete,  welchem  er  ver- 
sprochen hatte,  um  diese  Zeit  aufzubrechen.  Er  hat  so  wohl  mir,  als 
Eberten  Ihr  langes  Stillschweigen  geklagt.  Wer  Heuker  kann  Sie  recht- 
fertigen, oder  auch  nur  entschuldigen?  Dennoch  habe  ich,  so  wie  auch 
Ebert,  etwas  zu  Ihrem  Vortheile  hergeschwatzt  —  Z.  E.  Daß  Sie  seine 
Briefe  wohl  nicht  erhalten  hätten  -  -  Daß  Sie  sehr  beschäftiget  wären  -  - 
Daß  Sie  itzo  viel  Briefe  mit  Frauenzimmer  wechselten  -  -  Daß  unter  der 

llaiul  die  Rede  gienge,  als  ob  Sie  mit  der  Meierin  ein  Bräutigam 

waren —  Daß  Sie  gewisse  Werke  unter  der  Feder  hätten-  -  O,  Mein 
lieber  Gleim,  Sie  wissen  nicht,  was  wir  alles  zu  Ihrem  Besten  gesagt 
haben. 

Doch  ich  will  ernstlich  reden.  Es  ist  unverantwortlich,  daß  Sie 
Uzen  so  lange  nicht  geschrieben  haben.  Aber  sein  eignes  Herz  ?er- 
theidiget  Sie  noch  mehr,  als  Sie  in  dem  Briefe  an  mich  zu  denken 
scheinen. 

Ihr  Brief  soll  Ihm  mit  erster  Post  nachgeschickt  werden.  Meine 


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481 


beiden  Luisen,  die  beide  gesund  und  munter  sind,  empfehlen  sich  Ihnen 
und  ich  bin 

Brau  nach  weig  d.  9^  May  1751  *)  Ihr 

Sontags  halb  5.  Uhr  getreuer  Fr.[eundJ  Gärtner 

Nachmittags. 

50.  Die  antworten  auf  Uzens  briefe  folgen  als  nr.  57.  —  Ramler 
hatte  in  nr.  1  und  2  der  Berliner  Cri tischen  nachrichten  aus  dem  reiche  der 
gelehrsainkeit  auf  das  jähr  1750,  die  er  mit  Sulzer  gemeinsam  herausgab, 
Uzens  lyrische  gedichte  angezeigt.  —  Ueber  die  von  Kl  eist's  freunden 
veranstaltete  zweite  ausgäbe  „Der  frühling.  Ein  gedieht.  Nebst  einem 
anhang.  Berlin,  1750.'  [44  s.J  8°  vgl.  Sauer  I,  LXXXII. 

57.  Gleim  war  im  december  1748  vier  wochen  in  Berlin,  vgl.  meinen 
Ramler  s.  14.  —  Bodmer  an  Gleim  „im  December  1747"  und  11.  sept. 
1748:  Briefe  der  Schweizer  s.  71.94.  —  Eine  neue  ausgäbe  der  Scherz- 
haften lieder  erschien  erst  1753  in  Berlin.  —  Uzens  brief  vom  20.  de- 
cember [1749]  ist  nr.  52,  der  vom  19.  februar  [1750]  nr.  53.  —  Die  Kleist 
zugeschriebene  ode  ist  „Der  weise  auf  dem  lande"  Sauer  nr.  18.  Ueber 
die  in  den  Bremer  beitragen  gedruckten  gedichte  von  Uz  siehe  oben  zu 
nr.  52. 

58»  Eberts  Übersetzung  von  Young's  .Nachtgedanken*  erschien  zuerst  in 
Braunschweig  und  Hildesheim  1751,  vgl.  Barnstorff,  Youngs  nachtgedanken 
und  ihr  ein  Auas  auf  die  deutsche  litteratur,  Bamberg  1895,  s.  1  f.  —  Jacob 
und  Joseph,  Zürich  1751,  von  Bodmer.  —  Eberts  briefe  an  Uz  sind  nicht  er- 
halten, drei  antworten  von  Uz  fehlerhaft  gedruckt  iu  Westeruianns  monats- 
heften  II,  100 — 103.  —  Das  gedieht  nach  art  des  popischen  „lockenraubs" 
ist  der  „Sieg  des  liebesgottes.  Eine  nachahmung  des  popischen  locken- 
raubes.  [vign.]  Stralsund  ,  Greifswald  und  Leipzig  ,  bey  Johann  Jacob 
Weitbrecht  1753.*'  —  Die  übersandte  ode  ist  „Die  wahre  grösse"  Sauer 
nr.  45.  —  Ueber  Simonettis  gelehrte  zeitung  vgl.  Briefe  der  Schweizer 
s.  107.  —  Ueber  den  antiquadruck  vgl.  Johann  Kelle  in  der  Deutschen 
rundschau  30,  436  und  meine  dissertation  Uber  Ramler  s.  33  f.  —  Be- 
trachtung über  die  bestimmung  des  menschen ,  Greifswalde  und  Stral- 
sund 1748,  von  Johann  Joachim  Spalding,  vgl.  s.  232.  —  Ueber  den 
prinzen  von  Lobkowitz  vgl.  s.  231,  meinen  Ramler  s.35,  Sauer,  Kleist  2, 344 ; 
ist  ea  der  in  der  Allg.  deutschen  biographie  19,  50  aufgeführte  Joseph 
Maria  Carl  fürst  von  Lobkowitz  (1725-1802)? 

60.  Ueber  Leonhard  Euler  vgl.  Allg.  deutsche  biographie  6,  422.  — 
Die  an  Ebert  geschickte  ode  ist  „Der  standhafte  weise" ,  Sauer  nr.  40. 

60.  Gleims  erste  bekanntschaft  mit  Klopstock  fallt  in  den  juni  1750, 
vgl.  Muncker,  KlopBtock  s.  229;  nach  Dänemark  ging  Klopstock  ende 
marz  1751.  —  Johann  Christoph  Schmidt  aus  Langensalza,  Klopstocks 
vetter  und  bruder  seiner  „Fanny",  war  1750  und  1751  in  Halberstadt. 
—  Ueber  den  hofmusicus  Bach  vgl.  Bitter,  Carl  Philipp  Emanuel  und 


1)  Von  Gleims  hand  geschrie l»en 

(1  lcim-Uz,  Briefwechsel. 


31 


482 


Wilhelm  Friedemann  Bach  und  deren  brüder.  Berlin  1868.  —  Ueber 
la  Mettrie's  „L'art  de  jouir'1  und  seinen  streit  mit  Haller  vgl.  Hireel, 
Haller  p.  CCLVII  ff.  —  Briefe  von  herrn  Spalding  an  herrn  Gleim. 
Frankfurth  und  Leipzig.  1771,  vgl.  dazu  Gleim — Heinse  I,  221,  Lappen- 
berg, Klopstockbriefe  8.  234. 

Gl.  Die  anzeige  von  Uzens  lyrischen  gedienten  in  den  Berliner  Cri- 
tischen  nachrichten  von  1750,  nr.  1  und  2,  ist  von  Ramler;  ebenso  die  „Ab- 
handlung vom  Sylbenmaaß"  in  nr.4und5.  Der  „Briefwechsel  über  die 
Clarissa",  einen  roman  Richardson's  in  nr.  44—46  ist  wörtlich  aus  den 
Züricher  freimüthigen  nachrichten  von  1750,  stück  28 -31,  entlehnt,  vjjl. 
meinen  Ramler  s.  31. 

62.  Dieser  und  der  folgende  brief  ist  von  Körte  im  Morgenblatt 
für  gebildete  stände  auf  das  jähr  1808  nr.  231  unvollständig  abgedruckt. 

—  Ueber  Gleims  Verlobung  mit  Sophie  Mayer  vgl.  Körte,  Gleims  leben 
s.  C8  ff.,  Proehle,  Friedrich  der  große  und  die  deutsche  literatur* 
s.  109  ff.  —  Uzens  lied  „Die  eigenschaften  einer  geliebten  nach  Marots 
Vorschrift"  Sauer  nr.  24.  —  Ueber  Kleists  Werbung  in  der  Schweiz,  juni 
1752  bis  mai  1753,  vgl.  Sauer  I,  XXXII  ff.  —  Die  ode,  der  Gleims  name 
vorgesetzt  war  ,  ist  ,,Die  wahre  grösse",  Sauer  nr.  40.  —  Ode  Als  der 
Hochwohlgebohme  Herr,  Herr  Christoph  Ludwig  von  Stille,  ...  Den 
18ten  October  1752.  in  die  Ewigkeit  gegangen  war.  von  Johann  Wilhelm 
Gleim.  Halberstadt,  Gedruckt  in  Friderichs  Buchdruckerey.  [4  bl.]  4°.  — 
Das  Schachspiel  Hin  Heldengedicht.  Arma  virumque  cano.  1753.  o.  O. 
[24  s.]  4°,  von  Ramler. 

G3.  Uz  war  inzwischen  am  14.  mai  1752  nach  Römhild  gegangen, 
vgl.  Petzet  s.  9.  —  Das  beigehende  kleine  lied  ist  die  „Palinodie",  Sauer 
nr.  60. 

04.  Auch  dieser  brief  ist  von  Körte  im  inorgenblatt  1808  nr.  232 
teilweise  abgedruckt. —  Voigtsdahlum  ist  ein  braunschweigisches  dorf  in 
der  nähe  von  Schöppenstedt.  —  Ramler  hatte  auf  die  vermeintliche  hoch- 
zeit  Gleims  schon  ein  carinen  drucken  lassen  „Ode  an  herrn  Gleim  und  ma- 
demoiselle  Mayerin  am  tage  ihrer  Vermählung",  o.  O.  u.  J.  [2  bl.]  4°,  vgl. 
Proehle  s.  1 12  f.  —  Gleims  lied  „Der  ich  der  schönen  lob  in  hundert  Hedem 
sang"  ist  wohl  ungedruckt.  —  Die  Nacht.  Zürich  1758,  vonSaloraon  Gessner ; 
über  seinen  aufenthalt  in  Berlin  und  Halberstadt  im  jähre  1749-50  vgl. 
meinen  Ramler  8. 24  f.  —  Die  bearbeitung  des  „Schachspiels"  in  hexametorn 
hat  Ramler  nicht  vollendet;  über  seine  Oden  mit  melodien,  2  teile,  Berlin 
1753—55,  vgl.  raeine  dissertation  s.  34  ff.  —  Das  Toppe.  Ein  helden- 
gedicht.    Göttingen  und  Leipzig,  1751,  von  Johann  Jacob  Dusch.  — 

—  Ueber  Eberts  unglückliche  liebe  zu  Henriette  von  Töpfer  vgl.  Glaser, 
Aus  dem  achtzehnten  jahrhundert,  Leipzig  1880,  8.  1—67.  —  Gleims 
gedieht  „Ein  fettgemästeter  prälat"  ist  verändert  gedruckt  in  seinen 
Sinngedichten,  Berlin  176f>,  8.  50;  „Ich  lag  gefährlich  kranck"  im  Al- 
manach  der  deutschen  musen  1773  s.  14  und  in  Heinses  Erzählungen 
für  junge  damen  und  dichter,  Lemgo  1775,  II,  177;  über  den  arzt 


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483 


Roeper  in  Halberstadt  vgl.  Sauer,  Kleist  B,  93. 101.  —  Dahle  am  Wasser- 
fall der  Hude  ist  Thale  an  der  Bode;  über  den  „congreü"  daselbst  am 
18.  augnst  1752,  an  dem  Klop stock  und  seine  schwester,  Johann  An- 
dreas Cramer  und  seine  frau,  Sucro,  Ramler  und  Gleim  teilnahmen,  vgl. 
ineinen  Ramler  s.  27,  Proehle  s.  146. 

65«  Vor  diesen  brief  fällt  Uzens  poetisches  Sendschreiben  vom  2.  oc- 
tober  1753,  gedruckt  bei  Sauer  nr.  100:  „An  herrn  secretär  G*."  — 
Gleim  war  in  der  ersten  hälfte  des  februars  1754  in  Berlin,  vgl.  Sauer 
Kleist  2,  258.  —  Gleim  überschickt  den  ersten  teil  von  Ramlers  „Oden 
mit  Melodien",  Berlin  1753.  —  Die  erste  erwähnung  Lessings,  dem  Gleim 
erst  während  seines  Berliner  besuche9  im  deceraber  1754  näher  trat, 
vgl.  meinen  Ramler  s.  48.  Das  epigram  tu,  worin  der  hosenknopf  vor- 
kommt, ist  „Auf  die  Thestylis",  Lachmann-Muncker  I,  37,  in  den  Ver- 
mischten Schriften  von  1771  nicht  wieder  abgedruckt. 

C6.  üeber  die  ausgäbe  „Lyrische  und  andere  gedieh te.  Neue  und 
um  die  hälfte  vermehrte  aufläge",  Anspach  1755,  die  am  9.  october  1754 
fertig  wurde,  vgl.  Sauer  p.  XIV*  ff.  —  In  Ramlers  Oden  mit  melodien 
teil  I  befinden  sich  von  Uz  zwei  von  Quantz  componirte  lieder,  Sauer 
nr.  24  und  13,  in  teil  II  drei  nuinmern ,  Sauer  nr.  9,  12  und  26.  — 
Zum  vergnügen.  O.  O.  1754,  von  Christian  Gottlieb  Lieberkühn,  vgl. 
Cioedeke"  IV,  53.  —  üeber  Gleims  Lieder,  Amsterdam  1749,  vgl.  zum 
51.  briefe. 

67.  Gleim  war  im  december  1754  und  januar  1755  vier  wochen  in 
Berlin,  vgl.  Sauer,  Kleist  II,  278.  —  Ueber  Ramlers  berühmte  passions- 
cantate  „Der  tod  Jesu",  die  Graun  componirte,  vgl.  meine  dissertation 
8.  40  f.  —  Hagedorn  starb  am  28.  october  1754.  Zacharias  „Gedicht 
dem  Gedächtnisse  des  herrn  von  Hagedorn  gewidmet",  erschien  anonym 
1754  in  Braunschweig  und  verwickelte  ihn  in  einen  streit  mit  Gottsched, 
vgl.  Zimmermann,  Zachariä  in  Braunschweig  s.  57  ff. 

68.  Uzens  brief  vom  anfang  des  j  ah  res  1755  ist  verloren,  wenn 
nicht  eine  Verwechslung  mit  nr.  66  vorliegt,  vgl.  s.  256.  —  Gleim 
schreibt  an  Ramler,  9.  V.  1755  (ungedruckt):  „Ich  bin  am  Dienstage 
von  Leipzig  zurück  gekommen.  -  -  -  Von  Leipzig  hätte  ich  sehr  viel 
mit  ihnen  zu  plaudern.  Hätte  ich  keine  Geschäfte  gehabt,  so  würde 
es  mir  angenehm  gewesen  seyn,  mich  beständig  von  witzigen  Köpfen 
umringet  zu  sehen.  Geliert  und  Rabner  befinden  sich  wohl,  der  erste 
weil  er  sehr  oft  bei  der  Gräfin  Benting  schläft,  der  andere,  weil  er  es 
nicht  thut.  Unter  denen,  die  ich  noch  nicht  gekaut  habe,  ist  Herr 
Kästner,  der  Sntirikus,  der  am  liebsten  über  seine  Freunde  spottet,  Herr 
Baron  von  Croneck ,  ein  junger  Hoil'nith  aus  Anspach,  unter  dem  Uz 
als  Secretär  steht,  und  der  an  den  vermischten  Schriften  Antheil  hat, 
ein  junger  Graf  v.  Brühl,  der  sehr  viel  verspricht,  und  den  Geliert  für 
einen  andern  Grandison  halt,  einen  gewissen  Herrn  von  Böhme  der  einen 
Thcil  des  Grandison  übersetzt  hat,  einen  Herrn  Weise,  Hofmeister  des 
Grafen  von  Auersberg  p."  —  Ueber  die  dritte  aufläge  von  Uzens  ge- 

31* 


484 


dichten  bei  Weitbrecht,  Leipzig  1756,  vgl. Sauerp.  XVI  ff.  —  Spaldings 
brief  an  Uz  ist  nicht  erhalten.  —  Die  ode  auf  die  prophezeihung  aus 
dem  caffee-schälchen  ist  „Das  neue  orakel",  Sauer  nr.  28,  Tgl.  Gleims 
entscheidung  auf  s.  2G1.  —  Ramlers  samlung  sind  die  Oden  mit  me- 
lodien,  teil  II.  —  Der  angebliche  jude  ist  Moses  Mendelssohn,  vgl.  s.  262. 

69.  Montezuma,  oper  von  Graun,  zu  der  Friedrich  der  große  das 
libretto  entworfen  hatte,  ging  zuerst  im  januar  1755  in  scene,  vgl.  Brach- 
vogel 1, 154.  —  lieber  August  Heinrich  Wilhelm  Sack  vgl.  Allg.  deutsche 
biographie  30, 154.  —  Uzens  gedrucktes  schreiben  an  Gleim :  Sauer  nr.  100. 

—  Ramlers  briefe  an  Gleim  über  die  critik  von  Uzens  liedern  sind  im 
original  datirt  vom  2.  und  5.  december  1755  und  zeigen  einige  ab- 
weichungen.  —  Kleists  urteile  über  Uz  bei  Sauer  II,  285.  307  sind  von 
Gleim  gemildert.  —  Cronegks  freund,  der  mit  Gleim  das  trio  in  Leipzig 
voll  machte,  ist  nach  s.  309  der  bruder  des  hofcammerrats  Hirsch  in 
Ansbach.  —  Ueber  die  bilder  in  Gleims  freund schaftstempel  vgl.  Körte, 
Gleims  leben  s.  437  ff.  —  La  primavera,  in  versi  sciolti,  übersetzt  von 
Tagliazucchi,  in  den  „Gedichten  von  dem  Verfasser  des  frühlings",  Ber- 
lin 1756,  8.  43—86.  —  Johann  August  (von)  Beyer:  Kleine  liedcr,  Berlin 
und  Magdeburg  175G;  Vermischte  poesien,  Frankfurt  und  Leipzig  1756. 

—  Moses  Mendelssohn:  Philosophische  gespräche,  Berlin  1755;  Ueber 
die  empfindungen,  Berlin  1755.  —  Ramler:  Einleitung  in  die  schönen 
Wissenschaften.  Nach  dem  französischen  des  herrn  Batteux,  Leipzig 
1756 — 58,  in  vier  bänden.  —  Zachariä:  Die  tageszeiten.  Ein  gedieht 
In  vier  Büchern,  Rostock  und  Leipzig  1756. 

70.  „Ein  träum"  Sauer  nr.  7,  „Der  morgen"  Sauer  nr.  8,  „Morgcn- 
lied  der  schafer"  Sauer  nr.  9.  —  Ueber  Uzens  streit  mit  Wieland  und 
den  Schweizern  vgl.  Sauer  p.  XX — LX1I;  der  brief,  in  dem  er  Wieland 
vom  tempel  des  guten  gesebmacks  ausschliesst,  bei  Sauer  nr.  102.  — 
Die  verse  aus  Wielands  Briefen  von  verstorbenen  an  Unterlassene 
freunde,  Zyrich  1753,  s.  21  f.  citirt  Uz  auch  in  seinem  „Schreiben  des 
Verfassers  der  lyrischen  gediente  an  einen  freund  1757"  Sauer  s.  380. 

—  „Ermunterung  zum  vergnügen"  Sauer  nr.  26,  „Silenus"  Sauer  nr.  32. 

—  Die  aus  der  englischen  Clarissa  übersetzte  „Ode  an  die  Weisheit" 
bei  Sauer  nr.  64.  —  Christoph  Friedrich  Nicolai :  Briefe  über  den  itzigen 
zustand  der  schönen  Wissenschaften  in  Deutschland,  Berlin  1755,  vgl. 
Kllingers  ausgäbe  in  den  Berliner  neudrucken,  serie  3,  band  2. 

71.  Ueber  die  im  herbat  1756  erschienene  ausgäbe  „Lyrische  und 
andere  gedichte  von  J.  P.  Uz.  Dritte  verbesserte  aufläge."  Leipzig, 
1756,  bei  Weitbrecht,  vgl.  Sauers  einleitung  p.  XVII  ff;  Ueber  die  an- 
fangs beabsichtigte,  dann  verworfene  vorrede  gegen  Wieland  vgl.  Sauer 
p.  XXXVI  f.;  die  anmerkung  zur  „Fröhlichen  dichtkunst"  (Sauer  nr.  33» 
ebda.  s.  81.  —  270,  n:  Breitkopf  als  drucker  bezw.  Gottsched  als  censor 
hatten  im  jähre  1753  die  „Briefe,  nebst  andern  poetischen  und  prosai- 
schen stücken"  des  freiherrn  Eberhard  Friedrich  v.  Gemmingen  eigen- 
mächtig corrigirt  und  verändert,  wogegen  der  autor  eine  geharnischte 


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485 


„Nothwendige  nachricht"  (o.  Ü.  u.  J.,  2  bl.  8°)  erließ;  vgl.  auch  Waniek, 
Gottsched  8.  668  und  Hirzcl,  Haller  8.  4G8.  —  „Ermunterung  zum  ver- 
gnügen" bei  Sauer  or.  26.  —  Christoph  Joseph  Sucro,  geb.  14.  deceniber 
1718,  gest.  1756  als  professor  der  griechischen  spräche  und  philosophie 
in  Coburg,  ist  nicht  Verfasser  der  Berliner  Wochenschrift  „Der  Druide",  vgl. 
meine  dissertation  Qber  Ramler  s.  24  und  oben  zu  nr.  37  und  55.  —  Die 
„Idyllen  von  dem  Verfasser  des Daphnis",  Zürich  1756,  sind  von  Saloraon 
Gessner;  „Vermischte  poesien",  Frankfurt  und  Leipzig  1756,  von  Johann 
August  Beyer.  —  Die  „Romanzen" ,  Berlin  und  Leipzig ,  1756,  haben 
allerdings  Gleim  zum  Verfasser,  vgl.  den  folgenden  brief. 

Unmittelbar  nach  empfang  von  nr.  70  nämlich,  noch  im  juli  1756, 
entwarf  Gleim  ein  „drei  bogen"  langes  antwortschreiben  an  Uz,  das 
er  nachher  „aus  furcht,  den  alten  freund  zu  verletzen"  (Sauer  p.  XXXVII) 
zurück  behielt.  Pröhle  hat  dasselbe  (in  Wielands  werken  bei  Kürschner, 
DNL.  I,  362)  an  falscher  Stelle  und  mit  vielen  ungenauigkeiten  abge- 
druckt; ich  reihe  es  hier  nach  der  handschrift  des  Gleimarchivs  ein: 
„Liebster  Freund,  [Juli  1756] 

Wenn  ich  Ihr  wehrtes  Schreiben  beyseite  legte,  so  würde  es 
mir  gehen,  wie  allezeit  ;  meine  Geschäfte  würden  mich  nöthigen,  die 
Antwort  von  einem  Tage  zum  andern  zu  verschieben,  ich  will  daher 
lieber  die  zwo  Minuten,  die  mir  jetzo  übrig  sind ,  anwenden ,  und  auf 
eine  ganze  Stunde  nicht  warten. 

Es  ist  fürtreflich ,  daß  die  neue  Ausgabe  ihrer  Gedichte  noch  zu 
Stande  komt !  Ich  habe  oft  daran  gedacht,  und  weil  ich  glaubte,  Weit- 
brecht würde,  aus  mancherley  Ursachen,  sein  Vorhaben  ins  Werck  zu 
setzen ,  müde  geworden  seyn ,  so  wolte  ich  bey  Ihnen  anfragen :  Wie 
Ihnen  Gesners  Idyllen  gefielen  ?  und  ob  es  nicht  möglich  zu  machen, 
Jhre  Gedichte  eben  so  drucken  zu  laßen?  Ich  habe  neulich  Pope 's 
Wercke  in  12  bekommen,  nach  Warburtons  Ausgabe,  und  bin  seit  dem, 
mehr  als  jemahls  dafür,  daß  wir  lateinische  Lettern  gebrauchen,  we- 
nigstens, daß  wir  die  Wercke  unserer  Dichter  mit  solchen  drucken 
solten.  Aber  zu  diesem  Druck  mit  lateinischen  Lettern,  geben  die  Wercke 
die  bisher  in  4.  erschienen,  keine  Muster,  das  beste  sind  Gesners  Idyllen, 
und  warum  sollten  wir  es  nicht  noch  beßer  machen  können  ?  Unsere 
Künstler  sollten  nur  die  Probe  machen  ,  ihre  Mühe  würde  ihnen  auch 
schon  belohnt  werden.  Denn  welcher  Liebhaber  und  Kenner  bezahlt 
nicht  gern  ein  Buch  etwas  theurer  ,  wenn  es  sauber  gedruckt ,  und 
beydes  für  den  Geschmack  der  Seele  und  der  Augen  gesorgt  ist !  Lebte 
ich  in  einer  Stadt,  wo  es  nicht  an  Künstlern  fehlte,  so  würde  ich  mich 
äußerst  bemühen,  die  guten  Genies  aufzumuntern  Scheffers  zu  werden. 
Wir  haben  von  diesem  ersten  und  größten  Meister  in  der  Buchdrucker- 
Kunst,  einige  Wercke  in  unserer  Dohmbibliothek !  Ohne  Ärgerniß  über 
seine  Nachfolger,  die  so  weit  hinter  ihn  zurück  geblieben,  kan  man  sie 
nicht  sehen!  Ich  laße  mich  zu  dieser  Auaschweifung  durch  den  Wunsch 
verführen,  daß  die  Wercke  unsors  besten  lyrischen  Dichters  (denn  das 


486 


sind  sie  unstreitig,  mein  liebster  Freund)  daß  ihre  schönen  Gedickte  so 
schon  sie  es  wehrt  sind,  gedruckt  werden  möchten.  Al>er  ich  bin  des- 
halb nicht  außer  Sorgen.  Denn,  (aber  dis  sage  ich  ihnen  ins  Ohr) 
Weitbrecht  soll  nicht  bey  so  guten  Mitteln  seyn,  daß  er  den  nöthigen 
Aufwand  solte  machen  können,  und  Ober  dem  hat  Breitkopfs  Drukk 
nicht  eben  den  Beyfall  aller  Kenuer !  Wiewohl  liebster  Freund ,  man 
muß  zufrieden  seyn,  und  so  lange  die  Künstler  den  Unterricht  der  Schrift- 
steller nöthig  haben,  und  nicht  selbst  den  Wercken ,  die  sie  drucken, 
die  äuserliche  Schönheit  zu  geben,  sich  eine  Ehre  seyn  laßen,  so  lange 
werden  wir  die  schönsten  Wercke,  im  schlechtesten  Druck  sehen !  Es 
kostet  gar  zu  viel  Mühe,  wenn  man  nur  einen  ganz  mittelmäßigen  Druck 
verlanget.  Ich  weiß  davon  zu  sagen.  Erlauben  Sie  mir,  oder  vielmehr, 
nehmen  Sie  es  nicht  übel ,  mein  liebster,  daß  ich  ihnen  diese  meine 
neue  Autorschaft  nur  gelegentlich  bekant  mache  (denn  ich  bin  nicht 
so  sehr  damit  zufrieden ,  daß  ich  damit  hätte  eilen  können,  sondern 
ich  wäre  gern  ganz  unbekant  geblieben).  Ich  ließ  mich  nemlich  zu 
dem  Druck  einiger  neuen  Fabeln  und  Romanzen  verführen,  und  zwar 
in  einer  hiesigen  Buchdrukkerey.  Erst  zwar  ließ  ich  die  Probe  mit  la- 
teinischen Lettern  machen !  Aber  sehn  Sie  sie  in  bey  gehenden  Bogen, 
wie  schlecht  nimt  sich  alles  aus.  Ich  habe,  gerade  Zeilen  zu  bekommen, 
mehr  Trinckgeld  gegeben,  als  sonst  der  Druck  kostet,  aber  nicht-»  aus- 
gerichtet. Ich  machte  also  einen  Versuch  mit  deutschen  Lettern.  Er 
ist  ein  wenig  beßer  ausgefallen ,  aber  wie  viel  Druckfehler !  Wie  viel 
krumme  Zeilen!  Wie  viel  unrichtige  Absätze!  und  wie  viel  Arger  und 
Verdruß  über  die  stupiden  Köpfe,  mit  denen  ich  zu  thun  hatte! 

Laßen  Sie  mich  auf  ihre  neue  Ausgabe  zurückkommen,  ehe  ich  von 
den  Fabeln  und  Romanzen  selbst,  eben  so  wenig  gutes  sage,  alß  von 
derselben  Druck!  Ohne  Zweifel  werden  Sie  und  Ihre  Freunde  keine 
bloße  Veränderungen,  sondern,  in  den  wenigen  Stellen,  wo  es  möglich 
war,  wesentliche  Verbeßerungen  gemacht  haben.  Wegen  des  Gedichts: 
Der  Morgen,  würde  ich,  nebst  vielen  Damen  vom  ersten  Range,  ganz 
gewiß,  auf  ihre  Seite  getreten  seyn,  und  der  HE.  von  Cronegk  würde 
diese  letzteren ,  mit  allen  möglichen  Scbmeicheleyen  und  Ausflüchten 
nicht  gewonnen  haben.  Mich  dünckt  ich  habe  mich  schon  erklärt,  daß 
ich  die  freyeste  Poesie  wenn  sie  in  einem  Bande  wäre,  vertragen  könte  ! 
Ich  würde  sehr  gern  für  keine  Sünde  halten,  dieContes  de  la  Fontaine 
gemacht  zu  haben,  ob  ich  gleich  weiß,  daß  er  es  auf  dem  Sterbebette 
bereuet  hat,  aber  wenn  ich  zugleich  die  fürtreflichen  Oden:  Die  Theo- 
dicce,  die  Glückseeligkeit,  die  Dichtkunst,  der  Weise  p  gemacht  hätte, 
80  würde  ich  die  große  Verschiedenheit  des  Inhalts,  gewiß  zum  Grunde 
nehmen,  sie  niemahls  mit  jenen  zu  nahe  zusammenzubringen!  über- 
dem  wolte  ich  wohl  dafür  stehen,  daß  die  Auslaßung  dieses  sonst  schö- 
nen Stücks,  der  neuen  Ausgabe  kein  Nachtheil  sondern  vielmehr  einen 
Vorzug  verschaffen  würde!  Und  wenn  Sie  den  Abgang  deßelben,  mit 
einem  neuen  ersetzten,  so  würde  ja  der  Vorwurf  der  Unvollständigkeit 


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487 


keine  Statt  finden!  Den  Vers :  Wo  sich  die  Wollust  greifen 
ließ  bat  vielleicht  der  Herr  von  Cronegk  auch  in  Schutz  genommen? 
Was  wurde  sein  lieber  Geliert  sagen,  wenn  er  es  wüste !  Wenn  er  dio 
freye  Poesie  so  sehr  liebt,  so  laßen  sie  ihn  doch  unser  Ferrand  werden, 
der  eine  Samlung  freyer  französischer  Stücke  herausgegeben  hat  Dreyer 
hat  welche  gemacht,  die,  in  ihrer  Art,  rechte  Meisterstücke  sind.  Auch 
ich  bin  Autor  von  einigen,  die  noch  in  Handschriften  herum  gehen, 
und  die  ich  gern  würde  angeworben  Beben.  Die  ernsthaftesten  Autors 
haben  in  aufgeräumten  Stunden  der  scherzhaften  Muse ,  die  gern  aus- 
schweift, Gehör  gegeben,  darum  geben  sie  so  gern  dem  Catull  recht, 
der  sagt: 

Castum  esse  decet  pium  poetam 
Ipsum,  veraiculos  nihil  necesse  est. 

Die  Entschuldigung,  daß  das  Lied:  Der  Morgen,  eine  ehelich©.. 
Liebe  zum  Gegenstände  habe,  und  solche  von  einer  reizenden  Seite 
vorstelle,  nehme  ich  als  einen  Scherz  auf.   Denn  diese  reizende  Seite 
ist  keine  andere,  als  die,  welche  Amor  viel  reizender  hat,  wie  durch 
den  Vers  angedeutet  wird : 

Daß  Hymen  auch  entzücke. 

Sie  haben ,  wo  ich  nicht  irre ,  eine  noch  unverheyrathete  jüngere 
Schwester.   Getrauen  sie  sich,  ihr  die  Verse  vorzulesen: 
Wie  sucht  ihr  Blick,  der  kriegrisch  glüht 
Wie  sucht  er,  wenn  der  Streit  verzieht 
Streit,  Gegner  und  Vergnügen ! 

Und  wolten  sie  wohl,  daß  sie  das  ganze  Bild  dieser  starcken  Verse, 
sich  vorstellen  möchte?  Halten  sie  mich  ja  nicht  für  strenge,  ich  bin 
nichts  weniger,  aber  ihre  Gedichte  sind  so  fürtreflich,  daß  mir  es  nahe 
geht,  wenn  sie  Leuten  von  ernsthafter  Denckungsart ,  bloß  um  solcher 
Kleinigkeiten  willen  zu  mißfallen,  in  Gefahr  stehen.  Am  Hofe  selbst, 
wo  freyere  Sitten  herschen,  als  in  der  Provinz ,  habe  ich  einige  Unzu- 
friedenheit über  dergleichen  Wiedersprüche  des  moralischen  Systems 
bemerckt.  Doch,  nachdem  ich  für  den  Ruhm  meines  Uz  besorgt,  dis 
alles  gesagt  habe,  behalten  Sie  dennoch,  wie  unter  uns  festgesetzt  ist, 
völlige  Freyheit,  und  ich  werde,  für  mein  Theil,  die  neue  Ausgabe  nichts 
schlechter  finden,  wenn  mir  gleich  dieser  streitige  Morgen  zuerst  dar- 
aus entgegen  lacht. 

Mit  Herrn  Wielandt  habe  ich ,  wegen  seinen  Sympathien  so  viel 
Mitleiden,  daß  ich  mich  nicht  enthalten  kan,  für  ihn  zu  bitten!  Die 
Vermuthung  ihn  einst  unter  den  Quäckern  zu  sehen,  ist  allgemein,  und 
die  Nachricht,  die  mir  der  Herr  Graf  von  Wernigerode  neulich  gab,  der 
vielleicht  mich  damit  zu  bekehren  dachte,  diese  Nachricht  sage  ich, 
daß  er  vor  kurzer  Zeit  an  den  Abt  Steinmetz  gemeldet  hätte,  was  für 
eine  große  Sinnes  Änderung  mit  ihm  vorgegangen  seye ,  zusammenge- 
halten, mit  dem  Caracter,  den  einer  seiner  ehemaligen  Lehrer  der  Con- 
rector  Struensee  zu  Closter  Berge ,  mir  von  ihm  gemacht  hat ,  daß  er 


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neinlich  schon  in  »einen  Schüler  Jahren,  bald  Atheist,  bald  Enthusiast 
gewesen  sey,  laßen  keinen  Zweifel  übrig  ,  daß  er  ein  anderer  Wieland  sey. 
als  der  war,  der  den  AntiOvid  achrieb,  und  Dichter  erhob,  die  er  itzt  sehr 
erniedrigt  Ohne  Zweifel  zählt  er  auch  mich  unter  die  Sardinapalischen 
Dichter,  ob  er  mich  gleich  nicht  nennt  Indeß  bin  ich  nicht  im  ge- 
ringsten darüber  entrüstet,  ja,  ich  wüste  nicht,  was  ich  Ton  allem,  so 
man  wieder  mich  geschrieben  hat .  mit  mehr  Kaltsinn  gelesen  hatte. 
Ich  dachte,  übers  Jahr  wiedenruft  er  vielleicht  alles,  oder  schreibt  noch 
wieder  sich  selbst.  Ich  bin  auch  noch  so  friedfertig  gesinnt,  als  ich 
allezeit  gewesen  bin.  Man  hat  mich  zu  einem  Atheisten,  zu  einem  lieder- 
lichen Menschen,  zu  einem  Narren  im  Neol.[ogischen]  Wörterbuche,  zu 
einem  armen  Teufel  gemacht,  der  in  seinem  Leben  kein  Glaß  Wein  ge- 
truncken,  und  doch  Lieder  vom  Wein  gesungen  hätte,  ein  gewißer  Prediger 
hat  eine  ganze  schöne  Rede  wieder  mich  drucken  laßen,  aber  ich  glaube 
nicht,  daß  zehn  Menschen  sind,  die  davon  das  geringste  wißen.  Habe 
ich  nicht  wohl  gethan ,  daß  ich  diese  Leute ,  die  gern  einen  Nahmen 
haben  wollten,  verachtet  habe  ?  Und  wie  kan  es  einem  vernünftigen 
Menschen  gefallen,  daß  er  aus  den  anacreontischen  Dichtern  Sperlinge 
macht,  daß  er  einen  Uz,  der  Tugend  und  Weisheit  in  sanften  Liedern 
lehrt,  zu  den  Sardanapalischen  Dichtern  zählt?  Kurz,  liebster  Freund, 
ich  billige  Ihre  Mäßigung,  um  so  mehr,  je  weniger  sie.  durch  der- 
gleichen Gegner,  an  ihrem  Ruhme  verliehren.  Wieder  Herr  Ramlern  hat 
HE.  Wieland  auch  schon  einmahl  zu  Felde  ziehen  wollen,  aber  ich  habe 
Frieden  gestiftet.  Herr  Gesner,  der  Verfaßer  der  Idyllen,  mit  dem  ich 
Briefe  wechsle,  mag  es  nicht  gern  mit  Herrn  Bodmern  und  Wielandten 
verderben  wollen ,  sonst  würde  er  dergleichen  Thorheiten  zu  hinter- 
treiben sich  bemühen.  Ich  schrieb  ihm  und  selbst  Herrn  Wielandten 
vor  ohngefehr  einem  Jahre,  und  dachte  die  Hitze,  welche  einige  Stellen 
Ihrer  Gedicht«  bey  dieser  Part hey  zu  erregen  fähig  waren,  zu  dämpfen, 
allein  ehe  hält  man  ein  wildes  Pferd  auf  der  Flucht,  als  einen  Dichter, 
der  mit  der  Feder  in  der  Hand,  auf  seinen  Feind  loß  geht:  denn  welch 
Guth  ist  wichtiger,  als  eines  Autors  eingebildete  Ewigkeit? 

