Martin
Montanus
Schwankbüc
(1 557-1 566)
Martin Montanus,
Johannes Bolte
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' BIBLIOTHEK
DES
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LITT ERARISCHEN VEREINS
IN STUTTGART.
CCXVIL
TÜBINGEN.
GEDRUCKT AUF KOSTEN DES LITTER ARISCHEN VEREINS.
1899.
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PROTECTOR
DES L1TTERARISCHEN VEREINS IN STUTTGART:
SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG.
VERWALTUNG:
Präsident:
Dr. H. Fischer, professor an der Universität Tübingen.
Kassier:
Kanzleirath Roller, universitäU-actuar in Tübingen.
GESELLSCHAFTSAUSSCHUSS:
Geheimer regiernngsrath Dr. Barack, oberbibliothekav in Straßburg.
Professor Dr. Böhmer in Lichtenthai bei Baden.
Dr. Bolte, gymnasialoberlehrer in Berlin.
Dr. Hertz, professor au der technischen hochschule in München.
Director Dr. W. Heyd in Stuttgart.
Dr. Martin, professor an der Universität Straßburg.
Dr. K. v. Maurer, professor an der Universität Münchon.
Dr. G. Meyer von Knonau, professor an der Universität Zürich.
Dr. Sievers, professor an der Universität Leipzig.
Dr. Steiumeyer, professor an der Universität Erlangen.
Dr. Strauch, professor an der Universität Halle.
Dr. Tobler, professor an der Universität Berlin.
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MARTIN MONTANUS
SCHWANKBÜCHER
(1557-1566)
HERAUSGEGEBEN
VON
JOHANNES BOLTE.
GEDRUCKT FÜR DEN LITTERARISCHEN VEREIN IN STUTTGART
TÜBINGEN 1899.
ALLE RKCI1TR VORBEHALTEN.
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DRUCK VON H. LAUPP JR IN TÜB1NGKN.
V
Inhalt.
Seite
Einleitung (I. Montanus1 leben nnd schriftstellerei. II. Bibliographie) VII
1.
Wegkürzer (1557) cap. 1—42
1
126
129
2.
3.
m
4.
215
5.
235
6.
253
430
7.
435
Anbang verwandter stücke:
I. Eine Augsburger Schmähschrift wider den Wegkürzer
\ A 1 M A t 4 f
457
476
FIT TT 1 \ 1 TT „ ■ ' 1 " _ " 1 • /;
III. Hulsbusch, Lxnr vmitons nngit so innrmani ....
476
IV. Warum die Schneider so stoltz (Geist von Jan Tambaur)
479
483
VI. Metzger, Einer singt eim wirt ein lied für die zech
485
VII. Hulsbusch. Cur canes odorent se mutuo sub cauda
486
VIII. Glockendon, Der krieg zwischen mausen, katzen, ratzen
487
IX. Meisterlied : Ursach der hund und katzen feindschaft
492
495
XI. Meisterlied: Einer jungfrau lässtman mit dem fraueneisen
496
XIII. B. von Watt, Der teufel holt einen gottlosen bauern .
499
XIV. Meisterlied : Des edelmanns weib mit dem tod .
500
XV. Danbeckh, Von dem kaiser Augustus und einem poeten
502
XVI. Meisterlied: Der ungeratene söhn ... ....
503
XVII. Hulsbusch, De stulto qui emit ollam tripodem quam
505
505
XIX. Hulsbusch, Unus lepus fugat novem Barbaros . . .
506
507
510
511
XXIII. Hulsbusch, Rusticus deeipit daemonem
512
XXIV. Hulsbusch, Stultus roittitur in molendinum allaturus
513
514
VI . Inhalt.
Seite
XXVI. Jod. Galla8, Ehemann als beiehtvater 515
XX VIF. Glockenthon, Eine junge frau klagt Ober ihres manne«
impotenz 515
XXVIII. Vogel, Die kaskuchlein 517
XXIX. Meisterlicd: Eine kühne that der weiber 519
XXX. H. Weidner, Vou der belagcrung Weinsbergs .... 520
XXXI. Jod. Gallus, Der abgesetzte vogt 522
XXXII. Adelphus, Warum die wölfe die schafe verfolgen und
die pfaffen den weibern aufaetzig sind 522
XXXIII. Hertzog. Wie der papst einem landsknecht eine busse
auflegte und wie er sich hielt 523
XXXIV. Metzger, Das lausknickon 525
XXXV. Metzger, Einer sucht sein ertrunken weil) wider den ström 526
XXXVI. Hulsbuach, Molitor capit quinque sextaria ex quatuor
8extarÜ8 granorum 527
XXXVII. J. J. Weidner. Katzenfischerei 528
XXXVIII. Meistcrlied: Wie ein mflnch zwei zusammen koppelt
ohne sein wissen 530
XXXIX. Hertzog, Von einer wittfrau, wie sie einem ntudcuten
ihre liebe eröffnet 531
XL. Metzger, Ein mönch liegt bei einer hebanune . . . 537
XLI. Meisterlied: Der fahrende schuler mit dem pfaffen . 538
XLII. Vogel, Das schöne goldschniiedsweib 510
XLIII. B. von Watt. Der student mit dein mflrser .... 541
XLIV. Meisterlied; Der hasengeier 543
XLV. Vogel, Die hundertfaltige gäbe 544
XLVI. Jod. Gallus, Die begine mit der hose auf dem köpfe 546
XLV1I. Karoch, Epistula de amore cuinadam studentis erga
mulierem civaticam r>46
XLV1H. Von einem korbmache r und seiner frau 554
XL1X. Die jungfrau beim bader 652
Anmerkungen
1. Wegkürzer (cap. 1—44) 558
2. Andretttzo ...» f>fty>
3. Thedaldus und Ermilina :t8<;
•1. Guiscardua und Sigiamunda 586
5. Cymon und Iphigenia 5S'j
6. Gartengesellschaft (cap. 1 — 115) 590
7. Von untreuen wirten
Erste zugäbe: Neuea über Michael Lindcner (Sein tod. Zwei
bilderbogen) G3G
Zweite zugäbe: Über Bernhard Hertzogs Schiltwacht (1560) . . 643
Nachträge zu den Anmerkungen 652
Wort- und Sachregister 059
i
VII
Einleitung.
I. Moutauus1 lebeu und schriftstellerei.
Uui die mitte des 16. Jahrhunderts , als der jahrzehnte-
lange kämpf um die kirchen Verbesserung zu einem abschlusse
gelangt war und das allgemeine interesse sich den weltlichen
dingen wiederum in höherem masse zuwandte, nahm die deutsche
schwanklitteratur in ungebundener rede einen raschen auf-
schwung. 1555, im jähre des Augsburger religionsfriedens, gab
Jorg Wickram aus Colmar, der schon mit einigen umfäng-
licheren romanhaften erzählungen eigener erfindung hervorge-
treten war, eine Sammlung kleiner heiterer geschienten unter
dem titel ,Rollwagenbüchlin' heraus. Ihm folgten alsbald
zwei elsässische landsleute, 1556 der Maursmünsterer stadt-
schreiber Frey mit seiner ,GartengeselIschaft4 , 1557 der in
Schwaben weilende Strassburger Montanus mit seiuem , Weg-
kürzer'. 1558 und 1559 Hessen Lindener und Schumann, zwei
ehemalige Leipziger Studenten, die ihr Schicksal nach Augs-
burg verschlagen hatte, der eine sein , Rastbüchlein1 und ,Katzi-
pori\ der andre sein ,Nachtbüchteinl drucken. 1560 erschien
die ,Schiltwacht4 des Elsässers Hertzog, 1563 der , Wenduntnut4
des Hessen Kirchhof.
All diesen büchern ist, so verschieden auch die Verfasser
nach Charakter und talent sein mögen, der in den unter ein-
ander verwandten titeln ausgesprochene zweck gemeinsam, einer
frohen tafelruude oder einer im schiff oder im wagen zufällig
vereinten reisegesellschaft heitere oder merkwürdige vorfalle
und geschienten zur Unterhaltung vorzutragen. Dazu wird die
ältere wie die tageslitteratur ausgebeutet, die mittelalterlichen
predigtmärlein und fabelsammlungen sogut wie die lateinischen
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VIII
Einleitung.
lacetien der humanisten Poggio, Bebel, Adelphus, die novellen
Boccaccios sogut wie die illustrierten flugblätter mit mord-
geschichten und die mündlich verbreiteten volksballaden,ineister-
lieder und prosaschwanke. Der Wetteifer der nach folger Wi-
ckrains brachte es mit sich, dass einer den andern beim lese-
lustigen publikum durch pikante histörchen auszustechen suchte
und der im Vorworte feierlich verheissenen moralität hinterher
ein schnippchen schlug. Spekulative buchhändler in Strass-
burg, Augsburg und namentlich in Frankfurt a. M. sorgten
dann durch wiederholte auflagen, durch neubearbeitungen oder
anthologien für die weite Verbreitung dieser schwankbücher ;
und wenn auch ernste Sittenprediger dagegen eiferten, so blieb
doch das lange durch die grossen religiösen fragen zurück-
gedrängte litterarische interesse des Volkes diesen unterhalten-
den werken bis tief ins 17. jahrhundert hinein treu.
Martin Montanus, der unter den genannten autoreu der
Zeitfolge nach die dritte stelle einnimmt, steht auch hinsicht-
lich des wertes seiner leistungen erheblich hinter Wickram
und Frey zurück.
Seine persönlichen Verhältnisse liegen im dunklen. Aus
seinen eigenen angaben (vgl. das register) wissen wir, dass
er aus Strassburg gebürtig war; doch hat sich im Strass-
burger Stadtarchive bisher keine nachricht über eine dort an-
sässige familie Montanus auffinden lassen l. Vielleicht hiess
sein vater Amberg oder Bergmann oder ähnlich, und erst der
söhn latinisierte den deutschen familiennamen. Da er sich
selber 1557 (s. 139, 2* und s. 4, 8) jung und unverständig
und einen schüler des Ulraer gymnasiums seinen freund, ge-
sellen und bruder (s. 135, 3. 137, 3) nennt, kann seine geburt
nicht lange vor 1537 erfolgt sein. Vor 1557 fällt das im
nach worte zum Andreützo (s. 176, 3 — 177, i5) berichtete er-
lebnis, bei dem Montanus zwischen Bretten und Maulbronn in
der nähe von Knittlingen seiner barschaft beraubt wurde. Im
*
1) Nur ein jurist , dr. Laurentius Montanus, wird am
5. august 1555 in den ratsprotokollen erwähnt Er erhielt damals er-
laubnis, sich his Weihnachten in Sirassburg aufzuhalten, ohne bOrger
zu werden. Die frist muss dann verlängert worden sein ; denn er wird
noch im jähre 1556 als anwesend genannt.
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I. Montiioua' leben und schriftstellerei.
IX
Spätsommer 1557 (s. 135, 7) kam er nach Ulm, wo der Strass-
burger Ludwig Rabe seit einem jähre die gelehrte schule lei-
tete und wo sich der mittelpunkt des schwäbisohen und el-
sässischen weinhandels befand x. Ob er als kaufmannsgehilfe2
oder hand werker (etwa buchd rucker) herumzog oder, was wahr-
scheinlicher ist, als fahrender schuler seinem Wandertriebe fröhnte,
lässt sich nicht deutlich erkennen. Einige wochen später be-
fand er sich in Dillingen. Dort hatte 1554 der Augsburger
bischof Otto truchsess von Waldburg eine Universität begrün-
det, die zehn jähre später den jesuiten übergeben ward und
bis 1804 bestand. Da leider die matrikei des jahres 1557 ver-
loren gegangen ist, können wir nicht feststellen, ob Montanus
sich etwa studierens halber in Dillingen aufhielt; in den auf
dem bischöflichen lyceum aufbewahrten promotionskatalogen
und Universitätsakten kommt sein name nicht vor. Jedenfalls
begann er hier seine schriftstellerei, indem er zwei wohl schon
früher entworfene werke abschloss und im nahen Augsburg
zum druck beförderte. Den Wegkürzer widmete er dem in
Lauingen weilenden früheren Augsburger bürgermeister Her-
brot3, den Andreützo seinem Ulmer freunde Ziegler. Hatte
er aber auf das erscheinen dieser büchlein grössere hoffnungen
gesetzt, so sah er sich bald enttäuscht. In Augsburg ward er
von einem politischen geguer seines gonners Herbrot in einer
heftigen Schmähschrift (s. 457) angefallen; und so griff er
bald wieder zum wanderstabe. Dass er einen grossen teil von
Schwaben und Bayern durchzogen habe und auch in Italien
gewesen sei, bezeugt er in dem gedichte von untreuen wirten
(s. 437, «. 449, 17. 444, 28) ausdrücklich; ausserdem darf
mau es aus vielen Ortsangaben seiner erzählungen (Breisach,
*
1) Volz, Württembergiacbe jabrbücher für Vaterland, geschiente
1850, 2, 114.
2) Hierfür könnte das fnit wenige geld', das er s. 176, s bei sich
führt, und das rösslin, auf dem er s. 453, *s in die berberge einreitet,
angeführt werden.
3) Herbrot, über dessen Bchicksale s. 558 gehandelt ist, war nicht,
wie Goedeke (Schwanke 1879 s. XXIII) annimmt, katholik und
bayrischer Statthalter, sondern Zwinglianer und beamter des lutherischen
kurfürsten Ott Heinrich von der Pfalz.
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X
Einleitung.
Mühlhauseu, Wiesensteig, Lauingen, Augsburg etc.) schliessen.
Endlich kehrte er nach Strassburg heim und setzte seine litte-
rarische thätigkeit fort. Es erschienen eine zweite schwank-
sammlung (Ander teil der Gartengesellschaft), einzelausgaben
von drei weiteren no Vellen Boccaccios in der art des Andreützo,
ein gedieht von untreuen wirten , das seine reiseerfahrungen
zu nutz und frommen andrer touristen verwertet, und drei
dramen , denen wiederum erzählungen Boccaccios zu gründe
liegen. Leider trägt keins dieser acht werke eine jahreszahl
sowenig wie eine widmung oder sonstige angäbe über die per-
sönlichen Verhältnisse des autors. Wir sind also hinsichtlich
ihrer reihenfolge lediglich auf Vermutungen angewiesen.
Die drei novellen aus dem Decameron (Thedaldus und
Ermilina, Guiscardus und Sigismunda, Cymon und Iphigenia),
die zweitfellos nach dem Andreützo entstanden sind, tragen
am Schlüsse den vermerk: ,Gedruckt zü Strassburg in Knob-
louchs druckerey1 1 und fallen somit in die zeit 1558 — 1500;
sie sind mit denselben holzschnitten ausgestattet wie die früher
im gleichen verlage erschienenen ausgaben des ganzen deutscheu
Decameron. Die übrigen fünf werke (die Gartengesellschaft,
in der Montauus 8. 295, 24 den frühereu Wegkürzer citierfc,
das gedieht von den untreuen wirten und die drei Schauspiele)
sind durch Paulus Messerschruidt hergestellt, der in den jähren
1550 bis 1566 zu Strassburg druckte2. Das jähr 1566 also
ist die äusserste grenze, bis zu der die schriftstellerische wirk-
*
1) Der beste kenner der Strassburger druckergeschichte , herr dr.
Kai l »Schorbach, schreibt auf meine anfrage : „ Johann Knoblouch
vater starb 1528; seine druckerei ward von seinem söhne Hans Knob-
louch weiter geführt. Des letzteren namen tragen nur wenige drucke;
wie lange er persönlich sein geschäft führte , ist unbekannt. In der
,officina Knoblochiana' druckte schon 1533 Johann Albrecht und seit
1543 Georg Messerschmidt (der Verfasser des Ritter Brissonetus von 1559).
Die bezeichnung ,Knoblouchs druckerey' findet sich mit und ohne namen
G. Messerschmidts bis mindestens zum jähre 1560."
2) Schorbach schreibt: „Paul Messerschmidts thätigkeit ist noch
nicht genau umgrenzt. Die datierten drucke mit seinem namen
fallen in die jähre 1559 — 1566; von den vielen undatierten können einige
wohl kurz vor 1559 anzusetzen sein, kaum aber nach 1566, wofür ich
einen urkundlichen anhält habe.«
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1. Montanus' leben und bchriftatellorei.
XI
samkeit unsres autors reiclit. Über sein lebensende inangell
jede nach rieb fc.
Was man ausser diesen thatsaclien etwa noch aus Mon-
tanus1 Schriften über sein leben entnehmen kann, ist nur wenig.
Aus dem breiten gerede über harte unverständige eitern (s.
39, 30 ; vgl. 3, 2o, aber auch 273, iö) braucht man nocli keine
klage über eigene erfahrungen herauszulesen; ebenso wenig
folgt aus der s. 299, u gegebenen warnung vor unbedachten
heiraten , dass er selber früh geheiratet hatte. Dagegen er-
sieht man aus seinen Schilderungen kleinbürgerlicher, ärm-
licher Verhältnisse, welchen kreisen er angehörte; auch be-
kennt er sich s. 137, n und 438, 20-37. 448, 24 ziemlich unver-
hohlen als einen armen schlucken Seine bildung reicht nicht
weit; wenn er auch natürlich latein gelernt hat, so Verräter
doch nirgends kenutnis der französischen litteratur wie Wick-
ram , und von der italienischen novellistik, mit der er sich
einigemal (W. nr. 6 und 27) unbewusst berührt, weiss er so
wenig, dass er s. 136, u Boccaccios Decameron für ein la-
teinisches werk erklärt und es im spiele von Titus und Gisip-
pus (s. unten) wiederholt als eine ,chronikl bezeichnet.
Uber die konfession, der Montauus angehörte, ist ge-
stritten worden. Goedeke1 zählt ihn zu den Protestanten, denen
er freilich keine grosse ehre mache; Scherer 2 und Erich
Schmidt3 betrachten ihn auf grund der schlussverse im spiele
vom untreuen knecht als katholiken. Prüfen wir die herge-
hörigen äusserungen unsres autors ! Im Wegkürzer nimmt er
dem katholicismus gegenüber eine kritische, wenn auch vor-
sichtige Stellung ein. Er eifert (s. 81, XH — 83, a) wider die
zuchtlosigkeit und heuchelei der mönche, erkennt aber an, dass
es auch fromme mönche gebe, die gleich Augustinus und Do-
minicus selig zu schätzen seien; er bemerkt (s. 28, 13) zu einem
falle von pfäffischer thorheit entschuldigend, damals seien die
geistlichen nicht so gelehrt gewesen als jetzt. Vielleicht darf
*
1) Schwanke de8 16. jahrhunderts 1879 8. XXIII. Grundriss zur gesch.
der d. dichtung* 2, 466 (1886).
2) Die anfange des deutschen prosarouians 1877 s. 23.
3) Allgemeine deutsche biographie 22, 180 (1885).
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XII
Einleitung.
man diese äussernngen mit den reformbestrebungen des fürst-
biscilofs Otto von Augsburg in beziehung bringen, unter dessen
äugen damals Montanus möglicberweise in Dillingen studierte
und den er später in der Garteugesellschaft (nr. 71; s. 330, „)
in nicht gerade respektvoller weise auftreten Hess. Die nicht
seltenen biblischen Wendungen (vgl. das register) sind ihm
wohl eher auf der Schulbank oder durch die protestantische
predigt eingeprägt worden als durch eigenes studium der bibel.
Protestantische färbung tragen auch seine auschauungen über
die einwirkung des teufels auf die menschen (s. 85, i9. 87, 26;
vgl. 346, io. 418, 4). Weitaus entschiedener tritt Montanus in
der Gartengesellschaft mit seinem bekenntnis hervor. Den
katholischen brauch der grablegung am karfrei tag beschreibt
er s. 327, 13 seinen Strassburger lesern als etwas fremdes, indem
er den bilderdienst ins lächerliche zieht (vgl. 286, 30. 23, n). Wider
die nonnenklöster, wo es kinder ,beim dotzet4 gebe1, eifert
er 8. 416, 2s— 418, 22 und preist ,Lauters4 reformation, weil da-
durch das Unwesen der klöster beseitigt und die geistlichen
güter zu besseren zwecken verwendet seien. Es scheint mir
undenkbar, dass ein überzeugter katholik, selbst nach dem
Augsburger religionsfrieden , sich so geäussert haben könne.
Dagegen fällt die anrufung der himmlischen ,kaiserin' Maria
am Schlüsse des spiels vom untreuen knecht (die stelle ist weiter
unten abgedruckt) nicht sehr ins gewicht; denn nicht als seine
beschützerin ruft der dichter sie an, sondern als zeugin, dass
er nicht allen weibern übles nachreden wolle. So konnte schliess-
lich auch ein protestant reden, der den Mariendienst verwarf.
Uber den schriftstellerischen Charakter des
Montanus muss ich mich kurz fassen. Zunächst fällt die roh-
heit seines geschmackes und sein behagen an den unsauber-
sten geschienten dem beurteiler ins auge. Geschlechtliche dinge
beschreibt er mit einer nacktheit und ausführlichkeit des aus-
drucks , wie sie bis dahin wohl im fastnachtspiel, aber nicht
in der deutschen erzählungslitteratur brauch gewesen war. Da-
zu sucht er sein publikum nicht bloss unter den jungen ge-
*
1) Vgl. Luther, Tischreden ed. Företemann 4, 152.
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I. Montanus' leben und schriftstellerei. XIII
seilen am kneiptisch, sondern schreibt auch für die männer
und alle Weibspersonen (s. 4, um deren willen er noch
,gröbere böaslin4 verschweigen will (s. 34, 23. 82, 4), und lebt
der hoffmmg, durch seine eingestreuten moralischen betrach-
tungen bessernd auf die jugend einzuwirken (s. 138, 2i. sb-
255, si). Es bezeichnet seine geschmacksrichtnng, dass er aus
Boccaccios novellen fast nur solche zur bearbeitung erkoren
hat, in denen leichtfertige dirnen, ehebrecherische frauen, ver-
buhlte mönche und unkeusche nonnen die hauptrolle spielen, wäh-
rend um die gleiche zeit (1564) der Niederländer Dirck Coornhert
gerade die fünfzig anständigsten erzählungen des Decameron aus-
las und seinen landsleuten vorlegte l.
Die erwähnung Boccaccios führt uns auf die quellen,
die Montanus für seine schwanksammlungen benutzte. Als
seine Vorgänger und Vorbilder nennt er selbst s. 4, i5 Pau-
lis Schimpf und ernst, Wiek r am s Rollwagenbüchlin und
Freys Gartengesellschaft und schöpft auch wiederholt aus der
reichhaltigen Sammlung Paulis8, während an Frey neben dem
titel der Gartengesellschaft nur eine erzählung (nr. 33) dieses
buches erinnert; von Wickram citiert er auch den Knaben-
spiegel (s. 168, i6). Aus Lindeners Rastbüchlein entlehnt
er einen schwank (G. nr. 11), ohne der vorläge zu gedenken3.
Mit diesem wetteifert er auch in der herübernahme von stucken
aus dem von Arigo4 verdeutschten Dekameron des Boccaccio.
1) Vgl. Bolte, Tijd8chrift voor nederl. taal- en letterkunde 13, I.
2) Aus Pauli entlehnt sind wohl s. 5, ». 167, x. 169, *; W. nr. 17 ;
G. nr. 7. 19. 81. 63. 81. 108.
3) Die Übereinstimmung von 6. nr. 106 mit Val. Schumanns
Nachtbüchlein erklärt sich ans der benutzung der gleichen quelle, vgl.
s. 629, 566 (zu W.8) und 583 (zu s. 138, 13).
4) Nach Dreschers annähme (Verh. der 44. philologenvers. in Dresden
1897 s. 132) war dies der 1472 verstorbene Meissner domherr Heinrich
L e u b i n g aus Nordhausen. Mit rückßicht auf Dreschers in aussieht
stehendes buch verzichte ich darauf, die geschiente des Dekameron
in Deutschland zu verfolgen, wozu H. Möller (Arigo und seine Deka-
meron-übersetzung. Leipziger diss. 1895) den anfang gemacht hat, und
stelle nur als ergänzung zu Goedekes Grundriss5 1, 368 die mir bekannten
au s gaben der pseudo-stainhöwelschen Übersetzung zusammen : Ulm,
Zainer 1472—73 (Berlin. Göttingen. Heidelberg. München). — Augspurg,
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XIV
Einleitung.
Doch während Lindener sich auf drei nuramern (Rastbüch-
lein c. 24—26) beschränkt, ist Montanus für 6 kapitel des
Wegkürzers, 17 kapitel der Gartengesellschaft, 4 büchlein und
3 dramen dem italienischen meister als Schuldner verpflichtet.
Eine tabelle mag dies Verhältnis deutlicher darlegen:
Dekameron I, 4 (6. nr. 98) — - II, 2 (citiert b. 178 , t) — II, 5 (An-
dreützo; G. nr. 93) — 11,8 (Spiel vom vertriebenen grafen) — III, 1
(W. nr. 29 ; G. nr. 96) — III, 3 (G. nr. 99) — III, 7 (Thedaldus und
Ermilina) — IV, cinleitung (G. nr. 76) — IV, 1 (Guiscardus und Sigis-
munds) — IV, 2 (W. nr. 80) — IV, 5 (W. nr. 37) — IV, 8 (W. nr. 38)
— IV, 10 (G. nr. 95) — V, 1 (Cymon und Iphigenia) — V, 10 (G. nr. 94)
— VI, 4 (G. nr. 77) — VI, 10 (G. nr. 104) — VII, 2 (G. nr. 55) —
VII, 3 (W. nr. 31) — VII, 4 (G. nr. 79) — VII, 5 (G. nr. 56) — VII, 7
(Spiel vom untreuen knecht) — VIII, 2 (G. nr. 102) — VIII, 8 (G.
nr. 59) — IX, 2 (G. nr. 109) - IX, 6 (G. nr. 86) - IX, 10 (G. nr. 111)
— X, 8 (W. nr. 42 ; Spiel von Titus und Gisippus).
Gleich Lindener kennt Montanus den 1548 erschienenen
gereimten Esopus des Burkard Waldis; er verdankt ihm eine
*
A. Sorg 1490 (Augsburg. Dresden. London). — Strassburg, Grüninger
1509 (Basel. Kristeller, Die Strassburger bücheriüustration 1888 s. 94)
und 1519 (Berlin. Dresden). — Strassburg, Cammerlander 1535 (Berlin.
Göttingen. München. Wentzel, Cammerlander und Vielfeld, Rostocker
diss. 1891 8. 35. 58). — Augspurg, Steiner 1545 (Stiefel, Archiv f. neuere
spr. 95, 99). — Strassburg, H. Knoblouch 1540 (Berlin. München. Wei-
mar), 1547 (Greifswald. München), 1551 (Berlin. Dresden. München).
— Strassburg, P. Messerschmidt 1561 (Berlin. Breslau stadtb. Warm-
brunn). — Frankfurt 1566 (Zürich). — Frankfurt, Bassel 1575 (Berlin.
München), 1580 (Berlin), 1590 (Berlin), 1598 (München), 1610 (Berlin).
— Ferner am Schertz mit der warheit, Frankfurt, Chr. Egenolff 1550 und
1563 (Berlin. München Stiefel, Archiv 95,55); an den Kurtzweiligen
und lächerlichen geschienten, Frankfurt, S. Feyerabendt 1583 (Berlin
Weimar); in den Ducento novella 1646 (Berlin. Breslau stadtb. Dresden).
Nicht gesehen habe ich die ausgaben von 1557, 1588, 1591, 1601, 1624.
Eine unvollständige hs. des 15. jahrh. ist das Wiener mscr. 14288; eine
gekürzte bearbeitung aus dem 16. jahrh. das Wiener mscr. 2792 (Wun-
derlich, Archiv 84, 290). — Einzelausgaben existieren von fol-
genden novellen: II, 9. III, 9. IV, 1.4. V, 1. IX, 1. X, 9. 10. — Ins la-
teinische sind nur einzelne novellen durch Petrarca (X, 10), Leonar-
dus Aretinus (IV, 1), Philippus Beroaldus (IV, 1. V, 1. X, 8) und M. An-
tonius Paganutius übertragen worden ; letzterer übersetzte Decam. I, 2.
3. 8. 9. VI, 7 und X, 1 (Olympiae Moratae opera, Basileae 1580 p.
526-651).
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I. Montanus' leben und schrittst eller ei.
XV
tierfabel und zwei schwanke (W. nr. 41; G. nr. 17 und 101).
Aus ungenannten Chroniken stammen die nach ungenauer
erinnerung erzählten kapitel 80 und 114 der Gartengesellschaft
her. Andres ist aus der reichen flugblattlitteratur
des 16. jahrhunderts aufgenommen: gedruckte prosaberichte
über mordthaten liegen den kapiteln 33 und 36 des Weg-
kürzers und wahrscheinlich noch andern zu gründe ; eine volks-
ballade wird G. nr. 105 ausdrücklich citiert, andre sind ver-
mutlich in W. nr. 28 und G. nr. 97 benutzt ; ein Nürnberger
bilderbogen mit versen in W. nr. 14. Interessant ist beson-
ders, dass ihm mehrere meisterlieder und Spruchgedichte des
Hans Sachs in gestalt von druckblättern (wohl auch hand-
schriftlich oder durch den Vortrag andrer meistersinger) zu
händen kamen und von ihm in prosa umgesetzt wurden *, wo-
bei er bisweilen zwei stücke verwandten inhalts mit einander
verband 2.
Neben diesen deutschen werken scheint Montanus auch
gleich seinem landsmanne Frey 3 die lateinische schwank-
litteratur zu rate gezogen zu haben ; denn wir finden bei ihm
verschiedene nummern aus den facetien Poggios4 und B e-
b e 1 s 5, aus der Mensa philosophica des Jodocus Gallus0 und
aus dem Hecatomythium des Abstemius7 wieder, für die
*
1) W. nr. 23. 24; G. nr. 18. 27. 51. 53. 92. 106. 112. 113. - Vgl.
auch W. nr. 2 ; G. nr. 72. 87. 90. — Goedeke, der diese quelle des Mon-
tanus zuerst erkannte, behauptet (Schwanke 1879 s. XXIII). dass auch
W. nr. 5 aus einem gediente in der Nibelungenstrophe aufgelöst sei;
mir erscheint dies fraglich. Dagegen mag G. nr. 74 auf einem ver-
schollenen meisterliede vom zauberer Virgilius beruhen.
2) W. nr. 2. 23; G. nr. 92.
3) Gartengeeellschaft ed. Bolte 1896 s. XXV. — Eine sehr dankens-
werte Untersuchung .Quellen und stoffgeschichtliches zu Freys garten-
gesellschaft', auf die ich hier nicht eingehen kann, hat Stiefel (Zeitschr.
f. vergl. littgesch. 12, 164 — 180) seither veröffentlicht.
4) W. nr. )7. 39. Vgl. W. nr. 1. 13; G. 34 (auch Brant-Adelphus).
58 (auch Stainhöwel). 70 (Hans Sachs ; Schumann). 89 (Brant-Adelphus).
90 (Brant-Adelphus; H. Sachs). 103 (Brant-Adelphus).
5) W. nr. 40. — Anklänge an Euricius Cordus zeigen G. nr.
88. 100.
6) G. nr. 3. - Vgl. nr. 34.
7) G. nr. 6. — Vgl. W. nr. 41 (auch Waldis).
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XVI
Einleitung.
keine deutsche Zwischenstufe bekannt ist. Eine recht bedeu-
tende zahl von schwanken endlich, für die wir keine ältere
aufzeichnung nachweisen können \ verdankt unser autor der
mündlichen volkstiberlieferung. Darunter befinden sich
gerade eine reihe von märchen, die in schlichter weise er-
zählt uns als wertvolle reste dieser gattung der Volksdichtung
hochwillkommen sind2: vom erdkühleiu, vom tapfren Schneider,
vom Schwaben, der das leberlein gefressen, vom bauern und
teufel, von den einkaufen und den verschiedenen begrtissungen
des dummlings.
Der verschiedenartigkeit der quellen entspricht die mannig-
faltigkeit der s t o f f e. Neben kindennärchen , in denen die
phantasie unbeschränkt durch die realen Verhältnisse des welt-
laufs waltet, tierfabeln , legenden und einzelnen historischen,
aber von der sage umsponnenen personen (wie Cäsar, Alboin,
Artus, Virgilius) erscheinen begebenheiten aus dem täglichen
leben trüber und heiterer art: mordthaten, die der böse feind
anstiftet, neckereien vom wirtshaustische, handwerkerspott,
bauerneinfalt und müllertücke, kecke streiche landfahrender
gaukler, abenteuer aus dem landsknechts- und bettlerlcben, da-
zu buhlerstückchen und allerlei ehehändel. Wenn bei letzteren
die pfaffen keine glänzende rolle spielen, so kommt doch das
weibliche geschlecht dabei noch schlimmer fort. Die eine ge-
schiente von den treuen frauen zu Weinsberg will wenig be-
sagen gegen die vielen histörchen von trägen und naschhaften
mägden, eigensinnigen, schwatzhaften und untreuen weibern,
die unser misogyn, der s. 9, 2 ,frauenlist4 als sein hauptthema
bezeichnet, zusammengetragen hat. Dass er absichtlich ver-
wandte stoffe zu gruppen ordnet, spricht er gelegentlich selbst
aus (s. 83, 3 ivon münchen4 ; 83, i0 ,von kläglichen dingen1).
In der darstellung zeigt sich Montanus häufig nach-
lässig. Er verschweigt bei den weibern von Weinsberg (G.
nr. 80) alle namen, er vergisst G. nr. 72 die pointe; er ver-
wandelt zwar in G. nr. 18 die neun furchtsamen Schwaben in
»
1) W. nr. 1. 3—13. 15. 16. 18—22. 25. 26. 32. 34. 35; G. nr. 1. 2.
4. 5.8—10. 12-16. 21—26. 28—30.32.35-50. 52. 54. 57. 60—62. 64-
69. 71. 73. 75. 78. 82—85. 91. 100. 107. 110. 115.
2) W. nr. 5. 6. 15; G. nr. 4. 5. 49. 50.
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I. Montanus' leben und scbriftstellerei.
XVII
Bayern, denen er auch sonst einfalt und unbeholfenheit nach-
sagt, aber er setzt nicht wie Frey (s. XXVII ed. Bolte) regel-
mässig orts- und personennamen und nebenumstände hinzu,
die die anschaulichkeit erhöhen, sondern redet häufig nur von
einem namenlosen dorf, ort oder flecken als lokal der hand-
lung. Die starke ausnutzung Boccaccios hat ihn nicht dazu
angeregt, andre stoffe in ähnlicher weise novellistisch auszu-
gestalten. Auch die mittel, die er anwendet, um Arigos Cen-
tonovella, die ihm einem der 1540, 1547 und 1551 bei Knob-
louch in Strassburg erschienenen drucke vorlagen *, ,dem ge-
meinen und unbelesenen laien' verständlich zu machen (s. 136, 25),
sind höchst einfach2. Er bessert den satzbau und ausdruck,
indem er unverstandenes fortlässt, und teilt den Andreützo,
Thedaldus, Guiscardus und Cymon in besondre kapitel mit
Überschriften. Zahlreich sind seine zusätze; sie bestehen ent-
weder in der erweiterung eines einfachen ausdruckes zu einem
doppelgliedrigen 3 oder in Schilderungen der äusseren Vorgänge 4
oder endlich in eigenen urteilen (s. 146, 9 »das böß listig weyb4
statt ,syk) und lehrhaften nutzan Wendungen. Trotzdem berührt
uns in diesen stücken aus Boccaccio der ausdruck, au Mon-
tanas1 sonstigem stil gemessen, öfter fremdartig und veraltet.
Flüchtig und obenhin gemacht ist auch meist die prosaauf-
lösung von gereimten vorlagen. Die verse, die Montanus sel-
ber baut 5, sind holprig und dürftig ; ich verweise dazu auf die
*
1) Dies musa man bei der beurteilung von Montanus' bearbeitung
berücksichtigen. Die lücke s. 147, as findet sich schon in Gammer-
landers ausgäbe von 1535, auf der Knoblouchs drucke beruhen. Der
druckfehler ,und' statt .von* s. 147, 33 stammt sogar schon aus der edi-
tion von 1519, in der auch die interpolation s. 148, «9— »2 zuerst erscheint.
— Auf s. 69, si ist Arigos Übersetzungsfehler (262, ss ed. Keller: Ir
habt durchgangen die wunder gottes. Original: Voi siete errata, per
le piaghe di dio) noch weiter verbal lhornisiert worden. Dagegen ist
der Wechsel des Schauplatzes im Andreützo (s. HO, 3 Athen; 144, n
Neapolis) eine gedankenlosigkeit des Montanus.
2) Scherer, Die anfange des deutschen prosaromans 1877 s. 13.
3) Z. b. 8. 154, *: ,ir solches (bald anzeiget und) zu wissen thet'.
4) Vgl. S. 145, 16 — 10. 146, 1 — 8. 5—7. U - 18. SO — 24. 152, 2-5. 22 - 153,1.
5) Im Vorworte (s. 5 — 9) und Schlussworte (168—180), sowie in den
bisweilen angehängten lehren (s. 85. 88. 269. 308. 335. 344). In den
dramen ist ihm die versifikation besser geraten.
Montanus b
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XVIII Einleitung
animose, aber interessante kritik, die der Augsburger anony-
mus von 1558 an den Verstössen wider den reim (s. 462. 470)
und die silbenzahl (s. 464. 472) geübt hat.
Grössere Verbreitung hat unter den Schriften unsres
autors hauptsächlich der wenigstens zehnmal neu aufgelegte
Wegkürzer gefunden, wenn er auch weit seltener erwähnt wird
als die schwankbücher Wickrains und Freys1. 1508 über-
setzte Hulsbusch2 10 kapitel des Wegkürzers und 43 num-
mern der Gartengesellschaft ins lateinische. 1575 redet Fisch-
art (Gargantua s. 6 ed. Alsleben) von büchern ,Eulenspiege-
lischer und Wegkur tzerisch er art1. 1583 nahm Feyerabend
10 geschieh ten aus dem Wegkürzer 3 in seine ,Kurtz weiligen
und lächerlichen geschieht und historien' auf; 1592 erschienen
drei solche4 im niederdeutschen Wegekörter. Der Verfasser
der Schildbürger (1597) entlehnte von Montanns eine erzählung
(W. nr. 1 ; vgl. G. nr. 9). Nicodemus Frischlin gab in seinen
posthumen Facetiae (1600) sieben stücke aus dem Wegkürzer5
in knapper lateinischer form wieder , aus der sie dann teil-
weise von Jon. Sommer (1609) und Agricola Tabeus (1612)
wiederum verdeutscht wurden. 1608 endlich brachte der Schmal-
kuldener Dietrich Mahrold acht geschienten 6 in reime.
1) Zu den bei Goedeke (Grund riss * 2,458. 3, 244) und Frey (1896
6. XXX) gesammelten stellen trage ich nach: Historia Fausti ed. Milch-
sack 1892 s. 9 (gartengesprech). Laiebuch 1597 bl. Aiija (Rollwagen.
Gartengesellschaft » Cento novella, Katzipori). Losch, Joh. Rhenanus
1895 8. 51. Neugekleideter Hahnreistutzer 1630 bl. Eijb (Amadis. Eu-
rialua und Lucretia, Pontus, Galmi, Gartengesellschaft, Cento novella).
Der teutschen sprach ehrenkrantz 1644 s. 304.
2) Sylva sermonum iueundissimorum (Frey s. XXX IV3). — Vgl.
W. nr. 2. 8. 11. 12. 14. 18.20. 24—26; G. nr. 1. 2. 4. 6—11. 13-15.
17-21. 23—27. 31. 33. 34.39. 42-44. 49—51. 53. 63. 65. 67. 68. 70.
80. 81. 89. 92. 108.
3) W. nr. I. 2. 5. 10—13. 15. 16. 44.
4) Bolte, Niederdeutsches jahrbuch 20, 132.— Vgl. W. nr.5. 14.21.
5) W. nr. 1. 2. 10. 13. 23. 27. 28.
6) W. nr. 1. 18. 22. 27. 28. 32. 39. 41. — Andre stücke (\V. nr.
29. 30. 31. 37. 38. 42) entlehnte Mahrold. über den Frey 1896 s. 266
zu vergleichen ist, vermutlich unmittelbar aus Boccaccio.
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II. Bibliographie.
XIX
II. Bibliographie.
1. Wegkürtzer.
Die Originalausgabe vom jähre 1557 (A), die vermutlich
wie der nur wenige tage später datierte AndreÜtzo zu Augs-
burg ohne angäbe des druckers1 erschien, ist verloren. Dass
keiner der ohne ort- und jahrangabe erschienenen drucke BCD
die editio princeps ist, zeigen einzelne citate aus A in der s.
457 — 475 abgedruckten Augsburger Schmähschrift wider Mon-
tanus2 ; nach 464, 6 hiess es s. 6, 24 in A: ,Am 112. blat
wirds iren anfang hon,* und nicht wie in BCD: ,Am 130.
blatk ...» woraus sich auch nebenher ergiebt, dass A enger
gedruckt war als BCD. Ferner haben BCD auf s. 41, X1 und
H9, 4 ,Ein', während das alphabetische register auf s. 129
verrät, dass in A dort ,Ain; gestanden haben muss.
BCD sind nachdrucke aus derselben presse, in der die
drei denselben titelholzschnitt tragenden nachdrucke BCD von
Valentin Schumanns Nachtbüchlein und der in Wolfenbüttel
befindliche nachdruck von Michael Lindeners Rastbüchlein 3 her-
gestellt sind, vermutlich einer Frankfurter (oder allenfalls Nürn-
berger). CD sind jünger als B, mit dem sie seiten- und meist
auch zeilengetreu Ubereinstimmen. Das beweist u. a. der zu-
stand der titelbilder und die in CD ausgelassene jahreszahl der
vorrede auf s. 5, i6. E, die Frankfurter ausgäbe von 1565,
welche die widmung an Herbrot fortlässt und zwei neue er-
*
1) Deshalb heisst es in der Augsburger Schmähschrift s. 458, a :
,ain buchlein zu Dill in gen im druckh aussgangen'. Der pasquillant
hielt sich an die Unterschrift der widmung.
2) Nach 462, »& stand auf s. 5, ss in A »zulosser', wo BCD ,zuhörerl
haben.
3) Das titelbild dieser ausgäbe des Rastbüchleins (ein sitzendes lie-
bespaar, zu seinen fOssen ein hund, hinter einem bäume ein altes weib)
stammt aus Alciati Liber emblematum deutsch von Jer. Held (Frank-
furt, S. Feyerabend und S. Hilter 1560) bl. 58 b nr. 80 ,In fidem uxo-
riam* und kehrt in Montanus' Wegkürzer 1565 bl. 87b und 97a =-1590
bl. 62b und 91a, sowie in Der alten weisen exempel 1565 bl. 147 b
wieder.
b*
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XX
Einleitung.
Zählungen hinzufügt, scheint mehr zu C als zu B zu stimmen
geht aber in der tilgung mundartlicher formen, der abändrung
missverstandlicher ausdrücke und veralteter Wortstellung ziem-
lich entschieden vor. An E sch Hessen sich die drucke FGH
an, während J auf die gruppe BCD zurückgeht. Ich habe
daher B, das die verlorene ausgäbe A, von einigen schreib-
gewohnheiten und flüchtigkeitsfehlern des setzers abgesehen,
treu wiederzugeben scheint, dem neudrucke zu gründe gelegt
und die abweichungen von CDE unter dem texte verzeichnet.
B) Wegkürtzer. | Ein sehr schon lu-| s t i g vnd anß der«
mas8en kurtz - | weilig Büchlin, der Wegkürtzer ge- | nant, darinn
vil schöner lustiger vnd kurtz- J weyliger Hysterien, in Gärten, Zechen,
vnnd auff | dem Feld, sehr lustig zu lesen, geschriben. I vnd newlich
zusamen gesetzt. | Durch Martinum Montanural von Stras-
burg. | □ | 156 4- 3 bl. = 197/* bogen 8° o. o. und j. (Berlin Yt 7176).
C) Wegkürtzer. |Ein sehr schon lu-|stig vnd auß der-
mausen k u r t z- I weilig Büchlin , der Wegkürtzer ge- | nant etc.
156 f 3 bl = 197/8 bogen 8° o. o und j. (Wolfenbüttel Eth. 120. 33).
D) Wegkürtzer. |Ein sehr schon lu-|stig vnd auß der-
massen kurtz - | weilig Büchlin , der Wegkürtzer ge- | nant etc.
156 -f 3 bl. = 197/* bogen 8° o. o. und j. (Wien SA. 7. h. 5). — Über
die abweichungen des titels in CD von B vgl. s. 1.
£) Der Wegkürtzer. | Das dritte theil | des Rollwagens, von viel |
schonen lustigen vnd kurtzweiligen | Historien , in Wagen , Schiffen,
Garten, | Zechen, vnd sonsten, lustig zülesen vnnd zu erze- | len Mit
einem sehr schonen vnd fast nützlichen | Büchlin, darinn die Jungen
Gesellen, beuorab | die sich frembder Land gebrauchen wollen , weß
sie sich halten sollen, vnterwiesen werden, mit | schonen Historien bey«
bracht. Jetzt abermal I mit fleiß vbersehen, gemehret, vnnd i schonen
Figuren geziert, sampt | einem kurtzen Register. | [Holzschnitt: zwei
reisewagen mit insassen.] Franckfurt am Mayn, M. D.LXV. | 3 bl. -f-
115 bl. -f 2 bl. = 15 bogen 8° mit holzschnitten. (Berlin Yt 7181.
Berlin, Privatbesitz). — Es fehlt die widmung an Jacob Herbrot. Die
auf dem titel angekündigte Vermehrung besteht in den beiden hinter
der gereimten vorrede eingefügten geschienten (unsern nr. 43 und 44).
Das register verzeichnet die geschichten in ihrer reihenfolge, nicht
alphabetisch. Die zierlichen holzschnitte sind aus andern von Virgil
Solis, Jost Amman u. a. 1 illustrierten verlagswerken Feyerabends (wie
#
1) Über die Zeichner und hol zschneider Feyerabends vgl. H.Pallmanns
treffliche arbeit: Sigmund Feyerabend (Archiv für Frankfurts geschieht«
und kunst n. f. 7. 1881), der ich viele angaben über Frankfurter buch-
drucker und Verleger entnehme, s. 22 und 103.
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II. Bibliographie.
XXI
Reinicke Fuchs 1364, Der alten weisen exempel 1565, Schoppers Aesop
1566; Alciato-Held , Emblemata 1566) entlehnt Drucker und Verleger
haben sich erst am Schlüsse des mit besondrer bogenzählung folgenden
Andreützo (unten s. XXIV, E) genannt: Martin Lechler in Verlegung S.
Feyerabends und S. Hüters. — Martin L e c h 1 e r aus Königshofen,
seit 1565 in Frankfurt bürger, druckte für dieselbe firma 1565 Wickrams
Rollwagen und 1566 Neidhart Fuchs. Als Simon Hüter (aus Zwickau,
Frankfurter bürger seit 1560) 1571 aus der Stadt entfloh, befanden sich
in seinem hinterlassenen bücherlager noch 43 exemplare des Weg»
kürzers zu 191/* bogen (Pal i mann s. 165).
Auf eine andere ausgäbe des Wegkürzers scheint sich
das citat im Antwerpener index librorum prohibitorum von
1570 (Reusch, Die indices libr. prohib. 1886 s. 311) zu be-
ziehen: ,Das drijtte theyel des rolwaghens van vier [1. viel]
historien, overlents, ghedruckt by Christiaen Engelvolf4. Hier-
bei ist der drucker auf jeden fall ungenau angegeben ; Chris-
tian Egenolf druckte nur von 1531 bis 1555; wahrscheinlich
sind seine erben genieint, die den verlag bis 1606 fortführten.
F) Der Wegkürtzer. | Das dritte theil | deß Rollwagens, von viel I
schönen lustigen vnd kurtzweiligen | Historien, in Wägen, Schiffen.
Garten, | Zechen, vnd sonsten lustig zu lesen vnd zuerzehlen. Mit
einem sehr Bchönen vnd fast nützlichen Büchlin, darinn | die jungen
Gesellen, bevorab , die sich frembder Land ge« | brauchen wöllen , weß
sie sich halten sollen, vnderwiesen | werden, mit schönen Historien bey-
bracht. Jetzt abermal | mit fleiß vbersehen, gemehret, vnd mit schönen
Fi- | guren gezieret, sampt einem kur- | tzen Register. | □ | Franckfurt
am Mayn, 1574. | 154 (vielmehr 156, da 95 und 96 doppelt gezählt sind)
+ S bl. = 197/s bogen 8° mit holzschnitten; bogen t = bl. 143-150
ist hsl. ergänzt. — Auf bl. v7b steht: Gedruckt zu Franckfurt am I
Mayn, durch Paulum Reffeiern, | In Verlegung Melchior Schwar- | tzen-
bergers vnd Johann Feyerabends. | M. D. LXXIIII. | (Berlin, Privatbesitz)
- Enthält: die gereimte vorrede und 44 nicht gezählte schwänke; dann
bl. 120a = gija den Andreützo ; bl. vva register. — Melchior Schwarzen-
berger, der später dr. iur. wurde, und Johann Feyerabend kauften
1574 von Sigmund Feyerabend, dem vetter Johanns, einen teil seines
Verlages, darunter 25 exemplare des Wegkürzers zu 191/* bogen 8°
(Pallmann. S. Feyerabend s. 171); vermutlich war das der rest der
aufläge E, und nachdem dieser vergriffen war, veranstalteten sie sofort
eine neue aufläge.
G) Der Wegknrtzer. | Das dritte theil | deß Rollwagens, von viel \
schönen, lustigen vnd kurtzweiligen | Historien, in Wagen. Schiffen,
Gärten, | Zechen, vnd sonsten lustig zu lesen vnd zu erzehlen. Mit
ei- | nem sehr schönen vnd fast nutzlichem Buchlin, darinn die | jungen
XXII
Einleitung.
Gesellen, bevorab die sich frembder Land gebrau- | eben wollen, weß sie
sich halten solle, vne(!Jerwiesen werden, | mit schonen Historien bey-
bracht. Jetzt abermal mit fleiß \ vbersehen, gemehret, vnnd mit schönen
Figu- | ren geziert, sampt einem kurtzen | Register. | [Holzschnitt wie
in E] | Gedruckt zu Franckfurt am Mayn | M.D.LXXXX | 3 f- 107
-f-2bl. 8° = 14 bogen 8° mit holzschnitten. Auf bl. o8b steht: Ge-
druckt zu Franckfurt am | Mayn, durch Nicolaum Bas- | seum, Im
Jar, I G | M. D. XC. I (Göttingen). — Enthalt die gereimte vorrede und
44 nicht gezählte schwanke, dann bl. 83a den Andreützo. bl. o7a das
regiBter. Zu den holzstöcken der ausgäbe E sind viele aus den Cento
novella Boccaccios (Frankfurt, Nie Bassee 1575 u. ö.) hinzugekommen.
Es muss noch eine ältere ausgäbe desselben Verlegers
X. Bussee (aus Valenciennes, seit 1501 Frankfurter bürger,
f 1601) existiert haben ; denn auf der herbstniesse 1587 kün-
digte Bassee den , Rollwagen in drey theil in 8' an (Pull mann
in den Mitteilungen an die mitglieder des v. für gesch. in
Frankfurt a. M. 6, 105), und 1588 behauptete er vor gericht,
Feyerabend habe neben andern bOchern seines Verlages, wie
Centenovella, Ritter vom Thum, Rollwagen und Gartengesell-
schaft, auch den 14 bogen umfassenden , Wegkürzer1 nachge-
druckt (Pull mann, Feyerabend s. 00).
H) Der Wegkurtzer. | Das dritte theil | deü Rollwagens, von viel
schonen lustigen, vnd kurtzweiligen | Historien, in Wägen, Schiffen,
Gärten , | Zechen , vnd sonsten lustig zu lesen vnd zu erzehlen , Mit
ei- | nem sehr schonen vnd fast nutzlichem Buchlin, darinn die | jungen
Gesellen, bevorab die sich frembder Land gebrau- | chen wällen, weß
sie sich halten solle, vnterwiesen werden, | mit schönen Historien bey-
bracht. Jetzt abermal mit fleiß | vbersehen, gemehret, vnd mit schonen
Figuren | gezieret, sampt einem kurtzen | Register. | [Holzschnitt wie
in E] | Getruckt zu Franckfort am Mayn, | M. D. XCVII. | 3 + 107
-f 2 bl. = 14 bogen 8°. Auf bl. o8b steht: Gedruckt zu Franckfort
am | Mayn, durch Nicolaum Bas- l saeum, Im Jahr, | □ | M. D. XCVII.
(Berlin B.D. oct. 8493). - Enthält: die gereimte vorrede, 44 nicht ge-
zählte schwanke, bl. 83 a mit besondrem titelblatt den Andreützo,
register (nicht alphabetisch).
J ) Wegkürtzer. |Ein sehr schon lustig | vnnd auß der-
massen kurtz - | weilig Buchlein, der Weg- | kurtzer genandt:
Darinn viel schöner, lustiger vnnd | kurtzweiliger
Historien, in Gärten, Zechen, | vnd auff dem Feld , sehr
lustig zu lesen, ge- | schrieben, vnd newlich zusam- | mengesetzt. | Durch
Martinum Montanum von) Straßburg. | [Holzschnitt, wohl dem
titelbilde von B nachgeahmt: liebespaar in der laube tafelnd, ein
spazierendes paar, kahn, dahinter haus, stadt, reiter, jager u. s. w ]
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II. Bibliographie.
XXIII
M. DC. VII. | 219 s. -f 2 bl. = 14 bogen 8°. — Angehängt ist mit fort-
laufender bogenbezeicbnung, aber ohne seitenbezifterung der .Andreitzo*.
Auf bl. V6b steht unter einem holzschnitte (Simson mit den thorfltlgeln.
A.V.): Leipzig, j Gedruckt vnd verlegt, bey | Nicol Neriich | Im Jahr,
1607. (Gotha). — Enthalt die widmung, die gereimte vorrede und
42 nicht gezählte scbwänke. Das register ist nicht alphabetisch, sondern
in der reihen folge des textes angelegt.
2. Andreützo.
Der Andreützo ist stets als anhang des Wegkürzers, wenn
auch meist mit besondrer bogenzählung, gedruckt. Das ver-
wnndtschaftsverhältnis der drucke ist daher denen des Weg-
kürzers analog ; doch hat sich der originaldruck A glücklicher-
weise erhalten. Die undatierten nachdrucke BCD sind aus
derselben (Frankfurter ?) presse hervorgegangen wie die aus-
gaben BCD des Wegkürzers; D steht dem originale A näher
als B und C. In den Frankfurter ausgaben EFGH sind vor-
rede und schluss weggelassen und die unbeholfenen verse einer
gründlichen Überarbeitung unterzogen. J stimmt zu ABCD.
Unser abdruck folgt natürlich der ausgäbe A; die Varianten
von BODE sind am fusse der seite angegeben.
A) Ain seer schon | vnnd fast nutzlich büchlin | darinnen die jungen
gesellen, | beuorab die so sich frembder Lan- I den brauchen wollen,
wes sy sich | halten sollen vnderwisen werden, | mit schonen Historien
gezieret, | vnd newlich durch Marti- | num Montanura von | Straßburg
in truck | geben lassen. | 43 bl. = 53/» bogen 8° o. o. und j. (Berlin
Yu 3571). — Die lettern und auch die sprachformen stimmen mit dem
Augsburger originaldrucke von Valentin Schumanns Nachtbüchlein
Überein; vgl. meine ausgäbe 1893 s. VIII.
B) Ein sehr Schön | vnnd fast nutzlichs Büchlein, | Darinn die
jungen Gesellen, beuor- | ab die sich frembder Landen brau- | chen
wollen, weß sie sich halten solle, | vnderwisen werde, mit schonen
Hi- | storien gezieret, vnd newlich durch | Martinum Montanum von |
Straß bürg in Track | geben lassen. | □ | 40 bl. = 5 bogen 8° o. o. und
j. (Berlin Yt 7176, angebunden an den Wegkürtzer. Breslau stadt-
bibliothek).
C) Ein sehr Schon | vnnd fast nutzlichs Büchlein, j Darinn die
jungen Gesellen, beuor- | ab die sich frembder Land brauchen | wollen,
weß sie sich halten sollen, vn- | derwisen werden, mit schonen Hi- [
storien gezieret, vnd newlich durch I Martinum Montanum von | Straß-
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XXIV
Einleitung
bürg in Truck J geben lassen. | □ | 40 bl. = 5 bogen 8° o. o. und j.
(Berlin Yu 3561. Wolfenbüttel Eth. 120. 38).
D) Ein sehr Schon | vnnd fast nutzlich Buchlein, | Darinn die
jungen Gesellen, beuor- | ab die sich frembder Landen brauchen | wollen,
weß sie sich halten sollen, vn- | derwisen werden, mit schönen Histo- |
rien gezieret , vnd newlich durch | Martinum Montanum von | Straß-
burg in Truck | geben lassen. | □ | 40 bl. = 5 bogen 8° o. o. and j.
(Wien, angebunden an den WegkQrtzer).
E) Ein sehr schön | vnd fast nützlich Buchlin, | darinn die Jungen
Gesellen, beuor- | ab die so sich frembder Landen gebrau- | chen wollen,
weß sie Bich halten sollen, | vnterwisen werden, mit schonen Histo- | rien
gezieret, vnnd newlich durch | Martinum Montanum von | Straßburg in
Truck ge- | ben lassen. | [Holzschnitt: krieger und gelehrter]. | Franck-
furt am Mayn , Anno | M. D. LXV. | 43/* bogen 8° mit holzschnitten
(Berlin Yu 3566, nur bis bl. ejb erhalten. Berlin, Privatbesitz). — Auf
bl. e3a steht: Getruckt zu | Franckfurt am Mayn, | bey Martin Lechler,
In | Verlegung Sigmund Feyer- | abends vnd Simon 1 Huters. | □ | ANNO
M. D. LXV. | — Weggelassen ist die vorrede und der schluss von
s. 180, io ab.
F) Ein sehr schön | vnd fast nützlich Büchlin, | darinn die Jungen
Gesellen, bevor- | ab die, so sich frembder Landen gebrauchen I wöllen,
weß sie sich halten sollen, vnderwie- | sen werden, mit schönen Historien
gezieret, | vnd newlich durch Martinum Mon- | tanum von Straßburg
in | Truck geben lassen. | □ | — - Im Frankfurter drucke des Wegkürtzers
von 1574, bl. 120a-154b, mit holzschnitten
G) Ein sehr schönes | vnd fast nützlichs Büchlein, j darinn die
jungen Gesellen, bevorab | die so sich frembder Landen gebrauchen ;
wollen, weß sie sich halten sollen, vnderwiesen wer- | den, mit schonen
Historien gezieret, vnd newlich J durch Martinum Montanum von [
Straßburg in Truck geben | lassen. | [Holzschnitt wie in E]. — Im
Frankfurter drucke des Wegkürzers von 1590, bl. 83a— 107b ; mit
kleinen holzschnitten. ohne vorrede.
H) Ein sehr schönes | vnd fast nützlichs Büchlein, | darinn die
jungen Gesellen, bevorab | die , so sich frembder Landen gebrauchen I
wollen, weß sie sich halten sollen, vnderwiesen wer- | den, mit schonen
Historien gezieret, vnd newlich | durch Martinum Montanum von
Straßburg in Truck geben j lassen. | [Holzschnitt wie in E]. | — Im
Frankfurter drucke des Wegkürzers von 1597, bl. 83a— 107b ; mit kleinen
holzschnitten, ohne vorrede.
J) Eine schone Histo- I ria vnd fast nützlichs Büch- | lein, darinnen
die jungen Gesellen I (beuorab die sich frembder Landen brau- | chen
wollen) wie sie sich halten sollen, vn- | terwiesen werden, mit schonen
Figuren ge- | zieret, vnnd newlich durch Martinum | Montanum von
Straßburg in | Druck gegeben. | [Holzschnitt: ein jüngling zu drei
mannern in einem zitnmer redend]. 53/* bogen 8°, signiert P— V mit
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II. Bibliographie.
XXV
kleinen holzschnitten. Auf bl. V6b steht: Leipzig, | Gedruckt vnd ver-
legt, bey | Nicol Neriich. | Im Jahr, 1607. (Gotha). — Vgl. oben 8. XXII, J.
K) Nicht aufgefunden habe ich die ausgäbe, welche dem
offenbar sorgfältigen abdrucke in der Olla Potrida 1780, 2. stück
s. 134 — 159 (Berlin, Wever) zu gründe liegt : ,Andreytzo von
Perusio: ein seer schön vnnd vast nützlich Buchlin. Durch Mar-
tinum Montanum von Straßburg.* Der abdruck lässt die vor-
reden , deren datura angegeben wird, fort und geht bis zu
unsrer s. 201 ,füllerey ist*. Die gereimte moral ist unter dem
titel ,Leer, in Verszlin. Ein altes Gedicht vom Jahr 1517 [!]'
schon in der Olla Potrida 1779, 4. vierteljahrgang s. 179—188
abgedruckt. Am nächsten ist die zu gründe liegende ausgäbe
mit E verwandt.
3. Thedaldus und Ermilina.
A) E 1 fi sehr scho | ne lustige vnnd auch | klägliche Hystoria,
von dem thew- j ren vnnd mannlichen Ritter Thedal- | do, wie der in
liebe gegen einer schonen Frawen | entzündet, solcher lieb lang zeyt
ein genügen | thet, Vnd aber hernach von jr ins el- | lendt veriagt, vnnd
vertriben | ward, Letstlich wider inn l die erste freund tßchafft | gesetzet
ward, j Durch Marti num Mon|tanum von Straß- | bürg inn
druck geben. | Gedruckt z ö Strassburg, | in Enoblouchs
Druckerey. | 27/s bogen 8° o. j. mit holzschnitten , die grossen teils der
' alten Verdeutschung von Boccaccios Dekameron entnommen sind (Dresden,
an Lit. Gall. B 1641).
B) ohne titelblatt. S7/» bogen 8° mit holzschnitten. Auf bl. D7l>
steht: Ende dieser History, von The- | daldo, vnd Ermilina. | Gedruckt
zu Franckfurdt | am Mayn, durch Weygandt | Han, in der Schnur-
gas- | sen zu dem | Krug. (Berlin Yu 3771). — Weygand Han
entfaltete als nachfolger seines Stiefvaters Hermann Gülfferich (f 1554)
in den jähren 1555 — 62 eine ausserordentlich rege thätigkeit als drucker
und Verleger gangbarer unterhaltungslitteratur *. Die dem Thedaldus
*
1) Die persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse der Hanschen
familie hat Pallmann (S. Feyerabend. Archiv f. Frankfurts gesch. n.
f. 7) sorgsam dargestellt Da jedoch eine bibliographische Übersicht
über ihren interessanten volksbücherverlag oder .historien-buchhandel4,
wie er 1569 bezeichnet wird, mangelt, gebe ich meine gelegentlichen
notizen hier wieder : l)Weygand Han druckte 1556 : Paulis Schimpf
und ernst; Scheits Grobian us; Tristrant; Hug Schappler; Sieben weise
meister. — 1557: Pontus; Salomon und Markolf. — 1558: Scheits Gro-
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XXVI
Einleitung.
beigegebenen holzschnitte. die von Hans Brosaxner herzurühren scheinen,
entnahm er aus andern Volksbüchern seines Verlages, z. b. Olwyer und
Artus (vgl. auch Könnecke, Bilderatlas1 1895 s. 159. Der text zeigt
viele abweicbungen von A, namentlich in der Wortstellung; ich habe
nur eine auswahl dieser Varianten verzeichnet
Ci Von Thedaldo,vnd| Ermilina. |Eine sehr scho-
ne, lustige vnd k u r t z w e i 1 i g e { Historia, von dem thewren
Ritter 1 Thedaldo. wie der in Liebe gegen einer scho- | nen Frawen
entzündet ward, vnd solcher Liebe lan- | ge zeit ein genügen thet,
Hernach aber von jhr ins Elend verjagt vnd vertrieben worden:
Doch | letzlich mit jhr widerumb in die alte j Freundschaft kam. j
[Holzschnitt: eine danie reicht einem vom pferde gestiegenen kavalier
die hand.] | Gedruckt zu Magdeburg, bey Jo- | han
Francken. 1620. | 31 * bogen 8° ohne holzschnitte. Auf bl. D4a steht:
Ende der Historien von The- ! daldo vnd Ermilina. J| Gedruckt zu
Magdeburg, > durch Johan Steiner des altern, \ In Verlegung Johan
Francken, Im | Jahr 1620. 1 Q [ (Berlin Yu 3786). — Beruht auf B.
D) Von Thedaldo, vnd | Ermilina. j Eine sehr schone, lu- |
h t i g e vnd kurtzweilige Histo - I ria, von dem thewren Ritter
The- | daldo. wie der in Liebe gegen einer schonen | Frawen entzündet
*
bianus. — 1560: Brants Narrenschiff; Paulis Schimpf und ernst; (mit
S. Feyerabend) Heldenbuch. — o. j. Wickrams Gabriotto, Knabenspiegel
(1557) und Goldfaden; Montanus, Thedaldus; Waldis, Esopus; Wid-
manns Peter Lew; Eulenspiegel; Florio-, Fortunatus; Loher und Maller;
Melusine; Olivier und Artus; Salomon und Marcolph; Hürnen Seyfrid;
Valentin und Urso; Wigoleis. — 2) Georg Rab und Weigand Hanen
erben (Rab aus Scheibenburg in Meissen , 1561 Frankfurter bürger.
kaufte 1562 das Hansche haus zum kruge) 1562 : Scheits Gro bianus.
— 1563: Paulis Schimpf und ernst; Kirchhofs Wendunmut. — 1564:
Fortunat; Wigoleis. — 1565 : Kirchhof; Sieben weise meister. — 1566 :
Brants Narrenschiff; (mit S. Feyerabend) Schoppers Aesop. — 1569
i'mit S. Feyerabend) Josephus deutsch. — 3) Thomas Rebart (aus
Jena, heiratete 1565 die witwe Han, 1567 bürger, f 1570) 1566: Fin-
celius, Wunderzeichen 1—2. — 4) Weygand Hanen erben (d.i.
Katharina Han oder Rebart und fünf kinder) 1567: Fincelius, Wunder-
zeichen 3. — 1568: Scheite Grobianus; Herzog Ernst. — o. j. Wickrams
Goldfaden — 5) Thomas Rebart und Weygand Hanen erben:
o. j. Herpin. — 6) Th. Rebart und Kilian Han (söhn Weigands,
geb. 1550) 1570: Pauli; Fortunatus; Tristrant — 7) Catharina
Re bartin und Kilian Hahn 1571: Hug Schappler; Melusina. —
8) Kilian Hahn 1572: Valentin und Orso. — 1573: Bütners Claus
narr; Kirchhofs Wendunmut; Konrads von Würzburg Engelhard. —
1577 : Melusine (gedr. von Paul Reffeier). — 9) Hartmann Hahn
(bruder Kilians, geb. 1556) 1579: Herpin (gedr. von Paul Reffeier).
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II. Bibliographie.
XXVI l
ward . vnd solcher Liebe lange | zeit ein genügen thet, Hernach aber
von jhr ins | Elend verjagt vnd vertrieben ward, Doch | letzlich mit jr
widerumb in die alte | Freundschafft kam. | □ | Zu Leipzig bey
Nico 1 Neriich. | 47/« bogen 8° o. j. mit holzschnitten. (Leipziger
Universitätsbibliothek, Litt. germ. 272™). — Da der altere Nicolaus Ner-
iich 1612 starb und sein gleichnamiger söhn 162(5 zu drucken aut-
hörte, ist Eberts (Bibliogr. lexikon nr. 22 726) ansetzung dieses druckes
auf 1655 , die von Goedeke (Grundriss » 2, 467) und Grasse (Tresor 6,
2, III) wiederholt wird, entschieden unrichtig. Der text stimmt mit
BG aberein.
E) Van Thedaldo , vnde | Ermilina. | Eine sehr s c h o • | n e
lustige vnde kortwylige | Historia, van dem dühren Ridder |
Thedaldo, wo de in Leeue gegen eine scho- | ne fruwe, Ermilina ge-
nohmet , entfenget | wordt, vnde efft he wol van er int Elentd | wordt
vorjaget, dennoch vpt leste mit ) er wedder in de olde frund- | schop
quam. | □ | Tho Hamborch, |JIm Jahr, 1601. 87a bogen 8° mit
holzschnitten. (Gelle; abschrift in Göttingen). — Vgl. Lappenberg,
Hamburgische buchdruckergeschicbte 1840 b. L. Der Verleger ist Her-
mann M o 1 1 e r , wie sich aus der angebundenen nd. ausgäbe von
Wickranis Gabriotto und Reinhardt (1601) ergiebt. Die holzschnitte
sind denen von D zumeist genau nachgezeichnet. Der text stimmt
zu BCD.
F) Eine niederländische Übersetzung ,Hist°rie van Theball
ende Ermilina* wird im Antwerpener index von 1570 verboten ;
vgl. Reuse h, Die indices librorum prohibitorum 1886 s. 313.
4. Gui8cardus und Sigismunda.
Ein sehr s c h o | ne , lustige vnd auß | dermassen kläg-
liche Hysto | ria, von zweyen liebhabenden Mensch | en , wie die
bey einander gefunden worden , der | Jüngling gefangen, vnd jme das
hertz auß | geschnitten, Volgendts seynem bS- | len geschickt, die ver-
gißt wasaer | darüber schüttet vnd auß- | tranck, vnd von stund | an
starb. | Newlich durch Mar-j tinum Montanum von | Straßburg
in druck geben. | Gedruckt zd Straßburg, | in Enoblouchs
Druckerey. j 2 bogen 8° mit holzschnitten o. j. (Dresden).
5. Cymon und Iphigenia.
Ein schone vnnd klfig-j liehe Hystoria, [Von zweyen
Jungen gesellen, wie die | liebe zft zweyen Jungfrauwen trfi- | gen, die
zweyen anderen verheurat | wurden, Derhalben sie die hochzeyt vber-
fielen, jre neuwe Breut inn die Insel | Creta fürten, vnd nach ettlicher |
XXX
Einleitung.
fruu Beatrice zu Bologna hat rühmen hören, spiegelt seinem
vater vor, er fühle den drang das heilige grab zu besuchen ;
in Wirklichkeit begiebt er sich nach ,Bolonil (was auf der bühne
dadurch dargestellt wird, dass er ,auff das ander orth des ge-
rüsts' zieht) und tritt durch Vermittlung des gastwirts unter
dem namen Hannichinus in den dienst des Gianus, des gatten
der schönen Beatrice. Erfreut dankt er dem höchsten gott
in seinem thron, der ihn soweit geführt hat, und fährt ganz
naiv fort (bl. A 7a) :
Nün hoff ich, es soll mir werden mer,
Darumb ich dann bin kommen her . . .
Daruinb, ihr gotter, mir berstet!
Fraw Venus, brich dein trewe nit
An mir, des ich dich freundtlich bit!
O Cupido, zeuch herfür dein pfeyl,
Durchwund ihr hertz in schneller eyl
Gen mir, das sie mich Heb gewinn !
Bekümbert ist mir sonst mein sinn,
Und wo sie mir nit werden mag.
So sind fürwar kurtz meine tag.
Als er dann von frau Beatrice zum brettspiel aufgefor-
dert kläglich seufzt, giebt ihm ihre teilnehmende frage anlass,
seine leidenschaft zu gestehen, und alsbald bestellt sie ihn für
Verwijs, Van vrouwen ende van minne 1871 p. 34 nr. 2. De geest van
Jan Tamboer 1664 p. 171: , Aerdige pots van een man, die sijn wijf
afgesoent weerdt, ende noch slagen toe kreegh1 = Geist von Jan Tarn-
baur, um 1690 s. 165. C mery talys 1526 nr. 3. The sackfull of newes
p. 169 (Shakespeare^ jestbooks ed. Hazlitt 2). Davenport, The city
nightcap 1661 (Dodsley-Haglitt, Old engliah plays 13, 99). Vademecum
til tidsfordriv 1781 nr. 49. — Ant. Tridentone, Fraudiphila (Creizenach,
Gesch. des neueren dramas 1, 561). La historia de Ii doi nobilissimi
amanti Ludovico et madona Beatrice voltata in rima 1524. Ser Gio-
vanni, Pecorone 8, 2 (um 1378) = Sansovino, Novelle 1561 nr. 30. Ti-
raoneda, Alivio de caminantes 1, nr. 69. Romancero general 9, 344 (1614)
= Poesias escogidas de nuestros cancioneros antiguos 17, 178 (1796).
Nie. de Troyes, Parangon des nouvelles nr. 8 (ungedruckt). D'Ouville
Elite 1, 257 (1703). La Fontaine, Contes 1, 8: ,Le inari cocu, battu et
content* (Oeuvres ed. Regnier 4, 88). Roger Bontems en belle humeur
1708 p. 64. Nouveaux contes ä rire 1741 p. 184. Contes a rire 1752
1, 188. Decastre de Wiege, Le mari cocu, battu et content, come*die
(1738). — Chrzanowski, Rej 1894 p. 367. Kryptadia 1,287 nr. 77. 4,250.
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II. Bibliographie.
XXXI
die nacht an ihr bett. Der mann kehrt heim; vor den äugen
der Zuschauer legt sich das ehepaar in seinem ,zelte4 schlafen ;
der liebhaber schleicht hinzu, und Beatrice erzahlt ihrem manne,
wie der neue knecht sie mit seinen antragen verfolgt habe
und nachts unterm feigenbaum ihrer warten wolle. Während
nun der betrogene Gianus in den kleidern seiner frau dorthin
schleicht, legt sich Hannichinus zu ihr, und das //.elf wird
für eine weile geschlossen 1. Darauf geht der untreue knecht
in den garten und prügelt seinen herren durch. Daraus er-
kennt dieser, dass Hannichinus seine frau nur hat auf die
probe stellen wollen, und schlägt erfreut seiner gattin vor, dem
braven diener ein braunes kleid von samt und seide zu schenken.
Im Vorworte des herolds und in der beschlussrede klagt
der dichter über die geilheit und arglist der weiber und er-
zählt Josephs Versuchung durch Potiphars weib (bl Aijb):
Man sagt, unnd ist gwisslich also:
Wann ein fraw sich an himmel blo,
So hab sie schon ein fundt erdacht,
Damit sie sich hat ledig gm acht.
Auch Hannichinus moralisiert auf dem wege zum feigen-
baum (bl. B 4a) recht undankbar über das ,schnöde weib', das
sich ihm ergeben hat. Nur zum beschluss wendet sich Mon-
tanus mit einer entschuldigung an die anwesenden frauen
(bl. B7a):
Wir bit hiemit auch weiblich gschlecht,
Ob wir sie hetten gstrafft vilecht
Weiters dann mit bescheidenhait,
So wer es uns von herteen laidt . . .
Dann alle weiber hie uff erden
Geebret billich sollen werden
Von einer wegen wol bekant,
Die rain und zart Maria gnant.
Die selbig früntliche keiBerin
*
1) In der ähnlichen scene des .Titus und Gisippus*, in der sich
Titus an stelle des freundes ins brautgemach zu Sophronia begiebt,
schreibt Montanus (bl. B6b) für letzteres ein zeit vor, .da die flügel
zÖbaiden Seiten uffgeschlagen seyen, damit man sehen möge, was sie thund'.
Nachher (bl. B8b) heisst es: .Sophronia gemach, darinn das bettstattlin
stat und Titus bey ihr ist, soll yetzund zugethon werden.4 Auch in
Zyrls Rebecca 1572 bl. D4a thut Laban beim schlafengehn die hütte zu.
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XXXII
Einleitung.
Woll yetzund unser kundtschafft sein,
Das wira gemaint von hertzen gut,
Gedichtet auch ohn argen raüt ....
Yetz scheid wir ab von diser ban,
Zu jar ein anders heben an.
0. Spiel vom vertriebenen grafen.
Ein Neuwes | sehr schönes, lustigs, | vn aus der
niassen kurtzwei | ligs, auch cluglichs Spil von ] einem Grauen , wie
der von der Koni | gin vonn Franckreich, fälschlich, mit | zweyen kindlin,
in das eilend vertriben | vnd vertagt, doch letstlich sein vn- | schuld
an tag käme, wider | in sein ersten stand ge | setzt warde. | Newlich
durch Mar- | tinum Montanum zusa- | men gesetzt, vnd in | druck
geben. | Gedruckt zu Strassburg | durch Paulum Messer- |
schmidt | 4 bogen 8° o. j. (Berlin Yp 9551. Strassburg). — Auf bl. D7b
steht: Gedruckt zu Strassburg | durch Paulum Mes- | serschmidt. Auf
bl. D8a ein nicht übler holzschnitt: die glficksgöttin auf einer kugel
stehend hält mit der linken hand ein banner, auf dem drei gekreuzte
säbel zu sehen sind, wie ein segel empor.
Montanus hat hier wiederum eine novelle Boccaccios
(üecameron 2, 8) 1 dramatisiert , aber wider seine gewohnheit
keine von denen, die lockere liebes Verhältnisse ausmalen. Sein
spiel soll vielmehr zeigen, ,wie weyberlist gar manchen bschwert
und ihn umb leib und leben bringt4 (bl. A 3b), und zerfallt
*
1) Vgl. Val. Schmidt, Beitrage 1818 s. 11 ; Dunlop- Liebrecht s. 224;
Landau, Quellen 1884 s. 116; Cappelletti, Studi sul decamerone 1880
p. 325. — Arnaut Vidal, Guillaurne de la Barre ed. P. Meyer 1895 v.
4258 ff.; vgl. p. XXIV und XXXIX. Parangon des nouvelles ed. Ma-
bille 1866 p. 194. B. Germanus, Comoedia des gedultigen, ohne schuld
verjagten graffens von Angiers und seiner zweyer kinder 1584 (Bolte,
Das Danziger theater 1895 s. XIV). Kirchhof, Wendunmut 4, 85: ,Von
den wunderbaren glücksfällen eines graffen von Angiers* (1601 in Kassel
von dem Engländer Franz von Segar gehört). Comoedia vom grafen
von Angiers 1626 von John Green in Dresden gespielt (Fürstenau 1, 97).
Goethe, Ballade vom vertriebenen und zurückkehrenden grafen (1816),
in der auch die englische ballade ,The beggar's daughter of Bednall-
green4 (Percy, Reliques 2, 134 ed. 1866) benutzt ist. Painter, Palace
of pleasure 1, nr. 37 (1567). H. C, The forrest of fancy 1579 (Koppel,
Studien zur gesch. der ital. novelle 1892 s. 80). Mary Pit, Violenta
or the rewards of virtue 1704. Coornhert, Lustige historien J. Bocacii
1564 nr. 10. Timoneda, Patraiiuelo nr. 15.
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II. Bibliographie.
XXXIII
in drei ,teile4. Der in den krieg ziehende könig befiehlt seine
gattin der obhut des wackeren grafen von Angfers. Diesen
versucht die liebestolle königin , wie einst (woran der epilog
bl. D6b erinnert) Potiphars weib den Joseph, und verleumdet
ihn, als er sie standhaft zurückweist, so dass er mit seinen
beiden kindern eilig das land räumen muss. Im 2. teile bringt
der als bettler verkleidete graf seine kinder Pierotto und Gia-
netta bei zwei marschällen eines andern landes unter. Der
3. teil spielt 18 jähre später. Für die inzwischen zu einer
schönen jungfrau erblühte Gianetta entbrennt des marschalls
söhn Nicerius in verzehrender leidenschaft ; ein kluger ar/t
erkennt aus dem pulsschlage des kranken jünglings dessen
heimliches leiden (ein altes romanmotiv *), und schliesslich
willigen die eitern in die heirat Ebenso wird Pierotto von
der reichen erbtochter Leovaudra zum gatten erkoren. Der
alte graf kommt in bettlertracht auf den hof seines tochter-
manns und bleibt, von den enkeln geliebkost, aber nicht er-
kannt, als Stallknecht dort, bis sein könig seine Unschuld er-
fährt und nach ihm forschen lässt.
Anfangs bewegt sich Montanus seiner vorläge gegenüber
freier als sonst ; ungeschickt aber ist, dass er seine Zuschauer
über den Wechsel des Schauplatzes (England statt Frankreich)
im unklaren lässt und verschweigt, auf welche weise die ver-
leumderische anklage der königin offenbar geworden ist. Stellen-
weise gelingt ihm der ausdruck bewegter leidenschaft nicht
übel ; so namentlich in der verf uhrnngsscene des 1. aktes, wo
er den gedankengang Boccaccios beibehält, aber im einzelnen
selbständig verfährt. Ich teile deshalb diesen abschnitt als
probe mit.
[Bija] Königin.
Ach, ach, wie ist mir, wie binn ich so kranck,
Wie ist mir doch die weil so lungk!
1) Rohde, Der griechische roman 187G e. 52—54: .Antiochus un<l
Stratonice4. Hicrocles, Philogclos ed. Eberhard 1869 p. 75. Petrus
Alfonsi, Disc. cleric. 3, 4. (iesta Roinanorum c. 40. Kirchhof, Wendunmut
2, 19. Lionardo Aretino in Kellers Ual. novellenscbatz 2, 308. Duran,
Romancero gen. 1,338. Kuntze, Die geschiente vom kranken königssohne;
Grenzboten 1889, 1, 214-224. 264-275 und 1890, 1, 227-238. 287-292.
Afontatiu» C
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XXXIV
Einleitung.
Ich hab gar kein bleibliche statt ;
Die lieb mich gantz urabfangen hatt
Gegen dem grafen wol geborn,
Mein hertz hatt mir ihn ausaerkorn.
Ach das er wüst meins hertzen pein!
Gewisslich würd er mir auch holdt sein
Und mich nicht also verderben lassen.
Ich kan mich doch sein gar nicht massen,
Und wa er mir nicht würd zu theyl,
So hab ich verloren all mein heyl
Meins lebens und mit jamer und pein
Will faren in die grub hienein.
Wie will ichs aber greiffen an,
Damit mir werde diser man
[Bijb] Zu meinem willen? Ich forcht mich sehr,
Es waigere sich der edle herr;
Dann ich ihn frumb und gerecht erkenn.
Ihn selbst anzsprechen ich mich schein;
Dann es ein grosses laster ist.
Aber ich will es greiffen an mit list.
Sie lässt darauf den grafen durch ihre magd zu sich ent-
bieten und fährt in ihrer rede fort:
Ach, ach, da kumpt der grafe frum.
Wie will ich die sach doch greiffen an?
Ich forcht, er werd mirs für Übel han.
Nun wolan, es muss eben sein. —
Seit mir gott wilkum, herre mein!
fBiija] Sitzt zu mir nider, o edler herr!
Graff.
Gnädigste fraw, was ist ewr beger?
K 6 n i g i n.
Ihr wist, o edler herre mein,
Wie blod wir armen frewlin sein,
Das uns die lieb bald überwindt,
Vorab so dmann ferr von uns sindt.
Dieweil ich aber binn jung und zart
Und nicht erzogen nach grober art,
Auch nicht von hartem eysen binn,
Desgleich nicht hab ein steinen sinn,
Sonder ein schwaches weiblein schon,
Das die liebe dringt on underlohn
Zü euch, o edler herre gross,
Darinn mir geben kan kein moss,
V,
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II. Bibliographie.
XXXV
Sonder, wa ich euch nicht kan erwerben,
Vor laid so mflss ich warlich sterben.
Was habt ihr dann für grosse ehr
Erlanget doch, o edler herr,
Wann ihr schon mich, ein blödes weib,
Uinb liebhabens willen bracht umb mein leib?
Fürwar kein waiss ich überal.
Darumb bedenckend euch gar wol
Und theylent mir mit ewer lieb,
Die mich warlich gar hefftig treibt!
Graf f.
0 gnadigste fraw, was sagt ihr hie!
Nicht understand euch solcher mie
[Biijb] Und ding, die ihr nicht haben mocht!
Dann wann ich euch an ehren schwächt
Und sollichs für den konig kern,
Ein grossen uninüt er dar ab nem,
Land und leut ich meyden must.
Noch dannocht hett ich nicht gebfist.
Vor gott auch rechenschafft must geben,
Das ich geffirt ein sollich leben
Und den seiner ehren hett beraubt,
Der mir sein landt und leut vertraut.
Die unordenlich lieb werfft von euch hin,
Zn ewerm eheman setzt den sinn!
Gedencken an den höchsten gott,
Der zwey zusammen geschaffen hatt,
Das die ehrlich sollen leben,
Keins sich auff frerabde wollüst geben!
Er würts sonst nicht ungstraffet Ion.
Darnmb thönt darvon abston!
Das ist an euch mein ernstlich bitt.
Königin.
Ach edler herr, verlast mich nit!
Gedenckt, das euch eins weibes hertz
Getragen hatt mit grossem schmertz !
Gedenckent an die weisse brüst,
Die ihr gesogen nach hertzens lust!
Todtent mich nicht! Was hilfft es euch,
Wann ihr schon umbringent mich
Mit ewerm steinharten hertz!
Ach, ach, o weh des grossen schmertz ! [Biiija]
(Die konigin soll sich dem grafen an halss werffen und ihn küssen
wollen, aber der graff soll sich wehren unnd sprechen :)
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XXXVI
Einleitung.
G r a f f .
Das woll gott nicht, dos solchs geschach!
Fürwar ich mich ehe selbst er6tech,
Ehe das ich meinen frummen herren
So Bchantlich wolt berauben seinr ehren.
Schämpt euch ins hertz ! Was sagt ihr noch?
Nön gebent umb mein straffe doch,
Die ich doch guter meinung thfl,
Und bleibent fortan mit rhft !
Dann ich keins wegs solchs thftn will
Und treiben sollich teuflels spil
Wider gott und alle rocht
Und mich machen der sQnden kneclit;
Und will mich che vieithcylen lassen
Und hencken auff alle vier Strassen
Dann solche schwere sünd begohn.
Darumb mogent ihr wol darvon lohn,
Oder ich würd in wenig tagen
Solchs konglicher majestat klagen.
Königin.
So binn ich von euch, schöner herr,
Meiner gethonen bitt ungewert,
Und ihr mich gern lodten wolt.
Fürwar das nicht geschehen soll,
Sonder solche pein selbst must leiden
Oder aber unser landt meiden. —
[Biiijb] Laufft, laufft, ihr lieben diener mein!
Ach wolt ihr mir nicht behülflich sein?
Kettio, rettio vor dem bösen wicht!
Vil laidts mir von dem grafen gschicht,
Er will mich meiner ehren berauben.
Secht, wie ich verrissen mein schauben
Zum zeichen über den bösen man!
Montanus wetteifert hier sichtlich mit seinem lamlsmaiine
Thiebold Gart, der 1540 in seinem Josephdrama (II, 2. 5)
eine parallelscene geliefert hatte; wörtliche berührung mit
Garts Sophora-raonolog (II, 2) tritt in dem Selbstgespräche
des verliebten Nicerius: ,0 brinnende lieb, o heisser flamm,
o heisses fewr, du weiblicher stamm1 (bl. Cija) hervor.
Von besonderem werte endlich für die geschichte der
bühneneinrichtung ist das vorwort ,an den leser und sonder-
lich, die dieses spil anzurichten gesinnet sind4:
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II. Bibliographie.
XXXVII
[Aija] Freuntlicher, lieber leser, inn disem spiel soltu sehen, das
du jeglicher parthey ein besondere zelten machest, wie du fein ordeu-
lich in dem spiel aussgetheylet finden würst Und sol der konig mit
seinem sun, die ein stumme person sein würt, und den hauptleuten
sampt andern dienern geharnischt Ober das gemachet gerÜBt oder ort, da
man dann das spiel halt, abziehen und neben dem platz in etlich veldt-
zelten sich legeren. Der graff sol sein eigene zelten haben, desgleichen
die konigin; und da die konigin umb den grafen bült, sol ein feiner
etöl gesetzt sein, darauf!' sie beyde neben einander sitzen. Darnach
so die diener des grafen zeit züeylen unnd die niderreissen wollen,
sollen sie gemach thfin. biss das sich der graff verkleydet unnd mit
den kindern darvon ist ; sonst würde es loss abgehn, wann die diener
kernen unnd der graff noch vorhanden wer; sie sol auch eylendts wider
auffgericht werden, damit der gralF, so er sein red volendet, wider
darein gehn möge. Es soll auch zwischen jeglichem theyl gesungen
oder gepfiffen werden, welches dem spiel ein grosse zierd gibt. Des
marschalcks snn sol auf!' einem bettlein bey seiner zelten ligen, da-
mit es jederman follkom [Aijb]menlich sehe, wie du auch im spiel fein
ordenlich sehen würst Dem kuin fleissig nach , so bringt es dir ein
lob. Leb wol!
Das bühnengerüst und die zelte der einzelnen personen
werden auch in den späteren scenischen anweisungen (bl. A7b.
Bjb. B 5a. B 7a. B 8a. Cjb. C 8b. Djb) erwähnt Bei pausen
in der handlung heisst es der vorrede entsprechend: ,Mitler
weil mag etwas gesungen oder gepßffen werden' (bl. A 8b. B8a).
10. Spiel von Titus und Gisippus.
Von zweien Romern, | Tito Quinto Fuluio | vnd
Giäippo, | Ein newes luj stigs, vnd sehr schönes | Spiel, aus der
Römer Croni- | ca gezogen , wie die so vnmensch- | liehe grosse liebe
zü einander gewun- | nen , das sich auch ye einer für | den anderen
hm | tod gab. | Durch Martinum| Montanum in druck | verfer-
tiget. | Gedruckt zu Strassburg | bey Paulo MesserBchmidt.
4' .-'s bogen 8° o. j. (Berlin Yp 9541. Strassburg).
1) Noch genauer sagt Zyrl in seinem Josephdrama (Strassburg
1572 bl. Ava): ,Dise comedia hat siben scenas [sonst hütten] und 50
l>ersonen . . . Die freyen personen sein [inj den scenis nicht begriffen.'
2) Ebenso im spiele von Titus und Gisippus bl. C iiij b, wo auch
•ler .fttummen personen* gedacht wird. Bei der beurteilung der unent-
wickelten dramatischen technik unsres autors muss diese bühnenein-
richtung berüchsichtigt werden.
XXXVIII
Einleitung.
Das stück bat drei akte, dazu sceneneinteilung , ist also
wohl später gedichtet als das spiel vom vertriebenen grafen.
Den stoff entlehnt Montamis aus der schon im Wegkürzer
cap. 42 (vgl. dazu unten s. 580) nacherzählten novelle Boc-
caccios (Decameron 10, 8), obwohl er sich im titel, in der
vorrede und im beschluss (bl. Aiiij b. Eiij b) ausdrücklich auf
eine ,cronickl beruft, und gruppiert ihn so, dass der erste akt
die entsendung des jungen Titus nach Athen und seine leiden-
schaftliche liebe zur braut seines freundes schildert, der zweite
die hochzeit der Sophronia, die entdeckung des an ihr ver-
übten truges und die gerichtsverhandlung bringt, während im
dritten das zusammentreffen beider freunde in Rom folgt. Un-
verkennbar ist das bestreben des dichters, überall einen würdigen,
ernsten ton festzuhalten. Den narren , den er wie im spiel
vom vertriebenen grafen (bl. Bjb) einmal einführt, lässt er
nur die schlussworte sprechen, wenn er auch im 2. akte (bl.
15 8a) zur ausfüllung einer pause der handlung vorschreibt:
,Mag mitler zeit etwas gesungen oder von narren bosslin ge-
macht werden.4 Für den rhetorisch ausgeführten monolog des
liebeskranken Titus (bl. A 8a) und für seine lange Verteidi-
gungsrede vor den athenischen richtern (bl. C 6a) bot ihm zwar
Boccaccio ein vorbild; dagegen ist die pathetische klage der
betrogenen Sophronia (bl. Ciija), welche ganz wie Garts So-
phora die figur der anaphora ausnutzt, sein eigenes werk:
Acb, ach, o weh des jamers gross!
Mein hertz ist bschwert Ober die moss.
0 weh, o weh der verrhaterey !
Wie hand sie es doch verquant so frey,
Das ich es nicht gemercket habl
O todt, für mich hien in das grab!
Vil weger ist mir hio zu sterben
Dann in so grossem unmftt verderben.
0 Gisippe, Gisippe, du trewloser man,
Wie hastu mir solch schmach gethan !
Ich sag dir zft, das solche schmach
Über dich würt ewig schreyen räch.
0 Tite, Tite, das steht nicht wol,
Das ich dir verborgen [1. verborgt] werden soll.
Mein glirapff und ehr hast mir gestolcn,
Das red ich hie gantz unverholen.
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II. Bibliographie.
über dich klag ich doch nicht so fast
Als Ober Gisippum, den argon gast,
Der mich dir heimlich geben hatt;
0 immer und ewig ist es ein spott.
Athen, Athen, ihr burger darinn,
Nun lauffet all zö mir herin,
Secht an, secht an den jamer gross,
Der mir begegnet über die moss!
Rechet mich, ich euch sehr bitt.
Damit doch bleib ungstraffet nit
Solch grosses laster und laurenstück!
0 weh, o weh der grossen duck!
Gisippe, Qisippe, ich sag dir zß,
Das ich fürthien nicht habe rhu,
Biss ich mich an dir gerochen sich.
Darnach ich mich erst selig sprich,
Wann ich dein gantzes gschlecht sich todt
Und Qber euch all geht gross spott,
Das du an mir verdienet host.
Verflacht seyest, da mich angetast
Und an mich thetest werben!
In jamer und ellendt müssest sterben,
Du keinnQtziger zernichter man!
Yetz will ich zS mein freunden gahn,
Dein bossheit ihn eroffnen baldt,
Sie bitten mit drahern manigfalt,
Das sie es nicht ungerochen lohn.
In Wickrams weise malt Montanus die fOrsorge frommer
eitern für ihre kinder aas. Salbungsvoll vermahnt der alte
Fulvius den in die ferne ziehenden söhn, worauf dieser etwas
altklug und mit einem im 16. jahrhundert nicht auffälligen
anachronismus erwidert, er gedenke sich nicht so zu halten
wie der verlorene söhn , den Lucas am 15. kapitel beschrieben
(bl. A 6a) ; und Sophronias mutter giebt den neuvermählten
christliche lehren mit (bl. B 6a) :
Predig hört, welchs gott sunderlich liebt,
Kirchen diener halten in ehrn,
So wirt euch gott gross glück beschern.
Die summe der handlung zieht der epilogierende herold,
indem er einen feierlichen preis der freundschaft anhebt (bl. Eiijb) :
0 heilig freund schafft wohlgethon,
Billich tregstu der ehren ein cron.
Du bist ein rechte niüter der ehrn ;
XXXIX
[Ciijb]
XL
Einleitung.
Den, so dich lieben, thöst glück beschern.
[E4aj Du tödtlicher fcind des neida und hass»,
Du gäbest Tito, so im am liebsten wass ;
Gib uns dein milte brüst zfi saugen,
Das aller unwill bey uns faulen.
Die rechte lieb bald wachs herfur!
Des wöln wir immer dancken dir.
Es erübrigt mir beim abscblusse dieser ausgäbe, die ein
jähr vor dem ursprünglich in aussieht genommenen termine
erscheint und deshalb in den beigaben und der einleitung
knapper gefasst werden musste , allen den herren herzlichen
dank zu sagen , die mich durch auskunft und beihilfe gütig
unterstützt haben. Neben vielen bibliotheks vorständen sind es
namentlich: dr. Robert Arnold- Wien, dr. Karl Biltz-Gross-
lichterfelde, professor dr. A. Brandl-Berlin, buchhändier Albert
Cohn-Berlin , professor dr. üermann Fischer-Tübingen , pro-
fessor dr. E. Goetze-Dresden, dr. p. B. Gründl- Augsburg, dr.
L. Kellner- Wien, rektor dr. d. Leistle-Dillingen, professor dr.
E. Martin-Strassburg, studienlehrer M. Radlkofer- Augsburg,
professor dr. C. v. Reinhardstöttner- München, f pfarrer G. Rein-
wald-Lindau, dr. Karl Schorbach -Strassburg , professor dr. C.
Wendeler-Steglitz, professor dr. W. Wiegand-Strassburg, stadt-
archivar dr. 0. Winckelmann-Strassburg, archivrat dr. P. Witt-
mann-München. Nicht eingesehen habe ich die in Strassburg
aufbewahrten vorarbeiten von Franz Lichtenstein (f 1884) und
Johannes Crüger (f 1889) zu einem neudrucke der schwank-
bticher des Montanus, weil sie nach gütiger mitteilung von
herrn professor Martin nur in abschriften der auch von mir
benutzten drucke bestehen und z. b. von der Gartengesell-
schaft nur das defekte Berliner exemplar verwerten l. In
einigen fallen habe ich die stoffvergleichenden anmerkungen
aus den hinterlasseuen papieren Reinhold Köhlers (f 1892)
bereichern können.
Berlin, den 3. januar 1899.
Johannes Bolte.
*
1) Lichtenstein hat schon 1883 in seinem neudrucke von Lindcners
Ka.stbQchlein 8. 37—49 zu den aus dein Decameron (IX, 6. VIII, 8. V J II, 2)
entlehnten novellen einige Varianten :iub Montanus' üartengesellschaft
cap. 86, 59, 102 verzeichnet.
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1
Wegkür tzer.
Ein sehr schön lu-
stig vnd ausz dermassen kurtz-
weilig Büchlin, der Wegktirtzer ge-
nant, darinn vil schöner lustiger vnd kurtz- 5
weyliger Hystorien, in Garten, Zechen, vnnd auff
dem Feld, sehr lustig zu lesen, geschriben,
vnd newlich zusamen gesetzt.
Durch Martinum Montanum
von Straßburg. 10
Derselbe Holzschnitt wie
in Valentin Schumanns
Nachtbüchlein ed. Bolte
1893 s. 1.
5 naftt C 6 vnd C 7 zulesen C geschriben, vnd CD
8 vnd fehlt CD neülich C gesetzt: C 9 <i Durch C Zeile 2,
3, 9 und 10 sind in BCD rot gedruckt. Ueber den titel von K vgl.
die einleitung.
1
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Wegkürzer, widmung.
3
[Aija] Dem wolgebornen edlen gestrengen her-
ren, heim Jacob Herbroten, römischer kayserlicher
mayestet rath unnd churfürstlicher pfaltzgrävischer
goaden Statthalter zu Laugingen, meinem gnedigen
herrn. ö
Wolgebonier edler gestrenger herr, ewer gnaden seyen
mein underthenig gehorsam willig dienst allzeyt züvoran be-
reyt.
Gnädiger Herr, demnach wir vil herrlicher exempel ha-
ben, wie so ein schon lustig, herrlich unnd auch zierlich ding 10
sey umb ein menschen, der in guten kunsten erfaren ist, wie
sie dann dasselbig mit sich selbst bringen unnd leüchtlich der,
so sich daran ff gibet, verston mag, wiewol aber solliches der
gemein pöfel für schlecht unnd gering schä-[Aijb]tzet , so ist
doch solches die höchste kunst, die auff diser erden mag ge- 15
funden oder ye erdacht hett mögen werden , unnd von ersten
für ein gwaltig herrlich ding gehalten worden, wann einer
schreyben und lesen künden, also das man denselbigen für vil
andere geehrt unnd herfür zogen hat, nun aber so gemain
worden ist, das schier kein baursman ist, er will sein son 20
studieren lassen, unnd doch wenig seind, die ihre kinder gar
dabin verlegen, sonder, wann es am besten ist, sie darvon an
andere arbeyt nemen, welches etwann den unverstendigen jun-
*
2 Jacobo C R&. Kd. May. C 4 gne- gen B 7 bereit C
9GnedigerC 13 verstob n C solch s CD 16 vonn C 18 unnd CD
kündten C 19 andere B gemein CD 23 arbeit C
1*
4
Martin Montanus,
gen gleich lieb unnd ein wolgefallen ist; dieweyl aber auch
mancher ist, der sich des studierens gar züvil übernimpt, also
das er darvon etwan inn kranckheyt falt und sich toll stu-
dieret (inn ansehung das er nichts hat , damit er die weyl
5 kürtzet, unnd ob schon einer mit guten gesellen spatzieren
geht und nichts kurtzweiligs weißt herfür ziehen, ist ime die
weyl lang, unnd nicht anders dann wie ein junges kindlein
daher zeücht), habe ich dises bftchlein, wiewol als ein unver-
stendiger unnd unwürdiger [Aiija] sollicher lieblichen stücklin
10 zuschreyben , inn truck geben lassen , darinn sich die jungen
gesellen züersehen haben, unnd nicht allein die jungen gesel-
len , sonder auch den mannen unnd allen weybspersonen zü
gütem fürgeschriben ist.
Unnd wiewol diser schöner bfichlin hievor vil geschriben
15 sind, als nemblich Schimpft" und ernst, die Garten gesellschafflt,
der Rollwagen unnd andere vil kurtzweylige historien mehr,
denen diß mein büchlin vil zü gering ist, so seind doch die-
selbigen alle durchlesen, unnd yederman fast wol unnd gnüg
derselbigen verstendiget ist, also das, wann einer schon ein
au historien, so inn disen vorgenanten bfichlin geschriben ist, er-
zelen will, so weißt man ihren schon vorhin unnd derselbigen
verdrüssig zu hören, gleich wie man einer speyß, so man tag-
lichs i8set, mfid zuessen wurdet.
Derhalben hab ich diß buchlein lassen in truck geben,
25 welches meines erachtens keinem, so es lesen wurd, schedlich
sein wirt, sonder villeicht etwann darinn finden, darffir er
nicht groß neme, unnd solches ewer gnaden als meinem gne-
digen herren dediciert unnd zügeschriben ; [Aiijb] bitt deßhal-
ben ewer gnaden gantz underthenigklich , sie wolle dise fa-
aocetias inn genaden von mir auffnemen unnd dieselbig als für
ein thewr geschenck von einem armen, der nicht mehr ver-
mag, mit geneigtem hertzen empfahen. Dann welcher gibt,
3 etwann in C; etwan in D kranckheit fallet unnd C 5 spa-
cieren CD 7 dieweil C und CD 8 hab CD bflchlin CD
10 zuschreiben CD 11 gsellen CD zöversehen C gsellen C
15 aeindt nemlich C unnd C 17 aeindt C 20 in CD 21
iren CD 23 mfidt C 24 bfichlin CD inn C 26 wirdt C
etwan CD 27 nit C 30 gnaden C 31 theür C 32 geneygtem CD
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Wegkürzer, vorwort
5
was er vermag, derselbige soll nicht weyter getriben werden.
Also thete auch ein götter poet, der einem fürsten etliche
carmina machet der meynung, er solte ein geschencke vom
fQrsten erlangen ; aber der fürst, so ungetrew unnd auch ein
poet wäre , wider etliche carmina schrybe unnd die dem ar- o
men poetlin zu schicket; welche der güt gesell mit gebären-
der reveren tz empfieng, wol verstünde, warauff der fürst das
gethan hette, nemlich das er papir mit papir bezalen wolte
und das er da nichts gewarten dorffte, drey haller, so er noch
hatt, dem fürsten in ein papirlin wicklet und darein schreybe: 10
,Non plus habeo, non plus dabo4 unnd solches dem fürsten
zuschicket, damit den fürsten seiner geytzigkeyt stach etc.
Thü mich hiemit ewer gnaden in underthenigkeyt be-
velhen, dann derselben zu die-[Aiiija]nen bin ich allzeit willig
und geneigt. 15
Datum Dillingen am tag Martini anno 57.
Ewer gnaden undertheniger gehorsamer
Martinus Montanus
von Strafiburg.
An den leser. 20
Freündtlicher und lieber leser,
Dergleichen auch du zuhorer,
Der du lust tragest zü kurtzweil,
Darneben frewd begerest vil,
Es sey in zechen eim und andern 25
Oder ob du über feld wilt wandern,
Kauft' difi böchlin, zulesen lustig,
Ist darzü den jungen sehr nutzlich;
1 derselbig CD weitter CD 2 guter C 3 meinung CD 5
acbribe CD 6 zu B 9 unnd CD heller C 10 wicklet, darein
CD achribe C 12 geytzigkeit C 15 unnd C 16 Dilingen D
anno etc. CD 21 und] fehlt E 22 du] fehlt E 23 tregat E
24 freuden E Auf 24 folgen in E: Es sey in feld, heusern und gar-
ten, Deßgleich wo du bist bey geferten, 20 im E 27 So kauff E
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ß Martin Montanus,
Dann vil historien drinn seind bschribeu,
Welche dir ohn zweyffel werden lieben,
[Aiiijb] So du dieselbigen lesen thüst.
Aber darneben gedencken inftst,
5 Warumb sie hieher seind gesetzt.
Und ob du wurdest schon verletzt,
Dich in dem sack und orth fende,
Drumb das büchlein nit thü sehende,
Gedenck, nit allein deinthalb gmaebt,
10 Sonder kurtzweyl zhaben erdacht.
So ists auch nicht gar anß der weiß
(Dann ich als hieher gsetzt mit fleiß)
Oder weit neben der warheit gschriben ;
Drumb bitt ich, wöllets lassen bleyben.
15 So du aber mit fleiß lesen wilt
Die historien, so hieher gstelt,
Wirst befinden bald und gar frey,
Ob dir das büch nicht nützlich sey,
Ja wirsts loben und schetzen wolgethon,
20 Das ich ein solch arbeit für dhand hon gnon.
Hör, junger gsell, merck mich noch eins!
Ich will dir sagen noch ein kleins
Von einer histori wol gethon,
Am 130. blat wirts irn anfang hon
25 Unnd macht disem büch ein endt,
Historia Gisippi et Titi wirts genennt.
[Ava] 0 wie ein schön histori außerlesen!
Ich habs warlich nit künden vergessen,
Sonder in diß büch müssen flecken,
90 Darbey die jungen gsellen mercken,
1 sind E 6 dich schon etwan eine E 7 dem rechten sack E
9 nicht allein von deint wegen gemacht E 10 zQ haben E 1 1 ist
es E U Darumb E wollest« E 16 gestellt E 17 Wirst da E
18 buchlin nit E 19 Ja du E 20 solche arbeyt förhanden hab E
24 An irem blat findsts geschriben ston E 25 buchlin E 26 Qi-
sipi G D histori Titi unnd Qisippi wirdt sie genennt E 27 schöne
E 28 hab ir warlich nicht können E 29 buchlin müssen flicken E
30 gsellen sollen E
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Wegkürzer, vorwort.
7
Was recht lieb und freündtschafft sey;
Das saget dise histori frey.
Gisippus von Athen nam ein weib,
Die ward gefallen Titi leib,
Tag und nacht ward er betrachten, •>
Wie er sie zö eim weib niöcht haben.
Aber solchs nit mfiglich wär gedencken;
Darurab in die lieb sehr thet krencken,
Also das er sich leget z beth,
Nichts dann jämmerliches klagen thet, l<
Den bittern todt gar offt begert,
Wart, wann er diß wurd gewert;
Dann er vil lieber todt wer gwesen
Weder füren ein solchs harte leben.
Als solches Gisippus, Titi freünd, sähe, 1:
In grossen unmäth er da fiele,
Da er sein gsellen sah kranck ligen,
Brüderlichen ine thet fragen,
Was d ursach seiner kranckheyt were.
Titus im die erzelet gare Ä
Mit grosser schäm und grossem schmertzen.
[Avb] Ein solches ime gieng zü hertzen,
Daß sein gsell umb solches war kranck
Und das vor im verborgen het langk.
Zichtigklich in darumb straffet, 25
Das er solchs so lang het gm aaset
Und im nicht lengest kund gethon,
Und tröstet ine mit worten schon,
♦
2 gagt dir £ 3 Wie Gisippus E 5 Er tracht mit sinnen und
geberden E 6 Wie sie im E haben] werden E 7 wer ward
gedencken E 8 thete E 9 legete G ; legt zö E 10 jämmer-
lich« CE 12 Wartet, wenn E 13 Viel lieber sich dem tod erge-
ben E 14 Weder] Dann E solch hartes E 15 Als solchs CD;
Also das E sah E 16 Gar wind und weh im da geschah E 17
kranck zti beth E 18 In brüderlichen fragen thet E 19 die ursach
E war E 20 gar E 21 Mir C 22 gienge im E 23 Das CE
gesell umb solchs E 24 hett so E 25 Zftchtiglichen E 26
gemasaet E 27 langest E 28 in E
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8
Martin Montanus,
Und das er sich selbst solt trösten,
Er wölt in bald in frewden setzen
Und des, das er begeren ist,
Geweren gar in kurtzer frist.
5 Damit ich aber d sach z ende bring,
Die hochzeyt Gisippus anfieng.
Als man sich zü nacht schlaffen legt,
Gisippus sich zü Tito fügt,
In zü der junckfraw z gon ermant,
10 Weichs Titum sein daucht ein schand.
Doch sich von der lieb überwunden,
Derhalben er zun selben stunden
Sich fügt zu der junckfraw beth,
Sich an Gisippi statt legt,
15 Mit ir der ersten lieb inn pßag.
Dasselbig trib er manchen tag,
Biß das Titi vatter starb z Koni,
Da wolt der schertz erst recht angohn.
[Avja] Der jungen frawen z wissen thet,
20 Wie sie Titus und nit Gisippus bschlaffen het,
Welches der gütten frawen weh tbat,
Das sie also betrogen ward,
Solches ihren freünden klaget.
Gisippus von in ward beschicket,
25 Des gesprechs so gar vertreyben,
Das ich es hie will lassen bleiben.
Welcher das begert zü wissen,
Der mag das büchlin gar durch lesen;
Es will zu erzelen sein unnot,
:» Diewevl es vor geschriben stoht.
1 Sprach: Du solt alles trawren hinsetzen K — Dann ich wil
Dich mit freud ersetzen E 3 denken, so du bgeren bist E 4 gar]
das C 5 die sach zum E 9 zu gehen E 11 lieb sah E 12
Derhalb er zu den E 13 fiegt C jungfrawen E 14 ßtatt] beth
bald E 15 liebin C 17 das] fehlt E zü E 19 ziiwissen E
20 beschlatten E 21 Weichs CE 25 ward so vil gar getrieben E
26 es] fehlt E 28 maga buchlin durchlesen geflissen E 29 hie zü
erzelen unnot E 30 stot C; stat E
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Wegkürzer, cap. 1.
9
Andre zü erkleren unnot ist
Furnemlich von der frawen list,
Deren gar vil hie gschriben sindt;
Im bücblin irs als samen findt.
Darumb wollest mich lesen wol, ■>
Billich du darumb dancken solt.
1.
[A6b] Wie ein junger gesell eines hirten tochter be-
schlafft mit verheyssung, so sie es drey tag ver-
schweige , wölle er sie zu der kirchen füren , aber i0
hernach ein auder name.
Es ist in einem dorff ein reicher baur gesessen ; derselbig
under andern seinen kindern ein son het, der nach bäwrischer
art ein feiner gerader gesell was. Nun het der hirt im dorff
ein schöne tochter, gegen der des bawren son in liebe ent- 15
zflndt, stats gedacht, wie er doch die junckfraw zu seinem
willen bringen möcht. Aber wol gedacht, solchs nit, dann er
neme sie zu der ehe, geschehen künde, von des wegen er in
grossem unmüth stände.
Doch einest sich zu der junckfrawen, die ine nit minder 20
lieb hett, fieget, sie batte, sei-[7a|nes willen zü pflegen, und
wo sie solches drey tag verschwig, wolt er sie zü der ehe
nemen. Die güt dierne, als sie horte, das sie des bauren son
wolt zur ehe uemen, sich bald bsunnen hat und dem jungen
seins willens zu pflegen (die sich one das nicht fast bitten dorfft 25
*
1 zuerklern von CD; zerklaren K 2 frawen] weiber E 3 ge-
schahen CE 4 ere E alls CD 6 Billich es dir drumb dancken
sol E soll C 8 beschlefft E 10 zü kirchen CDE 11 andere
CE 12 ist] was E 13 unter E einen E 16 stetiga E 18
köndte CE 19 stund E 20 in E 21 fugt E seins E 23
dirn E bort E 24 zu der E besunnen E 25 pflegen E
on das nit E
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10
Martin Montanus,
lassen) zusagte, doch das er ir das versprechen hielte. Der
güt jung war diser antwort auß der niassen fro, wol gedacht,
sie es nicht lang verschweigen ward. (Wie dann der nieidlin
gewonheit ist, wann sie zu einander kommen, fragt ye eine die
ö ander: ,Wenn ist dein bül bey dir gewesen?4 — ,Ey, wenn ist
deiner bey dir geweßt?1 So bekennen sie dann einander und
mögen ir eygen schand nit verschweigen.)
Nun als der stoltz knab sein kurtzweyl die gantz nacht
bey [7b] der dierne gehabt und morgens der hirt außtreyben
lowolt, die tochter fein stillschweigen t von dem jungen , der
von mude wegen der arbeit, so er die gantze nacht gehabt,
entschlaffen, auffstund, zu der mötter gieng, bat sie, sie wolt
dem vatter helffen aufitreiben; dann des meyers son bey ir
lege unnd het ihr verbeissen, wann sie es drey tag verschwig,
iö wolt er sie zu der ehe behalten. Der jung, der schon erwacht
war, der tochter unnd mötter reden wol vernommen hette, zü
im selbst sprach: ,Das wirdt gut werden; ich hab schon ge-
wunnen unnd dise nacht vergebens güt leben gehabt.4 Er
wider thet, samb er schlieffe, und wartet, wann die tochter
20 wider kommen wolte.
Als nun die tochter ir geschefft mit der mütter [8a] auß-
gericht, sich auffs stillest wider zum beth fugte, nider leget,
nit änderst vermeint, dann der jung schlieffe noch stats. Der
jung, als der wol gehört und vernommen , das die junckfraw
& wider zü im kommen, nicht änderst thete, als ob er vom schlaff
erwachte , sich gegen der junckfrawen keret , sein armbrost
spannet und noch zu etlichen malen abschösse, darnach auff-
stunde, heim zü hauß gieng , sich offtermals bey der jung-
frawen fand und beyder willen ein genügen thete.
ao Nun begab es sich, das der baur, deß jungen vatter, von
der freiindschaft gebeten warde, dem jungen ein weih zugeben,
welchs auch alsbald geschach. Und der jung, der vor ofter-
mals bey deß hirten tochter gewesen, mit ir sein [8b] willen
♦
1 versprechlich E 2 was E 3 nit E 4 je CE 6 ge-
weat E 7 eigne E 9 dirnen E 11 gantz E 14 leg E
verschwiege E 17 wirt CDE 19 thet wider E 22 sich nider«
legt E 27 armbrust E 28 auffstund E 29 gnogen thet E
32 geschähe E
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Wegkürzer, cap. 1.
11
gepflegt, (von deß wegen er sie auch nit eelichen wolt; dann
er vermeint, sie einem jegklichen zu willen wie im worden
were und er ein bösen kauff thet) mit eines andern bauren
tocbter sich verbeyrate.
Als nun der tag der hochzeyt vorhanden wäre, unnd der ö
jung mit seiner newen braut für die kirchen trat wartende,
wann man in wolt einsegnen, tratte des hirten tochter herzu,
begeret , er solt ir das versprechen leysten , wolt ime nicht
zulassen, mit der newen braut einzusegnen. Und nach langem
balgen und hadern letstlich sovil zwischen der freündtschafft 10
zu beyder seyt gehandelt, das er defi hirten tochter für ihr
junckfrawschafft ein abtrag thun solte.
Als nun der kirchgang ver- [9a] bracht , die malzeit, der
tantz und andere gebreüch den tag außgericht waren und beide
newe eeleüt schlaffen gefärt wurden, die braut iren breütigam 15
fraget, was doch den morgen vor der kirchen für ein geschrey
und tummel gewesen were. Darauff ir der göte gesell als bald
antwortet unnd erzelt ir alle ding, was sich seinethalben und
defi hirten tochter zugetragen hette. Die braut unbedachtlich
herauß füre und lachent sprach: ,Ey, wie ist das so ein tho- 20
recht mensch, das sie es nit verschweigen hat künden ! Sihe,
meines vatters knecht der ist wol zwey jar alle nacht bey mir
geschlaffen, und ich habs keinem menschen nye gesagt, auf-
genommen dir habe ichs jetzt gesagt4.
Da solches der breüti-[9bjgam vername, gedacht er wol, 20
wie er an ein stock gefaren were unnd brot für küchen ge-
nommen hette, schwige still, im selbst gedacht recht geschehen
were, das er die fromme tochter, die im allein zu willen
worden, nicht gewolt unnd eine, die vor lange zeit eines an-
dern gesellin gewesen, erwölt hette. ao
*
7 wenn E 8 wolte ihm nit E 10 letz) ich E 15 breütigam
CDE 16 vor] für E 17 tümmel CDK 18 erzelet C aeint-
halb E 19 onbedechtlich E 20 lachend CE 21 können E 22
der] fehlt E 23 hab es E 24 yetz C 2G wäre C 27 bey
im E ihm recht E 29 gewolt D langer E 80 gesellen E
r
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12
Martin Montanus,
2.
Wie eines rebmanns frau sich gegen irem mann
kranck stellet und nicht mit im essen wolt.
Im Elsaß in einem statlin ein armer rabman gesessen was,
5 welcher ein auß der massen schon weib gehabt. Und wiewol
er sonst nichts gehabt, weder was er taglich mit [10a] saurer
arbeit überkommen, hat sich doch sein fraw allwegen dahin
geschickt, das sie iren schonen faißten balg behalten, gott
geb ir mann hab zu beissen oder brechen. Und wenn der
io mann am morgen in die reben gangen , ist sie ausgestanden,
ihr selbst das best zu essen gemacht unnd hernacher dem mann
ein habermüß oder sonst etwas grober speiß zu essen bracht,
aber sie in keinerley weg mit ime essen wollen, sonder sich
allweg außgeredt, sie seye kranck unnd mög nit essen.
15 Als sie solches lange zeit getriben , hat den guten mann
wol wollen duncken, sie nicht vom lufft lebe und ihren faißten
balg nit von fasten behielte, und betrachten wardt, wie er doch
erfaren mochte, mit was Sachen die fraw umbgieuge. Unnd
[10b] eins tags er frue auffstönde, zu seiner frawen sprach, er
20 an sein arbeyt gen wolte, sie solte ime zu essen bringen, deß
die fraw willig was. Der mann aber verschlug sich in ein
kamer, darauß er wol sehen mochte, was die fraw in der kuchen
thete.
Unnd als es umb die achtend stund was, die fraw auß
25 dem beth zohe, in die kuchen gieng, bald ein fewr auffmachte,
darauff ein pfann mit schnialtz setzet, bald lieff und zwolff
ayr darein schlüge, wie daun ir tagliche gwonheit war. Dem-
nach ein massige kanten namb, in keller lieff, ein weissen
schlayr naui, den oben zum bundten hinein stieß (dann der
*) mann den grossen fessern die zapffen abgeschlagen het) , den
2 rabmans C 3 ime C 4 stetlin C 9 oder zu E 11 sel-
ber E zessen E 12 zessen E 13 sondern E 14 alleweg E
15 solchs CDE 16 nit E 20 gehn C; gehen E 22 kftchen E
24 achte stund, die E 26 pfannen E satz und lief E
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Wegkörzer, cap. 2
13
in die kandt außtruckt, das als offt thet, bis die kaut [IIa]
gefult ward. Nun dieweil die fraw also im keller was, lieffe
der mann auß der kamnier, schlüg noch zwolff ayer zu den
andern zwölften, also das der ayer 24 wurden, und macht sich
von stundan wider in die kamer. »
In dem die fraw wider auß dem kaller kam, sich an die
ayer richtet und sie halben auß assz, demnach ein guten
trunck, doch sich wider an die ayer setzt und noch eins oder
zwey asse. Als sie aber nicht mehr essen raocht, fing sie an
mit ir selbs zureden : ,Bin ich kranck oder will ich kranck 10
werden ? Wie ist mir? Habe ichs doch vor allweg mögen
außessen !4
Solch klagen sie ein gute weil trib, des der mann eben
war name, ihn zeyt daucht, der frawen die ayr zu gesegnen.
Der frawen schurtz, so in derselben kammer la-[llb]ge, an v>
stat des corocks umbschlug, ein guten aychen flederwisch er-
haschet, hinauf} zu der frawen tratt und sprach: ,Wolan, mein
liebe fraw, ich sihe wol, das du sehr kranck bist unnd nicht
mehr so wol essen magst als vor unnd dir nun nichts nehers
dann der todt vorhanden ist. Damit aber das du nicht un- 20
gebeichtet sterbest, bin ich dir von gott hieher gesandt, dich
beicht zuhören.4 Mit dem den aychen bengel faßt, sie auß
der massen übel schlug und zurichtet, das sie mehr einem
todten dann einem lebendigen menschen gleich sähe, sie ligen
liesse und an sein arbeit gienge. Doch sich zeitlich wider zu £>
haute fugt und im selbst kochte; dann er wol gedachte, der
frawen halber denselben tag ungessen sein müste.
Nun ge-[12a]dachte die fraw für und für, wie sie doch
iren mann widerumb mochte betriegen unnd ime die grossen
schmacb, so sie newlich von im entpfangen , vergelten, sich:«)
gegen im fretintlich erzeiget.
Eins tags sich begäbe, das die fraw etlich ire nach-
bäurin bey ir hette und guter ding waren. Under andern
*
1 kanten gefüllt war E 2 afeo] fehlt E 6 keller CE 7 hal-
ber E 16 aychnen CD federwisch K 17 erwischt E 18 seer C
nit mehr als E 20 verbanden C 21 die beicht E 22 aychin
CD 23 eim E 24 eim K 26 kochet E 29 grosse E 32 irer
K — nachbeürin CD
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14
Martin Montanus,
spilen, so sie theten, die fraw zeit dauchte sich an dem mann
zurechen ; anhub und sagt : ,Wir wollen verbergens (also nennt
mans im ElsäG) machen1. Deß der mann wol zü friden was.
Nun die listig fraw den mann überredt, das er in ein melsack
ü schluffe. Der güt mann, als der sich nichts args versah, gar
wol content was; dann er vermeint, man wurd in nicht bald
finden. Die fraw aber, als sie den mann im melsack [12b]
sähe, die bendel schnell zustricket, bald lieffe, da sie einen
guten bengel fände, den mann im sack nach dein besten tractiert
w und ime die schmach, so er ir darvor gethon, widergalte.
Da sie in aber gnug geschlagen und ihr mutlein wol an
im erkölt hette, gedacht sie wol, kern der mann auß dem sack,
er sie würgen wurd. Ließ also den mann im sack ligen, lieffe
zü dem Schultheiß und klagt im alle ding vom anfang biß zu
15 ende, was sich zwischen inen begeben hette, und bat den Schult-
heiß umb gotes willen, er wolte ir behülflich sein, nach dem
mann schicken unnd ime gebieten, das er ihr solchen verdrieß
nit rechnete noch sie es entgelten Hesse.
Der Schultheiß, welcher ein geschwind listiger mann was,
20 der Sachen [13a] gnüg lachet, sein diener nach dem rebmann
schicket, die ihne noch im sack verknüpft funden, den sack
autf losten und in für den schultheissen brachten. Der mann,
als er sein frawen vor dem schultheissen sähe, auff sie klagt;
dargegen ime die fraw an t wort unnd, so best sie mocht, sich
2ö beschirmet. Als nun der Schultheiß irem streit lang auffge-
hort, befalhe [er] ihnen still zuschweigen, erstlich der frawen
gebotte, sich solches schleckens zu messigen, darnach dem
mann, das er gedechte und die frawen umb solches, so sie im
die nacht im sack gethon, weder schlagn, stossen noch rauffen
ausolte. Des ime der rebmann auch geloben müsste; also mit
einander heim zogen.
Nun gedachte der mann, der sich von der frawen be-
[13b|trogen sähe, wie er ihr doch mochte zu kommen und
sich an der argen frauwen rechen und dannoch des schult-
•
2 dann also K 4 Nu K 5 arges versähe E 1 sie] die CDE
10 gethan E 11 raütlin CK 12 ime CD 13 erwürgen CDE
14 vonn CD zum E 17 schicket C vrrdrieß B; widerdrieß C
19 listig CDE 29 schlagn CD 30 solten BCD 33 doch ir E
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WegkQrzor, cap. 2.
15
heissen gebott nicht breche. Und eins tags sich begäbe, das
ir nachbawr einer, so ein weib genommen, hochzeit hielt, darzu
sie auch als andere geladen waren. Nun als man zu nacht
geessen, fienge man an zu tantzen. Und wie man lang dantzet,
den mann zeit dauchte sich an seinem bösen weib zurechen;.-,
sie nam, mit ihr dantzet und im umbher dantzen sich fuget,
das er zü der stiegen , so in das undter hauß gieng , käme.
Dabei sein weib fasset und im umher keren er sie die stiegen
hinab warff, sie also für todt ligen Hesse, heim zu hauss
gienge, wol gedacht, im solchs nicht geschenckt wurde. 10
Und als die fraw [14a] wider zu ir selbs kam, sie zum
schul theissen gieng und im die sach, was sich die vergangen
nacht zugetragen , erzelet. [Der schultheiss] bey im selbst
lachet und gedacht, er ihr recht thon hette, doch sich gegen
der frawen ernstlich erzeiget , nach dem mann schicket unnd 15
ihm fürhielt, warumb er nit gehalten, was er im gebotten
hette. Der maun, als er dem schultheyssen seiner red wol
auffgemercket , antwortet unnd sprach: ,Herr Schultheiß, ir
gebotten mir, ich solt sie nicht schlagen, stossen oder rauffen.
Das hab ich fest gehalten , hab ir auch alles , was sie wider 20
mich gethon, vergessen und bin guter ding mit ir gewesen,
hab auch die vergangen nacht mit ihr gedantzt ; und im umbher
werflen ist sie mir auß dem arm gefallen. [Ub] Was kan ich
darfür, das sie so schwar ist! Warumb ist sie nicht daroben
bliben ? Derhalben, herr schultheiss, hof ich keiner straff wür- z>
dig sein, sonder ewere gebott unverbrochenlich gehalten habe;
unnd was ir layds begegnet, sie ihr selbst gethon hat1.
Da der schultheiss des weingartners antwort vernommen,
wol zu müth was, das sich der mann außgeredt hett (sonst er
verursacht were worden ine zu straffen) ihne ledig absolviert. :»
Des ir die fraw besondern schmertzen name, heim mit dem
mann zöge, fürhin wol mit einander lebten. Dann sie wol
sähe, das sie dem mann nichts mochte abgewinnen, so hette
*
3 Nu E 4 gessen £ lang man C 6 fieget CD; fügt E 7
ins E 10 bedacht E 14 than E 17 hetten er] der CE
sein E 20 was sie gethan, vergeben E 24 nit hieoben E 27 ge-
than E 29 das] fehlt E 3t beaundern E nam E 32 forthin
E lebeten E
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16
Martin Montanus,
sie auch wenig gunst mehr bey dem richter. Von des wegen
alles das thete, so dem mann wol gefiele. [15aJ.
3.
Wie ein junger bawren knecht zu einer schonen
:> junckfrawen zu Breysach in liebe entzündt, sie aber
sein kein gnad haben wolt, und wie es im hernach
ergieng.
Inn einem dorff nicht weyt von Preysach ist ein baur ge-
sessen, welcher ein son gehabt, der auff ein zeyt, als er zu
10 Preysach gewesen, ein schone diernen ersehen. Alsbald sie
lieb gewan, und ine gedaucht, er doch sein lebtag kein schöner
weibfibildt gesehen habe; sich haim zü hauß fuget, solches
seinem vatter und mütter anzeygt mit bitte , sie solten ihme
umb sie vcrholffen sein , änderst er wolte alles unrecht thon,
iö das gott ye verbotten hat. Seine eitern , als sie solches ver-
nommen , ihn umb solche sein thorhait strafften , vermeinten
[15b] ine dardurch abzuweisen. Der jung alsbald wider ant-
wort unnd sagt, man horte in wol ; wolte man umb sie werben,
wol gut; wo nit, wolte er sehen, wie er sie überkäme. Die
20 eitern , als sie solch sein bestendigkeit erkanten und , das er
nit abzuweisen wäre , wol sahen , in trösteten und sprachen,
er wol zu mnt were; sie wolten sehen, wie sie im die jung-
fraw zu wegen brechten.
Unnd von stundan der bawr sampt seiner frauwen unnd
25 auch der gantzen freüntschaft in die stat giengen , nach der
junckfranwen liauü fragten, darein tratten. Und nach dem sie
der junckfrawen eitern gefragt , was ir zu hauß kommen be-
deut, fieng einer undter inen an und warbe dem jungen umb
1 gunstes E 7 gieng K 8 eini E Breyaach E 10 dienerin
BCÜ; dirne E 11 in E 12 habej hett E aolchs E 13 an-
gezeigt E 14 beholffen E änderet] oder E thfin E 15 solchs
E 17 in E 18 horte C wolt E 19 wolt E überkem E
20 solche seine E 22 er solte wol züuiut sein E zumut CD 23
zuwegen CD 27 bedeute E
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■
Wegkürxer, cap. 3. 17
die tochter. Die eitern, als sie sahen ei-[16a]nen solchen umb
ir tochter, die von irer schöne und tugent wegen wol eines
graven würdig, werben, solches spotlich sein dauchte. Doch
dem jungen nicht aufitruckenlich nein sprechen wolten, son-
der sagten, ihre tochter were zu jung, ir ein mann zu geben, 5
betten ine derhalben, das er ine ihr abschlagen nicht inn Gbel
wolte auffnemen, unnd bedanckten sich gegen ime, das er sie
umb ir tochter vor andern hette angesprochen.
Wie solches der jung sähe, auff das selbig mal nicht
weytter dorfft ansuchen, mit betrübtem hertzen zü hauß gienge io
und gedencken ward, ob er die junckfrawen mit gewalt mocht
hinfuren. Doch solches ihm sein eigen conscientz widerriet;
dann er wol gedacht, nit ehrlich sein wur-[16b]de einem sein
tochter wider ihren willen hin zu fuhren, so möchte er auch
dardnrch gefangen und umb sein leben bracht werden. Solchen 15
seinen fürsatz doch nichts destominder seinen freünden an-
zeigt, sie von neuwem bat, ime umb die jungfrawen zuhelffen,
änderst er mäste sterben. Sich auch gleich zü bethe leget,
nicht änderst thete, als ob er gleich hinfaren und den geist
auftgeben wolte. Wie solches seine freünde sahen, ihne aber- 20
mals, so best sie mochten, trösteten mit verheyssungen, sie
wolten von newem im umb die jungfrawen werben, er solt
allein auffston unnd mit inen in die stat ziehen.
Des der juug wol zu raüt was, hoffet (doch als vergebens),
im solte die junckfraw zu einem weib werden, auff-[17a]stünd 25
und wider mit seinen freünden zü der jungkfrawen gienge,
und von newem umb sie warben. Der tochter eitern, als sie
sahen, das kein abweisen an dem jungen helffen wolte, der
jungkfrawen solches zu wissen theten unnd fragten, ob sie
ein lust zü dem jungen hette. Die jungkfraw in grossen sor- :»
gen stunde, stats forcht, man wurde sie dem knebel zü einem
weib geben, den eitern entböte, sie gantz kein lust nicht zü
*
3 Doch] noch £ 4 nit E 5 ihr t. CD 6 bitten in E in E
nit E 7 wolt E im E 9 solchs E d Ossel b ige E 12 con-
cientz C 13 nicht E wflrd E 16 desteminder E 17 im E
jungkfraw E 18 änderet] oder E 19 andere E 20 wolt E
freund E in E 22 wölten E im] fehlt BCD 23 auff-
»tehen E 24 alles E 25 solt E eim E 31 wfird E
Muntanui 2
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18 Martin Montanus,
im bette, bäte auch, sie ehe unverheyrat zulassen weder einem
solchen groben holtzlin zövermehlen. Die eitern dem jungen
der tochter antwort wider zu wissen theten unnd ine baten,
ihrer tochter halb mussig stehn und anderstwo sich zuver-
ö sehen ; dann ir tochter kein mann nemmen wolt.
Da soI-[l7b]ches der gut jung sähe, schnell von der jungk-
frawen haufi den nechsten auff die Reinbrugken gieng, den
latz auffthet und den gotsdieb und boßwicht ihm selbs herab-
schnidt unnd in Rein warffe. Dardurch ward die junckfraw
10 sein ledig, und er begert furthin keins wejbs mehr.
4.
Von einem alten bnler.
Nicht lang vergangen ist ein alter kerle der all sein tag
ein seltzamer abentewrer gewesen und sich mehr in würts-
iö heüsern, auff dem spilplatz und bey den schönen metzlin we-
der in der kirchen hat finden lassen , (und het ein gütter
schütz sein müssen , der in daheim ob der arbeyt het treffen
wollen) der auff ein zeyt zü einer gutten dieren kommen
ist [18a] und mit ir sein willen zupflegen vermeint. Nun
20 weiß ich nicht, was dem guten alten kempffer denselben tag
begegnet oder ob er zu vil getruncken , ie er hat nit wolen
auffwachen. Dessen er über in zürnet, hat den pupenhan auff
den köpft" geschlagen und gesagt : ,Nun bin ich manig mal
ein gantze halbe nacht vonn deinet wegen gestanden und dir
2'> zu lieb gewachet , und du magst nicht nur ein halbe stund
von meinet wegen wachen !' Abstund unnd mit schänden
wider heimzohe.
*
1 bat E 2 solchen] so E 3 in E 4 anderßwo E 5 ne-
men CD 9 warft' E 10 forthin E 15 metzlen dann E. 18 dir-
neu E 20 nit CE 23 manchmal E 27 heym zöge E
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Wegkürzer, cap. 5.
19
5.
Von einem kSnig, schneyder, rysen, einhorn und wil-
den schwein.
Id einem statlein Romandia ein Schneider gesessen, wel-
cher auff [18b] ein zeit, als er gearbeit, einen apffel bei im
ligen gehabt, darauff vil fliegen (wie dann sommers Zeiten ge-
wonlich) gesessen. Das dem Schneider zorn thon hat, ein fleck
foii töch genommen, auff den apffel geschlagen und der fleü-
gen siben erschlagen. Als solchs der einfeltig Schneider ge-
sellen, bey im selbs gedacht, sein sach solte gut werden. Bald
ihme ein sehr schonen hämisch machen und darauff mit gul-
din büchstaben schreiben ließ : ,Syben auff ein streich zft todt
geschlagen', und auff der gassen mit seim hämisch umbge-
zogen. Wer in besähe, der meinete, er hette siben menschen
auff ein streich zu tod geschlagen ; ward darnach von yeder- l
man Obel gefürchtet.
Nun was inn derselben gegendt ein könig, wel-[19a]ches
lob weit und überal erschalle. Zü dem sich der faul Schnei-
der fugte, in hof trat und sich da selbst in das graß nider-
leget unnd schlieff. Die hofdiener, so auß unnd eingiengen, 2
den Schneider in dem reichen hämisch sahen und die über-
schrifft lasen, sich sehr verwundern Warden, was diser streyt-
bare mann jetz zur zeit des fridens in des konigs hof thün
wolt; sie gedauchte on zweiffei ein grosser herr sein. Die
Herren rath, so in gleichfals gesehen hetten , königlicher ma- 2
yestet solches zu wissen theten mit anzeigung, das, wo sich
zwispalt begeb, er ein sehr nützlicher mann were.
Dem konig die reden wol gefielen , bald nach dem ge-
harnischten Schneider schicket, ine, ob er dienst begeret, fraget.
4 stadtlin Romandia genant ist E 7 gewÄnlich K than E
8 fliegen E 10 selbst C aolt E 11 im E guldin E 13 ge-
»chlahen C 14 meynt er hett E 15 war E dardurch CE 16
Seforcht E 17 Nu E gegne E welchs K 18 erschall E 19
föget E träte E 22 waren E streittbar E 23 jetzt E 24 ge-
faucht E 25 gleiches falls E 27 begebe E 20 in E 29 fragte C
2 *
20
Martin Montanus,
Dem der schnei-[I9b]der bald antwortet, er darumb all-
her kommen wer und bäthe königliche mayestet , wo sie in
zubrauchen hetten , aller gnedigist dienst mit zutheilen. Der
konig ime bald dienst zusaget und im ein besonder losament
5 verordnete.
Nun es stund nicht lange zeit, die reütter wurden dem
guten Schneider gramm, hetten gewölt, das er beim teOfel wer.
Denn sie geforcht, wa sie mit im solten uneins werden, möch-
ten sie ihme kein widerstandt thun , wann er allwegen siben
10 auff einen streich zu todt schlagen wurde. Stets gedachten,
wie sie doch von dem kriegßmann kommen möchten ; doch
letstlich zu rath wurden unnd mit einander Ober ein kamen,
all mit einander ftlr den könig zutretten und umb Urlaub zu-
bitten, welchs auch gesch a- [20a] he.
15 Der könig, als er sähe alle seine diener umb eins manus
willen urlaub neinen, kein trawriger mann ernyeward; hette
gewölt den kriegßmann nie gesehen, dorfft im doch nicht Ur-
laub geben ; dann er forchte, er sampt allem seinem volck zu
tod geschlagen wurde und hernach sein reich von dem krie-
2oger besessen wurde. Rath suchet, wie im doch zuthün were,
und nach langem hin und her gedencken letstlich ein sinn er-
fände, vermeinte dardurch des kriegßmanns (den niemand für
ein Schneider schetzet) abzukommen. Nach im schicket, ime
fürhielt, wie er wol vernommen, das er ein gewaltiger starcker
o- krieffßmann were; nun hett er zwen rvsen im wald, die ime
auß dermassen groß schaden theten mit rauben, mör-[20b]den,
brennen einem und dem andern, und man künde inen weder
mit waffen noch andern nit zukommen , dann sie erschliegens
als; und so er sich underston wolt die rysen umb zubringen
30 und brechts umb, so wolt er im sein tochter zu einem weib
unnd sein halb königreich zA einer ehestewr geben, wolt im
auch hundert reüter zu hilft' wider die risen geben.
1 Dem] fehlt E antwort E 2 were E bette C; bäte E
8 hett E gnedigst E 4 im E zusagt E 5 verordnet E 6
stunde nit lang E 8 dann sie förchten, wo E 9 im E wenn E
10 wurd E 12 letzlich E 17 nit E 18 forcht E 19 würde E
wörd E 23 im E 25 zween E im E 27 köndte E 28 und
andern nicht E erschlugen» E 29 unterstehen wolte E
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Wegkürzer, cap. 5.
21
Der Schneider was wol zu müt, das er solt eins königs
tochterman werden, sprach, er wolt gern die risen u mbbringen
und wol on hilff der reüter zu todten wüßte. Sich den nech-
sten zu wald verfuget, die reütter vor dem wald warten hiesse,
hinnein trat, von weitem lögt, ob er die risen iendert gesehen ö
mochte. Doch nach langem suchen sie undter eim [21a] bäum
schlaffend fand, und schnarchleten , das die nest an den bäu-
men sich bogen. Der Schneider sich nicht lang besänne, was
im zuthün wäre, schnei sein bösen vol stein läse, auff den
bäum, darunder sie lagen , stige , anfieng den einen mit dem 10
stein auff sein brüst züwerffen. Darvon er als bald erwacht,
aber den andern zürnen warde unnd sagt, warumb er ine
schlieg. Der ander aber entschuldiget sich, so best er mocht ;
in dem wider schlaffen wolten. Der schneyder wider ein stein
fasset und den andern warff. Darvon er über sein raitgesellen u
zürnen ward und sagt, warumb er in werffe. Als sie aber
von solchem zancken Hessen und inen die äugen zugangen
waren , der Schneider gar befftig auf den ersten warf. Deß
der riß nicht [21b] mehr vertragen mocht, sein gesellen heff-
tige schlüge (dann er vermeint, er were von ime geschlagen). 20
Welches der ander auch nit leiden wolt; auffstunden, bäum
auoreissen und einander selb zu tod schlagen , doch zu allem
glück den bäum, darauff der Schneider saß, stöhn Hessen.
Als solchs der Schneider sähe, baß zu müt ward, dann er
nye gewesen war, frölichen ab dem bäum stige, jegklichen mit 25
seinem scbwert ein wunden oder etlich schlug und wider auß
dem wald zu den reütern gieng. Die reüter in fragen War-
den, ob er die risen nirgendts gesehen hette. ,Ja,' sagt der
Schneider, ,ich hab sie zu tod geschlagen und under dem bäum
ligen lassen/ Sie woltens aber nicht glauben , das er also 30
unverletzt solt von den risen [22a] kommen, sonder rytten in
*
3 wiüte K 4 zuwald CD; z.lm wald E 5 lügt] »ahe E irgent
»eben K G blaum B 7 nest] aßt E 8 besane CE 11 davon E
12 ward E 13 schlag E aber] fehlt E so auffs best E 16
sagt] sprach E werft" E 19 hefftig E 20 im E 21 molt B
22 außrissen E selbs E schlugen E 23 stehen E 24 solches E
warde E 26 etliche E 27 reyteren E 30 nit E 31 un-
verletzt solte E sondern E
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22
Martin Montanua,
wald, difi wunder zubesichtigen, und fandens also, wie in der
Schneider gesaget het.
Darob sie sich sehr verwunderten, grossen schrecken em-
pfiengen unnd noch übler zumüt waren dann vor; dann sie
5 mehr forchten, er wurd sie, wo er in feind wer, all umb-
bringen. Ritten also heim unnd sagten dem konig die that
an. Der Schneider begert die tochter mit sampt dem halben
Königreich. Der k6nig, als er sähe die risen erwürgt, von
des wegen er sein tochter dem unbecannten krieger solt zur
10 eh geben , ward in seines verheissens sehr übel gerewen , ge-
dacht, wie er doch sein mit fügen mocht abkommen, dann er
im die tochter zugeben keines wegs gesinnet. Dem Schneider
noch einmal saget, [22b] wie er ein einhorn im walde hette,
der ihme so sehr grossen schaden an fiech und leüt thete ; wann
i;>er dasselbig fieng, wolt er im die tochter geben.
Der Schneider war sein wol zu friden, nam ein strickelein,
gieng zum wald , befalhe seinen zugeordneten heraussen zu-
warten, er wolt allein hinein. Spatzieret also im walde umb-
her, in dem ersieht er das einhorn gegen ime daher springen
20 der meinung in umbzubringen. Der Schneider aber war nit
unbehendt, wartet, biß das einhorn gar nahe zü im kam ; und
als es nahe bey im was, stelt er sich hinder den bäum, da-
bey er zü aller nächst war. Das einhorn aber, so sich inn
vollem lauff nicht wenden kundt, mit dem horn in bäum lieft*
2ö und also darinn unverwendt stecken [23a] blyb.
Als solches der schneyder sähe, herzü gienge, dem ein-
horn den strick, so er mit ime genommen het, umb den halft
thet und an den bäum bände , hinnauß zü seinen gesellen
gienge, inen sein sig des einhorns anzeiget. Solchs hernach
30 dem konig züwissen thete, welcher auß der massen trawrig
war, nicht wüst, wie ihm zuthftn were; dann der Schneider
der tochter begert. Doch begert der konig noch ein mal an
den kriegßman, er solt ihm das wild schwein , so im wald
lieffe, fahen ; hernach wolt er ime die tochter on allen verzug
*
1 fundena E 5 würde E were E 9 unbekanten CDE 12
wegea E 13 sagt E hette B 14 ihm E fisch BCD, viehe E
lOfridnB atricklin, gienge E 19 ers>ihct E im E 20 achneiter C
26 gieng E 28 band E 29 ihn E 31 nit wust E 34 im E
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Wegkürzer, cap 5.
23
geben , wolt ibme auch sein jeger zuordnen , die ihme helffen
solten das wild schwein fahen.
Der schneyder zoch mit seinen gesellen zum wald. Wie
sie darzu kamen , befalch [23b] er inen herausser zubleyben.
Des sie gar wol zufriden waren ; dann das schwein sie der- 5
massen offt empfangen, das sie ihme nit mehr begerten nach
zustellen; danckten im fleissig. Der schneyder trat hinein.
Unnd als in das schwein ersähe, lieffe es den nechsten auff
in mit schumendem mund und wetzenden zanen unnd wolt
ihne zü der erden werffen. Zu allem glück aber stunde eiu 10
Capellen inn dem wald, darinn man vor zeyten ablaü geholt;
darbey eben der schneyder war. Und als der schneyder solches
ersähe, den nechsten inn das cappellin lieffe, oben zum fenster
wider hinnauß sprang. Dem die saw alßbald nachfolget unnd
im cappellin stunde. Der schneyder aber lieff den nechsten v,
zu der [24a] thUren, schlug die zu unnd verspert das gewild
im kirchlin. Den nechsten hingieng und seinen gesellen solchs
anzeigt.
Die mit einander hinein ritten, solches befunden, mit
grossem verwundern heym ritten und dem konig anzeygten. ao
Ob der konig solcher mähr fro oder trawrig gewesen, mag
ein jegklichs gering verstendig leichtlich abnemen; dann er
sein tochter dem schneyder hat geben müssen. Zweyffelt mir
aber gar nit, het er gewüst, das er ein schneyder were, er
het ihm eh ein strick geben weder sein tochter. Nun der 23
konig müst sein tochter also eim unbekannten geben nicht mit
kleiner bekümniernuß. Darnach aber der güt Schneider wenig
fragt; er allein gedacht, wie er des königs tochter- [24b] man
werden möge. Also wardt die hochzeyt mit kleinen frewden
volbracht, unnd auts einem schneyder ein konig worden. uo
Nun als er etlich nacht bey seiner braut geschlaffen, hat
er im schlaff geredt unnd gesagt: , Knecht , mach mir das
wamraes, flick mir die hosen, oder ich will dir das elmeß über
*
1 wolt ihm K seine E 3 seinem BD; allen seinen E 4 be-
fähle E herau8sen CK 7 drat CD 9 schumenden C; schäu-
mendem E wetzeten C 10 in E 11 im wald E 22 versten-
dig» E 24 gewust B; gewißt E 25 seine E Nü E 26 nit E
29 möcht E 31 Nu E 32 mache E 3:} üicke E elenmeß E
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24
Martin Montanus,
die ohren schlagen !' Weichs die güt jungk fraw eben war
genommen hat, solchs irem herr vatter, dem konig, anzeyget,
ihne darbey auch gebetten , er solt sie deß manns abhelffen ;
dann sie wol mercke, das er ein schneyder were. Solche red
5 dem könig sein hertz durchschnitten, das er sein einige toch-
ter einem Schneider geben hette. Sie auffs best tröstet unnd
sagt, sie solt die zükünfftig nacht die katnmer Öffnen, so [25a]
wolt er etlich diener für die kamtner stellen ; und wann er
mehr also sagt, m ästen sie hinein gehn und den manu umb-
io bringen. Solchs der fraweu gefallen was.
Nun het der könig am hoff ein Waffenträger , der dem
Schneider hold was und des königs red zü der frawen gehört
hette, sich schnell zum jungen konig fuget und im das schwer
urtheyl, so über in gangen, eröffnet mit bitten, er wolt sich,
15 so best er möcht , verwaren. Der schneyder sagt im seins
warnens grossen danck, er wüste diser sachen wol zuthon.
Wie nun die nacht kommen was, der schneyder sich mit
der jungen königin zu beth leget, nicht anders thete, als ob
er schließ*. Die fraw aber stund heimlich auf, die kamer öffnet
und sich wider zü beth [25b] leget. Der Schneider, der sol-
ches alles gehöret, fieng an zü reden gleich als im schlaf mit
heller stimm , das die vor der kammer wol hören möchten :
, Knecht, mach mir die hosen, bletz mir das wammes, oder ich
will dir das elmefi über die ohren schlagen ! Ich hab siben
25 auf ein streich zu tod geschlagen, ich hab zwen rysen zü todt
geschlagen, ich hab ein cinhorn sampt einer wilden saw ge-
fangen ; solt ich dann die vor der kammer förchten !l
Die vor der kammer, als sie solche wort vernommen,
nicht änderst flohen, weder als jagt sie tausent teüffel; unnd
w keiner wolt sein , der sich an dem schneyder richten wolt.
Also blyb der schneyder sein lebtag ein könig. [26a]
*
1 jungkraw B 2 herra E 3 auchj fehlt E sie] ihr E 4
merckt E rede E 6 tröst E 8 wölte E wenn E 13 schwere
E 16 wißte E 18 jungen] fehlt E nit E 19 öffnet die kam-
mer und legt E 22 mochten CE 24 einmeß E 29 weder]
dann E
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Wegkürzer, cap. 6.
25
6.
Von einem Schwaben, der das leberleia gefressen.
Als unser lieber herr got noch auff erdrich gewandelt ist
von einer stat za der andern , das evangelium gepredigt und
vil zeichen gethan, ist auff ein zeit ein guter einfeltiger Schwab
zu ira kommen und hat in gefragt: ,Mein leiden gesell, wa
wilt du hin?1 Hat unser herr gott ime geantwort: ,Ich zeühe
umb und mache die leüt sälig.4 Sagt der Schwab: ,Mein lie-
ber gesell, wilt mich mit dir lassen ?4 — ,Ja4, sagt unser herr-
got, ,gern, wann du fromb sein wilt und weidlich beten1. — 10
,Ja4, sagt der Schwab.
Nun als nie mit einander giengen , kamen sie zwischen
zwey dftrffer, darinn man leuttet. Der Schwab gern sch wetzet,
un-[26b]sern herrgot fraget: ,Mein leiden gsel, was lefitiet
man da?4 Unser herrgot, dem alle ding wissen t waren, sagt: i"»
,In dem einen dorff leüt man zü der hochzeyt, inn dem an-
dern zü dem todten.4 — ,Gang du zum todten4, sprach der
Schwab, ,so will ich zur hochzeyt gohn.4
Unser herrgott gieng in das dorff und macht den todten
wider lebendig ; da schanckt man im 100 guldiu. Der Schwab 2»
thet sich auf der hochzeyt umb mit einschencken einem und
dem andern; unnd da die hochzeyt ein end het, schanckt man
im ein kreützer. Des der Schwab wol zu friden war, sich
auff den weg macht und wider zu unserm herrgot kam. Als
bald der Schwab unser herrgott von weitem sähe, hnb er sein 2>
kreützerlin in die hohe auff und [27a] schry: ,Lüg, mein lei-
den gesell! Ich hab gelt. Was hast du?4 Trib also vil
prangens mit seinem kreützerlin. Unser herrgot lachet sein
und sprach: ,Ach ich hab wol mehr als du.4 Den sack auf-
thet und den Schwaben die hundert guldin sehen ließ. Der tw
Schwab aber war nit unbehend, warf sein armes kreützerlin
under die 100 guldin und sagt : ,Gemein, gemein! Wir wollen
*
2 liberlin E 7 ziehe E 13 der gern E 14 fraget unsern E
gesell E 16 im andern E 18 gehn E 20 gülden E 22 hatt,
schencket E 25 unsern E 26 schrey: Sihe E 31 arms C
26
Martin Monianus,
gemein mit einander haben/ Des unser herrgot gut sein ließ.
Nun als sie mit einander giengen, begab es sich, das sie
zu einer herd schaff kamen. Sagt unser herrgot zum Schwa-
ben : ,Gehe , Schwab , zu dem hirten , heisse uns ein lemlein
5 geben und koch uns das gehengk oder gereüsch auff das
essen!4 — ,Ja\ sagt der Schwab, gieng zum hirten, ließ ihm
ein lem-[27b]lein geben, zochs ab und bereytet das gehenck
auff das essen. Und im sieden schwam das leberlin stats em-
por. Der Schwab truckts mit dem loffel under; es wolt aber
10 nit bleiben. Das den Schwaben vcrdriessen ward, ein messer
nam, das leberlein von einander schuifc und aß es. Und als
das essen auff den tisch kam , unser herr got fragen ward,
wo das leberlin hinkommen were. Der Schwab bald antwort :
Es hat keins gehabt.1 — ,Ey4, sagt unser herrgott, ,wie wolt,
i , es gelebt haben, wann es kein leberlin gehabt hette !4 — ,Es
hat bey gott unnd allen gottes heyligen keins gehabt.' Was
wolt unser herrgott thön? Wolt er haben, das der Schwab
still schwig, müst er wol zü friden sein.
Nun es begab sich, das sie widerumb mit einan-[28a]der
20 spacierten, Iyte man abermals in zweyen dortfern. Der Schwab
fraget: ,Lieber, was leütet man da?1 — ,In dem dorff leüt
man zu eim todten, inn dem andern zur hochzeyt4, sagt unser
herrgot. ,Ja4, sagt der Schwab, ,gang du zur hochzeit, so will
ich zum todten.1 Vermeint, er wolte auch hundert guldin ver-
i» dienen. Fragt ihn weiter: ,Lieber, wie hast ihm than, da du
den todten auferweckt hast ?4 — , Ja4, sagt unser herrgot, ,ich
saget zu ihm : Steh auff im namen des vatters, son und hey-
ligen geist! Da stünd er auff.4
,lst gut, ist gilt', sagt der Schwab, ,ich weiß im wol zu-
:t<> thün.4 Zohe hin, zum dorff käme, da man ime den todten
entgegen tröge. Das der Schwab als bald sähe , mit heller
styinin schrye: ,Halta, halta! Ich will ihn lebendig [28b] raa-
chen. Und wann ich in nit lebendig mach, so heuckt mich
on urteil und recht !4 Die guten leüt waren fro , verhiessen
*
4 Gehe zum E dir ein lamblin E 7 lamblin E bereyt E
8 läberlin E 20 leutet E 24 wölte E 25 gethan E da] fehlt
BD du] fehlt C 27 aa^te E sous E 29 ist gut] fehlt E
30 kam zilm dorffe E 32 schrey E 33 nicht E
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Wegkürzer, cap. 6.
27
ihme hundert guldin und setzten den bäum, darinn der todt
lag, nider. Der Schwab thet den sarch auff, fieng an zu spre-
chen : ,Stehe auff im namen des vatters unnd des sons und
des heiligen geists !4 Der tod wolt nit auffstehn. Dem guten
Schwaben war angst, sein segen zum andern und dritten mal ö
sprach. Als er aber nit wolt auffstehn, sprach er: ,Ey so
bleib ligen in tausent teüffel namen !4 Als nun die leüt sahen,
das sie von dem gecken betrogen waren, den sarch ston Hessen
und den nechsten mit ihm dem galgen zueyleten, die layter
anwarffen und den armen Schwaben hinauff fürten. 10
Unser herr-[29a]gott zohe fein all gemach hernach ; dann
er wol wüste, wie es dem Schwaben gon wurde. Wolt sehen,
wie er sich doch stellen wurde, zum geriebt käme und sprach :
,0 guter gesell, wie hast im thon? In was gestalt sihe ich
dich da ?4 Der Schwab an fieng zu schelten unnd sagt, er hette i">
in nicht recht gelernt. ,lch hab dich recht gelernet1, sprach
unser herrgot, ,du hast ime aber nicht recht gethon. Ime sey
aber, wie im wolle , wilt du mir sagen , wa das leberlin hin
kommen ist, so will ich dich erledigen.4 — ,Ach4, sagt der
Schwab, ,es hat warlich keins gehabt. Was zeychst du mich ?4 üu
— ,Ey, du wilt sonst nicht sagen. Wolan sags ! So will ich
den todten lebendig machen und dich erledigen/ Der Schwab
fieng an zuschreyen : ,Hencket [29b] mich nur, hencket mich !
So komb ich der marter ab. Der will mich geheyen mit dem
leberlin unnd hört wol , das es keins gehabt hat. Hencket v>
mich nur flucks!4 Wie solches unser herrgott hört, das er
sich ehe wolt hencken lassen weder die warheyt bekennen,
befalch er ihne herab zulassen, und er macht selbs den todten
lebendig.
Nun sie zogen mit einander heim. Sagt unser herrgott ao
zum Schwaben: ,Korab her, wir wollen mit einander das ge-
wunnen gelt theylen. Dann wann ich dich allwegen solt am
galgen erledigen, wurd mir zu vil sein.4 Nam also die zwey
*
1 satzten E 8 mit dem narren E — stehn E 9 den E 12
geben E wolte C 13 würde E 14 hast du im than E 16 ine
C gelert E gelert E 17 nit CE gethan E 19 sagt] sprach
E 20 zeyhest E 21 wilt es E 24 mich nur E 26 fluchs C
28 befahl E 30 Sagt] sprach E 31 Komme E
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28
Martin Montan us,
hundert guldin wind theylts inn drey theyl. Als solches der
Schwab sähe, sagt er: ,Ey lieber, warumb machst du drey
theyl? Seind doch unser nur [30a] zwen !4 — ,Ja4, sagt unser
lieber herr gott, ,der ein ist mein, der ander dein , und der
5 dritt ist dessen, der das leberlin gefressen hat.' Da solchs der
Schwab hört, sagt er: ,So hab ichs bey gott und allen gottes
heyligen gefressen.4 Unnd darvor wolt er sich ehe hencken
lassen, ehe ers bekennen wolt; aber da ers gelt sähe, bekandt
ers imgenöttet.
io 7.
Ein pfaff, der am ostertag das Requiem sang.
In einem dorff ein guter einfeltiger pfaff saß, (und das
zu den Zeiten , da die pfaffen nit als gelehrt gewesen als zu
unsem zeyten) welcher an dem ostertag nicht wüßt, was er
15 doch für ein ampt singen solt. In die statt, so nahe bey sei-
nem [30b] dorff was, seinen mefiner zu dem pfarrer schicket,
ihn zufragen, was er für ein ampt den zukünftigen sontag,
den ostertag, singen solt. Den pfarrher die einfaltigkeit und
den kleinen verstandt des caplons verwundern ward, dem meß-
20 ner zü antwort gab, er solt seira pfarrher sagen , das er das
Resurrexit singe.
Der meßner zohe vom pfarrherr ; nicht weiß ich , ob er
zum wein gangen oder ob er sonst so vil zu versorgen gehabt
hat; er het ve des namens vergessen. Als er nun heim kom-
25 meu, hat in der pfaff gefragt, was der pfarrherr gesagt hab.
,lch weiss nit4, sprach der meßner, ,wie ers genent hat; aber
ich weiß wol, das es Re anfangt.4 Der pfaff schnell antwort:
,Ja warlich, es wirt das Re-[31a]quiem sein. Dann es mor-
gen eben drey tag, da unser herr gott gestorben ist.4 Sang
30 also am heiligen ostertag ein Requiem.
3 zween K sagt] sprach E 6 sagt] sprach E 14 wellicher C
19 capplans E 21 senge CE 22 nit E 27 anfacht CDE
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Wegkürzer, cap. 8.
29
8.
Von eiuera juden , der einem gaugkler ein faß auß
dem leib gerissen.
Auf}' ein zeit ein wunderbarlicher kundt gewesen, der vil
und mancherley kurtzweil und abentheür mit gauglen eim :>
unnd dem andern sein tag getriben bat Unnd eins mal* bat
er vil strowisch gemacht, dieselbigen vergauglet, also das man
nit änderst gemeint, dann es wäre ein grosser bauffen gänfc,
unnd bat sie feyl gebotten. Welches ein jud gesehen , ihme
fürnam, die gänß all abzukaufen und ers her-[31b]nach mit io
wucber unnd gewinn verkauffen wolte ; zu dem gaugkler tratt,
ihn fragt, wie er die gänfi all mit einander gebe. Der gaug-
ier die gänss ime umb ein summa botte, unnd nach langem
marckten sie mit einander des kauffs eins wurden.
Nun der gaugier, als er das gelt empfangen, den nächsten i:,
inn das wirtsliauss gieng, dem wirt solche sach zu wissen thet;
wol gedachte, der jud bald den betrug finden wurd. Mit dem
wirt ers anleget, wie er ime forthin tbun wolte, und bäte ine,
er wolt im behfilflich sein. Der jud, als er die gante kauft't
hette, sie inn das wasser zutrincken tribe. Als sie aber hinein 20
kamen, eytel strowisch wurden und das wasser hinab Aussen.
Da der jud bald sähe unnd er- [32a]kandte , das er von dem
gegken betrogen warde, den nechsten sich des gaugklers her-
berg zünahete. Das der gaugkler bald ersehen hett, sich auff
den banck niderleget, nicht änderst thete, als ob er vor volle sa
des weins entschlaffen wäre.
Nun als der jud inn die stuben kam, nach dem gaugkler
fraget , den er auff dem banck ligen fände , in bey dem fAß
natu unnd in wecket Der abentheürer aber thet, als ob er
gar hart schlieffe. Das den juden verdriessen ward, den gaug- »)
ler gar zornigklich risse. Nun inn solchem reyssen der gaugk-
5 gaucklen E 8 anders E gentt CE 10 allsam zlikauffen E
11 wolte E 15 Nft E 18 thon C 19 wolt E 21 flössen E
23 gegken] narren E
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30
Martin Montanus,
ler sein abentheür tribe, also das menigklich gedachte, der
jud hett im ein schenckel auss dem leyb gerissen, sich auss
dermassen übel gehüb, nit änderst thete, als ob er vor [32b]
grossem schmertzen sterben rauste. Wer was unmutiger weder
5 der arm jud, der nicht änderst meint, dann umb solche iibel-
that sterben musste! Het gewölt den gaugier mit seinen
gänsen nye gesehen, der stubenthür zu eylte unnd vermeint zu
entlauffen.
Der wirt aber, mit dem es der gaugier angelegt hette,
io den juden bey dem haar erwischet unnd sprach: ,Nicht also,
halt still ! Ich bin meinem gast gftts schuldig. Wann er also
sterbe, wie wolt sein freündtschafft gebüst werden, wann du
entlieffest! Darumb müstu hie gefengklich sein/ Derjudbatt
umb gotts willen , man solt in lauften lassen ; er wolt alles
l.i geben, was man begert. ,Ey so gib hundert guldin und lauft*
an Hechten galgen,4 sprach der wirt. [33a] Wer was froer
weder der güt jud, das er mocht mit gelt abkommen! Die
hundert guldin darzelt und sich aufs beldest, so er mocht, trol-
let. Dann er forchte, wann er begriffen wurde, im nicht wol
20 gewartet wurde.
Als der gaugier sähe den juden entlauffen, auff seine fflfä
sprang, wol zu mftth was, das er den juden also betrogen hett.
Yederman des schimpffs gnüg lachte, und dapffer zechten,
allweyl des juden gelt wäret.
* 9.
Zvven gesellen füren über Rein.
Zwen gesellen kamen zu summers zeyten zum Rein, wa-
ren gern hinüber gefaren; so war der pferch nit verbanden,
zfl dem betten sie beyde nicht sehr vil gelt. Derhalben sie
:jo mit [;J3b] einander anlegten, welcher zum ersten kratzet, der
solt den fuhrlon für sie bcyde bezahlen. Nun het aber der
*
3 anders K 12 stürbe E 16 frolicher dann der jud E 20 ge-
wartet weiden E 27 sommers E 29 nit E 31 beyde] fehlt E
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Wegkürzer, cap. 10.
ein den erbgründ, der ander war sonst reydig. Als sie nun
lang gewartet, der pferch nicht kommen wolt und die sonn
den auff sein haupt stach, davon ers kratzen nicht lenger ver-
tragen mocht, anhüb zureyssen und im kopff kratzet, er schry :
, Holla pferch, holla!* Wie solchs der ander sähe, das ers 5
gewunnen bette und vergebens hinüber faren wurd, auch das
schiflin schon gegen im kommen sähe und die haut in auch
von hitz wegen der sonnen zu beissen begund, fieng er an sich
zu jucken und sänge: ,Gott sey gelobt! Der pferch der will
uns hollen.4 Solches triben sie, biß das das schifflin zu inen 10
käme, füren also mit [34a] einander hinüber. Welcher aber
den förlon hat müssen bezalen, gib ich einem jegklichen selbs
zu bedencken.
10.
Dosch der bezalt die zech nicht. is
Ein seltzamer abentheürer noch bey menschen gedächtnuß
gewesen, von dem vil zuschreiben were, der selbig ist auff ein
zeyt in ein herberg gen Dillingen kommen unnd allda zechet.
Nun als die zech ein end gehabt, hat er die wirtin gefraget,
ob sie im beytten wolle. ,Nain ich warlich , lieber Dosch4, 20
sagt die wirtin, ,ich beyt dir nicht; du müst bezalen.4
Nun als der güt gesell kein gelt gehabt oder sonst vil-
leicht nicht zubezalen willens gewesen und dannoch die wirtin
bezalt hat sein wollen, ist er hinnauß gangen, als ob er [34b]
das wasser woll abschlagen , aber den nechsten zum haute 20
hinauß gangen. Weichs die wirtin ersehen hat, den nechsten
unter die thür gelauffen und geschryen : ,Beyt, Dosch, beyt;
bezal die zech vor !4 — ,Nein4, sprach der Dosch , ,ich beyt
dir warlich nicht. Du hast mir auch nit beyten wollen.4 Zoch
also seinen weg fort. Die wirtin aber schry ime weitter nach : w
,Beyt, Dosch, bezal die zech!4 — ,üu hörst wol4, sagt der
*
1 erbgrindt E reudig E 3 darvon K 4 kratzen E schrey
E 5 er es E ö würde E 18 Dilingen BD 21 sagt] sprach E
23 nit C 30 schrey E
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32
Martin Montanus,
Dosch , ,ich beyt dir nicht. Du hast mir auch nicht beyten
wollen.1 Zoch heim und Hess die wirtin schreyen.
Dosch lehnet schaff umb das halb.
5 Auf ein zeit kam Dosch wider zu seiner wirtin ; und die
wirtin verdingt im etliche schaff umb da9 halb zuziehen. Da
sie nun also mit einan-[35a]der gedingt hetten , sagt Dosch :
,Wolan, wirtin, die halben schuft' seind mein.1 — ,Ja, lieber
Dosch,4 sagt die wirtin. ,Wolan inn gottes namen, so will
10 ich meine schaff heim treiben. Behaltet ir die ewere auch
daheim !' Zohe also mit seinen schaffen zuhaute.
Nun gedacht die wirtin, (die auch ein seltzame abentheü-
rerin gewesen) wie sie doch Doschen auch ein mal betriegen
möcht. Unnd eins tags sich begab, das Dosch ein roß in ir
iö herberg ritt, das er verkauften wolt. Da gedacht die wirtin :
,Es ist zeyt, ihme auch ein boßlein zuthün,4 sagen thet: .Lie-
ber Dosch, gib mir dein roß zukauffen !l — ,.Ia4, sagt Dosch,
,ich gibs euch zukauffen.1 Die wirtin sagt: ,Wolan, ich will
dirs abkauften. Aber wie ich dirs abkauff, so will ich [35b]
20 dir halb heller und halb pfenning geben/ Deß Dosch wol zu
friden was und sagt, es im gut gelt wäre.
Nun der kauft' ward umb vier guldin gemacht Da gieng
die wirtin hin, suchet eytel halbe verbrochen häller und pfen-
ning auß unnd zelets Doschen dar. ,Ach liebe wirtin4, sagt
25Dosche, ,\vas soll ich mit dem gelt thun ! Ich kan warlich
nichts mit außrichten.1 — ,Ey lieber Dosch, du weist wol, wie
wir mit einander seind eins worden, nemlich das ich dir halb
haller unnd halb pfenning geben soll. Die nimb hin unnd
biß zu friden!1 — ,Ist bey gott recht4, sagt Dosch, ,ich hab
•'»euch mit den schaffen beschissen, so habt ir mich yetzt be-
7 sagt] sprach E 9 sagt] sprach E 10 so behalten E 16
boßlin CK 17 sagt] sprach E 18 sagt] sprach E 21 sagt]
sprach K 22 Nein K 23 zerbrochene E 24 sprach Dosch E
25 thon C 27 wir] mir BD 29 sagt] sprach E 80 yetzt]
fehlt E
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Wegkürzer, cap. 12, 13. 33
saicht.4 Zohe also heim mit seinen verbrochnen haller und
pfenning. [36a]
12.
Die bawren verklagten Doschen.
Dosch rytte stäts seine ross den bawren in die äcker, die a
den samen abfrassen. Darauf der bawrschafft grosser schaden
entstünde ; ine offternials darfür baten, solchs m&ssig zü stehn,
oder sie wurden gezwungen in zuverklagen. Des er sich wenig
irren Hesse, sonder sein rosse je mehr in die samen schlüge.
Weichs inen lenger nicht zugednlden war ; zogen hin und ver- w
klagten ihn vor dem landvogt.
Der landtvogt beschickt Doschen, hielt ihme solches für
mit befelch , er solt sein m&ssig ston , oder er wurd zu einer
hohen straff bezwungen. Darauff Dosch als bald antwort:
.Herr vogt , sie liegen mich an wie [36b] dieb und bößwicht.
Ich reyt sie nit in die ecker.4 — ,Gott, Dosch4, sagt der land-
vogt, ,lug, was du redest! Du wirsts beweisen werden.4 —
,Hort ir nicht, herr landtvogt? Sie liegen mich an wie dieb
und bSßwicht, das ichs in die eck er reit. Aber also thü ich
ime, ich reit sie biß zum acker. Seind es dann nit schelmen 20
in der heut, so gond sie selb darein.4 Deß der landtvogt la-
chen ward, ihme befalche heim zuziehen und fürhin die roß
daheim behalten.
13.
Ein liedlein singt Dosch der wirtin umb die zech.
Einsmals hette Dosch gern gezecht und hett kein gelt
und forcht, die wirtin wurde im nicht beyten , so wurde er
*
1 zerbrochenen hellem unnd pfenningen E 5 riete £ 6 den
bawren E 9 same B 10 nit E 13 stehen E 14 gezwungen E
16 nicht E der] fehlt BD 17 lugj sine E 18 nit E 21 gehen
E 22 befahl E forthin E 25 liedlin E 26 hete C 27 bey-
ten] borgen E
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34 Martin Montanua,
nicht sich künden aufireden wie vormals. Derhalben ein [37a]
andern sinn fand, sich zu seiner wirtin fuget nnnd anfieng zu
zechen.
Nun als die zech ein end het, yederman anfieng zubezalen,
5 letstlich es auch an Doschen kaui. Der sich als bald ent-
schuldiget, er hette kein gelt; daran die wirtin kein gnögen
wolt haben, sonder sein yrten begeret. Da fieng Dosch an
unnd sagt: ,Liebe wirtin, wann ich euch ein liedlin singe,
das euch gefeit, wolt ihr mir die zech schencken?' — ,Ja4,
10 sagt die wirtin, ,wann du eins singst, das mir gefeit, so wil
ich dir die zech schencken.4 Aber bey ihr selbs gedacht :
,Du müst lang singen, ehe du mir etwas singst, das mir
gefeit.4
Als er nun lang gesungen unnd nye nichts der wirtin ge-
k> fallen wolt, zog er seinen seckel herauß und sänge: ,Komb
her, mein liebes [37b] seckelein , und bezal der wirtin ir ze-
chelein !4 Fragt die wirtin , ob ir das liedlein gefiel. ,Ja4,
sagt die wirtin, ,das gefiel mir wol.4 — ,\Volan4, sagt Dosch,
<dieweyl es euch gefeit, so ist mein zech bezalt4. Seinen seckel
•20 in busen schöbe, heim zu haute gienge unnd umb das liedlein
gnfig gezecht hette.
Es were noch vil von disem Doschen zuschreiben , was
seltzamer abentheur er seine tag getriben ; so willfes sich aber
allher nit schicken. Dann wa es unter die edlen jungkfrew-
lein kommen solt, wurden sie ire züchtigen äuglein mit schäm
underschlagen und dem Schreiber diß buchs wenig ehr unnd
zucht uach reden. Derhalben ich es unterwegen gelassen.
Wann aber jetzt zu den Zeiten also ein schimpfflicher mann
were, wurd man [38a] es eim gleich im argen auffnemmen.
ao Dann die leüth also stoltz, tyrannisch unnd Ubernifttig worden,
das inen armer kurtzweiliger leüt abentheflr nit gefallen will,
sonder von gewaltigen Sachen her reden, wie sie konig, key-
ser, fürsten und herrn kriegen wollen ; reden inen auch nach,
*
2 fandl erdacht E 4 hatt E 5 letzlich E 6 vernagen E
7 Orten E 9 gefiel, wolt E 15 *ohe E 16 seckelin E zech-
lin E 17 liedlin CE 19 gefalt C 20 liedlin E 24 wo E
jungfräwlin E 25 äuglin E 28 würde mans einem gleich in
argem E 31 leuten E 32 redet E
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Wegkürzer, cap. 14.
35
das es ein schand ist wind laster ist. Aber so sie vor den
herrn selbs seind, ziehen sie inen das helmlin fein wol durchs
maul , künden auch den fuchfischwantz dermassen streichen
das man ire böse dück nicht an in mercken kan. Dasselbig
ist aber nichts anders dann ein Fulcanischer anboß , daran ff :>
der teüffel solche böse gifftige pfeyl schmidet ; die bösen nach-
retigen leüt aber seint solche seine pfeyl, darwider die herren
zur [38b] gegenwÖr brauchen sollen schwert, thurn, stöck,
plöck unnd Ruders, daß sie gut fug unnd recht haben; dann
der gewalt inen von gott geben ist. Hergegen aber ist mnn- io
eher herr , der sich solchs seines gewalts überhebt und den
mißbraucht , seine arme , ja auch fromme underthonen mit
schetzen , eim unnd den andern plagt , ihnen das marck auß
den beinen saugt, das gott von hiinmel herab sehen möcht.
Ob ihnen dann solches von gott geschenckt wirdt , glaub ich i »
sicher nicht. Das aber ein oberkeyt gar zu mildt sein soll,
ist auch nicht güt ; sonder sie soll das schwerdt über dem un-
gerechten dapffer und hart brauchen , ihnen gantz und gar
vertilgen ; dann ihnen solches von gott bevolhen ist. [39a]
14. 20
Warumb die huud einander für den hindern schmecken.
Vor zeiten haben die katzen und hund ein grossen streit
mit einander gehabt. Dann die hundt gemeint, die katzen Söl-
ten den hunden in allen dingen, es wer mit essen eim und dem
andern den Vorgang lassen. Welches aber die katzen nit thun 2.-»
wollen, sonder sich mit ihren scharpffen neglen zur gegenwör
gesetzet und den hunden in all weg obgelegen.
Des die hund auß dermassen übel verdrossen, auffgewest
und mit einander zu ihrem könig, so inn ferren landen ge-
sessen, gezogen und ime den handel, warumb sie zü im kom- 30
1 schand unnd E 2 sind E 3 können E 4 nit an inen E
6 nachredigen E 7 sind solche pfeil E 8 thnn BD, thürn C 10
Dargegen E 13 einem E plage B marckt BCD 16 milde E
17 über den E 18 ihn E 24 einem E 27 ob glegen 0 28
Das E 29 fernen E
3*
\
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36
Martin Montanus,
men, erkleret, mich umb privilegia wider die katzen gebetten.
Ihr k5-[39b]nig bat die weitte reiß und die grosse schar an-
gesehen nnd bedacht unnd sie gewaltig privilegiert, also das
forthin die hund inn allen Sachen solten den Vorgang haben
5 unnd die katzen erst den letsten.
Wie sie nun nahend bey heymen waren , kamen sie zu
einem grossen fliessenden wasser, darüber kein brugk gienge,
und auch kein schiff da wäre, darinn sie hetten mögen hinüber
fahren. War inen sehr angst, wüsten nicht, wie sie dem brieff
lüthon solten, das er nicht naß wurde. Doch letztlich zü rath
wurden, es solt den brieti' einer unter den schwantz nemmen,
so blibe er drucken. Der rath inen allsamen wol gefiel , ga-
ben also einem den brieff unter den schwantz, Hessen sich in
das wasser und schwanien hinüber. Ich [40a] weiß aber nicht,
15 wie es der mit dem brieff übersähe ; ye er empfiel im und
sc h warn das wasser hinnab, des ihr keiner gesehen het. Als
sie aber hinüber kamen, fanden sie den brieff nit, giengen
umbher unnd schmeckten ye einer dem andern für den hin-
dern ; aber sie fanden ine nicht.
tu Derhalben sie noch heütigs tags also einander an schme-
cken unnd noch stiits vermeinen, sie wollen den brieff finden.
Aber ich förcht, es sey vergebens.
15.
Ein junger gesell erwarb eins köüigs tochter.
2ö Vor zeiten ein gewaltiger konig gewesen, dessen namen
mir unbekant ; derselbig het mit seinem weyb ein einige toch-
ter, die auß dermas-[40b]sen ein schon mensch wäre, also das
sie von jederman die schönest in der gantzen weit geschätzt
wäre. Von deß wegeu sie auch der vatter keinem mann, wie
:W mächtig er auch war, verheiraten wolte, sonder sie stets vor
seinen äugen als ein spiegel behalten, und ime nicht wol ge-
wesen, sie seye dann bey ime.
*
4 furhin E 6 heymat E 10 th.m E würd E letzlich E
16 des] das E nette E \\) funden in E 22 fürcht C 25 nam E
28 schftnat E 29 keim E 31 im nit E
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Wegkörzer, cap. 15.
37
Nun es begab sich , das der jungen konigin ein wertzlin
am leibe wüchse. Davon sie so unmassig trawrig ward , das
sie sich zü beth leget , von tag zu tag abnanie unnd sich so
Gbel gehüb, das man ineinet, sie mfiste sterben. Der kunig,
als er solche sein tochter so betr&bt sähe , auch schier vor b
leid gestorben wäre, sie fragen ward, was ihr breste oder ob
man ir etwas widerdrieß gethon hette, sie solte ihms [41a]
sagen, oder ob sie ein mann begert, so wolt er ir ein geben •
allein sie solt auffstohn und wol zu müt sein. Die jungkfraw
wolts aber keins wegs sagen ; dann sie vermeinet, es ein böß io
ding were, wann sie es saget ; es mocht ihr villeicht spot und
schände dardurch zustehn; batte den vatter ruwig zu sein.
Wie nun der konig sähe, das kein besserung umb die
junckfrawen war , sonder von tag zu tag je lenger je mehr
abnam, ließ er ein gebott außgehn : welcher ihm sein tochter io
lachendt machet, dem wolt er sie zur ehe geben. Da ward
mancher gefunden, der der schonen jungkfrawen mit seltzamen
instrumenten zum hoff käme. Yegklicher das beste, so er
kundte, hören ließ; ein yegklicher vermeint die jungkfraw [41b]
zu überkommen, welches aber alles vergebens was. Hiß letz- 20
lieh kam ein schöner jüngling, welcher sich inn jungkfrawen
kleyder verkleydet hett, der aller weyber arbeyt als spinnen,
naen , mit seyden stücken einem und dem andern wol kundt,
dar/ü mit harpffen schlagen , geygen , pfeyffen , singen unnd
allen instrumenten gantz wol erfaren war. Der fuget sich zu £>
der jungkfrawen , schlüge die harpffen vor der konigin. Des
der konigin wol gefiel, und bat ine, bey ihr im frawenzimmer
zu sein ; dann jederman meint, er ein schone jungkfraw were.
Des der jung wol zumüth was, gedacht, sein sach solt güt
werden. »>
Nun es nicht lang anstund, der kunigin des jönglings ge-
berden so wol gefiele, das er bey [42a] ir in irer kamraer
ligen müst; und wann die konigin nicht schlaffen mocht, schlug
er ir die harpffen, etwan die lauten, biß sie entschlieff. Nun
2 Darvon CE 7 gethan E 9 auffstehn E 11 sagte E 12
bat E 16 lachen E zü der E 18 zft hof E 22 alle CE
25 all B 26 schlag CDE - das E
r
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38
Martin Montanus,
die konigin wolt nicht lachen, gott geh was er mit ir machet.
Unnd anff ein zeyt, als er neben ir lag, fieng er an zusagen
unnd sie zu fragen, was ir doch breste , das sie für und f&r
so trawrig war.
o ,Ach\ sprach die konigin, ,ich habs keinem menschen nie
wollen sageu, ja auch meinem aignen vatter nit. Aber die-
weyl ir, liebe gespilen, mich fraget, so will ich es euch sa-
gen. Uud wissend, das mir vor etlichen wochen ein wärtzliu
an der seyten gewachsen ist. Unnd ich fürcht, es werd mir
10 etwas schaden bringen, kan aber wol gedencken, das es mehr
zü einer straff von gott geschi-[42b]cket seye. Dann mich
mein vatter nye keinem mann verheüraten hat wSUen , wie
mächtig er auch gewesen, sondern mich allwegen als für ein
Spiegel vor seinen äugen behalten. Darumb ich wol weiß, das
iö mir von gott solches zugesandt ist. Unnd ob man mich schon
yetzundt gern verheürate, so will ich aber kein haben; dann
ich wol weiß, so einer solches an mir sehen wurde, wurde
ich von ime gantz veracht und unwerdt gehalten.1 Und nach
solcher red klaglich anhüb zuweinen.
20 Der jung gesell , so sich für ein junckfraw außgab , die
konigin, so best er mocht, tröstet, sie solt gAtter ding sein, bat
sie , sie wolt ine doch das wertzlin greyffen lassen. Die ko-
nigin der junckfrawen hand name unnd ihm das wertzlin [43a]
wise. Des der jung gesell heimlich lachen was, das sich die
2Tj konigin so übel an einem solchen kleinen ding gehöbe, in zeit
daucht, das er sich der junckfrawen zueignen unnd zuerkennen
geben. Sie weitters tröstet und sprach , ein unverstandner
mann sein must, der ir solches verweisen oder dest unwerder
halten wolte; dann es ihr gar nit schide; so were manchs
80 mensch, das der wertzlin vil hette , wie sie dann auch selbst
eine hette. Damit der konigin hand name, ihr die auff sein
wertzlein setzet, welches zu gütter massen lang unnd starck
ward.
Darvon die konigin begund zulachen; dann sie wol sähe
5 nie] nit C 7 gespiel E 8 wisset E 9 ftrchte E 22
soll E 24 das BD 29 gar nichts E «schiede CDE 80 selbs
eins E 32 wertzlin CD, wärtzlin E
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Wegkürzer, cap. 16.
39
unnd vernarae ihne ein mannsbild sein. Sie sehr verwundert,
das er sich so lange zeyt an irem hof und bey ir [43b] an
ihrem beth wie ein jungkfraw enthalten hette , anhüb über
laut zulach en, das ihreu vil jungkfrawen wol horten. Dessen
der jung gesell wol zumüt was, auft dem beth spränge, zum 5
konig lieffe unnd ihme solliches anzeigte. Der konig, der sein
gelabt nicht mocht hindersich gohn, dem jüngling die tochter
gab. Dessen die jungkfraw wol zu müt was , also bey ein-
ander lange zeit in grossen frewden lebten.
16. 10
Ein student wirt zü eim nachrichter.
Ein schöner wolgelerter jüngling, der von jugent auff
gestudiert und jetz die zeit vorhanden, das er mag ister artium
werden solt , seinem vatter heim schribe , er solt ihme gelt
[44a] schicken; dann er müst meister werden. Der vatter, der i:>
zimlich vil gelt an seinen son gehenckt unnd, noch kein auff-
horens da sein wolte, wol sähe, im wider zuschrib, ein hencker
wer auch ein meyster. Da nun der güt studiosus sähe , das
sein vatter im kein gelt schicket, ime darzü entbotten, er solt
ein hencker werden , ward er inn zorn bewegt , den nächsten 20
zum hencker gieng, das handwerck von ime lehrnet unnd in
kurtzer zeit auß gelernet hette.
Wie nun der vater sähe, das sein son ein hencker wor-
den, warde ine seiner hartigkeit sehr gerewen, groß gelt gäbe,
damit er sein son widerumb darvon kaufft. Doch dorfft er 23
sein lebenlang undter kein ehrlich gesellschafft nimmermehr
gon ; dann im stäts auffgehebt [44b] warde, er were doch nur
ein hencker. Also sein leben lang von yderman verschmecht
bleiben muste.
Es ist ein grosse schand unnd laster den eitern , das sie 90
ire kinder dahin ziehen, das sie studieren müssen, und her-
l Sie] sich E 3 erhalten BD 7 gehn E 11 einem E 12
jOnglig BD 13 jetzt DE 15 mieat C, müßte E vatter zimlich E
24 bertigkeit E 26 keine ehrliche E 27 gehen E 31 miessen G
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40
Martin Montanus,
nacher, so es an dem ist, das sie zü herren werden sollen,
erst die hand abziehen und sie also hilfloß ston lassen. Were
vil weger, man het es von ersten underwegen gelassen und
ime von ersten ein schauffel in die hand geben , ehe er sich
3 zum studieren gericht hett. ,Ja4, mochten die eitern fürwen-
den, ,mein son hat mir nicht gefolget.4 Ja, du müstest ihn
auch darnach gehalten haben. Es wirt mancher durch hertig-
keit seines vatters zü ungehorsam gezwungen, also das etwan
einer müß auß-[45a]tretten unnd seinem vatter weyte lassen.
io Dann was frewd einer mag haben, der also vom vatter hilff-
loß steht , gib ich einem yegklichen güthertzigen sonderlich
zubedencken , neinlich das demselben all sein frewd zu boden
ligt, dardurch dann der son gezwungen wirt heimzuziehen, un-
angesehen wie hart seine eitern sich gegen ihme halten. Wann
lö ihne aber der vatter nit will auff nemen, wirt er gezwungen,
sich etwann inn ein teüffelisch verfürisch leben zugeben , da-
mit er sich selbst inn abgrunde der hellen stürtzet ; dahin ihn
der vatter bracht hat.
Ob aber solches den eitern geschenckt wirt, kan ich nicht
20 wissen. Unnd ob schon fürgeworffen wirt: , Gott hat gebotten :
Ir kinder, seit ewern eitern gehorsam ; [45b] das hat mein son
nicht than ; dann er mir je und allwegen ungehorsam gewesen ;
darumb will ich sein nicht mehr haben,4 — ist war, gott hats
befolhen ; er hat aber auch gesprochen : ,Ir eitern , reitzend
2r> ewere kinder nit zu zorn!4 Dises gebotts vergessen meine vä-
terlin, schlagens in windt; vorab wann sie zü vil most gela-
den, kommen heim, müß also über den frommen son außgehn,
unangesehen was gott gebotten hat. Darzü dann die stieff-
mätterlein dapffer schüren künden ; da laßt man kein zu ver-
:w antwortung kommen , ir schreyen müß für gon : Der hat das
von dir gesagt ; darumb ist das dein verdienter Ion , den solt
du hiemit empfahen.4
Ist dann das billich, göttlich unnd recht, ein inn voller,
doller, trunckner weiß unver-[4Ga]schulter Sachen schlagen,
2 utehen E 7 auch] fehlt E 21 ewern] den E 22 thon C
HU Minnen E lesset E 30 fürgehen E 32 empfahen E 33
emnit R 34 und toller E
Wegkürzer, cap. 17.
41
reüffen unnd tretten? Kan ich bey mir nicht finden, sonder
dasselbige tyrannisch, türckisch , unmenschlich, ja auch teüf-
lisch schetze. Ich versihe mich, es solte ein yegklicher vatter
wol wissen, wie er seine kinder straffen soll, nemlich mit rü-
tem unnd dasselbig mit lachendem mund ; darff er nicht sor- 5
gen, das er ihnen ripp oder anders entzwey schlage.
Aber man wils vergessen. Derhalben mich für güt an-
gesehen hat , dasselbige hie ein wenig zumeiden , damit sich
ein yegklicher, was im zuthün seye, erinnere. Das hab ich
aber hieher gesetzt, das sich die vatter ein wenig gottes be- 10
felch erinnern. Wiewol -ich wol weiß , mir solchs in argem
außgelegt werden, frag ich doch wenig darnach, ver-[46b]sihe
mich auch, es werde mir solchs kein unschuldiger auffheben,
sonder etwann einer, den ich getroffen, zü verantworten under-
stehn. iö
17.
Ein Iantzknecht lehret ein edelman, wie er im thün
solle, das ine nit friere.
Auff ein zeyt ritt ein edelmann Über feld , den auß der-
massen, wie wol er wol bekleidet was, fröre; dann es hefftig 20
schnye. Dem begegnet ein armer zerrißner Iantzknecht, wel-
cher nichts umb oder an hett dann ein alts fischer netz, das
er villeicht kürtzlich von einem fischer gartet hat, unnd hat
in dannocht nit gefroren.
Als der edelman der zerrißnen Iantzknecht sähe, sich sehr 25
verwunderte, das er nicht erfrure, ine fragen ward, ob es ine
nit frure , dieweil er [47a] so gar nackend gieng , und frure
ihne doch auff dem roß, wiewol er wol kleydet were. ,Wie?'
sprach der Iantzknecht, ,ist es dann kalt ?4 Thet also ein finger
zum netz hinnauß, zuckt den also bald wider zu ihm und w
sprach: ,Hautsch, hautsch, ist es so kalt!'
*
1 rauffen E 3 schetzt B 20 gekleydet E 21 achneyet E
22 umb] rnid E 23 und ihn dannoch nicht fror E 26 erfröre E
27 frure E fröre E 27 dann] fehlt E 31 Schlich, schuch E
42
Martin Montanus,
Des der junckherr wol sähe, ihne fragen ward : ,Lieber,
lehr mich, wie du ihm thust, das dich nit friere ! So will ich
dir ein kleyd schencken.1 Der lantzknecht war sein wol zu-
friden ; unnd wie er das kleyd hette , sagt er zum junckher :
5 ,Wolan, vester junckher, so ir wölt, das euch nicht friere, so
legend all ewere kleyder an ! Dann ich all meine kleyder an
habe; darumb mich nicht freuret.1 Zohe also darvon unnd hat
mit seiner kunst ein kleid überkommen. [47b |
Mich beduuckt, man solt der edelleut yetzundt nicht vil
10 finden , die einem armen so trew weren , das sie ime ein bar
batzen schenckten, will geschweigen yon newem kleyden, son-
der hencken als an iren stoltzen niadensack, got geb der armb
sterb hungers, erfriere oder gehe ihme, wie es wolle, wann
sie allein tag und nacht voll stecken. Und vergessen des grew-
15 liehen urtheil gottes gantz und gar , da er sprechen wirdt :
,Geht hiu, ir vermaledeyten, in das ewig unaußleschlich fewr,
welches euch unnd allen teüfFeln von anfang der weit bereit
ist! Ir habt mich nicht gespeyset, getrencket, ihr habt mich
nicht bekleydet; dann ich bin nackendt gewesen.' Wa wer-
20 den da meine herrlin sitzen ? Was werden sie darzü sagen ?
[48a] Da wurde man gern goldt, gelt, hab und gut den ar-
men geben, das man wider erlölat wäre, unnd solt man dar-
nach gantz unnd gar manglen. Aber es wirdt alles vergebens
sein ; ja man wirdt weniger heraufkommen, weder ein kamel
25 durch ein nadelöhr gohn mag.
Darumb, o mensch, wilt du dein seel von der ewigen ver-
damnuß erretten, so gib gern allmüsen dem dürfftigen umb
gottes willen! Gedenck, das du gott solches selbs thüst ! Daun
er ye gesprochen hat: ,Was ir den minsten in meinem na-
30 men thfit, das habt ihr mir gethon.4 Sihe, wie schön, herr-
lich und gewaltig wirstu dann scheinen, wann du mit den lie-
ben engein und außerwölten gottes in das himel-[48b]reich
und in die ewige unaufhörliche freüd eingeest, hergegen aber
*
Das E 5 junckherrn E 6 legt E 7 friert E 10 waren C
sie] fehlt E 11 schencken E 12 henckens alles E 15 ur-
theils E 19 nacken E Wo E 21 würd E 25 gehen E
26 o lieber mensch D 28 selbst E 30 gethan E 33 dar-
gegen E
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Wegkürzer, cap. 18.
43
die ungetrewen, gottlosen, verruchten , tyrannischen menschen
in abgrundt der hellen faren mössen !
Lieber christ, gedenck ihm selb nach, nimb frewd und
träbsal gegen eiuander, besieh sie eygentlich ! Zweyffelt mir
nicht, du wirst frewd für leid erwolen. Wilt du nun die ewig 5
freüd gottes besitzen, nuist du warlich auch daruinb thün, was
sich gebürt ; dann gott uuib dein boß sundtlich leben dir solche
nicht geben wirdt, sonder vil mehr umb dein gerechtigkeit.
18.
Die handtwercks gesellen füren eine zü Straßburg 10
im schütten umbher.
Zu Straßburg ein metzger ein [49a] faule schlafferige magt
gehabt, wie dann yetzt schier gemeinklich alle raägt seind.
Dieselbig auff ein nacht, als yederman schlaffen gewest , erst
(mit züchten zumeiden) die fuß hat waschen wollen. Nun hat 15
aber der metzger erst deuselbigen tag ynschlit geschmeltzt,
dasselbig hin und wider in galten und z&berlin gössen unnd
stehn lassen.
Wie nun die magt sähe, das yederman schlaffen was, in
die kuchen gienge , suchet , ob nyergents kein warm wasser 20
were, und ungeferde zü einem zuberlein kam, darein der metz-
ger ynschlit gössen, welchs noch ein wenig warm warde. Die
magdt meinet, es ein warm wasser wäre, ein styelin nam uund
sich mit den f&ssen in das ynschlit stelte. Nu der magdt thet
die würme des in-[49b]schlit so wol , das sie entschließe und 20
nicht erwachet, biß es morgen taget. Also inn der nacht das
inschlit gestünde, das sie die fuß nit gewinnen mocht, gott
geb wie sehr sie sich bemuhete.
Wie nun die knecht am morgen auffstünden , fanden sie
die magdt im inschlit sitzen, namen sie und satztens auff ein ao
4 Zweifflet E 7 gepürt C 12 Straßburg hat E 13 jetzund E
U gwest C ; gewesen E 16 unschlit E 17 gelten CE 20 ku-
chin C 21 züberlin CDE 22 war E 23 8tttlen E 25 werm E
anscülita E 26 morgens E
44
Martin Montanus,
schütten und fftrten sie in der statt urabher ; dann es eben in
der faß nacht war. Und als yedermann die magdt gnög ge-
fatzt hette, fürten sie die gesellen auff dem schütten in das
bad unnd liessen das inschlitt auffschmeltzen. Darnach zohe
o die gut köchin heim und wolt nicht mehr so schlefferig sein.
19.
Von eiuer andern faulen schlätferigen dirnen.
[50a] Noch ist ein solche diernen gewesen, die an einem
orth, welches namen mir abgefallen, bey einem meister ge-
io dienet , den man allwegen für ein kargen filtzen geschetzet.
Nit weiß ich, ob man ihme recht oder unrecht thüt; dann
einer leicht verschulden mag, das er den leuthen inn das maul
kompt. Derselbig schicket sein magt an einem sambstag am
morgen inn das holtz.
i;, Nun die magdt macht die bürde flucks zusammen unnd
sähe wol, das es noch fru war, das es erst drey geschlagen,
gedacht, sie wolt ein kleines schleflin thün , käme dannocht
noch wol heim. Leget also das holtz nider und leget sich
darauff und entschlieff als bald. Ich weiß nicht, wie es die
20 gut tochter übersähe oder wie sie ihm [50b] thon hat; ye sie
schlüff biß morgen wider umb drey uren , das ist 24 stund
auff einer seyten. Darnach erwacht sie, stunde auff, vermeint,
es wäre noch sambstag, gedacht bey ir selbs: ,Es ist noch
frü, unnd hab ich dannocht ein zimlichs göts schleflin thon.1
2r> Das holtz auff den kopff name und heim zü haufi zohe.
Wie sie nun zü der statt eingienge, begegneten ir die leüt
und kamen schon auß der vesper, sprachen: ,Ey, wie ist das
so ein karger filtz, das er sein magt am sontag, da yederman
feyret, inn wald schicket!1 Als solchs die magt höret, wol
30 gedacht , umb welche zeyt es im jar wäre und wie lang sie
3 geellen C 7 Vo B 12 leücht C 15 ire bürde E 20
than E 21 schließe E umb die drey E ist] sind E 24 zim-
lichs] fehlt E gethan E 30 welcher E
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Wegkürzer, cap. 20, 21.
45
geschlaffen hette, heim mit irem boltz zuhaute gierige und von
yederman gnög gefatzet warde. [51a]
20.
Ein köchin versaltzet alle suppeu.
Zu Strasburg bey einem herrn ein kochin gewesen, die *i
alle suppen versaltzen hat, gott geb man saget ir, was man
wolte. Und auff ein zeyt het ir herr ehrlich gast geladen, den
er gern ehr bewisen hette. Nun als die supp auff den tisch
käme, war sie versaltzen, das sie kein mensch nit essen mocht.
Als solches der herr empfand, den loffel schnei drücknet, io
der mag dt rüffet unnd sprach: ,Wie kompt es doch, das nim-
mer kein suppen gnflg saltzest? All deine suppen seind zu
wenig gesaltzen.' Die kochin, die des herrn red nit als bald
verstanden, schnell antwort und sprach: , Warlich unnd gott
herr, ich hab [51b] den grosten loffel, der im haute ist, drey i>
mal voll saltz darein thon/ Deß die göst all lachen wurden,
all gemeinklich sagten, wol geantwort wer. Die magdt aber
wol verstund, waruiub sie also lachten, gierig zur stuben hin-
auf und wolt sich denselbigen tag nicht mehr sehen lassen.
21. *>
Ein magdt sagt, sie trenck kein wein.
Ein herr het ein magt, die über tisch nimmer kein wein
trincken wolt, man machte es mit ir, wie man wolt; sonder
sie entschuldiget sich stäts, sie hette nye keinen truncken von
jugent auff, so wolt sie es nicht erst anfallen. Der herr ge- &>
dacht, es were güt, er wolt ihr den käller befelhen, so were
er ohn sorg, das ihme [52a] nit vil wein autetruncken ward ;
dann wann er knecht zu kellern gesetzt hat, haben sie ihme
*
5 Straßburg ist E 7 denen E 10 trücknet E 16 gethan E
gaurt E 24 kein E 25 wölt E 27 ward CD, würde E
46
Martin Montanua.
so vil wein außtruncken, das ihme schier nicht mehr zu dul-
den geweßt. Gab ir derhalben den Schlüssel und befahl ir,
des weins mit trewen zu warten.
Die magdt bey ihr selbs heimlich fro war, gedacht des
•'> kellers zu warten, das er bald lehr wurde ; doch sich, so fast
sie mocht, wöhret mit anzeigung, sie mochte den wein nicht
wol schmecken, wolle geschweige!! täglich mit umbzugon. ,Du
hörst wol, was ich dir befilch,4 sagt der herr. Die magdt nam
die Schlüssel zuhanden, verweset das kainer ampt.
10 Nun gieng die magdt hin unnd gewane groß hafen voll
alles des besten weins und setzt die in die kuchen. Wann sie
[52b] dann schlaffen gieng, nam sie es mit ir in die k um tu er,
suff sich als dann voll wein. Der herr fand etlich mahl die
häfen mit dem wein in der kuchin ston ; er wol gedacht,
15 solchs niemand« anders weder sein källerin thün wurde, doch
er sich gegen nyemandt nichts vernemen Hesse. Unnd eins
nachts befalhe ihr wein zuholen. Die magt zündet ein
liecht an, nam ein kandten sampt irem hafen, zohe in kaller.
Und der herr zohe ir fein all gemach nach , schlüg ein weiß
ao leynin tilch umb sich und setzt ein schlaff haub auff unnd
versteckt sich au ein orth bey der thüren, da er alle ding ge-
sehen mocht, was sie im kaller thete.
Die magdt , als sie dem herren seines tischweins genom-
men hett, zum besten faß gieng, [53a] den hafen voll Hesse,
25 darnach an mund setzet, halber außtranck und wider voll ge-
nommen; des der herr eben war name. Nun nach dem die
magt ir sechlin gemacht, sich wider der thüren zunahete. Der
herr schnell die magdt beym haar erwischet, eh sie sein innen
war, unnd ihr das Hecht auß den handen schlug und unge-
80 redt dapffer tractieret ; darnach, so schnell er mocht, wider in
die stuben zum tisch gieng.
Die kochin aller zerschlagen auch in die stuben kam,
weinet unnd klaget, ein geyst ir das Hecht und kandel auß
den handen geschlagen het, darzü sie zugerichtet, wie man sie
*
1 aaßgetruncken E 4 was E 7 umbzugehn E 9 verwase E
kellner C, keller E 10 die magd gieng E 13 softe E weins
E 14 stehen E 15 würd E 18 iren hafen E 20 leinen E
satzt E 25 satzte E
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Wegkürzer, cap. 22.
47
sehe. Der herr, als der solchs nicht lenger vertragen niocht,
anhub ir übel zft reden und sie umb solch übelthat zustraffen,
ir auch als 1 53b] bald iren verdienten Ion darzelt und lauffen
ließ. Darnach seinen knechten den käller als vor befalhe, von
denen er mehr nutz in eim jar spürt, weder er von der magdt •"->
inn zehen jaren het gehaben mögen.
22.
Wie ein jung gesell einer ein kind im schlaff macht.
Ein gute schlefferige diernen gewesen ist, die auch lieber
vergebens geschlaffen hette weder umb gelt gearbeitet. Die- 10
selbig auff ein zeyt von irer rafitter inn garten geschicket ward.
Nun die diem, als sie in garten kommen, ist sie entschlaffen »
nicht weiß ich, ob sie die vergangen nacht gewachet oder ob
sie mud vom graben worden.
Nun was aber ein junger mütwilliger gesell inn [54a] dem 10
selben flecken, dem kein boßheit zfi vil wäre, der der jungk-
frawen weiß mit dem schlaffen wol wißte. Und eins mals sich
begab, das er für den garten gieng, die jungkfraw sähe auff
dem rugken ligen und schlaffen ; wol gedacht , sie nit leicht-
lieh erwachen wurde , derhalben ihm sein heyl zuversuchen 20
wäre. Nun er besan sich nicht lang, tratt inn garten und
fieng an mit der jungkfrawen, die da schlieff, zuschertzen und
macht des schertz so vil, das die junckfraw schwanger ward.
Unnd als er sein sechlin gemacht, ir ein bim darauff legt,
darnach wider auß dem garten vonn yederman ungesehen &>
gienge.
Als aber die jungkfraw erwachet, sich geschwecht fände,
doch nicht wußte von wem, trawrig zu hauß [54b] gienge,
irer ni Atter alle sach klagen ward, die sie zu solchem hefftigk-
lich schlug. Damit ihr dannoch nicht geholffen wardt, sonder 30
den schaden ir selbs behalten mußt.
10 vergebes B, vergebea D 19 und wol E 30 dannocht C
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48
Martin Montanus,
23.
Sein weib schlecht ein korbleinmacher.
In einem dorff ein korblinmacher gesessen, welcher eins
mals , als er ein korb auß gemacht, zu seinem weib gespro-
chen: ,Wolan, weib, nun sag: Gott sey es gelobt, der korb
ist gemacht !' Das weib aber, die balßstarrig was, solchs nit
sagen wolt. Davon der korblinmacher erzürnet, sie auß der-
massen übel schlug unnd sprach: ,VVoltest du nit sagen : Gott
sey gelobt, der korb ist gemacht?1
10 Inn solchem, als der korblinmacher sein fraw schlug, der
vogt fttrging und [55a] ine fragen ward, was doch das für
ein wesen wäre. Dem deß korblinmachers fraw alle ding kla-
get. Der vogt, so ein edelman was, begunt zu lachen, heim
zü hauß zohe unnd seiner frawen alle sachen , was sich zwi-
sehen dem korblinmacher und seiner frawen begeben , erzelt.
Darüber die fraw sprechen ward : ,Nun wolt ichs auch nit sa-
gen, und wann ich darüber zerrissen wurd.4 Als solches der
edelman höret, sprach er: ,Wie? Woltst auch so balßstarrig
sein?4 Mit dem ein bengel erwischt unnd sie dapffer knilt.
Die magt, so solchs gesehen, in stall zum knecht lieff,
im sagt, wie der junckherr die fraw geschlagen bette, und ihn
fragt, ob er nicht wisse warumb. Der knecht, als er mit dem
junckherrn inn des [55b] körbelmachers hauß gewesen , der
magt alle sachen zuwissen thete. Als bald die magd solches
hört , schnell unbedacht sprach : ,Noch wolt ich auch nit
sprechen: Gott sey gelobt, der korb ist gemacht; und solt es
mir gon wie des körbelmachers frawen.4 — ,Wie?4 sagt der
knecht. ,woltest du auch so balßstarrig sein ?4 Die magdt nam
unnd dapffer mit fussen tratte, darnach wider lauffen ließ.
:w Also ward des körbelmachers fraw, die vögtin und ir magt
alle drey aufF ein tag von eins korbs wegen dapffer geschla-
gen. Wann man aber die halßstarrigen weiber allsammen
2 körblinmacher E 6 aufgemacht E die] das E 18 wei-
test E 19 pengel E 22 als der E 26 gmacht C 27 gehen E
32 Wenn E
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Wegkürzer, cap. 24, 2b. 49
schlagen solt, wurden nicht gnüg bengel da sein; man must
auch etwan stein unnd andere instrumenta brauchen. [5ba]
24.
Ein bettler schlecht sein mantel umb 50 gülden an.
Ein edelman ein mal spatzieren ritt; und der weg in für ein 5
zäun trüge, darhindter ein bettler saß unnd mit dem stab auff
sein mantel schlug und sprach: ,Wievil vermagst?4 und im
selber an des mantels statt antwortet: ,Zehn guldin.' Das
aber als offt thet, biß er auff 50 guldin kam.
Der edelman, so hinder dem zäun sich gehalten unnd alle 10
wort, so der bettler mit seinem mantel geredt, wol gehört,
herfttr ritte unnd zum betler sprach : ,Was thfist du da, mein
mandlein? Du hast einen bösen mantel.' — ,Ja, junckherr4,
sagt der bettler, ,ich inächt leyden, ich het ein bessern.1 Der
junckherr zum bettler sagt: [56b] ,Wilt du aber mit mir 15
tauschen ? Ich wil dir mein umb deinen geben/ — ,Ey junck-
herr1 , sagt der betler, ,ir spottet nur mein. Was woltet ir
mit einem solchen zerrissen bösen mantel thün?' — , Horst du
nit, waa ich sag?1 Nam also des betlers mantel und warff im
sein rock dar. 20
Wer was trawriger dann der bettler, das er seine 50 gul-
din verloren ! Hett gew61t , er still geschwigen bette. Dar-
nach aber der edelman wenig fragt, ritt also in des bettlers
mantel heim unnd ließ im das nachsehen.
25.
Ein bettler verleurt zweintzig gülden.
Drey landsknecht zohen ein mal über feld ; denen begeg-
net ein bettler, der trug ein sack vol brot. [57a] Die lantz-
1 pengel £ 2 instromenta CD 6 darhinder CE; darhinter D
7 seinen E 8 selbs E gülden E 13 mäudlin C ; m&nnlin E
18 zerrißnen E 26 zwentzig E 27 zogen eins mals E
4
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50
Martin Montanas,
kriecht waren hungerig, sprachen den bettler umb ein stuck
brot an ; er kündte wol anders überkommen. Des sich der
bettler waigert. Als aber sie sahen, daß er ihnen ein stuck
brot versaget, namen sie ihm den sack gar, theten das brot
i» ausser und warfen den sack auf den bäum, lagerten sich nider
in das graß und zechten güts müths.
In dem aber der betler in die stat gelauffen wäre unnd
dem amptman geklaget, wie in drey lantzknecht beraubt net-
ten und im zweintzig gülden genommen. Der amptman als
10 bald mit seinen knechten au ff zü roß saß , hinauß ritt unnd
die lantzknecht noch all drey bey einander sitzen fand, sie
fraget, warumb sie dem armen mann das gelt genommen net-
ten. Die lantz-[57b]knecht sich als bald verantworten und
sagten, sie von keinem gelt nicht wüßten ; sie hetten ihn umb
15 ein stuck brot angesprochen, das het er inen versagt ; so het-
ten sie im den sack gar genommen , das brot darauß geleret
und den sack auf den bäum geworffen ; sey gelt darinnen, wer
inen nit wissent; er mocht wol lögen, dann es irenthalben
noch darinn were. Der amptman den sack ab dem bäum name,
20 die zweintzig guldin darinn verneet fände, den auffschnit, den
lantzknechten ein par guldin zuverzeren schanckte, mit dem
überigen heim ritt und dem betler das nachsehen liesse.
Man findt manchen landstreiffer , der mehr par gelt hat
weder mancher wol habender burger, wel-[58a]ches er als mit
2o betlen, bescheissen und betriegen gewunnen hat. Dann wann
die schelmen nit mögen arbeiten, lauffen sie hinauß von weib
und kinden , geben sich an bettelstab. Wil dann weib und
kind nicht hungers sterben, so müssen sie nach hin lauffen,
dardurch dann der hauff gemehret wirt. Hernach geben sie
30 einer herrschafft die schuld , dieselbig hab sie also verderbt,
und liegen auff sie, das sich die balcken biegen mochten.
Da solt ein herrschafft ein einsehen haben unnd ein sol-
chen verthonen büben nemen und ihn straffen , das ihme der
halß krachet, sie zur arbeyt zwingen unnd dringen. Dann die
*
1 stuck brots E 3 wegert E 4 brots E 5 legerten CE
10 reyt E 14 nichts E 18 lugen] sehen E 22 reyt E 23 land-
streicher E 24 weder] dann E alles E 27 kindern E 29 hauf-
fen E 30 dieselbe E 33 verthanen E 34 tringen E
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Wegkürz6r, cap. 26.
51
Iandtfarer umbher faren von eim herren zum andern, von einer
statt zu der andern, dieselbigen biß auffs [58b] hinderst auß
merglen. Wann dann darnach ein frommer gesell kompt, der
sich gern mit frömbkeit ernoren wolte, umb ein zerpfenning
ansuchet, müß derselbig darnach diser Iandtfarer entgelten, ö
wirdt also mit lärer hand abgewisen.
26.
Zu Augspurg hanget ein junckfraw mit blossem leib
zum dantzhauß herauß.
Zu Augspurg ist auff ein zeyt ein tantz gewesen , darzü io
vil madlen, wie dann ihr gewonheyt, gelauffen. Nun weiß ich
nit, wie es sich zugetragen, das iren zwen mit einander uneins
worden, von lader gezuckt und zü einander guts möts geschla-
gen, von deswegen yederman von läder gezuckt und frid ge-
macht. Als solchs die mädlin gesehen, allsamen [59a] ge- io
flohen ; dann sie geforcht, sie in solchem tümmel sterben müs-
sen. Der larraan hat als lang geweret, das man laytern an
die laden geworffen, damit die mädlin, so nicht vor dem lär-
raan zü der thür mochten, hinauß stigen.
Nun es was noch ein jungkfraw darin n, die sprang auffs 20
fenster unnd wolt hinauß steigen. Weiß ich nit, wie sie es
übersähe, das sie mit den kleydern an einem nagel blib han-
gen und also bloß unnd nackendt vor dem fenster hienge. Da-
von ein sehr groß zulauffen warde, yederman wolte das seltzam
wunder sehen. Also nicht mit kleinem gelächter der zuseher
hangen blib , biß das gefecht ein end hette. Darnach gieng
einer hinnauff, zohe die gut diern wider hindersich hi-[59b]
nein und furt sie heim in ir hauß.
Ich glaub, sie het gewolt, das sie zü Rom were oder an
*
3 mergeln E 4 frümbkeit CD; frömbkeit E 6 hindan gewi-
*en E 9 tantzhauß E 11 medlein C; mägdlin E 12 ir E 13
leder CE 15 mediin CD; raägdlein E 16 tümmel] lerman E
miesaen C 18 leden C '21 ich weyü E 24 grosses E 29
bette E
4*
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52
Martin Montanun,
dem orth, da der pfeffer wechßt, weder also zu spot yederman
da hangen. Darumb huttend euch, ir lieben mädlin!
27.
Ein alter mann hett ein juuges weyb.
5 Auff ein zeyt starb einem alten mann sein weib; aber er
verheirat sich bald mit einer andern, die jung und einfeltig
was, der man doch jetz nicht so überauß vil findet. Und wie-
wol sie ime all nacht an der Seiten lag, erkandt er sie doch
nye, sonder stats ein jungkfraw biib; so begert sie solches nye
10 an ine, dann sie nichts umb solche Sachen wußte.
Nun begäbe es sich eins mals, das die gut [60a] jungk
fraw zü andern weybern käme, die nichts änderst dann von
halsen, küssen unnd solchen abenthefirlichen dingen redten.
Die jung fraw stund unnd hörte zü , wußte nichts darzü als
15 der sachen unerfaren zureden. Als nun die fraw am abent
heim käme, ward sie iren mann fragen, was doch halsen und
küssen were. Der mann ir alsbald antwort: ,Morgen wil ich
dirs zeigen/ Und als der tag kommen, der mann auffstund,
sein hämisch anleget, zü seiner frawen sprach: ,Kumb her,
20 ich will dir zeygen, was halsen ist.4 Sie nam und an die ey-
sen brüst trucket, das sie ersticken hett mögen, zu ihr saget,
das were gehalset. Darnach die eysen hendschuch nam , ihr
umb den mund und das angesicht für, [60b] zü ir sprach, das
wer küsset. Die gut jungk fraw, als sie den mann seiner red
25 glaubet , nicht mehr weder gehalset oder geküsset sein wolt ;
sie wunder nam, das die frawen den fordern tag von so grosser
freüd gesagt hetten unnd es ein sollich unmenschlich hart
ding wäre.
Nun eins nachts sich begäbe, das dem alten kempffer ein
ao frewd in ein achsel schösse ; anhüb sein newe braut am ersten
zubeschlaffen, doch bälder feyrabent machet, weder der güten
1 weder] dann E 7 so] fehlt E 9 nye] nit E 10 wüßte C
12 anders C ; fehlt E H wißte C 16 wäre E 22 ebenen E
24 were C sie] die E
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Wegkurzer, cap. 28.
53
tochter lieb was. Unnd als ir solchs wolgefiel, fraget sie ine,
wie doch das hiesse, so er yetzundt mit ihr getriben hett. ,Ey',
sagt er, ,es heißt (mit züchten zü reden) im hindern geleckt.4
Nun ein mal begab es sich, das die fraw in die kirchen
beichten gieng. Und [61a] als sie all ire sund dem pfarrherr 5
erzolet, sagt er, als der sie jung und schön sähe: ,Fraw, ich
kan euch nit ablaß sprechen, ir gangen denn in das cappelin,
so vor der kirchen stat.' Des die fraw wol zü friden was, inn
das cappellin gieng. Der priester alsbald nachfolget unnd zu
ihr sprach: ,Fraw, ich kan euch nit absolvieren, es sey dann io
sach , das ihr euch halsen und küssen lasset.1 — ,0 wehe4,
sprach die fraw , ,da sagt mir nichts von ! Aber wann ihr
mich im hindern lecken wolten, dorfft ichs thün.' Der pfaff
sprach: ,Ey, nun leck dich der teüffel!' Hinnach die fraw
uo absolviert heim zohe unnd wider ihren willen keüsch bley- 15
ben müste.
28.
Ein scherer schlegt einer jungfrawen ein ader.
[61b] Auff ein zeyt war ein güte junge tochter, die sich
selbs schön, züchtig und fromb schetzet, aber die sach gar ein 20
andere gstalt umb sie hat; in eins scherers hauß kam und ir
ein ader schlagen lassen wolt.
Der scherer, der wol umb ir frömbkeit wüste, gedacht,
zuwegen bringen wolt, das sie öffentlich vor jederman ein solche
sein bekennen mußt. Anhub und sagt: , Jungkfraw, ich hab zweyer- 25
ley eysen ; eins, damit man den jungkfrawen lasset, das ander
gehört zü den weybern. Und wann ir kein jungkfraw seind,
so sa^ent mir es ! So will ich das frawen eysen nemen. Än-
derst es wirdt euch schaden darauß zustehn, also das ihr umb
den armb kommen wurden. Darumb lugendt , was euch zu- 30
♦
4 Nu E 6 erzelt E 7 ir geht dann E 11 wee C; weh E
14 Hinnach] hinzohe C ; hinzöge E 19 war] fehlt E 28 frümb-
keit C; frömbkeit E wüßt E 24 wolt] fehlt E 25 sein] sey E
26 1&«t E 27 seyt E 28 saget CE 30 lugendt] sehet E was]
wie E
S
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54 Martin Montanus,
thÜD ist!4 Die jungkfraw [(52a] ein solche red verdriessen
ward ; sagt, ob er sie für ein hüren schätzet, er solt das jungk-
frawen eysen nemen. ,Meinthalben', sagt der scherer, ,es
gilt mir gleich ; wil euch eben als mehr mit dem kleinen eysen
5 schlagen als mit dem grossen. Ich will mich aber yetzt pro-
testiert haben, widerfert euch etwas am armb, das ich kein
schuld haben will.1 Also das eysen nam , ir solches auff die
ädern setzet, wider fragen ward, ob er schlagen solt. Die
jungkfraw den balbierer fragen ward, ob ihm also were, das
10 ihr das jungkfraw eysen schaden bringen mochte. ,Ja\ sagt
der scherer, ,ir h6rt mich wol. Meint ir, das ich mit euch
schertze?1 — -»Wolan*, sagt die gut tochter, ,so nement gleich
das frawen eysen, und hab im ein güt jar !'
Als sol-[62b]ches der scherer sampt den umbstendern
15 horten, annengen zu lachen. Des sich die güt diernen hefftig
Schemen ward, bette gewölt, geschwigen hette unnd sich mit
dem junckfrawen eysen schlagen lassen ; heim zu hauß zohe
und fürhin sich nicht mehr frölich auff der gassen dorfft sehen
lassen.
20 Es geschieht den schonen diernen etwann recht , das sie
den leüthen in die meyler kommen; dann sie im nachstellen,
sie wöllen die frömbsten sein, unnd seind doch die ärgesten
hären, die auff zweyen beynen gen mögen. Ja, solt einer ge-
hertzt sein, der inen etwas args nachredte, sie wendten einem
25 ein messer im leib umb. Da schweig yederman still, schmech
mir mein fromme jungkfrewlein nye-[63a]mands ! Ja wann
mans beim liecht besieht, so sieht man, wo der beltz verbro-
chen ist und was es für fromme töchterlin seind; aber mit
irem glaß schönen überkommen sie etwann ein armen teüfel,
so der in das geloch bezalen müfi , und die , so lange zeit eins
andern hüre gewesen, er für fromb haben müß.
Da gehört ein gütter newer sack zu, und ein sack iu den
andern gestossen und die Thonaw hinab geschickt , das were
der recht Ion. Wann man aber alle hören solt die Thonaw
*
4 mähr E 12 nemmet E 16 sich] ir E 18 fürthin C; fort-
hin E 21 meüler CDE 22 ergesten C ; ergeten E 26 meine lieben
jungfräwlin E 27 bsicht C sihet E zerbrochen D 28 töch-
terlein C 29 irm C 30 inen E
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Wegkürzer, cap. 29.
55
hinab schicken, wurden die weiber leyden theür werden. Dar-
umb den gütten tochterlein etwan zu übersehen ist, vwann sie
schon im nebel umb gond; dann man wol weißt, das es
zu nacht finster ist. Ist man warlich bald irr gangen, vorab
[63b] wann die jungen studenten eins gelaitent ; so verzückt 5
man dann einander , das man sich nicht finden kan , biß es
morgen sechssen schlecht. Da ligt man Über einander wie das
unvernünftig vich.
Ist dann das ehrlich, kan ich nicht wissen. Unnd soll
darzü uiemands nichts sagen dorffeu, sonder ihnen ,Gnad jungk- io
fraw' darzü sagen, wolt ich, das der hagel inn solch teüffelisch
wesen schlieg unnd das hellisch fewr solch junckfrawen all
verbrennt. Zweyffelt mir nit, man wurde etwan jungkfrawen
under dem gemeinen volck mehr finden dann also. [64a]
29. 15
Wie ein junger gesell, genannt Maseto, sich zu einem
stummen machet unnd inn eira kloster ein gärtner
ward, die selben nunnen mit sampt der eptissin be-
schlieff, unnd all die süssigkeit der weit versuchten.
Nicht weit von Florentz ein nunnen kloster gewesen oder 20
v illeicht noch ist, gehalten von grosser würdin unnd heiligkeyt.
Darinn nicht mehr dann acht nunnen waren mit sampt der
eptissin, alle jung unnd frisch; die hetten ein gütten allten
mann , der iren garten in dem kloster bawet. Aber der güt
mann ires kleines solds nicht zukommen mocht, mit des klo- 25
ster schaffher sein rechnung macht, der ihn bezalt, nam ur-
[Ö4b]laub und heim zohe.
Da er von yederman unnd sonderlich von Maseto freündt-
lich empfangen ward , der ein gerad mann , nach beürischer
art schon , jung unnd ein frisch kuecht was. Der in fraget, ao
*
3 umbgehen E weyß E 8 viehe E 10 in E 12 schlug E
24 iren gerten BCD; die garten E 25 ires] des E klosters E 29
beyrischer C 30 frischer E Der in] und den alten E
-
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56
Martin Montanas,
wo er so lang gewesen were. Der güt allt mann , der Nuta
genent was, im antwort und sagt, wie er bey den nunnen ge-
dient hette und so lang bey inen gewesen. Maseto ihne für-
baß fraget, womit er den nunnen gedient hette. Dem er ant-
wortet: ,Ich hab in ir gärten gearbeit und zü zeyten mit
zweyen eselin gen holtz gfaren und wasser zö irer notturfft in
kuchen tragen, auch etlich ander dienst, als inn den klöstern
gwonheit ist, gethon. Aber sie gaben mir als ein schnöden
soldt, das ich mich damit nicht betragen [65a] mocht. Über
10 das seind sie all jung und frisch unnd haben den teufFel im
bauch; dann ich ihnen nicht thün mocht, was sie begerten.
Deßhalben von inen gezogen bin. Mich bat wol der Schaffner,
kern mir yemandt zuhanden, der ihm füglich were, das ich den
zü schicket/
io Maseto deß alten red wol vernommen hette, unnd die zahn
im zu den nunnen wessern wurden ; in seinem gemuth gedacht
sich zuversuchen. ob er mocht zü den nunnen kommen, zü Nuto
sprach : ,Wie wol hast du gethan, das du wider herauß kom-
men bist! Dann ein mann mit so vil frawen zufriden stehn,
20 er solt Leber bey den teüfeln sein. Dann zü siben malen wis-
sen die sechs nit, was sie wollen.' In dem von iren reden
Hessen unnd von einander schieden. [65b]
Maseto nicht schlieff, anhüb zu bedencken, weß er sich
halten solt, damit er zü den jungen nunnen in das kloster kein.
25 Wol gedacht, er alle arbeyt kOndt, die dann Nuto gethan hette ;
so er aber nit an£Pgenoramen wurde, umb seiner jugent wil-
len das geschehe, doch sich newer list bedacht, und zü allen
sachen sinn züfinden, mit ihm selbs bedencken ward, wie das
kloster fehr von dannen were unnd nyemandt wer, der inn
ao demselben kloster oder inn derselben gegendt sein kundtschafft
hette. Darumb seim selbst rath folget und sich zü einem
*
1 Nuto E 2 im] fehlt E sagt] sprach E 3 ihne] fehlt E
fürbaß] weiter E 5 ir] iren E 6 etilen E zä der notturfft in
die E 7 kuchin C 8 gethan E schnöden] bösen E 13 je*
niands E ich ihm den E 15 welchem die zän zä E 16 gmuth C
20 es solt einer E 21 iren] denen E 26 wurde] fehlt BCD 27
das] welches E lißt C ; eines newen lists E 29 ferro E 30 der-
selbigen gegne E 31 seinem selbest E
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Wegkürwr, cap. 29.
57
stummen machet; wol gedacht, thet er das, ihme sein sinn
( wie dann geschach) für sich gieng nnnd vonn den nunnen wurd
auffgenommeu.
Solchs fOrnemen mit ihm selber be-[66a] stetiget und nie-
mand nicht sagt, wahin ; in eins armen manns form sich auff 5
den weg zft dem nunnen kloster, so erst er mocht, sich fuget,
darein gieng und zft seinem glück der nunnen schaffner in dem
hoff fände, an den er durch deütung das almüsen begert, unnd
ob er wolt, das er ihm das holtz spaltet und zerbacket. Der
schaffner gab ihm zu essen, darnach etlich groß plöck zuver- 10
spalten , die Nuto , der ander knecht, nicht mocht zerhawen ;
also Maseto, der ein jung starck mann was, mit wenig strei-
chen die plock zerspalten hett. Nun dem schaffner, dem noth
thet zft holtz ziehen, Maseto mit im fürt ; dann er mocht holtz
hawen. Darnach mit deüteu ihm schüff, die esel mit holtz zft- i:,
laden und zu hauß füren. [66b] Das Maseto, als der solches
meyster was, bald thet unnd außricht. Der schaffner hett groß
gefallen ab dem stummen , in also etlich tag bey ihm hielt,
mancherley arbeyt ihm fürgab , die er all ordenlich außricht.
Eins tags sich begab, das die eptisin des klosters in ge- 20
sehen het , den schaffner fraget , wer er were. Der sprach :
,Fraw, er ist ein armer mann, kan nicht reden, ist ein stumm
und nngehörendt, der vor etlichen tagen herein umb das all-
mösen kam. Den hab ich sevther zü holtz und andern un-
sern geschifften braucht. Könd er den garten arbeyten und 25
wolt bey uns bleyben , ich hofft vil guter dienst von im zu
haben. Dann er ist jung und starck unnd wer uns gar füg-
lich ; man mocht in brauchen zü aller not-[67a]turfft. So wer
man auch on sorg der ewern jungen frawen schirapffens und
schertzens halben ; dann er kan nit reden noch gehören.4 Die ao
eptissin sprach : ,Fürwar, du sagst wol. Frag in, ob er wolt
den garten bawen und bey uns bleiben, und thü Heiß, ob du
in bey uns m5chtest behalten! Gib im ein bar schüch unnd
*
5 nichts E wohin E 6 sich] fehlt E 10 darnach gab er
ihm E zA erapalten E 12 junger starcker E 15 deuten mit
ihm E 18 wolgefallen ob E tag E 25 könte E 26 wolte E
30 hören E 31 Fragt BD wolt E 32 bleiben, thue E 33
bhalten C
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58
Martin Montanus,
ein bar hosen unnd thn ihm gütlich, damit er dest lieber bey
uns bleyb!4 Der Schaffner sprach, mit ihm sein vermögen
thün wolt.
Maseto, der nit fehr darvon was, da der Schaffner mit der
ö eptissin sein gesprech hette, beyder red und meynung wol ver-
nommen hett ; dergleichen thet den hoff zukeren , sich endt-
lich macht, fro und wol zu möt was, ohn zweiffei gedacht
im wurd gelingen. Frölich inn seinem hertzeu [67b] sprach :
,Nempt ihr mich zu euch hinnein, ich soll euch den garten
10 also arbeyten, das er villeicht all sein tag in solcher maß nie
gearbeytet ward.'
Der Schaffner wol sähe, das er aller bäum arbeyt wol fer-
tig wardt, durch deüten, so best er mocht , in fraget, ob er
bey ihn bleyben wolt. Maseto, der umb anders nit dar kom-
15 men was, mit deüten im an t wort , er sein gefallen gern thün
wolt. Zuhand der Schaffner in fuhrt, den garten zusehen, unnd
ihn weiset, was sein arbeyt sein solt, und in andere gescheft
des ktosters außgieng, ihne allein ließ. Maseto den garten sau-
ber arbeyt, baß dann kein gartner nye gethan hett. Die jungen
20 nunnen zü zeyten zu ihm in den garten kamen, mit ihm be-
gunden zuschertzen und [68a] ir abweiß mit ihm zutreiben,
als man dann gern mit stummen thüt ; sonderlich mit schäm-
beren worten in umbtreyben , nit raeinten, das sie von ihm
vernommen weren. Und auch die eptissin meint, gleich als er
25 ohn rede were, das er auch ohn ein schwantz were ; darumb
er nicht acht, was sie mit im redten.
Nun eins tags, da er gar sehr gearbeyk und sich darnach
gelegt, zwo von den jungen nunnen iu den garten kamen nahet
dabey, da er lag und ruwet. Er die nunnen auch ersehen und
30 deßgieichen thet, als ob er schlieff. Die zwo nunnen in gar
eben beschawten, doch die ein frecher und gehertzter dann die
ander; dieselb anhub und sprach: ,\Vann ich glaubt, das du
♦
1 par E 4 fenr E Ö entlich fro macht E 12 bäum E 13
wardt] was E 16 und im E 17 andern geschafften E 19 baß]
das BD 20 zu ihm] fehlt E 21 rabweiß BCD; ir fatzwerck E
22 schamparen E 28 umbtrieben E 24 Undj deßgleicben E 25
redt C; red E were und achtete deßhalbcn nicht E 27 tags als
er sehr E 32 dieselbige E
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Wegkürzer, cap. 29.
59
verschwigen werest, so wolt ich dir etwas sagen und [68b]
dir mein meynung zu wissen thün. Ich hab zu mehr malen im
sinn gehabt, das dir villeicht nicht minder lieb wer als mir.4
Die ander ihr antwort : ,Sag frölich, biß on alle sorg ! Ich
soll es nyemandt sagen.' ö
Zü hand die erst sprach : ,Ich weiß nicht, ob du als ich
gemerckt hast, wie wir so streng und hart gehalten sein und
zu uns kein mann herein mag daun allein unser Schaffner, der
ein alt mann ist, und diser stumm. Nun hab ich offt ver-
nommen von den weltlichen frawen , die zü uns herein kom- 10
men, das alle sössigkeit der weit nit zu schetzen sey gegen
der süssen freüd, die der mann und die fraw mit einander be-
gehn. Darumb ich mir zü mehrmalen hab fürgenommen, so
ich sonst kein mann nicht gehaben mag, auch mit disem [69a]
stummen zuversuchen, ob im also sey, als ich vernommen hab ; ih
dann er mich darzu güt genüg dunckt, und ob ers yeraandt
sagen wolt, so kan ers doch nicht. Du sihest wol, er ist ein
junger auffgewachfaner lap vonn jaren und sinnen. Darumb
ich dein meynung auch gern vernemen wolt, was dich daucht.4
,0 weh4, sprach die ander, ,was sagst? Weist du nit, ao
das wir gott unsere reyne keuschheyt versprochen haben ?4 —
,0\ sprach die erst, ,wie vil man taglich verspricht und ihm
der keins helt ! Haben wir ihms versprochen, so suche er, die
ims halten.4 Die ander sprach: ,Unnd ob wir schwanger
wurden, wie wirt es uns ergohn?4 Die erst sprach: ,Du hast 20
sorg, eh sich der schad begibt und kommen ist. Wann sich
ein solches fügt, darnach [69 b] man bedencken solt, wes sich
zuhalten und zuthün sey. Ich sag dir, es sein hundert gütter
weg und sinn, damit man bedencken mag, so fehr mir dasselb
nyemandt saget.4 30
Die ander , die da grösser begirdt zuversuchen dann die
erst gewänne, was thieres doch der mann geseiu mochte, ,Nun
wolan in dem namen gottes4, sprach sie, ,wie thun wir im?'
4 antwortet E 7 sin dt E 14 keinen E auch] mich E 19
daucht] gedunckt R * 20 sagest du E 22 verspricht man teglich
und heltet man im deren keins K 23 such C 25 wurd C; wurde
E 27 ßol E 26 und thfin E 29 ferr E 30 sagen E 32 m6cht,
sprach E 33 sprach sie] fehlt E
Martin Montanu»,
Die erst sprach : ,Du siehst wol, es ist yetz non zeyt , unnd
unsere Schwestern sollen alle zft mittag schlaffen ; doch sehen
wir, ob yemandt in dem garten sey. Ist dann nyemandts hin-
nen, was haben wir anders zuthün dann Maseto bey der hand
ö zunemen und in in die htitten fuhren? Da die ein ihren wil-
len hette, die ander hütet. Er ist also einfaltig, das er sich
nach unserm willen [70a] schicken wirdt.4
Maseto, der da wachet und dergleichen thet, als ob er
schlieff, alle ire red und gesprech vernommen het, Bich schi-
locket, beyder willen zuthun; ine, biß er in die htitten gefört
was, hundert jar sein daucht.
Die frawen sich umbsahen und, das nyemandt im garten
was, wol vernamen. Zuband die, die der materi ursach was,
zu Maseto gieng, ihne auffwecket, der sich nit säumet, auff
15 sein fuß sprang. Die jung mit einem lieblichen deütten oder
wincken ihn bey der hand nam, und er mit einem stillen ein-
fältigen lachen in die htitten geführt ward. Da sich Maseto
nicht sehr bitten noch notheu ließ , der nunnen willen mit
grossen gefallen volbracht; unnd sie als ein getrewe, die irem
20 willen zu diser stund [70b] hette ein genügen gethan, der an-
dern ihren theyl widerfahren ließ. Maseto erzeygt sich gegen
inen einfeltig, doch zü einer stund beyder willen ein genügen
thet; und wol zü müt von im schieden.
Darnach gar offt zu einander sprachen, es sicher war wer,
25 inn der weit nichts süssers were und das vil mehr, dann sie
von den weltlichen verstanden hetten. Darnach ihn fügliche
zeyt namen, mit dem stummen zuschertzen. Doch nicht lang
vergieng, da sie mit dem stummen in frewden waren, sie von
einer ihrer Schwester am fenster gesehen warden. Diesel-
80 big es den andern zweyen auch saget und weiset ; unnd mit
einander eins wurden, beyde Sünderin gegen der eptissin zu
verklagen; doch sich bald änderst [71a] bedachten und sich
mit den zweyen gar wol vereinten und sich Maseto süssigkeyt
auch theylhafftig macheten. Unnd also die drey nunnen in
:i> kleiner zeyt mit den zweyen gesellschafffc machten.
*
1 sihest E 6 hette] horte BCDE 11 was] ward E 12 im]
in E 18 vernomen CE materi] warterin BCDE 16 hand E 19
iren BCDE 29 waren E
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Wegkürzer, cap. 29.
61
Unnd zü letst die eptissin, die eins solchen nit war genom-
men bette , eins tags spatzieren in den garten allein gangen
was, und das zu der zeit, da die hitz am grosten, und Maseto,
der nit von kleiner arbeit, so er die nacht gethan, als lang
er was, gestrecket undter einem bäum auff dem rugken schlaf- :>
fendt ligen fand. Und der wind hette ihme das hembdlin
foraen aber sich geworffen , das das ding , das die züchtigen
frawen die schäm nennen, unbedeckt hüben was. Das die ep-
tissin ersehen het unnd sein gar eben wäre [71b] nam , sich
allein sähe, auch in solchen lust und begirt, als ir nunnen ge- 10
than hetten, fiel, Maseto auffweckt und in mit ir in ir kam-
mer furt.
Da sie ihn etliche tag mit grossen murmlen der andern
nunnen hielte, darumb das der gartner den garten so lang od
ließ und nicht arbeyt. Aber die eptissin ihn so lang hielt, io
biß sie gar eben versucht und wider versucht das, das sie vor
allwegen gescholten. Doch nach etlichen tagen ihne wider
inn sein kammer schicket und ihn mehr brauchet dann die
andere.
Des der güt Maseto nicht mehr zukommen mocht unnd 20
augewohnet was; darumb im gedencken ward, blib er lenger
ein stumm, ihm davon schaden zustehn mocht. Und eins mals,
wie er bey der eptissin was, ihm selbs die [72a] zungen lo-
set, sein red wider an sich nam und sprach : ,Fraw, ich hab
offt vernommen , wie ein han neün hännen ein genügen seye, 25
unnd zehen mann einer frawen nit mögen ein genügen thun.
Und ich ir doch neün versehen inüfi. Solchs ich nicht mehr
vermag. Und das ich bißher gethan, hat mich zu solchem
bracht, das ich weder vil noch wenig mehr mag. Darumb ir
mich fürbaß werden gehn lassen oder andere sinn finden, da- au
mit ich leben mag.1
Da die eptissin Maseto red höret, aller erschracke und
sprach: ,0 weh, was ist das! Nun glaubt ich, du werest
ein stum.4 — ,Frawk, sprach Maseto, ,ich bin ja wol ein stumm
*
6 fände C 7 das der ding BCD das] dann B 9 war C
11 mit in ir BC 19 andern E 21 gewöhnet BCD 22 davon]
dai on B; darvon £ 28 löset £ 29 gebracht E 30 werdet £
indem £ 32 reden £ aller] darab sehr £
62
Martin Montanus,
gewesen, aber nit von natur. Sonder mir ein grosse kranck-
heit die red nam, die mir in diser ver-[72b]gangen nacht ist
wider kommen.4 Das die fraw alles glaubt und in fürbaß fra-
get, was das bedeüt, das er neünen gedient het. Maseto ir da
ö alle sachen sagt, was ir nunnen täglich mit ihm begangen
hetten. Dabey sie wol vernam , das alle nunnen gleich wie
sie gethan hetten , doch Maseto von ir nit lassen wolt , also
lang biß sie mit ihren frawen rath het> damit ir kloster und
ir güter leymat nit geschmecht wurd.
10 Und etlich tag dar vor inen ir alter Schaffner tod was.
Und sich aller sachen halb mit Maseto unnd iren frawen ver-
einigten, unnd mit Maseto groß freOd hetten und dem volck
darlegen zuverstehn gaben , wie durch ir demütig gebet zu
gott unnd dem heyligen, inn deß er das kloster geweihet was,
10 Ma-[73a]seto, der lang zeit ein stumm gewesen, sein red im
were wider kommen. Zü band in zü irem Schaffner bestaten
und sein mühe und reitten nnder sich teylten, das er sein hin-
für zu güter maß wol zukam. Und wie wol er vil junger
nünnlein machet , doch iren handel in solcher maß führten,
•20 das sie nye inn keinerley argem verdacht wurden ; also ver-
schwigen blibe, dieweyl die eptissin bey leben wäre.
Doch nit lang darnach, das die eptissin mit todt abgieng
uund starb , und Maseto nun daselbst abgeritten het , reich
widerumb heim kam, ein allter reicher vatter seiner kinder, im.
a> on alle mühe erzogen, der sein mühe und arbeyt wol angelegt
hette. Unnd mit einer agst über die L^3b] achseln, als er in
das kloster zogen was , widerumb heim zöge unnd sprach :
,Gott allen den solchen lohn geb, die ihm also dienen und die
horner auffsetzen !'
30 Es seind vil mann unnd auch frawen, die thorlich glau-
ben, wann einer jungkfrawen oder jungen frawen ein schwartz
tüch, das man ein weyl nennet, auff das haupt leget und ein
schopper an den halß hencket, das sie nicht mehr frawen seind
noch fürbaß mehr frölichs lust empfinden sollen, gleicher weiß
*
2 vergangen BD 3 Da«] des B 7 het BCD 9 leumbd E
13 durch] fehlt BCDE gbett C 14 dem] den BCDE 16 zu]
auti BCD 17 er« hinfur E 19 nünnlin E 26 axt E SO sind E
32 weyler E 33 schapper E sindt E 34 laste E
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Wegkürzer, cap. 30.
63
als ob sie auß steinen zu nunnen gemacht weren unnd nicht
frolich sein dortften. Es aolt wol also sein , es fält aber zu
zeyten leyden weyt. Dann man etwan inn den klöstern hauß
belt, das gott darein sehen [74a] möcht, welches aber ich yetzt
will bleiben lassen. ö
30.
Münch Albrecht einer jungen trau wen zuverstehn
gibt, wie der engel Gabriel umb sie bühlet, und er
sie an des engels stadt offtermals beschlafft.
In der würdigen statt Imola was ein mann von bösen 10
unzichtigen sitten, genannt Borodelle Masa ; des untugent und
unzüchtige werck an allen heüsern kund unnd wissen waren,
dem glaubt mau auch die warheit nit. Dabey er wol vernam,
seiu wesen inn Iniola nicht mehr gesein mocht, unnd als ein
verzagter gehn Venedig zoch. Da er sich seiner boßheyt ab io
thet unnd zu einem münch ward barfüsser orden, nennet sich
münch Albrecht von Imo-[74b]la und under solcher seiner
kutten anfieng, auch zuverstehn gab, wie er ein streng unnd
gütlich leben füret. Er sehr lobet die penitentz unnd gehor-
sam umb gottes willen , er aß kein fleisch unnd tranck kein 20
wein, ja wann er in nit het. Es nam yederman wunder, das
also auß einem grossen dieb, ruffianer, falschen spiler ein so
heiliger mann war worden. Über das er sich auch zu prie-
ster macht, stäts ob dem altar stunde meß zulesen ; unnd wa
er inn seiner meß vil zuseher het, er stäts weynet das leiden 2.5
gotes als der, den sein zäher nit vil kosten, wann er sie ha-
ben wolt. In kurtzer zeit mit seinem weinen unnd predigen
in solcher maß sein handel führet, das in Venedig wenig gros-
ser heyrat, testament [75a] und heimliche rhät verbracht wur-
*
2 dorfften £ fehlet E 3 leyden] gar E haußbaltet E 5
vil also röwen und bleiben] E H Berodelle CE 12 an] in E
warend C 14 gesein] gehaben K 15 Da] das E 16 ordens E
17 nod] fehlt E 21 nicht hatte E 25 zusehen BCD weytten
CD; beweynet E 26 zahern K kosteten E 28 seinen E 29
rhat] that BD
64
Martin Montanu»,
den , das er nit darzü als ein getrewer diener gotes begert
ward , ein grosser deposituri und hüter der verborgen schetz,
ein grosser rathgeber und beychtvatter der mann und frauwen.
Inn solchem leben er von dem woltf zu einem hirten ward
5 unnd für heyliger unnd besser gehalten war, dann sanct Fran-
ciscus ye ward.
In solchem seinem heyligeu leben sich begab , das ein
junge einfaltige fraw, genandt Liseta, eins reichen kauffmanns
weib, der zü den zeyten mit galleen inn Flandern gefaren war,
10 mit andern frawen zubeychteu zu dem heyligen münch Alberto
giengen. Und sie im bey seinen füssen knewet, als die ein
Venedigerin was, die all hoch trabend sein, [75b] unnd nun
wol den halben theyl irer sünd geklagt het, sie von dem beich-
tiger gefragt ward, ob sie ein bülen oder liebhaber het. Dem
15 sie mit scharpffem angesicht antwortet unnd sprach : ,Herr
mtinch, habt ir nit äugen in ewerein haupt? Dunckt euch
mein schone den andern gleich sein ? Ich het ir genüg, wann
ich ir begert; aber mein schöne ist nit einem yegklichen zu-
geben noch von einem yegklichen lassen lieb haben. Wie vil
20 secht ir der , deren schön geschaffen ist , als die mein ist ?
Dann fürwar ich mich inn dem paradeyß vergienge.4 Unnd
so vil von irer schöne sagt, das ers zu hören verdrossen war.
Münch Albrecht bald veruam, das sie übel gesaltzen was,
ihm wol gedacht, sie sein fügs were, zuhand ohn maß inn sie
25 [76a] in lieb entzündt, doch auff diß mahl bey im bleyben
ließ und sich gegen ir gar heylig beweyset und sie straffet,
zu ir sprach, solche ihre wort nit anders dann hochfart, über-
müt und eytel ehr weren. Uber solche straff die jung fraw
zu ihm sprach, er were ein bestia und kendte nit ein schöne
30 vor der andern. Münch Albrecht sie nit mehr betrüben wolt,
ir die büß sprach unnd sie zu irer gesellschafft gehn ließ.
Nach etlichen vergangnen tagen er ein getrewen gesellen
nam und zu fraw Liseta gieuge. Die er in einem irem saal
fand und auff ein ort nam, da er von nyemandt mag gesehen
*
5 war] fehlt £ 11 gieng E knyet £ 12 all] also E 15
scharpffen C 16 euchj mich BCD 20 sehet £ 22 ward £
24 eeins E 26 bewise, sie strafft und sprach E 27 wort nichts £
34 mocht gesehen werden E
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Wegkürzer, cap. 30.
65
sein, nider auf!' seine knye ir für die fuß fiel und sprach:
,Fraw, ich bitt euch umb gots willen, das ir mir verzeyhet
und vergebet, das [76b | ich euch an dem vergangnen sontag
ewer schone halb gestrafft. Dann die nechste nacht hernach
mir solliche büß und pein geschähe, das ich mich seyther der- 5
selben zeyt nicht hab mögen auifrichten dann erst heüt auff
disen tag.4 Da sprach fraw Liseta: ,Wer hat euch also dar-
um l> gethan?1
Da sprach brüder Albrecht: ,Fraw , das solt ir wissen,
da ich, als mein gewonheyt ist, an meinem gebeth inn meiner 10
zellen was, gehling mir ein grosser schein kam unnd ich mich
nit so bald umbkeren mocht zusehen, was doch solcher schein
bedeüten mocht, ich ein schönen jüngling sähe mit einem
grossen stecken in seiner hand. Der mich bey dem goller
meiner kutten nam unnd zü dem erdtrich für sein füß warff, l»
mich zurichtet, das [77a] ich sein nit vergiß, dieweil ich leb.
Den ich fraget, warumb das geschehe oder wie ich das umb
in verschuldet hette. Er mir antwort und sprach: Darumb
das du heüt so behertzt gewesen dich widersetzen und zustraf-
fen die himlische schöne meiner lieben frawen Liseta, die ich 20
lieb habe (gott außgenommen) ob allen creaturen der weit.
Ich in fraget, wer er doch were. Er mir antwort unnd sprach:
Ich bin der engel Gabriel. 0 herr , sprach ich zü ime , ich
bitte euch, ir mir verzeicht unnd vergebt; es ist nit mit ge-
ferde geschehen. Er zü mir sprach : So sey dir vergeben • 25
doch du erstlichen zü meiner lieben frawen gehest und sie
bittest, das sie dir vergeh; unnd wa sie dir nit vergibt, so
komme ich wider zü dir unnd wurd [77b] dich in solcher
maß zürich ten , das du ein armer mann sein solt alle deine
tag. Was er mir mehr saget, mag ich euch nicht sagen, biß SO
das ir mir vergebet.4
Fraw Metze (ehe vol kleyen dann saltz) sich gantz frewen
*
4 halb] hab BCD 6 mügen E 9 das] da BCD 10 da] das
BCD meinem] einem BCD 22 Da fraget ich ihn £ antwort
mir E 24 verzeyhen und vergeben mir E 25 Da sprach er wider
iä mir E 26 doch solt du erstlich E frawen Liseta gehen E
27 bitten E 28 wir.lt E 32 eh CE
Montanui jHa^HM^
Martin Montanu«,
ward, da sie den münch vernam ; das sie förwar alles so glaubt,
als er ir hett zuverstehn geben. Zu ihm sprach: ,lch sagt
euch wol, brüder Albrecht, mein schöne himlische schone were.
Aber warlich und als mir gott helff, so ist es mir hertzlich
o leyd umb euch ; und damit euch hinfür solches nit mehr ge-
schehe, ich euch vergebe, doch das ir mir sagt, was der engel
zu euch weytter saget.1
Brüder Albrecht sprach: ,Fraw, seytemal ir mir ver-
geben habt, so will ich es euch gern sagen, doch das ihrs bey
10 euch [78a] bleiben last unnd das keinem menschen auff diser
weit saget, wollend ihr änderst ewer sach nicht entweyhen ;
dann ir seyt die seligst fraw auff erden. Mir saget der engel,
das ich euch sagen solt, wie ir im liebet ob allen frawen auff
erden, in solcher maß das er zu mehrmalen deß nachts zu euch
15 kommen were, wann er nicht besorgt hett euch schrecken zu-
bringen. Und yetzundt euch bey mir entbeüt unnd wissen
laßt, er wolle eins nachts kommen euch frewd zugeben, wa es
auch ewer gefallen wer, bey euch zuschlaffen und euch der
himlischen frewd theylhafftig machen. Unnd daruinb daB er
lh) ein engel ist, kam er in geysts formb, so mocht ir in nit an-
greyffen. Darumb er euch zft lieb inn geystes und mannes
formb [78b] zft euch kommen wirdt und begeret von euch zu
wissen, wann es euch an dem fügkligsten sein mochte, das ir
in solches durch mich wissen lassen ; und in welches manns
ä> formb er euch liebt unnd gefeit , er zi\ euch kommen wolt.
Deß ihr euch ob allen frawen diser weit selig sprechen mögen.'
Wer was fröer dann die fraw Giettel? Zft dem münch
sprach: ,Ir mir groß frewd bracht habend, das ich vonn dem
engel lieb gehabt bin/ Desselbigen gleichen er von ir lieb
:jo gehabt were, unnd wa sie ihn gemalet fände, sie im allwegen
ein liecht anzündt. , Darum er von mir nit minder ist lieb
gehalten als ich von ihm.4 — Und zu welcher stund es ir ge-
1 dann sie alles das glaubet, so er geeagt hatt. Darnrab zum
münch sprach E 2 sag BCD 5 mehr nit E G vergibe C; bo
vergib ich euch E 8 sintemal E 9 ichs E 10 lalit CK 11
wolt ir anders E 17 leßt E wo E 20 kern CE 24 lasset E
26 diser weit] fehlt E muget E 28 Ir habt E 29 er] fehlt E
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Wegkürzer, cap. 80.
67
fallen, wolt er zu ir kommen. — Antwort, er sie all zeit
wurde in ir kammer zu seim wil-[79a]len bereyt finden, doch
das er sie vor der jungkfrawen Maria nit lassen solt; dann ir
gesagt wer und sie auch wol gesehen het, das er gegen ir ohn
maß huld und liebe trug, dann sie in allwegen vor Marian
knien finde. Und zu ir zukommen, in welcher formb im das
liebet, er ir auch gefallen were, nur das ir nit schrecken
brechte.
Bruder Albrecht sprach: ,Fraw, ir reden weißlich; ich
solt wol, nach dem ir gesprochen habet, mit im reden. Aber, 10
fraw, ir mocht mir on all ewere mühe und kosten ein grosse
gnad thün, das ist, das es euch lieb und gfall, das der engel
mit meinem leib unnd in meiner form zti euch komm. Nun
mercket, was grosser gnad ir mir tbüt! Er wirt mein seel
auß meinem leyb nemen und in das paradeiß thün und mei- 15
nen [79b] leyb an sich nemen ; unnd dieweyl er bey euch ist,
mein seel dieweyl im paradeyß sein wirt.4 Da sprach sie:
.Das ist mir lieb, und ich wil euch das an der Maria statt,
so ihr von dem engel empfangen, gönnen.4
,Nun wolan4, sprach brüder Albrecht, ,so schaffet, das die
port ewers haufi auff dise nacht geöffnet werde, inn maß das
er einkommen mög; dann in menschen formb er nicht kom-
men mochte, wo ewer thür nit offen wer.4 Fraw Nese sprach :
THerr, das soll geschehen. Das er nur komm , wenn es ihm
fuglich ist!4 In dem mflnch Albrecht wol gemüt von ir schiede. 25
Die fraw gantz mit fretiden blib, mit ir selbs sie glorieret, in
solcher maß das ir das hemat den hindern nicht beruret, und
hundert jar daucht, biß der engel [80a] Gabriel zü ir käme.
Und als brüder Albrecht nun wol daucht, er ein ritter
und Stecher und nicht ein engel sein müst, sich mit gütten ;w
confecten anhüb zu laben und stercken, damit er nicht geringk-
lichen vom roß abgestossen wurde, von seinem prior Urlaub
*
1 wolt E 5 trüg C allweg E 7 gefiel, auff das sie nit er-
schreck E nun BCD 9 ir bis im reden) ich wil es fleissig aus-
richten E 10 Aber ir mochten E 11 ewer CD 12 ist das] ist
wenn E es] er BCD lieht und gefeilt E 14 ir] er BCD 17
in dem E 18 Marien E 24 nur] nun E 26 sie] fehlt K 28
kerne E 30 nit CE
5*
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(38
Martin Montanus.
nam unnd mit einem seinem gesellen des abends inn einer
seiner freündin haute gieng, da er auch vormals mit stöten gen
acker gefaren was. Da er die zeyt wartet, sich verkleidet
unnd gantz verkeret. Da sein zeyt kam, sich in fraw Liseta
ö hauß fuget, da er sich mit mancherley fantasey in engels weiß
formieret het, also in der frawen kammer erschine.
Da die fraw in also schon und weiß in purpur färb sähe,
für ihne auft' ire knye nider knyet. Der engel ihr den [80b]
segen gab, auff von der erd hüb und ir den weg zu dem beth
10 weiset. Deß sie bald gehorsam und willig was, der engel sich
bald zu ir füget. Brüder Albrecht was von leib ein schon
gerad mann, das fräwlein änderst speiset, dann ir mann thet;
zu manch malen on flügel dieselb nacht flog, darvon das Ve-
nediger fräwlein frölich und wol zu mftt war; über das er ir
l") vil saget von himlischen freüden und grossen ehren.
In dem sich der tag nahend ward, beyde ir Ordnung ga-
ben des widerkerens. Und der engel inn seinem hämisch von
ihr schiede und zu seiner gesellschaff't gieng. Und damit sein
gesell dieselbig nacht nit forcht hette, noch allein zu sein ver-
20 d Hessen ließ, die fraw im hauß im zu beth geselschafft ge-
leist hette. Unnd [81aJ unser schone fraw Liseta, als bald
sie das mal gessen het, ir geselschafft name, zu dem mflnch
Albrecht inn das kloster kam, ime groß wunder von dem engel
Gabriel sagt, unnd wie sie der himlischen frewden von ihme
25 vernommen hette, unnd alls sein wesen, gestalt und geberd,
darbey vil ander newe mär.
Zü deren brüder Albrecht sprach : ,Fraw , ich weiß nit,
wie ir mit im gestanden seyt; aber in diser nacht da kam
er zu mir. Und da ich im ewer botschafft geworben het, da
ao name er mein seel und trüge sie in sovil blümen und rosen,
das ich ir so vil nye gesehen hab. Darinn ich also stund an
eiuem lustigen eml biß auff disen vergangnen morgen zu met-
tin zeit.4
,So sag ich euch4, sprach das ungesaltzen fräwlein , ,das
*
1 seiner K 9 zum E 13 dieselb nacht on flügel K 16
nahen CE war E geben BD 17 UndJ fehlt E ü5 alles CE
27 sprach] sagt E 32 metten E
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We^ kürzer, cap. 30.
09
ewer leib dise [81b] vergangne nacht bey dem engel Gabriel
in meinen armen gelegen. Und ob ir mir das nicht glauben
wolt, so suchet unter ewer lincken brüst, da ich einen grossen
kuß hin gethan habe, als ihr bey dem zeichen wol mercken
werden.1 Da sprach brüder Albrecht: ,lch soll auff disen tag 5
thün, das ich lang zeit nit gethan hab, und mich nacket auf-
ziehen, zusehen, ob ir mir die warheit gesagt haben.1 Also
nach mancherley öden thädingen das frawlein wider zu hauß
gienge; und mtinch Albrecht manch malen in engels weiß sich
bey der frawen fand. 10
Doch eins tags sich begäbe, das fraw Liseta bey einer
irer gefatterin wäre; die beyd mit einander ir grossen schöne
halben striten. Und Liseta, die sich irer schone halben über
[S2a] all ander frawen schetzet, als die da wenig saltz in der
zungen het, sprach: ,0 liebe gefatterin, wißtend ir, wem mein 15
schone ob allen gefeit unnd liebet, ir wurdeud euch wundern
und geschweigen deß, das ihr saget/ Die gefatterin zu ir
sprach, als die sie wol einfältig erkendt: ,Fraw, ir möchten
die warheit sagen; unnd wa ich deß ein eygenschafft, ich nit
wider euch also redt.1 Zu der das ungesaltzen frawlein sagt : 20
«Gefatterin, man solt es nyemand sagen; der engel Gabriel hat
mich erwölt auß allen frawen auff erden für die schönste; und
nach dem er mir zuverstehn gibt, er mich lieb hab als sich
selbs.4
Solcher wort die gefatterin willens hette zu lachen, doch a>
sie deß enthielt, damit sie fürbaß etwas news von dem guten
fraw-[S2b]lin verneinen möcht, und zu ir sprach: , Fürwar,
fraw, ist der engel Gabriel ewr bül und liebhaber und sagt
euch solche ding, es soll sicher war sein; aber ich het war-
lich nit glaubt, das die engel solches theten/ Die fraw zü :»
der gefatterin sprach : ,0 weh , ich hab durch gangen die
wunder groß. Er thüt es sicher baß dann mein mann. Er
sagt mir, man thft es auch droben in dem paradeiß; aber ich
ihne schöner dunckt dann kein fraw inn dem himel, darumb
*
l lieb BCD bey] mit E 7 zu besehen E habt E 8 man-
cherley] vilen E 9 manches mal E 18 halb E 14 alle andere
E 15 wißten E 16 verwundern E 21 sol E 26 sie] sich E
27 freülin C 34 dunck E
70
Martin Montanua,
er gegen mir iu liebe entzündt und kompt zu Zeiten zu mir.1
In solcher red die gefaterin von fraw Liseta schied unnd
dauchte sie hundert jar, biß sie kam, da sie solchs sagen möcht.
Unnd auff ein kirchtag sich zu vil marichen frawen gesellet,
5 denen sie alle sach der frawen Liseta [83a] und des engel Ga-
briels sagt. Die selben frawen solches iren mannen sagten
unnd auch andern frawen ; unnd also, ehe zwen tag vergangen,
die gantz stat Venedig diser abentheür vol ward. Und under
andern mannen, den es zu wissen kam, das waren ire schwa-
io ger. Die inen fürnamen in geheim und still den engel zu fin-
den, ob er fliegen oder springen kündt, sich etlich nacht an
die hüt unnd wart stelleten.
Auch solche mar brüder Albrecht waren zu gehör kom-
men, der sich eins nachts zu der frawen fuget, die frawen ver-
lö raeint umb solches zu straffen. Unnd da er bey ir in der kam-
mer was und sich noch nicht gar außgezogen het, da kamen
der frawen schwager, die ihn in das hauß he.tten sehen gehn,
[83b] und stiessen die kamtnerthür auff. Das der münch bald
vernain, was das gesein möcht, kein ander flucht nicht sähe,
20 dann ein fenster der kainmer aufl'thet , das ob dem grossen
wasserfluß was. Von dem er sich hinab ohn Hügel in das
wasser warff und ohn allen schaden über das wasser schwam,
alda er eins armen manns hauß offen fände. Den er durch
gott bathe, das er ihuie sein leben h&Iffe retten, manig lugen
2ö und newe mahr saget, wie und warumb er also nacket daher
kommen were. Der gut arm mann sich ihn erbarmen ließ,
ihn in sein eygen beth leget, zu im sprach, das er also still
leg, biß er wider kern, ihn gar wol versperret, darnach gienge
sein geschehet außzurichten.
:w Nun als der frawen schwager inn die kainmer ka-[84a]
men und funden, das der engel Gabriel on zweiffei zu dem
fenster außgeflogen was, ein klein beschauipt bliben , das sie
sein nicht funden; die frawen schölten und ir übel zuredten,
*
2 gfatterin C 3 keine E 4 vilen E 5 sie] ihr E 9 denen
E 11 konte E nacht E 24 manche lug E 26 mann erbar-
met sich sein und legt ihn an sein eigen beth und sprach, er solt nur
still liegen E 28 und ihn uiemit gar E 32 sie ihn nit E 33
schulten CE
Weg kürzer, cap. 80.
71
gantz betrübt Hessen, mit deß engels kleyd zu hauß giengen.
In dem der tag kam, der güt mann, inn deß hauß der
manch geflohen was, auff sanct Marxen platz auch vernommen
het, wie das der engel Gabriel desselben nachts mit fraw Li-
seta zu schlaffen kommen wer, aber er entrunnen were; zu 5
band gedacht, er der sein solt, den er in seinem hauß hetf
unnd sich bald zü im füget, ihn erkannt und zu ihm sprach,
wol er nit in der frawen Liseta schwäger hend kommen, das
er im schaffet fünff hundert gülden. Das er als bald thete.
[84b] 10
Nach dem münch Albrecht heim und auß dem hauß be-
geren. Zu dem der gut mann sprach : ,Ich weiß kein sinn
euch dar von zu bringen, dann ein sinn allein ist, damit ir der
frawen schwager, die auff allen ecken hüter haben, nicht in
die hend kommen. Darumb deucht mich, wa es ewr gefallen lö
wer; man machet heüt gar ein schön spil auff sanct Marx
platz, da kommen gar vil mit wilden thieren hin, ye ein ge-
sellschafft änderst dann die ander; darnach macht man ein
gejagdt; wann das vollbracht ist, darnach yederman gehn mag,
wa sein hertz hin begerte. Darumb wolt ihr, eh ihr bey mir jo
erspehet werden , so will ich euch anlegen in eines wilden
manns form, von hie außfuren, darnach , wo euch hin liebet,
[85a] ich euch fuhren mag. Kein anderen weg ich nit finde,
damit ir von hinnen komment/
Brüder Albrecht schwer daucht in wildes manns form ge- 2.,
fuhrt sein, doch grosser forcht halben es zugab unnd sich wil-
liget; zu dem götten mann sprach, er solt ihn fuhren, wie er
wolt, nur das er darvon käme. Der güt mann anhflb ine mit
honig gar wol zubestreichen, darnach in mit federn außfüllet
und in die hand ime ein grossen dremel gab , in die ander 30
zwen groß hund, die er in der fleyschbanck auffgefangen het,
*
2 dessen E 3 Marx E 4 dieselbig nacht bey K 5 geschlaf-
fen bett, er aber E 8 Wolt ihr nicht E 11 Darnach munch A.
begeret, das er ihm heym ins kloster hülffe E 12 weyl> euch mit
keinem andern list E 13 dann allein durch einen E 15 duncket
E 16 gar schone E 20 begert E 23 keinen E 25 gedaucht
E 26 verwilliget E 29 honig wol E 30 dremel J kolben E 3t
er unter der E
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72
Martin Montauus,
und ihn selbst an einer grossen kätten , die er ihme an den
halß gelegt, füret. Aber vorhin einen auff sanct Marxen platz
geschickt hette, der außschrey, welcher den engel Gabriel sehen
wolt, das er sich auff den [85b] regenplatz machte; in also
5 nicht mit kleiner rumor und gschrey auff den platz bracht.
Und da der erbar manu mit seinem wilden mann kam.
da der platz am höchsten ist , er seinen wilden mann an der
kätten gar wol an ein saul band, deßgleichen thet, als ob er
jagen wolt. Dieweyl stachen die mucken den enget Gabriel.
io Und da der getrew mann den platz mit volck am völlesten
sähe, deßgleichen thet, als ob er in ab der kätten nemen wolt,
ime die schembart von dem angesicht risse, an hüb und sprach :
,Lieben herrn, seytemal das wild schwein an unser ^ejägd nit
kommen ist, darum b man nit hat jagen mögen, darumb ir
15 dann herzü kommen. Damit ir aber ewer zeit nit vergebens
verloren, ich euch an desselben statt den engel Gabriel sehen
lasse, [86a] der von hyramel herab deß nachts kompt, die
jungen Venediger fräwlin zutrösten.4
Und alßbald münch Albrechten der schambart ab dem
sogesicht käme, er von yederman erkandt ward, ein solch ru-
mor und geschrey von dem volck wider in ward , das wider
ein bösen mann ye gebort ward, im sein angesicht mit aller
unreinigkeit beworfen ward, mit bösen unzüchtigen worten
übel außgericht, also etlich stund gehalten , biß das geschrey
25 in das kloster seinen münchen kam. Deren sich etlich auf-
machten, in ab der kätten namen , ein kutten anwurffen , nit
mit kleinem geschrey der nachfolger zu hauß fürten und in
gefengknuß verschlussen. Und in solcher gefengknuß und
harten leben biß an sein end verhalten ward. [86b]
w Also geschähe dem guten münch Albrecht, der so gehertzt
was und sich zum engel machet, zu nacht die schönen frawlin
tröstet; und aber im letstlich übel gelohnet warde. Gott wöll,
das allen solchen münchen also geschehe.
1 ketten CE 4 in] ist E 7 mit der ketten E 8 an die
seul E 20 solche E 23 ward beworfen E 25 auffmachen E
26 anworffen E 28 verschlossen E
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Wegkürzer, cap. 31.
73
31.
Münch Riualdus beschlafft sein gefatteriri, darzö der
manu kommet; dem sie beyde zuverstekn geben, wie
sie dem kind die Würm vertriben.
In Siena, der alten statt, was ein junger von gnüg er- b
barem geschlecht, genandt Rinaldus. Derselbig besondere liebe
zu einer seiner nachbeürin trög, die was eins reichen manns
weib. Groß begird und willen het mit ihr zureden und des
on zweyffel was, wo das geschehe, [87a] von ihr seinen willen
haben wolte, doch das in langer zeyt nit gehaben mocht. io
In solcher zeit die fraw eins kinds schwanger ward. Des
er ime gedacht gefatter zu werden , sich bald zu irem mann
gesellet, da ihn zeyt daucht, so er züchtigst mocht, an den
begert sein gefatter zu sein, des der gut mann willig und wol
zu mut was. Da nun Rinaldus fraw Agnessen gefatter was L5
unnd nun gut ursach het, mit ir zu reden ohn alles verden-
ckeu, umb des willen ein hertz empfieng, ir sein groß lieb,
sinn unndt meinung entdeckt unnd zuverstehn gab; dann sie
vor wol an seinen gebärden verstanden het. Aber der guten
frawen sein böser wil wenig zu hertzen gieng, da sie sein böse 80
begirt vernommen het.
Nach dem nicht lang [87b] vergieng, (nit weiß ich, was
die ursach was) Rinaldus zu einem geistlichen mann ward unnd
»ich zu einem münch machet, alle lieb unnd freündtschafft sei-
ner gefatterin hindersich zu ruck leget, und in solchem sei- 25
nem geistlichen leben alle böse gedancken bey im verschwun-
den waren. Doch in etlicher zeyt wider ausich name, das er
gelassen het, unnd in seiner geistlichkeit anhub sich kostlich
zu kleiden, sein kutten von dem besten gewand machet, groß
frewd sein selbst hett , mit singen , dantzen allen Last suchet. :»
lud in solchem verruchten leben Rinaldus wider inn sein erst
*
2 Reynaldii8 K 3 gaben E 5 erbaren B 7 nachtbeürin C
H des] das BCD 18 dann] den E ; das Arigo 23 Reynaldus K
27 nara, da ers E 30 hett] thet BCD
74
Martin Montanus,
gewonheyt käme, sich gar offt zu seiner gefatterin fuget wind
das vil mehr, dann er vor ye gethan het. Unnd nach sol-
chem offt kommen [88a] er mit ihr anhüb zu reden der sach
halben, die er an sie begeren was. Die gefatterin auff ir sel-
5 ber stund , als die da weder ab noch zusagen kundte unnd
sich vom münch solicitiert sähe; auch er sie ein schön jung
mann dauchte, und das villeicht mehr, dann er was.
Nun eins tags sich begab, das er ir groß freud und kurtz-
weyl machet ; unnd sie als die andern, die willens haben sich
io zu begeben und zü geweren, das man an sie begeren ist, sich
auch inn ihrem gemüt gegen deß münchs willen entbot; und
damit auß zweyen willen ein will worden was. Zu münch
Rinaldo sprach: ,Gefatter, was ist das, das ir saget? Nun
meint ich doch, die münch thetten solchs nicht.4 Der münch
ir, antwort und sprach : ,Fraw, wann ich auß mei-[88b]ner kut-
tin bin, als ich dann yetzuudt thün will, so solt ir sehen, das
ich ein mann und nicht ein münch bin, als die andern sein.4
Des die fraw lachet und sprach : ,0 weh euch ! Nun
seyt ir doch mein gefatter; wie möchten wir ein solchs ohn
*jn grosse sünd gethün ? Dann ich hab offt vernommen, wie das
die gröst sünd sey auff erden ; und ftirwar, wann das nit wer,
ich thet, was euch lieb were.4 Auff diese wort frater Rinal-
dus antwort und sprach : ,Ir seyt ein einfaltige fraw, undter-
laßt ihr das umb ein solches willen. Ich sag nicht , das es
20 nicht sünd sey; aber gott vergibt grosser sUnd, dann die ist,
wenn man allein rew unnd leyd darüber hat. Aber sagt mir
eines, fraw gefatterin ! Wer ist ewretu kind neher , ich , der
es zu der tauff in [89a] den armen gehalten hab, oder euwer
mann, der es gemacht hat?4 Die fraw sprach: ,Mein mann,
:«> der der vatter ist.4 — ,Ir saget war4, sprach der münich,
,8chlaffet ewer mann stats bey euch ?4 — ,Jak, sprach sie. —
,Darumb solt ihr wissen4, sagt der münch, ,seytemals ich ewrs
kinds minster nechster bin, so sol ich als wol als ewr mann,
der doch dem kindt neher ist, bey euch schlaffen.4
6 sie] sich UK 7 er was] etwas BCD 15 kutten CE 17
sind K 23 Ir bis fraw] fehlt E Last ir E 24 solchen BDE
nit C 25 die] diese E
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Wegkürzer, cap 31.
75
Die fraw kein loica künde , darbey übel gesaltzen was,
dem raünich antwort gab: ,Wer möchte ewrn weisen Worten
aotwort geben !' Dabey ir fürnam im zu willen werden , und
ander der deck zwischen zweyen schneeweissen leinlachen sich
zü manig malen bey einander funden, der gf atterschafft mit 5
mehr ruhe und minder sorgen dann vor spilten , und [89b]
das mit grossem tust zu beyder seyt.
Under anderm eins tags sich begab, das der münch bey
der frawen was unnd nyemandt zu hauß was dann ein junges
madlin , das er mit eim juugen münch , der in seiner gesell- 10
schafft was, oben auff in das hauß das Pater noster unnd
Ave Maria zu lehnten schicket. Und er mit seiner lieben ge-
fatterin, die das kindt am arrab het, in die kanimer gieng,
sich darein wol versperret, unnd auff das beth zu einander
setzten , da sie nach irer gewonheit der liebe mit einander ib
spylten.
Da sie nun beyde ein güte zeit ir kurtzweil bey einander
gehabt hetten, so kompt der frawen mann , des münchs ge-
fatter, zü hauß, und eh yemund sein war nam, er an der kam-
merthür ruffet und klo-[90a]pffet. Da das fraw Agnes vernam, a>
mit grossem schrecken zum münch sprach : ,0 weh, wie sol
ich meinen dingen thün ? Ich müß on zweyffel sterben. Dann
mein mann ist vor der thür ; nun wirt er erst sehen und die
ursach unser beider grossen kundschafft erkennen.1 Nun was
der niünich nackent und one kutten ; da er der frauwen wort 20
vernam, zu ir sprach: ,Fraw, ihr sagt recht, es ist besorg-
lich. Wer ich nur in der kutten, etwan funden wir sinn, un-
ser beyder ehr zuerretten. Aber so ir im auffthut, so findet
er mich , als ich bin ; so haben wir kein ursach unnd seind
beschämet.' Die fraw bald ein list erdacht, zum münch sprach : 30
.So schließend bald in ewer kutten und nembt das kranck kind
in ewern arm und merckendt [90b] gar eben, was ich zü ewerm
gfatter sprich! Darnach wissend euch zu richten, damit sich
*
1 logica E über BD 5 mancbmalen £ 8 andern BD
10 mägdlin E 14 versperrten E 17 bey einander] fehlt E 20
da* die fraw E 21 weh B 24 grosse E 27 funden E 29
sind E 30 bald] geschwind E 31 schliefft E 32 mercken E
33 wißt E
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7(3
Martin Montanus,
ewere wort mit den meinen vergleichen , unnd lassend t nur mich
mit den Sachen umbgehn!4
Der gut mann vor der kamraerthür nit auffgemercket het;
die fraw ihm antwort und sprach: ,Mann , hab mit mir ein
5 kleine weyl gedult! Ich komme jetzund.4 Und mit frSlichem
angesicht auffstund, zu der thür lieff, dem mann auifthet, zu
im sprach : ,0 weh, mein lieber mann, was sol ich dir sagen,
es ist heut unser gfatter Riualdus woi zu unserm glück her
kommen. Ich gelaub fürwar, gott selb hab in zu uns ge-
losandt; dann ohn zweyfel, wer er nit gewesen, unser kind were
auff disen tag gestorben.4
Da das der mann vernam , aller erschrack und sprach :
,Wie [91a] dem, liebs weib?4 — ,0 lieber mann4, sprach sie,
,im kam vor einem kleinen weyle solche on macht zu, das ich
15 mich seines lebens verwegen het und nicht anders dann für
todt schetzet. In dem unser gefatter Rinaldus kam, das kind
zu seinen hendeu nam, zu mir sprach: Gefatterin, des kinds
kranckheyt seind die würra im bauch, die gohnd im zum her-
tzen ; und wo man das nicht fiirsehe, so wurden sie das kind
uotodten; doch seyt on sorg, ich sol sie beschwören und, eh ich
von euch gehe, all todten und das gut kind gesund machen.
Darzü wir dein gar wol bedörfft betten, aber wir mochten dich
nit haben noch dich niendert finden ; und wir an deiner statt
unser maidlein und unsers gefatern gesellen am höchsten des
25 hauß zu [91b | betten verordneten, er und ich mit dem kind
in die kammern giengen; dann niemandt anders bey solchen
Sachen sein mag dann des kinds mütter allein. Und damit
uns niemandt irre, ich die kammer versperret, unnd er hat
das kind noch stäts in seinen armen, und ich glaub, er wart
:# nichts anders, dann biß das sein gesell sein gebett mit un-
serm maidlein gesprochen hab. Wa das geschehen wer , so
betten wir mit der hilff gottes alle sorg überwunden ; dann es
steht sehr wol umb unser kind, gott sey lob.4
*
1 last E 9 glaub E selbst E 12 mann erhört, sehr E
14 weil E 17 seine BD Gefatter BODE 18 sind E gehn E
19 würden E 20 toden CD 21 alle töden CD 23 gehaben E
24 magdlin E gfatern C 25 ich] mich BCD 29 seinem E
warte E
Wegkürzer, cap. 31.
77
Der schlecht einfeltig güt mann, genannt Sandutzo, der
frawen alle red glaubet; dann sein liebe zu dem kind groß
was, also das er zu der frawen liegen und betriegen kein acht
haben mocht. Und mit einem schweren seuff-[92a]tzen zu der
frawen sprach : ,Ich muß gen unser kind sehen/ Die fraw b
sprach: ,Nein, nicht gehe, du seyest dann berufft! Dann du
mochtest sonst villeicht eh schaden dann nutz bringen. Hab
ein wenig gedult, laß mich vor besehen, ob du on schaden
hinein gen mögest! So will ich dir ruffen.'
Nun brüder Ruedel der frawen red gar wol vernommen 10
het uund sich in solcher zeit gar wol und mit guter muß
wider angelegt het, das kind in sein arm name und aller ding
nach seinem willen fertig wäre; er der gefatterin ruffet unnd
sprach: , Gefatterin, höre ich nicht mein gefattern daussen
reden?1 Der Sandutzo eh dann die fraw antwort: ,Ja, herr, u>
ich bin hie.4 Der münch sprach: ,Kompt zu mir!1 Sandutzo
sich nit säumet, bald hin-[92b]ein gieng. Der münch im das
kindt gab , zu ihm sprach : ,Gefatter , nembt hin ewer kind
frisch unnd gesund ! Aber ir werd machen lassen ein wechsin
bild in seiner grosse gott zö lob unnd dein lieben herrn sanct 20
Ambrosio zu ehren, durch des gebetts willen euch gott dise
grosse gnad gethan hat/
Da der gut mann sein kind ansichtig ward, aller wol ge-
müth das halset und küsset, als dann gern die vatter den kin-
dern thün, es an sein arm empfieng, vor grossen freüden wei- 2*
net, gott lobet und seinem gefattern danck saget, der ihme
sein kind bey dem leben behalten hette.
Und in solchen mären bröder Rinaldi gesell das jung
miul lein nit allein ein gebett, sonder mehr dann viere gelehrt
hette; dem schanckt er ein se-[93a]ckelein von weissen faden»)
gestrickt, das, nit lang was, ihme ein nunn geben hat, mit
dem er im das töchterlein geneygt unnd andechtig macht. Und
das pulver ab seiner kutten schüttelt ; dann er auch den hauß-
wtirt, das er kommen was, vernommen het, auch was der mann
*
10 Ruedel C; Rudel E 12 seine E 13 ward E 21 durch
dessen E 22 gethon E 28 des B 29 nieidlin E 30 weis-
sem E
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78
Martin Montanus,
mit der frawen und die fraw mit dem mann geredt het, ver-
nommen, yederman in gütem frid sähe; auch er in die kam-
mer kam, zu brüder Rinaldo sprach: , Brüder , ir habt ein
bessern und sterckern athem gehabt dann ich. Ir habt recht
o und wol gethan, gott sey danck. Ich für mich, da ewer ge-
fatter kam, nicht mehr dann zwey gebett gesprochen hett.
Doch gott der allmächtig unser beyder mäh und arbeit ange-
sehen und uns sein gnad mit getheilt hat, das [93b] mein tod
kind ist wider zu seiner gesundheit kommen.'
lü Nach aller dieser vergangner red Santutzo got lob unnd
danck sagt, bald schüff gütten wein und confect zukommen,
seinem gefattern zu ehren ein collation zumachen, des sie beid
mehr dann anders nottürfftig waren. Demnach sie beid auß
dem hauß geleytet, gott befalhe und bald das wechsin bild,
15 als im der münch, sein gefatter, gebotten het, schüff zu ma-
chen unnd das zu den andern fUr sanct Ambrosio bild hieng.
Hernach sich münch Rinaldus und sein gefatterin offtermals
one sorg bey einander fanden.
Es zweyffelt mir nicht, der güt Santutzo hab wol ge-
20 merckt, in welcher gestalt mfinch Rinaldus sein kind gesund
gemacht hat. Was solt |94a] er aber darzu sagen oder thün ?
Hett er etwas angefangen , die fraw geschlagen oder solch
schand von inen außgeschryen , wer es niemandt zu grösserm
nachtheyl kommen dann im selbs. Dann ein gemein sprich-
st wort ist, das sollichs ein böser vogel sey, der im selbs in sein
nest scheist. Welches on z weyfei der güt dölpel wol betrach-
tet hat, darumb stillschweig und sie gleich den scharrer offter-
mals mit einander dantzen lassen.
32.
:w Münch Burckhardt ßcblaff't bey einer würtin , darzü
der mann kompt.
In einem flecken in Meichßnen ein wirt gesessen, welcher
2 er auch E 5 gethon K 10 vergangnen £ 11 gilt £ 13 an-
dere £ 16 Ambtosi E 18 funden E 22 solche E 25 das ein
solcher E 30 schlifft E 32 Meychßnen C; Meissen E
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Wegkürzer, cap. 82.
79
ein schon weyb gehabt ; aber von irer tilgend und fürtreflich-
keit unvonnöten zu [94b] melden, dann ihr dardurch villeicht
schand und spot zustehn mochte. Zu der ein mttnch, der sein
wonung inn eim kloster nit fehr von der würtin hauß het, inn
unordenlicher liebe entzündt, ir zu lieb offt in das wirtshaufa 5
gienge, darinn zechet und versuchet, ob er sie mocht zu sei-
nem willen bringen, aber kein zeychen von ir der liebe nyer-
Kendts spüren mocht. Von deß wegen der arm inünch inn be-
trübnus fiele, doch letstlich ime fürnam, solche sein liebe der
frawen zu offenbaren, darüber liebs unnd leids gewarten. 10
Und eins tags sich begab , das . der wirt verritten was,
fuget sich der münch in die herberg, fieng an zu zechen unnd
des weins so vil zu sich nam, das er seim bösen willen nit
mehr mocht widerstandt [95a] thün. Anhub unnd der wirtin
sein noth klaget und sie freündtlich bat , in nicht also unge- i»
trost verderben zu lassen, sonder sie wolt ihme deß, darumb
er lang zeyt zu ihr kommen wer, gewehren. Die wirtin, als
die den münch schon, jung unnd gerad von leyb sähe, auff ir
selb stund unnd gedacht, was ihr zu antworten were, bey ir
selbs betrachten ward, wie ir mann sehr alt were , unnd übel uo
von im zu beth gespeyset wurde; so wer es ir grosser schad,
wann sie das, so ir wol werden möcht, solt außsch Iahen. Deß-
halben dem münch sein begeren zusagt, und nach wenig reden
mit einander der liebe spilten unnd auß beyder willen ein wil-
len machten. i>
Als sie solchs nun lange zeyt getriben, begab es sich auff
ein zeyt, [95b] das der wirt, umb wein unnd anders einzu-
kaoffen, außgeritten was mit der frawen verließ, er dieselbig
nacht nit kommen wurde, sie solt kein frembde gest einlassen
oder die beherbergen. Wie nun der wirt hinweg kam , die 30
fraw nach dem mtinich schicket, im das außreysen ires manns
zo wissen thete mit bitt, er wölte zu ir kommen. Der münch
»ich nicht lang säumet, bald auff seine fuß sprang unnd in
*
1 furtreffenlicbeit nit von E 4 ferr E 9 seine E 10 leibe
BD ]3 sich] ihm E seinem E 15 ungetröstet E 16 son-
deren E in deß E 19 selbs E 21 würde E 24 ain C
26 nft E 28 mit] 1. und? 31 münch schickt E
80
Martin Montanus,
kurtzem zu der frawen kam , von der er gar freündlich wie
andere mal auch empfangen ward.
Wie sie nun zu nacht mit einander geessen hetten , sie
sich zu beth fögten und mit einander das genfilein ropfften,
5 kam der wiert daher geritten , klopffet an und begert hinein.
Dem guten münch war angst; [96a] gedacht, kern der wirt
hinauff und ine in der kammer funde, ohne zweifei er das le-
ben wurde verloren haben, hette gewölt, das er an dem ort,
da der pfeffer wechßt, were, und in solchem schrecken sich in
10 die kutten schwänge. Die fraw so listig und geschwind was,
den guten brftder au ff 4en ofen steigen hieß, daselbst sich
still zuhalten, biß man schlaffen kerne, befalhe (dann die Öfen
an denselbigen orthen seind , das sich einer wol oben ob den
zinnen verbergen mag). Der münch gantz erschrocken unnd
15 aller zitterend auff den ofen stige, aber die kutten nicht aller
zu im zöge; dann das schaplier im fornen über den ofen ab-
hin hieng.
Welches die fraw so eyleuds nit war genommen hette,
hin lieff, irem mann [96b] auffthet und den gantz truncken
20 in die stuben füren. Sie als bald fragen ward , ob sie nit
frembde gest het. ,Neinl, sprach die fraw, ,ich hab nyemands.
Aber es seind heüt irer zwen allhie gewest, die haben zecht,
doch gleich nach der zech hinwegk zogen ; wahin, das ist mir
nicht bewust; so habe ich sie auch nicht gefraget.4 Und als
25 der würt die antwort vernommen, er weytter zu trincken be-
geret. Dem die fraw als bald wein, so ir und dem münich
überhüben wäre, darsetzet.
Nun ich weiß uit, wie der mann umb sich sähe , ye er
sähe den schepper Über den ofen herab hangen, die frawen
ao fragen ward , was an dem ofen hieng. Die fraw gantz er-
schrocken dem mann antwortet, es were ein handzwehel, so
[97a] sie geweschen und an ofen zu drücknen gehenckt hette.
Weichs der mann also glaubet; unnd nach dem er den für-
3 gesaen hatten £ 4 genßlin rupfften E 7 in in £ fünde
£ 8 wurde verlorn £ 9 selchem B 13 sind £ 16 abbin]
herab E 20 fürt K war E 22 sind heut ire £ gesechet E
23 wohin E 28 sich] sie C 29 berab B 32 an den E tnick-
nen E
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Wegkürzer, cap. 32
81
gesetzten wein abermals an den mund setzet und tranck, die
fraw in der stuben umbher dantzet unnd sprang und sänge:
,Herr Burckhart, herr Burckhart , nun ziehet den schepper
hinauff!* und darauß ein feinen dantz machet Welches bru-
der Burckhart wol mercken ward, den schepper hinauff zöge, 5
doch also still , das sein der mann nit war genommen hette.
Der gut einfeltig mann die frawen wol het sehen umbher
dantzen und hören singen, den Sachen nicht weyter nach dachte,
sonder schlechtlich meint, sie wer sonst so guter ding, schlaf-
fen begeret; dann er vor volle deß weins sehr muht was. 10
[97 b] Ime die fraw bald nider zündet, und als er entschlaffen
was, sie sich wider zu ihrem münch herab fuget. Der von
hertzen fro was und , dieweil er vormals seinem willen kein
genügen thon het, von newem auff das roß sasse, noch etlich
meylen vor tag ritte; darnach von dem fräwlin ausgelassen 15
ward, heim zöge unnd gott dancket, das er ohn schaden hin-
auß kommen wäre.
Diß hab ich von den mtinchen geschriben , damit sich
andere daran stossend unnd ihren orden steyffer halten, weder
sie thünd. Aber es will (gott seys geklagt.) kein warnung, 20
straff noch ermanung mehr helffen, sonder sie meinen und
sagen es auch , sie wissen sich sonst wol zuhalten ; welliches
wie es geschieht, man leyder [i*8a] wol sieht. Dann wenig
nutz, frommen und Seligkeit von unsern münch lein kompt, ja
alle verfurische , teüfflische , spitzfindige stücklen stecken in 25
inen, tragen also under einer schaffhaut ein reissenden zucken-
den wolff, fressen der armen witwen unnd weysen heüser und
wenden lange gebet für etc. Und nicht allein dasselbig, son-
der sie lögen, wo sie einem biderman sein weib und kind kün-
den bescheissen , betriegen und mit inen inn abgrund der hei au
füren. Sihe da, das ist ir gottselig leben, das sie den armen
einfeltigen leyen fürgeben für heylig unnd gott angenem.
Mann möcht villeicht meinen, ich redte ihnen solches zu
*
1 »atzt £ 2 in der stubenj fehlt E 5 war £ 8 nachge-
dacht £ 10 von volle £ 14 gethan £ daaj zu £ 15 reyt £
16 war £ 19 atossen £ 20 sey es £ 21 vermanung £ 22 wel-
ches £ 23 bihet £ 24 münchlen CD; münchlinen £ 27 fressend £
29 lögen] sehen £ können £
Montanu» 6
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82
Martin Montanus,
leid oder sey inen sonst neydig. So sey gott mein zetig, das
ich solchs in keinem argem nicht ge-[98b]schriben , sonder
allein, was ich von mfinchen hieher gesetzt, warnungs weiß
gethan habe. Ich wolte auch wol (so ich raein selbs und ihr
5 nicht daran schonet) anders geschryben und vil gröbere böfi-
lin hieher gesetzt haben; aber ich hab solliches nicht thun
wollen , sonder underwegen gelassen ; dann man sonst genüg,
ja auch nur züvil ir heylig leben sieht, und wie es gegen gott
gestaltet ist. Es schreibet ye die heylig geschrifft, daß das
10 gebet, so gezwungen ist und nicht von hertzen geht, sey got
nicht angenem. Nun die münich der mehrer theil, so sie zu
nacht sollen auffstehn, in die mettin gehn und singen, fluchen
sie, das gott von hymel herab sehen mocht. Solt gott solche
laster nit straffen? Ja, es were nit [99a] ein wunder, das sich
15 der erdboden aufthet und solche leüt verschlucket. Dioweyl
dann nun solch ihr gebett gezwungen ist und wider iren wil-
len geschieht, so ist es gott nicht angenem, er wils nicht hö-
ren, er verbirgt sich darvor. Sihe zu, wie selig seind wir
dann, wenn unser gebett gott nicht hören will und nichts vor
20 seinen ohren gilt ! Wer ja vil weger gar geschwigen und
nicht bettet weder gott sein leiden auffheben, darob er dann
sehr zürnet und zu schwerer straff verursacht wirt.
Das sag ich nicht von den frommen münchen, die ir Or-
den steiff halten, mit willen im gebett gott tag und nacht
25 dienen ; dann dieselben on zweyffel selig werden. Sanct Do-
minicus, sanct Augustinus und ander mehr seind auch niti-
[99b]nich gewesen, aber iren orden, den sie selbst gestifft, fest
halten ; derhalben sie auch erwölte engel gottes seind , und
alle, die irem wesen nachfolgen, schetz ich für selig. Sonder
ao ich hab solchs umb der argen, bösen, verruchten, verfurischen
münich willen geschriben , verhoff auch , es sol solche kein
frommer zü verantworten understehn, sonder ich bin solchs al-
*
2 sondern £ 6 solches nit E thfin CK 8 sihet E 9 ge-
stalt E 11 mehrtheil E 12 fluchen CE 13 solch E 17 wil
es E 18 sind E 20 weger] besser E 21 gebettet E 23 ihren
orden E 25 dieselbigen E 26 andere E raunche E 27 ge-
stifftet. fest gehalten E 28 erwehlete E 29 sondern E 30 ver-
ruchten C 31 solches E
Wegkürzer, cap. 83.
83
lein von den bösen zu gewarten, denen ich auch mit der hilff
gottes will widerstand thfin.
Das sey nu gnüg von münchen ; ander ding will ich auch
melden, damit man nicht ein lied zuhören verdrießlich werd.
33. 5
Ein pfaff ermordet ein arme fraw jammerlichen, die
im den selben tag gebeichtet het.
[100a] Dieweyl ich lang von froiichen, kurtz weiligen und
läclierigen dingen geschriben hab, so ist nun von n6ten, das ich
etwas von klaglichen dingen schreibe , damit das man auch 10
an gott gedeuck, wie er etwan so niancherley straffen den leü-
ten zusendet und zwey, die einander hertzlich lieb haben, von
einander scheydet, wie man jetzunder vernemen wirk
Es ist in einem flecken ein pfaff auff einer pfarr gesessen,
zu dem ein fraw auß einem andern dorff, so in dieselbig pfarr 15
gehörig, kommen ist, beychtet hat unnd sich zu dem kind ver-
sehen hat lassen, wie dann gebreucblich ist; dann sie sehr
groß gangen ist unnd die zeyt so nahend vorhanden gewesen,
das sie kein stund mehr vor ir gehabt.
Nun auff dem [100b] weg hat sie ein bullen funden, ao
darinn bey etlich hundert guldin waren , welche erst darvor
ein ritter verloren hette. Dieselbig sie mit ir in die kirchen
nam, und als sie ir sünd bekendt hette, sagt sie zum pfaffen,
wie sie ein bullen funden het, darinn on zweyffei vil gelts wer,
bette in, er wolt die bullen zu seinen henden nemen, die auff 25
der cantzel anßschreien und, wo der kern, des sie ist, im wi-
der zu handen stellen; dann sie kundt solche nicht mit gütem
gewissen haben. ,Eyl, sprach der arg pfaff, ,seyt ihr so ein
*
3 nu] fehlt E von den E 6 arme] schwangere E 7 beich-
tet E 9 lacheringen E hab] fehlt E 12 einander] andern BD
13 jetzund E 17 gebürlich E 18 zeit also E 20 bulgen E
21 gülden E 22 reyter E 23 bekannt E 24 bulgen E 25
bat E seiner handen E 26 ausschreiben B 27 kunt E
0 *
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84
Martin Montanu*.
thorichte fraw? Hat euch got etwas bescheret, so behalten
es und habend ein güte kindbeth mit !* Ir die absolufcion sprach
und hinziehen ließ.
Die güt fraw sich nit säumet, den nechsten heim eylet;
5 dann [101a] sie wol empfand , umb welche zeit es umb sie
wer. Und als sie in das waldlein, so auff halbem weg steht,
kam, war die zeit, das sie geberen solt, verbanden ; aber nie-
mand da war, der ihr hette helffen mögen ; sich also inn gros-
sem schmertzen hilfloß auff die bullen nyder satzte, mit gros-
io sem schmertzen die zeit vertribe. In dem sie also weint, kompt
der ritter, deß die bullen was, zu ir. Der sie also bekümmert
sähe, fraget er, ob sie kein bullen funden het. ,Ja4, sagt die
fraw, ,ich hab eine funden. Aber thöt so wol , reytend mir
in das nechst dorff und holend mir die hebam unnd sonst zwey
15 weib ! So will ich euch euwer bullen wider geben. Dann ich
sonst sterben muß.4 Der ritter sähe an die bekümmernuß der
frauwen unnd [101b] auch, das sein bullen verhanden was,
umbkeret und den nechsten weg dem dorff zuritte.
Dieweil aber der reyter nach der hebammen was , kam
20 der pfaff, dem die bullen nit vergessen was, zu der frawen inn
das waldlin und begert die bullen. Als aber die fraw ihme
solche nit geben wolt, zohe er das sobwert auß und durch-
stäche die armutselig fraw; darnach schlüge er ir das haupt
ab , name dass elbig sampt der bullen und keret den nechsten
25 über zwerch felds einem grossen wald zu, da rinn er vermeint
zu entrinnen.
Wie nun der pfaff solch groß jammerlich morde volbracht
und sich hinweg trollet het, kam der reytter mit sampt der
hebammen und zweyen frawen, darumb er dann von der ar-
:*u inen frau- [102a] wen hinein geschickt war. Als sie aber allein
den todten leichnam ohn haupt da fanden, fiel inen ein grosser
schreck zu, wüsten nicht, wie den sachen zuthftn were, damit
*
1 thorechte E beschert CE behalt E 2 habt E 5 sie
was E 6 ins waldlin E 7 was die K vorhanden E 8 da
was E 9 bulgen E 11 reyter E 15 weiber E 16 mftß sonst
sterben E reyter E IS weg] fehlt E 23 arbeytselige E 24
bulgen E 25 zwerchfeld E 28 getrollet E 32 schrecken E
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Wegkürzer, cap. 33.
85
der boßwicht gefangen wurde. Unnd nach langem hin und
her gedencken sahen sie die füßtritt (dann ein kleiner schnee
gelegen) und das blüt , so von ihrem haupt herab gerun-
nen was.
Der reyter sich eylends au ff machet , dem gespor nach 5
rytte unnd in kurtzem den boßwicht erritte, ine anschrye, er
solt ime seine bullen geben, oder er wolte in mit dem blossen
schwerdt durch rennen. Der schalckhafftig pfaff gedachte,
wann der reytter sein bullen wider hette, so wurd er in lauffen
lassen , stund still und botte dem reytter die bullen [102b] 10
dar. Als der reyter sein bullen hett, nam er den mörderischen
pfaffeu, band den seinem pferd an schwantz, setzt sich darauff
unnd schleifft also den pfaffen hernach, fürt ihn in den flecken
und überantwortet ihn der oberkeit , da er auch hernach sei-
nen billichen verdienten lohn empfangen hat. 15
Also jammerlich hat der diebisch pfaff die gut fraw umb
ir leben gebracht, die frucht dar/u in mutterleib verderbt.
Darzu in der geytz gebracht hat; dann wann einer im etwas
args, das wider got ist, in sinn nimbt, so laßt der teuffei
int nach, schaltet für und für, blaßt ihme ein, das er kein 20
rühe nicht haben mag, biß er ihue zu fall bringet. Darnach
singt er, springt, lacht unnd dantzt, [103a] das er ein so fein
on grosse mühe zü im gezogen hat; da spilt er darnach das
dickedack mit inen in der hellen.
0 Christen mensch, widerstreyt 2ö
All weg des teüffels listigkeit,
Welche er tilg und nacht braucht,
Dardurch er den menschen versucht,
Ob er in brecht zu seinem willen!
Den soltest du also stillen : 30
lirauch zur gegen wehr gottes wort,
Welches er selber gesprochen hat:
,Pack dich von mir, du Ssithan ;
1 w5rde £ 6 erriet £ in anschrey £ 7 sein C wölt £
9 bälgen £ würde £ 11 ritter B 12 satzt £ 14 Überant-
wort E 18 wenn £ 19 lest £ 21 rftw nit £ 22 einen E
23 spielet £ 25 drümb widerstreit £ 26 listigkei. B 27 Die er
dann t. u nacht stets b. £ 28 den menschen er £ 30 Denselben
solt B 31 zft der £ gotta £ 33 du] hinweg K
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86
Martin Montanas,
Kein gwalt solt du an mir han.'
Zweyfelt mir nit, warst du das thon,
Er wirt dein fürhin massig stöhn
34.
5 Gelt nimbt einer vom teuffei, das er wöll sein weib
und kind umbbringen.
Zü Laugingen ist einer gewesen, welcher eins jars an der
heyligen drey känig tag mit andern mit dem sternen zu Dil-
lingen und änderst [103b] wa gesungen. Nun auff ein zeit
10 bald darnach er allein vor der statt heraussen umbher gangen,
on zweyffel stets an gelt und reichtumb, wie er dasselbig über-
kommen uiög, gedacht, aber doch , das dasselbig durch sein
grosse arbeyt nit geschehen mochte, wol betrachtet.
Nun er hab gedacht, was er wölle, ye der leydig teuffei
15 (welcher tag und nacht umbher geht wie ein brüllender low,
den menschen zuverschlucken) ist in gstait eines menschen zu
ihm kommen und gesagt, wann er w61 weib und kind umb-
bringen, so wol er im gelts gnüg geben. Ach got, der gut
mann hat sich nit so weyt bedacht, das ime mocht etwas scha-
2» den darauß zustehn, name das gelt und verhieß dem teuffei,
er wolte solchen mordt thün. Hey in [104a] zü hauß zohe,
offt im sinn bett, sein weib und kind zu ermSrden, aber solch s
nye (viileicht auß gottes Schickung oder sonderlichen affect,
so er zu weyb und kinden gehabt) thöu künden; dem teüffel
25 gern sein gelt wider geben hette , forchte aber, er wurd es
nit mehr nemen.
Nun eins mals der teuffei wider zu im kam und fragt in,
ob er das gethon hett. ,Nein4, sprach der mann , ,ich wils
aber thün.4 Abermals willeus hett solchen mordt zuverbringen ;
M doch wann er die sach wolt angreiffen , war im nit änderst,
als stunde einer hiuder im, der in darfür bette. Derhalben
*
2 Mir zweiflet E 3 stöhn] gon E 8 konige E 9 anderß wo £
11 stAts U an] on E 13 mochte E 16 gestalt E 17 woll E
20 draufi E 21 wolte E 24 können E 28 gethan E 30 an-
ders E 31 bäte E
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Wegkürzer, cap. 84.
87
gedachte, ehe etwas groß daroh zuleyden, weder solch groß
mord an seinem eignen weib und lieben kindlein stifften wolt,
das gelt bey einander [104b] behielt und solchs dem teufel
wider geben wolt.
Und eins tags kam der schwartz mann abermals zü dem 5
guten mann in hunds gestillt, fraget in, warum b er seinem zu-
sagen nit statt thete. Dem der mann bald antwort, er kiude
es nicht thün, er sol sein gelt wider nemen. Daran der teüf-
fel nit content sein wolt, in mit dem schwantz umbschlög und
inn in hinein führ. Darvon der mann als bald besessen ward, 10
nicht änderst thet dann wie solche leüt, so besessen seind;
die red empfiel im, also das er gar stumm ward, nichts redet,
dann allein, wann die stund schlüge, sagt er: ,Nun helff mir
der barmhertzige got ! Wie wirt es mir so übel gehn !' Dar-
nach aber schwige, das so lang trib, biß im wider geholffen 15
ward. Also auff dise [105a] stund (änderst mir nicht bewußt)
noch leben soll. Zweyfelt mir nicht, er werd fürhin kein gelt
mehr nemen.
Ein sehr seltzam, erschrocken und grewlich ding ist, das
die leüt dem gelt so hefftig sollen nachstellen und etwan durch 20
geytz gewunnen werden, solches auch an teuffei zü begeren,
wie dann diser auch gethan hat. Wiewol es aber nit so ein
groß wunder umb die armen ist; dann wenn sie schon tag
und nacht arbeiten unnd nichts überkommen künden , fallen
sie dann in solche gedancken ; darzü denn der teüffel hefftig &>
schüret, gelt zeiget und den sorgfeltigen menschen von sol-
chen gedancken zu den wercken reytzet. Darzu etwan auch
die herren unnd wolhabenden ursach seind; dann wann sie
von den armen [105b] umb hilff angesprochen werden, schlies-
sen sie vor inen die hend zu , welches zu solcher verzweif- 30
lung ein grosse ursach ist. Damit aber die herrn sich dest
milter gegen den armen halten, hab ich dise verßlin hieher
gsetzt :
*
1 eh C 7 kont E 10 davon E 11 anders E 14 barm-
hertzig C 16 anders E 17 fürthin C; forthin E 19 er-
schreckenlich E 21 gezwungen E 24 können E 25 dann E
28 wenn E 32 milder E
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88
Martin Montanus,
Welcher den armen nit thftt hilffe sdhein,
Sonder alles in sein kästen hinein
Secklet nnd dasselbig verspert
Vor dem dürftigen, der es begert,
5 Der wirdt ohn zweyffel ein kleinen lohn
Bey gott umb solch gutthat empfahen,
Sonder vil mehr die grewlich hell
Wirt er haben zu ungefell.
Darurab. o reicher, theyl aaß dein gut
10 Dem dfirfftigen, so es begeren thut!
Dann dir ein Schilling, guldin nit schadt fast,
Und dannoch, ein armn in freüd gesetzt hast.
35.
Dem bösen feind schreyet eyner, er solt im gelt
io geben.
Es ist nit lang, das ein wolliabender baursraann mit sei-
ner frawen [106a] über feld gantz wol bezecht gangen ist,
und im wider umher keren er vil mal über laut schreye: ,0
teuffei, gib mir gelt! Ich wü dein eygen sein.1 Solches er
20 lang getryben , unangesehen wie trewlich in die frau darfür
bäte, sagt, was er doch also schrye, er dörff doch des gelts
nicht, er hab sonst genüg. Als er nun solches sein schreyen
ye lenger ye mehr trib, kam der teüffel, fürt in in angesicht
der frawen hinweg, on zweifei den weg, dahin er gehört hat,
2ö da er auch noch sitzet.
Also wirt den geitzigen menschen, die niemand erfüllen
kan, ihr lohn. Nimb ein exerapei unnd stoß dich daran!
*
1 den] fehlt E hftlffes E 2 in kästen alles hinein E 3 Das-
selbig secklet und E 4 Vor dme B ders E 6 empfan E
8 Da wirdt er sein des teuffels gsell E 9 0 reicher, drumb E 10
Dem armen, ders E 11 Ein Schilling, gülden dir nichts Bchadt E
12 Dem armen aber sehr wol batt E 14 Bchreyet] rafft E sol E
18 umbkeren E schrye C ; geschryen hat E 21 dorfft E 22
hette sonst gelts gnüg E solch E
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Wegküraer. cap. 35. 36. 89
■
36.
Adam Stegman erw&rgt seine zwey kinder.
Zu Obernähen im Elsaß ein bur-[106b]ger gesessen , so
Adam Stegman genandt unndt ein rebman gewesen , welcher
auff ein zeyt gelt von einem edelman genommen, die reben s
zubawen. Doch nach empfahung defiselbigen anfahen zu ze-
chen und das geltlin verthön und in kurtzem gar feyrabent
gemacht het unnd nach etlichen tagen kranck ward, also das
er nicht mehr arbeyten kundt.
Unnd eins tags , als sein fraw sainpt dem eitern sun in 10
den reben waren, nyemands daheim wäre dann der mann mit
zweyen kindlein, käme dem mann in gedauck (on zweyffel
durch eingiessung des tetiffels), wie er gelt auff die reben em-
pfangen het, das were schon verthon, die reben noch unge-
bawen ; so were er kranck, also das er sie nicht machen [107a] 15
kundt. In summa, in solche verzweyfflung fiele, das er ge-
dacht sich selbst zu erhencken. Ein axt nam, im häuft umb-
her gienge, ein ort suchet, da er möcht ein nagel einschlagen,
daran er sich selbst hencket, aber solchs sich nye schicken
wolt. Und in sollichem umbher gon das töchterlin , so noch 20
jung und von wenig jaren, zum vatter kam und ihn bat, das
er im wolt brot schneiden, dann es sehr hungert. Der vatter
fragt, wa es ein messer het, das im das töchterlin bald gäbe.
Wie nun der böfiwicht das messer in der hand hette, stach er
dem töchterlin die gurgel ab ; darnach zu der wiegen gieng, 23
dasselbig kindt auch umbbringen wolt. Und als ihn das kind
ersähe, fieng es an zu lachen; davon dem vatter sein hertz ein
we-[107b]nig erweicht ward, darvon gieng unnd ihrae nichts
thet. Doch seinen bösen fürgesetzten willen nit zu ruck legen
wolt, wider zu der wiegen gienge, das kind auffrichtet und 30
*
3 Oebernäben E Elsaß ist E 9 kondt E 10 söhn E 11
was denn E 12 kindlin E 16 köndt E 17 selber E 18
mocht E 19 nje] nit E 20 gehn E 22 schneiden] geben E
23 wo E
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90
Martin Montanus,
es hinden am rucken mit etlichen stich en verletzt, dardurch es
alsbald sein leben erbärmblich enden must.
Darnach hinab gienge, nicht gedacht die kind hinweg zu-
thün, sonder sich für die thüren aller schwach und verzweiffeit
5 setzet. Als aber die leüt hin und wider giengen, fragten sie
ihne, wie er lebte. ,Eyl, sprach Adam Stegman, ,ich leb wie
ein bößwicht. Ich gehöre an galgen ; dann ich hab meine
eygne kinder umbbracht.' Die leüt solchs nit glauben wolten,
sonder hinauff giengen und den jämmerlichen mordt sahen,
10 gleich Adam [108a] Stegman gefangen namen und in in sei-
nem hauß, biß sein fraw und der eltst son auß den reben ka-
men, gefengklich enthielten. Als die fraw heim kam und den
schaden und Verlust irer lieben kindlin sähe, mag ein yegk-
lichs bey im selbs wol ermessen, ob sie trawrig oder nit ge-
15 wesen sey.
Doch, das ich es kürtze, der vatter dem son, so mit der
mütter heyni kam, zu im rüfft, ihn ermanet, das er gedechte
und fromb were, gott vor äugen hette und tag unnd nacht
arbeytet, damit er nit also vom teuffei wie er verfürt wurd
20 und in solche verzweyflung kerne , darinn er jetzunder steck.
Nach solcher ermanung er in die rechte gefengknuß gefürt
ward und nach wenig wochen darnach als ein mörder zum todt
[108b] verurtheiit und gefürt ward.
Solchen bösen Ion bringt verzweyflung mit sich. Hüt dich !
Junckfraw Lisabeta bühlet ein jungen, genanut Lo-
rentz, welches ire brüder innen Warden, ine urnb-
brachten, und wie es hernach ergienge.
In der statt Missina waren drey brüder , jung gesellen,
30 kaufleüt, zü guter maß reich, die hetten ein junge schwester,
1 es baldt E 3 nit CE 4 sondern E vor der thnren E
8 nicht CD 11 alte st E 19 wurd E 20 stecke E 26 Lisa-
betha CE umb einen E 27 welchs CD worden E 29 Mis-
sinia CDE
37.
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Wegkürzer, cap. 87.
91
genandt Lisabetha, schon und züchtig und noch nit verheyrat.
Dieselben drey brüder in iren kramen ein jungen hetten, ein
Pisaner, genandt Lorentz, der inen alle geschafft ires handels
aulariebt unnd verrechnet, gar ein hUpscher, züchtiger junger
unnd geradt von leib und person. Derselb jüngling [109a] 5
der junckfrawen Lisabetha von gantzem hertzen gefallen ward.
Sollicher irer lieb Lorentz vernam , alle sein liebe ausserhalb
ließ unnd sein gantz gemüth zu ir keret. Also nicht lang an-
stund, sich zusamen fugten und, was beyder begird und will
wäre, verbrachten. Solliche lieb unnd kurtzweyl ein lange zeyt 10
triben und auch das also unverborgenlich handelten, das ir
lieb zu Hecht kam und iren brüdern wissend ward.
Dann eins nachts Lisabetha zu ireni liebsten Lorentzen
schlaffen gieng und ires eltesten brüders nicht war genommen
hette; der alle sach der zweyer war nam und sähe, doch als 15
ein weiß mann thet, wiewol im solche schmach unleydenlich
war, doch etlichs raths pflag. Da nun der mor-[109b]gen
kommen, was er in der vergangnen nacht von seiner Schwester
und Lorentio gesehen hett, alles seinen brudern sagt und zu-
wissen thet. Und nach langem berathen mit inen selber eins 20
wurden, damit weder inen noch der Schwester schand zustund,
keins gleichen theten, als ob sie solchs gemerckt betten, biß
das ihr fügliche zeyt käme, damit sie solliche schand mochten
rechen, doch on schand von ihren äugen hin nemen. Also es
ein gftte zeit angestanden, keinerley sich mercken Hessen unnd 25
mit Lorentio mehr dann ye frölich warend.
Nun eins tags ihr fügliche zeit käme ; dergleichen theten,
als ob sie all drey für die statt wolten spacieren gehn , und
den jungen mit in fürten. Und da sie an ein verborgen end
kamen, sie zeyt [110a] daucht, iren bösen willen züvolbringen. so
Unnd an solchem end den eilenden jungen , der sich keines
argen zu inen versähe, würgten, mordten und tödteten, be-
gruben unnd sich bald wider gen Messina in die statt fügten.
4 außrichtet E 6 war D 7 ir lieb E anderthalb C 9
will was E 10 lange] gute E 12 zftwissen war E 13 lieben E
19 Laurentio E als E 26 jhe frölich waren E 27 Nu E
28 wolt B 32 zu in E mordeten E 33 Muwina CD; Mia-
sinia E
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92
Martin Moutanua.
Unnd wer nach dem jungen fraget, dem gaben sie zu antwort,
sie hetten ihn in ihren geschefften außgesaudt und kerne in
guter zeit nicht wider. Das inen allzeit glaubt ward ; dann
ir gewonheit was, in vil hinweg zuschicken.
Da nun etliche zeyt vergienge, Lisabetha gar offt ihre
brüder nach Lorentzo fraget, also das lange auß sein ir hertz
beschweret und in trübsal setzet. Eins tags sie iren brüder
gar ernstlich nach im fraget; er ir antwort: ,\Vas bedeut dein
stät fragen? Was hast du mit im [110b] zuschaffen? War-
lich, fragst du mehr nach ihme, du empfahest deinen verdien-
ten Ion/ Solche wort sie sehr betrübten, und groß schreckeu
empfieng, das sie keinerley von iretn Loren tzen vernemen mocht,
gedacht ir wol, die sach nit recht zugienge, doch mit ge-
dult ir leyd vertrug und still schwige. Und zu mebr malen
des nachts in irem beth ime mit demütiger , senffter stymiu
und betrübtem hertzen rüffet und bat in , das er bald wider
kerne, und mit schwerem seufftzen und harten trähern irer äu-
gen sein langes auß sein beweynet und klaget und on alle
freud sein stäts wartet.
In solchem irem trawrigen leben eines nachts nach vil
langem weynen nach ihrem Lorentzen , der nicht wider kam,
inn solchen eilenden ge-[illa]dancken sie entschlieff, und im
selben schlaffen Lorentius, ir aller liebster, ir für und nach
ihrem geduncken zu ihr kam aller bleich unnd ungestalt und
zu ir sprach: ,0 Lisabetha, mein allerliebste fraw, du thust
mir stäts rüffen, das ich so lang von dir bin, dich selbst be-
trübest und mit deinem härten weynen mich gegen deinen
brüdern verklagest unnd schuldig gibst. Laß ab von deinem
weinen! Wiß, das ich nit mehr zu dir komm; dann ich mit
tod von deinen brüdern auß diser weit gescheyden bin. Dann
am letsten tag, da du mich sähest, mir deine brüder das le-
ben namen unnd jämmerlich todteten.4 Darbey er ir das end
und das orth, da er den tod von iren brüdern empfangen hat,
weyset und lehret und zu ir sprach, das [11 lb] sie im nicht
4 ine CD 6 Laurentio K 7 ihrem E 10 empfehst
dein E 11 Splche B grossen E 20 ein uacbt E 29 wiese
E 83 bett E
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Wegkürzer, cap. 87. 93
mehr ruffet; dann ir rüffen im sein pein mehret. Inn dein
von ir schied und verschwand.
In solchem schlaff and träum Lisabetha erwachet, gentz-
lich dem gesiebt glaubet, von newem anhüb kläglich zu wei-
nen und deß tags schein warten was. Da der tag kommen 5
was, auffstund, doch so behertzt nit was, den brudern etwas
zusagen, ihr fürnam, an das bezeichnet end zu gehn , zu be-
sehen, ob im also were, als sie in dem schlaff ires Lorentzen
halb vernommen hett. Des Urlaub von den brudern name, spa-
tzieren ein klein für die statt zu gehn mit einer guten frawen, io
die vil irer geheim wußte, sich, so beldest sie mocht, an das
end fuget, da der eilende jung Loren tz begraben läge.
Da sie die bletter der bäum ab dem erd-[112a]trich nam
und das new frisch erdtrich fand , darbey ir des jungen be-
grebnuß kund warde. Sie grüben nit lang, sie den todten 15
leychnam ires allerliebsten fände in keinerley nit verkert. Dar-
bey sie wol irs traums gesiebt klärlich vername, sähe unnd
erkennet, trawriger dann kein fraw ye ward. Doch da nit
lang zu klagen was ; und wa es müglich gewesen , sie gern
den gantzen leyb mit ir getragen hette, im fügklichere begreb- 30
nute zugeben; aber nicht müglich was. Darumb ihme allein
das haupt mit einem messer abschnitte, inn ein schneeweiß
thöch wicklet und irer meyd zutragen gab; unnd den leyb
wider mit der erden bedeckten, und in die statt heim zu hauß
keret. 25
Da sie sich mit dem todten haupt in ihr [112b] kammer
verschloß und von newem anhub kläglich zu weinen, mit ihren
harten zehern das haupt zu weschen , das zu tausent malen
küsset. Darnach ein grossen schonen scherben von magiolita
name , darein man nägelin , mayeron oder basilicon setzet ; m
darein sie das haupt in einem seydin tüch verwicklet legt und
mit erdtrich umbgeben und bedeckt. Daran ff sie seet und setzt
schone zweyg von basilicon salaritano und den mit keinem
andern wasser begoß oder netzet dann mit einem rosenwasser
*■
7 end] ort E 13 der bäum] fehlt E 15 grub E 18 je war
E 19 wo E *8 haupt E 29 kiiasen E 30 negelin CE ma-
joren E 33 basilico E
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94
Martin Montanus,
und den zehern irer äugen. Für ein gewonliche gewonheit
het, stäts beym scherben zu sitzen, in mit grosser begird bü-
let und stäts ansabe als den, der iren allerliebsten bülen ver-
borgen hielt Unnd nach lan-[113a]gem ansehen darüber
5 gieng klaglich zu weinen, das also lang thet, biß sie in aller
gantz genetzt het. Der basilicon von ihren staten zäher n und
der geile des erdtrichs und todten haupts on maß schön unnd
wol schmeckend ward.
Die jungkfraw solches weinens und klagens ob dem ba-
lOsilico so offt tribe, das sie zu mehrmalen von etlichen ihren
nachbauren gesehen was, die das mit grossem wunder irer
verdorben schöne iren brudern sagten, was sie täglich von
Lisabetha gesehen hetten. Da das ire bruder vernamen, sie
strafften und darumb zu red satzten; aber als umbsonst und
io ungeholffen was. Die sich mit einander berichten und ir den
scherben heimlich namen und [113b] stalen. Den sie zu mehr-
malen mit grossem zorn und ernst an ire bruder fordern und
begert, aber ir darumb nit wider ward. Des sie ires weinens
nicht nachließ, sonder das mehret, umb des willens in schwere
20 kranckheit fiele , nye anders begeren was dann allein ihres
scherben s.
Das die jungen, ire bruder, gar frembd name, das sie in
solcher grosser kranckheit ihr zu hilff nichts anders begeret
dann allein des scherbens. Mit einander eins wurden, zube-
25 sehen , was doch anders dann basilico inn dem scherben sein
möchte, unnd den außschütteten. Darinn sie das todt haupt
unverwesen in dem seydin töch funden unnd beym schönen
haupt wol erkandten, das es Lorentzen haupt [114a] was,
sich sehr verwunderten und erschracken, darbey besorgten, ir
ao niord zu liecht kommen were ; doch das bald begruben und
auß Missina gen Neapolis zogen.
Die jungfraw, ir Schwester, nicht änderst dann ires scher-
bens begeren ward und also weinend iren geist auffgab und
irs lebens grosser überflüssiger lieb halb ein erbärmlich end
1- gewonliche E 4 langem BD 13 Do CD 14 aber alles E
15 beriethen E 17 forderet E 18 weines BCD 20 nye] nit E
31 Missinia CDE 84 irs] des K
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Wegküraer, cap. 88.
95
name. Doch nach etlicher rergangner zeyt ein solches mehr
personen zu wissen kam, davon einer diß lied dichtet :
Tu guasta latrui cose fa villana.
Ein erbärmliche unnd klagliche hystori ist das. Darumb
hab ich sie hieher gesetzt, das sich die jungen meydlin darinn *
gleich als in einem Spiegel ersehen sollen und die lieb, so
[114b] sie zu den jungen gesellen tragen, recht in das hertz
fassen unnd nicht allein lieb haben, dieweyl er gelt im seckel
hat. Wann bey allen junckfrawen unnd nicht allein bey den
junckfräwlin , «mder auch bey eeweybern gegen iren mannen »
ein solliche unabtrey bliche lieb were, wurde es baß in der
weit stehn. Aber es heist jetzt:
Hast du gelt, ao hab ich lieb;
Wo nicht, dich in winckel schmieg !
Daselb du narr solt bleiben stöhn, 15
Biü ich dich wird heissen förher gohn.
Es müß aber gewißlich einer lang bölen , eh er solchs
Überkompt, wenn er nicht gelt hat. Ja, man sehe dich auch
nit an, das man dir schier ein güt wort gebe. Wo man aber
ein [115a] vollen seckel weißt, da kommen meine guten t6ch- 20
terlein, bieten sich selbs fayl wie das fleysch in der metzig.
Gsell, wilt du bftlschafft treyben
Bey junckfrawen und bey weyben,
Den seckel voll gelt thfi fassen,
Außgeben nicht underwegen lassen! 25
38.
Hieroninius het lieb ein jungfraw, genandt Silvestra;
uud damit er ir vergeh, tbet man in gehn Pariß,
er aber ir hernach an der seyten starb.
In der stat Florentz wonet ein alter reicher kauffman, der yo
mit einer seiner haußfrawen ein jungen son het, genant Hie-
3 Tngu astra BD 5 magdlin £ 7 getragen E II wurde £
U in ein £ 15 Daselbst E stan E 16 wird] fehlt £ gan £
19 schier] sicher £ 20 wisse E 23 und weiben E 24 gelt solt
du E 25 Außgehn E 29 hernach ir E 81 Ieronymus E
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96
Martin Montanua
ronimus. [115b] Derselbig güt mann alters halben mit todt
abgienge. Der jung knab mit andern kinden der nachbawr-
schafft erwachsen was, doch mehr mit einem jungen mäydlin,
die eines Schneiders tochter was, kundtschafft hette dann mit
o andern. Solliche kundtschafft und auffwachsen beyderhalb sich
in brinnende lieb keret inn sollicher maß, das der jung kein
gute stund on das maidlin gehaben mocht, wo er sie nit sähe ;
deßgleichen sie in nicht minder lieb het.
Solcher liebe des jungen mütter wahr genommen het, in
10 offt und dick darumb straffet und zu red setzet , als die da
meint, umb des jungen grossen reichtumb willen auß dem
schlehendorn ein apffelbaum zuziehen, [116a] und das den for-
m undern anzeygt, sprach : ,Diser mein son, welcher noch nicht
gnr zu viertzehen jaren kommen, zu eins Schneiders tochter
15 solliche grosse lieb hat, das ich besorg, fürsehen wir es nicht
und schicken in von hinnen, er sie eins tags heimlich on je-
mands wissen zu der ehe neme, des ich nymmermehr frölich
wurd. Unnd wa sie einem anderen geben wurd , er sich in
den todt fresse. Darumb ein solchs zufürkommen, deucht mich
20 gut, ir hetten in von ir genommen unnd in frembde landt
gesandt, da ihr ewer hendel habt, ob im villeicht solch sein
liebe vergessen wurde. Darnach wir ihm eines erbarn manns
tochter, im gleich, geben mochten.'
Den formündern der [116b] frawen red wol gefiel, und
25 sprachen, sie wolten allen iren fleyß thnn ; den jungen zu inen
riiffen und ztlchtigklich gnüg mit im reden unnd sprachen :
,Lieber son , du bist nun mehr zu deinen jaren und vernunfft
kommen. Darumb were unser meinung und sinn , du sehest
selbst zu dein geschafften, und were unser güt meynung, du
30 rittest gehn Pariß, da der mehrtheyl deines handels und reich-
thumb ist, und besehest, wie dein und auch unser sach stünde ;
auch dabey etwas zucht unnd tugent gelehrnet hettest, (des
wir nicht zweyflen ; dann da ist grosser adel von fürsten und
*
2 k indem E 5 Solche E G brennende E 9 jungen] kna-
ben E 11 jungen] knaben E 12 vormundern E 16 yemandts
C 18 wo E gegeben wurde E 19 fraß E 22 wurde E
25 wolten E jungen] knaben E 26 rufften E redten E
29 deinen E
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Wegkürzer, cap. 38.
97
herren, auch hochgelehrte manner, die dir on zweyfel gefallen
werden) darnach wider zu uns her kommen [117a] werest.4
Da nun der jung seiner formunder red vernommen het, mit
kurtzen Worten inen antwort gab, wie er das nit thun wolt;
denn in daucht, er als wol zu Florentz sein möchte als ein;»
anderer.
Des jungen müter solche antwort zu wissen käme; die
umb solcher antwort willen in grossen unmut und zorn fiele
nicht darumb, das er nicht gen Pariß wolt, sonder seiner gros-
sen lieb halb, so er zu der junckfrawen het. Ihm übel zu- iu
redet, doch darnach mit demütigen, seniften worten in bath,
das er iren willen thete. Sich schicket, nach irem gefallen
ein jar zu Pariß zustebn und nicht lenger, auff saß und gen
Pariß ritte ; aber sein grosse lieb eh sich mehret dann min-
dert. Doch wider allen [117b] seinen willen zwey jar zu Pa- i;>
riß verharret unnd nicht minder inn seiner ersten liebe brane.
Und in seinem wider kommen er befände, das sein aller-
liebste jungkfraw Sylvestra sich verheyrat het. Davon ihm
groß leyd zustünde ; doch wol gedacht , was geschehen wer,
nit wider zu ruck gehn mocht, darumb sich beflisse, ime das ao
frid zugeben. Doch sein liebe darumb nicht nachließ, und
ir hauß erlehrnet unnd, als der bftler gewonheit ist, vor dem
hauß oift auff und ab gienge und meint, gleich als er ihr
nicht vergessen hette, auch sie sein nit vergessen solt haben.
Aber es hett sich alles umb sie verkeret; es war ir nit an-
derst, dann hett sie in nye gesehen , unnd ob ir noch etwas
inngedenck [118a] was, yedoch sich des gegen im nicht hette
mercken lassen. Solches der jung wol vername, nit mit klei-
nem schmertzen pein trüg und alles das thet, das solcher lieb
halben zuthön ist , ob er ir wider in ihr hertz unnd gemüt ao
kommen mocht; aber sie irer liebe gegen im änderst nit er-
zeigt. Darumb er sich schickt, zu sterben oder er wolt mit
ir reden ; und durch etlich nachbeürin underricht ward die
gelegenheit ires hauß und kammern.
*
3 forraunter CD; Vormündern E 5 deuchte E 7 jungen]
knaben E 16 brant E 17 er] fehlt E 20 ihm des friede E
26 dann] ah E 27 eingedenck E 31 anders E nie C ; nicht E
32 wolt E
Montatiu« 7
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98
Martin Montanus,
Und eins nachts sie und ir mann zu der nachbaursclmfft
waren essen gütigen, inn dem er das hauß erstige und in die
kaminern hinder den umbhang des beths sich verbarg, da also
lang verborgen läge, biß sie zu hauß kamen und zu beth
ögiengen. Und da er den [118b] mann entschlaffen vernam,
sich an das beth zu der jungen frawen leget, sein band auff
ir brüst leget, mit niderer, sänft'ter stimm zu ir sprach: ,0
mein außerwölte fraw und liebe, nit erschrick ! Ich bin dein
Hieronimus.4 Die fraw, die da nit schlieff, willens het zu
io schreien, doch von alter freundschafft bezwungen still zuschwei-
gen, sonder in umb gottes willen bäte, das er hinweg gienge,
ehe der mann erwachet, dann die zeyt irer beyder kindlicher
liebe vergangen were : ,Ich bin, als du wol sihest, verheyrat
zu der göttlichen ehe, darumb mir nicht mehr zusteht fremb-
k» der liebe zu pflegen. Darumb durch gotes willen gehe deine
wege, ehe du von meinem mann vernommen werdest! Wie-
wol [ll^a] dir vileicht nichts arges zustund, so wurde ich
doch gewißlich mit ihme nimmer in friden leben, so ich jetzt
werd gehalten bin.1
20 Da der jung der frawen hefftige wort vername, all sein
hoffnung verlöre und in grossen unmfltb fiele, die grosse lieb
der vergangnen zeyt beyder halben bedencken ward, und das
sich sollich sein lieb, wie ferr er von ir gewesen was, nit ge-
mindert, sonder gemehret bette und die ire gegen im so gar
2.» erloschen was; groß bitten unnd verheyssen durch einander
vermischet er ir thete, aber von ir keiner bitt gewehret was ;
darumb gantz verzagt unnd des tods begeren was.
Zu dem leisten sie bathe, in widerkerung seiner liebe, die
er so lang zeit zu ir getragen [119b] het, das sie ihme ver-
:u> günnet ein klein sich bey ihr zu wermen , dann er vor frost
tod und aller erkalten wer; und ihr versprach, inn keynerley
Unehren wider ircn willen zuthun ; als bald er sein werm em-
pfangen het, wider von ihr gen wolt. Die jung fraw sich er-
barmen ließ, die villeicht von seinem anrüren seines frosts em-
(> jungkfrawen E 9 Ieronymus E 10 aller C 12 eh CD
dein CD geh hinweg E 17 wiird E 21 grossem E 28
um E 31 erkaltet E 34 anrieren C
Wegkürzer, cap. 38.
99
pfunden hett, und ihn, des er begeret, gewert. Also der eilend
jung sich seiner lieben frawen an ir Seiten schmückt, anrürt
unnd nicht sprach; doch wol mit im selbs ir grosse härtig-
keit wider ine bedacht, darbey sein verlorne hoffnung sähe;
darurab ime fürnam nimmermehr zu ihr zukommen. In sol-
chem gedencken ohn einicberley gedancken noch icht gespro-
chen [I20a| ime all sein geist seines lebens verschwunden,
und der frawen an ihr seyten tod blib.
Also etlich stund läge, ehe die fraw seines tods war name.
Wol sie frenibd daucht seiner grossen zucht halben , das er 10
also sie unangerurt ligen mochte, auch sorg hette, der mann
erwachete und des jungen warnera ; umb des willen sie mit
grosser still in anhub zu wecken : Jlieronime , stand auff
unnd gang hinweg, eh das mein manu erwachet'/ Das thet
sie also zu mehrmalen, aber kein antwort von im hette. Ge- 15
dacht, er were entschlaffen , ir handt zu im strecket, ihn zu
wecken, also sie in aller eyßkalt befunden. Welliches sie gar
größlichen frembd nani und sie on zweyfel daucht, das er
todt we-[120b]re.
Da ward kein betriibtere fraw nie mehr gesehen worden, 80
und nicht wüßt, was sie thun solt. Doch bald mit ir selbst
rath name unnd durch ein andere person iren mann versuchen
wolt, was er doch zu solcher sach sprechen wolt. Und in auß
dem schlaff wecket und aber, was sich mit ir und des jungen
halb zutragen het, zu verstehn gab, wie ein solchs einem an- 2:,
dem zugestanden wer, und sprach: ,Mein lieber mann, ob
mir ein solche sach beschehe, was deucht dich zuthfin?k Der
gut mann ir antwort gäbe unnd sprach: .Mich gedeucht den,
der da todt wer, das man denselben mit stille zu seinem hauß
trug und ligen Hesse und die frawen , der das also ergangen yo
wer, in keinem argen oder [121a] übel verdecht, so sie doch
daran kein schuld noch gsündet het.1
Die fraw zft im sprach: .Mein lieber mann, wir also
tbün müssen.' Und im sein handt name unnd auff den todten
*
3 selber E hättigkeit ß; hertigkeit GE 6 nicht C; nichts E
versprochen E 8 ihr] der 15 9 etliche CD 13 leronyme, steh K
14 geh E 18 groGlich E 20 Da was E 31 keim E 32 ge-
sundet E 33 wir im E
7*
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100
Martin Montan us,
legt, der ir an der andern seyten lag. Darbey er vernam, als
die fraw gesprochen het, gantz war was, erschrocken lieh auff-
stünd, ein liecht anzündet , das wunder zusehen. Und ehe er
mit der frawen wider zu red kam, den todten jungen inn sein
o gewand wider kleydet, auff die achsel nam und für die thür
seines häuft tröge, da ine ligen ließ.
Er des morgens mit grossem weinen unnd klagen von
seinen freünden funden ward, sonder von seiner mütter, die
ihne mit grossem rumor und geschrey mehr dann ye-[121b]
10 mands anders klaget. Da er von seinen freünden besucht
warde, ob er niendert wund were ; es ward aber nichts fun-
den. Dann durch die weisen artzet gesehen unnd gesprochen
ward, er von grossem leyd todt were, als dann die warheit
was. Also den leyb in die kirchen trugen; dem sein trawrige
r» muter mit iren freünden, frawen unnd mannen, gesell schafft
thet, unnd, nach dem gewonheit was, den todten klagten.
Inn dem der gftt mann , in des hauß der jung gestorben
war, zu Sylvestra, seiner frawen, sprach: , Gehe hin und nimb
ein mantel auff dein haupt, gehe in die kirchen, da man Hi-
20 eronimum hin getragen hat! Und setz«? dich under die frawen
und vernimb was [122a] man doch von diesen Sachen sagen
wolle, ob wir in keinerley weg ver Jacht seind ! Deßgleichen
wil ich unter den mannen thün.1 Das der jungen frauwen, die
sich zu spat gedemütiget hat, gefalleu was , als die auch den
2> todten gern gesehen het, dem sie bey leben nicht mit einem
kleinen küßlin wolte zu lieb werden. Sich zu der kirchen fü-
get, zusehen, was man von dem todten Hieronimo saget, nach
befelch ires maus , und wie sie angeschlagen hetten , das sie
sich darnach wißten zurichten, ob sie verdacht oder argwenig
w weren.
Es ist ein grosses wunder, zubedencken und wollen durch-
gründen die grosse sterck der liebe ; dann das hertz, welliches
das unselig glück und Hieronimus, 1 122b] dieweyl er bey le-
ben, nicht eröffnen noch erweichen mocht, die eilende junge
*
2 erschrocken E 6 in da E 8 war E 11 wäre E 12
ärtzt besehen E 15 mann E 19 Ieronyiuuin E 22 seyen E
24 gedemutiget gefallen hat E 26 nit wolte E 29 argwonig wer
E 31 groß K M jungfraw E
I
Wegkürzer, cap. 38. 101
fraw selbst auff thete, unnd die alten erloschen flammen *der
liebe sich in ir wider anzündeten, und sich als gehlingeri ker-
keret. Da sie den jungen also tod ansichtig warde, in solche
klagliche deraütigkeyt fiele, davon nicht zuschreyben. Unmt
zu hand auß den frawen zu dem todten trang und über ihm
kläglichen anhöb zu weinen und ihr leyd zu klagen unnd mit
ihrem angesicht auff' das sein fiele, aber mit wenig zähern irer
äugen. Dann so bald sie in angerüret hette, zu gleicher weyß
als das groß leyd , pein und schmertzen dem jungen sein le-
ben genommen hette, also auch ihr das grosse [123a] hertzen- 10
leyd ir leben name.
Die zusehenden frawen , die ihr gantz kein kundtscbafft
hetten, nach dem und sie die lang getrost hetten, zu ir spra-
chen, das sie von dem todten auffstünde und sich selbst auch
tröstet; dann das der will gottes were, den jungen also zu i.,
ime zu nernen. Aber sie , als die auch todt was , inen kein
an t wort gab noch sie verrürt. Die frawen sie angriffen , ab
dem jüngling zuheben; die zur stund Silvestram erkandten
unnd todt funden. Umb des willen alle frawen, die da gegen-
wärtig waren, mit zwyfachen klagen und demütigem trawren 20
überwunden, alle kläglichen anhüben zu weinen.
Solche mähr für die kirchen under die mann kamen, und
Silve-[123b]stra mann, der darunder was, zu wissen ward. Der
on yemands trost auch anhüb zu weinen unnd klagen umb
sein Silvestram, sein gemahel. Und etliche, die bey ime stun- 25
den, die ursach seines leyds fragten; denen er, was sich in
seinem hauß Hieronimi halben ergangen, zuwissen thet. Dar-
nach bey yederman kund ward die ursach irer beyder tod ; je-
derman groß leyd het, und die jungen frauwen neben den kna-
ben in die baar legten; da sie beyde von newem beweint wur- w
den, darnach beyde inn ein begrebnuß beschlossen. Also die
die grosse liebe im leben nicht mocht zA in fügen, sie mit
tod und ewiger gesellschafft zA einander beschlossen und ge-
fügt wurden. [124 a]
*
3 war E 5 drang E über in E 10 groß hertzleyd E
16 im nemen E 17 sich verruret E 20 demütigen E 22 mä
ren E 26 in seinem hauß] fehlt E 28 war E 30 haar E
31 Als E 32 zu ein C; zusammen E
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102 •*-. Maitin Montiuius,
. • •
seye nun genüg von kläglichen dingen geschriben.
Weichs ein verstendigs hertz hat, mag sich in disen zweyen
. kläglichen historien genugsam ersehen, was ihme zu thün oder
Zulassen seye der liebe halben. Die fraw in einem weg nit
*o zu loben ist, sonder vil mehr zu schelten nnnd under die un-
getrewen zusetzen , das sie dem glitten Hieronimo nicht mit
einem kuß mochte zu trost kommen ; dardurch sie ihm vil-
leicht sein leben errettet hette, die doch vormals mit irem
gantzen leyb ime, so ofl't er das begeren gewesen, zu willen
10 worden ist. In dem andern teyl ist sie sehr zu loben, ja auch
für die keusch Lucretia zusetzen , das sie die ehliche trew an
ihrem mann nicht hat brechen [124b] wollen ; dardurch aber
der gut jung sein leben erbärmlich enden müssen. Wer ist
aber die grost ursach seines tods gewesen ? Die witzig möter,
15 die iren son etwas schöner , reicher und gewaltiger geschetzt
hat weder Sylvestram, nicht betrachtet, das er als wol fleisch-
lich ist als andere und was Venus und Cupido vermögen, von
wes wegen er auch todt ligen müssen.
Das volkommenlich urtheyl aber zwischen Silvestra, ob
lh) sie recht oder unrecht gethan , will ich nicht feilen ; dann
dasselbig sich hernach selbst feilet und beweiset, das sie grosse
rew und leid über ir härtigkeit gehabt hat, von des wegen
auch gleich über dem armen jüngling gestorben ist. Derhal-
ben will ich einer yegkli-[125ajchen frawen solchs selbst zu-
25 bedencken geben, das sie sehen, was inen der lieb halben zu-
thün sey; dann etwan sollichs, was von überflüssiger lieb und
nicht auß boßheit und mütwili geschieht, wol on sund zu-
gehn mag.
39.
auFraw Agnes schicket nach einem, den sie zwen
bundtschüch zu haben vermeint.
Ein junger übelgekleidter gesell kam auff ein zeyt in ein
*
1 sey n.i gnüg K 2 Welches CDE verstendig 9 begeret K
U zu schet/.en K 17 von welches E 27 sünd CD; sünde E
Wegkürzer, cap. 3U.
103
wirtshauß, darinn ein edle wittfraw zu herberg hig; von wes
handels wegen, ist mir nit bewust. Die fraw sich ein weyle
auff das bettlin, so in der stuben was, gelegt liett, davon der
gut jung schön gsell nicht weyt saß. Nun ich weiß nicht,
was ime in sinn kam [125b] oder was er gedacht, ye das ö
hertz im latz wischet im auff und ihm neben dem latz ge-
stracket hinnauß före. Das die fraw beider dann der jüngling
war genommen; doch so bald er das seltzam thier heraussen
vermercket, mit schäm dasselbig wider hinein thet. Nun hett
aber der latz an den hosen nicht mehr dann ein nestel ; unnd iu
wie er ihne an der einen seyten hinein thet, der gotsdieb und
bößwicht ime zu der andern seytten wider hinauß före. Das
die fraw aber als bald sähe, bey ir selbst gedacht, ires willens
mit im zu pflegen, dem gesellen bald schüff essen zugeben.
Und als der tag vergangen , die nacht herbey" kommen i;>
und yderman schlaffen gewisen ward, die fraw dem gu-[126a|
ten jungen gsellen zu wissen thet bey einer irer magd, das er
solt zu ihr kommen ; sie hette etwas mit ime zureden. Der
gftt gesell was der bottschafft fro, gedacht wol, der metzen
sontag wer, dieweil die schonen frawlein nach im schickten, 20
sich nit sauinet, auff seine fuß sprang unnd mit der mayd in
der frawen kamer gieng. Und als sie den jüngling bey ir
sähe, yederman auß der kamer schaffet, und sie sich freündt-
lich gegen dem gesellen erzeiget, sich mit sampt im auff das
beth setzet. Der gut jung wol sähe, was ime zuthün wer und
warumb er beschickt wer worden, mit der frawen anfieng zu
schertzen und in kurtzem irem willen ein genügen thete.
Nun undter an-[126b]derm die fraw ihn fragen ward,
sie hette wol gesehen, das er zwen hett, und ob sonst mehr
leüt weren, die also wol gestaffiert weren. ,Nein4, saget der m
jüngling , ,ich bin durch sondere gnad von got also begabt
worden ; dann ich sonst nyemandt also weiß weder ich.4 Die
fraw dem jüngling gentzlich glaubet unnd den andern auch
zftversuchen begeren warde. Und der jüngling, der nun etlich
*
1 von was E 6 wuscht E 7 Des E 8 thur K 1« ge-
wesen BCD 20 diewezl B frawlin E 28 Nft E war E
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104
Martin Montanua,
meyl auff dem einen roß geritten was, auff saß und noch ma-
nig meyl vor tag ritte.
Ich weiß nicht, wie der jungling mit der frawen handlet,
ye er gefiel ir so wol, das sie ihn nicht mehr wolt von ir
:> lassen. Ihne etliche wochen bey ihr behielt, von newem klei-
det und gern gar, wa es [127a] des jünglings will gewesen
wer und ir darvon nicht schand zugestanden wer, bey ir be-
halten het. Aber dem jüngling solchs in die lenge so streng
zutreyben nicht müglich sein wolt , unnd nach etlichen ver-
iu gangnen tagen Urlaub name, sich mit der frauwen letzet und
mit grossem uninüth der frawen von dannen schied.
Gott geb allen guten gesellen solche gütte herberg !
Amen.
»
40.
15 Die zech begeret ein wirth an zwen , die sie vor
40 000 jaren schuldig blyben seind.
Zwen gesellen kamen inn ein wirtshauß, darinn sie wol-
bekannt waren, fiengen an zu zechen und guter ding zu sein.
Und als man die zech [127b] macht, fiengen sie an und sag-
•jo ten zum wirt: ,Herr wirth, ir wißt wol, das man sagt, das
die weit vor viertzig tausent jaren gestanden sey wie yetz-
under , und nach vergehung der yetzigen weit werd die weit
über viertzig tausent jar abermals anfallen, da wir dann all
wider zusamen kommen werden und bey einander sein werden
2.-> wie jetzund. Und dieweil wir aber yetzund nicht wol gelt
haben, bitten wir euch, ihr wollet unns biß auff dieselbig zeit
warten ; alßdann wollen wir wider zu euch kommen, bey euch
zechen unnd ein zech mit der andern bezalen. Darurab , das
wir hie schuldig seind, schreybt uns an und, wenn dieselbig
;jo zeit kompt, legt uns für! So wollen wir euch bezalen.' [128a]
Der wirth aber ein schalckhafftig mann wäre, bald merckte,
6 wo E 12 gebe E 15 wart CE 16 viertzig jaren E
20 würt CDE 21 tausent] fehlt E 28 tausent] fehlt E 2 wir]
mir BCD 29 sind E
Digitrrrl hy Tingle
Wegkarzer, cap. 40. 41.
105
das sie ihn umb die zech betriegen wolten, inen antwortet
und sprach : ,Es ist war, lieben herrn, das die weit vor vier-
tzig tausent jaren wie jetzt gestanden ist und über viertzig
tausent jar aber wie yetzt stehn wirt, auch bey einander wie
yetzt sein werden. Und dieweil ihr vor viertzig tausent jaren 5
auch in meinem hauß gewesen seind und dieselbig zech auff-
gesch lagen , so gedenckendt, das ir mir nit auß der stuben
weichent, so lang und vil biß ir mir beide zech mit einander
bezalt haben !' Ire röck zu pfand name.
Was wolten die göten gesellen thün? Wolten sie ire iu
rock haben, mftsten sie dem wirth die zwo yrten ge-[128b]
ben oder on rock zu hauß ziehen. Den wirt bezalten , heim
zu hauß giengen und kein wirth nicht mehr betriegen wolten.
Also traffe untrew iren eygnen herren.
41. 15
Ein fraw erzeygt sich allweg gegen irem mann
freüntlich.
Ein fraw erzeygt sich allwegen freOndlich gegen irem
mann, sprach, sie gern, so es sich (da got vor sey) begeben
solt, für ine sterben; unnd der schmeychlenden wort sehr vil ao
trybe.
Eins mals der mann gedacht: ,üein fraw erzeygt sich
so freOndtlich gegen dir; wann mir etwas widerwertigs zu-
handt stoßt, so weint sie ; gat es mir wol , so lacht sie ; zu
dem so fl29a] sagt sie, sie wolt gern für mich sterben. Nun &>
ich will sehen, ob es ir umb das hertz ist.4 Unnd eins tags
er einen hanen name , denselbigen lebendig ropfft , im aliein
die federn am kopff und am schwantz bleiben liesse, also das
er gar erschrocken lieh anzusehen wäre. Sich nider zu beth
leget unnd den hanen in der kamraer lauffen liesse, nicht an- m
derst thet, dann als ob er gleich von hinnen scheyden wolt.
*
3 tausent] fehlt E <\ tausent] fehlt E 5 yetz C tausent]
fehlt E 6 seyt E 7 gedenckt E 8 weichen C; weicht K
zechen E 9 habt E 11 iirten E 24 gehet E 25 wolte CD;
wolle E 29 was E
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106
Martin Montaaus,
Die fraw himiein in die kammer gien^e, aber des hauen
nicht als bald wargenomtnen hett, den mann tröstet und sich
übel gehub, irae als zuverstehn gab und schrye, wie sie gern
für in sterben wolt. In dem sich auffrichtet und den hanen
'» sähe gegen ir hergehn ; von stund an erschrack, [129b] nicht
änderst meinet, dann es der tod were, mit senffter stimm sprach
und mit dem finger anff den mann deüttet : ,Hie ligt er, hie
ligt er.1 Vermeint, er were im beth, da er ihne finden wurde.
Als solchs der mann sähe, wol verstund, wie lieb ihn sein
10 fraw hett unnd das es allein wort umb sie waren, auffstünd
und fürthin der frawen weinen und göten wort nicht mehr
glauben wolt.
Hund hincken,
Weyher weynen,
lö Kramer schweren
Soll sich kein weyser mann ankeren.
Wellicher glauben will, wann die hund hincken, und der
weiber traher im zu hertzen gon lassen wil und [130a] glau-
ben wil, wann die kramer schweren, der ist warlich nicht ein
ao weyß mann. Aber den weybern glaub und vertraw nyemand
zu vil. Nam
Nere, flere et nihil tacere
Tria sunt in muliero
42.
z> Historia Gisippi und Titi.
Zft den zeiten des hochwirdigen Octaviani, noch nicht ge-
nannt Augustus , wol ein regierer des keiserlichen ampts , in
der stat Rom ein edelraan gewesen was, genannt Publius
Quintus Fulvius. Der het einen eynigen son , genannt Titus
no (Quintus Fulvius , von sehr subtilem gemut und grosser lehr-
nung; und damit der jung ein mechtiger philosophus wurde,
*
3 schrey K 7 liget E 8 were] lege E würde E 11 und
guten wort] fehlt K 15 Kramer E 18 im] fehlt E gehen E
gleuben C 20 weiser E 28 gsessen E 30 subtilen BCD 31
darmit CD wirt E
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Wegkürzer, cap. 42
J07
in gen Athen in die ho-[130b]hen schul schicket und, so er
best mochte, ihne einem seinem allten giUten freünde Cremeti
befalhe. Der den jungen Titum seinem vatter zu lieb in sein
eigen hauß nanie, ihne zu einem seinem söhn, genant Gisippus,
gesellet, die beid in eim alter waren. Und zu dem grossen 5
philosopho Aristippo beyd jungen von Cremeto gethon wurden;
also beid jungen inn zucht, kunst, lehr und tugent gleich auff-
stigen. Umb des willen zwischen inen solche bruderschafft
wuchfi, das die nyemandt dann allein der todt mocht schey-
den; ihr keiner ohn den andern sein kundt; weder bey tag 10
noch nacht kein rüh noch rast heten, wann sie nicht bey ein-
ander waren; unnd das mit grosser freude des al-[l31a]ten
Cremetis, der nicht minder den einen als den andern für sei-
nen son hielt. Also bey drey jaren die zwen jungen ihr Woh-
nung bey einander betten. 15
In dem der alt Cremes, Gisippi vatter, mit tod abgienge.
Die zwen jung in gleicher formb in klagten , beyd sich in
schwartz kleydeten , unnd weder freOnd noch yemandt anders
wußt umb des gehlingen tods willen , welchen von den zwen
jungen, sie trösten und ir leid klagen solten. Und nach et- 20
liehen vergangnen monaten Gisippi freund mit ime und Tito
waren, in stercken und trösteten, ein weyb zu nemen, und ime
ein schon und edle junckfraw von bestem geschlecht der stat
Athen erwölt hetten, genannt Sophronia [I3lbj und bey fünff-
zehen jaren alt. Dieselben unverzogen Gisippo zu einem weib a>
gaben.
Da nun die zeit kommen was, hochzeit zumachen, eins
tags Gisippus Titum, sein gesellen, bath, das er ime gesell-
schafft leystet, sein weyb unnd braut zusehen, der ihr noch
nye gesehen het. Beyd mit einander zu der junckfrawen ka- au
men, die zwischen beyd jungen gesetzt ward. Also nach lan-
gem sitzen und züchtigem gespräch Titus der Körner die grosse
schone der jungfrauwen, seins gesellen braut, bedencken ward;
im in solcher maß lieben ward, das ine gedaucht, er mit au-
*
2 Crameti CD 9 erwuchß E 10 kont E 12 grossen freu-
den CK: grosser freüden D 17 jungen E 18 jemandt» E 19
zweyen E 22 sterckten unnd trösten 28 seinen E 29 die er
noch E 32 züchtigen BD 34 bedaueut E
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108
Martin Montanus,
gen sein tag schöner, züchtiger, wol geschickter fravvenbild nie
mehr gesellen het, sie mit im selbst ob allen frawen lo-[132aJ
bet; doch er sich solches gar nit mercken ließ.
Da sie nun also gut zeit bey einander gesessen waren,
auffstünden, von der junckfrawen beyd das Urlaub namen, heim
zu hauß giengen. Titus allein in sein kammer gienge, von
neuwein der züchtigen junckfrawen schone bedacht. Deß er
nach etlichen schwären seufftzen wol empfand, das im der
straal der liebe sein gemut und hertz verwundt het, zu ime
selber sprach : ,0 du eilendes leben auff erden ! 0 Tite, wo
setzest du hin dein gmöt, lieb und hofnung! Erkennst nicht
die empfangen dienst von Chremeto und seinem gesinde , Gi-
sippum, deinen liebsten freünde, des die züchtig schon junck-
fraw ist, das ich ime die zu lieb in solchen ehren [132b] und
reverentz haben müß, als wer sie sein liebste Schwester! Was
bedarffst du dich ir also bekümmern, dich umb iren willen
in so groß unruhe setzen , sie lieb haben ! Wo laßt du dich
die blinden lieb hinffiren, also blenden und triegen ! Wa ist
dein groß weißthumb? Thu auff die äugen deiner vernunfft.
erkenne dich selbst! 0 du eilender Romer, bedenck die stat
der gerechtigkait, zeme und messige dein unkeuschen willen
und schick dein begird zu audern. willen ! Widersteh und über-
wind dich selbst, dieweil du zeit hast! Du solt nit wollen
npch des begeren , das unzüchtig und nit erbar ist, darzft du
dich yetzund bereytest. Und wann dir wissend wer, das es
dir werden solt, du [133a] soltest mit aller deiner macht fliehen,
woltest du änderst der rechten waren freüntschaft, nach dem
der lehrer Tulius spricht, ein gnügen thün. Darumb bedenck
dich recht, laß dein unmessig lieb faren ! Du solt deinem
freünd thün, als du woltest, das er dir thet.1
Also der güt jung Romer nach langem solchem seinem
bedencken der junckfrawen Sophronia schone von newem be-
dencken ward und alles, das er wider sich und sein unmessige
lieb gesprochen het, zurück leget und sprach: ,Die gesatz
*
2 ob] on BD 4 also ein gilt E 9 staal C 10 selbs E
12 einpfangnen E 13 frenndt E 15 seine leibliche E Wes
CDE 17 lest E 18 Wo E 19 grosse weißbeit E 28 Tullius
E 32 bedecken E
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Wegkürzer, cap. 42.
109
der liebe stercker und mechtiger sein dann andere gesatz oder
gebott. Wie offt hat sich begeben, das der vater die tochter
\wU ghabt, der bräder die Schwester, die stieffmütter den
stieff-[133b]son ! Das ersch rockenlicher und unehrlicher ding
seind , dann das ein gütt freund seins freunds weih lieb hat, •">
das sich über tausent malen bey unsern Zeiten begeben hat.
Über das so bin ich jung, und die jugent ist keim gesatz ver-
bunden noch underthan. Darum b was der liebe gefallen ist,
das sol auch mein gefallen sein ; dann die züchtigen werck
Jn»fhr den betagten personen zu gehören dann den jungen. Ich 10
mag nicht mehr noch anders wollen, dann was die lieb will
und ir gefallen ist. Die grosse schone, die züchtig geberd
diser junckfrauwen wol wirdig ist, von einem jegklichen lieb
zu haben ; dann ires gleichen in keinem landt ist; unnd wie-
wol sie meines freünds Gisippi ist [134a] und ich, als der da 13
jung, sie lieb hat, wer mag mich darumb straffen , ob ich ir
lieb trag! Nun es sey, wie ihm wöll, so will ich sie lieb
haben. Hieran das glück schuldig ist, das sie Gisippo ist ver-
lihen worden vor einem andern. Wo dem zu wissen kern, das
ich sie vor andern weyben lieb hab, er nit wol zufriden wer.4 20
Nach solcher red und gedancken wider auff sein erste
meinuug kam , ime selbs seiner überflüssiger lieb halben übel
zu redet, au£ im selbs sein gespött trybe. Also von einem
gedancken zum andern, vonu einer red zu der andern fiele. In
solchem nit allein denselben tag , sonder auch die nacht mit c
schwerem gemüht vertryb , unnd das ohn maß, das dieselben
harten gedan-[134b]cken im nicht allein den schlaff, sonder
auch die speite und willen zu essen namen. Umb des willen
bezwungen schwacheit halben nider in kranckheit fiele.
Gisippus der in manchen tag in gedancken und trawren so
gesehen, nun in gantz kranck und zu beth ligen sähe. Das
im besondere pein und leyd bracht, seinen grosten fretind also
kranck zu sein; stets bey im was ihn zutrosten unnd mit stä-
tem fragen die ursach seiner kranckheit begert zu wissen. Das
nach langem beschweren und bitten Titus mit weinenden au- 85
*
l sind £ 2 bat« E 5 sind E 11 nit CE 13 lieb be-
halten E 17 liehe E 20 weibern E 22 überflUsiger C
110
Martin Montanus,
gen Gisippo antwortet und sprach : ,Gisippe, lieber freünde,
wo es gott gefallen wer, woit ich lieber tod sein dann leben»
damit die quelung meines hertzen ein end het. [135a] Dessen
ist die ursach deiu schSne Sophronia; dann sie mir mein hertz
■> biß in den todt durchwundet hat.1
Da Gisippus sein kranckheit vernam, das klägliche weinen
unnd erbärmliche wort ihn reden hört, ein klein ungeredt auff
ihme selbst stünd, als der die junckfraw nit minder lieb, aber
mit mehr messigkeit dann Titus hett, on anders gedacht zu
10 im selbst sprach : ,Meins grossen freünd und guten gesellen
leben soll mir lieber dann Sophronia sein.4 Mit Tito anhub
zu weiuen unnd zu im sprach: ,Werest du nit trost notdtirff-
tig, als du dann bist, so klagt ich dir selb über dich, als der
unser lieb gebrochen und die entweicht hat, das du mir solche
io dein pein, leyden und schmertzen nicht ehe [135b] anzeigt
hast und das also lang vor mir verhalten hast. Wiewol es
dich nit zimlich sein daucht, so seind doch weder die züchti-
gen noch unzüchtigen sachen dem getrewen freünd zu ver-
bergen. Denn welcher eines andern trewer freünd ist, derselb
üoyegklicber erbarn sach seines freündts in freüd nimbt; also
auch er inn den unzüchtigen allen fleiis thüt, ime zu rathen
und helffen, damit sein freünd in freud und ruh gesetzt werde.
Also ich auch dir zu hilff unnd trost [thun] meine unnd da-
hin kommen will, da ich mich beduncken laß, das notdurfft
2-j sey. Nach dem ich vernimb, das du in Sophronia , die mein
haußfraw sein sol, in unmessige liebe entzündt seyst und in
dem fewr der liebe brinnest, [136a] das nimbt mich kein wun-
der ; wol mich frembd deucht, wa im änderst were, angesehen
ihr grosse zucht, schone und tugent. Aber mich frembd nimbt
:jo an dich, angesehen, wer du bist, das du dich tiberwinden last,
der tugenthafften ding pein zutragen, als ich wol sihe, du
thüst, sonder der ding, die da leben. Unnd als dich billich
sein dunckt, Sophronia lieb zuhabeu , sovil mehr hast du un-
1 sprach: Gisippo BD freundt E 2 gottes E 3 hertzens E
13 ich mich selb» E 15 angezeigt E 16 das] uns BD 18 ver-
geben BCD 19 Dann CE derselbig E 22 rüw E 23 thun]
Decameron 1035 bl. 206 c; fehlt BCDE 27 brunat E 33 zu-
habtn C
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Wegkürzer, cap. 42.
111
recht, dich ab dem glück zu klagen und zu sprechen, das dein
lieb haben erger were, wa sie eines andern weib und nicht
mein gewesen were. Bist du dann weiß, als dein gewonheyt
ist und du allwegen gewesen bist , so hat das glück nyemandt
geben mögen Sophroniam , dem du mehr zu dan-[136b]cken
habest als mir ; dann allein ich dir geheißen mag. Dann wel-
chem andern sie das glück geben unnd beschert het dann mir,
wiewol dein lieb haben zu ir züchtig unnd erbar were ge-
wesen , so het er sie doch vil ehe für sich behalten dann dir
geben. Hast du mich nun für dein getrewen freünd, als ich 10
dann on zweifei bin, so solt du zu mir hoffen und kein zwei-
fei haben ; und als dir wol wissent ist, seyther wir gut freünd
unnd mehr dann brüder gewesen seind, das alles, das ich hab,
gleich dein als mein gewesen ist. Were dann sach , das sich
die materi , als dann mein meinung zuthün ist , sich so ferr r,
verlauffen hett, das es nicht anders gesein inocht, so müst ich
dem thftn, als ich vil manig-[137a]mal gethon hab. Aber
unser sach ist noch nicht an dem end unnd in solcher maß
geschickt, das ich Sophroniam dein eygen machen mag. Dann
ich wißt nit, was dir mein freünd tsch äfft nutz und gut were, 20
wann ich einer sach, die züchtig were, dir zu lieb die in ehren
tbün mocht, das ich nicht ineinen willen dem deinen geleich
macht. Es ist war, Sophronia ist mein unbeschlaffen ehlich
braut, hab sie lieb unnd irer hochzeyt mit frefiden warten bin,
und du, als der ir mit mehr brinnender lieb begert und lieb 2:»
hat, als sie dann wol wirdig ist. Darumb nicht mein, sonder
dein sein soll, unnd in meiner kamer die erst blümen der güt-
lichen ehe mit ihr abbrechen solt. Darumb schlag [137b] von
dir alle schwere gedancken, leb frölich, trost dich und hinfür
mit freuden und mehr würdiger lieb, dann mein gewesen, ihr :w
warten biß V
Da Titus seinen freund (jiisippura in seinen trost so züch-
tigklich reden vernam , des wort im grosse frewd und hoff-
nung brachten, doch damit, als dann wol müglich, etwas groß
1 ab] an BD 6 welchen K 10 dein] den BCD 15 ferrn
E 17 gethan K 22 gleich K 32 Beinern E 33 des] das B;
dessen E
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112
Martin Montanus,
schäm hett. Dann je grosser Gisippi uiiltigkeyt daucht, so
vil mehr dauchte in, wider alle recht thet, stets weinend sein
leyd klaget. Doch nach etlichen seuiftzen mit grosser schäm
Gisippo antwort unnd sprach: ,Gisippe, edler freund mein,
ö dein trewe, redliche milte freundschafft mir heut bewisen ist.
Nun woli gott nicht, das ich von dir neme, des du wirtiger
zu [138a] habeu bist dann ich. Dann were ich Sophronia
wirdiger gewesen dann du , weder du noch jemands anders
glauben soll, das sie dir von mir were bescheret gewesen.
10 Darumb folg mit frewden nach dem, das dir von gott geben
ist, unnd mir, als der sollicher edler gab unwürdig was, mit
klaglichen zähem meiner äugen begabt hat unnd mich damit
lassen verwesen. Wenn der zweyer ein sein wirdt : ich wirt
solche pein überwinden und von dir lieb gehabt sein, oder sie
i;> wirt mich überwinden und von aller pein und schmertzen
nemen/
Über solche red Gisippus im antwort und sprach: ,Tite,
wo mir vonn dir unnd deiner freündtschafft mag verlihen wer-
den, eins mein gefallen inn deinem [138b] dienst zuthün, und
üo du dem also nachkommest, wiltu änderst meinen willen, rath
und bitt zu lieb werden, und das mit aller k rafft, als dann
solcher unser freündschafft zuthün gebürt, so will ich und ist
gantz mein meinung, das Sophronia dein ehlich weib sey.
Dann die sterck der lieb ohn maß groß und mir kundt ist,
25 das manicher liebhaber seins liebhabens einen unseligen tod
empfangen hat. Nun sihe ich dich in maß von solcher lieb
gebunden, das du on grossen schaden die zäher deiner äugen
nit überwinden möchtest. Das dir on zweyfel dein leben neme,
wa ich das nit selbs versehe. Wa das geschehe, das ich in
yo die lenge nicht vertragen möcht, dir mit tod nachfolgen müßte.
Darumb [139a] sey Sophronia dein ; dann villeicht dir keine
mehr zuhanden kein, die dir liebet und gefiel, als sie thüt. So
will ich mein weiche lieb ein andern weg keren, dich unnd
mich zu einer stund content und wol zu müt raachen. Des
*
1 dacht BCD 6 wirdiger K 12 damit hat K 18 Wem E
eins K ich würde K 14 ghabt C 17 sollich CD 18 frundt-
schafft B 20 den E 22 zuthün] fehlt E 23 ehlichs E 27
grosser BCD zeher C 29 wo E 34 Das B
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Wegkürzer, cap. 42.
113
ich villeicht nicht so milt were, wenn weyber zunemen als
theür wer, als die getrewen freünd zu finden seind. Seytemal
ich nit mit grosser mühe ehe ein ander weib dann ein güten
freünd finden mag, so will ich sie vil eh, sprich ich, verlieren,
die ich nicht verleür, wa ich sie dir gib, sonder sie einem an- 0
dern, der du sein solt, ehe vergünnen wolt, dann dich zu ver-
lieren. Darumb, Tite, liebster freünd und brüder, haben mein
bitt niendert krafft bey dir, so gewer mich meiner [139b] bitt
und Schlahe von dir dein unmüt und zu einer stund mich und
dich tröste ! Schick dich zu meinem willen, die frewd zu ne- 10
inen, der dein brinnende lieb allzeit begert hat!4
Wiewol Titus Sophroniam gern ghabt, doch sich ein we-
nig schäm pt. Also ein kleine zeyt auff im selbs stunde, nach
dem von grosser lieb zu Gisippo sprach : ,Gisippe , gütter
freund, mir ist nicht wol bewußt, was ich thun oder lassen soll 10
und ob ich mein oder dein gefallen thft , nach dem du mich
gebetten und dich mir erbotten hast, dein rath und will werd.
Doch seytemal dein gute also groß gegen mir ist, das sie
mein schäm überwunden bat, so bin ich bereyt zuthün dein
gefallen. Doch wiß, das ich nit thü als einer, [140a] der nit 20
erkenn, daß ich von dir nicht allein die liebhabenden frawen
empfahe, sonder ich auch sprechen mag, damit mein leben von
dir hab. Gott laß mich es umb dich verdienen , daß du mir
demütiger gewesen bist, weder ich mir selb gewesen bin !'
Nach dem Gisippus sprach : , Damit ich die sach zu gu- 20
tem end bring, bedunckt mich disen weg zuhalten, als dir wol
wissend ist, wie nach langem rath und bedencken meiner freunt
Sophronia mir zu einem weyb geben. Wo ich nun gieng und
sprech, ich wolt ir nit, on zweyfel sich groß schand begeben
wurde , und bey der theil freund sich betrüben wurden. Das :*>
ich alles klein achtet, wo sie nun dir wirt. Aber ich besorg,
wa ich ein solches entdeckt und [140b] mich mercken ließ,
das sie ire freünd nicht zuhand einem andern geben, des freünd
du villeicht nicht werest, als du mein bist. Als denn du ver-
1 ab] so E 5 wo ich dir sie E 7 habe BCD; hat E 12
ghaht B 13 scheinet E 23 michs E 24 selbs E 28 gaben E
30 würd E würden. Des E 31 acht E 34 den E
3iont*nui 8
/
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114
Martin Montanu«,
loren bettest, das mir doch nicht worden were. Darumb mich
güt deucht, wo es dir gefiele, was ich angefangen hab, dem
also nach zukommen: Ich will Sophroniam als mein ehliche
haußfrawen zu hauß führen unnd raein hochzeyt machen ; unnd
* wann uns zey t dunckt , nach dem ich mein Ordnung mit dir
geben würde, du verborgen an meiner statt als dein ehliche
haußfraw beschlaffen magst. Nach dem uns aber zeyt nemen
mögen , die sach zuoffnen. Ist es dann ir gefallen , wol und
güt; wo nicht, so ist es doch schon geschehen, und was [141a]
10 geschehen ist, mag nicht mehr zu ruck gehn. Sie und ire
freund, es sey ihn lieb oder leid, dessen content unnd zu fri-
den sein müssen.'
Solche meinung Tito wol gefiele.
Nach dem Gisippus sein braut inn sein hauß empfieng, in
iö dem Titus wolgeschickt und zu seiner gesundheit wider kom-
men war. Da man ein kostliche reiche hochzeit het zugericht.
Und da es nacht worden, schlaffen zugehn sich bereyten, unnd
die braut von den frawen allein bey Gisippo gelassen ward.
Nun warend beyd kümmern Titi und Gisippi an einander, unnd
») auß einer inn die andern man wol gehn mocht. Da sich nun
Gisippus allein in der kamern bey Sophronia fand und die
liecht gelescht het, [141b] er zu Tito gieng, zu ime also
sprach, das er zu Sophronia, seiner lieben schonen junckfrawen
schlaffen gienge. Da das Titus vernara, das die letst stund
2o die rosen seiner lieb zu empfahen kommen was , ein klein
schäm halbem rew unnd leyd hett, zur braut schlaffen zu gen,
das widerredet. Aber Gisippus von gantzem guten willen sein
Worten gleich zu Tito willen geschickt was und nach langem
verziehen und außreden in doch zu der schönen junckfrawen
30 bracht.
Und da Titus zu seiner allerliebsten jungkfrawen in das
beth kam, in schimpffs form sie in sein arm nam, mit niderer
stimm zu ihr sprach und sie fraget, ob sie sein ehliche hauß-
fraw auch gern sein wolt. Und sie, als die da meinet, [142a]
Gisippus wer es, im antwort unnd sprach: ,Ja.' In dem er
1 noch nit E 2 gefeit E 14 nauß B 22 also] fehlt E
26 zügehen E
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Wegkürzer, cap. 42.
115
ein guldin ring ab seiner band zohe und den an ihr band
stieß; mit dem er zu ir sprach: ,So will ich dein ehlicher
mann sein.4 Nach dem dem heiligen matriinoni und gotlicher
ehe ein genügen theten, den lust und frewd von einander na-
men, die dann solche gab gibt. Also gütte zeyt ohn ihr noch ö
yemands anders wissen Titus sie stets beschlieffe, und sie stats
in der meinung was, wie Gisippus und nicht Titus bey ihr
schlieff.
In sollichem sich begab, das Titus Publius, des jungen
Titi vatter, zu Rom mit tod abgieng und starb. Das im bald 10
ward zu wissen gethon, darbey sich schickt gehn Rom zu kom-
men, seine f 142b] geschefft zu besehen. Da Titus seins vatters
tod vername, sich bereyten und sein Ordnung gab gen Rom
zuziehen und Sophroniam mit im zu füren; des mit Gisippo
sein Ordnung gäbe. Doch nach dem ihr fürnemen unnd die 15
sach ein gestalt hette, Sophroniam in keinen weg von Athen
mocht füren, es müßt offenbar werden, das da noch verborgen
was. Und er eins tags die fraw zu inen in die kammer rüffet,
unnd ihr alle Sachen, was sich allenthalben ergangen hett,
sagten und zu wissen theten. 20
Und da die jung schon fraw das vernam, sehr erschrack
und mit grossem zorn und sehr betrübtem gemüt die beyde
ansähe, anhöbe zu weinen und schwerlichen Uber Gisippum zu
klagen, das [143a] er sie also boßlichen und schändtlichen
betrogen hett. Und ohn icht anders sprechen auß dem hauß 2»
zu ihrem vatter gieng, ime und irer mütter kläglichen mit
weinenden äugen saget, wie sie von Gisippo betrogen were
unnd wie sie Titi Quinti Fulvii weyb wer und nit Gisippi, als
sie dann meinten, sie sein solt.