Als  Herr  KriegesSecretär  Beyer  die  Sympathien  zum  ersten  mahl 
laß,  brach  er  in  ordentliche  Convulsionen  aus:  Was?  der  fürtrefliche 
Uz,  so  mißhandelt,  unter  die  Sardanapalischen  Dichter  versetzt,  ge- 
schimpft, und  wir  alle,  die  wir  Schertz  und  Liebe  singen  ?  Er  sterbe, 
ja  er  sterbe  der  Bube,  der  die  lachende  Weisheit  verfolgt,  er  werde 
geschunden  wie  Marsyas!  In  diesem  Thon  wolte  er  sich  gleich  um- 
setzen, und  Antipathien  schreiben,  aber  ich  besänftigte  ihn  auch  mit 
der  Nachricht,  die  ich  oben  angeführet  habe.8 

72.  Ueber Claude  Sallieri  1685— 1761)  vgl.  Nouvelle  biographie  gene- 
rale 43, 188.  —  Gedichte  von  dem  Verfasser  des  frühlings.  Berlin,  bey  Chri- 
stian Friedrich  Voß  1756;  die  ausgäbe  ist  von  Ewald  und  Lieberkuhn  be- 
sorgt, vgl.  Sauer  I,  LXXXVI  f.  Kleists  Unzufriedenheit  darüber  in  einem 
brief  an  Gleim  vom  9.  XI.  1756,  Sauer  II,  348.  —  Die  schlacht  bei  Lobositz 


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am  1.  october  1756  ließ  zuerst  den  gedanken  in  Gleim  auftauchen,  lie- 
der  auf  Friedrich  dun  groben  zu  dichten ,  vgl.  A.  Sauer  im  neudruck 
der  preußischen  kriegslieder  von  einem  grenadier  (Deutsche  littcratur- 
denkmale  4,  X  f.).  An  Ramler  schreibt  G leim  am  7.  I.  1757,  indem  er 
ihn  auffordert,  den  könig  zu  besingen  (ungedruckt):  „Die  Uebergabe  der 
Sachsen  —  die  Schlacht  bey  Lowositz.  —  Ich  soll  ihnen  Gedanken  ge- 
ben? Ihnen  soll  ich  das  thun!  Das  wäre  Waßer  ins  Meer  getragen. 
Aber  vielleicht  wißen  sie  einige  Umstände,  oder  Vorfalle  nicht,  die  ich 
weiß ,  und  die  ein  Poet  sich  sehr  zu  Nutze  machen  könte,  nls  z.  K. 
1)  daß  während  des  Treffens  bey  Lowositz  sich  Uber  dem  Schlachtfclde 
(welch  erschreckliches  Wort!)  ein  Gewitter  zusammengezogen,  welches 
den  weichenden  Feinden  nachgezogen,  und  bestandig  bis  in  die  Mitter- 
nacht über  ihnen  gedonnert  2)  daß  sehr  viel  Österreichische  Gefangene 
ausgesagt,  es  wäre  ein  Schrecken  unter  ihr  Kriegsheer  gekommen,  weil 
man  über  einem  Berge  (worauf  der  König  gehalten)  einen  Engel  schwe- 
ben gesehn.  Addison  hat ,  wo  ich  nicht  irre,  in  dem  Gedicht  auf  die 
Schlacht  bey  Hochstedt  ein  Gewitter  erdichtet."  —  „Das  bedrängt«; 
Deutschland'4  Sauer  nr.  16.  -  Der  brief  „An  herrn  hof-advocat  G  ***", 
Sauer  nr.  101,  ist  an  Grötzner  gerichtet.  —  Die  „Fabeln  [  Berlin,  1756" 
und  „Romanzen.  |  Berlin  und  Leipzig,  |  1756"  sind  von  Gleim.  —  Ueber 
die  anmerkung  wider  die  Fncratiten  zu  dem  gedichte  „Die  fröhliche 
dichtkunst"  (Sauer  nr.  33)  vgl.  Sauer  p.  XXXV II. 

73.  Gleims  erste  romanze,  die  Uz  ein  meisterstück  nennt,  ist  „Trau- 
rige und  betrübte  folgen  der  schändlichen  eifersucht , . . .  in  der  ge- 
schichtc  herrn  Isaac  Veltens"  (Romanzen  1756,  s.  3—22).  —  Uzens  beilie- 
gende ode  ist  „An  herrn  canonicus  Gleim"  (Die  kriege  Friederichs  und 
wie  mit  güldnen  schwingen) ,  Sauer  nr.  68.  —  Hagedorns  Poetische 
werke,  Hamburg  1757,  in  3  bänden.  —  Die  neue  critische  monatsschrift 
aus  Berlin  ist  Nicolai's  „Bibliothek  der  schönen  Wissenschaften  und  der 
freyen  künste"  Leipzig  1757  ff.  —  Bodmcr-Breitingers  Sammlung  von 
minnesingern  aus  dem  schwäbischen  zeitpunete,  Zürich  1758  —  59,  in  2 
bänden.  —  Die  „Ode  an  die  Weisheit"  (Sauer  nr.  64)  nebst  dem  eng- 
lischen grundtext  und  der  musik,  erschien  1757  in  Berlin  resp.  Ansbach. 

74.  Die  Schlacht  bei  Prag  am  6.  mai  1757.  Ueber  Kleists  aufent- 
halt  in  Leipzig  1757  —  58  vgl.  Sauer  I,  XLIV  ff.  Leasings  brief  an 
Gleim  vom  2.  npril  1757  bei  Hempel  XX,  1,  107;  seine  prosaische  „Ode 
an  den  könig"  ebda  XX,  1,  109.  —  Gleims  „Fabeln.  Zweytes  Buch. 
Berlin  1757."  —  Ueber  Ramlers  Batteux  vgl.  zu  nr.  69.  —  Ueber  Wie- 
lands neuen  angriff  in  den  „Empfindungen  eines  Christen",  Zürich  1757, 
vgl.  Sauer  p.  XXXIX  ff. 

75.  Das  beiliegende  gedruckte  schreiben  von  Uz  gegen  Wieland  ist 
das  „Schreiben  des  Verfassers  der  lyrischen  gedichte  an  einen  freund", 
0.0.1757,  vgl.  Sauer  p.  XLIV  ff.  —  Kinen  beweis,  wie  Bodmer  noch  im 
jähre  1776  über  Uz  „in  privatschreiben,  an  seine  freunde  in  den  hiesigen 
gegenden"  urteilte,  bietet  ein  brief  an  Johann  Friedrich  Lösch  in  Ans- 


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buch,  dun  Dombart  im  46.  Jahresbericht  des  histor.  vereint»  für  Mittel- 
frnnken  s.  12  veröffentlicht  hat.  —  Crito.  Eine  Monatsschrift.  Zürich 
1751.    4°,  vgl.  Bächtold,  anmerkungen  8.  186. 

7C.  Die  schlacht  bei  Collin  am  18.  juni  1757.  —  Wielands  „Anti- 
Ovid,  oder  die  kunst  zu  lieben.*1  Amsterdam  [Heilbronn]  1752.  —  Bod- 
n>er8  complimente  über  Gleims  Scherzhafte  lieder  vgl.  oben  zu  nr.  17. 

—  Gessner  an  Gleim  2.  X.  1755  (Briefe  der  Schweizer  8.248):  „Ich  habe 
Herrn  Utzens  neue  Ausgabe  seiner  Lyrischen  Gedichte  gesehen.  Sie 
wollen,  daß  man  ihn  verschone ;  für  mich  sag*  ich's  Ihnen  zu,  denn  ich 
bin  kein  streitbarer  Held  ....  ßodmer  und  Wieland  sind  beleidigt;  ich 
zweifle  aber,  daß  sie  ausziehen  werden."  —  Gessner:  „Der  tod  Abels" 
Zürich  1758.  —  „Gedanken  über  den  streit  zwischen  Vernunft  und  glau- 
ben" in  Kästners  Vermischten  Schriften,  Altenburg  1755,  s.  102  ff.  — 
Klopstoek:  „Der  tod  Adams,  ein  trauerspiel.  Koppenhagen  und  Leipzig 
1757.  —  üeber  Gleims  erste  grenadierlieder,  „Siegeslied  nach  der  schlacht 
bey  Prag",  „Schlachtgesang  bey  eröfnung  des  feldzuges  1757"  und  „Sieges- 
lied nach  der  schlacht  bey  Collin"  vgl.Sauers  neudruck  in  den  Deutschen 
litteraturdenkmalen  4,  XII.  —  Der  Freund.  Wochenschrift.  Ansbach  1754  — 
56,  vgl.  H.  Feuerbach,  Uz  und  Cronegk  s.  117.  —  Ueber  Friedrich  Nicolab 
„  Briefe  über  den  itzigen  zustand  der  schönen  Wissenschaften"  vgl.  zu  nr.70. 
über  die  „Bibliothtk  der  schöneu  Wissenschaften"  zu  nr.  73.  —  Gleims 
besuch  bei  Kleist  in  Leipzig  zu  ostern  1757:  oben  s.  277.  —  Ode  an 
die  preußische  armee.  Verfertiget  von  dem  herrn  v.  K.,  dem  Verfasser 
des  frühlings,  im  böhmischen  lager.  April  1757.  o.  0.  u.  J.  [2  bl.J  4*. 
vgl.  Sauer  I,  365. 

77.  In  der  „Bibliothek  der  schönen  Wissenschaften"  1,2, 415  ff.  wurden 
Wielands  „Empfindungen"  von  Nicolai  angezeigt  und  Uz  verteidigt,  am 
schlussderreceneion  Uzens  „Schreiben  des  Verfassers  der  lyrischen  gedichte" 
von  Lessing  wohlwollend  besprochen,  vgl.  Sauer  p.  XLV  ff.  —  Ludwig  Meyer 
von  Knonau's  fabeln  wurden  1757  von  Bodmer  neu  herausgegeben,  vgl. 
Goedeke2  IV,  44,  Bächtold,  anmerkungen  s.  178.  —  Klopstocks  trauerspiel 
„  Der  tod  Adams"  wurde  von  Mendelssohn  in  der  Bibliothek  der  schönen  Wis- 
senschaften II,  212—225  angezeigt.  Seine  „Geistliche  lieder.  Erster  theil." 
Kopenhagen  und  Leipzig  1758.  —  Ueber  Uzens  geistliche  lieder  vgl.  Petzet 
s.  77  ff.  —  Christian  Gottlieb  Lieberkühn,  Die  idyllen  Theokrit's,  Mo- 
schus' und  Bion's,  aus  dem  griechischen  übersetzt,  Berlin  1757,  von 
Lessing  in  der  Bibliothek  der  schönen  Wissenschaften  II,  1,  866  angezeigt. 

—  Zacbariä  führt  in  seinen  „tageszeiten",  Rostock  und  Leipzig  1756, 
s.  63  unter  den  deutschen  dichtem  auf: 

Du,  mein  Gärtner,  Giseke,  Gleim,  und  Geliert,  und  Schlegel, 
Hamtnler,  Leüing,  und  Utz;  und  du  freyraüthiger  Huber. 
In  der  „zweyten  verbesserten  aufläge",  Rostock  1757,  wird  dafür  Za- 
charias späterer  College  am  Carolinum  in  Braunschweig,  Conrad  Arnold 
Schmid,  genannt,  nicht,  wie  Uz  vermutet,  Georg  Wilhelm  Schmid,  pfarrer 


V 


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zu  Vorhätten,  dessen  trauerspiel  Candaulcs  1758  in  Karlsruhe  erschien, 
vgl.  Goedeke3  IV,  78. 

78,  Nachdem  Halberstadt  schon  im  September  1757  von  den  Fran- 
zosen unter  dem  herzog  von  Richelieu  geplündert  und  Gleims  garten 
verwüstet  war  ,  erlitt  die  stadt  im  januar  1758  neue  gröbere  gräuel, 
vgl.  Körte,  Gleims  leben  s.  105  ff.  —  Ueber  Gleims  „Siegeslied  der 
Preußen  nach  der  schlucht  bey  Roßbach"  vgl.  Sauers  neudruck  p.  XIV  ff. 
In  der  Bibliothek  der  schönen  Wissenschaften  I,  2,  426*  hatte  Lessing 
den  „Schlachtgesang  bey  eröfnung  des  feldzuges  1757"  und  das  Sieges- 
lied nach  der  schlacht  bey  Prag"  abgedruckt.  —  Cronegk  starb  in  der 
neujabrsnacht  1758  auf  einer  reise  in  Nürnberg,  ehe  er  erfahren,  daß 
sein  Codrus  den  von  der  Bibliothek  der  schönen  Wissenschaften  ausge- 
setzten preis  von  50  thalern  erhalten.  Uze  IIS  gedieht  auf  seinen  tod 
bei  Sauer  nr.  70;  seine  schritten  gab  Uz  bei  Posch  in  Ansbach  1760  in 
2  bänden  heraus.  —  Wielinda  „Hermann"  i»t  vollständig  nach  der  hämi- 
sch rift  erst  von  Muricker  in  den  l>entschen  litter aturdenl-:malen  lieft  G 
(Heilbronn  1882)  herausgegeben. 

79.  Ueber  Gleims  zusammentreffen  mit  Kleist  in  Bernburg  im  man 
1758  vgl.  Sauerl.  L.  Kleists  regiment  zog  am  11.  mai  von  Leipzig  aus, 
um  zum  corps  des  prinzen  Heinrich  zu  stoßen.  An  Gleim  schreibt  er 
aus  Hof,  29.  V.  1758  (Sauer  II,  494) :  „Wenn  ich  doch  so  glücklich  wäre, 
zu  Herrn  Uzen  zu  kommen."  Ein  zweiter  brief  aus  dem  lager  bei  Bay- 
reuth ist  verloren.  Sein  „Cissides  und  Paclies"  erschien  1759,  die  „Neuen 
gedichte  vom  Verfasser  des  frühlings"  1758  bei  Voss  in  Berlin.  —  Ueber 
die  „Preussischen  kriegslieder  in  den  feldzügen  1756  und  1757  von 
einem  grenadier",  Berlin  o.  J.,  die  Lessing  mit  einem  vorbericht  her- 
ausgab, vgl.  Sauers  neudruck.  —  Gleims  reise  nach  Berlin  und  Stettin  fällt 
in  den  mai  und  juni  1758.  —  Der,, dumme  Zeitungsschreiber"  Job.  Victor 
Krause  war  redacteur  der  Haude  und  Spenerschen  Reitling  in  Berlin.  — 
„Wie  lang  zerfleischt  mit  eigner  Hand"  :  Uz,  Das  bedrängte  Deutschland, 
Sauer  nr.  16.  —  In  Stettin  war  Gleims  bruder  Franz  Carl  Eberhard 
(1728-1789;  Kaufmann,  vgl.  Körte  s.  420;  über  Gleims  schwester  in 
Lülune  vgl.  den  1.  brief ;  seine  schwestertoehter  in  Berlin  war  eine  kriegs- 
rätin  Borchmann,  sein  bruder  Matthias  Lebreclit  Caspar  (1725  —  1783) 
oberamtmann  in  Königshorst,  später  in  Berge  bei  Nauen ,  sein  bruder 
Daniel  Conrad  Vollrath  (1723—1785)  kaufmann  in  Magdeburg.  —  Deber 
die  briefe  Friedrichs  II.  an  d' Argens  vgl.  Sauer,  Kleist  I  p.  LXVII.  — 
Johann  Jacob  Dusch  griff  in  seinen  „Vermischten  kritischen  und  sati- 
rischen schriften",  Altona  1758,  Uzens  sieg  des  liubesgottes  und  Mendels- 
sohns critik  in  der  bibliothek  der  schönen  Wissenschaften  an;  die  bib- 
liothek  erwiderte  im  III.  band  s.  532  f.,  schärfer  Lessing  in  den  lite- 
raturbriefen ,  Uz  selbst  1760  im  „Schreiben  über  die  Duschische  beur- 
teilung  des  siegs  des  liebesgottes",  Sauer  nr.  98».  —  Le.-.sings  beitrüge 
zur  bibliothek  bei  Lachmann-Muncker  VII,  7ti  ff.  —  Ueber  Gottseheds 
Übersetzung  einer  atrophe  aus  J.  B.  Rousseau'*  ode  „ä  une  veuve"  vgl. 


192 


Waniek,  Gottsched  s.  658 ;  Ratnlers  „Ode  an  eine  wittwc"  zuerst  in  der 
Hamburgischen  Neuen  zeitung  1767,  stück  126,  dann  im  Göttinger  mu- 
senalmanach  1770  s.  37.  —  Ueber  Ramlers  „Naide",  seine  langjährige 
hauswirtin  frau  Fanny  Denstädt,  vgl.  meine  dissertation  s.  16  und 
Morgenblatt  für  gebildete  stände  1807  nr.  162;  Ramlers  brief  über  ihren 
tod  lautet  nach  dem  original  im  Gleimarchiv  folgendermaßen : 

Berlin  d.  5*^  Aug.  1758. 
Theurester,  liebster  Freund, 
Naide,  von  der  so  viele  meiner  Briefe  an  Sie  voll  waren,  Naide, 
d  io  Freundin  meiner  besten  Freunde,  ist  nicht  mehr.  Gestern  habe  ich 
lüde  uuf  ihr  Haupt  werfen  sehen,  auf  das  edelste  Haupt,  was  ein  weib- 
liches Geschöpf  vielleicht  je  getragen  hat.  Wir  begleiteten  sie  mit 
acht  Wagen.  Dies  war  die  letzte,  die  traurigste  Spazierfahrt,  die  ich 
in  Gesellschaft  meiner  eintzigen  Freundin  hielt,  mit  der  ich  so  oft  die 
Felder  und  die  Gärten  besucht  und  die  Natur  angebetet  habe.  Als  wir 
um  ihr  Grab  herumstanden,  schwollen  ihren  drey  besten  Freunden  die 
Augen  von  Thränen,  welche  wir  vor  der  Menge  des  Volks  verbergen 
musten.  Ihr  Grab  ist  vou  fünf  hohen  Bäumen  umgeben,  eine  Stelle 
die  sie  sich  in  ihrem  Leben  oft  gewünscht  hat  und  wohin  mich  mein 
melancholischer  Spaziergang  oft  tragen  soll.  Sie  wißen  ich  bin  ein  we- 
nig romantisch  gesinnt  gewesen.  Künftig  werde  ich  wol  keinen  so  tu- 
gendhaften Roman  mit  irgend  einem  Frauenzimmer  zu  spielen  in  Ver- 
suchung gerathen.  Ich  halte  die  übrigen  für  das  was  sie  sind,  und 
wofür  sie  andre  brave  Leute  allezeit  halten.  Und  nun  lebe  ich  allein 
für  meinen  Gleim,  und  Kleist  und  Krause  und  Leßing.  Ich  umarme 
Sie  mit  größester  Zärtlichkeit  und  bin  ewig 

Ihr 

getreuester  Alexis. 
80«  Gleims  entrüstung  über  das  bombardement  Küstrins  durch 
die  Russen  spricht  sich  auch  in  seinem  briefe  an  Kleist  vom  26.  VIII. 
1758  (Sauer  III,  298)  aus  und  fand  in  dem  gedieht  „Der  grenadier  an 
die  kriegesmuse  nach  dem  siege  bey  Zorndorf  den  25.  auguet  1758" 
poetischen  ausdruck. 

81.  Ueber  Uzens  gedieht  auf  Cronegks  tod  (Sauer  nr.  70)  vgl.  den 
78.  brief.  —  Ramler  hatte  in  seinen  Zusätzen  zu  Batteux  unter  den 
deutschen  lyrikern  nur  Uz,  Lange  und  Gleim  genannt,  vgl.  meine 
dissertation  s.  43.  —  Ueber  Uzens  streit  mit  Dusch  vgl.  den  79.  brief, 
über  die  letzten  angriffe  Bodmers  in  den  Züricher  Freiin üthigen  nach- 
riehten  (so  1758  stück  45  in  der  recension  von  Cronegks  einsamkeiten) 
Sauer  p.  LVII. 

82.  Zu  Gleims  gedieht  auf  Stillens  tod  vgl.  den  62.  brief.  —  Kleists 
brief  an  Gleim  vom  2.  IX.  1758  über  die  schlacht  bei  Zorndorf :  Sauer 
II,  512.  —  Ueber  Gleims  letzten  aufenthalt  in  Berlin,  raai  und  juni 
1758,  vgl.  den  79.,  über  Bodmers  vorrede  zu  Meyer  von  Knonaus  fabeln 
(1757)  den  77.  brief.  —  Göttingen  besuchte  Gleim  im  mai  1752. 


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493 


83.  Johann  Carl  Junckheim,  Onoldinus  wurde  (nach  freundlicher 
mitteilnng  P.  Zimmermanns)  in  Helmstedt  am  13.  october  1758  im- 
matriculirt.  —  Die  von  Uz  übersandte  „alkäische  ode"  ist  „An  die 
freyheit",  Sauer  nr.  69.  —  Gleima  „Lied  nach  der  schlacht  bey  Collin 
den  18ten  junitis  1757"  in  Sauers  neudruck  nr.  7.  —  Uz  schreibt  an 
Grötzner,  4.  XII.  1758  (Henneberger  s.  87):  „Die  Meße  hat  fast  gar 
keine  gute  Bücher  mitgebracht  Drum  kann  ich  keine  empfehlen,  wo- 
mit Sie  sich  die  verdrußlichen  Winter-Abende  auf  eine  angenehme 
Weise  verkürzen  könnten.  -  -  -  Leßing  hat  wieder  nichts  geschrieben, 
und  wird  es  auch  so  lange  nicht  thun,  als  ihm  seine  Schulden  Ruhe 
laßen41.  —  Die  Züricher  ausgäbe  von  Opitzens  gedichten,  erster  theil, 
1745,  wurde  1755  in  einer  tite) aufläge  neu  herausgegeben,  vgl.  Goedeke2 
III,  50.  —  Sammlung  einiger  prosaischen  Schriften  von  C.  M.  Wielanil. 
Zürich  1758,  in  drei  bänden;  über  die  veränderte  Stellung  Wielands 
zu  Uz  darin  vgl.  Sauer  p.  LH  ff.  —  Lady  Johann  Gray.  Ein  trauer- 
spiel  von  C.  M.  Wieland.   Zürich  1758. 

84.  Uzens  gedieht  auf  Cronegks  tod  wurde  in  der  Sammlung  ver- 
mischter Schriften  von  den  Bremer  beitrftgern,  die  1757  mit  dem  dritten 
bände  schloß,  nicht  wiederholt.  —  Die  beiden  atrophen  aus  einem 
nicht  vollendeten  liede  vor  der  schlacht  bei  Zorndorf  sendet  Gleim  am 
22.  XI.  1758  auch  an  Lessing;  am  2.  XII.  1758  schreibt  er  an  Ramler* 
(ungedruckt):  „Den  Vorwurf  als  ob  ich  Ihnen  mein  Lied  auf  die  Schlacht 
bei  Zorndorf  nicht  mitgetheilt,  habe  ich  nicht  verdient.  Denn  damahls 
so  wenig  als  itzo,  hatte  ich  eines  gemacht.  Was  ich  Herrn  Leßingen 
sende ,  das  bekommen  sie  ja  ohnedem  zu  lesen".  —  Seine  „Fabel  auf 
den  Überfall  bei  Weißenburg"  sendet  Gleim  am  30.  XI.  1758  auch  an 
Kleist  (Sauer  II,  540.111,305);  zu  dem  „Gedicht  des  grenadiers  an  seine 
mii8e"  vgl.  den  86.  brief.  —  Gleim  an  Ramler,  2  XII.  1758  (angedruckt): 
„Mich  verlangt  sehr  nach  Ihrem  Loganl  Ich  habe  zweyerley  Ausgaben 
von  diesem  Deutschen  Martial,  den  sie  aber  wohl  sehr  ins  Kleine 
ziebn  werden.  Wenn  sie  damit  fertig  sind,  so  machen  sie  sich  doch 
an  unsern  fürtreflichen  Opitz,  aber,  wenn  ich  rathen  darf,  so  ändern 
sie  nichts.  Gar  zu  gern  hätte  ich  selbst  seine  Vier  Bücher  Trostge- 
dichte und  Lob  des  KriegesGottes,  absonderlich  jene  die  so  schön  auf 
unsere  Zeit  paßen,  besonders  herausgegeben.  Mir  lagen  schon  allerley  gute 
Sachen  zu  einer  nützlichen  Vorrede  im  Kopfe". —  Ueber  Eberhard  Friedrich 
freiherrn  von  Gemmingen  vgl.  Goedeke  *  IV,  59  und  unten  zu  nr.  96;  über 
Reinen  vetter  unten  s.  306.  —  Ueber  Gleimsjagdabenteuer  vgl.  seinen  brief 
an  Kleist  vom  30.  XI.  1758,  Sauer  III,  303,  vorher  in  Gosches  archiv  I,  491. 

85.  „An  herrn  professor  Kipping  in  Helrastädt"  richtete  Uz  im 
april  1762  einen  brief  in  versen,  bei  Sauer  nr.  105.  —  Die  „Bibliothek 
der  schönen  Wissenschaften"  ging  mit  dem  fünften  bände  an  Christian 
Felix  Weisse  über ,  vgl.  Minor,  Weisse  s.  25  ff.  —  Ueber  die  Magde- 
burgische zeitung  vgl.  s.  306  f.  —  Ueber  die  Amsterdamer  ausgäbe  von 
Opitz  1645  vgl.  Goedeke  *  III,  49. 


404 


86.  Ucbcr  Gleims  licd  „Der  grcnadier  an  die  kriegesmuse  nach  dem 
siege  bey  Zorndorf  den  25.  augu9t  1758"  ?gl.  Sauers  neudruck  p.  XXV  ff. 
und  die  beiden  folgenden  briefe.  —  Ueber  Elia«  Caspar  Reichard  vgl. 
Goedeke*  IV,  20. 

87.  Uzens  kritik  über  Gleims  letztes  kriegslied,  auf  die  letzterer 
großen  wert  legte  und  sie  Leasing  am  23.  III.  1759  abzuschreiben  ver- 
sprach, hat  Sauers  neudruck  auf  p.  XXVIII  ff.  abgedruckt.  —  Ueber 
den  bruder  des  hofcammerrats  Hirsch  vgl.  oben  zu  s.  261.  —  Das  erste 
stück  der  litteraturbriefe ,  an  denen  Lessing  so  hervorragenden  an- 
teil  hatte,  wurde  am  4.  jauuar  1759  in  Berlin  ausgegeben;  mit  der 
„Quateniber-Schrift"  ist  Weisses  „Bibliothek  der  aebönen  Wissenschaften" 
gemeint.  —  Kleists  neues  gedieht  ist  „Cißides  und  Pacbes,  in  drey 
gesängen  von  dem  Verfasser  des  frühlings4',  Berlin  1759.  —  Ueber  die 
neue  lobrede  auf  Friedrich  II.  und  die  compositiooen  zu  den  kriegs- 
liedern  vgl.  s.  313. 

88.  Gleims  entgegnnng  auf  Uzens  kritik  ist  ebenfalls  abgedruckt 
in  Sauers  neudruck  p.  XXX  ff.  Ramler  schreibt  an  Gleim,  9.  XII.  1758 
(hier  nach  dem  original  im  Gleimarchiv):  „Der  Abschied  den  ihr  guter 
Freund,  der  brave  Grenadier,  von  seiner  Muse  nimmt,  hat  mir  Patrioten 
nothwendig  außerordentlich  gefallen,  und  ich  muß  unserm  sächsischen 
Freunde  [Lessing]  die  Gerechtigkeit  wiederfahren  lassen,  daß  er  die 
vielen  großen  und  pathetischen  Züge  ebenfalls  bewandert,  es  aber  doch 
lieber  sehen  würde,  wenn  die  Flüche  auf  den  Türken  und  Persianer 
giengen,  als  auf  seinen  Prinzen  und  seines  Prinzen  nliirte  Kaiserinn. 
Ich  weiß  nicht  ob  er  Ihnen  schon  hierauf  geantwortet  hat:  sie  müssen 
dergleichen  antisachsisebe  Stücke  künftig  lieber  an  mich  adressiren, 
ich  werde  gewiß  geneigter  seyn  sie  publici  juris  zu  machen,  als  er  nach 
der  Natur  der  Sachen  vielleicht  seyn  kann.  Der  Zug,  daß  der  König 
die  zweyte  Thrüne  in  Cüstrin  geweint  habe,  ist  für  mich  ein  sehr  merk- 
würdiger Umstand,  unser  Freund  meynt  aber,  er  würde  bey  Hofe  nicht 
wohl  aufgenommen  werden.  Ich  bitte  Sio  indessen  auf  seine  eigene 
Krklührung  hierüber  zu  warten,  und  es  ihm  nicht  zu  verrathen ,  daß 
ich  schon  etwas  ausgeplaudert  habe". 

Gleim  antwortet  am  11.  XII.  1758  (ungedruckt):  ,,Herr  Leßing  hat  mir 
wegen  meines  Gedichts  an  die  Muse  noch  kein  Wort  geschrieben;  Nimmer- 
mehr wiire  ich  darauf  vorfallen,  daß  ihm  etwas  darinn  anstoßig  gewesen 
wiire;  ich  schwere  Ihnen,  daß  ich  ganz  vergeßen  habe  daß  Er  ein  Saclne 
ist,.  Aber  er  scy  es,  so  Rehr  er  will,  so  ist  er  doch  jetzo  ein  Preuße,  und 
soll  es  auch  wolil  bleiben,  er  ist  ein  Philosoph  ,  und  wird  also  unpartheyUch 
seyn.  Derjenige,  der  die  Zündeflammen  weggeworfen  hat,  ist  ja  nicht 
mit  Nahmen  genennet;  auch  ist  der  Fluch  auf  die  Selbsthalter  in  so 
behutsam  als  möglich,  indem  Rr  sie  nur  trift,  wenn  sie  Befehle  zu  Un- 
menschlichkeiten gegeben  hat,  welches  Sie  nicht  wird  wollen  gethan 
haben.  Aber  wir  dürfen  nicht  sorgen,  daß  das  Gedicht  in  die  Hände 
der  Großen  geiathen  wird,  die  sich  getroffen  finden  könten.    Den  Vor- 

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theil  haben  wir  von  der  Verachtung  unserer  Muttersprache,  daß  wir 
den  Großen  die  Warheit  ungestraft  darum  sagen  dürfen.  Eben  des- 
wegen aber  müßen  wir  sie  desto  dreister  sagen ;  vielleicht  werden  Leser 
von  geringerem  Stande  dadurch  mehr  gebeßert,  vielleicht  konit  eine 
Zeit,  in  welcher  wir  diesen  Vortheil  der  Verachtung  nicht  haben  werden ; 

Wer  frey  darf  denken,  denket  wohl! 
Hey  dem  allen  solte  mir  leyd  thnn,  wenn  Herr  Leßing  in  Krnst  unzu- 
frieden wäre,  in  welchen  Fall  ich  gewiß  weiß,  daß  der  Grenadier  das 
ganze  Gedicht  zurücknehmen  würde;  denn  ohne  die  anstößigen  Stellen, 
wird  es  nicht  wohl  bestehen  können ;  wiewohl  es  dennoch  schwer  fallen 
wurde  es  gänzlich  zu  unterdrücken,  da  es  schon  in  mehreren  Händen 
ist.  Wo  ich  nicht  irre ,  habe  ich  ihm,  und  Ihnen  in  Vollmacht  des 
Grenadiers  erlaubet,  nach  Gefallen  darinn  zu  ändern  —  Ob  Herr 
Leßing  die  Nachricht  von  der  Stadt  Zittau  nicht  mag  gelesen  haben. 
In  derselben  wird  gerade  heraus  gesagt,  wem  die  gute  Stadt  ihren 
Untergang  zu  danken  hat.  Warum  soll  der  patriotische  Grenadier 
an  sich  halten  ?  Die  zwote  Thräne  ist  historisch  wahr.  Die  Trage : 
Kin  König  weint?  thut  ein  Hofmann,  und  der  Grenadier  hat  sie  beant- 
wortet. Mich  dünkt,  er  ist  sehr  gleichgültig,  ob  er  dem  Hofe  gefalle 
oder  nicht.  In  den  Kriegesliedern  sind,  dünkt  mich,  viel  freyere  Stellen; 
Herr  Leßing  hat  dem  Grenadier  darüber  kein  Wort  gesagt;  ein  Grenadier 
sagt  freylich  die  Wahrheit  anders,  als  ein  Hofmann,  und  noch  dazu 
ist  es  hier,  ein  aufgebrachter  verwundeter  Grenadier.  Warum  aber 
auch  Herr  Leßing  ansteht,  mir  zu  sagen,  was  er  meint,  das  weiß  ich 
nicht.  Wenn  sie  es  für  gut  finden,  so  sagen  sie  ihm,  daß  ich  nicht 
die  geringste  Schwürigkeit  machen  würde ,  alles  auszustreichen,  was 
ihm  mißfiele.  Wer  wolte  einem  Freunde  zu  gefallen,  nicht  einige 
Verse  aufopfern  ?  Und  wenn  er  Bedenken  hat,  den  Druck  zu  besorgen, 
so  kan  er  es  ja  ihnen  überlaßen ,  wenn  sie  so  gütig  seyn,  und  sich 
damit  beschäftigen  wollen ;  der  Nähme  des  Grenadiers  muß ,  so  viel 
möglich,  verschwiegen  werden.  Es  wäre  ihm  allerdings  sehr  ungelegen, 
wenn  er  sich  einige  Verantwortung  zuzöge.  Die  Stelle:  Cüstrin  und 
Zittau  muß  man  lieber  mit  nichts  bedeutenden  Sternchen  besäen." 

Lessing  antwortete  erst  am  16.  XII.  1758  (Hempel  XX,  1,  170)  ziem- 
lich ablehnend,  vgl.  Sauers  neudruck  der  kriegslieder  p.  XXV.  Durch 
seine  einwürfe  gegen  die  russenfeindliche,  überpatriotUche  tendenz  des 
gedientes  rief  er  eine  erregte  corrtspondenz  zwischen  den  freunden  her- 
vor, aus  der  ich  hier  noch  einige  unbekannte  stücke  mitteile.  Zunächst 
schreibt  Ramler  an  Gleim,  31.  XII.  1758:  „Nunmehr  habe  ich  auch 
den  Abschied  des  Grenadiers  von  seiner  Muse  in  meiner  Gewalt.  Die 
Stelle  von  Katt  überschicken  Sie  mir  doch  ein  wenig  verändert  :  es 
lehnen  sich  zu  viele  dawider  auf.  Das  ganze  Sackische  Haus  ist  im 
übrigen  entzückt  über  dieses  Gedicht,  nur  bey  dieser  Stelle  stoßen  sie 
an.  Herr  Lessing  sagt,  er  habe  Ihnen  seine  Meynung  über  dieses  Ge- 
dicht als  ein  geborener  Sachse  geschrieben,  und  er  wüßte  nicht  ob  es 


einem  jeden  andern  an  seiner  Stelle  möglich  wäre,  anders  tu  denken. 
Ich  will  ihn  zu  bereden  suchen,  es  einer  neuen  Auflage  der  Lieder  de« 
Grenadiers  einzuverleiben,  aber  ein  klein  wenig  gemildert»  anders  wird 
er  es  nicht  über  sich  nehmen.  Richten  Sie  hier  über,  ob  man  ihm, 
oder  dem  entbrannten  preußischen  Publice  nachgeben  und  zu  Willen 
seyn  soll?  Aber  schreiben  Sie  ihm  doch,  damit  er  nicht  denkt,  daß  Sie 
ungehalten  auf  seinen  Patriotismus  sind". 