Da Sophronia vatter und mütter Gisippi schalckheit ver- au
nomen unnd gemerckt hetten , ihr hertz beschwert unnd in
groß unrühe setzten , Gisippi freünd beschickten , grosse red
und klag der verlauffen sach halben hetten. Sich alle betrüb-
ten und wider Gisippum in grossen zorn und unmüt fielen,
1 gülden E 11 gethan E 13 bereytet E 16 keinem E
22 gemüt] möt E 23 anhäb CDE 25 ohn nicht C; on etwas E
32 grosse unriiw E 33 verlaufinen E
8*
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116
Martin Montanus,
und beyde parthey ime grossen neyd und haß trägen und spra-
chen, er nicht [143b] allein darumb zu red zusetzen , sonder
grosser straff würdig wer. Demnach in beschickten und mit
grossen treuwen zu red satzten. Den er zu antwort gab und
5 also sprach, wie er wol und recht gethon unnd, was er gethon
het, ime darumb lob und danck were zugeben, das er sie bes-
serm, erbarem, reichern unnd edlern, dann er were, geben
hette.
Da Titus als der, der die griechischen sitten unnd hof-
10 fertigen gewonheit wüßt unnd wol erkannt, lange zeyt vertra-
gen hett und in keinen weg vernam , das sie sich wider Gi-
sippum erweichen wolten , das nicht lenger vertragen mocht,
als der das römisch gemüt und Athenesier sinn het, beyden
partheyen, Gisippi und Sophronie freün-[144a]den, antwort und
i;, zu inen sprach: ,Es ist aller philosophen red unnd meinung,
was die tödtlichen thün , anheben unnd verbringen, das ein
solches aller untödtlichen götter geschick unnd verhencknus
sey; unnd etliche wollen, es notdürtftig sey unnd sein muß,
was ir will begert. Wolt ihr nun die sach recht bedencken,
20 so werden ihr klärlich sehen unnd mit gantzer warheyt ver-
neinen, geschehen ding zustraffen und euch wider die gesetz-
ten, die nicht wider zu ruck gehn mögen. In dem ir nicht
anders thün möcht dann allein euch weyser und fürsichtiger,
dann die götter sein, beweysen. Und wir doch glauben, was
se» sie thünd, das sie billich und mit recht on alle irrung all ding
ordinie-[144b]rend, gubernierend und regnierend. Darumb sie
zustraffen das an euch nicht weißheyt, sonder grosse thorheit
ist ; grosser büß unnd pein, die so behertzen seind sie in ihren
wercken zustraffen, von inen sollen warten ; nach dem ich sihe
ao das ir gethon haben , umb des willen das Sophronia , die ir
Gisippo geben habt, mein worden ist, nit angesehen, was von
ewigkeit geschickt gewesen ist mein zusein.
,Von der heimligkeit der götter zureden den tödtlichen
4 trowen C ; drowen E 5 gethan E 7 erbaren E 10 wißt
E 11 keinem E 14 fründen BC 15 philosophien B 18 liehe
wbllen B 20 werdend E 21 desetzten B 25 thün £ 28
peen E behertzt sind E 30 gethan habt E willens E
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Wegkürzer, cap. 42.
117
schwer ist. Darumb lassen nur ab unnd setzen , das sie kei-
nerley unsere geschefft bekümmern! Darumb were mein sinn
unnd nieinung, wer es ewer gefallen, der weisen raht zupflegen.
Darinn ich zwey ding wider mein natur [145a] thün muß:
das erst ist mich selbs zu loben , das ander einen andern zu o
schelten. Und weder eins noch anders mich von der rechten
warheit keren will; nach dem unser gegenwärtig materi be-
geren ist, ich thün sol. Eüwer zorn, neyd und haia sich mehr
von unform dann von gereohtigkeit begibt. Ir verdampt Gi-
sippi, ine lesterend und schendet. Das er mit Sophronia ge- io
than hat unnd das von eignem rath , darumb ime besonder
lob zugeben ist; und das er wol und recht gethan hab, das
solt ir wissen.
,Und er hat erst gethan, als ein rechter trewer freünd
dem andern thün soll; das ander, das er weyßlicher dann ihr iö
gethan hat. Dann die heyligen gesetz der freündschafft be-
geren [145b] und haben wollen , das ein jegklicher getrewer
freünd für seinen freündt thün soll, das er für sich selbst thet.
Darbe v merckt die k rafft und macht der freündtschafft , das
die grösser und wirdiger ist , wa sie mit rechten trewen ge- 20
meint wirdt. Nach dem durch Gisippum ist bewisen worden,
des freündtschafft gegen mir grösser geweßt, als dann billich
ist, dann die gegen seinen freunden. Dann wir haben die
allein für freund, die uns zu freunden erwölten und die uns
vom glück geben seind. Und ob Gisippus mein leben lieber 25
hat dann euwer freündtschafft, seytemal ich sein freundt bin,
das soll sich niemandt wunder nemen.
,Doch lassen wir yetzundt von der red und kommen an die
[146a] ander sach, da ir baß verstehn werdet, wie Gisippus
weißlicher gethan hat dann ir. Ich laß mich geduncken, wie a»>
ir die geschick unnd fürnemung unser göter gar klein ver-
nempt, deßselben gleichen noch vil minder die geschefft unser
freündtschafft. Darumb ich sprach, das ir mit ewerm rath
*
1 lasset £ setzet E 6 wider BCD 7 gegenwertige E 9
verdampt, schendet und lestert Gisippum E 16 heyden BCD 24
erweblen E 25 sind E 26 seyternmal 30 beduncken E 31
vernempt] duncken BCDK ; vernempt hat Cammerlanders Decameron
1535 bl. 208 c
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118
Martin Montanus,
und försehung Sophroniam Gisippo geben habt, der ein junger
philosophus ist. Ewer wil und rath gab sie einem von Athene,
so gab sie Gisippi rath einem Römer und philosopho; ewer
will gab sie eim edlen jüngling von der statt Athen, und Gi-
5 sippus gab sie einem vil edlern von Rom ; ihr gabt sie einem
jungen, der ihr nicht allein kleine liebe trüg, sonder mit raar-
ter erkennet, so hat [146b] sie Gisippus [einem jungen] ge-
ben , der sie ob aller Seligkeit und mehr dann sich selbs lieb
gehabt habt. Umb des willen (mit der warheit zureden) ist
iü Gisippus mehr zu loben, dann ir seyt. Darumb merckt und
verstet allen handel unser materi ! Ich bin jung unnd ein
philosophus als Gisippus, als euch durch mein lehr und langes
studieren wol mag kund sein. Wir seind beyd in einem alter,
mit gleichem schritt auff zu der hohen lehr und kunst gesti-
iö gen. Unnd er ist ein Atheneser, so bin ich ein Romer. Wol-
len wir nun von wirdigkeit der statt sagen und disputieren,
so wurd ich sagen, ich sey aufi einer freyen statt und er auß
einer underthenigen und tributarien stat. Mehr mag ich spre-
chen, ich auß einer [147a] keyserlichen statt sey, ein über-
20 winderin aller streit ; so mag er die sein mit nicht anders
dann allein mit irer hohen schäl loben. Auch wißt, das ich
nicht von den minsten unser statt, sonder von dem besten
gschlecht bin geboren, und meine heuser und palast am wür-
digsten der statt Rom gelegen seind, auch die statt Rom aller
2ö vol ist meiner elteni bilder und wappen, die zu vil manigma-
len den schal und triuraph auff unser Capitolium gebracht
haben ; uud noch nit vergangen seind allters halben , sonder
mehr heüt bey tag dann ye die ehr unsers namens bluen thüt.
Meins reichtumbs schäm halben ich schweige. Ich sprich und
:io glaub, das Gisippi fretiudtschafft euch lieb [147b] gewesen
sey; auch der meinen zu Rom ir euch nicht Schemen solt,
unnd euch nicht minder soll zu Rom ehr unnd nutz sein, als
euch Gisippus hie geweren were. Dann fürwar ir an mir ein
getrewen freund haben solt nit allein mit meinem reichtumb,
*
3 Gisippus eim £ ewr C 4 Athene CD 6 junger BCD
7 einem jungen] hat Arigo ; fehlt bei Cammerlander und Montanus
12 durch] fehlt E 17 wurd E 18 unterth&niger E 22 dem]
den BD; de C 23 paUat E 28 blühen E 29 schweig, sprich E
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Wegkürzer, cap. 42.
119
sonder auch mit allem gewalt unser policey und regiment.
Darumb folgen mir unnd meinem trewen rath ! Laßt von
eüwerm bösen fürgenommen willen, damit ich ewern rath
mehr dann Gisippi rath loben mög ! Dann ohn zweyffel nye-
mandts sein wirt, der nicht sprechen werde, das Sophronia 5
Tito Quinto Fulvio, dem wolgebornen edlen Römer, wol ver-
heyrat sey, der ein reicher machtiger burger der statt Rom
und [148a] Oisippi grosser und mechtiger freundt ist. Wel-
cher sich nun des beklagen ist, der weißt nit, was er thüt
noch was er begert. io
,Nun werden villeicht etlich sprechen , Sophronia klag
nicht, das sie Titi weib sey, sonder des klag sie, das er ir,
als oben gesprochen ist, verstolen ohn ir unnd irer freundt-
8chafft wissen geben ist. Das ist kein new ding oder das vor
nye geschehen sey. Ich geschweig der, die wider ihrer eitern iö
willen mann genommen haben unnd die mit iren bülen hin-
weg gelauffen seind unnd ihren freunden ehliche weyber wor-
den seind, und etlich die ehe mit hüpschheit kinds geburt ehe
geöffnet haben dann mit der zungen. Deren ist keins Sophro-
nia zugestanden, sonder [ 1 48b] ordenlich mit zucht unnd ehr 20
von Gisippo ist Tito geben worden. — Etlich möchten spre-
chen, er het gethan, das ihm zuthün nicht zugestanden were.
Dann es seind einfeltige weybische ding; wißt ir nicht, weß
mancherley weg das glück sucht zu end zu bringen deß, das
geschehen sol ? Doch wie dem seye, so wißt, das ich mit kei- 20
nem betriegen gesucht habe eil wer bliU und dochter Sophro-
niam zu schedigen ! Wiewol sie verborgen mein ehlich weyb
worden ist, so bin ich doch zu ihr kommen nicht als einer,
der sie ihr ehren unnd junckfrawschafft berauben wollen, oder
als ein feind und minder, dann zun ehren gehört, ewer freund- au
schafft hab außgeschlagen. Wol umb ir grossen schö-[149a]ne
unnd tugendt in sie in brinnender lieb bin entzündt worden.
Das euch nun jetz pein gegen mir bringt, das ich mein sach
also verborgen gefurt hab. Het ich sie nun mit der Ordnung
*
2 folget E 3 fürgenommenen E 8 Gsippi B mechtiger
onnd grosser E 9 weyti E 15 gschweyg CD 16 manner E
17 freund E 20 zugstanden C 21 gegeben E 23 weß] wie E
24 zürn end E daß das E 29 irer E 31 hab] balb BCD
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120
Martin Montanua,
gesucht und an euch für mein ehlich weib begeret, als dann
wol billich gewesen were, ich besorg, ihr hetten sie mir nit
widerfaren lassen , und were mir nicht worden. Das ist die
ursach , was ich gethan hab verborgen durch meinen freünd
Gisippum. Wiewol ich sie auß gantzem hertzen lieb het, doch
das nicht als ein liebhaber, sonder als ein trewer ehman sie
beschlaffen hab; ich fuget mich nicht eh zu ir, als sie selber
mit der warheyt sprechen mag, das ich sie vor nicht mit züch-
tigen erbaren [149b] Worten unnd einem guldin ring gemehlet
10 het, unnd ob sie mein ehlich fraw sein wolt, das sie mir züch-
tigklich antwort und ja* sprach. Beduncket sie sich nun be-
trogen sein, des bin ich nicht zustraffen, sonder über sich sel-
ber zu klagen hat. Warumb fraget sie mich nicht, wer ich
were? Weder ihr noch sie anders zuklagen habt, dann das
15 sie durch Gisippum verborgen mein weib worden ist. Darum b
thüt unnd laßt, was euch eben ist, nempt es in gut oder übel
auff, so ist sie doch mein weib. Nun was wurden ir nun
sprechen, wann sie Gisippus einem groben bawren geben het ?
An welcher marter und gefencknuß wurd ihr euch benügen
20 lassen ?
,Doch laß ich jetz zu weil von meiner [150a] red. Dann
die zeit mir kommen ist, der ich nicht warten was, das ist
meines vatters tod. Umb des willen ich mich wider gen Rom
fügen müß, und damit ich Sophroniam mit mir füren mog,
25 hab ich euch entdecken wollen , das ich villeicht noch lang
zeit het verborgen. Seyt ihrs nun wißt, so werd ir frolich
und mit gutem frid gedult haben. Dann het ich sie betriegen
wollen, ich hett sie also beschäm pt sitzen lassen ; aber da sey
gott vor, das inn eins Romers geist sollich unehr verbor-
:jogen sey.
,Als ir gnüg wol vernommen habt, wie Sophronia durch
geschickt der gotter und krafft menschlicher gesatz, löblicher
sinn meines freunds Gisippi unnd meiner brinnenden lieb mein
worden ist, darumb [150b] ich euch freündtlich bitt, ihr bes-
♦
7 fug E 9 gemahlet E 10 wolt. Des E 17 würden E
19 wurdet E 23 wider] fehlt E 26 werdet E 28 beach&mpt E
29 aolche E
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Wegküraer, cap. 42.
121
sers rahts pflegt Legt eweren zorn unnd unmüt von euch,
last mir Sophroniam frölich, das ich eüwer freündt sein möge !
Dann es gefalle euch oder nit, so ist sie vor gott und der
weit mein. Unnd wo eüwer will änderst stund, dann das
Sophronia mein were, so solt ir wissen, das ich euch Gisippum o
nimb, und kumb ich gen Rom, das ich die haben wil, es sey
euch Heb oder lsid , die mit recht mein ist. Unnd ihr sehen
solt, was die römischen gemüt darzü thön werden.4
Mit dem Gisippum bey der hand name, inn maß, als ob
er ihr kein acht het, auß dem tempel gieng. Unnd etlich von 10
den, die im tempel waren, Tito nit unrecht gaben; doch am
letzten der [151a] Sachen alle eins wurden, wie Titi frefind-
schafft auffzunemen unnd nicht auß zu schlagen, besser dann
Gisippi freündtschafft were, seytemal Gisippus ihr freündtschafft
ante geschlagen hett. Alle mit einander zu Tito giengen , zu i.,
ihme sprachen, ihr aller guter will were, ine für ein guten
freünd zuhaben und Gisippum für ein guten günner. Des Ti-
tus als wol zu mftt was. Da ir newe fretindschafft beschlussen
und im Sophroniam heim zu hauß schickten, die da thet, als
weisen frawen gebürt, alle lieb, so sie zu Gisippo hett, zu 20
Tito keret und frölich mit iine gen Rom füre, da sie von sei-
nen freünden empfangen wurden.
Gisippus zu Athen blib, hinfür von yederman ein un-
[151b]nützer mann gehalten ward. Nach dem nicht lang ver-
gieng, zwitracht halb von seinem geschlecht unnd andern arm 2:>
und eilend von Athen auß getriben ward, nicht allein in ar-
müt lebet, sondern zuleben das almüsen suchen gieng. Und
wie er gehn Rom kam, zusehen, ob sich sein gut freundt Ti-
tus in seiner armüt über ihne erbarmen wolt, (dann er wol
vernommen , wie er bey leben und in hohem löblichen stand so
were, groß genad bey allen Rötnern hett) da sich Gisippus für
sein hauß füget, zusehen, ob er ime in seim außgehen zu-
sprach unnd erkennt. Da also lang wartet, biß Titus mit vil
andern burgern beleyd zu hauß gienge, Gisippum wol sähe,
aber nit war nam, wer er [152a] were. 35
3 gfall £ 4 wa C dann Sophroniam I3CD 8 gmiit £
18 alles wol E beschlossen C 28 guter E 31 grosse gnad E
32 zusprechen E 34 beleytet E 36 nit] nie E war E
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122
Martin Montanus,
Und urab seiner grossen armüt willen Gisippus nit so
bhertzt was , Tito zu zusprechen noch sie ihme zu erkennen
geben; sonder da er sähe, das er von Tito nit gesehen ward
und er ime nicht zugesprochen nett, sonder nach seinem be-
ö duncken in ehe gescheuhet hett, in grossen unmüth und ver-
zagnuß fiel. Bedencken wardt, was er ihm zu Athen in So-
phronia bewisen het und jetz in widerkerung desselbigen von
ihm verschmehet were, traurigklichen von dannen gienge ; dann
es nacht was, und desselbigen tags keinerley speii versucht
iü hette ; dann arm, eilend und ohn gelt was, nit wust wa hin,
willens hett im selbs den tod zuthün.
In solchem seinem leyd er in der statt an ein [152b] wild
end kam, da er ein hole ersähe. Darein er desselbigen nachts
beherbergen meinet unud sich anff das blosse erdtrich übel
lögniig kleydet niderleget, von dem langen klagen und weinen
entschlieft. In dem sich begäbe, das zwen dieb mit dem, das
sie gestolen, in die hole kamen das zu teylen und umb solcher
diebstal willen zuteylen zu krieg und streyt kamen; und der
ein den andern erstach, nach dem hinweg gieng, den erstoch-
20 nen ligen ließ. Alle dise ding Gisippus gar wol gesehen hette;
zuhand ihme gedacht, wie das ime ein gütte ursach des tods,
des er stäts begeren was, were.
Da nun der Hecht tag kommen was, der todt mann in
der hole von den f umgehenden gesehen was, [153a] die das
2T> dem richter zu wissen theten. Des knecht bald gelaufen ka-
men, Gisippum in der hole funden, mit grossem rumor fiengen
und für den richter fürten. Der ungenottet dem richter ver-
jahe, er den mann getodt het unud nach dem auß der hole
nicht mocht; derhalben er von dem richter zum todt verur-
*> theylt ward.
Nun eben zu derselben stund Titus ohn gefar auff das
richthauß kam und den armen Gisippum ernstlich inn seinem
angesicht ansähe, die ursach, warumb er verurtheilt was, wol
vernommen hett und in solchem seinem ansehen erkennt, das
*
2 sie] »ich E 5 eh gescheühet CD 10 wo hin E 13 dar-
inn E dieselbe nacht zubleiben vermeynt E 17 das] fehlt E
solches diebstals E 28 getodtet hette E 29 nit mögen E
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Wegkürzer, cap. 42.
123
es sein getrewer freund Gisippus wer. Seines Unglücks groß
wunder naine, bald auß brinnendem hertzen ime zu [153b]
heiffen begeret, aber keinen weg so schnei sähe , dann allein
sich selbst des verbrachten mords schuldig zugeben. Bald für
den richter trat , mit hoher stymm schreyen ward : ,Marce 5
Yarro , der armb mann ist des tods unschuldig , den du ver-
urteylt hast. Schaffe in bald wider umbher füren! Ich hab
das gethan und mit der sünd wider unsern got getan, den zu
tödten lassen, den dein knecht disen morgen in der h81e fun-
den. Darumb nit straff, der nicht schuldig ist!4 io
Varronem groß wunder und sehr frerabd daucht, das Ti-
tus gegenwärtig aller menig sich des mords schuldig gäbe;
dann die gesatz der gerechtigkeit iren weg haben müßten.
Baldt gebot, Gisippum wider inn gefenck-[154a]nuß zuführen,
zu ihme sprach : , Wie hast du so thöricht sein mögen , des 15
dich schuldig zugeben, unnd doch weist, das es dir das leben
gilt, des du unschuldig bist? Du sagst uns on alle marter,
wie du in der vergangnen nacht den mann getödt habest. So
kompt jetzt zu uns Titus Qnintus Fulvius und spricht, nicht
du, sonder er den mann getödt habe:1 20
In dem Gisippus Tituni ansähe unnd den erkandt , das
Titus sein grosser freund was, der ihme den empfangnen dienst
zu Athen yetzund lohnen und widerkeren wolt, demütigklich
und weinend sprach: ,Varro, für war ich hab dem mann den
tod gethon , unnd Titi miltigkeyt nun meinem heil zu spat 20
kommen ist.4 Auff dem an-[154b]dern theyl Titus sprach :
,Varro, du wol magst vernemen, das der arm mann ein gast
unnd on alle waffen bey dem todten funden ist; auch ver-
nemen magst, das in so groß armüt unnd verzagnuß darzü
bracht hat also zu reden und mit willen on ursach sterben ho
wöllen. Darumb sag ihn ledig unnd rieht mich, das ich ver-
schuldt hab!' Varro sich ihr beyder bestendigkait unnd sta-
ter meynung nicht [gnüg] verwundern mocht, wol gedacht,
*
7 schafft in E herum b zft füren E 10 Darumb straff den
der schuldig E 15 torecht E dessen dich E 17 dessen du E
on] von BCD; fehlt E; on Cammerlander bl. 210 a 21 den] fehlt D
24 ich hab f&rwar E 29 so] fehlt E verzagniß E 31 das]
wie E 33 gnüg] fehlt BCD
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124
Martin Montanus,
ihr keiner, des er sich schuldig geb, schuldig wer, und, wie
er sie beid mit ehm ledig machet, suchen gieng.
In dem sich begab, das villeicht gotes gefallen was, das
ein junger, genandt Publius Ambustus, ein verwegen böser
5 wütterich, von yederman ein |155aj offner verräther und dieb
gehalten was, der das mordt gethan hett, nach dem sich ir
yegklicher schuldig gab und nit schuldig was, der beyder ver-
jehen und unschuldig zu sein im sein hertz erweichet, in maLi
das er beider halb groß pein trüg. Gantz in barmhertzigkeit
10 bewegt, die zwen zu entledigen unnd sich selbst schuldig ge-
ben, für Varronem kam, zu im sprach: ,Pretor, gerechtig-
keit mich zwinget, der zweyer unschuldigen streyt zurichten.
Darumb wißt, das irer keiner an dem begangnen mord schul-
dig ist! Ich bin der, der den mann in der vergangnen nacht
15 getodt hat; unnd disen armen mann sähe, der da steht, und
in der hole ließ. Titurn den erbarn darff ich nicht entschuldi-
[155b]gen ; dann jederman sein lob wissend ist. Darumb,
Varro, ledig sie und rieht mich nach meinem verdienen!4
Nun het Octavianus, des keyserthumbs ein verweser, die
au sach auch vernommen, ach uff die drey für in zukommen, be-
geret zuwissen, was ursach yegklichen bezwung zuthün , das
er gethan het. Des yegklicher besonder im sagt unnd zuwis-
sen thet. Das Octavianum ein sehr frembde sach daucht,
jegklicher des todes zu begeren. Den zweien unschuldigen
25 und dem schuldigen umb ihrer willen vergab.
Nach dem Titus Gisippum bey der hand nam, heim in
sein hauß füret, da ine Sophronia mit manchen zehern irer
äugen empfangen, mit essen und trincken herrlich labet. Dar-
nach Titus [156a] ime eine sein Schwester, genannt Fulvia,
30 zu einem weib gab, ihme zü der wähl gab, bey ihm zu Rom
zustehn oder mit allem, das er im geben het, gen Athen zu-
ziehen, welches zu ime stände. Gisippus die grosse von ime
empfangne freundschafft und, wie er von Athena ein vertryben
*
4 verwegener E 5 wütericht E 8 unschuldt ihm E 13 das
ihr E 18 deinem C 21 bezweng CD; bezwäng E 22 Das E
besunder E 24 todes] tochter BCD; tode E 27 manchem E 29
seiner Schwester eine, Fulvia genant E 31 zöbleiben E 33 ver-
triebner E
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Wegkürzer, cap. 42.
125
mann was, das bedencken ward, auch grosse lieb, die er zu
Tito het, inne zwang; und des mit im selbs eins ward, ein
Horner zu sein. Bey Tito zu Rom blib, da er mit frawen
Fulvia und Titus mit Sophronia in einem hauß lange zeyt
mit grossen frewden lebten, und stats mehr ir freundtschafft
wuchs.
Wolte gott, das wir alle solche lieb gegen einander tru-
gen! Stünde unser leben besser gegen gott dann also. Gott
verleyhe uns sein genad!
*
1 war E 2 die grosse E 2 dea] ich E 9 gnad, Amen E
~7
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126
Martin Montanas,
43 *).
Auff ein zeit kam ein wunderbarlicher abenthewrer ghen
Franckfurt inn die mess unnd schlug ein zettel an , er wolle
ein jedes mensch umb ein weißpfenning witzig machen. Das
h nam nün alle menschen wunder, was doch das für ein seltza-
mer kautz müst sein. In summa er bestellet im ein losement
und rüstet sich zur sach, nam ein drommeter, [2a] ließ in in
der stadt herumb reyten und aufschreien : wer umb ein weiß-
pfenning wöll gescheid werden, der solte sich dahin verfügen ;
10 in der Strassen würd man den herrn finden , der die bewerte
kunst künd. In summa das geschrey gieng in der stadt umb,
das die leut nit kundten warten , biß diesem abenthewrer ge-
legen ward.
Nün da es ihn gedaucht, die zeit wer vorhanden, ordi-
lö niert er im ein kammer, da er sich ließ finden, das dieselbig
kammer zwo thüren hett, und ließ allwegen nit mehr dann
ein person zü im. Wann er nün einen vor im hatte, sagt er :
,Höre, lieber guter freundt, oder herr, wer ir seyt, ir
wisset, das ich raeniglich hab lassen verkünden, wie ich ein
20 jeden umb ein Mentzer weißpfenning wöll witzig machen;
das bin ich gestendig. Und solt ir von ersten wissen , wann
ihr zü gaßt geladen werdet, so sehet vor allen dingen , wann
ir die hende waschet , das ihr die allewegen in die mitte der
handzwelen truckent; dann wolt ihrs zürn untersten brauchen,
2r, müst ir besorgen, wenn man die stuben hette kert, so [2b]
*) Nr. 43 und 44 erscheinen zuerst in der Frankfurter ausgäbe von
1565 hinter der vorrede an den leser auf bl. lb und 3a. Als Überschrift
ist bei beiden der erste satz durch andere lettcrn hervorgehoben.
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Wegkurzer, cap. 43. 44
127
möcht sie bespritzt sein und ir die hend von einem newen
bescbeissen. Truckent ir euch dann oben an der handzwelen,
so laufft euch das wasser züm ermel hinein. Darurob ists das
best, bleibet in der mitte, so wirdt es euch gewiß nicht ge-
rewen. Züm andern , wann euch einer ein bringt , so sehet •">
für allen dingen, das irs fein reyn außtrinckt, damit nichts
nnlustigs darinn bleib und ein wein den andern unreyn ma-
che! Einer hat ein feystes maul, der ander trinckt sonst nicht
gern mit im. So ists auch güt, das einer stets ein frischen
trunck hat. Züm dritten, wann einer soll über land reyssen io
und weder weg oder steg weyß, so bleib er nür auff der fahr-
strassen und laß sich kein abweg kümmern ; so kompt er ge-
wiß auffs letzt zü leutben. Das sein die drey stuck, die ich
ein jeden umb ein weißpfenning lere ; unnd folgt er mir, wirt
in gewiß sein gelt nit gerewen/ lö
Aber doch wil er in eins vergebens leren, und wann er
wider hinauß gehe und in die leuth fragen , sol er niemand
sagen, was [3a] er in gelehrt hab, damit er nit der narr allein
sey unnd ein ander mal nit einem jeden landtfahr glaub, was
er sage. So wirdt er nit mehr so narrecht sein , wie er vor 20
ist gewest. Also fertigt er ein ab.
Wann nün die leut ein fragten , was er in doch gelehrt
hett, sagt [er], es wer ein solcher wunderbarlicher mann, das
nicht darvon züsagen wer ; er solt nür sehen, das er auch für
in kern. Also wurd eiu sollich groß gedreng umb den aben-
thewrer, und überkam viel gelts darmit, und blieben die jeni-
gen als witzig, als sie vor auch waren gewest.
Doch müß es also inn der weit zügehen ; dann die leuthe
wollen beschissen sein.
44. :k>
Auflf ein zeit macht man zu Franckfurt ein hochzeit, unnd
unterstund sich einer die braut heym zü führen, wäre aber
ihm nicht befohlen. [3b] Da nün die hochzeit geschähe und
jedermann güter ding war, wurd offt gemeldet, es hett keiner
kein glück , er fürte dann die braut heym , wie es dann ein
Sprichwort ist. Das faßt ein abenthewrer in seine ohren unnd
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128
Martin Montanu».
gedacht im . wann ihm mocht die braut werden . wolt er sie
gewiß nirgends hin füren dann in sein haute, ob er auch ein
mal glück hett.
Da nun die hocbzeit vollendet war, wurd ihm die braut
;> ungefehr Überantwort; verstund es unrecht, fürt sie mit im
heym. Da nü [4a] [der] breutigaui heym kam mit seinen ver-
wandten, meynet. sein braut wer da, wäre sie anderßwo. Nü
der abenthewrer wurd verraten, müst die braut wider lifern.
Da man in fragt, wie er so keck dörffte sein und die braut
10 nit hinfüret, wie sich gebürt, fienge er an zu lachen und
sprach: ,0 ihr grossen narrn, wisset ihr nit, das man an
allen orten spricht, es habe keiner kein glück, er füret dann
die braut heym? Wolt ichs auch ein mal versuchen, ob ich
glück hett.k
15 Aber es geriet im nit, sonder müst ein weil im leimet-
haufi tantzen. Da geschähe ihm wie dem hündlein vonn Bretta,
ließ den schwantz hinder der thür.
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Register.
129
nafrj Register
über diß buchlein, genandt der Wegkürtzer *).
A.
nr. ^,jt».
17. Ain landtsknecht lehret ein edelmann, wie er ihm thfin sol,
das ine nicht friere folio 46 = 41
24. Ain betler schlecht sein mantel umb funfftzig guldin an 56 = 49
36. Adam Stegman erwirgt seine zwey kinder 106 = 89
D.
10. Dosen bezalt die zech nit 34 = 31
12. [157a] Die bauren verklagen Doschen 36 = 33
18. Die handtwerck8 gsellen füren eine zu Straßburg im schüt-
ten in der statt umbher 48 = 43
35. Dem bösen feind schreyt einer, er soll im gelt geben 105 = 88
40. Die zech begert ein würt an zwen gesellen , die vor vier-
tzig tausent jaren schuldig bliben seind . . 127 = 104
E.
7. Ein pfaff singt am ostertag das Requiem 30 = 28
13. Ein liedlein singt Dosen umb die zech 36 = 33
15. Kin junger gesell erwarb eins königs tochter ... 40 = 36
16. Ein student wirdt zu einem nachrichter 43 = 39
20. [I57bj Kin kochin versaltzt alle suppen 52 = 45
21. Ein magt sagt, sie trinck kein wein 52 = 45
25. Ein betler verleürt zweyntzig gülden 56 = 49
27. Ein alter mann hett ein junges weyb 59 = 52
*
*) Es fehlen hier die erst 1565 eingeschalteten nr. 43 und 44.
Montauus 9
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130
Martin M-ntanus,
nr. *<«?ite
28. Fin scherer schlecht einer janckfrawen ein ader folio 61 = 53
33. Ein pfaff erm'»rdt ein arme fraw jämmerlichen ... 99 = 83
41. Ein fraw erzeygt »ich freundtlich gegen irem mann . 128 = 105
F.
39 Fraw Agnes schicket nach einem, den sie zwen pundtschüch
zu ha-[15Sa]ben Termeindt 125 = 102
c;.
34. Gelt nimbt einer vom teüffel, das er wolle sein weyb unnd
kindt nmbbringen 103 = 86
H.
3*. Hieronimus het lieb ein junckfraw, genandt Silvestra; unnd
damit er ir vergeh, schickt in sein mutter gen Pariß 115 = 95
42. Hystoria Gisippi und Titi 130 = 106
J.
37. Junckfraw Lisabetha buhlet einen [158b] jungeu, genandt
Lorentsst, welchs ire briider innen warden . . 108 90
30. Münch Albrecht einer jungen frauwen zuverstehn gab, wie
der engel Gabriel unib sie bület 74 = 63
31. Münch Rinaldus beschlaft't sein gefatterin, darzu der mann
kompt, den sie beid etc 86 = 73
32. Münch Burckhardt schlafft bey einer würtin, darzu der
mann kompt 94 = 78
s.
11. Schaft' lehnet Dosch utnli das halb 34—32
23. [159aJ »Sein weyb schlecht ein korbelmacher . . 54 = 48
4. Von einem alten biiler 17 = IS
5. Von einem konig, rysen , ainhorn und wilden schwein 18 = 19
U. Von dem Schwaben der das leberlin gefressen ... 26 = 25
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Register.
131
nr. ncite
8. Von einem gaugkler, dem ein jud ein fuß auß dem leib
gerissen folio 31 = 29
19. Von einer schlafferigen diernen 49 = 44
w.
1. Wie ein junger geBeil eines hirten tochter beschlafft mit
verheyssung, so sie es drey tag verschweyge ... 6 = 9
2. [159b] Wie eins rebmans fraw sich gegen irem mann ent-
schuldiget 9 = 12
3. Wie ein junger bawrenknecht zu einer schonen junckfraw
zu Preysach etc 15 = 16
1 4. Warumb die hund einander für den hindern schmecken 89 = 35
22. Wie ein junger gesell einer ein kind im schlaff macht 53 = 47
29. Wie ein junger gesell, genandt Maseto, sich zu einem stum-
men machet 64 = 55
9. Zwen gesellen fnren über Rhein 33 = 30
26. Zu Augspurg hangt ein junckfraw mit blossem leib zum
dantzhauß herauß 58 = 51
9*
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Andreützo.
133
Ain seer schon
vnnd fast nützlich büchlin
darinnen die jungen gesellen,
beuorab die so sich frembder Lan-
den brauchen wöllen, wes sy sich
halten sollen vnderwisen werden,
mit schonen Historien gezieret,
vnd newlich durch Marti-
1 Ein sehr Schon BCD 2 nützliche BC Buchlein, BCD 3
Darinn BCD Gesellen, benor- 1 BCD 4 so] fehlt BCD Landen
brau- | B; Land brauchen C; Landen brauchen D 5 weß sie sich
halten solle, | B; weß sie sich halten sollen, vn- | CD 6 werde, mit
schonen Hi- | B ; werden , mit schonen Hi- | C ; werden, mit schonen
Histo- | D 8 newlich durch | BCD 10 Truck BCD. - Über den
titel von E vgl. die einleitung.
Apdreützo, widmung.
135
[2a] Dem erbarn, beschaidnen und wolgeleerten
jüngliug Michael Ziegler, yetzund zü Ulm studierend,
meinem günstigen lieben freünd unnd brüder.
Die genad Gottes sey mit dir, frettndtlicher lieber gesell
unnd brüder! So ich dein gesundhait allzeit vernimb, bringt *
mir solchs sonder freüd zfihören.
Nach dem du vor ettlichen wochen, als ich bey dir zü
Ulm gewesen, ain sach unnd ding an mich begert hast, wel-
ches meinen achseln vil zü schwär ist, als nemlich ich solle
dir ain schone historien schreiben, zü welcher doch mein ver- w
stand vil zü gering ist (dann hystorien schreiben gewaltigen,
fürtrefflichen und hochgeleerten mennern, unnder die ich nicht
gezelt kan oder mag werden, die wol belesen unnd deren er-
faren seind, züsteet), dieweyl ich aber dein [2b] fretindtliche
gesellschafft, so du mir zü Ulm, auch änderst wo bewisen hast, iö
wie billich, ansehen und betrachten soll, hat mich nicht billich
oder recht sein duncken dir unib solliche gütthat undanckbar
zusein ; dann wir vil exempel haben , quod ingratitudo maxi-
mum vitium est, das undanckbarkait das grost unnd ergest
laster ist, so ain mensch an im mag haben. Damit aber ich 20
nicht von dir für undanckbar geschetzt werd , hab ich dise
historien unnd fleissige ermanung für die hand genommen, die-
selbig auch dir als meinem liebsten freünd dedicieren unnd
Beide vorreden fehlen in E 1 unnd C 6 solches sondere BCD
0 nemblich BCD solte BCD 12 nit BCD 14 zusteht BCD 16
soll BC; soll D 18 denn BCD 19 ärgerst BC; lugest D 20
mensche BCD
*
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136
Martin Montanas,
züschreiben wollen. Und wiewol dieselbig mein historia gegen
andern, deren vil unnd manigerlay an dem tag seind, gar ge-
ring oder nichts züschetzen ist, so zweyfelt mir nicht, du wer-
dest doch darinn finden, darumb du mir danckbar sein wer-
5dest; dann ettliche, ja auch alle beyspil und exempel, so ich
darein gesetzt, nit aufi meinem kopff erdicht [3a] oder herfür
zogen, sonder dieselbigen auß anderer hochgelerter manner
geschrifften genommen, dieselbigen nach meinem geringen ver-
stannd dem gemainen volck verstendiger gemacht. Dann dar-
10 auß ich dise historia gezogen hab, die haben vorhin gewißlich
fürtreffliche manner auß latein in das best teütsch vertiert
und beschriben, darauß der gemain unverstendig pöfel kain
verstand nemen mögen, sonder sich selbst irr und unrichtig
darinn gemacht; jha ob auch ainer schon den gantzen tag
V) darinn gelesen, wann er darvon autfgehört und auffgestanden,
des geleßnen gantz kain nutz oder verstannd gehabt hat. Die-
weil aber yetz ettlich möchteu sagen , ob ich als ain unver-
stendiger der fürtrefflichen manner scripta und bücher, so vor
langem außgangen waren, wolte verbessern und dieselbig für
•jo unverstendig schetzen , sage ich hinwider, das ich dise hoch-
gelerte manner oder ire [3b] bücher gar nicht beger züver-
bessern , (dann ich mich solchs nye understanden hab oder
noch understeen will; dann ich wol waiß, ich denselben vil
zu gering wäre unnd bin) aber das sag ich, das solche ihre
25 bücher dem gemainen und unbeleßnen layen züversteen oder
ain rechten gewissen verstand darauß zu fassen vil zü schwär
seind ; für die, so belesen seind , sy seer nutz und güt seind.
Unnd dieweyl dise historien in andern buchten hin und wider
verstrewet seind, hab ich derselben ettliche hieher zusamen
•jo gesetzt, dieselbigen zum thail in reimen weiß gestellt, mit
ainer meines erachteus guten leer und ermanung gemeert, die-
selbig den jungen wander gesellen zü gutem in druck geben
*
2 mancherley BCD 3 oder] unnd BCD 4 darinn] dann BCD
darumh B 5 ich] sich BCD 6 nicht BCD 7 hochgelehrten BC
13 nemroen BCD 15 drinn C autfgehortet BC; auffgehoret \)
17 jetzt BCD 18 furtrefllichen B 19 dieselbige BCD 22 habe
BCD 28 buchlein BCD 29 hiehrr C 30 dieselben BCD 31
ermanunge BCD 32 wanders BC truck BCD
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Andreützo, widmung.
137
lassen, darinn, als mir nicht zweyfelt, ain yegklicher wol fin-
den wirt, was ime zuthün oder lassen sey.
Bit dich derhalben, aller liebster freünd unnd bröder, du
wollest solch mein historien mit brüderlichem genaigtem ge-
[4a]raüt von mir auff nemmen , dieselbig für ain thewr ge- 0
schenck als von ainem, der nicht mer vermag, dir lassen be-
volhen sein. Dann welcher gibt , was er vermag , der kan
nicht weyter getrihen werden. Das sag ich aber nicht dar-
umb, das ich ains geschencks hinwider von dir beger; sonder
wa dasselbig mein mainung wäre, ich mein historia ainem ge- w
waltigern und mechtigern, weder ich und du seind, zftgeschri-
ben haben wolt; sonnder was ich gethon hab, dir zu danck-
sagung und widergeltung aller von dir empfangen gfttthat ge-
thon hab. Unnd wiewol solche mein schlechte historia diser
deiner bewißner trew und freündtschafft züvergelten nicht gnäg ^
ist, bitte ich dich doch, du wollest mein gäten willen, den
du hieran wol spüren magst, für die werck nemen und deren
content sein.
Nun mochtest du aber sprechen und sagen: ,Mira de
lente predicas, du machest ain grossen rhüm von [4b] ai 11er 20
linsen ; tritt nun meer zum an fang deiner historien' etc. So
wil ich dieselbig mein vorred hiemit enden und beschliessen,
auch dich hiemit gebeten haben, du wollest solche fleissig le-
sen, dein iudiciura, wa ich recht oder unrecht hab, darüber
stellen unnd mir solches züschicken , mich auch dir als dein 20
getreüwesten freünd lassen bevolhen sein.
I>atum Dillingen freytags post Martini anno 57.
Dein williger
Martinus Montan ns
von Straßburg.
*
5 autt'newmen C 8 sage BCD 10 wo BCD 12 was] das
BCD 14 diaer] die BCD 16 meinen BCD 19 Nira BCD
24 wo BCD darüben BC 25 deinem BCD 28 Dein williger]
fehlt BC
138
Martin Montanus,
[5a] An den leser.
Freündtlicher, lieber leser, nach dem vil yrrthumb unnd
Unordnung unnder der jugendt ist mit ainem und dem anndern
(dann man manchen findet, der seinen eitern das ihr unnütz-
5 lieh verthüt und verschwendfc, dardurch er in armftt und groß
verderben gerath) und wiewol vil schöner Warnungen, und das
man darvon absteen sol, vorhanden sein, so wil sich doch die
unverstanden jugent nicht daran stossen, sonder allain sagt:
,Was geet es disen oder jhenen an, wie ich das mein verthftn!
io Gibt er mir doch nichten nit daran !' Solcher wort ich auch
über diß mein büchlin unnd freüntlich schreiben warten muß,
doch nicht vil darnach frage; dann ich frew und trost mich
des gemainen sprüchwort, das man sagt: , Welcher von ainem
scorpion gesto[5b]chen ist. dem schadt nicht bald ain wefftzen
l.-» stich.1 Und ob schon vil wefftzen und premen, das seind ver-
echter meines buchlins, vorhanden sein , mich begeren zuver-
klainern, frag ich doch wenig darnach ; dann mich vorhin ain
scorpion umb ainer meiner historien willen zustechen begerfc
hat; dieweyl es ime aber mißlungen, hoffe ich, es werden mir
•jo die wefftzlin und klainen mügklin dest minder schaden thrtn
mögen. So vertröst ich mich auch, das ich nichts in meinem
buchlin geschriben hab, das mir mocht ainichen nachthail oder
schaden bringen , sonder alles , was dariun begriffen ist , ich
guter mainung und damit sich ain yegklicher, was ime zuthfin
oder lassen seye, zü erinnern habe.
Dann, lieber leser, nymb diß mein buchlin fein fleissig
für dich, liß es mit ernst, so wirdst du mich gar nicht straf-
fen , sonnder vil meer umb solche mein trewliche waruung
danck sagen. Ich hab dich ex[6a]empel weiß oder, das du es
*
3 jugentd B 4 eiteren C 8 unverständig BCD 9 verthii
BCD 10 nit] fehlt BCD 11 buchlein BC freundtlichs BCD
12 frey BCD 13 Sprichworts BCD 16 mich] nicht BCD 18 ste-
chen BCD 20 desto BC 23 alles] allain A; allein BCD darin-
nen BCD 24 jegkliches BCD 29 exerapelsweyß BCD
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Andreützo, vorrede.
139
baß verstandest, durch exempel gewarnet, dir sy zü ainem
beyspil daher gesetzt, damit du sehest, wie es andern leüten
gangen sey durch ihren Übermut und pracht, wie schwerlich
manger sein leben errettet hat auß der gefar, darinn er ge-
stecket ist, darzü in bracht hat das gelt, welches er unschtitzig 5
außgeben hat, desselbig nicht verbergen hat künden, wie dann
billich gewesen , wie du dessen feinen unnd klaren bericht in
dem bSchlin finden wirst. Unnd wann allain die historia von
Andreytzo darinnen wäre, so soltest du doch auß der selben
genügsamen bericht finden; aber es seind vil andere unnd ja 10
auch gar schöne exempel darinn begriffen, darmit du wissest,
was du tbün solt.
Bitt dich derhalben, du wollest sollich bfichlin von mir
gütwillig annemen, gedencken , das ich solchs dir und auch
mir , dieweyl ich selbst noch jung und unverstanden bin , zü 10
güttem geschri[6b]ben hab unnd gar nicht auß argem willen
oder boßer mainung, wie manicher dencken möcht, (dann man
all weg für ain , der die sach recht versteet , zehen findt , die
aim die sach unnd sein güt mainung, auch trewlich vermanen
zürn aller hosten außlegen , darnach ich aber nicht seer vil 20
frag) und solches fleissig lesen. Wo ich aber ettwan darinn
gefalt bet, wie villeicht wol mocht geschehen sein, bitte ich
dich . wollest solches meinem Unverstand , auch das ich noch
jung und kain wolbeleßner historicus bin , züaignen ; solches
stat mir gegen dir zü yeder zeit zübeschulden. 20
Soli Deo gioiia
4 mancher BCD 7 desselben BCD 8 wenn BCD 9 der-
•elbigen BCD 13 solch BCD von mir] fehlt BCD 16 nichts
BCD argen BC 17 oder] unnd BCD 19 g.itte BCD ver-
manung BCD 20 aller unnd hosten BCD 22 mocht BC
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140
Martin MontanuB,
1.
[7a] Wie Andreitzo von Perusio zft ross auffsaß unnd
gen Athen reytten wolt.
Andreytzo, als er auff ain zeyt ain schon roß bey ainera
.. Athener gesehen het, ward er sich zft detnselbigen fugen der
hoffnung, er wurde es umb eerliche bezalung überkommen.
Deßhalben den Athener ansprach und bat, er wolte im solches
zukauffen geben, er wolte es im bezalen , so lieb es im wäre.
Solches aber der güt herr von Athen gantz und gar nit thftn
io wolt, ime, dem jungen, züchtigklich antwurt, er wäre nicht
willens oder darumb gen Perusio kommen, das er wolle sein
ross verkauften, sonnder so er das verkauffte, mußte er her-
nach ain anders kauffen.
Wellicher antwurt der jung seer traurig war, doch so
i"> vil von dem guten man verstund, das er solche ross zu" Athen
[7b] wol und in zimlichem werdt tiberkommen mochte, haim
zühauß gienge, layd trüge, das ime solcher kauft* des schonen
roß nit wäre fürsich gangen, gedacht, er selbst gen Athen
wolt, da fend er die waal under vil manigem, dem mann bey
inj ime selbst Übel redt uud sprach : ime nicht darumb dancken
wolt, ob er inie schon das pferdt geben hett. Seine Sachen
dahaim schicket, fünft" hundert guldin in seckel nam , all ain
auff zü ross saß , den weg für sich name und als ain newer
und vor nye außgeÜogner vogel gen Athen werts keret.
Wie Andreytzo gen Athen konipt, alda er vom
vvürt empfangen und den gebrauch deß marckts
nnder wisen ward.
*
3 -jehn BC; gehen D; ghen E 8 züverkauffen BCD 10 ant-
wort BCDE 14 antwort BODE ward BCD 16 zimlichen ADE
18 nit was E gehn BCD 19 findt BCD; finde E 20 drumb BCD
23 z.vi] das BCD 26 gehen BCD; ghen E 27 marcks BCD
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Andre ützo, cap. 1-3.
Iii
Und nach solchem seinem außreyten in wenig tagen gen
Athen kam, nach der besten herberg, wie dann [8a] solcher
j an ngen gesellen gewonhait ist, fraget, dahin er gar bald ge-
wisen warde, da er auch von dem wärt wol empfangen ward;
wol gedacht, er ain gütten vogel haben wurde, den er dapffer 0
berupffen wolte, aber ime doch nicht geriethe, sonder den
besten rogen ain anderer zöge, wie ihr dann hernach hören
werdt Der jung den würt die gewonhait des marckts fraget,
unnd wie er sich darauff halten solte; des er von dem würt
genüg underwisen ward. Darnach sich zü tisch satzt, mit an- 10
dem das nachtmal name unnd nach dem nachtessen zü beth
gefurt warde, da er die gantze nacht in gedancken, wie er
schöne ross kauffcn wolte, ungeschlafFen läge, offt den Hechten
tag begeret; dann ime die zeyt lenger war, weder leg er in
ainem tieften thurn. [8b] ir>
3.
Wie Andreytzo am morgen, als er auffgestannden
was, auff den marckt gieng, roß zukauffen, aber iine
kain kauff fürsich gienge.
Als nun der tag die finster nacht vertrungen hette und 20
die sonn aufgangen wäre, Andreytzo aufiPstünd, sich anleget
und, so beldest er mocht, sich auf den marckt, da man pflegt
roß zukauffen, fuget unnd er, also der seiner fürgenommen
mainung ain genügen wolt thün, vil pferd faylset, aber ime
kain kauff nye wolt fürsich geen. Dann wie man ime die- '£>
selbigen böte, ine alle zeit dauchten zü thewr sein, und als
ain junger büffel und unerfarner kauffnian nichts wüßt darauf
zulegen , sonder all wegen darvou gieng. Darumb yederman
sein gespött auß Andreützo tribe, sprachen, er ain unverstand-
ner kauffman wäre und villeicht nicht roß zukauffen willens w
4 gar wol BCD 6 gerhftte A 9 des] das E 15 thuren C
18 ihn E 20 verdrungen BCD 23 verfüget BC 26 ine] ihm
BCD; in E 29 sprechend K
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142
Martin Montan ust
wäre. Wel[9a]ches Andreützo, der sich weyß und fürt reff lieh
schätzet, seer verdriessen ward, und damit mau sehe, das er
kain gespot tribe, sonnder ross zukauffen gen Athen kommen
wäre, er offtermals den seckel vor nienigklichem auffzoge und
b seine fünfhundert guldin sehen ließ, gleich thet, wie dann
solche junge männlin thünd, groß pracht mit ihrem gut trei-
ben, mainen, sunst nyemand kain gelt hab weder sy, und ma-
chen sich fratzig genüg, treten fein hochtrabig herein , damit
das meine junckherren gesehen werden ; da erzürne sy nye-
10 niandt, yederman sag inen : ,Gnad junckherr4 ; da müß man
inen auß dem weg weichen, damit der gewaltig herr platz
habe. So findet man dann feine leüt, fuchßschwentzler, feine
züdüttler , die aim glatte wörtlin geben künden , den junck-
herren in allen sachen gewunnen geben, gott geb es sey recht
15 oder unrecht, sy zu gast laden, sprechen: ,Ey raein lieber
[9b] junckherr, kompt heint zü mir, seyt mein gast! Ich will
mit eüch thailen, was ich liebs und güts vermag.4 Jha, sy
schmeckten den schwären seckel; wann derselbig nicht wäre
wurde junckherr Hans offt hinder dem offen sitzen m&ssen, so
20 er also herfür gezogen wirdt und oben an die tafel gesetzt.
Damit ich aber wider zu meiner angefanngnen historia
komm, nun in solchem seinem prangen mit den fünfhundert
guldin sich begäbe, als er ains raals den seckel aufthet und
seine fünfhundert guldin sehen ließ, ain schöne junge fraw,
25 welche ainem yegklichen jha auch umb ain gering gelt willig
zusein geschickt wäre, fürgienge; die hett ain alte vettel bey
ir, und als sy die guldin ersähe, bey ir selbs gedacht: ,Ach
weren die guldin mein!4 Doch ungeredt fürgienge. Und als
die alt fraw Andreützo ersehen hett, sy die jung allein geen
ao ließ, zü Andreützo gieng, dem umb den halß fül und freünt-
lich empfieng; [10a] welches die jung fraw wol war genom-
men het, schwig still, gieng haim, gedacht wol, die sach solt
güt werden. Andreützo dem alten weyb dancket; dann er sy
1 fürtrefienlich E 4 menigklieben BCDE 4 Fünffhungert B
10 sagt E 11 ine A 12 denn BCD fuchßschwentzer BOD
13 können E 14 in] fehlt E 16 heut BCD; hinnacht E 17 leibe
BCD 18 schinecken BCDE 21 angefangner history BCD 24
gülden E 25 geringes BCD 29 gesehen BCD 30 fiel BCDE
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AndreÜtzo, cap. 3. 4.
143
wol erkannt, an sein herberg zu gast lüde, dann er sich auff
dem raarckt nicht genüg mit ihr besprachen mocht. Damit
sy von im schiede, er wider anhub zukauffen und marckten
unnd doch desselbigen morgens kains kauffs kundt ainß werden.
Das jung weyb , die Andreützo seckel wol wargenommen ;>
und gesehen hett und die alte fraw, so sy bey ihr hette, so
freündtlich in hett sehen umbfahen unnd mit ime reden, zü-
hand gedacht, wie sy versuchen wolt, ob ihr, die roten ge-
sehen gülden alle oder doch zürn wenigsten ain thail werden
rauchten, das alt weyb, so schon haim kommen was, berötft, io
freüntlich mit ihr anhüb züreden und sy fragt, wer der jung
mann wäre, waher sy sein kandte oder wa sy vormals bey ime
gewesen wäre, [10b] das sy sein so güt kundtschafft hett unnd
ine so freündtlich empfangen hett Das alt weyb, als sie die
sach nicht so weyt verstand unnd nicht mainet, das die fraw i;>
sy auff ain solliche bose mainung gefragt hett, ihr alle Sachen,
wie sy bey seinem vatter inn Cicilia und auch darnach lange
zeit zü Perusio gedient hette, von stuck zu stuck erzelet, auch
ihr saget, wa Andreützo an der herberg gelegen und umb was
gescheffts willen er gen Athen kommen wäre, nenüich das er 20
schone roß kauften wolt.
4.
Wie das jung weyb nach Andreützo schicket.
Unnd als das jung weyb alle Sachen von seinem vatter,
von allen seinen freünden zü Perusio und ihre namen jung 20
und alt nach allem irem willen gar wol von der alten erfarn
und durchlernet hett, zuband ir gar ain subtile boßhait er-
dacht und dem [IIa] alten weyb des tags sovil geschefft auff-
lftd und gab, das sy nicht dess tags zu Andreützo kommen
mocht. Dann sy besorget, so das alt weyb wider zu Andreützo :;o
*
2 oit gnug BCDE mit ihr] fehlt E ersprachen E 8 roten]
alten E gesehnen BCD 10 dahaym was BCD 12 woher BCDE
wo BCDE 13 so] fehlt E 14 als die sach ABCD 15 so] fehlt
BCD 16 solche BCDE 24 allen BCD vateer B 25 Peruai«
ABCD 26 allen ihren BCD 30 widerl fehlt K
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Martin Montanus,
kerne , möchte sy in villeicht vor der frawen warnen , damit
dann ir sach verhindert wurde und nicht fürsich gienge.
Darnach sy ain junges meidlin zü im schicket, das sy
zu solchem dienst gar wol gemustert hette, das ir auch zu
ö solchen Sachen gar meisterlich helffen kund ; in die herberg
gieng, nach Andreützo traget. Unnd eben den es fraget, An-
dreützo selbs wäre , auff der porten der herberg stünde. Er
zü dem meidlin sprach: ,Was begerest du? Ich bins.4 Daß
meidlin in bey dem rock naoie, auff ain haimlichs orth fürt,
10 da sy von nyemand mochten gehört werden, und zü im sprach:
,Herr, ain edle erbare fraw vou diser statt Neapolis mich zü
euch gesandt hat, die hat ettwas genötigs mit euch zü reden,
wa es ewer gefallen wäre; und [IIb] bitt eüch freündtlich,
ihr wollend ir solches nicht abschlagen, sonder den nächsten
15 mit mir zü ihr geen wolt.1 — ,Gem4, sprach Andreützo unnd
sich selb züschawen begunt, bey im selbs gedacht, der metzen
sontag wäre , dieweyl die edlen frewlin vonn Neapolis nach
ime schickten, und nemlich im gedacht, die frawen nach im
schickten umb seines schönen leybs willen. Aber weyt ain
20 anndere mainung was ; dann sy den schwären seckel bey im
gesehen ; umb des willen sy nach ime geschickt hett, wellicher
ihr auch hernach zü tail ward, wie ihr hören werdt. Zü dem
meidlin sprach, er wäre berayt, wo unnd wenn die fraw wolt,
mit ihr zureden. Das meidlin, als das maisterlich liegen kundt,
üö zü im sprach: ,Herr, were es ewer gefallen, in irem hauß
sy eüwer wartet.' Andreützo bald zü dem meidlin sprach :
,Öo gee du vor hin, so will ich dir nach folgen.1
Also das meidlin vorhin gieng, ime Andreützo auf [12a]
dem füß nachfolgt und in der herberg nyemand t davon saget,
30 zü der schönen frawen in das hauß kam, die da wonet in der
gassen genannt zü dem bösen loch ; bey dem man wol merken
mag die frünibkait der gassen. Da wüßt Andreützo nicht von
zusagen ; er vennaint, es an dem er barsten ort der statt wäre
*
2 füsich A 4 solchem BC 7 pforten BCD 8 m&ydlein BC;
mäydlen D; mägdlin E 9 führet BCD; fürt E 12 nötig« E 13
bitte BC 14 wollet BCD in selbs BC zübeschawen E 17
frawlein BCD Neaopolis A 19 seinen BCD 20 schweren unnd
feysten E SO da die BCD 33 der statt] fehlt BCD
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Andreützo, cap. 4-5.
145
und er zü ainer erbaren frawen und nicht zü ainer bübin
gangen wäre; aber die sach ain andere gestalt hett.
Darumb soll ainer fragen, wa ainer in ain statt kompt,
da er vor nyemals gewesen noch derselbigen kundtschafft hat,
wa er hin geen wöll oder das man an das oder das ort nach •">
im geschickt habe. Ist es dann ain uneerlich orth, wirdt iroe
dassel big als bald widerraten unnd angezaigt, was es für ain
orth seye. Welches aber mein gütter Andreützo nit thon hat,
sonnder gedacht, es nicht billich wäre solches anderstwo oder
seinem würt anzuzaigen, das die schönen frewlin nach ime ge- 10
8chi-[12b]cket haben , welches ime auch übel geriete, wie ir
hören werdet.
5.
Wie Andreützo in der trau wen hauß kam , unnd
was sy mit ime redet. l:>
Als er nun dem meidlin nachfolget, er nicht lang gienge,
zu der frauwen hauß käme, da er anklopffet. Als bald er von
der frawen gesehen was, sy gedacht, die sach schon gewunnen
wäre, die thür bald züöffnen verschüff. Andreützo hinein
gienge, die stiegen an tratte unnd nicht gar halb hinauff gangen 20
wäre, die schöne fraw, kostlich gezieret, gerad von leyb und
schon von angesicht, im die stiegen abwertz entgegen gienge
mit auffgethanen armen und mit ainem schwären seüfFtzen ine
umbfieng, in klainer weyl nicht sprechen niocht zü gleicher
weyß , als ob sy vor grosser freüden und liebe nicht reden 20
kündt, als dann der frawen gewon[13a]hait ist, wann inen
seltzame grosse freünd zü hauß kommen, sy von freüden wai-
nen und nicht gereden mögen. Deßgleichen thet die schöne
erbar fraw auch und mit wainenden äugen sy Andreützo an
seine wangen küsset, mit kleglichen , senfften Worten sprach::»
,0 Andreützo, nun biß mir zü tausent malen gotwilkummen !l
* •
1 ond er bis gangen wäre] fehlt BCD 3 wo BCDE 5 wo BCDE
das man] da man BCD 7 anzeygt BCD 8 than BCD; gethan E
19 thor BCD 21 schönste BCD 24 nichts E 25 freude E 31
gott willkommen BCDE
Moutanti* 10
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146
Martin Montanus,
Abermals ain schwären seüfftzen ließ und kläglich wainet;
dann sy das w asser ihrer äugen, wann sy es haben wolt, nicht
vil kostet.
Sollicher grossen freündschafft unnd liebe Andreützo sich
ö gar frembd namb und seer wundert ; dann auß ihrem kläg-
lichen wainen unnd schwären seüfftzen er wol verstund, sy
sein groß freüd het; doch ir züchtigklich antwurt unnd sovil
danck widerumb saget.
Darnach nauie in das böß listig weyb bey der band, fürt
10 in die stiegen vollend hinauff in ain schonen weytten palast
und saal und auß dem saal ungeredt in die kammer, so nahend
dabey [13b] wäre, gienge, die von edlem geschmack gezieret
was. Darinnen stund ain kostlich schön wolberayt beth mit
seiden umbhengen, dessen seülen waren schön gebalirt marmel-
i.i stain mit guldin knöpften, die wend waren mit reychem har-
nisch unnd haidnisch werck umbhengt: in summa sy waren
dermas8en zugericht, das sy baß ainem kayser gezimpt hetten
weder ainem solchen schnöden verfluchten weyb. Als An-
dreützo solche schöne ding sähe, als der ain newer außge-
o<> flogner vogel was, gedacht : ,Ich bin ain reicher edelraan und
ains ritters sun, füre ain eerlichen stand ; aber solche schöne,
reyche und kostliche klainat hab ich nit.1 Weyter als ain
fremdling, der der Neapolitaner, auch solcher frewlin sitten
nicht wüßt, gedacht, sy wäre ain mechtige , gewaltige fraw
2:, «der furstin, ihr vil eer bewise unnd sich underthenig erzaiget.
Des die fraw wol wargenommen hett, ine bey der [14a |
band narae, neben sich auff ain schöne küsten oder sydel vor
dem beth satzte, also zü ime sprach : ,0 Andreützo, ich sihe
und vernymb wol, das dich der freündtschafft, so ich dir mit
:k» meinem freündtlichen umbfahen unnd kläglichen zehern be-
wisen hab, seer verwundert und befrembdt, als der meiner
nye kain kundtschaft gehabt und auch villeicht mein nye hast
*
4 Solcher grosser BCD 7 antwort BCDE 10 Völlens E 11
die] ein E 12 geschmuck BCD gezierer 0 14 gapaliert A ;
gepolierte E 15 kopffen BCD 18 solchem BC 21 eon BCDE
eelichen A 22 kleinot CE nich icht A 27 küatel BCD ; kisten
E seydel BCD; sidel E 28 ich sich BCD 29 dich] ich BCD
31 wundert BCD
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Andrefitzo, cap. 5.
147
gedencken hören. Doch das soll und wirt dich auch noch
grösser wunder nemmen, das ich, wie dann auch war ist, dein
leibliche Schwester bin. Darumb so sag ich dir, das ich yetz-
und gern und vil dest frölicher sterben wil, das ich dich als
meinen bruder, des mein hertz lange zeyt begert hat, gesehen ■>
hab. Und ob ain solches dir nit wissend oder kund ist, wie
mir dann nicht zweyfelt , du nye nichts von mir gehört ha-
best, so vermerck mich weyter unnd höre, was ich dir sagen
will ! Es ist dir on zweyffel wol wissend , wie Peter , mein
und dein vatter, lange zeit [14b] in der schönen und raechti- 10
gen stat Palerma in Cicilia sein wonung gehabt, der umb sei-
ner reychtumb, gute und tugent von yederman nicht allain der
statt, sonder auch frembden außlendern wol, eerlich und herr-
lich gehalten ist worden. Doch ob allen, die in lieb hetten,
mein mütter iue lieb hett , die ain fraw und zü zeyten ain i:>
witwin was, die in lieb het über alle mann in solcher maß,
sich mit ainander vermischten , das ich von inen baiden em-
pfangen und geboren ward und bin, als du mich sihest. Dar-
nach ursach halben sich begab, das Peter, mein und dein vat-
ter, von Palerma schied , zohe haim unnd mich ain junges 2u
kind meiner mütter ließ, darnach weder an mich noch mein
müter nit meer gedacht, gleich als ob er mein vatter nye
gewesen und raein müter nye gesehen hett. Aber aller
ü beiget honen ding , deren gedechtnuß vor langer zeit ver-
gangen unnd vergessen ist, seind vil [15a] geringer zustraffen
dann wider zükören. Doch im sey, wie es wolle, so ist es
doch also: er ließ mich ain junges kind in Palerma, da bin
ich gewachsen, als du mich wol sihest; und mein müter, die
ain reiche fraw was, mir ain edelman zü der ee gab und mir
und ime zü lieb offt gen Palerma käme. Unnd als er ain so
grosser Gualfo was mit unnserm künig Karolo wider künig
Friderich und Neapolis, was sach sy zügericht hetten künig
♦
1 auch vil und grosser BCD 4 desto E 7 nit BCD 9 ist]
fehlt ABCD 11 Sicüia E 12 guter BCD 15 jhene BC 16
witwen E 17 vermichsten B; vermißten D; vermischen E 20 zöge
BCD 22 obj wer BCD 24 übel gethanen BC ; Übel gethaner E
26 n\köhren C im] es BCD 28 als] wie BCD wol] fehlt BCD
30 ime offt sfi lieb E 31 unserem C kOnig BCDK
10*
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US
Martin Montanus,
Carolo zü hilf? und ktlnig Friderich zu schaden, und ehe ain
sollichs zü end kam, künig Friderich solchen handel wider ine
vemouien hett, umb des willen mein mann weichen und anß
Cicilia fliehen müst , da ich mit ime die gröst riterin worden
5 bin , die in allen künigreichen ist. Darumb namen wir das
wenigest, das uns werden mocht, das gar klain was zuschetzen
gegen dem grossen, das müßten wir verlassen, als dann waren
unsere heüser und sch[15b]l6sser unnd andere gelegne gutter,
und her gen Neapolis geflohen seind, da unsers herrn des kü-
10 nigs gnad so gnedig gegen uns gewesen ist und uns ain thail
unsern schaden wider köret hat, die wir in Cicilia verloren
betten, und uns hat geben heüser und ettliche guter und bey
dem allem meinem lieben mann, deinem Schwager, stäts gütte
Provision geben hat, wie du, wils gott, bald sehen solt. Also
i.) bin ich hie, got sey lob.1
Unnd ime von newem mit den armen umb den halß fiele,
mit weinenden äugen an seine wangen ztichtigklich küsset.
Da nun Andreützo der schönen frawen red und meer so or-
denlich unnd eben war name, deren das wort inn kainem weg
3) in ihrem mund oder zwischen ihren zenen starb (ihr was die
zung mit fleiß geloßt worden unnd stammlet nit), es käme im
wol in gedechtnuß, wie er vernommen hett, das sein vatter
etlich zeit in Cicilia und zü Palerma sein wonung gehabt hette,
[l6a] auch bey im selbs wol gedacht, wie der jungen gesellen
2.1 gewonhait wäre schone frawen lieb zuhaben, darbey auch sähe
die klaglichen waichen zähern und das lieblich halsen und
züchtig küssen, er fürwar nicht änderst mainet, dann, was im
die schön fraw gesagt hett , war sein , er ihr antwurt und
sprach (krefftig unnd mechtig seind die wort der frawen, be-
sonder so sy mit etwas schone unnd zucht scheinen von hertzen
geen, unnd ist doch zü zeyten ain falsche und mit listen er-
dachte red) ; darumb Andreützo sprach : ,Fraw , lassend es
eüch nicht frembd duncken , ob ich mich wunder , eüch die
1 schänden 13C 2 solches BCDE 3 des bis und] fehlt BC
4 Sicilia E 6 wenigste BC 10 genad BCD 11 unsren BCD
13 Schwaget BD 16 mit den armen] fehlt BCD 18 nun fehlt E
ralihr BCDE 24 wol) fehlt BCD 29 der wort die frawen BCD
30 so ist etwas mit schone BCD
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Andreützo, cap. 5.
149
warbait zusagen ! Warumb mein vatter ain solches gethon
hat noch was er mit ewer müter begangen hat, davon hah
ich kainerlay nye vernommen ; und ob er eü werthalb mit ye-
mand ist zü red kommen, solches mir unkund ist. Darumb
nicht müglich, das ich ewer kundtschafft haben niög, aber mir 5
sovil [16b] dest lieber, das ich ain sch wester hie funden hab,
des ich mich nicht versehen , auch kainen mann so mechtig
erkenne, dem ihr nit für ain Schwester soiten gefallen sein/
Und solcher reden seer vil trib; dann er als ein juuger
unverstandner lapp nicht so weyt betrachtet, wo hin solche 10
reden reichen soiten ; darumb sy ime auch hernach zü grossem
schaden kamen unnd darzü in gar nahend urab sein leben
bracht hetten, wie ihr dann bald hören werdet. Wider anfieng
zureden, die frawen fleissig bat, das sy im sagen wolte, wer
ihr sein beiwesen kundt gethan oder wie sy sein wargenom- 1.,
inen und erkennt hett.
Die fraw im bald antwurt unnd sprach: ,Tch hab ain
güte arme alte fraw bey mir; die ist den verganngen morgen
bey euch auff dem roßmarckt gewesen und one zweyfel mit
eüch geredt hat, wie eüch dann wol kundt sein mag, die bey 20
unnserm vatter, nach dem als ich von ihr verstanden, lange
zeit [17a] zü Peruß gestanden ist. Und wär es nicht gewesen,
das es mich fügklicher daucht und erbarlicher, wenn du mir
in mein hauß kernest, dann das ich zü dir in ander leüt heü-
ser kerne , ich het mich so lang nicht künden säumen oder s:>
zü dir zukommen verzogen, ich wäre zü dir in die herberg
gungen/
Nach allen disen vergangen listigen worten sy von newem
auhüb züfragen nach allen seinen freünden, wie es yegklichem
insonderhait gienge, wie sy lebten oder was gewerb und hann- 30
del ain yegklicher tribe, dereu namen sy alle und aines yegk-
lichen, wie oben vermeldet, von dem alten weyb erlernet hatte.
Als Andreützo solche fragen und die namen seiner freünd so
aygentlich nennen höret, ward er der frawen wort, daran er
*
3 nye] nit E 8 den BCD 9 seer] fehlt E denn BCD
U fraw BCDE 15 beweysen ABD 17 antwort BCDE 18 ver-
gangnen BCDE 21 ihr] im E 22 gedienet hat E 26 die] dir A
2« vergangnen BCDE 30 ergienge BCD 33 nacken E
r
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150
Martin Montanus,
vormals noch zweyfelt , gentzlich gelauben , zü der frawen
sprach, erst gelaub er, das sy sein rechte Schwester seye.
Darnach schüfF die fraw bald güten frischen wein zukom-
men unnd [17b] mancherley confect nach sollicher zeit ge-
üwonhait; dann die hitz groß was. Als Andreützo mit ihr
tranck und collation machet, solches lang auffzog und ime
dapffer mit trincken zösetzet der mainung, das er bey ihr blei-
ben solt, wie dann hernacher auch geschach.
6.
10 Wie Andreützo in sein herberg zum nachtmal geen
wolt, aber die fraw ime solches nicht erlauben wolt.
Und als solche zech ain end unnd lang genüg geweret
hett, Andreützo an sein herberg gedacht, unnd das man allda
sein wartten wurde, von der falschen frawen, die er yetz sein
Iii Schwester sein mainet, des Urlaub begeret. Welches im die
fraw in kain weg vergunnen oder zögeben wolt, deßgleichen
thet, als ob sy sich darumb seer betrübet und traurig wäre,
ine aber mit ihren armen umb[18a]fieng und sprach: ,Heu
nie, o we mir, ich erkenne wol , das dein liebe klain zü mir
ist und so gar nicht bedenckst, das du bey ainer deiner nye
gesehnen Schwester bist, bey deren du doch, da du her kämest,
abgesessen soltest sein , von der du dich schaiden und an die
herberg essen geen wilt. Das wolle got nit, das ich dich auß
dem hauß geen lasse; wiewol mein mann, dein sch wager, nicht
25 dahaim ist, welches mir seer layd, ich nach frawen vermögen
dir wol ain eer thün soll.4
AufF welches ihr Andreützo, der gut jung, nicht wüßt
zü antwurten, dann allain zü ihr sprach : ,Fraw, ich hab eüch
lieb als mein leiblich Schwester, für die ich eüch auch erkenn,
30 unangesehen das ich eüch vor nye gesehen hab noch von eüch
uyemals hab hören sagen. Aber gee ich nit haim, so wartet
«
4 nach bis gewonhait] fehlt BCD 8 hernach BCD 14 jetzt
BCD; jetzt E 19 me] we C 22 von deren E 27 nit wißt BCD;
nicht* wüste E 28 antworten BCD 29 leiblichen BCD 31
nicht BCDE
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Andreüteo, cap. 5—6.
151
man mein die gantze nacht ; das wäre nicht wol zuthün, unnd
wurd mir solchs morgen von meim wiirt verwisen werden.4
,Ey das sey gott ge[18b]iobt4, sprach die fraw , ,das ich
nyemandt in meinem hauß hab, den ich in das würtshauß
schicke und anzaigen laß , das man dein nit warte. Aber so
du wilt und auch wol thetest, wann du mir zulieb nach dei-
nen gesellen schicktest, das dieselbigen das nachtmal mit uns
nemen; darnach giengen ir mit ainander haim.' Das thet sy
darumb, das sy der vogel vil in das garn bringen möcht, so
kündt sy darnach mit inen ihres gefallens umbgeen. Dann sy 10
verhofft, wenn sy kernen und mit ihr zunacht essen, wurden
sy die zech thewr genüg bezalen müssen, wie dann Andreützo
geschehen, welcher wider seinen willen das gloch bezalt unnd
darzü schier umb sein leben kommen wäre, wie dann kurtz-
lich hernach soll angezaigt werden. 15
Andreützo antwurt, er seine gesellen auff dise nacht nicht
bekümmern wolt, aber dieweil es ir gefallen wäre bey ir zü
bleiben, splt sy mit ime thün, was sy wolt.
Nün die zft-[19a]nicht fraw deßgleichen thet, als ob sy
au die herberg schicket und anzaigen ließ, das man sein nicht ao
wartet, dann er zum n achtessen nit kommen wurd, sonder bey
seiner Schwester essen wurde, aber solches nicht thet; dann
ihr layd gewesen wäre, das man gewüßt hette, das er inn
ihrem hauß wäre. Darnach zühand sich zü tisch satzten, mit
herrlichen richten baiden wol gedient warde; mit dem es die a>
fraw mit fleiß nach dem lengsten verzöge, damit der nacht
desto meer vergieng und es sich dest tieffer darein Verzug,
darmit sy ursach het, in bey ihr zubehalten.
Da sy nun das nachtnial verbracht hetten und von dem
tisch ausgestanden waren und Andreützo an sein herberg mai- 30
net zügeen, er von ihr Urlaub begeret. Das sy ime in kainen
weg vergunnen noch geben wolt, zü im sprach, Neapolis wäre
*
2 sollicha BCD ; solches E 3 sey] fehlt BCD 5 and A 6
deinem BCD 7 schickest BCD nechtmal A 9 der] die BCD
12 thewer gnug BCD; theur gnug E 13 wider] wie er BCD ge-
loch E 14 wäre A; war E 16 antwort BCDE 19 zunicht) fehlt
BCD 22 wurd CD; wurde E 23 gewußt BCD; gewißt E 25
richten] trachten E
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152
Martin Montanus,
nit ain statt, des nachts auff der gassen zögeen , sonnderlicb
den gesten und fremden; dann sy wol [19b] wüßt, so er hinauß
gieng, er von den scherganten oder riffianern gefangen oder
villeicht gar zü tod geschlagen wurde unnd im alles, so er
•> hett, genommen wurde; so hett sy auch dem würt kundt ge-
thon, das er nit haim schlaffen kern; derhalben er bey ihr
beleiben solt.
Andreützo der frawen trewlich warnen unnd ernstlich bit-
ten sähe, gentzlich der frawen glaubet, bey im selbst bedacht,
10 wenn er seine fünff hundert guldin also verlieren solt, und ob
er schon mit dem leben darvon kern, wurd es im grosse pein
bringen, darzü wurde er als ain un weiser kauf mau von yeder-
roan zü seinem schaden und Verlust gespottet werden ; also
bey der frawen blibe.
11 Als sy nun lang zeyt bey ainander gesessen waren und
die zeit schlaffen zugeen vornan nden wäre, (dann ain gut thail
der nacht schon verschinen wäre, aber nicht on ursach ine die
fraw so lang aufgehalten hat) doch da die zeit kommen was,
sy in [20a] mit sampt ainem klainen büblin, das im das haim-
2u lieh gemach zaigen solt, in ihr kamer schlaffen weyset, und
sy mit iren anderen frawen in ain anndere kamer schlaffen
giengen; bey ir selbst gedacht, wann Andreützo entschlaffen
wäre, sy auffsteen wolt, iren riffiener, so in ainer andern Stu-
ben wäre, rüffeu wolt, der in villeicht umbracht hett oder
äi doch auf das wenigest das gelt genommen, welches aber auff
ain anndern weg geschehen.
7.
Andreützo falt in ain sprachhautt , da er verniaint
sein notturff't zü verbringen.
Als Andreützo nun von solcher seiner schönen Schwester,
3 ßtherganden BC; schergen E 4 wurde] fehlt BCD so] was
BCD 9 selber dacht BCD; selbs gedacht E 11 leben] fehlt BCD
13 verspottet BCDE 16 zugehen BD; zu gehn CE verhanden BCD
18 hett BCD 23 auffstehen BD; auffstebn C ihrem riffianer BCD;
ihrem rüffianer E 28 falt BCD; feilt E 30 seinen BCD
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Andreützo, cap. 6—7.
wie gehört, mit dem knaben wäre schlaffen gewisen worden
und die hitz zu der selben zeit groß wäre unnd Andretitzo
sich allain sähe, sich zufrischen unnd külen bald außzoch und
den leyb biß [20b] an das hemmat entplößt, seine klaider zu
haubten auf das beth leget und den leyb von überiger schwe- 5
rung des bauchs sein natürliche recht begeren was und nicht
wüßt wahin, den jungen knaben fragt, der im als bald an
ainem orth in der kamern ain thürlin zaiget, das hinauß auff
ainen gang zum haimlichen gemach gienge. Andretitzo on
alle forcht und sorg zü dem thürlin hinnauß gegen dem haiin- io
liehen gemach wertz gieng. Nun zu seinem glück oder Un-
glück, wie es sich begab, er in dem gon auff ain brett dratte,
welches nur auff ainem orth auffgenagelt was und on zweyfel
ime zü ainem maisenschlag oder strick, darinn er gefangen
unnd todt bleiben solte, hieher gesetzt unnd gestelt worden 15
ist. Darumb er hinab fiele ; und wiewol er seer hoch gefallen
was und sich von kot und unflat in solcher maß zügericht
hett, das er meer ainem teüffel dann ainem menschen gleich
gesehen, doch gott im [21a] sovil gnad thet und in so lieb
hett, das er im in dem grossen und schwären fallen kain scha-
den zfisteen ließ. Damit man aber verstand, wie und wa das
unsauber geßlin gewesen , es was ain enges geßlin zwischen
zwayen heüsern , von denen zway höltzer von ainem hauß zü
dem andern giengen, darauff unangenagelte bretter lagen, dar-
auff man zü dem haimlichen gemach gienge ; derselben un- a»
angenagelten bretter ains mit ime hinnab fiele, als ihr ver-
nommen habt.
Es sey im nun wie im wolle, Andreützo sich in dem kot
fände. Wer was trauriger dann er! Gedachte, wie spötlich
und Obel im das anstünde, das er also unsauber solte hinauff 3
in das hauß zü seiner vor nye gesehnen Schwester kommen,
hette gewolt, er tausent meyl von dannen wäre; doch dem
jungen knaben ruffet und den knaben batt, er wolte im be-
*
2 selbigen BCD 4 hemmet BCD; hembd E 7 wohin BODE
8 thürlein BCD 12 gehn E 14 mayenschlag B 1(5 fiele bis
hoch] fehlt BCD 20 den BCD 21 veratehe E 22 gäßlein BCD
23 zweyen holtzer BCD 24 ungenagelt BCD; ungenaglete E 28
wie es BCD
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154
Martin Montanus,
holffen sein, damit er wider herauß kommen möcht ; dann wa
er solt ain weyl da[21b]steen , er vor gschmack zergeen und
sterben müßt.
Als bald der arg knab solches vernommen het, das An-
5 dreützo hinab gefallen was , er zü der frawen lieff unnd ihr
solches bald anzaiget und zü wissen thet. Die bald zü der
kamer eingegangen kam, nach seinem gewand oder klaid su-
chet, welches sy sampt den 500 guldin bey den haupten fand.
Wer was fröer dann sy, und trauriger dann der güt Andreützo,
10 der nyemandt vertrawt und stats solch gelt bey im getragen
hett, umb deß willen ain Schwester von Palerma ainem brüder
von Perus solche letz zügericht hett, nach ime nit meer fra-
get, das thürlein zügesperret het!
Da der unselig mensch hinauß gefallen was unnd da der
15 knab ime kain antwurt gab, er sein stymm erhöhet und lettter
schrye. Aber sein schreyen umbsunst was, ime grawen und
gedencken ward, die sach gieng nicht recht zü; aber es zü
spat bedacht, nit weßt, wa auß oder ein, doch über [22a] ain
maur, damit das geßlin vermauret was , er stig und auff ain
»»rechte Strassen für die thür deß hauß käme, wol erkant, das
er deß tags da wäre eingangen.
Da er erst anhübe züruffen und schreyen, da auch lange
zeyt sein inühe verlöre und mit wainenden äugen, als der da
alles sein Unglück klar sähe , zü im selber sprach : ,0 wee
2ö mir, wie hab ich so in kurtzer zeit fünff hundert guldin und
ain Schwester verlorn !' Und nach vil andern klaglichen Wor-
ten und wainen er wider anhüb mit grossem geschray an die
thür zü schlagen, das so lang trib, das ettliche in der nach-
baurschafft ime seins riiffens und schreyens nicht mer vcrtra-
30 gen mochten, ime übel zuredten und schalten. Auch aine der
frawen magt gar schläfferig an das fenster lieff, mit bösen
unzüchtigen worten fragt, wer da wäre. ,Ol, sprach Andreützo,
, kennst du mich nicht? Ich bin deiner frawen Fiordilis brü-
1 wa] so E 4 bald] aber BCD 8 dem haupten BCD 9
frowcr BCD 10 tragen, umb BCD 12 Berus A 15 antwort
BCDE 16 echrey BC ; schreye E grausen K 18 wust E eine
BCD 20 erkennet E 21 da was E 22 unnd zi\ E 33 Fior-
dis BCD ; Fiordelis E
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Andreützo, cap. 7.
155
der.1 Sy ihm wider antwurt : ,Güter man, hast du [22b] zü-
vil getruncken, so gee schlaffen und komb biß morgen her-
wider ! Ich kenne und wai& von kainem Andreützo noch von
deinen öden thiidingen zusagen. Gee , das dich got berath,
und laß uns schlaffen !' 5
,Wie mag das gesein4, spräche Andreützo, ,das du mich
nicht kennest noch waist, wer ich bin? Fürwar du waist wol,
wer ich bin, versteest auch wol, was ich sag. Ist es dann der
Cicilianer gewonhait, bruderlicher trew unnd schwesterlicher
freündtschafft in so gar kurtzer zeyt vergessen , so gibe mir lo
doch mein gewand wider, das ich auff dem beth zün haupten
gelassen hab, das dich got bewar, damit ich geen mög meinen
weg hin, den ich herkommen bin!4 Die magdt im antwurt:
,Gütter man, dir hat getraumet, oder du bist vol und truncken.'
In dem sich hinein zöge, das fenster züschlüge. 15
Andreützo seiner schaden abermals meer aigenschafft hette
und vor layd und zorn schier von sinnen kommen wäre. Im
gedacht, [23a] das er durch sein wort nicht gehaben mocht,
er sein sterck brauchen wolt , unnd von newem mit ainem
grossen stain stärcker dann nye in die thür lieff, mit aller 20
macht darein schlug. Umb des willen vil herumber inn der
nach bau rschafft auffstünden, an ire fenster giengen und main-
ten, es wär ettwar, der das der nach bau rschafft meer zü layd
thet dann der frawen, irae züschryen als zü ainem frembden
hund und sprachen: ,Was grosser buberey ist das an dir, zü 20
solcher zeit in der nacht für Gredtlins thür zükommen, unnd
nyemandt in der gantzen gassen schlaffen lassest ! Gee hinweg
an den Hechten galgen ! Hast du ettwas mit der frawen zu-
s< -hatten , so kumm biß morgen herwider und lasse uns heint
nacht schlaffen!' 30
In dem ainer, der villeicht der frawen riffian sein mocht
an das fenster kam, welchen Andreützo in dem hauß nit ge-
sehen oder gehöret hett, mit grober, grausamer und erschrocken-
*
3 Andreygo B 4 thädigen BCD 8 Es ist E 9 Sicilianer E
10 so gar] fehlt E 11 haupten E 14 bist du BC 19 sein]
ein BCD 20 in] an BCD 23 etwas BCD; etwan E 24 dann
oder A z.ischreyen BCDE zft] fehlt BCDE 26 Criidleins BCD
29 heut BCD; hinnacht E 31 riffianer BCD 33 erschröcklicher BCD
156
Martin Montanus,
licher stimm [23b] sprach: ,Wer ist daniden, der uns nit
schlaffen laßt?4 Andretitzo sein haupt auffhübe und wol ainen
sähe, nach dem in daucht und vernemmen mocht, wie es das
klain schülerlin mit dem grossen penal wäre, mit ainem kol-
o schwartzen part; und zü gleicherweiß thet, als ob er von dem
schlaff erstanden wäre, mit ginendem maul sein äugen rib,
wie die schlaff truncknen thünd. Dem Andretitzo nicht mit
klainer forcht antwurt unnd sprach : ,Ich bin Andreützo, der
frawen brüder, die in dem hauß wonet.4
10 Der bartet baccularius nicht wartet, biß Andreützo seine
wort zü end bracht, sonder vil grausamer dann er vor gethon
het, sprach : ,Sicher und fürwar ich waiß nicht , wer mich
haltet ye wider mein natur, das ich nit hinnab kumm und
dir dein haut als vol schlage, das es mich selber erbarmet,
k» du unnützer trunckner esel, der du in diser nacht nyemandt
wilt schlaffen lassen.4 Mit disen worten das fenster [24a] wi-
der züsperret.
Ettliche von den nachbauren, die des barteten baccularii
kundtschafft hetten, zü Andreützo sprachen: , Güter man, wilt
'j> du auff dise nacht nicht zü stucken geschlageu werden , so
gee umb gottes willen deinen weg umb des besten willen !
Dann du waist nicht, mit wem du zuschaffen hast. Das ra-
then wir dir mit trewen.4
Andreützo, der von des riffianers grausamer stimm und
25 ungesicht seer erschrocken was und von dem rath der gütten
leüt, die, als ine duncket, von barmhertzigkait beweget waren,
bezwungen was davon zugeen, betrübter, dann kain mann ye
ward, sieb seines gelts gentzlich verwag und den weg hin
gienge, den er mit dem meidlin des tags hinkommen wäre,
:jo doch nicht wüßt, wo er in der statt was, aber gegen seiner
herberg werte mainet zü geen ; und im selbst ab ime grawet
und sein selbs ungefallen hett, des unsauberen geschmacks hal-
*
2 lest E 3 es] 1. er 4 shulerlin A ; schulerlein E 5 bart BCDE
6 entstanden E ginenden BC 10 baccalaurius E sein red zu BCD
11 gethan BCE 13 haltet BCD 14 als] so E 15 unützer und
BCD 18 bacculaurii B; baccalaurii DE 21 des] 1. deins umb
des besten willen] fehlt E 25 sehr unnd übel erschrocken BCD 29
herkommen E 31 grewelt E 32 ungefallen] abscheuhen E
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Andreützo, cap. 7—8
157
ben, der von im kam, [24b] willen het zü dem mor zugeen,
sieb züwescben.
Da sihe zü, lieber gesell, wie das gelt Andreützo so in
groß not und gefaar seines lebens bracht hat, das er sich, als
er in dem haimlichen gemach gesteckt , gantz verwegen het ; '»
dann er nicht hoffet, sein lebenlang meer under die leOt zu-
kommen, sonder also in dem unsaubern gschraack verderben
und sterben müste. Aber got, der nicht verlaßt die, so in
anrüffen , und im vormals im fallen beystendig gewesen , hat
im da weiter geholffen, das er nicht also on yedermans wissen 10
sterbe und verderbe. Darauff sich aber kainer verlassen soll
und gedencken wolte: ,Ey, wenn ich schon umb das gelt
käme, so beschert mir gott morgen anders/ Es gerath nicht
allweg, gleich wie auch dem güten Andreützo solliches nit
gerathen ist ; dann er on seine 500 guldin die stat Neapolis i*>
räumen müssen. Dann es nicht wol mtiglich ist, das dir gott
gleich so anders werde geben. Er spricht: [25a] ,Arbayte
unnd gewinn dein brot!4 Er hat nicht gesagt: ,Thü das
maul auff, sitz daher wie ain gante! Ich will dir umb faul-
khait gnüg geben/ Darumb lüg ein yegklicher, was im zu- ao
thün sey, nemlich das er arbaite und sich mit frümbkait ernere.
Damit das ich aber mit meiner angefanngnen historien zü
end komme, so mercket weyter!
8.
Wie Andreützo zü dem mör gierige und sich w eschen 2..
wolt, und wie es im ergienge.
Als nun der güt Andreützo also on sein gelt beschüssen
unnd mit wüstem unflat behenckt darvon müst, ward ine sol-
ches seines narrechten gen Neapolis reytten seer gerewen, dar-
zü ward ime selbs ab dem unsaubern geschmack seer grawen, :io
*
1 meer BCD 8 verlast BCD; verlest E 11 solle BCD 12
wölte E 13 geredt E 17 geben werde BCD 20 lüg] sihe E
jegkliches BCD 21 er] der BCD frombkeit BCD; frombkeit E
27 beschissen BCDE 30 ab] an BC greweln E
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158
Martin Montanus,
zobe derhalben die gassen Catalena genannt gegen dem mör
werts abhin. Und als er also gieng, bekamen [25b] im iren
zwen mit ainer laternen, vor denen er sich besorget; dann er
mainet, es wären die scbarwächter. Flohe derhalben ab dem
5 weg und gieng in ain altes gemeür.
Die zwen mit der latern auch zü dem alten gemeür ein-
giengen und da mancherlay werckzeüg von inen legten, als
eysen, stangen, hacken etc., auch damit mancherlay gesprach
hetten. Und dieweil sy also mit ainander redten, ihr ainer
10 sprach: ,Was bedeüt das? Dunckt dich als mich? Mir be-
kompt und empfind des hosten geschmacks, den ich ye ge-
rochen hab.' Inn dem die latern auff hebet und den armen
unseligen menschen gesehen het. Baid erschracken , doch
fragten, wer da wäre ; aber Andreützo, als der sich seer forcht,
15 schwige. Sy fürbaß zu inie giengen unnd in fragten, was er
da also kotig thete. Andreützo alles, das irae zugestanden
was, erzelet und züwissen thett.
Die zwen wol gedachten , wo das mocht geschehen sein,
als in [26a] des Scharagone Putoffogo hauß, zü im sprachen :
20 ,Güter mann, wie oder wa du dein gelt verloren hast, so hast
du doch gott seer zudancken, das du also in das kot gefallen
bist. Dann war dir das nicht widerfaren, wann du entschlaffen
wärest, so wärest du on zweyfel getödt worden unnd hettest
mit dem gelt dein leyb verloren. Aber was hilfft dich nu
25 meer dein wainen ! Dann dir mag das gelt so wenig wider
werden als die stern am himel; aber du mochtest dardurch
wol erstochen werden, wann er vernein, das du von etwarem
geredt hettest/
Nach diseu worten die zween, was in Andreützo halben
uo zuthün wäre, sich berieten, darnach zü ime sprachen : ,Güter
freünd , uns ist layd und erbarmet unns dein schaden ; doch
wilt du ain gütter gesell sein, so wollen wir dich mit uns
nemmen , ettliche Sachen außzurichten ; und da wir yetzund
*
1 Catelena BCD meer wartz BC; meerwertz D 2 hinab E
ihm ihr BCD; im irer E 4 scbarwachter A 11 besten BCD 13
Beyde sehr BCD 17 thete BCD 18 zwen aber E moche B
24 Aber das BD nunmehr BCDE 26 sternen E 27 etwann BCD
29 halbenj fehlt BCD 30 bereyteten E
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AndreÜtzo, cap. 8—9.
159
hin wollen geen das zü Volbringen , da zweyffel nicht daran,
dir zü deinem [26b] thail meer werden soll, dann du verloren
hast.4 AndreÜtzo, als der an ime selbst zweyfelt, zü inen
sprach, er willig unnd berayt wäre, alle ding, so sy begerten,
zuthün. »
Nun es sich den tag davor begeben hett, das der ertz-
bischoff von Neapolis tod wäre und mit grosser reychthumb,
auch kostlichen klainaten was begraben worden, besonnder mit
ainem kostlichen rubin, den er an der hand in ainem schönen
ring gehabt, der auff füuffhundert guldin geschätzet ward. Da 10
was der zwayer mainung hin zü geen und den todten bischoff
zü berauben, als sy dann auch theten ; zu dem sy da den ar-
men, unweysen AndreÜtzo zü inen namen. Darumb sy sich
all drey mit einander bedachten, sich mitainander auff den weg
machten gegen der grossen kirchen werts. 15
9.
Wie AndreÜtzo von zwayen inn ain brunnen ge-
lassen ward.
[27a] Als sy nun der kirchen zünaheten, ward sy dess
unsaubern geschmacks, so von Andreutzo gienge, seer ver- l'o
driessen. Darumb sprachen sy: ,Mögen wir nicht ain rüstung
erdencken, das der sich wiesche von seinem kot, wa das yer-
gent wäre, damit er nit so übel stencke?' Bald sich bedach-
ten: ,Hiebey nahend ist ain brunn, da ist ain grosser aimer
an. Darinn wollen wir in hinnab lassen, da mag er sich fast 2r>
wol inn weschen.4
Da sy zü dem brunnen kamen, wol das sayl, daran man
pflegt wasser zuschöpffen, funden , aber der aimer was nicht
daran. Doch bald ains wurden, ine an das sayl bundeu und
inn brunnen hinnab Hessen , unnd wann er geweschen wär, :*>
1 zweyffelt BCD 4 willg B 6 zuvor BCD 8 koatliche CD
kleinotten C; köstlichen kleinoten £ 17 einen BCD ; ein E 22
das er BCD wüsche BCD; wische E irgendt BCE 23 stincke
BCD; stüncke E 27 wol] wo BCD 21) und in in BCD
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100
Martin Montanus,
er das sayl rittelte, so wolten sy ine wider herauff ziehen.
Da sy nun in in brunnen gelassen und schier geweschen
was, föget sich, das ettlich rieh terkn echt, welliche ettlich ge-
jagt hetten und hitzig waren , yetzund grossen durst netten
ö und [27b] zum brunnen kamen da zü trincken. Bald hüben
sich die zwen darvon. Die knecht hetten die zwen nicht ge-
sehen noch AndreUtzo, der im brunnen was und sich yetzund
gewaschen hett, rüttelt das sayl. Aber sy wolten schlechte
trincken, legten ab ire tartschen und schwerdter; da funden
iü sy des aymers nit, mainten, er war im brunnen, sich ans sayl
richteten und den aymer herauffzogen. Da aber Andretttzo
ersähe den bort des brunnens, sich daran hieng mit den ar-
men. Des erschracken die knecht gehlingen, Hessen das sayl
fahren und Helfen darvon ungeredt, so fast sy mochten, unnd
15 Hessen ihre schwerdt und hämisch bey dem brunnen; nit än-
derst mainten, dann sy den teüffel auß dem brunnen gezogen
hetten.
Da Andreützo auß dem brunnen wäre, in gar frembd
daucht, das er seine gesellen nicht solt finden. In verwundert,
ao wer in aufs dem brunnen gezogen hette, wol die schwerdter
unnd [28a] tartschen da sähe ligen, solchs seine gesellen nicht
darbracht hetten, wol wußte; darurab in frembd uam, von
wannen das herkäme. Abermals betrübt was, nicht wüßt, was
er thün solt, im selbst sein layd klaget und kainerlay anrüret,
sä von dannen gienge, nicht wüßt wohin.
Doch in dem geen er seinen gesellen wider begegnet, die
wider kamen , im auß dem brunnen zuhelffen , sich sein ver-
wunderten und in da fragten, wer ime auß dem brunnen ge-
holffen hett. Davon er inen nichts kundt sagen dann allain,
ao was er bey dem brunnen funden und auch da gelassen hette.
Dabey die zwen wol marckten, das es die stattknecht mußten
gewesen sein, des lachten und da ime sagten , warumb sy da
*
1 rüttelte BCD; erschutten solt E 2 mm] fehlt BCD 3 lich-
tere knecht BCD; reuterknecht E welch BC etliche BCD 6 Die
knecht die K 8 gewaschen BCDE rüttelt] er schütt E 9 tar-
schen BCD 10 in BCD 11 aimet B 12 brot BD; port E
16 zogen BCD 19 das] da BCD 22 wüüt E 26 sein BCD
28 da] fehlt BCD 31 vermerckten E
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Andreützo, cap. 9—10. 161
von dannen geflohen wären und wer die gewesen waren, die
in au Ii dem brunnen gezogen hetten.
Nun wolt «.'s sich zü mitternacbt nahen ; darumb machten
sy sich auf die straft unnd fügten sich zü der [28b] grossen
kirchen, on mühe bald darein kamen und das grab , das von 5
marmelstain was, darinn der bischoff vergraben lag, behend
auffgethan heten und also hoch undersetzt, das ainer wol dar-
ein schliefen mocht. Nach dem das also geschach , ainer zu
dem .andern sprach: , Welcher under uns wirt hinnein stei-
gen ?" Der ander sprach : , Warlich ich kumm hinein nit.4 w
Der erst wider sprach : ,AndreÜtzo soll hinein steigen.' —
,Gott mir nicht4, sprach Andreützo, ,das ich hinnein komm!4
Die zwen wolten sich gegen im streissen unnd sprachen :
, Warumb wilt du es nicht thün? Bey got, wilt du nit gern,
so müst du es wol thün oder müst dir dein haut vol schlagen lö
lassen oder villeicht gar zü tod. Darnach wisse dich zürich-
ten !4 Andreützo mit grosser sorg inn das grab stige, wol ge-
dacht: ,Die werden mich freylich auch betriegen; dann wenn
ich alle ding hinaufi geben hab, werden sy mit dem gut dar-
von lauffen.4 [29a] 80
10.
Wie Andreützo inn das grab stig, dem bischoff den
ring abzog, hernach er von seinen zwayen gesellen
in das grab verschlossen ward.
Wie nun Andreützo schon hinein gestigen war und ge- 25
dacht, wie oben vermeldet, sy wurden in betriegen, derhalben
bey ime gedacht, er wolt sich selbs versehen unnd im seinen
thail selbs inn behalten, und der kostlich ring mit dem rubin
im in sein gedechtnuü kam , darvon er seine gesellen under-
wegen het hören reden. So behend er inn das grab kam, er :«j
6 marbelstain BCD 7 übersetzt E 12 mir] mit BCD hin-
nen E 13 8treiffen B(J; streussen E 14 wilt nit BC 19 hinge-
geben E 23 hernacher er BCD 28 köstlich BCDE
11
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162
Martin Montanus,
dem ertzbischoff den kostlichen ring ab der hand zoch unnd
den im selbst an sein finger stiesse, darnach den pastoral, die
infel, die hendschüch mit allem anderm , das er nmb und an
hett, seinen gesellen heran ü gab und den todten bischoff na-
ö ckend in ainem hembd ließ, zü seinen gesellen sprach, er nicht
meer fende.
Da fiengen [29b] seine gesellen an nach dem ring zü-
fragen und sprachen, das er woi suchet , dann er ye da sein
solt. Er fast dergleichen thet, als ob er süchet, und sy also
10 mit bayteu auffhielt, die allweg sprachen : ,Süch wol1, als die
in mit untrew maiueten. Da es sy nun zeyt daucht und ir
bürde gar eben gebunden betten , sy den stützel , darmit sie
das grab undersetzt betten , aufschlügen und die deck nider-
fallen Hessen, die da von marmelstain und schwär was, und
15 den guten Andreützo also im grab versperrten und mit dem
güt darvon lieffen.
Wer was in grösserm jammer , angsten und noten dann
der güt arm Andreützo, welches ain yegklicher bey im selbs
bedencken kan! Er sich zü meermalen versücht mit dem
20 haupt unnd achsel , ob er den stain rnöcht erheben , aber nit
müglich was. Umb deswillen von pein, onmacht und schmer-
tzen tiberwunden nider auff den todten leichnam sanck unnd
da ligen blib. Der in da [30a] gesehen hett, nicht wol hett
mögen erkennen , wellicher todter gewesen war , er oder der
25 bischoff.
Darnach über ain klain weyl zü im selbs kam, anhüb
kläglich zü wainen und ime gedacht, wurde das grab von ye-
mand auffgethon, das er wider heraufi kern unnd ledig wurde;
er sunst von hunger und bösem geschmack des todten leicb-
uo nams sein leben da enden mutat: unnd ob auch yeinandt kam.
das auffzuthün , und er darinn funden wurd , aber gleich wie
vor für ainen dieb gefangen unnd an galgen gehenckt wurde.
Als er ain klaine zeit inn solchen betrübten gedancken
*
3 andern BCD; anderen K 4 nacket BCD 6 runde E 10
beyden BCD 11 nun] nur BCD; nü E 12 eben] wol E den
stiirtzel BCD ; die stutzen E 18 arm] fehlt BCD 23 bleib BC
gesehen, nit BCD 24 todter E 2fi weyl wider BCDE 32 vor]
fehlt BCD
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Andreützo, cap. 10—11
163
gestanden was, er in der kirchen und umb das grab leüth
hört und vernam, aber in grossen sorgen was; das waren et-
liche böse hüben, die auch kommen waren, den bischoff zü-
berauben.
11. 5
Wie Andreützo wider auß dem grab kam.
[30b] Als nun Andreützo solche leüt gehört hett, ward
er sich förchten und auch frewen und gedacht wol, waren es
rechtgeschaffen leüt, sy bey tag her kernen. Nun die hüben
richteten sich an die arch , den stain bald auffgehaben unnd 10
understürtzt hetten, darnach nicht ains waren, wer in das grab
stige; dann yegklichem grausset. Doch nach etlichen Worten
ain pfaff, der mit inen was, sprach: ,Was besorget ir euch,
oder vor wem habt ir forcht? Die todten essen nyemandt.
Will ewer kainer hinnein, so lassend mich hinnein!1 Seinen 15
mantel bald von im warff, sich auff das orth schwang unnd
sich mit den fussen maint hinnab zulassen.
Das der güt Andreützo ersehen , sich nit lang säumet,
bald auff sein fuß sprang und den pfaffen bey den bainen
nam, dergleichen thet, als ob er in hinab ziehen wolt. Da 20
das der pfaf empfand, on mala erschrack, ain grossen schray
ließ unnd sich auß der arch warff. \31&] Die andern, seine
gesellen, nicht minder erschracken dann er, dar von flohen, das
grab offen Hessen, all luffen und flohen, nicht änderst dann
ob sy von hundert tausent teüffel gejagt wurden. 25
Wer was fröer dann Andreützo! Sich bald auß dem grab
und der kirchen machet, den weg, den er hinein kommen was,
in dem es sich gegen dem tag nahet, ohn geferd gieng, da er
zü seiner herberg kam. Darein gieng, den würt und sein ge-
sellen fand, die all sich sein verwunderten , also nackend und
ungestalt haim zükommen, in fragten, wo er doch her kerne.
Das saget er alles nachainander und thet inen züwissen vom
*
11 understutzt BCDE 15 lasset BODE 21 maß sehr BCD
24 luffen] Heften E 32 von BCD
11*
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164
Martin Montanus,
anfang biß zü end, was sich in der ainigen nacht seinethalben
verlauflfen het. Ueber das sy sich niitainander berieten, und
ward der rath also, Andreützo , so bald er raöcht , sich solt
auß der statt machen. Dem rath er folget, auff saß, wider
•> haim gen Perusiam reyt und fürthin weißlicher hand-[31b]let.
Nun sihe, lieber leser, was dem güten Andreützo für nutz
oder frommen bracht hat, das er mit seinem gelt also daher
pranget het! Warlich kainen nutz, weder das er schier dar-
durch umb sein leben kommen wäre und zü dem gelt auch den
10 leyb verloren hette.
Darumb hab ich dise historia hieher gesetzt, das sich die
jungen gesellen gleich als in ainem spiegel ersehen sollen, was
inen zuthün oder zulassen sey. Daun ich wol waiß, das iren
vil seind, die das gelt außgeben wie haberstro ; so findet man
15 warlich leüt , die kindens ainem fein subtil ablausen , geben
ainem die besten wo rtlin. Ja, weyl das gelt in seinem seckel
ist, da ist alles nur: ,6nad junckherr; ey mein lieber junck-
herr, sitzend oben an tisch !' So findt man Stütgarter junck-
frawen, die umb ain klain gelt zü bekommen seind ; die wer-
S) den im als bald an die seyten gesetzt. Wann dann meine
junckherrlin die grosse eer, so man irem seckel [32a] bewey-
set, sehen, mainen sy, es geschehe inen zü lieb. Da müssen
als bald spilleüt sein, die dem junckherrlin zü dantz machen,
darmit er sich mit seinen tochterlin erspringen künde. Da
25 tawret in kain gelt : ,Nur trag auf, ich hab gelts genüg, ich
kan es alles doppelt bezalen.1 Das ist ain fein geschray; der
würt und solchs gesindlin hören es leyden gern, ja solch ver-
wegens gesindlin war nicht darfür im hyrael; dann es inen
freüd gnüg ist. Wenn man dann gnüg gerammlet hat, so ist
:to yederman haiß, da müß man wider gesoffen haben. So schreyen
sy dann : ,Ey junckherr, laßt wein bringen ! Dann wir ha-
*
1 zum end BCD 2 verloffen BCDE 4 wider] w. ger C 7
also mit seinem gelt BCD 9 wer BCDE 12 in eim BCD 15
kondtens BCD; konnends E 16 wortlein BCDE 17 aller BC 18
Stügarter BCD jungfrawlein E 21 junckberrlein BCD; juncker-
lein E so] die BCD 28 Dautz B 24 tochterlein BCDE k&nde
BCD; könne E 25 Nftn K 26 kau A dopplet BCD; doppel D
27 gesindlen A; geaindlein E verwegen BCD 31 Ey] wider BC
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Andreützo, cap. 11. 165
ben eüch zülieb dantzet, das unns warm ist, welches wir sunst
nicht umb groß gelt thon hetten.1 Ey das gefeit dann dem
würt wol , wann er wein soll bringen ; der schreibt als bald
für ain kannten wein drey an die tafel, damit die summ dest
grosser wirdt. ,Ey\ denckt er, ,man achtet es nicht, es ist ö
yederman voll und [32b] toll.1 Unnd ob es schon ettwan ainer
acht und war genommen hett, so will er solches nicht mel-
den; dann sich kainer gern gegen dem würt abwürfft; ain
yegklicher gedenckt, der wQrt ime in die leng nützer sey dann
ain solcher hag junckherr. io
Wenn dann mein edler junckherr genüg gezecht hat und
in zeit dunckt schlaffen zügeen, darzü in seine zügesetzte jungk-
frewlin treyben, riefft er. 0 da säumet sich nyemandt, da
wuscht yederman auf, damit dem junckherr sein mainung für
sich gang und in nyemand erzürne. Da seind kertzen unnd \0
liechter, deßgleichen diener, die ainem mechtigen fürsten ge-
nüg wären schlaffen zü zünden, unnd legt man also dem gü-
ten junckherrn seine diernen zü, mit der er dann die nacht
nach seinem willen schertzet. Da dawret in 100 krönen nicht,
die er ainer solchen huren sol geben ; wenn man aber ainem 20
armen mennschen nur solt ain haller geben, welches [33a] doch
ain gering ding ist, wurd man mainen, man hette unsern herr-
got mit den henden in himel hinauff gehebt unnd ain grossen
gotslon thon ; gedencken nicht, wie es so ain grosse sünd umb
hürerey und ffillerey ist; dann Christus spricht klärlich: ,Kain 20
hürer, kain weinsauffer soll kain thail am reich gottes haben.1
,Jal, mochtest du sprechen, ,solte ich nicht wein trincken,
ich müßte, ehe zeit kern, sterben.4 — Gott hat weintrincken
zimlich nicht verbotten, aber vollsauffen das ist wider sein ge-
bott. Dann darauß kompt allerlay unrath und büberey ; bist du ao
vol, so will dann das vol b6ß flaisch seinen willen haben, das
ist unkeüschhait, dem du den zanra fein nachhenngest.
Du mochtest aber auch sprechen: ,Ich bin also genaturet,
♦
1 gedantzet BODE 2 gethan £ 4 summa £ 5 gedencket E
acht BCD 9 in] fehlt BCDE 12 in] fehlt BCD 13 rufft BCD;
ruftet E 15 sind BCDE 16 gnftg BCD 19 willen mit ihr BCD
21 beller E 22 het BCD 24 than E 25 spricht] sagt BCD
26 am] im BCD 33 genatürt BCD ; genaturet E
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166
Martin Montanus,
ich kan nicht keüsch bleyben; so bin ich noch zu jung, ain
weyb zunemcn.' Ey wie ain thorechte red ist das! Christus
spricht: , Welcher nicht kan keüsch unnd raiu bleiben, [33b]
der greiff zu der hailigen ehe/ Er hat nit gesagt: ,Du bist
ö noch zü jung.' Wär wol fein und gotselig, das man künde
lang keüsch und rain bleiben ; dann die junckfrawschaft ain
edle zier vor got und allen englen gottes ist. Wann aber die
sach ye also geschaffen ist, das du nit kanst keüsch bleyben,
oder ettwas bösers darauß besorgen inüst, so greifte im namen
10 des allmechtigen zü der ee , die got der allmechtig selbst im
Paradeiß hat aufgesetzt, da er gesprochen: 'Es ist nicht güt,
das der mennsch allainsey; ich will im ain gehülffen schaffen.4
Hernacher, da er sy zusamen geben hat, hat er gesprochen:
tCrescite et multiplicamini , das ist: wachssend und meeret
iö eüch !4 Inn welchem du deinem eeweyb trew und freündschafft
laysten solt, bist du so vil seliger unnd glückhafter, dann wenn
du lang im büben leben , ja auch ins teüffels leben also ver-
rucht wie ain unvernünfftig vich umbher lauftest.
Nymb doch den heff-[34a]tigen spruch und sententz für
20 dich, welchen gott gesprochen hat: ,Kain hürer, kain wein-
sauffer wirdt thail am reich gottes haben.' Lieber besihe und
verstand ine recht! Gedenck, wie ain erschrockenlich ding
wirdt sein, so er das grewlich und unwiderruflich urthail wi-
der alle solche zernichte leüt feilen und pronuncieren wirt, da
25 er sagen wirdt : ,Geet hin, ir vermaledeyten, in das ewig fewr
der hellen , welches eüch und allen teüffeln von anfang der
weit berayt ist! Ihr habt mich nicht gespeißt, ihr habt mich
nicht getrenckt, ihr habt mich nicht klaidt, ir habt mich nit
haimgesücht' etc.
ao Das sagt er aber nicht allain von denen, sonder es seind
auch hürer, weinsauffer, todtschleger und all andere, so wider
die gebott gottes gehandelt, darunder begriffen. Dann auß
füllerey solche b6se stuck kommen; wie man dann sagt von
*
5 zfi] fehlt BCD 7 engein BCD 9 greiffen A 11 gespro-
chen hat E 12 seye BCD 13 Hernach K 15 welcher AE 16
eäliger BCD 21 besieh unnd verstehe E 22 erschrocklich BCDE
23 Vtheyl B 27 bereytet BC Ihr] fehlt BC 28 bekleidt E
30 er] fehlt ABCD 32 gehandlet E
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Andreützo, cap. 11.
1(37
aineni einsidel, der in ainem waldt bey aineni mann und ainer
frawen sein wo-[34b]nung gehabt und ain gotselig leben ge-
fürt bat. Welches der laidig Satan nicht leyden mögen, (wie
dann sein gewonhait ist, wa er den menschen sieht seligklich
leben, er schawt , wie er in von got abtrinnig mache) , der- b
halben zü ime kommen und gesagt, er solle sein haußwürt
zü tod schlagen , welches der einsidel nicht thün wollen. Da
hat in der teüffel abermal angesprochen, so soll er doch bey
seins haußwürts frawen ligen und dieselbigen schwechen, das
der einsidel auch nicht thün wollen. Nun der teüfel, welcher iu
mit seinem versuchen nicht nachlasset, den einsidel noch ain
mal anspräche, er solt sich doch nur vol wein sauffen. Wel-
ches im der brüder verhieß, sich vol wein trancke , dardurch
er zü unkeüschhait geraitzt ward, bey seins haußwürts frawen
ligen wolt , darzü der mann kam unnd den brüder zü tod 10
schlagen wolt ; da schlüg der einsidel den mann zü todt. Sihe,
solcher unrath [35a] kompt aufs füllerey. Hett er den teüfel
hin gewisen, wie er billich solt gethan haben, und ime nicht
gewillfaret, so het er solche große stind wider gott nicht
gethon. 20
Werden wir dann so wol unnd hüpsch sitzen, wann wir
von den engein unnd außerwolten gottes gleich wie die böck
von den schaffen abgeschaiden werden und von den teüffeln
mit grossem geschray unnd rumor in abgrund der hell gefürt
werden. Da wirdt ainen yegklichen erst seines sündtlichen &
lebens gerewen, aber zü spat und alles vergebens sein. Dar-
umb, o mensch, sihe, was dir zu thün sey, betracht deiner
seelen hail und seligkait , für sy nit selbst mütwillig in ab-
grund der hell , sonder vil meer für dein leben , daß sy dort
in ewige freüd und wollust gesetzt werd ! ;kj
Damit ich aber wider auff mein angefangen historien
komm, du raöchst yetz sagen: ,Lieber, du kanst mir wol hoch
genüg auflmutzen, das ich das mein unnützlich verthü; gib mir
5 mach BCD 8 abermals E 11 nachlasse B; nachleßt E
12 wein] fehlt BCD 13 weins E 14 geraitzt] bewegt E 16 Ein-
südel B 18 abgewisen E 19 nich A 20 gethan BCDE 28
schaafen BCD 24 hellen BCDE 26 gereüwen C 27 sihe bis
sey] fehlt BCD 31 historia BCD 32 mochtest jetzt BCD
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108
Martin Montanus,
[35b] auch ain leer, wie ich mich halten sol !4 Darvon liß
dise verßlin:
Her, gesell, ich will dir leere geben,
Wie du in diser weit solt füren dein leben,
Das es got gefallen sey,
Darneben auch dein nutz darbey !
Erstlich so du wilt wandern aufs
Und kommen thüst in das wtirtshauß,
So setz dich nicht zu gesellen frembd,
Die dir sein werden unbekendt,
Daß du mit inen panckathieren wolst,
Sihe, das dich nicht zu aim yeklichen gesellst!
Dann bose geselschafft offt gibt den ion,
Wie wir defi vil exempel hon
In hailiger geschrifft, auch anderstwo.
Lieber, lifi von Willibaldo,
Wie der was ain f rummer knab,
Lotharius ine verfuret hab!
In der hailigen schrifft findst du fürwar
Luce am fünfftzehenden clar:
Wie ain reycher alter mann war,
Der ain sun hett alt zwaintzig jar,
Der sich au ff böse gesellschafft gab.
Dardurch verfuret ward der knab,
Das er sein erbtail vom vater wolt haben. [3üaJ
Das verthet er in frembden landen
Mit hären und böser gselschafft.
*
3 Hör gsell BCDE lehr BCD; lehren E 4 fiirn BCD füren
dein] fehlt E 5 gefallen] wolgefellig E 8 das] ein E 9 Zrt
gsellen setz dich nit zuhandt E 10 sind frembd und unbekannt E
11 in panckathiern BCD Thü nit mit inen pancketieren E 12
Sibe das] fehlt BCD einem yeglicben gsellst BCD Das sie dich
nit mit in verfiiren E 13 Dann es gibt offt gar bösen Ion E 14
Als des wir E 15 gschrifft BCDE 17 der] er BC was so ein D
18 Locharius ABCD ihn BCDE 19 In heiliger BCD; In heüger E
schriff finst A gschrifft D 21 Wie] fehlt BCD; Wie das E war]
fehlt E 22 Der hett ein jungen son gehan E 23 gsellschafft BCDE
24 war BCDE 25 Hiesch sein erbteil vom vatter zhand E 26 Ver-
thet dasselb in frembden land E 27 hären, böser gsellschaft zwar E
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Andreil tzo, noch wort.
169
Bald sein gutlein verprasset hat,
Letstlich in solche armüt gerieth,
Das er ain zeytlang der sew hüt,
Hiß in sein vatter wider aufi'nam.
Ain yegklicher sich sol stossen dran, 0
Das sein fein zimlich geben auß,
Damit, wo er ain mal kein zu baute,
Er auch ain zimliche narung hett,
Damit er ain gewerb anfahen thet
Und nit, wo aim ain kranckhait zu stieß, lu
Er den nechsten inn spittal muß.
Daselbst sein wirdt gewartet so arme,
Das es möcht ain stain erbarmen.
Darnach erst an dein gut gedenckst,
Welches du lengest hast verschwendt 10
Und verthon mit gesellen böß,
Der dich kainer inn deiner kranckhait tröst.
So du aber mer exempel wilt haben,
Kan ich dir noch wol ettlich sagen.
Wir lesen auch in ainem orth fürwar 20
(Wa das steet, ist mir vergessen zwar):
Wie das ain reicher mann hett ain sun,
Welcher auch kain gftts nicht wolt thün. [36b]
Das bekrencket dem vatter offt sein hertz,
Das was dem sun als nür ain schertz. 20
Doch wie der vatter sterben solt,
Er sein sun noch ain mal vermanen wolt,
*
I gutlin BCD Verprasset er sein gütlin gar E 2 geruth BCD
4 seit der sewen E 5 Ein jeder E 7 wo] wenn BCD zhauK
BCDE 8 zimlich E 9 Damit ein gwerb BCDE 10 Und wenn
im ein E zustüß BD 11 Den nechsten nit E ins BCD 12
gewart so armen BCD Dann da wirdt offt gewart der armen E
13 einen E 14 Gur B 15 Weichest C Wenn du es hast ver-
schwendet lengst E 16 Und] Darzü E gsellen E 17 keinr in
deinr BCD 18 Wilt aber mehr exempel haben BCDE 20 lesen in
eim BCD ; lesen an eim E 21 Wo es BCDE stat E zwar] gar E
22 Ein reicher mann der BCDE 23 kein gut wolt BCD Derselb
kurtznmb nit göt wolt E 24 bekrenckt BCD; krenckt E 25 Und
dem son war es alles ein schertz E 27 Sein söhn er noch vermah-
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170
Martin Montan ub,
ßatte, das er von solchem laster köret.
Der sun solches inn ain gespott köret.
Welches der vatter bald ward gewar,
Sprach : ,Wolan, sun, es wirdt nicht steen ain jar,
Du dein gut wirst haben verthon,
Darnach in solche verzweyflung kon,
Das du dich würst selbst erhencken
Oder underston dich zu ertrencken.
So will ich dich doch zürn letsten gebetten hon,
Du wollest mir sovil zü gefallen thün
Und dich an disen ring thün hangen,
Damit du nit öffentlich werst zü schänden.4
Der sun des vatters red wol vernommen hett,
Daraufi allain trib sein gespott,
Wie dann solcher hüben gwonhait ist,
Der eitern spotten zü yeder frist.
Wie nun der vatter verschaiden war,
Der sun lieff zü der losen schar, l^^a]
Anfieng zü schlemmen und prassen,
Alle zucht und erbarkait ward er hassen,
Auf spilen und hüren er sich hefftig gab.
Dardurch nam ab sein güt und hab.
In ainem jar er verzeret hett,
Was im sein vatter verlassen hett;
nen BCD; Zur letzt sein son vermanen E
1 Batt BCD kort BCD Bat in von lästern abzüstan K 2
solchs in ein gspott kort BCD solchs für ein gespott thet han E
3 Welche E 4 Wolan] fehlt BCDE geatehn BCD 5 hon BCD
Wirst haben all dein gilt verthon E 6 solch BCDE 7 dich auch
selbst wirst BC ; dich auch wirst selbs D; dich selber wirst E 9 doch]
fehlt BCDE zürn letsten] fehlt E 10 wolst E zgfallen than
BCD; zufallen thon E 11 Und an den ring erhencken dich ?] 12
du) fehlt BCD Das nit werst zuschanden öffentlich E 13 Weichs
der son wol vernommen E wol] fehlt BCD 15 dann] fehlt E
solchr BD; solch C gewonheit E 16 yeder] aller BCD 17 ver-
schieden BCD; gestorben E 19 und zu BCDE 20 All BCDE er-
barkeit thet hassen BODE 21 und] fehlt BCDE er] fehlt BCD
hefftig] fehlt E 23 eim BCD er] fehlt E verzehren thet
BCDE
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Antireützo, nachwort.
171
Ime nieniands meer vertrawen thet,
Wann er kain glauben nicht meer hett.
Letstlich in solche verzweyfflung kam,
Das er sich selb wolt erhangen han;
Gedencken ward seins vatters wort, ö
Die im vor waren nur ain spott.
Der ring im auch kam inn sin ;
Zft dem er den nechsten gieng hin,
Ein sayl nam, dardurch zöge,
Wolt sehen, ob es in tragen möge. 10
Da fül der stain mit dem ring herab,
Sechshundert guldin fftlen bald hernach.
Die der vatter darinn vermauret hett,
Solches seinem sun zu nutz thet;
Dann er wol wüßt, wie es geen wurd, 1.»
Das sich sein sun erhencken wurd;
Wrann er dann das gelt fende,
Villeicht er von seim bösen leben stunde,
Ain eerlichen stand fienge an,
Wie er dann auch hat gethan. [37b] au
Dann als bald er die 000 guldin sähe,
Er den nechsten wider hin gienge,
Sein siiber gesobirr wider an sich lölat,
Sich in ain eerlichen standt setzt,
*
1 Ihm BCDE wolt vertrawen mehr E 2 Den glauben hett
verloren er E 3 solch BCDE 4 selb] fehlt BCDE 7 in den
BCD; in sein E 8 gieng er den nechsten E 9 name und dar-
durch BCD seyl dardurch Btieß, thii ich sagen E 10 obs BCD
möge BCD in möcht tragen E 11 fühl BC; fühl D; fiel E her]
fehlt BCD mit sampt den ringen E 12 bald] fehlt BCD gül-
den theten klingen E 13 darinn] fehlt E Der vatter die drinn
BCD 14 Solchs seinem söhn wol kommen thet E 15 wol] fehlt C
wies wurd ergon E 16 Des E wurd hencken thon E 17 Und
wenn E gelt da BCDE funde E 18 Vielleicht vom bösen BCD;
Vielleicht von seinem E 20 auch hernach hat than BCD Als auch
hernach er hat gethan E 21 Dann] fehlt BCD guldin] fehlt BCD
er das gelt bekam E 22 Den nechsten er dasselbig nam E 23
Lost widerumb sein siiber geschirr E 24 Das er versetzt, und was
hintur E
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172
Mariin Montanus,
Fürthin der gesellen müssig stände,
Die ine bracht hetten in solche schände.
So hast du auch ain schone historia
Von Andreützo von Perusio,
b Wie der selbig gen Neapolis kam,
Sich ainer andern handtierung an nam,
Ain rofiteüscher werden wolt.
Hillich er sich vernügen haben solt
Lassen an dem, so im das glück beschert,
10 Sein hantierung nit haben verkört,
Dann ime solchs übel geraten ist,
Wie dann in der historia geschriben ist.
Ain böser handel im an seinem leyb
Zustund von ainem falschen weyb,
15 Die seine fünff hundert guldin het gesehen,
Bald ward sy nach im in die herberg schicken.
Nach dem er aber zü ir kam,
Nam sy sich ains falschen list an,
Sagt, wie sye sein Schwester wäre,
au Andreützo glaubt die falschen niare.
Dieweyl sie ime sein freünde nennt,
Sprach, sy die alsamen kent.
Ine überredt, das er bey ihr bleib, [38a]
Darnach ine schier bracht umb sein leib,
25 Ime ain fall richtet zü,
*
1 gsellen BCD Gantz heußlich, tbet sich ab der knaben E 2
in BCD Die in in die not gebracht haben £ 3 Hast auch BCD
Mehr hast du ein histori so £ 4 Perusia BCD 5 selbig] fehlt K
6 Sich] fehlt BCD andern] fehlt K bald annam K 7 er wer-
den E 8 vergnügt han solt BCD; vernügen solt E 9 Lassen] fehlt
BCD so] das BCD das] fehlt E 10 han verkert BCDE 1 1
Dann] Das BC ihm BCDE 12 dann] fehlt BCD histori BCD
Wie in der histori geschriben ist E 13 Ein bose sach E seira BCD
14 eim BCD 15 sein BCD gsehen BCD Ward sein 500 gülden
erblicken E 16 Ward bald nach BCD; T het nach E dherberg BCD
18 lists BCD Eins falschen list sie sich annam E 19 Sagt im E
20 märt C 21 ihm BCD freund all E 22 alle samen BCDE
23 In beredt E das] fehlt BCD 24 ihn BCDE bracht schier
BCD 25 Ein lotterfall im E thet richten BCD
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Andreützo. nachwort
173
Das er in ain sprachhauß fftl.
Als bald die fraw solches vernommen hett,
Gieng sy den nechsten zu dem beth,
Die 500 guldin sampt den klaidern natu
Und wider in ihr kamern kam ; ^
Andreützo den frommen stecken ließ,
Nicht fragt, wie er da nnden saß.
Doch got, der die seinen nicht verlat,
Andreützo tailet mit sein gnad.
Da er kam wider herauf, 10
Da er drat fornen für das hau fi,
Welches er fand zugesperrt.
.JämerJichen schrey, sein fünfhundert guldin begert.
Da er mit spott ward dannen getriben,
Erst ine seins glaubens ward gerewen ; lr,
Aber alles was umb sunst,
On sein gelt von dannen gon müst.
Dem glück seer flucht und übel redt,
Gedacht nit, er solches selbs verschult het
Und er es im selbs hett zuwegen bracht,
Da er sich so prachtig gemacht
Mit seinem gelt auff dem roftmarck,
Welches gesehen hett die fraw arg ;
Darumb sy dacht, wie sy das gelt von im möcht
bringen, [38b] »■>
Welches ir wol ist gelungen.
*
1 er da in E 2 Als] fehlt BCD solchs BCD Als solchs die
fraw E 4 golden nnd kleyder E 5 die kammer E 7 Galt ir
gleich, es gieng ir saur als süß 8 der] fehlt BGDE 10 Und da
BCD Das er z Aletzt wider kam E 12 Weichs E zngesperret
BCD; gar wol zugesperrt E 13 Jämmerlich BCDE sein gelt be-
gert E 14 triben BCD 15 ihn BCDE 16 Aber das BCD; Aber
es E 17 von] fehlt BCD Von dannen on sein gelt E gehn
BCDE 19 Gdacht E das er BCD solchs BCDE selbs] fehlt
E verschuldet E 20 Und ob er im BC; Und ers im E zwegen
BCD 21 Da] Als E 22 roßmarckt BCD 23 Weichs gsehen
BCDE frawe BCD; fraw so E 24 Drumb sie dacht das gelt von
im zbringen BCD Wie sie das gelt von ihm gedacht E 25 ihr
ist auch wol BCD Möcht bringen, solchs zflwegen bracht E
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174
Martin Montanua,
Die sach ich nit all erzelen kan,
Darumb ich es will underwegen lan,
Dann sy hievor geschriben sind;
In der historien man es findt.
Andere exempel muß ich auch erzelen
Zu nutz den wander gesellen,
Das sy sich wissen ztl hüten woll,
Wissen, was ainer thün oder lassen soll,
Sein gelt nicht yederman sehen lassen,
10 Sonder sich des gantz und gar massen ;
Dann es fürwar gibt busen Ion.
Wie ich es dann selbst gesehen hon,
Das ain junger knab zoch über feld,
Der hett bey irae ettlich gelt.
15 Und da er in die herberg kam,
Villeicht dasselbig hat sehen lan.
Ye es waren in der herberg zwen Behemar,
Die hetten des gelts genommen war,
Den knaben fragten in dem hauß,
2<> Wa sein sinn stunde hinnauß.
Der knab ine das zaiget an.
Die zwen bald mit ainander legten an,
Den knaben woltens bringen umb,
Das war ir letste mainung.
o-, Bald zu dem knaben sagten, [39a]
8y auch den weg müßten geen.
*
1 ich] fehlt BCD all] fehlt E 2 Drumb ichs BCDE will]
fehlt BCD 3 Da nun sie BCD 5 Ander BCDE exempel auch
zuerzelen BCD 6 wanderer BCD nutz und gut den wandergsellen
7 zhüten BCD 8 Wissen] fehlt BCDE thon und lassen BCD 9
nit sehen B; nit yeden CDE 10 des] das BCD Sich dessen gantz
und gar thun massen E 12 ichs E gsehen BCD 13 Das] fehlt
E 14 Derselb E hette BCD ihm BCDE 16 Villeicht] Er
BCD dasselb E 17 Es warn BCD Ye es waren] fehlt E Beh-
raar BCD 18 hattends E gelts] fehlt BCD 20 stünde jetzt E
21 ihn BCD; inen E 22 bald] legten BCD legten] fehlt BCD
Die zween sich beraten hatten schon E 24 letzter beschluss und
summ E 25 Bald sie BCD Dem knaben sagten baldt die zween E
26 auch] noch BCD gehn musten BCD Wie sie den weg auch E
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Andreützo, nachwort.
175
Des der knab wol zü friden wäre,
Als der sich nichts args versähe.
Und da sy morgens kamen anff dstrafi
Und sy nun zu guter inate
Die sach gut sein daucht zu greiffen an,
Dann sy von irem fürnemen nit wolten abston,
Der jüngst dem knaben gab ain schlag,
Das er wol zü der erden lag.
Das gelt sy ime gar bald namen.
Da theten eben zwen reüter kommen,
Die boßwicht an der that fanden,
Welche sy gar bald bauden.
Ein yegklicher seinn füren dato
Gen Türingen [!J in die fürstliche statt.
Da man sy gefangen name an,
Kurtzlich ine gab den verdienten Ion.
Man* schlug ire heüpter ab;
Solchen Ion ir gesellschafft gab.
Damit war nicht geholffen dem jungen,
Der von seines gelts wegen war umbkommen.
Die schuld die kundt man nyemant geben,
Dann er im selbst bracht das zu wegen.
Darumb ain yeglicbs sehe, was im zuthün sey, f 39b]
Im ausgeben nit sey zü milt und frey;
*
1 Des] fehlt BCD Des auch der E wol] fehlt E war E
2 Zii in nichts args versähe gar E 3 morgens] fehlt BCD Des
morgens kamen sie E die straß BODE 4 Und sie auch BC; Und
als sie E 5 deucht gut sein BCD; sein daucht E zgreiffen BCD
6 Dann sy] fehlt BCDE Von dem fiirneinen BCD; vom fürnemen E
stan E 7 jungest BCD 8 wol zü] todt auff E 9 ihm da bald
BCD Von im gar baldt das gelt sie namen E 10 In dem zween
reuter eben kamen E 11 An der thaat die boßwichter E 12 sie
auch gar BCD Zü hand dieselben allda banden E 13 Ein jeder
je einen E 14 fürstlich DE 15 nam man BCD gfengklich
name E 16 Kürtzlich BCD; Bald E den] fehlt BCD 17 ihn
ihre BCDE 18 Ein solchen E gsellschafft BCDE 19 gholffen
BCD 20 Der] So E seins] fehlt BCDE umb was kommen E
22 ers ihm selber E das] fehlt E 23 ain] fehlt BCD Ein jeder
merck, was E 24 zmilt BCD Stell sich im außgeben nit zü frey E
176
Martin Montanus,
Dann solches bringt warlich kainen nutz,
Wie yetz gehört ist in kurtz.
So müß ich aber noch ains erzelen,
Wie es mir selber ist ergangen,
Damit man nit dörffe sagen,
Ich schrib darvon und habs nit erfaren.
Als ich ains nials zohe über feld
Und hett bey mir nit wenig gelt,
Im wQrtzhauß solches auch sehen ließ,
Groß unglöck mich morgen anstieß.
Dann wie ich morgens kam au ff den weg
In ain wald, wirt genent die Knittlinger steig,
In welcher maiiger biderman wirdt beraubt
(Fürwar, ich hett es selbst nicht glaubt,
Wann ich es nicht erfaren hett),
Ward mir genommen, was ich hett.
War fro, das sy mich Hessen gon. *
Das leben wolten sy mir auch haben gnon ;
Doch auf mein freüntlich bitt und flehen
Sprach ainer : ,Lieber, laßt in leben !
Ist gnüg, das wir im das gelt genommen.
Wolt ir in erst darzü umbringen?'
Als ich solch wort von ime erhört,
Ich mich gar bald dannen droit. ROa]
*
1 solche BCD warlich bringt kein E 2 gehöret E in der
BCD 3 Ich mftß aber BCD Noch maß ich euch eins zeygen an E
4 selbs autf ein zeyt thet gan E 5 auch nit dorffte BCD Das man
nit sag, ich schreib viel hie E 6 und nie BCD Hab deren keins
erfaren nie E 7 zoch BCDE 9 auch] fehlt BCDE 10 mir zfi
handen stieß E 11 Dann] fehlt BCD In E ist der vers ausgefal-
len; in G lautet er: Als ich mir nun fürnara den weg 12 ain] fehlt
BCD heyst Knitlinger steg E 13 welchem E menger D bi-
derman] fehlt E braubt BC 15 ichs selbs nit E 16 Yard B
Tr ctlich mich gar blandem thete E 17 Das gelt sie mir als hetten
gnou E 18 Selben BC; Sieben D auch] fehlt BCD Wer schier
darzü umbB leben kon E 19 bitt gar eben E 20 laß E 21
ihlns BCDE gelt han gnon E 22 im erst den todt anthon E
23 wort erhöret hett E 24 bald von BCD Von dannen ich mich
trollen thet E
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Andreützo, nachwort.
177
Ain andern weg für mich nam,
Damit ich von den schelmen kam.
Ich keret gen Knittlingen ein,
Nyemandt wolt mir thün hülffe schein.
Ich batt ja auch, wen ich wolt, 5
Ein yeder sagt, ich selbst lögen solt,
Wie ich das mein wider fiberkem.
Kainer sich mein nicht annem
In disem handel ; dann sy besorgen müßte,
Das in auch etwan ain unfal züstiesse. 10
Ich als ain beraubter hinzohe
Ain andern weg, die refiter flöhe.
Dann ich gedacht, wa sy mich kommen an,
Ich mein leben auch verloren han.
Sihe, dahin bracht mich das schnöd gelt. 10
Darumb, wilt du leben in der weit,
So thö, wie ich dich hab gelert!
Dan etlich leüt seind also verhört,
Wo sy gelt bey aim wissen,
Sehen sy, wie sy in mügen bescheiden, 20
Damit das gelt inen werdt,
Got geb wie es ime darnach geet
Laß dich gegen nyemant nichts verneinen,
Das du hast gelt, damit nit thüst kommen
In grosse not, darinn mancher gestecket ist! 25
1 weg ich BCD ; weg baldt E 2 schelmen] bftben BCD 8 kert
E da ein E 4 mir thün wolt hBlffes E 5 hatte BODE gleich
ja wen E 6 Ein] fehlt BCD sagt, selbs sehen E 7 wider das
mein BC bekem BODE 8 meiner BGE 9 Dises band eis BCD;
In dem handel E sie sorgen BC; sie bsorgen D; so bsorgen E 10
etwan] fehlt BCDE 11 Als ein beraubter ich E hinzöge BCD
13 Ich dacht BCDE 14 Mein leben ich E auch] fehlt BCDE
15 Sihe] fehlt BCDE schnöde BCDE 16 Drumb BCD du]
fehlt E 17 thue E 18 so yerkert BCDE 19 bey einem BCD;
bey eim irgends E 20 Sehends, wie E wies in BCD bscheis-
sen BCD; beschissen E 21 gelt nur BCD; gelt als E 22 wies im
hernacher E 23 gen BCD Hast bey dir gelt, sag nichts daryon E
24 Hast du gelt BCD Das du nit thflest darumb kon E 25 drinn
BCD gsteckt BCD Mancher in grosser not gesteckt ist E
Montanu* 1 2
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178
Martin Montanus,
Wie man das von Rinaldo lifit, [40b]
Wie derselbig anch beraubet war
Von zwayen raubern gantz und gar;
Ime nichts Hessen dann ain bloß hemetlin,
Darinn er hett m^gen erfroren sein ;
Dann es seer kalt war und hefftig schriee.
Der knecht wie ain zager flöhe
Von Rinaldo, seinem herren wol gethan,
Als er die zwen rauber in sähe greiffen an.
Was macht, das sy im also nachstelte? [37b]
Sy wußten bey ime vil gelte,
Welches er villeicht hett sehen lassen!
Dammb ward er beraubt auf der Strassen.
Aber got, der die seinen nit verlat,
Sonder inen allwegen beystat
Sonderlich so in ruffen an,
Den will er hülff und beystand thön.
Wann aber ainer knmpt an die. ort und end,
0 so schlecht er bald zusam sein hend
Ruft got den allmechtigen schöpffer an,
Das er im wölle beystand thün.
Das betten geet auch gewißlichen von hertzen.
Dann ich waiß wol, das ich nit schertzen,
Sonder mit ernst mich got befalhe,
Als der ich den tod vor den äugen sähe. [41a]
•
1 das] solche E 2 derselb BCDE 4 Im BODE dann» hem-
metlein E 5 er solt erfroren E 6 Dann] fehlt BCD Was kalt,
ein grosser schnee da lag E 7 von im flog wie ein zag E 8 seim
herrn wol gethon BCD Von seinem herren wolgethan E 9 sah
BCD Als in die rauber griffen an E 10 sy] fehlt BCD 11 Denn
das sie BCD im gelte BCD; im gar yiel gelte E 12 Weichs BCDE
villeicht] auch BCD 18 Drumb er beraubt wurd BCD; beraubt ward
E 14 got, welcher nit E 15 ihn all weg BCD Die seinen, son-
der in beystat E 16 Die so in trewlich E 17 Denselben wil er
beygestan E 18 Wenn E kompt BCDE an die end E 19
So schlagt BCD; Schlecht E bald zsamen BCD; zusamen baldt E
seein A; die E 20 Und ruftet BCD; Und rfifft E den] seinen E
allmechtigen] fehlt BCDE 21 im hulffes schein soll thon E 22
gwiß BCDE 24 Sondern E mich] sich E 25 Als ich E vor
äugen BCD
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Andreütio, nachwort.
179
Glaub auch gentzlich, got hab mich erhöret
Und mich vor disen raubern bewaret,
Die mich understünden zü todten,
Und mich bracht aufä solchen nÖten.
Dess ich ime noch zü dancken hab, 5
Auch dancken will, die weil ich mag
Mein zung und auch mund regen.
Der wSUen mein und unser aller pflegen.
Damit ich aber zü ende bring
Dise angefangne ding, 10
So ist das endtlich mein leer und güt beduncken,
Darauf}' sich gwißlich ain yeder mag lassen :
Das er in allen dingen messig sey,
Im ausgeben nicht sey zü frey,
Nit fast panckathiere und zeche, i;>
Inn pracht unnd fibermüt nicht sey zü freche,
Besonder wa er an frembden orten ist.
Dann da sucht man vilerlay litt,
Wie man ain bring umb das sein;
Darnach laßt man dich faren fein. 20
Wann du kain gelt meer im beüttel hast,
So bist du von yederman gehallt;
Nyemant will dein kain gnad meer han, [41b]
Du bist verlassen von yederman,
Man speyt ab dir, man redt dir übel nach, 25
*
1 auch] fehlt BCD erhört BODE 2 bewart BCD Vor die-
sen reabern mich ernebrt E 3 So unterstunden mich E 4 ge-
bracht E 5 Das E im BCDE 7 zungen E auch mein mund
BCD; mein mund auch E 8 Derselb woll unser BCDE 9 Das
aber ich E 10 Wol dise BCD; Allhie mein E 11 Das ist mein
trewe lehr dermassen BCD; Es ist die lehr und meynungmein E 12
Drauff sich ein BCD verlassen BCD Ein jeder soll sich fleissen
fein 13 Ein in all dingen BCD; Das er in allweg E 14 Nit im
aaßgeben sey E 15 Und nit stets E pancketier BCE; panckatier
D 16 Im BCD Mit Übermut E sü] fehlt BCD 17 Bsonder
BCD; fehlt E 18 Da nun da BCD 19 bringe BCD; bringt E
20 lest BCDE 21 du] fehlt E 22 du] fehlt BCDE vorhast BCD
24 yerdman A von jedermann verlan E 25 man] und BCD
Übel] fehlt BCD Man redt dir Obel, speyt dir nach E
12*
180
Martin Montanuf»,
Als kainem menseben ye geschach.
Darnach kompt erst die schwereste straff,
Das ist der rewen, all gemach
Und bekrenckt dir erst dein betrübte hertz,
r, Welches vorhin beladen ist mit grossem schmertz ;
So ist es dann gar vil zü spat.
Darumb bitt ich, volg meinem rath !
Es wirdt warlich nicht gerewen dich,
Sag ich dir; glaub mir sicherlich!
10 [38b] Wiewol dise verßlin nicht sonderlich güt und. wol
componiert sein (dann ich kain poet nicht bin), so hoffe ich
doch , es soll der leser ime ain genügsamen verstand daran ü
fassen, was ime zü thün oder zü lassen sey. Dann ich gnüg
exempel unnd beyspil hieher gesetzt hab, darinn sich die jungen
ir, fein und wol züersehen haben. So ainer erstlich für sich nympt
die historia von Andreützo und Fiordilis der falschen frawen,
wie sy ine so listig betrogen [42a] hat, so sieht er wol, was
ime zuthün oder zulassen ist.
Aber es laider dahin kommen ist, das kain warnen, straf-
20 fen und ermanen meer helffen will, sonder ain yegklicher sein
leben dahin richtet, wie er mog den schönen diernen und der
weit wolgefallen , sich auffmutzet , als ob er ain fürst wäre,
darmit man ime nur groß eer beweise. So findt man leüt, die
nemens ungezelt her, nennen ain Gnad junckherr; ja, dieweyl
er gelt im seckel hat. Wann er kains mer hat, so ist er un-
werder weder genßmist, dessen man dreu füder umb ain heller
gibt, sagen : ,Ziecht hin, mein junckherr, holt meer gelt, dar-
nach kompt wider zü uns! So w&llen wir dieweyl ain gütten
1 kainem] einem R 2 schworest BCD Zuletzt die rewstoß
kommen her E 8 ber A Das bis gemach] fehlt E 4 Bekranckt
erat dein betrübtes BCD Die bkrencken dir dein hertz gar schwer E
5 Deß vorhin bladen ist mit grossem BCD Welches bis schmertz]
fehlt E 6 Denn aber ist es vil E 6 grewen BCD 9 mir] fehlt
BCD sicherlich. ENDE. E (hier schliesst E ab). 10 verßlen BD
wol] fehlt BCD 11 nicht] fehlt BCD 13 oder] und BCD 15
zuversehen BCD 18 oder] und BCD 20 und] oder BCD 22 ob]
wann BCD 26 drey futer BC; dreyfftter D
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Andreützo, nachwort
181
wein holen unnd schöne frewlin bestellen/ Mit sollichen fatz-
worten sy ainen hindan weysen, unnd das ist der recht Ion.
Wolte got, das man ainem yegklichen, der sich also prachtig
stelt, derraassen thete und so grob schere! Wurden sich ett-
liche [42b] daran stossen unnd das gelt baß behalten weder also. 5
,Ja4, m6ch8t du auch sprechen , was soll das gelt ainem
jungen mann! Es müß verthon sein* etc. Ach, das sey got
gelobt, das kain arme letft auff erdtrich seind, den man sol-
ches mittailte! — ,Man ist aber dessen gar nicht gesinnt, das
ainer sein gelt also solt hin geben, da er gar kainen nutz nicht io
von bett.4 — Lieber höre, es ist auch ain andere mainung.
Christus spricht: ,Was ihr dem wenigsten und geringsten
unnder eüch thüt in meinem namen, das habt ir mir gethon,
und ich wil eüch den Ion darfür im himel geben.1 Sihe, wie
so ain trostlicher spruch ist das, das wir für unnser schlechte i*>
gab, so wir ainem armen thünd, das ewig himelreich und die
ewigen freüd besitzen werden! Ist dann dein gab, dein gelt
und güt, welches du ainem armen dürfftigen geben hast, übel
angelegt, wenn du die ewigen freüd und seligkait darfür ha-
ben solt? Kan ich bey mir nicht fin[43a]den , sonnder ich au
schätze es für recht und wol gethon.
,Ja4, möchtest auch sprechen , ,wenn ich solches gewiß
wäre, wolt ich sehen, wie ich ime thet4 Ja ist wol war, dar-
nach du es in ainer mainung thüst. Wenn du almüsen gibst,
allain das du wilt gesehen sein, oder villeicht mainst, got muß £>
dir darumb den himel geben , so ist warlich dein Ion klain
unnd nichts werdt ; jha du verdienest auch dardurch den zoren
gottes unnd ewige verdambnus. — ,Wie soll ich im dann
thün?4 — Es stat geschriben: ,Was dein rechte hand thüt,
das solt du dein lincke hand nicht wissen lassen.4 Almüsen ju
solt du geben dem armen der mainung, das du gedencken solt,
das got gebotten hat unnd also haben will, auch das der arm
*
1 frfiwlein BCD 2 sie ein BCD 3 prächtig stellet BCD 4
scher BC 6 möchtest BCD 7 verthan BCD 8 erdtreich BCD
9 mittheile BCD aber] fehlt BCD 10 nutz darvon BCD 13 min-
der euch] fehlt BCD gethan BCD 15 tätlicher BCD schlechte]
fehlt BCD 17 ewige BCD 19 ewige BCD 21 setze es BCD 22
möchten BC 26 den himmel drumb BCD 29 steht BCD 32 Arm BCD
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182
Martin Montanus, Andreützo.
sollichs notdürftig ist, dasselbig auch haimlich, nicht vor me-
nigklich oder das gelt yederman seheu lassen ; dann sunst dein
Ion warlich klain sein würdt.
Darumb, lieber christ, wSllest sollich [48b] mein schrey-
ö ben mit gütwilligem hertzen auffhemen, fleissig lesen. Zwey-
felt mir nicht, du werdest darimi finden, das dir nicht sched-
lich, sonnder nützlich sein würdt, dir auch zür ewigen selig-
kait fürstendig sein mag. Die verleyhe uns gott allen ! Amen.
Soli Deo gloria.
*
2 odtr C jedermann] fehlt BCD 3 warlich] fehlt BCD
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Thedaldus und Ermilina. 183
In sehr schö
ue lustige vnnd auch
klagliche Hystoria, von dein thew-
ren vnnd mannlichen Ritter Thedal-
do, wie der in liebe gegen einer schönen frawen 5
entzündet, solcher lieb lang zeyt ein genügen
thet, Vnd aber hernach von jr ins ei-
lend t veriagt, vnnd vertriben
ward, Letstlich wider inn
die erste freundtschafft 10
gesetzet ward.
Durch Martinuin Mon
t a n u m von Straß-
burg inn druck geben
Gedruckt zu Strasburg, 15
in Knoblouchs Druckerey.
* Zeile 1, 12 und 15 sind rot gedruckt. Das titelblatt von B ist
verloren.
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Thedaldus and Ermilina, cap. 1.
185
1.
Wie der jüngling und ritter Thedaldus in liebe gegen
der schonen Ermilina enzündet ward *).
In der gewaltigen, mecbtigen und weit berumbten statt
[Aijb] Florentz in Italia wohnet ein junger mannlicher und ö
dapfferer ritter, Thedaldus genant, vonn dem ehrlichen unnd
dapff'ern geschlecht Elisey. Welches geschlecht noch heutigs
tags in solchem ansehen zü Florentz ist als keins sonsten in
der gantzen statt; alle kirchen und rhatsheuser hangen foll
irer wappen, ir gedächtnuß wirdt inn allem lust und freuden- 10
spielen gemeldet; in summa, das ichs bektirtz, nichts in der
gantzen statt Florentz wirdt gehandlet, darinn gemelts ge-
schlechts Elisei uit gedacht würdt.
Derselbig jung ritter (nicht lang vergieng) in liebe gegen
einer jungen frauwen der selbigen statt eudtzündet dermassen, i">
das ihn gedaucht, wo er sie nit sehe, er sterben unnd vor layd
zergeh n müste. Sich auch beflisse alles das zu thün, daran
die fraw ein wolgefallen haben möchte, ihr zü lieb vil manch
mal turniert unnd stach ; unnd als offt er im turnier was, al-
weg sein begegenden mit sampt dem ross zü boden rennet 20
*
*) Holzschnitt: auf der Strasse redet ein jüngling, der einen fal-
ken auf der linken hand tragt, mit einer dame = Boccaccio, Cento
novella (Strassburg, H. Knoblouch 1551) bl. 81b und 118a; in Cammer-
landers ausgäbe 1535, bl. 90a und 124b. 5 da wohnet B 10 f reu-
denspiel B 14 vergieng ward er in liebe entzündet B 16 dauchte
B er müste vor leyd sterben B 18 ihr zfl lieb] folgt in B hinter
,stach unnd thurnieret er' 19 was, ritt er B
186
Martin Montanus,
und er den sig allwegen erlangt und behielt. Davon der jung
männlich ritter von yederman solcher seiner that gepreyset
unnd gelobet ward ; aber warumb das geschach, nieniandts wis-
sen niocht, auch die fraw Ermilina selbst nicht; sonst sich
"» vilieicht dessen, so er begert, nicht lang gewaigert haben würde.
Und Ermilina, als der da sein mannliche ritterliche that nicht
minder als andern gefiele, haimlich von stundan inn liebe ge-
gen ime entzündet und der flammen der lieb sie [Aiija] so hart
brant, das sie sich, wo man ir nicht zü hilff kerne, ires jungen
10 lebens verwegen bette. Doch sich dessen , so ir im hertzen
lag, gegen niemandt öffnen oder aigen wolt, sonder vil ehe
mit grossem schmertzen ir leben enden wolte weder ir liebe
zü öffnen dem, so ir unbekandt was.
Nüu der ritter, der ir nicht minder liebe trug dann sie
lö im, sich gleichfals inn liebe übel gehüb , aber auch ehe ver-
meinte zu sterben weder seiner aller liebsten frauwen, die er
heimlich ob allen frawen der weit lieb hett, solches zu offnen,
angesehen das sie ein mann hett unnd mit solchen frewlin mit
reden böß zü schertzen ist. Derhalben ime fürnam alle seine
•jo liebe wider zü ruck zü schlagen ; aber alles nichts halff, dann
er ye mehr in liebe enzündet.
2.
Wie fraw Ermilina dem ritter Thedaldo ein brieff
sampt einem guldin ring schicket.
25 Nün die fraw sich solcher ihrer grossen liebe nicht massi-
gen kunt, sunder sie die so streng sein gedaucht, das sie ver-
*
1 und behielte stets den sieg B 3 mochte niemandt« B 4 sonst
wurde sie vielleicht B 5 sich nicht lang gewehret B 6 Nun ge-
fiel E. sein B that grausam wol B 8 ertzündet A 9 nicht
wer zu hilff komen B 10 Doch das jenige B 11 wolte sie nie-
mand B aigen] anzeigen B sondern sie vermeinet, sie wolle sol-
chen schmertzen in irem leben enden , weder das sie an tag kern B
15 vermeinte auch ehe B 18 unangesehen B 19 nam er ihm für
B 20 es halff nichts B 21 entzünd wurd gegen ir B 25 Da
nun B
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Thedaldus und Ermilina, cap. 1—2.
187
mainet in kurtzem ihr leben zü enden. Derhalb sie bey einer
irer inagt, deren sie ob allen andern vertrawet, rhat suchet
nnnd sprach: ,Joanna, liebste dienerin, du waist ohn zweyfel
wol, wie so ein schwer ding ist hainilich und verborgen liebe
tragen , und das solche pein den schwachen weiblin minder 0
dann den jungen starcken mannen zügedulden ist , so du än-
derst [Aiijb]*) waist, was liebe ist. Dieweil ich mich aber
so starck in der selbigen gefangen vernime und mein selbst
kein andern rhat waifi dann allein zü suchen , wie ich mich
in des armen finde, der mir ob allen mannen der weit liebet, 10
so will ich sehen, wie ich meiner angefangnen materi an ein
endt khum. Dieweil ich aber ein getrew mensch zü solchem
bedürfftig, hab ich dich mir ob allen für ein trewe gespilen
er-[Aiiija]wolet. Derhalb wiltu mich solches meines güts ge-
trawens ergetzen und geniessen lassen und mich bey leben be- 15
halten, so thü das, so ich dir yetz bevelhen will! Erstlich
soltu disen brieff mit sampt dem ring dem edlen thewren
unnd mannlichen ritter Thedaldo, den du den vergangnen som-
mer offtermals hast sehen turnieren, bringen, dem mein grosse
lieb, die ich zü ime trag, zü wissen thün und in bitten , das 20
er den brieff mit sampt dem ring gütwillig von meinet wegen
empfahe; und habe eben acht uff die antwort, so er dir ge-
ben wirdt! Damit du aber solches nicht vergebens thüst unnd
dir deiner arbeyt gelohnet werde, schenck ich dir hiemit ein
goldt gnldin zü einem beytpfenning ; den wollest du von mei- 23
net wegen behalten unnd mein sach bey dir tragen. Wo du
aber mich züvermähren understost und mir nicht trew laisten
wilt, so bitt ich dich, du wollest das geschenck, das ich dir
geben, behalten und die brieff mir bey handen lassen.1
Die magt den geschenckten gülden nam und die brieff ao
von der frawen empfieng; die von stundan dem jungen ritter
Thedaldo über antwort und ir mündtliche bottschafft endet.
Die er mit freuden vernam und den brieff läse; sich nicht we-
*
*) Holzschnitt: in einer bergigen landachaft mit bäumen und
blumen ritzt eine dame und redet zu einem vor ihr stehenden mäd-
chen = Cento novella 1551 bl. 76a. 10 befinde B 17 sanmpt A
27 »urerraten B 30 magd nam B 81 empfieng] fehlt B 33 an-
nam B
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188
Martin Montanus,
nig verwundert, das die fraw dessen unbegeret willig was,
darumb er dann inn so grosser kranckheit läge. Und als in
die verlassen, der magt zu antwort gab und sprach:
,Mein liebe Joanna, ich hab dich all meine tag gern ge-
•> sehen ; aber inn [Aiiijb] keiner andern sach hettestu mir lie-
ber mögen zu hauß kommen dann in diser. Unnd wolte gott,
ich solcher treuwen bottschafft dir gnüg lohnen möchte. Aber
wie dem allen, so gehe hin zü deiner und meiner aller liebsten
frawen, die ich ob allen frauwen der gantzen statt Florentz,
10 ja auch der weiten weit lieb habe, und sag ir von meinent
wegen vil güts, auch das ich in irem dienst mich befleissen
will alles das zü thün, das sie an mich begert, auch von irent
wegen an die ort binn kummen, da du mich dann siehst. Were
sie mir aber mit irem trostlichen schreyben nicht zü hilff kom-
iö nien, ich on zweyfel mein leben inn kurtzen tagen geendet ha-
ben würd. Dieweil sie aber inn ihrem schreyben meldet, sie
mich ob allen mannen der weit liebet, daraufa ich wol ver-
stand , sie gleich f als als grosse liebe zü mir tregt als ich zü
ir und on zweifei, wo ich nicht darvor sein würde, ihr leben
a> vermaint zü enden , binn ich willig und beger es auch von
hertzen der frawen zü dienen und also unser bayder willen
mit einander züvermischeu , wo ein sollichs allein vor meiner
aller liebsten frawen mann mochte verschwigen bleiben/ Da-
mit ein schönen guldin ring ab der handt zoch unnd der magt
befalhe, den der frawen zü bringen.
Die magt von dem ritter Urlaub nam, haim zöge und der
frawen alle des ritters wort saget, darneben ihr den schonen
guldin ring, so ihr der ritter geschickt, behendigt. Wer was
froer dann die güt [Ava] arm eilend und betrübt fraw , die
au den ritter ob allen mannen lieb hett ! Von irem beth auff-
stünd, und sich ir kranckheyt von tag zü tag mindert unnd
hinzöge.
Nun die magt ir bayder schreiben hin und wider trüge
und die sach in kurtzem dahin bracht, das bayde liebhabende
*
1 dessen, so er noch nicht begert hat B 2 Und als er ihn wol
hat durchlesen B 15 ich wurde B 16 meldet, das B 17 ver-
stehe, das B 19 sie ir B 20 Nun aber bin ich B 26 magd nam
Urlaub B 28 geschickt] geben hett B
i
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Thedaklus und Ermilina, cap. 2—3.
18H
menschen zü samen kamen und die freud von einander namen,
die dann solche lieb gibt Aber das vergünstig gluck ime in
solchem nit wolt beysteudig sein, wie ir hören werdfc.
3.
Wie die sch6n fraw Ermilina einem münch beichtete
und ime saget, wie sie mit dem ritter Thedaldo bül-
schafft pfleget, davon sie der münch sehr schelten
was unnd inn das fewr der verdampten setzet.
Als nun Thedaldus ein güte weil mit seiner lieben frawen
Ermilina in freuden gelebt und sie all wegen zü seinem willen 10
geschickt was, sich eins tags begab, das die fraw inn die kir-
chen ir sünd zü beichten gangen was. Und under andern, so
sie ihrem beichtvatter, der ein münch war, beichtet, fraget er
sie, ob sie keinen bülen oder liebhaber neben irem mann hette.
Die gut einfeltig fraw, die nicht änderst maint, dann wie sie i .
alle ihre sflnd, so sie vonn jugent auff gethon, dem münch
erzelen müst, anhüb und ime alle sach, [Avb] *) so sich zwi-
schen ir und Thedaldo verloffen, anzeiget und zü wissen thet.
Als solches der münch hört, ein solch rumor und geschrey in
der kirchen anhüb und die fraw dermassen ausrichtet, das sie 20
gewolt hett, die selbig zeit in der Tyber gesessen were. Ir
auch saget, wo sie von solchem nicht würde nachlassen, sie
inn abgrundt der hell ver-[A6a]dampt were.
Ach , die güt fraw darüber sehr laydig was , nicht gern
iren liebsten ritter und bülen verließ unnd auch nicht von »->
sei nent wegen in abgrund der hellen faren wolt. Und ir giintz-
lich fürnam, sich des ritters aller dings zü entschlagen , kein
brieff mehr von ime zü nemen. Und als ir der ritter seiner
gewonheit nach über ettlich tag schrib , wolt sie seine brieff
*
17 hob an im B *) Holzschnitt: in einer kirche sitzt ein
mönch auf einem lehnsessel , vor ihm kniet eine beichtende frau =
Cento no?eila 1551 bl. 55a und 121b. 19 hört, hub er B 22 Auch
saget er ir B ablassen , were B 24 Nun wäre die B 25 und
wolt doch auch B 27 sie wolt sich des B
Digitized
190
Martin Montanus.
nicht anemen oder lesen , sonder im die von stund an wider
schicket und embot, er ir keinen mehr schicken solt. Des sich
der ritter hefftig zü beth leget und sein layd klaget.
4.
r, Wie sich der jung thewr und männlich ritter The-
daldus umb der frawen hertigkeyt willen zfl beth
leget, doch ime für nam auß dem landt zu ziehen.
Und als der ritter sähe, das alle seine brieff und freund t-
lich schreyben bey der frauwen nichts mehr erhalten mochten,
10 unnd sie doch ein anfängerin solches handels gewest wäre und
im sie lieb zuhaben ursach geben hett, ward ihne des auf}
dermassen sehr bekümmern unnd betrüben. Sich zü beth le-
get, tag unnd nacht nichts änderst thet dann achtzen und
seufftzen und sich hin und wider zü werffen. Auff einem theil
Vi die grosse hertigkeyt und unverschulten neyd wider ine be-
tracht und ihr gleich fals feindt zu sein understünd, am andern
theil die grosse liebe, so sie baiderseyts zü [A6b] einander
tragen, bedeucken ward, und das er ir nicht kund oder mochte
feind sein. Also auff dem selbigen fürsatz blib.
20 Damit er aber ir und sie im auß den äugen kern, wolt
er sich ein Zeitlang enteussern und die statt Florentz meiden,
ob sich vileicht begeb, das das glück wider auff sein seitten
schlug und die fraw rew über solche hertigkeit gewen, wie ir
hören werdt.
8 5.
Wie Thedaldus von Florentz zöge, gehn Ancona kam,
sich zü einem kauffman verdinget und fürthin Philip
nennet.
•
2 embot ihm, er solt ir B 11 sie lieb zuhaben] steht in B hin-
ter hett 13 achtzen] jauchtzen B 14 Auff bis betracht] und be-
trachtet hart, wo der neid mocht herkommen B 16 am bis feind
sein ) doch kund er das nicht thun im hertzen, wenn er die grosse lieb
bedencken ward B 19 Also] Noch bliebe er B 26 Antona B 27
ließ sich forthin Philipp nennen ß
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Thedaldus und Ermilina, cap. 4—6.
191
Und wie er nün ein Zeitlang also gelegen und sein layd
gn*üg klaget hette, wolt in nit duncken gut sein lenger zü
Florentz zü bleiben, damit er ir nicht freud gebe, wann sie
in also sehe in unraüt umbgehn, unnd haimlich ohn yemandts
wissen sein pferd schüff sattlen. Nachgendts eynen seinen ge- »
trewesten freund zü ime nam; dem er die gantze ursach sei-
nes hinsehe iden8 zü wissen thet und ine freundtlich bath, wann
sich ettwas der frawen halb begeh, das er ime solches autfs
beldest wolte zü schreyben unnd zü wissen thün.
Nach solchem auff sass, aufi der statt ritt und in kurtzem 10
gehn Ancona nahent bei Rom kam und sich hinfttr Philippum
nennet Da er sich zü einem [A7a]*) reichen kauffman ver-
dinget, mit dem er uff seim schiff gehn Cipern für. Nün in
solchem seinem dienst sich so wol hielt, das ihme der kauff-
man nicht allein güten sold schüff, sonder auch den halben 15
theyl seins gewins thailhafftig macht unnd ihme den mehrern
theyl seines gescheffts nnder banden gab. Darinn er sich so
wol und geflissen hielt, das er inn kurtzen tagen ein reicher
kauff-[A7b]man ward. Doch bey allen seinen grossen ge-
schafften, so er hett, die liebe, so er zü Ermilina getragen, 2»
sein hertz durchtrang, unnd ir in keinen weg vergessen mocht.
Offtermals im willen hett gen Florentz zü ziehen und sie ein
mal zü sehen , doch solches hertigklich biß in das sibent jar
vertrüg nnnd wider sein willen bey dem kauffman blibe.
6. 25
Wie Philippus in einem garten sass und das lied, so
er von seiner Ermilina gemacht, singen hört; davon
er nicht lenger bleyben mocht, sonder gehn Florentz
sie zü sehen gienge.
*
2 geklagt B 5 schflff] hieß B *) Holzschnitt: zwei ge-
wappnete reiter, hinter denen ein dritter sichtbar wird, reiten durch eine
landschaft. 15 allein seinen verheissenen lohn gab B ließ im auch
den halben gewinn an der kauffmanschafft B 20 getragen] trug B
28 Florentz ritte B
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192
Martin Montanus,
Als er aber solche sein hertigkeyt nün ins sibent jar ver-
tragen hett, begab sich eins tags, das er in Cipem singen
hört ein lied, das er selbers von seiner aller liebsten frawen
gemachet het, darinn alle liebe, so sie baider seits zü samen
5 getragen , und die frenndtschafft , so sie miteinander gehabt,
begriffen stünd. Davon ihme sein hertz so groß warde, ge-
dacht nicht möglich sein , das sie sein solt gantz und gar in
grundt vergessen haben, in groß begird entzündet sie zü sehen
und solchen willen nicht lenger vertragen mocht. Sich be-
10 raitet unnd schicket, wider heim in sein statt zü ziehen, unnd
mit ainem seinem knecht wider in Ancona kam, da er sein
güt fand. Das er gehn Cipem und gehn Florentz einem sei-
nem guten g5nner schicket, und [A8a] *) er verborgen in bil-
grams form, als ob er von dem heyligen grab kern, sich mitt
lo seinem knecht gehn Florentz füget, da er in zweyer brüder
hauß nahent bey seiner aller liebsten frawen einkeret.
Unnd so bald er gehn Florentz kam, eh er icht änderst
tliet, für seiner frawen hauß gierig zü besehen, ob er sie yer-
gent sehen oder vernemen mocht. Aber alle [A8b] thuren,
20 thor und fenster versperret waren ; davon Thedaldus nicht än-
derst maint, dann sie gestorben were oder anderstwo hinzogen
were. Unnd vor irer thüren stehen sähe vier seiner aignen
bruder, alle in schwartz geklaidet. Des in sehr frembd nam,
und gedacht: ,Nün, wer mag doch von den unsern gestorben
2T. sein ?l Er wolt sich gegen ihn noch nit aigen oder sich inen
zuerkennen geben ; dann er sich dermassen verkleydet hett, das
sie in nit erkennen mochten.
Und wider in das würdtshauß gieng, an ein laden lag
unnd fragen ward, wes oder warumb die vier also in schwartz
:mj geklaidet weren. Da ime zü antwort ward, wie das vor zehen
tagen ir brüder Thedaldus auß frerabden landen komen were ;
der vor dem hauß unnd an dem endt, da die brüder ständen,
vonn Aldobrandin, Ermilina mann , zü todt were geschlagen
worden. Als solches Thedaldus vernam, das Aldobrandin un-
8 sie ihn zu B *) Holzschnitt: in einem garten sitzt neben
einem brunnen ein jungling, die hände lauschend empor hebend =
Cento novella 1551 bl. 28a. 17 ichtj ettwas B 21 hin gezogen B
2.j die alle B gekleidt waren B
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Thedaldus und Ermilina, cap. (5—7.
193
schuldig also solfc in gefencknuß ligen und sein leben verlieren,
war es im sehr layd umb in; dann er sein weib bülefc het,
von deßwegen auch wider gehn Florentz kommen were, und
ine gar frembd daucht, das im ein anderer so gleich solte sehen,
das man inainet, ers were. Umb Ermelina sehr laid was;«-»
doch wol vernani, das sie bey leben, frisch und gesundt were.
Stets gedacht, wie er doch Aldobrandin möchte vom tod er-
ledigen. [Bjaj
7.
Wie Thedaldus zü nachts im beth innen ward und 10
erfür, wer den umbbracht, darumb Aldobrandin ge-
fangen lag.
Nun es sich gegen der nacht nehenet, er wider mit man-
gerley gedancken in sein herberg gieng und nach dem nacht-
mal zü obrist inn das hauß in ein kamer schlaffen gef&rt ward. 10
Da er in schweren gedancken lag, und kein schlaff im die
gantze nacht in seine äugen kommen mocht; das villeicht von
dem herten beth oder übel essen komen mocht. Und nun
mitnacht komen was, in dem ihn dauchte, wie leuth ab dem
dach oben ins hauß stigen. Er mit halber forcht auff stünd, 20
an die karamerthür gieng , durch die speit hinauß ein Hecht
ersähe, das gar ein schone minnigliche fraw in der handt trüge,
und gegen ir kummen sähe drey junge männer, die ab dem
dach gestigen waren.
Und nach etlichem schimpff und kurtzweil mit der frawen 25
einer zu dem andern sprach : ,Nün seye gott gelobt ; dann
wir fürthin wol frey und sicher leben Thedaldi todts halben.
Dann seine brüder vor dem richter sein todt auff Aldobrandin
bewisen haben, unnd er hatt auch aller sach bekant, auch die
*
1 und allda B 2 gebult B 5 er were es, unnd im was umb
B 6 bey leben] fehlt ß 13 Da es sich nun B 15 gefurt] ge-
wiesen B 18 Wie es nun umb die B 19 wie etlich leut B 20
Doch stund er B 21 jucket durch die riß hinauß , so ereahe er ein
liecht B 23 ab] von B 25 kurtzweiligen reden, das sie mit der
frawen trieben B
MoaUu«. 13
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194
Martin Montanus,
urtheyl schon gefallen ist und beschriben, das er sterben sol.
Doch von solcher such soll niemandts reden. Dann wo ein
solches zu liecht kern, das wir an seinem todt schuldig we-
[Bjb]ren, wir das leben auch verloren hetten.' Nach solchen
5 reden mit der frawen schlaffen giengen unnd ir freud betten.
Da nün Thedaldus dise abenthewr und red wol vernomen
hett, anhübe zübedencken das groß übel und unrecht, darin
die gemüter uud gedancken der menschen gefallen weren The-
daldi todts halben, der noch bey leben was. Von erst seine
10 brüder bedacht, das die einen fremden für iren brüder bewaint,
beklagt und begraben hetten ; darnach, wie Aldobrandin , der
frawen Ermilina mann, so unschuldig verklagt und zürn todt
verurtheylt worden. Darnach weitter bedacht das groß un-
recht und falsch urtheyl der richter mit irem rechten , die
offt mehr fleyß haben , dann noth ist , die urtheyl und recht
zü süchen, darinn offt fallen in hertigkeyt und das falsch für
die warheyt beweysen machen und sprechen, gerechtigkeit zu
thün sey göttlich, so sie des teufels mit leib und seel und aller
boßheyt foll sind. Darnach sein gedancken zü Aldobrandiu
ao hien keret und, was in solchen Sachen zü thün were, mit ihm
selbst bestettet.
Wie Thedaldus in bilgers form unerkandt zü Erme-
lina, seiner liebsten frawen, gieng, die tröstet unnd
25 sie irer hartigkeyt gegen Thedaldo straffet.
[Bija] *) Da er nün des morgens auffgestanden was und
ine zeyt daucht, er seinen knecht in der herberg ließ und er
allein zü seiner lieben frawen hauß gieng. Das er zü seinem
*
3 zä liecht] an tag B 5 hetten ir freud mit ir B 6 Da] Als
B 13 ist worden B Darnach bedachte er B 14 mit bis rechten]
fehlt B 15 denn von noten B 17 machen] fehlt B 20 und be-
dacht bey im selbst, was mit B 23 form] gestalt B 25 irer bis
Thedaldo] mit etlichen worten züchtiglichen B *) Holzschnitt:
ein pilger mit rosenkranz und stab wandert durch ein waldthal =
(Jento novella 1551 bl. 03 b.
8.
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Thedaldus und Krmilina, cap. 7—8.
195
glück offen fand, darein gieng. Da er sein liebe eilende frawen
Ermelina klagent in grossem layd in dem haufi sitzen fand,
welches ime sein hertz erwaichet, mit ihr wainen und klagen
müst. Sich zu ir nähenet unnd [Bijb] sprach: ,Fraw, nicht
betrübet euch so sehr! Dann euwer freud sich nähenet.4 Da 0
in die fraw vernam, ir angesicht auffrichtet und zu im wai-
nent sprach: ,Güter mann, du mich dunckest ein frembder
bilgram sein. Was ist dir dann von meiner freud oder layd
kundt r
Der bilgram ihr antwort unnd sprach : ,Fraw, ich binn 10
ein bilgram und euch zu gut von got dem allmechtigen biü
von Constantinopel her zü euch gesandt binn, euwer grosses
layd , klagen und wainen in frid zu setzen und in freud zü
keren unnd euch ewem mann, der umb das leben gefangen
ligt , wider frey on alle entgeltnuß zft euch zü bringen.4 — 15
,Wie?4 sprach die fraw, ,bist du von Constantinopel und kom-
mest erst yetzund her, wie mag dir mein mann und sein trüb-
sal wissent sein, oder wer ich binn?
Der bilgram anhüb, ir die gantze historia von anfang
biß zft end irer und ires mans Aldobrandin trubsal halben, 20
und was sich allenthalben verlauffen hett, saget und zü wissen
thet. Mehr ihr saget , wer sie unnd ir geschlecht was und
wie lang sie bey irem mann gewesen was, und sie vii anderer
ding ermanet, die im wissent waren. Des sich die fraw sehr
verwundert, ine für ein heyligen propheten hielt, für ihn ni- 25
der knüet und in umb gottes willen bath, wer er umb Aldo-
brandins hayl willeu dar kommen, das er sich fürdert; dann
die zeyt kurtz und die urtheyl seines tods gefallen were.
Der bilgram sich gegen der frawen sehr heylig bewiß
und zft ir sprach: [Biija] ,Fraw, stehet auff, nicht wainet so
mehr, nempt war meiner red ! Und bit euch das niemands
zü sagen, das ich euch verkünd und sag. Ewer grosser un-
müt sich begeben hat umb einer grossen sünd willen , die ir
verbracht unnd begangen haben. Derselben sünd ein theyl hatt
gott durch dise gegenwertige trubsal büssen wollen ; und sein 30
*
4 Sich big sprach] Nun sprach er B 5 nähenet] mehret B 18
binn ich A 31 das ihr das niemandts sagen wolt B
13*
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19(5
Martin Montanus,
will nenilich ist, das ihr euch da solcher sünd da gantzlich
reiniget und widerkeret. Änderst euch wirdt noch vil grosser
unglück zu stehn, dann das vergangen gewesen ist.4 Die fraw
dem bilgram antwort und sprach : .Herr, ich hab vil grosser
;, sünd mein tag begangen ; aber ich kan nicht verneinen, wel-
cher sünd halben mir gott dise trübsal zu gesaut hat oder in
welcher süud ich widerkerung thün solt. Darumb , ist euch
die selbig mein sünd wissent, so bitt ich euch durch gott, das
ir sie mir offenbarent. So will ich all mein vermögen thün,
10 die zu wider keren.1
,Ich waiß wol\ sprach der bilgram, , Weichs die sünd ist;
ich muß euch aber noch weitter fragen, damit ihr selbst die
sünd vernemmen mocht unnd darüber desto grosser reuw ha-
ben. Nun sagt mir, fraw, ist euch eingedenck, ob ir yrgent
i:> ein büien oder liebhaber gehabt haben ?• Da das die frauw ver-
nam, ihr ein grosser seufftz von hertzen gieng, und sich der
frag von dem bilgram wunder name. Dann sie nicht glauben
mocht, das yemands ichts von ir zu sagen wüste, wiewol in
den vergangenen tagen der selbig , der da was ge-[Biijb]t6dt
ao worden und für Thedaldum, den bilgram, was begraben wor-
den, da man wol durch etliche unweyse wort ein kleins von
ir gemurmlet hett. ,Nun sihe ich wol4, sprach die fraw, ,das
euch von got all heimlicheit kundt sind. Derhalben ich euch
mein heimlicheit nicht verhalten will. Es ist war, das ich
2."j inn meinen jungen tagen ob allen mannen der weit liebet den
edlen und theuren ritter Thedaldum , des todt meinem mann
zu geschriben ist, das er es hab gethon, unnd des todts ich
täglichen bewainet hab, wiewol ich mich hert gegen iine und
wild beweyset. Doch iu solcher liebe gegen ime entzündet
:io was, das weder sein ferr von dannen ziehen noch sein kläg-
licher todt mir ine nie haben auß meinem hertzen bringen
mögen.'
Der bilgram sprach : 'Fraw, den eilenden, der da todt ist,
habt ir nie lieb gehabt; aber Thedaldum Elisei den habt ir
8 gottes willen B 16 und nam sie sehr wunder von des bil-
grams frag B 18 ichtaj etwas B 21 klein wenig B 28 und
wild] fehlt B
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Thedaldus und Ermilina, cap. 8.
197
geliebet, der hat euch beschlaffen. Nün sagt mir, fraw, was
ist die ursach, das ir euch so hart wider ine setztent? Hatt
er ye eynicherley wider euch gethon ?l — ,Nein fürwnr', sprach
die fraw, ,er hatt mir nie kein layd beweist; aber die ursach
mein zorns waren eins verfluchten unnd vermaledeyten münchs. r»
Dem ich eins mals beichtet und ime saget von der liebe, so
ich zü Thedaldo trüge; er über mich ein solch rumor unnd
geschrey macht, das ich den schrecken noch heut bey tag nicht
überwunden hab. Unnd zü mir sprach, ließ ich nicht vonn
solcher sach, ich zü dem teufel [Biiija] in abgrundt der hellen 10
faren würde, da würde ich in das feuwer der verdampten ge-
setzt; unnd mir solche forcht auffthet, das ich mir gantzlich
fürnam Thedaldi freundtschafft nicht mehr haben noch
seiner brieff mehr hören. Da er das vernam, als ich mir zü-
verstehn gib, er layds und unmüts halben in frembde landt is
zöge. Ich sähe in abnenien und als den schnee zergehn ; doch
ich sein kein gnad mehr haben wolt, noch mocht er mein
hart gemüt nit erwaichen.4
Da sprach der bilgram: ,Fraw, das ist allein die sünd,
die da aller ewer trubsal ursach ist. So waiß ich wol, das 20
euch Thedaldus in liebzühaben nicht genöttet hatt, sonder
euwer aigener will euch darzü geladen und bracht hatt.
Doch solch widerdrieß, die ir ime beweist habt, nicht ange-
sehen hat, sonder, wo er euch vor lieb hett, nün wol zu tau-
sentmal lieber dann vor nie hette. Ist im nün also, welche 25
ursach solt euch darzü bracht haben, in euch zünemen und
ime so hart zu sein? Ihr solt euch vor bedacht unnd nicht
ding gethon haben, darnach rew und layd gefolget hette. Dann
in gleicher weyß er ewer war, warent ir sein. Wer er nicht
ewer gewesen, wie hettent ir mit ime ewer gefallen gleich als 30
mitt euch selbst gethün mögen und euch im umb Unschuld
2 setzet B 7 trflge, da macht er B sach , so wurde ich B
14 hören] annemmen B 15 gibe, zog er vor leyd B 17 mocht er]
kund er mir B 18 nit] inn keinerlej Sachen nicht zu recht bringen
noch B In B steht die Oberschrift: Wie Thedaldus fraw Ermi-
lina straffet mit worten umb die anreitzung, so sie an Thedaldo gethan
het, und sie wüste nicht, das er es selber war. 23 ir] er AB 28
gebon A
*
Martin Montanus,
also züuemen ! Das ist ftirwar ein grosse rauberey unnd übel
gethon, sonder, wo das on sein willen geschehe.
,Ir 8olt wissen, daß ich ein manch binn unnd [Biiijb]
der münch sitten waiß; und ob ich etwas von ihn minder
5 dann wol in ewerm dienst und fromen redet, ist mir nit inu
übel oder argem auffzünemen als von einem andern. Dann
mein sinn ist ye etlich artickel von inen zu sagen, damit ir
sie hinfür erkennen mögent und ir euch hinfürt vor inen baß
wissent zü hüten, dann ir vor gethon habt.
10 ,Es ist wol vor zeiten gewesen, das die münch selig unnd
heylig leuth waren ; aber die, die auff den heutigen tag münch
haissent unnd wollen gehalten sein, nit änderst dann den müu-
chen zugehört, thün noch haben dann allein die kappen, an-
ders nichts münchisch an inen haben; darum b nicht münch
15 sind, sonder allein eittel teufel. Und wie die ersten kappen all
grob eng gemachet waren und all weltlich ehr verschmeheten,
so raachen sie jetz ir röck weyt, schon, zweyfach und von dem
feinesten thüch, so man gehaben mag, nach dem reichsten
und wirdigsten, in der kirchen sich beschawen und sich in
20 selbst wolgefallen lassen, zü gleicher weyß ohn alle schamm
als die leyen oder weltlichen auff den platzen und spectacelen
thünd. Gleich als der fischer mit dem netz in dem wasser
die fisch fahet, also auch die münch mitt iren schönen kutten
die einfeltigen nuunen, frauwen, wittwen und kinder darein
25 befleissen züfahen. Das ist ir grosser fleyß, den sie thünd;
und damit ich baß die warheyt sage, wo vor zeytten die münch
der menschen heyl begerten, nün sie der [Bva] schönen frawen
und grosses reichturabs begeren und mit grossem irem stu-
dieren, geschray unnd rumor sich befleissent die gemäter der
so einfeltigen zü erschrecken und ihnen züverstehn gebeu, wie
durch almüsen und meßsprechen die sünd vergeben und ge-
raiuigt werden. Sie thünt, als die da nicht durch andacht
willen sich in orden geben haben, sonder als die verzagteu,
die sich nicht zü ueren wissen, an sollich end geflohen sind
85 unnd sich zü münchen gemacht haben , arbeyt und unrhü zü
26 sage unnd daran nichts luge B 28 irem grossen B
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Thedaldus und Eruiilina, cap. 8.
199
fliehen. Da schicket ihn einer wein, der ander käß und brot
urab der abgestorbenen seel willen.
,On zweyfel es ist war, das das allmüsen und gebet die
sünd abneuien. Aber wann die erkenten, die solch alltnusen
geben, wem sie das geben, sie solten das zü hundert mal ehe 5
under die schwein werften. Dann ye ärmer sie sind, ye minder
sie sorg und mehr rhu sie haben. Sie schreyen über das
volck umb das, so sie stets begeren sind, und es auch nit un-
gethon lassen. Sie schreyend und predigen wider die un-
keuschen mann, damit die beschrayten sich bekeren unnd die io
weyber den schreyenden zü theil werden, und das man die
bösen gewinn und wücher wider ker und umb gottes willen
geb, damit sie ire kutten desto weitterer und reicherer machen
mögen. Sie söchen bistumb und aptey und reiche prelaturen;
und wann man sie darumb straffet und zü red setzet, geben 15
sie zü antwort : ,Thüt das, so wir euch sagen, predigen, und
nit, das [Bvb] wir thün !4
,0 wie sind deren so vil, die solches thün! Wer ist der,
der da nicht will, das ir faulkeyt ohn gelt [nicht] geweren
mag ! Aber gibstu auß das dein inn lust und freuden, so müß 20
der münch solcher freud emberen. Gehestu umb die schonen
frauwen, so mag der münch nicht hinzü komen. Bistu dann
ungedultig und unleidig, so darf der münch nit in dein hauß
komen, dein gesindt zu bekümmern. Nun seittemal sie sich
so gut und heylig duncken, warumb volgen sie nicht dem, wie 25
Christus inn dem evangeli spricht! Christus lehret, als er
thet ; darumb thün sie vor wol, darnach uns das selbig lehren,
leb hab ir mehr als tausent gesehen groß büler, hofierer der
schonen frauwen; nicht allein den weltlichen, sonderauch den
geystlichen in den clostern hofierten. Auch die selbigen, die ao
das rumor auff dem predigstül am grösten machten , die sel-
bigen an dem minsten solchem geschefft nachgehen.
,Nün ich euch zü gib, das euch der münch mit seinem
geschrey ein schrecken bracht und gestraffet, wie das ehebre-
*
5 geben] außtheiln B 7 und dester meh B 10 manner B
beschrayten] gescholtenen B 14 apteien B 19 nicht] fehlt AB
27 darnach lern sie uns B
200
Martin Montan us,
eben groß 8Ünd sey. Doch nicht minder sünd ist ein mann
berauben, den todten oder in das eilend schicken; des mir ein
yeglicher recht geben müß. Und die fraw, die des maus
willen in freundtschafft begert , das ist ein natürliche sOnd ;
o aber ein mann berauben, todten und inn das ellent verjagen
das ist ein sünd, die von böser untugent des gemuts kompt.
Als ich vor ge-[B6aJsprochen hab, ir beraubt haben Thedaldum,
als ir durch ewern willen gegen ime sindt hart worden; dar-
nach an euch nit mangelt, das ir ime mit euwern aigen banden
10 das leben nemen solt. Nun wollen alle recht, das ein yeg-
liche person, die eins Übels ursach ist, die büß und pein als
wol verfallen sey als der übeltheter. Dieweil ir dann ursach
seit, das Thedaldus das ellent siben gantzer jar gebauwet hatt,
das ihr mir nit leugnen mogent, so habent ir in dem grosser
15 sünd begangen, dann ir mit der sünd, darurab euch der münch
beschryen, gethon habt.
,Ntin sehen wir, ob Thedaldus ein solches umb euch ver-
schuldt hab! Warlich nain er; daran mir nicht zweifelt und
ir auch bekant haben, und ich wol waiß, das er euch lieber
20 gehabt dann sich selbst. Kein fraw ward nie so hoch geehret,
gelobet und gepreyset, als ir von ime wardt, wo er on sorg von
euch reden mocht ; all sein freud, last und ehr in seinen händen
stund. Was er nicht von geschlecht ein edler junger? Was
er nicht under den andern jungen burgern ein gerader jüng-
2~>ling? Was er nicht redlich in allen sachen, wie einem burger
gebäret? Er was von jederman lieb und werdt gehalten, des
ihr nicht nayn darzü sprechen mögt. Darumb wie mocht ir
euch durch eins onnützen neydigen münchs wort willen so
hart wider in setzen? Ich waiß nicht, was thorheyt das der
a> frauwen gesein möcht, die die mann fliehen und klein von inen
halten und nicht an sich selber gedenck-[B6b]en, wer sie sind
und wie groß der adel von got über alle thier der weit ge-
geben ist. Sie solten sich des glorieren , wo sie von inen
würden liebgehalten, und das in besonder gnad haben unnd
&> lieb haben, wo sie ihn mochten zu lieb werden, damit ir freundt-
4 in gantzer B 26 des] das B 30 fleihen A klein] wenig B
35 werdrn A
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Thedaldus und Ermilina, cap. 8.
201
schafft ewig weret, und nit thun, als ir vonn eines münchs
wort theten, der ein rechter auppen sauffer ist, als ir wol wis-
sen, und villeicbt selbst begert an des statt zu kommen, den
er vertriben hat.
,Das ist die sünd, die das gottlich recht mit der wag der ■>
gerechtigkeyt gericht und zu end gefüget hatt. Und gleich
als ir euch on alle ursach Thedaldo nainent, also auch ewer
mann ohn alle schuld umb Thedaldo willen in grosse gefänck-
nus und todt kommen ist und ihr in betriibung seit. Wollend
ir nun solcher sach erledigt werden, so müst ir mir verspre- 10
chen und das versprochen halten, das ist, das, ob sich immer
begeb, das Thedaldus wider auß dem ellent zu land kerne, das
ir ime ewer huld, lieb unnd gnad der innersten freund tschafl't
ewers hertzen geben und mittheylen wolt und ine wider in
den ersten standt ewer freundtschafft setzen. 0 ir thorechts 10
weib, das ihr dem münch sovil glaubt!1 Damit er sein red
nnd wort endet.
Die fraw, die dem migrain mit grossem fleyfi zügehöret,
?ernomen hett, und nach allem irem geduncken ir die war-
heyt gesagt hette, und on zweyfel glaubt, als er gesprochen a>
hett, das allein die [B7a] stind aller ihrer trubsal ursach were,
zu dem bilger sprach: ,Freundt gottes, ich bekenne die war-
heyt aller sach, nach dem mir durch ewer wort ist beweist
worden. Nun ich erst erkenne, wer die münch sind, die mich
biaher all heylig dauchten, und ohn zweyfel wol vernim, das
ich in Thedaldo schwerlich gesündet und wider in gethon hab.
Furwar, wann ich in der weyß, als ihr mir sagt, ihme solches
wider keren möcht, ich darzü willig were. Aber wie mag das
gesein ? Dann er mag ye nit mehr herwider komen ; dann er
todt ist. Darumb , das zü thün nicht möglich, sol man zu &>
thim nicht verbunden sein. Deshalben nicht nodt ist, das ich
euch icht versprich.*
Der bilgram sprach: ,Fraw, Thedaldus ist nicht todt, als
*
15 thorechthafftigs B 16 so sehr geglaubt haben B 17 und
wort fehlt B In B steht die Ober» chrift: Wie Ermilina dem bil-
ger antwortet auff sein fürgelegte red , die er zu ir sprach. 19 ir]
fehlt B 26 gesündigt B 30 auch soll mans zuthun B 32 icht]
etwas B
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202
Martin Montanus,
mir durch den gütlichen gewalt ist beweist worden, sonder er
ist frisch und gesund und in gutem stand. Wann er allein
in ewer guad were, so dunckt in , wie er alles das hette, so
er von gott begeret.' Mitt solchen reden die fraw laug auffzoge.
5 9.
Wie Thedaklus sich der frauwen zu erkennen gab,
die sich so sehr forcht, das sie Hieben wolt.
Wie er nun die betrübt fraw lang mit solchen reden auff-
i» gehalten hett und die frauw schier zürn theyl verschmähen
wolt, autwort sie dem bilgram: ,Nün sehent, was ir redet!
Ich sähe Thedaldum todt vor meinem hauß und hett ine [B7b]*)
in meinen armen und mit meinen zahern im sein angesicht
netzet, die villeicht ursach geben, das man etliche unzüchtige
ü wort von mir geredt hat.4 Da sprach der bilgram : ,Fraw,
was ist das, das ir da sagent! Ich sag euch fürwar, das The-
daldus noch bey leben ist. Unnd wo ihr mir das versprecht
und auch halteut, so hoff ich, ihr werd in bald sehen.4 Die
fraw sprach : ,Herr, was ir begert, das will ich thün. Dann
uu grosser freud mir nit | B8a] zu stehn mocht dann mein mann
erledigt und Thedaldum lebendig sehen.'
Nun Thedaldum wol zeyt daucht, das er sich öffnet und
der frawen mocht zu erkennen geben und sie aygentlicher
trösten, irs mans hayl und freyung sicherer machen wolt. Er
i»5 anhüb und sprach: 4Fraw, damit ich euch ewrs mans bald er-
frew, ich euch ein grosse haimliche sach weysen muß. Aber
euch hüten sollen, so lieb euch das leben ewers mans ist, das
keinem menschen zu sagen.4
Nun warend sie gnüg ferr von dem anderen haußgesind
ao und allein und nun der heyligkeyt des bilgrams, als sie daucht,
die bey ime were, zu guter maß ein genügen empfangen net-
ten. Thedaldus ein guldin ring herfürher zöge, den er lang
*
*) Holzschnitt: vor einer sitzenden frau steht ein redender jüng-
ling mit federbaret und kurzem mantel, im Hintergründe eine kirche
und ein bäum. 23 aygentlicher] besserer B 30 und allein] gante
allein B 31 z& giUer maß] fehlt B
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Thedaldus und Ermilina, cap. 9.
203
zeyt mit grossem fleyß bewaret hette; den im die fraw geben
bette, als er die letst nacht bey ir glegen was. Den er ir
zeigt und sprach: 'Fraw, kennet ir das guldin fiugerlin?' Also
bald sie das ersähe, erkant sie es und sprach: ,Herr, ja. Ich
gäbe in Thedaldo.4 Der bilgram sich auffrichtet und sein bil- 0
grams höt und kotzen von ihm warft' und in tuscanischer
sprach mit der frauwen anhüb zu reden und sprach : ,Fraw,
kent ir mich dann nicht?'
Die fraw in ansähe und erkant, das es Thedaldus wäre,
und von ime schrecken empfieng; forcht hette, er were ein 10
geyst in Thedaldi form und nicht von Constantinopel her kö-
rnen, sonder auß dem grab also erstanden were, anhüb [B8b]
zü fliehen; dann sie noch nit änderst maint, dann Thedaldus
todt were. Da Thedaldus sähe, das die fraw forcht hette, zu
ir sprach : ,Frauw, seit ohn sorg, nit zweyfelt ! Ich binn ewer 15
Thedaldus frisch und gesnndt, nie gestarb, als dann ir und
meine briider mainent.4
Von disen worten die fraw wider ein hertz empfieng, ine
baß vername und ansehen ward. Mit ir selbst nemlich und
fürwar bestattet, er Thedaldus were, und sich mit warnenden 20
äugen im an sein hals warfF, in lieblichen halset unnd küsset,
zu ime sprach : 'Nun biß mir gott wilkommen, du mein auß-
erweiter herr Thedalde !l Thedaldus sie inn sein arm empfieng,
wol zü tausent malen küsset, zu ir sprach: ,Fraw, yetzund
wollent wir nicht anders tbun dann allein zusehen, wie Aldo- 25
brandin auß gefencknuß kum. Und ich hoff, ehe morgen zü
nacht komen sol, ihr güte mahr haben soit, hab ich sie än-
derst, als ich hoff, zu seinem hayl. Doch wie dem sey, so
will ich heut noch einest zu euch komen und euch weiter
sagen, das sich yetzund zü lang verzüg.1 Sein kotzen wider w
nam und sein bilgrams hüt auffsetzet, die fraw noch einmal
küsset und von ir gieng.
*
5 dem Thedaldo, der erschlagen ist B 6 kotzen] den rock B
8 denn B 16 der nie B 27 nacht wird B 30 kotzen] bilger-
rock B 31 die bis küsset] fehlt B
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204
Martin Montanus,
10.
Wie der bilgrarn zü Aldobrandin iu gefencknus koinpt
und ine tröstet und ermaht, ohne forcht des todts
zü sein.
5 [^Ja] *) Und als sich Thedaldus der frauwen gnüg zü er-
kennen geben, sie auch sein nün ein gruntlichs wissen hctte,
tröstet er sie, von ir schied und zü irem mann Aldobrandin
in gefencknuiä gieng, der mit mehr forcht des todts warten
was dann mit hoffnung seins lebens. Zü dem Thedaldus kam
10 als einer, der in trösten wolt, mit urlaub des [Cjb] hüters zü
ime ging, sich zü im nider setzet und also sprach : Aldobran-
din, ich binn einer dein grosser freundt, von gott zü dir ge-
sandt umb deins hayls willen; dann mich dein Unschuld sehr
erbarmet hatt. Wo du mich got zü ehren einer deinen bitt
l.-j gewehren wilt, ohn zweyfel, ehe der morndrige tag vergehet,
wo du der urtheyl des todts warten bist, du der freyheyt deins
lebens gewiss sein solt.1
Zü dem Aldobrandin sprach : , Frommer bidennan, seite-
mal du das hayl meines lebens süchen gehest und du mir un-
20 erkandt bist, noch nicht gedenck, das ich dich ye gesehen hab,
fürwar ich glaub, du mein grosser freundt sein solt, als du
sprichst. Warlichen der sünd halb, darumb ich des todts wir-
dig sein soll nach der verklagten fürlegung und der richter
falsches richten , der ich vor gott unschuldig unnd solchen
20 doch nie verdient hab. Wol in andern Sachen vil gesündigt
unnd wider gott gethon habe, die mich villeicht yetzund an
das end bracht haben. Aber das sag ich dir, ist es müglich,
das mir gnad und barmhertzigkeit durch gott geschieht, nicht
allein ein kleine gab, als du begerest, sonder einer yeden gros-
sen gaab dir zügeben mich versprich. Darumb begere, was
3 tröstet und saget im, er gölte eich nit furchten, sein sach wurd
gut werden B *) Holzschnitt wie im Guiscardus bl. Bja und Cy-
mon bl. Biiija: Turm mit einem gefangenen; davor lagern zwei Wäch-
ter. 15 morgende B 13 seitemal] dieweil B 20 noch ich nicht
kan gedencken B 25 doch] 1. tod
Digitiz
Thedaldua und Ermilina, cap. 10 — 11.
205
dir liebet und dein gefallen ist, und biß ohn zweifei, wo ich
mit dem leben darvon kutunie, das ich dir halten will alles
das, so ich dir versprich!4
Der bilgram zu ime sprach : , Aldobrand in , das ich be-
[Cija]ger unnd haben will, ist nicht änderst, dann das du The- :>
daldi brüder vergebest , die dich dann bracht haben , da du
bist, unnd vermainten, du schuldig werest , unnd das du sie
hinfur haltest als deine leibliche brüder und güte freundt, wo
sie das an dich begeren.4 Zü dem Aldobrandin sprach : , Wie
süü uns dunckt und wie mit so grosser inbrünstiger begird iu
wir begeren unser empfangen widerdrieü zü rechen ! Aber ein
solches ich mir nit gestatten oder bedencken will, seitemal mir
gott will gnad thün unnd mich meines laydts ergetzen. Dar-
umb ich williglich und gern beraidt binn zu thün und zu-
vergeben unnd yetzund zü diser zeit und stundt inen lauter 15
vergib. Und ist sach , das ich au Ii diser trübsal kum , ich
versprich alles das zü thün, das dir liebet und dein gefallen ist4
Alle dise wort dem bilger wol gefielen, ihme fürbaß nicht
mehr sagen wolt, dann allein zü ime sprach unnd ihne bath,
das er frolich unnd güts müts were ; dann ohn zweyfel , ehe 20
der tag vergienge, er newe mähren seins haylß haben solt.
Wie der bilger für den richter kompt unnd ihuie Al-
dobrandins Unschuld anzeyget.
Also er nün Urlaub von Aldobrandin genommen, für die &,
herrschafft gieng unnd inn gehaim zu einem bekanten ritter,
der zü der selbi-[CijbJgen zeyt die herrschafft inhielte, gienge
unnd nach seinem grüß zü ime sprach: ,Herr, ein yegliche
edle unnd wirdige person sich gern mühen soll, damit ein jeg-
liche verborgne warheit zü liecht kurn , erkandt unnd funden yo
werde, sonder die, die sich finden in solchem standt, darinn ir
seit, damit nit gepeinigt werden die, so nicht gesündigt haben,
11.
16 iat ea aach B
18 nichts B
21 mar B
25 Ale B
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Martin Montanus,
und das die gebüßt werden , die des todts ein ursach sindt
unnd den todtschlag verbracht haben ; davon euch lob unnd
ehr vonn der weit wechst. Unnd damit solch übeltheter, die
Yerschuldt haben, gepeiniget und gebul.it werden, binn ich her
ö zü euch kommen. Als euch wol wissen t ist, wie ihr so gar
hefftiglichen wider den guten mauii Aldobrandin gericht unnd
procediert haben, und last euch fürwar geduncken, wie er der
sey, der dem ritter Thedaldo von dem gesell lecht Elisei das
leben genommen bab , darumb ir ime dann mainent den todt
10 zü geben; das fürwar falsch unnd nicht recht gethon ist; als
ich dann verhoff, ehe mitnacht vergehe, ich euch die selbigen
morder, so den todtschlag gethou, überantworten will.1
Der edel ritter, der umb Aldobrandin sehr groß laid helt,
dem bilgram seine ohren den zü hören williglich verlihe. Unnd
1 » diser Sachen halb gar tnancherley miteinander redten und des
eins wurden , das in dem ersten schlaff der nacht die zwen
brüder oder würdt mit sampt irer magt gefangen und für den
richter gefürt wurden. Vor dem yeg-[Ciija]lichs besonder die
missethat bekanten , darnach alle miteinander verjahen unnd
üo Thedaldi mordt und todtschlag bekanten und sich des alle
schuldig gaben. Aber sein nicht kundtschafft gehabt hatten ;
und die ursach, warumb sie das gethon hetten, war die, da
sie nicht zu haute waren, er einer irer frawen mit gewalt sein
willen volbracht hette.
2.-, Als nun der bilger vernam , das die drey personen mit-
einander gefangen waren, mitt Urlaub des ritters von dannen
schied unnd verborgen, so er erst mocht, sich zü seiner lieben
frauwen hauß füget, die er sein allein warten fand. Unnd
alles ihr gesindt zu beth gangen was, die mit grosser begird
au güte mähr ihres manns halben warten was.
l gebiiüt] gestrafft B 4 wedre A U die mittemacht B 23
willen mit gewalt B 27 mocht, fuget er sich bald zu B 28 allein
fand seiner warten B 29 gesind was alles schon zu B die] und
sie B
X
Digitized b;
Thedaldu* und Ermilina cap. 11—13.
207
12.
Wie der bilgratu wider zu der frawen kam unnd ir
die bottschafft Aldobrandin hails halben saget.
Thediddus in die stuben dratt, sein angesicht frolichen
auffrichtet unnd zu der frauwen sprach: ,Mein aller liebste.,
frauw , gehabent euch wol unnd frewent euch ! Ffirwar biß
morgen solt ihr hie bey euch ewern Aldobrandin haben frisch
unnd gesundt.4 Unnd damit sie dess ohn zweyfel were, er ihr
alle sach , wie sich die verloffen , erzelt und zü wissen thet.
Die fraw utub der zweyer gählingen sachen willen , nemlich io
ihren Thedaldum le-[Ciijb]*) bendig zu sehen, den sie für todt
bewainet het, und iren mann auß grossen ängsten und noten
und seins lebens frey zü sehen, den sie doch innerthalb wenig
tagen getödt niainet klagen, so frölich ward, das sie den me-
rerntheyl ires layds vergass und Thedaldum mit auffgethonen iö
armen umbfieng, zü tausent malen halset und küsset.
Zühandt darnach [Ciiija] baide miteinander zü beth giengen
und baid mit einem willen einigkeit und friden machten. Dar-
nach der new tag kam und Thedaldus uffgestanden was, bath
er die fraw, das sie sein ankunfft niemand nicht sagt noch in au
keinerley zü wissen thet. In bilgrams form wider von ir gieng
unnd der zeyt wartet, wann Aldobrandin ledig solt werden.
13.
Wie man die zwen mörder, die den**) [Ciiijb] todt-
schlag gethon, an dem ort, da er beschehen, ent-20
hauptet unnd Aldobrandin ledig gelassen wirdt.
*
4 hübe sein angesicht frolich auff B *) Holzschnitt: ein lie-
bespaar sitzt auf einem bette nebeneinander = Cento novella 1551,
bl. 61a und 161a. 12 und sie iren B 13 und seins lebens] fehlt B
solt frey sehen B 18 baid] fehlt B Darnach wie es tag ward B
20 noch niemands zu B **) Holzschnitt: ein bis zum gürtel
nackter jüngling wird von einem bewaffneten an einem stricke geführt,
dahinter zwei zuschauende männer und häuser = Cento novella 1551,
bl. 109a. 25 geschehen was B
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208
Martin Montanus,
Tedaldus in bilgrams form wider zü den richtern gieng
und Aldobrandin ledig begeret. Unnd die herrschafft, die
yetzund Aldobrandin unschuldig wüsten, zü handt frey Hessen,
aber die übelthater namen unnd sie an dem ort, da sie den
o todtschlag verbracht, enthaupten Hessen, wie dann ir billicher
verdienter lohn was.
Da nun Aldobrandin ledig was, haim zöge. Ob er du
nicht ehrlich und wol von seiner frawen und gantzem hauti-
gesindt empfangen ward, gib ich einem yeglichen sonderlich
10 zÜ bedencken. Ohn zweyfel die freud so groß was, das ich
sie nicht erzelen kan. Den bilgram yederman mit grossem
wunder besahen und ine für ein heyligen hielten, das er so
glückselig wer Aldobrandin vom todt züer losen. Im yeder-
man groß ehr embot, sonderlich die fraw, die wol wüst, wer
Iii oder was für ein heyliger mann er were. Aldobrandin ihn
bath, das er wolt bey ime stehn und bleyben, so wolt er ine
all seins güts theylhafftig machen. Welches dem bilger wol
gemaint was unnd das nicht vergebens; dann er darumb dar
kommen was. das er mit der frawen sein zeyt in freuden ver-
20 treiben möcht. [Cva]
14.
Wie Thedaldus seine brüder inn bilgrams form un-
erkandt zü gast ladet, mit Aldobrandin das mal zü
nemmen.
25 Und als nün Thedaldus ein zeytlang unerkandt von yeder-
man, aufgenommen Ermelina, in bilgrams form bey Aldobran-
din gestanden was, gedaucht in zeyt sein, seine brader mitt
Aldobrandin züverainigen, die sich gar sehr scheumieten , das
sie Aldobrandin so unrecht gethon betten, sich vor ime be-
*
5 das was ir rechter Ion B 7 was, gieng er heim B 10 icha
nit gnug B 12 besähe jederman B 13 wer unnd B erloüt
bett B 14 wust die fraw wol, was B 16 stehn und] fehlt B 18
und thet das B 22 form] gestalt B 23 lüde B 24 nemmen,
und in ir keiner nicht erkannte B 26 form] weiß B 27 gedauchtj
beduncket B
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Thedaldua und Ermilina, cap. 14 — 15.
209
sorgten und allwegen gewapnet giengen. Und Thedaldus an
Aldobrandin begeret, das er ime hielte des, so er im inn der
gefencknuß versprochen hett. Dem Aldobrandin freyes müts
antwort, er allwegen berait were zü thün sein gefallen. The-
daldus in bath, das er ime ein kostlich mahl zü beraiten ließ 5
und darzu verordnete, was darzü gehört; so wolt er die vier
bruder Thedaldi darzu laden und sie miteinander verainigen.
Des Aldobrandin alles willig und wol zü müt was.
Zü handt Thedaldus inn bilgrams form zü seinen br&dern
gieng unnd , als solcher matery zü gehört , mancherley fein io
gesprech hielt unnd mitt seinen züchtigen worten, darwider sie
nicht reden mochten , ettlich leichtlich dahin bracht , das sie
sich willigten Aldobrandin freundtschafft zü-[Cvb]haben unnd
das solches inn keinen weg auß züschlagen were unnd an ihn
alle vier gnad unnd Verzeihung begeren wolten. Und da das 15
gethon was , er sie unnd ihr haußfrauwen auff den nechsten
morgen zu hauß mit ihme zü essen und frid zü machen lüde,
welches sie auff sein treuwe namen und zü erscheinen ver-
sprachen.
15. 20
Wie Thedaldi vier bruder sarapt ihren weybern an
Aldobrandin unnd sein haußfrauwen gnad unnd Ver-
zeihung begerten.
Und da nün der morndrige tag kommen was , das die
gast erscheinen solten, unnd Aldobrandin mit sampt dem bil- 23
gram ihr wartet, die mit iren haußfrauwen und andern freun-
den allen kamen und gegenwertig yederman ihr waffen von inen
wurffen unnd sich gentzlich in Aldobrandins händ ergaben, in
hatten , das er inen vergeh , das sie wider in verbracht unnd
gethon hetten. Ein solches Aldobrandin mit grosser demutig- so
*
2 des] das B 8 wol zufrieden B 13 verwilligten B Aldo-
brandins B 16 lade er sie alle vier mit iren haußfrawen, das sie
den nechsten morgen mit Aldobrandin essen wolten , welches sie ver-
hiessen nnd zu erscheinen sich versprachen B 24 morngende B 28
gantz und gar B
MonUnus 14
210
Martin Montanus.
keyt von ihnen auffnam , inen williglichen vergab. Darnach
kament sie sampt iren weybern alle inn schwartz geklaidet,
da sie von Aldobrandin ehrlich empfangen wurden. Unnd da
nün die vier Thedaldi bruder sahen, das er sie in keinem ar-
5 gen zü gast geladen hette, da begerten [C6a] sie abermals
wie vor gnad unnd Verzeihung an Aldobrandin. Darnach die
weyber alle zü Ermelina giengen und an die selbig huld unnd
gnad begerten ; die von ihr, auch iren freunden lieblich uffge-
nomen und empfangen wurden.
io Da nün solches geschehen was , zü tisch sassen und mit
einander assen. Da inen gantz höflich und wol gedienet warde,
und alle ding loblich unnd wirdig waren dann allein das kla-
gen und layd tragen deren, die in schwartz waren geklaydet,
umb des todten manns willen. Darum b des bilgrams herrlich
15 essen in dem nicht gelobet warde. Das er gar bald verao-
men hett, selbst laidig wäre; derhalben gedacht zeyt sein sich
zü offenbaren.
16.
Wie der bilgram auffstünd und sich seinen brüdern
«o zü erkennen gab.
Und dieweil sie die andern frücht namen, Thedaldus auff
stund unnd sprach: ,Mein aller liebsten freund, bruder und
herren, kein ding au disem tisch gemangelt hatt, gantz freud
zü haben, dann allein Thedaldus, den ihr stets sehen und bey
ü;» euch gewesen ist, und ir sein nie erkandt haben, welches ein
groß wunder ist. Und damit sich unser freud mehre, ich be-
zwungen binn , ihn euch zü weysen und zü erkennen geben/
Inn dem die rauhen kotzen von ime warff, in einem seiden
grünen wammes vor inen stehn blib und nit mit kleinem wnn-
3 Unnd] fehlt B 7 und begerten auch gnad von ihr, die sie
ihnen gantz wüliglich gab B 12 ding waren wol zugeriiat denn
H 15 in dem trawren B bald w argen omen B 16 dnncket
es in zeit sein, das er sich inen offenbarte B 19 auffstünd von dem
tisch unnd gäbe B 21 ander speis B 24 sehet B
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Thedaldus and Ermilina, oap. 16.
211
der von jederman angesehen ward; [C6b] doch güt zeyt ver-
gienge, ehe yemandts mit gantzer warheyt wissen mocht, das
ers war.
Doch da Thedaldus geborne freundt zu gegen waren , er
mit namen sie alle nennet und sich inen gar wol zu erkennen 5
gab , darbey , was sich seinethalben in siben jaren verloffen
hetfc, alles saget. Darumb seine brüder und andere freund
von großen übrigen freuden mit warnenden äugen, halsen und
küssen alle zü ime lieffen, in freuntlich empfiengen. Derglei-
chen die frawen nach den mannen theten, aufgenommen Er- 10
melina, die allein stehn blib.
Welches Aldobrandin, ir mann , war genomen hett unnd
zu ir sprach : ,Fraw, warumb thüstu nit, als die andern ge-
thon haben, und machest freud und fest Thedaldo, unserm
gr6sten freundt?4 Da die fraw das vernam , zu im sprach: 16
,Hie ist keine, die im billicher und lieber freud mache dann
ich , als die ime mehr dann andere frawen zü thftn pflichtig
binn , wann ich bedenck , was ich durch ine empfangen hab.
Aber die ursach, das ich es nit thü, das sindt die unzüchtigen
wort, inn diesen tagen verloffen, da ich klaget den, den wir 20
für Thedaldum hielten; die mich machen still stehn und sol-
ches under wegen lassen.4 Zü der Aldobrandin sprach : ,Gehe
hin, mein liebes weib, thö, was ich dir sag, lata mich dich
gegen den klaffern verantworten ! Bald gehe hin , küß und
hals in und sage im danck unsert halb!4 Die fraw, so in 25
irem hertzen nichts anders begeren was, sich nicht säumet
ires mann» [C7a] gebott zü verbringen und thet, gleich wie
die andern auch gethon hetten, ine lieplich empfienge, freundt-
lichen halset und küsset.
Aldobrandin seiner miltigkeyt in disen Sachen von The- au
daldo brudern und allen andern sehr gelobet ward, die davon
alle groß gefallen hetten und alle schwere gedancken zü ruck
1 vergieng ein gute weil B 8 angen in küsseten und halßten,
lieffen all umb in B U fest] lust B 20 wort, die B verloffen]
vergangen sind B 21 solch sach B 22 laß B 29 in gar B
empfienge und küsset in freundlichen B 30 vonn wegen seiner B
31 gelobet, und hetten darvon alle einen grossen B
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212
Martin Montanus,
legten und alle gleich Thedaldo freud machten. Unnd er sel-
ber das schwartz gewandt seinen brüdern auftzoge; nach an-
dern klaydern schicken mösten. Darnach, da sie von newem
klaydt waren, auch newe freud sich anßeng mit singen, dan-
5 tzen und springen. Also das kostliche mal und essen ein traw-
rigen anfang het, aber ein frölichen außgang gewann. Dar-
nach mit grossen freuden alle in einer geselschafft inn The-
daldi haufi giengen, das nachtmal zu essen.
Also viel manchen tag vertriben, und Thedaldua vor allem
10 volck für ein wunder angesehen ward , zu gleicher weyfi als
ob er von dem todt erstanden were. Auch seine aigne brüder
des zweyfel hetten, ob ers wer oder nicht; gäntzlich es nicht
glaubt hetten, hette sich nicht noch ein sach begeben, davon
sie klar wurden, das er es war.
lö Und das ists, das sich eins tags ohn geferd fuget, das
für seinem hauß etlich füßknecht fürgiengen, waren von Lu-
nisana und Thedaldum sahen under seiner thür stehn. Ime
entgegen giengen, den grfisten und sprachen: ,Wo ist unser
Facibulo?4 Den Thedaldus gegenwertig seiner bröder antwort
20 und sprach : ,Ir habt mich für ein an-[C7b]dern ersehen.4 Da
sie inen reden horten, erschracken und sich schampten, in hat-
ten, das er in verzih, und sprachen: , Warlich , ir Fatzibulo
gleich seit, als werend ihr sein brüder. Der bey zwölff ta-
gen her käme; seither haben wir in nie vernemen mögen, wo
25 er hin k innen sey. Wiewol es uns frembd name, das er in
solcher form solt geklaydet sein, als ir seit; dann er was ein
mtiller, als wir sindt/ Da das der alter brüder Thedaldi ver-
nam, näher zü inen drat und sie fraget, wie ihr gesell Fatzi-
bulo geklaidet were; das sie im sagten. Da wurden sie finden
90 und erkennen, das es der wer, der den tod von den zweyen
wirten empfangen hette.
Also Thedaldi brüder und auch andere hinfürt nicht mehr
*
1 grosse freude B Kr aber zöge seinen brudern die schwartse
kleidang ab, und sie musten gleich B 4 waren, fiengen sie auch B
5 also daß das B 7 in] mit B 8 nachtmahl da mit im B 9
viel] fehlt B 15 Und es begab sich, das B 18 den] in B 19 in
gegenwertigkeit B 20 an gesehn B 21 inen] in B 23 seit]
sehet B 24 wir nichts von im B 29 sie gewar, das B
Digitized by Google
Thedaldi» und Ermilina, cap. 16.
213
Thedaldi halben zweyfelten. Und Thedaldus reich und niech-
tig wider haiin kam und in stetter lieb lange zeyt mitt sei-
ner frauwen inn freuden lebte. Also wolle auch gott alle
liebhabende nienschen mitt freuden zü einander schaffen !
Amen.
1 Thedaldus was B 2 kam bis Amen] kommen, denn er hatte
groß gut mit dem kaufiman zu Antona gewunnen. Darnach lebt er
ein lange zeit mit seiner I misch äfft, Aldobrand ins weib, in freuden, und
solches der gute fromme mann nie mochte gewar werden B
Digitized by Google
Quiscardus und Sigismund a.
In sehr schö
ne, lustige vnd ausz
dermassen klägliche Hysto
ria, von zweyen liebhabenden Mensch
en, wie die bey einander gefunden worden, der
Jungling gefangen, vnd jme das hertz auft
geschnitten , Volgendts seynem bü-
len geschickt, die vergifft wasser
darüber schüttet vnd aufi-
tranck, vnd von stund
an starb.
Newlich durch Mar-
tinum Montanum von
Strasburg in druck geben.
Gedruckt zü Straßburg,
in Knoblouchs Druckerey.
*
*) Zeile 1, 3, 12 und 15 sind rot gedruckt.
Digitized by Göogle
GuiscardiiB and Sigismunda, cap. 1. 2.
217
1.
Wo Tancredus der fürst gewohnet hab*).
In der fürstlichen mechtigen und weitberiimbten statt Sa-
lerno wohnet ein gewaltiger landtsfürst, [2b] genant Tancre-
dus, ein junger, klüger und genüg demütiger mann unnd herr, 5
wo er in seinen alten tagen seine handt inn seinem aygenen
blüt nicht verunrainiget hette. Dem gott in allen seinen ta-
gen von kinden nicht mehr dann ein einige thochter geben het;
aber vil säliger gewesen were, wann er nie kaine gehabt hette.
Die selbig sein thochter von ime also inniglichen lieb gehabt io
was, als ein thochter von einem vatter ye gehabt warde. Und
umb solcher grosser unmenschlicher liebe, die er zü ir trüg,
vil jar übergangen hett, das er ihr kein mann gab , und das
von der ursach , das er sie nicht von ime geben oder lassen
mocht oder kunt. Sie also mitt ihrem grossen Unwillen lange IS
zeyt au ff hielt.
2.
Wie Tancredus der fürst sein liebe und schöne thoch-
ter dem hertzogen von Capua verheurat.
Nun wie die jungfraw lange jar also ohn ein mann wider 20
iren willen war gestanden und nün das glück auch auff ihr
*
*) Holzschnitt: ein jungling mit baret, einen falken auf der
hand = Boccaccio, Cento novella (Strassburg, Knoblouch 1551) bl. 53b,
85 b, 120 b, 155 b.
218
Martin Montanu»,
Seiten sein wolt, sich begab, das der hertzog vonn Capua an
den f&rsten Tancredum werben ließ, das er die tochter seinem
sün zü der ehe verheuraten unnd geben wolte. Tancredus der
fürst, der des hertzogen von Capua grosser freundt was, ihme
5 sollich sein begeren nicht kundt oder mochte abschlagen und
ihme die zügeben versprach. Der jung-[3a]frawen nachgends
sollichs fürhielt und sie fraget, ob sie des hertzogen von Ca-
pua sün zu einem mann haben wolt. Und die jungfraw, die
lieber lengest ein mann gehabt, sich willig finden ließ, haim-
10 lieh gott dancket und lobet, das sie solchen tag erlebet het,
und der hochzeit mit grossen freuden warten was*).
3.
Wie des hertzogen sün von Ca-[3b]pua mit Tancredi
des f&rsten thochter hochzeit hielte.
15 Unnd da nün der tag der hochzeit kommen was, den yeder-
man mit freuden erwartet het, dratten sie nach fürstlichen
ehren zü kirchen, da sie von dem priester nach gütlichem ge-
brauch zü einander vermehelet wurden. Da hett man ein
grosse, herrliche unnd mechtige zierdt gesehen von klainottern
20 unnd leuthen von grossen fürsten unnd herren, die alle zü
lieb der edlen jungfrauwen aufF der hochzeyt ersehynen waren.
Nach verbrachtem ampt miteinander zü tisch gingen, das essen
namen und frolich waren.
4.
& Wie nach dem essen ein turnier gehalten ward.
Wie man nün das fürstlich unnd wolbereyt mal einge-
nommen hette, schicket des herren sün von Capua seinen he-
roldt uff zü blasen unnd außzürüffen, welcher der neuwen braut
zü lieb scharpff rennen wolt, der solt sich von stund an auff
*
*) Holzschnitt: ein bärtiger mann und eine frau tafeln; neben
ihnen steht ein jüngling, laute spielend.
Digitized by Google
Gui8cardu8 und Sigiamunda, cap. 3—6.
219
den plan machen. Vonn disein außruffen vil ritter unnd edel-
leuth auff den blatz kamen, alle der schonen jungfrauwen unnd
des hertzogen sün zü lieb turnieren wolten. Da hatt man ge-
sehen vil manchen künen ritter auff dem anderen sein speer
zür brechen. Auff einander renten, als ob nicht mehr gut tur- »
nieren were ; ein yeg-[4a]licher das lob von der newen braut
gewinnen wolt. Und da nün der turnier follendet war, erhüb
sich ein zuchtiges dantzlin ; und nach dem selbigen einem jeg-
lichen, nach dem er verdient, ein schenckung geben warde,
doch das in solcher maß versehen , das kainer spott dardurch 10
hett erlangen mögen *).
5.
Wie des hertzogen sün mit seiner braut haim in sein
landschafft zöge.
[4b] Da nun die hochzeyt etlich tag also inn freuden 15
gewehret hette und man darzwischen alle tag turniert unnd
stach, dauchte den breutigam gut sein, sich mit seiner braut
inn sein landtscbafft zü fugen. Dem grossen hoff Urlaub gab,
inen der freundtlichen geselschafft dancket, darnach von sei-
nem sch weher, dem fürsten Tancredo, Urlaub begeret. Das 20
ime der fürst willig gab, ihne mit grosser haußsteur und viel
rittern inn sein landt schicket. Unnd als des hertzogen sön
von Capua heim kam, erst von seinen freunden mit grossen
freuden ehrlich und wol empfangen warde.
Wie des hertzogen sün von Capua starb und zü der
erden bestattet ward.
Wie nün der jung hertzog von Capua yetz bey seiner
braut dahaimen war unnd die heimfurung ehrlich unnd wol
*) Holzschnitt: jOngling und dame reiten durch eine bergige
landachaft = Cent» novella 1551 bl. 117 b.
Digitized by
220
Martin Montanus,
begangen hette, wolfc das glück disen zweyen ehleuten nicht
lenger gedulden bey ein ander zü leben. Dann sich begab, das
dem jungen fursten ein schwere kranckheyb zufiel; doch bald
nach den besten ärtzten schickten. Die aber alle an seiner
5 gesundtheyt verzagten, unnd nicht lang verging, er nach dem
willen gottes auß diser weit schiede. Wer was laydiger dann
die güt jung frauw, die erst ihr freud [5a] *) mit dem fursten
zü haben vermeint, nün aber on ein mann sein müßt! Den
fursten, iren ehman, mit grossen ehren zü der erden bestattet.
10 Warde vor die hochzeit kostlich und mit vil ehrlichen leuten
gezieret, so ward die begrebnuß noch mit vil ehrlichem leu-
then, doch trauriglich begangen.
7.
Wie die jung fraw, des fürsten Tancredi thochter,
iö wider zü irem vatter kam.
[5b]**) Nün die güt fraw sähe wol, das da nicht lang
zü trawren wer, dann sie damit den fürsten nicht wider le-
bendig muchen köndt. Auch nicht willens war in seinem
landt zü bleiben, sonder wider zü irem vatter , dem fürsten
20 Tancredi, und zü iren freunden zü faren ; dem landt ein gu-
ten regenten setzt, unnd sie wider heim zü irem vatter für.
Von dem sie mit grossen freuden empfangen warde, unnd sie
hielte, wie dann einer fürstin gebüret.
Nün die fraw was von angesicht ein jung gerad unnd
25 außdermassen schön mensch, bey dem [6a] vatter inn grossen
ehren stund ; aber wol gedacht, das ihr der vatter von grosser
liebe wegen, so er zü ir trüg, kein man geben würde; sie
auch nicht ehrlich daucht solches zü begeren. Umb des wil-
len ir fflrnam, ir in stiller gehaim ein bülen züsüchen, mit
30 dem sie ir zeyt in freuden vertribe , und vil edelman, ritter
*
*) Holzschnitt: ein toter auf einer bahre, hinter ihm zwei kla-
gende frauen und ein bärtiger mann.
*•) Kleinerer holzschnitt: eine gekrönte frau reicht einer da-
vonreitenden und von bewaffneten geleiteten frau die hand zum ab-
schiede.
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Guiscardus und Sigismunda, cap. 7—8.
221
und graven an ihres vatters hoff sähe und erkant. Als sie
nüu vermercket hett aller ires wesen, sitten und leben und
nichts sähe, das bey ihnen erschine unnd fürtreffe, dann allein
alle üppigkey t, boßheit und buberey, derhalben sie keinen zu
bülen nicht haben mocht. Und under andern wardt ir lieben ö
unnd gefallen ein schöner gerader jüngling vonn niderer ge-
burt, aber von hohem und edlem gemüt, Guiscardus genandt,
des fursten Tancredi ires vatters kammerling. Wiewol er von
geschlecht unedel was, doch von tugent nicht edler gesein
möcht. Darumb er ir gar wol gefiel , und sie ine offt gar 10
lieblichen ansehen warde und von tag zü tag ye mer gegen
ihme in liebe entzündet und seine güte sitten stets loben und
preisen warde.
Nün der jüngling der jungen frawen mainung, ir liebe
zu ime und guten willen vername, widerurab gegen ir in liebe 10
entzündet, tag unnd nacht gedacht, wie er in liebe und
freuudtschafft ir mächt zü willen werden und ir wolgefallen.
Sie in solcher mass in sein hertz empfienge, das er alle andere
aufwendige liebe fallen ließ und zü ir all sein sinn , hertz
unnd [6b] gemüt keret. Buy den t halb gegen einander dise ver- 20
borgene lieb trügen; und die edle frawen nichts anders be-
geren was, dann sich allein bey ihme züfinden.
8.
Wie die witfraw Guiscardo, irem bülen und liebhaber,
in einem rhor ein brieff gibt. 25
Nün die frauw niemandt vertrauwen wolt, solche sach
dem jüngling zü wissen thün, sonder hingienge , ein brieff
schribe und den in ein rhor steckte, Guiscardo gab und in
8chimpffsform zü ime sprach : ,Guiscarde, das rohr gib deiner
magd, das sie damit das fewer auffbloß !' Guiscardus das rohr ao
zü ime name, woi gedacht, sie ihme das on ursach nicht ge-
ben hette, von ir schied, zü hauß gienge und das rhor öffnet.
Darinn er den brieff fand , den läse und bald vername , was
*
16 ensftndet A
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222
Martin Montanna,
er thün solt. Frölich ward , sich zürichtet unnd beraitet zü
ir zü kommen , nach dem sie ine durch ir schreyben under-
richtet hette.
9.
5 Von der holen durch den felsen, die zü der frauwen
gemach gienge.
Nün was zü nechst bey der fürstin gemach oder palast
ein graben oder hole vor langen zeyten in ein berg oder fel-
sen gehauwen. Die selbige hole het ir liecht von oben herab
10 durch etliche [7a] löcher , die mit gewalt durch den felsen
waren gehawen ; aber solch hole von jederman unwissent und
unerkent was, und die löcher mit dornen verwachsen waren.
In dieselben hole auß dem palast von der frawen gemach durch
ein verborgen porten und stiegen auß einer kammer, die unden
15 in der frawen zinimer was, darzü die fraw allein die Schlüssel
het, man auß und ein gehn mocht.
Solch porten, der hole auß und eingang, (als dann der
liebe gewonheit ist, der kein ding zu tbün zü schwer ist) der
jungen frawen in gedancken kam, damit ir grosse lieb lange
20zeyt verborgen blib. Vil manchen tag sich bemuhet, eh sie
die porten geöffnen mocht. Und da sie die geöffnet hett,
darein gieng und den außgang der höle wol erlernet und sähe.
Solchen weg sie Guiscardo zü wissen thet, wie er sich in die
höle lassen inust, und ime an dem ort, da er hinab steigen
25 solt, ein zeichen steckt, damit er sich nit an dem unrechten
ort hinab Hesse; ihne auch im schreyben freundtlich bat, zü
ir zü kommen.
10.
Wie der jüngling sich an eynem sayl in die höle ließ
30 und, damit in die dorn nicht stechen, ein lideren
klaid anlegt.
Da nün Gulscardus der jungling gnügsam verstanden hett,
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Guiscardus und Sigistnunda, cap. 9 — 11.
223
durch was weg er zü der frawen komen mochte , ime ein li-
dern klaid mach-[7b]en ließ und ein sayl mit guten grossen
und starcken knüpften zü beraittet , zü der hole an das ver-
zaichnet ort gieng, sein strick an ein pfeyl bände, der ob dem
loch was, und sich hinab zü seiner aller liebsten frauwen ließ, 6
die er inn dem loch sein fand warten. Die mit ihren jung-
frauwen verlassen hett, wie sie wolt schlaffen gehn. Da sie
nicht mit bayder kleiner freud inn die kammern giengen, da
sie in freuden unnd lust den mehrern theyl des selben tags
vertriben. Darnach ein züchtig verborgen Ordnung gaben, da- 10
mit ir lieb lang werend were. Unnd Guiscardus wider in die
hole gieng; unnd die fraw die porten der selbigen hole wider
verschloß und herfür zü iren jungfrawen gienge. Und da es
nacht was, Guiscardus wider auß der hole stige, haim zü hauß
gienge. Also vil manche nacht thet. 15
11.
Wie Tancredus der fürst in der kammern war, da
Guiscardus bey des fürsten thochter, seinem liebsten
bülen, schlaffet.
Nün in solchem ab und zügehn es sich begab, (als der 20
neyd des Unglücks, der solche grosse freud und lust der zwayer
liebhabenden inn die leng nit vertragen mocht) das sich sollich
freud in bitter wainen unnd trawrigkait bekert.
Nün was des fürsten Tancredi gewonheit, zü zeyten allein
in der thochter kammer zü gehn und [8a]*) allein mit ir zü 20
reden ; darnach also allein wider in sein gemach gieng. Und
eins tags er nach dem essen seiner gewonheit nach in der
thochter kammern kam; und aber die thochter, die Sigismunda
mit irem nammen genennet was, bey iren jungfrawen auff die
zeyt im gartten was, darein man auß irer kammern gehn 30
*) Holzschnitt: ein liebespaar neben einander auf einem bette
litzend, binter einem vorhange ein lauschender mann = Cento novella
1551, bl. 76a.
224
Martin Montanus,
mocht. Und der vatter sie von solcher kurtzweil nicht nem-
men wolt, [8b] alle fenster der kamruer zü gethon fand, sich
uff ein fürbanck neben dem befch hinder den umbhang setzet,
sein haupt an das beth naiget, also einschiieff. In dem Sigis-
5 niunda iren aller liebsten Guiscardum hett verzielet, all ir ge-
schafft inn dem garten ließ. Mit still und gehaim bayd in
ir kaminer kamen, die wol versperten, des fürsten, ires vatters,
schlaffen hinder dem beth nit war genomen hetten, nach ihr
gewonheit mit einander der frolichen lieb spielten und das
10 nach irem lust und gefallen lange weil triben.
In solchem schimpften der fürst erwachet, sähe, hört unnd
vername alles, das die thochter und Guiscardus mit einander
begiengen. Ohn maß unmutig und trawrig und in willen was
sich zA offnen unnd sie zü beschreyen; doch ime da bessere
15 gedacht und schwig als ein weyß mann, damit er solch sünd
und übel in gehaim mit rhat unnd minder seiner schandt baß
gestraffen mochte, als er dann willen züthün was.
Da nun die zwey lieb ein gute zeyt nach irer gewonheyt
die letsten freud der liebe empfangen hetten und sie zeyt
20 daucht , hinweg giengen ; und Guiscardus sich wider in die
höle fuget, und die jungfraw wider in den saal zu iren jung-
frawen gieng. Und der fürst, wiewol er ein betagt mann was,
doch sich zu einem fenster hinab auß der kammern gelassen
het in den garten , des niemants war genommen het , betrübt
2o biß in den todt; doch in sein [9a] kammern gieng, sein heim-
lich Ordnung gab, wie er Guiscardum fahen möcht.
12.
Wie Guiscardus in seinem lideren klayd gefangen ward
und für den fürsten Tancredum gefürt*).
ao [9b] Nun der fürst, der ye willens wäre sein kämmerling
zü fahen, nach zweyen knechten schicket, den befahle, zu dem
loch der hole zü gehn und den, so darauß stige, zü fahen.
*
•) Holzschnitt: Zwei Wächter mit hellebarden lagern vor einem
türm, hinter dessen gitterfenster ein bärtiger gefangener sichtbar ist.
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Guiscard ob und Sigismunda, cap. 11—13. 225
Die diener ires herren gebott züverbringen zu der hole giengen.
In dem Guiscardns darauß stige ; da er als bald von den zweyen
verordneten gefangen unnd fftr den fürsten Tancredum ge-
furet ward.
Als ine aber der fürst ansichtig ward , fieng er an und 5
sagt : ,Guiscarde, ich mainet, ich umb dich nit verdient hette
solche schmach nnnd schand, die du mir in mein tieysch unnd
blüt bewisen hast, als ich heut mit meinen äugen gesehen
hab.' Dem der jüngling kein antwort gab, dann das er sprach :
,Herr, die liebe so groß ist, das sie das und anders vermag. 10
Ir sterck raechtiger ist, dann ich und ir seyt.' Nach disen
worten der fürst ine schliff wol zübehiiten. Unnd er mit gros-
sem trauwren die gantze nacht vertrib.
13.
Wie Tancredus sein thochter berüfft und ir die sach, 15
so sie mit Guiscardo begangen, ver wisse.
Nun als die selbig nacht vergangen und der neuw tag
herkommen unnd Sigismunda solche sach noch unwissend was
unnd der fürst dieser sach halb gar mancherley bedacht und
nach seiner gewonheyt aber inn der thochter kammer kam, ir 20
also zü ime rufft, die thüren gar wol ver- [10a]*) schloß und
versperret und mit klaglicher stimm und wainenden äugen zö
ir sprach: ,Sigismunda, liebe thochter, ich gab mir zuver-
stehn, wie ich erkennet dein zucht, tugent und gute sitten ;
so binn ich in solcher meiner mainung betrogen worden. Und 2.»
mir in mein gemüt niemandt het bringen mögen noch glau-
ben machen, het ich es nit selbst mit meinen äugen gesehen,
das du dich einem mann zü [10b] Unehren hettest underthenig
gemachet und deinen leib zü seinem willen geschicket, er were
dann dein eblich mann gewesen. Ich hette niemandts glauben 30
mögen, das du ein solches gedacht hettest, will geschweigen
gethan. Darumb ich fürthin mein kleines leben mit jamer,
*
*) Holzschnitt: Eine frau und drei jünglinge auf der Strasse
mit einander redend = Cento novella 1551, bl. 81b, 103 b, 136 b.
Moni»« 15
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226
Martin Montanas,
angst und nodt verzeren würd , wann ich gedenck an die
schmach, so du mir bewisen hast. Nün wolte gott, seittemal
du dich zü solchen Sachen ye schicken woltest, das du doch
einen dir gleich im adel, wirden und standt erwolt hettest,
ö deren doch viel an unserem hoff sind ! So hastu dir Guis-
card um, den schnödesten an unserm hoff, zü einem liebhaber
erwölet, den wir umb gottes willen an unserm hoff erzogen
haben. Damit du mir mein hertz unnd gemüt beschwert und
in unrhü gesetzet hast, und waifi nicht, was ich vor grosser
10 lieb mit dir beginnen soll. Auff einer seyten bezwungen binn,
lieb halben dir züvergeben, und auff dem andern theil von ge-
rechtem billichem zorn bewegt, dich deiner grossen sünde unnd
thorheit zü büssen. Also auff einem theil ich dir vergeben
solt und auff dem andern theyl wider dich und mein natur in
15 hertigkeit fallen sol ; doch ehe ich dir etwas thü , vor dein
inainung hab vernemnien wollen.4
Unnd als er solches gesprochen, sein haupt nayget und
klaglich anhüb zü wainen.
14.
20 Wie Sigi8munda irem vatter, dem fürsten, antwortet.
[IIa] Da nön Sigismunda iren vatter vernommen het und
durch sein wort wol vernam, nicht allein ir verborgen lieb
geöffnet was, sonder ihren aller liebsten freundt, trost und
hoffnung inn gefencknus sein vernanie , besonder pein und
& schmertzen empfieng, anfieng kläglichen zu wainen und ir layd
gott zü klagen. Nichts desto minder wolt sie ehe sterben
dann gnad an iren vatter begeren ; dann sie gedacht , Guis-
cardus were getödt worden und nicht mer bey leben were.
Und thet nit als ein Qbelthäterin, die umb ihr sünd zü straf-
30 fen were, sonder als ein redliche, behertzende frauw, ohn alles
achten mit frölichem an blick on alle betrubung zü irem vatter
sprach :
, Vatter, weder zü laugen oder an dich gnad zü begeren
ich inn keynen weg geschickt binn ; dann das erst brecht mir
ai kein hillf, der andern beger ich nicht, das es mir behilflich
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Guiscardus und Sigismunda, cap. 14.
227
sey, und mein sinn ist in keinen weg mich dir noch deiner
hnld zftbefelhen. Doch von erst mein wort und die warheit
vernira, wie ich mit natürlichen guten Ursachen mein ehr ret-
ten will und mit veatem starcken gemut darnach meinem wil-
len nachkommen will! Darumb wiss, ich hab Guiscardum lieb .r>
gehabt und noch habe und , dieweil ich lebe (des gar wenig
»ein wirdt\ ich in liebhaben will , und ist es sach , das man
in jhener weit auch lieb hatt, ich ine lieb haben will. Auch
wiss, das mich nicht zn solcher seiner liebe weipliche begird
gebracht oder geraitzt hatt, sonder dein | 1 lb| kleine fürsehung 10
und versaumnufi meinenthalben, das du mich nicht mit einem
ehlichen mann versehen hast ; dabey Guiscardi grosse tu gen t
ursach gewesen sindt.
,Es 8olt dir, vatter Tancrede, wol wissent gewesen sein,
als du von fleisch und blftt geboren wärest, das auch dein k»
thochter von fleisch und nit von stein geboren wer und ich
von natürlicher begird grosse krafl't bey mir hab als die, die
dann vor einen mann gehabt und erkant hat, was lust solche
freud geben mag. Solcher begird stercke und macht ich nit
lenger widerstehn und vertragen mocht, nachvolgen mnste, da 20
mich solche begird hinzöge. Darumb ich mich als ein junge
fraw berieth und schickt lieb zü haben und darzu allen fleyß
thet, damit weder mir noch dir des, darzu mich natürlich sünd
zohe und raitzet , davon schand bekera. Zu dem ich durch
gnad des glOcks und demfttigkait der edlen liebe mir ein ge- 20
nüg züchtigen verborgenen weg gefunden hett, damit ich on ye-
maudts wissen wol meinem willen ein genügen thftn mocht.
Wie das dir ist zü wissen kommen, nimpt mich frembd. Ich
langne dir nicht, ich erwölt mir Guiscardum zü einem liebhaber
und das nicht, als manche thftt, sonder von gantzem willen:«)
und aignem rhat auß allen deinen herren und edellenthen ; ob
allen andern mannen mit ffirsichtigkeyt meiner gedancken mir
in für mein aller liebsten erwölt und mit lieblicher steter
freundtschafft. Baydenthalben ich [12a] lange zeyt meiner
liebe and willen ein genügen gethon hab. :i>
,Mebr mich vernimb! Als du sprichst, ich in liebhaben
gesündigt hab , bedunckt mich , wie du in dem mehr nach-
15*
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228
Martin Montanus,
volgen w&llest, das der gemeinen meinung ist, dann der
warheyt und darumb mich hertiglicher straffen. Und zü glei-
cher weiß redest, als ob du dich darumb nicht betrübt hettest,
wo ich mir einen edlen mir gleich geboren zü meinem lieb-
5 haber erwölt hette. In dem du mich nicht verdencken solt,
sonder dem glück die schuld zü ziehen, das da offt die nidern
erhöhet und die hohen ernidert. Doch lassen wir das faren
und den anfang diser Sachen besehen !
,Nün nim war unnd gar eben merck, sprich ich, das wir
10 alle von fleisch und blüt und einem schöpffer geschaffen sind
in gleicher sterck, macht und tugent, on alle underschid von
einem mann und frawen kommen sind ; und die an dem raai-
sten tugentlich würcken und der tugent mehr dann die an-
dern gewaltig sind, die selbigen edel gebeissen sein. Nün
15 nim war deiner edelleuthen, bedenck ihr wesen, zucht, weyß
und geberd , darnach Guiscardi zucht , tugent und vemunfft
bedenck! Und wiltu recht richten und die warheit bekennen,
so wirstu sprechen, er ob allen deinen herren der edlest sey;
und von seiner zucht und redlicheit ich niemands glaubt bah
ao dann deiner red und meinen äugen. Wer hat in gelobt und
geprisen, als du gethon hast, in allen loblichen Sachen, darin
einem jeglichen mann zügeburet gelobt [12b] zü sein? Für-
war du ime recht und nit unrecht thetest, als du ime yetzund
gethon hast. Und wo mich meine äugen, sinn und vemunfft
25 nicht betriegen, so laß ich mich geduncken, kein lob dir von
im nie gegeben was, ich in ein solches vil mehr brauchen
sähe, dann durch deine wort ye möcht beweist werden. Wo
ich seinenthalben betrogen were, solches von dir komen were.
Und als du sprichst, ich mich zü einem mann von niderer ge-
aobürt gelegt hab , so sprich ich, du sagest nit war; wol zü
einem armen. Das mit deiner schand ich dir vergeben tnocht,
das du also ein redlichen mann, deinen diener, also arm k lieh
versehen und nit zü gütem stand bracht hast. Doch darumb
die armüt niemand den adel nimbt. Wir haben gelesen und
35 auch gesehen vil grosser herren , fursten , könig und keyser,
♦
1 nachnolgen A.
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Guiscardus und Sigumunda, cap. 14—15. 229
die arm gewesen sein, das feld gebawet haben, des viehes ge-
hütet haben, reich gewesen und noch sindt
,Den leisten puncten, den du mir fürgeworffen hast, als
du sprichst, du nicht wissest, was du mit mir beginnen oder
thün sollest: leg von dir solch gedancken, thü in deinen alten 5
tagen, das du inn deiner jugent nicht gethon hettest, erherte
dein gemut wider mich ! Dann in keinen weg ich deiner gnad
noch Vergebung beger noch geschickt bin die zübegeren. Dar-
umb thü und verbring wider mich deinen herten willen als
die , so von erst aller diser sflnd ursach gewesen ist , sol es 10
änderst Obel gethon und sönd sein! Darumb biss gewiss und
on al-[lSa]len zweifei, was du mit Guiscardo thün wilt oder
hast gethon, das selbig thü auch mit mir! Thüstu es aber
nit, mein eigne hand das thün sollen. Nün geh hin mit den
w eibern zü wainen und mit inen vergeuß die zeher deiner au- iö
gen, und uns baiden mit einem schlag in deiner hertigkeit
(ob dich dunckt, wir verschult haben) den tod gib!1
Mit solchen worten on alle zeher ir red endet.
15.
Wie Tancredus der fürst gebot, Guiscardum in der 20
gefencknus umb zü bringen und irae das hertz auß
zü schneiden.
Nun Tancredus der fürst der thochter groß und starck
gemät wol vername; doch nicht glauben mocht, das sie so
gantzlich zürn todt geschickt were, nach dem ir wort erklungen 25
und lauteten. In dem von ir schied, sich mit ime selbers be-
riet, die dochter nit am leib zü straffen und sein hertigkeit in
zorn gegen ir fallen lassen , sonder mit eins andern schaden
der thochter ir grosse lieb brechen maint. Und denen, die
Guiscardum in hüt hetten, gebott, das sie ine in still on alle 30
rumor würgten unnd dötteten, das hertz auß dem leib nem-
men und ime brechten.
16 baide A. 23 thocheer A.
J30
Martin Montanua,
Die höter des herren gebott verbrachten , ine des nachts
todteten , das bertz ausschnitten unnd dem fürsten brach-
ten. II 3b]
16.
Wie Tancredus seiner thocbter Sigismunda irs bülen
hertz in einem guldin kopff schicket.
Da nün der morgen komen wäre, der fürst ihme schuff
I -ringen ein schonen guldinen kopff. Darein er des todten
<iuiscardi hertz leget und das bey einem seinem getreuwen
10 diener der thocbter schickt mit disen Worten zü ir sprechende:
.Dein vatter schicket dir das, dich mit dem zü trösten, das
dir am liebsten ist, als du in getrost hast des, so ime am
liebsten was.4
Die jung fraw ab irer harten fürsatzung nicht abdratt,
18 sonder anhüb vergifft wasser zü distiliereu, die zu brauchen,
ob sich begeh das , des sie dann sorg het. Nicht lang ver-
meng, des Kirsten diener mit der gaab unnd guldin kopff und
den vorgesagten Worten zü der thochter kam. Unnd sie niitt
auffgerichtem anblick den kopff inn ire arm empfieng , den
80 l-ald entdeckt; darinn sie das bertz sähe und bey den Worten
sie wol vername, es ohn zweyfel Guiscardi hertz were. Ir an-
gesicht gegen dem diener kert, zü ime sprach : ,Sag meinem
vatter, deinem herren, grossen danck seiner würdigen gab!
Inn dem hatt mein vatter wol gethon; dann sollich gab nicht
i minder dann von goldt einer begrebnuß würdig ist.' Und also
.besprochen das hertz im kopff zü irem mundt neheret, lieb-
lichen küsset, halset unnd sprach : ,Ich hab alwe-[14ajgen mein
vatter gegen mir demutig unnd willig funden , nün aber an
meinem letsten ende meines lebens mehr dann ye. Darumb
ig ihme mein letsten danck seiner wirdigen gaab!'
In dem sich gegen dem kopff keret, das hertz lieblichen
ansähe unnd sprach: ,0 du aller liebste unnd sössest herberg
meiner frend unnd begird , verflücht sey die hertigkeyt des,
der da ursach ist, mich dich mitt den angen meiner stirn also
85 jämmerlich zCi sehen ! Du hast volbracht den lauff deines le-
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Guiacardua und Sigismunda, cap. 16.
231
bens, als dir vonn dem unglück ist beschert gewesen ; dabist
zü dem endt kommen, darzä ein yeglichs hertz kommen maß ;
du hast gelassen all trubsal der weit ; doch vonn deinem todt-
lichen feindt ein güldene begrebnuß empfangen hast, als du
wol wirdig bist. Nichts änderst dir mangelt und gebricht, &
damit alle ding volbracht werden, dann allein zeher der äu-
gen, die du bey leben am liebsten hettest. Und damit dir
solche zeher der äugen zü theil würden, gab got meinem un-
barmhertzigen vatter in sein gemüt , dich mir zü schicken.
Darum b ich dir sie freundtlich geben unnd mittheylen will, 10
wie wol mein sinn was mitt druckenen äugen mein leben zü
enden und mit unerschrocknem angesicht mein seel unnd geyst
zü deinem zü fugen, die du auff erden ob allen dingen lieb
hettest. Inn welcher geselschafft mächte ich sicherer inn un-
erkandte weg faren als mit dir unnd deiner seel, die ohn zwei- 15
fei noch hie in disem gul-[14b]din kopff ist und mich noch
von hertzen lieb hat unnd der meinen warten ist, vonn der
dein seel auch lieb gehabt ist!1
Nach disen worten nicht änderst dann ein messender
brunn ihr auß ihrem haupt gieng ; ohn alle weibliche rumor 30
ihr haupt auff den guldin kopff und das hertz naiget, waynet,
kläglichen anhüb züvergiessen die zeheren irer äugen inn sol-
cher maß, das es nicht zü sagen noch zü schreyben ist , alle
zeyt das todt hertz küsset.
Inn solchem kläglichen wainen der frauwen maid umb sie 20
stünden ; aber warumb die frauw so kleglichen thett oder was
für ein hertz in dem kopff were oder was ir klagen und har-
tes waynen bedeutet, ihnen unwissent was; dann sie ire wort
nicht vernein ruen mochten. Doch mit ihr alle klagen unnd
wainen müsten, demütiglich hatten, sie ihnen die ursach ihres 30
jamers unnd layds wissen Hesse. Aber alles umb sonst was;
dann sie keiner kein andere andwort geben wolte, dann
allein, man solt sie zü friden unnd ihr layd klagen lassen.
Doch die jungfrauwen, so best sie mochten, die frauwen trö-
steten. 85
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232
Martin Montanus,
17.
Wie Sigisinunda vergifft wasser über das hertz gösse
und außdranck, hernacher starbe.
[15a] Da sie nün also etlich stund mit also kleglichein
5 wainen vertriben hett, ir haupt auffrichtet, ihr äugen trück-
nefc, an hob und sprach : ,0 du mein aller liebstes hertz, nun
ist volbracht das ampt meiner zehern , unnd ist nün nichts
anders vorhanden züthün dann der angefangnen materi ein
endt zü geben.1
10 Also gesprochen sie ir scbüff das geschirr zü geben, dar-
inn das vergifft wasser was, das sie den vorigen tag ir den
todt zü geben, gemacht hett. Das selbig vergifft wasser inn
den guldin kopff goss auff ires aller liebsten bülen hertz, das
sie mit iren eilenden zehern gewaschen hett, on alle forcht
15 und erschrecken den mundt daran setzet unnd das vergifft
wasser ab dem hertzen alles dranck, darnach zü handt mit
dem guldin kopff an ir beth gieng unnd , so sie züchtigest
mocht, ir brüst und hertz dem todten hertz und kopff nähenet
und on icht gesprochen des laydigen todts warten was.
ao Ihre jungfrawen, die alle sach irenthalben gesehen hetten,
doch nicht wißten, wes wassers sie druncken und genommen
hette , wol sahen , das der todt begundt mit ir zü ringen ;
schnell lieffen , dem fftrsten , ihrem vatter , was sich begeben
hette, zü wissen thetten. Der sich nit säumet unnd sorg
25 hett des , das da schon geschehen was , bald zü der thochter
kam, aber zü spath. Die er uff dem beth, aber mit kleinem
leben ligen fand, sehr erschrack unnd da mit süssen und hüp-
schen demü-[15b]tigen worten sie anhüb zü trösten. Unnd
da er sie also in todts nöten ligen sähe, kläglich anhüb zü
80 wainen, schreyen und sein laid zü klagen.
Die fraw mit niderer tödtlicher stimm zü ihnie sprach :
,Tancrede, vatter, behalt dein treheren zü den Sachen, die on
dein willen geschehen! Ich beger weder dein noch deiner
*
24 thette A.
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Guiscardus und Sigismunda, cap. 17—18. 233
zeher. Wer sähe yeraand wainen des, des er gewölt hett!
Dann du solches gewölt hast. Doch ist yergent liebe bey dir
lebendig bliben, die du zü mir etwan trögest, so beger ich
von dir für mein letste gab, seittemal dein gefallen nicht was,
das ich inn still und gehaim mit Guiscardo leben möcht, das 5
du mich zü irae, wo du in hingelegt hast, offenbarlich legest
oder werffest und mich todt bey ime ligen lassest.4
Das gross peiu, layd und schmertzen den herren der thoch-
ter kein antwort geben liessen. Inn dem die jung fraw sich
zü irem endt kummen sähe, das todt hertz an ir brüst drucket 10
und zü den, die umb sie stünden , mit sänffter stimm ir letst
wort sprach: ,Stehet mit gott! Ich far dahin.4 Ire äugen
sich zü theten, alle sinn und vernunfft bey ir verschwunden,
und ein so kläglich end nam, das yederraan wainen und kla-
gen müste. 15
18.
Wie Guiscardus und Sigismunda zü einander in ein
grab gelegt wurden.
[16a] Nün der fürst, der ye seiner thochter nicht mehr
helffen kundt, sonder vor unmüt vermeinet zü sterben, unnd 20
in seiner hertigkeyt sehr gerewen ward , baide junge verstor-
bene leuth in ein grab zü summen leget ; und die, so das Un-
glück lebendig nicht bey einander gedulden wolt, nün also
doth in ein köstlich grab zü samraen verschlossen wurden.
Nün sagt die hystoria, das auß irem grab ein schöner 25
rosen stock gewachsen sey, der solche schöne rosen allerley
färb getragen hatt, darvon nicht zü sagen. Daraufi man ab-
nemen mag, das ir liebe sich auch in irem todt nicht ge-
enderet hatt. Gott verleihe uns allen ein selig und vernünff-
tiges ende! Amen. 80
Gedruckt zu Strasburg,
In Kloblouchs [!] Drackerey.
I
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Cjmon und Iphigenia.
235
Ein schöne vnnd kläg-
liche Hystoria,
Von zweyen
Jungen gesellen, wie die
liebe zu zweyen Jungfrauwen tru-
gen , die zweyen anderen verheurat
wurden, Derhalben sie die hochzeyt vber-
fielen, jre neuwe Breut inn die Insel
Creta fürten, vnd nach ettlicher
zeyt mit jhne inn die Insel 10
Rodi füren.
Newlich durch Mar-
tinum Montaniim beschri
ben, vnd in druck geben.
Zeile 1, 3 und 12 sind rot gedruckt. Die Schreibung von A konnte
oben in seile 3 (Von zweyen) und 5 (trft-) nicht genau wiedergegeben
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Cymon und Iphigenie cap. 1.
237
1.
Aristippus wo der gesessen unnd was er für kinder
Wir lesen in den ciprianischen hystorien und in iren cro-
nicken der lenge nach geschriben finden, wie inn der insel 5
Cipro [Aij b] ain reicher edel man war gesessen mit namen
Aristippus, über alle herren des lands ain mechtiger herr, in
weltlichen sachen ein weitberumbter mann, in ehren und reich-
tuinb der aller reichest. Und sich der seiigest in aller weit
hett sprechen mögen, wo in das glück nicht in einer einigen 10
sachen betrübet hette; das was, das er under andern seinen
kindern ein sün het, der von leib und anblick der aller scho-
nest junger, der in der insel Cipri gefunden mocht werden,
was, aber ohn alle sinn unnd menschliche vernunfft unnd für
ein öffentlichen thoren gehalten ward, das seinem vatter grosse 15
pein nnd betrübung bracht. Er was mit seinem tauünammen
genennet Galesus. Man mocht im weder durch lieb noch on
lieb, weder mit straff oder one straff, mit maistern oder one
meister, in keinen weg keinerley ding, weder zucht noch tu-
gent in sein haupt bringen ; und hett ein grobe beurische 20
stimm , all sein geberd viehisch , und yedermans gespott was.
Und umb mehr gespÖts willen in Cymon nanten ; das ist als
vil gesprochen als ein vieh oder bestia.
Des verlorne zeyt sein vatter mit grossem layd trüg unnd
nün seiner sinn halb all sein hoffnung verloren hette, wol ge- 25
dacht, er nit mehr zü sinnen kern. In grossem unmüt sein
gehabt*).
*) Holzschnitt: eine befestigte stadt.
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238
Martin Montanus,
tag des sons halben verzeret, gott trewlich tag und nacht
hatte, were es sein gottlicher will, er den sön von diser weit
nemen wolte oder aber ime verstand und sinn geben wie an-
dern seinen sünen. [Aiija]
a 2.
Wie Aristippus seinen sün auff ein dorff zü einem
bauwren thüt.
Nün der gut alt herr, der nün wol sähe, das all sein
hoffnung des süns halben verloren was, und in von grosses
io gespots wegen, so im taglich bewisen warde, nicht lenger bey
ime inn der statt gedulden oder haben mocht; auch Cymon
mehr gelüstet auff dem feld des viehes zü hüten weder sein
wonung inn der statt bey den herren und seins vatters hoff
zü haben. Von des wegen der vatter ihne auff ein sein dorff
15 zü seinem bawren einen thet; dem er nach beurischen sitten
unnd gewonheit des viehes, als der solches lust hette, mit fleyfi
hütet; nicht mitt kleinem verwundern yederman sein leben
also ein zeytlang verzärte.
3.
20 Wie Cymon in ein vvald zü einer schönen jung-
frauwen kam , da ihme nach langem ansehen seine
fünff sinn gegeben Warden.
Nün als das glück sein wider willen gegen Cymon nicht
lenger tragen mocht, sich begab, das Cymon eins tags nach
2ö mittem tag von einem feld zü dem andern mit einem grossen
tremmel , den er auff der ach sein trüge , gienge und in ein
kleines weldlin käme, das alles von schönem [Aiijb]*) grönem
*) Holzschnitt: auf einer wiese liegen drei schlafende madchen,
im Hintergründe steht Cymon mit narrenkappe und stab = Boccaccio,
Cento novella, Strasaburg 1551 bl. 95 b.
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Cymon und Iphigenia, cap. 2 — 3.
239
laub bedecket was ; wann es war in dem mayen , da im das
gluck sein sinn hingefürt het. Da er hin ein grüne schone
wisen kam, die gantz mit hohen grünen felbern bedecket was,
und in dem an einem ort ein schöner frischer brunnen was.
Bey dem er ein auß dermassen schöne und züchtige jungfraw 5
ligen unnd schlaffen fand, welcher [Aiiij a] schneweisses klayd
also subtil was, das ir weisser leib darunder, als in bedaucht,
QU bedecket were und von der gürtel hinab von einem weissen
decklach verborgen war; und bey der jungfrauwen fuß ir zwo
magdt lagen, die zu irem dienst berayt waren. 10
Und da Cymon diser schönen jungfrawen war genominen,
nicht anders thet, als ob er frawen bild vor nie mehr gesehen
hett; sich an sein tremmel lainet, mit nichten geredt noch
ichts gesprochen mit grossem wunder und fleyß die schönen
jungfrawen ansähe. Und das grob unvernOnfftig hertz, darein 15
weder durch lehr noch keinerley anweysung adeliche tugent
konien noch die begreiffen mocht, auff die stund inn ihm
ein süsser gedanck erwachete, der ime zü wissen thet, wie das
die aller schönest jungfrauw diser gantzen weit were unnd die
ein lebendigs mensch mit äugen nie mehr gesehen hette. Und 20
anhöbe ruitt ihme selbst die grosse unaufisprech liehe lieb zü-
bedencken unnd die schöne ihres leibs auß zütheilen. Vonn
dem aller ersten ihr schönes haar lobet unnd zü dem goldt
gleichet, auch ir stirn , nasen unnd iren rosenfarben mundt
unnd besonder ir wolgeschickte prüstlin preyset ; in summa So
ihr sollich lob bey ihme selbst verlihe, das keiner frauwen
vonn einem mann nie verlihen warde.
Nun sihe zü, wie also gehlingen der unvernünfftig Cy-
mon, der von der groben bawren ar-[Aiiij b]beit unnd viech-
hüten erst war auffgestanden und also der liebe und schöne ao
ein gerechter richter und urthailer worden ist! Unnd ime ein
besonder willkomen was ir schöne äugen zü sehen, die auß
ursach ihres schweren schlaffs noch nit geöffnet waren. Damit
er sie hett sehen mögen, umb des willen er offternials willen
hett, sie auß irem süssen schlaff zü erwecken ; doch besorget 83
und zweyfel hett, (darumb das er sie schöner dann nie kein
frawen gesehen hette) sie ein göttin und nicht ein mensch
were. Und zü dieser stund sovil sinn empfangen hette, das
240
Martin Montanus.
er göttliche geschefffc urtheylen ward, als die mehr ehr wirdig
waren dann die weltlichen. Das ihn verhalten machet , biß
sie selbst erwachet. Und wiewol ihn das zft warten lang
daucht, doch von unwissenden empfangnen frewden von dan-
snen nicht kommen mochte, sonder also im verruckt an seinem
stecken lainen blib.
4.
Wie die schön jungfraw Iphigenia von dem schlaff
erwachet, Cymon sähe vor ir stöhn, mit dem redet
10 unnd ihne bath haim zü gehn.
Nun nicht lang vergieng, die junckfraw, die mit irem
nnmmen Iphigenia genennet was , ehe dann keine irer magt
erwachet, das haupt uff [Ava]*) hüb, und ire äugen sich öff-
neten, und den guten Cymon vor ir an seinem stecken lainen
15 sähe. Des sie gar fremhd daucht, doch zft ihme sprach : «Cy-
mon, guter knecht, was gehestu irr? Oder was gehestu su-
chen zü diser zeyt inn dem wilden walde ?'
Nun was Cymon umb seiner thorheyt willen von yeder-
man erkendt. Umb des willen der jnngfrawen [Avb] kein
20 antwort gab , sonder , da er ire äugen offen sähe , er sie mit
sclierptfe seiner äugen durchsähe; darauft in gehn daucht ein
liebliche süssigkeit, die ine erst aller unversuchter freud er-
füllet. Und da die jungfraw sein also scharpffs ansehen er-
sähe, zweyfeln ward und besorget, das ein solches ansehen ine
2ö villeicht zü unehrlichen Sachen nützet , darvon ir schandt be-
koraen möcht. Umb des willen ihren magten rüffet und von
dem schlaff wecket. Von dannen giengen und das Urlaub von
dem narren namen unnd sprachen: ,Wolan, Cymon, gesegen
dich gott! Wir wollen yetzunder haim gehn.1 Vermainten
ao sich also von Cymon abzüstelen.
♦
*) Derselbe holzscknitt wie bl. Aiijb: Cymon und die schlafen-
den miidchen.
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Cymon und
oap. 4—5.
241
5.
Wie Cymon der schöuen jungfrawen das gelaidt biß
zü ires vatters hauß gäbe.
Niin Cymon, der wol sähe, das die jungfraw forcht hette,
des halb sie sich begerten vonn ime abzuziehen und Urlaub .»
von im namen , der jungfrauwen bald antwort unnd sprach:
,Jungfraw, icb will mit euch gehn.4 Und wiewol sie sein ge-
sell schafft forcht und verdrossen was, doch darumb ine von
ir nicht bringen in och t, biß er sie in ires vatters hauß be-
laitet hett. io
Von dem er hairn in seins vatters haute gieng und
seinem vatter sprach: ,Lieber herr und vatter, ich will in
keinen weg mehr inn dem dorff bey den bauren wo-f AGaJnen.4
Weichs dem vatter , auch allem andern hautigesind , die sein
empfangene vernunöt noch nicht wisten, zu thün schwer was; \b
doch in bey in bleiben und stehn Hessen , ob sie doch ver-
nemen mochten, was die ursach were, das er sich so eylendts
verkert und von beurischem leben zu adelichen tilgenden ge-
keret wäre.
Nun het weder kunst, lehr noch tugent, als vor geschri- »>
ben ist, inn Cymons haupt nie gewolt ; aber von eignem ge-
müt, hertz und willen die stral der liebe in gantz verwunt
unnd ihme sein hertz besessen hetten, ursach der grossen schone
Iphigenia, die ihme gehling sein grobes gern 5t bekeret. Des
sich der vatter sampt allen freunden nicht gnfigsam verwun- ar,
deren mochten. Dann von erst Cymon an den vatter begeret,
das er ine seinen brfidern gleich klaiden wolt. Des der vat-
ter von hertzen fro und content was, ime besonder freud
bracht, da er vernam, das der sün wider zü sinnen was kom -
men, in kostlich den andern jungen herren gleich klaidet. :w
Mitt denen er spacieren gieng und sein freud hette, sich or-
denlich zü allem dem, so dem adel zügebürt, adelich schickt,
unnd auch züthün, was den grossen büiern und liebhabern zü
gehöret, mit grossem wunder aller deren, die sein kundtschalft
hetten. Und mehr, dann von keinem nie gesehen ward, sich :*5
16
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242
Martin Montanua,
beraitet und nicht allein in kurtzer zeyt die schlechten büch-
staben erlernet, sonder als der ein grosser raayster under an-
dern philosophen was, des [A6b] allein die liebe, die er zu der
jungfrawen Iphigenia trüge, ursach was. Nicht allein seine
o grobe geben! Warden adelich, sonder auch ein grosser maister
aller saittenspiel ; auch nicht allein mit reitteu , stechen und
brechen autf dem land groü lob hett, sonder auch in dem
meer ein daptler, weyli, behertzent mann was. Dann kurtz
abgeredt unnd damit ich nit sein jegliche tugent besonder er-
10 zelen dörffe, ehe vier jar vergangen waren seiner erst em-
pfangenen liebe, er der aller hüpschest, geradest und fürsich-
tigest jüngling mit mehr zucht und besonder tugent ward, der
in der insel Cipri was.
Nun wolan , was sollen wir von Cymon sagen? Ffirwar
13 wir nit änderst von ime sprechen mögen , dann das ime vou
oben herab in sein gemüt solche edle tugent sey eingesogen
und eingegossen wordeu, da in der neid der untugent, der un-
seligkeyt ein theyl seins hertzens mit starcken und vesten ban-
den gebunden und versperret het. Die selbigen herten bandt
20 von der edlen liebe alle gebrochen wurden , als die da mehr
sterck het dann der bola obgenandt neid und das edel schlaf-
fend gemüt erweckt hatt, das gar under einer grausammen
finsternus verborgen lag, auff das ihr macht und auch stercke
zü klarem liecht kern und beweisen möcht, wie und auch wa-
25 her sie die geist neme, die ir underthan sein.
Und wiewol Cymon der jüngling lieb het und in etlichen
Sachen, als gern der liebhaber gewon-[ A7ajheit ist, etwas sol-
cher lieb züvil thet und gethon , als maucher vatter seinem
sün nicht übersehen het, aber Aristippus, sein vatter, das alles
80 zü dem besten schetzet, wol gedacht, das ine solche liebe von
einem thier zü einem menschen gemacht hette ; darumb ime
alle sach verhenget und zü gab, ihne tröstet und stercket, dem
also nachzüfolgen. Und Cymon, der mit namraen genennet
was Galesus, nicht mehr also wolt genennet sein und das dar-
3ö umb, das er von der edlen jungfrawen Iphigenia bey dem nam-
men Cymon genennet und geruffet ward.
Und damit er seiner grossen lieb ein züchtig güt end
bringen mocht, er olftermals versuchen lieJi, ob Lipseus, der
Cymon und Iphigenia, cap. 5—6.
243
jungfrawen vatter, sie ime zü einem weib geben wolt. Aber
Lipseus antwortet, er het sie geben nnnd versprochen Pasi-
inonda, dem jungen edel man von Rodi , dem er seiner gelüb-
nuß nicht wolte zü ruck gehen. Des der güt Cymon auß
dermassen traurig ward ; gewölt hette , er bey dem bawren 0
im feld hüben were und des viehes gehütet hett.
6.
Wie Cynion sein aller liebste Iphigenia auff dem
meer raubet unnd mit ihme hinweg fürete.
[A7b] *) Und da nün die hochzeyt komen was, Pasimon- 10
das nach Iphigenia in Ciprum schicket. Da das der jung Cy-
mon veraam, sich etwas betrübet, das sein grosse liebe zü der
jungfrawen alle vergebens sein solte, ime gedacht und zü ime
selbst sprach : ,Nün ist kommen die zeyt der jungfrauwen
Iphigenia zü beweysen, ob ich sie lieb [A8a] hab oder nicht, ir»
Des ich pflichtig und schuldig zü thün binn; dann sie mich
von dem viehe genommen und zü einem lebendigen menschen
gemacht hatt. Und wo sie mir werden mag, ich mich ohn
zweyfel seliger sprechen mag weder etliche gotter und leben-
dige menschen auff diser erden. Und färwar sie mir werden 20
mü£, oder ich umb irent willen sterben und das leben verlie-
ren will.4 Also gesprochen in still und gehaim etliche junge
gesellen zü im ruffet, die umb hilff batte; bald ein galeen
nach aller notdurfft wapnen unnd zürüsten thet und sich auff
das meer machet, des schiffs zü warten, darauff Iphigenia gehn z>
Rodi faren solt.
Also nach etlichen empfangnen freuden von Iphigenia vat-
ter sich die geselschafft mit der neuwen braut auff das meer
füget, gehn Rodi heim zü faren, die spitz des schiffs gegen
nidergang der sonnen und Rodi werts kerent. Cymon, der des ;jo
schiffs stets wartet, an dem andern tag seiner außfart das
*
*) Holzschnitt: ein schiff mit aufgespanntem segel und sechs
männern, davor ein jüngling in einem kahne = Gento novella 1551
bL 21b und 83 b. 21 virlieren A.
16*
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Martin Montanus,
schiff' fibereylet, zö den er schrye: , Halten t still! Oder ir
sind alle des todts und raiist inn dem meer erdrincken.4 Das
schiff sich nicht sauinet, bald zü der wehr stellet, ire waffen
zu handt namen. Und die galeen den hacken in das schiff
.> warft" , das zü ir zohe, und mit gewalt Cyraon uff das schiff,
darinn die jungfraw was, stifte mit einem blossen schwert in
seiner handt gleich wie ein hungriger lew, alle, die darauf?
wareu , für nichten achtet unnd mit grossem blfttvergiessen
[A8b] under sein feinden umbgieng, nicht minder dann der
10 low under den schaffen thüt.
Da das die Rodianer sahen , zö handt ire waffen zfl der
erden warffen , alle einhelliglich sich Cyraon ergaben und ine
umb gnad, auch fristung ires lebens hatten. Zü der Cyruou
sprach: ,Ir jungen Rodianer, ihr sollent wissen, das mich
i;, weder neyd oder hass euch zflberauben mit gewapneter hand,
sonder mir ein grosse sach und euch ein kleine, des ich von
euch begeren binn, bezwungen hatt. Unnd das nfln wo! mit
dem schwert gewunnen hab, euch mir das züverleihen gar
kein m&h sein soll: das ist die jungfraw Iphigenia, die von
au mir ob allem diser weit ist lieb gehabt. Die mir von ihrem
vatter als eiu freundt unnd von euch mit friden nit werden
raocht. Darumb ich von hoher lieb bezwungen binn die zü-
iieminen , wie sie mir werden kan und mag, unnd euch mit
gewapneter handt Oberfallen habe. Darumb lassent sie mir
2;, mit friden und willig und fart ir hin in dem nammen gottes!4
7.
Wie Cymon mit seiner geraubten jungfrau wen gegen
der insel Creta keret, unnd wie sie schier von un-
gewitter erdruncken waren.
30 [Bja]*) Da die jungen Rodianer, mehr von gewalt, dann
von miltigkeit bezwungen, ime die jungfrawen williglich gaben.
*) Holzschnitt: ein scheiterndes schiff, ringsum schwimmen vier
menschen; vorn am ufer zwei reiter, im Hintergründe eine stadt —
Cento uovella 1551 bl. 27b und 32 b.
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Cymon und Ipbigenia, cap. 6—7.
245
Die er mit grossen freuden in seine arm empfieng und zu ir
sprach: ,Edle jungfrauw, tröstent euch unnd seit wol zumüt!
Ich binu ewer Cymon, der durch also langes liebhaben zu
euch ewer mehr wirdig binn dann f Bj b] Pasimondas, dem
allein ir durch versprechen geben worden sindt.' Nach disen
worten sie mit ime in sein galeen füret keinerley angerüret
und die Rodianer faren ließ.
Wer was baß zu müt dann der edel thewr jüngling Cy-
mon ? Freilich frölicher ward, dann kein mann auff erden nie
gewesen unnd der seins raubs frölicher ward dann Cymon. 10
Und da er nun die trawrige jungfrauw ires wainens und un-
uiüts getröstet hett, sich mit seinen gesellen, wie ime weiter
zu thüu were, berathschlaget. Da ward erkant, das nicht so
schnell wider inn Cipern zu faren were. Gegen der insel Creta
kerten, da ir yeglicher, besonder Cymon, ein grossen theyl 16
seiner gebornen freundt hette; und umb solcher kundtschafft
willen mit Iphigenia dar faren mainten umb mehr freyung
und Sicherung willen.
Aber das glück, das mit gnüg frölichem aig Cymon die
schone jungfraw verlihen hatt, im nicht beystendig was noch 20
gantz mainte mit trewen. In wenig stunden all sein freud
und kurtzweil in eyttel wainen und traurigkeit verkert ward
unnd des jungen gesellen überflüssige lieb in eittel trawren
setzet. Dann es waren uit gar vier stundt ' vergangen , da
Cymon die Rodianer gelassen hette und die finster nacht ko- Sj
men was, deren er mit grosser freud wartet, dann er keiner
nacht ye gewartet hett, in der ein grausam ungestüm wetter
und windt auffstünd, das den bimmel mit drüben gewolcken
unnd das meer mit [Bija] pestilentzischem windt biß in den
grundt betrübet, in solcher maß das kein mensch weder ge- ao
sehen noch vernemmen mocht, was zü thün were, noch die
schiffdiener auff iren füssen stehn mochten, ainicherley dienst
zü thün.
Ob sich Cymon eins solchen klaget, da frage niemand
nach. Dann da erschine nicht änderst, dann als ob alle gotter &
ime solcher schöner lieb unnd jungfrawen nicht vergünten,
unnd damit ime der todt schwerer were unnd sie solches inn
solcher form an ihme wolten rechen. Auch seine gesellen alle
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240
Martin Montanus,
unmutig waren, und die aller trawrigest, die under ihnen war,
das war die edel jungfrauw, die in irem klagen und waineu
zu tausent malen Cyraons unmessige lieb verfluchet und sein
grosses behertzent geiuüt vermaledeyet. Fürwar glaubt unnd
5 maint, dises grausamen gegenwertigen wetters niemandt anders
ursach were dann allein grosser Übermut, unnd die gotter ime
nicht vergünnen wolten, das er sie wider ihren willen besitzen
und haben solte unnd zu seinem hochtrabenden willen zu brau-
chen; umb des willen vergünten ihme solliches, damit er auch
10 schendtlichs tods vergehn solt. Ir auch offtermals den tod
wünschte, der ir doch vor den äugen schwebete.
8.
Wie die galee, daruff Cymon sass mit der schönen
jungfrawen, in die insel Rodi geworffen warde.
15 [Bij b] *) Nün inn solchem trawrigen leben die armen
Bchifleut stünden, und der starck hart wind sich stets mehret ;
darumb ir hoffnung klain was, niemandts wissen mocht, wo
sie waren. Hin und wider vonn dem windt getragen wurden,
doch zu letst ohn ir wissen wider in die insel Rodi kament,
20 da er die jungfraw genommen hette, aber [Biija] die insel
nicht erkenneten. Allen fleifi theten, ihre person und leben
zu retten, alle von dem schiff ab in das land sassen. In dem
inen das glück guten beystandt thet, das sie in ein kleine
porten der inseln getragen hett, in dem nicht lang darvor
25 auch die Rodianer, denen Iphigenia genomen was, komen wa-
ren; darbey sie erkandten, das sie in der insel Rodi waren.
Und da der tag angieng und der himmel sein liecht bracht
hette, sich auff ein armbrust schuß bei der Rodianer schiff
ungevorlich fanden. Des Cymon mit aller seiner geselschafft
:;o sehr erschrocken was unnd auch grosse sorg hett des, so ihme,
nicht lang vergieng, zu hand stiesse. Bald gebott, wie man
künt und mocht, das man sich auß der porten züge unnd sich
ehe dem glück dann den Rodianern befalhe; dann sie an kei-
*
*) Derselbe holzschnitt wie bl. A7b: schiff und kahn.
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Cymon und Iphigenia, cap. 7 — 9.
247
nem end erger stehn mochten als da. Und all ir sterck brauch-
ten auß der porten zü fahren; aber alle mühe unnd arbeit
waren verloren und was alles umb sunst. Dünn der heftig
starck windt sie alle zeyt wider zü ruck schlüge; darumb on
möglichen was hinauf zü kommen. Und nach lnnger mühe ■'-
und arbeyt mit gewalt der windt die galeen an das landt
schlug. Da wurden sie alle von den Rodianern gefangen, er-
kandt und gehn Rodis in gefencknuß gefüret; des die Ro-
dianer alle fro und wol zü müt waren,
Also es dem edlen herren Cymon mit seiner lieb ergienge. io
Und sein aller liebste Iphigenia, die [Biij b] er, nit lang was,
genommen hett, sie hie wider verlor, von der er nicht andere
freud genommen und empfangen hette dann allein etlich süß
halsen und küssen. Also Iphigenia in freuden außfür, von
etlichen edlen frawen zü Rodis empfangen ward, irer trübsal, 13
gefencknuÜ und müh den mehrern theyl getröstet. Bey den
selbigen frawen sie biß auff den benamten *tag der newen
hochzeyt blib.
Unnd den jungen Cymon mit sampt seinen gesellen umb
der redlichen freyheyt willen, die er des tags darvor, da er so
die Rodianer bestritt, mit inen begangen hett, und umb der
güten geselschafft willen, die er ihnen da hett bewisen, ihme
und allen seinen gesellen das leben sicherten, (als vor ge-
schriben ist, sie in keinen weg iren todt haben wolten) das
doch inen der new breutigam in all weg süchet zü nemen. s&
Und da das nicht gesein mocht, er den Cymon inn ewige ge-
fencknuß banuet. Darumb wol zü sorgen, er und seine ge-
sellen in grossen Ängsten , layd , pein und schmertzen sein
mochten, sich aller hofihung ewig verwegen hetten. Und Pasi-
niondas sein hochzeyt auffs beldest zürichtet ; den güten jungen ao
Cymon mitt seiner geselschafft im gefencknuß ligen Hessen.
9.
Wie Cymon durch hilff Horinisdas *) sampt seiner
geselschafft ledig gelassen waide.
*) lies: Lyaimachi.
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248
Martin MontaniiB,
[Biiija]*) Nün in solchem jamer und klagen der armen
gefangenen das glück sich wider zü in keret, rew und layd
irenthalben einpfienge, newe ursach ires bavls zü gab und
verhenget.
ö Es hette Pasimondas, der breutgain, ein bröder jünger
an dem alter, dann er was, aber nicht jünger an vernunfft
und sinnen, mit nammen ge-[Biiijb]nennet was Horroisdas,
dem man, gute zeyt was, ein edle jungfraw genant Casaandra
solt zü eynem weib geben haben. Die selbig jungfrauw ein
10 edelman von der stat bület find huldelt, genant Lysiinachus,
den sie vonn gantzem hertzen lieb hett unnd auch villeicht
irem willen zü dem seineu gehabt het. Nün Pasimondas sein
hochzeit und freud zü beraitet, wo! gedacht, die zwo freud mit
einer speiß man außrichten möchte. Das an Hormisda unnd
iö Cassandra freundt langen Hesse ; darzü sie willig unnd berait
waren, seitemal er Iphigenia zü kirchen füret, das Hormisdas
Cassandram auch füret.
Da das Lysimachus vernam, betrübet wardt biß inn den
todt, grosses layd unnd übel gefallen daran hatte; dann er
*) sich ihr entfrembdet sähe. Dann sein maynung was, das Hor-
misdas vorgenant sie nicht neramen solt, sonder er sie selbst
zu der göttlichen ehe haben wolt. Doch als ein weyser junger
sein trübsnl mit mit gedult vertrüg unnd mit ihme selbst be-
dencken ward, wie er das understehn unnd hindern möcht, da-
l>o mit solliche freud zerstöret würd. Aber keinen weg nicht ver-
name dann alleiu mitt gewalt. Unnd gewalt zü brauchen
ihme ein geringe sach was umb des ampts willen, das er zü
der zeyt hette (dann er was der statt richter); doch das zü
thün ine mehr unehrlich dann ehrlich dauchte. Doch nach
au langem bedencken unnd seynem fürnemen er der liebe den
weg gab, er the-[Bva]te recht oder unrecht. Ihm gantz füruain,
Cassandram, die dann mit dem Hormisda unnd dem vorgenanten
seinem brüder Pasimonda unnd Iphigenia seinem gemahel zü
kirchen wolten gehen, mit gewalt zü nemmen ; anhüb zü be-
*
*) Derselbe holzschnitt wie in Guiacardus und Sigistnunda
bl. Bj a : ein gefangener im türm, davor sitzen zwei wäcbter. 15 liea-
sen A.
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Cymon und Iphigenia, cap. 9.
249
dencken, was zü thün were, was geselschafft ihme darzü fug-
lich were, was weg unnd Ordnung er halten solte.
Inn solchem seinem bedencken ihme Cymon, den er mit
seiner geselschafft iun gefencknuß hette, inn gedancken kam,
wie er zü seinen Sachen nicht besser oder getrewer geselschafft ö
haben mochte dann Cymon. Unnd ihne desselben nachts auß
der gefencknuß in sein kammer kommen schaff, also zu inie
sprach: ,Cymon, zö gleicher weyß als die gotter dem men-
schen gute unnd milte geber sindt, also sie auch die Versucher
sin dt irer tugent unnd, die selben sie stet unnd fest finden 10
inn allen iren Sachen, die selben sie hoher und redlicher gab
wirdig machen. Die haben auch dich und dein tugent mit
mehr experients versuchen wollen (das inn deins vatters hauß,
den ich ein reichen henren erkenn, nicht hat sein mögen) und
dich, nachdem ich vernim, von erst mit iren brinnenden fackeln 15
der liebe von einem unvernünftigen thier zu einem fürsich-
tigen weysen mann bracht haben, darnach mit schwerem Un-
glück yetz vorhanden inn gefencknuß gethon haben. Und das
allein gethon haben, dich züversüchen, ob dein gemüt inn ge-
dult bestendig sey oder ob es [Bvb] sich, nach dem, unnd 20
nicht lang ist, du frölich wärest deins gewunnen ranbs hal-
ben, wider betrübt hab. Bistu nun der selbig noch, der du
gewesen bist, kein frSlicber ding dir von den göttern nie mehr
gegeben ward, als sie diryetzund zü schicken unnd berait haben.
,Unnd damit du dein verlornen trost unnd stercke wider 20
empfahest unnd von neuwem dein hertz inn frid setzest, ich
dich wol underrichten will, wie Pasimondas, der deins Scha-
dens so groß gefallen hatt und darzü auch ein fleissiger pro-
curator deins todts gewesen ist, der da mitt grosser eyl die
hochzeyt mit seiner Iphigenia zü beraittet und mitt deinem ao
raub sein freud dir zü layd zü haben vermaint, die dir ein
frölich glück geben unnd berait hatt unnd den [!] so gechling
wider nam. Das dir on zweyfel sol wehe thün, hastu änderst
liebe, wie ich maiu unnd wie ich das bey mir selbst bedenck
unnd erkenne. Dann mir nicht minder dann dir sollich un- *>
glück auff einen tag zü gestanden ist; dann der jung Hor-
misdas, Pasitnonde brüder, sich schicket mit meiner lieben
Cassandra, die ich ob alleu frauwen lieb hab, eben das auch
250
Martin Moutanus,
mir zü thün, das dir Pasimondas mit Iphigenia gethon hatt.
Unnd aber dem zü wider stehn unnd solche freud inn betrii-
bung zü setzen, ich keinen weg sihe noch erkenn dann allein
die'tugent unser bayder geniüt unnd stercke unser hand unnd
;» waffeu, die on zweyfel uns den weg geben wer-[B6a]den zü
dem andern raub unser bayder frawen, wiewol ich glaub, du
verzweyfelt habest die deinen nicht mehr zü sehen, wiewol die
wider zühaben dir besonder freud brecht.
,Darumb, Cymon, güter freundt, damit ich meiner ange-
iu fangenen matery nach kommen mog, die gätter mich des wegs
underricht und des weyß gemacht haben. Darumb bedenck
dich gar eben ! Dann gott hatt dir dein glück auff dise stundt
zugesandt/
Solche wort und red dem Cymon sein verlorne hoffnung
15 ein klein wider brachten. Mit kurtzen Worten zü Lisimacho,
dem amptman, sprach : ,Edler Lisimache, zü disen Sachen du
nicht sterckern noch festern getreuwern freundt unnd gesellen
dann mich haben magst, seitemal mir nachvolgen soll, als du
gesprochen hast. Darumb, was zü thün sey, laß mich wis-
20 sen ! Soltu sehen, ob ich nicht deinem und meinem willen
ein genügen thün wolle.*
Lysimachus sprach : ,Von heut Über drey tag bayde newe
breut von erst zü ihren mannen gehn werden. Da du mit
deinen gesellen unnd ich mit ettlichen meinen besten freunden,
25 so sich tag unnd nacht schayden unnd ir freud am besten ist
unnd zü tisch sitzen, wir sie mit gewapneter handt überfallen
wollen unnd mit gewalt bayd frauwen nemmen ; unnd alle, die
dem widerstehn wollen, von unsern banden den todt on alle
barmhertzigkeit empfahen sollen. So hab ich inn gehaim mein
30 groß schiff zü berait, sie darein zü füren und nach [B6b] uu-
serm willen von dannen, wo uns hin liebet, zü schiffen.4
Dise Ordnung dem edlen gefangenen Cymon groß gefallen
was ; unnd solcher zeyt züwarten, wider in gefencknuß ging,
damit er von niemandts vermerckt würde.
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Cymon and Iphigenia, cap. 9 — 10.
251
10.
Wie Cymon unnd Lisimachus die hochzeyt über-
fielen, die tisch zü bodeu wurffen nund die zwo
neuwe breut zü schiff schickten.
Nun der tag solcher hochzeyt kommen was, die hochzeyt •*>
mitt grosser herlicheyt, freud unnd schall zü beraitet ward ;
das häuft bayder brüder mit allen iren freunden vol was. Da
nun Lisimachum zeyt daucht , mit Cymon sein Ordnung gab,
und ir geselschafft in drey partheyen thailten. Die erst par-
they an die port des meeres schickten, damit inen der weg io
des schiffs nit vertretten würde. Doch vor Lysimachus die
gantze geselschafft , was zü thün were , underricht und mit
den zweyen theylen sich inn Pasimonda häuft auff die hoch-
zeyt füget. Unnd von den zweyen theylen das ein theyl an
der porten des häuft lieft, damit er in dem häuft nicht macht lo
verspert sein, unnd mit dem dritten theyl er und Cymon über
die stegen des häuft auff stigen inn den schonen saal, da die
zwo breut mit vil ander frawen unnd [B7a] mannen zü tisch
sassen. Da wurffen Cymon und Lisimachus die tisch zu boden,
und ein yeglicher die seine nam und seinen gesellen gab, inen 90
gebotten, das sie bald zü dem schiff eylten.
Des alle frauwen und mann erschracken, sonder die zwo
newen breut anhüben klaglichen zü waynen und ir layd
zü klagen, deft selben gleichen alle die, die mit inen waren ;
das gantz häuft was foll rumor und geschray. Cymon und 95
Lisimachus zü iren blossen sch werten griffen , inen den weg
über die stegen hinab weit machten, zü dem häuft auftgiengen.
In dem Pasimondas, der ein breutigam, mitt einem grossen
brigel züm rumor inen entgegen kam; dem Cymon an der
selben statt das leben nam, im sein haupt entzwey spielt. Dem au
Hormisda, sein brüder, zü hilff käme ; aber er schlüg in auch
zü todt. Unnd alle, die zü solchem rumor kamen, von Lisi-
macho und Cymon verloren entweders das leben oder wurden
zü ruck geschlagen; imm häuft unnd vor dem häuft alles mit
blut verdeckt was. Das mit jamer und kläglichen wainen
252
Martin Montanus,
Hessen also stehen, mit irem raub und schönen frauwen ohn
alle irrung in das schiff giengen.
Inn dem die porten des meers alle voll mit gewapnetem
volck gelauffen waren, aber ir lauffen und schreyen umb sonst
5 was. Zühandt das schiff die segel zohe; mit freuden die schö-
nen frauwen von dannen segelten, inn die insel Creta flohen.
Da sie von iren freunden ehrlich empfangen wurden, [B7b]
und bayd, Cymon und Lisimachus, yeglicber die seyn zü der
ehe nam; grosse freud unnd kostliche hochzeyt miteinander
10 hetten. In Cypri und Rodi das geschrey Ober die zwen mann
groß was. Doch nach etlicher vergangner zeyt die freund
mit einander sovil brauchten, das nach etlichen jaren Cymon
mit Iphigenia inn Cypri unnd Lisimachus mit Cassandra gehn
Rodi berüfft wurden, da sie lange zeyt mit freuden mitein-
i:> ander lebten.
Gedruckt zft Strasburg
in Knoblauchs Druckerey.
>
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Gartengesellschaft.
253
Das Ander theyl der
Garten gesellschafft.
In disem Büch
lin findt man gar vil schö-
ner, lustiger, kurtzweiliger vnnd s
schimpffiger Hystorien, beyde
au ff dem feld vnd heu-
sern, lustig zü
lesen.
Durch Martinum Mon w
tanum besehriben vnd in
druck geben.
Zü Strafsburg, durch Pall-
ium Messerschmidt.
*
Zeile 1, 3, 10 und 13 sind rot gedruckt. Die Schreibung in z. 3
(In) konnte oben nicht genau wiedergegeben werden.
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Gartengesellschaft, vorrede.
255
[Ajb] Ann den leser.
All die, so kurtzweil wollen haben,
Es seyen frawen oder knaben,
Inn gärtten oder auff dem veldt
Oder anch inn krieges gezelt,
Die kanffen diss buchlin, welches schon •'•
Und lastig ist, gantz wolgethon.
Es sagt von abenthürlichen sachen,
Das gewisslich einer mus lachen;
Wann schon einer wer halb dodt
Oder aunst steckt inn grosser not, 10
Das er nicht konte frolich sein,
Und einer less dis buchlin mein,
So vergiBst er als bald den unnult
Und würt erfült mit freuden gut.
Wann du auch yetz urdrützig bist \;>
Der schweren bftcher, die du lisst,
Oder sunst mit gschefften bist beladen,
So thut dich dis mein buchlin erlaben.
Kauff-es und liss es fleissiglich!
Fürwar es würt sehr nützen dich; üo
Es ist nicht narrenwerck und kinderspil,
Wie man sonst findt der bucher vi),
Die keinem menschen sind nicht nütz,
Sonder allein treiben unütz gschwetz,
Darinn kain freud noch kurtzweil ist, 2ö
Wie man inn meinem buchlin lisst.
Nicht das ich andere dardurch veracht
Oder mich allein hochtrabig macht
[Aija] Und andre darzu schetz nicht gfit,
Das trag ich nicht in meinem müt. :w
Dann vil schone buchlin sind geschriben,
Gegen den das mein würt überbliben;
256
Martin Montanu«,
Hiergegen man vil loser findt
Und die nicht werdt des druckens sindt,
Inn den kein kurtzweil ist verfasst,
Die man auch fast dem drucker lasst,
ö Dem mussens maclaturn bleiben.
Von den selben scribenten thu ich schreiben,
Damit werden vil buchlin verschlagen.
Die uff in vil kurtzweil tragen.
Nun bin ich des wol überhebt,
10 Das mir solchs werde auff gehebt ;
Dann ich allein die besten hab
Und, deren ich selb freuden trag,
Hieher gesetzt dem gmeinen man
Zu güt, das er auch künde han
i;> Vil frewd und kurtzweil mit lesen,
Damit vergess des teuflischen wesen
Ja, das das gm eine volck yetz treibt
Und an bescheid nichts überbleibt.
Vil besser ist, man lese mich,
20 Dann das man inn bossheit nbe sich,
Die man zu vil mir treiben thut
Inn biiberey unnd argem müt.
Kein biiberey will sein zu vil,
Man übt yetzt alle bose spil
S» Mit spilen, fressen und mit sauffen.
In hurey man thut umblauffen,
Gott und seiner heiigen man vergisst.
Sunst, wann man inn mein büchlin lisst,
[Aijb] So würt darinn doch gottes ermant
:*) Und auch gestrafft umb grosse schand.
Die man tiiglichs ziivil thut treiben
Mit rassleu, spilen und mit weiben.
Kurtzweylige stücklin sind darin,
Die warlich nicht zuwerffen hin.
ü. Aber hiegegen sind auch gesetzt,
Damit sich der mensch nicht verletzt,
Erschrockenliche cli'igliche historia;
Die selbig ich beschriben da
Neben den kurtzweyligen wolgethon,
40 Die ich nicht underwegen glon.
Darumb, mein freundtlicher lieber leser.
Desgleichen auch du zuhorer,
Nim hin die buchlin, liss mit fleis!
Mich nicht straffen würst, ich gwiss weis,
4:* Sonder stets dancksagen mir
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Gartengeae 11 schuft, cap. 1
257
Das ich so günstig bin gwesen dir
Und dir das büchlin hab gemacht.
Hab du allein daraoff gilt acht
Und volg im, wa es dir nagt gfit!
Wa nicht, so trag kein unniut 5
Darab ! Und wa auch etwas wer
Darin geschriben, das dich deucht wunderber
Und ungleublich, so ist es nit gesungen,
Das du es ziiglauben bist gezwungen,
Und hat die sach ein solchen bschaid: iu
Glaubsta nit, so bist darumb kein haid.
[la] Ein armer mann sagt zü seinen kindern, sie Söl-
ten den leuten die gänss lassen gehn.
Das erst capitel.
Einem armen mann wa* auff ein zeyt ein ganss züge- i;>
standen, die er vileicht kaufft, ehe sie feyl worden war. Und
als sie bereit war, und nün zü tisch sassen, begab sich, das
der mann, der die ganss verloren, ein argwon auff den armen
mann hett, für des armen manns fenster kam und horchet,
ob er sie doch höret die ganss essen oder darvon reden. Wie 20
solches der güt arm mann höret, sprach er zü seinen kindlin:
Rieben kindlin, essent das habermüss, bettendt und sind frunim
und lond den leuten ihre gans gehn, damit nicht über uns
zü klagen kum!1
Der güt mann , des die ganss was, solche red vor dem 20
fenster erhöret hett, heim zöge und zü seiner frawen sprach:
, Warlich der mann, auff den wir unser ganss halben ein arg-
won gehapt, ist unschuldig ; dann er seine kindlin so fein er-
manet, wie sie sollen den leuten die gänss gehn lassen und
ein habermüss darfür essen.4 Also blib dem armen mann die ao
ganss, unnd müst diser den schaden haben.
Montan us 17
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2f>8
Martin Montanns,
Fünff vatter unser beth ein fraw ihrem mann in
ein karnierlin und heist ihn damit gehn marckt gehu,
sie zü verkauften.
Cap. 2.
5 [lb] In einem dorff nahent bey Dinckelspübel sass ein
armer mann, der ein fraw unnd vil kleiner kinder und nichts
darzü hatt, dann was er täglicbs mit seiner sauren arbeit ge-
wann. Unnd eins mals saget die fraw zü ihme : ,Lieber bauss-
würt, es gehn alle unsere nachbauren gehn marckt, verkauf-
10 fent und kauffen, und wir allein bleiben daheim und verkauf-
fent nichts. Darumb will ich dir fünff vatter unser in ein
karnierlin betten. Mit den selbigen zeuch zü marckt und ver-
kauff sie, darnach kauff uns fleisch, das wir doch auch ein
mal ein fleischsuppen essen !4
K» Nün der güt mann zohe mitt seinem karnier unnd den
fünff vatter unsern gehn Dinckelspühel uff den marckt unnd
satzt sich zü andern bauren, die korn, saltz, schmaltz, kass,
ayer und anders feyl hatten. ' Wann er dann gefragt ward,
was er feyl hette, sprach er: ,Ich hab fünff vatter unser in
s» einem karnierlin feyl.4 Da nün yederman verkaufft hatt, sass
mein güter armer mann noch mit seinem carnierlin unnd den
fünff vatter unsern unnd kundt sie nicht verkauffen und so lang
sass, biss es für die metzger in der statt kam.
Nün die metzger, die auch zimlich güt spottvogel sindt,
2.) hienfür an den marckt giengen unnd den armen mann fragten,
was er doch im carnier feyl hette. Von dem ihnen als bald
geantwort warde: ,lch hab fünff vatter unser feyl.* Der ein
metzger hüb an unnd sprach: ,Wolan, kumm her! Ich will
dir als schwer fleisch für dein secklin geben, als schwer es
w ist.4 Des der bawr wol zü friden was , in die metzig gieng.
Der metzger legt das secklin auff die ein schüssel und fieng
an fleisch auff die ander schüssel zü legen, erstlichs zwey
pfundt, darnach vier pfundt. In summa, er legt auff hin bis
auff ein zentner; [2a] es wolt das secklin nicht hienwegen.
Er nam alles das gewicht, so in der metzig war, und legts
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Gartengeaellschaft, cap. 2—4
250
auff; das secklin war als schwerer. Letstlich, da sie nicht
gewicht genüg hetten, gaben sie dem bauren sein carnierlin foll
fleisch und Hessen ihn hienziehen.
Ein narr wainet, wann die sunn schinn, und lachet,
wann es regnet. *
Cap. 3.
Auff ein zeit was ein narr oder thor. Derselbig alle zeit,
wann es schön war und die sunn schinn, wainet und sich sehr
Obel gehüb, und wann es regnet und ungestüm wetter war,
so lachet er und frewet sich. Unnd wann ihn die leut fragten, io
warumb er lachet, wans wüst wetter wer, und wainet, wann
die sunn schinn, des sich doch yederman frewet, sprach er:
,.Ja, wann es schon ist, so möss ich sorgen, das es regnet;
darumb wain ich. Unnd wann es regnet, so nifiss ich warten,
wann schön wetter kumpt; darumb lach ich.4 15
Daher diss Sprichwort kumpt: Post nubila Phoebus.
Ein narr kaufft ein hafen mitt dreyen füssen und
stelt ihn auff den weg, heist ihn heim lauffen.
Cap. 4.
Ein arme fraw hett ein sün , den der müller auch mit 20
dem sack geschlagen hett; und uff ein zeit schicket sie ihn
in ein andern flecken gehn marckt, ein hafen und für ein
pfenning nadlen zükauffen.
Der güt narr zohe gehn marckt unnd kauffte ein hafen
mitt dreyen füssen und für ein pfenning nadlen, wie ihm sein
müter bevol-[2b]hen hette. Und als er ausshien gieng, begab
sich, das er zü einem füder hew kam, das in sein flecken für.
Der narr bald die nadlen nam, die inn das hew steckt unnd
sprach : ,Wolan, ir farent, so gang ich ; welchs will am ersten
daheim sein ?' Darnach den hafen nam, den auff den einen »)
weg setzet, er den andern gieng und sprach: ,Wolan, hafen,
du hast drey füfi und ich nür zwen; welches will am ersten
17*
260
Martin MontanuH,
daheim sein?' Damit den nechsten heim lieff, vermeint, sein
hafen und nadlen solten daheimen sein.
Und als der narr heim kam, fragt ihn die muter, wa er
das eiugekautfte ding hett, erzelt er ihr die sach, wie er ge-
5 handlet het. Davon die muter sehr zomig ward , selbst in
die statt zöge und anders kau ff t.
Ein schone history von einer frawen mitt zweyen
kindlin.
Cap. 5.
io Ein güter armer mann hett ein fraw, vonn deren er zwey
döchterlin hett. Und aber, ehe die selbige kindlin, deren das
kleinst Margretlin und das gröst Annelin hiess, erwachseu
waren, starb ihm die erste fraw, derhalb er ein andere naui.
Nun warff aber die selbig fraw ein neyd auff das Margretlin
!•> unnd hette gerne gewolt, das es todt were gewesen ; doch das-
selbig selbst umb zfibringen sie nicht güt daucht, und mit
listen zohe sie das alter meitlin an sich, das es ihr holdt und
der Schwester feindt warda.
Und eins mals begab sich, das die müter unnd die altist
2o dochter bey einander sassen und berhatschlagten, wie sie ihm
doch thün wolten, das sie des meitlins abkemen ; und be-
schlossen endtlich, das sie mit einander wolten in den waldt
gehn und das meitlin mit ihn [3a] nemmen, unnd in dem
wald wolten sie das meitlin verschicken, das es nicht mehr
25 zu ihn kummen künte.
Nün stunde das meitlin vor der stuben th&r und horte
alle die wort, so sein müter und Schwester wider es redten
unnd ursach zü seinem todt suchten, sehr betrübt was, ohn
alle ursach so jemerlich zü sterben und von den wolfen zer-
w rissen zü werden. Und also betrübt ging es zü seiner dotten
oder göttel, die es aus der tauff gehebt hette, und klaget ihr
die grosse untrew unnd tödtliche, mörderische urtheyl, über
sie von der Schwester unnd müter geschehen. ,Nun wolan\
8p räch die güt alt fraw, ,mein liebs kindt, dieweil dein sach
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Gartengesellachaft, oap. 5.
261
ein solche gestalt hatt, so gang hien und nim segmel und,
wann du deiner müter nachgehst, strewe es als vor dir anhien !
Wann sie hernacher schon von dir lauffen, so geh du dem
selbigen gespor nach, so kumstu wider heim.4
Die gut dochter thet, als ihr die alt fraw bevolhen hett. ö
Und wie sie hienauss in wald kam, setzt sich ihr müter nider
und zürn altera meidlin sagt: ,Kumb her, Annelin, unnd süch
mir ein lauss! So geht dieweil das Gretlin hien und klaubet
uns drey bürdin holtz; so wollen wir an disem ort sein war-
ten, darnach gehn wir mitt einander heim.4 10
Nün das güt arm döchterlin zohe hien und strewet als
vor ihm anhien das segmel (dann es wol wust, wie es ihm
gehn würde) und samlet drey bürdin holtz. Und als es die
gesamlet, nam es sie auff den kopff und trüg sie an das end,
da es sein stieffmüter und Schwester gelassen het. Als es aber lö
dar kam, fand es sie nicht ; doch seine drey büschlin auff dem
kopff behielt und seinem gemachten weg nach wider heim
zohe, die drey büschlin abwarff.
Und als es die müter ersähe, sprach sie züm meitlin:
,An-[3b]nelin, unser dochter ist wider kummen, und hat uns au
all unser kunst gefeiet. Darunib wollen wir morgen an ein
ander ort gehen und das meitlin aber von uns schicken; so
würt es nicht mehr mögen heim kummen, so sind wir her-
nacher sein ledig.4
Nün het das güt Margretlin abermals solche wort gehört, 20
wider zü seiner göttel lieff und ihr die handlung anzeigt.
,Wolan', sprach die fraw, ,ich sihe wol, das sie dir nach dei-
nem leben stellen und nicht rhü haben werden, biss sie dich
umbringen. Darumb so geh yetz hien und nim sprewer und
strew die abermals vor dir hien, wie du mit dem segmel ge- :w
thon hast ! So kanstu wider heim kummen.4
Als nün das meitlin wider heim kam, sagt sein müter:
, Kummet her, Gredtlin und Annelin! Wir wollen gehn in wald.4
Das alter meitlin, als das umb alle sach gar wol wust, auch
hilff und rhat darzü gethon hette, gantz frölich, aber Gredtlin %
hergegen gantz traurig hinauss zöge. Und als sie in wald
kamen, setzt sich die böss, arglistig, zernichtig fraw nider und
sagt züm Annelin: ,Kumm her, Annelin, und fahe mir ein
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262
Martin Montanus,
lauss! So gehet das Gredtlin hien und süchet dieweil yeg-
lichem ein bürde holtz ; darnach gehn wir wider heim.'
Das arm Gredtlin gieng hien und süchet holtz, unnd ehe
es wider kam, war sein müter und Schwester hienweg. Nön
o gieng das güt Gretlin mit seinem holtz den sprewern nach,
biss es wider heim kam. Unnd als es von seiner müter ge-
sehen ward, sagt sie zürn Annelin : ,Unser ellendt meitlin kumpt
wider. Nün wollen wir sehen, wie wir sein abkummen, und
solt es uns etwas gross kosten. Und wir wollen morgen wider
10 in wald ; da wollen wir sehen, das es dahinden bleib.4
Solche red das meitlin abermals gehört het-[4a]te und
zftiu dritten mal zu seiner basen gieng, die rhatsfraget, wie
es ihm doch thön solte. ,Nün wolan, liebs kindt4, sagt die
fraw, ,so geh hien und nim hanffsamen, sähe den als vor dir
iö anhien, darnach geh dem selbigen nach wider heim !*
Das güt meitlin zöge abermals mit seiner müter uud
Schwester in den wald und säet den hanffsamen vor hien. Nün
sagt die müter abermals, wie sie vor zwey mal gesagt hette:
, Annelin, süch mir ein lauss! So müss das Gretlin holtz suchen.4
a> Das arm Gretlin zohe hien und süchet holtz, gedacht: ,Bin
ich vor zwey mal wider heimkummen, so will ich das dritt
mal auch wider heimkummen.4 Und als es das holtz gesucht
und wider an das ort kam, da es sein müter gelassen, waren
sie aber hienweg. Und als das arm meitlin seinem weg nach
26 wolte heim gehn, da hetten die vogel den samen allensammen
auffgefressen. Ach gott, wer was trauriger dann das arm
meitlin! Den gantzen tag im wald umblieff zü wainen und
schreyen und gott sein laid züklagen, kein weg finden knnt,
dardurch es möchte auss dem wald kummen, auch so ferr in
w wald hienein kummen was, da ohne zweifei nie kein mensch
gewesen. Als nün der abent herzü kam und das arm verlassen
meitlin an aller hilff verzweyflet hette, stig es auff ein sehr
hohen bäum zü besichtigen, ob es doch yergent ein statt, dorff
oder haiiss ersehen möcbt, darein es gienge, damit es nicht
£> also jiimerlich den wilden thieren zür speyss gegeben würde.
Inn solchem nmbsehen sich begab, das es ein kleins reuchlin
ersähe; behend ab dem bäum stige und dem selbigen rauch
zügin ge und in wenig stunden an das ort käme, da dann der
Gartengeaellschaft, cap. 5.
263
rauch aussginge. Das war ein kleines heusslin, dar[4b]inn
niemants wouet dann nür ein erdkülin.
Das meitlin kam fürs thurlin und klopftet an, begert,
man solte es einlassen. Das erdtkülin antwort: ,Ich lass dich
warlich nicht herein, du verheissest mir dann, dein lebtag bey 5
mir zü bleiben und mich nimmermehr zuvermeren/ Welches
ime das meitlin gelobt, und alsbald ward es von dem erdt-
külin eingelassen. Und das erdtkülin sagt: ,Wolan, du darffst
nichts thün weder eben mich des abents und morgens melcken.
Darnach issestu die selbig milch vonn mir , so will ich dir iu
seiden und sammat genüg zutragen ; darvon mach dir schone
kleyder, wie du sie begerest ! Gedenck aber unnd sihe, das du
mich nicht vermerest! Wann schon deine eigne Schwester zü
dir kumpt, so lass sie nicht herein, damit ich nicht verrhaten
werd, das ich an disem end sey ! Sunst hett ich das leben 15
verloren.1 — Nach solchen worten au sein waid gieng und
dem meitlin des abents, wann es heim kam, seiden und sam-
mat bracht, darvon sich das gut Gredtlin so schon kleidet,
das es sich wol einer fürstiu hett vergleichen mögen.
Als sie nün biss in das ander jar also bey einander ge- 80
west waren, begab sich, das dem grossem meitlin, so daheim
bliben war unnd das jung Gredtlin, sein schwesterliu, ohn alle
schuld het heißen in das eilend verjagen, in gedancken kam
unnd gedencken warde, wie es doch seinem schwesterlin gehn
mochte, das sie hett helffen ins eilend verjagen ; kläglich an- 25
hüb zü wainen und die grosse untrew zü bedenckeu, die sie
ihr ohn alle schuld bewisen hett. In summa, in ein solchen
rewen kam, das sie nicht mehr bleibeu kundt oder mocht,
sunder sehen wolt, ob sie doch yergent ein beinlin von seinem
schwesterlin finden mocht, damit sie dassel[5a]big heim trüge
und es in ehren hielte.
Und eins tags sie morgens frü hienauss in wald ging und
süchte und sollich süchen mit kläglichem wainen so lang trib,
biss sie sich im wald gantz und gar vergangen und verirret
het und nün die finster nacht ihr auff dem halss lag. Wer Bs
was da trauriger dann das Annelin? Erst gedencken ward,
es solches wol an seiner Schwester verdienet hette, kläglich
wainet, gott umb gnad unnd Verzeihung anrüffet und hatte.
2H4
Martin Montanus,
Doch war da nicht lang zü warten oder zu klagen, sonder den
nechsten auff ein sehr hohen bäum stig, zü besichtigen, ob
es doch yergent ein haus sehen möcht, darinn es über nacht
blibe, damit es nicht also jamerlich von den wilden thieren
5 zerrissen wurde. Und in solchem umbsehen ersähe es ein
rauch aus dem heusslin gehn, darinn sein Schwester war; von
stundan dem hauss zü nahet, nicht änderst meinet, dann es
eines hirten oder waldtbrüders heusslin were.
Und als es zü dem hauss kam, klopffet es an; da es bald
lovonn seiner Schwester, wer da were, gefragt ward. ,Ey\
sprach das Annelin, ,ich binn ein armes meitlin unnd in dem
wald verirret unnd bitte, das man mich durch gottes willen
über nacht behalte.' Das Gretlin sähe durch ein speltlin ausser
und erkante, das es sein untrewe Schwester was, bald anhüb
15 und sprach: , Warlich, liebs meitlin, ich darff dich nicht herein
lassen ; dann es mir verbotten ist. Wann sunst mein herr
kern und ich yemandts frembds bette einher gelassen, so würd
er mich schlagen. Darumb ziehe fürt !4 Das arm meitlin wolt
sich nicht lassen abreden noch vertreiben, sunder mit bitten
20 seinem unerkanten schwesterlin anlag, das es ihm die thür
auffthet und hienein Hess. [5b]
Und als es hienein kam, erkant es sein Schwester, fieog
an haiss zü wainen und gott zü loben, das sie es noch lebendig
funden hett, nider auff seine knu fiel unnd es batt, das es
25 ihme verzeihen solt alles das , so es wider sie gethan. Dar-
nach sie freuntlich batt, das es ihr doch sagen wolt, wer bey
ihm wer, das es so schon und wol gekleydet ginge. Das güt
Gretlin, dem verbotten war zü sagen, bey wem es were, inan-
cherley aussred erfand und herfür zohe; dann ein mal sagt
*o es, es wer bey einem wolff, das andermal, bey einem beren.
Welches alles das Annelin nicht glauben wolt, dem Gredtlin,
seinem schwesterlin, süss züredet, ihr die warheit zü sagen.
Und das meitlin auch (wie dann aller weiber brauch und ge-
wonheit ist, das sie mehr sch wetzen, weder ihn bevolhen ist)
35 sehr klaffig war und zü seinem schwesterlin sagt : ,Ich binn
bey einem erdtkülin. Aber lüg, verrhat mich nicht!4
Als solches das Annelin höret, welches seiner untrew an
der Schwester noch kein genügen gethon het , bald sagt :
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GartengeBellschaft, cap. 5.
265
,Wolan, für mich wider auff den rechten weg, damit ich heim
kämme!4 Welches das Gretlin bald thet. Unnd da mein güts
Annelin heimkäme, sagt es seiner müter, wie sie ihr Schwester
bey einem erdtkulin fanden hette, und wie es so köstlich ge-
kleidet ginge. ,Wolan4, sprach die müter, so wollen wir die 5
zükunfftig wochen hienauss ziehen und das erdtkülin sampt
dem Gretlin heimfuren ; so wollen wir das kfilin metzgen und
essen/
Solches alles das erdtkulin wol wust; und als es des
a beute spat heim kam , sagt es wainendt zürn meitlin : ,Ach, 10
ach mein aller liebsts Gredtlin, was hastu gethon, das du dein
falsche Schwester hast eingelassen und ir gesagt, bey [6a] wem
du bist? Unnd nün sihe, dein zernichte müter und Schwester
werden die zükünfftig wochen herauss kämmen und mich und
dich heimfüren. Mich werden sie metzgen und essen , dich 15
aber bey ihn behalten , da du übler gehalten wärst dann
vor nie/
Nach solchen reden sich so kläglich stellt, das das arm
meitlin anfieng zü wainen und vor traurigkeit vermeint zü ster-
ben, sehr gerewen ward, das es sein schwester hett eingelassen, ao
Doch tröstet es das erdtkulin und sprach : ,Nün wolan, liebs
meitlin, dieweil es ye geschehen ist, so kan es nicht wider
zurück getriben werden. Darumb thu ihm also! Wann mich
der metzger yetz geschlagen hat, so stand und waine ! Wann
er dich dann fraget, was du wilt , so sprich : Ich wolt gern &
meins kölins schwantz. Den würt er dir geben. Wann du
den hast, so fahe aber an zu wainen und beger das ein horn
vonn mir! Wann du dasselbig auch hast, so waine aber!
Wann man dich dann fragt, was du wilt, so sprich : Ich wolt
gern meins kfilins schulin. Wann du den hast, so geh hien so
unnd setz den schwantz inn die erden, auff den schwantz das
horn, unnd auff das horn setz das schülin und geh nicht darzü
biss an dritten tag! Und am dritten tag würt ein bäum dar-
auss worden sein; der selbig würt summer und winter die
scbönisten öpffel tragen, die ein mann ye gesehen hatt. Unnd 36
niemants würt sie künden abbrechen dann du allein , unnd
durch den selbigen bäum würstu wider zü einer grossen, mech-
tigen frawen werden.4
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266
Martin Montanue,
Als man nün das külin schlachtet, stund das Margredtlin
und begeret die ding alle, wie ihm sein külin bevolhen hett,
die ihme auch geben Warden. Unnd es ging [6b] hien, steckets
in die erden, und am dritten tag war ein schöner bäum dar-
:> auss gewachsen.
Nun begab sich, das ein gewaltiger herr für ritte; der
selbig sein sün mit ihm fürte, der das fieber oder kalt wehe
hatte. Und als der sün die schönen öpffel sähe, sprach er:
,Mein herr vatter, lassen mir öpffel bringen von disem bäum !
10 Mir ist, ich würde gesundt darvon werden.4 Der herr von
stundan rüffet, man solt ihm öpffel bringen, er wolt sie thewr
genüg bezalen.
Die alter dochter den nechsten zürn bäum gieug und öpffel
darvon brechen wolt. Da zogen sich die äst allesamiuen in
15 die höhe, also das sie kein erlangen mocht. Da riifft sie der
müter und sprach, sie solte öpffel abbrechen und sie dem her-
ren geben. Als aber die arge fraw öpffel abbrechen wolt, zo-
gen sich die ast noch vil höher auff; welches der herr alles
wol gesehen hett, sich hefftig verwundert,
au Und letstlich kam das Margredtlin zürn bäum , öpffel zü
brechen, zü welchem sich die ast neigten unnd es willig öpffel
abbrechen liessen; welches den herren noch vil mehr verwun-
dert, und meinet, sie vileicht ein heylige fraw were, sie be-
rüfft unnd sie des Wunders fraget. Dem die gut dochter die
gantz handlung , was sich ihrer müter , Schwester und des
erdtkülins halben verloffen hett, von anfang biss zü end an-
zeiget.
Der herr, als er die sach vernummen hett, die junckfraw
fraget, ob sie mitt ihme darvon wolt. Welches die güt doch-
:jo ter wol zü friden was, ihren bäum aussgrüb und sich sampt
irem vatter zü dem herren auff den wagen setzt; von dem sie
freuntlich und ehrlich empfangen wurden, hienfüren unnd ihr
schalckhafftige müter und Schwester sitzen liessen.
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GartengesellBchaft, cap. 6.
267
[7a] Ein fraw sagt, ihr man het zwey eyer gelegt.
Cap. 6.
Kein mann solt sein, er solte sein weib probieren, ob sie
rainen mund kond halten oder nit, damit er sich wüste vor
ihr züh fiten. Dann kein böserer teufel ist dann ein weib, be- ö
vorab gegen ihrem mann, wann sie es nicht mit trewen mit
im meinet. Ey , wie listig kan sie dem man sein haimlich
Sachen aberforschen! Wan er dann hernaher sie nuhr ein
wenig krumbs ansieht, so laufft sie hinaus und verleugt den
man gegen yederman auffs höchst, und wo sie ihn kond oder io
möcht umb ehr und glimpff bringen, so thet sie es. 0, da
gehurt gut bengel kraut zu, dapffer drauff geschlagen, das die
fuueken darvon stüben. Es geschieht aber etwan manchem
dolpel recht; es solt einer vorhin probieren sein arges weib,
und wann er sie gerecht findt, so soll er ihr vertrawen und IS
sie ehrlich und wol halten. Dann ein fromb ist nicht zu be-
zalen, aber ein arges weib ist nicht genüg zu straffen.
Uff ein zeit ist ein man gewesen , der selbig bette auch
gern gewisst, wie from und verschwigen sein fraw were. Und
eins morgens frii , als er auff gestanden , berufft er sein fraw 20
und sprach : ,0 mein aller liebstes weib , ich wolt dir gern
etwas haimlichs sagen, wan du nuhr verschwigen werest und
es niemandt sagtest; dann ich vertraw dir als meinem aignen
leib.1 — ,Ach lieber man4, sprach die fraw, ,was wiltu mir
dan sagen ? Vertraw mir gwisslich ! Dann ich mich ehe selbst 25
in ein finger beissen wolt, ehe ich dich in einichem ding ver-
meret/ — ,Ach mein liebe haussfraw4, sagt der man, ,so hab
ich die yetz vergangen nacht ein ey [7b] gelegt, und ich weis
nicht, was es bedeut. Darumb, liebe haussfraw, vermeld mich
nicht ! Es dörfft mir sunst schad darvon züston.4 ao
Die fraw schwör hoch und theur, sie wolt es nicht sagen,
und doch nicht erwarten mocht, bis das sie hinaus kam, son-
der, als ihr nachbeurin eine ein fewr holet, sprach sie: ,0
weh, liebe gefatter, was soll ich euch Wunders sagen ! Dann
mein man hat heint nacht zwey eyer gelegt. Aber lügen, sa-
268
Martin Montanup,
gends niemantsf Die gefatter zog hin und sagt zu einer an-
dern frawen, wie ihr gefatter drey eyer gelegt hett. Je es
sagts eine der andern, bis das es wol acht oder neun eyer
wurden.
5 Letstlich kam es dem man für. Der sagt zü seiner frawen t
, Warlich, fraw, du bist verschwigen gewesst; und ich sihe
wol, wann es etwas namhafftigers antreffe, so würstu die sein,
die mir mein unfahl mehret. So vertrawe dir der teufel !4 Sie
übel schlug und hemacher nichts mehr vertrawet.
10 Ein edelmann verbot seiner frawen , sie solt nicht
auff den grossen englischen hundt sitzen.
Cap. 7.
Ein edelmann reit uff ein zeit über veld mit seinem knecht;
und als er fehr von dem schlos kam, warff er den gaul her-
15 umb und sprach zü seinem knecht: ,Haintz, ich hab etwas
vergessen4. — Juncker, was?1 — ,Ey, du müst wider hinder-
sich reyten und zü meiner frawen sagen, das sie gedenck und
nicht auff den grossen engelischen hundt sitze.1 — ,Warlich,
juncker4, sagt der knecht, ,ich thet es nicht. Dann was man
20 den weybern verbeut, das thünd sie erst.1 — ,Ey, reyt hinein4,
sagt der edelman, ,so waisst sie sich zü hüten.4
Nün der knecht reit hinein, da er bald von der frawen
gefragt [8a] ward, was er wolt. ,Ey4, sprach er, ,der juncker
hat gesagt, ihr solt nicht uff den grossen engelischen hund
2j sitzen.4 — ,Ja, lieber Haintz4, sagt die fraw, ,reyt hin und
sag zum Junckern, du seyest hie gewesen !4 — Der knecht reit
hin, wol wisst, das die fraw nicht wtird underlassen, sonder
auff den hund sitzen, zum junckern sprach, er hett es zü der
frawen gesagt.
;w Nün gedacht die fraw : ,Was kan doch der hund , das
dir der juncker erst ein botten nach geschickt hat? Es würt
gewisslich etwas besonders sein. Ich will gon sehen und auff
in sitzen/ Mit dem hin zü gieng und auff den hund sass.
Aber der hund, der sollichen schimpf nicht vertragen mocht,
Gartengesellschaft, cap. 7. 260
die fraw gar hefftig in die hand schedigt; und wo man ihr
nicht zü hilf were körnen, het er sie vileicht gar umbracht.
Da der edelman heim käme und sein weih also gesche-
digt fände, fragt er sie, wer ihr gethon het. ,Ey\ sprach
sie, ,ewer hund hat mich gebissen1. — ,Hat aber der knecht .»
dir nicht bevolhen, das du des hunds müssig gangest?1 —
,Ja4, sagt die fraw, ,er hat mirs bevolhen.4 Als solches der
knecht hört, drat er herfür und sprach: ,Sagt ichs euch nit,
juncker, ihr solts underwegen lassen und ihr nichts entbieten?
Dan der frawen gewonheit ist, wan man in etwas verbeut, 10
so thund sie es erst.4 — ,Ist war, lieber Haintz4, sagt der
juncker, ,het ich dir gevolgt, so wer raein fraw gesund.4 Und
wann er hernaher aus reit, verbot er ihr nichts mehr.
Es ist ein teufelisch thier umb ein weib : wan man in
ein ding verbeut, so thund sies erst. Aber ich kan gedencken, ir»
das es ein angeerbt böse, gifftige natur ist. Dann Eva, als
ihr gott verbot den apfFel züessen , gieng sie hin und ass in.
Was aber das nicht ein grosse sünd ? Noch was es nicht gnüg,
sonder sie gab auch Adam darvon zü essen, [8b] dardurch er
auch zu fahl bracht warde. Diser gros fahl hat uns all in
ewige verdamnus bracht, wann nicht got seinen eingebornen
sün Jhesum Christum in dise weit geschickt het, der uns wi-
der vom todt erlösst und huld beim vatter erworben het, da-
mit wir nicht immer unnd ewiglich verloren weren. Sihe,
solch güts kumpt aus der weyber unbestendigkeit. Ach was ssi
grosses Übels, mordts und unrüh von weibern entstanden
sehen, lesen und hören wir laider nuhr züvil! Und will auch
noch kein end haben, sunder ye lenger ye erger, und bleiben
würt bis zü end der weit. Wolte gott, ich lüge! Aber man
sichts laider wol ja züvil. Derhalb ich nicht mag gestrafft so
werden. Ein yeder ziehe sein weib zür forcht gottes; darfT
dannocht glück, das es wol gerath.
Dein weib das soltu ehrlich ziehen,
Und lehr sie allen mütwill fliehen,
Zör kircben heis sie embsig gon. &">
Nicht lass sie lang am niarckt ston
Bey alten weibern, die kuplerin sind,
Ja die verfüren manch 8 bidermans kind
Und sie mit gaben bringen darzft,
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270
Martin Montanus,
Das sie hand weder rast noch rhu
Bey ihren mannen und gond auff steltzen!
Dan frembde speis die ist in seltzen
Und werden gar verwent darvon.
■t Darnach wend sie kein g&ts mehr thftn
Da heimen ihren frummen mannen.
Solches lasten mfls sich einer schämen;
Wa solches kumpt under die leut,
Bald mit eim finger man auff in deut [9a]
Und spricht: ,Schaw zft, das ist der man,
. Des fraw all nacht thfit schlecken gan.' —
O, darzS brauch gftt bengel kraut
Und reibs ihr dapffer umb die haut,
Ellenbogen stos brauch auch darbej!
15 Darmit zembst du dein weib frey,
Das sie hernach werd ghorsam dir.
Es hilfft, das soltu glauben mir.
Uff einem schloss sas ein edelman, der verbot sei-
nen underthonen, das sie an keinem feyrtag solten
20 arbeiten.
Cap. 8.
Ein edelman het ein schloss uff einem berg ligen und
unden am berg ein dorff, daraus er gewonlich sein einkommen
hette. Er strafft auch die bauren dermassen, das in die scbwart
25 krachet ; und es mocht einer leicht ein krummen drit thfin,
er müst in thurn und hart darzü gestrafft werden ; dann der
edelman alles das sähe vom schloss herab, was man im dorff
thet. Nün hett der edelman auff ein zeit aber kein gelt oder
ist zü karg gewesen, das er keins hat mögen aussgeben, oder
ao wie die sach ein gestalt hatt gehabt; ye er lies ein gebott
aussgehn, welcher in seinem flecken an einem feyrtag, er
were gleich wie er wölte, arbeitet, den wolt er an leib und
gut straffen.
Ach gott, die guten leut nicht alle feyrtag wusteu und
a>im vil dardurch ins netz fielen. Letstlich war ein zimmer-
man, ein verwegner junger lediger gesell ; der selbig gedacht :
,Nun will ich dem edelman zükummen oder mein leben da-
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Gartengeselachaft, cap. 8.
271
hiuden lassen.4 Und an einem schlechten [9b] ungebauten
feyrtag gieng er an ziramerblatz und fieng an zu zimmern.
Welches der edelmann bald ersehen het, eylents on einichen
knecht den berg herab auff den zimmerplatz lieff unnd den
guten gesellen zornigklich ansprach und sagt: ,Waistu nicht, 5
was ich verbotten hab? Und ich sihe wol, du achtest meins
gebots wenig. Darumb gehe eylents und bald mit mir auff
mein schloss, da du mein gefangner sein wärst !'
Nün der jung, der schier genäg zechet het, bald sein axt
inn die händ nam, dem edelman under äugen drat und sprach: io
,Das dich botz tausent sack foll enten sehend, als unflats ! Du
unnd dein Schreiber sitzen die gantze wochen, gott geb es sey
feyrtag oder nicht, auff dem schloss unnd schreiben und ver-
dienen inn einer stund mehr dann ich ein gantzen monat. Und
du woltest mir an solchen leppischen feyrtagen verbieten zü 10
arbeiten und • mein brodt im schwaiss Zugewinnen ! Das dich
botz tausent über und über sehend, wehr dich mein, als lieb
dir leib und leben sey !4 Mit dem uff den edelman dar schlug.
Aber der edelman, dem fliehen bass thet dann sich wehren,
redlich fersen gelt gab unnd dem schloss zü eylet; unnd der 20
zimmerman sich, so beldest er mocht, d rollet und des edel-
mans nicht erwarten wolt, wol gedacht, kern er ihm in die
her, er müst ein hüt foll fleisch dahinden lassen.
Man findt manchen oberherren, wau er kondt den under-
thonen das marck aus den beinen saugen, er thet es ; und ge- 20
dencken nicht, wann sie die underthonen schon gar verderben,
das sie auch verdorben sind» Dan was soll ein herr, wan er
keine underthonen hat? Er kan kein herr geschetzt werden.
Also ist das auch, wan ein herr oder edel- [10a] man seine
underthonen schon gar verderbt, so kernend sie im ye nichts
mehr geben und werden vil mehr zü ungehorsam bewegt dan
zü gehorsamkeit; kumpt etwan dazü, das die underthonen ein
solchen herren und tyrannen zü todt schlagen oder zum land
aus jagen. Ich habs erlebt, das ein gantzer fleck züsamen ge-
thon und ihres herren tyranney nicht haben erleiden mögen, &>
ausgewesen und under ein andern herren mit leib und güt
zogen sind. Darnach hat derselbig graf gross bitt und ver-
heissung an die gedachten underthonen anlegen müssen, da-
272
Martin Montanus,
mit sie wider under inen zogen sind. Sihe da, solchen lohn
gibt es; es kumpt nichts güts daraus, ja vil mer mörderey
und anders. Es sind vil büchlin wider solche tyrannen ge-
schriben ; wolte gott, sie lesens recht und theten darnach, so
;> würde es besser inn der weit ston, unnd auch grossem lohn
von gott empfahen dan uff solche weys. Ich wils nicht fast
bereden, es mocht mir sunst schad darvon komen ; dan nicht
güt mit solchen herren zü schertzen oder inn schilt zü reden
ist. Derhalb ichs wil bleiben lassen. Ein yeglichs thüe, das
10 es vertraw umb gott züverantworten.
Ein baur het ein sün ; den wolt er auch studieren lassen,
wann in nür das gelt nit thauret. Und eins mals lüd der
15 baur ein wagen mit holtz und satzt sein sün darauff und wolt
in inn die stat uff die hohen schüh oder pantoflen füren. Und
wie er hinein kam, lies er den wagen auff dem marckt ston
und gieng mit dem knaben zü dem [10b] schülmeister und
sprach: ,Herr schülmeister, ich wolt gern, das ihr aus niei-
20 nem sün machtet, das man auch das hutlin vor im abzüge.'
Der Schulmeister sähe bald, was er für ein künden underhan-
den het, zum bauren sprach: ,Lieber baur, wie gern hettend
ihr ihn also?1 Der baur sprach: ,Ich hab ein wagen mit
holtz, biss ich den selbigen verkauf!', so will ich in wider ha-
25 ben.4 — ,0 lieber baur4, sagt der schülmeister, ,so bald kan
ich kein herren aus im machen ; aber über ein jar oder zwölffe
mocht etwas geschehen. Du müst aber vil roter guldin ha-
ben.1 — ,0', sagt der baur, .so lang mag ich nicht warten.4
Sein sün wider nani unnd sagt, er must ein baur bleiben.
30 Gelt begert eins bauren sün ann sein vatter.
Cap. 10.
Ein baur hett ein sün studieren. Der selbig im auch ein
Ein baur fürt sein sün auff die schül.
Cap. 9.
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Gartengesellachaft, cap. 9—10. 278
wüst loch in seckel macht und die roten pfenning dapffer ausser
bliess und doch nichts studiert; dann es der vatter nicht ver-
stund. Und uff ein zeyt kam der sün wider heim unnd wolt
mehr gelt holeu. Den guten man schier die grosse Vergeu-
dung seines süus verdriessen ward und auch seinem seckel :>
schier züvil gewesen.
Und eins tags lüd er mist, da stünde der sün vor der
thüren unnd sähe im zu. Da sagt der vatter : ,Sün , was
haisst ein gabel ?4 Antwurt der sün : ,Gäbelinum\ — ,Was
haisst mist?4 Antwurt: ,Mistelinum4. — ,VVas heisst ein wa- 10
gen?4 Antwurt: ,Wagelinuin4. — ,Ey', sagt der vatter, ,so
nim inn thausent teufel namen das gäbelinum und würf das
mistelinum uff das wagelinum!4 Dem [IIa] sün die mistgabel
inn die hand gab und sprach : ,Das sey fürthin dein schreib-
feder, und lass studieren studieren sein!' 10
Man findt manchen sün, könt er seinen vatter unnd ge-
schwisterigen gar verderben und berauben, so thet ers und
gedenckt nicht, das in sein vatter von seins nutz wegen da-
hien verordnet hat. ,Ja4, sprechen sie, ,mein vatter verstets
nit; ich kan im wol das sues durchs maul streichen. Wann ao
ich ime als verthü, so will ich ein langen spiess über die
achsel nemen , ander leuthen das ihr rauben, vil witwen und
waisen helffen machen, junckfrawen sehenden und alle böse
stuck üben. Kuiupt darnach einer und scheusst ein kugel
durch mich, so bin ich der marter ab und darff nicht sorgen, ar.
das ich lang auff dem beth zü streben lig.4 — 0 , da würt
der teufel güt kirchweyhe haben, da lachent sie alle. Ach,
ach , was gedencken solche leuth ! Ich glaub , sie glauben
nicht, dass ein hell sey ; ich acht, sie glaubend nicht, das ein
jüngst gericht sey, sie mercken uff kein teufel nicht. Wann:«»
aber gott körnen würt unnd sagen: ,VVa sind solche bose
hüben ?4, da würd es kappen geben, da würt man wollen, man
were frumb gewesen ; aber es ist alles vergebens, in abgrundt
der hellen müssen sie faren. Ach, wann doch einer bedechte
die gross, unaussprechliche freud, so die auserwolten kinder x>
gotte* haben ! Ach, wann doch einer bedechte die unmensch-
liche, unableschliche hellische pein, die die verdampten leiden
Mouunu. 18
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274
Martin Montanus,
müssen ! Es were nit wunder, das einer vor forcht und quell
verzaget. Dieweil es aber nicht ist, muss mans gott bevelhen.
Ein graff sagt, es were glück, wann einer ein kind
überketn.
j Cap. 11.
[IIb] Ein reycher graff sass uff einer grafschafft, der
het under ime etliche dörffer. Unnd uff ein zeit kam ein
Schultheis in einem dorff zu im und het mit ime zureden von
etlichen Sachen, die das dorff antraffen. Als aber der baur
10 also beim graffen sas , kam des bauren knab unnd sagte , er
solte eyleuts heim kummen; dann die fraw were kindts ge-
legen. ,Ey4, sprach der baur, ,wann will sie uff hören ! Sie
het im nün gnüg thon.4 — , Schweig, menlin4, sagt der graff,
,es ist glück, wann einer kinder hat.1 — ,Ja, gnediger herr\
|:» sagt der baur, ,euer gnaden sagt wol darvon ; ich hab dess
glücks sovil, das ich schier nicht mer inn die schüssel darvor
kan.4 Des fieng der graf an zülachen , schenckt dem bauren
ein thaler unnd Hess in hinziehen.
Ein edelman weckt sein magt, das ir der bauch ge-
sw schwall.
Cap. 12.
Eine junge dochter wolt sich zü eim edelmann verdingen.
Und als die müter mit ihr zürn jnnckern ging, sagt sie : ,Ach
lieber juncker, mein dochter ist noch gar jung und sehr schläf-
25 ferig. Darumb wölt ihr sie haben, so müst ihr sie an ein
ort legen, da ihr sie wecken könt.4 — ,Ja, liebe fraw4, sagt
der edelman, ,wann ihr gern wolt, will ich sie legen, das ich
sie mit den ellenbogen wecken kan.4 — ,0 lieber juncker',
sagt die fraw, ,wann ihr das thün wollen, will ich sie euch
30 gern verdingen.4
27 Eedleman
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Gartengesellschaft, cap. 11—14.
275
Nach solchem die raüter wider heim gieng, und der cdel-
wan die magt alle nacht zu im inn sein beth leget. Ich weiss
nicht, wie er die magt wecket oder wie er mit ihr umbgieng;
das waiss ich wol, das ir der bauch geschwall. Darnach [12a]
nam die müter die dochter wider zu ihr und wolt sie fürthien r>
nicht mehr also wecken lassen.
Eine sagt, sie het ein tisch für hundert gülden.
Cap. 13.
Ein junge dochter hett sich gern verheurat, wann es
allein im seckel gewesen were. Nün trug ihr ein junger knab i«
huld, der hett sie gern gehabt, wann man ime nur etwas zu
ihr geben hett. Des die junckfraw bald war nam , für gab,
sie hette all ihr barschafft an einem tisch , den sie für hun-
dert gülden schetzet. Als nün der jung solches hört, das sie
ein tisch für hundert gülden hette, nam er sie gleich zu k»
der ehe.
Und auff ein zeit kam er zü ihr in das hauss, da ass sie
ein suppen, die hett sie vor ihr auff der schoss. Der güt ge-
sell fraget sie, wa sie den tisch hett, das sie auff der schoss
ess. ,Jal, sprach sie , ,das ist der tisch , darauff ich iss ; der au
ist hundert gülden wert.4 Also ward der güt gesell betrogen
und inüst sie zü kirchen füren, sie hett etwas oder nit.
Eiu junge dochter theylt drey ayer auss , das neun
darauss wurden.
Cap. 14. a>
Drey junge gerade schone dochtern hett ein biderman,
deren yegliche gern ein mann gehabt hette. Nün war dem
guten vatter züvil, seine döehter alle drey zümal miteinander
züverheurhaten. Derhalb er bald ein list erfand und sprach:
, Liebe dochtern , ewere yetwedere hett gern ein mann. Nün ao
ist es ye nicht in meinem vermögen; derhalben will ich ihm
also thün. Ein yegliche nem [12b] hien drey ayer; und welche
18*
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270
Martin Montanus,
ihre ayer am besten anlegen kan, also das ihr am meisten
daraus werden, der selbigen will ich ein mann geben; die
andern müssen lenger warten.4
Nun die altist dochter fieng an und sagt: , Vatter, gib
u mir drey ayer!4 Die selbigen nam sie unnd sod sie hart und
gab dem vatter das ein und sprach : ,Seh hien, vatter, das ein
ay, und hastu zwey, das sind drey/ Darnach gab sie der
müter eins unnd sprach: ,Da hastu auch eins, und gibt dir
zti nacht der vatter zwey, so hastu auch drey. Und will ich
10 das ein behalten ; gibstu mir dann ein mann, so gibt mir der
selbig zwey, so hab ich dann auch drey.4 Sovil rechnen kimdt
keine ihr Schwestern, das sie auss dreyen ayern neun machen
kundt. Also behielt sie das veld, und müst ihr der vatter ein
mann geben.
1« Ein Kochersperger sagt, der schreiber het drack dar-
auff thon.
Cap. 15.
Zu Buchswiler hett auff ein zeit ein Kochersperger etwas
in der cantzley zu handien; dann er umb etlicher unrüwiger
20 sachen halben, so er in seinem flecken begangen , mitt einem
brieff von seinem amptman gehn Buchswiler geschickt ward.
Die herren rhät, als sie den brieff verlasen und den unfriden,
so gemelter baur begangen, verstanden hetten, stelten sie ihr
gut bedunckcn darüber, nemlich das gemelter bawr von seinem
2.> amptman gefancklich solt angenummen und nach seiner miss-
handlung gestrafft werden. Nün hett aber der secretarius, der
den bevelch an den amptman schrib, kein goldtsandt oder
strewbulfer auff seinem tisch stehn. Derhalb er hinder die
thür gieng unnd ein wenig kat oder fegoten [13a | darauf!'
:xj strewet. Der bawr hinder der thür stund unnd wol sähe, was
der herr secretarius auff den brieff thet, sehr erschrack und
gedacht, die sach würde nicht recht zugebn, doch den brieff
nam unnd den nach der herren bevelch dem amptman antwurt.
Nün der amptman der herren bevelch vername und dem
35 selbigen zü gehorsamen den bauren nam und in gefancknüs
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Gartengesellschaft, cap. 15 — 17. 277
verschlösse. Als solches der bawr sähe, fieng er an und sagt :
,Botz verden schwaiss willen, es hatt mich wol eins zwey ge-
dunckt, die sach gang keyss recht zü , da der cantzel Schrei-
ber drack auff den brieff thon hatt.' Diser red der amptman
unud die umbstender lachen wurden , doch den bauren nichts '*
destoiuinder in thurn legten unnd nach ernanter zeit ledig
Hessen.
Eiu gerber zeucht ein Schumacher aus einein ey.
Cap. 16.
Auff ein zeit hett ein Schumacher ein ey gessen ; unnd io
ich waiss nicht, ob das ey zü gross oder ob der Schumacher
so eiu grosser manlicher held gewesen war, das er ins ey fül,
— nün es sey im, wie im wolle, er lag im ey.
Nön giengen vil leut für und sahen den armen Schu-
macher im ey schwimmen , aber niemandts wolt im herauss iö
helffen, sonder yedernian lachet sein. Letstlich kam ein ger-
ber, der sähe in auch also ligen, gedacht : ,Ach gott, wer will
mir mein leder abkauffen , wan der Schumacher erdrinckt !'
Ine beim har nam und wider aus dem ey zoch.
Ein fuchs unnd ein eichhörmlin betriegen einander, jo
Cap. 17.
[13b] Niemand t soll lugen thafften menschen glaubeu, da-
mit er nit betrogen werde. Davon hör dise historia !
Ein eychbönulin sprang uff ein zeit von einem bäum zürn
audern. Darunder stund ein fuchs, der sähe zu und ward des z>
eychhormlins spotten und sprach: ,Du überhebst dich sehr
mit deinem springen und thüst doch nicht, wie dein vatter
gethon hatt; dann der selbig die äugen zü thet und blintz-
lingen vonn einem bäum zum anderen sprang.4 — ,04, sprach
das eychhermlin, ,ich kan es auch wol thün.1 Die äugen zü- au
thet unnd auff ein bäum zü springen vermeiut. Nün feiet
aber dem güten thierlin der sprung , also das es überab fiel ;
278 Martin Montanue,
unnd der fuchs war nicht unbehend, erwtischt das eycbberni-
lin unnd wolt es fressen.
Als solches das eychhermlin sähe und, das es yetz ster-
ben müst, wol vername, ward es sehr gerawen , das es dem
•> listigen fuchs gefolget hett; doch bald ein list erfand, anhub
und sprach : ,0 lieber fuchs, du thüst auch nicht , wie dein
vatter thet. Dein vatter , wann er etwas zu essen überkam,
lobet er vor gott; aber du wilt mich ungebettet essen.4 —
,Ey4, sprach der fuchs, ,hatt mein vatter das gethon, ich kan
w es auch thfin.' Bald vom eychhermlin Hess, sich aufF die hin-
dern füss leinet und anfieng zu betten unnd gott zu loben.
Dieweil er aber also stund, sprang das gefangen eychhermlin
wider auff den bäum unnd fieng an des fuchs zu spotten und
ihn umb sein dorheit züstraffen. Als solches der betrogen
i:> fuchs sähe, ward er umb sein thorheit klagen und sprach, wann
er ein ander mal etwas zu essen hett, so wolt er es essen und
darnach gott loben.
Mancher vermeint und dunckt sich listig sein unnd [14a]
würt doch offt und dick von einem mindern unnd unversten-
20 digern betrogen ; also geschah auch disem fuchs. Darum sehe
ein yeglicher, wo er betrogen würde, das er auch list hergegen
brauche, wie er künde.
Ein hass jagt neun Bayer.
Cap. 18.
•s> Kün und unverzagt leut sind die Bayer, das auch ihren
neun ein einigen Imsen furchten.
Uff ein zeit war oder lieff im Bayerland ein hass , der
thet den guten Lienlin nach ihrem beduncken grossen schaden;
und warent doch nicht so behertzt, das ihm einer oder zwen
allein dorfften nachstellen, sunder meinten, das gross scheutz-
lich thier mit den langen obren würde sie fressen. Und auff
ein zeit geselten sich ihren neun Bayer zusammen, namen ein
langen spies und zogen gantz forchtsam hienaus uff den acker.
da der hass lieff, und stelt sich ye einer hinder den andern
an dem spies auff hien. Nun der hass, der yetzt der Bayer
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Gartengeaellschaft, cap. 18—19.
279
kunheit und mannheit wol wust, in keinen weg fliehen wolt,
suuder gantz unforchtsam sitzen blib und seine Widersacher
ansähe.
Nun die Bayer stunden gewert gegen dem armen hasen,
doch wolten sie nicht mit dem spies follents zum hasen. Letst- 5
lieh fieng der hinderst am spies an : ,Yetz kumm her, ragen
örlin ! Yetz milstu sterben.4 Als solches der vorderst hört,
ward er zornig und sprach : ,Ey das dich botz hur sehend,
als Lieulins! Wann du dafornen stündest als ich, so würstu
nicht also sagen.1 Den spies fallen liess und darvon lieff, die io
andern all ihm nach, gott geh, wer den haseu jagt.
Es ist war, ja wers glauben will; ich schwer kein ayd,
das im also sey. [14b]
Einer gibt dem schulthaissen fttnff Schilling und
schlecht ihn in hals, das er zu boden falt. 10
Cap. 19.
Ein seltzamer, wunderbarlicher abentheurer war uff ein
zeit, der ein neyd zum schulthaissen in seinem flecken drüg,
doch den selbigen gegen ihm nicht dorfft aussziehen ; dann
er weyters und grösser straff besorgen müst. 20
Nun auff ein zeit sich begab, das sie bey einander in
einer zech sassen , frölich unnd guter ding waren. Und min
der güt gesell ein guten drunck überkommen, stund er auff,
hienauss gieng und sich (mit gunst zft melden) des wassers
eniplust. Nun lag aber dem kerle die schmach noch im sinn, 25
so er ime vileicht bewisen hett; derhalben hinein ging, für
den schulthaissen stund und fraget: ,Herr schulthaiss, was
ist der frevel, wann einer den andern in hals schlecht?1 —
Der schulthaiss, als der da nicht meint oder hoffet, das der
gesell umb arges wider ihne fraget, antwort und sprach : ,Es au
ist fünff Schilling die frevel.1 Der seltzam kund den seckel
bald autf zog, fünff Schilling herausser zeit, den schulthaissen
darmit inn hals schlecht, das er über den stül abfiel, und
ihme fünff Schilling darlegt und sprach : ,Seh hien , da hast
fttnff Schilling.'
280
Martin Moiitaaus,
Ach gott, was wolt der güt schulthaiss thün? Die fünff
Schilling hien nam, wol gedacht, wann er ihne schon verklagt,
das er es verlieren wtird , darzü den spot zürn schaden haben
mÜ8t, hienzog und fürthin nicht mehr saget, was der frevel
'■> were. [15a]
Einer verpflicht sich mitt einer güten dirnin und sagt
ihr zu, es solt sie niemandts scheiden weder gott.
Cap. 20.
Noch ein seltzamer abentheurer war, der sich auff ein
10 zeit hinder ein güte dirnen richtet, mit deren er so vil redet,
das er sie zü seinem willen bracht durch die verheissuug, das
er sie sein leben lang behalten wolt und sie niemants scheiden
solt weder gott. Ach gott, die gut ungesaltzen dirn dem ge-
sellen vertrawet, nicht meinet, das er also mit ihr handien
15 solte. Nim der jtingling, der sie lang genüg zü seinem willen
gehept hette unnd nun ihr gern ledig gewesen were, wann er
es nühr mit fügen het könden thün.
Unnd auff ein zeit zogen sie mit einander Überfeld und
kamen zü einem creutz, daran die bildtnuss Christi hingen, da
20 gingen zwen weg. Der güt gesell bald anhüb und sprach :
.Liebe dirn, du weist, was ich dir verheissen hab, nemlich das
uns niemants scheiden soll weder gott. Nün hanget aber da
unser lieber hergott an dem creutz, und da gehn zwen weg.
Darumb gang du den einen , und will ich den andern gehn.4
\>ö Damit sein weg hinzöge, gott geb, wa die güt dochter hinkam.
»
Ein gesell stünd zü Lauvvingen uff dem inarckt und
sagt, er were wild.
Cap. 21.
Zü Lauwingen stund eins mals ein seltzamer foller kund
yo auff (Uni marckt, juchtzet und schrey, sprach: ,Ky, wie bin
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Gartengesellschaft, cap. 20—22.
281
ich so wild, ey wie bin ich bo wild!* Und des geschreys so-
vil trib, das ihn schier yederman furchten ward.
Nün was ein guter gesell anff dem marckt, den warde
[15b] des follen künden geschrey schier verdriessen. Derhalb
er von leder zuckt , dem follen esel under äugen drat , mitt ">
rauhen Worten in ansprach und sagt : ,Botz feintlich , wie
wild bistu dann ? Und flux und bald wehr dich mein , oder
du müst sterben!1 Der seltzam foll narr, der yetzunder einen
wider ihn sähe, gegen dem er sich wehren solte, bald antwort
und sprach : ,Ey, ich binn nicht so wild, als ich mich mach/ io
Hiemit die gassen einlieff , als ob er unsinnig wer , sich nit
fast wild gegen seinem widersecher erzeiget.
Züm wein fürt einer sein weib, das sie auch gut le-
ben habe.
Cap. 22. 13
Ein guter zechbrüder sass tag und nacht beim wein und
soff sich foll und doli und seinem weib daheimen lies, das sie
gern mehr gehapt hett. Wann er dann heim käme, schlug
und stiess er sie Obel, in summa sie hielt, das ein stein hett
erbarmen mögen. 20
Nun uff ein zeit, als er sie aber übel geschlagen hatt,
sprach sie : , Was zeihestu mich doch ? Du sitzest tag und
nacht beim wein und hast gut leben und lasst mich daheim
sitzen, gott geb, ich hab zu beissen oder zu brechen. Unnd
wann du heim kumst, schlechst mich erst übel darziV Der 20
güt zechbrüder sagt: ,Wolan, du sagst, ich seye tag und nacht
beim wein unnd habe güt leben. Du raüst auch sollich gut
leben erfaren.1 Den nechsten mit ihr züm haus hinaus ins
würts haus, der frawen dapffer zu tranck und sie zwang wider
ihren willen zü drincken. 30
Davon die fraw also kranck ward, das sie sich verwegen
hett züsterben. Unnd als sie wider zü ihrer ersten sterckin
kam, sprach sie züm mann : ,Ziehe züm wein unnd habe güt
leben, wann du wilt! Ich beger [16a] sein nicht mehr.4 Also
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282
Martin Montanas,
blib der mann hienfürt ungefexiert, und ward im nicht mehr
uffgehebt, er hette güt leben.
Küssen und beth wäscht aiue im Schwabenland.
Cap. 23.
•) Inn einem dorfF im Schwabenland sass ein güte einfeltige
dirn, ein beurin, die ihr lebtag nicht fast an orten unnd en-
den gewesen wäre, da man sauber hauss hielte. Derhalb alle
ihr leinwat küssen unnd beth so schwarte waren, das sie bas
koler secken verglichen hetten mögen werden weder iinlachen.
10 Nun auff ein^ zeit sich begab, das ihr müter, so in einem
andern flecken wonhafft, inn ihr behausung komen wäre unnd
dise ding alle so schwarte gesehen hette; fing an und sagt:
,0 liebe dochter, warumb weschestu nicht die bett und küssen?
Sihe, wie sie so schwarte sind!4 Die güt einfeltig hausfraw
15 sagt, sie wolt es thün. Unnd als bald die niütter wider hin
kam, natu sie küssen unnd beth, warffs inn ein zuber und goss
wasser darüber , wusch sie und vermeint , also im recht ge-
than haben.
Also gescheid dirnen hatt es inn dorffern hin und wider,
so 0 wie wol ist ein mann mit einer solcheu frawen versorget !
Kiu landtsknecht daust umb ein hemmat.
Cap. 24.
Auff ein zeit zogent etlich landsknecht miteinander über
feld ; und als sie also gingen, kamen sie zu einem zäun, daran
2:> etliche tücher anhingen. Nun hett der ein landtsknecht ein alt
zerrisses heminat an, darinn vileicht mehr müller floh lieffen,
weder gülden darinn ver-[16b]nehet waren.
Derhalb er bald anhub und sprach : , Lieben bruder , ich
hab ein böss hemmat an, unnd hangen an dem zäun vil guter.
:iu Derhalb mich für güt ansehe, ich zog mein heminat anss,
Iiieng es an den zäun unnd nem ein güts darfür.' Also ge-
redt unnd gethon ein ding war. Sein hemmat ausszog, es an
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Gartengesellechaft, cap. 23—26.
283
den zäun hieng unnd ein güts darfür nain, es anleget uund
drey heller aus dem seckel zocb, die selbigen auff das schwartz
hemraat legt und darnach sein weg fürt zoch.
Die burger inn der stat, als sie solches sahen, schreyen
sie von stund an Diebio über den landsknecht unnd ereylten 0
in, sprachen in an nmb den diebstal. Der landtsknecht sprach :
,Nicht ein meit. Ich habs nicht gestolen, ich hab mit ime
tauscht und gelt auffgeben, das ligt auff dem hemmat. Dar-
urab geht hin unnd sucht, so wert irs finden.4 Die erbaren
leut gingen und lugten. Dieweil war der landsknecht mit iu
dem hemmat darvon.
Ein junger landsknecht zeucht inn krieg.
Cap. 25.
Eins mals wolt ein junger kerlin in krieg ziehen ; unnd
als er durch die musterung zoch, sagt der hauptman zu ime: 10
,0 lieber sün, du bist noch vil zü jung. Ziehe wider heim
und spil noch ein weyl mit deiner inüter! Dann du noch vil
zü glat umb das maul bist/ — ,Botz tausent sack am end4,
sagt der landtsknecht, ,wann har ein man schlecht, so will
ich ein gantzen ross schwantz urabs maul binden. Unnd hapt 20
ihr mangels, herr hauptman, so dretten heraus! So wollen
wir ein gänglin miteinander thün; da werdt ihr sehen, ob ich
ein kind sey oder [17a] nit.4
Als solches der hauptman hört , Hess er ihn durch die
musterung ziehen und verachtet fürthien kein jungen bruder 20
mehr.
Ein landsknecht hofiert (mitt gunst zü melden) einem
würt in garten.
Cap. 26.
Ein landsknecht zog auff ein zeit über feldt und gieng w
imgeferd über eines würts acker, da ihn (mit gunst zü mel-
den) sein notdurfft zwingen ward; die hellen part in grundt
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284
Martin Montanus,
stecket und ein wenig darvon gieng, das follbrachte, daruuib
er dann von der natnr geheischen ward.
Nün in solchem der würt, des der acker war, kam und
den landsknecht darauff fand , auch die hellen parten stecken
ä sähe, bald der hellenparten zölieff, die vor dem landsknecht
erwüscht und zu ihm sprach: ,Du laur, was darffstu mir in
mein acker zü scheissen ?l — iEy4, sprach der landsknecht,
,was soll sollichs schaden? Furt man doch sunst mist auff
die acker !4 Der würt wolt solcher aussred nicht genug haben,
10 sunder, dieweil er die hellenparten in henden hatt, den guten
frommen landsknecht zwang, das er im den dreck wider aus
dem acker tragen müst. Darnach er ihm die hellenparten wi-
der gab unnd sprach : ,Nün wolan , yetz ziehe hien und thü
keinem mehr fürthien solche leckerey!1
i.) Der landsknecht, als er sein hellenparten wider hett, an
die erst bewisen schmach gedencken ward, und das er die sel-
bige nicht wol ungerochen kundt lassen, dem wflrt bald ant-
wort und sprach: ,Das dich botz tausent Ober unnd über
sehend, als bösswichts ! Wie darffstu mich solche ding, die
l"u wider alle bil-[17b]lichheit sind, zwingen! Und flux unnd
bald trag mir den dreck wider dahien, da er vor gelegen ist !
Oder ich will ein wehr durch dich stechen. Darnach wiss
dich zü richten !4 — Der würt, der sich nün überwunden sähe,
den kat bald nam unnd ihn wider an das ort trüg, da er vor
n-» gelegen war , darnach zü dem landsknecht sprach : , Lieber
bruder, kuinb her, ich will dir von deiner behertzigkeit wegen
ein mass wein zalen!4 Den landsknecht mitt ihm heinifürt,
den foll wein füllet unnd hernach wider zihen lies.
Der Lucifer schickt seiner diener einen nach einem
:«> landsknecht.
Cap. 27.
Ein seltzani thier ists umb ein landsknecht, das in auch
13 zeihe.
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Gartengesellachaft, cap. 26—28. 285
der teufel nichts kan abgewinnen , sunder sie förchten müss.
Davon hör dise histori !
Uff ein zeit schicket der öbrist teufel ein diener aus, er
solte sehen, wo doch die landsknecht weren, das keiner in die
hell kern , und solte lugen , wo er doch einen niocht mit im ;>
bringen. Der diener zöge aus unnd kam in eines hauen ge-
stalt in ein wörtshauss, da er sich hinder den ofen setzet unnd
den landsknechten züsahe, wie sie zechten. Nun als die lands-
knecht foll Warden , fiengen sie an kanten und gleser zu zer-
brechen und alles zftverw&sten, was auff dem tisch stund, und k>
ein sollich rumor anfingen , das ihme der teufel hinder dem
ofen förcbten ward. Letstlich fieng einer hinder dem tisch
an: ,Botz tausent sack foll enten! Wolauff, wir wollen den
han hinder dem ofen berupffen und die federn uff die hüt
stecken , darnach den hanen fressen/ Als solches der teufel iö
hört, zür stuben hienaus der hell zülieff und seinem meister
anzeigt, wie kein böser thier uff [18a] erden wer weder ein
landsknecht.
Wann darnach ein landsknecht für die hell kam, beschloss
man alle thür und thor vor im zü , sie mochten sunst alle 20
teufel verjagen.
Zu Strassburg auff des ammeisters stub asse einer
für 14 pfenning broilt.
Cap. 28.
Auff des ammeisters stub zü Strassburg kam ein mal ein <s>
grosser frass, so man ihn änderst ein frass nennen soll. Der
setzt sich zü andern gesellen über den tisch und fieng an der-
massen zü fressen, das ihme kein mensch mit essen mocht zü
kummen. Und als man die zech macht, hatt er sechs kreutzer
verzert , unnd befand sich , das er allein für siben kreutzer :io
brodt gessen hett. Nun die diener zeigten dem herren am-
meister an, wie einer da were, der für vierzehen pfenning
brodt gessen hett. Nam der ammeister die sechs kreutzer und
schickts ihm wider über sein tisch, entbot im dabey, das er
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28(3
Martin Montanua,
gedechte und fürthien nicht mehr wider kerne. Er gab für,
er wolt noch wol mehr gessen haben , wann nians ihm ge-
ben hette.
Also findt man vil leut, wann sie alles fressen und den
5 gantzen tisch sehenden kündten , so theten sie es. Hut dich
darvor !
Seine kind macht ein armer mann nissig, die brodt
begeren.
Cap. 29.
io Eins raals was ein armer mann , der vil kinder het (wie
dann gemeinlich geschieht, das die armen das hauss foll kin-
der haben lauffen, hergegen ein reicher, der sie wol zuerziehen
vermocht , gar keins hatt) und darzü wenig brodt. Da war
keins vorhanden, unnd wust auch [18b] keins zü tiberkummen.
13 Derhalb er ein list erfand, bald hienging, kolen nam und seine
kind russig macht. Die kinder sassen in der stuben und sahen
einander an, und ye eins zürn andern sprach : ,Ey, wie bistn
so rüssig, ey wie bistu so rüssig!1 Damit vergassen sie des
brodts und bliben ungessen biss nacht.
ao Einer bürstet seinen kindern, die brodt heischeu.
Cap. 30.
Noch ein solcher guter kerlin war, der hett auch vil kin-
der und wenig brodt im hauss , und die kinder hetten alle
bose köpff und Hessen ihn nit gern bürsten. Wann dann die
25 kinder brodt begerten, sprach er : »Schweigen , oder ich will
euch bürsten!1 Damit geschweigt er die kinder, das sie kein
brodt mehr begerten.
Ein dochteriin beichtet einem pfaffen.
Cap. 31..
ao In der fasten ist gewonlich im bapstum der brauch, das
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Gartengesellschaft, cap. 29—33.
287
yederraan jungs unnd alts beichtet und sich mit dem sacra-
ment versieht. Und auff ein zeit kam ein jungs dochterlin
zum pfaffen und beichtet. Und under anderm fragt er es, ob
es auch ins beth bruntzet. ,Ja, herr1, sprach das dochterlin,
,ich brüntzle darein.4 — iEy', sprach der pfaff, ,das soltest :>
nicht thün. Ich friss die dochterlin , die ins beth bruntzen.4
— «Wie, herr1, sagt das dochterlin, ,fr essen ihr die kinder,
die ins beth brüntzlen ? Das thftn nicht ! Aber ich hab ein
bruderlin daheim, das scheist ins beth. Das fressen !' [19a]
Drey gesellen wetten mitt einander , welcher züni i«
besten zechen tn6cht.
Cap. 32.
Drey gesellen giengen mit einander zum wein und wetten
mit einander, welcher züni besten zechen und den andern
zweyen mit drincken obligen kündte, der solt der bezalung i.»
halben lehr aussgehn, und solten die andern zwen für in be-
zalen.
Nun als sie in das würtshauss kamen, fieng einer an und
nestlet sich auff. ,0l, sprach der würt, ,der ists nicht.' Der
ander ging hien und wetzt das messer. ,0', sprach der würt, 2u
,der ists auch mV Der dritt ging hieuab und schiss. ,Der
ists\ sprach der würt. A Iso hett der letst die zech gewunnen,
und mästen die anderen zwen für ihn bezalen.
Drey bauren urtheilen über ein wolff.
Cap. 33. 2&
Ein edelmann het ein flecken oder dorff under im züver-
walten, da er uff ein zeit ein wolff gefangen unnd zA dodt
geschlagen hette. Nun war im eben zur selben zeit der Schult-
heis im dorff gestorben, derhalb er ein andern Schultheis ha-
ben niüst Darumb er drey bauren , die erbarsten unud an- :io
*
22 in.
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288
Martin Montanas,
sehelichsten under der ginein zu ime bernfft, denen fürhielt,
wie er eins schultheissen nottttrfftig were ; nän het er ein dot-
ten wolff da ligen , unnd welcher under inen das best unnd
gerechtest urtheil über den wolff feilet, derselbig solt. schul t-
5 heia sein.
Nfin die bauren einer fing an und sagt: ,Ich sihe an den
zänen wol, das er mehr roh fleisch gessen hat dann gesotten s.'
Der [19b] ander sagt: ,So sihe ich an den füssen wol, das
er mehr geloffen dann geritten ist.1 Der drit sagt: ,So sag
10 ich uff mein trew, das ime nie würst gewesen sey dann auff
die stund, da er gestorben ist.* Dise letste urtheil gefiel dem
edelmann, unnd setzt den bauren zum schultheiss.
Ein doctor inn der artzney sagt, es hette sein krancker
ross unnd wagen im leib stecken.
i5 Cap. 34.
Uff ein zeit was ein doctor, der het ein krancken, dem
solt er den harn besehen. Nun het aber der hochgelert herr
etwan von einem andern auch seins gleichen doctorn gehört,
das, wann er zu einem krancken gangen were, hette er vor
lh» under das beth gelagt und gesehen, ob er etwa stücklin ier-
gendt von sehe, die den krancken zü solcher kianckheit hette
bringen mögen; wann er dann etwas sähe, sprach er: ,0 sfln,
du hast das oder dess züvil gessen/
Also thet diser doctor auch; da er dem krancken das
2r> wasser solt besehen, sähe er vor under das beth und sähe ein
alt kommet und sattel darunder ligen, gedacht: ,Das würt gut
sein4. Bald anhub und sprach: ,0 lieber sün, du hast gar
ein schwere kranckheit, unnd würt dir nicht wol zü helffen
sein. Dann du hast ross unnd wagen inn dir stecken/ —
:*> Als solches die umbstender horten, fingen sie an zAlachen unnd
spotteten des gelerten doctors, zogen hin unnd Hessen den er-
barn herren beim krancken ston.
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Gartengesellacbaft, cap. 33—38.
289
Fftr ein crucifix kam einer und sagt zu unserm hergot,
ob er auch ein weib hette.
Cap. 35.
[20 a] Ein güt gesell hett ein weib, die im villeicht mehr
mit camillen zwüge und mit sesslen strelet dann mit laugen. •
In summa, den armen mann dermassen hielt, das er mehr einem
dürren todten cörpel züvergleichen war dann einem lebendigen
menschen.
Unnd uff ein zeit, als er umb ging spacieren und gott
sein laid zu klagen, kam er zu einem crucifix, daran die bildt-
nüss Christi gantz mager unnd ungestalt hing, fieng er cläg-
lich an zu wainen und sprach: ,0 lieber hergot, ich glaub
sicherlich, du habest auch ain weyb, das du so dürr unnd
mager bist.4 Er meinet, die weil er dürr wer, so het er auch
ein weib.
Ein mann sagt, er het noch ein kleins zipflelin.
Cap. 36.
Auff ein zeit het ein bidermann ein weib, die gehüb sich
für und für übel, wann er solche Sachen, die man jensyt des
Reins za treyben pflegt, mit ihr pflag. Ich waiss nit, wie er
mit ir umb gieng, ye sie sagt allwegen: ,Nün werestu mir
vil lieber, wann du keinen hettest unnd still legest, weder das
du so unruwig bist.'
Nun gedacht der güt gesell: ,Wie thetest im doch, das
du erfaren möchtest, wie lieb dich doch dein fraw hett, wann
du keinen hettest?' Unnd auff ein zeit gieng er hien und liess
ein dann voll blüts füllen, heim gieng, ein axt nam und ett-
was anfieng zühawen. Nün inn solchem, als in zeit daucht,
sein gemachtes würstlin herfür zoch, das entzwey hüwe, also
das der stock voller blüt wäre. Darnach rüfft er von stundan
dem weyb, die zü der selbigen zeit inn der kuchin wäre, unnd
sprach: ,0 weh, o weh, mein liebe hauss-[20b]fraw, ists mir
so übel gangen! Ich hab mein bupenhan gantz und gar ab-
Moauau» 19
290
Martin Montanus,
gehawen. Da sihestu noch das worzeichen.4 — ,0 da zer-
nichter mann1, sagt die fraw, ,wer will yetzt bey dir sein, da
du keinen mehr hast? Wem wiltu nün nütz sein?4 Bald ihr
blünderlin znsamen band unnd darvon wolt, zürn man sagt:
>> ,Ey du nieman nfltziger mann, yetz hause du allein ! Ich will
mir ein suchen, der mir die gippen erstreichen kan.4
Als nün der mann die frumkeit seines weibs sähe und
wol erkant, das sie ohn sollich ding nicht bleiben mocht, sprach
er : ,Ey kum her, mein fraw ! Ich hab noch ein kleins stinip-
10 Hn.4 — ,Ach4, sagt die fraw, ,so will ich gleich bey dir bleiben.
Es ist dannocht weger ein zipffelin weder gar nichts.4
Für Draminner begert ein junckfraw Drabrautter.
Cap. 37.
Auff ein zeit het ein herr gest, denen er gern ein ehr
»*> bewisen hette. Nün het er sunst ein güten freundt, der het
ein güten Draminner im keller. Derhalb er die magt zu im
schickt mit einer kanten, ir bevalhe, das sie ein mass Draruin-
ner holen solte.
Die güt dochter gieng hien und scheinet sich doch also
20 züsagen. Als sie nün in die stuben kam unnd gefragt ward,
was sie wolte, sagt sie: ,Es schickt mich mein herr berumb,
ihr solt im ein mass Drabrauter schicken.4 Sie meinet, sie
hette nicht so grob geredt, als wann sie Draminner gesagt
hette. Diser züchtigen red yederman lachet, der magt die mass
» Drabrauter gab[en] unnd sie hinziehen Hessen.
Drey Schneider drincken ein mass wein und sind
güter ding.
Cap. 38.
[21 aj Uff ein zeit kamen drey Schneider züsamen in ein
.Tostetlin, heisst Ingwyler, begerten arbeit da. Nün was aber
ein junger edelmann mit ihn zogen, der hett im schloss zü-
schaffen ; mit dem selben gieng ein schneyder, der ihn beleitet
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Gartenpesellschaft, cap. 37—40.
291
NAn verzog aber das geschefft sich so lang, das der edelman
ein mal ausser gieng und zürn Schneider sagt: ,Lieber Schnei-
der, zeuch hin zA dein gesellen und heiss sie zechen und guter
ding sein ! Ich will bald zA euch kuinmen.'
Der Schneider zöge hien ; da in seine gesellen bald fragen 5
warden, wa der juncker were oder was er gesagt hette. ,Ey\
sprach der kostfrey Schneider, ,der juncker hat gesagt, wir
sollen ein halb mas wein drincken und frölich und gAter ding
sein.4 Dem Voigten sie, drancken ein halb mas wein und
warendt gAter ding. 10
Ein gast sagt zAm würt, er solt im das fleisch uff-
schneiden.
Cap. 39.
Uff ein zeit kam ein gast inn eins würts hauss, ohn alle
wähl ein abgefeumpts kind. Dem bracht oder stelt die würtin ir>
fleisch für, daran der merentheil bein war. Als solchs der
gast sähe, steckt er beide hend in bösen, zA gleich als ob er
lam were , rafft dem würt und sprach : ,Herr würt , koment
her und schneident mir mein fleisch auff! Dann ich inn hen-
den nicht so starck bin noch das vermag auff zAschneiden.' 20
Der würt dem gast gern willfaren und das fleisch vor-
schneiden wolt; da was es lauter bein, unnd sagt: ,Lieber
gast, darumb hast du das fleisch nicht konden zerschneiden/
Im ein ander und besser stück fleisch bracht unnd darnach
die zech schencket und Hess ihn hienziehen. [21b] 25
Siben kreuter isst ein gast zA Lauwingen.
Cap. 40.
Ein würt was zu Lawingen, hiess der Kallhart; zü dem
kam ein gast und begert zA essen. Die würtin bracht ime
ein suppen und ein kraut. Er begert mehr zA essen ; man so
bracht ime ein kraut. Er begert noch mehr zA essen; man
bracht im aber ein kraut, biss man ime syben kreuter bracht.
19 * ^— . ^
292
Martin Montan ua,
Unnd da man ime die zech wolt machen, fragt ihn der
würt, was er het gehabt. Der gast antwort und sprach: ,Ein
kraut/ — ,Was mehr?1 — ,Ein kraut.1 — ,Was mehr?' —
,Ein kraut* Ye, wann er ihn fragt, sagt er allweg ein kraut
5 biss er uff syben kreuter kam. Letstlich ward es den würt
verdriessen, unnd sagt : ,Botz tausent sack voll enten, wie ge-
schneyest du es mit dem kraut! Hast dann sunst nichts ge-
fressen weder kraut?1 Hienaus in die kuchen lieff und fragt,
was doch der gast hette gessen. Da erfür er, das er sunst
10 nichts dann kraut gehapt, ging hienein unnd schanckt dem
gast die zech und lies ihn hienzihen.
Ein schiffman fürt ein Jüdin über Rein.
Cap. 41.