Gleim  verteidigt  sich  am  6. 1. 1759  in  einem  ausführlichen  schreiben  an 
Ramler,  das  erst  nachträglich  am  24. 1.  abgesandt  wurde ;  es  heisst  darin  : 
„Unsers  lieben  Lesaings  Schreiben  über  das  Gedicht  des  Grenadiers  war  so 
ernsthaft,  daß  ich  mich  nicht  getrauete,  es  so  flüchtig,  wie  ich  sonst  gewohnt 
bin,  zu  beantworten.  Auch  heute,  da  ich  ein  wenig  Zeit  habe,  fehlt  es  mir 
an  Disposition  dazu.  Unter  uns,  mein  lieber  Ramler,  ich  fürchte  mich 
für  dergleichen  schriftlichen  Streitigkeiten;  mündlich  würden  wir  bald 
eins  seyn,  aber  ein  nicht  genug  bestirntes  Wort  kan  zu  zehn  Briefen 
Gelegenheit  geben.  Zu  Ihnen  hat  Herr  Leßing  gesagt:  „Er  hätte  mir 
seine  Meinung  über  des  Grenadiers  Gedicht,  als  ein  gebobrner  Sachse 
geschrieben,  und,  er  wüste  nicht,  ob  es  einem  Jeden  andern,  an  seiner 
Stelle  möglich  wäre,  anders  zu  denken".  Herr  Gärtner  ist  ebenfalls 
ein  gebobrner,  und  so  patriotischer  Sachse,  als  es  irgend  jemand  seyn 
mag;  diesem  laß  ich  das  Gedicht  vor,  und  fragte  ihn.  was  er  daran 
auszusetzen  hätte V  Zwey  Worte  sagte  er.  Und  welche?  Gleich  zu 
Anfang:  u  n  angepackt,  und  etwas  weiter:  rippel  test;  jenes,  sagte 
Er,  sey  zu  niedrig,  dieses  sey  ein  Provinzial  Wort.  Haben  sie  sonst 
nichts  auszusetzen?  Nein.  Meinen  sie,  daß  der  Grenadier  es  kan  drucken 
laßen?  Warum  nicht?  Mich  dünkt  einige  Stellen  sind  zu  stark,  tu 

frappant;  Meinetwegen  möchte  er  noch  stärker,  noch  frappanter, 

oder,  welches  gleich  viel  ist,  noch  rührender,  noch  poetischer  seyn  — 
Aber  sind  nicht  vielleicht  gewiße«  historische  Umstände  falsch?  eine 
und  die  andere  Beschuldigung  nicht  genug  erwiesen?  ist  nicht  manches 
übertrieben?  —  Dafür  laße  ich  den  Grenadier  stehn.    Aber  er  muß 
doch  wohl  überzeugt  gewesen  seyn  ,  sonst  hätte  er  den  Affect  kaum 
so  hoch  treiben  können.  Findet  sich  jemand  beleidiget,  so  mag  er  sich 
verantworten;  so  komt  die  Warheit  an  den  Tag.     Dieses  war  die 
Meinung  eines  gebohrnen  Sachsen,  dem  es  also  möglich  ist,  anders  zu 
denken,  als  unser  Leßing.  Meine  Fragen  hatten  ihn  neugierig  gemacht. 
Ich  vertraute  ihm  das  Geheimniß;  er  blieb  dabey ,  und  gab  Herrn 
Leßing  in  allem  Betracht  Unrecht.    Was  soll  ich  nun  machen?  Soll 
ich  mich  des  Grenadiers  annehmen?  oder  nicht?  Sie  wißen ,  liebster 
Freund,  wie  feind  ich  den  critischen  Kriegen  bin,  oder  vielmehr,  wie 
wenig  ich  mich  dazu  schicke;  indeß  geht  es  mir  doch  etwas  nahe,  ihn 
ho  ganz  Preiß  zu  geben.    Laßen  Sie  uns  doch  geschwind  durchlaufen, 
waB  Herr  Leßing  wieder  ihn  hat.  Ich  will  die  eigentlichen  Worte  seines 
Schreibens  beybeh alten. 
„Soll  ich  es  für  nichts,  als  für  eine  Würkung  seiner  frappanten  Art 


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„zu  mahlen  halten,  wenn  mir  bey  verschiedenen  Stellen,  vor  Ent- 
setzen die  Haare  zu  Berge  gestanden  haben  V" 
Mich  dünkt,  man  kan  nicht  anders  antworten,  als:  für  nichts  anders. 
Warum  hat  aber  diese  Art  zu  mahlen ,  mehr  Würkung  auf  Herrn 
Leßing,  als  auf  Herrn  Gärtner  gehabt  V  Beyde  sind  Sachsen.  Ich  kan 
mich  hier  nicht  wohl  zu  recht  finden.  Ich  habe  das  Gedicht  zehnmal 
gelesen,  aber  immer  noch,  dünkt  mich  der  Grenadier  nicht  stark  genug, 
Die  Stellen,  bey  welchen  unserm  Leßing  die  Haare  zu  Berge  gestanden 
haben,  laßen  mich  bey  ganz  kalten  Blut;  überdenke  ich  die  Materie 
und  wie  ein  größerer  Poet  sie  hätte  nutzen  können,  so  erscheint  mir 
der  Grenadier  weit  unter  dem  Lobe ,  das  ihm  Herr  Leßing  dadurch 
giebt,  daß  er  sagt,  die  Haare  hätten  ihm  bey  einigen  Stellen  zu  Berge 
gestanden. 

„Ich  wolte  diese  Stellen,  sagt  Herr  Leißng  weiter,  nicht  zum  zweyten 
„mahle  lesen,  und  wenn  ich  noch  so  vieles  damit  gewinnen  könte.- 
Welche  sind  denn  diese  schrecklichen  Stellen?  Der  Grenadier  kan 
sich  etwas  darauf  einbilden.  Aber  wie?  Wenn  Herr  Leßing  sich  Ge- 
walt anthäte,  und  sie  noch  ein  mahl  läse?  Ich  wolte  wohl  darauf  wetten, 
daß  ihm  die  Haare  nicht  wieder  zu  Berge  stehen  würden.  Wer  weiß, 
wie  er  damahls  diaponirt  gewesen  ist,  als  er  sie  das  erste  mahl  ge- 
lesen hat? 

„Gesetzt,  es  wird  über  kurz  oder  lang  Friede;  gesetzt,  die  itzt  so  feind- 
selig gegeneinander  gesinnten  Mächte  söhnen  sich  aus  —  Was 
„meinen  sie,  daß  alsdenn  die  k&ltern  Leser  und  vielleicht  der  Grenadier 
„selbst  zu  so  mancher  Uebertreibung  sagen  werden,  die  sie  itzt,  in 
„der  Hitze  des  Affects,  für  ungezweifelte  Warheiten  halten?" 
Nach  geschlossenen  Frieden  werden  so  wohl  die  itzigen  Staatschriften, 
als  die  itzigen  Gedichte,  freylich  mit  etwas  kälterm  Blut  gelesen  werden, 
in  beyden  aber  wird  man  die  Vorstellung  der  Sachen  gern  noch  lesen 
wie  sie  vormahls  gewesen  sind.    Soll  der  Dichter  nicht  seine  Zeiten 
mahlen? 

„Der  Patriot  überschreyet  den  Dichter  zu  sehr,  und  noch  dazu,  so  ein 
„soldatischer  Patriot,  der  sich  auf  Beschuldigungen  stützet,  die  nichts 
„weniger,  als  erwiesen  sind!" 
Nicht  erwiesen?  Bey  dem  Verse: 


könte  man  die  gedruckte  Nachricht  von  der  Stadt  Zittau  ,  die  nicht 
wiederlegte  hieher  gehörige  Berliner  Zeitung,  die  den  Urheber  von 
Cüstrins  Einäscherung  genent  hat,  und  ihres  Herrn  Bruders  Schreiben 
von  der  colbergischen  Belagerung  anführen  ;  das  17*J  Stück  des  Schrei- 
bens eines  Freundes  aus  Sachsen ,  verschiedene  Schreiben  des  Herrn 
von  Kleists  an  mich ,  das  Schreiben  eines  Predigers  in  der  Neumark 
an  seinen  Bruder  bey  Halle,  hundert  andere  ganz  unverdächtige  öffent- 
liche und  private  Nachrichten,  können  allen  Zweifel  an  der  Warheit 

Glcim-Üx,  Briefwechsel.  32 


Warf  seine  Zündeflammen  aus  der  Hand 


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498 


der  rußischen  Grausamkeiten  benehmen,  und  den  Dichter  rechtfertigen, 
daß  er  den  König  genent  hat: 

Den  Züchtiger  der  Bosheit  eines  Volks, 
Das  noch  zu  Menschen  nicht  geworden  ist. 
Ich  habe  ein  Original -Schreiben  von  einem  angesehenen  so  genanten 
Erz  Priester  aus  Preußen  gelesen,  worin  er  sagte :  Kr  hätte  mit  seinen 
Augen  auf  dem  Schlachtfelde  bey  Großj&gersdorf  die  Callmucken  rohe« 
Menschenfleisch  eßen  gesehn;  in  einem  Schreiben  aus  der  Neumark, 
werden  ein  Haufen  Mord  geschieh  te  davon  erzählt,   dennoch   weis  ich, 
daß  der  Grenadier  dergleichen  Nachrichten  für  keine  Beweise  halt: 
die  welche  er  dafür  annimt,  sind  von  ganz  andrer  Beschaffenheit. 
Hat  er  einen  historischen  Umstand  einfließen  laßen,  wovon  Er  kein 
Augenzenge  gewesen  ist,  so  hat  er  doch  sonst  von  deßen  Warheit  die 
vollkommenste  Ueberzeugung  gehabt,  so,  wie  man  sie  von  einem  Barden 
nur  immer  verlangen  kan. 
„Vielleicht  zwar  ist  auch  der  Patriot  bey  mir  nicht  ganz  erstickt, 
„obgleich  das  Lob  eines  eifrigen  Patrioten,  nach  meiner  Denkungaart, 
„das  allerleztc  ist,  wonach  ich  geitzen  würde;  de9  Patrioten  nemlich. 
„der  mich  vergeßen  lehrt,  daß  ich  ein  Weltbürger  seyn  solte." 
Wenn  Herr  Leßing  hiemit  so  viel  sagen  will,  wie  es  denn  in  der 
That  so  scheint,  daß  der  Grenadier  vergeßen  hat,  daß  er  ein  Welt- 
bürger seyn  solte,  so  thut  er  ihm  gewiß  zu  viel.    Der  Weltburger 
wünscht,  daß  es  der  ganzen  Welt  wohlgehe.    Aber ,  wenn    die  ganze 
Welt  will,  daß  es  seinem  Vaterlande  nbelgehen  soll,  so  ist  er  so  lange 
wieder  diese  ganze  Welt,  bis  sie  auf  beßere  Gedanken  gebracht  ist. 
Ueberzeugt,  daß,  nicht  so  wohl  der  König,  als  vielmehr  die  preußische 
Nation,  den  all  ergerechtesten  VertheidigungsKrieg  führet,  kan,  nach 
meiner  DenknngsArt,  kein  Preuße,  ein  allzu  eifriger  Patriot  seyn ;  ein 
König  ist  das  einem  Volke ,  was  ein  Vater  seinen  Kindern  ist.  Je 
reicher,  je  mächtiger  ein  Vater  ist,  desto  glückseeliger  können  seine 
Kinder  seyn,  können  sie  also  gleichgültig  ansehn,  wenn  man  ihm  das 
Seinige  nehmen  will?  Und,  wenn  sie  es  thäten,  würden  sie  recht  thun  i 
Zumahl,  wenn  sie  nicht  allein  den  reichsten,  sondern  auch  den  besten 
Vater  hätten?  Gehört  es  wohl  nicht  hieher.  wenn  mir  hiebey  einfallt, 
daß  der  König,  zu  allen  Kriegen,  die  er  geführt,  noch  keinen  Pfennig 
außerordentlich,  oder,  damit  dis  Wort  keiner  falschen  Erklärung  aus- 
gesetzt sey,  keinen  Pfenning  außer  den,  im  Frieden  gewöhnlichen,  Ab- 
gaben, von  seinem  Volk  weder  empfangen  noch  verlanget  sondern  viel- 
mehr große  Summen,  und  zwar  vor  ganz  kurzer  Zeit,  hiesigem  Fürsten- 
thum, Tonnen  Goldes  geschenket  hat? 

„In  diesem  Falle  also,  wenn  es  nemlich  eine  bloße  Collision  de* 
„Patriotismus  ist,  die  mich  dismahl  mit  unserm  Grenadier  weniger 
„zufrieden  macht,  alß  ich  sonst  zu  seyn,  so  viel  Ursach  habe  — 
„veniam  petimus,  dabimnsque  vicissim. " 

Warum  aber  ist  dieser  sächsische  Patriotismus  erst  itzo  mit  deui 


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499 


Preußischen  in  Collision  gekommen?  Meines  Erachiens  sind  in  den 
Kriegesliedern  weit  freyere,  und  stärkere  Warheiten.   Ohne  uns  in  die 
Streitigkeiten  der  Großen  zu  mischen,  können  wir  sagen,  was  wir  für 
wahr  halten,  warum  soll  es  der  Grenadier  nicht  sagen?  der  noch  dazu 
verwundet,  und  folglich  aufgebrachter  ist,  als  wir. 
„Zeigende  diesen  Brief  dem  Grenadier  nicht;  denn  ich  fange  würk- 
„lich  an  mich  vor  ihm  zu  furchten.  Es  acheint,  er  laßt  sich  zu  leicht 
„in  den  Harnisch  jagen." 

Wie  so,  mein  liebster  Lessing?  Was  für  eine  Probe  haben  sie  davon? 
Er  hat  ja  'meines  Wißens  Ihnen  noch  nie  die  geringste  Gelegenheit 
gegeben  so  von  ihm  zu  denken.  Ich  kenne  ihn  gar  zu  gut.  Er  ist 
nichts  weniger  als  hitzig,  und  worüber  solte  er  sich  wieder  Herrn 
Leßing  in  Harnisch  jagen  laßen  ?  Er  hat  ja,  als  Herr  Leßing  dis  von 
ihm  gesagt  hat,  kein  Wort  davon  gewußt,  daß  er  mit  seinem  Gedicht 
nicht  zufrieden  sey. 

Ich  schreibe  dis  alles  in  größter  Geschwindigkeit,  und  nun  gereut 
mich  bey  nahe,  daß  ich  so  viel  geschrieben  habe,  ich  hätte  unterdeß 
meinem  lieben  Leßing  selbst  schreiben  können.  Aber  nun  ist  es  zu 
spät.  Antworten  Sie  mir  nur  bald,  liebster  Hamler,  und  grüßen  sie 
meinen  lieben  Leßing  Tausendmahl". 

Am  nächsten  tage  sendet  Gleim  das  veränderte  gedieht  mit  folgen- 
dem briefe  an  Ramler: 


Gestern  schrieb  ich  bis  in  die  Mitternacht  einen  drey  Bogen  langen 
Brief  zur  Vertheidigung  des  Grenadiers  wieder  unsern  lieben  Leßing. 
Diesen  Morgen  fiel  mir  ein,  in  Veränderungen  der  anstößigen  Stellen 
einen  Versuch  zu  machen;  sehen  sie  in  beygehender  Abschrift  doch 
geschwind  nach,  ob  es  mir  gelungen  ist;  und,  wenn  sie  meinen,  daß 
B.  Leßing  damit  zufrieden  seyn  kan,  so  geben  sie  sie  ihm,  nebst  tausend 
Empfehlungen.  Er  ist  immer  mein  lieber  Leßing,  er  sey  mit  dem 
Grenadier  zufrieden  oder  nicht,  wiewohl  sich  von  selbst  versteht,  daß 
mir,  aus  Freundschaft  für  denselben  das  erste  lieber  wäre.  Der  Grenadier, 
glaube  ich,  hätte  doch  gern  gesehn ,  wenn  der  Druck  des  Gedichtes 
nicht  so  lange  aufgehalten  wäre,  da  es  von  der  Art  Gedichte  ist,  die 
durch  die  Zeit  von  ihrer  Stärke  viel  verliehren ;  Herr  von  Kleist  hält 
seinen  Cißdes  für  eben  dergleichen  GelegenheitsGedicht ,  und  ließ  sich 
in  seinem  letzten  merken,  daß  ihm  lieb  wäre,  wenn  es  bald  gedruckt 
würde.  In  den  Winterlagern  haben  unsre  Helden  Zeit,  so  etwas  zu 
lesen!  Mich  dünkt,  ich  habe  Herrn  Leßing  schon  gesagt,  daß  man  des 
Major*  und  Grenadiers  Gedicht,  jedes  besonders,  in  gleichem  Format 
vorerst  drucken  laßen  könte,  etwa  wie  die  erste  Ausgabe  des  Roß- 
bachischen Liedes.  Wer  aber  mag  der  schwürige  Censor  seyn,  der, 
wie  mir  H.  Leßing  sagt,  es  nicht  hat  wollen  paßiren  laßen?  Ohne 
Zweifel  ist  er  ein  Antipreuße,  woran  zu  Berlin  kein  Mangel  ist ,  wenn 


Halberstadt  d.  7'*«  Jan.  1759 


Liebster  Freund, 


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ich  jemand  glauben  soll,  der  selbst  ein  solcher  ist.  Herr  Sack ,  wird 
ihn  auf  ihre  Bitte,  wohl  zu  recht  weisen.  Finden  Sie  aber  die  geringste 
Schwürigkeit  so  laßen  sie  es  ja  gut  seyn.  Wer  wird  sich  um  eine 
Sache  nicht  geben,  die  man  nicht  nöthig  hat.  Nichts  angenehmen 
aber  wäre  mir,  als  wenn  kein  Mensch  den  Nahmen  des  Grenadiers 
wüste,  und  wenn  die,  so  ihn  wißen  können,  ihn  nicht  weiter  aua- 
brächten." 

Ramler  antwortet  am  24.  januar  1759: 

„Liebster  Freund, 

Was  Bind  die  großen  Politici  für  Menschen?  Sehen  Sie  hier  eine 
Probe  davon.  Man  will  des  Grenadiers  Lied  nicht  zu  drucken  erlauben, 
und  doch  verkauftet  man  die  Bauergespräche,  die  den  König  von  Pohlen 
und  die  Czaarin  von  Rußland  dem  gemeinen  Manne  zum  Gespotte  ma- 
chen. Mein  Rath  ist,  daß  Sie  dieses  Stück,  welches  kein  Preuße  gern 
mißen  will ,  in  einer  andern  Stadt  drucken  laßen  ,  wo  die  Censoren 
weniger  politisch  und  mehr  patriotisch  sind.  Die  Berlinischen  Buch- 
händler scheuen  sich,  weil  einige  von  ihnen  bereits  brav  auf  die  Finger 
geklopft  sind.  —  Ich  habe  noch  eine  Abschrifft  davon  behalten  ,  weil 
mir  bange  war,  wir  würden  es  aus  der  Censur  gar  nicht  wieder  zurück 
bekommen.  Gedruckt  aber  muß  es  werden,  das  wünschen  alle  die  auf 
fünf  Feinde  über  Einen  fluchen.  Zwar  hätte  es  B.  Voß  wagen 
können,  weil  der  Herr  v.  Herzberg,  als  die  erste  Instanz,  es  auf  Herrn 
Voßens  eigene  Gefahr  ihm  zu  drucken  frey  stellete;  (er  hätte  allenfalls 
einen  andern  Ort,  Dresden  oder  Frankfurt,  darunter  setzen  können;) 
weil  sich  der  Bachhändler  aber  in  keine  critischen  Umstände  einlaßen 
wollte:  so  gab  er  es  Herrn  Leßing  wieder  zurück,  der  es  mir  zugestellt 
hat,  es  Ihrer  eigenen  Disposition  zu  überlaßen.  Ich  weiß  gar  nicht 
was  diese  Winkelzüge  bedeuten  sollen?  Unser  König  ist  in  ihren  Schrif  - 
ten  ja  gewaltsam  und  antimajestätisch  herumgenommen  worden  :  warum 
kan  man  dem  erhitzten  Dichter  und,  was  noch  mehr,  dem  mit  fech- 
tenden Dichter,  keinen  kühnen  Ausbruch,  keinen  Enthusiasmus  wider 
seinen  Feind  erlauben?  und  wider  einen  Feind,  der  er  so  sehr  ver. 
dient  hat?" 

Gleims  unvergleichlicher  domdechant  ist  Ernst  Ludwig  freiherr  von 
Spiegel  zum  Desenberge,  vgl.  Pröhle  in  der  Allg.  deutschen  biographie 
35,  146.  Er  war  der  schöpfer  der  Spiegelsberge  bei  Halberstadt.  — 
Leasings  „Philotas.  Ein  trauerspiel.  Berlin  1759"  wurde  von  Gleim 
in  fünffüßige  jamben  umgearbeitet  als  „Philotas.  Ein  trauerspiel. 
Von  dem  Verfasser  der  preußischen  kriegslieder  versificirt.  Berlin  1760." 

80.  Kleist  starb  am  24.  august  1759  zu  Frankfurt  a.  d.  Oder  an 
den  in  der  schlacht  bei  Kunersdorf  etnpfangnen  wunden,  vgl.  A.  Sauer, 
Briefe  über  den  tod  E.  v.  Kleists  in  Schnorrs  archiv  XI,  457.  Uz  be- 
sang seinen  heldentod  in  der  ode  „Auf  den  tod  des  major«  von  Kleist1' 
(Sauer  nr.  71),  deren  einzeldruck  bisher  nicht  aufgefunden  ist.  — Gleims 
Portrait  steht  von  dem  5.  bände  der  „Bibliothek  der  schönen  wissen- 


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501 


schaften",  der  von  C.  F.  Weisse  herausgegeben  wurde,  vgl.  Minor,  Weisse 
s.  26  S. ;  über  Winckehnanns  beitrüge  ebda.  s.  306  f. 

Auf  diesen  brief  folgt  ein  nicht  abgesandtes  schreiben  von  Glehn 
an  Uz,  das  wie  nr.  89  von  Sauer  in  Schnorrs  archiv  XI,  482  abgedruckt 
ist.    Ks  lautet: 

[Anfang  1760] 

„ Liebster,  bester  Freund, 

Seit  dem  Tode  meines  Kleists  leb'  ich  nur  halb,  aber  dieses,  daß 
ich  noch  halb  lebe,  muß  ich  doch  endlich  meinem  Uz  sagen  ;  ich  schwöre 
Ihnen,  mein  Theurester,  daß  es  mir  bisher  unmöglich  gewesen  ist,  die 
Feder  anzusetzen;  denn  ich  mußte  doch  Ihnen,  meinem  liebsten  Freunde, 
meinen  ganzen  Schmerz  sagen;  und,  wenn  ich  das  wolte,  fiel  sie  mir 
aus  der  Hand.  Itzt,  da  die  Wercke  unsers  unsterblichen  Freundes  er- 
schienen Bind,  könte  ich  es  nicht  verantworten,  wenn  ich  sie  nicht  so 
gleich  an  meinen  Uz,  den  mein  Kleist  so  hochgeschatzet,  übersendete; 
zwar  sind  sie  schon  einige  Wochen  in  den  Buchladen,  aber,  durch  ver- 
schiedene Reisen,  in  landschaftlichen  Geschäften,  von  welchen  die  letzte 
vom  27.  December  bis  12.  Jenner  nach  Leipzig  gewesen  ist,  bin  ich 
von  einem  zum  andern  Tage  daran  gehindert  worden.  An  der  Ausgabe 
selbst,  habe  ich  nicht  den  mindesten  Autheil.  Herr  Ramler  und  Herr 
Leßing  haben  sie,  ohne  mein  Zuthun,  besorgt;  vermuthlich,  weil  ich 
der  Meinung  war ,  daß  keine  eigenmächtige  Veränderungen  in  man- 
chen Stellen  vorgenommen  werden  müßten,  wie  der  seel.  Freund  selbst 
sich  desfalls  gegen  mich  erkläret  hatte.  Ob  nicht  demohngeachtet  eine 
oder  die  andere  eingefloßen,  kan  ich  nicht  sagen;  Herr  Ramler  hat  sich 
darüber  nicht  deutlich  erklären  wollen,  übrigens  bin  mit  derselben  sehr 
wohl  zufrieden,  wenn  ich  die  Jahrzahl  1739  über  dem  Gedicht  an  den 
Herrn  Rittmeister  Adler  ausnehme,  denn  diese  ist  grundfalsch,  und  wie- 
derspricht dem,  deßen  ich  gegen  meine  Freunde  mich  so  oft  gerühmet, 
und,  welches  mein  seel.  Freund  mir  so  gern  sagte,  daß  ich  Ihn  zur  Poe- 
sie verführet  habe,  weil  wir  erst  im  Jahre  1743  einander  kennen 
lernten,  und  das  Gedicht  selbst  lange  nach  dem  Tode  des  seel.  Adlers 
gemacht  wurde,  und  die  Überschrift  nachher  erhielt,  sein  Andenken  zu 
stiften.  Ihnen,  mein  liebster  Freund,  muß  ich  dieses  sagen,  denn  ohne 
Zweifel  habe  ich  auch  gegen  Sie,  stolz  darauf  gethan.  daß  ich  unserm 
Vaterlande  einen  solchen  Dichter  gegeben  habe.  Sein  Leben  zu  schrei- 
ben, verlangten  die  beyden  Herren  von  mir,  aber  zu  spät;  und  überdem 
konte  ich  mich  nicht  überwinden ;  es  würde  eine  Elegie  geworden  seyn. 
Zu  dem  Ehrengedächtniß  des  Herrn  Nicolai  habe  ich  die  Materialien 
aus  den  ßriefen  des  Seeligen  gegeben.  Noch  itzt,  so  oft  ich,  in  Prosa 
oder  Poesie  meine  Pflicht  erfüllen  will ,  geräth  mein  Herz  in  Aufruhr, 
noch  itzt  bin  ich  die  Freundschaft,  die 

Stumm  über  seiner  Urne  weint. 

Und  der  Grenadier,  mein  liebster  Freund,  der  Grenadier  konte  selbst 
durch  einen  Utz  nicht  ermuntert  werden,  den  unsterblichen  Kleist  zu 


502 


besingen  ;  ich  gab  ihm  ihren  freundschaftlichen  Brief  zu  lesen,  aber  er 
blieb  stumm  und  starb  beym  Grabe  seines  Majors.  Aber,  laßen  Sie 
mich  nichts  mehr  davon  sagen,  es  kostet  meinem  Herzen  zu  viel;  sie 
haben  recht,  Gott  hat  es  gethan,  und  was  Gott  thut  ist  recht;  auch 
hätte  ich  noch  andere  Gründe  mich  zu  trösten :  wohl  nie  starb  ein 
Mensch  so  gern,  als  unser  Freund.* 

00.  Mit  diesem  briefe  übersendet  Gleim  eine  „vorbitte"  der  Kar- 
schin für  ihn,  nämlich  ihr  unten  folgendes  schreiben  nebst  gedichten 
an  Uz.  Ueber  die  beziehungen  der  Karschin  zu  Gleim  vgl.  die  freilich 
sehr  ungeschickten  auszöge  Proehles  „Aus  dem  bandschriftlichen  brief- 
wechsel  zwischen  der  Karschin,  Gleim  und  Uz"  in  der  Zeitschrift  für 
preußische  geschieh te  und  landeskunde  XII  (1875)  s.  641 — 723.  Frühere 
gedruckte  gedichte  der  Karschin  sind  unvollständig  bei  Goedeke  2 IV, 
125  verzeichnet.  —  Von  ihren  hier  abgedruckten  „einfallen"  stehen 
die  ersten  beiden  verändert  auch  in  ihren  „Auserlesenen  gedichten", 
Berlin  1764,  s.  352  und  357.  —  Ueber  den  philologen  Johann  Christian 
Wolf  vgl.  Allg.  deutsche  biographie  43,  761. 

Der  brief  der  Karschin  an  Uz  ist  im  originale  den  briefen  Gleim» 
beigebunden  und  wird  hier  mit  allen  cigenbeiten  ihrer  krausen  Ortho- 
graphie wiedergegeben ;  die  beiden  lieder  an  Uz  sind  mit  ünderungen 
wiederholt  in  den  Auserlesenen  gedichten  s.  186 — 189. 
.Halberstadt  den  8  oct:  1761 

Ode  an  den  lyrischen  Dichter 
Da  der  vom  Weine  berauscht  die  Lust  der  Krde  besungen 

Apollo  gab  mir  kein  lyrisches  Spiel 
Bespannt  mit  Sayten  von  Gold  doch  sind  mir  Lieder  gelungen 
•Süß  Klingend  Sang  ich  der  Seele  Gefühl 

5  mich  hört  der  Eiserne  Held,  mir  horcht  der  Krnnste  Gesandte 
lieruntter  körnend  vom  Stuhle  des  Herrn 
auch  höret  meinen  Gesang  wer  sonst  die  Musen  verkante 
Des  Geizes  Priester  vernehmen  Ihn  gern 

mir  gab  Dein  liebender  Freund,  der  Felsenspringerin  Laute 
10      und  Ihn  nur  denken  wird  süßer  Gesang 

In  der  ganz  Saphischen  Brust,  der  LiebesGötter  Vertraute 
Ward  ich  und  habe  die  Herzen  im  Zwang 

mich  fühlt  der  Wankende  Greiß  und  die  Verlebte  Matrone 
mich  höret  der  Jünglinge  Klopfendes  Herz 
15  Daß  Mädchen  fürchtet  den  Pfeil  Er  rauscht  im  Saphischen  Tuhne 
laut  wie  im  Uzischen  Liede  voll  scherz 

Hören  Sic  gütiger  Uz  Eine  rauh  klingende  nachahmung  Ihrer  Früh- 
lings Ode,  mein  Gedanke  ist  zu  flamicht  als  daß  ich  Källte  gnug  hätte 
mit  Genauigkeit  Sylben  zu  zählen  ,  haben  Sie  nachsieht  gegen  diese 
Strophen  und  horchen 


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503 


Gin  Lied 

noch  ist  dein  Gleim  dem  LiebesGott  zu  Truz 
der  Musen  Freund,  und  Feind  der  Schönen 

Du  beßerst  Ihn  nicht,  liederreicher  Uz 

Ich  rühr  Ihn  nicht,  Er  Sizt  uns  alle  höhnen. 

5  aus  Seiner  acten  schanze  Ticff  hervor 

lobt  Er  Dich  laut  lobt  meine  Lieder, 
nur  Sein  Verstand  ist  für  uns  lauter  Ohr 
an  Seinem  Herzen  fallen  Pfeille  nieder 

dir  amor  dir  o  Dichter  zugestellt 
10  in  den  Gesang  Sie  zu  verstecken 

Sie  Treffen  offt  daß  Herz  der  Jungen  Wellt 
nur  nicht  Sein  Herz  Er  weiß  es  zuzudecken 

Sein  schuzgeist  mit  den  diamantnen  schild 
ist  Ihm  getreuer  als  Seiinden 
15  Der  würde  nicht  Ein  menschlich  Venus  Bild 

im  goldnen  Wagen  an  den  Fenster  finden 

nur  bey  der  Freundschafft  hinkunfft  nimt  der  Geist 

Den  breiten  schuz  vom  offnen  Herzen 
Gloim  ward  ganz  Seele  bey  den  Nahmen  Kleist 
20  und  wird  ganz  Herz  bey  Einer  Sapho  scherzen 

Wir  wünschen  Dich  Dir  sollt  Ein  Sonenpferd 

Vom  großen  Phöbus  Sein  Geliehen 
Dann  würdest  Du  wie  unßer  Herz  begehrt 

mit  Grazien  und  Musen  zu  uns  fliehen 

05  noch  riß  der  Herbst  nicht  allen  schmuck  dahin 

0  kom  nur  dir  will  ich  [die]  Blumen  pflücken 
So  reißt  daß  Glück  nach  langen  Eigensinn 

noch  Lorbeern  ab  mein  Saytenspiel  zu  schmücken 

In  meines  Herbstes  Tagen  lächelt  mir 
30  Zurück  gebliebne  Jugend  Freude 

Frag  Deinen  Freund  Er  weiß  und  saget  Dir 
Daß  ich  Vergnügt  nicht  Fürstinen  beneide 

Vergleichen  Sie  diese  Geßänge  nicht  mit  den  Ihrigen  lyrischer  Dich- 
ter, Sie  haben  für  die  Wellt  gesungen  Ich  Singe  für  Gleim,  dieser  Ein- 
zige Theil  der  Großen  Menschlichen  Gesellschafft  macht  meinen  Apoll, 
meinen  Stollz  rühm ,  uud  wenn  Sie  so  wollen  meine  beste  Wellt  auß, 
Ihn  verdank  ich  was  ich  bin  und  was  ich  noch  werde,  Er  kam  diesen 
Frühling  nach  dem  Ewigen  Berlin,  nach  diesem  Siz  der  musen  die  alle 
mit  gesunknen  Haubt  die  rükkunfft  Ihres  schuzes  und  Ihrer  begeistrung 


504 


erwarten  seit  drey  Mohnaten  befand  icb  mich  uuter  den  Einsamen  Pal- 
lästen  der  Königsstadt,  Sullzer  war  der  Einzige  der  mich  autfinunterte, 
alß  Ihr  Gleim,  mein  ruhmwürdiggter  Uz  kam  und  mir  mit  Einer  hun- 
dert öhrigen  auffmerksamkeit  zuhörte,  Er  nannte  mich  Sapho  und  ich 
bin  mit  Ihm  Einig  geworden  den  Caracter  dieser  Grichin  bis  an  den 
Fels  zu  behaubten,  laßen  Sie  sich  unßere  Geschichte  weitläufiger  von 
Ihm  erzählen,  Sie  ist  der  neueste  roman  den  Sie  Jemahls  erfinden 
kontten,  Sie  ist  scherz  der  in  Einer  Ernsthafften  Saphischen  miene 
desto  mehr  gefällt  Je  weniger  Er  dem  Wiz  Sein  Daseyn  zu  danken  hat 
Kunst  finden  Sie  niemahls  in  den  Gesängen  Eines  Frauenzimers  die 
Ihre  Kleinen  Tändelnden  Idylen  auß  Einem  so  ganz  ungekünstelten 
Herzen  hervor  singt  Dieses  Viel  sprechende  Herz  bittet  vor  Ihren  Gleim 
daß  Sie  Ihm  Seinen  zaudernden  BriefTWechßel  Vergeben  mögten  Seine 
unveränderligkeit  in  der  freundschafft  muß  Ihnen  noch  mehr  bekant 
sein  alß  Ihrer 

Ergebnen  Dienerin 
Sapho« 

91.  Die  märchen,  daß  der  dichter  der  kriegalieder  wirklich  ein  ge- 
meiner soldat  gewesen  sei,  spukten  bis  in  unser  jahrhundert  fort,  vgl. 
Troehle,  Friedrich  der  große3  s.  59,  Suuers  neudruck  p.  VI.  Die  ant- 
wort  von  Uz  an  die  Karschin  lautet  nach  einer  abschrift  Gleims  fol- 
gendermaßen : 

„Vortrefliche  Sapho, 
Nach  Herrn  Moses  sind  Sie  in  meinen  Augen  die  wunderbarste  Er- 
scheinung auf  dem  Horizont  der  deutschen  Litteratur.  Sie  erscheinen 
als  eine  feurige  Dichterin  zu  einer  Zeit,  da  das  deutsche  Genie  sinckt. 
da  die  großen  Männer,  die  auf  der  Nachwelt  Lob  Anspruch  machen 
können  sich  a,llgemach  verliohren ,  und  unsinnigen  Schwätzern,  oder 
frostigen  seichten  Köpfen  Platz  machen.  Erwarten  Sie  nicht,  daß  ich 
Ihre  feuerreichen  Verse  mit  Versen  beantworte.  Ehmals  würde  ich  es 
gewiß  gethan  haben.  Ich  würde  versucht  haben,  ob  ich  Ihr  schmeichel- 
haftes Lob  mit  wahrem  Lobe  zu  erwiedern  vermöchte.  Aber  meine 
Zeit  ist  vorbey.  Der  Uott,  der  mit  allen  seinen  Musen  Sie  begleitet,  dieser 
Gott  hat  mich  verlaßen.  Herr  Gleim  hätte  keine  beßere  Fürsprecherin 
wählen  können,  als  eine  Sapho.  Aber  diese  muß  mir  doch  meinen 
alten  Freund  nicht  ganz  rauben,  und  wie  kan  ich  mit  Überzeugung 
wißen,  daß  er  mich  noch  liebt,  wenn  er  es  in  vielen  Jahren  mir  nicht 
einmahl  sagt?  Erinnern  Sie  ihn  zuweilen  an  mich,  wenn  Sie  mit  ihm 
unter  den  Lorbeern  des  Helicons  an  der  hellen  Hyppocrene  wandeln! 
Weisen  Sie  mich  nicht  an  ihn,  mir  Ihren  Roman  zu  erzählen!  Warum 
wollen  Sie  es  nicht  selber  thun?  Er  erzählt  mir  seine  Romane  nur, 
wenn  sie  einen  unglücklichen  Ausgang  haben.  Ich  erwarte  ,  wie  £ie 
den  Caracter  der  griechischen  Sapho  spielen  werden.  Aber  das  ver- 
kündige ich  Ihnen,  ich  kenne  keine  Sapho  ohne  Liebe,  und  nicht  eine 
bloß  anakreontische  scherzende  Liebe,  sondern  Liebe  voll  Feuers.  Diesen 


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505 


Caracter  haben  der  Griechin  Lieder,  und  diesen  suche  ich  in  Ihren  sa- 
phischen  Gesängen.  Erlauben  Sie  meinem  Gleim,  sein  Versprechen  zu 
erfüllen,  und  mir  einige  von  ihren  Liedern  dieser  Art  mitzutheilen. 
Aber  aus  denen,  die  den  gesuchten  Caracter  am  lebhaftesten  ausdrücken, 
muß  er  mir  kein  Geheimniß  machen ,  sie  werden  die  gerechte  Hoch- 
achtung noch  größer  machen,  mit  welcher  ich  schon  bin, 

Ihr  Bewunderer 
Anspach  Uz." 

den  12»2?  Dec:  1761. 

02.  Die  antwort  der  Karschin  auf  Uzens  brief  folgt  unten.  Ihre  ode 
,,Sohn  Cytherens,  kleiner  weltbezwinjjer"  (Sapho  an  Amor)  steht  in  den 
Auserlesenen  gedienten,  Berlin  1764,  s.  252.  Ueber  andere  arkadische 
decknamen  aus  ihrem  freu ndesk reise  vgl.  Pröhle  a.  a.  o.  s.  643.  —  Von 
Bodmers  Iliasübersetzung  erschien  der  4.  und  6.  gesang  einzeln  1760 
vgl.  Bächtold,  Geschichte  der  deutschen  literatur  in  der  Schweiz  s.  679. 
—  Den  text  zu  einer  zweiten  pnssionscantate  hatte  die  prinzessin  Amalia 
zuerst  Ramler  übertragen,  vgl.  meine  dissertation  s.  41.  Ueber  Lucas 
Friedrich  Langcmack  vgl.  ebda.  s.  11  und  die  Sonntagsbeilage  nr.  15 
zur  Vossischen  zeitung  von  1895.  Ramlers  ßatteux  erschien  in  zweiter 
verbesserter  aufläge  bei  Reich  in  Leipzig  1762 — 63  in  4  bänden. 