Ein jud und ein judin kamen züm Rein und wolten hien-
ir> über faren und kamen mit dem schiffman des lohns halben
überein. Nün sähe der schiffman wol, das die jüdin hübsch,
schön, jung und wolgestalt wäre, unnd sie gern zü seinem
willen gehapt hette. Derhalb zu dem juden, ihrem mann,
sprach : ,Lieber jud, du sihest wol, das schiflin ist klein und
an das wetter ungehewr, darumb ich euch nicht beyde mit ein-
ander über kan füren. Darumb [22a] sitz du da still! So
will ich dein fraw vor hientiber füren.4
Nün der schiffman setzt die fraw ins" schiff und so vil
mit ihr redet, das er sie zü seinem willen bracht, legt sie ins
25 schiff nider und fienge an mit ihr zü schertzen. Als solches
der jud sähe, schrey er: ,0 fraw, verrencks im, verrencks im!*
Aber sie kert sich wenig an das schreyen, für mit dem schiff-
man darvon, gott geb wo ihr mann, der jud, blibe.
Ein Iristori von einer verheurhatung , zü Lauwingen
beschehen.
Cap. 42.
Gehn Lauwingen im Schwabenland kam ein mal ein junger
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Gartengeselltichaft, ca}>. 41—42.
293
Lrürt ler gesell, der in seinem sinn sich hochtrabig daucht und
auch listig genüg war. Der selbig hnld tragen ward zu eines
reichen in ans dochter (on von nöten hie zü melden), sich gegen
der selbigen, auch yederraenigklich reich erzeiget, sagt, wie er
tausent gülden vermocht. 5
Nün der dochter altern von seiner reichtnmb von ime
veruummen hetten, ihn oflft zü gast lüden und gern im hauss
sahen, gar ein lieber gast war. Und wiewol der dochter altern
reich waren und einem armen gesellen wol hetten helffen mö-
gen , wolten sie doch ihren hauffen mehren und die reichen 10
züsammen stossen. Nün der jüngling und die junckfraw hetten
sich schon genüg mit einander verpflicht, und mangelt allein
an den altern, das die den heurhat zü beyden Seiten mit ein-
ander beschliessen solten.
Darauff lies ihme der gesell ein schönen guldin ring ma- 15
chen, den er der junckfrawen auff die ehe gab, und ihme ein
silberin dolchen. Und dieweil er aber kein gelt nicht hatt,
auch ihme der goldtschmidt solche geschmeid nicht ohn gelt
geben wolt, ging gedachter herr, der des [22b] jungen schweher
sein solt, zürn goldtschmidt und sagt, er wolte bürg sein. Des 90
der goldtschmidt wol zü friden war, dem jungen den ring und
dolchen gab.
Nün wolte der schweher unnd die freund wissen, was er
doch für ältern daheimen hett, oder ob er auch so reich wer,
nach dem er fürgeben. Derhalben sie dem jungen ein pferdt s
bestelten , und die braut ihme ein schonen krantz mit einer
guldin schnür macht, und mit ihme hienein gehn Augspurg,
da er dann daheimen was, ritten. Als sie nün in forst kamen,
hett sich der gesell gern abzogen und enteussert, die büchsen
offt aus der hulffter zog, den hanen auffzog und sein kurtz- 90
weil trib, also das ihn die guten frummen herren schier forch-
ten warden und zü im sprachen: , Lieber, steck doch die
büchsen ein, damit du niemandt kein schaden thüest !'
Nün er kundt sich eben in keinen weg aussen lei Ifen und
mit ihn biss gehn Augspurg einritt , da er in einer herberg
einkeret und zü den herren sprach : ,Lieber schweher und lie-
ben schwager, bleibent ihr hie stehn! So will ich zü meinem
vatter gehn unnd ihm den handel anzeigen, damit er etwann
294
Martin Montanus,
nicht zürne, das ich ohn sein wissen ein weib genunimen hab.
Darnach will ich zü euch kummen und die ross holen.1 Ach
lieber gott, die erbarn leut waren des wol zu friden, merckten
aber den schalck nicht, den der erbar gesell hinder den ohren
ö hatt, und warteten.
Nün ging der gesell heim zü seinem vatter und zeigt dem
an, wie er seinem brüder ein weib zü Lauwingen überkuramen
hette, die eins guten Vermögens were, und die freund weren
hie und wolten den heurhat beschliessen. Der güt alt vatter
10 glaubet dem sün und rüstet daheimen alle ding zü, als sich
dann gebürt.
Nün der [23a] ehrlich gesell name die magt und zöge
wider ins würtshauss, zürn herren sagt: , Lieben freund, ihr
sollen mit der magt heim gehn. So will ich die ross holen
r> und hernach kummen ; dann sie der vatter daheim mit mindenu
kosten haben mag dann allhie.1 Ach gott, die güten herren
haben dem jungen glaubt und sind mit der magt heim gangen.
Der gesell aber nam das best ross, setzt sich darauff und ritt
darvon, das kein mensch nit wust, wie oder wohien.
•20 Und als die herren zürn alten kamen und mit ihm von
der sachen anfingen zü reden, fragt der vatter, welcher sün
es were. Die herren antworten und sprachen, es were der,
so mit ihnen von Lauwingen geritten were. ,0' , sprach der
vatter, ,er hat uns vil ein andere meinung anzeigt. Eylendts
25 geht hien unnd secht , das er kein ross hienweg reit !4 Die
herren zogen hien und wolten lügen. Da war der vogel aus-
geflogen unnd der gesell mitt dem ross hienweg. Und als
sie gehn Lauwingen kamen, mftsten sie das ross und den dol-
chen für ihren schonen dochterman bezalen.
so Es geschieht denen gesellen et wann recht, die ihre kinder
nach gut und nicht nach frumkeit verheurhaten. Lieber, sag
mir doch, was güts daraus kunime , wann man einander also
* umb güts willen wider beyder jungen willen zusammen stost,
offt das beyde gantz und gar verderben! Und ob sie schon
y.> autF diser weit an hab und güt weidlich zunenmien, helff ihn
doch gott nach diser weit, da warlich nicht nach güt oder
*
82 darana.
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Gartengesellschaft, cap. 42 — 44.
295
reich tum b geurtheylt werden würt, suuder allein nach uuserni
verdienst. Gott wolt, das ein yeglichs das betrachtet; so
stund es besser in der weit, weder es stat. Gott verzeihe uns
unser sünd. [23b]
Ein newe braut lasst ein junckfrawen furtzlin in 0
dein beth.
Cap. 43.
Uff ein zeit war ein hochzeit in einem flecken. Und als
man des nachts die zwey newe eheleut zusammen legt und
nön ein güt weil gelegen waren, begab sich, das der guten 10
dochter (mit gunst zö melden) ein furtzlin empfür. Ach gott,
wer erschrack übler weder sie! Forcht, der mann hette es
gehört, und damit er es nicht schmackte, hüb sie die deckin
auff und lies es fein subtil hienaus schleichen.
Nön der mann, der da thet, als ob er schlief!', aber in 15
keinen weg thet, als ob ers gehört hett, was die fraw mit
dem furtz begangen, bald ein grossen starckeu bomber her
faren lies und zu der braut sprach : ,Liebe, bistu ein portner,
so lass mir den auch hienaus !* Davon die gilt dochter sehr
beschemmet ward und verbiss es ein ander mal. 20
Dosch facht visch uff der brach.
Cap. 44.
Ein seltzamer abentheurer ist uff ein zeit gewesen , von
dem ich vil inn meinem buchlin, so ich den Wegkürtzer ge-
nant, geschriben hab. Derselbig kund nam uff ein zeit ein 85
andern abentheurlichen gesellen zii ime und sagt: ,Ich will
hingon und mit einem angel auff der brach vischen. So wer-
den mir die rossbuben nach lauffen ; so fahe du dieweyl ein
ro«8 und reyt heim!'
Nön der gesell volget ime und gieng auff die brach zö ao
den rossen. Desselbigen gleichen thet Dosch auch, nam sein
angel und gieng ein wenig hindan von den buhen. Die böben
29(3
Martin Montanus,
zogen im also nach , biss sie ein guten ferren weg von den
ros-[21a]sen kamen, und fragten in: ,Ey lieber Dosch, was
wiltu auff der brach fahen ?4 — ,Ha4, sagt er, ,fahe ich nicht,
so facht mein gesell.4 Und die böben so lang auff zog, biss
ö Doschen gesell das ross hien hett.
Das haupt schlecht einer dem andern hinder dem
disch ab.
Cap. 45.
Es hat sich auff ein zeit begeben , das etlich gut ge-
10 seilen mit einander zechten und guter ding waren. Nun
kam ein anderer voller unflat hienein unnd drat für den disch,
sprechent: ,Secht, lieben gesellen, wie ich so ein schon new
wehr kaufft hab! Und ich het ein lust, ich hiewe dem den
grind vor dem disch ab.4 — ,Ey4, sagten die andern, ,du narr
i > steck ein , damit du niemandt kein schaden thüest !4 — ,Nfin
hett ich nur ein lust, das ichs thet.4 Darmit darschlüge und
dem gesellen ungewarneter sach das haupt abschlüge, das es
inn der stuben lag.
Sihe zü, ob das nicht ein erschrockenlich ding sey, das
20 billich ja yederman darab erschrecken solte unnd sich vor
weinsauffen hüten !
Zü Lohr im Kintziger thal ersticht einer einen, der
im beim weyb ligt.
Cap. 46.
2.1 Im Kintziger thal ligt ein stetlin , heisst Lohr ; darinn
wonet ein burger, der ein jung schon, grad weyb het. Und
wiewol er auch noch jung und gerad gewesen, auch ihr mans
genüg gewesen were, hat sie sich doch sein nicht behelffen
wollen, sonder sich mit unordenlicher lieb zü einem andern
verpflichtet.
*
9 hegeben.
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Gartengeßellachaft, cap. 45—46.
207
Und uff ein zeit, als der selbig ihr bul bey ihr lag, be-
gab sich, das der [24b] mann zü hauss kam und ohn alle
geferd inn die karamer gieng, da der ebrecher bey der fraweu
lag, und trüg ein axt über die achsel, aber gar wenig meinet,
das er sein weib inn solcher gestalt finden solt. Aber die •»
zwey den nechsten auff waren; die fraw im under dem arm,
wie sie kunt oder mocht, durch hin schloff; der ebrecher im
under den streich stund, das er nicht schlagen kunt, unnd die
hosen, wie er mocht, auff hin zöge, darnach den nechsten der
kaminer thür und stiegen zü eylet. Aber der man hernach w
unnd den ubelthäter uff der stegen ereylet, ain streich nach
im thet unnd ihn mit der axt tieff hinden inn die schultern
verwundet.
Ach gott, der verwundt den nechsten der rahtstuben zü-
lieff, vermeint Sicherung da zühaben. Unnd die hauptkiinnin io
eben auss der kuchin gieng, da sie der verwundt lauter umb
gottes willen batt, sie solt im Sicherung seins lebens geben.
Die hauptkannin gern das best gethon hett und ihn inn die
kuchin verbarg, nicht meinet, das der frawen mann ihne inn
der kuchin suchen solt. Doch der mann den nechsten der 20
kuchin züeilet unnd ihn darinn ergriff, inn ein winckel trib
und mit der axt dermassen verwundet, das er sich des lebens
verwegen hette. Der ebrecher den eh man lauter umb gottes
willen batt, er solt im das leben fristen nühr ein tag; aber
es halff alles nichts, sondern für unnd für inn ihn schlug. 20
LeUtlich rissen ihn die leuth von ime, bis der thäter entran
unnd er den nechsten den kirchoff zü eylet, alda vermeinet
Sicherung zühaben. Aber der mann als bald ime nach drat,
auff dem kirchoff ereylet und ime noch ein streich gab, dar-
durch er füle. :iu
Als er aber yetz gefallen war, der ehman wider ab dem
kirchoff, uff die rhat[25a]stuben gieng, der hauptkiinnin ein
halben batzen gab unnd sprach : ,Liebe würtin, gebt mir ein
kreutzer, ein pfenning unnd zwen heller !l Welches die würtin
als bald thet. Unnd der zimmerman , der eheman , auff den 35
kirchoff gieng, drey heller auff den doten cörpell leget und
32 eie.
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298
Martin Montanus,
sprach : ,Lieben burger, Bebet zö ! Disen mann bab ich an orten
und enden funden, da er mir mein glimpff unnd ehr schalck-
lich genuminen hat. Nün vermögen alle recht und erlauben
einem yeglichen das, wo einer ein in solchen Sachen bedrit,
ö das er ihm möge das leben ohn alle genad und barmhertzig-
keit nemmen. Nön hab ich aber disen mann an solchen orten
funden, die ime die recht verbieten. Derhalb ich auch an ihme
verbracht, des mir und einem yegklichen alle recht erlauben.
Üarumb ich auch hiemit drey heller auff ihn lege, damit soll
10 er gebust und gebessert sein, und euch auch hiemit zu zeugen
ni m, das ihr diser sach sollen zeugen sein.1 Darmit heimzöge.
Wer wolt ihme darumb thon haben? Fürwar niemandts.
Ein gelt straff mftst er geben, das er den kirchhoff entweicht
hat. Also geschah disem ehebrecher, und ward ihm sein bil-
15 lieber, verdienter lohn. Aber die fraw entrann ihme, und
waisst noch niemandts, wo sie hienkummen ist.
Ein kriecht sagt zü seiuern meister, er solte ein
Scheiben saltz kauffen.
Cap. 47 (49)*).
L'o Auff ein zeit het ein maurer ein knecht; der vexiert den
maister für und für, wann er beim pfenningwert saltz eiu-
kauffet, sprechend: ,Ey, wie möcht ich also mit lumpenwerck
umbgehn! Wolt ich doch ein gantze [25b] Scheiben mit ein-
ander kauffen ! So hetten ir ein weile dran.4 Der arm meister
l'o sprach : ,Lieber gesell , du darffst mein nicht spotten. Lüg,
wann du ein weib nimst, das dirs nicht auch also gang!'
Solches war alles dem knecht nur ein gespött.
Und nicht lang darnach begab sich, das der selbig knecht
auch ein weib natu, mit deren er in grosser armüt lebt, kaum
au vermocht, das er hett für ein pfenning saltz kaufft. Und eins
mals sich begab, das der gedacht knecht auff dem marckt war
*) Von hier ab wird in A die numerierung durch überspringen
zweier zahlen fehlerhaft. In unuerni abdrucke ist dies versehen gebes-
sert, die alte nummer aber in klammern hinzugefugt.
i
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Gartengesellschaft, cap. 46 — 48.
299
gewesen und (mit gunst zu melden) ein par schüch, darein für
ein pfenning saltz kaufft. Dem sein meister begegnet und ihn
fragt, was er trüge. ,Ey4, sprach der knecht, ,ich hab ein
par schlich kaufft.1 Damit die schüch under den kittel zohe,
damit der meister das pfenningwert saltz nicht sehe. ,Ey heb4, 5
spricht der meister, ,lass michs sehen ! Ich verstand mich auch
ein wenig auff schüch.4 Darmit dem knecht die schüch aus
den henden nam und das pfenningwert saltz darinn fände.
,Wie?4 sagt der meister, ,was ist das? Kauffst auch für ein
pfenning saltz, und hast mein also gespottet ?4 Dem knecht die iu
schlich unnd das saltz wider gab uund sprach : ,Yetz waistu,
was reichtumb in der ehe ist. Geh hien und spott fürthien
keins meisters mehr!1
Mancher meint, wann er nür ein weih hab, so hab er
alles genüg ; so facht warlich erst sein angst und not an, unnd 10
haben seine beste tag ein end. Das betracht aber keiner, biss
er es selbers erfart unnd solche kranckheit am hals hat; so
hilfft als dann kein recept darfür. [26aJ
Ein gräfin sagt, die armen leut solten käss und brodt
essen, damit sie nicht hungers stürben. ao
Cap. 48 (50).
Uff ein zeit war inn einem land ein grosser hunger und
theure zeit, also das die güten armen leut schier hungers star-
ben. Nün wüsten sie nicht weyters, weder das sie die landts
türstiii umb hilff anriifften. Derhalben die ältisten im land
von dem gemeinen volck erwölten etliche, die sie für die fürstin
schickten und umb hilff anrüffen Hessen.
Als sie nün für die fürstin kamen und die grosse not und
hunger des gemeinen volcks ihr fürlegten , darbey umb hilff
hatten , sprach die gräfin : ,Ey , wie sind es aber so dorecht
leut ! Noch wolt ich ehe käss unnd brodt essen, ehe ich wolt ;x>
hungers sterben.4 Sie meint, sie weren sunst zü foll, das sie
nicht mochten käss und brodt essen.
1
300
Murtin Montanu«.
Ein baur lasst (mit guust zü melden) ein furtz und
spricht züm teufel, er soll ein knopff daran machen.
Cup. 49 (51).
Ein verwegner, böser baur sass in einem dorff, der vil
guter bett und sehr reicb war. Nün war es eben umb die
ernd, das er solt Schnitter auf dem veld haben, die ihm das
korn und ander frücht abschnitten. So thauret in das gelt
übel, das er den taglonern geben solt (wie dann der reichen
gewonbeit ist, ye mehr sie güts haben, ye karger sie sind);
10 d erhalb er tag und nacht trachtet, wie er doch solche frücht
on sein kosten mochte heim zü hauss bringen.
Und in solchem seinem betrachten kam der teufel in men-
schen gestalt zü ihm und fraget ihn, warumb [26b] er doch
in so grossen engsten leg; er solts ihme anzeigen, ob er ihme
r> mochte behilflich sein. Der baur sagt: , Lieber brüder, ich
hab vil frücht auff dem veld, die soll ich nün alle tag ab-
schneiden und heimfuren lassen ; so thauret mich nür das gelt.
Darumb vermeinest du mir ein guten rhat zü geben, so thü
es!4 Der teufel sprach: ,Wann du hernacher mein wiit sein,
20 so will ich dir die frucht alle zü hauss füren.4 Der listig
baur, der wol getrawet den teufel zü betriegen, bald antwort
und sprach: ,Wann du drey ding thün wilt, die ich beger, so
will ich hernacher mit dir, wa du hien wiit.4 Der teufel war
solchs wol zü friden und fraget, was er thün solt. ,Wolan4,
2:, sprach der baur, ,dieweil du dich solches underwunden hast,
so geh hien und thü mir alle frucht on schaden herein , die
auff dem veld stond ! Wann solches geschehen , so thü mir
alles mein holtz, das auff dem veld unnd in den weiden ligt,
zü hauss! Wann solches auch geschehen, will ich dir weiters
:>> sagen, was du thün solt.4
Der schwartzman, den solches nit schwer daucht, bald
hienging unnd die geheissenen ding verbracht und bald wider
zürn bauren kam, ihn fraget, was das dritt unnd letst were.
Nün hett der baur am morgen fru rohe rüben gessen, davon
er wol fartzen mochte. Derhalb ein grossen furtz lies und
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Gartengesellschaft, cap. 49—50.
301
zöm teufe! sprach: ,H6r, brüder, fah den und mach ein knopff
dran !4 Solches wäre dem teufel unmöglich, hienzoge und den
bauren sitzen lies.
Ein narr wolt ein sack mit mäl in der mülen holen.
Cap. 50 (52). 5
[27a] Ein arme witfraw hett ein sün, der auch dem uiül-
ler durch die mule geloffen und mit dem sack geschlagen warde.
Den selbigen schickt sie auff ein zeit in ein andern flecken in
ein mulin, gab ihm ein sack, setzt ihn auff ein ross und sprach
zü ihme: ,Nün reit hien und sprich als ausse: Ein sack foll, m
ein sack foll !4 Der güt Jockel ritt hien und sagt , wie ihm
sein müter bevolhen hett.
Nicht lang, als er also geritten was, hett sich sein ross
gestossen, das der narr schier überab gefallen was. Davon
er vergessen , wievil er solt mal bringen , wider hienrit und i »
sprach : ,Ein sester foll, ein sester foll !l Nun in solchem sei-
nem reiten begab sich, das er zü einem ackerman kam, der
sähet frücht; und als er den narren also hört schreyen, lieff
er hienzü und schlug ihn gotsjamerlichen Übel und sprach: ,Du
solt nicht also sagen, sunder: Es werd sein vil, es werd sein vil !4 ji>
Der güt Hansel, der schon ein mal abgetoffelt ward, wei-
ter hienritt und sagt: ,Es werd sein vil, es werd sein vil!4
wie ihme dann der baur bevolhen hett. In solchem kam er
zü zweyen, die schlügen einander. Der narr schrey als: ,Es
werd sein vil, es werd sein vil!' Als solches die zwen hörten, z>
Hessen sie von einander und auff den narren hien, schlügen
den aus der massen übel und sprachen : ,Du solt sagen : Schaid
euch gott, schaid euch gott!'
Der güt Lienlin, der yetz seins mels vergessen hett und
nün die ander zügab seins newen Unglücks empfangen hett
und der dritten warten was, hienritte und schrey, wie ihm die
zwen bevolhen hetteu. In solchem seinem reitten unnd schreyen
bekamen ihm zwey newe eheleut, die einander erst den selbigen
tag zü kirchen gefürt hetten. Der narr, als er solche ersähe,
schreye er als: [27b] ,Schaid euch gott, schaid euch gott!4:r>
302
Martin Montanug,
Die erbarn leut solches verdriessen ward, gedachten: ,Wir
haben erst heut einander genumrnen, und schreyt der narr:
Schaid euch gott!4 Den armen narren schlügen, das gott von
himmel herab hett sehen mögen, und zu ihm sprachen: ,Du
ö 8olt sagen: ,Nims an arm und heb sie warm!4
Der gut narr, dem sein rucken sehr weh thet und nicht
wust, wie er sich doch halten solt, das er nicht weyters ge-
schlagen würde, hienrit und sprach: ,Niins an arm und heb
sie warm, nims an arm und heb sie warm !4 In solchem ge-
10 schrey bekam im einer, der fürt ein saw an einein strick und
höret das geschrey, den narren Übel schlüg und sprach: ,Du
solt sagen: Stoss an spiss, brodts und friss!4
Der güt Jockel abermals hienritt unnd sprach: Stoss an
spiss, brodts und friss, stoss an spiss, brodts und friss!4 Sol-
13 ches trib er, biss er zü einem kam, der (mit gunst zü melden)
sein notturffb thäte. Der arm geck abermals schrey : ,Stoss
an spiss, brodts und friss !4 Der gesell den narren übel schlüg
und sprach : ,Du solt sagen : Geh darvon und lass riechen !4
Ach gott, ach gott, wer was bekümberter dann der arm
20 übelgeschlagen Lienlin? Hienritt und zü der mulen kam, die
selbig brante in all macht. Der narr schrey, wie man ihn
gelernet hett: ,Geht darvon und lasts riechen.!4 Als solches
die güten leut horten, namen sie den narren, warffen ihn ins
fewr und Hessen ihn verbrennen.
& Für fünff heller gewürtz kaufft ein baur in einem
laden.
Cap. 51 (53).
Ein kirchweyhe wolt auff ein zeit in einem dorff sein. In
dem selbigen wonet auch ein par volck, mehr [28a] gewonet,
ao rüben unnd kraut zü essen dann ander ding. Nün sagt aber
die fraw zürn mann : ,Lieber, nim fünff heller und geh in die
statt unnd kauff ein säcklin foll gewürtz !4
Der güt dolpel zöge hien, name ein sack, darein wol ein
malter korn ging, zöge für den wurtzladen und begert ein sack
85 foll gewürtz. Der kreraer sah bald, was er für ein gesell war,
i
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Gartengesellschaft, cap. 51 -53.
303
unnd fraget, was er für gelt hette. ,Fünff heller hab ich,4
sagt der baur. Die selbigen nam der wurtzkreiner und schut
ihm gewflrtz darfür in sack. Den schlög der baur über die
achsel und zöge damit heim.
Vieriockers kaufft ein baur inn der apoieck. 0
Cap. 52 (54).
Uff ein zeit ward einem bauren ein kuh kranck; dem
rieth man, er solt inn die apoteck gen und solt im heissen
driockers geben. Der baur zoch hien, und auff dem weg ge-
dacht er bey im selbst : ,Soll es ein gut ding sein, so will ich
mir heissen vieriockers geben , damit meiner küh desto bas 10
geholffen werde.4
Unnd als er für die apoteck kam unnd gefragt ward, was
er wolt, sagt er : ,Ich solt driockers kauffen. So gebt ihr mir
vieriockers, ob der selbig besser were !4 Der apotecker sähe
wol, was er für ein vogel hett, dem bauren driockers inn ein 10
büchsslin gab, dasselbig doppelt bezalt nam unnd den bauren
hien ziehen lies.
Ein waldtbrüder sagt unnd nam im für, wie er ein
fraw wolt nemen unnd kinder zielen.
Cap. 53 (55). 20
Ein guter alter brüder hett inn eim wald sein wonung,
von dem er alle tag inn die statt ging und [28b] ein mas
honig holet, den man im gab. Den selbigen honig sparet er
allen züsamen inn ein hafen, der ob seinem beth an einem
seil hienge. >i;
Nün begab sich auff ein zeit, als er inn seinem beth läge
und den stab inn bänden hett, fieng er an mit im selbs zu-
reden und sprach : ,Ich hab alle tag ein anzal honig, und gilt
mir die mas fünff batzen. Wann ich dann für ein gülden oder
etlich hab, will icbs verkauffen. Umb dasselbig gelt will ich :»
schaff kauffen , die selbigen schaff bringen mir dess jars noch
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304
Martin Montanu«,
sovil junge schäflin. Dieselbigen will ich verkauffen , unnd
umb dasselbig will ich ein schön weib kauffen, mit deren ich
inn kurtzweil leben will. Von dem selbigen weib will ich ein
schönen sün zielen. Den selbigen will ich ehrlich unnd wol ziehen ;
ö und wann er mir nitt volgen will , so will ich ine mit dem
stecken übel, übel schlagen.1 Mit dem auff den hafen schlug
und in zu stucken zerbrach. Also hett sein anschlag ein endt.
Ein fraw fragt ihren man, wie lieb er sie hett.
Cap. 54 (56).
io Ein edelmann het ein fraw, die im tag und nacht mit
bitten anlag, er solt ihr doch sagen, wie lieb er sie hett. Der
edelman , der sie lang also auffgehalten het , antwurt unnd
sprach : ,Du bist mir als lieb als ein göt oder haimlich scheys-
sen.1 Solche red die fraw hart verschmachten, und mainet
\h er het sie dardurch veracht; solch red in keinen weg, wie sie
der edelman gemeinet, verstanden het. Derhalb sie hefftig
traurig unnd über ihren mann zürnen ward.
Und eins mals sich begab, das der juncker die fraw am
arm hett unnd mit ihr kurtzweylet; der [29a] frawen begunde
abzustreichen, unnd an die orth begeret, dahien sie dann die
notturtft zwingen was. Der edelmann solches bald sähe unnd
die fraw, die Urlaub an ihn begeret, mit uichten wolte gehn
lassen, sonder, als lang er mocht, uff hielte und sie stets fraget,
was sie doch thün wolte. Nun mochte die fraw lenger nicht
s> verziehen, über den man schier zürnen ward und sprach : ,Ey
lieber, lasst mich doch gehn! Ich müss (mit gunst zümelden)
scheyssen.4
Als solches der edelman hört, sprach er: ,Fraw, sihestu
yetz, wie lieb ich dich hab? Als wenig als du ohn solches,
au das du )*etz begerest, leben kanst, als wenig kan ich ohn dich
leben; und als lieb dir solches ist, als lieb hab ich dich/ Da
erkant die fraw erst, wie lieb sie der manu hett, unnd ihn
fürthien auch lieb hett.
2 deren ch.
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üartengeBellschaft, cap. 54—55.
305
Ein fraw hett ihren bnlen bey ir, darza der maun
kam, unnd sie verbarg den jungen ins olfass, dar-
nach zum man saget, es vvere einer im olfass, der
es kauften wolt.
Cap. 55 (57). 5
Zu Neapolis inn der weitberfimpten statt ein armer man
ein schone, junge, gerade fraw zu einem weib hett, die auch
etwan neben den weg gienge, die auch ein gute wollspinnerin
war und den pflüg bas zü beth füren knnt dann kaine ihrer
nachbeurein, unnd ihr man ein maurer; beide ihr leben mit io
klainein gewinn hienfürten. Und eins mals das frewelin an
dem fenster läge , da sie von einem jungen knaben gesehen
ward, und inn solcher mass gegen ihr entzündet, das, wann
er sie eins tags nicht sähe, er meinet allein sein, auch offter-
oi als [29b] des tages die gassen , darinn die fraw sass, auff i'>
unnd ab gieng. Des die fraw bald mercken ward und gleich-
fals liebe auff den jungen warff ; und nach langein sich beident-
halb sovil begab, das sie zusamen kamen. Unnd das frewlin
mit dem knaben ihr Ordnung gab, das er alle morgen sich an
orth unnd end stellen solte, da er sehe den maurer, ihren mann, a>
auss dem hauss gehn ; als dann mocht er ohn alle sorg bey
ir sein. Solches sie lange zeit mit einander triben.
Nun inn solchem ab unnd zugehn sich eins morgens be-
gab, das der schonen frawen mann nach arbeit wäre auss-
gangen und der jung zu der frawen inn das haus kam, sein e»
freud nach beider gewonheit bey ihr zuhaben. Uud wie der
frawen mann vor allweg, wann er aus gieng, nicht wider heim
kam biss abents, kam er doch den selben tag inn der stund,
darinn er aussgangen, wider heim. Unnd als er zü der thür
kam , fand er die beschlossen und allenthalben wol verriglet, :io
anhftb zu klopffen und zü im selber sprach : ,0 herre gott,
dir sey lob und danck gesagt. Wiewol du mich hast arm be-
schaffen , hastu mich doch mit einer frommen , erbaren und
zfichtigen frawen begäbet unnd versehen. Wie hat sie sich
so bald versperret und verwaret , damit niemants frembds zu x,
Moounat 20
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306
Martin Montanus,
ihr kommen mög, sie zü berauben oder etwas wider ihren wil-
len züthün!4
Nün het das gut jung frewlin an dem klopffen wol er-
kant, das es ihr mann wäre ; zu dem jungen knaben sprach :
"»,() weh mir, wie soll ich meinen dingen thün? Ich binn des
todts; denn mein man klopffet an der thUr. Was mag doch
das bedeuten, das er yetzund heim kompt? Ich forcht war-
lich, er hab dich sehen herein gehn. Doch wie dem allem
sey, steig eylents in das fass, [30a] das in dem winckel steht !
10 So will ich gehn lauffen und im uffthün unnd sehen, was doch
bedent, das er so bald zü hauss kumpt.4
Der jüngling in das fass sprang. Die fraw zu der hauss-
thür lieff, dem mann auft'thet und mit zornigen worten zü ihm
sprach: ,Was soll das sein, das du so bald wider zu hauss
Jökumst? Es dnnckt mich, du wollest heut ein feyrtag machen
unnd nicht arbeiten, dieweil du den werckzeug wider heim
bringest. Wann du also machen wilt, was wollen wir leben ?
Was wollen wir essen? Haberstraw? Wa wollen wir brodt
nemmen ? Du meinest vileicht, ich solt dir zulassen , das dn
20 meine kleider verkauftest. Ich sehe dich nicht an, ich spinn
vorhien bey tag und nacht, das mir das blüt möcht bein
neglen auslauffen, damit ich dich faulen lauren erneren mag
und zu erübrigen ein wenig 611 in unser lucernen anzüzinden.
Und du kurast mir mit hangenden henden heim zü hauss,
2ö wann du wol zü arbeiten hast.4
Mit disen worten anhüb klaglich zü wainen und ir laid
zü klagen : ,0 weh mir armen eilenden frawen, in was böser
stund binn ich geboren! Nun hett ich doch wol ein schonen
jungen reichen zü einem mann haben mögen, und ich wolt
ao sein nit und hab ehe mein willen geben zü dem zü kunimen,
der nicht bedenckt, was er an mir hatt. Andere weiber ha-
ben gute tag und schaffen ihnen mit ihren liebhabern ein gu-
ten müt, und ist keine, sie hatt zwen oder drey, mit dem sie
ihr freud haben und ihrem mann den mon für die sunnen
;tt weisen; und darunib das ich schlecht und einfeltig binn, sol-
chen Sachen nicht nachgeh , müss ich vil leiden. Ich waiss
nicht, warumb ich mir nicht auch umb einen lüg, der mich
lieb hab, wie die andern thün.4
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Gartengesellschaft, cap. 55.
307
Nach disen woifcen der mann [30b] antwort und sprach:
,Fraw, umb gottes willen nicht bekümber dich! Es ist wol
war, ich gieng in der meinung aus, das ich arbeiten wolt. So
bedunckt mich, es sey dir als wenig wissend als mir, das heut
sanct Gallen tag ist und yederman feyret; darumb binn ich»
wider heim kummen. Aber doch , liebes weib, ich hab mich
heut wol fursehen, das wir wol für ein gantzen monat brodts
genüg haben; dann ich unser alt ollfass disem gfttem mann
für fünff Schilling verkaufft hab, das uns doch allenthalben
im hauss geirret hatt.4 io
Das listig frewlin schnell antwortet und sprach: ,Das
ist da mein klag, die ich für über dich, du unheusslicher
mann, das du ein sollichs gross fass umb fünff Schilling geben
hast , und ich armes einfältigs frewlin , das mit marter den
weg zur kirchen waiss , es bass und theurer verkaufft hab \:>
dann du. Dann es kam ein mann ein kleine weil vor dir her-
ein , der kaufft mirs ab und gab mir siben Schilling darumb
und ist yetzund darinn, zu besehen, ob es gantz, rain und
sauber seye.4
Als solches der mann vernain , das sein frummes weib 20
theurer und hoher verkaufft het dann er, wol zu mut und con-
tent was, zft dem, der mit im kummen was, sprach: ,Mein
lieber freundt, du siehst wol, das mein fraw das fass umb si-
ben Schilling verkaufft hatt, da du mir nicht mehr dann fünff
Schilling gebest. Darumb ziehe im friden hieu und hab mir 2>
nichts für Obel.4 Der alt mann sprach: ,Ich binn sein wol
zu friden.4 Hiengienge.
Petronella zu dem mann sprach : ,Geh herein, mann, in
die kaminer zu dem, der mir das fass abkaufft hatt, und sihe
du selbst zu unsern Sachen!4 Der jung gesell, der in dem 30
fass mit grosser sorg seines lebens stack , sich aus dem fass
schwang, zü gleicher [31a] weiss thet, als ob er nicht ver-
nommen hett, das der mann kummen wer. Zu der frawen
sprach: ,Fraw, wa seit ihr?1 Dem der mann bald antwort:
,Ich binn hie an ihr statt. Was gebieten ihr ?4 — ,Ey4, sprach 8r>
der jungling, ,ich wolt gern die frawen haben, die mir das
fass zü kauffen geben hatt.4 Der frawen mann sprach : ,Ey
20*
308
Martin Monianus,
gfiter freundt, ich binn ihr mann. Was ihr begeret, das sa-
gen mir!4
Da sprach der jttngling: ,Mir gefalt das fass wol. Aber
mich gedunckt, es sey vil öllheften und unsaubers dariun ver-
u dorret , das ich es nit kann mit den negeln abher kratzen ;
und ich nimme das fass nicht , es seye dann sauber.* Petro-
nella schnell antwort und sprach : ,Umb des willen soll unser
kanff nicht zurück gehn. Mein mann soll es sauber unnd rain
machen.4 — ,Gern4, sprach der mann, sein werckzeug von ihm
iü leget und in das fass sprang, ihme ein liecht bringen hies
und mit einer brodischarren anfing zu kratzen. Das weibliu
sich mitt einem arm und haupt auff das fass leget und dem
mann zeiget, wa er abkratzen solt, und sprach: ,Lieber, lass
dich kein arbeit verdriessen, seitmal ich es bass verkaufft hab
15 dann du !4
Und dieweil das jung frcwlin mit dem arm und kopff also
in dem fass steckt , dem mann zu zeigen , was er abkratzen
solt, der jung gesell, der den selben morgen seinem willen
noch kein genügen gethon hatte, sich , so best er niocht , zu
20 der frawen schicket, und fast beyde mit einander gerecht wur-
den. Der mann im fass und der jung mit der frawen yeglicher
sein arbeit verbracht hette, das fass sauber ward, und er sich
von der frawen zurück zöge.
Der mann aus dem fass stig, und Petronella zü ihrem
25bülen sprach: ,Nün beschawet ewer fass, ob es euch gefalle!4
— ,Ja4, sprach der gesell, ihr die siben schil-[31b]ling für das
fass zelet und dasselbig schütf heim tragen. Also blib die
fraw bey ehren, und der mann ein gauch und narr sein leben
lang bleiben niüst.
:u Welcher aufF ein eyss baut
Und einem juden vertraut,
Einer frawen glaubt,
Der ist warlich seiner sinn beraubt
Zu beicht h6rt einer sein weib inu priesters form.
y, Cap. 56 (58).
In der statt Ariniel sass gar ein reicher kauffmann an
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Gartengesellachaft, cap. 55-56.
309
güt und gelt; aber er was ein grosser eyferer unnd hatte aus
der massen ein schon weib unnd urab ihrer schone willen heff-
tig eyfern ward und ihr vor andern besorget; kein ander ur-
sach nicht hett, dann das er ir ohn mass wol wolt und lieb
hett, sie mit schönen kleidern rain und sauberhielt; auch sie
sich stets zü seinem willen fliss. Darumb er meint, wie sie
ihm zü gefallen würde, also sie auch einem andern thet. Das
waren alles zunichte und unweyse gedancken und argument.
Sein eyfern war so gross, das er solche hüt het und die gu-
ten frawen so streng und hert hielt, als man manchem inen- i»
sehen thüt, der in den todt verurtheilt würt. Er hat sie in
kein kirchen oder auff kein hochzeit gehn lassen; sie dorfft
auch kein füss für die thftr setzen, an kein fenster gehn, und
das vil mehr umb der Ursachen willen, das sie sich des, darinn
sie der mann verargwonet, unschuldig wüste. \h
Und als sie sähe, das solches des manns eyferns [32a]
kein auffhSren sein wolt, gedacht sie ir sinn und weg zü fin-
den, dardurch sie auch lust und freud überkeme, damit ihr
der mann nicht unrecht thete oder vergebens eyferte. Nün
mocht die fraw in keinem weg an kein fenster gehn, das sie ao
sich gegen yemants in liebhaben hett erzeigen mögen , damit
sich einer irer lieb underfangen hett. Nün was ihr wol wis-
sent, das in der behausung neben ihrem hauss etliche schone
junge Studenten weren. Derhalb sie zft der maur ging zü
besehen, ob sie iergent ein loch oder klufft in der maur mocht
finden, dardurch sie mit den Studenten reden möcht; verhoffet,
sie wol einen zü irem willen bringen wolt, mit dem sie doch
auch ein kurtzweil tribe, biss der mann von seinem eyfern
abliesse und ime ein theyl ausschwitzet.
Und eins tags ging sie an gedachte wand und fände ein tw
spalt durch die mauren gehn, dardurch sie in eins juugen kam-
mer sehen mocht. Und eins mals sähe sie ihn in der kam-
mer; derhalben sie kleine steinlin nam und durchs loch oder
spalt die selbigen zü dem jüngling warff. Des der jüngling
bald gewar ward, zft dem loch ging unnd besähe, was wun- 35
ders es doch were, das die stein heraber würffe; da er die
fraw als bald ersähe und erkant, fragen ward, was sie begeret.
Die fraw, als die wol zeit und weil hett mit dem knaben zü
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310
Martin Montanus,
reden, (dünn der mann nicht dabei men war) ihm all ihr an-
ligen und begeren zü wissen thet. Des der edel jung on mas-
sen wol züinüt und zu friden ward, zühand auff seinem theyl
das loch der raauren weyter macht, doch in solcher mass, das
ö es von niemand gemercket ward. Da sie beyde taglichen ihr
gesprach mit einander hetten , einander angriffen , die band
einander botten, doch umb des eyfferers gros- [32b]ser hüt wil-
len nicht weyters thun mochten.
Inn solcher zeit die haylig weyhenacht sich nahet. Die
10 fraw zu dem man sprach: ,Herr, ich müss auch beychten
unnd mich mit dem hochwirdigen sacrament versehen lassen.4
— ,Wa8 hastu thon4, sprach der mann, ,das du beychten wilt?
Bistu doch nie aus dem haus komen !l — ,Ey4, sagt die fraw,
meint ihr darumb, das ich haylig sey, das ich nicht aus dem
i » haus gang?1 — ,Wolan\ sprach der eyferer, ,so ziehe hien!
Was dir an deiner sehlen hail und Seligkeit nützlich ist, daran
will ich dich nicht hindern.1 Aber ime gedacht weg zA su-
chen, damit er die fraweu selbst zu beicht hören mocht, unnd
sprach, sie hingehn solt, doch allein inu ihr Cappel unnd
•20 ihrem caplon, oder wen ihr der selb verordnen würd, beichten
unnd solt am morgen fru gehn. ,Ja4, sprach die fraw unud
am morgen frü auffstund , inn die kirchen gieng unnd ihr
man auch.
Und der man als bald zu dem ] »fallen gieng, den batt,
2.) das er ihn wolt sein fraw au seiner stat beicht huren lassen;
des ime der caplon willig vergünt. Und er etlich stein inn
mund nam, damit in die fraw nicht an der red erkant. Wel-
ches die fraw als bald sähe, gedacht: , Wohin, du wilt ge-
nurret sein ; so will ich dir darzü vollents helffen.4 Sich inn
M) keinen weg merckeu Hess, das sie in erkant, sonder zu seinen
füssen nider km'iet.
Unnd under anderm sie im beichtet und sagt, wie sie ein
ehnian hette unnd darzü ein platten bület, der alle nacht mit
ihr zü beth lege. Da das der eyferer vernani, ine nicht an-
sö ders daucht, dann wie ime ein schwert durch sein hertz gieng;
unnd wann er nicht mehr begeret hett zuwissen oder der
frawen gern mehr aus erforsch let hett, er hette die beicht ston
lassen und were dar-[33a|von gangen. Aber sich selbst über-
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G ar tengesei lach aft, eap. 56.
311
wand, sitzen blib und die frawen fürbas fraget unnd sprach :
,Liebe, wie beschicht aber das? Leit nicht ewer man bey
euch ?k Die fraw sprach : ,Ja, herr.' — ,Nün wie mag dann
der pfaff bey euch ligen?' sagt der eyferer. ,Herr', sagt die
fraw, ,ich wais nicht, mit was kunst er das thüt. Es ist kein ■'>
thür nicht so wol verspert, wann er darzü kompt, so kann
ers auff thün. Unnd wann er an mein kammerthur komet,
vor etlich wort spricht, ehe er die thür auff thüt, inn denen
mein man allwegen entschlafft. Unnd als bald thüt er die
thür uff, zu mir gehet unnd sich zu mir leget; das fehlet im w
nimmer.'
Da sprach der eyferer: ,l)as ist übel und nicht wol ge-
thon. Ihr werd gedencken unnd euch ein solches erlassen/
— ,Nain', sprach die fraw, ,ich kau es nicht thün ; dann ich
hab ine zu lieb.' — ,So kan ich euch nicht absolvieren', sprach i;>
der eyferer. Die fraw sprach: ,Das ist mir laid. Dann ich
biun nicht zu euch komen, euch lugen zu sagen ; dann inocht
ich ine lassen , so sagt ichs euch.' Da sprach der eyferer :
, Fürwahr, fraw, mir ist unib euch laid, das ihr also sollent
ewer seel verdammen. Aber ich will mich ewerthalb bemühen au
unnd besonder gebet zu gott thün, die euch villeicht, wa es
gtittes gefallen ist, helffen mochten ; unnd will euch zu zeitten
meinen clericken schicken, darbey ihr mich wissen lasst, ob
euch mein gebet geholtfen hab oder uit. Were dann sach, das
euch mein gebet helffe, so wolt ich fürthin gott stets für euch 2r»
bitten.' Zu dem die fraw sprach: ,Das solt ihr nicht thün,
ihr solt mir niemants zü haus schicken. Dann wo solches mein
man sehe, das ewer clerick so offt zü mir kein, würde er mich
villeicht in argem verdencken ; so hett icli dann kein güts
mehr von ime.' Der eyferer sprach : [33b] ,Fraw , habt des au
kein sorg ! Ich kan das in solcher mas thün , das es ewer
man nicht erfahren sol.' Die fraw sprach : ,Trawend ihr das
züthün, so bin ich wol züfriden.' Mit disen Worten ihr beicht
endet, absolution empfieng, autfstund, mess hören gieug.
Der eyferer inn seinem Unglück geschwollen auffstund, :v>
das pfaifen klaid ausszoge und sich heim zü hauss füget, be-
dencken ward , wie er den pfaffen bey dem weib begreiffen
mocht. Die fraw nach der mess heim zü haus kam , an des
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312
Marlin Montanua,
mans gestalt wol vernam, das sie ime ein boss jar geben hat.
Und der mann, so best er niocht, was er gethon hatt, verbarg
und nam i Ii nie für, die necbst nacht an der haussthur zü war-
ten, ob er den pfaffen, wann er die thür auffthet, ergreiffen
5 mocht und ihm sein haut foll schlagen.
Da nun der abent kummen was, zü der fraweu sprach,
er müst die selbig nacht anderstwo essen und schlaffen : ,Dar-
umb versperr wol alle thüren, besunder die haussthur und die
mitten an der stegen, und die kanunerthür nit offen vergiss,
iü und wann dich zeit dunckt, so geh schlaffen !4 Die fraw sprach :
,So geht im nammen gottes!1
Da nün der mann hienweg was gangen unnd sie alle
thuren wol verrigelt hett unnd sie zeit daucht , zu dem loch
gieng und ihrem aller liebsten zü ihr rüffet. Der schnell zü
15 dem loch kam ; dem sie alles, das sich dasselbig mal verloffen
und ergangen, zu wissen thet, und wie er ihr züverstehu
hett geben, aus zü essen unnd aus zu schlaffen, aber ihr zwey-
felt nicht, er seye inn dem hauss oder umb das hauss, zü
sehen, ob yemandts heint zü mir kumme. , Darum b deuchte
20 mich und wer mein gefallen, du kernest heinacht zü mir und
neme8t dein weg oben über das dach , da du mich offtermals
hast sehen das haar [34a] an der sunnen bleichen, damit wir
uns mit freuden heinacht bey einander finden mögen.4 Der
jung sprach: ,Fraw, zü euch zü kummen binn ich willig;
2r> und lasst mich allein sorgen !'
Da nün die finster nacht kummen was, der mann sich
wol gewapnet in die hüt des pfaffen setzet und sich unden im
hauss nahent bey der thur in ein 6de kammer verbarg. Und
die fraw alle thür und thor starck verrigelt, besunder die an
ho der mittel stegen , damit ihr mann nicht mocht hienauff ins
hauss kummen. Unnd da beyde lieb zeit daucht, sich zü ein-
ander fugten, zü beth giengen, der liebe mit einander spielten
und den armen eyferer daunden im hauss stelin liessen.
Da nün der newe tag anging, der jung sich wider zü
&* hauss füget. Der eyferer Übel gemüt und traurig , als der da
die gantz nacht ungessen und ungetruncken an der kulin ge-
standen was, von frost mehr todt dann lebendig des güten
pfaffen gewartet het. Doch da es gegen dem tag ging, das
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Gartengesellschaft, cap. 56.
313
wachen er nicht mehr mocht vertragen und in ein andere
kainmer unden in dem hauss schlaffen ginge , da er biss uff
tertz zeit lag und schlieff. Und als nün alle thüren geöffnet
waren, er desgleichen thet, als ob er von dem ort her kerne,
da er über nacht gelegen, in die stuben ging, sich hinder den 5
tisch setzet unnd ass.
Darnach er einen jungen schüler zü ihr schicket, als ob
ihn ihr caplon zü ihr schicket, sie fragen lies, ob der, sie wist
wol wer, noch zü ihr kern. Dem die fraw antwort, als die
des mans bossheit wol wust und den schüler wol kaut, sprach, io
er were die vergangen nacht nicht kumtnen, und wo er fürt-
hien also thün würde, mocht er ihr vileicht aus gedachtnüss
klimmen und sein vergessen, welches doch wider mein willen
ist. Was mocht im [34b] der eyferer gedencken, da er solche
wort von seiner frawen vemam? Er stund vil manche lange iü
winter nacht, des pfaffen zü warten, dieweil ihm der jüngling
bey der frawen lag.
Doch nach langem vergebenem wachen der eyferer solchs
nicht lenger ertragen mocht, unnd eins tags mit sehr betrüb-
tem angesicht er die frawen fraget, was sie den heyligen mor- so
gen gebeichtet hette und was das bedeutet, das der schüler
so offt zü ir kern. Die fraw sprach , sie woll ihm darvon
nicht sagen, dann es wer unzimlich. Der eyferer sprach : ,Ey
du zernichtes böses weib, nün waiss ich doch alle dein heitn-
lichkeit und was du ihme gesagt hast. Nün will ich ye von 25
dir wissen, wer der pfaff ist, der alle nacht bey dir ligt, oder
du niüst mir dein leben geben. Darnach wiss dich zü rich-
ten !l Die fraw im antwort und sprach , es wer nicht war,
sie kein pfaffen liebt. ,Nün wie ist dem , ists dir so bald
vergessen ? Sprachstu nicht also zü dem pfarrherr , der dich w
beicht hört?1 Die fraw sprach: ,Du sagst, gleich als seyest
darbey gewesen, und nicht als hett er dirs gesagt. Es ist war,
ich sagt ime gar wol, was mir eben zü sagen war.1 Der ey-
ferer sprach : ,Nün wolan, wer ist der pfaff? Sag an
gschwind und bald!4 35
Die fraw lachent zü ime sprach: ,Es thüt mir in mei-
nem hertzen aus der massen wol, das ein mann sich von einer
so schlechten frawen anfüren lasst , wie wol du, seither den
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314
Murtin Montanus,
eyfrigen gaist angenummen , nie weyss gewesen bist; und ye
einfeltiger und doreehter du bist, sovil niebr sich mein ehr
mindert. ülaubstu, mein lieber manu, das icb blindt au den
äugen seye , als du bist? Fürwar nein ich; dann ich deu
ö prallen wol erkant, dem ich beichtet, das du es wärest. Der-
halb ich dir auch gab, das du suchen ging-[35a]est, und saget
dir, das dir nicht liebet. Aber werest ein weyser mann , als
dich duncket , du seyest, du bettest nicht die heimlichkeit
deiner frawen durch sollich weg gesüchet und on alle arge
10 danck wol soltest vernummen haben, das das on zweyfel, das
ich dir saget, nicht war were. Ich sagt dir, wie ich einen
pfaffen lieb hett; warestu nicht der selbig, den ich nicht im-
billich lieb hab? Mehr saget ich dir, wie er alle thür aun"-
thet und ihm kein thür meins hauss versperret were, wann er
i.» zu mir schlaffen kern. Nün sag mir, lieber mann, welche thür
unsers hauss ist dir ye versperret gewesen , wann du zu mir
hast kummen wollen ? Und als offt du deinen schüler zu mir
schicktest, sagt ich dir nit, du werest nicht bei mir gewesen ?
Nün was zünichten maus magstu nur sein , das du dich die
20 falschen untugent des eyferens hast überwinden unnd so schaut-
lieh blenden lassen ! Und du bist des nachts in dein haus;»
verborgen gelegeu und hast mir züverstehn geben, änderst wo
zü schlaffen. Ich sag dir, lass ab von deinem eyferen und
würd ein mann, damit du nicht yedennan zu gespott werdest,
'S) die dein gespott [!] vernemmen ! Ich sprich unnd schwer dir bey
gott und allen heyligen, das ich dir die hörner wol auff setzen
wolt, wann ich es gern thete. Und wann du schon hundert
äugen bettest, ich wolt dich an allen blenden und meinem
willen ein genügen thün on all dein wissen.4
:jo Den bösen eyferer wol daucht, die fraw ime die warheit
gesagt hette, sich gantz beschambt sähe und on ander red
und antwort die frawen für weiss, frumm und erbar hielt, so
ime erst eyferns wer not gewesen. Er sich des gantz abthet.
frunun und erbar hielt, hienfürt nicht [35b] mehr eyfert, sun-
a*j der ihr fürthien erlaubet zü gehn, wo sie hien wolt.
Ein listiger fuchs müss einer sein, welcher ein weib be-
triegen will. Es geschieht aber manchem recht; es hatt et-
wann einer ein frummes weib und vertraut ihr nit, eyfert on
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Gartengesellschaft cap. 56—58.
315
ursach, wie diser gethon ; darunib auch sein weib sehen hat
müssen, das sie ihm thu, damit er nicht vergebens eyfere.
Welcher hatt ein frumme fraw,
Derselbig ihr gantzlich vertraw
Und eyfere gar in keinen weg, »
Das sie fremder bulschafft pfleg.
Sunst würt sie zu Ursachen geraitzt.
Davon sie yetzund gar nicht waiss,
Und etwas newes fahet an,
Weichs sie sunst under wegen glan. m
Ein fraw kaufft den) rotgerber leder ab.
Cap. 57 (59).
Ein ans dermassen züchtige fraw , die bass von sachen,
die man zu beth treibt, reden kunilt dann vom heyligen Vat-
ter unser , auff ein zeit zu einem ledergerber kam und ein I* .
stüeklin leder failset. Der ledergerber sprach : ,Ich gibs
umb vier batzen.' — ,Ey4, sprach die fraw, ,wie dorfft ihrs so
theur bieten? Es ist doch nicht so gross, das ich die fotzen
mit decken konde.4 — ,Wolanl, sprach der.gerber, ,es gelt
wol. Hebent auff und verdeckens ! Wann ir es dann nichts
mit verdecken kündt, so habt ihr das leder gewunnen.'
Die fraw sprach ja, sich auf!' hüb und das leder für die
hu hu hüb, darnach das hess oder kleider [;J6a] (mit gunst
zu melden) Ober den hindern warff , sich bücket und sprach :
,Nun secht, gerber, ob es verdeckt sey oder nit !; Der gerber, &*>
als er in ein sollich verbrent dorf sähe, fieng er an zu lachen
und sprach: ,Ja , liebe fraw, ihr habts redlich gewunnen.
Aber auff ein ander zeit will ich noch ein schlafftrunck dar-
für bey euch thun.4 Des die fraw wol zu friden war, hien-
zöge, das leder mit ihr name und dem gerber das einsehen:*'
liesse.
Ein junge fraw klaget ab iretn mann, er habe keinen.
Cap. 58 (60).
Einem jungen edulman und fürwar kurtzweiligen bossen
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316
Martin Montanus,
ward auf!" ein zeit ein junges weib geben , die er in keinen
weg erfüllen oder genug thün hatt künden. Nicht waiss ich,
ob die schuld sein gewesen oder ob sie nicht zu benügen ge-
wesen; ye sie war gar traurig und gehüb sich sehr übel.
b Und eins tags zu ihrer müter kam, nicht frolich war, als
der newen breut gewonheit ist, sunder gantz bleich, ungestalt
und geschweifl't ward. Die müter fraget, was ihr were, das
sie so übel sehe und nicht frolich were. ,Ach*, sprach sie,
,8olt ich nicht trauren? Du hast mir ein mann geben, der
10 zü den wercken, darumb die ehe autfgesetzt ist, wenig oder
auch gar nichts werdt ist; dann er hatt keinen.4 Des die
müter sehr bekümert, das sie ein solche schone dochter einem
unmügenden solte zu der ehe geben haben, unnd zü ihr sprach:
,Wolan, mein liebs kindt, wir wollen die tag ein gut mal
l-Vzürüsten und allen unsern freunden sollich Sachen anzeigen.
Die werden uns behilflich sein unnd verhelffen, damit du von
dem läppen kummest und an ein ort gethon werdest, da du
auch freud [36b] hast und deine junge tag nicht also ver-
gebenlich verzerest.' Die junge dochter wäre des wol zu
so friden.
Und eins tags lies die alt der jungen bevelhen , das sie
gedechte und ein gut mal zürüstet, dann sie sampt allen ihren
freunden kummen wolt und den imbis mit ihr essen, welches
geschah. Und als sie zusammen kamen und der jung der
» fraweu mann etwas im hauss zü schaffen hett, fieng die alt
der jungen frawen müter an und erzelt der freuntschaflft alle
dise ding, wie sie von der dochter vernummen hett, mit bitt,
sie solten ihr verholtfen sein , damit sie nicht ihre junge tag
also schantlichen verzerte. Die freundtschafft, als sie solche«
«o vernummen, von stundan traurig ward, und sie die junge doch-
ter übel taurten, ihr all verhiessen von dem gecken zü helften,
still sassen unnd nicht mehr frolich als vor waren.
In solchem der güt jüngling wider hienein ging und wol
sähe, das sie etwas unmüts trügen , bald fraget und sprach,
s> was newes in zugestanden, das sie also traurig weren. Yeder-
man sass still und wolt nichts sagen, biss letstlich einer, ein
frecher gesell, herfür für und sprach: ,Lieber freundt, dein
fraw klaget ab dir, du habest keiuen. Darumb sihe, das dich
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Gartengesellschaft, cap 58—59.
317
verantwortest und beweysest, das dem nicht also seye ! Sunat
werden wir gezwungen, dir sie zu nemmen und einem andern
zü geben. Darnach wiss dich zü richten!4
Der gesell, als er solches gehört, fieng er an zü lachen
und sagt: ,Lieben freund, legent ewern unniüt umb solcher :>
Sachen willen hien! Dann ich hoff, disem mangel soll bald
erstattung geschehen.4 Mit dem den buppenhan heraus zohe
etc. unnd den auff den tisch legt unnd sprach: ,Nün secht,
lieben freund, ob dein also seye, wie mein weib von mir kla-
get!4 [:^7a] Als solches die weiblin, so zü tisch sassen, sahen, 10
fiengen sie alle an zü lachen , all gemeinklich sagten, das sie
von solchem haussrhat überwunden weren. Lachten ihnen der
abentheur genüg, und warde die malzeit mit lachen und freu-
den volendt.
*
Zwen gesellen yeglicher dem andern sein weib be- 10
schlafft.
Cap. 59 (61).
Inn der statt Sena zwen jung gesellen von genüg erbarem
geschlecht ihr wonung heten, der ein genant Spinellutzo, der
ander Zeppa. Beid nachbauren unnd güt gesellen mit ein- -jo
ander waren, unnd yegklichen gott mit einem schonen weib
begäbet hette. Nun begab sich, als offt und dick geschieht,
das Spinellutzo mit Zeppa weib grosse freundtschafft macht
unnd die inn solcher mass, das aus dem schimpff ein ernst
wardt, und die güte fraw zü seinem willen brauchet unnd die sr>
zü vil manchen mahlen beschlieff ; unnd sie willig seinen wil-
len thet, und des also lang mit einander triben, biss einest Zeppa
solcher arbeit wahr nam.
Das begab sich also , das einest Spinellutzo kam , nach
Zeppa fraget und im rfiffet. Das weib im antwort und sprach, ao
er were nicht zü haus, als die sein nit wahrgenommen, das er
im haus was. Da Spinellutzo vernam , das Zeppa nicht im
haus sein solt, bald über die stiegen auff inn sahl lieff, da er
die frawen allein fand. Die er mit seinen armen umbfieng,
halset und küsset, nicht änderst mainet, dann Zeppa nicht zü &>
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318
Martin Montanus,
haus were; beider willen zu der stund ein genügen theten.
das Zeppa an dem end, da er sass, alles sähe. Nach dem beide
von newem inn die kammer giengen, da hftb [3/b] sich erst
der betler dantz. Des sich Zeppa sehr betrüben ward , doch
r, bey allem zorn sein ehr bedencken wardt, zA ime selbst sprach:
,Mach ich nnnor oder geschrey, es steht darautf, mir bekum
ehe davon schand unnd laster dann ehr.* Unnd anhub zu be-
dencken, wie er sich des ohn yemants wissen inn der nach-
baurschafft an Spinellutzen möchte rechen, damit er and sein
lftgemut beide inn friden hüben. Also nach langem gedencken ine
daucht, wie er solcher materi weg und ursach genüg fanden
hett, also lang verborgen lag, das beider kirchtag ein end hette.
Und als bald Spinellutzo vom weib hinweg giong, Zeppa
inn die kammer kam, das weib fand, die ihr stauchen wider
r» uinb das haupt band, den ihr Spinellutzo in dem schertzen ab
dem haupt hette fallen machen, zu ihr sprach: ,Weib, was
thftst du?' Die fraw antwort: ,Siliestu nicht, was ich thü?*
Zeppa sprach: ,Ja, ich sihe es wol ; ich habe aber auch an-
ders gesehen, des ich lieber nicht gewölt hett.4 Also mit ihr
20 an hüb von der verlauffnen sach zureden. Sie mit vil newen
historien unnd ausszügen ihr ehr understund zftbewaren , ime
doch aller dings die warheit sagt, was Spinellutzo biss aufl
dise zeit mit ihr begangen hette, unnd ine mit warnenden äu-
gen ernstlich nmb gottes willen bat, er solt ir verzeihen.
£» Zeppa zu seiner frawen sprach: ,Fraw, du hast sehr übel
unnd wider gott unnd götliche recht gethon. Doch wiltu, das
ich dir vergeh, so würstu thun, als ich dir bevelhen würd.
Und das ists, das du Spinellutzo bis morgen zft dir zukommen
ziel gebest, wann ich unnd er heyeinander sein, damit er ur-
«> sach find , von mir zugehn und zft dir zukommen. Unnd ob
sich begeh, das ich inn dem zft bans kerne, so sperr ihn inn
den grossen kästen inn unser [38a] kammer! Wann du das
gethon hast, so will ich sagen, wass du thun solt. Unnd hah
weder sorg noch forcht! Das versprich ich dir bey meiner
:ß trew, das weder dir noch ime laid widerfahren soll.1 Die fraw
ime versprach das zu thun und auch thet.
*
10 1. Als?
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Gartengesellschaft, cap. 59.
319
Da nün der morgen kummen was, Zeppa und Spinellutzo
nach ihrer alten gewonheit bey einander waren und nun tertz
zeit kommen was, als Spinellutzo zft ihr zukommen verspro-
chen unnd sie ime zil geben hett, zü seinem gesellen Zeppa
sprach : ,Ich müs auff disen morgen mit einem meinem freund 5
zu morgen essen; den will ich mein nicht warten lassen. Dar-
umb stehet mit gott !' Zeppa sprach : ,Es ist noch nit essens
zeit.1 Spinellutzo sprach : ,Das gibt mir nicht züschaften. Ich
hab auch anders mit im zureden etlichs meins gescheffts. Dar-
umb stehet mit gott! Darumb ich mich bey zeit bey ime fin- u»
den lassen will.4
Inn dem von dannen gieng, zu Zeppa weib heim kam,
die ihn freundtlich empfieng. Haid miteinander inn die kam-
mer giengen unnd so bald darein nicht kommen waren, Zeppa
auch zu haus kam. Den das weib bald vernomen hett, die i">
sich gegen Spinellutzo sehr forchtsam bewis und , nach dem
ihr von dem mann was befolhen worden, in inn den grossen
kästen verbarg, den wol verspert und aus der kammer gieug.
Zeppa zü der frawen sprach , ob es nahent essens zeit were.
,.Ia4 , sprach die fraw , ,es ist nun dalest wol zeit.1 Zeppa an
sprach : ,Spinellutzo ging newlich von mir und sprach, er wolt
uff disen morgen mit einem seinem freund zft morgen essen,
sein weib allein daheimen lies. Gehe hien ann das fenster
und rüff ihr, das sie mit uns essen kom !fc Das sprach Zeppa
alles dem in dem kästen zü gehör. a>
Das weib, die ihr selbst [34b] besorgt, dem mann gehor-
sam was, bald an das fenster lieff unnd ihr nachbeurin , Spi-
nellutzo weib, r&flet und sprach, sie solte komen mit ihr essen,
dann Spinellutz keine nicht zu haus. Die sich nicht säumet,
bald kam, als sie vernain , das ihr mann nicht solte heim zü jjo
haus kommen. Und alsbald sie inn Zeppa haus kam , Zeppa
seinem weib bevalbe in die kirchen zü gehn unnd mit Spinel-
lutzo weib anhüb züschertzen, sie mit ime inn die kammer
füret, die kammerthür wol verriglet.
Da das die fraw sähe, sie zü Zeppa sprach : ,0 weh mir, &>
Zeppa, was bedeut das? Habt ihr mich umb dess willen
*
32 kirchen] bo auch Centonovella 1551 bl. 156b; kuchen Arigo.
Jloogle
j
320
Martin Moutanus,
heissen her kommen ? Ist das die freundtschafft unnd brüder-
liche geselschafft, die ihr meinem mann beweysen wolt umb
des grossen getrawen willens , den er stets zü euch gehapt
hatt?4 — Zeppa die frawen umbfangen het, starck unnd vest
5 hielt unnd sich mitt ihr ann den kästen, darinn ihr mann
versperret was, lainet, zü ihr sprach: ,Fraw, ehe ihr euch
etwas über mich beklagend, vor vernempt, was ich euch kla-
gen will ! Ir solt wissen , das ich Spinellutzo , ewern mann,
als meinen leiblichen brüder lieb gehabt hab unnd noch hab.
10 Aber gestern , das er villeicht nit waisst oder gemerckt hat,
ich fand unnd sähe das gros getrawen , das ich zü ime hett;
das ist, das ich in gestern bey meinem weil) ligen sähe, und
mit ihr thet, wie er mit euch thüt, wann ihr zü beth seit.
Unnd darumb, das ich in lieb hab als meinen brüder, ist mein
15 meinung ihm nicht anders züthün , dann er mir gethon hat ;
unnd wie er mein weib zü seinem willen gebraucht hat, also
auch ich euch. Und wa ir das nicht thün wolt, müsst ihr
gezwungen werden. Darnach wisst euch zü richten! Dann
das er mir beweisst hat, will ich in kei-[39a]nen weg unge-
brochen lassen; ich sol solch weg halten, das weder ich noch
er sol nimmer frölich werden. Aber ich hoff, ir sollen eim
solchen zü weis sein und nit darzü kommen lassen.4
Da die fraw Zeppa vernam , ihm kein unrecht sprechen
kund, zü im sprach: ,So gehe es über mich. Und damit aus
25 übel nicht ergers werd, ich geschickt bin yetzund zü leiden
von euch, das ewer weib von meim mann gelitten hat. Nftr
mir mit friden bleiben, unnd mir ewer weib das nit übel uff-
nemm ; so will ich ihr auch vergeben , was sie mir gethan
hat.4 Zü der Zeppa sprach: ,Fraw, daran habt keinen zwei-
JW fei , ich sol euch mit meiner frawen wol zü friden stellen.
Uber das wil ich euch ein schone kleinot geben, als ir ie ge-
habt habt.1 Mit dem sie nider uff den kästen legt, darinn ir
mann was, da er mit ihr nach allem seinem willen thet, unnd
das als lang und vil im liebet, sie mit einander aus zweien
a*. willen ein machten.
Spinellutzo all sach und des weibes red und antwort ver-
nomen het unnd den dantz mit dreien dritten ob im lang zeit
zü gebort, verdriessen ward, besonder pein bracht. Unnd het
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Gartengesellschaft, cap. 59—60.
321
er sich von Zeppa nit besorgt, er het das weib gescholten
und ein bübin geheissen; doch bedacht, wie aller anfang von
inn kommen wer unnd, wie Zeppa mit dem weib begieng, er
recht und nit unrecht het; zü im selbe sprach, er wolt sein
besserer gesell, dann er ie gewesen wer, sein, doch so ferr es 5
Zeppa gefiel.
Da mm der güt Zeppa ein genügen auff Spinellutzo weib
gewesen was, darab steig. In dem da die gilt fraw die ver-
heissen kleinot an in begert, er bald die kammerthür uff thet,
seinem weib rüfft ; die da kam, nit anders dann lachend sprach : 10
,Fraw, ir habt mir, gott gesegens euch, brot für küchen wider
geben.' Zep-[39b1pa zu ir sprach : ,Fraw, thu auff den kästen,
las mich geben das kleinot, das ich unser nachbewrin ver-
sprochen hab!' Die fraw im bald uffspert; da er Spinellutzo
seim weib zeigt und sprach : ,Fraw, das ist das kleinot, das 15
ich euch verheissen habe.4
Es wer nicht zft sagen, welches sich am seersten geschii-
met het, Spinellutzo oder sein weib, die ob im auff dem kästen
getantzt het. Da er Zeppa sähe und bei der arbeit vernonien
het, ungeredet aus dem kästen steig, zft Zeppa sprach: , Wir ao
sein gleich. Darumb güt ist, als du ietzund zu meim weib
gesprochen hast, das wir hinfür als bissher gut gesellen sein
sollen. Und als unser beider ding, ausgenummen die weiber,
gemein gewesen, wer mein sinn und meinung, die selbige un-
sere weiber hienfür als ander unser ding sein sollen.* 25
Zeppa auch wol zü friden war. Nach dem alle vier mit
einander gingen das nachtmal essen. Unnd hienfür yegliche
fraw zwen mann und yeglicher mann zwey weiber hett. Also
lange Zeit mit einander in lust und freuden lebten.
Einer verspielt sein weib vor dem chorgericht. a>
Cap. 60 (62).
Ein güter gesell hett auff ein zeit ein dirnin zü der ehe
genummen; und ich waiss nit, wie er mit ihr umb ging oder
17 gaschämet A — .
Montana« 21 M
322
Martin Montanus,
wie er ihr thet, das die güt dochter von ihme lieff und sich
zü Augspurg in sanct Catarinen closter verdinget.
Nün zog der güt gesell umbher von einem dorff zum
andern, von einer statt zü der andern und fraget seiner frawen
5 nach, doch sie niergent erfaren kundt, biss letstlich kam er in
gedacht closter in den stadel oder scheureu und fraget, ob sich
nicht erst körtzlich ein magt [40a] hierein verdinget hette,
die Anna hies. ,Nein warlich', sprachen die drescher, ,es i&t
keine hierinnen, die Anna heist; aber es ist wol eine newlich
10 hierein kummen, die heist Catarina. Die sitzt yetzunder dar-
oben in der stuben und isst zü morgen/ — ,Ey, sie heist,
das sie botz füdloch sehend4, sprach der bauren knecht, Tsie
ist mein weib und ist mir entloffen.' Den nechsten hienauflf
in die stuben ging und die magt, so am tisch sass, bey den
15 zöpffen nam, zü boden riss. und göt ding mit füssen walcket.
Nach solchem sie für das chorgericht lüd und citiert, da-
selbst sie verklaget unnd sich zü scheiden begert. Die urtheil
ging, das sie, die dochter, dem gesellen für sein versäum nüss
unnd auffgeloffenen kosten solt zwen gülden geben, uund er,
20 der gesell, ihr solt ledig gezelet sein. Nün hett aber die magt
sollich gelt nicht bey ihr; derhalb sie den bawmeister, ihren
herren, batt, das er es ihr auff den lohn geben wolt, das er
bald thet.
Da nün der gesell die zwen gülden het, schlüg er die auff
25 den tisch und sprach : ,Wolan, ihr lieben herren, ich hab mein
weib vier wochen gehabt und ir nie nichts abgewinnen künden.
Derhalben sie meinenthalben noch wol ein junckfraw ist. Nun
aber mir urtheil und recht geben hatt, das ich ihr ledig sey.
unnd mir zwen gülden für mein versaumnüss ist zügesprochen
:so worden , welcher ist nün so behertzt, der mir zwen gülden
auff meine zwen setzet und mit mir spielet, damit ich doch
sagen künde, ich habe mein weib vor dem consistorio ver-
spielt?4 Der herren einer, als er solches hört, bald zwen gül-
den aus dem seckel zoch , die auch auff den tisch leget und
35 sprach: ,Wolan, ich will mit dir spielen.' Also mit einander
anfiengen spielen ; unnd nach langem spielen der chorherr [40b]
das gelt gewann. Als solches der gesell sähe, frölich warde.
von heller stim juchtzet und schrey, sprechent: ,Nün seye gott
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Gartengesell schaft, cap. 60 — 61.
323
gelobt, das ich mein weib verspielet Lab !* Hienaus zöge. Wo
er hernacher zü gesellen kam, sagt er zu kurtzweil, wie er
sein weib vor dem chorgericht verspielt nette.
Ein guter gesell mftss ein dirne haben, die der vat-
ter und sün vorlnen lange zeit zu ihrem willen b
gehabt hatte.
Cap. 61 (63).
Ein güte Stütgarter junckfraw dienet auff ein zeit in
einem dorff bey einem bauren. Ich waiss nicht, wie kuppelig
sie sich gestelt oder umbthon hat ; das waiss ich wol, das ihr »o
der baur und des bauren sün ir all beid holdt wurden und
sie beschließen und die sach so lang unnd vil, dick unnd grob
machten, das sie sich schwanger fand. Solches ihren zweyen
beyschläffern zu wissen thet, sie batt, sie solteu sehen, wie
sie der Sachen theten, damit sie nicht öffentlich zü schänden lö
würden. ,Wolanl, sprach der baur, ,so lüg, wie du unsern
knecht mit dir zü schertzen überredest! Wann er dann also
bey dir leit, so heb ihn starck, damit er dir nicht entrinnen
künde! So wollen ich und der sün hinein wüschen und ihm
übel zü reden ; so müss er dich dann zü der ehe haben , er 20
woll oder woll nit.4 — ,Es ist güt', sprach die dochter, ,er
bült mich one das und leg gern bey mir. So will ich ihne
heint nacht heissen zü mir kunimen.4
Als nun die nacht kam , der knecht wie vormals nach
seiner alten gewonheit anhüb umb die magt zü bülen. Die 23
magt anhüb und sprach : , Wohin, lieber [41a] Hcintz, du bist
mir yetz lange zeit nachgangen und hast mich nie erbitten
künden. Nün in widerkerung des selbigen und das du nicht
vergebens umbgangen seyest, binn ich auff diss mal geschickt
dein willen züthün, doch mit der bescheidenheit , das du es 30
niemandt sagest.1 — ,0 weh, liebe Gred4, sprach der bauren-
knecht, du darffst nicht sorgen, das ich es yemandts sage, nür
du mir zü willen werdest/
Als nün die nacht kummen was, der güt Jockel meinet
in rosen und kurtzweil zü ligen ; da lag er in eytel angst und
21*
324
Martin Montanus,
not, und fing erst sein jamer und eilend an. Dann als er bey
ihr lag und die zwen vor der kammer zeit daucht, stiessen sie
die kammer auff, und die hür den güten gesellen starck hielt,
das er nicht mocht entrinnen. Der baur fieng an seinen knecht
5 Obel zA schelten unnd sprach : ,Ey das dich botz füdloch sehend,
alles bösswichts ! Du hast mir mein hauss zA einem hArhauss
gemacht, und da wtirstu gedencken und sie zA der ehe nem-
ment oder du mAst sterben.4 Ach got, was wolt der gAt ge-
sell thAn! Wolt er nicht geschlagen werden, so mAst er die
10 breckin zA der ehe nemmen und vor ihnen beyden (doch ge-
zwungen) bekant, wie er sie zA einem weib haben wolt.
Als nAn der tag kam, wolt er sein kauff nicht bestan;
dann er on zweyfel wol wust, wie die sach ein gestalt umb
die dochter hett gehabt. Und mit einander für das consisto-
i.» rium kamen, fürbracht, wie er zA solchem gelübdt were ge-
zwungen worden, mit bitt ihne zA absolvieren. Die herren
richter nicht bedachten , das die gelübt, so gezwungen und
aus forcht geschehen, nicht statt haben, und dem gAten ge-
sellen die verfeit dochter zAsprachen. Die er haben mAst und
20 mit ihr heim zu hauss zöge. [41b]
Ein würt inn einer statt nimbt ein junckfraw zü der
ehe, die er in siben gantzer jaren nicht beschlafft.
Cap. 62 (64).
Ein würt sass uff ein zeit in einer statt; der selbig, als
sö ime sein weib gestorben was, ein andere reiche schone junck-
fraw zA der ehe nam, doch sie in keinen weg beschließ" oder
beschlaffen kundt (nicht waiss ich , was dem gAten gesellen
widerfaren was); derhalben er sehr unmAtig war. Die fraw
oder junckfraw ein solches nicht ein wenig bekümbert, doch
;«)thet, wie einer frummen frawen wol ansteht, zA dem würt
sprach : ,Wolan, mein lieber hausswürt, du waist wol, das du
zA den Sachen, zü den die weyber erschaffen sind, kein mann
bist. Derhalb mich hefftig verwundert, das du dich mein
understanden hast und wol gewist hast, das ich schon , jung
&> und dich darumb genummen hab, das du mir freud und möt
gebest. Doch wie dem allem, so biss du zü friden und be-
Digitiz-
Gartengesellschaft, cap. 62-63.
325
kümber dich nicht oder nicht gedenck, das ich dich darumb
desto unehrlicher halten will, sonder solches alles von dir
verschweigen will und mich auch so wol halten, das du in
keinen weg kein arges von mir erfaren solt/
Nün solches stunde an biss in das sibent jar, das sein 5
niemandts war nam ; yedertnan name frembd, das ein sollichs
schon weib nicht solte kinder haben. Biss letstlich der würt
sein frumme fraw zige, wie sie bülschafft mit einem andern
pfleget , und sie übel darumb schlug. Die güt frum dochter
zu ihrem würt sprach : ,Mein lieber mann, des, so du mich io
zeihest, biun ich warlich unschuldig. Darumb lass mich zü
friden und beschuldige mich nit des, so ich [42a] unschuldig
binn!4 In summa, die fraw saget, was sie wolt, so inüst sie
dem würt liegen ; und sich in keinen weg wolt abreden lassen,
sonder sie für und für übel schlüg, das der gftten frawen 15
nicht mehr zü gedulden war.
Derhalb sie mit einander für das chorgericht oder consi-
storium kamen. Der würt klaget des ehebruchs halben auff
sie. Hergegen die fraw sich verantwort und fürbracht, wie
sie yetz in das sibent jar bey ime als ein junckfraw gewesen au
were : dann er sie nie beschlafen hette ; nün zige er sie einer
sach, der sie warlich unschuldig were. Und begerte, man solt
sie die geschworne hebammen besichtigen lassen; wa sie nicht
als ein junckfraw funden würde, so solte man sie nach Un-
gnaden unnd nach ihrem verdienst hartigklich straffen. Wel- 25
ches alsbald geschach ; von der hebammen besichtigt ward,
die sie für ein reine unverfelte junckfraw erkant. Uff solches
ward erkant, das der würt, dieweil er ihr unrecht gethon, ihr
ihr zugebracht güt wider geben, darnach zü gleich mit ir
durch den banck aus theylen solt; wann solches geschehen au
were , so inocht sie sich nach ihrem gefallen anderstwo ver-
lieurhaten, welches alsbald geschah. Also geschähe dem würt
recht, der sein frumme fraw ehebruchs zige.
Einer schenckt dem richter ein wagen, der ander
zwey pferdt. x>
Cap. 63 (65).
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326
Martin Montanus,
Zwo partheyen hetten ein bandel vor einem gericht umb
schmachhändel. Nün schanckt die ein parthey, die vileicht
recht hett, dem richter ein schonen newen hobelwagen, darinn
er spatzieren füre; und die ander parthey schanckt dem rieh-
5 ter zwey schöne pferd für den [42b] wagen. Als nün der
sententz ging, lautet er also, das der, so dem richter den
wagen geschenckt, die sach verloren und seiner widerparthev
für ihr versaumnüss hundert gülden geben solte. Als solches
der güt arm mann hört, ward ihn der Verlust seins wagens
io rewen, überlaut anhüb und sprach: ,0 richter, wo ist mein
schöner wagen?4 — ,0 lieber mann4, sagt der richter, ,die
pferd haben ihn hienweg gezogen.4
Eiu würt lobet sein wein für und für für andere all.
Cap. 64 (66).
15 Ein rümgiriger würt het ein wein, den rfimbt er für und
für, wie es der aller best wein sey, den man in dem gantzen
land finden mög. Solches kam etlichen güten spottvöglen zü-
wissen ; die ritten uff ein zeit in sein herberg und versuchten
sein wein und den nicht also gar just funden, wie der würt
üo darvon sagt. Als sie nün ein lange zeit gezecht , fieng der
würt aber an sein güten wein zü loben unnd des rümens unnd
lobens sovil trib, das es die güten gest verdriessen ward.
Letstlich hüb einer an unnd sagt : ,Er ist güt, herr würt, und
dem, der ihn gern drinckt, thüt hencken leiden weh.4 Solche
^ wort den würt verschmähen wurden, und sie für ehr verletzliche
wort anzöge und hoch auffmutzt. Darnach aber die gest wenig
fragten, auff sassen, von dannen ritten unnd den würt boldern
unnd bochen liessen.
Ein fraw geht zü marckt unnd will fisch kauften.
80 Cap. 65 (67).
In etlichen Stetten treyben die weiber grossen bracht in
gülden ringen; manche kompt daher, tregt drey [43a] oder
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Garten gesellschaft, cap. 64—67.
327
vier gülden ring an der hand und hat daheim im haus nicht
ein pfenning, das sie kÖnde brot kauften. Also kam auch eine
auff den fischmarckt, fisch zu kauften, und umb hoffart unnd
bracht willen sie den finger, daran die ring waren, aus streckt
und uff die fisch zeigt, sprechend: ,Fischer, wie gebt ir die 0
ringlin ?' — , Warlich, fraw1, sprach der fischer, ,wann sie
mein weren , wolt ich sie wolfeil geben.* Die fraw sehr er-
schreck, das ir ein solche red empfaren war, dem fischer die
fisch zalet und heim zü haus zöge, fÜrthien nicht mer uff den
fischmarckt gohn wolte. 10
Ins grab legt ein messner unsern herrgott.
Cap. 66 (68).
Am charfreirag ist im bapstum der brauch, das man die
biltnus Christi in das grab legt den kindern und jungen volck
zü einer gedachtnüs. Also thet uff ein zeit ein messnel* (ge- ^
wisslich ein abgefeumbter speyvogel) auch und legt in ins
grab. Als er nun allerdings mit im fertig ward, sagt er zu
den urabstendern : ,WoIan, nön seye dem kalb auch gestrewet.1
Des die umbstender anfiengeu zü lachen, darvon giengen unnd
den messner über seim hergott ston Hessen. 20
Ein reicher heisst ein armen stelen; dem stilt er
korn ab dem kästen.
Cap. 67 (69).
Ein armer mann war einem reichen etlich zinss schuldig
und vermocht armüt halben die nit zü bezalen. Derhalb er 25
seinen zinss herren batt, das er ime den zinss schenken wolt.
Der reich sprach : ,Ich thü es nicht. Lüg, wa du ine über-
kommest!' — ,Ach gott1, sprach der arm, ,wo [43b] sol ichs
nemen? Ich wais ye nicht, wo ichs überkommen sol.4 —
,Ha\ sagt der reich, ,was frag ich darnach! Stil es!' 90
Dise red der arm mann in sein kopflin fasst, heim zü
haus zöge unnd, da die nacht käme, ein leiter nam unnd sie
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:128
Martin Montanus,
an des reichen, seins gleubigers, kästen leinet, darab etlich
ferten korn trüge, biss er letstlich daran ergriffen, gefangen
unud für ein malefitz gericht gestelt ward. Da der reich des
diebstals halben anff in klaget, und hergegen der arm sich,
5 so fast er mocht, entschuldiget und saget, wie er in geheissen
stelen; so wüst er kein ander orth, da er mit besserin füg gestelen
mocht, dann eben in des kästen, der es in geheissen het. Als
solches die herren richter horten, ein recht und biliich urtheil
feiten, das der reich, so den armen het heissen stelen, das
logestolen korn aus des armen haus selbst personlich aufF sein
aigen kästen wider tragen solt und yedes mahl nicht iner neme,
dann der arm mann gethon hett. Wann dann das geschehen,
solt der arm mann frey ledig ohn alle entgeltnus absolviert
sein. Diser urtheil der arm mann fro was, unnd der reich
15 ir volg unnd gnüg thün müst, es were im lieb oder laid.
Hernaher gewitziget ward, das er kein mehr hies stelen.
-
In einer zech setzt ein fraw ein laus uff ein deller.
Cap. 68 (70).
Vil ehrlicher reicher weiber sassen auff ein zeit in einer
2u zech beieinander, under denen was ein güte arme fraw. Als
sie nun ein güte weil gezechet und nahent darbey war, das
man die zech zalen solt, hette die arm fraw gern weg unnd
steg gesücht, damit sie ohn gelt ledig aussgohn mochte, doch
kein züfinden wüste , biss [44a] letstlich sie etwas im büsen
z> bisse. Darnach griffe, es fieng unnd sprach: ,Wolan, lieben
weiber, ich Ii ab ein floch gefangen. Den will ich uff mein
deller setzen, und zü welcher er springt, die soll die zech für
mich bezalen.' Die weiber waren des all wol züfriden und
sprachen: ,Gern.k Und die fraw setzt ireu vermeinten floch
m uff den deller — ach gott, da war es ein laus und blib Hey
ir. Desshalb sie die zech selbst bezalen müst.
Gehn Wisenstaig kumpt ein Bayer.
Cap. 69 (71).
Gartengesellacliaft, cap. 68—70.
329
Das stetlin Wisenstaig, den graffen von Helffenstain zu-
gehörig, ligt in eiin dieffen loch, geringsumb mit bergen umb-
uchen. In das selbig stetlin kam aulf ein zeit ein Bayer in
Hans Weckerlins, des würts, haus ; und als er ein weyle darin
gewesen was, lüget er zum fenster hinaus unml sähe nichts 5
dann eyttel berg. Von stund au ward er die würtin fragen,
ob es auch in dem loch regnet. ,Ja freylich1, sagt die würtin,
,solt es nicht regneu?' — ,0 würtin1, sagt der Bayer, ,so gebt
mir eylents züessen , damit ich hinaus kom ! Ich bleib nicht
übernacht in dem würts haus; dann wann es regnen solte, M>
musten wir alle ertrincken.1 Des die würtin uund alle im
haus lachen wurden, dem Bayer züessen gab uund in hien
ziehen Hess.
Schelleuhencker zü Mulh ausen sucht ein ross und
reit darauff. ifi
Cap. 70 (72).
Ein dorff ligt bey Weissenburg, heist Mülhausen. In dem
selben dorff wonet ein stuter oder hirt, welcher der ross hütet.
Ich wais nicht, was dem güten [44b] dSlpel in sinn kam oder
was er irr ging ; das wais ich wol, das er ime einbildet, wie 20
er ein ross verloren het, hien gieng und eben das ross nam,
das er mainet verloren haben, sich darauff setzt und von eim
ort an das ander rit, sein ross züsüchen. Letztlich also uff
dem ross für sein haus kam unnd seiner frawen klagt, wie
er ein ross verloren het und het es den gautzen tag gesucht, 25
kündt es niergent finden und förcht, er müss es bezalen. ,()
weh, lieber mann4, sagt sein fraw, ,was ist es für ein ross?1
— ,Ey, es ist des und des bauren.1 — ;Ey, du narr,1 sprach
die fraw, ,was süchestu das ross? Du reiftest doch darauff.1
Als solchs der hirt hört, ab dem ross sprang, es besähe unnd:»
wol zü müt was, das er es wider fanden hett.
Hernacher ein Sprichwort ward: Du bist eben Schellen-
hencker von Mullhausen, süchst das ross und reytest darauff.
330
Mariin Montanus,
Zu Dillingen werffen die edelleut eine über den schüt-
ten ab.
Cap. 71 (73).
Zü Dillingen hetten eins inals die edelleut ein gute doch-
ö ter (die etwann auff holtzschühen in druckenem wetter gangen
ist) überkummen ; die selbige sie inn der statt von einer gassen
in die ander auf dem Schlitten umbher fürten. Letstlich kamen
sie auch in das schloss und machten ein redlin umb den brun-
nen umbher. Der bischoff lag als oben am laden und sähe
io zu ; und da die edelleut zeit daucht, warffen sie den schütten
umb und warffen sie, das ihr die kleyder ob dem kopff zu-
sammen schlügen. Aber die gut dochter, als deren nicht vil
daran lag, unbedeckt ligen blih und hienauff zu dem bischoff
schrey : [45a] .Lüg, bischoff, ob das loch gebrent oder gebort
\ö sey !; Des yederman anhüb zü lachen, die frumb dochter uff
den schütten wider lüden und, ich waiss nicht wohien flirten.
Ein banr sagt zü seiner fravven, faisste, schmaltz und
brodt weren sein doth.
Cap. 72 (74).
20 Ein baur hett ein weib, die ihme auch nicht nach dem
besten zu essen geben wolt, sunder es vil ehe und lieber guten
gesellen gab weder ihrem mann. Und uff ein zeit war der
mann im holtz gewesen und gar spat fast hungerig heim kam.
Die beurin, die one das nicht gern vil kochet, irem mann
25 ein schmaltz und brodt machet und im es zü essen gab. Dem
bauren schmackt das schmaltz unnd brodt so wol, das er es
gar ausfrass. Hernacher sprach er zü seiner frawen : ,0 liebe
fraw, gib mir nicht vil so faisste, schmaltz und brodt! Dann
sie sind mein doth.1
:io ,Ach gott,1 dacht die beurin, ,wann du nür doth werest !
So kündt ich doch frolich mit dem pfaffen bülschafft pflegen.'
Anfieng und irem mann die aller besten schmaltz und brodt
gab, die man finden mocht; davon der baur so faisst ward
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GartengeaelUchaft, cap. 71—74.
331
als ein niest saw. Als aber die beurin sah, das er allein faisst
darvon ward, wolt sie im keins mehr geben, sunder in ander
weg lögt, wie sie des pfaffen halben ihrem willen ein genügen
thün mochte.
Ein rebknecht beschlafft seins meisters weib.
Cap. 73 (75).
Ein rebman arbeit auff ein zeit mit seinem knecht in den
reben. Und als es umb mittag was, sagt er zü seim knecht:
»Knecht, geh heim und haiss dir ayer in [45b] schmaltz schla-
gen und iss, darnach kumm wider heraus! So will ich dieweil iu
heraussen warten.4
Der knecht ging heim zu der frawen und sprach: ,Fraw,
der meister hatt gesagt, ich soll bey euch ligen.1 — ,Ey4, sprach
das ungesaltzen frewlin, ,du würsts etwa wenen.4 Den nech-
sten hienaus in die reben zöm mann lieff unnd sprach : ,Mann, i->
soll ichs thun?* — ,Ey du narrin', sprach der mann, ,hasts
noch nit thon ? Geh eylents heim unnd thü es!4 (Er meinet
aber, sie solt ihm ayer in schmaltz geben). Die fraw nicht
weiter fraget, den nechsten heim lieff und zöm knecht saget:
.Vetz glaub ich dirs erst; dann der meister hatt michs selbst
geheissen.4 Der knecht das frewlin nam, uff den tisch leget,
daselbst ir ein göts feil herab hacket, darnach lauffen lies.
Da nün der meister heim kam , da fieng der knecht an
und beklagt sich, die fraw bette im die ayer nit genug ge-
bachen. Da das der meister hört, warde er erzürnt und sprach a*
zö der frawen, sie solte gedencken und die ayer ein ander mal
bass bachen. Des der knecht und die fraw wol zü friden
waren und darnach offtermals solche ayer buchen und mit
einander assen.
Wie und wa durch Virgilius, der hoch unnd weit- :t0
berümpt poet, so gelert worden.
Cap. 74 (76).
Die poeten schreiben unnd dichten von Virgilio also: Vir-
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332
Martin Montanus,
gilius sey ein armer schäler gewesen, unnd auff ein zeit seye
er hienans in ein wald spatzieren gangen ; in dem selbigen
wald sey der teufel in ein glas beschworen worden, zu welchem
Virgilius kommen. Der teufel hat Virgilium angesprochen,
•"> ob er in wöll heraus [46a] lassen; so wolle er ine zu dem
geiertesten mann machen, der in der gantzen weit seye. ,Nain\
antwurt Virgilius, ,wann du mir aber vorhin sagen wilt, wa
durch ich so gelert werden mög, so will ich dich herausser
lassen.4 — ,Wolan4, sagt der teufel, ,so gehe hien auff den
10 berg ! Da würstu zü einer hölin komen, in wölcher hölin ein
riss ligt unnd hat ein büch under dem haupt ligen. Und
wann du dasselbig büch überkommen kanst, so bistu der ge-
lertest maister in aller weit.4
Virgilius zöge hien unnd fände alle ding, wie ime der
lösch wartz mann anzeigt hett; unnd der riss het ein grossen
schweren harner in der band unnd schlieff. Nun gedacht Vir-
gilius: , Erwacht er, so bin ich des tods. Nun ist eben als
gut, ich wags. Villeicht mir gott gluck gibt, das ichs über-
korac und dannocht bey leben bleibe.1 Hien zöge, das büch
20 dem risen under dem kopff herfür narae und darvou eylet.
In solchem der riss erwachet, den hammer nam unnd nach
Virgilio warff, aber feiet. Als aber Virgilius sein buch hett,
thet er es aulT unnd sähe darein: da war er schon gelerter
dann vor.
txi Als er nun wider zu dem im glas kam, begert er an Vir-
gilium, er solt ime yetz das versprochen halten unnd herausser
lassen. Virgilius thet es, öffnet das glas und Hess den teufel
heraus. Als er nun heraus was, da beumet er sich auff und
macht .sich gros und ungestüm, das es Virgilium verwundert,
30 und sprach : ,0 Virgili, wie hastu so ein bös werck gethon,
das du mich hast ledig gelassen ! Dann yetzund will ich hien-
gehn, alle schiff uff der Tyber und auff dem mehr ertrencken
unnd ein sollich rumor anfallen, das sich die gantz weit furch-
ten uiüs.' — ,E.y4, sprach Virgilius, ,wie bistu so klain im glas
:>,:> gewesen, unnd bist [46b] yetzund so gross ! Ich glaub fürwar
nicht, das du darinn gewesen seyest, du steigest dann wider
hienein und last michs sehen.4 Der teufel nicht so listig was,
das er heraussen blib, sunder wider hienein stig unnd Virgi-
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Gartenge8elUchaft, cap. 74 — 76.
333
lium wolt sehen lassen , wie klein er were. Bald ihne aber
Virgilins im glass vernani, dratt er hienzü und vermachte das
glatt wider. Und er zöge hien, Hess den schwartzen mann
im glass sitzen.
Ein fürman schwert für und für, wann er fert. •>
Cap. 75 (77).
Ein fürman, wann er über landt für, so schwur er all weg
so übel, das gott von himmel herab hett sehen mögen, wie
dann schier aller fürleut gewonheit ist. Wann es ihnen nicht
allwegen nach ihrem sinn geht, so schweren sie, das nicht ein 10
wunder wer, das sich das erdtrich auffthet und solche leut
verschluckt. Also thet diser fürman auch, dardurch er yeder-
man so bekant ward, das ihn niemandts zü einem fürman
haben wolt; yederman sagt : ,Ich will in nicht; dann solt mir
etwas Unglücks auff dem weg züstohn, so waiss ich, das es 15
mir nur von seins schwerens wegen herkeme.'
Nün wolt auff ein zeit ein edle fraw über feldt faren unnd
aber kein fürman überkummen kundt dann disen ; derhalb sie
wol neinmen müst, was ihr werden mocht. Nun sie für mit
ihm hienauss; und als sie hienaus kam, fieng mein lieber für- 20
man aber an zü fluchen und schelten nach seiner alten gewon-
heit. ,Ach lieber fürman1, sprach die edelfraw, , fluch doch
nicht als greusslich! Es würt uns warlich sunst ein Unglück
zü hand stossen.* — ,Ey fraw1, sagt der [47a] fürman, ,wann
ich nicht schwehr, so geht es nicht.* — ,Ey Versuchs!' — 25
,Wolan, in gottes nammen, es gilt mir gleich', sprach der
fürman und anhüb, zü seinen rossen sprach: ,Hayle in gottes
Dämmen ! Hott, liebs niennlin!1 Der nicht gehn wolt, das
waren die ross. Und wolt die fraw nicht auff dem veld blei-
ben, so müst sie den fürman faren lassen, wie er wolt. Und w
sie sprach: ,Ey, so far, wie du wilt !4 Als bald der fürman
wider anhüb zü schelten, lieffen die ross darvon wie alle teufel.
Von einem waldtbrüder und seinem sün.
Cap. 76 (78).
334
Martin Monianus,
In der wirdigen statt Florentz wonet ein reicher burger,
Philippus Baldutzo genant ; der hette ein liebs weib, die ging
ihine ab mit doth , und die verlies ime ein kindt von zwey
jaren. Deshalben ward der mann so laidig, das er nicht mehr
5 wolt in der weit sein, sunder gab all sein güt umb gottes
willen und zohe mit seinem sün auf den berg Asinaio ; da
behalff er sich armklich in einer zellen mit seinem sün. Dem
saget er stets von gott und götlichen dingen und nichts welt-
lichs. Das triben sie nün ein lange zeit, das der knab nie
lü aus der zellen kam. Nun was des guten mans gewonheit, das
er offt in die statt kam, das almflsen zü suchen, darnach wider
hien au ff sein berg zöge. Das finge den sün, der yetz vier-
zehen jar alt was, züverdriessen, und sprach züm vatter : , Vat-
ter, du bist nün alt unud auch schwach, und wiirt dir zu
15 schwer sein, also disen berg auff und ab zü steigen. Darurub
zeige mir an deine gute freund ! So will ich in die statt gehn.
das almüsen züholeu, unnd du [47b] bleibst daheim.4 Der gut
vatter meinet, er hett wol sein sün aufferzogen in geistlichen
Sachen, das er nicht vil mehr nach der weit fraget, und nani
20 ihn mit ihme in die statt.
Da sie nün in die statt kamen, sähe der sün die grossen
heuser und paläst, auch andere weltliche zierd mehr und fra-
get den vatter, was das were. Der ihne fein ordenlich be-
scheidet. In dem begegneten ihnen schone meydlin, die waren
25 bey einer hochzeit gewesen. Da fraget der sün aber : , Vatter.
was sind das?4 Der vatter sagt: ,0 sün, schlage deine äugen
undersich ! Dann es sind böse ding.4 — ,\Vie nennet man sie
dann?4 — Der vatter wolt nicht sagen: ,Es sind junckfrawen4,
sunder sagt: ,Es sind gänss.4 Behend vergass der sün aller
;jo gesehenen ding und aller gelerten geistlichheit und sprach züm
vatter: , Lieber vatter, schaff, das mir diser jungen gänss auch
eine werd!4 — ,Xein, lieber sün, es sind böss sündtliche ding.*
— ,VVurumb, lieber vatter, sollen das bose ding seiu? Sie
sind schöner dann unser engel, die ihr mir oft gezeigt haben
6 Ach, lieber vatter, thüt so wol und fürt mir der ganss eine
heim! Ich will ihr schon warten.4 — Das thü ich nicht*,
sprach der vatter, ,du waist nicht, wa man ihn speiss hienein
gibt.4 Damit gedacht, wie die natur weit überträffe sein lehr
Gartengesellschaft, cap. 76—77. ;i35
nnd er so übel gethan hett, das er den sün in die statt ge-
fürt hette.
Welcher der natur widerstrebt
Und allweg nach gottes willen lebt,
Sein heyigen auch in ehren halt, ä
Gegen dem mindern treibt kein gwalt
Und auch die alten halt in ehren,
Dem wfirt gott glück und heyl bescheren.
[48a] Ein koch stillet seins herren zorn mit einer
einfeltigen red. i«
Cap. 77 (79).
In der wirdigen statt Florentz wonet ein reicher edelman
mit nammen Cünrad Granfigliari. Der selbig allweg zü Flo-
rentz für ein weysen und redlichen mann gehalten was, dabey
milt, einen herlichen hoff nach ritterlicher gewonheit hielt; i'>
von falcken, habichen und Sperbern er grosse freud hett ; an-
dere adeliche werck, die er trib, vil zü lang züerzelen weren.
Der selbig herr hett eins tags mit seinem falcken ein kranch
gefangen, jung und faist, und ihn bald seinem koch, Ciphibio
genant, gab und ihm bevalhe, das er ihn auff das nachtmal 20
briete und zübereitet und allen fleiss thet, damit er güt würde.
Da es nün zeit war, der koch den kranch zü dem fewr thet;
und als er schier fertig ward, ein solchen geschmack gab,
das das gantz hauss darvon schmacket.
In dem begab sich, das des kochs bül in das hauss kam, 20
die vileicht den kranch geschmack hett, und zü dem koch,
ihrem bülen, sprach; ,Ciphibio, gib mir auch ein diech von dem
kranch!4 — ,Nein warlich, liebe Bruneta4, sprach der koch,
,ich thü es nit. Dann wann der kranch auff den tisch kern
und nur ein bein hette, so beschiss mich der teufel unnd gebe ao
mir der herr Urlaub. Was wolt ich dann anfahen? Darumb
gib ich dir keins.4 — ,Wolan4, sprach Bruneta, ,gibstu mir
dann keins, so seye dir zügesagt, das du mein leib nimmer-
mehr beschlaffen [solt].' Also gar mancherley red beydent-
halben triben Doch damit der koch sein feines lieb nicht erzür- $>
net, schnitt er ein diech vonn dem kranch und gabs Bruneta.
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336
Martin Montan u?,
Da nön zeit was, das man [48b] zö nacht essen solt, der
koch den kranch für den herren und seine gest, deren er vil
darzü geladen hett, tröge. Und da der ritter den kranch on
den diech sähe, ihn frembd nani; bald den koch riiffet und ihn
5 fraget, wa das ander diech hien kummen were. Der lugen-
hafft Venediger schnell antwort und sprach: ,Wist ihr nicht,
herr, das die krench nur ein diech und ein bein haben?1 Der
herr ime mit zorn antwort: ,Sie haben den teufel. Ich mein,
du wenest, ich hab vor nie kein kranch gesehen/ Der koch
«"sprach: , Fürwar, herr, es ist ihme also, wie ich sage. Und
wann irs nicht glauben wolt, so will ich es euch sehen lassen,
das ihm also ist.4 Der herr umb der gest willen nicht weiter
fraget, dann allein sprach: ,Seitmal du dich embotten hast,
mich solches zu sehen lassen , so will ich es also gern sehen
• >als mein lebtag ye ein ding. Doch wiss, wa dem nit also
sein würt, ich dich an den nechsten bäum will hencken lassen/
Und als es morgens tag ward, der herr, dem der zorn
noch nicht verrochen was, die pferd sattlen schaff und sampt
dem koch auff zu ross sass, an ein wasser ritten, da die kranch
2<> gern ihr wonung hetten. Und als sie ein weyl geritten wareu,
der herr sprach: ,Wolan, wir wollen bald sehen, ob ich oder
du gelogen haben.* Da Ciphibio, der koch, vernam, das seins
herren zorn noch nicht nachgelassen hett, ihm gedacht, wie
er yetz mit liegen ein grosse prob thün müst, mit grossen
sorgen nahen t beim herren ritt und, hett er gemocht, er gern
entrunnen were. Dann er besorgt, kein sein liegen an tag.
der herr ine an den nechsten bäum hencken mocht; yetzund
für sich, yetzund neben sich, dann hindersieh sähe ; alles, das
er sähe, ihn kranch dauchten auff zwey beinen.
'») Unnd in [49a] solchem ihrem reiten ihme ehe dann dem
herren oder niemants anders bey zwölff kranchen bey dem
wasser zu gesiebt kamen , die da rüweten und alle yeglicher
auff eim bain stünden, als dann ihr natur und gewonheit ist,
wann sie schlaffen oder rüwen. Die er bald dem herren zeiget
a. und sprach : .Nempt war, herr, ob ihr yetzund mit der war-
heit vernemmen und sichtbarlich sehen mögt, als ich euch
nechten sagt, das es war unnd nicht erlogen ist, das die kranch
nicht mehr daun ein bein haben! Haben sie dann nur ein
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Gartengesell achaft cap. 77—78.
337
bain, wie künden sie dann zwey diecher haben, als ihr nechtin
sagten und hapt mich vor ehrlichen leuten darurab beschempt
und vor gott und der weit unrecht thon.4 Über dise wort
der herr ime antwort und sprach ; ,Nün hab ein klein gedult !
Ich will dich bald sehen lassen, ob sie ein bein oder zwey »
haben, nach dem dich mit meiner handt hencken.4 Mit disen
worten sich zü den kranchen nehenet, anhftb zü schreyen, die
arm auffwarff und sprach : ,Hu ha hu !4 Die kranch von des
herren geachrey wegen das ander bein auch herfür zogen und
nach etlichen schritten ihren weg flogen. Der herr aller foll i°
zorn sich gegen Ciphibio keret und zü ihme sprach: ,Wie
dunckt dich? Haben sie ein bain oder zwey?4 Ciphibio aller
erschrocken nicht wust, wa er was oder was er sagen solt,
doch sich bald eines lists erdacht, dem herren antwort gab
und sprach : ,Ja, herr, es ist war, als ihr redt. Aber nechten 10
schreyen ihr nicht züm kranch : Hu ha hn ha. Hetten ihr
aber auch also geschrauwen, so bette er das ander bain auch
herfür gezogen, wie dann dise gethon haben.4
Dem herren des kochs einfeltige antwort in sollicher mass
gefiel, das er allen zorn fallen lies; den inn [49b] grosses 20
lachen und freud keret, zü Ciphibio sprach: ,Du hast recht
und ich unrecht. Ich solt es gethon haben.4 Also entranne
der koch mit seiner schnellen antwort grosser sorg und be-
hielt dabey seins herren gunst.
Ein weih und ein mann zanckend und schlagend 25
einander.
Cap. 78 (80).
Ein armes par volcklin, die ir leben mit genüg kleinem
gewinn vertriben , lagen uff ein zeit am fenster unnd sahen
die gassen auff unnd ab etliche klaine facklin oder sewlin ao
lauffen. Dem mann gefielen die klainen thierlin so wol, das
er bald anhüb unnd sprach : ,Lüg, mein liebe haussfraw, sind
das so hüpsche thierlin ! Weren sie unser, so wolt ich sie
for den hirten treiben , damit sie der andern hard auch ge-
wonten.4 — ,Ein dreck4, sprach die fraw, ,sie sind noch vil a->
22
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3;i8
Martin Montan us.
zü klein, sie musten dahaimen bleiben.1 — ,Sie sind nicbt zu
klain1 , sprach der mann , ,sie müsten für den hirten/ Die
fraw wider sprach: ,Sie sind zu klain und müsten daheimen
bleiben.4 Und solche red baidenthalben sovil tribeu , das es
"inen selbst nicht mehr zü dulden war; uff stünden unnd ein-
ander dapffer abschmierten, biss sie bald darob erlagen, und
hatten dannocht kaine fäcklin.
Wie einer sein weib für die haussthür versperret.
Cap. 79 (81).
10 Kin reicher burger sass in ainer statt, deren namen un-
vonnoten hie zü melden. Dem selbigen ein aus dermasseu
schone junckfraw zü der ehe geben ward, das er sie auch
understünd haimlich zü totten und doch zü ihr kain ursach
wust. Und wann man ihn gefragt hett, warumb er also eyferte,
i"> hette er kain ursach anzüzaigen [50a] wissen. Welches der
frawen besonder pein bracht; derhalb sich erst understünd ir
umb ein bülen zusehen. Und in kurtzem ir ein jungen f?nüg
schonen überkam, mit dem sie in freuden lebte, damit ir mann
nicht vergebens eyferte. Nün wust sie wol, das ir mann heff-
ä tig drancke; des sie ine nicht allain lobet, sonder auch tröstet,
ihn hies, er solt nur waidlich drincken. Auch wann er des
nachts voiu wein kam und druncken war, gab sie ime noch
mehr zütrincken, damit er gar foll würde. Wann er dann
blind foll war, legt sie ine zü beth , und gienge sie hernach
zü irem bülen, auch zü Zeiten ine zü ihr ins haus lies.
Als sie nün solches lang zeit getriben, wolt den manu
gedunckcn, die sach gienge nicht recht zü, das ine sein fraw
allweg hies drincken und doch sie nit drünck. Unnd eins
mals, als er aus gewesen was, kam er haim und stellet sich
:») nicht anders, dann als ob er sticket und wicket foll were
Die fraw wolt im noch mehr zü drincken geben ; aber er wolt
nicht, sonder sagt, er hette vorhien züvil gedruncken, sie solt
in schlaffen füren. Die fraw meinet, es were im also , unnd
den güten mann zü beth füret. Und als sie mainet er ent-
*
34 heth A -
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GartengeßellBchaft, cap. 79.
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schlaffen sein , stAnd sie bald auff und zA irem bulen gieng.
Als bald aber der mann vernam , das sein fromme fraw ans
dem haus war, stund er auff und verriglet alle thüren wol
unnd fleissiglich, damit er sehen mochte, wann sein fraw wider
zA haus kerne. o
Da es nAn umb mittnacht was, die fraw wider zu haus
käme und vermainet darein zügohn. Ach gott, da war es
beschlossen. Wer erschrack übler weder fraw Agnes, das ihr
sach also war an tag kommen ! Anhub an die thür zAstossen,
ob sie die auffbringen mocht; aber in kainen weg die geöffnen w
mocht. Derhalb sie anhüb irem mann [50b] zArüffen unnd
ine bitten, das er ihr auffthet; sie were bey einer ihrer nach-
beurin mit der kunckel gewesen. ,0 liebe fraw4, sprach der
mann, ,ich wais nicht, wer ir seit. Ziehet nur wider hien den
weg, den ir herkommen seit! Ich las niemants frembds her- 15
ein, bevorab umb mitternacht, da kainer fromen frawen zu-
stehet auff der gassen umbher zAlauffen.'
Solches gesprach sie baidenthalben fast biss auff ein stund
triben, unnd das es die fraw letstlich schier verdriessen ward,
anhub und zum mann sprach : ,Wolan, mann, dieweil du mir 20
dann nicht wilt auffthün, so seye dir zugesagt, das ich mich
will in disen brunnen werffen und selbst ertrencken. Dar-
nach so wört man sagen, du habest mich in ainer follen weis
zu todt geschlagen und in den brunnen geworffen. So würstu
gefangen werden unnd dir als eim übelthäter das haupt ab- ffi
[gejschlagen , oder aber in Ast darob entlauffen.4 — ,0 mein
liebs weib\ sprach der mann, ,wiirff dich hinab und ertrenck
dich! So will ich morgen von der seel wegen ein andere
nemen. Lass sehen, ob ich mein äugen darumb netzen wolle!
Wurff dich eylents hinein! Stehest du noch? Was thAstdu?:w
Was wartest?'
Solcher red sovil trib, das es die fraw nicht lenger ver-
tragen mocht, ein grossen stain nam, zA dem brunnen gieng
und sprach: ,Ey nAn helffe mir der almechtig gott, der sey
meiner armen seel gnedig und barmhertzig !' Mit dem den ;i»
stain in brunnen fallen lies, der ein sollich rumor und ge-
32 rrib A —
22*
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Martin Montanus,
schray macht, das der mann nicht änderst mainet, dann wie
es die fraw were. Dessen er sehr erschrack, bald dem brunnen
zü eylet unnd seiner frawen vermainet zühelffen. Aber die
listig fraw het sich nahent zft der thür gestellet; und als bald
> der mann heraus kam, lieff sie hienein, [51a] versperret die
thür gar wol unnd lies den guten Jockel daussen ston, bald
hinanff in das fenster lieff, zü besehen, was doch ir mann
thün wolt, wann er die thür verschlossen ftind.
Als nun der mann sein weib nicht im brunnen fand, gieng
10 er wider zum hauss und vermeinet darein zü gehn ; da war
es verspert, unnd hett ihm sein weib thon, wie er ihr thün
wollen. Der mann der batt sie, das sie in wolt hienein lassen.
,Nein warlich,4 sprach die fraw, ,du zernichter foller esel, hier-
ein und an ineinen arm kumstu mir nicht mehr , biss ich
ir> allen deinen freunden angezeigt hab, wer du seyest und in
welcher zeit in der nacht du umbgangest. Du böser wicht,
binn ich dir nit hübsch genüg zü den sachen, darzü die ehe
auffgesetzt ist? Ich glaub, ich vermöge es auch als wol als
andere weyber. Dann nicht lang ist, ich in einem münchs
20 closter wäre , da ich den münchen allensammen genüg thate
und dannocht nicht ersettigt wäre, will geschweigen dir allein.*
Der mann sich von des weibs Worten überwunden sähe,
sie anhüb übel zü schelten und in solcher mass ausrichtet,
das die flachbauren in der gassen darzü gelauffen kamen unnd
25 fragten, was solcher lerman in der nacht bedeutet unnd warunib
er nicht ins hauss zü seiner frawen schlaffen ging. Denen
die fraw wainent antwort und sprach : ,Lieben freund und
nachbauren, es ist mein feyger, böser, zernichter mann, der
mir, als ihr wol sehet, zü dieser zeit der nacht foll unnd
30 truncken zü hauss kumpt. Das ich yetz lang vertragen und
ihne vil manch mal darumb gestrafft hab ; aber es hilfft alles
nicht, auch mich nie hatt helffen wollen. Uuib des willen
hab ich ime auff dise nacht solche schand thün wollen und
ihn ausserthalb des hauss ver- [51b] sperr et, ob er sich doch
35 solches ausschweiffens wolte abthün und sich seiner drunckenen
weyss massen.4 Der güt arm betrogen mann auff dem andern
theil den nachbauren erzelet, wie es gangen wer; aber die
fraw wolt ihne nicht lassen zü red kurumen, sunder sprach:
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Gartengesellschaft, cap. 79—80.
341
,Lieben freund, nun sehent, was zernichten mans er ist ! Lie-
ber, was würdent ihr sagen, wann ihr mich also spat und foll
auff der gassen funden hetten als ihne? Fürwar, es würde
mir yederman unrecht geben. Sehet zu, der lawr kumpt erst
von seiner bübin daher und wolt mich yetz zwingen, das ich ö
ihne solt herein lassen. Vileicht schlug er mich erst darzü.4
Da die nachbaurschafft der frawen red vernamen, ir alle
recht gaben und den güten maun übel schalten. Solches gar
bald für der frawen freund kam. Die selbigen eylents zürn
hauss lieffen, den güten Jockel in solcher mass zurichteten, 10
das es hett ein stein erbarmen mögen. Darnach in das hauss
gingen, die fraw sampt aller ihrer zügehörd hienweg namen
und dem maun den dodt treweten. Da wäre erst das fewr im
dach, da man ihme sein schöne frawen gen um inen hette, zü
dem sich des lebens besorgen müste. Alle seine freund unnd
guten günner anruffet, das sie ihme von newem umb die fra-
wen würben ; er wolte fürthien nicht mehr eyferen. Welches
geschah , und ihm sein weib wider geben ward. Deren er
verhies fürthien züthün und zü lassen, was ihr hertz gelüstet,
da ihme doch erst eyfern not gethon hette. 20
Ein statt würt gewunnen , daraus die weyber ihre
mann und kinder tragen.
Cap. 80 (82).
[52a] Wir lesen inn einer cronica, das auff ein zeit ein
statt , deren nammen mir abgefallen , nach langem stürmen 25
erobert ward. Nün ward aber der herr, so die statt gewunnen,
dermassen erzürnet, das er allein den weybern freyheit gab,
abzuziehen und solten mit ihnen tragen, was sie ertragen möch-
ten; so wolte er hernach die statt mit allem, das darinnen
wer, verbrennen. Ach got, die güten weyber waren beträbt au
umb ihre mann und kinder, das sie solten also jämerlich ver-
brennen. Derhalb mit einander zü rhat gingen und sich be-
sannen, das ein yegliche fraw ihren mann und kinder auff den
rucken nemmen solten unnd zftr statt hienans ziehen. Solches
alsbald geschah, und ein yegliche fraw natu ihren mann auff 30
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Martin Montan us,
den rucken und die kindlin under den arm und zogen erbarmk-
lich zur statt hienaus. Nun sagt die histori, als solcbes der
berr gesehen hatt, seyen ihme die äugen übergangen, und hab
inen allensammen das leben geschenckt, darzü freyung der
o statt geben.
Das ist ein schon herlich exempel von weybern und ein
grosse tugent, das sie ein solche freund tscbafft an iren mannen
begangen haben. Was haben sie aber dardurch erlangt? Das
haben sie erlangt, das man inen allen das leben geschenckt,
iu unnd nicht allein das leben geschenckt, sunder alles ihr hab
uud gut frey und unverletzt wider zügestelt. Das kau ein
schon exempel sein, darinn sich billich alle frawen ersehen
sollen, was für trew ihren ehemannen gebürt. [52b]
Ein vogt fart aus einer statt auff einem wagen und
15 müss in der kotlachen absitzen.
Cap. 81 (83).
Nahent bey einer statt inn einem flecken sass ein vogt,
der auff ein zeit von einem rhat in die stat gefordert ward.
Ich waiss nicht, was der gut gesell gessen oder gethon hett;
das waiss ich wol, das man ihn des ampts entsetzt unnd eiu
andern vogt an sein statt verordnet. Des der gut herr vogt
traurig ward und also in einem grossen unmut zur statt hien-
aus heim werts ging.
Als er nün ein wegle gangen, für ein baur aus seinem
20 dorff, der on zweyfel nichts darumb wüste, das sein vogt ab-
gesetzt wäre, hernach und schrey den vogt au: ,Herr vogt,
sitzet auff den wagen und faren mit mir heim!4 — ,Ey lieb-*
beurlin4, sagt der gewesen vogt, ,ich will fein allgemach heim
ziehen. Far du nur hieu ! Ich mag nicht faren.1 — ,Ey
ao mein herr vogt4, sagt der baur, ,sitzent auff den wagen ! Was
wolt ihr lang gehn und mud werden? Fart mit mir Fein
allgemach heim !k Nün der vogt lies sich nicht lang bitten,
setzt sicli auff den wagen und für dahien.
Unnd als sie ein weile gefaren waren, fieng der vogt an
%> und sagt: ,Beurlin, waistu nichts news?4 — ,Neiu warlich,
Gartengesellscliaft, cap. 81—82.
343
lierr vogt4, sagt der baur, ,ich waiss nichts newes, ich hab
nicht gefraget. Wist ihr nichts newes? Ihr vögt wissen all-
wegen etwas besunders.4 — ,Ja warlich, beurlin4, sagt der vogt,
,ich waiss wol etwas news : ich binn nicht mehr vogt ; heutigs
tags hat mich ein rhat abgesetzt.* Nün was der baur eben 5
in ein grosse lachen mit dem wagen kumnien, da der vogt
solche wort geredt [53a] hett. Und da er hört, das er nicht
mehr vogt war, sprach er: ,Wie? Bistu nicht mehr vogt?4
— ,Nein warlich1, sprach er: ,ich binn nicht mehr vogt.4 —
, Bistu dann nicht mehr vogt, so müstu auch nicht mehr faren.4 iu
Also niüst der gut vogt inn der lachen absitzen, gott geb, er
sehe saur oder süss darzü.
Ein mann sagt und nennet die werck, die er mit der
t'rawen braucht, bossel arbeit.
Cap. 82 (84). i5
Ein würtin ist an einem ort gesessen, deren nammen von
unnoten zü melden, ein seltzame abentheurerin. Die selbig
hett ein mann, der sie vileicht nicht nach ihrem willen zu
beth speiset, und ihm mehr zumutet, weder des guten mans
vermögen was. 20
Und eins mals betten sie etlich gest, die von solchen
sachen, so man des nachtes im beth zu brauchen pfleget, red-
ten und nün ein gut weil darvon geredt hetten. Fieng die
fraw an nnnd sagt: , Lieben herren, es denckt mir wol, das
ich von der abentheur auch zü reden wust ; aber yetzundt 25
kumpt mein mann so selten, das es mir schier vergessen ist.
Ich roocht wol wissen, wie man ihm doch thet.4 — ,Ey4, •
sprach der mann, ,wie kan ich für und für mit solcher bossel
arbeit umbgehn! Es ist recht narrenwerck.4 — ,Mein lieber
mann4, sprach die fraw, ,ist es dann bossel arbeit und narren- ao
werck und thüsts darzü nicht gern, so lass es unsern kuecht
thün ! Der ist jung und starck unnd mags wol erleiden. Wir
haben ihn doch dinget, das er alle bossel arbeit und was nar-
reuwerck ist, thün soll.4 — ,Nein, liebe fraw4, sprach der
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Martin Montanus,
mann, ,er gehört nicht darzü. Ich will mir ehe selbst desto
wtirser thün, damit ich in solcher arbeit überhebe.4 [53b]
Es mu88 gwisa sein ein freydiger mann,
Ja der seinr frawen gnüg will than.
5 Vil lieber hett sie ihren nein
Dann nftr dich guten gsellen allein.
Noch dannocht stellen sie sich schwach
Und greiffens an fein allgemach,
Wann sie ein arbeit sollen thon,
10 So thund sie im kopff kratzen ston
Und hetten vogelleim in den henden.
GiH bengelkraut thiH faulkeit wenden.
Ein kuecht ligt im beth und klagt sich, wie ihn so
übel dürste.
15 Cap. 83 (85).
Ein edelman hett ein knecht, gewiss ein faulen bossen,
wie man ir dann vil findt. Den selbigen ward eins nachts
übel dürsten (uicht waiss ich, ob er des tags darvor sovii ge-
soffen hett oder wie es ihm gangen) und lag als im beth und
soschrey: ,Ach gott, wie dürst mich so übel! Ich würd war lieh
durst sterben.1
Nün was aber seins junckern kammer aller nechst an dem
ort, da er lag. Der hört alle wort, so der knecht redet, bey
ihm selbst gedacht : ,Das kan mir ein fauler schelm sein. Was
23gelts? Ich will ihn auff bringen, das er mir müss ein wasser
holen.4 Dem knecht bald rüfft und sprach: ,Heintz!4 —
Juncker?1 — ,Steh auff und hol mir ein frischen drunck was-
ser! Es dürst mich.4 — ,Ja, juncker.4 Bald auff stund, ein
• kanten nam , über den brunnen ging , wasser fasset und sie
ao dem junckern bracht. ,Hast wasser ?4 sprach der edelman.
,Ja, juncker, ich hab.4 — ,Ey so sauff in tausent teufel Däm-
men, als bosswichts, das dirs das hertz abstoss! Bist so faul,
das dir nicht selbst [54a] magst ein wasser holen, wie woltest
dann erst mir eins holen!4
35 Unnd als es morgens taget, gab er ihm Urlaub und Hess
ihn springen. Das was sein rechter lohn.
1
Gartengesell schal t, cap. 83—85.
345
Zü Strassburg sieht einer ein fraw, so mit eira letzen
beltz in kireben geht, für ein närrin an.
Cap. 84 (86).
Zü Strassburg in der weitberümpten statt ist es sitt und
gewonheit, das die weiber, wann sie in die kirchen wollen *
gobn, letze beltz über sich schlagen, das fürwar ein lächerlich
ding zusehen ist.
Also kam uff ein zeit ein frembder mann dar und sähe
von ferrem ein fraw mit einem letzen beltz zürn Prediger klos-
ter gohn der mainung, das sie predig hören wolt. Da gedacht w
der gut mann, sie were unsinnig worden oder hett etwan das
hauptweh unnd gieng also in einer unbesinnten weys in die
kirchen unnd wist selbst nicht wohien. Ihr, so beldest er
mocht, nacheylet, vermaint sie zü warnen, damit sie nicht
also spotlich in die kirchen kern. Doch sie im zü geschwind
war, das er sie nicht ereylet , biss sie in die kirchen kam.
Ach gott, wie er darein kompt, so sieht er, das sie schier all
also sitzen ; dabey er wol abnam, das es also landts brauch were.
Als manches land, als mancher sitt;
Als mancher baur, als manche gip. 20
,Vil kopff, vil sinn', sprach ein f Armann, der warff ein
wagen mit krauts kopff umb; da sprang einer hie aus, der
ander dort aus.
Der teufel nimpt aine zü der ehe , in acht tagen
dotet er sie. 25
Cap. 85 (87).
[54b] Ainer armen frawen war uff ein zeit ihr mann ge-
storben, unnd sie blib ein witib, nichts hat, weder was sie
taglich mit spinnen unnd anderer arbeit überkam. So war
doch der gewinn vil zü klain, dann das sie mochte ire klaine m
*
6 schhagen A —
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34(3
Martin Montanus,
kindlin darmit ernehren und erhalten, sonder gar nahe hungers
starben unnd verdarben. Dardurch die fraw in verzweyflung
geriet; unnd eins tags, als sie allein sass, fieng sie an mit ihr
selbst zu reden unnd zu kallen sprechend : ,Soll ich ein maun
o nemen oder soll ich kain nemen? Ich hah vil klainer kind-
lin und wais sie nicht zu erneren, so schein ich mich betlens.
Nim ich dan ein, so thüt er mir villeicht kain güts unnd
schlecht mich übel; so bin ich dann erst gar gebutzt.4
Nach solchen worten sich dem bösen feind gantz unnd
w gar ergeben ward. Unnd der b6s feind , der nicht feyret,
sonder dein menschen zu verzweifflung hilfFt, bald in die stu-
ben hinein trat, sich zü der frawen nider setzt und sprach:
,Mein liebs weibliu, ich wais wol, das du gern ein mann het-
test und in verzweyflung darüber fallest. Schweig, verzweyfel
i-i nicht! Nim mich zur ehe! Ich will dir güts thün und deine
klaine kindlin hellfen ziehen. So hab ich güts genüg, das
wir nicht hart arbeiten dörffen. Darumb wiltu es thün , so
sag mir es bald!1 Die gut fraw, die den mann nicht kant,
noch vil weniger, das es der teufel sein solte, glaubte unnd
^ sich mit armüt beladen sähe, den schwartzen mann zu der
ehe nam. Unnd der teufel ihr etlich gelt auff die band gab
und sprach, er wolt des nachts zu ir komen ; des die fraw
willig was.
Und als die nacht kam, der teufel zü ihr kam und sie
beschlieff und ein sollich wesen mit ihr trib, das es alle nach-
baurn horten. Und am morgen, als sie auffstünd, fragten sie
die [55a] nachbaureu, wie es ihr heint nacht gangen were,
das sie so ein greulich geschray gefürt bette. Die fraw hüb
an unnd erzelet in alle ding von anfang biss zü end, wie es
w sich begeben und zutragen hett, und wie der man, so sie ge-
nomen, so ein unmenschliche pein mit ir gefftrt hette; daraus
sie wol abnemen künde, das es der laydig Satan were, und
wa er nicht nachlassen würde, sie ohn zweifiel sterben niüste.
Welches auch geschach; dann über acht tag ward sie todt
& am beth funden, das sie der teufel zü todt geritten hette.
Sihe, solchen lohn gibt verzweyflung. Höt du dich dar vor!
5 bah A -
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Garteuge»ell»chaft, cap. 85 — 86.
347
Zwen junge gesellen beschlaffeo eini wärt sein vveib
und dochter.
Cap. 80 (89).
In einer ebne nit weit von einer stafc war ein würt «xe-
sessen, welcher zü Zeiten etlichen fürziehenden leuten uinb ir ;*
gelt essen und drincken gab, auch zu Zeiten , wie wol er ein
klains engs heusslin hette, etlichen seinen zinssleuten Kierberg
gab. Nun hat der selbig mann ein schon weib, mit deren er
zwo thochter het; die ein wäre ein schon jung thochter bey
vierzehen jaren alt, noch unverheurat, Magdalena genant, die io
ander noch ein kindt eins jors alt. Der selben Magdalena ein
junger edelman huld tragen ward und stets ihr zu lieb sein
wonung in der selben gegent het; dessgleichen die junckfraw,
als sie solchs ruerckt, gegen im in liebe entzündet ward. Und
wa der jüngling nicht besorgt, das inen schad und schand 15
daraus entstanden were, beyder liebe zü irem letsten willen
kommen were. Doch zü letst dem jüngling in sinn kam, sich
einest des nachts zü ihr zü verfügen und seinem willen [55b]
ein vernügen zu thün; dann er die junckfraw zü seinem willen
geschickt wist.
Nim hette der jung einen getrewen gesellen, dem er alle
sein sach zü wissen thet. Unnd eins abents zwey ross namen,
zwen wathseck darauff legten, zü der statt aussritten unnd biss
in die dunckel nacht ein unibschweitf, als ob sie von ferrem
her kamen, namen, zü der herberg, darinnen die schon junck- 25
fraw was , kamen , anklopft'ten und herberg begerten. Der
würt empfieng sie freundtlich, sagt inen hiemit, er hette ein
klains engs heusslin ; wa sie wolten mit ime vergüt haben, so
wereut sie im liebe gest. Die zwen antwurten, ja, sie weren
wol zufriden. Nun het der güt würt mir ein kamer zumal :jo
klein, darin drey kleine betlin stünden und also eng bey ein-
ander, das man mit marter kaum darzwüschen gehn mocht.
Von den selben dreyen betten das best für die gest bereit,
und nach dem sie gessen und getruncken hetten, wise er sie
schlaffen. 85
348
Martin Montanas,
Als nün der würt unnd die fraw sampt der dochter auch
schlaffen giengen , stalte die würtiu die wag mit dem jungen
kind für ihr heth unnd legt sich zürn würt schlaffen. Als
nün der junckfrawen bül vernam, das der würt unnd die wür-
ö tin entschlaffen waren, stünd er auff, legt sich zü seiner liebe,
da er von ihr, wie wol sie in grossen sorgen waren, freundt-
lich empfangen ward; da sie baide die frewd unnd lust, die
sie lang begert hetten, von einander namen.
Da sie nun ein güte zeit in solcher liebe gelegen waren,
w begab sich, das ain katz in dem haus etwas het fallen lassen.
Von dem gebössel erwacht die würtin, gienge hinab zü besehen,
was das were. In dem der ander gesell, nit der junckfrawen
bül, das wasser abzuschlagen auff stund, des kinds wagen fand,
vor [56a] welcher er enge halb nit gehn mocht, er hübe sie
i"> dann aus dem weg ; die uam, für sein beth, darinnen er lag,
setzt, also stehn lies unnd sich wider schlaffen legt.
Als nün die würtin fertig ward, zog sie also fiosterling
in die kammer. Und da sie die wagen mit dem jungen kind
nit fand, zü ir selber sprach : ,0 weh, sehet nür zü ! Bey dem
waren gott, ich het mich schier in der gast beth gelegt.1 Fiir-
bas griff, die wagen fand, die sie mainet für ihrem beth stehn,
sich zü dem gast legt und nit änderst maint, sie het sich zü
irem mann gelegt. Der güt gesell, der noch nit entschlaffen
was, die fraw mit frulichem gemüt und hertzen empfieng unnd
25 on icht gesprochen zü dreyen malen sein armbrust spannet
unnd abschos, unnd das nicht mit minderm lust der frawen
dann sein.
Da nün beyde gesellen ein zeit lang in solchem lust und
frewden gelegen waren, der erst, der bey der dochter lag, be-
ao sorgen ward, der würt würde solcher sachen innen, und seinem
willen auff diss mal ein genügen gethon het, uff stund, ver-
meint sich zü seinem gesellen zülegen. Da er aber die wagen
vor dem beth fand, legt er sich zü dem wirt, nit änderst wist,
dann er sich zü seinem gesellen gelegt het, fieng an und
x> sprach : ,0 Adriane , wiss, das ich süsser ding mein tag nie
versucht hab, als Magdalena, des wirts dochter ist ! Ich hab
grösser frewd mit junger frawen nie gehabt weder heinacht
mit ir. Mehr wiss, das ich, seither ich von dir uffgesümdeo
Digitized fl^HW^Ie
Gartengesellschaft, cap. 86.
349
bin , sechs mal mit ir über feldt geritten bin.1 Da das der
wirt vernam, sprach er: ,Weth den teufel, was thüt der hie
bey mir!' Weiter zü dem gesellen sprach: , Warlich du hast
unrecht nnnd nit wol gethon. Oder gott helff mir nit, ich
dir des lohnen will.' Der jung, der auch nicht am klügsten >
[56b] was, zü dem wirt sprach : ,Was wiltu mir dann darumb
thün, wann du gleich übel thün wilt?4
Die wirtin, die bey dem andern lag und nicht anders
wiste, dann sie leg bey irem mann, wol gedacht, das sie un-
recht gethon het, bald uff stund, die wagen nam, für der io
thochter beth stalt , sich zü ir niderlegt und sprach : , Was
rumore und geschreys machen ir da?4 Der gilt gesell, der
bey der wirtin gelegen was, sagt: ,Ey, sie truncken nechten
züvil.4 Der mann sprach : ,Fraw, hörstu nicht, was diser sagt,
wie er unser thochter das bös unnd schamper ding gethon i">
hab?4 — ,Des leugt er in sein hals hinein4, sagt die wirtin,
,bey unser thochter ist er nit gelegen. Ich legt mich nechten,
als ich von dir uff stund, zü ir, hab seither nie keinen schlaft
gethon. Unnd du bist auch ein rechter narr, das du im glaubst.
Ir follen zapffen, was thüt der bey dir? Des nachtes sauften so
ihr euch fol, gehn darnach hien unnd wider, das nit ein wun-
der wer, das ir die häls abstürtzten ; darnach traumpt euch,
wie ihr grosse ding in der wein fleschen gethon hapt.4
Der gesel, der bey dem wirt lag, thete nit änderst, dann
als ob er aus dem schlaff und trawm erwacht, fieng an unnd äi
sagt: ,Ge8ell, ist es schier tag?4 Da das der gesell vernam,
der bey der wirtin gelegen was, die frawen für weiss erkant,
der thochter und auch ihr schand zü bedecken, seim gesellen
rüfft und sprach : ,Ich hab dir das zü hundert malen gesagt,
das du nit also im schlaff auffstehn unnd also unib den weg :w
gehn solt und also fablen und lugen sagen. Warlich es wirt
dir der mal einest nit zü gütem erschiessen. Stand uff nit in
gots namen unnd leg dich zü mir !4 Das der jung bald thet.
Da der wirt die red des gasts und auch der frawen vernom-
men het, nit änderst maint , [57a] dann der jung hette dise :b
wort im schlaff geredt.
4 Rethen A — 6 daun A —
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350
Martin Montanus,
Mit dem der tag herkommen was. Sie alle uff stunden,
die zwen gesellen sattelten ire ross, darnach ein gute zech mit
dem wirt hielten, den hezalten, auff sassen unnd der statt zu
ritten, baide der verloffnen sach frolich unnd wol zümüth
.> waren. Die zwey jungen einander Ordnung gaben, wann inen
geliebt, sich bej einander zu finden. Die thochter die muter
beredt, wie der jung die wort im schlaff geredt het ; aber die
müter das lieplich halsen und küssen, das sie von dem jungen
empfangen het, bedacht und zu ir selbst sprach : ,So bin ich
10 allein die, die gewacht unnd nit geschlaffen hat.4
Einer ward gefragt, warumb die wolff den schaffen
so feind unnd die pfaffen den weibern so ufFsetzig
weren.
Cap. 87 (90).
iö Uff ein zeit warde ein schafthirt kranck, also das er sich
zu sterben gantzlich verwegen; schickt derhalben nach dem
pfarrhern, hatte ihn, das er in nach christlicher Ordnung be-
waren wolte. Als nun der pfarrher kam, fragt er ihn, ob er
ein testament oder etwas armen leuten und zu fürderung gots
ü») diensts setzen und machen wolte. Daruff gäbe der kranck
antwort und sagt, er hette ein schafferisch und beurisch testa-
ment gemacht, in welchem er den wolfen alle seine schaff,
ihme, dem pfaffen, sein fraw und den hecken seinen mantel
gesetzt und verordnet hette. Der pfarher fragt ihn, warumb
z> er so ein unförmlich und nichtig testament gemacht hett.
Der kranck gab antwort und sagt, so hette er erstlich
den wolfen alle seine schaff darumb vermacht, dieweil sie ihme
noch [57b] biss anher nie kein schaff genummen; so solten
sies nach seinem todt haben und sie essen. ,Für das ander
:jo wissen ir, herr pfarher, selbst wol, das ihr meiner frawen alle
zeit, fürnemlich zu nacht, wann ich zu feld mit meinen schäf-
lin gelegen, vil guts gethon und sie wol verwart, auch euch,
damit sie desto bass verwart würde, zft ihr ins beth gelegt;
was weiter fürgangen und besehenen, wisst ir bass dann ich.
*
34 bescheben A —
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Gartengesellacliaft, cap. 87—88.
351
Umb der ursach willen hab ich sie euch nach meinem todt
zu euch zu nemmen in meinem testament verordnet. Zum
dritten, das ich den hecken meinen mautel verordnet, ist aus
diser ursach besehenen, das sie mir zum offtermalen, wann die
sonn so heiss geschinnen, vil schatten und küle geben haben.4 5
Als aber nun der schaffer gestarb, wolte die freundtschafft
disem testament nit statt thün. Daraus erfolgt unnd erwach-
sen, das als bald die wolff den schaffen, die pfaifen den wei-
bern und die hecken den kleydern abgesagt. Dise feindt-
schafft weret noch uff den heutigen tag; aber zwischen den i<>
weibern unnd den pfaffen ist die feindtschafft in freundtschafft
verwandelt worden.
Ein pfaff gibt eim inn der beyclit ein seltzame und
wunderbarliche büss.
Cap. 88 (91). ia
Ein grosser böler beichtet eins mals einem j>faffen und
sagt, wie er vil eheweiber und junckfrawen geschwächt und
geschendt hette. Nun wäre der selbig beichtvatter nit vil
früimner dann diser gut gesell; und wie er ein beichtvatter
was , also gäbe er auch buss , wie man dann solcher bauch- *
vatter noch genüg tindt. In sum-[5Sa]ina er gab ihme zft
buss, das er hienziehen solt und nach dem aller ältisten weib,
so er in der gegendt finden möcht, fragen, und so er die er-
fragt hette, solt er sie so vil mal, als sie zän im hals hette,
uberziehen ; darnach solten ihm seine siind verzigtm und ver- £"»
geben sein.
Nün wolan, der güt gesell zöge also darvon. Und als
er hienaus ungeforlich uff ein meyl von dem dorff, darinn er
gebeicht, kam, so findt er sehr ein altes müterlin in einem
krautgarten gehn. Er grüsst sie und sagt zu ihr: , Liebs mü- 5»
terlin, sagt mir, ob ihr ein altere fraw, dann ihr sind, in diser
gegendt wissen!' Sie gab ihm antwort und sagt: ,Xein war-
lich, lieber sün, ich waiss in vier oder fünff meilen kein altere,
dann ich binn.4 — , Wolan4 , sagt der jung , ,so ist es eben
recht.4 Fienge damit an und erzalt ihr den gantzen handel, tt
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352
Martin Montanas,
was nün zü thün wer. Als sie aber solches vernummen, sagt
sie: ,Da behüt mich gott vor, das ich in meinen alten tagen
solch büss ding thün wolt. Es hatt mich nün mehr dann in
dreissig jaren nie kein mann berürt. 0 du böser folandt,
.") ziehe nür bald dein strass! Dann hie solstu , ob gott will,
nichts schaffen/ Der gut gesell sprach: ,Nün wolhien, so
ligen mein sünd alle uff euch.4 Und zöge hiemit darvon.
Ach gott, das güt müterlin gedacht: ,Wie wilt ihm thün?
Solte ich erst seine sünd zü den meinen uff mich laden , es
10 würde mir zü schwer.* Bedacht sich kurtz, rüfft dem güten
gesellen widerunib unnd sagt, sie wolte sich recht umb gottes
willen mit ihm leyden, damit ihm seine sünd verzigen würden.
Da der gesell ihren güten willen vernummen hett, legt er sie
in den garten zü werck, sähe ihr in den mundt, befände, das
i'» sie noch zwen zän im hals hette , fürt sie schnell zwey mal
über Rhein und vermeinte [58b] hiemit seiner büss ein ge-
nügen gethon haben.
Als er aber seinen abscheidt von dem müterlin genuruinen
unnd ein theyl wegs von ihr kam, fienge das güt müterlin im
20 mund hien unnd her an zü greiffen, ob sie yergendt noch ein
stünipflin von einem zan findeu kündte, damit dem güten ge-
sellen seine sünd desto bass verzigen würden. Zületst nach
langem süchen und greiffen findt sie noch ein kleins stücklin,
rüfft dem gesellen und sagt: ,Ach mein lieber gesell, grab
sr> mir das stücklin vollends heraus, damit dir deine sünd desto
vollkummenlicher verzigen werden !4 Damit kuttenniert sie der
güt kerlin noch ein mal unnd thet seiner büss ein fölliges
vernugen, zöge hiemit sein strass.
Hiemit warde das Sprichwort erfült, das alte schaff auch
:wgern saltz lecken.
Von einem bauren und seinem weib, die steths reclit
haben wolt uud dem mann allzeit zü wider was.
Cap. 89 (92).
Ein junger bauren knecht vermahelt sich mit eines bau-
3ö ren dochter, die schon, jung und gerad von leib, aber ein
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Gartengesellschaft, cap. 88—89.
353
schäum von einem bösen stuck Heisch. Als sie nun den kirch-
gang mit einander bestetigt und zusammen kummen waren,
erhüb sich ein stetiger krieg unnd zanck zwischen inen beyden.
Aber es was alles der bösen bäfftzen und nit des nians schuldt;
<lann das böss weib wolt immerdar recht haben ; gott geb wie »
es der man mit ihr anfieng, so wolt sie allwegen das letst
wort haben. Sagt der man, das wasser lieff den berg hienab,
so sagt sie, es lieff hienuff; sagt er, es wer tag, so must er
ihr nacht sein; was es warm, so sagt sie, es wer kalt; in
summa sie was [59a] ihm steths zü wider. io
Da sie aber eins mals ein grossen zanck einer matten
halb, ob die geschoren oder gemahet wer, mit einander hetten,
sagt der man, sie were gemähet ; aber die fraw wolt, sie were
geschoru. Der man wolt, sie solts widerrüffen und sagen, die
matt were gemahet; in summa sie behart uff irer red und 15
wolts nit widerrüffen. Da ward der man in zorn gegen ir
bewegt, schlug dapffer und güts müts, das ein nammen hett,
drauff, traffe die hundts haut wol. Ja wol hasen fahen, da
keiner ist. Ye mehr er schlug, ye mehr sie uff ihrem für-
nemmen und streitigen kopff behart. Da nun der man schla- 20
gens müd warde und an dem bösen weib nichts verfallen wolt,
trewet er ir, wo sie dise wort nit widerrüffen wolt, so wolt
er sie ertrencken, erwüscht hiemit ein seyl, bindt sie und lasst
sie hienab biss an den hals in brunnen, fragt sie, ob die matt
noch geschorn sey. Sie sagt: ,Ja4. Er lies sie noch bass biss 85
über den kopff hienab , also das sie nit mehr reden kundt,
fragt sie aber, ob die matt geschorn oder gemahet wer. Als
sie aber nit mehr reden kundt, streckt sie ein handt durch
das wasser heruff und gab ihme ein zeichen mit zweyen fingern,
die matt wer geschorn. In summa, wolt der man nit haben, J»
das sie im brunnen ertrencke, müst er sie wider heraus ziehen
und ihr recht lassen.
Als sie aber eins mals in ein ander dorff gehn wolte,
miiste sie über ein steg, der über ein wasser gieng, gehn.
Da thet sie ein missdritt unnd fiele hienab ins wasser unnd ß
erdranck. Solchs käme dem mann für ; der narae ein rechen,
zöge hienaua das wasser hienuff', sein fraw zü suchen. Das
ersieht ein anderer baur, fragt ihn , was er da suchen gang.
Montanas
- 23
354
Martin Montanus,
Er sagt, er süchte sein ertrunckne fraw. Der ander schalte
[59b] ihn und sprach: , Lieber, meinstu, das sie das wasser
hienuff geflossen sey? Du inüst sie das wasser hienab süchen.'
Der frawen man sprach : ,0 nein, keins wegs ist sie das was-
5 ser hienab geflossen. Dann sie ist allweg so widerspennig
gewesen, wann ich gesagt hab, das wasser lauffe den berg ab.
hatt sie gewölt, es lauff den berg uff. Derhalb nit wol müg-
lich, das sie das wasser ab, sunder uffwerts geflosen.1
Also findt man noch vil halsstarriger weiber, an denen
10 crisam unnd tauff verloren , die allweg das letst wort haben
wollen, an denen weder schlagen noch stossen hilfft; wann
man einen teufel heraus schlecht, so schlecht man dargegen
drey hienein; man ruüss sie nür selbst ertrincken lassen.
Von einem falschen notarien iinnd zweyen jungen
15 gesellen.
Cap. 90 (93).
Zu Rom wonet uff ein zeit ein falscher notarius, welcher
seins notariat ampts kleinen gewinn hette und sein leben in
grosser annutt hienbracht. Nün waren zü Rom zwen reicher
uo kauffhern, welche in kürtz beyde mit todt abgangen und ihr
yeder einen jungen sün verlassen hett; der ein hiesse Johan-
nes, der ander Paulus. Zü dem Johannes sich diser fruni
notarius verfügt, im anzeigt, ob im auch zü wissen, das des
Paulus vatter laut einer bekantnus seinem vatter funff hundert
i-> gülden schuldig bliben und noch unbezalt ausstünden. Darauff
er, Johannes, antwort, er hette nichts in seins vatters schuld-
büchern darvon funden ; so aber ime (den notarium maineiule i
etwas darvon zü wissen und er ein instrument dise schuld
besagendt bey banden hette, so wolte er [60aJ in gebetten
oo haben, ime solches zü züstellen. Der notarius sagt, er solte
etwan Ober drey tag zü im kommen , so wolt er es mitler
weil aus dem protocoll aus schreiben und ime solchs zü stellen.
Als nün die drey tag verschinen, verfugte sich der jung
zü dem notario, welcher im als bald das falsch instrument
&>zü stellet; dargegen ime der jung zehen gülden für ein ver-
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Gartengeaellachaft, cap. 89 — 90.
355
ertrag schencken thet. Als aber nün der güt Johannes das
Instrument zu handen bracht und vermeinte vil visch darmit
zü fahen, Hesse er als bald den guten Paulum für gericht
citieren und durch seinen procurator für tragen, wie des be-
clugten vatter sein clagers vatter fun ff hundert gülden, welche 5
er irae also bar geliehen, schuldig worden, unnd ime als erben
seins vatters noch unbezalt aussstunden. Darauff beclagter
fürtragen lies, das er solcher clag nit gestendig ; dann er in
seins vatters schuld buch nichts von solcher schuld fünde, so
wisse er auch wol , das sein vatter bey zeit seins lebens so io
fleyssig büch gehalten, wo er sein clagers vatter etwas schul-
dig gewesen oder umb ine entlehenet, er würde es ungezweifelt
auch auff geschriben oder an seinem todtbeth angezeigt haben;
wo aber clager solchs beweisen wolte, raüste er darumb erge*n
lassen, was recht sein würde. Uff solchs warde beyden they- 15
len beweisung erkant.
Nün stünde aber der güt frum notarius darbey, hört und
sähe alle ding, wol gedacht, es müste im noch ein feder von
der gans werden. Sich bald zü dem beclagten Paulo verfügt,
zeigt im an , es were war , das clagers vatter solch gelt von 20
seinem vatter entlehenet, aber er bette es widerumb bezalt,
über welche bezalung er ein instrument uffgericht, wie dann
[60b] solches in seinem protocoll verzeichnet stünde ; so er
solches begert , so wolte ers ime ausschreiben und züstellen.
Wer was frolicher dann der güt Paulus? Er hette sich solche'^
schuld zu bezalen gantzlich verwegen, befalhe dem notario,
ime solch instrument zü verfertigen, so wolt er im ein willen
darfür machen; welches dann der notarius thet. Und nach
Verfertigung desselben schanckt er dem frummen notario zweint-
zig gülden und zöge mit darvon. 80
Nach solchem, als der clager im wider fürgebot, legte
der beclagt das instrument yn und satzte darmit zü recht.
Als nün die richter beyde instrument besichtigt und verlesen,
ward* der beclagt von des clagers ynbrachten clag sampt be-
kerung kostens ledig erkant. Und hette der falsch notarius
die dreissig gülden, und dise beid den schaden.
26 begalen A —
23 *
350
Martin Montanus,
Gott wolle, das solche notariell zu unsern Zeiten nit be-
funden werden.
Drey dorffbeurin bezalen einen würt zu Hagnaw mit
dreyen rhäterschen.
5 Cap. 91 (94).
Ein dorff ligt nit weit von Hagenaw, Batzendorff genant:
daraus giengen drey frawen gehn Hagnaw uff den marckt.
kass, ancken, ganss und hüner zu verkauffen. Und als sie
nun verkaufft hetten, kauffte ihr yede, was ihr zu ihrer noturfift
io von nöten war, also das sie nit vil überigs gelte behielten.
Win was es eben spoth im tag, dar zü gar ein haisser tag,
das die güten frewlin sehr hungerig und durstig waren; aber
sie betten alle drey nicht mehr dann sechs pfenning in aller
ihrer gewalt. Was beschicht? Sie gehn zü rhat, wie doch
i'"> der sach [61a] zü thün, das sie iren hunger und durst ge-
büssen mochten. Da fieng die ein an und sprach : ,Wir wol-
len hien in die herberg züm schwert ziehen, ein halb mässlin
weins drincken nnnd für zwen pfenning brot darzü neiumen/
Wolan, sie ziehen hien, heissen in wein und brot bringen.
20 Und als sie hinein kamen, sass ein burst güter zechbrüder
bey einander , Hessens in nur dapffer und nach der schwere
her tragen, hüner, gänss, vogel, in summa was der wirt nur
guts het. Ach gott, die guten frewlin sassen am tisch dar-
neben, der güt geruch gienge inen in die naseu, hetten auch
25 gern mit gezecht, aber da was kain gelt. Sie warden mit
einander rhatig, sie wolten auch etwas güts haben , der wirt
müste inen wol biss auff den nechsten marcktag borgen ; Hes-
sen inen her tragen, was der wirt güts hette, zechten und
waren leichtsinnig, gott geb wie der wirt bezalt würde. Da
:w sie nün wol gezechten , käme der wirts knecht , machte die
zech, also das ir yede zwen batzen verzert hette. Da sähe
ye eine die ander an und sagten züra knecht, da were kein
gelt, der wirt müste inen ein tag oder acht borgen. Der
knecht zeigts dem wirt an. Der käme zü inen in die stuben
& und sagt: , Wolan, ir weiblin, ich hör, das ir kein gelt haben.
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Gartengesellschaft, cap. 91. 357
So will ich im also thün : ich will ewer yeden ein rhätersch
uff geben, and welche die ire rhat, die soll ir zech gewunnen
haben; welche aber die ire nit rhat, die uiüs mir ein pfand
geben.1 In summa sie waren wol zü friden.
Da fieng der wirt an unnd fragt die erst (dann er one ü
das ein schimpüger man was) : ,Sag mir, ob dein arms thöch-
terlin junger oder alter sey, dann du bist!4 Die selbig fraw
fienge an unnd sagt, ihr arme thochter were jünger. Der
würt sagt: ,Warumb?1 [61b] Die fraw sagt: ,Darumb, dann
ich habe zan, und sie hat nocli keine/ Der wirt lacht und 10
sagt: ,Wolan, du hast dein zech redlich gewunnen.4
Fieng an und fragt die ander unnd sagt, sie solt im sa-
gen, ob ihr ketterlin alter oder jünger were dann sie. Die
selbig gab antwurt und sprach, ihr ketterlin were älter. Er
fragt weiter: ,Aus was ursach?4 Sie gab antwurt und sagt: 15
,Aus diser ursach, das sie ein bart hat und ich keinen hab.4
Der wirt verwundert sich , das die weiber so kurtze und ge-
schwinde antwort gaben, sagt auch zu diser: ,Wolan, du hast
dein zech auch redlich verdient und wol geantwort.4
Fragt weiter die dritt und sprach: ,Uhat du auch, ob 20
dein profuntzen alter oder jünger seye dann du !4 Sie antwort
schnell unnd sagt : ,Sie ist jünger dann ich.* Der wirt sagt:
,Wo bey oder wo her waistu das?1 Sie sagt: ,Da her waiss
ichs, das sie noch saugt, und ich sauge nit mehr.* Der wirt
lacht und sagt , sie hetten alle drey wol geantwort und das 25
gloch wol verdienet.
Die umbstender lachten ihnen der guten schwenck genüg.
Uud thete hiemit der wirt dem knecht rüffen, befalhe im, er
solte den frawen noch ein mass weins bringen, damit sie foll
und frolich heim kummen möchten , wie dann auch geschah, so
Aber als sie auff den weg kamen und heim gehn wolten, da
hette einer ein hübsches niderlegen und bürtzlen gesehen. Yetz
lag eine hie, die ander dort also und der gestalt, das sie nit
vil gantzer häfen, pfannen unnd kachlen heim brachten, ohn
was weiter mit reuspeien geschehen, davon unvonnoten hie zü sfö
melden.
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358
Martin Montanus,
Ein müller uimpt eim baureu syben sester von eiui
vierteyl körn.
Cap. 92 (95) .
[62a j Ein müller sass auff einer muten nit weit von eiuera
5 dorff, welcher die seck gar wol verscheumen uund diefF darein
greiffen kundt; er hette auch vil schwein, gans, enten, hüner
unnd tauben, welche alle aus der bauren seck ernert und er-
halten warden. Nün wäre in der selben gegend ein baur, der
auch des müllers kund was, gar ein listiger baur seius be-
wdunckens; wann der selbig zür ni&len für, käme er nimmer
von seinem sack, er hette dann sein mel darin empfangen.
Daran der müller ein gross verdriessen het, bey ime gedacht
wie er doch dem bauren zü körnen möcht.
Unnd eins tags wäre der müller oben im haus und wolt
den tauben essen geben, so sieht er den bauren dort her der
mulen zü faren. Der müller macht sich schnell hinab, ver-
schlecht sich unden in der mulen nit weit von der thüreu, da
der baur mit dem korn hin komen niüst. Unnd als der baur
zür mulen kumpt, zeucht er hinein und rüfft: ,Hoscha, mul-
w 1er, wa bist?1 In summa es wolt im nieraandts antworten.
In solchem, als der baur in der mulen zü raffen gieug, schliche
der müller hinaus, natue den sack mit dem korn unnd trüg
in hinweg unnd lieff schnell hinder der mulen herumb, gab
dem bauren antwort und sprach: ,Wer rüfft da?' Der baur
Uöantwort: ,Ich bin da und bring ein vierteyl korn, hets gern
bald genialen.4 Der müller sagt: ,Brings her! Es ist one
das die ein mül lehr; so will ichs gleich auff schütten.4 Der
baur zöge hinaus, wolt sein korn holen, da was es vor hin-
weg. Ach gott, wer was laidiger dann der güt baur! Wiste
30 nit, wie er den Sachen thün solte. Nün hette der baur gar
ein böse, abgesehen mpte vettel zü einem weib (wie mau dann
deren vil findt), vor deren er on mel nit heimkommen dorfft;
[62b] hatte den müller, er wolte im ein vierteil korn zü kauf-
fen geben, so wolte ers ime mitler zeit one seins weibs wissen
bezalen. Der müller war wol zü friden , gäbe im sein eygen
korn wider zükauffen.
Gartengesellschaft, cap. 92 — 93.
359
Nun gedachte der muller, wie er den bauren noch weiter
betriegen unnd ine noch bass im sack straffen, erdachte einen
fund, wie er den bauren bereden, er hette ein katz, die kündte
visch fahen; gieng zu dem bauren, zeigts im an. Der baur
kundte sich der katzen nit gnüg verwundern , in summa er o
wolt solch abentheur sehen. Der müller zeigt im noch weiter
an, das er der katzen, darumb das sie so gescbickt zu vischen
wer, einen besundern namen geben, nämlich Haintzman. Nun
hette der muller ein knecht, der hiesse Haintz; mit dem sel-
bigen hette er die sach angelegt, wann er schreyen würd: 10
, Haintzman, greiff druff1, so solte er dem bauren einen sester
korn aus dem kästen , darin das korn zü malen geschüt, ne-
nien. Also geheissen unnd gethon ein ding was. Nun wolan,
der muller name die katzen an arm, zöge mit dem bauren
hinder die mulen dem abloss zü, setzt die katz nider unnd 15
sagt: , Haintzman, greiff druff, Haintzman, greiff druff !' Wel-
ches der knecht Haintz bald erhört, seinem befelch ein fölliges
vernügen thet; der baur dorfft sein aber nit lachen. Ach
gott, die arm katz wolte wider ihr natur kain visch fahen;
ja wann sie gefaugen gewesen, vil lieber gessen. Damit aber 80
der müller nit mit schänden bestund, sagt er: ,lch merck, das
sich die katz vor dir (den bauren meinend) schempt unnd yetzt
ihr kunst nit [wilj sehen lassen.1 Damit wider in die mitten zogen.
Der baur nam sein mel, füre mit heim, het also mit seim
schaden die katz sehen vischen. 85
Darumb ist ein Sprichwort: Wer übel vertrawt, der wirt
zü zeiten auch betrogen.
[08a] Von einem jungen kauffman, dem in einer nacht
drey tödtlicher gef&rlichheit zustunden, aber von allen
dreyen erledigt ward. ao
Cap. 93 (96).
[q der stat l'erusa was ein junger, genant lieichhart, dem
selben schone und grosse ross wol gefielen. Der hett ver-
nummen , wie solche ross zü Neapolis gar in gütem kauft"
weren, uff sass, fön ff hundert gülden zü ihm nam, da hien 85
360
Martin Montanus,
ritte. Es was auch seine erste ausfart. Er käme uff ein son-
tag zü vesper zeit dahien, von seinem würt des rossinarckts
gewonheit underricht ward. Des montags fru uff den ross-
marckt kam, vil schöner ross feilset, aber er kuudte nit zu
<> kau ff kummen, offt gegen yederman seinen seckel uffthet, sein
gelt sehen Hess, wie dann der jungen läppen gewonheit ist.
Solches het ein junge fraw ersehen, welche einem jeg-
lichen mit irem leib zü dienen willig und bereit was. Nun
bette die selbig jung fraw war genummen, das ein alt weib
10 mit dem jungen geredt, sie bald beschickt, fragt, ob sie den
jungen keilt oder was kundtschafft sie zü ihm hett. Deren
die alt fraw antwort und sagt, wie sie bey seinem vatter ge-
dienet, auch wie der jung, sein vatter und mfiter hiessen, wo
sie in der statt Perusa gesessen, in summa die gantz gelegen -
15 heit der frawen anzeigt.
Da sie nün alle sach genugsam erfaren. sie gar einen
subtilen list erfunden het, ihr meitlin zü dem jungen schickt,
das sie zü solchen geschefften gar meisterlich abgefertigt hett,
im befalhe nach Reicharten von Perusa zü fragen. Und zü
20 allem seinem, des jungen , unglfick das meitlin in under der
th&r stehn [63b] fände, das fragt, was sein begeren wer. Das
ihm bald sagt, wie ein schon edle fraw an ihn begert, das
er zü ihr kummen wolte. Er sprach : , Willig und gern1. Wenig
gedacht, das sie nicht seinen leib, sunder sein gelt begeren
25 was. Heichart zü dem meitlin sprach, es solte allgemach vor-
aushien gehn, so wolte er hernach ziehen.
Als er aber zü der frawen bauss kam, die inn einer gas-
sen, zürn faulen und finstern loch genant, gesessen was; aber
der güt lapp wisste nit änderst, dann er au dem aller erbarsten
ao ort und f rumsten frawen, so in der gantzen statt gesein mocht,
were. Da er nün die stegen nit halb hienuff kummen was,
käme ihm die schon fraw entgegen kostlich gekleidt, mit
warnenden äugen ihn umbfieng und sprach: ,Nün biss mir
gott wilkum zü tausent malen, du mein aller liebster brüder!'
Mit dem in die steg hienauff in ein kostlichen, wol gezierten
palast fürt. Darinn ein kostlich schon unnd wol geziert beth
stund, daruff sich die zwey nidersatzten ; und so fleissigst
er kundt, er ihr dancket und sprach: ,Fraw, ich kan mich
Gartengesellschaft, cap. 93.
361
eicht erinneren noch genügsam verwunderen , das ich ein
sch wester hie zü Neapölis finden sol.1 — ,Du thüst mir gleich,
wie unser vatter mir und meiner müter auch gethon hat. Als
er zu Palerma ein zeit lang gewonet, hatt er sie also hinder-
gangen unnd geschwecht, darnach sie also schwanger verlassen ö
und darvon gezogen. Als ich aber erwachsen, binn ich einem
jungen edelman vermahelt worden; und als er in einem krieg
umbkuminen, binn ich also in witwelichem standt bliben.1 —
,Nün sagt mir eins ! Wer hatt euch mein zu k im ff t zü wissen
thon?1 — ,An disera morgen1, sprach sie, ,mir es zü wissen 10
thet ein arme fraw, die lange zeit bey unserm vatter Peter
zü Pe-[G4a]rusa gedient. Unnd wann ich nit gedacht, das es
ehrlicher were, du k um niest zü mir, dann ich zü dir, ich were
zü dir in dein herberg kummen/ Hiemit ilime die gantz
freundtschafft er/alen thet Uinb solchs willen Richart ihr i >
alles, was sie gesagt, glaubt. Darnach sie ein kostlich col-
lation zurichten liess, zechten mit einander und waren leicht-
sinnig.
Als nün die zeit nacht essens kummen war, wolte der
jnng urlaub von ihr nemmen unnd in sein herberg gehu. 20
Aber es war ir umb keinen, und thete zü gleich, als ob sie ein
hotten inn die herberg schicken wolt zü sagen, das man sein
die nacht nit warten solt : aber es was evtel beschiss und be-
trug darhinder. In summa er müst die nacht da bey der
Schwester bleiben ; dann sie sagt, Neapolis were nit ein statt,
des nachts umb die weg zü gehn , sunderlicli den frembden;
auch bette sie dem würt embotten , das er nit bey im essen
und die nacht nit heim kummen würde.
Als es nün schier umb mitnacht und die zeit schlaffen
zü gehn kummen was, sie ihn mit einem jungen bubiin, das w
ihm das heimlich gemach zeigen solt, in ihr kammer schlaffen
weisen liess, unnd sie mit den andern frawen auch schlaffen
gieng. Dieweil aber die zeit heiss , zöge sich der jung aus
und legt seine kleyder zü haupten uff das beth, begerte den
bauch zü erleichteren, fragt den knaben, wo das heimlich ge- 35
mach were. Der zeigte ihm in der kammern ein kleins thür-
lin, da solte er hienaus gehn, so würde ers finden.
Nün wäre das cloack zwischen zweyen heusern; darüber
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362
Martin Montanus,
waren /wen dielen gelegt, die waren nit genagelt. Darüber
der jung on alle forcht gieng; und als er daruff kam, gnapte
der dielen uff, und fiel hienab in den kat. Und wie wol es
zimlich hoch was, gab im doch gott das [64b] glück, das es
ü ihm keinen schaden thet, aber sich im kat wol besudlet. Da
nun der jung vernummen, das der arm Reichart im cloack
lag, zeigte ers der frawen an. Die sich nit lang saumpt, in
die kammer kam, bald nach dem seckel lugt, den sie mit den
fünffhundert gülden fand, den zu ihren banden nam und sich
lu schlaffen legt ; gab hiemit yederman befelch, ob er schon im
cloack schreyen würd, das ihm niemandts antworten solt. Das
was ein getrewe Schwester.
Als nun der gut arm Keichart sich im kat befand, fienge
er an umb sich zu schreyen ; aber da was niemandts, der im
i:> antworten wolt. Ach gott, wer was leidiger und in grossem
liisten weder der gftt jung! Gieng hien und her im dreck
knetten, ob er iergent ein ort finden mocht, damit er aus dem
pfeffer keine; wol gedacht, die sach gienge nit recht zu, aber
die sach zu spat bedacht. Doch zü letst fände er ein niaur,
20 damit das gesslin vermaurt was. Daruff er stig und uff die
rechte Strassen für die thür des hauses kam, anfieng zü klopften
und schreyen ; aber es wolt ihn niemand t hören noch antwor-
ten. Da warde er erst sein unfal und Unglück bedenckeu, zü
im selbst wainend sagt: ,0 wie in einer kurtzen zeit hab ich
20 fün ff hundert gülden und ein Schwester verlorn !4
Unnd nach vil andern Worten und klagen fienge er wider
an zü ruffen und klopffen und das mit solcher ungestüme, das
die nachbaurn erwachten, ihm übel redten und schalten. In
solchem der magt eine ihm zü einem fenster aus antwort ga)>e
yo unnd fragt, wer da were. Der güt arm narr sagt : Jch binn
der frawen brüder. Kenstu mich dann nicht mehr?1 Die
magt sagt: Jch glaub, du seyest foller weins oder du redest
im schlaff. Hie inn hastu kein Schwester. War-[65a]lich ich
rhat dir in gantzen trewen , das du dich hienweck packest,
ehe dir dein haut zerschlagen wirt, das du nicht waist. wo
du bleiben solt/ — ,Ach\ sprach der jung, ,gib mir doch nur
meine kleider, damit ich mich bedecken möge!4
In dem einer, der vileicht der frawen riffran sein mocht
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Gartengesellschaft, cap. 93.
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an das fenster kam, den Richart vor in dem hauss weder ge-
sehen noch gehurt hette, mit grober grausammer stimm sprach :
,\Ver ist da nideu, der uns nit schlaffen lasst ?4 Reichart sein
haupt nffhüb unnd wol einen sähe, nach dem als ihn daucht,
ein kol schwartzen hart hette. Dem er nit mit kleiner forcht :>
antwort unnd sprach: ,lch binn Reichart, der frawen brüder,
die iu dem hauss wonet.4 Der bartet bacculaureus nit gar
wartet, biss Reichhart sein wort zürn end bracht, sunder vil
grausammer , dann er vor gethon hett, anhüb und sprach:
,Sicher und fürwar, ich waiss nit, was mich haltet ye wider 10
mein natur, das ich nit hienab kum unnd dir dein haut so
foll Schlahe, das es mich selber erbarmt, du unnützer truncke-
ner esel, der du uff diss nacht nieinandt schlaffen lasst.4 Mit
disen worten das fenster widerumb zü schlug.
Etliche von den nachbauren sprachen: ,VVarlich, güter lö
mann, wilt du uff dise nacht nit zü stucken gehawen werden,
»o gang hienweg! Dann du waist nit, mit wem du zü schaffen
hast4 Reichart, der von des schwartzbartechten bacculaurii
stimm sehr erschrocken was, darneben die trewe Warnung von
den nachbauren vernummen hett, trauriger dann kein mann a>
ye ward, darvon gieng, auch sich seins gelts gantz verwegen
hett. Den weg, den er des tags mitt dem meidtlin herkum-
meii, seiner herberg zügehn wolt, doch sich bedacht, ein andern
weg dem mer zü gieng, ver-[G5bJ meint sich zü waschen.
In solchem gehn kamen im zwen mit einer lateruen ent- 20
gegen. Vor denen er sich besorgt, vermeint, es weren die
scharwechter, flöhe derhalben ab dem weg und käme in ein
alt gemeur. Die zwen mit der laternen kamen auch in das
alt gemeur, hetten vil seltzams werckzeugs von eysen, stangen,
beyhel, hacken etc. bey ihnen. Und als sie also bey einander uo
stunden, sagt der ein zürn andern: , Lieber, bedunckt dich nit,
das ein seltzainmer geschmack gegen uns gange?4 In dem
die laternen uff thet, den eilenden, unseligen menschen er-
sahen, des beyd erschracken, doch fragten, wer da wer. Aber
der arm Reichart schwige still. Sie giengen naher zü ihm, 35
fragten in, was er also katig da stunde. Reichart ihnen alles,
was ihm zü gestanden, zu wissen thet. Die zwen wol ge-
dachten, wo das geschehen sein solt, (dann sie auch solche
304
Martin Montanus,
lose kiiuler waren) sagten zu ihm: ,Das ist warlich, das du
in das kat gefallen bist, dein gross glück gewesen. Dann
wo das nit besehenen, so werestu warlich also schlaffendt er-
mordt worden. Darumb vil besser ist, du habest das gelt
ö weder den leib verloren.4
Nach disen worten zü ihm sprachen, ob er mit ihnen gehn
wolt; so solt er ungezweifelt sein, es solte ihm für sein theyl
mehr, dann er verloren hett, zü beut werden. Reichart, der
one das au ime selbs halb verzweifelt was, bald mit ihnen zü
10 gehn bewilligt. Nun hett es sich begeben , das der bischoff
der statt des vergangnen tags gestorben und mit grosser reich-
tumb, kostlichen kleynaten und besnnder mit einem kostlichen
rubin, den er an der handt het, uff fünft' hundert gülden werdt
gesebetzt, begraben ward. Da was der zweyer meinung, den
k» todten bischoff zü berauben, hien zü gehn, als [66a] sie auch
theten. Zü disem spiel dauchte sie der eilend mensch güt sein,
derhalb sie ihn mit inen namen. Aber des bösen geschmacks
halben sie nit wol züfriden waren , zü einander sprachen :
,Hie nahe ist ein brunn ; da wollen wir ihn in dem eymer
hienab lassen, da kan er sich waschen.4
Als sie nun zü dem brunnen kamen, da fanden sie, das
der eymer nit mehr daran. Bald rhätig Warden, banden ihn
an das seyl, Hessen ihn hienab ; unnd wann er sich gewaschen
hett, solte er das seyl rütlen, so wolten sie ihn wider heruff
2i ziehen. Da sie ihn nün hienab gelassen und er sich schier
gewaschen hette, trüg sich zü, das die stattknecht, die etlich
gejagt betten, durst halben zü dem brunnen zü drincken kamen.
Da aber dise zwen die stattknecht kummen sahen , darvon
ließen , den güten Reicharten in dem brunnen sitzen liessen.
yo Aber die stattknecht hetten weder die zwen noch Reicharten
im brunnen nit gesehen, ir schwert und gewehr von in legten
und wolten drincken. Als sie aber den eymer nit funden,
meinten sie nit änderst, dann er were im brunnen, sich an
das seyl legten, den güten Reicharten heruff zogen. Da Rei-
x, chart den bort des brunnens ersähe, sich bald mit den armen
daran hieng und heraus sprang. Da die stattknecht das er-
sahen, liessen sie ihre gewehr ligen, flohen darvon, vermeinten
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Gartengeaellschaft, cap. 93.
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nit änderst, dann das sie den lebendigen teufel ans dem brun-
nen gezogen hetten.
Da nun Reichart aus dem brunnen kam und seine ge-
sellen nit fand, auch die waffen, die sie nit dar bracht betten,
sähe, kundt er sich dessen nit geniig verwundern, wäre aber- 0
mals in tausent lasten, wüste nit, was er anfahen solt, also
betrübt von dem brunnen hienweg gieng. Aber in solchem
gehn bekamen im sein zwen [66b] gesellen, fragten, wer in
aus dem brunnen gezogen hette. Sagt er, darvon wisste er
ihnen nichts zü sagen, dann allein, was er bey dem brunnen 10
funden hett, inen anzeigt. Darbey sie wol gedachten, wer die
sein solten, die ihn aus dem brunnen gezogen betten, und
müsten ihnen der abentheur genug lachen.
In dem wolt es sich der mitnacht zü nahen ; darumb
machten sie sich uff die strass der grossen kirchen zu , das 15
grab, darinn der bischoff lag, öffneten, undersetztens so hoch,
das einer wol darein schließen mocht. Nach dem solchs ge-
schehen, fragten sie under einander, welcher under ihnen
dreyen hienein steigen wolt. Der ein sprach: , Warlich, ich
kum hienein nit/ Der ander sprach : ,Bey gott, so will ich 20
auch nit hienein.1 Reichart sagt : ,Dieweii es dann ewer keim
gelegen sein will , so kum ich auch nit hienein. Ich will
nichts mitt den todten züschaffen haben.1 Die zwen sich gegen
ihm streussten und sprachen: ,Warumb wiltu es nicht thün?
Warlich, du müsts thün ; oder wir wollen dir dein haut beren &
oder vileicht gar zü todt schlagen. Darnach wiss dich zü
richten !'
Reichart mit grossen sorgen in das grab stig, besorgte,
er würde von seinen gesellen , wie dann auch geschah , be-
trogen werden. Doch der kostlich ring mit dem rubin, dar- «1
von seine gesellen uff dem weg geredt hetten, ihm zü ge-
dancken kam; bey ihm selbst bedacht, den selbigen ihm für
seinen theil zü behalten. Und als bald er in das grab kam,
zohe er dem bischoff den ring ab der handt, steckte den an
sein handt, darnach seinen gesellen das pastoral, die infel, die 35
bandtschüh mit allem andern, das er umb und an hett, heraus
gab unnd den todten bischoff im hembd ligen Hess, zü seinen
gesellen sprach, er nichts mehr [67a] fünde. Da fiengen sie
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Martin Montanus,
an nach dem ring zü fragen und sagten, er solt wol süchen;
dann er ye da sein solt. In summa er sagt, er were nit da.
Da sie nun zeit daucht und sie ihr bürden gar wol ge-
bunden hetten , die stützen , damit sie den deckel undersetzt
ö hetten, ausschlügen und den deckel fallen liessen, darvon lief-
fen, den armen unnd eilenden Reichart bey dem todten bischoff
im grab sitzen liessen. Da mag ein yeglicher bey ihm selbst
gedencken, in was angsten und noten der güt Reichart was.
Sich zu mehrmalen versucht, ob er den stein mit deu achseln
10 uff heben möcht, aber in keinen weg er das vermocht Des-
halben er vor onmacht und schmertzen nider uff den todten
corpel sanck. Darnach über ein kleine weil, als er wider zü
ihm selbst kam, gedacht: würde das grab von niemand uff-
gethan, so müste er vor hunger und dem bösen geschmack
\ö sterben ; würde dann das grab uffgethan und er darinn fanden,
würde er für ein dieb gefangen und an galgen gehenckt werden.
Als aber er ein zeit lang in solchen betrübten gedancken
gestanden, horte er etliche leut in der kirchen und umb das
grab gehn. Aber ihm wol gedacht, wo es rechtschaffene leut,
20 sie nit bey nacht, sunder bey tag kummen solten, und sie
gleich wie ihn und seine gesellen achtet. Da sie nun zü dem
grab kamen, undersetzten sie den stein; darnach sich under-
retten, wer in das grab steigen solte; dann sie forchten sich
vor dem todten bischoff. Doch nach laugem zancken wäre
2.» under inen ein pfaff, der sagt: , Was forchten ihr euch vor
den todten ? Ich will hienein steigen.4 Bald seinen raatitel
von im warff, sich uff den borten des grabs schwang und sich
mit den füssen vermeint hienein zü lassen.
Da das Reichart ersehen het, bald uff [67b] sein füss
w sprang, den pfaffen bey den füssen nam , des gleichen thet,
als wolt er ihn hienab ziehen. Da das der pfaff empfand, on
mass ersehrack, ein grossen schrey lies und sich aus der arch
warff. Die andern seine gesellen nicht minder erschracken,
darvon lieffen, das grab offen stehn liessen, nit änderst flohen,
ifc dann als sie von tausent teufein gejagt würden.
Wer was in grossem freuden dann der güt Reichart!
Bald sich aus dem grab und der kirchen macht den weg, da
er her kummen was. In dem sich der tag hernahet, er on-
Gartengeaellschaft, cap. 93—94.
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geferd zü dem mer kam, sein herberg erkant, darein ging,
den würt und seine gesellen fand, die sich alle verwunderten,
wo er so ungestalt unnd nackend herkäme. Er ihnen alle
sach, was sich die nacht mit ihme verloffen , zü wissen thet.
Über das sie ihme rieten, er solte sich fiirderlich darvon ma- r>
eben. Dem rhat er folget, uff sass, heim in Perusiam ritt
und an stat der ross den kostlichen ring mit ihm bracht.
Ich mein, diser hette eim sagen künden, wie nahe glück
and unglück bei einander gewesen were.
Wie ein fraw der andern verübel hielt, das sie bülte, iu
sie hefftig schalt und übel redt, und sie an solcher
that auch begriffen ward.
Cap. 94 (97).
In einer stat ein reicher mann gesessen was, mit namen
genant Peter, der villeicht mehr ander leut zä betriegen ge- i»
sinnet was dann sein selbs lob zü mehren. Der selbig ein
schone junckfraw zü eim weib nam, doch mehr zü einer aus-
red dann zü dem, dar zü frawen bild erschaffen ist. In dem
das glück im eine zü fügt gnüg seins [68a] gleichen. Dann
die fraw jung, schön unnd frisch was, wol geschickt, vil lie- is>
ber zwen oder drey mann zu der ehe gewollt het dann einen
allein; unnd zü irem glück ihr einer geben ward, des sinn
und gemut anderswa hin stünd und geschickt ward dann zü
ihr. Das die fraw nach etlicher zeit mercket und wol vernam,
als die sich jung unnd frölich sähe, mehr maus dann anders
begeren was. Und da sie ires mannes böse gewonheit erkant
unnd gemerckt het, uneins mit einander wurden, ein unfrölieh
leben mit einander fürten.
Unnd die fraw ihr keusch leben wider ihren willen be-
dencken ward. On zweifei sie maint, solt sie das lange zeit :*>
treiben, es ihr schaden brechte, als die da in irer blüenden
jagent was ; dann der mann des nachts zü beth ihr in keinen
weg wolt gnad haben, unnd solt sie in einer winter kalten
nacht erfroren sein, so hette er sie doch nicht bedeckt. Umb
des willen ihr gedacht sinn zü finden, damit sie zü zeiten von ;{»
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• 3G8
Martin Montan us,
mannen bedeckt würd, zü ihr selbst sprach : ,Diser bös mann
mich unbedeckt stehn lasst umb seiner andern unkeuschen
bülerey willen unnd auff holtzschühen bey truckenem wetter
geht. Darumb ich mich fleissen unnd fUrseheu müs, das ich
•'> bey nassem wetter ander leut mit trucken fussen in ein schiff
setz. Ich nam in für meinen ehemann unnd gab ihm gros
heimstewr unnd glaubt, er wer ein mann, und raaint, er wer
als ander mann seind , die ihr schone frawen lieb und werdt
haben. Solt ich aber glaubt haben, das er gewesen wer, als
10 er ist, ich het mir sein zü einem mann nit gewünscht. Dann
ihm solt wol wissent gewesen sein, das ich ein weib und nit
ein mann was. Waruni b nam er mich zü einem weib, da
ihm weibsbild also unzam und wider sein natur und gemüt
was? War-|08b]lich, warlich, ich sol ihm das nicht lenger
r» vertragen. Dann hette ich nit wollen an der weit sein, ich
het mich zu einer nunnen in ein kloster gemacht; aber ich
hab wollen sein, als ich bin. Aber sol ich von dem bösen
mann natürlicher freud und lüst warten sein, so besorg ich,
solt ich des warten, ich dabey eraltet. Wann ich dann er-
haltet bin und mein verlorne juget bedencken würd, darin er
mich, als er sich an andere end gethan hat, solt getrost unnd
mir freud geben haben, solcher lust und freud bey uns beiden
wer gotlich, gftt unnd loblich gewesen, da sich noch gros
schand und laster daraus begeben möcht, wa ich die gotlich
2»"» gesätz der ehe überging, als besorglich ist, ich müs. Und
der unnütz bos mann nit allein wider die gesetz, sonder alle
natürliche recht thüt.4
Also die gftt fraw ihr mühe ires bösen mans vil dick
bedacht. Nach dem ir fürnam, ihr glück, wa sie möcht, auch
:w in still unnd gehaim zü suchen und ihrem willen ein genügen
thün. Unnd mit eim alten weib mit dem pater noster in der
handt, die gnad in allen kirchen zü sftchen hien und wider
gieng und von keinerley nimmer anders dann von der heiligen
leben und ir m arter saget, der heiligen fünff wunden sancti
3.-, Francisci nimmer vergas, darumb von jedermann gar für ein
heilige fraw gehalten was, — deren die jung fraw allen ihren
gebrechen unnd meinung giintzlich saget.
Zü der das alt weib sprach: ,Mein liebe tochter, allein
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Gartenge&ellachaft, cap. 94.
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gott, dem alle ding kundt seind, bey dem ich dir schwer, das
du recht hast, und ich kan dir darüber kein unrecht sprechen.
Unnd wann du ein solchs umb ander ursach willen thetst, so
solt du und ein jegliche junge fraw das thün, damit sie nit
die zeit irer schönen jugent on nutz und freud also verlier. &
Dann [69a] kein pein unnd schmertz ist dem gleich, wer sein
verlorne zeit recht bedencken will. Dann welcher teufel will
unser begeren, oder zü wem seind wir nütz, wenn wir alt
seind, dann allein der aschen und des herts zü hüten ! Unnd
ob je kein ward oder ist, die des güte zügnüs geben möge, 10
so bin ich die selbig, die sich alt und ungestalt sieht und des
nicht mit klainer pein meines hertzen, das ich on alle freud
mein junge zeit also verloren unnd unnützlich hab gehn lassen,
wiewol ich ihr so gantzlichen nit verlor, als du vileicht biss-
her gethan hast. Doch nicht darumb glaub, das ich darumb 15
ein bübin oder pf äffen weib gewesen sey, wiewol ich het thün
mögen, was mir geliebt het! Unnd wann ich bedenck unnd
mich sihe unnd find, als du wol sihest, unnd nicht finde, der
mir ein fewr reiche, drumb gedenck , was pein mir das mag
sein! Ein solchs sich bey den mannen nicht begibt; dann sie 20
sein zü mancherley ander Sachen beschaffen, darzü mir nit nütz
sein, der frawen willen zü thün. Aber die frawen allein be-
schaffen seind das züthün (du vernimbst mich wol) und kinder
zutragen ; darumb sein sie Heb gehalten. Und ob du es nie
vernommen hast, so soltu es dabey mercken, das wir den man- 25
nen alz«it bereit seind, das begibt sich bey den mannen nicht.
Mehr ich dir sag, das du deinem mann recht thüst, im brot
für kiichen wider zü geben, damit er in deinem alter nit spre-
chen mog: Warumb namstu es nit, da es dir werden mocht?
Dann wir frawen die zeit vil mehr brauchen müssen , wann 30
sie uns werden mag. Dann wann wir alt seind, uns weder
unsere mann, als du sihest, weder ander sehen noch hören
mögen, uns stets in die kuchen jagen, das fewr zü schüren,
merlin und pater noster mit der katzen zü sagen , [69b] die
alten hafen und sch&sslen zü zelen, auch noch vil mer. Und 35
so erger sie von uns singen, sagen und sprechen: ,Den jungen
sol man wol thün und die alten gehn lohn, der jungen ein
guten kappaunen, der alten ein grossen tremmel.' Solch ihr
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370
Martin Montanus,
abweis unnd gespöt sie mit uns treiben. Mehr ich dir zu
wissen thün, damit ich dich nit lenger mit worten auffbalt,
das du dich keiner person in diser weit dein notturfft mit mehr
Sicherung deiner ehren hettest erklagen und sagen mögen, als
ö du mir hast thün mögen , und die besser zü deiner notturfft
sein mög, als ich dir sein soll. Dann kein junger mann in
diser statt nit ist, dem ich nit mein notturfft sagen thar. Auch
so grob unnd hert ich kainen erkenn, das ich nit mit nieinen
worten in erwaich und zü meinem willen bringe. Lass mich
10 nür verstehn, welcher dir am liebsten sey, nach dem las mich
schaffen ! Aber eins ich gedenck, mein liebe tochter : las mich
dir in meiner armüt befolhen sein! Dann ich hab nichts,
binn arm, eilend unnd hab niemand, der für mich sey. So
will ich dich aller gnaden, die ich täglichen von allen kirchen
16 hol, sampt meinem heiligen pater noster theilhafftig machen,
damit dir gott dein verloren zeit wider kere und dir deine
vergangne tage mit dem ewigen liecht erleucht.4
In dem das alt weib von ihrer red ablies; unnd die jung
mit ir aller Sachen eins ward und sie freundlich bat, wa ihr
20 ein junger knab, der gar vil da für giengen, zü handen käme,
der ihr ob allen andern jungen gefiel, das sie dem selben zu
sprach und ihr den zuwegen brächt. Dabey ihr alle zeichen
fein gab, zü ihr sprach, das sie allen iren fleis an legt, sie
solt sein nit entgelten; unnd gab ihr ein stuck fleisch von
25 dem Schweinen backen. Mit dem sie von ir [70a] schied.
Nach dem nicht vil tag vergiengen, das alt weib den
jungen knaben zü der schönen frawen bracht, nach dem selben
einen andern. Als vil ihr die fraw begert und ihr gefallen
was, als vil sie ihr zuwegen bracht, doch das als in geheim
30 und verborgen vor dem mann, damit sie in kainem argen von
ihm möcht verdacht werden.
Nün eins abents sich begab, das der frawen mann mit
einem seinem gesellen, genant Herculanus, das nachtmal essen
gangen was. Da die jung fraw vernam, das ihr mann anders-
85 wo essen gieng, sie dem alten weib gebot, das sie einen jungeu
knaben kommen lies, der in der gantzen statt der aller schönst
gehalten ward. Das die alt bald ausricht und zft ihr bracht
Und da sich die schöne fraw mit dem jungen das nachtmal
Gartengesellschaft, cap. 94.
371
zü essen zü tisch gesetzt het, in dem der mann wider zü haus
kam, anklopfft. Des die jung fraw sehr erschrack, sich still
hielt, nit wist, wa sie den jungen hien verbergen solt. Doch
nahe bey ihr am tennen ein korb was, daruff gras lag; under
den sie in verbarg, ein alten sack daruff warff, bald lieff, dem ö
mann ufflthet, zü im sprach: ,Wie habt ihr also bald gessen?4
Er ir antwort und sprach : , Warlich wir haben nie kein bissen
versucht.4 — ,Wie kompt das?4 sprach sie.
Peter sprach: ,Das will ich dir sagen. Da wir zü tisch
gesessen waren, da horten wir nahe bey uns under der stegen 10
husten, des wir zürn ersten unnd andern mal nit war namen.
Da er aber noch mehr mal hüstet unnd niesst, das uns alle
frembd nam. Herculanus mit dem weib zürnet, das sie uns
das essen so lang verzogen het unnd uns an der thür so lang
het stehn lassen , zü ihr sprach : ,Was bedeut das hüsten ? 15
Wer ist under der stegen?* Bald uff vom tisch für, zü der
[70b] stegen lieff, darunder ein behalter was von bretter ge-
macht, die thür uffthet. Ein grosser geschmack von schwebel
daraus gieng, den sie ob dem tisch gerochen hetten ; über das
selbig in die fraw antwurt geben het, wie sie ir schleier da- 20
mit geweschen het, den scherben under die stegen gesetzt het,
das ruchen sie. Da Herculanus das thürlin uffgethan hett, er
hinein sähe, den, der also gehüst, sähe. Der vom rauch des
schwebeis hüsten müst, doch sich also fand, das er nit vil
mehr hüsten mocht, bey[nahe] todt was von enge wegen seins hert- 25
zens; nit lang vergangen er erstickt wer. Zü der frawen sprach:
.Nun sibe ich, warumb du uns so lang vor der thür hieltest.
Nun soll mir gott nit helffen, wann ich dir nit lohne deiner
falscheit unnd mich an dir reche.4 Da die fraw sähe, das ihr
sünd erkant was, hinweg flöhe. Herculanus zü dem under 30
der stegen sprach: ,Wer bistu?4 Da er kein antwort geben
mocht, sich nit verrürt, als ob er tod wer, er in bey den fös-
sen nam, heraus zohe, umb ein messer lieff, in wolt tödten.
Aber' ich im des nit verhengen wolt, den gesellen beschützt,
so best ich mocht. Zü solchem rumor die nachbaurschafft 35
gelauffen kam, im den jungen namen, hinweg trügen, ich wais
31 anrwort A
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372
Martin Montanus,
nicht wa hien. Also unser nachtmal beträbt nnnd underwegen
bliben ist, und des nicht ein bissen versucht hab.4
Da das die fraw hört, sprach sie: ,Ach was heilige fraw
das sein sol ! Das sie gott sehend ! Sehet nün, was getrewer
5 ehefraw sie irem frommen mann gewesen ist! Sie daucht mich
eitel zucht und ehr, ich het für sie geschworen. Sie ist nün
dalest betagt, solt andern frawen ein gut beispiel sein. Ver-
flucht sey sie, das sie an die weit kam ! Sie solt sich Sche-
men, ein schenderin aller frommen frawen diser [71a] statt,
10 die ihr ehe so schantlich an dem mann gebrochen und die ehr
diser weit zü ruck gelegt hat. Der sie also schon gehalten,
in sampt ihr geschendet hat. Und als mir gott helff, ich ihr
kein gnad tbet ; man solt sie lebendig vergraben.1
In solchen reden sie an den knaben underm korb verbor-
15 gen gedacht, züm mann sprach, das er schlaffen gieng. Und
Peter, der mehr lust zü essen dann zü schlaffen het, fraget,
ob sie icht zü essen het. ,Ja4, sprach sie, ,es ist wol mein
gewonheit vil zü kochen, wann du nicht daheimen bist? Ich
bin vileicht Herculani weib? Du thetst bass schlaffen zü gehn.4
20 Nün waren die selb nacht bauren von Peters dorff kom-
men, die hetten esel ohn essen etc. in den stall gethan, der
nit ferr von dannen was, da der knab verborgen lag. Deren
esel einer ledig ward, aus dem stall in den tennen gieng and
zü dem korb kam, darauff gras lag, darunder der jung ver-
25 borgen lag. Dem der korb uff allen vieren lag; dann der
korb war eng und nider. Darumb im ein hand underm korb
herfür gieng, unnd zü seinem Unglück der esel im uff die hand
trat, das er wetumbs halben schreien nicht verhalten niocht.
Das höret Peter, ihn daucht, das schreien in dem haus wer;
30 zü der kammer aus lieffe, den jungen underm korb sehr klagen
hört; dann der esel im uff der hand stünd.
Peter sich zü dem korb nahet, fraget, wer da were und
wer sich also klagt, den korb uff hüb, den knaben fand, der
über alle wehtag, so er empfangen, grosser forcht und er-
35 Schreckens halb zittert, seins lebens besorgt. Und da Peter
den jungen sähe und erkant, als der ihm manig mal umb
böberey nachgefolget het, zü im sprach : ,Guter junger, was
thüstu da? Wer hat dich daher tragen?4 Der jung in durch
Garteilgesellschaft, cap. 94.
373
gott batt, er solt ihm ver-[71b]zeihen. Zü dem Peter sprach:
,Nicht hab sorg, biss güts müts, steh uff! Ich beger dir nichts
züthün. Sag mir nür die warheit, wer hat dich an das end
gebracht?4 Der jung im all sach zü wissen thet.
( Und Peter nicht minder des gefunden jungen wol zu müt 5
als sein weib übel zümüt was, den jungen bey der band nam,
mit im in die kauimer fürt, da sein die fraw mit grosser forcht
wartet. Zü der sich Peter setzt und zü ir sprach : ,Weib, was
duncket dich? Du verflüchtest jetzunt Herculanus weib umb
ir sünd willen und sprachst, man solt sie verbrennen, dann io
sie wer aller frawen schand und laster. Was wiltu nün zü
dir selbst sprechen? Dann du als sie in der selben sünd bist;
ir seit all über ein leist gemacht und mit ander leut übelthün
ewer eigen sünd bedecken unnd verbergen. Das euch all gott
sehend und mit dem himlischen fewr verbrenn!1 lö
Da die fraw sähe, das es in irs mans ersten zorn nit übel
stund dann allein wort und in ehe frölich daucht dann zornig
(dann den jungen stets bey der hand hielt), umb des willen
ein gut hertz empfieng und sprach : ,Ich waiss wol , das es
dein gefallen were, das uns das wild fewr verbrant, als der, 20
dem wir also lieb sind, als dem hundt der brügel ist. Aber
ich versprich dir, es soll dir allein nit also güt werden, als
du raeinest ; w61t nün dalest gern rechenschafft mit dir ma-
chen und haben, warumb du dich nür klagst. Ich lass mich
geduncken , du wollest mich gegen Herculani weib schätzen ; 25
die ein heiligen küsserin ist, doch bey Herculano hatt, was
ihr hertz begert, und er hat sie lieb, als billich ist und mann
ihr weiber haben sollen. Des ich von dir nicht binn. Wiewol
ich von dir gekleydet würd, waistu wol, wie ich von dir zü
beth gedient binn, und wie lang [72a] es ist, das du bey mir 30
nit geschlaffen hast. Darumb wiss , das ich lieber wolt zer-
rissen gehn dann wol gekleidet sein und in dem beth von dir
bass gehalten sein, dann ich binn. Du solt wissen, das ich
ein weib als die andern binn , hab lust als die andern. Ob
ich mich selber versihe des, das mir mangelt und von dir nit &»
hab, das soll mir niemants für übel haben. Ich binn von
fleisch und blüt, als du bist, hab begird und willen; so thü
374
Martin Montanus,
ich dir doch die ehr, das ich mich nit zü hüben und schint-
fesseln leg.4
Also nach langem beiten Peter wol vernam , ir red sich
uff dise nacht nit enden würd; als der irer red klein acht hett
5 unnd dabey hunger hett, zü dem weib sprach: ,Nün wolan,
fraw, hör deins reden uff! Sein ist nun dalest genfig ; ich soll
dir, des du begerst, zü willen werden. Gedenck, das wir essen !
Dann fürwar mich bedunckt, das diser jung gleich als wol als
ich fast und zü nacht nit gessen hab.4 — , Fürwar4, sprach die
10 fraw, ,er hatt nit gessen ; dann da du anklopfftest, da setzten
wir uns zü tisch.4 — ,So gehe bald hien und schaff uns essen !
In dem ich unser sach all in solcher inass soll anrichten, das
du über mich nit mehr solt zü klagen haben.' Da die fraw
den mann also willig und güts müts sähe, bald uffstund, den
15 tisch zübereit und die bereitten speyss kummen thet und mit
sampt irem bösen mann und dem jungen knaben zü tisch sass,
und güts müts assen.
Und was nach dem Peter seiner frawen willen ein genü-
gen züthün anrieht und ihr aller dreyer halben thet, ist mir
so zü sagen vergessen. Aber eins ist mir wissend : den nechsten
morgen darnach, da der jung auff der herren platz käme, ihm
nicht wol wissend was, Weichs von den zweyen die vergangen
nacht, die fraw oder der mann, besser gesellschafft ge-[72b]habt
hab. Also will ich zü euch sprechen, ihr mein aller liebsten
25 frawen : wer es euch thüt, dem thüt es hien wider! Und wa
ihr nit mögen, so vertragen es mit gedult, so lang bis ihr
mögen seit, und bey der mass, dabey ihr einnempt, bej der
gebt wider!
Wie ein jüngling für todt in eiuen kästen gelegt uund
30 des nachts von zweyen wücherern gestolen ward.
Ein doctor der artzney wonet uff ein zeit zü Meylandt in
der stat, welcher in seinen alten tagen ein hübsche junge und
Cap. 95 (98).
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Gartengesellschaft, cap. 94 — 95. 375
miert hielt. Aber die güt tochter den meren theil den hüsten
het, als die von dem alten doctor zü beth übel bedeckt ward ;
uud ihr die lehr gab, wie das man zör wochen nür ein mal
der letsten lieb mit den frawen' spielen solt ; dann solches der
leib in vil tagen nit tiberwinden mocht. Solche lehr er ihr 5
vor predigt. Darum b sie übel zü inüt was ; doch als die weys
bey ihr bedacht, damit sie iren doctor sparen möcht, ir einen
jungen zü erwolen , der sie des nachts , damit sie nit erfror,
deckt. In dem sich begab, das sie eins tags in irem fenster
lag, das ein hübscher jüngling fürging, Teophilus genant. Dem 10
sie zü ir rüfft, im alles ihr anligen anzeigt, und wie sie des
nachts so böslich am beth von irem alten mann versehen würd.
Ve so lang von der sach redten, das ir beyder will ein will
ward und der blinden metis mit einander spielten und ir der
bauch erwermpt ward. 15
Nun begab es sich, das dem artzet ein krancker mit einem
faulen [73a] schenckel zü bracht ward. Des gebrechen er bald
vernomen het, zü des krancken freunden sprach, wo man dem
krancken nit ein faul bein aus nem , so müst man im den
schenckel gar abschneiden ; er wolte in auch nit weiter dann 20
für einen todten menschen annemen. Solches des krancken
freund wol zü friden waren unnd ime den also lüferten. Dem-
nach der artzet ein wasser zü richtet, darvon der kranck schlaf-
fen solt, damit er den schmertzen desto bas erleiden mocht.
Da nun das wasser unnd artzney bereit was, stalts der artzet 20
in sein kammer und sagt niemandts nichts darvon, was es für
ein wasser were. Als aber der artzet zü vesper zeit zü dem
krancken gehn unnd ime den tranck geben wolt, kam ime bot-
schafft, das er eylents verreitten müst, Hesse also das wasser
uff dem fenster stehn unnd rit darvon. 30
Da nun der artzt hinweg kam, schickte die fraw eylents
nach irem bülen , die nacht bey ir züschlaffen. Und als er
kam, spert sie in in die kammer, biss etlich leuth im haus
weren schlaffen gangen. Ich wais nit, was der jung des tags
gessen het; in kam ein grosser durst an, er erwüscht das £>
-wasser im fenster, meint nit änderst, dann es were brunnen
wasser, und trancks gar aus. Nit lang vergieng , das in ein
schwert-r schlaff an kam, das er sich nider auff ein trog legt
376
Martin Montanus,
unnd entschlieff. Da nün die fraw bereit ward, gienge sie in
die kamtner unnd fände den jungen schlaffen. Den sie züch-
tiglich weckt und sagt: ,Da du schlaffen woltest, werest dn
wol daheim bliben.1 Und in rütlen und schütlen ward so hart,
5 das er von dem trog auff die erd fiel, aber nit erwacht. Dar-
von die fraw sehr erschrack, vermeinte nit änderst, dann er
todt sein solte. Wer war trauriger 'dann die güt fraw ! Dann
[73b] sie den jungen von hertzen lieb het, ob im stände, gott
ihr laid und schmertzen waiuend clagen thet, besorgt, das sie
10 auch zu irem schmertzen zü schänden würd, nit wisste, wie
sie den todten aus dem hauss bringen solt.
Eylends zü ihrer magt lieff, was sich des jungen halb
verloffen hett, ihr zü wissen thet. Das die magt gar ein
frembde sach dancht, den jungen auch anruren thet, nicht an-
15 derst dann die fraw todt sein meint. Zü der frawen sprach,
das man in auffs beldest aus dem hauss trüg. Die fraw sprach:
,Nün, wie mächt das geschehen, damit wir in seinem todt nit
verdacht oder er bey dem hauss gefunden würde ?l Die magt
sprach: ,Fraw, heut gienge ich für Roman schreyners hauss,
20 da sähe ich zwen trog vor seinem hauss stehn. Da wöllen
wir ihn hin tragen und in einen legen, doch züvor zwo oder
drey wunden in kopff schlagen. So würt man gedencken, er
seye von seinen feinden gewund t oder erschlagen worden.4 Der
frawen der magt rhat gefiel, ausgenummen ihn also zü ver-
2ö wunden ; dann sie solches inn keinen weg thün oder zulassen
wolt. Die magt hien schickt zü besehen , ob die trög noch
da stünden. Da nün die magt wider kam, die ein starcke dirn
war, den todten uff die achsel nam und in den trog legt.
Nün waren kurtz darvor zwen wücherer inn ein hauss
so gegen dem schreiner Uber gezogen , die mit haussrhat noch
übel versehen waren; die kamen und trügen den trog, darinn
der jung lag, nit weit von ihr kammer in ihr hauss und leg-
ten sich darnach schlaffen. Ais nün der jung in dem kästen
etliche stund geschlaffen und das doli tranck verdaut hett, er-
35 wacht er, seine äugen aufthet und, als der im finsteren kästen
verspert, nichts sehen kundt. Umb sich [74a] greiffen ward ;
wol vernain, das er in einem schrein lag, nit erdencken mocht,
wie er darein kummen wer, zü ihm selbst sprach : ,Was ist
Garten gesellschaft, cap. 95.
377
das ? Wo mag ich nön sein ? Schlaff ich oder wach ich ?
Nün ist mir ye wol eingedenck , das ich in meiner lieben
frawen kammern kummen bin ; so bedunckt mich, wie ich in
einem kästen lig. Was mag das bedeuten? Gewisslich ist
der artzet zü haus kummen oder meiner frawen sunst ein forcht 5
zugestanden , das sie mich also schlaffend inn den kästen vor
dem artzet verborgen hat.* Nön was der schrein klein , und
als er sich umbwenden wolt, das also ungestüm thet, das der
schrein umbfiel, und in solchem fallen der kästen uffgieug.
Als aber der jung solchs vernam, sich aus dem kästen macht, 10
gedacht : ,Es gang, wie es wöll, so wiltu lieber aus dem kä-
sten weder darinn sein.4 Also in dem hauss hien und her
gieng, ob er vendert thür oder thor finden möcht, damit er
aus dem hauss kerne.
In solchem hien unnd her gehn Warden die wücherer und 10
ihre weiber sein innen, fiengen an zü schreyen ,Diebio, diebio !4
unnd ein solch geschrey machten, das die gantz nach bau rschafft
zuließen, den armen Theophilum für einen dieb gefangen in
den kercker fürten. Diser märe am morgen die gantz statt
foll ward, wie Theophilus für einen dieb in der wftcherer hauss 20
gefangen worden. Solches käme des artzts frawen und der
magt auch zu gehör, was sich ihres bülen halb in der Wu-
cherer hauss verloffen. Sich nit genügsam verwunderen kund-
ten, wie das zügehn solt, das sie ihn todt in den kästen ge-
legt und er yetzt für ein dieb gefangen sein solt. 20
In dem wäre der artzt wider zft hauss kummen, nach sei-
nem wasser fragen ward. Da warde im der lähr angster,
[74b] darinnen das wasser gewesen, fürbracht. Da warde er
zornig, zü der frawen sprach , kein ding in seinem haus mit
friden bleiben noch stehn möcht. Die trau , die one das be- 30
trübt was, dem mann zorniglich antwort unnd sprach: Klei-
ster, was würde ich sprechen, wann etwas grössers geschehen
wer, wann ihr umb einen verschütten angster mit wasser so zornig
sind? Findt man dann sein nit mehr?4 Der meister zü der
frawen sprach : ,Du meinst vileicht, es seye schlecht brunnen 30
wasser. Nein freylich, es ist von grossen künsten schlaffen
zü machen gemacht.4 Und sagt ihr alle ding, warumb er das
wasser gemacht hett. Die fraw sagt : ,Meister , wir wissen
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378
Martin Montanus,
nicht darvon. Darumb lassend ewern zorn und machen ein
anders !4
Da die fraw ihrn herren vernummen hett, zü handt ge-
dacht, das ihr bül das wasser gedruncken hett, zü der magt
5 sprach : ,Gang eylendts herfür, lüg, ob du erfaren kündst, wie
Theophilus in der wücherer haus kummen sey und was man
weiters mit ihm handien wöll ! Das lass mich bald wissen !*
Die niagt gieng schnell herfür und kam bald wider, zeigt der
frawen an, wie das gemein geschrey were, das man ihn mor-
logends hencken solt und keiner seiner fründ sich sein annein-
men wolt. Mehr zeigt sie ihr an , das der trog , darein sie
Teophilum gelegt, nit des schreiners , sunder eins andern ge-
wesen wer: die selbigen zwen hetten yetz ein grossen streit
des trogs halben mit einander gehabt; der schreiner sagt, er
15 wer im gestolen worden, so sagt der ander, der schreiner hette
ihn verkaufft; dann er den kästen die vergangen nacht, als
Teophilus gefangen worden, in der zweyer wücherer haus ge-
sehen und hetten die zwen gesagt, sie hetten irae den trog
abkaufft. ,L)aruff der schrei-[75a]ner weiter gesagt hett: Sie
so liegen in ihre halss hienein ; ich hab ihn nit verkaufft, aber
sie sollen wol die sein , die mir ihn genummen und gestolen
haben. Und gehn yet/under mit einander in der wücherer
haus, sie zü befragen, wo inen der schrein her kum. Darunib
ich eylends herheim kummen bin, euch solchs anzüzeigen.k
25 Da die fraw solchs von der magt verstanden hett, kundt
sie wol gedencken, das ihr liebster bül mit dem kästen in der
wücherer haus wer getragen worden. Der magt bald alles,
was sie von ihrem artzt des wassers halb vernummen hett,
zü wissen thet, darnach sie früntlich bitten thet, das sie ir
behilflich sein wolt, ir ehr zü behalten und Teophilo s^in
leben zu retten, welches sie dann woi thün mocht. Die magt
sprach : ,Fraw , ir sollen mich dessen underrichten und lehr
geben; was ich dann thün soll, das will ich willig und gern
thün.1 Die fraw sich schnell bedacht und berhaten hett, was
&> diser Sachen halb zü thün wer, die magt ordenlich bericht.
wie sie alle Sachen angreiften und thün solt.
Als nün die magt allen bericht von der frawen empfangen
hett, sicli bald zü ihrem herren, dem artzet, verfügen thet und
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Gartengesellschaft, cap. 95.
379
zü im sprach: ,Herr, ich bitt umb gnad und Verzeihung umb
etwas Obels, das ich in ewerm haus begangen hab.4 Der herr
sprach: ,Was ist das, das du begangen hast?' — ,Herr, ihr
solt wissen, das ich in den vergangnen tagen, als ihr nit an-
heimisch gewesen , Teophilam , der yetzt umb das leben ge- ö
fangen ligt, bey mir zu schlaffen herein vertagt; und als ihn
ein grosser durst ankuinmen, hab ich vor dem volck im hauss
nit wol über den brunnen kumnien mögen. Also ist mir das
wasser in dem angster, das ich newlich darvor gesehen hett,
zü gedancken kuinmen , hab ich ihm [75b] dasselbig bracht io
und, als ers ausgedruncken, den angster lahr widerumb an die
statt, da ich ihn genummen hab, gestelt. Beken, das ich un-
recht gethon hab, unnd ist mir laid nit allein umb das wasser,
sunder auch um mein liebsten bülen. Derbalb bit ich umb
Verzeihung, darbey auch umb erlaubnus, für den richter zu- v,
gehn unnd ime anzuzeigen, wie sich alle sachen verloffen und
ergangen sey, damit ich den armen Teophilum wider aus der
gefencknus erledigen m6g.4 Der artzet, da er solches hört,
wie wol er des wassers halb über die magt zornig was, müste
er der abentheurlichen geschieht lachen ; zü der magt sprach : au
.Wolan, du hast dir deiner sünd selbst büs geben. Dann da
du uff dise nacht meintest ein frischen jungen knaben an dei-
nem arm zuhaben , der dir den beltz solt gestrelt haben , so
hastu ein schlaff trunckenen esel geritten. Darumb gang hien
und such sein heil nach deinem vermögen unnd wiss dich fürt- &>
hin zü hüten unnd für mir nit mehr truncken leuth in mein
haus! Änderst ich würd mit dir gehn holtz reitten.1
Die magt daucht, sie die erst sach wol genüg aus ge-
richtet het, und sich, so beldest sie mocht, zü der gefencknus
verfügt, darin Teophilus gefangen lag, unnd den hutern sovil w
gfiter wort gab, das sie mit Teophilo reden mocht. Dein sie
alle sach, was sich seinent halben verloffen het, zü wissen
thet, weiter im undericht gab , was er vor dem richter reden
solt. Darnach zü dem richter gieng, wie alle sachen mit Teo-
philo ergangen, gar ordenlich bericht und zü wissen thet. x>
Da der richter der magt red vernommen het , sich zürn
ersten zü dem artzet verfügt, den fragt, ob die magt gelogen
oder wahr gesagt het. Dem der artzet alle sach, was sich in
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380 Martin Montanus,
seinem haus [76a] die nacht des wassers halb verloffen het,
anzeigt. Da der richter vernara , das die magt wahr gesagt
het , er schnei nach dem schreiner und dem andern , des der
schrein gewesen was, schickt. Unnd nach langer und man-
5 gerley red sich befand, das die zwen wücherer den kästen ge-
stolen unnd Teophilum darin heim getragen hetten. Da nun
der richter solches auch gehört het, Hesse er von stund an
den eilenden Teophilum für sich bringen, fragt in, wie er in
der wücherer haus zu stelen kommen wer. Er dem richter
10 antwort unnd sprach: ,Herr, wo ich die nacht geherbergt
hab, ist mir warlich unwissend. Das wais ich aber woi unnd
mir yngedenck ist, das ich in des artzets haus, bey seiner magt
züschlaffen, gangen bin. Da ich ursach grosses dursts wasser
gedruncken hab und gleich darauff entschlaffen. Wie es dar-
i"> nach meinent halben ergangen , da wais ich gar nichts von
zü sagen; dann da ich aus dem schlaff erwacht, ich in einem
schrein in der wücherer haus stack.4 Da der richter die aben-
theurlich sach vernam, besunder freud het, Teophilum ledig
lies, die zwen wücherer, die den schrein gestolen, umb zehen
2ü marck sylbers strafft.
Ob der gilt Teophilus, der yetzt nit anders meint, dann
er sterben miist, frölich und wol zü müt was , des gleichen
auch sein schöne fraw, da frag nieinandts nach. Dann sie
darnach mit irer getrewen magt , die dem guten jungen die
a> wunden in kopff schlagen wolt, der vergangen Sachen genüg
lachten, in irer lieb freud namen. Von tag zü tag ihr lust
sich mehrt, und was der güt Teophilus verschlaffen, er das
darnach alles wider doppel erstattet und einbracht. Aber er
wolt fürt hien, wann er durst, kein wasser mehr, sunder wein
sodrincken. [76b]
*
9 wucher A 14 gedrurcken A
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Gartengesellschaft, cap. 95—96.
381
Wie ein juuger baurenknecht, Lawel genant, sich zü
einem stummen macht und in einem closter ein gart-
ner ward, die nunnen sampt der eptissen beschlieff,
auch etlich darander schwanger macht.
• Cap. 96 (99). 5
Ein frawen closter nit weit vonn einer statt in einem
wald gelegen, von grossen wirden und heiligkeit gehalten, das
ich nit nennen will, damit ihr guter leumde unnd wirdigkeit
nit gemindert noch geschwecht werde. Darin nit mehr dann
acht nunnen sampt der eptissin waren, alle jung und frisch; W
die hätten einen guten alten man zö einem gartner. Aber
der grossen arbeit unnd kleinen lohns nit mehr zu kommen
mocht, mit dem Schaffner rechnet unnd heim zöge.
Da er von seinen bekanten , besonder von einem jungen
bauren knecht, früntlich empfangen ward, welcher nach beu- 10
rischer art ein gerad jung und hübsch mann was. Der in fragt,
wa er so lang gewesen. Der alt mann sagt, wie er so lang
bey den nunnen gedient und gewesen were. Der jung, Lawel
genant, in fragt, was sein arbeit bey den nunnen gewesen
were. Er antwort und sprach : ,Ich hab in iren gärten ge- 20
arbeit und zu zeiten mit zweyen eseln gehu holtz gefaren unnd
wasser zu irer notturfft in die kuchen getragen, auch andere
mehr bossel arbeit, wie dann iu den clostern gewonheit ist,
gethan.' Lawel in fragt: , Lieber, weistu nit, ob sie noch
kein andern haben?4 — ,Nein warlich1, sprach der alt, , aber 25
mich hat wol ir Schaffner gebetten, wann mir yemand zu hand
kern , ich solten im zuweisen. Aber ich Hess sie den [77a]
ritten haben ; es kan in niemands genüg gethon.4
Lawel sprach: ,Wie wol hastu gethon , das du von in
kommen bist! Ich ken die untrew art wol: es kan die geit- 30
sack niemands erfüllen.1 Aber darneben gedacht: ,Das würde
eben ein sach für dich werden. Kemestu hinein , du woltest
inen die gärten jätten, sie solten sein gewisslich gewar wer-
den.4 In dem von dem alten abschied.
Nun het Lawel tag und nacht kein ruh , sunder ste^
382
Martin Montanus,
nachgedencken het, wie er die sach angreiffen wolt, damit er
zft den nunnen in das closter kommen macht. Stets sorg het
das er umb seiner jugent willen nit angenomen würd ; doch
zu letst newen sinn bedacht, aller Sachen rhat zu finden. Mit
im selbst bedencken ward, das das closter ferr von dannen
und niemandts in der selben gegent noch in dem closter in
kennen solt.
»Sich annam, als ob er ein stumm wer; in betlers weis
mit einem schellin das almftsen zuheischen für das closter kam
10 und zu allem glück den schaffner in dem closter hoff stehn
fand, an den er mit deuten das almusen begert, unnd ob er
wolt, das er im das holtz uff spielt. Der schaffner gab im zu
essen , darnach zeigt er im etlich blocher, die der alt manu
nit zerspalten mögen, die hette er behend und mit wenig strai-
lö chen zerspalten. Als aber dem schaffner zu holtz zu faren
von nöten was, name er Lawel mit im ; der hette gar geschwind
also vil holtz gemacht, das die beide esel daran zü tragen
hetten, und zogen also zü haus. Der schaffner gross gefallen
ab dem stummen het, in etlich tag bey im behielt, mancherlei
20 arbeit im für gab, die er alle gar ordenlich ausrichten thet.
Eins tags sich begab, das die eptissin des closters in ge-
sehen het, den schaffner fragt, wer er wer. Der sprach:
,Fraw , er ist ein [77b] armer mann , kan nicht reden , ein
stumm und ungehörend, der iu disen tagen herein umb das
2:» aluiusen kam. Den hab ich seider zft holtz unnd andern un-
sern geschafften gebraucht. Ründt er den garten arbeiten
und wolt bey uns bleiben, ich hoff vil guter dienst von ihm
zft haben. Dann er ist jung und starck und wer uns gar füg-
lich ; man mocht ihn brauchen zft aller notturfft. So wer
so man auch on sorg der ewern jungen frawen schimpffens unnd
schertzens halben ; dann er kan nit reden noch gehören.' Die
eptissin sprach: ,Fürwar , du sagst war. Frag ihn, ober
wolt den garten arbeiten und bey uns bleiben ! Thft fleiss,
ob du in bey uns mochtest behalten , gib ihm ein par schü
."»:, und ein par hosen und thft ihm gutlieh, damit er desto lieber
bey uns bleib!' Der schaffner sprach, er mit im sein ver-
mögen thftn wolt.
Lawel nicht ferr davon was, da der schaffner mit der
Gartengesellschaft, cap. 96. 383
eptissin sein gesprach hett, beyder red und meinung wol ver-
nommen hett; des gleichen thet den hoff zü keren, sich end-
lich macht, fro und wol zü müt was, hofft, im würde gelingen.
Frölich in seim hertzen sprach : ,Nempt ir mich zu euch
hienein, ich soll euch den garten also arbeiten, das er vileicht 5
all sein tag inn solcher iuass nie gearbeit ward.1
Der Schaffner wol sähe, das er aller baurn arbeit wol
fertig was; durch deuten, so er best raocht, er ihn fragt, ob
er bei ihn bleiben wolt. Lawel, der umb anders nit darkum-
men was, mit deuten ihm antwort, er sein gefallen gern thün io
wolt. Zü hand der schaffner ihn füret, den garten zü sehen,
und ihn weiset, was sein arbeit sein solt ; darnach in anderem
geschafft des closters ausgieng, ihn allein lies. Lawel den gar-
ten sauber arbeit, bass dann kein gartner nie gethon hett.
Die jungen nunnen zü Zeiten zü ihm [78a] in den garten ka- iö
men, mit ihm begunden zü schertzen und ihr abweiss mit ihm
zü treiben, als man dann gern mit den stummen thüt; sunder
gar mit schamperen, unzüchtigen worten ihn umbtriben, nicht
meinten, das sie von im vernummen weren. Und auch die
eptissin meint, gleich als er on red wer, das er auch on ein 20
penitentzer wer; darumb sie nicht acht, was sie mit ihm
redten.
Nün eins tags, da er gar sehr gearbeit und sich darnach
gelegt hett, zwo von den jungen nunnen in den garten ka-
men nahe da bey, da er lag unnd rühet. Er die nunnen auch 25
ersehen hett und des gleichen thet, als ob er schlieff. Die
zwo nunnen ihn gar eben beschawten , doch die ein frecher
und gehertzter dann die ander; die selb anhüb, zü der ande-
ren sprach: ,Wann ich glaubt, das du verschwigen werest, so
wolt ich dir etwas sagen und dir mein meinung zü wissen so
thim. Ich hab zü mehr malen sinn gehabt, etwas mit disem
stummen zü versüchen, das dir vileicht nit minder lieben würd
dann mir.4 Die ander ihr antwort: ,Sag frolich, biss on alle
sorg! Ich soll es niemandt sagen.1
Zü handt die erst wider sprach : ,Ich waiss nicht, ob du »
als ich gemercket hast, wie wir so streng und hert gehalten
sind und zü uns herein kein mann kummen mag dann allein
unser schaffner, der ein alter mann ist, und diser stumb. Nün
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384 Martin Montanas,
hab ich offt vernummen von den weltlichen frawen , die zö
uns herein kuminen, das all süssigkeit der weit nit zü schetzen
sey gegen der süssen freud, die der mann und die frau zö beth
mit einander begehn. Darumb ich zu mehr malen hab für-
5 genummen, seittenmal ich anders mans nit gehaben mag, mich
mit disem stummen züversüchen, ob ihm also sey, als ich ver-
nutnmen hab; dann er mich darzü güt genüg dunckt, und ob
ers jemant [78b] sagen wolt, so kan ers nit thün. Du sihest
wol, er ist ein junger auffgewachssner lapp von den jaren und
io sinnen. Darumb ich dein meinung auch gern vernemmen wolt,
wes dich gedaucht.4
,0 wee4, sprach die ander, ,was sagstu? Weistu nit, das
wir gott unser reine keuscheit versprochen haben?1 — ,0\
sprach die erst, ,wie vil man im täglich verspricht und im der
15 keins helt! Haben wir im versprochen, so süch er, die ims
halten.4 Die ander sprach: JJnnd ob wir schwanger würden,
wie würde es uns ergehn?4 — ,Du hast sorg, ehe sich der
schad begibt und kommen ist. Wann sich ein solches füget,
darnach man bedencken sol, wes sich zuhalten und züthtiu sey.
20 Ich sag dir, es sind hundert guter weg und sinn, damit man
bedencken mag, so ferr mir das selbs niemand sagen.4
Die ander , die da grösser begird züversüchen dann die
erst gewan, was thiers doch der mann gesein mocht, ,Nun
wolan in dem nammen gottes4, sprach sie, ,wes begönnen wir?
25 Wie thün wir im ?l Die erst sprach : ,Du siehst wol, es ist
jetzund non zeit, unnd unsere Schwestern sollen all zö mittag
schlaffen ; doch sehen wir, ob jemand in dem garten sey ! Ist
dann niemand hinnen, was haben wir anders züthün dann La-
wel bey der band zünemmen und in in die hütten f^ren? Er
yo ist so einfeltig , das er sich schicken würt nach unserm ge-
fallen.4
Lawel, der da wachet und des gleichen thet, als ob er
schlieff t alle ihr red und gesprech vernommen hett , sich
schicket, beider willen züthün ; ine hundert jar daucht , wann
35 er in die hütten gefürt würde, aller ding bereit was.
Die frawen sich umbsahen und wol vernamen, das nie-
27 garren A 34 ine A
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GartengexellHchaft. cap 96
385
ruandt in dem garten was, der sie sehen möchte; dann sie
allein mit Lawel. Zu hand , die da der materi ursach und
[79a] anfang was, zü Lawel gieng, in auffwecket; der sich
nit säumet, auff sein füss sprang. Die jung mit einem liep-
lichen deuten oder wincken in bey der handt nara, und er mit 5
einem stillen einfeltigen lachen in die hatten gefürt ward.
Da sich Lawel nicht sehr bitten noch nöthen Hess, der nun-
nen willen mit ihrem grossen gefallen verbracht; und sie als
ein getrewe, die ihrem willen zü diser stund hette ein genü-
gen gethon , der andern ihren theyl widerfaren lies. Lawel i°
erzeigt sich gegen ihnen gar einfeltig, doch zu einer stund
beyder willen ein genügen thet; unnd wol zümüt von ihm
schieden.
Darnach gar offt zü einander sprachen, es sicher war wer,
in der weit nichts süsser wer, und das vil mehr, dann sie von 15
den weltlichen verstanden hetten. Darnach ihn fügliche zeit
namen, mit dem stummen zü schimpffen. Doch nit lang ver-
gieng , da sie mit dem stummen in freuden waren . sie von
einer ihrer Schwestern ab einem fenster gesehen Warden. Die-
selbig es anderen zweyen auch saget und weiset; und mit ein- 20
ander eins wurden , bey de sünderin gegen der eptissin zü ver-
klagen; doch sich bald änderst berieten und sich mit den
zweyen gar wol vereinten und sich Lawels süssigkeit auch
theilhafftig machten. Also die drey nunnen in kleiner zeit
mit den zweyen gesellschafft machten. 25
Und zü letst die eptissin , die eins solchen nit war ge-
nummen hette, eins tags spacieren in den garten allein ge-
gangen was, und das zü der zeit, da die hitz am grösten, und
Lawel. der nit von kleiner arbeit , so er die vergangen nacht
gethon hett, als lang er was, gestrecket under einem mandel- :«>
bäum an dem schatten und rucken ligeu und schlaffen fand.
Und der windt hette im das hembdlin fornen übersieh ge-
worffen, [79b] das das ding , das die züchtigen frawen die
nchftmm nennen, unbedeckt beliben was. Das die eptissin er-
sehen hett und sein gar eben war nam, sich allein sähe, auch 85
.sie in solchen lust und begird, als ihr nunnen gethon betten,
fiel, Lawel auffweckt unnd mit ihr in ihr kammer fürt.
Da sie ihn etlich tag mit grossem murmlen der andern
Mo&Uüiu 25
386
Martin Montanus,
nunnen hielt, darumb das der gartner den garten, mit haar
umbzeunt, so lang öde lies und nit arbeit. Aber die eptissin
ihn so lang hielt, das sie gar eben versucht und wider ver-
sucht das, das sie dann vor all wegen gescholten hett. Doch
ö nach etlichen tagen ihn wider in sein kammer schicket und
hienfür mehr dann die andern brauchet.
Des der güt Lawel nit mehr z&kumraen mocht und un-
gewont was ; darumb ihm gedencken ward, blib er lenger ein
stumb, ihm davon schaden züstehn mocht. Und eins male, da
lu er bey der eptissin was, ihm selbst die zungen loset und sein
red wider an sich nam und sprach: ,Fraw, ich hab offt ver-
numinen, wie ein han neun hennen ein genügen sey und zehen
mann einer frawen nit mögen ein genügen thün. Und ich
doch ir neun versehen möss. Solchs ich nit mehr vermag.
15 Und das ich bissher gethon hab, hat mich zü solchem bracht,
das ich weder vil noch wenig mehr mag. Darumb ihr mich
fürbass werden gehn lassen oder ander sinn fiuden, damit ich
leben mög.4
Da die eptissin La weis red hört, den sie für einen stum-
men hielt, aller erschrack und sprach: ,0 wee, was ist das!
Nun glaubt ich, du werst ein stumm.4 — ,Fraw', sprach La-
wel, ,ich binn gar wol ein stumm gewesen, aber nit von na-
tur. Sunder mir ein grosse kranckheit die red nam, die mir
in diser vergangnen nacht (gott sey lob) ist widerkummen.'
25 Das die fraw alles glaubt und [80a] ihn fürbas fragt, was das
bedeut, das er neunen gedient hett. Lawel ihr all sachen sagt,
was ihr nunnen taglich mit ihm begangen hetten. Da bey
sie wol vernam, sie kein nunnen nit hette, das sie nicht weib-
licher gethon hette dann sie. Doch Lawel von ihr nit lassen
:» wolt, also lang biss das sie mit ihren frawen rhat hett, da-
mit ihr closter und ihr guter leumat nicht geschwecht würd.
Und etlich tag darvor inen ihr alter Schaffner todt was.
Und sich aller verloffen sach mit Lawel und ihr allenthalben
mit einander vereinten und mit Lawel gross freud hetten und
35 dem volck dargegen züverstehn gaben , wie [durch] ihr de-
mutig gebett zu gott und dem heiligen, in des ehr das closter
geweihet was, Lawel, der lang zeit ein stumm gewesen was,
sein red ihm were widerkummen. Zühand ihn zö irem Schaffner
I
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Gartengesellschaft, cap. 96—97.
387
bestatten und in solcher zeit sein muhe und reitten under sich
theilten, das er sein hienfür zü guter mass wol zukam. Unnd
wiewol er viel junger nünlin machet, doch ihren handel in
solcher mass fürten, das sie nie in keinerley argem verdacht
warden. Also verschwigen blibe, dieweil die selbig eptissin 5
bey leben was.
Doch nicht lang darnach die eptissin mit todt abgieng
und starb, und Lawel nun dalest abgeritten hette, reich wider-
umb heim kam , ein alter reicher vatter seiner kinder im on
alle muh erzogen, der sein muhe und arbeit wol angelegt n>
hette, und mit einer axst über die achseln, als er in das clo-
ster kummen was, widerurab heim zohe.
Sein weib verkaufift einer den juden.
Cap. 97 (100).
[80b] Ein böser, verwegner lecker, ein baurssman, het i»
ein weib und etliche klaine kinder , der sich wol mit seiner
arbeit het erneren mögen, hett er nicht ein schelmenbein im
rucken gehapt stecken. Der selbig baur sich hinder die juden
macht und denen sein weib, die dasselbig mal sehr gros kindts
schwanger gieng unnd alle stund wartet, wann sie unser lie- 20
ber hergott entbende, zükauffen gab unnd mit inen eins ward,
das er sie solt in wald füren; daselben wolten sie sein warten.
Der baur zohe haim und sagt zü seiner frawen : ,Wolan,
du niüst morgen mit mir in wald faren, holtz holen.4 — ,Ach4,
sprach die fraw, ,du sihest wol , ich bin gross und hab auss- &>
gerechnet, wais keiü stund vor mir, wann mich unser hergott
augreifft. So wais ich wol, ich kan nicht faren, und möcht
mir leicht etwas begegnen, das mir misslünge. So werestu
hernacher schuldig dran.4 — ,Was geth das mich an1, sagt
der mann , ,du müst mit mir faren , got geb es missling dir
oder gang, wie es wöll.4 — ,Ach gott4, sprach die fraw, ,wie
will es mir ergon!4 AufF den wagen sass und mit ime dar-
vou för.
Nün für der schelmig baur hien in den wald und seltzam
umbfür. Und da er schier an das orth kam , da die juden 35
25*
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388
Martin Montan us,
waren, stig er von dem ross ab unnd sagt: ,Weib, ich bin
in dem wald verirret. Darum b bleib du auff dem wagen
sitzen ! So will ich gehn sehen, wo mein holte ligt/ — ,Ach',
sagt die fraw, ,bistu so offt in dem wald gewesen unnd waist
5 nicht, wo dein holte ligt? Gehe eylents hien unnd kum bald
wider! Dann mir ist nit recht/ Der baur gieng zü den ju-
den, zeiget den an, wo er sein weib gelassen hett unnd das
sie hiengiengen und dasselbig holten. Und die juden den
nechsten dem wagen zü lieffen, das weib mit grossem ru-[81aj
10 inor unnd geschmy ab dem wagen namen, auss zogen und an
einen bäum banden ; solche auff schneiden unnd das kindt von
ihr nemen wolten. Nun hett die fraw ein sollich gross ge-
schray, das es durch den gantzen wald erschall. Derhalb sie
ihr ein knebel ins maul banden, damit sie nicht mehr schreyen
15 kundt.
In solchem gedöss ritt ein edelman mit seinem kriecht
für den wald hien und hört die frawen so hefftig schreyen.
Zü seinem knecht sprach: ,Knecht, es gehet nicht recht zü.
Reit eylents hinein unnd besihe, was doch für ein geschrey
20 sey !' Also miteinander den wald ein sprengten unnd bald an
das ort kamen, da die juden die fraw angebunden hetten und
sie yetz auff schneiden wolten. Aber als sie den edelman hor-
ten durch den wald reitten , lieffen sie den wald hinein , als
jagt sie tausend teufel. Unnd der edelmau loset die frawen
23 von dem bäum , legt ihr die kleider wider an unnd füret
sie heim.
Aber ihr mann kam nicht mehr zü haus; sonst het er
den grindt dahinden lassen müssen.
Ein junger münch beschlafft eins bauren thochter,
au unnd sein apt warde es innen.
Cap. 98 (101).
Ein münchs closter wäre nit weit von einem dorff ge-
legen. In dem selbigen wonet ein junger münch, welcher
4 8U.
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Gartengesellschaft, cap. 97—98.
389
eines tags, als die andern münch schlieffen, zü seinem glück
oder vileicht unglück umb sein closter spacieren gieng. Da
begegnet ime ein hübschs jungs bauren meitlin, welches bey
dem closter grasen wolte. Er sprengt sie mit hitziger begird
an und Überredt das meitlin, welches one das zü solcher kurtz- 5
weil begird hette, [81b] das es mit ime in sein zell gienge.
Da spielten sie der blinden meuss mit einander.
Nön wäre der apt in solchem vom schlaff auffgestanden
unnd käme für des jungen münchs zellen, sähe zürn Schlüssel-
loch hinein, hört unnd sähe, wie der münch mit dem jungen io
meitlin schertzet. Da der apt solches sähe und hört, stunde
er in gedancken, ob er an der zellen anklopffen und besehen,
wer doch bey dem münch 3ein möchte. Nach langem be-
dencken wider in sein zellen gieng zü warten, wann der münch
die capel genügsam geweicht hette. 15
Und wiewol der münch mit dem jungen meitlin grosse
freud gehabt, doch ihn eins zwey bedaucht, wie er etwas vor
seiner zellen börete. Uffstund und sähe durch ein kleins loch-
iin den apt vor seiner zellen stehn zü horchen , ihm wol ge-
dacht, wie er alle sach vernummen und gesehen hette. Wer 20
war in grössern nöten dann der jung münch? Hien und her
gedacht, wie er solcher straff, deren er gewertig was, entrin-
nen möchte. In solchen gedancken im ein newer sinn und
gedanck einfiel ; und wie er ihm gedacht, also es ihm ergieng.
Da er sich nün der freuden mit dem meitlin genügsam ergetzt 25
hette, sprach er zü ihr: ,Liebe, lass dich nit verlangen! Ich
will lügen, wie du wider hienaus kum niest. Bleib du also hie,
biss ich wider zü dir kumb!* Also von ihr schied, zü dem
apt gieng und sprach : ,Herr, ich hab etwas nötiger geschefft
aus zü richten. Hie habt ir den Schlüssel zü meiner zellen.4 au
(Dann solchs zü thün ihr gewonheit was.) Also von dem apt
abschied.
Wer was fröer dann der apt? Wol gedacht, es muste
ihm auch ein feder von disem gänsslin werden; mit grosser
stille zü des münchs karamer gieng, die auffthet, darein gieng 35
und die bald nach ihm züspert. [82a] Da das jung meitlin
den apt kummen sähe, schamm und forcht halben anhüb zü
wainen. Der apt des schönen meitlins bald war genummen
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390
Martin Montanus,
hett; und wiewol er ein alter betagter mann was, doch nit
desto minder zugleich wie der jung münch gegen ir in fleisch-
liche begird entzündt warde. Und als bald sich zu dem nieit-
lin nahet, bey seiner handt nam, sie tröstet mit bitt, sie wolte
5 von ihrem wainen abstehn; dann ihr nichts arges widerfaren
noch züstehn solte, unnd ihme auch zü willen werden wolte.
Das meitlin, dem noch die süssigkeit, die sie vor empfangen,
eingedenck was und ir wol geschmackt hette, thet dem apt
auch sein willen. Der apt aber sein schwere wirdigkeit an-
10 sähe, legt sich under das meitlin. Als aber der apt mit dem
jungen meitlin in solchen freuden stunde, schliche der jung
münch an die thfhr und sähe, wie der apt mit dem meitlin
schertzet, und gienge darnach wider darvon. Da der apt sei-
nem willen auch ein genügen gethon , spert er die kammer
15 wider zü und gienge in sein zell.
Nit lang darnach, da der apt vernam, das der jung münch
wider zu haus kummen was, fordert er in für sich zü kuni-
tuen der meinung , ihn zü straffen und in in gefancknüss zü
legen, damit er den gewunnenen raub zü seinem willen allein
•20 behalten und besitzen mocht. Da nün der jung münch für
ihn kam, da fienge der apt an ihn mit harten worten zü straf-
fen und betrawet in dabey in das gefäncknüs zü legen. Der
jung münch ihm antwort und sprach : ,Herr , ob ich ewern
willen nit gethon hab , das lasst euch nit frembd duncken !
25 Dann ich binn in dem orden nit so lang gewesen, das ich yeg-
lichs ding besunder lehren möcht. Dann ihr habt mich noch
nit underwisen noch [82b] gelert, wie die jungen münch mit
den jungen meidtlin, wann sie zü sammen kummen, umbgehn,
ob die münch oben oder unden ligen sollen. Das ich von euch
so newlich gesehen unnd gelernt hab. Darumb bitt ich euch umb
Verzeihung; so will ich euch versprechen, das ich allzeit thün
will, wie ihr dann newlich in meiner zellen gethon habt.'
Der apt was ein gescheider fuchs, wol gedacht , das er alles,
das er mit dem jungen meitlin gethon, gesehen und gehört
«5 hett, sich mehr dann der jung münch seiner sünd schemniet
Also dem jungen münch seine sünd vergab, darbey ihme ge-
bot, was er von ihme gesehen, niemandts nichts darvon sagen
noch offnen solte.
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GartenseBellschaft. cap. 98—99.
391
Nach dem das jung meitlin widerumb hienweg schickten.
Ob es aber wider kummen, ist mir nit zu wissen.
Ein mürmch verkuplet zwey in der beicht züsamen
ohn sein wissen.
Cap. 99 (102). h
In einer statt warde ein junckfraw, von hohem stammen
und adel geboren, einem thticher, welcher reich was , on und
wider ihren willen vermahlet. Nün als der kirchgang unnd
hoch zeit ein end het, da hette der thücher vil mehr nach-
denckens, wie er seinen handel volfuren mocht, weder er ge- 10
dacht, was er zü nachts in dem beth mit seiner jungen frawen
zü thön hette. Darumb die fraw in grossem neid unnd zom
gegen dem geytzsack bewegt ward und ir fürnam, einen an-
dern büler unnd liebhaber zü erwelen, und ire lieb uff einen
jungen gesellen legt. Doch wäre dem selbigen solche lieb, so 15
die junge fraw gegen im trüg, nit zü wissen; darumb er ir
kein acht [83a] het. Nün het aber die selbig fraw warge-
nommen , das er sehr güt kundtschafft zü einem barfüsser
münch hette. Darumb die fraw gedacht, er ein güt mittel
zwischen ihr und irem bülen sein solt. 20
Uff solches sich zü dem münch verfugt, zü im sprach, ob
er sie beicht hören wolt. Der münch zü ihr sprach : ,Ja,
gern.1 Die güt fraw anhüb und sprach: ,Vatter, ich kum
zu euch umb hilff und rhat, doch nit allein der seien, sonder
auch des leibs. Nün ist einer, sicher mir unbekant, wie wol 25
er mich ein erbar mann dunckt ; bin ich änderst nit betrogen,
so wonet er vil zü euch ; ein hübscher mann, gerad von leib,
der vileicht gedenckt, das ich liebe zü ime, wie er zü mir tregt,
hab. Dann ich kan an kein fenster oder sunst weder stehn
noch gehn , das er sich mir nit under äugen stelle unnd mir #)
den weg verdret; unnd mich nimpt wunder, das er yetzund nit
hie ist. Derbalben ist mein bitt an euch, ir wollen ime solchs
undersagen, damit nit argers daraus kome/ Mit solchem von
im ab schied, sich ime in sein gebet befelhen thet. hiemit ime
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392 Martin Monianus,
ein gülden in die hand stiess. Der münch ihr zü sagt, in
diser sach das best zü thün.
Nit lang hernach der güt gesell seiner alten gewonheit
nach, welchem von solcher sach gar nichts zü wissen, zü dem
•j münch kam. Und nach mancherley red unnd gesprach der
münch mit züchtigen worten anfieng und ime anzeigt, was die
erbar fraw von ime geklagt hette. Der güt gesell, dem solche
sachen frembd, der frawen nit kaut, auch den selbigen weg
selten gieng, anhüb zü leugnen unnd sagt, das er solcher sach
to unschuldig wer. Aber der münch liess in nit zü red kommen
und sagt : ,Du mainst vileicht, icli habs von h6r sagen. Nein
freilich , sie selbst hat mirs klagt. Dar-[83b]umb lass dein
laugnen und gang der sach müssig !l Der güt gesell die sach.
auch der frawen listigkait vil bass dann der münch verstünde,
iö von dem münch abschiede und mit fleiss für der frawen haus
lieimgienge, die an einem klainen fensterlin lag und ine zü
sehen wartet, sich sehen Hess unnd sich freundtlich gegen ime
erzeiget. Darbey er wol merckt, das die sach dermassen, wie
er gedacht, geschaffen were, und füro hin täglichs der frawen
an zü gefallen vor irem haus fürgienge.
Unnd nach etlichen tagen die fraw wol vernam, das er
ir zü gefallen uff und ab gienge, und mehr dann vor gegen
im in fleischliche begird entzündt warde. Demnach wider zu
irem münch kam und abermals klagt und sagt, wie er ir zü
sö laid und schmach einen gürtel und köstlichen seckel , den sie
ime hiemit gab, mit einem alten weib zü haus geschickt hette :
darbey ine fleissig thet bitten , das er bey dem gesellen ver-
schaffen wolt, das er sie fürthien unbelestigt und unbeküm-
mert solt lassen. Hiemit von dem münch abschied , ime wi-
:;•> derumb ein gülden in die hand stiess.
Nun glaubt der münch, das solches alles war were , wie
ime die fraw anzeigt hette, zü handt nach dem güten gesellen
thet schicken, ine abermals wie vor mit rauhen worten anfüre
unnd ine umb sein misshandlung, die er mit der güten frawen
■'-> begangen het, strafft. Der güt gesel hefftig leucknet ; aber es
was dem münch umb keiuen, in summa er müsts getbon ha-
l dia.
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Garten gesell schaft, cap. 99.
393
ben, da balff nichts für. Ye letztlich gäbe im der münch den
gürtel und seckel, liesse in dar von ziehen. Nun gedachte der
gut gesel und verstände wol vil bass dann der münch, was
die glock geschlagen hette, den seckel nam, sich zü der fraweu
haus füget unnd sie [84a] den seckel sehen Hess , das er in 5
empfangen het. Wol gedacht, die sach wurde sich nach irem
willen unnd gefallen schicken, und .nichts änderst warten was,
dann wann ihr mann ausritt, damit sie das angefangen werck
zu end bringen möcht.
Darnach nit lang vergieng, das der mann seinen gescheff- 10
ten nach aus reitten niüst. Unnd da er des morgens auffge-
sessen unnd hinweg geritten, zü handt die fraw sich zu irem
munch verfugt und abermals Ober den gesellen anfieng zu
klagen unnd sagt : ,Ir solt wissen, was mir ewer guter gesel
(ich sprech schier , der teufel) heut vor tag vor metten zeit iö
gethon hat. Ich wais nit, wer ime solchs so bald , das mein
mann verritten , zü wissen gethon. Dann heut vor tag , wie
ihr vor gehört, ist er in meinen garten kommen und an einem
bäum auff zü dem fenster meiner kammer, die ob dem garten
ist, gestigen unnd das fenster meiner kammer schon geöffnet. 20
In dem ich erwacht, auffür unnd fieng an zü schreyen. Da
er mein schreyen erhört, sehr erschrack und an mich gnad
begert, unnd sagt mir, wer er wer. Da ich veraam, das ers
war, umb ewert willen ich schwig, also nackend uffstünd und
«las fenster widerumb züthet. Lieber herr, duncken euch das 2:,
hübsche Sachen sein ?l Der münch sprach : ,Ziehet heim und
sind zü friden ! Ich will bey ime verschaffen , das er solchs
nit mehr thün soll und ihr fürthien nit mehr von ihm kla-
gen sollen.1
Und von stund an nach dem güten gesellen schickt und yu
ihme die sach, was sich zwischen ihme unnd dem ungesaltze-
nen frewlin die vergangen nacht verloffen hett, der leng nach
frzalen thet und sagt, wer ime doch so bald, das ihr mann
verritten, solchs kundt gethon hett. Der güt gesell gab sich
letstlich gefangen, [34b] was hiemit den münch umb ver- 85
zeihung bitten , bey im selbst wol gedacht , die glock were
schon gössen und , was nit geschehen , noch wol geschehen
I
394 Martin Montanus,
möchte. Name hiemit Urlaub von dem müoch und scbide von
dannen.
Der güt gesell hette alle sach wol vernummen , hiemit
weg und steg erlernt. Und da die selbig nacht und metten
ö zeit kummen was , sich in der frawen garten fugt , auff ein
bäum bey dem fenster in der frawen kaminer stig. Als aber
die fraw in ersähe, sprach sie : ,Nun hab immer dauck unser
münch, der dich die weg und steg zu mir zu kummen so wol
gelert hat/ Sie beyd des münchs einfeltigkeit genug lachten
10 und des besunder frewd betten , darnach die nacht und dar-
nach vil mehr nacht der strebkatzen uff der bethziechen mit
einander zogen. Darnach den münch solcher Sachen halb un-
bekümbert liesseu ; dann sie sein zu solcher Sachen nit mehr
von noten waren.
15 Ein münch beschlafft eiin würt seiu fraw, aber der
frawen on wissend.
Cap. 100 (103).
In einem dorff nit weit von Strassburg war ein würt ge-
sessen , der hette ein zimlich hübsch weib, welcher der for-
tziehenden gesten umb ir gelt güt geschirr macht; dam nah
yederman bey ihm einkeren unnd zechen wolt. Nün begab
es sich , das in einem stättlin nahent darbey ein grosser jar-
marckt was ; und uff den selbigen abent , als am morgen der
niarckt was, vil gest von mannen und frawen bey ihm ein-
25 kerten und herberg begerten, under welchen ein münch (aber
sehr spat) auch in die herberg kam. Da nun schier yeder-
man schlaffen gangen [85a] was , klopfft der münch an der
thüren an und begert herberg. Der würt Hess in eiu , ^ab
ihm essen und drincken , als güt als eis hett, sagt ihm dar-
in) bey, er müste sich die nacht uff der banck behelffen : dann die
beth weren alle mit gesten belegt. Der münch wäre wol zu
friden und sagt: ,Ich binn fro, das ich bey den leuten binu.
Dann ich hab mich im feld irr gangen und hette mich gantz-
lich verwegen, ich müste die nacht uff dem feld bliben sein.4
35 Als aber yederman schlaffen gangen und der würt und
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Gartengesellaehaffc, cap. 99—100.
395
die würtin auch schlaffen gehn wolten , käme ihr botschafft,
wie das ihr gefattern eine weh zü einem kind were worden,
sie solte eylends zü ihr kummen. Und wiewol die würtin müd
und lieber- schlaffen gangen were, wolte sie doch solchs nicht
abschlagen , zöge also hien and befalhe dem mann das haus 5
Der würt legt sich auch schlaffen. Und als es am morgen
gegen tag ward , stunde er uff und rüstet sich zü marckt.
Dieweil aber der münch von der zeit, als er schlaffen gangen,
uff dem banck gelegen was, hette der würt erbärmd mit ihm,
hiesse ihn uffstehn und sich an sein beth legen und, biss es io
tag wfird, rügen. Der münch was fro, dann er hette noch
nit vil geschlaffen ; stunde bald uff und legt sich in des würts
beth, aber wenig gedacht, das ihm ein solch glück züstehn sult.
Da nün die würtin bey irer gefattern fertig ward, zöge
sie heim. Und dieweil sie die nacht auch nit geschlaffen hett, \b
wolte sie sich noch ein stund oder zwo schlaffen legen , zöge
sich ans und legt sich zü dem münch , wüste aber nit än-
derst , dann sie sich zü ihrem mann gelegt hette. Da der
münch der frawen gewar ward, schmückte er sich also still-
schweigend zü ihr. Da erwachte sein güter scharwechter, unnd 20
ohn ichts ge-[85b]sprochen besang er die capel einmal, zwey,
drey geschwind uff einander; dann er wäre hungerig und be-
ging, hette solch fleisch lang nit versücht. Da die würtin
also die drey mälin über macht, wie ein gans ein haberkorn,
hette eingenommen, gedacht sie bey ihr selbst : ,Wie mag das 23
/Ai gehn, das dein mann yetz so gemmelich ist? Nün ist es
doch nit sein gewonheit1 Fienge hiemit an den mann zü fra-
gen und sagt: ,Hörstus, mann, was bedeut das? Ich glaub
warlich, du habst etwann an die magt oder sunst an ein an-
dere gedacht , das du yetzt so geschwind und hurtig uff der 3u
bethziechen gewesen bist. Aber ihm sey, wie ihm wöll, so
ist es meim kätzlin und mir gleich wol bekummen. Gott ge-
segen uns das badlin !k
Da ir aber niemandts kein antwort geben wolt, fienge sie
an umb sich zü greiften , und in solchem greiffen griffe sie a>
dem münch uff den kopff. Und als sie befand, das er ein be-
schoraen kopff hett, vermeinte sie nit änderst, (dann sie nit
an den münch gedacht) dann es were der leibhafftig teufel,
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396
Martin Montan us,
fienge an umb sich zü schreyen. Und ward ein gross rumor
in dem haus, niemandts wusste, was es war; dann der münch
hett sich vor tausent teufel über das feldt darvon trolt.
Als aber der wtirt wider zü haus kam, erzalte die fraw
5 dem würt alle sach, wie es ihr mit dem gespenst gangen were :
sie besorgt, das sie vor laid und schrecken sterben muste. Als
aber der würt solchs hört, trist er sie und sagt ihr, wie es
gewisslich der münch, den er des nachts beherbergt hette, ge-
wesen were ; dann er in, als er gehn marckt gangen , in sein
10 beth heissen ligen. Da die fraw vernam , das es ein mensch
und kein gespenst gewesen, was sie wol zü friden, batte den
mann, er solts ihr nit für übel haben; [86a] dann es ihr un-
wissend geschehen were. Der würt sagt : , Wolan , zü be-
schehenen dingen , die nit wider zü bringen sind , soll man
15 das best reden. Es sey dir verzigen ; dann die schuld mehr
mein dann dein gewesen. Aber warlich, hett ich den münch,
ich wolt ihm der arbeit lohnen , er solt sein gewisslich nit
lachen.4
Aber ich kan gedencken, das der münch darnach nit mehr
'ju sey kumnien ; es were sein sunst übel gewart worden, er müste
die baderfart thewr genüg bezalt haben.
Von einem pfaffen, maier, seinem weib und farenden
schüler.
Cap. 101 (104).
'£> Ein maier hoff wäre nit weit von einer statt gelegen.
Der selbig maier bette ein jung, gerad, stoltz weib, welche
den pflüg zü beth auch gar wol füren kunt Nun wäre in
der selbigen stat, bey dem maier hoff gelegen, ein junger fre-
cher pfaff, pfarher zü sanct Brictius ; der selbig machte kundt-
:w schafft zü dem maier. Im wol gedacht , wann er des man-
luild unnd freundtschafft hette , so wolte er der frawen buM
und freundtschafft auch bald bekommen unnd zü seinem willen
bringen, wie dann auch geschähe. Nün hette der maier disen
brauch, wann er in die stat kam, so söffe er sich boden voller
Söweins, käme auch nit heim, es were dann finster nacht, wie
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Gartengesellschaft, cap. 100 — 101.
397
man dann der selbigen bawren noch vil findt. Wann dann
der pfaff den maier in der stat ersähe, verfügt er sich schnell
auff den maier hoff, besang der maierin die Capellen und gab
ir eins, sie het zwey dar für genomen.
Eins mals begab es sich , als der maier abermals in die »
stat gefaren unnd der pfaff in gesehen het, vermeint er, er
würde aber [86b] seiner alten gewonheit nach vor nacht nicht
heim kommen. Da machte er sich auff unnd dem maier hoff
zu, überzog die maierin geschwind ein mal, zwey, drey auff
einander, dann er hungerig und begirig was. Darnach sassen 10
sie züsamen , zechten und waren leichtsinnig, vermeinten nit,
das der maier so bald zu haus kommen solt. Als sie aber
also bey einander sitzen , kompt ein armer schüler , singt vor
der thür und begert etwas umb gots willen. Die maierin sagt
zu dem pfaffen : ,Ich will ihn herein lassen, so zecht er auch IS
mit ; es mochte auch noch etwan ein frommer priester aus im
werden.4 Der pfaff sagt : ,Ach liebe, lass in daussen and gib
im etwas für die thur! Er mochte sunst gedencken, was wir
/.wey also eynig mit einander zü thün betten.4 Die fraw
>l>rach : ,Was wolt er gedencken ? Er ist ein junger einfei- JW
tiger knab. Ich will ihn herein lassen.4 Also gesprochen und
tfethon ein ding war.
Als sie aber im besten zechen waren , kompt der maier
zürn hoff herein, findt die haus thür beschlossen, klopfft an
unnd begert hinein. Wer war in grössern ängsten weder der 20
pfaff unnd die fraw? Sie het aber gar behend ein list er-
dacht, wie ihr dann hören werden. Uff den selbigen morgen
hette die fraw ein bauch aus gewaschen und die bauch bütten
zu irem glück in die stuben nit weit von der thüren gestelt.
Darunder sie den pfaffen verbergen thet, gieng schnell hinaus, 80
thete dem mann die thur uff, empfieng in freundtiich und
>agt: , Hette ich gewisst, das du so bald kommen werest, ich
wolte dein mit dem essen gewart unnd lenger verzogen haben.
Aber du findest dannocht noch dein theil.4 Mit dem beyde in
die stuben gi engen. &>
Da er in die stuben kam, fände er den schüler am tisch
*
13 hey
398
Martin Montanus,
[87a] sitzen, fragt, wie er herein kommen oder was sein ge-
schefft were. Er antwort unnd sprach, er were ein farender
schüler unnd keine aus fraw Venus berg , were für den hoff
kommen das almüsen zu heischen, da hette in die fraw herein
5 gelassen, das morgen mal mit ihr zü essen. Der maier fragt
in weiter, wie es in fraw Venus berg stunde, ob der Danheuser
noch lebte unnd ob er auch etwas mit der schwartzen kunst
kfindte. Der schuler sagt, ja, er künte sehr wol darniit, unnd
so er im etwas schencken, so wolte er den teufel [beschweren).
io welcher kurtz verschinen tagen in den hoff kommen und im*
ohn sein wissen vil laids zü gefugt ; und zü besorgen , wo er
nit beschworen würd , noch weyters thün würde. Der pfafl
sass under der bütten und war in tausent lästeu, besorget, wo
er in verrhaten, so würde er vom maier todt geschlagen. Als
iö nun der maier solches gehört, sagt er: ,Wolan, ist im dann,
wie du gesagt hast, so beschwer den teufel, das er nit wider
herein kom, hinaus! So will ich dir zehen gülden schencken.1
Der schüler sagt weiter, er müste zu solchem beschweren goldt
und silber in der handt haben. Da das der maier hört, gab
2<> er im ein goldt gülden unnd ein thaler in die handt.
Als er nün das gelt in der handt het, name er ein kreyd.
machte vil seltzamer creutz und charact^res uff den tisch, a»
die erd, an die wänd, an die stuben thür und uff die bütt.
darunder der pfaff sass, fragte den pfaffeu hiemit in latin, wa>
25 er im schencken wolt; so wolte er im darvon heißen. Der
pfaff fienge under der bütten an zü reden mit einer grausamen
stim, verhiesse im auch zehen gülden zügeben, sagte im hie-
mit, das er in der statt daheimen und pfarher zü sanct Bric-
tius were. Als aber [87b] der maier den pfaffen under der
:»» bütten reden bort, vermeinte er nit änderst, dann es Wen-
der lebendig teufel, machte vil creutz für sich, batte den schü-
ler sorg zu haben, damit niemandts an dem leben geschedigt
würd. Der schüler sprach, er solte on sorg sein, er wisst*-
wol mit der Sachen umb zü gehn.
Uff solchs sagte der schüler weiter züm pfaffen, yetz wolw
er hienaus gehn und die haussthür weit uff sperren , darnach
wider hienein in die stuben gehn , die bütten allgemach lieb
der stubenthür zü rucken und als dann ihn mit der bütten
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Gartengesellschaft, cap. 101 — 102.
399
zür stubenthur hienaus stossen und die thür zu thun. da solte
er sich darvon packen. Der pfaff gab aber mit grausammer
stimm antwort und sprach, er solte der sach also nach klim-
men. Uff solches gienge der schäler hienaus, thete die haus-
thur auff , gienge wider inn die st üben, machte abermals wie s
vor vil seltzams gauckel wercks, ruckte hiemit die bütten der
thuren zu , stiess sie sampt dem pfaffen hienaus , schlug die
thür zü und sagt: ,Far aus, du böser geist, und lass dich
f ürthien den mayer nit mehr hinn finden ! Änderst es würt
dein übel gewart werden.1 Hiemit lieffe der pfaff für tausent io
teufel der statt zü. Als aber der mayer den pfaffen ein wenig
erblickt, sagt er: ,Pfuch dich, du schantlicher teufel, wie
sichstu dem pfarrhern zu sauet Briccius so gleich ! Und wann
ich ihn heut am morgen nit in der statt gesehen , hett ich
gantzlich vermeint, du werests. Aber gott sey lob , das der Ii
schantlich teufel hienweg ist !' Gab hiemit dem farenden Schü-
ler sein verheissen gelt und liess ihn darvon ziehen.
Ob aber der teufel darnach wider uff den hoff kummen,
waiss ich nit; dann ich nit so laug da bliben. [88a]
Ein pfaff* beschlatft eins bäum weib, gibt ihr seinen 20
chorrock zü pfand, betreugt sie darnach, das er ihm
wider würt.
Cap. 102 (105).
In einem dorff, nit weit von Strassburg gelegen, wont
ein junger gerader pfaff, ohn mass redlich in der jungen frawen £>
dienst. Und wiewol er nit hoch gelert, doch den so n tag gar
mit vil hey ligen worten under der linden seinen pfarrkindern
predigt, besunder den weibern und jungen döchtern, wann die
banren nit zugegen waren. Er trüg den weibern auch den
weihbrunnen und kertzlin heim, damit sie nit weit darnach ao
gehn dorfften, damit ihnen sein heiigen segen mittheilt. Nün
begab sich, das er ihme vor den andern weibern eins schlech-
ten bauren weib zü einem bülen erweit, die gar ein fründt-
liche metz was, die den pflüg zü beth bass füren kundt dann
keine ihrer nachbeurin. Und wann er sie am sontag in der Jö
400
Martin Montanua,
kirchen ersähe, er ir zu lieb ein Kirie oder Sanctus zö gleich
wie der esel quintiert.
Auff ein zeit sähe der gut domine ihren mann zu marckt
faren^ihm gedacht, er die frawen allein daheim finden würde,
5 wie dann auch beschahe. Verfügt sich schnell in das haus,
die^frawen allein fände, grusst sie und umbfieng sie fründt-
lich, batt sie hierait, seinen willen zu thön und ihn nit also
sterben lassen. Die fraw sähe ihn an, lacht und sprach : ,Ey
herr,Xwas thü ich euch dann ?4 Der pfaff sprach : ,Du thüst
10 mir nichts. Aber warurab lastu mich dir nit thön, das ich
will?4 Da sprach sie: ,Ey nün gehn zürn hencker! Thun
die pfaffen auch also?4 Der pfaff sprach: ,Ja freylich und
vil bass [88b] dann die andern mann. Unnd lastu mich ma-
chen, dir soll dein hertz lachen.4 — ,Nün , was göts mocht
k» mir dann von euch beschehen ? Ihr pfaffen sind alle karge
hund.4 Der pfaff sprach: ,Was gefalt dir? Ein par schüh,
ein hübschs schleyerlin, ein seckel, oder was gefalt dir? Das
binn ich bereit dir zu kauffen.4
Die fraw sprach : ,Des hab ich vorhin genüg. Aber so
ihr mir ye zö dienen begert, so wisst, das ich etlich meiner klei-
der~under die juden umb fünff pfundt versetzt. So ihr mir
die fünff pfundt fürsetzen und leihen wÖllen, binn ich bereit
ewern willen zö thön.4 — Warlich, fraw4, sagt der pfaff, ,uff
diss mal hab ich nit so vil bey mir; aber in dreyen tagen
2.» solt ihrs gewiss haben.4 — ,Ja4, sprach die fraw, ,ihr pfaffen
sind alle gross verheisser, aber kleine leyster. Habt ihr des
gelts nit bey euch, so geht darnach! Ich mein, ihr wolt mir
gern thön, wie ihr meiner nachbeurin, Wintzenlawels frawen,
gethon habt. Die habt ihr auch zö einer hören gemacht, nnd
:« laufft yetz mit andern thörin im land umb. Nein bey gott,
solche narrin solt ihr bey mir nit finden.4 — ,Ach nein, hertx
lieb, mach mich nit heim gehn! Wir zwey sind yetzt allein.
Wer waisst, wann es uns mehr mocht so güt werden !k Die
fraw sprach: ,Ich ker mich nit an ewer falsch geschwetz.
->W61t ir nit gehn, so steht!4
Da der pfaff sähe, das die fraw nit geschickt was seinen
willen zö thön, sie bette dann zövor die fünff pfundt, sagt er
zöjihr: ,Seitenmal du mir nit glauben wilt, das ich dir das
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Gartengesellachaft. cap. 102.
401
gelt bring, so nim hien meinen korrock zü pfandt !l Da das
die fraw vernain, ihr angesicht auffricbt und sprach : ,Was ist
der korrock wo] werdt?' Der pfaff sprach : ,Es ist noch nit
vil Ober vierzehen tag, das ich zü Strassburg siben pfundt
darfur bezalt; unnd sagt der [89a] pfarrherr von Gugenheim, ö
ich hett ihn wolfeil kauftV — ,Das hett ich nit glaubt', sprach
die fraw , ,aber ich will in vor haben , ehe ihr mir das böss
ding thün.4 Der pfaff, der das armbrust gespannen hett, der
frawen den korrock bald züstelt, den sie bald in ein kist be-
scliloss. Darnach sich beyde zusammen legten , und der pfaff io
sie geschwind ein mal oder vier kutteniert, Hess sie unver-
bunden ligen und zohe darvon.
Nün der pfaff das übel , das er gethon hett , bedencken
ward , und das er on den korrock nichts ausrichten kundt,
bald einen geschwinden list erdacht, schickt seinen schüler zu 15
der frawen, sie solte ihm ihren mürselstein (aber nit den, da
er gesterigs tags innen gestossen) leyhen; er hette etwas darinn
zu stossen, er wolten ir bald wider schicken. Die fraw thet,
wie der pfaff begert, wenig gedacht, waruff der pfaff das thet
oder mit was finantzen er umbgieng. sw
Da nun der pfaff vernummen hett, das der frawen mann
heimkummen, zu tisch sassen und assen, den mürsel bey sei-
nem schüler wider heim schicket, ihr danckt und hiemit sa-
gen liess, das sie ihm den korrock, den er ir zü pfand und
gedechtnüs des mürsels halb gelassen het , widerumb heim £
schicken wolt. Der schüler thet, wie ihm der pfaff befolhen
hett, den mürsel nam, der frawen heim trüg, neben sich uff
den banck setzt. Da die fraw vernam, das der pfaff den kor-
rock forderen liess, willen hett zü antworten, wie dann wol
billich gewesen, aber schwig und in sich schluckt. Da der so
mann solche red von dem schüler vernummen hett, sie gar
saur ansähe und sprach : ,Und du nimst vom herren pfand,
den mürselstein zü leyhen ? Ich schwer bey meiner trew,
schont ich mein selbst nit, ich main, ich wolt dich zürichten,
du zernichter sack. Geh [89b] bald hien und gib im den korrock ! 83
Das ist die ehr, die du mir anthüst? Das dich das zipperliri
todt! Und gedenck, was er fürthien an dich begert, das du
nit nein sprechst! Ihm soll nichts in unserm haus versagt mmii.4
Montanu* 26
402
Martin Montanus,
Die fraw raurmlen gieng, dein schüler den korrock gab,
zü ihm sprach: ,Sag deim herren, ich wolle im meinen mür-
sel nit mehr leyhen, darinn zü stossen. Also schon hat er
dtirmit gethon , das ims got vergeh. Ich wils im nimmer
ö mehr vergessen.4 Der schüler mit dem korrock zü haus gieng,
sagt seim herreu, was die fraw gesagt hett. Dam ff sagt der
pfaff zürn schüler : ,Wann du sie mehr siehst, so sag ihr von
meinet wegen, leicht sie mir ihren mürsel nit, leihe ich ihr
meinen stempffel nit; also eins gegen dem andern abgieng.4
10 Also die fraw ihrer geitigkeit betrogen ward und dem
pfarrherrn die red biss in rüben herbst vorhielt. Da wurden
sie bey dem süssen most der Sachen wider eins und spielten
darnach offt der blinden meuss mit einander. Der pfafF kaufft
ihr für die fünff pfundt uff der kürweyhe, nemlich ein Spiegel;
15 damit sie wol content und zü friden was.
Von einem pfaffen, der den zehenden von den eh-
weibern haben wolt.
Cap. 103 (106).
In einem dorff wonet ein junger frecher pfaff, welcher
20 mehr einem büben und lecker weder einem frommen priester zü
vergleichen was; derselbig machte vil frommer weiber in der
beicht zü hüren. Dann wann ein hübsche beurin kam , die
im gefiel , fragt er sie alwegen , ob sie auch iren zehenden,
den sie ime, dem pfarhern, zü geben schuldig, recht verrichten
25 thet. Nün die güten frawen, [90a] die solche frag unnd des
büben meinung nit verstünden, sagten, sie wissten nichts, das
sie ime weiter zü zehendeu schuldig weren. Darauff der pfaff
alwegen sagt, sie weren ime den nacht zehendeu schuldig;
dann als offt ire mann neun mal über Kein füren, so gebürte
% ime das zehend mal zü faren. Ach gott, welche dann one das
solchen zehenden zü geben gütwillig was, die litte sich recht
umb gots willen, damit der pfaff nit über sie zü clagen het
Als er aber solche büben stuck ein zeit lang getriben het,
begab sich uff ein zeit, das ein junge beurin, die erst ein halb
35 jar in der ehe gewesen, ir sünd zü beichten und zü clagen zü
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Gartengesellschaft, cap. 102 — 103
403
im kam. Under anderm befragt er sie auch wie die andern
des zehendes halben, beredt sie, das sie ime auch den zehen-
den aus dem understen harigen fass widerfaren Hess. Unnd
triben solchs also lang, das den mann der frawen langes aus-
bleiben verdriessen ward. Nun, als die fraw heim kam, fragt 5
er sie, wo sie so lang gewesen und ob sie so lang gebeicht
het. Die fraw fienge an, erzelte im alle ding nach der leng,
was sich zwischen ir und dem pfaffen des zehendes halb ver-
loffen het. Der mann nam sich der sach nichts an , schwig
still , aber bey im selbst gedacht , er wolt dem pfaffen sein io
verdienten lohn darumb geben.
Und über acht tag Hess er ein güt malzeit zü bereiten,
lüde den pfaffen sampt andern guten gesellen (damit er kundt-
schafft haben unnd die sach lautbrechtig würd) zu gast unnd
liesse mitler zeit sein fraw in einen hafen (mit züchten zu re- 15
den) scheissen und seichen , rurts wol durch einander , liess
also ein tag oder zwen stehn, deckts beheb zü, damit der güt
geruch nit heraus gieng.
Als nün der sontag komen , da zohe mein güter [90b]
pfaff sampt den andern gesten daher, vermeint, er were gar 20
wol mit dem bauren dran, wüsste aber nit, was ime für ein
guter malfasier zü bereit was. Nün hette der baur den dranck
in ein httbschs verdeckts käntlin neben sich in das kelt wasser
gestelt; unnd als in zeit daucht, nam er das käntlin , satzts
dem pfaffen für unnd sagt: ,Herr pfarher, drinckt auch ein 25
mal! Dann wann man lang isst, so müss man auch darzü
drincken/ Der pfaff name das käntlin, thets uff, schmäckt
daran uud sprach: ,Pfuch, der wein stinckt und schimlet.1
Der baur sagt: ,Wie, pfaff, schmäckt er dir nit? Er kompt
doch aus dem fass, da du den zehenden von genommen hast, so
Du müst in aus sauffen, unnd soltestu daran erworgen.4 Der
pfaff legt die händ zü samen, thet umb gnad und Verzeihung
bitten ; aber hie was weniger gnad dann in der hellen. Der
baur sagt widerumb: ,Sihestu, pfaff, du müst den dreck heruss
sauffen oder du müst sterben.1 Name hieinit sein Schwert, 83
welches er vor zü weg gelegt, zü beyden händen, stünde also
*
25 p fafien 36 hnnrien
26 *
404
Martin Montamis,
mit blossem schwert für den pfafFen unnd sagt: ,Sauff in
tausent teufel namen, das dich botz fünff zehen wochen sehend,
in schelmen hinein!' Da der pfaff des bauren ernst, und das
er übermannt, sähe, satzte er das käntlin an den mund, thet
5 die äugen zü unnd das maul auff, söffe also einen teufel mit
dem andern heraus und macht sich schnell zürn haus unnd
dorff hinaus.
Ich glaub, hetten in die bauren ergriffen, sie würden ime
den zehenden geben, ja gewiss gar zu todt geschlagen haben;
10 das were auch sein rechter und verdienter lohn gewesen. Also
vil güts kompt aus der ohren beicht. [91a]
Eiu stationierer zeigt dem volck kolen für heiltumb.
Cap. 104 (107).
Eine kleine stat nit weit von Florentz uff einem berg
15 gelegen, Certal genant. Umb die selbig stat wechst vil guter
waid, darumb vil vich, besunder schwein da gezogen werden.
Umb des willen käme järlichs ein münch Anthonier Ordens,
lnünch Zwyfel genant, das almüsen der schwein einzüsamlen,
welcher gar schimpffig und kurtzweilig mit reden was, also das
20 yederman gern bey im was.
Nun was münch Zweyfels gewonheit, alweg im äugst
dahien zü komen. Und uff einen sontag begab es sich, das
er auff den predig stül trat, das volck ermant, das sie ihr
almüsen dem lieben herren sanet Anthonien rewlich mit they-
25 len wolten, uff das er inen ihr vich wolte behüten ; so wolte
er sampt seinen mit brudern (wann sie hinder inen stunden)
gott trewlich für sie bitten. Thet inen hiemit befelhen, nach
mittag wider zu komen, so wolte er inen ein wirdig predig
thün und auch das creutz zü küssen geben. Zeigt inen dar-
uo neben an, er wolte inen ein wirdig heiltumb zeygen, nämlich
ein feder von dem ertzengel sanet Gabriel, welche er zü Na-
zaret, als er Maria den grüss bracht, in der kämm er fallen
lassen ; die er kurtzlich selbst mit ime über mehr bracht bette.
Damit sein red uff diss mal endet.
Nün het sich zü getragen, das zwen junge gesellen genüg
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Gartengeaellschaft, cap. 103—104.
405
listig in die kirchen kummen waren, des münchs red wol war
genumnien hetten , die beyde seine güte fründ und günner
waren. Ihnen furnamen, dem münch ein schalckheit zü thön;
dann sie wol wissten, das er des selbigen tags bey einem sei-
nem guten freund [91b] zö morgen essen würde. Und als 5
niünch Zweyfel zu tisch gangen war, die zwen sich in die
herberg verfügten mit disem bescbeidt , der ein solte mit des
münchs knecht ein gespräch halten, so solte der ander mitler
weil die feder aus dem wotsack nemmen und ihm kolen an
die statt legen. Und wie sie die sach berhatscblagten , also 10
gerieth es ihnen auch.
Als nun yederman gessen hette, das gut einfeltig volck,
beyde von mannen und frawen , mit häuften der kirchen zü
eylten, münch Zweyfels heilthumb zö sehen. Da nün münch
Zweyfel auch gessen hette , seinen knecht nach dem wotsack i'o
schickt, uff die cantzel kam , die offen beicht dem volck für-
sprach , anhub zü predigen. Und mit vil umbschweiffenden
worten er zü letst das kästlin öffnet , das seyden thüchlin,
darinn er die feder zü finden vermeint , herfür zohe , kolen
dariun fand, sehr erschrack. Doch ihm gleich zufiel, das es au
die zwen seine gesellen gethon hetten, die dazumal sich auch
in die kirchen verfügt, zü sehen, zü was end der münch mit
den kolen kummen wolt.
Als aber er, der münch, der kolen ansichtig ward, mit
frölichem gemüt und hertzen anhub und sprach : ,Nün sey 20
gott der allmechtig gelobt, das er mir heut so grosse gnad
und beystandt gethon hat, das ich seine grosse wunderthaten
verkündigen soll. Lieben freund, ihr solt wissen, da ich noch
jung war, warde ich über mehr in ein kloster sanct Antho-
nius orden zü dem apt geschickt, sein heilthumb zü besieh- 30
tigen unnd mir dessen ein copey und abschrifft mit zütheilen.
Der zeigt mir solch heylthumb, wie ihr hören werden: erst-
lich ein finger und ripp vom heyligen geist; darnach ein schopff
des hars des Seraphin, der sanct Francisco erschein ; mehr ein
kleydt des [92a] heiigen Credo und etliche flammen des sterns, 35
der den heyligen drey konigen in Orient erschinen ist; weiter
ein glesslin des schweiss sanct Michaels, den er vergoss , als
er mit dem teufel gestritten hat; item mehr ein zau von dem
40(5
Martin Montanus.
heiligen creutz und ein angster foll glocken thon des teuipel
Salomonis; auch damit ein feder von dem engel Gabriel, welche
ich mit mir herauss bracht hab, und ein holtz schuh von sanct
Gerhart. Mehr gab mir der selbig würdig apt von den koleu,
'■> daran ff sanct Lorentz zu Rom geröst ward, und noch vil mehr
heilthumb, welches alles zü erzalen zü lang wer. Damit ich
aber euch zü verstehn geb, wie es sich mit der federn und
den kolen zugetragen hat, solt ihr wissen, das da heymen in
sanct Anthonius cioster in der sacrastey die zwey ledlin mit
10 der federn und kolen neben einander gestanden sind und durch
Schickung gottes , dieweil es morgen sanct Lorentzen tag ist,
mir das ledlin mit den kolen in die hand kommen.* Mit dem
das ledlin mit den kolen hoch embor auffhüb unnd mit heller
stimm anfieng zü singen das responsorium , welches man auff
15 sanct Lorentzen tag pflegt zü singen. Mit dem zü dem altar
gieng, das volck mit den kolen zü bestreichen, zü latin sagt:
,Mundus vult decipi1, das ist zü teutsch gesagt: ,Die weit
will betrogen sein.1 Darmit das volck gar rewlich mehr dann
vor ye opffert, den frawen aber ihre weisse Schleyer mit deu
20 kolen gar wol besudlet ; dann er ihnen gar grosse creutz dar-
auff macht.
Die zwen gesellen, die münch Zweyfel die bossheit gethon
hetten, kundten sich des geschwinden lists und lugen nicht
genüg verwundern. Unnd als das volck verloffen war, giengen
25 sie zü dem münch, erzalten ihm alle Handlung, [92b] was sich
der federn und kolen halb zwischen ihnen verloffen hett; ihme
die feder wider gaben, die ihme das ander jar nit minder dann
die kolen dienstlich waren. Darnach mit dem münch zechten
und frölich waren.
tjo Von einer müllerin , wie sie ein thümherren betrog.
Cap. 105 (108).
In einem dorff sass ein müllerin nicht weit von einer stat.
deren namen unvonnöten zümelden, die etlich hüner, entteo.
schwein unnd ander schmal vich zöge, mit dem sie offtermals
35 gehn marckt gieng und sie verkaufft.
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Gartengesellschaft, cap. 104 — 105.
407
Und eins tags kam sie abermals mit etlichen nennen für
das miin8ter in die stat nnnd bot sie fail. Zil allem glück
oder zu seinem Unglück geht ein thümherr herauss. Der sie
ersähe, zu ihr gieng unnd sie fraget, wie sie die hünlin geb
oder ob sie fail weren, so solt sies ime haim tragen, so wolt 0
er ihr das gelt geben. Vermaint, wann er sie heim zu hauss
brächt, so wolt er mehr und anders dann die hiiner von ihr
haben. Die fraw dacht : ,Das würt ein rechter gesell für
mich sein. Es betriegen mich dann all mein sinn, so hab ich
ein vogel bey der nasen gefangen. Wolan, ich will ime geben 10
des, so er suchen geht.1 Dem thümherren die hunlin haim
trüg unnd wartet, wann er ihr das gelt geben wolt.
Der thümher gab ir das gelt, darneben mit ihr von aben-
theurlichen Sachen redet, die pfaffen nit wol anstehn. Welcher
red das frewlin lacheu ward und sprach, sie were weltlich, so 10
were er gaistlich; so würd sich die sach nit wol schicken.
Zu dem allem hett sie irem mann trew unnd freundtschafft
verbeissen, die müsst sie im laisten; er mochte wol hein [93a]
gehn unnd in bitten; wann ers ihr erlaupt, so wolt sie es
gern thün. — , Wolan4, sprach der pfaff, ,so saget mir, wie au
ir heisst, damit ich ewerm mann umb euch schreyben kau !k
,0 ehrwürdiger her, ich haiss fraw Esslerinne. Dann da er
mich erst natu, wäre er so arm, das er kein knecht vermocht;
da müst ich im die seck vom wagen in die müle tragen und
wider von der müle auff den wagen. Darum b heisst er mich 2.",
biilich unnd recht also.' Mit solchen worten von dem erbarn
herren schied.
Nün es stund nicht gar lange zeit an, der pfaff die inul-
lerin haben wolt, bald sein knecht in die mulen schickt und
ime umb sein fraw Esslerin bitten Hess. Den müller sehr ao
wunder nam, was doch der pfaff mit dem esel thftn wolt, sprach
zürn knecht : ,Geh hinab in den stall ! Da würstu vier esel
finden. Under denen nim, welcher dir gefalt, unnd bring mir
in auch bald wider!4 Der knecht gieng in stall und nam den
grossen alten esel , setzt sich darauff und ritt haim. Als er 85
aber durch das uiünster ritt, drabet der esel so hart , das es
3 unglüch ^^^^^
408
Martin Montanus,
der herr , der zü derselbigen zeit geschetft hett , erhört unnd
meinet, es wer die müllerin ; dann sie gewonet was auff holtz-
schuchen zu gohn. Von stundan ein botten zürn knecht schicket,
das er gedächte unnd sein fraw Esslerinne mit guter speys
5 und wein, dessgleichen gutem confect wol versorgte; darnach
solt er sie im in sein schlaffkammer füren. Der knecht gieng
hien in die kuchen, hiess im das best geben, dann es der herr
bevolhen hett Dasselbig asse er und gab dem esel hew ; dar-
nach fürt er ine in die kammer, band im alle viere zu samen
10 und legt in ins pfaffen beth. Darnach hienauff in die stuben
gieng unnd zü dem herrn sagt, wie er alle ding, nach dem
er in gehaissen, volbracht [93b] hett.
Der herr seine geschefft mit den gesten bald auff ein orth
fertigt und hinab in die kammer gieng, sich ausszog unnd
15 mit seiner lieben frawen anfieng zü schertzen. Ach gott , da
lag der esel und schnarchlet (Iberlaut. Noch maint der dorvcht
pfaff, es were die fraw, sich zu ihr nunder legt, sie angriff
und des grevffen sovil macht, das er dem esel an die eysen
kam. Erst fiel es ime zft, das ine die fraw betrogen hett:
20 seim knecht bald rüfft , er solte im den esell eylents dannen
thün; sonst, so man es innen würd, möcht man ine verbren-
nen. Und über den esel der massen so zornig ward , das er
in erstach.
Da hett er erst das habermüss verschüt; yederman ine
25 den eselstecher nennet. Gern hundert gülden geben hett, das
er den esel lebendig gelassen hett. Es wäre aber vergebens,
unnd er fürt hien von gespot wegen der leut nicht dorfft frö-
lich über die gassen gon. Von diser geschieht ist das lied
gemacht :
90 Ich waiss mir ein stoltae müllerin.
Sie daucht sich hüpsch und klftg.
Ein pfaff verleurt sein buppenhan.
Cap. 10G (109).
In einem dorff sass ein pfaff, dem kein büberey mit wey-
Söbern züvil was, wie schier aller pfaffen gewonheit ist. Der
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Gartengesellachaft, cap. 105—106.
400
selbig pfaff under andern weibern, so er an ime hangen hett,
ein reiche beurin bölet. Unnd des nachts kam er allwegen
zü ihr für das fensterlin , wann sie beim monschein spanne,
und schwetzet mit ihr. So lag dann der baur auff einem bret
hinder dem ofen und het ein alte lauten , darauff ratzet er ö
für die lange weil, und damit kundt er nicht hören, wer mit
der frawen redet. Wann [94a] daun die fraw zeit daucht,
hiess sie den mann schlaffen gehn und Hesse den pfaffen zü
ihr hienein.
Nun was aber ein junger gesell im dorff, der wust wol, 10
das der pfaff des bauren fraw bület. Derhalb zürn bauren
ging und sprach: ,Baur, wölt ir mir ewern hoff geben, so wil
ich euch dienen, biss ewer fraw weder teutsch noch welsch
kau und dannocht noch bey frischem gesundem leben sein
muss fc — ,Gottl, gedacht der baur, ,du müst mir lang dienen, lö
biss mein fraw weder teutsch noch welsch kan.' Zum knecht
sprach : ,Wolan, es sey ime also. Wann du mir dienst, biss
mein beurin weder teutsch noch welsch kan , so will ich dir
mein hoff für eygen geben und den kauff vor redlichen leuten
beschliessen.4 90
Nön der knecht stund in dienst und fieng an zü dienen.
Und als er yetz ein Zeitlang gedienet hette, begab sich eins
tags , das des bauren fraw abermals den pfaffen bescheiden
hett. Zum bauren, seinem meister, sprach: , Meister, geht
heint die nacht nicht on ewer fraw schlaffen ! Dann sie hatt 20
den pfaffen zü ihr bescheiden.1 — ,Lst güt\ sprach der baur,
Jass nör mich machen!1 Und als man zü nacht gessen hett,
nam der baur sein lautten und legt sich auff das brett hinder
dem ofen unnd fing an zü schlagen. ,Ey4 , sagt die beurin,
.du darffst mein nicht warten. Geh nür hien schlaffen ! Ich 30
will noch ein stund oder zwo beim monschein spinnen, damit
wir auch leinwath überkummen.4 — ,Nein warlich4, sprach
der baur, ,ich thü es nicht. Du müst gehn , gott geb , wie
sawr du darzü sihest.4 Die fraw sich weret, als hefftig sie
kundt ; aber es halff sie nichts, sunder mit dem mann schlaffen 85
gehn müst.
Und als die fraw schlaffen kam, der knecht ein Schleyer
nam, den umband unnd sich mit der kunckel an das fenster,
410
Martin Montanus,
da [94b] die fraw gewon was mit dem pfatfen zft sch wetzen,
setzet und des pfati'eu wartet. Über ein kleine weil kam der
pfaff' und fieng an mit dem knecht, den er meinet die beurin
sein, zü schwetzen. Und da den knecht zeit daucht, anhüb
und sprach: ,Mein lieber herr, ich kan heint nicht zu euch
kummen; dann mein mann ligt hinder dem ofen und scblafft.
Aber gebt mir den ewern ! So ist es eben als genüg, als
wert ihr selbst bey mir.1 Der pfaff sein pupenhan, der eben
zur selben zeit wol gerüst stund , züm fenster hienein bott,
10 den ime der knecht von stundan mit einem messer herab-
schnitt. Ach gott, ach gott, der güt herr sein etcetera bundt-
schüh verloren hette, traurig heimzöge; dargegen der knecht
frölich warde.
Und als es am morgen tag warde, kam der beurin für,
i:, wie der pfarrherr krauck were. Derhalb sie ein hünlin zu-
setzet und züm mann sprach: ,Ich will gehn sehen, was unser
herr pfarrherr thüt, und hab ihm ein hünlin kochet.* AU
nun das hünlin kochet was, gieng sie wieder hienein unnd
saget: ,Wolan, ich will gehn. Und bleib du dieweil daheim!'
t*o Dieweil aber die fraw in der stuben was, ging der knecht in
die küchen und nam das hunliu aus dem hafen und legt des
pfarrhers armütlin, welches er ihme abgeschnitten, darein, fräs?
das hünlin und lies dises ligen.
Nün die fraw den hafen nam und nicht wider zum hün-
2t, lin luget, sunder den nechsten züm pfafTen ging und den, so
best sie mocht, tröstet und sprach, sie hett ime ein güts han-
lin kochet, das solt er essen von ihrentwegen; damit ein zinn-
lin nam unnd das hünlin anrichten wolt. Ach gott, da war
es des pfafTen penitentzer. Die fraw fibel erschrack , nicht
»u wust, was es war. Und als ihne der pfaff ersähe, gedacht er
wol, es we-[95a]re sein entenschnabel, bald zür beurin sprach:
,0 liebe beurin, gebt mir ewer zung in mein mundt! Mir
ist, ich würd gesundt darvon werden.' — ,Ja, mein herr, gero\
sagt die beurin, dem pfafTen die zung in mundt gab. Und
3.-, der pfalf, als der da meinet, sie hett ihme den seinen abge-
schnitten und ihme erst den selben zü tratz kochet, der benrin
bald die zungen abbiss. Ach gott, die güt beurin hett ihr
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> ,nno Ip i
(Jartengeaellschaft, cap. 106 — 107.
411
zung umb Unschuld verloren, heim kam und gern geredt hett;
so kundt sie nichts anders sagen dann ,Lell, lell, lell, lelL4
Als solches der knecht hört , dratt er bald herfür und
sprach: ,Baur, yetz hab ich den hoff redlich gewannen. Dann
die beurin kan weder teutsch noch welsch, sunder alweg spricht
Lell lell. Kü'ndt ihr sagen , das es teutsch oder welsch ist,
so will ichs gern verloren haben.4 Ach gott, was wolt der
gut arm baur thün? Er kundt weder teutsch noch welsch
aus seiner frawen lellen machen, sunder dem knecht sein hoff
gab; und er daraus zog und fürthien sein leben im eilend L0
verzeret.
Ein pfaff rüfft seiner hüren weib.
Cap. 107 (110).
Ein pfaff sass in einem dorff, dess namen mir abgefallen
ist Der selbig het ein concubin oder kochin, wie mans nen- 13
nen will. Unnd auff ein zeit waren etlich lent zü im komen,
den wolt er zu trincken geben. Derhalb er seiner köchin be-
gond zu schreyen unnd sprach : ,Weib, weib !k Die concubin
wolt irae aber nicht antworten, sonder still schwig. Das den
pfaffeu verdriessen ward, und zü seinen gesten sprach: ,Wolan, ->u
sie will mir nicht antworten, wann ich ihr weib schrey. Ich
will ir iren rechten nam-[95b]nien geben.4 Bald anhüb zü
schreyen: , Pfaffen hür, gang herein, das dich botz über unnd
über sehend, aller hüren !4 Bald solches die kochin höret, das
er ihr iren rechten titel und namen gäbe, lieff sie bald in 83
die stuben und sprach: ,Hie bin ich, herr. Was wolt ihr
mein?4 Da das die gest sahen, fiengen sie an zü lachen, das
sie ehe komen was, da er sie ein pfaffen hür genennet, dann
da er sie ein weib nennet.
Daraus ist zü lernen, das mau eim yeglichen sein rechten N
und gebürlichen titel und namen geben solle.
412
Martin Montanus,
Ein pfaff prediget all wegen, man solte vil durch got-
tes willen geben.
Cap. 108 (111).
In einem dorff sass ein pfaff, welcher all wegen off der
ö cantzel schrey und predigt, man solte vil durch gottes willen
geben, closter und kircben stifften, dann solches were gottes
gefallen ; wie dann fast aller mtinch unnd pfaffen brauch ist.
das sie nur predigen, das ihrem bauch gut ist, bauchprediger ;
also thet diser pfaff auch. Und auff ein zeit het er predigt,
lu welcher ein küh, ross oder schaaff an ein gotshaus gebe, dem
würde unser hergot hundert darfür geben.
Nun wäre ein armer mann in der kirchen gewesen, der
het nicht mehr dann ein küh und hette gehört, was der pfaff
gepredigt het. Bey im selbst gedacht: ,0 möcht ich hundert
i.) kuh für eine überkommen, ich wolt nicht begeren reycher zu
sein.4 In solchen gedancken heim zu seiner frawen gieng unnd
der sagt, was der pfaff gepredigt het, unnd wann es sie als
güt daucht als ine, so wolten sie dem pfaffen die küh geben,
damit inen hundert dar für würden. Ach gott, die güt fraw,
20 die auch [96a] gern vil küh gehabt het, dem mann solches
willfaret, und dem pfaffen die küh heim fürten. Der pfaff
was fro, nam die küh in sein stall und stellet sie zü seiner küh.
Als er sie nun etlich tag gehapt, wolt er sie eins mais
für den hirten treiben ; und damit sie nicht wider zü irem
2ö alten maister lieff, band er des bauren küh an sein küh, da-
mit sein küh des nachts die fremd küh mit ir heim füren
solt. Nün was aber des bauren küh stercker dann des pfaffen.
derhalb sie des pfaffen küh mit ir heim zöge. Als solche*
der baur ersähe, wäre er sehr fro und zü seiner frawen sprach:
30 ,Sihe, fraw, unser küh hat schon ein fremde küh mit ir bracht.
Unnd nun sihestu, das war ist, was unser herr gepredigt hat '
Die güt fraw was eben als fro als der man.
Nün es stünde nicht lang an, der pfaff kam und fraget
*
0 Gotres
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Gartengesellschaft, cap. 108 — 109.
413
ob nicht seine zwo kuh kommen weren ; er solts ime wider
geben. Der baur antwort und sprach : , Warlich, herr, ich ver-
sihe mich, ihr seit noch wol eingedenck, was ihr die vergangen
woch gepredigt haben, nämlich , welcher ein küh oder etwas
uiub gottes willen geb, dem wolle got hundertmal als vil dar 5
gegen geben. Nun hab ich euch mein küh heimgefärt der
hoffnung, es solten mir hundert dar für zü haus komen , als
ich auch noch hoff. Und ist mir heintnacht erst eine zü haus
komen, die mir unser hergot auff rechnung geschickt hat;
unnd stond mir noch neun unnd neuntzig aus. Der halben, io
mein herr, ziecht hin und begeren kein küh von mir! Dann
ich gib euch kaine.4 — Ach gott, was wolt der gilt herr thün?
Haim zohe unnd den spott zürn schaden haben must. [96b]
Ein eptissin sitzt in einem capittel und hat ein
brfich auff dem haupt. 10
Cap. 109 (112).
In Lombardia was ein sehr reychs, mechtigs und gewaltigs
frawen closter, die meniglich für heylig achtet. Under den
selbigen wras ein junges nünlin, genant Lisabeta. Die selbig
nunn oder closterfraw eins tags heim zü iren freunden komen 20
war; daselbst sie ein jungen edelraan ersehen het, zü dem sie
von stuudan in liebe entzündet; desselbigen gleichen er in sie.
Solche liebe sie beydenthalb lange zeit ohn frucht tragen
hetten. Doch nach langem warten dem jungen edelman ein
verborgner weg zü gesiebt kam, dardurch er ohn alle muhe 85
zü dem schonen nünlin komen mocht. Des sie von gantzem
hertzen fro was ; also ein lange zeit mit baider lust und freu-
ten ir leben mit einander fürten.
Und in solchem irem ab und zü gon sich begab, das er
eins nachts von einer andern nunnen gesehen ward, das weder 80
er noch sie wargenomen hetten. Derhalb sie bald zü der
eptissin lieff, ihr das anzeigt. Und die fraw eptissin sprach,
sie solt still schweigen, biss das er wider zü ihr keine; so
wolten sie ihr die kammer auffstossen, so mochte sie es nicht
geleugnen.
19 Lisabeta.
414
Martin Montanus,
Nün wisst aber die güt Lisabeta nichts von solcher hat
zü sagen, sonder eins nachts iren bülen und liebhaber zü ir
schüff komen; welches die nunnen, so auff die höt bestelt
waren , bald ersehen hetten , zü der heiligen eptissin ließen
o und ihr das anzeigten. Die eptissin bald etlich verordnet, die
die kammer verhütten, damit der jüngling nicht entrinnen
möcht. Und aber die eptissin, die zür selbigen [97a] zeit ein
jungen pfaffen bey ihr hett, übel forcht, die nunnen würden
ihr die kammer auffstossen, bald uffstünd und sich, so sie bei-
10 dest mocht , in der eyl anleget. Und in solchem eylenden
anlegen erwüscht sie des pfaffen niderwath an des weyhels
statt und legts uff ir haupt, nicht acht hett, ob es ein weyhel
oder etwas anders were. Aus irer kammern ging, die mit
allem fleiss wol versperret und zü den nunnen sprach : ,Nün,
15 wa ist die vermaledeyet von got?4 Also mit den andern junck-
frawen für Lisabeta kammer kam , die von solchem rumor
nichts wüste.
Die eptissin mit hilff der andern die kammern auffstiessen
und hie zwey lieb in ihren armen bey einander beschlossen
20 funden , die bey de von solchem gehlingen überfallen nicht
wüsten, was sie reden oder thün solten, also still lagen. Li-
sabeta aus geheiss der eptissen in das capitel gefürt warde.
Der jung in der zellen blib, sich anleget und wartet, was sich
doch seiner lieben nunnen halben begeben wolt, und bey ihme
2r> selbst gedacht, sie mochten also mit ihr handien, er legte den
nunnen allensammen Unglück an und fürte Lisabeta mit ihme
hienweg.
Da nün die eptissin mit ihren nunnen in das capitel kam,
anhüb Lisabetara in solcher mass zü schelten, das es nicht zu
*
so schreiben ist. Sie sprach , wie sie das gotshauss mit iretu
sündtlichen leben verunreint hette, und wa man solches solte
ausserthalb des closters innen werden, würden sie allesammen
ewigklich verschmecht sein. Fraw Lisabeta, die sich solcher
sünd schuldig erkant, forcht unnd schamm halben nicht wust,
35 was sie thün solte. Des die andern nunnen sampt ir auch
laid trügen ; dann der eptissin rumor und geschrey sich stetbs
*
1 Lissbeta
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Gartengesellschaft, cap. 109—110.
415
mehret. In solchem murmlen die [97b] jung betrübt fraw
ir haupt und gesiebt in die hohe hüb und , was die eptissin
auff dem haupt hett , ehe dann yemandts anders sähe; dann
die brüchbendel ihr über die obren abhingen. Da das das
gut nünulin ersehen hett, aller in ihr selbst frölich ward und ;>
sprach: ,Fraw eptissin, bindet vorhieu die bendel an der hau-
ben zu ! Darnach saget mir, was euch lieb ist !4 Die eptissin
ir red nicht verstund , sunder bald antwort : ,Du zemichtes
weib, was für bendel meinstu? Du darflest nicht schertzred mit
mir treiben.4 Die jung aber sprach : ,Fraw, ich bitt euch, ir 10
wollen t die bendel an der hauben züknipffen. Darnach will
ich ewer red und antwort gern gehorsam sein.1
Die nunnen ihr gesicht alle auff die eptissin wurffen und
sichtbarlich erkanten, warumb Lisabeta also zu der eptissin
geredt hett. Unnd da sich die eptissin also von allen ihren 15
Donnen angesehen sähe, sie frembd nam, und ihr handt auff
das haupt leget und der brücb bey den bendein warnam, also
bey dem greiften vermerckt, was Lisabeta hett sprechen wollen.
Und da sie sich ihrer eigenen sünd entdeckt fand und das
alle ihre Schwester gesehen hetten, ihr red in ein predig be- 20
keret, sagt, weil es unmüglich were umb Schwachheit des
fleische all wegen in keusch heit zu leben. Und wa sie biss
auff dise stund ihr sach verborgen gehabt, nün concludiert,
das ihr yegliche, wa sie das zü wegen bringen kündt, ihr gute
tag geben solt. 25
Also das schon jung nünnlin aller büss unnd peiu erledigt
ward und mit seinem bülen wider zü beth schlaffen ging.
Desselbigen gleichen die eptissin mit ihrem pfaffen thet. Hien-
für das nünnlin, es were den andern lieb oder laid, [98a] ihr
den jungen zü manichmalen kummen thet; und die andern, 30
so nicht bülen hetten, behalfien sich, wie sie mochten.
Hin closter würt visitiert, darin würt ein junger ge-
sell gefunden.
Cap. 110 (113).
An einem ort eines lands was ein reichs frawen oder x>
416
Martin Montanus,
uunnen closter. Die selbigen für yederman für heylig leut
geachtet wurden , aber die sach uuib sie gar ein andere ge-
stalt hett, weder sie fürgaben. Dann sie hetten ein jangen
geraden schonen jüngling under ihnen, dem sie nnnnen kley-
der angelegt hetten; derselbig nün etliche junge nünnlin oder
closterfrewiin gemacht hett. Und ich waiss nicht, ob nians
etwan hett hören schreyen oder wie es Zugängen, ye die her-
ren superattendenten wolten das closter visitieren , gott geb,
es wer den nunuen lieb oder leid.
Nün gedachten sie, wie sie doch den Sachen thun solten,
damit man nicht innen würde, das sie ein mans bild under
ihnen hetten; und ihne doch nicht verbergen dorfFten, dann
er war in die zal der andern nunnen gerechnet. Deshalb bey
ihnen selbst befunden, das er solte sein entenschnabel an ein
faden binden und den unden hiendurch ziehen und den faden
oben am halss anbinden ; so würde das har ihne verdecken,
damit sie nicht erkennen kündten, ob er ein mann oder ein
fraw were.
Die guten ungesaltznen nünnlin meinten, sie hetten die
sach recht versehen, unnd die superattendenten sampt den
hebammen hienein Hessen, da sie alsbald nackend ausgezogen
wurden. Ach gott, der güt gesell, als er sähe die guten nünn-
lin mit den schwartzen fledermeusslin zwischen den scbnee-
weissen beinlin da stehn, ward ihm das hertz, [98b] ich wais
nit woh, lachen, und ward der faden zu schwach, d erhalb
ihme der entenschnabel auffstracket. Da sähe man öffentlich,
was für frumrae nünnlin im closter waren. —
Man meint, wann man ein junckfraw in ein closter thü,
so hab man ein güt werck und gott gefellige sach gethon;
dann da müssen sie junckfrawen bleiben, daran dann gott
sunders gefallen habe, zü gleicher weiss als ob aus menschen
stein werden mussten. Ich sag aber, das die nunnen und
closterfraweu besser sach haben dann die weltlichen heraussen
mit essen und drincken , desgleichen weltlichen freuden , die
die natur begeren ist, dasselbig auch wol bass verhelen und
verbergen künden dann die heraussen. Dann wann sich eine
ausserthalb den clostern mit einem mann Übersicht, so waiss
es die gantze statt, das gantz dorff, und geht ein solche schnmi
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GartengeselUchaft, cap. HO. 41?
über die arm dochter, das sie wölt die zeit im Rein biss an
halss gestanden sein. Aber in den clöstern waiss mans nicht,
bevorab die, so verschlossen sind und sich für gar heylig aus-
geben , das sind schier die grösten hüren. Dann gewonlich
geschichts, wann ein solch closter zerstört würt, so findt man 5
kinder beim dotzet. Das heisst fein heylig wesen getriben.
Noch dannocht wöllen sie den nammen nicht haben, sind
fromb gaistlich leut, betten gott für die weltlichen, so heraus-
sen in sündtlichem leben stecken. Ey sie betten, das sie das
hellisch fewr mit ihrem wesen verbrenn. Solt ein solche ver- 1»
zweyflete hür, die sich dem armen gemeinen volck für heylig
fürgibt unnd ein hür zü hinderst ist, für mich bitten, würd
es laider schlecht gebettet sein; ja ich hett sorg, ich mfist
sampt ir in abgmndt der hellen faren.
Kein besser ding ist nie herfür kummen , so lang die k>
weit ge- [99a] standen ist, als da der Lauter ist auffkummen,
der den fürsten hatt eingeben, das sie sollen die gots (hett
schier gesagt hur) heuser abbrechen, zerstören, dasselbig gut
nemmen, kirchendiener und frunrrae prediger daraus erhalten,
allmusen geben , dadurch yetz frey an tag kumpt ihr hären-
werck. Ists aber nicht ein teuflisch verflucht wesen, das sie
in den speluncken in den clöstern sitzen, betten und lesen,
und wissen und verstehn nicht, was sie betten oder lesen!
Darzu sind etliche, die vil lieber arbeiten wolten, das ihn die
schwärt kracht, und dannocht in der kirchen sitzen müssen 2."»
und blerren, und solt ihn der hertzbendel darüber zerspringen.
Ey, ist dann das so ein schon gebett? Ey, wie ist es gott
so angenem ! Wie lautet es so wol vor seinen ohren ! Gleich
als ob man alt hafen die stiegen hienab wflrfF. Er spricht
ye : ,Das gebett, so gezwungen geschieht, gilt nichts vor inei- :«>
nen ohren; ich wils nicht hören.* Wie vil weniger würt er
hören deren gebett, die nicht wissen, was sie betten! Sihe,
wie sitzen wir dann so wol, wann gott unser gebett nicht
hören will! So haben wir unsere heuser, äcker unnd matten
vergebens in die closter gestossen, die nunnen hand vergebens s:>
wol darum b gelebt.
Es geschieht uns aber recht. Wir wöllen uns heut bey
lag nichts daran keren; gott geb, was alle prediger sagen und
Monuno. 27
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418
Martin Montanus,
uns vor ihn warnen, so müssen nichts destoweniger unser
kinder hienein. Das gilt dauret uns nicht, so wir mit in hie-
nein stossen; es ist hernach als heylig ding, und vermählen
dardurch unsere kinder gott. Ja, dem teufel vermählet man
5 sie, der alsbald gewalt über ein solche person gewint , auch
nicht von ihr weicht, biss er sie mit ihm in abgrundt der
hell gefurt hatt. Ja, das bedencken [99b] wir nit, wir glau-
bens nit. Das thüt, das keiner von unden heruff kurapt und
sagts uns. Und vergessen des texts fein, den Lucas am sech-
10 zehenden capitel beschreibt, da der reich man an Abraham
begert, er solt doch einen von den verstorbnen zü seinen bru-
dern schicken, der ihn solche pein anzeigt; dann wann einer
von den doten aufferstünd, würden sie ihm glauben. Da Abra-
ham antwort: ,Sie haben Moysen und die propheten; die hören
iö sie. Glauben sie den nit, so glauben sie auch nicht, wann
einer von den thoten ufferstund.' Darumb hilfft es nicht,
wir glauben den predicanten nicht, die unsere propheten sind,
werden noch vil weniger glauben, wann einer von den todten
herkam. Würt auch gar kein glaub nit in uns kummen, bis
20 Christus selbst kumpt und lehrt uns glauben und macht ein
end an solch gottloss wesen , welches, ob gott will, bald ge-
schehen würt.
Pfaff Zianus macht seinem gefattern Petro das weib
zü einer rossmütter.
2ö Cap. 111 (114).
In einem dorff sass ein guter armer pfaff, welcher alle
wochen mit einem esel in die stat gen marckt für, kaufft et-
was und verkauffts darnach wider. Der selbig pfaff in seinem
hien und wider faren gross kundtschafft zü einem armen beur-
:to lin gewan, welches beurlin auch wie der domine gehn marckt
zöge. Und ihr freundtschafft baiderthalb so gross ward, das
sie einander gefattern hiessen ; und wann der gut arm baur,
so Pettrus genaut, zürn pfaffen kam , fürt er in mit im heim
unnd thet im ehr, sovil er vermocht.
:{.-, Nun was gefatter Peter gar ein ar-[100a]mer mann und
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Gartengeaellschaft, cap. 111.
410
het nichts anders dann ein klains heussliu, da er und sein
esel samt seinem weib mit marter in wonen mochten. Doch
als offt der pfaff von allen heiigen kam, furt in der baur auch
in sein hauss und ehret in, so fast er raocht. Doch het er
nicht mehr als ein klains betlin, darin er und sein haussfraw, 5
die dazumal jung und schon was, lagent ; derhalb er in nicht
ehren kundt, nach dem er gern gewölt hette. Nün hette er
neben der kammer ein klains stellelin , darin der esel stund ;
da er auff ein wenig stro dem pfaffen ein bettlin machet.
Nün hette die güt fraw wol vernommen, wie der pfaff iren 10
mann so wol geehret hett; derhalb gern aus dem hauss zu
einer irer nachbeurin gangen wer. damit der pfaff bey irem
mann gelegen were. Aber der pfaff wolt ir solches nicht zu-
geben, sonder sprach, er könte aus seinem esel ein schöne
juuckfraw machen, damit er sein freud hette; darnach könte 15
er sie wider zü einem esel machen.
Ab diser red die fraw sich grösslich verwundert und, wie
sie des nachts schlaffen kam , zü irem mann sprach : ,Mein
lieber mann , du sprichst , er sey dein güter freund. Wann
du in dann bettest, das er aus mir auch ein rossmüter machet, 20
so köntestu mit mir gehn marckt faren, so were unser gewinn
desto grösser.4 Der güt ungesaltzen baur dem weib glaubet
und morgens, da sie auffgestanden waren, den pfaffen bat, das
er aus seinem weib auch ein rossmüter machen wolt.
Der pfaff sich entschuldigt, vermaint den bauren ab sol- 25
chem glauben zübringen; aber es was alles umbsunst, er wolt
eben ain rossmüter haben. ,Wolan in dem namen gottes*,
sprach der pfaff, ,die weil ihr michs ye nicht erlassen wölt^
so bin ich berait ewer gefallen zü thün. Aber ich sag euch
zü, das [100b] es ein schwer ding ist ; sonderlich den wadel ao
an zü setzen, das würt gross mühe neinen ; und ihr werdt
gedencken, das ihr nichts darzü reden werdt, gott geb wie
ich im thü. Sonst ist es alles vergebens und umb sunst.1
Der baur verhiess im still züschweigen. Nün der pfaff zöge
sich auss biss an das hemmat und sagt zür beurin , sie solt 35
sich nackendt aus ziehen. Nach dem dem bauren ein lieclit
in die hand gab, ime von newem gebot, das er kein wort
sprechen solte, gott geb, was er mit der frawen machte, we-
27*
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420
Martin Montanus,
der allein für unnd für betten, das es wol geriete. Petrus
das Hecht zü banden nam und sprach, er wolte den sachen
recht thün.
Nün der pfaff stellet die fraw nider auff alle viere unnd
5 ir auch verböte, das sie nichts saget, gott geb was er thete.
Nach dem anhüb zü greyffen von erst ihr haupt und ange-
sicht und sprach: ,Das werde ein schön roashaupt!4 Demnach
das haar in heine hände nam und sprach: ,Das werde schon
rosshaar!4 Darnach an ire schneweysse brtistlin kam, die er
10 steyff und hart fand, die bey im erweckten den, dem noch
nit gerütft wardt; und in demselben uifstehn sprach er: ,Das
werde ein schöne rossmüter brüst!4 Also an dem bauch, an
den bainen und allen enden des leibs thet; und da er kam,
der frawen den schwantz an zühencken, er ihr nach seim ge-
ir> fallen auch ansetzt unnd sprach: ,Das werde ein schöner ross
schwantz !4
Da das der güt einfeltig baur gesehen, der biss auff dise
stund still geschwigen hett, in kain schimpff daucht; anhüb
zü schreyen und sprach: ,Gefatter, lieber herr, ich will kain
20 schwantz da haben.4 Also der pfaff sich zü ruck zoch und
sprach : ,0 weh, lieber baur, was hastu gethon! Befalhe ich
dir nicht still zü schweigen? Yetzund hastus entwicht, [101a]
das kein weg mehr ist, dardurch ichs mög zü einer rossmüter
machen.4 Da die fraw hört, das alles vergebens was unnd
2.-, nicht möglich was, das sie zü einer rossmüter kündt werden,
auff stund und dem mann übel redt, das er kaum in ein schüch
güt were gewesen. Welche wort den güten mann von newem
bekümberten; mit seinem esel wie vormals gehn marckt zöge
und den pfaffen fürt hien nicht mehr batt, das er ein ross-
au müter aus seiner frawen machen solt.
Ein kurtzweylige historia von könig Artus, wie er
durch Virgiliurn die ebrecher brück zü richten Hess.
Cap. 112 (115).
Vor Zeiten in Kngellandt ein mechtiger gewaltiger könig
27 gaweaen
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Gartengesellschaft, cap. 111 — 112.
421
wonte, so Artus genennet was. Derselbig ein auss derinassen
schone und auch fromme fraw hett; aber ihr frommkeit der
könig wenig bedacht, sonder ein arckwon auff sie hette, wie
sie mit einem ritter am hoff bülschafft pflegte, doch mit nich-
ten kundt den grund oder die warheit erfaren. Derhalb er ö
der unmutigst und bekümmerst mann wäre, den man in gantzem
Britania oder Engellandt finden mocht. Alle seine rhät unnd
diener, dess gleichen auch sein eigne haussfraw wol sahen
unnd erkanten, das der könig ein haimlich und besonder an-
ligen hette, aber in kainen weg wissen oder erfaren mochten, 10
was doch die ursach solch seins trawrens were, sonder in, so
best sie mochten, trösteten.
Nun het aber der könig den Virgilium , der ein nigro-
manticus was, (des nammen in der gantzen weit bekant ist)
am hoff. Derselbig auff ein zeit zum könig kam und ine bat, 10
er 8olt im doch [101b] sagen, was im were: so wolt er, woh
möglich, ime behülflich sein, damit er wider in freud gesetzt
würde. Der könig mit betrübtem angesicht antwort unnd
sprach : ,0 Virgili, dein kunst mir zu nichten güt ist. Der-
halb ich hilflos unnd ohne trost stand ; unnd woh mir nicht 20
bald geholffen würt, ich das leben one zweyfel würd verloren
haben.4 — ,0 aller gnedigster her könig', sprach Virgilius,
,zeigt mir die sach auff hoffnung an! Villeicht gott glück
gibt, das euch möcht geholffen werden.1 — ,Wolan4, sprach
der könig, ,dieweil du mich also tröstest, so will ich dirs sagen. 25
Und wiss, das ich ein arckwon auff mein frawen eines ritters
halben trag und mich bedunckt, ihr königliche ehr sei ihr
durch in verschnitten worden. Doch nicht den rechten grund
der warheit erfaren kan. Darumb ich also unmutig und
traurig bin.1 90
Virgilius den könig, so best er mocht, tröstet unnd batte,
er solte ein hoff auss schreyen lassen, darzü er yederman,
fürsten und herren, graffen unnd ritter, auch alle vom adel
darzü berüffen solt; solte auch ein brück nach seinem willen
machen lassen , darauff er ein thurn setzen wolt und darein 30
ein glöcklin hencken; wann dann die brück gemacht were.
12 testeten
18 wüde
422
Marti ii Montanus,
solte er mit allem volck hinüber reitten; welcher dann sein
ehe gebrochen hett, es were weib oder mann, die müsten, so
er sein glöcklin erschalte, hinab in des dieffen wassers flüt
fallen; doch würde in solchem bad niemandts kein laid ge-
5 schehen, allein damit er erfaren mochte, wie die sach umb
sein fraw und umb den ritter stünde.
Der konig Virgilio alle seine bawleut zu gab, die fört
Virgilius an das gross wasser Ramesis. Darüber er iun kurtzer
zeit ein brück, zwei unnd dreissig joch [102a] lang und neun
io eilen bogen hoch, von eyttel gehawenen werck stucken machen
Hess. Das pflaster diser brücken was von geballiertem mar-
melstain. Es was auch gedachte brück allein dreyer spannen
breit, zü beiden seitten kein lanen hatte, sonder glatt was
wie ein spiegel. Und mitten au ff der brücken setzte er einen
15 kostlichen thurn von marmelstain , des wand mit schönem
gemiild herlich durchgraben waren. Als nun die brück von
den bawleuten gantz unnd gar vollendet war, gieng Virgilius
in den thurn und hieng ein glöcklin darein, molet auch
abenthürliche figuren darein uud beschwür sie. Und als sie
20 beschworen war, zeigt ers dem könig an.
Der könig schwig still und liess bald ein hoff auss schrei-
ben in seinem gantzen reych allen fürsten und herren, rittern
und graffen, auch allem frawen /immer, das sie gehn Trio-
manten in sein haupt statt kernen. Da das seine regenten
25vernamen, ritten sie eylents mit allein frawen ziramer in die
hauptstat Triomanta; da der könig an gedachtem wasser Ra-
mesis vil kostlicher gezelt von samet und seyden het auff
schlagen lassen, darin den edlen gesten mit kostlichem essen
unnd drincken, auch allen lieblichen instrumenten zu tisch
ao gedient warde. Und allwegen nach essens zeit tienge man au
zü turnieren und stechen, zü jagen und baitzen ; an eim orth
dantzt man, dort sang man, am dritten fechtet man ; in summa
alle freud und kurtzweil ward gehalten. Doch bey dem allen
ward dem könig sein schwer gmüt nicht geringert, sonder
6 stets an sein frawen und den ritter ward gedencken.
Da nön der hoff drey tag geweret hette, liess der könig
durch seinen herolt auss rüffen und der herschafft verkünden,
wie er morgens [102b] frü über die schmale brücken reytten
Gartengeaellschaft, eap. 112—113.
423
wolt , mit bitt, die berren wolten in gelaiten. Solches die
berren alle sampt willig waren, wenig den list merckten, der
darhinder verborgen lag. Und am morgen fru yederman
auff zu ross sass und zur brücken kam , einander drengten,
und yederman der erste sein wolte. Des königs boffniaister ö
ordnet alle diug, unnd wie sie nach einander reytten solten.
Von ersten so ritt konig Artus, nach ime die erentreicb zart
fraw königin mit irem frawen zimmer füss für füss von schmale
wegen der brücken. Aull' sie ritten hernach alle fürsten,
graffen, ritter unnd herren; under denen ritt auch der edel iu
ritter, den der konig mit der königin in arckwon hielte.
Unnd als sie mitten auff die brücken kamen, Hess Vir-
gilius sein glöcklin erschallen. Da sähe der konig nach seiner
frawen und dem ritter umb, die er alle beide auff recht ulf
der brücken her sähe reitten. Davon sein hertz grösslich unnd lä
über die mass erfrewet war, das er sein fromme frawen unnd
• den ritter des, so er sie arckwonete, unschuldig sähe unnd er-
kant. Demnach tratt des marschalcks ross zu kurtz unnd fiel
über ab in das wasser. Da erhüb sich erst ein recht fallen
unnd zahlen im wasser ; da fielen zweu, dort drey gleich wie &>
in einem turnier, zabelten im wasser wie die meus. Doch
geschach niemants kein schad, dann allein das sie nass wur-
den. Yederman lachet dess nassen kalten bads; wenig wüsten,
warumb das geschehen were.
Und der könig erhielt den hoff noch dreyzehen tag mit 25
grossem kosten , darnach gab er yederman Urlaub. Und er
lebt fürthien in rüwigeni lebeu mit seiner lieben frawen. [103a]
Von könig Alkiuo, wie der erstochen worden.
Cap. 113 (116).
Wir lesen in der Lambarder cronica, wie in Lanibardia ao
ein reicher kundiger könig gesessen was, den man Alkinus
nennet. Der selbig vil streit mit dem welschen könig des
landts halben gehabt und gethon. Und eins mals kamen beyde
*
3 morgens
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424
Martin Montanus,
konig selbst personlich aneinander und des streits sovil triben,
das AI kin us den welschen könig erlegt und zü todt schlüg.
Und hernacher des ertodten königs haupt nam und in goldt
zu einem pocal und drinckgeschirr fassen lies. Darnach er
5 die schon junckfraw Rosimundam, des todten königs dochter,
zu einem ehelichen weib nam.
Und eins mals was Alkinus zü Dietrich Bern druncken
worden, und in einer follen weiss lies er wein einschenken
in die hirnschal, dranck und gab hernach auch Rosimunda,
10 seiner frawen, zü drincken sprechend: ,Sehien, weib, drinck
mit deinem vatter !' Die fraw aber, die mit nichten verstund,
warumb ihr herr, der könig, also redet, oder waraus sie drancke,
den kopff nam und dranck. Und erst hernacher über lang
erfür, waraus sie druncken hett, unnd das er ihr solche schmach
15 zü Verachtung bewysen hett. Bald in zorn wider den könig
entzündet und gedacht, sie solches nicht wolte angerochen
lassen, stäts dichtet, wie sie in doch mit füg ab der erden .
möchte richten.
Nün was aber im frawenzimmer ein junckfraw (so maus
20 änderst ein junckfraw nennen soll), mit der selbigen bület ein
junger ritter und beschlieff sie alle nacht nach seinem willen,
welches die königin wol wust. Der- [103b] halb sie es mit der
selbigen junckfrawen anleget, das sie sie an ihr beth solt ligen
lassen, damit sie der ritter beschlieife; hernacher möchte sie
25 mit im machen , was sie wölte. Welches als bald geschah ;
und der ritter des nachts unerkant die königin beschlieff ; dann
er vermeint, er lege bey seiner bülschafft. Und als er nün
yetz seinem willen ein genügen gethon, sprach die königin:
,Waistu, wer ich binn?1 Der ritter autwort: ,Bistu nit mein
30 bülschafft?' — ,Nein\ sprach die königin, ,ich bin Rosimunda.
Und yetzund hastu dein willen an mir follbracht, derhalb ge-
dencken würst und mich einer bitt geweren, die ich yetz thün
würd, das ist, das du den könig umbringest und erdötest.
Darzü will ich dir behilflich sein ; dann ich will im sein wehr
35 verbinden, die kammer öffnen ; so magstu in leichtlic|j on alle
sorg umbringen. Wa du dich aber ein solches wegern würst,
will ich zü wegen bringen , das dich der könig würt tödten
lassen. Dann ich will sagen, du habest mich genotzwenget,
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Gartengesellschaft, cap. 113.
425
über das dem könig getrewet, du wollest in ermorden. So
würt er mir vil ehe glauben daun dir. Darnach wiss dich
zu richten!4 Der ritter wol sähe, das er tiberwunden war;
doch alle forcht des königs halben zu ruck schlug und der
königin bösen willen züerfüllen ir versprach, sich auch, so 3
best er mocht, darzü rüstet.
Unnd die konigin auff die bestimpte nacht die kammer
öffnet und dem könig alle seine wehr verband, das er die
weder rucken noch regen mocht. Und der ritter uff vil be-
stimpte nacht kam , die kammer offen fand , hienein in die 10
kammer dratt und den konig in dem beth ligen sähe. Der
konig, der ein ampell beim beth hett brennen und des ritters
innen ward, nackendt vom beth auffür [I04nj und zür wehr
greiffen wolt, aber mit nichten die gehaben mocht. Derhalb
er den füssschemel erhast und sich mannlich genüg mit wehret, 15
den ritter auch hefftig verwundet. Doch letstlich ward der
konig vom ritter erstochen ; dann der ritter hett hämisch an,
hergegen war der k6nig bloss. Als nün die königin ihren
konig ermördt sähe, lies sie eylents in derselben nacht vil
gold und gelt und ander kleynat auff zwey pferd laden unnd 2u
eylents mit dem ritter aus dem land ritte. Doch entlich zu
Raven na sich niderliessen und da hochzeit hetten; daselbst sie
bliben und das entfurt gelt verzechten.
Als sie nün etlich jar also bey einander gewesen waren,
begab sich , das die falsch fraw ein edelman sehr jung und 25
wolgestalt ersehen hett, den sie gern zu eim mann gehabt,
wann sie allein des ritters abgewesen were. Sich letstlich
understund denselben zü tödten, vermeinet, es solte ihr auch
also hienschleichen wie mit ihrem herren konig. Aber gott,
der mordt und ehbruch nicht ungerochen lasst , änderst mit 30
ihr haben wolt, weder sie meinet.
Dann eins tags, als der ritter im bad gewesen wäre und
nach dem bad hitz halben begeret zü drincken , vergab ihm
die fraw mit gifft im wein. Als er aber den empfinden ward,
sprach er zü ihr, sie solt auch drincken. Aber die fraw, als Jö
die wol wust, was es für wein war, nicht drincken wolt, sun-
der sich in ihrem angesicht entfernt. Doch der ritter sein
schwert auszucket, solches der frawen an das hertz setzet
42(3
Martin Monianus,
sprechend : ,Drinck oder stirb !l Damit die frawen zwang, das
sie den gifftigen wein ausdranck. Darnach zu band der ritter
nider sanck, desgleichen das arge falsche weib.
Also sie beyde bey einan-[104b]der starben und verdarben.
ö Damit ward ihnen beyden irs inordts und ehebruchs billich
und recht gelohnet. Dann gott lasst solch grewlich laster
nicht ungerochen, sunder vil mehr es öffentlich an tag kuni-
men lasst, wie dann disen auch geschähe. Gott behut uns
vor scli and !
10 Zü Rom wflrt ein consul erstochen.
Cap. 114 (117).
In anfahung des romischen reichs und erbawung der statt
Rom waren die consules in grösserm ansehen und würden
dann yetz zü unsern zeiten. Dann das romisch reich sich der-
11 massen gemindert und abgenommen hat, und sich noch tag-
lichs mindert und abnimpt also , das sein schier niemandts
mehr begert.
Nön der selbigen hochgeachten consules warde einer ge-
setzt, dem villeicht umb wol oder Übels thnn etlich der statt
unnd auch des rahts neydig wurden, derhalben einen mit gelt
bostrichen [!], das er in solte erstechen. Es wäre aber einer
under inen, der gedachtem burgermeister günstig war und im
der ehren wol gönte und gehört hette, was sie seinethalben
gerahtschlagt betten. Bald im ein brieff schrib und, als der
'£> burgermaister auff das rahthauss gieng, im den in sein handt
gab unnd sprach: ,0 consul, liss den brieff!* Der consul, der
solche feindtsebafft auff in nicht wüste, auch mit schwere der
statt geschafften beladen was, den brieff in der handt behielt,
vermeint, er wolte den daheim überlesen. Als er aber ab dem
'M rahthaus gehn wolt, war einer vorhanden unnd erstach in.
Das sollen die grossen herren inen zü einem beyspil ne-
meu, damit, wann inen brieff geben werden, das sie die 1 105a]
selbigen von stundan überlesen unnd nicht in die langen truhen
schliessen, wie schier bey allen breuchlich.
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(iur ton gesell sohaft, cap. 114 — 115.
427
Jäcklin jiul von Obernberckheim ward zfi Ensissheim
gehenckt.
Cap. 115 (118).
Zü Obernberckheim im Elsass sass ein jud, Jäcklin ge-
nant. Der selbig sein gewerb mehr mit edclleuten gehabt »
dann mit armen leuten ; dann ime die selbigen bass ins büchs-
lin haben blosen künden weder die armen. Dess halb er auch
den rhüm im gantzen Elsass gehabt, wie er der frümbst jud
seye, der im gantzen land ist ; dann er seine dück fein haim-
lich hatt füren künden. 10
Nün hatt sich auff ein zeit begeben, das gedachter jud
mit einem edelman, under dem bischoff von Strassburg ge-
sessen, zü handien gehebt und ye sovil zü wegen bracht, das
er des edelmans bitschier abgrübe. Mitler zeit fienge der zug
für Metz an, und der edelman zöge auch mit. Wie nun die lö
knecht so hefftig starben, käme das geschrey für den juden,
der edelman wer gestorben. Der jud, als er den edelman todt
höret , machte er eylents ein bekantnus ins edelmans namen
für syben hundert gülden unnd bekrefftigts mit des edelmans
abgegrabnen bitschier. Und den nechsteu zü der frawen ritte, 20
ir die bekantnus zeiget und sprach, ihr juncker hette syben
hundert gülden von ime entlehenet; nün hette er aber ver-
notnen, wie der juncker todt were, derhalb er solches nit hett
wollen unangezeigt lassen, damit die schuld nicht veralte und
man hernacher nichts darumb w61te wissen ; doch wolte er 2r>
die fraw nicht umbstossen, sonder warten [105b] und ihr ge-
mach thün , yetzt hundert gülden nemen unnd über ein jar
aber hundert gülden, biss er bezalt were.
Ach gott, die güt fraw was trawrig, nichts von der schuld
wust; dann ihr ir juncker nichts von der schuld gesagt hette. w
Solches iren freunden anzeigt; und die freund nicht gern het-
ten, das sie von dem juden beschrait würden, derhalb mit
einander berieten unnd dem juden die syben hundert gülden
also bar erlegten und bezalten. Da hett mein güter jud ein
rechte beuth erjagt, frolich und woi zü müt heim gen haus &
ritte, wenig besorgte dess, so ime hernach kam.
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428
Martin Montanus,
Nün über etlich monat kam der edelman, den der jud
todt niainet, wider aus dem krieg heim. Und eins tags sagt
die fraw: ,Ach juncker, wie habt ihr mir solches mögen zu
laid thün, das ir dem juden sovil schuldig seit und mir nichts
ödarvon gesagt haben?4 — ,Wie?1 sprach der edelman, ,wel-
chem juden bin ich schuldig?' Die fraw sprach: ,Jäcklin
juden von Obern berckheim. Dem hab ich sybenhundert gülden
erlegt, die ihr im schuldig gewesen seit laut ewer bekantnus.'
Damit ime die bekantnus, darneben des juden quittantz Über
10 die empfangne sybenhundert gülden zeiget. ,0\ sprach der
edelman, ,das ist nit mein handtgeschrifft. Der bosswicht hat
mir mein bitschier abgraben lassen/
Den nechsten uff sass und eylents gen Zabern zöm bi-
schoff yon Strassburg rit, ime die handlung des juden anzeigt,
15 darneben batt, das er auff den juden auff allen Strassen woit
warten lassen und gefäncklich annemen. Nün wäre es eben
umb sanct Johans tag. Welches der bischoff wol wüst, der-
halb dem wirt zö Matzenheim bevalhe, das er gedächte und
den juden, woh er durch ritte, gefäncklich anneme unnd [106a]
20 gehn Zabern füren ; welches geschähe. Dann da er heim reit-
ten und zö Matzen heim durch zohe, nam in der wirt gefangen
unnd füret in gen Zabern, da er im schloss in thurn gelegt
und gefäncklich gehalten. Nün ward dem juden anzeigt, war-
umb er gefangen lag. Da fiel im erst die pfeiff in sack ;
äiwol gedacht, das er bald erhöcht würde werden. Doch sich,
so fast er mocht, beschirmet und ausredt.
Und als er nün uff ein viertel jar gefangen gelegen, auch
seiner frawen und andern schwanen warde, die sach gienge
nicht recht zü, und das er die haut am galgen dorren würde,
uu lieffen sie tag unnd nacht, hetten gern yü gelt für in geben,
damit er ledig gewesst were. Und auch letstlich dahien kom-
men wäre, das er dem edelman seine sybenhundert gülden
erlegen und dem bischoff ein abtrag für seine begangne misse-
that erlegen unnd geben wolt. Welches auch sein fraw, die
ftjüdin, gern thün wollen, solche summa au ffb rächt und sie dem
bischoff antworten wällen. Als sie aber über die brücken
dem schloss zügangen sind, ist ein anderer jud aus dem schloss
gangen unnd zü in gesagt, sie solten gedencken und dem
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Gartengeaellschaft, cap. 115.
429
bischoff kein gelt geben; dann geben sie im ein heller, so
müsten sie zü Enssisheim drey darfßr geben; er würde wol
ohne gelt ledig werden.
Als solches die geytzigen juden horten, zogen sie mit
irem gelt wider zü ruck den nechsten Enssisheim zü, vil schenck o
hien und wider ausgaben und die herren dapffer schmierten,
damit man fflr den juden schribe. Und die herren der regie-
rung auch selber willens waren dem bischoff züschreiben und
den juden, die weil er under sie gehörig, zü begeren. Auch
dem bischoff von Strassburg schriben, er solt in ihren [106b] io
juden schicken; sie wolten in wol straffen, nach dem er ver-
dient hette. Welches aber der bischoff in keinen weg thün
wolte, sonder in wider antwort, er hette den juden auff seinem
grund unnd boden gefangen; so hette er auch die misshand-
lung in seinem landt begangen ; derhalb er ine nach seinem i»
verdienst wol straffen wolte und keins wegs gesinnet were,
den juden hienaus zü lassen. Aber letstlich durch vil unnd
inancherley handlung der jud gehn Ensissheim gelüfert warde.
Als aber der jud zü Ensissheim war, gedacht er, er hette
gewunnen unnd nün Sicherung seins lebens hette, fieng er an 20
alles das zü leugnen, das er zü Zabern bekant het. Dess die
herren nit wenig verdrissen ward, unnd noch andere st&cklin
taglich darzü schlügen, derhalb den juden für ein öffentlich
malefitz gericht stalten. Da ward von den richtern einhellig-
lichen zü recht erkant, das Jäcklin jud an die gewonlich rieht- 25
stat solt gefürt werden und alda von dem nachrichter zwüschen
zwen hund an den galgen gehenckt unnd andern juden zü
einem exempel den vöglen zür speyss gegeben werden. Wel-
cher urtheil statt geschähe. Doch nicht lang darin blibe
leben; dann das gemecht, darin er hieng, was im umb die»)
brüst zü eng, das er nicht wol othmen mocht, sonder ersticken
müste ; so war es auch sehr kalt.
Also hat der frumb jud sein leben schäleklich geendet.
Hienach volget das
Register. Hö
8 selbers willen 17 hianaus
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430
Martin Montanus,
[io7aj Register*).
A.
45. Am disch schlecht einer einem das haupt ab. am blat 24 = 296
21. Am marckt zii Lawingen stund ein gilt gesell und sagt,
er were gantz wild 15 == 280
19. An halss schlecht einer ein schul theuss, gibt ihm dar-
nach fünff Schilling 14 ^ 279
B.
30. Brodt begerten junge kinder an ihren vatter .... 18 = 286
D.
85. Der teufel nimpt eine zu der ehe, darnach todtet er sie
54
= 345
91. Drey dorff beurin bezalen einen würt mit dreyen rhä-
60
= 350
32. Drey gesellen wetten mit einander, welcher am basten
19
= 287
19
= 287
38. Drey Schneider drincken ein mass wein und sind leicht-
20
= 290
23
= 295
E.
1. Ein armer mann sagt zu seinen kinden, sie aolten den
leuten die gfrnss gehn lassen 1 = 257
3. Ein narr waint, wann die sonn schinn, und lacht, so
es regnet 2 = 259
4. Ein narr kaufft ein halfen mit dreyen füssen ... 2 = 259
*
*) Im register fehlen die cap. 14 (Ein junge dochter theylt drey
eyer aus, das neun daraus wurden s. 25) und 114 (Zu Rom würt ein
consul erstochen s. 426).
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Gartengesellschaft, register. 431
cap. scitc
6. Ein fraw sagt, ihr mann hett zwey eyer gelegt 7 = 267
9. [107b] Ein baur fürt seinen siin uff die hohen schul . 10 — 272
11. Ein graff sagt, es were glück, wann einer ein kindt
überkem . 11 ^ 274
12. Ein edel man weckt sein magdt, das ir der bauch ge-
schwall 11 = 274
13. Eine sagt sie hett ein disch für hundert gülden . . 12 = 275
15. Ein baur sagt, der schreyber hett drack dar uff gethon 12 = 276
16. Ein gerber zeucht einen Schuhmacher aus einem ey . 13 — 277
17. Ein fuchs und ein eychhornlin betriegen einander 13 = 277
20. Einer sagt einer guten dirnen zu, es soll sie niemandts
scheiden dann gott 15 = 280
24. Ein landtsknecht dauscht umb ein hemmat .... 16 = 282
25. Ein junger landtsknecht zeucht in krieg 16 = 283
26. Ein landtsknecht hofiert eim würt in acker . . . . 17 — 283
31. Ein dochterlin beichtet einem pfaffen 18 = 286
34. Ein doctor sagt, sein krancker hab ross und wagen im
bauch stecken 19 = 288
36. Ein mann sagt, er bette noch ein kleins zipffelin . . 20 = 289
39. Ein gast sagt zum würt, er solt ihm das fleisch uff-
schneiden 21 = 291
41. Ein schiffman fürt ein jüdin über Rein 21 = 292
43. Ein braut lasst ein junckfrawen fürtzlin im beth . . 23 = 295
47. Ein knecht sagt zu seinem meister, er solt ein Schei-
ben saltz kauffen 25 = 298
48. Ein grafin sagt, die armen leut solten käss unnd brot
essen etc 26 = 299
49. Ein baur lasst ein furtz und sagt zum teufel, er soll
ein knopff daran machen 26 = 300
50. Ein narr wolt ein sack mit mal in der mülen holen . 27 = 301
53. [108a] Ein waltbruder zerschlecht einen haffen raitt honig 28 = 303
54. Ein fraw fragt ihren mann, wie lieb er sie hab . . 28 = 304
55. Ein fraw verbarg ihren bulen in ein olfass, darzft kam
ihr mann 29 — 305
57. Ein fraw kan ir arme dochter mit einem stuck leder
nit bedecken 35 = 315
58. Ein junge fraw klagt ab ihrem mann , er hab keinen 36 — 315
60. Einer verspielt sein weib vorm ehegericht . . . . 39 — 321
Gl. Einer muss ein weib haben, die vatter unnd sün lange
zeit zu unehrn gebraucht haben 40 = 323
62. Ein würt nimpt ein junckfraw zu der ehe , die er in
siben jaren nit beschlafft 41 — 324
C3. Einer schenckt dem richter ein wagen, der ander zwey
pferd 42 = 325
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432
Martin Montanus,
oap.
64. Ein würt lobt sein wein für und für
65. Ein fraw geht zu marckt und will visch kauffen . .
67. Ein reicher haisst ein armen stelen etc
72. Ein baur sagt zu seiner frawen, faisste, schmaltz und
suppen weren sein todt
73. Ein rebknecht beschlafft seins meistere fraw . . . .
75. Ein fürman schwenk für und für, wann er fert . .
77. Ein koch stillet seins herren zorn mit einer einfelti-
gen red
78. Ein weib und ein mann zancken und schlagen etc. .
80. Ein statt wflrt gewunnen, daraus tragen die weiber ire
mann und kinder
7. Ein edelman verbot seiner frawen, sie solt nit uff den
englischen hundt Bitzen
81. [108b] Ein vogt raiist in einer katlachen absitzen . .
82. Ein mann nennet die werck, die er mit der frawen zu
beth tribe, bossel arbeit
83. Ein knecht ligt am beth und klagt den durst . . .
87. Einer ward gefragt, warumb die wolff den schaffen so
feindt unnd pfaffen den weibern so uffsetzig weren
88. Ein pfaff gibt einem inn der beicht ein seltzauime büss
92. Ein müller nimpt einem bauren siben seater korn von
von eim viertheyl
100. Ein mflnch beschlafft eim wQrt sein weib, aber die
fraw vermeint, es sey ihr mann
102. Ein pfaff beschlafft eins bawren weib und gibt ihr sei-
nen chorrock zu pfand
106. Ein pfaff verleurt sein buppenhan
107. Ein pfaff rufft seiner hören weib
108. Ein pfaff predigt allwegen, man solte vil durch gotts
willen geben
109. Ein eptissin hatt ein brich für ein weyhel uffgesetzt
110. Ein closter würt visitiert, darinn würt ein junger ge-
sell für ein nunn funden
2. Fünff vatter unser beth ein fraw ihrem mann in ein
karnierlin
35. Für ein crucifix kumpt einer, fragt unsern hergot, ob
er auch ein fraw hab
'M. Für Draminner fordert ein jungfraw Urabrauter . .
51. (109a) Für fünff heller gewürtz kaufft ein bawr in
einem laden
aeite
42 = 326
42 = 326
43 r= 327
45 = 330
45 = 331
46 r- 333
48 « 835
49 = 337
52 rrr 341
7 = 268
52 = 342
53 = 343
53 = 844
57 = 350
57 - 351
61 = 358
83 = 394
88 = 399
93 = 408
95 = 411
95 = 412
96 413
98 = 415
1 ^ 258
20 == 289
20-290
27 = 302
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Gartengesellscbaft, register. 433
0.
rap. Mt'itt?
10. Gelt begert eins bauren sun an sein vatter .... 10 = 272
69. Gehn Wisenstaig kumpt ein Bayr 44 = 328
H.
5. Hiatoria von einer frawen und zweyen kindlin ... 2 = 260
42. Historia von einem heurhat zu Lawingen 22 = 292
J.
66. Ins grab legt ein messner unsern hergot 43 = 327
68. In einer zech setzt ein fraw ein laus uff ein deller . 43 =
99. In der beicht verkuplet ein münch zwey zusammen on
sein wissen 82 =
1 15. Jäckel jud von Oberberckheim ward zu Ensisheim ge-
henckt 105 = 427
K,
23. Kfissen und beth wascht eine im Schwabenland . . 16 = 282
1 12. Konig Artus laset durch Virgilium die ehebrecher brück
zurichten 101 = 420
L.
27. Lucifer schickt einen diener nach einem landtsknecht 17 = 284
TL
104. Mflnch Zweifel zeiget dem volck kolcn fflr heilthumb 91 — 404
N.
18. Neun Baier jagt ein has 14 = 278
[109b] P.
111. Pfaff Zianue macht seinem gefatter Peter das weib zü
einer rossmuter 99 = 418
8.
29. Seine kind macht einer russig, darumb das sie brodtbegeren 18 = 286
40. Siben kreuter isst ein gast zu Lawingen 21 = 291
70. Schellenhencker zü Mülhausen sticht ein rosa und reytet
daruff 44 = 329
97. Sein weib v er kau ff t einer den juden 80 — 387
V.
8. Uff einem schloss sass ein edel in an, der verboth seinen
undertbonen etc 9 = 270
28
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434
Martin Monianus,
52. Vieriockers kaufft ein baur in der apotecken . . . 28 = 303
76. Von einem waldtbrftder und »einem sftn 47 = 333
89. Von eines bauren weib, die ihm in allen dingen zü-
wider was * 58 = 352
90. Von einem falschen notarien und zweyen jungen ge-
sellen 59 = 354
93. Von einem jungen kauffman, dem in einer nacht drey
todlicher geferlichheit zustunden etc 63 = 359
101. Von einem pf äffen, maier, seinem weib und farenden
schuler 86 396
103. Von einem pf äffen , der den nachtzehenilen von den
eheweibern haben wolt 89 = 402
105. Von einer müllerin, wie sie einen thümbherren betrog 92 = 406
113. Von dem konig Alkino, wie der erstochen worden . 108 = 423
[HOaJ W.
74. Wie und woh durch Virgilius so gelert worden ... 45 = 331
79. Wie einer sein weib für die hausthür verspert ... 49 = 338
94. Wie ein fraw der andern verübel hat, das sie bftlt, und
sie an solcher that auch begriffen ward 67 = 367
95. Wie ein junger für todt in einen kästen gelegt und
des nachts von zweyen Wucherern gestolen ward . 72 = 374
96. Wie ein junger bauren knecht sich zu einem stummen
macht und ein gartner in einem frawen closter ward,
den nunnen den garten thet jetten, das inen die beuch
gesch wallen 76 = 381
98. Wie ein junger münch eines bauren dochter beschlafft
und sein apt würt es innen 81 = 388
22. Zürn wein fiirt einer sein weib, das sie auch gilt etc. 15 = 281
28. Zü Strassburg uffs ammeisters stub aas einer für vier-
zehen pfenning brodt 18 = 285
46. Zü Lohr im Kintzger thal ersticht einer einen, der im
sein weib beschlafft 24 = 296
56. Zü beicht hört einer sein weib inn eines pfaffen gestalt 31 = 308
59. Zwen gesellen yeglicher dem andern sein weib beschlafft 87 = 317
71. Zu Dillingen werften die edelleut eine Über den schüt-
ten ab 44 = 330
84. Zü Strassburg sieht einer ein fraw mit einem letzen
beltz für ein narrin an 54 = 345
86. Zwen jung gsellcn beschlaffen eiin würt sein weib etc. 55 — 347
Finis.
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Von vntrewen Wür-
ten vnd jren vntrewen
knechten.
Ein Neuwes,
sehr schönes vnd lustigs
büchlin . vom vberrechnen der
Würt, darin ordenlich begriffen,
was sie für breuch in Teutschen vfi Welsch-
en landen haben, darneben ein feine erma-
nung, von solcher vnordnung vnd Si
money abzüstohn, vfi einem y et-
lichen vmb sein gelt, das
recht vnd billich ist
zü geben.
Durch Martinum
Montannm in dmck
verfertiget.
Gedruckt zü Strafsbnrg
bey Paulo Messerschmidt.
*
Zeile 1, 2, 4. 5, 15, 16 und 18 sind rot gedruckt.
28*
Von untreuen wirten.
[Aija] Was grosser missbreuch zft diser zeit
In allen landen ist so weit
In unsern würten allenthalb,
Ob sie schon sitzen auff der Alb,
Mit kochen, wein, brodt und andern!
Wann einer kumpt aus frembden landen
Und keret bey einem würt hie ein
Und haisst ihm bringen ein frischen wein,
So bringt man ihm, das gott erbarm,
Ein saigern wein; der ist gar warm,
Ja wol vor acht tagen gewunnen
Und seither gestanden an der sunnen,
Darzft ein brodt, das ist gar hart,
Hatt vor vil tagen auf ihn gwart.
Wann ihm dasselbig nicht will gfallen,
So hört er bald ein antwort schnallen:
.Gefalts dir nicht, so zeuch forthin!
Du gibst mir doch gar kleinen gwinn.
Gast hab ich gern, die hand vil pferdt
Und den die Btatt vil wein verehrt.
Der bleibt all mir, und dannocht sie
Die foll zech müssen zalen hie,
Drey b atzen fürs mahl, das ist gwinn.
Wann dirs nicht gfalt, so zeuch nur hin!
Ich darff dein nichts, das ist das best;
Dann ich beger nicht solcher gest.4
Ach gott. was will der gute man
Wider solch würt sich understan,
[AijbJ Bevorab wann er hungrig ist!
So lasst er bringen auf den disch,
Was der würt will und nicht der gast.
Will ers nicht, so haisst es: ,Fast!<
Ein suppen ist die beste tracht,
Die bringt man ihm schier umb mitnacht,
Darnach ein fleisch, ist gar versotten.
437
5
10
15
20
25
35
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-138
Martin Montauua,
Das steckt foll wttrni und grosser motten,
Stinckt, als ob es schelmig wer
Oder kam ab der grüben her.
Das iat das best, so die würt haben
ö Oder fürstellen uns armen knaben.
Wann aber kumpt ein reicher herr,
Und ob er schon aus landen ferr
Were, so er nur vil gelt hatt,
So ist bey ihm als eytel gnad.
lü Spricht: ,Ey lieber juncker, sitzet nider!
Ich will bald zu euch kummen wider
Und ein frischen drunck mit mir bringen,
Darnach ein freyes liedlin singen,
Darneben sehen, das wir haben
15 Meydtlin, die ewerm leib behagen.'
Das künden die würt gar mechtig wol;
Dann ihn ihr bauch darbey würt voll,
Sunst keinen nutz sie haben mehr.
Wann man nur nicht so neydig wer
20 Und behielt die armen umb ihr gelt,
So stund es besser in der wult.
Aber alldieweil wir also leben
Und in den Bünden so hefftig streben,
[Aiija] So ist im land kein glück noch heyl,
2ö So uns soll werden zu unserm theyl.
Der würt will gar nicht gedencken
Und mir die zech nit thun schencken.
Iss oder drinck ich schon nicht sovil
Oder treib nicht alle frewdenspil
ao Mit singen, springen und mit dantzen,
Mit würflen, karten und urabschantzen
AU einer, der des gelts vil hat,
Sunder halt mich nach meinem stat,
Muss ich doch das bezalen schon
35 Und das er mir hat fürsetzen lohn.
Kein heller er mir nicht schencken thnt,
Nem mir darfür ehe meinen hftt.
Sie haben auch ein feinen brauch,
Den ich doch hie muss schelten auch:
40 Wann sie gelt bey einem mercken,
So thfind sie bald den wein stercken
Mit brantem wein und andern kreutern;
Dassel b thrtt eim den seckel leutern.
Darnach setzt er sich zu den gesten,
4ö Haiast au ff tragen nach dem besten,
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Von untreuen wirten.
Zechet mit ihn biss in die nacht,
Biss mancher hinderm tisch entschlafft.
»Frisch auflF, frisch auff!' spricht dann der wttrt,
,Wie bist im schlaff so gar verirt!
Steh auff! Ich will dir yetz ein bringen.
Darnach w6ln wir ein liedlin singen.'
Dann kumpt man erst in den schwanck,
Biss das man wart im seckel kranck.
Wann dann der würt thftt merken §chon.
Das es will auff den drusen gohn
Und kein gelt mehr vorhanden ist,
So braucht er dann erst wttrtes list.
Sein zalbrett und die kreiden bringt,
Mit rechnen ihm gar wol gelingt.
Die kreiden ist auch zwifach fin;
Wann er auffschreibt, machte ein zweyerlin.
Ob man ihm schon darein wolt reden,
Spricht er: ,Ks ist gschehn ohn gferden.'
Ein strich! in wider ab thüt wischen,
Darneben thiH sich fein beflissen,
Das er ein anders mach an dstatt;
Nicht hüpBch iste, wann es ledig stat.
Das register und ringlin macht so gross,
Das es ist Uber alle moss.
Erst gaht den armen guten gsellen,
Die sich des abents theten füllen
Und lebten im brass, darzft im sauss,
Vor angsten der kalte schwaiss auss.
Des gelte des haben sie nit gnug,
Erst denckens an den wasserkrug;
Aber es alles vergebens ist,
Erfinden kündens kein ander list
Dann nur allein den mantel auss,
Darnach zeuch aus dem würtehauss.
Dem wart dem iste ein gutes pfandt;
Er Iasste auch nicht aus seiner handt,
Biss er ja ist bezalet gar.
Lasste ligen warlich auch kein jar;
Wann der nicht gar bald wider kümpt
Und sein versetztes pfand nimpt.
So verkaufft ers oder behalt es im,
Wie im das kumpt in seinen sin.
Wann dann der gut gsell wider kert
Und Bein versetztes pfand begert,
So hat der teufel dasselhig hin.
Martin Monianus.
Wider zö haben nem er nit in sin.
Das ist mit denen, so gelt haben;
Änderst gehts den andern knaben.
Kumpt ein armer gsell, der herberg bgert,
Die würtin sich des bald beschwert,
Spricht: »Lieber mann, ich hab vil gest;
Sonst wolt ich mit dir thfln das best/
Wans schon als erlogen ist.
Das thftts allain auff disen list,
Das im durch gott nichts geben dürff.
Sind aber das nit gegen würff?
Lieber, wie mainst, das doch werden bston
Solche würt? Die werden rechnung thon
Vorm richterstill Christi und seinen apo stein
Warlich man würt nit zalen mit nesteln,
Sonder mit leib und seel; die wirt ihr pein
Leiden und immer verdammet sein.
Dasselbig bctracht man yetzund nicht,
Sonder allain nach dem pfenning rieht,
Wie ein fogler nach den foglen thftt.
,Ja', sprechen sie, ,gftt macht raiit.
Ich will mein sei ein wenig setzen
Uff d oberthür und mich ergetzen
[Aiiijb] Meins laids, damit ich auch werd reich
2.» Und mit gut andern leuthen gleich.
Ey lieber, was ists, wann ich nichts hab
Und predig hör bey nacht und tagl
Ich miiss lang horn, ehe mir würt foll
Mein bauch; allein darvon würd doli,
yo Daheimen will ich bleiben fein
Und warten der hausshaltung mein.'
Nun wolan, solch verzweiflete leuth,
Die allain stellen nachs teufels beuth
Und weder gott noch der heiigen achten
To Und nicht ihr hailigs leiden betrachten,
Will ich ihrn stand verdretten Ion;
Kein anderer darffs für sie nicht thon.
Wer aber gut, das under wegen blib,
Darumb ich auch diss biichlin schrib.
4U Damit ich aber gantz ernenn,
(Dann ichs zft giiter m aasen kenn
Und solches alles gsehen hab
Ja fru und spat bey nacht und tag)
Was für hüpsche atuben zierd sie haben,
tö Davon sich billich solt erlaben
440
lu
I»
20
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Von untreuen wirten.
4 il
Ein milder mann, der kern daher
Und den selbigen tag wer zogen ferr,
Bedorfft, das man im brecht gilt wein ;
So will es vil ein anders sein.
Erstlich, wann du ins hausa eingehst h
Und dich nur ein wenig umb sehst,
So findest du alt Buttel hangen,
Daran alt kummet an der stangen,
[Ava] Welches alles gantz ist verrost,
überzogen mit eitelm wilst; 1<>
Alt hawen, bickel stond darbey.
Gehstu dann in die stuben frey,
Die gleisset hüpsch und ist gar schon;
Im sawstall thüt es hupscher ston.
Die stuben ist gantz nit gekert, V>
Die disch mit kot sind verehrt,
Die fenster sind voller fliegen dreck.
In yedem winckel ein spinnwep «teckt.
Über dem disch ist die aller grost,
Dag ist der himmel für die gest, üü
Damit nichts wüsts in d suppen fal.
Ich lob die würt all zu mal;
Die magt die ist doch gar zu faul,
Sie schnaufet wie ein karren gaul,
Hafen und pfannen hat sie ston '£>
Summer und winter ohn underlon
In der stuben hinder dem ofen ;
Und wann sie dann will etwas kochen,
So bruntzt sie drein und wäscht« mit auss,
Das ist ein hüpscher lust im hausa, ao
Und laufft darnach ind stuben hin;
Gehn holtz steht ihr hertz, mnt und sin.
Den hafen nimpt, das fleisch zii setzt,
Darneben mit dem hausknecht sch wetzt
Und ine umb sein wQratlin bit ; 33
Was weiter beschicht, waiss ich nit.
Damit ich aber auch beschreib
Und doch auch gar nicht« aussen bleib,
[Avb] Was sie weiter für breuch haben.
So will ich von giessf aasen sagen. f>
Hinder der thür ein gieasfaas stot,
Darzü ein handtzwehel besprengt mit kot.
Wann einer die händ will wichen,
♦
33 bafen A
Maitin Montanus,
So trag er wasser in einer Haschen
Mit ime, das rain und sauber sey.
Darneben auch ein thüchlin frey;
Dann sunst er gar nicht gewaschen wirt.
Also hüpsch wasser haben die würt
In ihren giessfassen hin und wider,
Es ist doch auch kain mann so bider,
Das er die hand rain waschen kund.
Wann es dann ist umb d neunde stund
Und er kains gaste mehr warten thiit,
So spricht er dann auss freyem mftt:
,Nun, lieben gest, min sitzend nider,
Sind frolich und darzft auch bider,
Essend und drinckend, sind wolgemilt!
Ich will euch geben alles gftt.'
So thüt er gar gross herbrangen
Mit einem mftss in der pfannen ;
Dasselbig das vor essen ist,
Ja gm acht mit subtilem list
Und von dem aller besten mehl;
Die bauren nennen» habermehl.
Darnach so kumpt ein lautter sup,
Als were sie auss der mist grttb
Genommen und zfim fewr gesetzt.
Ob derselbigen yederman sch wetzt,
Nicht einer was darvon versucht;
Also hat sie ein gilt gerucht.
Drey schnitten schwimmen in der hrüe
Gleich wie die fisch in weitem see.
Darnach so kumpt ein wüstes fleisch,
Das stecket foll von würmes gschmeiss.
Die deller, darauff mans schneyden soll,
Sind weiss wie ein schwartzer kol;
In manchem land die erd ist heller
Weder in Teutschem land die teller.
Nach solchem kumpt dann abermals
Ein gemäss, das ist gleichfals
Wie ander speysen wol gekocht.
Uff solches der würt gar hefftig bocht
Und sagt, wie mechtig gut es sey,
Dann es gekocht die maget frey.
Das geytig frisst in seinen kragen,
Damit gefüllet werd sein magen.
Wann solches alles ist verbracht,
So ist die weil das brotens'gmacht
Von untreuen wirten. 443
Wann man das auft' den diBch stelt
Und man mit messern darein feit
So ist es alles noch foll Mut.
Noch spricht der würt: ,Es ist sehr gilt.'
Und es doch niemandt essen kan. ö
Was frewd will einer davon han!
Darnach so setzt man auff den disch
Gesotten und gebachen fisch,
Die sind allsand zft lumpen versotten;
Die andern sind im Ol gebroten. 10
[A6b] Nach solchem kumpt die letste speiss,
Dasselbig ist ein kese weiss,
Einem stein wer er wol zfivergleichen.
Darnach thut er bald fürher schleichen
Mit dem zalbrett und haisst bezaln, 15
Vil seltzam strich thflt er hermaln:
,Drey batzen geb einer, nembt für gut!4
Darmit zeucht er ab seinen Mit,
Danckt den herrn und gsegnet ihns essen.
Des bzalens thut er nicht vergessen 2U
Und nimpt das gelt fein hoflich ein,
Setzt ihn bald auff ein kant mit wein
Zum schlaffdrunck ; der ist gar säur.
Er biss ein loch durch ein maur.
Der selbig muss thewr bzalt werden,
Obs schon den gesten bringt bachwerden.
Darnach, wann yederman gessen hat t
Und es min auff den eylfen stat,
Ein knecht der kumpt mit einem Hecht
Und mit heller stimme riefft: 80
,Wer schlaffen will, der kumb herbey!
So woll man ihme zünden frey,
Sunst würd ich ihm kein bsunders machen.
Drumb lüg ein yeder zu sein sachen!'
Disem gschrey yederman nachdringt &
Und hefftig der stiegen zuspringt;
Kein auffsehens ist auff den andern nitt.
Also haben die Teutschen ein sitt,
Der giertest müss dahinden stöhn,
Die bauren thttnd her fürher stöhn.' -10
[A7a] Wann man dann zü der kam m er yn kimpt,
Der haussknecht etwan zehen nimpt
Und in ein kammer legen thut ;
Darinn sie sind gleich wol behut
Als ob sie auff der gassen legen; 46
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Martin Moutauus.
Also thüt es auff sie regen.
Die beth sind weiss als kuchen fetzen.
Kumpt einer darvon ohn ein letzen,
So hatt er gott zu dancken wol;
Sie lauffen grosser leuse voll.
Kein underschaidt ist under ihn nicht,
Zun ehren sind sie gar nicht gericht,
Der giert müss undera bauren sin.
Oefalts ihm nicht, so zieh er hin ;
Man kan ihm kein besunders machen.
Vor zorn mocht einer billich lachen,
Das sollich anerzogen knollen
Für würt sich ausgeben sollen.
Ein oberkeit solt gscheider sein
Und doch ein wenig sehen drein,
Rechte würt an die Strassen setzen,
Da sich ein armer mag ergetzen
Seins laides, so er den tag gehabt.
Aber sie gar wenig darnach fragt.
Wann sie allein das ungelt haben,
Gott geb wie hausen solche knaben.
Es haisst nicht also und ist nicht recht;
Gott lassts nicht ungestraffet schlecht,
Sunder sie gar sehr peingen würt,
Das sie in bossheit sind verirt.
Ein armer gsell sein gelt muss geben,
Gott geb wie er darumb thut leben.
Im Welschland es auch würt hat,
Die füren wol ein andern stat.
Wann ein gast zu ihnen kimpt,
Sein pferdt man gar bald von ihm nimpt,
Ihn gar ehrlich empfahen thut.
Kin wein bringt man ihm, der ist gilt,
Davon er den durst leschen mag,
Den er gehabt den gantzen tag.
Ein eygen gemach es auch hatt,
Darinn man d stifel, die mit kat
Besprenget sind, gar bald austhüt.
Ein new par schuh, die da sind gut,
Werden ihm dar gsetzt : und der knecht
Die stifel ihm auswüschet schlecht
Und spick ta ime gantz rain und schon.
Darnach thftt er in stall gon,
Versichts mit allem seinem fleiss,
Gar ordenlich gibt er im sein speiss.
Von untreuen wirten.
44.r>
Ein aignen knecht hats im stall,
Der versehen soll die ding all.
Die dann den pferden gehören zii.
Er hat anch weder rast noch rhu",
Bisa das ers als versehen hat 5
In der stuben es recht zu gat;
Da steht ein aigener haussknecht,
Der alle ding versihet recht
Ein schön giessbecken bat er in der band,
(Den Teutschen ista warlich ein schand) lu
|A8a] Darneben ein handtzwehel wolgethon,
Daran drficknet er sein hindiin schon.
Die disch die sind all wol formiert.
All ding sind gar wol reformiert.
HOpsch gfirnist ist die stuben thür, 15
Daa einer thausendt ayd schwur,
Es wer von eitlem edlem holtz
Und von den besten färben stoltz.
Dem menschen gibts ein grosse fraid;
Und wann einer steckte foller laid 20
Und dise schone ding sehe an,
So würde er gleich fraid empfan.
Darnach wann es ist essen 8 zeit
Und alle ding sind zubereit,
Ein schöne junckfraw ist vorhanden, 25
Die die gest zfi sitzen thttt manen.
Wann dann die selbigen gsessen sind,
So bringt man her gar bald und gschwind
Ein herlichs und wolberaita essen.
Darneben thftt man nicht vergessen, 30
Den besten wein thftt einher tragen,
Den man zur selben zeit mag haben.
Dann schencken schone junckfrewlin ein.
Die in dem gantzen hauss mögen sein.
Vil lauten und ander saitenspil :{.'»
Brauchen sie tag und nacht gar vil,
Die gest zu essen offt ermanen,
Darneben singens wie die schwanen.
Fürwar es ist ein edels leben;
Tag und nacht sie in frewden leben. 40
lA8bJ Wann man dann yetzund gessen hat,
Darnach ein dantzlin urabher gat
Mit schönen junckfrewlin umbher springt.
8 versihet ercht A
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440
Martin Montanus,
Darnach man newe liedlin singt,
Bisa et die seit des schlaffen* ist.
Als dann jeder, nach dem er ist,
An ein beth und kamnier wflrt gelegt,
Daselbst sein gar wol würt gepflegt
Die jnngen meidtlin zünden nider.
Die selben achten kain für bider,
Wann ers nicht dapffer greyffet an
Und setzt in ein klaines würstlin dran.
Es kan nit alzeit gehn gleich zft;
Die meidtlin woln nicht haben rüb,
Biss inen zä zeiten auch misslingt
Und man das ,Puer natus' singt
Davon will ich aber nicht vil sagen;
Ich will sie es lassen selb vertragen.
Warumb gond sie nit hinweg! Was hilti't es mich
Ja, das die meidtlin lond schneblen sich!
Uff meiner materi will ich bleiben,
Und darvon nach meim wissen schreiben;
Dasselbig ich bissher gethon.
An d hecken wflrt muss ich auch kon,
Die selben auch herausser straichen,
Ob ich damit sie möcht erwaichen,
Das sie von solchem stünden ab;
Ich aber vergebens sorge trag.
Dann wann er kaufft ein sauren wein,
So thut er bald vil waaser drein,
[Bja] Damit er desto gschlachter sey.
Darnach gibt er in den gesten frey,
30 Die ihr tag nit vil truncken haben.
Fürwar er thftte wol solchen knalien,
Die in warlich gut schetzen thiln.
Wann sie denselben kauffen nun
Dem fader nach, und das die mass
& Über als und wie sie in dem fasa
Nicht über drey heller kosten thut,
So dunckt es in in seinem müt,
Er sey gar thewr, und thftt in mischen,
Sich unsere hergots kunst beflissen :
40 Wasser zu wein sie machen wollen.
Ihr rechnung nach dem datum stellen,
Das in die maa kaum drey heller kost,
Da er in anffgladen für most
Ein mas die müss ein batzen gelten ;
4ö Den bzalen die, so drincken selten
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10
15
au
50
Von untreuen wirfcen.
Wein; die dunckt er hefftig gftt.
Das bringt dem würt ein frischen mftt,
Wan man sein wein drinckt dapffer auss
Und holet in auch haim zu hauss
Und bzalt in, als wer er malfasier
Oder als gilt als ungrisch hier.
Vil seltsam wein er auch macht,
Damit treibt er ein sundern bracht
In wald geht er, thftt schienen brechen,
Die selben thftt er in ein fesslin flechten,
Ein argen wein geusst er daran.
Wann er vier wochen darob thftt stan,
ijb] So hatt er dann ein schone färb;
Wiewol er ist an ihm selbst arg,
So muss ihn doch die färb vertreiben.
Sechs kreutzer thftt er darauff schreiben,
Die selbgen er ihm gar gern gilt.
Vorn gesten er ihn gar nicht schilt,
Sagt, wie er hab den besten wein.
Der in dem gantzen land m6g sein,
Darzft hab er ein schone färb.
Ein salbey wein, der sey nicht arg,
Den hab er auch im keller ligen,
Ein weckolter wein, der sey verschwigen,
Darzft ein göt ungerisch hier,
Da» gelte nur der batzen vier.
Den gesten macht ers also göt,
Des weins yeglicher begern thöt
Und den ein yeglicher bald will haben.
Der wQrt darnach schiert solchen knab ,
Ja die sein wein ausdruncken haben,
Das es zu sagen ist ein schand.
Bey ihm keinr mehr zu zechen bgert,
Dermassen hatt er nie gelert
Vinum in latin kennen.
Des thut er sich mit nichten schemmen,
Wol gedenckt, der gast der kumb nit mehr
Und begere seines würtes ehr;
Darumb müss er ihm daptt'er schein
Und ein ander mal mores lehrn
Und nicht versuchen alle wein,
Die in des würtes keller sein,
ja] Das essen das ist gleicher weiss,
41 versuche allen A
Martin Montanus,
Wie ich hievor bschriben mit fleiss.
Danimb ichs yetz will bleiben lohn
Und auch an ihre kammern kon.
Die würt darumb verordnet sind.
Das sie eim frembden gast geschwind
Umb ein schlatfpfenning herberg geben.
Dem selbigen bevelch sie wenig gleben;
Dann wann ein freinbder gast kumbt her,
Der den selben tag ist zogen ferr
Und hatt des übrigen gelts nicht vil,
Darniit er ziehen muss manig mil,
Und auch den würt umb d herberg bitt,
Zu zechen hab er geltes nitt,
Den schlaff pf eng woll er bezalen schon,
Darnach so w&ll er ziehen darvon,
Dasselbig ist dem würt nicht glegen
Und spricht, er kündt nicht würtechafft pflegen,
Wann er allein solch gest solt haben,
Die ihm kein nutz in seckel tragen,
Sunder allein die beth verrissen ;
So mfisst er bald zum thor nauss wischen,
Darumb er fürbass ziehen solt,
Von seint wegen er nicht entlauffen wolt.
Was will ein armer gsell dann thon?
Den nechsten muss ins spital gohn,
Den [!] er sein tag geflohen hatt,
Gleich wie der teufel das creutz that.
Da wirt er dann der leuss gar foll,
Die ihn an sinnen machend doli
Und tag und nacht kein rhu nicht lassen,
Kr sey im würtzhauss oder der Strassen.
Das bringt ihm zü wegen der böse würt,
Ja der im geytz ist gar verirrt
Dannocht muss er hören die seh mach,
Er sey faul, zieh dem spittel nach,
Arbeiten solt er und gelt verdienen,
Und kau kein arbeit finden nienen.
0 wievil sind der armen gselln.
Die sich mit arbeit gern nehm wbln
Wann nie allein die überkemen!
Dieweil sie es aber finden nienen,
Ist billich, das sie wandern auss,
Dann das sie solten ligen zu hauss
Und nur allein ihr hüntel verzern;
Vil besser ist, sie thiinds inehrn.
Von untreuen wirten.
449
Wiewol man findt vil arger geseln,
Die arbeit band und nicht arbeiten woln,
Allein der büberey nachziehen,
All erbarkeit und frumbkeit fliehen.
Mit den selbigen hett es wol ein gstalt, 5
Bas sie der wQrt nicht herbergt baldt,
Sunder sie etwann fQrbass weist,
Damit sich einer der arbeit befleist.
Solcher gsellen mfiss ein armer knecht
Von wörten gleichwol sein geschmecht IC
Und gleich der feulest gscholten werden,
Der leben thftt auff diser erden.
Wolan, gott wölle sehen drein
Und dem armen thftn hilffe schein,
[Biija] Damit er in seim reich gherbergt werd, 15
So arm ut mfist leiden auff diser erd.
Wolan, damit ich auch erzell
Der Bayer würt seltzams gefell,
Was die für seltsam rflstung haben:
So einer durch ihr land thut draben 20
Und köret in ein wärtshauss ein,
So forder er bey leib kein wein;
Der selbig ist ihm gar zu thür.
Er haiseh darfür ein frisches bier.
Dasselbig ich nicht zu schelten weiss; 25
Dann es gemacht nach allem fleis9
Vil besser dann im Schwabenland
(Es ist doch schier den Schwaben ein schand).
Das bringt man ihm gar eylents her;
Darnach ein handtzwehl wunderber, 90
Daran die hend getrücknet sind,
Die legt man auff den tisch geschwind
Oerings umbher, die kann darein,
Darneben auch das brote fein.
Als mit der handtzwehl würt beschlossen ; 35
Es thuts wol solchen Wanderbossen.
Wann einr darinn wein drincken will,
So mach ers fein hoflich und still;
Es würt ihm sunst sein seckel leicht,
Und würt dardurch der würt reich. 40
Doch welcher ye will drincken wein,
Der folge yetz der lehre mein!
Der sitz ins mal under die andern gest;
Das rhat ich ihm, und ist das best.
[Biijb] Da gschicht im umb sein gelte recht, 45
Montanns 29
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450
Martin Montanus,
Da hat er all sein essen schlecht,
Die einem fürsten weren gnug.
Darin ich warlich die Baier lob;
Dann allen landen thnnd sies vor.
5 Ich het es auch gäntzlich verschwor,
So ichs nicht gesehen het;
Darum ichs auch mit warheit redt.
Von herren herbergen sag ich allain;
Die andern all, so für die gmain
10 Geaetzet sein, sag ich nicht von.
Dann in den selbigen thut es ston
Gleich wie bey wir in eim sewstall.
Nun hab ich sie beschriben all,
Wiewol sich wenig bessern werden
lö Darab; dann yetx auff diser erden
Das volck ist also gar verrucht,
Das es kein gotsforcht mehr sucht;
Wann es allain nur liebet sich,
Gott geb wie der armen seel geschieht.
•jo Ach, ach, o weh des armen stand,
Den sie vor zü bestehen hand!
Sie gedencken nicht, was doch für wort
Sie hören müssen an disem ort
Vom höchsten gott in seinem thron,
Wann er solch leut würt straften thon
Umb ihr verfurisch bos leben.
Welches sie gfurt autt' diser erden.
Es haisst eim armen mann ye gstolen
Sein gelt, (das red ich unverholen)
| BiiijaJ Wann inen nicht umb solches wirt,
Wie sich dann vor gott billich gbürt.
Gott lasst das unrechtfertig gilt
Nicht erspreissen, (sag ich auss freyera mtit)
Sonder es geht dahien gleich wie der wind ;
30 Wie es gewunnen, also verschwindt,
Ob schon der ein hie reychet wol
Und wirt sein seckel und kästen fol
Und im geht nach seins hertzen beger,
So Hchawt doch drauff der g waltig herr
Vi Im himmel und will solchen leuthen
Gesegnen ihr gefangne beuthen.
Die wider all ehr und gütlich recht
Beraubet haben gottes knecht.
Wie werden sie dann so wol sitzn
4o Und ins teufels hinnnelreich schwitzen!
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Von untreuen wirten.
Da wer erst güt wider geben,
So man au ff erden in disem leben
Unrecht empfangen ; es hilfft aber nit
Darumb darvon lass, ist mein bit,
Gedencke doch an den ewigen got, 5
Und das der nichts ungerochen lot
Das bos, so wir verbracht haben!
Dann er ein missfaln drab thiit tragen.
Eim armen dem gib umb sein gelt,
Das er dir darumb lob nach zeit! 10
Umb smnst begert es kainer nit
Kuinpt einer zu dir, der dich bit,
Das du im umb sein gelt wolst geben
Zu essen, das er möge leben,
[Biiijb] Wann du im dasselbig stellest fflr, lö
So Unit ers gern bezalen dir.
Aber zrtvil geben ist im schwer,
Und bezaln, das im nicht tragen her,
Das will ein armen mann verdriessen.
Darumb er etwan red lasst schiessen, 20
Die dir an ehren raichen thon.
So thfistu dann bald mit im gon
Für d oberkeit und in verklagst,
Wider in fürbringst, was du magst;
Kr »ich hergegen verantwurtet. 25
Und wann man euch hat lang zughort,
So feit man dann ein urthel baldt,
Das yeder in seinr vorign gstalt
Bleiben solt und ziehen hin,
Gedechten forthin fridsam ziisin. 80
Der gast zeucht von des wQrtes hauss,
Den erbarn wQrt rieht dapifer auss,
Wie er im sein gelt abgnomen hab,
Gross bfiberey er autf im trag,
Kein gast solt bey im kheren ein; 85
So hab er auch den ergsten wein,
Der in der gantzen stat mocht ligen;
Solchs kont er von im nit verschwigen,
Dann er es selbst erfaren het,
Drumb ers unverborgen redt. 40
Er spricht, er het es au«;h verschworen,
Wann ers nicht selbers het erfaren;
Er lobt sein wein für andere all
*
36 So hat A
29 *
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Martin Montanus,
Und treibt mit in ein gdten schall,
Den gesten also süss zuredt,
Das dessen yederman begert.
Wann sie in dann verswehet hand,
So spürn sie erst des w Ortes schaud.
Aber keiner in darumb darff schelten,
Der würt der wUrts im sonst vergelten,
Das sie gewolt geschwigen hefte.
Darumb so haists: Ihr gest tacete,
Dem frommen wQrt all gebent recht!
So sind ihr dann gar feine knecht
Und werden bald Gnad juncker gnent
Vom würt, der euch doch bauren kent.
Aber was schadt dem wftrt ein wort!
Er spricht, er hab es also ghort.
Das sie edelleut seyen, und leugt daher,
Ja das es nicht ein wunder wer,
Das sich die balcken ob im biegen.
Dardurch thut er sein gest betriegen.
Das d junge bursch otlt zu' im kimpt;
Ein yeder gern die ehre nimpt,
Das er Gnad juncker gescholten werd.
Und hat doch kaum drey heller anif erd
Der würt gar bald ersehen kan,
Was er sey für ein edel man;
Sein hütlin vor in zeucht huflich ab.
Nach edelmans sitten sie empfacht;
Dasselb er hat gelernet wol,
All büberey der steckt er fol.
Sein gesten tregt er dapffer aufl',
Die kanten setzt er all zü hau ff,
So sie foll wein gefüllet sindt:
Darnach er gar baldt eine nimpt
Und bringts foll auss dem nechsten schon
Und spricht, der drunck soll umbher gohn.
Dem würt will solches kainr versagen,
Und drincken solche feine knaben
Des würt« wein, das sie werden foll,
Das sie an sinnen werden doli.