Der  zweite  brief  der  Karschin  an  Uz  lautet  nach  dem  original  im 
Gleimarchiv  folgendermaßen: 

.Sie  Fürtrefflicher  Freund  meines  schäzbahrsten ,  Sie  müßen  mich 
nicht  beschuldigen  daß  ich  Ihnen  Ein  Herz  rauben  wolltte,  worauff  Sie 
die  altisten  ansprüche  haben,  danken  sollen  Sie  mir  wegen  der  auffmun- 
terung,  zu  lange  geschwiegen  scheute  sich  Ihr  Gleim  mit  Seinem  U/.  zu 
reden,  fragen  Sie  Ihn  selbst  ob  ich  auffgehört  habe  Ihm  zu  sagen  daß 
Kr  dieses  Verdrüßlicho  Stillesein  brechen  solltte,  wär  ich  eher  die  Glück- 
liehst«  im  reiche  der  Freundschafft  geworden,  so  würden  Sie  auch  eher 
Gehört  haben  daß  sein  Gedanke  Tausendmahl  Seinen  Uz  rieff,  0  Er 
kan  diese  fürchterliche  Leere  in  der  Geschichte  Eurer  Freundschafft 
nicht  ansehen  ohne  sich  selbst  Eignen  Verweiß  zuzumurmeln,  aber  Sie 
Vcrzeyen  Ihm,  und  Seine  Sapho  dankt  Ihrer  Bereitwilligkeit  zum  Ver- 
zeyen,  ich  bekenne  daß  Ihm  mein  herz  schwerer  Verzeyen  würde  wenn 
Er  acht  ganze  Jahrszeiten  vorüber  gehen  ließe  ohne  mir  Einmahl  von 
seiner  Unveränderlichkeit  zu  sagen ,  Konntten  Sie  Seine  harrtnäkige 
Stille  so  lange  ertragen ;  ich  würde  Troz  derselben  Ihn  auffgefordert 
haben;  Glauben  Sie  mir  mein  Herz  ist  Eins  Von  den  Wunderlichsten 
Geschöpfen,  und  liebt  auff  Eine  unüberwindliche  weise  Ein  so  Guttes 
Wesen  alB  daß  Gleimische  Herz  ist,  und  dennoch  ist  diese  Liebe  keine 
der  Griechin  meiner  Vorgängerin,  Ich  habe  meinen  liebsten  Freund  ge- 
behten  Ihnen  die  Gluthvollesten  untter  meinen  Gesängen  außzusuchen, 
fürchten  Sie  keine  abänderung,  Was  die  Wellt  lesen  soll  daß  Wird  den 
äugen  Eines  Freundes  unverstekt  bleiben  ,  Sie  Werden  sich  diese  Zärt- 
liche ganz  für  daß  feine  der  Emptinduug  Gemachte  Seele  denken,  aber 


506 


ich  bitte,  keine  andre  als  die  Vollkonienste  Platonische  Liebe  denken 
Sie  sich,  diese  bekenn  ich,  diese  wird  Ihnen  mein  Tyrsis  bekennen,  und 
so  ist  es,  Kh  kan  Ihnen  keinen  Roman  erzählen,  die  Menge  der  Sapbi- 
schen und  seh  äffer  Lieder  werden  mein  Geschichtschreiber  sein ,  Sie 
blieben  alle  unbeantwortet,  und  Ich  werde  Ihre  ganze  Bewundrung  ver- 
dienen, nimmer  liebte  die  Mytilenische  Sängerin  den  Phaon  mit  sol- 
cher Geduld,  und  bo  rein,  und  so  Ober  alles  in  der  Wellt  alfS  Gleim 
geliebt  wird  von 

Ihrer 

Magdeburg  den  14  Jenner  ganz  Ergebnen 

1762  Freundin 

Sapho* 

93.  Der  gedruckte  subscriptionsplan  für  die  gediente  der  Karschi u 
befindet  sich  nicht  bei  Gleims  briefen  an  Uz. 

94.  Ramlers  „Ode  an  die  feinde  des  königes.  Den  24  jenner  1760." 
[4  bl.]  4°,  mit  einer  medaille  auf  Friedrich  den  großen.  —  Der  friede 
mit  Rußland  wurde  am  5.  mai  1762  geschlossen.  —  Shakespear  Theatra- 
lische werke.  Aus  dem  englischen  übersezt  von  herrn  Wieland.  Zürich 
1762—66,  in  acht  bänden. 

95.  Johann  Georg  Sulzers  Allgemeine  theorie  der  schönen  künste. 
nach  alphabetischer  Ordnung,  Leipzig  1771 — 74,  in  zwei  bänden.  — 
Die  probe  von  Ramlers  Horazübersetzung  und  „die  beyden  gedichtgen" 
von  Gleim  liegen  nicht  bei  den  briefen;  Ramlers  Oden  aus  dem  Horaz 
erschienen  erst  1769  in  Berlin.  —  Amazonen Iieder.  Leipzig  1760,  von 
Christian  Felix  Weisse,  vgl.  Minor,  Weisse  s.  61  ff.  Vgl.  ferner  Sulzer  an 
Gleim,  20.  III.  762  (Briefe  der  Schweizer  s.  353) :  „Wenn  Sie  der  Verfasser 
der  Amazonenlieder  sind  ,  so  mache  ich  Ihrem  Genie  die  allertiefste 
Verbeugung.  Ich  sehe  sie  für  das  non  plus  ultra  in  dieser  Art  an.' 
Ramler  an  Gleim,  21.  III.  1762  (ungedruckt):  »Herr  Bachmann  ist  hier, 
ein  Verlobter  mit  der  Tochter  des  geh.  Raths  Buchholz.  Er  hat  Ama 
zonenlieder  für  mich  mitgebracht ,  die  ich  aber  noch  nicht  erhalten 
habe.  Der  junge  Herr  Sack  ist  itzt  auch  hier.  Dieser  hat  mir  die 
Amazonenlieder  zuerst  angepriesen.  Sehen  Sie,  liebster  Freund,  wie 
schnell  Sie  Proselyten  machen!  Nun  wird  ganz  Deutschland  Ihnen 
nachsingen  wollen  ,  recht  so  wie  ehemals."  Gleim  an  Ramler,  30.  V. 
1762  (ungedruckt):  „Die  AmazonenLieder  haben  sie  nun  ohne  Zweifel 
gelesen.  Ganz  Magdeburg  erschallete  davon!  Herr  Weiß  soll  der  Ver- 
faßer seyn ;  sie  haben  sehr  viel  schönes,  mein  Ramler  aber  wird  schon 
zu  tadeln  finden,  und  ich  wollte  wohl,  daß  er  mir  den  Tadel  sagte; 
ich  würde  dann  sehen,  ob  ich  gegen  die,  die  nichts  auszusetzen  fanden, 
recht  gehabt  hätte.* 

96.  Ueber  den  dichter  Eberhard  Friedrich  freiherrn  von  Geramingec 
vgl.  Goedeke  J IV,  59,  Allg.  deutsche  biographie8,  557,  und  oben  zu  nr.84 

97.  Luise  Adelgunde  Victorie  Gottsched,  geb.  Kulmus,  starb  am 


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.507 


26.  juni  1762,  „lange  vor  tler  Zeit  und  doch  von  der  Zeit  längst  über- 
holt", vgl.  Schienther,  Frau  Gottsched,  Berlin  1886,  s.  76. 

98.  Ueber  Moritz  August  von  Thümmel  vgl.  Goedeke  SIV,  211  und 
Allg.  deutsche  biographie  38,171.  Sein  Sinngedicht  „Auf  die  frau  Kar- 
achin"  ist  im  Göttinger  musenalmanach  für  1770  s.  184  und  in  C.  II. 
Schmids  Anthologie  der  Deutschen  I,  235  abgedruckt. 

99.  Unter  den  aubscribenten  uuf  die  Auserlesenen  gedichte  von  A. 
L.  Karschin,  Berlin  1764,  befindet  sich  die  erbprinzessin  und  der  prinz 
Franz  Friedrich  Anton  von  Sachsen- Coburg  mit  je  einem  exemplar.  — 
Kreuzzüge  des  philologen.  II  AN.  o.  O.  1762  und  Essais  a  la  mosaique. 
o.  0.  1762  von  Johann  Georg  Hamann,  „dem  Magna  im  norden",  vgl. 
Goedeke  MV,  267  f. 

100.  Ueber  die  patronin  der  Karschin,  frau  Oberstleutnant  von 
Reichmann  in  Magdeburg,  vgl.  W.  Kawerau,  Aus  Magdeburgs  Vergangen- 
heit (Halle  1886)  s.  8.  —  Zu  Klops tocks  besuch  in  Quedlinburg  von 
1762 — 64  vgl.  Muncker,  Klopstock  s.  343.  —  Ueber  den  hüttenraann 
Johann  Andreas  Gramer  in  Blankenburg  (1710 — 77)  vgl.  Allg.  deutsche 
biographie  4,  549.  —  Der  „Stubenberg1*  liegt  bei  Gernrode  am  Harz.  — 
Johann  Nicolaus  Meinharde  Versuche  über  den  charakter  und  die  werke 
der  besten  italienischen  dichter,  Braunschweig  1763—64,  in  zwei  bän- 
den, denen  1774  ein  dritter  von  Jagemann  bearbeitet  folgte,  vgl.  Goe- 
deke *  IV,  158. 

101.  Ueber  Klopstocks  liebesverhältniß  zu  „Done",  Luise  Sidonic 
Wilhelmine  Elisabeth  Diedricb,  vgl.  Muncker,  Klopstock  s.  344.  —  Ueber 
Sulzers  schweizerreise  vgl.  sein  „Tagebuch  einer  in  den  jähren  1775  und 
1776  gethanen  reise"  ,  Leipzig  1780.  —  Ueber  Spalrlings  portrait  von 
Rode  vgl.  Körte,  Gleims  leben  s.  440.  —  Christian  Ludwig  von  Hage- 
dorn, Betrachtungen  über  die  mahlerey,  Leipzig  1762. 

102.  Der  friede  von  Hubertusburg  wurde  am  15.  februar  1763  ge- 
schlossen. Friedrich  der  große  enttäuschte  die  Hoffnungen  Berlins  auf 
einen  feierlichen  einzug,  indem  er  am  30.  märz  abends  durch  ein  an- 
deres thor  einfuhr,  vgl.  Kamlers  ode  „Der  triumph"  (Oden,  Berliu  1767, 
s.  80)  und  den  brief  der  Karschin  an  Gleims  nichte,  Berlin  30.— 31.  III.  1763 
(Pröble  s.  696).  Ueber  Ramlers  ode  vgl.  den  folgenden  brief.  —  Ueber 
Zachariä's  neue  pränumerationsausgabe  seiner  gedichte  vgl.  Zimmer- 
mann, Zachariä  in  Braunschweig  (Wolfenbüttel  1896)  s.  166.  —  Die  Pe- 
triade  kenne  ich  nicht.  —  Ueber  die  oper  in  Berlin  1768  vgl.  Brach- 
vogel I,  178. 

108.  Ueber  die  Gesänge  bey  gelegenheit  der  feyerlichkeiten  Berlins 
von  der  Karschin  vgl.  den  105.  brief.  —  Ode  auf  die  Wiederkunft  des 
küniges  Berlin,  den  30  inarz  1763  von  Karl  Wilhelm  Ramler  [4  bl.]  4°; 
seine  gesammelten  oden  erschienen  erst  1767  in  Berlin. 

104-  Gleim  war  im  juli  1763  acht  tage  in  Berlin.  —  Ueber  seinen  bru- 
der  Matthias  Lebrecht  Caspar,  oberamtmann  zu  Berge  bei  Nauen,  vgl. 
oben  zu  nr.  79. 


508 


105.  Gesänge  j  bey  Gelegenheit  |  der  Feierlichkeiten  Berlins  (  von 
Anna  Louisa  Karschin.  [vignette.]  Berlin,  1763.  |  Bey  George  Ludewig 
Winter.  [19  bl.J  4°,  neun  auch  einzeln  ausgegebene,  aber  beiGoedeke1 
IV,  125  nebst  vielen  anderen  nicht  verzeichnete  gedrehte  enthaltend. 
Gleim  tadelte  ihren  „Bittgesang  an  Apollo"  am  19.  november  1762  in 
einem  briefe  ,  den  Proehle  in  der  Zeitschrift  für  preußische  geschiebte 
12,  689  abgedruckt  hat.  Ueber  ihren  aufenthalt  in  Potsdam  bei  Seyd- 
litz  schreibt  sie  am  30.  juli  1763 ,  ebda.  s.  698.  —  Den  anfang  des 
freilich  recht  schwachen  friedensliedes  des  grenadiers  hat  Sauer  in 
den  Deutschen  litteraturdenkmalen  4  p.  XXXIV  übersehen.  —  Gleims 
„eigene  lieder'*  über  dio  er  Uzens  urteil  einholt ,  sind  nachdichtungen 
des  Anacreon,  die  svls  „Sieben  kleine  gedichte,  nach  Anacreons  manier, 
Berlin  1764",  [23  s.]  8°  und  als  „Lieder  nach  dem  Anakreon  von  dem 
Verfasser  des  Versuchs  in  scherzhaften  Hedem.  Berlin  und  Braun- 
schweig, 1766"  [96  s.J8°  erschienen  ;  mit  diesem  briefe  übersendet  Gleim 
außer  dem  auf  s.  339  citirten  „An  herrn  Meil  den  Zeichner4'  noch  fol- 
gende fünf  lieder  auf  einer  beilage  von  4  octavblättern : 

An  die  musen.  Nach  der  48^  ode.  (Was  hängt  die  leyer  des  Homer) 
Amor.   Nach  der  61^  ode.   (Amor  ist  sein  lied) 
Die  taube.    Nach  der  9ten  ode,    (Der  dichter.  |  Was  hast  du  für 
geschafte) 

An  die  schönen.  Nach  der  67.  ode.  (Welch  ein  anger,  o  ihr 
schönen) 

Nach  der  22^"  ode.  (Komm,  o  mein  Uz,  und  setze) 
Ueber  Friedrich  von  Küpken  vgl.  Goedeke  a  IV,  378 ,  über  Johann 
Samuel  Patzke  ebda.  s.  53  und  W.  Kawerau,  Aus  Magdeburgs  Vergangen- 
heit, Halle  1886.  —  Ueber  den  auagang  von  Klopstocks  liebesgeschichte. 
Doncs  Verlobung  mit  dem  braunsebweigischen  hauptmann  GTeorg  Phi- 
lipp Christian  von  König,  vgl.  Muncker,  Klopstock  s.  346.  Gleim  schreibt 
am  9.  VIH.  1763  an  Kamler  (ungedruckt):  „Ich  erwarte  meinen  liehen 
KlopBtock  heute  bey  mir.  Kr  hat  mich  im  Junius  nach  Magdeburg  be- 
gleitet, acht  Tage  ist  er  bey  Bachmann  gewesen,  ich  hofle  er  soll  nun 
auch  acht  Tage  bey  mir  seyn.  Wer  kan  ihn  beßer  trösten  als  ich  V 
Denn  es  hat 

Erfahrung  peinlich  ihn  verbrant 
Sein  Mädchen  ist  ihm  ungetreu  geworden  —  0  die  abscheulichen  Mäd- 
chen!" —  Ueber  Heinrich  Wilhelm  Bachmann  vgl.  H.  Holstein  in  der 
Zeitschrift  für  preußische  geschiente  19,  433—457.  —  Von  seiner  Berliner 
reise  im  juli  1763  berichtet  Gleim  am  22.  juli  an  Ramler,  der  damals  in 
Pommern  bei  seinem  bruder  weilte,  in  einem  ungedruckten  ausführlichen 
briefe,  der  voll  von  klagen  über  Sulzer  ist.  Es  heißt  darin  :  „Ganz  un- 
philosophisch,  stolz,  ja  bey  nahe  närrisch  kam  er  mir  vor,  und  von 
vielen  hörte  ich  Klagen  über  ihn  führen,  die  mich  überzeugten,  daß  er 
mir  nicht  allein  so  vorkam.  Unser  Meil  verklagte  ihn  sehr  bey  mir. 
[Folgen  dctails  über  die  Karschinausgabe.]    Vorher  erzählte  er,  daß  der 


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509 


König  eine  Ritteracademie  stiften  wolte ,  daß  er  zwölf  Hoffmeister 
suchte,  oder  Aufseher  und  Lehrer  zugleich,  von  welchen  jeder  400  fyr. 
haben  sollte  —  Wir  sprachen  viel  davon ,  aber  er  Heß  sich  keinen 
Ramler,  keinen  einzigen  von  unsern  Freunden,  die  etwa  in  Betrachtung 
kommen  könten ,  dabey  einfallen;  ich  fragte:  sollen  sie  alle  zwölfe 
Schweizer  seyn?  und  schlug  seinen  Landsmann  [Lavater]  vor,  der  ein- 
mahl  zu  mir  sagte :  Wenn  ich  noch  länger  die  Ehre  begehrte,  bey  ihnen 
zu  seyn,  so  wäre  ich  ein  Narr.  Die  Unzufriedenheit  über  seine  hiebey 
an  den  Tag  gelegte  unrichtige  Oesinnung  war  Schuld ,  daß  ich  die 

Wahrheit  vielleicht  etwas  zu  gerade  heraus  sagte.  Ich  reiste  über 

Potsdam  zurück,  in  der  Absicht,  Beguelin,  Quintus,  Alembert  p  zu  spre- 
chen ;  im  Thor  begegnete  ich  dem  König  der  nach  Charlottenburg 
gieng  und  in  seinem  Gefolge  waren  alle  die  ich  sprechen  wolte.  Zu 
Berlin  sprach  ich  von  meinem  Ramler  sehr  viel  mit  dem  jungen  H.  von 
Beauaobre;  es  ist  eine  Schande  sagt  ich,  daß  so  ein  Mann  fast  ver- 
hungern muß  pp  ich  sagte  dem  Franzosen  die  deutscheste  Warheit; 
aber  dieser  Franzose  ist  der  einzige  von  allen  die  ich  kenne,  der  den 
Deutschen  Gerechtigkeit  wiederfahren  läßt.'4 

106.  Ueber  Uzens  alkäische  klagen  und  geistliche  lieder  vgl.  oben 
s.  285  f.  —  Die  ode,  welche  anfangt  „Die  kriege  Friederichs"  ist  „An 
herrn  canonicus  Gleim"  gerichtet,  Sauer  nr.  68,  vgl.  oben  s.  275.  — 
Ueber  Klopstocks  lünfactiges  trauerspiel  Salomo  vgl.  Muncker,  Klop- 
stock  s.  347  ff. 

107.  Ueber  Klopstocks  zehntägigen  besuch  in  Halberstadt  ende  au- 
gust  1763  vgl.  meine  Götzbriefe  s.  52.  Seine  jüngste  Schwester  Char- 
lotte Victoria  nahm  Klopstock  1764  mit  nach  Dänemark  (Muncker  s.  361). 
Ueber  Gleims  nichte  Sophie  Dorothea  Gleim,  die  „Gleminde44  de«  Hui - 
berstädtischen  dichterkreises,  vgl.  Gleira-Heinse  I,  236.  —  Gleims  nach- 
richt  über  das  glück  der  Karschin  war  unbegründet  (vgl.  Pröhle  in  der 
Zeitschrift  für  preußische  geschichte  12,  701).  Auch  Ramler  schreibt 
an  Gleim  31.  VIII.  1763  (ungedruckt) :  „Von  der  Mad.  K.  habe  ich  sa- 
gen hören,  daß  sie  den  König  gesprochen  und  von  ihm  die  Versiche- 
rung erhalten  habe ,  daß  er  für  sie  sorgen  wolle.  Einige  sagen  von 
einer  Pension  die  sie  bereits  erhalten  hätte,  200  fy-  jährlich  ,  und  von 
einem  Hause  und  Garten  in  Charlottenburg,  welches  sie  sich  abzu- 
bitten die  Dreistigkeit  gehabt.  Ich  werde  mich  freuen  ,  wenn  sie  so 
versorgt  ist,  daß  sie  nicht  mehr  nötliig  hat,  Leberreime  zu  machen,  und 
aus  den  Tassen  zu  poetisiren,  sondern  gut  zu  wirtschaften  anfängt  und 
keinem  mehr  mit  allzuvielem  Ueberlaufen  beschwerlich  fallt.  Ich 
fürchte  mich  ein  wenig  für  ihren  ersten  Besuch  [nach  seiner  rückkehr 
aus  Pommernj.  Ich  bin  ihr  nicht  allein  auf  ein  Paket  Poesieen  Ant- 
wort schuldig  geblieben ,  sondern  ich  fürchte  mich  auch  für  die  große 
Ruhmredigkeit  etc.'4 

108.  UeberGleims  anacreontische  nachahmungen  vgl.  zum  105.  briefe. 
—  Zu  Uzens  geistlichen  Hedem  (wahrscheinlich  „An  die  sonne44,  Sauer 


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iir.  81  und  „Gott  im  frübling",  nr.  92)  vgl.  Sauers  einleitung  p.  LXY. 

—  Den  Versuch  über  die  kunst  stets  fröhlich  zu  seyn,  Leipzig  1760, 
hatte  Mendelssohn  in  den  Litteraturbriefen  VIII,  211—281  scharf  beur- 
theilt  ,vgl.  Sauer  p.  LXVII. 

109.  Dieser  brief  kreuzte  sich  mit  dem  vorigen.  —  Ramler  meldet 
an  Gleim  31.  VIII.  1763  (ungedruckt) :  „Endlich  schreibe  ich  Ihnen  wieder 
einmal  aus  Berlin,  mein  allerliebster  Freund.  Meine  Freyheit  von  Amts 
geschafften,  die  Veränderung  der  Luft  und  des  Umgangs  haben  mich 
endlich  so  gut  wieder  hergestellt,  als  ich  vielleicht  jemals  gewesen 
bin.  Nun  lebe  ich  wieder  wie  ein  Eingeborener  des  Pomerlandes  ohne 
ängstliche  Wahl  in  Speise  und  Trank,  zufrieden  mit  der  Burgerwelt, 
obgleich  so  fern  von  ihr,  als  ich  immer  seyn  kann.--  -  Nun  liebster 
Gleim,  laßen  Sie  uns  einmal  wieder  von  Ihren  eigenen  Arbeiten  ernst- 
lich reden.  Ich  werde  morgen,  vielleicht  noch  heute,  den  HErrn  Meil 
besuchen.  Vermnthlich  werden  Sie  mit  diesem  äußerlichen  Mitarbeiter 
der  neuen  Ausgabe  etwas  gesprochen  haben.  Wenn  Zachariä  mit  sei- 
nem Werke  diese  Michaelis  Meße  herausrucken  wird,  dann  laßen  Sie 
uns  ui)6er  neues  ankündigen.  Todt  arbeiten  sollen  Sie  sich  aber  nicht! 
Ich  liebe  die  Faulheit  jetzt  über  alle  maßen,  sie  macht  vortrefflich  ge- 
sund. -  -  -  Dem  wahren  schönen  Geist,  unserm  Uz,  der,  wie  wir,  auch 
andre  neben  sich  bewundert  sehen  kann,  meine  Empfehlung!'4  —  Ueber 
Meinhards  versuche  vgl.  zu  nr.  100 

110.  Ueber  Uzens  beförderung  zum  assessor  des  kaiserlichen  land- 
gerichts,  auf  Verwendung  des  regierungspräsidenten  freiherrn  von  Wech- 
mar, vgl.  Petzet  s.  19.  —  Ueber  Eberts  briefweclisel  mit  Uz  vgl.  zu  nr.  58. 

—  Ueber  das  „Neujaorsgeschenk  für  die  schönen"  sagt  Körte  in  einer 
handschriftlichen  anmerkung  zu  seinem  auszuge:  „Eine  Borlocke,  von 
einem  Zoll  Höhe  und  7»  Zoll  Breite,  von  Herrn  Nicolai.  Ausführliches 
davon  sehe  man  in  :  Ramlers  Leben,  in  der  Prachtausgabe  vou  dessen 
Werken,  Berlin  1801,  in  4^,  im  zweyten  Theile  pag.  320." 

112.  Die  „beygehenden  kleinen  gedichte*  sind  „Sieben  kleine  gedieht« 
nach  Anacreons  manier,  Berlin  1764."  [23  s.]  8°.,  vgl.  zu  nr.  105.  —  Der 
brief  von  Götz  an  Gleim  ist  undatirt,  ende  januar  1764  geschrieben  und 
in  meinen  Götzbriefen  s.  55 — 61  gedruckt.  —  Ueber  den  Breitkopf 'sehen 
nachdruck  von  1763  vgl.  Sauers  einleitung  p.  XX.  —  Ramlers  „Ode  an 
die  Muse.    Berlin,  den  18.  Jenner,  1764.«  [4  bl.]  4". 

113.  Gleim  schreibt  an  Ramler,  30.  V.  1764,  aus  Halberstadt  (unge 
druckt) :  „Zu  Leipzig  hab  ich  Herrn  Weiß,  Herrn  Rabener,  und  Herrn  Ni- 
colai gesprochen.  Geliert  war  verreiset.  Die  Absicht  meiner  Reise  war. 
den  Herrn  von  Hagedorn  zu  Leipzig  anzutreffen  und  wenn  ich  ihn  nicht 
fände ,  nach  Dresden  zu  gehen.  Aber  anfangs  machte  man  Hofnung 
er  würde  noch  kommen,  und  seine  Freunde  Herr  Oeser  und  Rabener 
meinten,  zu  Dresden  würden  wir,  ich  und  ßachmann ,  ihm  nicht  will- 
kommen seyn  weil  er  izt  mit  Einrichtung  der  neuen  Mahleracadeuiie 
allzu  beschäftigt  wäre.    Unsere  Zeit  ging  darüber  hin,  und  ich  reiste. 


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verdrießlich  daß  ich  mich  hatte  abhalten  laßen ,  meine  Reise  nach 
Dresden  fortzusetzen,  hieher  zurück.  Zwölftausend  jährliche  Renten 
sind  dem  Herrn  von  Hagedorn  angewiesen,  von  welchen  er  zum  besten 
der  Mahleracademie  disponieren  kan.  Ist  das  nicht  fürtreflich?"  — 
Uz  schickte  eine  probe  seiner  geistlichen  gedichte  schon  mit  nr.  108.  — 
Georg  Joachim  Zollikofer  (1730 — 88)  gab  heraus:  „Neues  gesangbuch 
oder  sammlung  der  besten  geistlichen  lieder  und  gesange  zum  ge- 
brauche bei  dem  öffentlichen  gottesdienste* ,  Leipzig  1766,  mit  Unter- 
stützung Weisses,  vgl.  Minor  s.  51.  —  Fingal,  Ein  heldengedicht  in 
sechs  büchern,  von  Ossian.  Von  Albrecht  Wittenberg.  Hamburg  und 
Leipzig,  1764  ;  vgl.  Goedeke '  IV,  106  und  Ehrmann,  Die  bardische  )y- 
rik  im  18.  jahrhundert,  Halle  1892.  —  Die  übrigen  kleinen  dingerchen, 
die  Gleim  übersendet,  sind  :  Petrarchische  gedichte,  Berlin  1764.  [32  s  ]  8° 
Gespräche  mit  der  deutschen  muse,  Berlin  1764.  [11  s  ]  4°  und  Lob 
des  landlebens,  Berlin  1764.  [13  s.]  8°.  —  Ueber  die  neue  „  Kriegs- 
schule* vgl.  zum  105.  briefe.  —  Ueber  G.  A.  Junckers  „Nouveaux 
principes  de  la  langue  allcraande«,  Paris  1762,  vgl.  Süpfle,  Geschichte 
des  deutschen  kultureinflusses  auf  Frankreich  l,  116.  —  C.  F.  Weis 
se's  Beytrag  zum  deutschen  theater,  tbeil  III,  Leipzig  1764,  enthält 
Krispus,  Die  befreiung  von  Theben  und  Der  misstrauische  gegen  sich 
selbst. 

114.  „Doris  im  garten"  in  Gleims  Petrarchischen  gedichten,  Berlin 
1764,  s.  20—23,  vorher  in  den  Fabeln,  Berlin  1756,  s.  45.  —  lieber 
Klopstocks  aufenthalt  in  Deutschland  vgl.  den  folgenden  brief. 

115-  Gleim  an  Ramler,  5.  VIII.  1764  (ungedruckt):  „Wie  plötzlich 
liebster  Freund,  bin  ich  vom  höchsten  Grade  der  Gesundheit  herab  in 
die  tödtlichste  Krankheit  verfallen  !  Gestern  vor  14  Tagen  bekatu  ich  ein 
heftiges  Tertianfieber,  P*iroxisiuus  von  10.  12.  14  Stunden  hab  ich  aus- 
gestanden, in  welchem  ich  bestandig  mit  Tod  und  Leben  gerungen,  un- 
beschreibliche Kopf  und  Glieder  Schmerzen !  Der  Pulsschlag  in  einer 
Minute  196  mahl,  stellen  sie  sich  die  Hitze  vor!*  —  Ueber  Weisses 
neue  trauerspiele  vgl.  zum  113  briefe;  über  Moritz  August  von  Thfim- 
mels  „Willhelinine,  oder  der  vermählte  pedant  Ein  prosaisches  comi- 
sches  gedieht*,  o.  O.,  1761,  vgl.  Herrigs  archiv  77,  10  und  Rosenbaums 
neudruck  in  den  Deutschen  litteraturdenkmalen  heft  48.  —  Ueber 
Klopstocks  liebesgeschichte  vgl.  den  105.  brief.  —  Johann  Jacob  Dusch. 
Briefe  zur  bildung  des  geschmacks  an  einen  jungen  herrn  vom  stände. 
Leipzig  und  Breslau  1764—73,  in  6  teilen.  —  Gerstenbergs  „Tändeleyen* 
zuerst  Leipzig  1759.  —  Ueber  Ramlers  ausgäbe  von  Götzens  gedichten 
vgl.  Deutsche  litteraturdenkmale  42,  IV  ff.  und  meine  GöUbriefe  s  57  tf. 

116.  An  Grötzner  schreibt  Uz  am  30.  august  1764  (Henneberger 
s.  109):  „Voltaire  hat  Contes  de  Guillaume  Vade*  herausgegeben.  Man 
erkennt  ihn,  wenngleich  der  Nähme  nicht  auf  dem  Titel  steht,  an  dem 
lebhaften  Witz  und  an  dem  herrschenden  Ksprit  d'irreligion ,  der  alle 
seine  letztern  Schriften  zu  seiner  Schande  bezeichnet  *  —  Ueber  den 


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Verfasser  des  „Aretin"  vgl.  s.  357.  —  üeber  Ramlers  Ode  an  die  muse 
vgl.  s.  347. 

117.  Der  geheimsecretär  Lösch  gehörte  zu  Uzens  freundeskreise  in 
Ansbach,  vgl.  Petzet  s.  22. 

118.  Ueber  Dietrich  Ernst  freiherr  Spiegel  von  Pickelsheim  vgl. 
Allg.  deutsche  biographie  35,  159.  —  Das  kriegslied  aus  einer  alten 
anweisung  zur  dichtkunst  kann  ich  nicht  nachweisen;  Daniel  Georg 
Morhof,  Unterricht  von  der  deutschen  spräche  und  poesie,  zuerst  Kiel 
1682;  Klotzens  Tyrtausausgabe  erschien  1764  in  Bremen,  1767  in  Alten- 
burg —  Ueber  Thümmels  .Wilhelmine*  vgl.  den  115  brief.  —  Corte«  von 
F.  W.  Zachariä,  erster  band,  Braunschweig  1766 ,  blieb  unvollendet  — 
Das  erste  buch  seiner  fabeln  sandte  Gleim  an  fang  September  1764  auch 
an  Kam ler,  vgl.  den  121.  brief.  —  Ueber  Johann  Heinrich  Rolle  vgl.  Ka- 
werau ,  Aus  Magdeburgs  Vergangenheit,  Halle  1886,  s.  177—274. 

119.  Uz  über  die  neue  ausgäbe  der  „Kunst  stets  fröhlich  zu  sein* 
oben  s.  343.  —  Der  11.  bis  15.  gesang  des  Messias  erschien  mit  der 
abhandlung  Vom  deutschen  hexameter  erst  1768  in  Kopenhagen.  —  Ge- 
dichte der  Karschin  an  den  herzog  Friedrich  August  von  Braunschweig- 
Oels  hat  Burkhardt  in  Schnorre  archiv  II,  501  veröffentlicht. 

120.  Ueber  Gleims  neffen,  den  lehnssecretar  W.  Gleim,  vgl.  Gleim- 
Heinse  1,  246. 

121.  Gleim  war  von  mitte  januar  bis  anfangapril  1765  in  Berlin ;  die 
acten  über  seine  entzweiung  mit  Ramler  denke  ich  demnächst  an  an- 
derer stelle  zu  veröffentlichen.  —  Wielands  Sympathien  erschienen  1756, 
seine  Comischen  erzählungen  1765  o.  O.  —  Thomas  Abbt:  Vom  Ver- 
dienste, Berlin  1765.  —  Ueber  Meinhard  vgl.  den  100.  brief;  Michael 
Huber:  Choix  de  poesies  allemandes,  Paris  1766  in  4  bänden,  vgl. 
Süptle,  Geschichte  des  deutschen  cultureinflusses  auf  Frankreich  I,  18t. 

122.  Lyrische  und  andere  gedichte  von  J.  P.  Uz.  Vierte  aufläge. 
Leipzig  bei  Breitkopf,  1765.  Ueber  den  streit  von  Uzens  Verlegern  vgl. 
Sauer  p.  LXVII. 

123.  In  seinen  streit  mit  Ramler  hat  Gleim  erst  später  mehrere 
seiner  freunde ,  so  den  Leipziger  professor  poeseos  Johann  Georg  Eck, 
eingeweiht;  dennoch  drang  die  künde  davon  bald  in  das  gelehrte  pu- 
blicum, vgl.  Herrigs  archiv  77,  15  f.,  Koch  Geiger's  Zeitschrift  für  vergl. 
litterat Urgeschichte,  neue  folge,  4,  105.  —  Ramler  übersandte  seine 
critik  der  Gleimschen  fabeln,  die  leider  nicht  erhalten  ist,  in  den 
ersten  tagen  des  october  1764.  —  Das  .Gespräch  mit  der  taube4  steht 
in  Gleims  »Liedern  nach  dem  Anacreon",  die  1767  von  Telemann  und 
1775  von  Rolle  componirt  wurden,  vgl.  Körte,  Gleims  leben  s.  501.  — 
Ueber  Lessinga  geplante  ausgäbe  des  Anacreon  ist  sonst  nichts  über- 
liefert. —  Auch  mit  Spalding  zerfiel  Gleim  im  jähre  1771,  vgl.  Gleim- 
Heinse  I,  221  und  unten  zu  nr.  160.  —  Die  besseren  vorschlage,  die  Gleim 
für  den  verlag  der  Uzischen  gedichte  machen  wollte,  bezogen  sich  wohl 
auf  die  geplante  «typographische  gesellschaft",  vgl.  zu  nr.  126. 


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124.  Mit  diesem  briefe  Obersendet  Gleim  seine  „Lieder  nach  dem 
Anakreon  von  dem  Verfasser  des  versuch»  in  scherzhaften  liedern",  Berlin 
und  Braunschweig,  1766;  vgl.  zum  105.  briefe.  —  Ramlers  Lieder  der  Deut- 
schen, Berlin  bey  6.  L.  Winter  1766.  Ueber  die  Verfasser  vgl.  meine  dis- 
sertation  s.  72  ff.  —  Lessinga  Laokoon  erschien  1766  bei  Voß  in  Berlin. 

125.  Ueber  die  neue  ausgäbe  der  Poetischen  werke  von  J.  P.  Uz. 
Leipzig  1768,  vgl.  den  132.  brief. 

126.  Abbt  starb  am  3.  november  1766,  Meinhard  am  15.  juni  1767. 
—  Der  blöde  schäfer.  Ein  dramatisches  gedieht.  Zyrich  1767,  heraus- 
gegeben von  Salomon  Gessner.  —  Ueber  die  hofdame  der  fürstin  von 
Anhalt-Bernburg  merkt  Körte  in  seinem  auszuge  an:  „Da9  Fräulein 
von  Davier,  erzogen  von  der  Fürstin  Elisabeth  zu  Zerbst,  der  Mutter 
der  großen  Kaiserin  Catbarina.*  —  Das  gut  Langenstein  zwischen  Hal- 
berstadt  und  Blankenburg  ging  aus  dem  besitz  des  prinzen  Heinrich 
von  Preußen  in  den  der  marquise  Branconi  Aber.  —  Gleims  „Lieder- 
chen*  sind  «Neue  lieder.  Von  dem  Verfasser  der  lieder  nach  dem 
Anakreon.  Berlin,  1767.  In  verlag  der  typographischen  gesellschaft." 
[64  s.]  8°.  —  Ueber  „die  typographische  geaellschaft*  vgl.  Holstein, 
H.  W.  Bachmann  und  die  typographische  geaellschaft  in  Berlin ,  Zeit- 
schrift für  preußische  geschieht«  19,  423—457  und  Danzel-Guhrauer, 
Lessing *  II,  655.  —  Herder:  „Ueber  die  neuere  deutsche  litteratur. 
Erste  und  zwote  Sammlung  von  fragmenten",  o.  0.  1767. 

127.  Herders  lob  in  den  Fragmenten  II,  338,  Suphan  I,  330.  —  Jo- 
hann Georg  Jacobi  wurde  auch  von  Zachariä  aufgefordert,  Meinhards 
versuche  fortzusetzen,  vgl.  den  von  mir  im  Braunschweigischen  ma- 
gazin  1898  nr.  20  mitgeteilten  brief  Zacharias  vom  4.  V.  1768.  —  Ja- 
cobis  «Romanzen  aus  dem  spanischen  des  Gongora  übersetzt*,  Halle  1767. 

128.  Ueber  Gleims  beziehungen  zu  J.  G.  Jacobi  vgl.  Martin,  Un- 
gedruckte briefe  von  und  an  J.  G.  Jacobi,  Strassburg  1874,  8.  5  flf.  — 
Der  in  den  briefen  aus  den  vierziger  jähren  oft  genannte  Georg  Frie- 
drich Meier  starb  als  professor  der  philosophie  in  Halle  am  21.  juni 
1777.  Ueber  Christian  August  Clodius  vgl.  Goedeke*  III,  375  ;  seine 
Versuche  aus  der  literatur  und  moral  erschienen  in  4  stücken  zu  Leip- 
zig 1767.  —  Der  Bremer  beitrager  Nicolaus  Dietrich  Giseke  starb  am 
23.  februar  1765  als  Superintendent  in  Sondershausen.  —  Schulze,  Ober- 
bürgermeister von  Neuhaidensieben,  vgl.  das  bei  Goedeke  fehlende  ge- 
dieht Gleims  „Dem  Oberbürgermeister  Schulze  zu  Neu-Hallensleben. 
Den  21ten  septemb.  1769."  o.  0.  [2  bl.]  8°.  —  Das  pröbehen  von  Ja- 
cobis  art  zu  dichten  vgl.  auf  s.  377.  —  Klotzens  schrift  „Ueber  den 
nutzen  und  gebrauch  der  alten  geschnittenen  steine  und  ihrer  ab- 
drücke*, Altenburg  1768,  wurde  bekanntlich  die  veranlassung  zu  seinem 
streit  mit  Lessing.  —  Friedrich  Just  Riedel :  Theorie  der  schönen  kQnste 
und  Wissenschaften.  Erster  theil ,  Jena  1767  ;  Denkmahl  des  herrn  J. 
N.Meinhard,  Jena  1767. —  Recueil  de  romances  historiques,  tendres  et 
burlesque8,  tant  anciennes  que  modernes ,  avec  les  airs  notes.    Par  M. 