Noch will man gar nicht lassen nach,
Vil mehr zGtrincken ist in gach,
Dem besten wein sie bald nach fragen.
So thut der würt dann auti* her tragen
Sein roten wein, das edle safft,
Der gmachet ist von schieben satlt,
Von untreuen wirten.
453
[B6a|
Die mass desselben ein batzen gilt.
Den selben yor folle kainer schilt,
Sprechen all, er sey sehr gut,
Vergeht im maul wie ein filtzhftt
Wann man sich dann hat foll gesoffen,
So thut der wQrt schon einher bochen,
Die zech man bald bezalen soll,
Dann sie des weins all aeyen foll.
Da recht er her, das es ein spott,
Und spricht: .Wolan, nun gsegens euch gott,
Geb einer drey batzen, nem für gilt*
Da ist in erst betrübt ihr miit,
Wann sie sovil gelt müssen geben,
Darumb sie hetten mögen leben
Ein tag; das müssen sie als
Dem wört werffen in sein hals.
Noch kan ich haben kein rast noch rhu,
Mir ist etwas news gefallen zu,
Der hauss und stallknecht auch gedencken
Und ihnen auch ein bancket schencken.
Wies mir mit ihn ergangen ist,
Will ich erzaln in kurtzer frist
Und die gantze warheit erzein,
Auch darinnen gar nichts verheln.
Am stallknecht will ichs heben an,
Was er mir zu laid hatt gethan.
Als ich in d herberg ynkeren thet
Und ihm mein rosslin befolhen het,
So kan und mag ichs nit verheln,
Da thet er ihm den habern stein.
Und als ich zum stall yn was gahn,
Fieng mein rosslin zu schreyen ahn,
Darbey ich wol kundt abnemmen das,
Das mein rösslin nit gefiltert was.
Der stalknecht kam; ich zeigt ihm das,
Der schwör gar thewr, er hett ihm geben.
Ich sagt: ,Güt gsell, du scheusst darneben.
Ich kenn mein rSsslin also wol.
Wann man ihm gibt, das man thfln sol,
So hatt es nit ein solch geschrey.'
In dem der knecht gar mancherley
Aussreden sucht, doch zletst bekant,
Lieff zu dem kästen bey der wandt
Und schüt ihm erst ein füter für.
Ich sagt: .Lieber gsell, sag du mir,
10
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au
au
40
40
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454 Martin Montanas.
Wann ich yetzund nett geben dir
(B6b] Da« gelt fürs föter, woltsts han gnummen,
Weil kein föter in barren kuramen?'
Der knecht sagt: ,Warumb solt ichs nit
h Genummen haben, weil der sitt
Ist doch in manches würtes haus,
Das man den rossen nimpt heraus
Föter, so ihn schon was für gschitt?
Der würt mest huner, ganss darmitt,
10 Was schon die gest vor haben zalt'
Ich sagt: „Hand die würt solchen gwalt
Im stall, was hand sie dann im haus?'
Er sagt: »Das ist nit zrechnen aus,
Was list sie brauchen mit dem wein.
15 Kein herr kan ihn zu listig sein,
So nit von ihn wirt Überlist,
Wie gschwind und bscheid der immer ist.
Der haussknecht mfiss auch sein im spil,
Wie ich dann yetz erzalen will.
20 Solche mfiss der selb Beuberleichen
Künnen vermolen und verstreichen ;
Sunst hat er nit lang platz im haus,
Mobs Urlaub han zftr thüren aus.
Der aber ist der aller best,
25 Wann an dem disch schreyen die gest:
,Haussknecht, kumb her und schenck uns ein,4
So soll er umb die weg nit sein,
Sich anderer geschefften nemmen an.
Das bhalt den wein im fass, nüchtert den man,
:» Wann man so langsam schencket ein,
Hatt mich auch lieb der meister mein.
[B7al Wans schier will ans bezalen gohn,
So soll der würt vom disch auff stöhn,
Den haussknecht lassen d Ürten machen.
3.j Der rechnet, das die gest nit lachen, .
Acht wenig, ob es sey zuvil.
Und wann schon einer murren wil,
So gibt der haussknecht gar nit drumb,
Kriegen mussends dise summ.
M) Der würt ist vom disch gangen schon;
Wer er vorhand, Hess nit ziigohn;
Also musst ihr die sach verstohn.'
Ich sagt ihm: .Lieber guter knecht,
Haben die würt allsam pt das recht,
40 Das ihn solche freyheit gebürt?'
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Von untreuen wirten.
Kr nagt: ,Man findt manch truramen wilrt,
So solcher stück kein 8 brauchen thüt,
Nimpt auch dern keine in seinen müt;
Er hett das auch keins wegs für gut,
Wann in sehn haus sollichs solt gschehen.
Darzö hatt er selb ein auffsehen
Zum disch, kuchen, keller und stall,
Damit die gschefft thönd gschehen all
Wolan, es sey genßg gesagt
Von würten, die ich wol geplagt
Und sie zür gottes forcht ermant,
Das sie abstünden von der schand,
Die sie taglich mit wuchern yeben,
Die frummen leut urobs gelt betriegen.
0, o, ihr würt, gedencket doch,
Was schweren standts ihr tragen noch
Und vor gott rechenschafft musst geben,
Wie ihr gefiirt habt ewer leben !
Gedencken doch der urtheil schwer,
Weichs feilen wirt der gwaltig her
Uber die Ubelthater und bose würt,
Die in simoney sind gantz verirt!
Ja, nicht über die würt allain,
Sonder auch über die gantz gtnain,
Uber bäpst, kong, k aiser, fürsten, herrn,
Die das gantz regiment sollen fiirn,
Das übel straften, das gfit l>elohnen.
Derselben würt er nit verschonen,
Sonder, woh sie das nit haben thon,
So müssen sie zu* der lincken ston
Ja bey dem hauffen, der möss in d hell.
Da empfahen sie dann ihr gefeil,
Welches sie auff erden verdient band.
Darumb ihr all steht ab von schand,
Den waren gott den ruffend an,
Das er uns allzeit woll bey stan,
Sein gotlichen segen allzeit geben
Und nach diser zeit das ewig leben!
A M K N.
457
Anhang verwandter stücke.
I. Eine Angsburgcr Schmähschrift wider den Weg-
kttrzer und Andretttzo (1558).
(Der nachfolgende prosadialog ist in zwei Sammlungen hsl. paa-
quille auf den Augsburger bürgermeister Jacob Herbrot, dem Mscr.
histor. fol. 397, bl. 83b— 99a der Stuttgarter bibliothek und dem Mscr.
Aug. 246 der bibliothek des historischen Vereins für Schwaben und
Neuburg in Augsburg bl. 84 b — 102a, erhalten. Dagegen fehlt er in
einer ähnlichen Wolfenbütteler (Aug. 80. 4. fol.) und Heidelberger (Cod.
pal. germ. 844 = 331 Bartsch) hs. laut gefälliger mitteilung der biblio- 10
theksverwaltungen. Unserm abdrucke liegt die Stuttgarter hs. (S) zu
gründe; die abweichungen der Augsburger bezeichne ich mit A. Der
text ist vielfach verderbt.)
Der gelertter leütt urteil
über ain büchlin. 15
Georg. Grüeß dich gott, Petter! Wie laufst so vast,
und wa wilt so eüllends hin?
Petter. Danck hab, lieber Georg. Ich wil den nechsten
haim.
Georg. Thue gemacli ! Ich wolt dir geren ain wort 20
zusprechen und dich etwas fragen.
Petter. Ich kan fürwar nit bleiben ; ich bin so lang
nit zu hauß gewest. Darunib mueß ich sehen, wie es anhaimb
14 Oberachrift in A: Voigt ein büchlin, so dem Herbrott zugeschri-
ben worden, darauf die gelerten ir urthail geben haben. 22 ich] und S
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158
Martin Montanus,
stee. (Jene aber mit mir, so wil ich dir red und antwort
gnug geben.
Georg. Ich bin wol zufriden.
Petter. So sag an, was dir angelegen ist!
ö Georg. Nichts sonders, gott hab lob. Ich wü nur in
aim ding dein alls aines gelertten judicium erkundigen.
Petter. Lieber, warumb?
Georg. Es ist ain bflchlin zu Dillingen im druckh auß-
gangen, haist der Wegktirtzer, daß ainer, der sie Marti-
10 num Montanum nent, gemacht und dem reichen herrn Jacob
Herb rot, den du alweg vernichtest und args nach geredt
hast, zugeschriben. Hast du solchs büchlin nit gesehen?
Petter. Nit allain gesehen, sonder durchauß gelesen.
Georg. Hast du gemerckht, wie er den gemeltten Her-
iö brot so hoch ernent und treffenlich lobt, wiewol du in so
offt geschmecht und grobe stuckh von im gesagt hast, er sei
so boß, das in niemandt loben mig? Waß sols gellten, der
Montanuß kindt in loben und preissen?
Petter. Mein Georg, warmit?
Georg. Das er im ein schenß büchlin zuaignet und
schreibt im wie eim freyherren auch ,dem wolgebornen4, auch
wie ainem ritter ,dem gestrengen4, und nent in gnedigen herrn.
Haist dan das sein groß ehr nit herfürgestrichen und pracht-
lich gelobt?
Ii7. Petter. Ja wie du und ander deiuß gleichen schlecht
lettth darvon reden. Aber bei den weißen, gelertten vnd hoch-
verstendigen, die ain ding hecher und scherpffer erwegen (dan
der gemain man ain ding oben hin rechnet), hat es weit ain
andere mainung und bedenckhen. Das wil ich dich berichten ;
wan ich antwort , das ich args von dem I lerbrot geredt, und
waß ich je und alweg gesagt, hab ich auß jeder m an ß mund
geredt, der in kendt; dan in niemandt bißher durchauß ge-
lobt hat, wie du selbs waist.
Georg. Laß nun dasselbig bleiben; sag mir darfür, waß
& helts du auf dasselbig büchlin?
*
4 sag her A 9 hat ainer der sich A 15 gelobt S 21 iu-
achreibt A 27 danj wann A 30 verantwort A 32 durchaub]
fehlt A
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Anhang verwandter stücke nr. I.
459
Petter. Nichts.
Georg. Wie so? Ist es dan dem Herbrot nit ain lob,
das man ü im zugeschriben ?
Petter. Nain, sonder, wie hochversteudig und erfareu
leüth wol arguieren, solls im vil mehr ain schandt, spot und 5
nachthaillung sein.
Georg. Wie kan das sein?
Petter. Ich wil dir der gelertten, auch der klugen hoff-
ling bedenncken erzellen, wie ichs von innen geliert, darmit
du mich nit abermalß scheltest, ich zeichs den Herbrot auß 10
mir selbs. Darumb merckh eben auf! Sie sagen , es sei in
langer zeit kain solcher unkundiger und unversehempter buch-
tichter auf die ban kumen alß der Martinus Montanuß, glau-
ben auch nit, daß er auß der statt Strasburg sei, da eß gar
stattlich gelert leith in allen sprachen unnd kunsten, nit solch 15
hailloß eilend fantasten hab , der reimen und schreiben gar
kain schmackh, art noch grundt in sich begreifft. Dan er,
Montanuß, so kunst und schickhlichait in seinen n reimen er-
zaigr, das ainem nattürlichen esel schier pesser träumen solt,
wie ich bald hernach ausfieren wil, wan ich zuvor deß Her- ao
brots hoch ansehenlich, doch eüttel bedichten schmach titteil
irem judicio nach erret hab.
Georg. Gefeit er den den hefflingen und gelertten nit?
Was feldt im?
Petter. Nichts dan das er kain nütz ist. 2ö
Georg. Warumb ?
Petter. Das der dichter ain freiherrn und rütter auß
dem Herbrot gemacht, kan sie menigclich nit gnueg verwundern.
Von wanen ist er doch ein freyherr und rütter? Von Bet-
zingen und Katzingen. Niemand wil darumb wissen, daß in 80
die rom. kay. may. darzu gemacht oder geschlagen hab. Wa-
lter ist ers dan? Er mueß eß villeicht nun dahin rechnen,
dieweil der Herbrot bißher alle boßhait und schalckhstuckh
vnd allerlay btieberey frey, alß ob er selbs herr gewest, be-
•
6 nachthaillung] thadlung A 8 hoffnung S 16 pantaaten S
li> seiner] fehlt S 21 hochansehenlich Herhrota S 22 irem] fehlt A
ererert S 27 Das bis und] fehlt S 30 Katzingenhaim A 31 der
rhöni. kayser A
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460
Martin Montanus,
gangen und getriben, daß er in derhalben ein freyherrn nen,
welchs aber gar ain ungepreüchlichs, nit erherts, auch andern
hochadlichen, welcher herkhumen rechten freyherrn, ain leiden-
lichs ding were. Daran sich doch der dichter nit pentiegen
ö last, sonder wie ain duppelnar dem Herbrot duppel herrn
schreiben, so er doch einß herren namen nit werd sei. Noch
vii mer befrembden sie sich, das er im den rütter tittel ge-
streng zulegt; dan er nie kain rütterliche that begangcu, sei
auch nie in kainen krieg dan nur ainmal zu Augspurg , alß
io er wider den kaiser rebellieren wellen und er nur herauß biß
an den galgen zogen, da er auch daran gchert. Kinden deß-
halben auch nit bei innen berunden, auß waß ursach man in
ain rütter schelt, es sey dan, das er zu ainem katzenrtttter
und ain katz durch den bach hin und her gezogen hab, Weichs
15 im doch, dieweil im doch seines handwerckhs die katzen so
nachendt fraind sendt, auch nit loblich anstueud. Sonst
mig er gleichwol, weil er im burgermaisterampt gesessen, den
frumen armen unschuldigen streng gnug gewest sein und ge-
mainer sag nach den tittel wol verdient haben. Sichstu jetz,
20 Georg, waß dem Herbrot der tittel für ain ehr bringt vnd
das sein leben dardurch nit änderst genent würdt und zunimbt
alß wie der reüff am zäun? Ach gott, es ist mit solchen
pachantten verloren, die dem Herbrot sein ehr wie ain bad
dieren verzet und wider zubringen. Es forderet vil ain an-
25 dern man und darzu ain dapffern ernstlichen weeg, dan solche
fabel, merle und unwerdte thedung fürhand zu nemen. Also
wie sie gleich und gleich geren geselt, also hat der loß dich-
ter im auch ein losen pattronnen suechen vnd er ki essen inies-
sen ; dan er mit seinem eilenden zusamen geraspelten büchlin
au nit allain zu schänden werdt , sonder sein patron darzu zu
schänden macht, wiewol daß best an der sach, das seinem
patron kain schand zue seltzam ist noch so nachendt zu hertzen
get, daß im kumer pringt oder zu hertzen geth und wee duet;
sonst wurd er sich bei sovil schänden, die er sein tag be-
*
6 herren] fehlt S 7 so gestreng S 11 gehert hette A 14
katzen A 17 den] der AS 28 ein losen] fehlt S 29 mit] zu S
31 daaj fehlt A 33 oder bis geht] fehlt A
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Anhang verwandter stücke nr. I.
4f>l
gangen und eingenomen, l engst an todt gelegt haben und
zum teuffei gefaren sein.
Georg. Du mainsfc villeicht, so der Herbrot sovil scbmech-
lichen pasquilluß hat schlickhen kinden, er werdt an disem
auch nit erworgen ? 0
Petter. Weth Fritz, wie änderst! Er kauft alles wol
verdeien. Aber ich wil in jetz ein weil auf ain orth stellen
und deß schickhlichait und deß kundighait deß dichters weit-
ter von dem reden, wie es jetz ain kunst sei, das man in
gutten kunsten so hoch erfaren sei. Dan vor zeitten hab 10
manß für ain herlichs ding gehalten, wan ainer nur schreiben
und lesen hat kinden; dasselb sei jetz gemain, und kinds ain
jegclicher paur schier. Zeucht sich also selbs auß seinem
pövel (den er nicht recht schreiben und popfel nent) und dem
seicht gelertten und schetzt sich ainer , der vil kind, zu sein, 15
so er doch (almechtiger gott) auch weitter nichts dan das
bloß schreiben und lesen kan.
Georg. Daß wer ain wunder.
Petter. Nun ists war. Dan er die orthografiam noch
nit recht schreibt ; in der 13. fabel [s. 35, r,] von dem Ful- 2»)
canischen amboß P. F. Darum b daß büchlin wirdig wer, daß
es Vulcanuß verzeren solt. Versteest mich wol?
Georg. Hat er dan das büchlin nit alleß auß im selbs
gedichtet ?
Petter. 0 nain. Er hats den mereren thail auß dem z>
schäm parischen büchlin Oentonovella abgeschriben und so gar
kain verstand nit gehabt, das ers, gleich wie auß dem wel-
schen übel verteütscht ist worden, un verbessert bleiben lassen.
Ist auch darbei so unverschempt, das er gantz offenbar und
jederman lang her fablen, die er auch, der Bocatius, so sie üo
gemacht, selbs für nichtzit änderst außgeben , darff historien
nennen und für warhaffte geschienten darthon ; eß sei dan
sach, das er den underschid, als schier die gelerttenn dunckhen
wil, der doch zwischen historien und fablen, warhait und lugen
*
1 begangen und] fehlt A 6 Wetz A 7 ein weil] fehlt A
8 deß] das A 9 das] wie S 10 so] fehlt A 12 kinds jetz schier
ain A 13 anß] auf S 22 erzeren S 28 worden] oder vordem S
30 sie] sich S 32 dargethon S
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462
Martin Montanus,
gar leicht zu erkennen ist, gar nit gewiß noch verstee. Dan
der nam historien zeucht sich nur auf warh äfften und ergang-
nen geschichten und kan solchen fablen nit zugelegt werden.
Waß ist dan auf in zu halten, wan er fablen für geschichten,
das ist lugen für warhait understee einzubilden ! Thut er nit
eben wie sein patron, der Herbrot, welcher auch teglich mit
betriegen lugen für warhait verkaufft?
Georg. Es hat schier dieselben niainung.
Petter. Der dichter deß buchß wil schimpff und ernnst
10 tiberall äfft [ !] sein und demselben autoren nachthon ; doch
ist er grosser unkundigcait weder zu schimpft' noch ernst taug-
lich. Dan sein reimen send so eilend, das sie hl netten mech-
ten, und er seiner poetischen knnst so arm, da« eß ein hertten
stain erbarmen mecht.
i*> Georg. Daß wer seltzam zu heren, wan dir die reimen
darzn nit gefüellen.
Petter. Wie kinden sie aim gefallen, wan niemand un-
geschickhter ding ist fürkomen? Nim die ainigen gereimbt
vorredt dem leßer fürhandt und gleich die pesten silben , die
au gleich lautten sollen! llilfft unß gott zusamen , wol würst
du wunders finden. Sie stimen gleich zusamen, alß wans
in der musigkh umb ain hand vol notten feit. Und damit
nit mainest, es sei ungrundt, wil ich die genielten vorred ein
wenig durchlauffen. Am aller ersten [s. 5, 2i] reimpt er zu-
2,» samen ,leser4 und an der andern lini ,zulosser\ und darnach
gleich darauf ,kurtzweil4 vnd ,begerest vil.4 Siehst, Georg,
wie wol ers droffen?
Georg. Der anfang ist nit gut. Kar aber für! Es wttrt,
so gott will, besser.
au Petter. Ja wol besser. Er kans nit baß; darum b würts
nur erger. Dan bald darnach reimbt er , lustig1 und »nützlich4;
item |s. 6, i] ,bescbrihen' und ,lieben4; item ,gemacht4 und
.erdacht1, so doch das ain in a darum, das ander in a obscurum
terminiert, zusamen.
2 nur] nun A 10 aterien S; atoren A 11 grosse S 18 Nun A
19 gleich] helt A 21 wans] wie A 25 zulosser] loser A 26
laut/weil bis Georg] fehlt A '29 lecht besser A 81 nur] nun S
nützlich und listig S 3* der ander S
♦
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Anhang verwandter stücke nr. I
Georg. Her auf! Ich glaub, er habs nit so weit bedacht.
Petter. Gleich volgt darauf ,geschriben4 und ,bleiben4;
item Jesen wilt4 und ,hieher gestelt4; item ,aii8serle8en4 und
, vergessen' ; item ,fleckhen4 und ,merckhen4 (das sich doch nit
zusamen füegt , aber fleckhen und im arsch leckhen het sich 5
wol zusamen gereimbt); item , betrachten' und ,haben4; item
gewesen4 und Jeben4; item ,sahe4 und ,füelle4; item ,ligen4
und ,fragen4; item »straffet4 und ,gemasset4; item [s. 8, i] ,tros-
ten4 nnd ,setzen4; item ,legt4 und ,füegt4: item ,ermant4 und
,ain schand4 (das ists im ewigclich) ; item ,zu Rom4 und ,angon4 ; 10
item ,that4 und ,wardt4; item ,klaget4 und ,beschickhet4 ; item
,zu wissen4 und ,durch lesen4 (das reimpt sich gar nit, aber
zu wüsaen und für den hindern küssen data reimbt sich auch).
Änderst mer, so nur in zwajen blettern ainem begegnet, daß
mich vertreust zu erzellen und mir der köpf wee thut, wan 10
ich daran gedenckh.
Georg. Ich hab sein gnueg und beger seins Unverstands
nit mer zu wissen.
Petter. Nun weitter! Neben daß solche seiner verß
«ich änderst nit reimet, dan wie man spricht gehewen vnd 20
saltz messen , ist auch der structur der wortten vil änderst
gestelt, dan man nach teütscher art, sprach und weiß pflegt
zu reden. Aber nemblich spricht er [s. 6, 3]: ,So du die
beöcht [!l lesen thust4, ,[nit thu] sehenden4 für ,und schendts
nit4; item [s. 7, <] ,die ward gevallen Titi leib4 selbs für ,sie s»-,
gefiel' ; item ,k lagen thet4 für , klaget4, und dergleichen vil,
so gemainem brauch deß redenß gar zu wider ist. Darumb
er werdt wer nnd mit solchem fanllen stinckhenden gedieht,
wol verdient het, das er bei seinem Andreutzo, (dessen
fabel er, wie ain saw ain dreckb, wider new macht) im haim- :»
liehen gmach erstinckhen und erstickhen solt. Ich mag nit
sovil zeit nnnutzlich verschwenden, also sein fäl außzuckhen.
Hab nur acht auf die zal der silben, da ain jeder reim acht
3 wilt] fehlt S ß wol baß A 7 Hachen AS 11 werdt S
ftchickhet S 14 bletter S 16 ich mer A 25 Hie waren geval-
len AS Titen A; item S sich gefiel AS 2fi thet) und S; fehlt
A 27 so] fehlt AS gar nit zu S 32 unnutzlichen A sein
vaal A 33 da] dan S
464
Martin Montanus,
silben sol haben und nit minder noch mer! So findst, das
manicher kaum 7 hat. Also [s. 5, ai] der aller erst: ,Fraindt-
licher lieber leser4; item |~s. 8, 18]: ,Da wolt der schertz erst
angon.4 Dagegen n etlich 13, alß nemblich [s. 8, 2o] : ,Wie sie
5 Tituß und nit Güsippus beschlaffen het.4 Ja etlich wol 14,
das ist wol zwaymallen sovil, als [s. 6, 34]: ,Am 112. blat
wirds iren anfang thon4, da er demnach für haben raiessen
setzen reim in 15 silben, wie der gewachsen [!], also das ainer
kain eilen, sonder ein gantzen baurenschrit lenger sei alß der
10 ander. Send deßhalben einander so gleich als ain i und k in
dem abc ; dan sie vast all durch auß 1 1 und 12 silben haben,
das den je greber [!] übersehen. Noch demnach kan er bei
allen seinen wortten in kain zierlichait, wolstand noch rechten
sin pringen. Deßhalben im die gelertten zu danckh seines
i-'> schennen werckhs etlich lobreimen gemacht. Solche mir kain
beschwerdt sein, daß ich dirß auch recitier.
Georg. Ich binß begürlich zuvernemmen.
Petter. So merckh fleissig auf ! Sie send kurtz und gut, wol
begriffen schließlich und mit wenig wortten in sich haltendt vil :
11» Der laussig peß poet
Zwingt seine wort und ret
Gantz wider reden s art ;
Darum b gendß ab so hart,
Dieweil er sieb nit scheucht,
2Ti Beim har znsamen zeucht,
Waß nit zusamen ghert.
Wer hat den essel giert
Sein adelose knnst?
Es kan doch niemand sunst
ao So Obel reimen mer
In gantzer weit alß er.
Dan wer gesehen jhe
So hailloli reimen hie.
Die er in dem büchlin gemacht,
3-'» Die menigelich verlacht
Und treibt darauß das gspot !
2 kam S 7 wirds] wurd AS 8 ainer] kainer AS 19 wol
vergriffen S schließlich] lies schimpflich? 20 Der] fehlt AS 21
ret] net S; neth A 26 gehert AS 27 gelert AS 28 attolo A
29 sonst S 36 dar gespot S
Anhang verwandter stücke nr. I.
4(55
Wie ungleich, lieber gott,
Wan man die letzt silb niuipt,
Sie zu der andern stimht,
Die ir gleich lautten soll!
Drunib ist er blind und doli
Und gschicht im eben recht,
Daß sein dicht würdt verschmecht.
Georg. Die reimen send warlich guet unnd lobenswerdt,
daß al haben gleich 6 silben. Doch mueß ich noch etwaß
fragen. Er setzt mitten im bttchlin auch etlich reimen ; sendt 10
dieselben auch so beß?
Petter. Gleich wie die andern; dan er ist allenthalben
kunstloß. Daß es war sei, so setzt er [s. 85, 27] , braucht4
und , versucht1 gegen ainander, item ,wort4 und ,hat4 etc. So
felts auch an der silben zall eben so grob. Daß magst an i«»
den reimen wol ermessen: , Welches er selber gesprochen hat';
der ist von 9, unnd der nechst darnach : ,Packh dich von mir,
Sathan4 von 6 silben gemacht, sendt aber nit gleich gesellen
zusamen.
Georg. Ja, wie sie mit dem kaiser reütten ; ist der ain an
kurtz, der annder lang. Darumb schweig nur stil ! Es gefeit
mir selbs nimer.
Petter. Die überigen mengel wil ich dir mit kurtzen
außfieren; sonnst wer wol drey tag darvon zu reden. Er
spricht auch in der epistel [s. 4, J2], es sei den weibern auch &"»
zu guttem geschriben. Lieber, waß sollen sie guets darauß
lernen, so gleich die erste fabel ein exempel der huererey für-
stelt, wie aiuß hürtten dochter verfüert und zur huren worden
sei; die dritt, wie im ain pauren knecht den schwantz abge-
schnitten und in Rein geworffen ; die viert, wie aim altten au
man der sein nimer steen hab wellen; darnach [cap. 22], wie
man ainer ain kind im schlaff angemacht, und dergleichen
züchtige, heff liehe pösslin in ain erbars frawen zimer (ja inß
5 Darumb AS 6 geschieht S 9 sie al A etwaßj ains A
11 so] fehlt A 15 an silben der AS 17 ist] erst S 9] fehlt AS
18 6J fehlt AS 24 aufispieren S 27 gleich im exempel der ersten
fabel AS fürgestelt AS 32 anmacht A
Mout*nu» 30
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466
Martin Montanus,
bordel) geherig! Volgendts kumpt er auf die schennen zucht
stuckh, so er anß Bocatio mit grosem fleili unnd huren prech-
ten | genommen |. In sonnderhait aber zu lesen und zu pflan-
tzung gutter sitten dienendt dar setzt er auß dem schändlichen,
r» unzüchtigen buch Centonovella nur die aller lasterlichesten,
schandparsten stuckh und gleich abfaim keüscher ehebrecher
vorbildt, darmit er je, sovil an im ist, nichts änderst thut,
dan au weißung und 1er thut oder gipt, wie man valscher
liebe pflegen, bulschaftt treiben, einander umb ehr pringen,
10 hurerey ieben und ehebrnch begeeu solle. Noch schempt er
sich dessen nit, ja er achtets für gebürlich der jugent zu leßen.
Dan das es war sei, so schreibt er am end , er het noch vil
aubentheur zu schreiben, das sich aber nit schickhen soll;
dann wa es under die edlen junckhfrauwen komen solt, mies-
l"» ten sie ire züchtigen eglen underschlagen und dem Schreiber
des buchß (das ist im, dem stockhfisch) wenig ehren und zucht
nachreden; deßhalben er daß underwegen gelassen. Darauß
jhe zu schliessen, das edel zichtig junckhfrawen die obgesetzten
und dem buech einverleibten groben bossen ohn allen schäm
20 wol lesen migen ; das haist aber Stuttgartter junckhfrawen
gezogen. In suma, nur ain ding gefeit mir im gantzcn büchlin.
Georg* Was mag daß sein?
Petter. Das er an datto der epistel setzt, er habs an
sant Martinß tag lassen aufigen. Daran het er ain ganß ge-
25 fressen, die auß im geredt hab und (zu besorgen) noch lenger
auß im reden und gangen wird. Dan daß ain solchs büchlin
dem dichter, oder dem es zngeschriben würdt, vill lobs ge-
peren sol, kan ich von den gelertten nit versteen noch fil
weniger bei mir selbs finden. Wolt deßhalb inier geren wissen,
ho wa die jhenigen doch hin gedechten , die fürgeben tirffendt,
der Montan uß hab wol daran gethon, das er dem Herbrot das
*
l khunststuckh und zuchtstuck A 4 gutten AS Daß AS 6
und schandtlichisten A 7 darmit] fehlt S ist und nichts S
10 sollen AS 14 da was S 15 underschlagen miessen S H> im
AvS 18 ettlich edel A 21 geding S 23 Petterj fehlt S er an)
in A Met/t er habs] fehlt A 2« wurden AS 27 vill] unnd S
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Anhang verwandter stücke nr. I.
467
büchlin zugeschriben. Doch fiudt man jetz verkertter leütli
gnug, die in nie args dan guets gefallen lassen.
Georg. Lieber Petter, haben sie dennocht auch etlich
Ursachen darauf , dardurch sie bewegt worden zu judicieren,
daß der dichter dem llerbrot dato buech billich zugeschrieben. 5
Petter. Sag fluchß her, warum b!
Georg. Fürs erst mainen sie, das im der autor kain
pessern patron im gantzen land liab kinden außtretten noch
erwellen dan eben den Herbrot, also das er kain bequemern
person darzu winschen migen ; dan niemand patrocinier billi- w
eher über solche betruglichen stuckh und schandpossen weder
der Herbrot, der die selben für aller menigklich von kmdts
wesen auf getriben, ja damit gewiegt worden seie. Fürs ander
schmaichlet und hochfüert er im allß aim gewesnen kürschner
in der 14. fabel, da er einfüert, wie hund und katzen unains
werden und zu krieg kumen , also das die katzen mit iren
scharpffen neglen obgelegen und das feld in behalten haben.
Ists nicht, daß er in mit einem solchen sig erfreudt? Item
in der 34. fabel zaigt er an, wie ainer von dem teüffel gelt
aufgenomen, und darnach [nr. 35], wie ein ehrgeitziger, den nie- 20
mandt erfillen mocht, dem teuffei umb gelt zueschreit, er wol sein
aigen sein und wie er in letzlich hinfüeret. Also fein arttlich
dem Herbrot sein thonn, damit er beschrait ist, wie in ainem
Spiegel fiirbildet. Allain hat sich der guet dichter in der
ersten fabel übersehen , das er setzt, der man , so sich dem So
teüffel ergeben, sei zu Laugingen und leb noch; deßhalb iren
tili darauf fallen, es sei der Herbrot selbs.
Petter. Es mag auch wol sein, das er in gemaint hab.
Wan aber daß büchlin billich allain im zugeschriben ist, daß
es von katzen und teüti'len sagt, so wer daß ander büch-30
I in , welchs des argumentß hernach außgangen und katzen
beren sol, im, Herbrot, vil billicher zugeschriben worden. Dan
*
2 in ehe A 3 Lieber Petter] fehlt S demnach etlich A f>
warumbj fehlt A 9 noch erwellen] fehlt S 16 das]fehlt AS katz
AS 22 Also] altt Bj alles A 25 gesetzt drin ain man der A 2<>
»ei] fehlt A Laugingen wonhatft A 30 büchlin] hillich AS 31
des] der S; fehlt A katzeneren S; katzen empören A (Michael
Lindeners Katzipori erschien 1558 zu Augsburg) 32 werden AS
30*
468
Martin Montanus,
wem gehert k atzen beren baß zu dan aim solchen kürschner?
Sambt dem haist ers auch in seinen fablen und in der vorred
katzenschwentz, und bald hernach schreibt er auch, wie er ain
gasterey gehalten und ain katzen für ainen hasen gebratten
hab, daß die kürschner verdrossen und nit leiden haben wellen,
deßhalben ain krieg darauß worden. Item volgends in ainer
fabell haist er drey kürschner von Nürnberg, die gen Bam-
berg gezogen, auf teütsch katzenschinder; und hernach in ainer
andern fabel schreibt er, wie die studeutten zu Leibzig so ain
Stetten krieg mit den kürschner haben , daß sie sie katzen-
schinder nenendt. Dieweil dan solchs büchlin dem Herbrot
so wol gefüegt het und seiner herligkhait angestanden wer,
ist groß zuverwundern, daß ers nit bedacht hat und im auch
solchs zugeschriben.
Ucorg. Es ist noch nit vil daran versaumpt; den nur
der erst thail des Katzenporen gedruckht worden. Wan mer
ain thail außget, wirt er imß villeicht zuschreiben. Aber du
hast das allerpest darin ausgelassen und vergessen , nemb-
lich daß der selb autor den dreyen kürschner noch ain hechern
tittel gipt, dan der Montanuß dem Herbrot, und haist sie hoch-
wirdig kürschner; daß ist fürstlich unnd vill mer dan wol-
gebom. Het er dan dem Herbrott wie in der kürschner kart-
ten spil den obersten zugeschriben, würdt er in on allen zweif-
fei den aller hochwürdigisten genent haben.
Petter. Ich habs mit willen fürgangen; dan er haist
die kürschner auß lautter gespet also. Das es war sei, so liü,
was er dar/u setzt: ainen glitten grossen dreckh für ainen
hochwttrdigen kürschner. Daß laß dir eingen ! Ks thuts dem
Herbrott woll, katzen peren für wolgeborn. Pfui wie schandt-
lich ding, dessen sich die elttern vor zeitteu nur zu gedenckhen,
zu geschweige!! vor erbaren leüthen zu reden geschempt betten ;
*
1 gehert] kert S beren 1 poren A 2 fablen und vorred] vgl.
Lindener ed. Lichtenstein 1883 s. «1 und 102, nr. 45 4 braten A
7 fabell] vgl. Lindener 1883 s. 159, nr. 106 8 hernach] fehlt S 9
fabelj vgl. Lindener 1883 a. 172, nr. 119 10 aie «ie] nie «ich S; sie A
18 ist flie groß S er S 15 nun S 20 Bich hochwürdiger A 21
vill] wol S 23 den] der S 27 grossen] fehlt S 29 poren A
Pfu wol S 31 erbare S
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Anhang verwandter stücke nr. I.
46<>
und waß man unnderdruckhen solt, truckht man jetz auß und
last es der jugent zu grosser mailigung und befleckhung aller
erbaren öffentlich aufigen, das die oberkait mit nichten ge-
statten solt Georg Wiek hram von Colmar hat mit seinem
Rol wagen, den er auff die pan gefeiert, ursach geben, das ain 5
jeder nar auf seinem karen auch hinnach wil faren. Das
Sprichwort ist und bleibt war: Ain nar macht zehen naren.
Wiewol derselbs Wickhram etwaß beschaidners gwesen; aber
unser gegkh, der Montanufi, fttert tietf in kutt und schandpare
unsauberkait ; und gott geb, das im sein Herbrot miefi herauß io
helffen oder auch darin hangen!
tieorg. Dergestalt last du im nichts auß seinen kunsten
gehn, die er in dem Wegkürtzer last sehen. Wie gefeit dir
aber daß daran gehenckht büchlin, das doch gar ain hertzieen
Schönnen tittel füert, nemblich ,Ain gar schon undt vast nutz- 15
lieh büchlin1?
Fetter, Wie solts mir gevallen ? Übler dann daß vorig.
Er schreibts ainer mindern personnen zu dan dem Herbrot;
darum I) ist billich, das epistel und btlchlin auch unflettiger
(wolt sagen unfleissiger) und hailloßer seiendt. Es stet die a)
epistel [oben s. 135] jetz an ainen, der zu Ulm studiert, daß
gar fraindtlich zu boren ist. Dan wer hat je von ainer uni-
versitet zu Ulm vernomen! Aber villeicht studiert er daselbs
im Narenscbiff wie der dichter, der warlich in solcher epistel
ein eilender tautologuß ist, etwan ain wort dreynial setzt, alß 25
ers kaum ain mal bedarff, alß zum exempel [s. 136, a6]i r^u
fassen vil zu schwer seindt; für die, so belesen seind, die sehr
nutz und gut seind.1 In solchen wenigen worten, dieweil sie
da beschriben in der epistel starckh auf ainander geendet,
setzt er dreymal ,seindt', da doch das nur ainmal von netten ao
gewest wer. Ja, wan er recht kinde teütsch schreiben, das
er het setzen migen : ,zu fassen vil zu schwer, für die beleßen
*
1 tmckht] fehlt A auß] fehlt A 2 es] fehlt A verder-
hung und mailigung aller befleckung erbar A 4 sollten A hat]
fehlt A 9 tieff in] weit im S 14 hertzlichen A 15 gar] sher A
20 hailloß AS 23 daselbs] fehlt S 26 zu] der AS 28 für bis
gut seind] fehlt AS 30 setzt er] setz das AS da] fehlt AS 82
bolloßen S
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470
Martin Montanus,
aber nutz und gut seindt', Weichs nit allain zierlich und deut-
lich am verstand, sonder auch am leiten vil baß gelauttet.
Er inast sich aber eins rotwelschen (sol ich sagen halbwelschen)
stilus au, den er auß fleissiger studierung deß übel teütschen
ü burenbuchß Johannes Bocatii an sich genomen. In den rei-
men braucht er solchs vitiura, daß noch vill übler stett. Daß
merckh auß nachvolgenden versen (wie ers nent), die im Benen-
nen nutzlichen büchlin hart uff ain ander gesetzt sendt [s. 170, i]:
Bäte, das er von solchem laster keret.
10 Der sun solchs in ain gespet keret.
Item [s. 171, «.] : Dan er wol wist. wie es gen wurdt,
Das sich sein sun erhängkhen wurdt.
Item [s. 170, u]: Wan ichs nit erfaren het,
Wurd mir genommen waß ich het.
l ) Vermercklist du, wie übel lautt, das die zwo leisten silben
auf baiden i ahnen auff ein gleichß lauttenndt: ,keret\ ,wurd4
und ,hetl? Wiewol, er mit dem ,hetl noch grober umbget,
die 4 nach einander geenden reimen bezeugendt [s. 170, «]:
In ainem jar verzeret het,
jji) Was im sein vatter verlassen het.
Ime niemandt mer vertraut het,
Wan er kain glauben nicht mer het.
Da sieht ainer sein wunder, wievil nur in vier kurtzen
linien sendt, welches gar nit send oder doch zum wenigisten
&•> Uber 30 oder 40 versch, die trinitation [!] in het nit komen solt.
Georg. So her ich wol, die letzten reimen im letzsteu
büchlin sind nit besser wan der Wegkürtzer.
Petter. Was fragst du nur? Es ist überall haut und
har gar kain nutz, das Herbrot, der beriembtist kürschner,
selbs kain peltz darauß raachen künden. Dan seine dar me-
rende silben [!] stimt und lauttet gar nit zusamen; so send
auch die reimen gantz ungleich an der zall, also das sie
hyuckhend, ja gar lam sendt. Dan, lieber, wie stimbt ,haben4
*
1 deutlich] dienlich A 2 nit am AS 3 eins] auü AS 4
stiluenß S; stülenG A 5 genommen] gebraucht A 6 In bis er
fehlt A 7 die] das S 10 son S 12 sich] sie S 16 ainü gleich
lauttet S 23 seine S 24 lini S 25 kennen solenn A 29 be-
riembist S; berüemest A 31 stuem S; stund A
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Anhang verwandter stücke nr. I.
471
und , landen" [&. 168, 25) zusanien oder [s. 169, 15] ,gedenckhst4
unnd ,verschwendst4? Item [s. 170, u] ,thun hangen" unnd
,zu schänden1, item [s. 171, 5] ,wort4 und ,spot4, item ,herab4
und ,bald hernach4, item ,fienge ank und ,bat gethan4, item
,sahe4 und ,hiugienge4, item ,an sich setzt4 und ,lost4, item 0
[s. 172, 1] ,mü8sig stunde4 unnd ,schande4, item ,historia4 und
,von Perrusio4, item ,het gesehen4 und ,in die herberg schück-
lien4, item ,richtet zu4 und ,inn ein spruchhauß ful4 (so ge-
schech dem ainfeltigen dichter auch), item [s. 173, fi] ,stecken
ließ4 und ,unden saß4 (das were ime noch vill gesünder), item 10
.getriben4 und ,gerawen4, item ,utnbsonst4 und ,gehn muest4,
item »marckht4 und ,arg4, item ,pringen4 und gelungen4, item
fs. 174, 2rJ »sagten4 und ,miesten gen4, item [s. 175, 1) ,zu-
friden wäre4 und ,args versache4 , item ,greiöen an4 und
.abston4, item ,nieraandt geben4 und ,pracht zu wegen4, item 15
|s. 176, t] ,kainen nutz4 und ,ist kurtz', item ,sagen4 und ,er-
faren4, item ,auf dem weg4 und ,Knidtlinger staig4, item [s. 177,
X9] ,\vißen4 und ,bescheissen4 (das laut aber wissen und hats
beschissen), item ,werdt4 und ,geet4, item [s. 178, «j ,schnee
und .zager vloche4, item [s. 180, 2] ,straiP und ,algemach.4 uo
Daß alle Li mit ainander reimpt gar übel; aber ,grob dolppisch
läppen durch her blappen und wissen nit waß', reimpt sich
vil baß. Also verhaist im schennen bUchlin Montanuß aureos
nionte8, wie hoch es nutzlich sei; was würdt aber darauß?
Ain schimpfflichs kindswerckh. 20
Georg. Du hast war. Ich hab nit vermaint, das es so
gar ungeschiikht sei.
Fetter. Er kan docli durch schlechte nichts, wiewol er
in seinen beden werckhen lob begeret, man solte für ain ge-
3 zu] fehlt S 4 an] fehlt AS hats S 5 aachen AS hin-
gangen AS loat] zuletzt S 6 measig atenden S schänden S
7 het und gei »eben A8 8 zu] fehlt AS inen S ful] richtet
AS 9 stecken] seckh S; stockh A 10 under vaü AS noch will]
nit vül S 11 getrawen AS 12 pring under geligen AS 13 sag-
ten] sachen 8; sagen A 15 achatuend S; atuendt A 19 alter
schnee A 20 vloche] voldt herz A atraß AS algemacht S 21
dopplich A 27 das du gar so ungeschickt sevst A 29 baiden sei-
nen A lobt begerendts A
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472
Martin Montivnus,
schenckhts anneinen, dan er geb, was er vermeg. Wie un-
gleich send nur seine verß in iren silben ! Der ander verß
in ainer [!| reinipt also [s. 168, 4] :
Wie du in diser weit solt füeren dein leben.
;> Diser hat zwelff, und der nechst darnach :
Das es gott gevallen sei
nit uier dan sieben silben. Item [s. 178, i2]: , Weichs er
fand zugespert4, welcher auch nur sibenn, und der nechst dar-
auf: ,Jemerlichen schrey, sein fünffzehen hundert gülden be-
10 gert4, der 13 silben hat. Sichstu, wie er rissenn und zwergen
zusamen stelt? Und daß du nit mainest, ich hab die so gar
sonderlich aufgesucht und seiend sonst nit so kurtz oder lang
verß mer darinen, so setzt er [s. 171, „]: ,Ain sail nam, dar-
durch zöge1, item: ,Wan er das gelt finde1, item: , Wie er dan
15 Ii et gethan4, item fs. 173, ij: ,Die sprach was aber al umb-
sonst4, item: ,Da er kam wider heraufi4 , item [s. 175, 4] *
,Unnd sie nun zu gutter maß4, item: , Welche sie gar bald
banden4, item: ,Man schlueg ire heupter ab4, item [s. 179, )0]:
,Di8e angefangne ding.4 Welche all 7 silben und nit mer
•jo haben ; hie entgegen aber fs. 173, 24]: ,Darurab sie dacht,
wie sie das gelt von ime zu wegen bringen4 und fs. 175, J:
,Dann sie von irem ffirnemen nit wolten abston4 ; baide 13.
Item fs. 108, i2] : ,Sihe, das du dich nit zu ainem jegclichen
gesellest4; item fs. 174, i7]: ,Es waren in der herberg zwen
25 Behamer4 (deta Beheim). Wa hat ainer sein leben lang der
gleichen nomen gentile in teütscher sprach gehert! (Man
spricht sonst Beham). Item fs. 177, 2r,]: ,ln große nott, darin
manicher gesteckht ist4 , item fs. 180 , ft] : , Welches vorhin
beladen ist mit grossem schmertz.4 Die all zwelff silben haben;
:so unnd solt dennoch das letst wort schmertzlin haissen, so hett
er 13 silben. In suma, was sol ich aber sagen? Es jamert
*
1 vermüg A 7 dan] wann A 16 Das kam AS 17 Unnd]
fehlt S nun] nutz unnd S; nutz A Welcher sich AS 19 7 sil-
ben) samen AS 20 haben] fehlt AS Darumb sie dacht] fehlt AS
21 sie] sach S; sich A 22 und Dann] wolten AS wolten] fehlt BS
24 war 8 25 deß] dns A 26 nomen gentile] namen 8 27 Be«
haimb A 28 groß nott, da manicher AS Weichs AS 29 grosse
schmertzen S 30 unnd] fehlt S 31 er 13] fehlt AS aber] fehlt A
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Anhang verwandter »tücke nr. 1.
478
mich gleich selb» , das sich der liederlich phantast also mit
schreiben under die leüth last und so gar nichts kan und
weder hinder im noch vornen nichts ist. Wan man mit guttera
willen und vleiß ungleichende, übel lauttende wort zusamen
suchen und außlesen miest, kindt manß ungereimpter nit zu i
wegen pringen.
Georg. Es ist hie nit wenig zu verwuudern, das er so
keckh darff sein.
Fetter. Das macht sein grosser Unverstand. Wer er
gescheid, so thet ers nit und schemet sich. Und das ist ain 10
rechte brob, das man spricht, das er gar unwitzig ist nach
der altten lateinischen regel und Sprichwort: Jmperitiani
doctrine prodit, qui peritiam dubitat eorum, quibus fidenduui.4
Ainigung [!], damit der eilend dichter [s. 187, .»<) hat seim
hochgelertten baccalaureo zu Ulm erlaubt über sein schreiben 15
zu urthaillen. Dieweil aber die gelertten an demselben lang
zusehen und er nit herauß wil (villeicht von geselschafft das
sein verschwendt), so haben letstlich ander an die hand ge-
nomen und in vexieren miessen, das er witziger werdt; wan
,Vexatio dat intellectum.1 Der dichtet esel wurd im sonst «20
selbs wol gevallen unnd im träumen lassen, es gefiel andern
auch, und deßhalben nit aufheren büchlin zu dichten und pa-
pir znverhudlen. Darumb muß man in mit straff von seiner
torhait nemen. Ich gee jetz leite mit im umb und stretich
im nur ein fnchßschwantz. Last er aber nit darvon, so wer- 20
den die theologi hinder in komen und in recht abkeren, in
unnd seinß gleichen, die solche unzucht under die jugendt
aufwiglen, sambt irem patronen gar dem teüffel geben. Dan
hat man hievor von dem Hossenteüffel geschribenn, schreibt
man jetz wol billicher wider den schandlosen teüffel , dieweil 30
er sich nit in eüsserlichen hossen ding setzt, sonder dem in-
nern menschen daß hertz einnynipt und mit den schandtlichen
*
1 selbB] fehl A 3 ist] fehlt A 4 übel] und AS 10 schempt
er sich nnnd thets nit A 13 declina vero at (pereat A) qui perritii
dubitationem edifidenti S; ahnlich A 14 damit] nit A 20 sonst]
fehlt S 23 zuversudlen A 29 Andreas Musculus gab 1556 seine
satire ,Vom hosenteufel' heraus 31 hossen] hochen S
r
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474
Martin Montanus
schnöden begürden abgewendt, daß mich gleich wunder nimpt,
daß herr Andreas Musculus so lang schweigt und im nit
auf die bauben greifft. Er, Montanuli, würdt aber, ob gott
wil, hiufürau nimer so nerisch sein, das er mer ain buch
r, schreib, sonder daß dichten ainem hochverstendigen bevelchen;
dan eß ist bei ainem solchen bochgelerten häuften , so jetzo
vorhanden, ainem so schlechten dichter vil baß zu rathen, er
bleib hinder dem offen steckhen, dan er herfür krüech und
sein un8chickhlichcait so grob sehen last. Wan es gelten solt
10 auß lautter weibertheding oder kindermerliu, also wurd jeder
paurenknecht, er loß nur auf und merkh, was er ain winter
für schandbaren wort und unzüchtigcait her, so hat er schon
ein buch, wie Montanuß und sein gesellschafft macheudt, wa
es nit besser ist; dan es jetz mit solchem schreiben verloren.
lö Sie soltten kumen sein, da das Narenschiff und Schelmen zun fit
gemacht werden, da werden sie wol eiukunien unnd einen
namen und standt erlangen, der innen gepürt het, daß der
Montanuß im Narenschiff gubernattor und der Herbrot im
andern zunfftmaister werden.
20 Georg. Ich hab die sach vor nit recht verstanden, kann
aber jetz wol recht erkhenneu, das vil besser gewessen wer
und der Herbrott auch vil gelts geben solt, daß er geschwigen
het. Dan er inn also gelobt, das im ain schelm im stal uitzer
wer. Mir nit ainß solchen lobs, darauß jederman das gespet
20 und gehaimb [!] treibt !
Pettcr. Es hat mit dem Herbrot ain audere gestalt dan
mit ander leithen, die deß lobenb werth sendt. In hat kaiu
recht verstendiger nie gelobt. Darauß der düchter, wa er gleich
pesser geschriben , demnach zu erkhenneu geben hat, das er
au ain nar war. Ich frew mich auf den künfftigen reichstag, der
im winter zu Augspurg sol gehalten werden. Da würdt man
aber der k atzen die schellen anhenckhen, das ist im, dem Her-
brot, das bier außrieffen; dan er hat den zunfftmaistern vil
1 schnöden] fehlt S 6 bochgelerten] gelerent S so jetzo] die
jetz S 9 es] das A 10 wurd] fehlt A 15 da] fehlt AS 16
da warden S 19 worden A 20 vor] fehlt A 26 andern S
27 die] fehlt AS 30 gemeint ist der reichstag, der im marz 1559
zu Augsburg zusammentrat 82 im] mir S
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Anhang verwandter stücke nr. I.
475
neuburgerisch hier geschenckht, das sie uß im zu Augspurg
ain burgermaister gemacht. Sonder [!| das hoffgesyndt feirt
nicht, sonder thiit das maul auf und last den Fasquilluß reden ;
der darff auch die warhait sagen und niemand dartimb ansehen.
Georg. Sols aber gut sein die leith der massen ußzu- 5
sehenden ?
Fetter« Ja, wan ain solcher mau je kain gewissen hat,
daß er sich seiner besen stuckh weder vor gott fürcht noch
vor weltlicher straff entsetzt und von seinen übelthatten nit
ablassen wil, so thut Fasquilluß recht, das er in vor der ge- 10
maine, das ist allermenigclich außriefft, beschrait macht und
sein boßhait an tag gipt, ob er sich doch eben deß öffent-
lichen leumunds und berichtigenß schäme, wan sonst nichts
helffeu wil.
Georg* Ich het bißher alweg geren deß Herbrotts sachen 10
guet gesehen, find aber je lenger je uier, das sein büeberey
znhandt nimpt, außpricht und so grob alß der baur an der
gunn en am tag ligt, daß manß mit nichten uier veranttwortten
noch beschennen daran kan. Darum b wil ich in hinftiran
auch nimer underthedingen. 20
Petter. Du hast recht. Behiet dich gott!
Georg. Und dich auch!
2 freit S; feürt A 8 hosten A furcht] fehlt S 9 vor]
der S; fehlt A 10 ablassen] absteen A gemainen S tl be-
schrait macht] fehlt S 13 schann] schon da A 22 dich] müch 8;
mich A.
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476
Martin Montanas,
IL (zu Wegkürzer cap. 1).
Par pari relatum.
(Nicod. Frischlini Facetiae, Lipsiae 1600 p. 10 [nr. 24].)
Ado!esceri8 rusticus praedives amabat bubulci filiam eique
5 matrimonium promittebat, si ea potiretur et ipsa sileret. An-
nuit puella; et mane ab amatore consurgens matri rem aperii
iubetque illara sequi patrem et nna pascere pecudes, dum satis-
faciat ipsa vicini filio et in matrimonium eat splendidum. Sed
adolescens subauscultans omnia percipiebat.
io Pater adolescentis, cum animadverteret illum amore pau-
perculae irretitum, dat ei aliam uxorem bene dotatam. Cele-
bratis nuptiis accurrit pastoris filia et cum sponso ante in-
gressum templi expostulat, sed proraissa dote turba componitur.
Noctu sponsa interrogat sponsnm suum t quidnam illud
15 concertationis fuerit. liefert ille rem, uti gesta fuerat. Sponsa :
.Proh deum', inquit, ,quam stulta et garrula fuit huius pastoris
filia! Servus parentis mei biennio mecum rem habuit, neque
ego cuiquam bomini praeterquam tibi nunc primum aperui.4
III. (zu Wegkürzer cap. 2).
aoUxor vinitoris fiugit se intirmam nec vult comedero
cum eo.
(G. Hulßbusch, Sylva sermonum iucundisairaorum 1568 p. 174 — 178.)
In oppidulo Elsatiae morabatur vinitor tenuis conditionis,
cui elegantissima fuit uxor. Et licet nihil habuerit, nisi quod
2.» improbo labore manuum suarum nanciscebatur, tarnen hoc pro-
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Anhang verwandter stücke nr. II — III.
477
curavit uxor, ut suo crasso ventri bene provisum fuerit, quo-
quo modo cum viro ageretur. Mane cum vir adiisset vineam,
surgebat ac aptabat sibi boni quid, deinde coxit viro pultem
avenaceam vel similem secundarium cibum neque voluit ullo
modo comedere cum eo, sed fingebat se male babere nec posse 5
comedere.
Cum hanc viam diu trivisset, non videbatur vinifcori eam
vivere ex aere neque crassum illum ventrem nutrire inedia,
cogitans, qua via poaset rescire, quid ageret uxor. Surrexit
uno dierum summo mane dicens, se velle adire opus suum, iu
ipsa adferret ad edendum hora praetixa; ad quod libens con-
sensit. Reclusit autem se in cubiculo, unde prospicere posset,
quid ageret uxor in culina.
Circa horam octavam surgit illa, excitat ignem in coquina
constituit sartaginem super ignem cum butyro, in quo indidit 15
duodecim ova more solito. Deinde capit ollani mensurae unius,
[175] capit et mundum peplum , quod indit superne in vas
vini (nam vir epistomia maiorum vasorum absciderat) expri-
mens illud in ollam suam, repetens id toties, usque dum im-
plesset illam. Interim quod uxor erat in cella vinaria, prodit ao
vir et indit in sartaginem adbuc octo ova, recurrit cito in
pristinum suum locum.
Postquam redierat ex cella vinaria, adiungit se ovis, in-
corporat ea mediatim, hoc facto capit commodum baustum vini,
repetit ova, quorum comedit adhuc duo. Cum non posset plura *&
comedere, coepit apud se conqueri hoc modo: ,An valeo ego
male aut incipio iam declinare? Solebam enim antehac Semper
exedere totum V
Has querelas ingeminabat aliquandiu , quas audiens vir
putabat iam tempus esse consecrandi ova. Capit snccinctorium :tu
uxoris, quod forte reperit ibidem, aptat sibi idem loco super-
pellicii, armat se fuste quercino, descendit ad uxorem dicens:
Video equidem te valde infirmari nec tarn bene comedere ut
ante , neque quid magis instet tibi quam mors. Sed ne de-
cedas non consecrata, a deo raissus sum auditum confessionem
tuam. Quo dicto arripit fustem quercinum, perstringit eius
Iatera eo modo, ut potius mortui quam viventis referret ima-
ginem, atque ita relinquit eam et accedit opus suum. Kever-
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478
Martin Montan us,
titur tarnen quam primum et coquit sibi ipsi; nam sciebat
uxoris cocturae non esse fidendum.
Sollicita erat uxor, quomodo posset hanc iniuriam vindi-
care, dissiraulavit tarnen eam. f 1 7(5]
5 Contigit autem quodani die vicinos simul adesse uxori et.
nescio quid non ludorum genus exercere. Inter caeteros ludos
cogitans uxor, tempus adesse se vindicandi, quaerit, nam ve-
lint ludere absconsionem. Consensit vir. Illa suadet viro,
indat se sacco, ita non reperietur. Patitur hoc vir putans se
10 hoc modo rite absconsum iri. Videns uxor eum in sacco con-
stringit eum ilico ligaculis, currit quaesitum baculum, inungit
eum eodem, ut iniuriam a se passam ulcisceretur.
Postquam iam satis percussit virum et vindicata videbatur
injuria, cogitavit, si vir liberatus esset, occideret eam. Quare
i.» accedit praetorem linquens virum in sacco, conqueritur ei tot um
negotium obsecrans, velit sibi assistere mittens pro viro, velit
iubere, obliviscatur iniuriae nec recompensare.
Praetor, vir alioqui subtilis, risit affatira super negotio,
mittit servum pro vinitore; qui reperit eum adhuc in sacco,
sosolvit ac ducit eum coram praetore. Vinitor videns ibidem
uxorem suam accusat eam; illa defendit se, quantum potest.
Auditis longis illorum altercationibus imposuit eis silentium ;
primo iussit mulieri abstinere a delicatis cibis, deinde viro in-
iungit, pro eo, quod praeterita nocte designaverat uxor, nihil
2:>illi retaliare percutiendo, trudendo uec vira inferendo. Quod
coegit eum promittere; et ita rediere simul.
Vir autem videns se circumventum a rauliere, volvens
animo, quomodo posset [177J ulcisci iniuriam nec transgredi
praeceptum praetoris. Obtulit se casus, ut unus vicinorum
m dnxerit uxorem invitatique sint ambo ad nuptias. Post coenam
agitantur choreae , et in ipsis choreis subit illi, tempus esse
se vindicandi; tripudiat [cum] illa, volvit ac revolvit eam,
donec essent prope gradus. Rapiens deiicit eam ex gradibus
linquens pro semimortua ac redit domum.
:r, Postquam redit illa ad se, festinat praetorem accedere,
quid nocte praeterita factum sit, narrare. Ille apud se ridere
*
7 quaerit uxor num
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Anhang verwandter stücke nr. III— IV.
479
iudicans illum recte fecisse; mulieri vero vultum severiorem
ostendens pro vinitore mittere, culpare non observati praecepti.
Vinitor, ut qui bene observasset mandatam praetoris, respon-
dere: ,Ne ego eam vel percuterem, truderem neu vim inferrem,
mandavit mihi praetor. Mandatuni hoc ego sedulo observavi,
iniuriae mihi factae ne memini quidem. Nocte praeterita
egimus una choreas, et in circumiiciendo excidit mihi ex bra-
chiis. Si nimis gravis erat, quae culpa erat in rae, aut cur
non raansit superne? Quare, domine praetor, spero me va-
care culpa nec plecti meruisse. Si mali quid accidit, aua culpa 10
factum est.4
Audita vinitoris responsione laetatur praetor super excu-
satione sua (co actus enim fuisset alias animadvertisse in enm),
absolvit eum ac liberum dimittit. Ad quod ringit uxor, redit
domum cum eo, viventes posthac quietius. Videbat enim se 15
nihil proficere, sed potius obnitendo contra mentein la-fl78]
pidem in se Semper ruere et praetorem potius coniugis partium
quam suarum faufcorem esse.
IV. (zu Wegkürzer cap. 5).
Wartim die Schneider so stoltz. ^
(Der geist von Jan Tambaur, o. o. u. j. (um 1690) b. 266—273).
För zeiten begab sichs, daß eine jnngfrau vor einem
schneiderpursch vorüberging und hatte einen korb voll äpffel.
Wie nun unter diesen Schneider gesellen einer war, der das
mägdlein kennet, giebt er ihr einen freundlichen blick; das.-,
wirfft sie ihm einen apffel zu. Denselben leget er neben sich
ans fenster, und weil es schon mittag war, ward er zur mahl-
zeit beruffen, lasset also den apffel liegen und gehet zum essen.
Wie er nun gessen hatte und wieder zu seiner arbeit gehen
will, siehe da haben sich [267] unzehlich viel fliegen auf den :to
apffel gesetzt, sich zu erlaben. Da wird der Schneider im zorn
erhitzet und fasset in der fury einen läppen und schnieisst in
allem grimm auf die armen fliegen, daß ihrer sieben das leben
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480
Martin Montanus,
einbüssen. Wie das der Schneider ersiehet, wirfft er die nadel
und fingerhut von sich, laufft hin und lässt sich einen schönen
wohl auspolirfcen hämisch machen und mit güldenen buchsta-
ben darauf schreiben diese folgende wort: ,Sieben erschlagen
ö in einem streich, das mag ein wunderbar kriegsmann seyn.1
Damit reiset er davon, sein heil zu versuchen.
Wie er nun ferne gereiset, aller müde ward, kömmt er
eben vor einen königlichen hoff, da legt er sich auff die erden
nieder zu schlaffen. Und wie er also ausgestreckt da lag, be-
10 gibt sichs, daß etzlich von hofe da spaciren gehen ; da werden
sie diesen helden gewahr, gehen leise hinzu, lesen die schrifft
mit höchster Verwunderung, und dorftt sich niemand erkühnen
ihn aufzuwecken, sondern gehen hin und meldens dem könig
au. Der könig befiehlt, man soll achtung darauff haben, wann
ir» der held erwacht, daß derselbe nicht etwa vorüber passirte,
sondern solten ihn zu hof fordern.
Wie nun dieser held erwachet, ward er von des königs
bedienten freundlich angeredet und gebeten, er wolle ihnen
allerseits die ehr und freund schafft [268] erzeigen und den
lh) königlichen hof besuchen, sintemal es des königs wille wäre.
Also lasset er sich erbitten und gehet mit ihnen; da ward er
gar wohl empfangen, lieb und werth gehalten. Es waren aber
viel vornehme cavalliers am hofe, die all gern gewust hätten,
woher und was die ursach der gtildnen buchstaben auf dem
£i hämisch bedeuten ; es war aber keiner so drist, der den ver-
meynten helden darum besprechen dorffte. Das glück aber
wolte dem Schneider so wohl, daß der könig ihm seine tochter
zusagte; dann der könig liebte ihn sehr. Weil aber allezeit
bey einem engel ein teufel und bey der kirchen ein capell
ao ist, als geschah hier auch. Daun die tochter war ihm nicht
so wohl als der vater gewogen; darum bat sie den könig,
ihren vater, er wolle doch ihren bräutigam einmal auf die
probe stellen, damit man erfahren möchte, was er vor ein
held wäre, damit sie wüsten, wessen sie sich ins künfflige zu
ihm zu versehen hetten ; dann sie könte ihn eher nicht lieben.
Nun hatte der könig zu der zeit ein einhorn in seinem
lande, welches dem reisenden mann und sonst den menschen
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Anbang verwandter stücke nr. IV.
481
grossen schaden zufügte und hielt sich im nächsten walde auf.
Da sprach der könig zu Freymod (dann so nannte sich der
Schneider) : , Lieber künftiger eidam, wir zweifeln nicht an dei-
ner tapfferkeit, weil [269] wir derselben vorlängst gesichert
seyn. Darum bitten wir dich, daß du uns das einhorn, das 5
in unserm lande ist und sich vornehmlich in dem nächsten
wald aufhält, entweder tödten oder lebendig fangen wilt. Als-
dann solt du meine tochter zum weibe haben.* Es war aber
von des königs räthen wie auch von des königs tochter also
angestellet; denn sie Freymod nicht zum besten gewogen. w
Wie nun Freymod des königs meynung vernam, schickt
er sich zur reise ; dann er hatte des königs tochter sehr lieb
Waget derowegen sein leben und gieng in den wald, nahm
nicht mehr als seinen degen und einen strick zu sich. Wie
er nun lange in den wald hin und her gangen war, da wird 51
er das einhorn gewahr, welches von fern in voller furie auf
ihn daher lauffen kömmt. Der gute Freymod hatte nicht
lange zeit sich zu bedenken, stellete sich geschwind an einen
dicken bäum. Wie nun das einhorn in so schneller eile auf
ihn zuläufft, in meynung ihn durch und durch zu lauffen, da 20
säumet er sich nicht lange, und weil er doch leicht auf seinen
füssen war, sprang er geschwind beyseit. Also lieff das ein-
horn in solcher schnelle sein horn fast halb in den bäum,
daß es dasselbe nicht wieder zurück ziehen könte. Da sprang
Freymod geschwind herzu und nahm sein strick und schnüret 02
ihm die kehle zu, daß es [270] kein luft haben könte. Doch
wolte ers nicht tödten in betrachtung, er mehr ehre davon
haben würde, wann ers lebendig dann todt gefangen und sich
dessen bemächtiget hette; band ihm demnach alle vier füsse
zusammen und ließ also liegen, gieng zum könig und sagte: ao
,Seine majestät wollen das einhorn holen lassen. Dann ich
hab es (sagt er) bei allen vieren zusammen gebunden.4 Da
sendet der könig wagen und pferde hin und ließ es mit Ver-
wunderung gen hofe holen. Nach diesem ward Freymod des
königs tochter vermählet. 03
Da sie aber noch nicht lange mit einander gelebt hatten,
*
1 hält A
Montunus
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482
Martin Montanus,
da begibt sichs, daß dem Freymod im schlafe vorkam, wie er
mit seinen werckgesellen sitzet und nähet, und rufft überlaute:
,Mein gesell, nähe doch fort, daß das kleid fertig wird ! Dann
der mann muß es morgen haben.4 Wie nun des königs tochter
5 ihren jungen eheherrn in solcher phantasey reden höret, merckt
sie bald, wie viel es geschlagen, und ward ihm gram, wüste
aber nicht, wie sie ihm thun soite. Zuletzt gedachte sie den
dingen nach und sagte zu ihrem eheherrn : .Mein allerliebster,
ich hörte euch diese nacht reden , wie ihr das grosse wilde
io schwein, das so viel leute ums leben gebracht, getödtet, wor-
über ich so froh ward, als wann es schon geschehen wäre. Als
zweifle ich auch nicht dran, weil ihr das ein-[271]horn gefangen
habt (welches mehr ist, als wann ihrs getödtet), ihr werdet
das schwein auch leicht bezwingen. Darum, mein allerliebster,
15 will ich euch um unserer liebe willen gebeten haben, ihr wollet
doch das schwein aus dem wege räumen. Dann mich erbarmet
der armen leute, die all bereit so schändlich um ihr leben kom-
men seyn, und befürchte dessen noch mehr Unglücks. Werdet
ihr mir nun hierin zuwillen seyn, so werde ich daraus erken-
2onen, daü ihr mich liebet.' (Sie gedachte aber sein los zu
werden).
Freymod, der seine junge königin sehr liebte, gedacht:
,Tst es dich mit dem einhorn gelungen, wer weis, es mochte
dich mit dem wilden schwein auch gelingen.4 Und macht sich
25 auff die fahrt, seiner liebsten zu willen zu leben , und nahm
zu sich ein strick und spieß; damit geht er in das geholtz,
das ihm benennet ward, da sich das schwein aufhält. Wie er
nun in das geholtz kommen war, ersiehet er eine kleine capel,
gehet in dieselbe und befand an dem mist, daß sich das schwein
J*> da zuweilen auffhält. Gedachte demnach, wie er der Sachen
thun wolt, und band seinen strick an die thür und wartet
des schwein. Siehe da kömmt es daher gelaufen an den ort,
da das fenster war; da blieb er in der capell stehen. Da
springt das schwein zum fenster hinein, Freymod zur thür
35 hinaus [272J und machte die hinter ihm zu. Das schwein
wieder zum fenster hinaus und will von der andern Seiten
diesem beiden zu leibe ; der springt geschwind wieder zur thür
hinein. Weil aber das schwein mit ihm hinein drang, springet
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Anhang verwandter stucke nr. IV— V.
483
er zum fenster hinaus; dann er war leicht auff seinen fttssen.
Da will das schwein wieder zurück aus der thür; aber Frey-
mod hatte den strick in der hand, den er an die thür gebun-
den, damit zog er die thür zu. Da sprang das schwein ihm
nach zum fenster hinaus; damit hatte Freymod seinen spieß o
parat und hielt das dem eber entgegen ; also sprang der eber
selber in den spieß, daß ihm derselbe durch den leib gieng,
daß es davon zu der erden fiel.
Gieng also Freymod mit freuden wieder heim und be-
richtet seiner liebsten und dem könig, daß er das schwein 10
gefället. Der könig verwunderte sich hierob zum höchsten,
und war ihm sehr lieb, daß das schwein getödtet war; dann
der könig kont es zuvor mit seinen leuten nicht tödten, weil
man zu der zeit noch von keinem geschuß etwas wüste. Dar-
um ward Freymod vor einen braven heiden gehalten , und 15
seine gemahlin hielt ihn hernachmal lieb und werth.
Also überkam der Schneider und behielt des königs toch-
ter. Darum ist kein wunder, daß die Schneider sich noch heut
zu tag so patzig und in kleidern fast [273 1 edelmännisch hal-
ten. Freymod lebte darnach mit des königs tochter lange 20
zeit in gutem fried und ruhe; und da sie nicht gestorben
mögen sie noch wol leben.
V. (zu Wegkürzer cap. 6).
Sanct Peter mit der Hochzeit.
Tn der lewenweis Peter Flaischers. 2i
(Meisterlied Sebastian Hilprants, gedichtet 1552, den 10. hornung
Aus der Dresdener hs. M 5, s. 346).
1.
Nach dem und unser herr noch hie auf erden
Umb ginge mit ganz menschlichen geberdeu, :»
An einem abend spate.
Als er war gangen fcrr,
Käme er in ein atate.
Sein jünger sprachen: .Herr,
*
16 ihm A 17 behält A
31*
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Martin MontanuB,
Wiltu die nacb[t] beleiben an dem orte,
So wöllen wir gehn und brot kauften forte,
Das wir zu essen haben,
Uns weret hungers not,
Unser herzen zu laben
Allesamen on spot.'
Er sprach: ,80 geht hin und brot kaufft,
Wie ir habt für genuinen!4
Zu Petro kam einer und schnaufft,
Bat in, das er wolt kumen
In sein hauß, dann er het ein netz zu flicken.
Petrus gedacht: ,Die sach wirt sich recht schicken.
Dann er ein fischer wäre
Gewesen also frei,
Und er kund ganz und gare
Wol mit der fischerei.
2.
Die anderen beliben in der state.
Das arme volck denn herren fleissig bäte.
Das er denn tag belibe
Bei inen recht und gut.
Aber Petrus der dribe
Beim fischer sein hochmut.
Der fischer saget im, wie ein hochzeite
In der statt werden wurd mit froligkeite
Drum zu dem herren ere
Ging und zeiget im an,
Wie das ein hochzeit were,
Darauf so wolt er gan.
Der herr sprach: ,Peter, versteh du,
Die nacht det ein mann sterben.
Heut geht man herum mit unru,
Dut leut zu der leich werben.
Wir wollen darmit gehn allsande/
Petrus antwortet dem herren zu hande:
,Auf die hochzeit ich wile
Und gar nicht zu der leich,
Mit andren leuten wile
Leben gar freudenreich.1
3.
Der herr saget: .Petrus, volg meiner lere!
Geh mit der leich, fliehe die vollen sere;
Dann sie sind ungestüme,
Anhang verwandter stücke nr. V— VI.
485
Wöllen dot haben als.4
Petrus sprach widerüme :
,Ich geh dahin nach mala.'
Er wolt nicht folgen, ging auf die hochzeite.
Der herr dete im ein gute schalckheite, ö
Das er am mantel drnge
Ein sackpfeif hinden dran.
Ids wirtshauß er bald zuge,
In empfing fran und man.
Sie sprachen: .Pfeif auf, mach ein danz! W
Wir wollen frölich springen.'
Petrus sach sie an zornig gantz,
Marret ob diesen dingen,
Hiß sie voll lauren, narren und vol dropffen.
Bald deien sie im seinen köpft zerklopffen 15
Mit feuaten und sein hare
Raufftens im auß mit gwalt.
Bupfften in platet gare.
Drum man in glatzet malt.
VI. (zu Wegkürzer cap. 13). ao
Einer singt eim wirth ein lied für die zech.
(Meisterlied Ambrosius Metzgera, in dem frischen thon Georg Wiek -
rams, am 5. januar 1626 gedichtet Aus dem Göttinger cod. philol.
196, s. 128.)
L sa
Als auff ein zeit
Ein wanders g'aell
In einer jahrkuchen einkehrt
Was vom weg weit,
Matt ward sein seel, w
Der hunger ihn hett hart versehrt,
Auch klebt die zung an seinem gauni,
Wegen des dursts, der ihn mit g'fahr
Eing'nommen hett ohn allen räum
Und er sich itzt gesetzt zu tisch,
Er alsbald begert ein trunck frisch.
18 Eine andre Ursache der kahlköpfigkeit st. Peters führt Hans
Sachs 1551 in einem meiaterlicde von Christus und Petrus als dreachern
(Zs. f. vgl. litgeseb. 7, 453) an, wie ler eine andre Schönwerth, Aus der
Oberpfalz 3, 300 (1859) und De Mont en Cock, Vlaamsche vertelsels
2898 p. 129.
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480
Martin Montanus,
Wie ihm der itzt gereicbet dar,
Er bald
Zu essen was begeren war.
5 Schnell und geschwind
Auff des beger
War der jahrkoch geschafft ig fast,
Befahl seim g'Bind
Zu tragen her
10 Alles, was begeret der gast.
Da nun die zech gerechnet gar
Und der gast nicht zu zahlen hett,
Er dem jahrkoch aubieden war,
Für die zu singen ein liedlein,
l.j Der ihm sagt, wen daß selb würd sein
Also, das ihm8 gefallen thet,
bezahlt
Solt sein dieße zech an der stett.
3.
*
20 Lieder ohn ziel
Sang er da her,
Und keines auß derselben schar
Dem wirth gefiel.
Sein seckel er
2;, In die händ faßt und singen war:
Mach dich aulF, liebes peutelein
Dan itzt vorhanden ist die zeit,
Daß der wirth will bezahlet sein.'
Zu welchem gsang der wirt vermelt:
:jo 'Das liedlein mir sehr woll gefeilt.'
Der gast erfreud ward ab dem b' Scheidt,
Der g'stalt
Kr sich zu dem abschied bereit.
VII. (zu Wegkürzer cap. 14).
Cur canes odorent se mutuo sab cauda.
(Hulsbusch, Sylva sermonum 1568 p. 181 f.)
Olim convenit male inter fei es et canes; eines enim j»u-
tabant feles admissuras eis potiores partes in comedendo et
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Anbang verwandter stücke nr. VII— VIII.
487
similibus ; quod tarnen nolebant concedere feles, sed defeodendo
se aduncis suis unguibus obtinuerunt potiores partes.
Quae res supra modum displicuit canibus, ac communi
consilio adeunt gregatiui regem eorum in longinquis re-[182]
gionibus significantes ei rem omnem et causam adventus ip- 0
sorum simulque impetrantes privilegia contra feles. Rex eorum
considerans longinquitatem itineris et multitudinem illorum
dotavit iilos fortibus privilegiis, ita ut canes in posterum prae-
cederent et haberent potiores partes, feles vero secundas.
Cum iam fere rediissent domum, venere ad niagnum 10
flumen, in quo non erat pons nec ponto, quo potuissent trans-
vehi. In magno erant constituti discrimine nescientes, quo
pacto servarent literas a madefactione. Tandem concluserunt,
ut unus eorum haberet eas sub cauda sua, atque ita manerent
illaesae. Dederunt literas uni sub cauda, iinmiserunt se in 1»
aquam et tranarunt omnes. Verum nescio, quo pacto ne-
glexerit is, qui habebat literas, negocium sibi commissum,
quod exciderint literae et fluxerint secundo flumine nemine vi-
dente. Cum autem tranassent, non reperierunt literas, cir-
cuibant et odorabant se mutuo sub cauda nec invenerunt. 20
Ob haue causam odorant se mutuo adhuc putantes se
reperturos literas. Sed verendum est, ne frustrentur.
VIII. (zu Wegkürzer cap. 14).
Der krieg zwischen meußen, katzen, ratzen und
hunden. 20
(A=Flugblatt des Nürnberger illuministen Albrecht Glockendon
in querfolio (Gothaer sammelband 2, 177). Auf dem holzschnitte er-
blickt man links einen mann, der eine geschlachtete kuh auanimmt;
zu ihm kommen zwei hunde mit bütten. Dann folgt die schlacht zwischen
den hunden und katzen (feldzeichen drei würate und drei fische) und :w
die zwischen den katzen und ratten. Ganz rechts enthauptet eine ratte
eine katze, der die äugen verbunden sind. Im hintergrunde drei zettel,
auf denen die könige der hunde, katzen und ratten sitzen. — Unter
dem texte von A verzeichne ich die abweichungen eines Frankfurter
nachdrucks (B) von Anthony formschneyder (im selben Gothaer sam-
melbande 2, 239): 4Newe zeytung vu aygentlich kuntschafft, auü was
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488
Martin Montanas,
vrsach, die Hundt, Meuß, Ratzen, vnd Kateen, ein sölch lang zeit, von
Noe biß auff dise stund, sölch grossen haß z'i samentragen, den kein
mensch, wie mechtig es ye lebt vnd ynier leben mag, verrichten hat
mQgen, vnd biß an den Jfln[g]sten tag, nit verricht mag werden.1 Der
o Holzschnitt von B ist eine kopie von A im gegensinne; der kopist ist
wohl Anthony Corthoys, der um 1580 thätig war.)
Nun hört von wunderlichen gschichten,
Ein krieg, den niemandt kan verrichten,
Zwischen meußen, katzen, ratzen und hunden,
io Die einander thon verwunden!
In heusern, kirchen, auff der gassen
K (innen sy ir zwitracht nicht lassen,
Und wenn sy haben ein hochzeyt,
So seind ir allweg vil bereit;
15 Von jung und alten, klein und groß
Laufit durch einander ein grosser stob,
Schwartz, graw, rot, gescheckelt und weissen,
Die klaider sy einander reissen.
Die prawt so vil hund an sich henckt,
Ir keiner an sein mutter denckt,
Thond ir zur hindern reyhen schmecken,
Gar mancher thut daselbst bestecken.
Darnach die andern hundt zu lauffen,
Da wirdt ir dann ein grosser hauffen,
2.- Da hebt sich schreyen, peissen, peulen,
Gar mancher nach der prawt thut heulen.
Wenn ir dann vil zusamen kommen,
So sagens, was in sey genommen
Ein grosser nutz und gerechtigkeit
^ Wol durch der katzen hinlossigkeyt.
Darumb seinds an einander feindt,
Kain könig, fürst, berr den krieg vereint.
Nun höret zu, was es doch mach
Und was doch sey die recht ursach !
<^ Noe thets mit freyheit begaben,
Des viechs ingreusch solten sy haben,
Die lung, leber und kudelfleck,
7 geschichten 9 meuß, ratzen, katzen 10 Die aneynander
11 und auff 12 nit 15 alt 17 grow gescheckelt braun und
18 zu reissen 19 so] fehlt 21 Und thun zu der 25 peylen 27 denn
30 Wol] fehlt hinleßigkeyt 31 sein sie einander 82 Kein keiser,
könig noch herr 33 hörent 35 Noe sie mit f. thet 36 Das
sie es alles solten haben 37 Das gelüng wanpel und
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Anhang verwandter stücke nr. VIII.
489
Darinn gewo[n]lich ist der dreck,
Von khuen, kelbern, ochsen und schwein,
Das solt alsamen allein ir sein.
Darüber hetten sie ein schrifft,
Vnd war in alles wol verbriftt. ö
Es fieng sich an an einer faßnacht,
Das man den hunden gar vil bracht
Des ingewaids ein grossen hanffen.
Einer sprach: ,Wir wöllens nicht verkauffen,
Es bleibt uns wol on allen schaden/ 10
Der ander sprach: ,Wir wöllen laden
Die katzen zu uns in die rastung
Und wöllen haben ein Frölich gastung.'
Des Stossen hund daucht es auch gut,
Sie wolten haben ein guten mut. lo
Katzen und hund Bassen zu tisch,
Sie lebten wol und waren frisch,
Die hund mit pellen und mit gauntzen.
Die katzen theten darunder rauntzen
Und heten do ein frölich wesen. 20
Die hnnd Hessen die katzen lesen
Iren brieff mit dem sigel breit,
Von wann in kern solch groß freyheit:
,Von einem Fürsten über mer,
Der gab uns disen brieff so her 4 ä>
Da die malzeit schier het ein end
Das [!] Nopen hund sprach gar behendt:
,In freundtschafft wöll wir mit euch walten,
Wir bitten euch, wölt uns behalten
Der [!J freyhaits brieff mit seinem sigel. 30
Bewart in baß dann mit eim rigel!
Wann daran ligt unser freyhait gar.«
Ein katz Stichan gieng hin fürwar,
Het mit den andern katzen rath,
Wie sie den brieff behielten drath,
Das er wer wol versorget doch:
Sie schoben in [inj ein meuß loch,
Do solt er wol hebalten sein.
Die meuß die lieffen auß und ein
Und kifften von dem brieff fürwar. ^
Darnach kam faßnacht über jar,
Do schlug ein armer man ein khu.
3 Das es allein als ir solt 9 nit 18 bellen 21 da 27 Des
Lochen 30 Der freiheyt 31 biß dann 37 schuben 38 Da 42 Da.
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4'JO
Der hund kamen etlicb daran,
Sie sprachen zu im : ,Merck ans eben,
Das in^ewaid soltu uns? geben,
Und du »ölt es wol wissen «war,
5 Wir haben brieff und sigel klar,
Das es ans alles ist zu geben,
Das wir die faßnacht auch wol leben.'
Er sprach: .Bring brieff und sigel her.
So gib ichs euch on alle wer.'
lu Des Reiben hund schickt hin gar bald,
Wie im geschech grosser gewald,
Das in die katzen den brieff geben
So gar on alles widerstreben.
Die katzen Helfen eylend doch,
ir> Suchten den brieff in dem meußloch,
Da betten sy in gar zupissen.
Sie sprachen: ,Hat uns dann beschissen
Der teuffei mit dem brieff und hunden!
Nun weren wir zu kainen stunden
2i> Kain frid haben zu kainer zeit,
Wenn sy verlieren ir freyhait.'
Ein katz sprach: ,Wie sol wir im thon?
So wöll wir auch der meuß nit schon
Und wöllen sy darumb erwürgen
25 Und dafür nemen kainen pürgen,
Soll wir der hund freundtschafft enperen.
Sie gaben uns in hohen eren.'
Die hund die waren laydig all:
,Ach we des jamers und des [!] quall,
:K) Das uns die katzen hand verloren
Den brieff, das thut uns pillich zoren.
Das wöll wir bringen an ein ent
Gen Schweinaw an das perlament.
Das wir die freyhait wider gwinnen.'
% Schickten den minsten hund von hinnen,
Solt in die freyhait bringen wider.
Den haben sie fürwar auch sider
Gesehen nie zu kainer fart.
Ks ist auch noch aller hund art,
40 Kompt in ein stat ein frembder hund,
So lautft ein gantzer stoß zu stund
*
4 es] das 8 bringt 11 geschehe im 19 werden 22 solin
23 wöllen 26 entperen 29 Au we der qual 30 han 31 billich
32 wöln wir pringen on 33 berlament
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Anhang verwandter stücke nr. VIII.
191
Und schmecken im hinden für das loch
Und fragen in als baldt darnoch,
Ob er in bring den brieff vom mer,
Den in sol schicken der mechtig her.
Der frembd hund spricht bald: ,Nain ich zwar,
Ich bring euch [k]einen brieff von mar;
Parzu ist mir die each zu schwer,
So weyt zu ziehen über nieer.'
Also seinds urab ir freyhait kommen,
Doch haben sy in für genommen 10
Mit den katzen ein krieg fürwar;
Des gleichen auch die katzen zwar
Seind mit den meusen einig nicht:
Niemand der dreyer krieg verricht,
Ligen in drey hauffen zu feld, 15
Ein yede8 her in seim gezeld,
Und rüsten sich die hauffen frey
Zu füß und roß mit pulfer und pley
Und werden yetzt ein Schlachtung than.
Vier vogelhund werden hauptman, 20
Des Stichen hund wirdt sein profoß,
Des Noppen hund bestelt zum geschoß,
Des Scheuben hund wirdt fenderich,
Der webel heist Frölich drein stich.
Von Spalt ein hund geboren war,
Der selb wirdt seckel maister zwar.
Ir Schreiber heist Woldran von Kölen,
Ligt dauß zu Werd in einer hölen.
Der droß ligt gar heimlich verborgen
Zum Schopperßhoff in grossen sorgen. 30
Sie haben den verloren hauffen
Gen Marr in graben lassen lauffen.
Da selbst wil ichs beleiben lau,
Biß ich noch weiter kundtschafft han.
2 darnach 3 pring von meer 5 nein ich (main ich A)
6 keynen 9 sind sie 15 zu dreyem deyl imin feldt 16 ydes
17 rüstent hauffen drey 19 ytz 21 Des buttern 23 Des
schewbein 24 Waybel 26 wurd 29 verporgon 34 noch fehlt
35 Anthony Formschneyder zu Franckfurdt.
^ Albrecht Glockendon Illuminist.
*
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192
Martin Montanus,
IX. (zu Wegkürzer cap. 14).
Ursach der hund und katzen feindschafft.
(Meisterlied in der brieffweis Bart Regenbogen. Aus der Dresdener
handschrift M 5, s. 235 (A); die Varianten (B) aus der Weimarer hand-
ö schritt Quart 569, bl. 156a, wo am Schlüsse die Jahreszahl 1592 steht.)
1.
Ks ist ein frag, wo doch die feindschafft kume her,
Das hund und katzen einander sind so gefer.
Nun schweiget, so sag ich euch hie die rechten mer,
Von wannen diser haß entspring;
Das ist nicht on Ursache.
Da Noa von dem engel gotes erlaubt wart
Zu essen fleisch der thier, des vormals war gespart,
Do waren die hund der menschen diner gerechter art.
Darum ward inen ein geding
Durch ir nuten und wache,
Das man von al thieren, so man det schlagen,
Inen ale zeit geben solt des ingreusche schlecht,
Lung, leberen, kröü, hertz, miltz (verstet recht).
Des namens von Noa ein briff zum zeugnis (secht),
Wo inen in dem spruch mißling,
Das sies möchten beklagen.
2.
Eins mals ein faßnacht begab es sich, das
Iderinan gar ser vich schlug und auch frölich was,
Heten die hund des eingereuschs über die mas.
Darum deten sie auch hernach
Die katzen zu in laden.
2 Die feindtschafft der hund und katzenn B 7 wo doch] von
wan B 8 gfer B 9 sag] bescheidt B hie die] der B 10 ent-
springt AB 12 Noa] vor B gotz erlaubet B 13 der thier]
fehlt A war] was B U gerechter] nach irer B 15 so wart in B
gedingt B 16 huettung B wachen A 17 allen thieren, die
man schlüge B 18 In allzeit B ingereische gar B 19 leber B
miltz und ingeweidt, nembt war B 20 namen sy ein brief von,
merckt offenbar B 21 Wie in nun an B 22 Das in geschieht kein
gnuege B 24 Nun merckt, eins mals zu einer faßnacht sich das B
25 Das jederman vil viches B auch] fehlt B 2ü Da wurd den
hunden ingereisch B 27 Darnach da wurden sy zu rat B 28 zu
in] all zu b
10
lö
2U
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Anhang verwandter stücke nr. IX
193
Weil auch mit in der menschen diner weren sie.
Fro waren die katzen and kamen zu in hie.
Lebten den gantzen dag in hohen eren ; die
Hund baten die katzen on schmach,
Dieweil sie alle gaden 5
Durch ir behendigkeit möchten ersteigen»
Das sie sich ihres brifs auch wolten nemen an
Und inen auch den selbigen verwaren schon.
Die katzen sprachen : ,Das sei euch zu lieb getan.'
Ein katz name den brif on räch, 10
Sie kundt sich höflich neigen.
3.
Die katz sprach: Den brif ich dreulich behalten sol.'
Die in denn wo)t nach irer art versorgen wol,
Schub den in ein loch, das war der meuse vol. ir>
Von denen wure der brif gar
Zerkifet und zerbissen.
Eines mala schlüge ein ku ein ser armer mann.
Die hund durch ir gerechtigkeit kamen hinan.
Der arm sprach: ,Ich gib euch alen gar nichts darvon. 20
Die ku ist mein mit haut und har.
Das solt ir ale wissen '
Die hund sprachen: ,Man wirt dich wol drum finden.
Dann die gerechtigkeit ist uns gar wol verbrifft.4
Sie schickten hin zu den katzen nach irer schrifft, 20
Da war der brief zerrissen und auch gar zerkifft.
Da des die hund wurden gewar,
Da deten sie sich winden.
4.
Hernach haben die hund vil boten auttgesandt yn
Hin zu dem grosen dämm in der Carthaier landt
1 Seid das sy doch mit B weren sie] wem B 2 Die katzen
warn fro und thetten das gar gern B 3 Da lebten sy B die] fehlt B
4 Die hundt B on schmach] dratt B 5 Seid das B 7 auch]
fehlt B 8 Und in treulichen behalten und auch schon B 10 Der
schnelsten man den brief dar batt B 11 Sy gund B 13 Sie sprach B
14 Die katz nach irer art wolt in B 15 Sy schob B was der
meuse B 16 Da wurd er von den ineusen gar B 17 zurisen B
18 Darnach da schlug ein guter armer man ein ku 19 hinan] dar-
in B 20 euch nichts, und het ich zwu B 23 wol drum] baldt B
24 Wann B 25 nach der geschrifft B 26 zukifft B 27 des] das B
28 deten] m ästen B 31 Zu dem kung wohl in der Kazathoner land B
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194
Martin Montan us,
Und von alten geboten den Noa ermandt,
Als er wer in seiner hauptstat
In seiner kantzeleie.
Der boten man doch nie keinen erforschen kund,
5 Wos hin komen sein oder wie die sach bestund.
Und wo noch in ein stat laufet ein frembder hund,
Laufen die andren zu im spat
Und fragen, wer er seie,
Und schmecken im al hinden für den schwantze
10 Und sprechen zu im: ,Bringstu uns nicht den brif her?*
So bleckt er seine zenn, spricht: ,Ach nein, ich kum 1er.
Ks ist der weg vil zu weit, unsicher mit gfer;
Dann es vil berg und waser hat,
Das uns verderbt die schantze.'
5.
Seit her sind die hund den katzen alen so gram;
Dann durch iren unfleiii ir berscbaiFt ein end nam.
Herwider die katzen den meusen alen sam,
Das sie den brief zukifet han,
Dadurch sie ale jare
Kmperen müsen der wirtschafft zu der faßnacht;
Umb diser ursach sind sie also ungeschlacht.
Darum wer sein sach wil haben in guter acht,
Der mag wol zu aler zeit than.
Sein sach bewaren gare.
Das rat ich im und ist das aller beste;
Keinem andren Ober das sein zu vil verdrau,
Und was er thun wil, das er vor auf das end schau,
1 Und in des briefs vom gebott neu ermand B 2 Zu nöre in B
3 In seines reichs cantzleye B 4 man doch] seid B 5 Wo sie
sein hinkomen B 6 Denn wo B laufen in ein statt B 7 Zu
im lauffen die andren drat B 8 wer] wann B 9 zu dem schwantz B
10 sprechen : Sag an, bringst B auch her B 1 1 seine] denn die B
und spricht: Sy nein, ich wer B 12 Ich forcht furwar, der weg sey
un vil zu fer B 13 Wann B 14 schantz B 16 Seidter so sein B
alen so] imer B 17 Wann durch sy ir grosse B ende B 18 Her-
widerumb b alsani B 19 zerkittet B 21 Der grossen wirtt-
schaff zu faßnacht müssen entbern B 22 Dardurch sie jerlich zu der
zeit geladen wem B 23 Hernach rat ich, wer sy vor jamer wol er-
nern B 24 Der lug, hat im gott hilf gethan B 25 Das er sich
selbst beware B 20 Das er im selber sey der neste B 27 Und
kein B so vil getrau B 28 wil] wol B vor das ende schau B
2ö
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Anhang verwandter stücke nr. IX— X. 495
Anf das er nicht sein hauß auf den sand bau ;
Snnst dut es der wind fechten an,
Und kan nit bestan veste.
X. (zu Wegkürzer cap. 18).
Die nietzgers magt im unschlitt.
(Mcisterlied im gülden ton des Marners, gedichtet von Georg Hager
1603 am aschermittwoch. Aus dem mscr. Will III, 782 fol. der Nürn-
berger Stadtbibliothek, s. 217.)
1.
Zu Strasburg war vor manchem jar
Gar ein reicher metzger fürwar,
Der selb ein faulle magtt het,
Die eins mala in der nachte
Die füeD wolt waschen (thut verstau).
Da schon zu bett war jederman.
Nun het der metzger an der stet
Den selben tag mit machte
Das unschlit ausgelassen schlecht,
Schütt das in ettlich gelten aus
Und in die kifflein kleine,
Daß eß darin gesteh n solt recht
Die magtt suchtt finsterling im haus
Nach warmen wasser rein,
Die ffieü zu waschen mit beger,
Kam zu eim kiefflein an gefer,
Darinnen unschlitt kuellen thet ;
Das nam sie wol in achte.
2.
•Sic nam ein stul, setzet sich fein,
Hencket die füeß in das kufflein,
Das unschlitt war noch warm die zeitt,
Noch nicht bestanden gare.
Das thet der magtt gar sanft (verstet),
Das sie darob einschlaffen thet,
Schliff, biß der helle tag bereit
*
1 Und auf den abent auf witze nit sovil bau B 2 »So mag
er dester bas bestan B 3 Das halt ich für das beste B.
10
15
25
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496
Martin Montanu»,
Her scheinen tbet so klare.
Die weil das nnacblitt bestehn w&ß.
Das sie die fueß nit zihen kund
Auß dem kiefflein mit gwalte.
Der raagtt war angst ül>er die maa.
Vor engsten beschiD sie sich, und
Da kamen die knecht balde,
Fanden die magtt in der unru,
Vor gstanck hieltens die nassen zu,
Der metzger kam auch zu dem 9treitt
Mit seim weib ungefohre.
3.
Sie waren zornig alle beid
Und mußten doch lachen der meid.
In dem so war zu recht erkand,
Das man die magtt solt nemen
Und setzen auff ein schütten schlecht
Mit sambt dem kiefflein unschlitt recht,
Rumb zu fahren zu einer schand.
Die magtt thet sich hart Schemen.
Die knecht spanten den schütten an,
Fahrten umb in der stat mit fleis
Die gassen auff und nider.
Da lachet der magtt frau und man.
Vor kelt so war noch schnee und eiß;
Sie rucket hin und wider.
Eß war gleich an der fasenacht,
Als man die Btuben magtt heim bracht,
Lösset sie von des unschlitt« band.
Deß thet sie sich lang Schemen.
XI. (zu Wegkürzer cap. 28).
Einer jungkfrauen lest man mit dem trauen eissen.
(Meisterlied im kurtzen thon Vogels, 1597 gedichtet. Aus der Erlanger
hs. 1668, bl. 584 b.)
1.
Kins tags ein jungkfrau freisam
Zu einem bader kam.
Ihr ein ader zuschlagen.
Der bader, ein schalckhaftig man.
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Anhang verwandter stücke nr. XI.
Sprach: ,Ich wila geren than;
Doch muß ich euch vor fragen.
Der eysen ich zweyerley hab
Scharpff auf das allerbeste;
Daß ein ist für die frauen,
Für die jungkfrauen feste
Ist daß ander zu hauen.
Darumb so sagt mir, bitt ich hoch,
Seit ihr ein jungkfrau noch ?
So weiß ich euch zu lassen ab.'
2.
Sie sprach zum bader trutzigklich :
,Mein, worfür halt ihr mich?
Ich bin ein jungkfrau reine.
Nempt auch daß jungkfrau eissen mir!'
Der bader sprach zu ihr:
.Zürnet nicht, jungkfrau feine!
Dan daß eisen hat solche art,
Welche keine jungkfrau iste
Und thut ihr dannit lassen,
Die muß sterben, daß wüste.
Derhalb hütt euch dermassen,
Auf daß euch kein schad widerfar
Durch unlleiß gantz und gar!'
Das gutt mensch war erschrocken gar.
3.
Sie sprach: ,Ey, so nemet doch ihr
Daß fraueneisen mir,
So sind wir one sorgen
Und geräht daß lassen deat baß.'
Balt nara der bader daß
Frauen eisen den morgen.
Also geritt daß lassen woll.
lUirumb, ihr bader, heuer
Kaufft nicht viel jungkfrau eisen!
Die jungkfrauen sindt theuer.
Und thut euch auch befleisen,
Daß ihr doch haltet underacheid
Zwischen frauen und meid,
Wie man ein jeder lassen soll !
498
Martin Montanas,
XII. (zu Wegkürzer cap. 30).
De fratre Alberto.
(Jo. Bapt Egnatius, De exempHs illnstrium virorum Venetae civi-
tatis. Venetiis 15&4 p. 18. lib. 1, c. 3.)
ü Nescias, an ullum simulatae religionis exemplum buic uni
praeferri possit, nisi quis forte Boecatianas fabulas ad hoc
ipsum elevandura huc citet. Cum igitur hic Albertus, unus
minoritanae familiae, quae tum Venetiis in [li>] summa auto-
ritate erat, recenti adhuc memoria divi Francisci tum con-
io cionando aliisque institutis uomeu sibi peramplura parasset,
in aures animumque Elisae Quirinae, matronae nobilis, facile
pervenit. Quae marito tunc abseute Britannica negociatione
implicito ad Albertum ipsum stato tempore venit, ut more in-
stitutoque nostrati annuum confessionis obiret munus. Qui
i"> conspecta statim matrona formaeque elegantia inotus, munere
tarnen in praesentia suo perfunctus, cum in illa quaedam lau-
daret, quaedam etiam corrigeret: ,Abi\ inquit, ,uiatrona, fastum-
que hunc tuum depone, quasi vero caelesti quadam hac forma
nullam tibi parem ducas!' — Nec multos moratus dies ad eam
20 profectus amoreque iam flagrans bonaeque spei plenus ad eam
solus ingreditur; tum ad genua illi accidens : ,Nescis', inquit,
,matrona, quam gravi supplicio sira affectus, ex quo a me dis-
cessisti, cuiusve rei nuncius ad te felicioris accedam. Si igitur
penes te arcanum id fore secretumque polliceberis, magnae te
ss> certe rei et felicissiiuae certiorem faciam. Jussu igitur archan-
geli Michaelis huc ad te venio, qui te unam prae ceteris Ve-
netis matronis diligit noctemque unam condicit, qua ad te
visendam venturus sit, meo tarnen hoc ipso vestitu meoque
hoc corpore.1 — Quod cum illa (ut sunt feniinarum ingenia)
au perlibenter accepisset, praescripta adventus sui die ad eam venit
inoxque semel et Herum in eodem versatus negocio. Res prae-
dicatione m ulier is ipsius palam facta est dataque Opera a cog-
natis, ut Albertus deprehensus gravi supplicio afficeretur. Ille
vero nudus in subiectum canalem praecipitem sese e fenestra
dedit evadeusque in incogniti sibi hominis tectum ingressus,
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I
Anbang verwandter stQcke nr. XII— XIII. 499
mox ab eodem re cognita perque urbem vulgata, ductus est
in Marcianam aream ursina pelle tectus, sed pari quoque dolo
ab omnibus cognitus, contumeliis variis ab nrbe petitus. Mox-
que fratrum suornm adventu sublevatus carceri perpetuo ab
eisdem includitur.
XIII. (zu WegkOrzer cap. 35).
Der teuffei holt ein gottlosen bawren.
(Meiaterlied in der orgelweiß Georg Rausen [? Rauschraair], gedichtet
von Benedikt von Watt am 8. november 1609. Aus dem mscr. Will
III, 784 fol. der Nürnberger stadtbibliothek, bl. 573b.) io
1.
Ja
Es ist gar
• Nicht lang, das zwar
Ein bawer war 15
Über feld mit seim weibe
Da
Gangen recht
Sehr fast bezecht,
Welcher gott schmecht 20
Und wolt geben sein leibe
Dem teufel und
Sprach zu der stund
Mit vollem mund:
»Teuffel, thu mir gelt geben, 2.-»
So wil ich fein
Ewig allein
Dein eigen sein.1
Aber auf grüner awen
Ward er von seiner frawen :so
Gestrafft; sy sprach mit grawen :
2.
,Wie?
Sag, mein man,
Was ficht dich an x,
Auf diser ban,
Das du thust gelt begercn
Hie
32*
d by Google
500
Martin Montanus,
Vom bößwicht,
Dem teuffel? Nicht
Thus, merk bericht!
Du hast doch on beschweren
r, Kein mangel zwar
An gelte bar.
Gott dich bewar!'
Er thet steiff widerstreben,
Und mit unehr
10 Je lenger mehr
Er schrie sehr
Dem teuffel, im zu reichen
Gelt Nun hört der geleichen,
Was da gachach für ein zeichen !
i:> 3.
Wie
Er nun dort
Nicht abließ fort,
Kam an das ort
2» Der teuffel und nam greulich
Hie
Den unflat
Nach gottes rat
Auff dem fußpfat,
2ö Führt ihn darvon abscheulich
Zu angesicht
Seins weibs verpflicht.
Merck die geschieht,
Du geitziger, im leben,
:!o Welchen kein mau
Erfüllen kan,
Stoß dich daran !
Jeder thu sich in gfiten
Vor der trunckenheit hüten ;
Dann schaden bringt ihr wüten.
XIV. (zu Wegkürzer cap. 41).
Des edelmans weib mit dem dot.
(Anonymes meisferlied im kurtzen ton Hans Vogels, gedichtet am 7. Ok-
tober 1574. Aus dem Dresdener mscr. M 5, s. 741. — Nach Drescher,
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Anhang verwandter stücke nr. XIII -XIV.
501
Nürnberger meistersingerprotokolle 1, 37 ward es am 25. dez. 1584 von
H. Gürtler vorgetragen.)
1.
Ein edelweib erzeiget sich
Ale zeit gar freuntlich 5
Gegen irem ehmane.
Wann es im etwann übel ging,
Sie zu weinen anfing ;
Det es im dann wol gane,
So lachet sie auch mit im ; doch 10
Det sie zu im offt sagen:
'Mein lieber man, merck eben!
Wenn dir in disen dagen
Etwas gebrech im leben,
So wolt ich mit dir sterben frei.' 15
Der mann gedacht darbei:
'Du erzeigst dich gar freuntlich noch.
2.
Ob ir das aber sei umbs hertz,
So wil ich si in schertz 20
Probieren thon gerichte.'
Gar bald ging hin der edelman
Und fing ein jungen han,
Brupfft den, doch den kopff nichte,
Ließ lauffen in die kamer in 2i
Und legt sich in ein bete
Und klagt sich hin und here.
Die frau bald kumen dete,
Wolt sehen, was im were.
Bald sie den han ersacb, in not 30
Meint sie, es wer der dot,
Der wolt iren mann nemen hin.
3.
Sie erscbrack und sprach in gefer:
'Hieher! Da liget er, 85
Hie ligt er!' das weib rete.
Meint, er leg in dem bete dort,
Den er solt holen fort.
Der mann das hören dete
Und verstünde darbei gar wol, 40
*
27 klaget.
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Martin Montanus,
Wie lieb in het sein fraue,
Das es nor wer ein scheine.
Ein ider wol zuschaue,
Bewar sich selb aleine.
Bocacius liesch reibet noch,
Ein man seinem weib doch
Gar nicht zuvil verdrauen sol
XV. (zu Wegkürzer s. 5l2).
Von dein kayser Augustus und einem poeteu.
10 (Meisterlied im guldin Regenbogen, gedichtet von G[eorg] D[anbeckh]
in Augsburg 1600. Aus dem Münchner cod. germ. 5102, bl. 384 a.)
1.
Kayser Augustus auff ein zeit
Ritt von seinem palast herab ;
15 Begegnet im ein y>oet auf der gassen,
Der het herrlich vers zuebereit,
Die er kayser Augusto gab,
Der thet in ohn Verehrung von im lassen.
Als der poet offt sollichs thöt
«jy Und Augustus maint, er wurd diß mehr treiben, ,
Macht er auch selbs vers an der stöt,
Thet sie selber mit aigner hand abschreiben.
Als er den poeten erblickht,
Die vers er im entgegen schickbt
25 Inn mainung, er wurd hernach außen bleiben,
2.
Dieweil er in bete ergetzt,
Auch mit gleichen veraen bezalt.
Der poet nam die vers an mit verlangen
:j„ Und sich auch ob der kunst entsetzt,
Dem kayser danckht demüetig halt
Und war deshalb mit grosser freud umfangen.
Eilt zue des kaysers senfften dar,
Griff in seckhel und buckht sich nidertrechtig,
;j5 Zoch heraus etlich kreuzer bar,
Welche er zuestellet dem kayser mechtig,
Sprach : 'Herr, ich gib dir inn dein haud,
Das gleichwol nit gemäß deim stand.'
Und sprach hernach noch weiter wolbedechtig :
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Anhang verwandter stucke nr. XIV— XVI. 503
3.
'Wann ich mehr het, geb ich dir mehr.*
Des boßen lachet jederman.
Dan thet dem kayser trefflich wolgefallen,
Ruefft seinein pfenning inayster her. 5
Der kam zue im schnell auf der bun;
Dem bevalch er vor andren menschen allen,
Er solte dem poeten guet
Hundert tausent taler alsbald erlegen.
Der poet was gar wolgemuet. 10
In dem thet der kayser der milte pflegen.
Plutarchus die geschieht beschreibt,
Das lob dem kayser noch beleibt,
Die kunst will nit belont werden alwegen.
XVI. (au Andreützo s. 169,20). iö
Der ungeratten sun.
(Meisterlied inn der abentheuer weiß H. Foltzen, gedichtet 1574 am
7. Oktober. Aus dem Erlanger mscr. 1668, bl. 491b. — Gleichen anfang
bat ein im frau eren ton Ehrenboten gedichtetes lied Hans Sachsens
vom 29. Marz 1548 (MG 5:282): Der wüestling.) 20
I.
Ein reicher kauffman hett ein sun,
Derselb war ungeratten nun.
Daß krenckt dem Vatter ofl't sein hertz,
Daß hielt der sun nur für ein scherz. 2ö
Doch wie der vatter sterben solt,
Den sun er vor vermanen wolt,
Bath ihn von lästern abzuston.
Der sun ließ daß für ohren gon,
Daß den vatter betrübet gar, no
Sprach: ,Sun, es wird nit sten ein jar,
Du wirst verprassen daß erb dein
Und in verzweifflung fallen ein,
Daß du dich hencken wirst warlich
Oder erdrencken selber dich.
Jedoch will ich dich bitten hie,
Du wolst mich deß geweren ie,
Wan du dich hencken wilt gebling,
So hencke dich an diesen ring,
Maitiu Montanus
Der eingeinaurt ist in der wand,
Daß du nicht habst weltliche schand.'
2
Spottweiß ginge von ihm der sun
Und thet daß als verlachen nun,
Wie solcher buben gwonheit ist,
Daß sie der eltren spotten all frist.
Alß der vatter gestorben war,
Lieff er bin zu der lossen schar,
Zu prassen und schlemen anfing,
AU zueht, erbarkcit von ihm ging,
Zum spiel und huren er sich gab,
Darmit so nam sein gutt balt ab,
In einem jar verthet er, daß
Ihm sein vatter verlassen was
Ihm wolt niemand vertrauwen mehr ;
Dahin war all sein gutt und ehr.
Letzlich kam ihn verzweifflung an,
Daß er sich selbst wolt hencken than
Er dacht an seines vatters wortt,
Daß er zuletzt bette gebort,
Und kam ihm der ring in den sinn,
Zu dem ging er gar eilent hin.
'S.
Ein strick er gar balt dardurch stieß,
Ob er ihn tragen wolt gewiß;
Da fiel der ring mit sampt dem stein,
Sechshundert gülden klingent fein,
Die der vatter verborgen hett,
Daß ihm zu guttem kumen thet.
Er wust woll, wie es würd ergan,
Wan sein Bun daß gutt hett verthan,
Wan er dan dises gelte fündt;
Vielleicht vom Übel er abstund
Und fing an ein ehrlichen stand,
Als noch geschehen ist zu hand.
Dan alßbalt er daß gelt bekam,
Dassel big er zu handen nam,
Löst widerumb seine kleinot,
Die er versetzt hett frü und spott,
Und thet sich ab der losen rott,
Hasset vorthin auch schand und spott.
Daß ist ein warnung zum beschluß,
Spricht Johannes Bocacius
Anhang verwandter stucke nr. XVI — XVIII.
5Ü5
XVII. (zu Garteugesellschaft cap. 4).
De stulto, qui eniit ollam tripodem, quam ponit in
via iubens eurrere donium.
(Hulabusch, Sylva sermonum 1568 p. 3.)
Teuuis fortnnae mulieri erat filius, quem raolitor fortassis 3
saeco aut pistor cribro suo caput infestaverat. Hunc niittit
uno dierum in proximura oppidum emptum ollam et pro de-
uario uno acus.
Stultus exsequitur matris mandatum emitque ollam tri-
podem et acus pro denario uno. Cum iam esset extra urbem 10
in agro, reperit vehiculum foeni, quod in suum pagum desti-
natum erat. Stultus imponit acus in foeno dicens: ,Vos ve-
hemini curru, ego pedibus ibo. Videamus, quis nostrum primus
veniet domum !4 Capiens ollam imponit viae, quae sibi vide-
batur compendiosior, dicens: ,Euge olla, tu tripes es, ego vero ir>
bipes. Videamus, quis nostrum prior domum veniet!4 Sicque
currens volebat suas merces praecedere.
Iamque domum veniens, mater rogat, ubi merces essent.
Exponit matri rem, ut acta est. Illa irata cogitur ipsamet
redire emptum suas merces. üo
XVIII. (zu Gartengesellschaft cap. IC).
Neun Schneider essen ein ei.
(Aus dem Münchener cod. lat. 18910, bl. 34b (vor 1498 in Tegernsee
geschrieben) von G. Schepss im Neuen archiv f. ält. deutsche geschichtsk
12, 221 veröffentlicht; hier nach nochmaliger vergleichung der hs. — 25
Kirchhof, Wendunmut 1,233 führt 1563 das Sprichwort an: .Neun Schnei-
der haben an eira ey genug ')
Carmen elegiacum merito sie appellatum, nam miseriain et
inediam sartorum describit.
Forte novem inBignes epulones prandia pacti, «o
Sartores omnes. sartor et hospea erat.
16 bieeps.
50(5
Martin Montana»,
Introire domum, parent conridere iussi,
Statque salnm in medium Candida [dona] ferens;
,Hic cibus, o hospes! dictum et factum,* inquit, .habemus,
Munera, que poterunt alleviare famem/
b Nec mora; [mox] affert patera sublime salignu,
Una die galli qnod dedit uxor ovans.
Accipit hec hospes (nam sie et iura monebant
Hospicii), soeiia praeparat ante eibum.
Spergere sal primum summa testudine rupta,
10 Inde levi cultro molle remiscet opus.
Expectata famis tandem medicamina porgit,
Parva velut cunetis ante parata Ceres,
Qua tingunt avidi properantque et fercula siccant
Unua itemque alias ordine quisque suo.
15 Foelices primi Fortunae munera sumunt,
Ultimus infelix fit sine parte eibi.
Proxime et ille [eibi] siccus mansisaet et expers,
Sed reficit mensa guttula parva cadens:
Guttula conciderat, rapuit promptissimua illc
20 Ante alios. plures traxerat illa manus.
Fit racio, solvunt escam, sed laucior hospes
Contenti, ter trina cohors (quis credit!) ab uno
Ovo abeunt, sese iudice quisque satur.
2.-, XIX. (zu Gartengesellschaft cap. 18).
Uiius lepus fugat novem Barbaros f!].
(Hulsbusch, Sylva sermonum 1568 p. 13.)
Per campum in Barbaria cueurrit lepus, qui videbatur
illis inferre multum damni. Nec tarnen audebant duo tresve
:W illoruui appropinquare beluam illam auriculatam, sed novem
numero se associant capientes hastile inque campum egredi-
untur, in ordinem se constituunt tenentes omnes simul hastile.
Lepus eorum audaciam conspiciens, quanquam natura timidum
sit animal, tantum abest ut fugerit, ut ne moverit quidem
2 Statque et salcm A 3 Huc A 10 mollem A 11 porri-
git A 13 praeparantque A 15 fortunis A 17 Proximus illi et
siccus A 23 cabors A,
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Anhang verwandter stücke nr. XV11I — XX. 507
pedem, sed intuitus inimicos potius incusserit illis timorem.
Et licet fuerint armati, non audebant tarnen progredi et ap-
propinquare. Tandem, qui ultimus atetit in ordine, caeteris
audacior lingua inquit: ,Age, auriculata bestia, niorienduni
iam est tibi.4 Primus in ordine audiens boc iratus et torvuni ö
intuens dixit: ,Dii te perdant! Si tu hic in frontispicio stares
ut ego, non diceres huiusmodi.1 Simulque abiiciens hastile
fugit; quem insecuti sunt reliqui omnes.
XX. (zu Gartengesellschaft cap. 18).
Comedia de lepore quadaru. 10
(Aua dem vor 1498 in Tegernsee geschriebenen Münchner cod. lat.
18910, bl. 56a; in dem ans derselben zeit herrührenden index als ,Car-
men de lepore et novem Suevis* bezeichnet. Zwischen dem texte stehen
interlinearglossen, doch fehlen die namen der redenden personen und
meist auch jede andeutung einer neu anhebenden rede. — Hinter der 13
Überschrift folgt die erklärung: ,In hac quidem comedia de lepore,
qui horribilissiinum putabatur ac iudicabatur monstrum, tres introdu-
cuntur principales persone, de lepore eiusque [?] mira horribilique eo-
rum iudicio specie intuituque loquentes, quam ä [?], cum una solacii
quondam temporis causa ac videndorum plurimorum monstrorum gratia 20
et floride estatis tempore ac gravia inspiciendo [? | timidissimum quod-
dam animalium conspicati sunt, qui lepus dicitur. Quo viso Petrus
ex ipsis inspicienB id monstri timide , quid esset, sie inquirens : Vere
istos.' — Am rande die notiz : ,Comedia est laus villana aut villanus
cantus ; inde comicus, qui scribit comedias ; sie Plautus et Therencius.4) 2ö
[Petrus.] Vere istos laudandos puto , qui videndorum
gratia prodigiorum diversas oras peragrarunt. Ego quoque id,
ut multa noscerem , non preterniisi. Nusquam autem mon-
strum quam istud horribilius est. Estimo, quod nostra Alma-
nia id non aluerit, sed Zeleno sit, una Arpisarum, aut Scilla no
aut periculosa Caribitis. Huius rei quippe cuperem esse in-
struetus. Sed Iheronimum censeo vocandum.
[Hieronymus.] Me , mi Petre , huc allatum reeipiam,
*
30 Celaeno bei Vergil, Aen. 3,211 33 petes hunc.
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508
Martin Montanus
si tute securii8 solus secura esses. Me sine! Nani tu fortis es,
ut resistas. Hostio pessulum addamus!
[Petrus] At aliquos tremebundos fores pulsare audio.
Quid negocii illud est?
«"> [Stephanus, foris.] Heus apperi!
[Petrus.] Quid tarn pallidus appares?
[Stephanus.] Ni dii suis bonis auspiciis nos couser-
vassent, perissemus penitus. Qua de re vix sum apud me. Me
sine, ut spiritum capiam, et rem tibi ordine narrabo.
10 [Petrus.] Cedo, queso, ne animum meum tarn diu cir-
cumitione suspendas tua!
[Stephanus.] Vellern, quod, ut horriduni est, tibi ex-
planare possem ; verum ut verbis parcamus, rogo, nobiscum
armis resurges [!|
\ö [Petrus.] Non opus est.
[S t e p h a n u s.] Ignoras. Ni hisce oculis vklissenj, nun-
quam instituissem tarn prodigiosum terribileque animal in terra
vixisse.
[Petrus.] Kam us. I pre !
20 [Stephanus.] Vos procedite ! Sequar.
[Hieronymus.] Tauietsi cor motu propulsum sit,
auribus tarnen meis sepius hausi militari calcari gaudere cu-
pientem periculis ingentibus se exponendum. Et, Petre, si
fidem des animose lateri meo assistere, [glosse: omnia, que
8ä habeam] tecum amittam. Te [glosse : Steffanum] rogandum
insuper arbitror.
[P e t r u s.] Nichil promitto, sed postquam videro, respon-
debo. Suspenso gradu foris accedam illosque apperiam. Quodsi
forte oculos somno commisisset, inprovisum inputatumque illud
:x> portentum aggrediamur !
[Hieronymus.] Accipe claves, quas mihi custodiendas
tradidisti !
[P e t r u s.] At dorrait. Ecce, Iheronime, quam horribilis
facies eius, quam distense aures! Quidnam hoc monstri alit!
:u Audivi ab avo meo, quondam tale prodigiosum animal cuius-
*
3 audeo 12 horrituin 17 Glosse zu instituissem : adhibuissem
fidem terribilique animalis 28 gradui.
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Anhang verwandter stücke nr. XX.
509
dam edes subintrasse et omnes aspectu interemisse. Ne id idein
nobis contingat, restat, ut cautius agamus.
[Hieronymus.] Utinani toraces ceteraque arma adessent !
[Petrus.] Vellern etiam tantum dare, quod gladius
fibiarius [? ad esset]. Non festinemus tanto discrimini [nos] o
submittere!
[Hieronymus.] Video huc Theobaldum nostrum so-
cium properantem.
[T h e o b a 1 d u s.] Salvum te gaudeo. Quid tarn adto-
nitus ? io
[Hieronymus.] Nescis? Si tibi id quoque [?] tantum
evenisset, non ita fortis esses, quia auimus vacillaret. Huc
accede et, quam ferox sit illius ostenti aspectus, intuere!
[T h e o b a 1 d u 8.] Ubinam est?
[Hieronymus.] Ubi hi duo armati stant, post eos i;>
arator, duos passus in loco obscuro atque sedet.
[T h e o b a 1 d u s.] Accedain. Ni auimus me fallit, lepus
est, inter omnes feras timidissima.
[Hieronymus.] At acutius lumina illuc dirige , ne
decipiaris ! m
[T h e o b a 1 d u s.] Plus milesies vidi et illam ut bominem
notam babeo. Inque domo paterna iuecum, cum iunior [essem],
eam educabam.
[Hieronymus.] Vale , et id ne abste exeat , rogo.
Obsecro, linguam prohibeas. — Nullam rem certam scio, que 2i
maiori pudori esse valeat quam nostra pusillanimitas, si in
aures hominum pervenerit.
[Petrus.] Audio Iheronimum secum loquentem. Uti-
nam sciret, quantum forti animo atque militari fortitudine
illius ferocissimi animalis crura fregissem ! :»)
[Hieronymus.] Gaudete vero quidem ! Constanti animo
estote! Rem vobis gratam refero.
[Petrus. Stepbanus.] Enarra !
[Hieronymus.] Lepus est, ut niichi Theobaldus refert.
[Petrus.] At vix credo. &
*
12 facillaret 13 verox 15 by 19 Ut accucius 22 Inquio (glosse:
dico) 28 Audeo 29 scieret 30 venerisairai 34 miehi] niultia.
510
Mariin Montanus,
[Hieronymus.] Et quidem creditu armis vos exor-
nate et leti niecum domum meam petitote!
Finis huius etc.
XXL (zu Gartengesellschaft cap. 31).
r, Die drej beichten.
(Meisterlied im blutt thon des alten Stollen, von Hans Deisinger
1599 den 2. juli gedichtet. Aus der hs. R. 297 der Breslauer stadt-
bibliothek, bl. 39Öb. Zu gründe liegt Paulis Schimpf und ernst c. 294,
296 und 297.)
10 1.
Ein junge magdt die beichtett einem pf äffen,
Wie sie bey einem man gelegen wer.
Der pfaff war zornig, tedt sie darum straffen :
,Du hast begangen ein grosse sindt schwer,
lö Lagestu nackett bey im ?' tedt er fragen.
Sie antwordt: .Nein,
Ich nette ein
Hauben auf,' tedt sie sagen.
Er lachett, vergab ir die sindt raitt gfer.
üo 2.
Ein junges techterlein auch beichten tedte
Einem pfaffen, der fragt sie niitt begir,
Ob sie zu nacht noch bruntzett in das bette.
Sie sprach: ,Ja.' Er sprach: ,Maidlein, ich nag dir,
ä*i Ich thu die kinder fressen undt zureissen,
Die bruntzen drein.' —
,Ein briderlein
Hab ich, das tudt drein scheissen,'
Sprach sie, ,den selbigen soldt essen ir.«
:» 3.
Einsmals ein pauer beicht: ,Ich gieb mich schuldig
An meinen sieben sinnen das ich bin
Ein armer sinder.' Der pfaf ungeduldig
Sprach : ,Es hatt ein mensch nicht mer dan finf sin.4
:ti Der pauer sprach herwider undt sach sauer:
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Anhang verwandter stücke nr. XXI— XXII. 51 1
«Ich bin Schultheis,
Darum ich weis
Mer dan ein gmeiner pauer.
Drum brauch ich billich zweier sin mer forthin/
XXII. (zu Gartengesellschaft cap. 31). 5
Eines töchterleins beicht.
(Meisterlied in der alber weiß Sig. Schwarzenbachs, gedichtet von dem
Augsburger H[ans] W[eidner]. Aus dem mscr. Will III, 784 fol. der
Nürnberger stadtbibliothek, bl. 570b.)
1- 10
Ein pfarrherr was,
Der zu beicht sas;
Zu dem da kam
Ein töchterlein
Noch jung und klein 15
Vol forcht und schäm.
Das herrlein es bald fraget
Sehr vil, die junge maget
Ein gute antwort saget,
Deß er verwundert sich.
20
2.
Letztlich fragt der
Gut herr on gfer
Das töchterlein,
Ob es noch thet
Prunzen ins bet
Es sprach : ,0 nein/
Da warnet er das kinde,
Sprach : ,Die solches tbun, gschwinde
Friß ich. Drum, mein kind, linde
Hüte vor solchem dich!'
3.
Das meidlein bald
Sprach auß einfald:
,0 mein herr hoch, %t
Ich hab noch ein
Kleins brüderlein ;
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»
512
Martin Montanus,
Dasaelb thut noch
Sein selber offt vergessen
Und scheisst inns bet vermessen.
Dasselbig solt ir fressen.4
Der herr lacht innigklich
XX III. (zu Gartengesellschaft cap. 49).
Rusticus decipit daemonem.
(Hu lab usch, Sylva sennonum 1568 p. 24.)
Rusticus quidam dives tempore raessis sollicitus multum
10 fuit, quomodo possit congre-[25]gare messen) in horreum snum
parva aut nulla niercede.
Dum ergo ob haec se cruciaret, offVrt se daemon, quae-
rens causam suarum cogitationum simulque promittens operam
suam. Respondit rusticus: ,Habeo multa bona in agro, quae
lö optarem indita in horreum meum ; sed cruciat nie expositio
tot pecuniarum in has operas. Si mihi potes quicquam prae-
stare in hac re, facito!4 Respondit daemon : ,Si mei volueris
esse iuris in posterum, ego omnem tuam messem collegero in
horreum.4 Rusticus, sperans se decepturum daemonem, respon-
se dit : ,Si tribus meis postulatis satisleceris, ego te comitabor,
ubi libuerit.4 Annuit daemon petitque, quid velit tieri. ,Age,4
inquit rusticus, ,indito omnes meas messes in horreum indem-
ne; hoc facto confer domum omnia mea ligna, quae sunt vel
in agro vel siivis! Cum haec feceris, accede ad me, et in-
26 dicabo tibi, quid ulterius facturus eris/
Daemon, cui haec omnia erant facilia. mandata exsequitur
rediensque ad rusticum quaerit, quod esset tertium. Rusticus,
qui hoc mane rapas aliquot crudas comederat, aptus erat ad
emittendos ventris crepitus ; quare magnum emitteus crepitum
:jo ait daemoni: ,Heus socie, cape hunc ac nodum in eo mihi
necte, aut de pacto nihil.4 Hoc videbatur daemoni impossi-
bile; quare relicto rustico abiit elusus.
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Anhang verwandter stücke nr. XXIII— XXIV. 5 1 3
XXIV. (zu Gartengesellschaft cap. 50).
Stultus niittitur in molendinum allaturns saccum
farinae.
(Hulsbusch, Sylva sermonum 1568 p. 26.)
Vidua quaedam paupercula habuit filium, qui fariua per-
fusus erat, ut proverbio dicitur. Hnnc inittit .'id molendinum
qnoddam una cum sacco locatque eum in equo cum mandato,
ut alta voce inclamaret : ,Saccum plenum, saccum plenum.»
Facit, ut iu8sus erat.
Contimit autem non multum post inceptum Her, ut equus io
sterneret, ita ut parum abfuit, quin deiectus fuerit mono. Quo
factum est, ut oblitus fere commissi clamoris prosequeretnr
non ut prius ,Saccum plenum1, sed : ,Sextarius plenus, sextarius
plenus.4 Praeteriens rnsticum, qui sementem faciebat ; qui sibi
persuadebat morionem sua causa ita inclaniare, accurrit ac lö
miserabiliter verberans inbet clamare: ,Multiplicabitur, niulti-
plicabitur.*
Insipiens persistens in commisso materno prosequitur iter
suum versus molendinum clamans: ,Multiplicabitur.1 Forte re-
perit duos pugnantes ; qui putantes morionem eorum causa ita so
clamare involant anibo in eum misereque tractantes iubent
clamare: ,Separet vos Deus, separet vos Deus!1
Miser hic morio oblitus iam suae farinae ob unam aut
alteram acclamationem infortunatam prosequitur nihilominus
in mandato clamans : , Separet vos Deus !' F actus autem obvius £>
duobus novis nuptis, qui eodem die primum se sacramento
obstrinxere, [27] et prosequens clamorem, quem edoctuserat;
et ipsi raorioni multas alapas impegere dicentes: ,Hoc pacto
tibi clamandum est: Amplectere et fove!4
Stultus, quem iam potuisset pertaesum esse tot infortuni- :{u
orum et verberum , progreditur inclamans , ut erat doctus :
, Amplectere et fove!1 Et obvius factus cuidam ducenti por-
cellum cborda ligatum. Is putans morionem sibi ita acclamare
involat in eum ac dilacerasset eum, ni succursum fuisset, iu-
bens clamare: ,Veru fige, torre et comede!k 35
Montauu» 33
514
Martin Montanas.
Quod diligenter imprimens animo et ingerainans. Ea via,
qua praeteriit, erat quidam exonerans ventrem. Qui putans
morionem sibi ita acclamare arripit eum ac male tractat dicens:
,Non ita clamandum est, sed dicendum: Abi, foeteat.4
i Stultus iam desperabundas ob tot indignas tractationes
iter suum institutum perficit et veniens ad molendinnm re-
perit conflagrari. Et licet attonitus non desistit tarnen cla-
mare : ,Abi, foeteat!* Quod audientes, qui aderant incendio,
indignabundi arripiunt morionem et iniiciunt in igneni, atque
iu is finis suae erat stultitiae.
XXV. (zu Gartengesellschaft cap. 55).
Der im fasse verborgene buhle.
(Ottomarua Luacinius, loci ac sales 1524 bl. K7a nr. 171.)
Moecbae cuiusdam maritus cum inopinato adventn ali-
ir» quando irrueret , nt parum abfuerit , quin peccantem depre-
henderet ,' mulier in proximum vas , quod vino iam erat ex-
haustum, adulterum abscondit. Maritus autem, qui andito
strepitu minime levem suspicionem conceperat animo de adul-
tero in vase latente, uxorem accedens: ,Vas4, inquit, ,istud cum
au non sit nobis usui et locum hunc aedium sine fructu occupat,
vendidi. Evolvamus igitur illud iam tradendum emptori !( Ad
quae mulier: ,Quin mihi tecum per omnia convenit, dulcissime
raarite ? Novi iampridem auimum tuuin et mecum quoque ipsa
adduxi quendam emptorem, qui iampridem in vas ipsum in-
2> siliit contemplaturus, num per omnia rebus suis conveniat.
Heus tu homo, qui vase conspiciendo includeris, prodi ! Non
tibi hoc vas vendemus. quod prior alius a marito raeo emit.4
Tum ille erumpens : ,üii melius4, inquit, ,ut huius vasis gratia
dissidium inter nos oriatur. Magis ex re mea est, ut dominae
:su retineam benevolentiam. Denique ita habetote, ut etäara con-
tracta emptione, si id melius visum fuerit vobis, rescindi illam
patiar-4 Caeterum maritus: ,Ut video,4 ait, ,frugi homo es.
Nisi te lautior domi maneat coena, coenato hic mecum, ob-
secro.4 Verum uxor habita hac occasione nonnihil renitentem
;r> blanditiis vincens domi retinuit.
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Anbang verwandter stücke nr. XX V — XXVt.
515
XXVI. (zu Gartengesellschaft cap. 56).
Ehemann als beichtvater.
([Jodocus Gallus,] Mensa philosophica, Colonie 1508 bl. 35 b; trac-
tatus 4, tit De militibus = Mich. Scotus, Mensa philos. Lipsiae
1603 p. 211 lib. 4, c. 9.) 5
Quidam miles voluit audire confessionera uxoris sue. Que
renuit dicens, quod ipse non baberet superpellicium neque
stolam. Qui querens [ea] eam vocavit ad confitendura. Que
ait : Juvenis fui et dilexi iu venera arraigerum, postea militem,
postea fatuuni, deinde sacerdotem.1 Tunc ille proiiciens super- w
pellicium et stolam quesivit, si sacerdos adhuc veniret. Que
dixit , quod sie, et rogavit, ne ista revelaret. Post triduum
cum cognovisset eum affligit vocavit eum ad se dicens: ,Scitote,
quod ea, que vobis in confessione retuli, ex industria dixi et
verum protuli. Vos enim aeeepi doraicellum, post habui vos K>
militem, post fatuuni, quia talia volebatis audire, et modo
sacerdotem, quia confessionem audivistis.'
XXVII. (zu Gartengesellschaft cap. 58).
Eine junge frau klagt über ihres mannes impotenz.
(Meisterlied in der schneweis Michels Müllers, gedichtet von Jochem «jo
(ilockenthon 1588 am 7. juni. — Aus der Dresdener handschrift
M 5, s. 347—349.)
1.
Zu Florenz ein edler knab aas,
Der nam fürbaa &>
Eines riters tochter, der was
Neri Pacci genante.
Also die zwei bekante
Beisain wonten hernach.
Kines tags die jungfrau alein yo
Bedrübt ging ein
13 em permisisset A ; cum permisisset B.
33*
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Martin Montanus,
In das hauß irer eitern fein
Und det auch also jehen:
,Wie habt ir mich versehen
So gar bößlich!4 sie sprach.
Ir muter det sie fragen,
Was sie dann het zu klagen.
Da hübe sie nun weinet an,
Sprach: ,Mercket mich,
Ihr habt warlich
Mir geben thon
Einen, der ist kein rechter mon;
Er hat nur ein wenig darvon.'
2.
Ir muter erschrack der red do,
Saget also
Solches irem mann Nerio.
Der wundert ob dem schaden,
Doch eins mals thet er laden
Sein freundschafft in sein hauß.
Als sie nun zu disch saasen all,
Drat hinein ball
Der jungen frauen man zumal,
GrQst sie all in gemeine,
Sprach: ,Wie draurig alleine
Sitzt ir alhie durchaus?«
Die gest deten all schweigen,
Keiner wolt im anzeigen
Die ursach ires draurens schon.
Doch einer zwar
Under in war,
Der sprach: ,Hör an,
Dein weib saget, du seist kein man
Habest nur ein wenig darvon.*
a.
Des wundert der jung mann der
Gant 7. lachend sprach
Zu in: ,Ich beweiß es hernach.4
Da sie nun heten gessen,
Stund er auf un vennessen
Und zucket seinen Stecher bloß,
Sprach: ,Nun urtheilet ir dabei,
Ob ich nicht sei
Bewehrt und aler anklag frei!1
Anhang verwandter stücke nr. XXVII -XXVIII. 517
Ides weib wundren thete,
Dacht: ,0 das mein man hete
Ein solchen halb so groß!'
Sie strafften zu der zeite
Diser frauen thorheite. ö
Sie sprach: .Unser esel hat ein,
Der was aber
Ser vil grösser,
Und er dut sein
Ein vidi, und mein man ist allein 10
Ein mensch.' Sie lachten algemein.
■
XXVIII. (zu Gartengesellscliaft cap. 72).
Die kesküchlein.
(Meisterlied in der sauerweis Hans Vogels, gedichtet von Uans Vogel
1541. — Aus der Dresdener Iis. M 5, s. 792; steht auch in der Dresdener 15
hs. M 8, bl. 420 b.)
1.
Eins mals ein frau ein zaubrin bäte,
Sprach: .Liebe frau, rat mir in einer saclie!
Wie sol ich im thon, auf das mire 20
Mein man bald inöcht erblinden ?'
Sie gab ir einen solchen rate:
.Geh in sanct Lenharts kirchen', die alt spräche,
,Bet vor sanct Lenhart! Der wirt dire
Qar bald einen rath finden.' 2ö
Das wurd ir man geware,
Ging in die kirchen, stelt sich in alture
Mit fug,
Sam er sanct Lenhart were.
Die frau kam ein geschriten, »j
Sprach: .Lieber sanct Lenhart, ich thu dich biten,
Gib mir doch ein 1er here,
Wie ich im doch sol thane,
Auff das doch bald erblinden mög mein mane !'
Er sprach: .Gib im gut wein ttö
Und keli küchlein genug!
So wirt er bald blind sein/
2.
Nach dem, als der mitag her ginge,
Sprach die fran: ,Lieber man, was wiltu essen?' w
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Martiu Montanus,
Kr sprach: ,Wann ich kes küchlein hetc ;
Der lustet mich gar sere.'
Die frau was fro und dacht, die dinge
Weren gut werden, und na in ungern essen
Vil deigs und küchlein machen thete
Ein schüssel vol und mere.
Und wenig sie auf hüben.
Der man stund auf, fiel midten in die stuben
Und sprach:
,0 wie ist mir geschehen!'
Das weib sprach: .Lieber inane,
Was ist dir widerfahren? Zeig mir ane!'
Er sprach: .Ich kan nichts sehen,
Bin gehling erblint gare.*
Das weib glaubet im und meint, es wer wäre
Sie sprang vor freuden fast
Und lud gar bald darnach
Iren pf äffen zu gast.
8.
Und als sie nun zu dische sassen,
Must der blind man hinter dem ofen sitzen ;
Vor im lag ein gspant armbrust grosse,
Welches des pfaffen wäre.
Und als sie nun druncken und assen,
Der man heimlich auf das armbrust thet schmitzcu
Und den pfaffen am disch erschösse.
Die frau schri, raufft ir hare,
Sprach : ,Was hastu zu schaffen,
Das du erschossen haut unseren pfaffen!
Dein leib
Wirt man marteren schwere.4
Der man bald zu ir spräche :
,0 liebes weib, nun wirff mich in ein bachc,
Ke ich gemartert were!'
Sie nam in bei der hende
Fürt in zum bach. Gar bald er sich umb wende
Und warff sie selb hinein,
Ließ ersauffen sein weih,
Ging darnach die stras sein.
Anhang verwandter stücke nr. XXVIII— XXIX.
519
XXIX. (zu Gartengesellschaft cap. 80).
Ein küue that der weiber.
(Meisterlied in der tagweiß Bartolt Regenbogen. — Aus dem wscr.
Will III, 782 fol. der Nürnberger stadtbibliothek, 8. 449.)
1. o
Als keisser Conradus der dritte
Mit herzog Welff auß Beyren stritte,
Schlug er des herzogs volck gemein.
Der herzog floch gen Weinsperg ein
Mit seinem heer, in
Welches nicht war ein ringe zahl.
Da waren in dem schlos zumal
Vil tugentsame frauen.
Der keisser belegtt alle Strassen
Und trenget sie über die massen, 15
Trauet ihnen allen den tot.
Deß kamen sie in grose nott
Umb so vil mehr,
Weil sie nicht lenger an dem ortt
Sich künden auffhalten hinfortt 20
Noch diser festung trauen,
Weil die nicht hetten bey der band
Hüstung noch in der theurung schwer
Zur nahrung gnugsam proviant.
2. 25
Dem keisser wolten sie auffgeben
Das schloß, so fern er sie lieb leben.
Der keisser aber der gestalt
Liese sich nicht erbitten bald,
Sonder mit macht '.{0
Wolt er das schloß zerstören gar
Sambt allem, waß darinnen war,
Mit dem schwerdtlossen schlagen.
Alß solche nott theten anschauen
Im schloß die tugendtsamen frauen, :jt>
Butten sie den keisser gar fein,
Daß er doch wolte sie allein
Ohn allen bracht
Lassen abzihen sicherlich
Sampt dem, wuß ein jede mit sich 40
r
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520
Martin Montanus,
An irem leib möcht tragen.
Der keisser sprach : ,Wir wöllen nit
Mit weibern halten eine schlacht;
Ich lasse in zu ire bitt*
Der keisser begeret zu schauen
Aus dem schlos den abzug der frauen
Und hielt mit seinem beer darbei,
Da sie aolten durchzihen frei.
10 Ohn allen neid
Die tugentaamen frauen fein
Vereinigtton sich in gemein;
Ein jede ohne scherzen
AuM lieb und deniut[?] sich thet bücken,
15 Nam iren man au ff iren rücken,
Trug in aus dem schlos der gestalt.
Der keisser lise sie alsbald
Ohn alles leid
Alle sambt fein ledig und los.
20 Weil im der weiber treu so gros
Gantz christlich ging zu herzen.
Solchs beschreibt Hedion
In dem zehenden buch bereitt
In dem dritten capittel schon.
2., XXX. (zu Garten Gesellschaft cap. 80).
Vou der belegerung Weinsberg in Bayren.
(Meisterlied in der froliclien inorgenweiK Ofnufrius] S|chwartzcnbach],
gedichtet von H[ans] W[ei d nerj aus Augsburg 1591) am 28. september.
— Aus dem Münchner cod. germ. 5102, bl. 20a.)
30 1.
Als nun baid sander
Kriegten ein ander,
Kayser Conradt der drit genant
Und der Bayr fürst bekannt,
Hieü Gwelffus mit dem namen,
Wellicher mit seinem volckh allersamen
Den krieg erreget
Und sich bald leget
Inn sein statt Weinsperg zu der frist.
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Anbang verwandter «Lücke nr. XXIX— XXX.
Für dio kam bald gerist
Kayser Conradus mechiig
Mit seinem hör, schlueg Bein leger bedechtig,
Tbet nach den dingen
Der statt zue dringen,
Hett doch inn schnellem zoren
Etliche stürm verloren.
Wolt dannoch nit ablaßen,
Sonder plaget die statt sollicher inaßen,
Bis das darinnen
Thete zerrinnen
Allerlay speiß und an dem brott
War groß mangel und nott,
Also das inn den tagen
Sich inn der statt das volckh hoch thet becl.i
2.
Der hörtzog eben
Sich m uest ergeben
Inn des kaysers gnad und Ungunst,
Nichts mocht in hellten sunst;
Doch thet er genud hoffen,
Der kayser gebott, ehe die statt war offen.
Man solt bedenckhlich
Halten gefenckhlich
Den hertzog und sein ritterschafft.
Es begab sich war h äfft,
Das die hörtzogin zichtig
Mit andem edlen frawen auffrichtig
Ließ durch bitt werl>en
Vor dem verderben
Bcy dem kayser hesunmin.
Er solt ihnen vergunnen,
Dieweil sie müesten fliehen,
Das liebest, sie damit lassen abziehen,
Was sie ohn klagen
Mochten ertragen.
Der kayser ihnen das verhieß
Und solliches zueließ.
Vil gedachten ohn sorgen.
Silber und gold wer ir liebstes verborgen.
3.
Daraus sie wurden
Machen ein bürden
Martin Monianus,
Und damit aus der statt bingohn.
Du trueg jode darvon
Ihren man mit frolockhen
Sambt einem kind in der sclioL» uncrschrockhen.
Vorher ist gangen
Sehr mit verlangen
Die hörtzogin ganz wolgewuet,
Trueg ihren herren guet.
Etlich, die da zuesahen,
Wolt dise sach auf die weiber verschmähen,
Sprsichen sehr klücglich,
Der kaiser füeglich
Die weiber solt abschaffen,
Sie umb dise that straffen.
Dus wolt er thon mit nichten,
Thet sie der weiber that bosser berichten.
Sein zue gedenckhen,
Thet er bald schenckhen
Kinem jeden weib iren man
In dem friden ; fortan
Der frummen weiber titel
Rüinbt im Regentenbuch das drit capitel.
XXXI. (zu Gartengesellschaft cap. 81).
Der abgesetzte vugt.
(Jodocus Gallus, Mensa philosophica 1508 bl. 3G ,de advocatis4 =
1603 p. 214.)
Quidam advocatus absolutus ab administratione transiens
per viam, quia debil iorem solito habebat equutu, cecidit in
lutuni. Quem videntes stathu occurrentes eura extraxerunt.
:;u C^ui grntins agens dixit, si esset adhuc advocatus, se eis velle
recompensare. Cui unus de rusticis : ,Non estis vos advocatus?1
,Non,4 inquit. Et ille : ,Ergo iacebitis in luto.1 Et reiecerunt
euin in lutuni ut prius.
XXXII. (zu Gartengesellschaft cap. 87).
X} Warum b die wölff die schaff vervolgen und die
pfaffen den weibern uü'setzig sein.
(Esopua leben und fabeln, darzü ußzflge schöner fabeln und exempeln
doctor Sebastian Brant, Freiburg i. B. 1535, bl. 13Ca.)
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522
10
LH
Anhaog verwandter btüeke nr. XXX XXXIII.
52;^
Es ward gefragt ein priester, warumb die geistlichen all-
weg uffsetzig weren den weyben und die wölff den schaffen.
Antwurt er: ,Es lag einist ein hirt siech an schwerer kranck-
heit, allso das er den priester hieß kommen mit dem letsten
ole. Do der nün kam, fraget er den pawren , ob er kein te- :»
stament machen wolt oder etwas zü götlichen saclien setzen
und gottzdienst fürdern. [136b] Do sprach der pawr, er het
ein hirten und pfirisch testament gemacht zü gütten Sachen,
inn dem er den wolffen alle sein schaff' gesetzt het, darumb
das er alwegen vor inen sicher gewesen were unnd nie kein 10
schaden empfangenn. Und hette dem pfaffen sein fraw gesetzt,
welch er fast lieb het, by dem sie auch baß und frölicher
leben mocht. Und den hecken seinen mantel, darumb das er
dick von inen enpfangen het angeneine schatten. Do nün nach
des hirten tod die erben sollich gesetzt gut abschlügen und 10
verneinten das ußzerichten oder zehalten, band alsbald die
wolfte den schaffen , die pfaffen den weybern und dye hecken
den kleydern widerseit; und das wert noch uff disen tag.4
XXXIII. (zu Gartengesellschaft cap. 88).
Wie clor bapst einem landsknecht eine bus.se au ff- *j
leget, und wie er sich hielt.
(B. Hcrtzog, Schiltwacht, Magdeburg 0. j. bl. D7a nr. 30).
Es war ein kriegsknecht, der kam gen Rom, beichtet dem
bapst, bekandte seine sünde , deren nun viel waren , begerte
eine absolution und busse, dardurch er seiner sünde abstehen 20
möchte. Der bapst setzet im auff , er sol in zweyen jähren
kein wein trincken, kein fleisch essen, auff keinem fedderbet
ligen und kein weibesbild berühren; nach verscheinung der
zweyen jähren solt er sich zu Rom wiederumb erzeigen. Das
er denn versprach, und wiewol es ihm schwerlich, hatte er yo
ihm doch fürgenommen solches zu vollbringen. Er zog so
18 klyedern A.
524
Martig Montanus,
lauge uuib, das er kein gelt [hatte] , auch an Kleidern gantz
bloß gieng.
Nach langem [D7b] heruuib ziehen kam er in ein nonnen
closter, so auff einer Strassen lag, bey welchem ein schöner
ö garten, in demselben stund ein schöner birnbaum. Der gute
gesell, so gante hungerig, steig hinauff, brach der birn. Es
trug sich aber eben zu, das die eptissin ihrer gewonheit nach
in den garten spatzieren gieng, zu dem bäum kam, hinauff
ruftet, wer im den befehl oder gewalt geben, das er auff den
iu bäum gestiegen. Der gute gesell verantwortet sich, es bette
in so übel gehungert. Es hatte aber der kriegsman zerrissene
hosen an, das ihnte das geschirr alles hindurch hieng, der nun
zimlich staffiert war. Welches die nonne bald ersehen, ge-
dacht: 'Der mus dir wol zu statten komen4, führet ihn in
u, ire zellen, wein und fleisch darsetzet. Das wolt er nit, saget,
wie es im vom bapst verbotten were. Die eptissin sagt, solchen
dingen were wol rath zu finden, setzet im wiidprat und nial-
vasier für, sagt, es were weder wein noch fleisch. Desgleichen,
da die nacht her drang, wolte sie ihn in ihr beth weisen.
20 Dessen entschuldiget er sich, er dürffte zugleich auff keinem
federbette schlaffen. Die nonne saget, es were kein fedder-
bett, sondern pflaumen, dessen der gut gesell wol zufrie-f D 8a]
den. Letzlich begerte die nonne sein beyschlaff zu sein. Dessen
er sich abermahls wehret; es were im auch von dem bapst
2.j verbotten , er solte bey keinem weibe schlaffen. Die ebtissin
antwort, er hett wol fug bey ir zu ligen; denn sie were eine
nonne und kein weih. Also blieb der landsknecht die zwey
jar ein bauchvater bey den nonnen im closter. Sonder zweiffei
wird er sich wol gehalten und erzeigt haben; sie hetten in
:w sonst nit so lange gelitten.
Da nun die zeit herumb kam, zog er wieder nach Rohm,
begert der büß eine absolution. Der bapst höret in die beicht,
fraget erstlich, ob er auch wein getruncken. Er antwort nein,
sondern er were die zeit in einem closter gewesen, da hettc
30 er nialvasier getruncken. Item, ob er fleisch gessen. Saget,
er habe wiltprät und vogel genossen, das were kein fleisch.
Zum dritten, ob er auff f eddern geschlaffen. Er antwortet auch
nein, sondern er bette auft' pflaumen gerastet. Welches ihm
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Anhang verwandter stücke nr. XXXIII— XXXIV. 525
der bapst alles verzeihet, doch ihn letzlichen examiniret, ob
er auch bey einem weibe geschlaffen. Darauff der kriegsnian
auch nein antwortet: ,Ich bin aber bey der eptissin und bey
den nonnen allen gelegen.1 Der bapst war zor-[D 8b]nig, sagt,
er were ein kind der verdauinis, er köndte ihn nicht absol- :»
vieren ; denn die nonnen wcren unsers herrn gottes Schwestern.
Der landsknecht sagt: ,Wolan , sein die nonnen unsers herrn
gotts Schwestern, so ist er mein sch wager ; so wil ich wol
selbst mit ihm eins werden, darff keiner absolution nicht.1 Zog
wieder zu seinen nonnen. n>
XXXIV. (zu Gartengesellschaft cap. 89).
Das läuß knicken.
f Meisterlied Ambrosius Metzgers im braun thon Regenbogen», am
a. december 1625 gedichtet — Aus dem üöttinger cod. philol. 10«, a. 125.)
1. i:>
Wo zwitracht ist in dem ehlichen leben.
Darinen thut sich viel seltzams begeben.
Poggius in seiner kurzweil erzehlet,
Daß ein man bett ein bößes weib genummen,
Die nichts kund dan zancken, kiffen und brumen ; no
Was sie ihr fürnam, ward für gudt erwehlet.
Daher sich groß Uneinigkeit
Mit ihnen beiden offt batt zugetragen,
Also das offt zu mancher zeit
Es kommen ist von Worten zu dem schlagen. v>
Der man thet alls versuchen.
Ob er sein weib boßhafft
Durch krafft
Der schlag ab g'wehnt das fluchen,
Damit gleichwol nichts schafft. ::o
2.
Als er ein8mal8 sie gValtig thet erreichen
Viel baß dan sunst mit meng der großen streichen,
Sie ihn ein lausigen hund hatt genennet;
Welche wort ihn so hart verdroßen haben, :r,
Daß er seim zohren hefftig thet nachtraben
Und sie mit streichen g'waltiglich anrennet,
52«
Martin Montanüs,
Also das er auß grimigkeit
Sie ward stoßen und tretten mit den fOßen,
Vermeint, daü sie ihre boßheit
Durch solches wQrd bereuen und abbOssen.
ö Wie sie fortfuhr unb'sunnen,
Er die an ein sail band
Zuband
Und ließ sie in ein brunen,
Zu bessren der [!) verstand.
10 3.
Aber sie wolt nicht von der schmachred weichen,
Da schon das wasser thet den hals erreichen,
Snnder schry ,Laußiger' ganz unbescheiden.
Da ihr daß wasser Obers maul ward gehen,
1> Kund sie nicht ablassen von ihrem schmehen,
Hub beid band Ober den kopff zu den zeiten,
Truckt beider daum nägel zusamm,
Gleichsam sie mit dießera die lüuß wolt knicken.
Kein besserung ihrs lebens kam,
3j Wolt viel lieber in dem wasser ersticken.
Drauß die lehr thut verbleiben,
Daß sey ein schwere sach
Hernach
Von den weibren zu treiben,
o-. Die einmal g'fast der schmach.
XXXV. (zu Qartengesellschaft cap. 89).
Einer su<ht sein ertruncken weil) wider den ström.
(Meisterlied Ambrosius Metzgers, in der alten weiß Kriegsaura, am
7. Januar 1626 gedichtet. — Aus dem Uöttinger cod. philol. 196, s. 133.)
Als ein böß weib eins malen
In ein wasser gefallen,
Auch drin ersoffen gar
Und daß ihr man vernommen,
Ist er an das ort kommen,
Da sie nein g'fallen war,
Suchet sie ohn verdrus
Stettig wider den Aus
Unbeschwerd der arbeit.
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Anhang verwandter stücke nr. XXXIV— XXXVI.
527
2.
Wie itzt die leut gesehen,
Was von ihm thet geschehen,
Es sie groß wunder nara
Und theten hefftig lachen, 5
Fragten, was er thet machen ;
Sein thun wer unlobsam,
Die weil sein todes weib
Nicht könd mit ihrem leib
Streben wider den flas jo
3.
Der man sagt: ,Weil im leben
Sie stets durch widerstreben
Alles widersinns thet,
Würd sie sich auch bewegen
Im todt dem fluß entgegen
Nach der art, die sie hett,
Weil sie im leben war.
Dan sie nie g'scheucht kein g'fahr,
Da sie lebet auff erd.'
10
•jo
XXXVI. (zu Gartengesellschaft cap. 92).
Molitor capit quinque sextaria ex quatuor sextariis
granorum.
(Hulsbusch, Sylva sermonum 1568 p. 35.)
Molitor quid am , cuius molendinum non procul aberat a 25
pago, artifex in participio, habuit anseres, gallinas, colunibas
et similia volatilia, quae etiam de publico proventu vivebant.
Uno dieruui cnm columbarium visitaret, prospicit venientem
quendam parcum rusticum, qui pro more habuit nnnquani de-
cedendi ex molcndino nisi habita sua farina, quae res maxi nie ;jo
displicebat molitori. Quare comminiscitnr modum imponendi
huic parco rustico. Descendit ergo actutum et abscondit se in
molendino proxime ianuam.
Rusticus intrat molendinum ubique clamans, num quis
esset domi. Interim se subducit molitor et vacuat equum onere :k
reponens, ubi sibi commodum videbatur, atqne alia via intrat
528
Martin Montanus,
molendinuru dicens : ,Quis vocat ?* — iEgo4, inquit rusticus,
,adfero quatuor sextaria granorum, quae Vellern quaraprimuin
molarier.4 — ,Kietl, inquit molitor, ,adfer huc! Nam vacua est
una molurum, quare iamiam expedieris'. Exiens rusticus vo-
5 lebat adferre saccum snuni , quem videt ablatum. Quae res
maxinie perculit eum; de qua re fingebat et molitor se mi-
rari. Rusticus autem, ne resciret uxor, quid actum erat, rogat
molitoreni , velit sibi vendere quatuor sextaria granorum ac
molere; se bona fide soluturum. Annuit molitor et vendit sna
10 propria grana.
Iam cogitabat molitor, [36] quomodo posset rusticum
ulterius decipere. Fingit se feiern habere, quae praeter na-
turam norit piscari in aqua. Rusticus gestiens videre boc
spectaculuin rogat, velit boc experiri se praesente. ,Imo4,
15 inquit molitor, ,ita est edocta, ut, cum ego com pell o eam Haintz-
man, norit, quid volo.4 Convenit autem molitor cum suo fa-
mulo, ut, si quando inclamaret ,Cape, Haintzman', ipse caperet
scxtarium unum ex granis rustici, quae infusa erant in in-
fundibulo. Molitor capit feiern, accedit ripara fluvii, deponit
20 ac ingeminat: ,Haintzman, cape !' Quod intelligens servus
exsequitur iussum. Sed felis non videns pisces coctos abnuit
venationem. Molitor autem fingit feiern se verecundari ob
rustici praesentiam atque ita se excusat. Rcversi ergo in mo-
lendinum ; cum molita essent grana, redit dorn um rusticus bene
23 illusus.
XXXVII. (zu Gartengesellschaft cap. 02).
Katzenfischerey.
(.loh. Jacob Weitin er, Teutsehen poetischen lustgärtleins dritter theil,
Nürnberg 1622, bl. Cßb).
3Q Hört zu und seyt ein wenig stiller!
Ich muß was sagen von eini inaller,
Welcher gebraucht hat disen li«t
Und mit der katzen hat gefischt.
Wie nun die fischerey abgangen,
..- Will ich zuschreiben jetzt anfangen.
ü frommer man, nimm dichs nicht an!
Dann es ist nur vexation.
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Anhang verwandter stücke nr. XXXVI-XXXVII.
Zu einem müller ist vor jarn
Ein baor mit frucht inn d' mühlen gfahrn.
Dem wolt der müller gerne nützen ;
Der baur abr blib stets bei ihm sitzen
Und hütet fleissig seiner sack,
Er gieng kein tritt darvon hinweg.
Das thet den müllr im hertzen plagn,
Daß r' ihm kein körnlein kundt abtragn.
Er gieng hinauff zu seinem weib
Und sprach zu ihr: ,Du hertziger leib,
Inn unser mühlen ist ein baur,
Der ist so ein verschlagner laur,
Er hat jetzt schon zu etlich malen
Allhie inn unser mühlen gmahlen;
Aber er thut stets bey mir steckn,
Ich kan nie kommen zu sein säckn,
Ich kan ihm nicht ein handvoll zwackn;
Der handel will mir gar nicht scbmackn.
Lieber, hilff mir darauff studiern,
Daß wir ihn doch einmal anführn!'
Das weib das sprach: .Mein lieber man,
Der sachen ist gar leicht zuthan.
Nimb nur den bäum ans wassr zu dir
Und unser katzen mit dir führ,
Bered ihn, wie sie fisch könn fangn !
Wenn nun der baur ist mit dir gangn,
So stoß die katzn inn bach, sprich Greiffl
So will ich inn d'säck greiften steiff.
Es gilt ein daler bey meim ayd,
Der baur soll uns nicht sein zu gscheid.'
Der fund geriet gar wol dem man,
Er sagt: ,Ich will ihm gleich so than.'
Er sprach zum baurn : .Kommt mit mir her,
Weil d' gerbmühl ohn das noch nicht lar
Und weil ihr demnach müst allhier
Warten ein stund drey oder vier.
Daß nun die zeit euch nicht werd lang,
So bseht ein weile mein fischfang!
Mein katz, so allhie unibher geht,
Umbs fischen sich gar wol versteht.*
Der baur der glaubt deß müllers wort
Und gieng mit ihm ans wasser fort.
Da nam der müllr die katzen sein
Und stieß sie inn den bach hinein.
Er sagt: ,Katz, tumel dich und greiff!4
34
530
Martin Montanas,
Da griff das weib ins baurn säck steiff.
Die katz Heng nichts zum erstenmal,
Da stieß ers nein zum andernma).
,Katz\ sprach r\ .greiff noch einmal und fisch,
6 Kehr fleiß an und was guts erwisch!'
Da griff das weib nochmal inn d'säck,
Nam widr ein guten theil hinweg.
Als nun d'katz auch das andermal
Nichts hett gefangen liberal,
10 Stieß ers mm drittenmal hinein
Und sprach: ,Huy kdrschner, gTeiff dapffer nein!'
Da thet das weib nochmalen fiscbn
Und noch mehr dünckl und korn erwischn.
Darnach knOpfft sie widr zu die säck
K Und trollt sich auß der mahlen wegk,
Gieng widr inn d'stuben, span daher,
Als ob sie nie drundn gwesen wer.
Der baur thet warten mit verlangn,
Wann doch die katz ein fisch würd fangn.
20 Aber die katz bestund gar schal,
Sie fieng auch uichts das dritte mal.
Da hub der mQUer an und sprach:
,Es ist jetzt gwiß zu kalt der bach;
Drumb will mein katz kein fisch anfassn,
25 Sie will sich nicht gnug nunder lassn.'
Drauff giengens baid widr inn die mQhl,
Und war dem müllr erfüllt sein will.
Er lacht heimlich und war sehr fro,
Daß er dem baurn geschrepfft also.
ao XXXVIII. (zu Garteugesellschaft cap. 99).
Wie ein luünch zwey zusamen koppelt on sein wissen.
(Ain httpsch lied wie ein | münch tzwey zusamen koppelt on | sein
wißen. In dem speten ton. | Frawonlist. | 2 holzschnitte : frau und
geistlicher. 4 hl. 8». | Gotruckt zu Straßburg von | Mathis hüpfuff als
man zalt j XV. hundert vnd. XV. Jor. j — Ein defektes exemplar in Er-
langen; vgl. Ch. Schmidt, Repertoire bibliographique strasbourgeois
5, 40 nr. 133; 1893. Ich habe versucht die lücken zu ergänzen).
L
ZA Florentz saß ein edelman,
40 Der het ein dochter wol gethan,
Ein kauffman sie gar lieb gewan,
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Anhang verwandter stücke nr. XXXVII— XXXVIII.
Der warb mit Heiß wol umb die innigleiche.
Dem kau Aman er die dochter gab,
Darumb das er was reicher hab,
Die iunckgfraw het groli leid dar ab,
Sy docht: ,Er mag meim adel nit gleiche.«
Kein willen het sie gantz in yrem hertzen
Zu dem kauffman mit schimpffen oder schertzen,
Tag und nacht thet sie nur daruff sinnen,
Und wie sie yren sachen thet,
So sie doch gantz kein willen het
Zu dem kauffman frü oder spet,
Ein andern man begund sie lieb gewinnen.
g.
Den het sie holt im hertzen gar,
Tag und nacht* nam sie seyn war,
Daa sie [im] thet ein botschafft dar,
Das er von ir [wurd] innen dißer liebe.
Der selbig man [ging al]le tag
Zä einem münch, als ich [euch sag],
In ein closter, das nit ferr lag,
[Andechtig] war und thet sich darinn üb[e].
Sie dorfft niemant vertrauwen diser dinge.
Hyn zu dem münch die fraw selb heimlich ginge,
Sy bat yn seer, das er sie beicht verhörte.
Der münch sprach: .Gern, uff der fart*.
Do ym die fraw min beichten wart,
Sie sprach: ,Geystlicher vatter tzart,
Verhöret recht und eben myne worte!
3.
Ich clag euch hie meins hertzen not;
Ein man zä euch sein wonung hot,
Der geht mir noch frü und spot
Und meint, er wöl mich umb mein ere hie bringen.
So ist es ye meins willes nit,
Darumb ich euch gar freuntlich bit,
Tr schafft mir vor ym einen frid
Und das er lassen thä von dissen dingen,
So doch der man hat wandel zä euch here.«
Der münch verstund gar wol ja [dis]er mere.
Er sprach: ,Die ding die wil ich [überjkummen.4
Sie bot ym dar der pfening [eine summen.]
[Die] nam der münch und schwig gar [stil.J
[Und sprjach: ,Ich yn wol straffen wil;
In diß[er sachen] will ich mich nit seumen/
34*
Martin Montanas,
4.
[Sie sprach:] ,Das tftt* und urlob nam
Von dem geistlichen vatter zam.
Der biderman ins closter kam
Wol z& dem münich, der was so ungeschlachte.
Der mü[n]ch der für in Übel an,
Er sprach: ,Die ding hastu gethan.
Ich het dich für ein andern man.'
Er leugnet fast, doch thet er das betrachte :
.Villeicht wil mich die fraw in liebe haben.'
Die gassen ging er oft't auch uff und aben.
Das sah die fraw, sie frewot sich im hertzen,
Sie ging an ein fenster hin für,
Sie ließ sich schawen vor der thür.
Der selbig man sah das von yr,
Ir liebe ward sy meren one schmertzen.
5.
Do nun die fraw ward mercken das,
Wie er ir lieb[e] kennen was,
Do ging sie aber [hin] fürbas
Under ein krom und kauflft so köstlich dinge,
Ein gOrtel, der was silberin,
Und einen seckel hübsch und fein;
Das trugs in das kloster hin ein,
Wol für [den] münch thet sie das alles bringe.
[Sie sprajch: ,0 her', mit also grossem gel[fen] :
[,Eu]wer straff wil gantz an ym n[immer helfen.]
[Secht die] ding, die hat er mir geschickt beide,]
[Die] hat mir bracht ein altes weib.
Das mir bekümmert seel und leib,
Mich wundert, was er da mit treib.4
Der münch der sprach: ,Die ding seind mir leid[e].*
6.
Sie sprach: ,Des krometz wil ich nit.
Gebent im das wider, ich euch bit,
Das er mich laß unkümmert mit
Und das er laßen wöl von diseni dingen!1
Der münch darvon betrübet wart,
Er sprach : ,Vil liebste fraw so zart,
Darumb wil ich yn straffen hart.
Ich hoff, ich wöll die sach zum besten bringen.1
Sie sprach: ,Das thüt, das bit ich euch gar eben.'
Ein roten gülden ward sie ym do geben.
Anhang verwandter stücke nr. XXXVIII.
Kr sprach: »Die ding wil ich warlich wenden.4
Sie sprach: .Das thötl' und schied hindan,
Darab sie heimlich freüd gewan.
Kurtz [darnach] kam der biderman
Wol zA dem [mflnch, der] straffet yn behende.
7.
[Er strafft] yn hertiklich gnftg,
Das kromes [er im herzA tr]Ag.
Er sprach: ,Sye, merck off [und lög'.J
[Das] wil sy von dir nit enpfahen,
Sie spricht, du sollests selber hon
Und sie do mit unbekümmert Ion/
Der man die sach ward bald verston,
Er docht, erst wirt dy rechte lieb nahen.
Die kröm empfing er also tugentleiche,
Die gassen ward er uff und ab offt streiche,
Das sah die fraw, yr [liebe] wart sich mere.
Ir man gen Genou [einst geritjten was
Nach kauffmanschatz (nfln [merck]et das).
Die fraw ging aber fiirebas
[Hin] zA dem münch: ,lch clag euch, lieber [here,]
8.
Die sach mir nah zu hertzen gat,
[Der man] mich nit mit friden lat.
Weiß nit, wer [im ge]saget hat,
Und das mein man gen Ge[now ist] geritten.
Er kam nechten in den ga[rten mein]
Und klam uff einen bäum nit klein
[Und stiegl in die kamer hynein,
Ich hab mich kum [er]wert mit clugen sitten.
Die ding die wil ich meinem man thön sagen
Und dar zu allen meinen fründen clagen.'
Er sprach: .Thfitz noch [dis] ein mal an mich lassen!'
Und bat sy, das sy h[eira] wölt gon.
Das thet das frewlin wol [gethon.]
Der[!] man den[!] münch wardt nit verlon,
Er strafft yn hertiglich auß der massen.
9.
Der münch strafft yn auß zornes list:
,Yr man gen Genow geritten ist,
Du in yren garten kommen bist,
Hoch an eym bäum bistu [zu] yr gestigen *
534
Martin Montanas,
Der man die sach gar wol vernara,
Des [nacht]s er in den garten kam
Und stig uff [eine]s bäumet» stam,
Das fenster fandt [er offen] unvertzigen.
ö [Die f]raw thet sein gar schön und eben war[te,]
[S]ie yn empfing gar fleissig unnd gar [zarte,]
Yr beyder willen theten sie volbrin[gen] ;
[Solchs] triben sie vil manchen tag.
Dar[umb sich] niemant hüten mag
10 Vor fraw[en list], als ich euch sag.
Das schaff der manch und wust nit von den dingen.
XXXIX. (zu Gartengesellschaft cap. 99).
Von einer witfrawen, wie sie einem Studenten ihre
liebe eröffnet.
15 (Bernh. Hertzog, Schiltwacht. Magdeburg o. j. bl. Aiija, nr. 1.)
Vom Rheinstrom war ein junger, schöner, doch frommer,
einfeltiger mensch und geselle gen Wien in Oesterreich von
seinen eitern abgefertiget , allda zu studieren, welcher ward
einem alten doctor und professor daselbst, auff ihn achtung
20 zu geben, befohlen. Wie wol nun der junge gleichwol fast
schön, leget er doch seine schöne (wie einem jungen Studenten
wol anstehet) viel mehr auff seine bücher denn andere kurjz-
weil; in summa er lag tag uud nacht seinem studieren so
hefftig ob, das er schöner weiber freundschafft sich wenig be-
25 kümmert. Es war aber am selben orth eine junge gerade,
hübsche witfraw, derer mann kaum für zweyen monaten ge-
storben ; doch ihr käutzlein sich ohn speifi nicht erhalten mocht,
also das sie ein sonderliche lust und liebe zu dem Studenten
gewan, im weg und steg vorschlug, ob sie ihn zu irer lieb
90 bringen möchte. Aber der gut einfeltige bruder wolte die
sache nicht verstehen.
Als [Aiijb] aber das weiblein sähe, das sie nichts schaffen
mochte, ward sie bey ihr zu rath, wie sie die Sachen anstellen,
damit sie den jungen gesellen zu ihrem gefallen reitzete, thet
85 seiner gelegenheit fleissig nachforschen. Und als sie letzlich
vernam, das der gute fromme junge student dem alten herrn
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Anhang verwandter stücke nr. XXXVIII — XXXIX.
535
commendirt und befohlen war, thet sie sich auff ein gereumbte
zeit zu dem alten verfügen , zeiget im an , wie sie vor dem
jungen Studenten nirgend bleiben möchte ; er verstand ir weg
und steg, sie in irem witfrewlichem stände zu feilen und uuib
ihr ehre zu bringen ; were also ihre bitte, er wolte ihn dahin 5
ziehen und halten, das er ihr müssig stünde; denn wo sich
solches weiter begebe, würde sie verursacht solches ihrer freund-
schafft zu klagen. Der gute fromme alte herr thet sie freund-
lich bitten, sie wolte solches auff dismal bleiben lassen; denn
er wolte ihn unter die sporen nemen und dermassen unter- 10
sagen, das er sonder zweiffei ir müssig gehen würde. Das
weiblein zog wider zu haufi, gedacht, die sache würde gerathen.
Wie nun der gute frome geselle, welcher von solcher
sachen nichts wüste, von seinem studio heim kam, dem-[Aiiija]
selben den gantzen tag fleissig obgelegen und gar keiner sol- 15
chen sachen gedacht hatte, ließ ihn der gute herr für sich
fördern, erzehlete ihm die sach nach der lenge, was die wit-
frau über ihm geklaget hette; wo er solcher schände nicht
abstehen, würde er verursacht werden, solches seinen eitern
heim zu schreiben. Der gute gesell entschuldiget sich zum so
höchsten, er were diesen sachen unschüldig. Der alte herr
wolt ihm keinen glauben geben, doch nachdem er ihm einen
guten Leviten gelesen, ließ er ihn wieder von sich.
Als aber die fraw sähe und merckte, das ir der bofi noch
nit recht angegangen war , zog sie wiederumb für den alten 25
doctor, zeiget ihm den handel noch etwas kleglichers an , wie
sie der jung student weiter angetastet, also das sie sich seiner
kaum erwehren künte, mit hefftiger bitt, er wolte in wiederumb
beschicken und solches untersagen; denn sie einmal auff dem
wege solches ihren freunden anzuzeigen , wiewol sie solches so
ungern thet. Zog mit dem iren seckei auff, gab dem herrn
einen duppelten ducaten, er solte es dem jungen gesellen geben
zu einer Verehrung, damit er ihr müssig stünde; denn wenn
[ Aiiij b] sich solches mehr begebe , würde sie doch beweget
werden, solches nicht allein ihren verwandten, sondern auch 85
ihrer ordentlichen obrigkeit oder dem rectori daselbst zu offen-
baren.
Der gute alte fromme herr war hefftiger denn zuvor ob
536
Martin Montanua,
solchem klagen der frawen bekümmert, thet den jungen stu-
denten beschicken; ward ihme der hämisch bass denn zuvor
erbutzet. Der junge gesell thet sich abermals höchlich ent-
schuldigen, begeret, man solte ihm das weib fürstellen. Der
5 doctor ward ob der entschüldigung des jungen bewegt , das
weiblein zubeschicken ; welche sich zum schimpff auch schmücket
und zum doctor verfüget, gedachte wol, der schimpf würde
sich machen.
Er zeigt an, wie sie zum andermal den Studenten für im
10 seiner unbefugten handlung halben verklaget; nun were er
zugegen und thet dasselbige leugnen , wolte also sie beyde
gegen einander verhören. Das witweiblein gedachte: ,Hette
ich den Studenten daheim, wir wolten den krieg bald gericht
haben.4 Hub doch an sich kläglich zu stellen, zeiget an, wie
lö sie ihre witfrewliche ehre für ihm erhalten möchte, sie teg-
lich in unzucht zu bringen [Ava] unterstünde; das wüste sie
nicht zu dulden, sondern müste solches zuvor kommen, ihren
freunden klagen, hette aber bisher solches unterlassen, damit
sie in kein geschrey käme; wüste auch wol, wenn es die ihren
20 erführen, das es ein zerstochen leben gebe , hette vermeinet,
dieweil sie ihm solches zum andern mal untersagen lassen, er
solte ihr müssig gangen sein. Des aber unangesehen so were
er vorschienener nacht umb zehn uhr für ihr hauss körnen,
dafür ein grosser steinhauffen lag ; auff denselben er erstlich en
25 und darnach auff einen maulbeerbaum , so nahe bey ihrem
kammerladen auffgewachsen, gestiegen und, als sie ohn gefehr
der warmen zeit halben den laden offen gelassen, sich zu ihr
hinein in die kammer geschwencket und sie nötigen wollen.
Als sie aber hefftig umb hülff ihren nachbaren (ich achte, wie
30 eine mauss im keükorb) geschrien, were er wieder zum laden
hinaus gesprungen und entlauffen. Das wüste sie nicht zu
dulden, sondern müste solche gewalt ihren obern klagen , die
würden ihr wol dafür sein. — Der gute gesell entschuldigt
sich, so wol er möchte, thet die sach allererst mercken. Der
35 alte [Avb] Chremes, so der Sachen unwissend war, ließ sie
beyde von sich, thet doch dem studioso ein gut cavelantes [!] lesen.
7 schimp.
Anhang verwandter stücke nr. XXXIX— XL. 537
Als aber der geselle sich also beschüldiget un verdienet
wüste, ward [er] der sach weiter nach zutrachten verursachet.
Thet sich zu der witfrawen hauß verfügen , befand , wie sie
angezeiget hat, gedachte wol, das es umb ein niderlendischen
streit zu thun were; kam also zukünftige nacht zum maul- 5
beerbaum und flog zum laden hinein, thet den maulbeerbaum
recht erschütteln. Aber das gute weiblein thet weder ihren
nachbarn zuruffen oder ihn für ihrer freundschafft, obrigkeiten
und dem alten doctor zuverklagen , sondern ward die klage
bey ihnen eingestellet. 10
XL. (zu Gartengesellschaft cap. 100).
Ein mönch ligtt bei einer hebam.
(Meisterlied in der buchßbaum[weis] M. Ambrosi Metzger, gedichtet von
Ambrosius Metzger 1625 am 15. märz. — Aus dem mscr. Will III,
783 fol. der Nürnberger stadtbibliothek, s. 78.) 15
1.
Ein münch [einst] terminiret
Zu heiachen ayr und keß,
Und wie er nun in sojcher leß,
In die nacht übereiltet
Daß deß wegs er nicht iret,
Er zu eim bauren trat
Und disen umb nacht herberg bat.
Der ims gercn mit theillet
Und legtt den in sein bett.
Sein frau nicht anbeimb war,
Dan eie zu schaffen het.
Als sie ir gschefft verichtet gar,
Sie sich nicht lang verweiltet
2»
Und sich nach hauß verfüget,
Legtt sich nider fein etil.
Der münch der drib der liebe spil
Mehr, dan ir man sonst pfleget.
Als sie nun wol vernüget,
Beym mond sie gsehen hat
Des münchs abgeschorene blat.
20
30
538
Martin Montanus,
Ir diß zweiffei erreget,
Ob solches ir man wer;
Auch sein fetter bauch los
Ir macht gedancken schwer.
5 Drumb sie mit eim gschrey gros
Iren ehman beweget,
3.
Das er zu liff unbscheiden
Und fing mit seiner band
10 Den mönch gar bald obn widerstand.
Daß weib erzürnet mechtig
Det im sein pfeiff außscbneiden.
Der mönch deß fahlen ward
Grossen schmertzen zu diser fart.
15 Das weib saget unbedechtig:
»Des zeugs hastu zu vil.
Drumb ich mit guttem raht
Dich itzund machen wil,
Das du den namen mit der that
20 Und forthin seist fürtrechtig.*
XLI. (zu Gartengesellschaft cap. 101).
Der fareut schuler mit dem pfaffen.
(Meisterlied in der rebenweis Hans Vogels, gedichtet 1548 am 27. Sep-
tember. — Aua der Dresdener bandschrift M 5, s. 459.)
85 1.
Ein schfiler reiset auß
Vor etlichen jaren, der drat
Eins abends spatt
In eines bauren hauß.
30 Die wirtin war alein,
Und der dorff[pfaff], so bei ir sasse.
Umb herberg batt er sie.
Die wirtin sprach: ,Ich darffs nit thon.
Es ist mein mon
Über feld und nit hie.4
Der schöler ließ gut sein,
Doch er denn hund wol mercken wasse
Er segnet sie baide gar ball,
Ging hinauß, kroch in ein seustall.
40 Die wirtin gedacht, er wer hin,
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Anhang verwandter stücke nr. XLI.
Kein sorg hett sie nit mer auf in.
Und als es nun nacht wur,
Da kam der bauer und anklopfft,
And leden stopfft
Vor achrecken sie auflur;
Der pfaff in angst und pein
Dacht: ,Wer ich auf sanct Jacobs Strasse!*
2.
Sie mit dem pfaffen kam
Oben under das rusig dach,
Behend darnach
Zwei bratne hüner nam,
Ein gsottne hennen gut
Und ein krug mit wein setzt in schreine.
All ding sach der student,
Doch schwig er still in dem seustall.
Damach sie ball
Denn mann einließ behend.
Der war gar ungern ut
Und fluchet ser der frauen seine.
Der Student lieff hinden umbs hauß,
Klopfft voren an. Der wirt sach rauß,
Sprach: ,Wer klopfft und wer reget sich?4
Der schuIer sprach behe[n]t: »Bergt mich
Umb gottes willen fast!'
Der bauer liß in hinein gon,
Sprach: ,Ich sich schon,
Wer du bist, über gast.
Flux zeuch ab rock und hut!
Sag war mir und der frauen raeine!4
3.
Der sohuler macht ein kraiß,
Stund drein, rett ein wenig latein,
Sprach: ,DauU im schrein
Stet ein gsotne henn heiß,
Zwei hüner wol geschmach.'
Sie lieffen und es fürher zogen.
Der wirt sprach: ,Mir her bring
Denn deufel lebendiger gstalt!4
Der student balt
Stelt denn wirt in ein ring,
*
32 schuler] bauer.
540 Martin Montanas,
Lieff rauß, zn[m] pfaffen sprach:
,Herr, ich hilff euch auü unerlogen.
Drum ziecht euch muter nacket ab!4
Der pfaff war fro, vil gelte im gab,
5 Macht in mit ruß überal schwartz,
Rumplet mit im die stieg abwartz.
Der wirt erschrack mit grauß,
Meint, es wer der recht deuffel do.
Der pfaff war fro,
10 Das er kam auß dem hauß.
Sie beid schlempten darnach.
So wurd der gute mann bedrogen.
XLII. (zu Gartengesellschaft cap. 102).
Das schön goltschmitts weib.
16 (Meisterlied im kurtzen thon Hans Vogels, gedichtet von Hans Vogel
1539 den 18. april. — Aus dem mscr. Will III , 782 f. der Nürnberger
stadtbibliothek s. 237.)
1.
Nun höret, was geschehen ist
20 Neulich in kurzer frist
Zu Wormetz in der state!
Darinn ein reicher goltschmidt sag,
Welcher auch mechtig was
Ein herr wol in dem rahte.
25 Der hett ein wunderschönes weib,
Thet eim kauffman gefallen
Und liebet im gar sehre
Ob andern frauen allen.
Er gedacht hin und here,
30 Wie er doch möcht heimlich dar
Zu ir kumen fürwar;
Dan sie war schön gezirt von leib.
2.
Eines tags der goltschmitt ausritt.
36 Der kauffman sambt sich nit,
Ging in der frauen hause,
Sprach: »Frau, wolt ir mein willen thon,
So gib ich euch zu lohn
Funffzig krönen herause.'
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Anhang verwandter stücke nr. XLI -XLIII.
Die frau thet nach seinem beger,
Das gelt legtt er ir nider.
Darnach am andren morgen
Kam der kautfman herwider,
Sprach zum goldscbmit on sorgen
Fragett den goldschmidt, ob er nichtt
Sein schenren hett zughricht:
,So gebt mir wider mein gelt herl4
8»
Der goldschmidt fluchtt mit ungedult,
Sprach: ,Waß ist daß für schuld,
Darnmb ir mich thut mahnen?'
Er sprach: ,Ich lih in eurem haus
Auff ein scheuren heraus
Eurem weib fünfzig cronen.
Die mus jezunder ferttig sein.1
Theuer war in das lachen;
Der goldschmidt das weib schalte:
,Wie künd ichs so bald machen!
Gib mir nur sein geltt balde!'
Sie war wilfertig, gab ims do
Zornig und war doch fro,
Daß sie bey ehren blib so fein.
XLIII. (zu Gartengesellschaft cap. 102).
Der studeut mit dem mörser.
(Meisterlied in der beren weis B. von Watt, gedichtet von Benedikt
Watt 1592 am 1. april. — Aus der Dresdener handschrift M 5, s.
1.
Nun
Hört, im Baierland zu Ingolstatt,
Da es ein hohe schule hatt
Und vil studenten über za[re],
Bei den einer von Augspurg wäre,
Eins goldachmids sun, der war Felix genandt.
Dem sein vatter auß Hb gelt het gesandt,
Hun-
dert gülden, darmit der sone frei
Solen zalen sein schulden darbei,
Das auch zur nodurfi't brauchen tun.
Martin Montanas,
Als er das het empfangen nun,
Ward er fro und verliß die schalen gut,
Bulet eins burgers frauen wolgemut.
Dise war schön jung von leib und gestalt,
Die het elich einen mann, der war alt
Der liß der gsel sein wilen rund
Bey eim alten weib machen kund.
Auf das sie sich bald lencken lise,
Er ir hundert gülden verhise,
Das sie nur ein nacht alein bei im schlif.
In dem als nun ein kurtze zeit verlif,
%
Das
Ir mann auß ritt und wolt über nacht
Auß bleiben. Die frau wol bedacht,
Schickt auß die alten kupierine
Zum Studenten, das er kern hine
Und brecht mit im die hundert gülden gut.
Er säumt sich nit, macht sich auf wol gemut
Was
Im am morgen weisen einen gang
Durchs haus, sprach: ,Geht hin, machte nit lang!'
Der gsel stund auf und war nit drege.
Ein mörser stunde bei dem wege;
Den nam er, als er ginge durch das haus,
Under denn rock und droltt sich mit hinaus,
Verzog so lang, bis das vername er,
Wie der frauen mann zu land komen wer.
Wie er eins mals zu dische sas,
Mit der frauen und gesten as,
Ging nein, sprach: ,Das mal gsegn euch gote!4
Sprach zur frauen: ,Ir wist on spote,
Wie ich euch am vergangnen mitwoch spatt
Ser fleisiglich umb disen mörser batt*
8.
Und
Sprach zu dem heren : .Verzeicht mir dys!
Sie woltt mir den nit leihen, bys
Ich ir etwas setzt zu pfände,
Des ich sie geweret zu hande.
Ich kund des morser nit entberen wol
Und gewert sie mit einem pfand für vol,
Sund-
er on gefer in mein daschen dif
Anhang verwandter stücke nr. XLIII— XLIV.
543
Dapt and hundert gülden ergrif
In einem seckel wol verstricket,
Mein vatter min zur serung schicket.
Den bring ich euch itzund wider zu hand,
Bitt, gebet mir auch widerum mein pfand.'
Die frau erschrack eer und sich bald bedacht,
Eilet hin und die hundert gülden bracht,
Sorget, er würd sagen etwas
Und irem eeman sagen das.
Ward fro, das sie seiner loß wäre.
Voigt im hinach mit zoren gare,
Sprach mit solchen bossen: .Denn pfefer dein
Solst nit mer stossen in dem morser mein.'
XLIV. (zu Gartengeaellschaft cap. 106).
Der hasen geyer.
(Meisterlied im strengen ton HanB Vogels. — Aus der Dresdener hand-
schrift M 5, s. 804.)
1.
Zu Franckfurt saß ein edel weibe,
Die war gar schön von leibe.
Sie het ein reichen pfaffen Hb,
Mit im sie groß bulerei drib,
Lebet mit im on alle sorgen.
Das merckt ein ander edelmane,
Der wurff auch kleten ane
Und ging hin zu der frauen klug;
Sein bit sie im al mal abschlug
Und sprach stets: ,Ei kumpt wider morgen!4
Darmit thet sie in gar offt effen.