0  1  ei  n-Ut,  Briefwechsel. 


5U 


D.  L  **  [de  Lusse]  o.  0.  1767.  8*.  Eine  samlung  Romanzen  der  Dent- 
schen  gab  erst  Hirscbfeld  in  2  banden,  Leipzig  1774-78,  heraas.  — 
Leber  prinz  Heinrich  and  die  deutsche  litteratar  vgl.  Sonntagsbeilage 
zur  Vossischen  zeitung  1896  nr.  4—6.  -  üeber  die  compositionen  zu 
Gleims  Hedem  nach  dem  Anakreon  Tgl.  zum  123.  briefe.  —  Eine  sam- 
lung von  briefen  der  Karschin  ist  nicht  erschienen.  —  Ramlers  Lieder 
der  Deutschen  worden  in  Klotzens  Deutscher  bibliothek  der  schönen 
Wissenschaften  I,  1,  27—50  von  Dtsch.  (Riedel?,  vgl  Seufferts  viertel- 
jahrsschrift  IV,  191)  and  in  den  Neuen  hällischen  gelehrten  zeitnngen 

I,  538  von  Jacobi  (vgl.  Proehle,  Zeitschrift  für  preußische  geschiente 
18,  499)  scharf  angegriffen.  —  Ueber  Caroline  Schulze  als  Julia  in 
Weisses'  .Romeo  und  Julia"  vgl.  Herrigs  archiv  77,  31.  38  und  Bieder- 
mann, Goethe  forschungen,  neue  folge  (Leipzig  1886),  s.  193.  —  J.  G. 
Jacobis  gedichte  ,Die  Vestale"  und  »Das  gewitter*  sind  zuerst  gedruckt 
in  den  briefen  von  herrn  Johann  Georg  Jacobi.  Berlin  1768,  s.  74.  94. 

129.  Gersten bergs  urteil  über  Ramlers  Lieder  der  Deutschen  im  20* 
der  Briefe  über  merk  Würdigkeiten  der  litteratur,  vgl.  Deutsche  littera- 
turdenkmale  30,  p  LXI.  —  Lessing's  Hamburgische  dramaturgie  be- 
handelt gleich  im  ersten  stück  Cronegk's  trauerspiel  .Olinth  und  So- 
phronia«,  vgl.  Lacbmann-Muncker  IX,  185,  im  22.  stücke  Hippels  lost- 
spiel  «Der  mann  nach  der  uhr.' 

130.  Jacobis  verabrief  an  üz,  im  original  nicht  erhalten,  ist  abge- 
druckt in  den  Briefen  von  herrn  Johann  Georg  Jacobi.  Berlin  1768, 
s.  61-70. 

181.  Denkmahl  des  heim  Jobann  Nicolaus  Meinhard  an  den  herrn 
Geheimrath  Klotz  von  Friedrich  Just  Riedel.  Jena,  bey  Christian  Hen- 
rich Cuno  1768.  [72  s.J  8°.  —  Zwei  briefe  von  Uz  in  den  Briefen  deut- 
scher gelehrten  an  -  -  ♦  Klotz ,  hsg.  von  J.  J.  A.  v.  Hagen ,  Halle  1773, 

II,  186-189. 

132.  Ueber  l'zens  portrait  vgl.  ferner  den  135.  136.  und  155.  brief 
und  Petzet  s.  25.  —  Briefe  von  den  Herren  Gleim  und  Jacobi.  Berlin 

1768.  [VIII,  366  s.,  1  bl]  8°;  vgl.  Weinhold,  Boie  s.  18.  —  Bodmers 
Archiv  der  schweizerischen  kritick  von  der  mitte  des  jahrhunderts  bis 
auf  gegenwartige  zeiten.  Erstes  bändchen.  Zürich  1768 ,  vgl.  Bach- 
told,  anmerkungen  s.  193. 

133-  Ueber  Jacobis  canonicat  in  Halberstadt,  vgl.  Martin,  Unge- 
druckte  briefe  von  und  an  J.  G.  Jacobi,  s.  7. 

134.  Bodiner  verspottete  die  briefe  Gleims  und  Jacobis  in  dem  sa- 
tirischen schriftchen  «Von  den  grazien  des  kleinen.    In  der  Schweiz. 

1769.  *  [22  s.]t  vgl.  Bächtold  s.  661. 

135.  Gleim  besuchte  Lauchstädt,  das  modebad  des  jahrhunderts, 
alljährlich  seit  1766,  vgl.  oben  s.  374.  —  Ueber  Anton  Graff  vgl.  Allg. 
deutsche  biographie  9, 565.  —  Jacobis  gedieht  ,An  den  herrn  canonicus 
Gleim  von  .Jacobi.  Halle,  den  Oten  August  1768/  [14  s.]  8°.,  fehlt  bei 
Uoedeke5  IV,  257.  -  Ueber  Wielands  angeblichen  brief  an  Uz  vgl. 


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8.  385.  399;  sein  neuestes  gedieht  ist  Musarion,  oder  die  philosophio 
der  grazien.    Ein  gedieht,  in  drey  büchern.    Leipzig  1768. 

136.  Ueber  Wielands  spätere  bezieh ungen  zu  Uz  vgl.  Sauers  ein- 
leitung.  p.  LX. 

137.  Seine  bekanntschaft  mit  Knebel  schildert  Gleim  selbst  im  fol- 
genden briefe,  vgl.  ferner  Jaro  Pawel,  Gleim  der  freund  und  der  dich- 
ter der  Jugend,  Wien  1894,  s.  33-40.  —  Ueber  die  beaprechung  von  Bod- 
raers  Calliope  (Zürich  1767)  im  15.  bis  20.  stück  der  Lindauer  ausführ- 
lichen und  kritischen  nachrichten  1767  —69  vgl.  Bächtold,  anmerkungen 
s.  192.  —  Ueber  Jacobis  bekämpfung  von  Youngs  „  Nachtgedanken  *  vgl. 
Barnstorff,  Youngs  nachtgedanken  und  ihr  einfluü  auf  die  deutsche  litte- 
ratur,  Bamberg  1895,  s.  81.  -  Gleima  Oden  nach  dem  Horatz,  Berlin  1769. 

138.  Ueber  R.  M.  van  Goens,  professor  in  Utrecht,  vgl.  Gleim-Heinse 
I,  196,  Goethes  briefe  (Weimarische  ausgäbe)  10,  406.  —  Christian  To- 
bias Damm,  rector  am  kölnischen  gymnasium  in  Berlin,  Basilius  Faber, 
rector  in  Erfurt,  und  Johann  Leonhard  Frisch,  rector  am  grauen  kloster 
in  Berlin,  drei  berühmte  philologen,  vgl.  Allg.  deutsche  biographie  4, 
718-6,  488.  8,  43.  -  Ueber  Herders  streit  mit  Klotz  vgl.  den  folgen- 
den brief.  —  Ueber  den  Neuhaldenslebener  bürgermeister  Schulze  vgl. 
zu  nr.  128,  über  Michael  Denis  und  Johann  Gottlieb  Willamov:  GoedekelV, 
109.  103,  über  Johann  Lorenz  Benzler:  Jacobs  in  der  Zeitschrift  des 
Harz  Vereins  27,  1—90.  —  Gleim  war  in  Berlin  im  Juni  1769;  er  schreibt 
von  dort  am  10.  VI.  an  Jacobi  (Martin  s.  51),  am  12.  VI.  an  Scheffner 
(ungedruckt).  —  Ueber  Knebels  Potsdamer  freund,  den  lieutenant  v. 
Byern,  vgl.  Düntzer,  Zur  deutschen  litcratur  und  geschiente  (Nürnberg 
1858),  I,  52.  63;  über  den  gunzen  Potsdamer  dichterkreis  das  Morgen- 
blatt 1830  s.  289,  Knebels  literar.  nachlaß  I  p.  XV.  Preuß,  Friedrich 
der  große  III,  151.326.  —  Die  23.  der  „Oden  nach  dem  Horatz*  (s.  69) 
»An  die  göttin  der  liebe"  stand  schon  in  den  „Briefen  von  den  herren 
Gleim  und  Jacobi«  s.  305.  —  Gleims  „Sinngedichte,  als  manuscript  für 
freunde.  Zu  Berlin  1769."  [64  s.]  8°.  —  Wielands  brief  an  Gleim,  Er- 
furt, den  2.  october  1769  ,  ist  gedruckt  in  den  Ausgewählten  briefen 
von  C.  M.  Wieland,  Zürich  1815,  II,  327.  -  Musarion  ou  la  Philoso- 
phie des  graces.  Poeme  en  trois  chant«  trad.  de  l'alleinand  par  Mr. 
Jean-Juste  R*  [Röthe,  Roehde?].  o.  O.  [Lausanne]  1769.  —  Wielands 
„Selim  und  Selima"  (in  seinen  Erzählungen,  Tübingen  1752,  s.  100) 
übersetzt  von  Cl.  Jos.  Dorat,  Leipzig  et  Paris  1768,  vgl.  Goedeke J  IV, 
197.  —  Daß  Lessing  im  october  1769  in  Braunschweig  war,  um  über 
das  Wolfenbüttler  bibliothecariat  zu  verhandeln ,  wußte  Gleim  durch 
Ebert,  vgl.  Braunsen  weigiset  es  magazin  1895  s.  27.  —  In  Gleims  ge- 
diente „An  den  herrn  canonicus  Jacobi,  als  ein  criticus  wünschte,  daß 
er  aus  seinen  Gedichten  den  Amor  herauslassen  möchte.  Zu  Berlin  im 
may  1769«  heißt  es  s.  12  vom  Amor: 

Vor  welchen  sich  kein  Jesuit,  -  -  - 
Kein  Kaunitz  und  kein  Bernis  hütet! 

33* 


516 


139.  Ueber  Herders  «Kritische  wälder.  Oder  betrachtungen ,  die 
Wissenschaft  und  kunst  des  schönen  betreffend."  Erstes  bis  drittes 
Wäldchen,  1769  und  seinen  streit  mit  Klotz  vgl.  Hayna,  Herder  1,  230  ff. 
—  Petrarcas  Laura  hat  Uz  besungen  in  seinem  liede  „Laura",  Sauer 
nr.  77.  —  Ueber  Julius  Carl  Schlaeger  in  Gotha,  numismatiker  und 
bibliothekar  (1706-  1786)  Tgl.  AUg.  deutsche  biographie  31,327. 

140.  Gleims  gedieht  auf  Petrarca's  Laura  fehlt  bei  den  briefen.  — 
Von  Calau  sind  mehrere  portraits  „gemalt  mit  oel  und  wachs"  in 
Gleims  freundschaftstempel,  vgl.  Körte  s.  442  ff.  —  Jacobis  gedieht 
„Das  lied  der  grazien,  dem  geburtstage  des  herrn  canonicus  Gleim 
gewidmet.  Halberstadt,  den  2ten  Aprill  1770".  [8  s]  8°  fehlt  bei 
Goedeke*  IV,  258;  über  sein  Vorspiel  „Elysium",  das  am  18.  1.  1770 
in  Hannover  aufgeführt  wurde,  vgl.  Martin  s.  9.  —  Ueber  Jacobis  streit 
mit  Gerstenberg  vgl.  Proehle  in  der  Zeitschrift  für  preußische  geschiente 
18,538  und  meine  nachtrage  in  Seufferts  viertel jahrschrift  4, 188.  — 
Wielands  IcoxpaTKjc  uatvojisvoc,  oder  die  dialogen  des  Diogenes  von 
Sinope,  Leipzig  1770;  seine  Beyträge  zur  geheimen  geschieht«  des 
menschlichen  Verstandes  und  herzens,  Leipzig  1770,  sind  gegen  „Hans 
Jacob",  d.  h.  gegen  Jean  Jacques  Rousseau  gerichtet 

141.  Ueber  Nicolai's  Berlocken  vgl.  zum  110.  briefe.  —  Johann 
Georg  Jacobis  sämmtliche  werke  erschienen  in  drei  teilen  Halberstadt 
1770—74.  —  Ueber  Herders  Kritische  wälder  vgl.  zum  139.  briefe. 

142.  Gleim  war  mit  Johann  Georg  Jacobi  im  november  und  de- 
cember  1770  in  Berlin,  vgl.  Gleim-Heinse  I,  10.  221.  —  Horazens  See- 
fahrer: oden  I,  14.  —  Gleims  „Alexis  nnd  Elise.  Drey  gesänge",  Berlin 
1771.  —  Die  grazien,  Leipzig  1770,  preisen  Gleim  und  Jacobi  als 
„Dichter  der  grazien"  vgl.  Gruber,  Wielands  leben  (1837),  2,  620. 
Seinen  besuch  in  Halberstadt  führte  Wieland  erst  im  mai  1775  aus, 
vgl.  Gleim-Heinse  I,  258.  Der  neue  Amadis.  Ein  comisches  gedieht 
in  achtzehn  gesängen,  Leipzig  1771.  —  Der  erste  der  beiden  jüngeren 
künstler  in  Halberstadt  ist  Klamer  Eberhard  Karl  Schmidt,  der  1769 
Fröhliche  gedichte ,  1772  Vermischte  gedichte  und  phantasien  nach 
Petrarka's  manier  herausgab,  vgl.  den  144.  brjef;  der  zweite  ist  nach 
s.  399  C.  F.  Sangerhausen.  —  An  das  publikum  von  Johann  Georg 
Jacobi,  Halberstadt  1771. 

148.  Ueber  das  bildniß  der  Laura  vgl.  brief  139—141.  —  Ueber 
die  nachricht  von  einer  ausgäbe  der  sämmtlicben  werke  Gleims ,  die 
auf  Pränumeration  gedruckt  werden  sollten,  aber  nicht  erschienen 
sind,  vgl  Gleim-Heinse  I,  225.  Ueber  Zachariä's  Pränumeration  oben 
zu  nr.  102  und  109.  —  Briefe  in  versen  von  Christoph  Friederich  Sanger- 
hausen. Halberstadt,  1771.  —  Uzens  brief  an  Riedel  ist  nicht  bekannt, 
vgl.  oben  s.  385. 

144.  Gl  eim  übersendet  seine  Lieder  für  das  Volk,  Halberstadt  1772.  

Der  goldne  Spiegel ,  oder  die  könige  von  Scheschian ,  eine  wahre  ge- 
schiente.  Leipzig  1772.  —  Wieland  an  Gleim,  18.  april  1772  (Ausge- 


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517 


wählte  briefe  III,  117):  „0  Hagedorn!  oUiz!  wo  seyd  ihr?  Was  würdet 
ihr  sagen,  was  sagt  ihr  diesen  Augenblik  zu  den  Zeiten,  in  die  Gleims 
Abend  und  Wielands  Nachmittag  gefallen  ist!"  (nach  dem  original  im 
Gleimarcbiv).  —  Uzens  freund,  dem  Gleim  die  Laura  zu  danken  hatte, 
ist  der  hofkammerrat  Hirsch.  —  Ueber  Klamer  Schmidts  Phantasien 
vgl.  den  142.  brief.  — 

145«  Gleims  scbiitzling,  Johann  Benjamin  Michaelis,  seit  1771  in 
Halberstadt,  wo  er  bereits  am  30.  September  1772  starb,  übersandte 
an  Uz  seine  auf  Pränumeration  herausgegebnen  , .Poetischen  briefe", 
von  denen  der  erste  (Die  gräber  der  dichter)  an  Gleim,  der  vierte 
(Unsre  bestimmung)  an  dz  gerichtet  ist.  Uz  antwortete  in  folgenden 
ungedruckten  briefen,  die  sich  im  Gleimarchiv  (manuscript  13)  befinden: 

Mein  tbeuerster  Herr, 
Ihr  gedruckter  Brief,  die  Ausgabe  einiger  neüer  Gedichte  betr. 
ist  mit  den  3^p  dieses  erst  zugekommen.  So  sehr  ich  wünsche,  auch 
meines  Orts  diese  Ausgabe  zu  befördern,  da  ich  Sie  schon  längst  hoch- 
schätze, so  fest  ist  gleichwohl  bey  mir  beschloßen,  mich  mit  den  Prä- 
numerations-Sachen  nicht  mehr  abzugeben.  Inzwischen  hat  HE.  Hof- 
Cammer- Rath  Hirsch,  mein  Frefind  und  auch  Ihrer  Muse  besonderer 
Freünd,  der  jungen  aufblühenden  Genies  gerne  forthilft,  sich  erbotten, 
dieses  Geschäft  zu  übernehmen.  Er  überschickt  hiebey  Einen  Louisd'or, 
und  Sie  werden  die  allenfallsige  Quittung,  wie  auch  künftig  von  Zeit 
zu  Zeit  die  Exemplarien  bloß  an  Ihn  zu  übermachen  belieben.  Von 
Ihm  erhalte  ich  auch  mein  Exemplar.  Empfehlen  Sie  mich  unserm 
liebenswürdigen  Gleim,  und  bleiben  auch  Sie  mein  Freünd.  Ich  bin  mit 
wahrer  Hochachtung 

Ihr 

gehorsamster 

Uz. 

Mein  theuerster  Herr. 

Ich  danke  Ihnen  mit  aufrichtiger  Hochachtung,  daß  Sie  Ihrer  schö- 
nen Epistel  von  unserer  Bestimmung  meinen  Nahmen  vorsetzen  wollen. 

Es  ist  mir  wahre  Ehre,  von  einem  Michaelis  geachtet  zu  werden, 
auf  den  Deutschland ,  als  auf  einen  seiner  besten  und  noch  viel  ver- 
sprechenden Dichter,  sieht.  Die  Ausführung  Ihres  schweren  Thema 
ist  wohl  gerathen  und  genugthuend;  die  Schilderung  unser«  Freündes 
entzückend  und  diesem  vortrefflichen  Manne  rühmlich.  Die  Schreibart, 
den  Anfang  ausgenommen,  hat  mehr  Leichtigkeit,  als  einige  der  vorigen 
Episteln.  Ein  Freünd  von  Gleim  und  Wieland  darf  in  seiner  Schreibart 
nicht  gekünstelt  und  dunkel  seyn.  Verzeihen  Sie  meine  Bemerkung, 
die  bloß  ein  Wunsch,  Ihnen  die  härtern  Erinnerungen  der  Öffentlichen 
Kritik  zu  ersparen,  mir  abgezwungen  hat. 

Ich  sehe  Ihrer  neüen  Epistel  mit  Verlangen  entgegen.  Herr  Hof« 
CammerRath  Hirsch  empfiehlt  sich  Ihnen  aufs  beste,  und  schreibt  bloß 


M8 


aus  der  Ursache  nicht,  weil  er  Sie  mit  einem  leeren  Briefe  nicht  be- 
senwehren mag. 

Ich  bin  mit  wahrer  Hochachtung 


146.  Gleima  „Trauerbrief4'  über  den  tod  von  Michaelis  ist  nicht 
erhalten;  vgl.  Keine  gedichte  darüber  in  den  von  C.  II.  Schmid  herausgege- 
benen Poetischen  werken  von  Michaeli*,  Giesen  1780,  p.  LIII  f.  —  Uetar 
Uzens  Horazübersetzung  (Die  werke  des  Horaz,  nus  dem  lateinischen 
übersetzt.  Drei  theile.  Anspach,  Posch,  1773 — 75)  mit  Junckheim  und 
Hirsch  vgl.  Sauers  einlcitung  p.  LXXI  tf.  Das  Goethe-  und  Schill*  r- 
archiv  besitzt  eine  unvollständige  Übersetzung  Uzens  von  oden  III,  29 
(,,Uer  du  von  Tyrrheniens  Königin  abstammest,  Macen")  aus  älterer 
zeit.  —  Das  erste  quartalsheft  den  Teut sehen  merkur  erschien  ostern  1773 

147.  Das  neue  von  Gleims  muse,  womit  er  seine  freunde  überraschen 
wollte,  Rind  die  Gedichte  nach  den  Minnesingern,  Herlin  1773,  zum 
besten  der  beiden  Schwestern  von  J.  B.  Michaelis  gedruckt.  —  Der 
erbprinz  Karl  Wilhelm  Ferdinand  von  Braunscnweig  war  chef  des  in 
Halberstadt  garnisonirenden  infanterie-regiments. 

148.  Halladat  oder  das  rothe  buch.  1774.  Hamburg,  gedruckt 
bey  Bode.  Die  von  Gleims  citirten  verse  „Wenn  unter  deinen  Hrüdern 
einer  ist"  stehen  auf  e.  75  in  der  neunten  iure  des  zweiten  buche.  — 
Uebcr  Klopstocks  reise  nach  Karlsruhe  zum  markgrafen  Karl  Friedrich 
von  Baden  im  September  1774  vgl.  Muncker,  Klopstock  s.  467;  über 
die  subscription  auf  seine  „deutsche  Gelehrtenrcpublik"  (Hamburg  1774; 
ebda.  s.  443.  —  Die  einzige  freundin  der  musen  in  Ansbach  war  nach 
s.  406  die  Irau  obermarschallin  v.  Altenslein  —  Ueber  den  dichter 
Eberhard  Friedrich  und  den  gesandten,  freiherrn  v.  Gemmingen  vgl. 
zum  84.  briefe.  —  Ueber  Gleims  zusammentreffen  mit  Iiamler  bei 
C.  F.  Weisse  im  juli  1774  vgl.  Minor,  Weisse  s.  324.  Ueber  Ramlera 
Lyrische  bluhmenlesc  (Leipzig  1774)  und  das  einzige  darin  aufge- 
nommene Gleimsche  gedieht  „Der  Greis"  (buch  V  nr.  61)  spricht  sich 
Gleim  auch  Heinse  gegenüber  entrüstet  aus,  vgl.  Gleim-Heinse  I,  205. 
258.  —  Ueber  Wielands  besuch  in  Halberstadt  vom  11.  bis  23.  mai 
1775  vgl.  Gleim-Heinse  I,  253,  Böttiger,  Literarische  zustände  und  Zeit- 
genossen I,  242,  Herrigs  archiv  69,  20. 

149.  Wielands  anzeige  von  Gleims  Halladat  im  Teutschen  merkur 
1775,  jnni,  b.  281—285,  vgl.  Körte,  Gleims  leben  s.  521. 

150.  Ueber  die  Leipziger  Bibliothek  der  schönen  Wissenschaften, 
vgl.  Minor,  Weisse  s.  298  ff. 

151.  Ueber  Ernst  Samuel  Jacob  Borchward,  der  am  10.  juli  1776 
in  Berlin  starb,  vgl.  Allg.  deutsche  biograpliie  III,  156  und  oben  s.  126. 
—  Ueber  Gleims  reise  nach  Magdeburg  und  Berlin  im  juui  1776  vgl. 


Ihr 


Anspach 
den  23.  May  1772. 


aufrichtiger  Freund 
und  Diener 

Uz 


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519 


Gloim-Heinse  II,  39.  — Hier  die  einzige  er  wäbnung  Goethes  in  unserni 
briefwecbsel !  —  Ueber  Johann  Georg  Jacobi's  Iris ,  die  seit  october 
1774  erschien,  vgl.  Gocdeke*  IV,  258. 

152.  Die  neue  romanze,  die  Gleim  mit  nr.  151  uberschickt  hatte, 
ist :  Das  schöne  weibchen.  Kleine  romanze.  Zwanzig  exemplare  für 
freunde.  1776. 

158.  Der  von  Gleim  erwähnte  graf  von  Platen  ist  der  vater  des 
dichters,  der  markgräflieb  Ansbacbiscbe  oberforstmeister  August  Philipp 
graf  von  Platen-Hallermünde,  der  von  Hannover  aus,  wo  er  in  mili- 
tärischer Stellung  war,  nach  Ansbach  übersiedelte;  vgl.  den  46  .Jahres- 
bericht des  historischen  Vereins  für  Mittelfranken  s.  2.  —  Der  Übersetzer 
von  Cervantes,  Die  drangsale  des  Persiles  und  der  8igismunda,  1782, 
ist  Friedrich  Julius  Heinrich  reichsgraf  von  Soden,  vgl.  Goedeke2  V, 
260.  —  Ueber  Gleims  kriegeslieder  von  1778/7J  vgl.  Goedeke*  IV,  41  ; 
es  fehlen  dort  folgende  drucke:  Kriegs-Gesetz  der  Preussen  und  der 
Sachsen.  Berlin  und  Dresden  1778.  [16  s  ]  8°  und  Das  Preußische  Krieges- 
fest. Von  einem  Grenadier.  Berlin,  1778.  Gedruckt  bey  G.  Z.  Winters 
Wittwe.  [8  s.  und  7  s.  melodien]  8°.  —  Ueber  Gleims  Lieder  der  liebe. 
177a  o.  0.  [24  s.]  8°  vgl.  Goedeke2  IV,  759.  —  Gedichte  nach  Walter 
von  der  Vogelweide.  1779.  o-  0.  [56  s.]  8°,  „dem  vater  Bodmer  ge- 
widmet". —  Das  rothe  buch.  Dritter  theil.  o.  0.  u.  J.  [40  s.]  8°.  — 
Unter  den  zahlreichen  nachdrucken  von  Gleims  werken  ist  auch  folgender : 
„Sämmtliche  Schriften  des  herrn  F.  W.  Gleims.  Theil  I—  IX.  Neue  und 
verbesserte  aufläge.  1779."  o.  0.  —  Preußische  kriegslieder  in  den  feld- 
zügen  1756.  und  1757.  von  einem  grenadier.  Mit  neuen  melodien.  Berlin, 
1778.  Ueber  den  componisten  Johann  Heinrich  Rolle  vgl.  W.  Kawerau, 
Aus  Magdeburgs  Vergangenheit,  Halle  1886,  s.  177  (F.  —  Klamer  Schmidts 
Komische  und  humoristische  dichtungen  erschienen  erst  1802  in  Berlin; 
der  Halberstädtische  almanach  ist  nicht  zu  stände  gekommen.  —  Die 
beilage  an  Bodmer,  die  Uz  mit  einem  briefe  weiterbeförderte  (vgl.  s.  414), 
war  ein  ezemplar  der  ihm  gewidmeten  „Gedichte  nach  Walter  von  der 
Vogel  weide",  vgl.  Briefe  der  Schweizer  s.  451. 

154.  Ueber  Uzens  sorge  für  die  briefe  seiner  freunde  vgl.  den  177. 
brief.  —  Uzens  mutter  Elisabeth,  geb.  Reisenleiter,  war  demnach  im 
jähre  1691  geboren;  über  seine  ihn  überlebende  Schwester  vgl.  den  an- 
hang.  —  Ueber  J.  G.  Jacobi's  weiteres  Schicksal  vgl.  zum  163.  briefe. 
—  Uzens  brief  an  Bodmer  vom  7.  januar  1780  vgl.  Sauer  p.  LXI  und 
Dombart ,  46.  jahresbericht  des  historischen  Vereins  für  Mittelfranken 
s.  13. 

155.  Ueber  Uzens  portrait  vgl.  den  folgenden  brief.  —  Ueber  den 
inaler  Eich  (1716—78)  vgl.  Gleitn-Heinse  II,  106  und  Körte,  Gleims 
leben  s.  451;  über  Heinse  den  folgenden  brief.  —  Ueber  Gottlob  Na- 
thanael  Fischer,  rector  des  Martinenms  zu  Halberstadt,  vgl.  Allg. 
deutsche  biographie  7,  68.  —  Johannes  von  Müller,  der  große  geschichts- 
schreiber ,  besuchte  Gleim  im  September  1780  auf  seiner  reise  nach 


520 


Berlin,  vgl.  Briefe  zwischen  Gleim,  Heinse  und  J.  v.  Muller,  Zürich 
1806,  II,  8. 

156.  Uzens  portrait,  „gemalt  1780,  von  J.  M.  Schwabede"  befindet 
sich  noch  jetzt  im  Gleimhause  zu  Halberstadt,  vgl.  Körte,  Gleims  leben 
8.  439.  BauBes  stich  ist  wiederholt  vor  C.  F.  Weisses  Prachtausgabe 
der  sftmrutlichen  werke  von  Uz  (Wien  1804)  und  vor  Petzet's  biographie.  — 
Ueber  Beinsea  besuch  bei  Uz  im  juli  1772  vgl.  Gleim-Heinse  I,  85.  —  Bod- 
mers  antwort  an  Uz  von  ende  januar  1780  bat  Dombartim  46.  Jahresbericht 
des  historischen  Vereins  für  Mittel  franken  8. 14  f.  nach  dem  Halberstädter 
original  veröffentlicht.  —  „Hirzel  an  Gleim  Ober  Sulzer,  den  Welt- 
weisen" erschien  1779  in  Zürich. 

157.  Ueber  die  bearbeitung  des  Ansbachischen  gesangbuchs  durch 
Junckheim  und  Uz  vgl.  Petzet  s.  80  ff.,  Sauer  s.  LXXIII.  —  Anakreons 
lieder.  Aus  dem  griechischen,  von  Johann  Friederich  Degen.  Ansbach, 
1782.  —  Götz  starb  am  4.  november  1781,  Lessing  am  15.  februar  1781. 

—  Ueber  Johann  Heinrich  Wasers  hinrichtung  am  27.  mai  1780  (vgl. 
Allg.  deutsche  biographie  41,222)  hat  Gleim  wichtige  nach  richten  ge- 
sammelt und  an  Scblözer  gesandt,  der  sie  in  seinem  Briefwechsel  ab- 
druckte. —  Leasings  feind  „Götz"  ist  natürlich  der  Hamburger  baupt- 
pastor  Johann  Melchior  Goeze. 

158.  Der  Almanach  der  Bellettristen  und  Bellettriatinnen  für« 
Jahr  1782.  Ulietea  [Berlin]  ist  von  Joachim  Christoph  Friedrich  Schulz, 
vgl.  Goedeke2  IV,  354.  —  Ueber  die  herausgäbe  von  J.  N.  Götzens  ge- 
dienten durch  seinen  söhn  Gottlieb  Christian  und  Ramler  vgl.  Deutsche 
litteraturdenkmale  42,  XI. 

159.  Leonhard  Meister:  Ueber  Bodmern,  nebst  Fragmenten  aus  seinen 
Briefen.  Zürich,  1783.  —  Ueber  Herders  besuch  bei  Gleim  im  mai  1788 
vgl.  Haym  II,  188. 

160.  Das  original  des  zu  nr.  156  erwähnten  b  rief  es  von  Bodiner 
an  üz  ist  im  Gleimarchive  verblieben.  —  Gleim  zog  sich  durch  die  her- 
ausgäbe der  Briefe  von  herrn  Spalding  an  herrn  Gleim,  Frankfurt  und 
Leipzig  1771,  vielen  verdruß  zu,  vgl.  Gleim-Heinse  I,  221.  —  Herder: 
„Vom  Geist  der  ebrai  sehen  Poesie"  Dessau  1782—83. 

161.  Episteln,  von  J.  W.  L.  Gleim.  Originalausgabe.  Leipzig  1785. 

—  Gleims  lieblingsbruder  Mathias  Leberecht  Caspar,  preußischer  oberamt- 
mann  zu  Berge  bei  Nauen,  starb  am  21.  december  1783,  vgl.  Gleim- 
Heinse  II,  232.  —  Heisegespräch  des  königs  im  Jahre  1779  .  .  .  vom 
Verfasser  der  preußischen  kriegeslieder  am  geburUtage  des  landesvaters 
im  jabr  1784.  Halberstadt. 

162.  Poetische  briefe  [von  Klamer  Eberhard  Karl  Schmidt],  Dessau 
1782. 

163.  Daß  Uz  mit  Junckheim  an  einer  kirchenagenda  arbeite  ver- 
neint er  selbst  im  folgenden  briefe.  —  Johann  Georg  Jacobi  ward  1784 
als  der  erste  protestant  an  die  Universität  Freiburg  berufen,  vgl.  Gleim- 
Heinse  II,  234.  —  Ueber  Heinrich  Wilhelm  von  Stamford  vgl.  Proehle, 


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521 


Allg.  deutsche  biograpbie  35,424.  —  Ramlers  „Lyrische  Bluhmenlese" 
buch  VI— IX  erschien  1778,  seine  «Fabellese*  1783  in  Leipzig  bei  Reich  ; 
über  die  herausgäbe  der  Götzischen  gediente  (Mannheim  1785)  vgl. 
Deutsche  litteraturdenkmale  42,  XI  f. 

164.  Joh.  Georg  Meusel,  Das  gelehrte  Teutschland  oder  lexikon 
der  jetzt  lebenden  deutschen  Schriftsteller,  5.  aufläge,  Lemgo  1796  ff. 

165.  Ueber  Gleims  audienz  bei  Friedrich  dem  großen  am  22.  de- 
cember  1785  vgl.  Körte  s.  220;  über  den  hut  des  königs,  den  ihm  der 
herzog  Friedrich  August  von  Braunschweig-Oels  schenkte ,  ebda.  222, 
233 ;  Gleims  brief  an  Friedrich  Wilhelm  II.  und  dessen  antwort  ebda. 
228  f.  —  Der  tod  des  herzogs  Leopold  von  Braunschweig  am  27.  april 
1785  rief  eine  unzahl  von  gedichten  hervor,  vgl.  M.  Bernays ,  Zur  er- 
innerung  an  herzog  Leopold  von  Braunschweig  (Schriften  zur  kritik 
und  litteraturgeschichte  II,  137). 

1C6*  Ueber  sein  Gesprach  mit  Friedrich  dem  großen  hat  Gleim 
erst  1795  und  nur  in  einer  kurzen  versificirten  erzäblung  berichtet, 
vgl.  Körte  6.  221.  —  Friedrich  Wilhelm  II.  verlieh  alsbald  nach  seinem 
regierungsan tritt  Hamler  eine  pension  von  800  thalern.  —  Die  goldnen 
sprüche  des  Pythagoras.  Aus  dem  griechischen.  Nebst  einem  anbang 
von  Gleim.  Halberstadt  1786.  -  Herders  Zerstreute  blätter,  I.— VI. 
Sammlung,  Gotha  1785—97.  —  Wielands  Lucianübersetzung  erschien 
in  6  bänden  1788-89  in  Leipzig. 

167«  Eine  Zusammenstellung  von  Herders  Übersetzungen  aus  der 
griechischen  anthologie  mit  den  originalen  in  der  Neuen  allg.  deutschen 
bibliothek  75,  2,  382. 

168.  Die  „Fabeln  von  Gleim.  Original- Ausgabe.  Berlin,  1786", 
von  Benzler  herausgegeben  (vgl.  Gleim-Heinse  2,  181),  beginnen  mit 
einer  dedication  an  den  prinzen  Friedrich  Wilhelm,  ältesten  söhn  des 
prinzen  von  Preußen.  —  Ueber  Ramlers  Fabellese  vgl.  den  163.  brief. 

170.  Ueber  Gleims  Selbstverlag  vgl.  Körte,  Gleims  leben  s.  327—332. 

—  Freudenlied,  gesungen  im  lande  der  Preussen  1786;  Oden  von  J. 
W.  L.  Gleim  1787.  —  Ueber  den  grafen  von  Castell  und  seinen  hof- 
meister  Heinrich  Stephani  vgl.  Goethe- Jahrbuch  19,  26.  —  Gleims 
bruder  Friedrich  Ludwig  Lorenz,  hofapotheker  zu  Marburg,  starb  1787. 

171.  Oden  von  Johann  Wilhelm  Ludwig  Gleim.  Seit  dem  4ten 
august  1786  ehrenmitglied  der  königlich  preußischen  academic  der 
künste  und  mechanischen  Wissenschaften.  Berlin,  1787.  Bei  Friedrich 
Maurer.  [8  bl  ]  8°.  —  Uzens  antwort  an  Alxinger  vom  12.  juni  1787 
ist  abgedruckt  in  Hoffmann«  v.  Fallersleben  Findlingen,  Leipzig  1860, 
heft  3,  s.  304.  -  Ueber  Wilhelm  Ludwig  Wekhrlin's  Zeitschrift  „Das 
graue  Ungeheuer",  o.  O.  [Nürnberg]  1784-87,  vgl.  Goedeke*  IV,  332. 

—  Ueber  den  capellmeister  Johann  Gottlieb  Naumann  vgl.  Allg.  deut- 
sche biographie  23,  306. 

172.  Vor  diesen  brief  fällt  ein  schreiben  von  Uz  an  C.  F.  Weigse 
vom  7.  april  1790,  vgl.  die  ausgäbe  seiner  Poetischen  werke  Wien  1804, 


522 


I,  p.  VIII.  —  Ueber  Christoph  August  Tiedge's  beziehungen  zu  Gleim 
Tel.  Kern,  Beiträge  xu  einer  Charakteristik  des  dichter«  Tiedge,  Berlin 
H>5;  Reine  Episteln,  erster  tbeil,  erschienen  1796  in  Göttingen. 

173.  Gleim  übersendet  mit  diesem  briefe,  wie  an  demselben  tage 
an  Herder  (Von  nnd  an  Herder  I,  149).  die  „Zeitgedichte  vom  alten 
Gleim.  Als  handschrift  für  freunde.  17V2."  o.  0.  [64  s.]  S*.  —  Ueber 
«eine  erste  bekanntschaft  mit  Ui  im  Rengerschen  buchladen  zu  Halle 
vltI.  Körte,  Gleims  leben  s.  19.  —  Der  niark^raf  Alexander  Ton  An*- 
b  ich- Bai  reu  tu  trat  1792  sein  land  an  Preußen  ab;  über  den  minister  K. 
A.  von  Hardenberg  Tgl.  xum  180.  briefe.  —  „Dingerlenre"  ==  Philosophie. 

174.  Benedict  Friedrich  Haueisen,  commerzien-commissarius  und 
hotbuchbändler  in  Ansbach,  war  Verleger  Ton  Uzens  Horazfibersetzung. 

175.  Ueber  MatthLssons  heeach  in  Halberstadt  Tgl.  seine  Schriften, 
Zürich  1825,  III,  292  ff  —  Ueber  Vossens  zehntägigen  besuch  im  mai 
1794  vgl.  Herbst,  J.H.  Voss,  II.  1, 161.  —  Ueber  Herders  achttägigen  besuch 
im  juni  1794  Tgl.  H»ym,  Herder,  II,  589.  —  Jens  Baggesen:  Goedeke'  VI. 
161.— Gleim  übersendet  seine  letzte  größere gedichUammlung „Das Hütt- 
chen. Halberstadt  gedruckt  bey  Johann  Christoph  Dölle  1794".  [128s.]  &• 

176.  Ueber  Herders  besuch  bei  Uz  im  august  1788  vgl.  Hayra  II, 
399,  ferner  seine  briefe  an  Knebel  vom  21.  august  1788  (Knebels  Litter. 
nacblaG  II,  243)  und  an  Gleim  vom  4.  october  1794  (Von  und  an 
Herder  I,  183). 

177.  In  ähnlicher  weise  lieferte  Uz  die  briefe  von  Christian  Felix 
Weisse  am  10  februar  1795  an  den  alten  freund  zurück,  Tgl.  die  Wiener 
anhabe  seiner  Poetischen  werke  von  1804,  I,  p.  V  und  unsere  einlei- 
tung  p.  VIII. 

178.  Der  nahe  an  verwandte  Gleims,  der  Verwahrer  seines  nachlasse* 
werden  sollte,  ist  sein  groGneffe  Wilhelm  Körte,  dem  Klamer  Schmidt 
als  litterarischer  bei  rat  zur  seite  gestellt  war,  vgl.  Martin,  Quellen 
und  forschungen  II,  89.  —  Gleims  briefwechsel  mit  Lessing  wurde 
von  Kschrnburg  1794  in  Berlin,  zugleich  als  29.  teil  von  Leasings  Sämmt- 
lichen  schritten,  herausgegeben.  —  Fabeln  für  das  Jahr  1795.  Gedruckt 
im  Februar.  1795  o.  0.;  Nesseln  auf  Gräber.  1795.  o.  0.  —  Das  andenken 
an  den  domdeebanten  freiherrn  Spiegel  zum  Desenberge  (vgl.  zu  nr.  88) 
wurde  alljährlich  durch  eine  „Spiegel feier"  am  22.  mai  erneuert,  zu 
dem  zahlreiche  gedichte  in  eiuzeldrucken  erschienen. 

179.  Nach  diesem  briefe  wäre  nr.  177  gar  nicht  oder  erst  sehr 
verspätet  in  Gleims  bände  gelangt. 

180.  Vgl.  nr.  178.  —  Johann  Georg  Schlosser  schied  1794  aus  dem 
dienste  des  markgrafen  Karl  Friedrich  von  Baden  aus  und  lebte  von 
august  1794  bis  mai  1796  in  Ansbach,  vgl.  Gothein ,  J.  G.  Schlosser 
als  badi>cher  beamter,  Heidelberg  1899.  Ueber  seine  Übersetzung  „Plato's 
briefe,  nebst  einer  historischen  einleitung  und  anmerkungen.  Königs- 
berg, 1795"  vgl.  Nicolovius,  J.  G.  Schlossers  leben  und  literarisches 
wirken,  Bonn  1841,  s.  248.  —  Ueber  Herders  streit  mit  Friedrich  August 


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523 


Wolf  wegen  der  „Prologomena  ad  Homerum"  des  letztern  und  Herders 
aufsatz  „Homer  ein  günstling  der  zeit"  in  Sch  iiiers  Hören  vgl.  Haym, 
Herder  II,  596 ff",  und  Bernays  einleitung  zu  Goethes  briefen  an  F.  A.  Wolf, 
Berlin  1868.  —  Das  Etwas  seiner  greisen  muse  ist  wohl  Gleims  „Gesang 
am  geburtstage  des  königs  -  -  -  Den  25.  Sept.  1795".  —  Terpsichore.  Erster 
bis  dritter  thei! ,  Lübeck  1795—96,  die  Übersetzung  Jacob  Baldes  ent- 
haltend, vgl.  Haym ,  Herder  II,  516  ff.  —  Ueber  Karl  August  fürst 
von  Hardenberg  und  seine  Stellung  in  Ansbach  vgl.  Allg.  deutsche 
biographie  10,  573. 

181.  Im  „Musen- Almanach  fürs  Jahr  1796.  Herausgegeben  von 
Johann  Heinrich  Voß.  Haniburg  bei  Carl  Ernst  Bobn"  steht  s.  16 — 18 
„Das  lied  der  neun  inusen.  An  Gleim,  (den  2.  Aprill  1795.)"  von 
Klamer  Schmidt ;  gedichte  von  Gleim  selbst  enthält  der  almannch 
zwölf.  —  Das  citat  aus  Hornz  oden,  üb.  I.  31,  17—20.  —  Uz  dankt 
für  Herders  Zusendung  der  ersten  zwei  bände  der  Terpsichore  am  2.  juni 
1795,  vgl.  Haym  II,  400.   

Acht  wochen  nach  diesem  letzten  briefc ,  am  12.  mai  1796,  starb 
Uz  im  76.  lebensjahre.  Gleim  erhielt  die  erste  künde  davon  durch 
Goethes  schwager  Johann  Georg  Schlosser,  mit  dem  er  seit  1771  in 
corresjiondenz  stand;  dieser  war  1794  von  Karlsruhe  nach  Ansbach 
übergesiedelt  (vgl.  oben  zu  nr.  180)  und  schrieb  von  dort  folgendes 
an  Gleim  : 

«Ansbach  den  13  May  96 
«Es  schmerzt  mich  sehr,  Verehrtester  Gleim,  daß  ich,  in  dem  ersten 
Brief  den  ich  Ihnen  nach  wohl  Dreysig  Jahren  schreibe,  Ihnen  eine 
traurige  Nachricht  schreiben  muß.  Utz  ist  todt.  Vorgestern  hörte  ich 
daß  er  am  Dienstag  mit  einem  Schleimfieber  befallen  worden  wäre. 
Ich  gieng  gleich  zu  ihm  und  fand  ihn  schon  beynahe  todt,  wenigstens 
ohne  Bewustseyn,  und  Abends  um  7.  Uhr  ist  er  gestorben.  Sein  Nähme 
als  Dichter  ist  weiter,  aber  nicht  schöner  bekant  als  sein  Menschen- 
wert. Hier  steht  er  in  sehr  schönem  Huf.  Jeder  man  lobt  ihn  als  einen 
gerechten  und  gelehrten  Richter ,  und  als  einen  sehr  guten  Menschen. 
Es  thut  mir  wehe  daß  ich  seinen  Todt  hier  noch  erlebt  habe,  denn  ich 
freute  mich  seiner  Bekantschaft  und  seiner  Liebe  gegen  mich,  obgleich 
sein  Genie  und  sein  Geist  schon  sehr  gedrukt  war.  —  In  4  Tagen  reise 
ich  ab  von  hier.  Warum  ist  Ihr  Halberstadt  nicht  mehr  an  meinem 
Weg?  Oder  warum  ruft  Sie  um  diese  Zeit  nichts  nach  Braunscliweig 
oder  Hamburg?  Ich  hoffe  den  7.  Junius  in  Braunschw:  zu  seyn,  den 
9tcn — 12.  in  Hamburg.  Da  wird  auch  Friz  Jakobi  seyn!  Leben  Sic 
wohl!  Ich  weis  daß  Sie  um  Utz  trauern:  Er  blühte  so  lieblich  in  sei- 
nem Frühling,  und  trug  so  reichlich  Früchte  biß  in  seinen  spatesten 
Winter.  Wohl  uns,  Liebster  Gleim,  wenn  unsre  Freunde  auch  das  an 
unserm  engen  Haus  sagen  können  und  fühlen.  Immer 

Ihr 

Schlosser" 

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524 


Gleim  knüpfte  alsbald  mit  Uzens  hinterlassener  Schwester,  von  der 
in  ihren  briefon  so  oft  die  rede  gewesen  war,  einen  brief Wechsel  an, 
der  sein  warmes  freundschaftliches  herz  im  schönsten  lichte  erscheinen 
läßt.  Wir  lassen  ihn  hier  als  nachklang  zu  der  correspondeni  der 
beiden  freunde  folgen. 

Gleim  an  Esther  Sophia  Uz. 

Halberstadt  den  Slj^  Jul.  1796. 
Haben  Sie,  Schwester  meines  seeligen  Freundes,  doch  die  Güte,  von 
den  Buchern,  die  mein  seeliger  Freund  am  meisten  geliebt,  gelesen 
und  in  seinen  heiligen  Händen  gehabt  hat,  seinen  Horatz  zum  Exempel, 
einige  zum  Andenken  in  meine  FamilienBibliothek  zu  überlaßen! 
Setzen  Sie  die  Preise  selbst!  — 

Und  wenn  etwa  diese  Bücher  verkauft  werden ,  und  Verzeichniße 
zum  Vorschein  kommen  sollten,  so  bitt'  ich  solche  mir  zu  übersenden! 
Hier  sagt  man,  das  dortige  lesende  Publicum  wolle  dem  seeligen  großen 
Mann  ein  ihm  würdiges  Monument  errichten  laßen!  Ists  wahr? 

Ich  bin  mit  großer  Hochachtung  von  der  Schwester  meines  see- 
ligen Freundes 

der  ganz  ergebenste 

Freund  und  Diener 
der  Canonicus  Gleim. 


Esther  Sophia  Uz  an  Gleim. 
Eüer  Wolgebohrn 

Verzeihen  gütigst  daß  Dero  geehrtes  Schreiben  vom  31^  July  so 
lange  unbeantwortet  geblieben  ist. 

Schmerz  und  Schrecken  Über  den  so  schnell  —  so  wider  alle  Er- 
wartung leider  plözlich!  durch  einen  Schlag,  sehr  sanfft  erfolgten 
Tod  meines  Beel.  Bruders  haben  mir  eine  Zeit  lang  fast  alle  Faßung 
benommen,  und  die  darauf  erfolgte  Unruhe,  Vielerlei  Geschaffte  und 
Zerstreuungen  mich  kaum  zu  mir  selbst  kommen  laßen. 

Mein  unvergeßlicher  Bruder  hat  von  seinen  ältesten  Verehrtesten 
Freund  zu  Halberstadt,  von  seinen  liebsten  berühmten  Gleim  so  offt 
gesprochen,  und  so  viel  Rühmliches  gesagt,  daß  es  mir  die  angenehmste 
Pflicht  seyn  wird,  Euer  Wolgebohrn  Verlangen  zu  entsprechen  und 
Ihnen  einige  Bücher  zum  Andenken  in  Dero  Familien Bibliothec  zu  über- 
senden .  wann  ich  nur  wüste  welche  davon  Sie  am  liebsten  haben 
mögten  :  —  indeme  mir  von  denenjenigen  sonderheitlich  welche  mein 
seel.  Bruder  am  meisten  geliebt  und  geleßen  so  vorzüglich  eben  nicht 
bekannt  sind,  als  weniger  bekannt  ich  mit  einer  Lieblings-Außgabe 
des  Horaz  von  selbigen  bin. 


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525 


Er  war  stets  gewohnt,  Bich  die  besten  neuen  Bücher  welche  die 
Deutsche  Litteratur  und  die  wichtigste  Ereigniße  des  Zeitalters  betrafleu, 
gleich  bei  ihrer  Erscheinung  anzuschaffen ,  und  das  Leßen  Derselben 
machte  eine  seiner  liebsten  und  angenehmsten  Erholungen  bei  seinen 
ohnehin  Vielen  AmtsGeschäfften  aus. 

Ich  habe  biß  anhero  immer  gehofft  meinem  Schreiben  sogleich  das 
Bücher  Verzeichniß  beilegen  zu  können  (Welche  Bücher  ich  im  ganzen 
so  fort  überhaubts  zu  verkauften  gedenke,  wann  sich  ein  annehmlicher 
Liebhaber  woran  ich  Jedoch  bei  gegenwärtiger  Epoche  sehr  zweifle, 
vorfände)  Dieß  Verzeichniß  ist  zwar  geferttiget  aber  noch  nicht  ins 
Reine  geschrieben  :  So  bald  dieß  geschehen  werde  ich  solches  ungesäumt 
übersenden,  und  Dero  eigenen  Auswal  überlaßen,  was  davon  anständig 
seyn  wird. 

Was  Euer  Wolgebohrn  in  Ansehung  des  sich  Verbreiteten  Ge- 
rüchts eines  meines  seel.  Bruders  zu  errichtenden  Monumments  zu  er- 
wehnen  beliebten ,  muß  ich  zur  Zeit  ganz  unberichtiget  laßen  —  be- 
kanntlich ist  Jener  in  seinen  Leben  vorhin  schon  weit  entfernt  von  allen 
Prunck  geweßen.  

Möchten  doch  Jene  freundschaftlichen  Gefühle  welche  Euer  Wol- 
gebohrn sich  als  bleibende  Denkmale  um  meines  seel.  Bruders  erwar- 
ben, auch  Fortdauer  ihres  schäzbaren  Wolwollens  und  Gewogenheit 
für  mich  werden.  

Ansbach  den  17.  Nov.  1796.  Esther  Sophia  Uz. 


Gleim  an  Esther  Sophia  Uz. 

Halberstadt  den         Nov.  1796. 
Sie,  Schwester  meines  seeligen  Freundes,  sind  meine  Freundin! 
Also  darf  ich  die  Sprache  der  Freundschaft  mit  Ihnen  reden! 
Also  bitt*  ich,  Freundin!  mir  zu  sagen,  ob  mein  seeliger  Freund 
so  viel  als  zu  Ihrem  Wohlseyn  nöthig  ist,  Ihnen  hinterlaßen  habe? 
Hienächst  bitt*  ich  um  Nachricht: 

Wie  viel  Sie  für  den  Büchernachlaß  meines  seeligen  Freundes  ver- 
langen ? 

Vielleicht  daß  in  unsrer  Gegend  ein  Liebhaber  sich  findet;  ich 
wäre  dieser  Liebhaber,  glaubt  ich  nicht,  daß,  weil  wir  gleiche  Lieb- 
haberey  hatten,  ich  alle  die  Bücher,  die  mein  seel.  Freund  nachgelaßen 
hat,  schon  haben  werde. 

Senden  Sie  nur  das  Verzeichniß ,  dann  werden  wir  sehn :  Senden 
Sies  bald,  ich  bin  auch  alt,  was  wir  thun  wollen,  müßen  wir  bald  thun. 

Ihr 

ergebenster  Freund  und 
Diener 

Gleim. 


526 

Esther  Sophie  üz  an  Gleim 
Euer  Hochwohl ffeLohrn 
werden,  wie  ich  hoffe,  mein  gehorsamstes  Antwortschreiben  vom  Monat 
Novembr.  v.  J.  erhalten  haben.    Nach  deOen  Abgang  kam  mir  aber 
ein  anderweit  geehrtes: er  Erlaß  von  Denenselben  zu. 

Dieser  gab  mir  d.i*  e-b-l-te  Gefühl  der  Freundschaft  für  meinen 
seel.  Bruder  und  för  mich,  als  deßen  nachgebliebene  einzige  Schwester, 
in  Toller  Maße  zu  entnehmen.  Ich  erstatte  dagegen  meinen  verbind- 
lichsten Dank;  zu  deßen  frühem  Darlegung  mich  aber  kränkliche  Zu- 
fälle, welche  das  Alter  zu  begleiten  pflegen,  und  insonderheit  im  Win- 
ter mit  der  ganzen  Schwere  aufliegen,  gänzlich  auOer  Stand  setzten. 

Dein  Ewigen  aev  Preiß  gesagt,  durch  deüen  Schickung  ich  mich 
gegenwärtig  in  solchen  Umständen  gesetzt  befinde,  die  in  meinen  alten 
Tagen  mir  Ruhe  und  Bequemlichkeit  gewähren  und  das  tägliche  Aus- 
kommen mir  zu  keinem  Anliegen  machen. 

Ich  bewohne  noch  ein  —  von  meinen  Aeltern  und  Großältern  er- 
erbtes Hauß,  das  meiner  seel.  Mutter,  Bruder  und  Schwester,  nebst  mir, 
schon  seit  30.  Jahren  zum  Aufenthalt  diente.  Und  das  übrige  älter- 
liche  Vermögen  wurde  bei  häußlicher  Wirthschaft  und  der  von  allein 
unnützen  Aufwand  entferneten  Lebensart  meines  mir  unvergeßlichen 
Bruders  recht  gute  erhalten. 

Was  mein  seel.  Bruder  auf  Bücher  und  neue  Schafften  verwendete, 
war  eine  von  ihm  hiezu  auggesetzte  —  seinen  Einkünften  angenießene 
Summe,  die  zu  seinem  stillen  Vergnügen  in  Erholungsstunden  nicht  zu 
kostbar  war,  und  Andern  zum  Genuß  rauschender  Ergözlichkeiten,  die 
er  nie  liebte,  weit  nicht  zureichend  gewesen  wäre. 

Über  die  Büchersammlung  meines  verewigten  Bruders  habe,  da  ich 
solche  in  ganzem  verkaufen  zu  können  wünsche,  auch  dieserwegen  be- 
reits mit  einem  Buchhändler  zu  Erlang  in  Unterhandlung  stehe,  zu  Er- 
sparung des  in  solchem  Fall  vergeblichen  Aufwandes,  keinen  Katalog 
abdrucken  laßen.  Über  die  Anzahl  der  Bücher  in  verschiedenen  Wißen- 
sc haften  habe  die  Ehre  einen  summarischen  Zusammentrag  beyzu- 
schließen.  Ich  bescheide  mich  zwar  den  Werth  dieser  Bücher  zu  er- 
mäßigen;  jedoch  glaube  ich,  daß  eine  Sammlung,  die  auf  5000.  fl.  zu 
stehen  kam,  von  jedem  Kauflustigen  wenigstens  um  1000.  Thlr.  wohl 
anzunehmen  seyn  dürfte.  

Ansbach  den  15.  April,  1797.  Esther  Sophia  Uz. 

Die  Büchereammlung  bestehet  aus 
4906.  Stücken;  nämlich 
221.  Folianten; 
503.  Quartanten; 
3871.  Octav-  und 
308.  Duodez-Bänden. 


1)  Von  Gleims  band:  .empfangen  den  22^  Apr.  1797* 


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527 


Hierunter  sind 

566.  St.  in  die  Literär- Historie  und  Bücherkunde. 

272.  ,    .     ,  GelehrtenGeschichte  und  Biographie, 

179.  B    „     ,  Philologie,  Kritik,  Alterthümer  und  neuere  Sprachen, 

210.  »    .    „  Theorie  und  Geschichte  der  schönen  Witten  schatten, 
68.  ,    „    „  Redner  und  Epistolographen, 
88.  „    „     „  Griechische  und  Lateinische  Dichter, 

259.  •    •     ,  Italiänische  Spanische  Französische  und  Englische 
Dichter, 

291.  ,  Deutsche  Dichter, 

239.  ,  Romanen  und  Satyren, 

114.  „  in  die  Schönen  Künste, 

1052.  ,    ,     „  Geschichte,  nebst  den  Hülfswißenschaften, 
-162.  »    ,     „  Philosophie  mit  Arznei  wißenschaft, 
197.  „    „     ,  Religion  und  Theologische  Kenntniß, 
909.  ,    „     9  Rechtsgelehrsamkeit  nach  allen  ihren  Theilen, 
einschlagend 


An  Di  Oertat  ionen : 
72.  Bande. 


Gleim  an  Esther  Sophia  Uz. 

Halberatadt  den  23^  Apr.  1797. 

Sie  haben,  würdige  Schwester,  meines  seeligen  Freundes,  mit  ange- 
nehmen Nachrichten  von  Ihnen  selbst,  und  ihren  Umständen,  mir  Freude 
gemacht,  diesen  Morgen  empfieng  ich  Ihr  Schreiben  vom  15*j^  dieses! 

Sie  fodern  für  die  nachgelaßenen  Bücher  des  unendlich  von  mir 
hochgeschätzten  seel.  Herrn  Bruders  tausend  rthlr. ;  wäre  der  Transport 
nicht  so  kostbar,  und  hätt'  ich,  wahrscheinlich  in  meiner  eignen  Bücher- 
aammlung,  nicht  schon  die  mehresten  dieses  Nachlaßes,  nicht  einen 
Augenblick  würd'  ich,  die  tausend  rthl.  zu  zahlen  mich  bedenken  —  Aus 
angeführten  beyden  Ursachen  muß  ich  nun  schon,  des  mir  großen  Ver- 
gnügens, alle  die  Bücher,  die  mein  seel.  Freund,  in  der  Hand  gehabt 
hat,  als  mein  Eigenthum  zu  besitzen,  mich  begeben;  wünsch  aber  doch 
herzlich,  einen  Theil  derselben,  nur  allenfalls  den  zehnten,  käuflich  an 
mich  bringen  zu  können.  Ohne  Zweifel ,  hoch  und  wehrtgcachätzte, 
haben  Sie  ein  geschriebenes  Verzeichniß.  Wie?  wenn  Sie  daßelbe  für 
mich,  versteht  sich,  auf  meine  Kosten,  abschreiben  ließen,  und  etwa 
nur  die 

68  Redner  und  Epistolographen 

88  Griechische  und  lateinische  Dichter 
259  Italiänische,  spanische,  französische  und  englische  Dichter. 
Sie  würden  mich  Ihnen  unendlich  verpflichten. 
Aus  diesem  Verzeichniß  könnt1  ich  diejenigen  Bücher,  die  ich  noch 


528 


nicht  habe,  wählen,  und  wir  würden  wegen  des  Preises  augenblicklich 
einig  werden.  Sollten  Sie  aber  mit  dem  Buchhändler  zu  Erlangen, 
schon  zu  weit  sich  eingeladen  haben,  auf  diesen  Fall  bitt  ich  für  bey- 
gehende  zwey  Pistoletten  mir  einige  der  Bücher,  von  welchen  Sie  wißen. 
daß  der  seel.  Herr  Bruder  vorzüglich  sie  schätzte,  gütigst  mit  zu  über- 
laßen; an  ihnen  hab  ich  dann  doch  in  meiner  Bibliothek,  die  nach 
meinem  Tode  nicht  verkauft  wird,  Bücher  die  unser*  deutschen  Horatx 
Eigenthum  einst  gewesen  sind! 

Wohnten  wir  nicht  so  weit  von  einander,  ich  müßte  meines  seel. 
Freundes ,  ihm  bo  treu  gewesene  würdige  Dem.  Schwester  persönlich 
noch  kennen  lernen;  weils  nicht  möglich  ist,  so  sey  mir  erlaubt  ohne 
die  persönliche  Bekanntschaft,  Sie,  und  in  Ihr,  Ihren  seel.  Herrn  Bruder, 
Lebenslang  zu  verehren,  und  mit  großer  Hochachtung  zu  seyn, 

Ihr 

ganz  ergebenster 
Freund  und  Diener 
Gleim. 


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529 


Register*. 


Abbenrode  218. 

Abbt,  Thomas  363.  371.  375. 

Abel  283. 

Ablancourt  188. 

Abraham  397. 

Academie  der  künste,  Berliner,  435. 
Academie  der  Wissenschaften,  Ber- 
liner, 49.  56.  60.  97.  333.  335. 
Achaja  185. 
Achilles  186.  304. 
Adalie  15. 
Adam  257.  283. 
Adam,  bildhauer,  257. 
Addison,  Joseph  169.  177.  200.  224. 
Adler,  rittmeister  v.  59.  146. 
Aeneaa  71.  103.  230. 
Aesop  277. 
Agricola  291. 

Alardus,  Matthias  Andreas  193. 197. 
Alcaeus  285.  296.  298.  300.  341.  3G0. 
Alexander  der  groGe  103. 
Algarotti  132. 155. 172. 193. 197. 201. 
Alkalenthur  81. 

Almanach  der   bellettristen  (von 

J.  C.  F.  Schulz)  419. 
Almanach,  Halberstädtischer  (von 

Klamer  Schmidt)  411  f.  414. 
Almanach,  Hamburger  Musen-,  445. 
Alten9tein,   frau  obermarschall  v. 

404.  406. 
Altona  26. 


Alxinger,  Johann  Baptist  von  436. 
Amalia,  prinzessin,  siehe  Preussen. 
Amathunt  361. 

Amsterdam  104.  161.  212.  214.  251. 

304  f.  391  f. 
Anacreon  3.  11.  16.  18.  20.  22  f. 

39.  41.45.49.  61.63.  74.  76.  86. 

90.  100.  102.  106.  109.  116.  119. 

124  f.  130  f.  135-137.  141.  144  f. 

148  f.  152  f.  158.  163.  166.  168- 

177.180-194.  196.214.216.  221. 

225.  227.  231.  236.  246.  261.  263. 

267.  270.  279  f.  282.  266.  288  f. 
299.  315.  334.  337-339.  342-345. 
350.  360.  367.  369.  382.  385.  389. 
417  f.  420.  424.  444. 

Andreae  168. 

Ansbach,  Alexander  markgraf  von 

69.  409.  420. 
Ansbach  (Onolzbach)  17.  37.  44  f. 

49.  51.  55.  57.  62.  68-70.  78. 

88-91.95.109.118. 124. 126  f.  143. 

146.  149.  154.  161.  166.  181.  191. 

196  f.  203.   209  f.    215  f.  223. 

227.  233.  235.  238.  243.  251.  256. 

268.  270.275.281.287.  290.  297. 
301.  3U4-306.  309.  314.  317.  321. 
324.  326.  328  f.  332.  335  f.  343. 
-340.  351.  355  f.  362.  365.  370. 
374.  378.  380  f.  383.  385.  387. 
391  f.  396.  399-401.  406.  408- 


*  Das  register  bezieht  sich  nur  auf  den  text  der  l.riefe. 

ü  1  e  i  in  •  U  x ,  Hriefwechsel.  34 


530 

410.  412—420.  422.  424.  426  f. 

430.  432.  435.  438-440.  443.  445. 
Antonini  206.  209. 
Apelles  274.  3e9. 

Apollo  2.  21.  83.  328.  347.  395.  425. 

Arcadien  118.  141.  253. 

Archiv  der  schweizerischen  kritik 

381.  383. 
Aretin  354.  357. 

Argen«,  Jean  Baptiste  de  Boy  er, 

marquis  d'  41.  60.  9$.  293. 
Ariitarch  222.  231.  357  f.  363. 
Arnaud,  Bacalard  d'  227.  231. 
Arnim,  von  292. 
Aschersleben,  von  388. 
Astrua,  Giovanna  183. 
Athen  171.  185. 
Atlas  327. 
Augsburg  177. 
Augnstus  97.  226.  272.  429. 
Avignon  392.  395. 

Babylon  317. 

Bach,  Carl  Philipp  Emanuel  231. 

243.  291.  313. 
Bachauniont  143.  291.  353. 
Bochmann,  Heinrich  Wilhelm  319. 

321  f.  328.  330.  337.  339  f.  343. 

345.  347  f.  351  f.  354.  372.  376. 

383. 

Baerenburg  siehe  Bernburg. 
Baermann  siehe  Behrmann. 
Baggesen,  Jens  439  f. 
Baireuth  siehe  Bayreuth. 
Balde,  Jacob  444  f. 
Ballenntedt  371. 

Bar,  Georg  Ludwig  v.  120.  132. 

140.  253. 
Barbarina  139.  183. 
Barden  291.  325.  34  8  400. 
Barnes,  Josua  102.  109.  135  f.  IG*. 

182.  1S4. 

Bathyll  20.  49.  145.  148.  171.  182. 
Batteux,  Charles  262.  278.  286.  294. 
297.  299.  321.  403.  407. 


Baumgarten  .   Alexander  Gottlieb 
5.  8.  19.  70.  75  f.  80.  120.  126  f. 
Bause  384.  416. 
Bautzen  303. 

Bauzner ,    Der ,  siehe  Naumann. 

Christian  Nicolaus. 
Bav  251. 

Baxter  136.  16S.  182.  189.  192. 

Bayer  siehe  Beyer. 

Bayreuth  49.  68.  96.  113.  140.340 
344.  356.  392.  427. 

Beausobre,  von  340. 

Behrmann,  Georg  157. 160.  163. 178. 
194.  196.  200.  204.  207. 

Beitrage  zum  vergnügen  des  Ver- 
standes und  witz.es,  Neue  (Bre- 
mer) 72.  76.  89  f.  93.  97.  108. 
111.  120.  125.  130  f.  133  f.  141  f. 
152.  155.  168.  201.  203  f.  211. 
213.  215  f.  222  f.  248.  280.  302. 

Beiträge  zur  critischen  historie  der 
deutschen  spräche  (von  Gott- 
sched) 10.  50.  61. 

Bellander  siehe  Willebrand. 

Belustigungen  des  gemfiths  (von 
Naumann)  97.  120. 

Belustigungen  des  Verstandes  und 
witzes  (von  Schwabe)  8,  14.  16. 
26.  45.  47  f.  53  f.  58.  60.  68  f. 
72.  77.  80.  89.  109.  113.  133. 
142.  175. 

Belt  316. 

Bemühungen  zur  befßrderung  der 
critikund  des  guten  geschmackes 
(von  Myliua  und  Cramer)  Gl.  t\$. 
71.  96.  130. 

Benda,  Georg  248. 

Bentz  109. 

Benzler,  Johann  Lorenz  388. 
Berg,  geh.  tribanalsrath  von,  \9i. 

236.  240.  242.  247.  292. 
Berg,   frau  von,   geb.   gräfin  v. 

Schlieben,  236.  242. 
Bcrgius,  hofrath  219. 
Berge  siehe  Klosterberge. 


531 


Berlin  1  f .  4  f.  7  f.  10.  12.  14.  16. 

20.    24  f.    27-30.  32.  34—36. 

38—41.  44  _46.  52-55.  59—62. 

66.  73-75.  79.  87  f.  90.  92.  97  f. 

101  f.    124.    126  f.    139  f.  143. 

147  f.  150.  156.  158.  168  f.  169. 

177.  183.    188.  196.  198  f.  202. 

205.  203  f.  212.  214-216.  219. 

-222.  226.  231.  233.  236.  244. 

246.  248  f.  252  f.  256  f.  259.  271. 

273—275.  281. 291—293.  299. 309. 

318.  327.  333-336.  339  f.  343. 

346.  349.  357.  361  f.  367  f.  376. 

388.  394.  396.  408.  415.  419.  424. 

429  f.  436  f. 
Berliner  Wochenblatt  siebe  Samm- 
lung nützlicher  Wahrheiten. 
Berloquen  siehe  Nicolai,  Friedrich. 
Bernburg  289  f. 

Bernburg,  fürst  und  fürstin  von, 
371. 

Bernis,  abbe  de  388.  390. 

Bernstorf,  graf  230. 

Bertuch,  Friedrich  Justin  405.  409. 

Beverland  144. 

Bevern  siehe  Braunschweig. 

Bewunderer,  Der  (Hamburg)  11. 

Beyer,  Johann  August  von  262. 

268.  271.  278  f.  283-286.  298  f. 

301  f.  804.  315.  319.  331.  367. 
Bey trüge  siehe  Beitraege. 
Bibel  307.  317. 

Bibliothek,  Allgemeine  deutsche 
(von  Nicolai)  394. 

Bibliothek,  Berlinische  (von  Oel- 
richs)  164. 

Bibliothek  der  schönen  Wissen- 
schaften (von  Nicolai  und  Weisse) 
275.  285  f.  288.  294.  297.  300. 
305  f.  309.  314.  343.  373.  380. 
392.  407.  431. 

Bibliothek,  Deutsche  (von  Klotz) 
380.  394. 

Bileam  115. 

Bielfeld,  Jacob  Friedrich  von  42.  52. 


60.  96  f.  100.  108.  111.  115  f.  140. 
164.109.  172.  176.178.204—206. 
Biroa,  von  79. 

Blaetter  der  unsichtbaren  gesell- 
schaft  siehe  Gedancken. 

Blankenburg  234  f.  242. 

Blauroekelius  siehe  Grimm,  Mel- 
chior. 

Blocksberg  siehe  Brocken. 
Blumberg  1. 
Bode,  Die  247. 
Bodensee  386. 

Bodraer,  Johann  Jacob  25  f.  71—73. 

75  f.  81.  93  f.  97.  102.  108.  110. 

117.  129  f.  138.  140  f  147.  154. 

157  f.  161.  172.  193  f.  197.  200. 

204.  206.  209.  214.  220.  224.  243. 

261.  264  f.  280.  282  f.  297.  299. 

301.  320.  324.  381.  386.  409  f. 

412. 414. 417.  420  f.  422  f.  437.  444. 
Boehmen  70.  74. 
Boehmer,  Just  Henning  34. 
Boileau ,  Nicolas   Despreaux  33. 

140.  277. 

Borchward ,  Ernst  Samuel  Jacob 

126.  149  f.  160.  408  f. 
Borcke,  Caspar  Wilhelm  von,  7. 

11.  97. 
Borgia  12. 
Bottarelli  49.  61. 
Brandenburg  355  f. 
Braunschweig  211.  216  f.  219.  223  f. 

227  f.  231.  245.  262.  278.  306. 

322.  332. 
Braunschweig-Bevern ,  Prinz  von 

292. 

Braunschweig- Wolfenbüttel,  Ferdi- 
nand von  393  f. 

—  Friedrich  August  von  360. 

—  Karl  Wilhelm  Ferdinand  von 
403. 

—  Leopold  von  423. 
Breitinger,  Johann  Jacob  61.  97. 

102.  117.  193.  200.  204. 
Breitkopf,  buchhiindler  in  Leipzig, 

34* 


532 


268-270.  347.  351.  354.  365.  368. 
370. 
Bremen  72. 

Breslau  54.  59.  61.  304.  326. 
Briefe,  Freundschaftliche  (von  Sul- 
zer, Gleim  u.  a.)  95.  102.  117  f. 

123.  125.  137.  140.  146.  153  f. 
159.  176. 

Briefe  die  neueste  literatur  betref- 
fend 309.  313  f.  348.  353.  355.  372. 

Briefe  über  den  zustand  der  schönen 
Wissenschaften  (von  Nicolai)  285. 
294. 

Briefe,  Schleswigsche,  über  Merk- 
würdigkeiten der  literatur  378. 

Briefe  zur  bildung  des  geschmacks 
(von  Dusch)  353. 

Brieg  79. 

Brocken  326  f.  424. 
Brockes,  Barthold  Heinrich  112. 
Broestedt,  Joh.  Christ.  126.  141. 
Brucker,  Johann  Jacob  8. 
Buch  ohne  titel,  Das  (von   J.  E. 
und  J.  A.  Schlegel)  113.  119. 

124.  182. 

Buchanan,  Georg  445. 

Buchholz,  geheimrat  840. 

Bucholtz,  Andreas  Heinrich  15. 

Bude,  Die  siehe  Bode. 

Buechersaal  der  schönen  Wissen- 
schaften (von  Gottsched)  109. 
120.  149.  179.  191.  191. 

Byern,  lieutenant  von  388. 
Bylen  siehe  Beyer,  Joh.  Aug.  von 

Cadmus  184.  189.  192. 

Caesar ,  Julius  (von  Shakespeare) 

7.  10. 
Callmücken  292. 
Calliope  (von  Bodmer)  3*6. 
Candaules  (von  G.  W.  Schmid)  287. 
Canitz,  Friedrich  Rudolf  freiherr 

von  1.  3  f.  6.  9.  36. 
Canut  194. 
Carien  185. 


Carlsruhe  404. 
Carznelli  261. 
Caro  261. 

Carolinum,  Co)  legi  um  (in  Braun- 
schweig) 216. 
Cassel  163. 

Castell,  graf  von  435. 
Cat,  Le  340. 
Cato  137. 

Cato  von  ütica  (oper  von  Lam- 
precht) 49.  73. 
Cato  (von  Gottsched)  50. 
Catull  167.  231.  316.  3o9. 
Catullus,  Vejontus  161. 
Caunitz  siehe  Kaunitz. 
Cervantes  201.  410.  413. 
Ceva,  Pater  132. 

Chapelle,  Claude  Emmanuel  Chuil- 
lier-,  143.  291.  353.  375. 

Charlottenburg 61. 121. 183. 293. 342. 

Chauiieu,  Guillaume  Amfrye  de, 
167.  176.  179  f.  201.  353.  360.  379. 

Chotemitz  281. 

Christ.  Johann  Friedrich,  professor 
in  Leipzig,  212  f.  267. 

—  justizrat  in  Ansbach,  44.  73. 97. 
109.  212  f.  226. 

Cnurmark  367  f. 
Cidli  339. 
Circe  209. 

Cithera,  II  congresso  di,  siehe  Alga- 
rotti. 

Clarissa  (von  Richardson)  233.  2b7. 

269.  271  f.  275.  278.  2bl. 
Clodius,  Christian  August  374.  384. 
Coburg  271.  329. 

Coburg,  Erbprinzessin  von  323. 
326.  328. 

—  Franz  Friedrich  Anton  prinz 
von  329. 

Cochin  261. 

Cochois  139. 

Codrus  siehe  Cronegk. 

Colberg  316. 

Colonia  Ubiorum  444. 


538 


Coli  in  281.  284.  300. 
Congresso  di  Cithera,  siehe  Alga- 
rotti. 

Contes  de  Quillaume  Vade  siehe 

Voltaire. 
Copenhagen  333.  335.  353. 
Corinth  185. 
Corneille  154. 

Cortes  (von  Zachariä)  357.  381. 
Gramer,  Johann  Andreas  248. 
Cramer,  Johann  Andreas,  bergrath 

in  Blankenburg  331. 
Cröbillon,  Prosper  Jolyot  de  142. 155. 
Cr^billon,  Claude  Prosper  Jolyot 

de,  le  Fils  142.  201. 
Crito  (von  Bodraer)  280. 
Cronegk,  Johann  Friedrich  von  254. 

256.  261.  267.  269.  273.  276.  278. 

280.  284.  287  f.  296—298.  300. 

302.  312  f.  377  f. 
Cruegcr  siehe  Krueger. 
Crusoe,  Robinson  103.  105. 
Cubach,  Michael  79. 
Cuestrin  92.  178.  295.  308.  311. 
Cythere  171.  175.  184.  186  f.  193. 

237.  318.  322. 

Dacier,  Madame  Andre*20. 168.  182. 
Daenemark  1.  20.  27.  351.  360.  439. 
Daenemark,  König  Friedrich  von 

230.  336.  353. 
Dahle  siehe  Thale. 
Damm,  Christian  Tobias  388. 
Dämon  36.  93.  117.  142.  215.  377. 
Daneil  386. 
Dante  332. 
Danzig  14.  58.  96. 
Daphne  162. 
Daphnis  102.  319. 
Daun,  Leopold  Joseph,  Graf  von 

304.  308.  310-312. 
David  341. 

Degen,  Johann   Friedrich  417  f. 

420.  425. 
Dehn,  prediger  63. 


Denis,  Michael  388. 

Denstädt,  Fanny  295. 

Desmahis,  Joseph  Frederic  Edouard 

de  Corsembleau,  352—355.  357. 

360. 

Dessau  79-81.  92.  198.  424. 
Dessau,  fürst  von  74.  79.  87.  91. 

310.  376. 
—  fürstin  von  376. 
Destouches ,    Philippe  Äericault 

139. 

Deutschland  113.  131.  164.  224.  227. 

233.  281.  285  f.  288  f.  294  f.  301. 

303.  305.  307.  313.  317.  323  f. 

328.  331.  336.  344  f.  318.  351. 

373  f.  379  f.  387  f.  391.  402.  409. 

411.  419.  428  f. 
Diana  85. 
Dieck  siehe  Dyck. 
Diederich,  kammerdirector  334. 
Diederich,  madame  249. 
Diedrich,  Sidonie  333  f.  336.  339. 

351.  353.  359  f. 
Dieterich,  Johann  Christian  442. 
Dippoldswalde  290. 
Dohna,  Christoph  graf  von  291. 

298.  304. 
Donop,  Levin  Friedrich  von  146. 183. 
Don  Quixote  (siehe  Cervantes)  201. 
Doolin  von  Mainz  (siehe  Alxinger) 

436. 

Dorat,  Claude  Joseph  388.  390. 
Dorinde  51  f. 

Doris  31.36. 57.63. 75.  77.  80.  90.95. 

124.  128.  130.  142.  145.231.  234. 

350.  352. 
Dorset  224.  247. 
Dreier  siehe  Dreyer. 
Dresden  24.  71.  96.  132.  155.  172. 

187.  290.  348.  371. 
Dresdener  nachrichten  155. 
Dreyer,  Johann  Matthias  29.  32.  41. 

45.  53.  62.  97. 131.  137. 140. 147  f. 

157.  163.  222  f. 
Drollinger,  Carl  Friedrich  72. 


Druide,  Der  (von  Sacro)  218.  248. 

271. 
Drusus  403. 

DueVieo,  graf  Ton  153. 

Duetseldorf  3*3.  415. 

Duncias  -'von  Pope)  103.  IM/.  2<n». 

204.  206. 
Dan.  77.  80.  102   108.  128.  172. 

193.  204.  207. 
Dusch,  Johann  Jacob  244.  294.  297. 

290.  353.  422. 
Dyck,  buchhändler  in  Leipzig,  349. 

351.  354.  365.  3G8.  370.  373.  378. 

380  f.  414. 

hbert,  Johann  Arnold  217  f.  224— 
226.  228  f.  2?6  f.  245.  249.  251. 
332.  315.  403. 

Kdelmann,  Johann  Christian  206. 

Eich,  maier  414  f. 

Eil,  preußischer  corporal  317. 

Eisleben  257. 

Elise  (siehe  Gleim)  397  f. 

Elysium  393.  397. 

Emden  30.  3*. 

Encratiten  273. 

England  102.  111.  115.  224.  247. 

260.  267  f  309.  324.  329  f.  331  f. 

343.  350. 
Ephesus  85. 
Kpicur  156.  176.  316. 
Erich  (in  Braunschweig)  217  f.  224. 
Erlangen  323. 

Ermunterungen    zum  vergnügen 

182. 

Erzählungen,  Neue,  verschiedener 
Verfasser  (von  Bodmer  u.  a.)  201. 
215. 

Eschenburg,  Johann  Joachim  442. 
Espion,  L\  turc  (von  Franche- 

ville)  56. 
Esther  (von  Racine)  141. 
Etrees,  Marechal  d'  284. 
Euler,  Leonhard  228. 
Euripides  261. 


Faber,  Basilius 
Fabriciu*,  Caios  ^oper.  139. 
Faust,  Do  clor  S4.  i00. 
Favrier  139. 

Fechter.  Die  (von  Gleim)  33. 
Ferrari  ls3. 
Filamon  65. 
Filinde  65. 

Fingal  (siehe  Ossian;  348.  355  f 
Fischer,  Gottlob  Nuthanael  415  f 

424-126.  437.  442. 
FI  accus  siehe  Horaz 
Flandern  103.  127. 
Flateur,  Le,  siehe  Rousseau. 
Fleischer,  Friedrich  Gottlob  278. 
Fontenelle,  Bernard  Le  Bouvier  de 

65.  137.  201. 
Formey,  Johann  Heinrich  Samuel 

97.  227. 
Fragmente  siehe  Herder. 
Francheville  56.  60.  70.  97. 
Francmacons  trahes  et  ecrases  141. 
Franken  113  f. 

Frankfurt  a/d.  Oder  285.  313. 
Frankfurt  a.  Main  43  f.  56.  62. 

217.  322. 
Frankreich  127.  172.  224.  230.  260 

265.  284  f.  291  f.  299.  309.  320. 

340.  354.  375.  377.379.  403.4  59. 
Frankreich,  Heinrich  IV.,  könig 

von,  423. 
—  Ludwig  XIV.,  könig  von  97. 

140.  294. 

Freund,  Der  (Wochenschrift  v.  Cro- 

negk)  284.  287. 
Freydenker,  Der  (Wochenschrift  v. 

Wamberg)  14.  96. 
Freymaurer,  Der  (Wochenschrift)  14. 
Frisch,  buchhändler  149. 
Frisch,  Johann  Leonhard  388. 
Fritsch  11. 

Fromme,  Johann  Friedrich  132. 
149.  164. 

Fromme,  Anna  Catharina  Magda- 
lena Gertrud  292. 


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535 


Fuchs,  Gottlieb  120. 

Gaeon,  Francois  155.  168. 
Gaertner,  Carl  Christian  97.  217 — 

219.  224.  228.  403. 
Galenus  83. 

Gasser,  professor  in  Hallo,  5. 

G  ebauer,  profesaor  in  G  öttingen,  1 1 . 

Gedancken  der  unsichtbaren  gc- 

sellschaft(  Wochenschrift  in  Halle) 

4.  7.  11.  61.  71. 
Gedichte,  Zärtliche   siehe  Klein, 

Friedrich. 
Gefällige,  Der  (Wochenschrift  in 

Halle)  142. 
Geistlichen  auf  dem  lande,  Die, 

siehe  Crueger,  Johann  Christian. 
Geliert,  Christian  Fürchtegott  68. 

154.  261.  277.  28C.  433. 
Geinmingen ,  Eberhard  Friedrich 

freiherr  von  304.  306.  326.  404. 
Geramingen ,    freiherr    von  (ge- 
sandter) 304.  306.  404.  406. 
Genf  424. 

Gerhard,  Paul  420. 
Germanien  114.  292. 
Gerstenberg,  Heinrich  Wilhelm  v. 

352—354.  360.  378.  391. 
Gesangbuch,  Ansbacher  286.  417. 

419  f.  426. 

-  Berliner  417.  419. 

-  Kieler  419. 

--  Preußisches  417. 

-  Reformirtes  (vonZollikofer)348. 
Gesellschaft,  Typographische  372  f. 

375  f.  378.  381.  383. 
Gesellschaft,  Unsichtbare  siehe  Ge- 
dancken. 

Gessner,  Salomon  243.  271.  283. 

286.  371.  435. 
Geyser  381. 

Giseke,  Nicolaus  Dietrich  228.  302. 

375. 
Glasgow  339. 
Glaucha  120.  138. 


Gleim ,  Johann  Wilhelm  Ludwig 
Amt  in  Halberstadt :  220.  367  f. 
306.  408-410.  Bibliothek:  246. 
289.  418.  Briefe:  412.  440 f.  Ca- 
nonicat :  287. 294  f.  Drucke :  433  - 
435.  Freundschaftstempel :  392  f. 
403.  414 f.  439.441.  Garten:  371. 
Geburtstag:  393.  Hüttchen:  439. 
Kriegsrathstello  in  Küstrin:  92. 
101  f.  Litterarischer  nachlaß : 
441  f. Portrait:  314.  345.347.  411. 
414.  416.  Verlobung:  234-243. 
245.  248. 

—  Alexis  und  Elise  397  f. 

—  Anacreon-übersetzung  102.  116. 
135.  145.  148.  152  f.  163.  168- 
172.  174-177.  182.  184-193. 
195  f.  199.  214.  221.  225.  263. 
267.  288  f.  342.  367. 

—  Auf  Kleists  tod  313  f. 

—  Auf  Friedrichs  II.  tod  428  f. 
431. 

—  Bacchus  und  Cythere  155. 

—  Bar,  G.  L.  von,  gedieht  auf  Ha- 
gedorn, deutsch  253. 

—  Berliner  critische  nachrichten 
233. 

—  Blumen  auf  gräber  442. 

—  Briefe,  freundschaftliche  95. 102. 
117  f.  123.  125.  137.  140.  146. 
153  f.  159.  176. 

—  Briefe,  Scherzhafte  126.  137  f. 
153  f. 

—  Briefe  von  Gleim  und  Jacobi 
381-383.  386.  389. 

—  Cantate,  Anacreontische  169. 175. 
203.  206.  329.  331. 

—  Chronik  des  siebenjährigen  Krie- 
ges 239. 

—  Das  hüttchen  439  f. 

—  Das  reeept  75.  78.  80-85.  88. 

—  Das  schöne  weibchen  409. 

—  Das  unfehlbare  29. 

—  Der  abt  170. 

—  Der  alte  freyer  109.  156  f.  159. 


üieim.  Johann  Wi  heim  Ludwig: 
Der  blöde  schafer  32  f.  39.  53.  59. 
6t  f.  75.  75.901^7.  2vö.:J71. 373. 

—  Der  dreiste  sebafer  59.  65.  75. 

—  Der  kloge  »chäfer  59.  65. 

—  .Der  kayser  sagt  man*  415  f 

—  Der  neue  Jona«  100.  1Ö3-1C5. 

—  Der  ur^  rung  des  Berlinischen 
labyrinths  163.  17-j. 

—  Der  Vermittler  153. 

—  Die  biene  und  der  gärtner  432. 

—  Die  börgerweit  59.  99.  108-  434. 

—  Die  feebter  33. 

—  Die  freyer  143.  152.  157. 

—  Die  goldnen  sprüche  de«  Py- 
thagoras  429—431.  433  f. 

—  Die  kranke  Laura  14-16.  21. 
24. 

—  Die  neue  matrone  von  Ej-hesus 
So  f.  38. 

—  l/ie  sc  bäferwelt  59.  66.  68.  09. 
US.  434. 

—  Die  seböne  nacht  444  f. 

—  Die  sorgen  142. 

Doris  im  garten  350.  352. 

—  ,Ein  bischof  glaubt'-  246. 

—  , Ein  fettgemästeter  prälaf  246. 

—  Einladung  mich  Herlin  21*.  34. 

—  Episteln  423-425. 

—  Erzählungen,Sechgl00.109.121. 

—  Etwas  von  der  erleuchtung  zu 
Halberstadt  426  f. 

—  Fabeln  273  f.  277  f.  280.  284. 
256  f.  303.  355.  357  f.  360  f. 
362-366.  423.  430-432.  435. 

—  Fabeln  fQr's  jähr  1795:  442. 

—  Freudenlied  gesungen  im  lande 
der  Preussen  434  f. 

—  Gebet  123.  127. 

—  Gedicht  an  einen  jungen  ge- 
lehrten 143. 

—  Gedicht  Ober  den  tod  des  for- 
sten FriederichWilhelra  1744 :  72. 

—  Gedicht  über  Petrarca'«  Laura 
393.  395. 


Gleim,  Jobann  Wilhelm  Ludwig: 
411 

—  Gespräch  mit  Friedrich  IL  428  f. 
431. 

—  Gespräche  mit  der  deutschen 
muse  351. 

—  Grabschrift  63.  66. 

—  Grenadierlieder  290  f.  294.  296. 
300  -  303.  3<j>5— 314.  317.  321. 
324  f.  329.  334.  336.  338.  390. 
426.  423. 

—  Halladat  404-406.  411.  413. 
424.  434. 

—  Horazische  oden  94. 

—  ,Icb  lag  gefahrlich  krank"  246 

—  ,Ich  träumte  diese  nacht*  24 5 f. 

—  .Ich  will,  sprach  Silvia*  246. 

—  «Ihr  götter  gabt  euch  jüngst' 

\Oi  197 

4  W«  Atel 

—  Inhalt  der  letrten  vormittags- 
predigt 143.  152.  157. 

—  ,Ja,  Zopilus,  es  ist  dein  weib* 
244  f. 

—  Kleinigseiten  94.  244.  263.  426. 

—  Kriegslieder  284.  288.  290.  294. 
296.  300  302  f.  305-311.  314. 
317.  324.  329  334. 338.  390.  410  f. 
413.  434. 

—  Lied  auf  Hymen  bei  Göhls hoch- 
zeit  26  f. 

—  Lieder,  Amsterdam  1749:  212. 
214.  221.  251  f.  278. 

—  Lieder,  Zürich  1749:  251  f. 

—  Lieder  der  liebe  410  f.  420. 

—  Lieder  für  das  volk  399  f. 

—  Lieder  nach  dem  Anacreon  368. 
374.  377  f. 

—  Lyrische  gesänge  (mit  Kleist 
und  Uz)  108.  119. 

—  Melodien  zu  den  kriegsliedern 
309.  313. 

—  Melodien  zu  den  Hedem  nach 
dem  Anacreon  367.  374.  377  f. 

—  Miscellanies  (mit  Uz)  100. 


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537 


Gleim,  Johann  Wilhelm  Ludwig: 
Monatsschrift  7ü  f.  80.  90.  99. 

—  Nesseln  auf  gräber  442. 

—  Neue  lieder  von  dem  Verfasser 
der  lieder  nach  dem  Anacreon 
368  f.  371-373.  378. 

—  Ode  als  C.  L.  von  Stille  in  die 
ewigkeit  gegangen  war  236.  238. 
298. 

—  Ode  an  Pindar,  verbessert  142. 

—  Ode  an  Uz  und  Lamprecht  32. 
35  f.  38. 

—  Ode  auf  die  zurückkunft  des 
königs  115. 

—  Ode  vom  graf  Philibert  108. 

—  Ode  von  den  Hebesgöttern  214. 

—  Ode  zum  eintritt  in  die  aca- 
demie  434  f. 

—  Oden  119.  434  f. 

—  Oden  nach  dem  Iloraz  387.  389. 
391. 

—  Opitz,  Neudruck  von  303  f. 

—  Reisegespräch  des  königs  Frie- 
drich II.  423  f.  428. 

—  Romanzen  271.  273  f.  278.  280  f. 
284.  376  f.  409.  423. 

—  Sammlung  seiner  gedichte 343  f. 
352.  357.  361.  365—367.  369.  373. 
381.  398.  402.  416.  423.  425—427. 
432—434. 

—  Sammlung  von  briefenl37f.l53f. 

—  Sammlung  von  kleinen  gedien- 
ten (mit  Kleist,  Ramler  und  Uz) 
247.  341. 

—  Sammlung  von  lyrischen  ge- 
sängen(mitKleistundUz)  108.119. 

—  Scherzhafte  briefe  126.  153  f. 

—  Scherzhafte  lieder  57—59.  61. 
63  f.  67.  71  f.  75.  80.  100.  116. 
119.  123.  125.  131.  139  f.  146  — 
148.  151.  153.159.  164.  198.221. 
225.  262  f.  267.  282.  369-371. 

—  Schutzschrift  für  Amor  390. 

—  Sendschreiben  an  das  pflanz- 
städtlein  zu  Herrnhuth  55. 


Gleim,  Johann  Wilhelm  Ludwig: 
Sieben  kleine  lieder  nach  Ana- 
creons  manier  335. 

—  Sinngedichte  389.  391.  437  f. 

—  Trauerspiel  138.  154.  163.  197. 

—  Trilogie  (Der  blöde,  dreiste  und 
kluge  schäfer)  59.  65. 

—  Ursula  34  f.  62  f.  66. 

—  Versuch  in  ernsthaften  gedich- 
ten  (mit  Kleist  und  Uz)  9'J. 

—  Vorrede  zu  Uzens  Lyrischen  ge- 
dienten 208.  211.  214. 

—  Vorrede  zur  Berliner  Sammlung 
nützlicher  Wahrheiten  34. 

—  Werke  (Leipziger  nachdruck) 
411.  416. 

—  Zeitgedichte  fürs  jähr  1792: 
437  f. 

—  Zeitgedichte  fürs  jähr  1794:  442. 
Gleims  VaterJohann  LorenzlGl.  164. 

—  Mutter  Anna  Gertrud  161. 

—  Brüder  und  Schwestern  441. 

—  Bruder  Daniel  Conrad  Vollratli 
292. 

—  Bruder  Franz  Carl  Eberhard 
292.  435. 

—  Bruder  Friedrich  Ludwig  Lo- 
renz 62.  435. 

—  Bruder  Matthias  Leberecht  Cas- 
par 336.  388.  423.  425. 

—  Bruder  in  Berlin  2. 

—  Bruder  in  Königshorst  292. 

—  Schwester  Anna  Catharina  Mag- 
dalena Gertrud  Fromme  292. 

—  Schwager  JohannFriedrichFrora- 
me  132.  149.  164. 

—  Nichte  Sophia  Dorothea  (Gle- 
minde)  342.  393. 

—  Neffe  Wilhelm  361. 

—  Nichte  in  Berlin  292. 
Glover:  Leonidas  134.  310. 
Goens,  R.  M.  van  388.  391. 
Goethe  408. 

Goettingen  26.  141.  206.  244.  299. 
398.  442. 


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538 


Goetz,  Johann  Nicolaus  2.  4  f.  12 
—  14.  16—19.  21.  30.  33.  38  f. 
67.  91.  101.  116  f.  124.  135.  138. 
144  f.  148  f.  152  154.  16a  f.  168  f. 
174.  176  f.  180  f.  184.  190.  199  f. 
203  f.  306  f.  318.  347.  353—355. 
35S.  418  f.  426  f. 

—  Bruder  Cornelius  Georg  166. 169. 

—  Sohn  Gottlieb  Christian  419. 
Goetzin.  Frau  dr.  18. 

Goeze,  Johann  Melchior  418  f. 

Golau  siehe  Loguu. 

Goltz,  von  der,  general  183. 

Göhl,  buchhändler  27. 

Gotha  352.  392.  407.  418. 

Gottsched,  Johann  Christoph  21. 

25.  29.  33.  39.  49-51.  53  f.  59. 

61.  68  f.  71.  96-98.  102  f.  117  f. 

120.  123.  126.  137.  141.  147.  149. 

181.  187.  19t.  194.  206.209.243. 

283.  286.  294.  380. 
Gottsched,  Luise  Adelgunde  Vic- 
toria, geb.  Kulmus  50,  53.  98. 

118.  181.  327. 
Graff.  Anton  884  f. 
Graun,  Carl  Heinrich  49.61.69.127. 

248.  252  f.  256  f.  291.  301.  313. 
Gravina  179. 

Gray,  Johanna  (von  Wieland)  302. 
Grecourt,   Jean  Baptiste  Joseph 

Villart  de  183. 
Greis,  Der  (Wochenschrift  von  Patz- 

ke)  338. 

Gresset,  Jean  Baptiste  Louis  de 

353.  375.  379.  382. 
Griechenland  184.  224  f.  229.  265. 

316.  320.  342.  360.  375.  388. 
Grimm,  Melchior  78. 
Groetzner,  Johann  Peter  273.  301. 

303. 

Grosse,  buchhändler  in  Halberstadt 
406. 

Grotius,  Hugo  68. 
Gruenau  439. 
Guenlher  29.  43. 


Guichard  340. 
Haag  363. 

Hagedorn,  Friedrich  von  4.  7.  *29. 

32  f.  41.  44.  46.  49.  54.  69-71. 

75.  78  f.  86.  90  f.  94  f.  98-100. 

102.  107  f.  III.  113.119.  122.  135. 

140.  144.  146  f.  153—155.  157. 

160. 162-164. 166.  170. 174. 176  f. 

180  f.  183.  197  f.  205  f.  230.  235. 

253.  261.  267.  269.  275.  278.  297. 

299.  345.  399.  403.  419. 
Hagedorn,  Christian  Ludwig  von 

334.  348.  371. 
Hagen,  kriegsrath  von  206. 
Halberstadt  92.  198.201.  206.212. 

216-218.  223.  229.  232.  235  f. 

241.  249.  253.  261. 273.  276.  284  f. 

287  f.  289.  294.  296.  299  f.  302. 

307.  312   316.  318.  322.  326  f. 

330.  336  f.  340  f.  344.  348.  351. 

355  f.  358.  362.  368.  371.  374. 

379.  381.  384.  388  f.  392  f  396. 

398.  402  f.  407—409.  414.  417. 

420.  423  f.  425.  427  f.  431.  433. 

435-439.  441.  443. 
Halle  4  f.  7.  10.  12  f.  16  f.  19.  30  f. 

34.  36.  39  f.  42.  70.  75.  88.  91. 

124.  130.  142.  144.  177.  180.  182. 

20L  257.  305.  312.  348.  374.  385. 

395.  414.  437.  444. 
Haller,  Albrecht  von  4.  7.  41.  58. 

172.  206.  231  f.  299. 
Hamann,  Johann  Georg  329.  332. 
Hamburg  10.  24.  26.39.41.52.  54  f. 

115.  117. 137. 157.211.  213  f.  219. 

222.  253.  378.  394.  419.  421.  445. 
Hamilton  123.  143. 
Hannover  7.  362.  393. 
Hardenberg,  Carl  August  von  437. 

444. 

Haren,  domherr  von  206. 
Harlekin  50. 
Harvstehude  153. 
Harz  247.  331. 


A 


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539 


Hasse,  hofineister  194. 
Haueisen,  buchhändler  406. 4  38. 443. 
Hauss,  Friedrich  von,  general,  276  f. 
285. 

Hausswald  236. 

Hechtel,  buchhändler  349.  359. 
Hein  siehe  Heyn. 
Heinecke,  Carl  Heinrich  53.  96. 
Heinrich  der  Löwe  (von  J.  K.  Schle- 
gel) 194. 

Heinse,  Johann  Jacob  Wilhelm  415. 
417. 

Heldengedichte  233.  275.  289. 
Helikon  424. 

Helmstedt  241.  300.  304-306.  309. 

329.  331. 
Hempel,  maier  244. 
Henzi,  Samuel  102  f. 
Herder,  Johann  Gottfried  372  f. 

388.  391.  396.  410  f.  420.  422  f. 

425.  430  f.  439  f.  442.  444  f. 
Herder,  Caroline  439. 
Herkules  184.  824. 
Herkules  und  Valisca  siehe  Buch- 

oltz,  A.  H. 
Hermann  siehe  Schoenaich  und 

Wieland. 
Herrenhuther,  Der  (Wochenschrift 

von  Naumann)  55. 
Hess,  J.  G.,  pfarrer  in  Altstatten, 

130. 

Heyn  204.  206. 

Hippel,  Theodor  G ottlieb  von  378. 

Hirsch,  hof kammerrat h  ins  Ans- 
bach 309.  392  f.  395.  39S.  400. 
402.  406.  412  f.  418  f.  425. 

—  dessen  bruder  261.  309. 

Hirschfeld  276. 

Hirzel,  Johann  Caspar  138.417.  435. 
Hoffmann,  buchhändler  in  Ham- 
burg 421. 
Holland  376. 
Holstein  55.  360. 

Homer  24.  71.  139.  192.  205.  261. 
320.  374.  439. 


Horaz  71.  76.  80  93.  107  f.  110  f. 

114.  124.  126.  129.  133  f.  133. 

141.  150.  155.  105.  167.  179  f. 

191.  195.  200.  243.  215  f.  252  - 

254.  260  f.  264  f.  272.  275.  281. 

285.  291.  293.  297.  299.  302.  30 1. 

306.  315.  319.  321.  323.  325.  327. 

313.  347.  353.  364.  368  f.  379. 

384.  3S7.  384.  387.  389.  391.  390. 

401-407.  424  429.  437.  441  f. 
Huber,  Michael  363.  384. 
Humbert,  major  von  60. 
Hylas  130. 

Hymen  162.  218.  375.  388. 

llias  siehe  Homer. 
Ipponax  140. 

Iris  (von  J.  G.  Jacobi)  408. 
Ismene  65. 

Italien  103.  172.  177.  209.  261  f. 

309.  332.  344.  363.  374  f.  387. 

401.  440. 
ltzenplitz,  von  388. 

Jacob  und  Joseph  (von  Hodmer)224. 
Jacobi,  Friedrich  Heinrich  415. 
Jacobi,  Johann  Georg  374  f.  377 

—386.  388  f.  393-398.  408.  414. 

426. 

Jacobi,  Johann  Konrad  382.  384. 

Jacobiner  441. 

Jelpke,  J.  W.  156. 

Jena  78.  206.  226. 

Jeremias  341. 

Jessaa  132. 

Jesus,  Puer  (von  Ceva)  132 
Jonas  103-105. 
Jordan,  geheimrat  178. 
Joseph  132.  224. 
Joung  siehe  Young. 
Journal  Oranger  264. 
Journale  245. 

Juengling,  Der  (Wochenschrift)  179. 
302. 

Julie,  Romeo  und  377. 


538 


Goetz,  Johann  Nicolaus  2.  4  f.  12 
—  14.  16—19.  21.  30.  33.  38  f. 
07.  91.  101.  116  f.  124.  135.  138. 
144  f.  148  f.  152  154.  105  f.  108  f. 
174.  170  f.  180  f.  184.  190.  199  f. 
203  f.  306  f.  318.  347.  353—355. 
35*.  418  f.  426  f. 

—  Bruder  Cornelius  Georg  166. 169. 

-  Sohn  Gottlieb  Christian  419. 
Goetzin.  Frau  dr.  18. 
Goeze,  Johann  Melchior  418  f. 
Golau  siehe  Logau. 
Goltz,  von  der,  general  183. 
Göhl,  buchhändler  27. 
Gotha  352.  392.  407.  418. 
Gottsched,  Johann  Christoph  21. 

25.  29.  33.  39.  49-51.  53  f.  59. 

61.  68  f.  71.  96-98.  102  f.  117  f. 

120.  123.  126.  137.  141.  147.  149. 

181.  187.  191.  194.  206.  209.  243. 

283.  286.  294.  380. 
Gottsched,  Luise  Adelgunde  Vic- 
toria, geb.  Kulmus  50,  53.  98. 

118.  181.  327. 
Graff,  Anton  384  f. 
Graun,  Carl  Heinrich  49.61.  69. 127. 

248.  252  f.  256  f.  291.  301.  313. 
Gravina  179. 

Gray,  Johanna  (von  Wieland)  302. 

Grecourt,  Jean  Baptiste  Joseph 
Villart  de  183. 

Greis,  Der  (Wochenschrift  von  Fatz- 
ke) 338. 

Gresset ,  Jean  Baptiste  Louis  de 

353.  375.  379.  382. 
Griechenland  184.  224 f.  229.  265, 

316.  320.  342.  360.  37.>  BSC 
Grimm,  Melchior  78. 

Groetzner,  Johann  Petev  273.  301. 
303. 

Grosse,  buchhändler  fcHalbersUdt 

406. 

Grotius,  Hugo  G8. 
Gruenau  439 
Guenther  29.  43 


Guichard  340. 


297. 


von 


Haag  36:5. 

Hagedorn,  Friedrich  von  4.  <•  2VJ. 
32  f.  41.  44.  46.  49.  54.  69-71. 
75.  78  f.  86.  90  f.  94  f.  98-100. 
102.  107  f.  111.  113.119.  122.  135. 
140.  144.  146  f.  153-155.  157. 
100. 102  -164.  166.  170. 174. 176  f. 
180  f.  183.  197  f.  205  f.  230.  235. 
253.  261.  267.  269.  275.  278. 
209.  345.  399.  403.  419. 
Hagedorn,  Christian  Ludwig 

334.  348.  371. 
Hagen,  kriegsrath  von  206. 
Halberstadt  92.  198.201.  206.212. 
'210-218.  223.  229.  232.  235  f. 
241.  249.  253.  261. 273.  276.  284  f. 
287  f.  289.  294.  296.  299  f.  302. 
307.  312    316.  318.  322.  326  f. 
330.  336  f.  340  f.  344.  348.  351. 
355  f.  358.  362.  368.  371. 
379.  381.  384.  388  f.  392  f 
398.  402  f.  407-409.  414. 
420.  423  f.  425.  427  f.  431. 
435-439.  441.  443. 
Halle  4  f.  7.  10.  12  f.  10  f.  19.  30  f. 
34.  36.  39  f.  42.  70.  75.  88.  91. 
124.  130.  142.  144.  177.  180.  182. 
204.  257.  305.  312.  348.  374.  385. 
395.  414.  437.  444. 
Haller,  Albrecht  von  4.  7.  41.  58. 

172.  206.  231  f.  299. 
Hamann,  Johann  Georg  329.  332. 
Hamburg  10.  24.  26.39.41.52.  54  f. 
115.  117.  137. 157.211.  213  f.  219. 
222.  253.  378.  394.  41i>.  421.  445. 
Hamilton  123.  143. 
Hannover  7.  302.  393. 
Hardenberg,  Carl  August  von  437. 
444. 

Haren,  domherr  von  J 
Harlekin  50. 
U  lu  vst  fluide  153. 

Ho' 


374. 
396. 
417. 
433. 


Haan,  Fi 

285. 

Huumld  236. 

Hechtel,  bachbandler  319.  359. 
Hein  siehe  Herrn. 
Heinecke,  Carl  Heinrich  53.  96. 
Heinrich  der  Löwe  (von  J.  iv  Schle- 
gel) 194. 

Heinse,  Johann  Jacob  Wilhelm  415. 
417. 

Heldengedichte  233.  275.  289. 
Helikon  424. 

Helmstedt  241.  300.  304-30(5.  309. 

329.  331. 
Hempel,  maier  244. 
Henzi,  Samuel  102  f. 
Herder,  Johann  Gottfried  372  f 

388.  391.  396  410  f.  420.  422  f. 

425.  430  f.  439  f.  442.  144  f. 
Herder,  Caroline  439. 
Herkules  184.  321. 
Herkules  und  Valisca  siehe  Much- 

oltz,  A.  II. 
Hermann  siehe  Schocnaich  und 

Wieland. 
Herrenhuther,  Der  (wochensi'hrift 

von  Naumann)  65. 
Hess,  J.  <;..  pfarrer  in  AltstllMrn, 

130. 

Heyn  204.  206. 

Hippel,  Theodor  (Jottliob  von  87H, 
Hirsch,  hof  kammerrat  Ii  ins  A  Im- 
bach 309.  392  f.  395.  39S.  400 
402.  406.  412  f.  418  f.  425. 
—  dessen  bruder  201.  809. 

■eld  276. 
fobaun  Caipar  13^.417.  4U, 
Jb.  buchhuii.lk, 


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401  -  407.  4*4  44*  4d&  kU  t 

Huber.  Michael  >. 

Hunibert.  major  um* 

Hylas  130, 

Hymen  16*  « 4H.  |fc  Ufc 

Diu»  siehe  Homoi 
lpponax  140 

Iii«  (von  J.  44.  Jawln)  4»M4 
lsumtc  f>> 

Italien  101  IM  IT?»  Wfc  Ml  I 

309.  m  My      m  r« 

401.  440. 
lUonplil«,  von  MHS 

Jacob  und  Jimt«|ili  (von  llmlin»»»lV  i 

JiicoU,  l*i  tiMli  i«  h  1 1  im*  Ii  4  In 

Jn.t.l.i ,  Julia  mm  Ui»..|M   I,  I  I  Mi 

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Jouum  I  < 
Jim*.,  o  * 


4 


540 


Juncker,  (t.  A.  340. 

Junckheim,  Johann  Zacharias  Leon- 
hard 300.  304.  306.  309.  417. 
419  f.  425-427.  430. 

Juvenal  161. 

Kaestner,  Abraham  Gotthelf  137. 

283. 

Kalau,  maier  393. 
Kalckstein,  fraulein  von  116. 
Kant,  Immanuel  436. 
Karschin,  Anna  Luise  815—333. 

335-338.  342  f.  345-347.  350  f. 

354  f.  359  f.  374.  376  f.  388.  393. 
Kmnitz,  Wenzel  fürst  von  390. 
Kiel  419 

Kipping  304-306.  309. 
Klein,  Friedrich  126.  141. 
Kleinwege,  inspector  5.  8. 12  f.  19. 
Kleist,  Ewald  Christian  von  56. 

58—60.  64.  72.  75.  78-80.  88. 

91.  93.  99.  101.  106-109.  111  f. 

117-124. 127. 138. 145—149. 154. 

162.  164  f.  169.  177.  181.  183. 

187.  200.  202-204.  206.  211.  218 

—216  219— 222.  227  f.  23 1.235  f. 

238.  242  f.  247.  251.  258.  260  f. 

266.  268.  272  f.  275—277.  281. 

283.  285.  287.  289  f.  297.  299. 

301.  304.  307.  309.  312—315.  321. 

344.  353.  36S.  375.  389.415.434. 

444. 

Klopstock,  Friedrich  Gottlieb  193  f. 

214.  229  f.  261.  283.  286.  299. 

329.  331-334  336. 389-342. 345. 

347-353.  359  f.  381.  889.  403  f. 

410.  421. 
Klopstock,  Anna  Maria  333.  353. 
Klopstock,  Meta  360. 
Klopstocks  bruder  und  Schwestern 

342. 

Klotz,  Christian  Adolf  357.  374  f. 

377.  380.  388.  391.  394. 
Knebel,  Karl  Ludwig  von  386.  388 

-393.  396. 


Knebel,  Leberecht  von  386.  389.391. 
Knonau ,  Ludwig  Meyer  von  72. 

286.  299. 
Koenig,  Johann  Ulrich  von  96. 
Koenig ,  Georg  Philipp  Christian 

von  339. 
Koeniggraetz  290. 
Eoenigshorst  292. 
Koeppe,  prediger  in  Berlin  257. 
Koepken,  Friedrich  von  338.  439. 
Krause,  Christian  Gottfried  147. 

169.  175.  178.  200.  203  f.  207. 

248.  291.  313. 
Krause,  Johann  Victor  291. 
Kronegk  siehe  Cronegk. 
Krueger,  Benjamin  Ephraim  137. 
Krueger,  Johann  Christian  50.  52. 

61.  125.  137. 
Kuester,  prediger  in  Magdeburg 

348. 

Kulmus  siehe  Gottsched,  Frau. 

Lach  ine  siehe  Loehme. 

La  Fontaine,  Jean  de  21.  75.  119. 

183.  361.  411. 
La  G  ränge,  Joseph  de  Chancel  de 

206. 

Lainez,  Alexandre  206.  209. 
La  Mettrie,  Julien  Offray  de  207. 
231. 

Lamoignon  230. 

Lamprecht,  Jacob  Friedrich  7.  10. 

14.  16.  24.  32.  35  f.  38  f.  42.  60. 

72  f.  97.  99.  140.  147  f. 
Lange,  Joachim  107.  166. 
Lange,  Samuel  Gottbold  76.  78. 

80  f.  90.  92  f.  95.  99-103.  107. 

110  f.  117  f.  123.  128-130.  134. 

137.  146.  148.  150.  155.  179.  200. 

290. 

Lange,  Frau  100  f.  118.  130.  141  f. 
150. 

Langemack,  Lucas  Friedrich  321. 
Langenstein  371. 
Languedoc  143. 


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541 


Lani,  tänzer,  139. 
Laocoon  869. 
Laablingen  92.  290. 
Lauchstedt  374.  377.  383  f.  400. 
Laura  14—16.  21.  24.  135.  392  f. 

395.  397  f.  400.  402.  415. 
Lausitz  299. 

Lavater,  Johann  Caspar  429.  435  f. 
Lazarus  339. 

Lehmann  siehe  Rost,  Johann  Chri- 
stoph. 

Leipzig  21.  25  f.  29.  31.  43-48.  50. 

53  f.  65.  67  f.  77.  87.  89.  93.  95. 

106.  131.  143.  175.  193.  212  f. 

226  .  233.  256  f.  261.  267.  275- 

278.  281.  285.  288.  296.  304.  309. 

325-327.  332.  344.  347  f.  S52. 

357.  368.  377.  380.  384.  400.  402. 

405.  407.  411.  416.  438.  443. 
Lemene,  Marchese  de  206.  209. 
Lemno8  184. 

Leonidas  (von  Glover)  134.  310. 
Le  Pays,  Rene  123.  127. 
Leporin,  Frau  dr.  327. 
Le  Rossignol  119. 
Lesbia  115.  167.  264. 
Lesbos  185. 

Lessing,  Gotthold  Ephraim  249. 251. 

262.  277.  280.  283.  285.  290  f. 

294.  301.  303-305.  307.  312  f. 

824.  326.  367.  0G9  f.  377  f.  390. 

403.  418.  442. 
Le  Voluptueux  183. 
LieberkQhn,  Christian  Gottlieb  287. 

294. 

—  Dessen  vater,  prediger  60. 

-  Arzt  60. 

Lieder  der  Deutschen  siebe  Ramler. 
Lieder,  Freundschaftliche  (von  Pyra 

und  Lange)  107. 
Lieder,  Geistliche  286. 
Lieder  zum  vergnügen  251. 
Liennitz  817. 
Lindau  386. 

Lindner,  Caspar  Gottlieb  11. 


Liscow,  Christian  Ludwig  27.  53. 

66. 71. 89  f.  94.  96. 100. 146  f.  155. 
Lobkowitz,  prinz  von  227.  231. 
Lobrede  auf  Friedrich  II.  309.  313. 
Loehme  1  f.  8  f.  21.  25.  92.  132. 

149.  164.  182.  292. 
Loosen  355  f. 

Logau,  Friedrich  von  304  f. 
Lohenstein,  Daniel  Caspar  von  131. 

155.  224. 
London  153.  254.  363. 
Longepierre,  Hilaire  Bernard  de  Re- 

queleyne,  baron  de  168. 
Longinus  53.  96. 
Loni  183. 
Loo,  van  293. 
Lotichius,  Petrus  445. 
Lowositz  272. 
Lucanus  356. 
Lucian  430  f. 
Lucretius  176.  257.  261. 
Luederitz,  Frau  präsidentin  von  242. 
Lueneburg  141. 
Luther,  Martin  307. 
Luther  (aus  Ansbach)  37.  42. 
Lyaeus  187.  272. 
Lydie  107. 
Lyon  439. 

Maass  158.  178. 

Maecenas  359.  364. 

Maftei,  Marchese  179. 

Magdeburg  92.  228.  257.  2^2.  305 
—307.  318  f.  324  f.  327  .  329  f. 
332.  837-339.  348  f.  355.  358  f. 
372.  411.  439. 

Magdeburger  zeitung  305-307. 

Mahler  der  Bitten,  Die  { Wochen- 
schrift von  Bodmer  u.  n.)  117- 

Mahomet  1(J7. 

Mainz  436. 

Mannheim  414.  419. 

Manteufel,  grof  von  55.  68.  137. 

Marburg  435. 

Marchetti  261. 


542 


Margaris  57. 
Maria,  Mutter  132. 
Marianne  (Maliers  frau)  41. 
Marivaux,  Pierre  Carlet  de  Cham- 

blain  de  201. 
Marot,  Clement  157.  234. 
Mars  7.  138.  184.  290. 
Martialis  316. 
Masenius  445. 
Matthews  Carl,  prinz  60. 
Matthisson,  Friedrich  von  439  f. 
Maupertuis,  Pierre  Louis  Moreau 

de  262. 
Mauvillon,  Eleazar  de  262. 
Mayer,  Sophia  234.  239-242. 

—  bergratb  in  Blankenburg  234. 
239-242. 

—  siehe  Meier,  Georg  Friedrich. 
Mayr  siehe  Meier,  Georg  Friedrich. 
Mecklenburg  6. 

Mecklenburg-Strelitz,  herzog  von 

62. 

Meier,  Georg  Friedrich  80.  101.  103. 
12S  f.  150.  181  f.  374. 

Meil ,  Johann  Wilhelm  337.  339. 
347.  353.  361.  372  384. 

Meinhard ,  Johann  Nicolaus  332. 
314.  363.  371.  373.  375.  380.  387. 

Meister,  Leonhard  420.  422. 

Meisterstücke  der  alten  (Ham- 
burg) 39. 

Memoires  d'un  homtne  de  qtialite" 
siehe  Prevost. 

Memphis  132. 

Mendelssohn,  Moses  256.  262.  285. 

294.  314.  319.  363.  403.  418.  436. 
Merkur,  Teutscher  (von  Wieland) 

402.  406.  115. 
Messias  193.  214.  229  f. 
Metsch,  geheimrat  von  425.  427. 

—  Frau  Oberstleutnant  von  401. 
410. 

Mcuscl,  Johann  Georg  427. 
Meyer  siehe  Meier,  Georg  Friedrich. 
Meyer,  hoffixral  in  Berlin  "53. 


Michaelis,  Johann  Benjamin  400  f. 

Michaelis,  magister  27. 

Michelmeyer  105. 

Milius  siehe  Mylius. 

Müton  25.  107.  134.  166.  193.  320. 

Minnesinger   193.  275.   280.  356. 

388.  411. 
Misodeme  (von  Samuel  Henzi)  102  f. 
Mizraim  268. 
Molwitz  55. 

Monatsschriften  130.  150  f. 
Montesquieu,  Charles  de  Secondat 

de  La  Brede  et  de  42.  53.  96. 

115.  164.  166.  169.  197. 
Montgobert  70. 

Montezuma  (oper  von  Friedrich  II.) 

256  f. 
Montfaucon  162. 
Morben,  von  245. 
Morhof,  Daniel  Georg  357. 
Moses  siehe  Mendelssohn. 
Mueller,  Johannes  von  415.  417. 424. 
Musaeus:  Hero  und  Leander  164 

166. 

Musenalmanach,  Hamburger  445. 
Mylius.  Christlob  137. 
Mylius,  buchhandler  in  Berlin.  349. 
351. 

Nachdrucker  411  f.  414.  416. 
Nachrichten,  Berliner  critische  219. 
226.  231.  233.  300.  302. 

—  Lindauer  critische  386. 

—  Züricher  fieimütbige  154.  280. 
282.  297.  299.  301.  881. 

Naide  siehe  Denstadt,  Fanny. 
Nauen  336. 
Naugerus  316. 

Naumann  2.  16.  29.  32.  39.  45.  53. 
62  70.  72.  74.  76.  78.  81.  91.  93. 
95.  98  f.  109.  117.  119  f.  138. 
140.  161.  166.  169.  177  f.  187. 
191.  195.  197. 

—  Christian  Nicolaus  55.  97.  109. 
119  f.  131.  140.  154. 


■ 


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543 


Naumann,  Johann  Göttlich,  com- 

ponist  436. 
Neuber,  Jobann  29.  50.  69. 
Neuberin,  Caroline  83.  50.  54.  69. 

96.  137. 
Neuhaidensleben  375. 
Neujahrsgeschenk  für  die  schönen 

(von  Nicolai)  345.  347. 
Nicolai ,  Friedrich  263   285.  294. 

297.  314.  345.  347  f.  361.  368. 

370.  895. 
—  Gottlob  Samuel  285. 
Niedersachsen  402  f. 
Noesselt  3.  39. 

Nuernberg  288.  334.  344-346.  374. 
435. 

Ockermann  25.  27. 

Oden  mit  melodien  (von  Ramler) 

244.  248—251. 
Oder  295.  303. 
Odyssee  siehe  Homer. 
Oeser,  Adam  Friedrich  381.  384  f. 
Oesterreich  26.   114.  273.  276. 

310. 

Oettingen,  Monatsschrift  in,  216. 

OlmQtz  312. 

Olymp  268.  328. 

Oiuero  siehe  Homer. 

Onolzbach  siehe  Ansbach. 

Opitz,  Martin  11.  75.  97.  103.  200. 

204.  282.  2*4.  295.  301.  303-305. 

307.  320.  394. 
Orpheus  388. 
Ossian  348.  355  f. 
Ostfriesland  30.  38.  231. 
Ostrit/.  276. 
Ovid  15.  153. 

Palemon  (=  Bachmann)  319  $ 
Pamela  (von  Richardson)  79. 
Pan  85.  205. 

Panduren  70.  272.  285.  202. 
Panthea  117.  137.  140. 
Pantheon  444. 


Paris  50.  193.  231.  292.  349.  363. 
Parnass  267.  275.  333.  335.  345. 

348  f.  360.  387.  429. 
Patriarchen  383. 
Patzke,  Johann  Samuel  338. 
Paulus  212.  215. 

Pauw,  Cornelius  de  135.  153.  168. 

170  f.  182.  185.  190. 
Pensees  philosophiques  207. 
Persien  103  f. 
Pesne.  Antoine  293. 
Petrarca  295. 332. 392. 395. 397f.400f. 
Petriade,  Die  335. 
Petronius  417. 
Petrus  212.  215. 
Phaedrus  274.  280.  286.  361. 
Phaon  318  f. 
Philibert,  graf  108.  ■ 
Philippi.  Johann  Ernst  27. 
Phillis  328. 
Phitotas  S12. 
Phoebus  185. 

Pindar  36.  38.  52.  141  f.  179.  200. 

226.  384. 
Pine  246.  253. 
Pirna  71. 

Platen ,  August  Philipp,  graf  von 

409  f.  413  f.  416. 
Plato  443  f. 
Plinius  313. 
Plutarch  320.  423. 
Podewils,  graf  von  15K. 
Poellnitz,  Carl  Ludwig  freilierr  von 

31.  60  f.  69. 
Poetique  francaise  245. 
Polen  298. 
Pommern  344 

Pope,  Alexander  100.  1 12.  128.  19t. 

196.  200.  20».  206.  220  f.  224. 

226.  229.  231.  266.  343.  421.  434. 
Possen  251. 

Posch,  buchhäudler  254.  259.  262  f. 

269.  359.  398. 
Potsdam  31.  34.  36  f.  30  -45.  US. 

59.  63.  67.  70  91.  118.  138.  183. 


544 


187.  200.  207.  291.  386.  838.  393. 

396.  415. 
Poussin,  Nicolas  293. 
Prag  70—72.  74.  79.  276.  284. 
Preussen  106.  113.  289.  310-312. 

317.  329.  335.  417.  424.  437. 
Preussen ,   Carl  markgraf  von 

73. 

—  Ferdinand  prinz  von  96.  198. 

—  Friedrich  II.  könig  von  7.  11. 
21.  24.  26  f.  34.  49.  55  f.  60.72. 
74  f.  92.  94  f.  97.  107  f.  115  f. 
119.  130.  139.  144.  183.  231.252. 
25G  f.  272-275.  277.  281.  285. 
288.  293  f.  29£.  300.  302  f.  309. 
311—313.  321.  323-325.  333  f. 
336-338.  340-  342. 349.  360. 371 . 
382.  408.  423  f.  426-429.  431. 
433.  438.  444. 

—  Friedrich  markgraf  von,  erz- 
bischof  zu  Magdeburg  355. 

—  Friedrich  Wilhelm  I.,  könig  von 
120. 

—  Friedrich  Wilhelm  II.,  könig 
von  336.  423  f. 

—  Friedrich  Wilhelm  III.,  könig 
von  431. 

—  Friedrich  Wilhelm  prinz  von 
70-74. 

—  Heinrich  prinz  von  2.  58.  72. 
290.  347.  371.  376. 

—  Heinrich  markgraf  von  331. 

—  Heinrich  prinzesBin  331. 
Priapeia  183. 

Prior  107  f.  111  f.  224.  229. 
Propheten  286. 
Provence  143. 
Putbus,  graf  von  194. 
Pygmalion  215. 

Pyra,  Jacob  Immanuel  54.  61.  68. 
71.  81.  93  f.  97.  103  107.  109. 
112.  134.  138.  160. 

—  sein  bruder  71. 
Pyrmont  278.  351.  359. 
Pythagoras  388.  429    431.  433  f. 


Quantz,  Johann  Joachim  139.  313. 
Quedlinburg  205. 248.  802. 327.  331. 

333.  347. 
Quinctilius  195. 
Quintilian  131.  191.  302. 
Quintus  Izilius  340.  342. 
Quixote,  Don  73.  105.  120.  132. 

Rabbi  257. 

Rabener,  Gottlieb  Wilhelm  130. 

348.  384. 
Rabutin  294. 
Racan  111. 
Racine  141.  154. 

Ramler,  Carl  Wilhelm  93  f.  98  f. 

101. 106— 109.  112. 114— 116. 119. 

121.  132-134.  138.  149.  154.  157. 

164  f.  167  f.  174.  178.  182.  187. 

191.  195.  199.  211  f.  219  f.  222. 

227.  233.  235  f.  238.  242—245. 

247—252.  255  f.  258  f.  261  f.  264 

—266.  268.  270.  278.  286.  291. 

294  f.  297.  299.  807.  312.  316  f. 

319.  321.  323—325.  327  f.  335  f. 

340.  344.  347.  352—855.  357  f. 

361—366.  368-370.  372.  376— 

378.  888  f.  405.  407.  426-430. 

432  -  434. 
Raphael  320.  336. 
Recueil  des  romances  376  f. 
Recueil  de  veritös  utiles  siehe  Samm- 
lung nützlicher  nachrichten. 
Recueil  des  epigrammatistes  fran- 

cais,  Nouveau  246. 
Regensburg  304.  306. 
Regner,  buchhändler  437. 
Regnier  168. 

Reich,  mademoiselle  (in  Halle)  204. 
Reich ard,  Elias  Caspar  307. 
Reichel.  Johann  Nathanael  214. 
Reichmann,  von  330. 
Reinhold  15  f. 
Reisenleiter  45. 

Reisswitz,  H.  W.  von,  lieutenant 
172. 


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545 


Reitzenstein,  Frau  von  413.  415. 
Rembrandt  336. 
Rhodus  185. 

Richardson,  Samuel  79.  233. 
Richelieu,  duc  de  139.  284. 
Richter,  kaufmann  in  Berlin,  2. 
73.  165. 

Riedel,  Friedrich  Just  375.  380.  385- 

399. 
Riga  344. 

Ritteracademie  340. 
Rochester  224.  247. 
Rode,  Christian  Bernhard  334. 
Roeber,  capitain  102. 
Roemhild  238.  243. 
Roeper,  Dr.,  arzt  246  f. 
Roes  45. 

Rolle,  Johann  Heinrich  358.  411. 
413. 

Rolli  168  f.  177.  261. 

Rom  224  f.  229.  233.  324.  363.  369. 

375.  391.  415.  424. 
Romane  435.  438. 
Romanzen  274.  374.  376  f.  409. 
Romeo  377. 
Roscommon  247. 
Rosee,  von  199. 
Rossbach  288. 
Rossmann,  Dr.  73. 
Rost,  Johann  Christoph  1.  4.  7.  10. 

14.  17.  21.  24.  26.  33.  39.  50.  58. 

65.  71.  76  f.  89  f.  94.  96  f.  100. 

119.  140.  146  f.  155.  157.  204. 
Rostock  34. 

Rothenburg,  graf  von  92.  147.  169. 
Rousseau  .  Jean  Baptiste  32.  111. 

245.  294. 
—  Jean  Jacques  333.  335.  395. 
Rubens  336. 

Rudnick,  Paul  Jacob  2.  5.  8.  12  f. 

19.  58.  58  f.  66  f.  75  f.  81.  120. 

126. 137  f.  145.154.  161.  164.305. 
Rnppin  178. 

Russlaud  228.  291  f.  295.  300. 302  f. 
311.  324  f. 

Oleim-Ui,  Briefwocluel 


Russland  ,  Peter  II. ,    czar  von 
325. 

Sachsen  92.  144.  257.  272.  362. 
Sack.  August   Heinrich  Wilhelm 
257. 

Saint-Evremont,  Charles  de  58. 
Saint-Mard  65.  183.  231. 
Sallier,  Claude  272. 
Salomon  339.  341.  345.  347-351. 

410.  420. 
Sammlung  nützlicher  Wahrheiten 

(Wochenschrift  in  Berlin)  14.21. 

27.  29.  34  f.  39.  66. 
Sammlung  vermischter  Schriften 

von  den  Bremer  bei  trägem  248. 

280.  802. 
Sammlungen  zu  den  belustigungen 

des  geachmacks  182. 
Samos  171. 
Sanadon  273. 
Sandby,  William  254. 
Sangerhausen,  Christoph  Friedrich 

398  f. 
Sannazar  445. 
Sanssouci  257.  293.  336. 
Sappho  315-320.  327.  332. 
Sarbiev  445. 
Sardanapal  383. 
Sarrasin  258. 
Satan  258. 

Sauer,  August  144.  170.  201.  248. 

302. 
Saul  286. 
Scaliger  168.  203. 
Schachspiel  siehe  Ramler. 
Schaefererzählungen  siehe  Rost. 
Schaeferspiel    ohne    liebe  siehe 

Jelpke. 
Schaeferspiele  131. 
Schaffhausen  235.  243. 
Schauspiele  der  Deutschen  151. 
Schlaeger,  Julius  Carl  392. 
Schlegel,  Johann  Adolph  76.  89. 

97.  113.  117.  140.  143.  152. 
35 


516 


Schierel,  Johann  Elias  113.  152. 

16S.  194. 
Schlesien  7.  79.  299. 
Schlettau  13.  126. 
Schlieben,  gräfin  von  236. 
Schlosser,  Johann  Georg  443. 
Schmid,  Conrad  Arnold  287. 
Schmid,  Georg  Wilhelm  287. 
Schmid,  kopferstecher  in  Berlin, 

162.  337.  347. 
Schmidt,  Johann  Christoph  231. 

m 

Schmidt,  Klamer  398-401.  411- 

415.  425  f.  437.  442.  444. 
Schmidt,  in  Halle  11. 
Schnell  27.  37.  42.  70.  74  f.  78.  81. 

121.  273. 
Schoenaich,  Christoph  Otto  frei* 

herr  von  280.  286.  289. 
Schoenemann,  Johann  Friedrich  32. 

50.  52  f.  59.  61.  69.  137. 
Schoenfeld  292. 

Schottischer  Barde  (=  Ossian)  348. 

Schreiben  das  sylbenraaaß  im  Mes- 
sias betreffend  siehe  J.  N.  Rei- 
chel. 

Schriftsteller  ä  la  mode,  Der  206. 

Schuetze,  bochh&ndler  100. 

Schulenburg,  von  129. 

Schultz,  gouverneur  von  68. 

Schulz,  Joachim  Christoph  Frie- 
drich 419. 

Schulze,  Oberstleutnant  von  34. 68. 

Schulze,  bürgermeister  von  Neu- 
haldensleben  375.  388. 

Schulze,  Caroline  377. 

Schwabe,  Johann  Joachim  8.  53. 
72.  137. 

Schwaben  216.  230.  428. 

Schwan,  buchfübrer  205. 

Schwarz,  Johann  Christoph  61. 

Schweden  292. 

Schweiz,  Schweizer  11.  21.  24  f. 
53  f.  73.  93.  103.  108.  HO  f.  130. 
137.  176.  214.  2C5.  268.  270.  275. 


283.  286.  297.  301.  324.  334.  340. 
365.  381.  383.  385.  415.  417  f. 
422.  424.  439. 

Seefried,  expeditionsrath  in  Ans- 
bach, 149.  161. 

Seidlitz  siehe  Seydlitz. 

Selim  und  Selima  (von  Wieland) 
398. 

Selimor  264. 

Semiramis,  oper  139. 

Seydlitz,  von  91.  99. 

—  general  von  338. 
Shaftesbury  118.  134.  207. 
Shakespeare  7.   10  f.  308.  324. 

377. 

Siefried  siehe  Seefried. 
Sievers  Biehe  Sivera. 
Silen  86. 
Silhouette  118. 
Silvia  246. 
Simouetti  226. 
Sirach  81. 

Sivers,  Henrich  Jacob  27. 
Soden,  graf  von  410.  413. 
Sollikofer  siebe  Zollikofer. 
Sonnenstein  303. 
Sophocles  160. 
Sorr  114. 
Sosier  445. 

Spalding,  Johann  Joachim  118. 123. 
125.  154.  158.  161.  176.  211.  227. 
232  f.  235.  254.  334.  368.  431. 

—  sein  vater  176. 
Spanien  374  f. 
Spavento  86. 

Spiegel  zum  Diesenberg,  Ernst  Lud- 
wig, Freiherr  von ,  domdechant 
262.  304.  312.  319.  415  f.  442  f. 

—  seine  gern  ahlin  413.  416. 

—  v.  Pickelsheim,  Dietrich,  Ernst, 
freiherr  von,  356,398—401.  416. 

Spiegelsberge  443. 
Spinoza  436. 
Spirus  (=  Spiegel)  319. 
Spree  20.  291. 


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547 


Stadelmann  20  f.  27.  30.  35.  37. 

39.  42. 
Stahl  54. 

Stainford,   Henrich  Wilhelm  von 
426. 

Stengel  109.  119. 

Stephanus  (=Etienne)  168.  181. 

189.  192. 
Stettin  158.  165.  291  f.  435. 
Stille,  Christoph  Ludwig  von  199. 

201.  206.  211.  236.  288.  298. 
Stockhausen  301.  304. 
Stolberg-Stolberg,  graf  von  92. 
Stolberg  -  Wernigerode  ,  Christian 

Ernst,  graf  von  304.  306.  319. 

326  f. 
Stolberg  92. 
Stoppe,  Daniel  97.  103. 
Stralsund  226. 
Strasburg  103.  439. 
Straube,  Gottlob  Benjamin  26.  32. 

54  f.  97.  142. 

—  sein  bruder  142. 
Strelitz  6. 
Strephon  26. 

Strimesius,  professor  in  Frankfurt, 
26. 

Stubenrauch  443. 

Stueven,  Peter  von  96. 

Stufenberg  332. 

Stunden,  Die  vergnügten  120. 

Stuttgart  806.  826. 

Succow  292. 

Sucro ,  Christoph  Joseph  (in  Co- 
burg) 271. 

—  Johann  George  (in  Halberstadt) 
172.  218.  240.  248.  271. 

—  Johann  Josias  172. 
Suidas  135  f. 

Sulzer ,  Johann  Georg  95.  101  f. 

117  f.  129.  176.  188.  199.  206. 

219  f.  283.  286.  291.  299.  301. 

313.  319  f.  824  f.  327.  330.  334. 

337.  340.  346.  349.368.415.  417. 
Sulzimen  (=  Sulzer)  319. 


Swift,  Jonathan  100,  130.  220. 
Sylvia  29. 

Tacitus  415.  424. 

Tänzerin,  Die  (von  Rost)  1.  4.  7. 

10.  24. 
Tartaren  389. 

Teichmeyer,  Sophie  Amalia  Chri- 
stina 41. 

Tempel  der  dichtkunst  siehe  Pyra. 
Teos  125.  185.  189.  192.  350.  3S9. 
Ternate  73. 

Terpsichore  (von  Herder)  442. 444  f. 
Teutschland  siehe  Deutschland. 
Thale  am  Harz  247. 
Thaies  388. 

Theater,  Französisches,  in  Berlin 

189. 
Themis  439. 
Theocrit  214.  287.  294. 
Theophrast  115. 
Thomas  352. 

Thomson  107.  112. 122.  134.  145  f. 

148.  224.  268. 
Thuemmel,  Moritz  August  von  328f. 

352.  857.  361. 

—  Fraulein  von,  hofdame,  329. 
Thyrsis  15.  31.  36.  93.  319. 
Tibull  167.  420. 

Tiedge,  Christoph  August  436 -438. 
4  42. 

Timoleon  siehe  Behrmann. 
Tirsis  siehe  Thyrsis. 
Titus  423.  429. 

Toepfer,   Henriette  von  (EberU 
braut)  245.  249. 

—  Frau  von  245.  249. 
Tosse,  de  la  168. 
Trajan  313. 

Tresor  du  Parnasse,  Lc  353. 
Triller,  Daniel  Wilhelm  193.200.204. 
Tuerken  389. 
Tyrtaeus  857. 

Ungarn  72.  338. 


548 


Utrecht  388. 

Uz,  Johann  Peter 

Amt  in  Ansbach:  150.  196.  202. 

206. 210-212. 228.  267.  275.  344  f. 

347  f.  Dichten :  267. 275. 324. 342  f. 

347  f.  362.  379.  413.  419.  427. 

435.  438.  Krankheit:  413.  443. 

445.    Medaille:  260.  Portrait: 

154.  261.  384.  342.  345.347.  380. 

382.  384  f.  414—416.  Regiments- 

quartiermeisterstelle :  199.  Reise 

nach  Braunschweig:  216  f.  262. 

—  Alkäische  oden  285.  296.  298. 
300.  340  f.  860. 

—  An***  [Sauer  nr.  22]  114  f. 

—  Anacreon-übersetzung  [mit  J. 
N.  Götz]  16.  20.  23.  41.  61. 102. 
109.  116.  135.  145.  143  f.  152  f. 
166.  169.  174.  177. 180  f.  184. 190. 

—  An  Amor  [Sauer  nr.  14]  87.  141. 
151.  213.  222. 

—  An  Chloen  [Sauer  nr.  8— ß) 
44-46.  57.  62.  68. 

—  An  den  Verfasser  der  schertz- 
haften  lieder  [Sauer  nr.  108]  87. 
93.  154. 

—  An  die  freyheit  [Sauer  nr.  69] 
300.  802. 

—  An  Friedrich  den  großen  [Sauer 
nr.  107]  11  f.  19.  25. 

—  An  herrn  canonicus  Gleim  [Sauer 
nr.  68]  275  f.  285.  341. 

—  An  herrn  Gleim  in  Berlin  1741 
[Sauer  nr.  1]  28.  82.  88.  48.  55. 
58.  60.  64.  68.  72.  95.  114.  151. 
173.  208. 

—  An  herrn  hofrath  C*  [Christ: 
Sauer  nr.  102]  264.  267  f. 

—  An  herrn  secretär  G*  [Gleim: 
Sauer  nr.  100]  248.  257. 

— Anm  erkungenz.  An  acreon 1 7 7. 1 80. 

—  Ansbacher  Wochenschrift,  Bei- 
träge zur,  287. 

—  An  Venus  [Sauer  nr.  27]  125. 
127.  131.  144.  151.  196.  199. 


Uz,  Johann  Peter 

—  Auf  den  tod  des  frey herrn  von 
Cronegk  [Sauer  nr.  70]  288. 
296-298.  800.  302.  312. 

—  Auf  den  tod  des  majori  von 
Kleist  [Sauer  nr.  71]  314. 

—  Bey  Überreichung  einer  schale 
caffee  [Anacreon  1746  s.  56;  von 
J.  N.  Goetz]  73.  95.  144.  154. 

—  Brief  von  der  liebe  [an  Rudnick] 
13.  76.  120.  126.  138. 

—  Briefe,  Poetische  353. 

—  Cantate  175.  203. 

—  Compositionen  seiner  lieder 
251. 

—  CritikderGleiraschen  Anacreon- 
Übersetzung  188—193.  195  f. 
199. 

—  Das  bedriingteDeutschland  [Sau- 
er nr.  16]  108.  113  f.  152.  195. 
273.  292. 

—  Das  ding  von  dem  dinge  100. 
114.  121.  195. 

—  Das  neue  orakel  [Sauer  nr.  23] 
109.113.115.  213.  222.  255  f.  261. 

—  Der  frühling  siehe  Lobgesang 
des  frühlings. 

—  Der  morgen  [Sauer  nr.  8]  173. 
175.  195.  263  f.  269. 

—  Der  standhafte  weise  [Sauer 
nr.  40]  228.  236  f.  295. 

—  Der  weise  auf  dem  lande  [Sauer 
nr.  18]  165.  169  f.  173.  213  f. 
222. 

—  DieAnakreontischen  lieder  [Sau- 
er nr.  27]  125.  127.  131.  144.  151. 
196.  199. 

—  Die  eigenschaften  einer  gelieb- 
ten [Sauer  nr.  24]  154.  157.  160. 
234. 

—  Die  liebesgötter  [Sauer  nr.  25] 
159.  162. 

—  Die  lyrische  muse  [Sauer  nr.  17] 
107.  112.  122.  144.  155.  208. 

—  Die  pfirsig  121.  173  f. 


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549 


Uz,  Johann  Peter 
Die  träume  siehe  Morpheus. 

—  Die  versöhnte  Daphne  [Sauer 
nr.  28]  159.  162. 

—  Die  wahre  gröüe  [Sauer  nr.  45] 
226.  231.  236. 

—  Die  weinlese  [ode  an  Bacchus? 
Sauer  nr.  20]  95. 

—  Druck  der  gedichte  siehe  Ly- 
rische gedichte. 

—  Einladung  zum  vergnügen  [Sau- 
er nr.  26]  173.  175.  265  270. 

—  Ein  träum  [Sauer  nr.  7]  68.  72  f. 
121.  213.  222.  263. 

—  »Entfleischte,  blaßgegr&mte 
wangen  ■  [Sapphische  ode]  1 36. 1 53. 

—  Ermunterung  zum  vergnügen 
[Sauer  nr.  26]  173.  175.  265.  270. 

—  Ernsthafte  oden  252.  260  f.  268. 

—  Erzählungen  121. 

—  Französische  verse  an  Fried- 
rich II.  [Sauer  nr.  107]  11  f.  19.25. 

—  Freundschaftliche  briefe  102. 
117.  125.  137. 

—  Frühlingslust  [Sauer  nr.  10]  48. 
57.  62. 

—  Geistliche  lieder  286.341  f.  348. 
358.  420. 

—  Gesangbuch,  Neues  Anspachi- 
sches 417—420.  426. 

—  Horaz-übersetzung  401 — 407. 

—  Kirchen-agenda  425 — 427. 

—  Lieder  in  Ramlers  Oden  mit  me- 
lodien  244.  248—251.  256. 

—  Lobgesang  des  frühlings  [Sauer 
nr.  2]  47  f.  68.  72.  76.  80.  95. 
108.  111-113.  122.  133.  152.  173. 

—  Lyrische  gedichte,  Berlin,  Weit- 
brecht, 1749:  65.  76  f.  113.  119. 
126.  134—136.  141.  151. 157. 160. 
162.  164  f.  167  f.  172  f.  175. 178. 
181  f.  187  f.  191.  194  f.  197.  199. 
202  f.  205-214.  219—221.  223. 
225  f.  228.  233.  250.  255.  261— 
263.  370. 


Uz,  Johann  Peter 
Lyrische  gesänge  (mit  Gleim  und 
Kleist)  108.  119. 

—  Lyrische  und  andere  gedichte, 
Anspach,  Posch,  1755:  231.  238. 
249  f.  252.  254.  359. 

—  Lyrische  und  andere  gedichte, 
Leipzig,  Weitbrecht,  1756:  254. 
258—261.  263  f.  266—272.  274. 
300.  302.  349.  354. 

—  Lyrische  und  andere  gedichte, 
Leipzig,  Breitkopf,  1763:  347. 
365.  368. 

—  Magister  Duns  [Sauer  nr.  12] 
77.  102.  108.  114.  136  f.  144. 
172.  256. 

—  Morgenlied  der  schäfer  [Sauer 
nr.  9]  69.  79.  195.  264. 

—  Morpheus  [Sauer  nr.  35]  215. 223. 

—  Mu8aeus,  Uebersetzung  des  164. 
166. 

—  Oden,  Ernsthafte  252.  260  f.  268. 

—  Ode  an  Bacchus  siehe  Die  wein- 
lese. 

—  Ode  an  die  deutschen  fürsten 
295  f. 

—  Ode  an  die  Weisheit  [Sauer  nr. 
64]  267.  269.  271.  275.  278.  281. 

—  Oden  in  den  Bremer  beitragen 
[Sauer  nr.  7. 14.  23.  70]  213.  222  f. 
302. 

—  Ode  über  Bacchus  107. 

—  Ode  über  die  ode  siehe  Die  ly- 
rische muse. 

—  Palinodie  [Sauer  nr.  60]  238. 
244. 

—  Poetik  154. 

—  Poetische  werke,  Leipzig,  Dyck, 
1768:  313.  347.  349.  353  f.  357. 
359.  361.  365.  3G8.  370-373.  378. 
380-384.  387. 

—  Romanzen  376  f. 

—  Sümmtliche  poetische  werke, 
Leipzig,  Dyck,  1772:  405. 

—  Sammlung  von  kleinen  gedieh- 


550 


Uz,  Johann  Peter 
ien  (mit  Gleim,  Kleist  und  Ram- 
ler) 247.  341. 

—  Sammlung  von  lyrischen  ge- 
sängen  (mit  Gleim  und  Kleist) 
108.  119. 

—  Sapphische  ode  (.Entfleischte, 
blaßgegrämte  wangen*)136.  153. 

—  Schreiben  des  Verfassers  der  ly- 
rischen gediente  an  einen  freund 
[Sauer  nr.  104]  279—283.  359. 

—  Sieg  des  liebesgottes  [Sauer  nr. 
98]  225  f.  231-233.  236.  249  f. 
264-266.  274.  294.  297.  299. 

—  Ungedruckte  gediente  368. 

—  ,Wie  Venus  wenn  es  graut"  122. 
Uzens  mutter  Elisabeth,  geb.  Rei- 
senleiter 28.  81.  37.  48.  413. 

—  Schwestern  181.  861. 

—  schwester  Esther  Sophia  73.  95. 
144.  154. 157.  161.  413  f.  425. 440. 

—  anverwandte  440. 

Vade,  Guillaume  siehe  Voltaire. 
Vejontus  Catullus  161. 
Venedig  172. 

Vergil  60  f.  66.  68.  71.  103.  109. 
163.  195.  261.  285.  294.  320. 

Versuche  zur  befördern ng  des  ver- 
nünftigen Vergnügens  in  Sehwa- 
ben (monatsschrift  in  Oettingen) 
216. 

Verwandlungen  siehe  J.  A.  Schle- 
gel. 

Vesta  205. 

Victor  201. 

Voigtsdahlum  240. 

Voiture,  Vincent  de  123.  127. 

Volontair,  Der  holländische  284. 
287  f. 

Voltaire,  Francois  Marie  Arouet  de 
7.  19  f.  25.  49.  55  f.  60.  68.  75. 
96.  121.  123.  126.  139.  255.  284. 
353  f.  357.  444. 

Vormund,  Der  englische  181. 


Vorspiel,  Das  siehe  Rost. 
Voss,  Johann  Heinrich  439. 
Voyage  de  Bachaua) ont  et  Cha- 

pelle  143. 
Voyage  deLanguedoc  et  Provence 

143. 

Walbeck  294.  306.  331. 
Walch  221. 

Walther  von  der  Vogelweide  411. 
Wasberg,  von  95  f. 
Waser,  Johann  Heinrich  (1713— 77) 
102  f.  176. 

—  seine  braut  und  frau  117.  176. 

—  Johann  Heinrich  (1742-80)  418. 
Watteau,  Antoine  293. 
Wekhrlin,  Wilhelm  Ludwig  436. 
Weidner  141. 

Weimar  409  f. 

Weisse,  Christian  Felix  288.  296- 

298.  300.  309.  825.  329.832.  348  f. 

352.  355.  369.  377  f.   380.  382. 

384.  392.  405. 
Weitbrecht,  buchhandler212  f.  226. 

233.  288.  250.  254  f.  259—261. 

266—271.  274.  281. 349. 351.  370. 
Weltbürger,  Der  siehe  Lamprecht. 
Werlhof,  Paul  Gottlieb  362. 
Wernigerode  siehe  Stolberg. 
Wernigus  (=  Stolberg- Wernigero- 
de) 319. 
Werther,  graf  von  362. 
Wieland,  Christoph  Martin  264. 

269  f.  273  f.  278-286.  289.  294. 

301  f.  324.  363.  365  f.  »84  f.  387. 

300.  394-400.   402.  405-  407. 

414.  422.  430  f. 
Wien  415.  436. 
Wilhelm  ine  siehe  Thuemmel. 
Willamov,  Johann  Gottlieb  388. 
Willebrand  84. 
Willig,  oberst  116. 
Willisches  thor  in  Dresden  304. 
Winckelmann ,    Johann  Joachim 

314.  388. 


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551 


Winckelmann,  kriegsrath  92. 
Winter,  buchdrucker  in  Berlin, 

346  f.  351. 
Winterthur  834. 

Wochenschrift,  Berliner  siehe 
Sammlung  nützlicher  Wahrheiten. 

Woldemar  siehe  Jacobi,  Friedrich 
Heinrich. 

Wolf,  Friedrich  August  444. 

—  Johann  Christian  316.  320. 

Wolfenbüttel  390. 

Wolff,  Christian  freiberr  von  5.  68. 
77.  97.  424. 

Worms  120. 

Wusterhausen  175. 

Xenophon  320.  444. 

Young,  Edward  111.  134.  155.224. 
229.  277.  343.  386. 

Zabel  159.  164. 


Zacbariae,  Just  Friedrich  Wilhelm 

76.  97.  211.  224.  228.  253.261  f. 

268.287.  335.  340.  343.  357.359. 

381.  398  f. 
Zemitz,  Christian  Friedrich  193. 

197. 
Zelle  393. 
Zeus  316. 

Zink,  Barthol.  Joachim  101.  117. 
Zinn  45. 

Zinzendorf,  graf  von  55. 
Zittau  272. 

Zollikofer,  Georg  Joachim  348. 

Zorndorf  299.  303.  306. 

Zuerich  102. 1 17. 176. 243. 280. 282  f. 

301.  304.  320.  409  f.  418. 
Zusätze  zu  den  geistlichen  auf  dein 

lande  125. 
Zusehauer,  Der  (von  Addison)  200. 
Zwanziger,  geheimrat  435. 
Zwickau  307. 


sr>2 


ÜBERSICHT 


(Iber  die 


einnahmen  und  ausgaben  des  litterarischen  Vereins 

im  48sten  vcrwaltiingsjahrc  vom  I.  Januar  1807  Iiis  31.  Dewmbcr  1807. 


Einnahmen. 

A.  Reste. 

I.  Kassenbestand  am  Schlüsse  des  46sten  Verwal- 
tung^ jahres   

II.  Ersatzposten  

III.  Aktivansstilnde  

B.  Laufendes. 

I.  Für  verwerthete  ältere  pnblicationen  .... 

II.  Aktienbeitrüge   

III.  Zinse  aus  zeitlichen  anlehen  

IV.  Ersatzposten  

V.  Außerordentliches  

C.  Vorempfänge  von  aktienbeitriigen  für  die  folgenden 
Verwaltungsjahre  

Ausgaben. 

A.  Reste. 

I.  Abgang  und  nachlaß  

B.  Laufendes. 

I.  Allgemeine  Verwaltungskosten,  einschliesslich 
der  belohnung  des  kassiere  und  des  dienere  . 
II.  Besondere  kosten  der  herausgäbe  und  der  Ver- 
sendung der  vereinsschriften. 

1.  Honorare  

2.  Druckkosten  einschliesslich  druckpapier  .  . 

3.  Buchbinderkosten  

4.  Versendung  

5.  Provision  der  buchhandler  

6.  Außerordentliches  

III.  Abgang  und  nachlaß  

C.  Vorauszahlungen  

Somit  kassenbestand  am  31.  December  1897 

Anzahl  der  aktien  im  48.  verwaltungsjahre  335. 


18224 


97 


36G  — 
6320 


G17 
31 


180 


25740 


47 
80 


818 


1274 
4941 
115 
189 
62 
100 
80 


24 


91 


7580 
18159 


60 
11 

28 
03 


93 
31 


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Neu  eingetretene  Mitglieder  sind : 
Herr  dr.  Conrad  Miller,  professor  in  Stuttgart. 
New- York  :  Columbia  University. 
Herr  dr.  Max  Spirgatis,  buchhändler  in  Leipzig. 
Herr  Heinrich  Stümcke,  privatgelebrter  in  Berlin. 
Herren  B.  Westermann  u.  Co.  (Lemcke  u.  Büchner)  in  New- York. 

Tübingen,  den  26.  März  1898. 

Der  kassier  des  litterarischen  Vereins 
kauzleirath  Roller. 

Die  richtigkeit  der  rechnung  bezeugt 
der  rechnungsrevident 
Woerner. 


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