Das mercket er auß klugen sinnen
Und gedacht: ,Harr, ich wil dich dreffen,
Es wöl mir dann der kunst zerrinnen.*
Ein hasen geier er da het,
Den er seinem knecht geben det,
Sprach: ,Drag in zu dem weib verborgen!4
2.
Und machet im alle sach offen,
Wie es sich het verloffen.
544
Mariin Monianus,
Der knechi der hasen geier nam
Und darmit zn der franen kam
Und thet mit worien also sprechen:
,Der vogel gehört eurem herren,
5 Ist her kumen von ferren.4
Sie sprach: .Saget mir, was er kan!4
Er sprach: ,Die warheit zeigt er an
Vorauß dem, das sein eh dut brechen.
In dreuen wil ich euchs nit laugen.
10 Wo mit der vogel künt verderben :
Wenn man im brunzet in die äugen,
Von stundan muß der vogel sterben.'
Nach dem nam wider Urlaub er.
Die frau sagt dem pfaffen die iner,
15 Sprach: ,Am vogel wil ich euch rechen.'
3.
Sie graidelt über in verzwunzen,
Wolt auf den vogel prunzen.
Der vogel meint, sie brecht im speis,
20 Und fiel darein grimiger weis,
Riß ir ein stück auß der loreten.
Die frau ließ einen schrei gar ferro:
,0 brunzet auch, mein lieber herre!'
Der pfaff prunzt auch. Der vogel keck
2'i Riß dem pfaffen sein gschleuder weck.
Gar laut sie beide schreien theten.
Die meid hört das geschrei und jamer,
Sie meinet, der pfaff schlug das weib,
Und lieff mit eim scheit in die kamer,
30 Zerschlug dem pfaffen seinen leib.
Erst schri der pfatf und kaum enthran.
Also bracht ein ides darvon
Schand, spot und schmertzen sie lang heten.
XLV. (zu Gartengesellschaft cap. 108).
Die hundertfeltig gab.
(Meiaierlied im hofton Danheusers, 1541 gedichtet. — Aus der Dresdener
handschrift M 5, 8. 155.)
1.
Eins mahle ein armer bauer war.
40 Der in die kirchen ginge
Anhang verwandter stücke nr. XLIV- XLV. 545
Er und sein weib, nnd wolten die
Bredig hören vom pfafen.
Der pfaf dratt auf den bredigstul,
Zu predigen anfinge.
Sprach, wenn einer im leben sein ö
Ein gutes werk wöl schafen.
So sol der selbige ein ku
Umb gottes wilen geben
Gott wirt ims reichlich mesen zu
Alhie in disera leben, 10
Hundert ku wirt er im darfür
Wider dargegen schencken.
Diaen worten detten die zwei nach denken.
Die beurin sprach : .Mein Uber man,
Wir haben in dem stale \:,
Ein ku alein; die wolen wir
Dem pfafen schenken bale.
2.
So wirt uns gott auch hundert ku
Wider dargegen schafen.4 20
Den mann war es auch wol zu mut
Und sein wilen drein gäbe.
Also namen sie ir ku bald
Und brachten sie dem pfafen,
Gabens umb gottes wilen im 25
Und zogen wider abe.
Der pfaf stelt die ku in sein haus,
Da sein ander kü wasen.
Zu mitag liß ers dreiben aus
In dem felde zu grasen. 80
Der pfaf het guter kü wol sechs.
Als nun der abend käme,
Des bauren ku die andren sechs kü naine,
Furt sie heim in des bauren hof.
Der baur freuet sich sere :t.>
Und meinet, gott het ims beschert,
Saget gott lob und ere.
3.
Und als der pfaf des innen wur,
Das der baur sein kü bete, 4U
Lif er zu im und sprach : ,Du schalck,
Bald gib mir mein kü rause!'
Der baur sprach: ,0 her, wist ir nicht,
Montanut 35
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54Ö
Martin Montan us,
Wie ir predigen dete,
Wo einer ein ku geb aldo
Umb gotts wilen on grause,
Dem werd gott hundert ku darzu
Wider geben darneben?
So hab ich euch geleich mein ku
Um gottes wilen geben,
So hatt mir gott sechs kü beschert
In meinen stal gedultig,
10 Ist mir noch vier und neuntzig darzu schuldig.'
Der pfaf in fürname mit recht,
Das doch der baur gewane.
Also der pfaf bedrogen war
Von einem einfeltigen niane.
i;, XLVI. (zu Gartengesellschaft cap. 109).
Die begiue mit der hose auf dem köpfe.
(Jod. Gallus, Mensa philosophica 1508 bl. 47a = Mich. Scotus, Mensa
philosophica 1603 p. 284 lib. 4, c. 42 de beginis.)
Contigit in quadam domo beghinarum quendam clericum
20 nocie inventum fuisse cum una, ubi ad cameram illius multae
convenerunt ad videndum spectaculum. Quod audiens una alia,
in cuius lecto adhuc quidam alter clericus latebat, festinans
videndi cupiditate credens cooperire caput suum consueto, ac-
cepta braca amasii sui caput suum cum ea cooperuit et sie ad
2-0 locuin spectaculi vel lamenti venit, couans cum aliis plangere,
ac si ipsa nihil de simili sciret. Quam bracam capiti super-
positam una prospiciens clamavit: ,0 soror et socia dilecta,
quid est hoc, vel quid sibi vult hoc somnium, quod appor-
tasti?4 Tlla ex hoc plus confusa est quam altera socia, quae
:» salvata est per simile, cum non esset sola in tali delicto.
XLVII.
Samuel Karoch von Lichtenberg, Epistula de amore
cuiusdam studentis erga mulierem civaticam.
(Verfasst etwa in den jähren 1460 — 1476. Abgedruckt nach dem Berliner
üoMeer. lat. fol. 49, bl. 42b -43b (A). Verglichen damit sind B, der
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Anhang verwandter stücke nr. XLV— XLVII. 547
Münchner Cod. lat. 18910, bl. 66a — 70a (geschrieben in Tegernsee vor 1498);
C, die Wiener handschrift 3502, bl. 107b -1 10a; D, die Weimarer
handschrift Quart 109, bl. 3a (geschrieben von Michael de Zwif alten
1508; vgl. Wattenbach, Anzeiger f. künde der d. vorzeit 1880 , 289).
Die hss. BCD sind mit interlinearglossen versehen. — Über den fahren- ö
den hnmanisten Samuel Earoch handelt Wattenbach, Zschr. f.
gesch. des Oberrheins 28, 1 und Allgem. d biographie 15,410; sowie
im Anzeiger f. künde der d. vorzeit 1879—1881. Zu der Umwandlung
von liebesnovellen zu icherz&hlungen in briefform vgl. Wattenbach,
Peter Luder 1869 s. 110.) 10
Cum summo mentis desiderio salutem plurimara. Amice
ac fautor specialissime , nosti, quia distancia inter nos per-
longa est nec tarnen familiaritatera nostram disiungit, concepi
iam superioribus diebus epistulam, quam tibi mitto, tum quia
michi es antiqua fraternitate coniunctus, tum quia apud te est 10
michi secretorum summa fides. Neque egre feras, quoniam de
amore haec res est, que infinitam prebet scribendi copiam, cuius
tu non eipers es, quia ingeniosus es formarum spectator.
Quidquid vero sit, aurem prebe! De paucis tibi dabo.
Annotim quondam subii diversorium citisandi causa et ai
vorandi, cum dira fames me nimium cruciaret. Obtulit se
illico meo conspectui mulier facie egregia atque forma integra.
Hanc ubi primum inspexi, mirum in modum eius ingenium
admirabar, cum Semper illud facere studuit, ut mores sue essent
forme consimiles. Quare et de bero cogito , qualis esset , cui 25
tantum decus domi serviret. Video namque eum fore virum,
in quo relucebat comoditate condita gravi tas; non admodum
grandis natu, sed iam etate provectus; et quamvis sapiens
habebatur, parum tarnen civilitatis habuit. Ubi sie eos vidi
etate esse dispares, me serviendo amicissiimmi sibi reddidi ac 30
laborando pervigili cura presto aflui ; hunc laudo, huius ingenia
*
Die vorrede z. 11—19 fehlt in CD 11 pluriuiam dico B 13 disiungat
A 15 tum quia] cum B 19 De] Et B '20 Annotim] glossiert
C: ante annos aliquot, olim quodatu A citisandi (— eyathissandi)
AD; pitisandiBC 21 forandi ABCD 23 in] fehlt B 24 statuit
13 essent sue BCD 25 et] fehlt BD vgl. Aeneas Sylvius,
De duobus amantibus bl. A3b: ,Menelao indigno, cui tantum decus
domi serviret* 27 lucebat BCD 28 sed tum A; sed tarnen iam B;
sed tum iam D profectus ABCD 29 civitatis novit BCD 30 esse]
fehlt B 31 affui] reddi B fui B hunc] huic CD laudo] ludo BCD.
35*
548
Martin Montanus,
admiror ; si ait quid, aio, si quid negat, nego ; tum impetravi,
quae volui.
Cumque vero vidi michi omnia assentiri , liberior micbi
fuit potestas heraru amare. Ac quidem multum fervorem do-
5 mare non potui; quamvis herus maturus et sibi verba dare
difficile esset, dominam accessi , iilius forniam atque etatem
co uim endo , (erat enim pene sex et viginti annos nacta) pro-
geniem eins magnifico, ipsam ceteris antepono, quod ac lubens
audivit. Demum eam bumili prece, ut me amat, oro. Hoc
10 cum audivit, asperrime prorupit in iram, amorem voltu tegens
acri verbo respondit: ,Ha homo ignavissime, quid ceptas ! Abi
hinc in malam crucem, quo dignus es cum suspicione istac!
Credis me de illarum esse progenie, que se cuiquam solent ven-
dere? Vix me detineo, quin in capillos manus involvam tuos
10 ac ita suplicium de te sumam , ut te omnium indiguum red-
dam.4 Quamvis hec peracerba michi visa fuere et amorem pe-
nitus deseruissem, si me illud vetus non detinuisset proverbium :
, Femina quod prohibet, cupit ; volt sepe rogari.1 Dixi ei : ,Ach
domina benigna, noli tantum adversari meis precibus ! Adequa
20 animum pie ac prestanti tue forme! Et si peccavi, tarnen verba
fuere. Ignosce, precor!1 Quae ait: ,Vade, abi et vide, ne me
amplius biis illecebris verbis tribules!' Discessi ferme exani-
matus ac spiritum demum resumens mecum cogito: ,Hac non
successit, alia agrediendum est via.1 Et quia sedulo michi iste
Z) animus fuit ,Sine Cerere et Bacho friget Venus,1 ideo tempus
opportun um expecto.
*
I si bis nego] fehlt A sie tum D 3 vero] fehlt B assentari A
4 ac quidem] atque BD 5 maturua est et BC 7 nata CD pro-
genie C ; pro genio D 8 magnifica C ipsas A libens C 9 au-
divi B aniet B 10 aprime D amores A 12 crucem] rem BC
istac] fehlt B 13 illa CD solet BCD vgl. Aeneas Sylvius
bl. Aßb: ,Vix me contineo, quin in capillos involem tuos* 14 con.
volvaui B 17 id veutus D 18 Glosse in B .Ovidius in primo de
arte araandi : Que dant, negant, gaudent cum esse rogatura* [!] ; vgl.
Ovid, Ars am. 1. 711: Ut potiare, roga; tantum cupit illa rogari.4
•J0 prestante CD 22 hiis] fehlt C tribulas AB 21 vgl. Aeneas
Sylvius bl. B5a: ,Hac non successit, alia aggrediamur via4 22 so-
dule BCD 25 Vgl. Terenz, Eunuchua 4,5,6 Bacho] Libero BCD
friget] vagat D
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Anhang verwandter stücke nr. XLVII
549
Paucis autem transactis diebus anniversarium seniorum
heri mei celebratur. Convenientibus singulis amicis, apparatur
cena, ornantur sedilia, raense pateris et ciphis onerantur, nec
defuit merum suave. Tota vero domus speciali decore venu-
statur, apparantur epule. Epulantur amici , hic vorant, hic &
bibunt, quousque sol vergebat in Tesperam. Sole vergente
populus ad lumen bibit atque in tnmultu maximos clamores
exercebant, quousque sol dimoverat umbram. Mane facto hera
perpulcra et maximo gaudio circumfulta extitit. Illos gravis
somnus oppressit, illi superflua eiecerunt , hü nusquam stare 10
poterant huc atque illuc cursitantes veluti insanientes.
Hec ubi vidi, aniiuum adverto dominam querere, existimans
me iam audituram. Eam accessi, iterum oravi : ,0 preclara,
o dulcis hera, accipe me iam tibi in fidem servum et ne esto
amara michi, quoniam id mea non, sed tua facio causa!4 Quae Ii
ait : ,Vade et abi fugitive ad furcas, tu male conciliate ! Video
eniin te omni vicio deditura, quia me persequeris ac fallaci
animo herum tuum decipis et totam nostram familiam conaris
dedecori subicere/ Cui ego : ,Parce, domina, ignosce tan tum
hoc scelus! Quod amplius si facio, occidito. Sed unum hoc 20
scito, contumelie non me fecisse, sed araoris causa/ At illa:
,Bene, furcifer, scis, quod prius fidem dederis et iam eandem
fregisti. Nunquam amore dignus es/ Interea, cum hec lo-
quitur, raecum cogito: ,lam iam amat, quia de amore disputat.
Tempus est factum persequendi/ Voce sonora respondi: ,0 i".
domina benigna, ne me repudies seu indignum dicito, quia
forma impulsus tua te diligo !' — ,Abi hinc, omnium vilissime\
ait illa; ,iam penam lues, cum vir aderit. Cui si dixero, vah
quibus ille te lacerabit modis ! Neque sinam, quin sibi revelem/
*
3 et] fehlt B 4 totaque BCD 5 forant ABCD 7 lumen]
snme A tnmulto C 8 demoverat CD 9 circumvulta BC; cir-
cumvlta D Illos] ho« BCD 10 oppressit] supsit BCD illi] hi CD
reicinntBCD 11 atque] et B velut BCD insapienteg A 12 Hec]
fehlt A 13 me] fehlt B - 14 o dulcis] haec ducis D fidum C
15 non mea CD 16 conailiate C 18 nostram] roeam D 20 hoc
scelus] istud BCD fecero B 21 occide B : occidar CD me] fehlt B
22 dederas CD 23 amori A Nunquam] quamquam D cum hec
loquitur] fehlt A 25 respondet A 26 seu me B 28 quin] num B
revelavi AB; revelam D.
:>5ü
Martin Monianas,
Tunc hec mecum ipse cogito: ,Ad ingenium redit, ut mos est
omnium mulieruiu, nolunt ubi volunt et cupiunt ultro.1 Et
sibi dixi : ,0 hera nobilis, quid male de te merui, cum te amo
nec tibi uuquam contrarius fui, et me perdere queris! Quid
5 faceres, si tibi essem inimicus? Effrene mentis impetus, precor,
compesce animosque restringe furibundos et me, quia te diligo,
ama!4 Tunc ipsa: ,0 Iupiter magne, scelestem et audacem
hominem ! Quod namque quis cavere potest, stultum est ad-
mittere. Sed ego scio , quod saepe ex huiusmodi re et malo
10 principio magna familiaritas conflata est. Et quid , si hoc
quispiam voluit deus !'
At quid multa, fautor amicissime ! Ne te morer, ipsa men-
tem apperuit dicens: ,Non possuni amplius tibi adversari nec
te amplius mei amoris expertem habere. Do me tibi tuamque
15 sequor fidem.1 Et continue me suas recepit in ulnas dicens:
Salve, salus mea!1 Et subiunxit: Jierum fallere opus est,
quia fatuus est iusulsus, tardus, stertit dies et noctes. Neque
istum metuas!1 Cui ego: ,Dignus est; placet.4 At ipsa ait
hoc modo: ,Unum vehementer ex te volo, ut, quicquid te iu-
20 beam, presto facias.4 Fidem do, promitto. Quae ait : ,Hoc ex
te volo, ut sole vergente te in cubiculum recipias meum et
sub lecto sis latens meo, doncc te revocabo ; et utique vir esto
et virili toga armatus sies.1 Quod libenti animo despondi, me
in cameram recepi nec tarn iners fui, quin semper mulierum
25 fraudes timui.
Dilatum est negocium, quousque cadencia sidera suadent
somnos. Herus cum hera in cubiculum sie transierunt. Post-
*
1 ipso CD 2Terenz, Eun. 4, 2, 43 : , Nolunt ubi velia, ubi
nolis cupiunt ultro.4 Auch von Aeneaa Sylvius bl. B 4b citiert
Et] fehlt A 3 raali BD; mala C 5 facit B 6 verebundos D
7 terrestrem CD 8 naui A 9 Sed] si B 10 quid] fehlt A hec A
12 morar CD ipsa] fehlt A 13 dicens] fehlt B vgl. A eneas
Sylvius bl. B4a: ,Non possuni tibi amplius adversari nec te amplius,
Euriale, mei amoris expertem habere* 14 mei] me A da CD
me] michi D tuamque totaliter B 15 sequar BCD continuo B
dicit B 17 impulsus CD per dies B 18 dingnus A At] Tunc
BCD 10 Unumj fehlt BCD 22 meo] fehlt C 23 sie B 26 us-
que quo BD vgl. Vergil, Aen. 2, 9: ,suadentque cadentia sidera
somnos' 27 sie] fehlt BCD.
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Anhang verwandter stücke nr. XLVII. 551
quam lectulo incumbunt, letos hymeneos celebraturi, ipsa do-
mina se infirraam simulavit. Cai vir : ,0 meum suavium , o
anime mi, quis dolor te opprimit ?* Quae respondet : Jntinitas-
iam mentis tribulaciones et mirum in modum varias turba-
ciones habui a nostro servo. Ipse nauique plus decies me nite- 5
batnr diffainie subicere et non minus te totamque meam
familiam. Quod in suo proposito si manserit, e mestu
moriar.4
Ubi boc sub lecto audivi, bec mecnm huc atque illuc
mente revolvo , timens me a muliere fore deceptum : ,0 me 10
fatuum, o stultorum stultissinium, cum in hanc sentinam volens
cecidi! 0 deus, eripe me hinc, noli ineas metiri ignorancias,
reserva me, ut hornm delictorum meorum agara penitenciam!
At si nunc evasero, nulla me unquam mulieris tecbna recludet.
Heu, quibus me vir calcabit modis ! Hinc si me deorum quis- 15
quam traxerit, nunquam me rursus illaquiabit ainor.4
Hec atque alia acerba mecum cogito. Interea vir femine
dicebat: ,Estne noster Gnato, qui sibi omnia assentari facit?
Quod illum dii deeque omnes perdant! Ab, quod illum inferi
superique in fundum lacerent ! Ubi nebulo est? Hei , quam 20
sibi caput demulceatn !l Cui ipsa respondet: ,Nescio hercle, ubi
est; ita prorsus mei sum oblita. Sed unum micbi in m entern
venit; dixit se velle operiri me in camera, que in solo penes
cisternam sita est. Surge cito et meo te babitu vestiam, mox-
que descende! Ubi eum in locum veneris, si ibi est, fac, ut&
esses hera, atque illis utere verbis : 0 dulcissime amice et sua-
vissime amator, veni et te oblecta! Cumque ad te vadit, rape,
*
1 celebratum D 2 similat CD 3 respondit BCD infirmitas A
4 pertarbacionea 8 6 meam] noBtram BCD 7 quodsi in suo pro-
posito permanserit BCD 9 mecum cogito B 10 Die ganze folgende
rede ist ans Aeneas Sylvius bl. C la abgeschrieben 11 fatuum]
vanum B o] et BCD sentenciam volans D 12 0 deus bis igno-
rancias] fehlt CD metun A; mediri B 13 serva C 14 tegna A;
tigna B; ticna C; ulna D recludent A 15 recalcavit B quis-
piam B 16 nnsqnam BD me] fehlt AC 17 Dum hec CD
18 assentire B; assentiri CD fecit BCD 19 omnes] fehlt B quod]
fehlt D 20 superi inferique CD 21 respondet] fehlt BCD 22 ob-
litus CD 24 vestias BCD moxquel etc BCD 25 In eum locum
cum CD 27 oblectare B vadet CD cape latera D.
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552
Martin Montanus,
lacera, quantum potes! Sin abest, operire eum, quousque ve-
niat!' Hec omnia mente gerens nee fraudem uxoris sensit,
accellerat festinanter descendens in predictutn locum ; ad quem
postquam venit, reperit neminem atque in eo expectans per-
5 mansit, quousque tempus secundam lucem reduxit.
Interea dum hec fiunt, mulier me de tenebris vocat di-
cens : ,Veni, delectacio raea, suavium meiim, veni ! Recesait iam
omnium dulcium inimicus, ille curvus tremulus, labiis dimissis,
sparso ore. Veni, propera! Omuia sunt tua. Tuum exple nunc
iu animum leticia!" Ubi hec audivi, resumo animum spiritumque
letum et immortalem pene me putavi. Ac hec mecum dixi :
,0 fidam femioam, o amatricem prudentem et insignem ac nobi-
lissimum amoris vasculum, cur me tibi non credam et tuam
non sequar fidem !l Et cicius , quam hec corde habeo , aptum
15 me amori reddidi, in lectum me reeepi, et quidquid ibi age-
batur, me latet ; nara pudor prohibet dicere, quam suavia basia,
quam dulces amplexus, quam mellifluos morsus tuue temporis
suseeperam.
At quid multa! Appropinquante secunda luce clava me
20 cinxi et descendi. Cum ipsum herum in vestibus uxoris sue
vidi, hoc siraulavi me nescire, hec in eum protuli verba: ,Ach,
meretrix pessiraa, iam sensio te fore mecham. Heccine me
facere flagicia tecum putas ? Prodamne ego dominum meum ?
Non alia , nisi ut te probarem , feci causa.1 Et cum talibus
25 verbis crudeliora verbera sibi dedi ac taliter cum clava iu eum
irrui ictus ictibus cumulando. Vir se fuge committit, nec ego
ah ictibus cesso, sed sedulo sequor usus hiis verbis: ,Reris id
*
1 in quantum BCD Si vero BCD operiri C veniet CD
7 vgl. Aeneas S y 1 v i u s bl Clb: ,Veni gaudiorum summa meorum,
veni fons delectationum mearum . ucaturigo letitie . . . iam tuta sunt
omnia4 9 sparso ore] fehlt BC nunc] fehlt BCD 10 quej quo-
que D 12 ,0 tidaro bis sequar fidem' ist aus Aeneas Sylvins
bl. C 3a entlehnt fidem feminarum D oj et CD 13 amorem cur BD
etj cur BD 14 cordi AB habui B 15 reeepit C 16 pudore A
Vgl. Aeneas Sylvius bl. D3a: ,0 suavia basia , o dulces amplexus,
o melliflui morsus* — o quam B 17 o quam B o quam B 21 vidij
inveni BCD hoej hec BCD 22 Hec D 23 domino meo B 25 ver-
benx] fehlt B ; verba D eum] ipsum B 26 fugt D ne D 27 sedule
BCD Rerisne id fore facinus B.
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Anhang verwandter stücke nr. XLVII.
553
tu tum facinus, lena perdita? Hu quantam penam Ines!4 Nec
vir a fuga cessat, donec se in cameram receperat ; et nondum
mediu8 in camera extitit, quin post se ianuam clausit. Hoc
facto discessi.
Mulier autem ubi lamentari molestarique virum audivit, 5
compassa est ei dicens: ,A mi vir, quid turbarisV* Ingemuit
vir. et lacrimando hec ait: ,0 mea amatrix, ubi ad ipsum veni
locum mente semper gerens4 — Inter loquendum autem vir ob
nimiam mesticiam in media voce resiluit. ,Dic, quidquid est,
mi vir ! Hercle aut re aut consilio te invero/ ait mulier. Cui io
herus: 'Quecunque volui sibi inferre, michi intulit mala. Quam
ob rem1, ait ipse, ,scies, ipsum non contumelie sed probitatis
causa fecisse, quod te temptavit. Iamque nosco eum antiqua
virtnte atque fide servum. Iam sibi totam profecto committaro
familiam domumque nostram et te, quia fidus est, sicut re >">
ipsa comperi. U tin am sie sint omnes, qui nobis mala volunt !
Peccatum meum hoc magnum est, ex quo nunquam tarn mane
egredior nec tarn vesperi revertor, quin ipsum in opere suo
faciendo viderira fidelem, ut quivis facile eius ingenium posset
capere.4 Cui domina: , Perpol nunquam in hoc nomine tan tarn 20
credidissem virtutem sitam neqne ego possum amplius adver-
sari sibi ; ymmo animam pocius relinquam quam ipsum dese-
ram.4 Vir autem non persensit fraudes, sed in sua simplici-
tate misere deeeptus est.
Hiis sero peractis mane facto e meo exivi cubili, opus 20
facio. Occurrit herus, me salutat, de rae gratulatur non sciens
me sibi plus damni una vice in sua facere uxore, quam ipse
et tota eius familia per totum mensem lucrabantur. Quot dies,
1 Hoy C penam] fehlt C 2 reeepit CD 3 post) fehlt B
6 passa A 0 mi CD 8 m entern A 9 resistit BD; restitit C
quid est CD 11 mala] verbera CD 12 scias B; »eis C non]
nomen B 14 servum fore B; servum esse CD profecto] confido B;
cum fide; fehlt D 16 sint] fuissent BCD omnes homines BD
17 magnum] maximum BCD 18 revertor" fehlt A 19 faciendum
viderem A 22 pocius fehlt C 23 sed neu C simplicitate et
azinitate BCD 24 estj fehlt CD 26 facto] A me] fehlt B salu-
tavit CD ; saltavit B 27 sibi] fehlt A dauipnum D 28 eius]
fehlt CD totam mensam AB lucrabuntur A.
5:»4
Martin MonUnu*.
quotve noctes in gaudio consumpserim , esset dictn difficile,
qnia haut minus quam annnm ibi fui. Neque habere amicam
vicium esse decrevi adolescencie ; nam id omnibus innatum est
te iudice.
ö Hec sunt, quae scire te rolui, et ne gugnlus sciat, hec
mente recludas. Vale.
XLVI1L (zu Wegkörzer cap. 23).
Von einem korbmacher und seiner frau.
(Kin schimpflich- | er Sprach, von einem Korb- | m acher Tnnd seiner
l° Frawen, wel- | che nit sagen wolt, Gott sers gelobt der | Korb ist ge-
macht, vnnd darumb rbel ge- | schlagen ward, wie jr hören wer- | det,
gar kurzweilig zu | lesen, etc. | □ | Wenn wir theten was wir sblten, |
So thet auch Gott was wir wolten. | 1570. | 4 bl. 8«. — Im britischen
museum zu London.)
\:> i Ajb Ir herren, seind ein wenig still!
Kin sprach ich euch hie sagen will
Von einem mann und seinem wcyb.
Dfraw wolt auch haben iren streyt,
Der mann der wolt irs nicht vertragen
20 Und hat sie darumb übel geschlagen.
Ks ist im Schwabenland geschehen
In einer statt, hab ichs gesehen.
Kin korbmacher sali vor eini hauß,
Kin korb macht er fru Tor tag auß,
'£> An einem so n tag es geschach.
Darnach er zu seiner frawen sprach :
,Sag: gott seis globt, der korb ist gemacht!'
Die fraw die hat des worts kein acht
Der mann sprach: ,Fraw, gbfirstu es nicht?
:so Wenn du die wort nicht sogen wilt.
So gib ich dir eins zu dem kopff.'
Die fraw die sprach : ,Du fauler tropft",
Woltestu mich zu dem wort zwingen?
Ich muß nit grad, was du wilt. singen.'
•'*■> Der mann sprach: ,Fraw, was gmeinst darmit,
Das du die wort nicht sagen wilt?
1 quot noctesve A gaudia sumpserim A esset] est B 2 quin]
fehlt B 3 ignotum B 5 te] fehlt CD gugulus] vulgus BCD
ü recfibas D B sehliess* : Congestum epistolare versucias| depromens
mulieruiii ßnit fauste, Amen. D schliesst. Michael de Zwifalten
«cripnit a quodani l.aculario anno domiui m V°. VIU.
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Anhang verwandter stücke nr. XLV11-XLVIH.
Der korb ist gm acht; darumb lob gott,
Wie dann ein fraw billig thun solt!
Darumb lob gott in seinem reich!*
Sie sprach : ,Ea gilt mir eben gleich.
Ist der korb gm acht, so sey er gmacht,'
Sprach sie und was gantz ungeschlacht.
Der mann der sprach: .Mein liebe fraw.
Glaub mir, das ich dir das vertraw,
Du werdest mich dea worta geweren.
Lieber nun sags, thu mirs zu ehren,
Sag: Gott seis globt, der korb ist gmacht!
Du hast mich jetzt lang gnug veracht'
Sie wolts nicht thun, es was verlorn.
Da kam der mann in einen zorn
Und gab der frawen manchen schlag,
Das sie dort auff dem erdtrich lag.
Die fraw schrey fewr und mordio.
Der mann sprach: ,Dir gschicht recht also;
Als ungluck steckt dir in der zwilchen.'
Der burgermeister kam von der kirchen
Und wolt heim gehen zu seinem hauß,
Da kam er grad zu disem strauß;
Es fügt sich on alles geferd,
Das weyb lag noch dort auff der erd.
Er sprach: ,Was hand ir für ein strauß?'
Der mann sagt im die sach durchauü
Und sprach : ,Ich hab sie darumb gschlagen,
Drumb das sie nit hat wollen sagen :
Gott sey gelobt, der korb ist gmacht,
Und mich so gantz und gar veracht'
Der burgenmeister fieng an lachen,
Wolt sich nicht bladen diser sachen,
Gieng für sich heim gen zmorgen essen.
Noch kund er der sach nicht vergessen,
Da er bey seiner frawen saß
Und die malzeit schier um aber was,
Der herr lachet für und für.
Die fraw sprach : .Lieber sag du mir,
Was lachest du heut disen tag?4
Er sprach: ,Fraw, loß, was ich dir sag!
Es hat ein mann sein frawen geschlagen,
Drumb das nicht hat wollen sagen :
Gott sey gelobt, der korb ist gmacht
Damit hat sie den mann veracht;
Es halff an ir kein bitt noch betten,
Martin Montanus,
Drumb hat er sie mit füssen tretten/
Die fraw sprach: »Lieber herre mein,
Wer ich wie d korblinmacherein,
Ich hett es warlich auch nicht gseit,
Und wer es im gwest noch so leyd/
Er sprach: »Woltst du auch keibig sein
Gleich wie die korblinnmacherein,
Das du durch bit noch durch mein trewen
Mit dem wort mich wolst erfrewen,
So dorffts dir auch wo] gehen wie ir.
Nun laß darvon, das Rag ich dir!
Wolts auch nicht sagen, als ich acht:
Gott sey gelobt, der korb ist gm acht,
Fürwar es dörfft dich wol gerewen.
Das sag ich dir mit guten trewen/
Sie sprach: «Ich wolts dennocht nit .sagen,
Wenn du mich gleich zu tod thest schlagen.
Dann dise wort seind nicht von noten;
Ich wolt mich ehe drumb lassen todten.
Ich wolt gern sehen herr oder knecht,
Ja der dise wort von mir brecht.1
Da schlug er ir die faust in halß
Und sprach: , Wolst duß erkeiben als?
Was leg dir doch an disem wort?*
Die fraw schrey mord Über mord;
Dann sie was von dem streich entricht,
Sprach: ,Du bist ein rechter boßwicht.
Mein freünd die müssen« an dir rechen.
Die wort will ich dennocht nicht sprechen.'
Da treyb er ir die hauptreiff baß.
Die jungkfraw in der kuchen was.
Sie fragt den reitknecht umb die ding;
Es nam sie wunder, wies zogieng.
»Ich will dirs sagen', sprach der knecht,
.Warumb die fraw den herren schmecht
Und sie im gibt so bose wort.'
Sagt ir vom anfang biß ans ort.
Wie er hett gsagt: Laß von deim pracht,
Sag: Gott Bey globt, der korb ist gm acht.
Das bat die fraw nicht wollen sagen,
Drumb hat er sie ins angsicbt gse h lagen.
Die jungkfraw sagt frey auß her glat:
,Wer ich gwest an irer statt,
Ich hett es warlich auch nicht gesprochen,
Solt mich der herr drumb han erstochen/
Anbang verwandter stücke nr. XLVIII.
Der reytknecht sprach : ,0 du unflat,
Dein balg ich dir ertreschen solt,
Woltest du dich auch also sperren.
Ein anders lied müßtest mir lehren.4
Sie sprach: ,TruU, daßt mich rurtest an!
Ich glaub, du seyest nicht der man/
Do schlag er dapffer auff sie dar
Und nam sie darnach bey dem haar
Und war ff sie unter einen trog
Und in der kuchen umbher zog,
Wiewols im nicht vil «leid hat than;
Jedoch wolt ein mannheit bgan
Gleich wie der erst und auch der herr;
Sie hattend eingleit kleine ehr.
Man find noch vil der selben lap'pen,
Hand kein verstand, seind groß diltappen
Und wolln doch gar fast witzig sein.
Wenn sie heim kommen von dem wein,
So sticht sie der narr und die grillen,
WSln dwriber zwingen umb nichts willen.
Auß der ursach ist der sprach gmacht.
Welcher sein fraw also veracht
Und meint dest hoher zsein und ferrer,
Derselb geht wol zum narren bschwerer
Und lest sein fraw dieweil ungirt,
Biß das er wider nüchtern wirdt
Hörst du etwann ein frawen schelten,
Laß du drumb deine nicht entgelten!
Dann man noch gar vil frawen find,
Die ehren werd und wirdig sind.
Denselben sol man ehr entbieten
Und vor den bösen sich wol hüten.
Der sprach trifft an allein die bösen;
Ich kÖnd ab in kaum d örten lösen.
Ein gute fraw mag niemand bzalen.
Ich denk, der sprach der soll euch gfallen;
Er ist in nllem guten gseyt,
Ich hab es gredt mit underscheid.
Ich hab auch ein fromm ehren weyb,
Sie gfelt mir wol sampt irem leib.
Sie Sprech, es wer tag oder nacht:
,Gott 8ey gelobt, der korb ist gmacht.'
Das sprech sie; wenn sie tranck gern wein.
Den kau ff ich ir, red ir nichts drein,
Sie raust mir sonst untruncken sein.
558
Anmerkungen.
L Wegkürzer (a. 1—131).
Widmung s. 8,«1 : Jakob Kerbrot war ein Augsborger kürsch-
ner (geb. um 1490), der im kämpfe der evangelischen zünfte gegen die
patrizierherrschaft lange die leitung gehabt hatte. Zweimal bekleidete
er das bürgermeisteramt , 1546, wo er Schertlin im schmalkaldischen
kriege unterstützte, und 1552, wo er das von Karl V. umgestosseue
zünftische regiment wiederherstellte. Als nach dem Passauer vertrage
der kaiser nach Augsburg kam, war Herbrots rolle ausgespielt; er über-
gab sein geschäft seinen söhnen und ging als pfui /gräflicher rat und
pfleger nach Lauingen. Verarmt und geschmäht starb er 1574 zu Neu-
burg. — Vgl. v. Liliencron, Histor. Volkslieder 4, 573 nr. 609—612.
Hecker, Zs. des histor. v. f. Schwaben 1,34 (1874). Mezger, ADB 12,40
(1880). Gegen ihn ist zugleich die oben s. 457 abgedruckte Augshurger
Schmähschrift gerichtet.
Vorrede s. 5, 2 — 1 2: Augustus und der arme dichter.
— Nach Pauli, Schimpf und ernst c. 506. — Vgl. Oesterleys nachweise
dazu; ferner Goedeke zu Hans Sachs, Dichtungen 1, 262 (1870); Pe-
trarca, Gedenckbuch Obers, v. S. Vigilius 1541 hl. 32a (2,58); G. Dan-
beckhs meisterlied von 1600 (abgedruckt oben s. 502 nr. XV). Gerlach,
Eutrapeliae 1656 3, nr. 48.
l)Wie ein junger gesell eines hirten tochterbe-
schläft mit verheissung, so sie es drei tag verschweige,
wolle er sie zu der kirchen fahren. — Abgedruckt in:
Kurtzwcilige und lacherliche geschieht. Frankfurt 1583 (Berlin Yt 6811)
s. 5415a ; Scheible, Schaltjahr 2, 134 (1846; ohne angäbe der quelle). —
In kürzerer form lateinisch übersetzt bei Nie. Frischlin. Facetiae 1600
p. 10 ,Par pari relatum'. Gereimt von Dietrich Mahrold, Koldmarsch
kästen 1608 nr. 41 (vgl. Frey ed. Bolte 1896 s. 270). Erweitert im
Schiltbürgerbuch 1598 c. 31 (= Bobertag, Volksbücher des 16. jh. 1888
s.888) = Grillenvertreibcr 1, 125 (1670). — Von den beiden teilen des
uchwankes : a) ein bursch verlässt sein mädchen, weil sie das Verhältnis
Wegkürzer c. 1—2.
559
wider sein gebot auaplaudert, und b) die neue braut, der er davon er-
zählt, offenbart unabsichtlich ihre frühere buhlerei, kommt der zweite
auch für «ich allein vor; vgl. Bolte, Zs. f. dtach. altert. 86, 366. —
Beide zusammen begegnen: Poggio, Facetiae nr. 157 (Opera 1538
p. 462: ,De Florentino, qui filiam viduae desponsaverat' = Facetiae
1798 1. 165 .Repensa merceB'). Sabadino degli Arienti, Le Porretane 1475
nr. 30: .Messere Ludovico Araldo de la communitä di Bologna va data
•uu sposa e con lei prende piacere , e egli allegro di quello ha fatto,
ne prende un altra, e poi se trova vituperato*. Fortini (f 1562) .Novelle
1,2, 3 (1890) Giornate nr. 24: ,Come un villano'. Domenichi, Facetie
motti et burle 1581 p. 37. Kirchhof, Wendunmut 3, 213 (1602). Harten,
Ffinfftzig newer Historien 1603 e. 54 (5, 5). Fa&ciculus facetiarutn 1670
p. 199 nr. 80. (Ziegler), Schola curiositatis 1,142 (c. 1700). Rottmann,
Lustiger historienschreiber 1717 s. 133 (197). Hilarius Seiupiternu*, Der
kurzweilige polvhistor 1719 s. 7 (1, 17). Der lustige und possierliche
historienschreiber (c. 1750) s. 17 nr. 22 'Das freywillige bekänntniü'.
Allerband Iii -tonen 1750 nr. 110 (Berliner ms. gern), qu. 616). Lyrum
larum 1701 nr. 136 = 1730 nr. 77. Fabulanus Kurzweill, Tischreden
- 998 nr. 98 (Wiener hs. 14914). D'Ouville, Contes 3,30 (1644). La-
fontaine, Contes: ,Les aveux indiscreta'. Nouveaux contes ä rire 1702
p. 100 : ,La fiancee ingenue*. Contes ä rire ou reereations francaises
1787 1,72: ,D'un fiance ä sa fiancee'. — In einigen erz&hlungen kehrt
schliesslich der jüngling zu der verlassenen ersten geliebten
zurück: im Haslein (v. d. Hagen, Gesamtabenteuer nr. 20), bei An-
tome de la Sale, Cent nouvelles nouv. nr. 8 ,Garce pour garce' — Ma-
Iespini, Ducento novelle 2, nr. 18 (1609) und in Maternus Steyndorffers
Comoedia lectu utilis et iucunda v. j. 1540 (Zs. f. dtscb. altert. 36, 225. 364).
2) Wie eines rebmanns frau sich gegen ihrem
mann krankBtellteund nichtmitihm essen wollte. —
Abgedruckt: Kurtzweilige geschieht 1583 b. 544a; Scheible, Schaltjahr
1,38 (1846); Hub, Die kom. und hnmorist- litteratur der deutschen
Prosaisten des 16. jahrh. 2,816 (1857); Qoedeke, Schwanke des 16.
jabrb. 1879 nr. 53. — Ins lateinische übersetzt von HulsbuBch, Sylva
sermonum iueundissimorum 1568 s. 174 ,Uxor vinitoris fingit se in-
tirmam nec vult comedere cum eo1 = oben s. 476 nr. III. Abgekürzt
l*i Nie. Frischlin , Facetiae 1600 p. 10 [nr. 25] Jurgia coniugum' =
Doctae nugae Gaudentii JocoBi 1713 p. 87 (= 1725 p. 67) »Vindicta
mariti'. Job. Sommer, Kmplostrum Cornelianum 1609 nr. 52: .Von
zweyen eheleuten, die sich schlugen und wieder freunde wurden'.
Der schwank besteht aus zwei teilen : a) der belauschung derle-
ckerhaften frau durch den mann, der noch sechs eier in die pfanne
schlägt: Hans Sachs, Die lieurin mit dem eirimschmalz , meisterlied
von 1547 (Dichtungen ed. Goedeke I, 230); Waldis, Esopus 1548 4. nr. 19
,Von dem Schultheiß und seinem weilte'. Knoop, Sagen und erzäh-
hingen aus der provinz Posen 1893 s. 213. Roquelaure. Roger Bontems
500
Anmerkungen
en belle humeur 1757 1, 104. — b) der listigen räche des vom
richter verwarnten mannes an seiner frau. Vgl. H. Sachs,
,Drey loß antwort eins bösen mans' MG 8, 25* = Dresd. hs. M5.519:
1546. Er folgt ihr, aber mit schlagen), .Der mann mit den guten
worten* (MG 12, 134 = Dresd. hs. M 5, 409. Er wirft sie mit dem
gebetbnch) und ,Der mann dorfft sein weib nit schlagen* (Nürnberger
stadtbibL, ms. Solger 56 fol., 2. teil bl. 274b: 1551, 3. juli). Br. Sei-
delius, locus mariti (Delitiae poet. Germanorum 6,115. 1612). Wick-
ram, RollwagenbQchlin 1555 nr. 17 .Einer leidt mit seiner frau wen lieb
und leid* = Grimm KHM nr. 170 ,Lieb und leid teilen*. Zeitvertreiber
1668 s. 415. Krüger, Hans Ciawert 1587 c. 8 (folgen). Melander, loci
atque seria 2,67 nr. 52 (1604) ; Verdeutschung 2, 25 nr. 23 (1605). Lun-
dorp, Wißbadisch wisenl>rünlein 2 (1611), nr. 57 (mit guten worten
strafen) nach Melander. Wander, Sprichwörterlexikon 4, 888 nr. 4. Fa-
bulanus Kurzweil), Tischreden (Wiener hs. 14914 ; geschrieben in Mün-
chen um 1770) s. 981, nr. 44: «Alles muss nach meinem köpfe gehn'.
Lyrum larum 1701 nr. 113. Lee recreations franeoises 1662 1,101.
Bouchet, Serres nr. 9 (2, 166 ed. Roybet).
8) Wie ein junger bauern knecht zu einer schönen
jungfrau zu Breisach in liebe entzündet, sie aber
8 e i n kein gnad haben wolt (er entmannt sich). - Abgedruckt
bei Scheible, Schaltjahr 1,469 (1846). - Vgl. Bandello, Novelle 3, nr. 31
(der verschmähte jüngling vergiftet sich).
4) Von einem alten buhler (zornig über seine impotenz). —
Abgedruckt bei Scheible, Schaltjahr 3,559 (1847). — Vgl. Bandello,
Novelle 3, nr. 2 (1554). Guyon, Les diverses lecons suivans Celles de
P. Messie et de Vauprivas 1, 18 (1625. Limousiner entmannt sich).
Bouchet, Serees nr. 5 (1,191 ed. Roybet 1873).
5) Von einem könig, Schneider, riesen, einhorn
und wilden schwein. — Abgedruckt : Kurtzweilige geschieht 1583
s. 546 a. Scheible. Schaltjahr, 1,129. Goedeke, Schwänke 1879 nr. 6.
Merkeus, Deutscher humor alter zeit 1879 s. 177. Bobertag, 400 schwanke
des 16. jahrh. 1887 s. 254 nr. 317. — Niederdeutsch im Wegekörter
1592 nr. 1 = Niederdeutsches jahrbuch 20, 135-138. Nacherzählt bei
Grimm, KHM nr. 20: ,Das tapfere schneiderlein', Aurbacher, Büchlein
für diejugend 1834 s. 174 und Bechstein, Märchenbuch 1845 s. 5 ,Vom
tapfern schneiderlein*. Auf Monianus geht auch zurück eine holländische
erzählung in: Het wonderlijk en niet min kluchtig leven van kleyn
Kobisje (Amsterdam. Jac. Bouinan 1700 u. ö. ; vgl. Bolte, Tijdschrift
voor nederl. taalkunde 13, 91) s. 7 ,Hoe kleyn Kobisje koning wierd*
= Grimm KHM 33, 31—34; abgedruckt in einer um 1786 erschienenen
Amsterdamer ausgäbe von Jan Soets »Leven en bedrijf van Clement
Marot' (zuerst Dordrecht 1635) s. 133-138: ,Hans Onversagt' = Ver-
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Wegkarzer c 2-5.
561
makelijke kluchtvertelder (Gent, Snoeck-Ducaju um 1890) s. 31—35;
Teirlinck, Contes pop. flamands 1896 p. 45; Mont-Cock, Vlaamsche ver-
telsels 1898 p. 231 : ,Hans Onverzagd4. Der geist von Jan Tambaur
(um 1690) 8 266: /Warum die Schneider so stoltz4 = oben s. 479 nr.
IV. Historie om en skomagersvend i Rysland (gereimt, o. j. Njerup,
Almindelig morskabslaesning 1816 s. 241). Stor-hjerta eller den tappre
skräddaren, som med ett bugg dödade sju, Stockholm 1824 u. ö. (Bäck-
ström. Svenska folkböcker 1848 2, 264—270).
Wir unterscheiden bei Montanus drei teile; a) die prahlerei des
fliegentöters : ,8 i e b e n auf einen streich/ Vgl. dazu die nach-
weise bei R. KOhler, kleinere schriften 1, 563—565 (1898); Zs. d. v. f.
Volkskunde 6, 76 zu Gonzenbach nr. 41 ; Cosquin , Contea pop. de la
Lorraine nr. 8 mit anm. Ferner Schambach-Müller , Niedersachsische
sagen 1855 s. 299 nr. 22. Lemke, Volkstümliches in Ostpreussen 2, 137
(1887). Eichrodt, Gesammelte dichtungen 1890 2, 197: .Das tapfre
achneiderlein'. Revue des trad. pop. 7, 699. 9, 336. Yeats, Märchen aus
Irlands gauen 1894 s. 104. Crane, Italian pop. tales 1885 p. 94 = Im-
briani, Novellaja milanese nr. 5. Aleover, Rondayes mallorquinea 1, 51
(1896). Moore, Folk-lore journal 3, 299 (chilenisch). Pedersen, Zur alba-
nesischen Volkskunde 1898 s. 42 nr. 6. Steel-Temple, Wide-awake sto-
ries 1884 p. 89 = Indian antiquary 11,282. Swynnerton, lndian nights'
entertainments 1892 nr. 54. — b) die im auftrage des königs vollführte
tötung zweier riesen, des e in ho ms und des Wildschweins.
Diese schliesst sich in fast allen angeführten Märchen an die einleitung
a an ; ausserdem findet sich bisweilen damit verbunden die überlis-
tung eines riesen durch einen schwachen menschen
bei verschiedenen kraftproben; vgl. Grimm, KHM nr. 20 und 183. Cos-
quin nr. 25. Köhler, Kl. schriften 1, 85.262. 290. 328. Nyrop, Svenska
landsmulen 2, CHI (zu Bondeson, Svenska folksagor nr. 2). Clouston,
Populär tales and fictions 1, 140—154. Mont-Cock 1898 s. 164. — c)
die entdeckung seiner abkunft durch die ihm vermählte
königstochter und den ihm gelegten hinterhalt Vgl. u. a. Schneller,
Märchen aus Wälschtirol 1867 nr. 54.
Anspielungen auf das märchen bei Fischart, Gargantua 1575
cap. 46. s. 4o5 ed. Alsleben (Ich will euch tödten wie die mucken, neun
in eim streich, wie jener Schneider) und Flöhhatz 1577 v. 667 (Hörst
nicht vom tapfern schneiderkneclit , Der drei in aim straich tödtet
schlecht?). Bosecker, Predigt 1614: .Wie jener Schneider siben mucken
— ey ich versprich mich — siben Türken auff ainen straich erschlagen*
(Birlinger, Germania 17, 92). Rist, Friedejauchzendes Teutschland 1653,
2. Zwischenspiel = s. 115 ed. Goedeke 1885 (.Ich habe wol eher sieben
auf einen schlag geschlagen — flegen, meine ich4). Grimmelshausen,
Simplicissimus 1669 b. 2, cap. 28 = s. ISO ed. Kögel 1880 (,den titul
eines Schneiders Sieben auff einen streich4). Fabel-Hanns 1703 s. 16
(Vor dem Corydon hat sich ein schneiderpürschel gerühmet: ,Herr, ich
Montana» 36
502
Anmerkungen.
hah fünf auf einen streich erschlagen' . . .). Wander, Sprichwörter-
lexikon 4, 552 nr. 7.
0)VoneinemScbwaben, der das I eher lein gefressen.
— Abgedruckt bei Scheible, Schaltjahr 1, 223. Hub, Prosaisten 2, 518.
Goedeke, Schwanke s. 28 nr. 10. Merkens, Deutscher bumor a. a. 1879
b. 174. Altdeutscher schwank und scherz 1880 s. 54. Bobertag, 400
schwanke s. 258, nr. 318. — Benutzt von Aurbacher, BQchlein fflr die
jugend 183t s. 180. Bechstein, Märchenbuch s. 10 .Vom Schwaben,
der das leberlein gefressen*. Simrock, Deutsche märchen 1864 s. 153,
nr. 32 ,Vom Schwaben, der da« leberlein gefressen hatte.'
Kin zeugnis für die frühe Verbreitung des roärchens in
Deutschland hat man in dem lateinischen gedichte auf den 92»? gestor-
benen Mainzer erzbiscliof Heriger (Müllenhoff-Scherer, Denkmäler nr. 25;
dazu Grimm-Sehmeller , Latein, gedichte 1838 s. 343 und D. mytho-
logie« s. XXXVI, sowie Koegel, Gesch. der d. litteratur 1,2, 263). dem
ein vagant erzählt, er habe im himmel dem heil. Petrus ein stück lunge
gestohlen und Terzehrt. Spätere belege sind: Brant, Narrenschiff 1494
c 79, 8: .Der maß die leber gessen han' '). Geiler von Heisenberg: ,das
leberlin aus dem braten ziehen*. Der newen weit gattung i Siraasburg,
Cammerlander 1539) bl. 3b: ,Er muß das leberlin gessen han'. Maalcr,
Di«; tcOtoofa spraach 1561 : ,Kr bats leberle gefressen, certe captus est.'
Kimhart, Klöhhaz 1577 v. 114: .Noch muß das läberle ich han gessen.
Tho. Mezler, Odaeum litt, iuventutis 1651 p. 239: ,Viget adagium : der
Hchwab hat gfressen sleberlin'. Zeitvertreiber 1668 s. 152: .Der Schwabe
muß allezeit das leberle gefressen haben«. Wander, Sprichwörterlexi-
kon 2, 1K67 nr. 4. 4, 406 nr. 20 (Gruter 3, 79. Lebmann 2. 575, 46.
Auerbachs orzählung vom heil. Antonius und dem Schwäblein).
In Hans Sachsens 1550 gedichtetem meisterliede .Sant Peter mit
dem landsknechf (Diebtungen ed. Goedeke 1.291 j auch im mscr. K 446
der Breslnuerstadtbibl. bl.280b und im mscr. Solger 56foL der Nürnberger
Stadtbild., 2. »eil bl. 278a) tritt statt Christi Petrus, statt des Schwa-
ben ein landsknecht auf; statt der tolenerweckung eine krankenheilnng;
es fehlt die errettung des verstockten leugners vom galgen. Zu Mon-
tunus s. 25, 3i, wo der Schwabe seinen kreuzer unter die gülden wirft
und gemeinsame kasse machen will, vgl. Pauli nr. 566. Nach
einer andern Überlieferung hatte Petrus selber naschhaft die leber
*
1 ) Zarncke (zu Brant NS c. 79) und Goedeke (zu Job. v. Morsheim,
Der spiegel des regiments 1^50 v. 498 ,Der fromm muß ledcr gessen
han ) bringen damit das Sprichwort in Verbindung : ,Der bunt hftt leder
vrezzen, sö man dienstes will vergezzen- (Freidank 138, 17 u. a.) ; ,Dum
canem caedimus, corrosisse dicitur corium* (Hebel. Proverbia germanica
ed. Suringar 1879 s. 14. nr. 22; dazu s. 191) Wander, Spriehwörter-
lexikon 2, 862 nr. 1021 f.
Wegkürzer c. 5-6.
563
verzehrt'); denn in einem Sterzinger OHterspiele (um 1500) schmäht Jo-
bannes Beinen rnitapostel Petrus: .Kr hat unsere herren drei mal verholen
Un hat das leberl (lempretel steht in einer andern hs.) aus dem oster-
lamp geatolen4 (Picbler, Über das drania des mittelalters in Tirol 1850
s. 167. Nach Peter 2, 136 that Judas dies). Dass Petrus lieber zur
bochzeit als mit Christus zum leichenbegängnis geht, erzahlt ein
meisterlicd Hans Sachsens ,S. Peter auf der bochzeit' (MG. 12 bl. 227b :
1551 12. dec. , auch im ms. Solger 56 fol. der Nürnberger stadtbibl.
2. teil. bl. 279b) und ein andres, das Seb. Uilprant am 10. febr. 1552
dichtete = oben s. 483, nr. V).
Mit der erziLblung des Montanus stimmt ziemlich genau aberein
Cento novelle anticbe nr. 75 ,Come Domeneddio s'accompagnb con uno
giullare' (vgl. A. d'Ancona, Romania 3, 181=Studj 1880 p. 333. Hi-
stoire litt, do France 23, 93). Noch alter ist eine muhammedanische
legende von Jesus und einem juden, die nach E. Kuhn (Darlaam und
.loasaph 1893 s. S2) vermutlich aus einem apokryphen evangelium ge-
flossen ist1): Rehatsek, Calcutta review 73, 27 (1881) .The jew and the
loaves of bread'; M. C. Siddi Lebbe, The Orientalist 1,46 (1884); F G.
Kohles, Leyendas moriscas 1, 173 .Estoria que acontecid en tiempo de
Jesus' (1885. Aus einer hs. des 15. — 16. jahrh. GrQnbaum, N. beitrüge
zur semit. Bägenkunde 1893 s. 279); persisches gedieht des scheikh
Ferideddin 'Attär aus dem 13. jahrh., von Rdckert verdeutscht (Zs der
d. morgenl&nd. gesellsch. 14, 280 = Beyer, Neue mitteilungen über F.
Rückert 1873 1,304. Pizzi, Storia della poesia persiana 1804 2, 376).
Statt der leber stiehlt hier der habgierige gefährte Jesu eins ihrer drei
brote und bleibt bei allen gewissensmahnungen (Jesus heilt einen blin-
den und einen krüppel, schreitet Ober einen ström, schlachtet eine an-
tilope und ein kalb, um sie dann wieder zu beleben , und fragt jedes-
mal nach dem verbleib des brotes) und in todesgefahr (als er vergeh-
#
1) Aehnlich wird auch die vorwitzige bestrafung einer diebischen
magd, die man sonst von einem Schneider erzählte, bisweilen dem Pe-
trus zugeschrieben ; vgl. Bolte zu Frey nr. 109.
2) Zu diesem stoße .St. Peter mit der geige* vgl. ferner
Sandrub, Delitiae bist, et poeticae 1618 nr. 124. Aurbacher, Ein volks-
bachlein 1 1, 85. Simrork. Märchen s. 136. Panzer 2, 21. Schönwerth
3, 293. Bartsch 1, 521. Rochholz, Schweizer Bagen 2, 309. Lütolf 1862
s. 109. Rappold, Sagen aus Kärnten nr. 111. Müller, Siebenbürg. sagen
1885 nr. 170. Krauss 2, nr. 60. Hörmann, Zs. des Ferdinandeums 1870,
227 nr. 3. De Nino 4, 93.
3) Ohne kenntnis dieser sage nahmen Benfey Pantschatantra I,
430—433) und Ubland (Schriften 8, 617) einen Zusammenhang unsres
m&rchens mit der äsopischen fabel vom fuchse an , der das herz des
vom löwen zerrissenen hirsches stiehlt (Oesterley zu Gesta Rom. c. 83.
Waldis 2, 12. Scherer, Kleine schritten 1, lb2. Keidel, Zs. f. vgl. lit-
gesch. 7, 264).
36*
504
Anmerkungen.
lieh versucht hat , mit Jesu stab einen kranken könig zu heilen , und
den tod leiden soll) hartnäckig dabei, es seien nur zwei brote gewesen ;
erat als Jesus ihm drei häufen gold zeigt, von denen der dritte dem
zufallen soll, der das brot verzehrt hat, bringt ihn gewinnsticht zum
Geständnis. In allen vier fassungen ist die auch in Europa (Cento no-
velle antiche nr. 83. HanB Sachs 1, 225 ed. Goedeke ,0er tod im stock*.
Chaucer, The pardoner's tale) verbreitete erzähl ung von den einander
mit gift und schwert mordenden schatzfindern1) angehängt.
Hei Rehatsek und Siddi Lobbe lässt der jude auf Jesu Warnung die
^'olihaufen liegen; drei wandrer finden sie und erschlagen einander
um ihretwillen ; Jesus kehrt mit dem juden zurück und belebt die er-
schlagenen; aber während sich diese bekehren, will der jude nicht vom
golde lassen und versinkt in die erde. Tn der spanischen aufzeichnung
und im persischen gedieht« bleibt Jesu geführte beim schätze zurück
und wird von den (zwei oder dreil hinzukommenden bOsewichtern ge-
tötet.
Die neueren aufzeichnungen aus dem volksmunde unter-
scheiden sich sowohl hinsichtlich der handelnden personen, als der Un-
terschlagung lieber, käse, brod), die bisweilen ganz fortgefallen ist ; die
^>'v. innsucht wird nicht mehr so scharf als bestimmender charakterzug
dt» neiden dargestellt wie in den muhammedanischen fassungen. Grimm,
K1I.M nr. 81 .Bruder Lustig' und 3, 129; danach Marbach, Volksbücher
1 1 , 75— 82 .Bruder Lustig' (1838) und Ellen (= Herrn. Schauenburg),
•amliche geschienten des bruder Lusti«; (Düsseldorf 1857. 4°) ; Bäck-
in. Svenska lolkböcker 2, 224 (1848)9 .SftBCt Pdn och brod.-r L«-
;eine seit 1824 öfter gedruckte Übersetzung des Grimmschen mär-
chena). Strackerjan, Aberglaube und sagen aus Oldenburg 2,801(1867)
.Bruder Lustig*. Jahn, Volksmärchen aus Pommern 1, 256 nr. 49 (1891):
,Scli mied Günther'. E. Meier, Volksmärchen aus Schwaben 1852 nr. 62
, Bruder Lustig*. Menghin, Aus dem deutschen Südtirol 1884 s. 91 .Das
rto". Rosegger, Stoansteirisch 1896 s. 308 .Die gonsleber*. Peter,
Volkstümliches aus Oesterreichisch-Schlesien 2, 136 (1867): ,Wie Judas
beim letzten abendmahl das herz des lammes aß'. Schönwerth, Aus
der Oberpfalz 3, 302 (1859. Ein bauer wandert mit Christus und Petrus
und verzehrt ein ktlsleibchen). Wcnzig, Westlavischer märchenschatz
1857 8. 88 (Petrus isst die käse, Christus teilt das geld in drei teile).
*
1) Vgl. Über diese legende Goedeke a. a o. Originals and ana-
logues of Chauccr's Canterbury talcs p. 129. 415.544 (Chaucer society.
2. serie« 1872-1887). E. Kuhn s. 82. Ferner Geibel, Werke 4, 114.
Fliegende blätter 81, 181 (1884). Nyt Vademecum til tidsfordriv 1783
nr. 343. The pleasing instruetor p. 307. ßraga, Conto« trad. do povo
portuguez nr. 113 (1883). P. Paris, Lcs manuscrits franeois de la bibl.
du roi 4, 83 (1841) nr. 7026, aus dem anfange des 15. jahrh. Guichard,
Contes et fahles 1808 1, 53: ,Les scelerats punis par eux-memes'.
Wegkarzer c. 6—8.
565
Polivka, Za. f. öaterr. Volkskunde 2, 224 nr. 13, 1. ülinaki, Bajarz
polski 2, 220 (1862). Ralston, Ruaaian folk-talea 1873 p. 351 ,The priest
with thegreedy eyes.' Vogl, Erzählungen eines grosamutterchens (c. 1845)
g. 27 ,Die gestohlene lammsleber' (kroatisch t = Kletke , Märchensaal 2,
37 (1845). Kraoss. Sagen der Südslaven, 2, 84 nr. 55(1874): ,Der hei-
lige Andreas' (zieht mit Christus und Petrus, 6tiehlt ein lnmmshcrz,
wird verbrannt und wiedergeboren). Leskien- Brugman, Litauische Volks-
lieder und märchen 1882 a. 485 nr. 39 ,Voin juden und Petrua' mit
der anm. (käse gestohlen, geld in drei teile, misslungene erweckung der
toten prinzessin A. de Cook. Rond den heerd 1890 p. 19: ,Onze lieve
beer en de schoenmaker'. Mont en Cock, Vlaamsche vertelsela 1898p. 873 :
, Hi t scbaap zonder hart'. Denlin, Contes du roi Cnmbrinus 1874 p. 116.
Cosquin, Conlea populaires de Lorraine 1887 1, 285 nr. 30 ,La foie de
mouton' (Christus und ein soldat). Luzel, Legendes chretiennes de la
Basse- Bretagne 1, SO (1881). Knuat, Jahrbuch f. roman. litt. 7, 396
nr. 11 ,Ein erdengang dea erlösen'. Nerucci, Novelle popolari mon-
taleai 1880 nr. 31. A. de Gubernatis, Novelline di Santo-Stefano 1869
p. 57 nr. 31 ,Geaü e Pipetta' (nur krankenheilung). Pitre, Fiabe pop.
siciliane 3, 54 nr. 123 (1875. Petrus will eine tote erwecken). A. de
Nino, l'si e costumi abbruzzeai 4, 77 (1887). Enciclopedia 1880, 734.
Maspona y Labrös, Cuentos pop. catalana 1885 p. 56 ,Los tres xavos<
(aoldat wandert mit Christin und Petrus, unterschlägt geld , versucht
mehrmals vergeblich kranke zu heilen und endet am galgen). Leite
de Vasconcelloa, Uiornale di filol. romanza 4, 193 nr. 5 (portugiesisch.
Joäo de Marrnes wandert mit Christus und Petrus). Killinger, Erin C,
166 (1849): ,Mac Kneiry der habgierige* (zieht mit Don Firine umher,
versucht hässliche nach dessen vorbild durch kopfabscbneiden schön zu
machen und zeigt sich undankbar gegen seinen geführten und retter).
In einem indischen märchen ,The princess and the aepoy' (North in-
dian notes and queries 5, 119 nr. 331. 1896) wandert ein jungling zu-
sammen mit einer abenteuernden prinzes<tin, verzehrt heimlich die leber
eines rebs und wird endlich der gemahl der prinzesain. — Die miß-
lungenen kuren erinnern an daa jung geglühte männlein
(Grimm KHM. nr. 147. Bolte, Archiv f. alav. phil. 18, 184).
7) Ein pfaff, der am oster tag dasRequiem sang. —
Vgl. die zu Frey nr. 14 aufgezählten schwänke; ferner R Köhler, Klei-
nere Schriften I, 484 (zu Nasr-eddin nr. 9). Ana 1, 327 (Poggio).
8) Von einem juden, der einem gaukler einen fu(i
aus dem leib gerissen. — Abgedruckt bei Goedeke, Schwänke
1879 a. 149, nr. 106 .Schrammhansen') gänse* (mit falachem citat). —
]) Dieser Schrammhans, dessen namen Goedeke willkürlich
dem namenlosen gaukler bei Montanus beilegt, ist nicht bloss aua Lin-
denera schwänken (Katzipori c. 33. 46. 47) bekannt, sondern offenbar
r
l
5G(>
Anmerkungen.
überaeUt von Hulabnach, Sylva 1568 p. 178: .Iudaeua decipitar a prae-
atigiatore'. — Wir scheiden zwei teile :
a) gänae in at roh wische verwandelt, /irumersche Chro-
nik'2, 472, 10 (pf erdeLudwigi von Liechtenberg) = Goedeke, Schwanke
a. 143, nr. 102, 2. Lindener, Katzipori 1558 nr. 46 (a 103 Lichtenst«in :
aäue des Schrammbana) = Hcrtzog, Schiltwacht 15G0 nr. 72 = De
nienwe vaakverdryver 1669 p. 513 = Goedeke, Schwanke nr. 104. Hon-
dorff, Promptoarium exemplorum 1570 1,82a = 1597 1, 162a (pferd
und schweine) =Tharaander (Wegner), Schauplatz vieler ungereimten
meynungen 2, 474 (1749). BQtner, Epitome hiat. 1576 bl. 62a (pferd
des Georg Baumann) = BOtner-Steinhart 1596 bl. 44a = Caprimulgius
Ridiculantiua, Polischinello , Lpz. 1695 nr. 104 = Archiv f. litgeach. 6,
808 = Goedeke, Schwanke nr. 195. Melander. Jocoseria deutsch 1605
2, 99 nr. 83 (pferd). W. Meyer , Nürnberger Fanatgeschichten 1895
a. 395 (schweine Fauata. 1575 geschrieben). Historia d. Joh. Fausti ed.
Milchaack 1897 a. 83 nr.40 und 44 (pferd und a ch w e i » e) = Fauat-
buch 1587 nr. 39 und 43 (s. 83. 85 ed. 1878). Dubravius 1552 (Kraus,
Za. f. vgl. litgeach. 12, 61. Menzel, Gesch. der d. dichtung 2, 188;
ach weine Zyloa).
b) Das vom gläubiger auagerissene bein. Zimmerache Chro-
nik 5 2, 474, 6 (Ludwig von Liechtenberg) = Goedeke , Schw. a. 145.
Lindener, Katzipori nr. 46 (Schrammhans). Luther, Tischreden ed. Auri-
faber 1566 a. 307 = 3, 97 ed. Föratemann (namenloser zaubrer). Hon-
dorff 1570 (desgl.). Bütner 1576 (G. Bnumann) Melander 1665 2, 99
nr. 83. W. Meyer 1895 a. 392 (Faust; zwei Fassungen). Historia Fauati
ed. Milchaack nr. 40 = Faustbuch 1587 nr. 89 = Widmann 1, c. 35.
Dykstra, Uit Frieslands volksleven 1895 2, 132: ,Dr. Faust te Leou-
warden'. — Im Fauatbucb 1587 nr. 40 (=39 ed. Milchsack) sagt Faust
selber seinen fuas ab und giebt ihn dein juden als pfund. Dubravios
1552 (Zyto). Herbelot. Bibliotheque Orientale s. v. Scheherverdi= Lieb-
recht, Gervasius von Tilhury 1856 a. 64 (arm ausgerissen). Ulenapiegel
1515 cnp. 6j (pferdeschwanz ausgerissen).
9) Zwei gesellen fuhren über Rhein. (Bezahlen soll,
wer sich zuerst kratzt.) — Abgedruckt bei Scheible, Schaltjahr 1, 283.
*
mit dem Erfurter magister Joh. Schramm von Dachau identisch, der
1490 immatrikuliert 1494 eine aus fremdem gut zusammengeatoppelte
Queatio fabulosa (Zarncke, Die d. Universitäten I, 103 und 252. 1857)
herausgab. Fischart braucht den nauien als bezeichnung eines rauf-
boldea (Gargantua 1575 c. 8 a. 141 ed. Aisleben: ,Schrambänülin.' Ca-
talogua catalogorum 1590 bl. D 5a : ,New gamenspiel von Hans Schram-
men und sein aon Sclirammhünßlein') ; ebenso Wolf hart Spangenberg
1014 (Dichtungen ed. Martin 1887 s. 327: .Dein Schramhansen von
Ingelatat'); nach Wackernagel (Kl. Schriften 3, 135) ein beiname Pap-
penheima.
Digitized b;
Google
Wegkürzer c. 8-13.
MIT
10) Dosch bezahlt die zech nicht. (.Ich beit dir nicht').
— Abgedruckt : Kurzweilige geschieht 1583 s. 54S;t. Goedeke, Schwanke
s. 139, nr. 101, 1. — Ins lateinische abersetzt bei Frischlin, Facetiae
1600 p. 16 (nr. 32): «Dolos Doschii'; danach J. Sommer, Emplastrmn
Corneliannm 1609 nr. 56. Talitz von Lichtensee, Kurtzweiliger reyßge-
spahn 1645 nr. 128. — Der abenteurer Dosch erscheint anrh im Weg-
kürzer nr. 11 — 13 und in der Gartengesellschaft nr. 44.
11) Dosch leiht schafeumdas halb (Die wirtin kauft
sein pferd für halb heller und halb pfennig). — Abgedruckt: Kurt/.-
weilige geschieht 1583 & 5 t-b. Goedeke, Schwlinke s. 140, nr. 101, 2.
— Lateinisch bei Hulsbusch 1568 p. 179 : , Dosch aeeipit oves titulo lo-
cati pro dimidio.'
12) Die bauern verklagten Doschen, (dass er* seine
pferde auf ihre ficker triebe). — Abgedruckt: Kurtzweilige geschieht
1583 s. 548b. Goedeke, Schwanke s. 140, nr. 101, 8. — Lateinisch bei
Hulsbusch 1568 p. 181: .Rustici accusant Dosch damni dati.'
13) Ein liedlein singtDosch der wirtin um die zech.
Abgedruckt: Kurtzweilige geschieht 1583 s. 541». Goedeke, Schwanke
s. 141. nr. 101, 4. — Lateinisch bei Frischlin, Facetiae 1600 p. 17 (nr. 33) :
,De eodem' ; danach Sommer, Kniplastrum Cornelianum 1609 nr. 57.
Vgl. Poggius, Facetiae nr. 259 ,De cantilena tabernariis placita' (Opera
1538 p. 487= Facetiae 1793 1, 26G .Viatoris vacui nstutia'). Ana l, 362
(1789). Bebel, Geschwenck 1558 bl. 1 la (Poggius i. Villon, Le* repues
franebes nr. 4 (Oeuvres ed. Moland p. 292) = Den vryen kost 1610. B.
des Feriers, Les nouvelles recreations nr. 122 p. 277 ed. Jacob. Ulen-
Spiegel 1515 nr. 61 : .Wie U. zu Erdfurt ein mclzigcr noch umb ein
braten betrog*. Wickram, Rollwagen 1555 nr. 53 ,Ein guter schlemmer
dichtet ein liedlin , damit ward sein würt bezahlet von den Fuckern'
(Urünenwaldt 1530 in Augsburg); dazu Unland, Volkslieder 1841 nr. 237
-238 und Schriften 4, 215. 296 (1869). Kirchhof, Wendumnut 1, 193.
A. Metzger, rueisterlied 1626 = oben s. 485, nr. VI. Heinrieh Julius
von Brannschweig, Schauspiele ed. Holland 185*> s. B21 i Von einem
wirte 1593, akt 4. scene 3) Lange, Deliciae academicae 1, 74 nr. 6tf
(1665). Lyrum lamm 1701 nr. 523 (Dosch). Fabulanus Kurzweill,
Tischreden (Wiener hs. 14 914; geschrieben um 1770) s. 1021» ni
Vademecum für lustige leute 2, nr. 124(1768). D. nionatsschritt 1782,
3, 118. Brömel, Gideon von Tromberg 1785 a. 41 (Genta, Shakespear-
sehe dramen in Deutschland 1870 s. 277). Warmund [= Scheller], Dat
sassische dönekenbök 1829 nr. 177. Merry tale- and quicke answeres
1567 nr. 57 (Shakespeare jestbooks ed. Hazlitt 1881 p. 74): ,Of hym
tli.it wolde gyve a songe for his dyner'. Loockmaus, 71 lustige historien
oft nieuwicheden 1539 nr. 33 (Tijdschr. 18, 8). Casalicchio, L'utile col
568
Anmerkungen.
dolce 1, nr. 4 (1687; deutsch 1706). Somma, Cento racconti 1859 nr. 15.
Pitre, Fiabe pop. siciliane 4, 368 (1875; und Proverbi steil. 4, 345. F.
Caballero, Cuentos 1878 p. 145 (Magazin f. d. litt, des ausländ« 1878,
197).
14) Warum die hunde einander vor den hintern
schmecken. — Abgedruckt bei Scheible, Schaltjahr 1, 375 Nieder-
deutsch im Wegekörter 1592 nr. 2: .Warümrae de hunde «ick under-
langes vor den stert rüken' (Nd. juhrl). 20. 133). — Lateinisch bei Huls-
buHch, Sylva 1568 p. 181 ,Cur cancs odorent se mutuo sub cauda' =
oben s. 486, nr. VII. — Beruht auf einer weit ausführlicheren Nürnberger
dichtung .Der krieg zwischen meufcen, katzen, ratzen und hunden*. die
oben a. 487 nr. VIII. nach einem bilderbogen des illuministen Albrecht
Glockendon (c. 1530) und einem Frankfurter nachdrucke dieses flug-
blattes aus der 2. hälfte des 16. jahrh. abgedruckt ist. Hiernach be-
snHsen die hunde einst ein privileg Noahs, das ihnen das ingercuscb
aller geschlachteten rinder und schweine zusicherte. Diese Urkunde
Obergaben sie den befreundeten katzen zur aufbewahrung, aber die
mause zernagten sie, und der zur erneuerung des privilegs weithin Ober
nieer gesandte hund kehrte nicht zurück. Daher stammt die feindschaft
zwischen katzen und mausen , zwischen hunden und katzen und das
beriechen der fremden hunde. Der unbekannte dichter hat allerlei
Nürnberger personen und örtlichkeiten in seine darstell ung verflochten
(Stoss, Nop, Stichan, Reib. Scheub; Schweinau, Spalt, Wöhrd, Schoppen-
hof, Marr). An dies flugblatt schliesst sich das anonyme meistarlied
in der briefweis Hogenbögens v. j. 1592 , Ursach der hund und katzen
feindschaft' (abgedruckt aus zwei hss. oben s. 492 nr. IX) treu an, wäh-
rend H. Sachs in einem schwanke .Warumb die hund den katzen und
die katz den meussen so piter feint sein' (20. april 1558. Folio 2, 4,
90a = Schwanke ed. Uoetze 1, 591 nr. 2Ö0) und in einem meiBterliede
.Die hunde mit den briefen' (8.jan. 1560. Dresdener hs. M 207, bl. 31b)
neue züge einflicht : das privileg ist vom papste gegeben und verstattet
den hunden, freitags und samstags fleisch zu essen; nach Verlust der
Urkunde durch die katzen und mauBe erneuert der papst es, aber die
beiden abgesandten hunde betrinken sich und stürzen in eine berg-
schlucht Hans Sachsens schwank ist erneuert von Simrock, Deutsche
märchen 1864 s. 127 «Warum Bich die hunde beriechen'. Montanus
redet ganz allgemein von einem streit der hunde und katzen über den
vorrang beim ewen und beschreibt genauer den vertust des Privile-
giums, das einer der zum fernen könig gesandten hunde beim durch-
schwimmen eines stroines unter den schwänz nimmt. Eycring, Prover-
biorum copia 3. 547-549(1604). Tabarin, Oeuvresed. Aventin 1,35 (1858)
.Pourquoy les chiens s'entre saluant so flairent au derriere Tun a l'au-
tre.' Auf d.Mn deutschen bilderbogen beruht vermutlich ein schwedisches,
seit 1800 öfter erschienenes Volksbuch: .Orsaken. hwarföra hundarne
nosn p8 hwarandra, cller deras priwilegier Bauit fri- och rättigheder,
Wegkarzer c. 14-15.
569
innefattande äfwen anledningen tili sä will hundars och kattors, som
kattors och rlttors ewiga fiendskap niot hwarandra' (Bäckströra, Svens-
ka folkböcker 1848 2, öfversigt s. 155 nr. 8; vgl. Liebrecht, Germ.
24, 188).
Vgl Zeitschrift f. dUch. roythol. 1, 224. 225. 460. 2, 17 — Dähn-
bardt, Naturgeschichtliche Volksmärchen lc98 b. 5, nr. 4. Schambach-
MQller, Niedera&chs. sagen 1855 s. 320, nr. 30 ,Die katzen und hunde'.
Strackerjan, Aberglaube aus Oldenburg 2, 88 (1867). Curtze. Volks-
uberlieferungen nus Waldeck 1860 s. 240 nr. 78: .Warum die bunde
knocben und kein fleisch erhalten'. Kuhn , Westfälische sagen 2, '287
(1859) : ,Das verlorene urteil*. Jahn , Volkssagen aus Pommern 1889
s. 452 nr. 568 .Weshalb die hunde sich beriechen*. Blatter f. pommer-
sche Volkskunde 1, 83 (1993): .Warum sich die hunde beriechen4. Bir-
linger, Nimm mich mit 1871 s. 238 = Zs. f d. mythol. 1, 224. Dykstrn.
Uit Frieslands volksleven 2, 137 (1895): .Warom de honden elkandcr
beruiken*. Volkskunde 2, 65 (Gent 1889). Mont en Cock. Vlaamsche
vertelsels 1898 p. 434. Bondeson, Halländ*ka sagor 1880 nr. 13. Jann-
sen, Märchen des estnischen volkes 2, 157 nr. 56 (1888) : .Warum hund
und katze , und katze und maus einander feind wurden*. Veeken-
stedt, Mythen der Zamniten 2, 173 1 1892). Wenzig, Westslavischer mär-
chenst hatz 1858 s. 44 : .Waruni die hunde die katzen anknurren und
warum die katzen den mausen feind sind*. Krauss, Sagen der Südslaven
1. 53 nr 18 (1883): .Weshalb kann der hund die katze, und diu katze
die maus nicht leiden?' Revue des traditions pop. 2, 433. 3, 97. 7,
479. 9. 165. 10. 26. 176. 301. 624. Notes and queries 6. «er 10. 141
(Arany). Braga , Contos tradicionaes do povo portuguez 1883 nr. 202.
AiXtCcv tt(c {yrop. xal i^voX. i-mp.'.a; tt(; '£XXdBo{ 1, 531. Fortier, Loui-
siana folk tales 1895 nr. 15. Allen, Korenn tales 1889 p. 50. nr. 4 =
Arnous, Korea 1893 ■. 53 nr. 3: .Die verzauberte weinkanne' (die katze
läsät den zauberstein, den sie mit dem hunde ihrem herrn zurückbringen
soll, ins wasser fallen).
15) Ein junger gesell erwarb eines königs tochter
(bringt sie als madchen verkleidet zum lachen). — Abgedruckt in den
Kurtzweiligen geschichten 1583 s. 549b und in Scheibles Schaltjahr 1,
372. — a) Traurige prinzessin zum lachen gebracht. Ein
häufiges luärchenmotiv ; vgl. Benfey. Fantschatantra I, 518. Köhler.
Kleinere Schriften 1, 93. 348. — b) ein freier wohnt als mild-
chen verkleidet bei der geliebten. Vgl. Jänicke , Deut-
sches beldenbuch 4, XLI (1873) zu Hugdietrichs Werbung um Hildburg.
Grimm, Altdän. heldenlieder s. 301. 517. Grundtvig, Daninark* gamle
folkeviser 1, 271. Erk-Böhme, Liederhort nr. 140. Luzel et Le Uraz,
Chansons populaires de la Bretagne 1890 2, 127 (Le clerc deguise) und
131 (Le clerc Simon). Auch einige unten zu Cartenges. c. 110 ange-
führten parallelen. Wetzel, Söhne Ginffers 1896 s. 215 und Laurem-
berg, Scherzgedichte 2, v. 137— 242 (1652) lassen rieh vergleichen.
570
Anmerkungen.
16) B in student wird henker, (weil ihm sein vater kein
geld mehr schickt). — Abgedruckt in den Kurtzweiligen geschieh ten
1683 s. 550 b. — In einer erzählung von W. Tesche (Der Enten-Piet.
1852 = Heyse, Deutscher novellenschatz 19, 121) will Berthold Scharf-
richter werden, um die ihm von seinem vatcr versagte geliebte, ein
uneheliches kind, heiraten zu können.
17) Ein landaknecht lehrt einen edelman, wie er
ihm thun solle, das ihn nicht friere. (.Legt alle eure klei-
der an! ) — Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke s. 203, ur. 165 und
Merkens, D. huraor alter zeit s. 182. — Vgl. Poggius, Facetiae nr. 153
.Facetum dictum pauperis ad divitem frigentem' (Opera 1538 p. 461 =
Facetiae 1798 1, 161 .Pauper et divesV Bebel, Proverbia germanica
(zuerst 1508) ed Suringar 1879 •. 10, nr. 29: ,Homo friget pro quali-
tate vel multitudine vestium4, vgl. a. 196; abgedruckt in Frisch lini Fa-
cetiae 1660 p. 157. Jac. Pontanus, Attica bellaria 1644 p. 205 nr. 27
,Homo pannosus'. Cainerarius, Fabulae Aesopicae 1570 nr. 331. Pauli,
Schimpf und ernst 1522 nr. 513. Scherz mit der warheyt 1550 bl. 81b. Bebel,
Geschwenck 1558 bl. R 6 b. Gerlach, Eutrapeliae 1656 1, 823. Mei-
dinger, Franzöa. grammatik 1808 s. 86. Passe-tems agreable 1715 p. 216.
Nouvcaux contes ä rire p. 213 = 2, 200 ed. 1752: ,D'un Gascon bravant
le froid'. Contes a rire, on recreations francaises 1,52 (1787). Diction.
naire d'auecdote* 1, 352. Poggiana 9, 2, 4 p. 219. In den deutschen
kolonien SihlruHslands hörte K. Mielko 1897 einen schwank von den
Kosenheimcrn bei Taratow : sie fischen mit dem ziehgarn ; da regnet»,
sie bedecken sich mit dem netz; einer ruft: .Steck mal den finger hin-
aus, obs noch regnet!*
18) Die h a n d t w e r k s ge b e 1 1 e n f (1 h r e n ei ne i u Straß-
burg im schütten umher, (schläfrige magd verspottet). — Ab-
gedruckt bei Scheible, Schaltjuhr I, 160; Hub, Prosaisten 2, 321; Mer-
kens, D. humor alter zeit s. 183 ; Altdeutscher schwank u. scherz 1880
8. 53. — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 s. 182: .Quaedam cir.
cumfertur traha per eivitatem'. — Vgl. G. Hagers meisterlied .Die
metzgera magd im unschlitt v. j. 1603 = oben a. 495 nr. X. D. Mah-
rold, Bold marsch kästen 1C08 nr. 55 (vgl. Frey ed. Bolte s. 271).
19) Von einer andern faulen schläfrigen dirne
(Schläft 24 stunden durch im walde). — Abgedruckt bei Scheible, Schalt-
jahr I, 161 und Goedeke, Schwänke a. 100 nr. 58.
20j Eine k 8 c h i u versalzt alle tuppen. (Ihr herr be-
schämt sie vor den gästen). — Abgedruckt bei Goedeke, Schwänke s.
101 nr. 59. Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 a. 183: ,Coqua salit
n im tum iurulenta'.
21) K ine magd sagt, sie tränke keinen wein. (Der
Wegkürzer c. 16—23.
571
herr prügelt sie als geist verkleidet im keller). — Niederdeutsch im
Wegekörter 1592 nr. 3. Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 s. 134 :
.Ancilla abstemia est*.
22) Wie ein junggesell einer ein kind im schlaf
macht. — Abgedruckt bei Scheible, Schaltjahr 2, 222. Gereimt von
Mahrold, Roldmarsch kästen 1608 nr. 56 (vgl. Frey ed. Bolte s. 271).
— Vgl. Kirchhof, Wendunmut 1,834. M. D[ürr?], Straff eines stuels,
co ein schlaflente soll geschwängert haben (meisterlied von 1585 in der
lewenweis Fleischers im Krlanger mscr. 1668, bl. 583 b). Zach. Her-
mann. Histor. blumengepüsch 1680 s. 225 ,Die lebendig-tote witwe'
(trunken geschwängert. Ans Lansius contra Galliam 407).
23) Sein weibsch lägt ein körbleinmacher. — Ab-
gedruckt bei Scheible, Schaltjahr 1,376; Goedeke, Schwänke s. 52, nr.
32; Merkens, D. humor alter zeit s. 184. — Lateinisch von N. Frischlin.
Facetiae 1600 p. 9 nr. 28 ,De fisrellario*. — Vgl. zwei meisterlieder
von Hans Sachs, Der krämerskorb (im hofton Tanhäusers 1543, 16 juli,
MG 6, 13) und Der korbleinmacher (in des Kömers gesangweis 1550,
ende april. MG 11.228 = fl. blatt, Nürnberg, F. Gutknecht; in Berlin
Yd 8436 = Ambraser liederbuch 1582 nr. 240), sowie ein fastnachts-
spiel ') ,Der kremerkorb' (1554, 19. juli. Folio 4,3, 42b = 17, 170 ed.
Keller; vgl. 17, 532. 18.559 = Faatnachtspiele ed. Goetze 6, 41 nr. 66).
Ein schimpflicher sprach von einem korbmachcr vnnd seiner frawen,
welcho nit sagen wolt, Gott seys gelobt der korb ist gemacht, vnnd
darumb vbel geschlagen ward. 1570 (Schweizeriseh? Malt/.ahn, 1). bücher-
schatz 1875 a. 165, nr. 1014) = abgedruckt oben s. 554 nr. XLVIII. Fischart,
Gargantua 1575 c. 5 = s. 104 ed. Atsleben; J-t ihr ehwirt frölich, so
frolockt sie: Gott sey gelobt, der korb ist gemacht'. Th. de Ury, Emblc-
mata saecularia 1611 nr. 27: ,Quod bene di vertant, spurt am pertexi-
mu* istam' = Hirth, Kulturgeschichtliches bildcrbuch 2, nr. 1459 (1885).
Herruotimus, Additamenta nr. 25 ,De uxore cuiusdam nobilis vapulante'
in N. Frischlini Facetiae 1660 p. 290). Kin körtwylich spill, wo men
böse frouwens fraem maken schal 1611, bl. B6: ,Worthnmo ein körve-
maker Byne frouwe scbloech' (Seelmann, Mnd. fastnachtsspiele 1885 s.
XX 11 Der geist von Jan Tambaur (c. 1690) s. 210: .Von ungehorsam-
keit der frauens persohnen'. Philunder, ZeitverkOrzer 1702 nr. 585.
Chph. Friederici, Oel und wein, 8. spendage 1719 s. 3—10: ,Die aus-
getriebene eigensinnigkeit'. Jasander, Historienschreiber 1730 s. 249
bis 258. Schreger, Zeitvertreib 1753 s. 626. Aurbacher, Volksbüchleiu'1
*
1) Hier zankt ein wandernder krämer mit seiner frau, wer den
korb tragen soll. Ahnlich streiten mann und weib Uber das tragen
der latente, in einem nid. ,Tafelspeelken van een droncken man ende
»ijn wijf, hoe hein het wijf dwinght den Inntaren tc draghen' (Veelder-
hande geneuchlijcke gedichten 1600 bl. Aija); aber hier siegt die frau
572
Anmerkungen.
2, 117: ,Der korbniacher und seine frau'. R. Benedix, Gesammelte
dramat. werke 5', 115 (1874 ; zuerst 1849): .Eigensinn'. Leon Gozlan,
Dieu merci, le couvert est mis. comedie en un acte, tiree du theatre
iusbc (vielmehr nach einer russischen bearbeitung von Benedix), Paris
1851 = (iott sei dank, der tisch ist gedeckt, bearb. von Max Röttinger,
Lpz. (1884). A. Lerehner, Eigensinn oder Gott sei dank der tisch ist
gedeckt (Neue liebhaber-bühne nr. 30. Landsberg a. W.) Heinr. Zscbokke,
Feldblumen 1850 a. 87: .Gottlob, der schuh ist fertig4 (1807 verfasst).
Crome-Schwiening, Burlesken 2,28 (1898): .Das streittuch'.
24) Ein bettler schlagt seinen mantel um 50 gül-
den an. — Lateinisch von Uulsbugch, Sylva 1568 p. 185: .Mendicus
excutit togam pro quinquaginta dorenis.' — Nach einem meisterliedc
des Hans Sachs ,Der petler schlecht sein mantl' in der feoerweise des
Leschen (1552, 7. nov. MG 13, bl. 67b = Dresdener hB. M 5, a. 109),
das der dichter 1563 zu einein Spruchgedichte umarbeitete (Folio 4, 3,
791. = Fabeln ed. Goetze nr. 309) und das im Weimarer mscr. qu.
577c bl. 76 a unter dem namen von Hans Winter erscheint; wie häufig
es von 1558 bis 1645 in der Nürnberger singschule vorgetragen ward,
geht aus dem von Drescher veröffentlichten Gemerkbuchlein des H.
SachB 1898 s. 46 und aus den Nürnberger meistersingerprotokollen (1897
1, 61.326. 2, 19. 30. 61. 69. 78) hervor. Vgl. Melander, Jocoseria deutsch
1605 2, 74 nr. 61. Rivnnder, Festchronica 2, 54 (1602) = M. Sax, Christ-
licher zeitvertreiber 4, 48 (1628). Memel, Lustige geaellschaft 1660 nr.
517. Happel, Der academische roman 1690 s. 898. Ähnlich Kirchhof,
Wendunmut 1, 360 (dienstmagd zu Schweinfurt). Zimmersche chronik
ed. Barack (1869 2,357, 14 = 2, 314,26 ed. 1881 (Peter Letzkopf laset
den blinden bettler in die Tiber springen).
25) Ein bettler verliert 20 gülden (im brodsack , den
die landsknechte auf einen hauiu werfen). — Abgedruckt bei Goedeke,
Schwanke s. 206, nr. 167. — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p.
186: , Mendicus perdit decem florenos'.
26) Zu Augsburg hangt eine jungfrau mit blossem
leib zum tanz haus heraus. — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva
1568 p. 187: ,Ex fenestra dependet puella nudata'. — Ähnliches erzählt
EuriciuB Cordus (Epigratmnata 1529 bl, M 7 b: ,De monacho, cui Scro-
fae cognomen') von einem durch die kanzel gefallenen mOnch ; deutsch
bei Sandruh, Delitiae bist, et poeticae 1618 nr. 131 : ,Von einem mün-
chen die Tausch genandt'. Melnnder, Jocoseria deutsch 1605 2, 144
nr. 149. Eine frau füllt durch die decke der schulstuhe bei Guichard,
Contes et fables 1808 2,40: .L'ecolier d.!termine'.
27) Ein alter mann hatte ein junges weib, (zeigt ihr
halsen und küssen, «owie im hintern lecken). — Abgedruckt bei Scheible,
Schaltjahr 1, 44. Lateinisch von N. Frischlin, Facetiae 1600 p. 29 nr.
Wegkörzer c. 23—29.
573
57: ,De mutiere simplici*. — Vgl. Mahrold, Roldmarsch kästen 1608
nr. 42 (Frey ed. Bolte 8. 270). A. Tabens, Mäynhincklers sack 1612
nr. 2. Geest van Jan Tamboer 1664 p. 143: ,Van een jongn vrouw,
die niet gesoent, niaer wel in de neers wou geblasen wesen* — Der
geitt von Jan Tauibaur, um 1690 b. 124. — Ähnliches bei Bolte zu Frey
nr. 130; dazu H. Sachs, Elich werck im hämisch (in der rebenweis
Hans Vogels. MG 14,79 = Dresdener hs. H 5,688). Rottmann, Der
lustige historienschreiber 1717 b. 233 (2,67). 241 (2,73). 397 (8,52).
28) Ein scherer schlägt einer jungfrau eine ader
(mit dem fraueneisen). — Abgedruckt bei Scheible, Schaltjahr 1, 162
and Merkens, I». humor alter zeit s. 185. Lateinisch von N. Frischlin,
Facetiae 1600 p. 4 nr. 10 ,De chirurgi dolo'. Gereimt von Mahrold,
Roldroarsch kaaten 1608 nr. 43 (Frey ed. Bolte s. 270). A. Tabeus,
Mäynhincklers sack 1612 nr. 19. — Lied von einer schwangeren junck-
frawen , wie es ihr ergangen ist, als sie ihr wolt ein ader schlagen
lassen, 20 str. im thon: Ich weyß mir ein stoltze mQllerin. Augspurg,
Val Schonigk (Wien. Weller, Annalen 2, 541): ,1m mayen. im mayen
nicht man der kurtzweyl vil'. Ein anonymes meistcrlied im kurzen
ton Vogels v. j 1597: .Einer jungkfrauen lest man mit dem frauen-
eisen' ist oben s. 496 nr XI abgedruckt. Rottmann, Historienschreiber
1717 e. 166 (2,20). Hilarius Sempiternus, Der kurzweilige polyhistor
1719 s. 181 (3, 68). Lyrum larum 1701 nr. 193 ss 1730 nr. 118. Der
lustige und possierliche historienschreiber, Frankfurt u. Lpz. (um 1750.
Berlin Yt 4262) s. 75 nr. 118. Berliner mscr. gertn. qu. 616, s 117 nr.
142, Kabulanus Kurzweill, Tischreden (Wiener hs 14914) s. 1004 nr. 112.
21)) Wie ein junger gesell, genannt Maseto, sich
II einem stummen machte und in einem kloster ein
zärtner ward, dieselben nonnen mit samt der äbtissin
beschlief. — Abgedruckt bei Soheible. Schaltjahr 1, 275. Nochmals
von Montanus in der Gartengesellschaft c. 96 bearbeitet. Gereimt von
Mahrold. Roldmarsch kästen 1608 nr. 44 (Frey ed. Bolte s 270). Nach
Boccaccio, Decamerone 3, 1, den Montanus in einem Stras»burger
drucke von Arigos Verdeutschung benutzte ; vgl. Dunlop-Liebrecht. GeBch.
der prosadichtungen 1851 s. 226; Cappelletti, studj sul decamerone 1860
p. 343; Landau, Die quellen des dekameron 188t s. 172. 177. Ähnlich
»t der anfang von Cento novelle antiche nr. 62 ed. Gualteruzzi —
Keller, Italien, novellenschatz 1,15. 1851; vgl. A. d'Ancona, Romania
3,177. Sercambi, Novelle ed. Renier 1889 nr. 68 ,De malitia hominis'.
El Bolognese o vero Masetto da Lampoleccbio f in oktaven, um 1500).
Vinc. Bragiantino, Cento novelle 1554 (in oktaven i. Einige verse von
Ant Kr Grazzini stehn l>ei Manni, Istoria del Decamerone 1742 p. 219.
Casti, L'ortolano delle monache (Pasaano, I novcllieri italiani in verso
ISfiJ? p. 160). Vgl. ein meisterlied des Hans Sachs: .Ein stumm schwechet
etliche nunnen' im rosenton H. Sachsen (Krlanger hs. 1668, bl. 542a;
574
Anmerkungen.
Dresdener bs. M 5, 789 ,Der stum gertner'). Nicolas de Troyes, Graml
parangon des nouvelles nr. 67 (hsl. 1535—36; nicht in Mabilles aus-
wahl von 18G9). Lafontaine, Contes 2, 16: .Mazet de Lamporecchio*
(Oeuvres ed. Regnier 4, 483). Anseaume, Mazet, cotucdie 1761 (Diction-
naire dramatique 2, 19f>). Mihi y Fontanals, Romancerilio catahin 1882
nr. 168.
30) Mönch Albrecht giebt einer jungen frau zu
verstehen, wie der enget Gabriel um aie buhlet, un d
beachläft sie an des engels statt oftmals. — Abge-
druckt bei Scheible. Schaltjahr 2, 26 (184G). Gereimt von Mahrold,
Roldmarsch kästen 160S nr. 46 (Frey cd. Bolte s. 270). — Nach Boc-
caccio, Decamerone 4,2; vgl. Dunlop-Liebrecht 1851 s. 231; Landau
1884 s. 298; Benfey, Pantschat antra 1, 162. Überarbeitet im Schertz
mit der Wahrheit 1550, bl. 56 a = 1563, bl. 59 a. Egnatius, De exem-
plis ill. virorum Vcnetae civitatis 1554 p. 18 = oben s. 499 nr. XII =
Jo. Wolfius, Lectionum memorabilium centenarii XVI 2, 602 (1600);
übersetzt in einem um 1675 in Nürnberg zusammengeschriebenen .Histo-
rienbuch' (hs. 2431 des Germanischen museuma in Nürnberg) bl. 680 a:
.Der verübte beichtvatter'. Remigii Daemonolatria 3.49 (16i'3). Casti,
Novelle gahinti nr. 18: L'nrcangelo Gabriello. Urteile von A. F. Graz-
zini und Jacopo Gaddi führt Manni (latoria del Decamerone 1742 p.
275) an.
Vgl. Pseudokallisthenes, Vita Alezandri, anfang (Nectanabus al»
Amnion bei Olympias). Delrio, Disquisitiones magicae 2, 27, 1 = p.
315 ed. 1657. Oesterley zu Kirchhofs Wendunmut 6, 238 (Paulina von
Decius Mundus in der gestalt des Anubis besucht. K. v. Ammenhausen,
Schachzabelbuch 1892 v. 13191). Masuccio, Novell ino 1476 nr. 2 (p. 24
ed. Settembrini 1874): ,Un frate domenichino da ad intendere a ma-
donna Barbara, che coneeperä di un giusto e fara lo quinto evangelista'.
Doni, Novelle ed. Gamba 1815 nr. 7. Parabosco, Novelle um 1550 nr. 3.
Bandello, Novelle 2, nr. 2. 3, nr. 19 (1554). Antoine de la Sale, Cent
nouvelles nouvellea nr. 14 ,Le faiseur de pape' = Malespini, Ducento no-
velle 1609 nr. 80. La Fontaine, Contes 2,15. .L'bermite' (Oeuvres ed.
Regnier 4,453- 1887); auch 5,2 ,Le fleuve Scamandro'. Ch. Robinet,
I/ettres en vere 1665 (Continuateurs de Loret 1, 178. 192). Crebillon
fils, Le sylphe 1730 (Oeuvres 2, 613. 1772). Panard et Fagan, Le Bylphe
suppose' 1730 (oper). Gomez, Cent nouvelles nouv. 1735 nr. 23—24 =
Bülow, Novellenbuch 3,111 ,Der genius'. Saint-Foix, Le sylphe 1748
(komödie). Cointreau, L'amant Salamandre. Marmontel, Le muri sylphe
(Contes moraux 1761). Favart, Isabelle et Gertrude, ou les sylphes
supposes tkomödie) 1765 (benutzt auch Voltaire, Oeuvres 14,49: .Ger-
trude'); danach Löwen, Die neue Agnese (Hamburg. Unterhaltungen
6, 3ü5. 1765*). Quetant et Martini, L'umant sylphe, on la feerie de
l'amour (komödie) St. Georges et Clapisson. Le sylphe (oper)
1856. Kryptadia 2, 231. — Judontochter soll den Messias
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Wegkureer c. 80—32.
575
gebären: Caesarius Heisterbacensia, Dialogua iniraculorum L 2, c.
24 = 1,94 ed. Strange = Wright, Latin atories 1842 nr. SO ,De filia
Judaei' (Landaa, Decamerono 1884 •. 253). Herrn. Corner, Chronicon
ad a. 902 (Eccard. Corpus historicoruru medii aevi 2,508: ein clericua
Wilhelniua in Limogea und .'udith). Foix, Von der juden Messias (Kel-
ler, Fastnachtapiele 3, 1223). Bebel, Facetiae 2, cap. 104 .Hiatoria de
Judaea filiara pro Messia | .uiente"; auch 2, c. 113 ,De fratre minore
monialem gravidam reddente'. Oeaterlej zu Kirchhof, Wendunmut 1,
2,50 und 56. Grimmelshausen, Siraplicianiache achriften 1, XXI ed.
Tittmann 1877. Ruckard. Lachende schule I72.r» nr. 12. Fortini (f 15C2),
Le piacevoli notti dei novizi ü, nr. 2 (Ulrich, Festschrift der Universität
Zürich mr 89. philologenvei Sammlung 1887 a. 88) etc. — Ferner Mor-
lini, Novellae 1520 nr. 69: ,De patricio, qui, ut matronam falleret,
Christum aemulatus est1. EL EBtienne, Apologie pour Hi?rodote 156»5
chap. 21 a 2,15 ed. Ristelhuber 1879; O. Hager, St. Franziscus und
st. Petrus, meiaterlied von 22. aept. 1588, abgedruckt in Birlingers
Alemannia 22, 161 (1894); benutzt yon Ayrer (f 1608) in einem fast-
nachtspiele .Der verlarft Franciacus mit der venediachen jungen witt-
frauen* (Opna tbacatricum H18 2, 1S2 d = 5.30O1 ed. Keller) und in
einem gleichbetitclten sin^spiele (1618 2,137 b = 5,3025 ed. Keller,
Bolte, Singspiele der engl komödianten 1893 a. 12). Tarlton, Ncwes
out of purgatorie 15'JO — p. 66 ed. Halliwcll 1844: ,The täte of friar
Onjon4. Whetstone, Heplanieron 1582. 4. day: ,The adventure of frycr
Inganno' (Koeppel. Studien zur gesch. der italien. novclle 1892 a. 35).
R. Greene, The apanish mas.puerado 1589 (= Works ed. Grosart 5, 266).
— Über die orientalische «r/ählung vom fliegenden thron vgl.
Benfey, Pantschatantra 1, 159 f. 2,530; Zs. der d. morgen), gesellach. 42,
117; Somadeva, Märchensammlung Qbers. von Brockhuus 1, 128(1843).
81) Mönch Kinaldus beachläft Beine gevatterin,
dazu der mann kommt; dem sie beide zu veratehu
geben, wie aie dem kind die würmer vertreiben. —
Abgedruckt bei Scheible, Schaltjahr 1, 163. Gereimt von Mahrold,
Roldmarach kaaten 1608 nr. 43 (Frey ed. Bolte b. 270). — Nach Boc-
caccio, Decamerone 7, 3 ; vgl. Dunlop- Liebrecht 18Ö1 a. 23P. Vgl. For-
tini. Le piacevoli notti 8, nr. 2 = Novelle di autori senesi ed. Poggiali
1796 nr. 9. Nie. de Troyes . Parangon 1536 nr. 147 (lwl.). Esliennc,
Apologie pour H«:rodote l.W, chap. 15. Chrzanowski, Rozprawy aka-
demii umiejctno«ci, wydzial filolog. scr. 2, tom 8, 372 (Kraknu 1894).
a. 78, 24 vgl. Wander, Sprichwörterlexikon 4, 1655 nr. 212: ,Es ist
ein böser vogcl, der im selbst in sein nest hofiert' (Franrk 1, 78a.
2, 119b. Petri 2, 261); dazu nr. 33. 43. 90. 94. 152. Murner, Schel-
menzunft 1512 c. 30 .Der unnütz vogcl.'
32) Mönch Burckhardt schläft bei einer w i r t i n ,
57r,
Anmerkungen.
dazu der mann kommt. (Sie singt dem anf dem ofen versteckten
mönche eine warnung zu). — Abgedruckt bei Scheible, Schaltjahr 1, 464
mit holzschnitt. Gereimt von Mahrold, Roldmarsch kästen 1608 nr. 57
(Frey ed Bolte s. 271). — Vgl. Val. Schumann, Nachtbüchlein nr. 20
,Der mönch im käsekorb4 und Frey ed. Bolte s. 281. Drescher, Litbl.
1897, 156 f. Dykstra, üit Frieslands volksleven 2, 120 (1895): ,Ken
dag baaa.4 — Anderwärts warnt die frau den anpochenden
buhlen im beiscin des monnes durch gesang: Bolte, Singspiele
der engl, komödianten 1893 s. 45*. 188. Erk-Böbme nr. 902. Hoff-
mann v. F., Nid. Volkslieder nr. 156; Findlinge 1, 118. Volkskunde
2, 49. 5, 20. Boccaccio, Decam. 7, 1. Kryptadia 2, 115.
88) Ein pfaff ermordet eine arme frau jämmer-
lich, die ihm denselben taggebeichtethatte (um einer
von ihr gefundenen geldtasche willen). — Diese im januar 1556 ge-
schehene mordthat ist auch in einem flugblatte (Serapeum 1863, 64)
beschrieben : ,Ein grausamlich niord, so geschehen ist in dem Minster-
thal, sechs meil wegs von Kur, da ein pfaff ein schwangere frawen
gemördt hat, die in kindsnöten gelegen ist, warhafftig geschehen im
56. jar. Getruckt zu Strassburg.4 Ferner: Fincelius Wunderzeicben 2,
bl. S 7a (Frankfurt 1566; zuerst Jena 1559) = Hondorff, Calendarium
sanctorum et bist. 1573 1 , 22a (zum 20. januar) = Bütner- Steinhart,
Epitome historiarum 159G bl. 495b.
34) Geld nimmt einer vom teufel, dass er wolle
sein weib und kind umbringen. — Wie der teufel zum morde
reizt, erzählt auch Bütner-Steinhart, Epitoine bist. 1596 bl. 497a.
85) Dem bösen feind schreit einer, er solle ihm
geld geben, (wird darauf vom teufel entführt). — Abgedruckt bei
Scheible, Schaltjahr 1, 174. Gereimt von B. v. Watt in einem meister-
liede vom 3. nov. 1609 ,Der teufel holt ein gottlosen bauren4 = oben
b. 499 nr. XIII. — Dass ein flucher vom teufel geholt wird, berich-
ten zahlreiche hiatorien: Manlius, Locorum communium collectanea
2, 192 — Butner Steinhart, Epitome hist 1596 bl. 32a = Hondorff,
Promptuarium exemplorum 1, 132b (1597; zuerst 1570); Kirchhof, Wend-
unmut Ü, 2'» 4. Didacus Apoliphtes (= J. Zanach), Historische erquick-
stunden 4, 1, 295 (um 1620); Zingerle, Sagen aus Tirol 1891 nr. 690
mit tler anm.
3«) Adam Stegman erwürgt seine zwei kinder. —
Ausführlich berichtet über diesen am freitag den 10. april 1556 zu
Obernehen geschehenen mord der Aarauer Heinrich Wirri in einer
im den Zürcher ratsherrn Heinrich Lochman gerichteten schrift: ,Ey-
gentlicher vnnd warhaffter bericht, der grausamen that, so geschehen
ist zu Oberneben, in dem Elsab, Da ein Burger, drey seiner rechten,
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Wegkürzer c. 32-37. 577
Leyblicben, vnd Ehelichen kinder jemmerlich erstochen , ermördt vnd
vmbbracht hat' . . . Anno M. D. LVI. Bey Johann Kramer. 4 bl. 4°
(Berlin, flugschr. 1556, 5). Wirri, der auf der reise zur Frankfurter
messe in Strassburg von dem morde hörte, wohnte am 24. april der
Gerichtsverhandlung in Obernehen bei und durfte die ,vergicht* der
Bürgermeisters zu seinem am 27. april in Strassburg abgeschlossenen
berichte benutzen. Auf einer andern quelle scheint Fincelius (Wunder-
zeichen 2, bl. Tiiija. 1566) zu fussen, der ebd. 2, bl. V7a dieselbe ge-
schichte noch einmal erzählt; danach Hondorff, Promptuarium exem-
plorum 1570 1, bl. 179b und Calendarium sanctorum et hist. 1573 1,
bl. 98b; Bütner-Steinhart, Epitome historiarum 1596 bl. 126b; Tragica
1598 p. 361. Nürnberger historienbuch von etwa 1675 (hs. 2434 des Ger-
manischen museums) bl. 221a. Einen ähnlichen Vorfall, von einer ihre
kinder ermordenden frau zu Eschwege, hatte 1551 Burkard Waldis
(Goedeke, Grundriss ' 2, 452) geschildert; vgl. Fincelius 1, bl. S 7a
(1556) = 1, bl. M4b (1566); Hondorff 1570, bl. 179b; Bütner-Steinhart
1596 bl. 126b; Tragica 1598 p. 360 ; Zanach, Hist. erquickstunden 2, 107.
87) Jungfrau Lisabeta liebt einen jüngling, ge-
nannt Lorenz, welches ihre brüder innen wurden,
ihn umbrachten, und wie es hernach erging. — Gereimt
von Mahrold, Roldmarsch kästen 1608 nr. 59 (Frey ed. Bolte s. 271).
— Nach Boccaccio, Decamerone 4,5; vgl. Val. Schmidt, Beiträge
1818 s. 40. Cappelletti, Studi sul decamerone 1880 p. 375. Das lied,
auf das B. am Schlüsse hinweist, hat man in der von Fanfani und
Cappelletti aus einer hs. des 14. jahrh. mitgeteilten romanze wiederge-
funden:
Questo fu lo malo cristiano
Che mi furo la resta
Del bassilico mio selemontano.
Cresciut' era in gran podesta,
Ed io lo mi chiantaicolla mia mano,
Fu lo giorno della festa.
Chi guasta l'altrui cose, e villania
(8 str.).
Dies lied steht auch in den Canzone a ballo 1533 und 1568; vgl.
Carducci, Cantilene e ballate nei aecoli XIII e XIV 1871 p. 48. Istoria delT
infelice innamoramento di Gianfiore e Filomena, Firenze 1587. 4° (Pas-
»ano, I novellieri italiani in prosa 1878 p. 390). — Hans Sachs hat die no-
velle nicht weniger als fünfmal behandelt: zuerst 1515 atn 7. april als sein
erstes spruchgedicht ,Der ermört Lorenz' (Folio 1, 2, 161b = 2, 216
ed. Keller. Ein citat im ersten fastnachtapiele 1518 v. 173: Folio 3, 3,
4b) , alsdann 1519 als meisterlied in der silberweis H. Sachsen ,Die
Lisabet mit irem Lorenzen' (Dichtungen ed. Goedeke I, 32. 15 str.),
1546 am 31. dec. als ,Tragedi von der Lisabetha' (Folio 2, 3, 97 = 8,
366 ed. Keller. Aufführungen in Dresden 1646 und 1676, nach Fürstenau
1, 107. 249; in Nördlingen 1606 nach Archiv f. litgesch. 13, 71), 1548
am 23. juli als meisterlied im schwarzen ton Hans Vogels , 1549 am
16. dec. als meisterlied im rosenton H . Sachsen (anonym im Weimarer
inscr. fol. 419, bl. 173). Ein schöne tageweiß von eines kauffmans
37
578
Anmerkungen.
tochter und einem schönen jünglhog, wie derselbige von ihren dreyen
hrüdern ermördt ist worden, im ton : ,Ea wohnet lieb bey liebe' (Erk-
Höhme, Liederhort 1, 304 nr. 86) aus der ersten halfte des 16. Jahr-
hunderts liegt in vielen fliegenden blättern vor: a) Nürnberg, Friderich
Qutknecht. 8 bl. 8* (Berlin Yd 9088 und 9089); b) Nürnberg, Val.
Newber (Berlin Yd 9048); c) Nürnberg, Val. Fuhrmann (Berlin Yd 9048);
d) Straubing, Hans Burger (Berlin Yd 7831, 89); e) Augspurg, Val.
Schönigk (Berlin Yd 7850, 1); f) Augspurg, Matth. Langen waldter (Frauen-
feld). g) Basel, Joh. Schröter 1607 (Zürich. Weller. Annalen 1, 267);
h) ebd. 1629 (Frauenfeld); abgedruckt nach f und h in Birlingers Ale-
mannia 17, 35 : .Dieweil mein hertz thut lieben' ... 33 str. — Turber-
vile, Tragical tales (c. 1576) nr. 7 (vgl. Koeppel, Anglia 13. 51). Sim-
rock, Berlin, musen-almanach 1830 253. J. Keats, Isabella, or the pot
of basil (Poetical works 1876 p. 151).
38) Hieronimus batte lieb einejungfrau, genannt
Silvestra; und damit er ihrer vergässe, thatmanihn
gen Paris, er über starb ihr hernach an der seiten. —
Gereimt von Mahroki , Roldmarsch kosten 1608 nr. 60 (Frey ed. Bolte
s. 2711. — Nach Boccaccio, Decamerone 4,8; vgl. Val. Schmidt, Bei-
trüge 1819 s. 44; Landau, Quellen 1884 s. 161. Nie. de Troyea, Pa-
rangon nr. 98. Turbervile, Tragical tales nr. 10 (Koeppel, Anglia 13,
51). Coornhert, Lustige historien Joa. Bocacii 1568 nr. 18 (Bolte, Tijd-
sehrift voor nederl. taalkunde 13, 1). Hans Sachs, Wie zwey lieb-
habendo menschen vor lieb starben (1544, 27. nov. Folio 1, 2, 160b =
2, 213 ed. Keller) und ein meisterlied .Jeronimus und Silvestra* von
1544 (Weimarer mscr. fol. 419, bl. 259a und mscr. qu. 567, bl. 891»).
Ein anonymes meisterlied von 1593 den 22. märz ,Die Silvestra mit
Hieronimo' in der gestraften zinweis G. Christians steht im Erlanger
mscr. 1668, bl. 473b. — Vgl. Rohde, Der griech. roman 1876 a. 82
(Arceophon und Arsinoe bei Hermesianax). t. d. Hagen, Gesamtaben-
teuer nr. 13 .Frauentreue'; dazu Eschenburg, Denkmäler 1799 s. 265
= Oesterley, Nd. dichtung 1871 s. 87; Münchner cod. germ. 714, bl. 137
,Der ritter mit dein glenreiten'. Gesamtabenteuer nr. 14 ,Der achüler
zu Paris'. Straparola, Notti piacevoli 9, 2 (prinz Rolin und Violante)
= SanKOvino, Novelle nr. 38 (1561). Bandcllo, Novelle 1, nr. 20 und 33
(1554). Grazzini, Novelle 2, 117(1793). Castiglione, II cortegiano 3, 43
p. 207 ed. 1854. Kirchhof, Wendunmut 3, 224 .Einer adelicben person
heimliches leiden.' A. de Musset, Simone 1840 (Oeuvres 1866 vol. 2).
39) Frau Agnes schickt nach einem, den aiezween
b u n d s c h u h ■ u h a b e n m e i n t. — Abgedruckt bei Scheible, Schalt-
jahr 1, 620. Gereimt von Mahrold, Roldmarsch kaaten 1608 nr. 62
(Frey cd. Bolte a. 271). — Vgl. Poggio, Facetiae no. 62 (Opera 1538
p. 438 ,De Guilhelmo , qui habebat priapeam supellectilem formosam'
= Facetiae 1798 1, 70 ,Duo priapi'). Nie. de Troyea, Le grand paran-
Wegkürzer c. 87—41.
579
gon de nouvelles ed. Mabille 1869 nr. 21 p. 95. B. la Monnoye, Le
double oatil (Poggio 1798 2, 61). Kryptadia 4, 325 (vläniisch).
40) Die zeche begehrt ein wirt an zween, die sie
tot 40.000 jähren schuldig blieben sind. — Abgedruckt
bei Scheible, Schattjahr 1, 43; Goedeke, Schwänke s. 124, nr. 87. -
Vgl. Bebel, Facetiae 2,84 bl. Ggöb ed. 1514: ,De magno anno Pia-
tonis' == Bebeiii Geschwenck 1558 bl. M 7b. Pauli, Schimpf und ernst
1570 s. 69. Kirchhof, Wendunmut 1, 194: ,Von zweyen betriegern
und eim wirt.' Acerra philologica 1, 62 (1708). Rottmann, Historien-
schreiber 1717 s. 494 (8, 98). Tharsander, Schauplatz vieler ungereimten
meynungen 1, 30 (1735). De nieuwe vaakverdryver 1669 2 p. 374. —
Ueber die antike lehre vom weltj ah re vgl. Zeller, Philosophie der Grie-
chen 1», 396. 411 (Pythagoräer); 3, ls, 154 (Stoiker); 2S, 684 (Plato :
10 000 jähre = weltjahr/. Die englische morality Lingua 1007 ukt 4,
»c. 7 (Coli, of ohl plays ed. by Dodslcy-Hazlitt 9. Losch, Joh. Rhe-
nanus 1895 -. 9).
s. 105, 14 vgl. Wander, Sprichwörterlexikon 4, 1485 nr. 22: »Un-
treu schlecht iren eigen herren' (Agricola 1, 19. Franck 1, 53a. 2, 14b.
89a. Petri 2, 564). Zingerle, Die d. Sprichwörter im mittelalter 1864
s. 157 f.
41) Ein frau erzeigt sich allweg gegen ihrem
mann freundlich, (weist aber den Tod zu dem kranken hin). —
Abgedruckt bei Scheible, Schaltjahr 1, 288; Hub, Prosaisten 2, 821;
Goedeke, Schwanke s. 87 nr. 51. — Gereimt von Mahrold, Roldmarsch
kästen 1608 nr. 63 (Frey ed. Bolte s. 272). Nach Abstemius, Heca-
tomythium 1495 nr. 60 ,De muliere , quao pro viro se rnori velle dice-
bat'. Waldis, Esopua 1548 2, nr. 86 ,Wie ein fraw für iren mann ster-
ben wolt' = H. Wolgemuth, Newer Esopus 1628 nr. 181. Kirchhof,
Wendunmut 1, 350 .Untreu eines weibs gegen irem mann*. Ein ano-
nymes meisterlied ,Des edelmans weib mit dem dot', im kurzen ton
Hans Vogel am 7. oct. 1574 gedichtet, findet man oben s. 500 nr. XIV
al>gedruckt. Wolgemuth, 500 frische hauptpillen 1669 s. 87 (2, 92).
Geliert, Sämtliche Schriften 1,64 (1769): , Die zärtliche frau'. Gnicciar-
dini, Höre di recreatione 1583 p. 4 = Belleforeat , Heures de recreu-
tion 1605 p. 12 — - Federmann, Erquickstunden 1574 s. 26. Casalicchio,
L'utile col dolce 2, nr. 4 (1687). Desbillons, Fabulae Aesopicae 2, nr. 29
, Femina mortem pro marito appetens*. Cabinet des fees 18, 71 ,La
paysanne et sa fille.' Carmoly, Le jardin enchantö 1844 nr. 18 ,L'oie
blanche.'
s. 106, 1 3 H u n d hinken, Weiber weinen etc. vgl. Uhl, Die
deutsche priamel 1897 b. 316. 317. 386. 388. Zimmersche chronik 1
1, SOI, 7. Wander, Sprichwörterlexikon 2, 819 nr. 33.
37*
:>su
Anmerkungen.
8. 106, 22 Nere, flere et nihil tacere etc. Sutor, Latinum
Ohaos 1716 p. 289 Doctae nugae Gaudentii Jocosi 1713 p. 283 (ebenso).
Wamler, Sprichwörterlexikon 4, 720 nr. 34—35: .Spinnen, weinen,
waschen, lügen, ihren besten freund betrügen , findet man bei weibern
viel; von allen doch nicht sagen wöll' (Zincgref 4, 414).
42) Historia Gisippi und T i t i. — Von Montanus auch
als drama bearbeitet; vgl. die cinleitung. Gereimt von Mahrold, Rold-
marsch kästen 1608 nr. 1 (Frey ed. Bolte s. 267). — Nach Boccaccio,
Dei amerone 10, 8; vgl. Dunlop-Liebrecht 1851 s. 251 ; Landau, Quellen
1884 s. 264; Val. Schmidt, Beitrage 1818 s. 110 und zu Petrus Alphonsi
8. 98. — Boccaccios quelle war Petrus Alphonsi, Disciplina clericalis
3, 2 — 14, woraus auch die Gcsta Romanorum c. 171 schöpften (zwei
ritter aus Aegypten und aus Baldach); Rohde, Der griech. roman 1876
s. 541 denkt statt dessen an eine mittelgriechische dichtung von Athia
und Prophilias (dazu W. Grimm, Ze. f. dtsch. altert. 12, 18A = Kl.
schriften 3, 346). — Ueber die Verbreitung des Stoffes giebt Oesterley
zu Gesta Rom. 171 reiche nachweise; ferner vgl. die deutschen bear-
beiter von Jac. de Cessolis achachbuch, den pfarrer zum hechte Zs. f.
d. altert. 17, 287; Heinr. v. Beringen ed. Zimmermann 1883 v. 5122—
6083; Meister Stephan ed. Schlüter 1883 v. 3187— 3314 ; Kunrat v Am-
menhausen ed. Vetter 1892 v. 12385—12609. Seelentroist in From-
manii8 D. mundarten 2, 10 nr. 80 = Själens tröst ed. Klemming 1878
p. 472. Lübecker fastnachtspiel von 1431 ,de twe truwen kumpana,
rex Baldach' (Nd. jahrbuch 6, 25). Kausler, Denkmäler altniederl.
spräche 3, 165. 491 (1866). Stainhöwcl, Aesop nr. 142 (coli. 1) p. 294
ed. Oesterley 1878. Violier des hist. romaines 1858 p. 392 nr. 139.
flerrtagc, Knglish versions of the Gesta Rom. 1879 nr. 196. Herolt,
Scrmones de sanetis, disc. 21. De Lantfrido et Cobbone (MSD nr. 20;
rgt, Kögel, Gesch. der d. litt. I, 2, 255) — Boccaccios novelle ward
von Phil. Beroaldus ins lateinische übersetzt (Titi Romani et Egesippi
Atheniensis amicorura historia. Mediolani 1509; Beroaldi opuscula, Ba-
silcae 1515 bl. 26a , Historia Gisippi et Titi'; Fabulosae hist tres de
amore, Arg. 1536 etc. Manni, Istoria del Decamcrone 1742 p. 562—582*;
ebenso um 1555 vom cardinal Ruberto Nobili von Montepulciano (Manni
p. 582 —600). Beroaldus, L'histoire de Titus et GisippuB interpr. en rime
franeois par Fr. Hahert 1551. Nie. de Troyes, Parangon nr. 130. Coorn-
hert. Lustige historien .1. Bocacii 1564 nr. 48. Englisch von W. Walter
s. j.; Tho. Elyot. The governour 1531 2, c. 12 = 2, 132 ed. Croft 18S0;
Edw. Lewicke, Iiistory of Titus and Gisippus drawen into english metre
1562; Faithful friendship or Alphonso and Ganselo (A collection ofold
ballada 2, 145. 1724) ; Tho. Underdowne, Titus and Gesyppus j R. Greene.
Philomela 1592 (Koeppel, Studien zur gesch. der ital. novelle 1892
a 54. 84). Bishop Percy'a folio-manuscript 8, 507 (1868). Lydgate,
Fabula duorum mercatorum hsg. von Schleich 1897. Goldsmith, Story
of Alcander and Septimus (Works 4, 99. 1825). R. Radcliffe (f 1559),
Wegkürzer c. 42—44.
581
De Titi et GUippi amicitia [Drama. Warton, History of engl, poetry
p. 576; ein stück gleichen titeU 1576 in London gespielt), Herald Griffin
t 1840), Gisippus (Poetical worka 1857). Giraldi, Novelle nr. 5 p. 444.
Jacopo Nardi, Amicizia (komödie um 1510. Palermo, Manoscritti pala-
tini di Firenze 2, 528—536. 1860) Libro di novclle antiche trotte da
diversi testi 1868 (Scelta di curiositä lett. 93) no. 4: .Di due mercatanti
l'uno di Baldacca e l'altro d'Egitto.' Galeotto Oddi , Gisippo , com-
media 1613. Risposta di Carmide Ateniese a Tito Quinto Fulvio di
G. Boccaccio, Padova 1553. Timoneda, Patrahuelo nr. 22. Lope de
Vega , La boda entre dos maridos (Comedias vol. 4. 1614). Hardy,
Geaippe ou les deux atnis 1622 (Parfaict, Histoire du theatre francais
4, 358). Chevreau, Les deux amis 1638 (Parfaict 5, 436). Gering , Is-
lenzdk aeventyri 1882 nr. 92 .Ganze freundschaft*. Ward, Catalogue of
romance8 in the British muBeum 1, 845. Hans Sachs, Historia die neun
getreuen beiden nr. S (1531. Folio 1, 2, 181b) und Comedia Titus und
Gisippus (1546. Folio 3, 2, 4 = 12, 15 e.l. Keller). Cbph. Bruno, Et-
liche historien und fabulen, Augspurg 1541 nr. 8. L. Schwärt zenbach,
Comedi, darinnen rechte trew und freundtschafTt fiirgestelt würdt,
Nürnberg 1551 (Berlin). Speccius, Comoedia de Titi et Gisippi ami-
citia, Altdorf 1623. Melander, Jocoseria deutsch 1605 2, 333 nr. 315.
Didacus Apoliphtes (= J. Zanach), Historische erquickenden 4, 1,
722. J. P. de Memel , Lustige gesellschaft 1660 nr. 364. Sommerklee
und wintergrün 1670 s. 120, nr. 195 (Nicolaus und Franciscus). Boissy,
Le mari par supercherie (Oeuvres de theatre 7, 81. 1773) — Gotter,
Der mann den seine frau nicht kennt 1781. .1. V. Widmann, Die kö-
nigin des Ostens (schaaspiel. Zürich 1880. Nach Boccaccio). Zach.
Heyns, Vriendts-spieghel, Amsterdam 1602 (Worp, Noord en zuid 1897).
1001 nacht, deutsch von Habicht, v. d. Hagen und Schall 13,3 (1840):
.Geschichte Attafs von Damask*.
48) Drei Weisheiten lehrtein abenteurer für einen
pfennig. — Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke s. 224 nr. 181. Bo-
bertag, 4U0 schwanke s. 252 nr. 316. — Eine lustige umkehrung der
verbreiteten erzähl ung vom ankaufe dreier Weisheiten (Oester-
ley zu Gesta Rom. c. 108. Etienne de Bourbon, Anecdotes historiques
1877 p. 77 nr. 81 = Wiener hs. 12538, ML 153b etc.). Vgl. Bouchet,
Serees nr. 10 (2, 200 ed. Roybet). Der lustige heer-paucker (um 1690)
s. 152: .Ein Schulmeister lehret den kiudern das wahrsagen' llilsst
sie an menschenkot riechen , wie Eulenspiegel hist. 3 j). Eulenspiegel
bist 50 (lehrt die Schneider eine kunst). Talitz von Liechtensee,
Kurt -/.weil, reyügespabn 1645 nr. 196 (7 eilen weit von narren bleiben).
s. 127, J8 vgl. Wander, Sprichwörterlexikon 6, 168 nr. 288-298:
.Die weit will betrogen sein' ; dazu nr. 108. 558.
44) Ein bochzeitsgast führt die braut heim, war
582
Anmerkungen.
ihm aber nicht befohlen. — Abgedruckt : Kurzweilige geschieht
15S3 b. 543a.
s. 127, 31 und 128, 12 vgl. Wander, Sprichwörterlexikon 1, . . .
,Wer das glück hat, führt die braut heim'.
s. 128, 10. Das hündlcin von Brctta ließ den schwant/,
hinder der thttr. — Vgl. Zimmerische chronik 1 8, 12 , l (1881) : .Sein
also baid wie das hundle von Prctten davon kommen'. B. Hertzog,
Schiltwacht 1560 nr. 4 : ,Das heist au ff die bulsebafl't gangen wie herr
Hündlcin von Bretten, dem der doldrian an der thür liencken bleib'.
Fiscbart, Practic 1574 bl. B 7b (zu den baurenhundeu, sie jagten nächst
das hündlein von Brctta, das es den schwachen werckzeug am zäun
lies), Gargantua 1575 c. 5 (s. 90 ed. Ableben) und Flöhhaz 1577 v. 140.
lieberer, Servitus Aegyptiaca 1610 s. 63. Scliuppius, Salomo (Schriften
1, 89): .Der edelman stunde wie das hündlein von Breda'. Alamodisch-
technologisches interim 1675 s. 845: .das hündlein zu Bretta'. Grimm,
Deutsche sagen nr. 96 (mündlich). E. Meier, D. sagen aus Schwaben
1852 nr. 395. Schnezler, Badisches sagenliuch 2,441 (1846: gediente von
Simrock und Maxim. Sachs). Baader, Volkssagen aus Baden 1851 nr. 308.
Wackernagel, Kleinere Schriften 1, 423: ,Die hündchen von Bretzwil und
von Bretten'; ein scher/., den J. Franck (Anzeiger für künde der d.
vorzeit 1880, 332. 1881, 7. Allg. d. biogr. 11, 198) missverstand Wen-
deler, Nd. korresp.blatt 5, 44 (1880). VVander, Sprichwörterlexikon 2,
904 nr. 18.
II. Audretltzo (s. 133—182).
Montanus' quelle von Boccaccio (Dccamerone 2, 5), den er in
der Gartengesellschaft c. 93 nochmals bearbeitete. — Vgl. Val. Schmidt,
Beitrage 8.8. Dunlop-Liebrecht 1851 s. 223; Landau, Quellen 1884 b. 122.
Capelletti, Studi sul decamerone 1880 p. 59 — 86. — Sacchetti, Novelle
nr. 120 (dieb im grabe erschreckt andre diebe). P. Aretino, II filosofo.
commedia 1546 (vgl. Gaspary 2, 592). F. Canali, Andreuccio di G.
Boccaccio ridotto al rappresentabile , Vicenza 1612. Nasceta, vita e
disgrazie de Biaso Valentino (Napoli 1748. Imbriani, Propugnatore 8,
heft 6). Nie. deTroyes, Grand parangon (1585-86; hsl.)nr. 42. Coorn-
hert, Lustige historien J. Bocacii 1564 nr. 1. W. D. Hooft, Andrea de
Piere peerdekooper (klucht. 1628). Painter, Palace of pleasure 1, nr. 36
(1567). — Hans Sachs, Der dieh ins bischofl's grab, meisterlied im spie-
geltoii Erenboten (MG 5, 32 — Dresdener hs. M 5, 118) behandelt nur
die beraubung des erzbischöflichen grabes und verlegt den Schauplatz
nach Mainz; ferner: Drei Unglück Andretttzo, 1546 23.januar, im lan-
gen ton Heinrich Müglings (MG 8, 30 = Dresdener hs. M 192, 131b
= Gött. cod. pbil. 194, 43= Weimarer uiscr. fol. 419, nr. 254 = Wei-
marer mscr. qu 5<>7, bl. 39b). Schertz mit der warheit 1550 bl. 33a
= 1563 bl. 35b .Junker Andres'. Bütncr, Epitome historiarum 1576
Andreützo.
583
bl. 389a = Büitner-Steinhart 1596 bl. 309b. Ayrer, Fastnachtespil von
Antreuxo (4, 2387—2364 ed. Keller). Mahrold, Roldmarsch kästen 1608
nr. 76 (Frey ed. Bolte 8. 278). Lundorp, Wißbadisch wisenbrünlein 2,
2 nr. 2 (1611). Bidermann, Utopia 1691 p. 38— 79 (zuerst 1640) = C.A.
Hörl, Bacchusia oder faßnacht-land 1677 s. 38—66 (Corsicns von Dru-
silla betrogen). Le Noble, Promenades= Mylius, Kleine romane, er-
zälungen nnd schwanke 1, 1 (1782): ,Blaiae Gaulard oder tante Bob^s
nefiV. Vade mecum für lustige leute 3, nr. 225 (1767) und 8, 188 (1781).
Dykstra, Uit Frieslands volksleven 2, 111 (Die entschädigung durch
leichenraub fehlt). Pitre, Fiabe popolari siciliane 3,237 nr. 163 (1875)
,Lu figghiu tistardu*. Nerucci , Novelle pop. montalesi 1880 nr. 45:
.Paolino da Perugia'. Gianandrea, Biblioteca delle tradizioni marchigiane
1878: ,E1 mercante'. — Im islandischen volksliede .Kistudans* (Lieb-
recht, Germania 29, 357) wird eine ahnliche rettung aus dem grabe
durch diebe erzählt: desgleichen bei Gering, Islendzk aeventyri 1882 2,
170 nr. 82 und bei Casalicchio, L'utile col dolce l,nr. 61 (1687)=Utile
cum dulci (deutsch) 1706 1, nr. 61. Campbell, Populär tales of the
West Highlands 1860 nr. 6. 7.
135, 2 Michael Ziegler war vermutlich ein Strassburger , der
dem 1556 zum rektor der Ulmer schule berufenen Ludwig Rabe aus
Strasburg dorthin gefolgt war. Vgl. Veesenmeyers Ulmer progr. 1818.
137, 19 Mira delente praedicas. — Erasmus, Adagiorum
chiliades 1599 p. 92. 1072 : öetvdc nspl cpaxfc.
138, 13 Welcher von ainem scorpion gestochen ist,
dem schadt nicht bald ain wefftzen stich. — Diese stelle
scheint Val. Schumann (Nachtbüchlein 2, vorrede, s. 172. 7 ed. Bolte)
im sinne gehabt zu haben.
147, 81 gemeint sind Karl II. von Anjou (1289 -1809) und Frie-
drich II. von Aragon (1290—1337).
159, 6 der erzbischof von Neapel, dessen namen schon der
erste verdeutscher des Decameron Arigo fortgelassen hat, heisst bei Boc-
caccio Filippo Minutolo ; dieser starb am 24. Oktober 1301.
167, 1 die erzahlung vom ein sied ler, der zwischen trunken-
heit, ehebruch und mord wählen soll und alle drei sünden be-
geht, ist weit verbreitet. Ein conte devot ,de Termite que le diable
enivra' bei Legrand, Fabliaux 4, 68 = deutsche Übersetzung 5, 231
(1798); Roquefort, Etat de la poeaie franeaise p. 334. Libro de los
enxemplos c. 56 ,Ebrietas plura vitia inducit' (Bibliotheca de autores
espanoles 51, 461. 1860). Frommanns Deutsche Mundarten 1,208 nr. 39
(Hilarion). Meisterlieder der Kolinarer hs. ed. Barts ;h 1862 s. 231 und
581
Anmerkungen.
50S (at. Urban). Gengenbach ed. Goedeke 1855 8.521 (st. Urban). Pauli,
Schimpf und ernst nr. 243. Schert* mit der Wahrheit 1550 bl. 78b.
Wickram. Rollwagen 1557. nr. 72 ed. Kurl. Friderich. Sauft'teuffel (Thea-
trum diabolorum 1587 1, 225b) Hondorf. Promptuarium exemplorum
U, 229. Tragica 1598 p. 117. Gryae, Leienbibel 1604 42. frage (2,
bl. Hja). Melander, Joci atque seria 8, 91 nr. 61 (1607): De iuvene Pa-
risiensi, qui ebrius utrumque parentem instinctu diaboli interfecit (aus
Lostiius. Epigrammata p. 226). Melander. Jocoseria, deutsch von W.
Kezelius 1605 2, nr. 101. 222. 373. 374 = 1617 2, 89. 176. 342. 344.
Ramlers tabellese, 1, 167 (1783): , Folgen des ersten lat-ters*. Lesging,
Faust (Werke ed. Hempel 11,2, 592) nach A.üazäus, Pia hilaria 1619:
Fundanus. Pfeffel, Poet, versuche 2,28(1802): ,Die wähl'. E. T. A. Hoff-
imtnn, Elixire des teufels 1816. Aurbaclier, Volksbüchlein s 1, 81. A.
Schreiber, Sagen des Rheins u. des Schwarzwalds 2, 28 (1839) : Langen-
stein. — Chevalier de La tour Landry cd. Montaiglon 1854 c 89: ,De
abstinenco*. Piron, Laconisme (Anthologie satyrique 1,41)= La legende
joyeuBC, ou les 101 leyon de Lampsaque 1,44 nr. 81 (1753). Recucil
de nonvelles poüsies galantes 1, 113 : Qui choisit prend le pire (um 1750).
— Skjemt og alvor 1781 p. 162. Tidsfordriv eller lystig selskabsbog
1788 nr. 19. Historien om de syv vise mestere 1733 (Nyerup, Morsknbs-
laesning 1816 p. 253. 263). — Lopacinski, Legende vom einsiedler, der
vom teufel zu drei sQnden verführt ward; Wisla 11, 448 — 451. —
Etienne de Bourbon , Anecdotes hist. ed. I.ecoy de la Marche 1877
nr. 481 (Saladin und mönche). Grünbaum, Jüdisch-deutsche Chresto-
mathie 1882 a. 450 (christlicher könig und 11 jüdische weise; wein,
Schweinefleisch, ehebruch). — Ueber ähnliche Versuchungen der ein-
siedler vgl. A. d'Ancona, La leggenda di sant 'Albano 1865 und Lieb-
recht, Gött. gel. anz. 1866, 671.
168, lßWilibalduB undLotharius sind die hauptpersonen
in Wie kram s roman ,l>er knahenspiegel' (1554).
169, 20 Ein Verschwender erhängt sich an dein ihm vom
verstorbenen vater gewiesenen ringe und entdeckt den dort ver-
borgenen schätz. — Montanus schöpfte diese verbreitete erzäh-
lung vermutlich aus Pauli, Schimpf und ernst, anhange. 16 ed. Oester-
ley (zuerst 1533)= 1545 bl. 42b-.Schertz mit der warheitl550 bl. 4*5b.
Ein anonymes meisterlied von 1574 labgedruckt oben 8. 503, nr. XVI be-
ruft sich zwar auf Bocacius, geht aber wohl auf Montanus zurück. H.
Salat, Eyn parubel von dem verlornen son 1537 v. 935 (Gescbichtsfrcuud
36, 33. 1881) und J. Murer, Junger mannen Spiegel 1560 (ebd. 36, 86 1.
Hütner, Epitomo historiaruin 1576 bl. 376b = Rütner-Steinhart 1596
bl. 295b. J. <Ügas, Postilla aestiv. bl. 282a. Despauterius, Prosodia
bl. 135b. Zwinger, Theatrum vitae hum. p. 2517. 2187. Zanach, Histor.
erquickstunden 4, 1, 250. Wichgrev, Cornelius relegatus 1600, akt 5, 2.
Mahrold, Roldmarsch kästen 1608 ur. 81 tFrey ed. Bolte a. 273). Tieck,
Andreützo.
585
Die gemäldo, novelle 1822 (Schriften 17, 1. 1844). Deecke, Lübiacbe ge-
Bchichten und sagen 1652 b. 111. Aurbacher, Volkabüchlein 3 1, 180.
Child, Knirlihh and acottiah populär ballads 5, 1. 11 nr. 267 ,The heir
of Linne' mit anm. = Uodmer. Altengl. balladen 2, 117 ll781) = Knortz,
Lieder und romanzen Altenglanda 1872 a. 78. Ashton , Chap-booka- of
the 18. century 1882 p. 455: ,The drunkard's legacy'. Gueulettc. 1001
quarts d'heure (Cabinet de« fees 21, 66-70. 89-63: Sinadab). Vierzig
veziere übers, v. Bchrnauer s. 253. 1001 nacht, Brest auer Ubers. 14, 65
(1840). 1001 tag (Cab. des f<5es 14, 457). Vartan. Cboiz de fablea 1825
nr. 42 ein verarmter könig zerschlägt aus wut ein götzenbild , worin
sein vater achätze verborgen hatte); vgl. Benfey, Pantachatantra 1, 478 ;
Waldia Esopus 3, 45.
Die einfachste form (a) der erzilhlung, in der einer, der sich an
einem balken oder bäume aufhängen will, einen dort verborgenen
schätz entdeckt, worauf sich der beraubte eigentümer das leben
nimmt, begegnet schon in der Anthologia palatina 9, 44 (Piaton) und
45 (Stutilius Flaccus); danach Auaonius, Kpigrammata nr. 23 (p. 316
cd. Peiper 1886) = Luscinius, Joci 1524 nr. 150. Syntipas, Fabulae
nr. 48 ed. Matthaei 1781 = Aesopus ed. Koraia 1810 nr. 884 = ed. Huhn
nr. 53: Avijp v.o.: KüxXu)^. Abatemius , Fabulae nr. 110 ,Ue paujieie
flentc ruinam domus, ubi theaaurum invenit' (Neveleti Mythologia Ae-
sopica 1610 p. 582. Hier nichts vom erhängen). Robert, Fahles ine-
dites 2, 28. Gueroult, Premier livre dea emblemea p. 14: ,D'un paisant
et d'un avaricieuz*. La Fresnaie Vauquelin, Poeaiea diverses 1612 p. 639.
Lafontaine, Fables 9, 16 (Oeuvres ed. Regnier 2, 435): ,Le tr<5aor et Ich
deuz hommes'. Desbillons, Fabulae Aesopicae lib. 8, nr. 13: ,Homines
duo et thesaurus'. Joa. Peregrinus (= Gast) , Convivalium sermonum
über 1541 bl. N 2a ,De eadem re'= 1543 bl. P 2a = 1554 1,217. Hon-
dorff, Promptuarium ezemplorum bl. 344a. Mathesiua, Syrach 1, bl. 73a
(1586. Plautus' Euclio und Auaonius). Job. Sommer, Emplastrum Cor-
nelianum 1609 nr. 34: ,Von einem, der durch hencken reich wird'.
Lundorf, WiÜbadiach wiBenbrünlein 1, 68 nr. 22 (1610). Sandrub, De-
liciae bist, et poeticae 1618 nr. 85: .Von einem geitzwanst, der aich
selbaten erhencket' (nach Auaonius). Opitz, Von enderung des glücke»,
in Güchlers Klorilegium div. epigrammatum 1, 24 (1618) = Rubensohn,
Griechische epigrainme 1897 a. 39, nr. 10. Gognatus, Narrationum aylva
1567 p. 62: ,De paupere et divite4. Giraldi Cinthio, Hecatommithi 1565
2, 563 (9, 8. Hier aind zwei mädchen an Btelle deB achatznnders und
des verzweifelnden besitzen getreten; = Painter, Palace of pleasure 2,
nr. 11 (1567). Guicciardini, Detti e fatti p. 5. Sagredo, L'Arcadia in
Brenta 1785 p. 41. Vottiero , Lo specchio de la ceverta (zuerst 1789)
p. 131. Contes du cheykh El-Mohdy traduita par Marcel 2, 246 (1834).
R. Lindau, Türkische geachichten 1897 s. 182.
Damit ward in den zuerst erwähnten erzählungen ein andres nio-
tiv (b) verbunden, das vom vorsorglichen vater, der für notfälle
586
Anmerkungen.
Beines verschwenderischen sohnes einen Bchatz versteckt: Piautas, Tri-
nummus. Somadeva 19, 16. Anvar-i Suhaili 1, nr. 2 (Eastwick 1854
p. 74). Hidpai et Lokman (Cal>. des feea 17, 122). Fahles of Pilpay
1818 p. 51. — Vgl. Benfey, Pantsch atantra 1, 97. .Clouston, Populär
talcs and fictions 2, 53 (1887).
178, l Rinaldus ist der held von Boccaccios Decamerone 2, 2.
— Vgl. Dunlop-Liebrecht 1851 s. 222; Cappelletti , Studi 1880 p. 27—
58; Landau. Quellen 1884 s. 19; Kocppel, Quellenstudien zu Ben Jon-
son 1895 s. 64. Painter 1, nr. 33. De jonge dochters tijt-kortinge 1591
nr. 6. Hans Snchs, Von dem beraubten kauffman Rinaldo 1554 (Polio
1, 2, 177b). sowie zwei meisterlieder ,Der beraubt kauffman' (gesang-
weis Römers. 1547, 29. juli. Weimarer mscr. fol. 419, bl. 469b) und ,Der
betrübt kauffman' (Romweis II. Sachsen 1554, 10. nov. Weimarer mscr.
fol. 419, bl. 545b).
III. Thedaldus und Ermilina (s. 183—213).
Diese novelle hat MontanuB aus Boccaccio (Dccamerone 3, 7)
entlehnt. — Vgl. Manni, Istoria del Decamerone 1742 p. 228. Nie. de
Troyes , Grand parangon (hsl.) nr. 77. Die beichte, die der als pilger
verkappte held unerkannt der in not geratenen geliebten frau ubnimmt,
kehrt in Wickrains Galmy und dessen litterarischen verwandten (The erl
of Tolous and the emperes of Almayn ed. LQdtke 1881 s. 133. 181. 198.
Colevelt, nartoginne van Savoyen 1634) wieder. — Die namen Thedal-
dus und Ermilina scheinen Grimmelshausen bei der abfassung seines
romans Dietwald und Amelinde (1670. Stilgebauer, Grimmelshausens
D. u. A. 1893 s. 40) vorgeschwebt zu haben.
IV. Guiscnrdus und Sigisraunda (s. 215 — 233).
Die von Montanus wenig veränderte vorläge ist Bo cc a c cios De-
camerone 4, 1 ; vgl. Val. Schmidt, Beiträge 1818 b. 30. Dunlop-Lieb-
recht 1851 s. 230; Cappelletti, Studi 1880 s. 117— 146 ; Landau, Quellen
1884 s. 115. 218. -- Vgl. Due antiche novelle anteriori al Decamerone
1859 nr. 2. Leonardus Aretinus, De duobus amantibus Guiscardo et
Sigismunda 1438 (vielfach bsl. und gedruckt; vgl. Brunet 1,399; Biblio-
grafia Boccaccesca 1875 p. 86. Manni, Istoria del Decamerone 1742 p. 247).
Phil. Deroaldus, Fabula Tancredi cx Boccatio in latinum versa = Car-
men de duobuB amantibus. capite iueundutn, exitu amarissimum (in
distichen, seit 1492 vielfach gedruckt; auch in Beroaldi opuscula, Ba-
sileae 1515. bl. 74a. Fabulosae historiae tres de amore Ph. Beroaldo
interprete, Arg. 1536. Manni , Istoria del Decamerone 1742 p. 264).
Nie. von Wyle, Translationen nr. 2 (vor 1469 geschrieben) = s. 79
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Thedaldos. Guiscardus.
587
ed. Keller 1861 (vgl. Goedeke, Grundriss1 1,363; Scherer, Anfange des
prosaromans 1877 s. 17. 73. 78. Strauch, Allgem. d. biogr. 85, 738).
Albrecht von Eyb, EhebQchlein 1472 = Deutsche schritten ed. Herr mann
1, 52 (1890 ; vgl. Herrmann, A. v. Eyb 1893 8. 287). Die verdeutuchung in
Arigos Dekameron- Übersetzung, die Man tan us benutzte, erschien 1 >e-
sonders: Von dem trawrigen ende Guiscardi und Sigißmunde des kü-
nigs von Salern tochter, ein gar erbermbkliche history. gedruckt z3
Straßburg am kornmarckt bey Jakob Frölich (2 bogen 8" um 1560. In
Celle) und ward als Volksbuch noch lange fortgepflanzt (Goedeke 1 1 ,
363: Frankfurt a. M. um 1580. R. Köhler, Zs. f. dtsch. phil. 8, 103);
Sinirock, Deutsche Volksbücher 6, 153—170 (1847). Anspielungen bei
Wickram, Gabriotto 1551 bl. F 3a und Goldfaden 1557 bl. J 5b und
0 2b (E. Schmidt, Archiv f. litgesch. 8, 839 f.). Hans Sachs, Tiage-
dia des fürsten C'oncreti 1515 (Folio 1, 2, 117a); vgl. die erwähtiung im
fastnachtspiel ,Von der eigenschaft der liebe' 1518 (Folio 3, 8, 5a =
Fastnachtspiele ed. Goetze 1, 6); zwei nieisterlieder, .Guiscardus und
Gismonda', 13 str. in frauen Eren ton 1516 (Berliner mscr. germ. qu. 414,
12. Str. 9— 13 im liederbuche der Ottilia Fenchlerin 1592 nr. 12 = Ale-
mannia 1, 19. Münchner cod. germ. 3635, 49a. Flugblätter ,Von eines
fQrsten tochter4 Nürnberg, H. Guldenmundt und Val. Newber: Weiler
Annalen 1,214 f; Nümbcrg.F. Gutknecht: Berlin Yd 8461. 8462 ; Nürnberg,
V.Fuhrmann: ebd. Yd 8468; Straubing, H. Burger: ebd. Yd 7831, 78;
Augspurg, M. Manger : ebd. Yd 8470 = II. Sachs , Dichtungen ed. Goe-
deke 1, 18) und ,Sigi8munda und Guisgard' in H. Sachsen rosonton
1549 (Weimarer mscr. fol. 419, nr. 174). Schertz mit der warheit 1550
bl. 42b = 1568 bl. 45a. Mahrold, Roldmarach kästen 1608 nr. 66 (Frey
ed. Bolte s. 272). Ambrosius Metzger in einem meisterliede vom ll.juni
1628 (GOttingen cod. philol. 196,402). Da« tödtliche liebes-glück, oder
freudentrauerspiel von Guiscardo und Sigismunda , anno 1677. 10 bl.
fol. o. o. (in Erfurt). Aufführungen J. Veltens in Dresden 1679 und
Torgau 1680 (Fürstenau, Theater in Dresden 1,254. Schnorr, Katalog
der Dresdener hss. 2,214). Weimarer repertoire um 1720 nr. 102 (Jahrb.
der d. Shakespeare-gesellsch. 19, 151). Bürger, Lenardo und Blandine
1776 (dazu R. Köhler, Zs. f. d. philol. 8, 101 ; Baggesen, Danske vaerker
2, 161). W. v. Schütz, Gismunda (Dramatische wälder 1821) Immer-
mann, Ghismonda (zuerst Die opfer des schweigen». 1837. Werke 17,
279). Pöhnl, Gismunda (Deutsche volksbühnenspiele 2, 1. 1887).
Gismonda e Guiscardo, gedieht des 15. jahrh. in 80 oktaven (Passano
1 novellieri in verso 1868 p. 47). Francesco di Michcle Accolti (f 1483)
schrieb einen monolog der sterbenden Gismonda in terzinen (Manni,
Istoria p. 257—262), Girolamo Benivieni um 1485 eine Novella diTan-
credi (ed. Zambrini 1865). Vincenzo Brugia ntino. Cento novelle 1554
(in oktaven). Parabosco, Novelle nr. 10 (um 1550). Annibale Guasco,
La Ghismonda composta in ottuva rima 1583. Antonio da Pistoia, Fi-
lostrato e PamBla 1508 (Gust. Meyer, Essays 1885 s. 126). Girolamo
Razzi, Gismonda 1569 (Klein, Geschichte des dramas 5, 401), Ottaviano
588
Anmerkungen.
Asinari, II Tancredi 1586 (Gaspary 2, 216. 508). Pomponio Torelli, II
Tancredi 1507 (rep. 1875). Kidolfo Campeggi, II Tancredi 1612. Silv.
Branchi, II Guiscardo 1627 (?). Gioach. Cocchi, Gismonda 1750 (oper).
Piazzano, Gismonda di Sorrento 1876 (oper). Ani. Satt;, Tancredi prin-
cipe di Salerno , in terza rima (Albo Felsineo per il 1836. Bologna).
Widter-Wolf, Volkslieder aus Venetien 1864 s. 72 nr. 93 ,11 padre cru-
dele'. Rivista delle tradizioni pop. italieno 1, 691 (1894) : .Ricardo e
Germonda'. Bernoni, Tradizioni pop. veneziane 1875 p. 39: , Risguardo
belo e Risuionda bela'. Rivista di litteratura popolare 1877 p. 17 .Fla-
via'. — Den L. Aretinus ,Guisgardus et Sigismunde' ühertrug 1493 Je-
han Fleury in französische achtzeilige stanzen (Brunet. Manuel 1, 399)-
La piteuBe ot lamentable histoire du vaillant et vertueux Guiscard et
de la trej- belle dame Gismondo, Lyon 1520; auch an Ant. Prevost, Lea
regretz damours 1538 (Brunet 1, 400. i, 1190). Beroaldus, L'histoire de Ti-
tus et Gisippus et autres petites oeuvres interpretecs en rime franeois
par Franeois Habert 1551. Histoire de Tancredus trad. en vers fran-
eois par Richard le Blanc 1658. Nie. de Troyes , l'arangon des nou-
velles nr. 94. Palmerin d'Angleterre, traduit de caatillan par Jaquea
Vincens, livre 1, ebap. 90 (Lyon 1553 p. 263. Brandisic , die tochter
des königs Sarmadant von Turacien, liebt Artibel; Brandimar belauert
den glücklichen nebenbuhler; der könig schickt der tochter das herz
ihres buhlen in einem becher ; sie füllt ihn mit thränen und stürzt sich
vom türme herab; ihre binterlassene tochter Leonarde wird vom hart-
herzigen Sarmadant verzaubert und erst durch Palmerin befreit und
mit seinem bruder vermählt). — über drei englische gedichte von Gil-
bert Banester (anfang des 15. jahrh.) , von einem anonym us des 15.
jahrh. und von William Walter (1532) vgl. Zupitza , Vjschr. f. kul-
tur der renaissance 1, 63 (1886). Painter, Palace of pleasure 1, nr. 39
(1566). Über erwähnungen bei Tho. Peend (1565), Tho. Howell (1568)
und B. Hidge (1574) vgl. Koeppel, Studien zur gesch. der italienischen
novelle 1892 n. 80. Ein drama Tancred and Gismund 1563, von R. Wil-
mot 1592 Uberarbeitet = Dodsley-Hazlitt, Ohl english plays 7, 1. Henry
Wottons tragödie Tancred (1586—1589) ist verloren. Dryden, Sigis-
mouda and Guiscardo 1700 (Poems 2, 215. 1779). Susannah Centlivre.
The cruel gift 1716 (Dramatical works 1872 vol. 2). F. Howard earl
of Carlisle, The father's revenge (1873)*). Vgl. Shcrwood , Die neu-
englischen bearbeitungen der erzählung Boccaccios von Ghismonda und
Guiscardo, Berliner diss. 1892 ;' dazu Varnhagen, Litteraturblatt 1892,
412. Child, English und scottish populär ballads 5, I, 29 nr. 269 ,Lady
Diamond' mit anm. — Knortz, Schottische bailaden 1875 s. 22 nr. 9. —
Niederdeutsch: Van Sygismunda unde Gwiscardo, Hamburg um 1502
*
1) Nicht hierher gehört J. Thomson , Tancred and Sigismund
(1745. Deutsch in den von Lessing bevorworteten Sämtlichen trauer-
spielcn Thomsons 1756); vgl. über die quelle Peter, Rojas tragödie
Casarse por vengarse, progr. Dresden 1898 s. 25.
Guiacardus. Cymon.
589
(Goedeke, Grundriss' 1, 467). — Dänisch: Sigismund» oc Guiscbardo,
Hamburg 1528 u 0. (Kletnming und Bruun, Danske aamlinger 2. r., 6,
391. 1879). Olrik, Danmarka gamle folkoviser 5, 2, 216 nr. 305 .Her-
tug Frydenborg*. Kristensen, Jyake folkeminder 2,207. 10,213.885. II,
117. Geijer-Afzelius, Svenska folkvieor 1880 nr. 18 .Hertig Fröjden-
borg och fröken Adelin' mit anm es Mohnike, Altschwediache halladen
1836 nr. 10 = Warrens. Schwedische Volkslieder 1857 nr. 15. C. Eich-
horn, Guiacardo och Ghismonda, Stockh. 1861 (Volksbuch). — Nieder-
ländisch: Coornhert, Lustige bistorien J. Bocatii 1564 nr. 13. Van
Millert, Harcilia 1632 (trauerspiel. Die liebe der prinzessin H. zu Bel-
curius wird durch seinen nebenbuhler Phelander mit hilfe einer Zau-
berin entdeckt und dem könige verraten). Adr. Poirters, Het masker
van de wereldt afgetrocken (zuerst 1646) den 7. druck s. 371 (erzählung
in prosa). — Ein tschechisches volksbach von Guiskard und Sigismund
von 1564 (Cbl. f. bibliothekawesen 13, 161 nr. 37).
V. Cymon und Iphigenia (s. 235—252).
Nach Boccaccio, Decamerone 5, 1. — Vgl. Manni, Iatoria del De-
camerone 1742 p. 322; Val. Schmidt, Beitrage 1818 a. 47; Dunlop-Lieb-
recht 1851 a. 233; Rohde, Der griechische roman 1876 a. 588; Landau,
Quellen 1884 s. 315. — Lateinisch von Phil. Beroaldua, Hiatoria my-
thica de Cymone (Opuscula 1515 bl. 33b. Fabulosae hiatoriae tres de
amore. Arg. 1536. Manni, Istoria p. 325 — 836). Bebel, Elegia: aiuor
Cymonis fatui, qui ex amore vir praestantisaimua evasit ex proaa ora-
tione in numeroa conversus : .Cyprua erat quondam regnia decorata no-
venia* . . . (Bebel, Oratio ad regem Maximilianum etc., Phorce 1504 bl. i 4a
— 1 In = Bebeliana opuacula nova, Argentorati 1512 bl. Q 4b — R 7b :
,Elegia Cimonis denuo emendata' sa Argent 1514 bl. Qq 6a— Rr 5b);
damit ist vermutlich identiach Historia Cymonis et Iphigeniae veraibua
elegiacis (Addit. macr. 10300 des Brit. muaeuma. 17. jahrh.). Historie
von eines reyeben burgera aon . . . Cimon uß Cippern, Strasburg J. Grü-
ninger 1516 (Heidelberg. München). Die alten Römer (Cammerlandera
Genta Romanoruin) 1538 bl. la. Chph. Bruno, Etliche hiatoria und fa-
bulen 1541 nr. 9. Hana Sachs, Cymon mit Kphigenia, mcisterlied in
aeinem rosenton 1546 (Dichtungen ed. Goedeke I, 190; auch im ms.
Solger fol. 56, 1, bl. 70b der NQrnberger atadtbibliothek und im Wei-
marer macr. qu. 567, bl. 87a) und hiatoria ,Der edel jung Cimon mit
»einer lieben Ephigenie' (Folio 1, 2, 159: 1546 = 2, 207 ed. Keller) W.
Waldung, Cymon Galeaus, qui ex stulto et insulso homine per amorem
Virginia apecioBae evadit vir prudena et sapiens, Altdorf 1616 (komödie;
vgl. Allgem. d. biogr. 40, 725). S. v. Birken, Sylvia oder die wunder-
thätige Schönheit (an aeinem AndroHlo 1656; benutzt Waldung. Vgl.
Birkens Redebindekunat 1679). P. Heyae, Die braut von Cypern 1856
= Novellen in versen 2, 1—85 (1873). — Angelo Ingegneri, Danza di
590
Anmerkungen.
Venere, pastorale, Vicenza 1584. Camillo Dom. Cajafa, Cimone 1792
(epos in 18 gesängen). Coornhert, Lustige bistorien J. Bocatii 1564
nr. 19. J. van Arp, Chimon, treur-bly-eyndent-spel , Amsterdam 1639.
A pleasant and delightfull history of Galesus Cymon and Iphigenia,
transl. into english verse by T. C. Gent. (1550—70). R. Greene, Mo-
rando (1584) und Ciceronis amor (1589) benutzt einzelne stellen (Koep-
pel, Studien z. gesch. der ital. novelle 1892 s. 52 f.). Dryden, Poems
3, 256 (1779): .Cymon and Iphigenia'.
VI. Gartengesellachaft (s. 253-434).
1) Ein armer mann sagt zu seinen kindern, siesoll-
ten den leuten die gänse lassen gehn, (als ihn die bestoh-
lenen nacbbarn belauschen). — Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke
1879 s.288 nr. 241. Bobertag, 400 schwanke s. 240 nr, 310. Lateinisch
von Hulsbusch, Sylva sermonum 1568 p. I: .Pauper pro furato ansere
iubet comedere pultem avenaceam'.
2) Fünf vaterunser betet eine frau ihrem mann
in ein karnierlin und heisst ihn damit gen markt
gehn, sie zu verkaufen. — Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke
s. 51 nr. 31. Bobertag, 400 schwanke s. 240 nr. 311. Lateinisch von
Hulsbusch, Sylva 1568 p. 2: .Pauper quidam rusticus mittitur ab uxore
venditum quinque Paternoster in mantica'. — Wie hier das vaterunser
der frau, so wird bei Pauli (Schimpf und ernst c. 465) das Requiescat
in pace des priesters abgewogen und schwerer als 200 gülden befunden.
Ähnlich klagt bei Reiser (Sagen des Allgäus 1,328 nr. 424) ein toter
wirt, dass er die von ihm missachteten Vergeltsgott der armen nicht
vom bodcn aufheben könne.
3) Ein narr weint, wenn die sonne scheint, und
lacht, wenn es regnet. — Abgedruckt bei Goedeke , Schwanke
s. 42 nr. 22. — Vgl. Jodocus Gallus, Mensa philosophica 1508 bl. 39 b
,de fatuis' = 1603 p. 2*29: ,Quidam fatuus splendente solo flevit, sed
quando pluit, risit dicens causam, quia splendorem eequitur pluvia,
quod praesentiens flevit, pluviam autera sol, et ideo risit*. Sommer,
Emplastrum Comelianum 1609 nr. 64: ,Von narren'. Oesterley zu Kirch-
hof, Wendunmut 1, 426. 4, 294. 7, 95. 148. Von Eulenspiegel wird ahn-
liches erzahlt: Blatter für pommersche Volkskunde 4, 12 (1896).
8. 259, 16 vgl. Alanus, Parabolae cap. 1, v. 33: ,Gratior est solito
post maxima nubila Phoebus* (Migne, Patrologia lat. 210, 581). Voigt
zu Ysengrimus 2, v. 423. Franck, Sprichwörter 2,104 a (1541): ,P o 8 t
nubila Phoebus*. Wander 5, 384 nr. 82 nach Tunnicius, Sprich-
wörtersamml. 1870 nr. 1264 : ,Na düsteren wölken schynt die Bunne klarst4.
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Gartengesellschaft c. 1 — 5.
591
4) Ein narr kauft einen hafen mit drei f fl s s e n und
stellt ihn auf den weg, h e i s s t ihn heiml aufen. — Ab-
gedruckt bei Goedeke, Schwanke s. 165 nr. 117. Lateinisch von Huls-
busch, Sylva 1568 p. 3: .De stulto, qui emit ollam tripodem , quam
ponit in via iubens currere domum' = oben s. 505 nr. XVII. — Die
beiden narrenstreiche des vom markte heimkehrenden dummlings be-
gegnen in verschiedenen verwandten erzählungen; vgl. Bolte zu Frey
nr. 1. — a) Nadeln in einen heu wagen gesteckt: Grimm,
KHM nr. 32; Haltrich, Volksmärchen aus Siebenbürgen 1885 nr. 66.
Köhler, Kleinere Schriften 1, 99. Teirlinck, Contes populaires flamands
1896 p. 61. Joos, Vertelsels van het vlaamRche volk 2, 152 nr. 47 (1890).
Mont-Cock, Vlaamsche vertelsels 1898 p. 244. — b) Topf soll allein
heim gehen. Joos 2, 158 (ferkel). Mont-Cock s. 247 (kuhj. Beau-
vois, Contes populaires de la Bourgogne 1862 p. 203: .Cadet-Cruchon'.
5) Von einer fran mit zwei kindlein (märchcn vom
e r d k 0 h 1 e i n). — Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke s. 12 nr. 5;
Bobertag, 400 schwänke s. 241 nr. 312; Martin, Goethejahrbucb 19,
297—303. Citiert von Goethe am 19. mai 1776 in einem billet an frau
von Stein (Briefe an frau v. Stein ed. Schöll- Fiel itz 1, 35 = Werke,
Weimarer ausgäbe 4. abt. 3,62): ,Zum erstenmal im garten geschlafen,
und nun erdkülin für ewig*. — Dies ist die älteste aufzeichnung des
verbreiteten inärchens von Einäuglein, Zweiäuglein und
Drei&uglein (Fescheck in BQschings wöch. nachrichten f. freunde
de« mittclalters 2, 17. 1816 = Haupt, Sagenbuch der Lausitz 2, 199.
1863 = Grimm, KIIM nr. 130). Vgl. Haltrich, Vm. aus Siebenbürgen
1885 nr. 18 und 35. Stuufe, Roman, märchen aus der Bukowina nr. 25
(Wiener ha. 1357], bl. 33 a). Leskien - Brugman, Litau. märchen 1882
nr. 25; dazu s. 572. Wuk, Serb. Volksmärchen nr. 32. De Gubernatis,
Die tiere in der indogerm. mythologie 1874 s. 138 (russisch). Ralston,
Russian pop. tales p. 183. 295—297. Beauvois 1862 p. 239 (Köhler,
Kl. schriften 1, 100). Cosquin, Contes pop. de la Lorraine 1,246 nr. 23;
dazu 2, 539. Sebillot. Contes pop. de la Haute-Bretagne 1 , nr. 58. 2,
nr. 29. Luzel, Legendes de la Basse-Bretagne 2,264. Campbell, Fop.
tales of tbe West Highlands nr. 43 (Köhler, Kl. schriften 1,258. 272;.
Jacobs, English fairy tales 1890 nr. 43. Asbjörnsen-Moe, Norweg. Volks-
märchen 1847 nr. 19. Busk, Folk-lore of Korne 1874 p. 31. Ortoli.
Contes pop. de Corse 1883 p. 81. Rome"ro, Contos pop. do Brazil 1885
nr. 17. Riviere, Contes pop. de la Kabylie 1882 p. 67. Dulac, Journal
asiatique 8. Serie 5,14 (1885. Aus Cairo). Knowles, Folk-tales of Kash-
mir 1888 p. 127. — In all diesen märchen gewährt eine kuh (ziege,
schaf) einem von der Stiefmutter misshandelten mädchen speise oder
spinnt für sie (vgl. Zs. d. v. f. volksk. 6,71 zu Gonzenbach nr. 32);
ihre Schwester belauscht und verrät dies geheimnis; die kuh wird ge-
schlachtet; aber aus ihren vom mädchen vergrabenen eingeweiden oder
knochen «priesst ein apfelbaum hervor, dessen früchte nur das mäd-
592
Anmerkungen.
eben zu pÖücken vermag1). Bisweilen erscheint eine weise Trau (Pe-
scheck. Säbillot) oder ein mitleidiger mann (Cosqnin), die das hungernde
mädchen an die kuh verweisen, oder die kuh wird direkt als die ver-
zauberte rechte mutter (Haltrich 18, Ortoli) oder als ein verwandelter
prinz (Haltrich 35) bezeichnet. — ünserm Montanus eigen ist der an-
fang, in dem Gretlin von Stiefmutter und Schwester wie Hansel und
Gretel (Grimm nr. 15; auch Basile, Pentaraerone 5,8 und Mango, No-
vellioc pop. sarde 1890 nr. 25) dreimal in den wald geführt
und verlassen wild, und die wunderbare natur des in einer einsamen
waldhöhle hausenden e r d k ü h 1 e i n s. Mit diesem lässt sich wohl
am besten das fabelhafte erdferkel vergleichen, das in einer elsäs-
siBchen sage (Faber, Jahrb. f. gesch. Elsass-Lothringens 9, 12) als hüter
eines vergrabenen Schatzes auftritt. Auch der m a u 1 w u r f wird sonst
vom volke als schatzhüter betrachtet ; trinkt man sein blut, so vermag
man verborgenes geld zu sehen (Wlialocki, Volksglaube der Sieben-
bürger Sachsen 1893 s. 176).
0) Eine frau sagt, ihr mann hatte zwei eier gelegt,
(als er ihre Verschwiegenheit auf die probe stellte). — Übersetzt von
Hulsbusch, Sylva sermonum 1568 p. 4 : ,De viro, qui dixit sc peperisse
ovum*. — Vgl. Ab8temius, Fabulae 129 , De viro, qui uxori se ovum
peperisse dixerat* (Neveleti Mythologia Aesopica 1610 p. 589). Eyering",
Proverbiorum copia 1,289 (1601). Lafontaine, Fahles 8, 6: ,Les femniea
et le äderet'. Robert, Fables inedites 2, 127. Doni, Novelle ed. Gamba
1815 nr. 2. Ferrand, Contes populaires malgaches 1893 nr. 54. —
Nahe verwandt ist der schwank von den 5 0 r a b e n , die dem manne
aus dem leibe geflogen sein sollen; vgl. Oesterley zu Gesta Romanorum
c. 125 und zu Pauli nr. 395; ferner Wright, Latin stories p. 104. Vio-
lier des histoires romaines ed. Brunet 1858 nr. 149. Ritter von Thurn
c. 55 (Buch der liebe 1587 bl. 302b). Der lustige bistorienschreiber
nr. 7 (um 1750. Berlin Yt 4262). Kryptadia 1,207 nr. 63. 4,248.
Noch alter ist die erzahlung von P a p i r i u s und dein angeblichen
senatsbeschlusse Über bigamie der männer; vgl Oesterley zu Gesta
Romanorum c. 126 und Pauli nr. 392, sowie Waas, Die quellen der
beispiele Boners 1897 s. 67 nr. 97; ferner Vitry, Exempla nr. 235 ed.
Crane. Lecoy de la Marche, La chaire franyaise au moyen äge 186S
p. 404. Joa. Peregrinus (Gast), Convivalium sermonum über 1541 bl.
M 8b: ,Papyrii historia* (nach Gellius). H. Schober, Historia de Pa-
pyrio Paeto (Delitiae poet. Germ. 5, 1422). Enikel, Weltchronik v.
23441 ed. Strauch. Heinrich v. Beringen, Schachgedicht ed. Ziinmer-
*
1) Zu diesem zuge vgl. Wolf, D. hausmarchen 1858 s. 395 (drei
hlutstropfen des pferdes). Franzisci, Carinthia 1806, 240. Berntsen,
Folkeaeventyr 2, nr. 25 (1883). Hahn, Griech. und albanesische mär-
chen nr. 1.
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Gartengesellschaft c. 5—7.
593
mann 1883 v. 944 — 1049 mit anra. Kunrat v. Ammenhausen, Schach -
zabelbuch ed. Veiter 1892 v. 8060. Salomon und Markolf v 1376 (Bc~
bertag. Narrenbuch 1884 s. 346). Schertz mit der warheit 1550 bl. 23 b.
Culman, Spiel von der auffrur der erbarn weiber zu Rom wider ire
männer, um 1540 = Scheible, Schaltjahr 5. 422. Hans Sachs, zwei meister-
nder (1545: H. Sachs ed. Arnold 1,82. 1550: MG 11.302. Weimarer
mscr. qu. 567, bl. 100 a) und ein fastnachtspiel ,Der knab Lucius Pa-
piriua Cursor« (1556. Folio 5.2,274 a = 20,249 ed. Keller. Goetze =
Fastnachtspiele ed. Goetze 6, 136 nr. 73), auch Juditium Salomonis (1550.
Folio 2t 1,28 = 6,129 ed. Keller); vgl. Stiefel, Germania 36,52. M.
Forchhem, Speel van dem Papyrio praetextato 1551 (Nd. korresp. blatt
9,51). Lintwurm, Der knab mit den weibern, um 1616 (Widmann, Zur
gesch. des meistergesanges in Oberösterreich, Steyr 1885 s. 41). P.
Messia, Schöne historien deutsch v. J. B. Grass 1570 bl. 16 a. Zanach,
Histor. erquickstunden 2,541 (1616). Ritter v. Thurn c. 55 (Buch der
liebe 1587 bl. 802 b). Conlin, 25 närrinnen 2,444 (1711). Hilarius
Salustius, Melancholini weeg-gefährt 1717 s. 180. Hilarius Sempiter-
nus, Der kurtzweilige polyhistor 1719 s. 177 (3,61). Freudenberg, Et-
was für alle 1732 nr. 141. Bodenstedt, Der Römerknabe (Gesammelte
schriften 9, 108. 1867). Fliegende blätter 37,61 (1862). — Gento novelle
antiche nr. 67; A. d'Ancona, Studj p. 329. Libro di novelle ed. Zani-
brini 1868 p. 1. Fra Paolino, Trattato de regimine rectoris ed. Mussafia
1868 p. L1II, 44. Fiore di filosofi ed. Gappelli p. 16. Sercambi, No-
velle ed. Renier 1889 nr. 32 ,De prudentia in consiliis' (Merlino). —
Pieter Langendijk (f 1756) hinterliess ein lustspiel ,Papirius of het
oproer der vrouwen binnen Rome' (Meijer, Langendijk 1891 8. 358).
Nyt Viide mecum til tidsfordriv, Kiöbenhavn 1783 nr. 387. — Ähnlich
Harten, 50 newer historien 1603 s. 63. Jahn, Volksmärchen aus Pom-
mern 1,153 nr. 26 (1891: hühnerhund verheiraten).
7) Kinedelmann verbot seiner frauen, sie sollte
nicht auf den grossen englischen hund sitzen. — Ab-
gedruckt bei Goedeke, Schwänke 1879 s. 91 nr. 54 und Bobertag, 400
schwanke s. 247 nr. 313. Lateinisch von Hulsbusch, Sylva sermonum
1568 p. 5: ,Nobilis quidam mandat uxori, ne inequitet cani maiori
Anglico'. — Vgl. Pauli, Schimpf und ernst, anhang nr. 12: , Von einer
witzigen frawen'. Des edel in ans weib mit dem englischen hundt, mei-
sterlied ins Römers gsangweis (Dresdener ha. M 8, bl. 413 b. Berliner
ms. germ. fol. 23, nr. 78). Schertz mit der warheit 1550 bl. 30 a.
Mahrold, Roldmarsch kästen 1608 nr. 82 (Frey ed. Bolte s. 273). Me-
lander-Kezel , Jocoseria 1605 2, 327 nr. 309 ,Von einem edelmann in
Westfalen'. D. Gramer, Emblemata raoralia 1630 p. 89: ,Dum lasciva
nimis colludit anicla Molosso. Laeditur et facti vulneris ausa luit* (zu
einem kupferstiche). De geest van Jan Tamboer 1664 p 120: ,Van een
juffer die op een dogge reedt = Der geist von Jan Tambaur, um 1690 p. 103.
Wolgemuth, 500 hauptpillen 1669 s. 88 (2, 94). Langius, Democritus ridens
Montanut 38
594
Anmerkungen.
1689 a. 527 (2,70). Lyrum larum lyrissimuni 1701 nr. 366. Berliner
ms. germ. qu. 616 p. 200 nr. 199. Vademecam für lustige leute 1,
nr. 151 (1767). Baraton, Poesies diverses 1705 p. 21 : .La morsnre du
dogue1 = Triller, Neue äsopische fabeln 1740 s. 139 nr. 66: .Die vor-
witzige frau Kunigunde*. — Älter ist die erzählung von dem verbo-
tenen bade in der pfütze : Caesarius von Heisterbach , Dialogus
miracnlorum 4, 76 = Kaufmann. Annalen d. histor. Vereins f. den Nie-
derrhein 53, 142 (1891). Pfeiffer, Germania 3, 420 nr. 10. Joa. Pere-
grinuB (Gast), Convivalium sernionum über 1541 bl. D4a: .Concionatoris
fabula pasrhali8'= 1543 bl. D 3 a = 1549 p. 51. J. A. du Cerceau, Po<5-
sies diverses 1726 p. 180: .La nouvelle Eve' = 1772 2,35 (nach Cae-
sarius); danach Hagedorn, Adelheid und Henrich (Poet, werke 3,140).
Grecourt, Oeuvres badines 1881 p. 246: ,La nouvelle Eve*. Ramlers
Pabellese 1,87 (1783): .Die neue Eva'. Mery tales and quicke anawers
1567 nr. 120 (Shakespeare Jest-books ed. Hazlitt 1881 p. 132). — Andre
beispiele von frauen, die verbotenes thun, bei Oesterley zu
Pauli nr. 318. Caesarius Heisterb. 4, 77. 88. Etienne de Bourbon, Anec-
dotes hi«t. ed. Lecoy de la Marche 1877 p. 253 nr. 300. Jacques de
Vitry, Exempla ed. Crane nr. 228 und 236. Juan Manuel, Conde Lu-
canor nr. 5 (Eichendorff, Werke 6,406). Parnaso lusitano 4,374(1827).
Somnia, Cento raeconti 1860 nr. 104: ,Non si da persona piü capric-
ciosa della donna*. Boccaccio, Decamerone 9, 7. Hans Sachs, Dich-
tungen ed. Goedcke 1,205: ,Das bös weib mit dem wolf*.
8) Auf einem schloss sass ein edelmann, der ver-
bot Beinen unterthanen, dsii sie an keinem feiertag
sollten arbeiten. — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 6:
,De nobili interdicente suis operari diebus festis.'
9) Ein bauer führt seinen söhn aufdie schule (will
ihn in einigen stunden wieder mitnehmen). — Lateinisch von Hulsbusch,
Sylva 1568 p. 7: ,De rustico, qui duxit filium ad studia*. — Vgl. Ge-
schichte der Schildbürger 1605 c. 43 = v. d. Hagen, Narrenbuch 1811
s. 205. Hayneccius, Almansor s ludus litterarius 1578 (deutsch 1582)
akt 1, sc. ß. Val. Frölich, Comcdia von einem bawren 1609. Über
andere verwandte darstellungen s. BoHe-Seelmann, Niederdeutsche Schau-
spiele älterer zeit 1895 s. *35— #38. Das dort s. 36* erwähnte Augs-
burger flugblatt von etwa 1620 liegt im Germanischen museum zu Nürn-
berg; einen anderen .Kunst eingiesser' mit demselben kupferstich, aber
andern veraen o o. und j., sah ich auf dem Münchner kupferstich-
kabinet. Das s. 36* angeführte .Gespräch zwischen einem Meissniachen
bawem und seinem söhn' steht auch im Kurtzweiligen polyhistor 1719
s. 161 und bei Grässe, Sagenschatz des kOnigreicbs Sachsen 2. 420 0874;
nach Frisius 1703). Zu s. 37* vgl. Soet, Leven van Clem. Marot 1655
s. 103. Rottmann, Lustiger historien Schreiber 1717 s. 45 (1,69). Ru-
ckard, Lachende schule 1725 nr. 129.
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Gartengesellschaft c. 7—15,
595
10) Geld begehrt eines bauern söhn an seinen Tä-
ter, (dieser heisst ihn mist laden statt studieren). — Abgedruckt bei
Bobertag, 400 schwänke s. 249 nr. 314. Lateinisch von Hulsbusch.
Sylva 1568 p. 8: ,Filius rustici expetit pecnnias a patre*. — Vgl. Halt-
rich, D. Volksmärchen aus Siebenbürgen 1885 nr. 52 ,Der missratene
gelehrte*.
11) Ein graf sagt, es wäre glück, wenn einer ein
kind überkäme. — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 9:
.Cornea quid am dixit secundam fortunam esse, si cui nascatur proles'.
— Vgl. L indener, Rastbüchlein 1558 nr. 12 == s. 27 ed. Lichtenstein:
,Ein herr sagt, wann einer ein kindt überkäme, so wär es nichts dann
eitel glück*. Zincgref- Weidner, Teutsche apophthegmata 3, 281 (1553).
12) Ein edelmann weckt seine magd, dassihr der
bauch geschwoll, (nachdem ihre mutter ihn gebeten, sie früh-
morgens zu wecken).
13) Eine sagt, sie hätte einen tisch für hundert
gülden , (meint ihren schosB). — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva
1568 p. 9 : .Quaedam dixit *e habere mensam valentem centum aureos*.
— Ahnlich sagt im Lyrum larum 1701 nr. 452 = Berliner ms. germ.
qu. 616, s. 217 nr. 216 eine magd, ihre frau hätte bei 300 gülden, die
wären ihr. Bei Bouchet, Serres nr. 34 (5, 69 ed. Roybet) hat ein mäd-
chen eine wind- und eine Wassermühle nahe bei einander. Bei Bäch-
told, Schimpf* und glimpfreden 1890 s. 9 und Wolgemuth, 500 haupt-
pillen 1669 s. 51 (2, 22) rühmt ein freier seine felder, indem er auf die
placken seiner hose schlägt. Im kurtzweiligen Arlequin (1691 s. 884
,Der arme freyer' = Rottmann, Historienschreiber 1717 s. 369 8,40)
versichert ein freiwerber, der jüngling sitze warm' habe einzubrocken
und einen pfennig in händen, was nur im wörtlichsten sinne wahr
ist. — Ein gegenstück bietet weiter unten nr. 20.
14) Eine junge tochter teilt drei eier aus, daas neun
daraus worden. — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 10:
,Fuella ita partitur tria ova, ut ex tribus novem eveniant*. — Vgl.
Wetzel, Die reise der söhne Giaffers ed. Fischer und Bolte 1896 s. 207.
R. Köhler, Kleinere Schriften 1, 499. 504. Phil. Hermotimus an Frisch-
lini, Bebeiii et Poggii facetiae 1660 p. 302: ,De quinque ovis aequali
numero dividendis'. Sommerklee und Wintergrün 1670 p. 255 nr. 532.
Pio, Gontes pop grecs 1879 p. 155. — über die verwandte erzählung
von der klugen Verteilung eines huhns vgl. Köhler, Schriften 1,354.
582 und Zs. d. v. f. Volkskunde 6, 59. Wünsche, Zs. f. vgl. littgesch. 11, 36.
15) Ein Koch ersberger sagt, der schre iber hätt drack
darauf thon. — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 11: ,De
eo, qui dixit secretarium siccasse scripturam coeno*.
38*
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.V.H)
Anmerkungen.
16) Ein g e r b e r zeucht einen schuh niacherauseinem
c i. — Abgedruckt bei Goedeke, Schwänke s. 116 nr. 77. — Handwer-
kerspott wie unten nr. 38 und dos oben b. 505 nr. XVIII abgedruckte
lateinische gedieht von den neun schneidern und einem ei.
17) Ein fuchs und ein eichhörnlein betrügen ein-
ander. — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 12: ,Vulpes et
sciurus deeipiunt »e mutuo*. — Nach Waldis, Esopus 4, 88 (1548):
,Vom fuchß und dem eichhorn*. Vgl. dazu die anin. bei R. Kurz 2,
181. Ysengrimus ed. Voigt 1884 s. LX XXI .Gallus et vulpes'. Kolland,
Faune populaire de France 1, 148 (1877): ,Le loup et l'ecureuil'. Ram-
lers Fabellese 3, 266 (1790): .Der fuchs und das eichhorn' = Pfeffel,
Poetische versuche 1, 176 (1802). Schleicher, Litauische märchen 1857
s. 100 ,Vom kater und dem sperling'.
18) Ein hast; jagtneun Bayern. — Abgedruckt bei Goedeke.
Schwanke s. 256 nr. 208. Hobertag, 400 schwanke s. 250 nr. 315. La-
teinisch von Hulsbusch, Sylva 1508 p. 13: ,Unus lepus fugat novem
Harbaros [!J' = oben 8. 500 nr. XIX. — Nach Hans Sachs' meister-
lied ,Die neun Schwaben' vom 1. sept 1545 (gedruckt in seinen Dich-
tungen eil. Goedeke 1, 1C6 und Alemannia 2, 255 nach dem Berliner
ms. germ. lol. 23, nr. 67. Auch in der Dresdener hs. M 100, s. 283,
im Nürnberger mscr. Will VIII 235, bl. 279 und Solger fol. 56, 2, bl. 177a
und 257a ; die erste strophe mit melodie in Val. Voigts meisterlieder-
liandschrift von 1557 = Wiedeburg, Nachricht von einigen teutschen
iuscr. in Jena 1754 s. 144; vgl. H. Sachs' gemerkbücbleiu 1555 — 61 ed.
Drescher 1893 s. 35;, aus dem auch 1563 Kirchhof, Wendunmut 1, 274
schöpfte. Eine bisher unbekannte lateinische darstellung aus dem ende
des 15. jahrhunderts in dialogform, .Comedia de lepore et novem Suevis',
Labe ich oben s. 507 nr. XX mitgeteilt. Seit dem anfange des 17. jahr-
hunderts erscheint die neunzahl der Schwalten überall in eine sieben-
za Iii umgewandelt, bei Eucharius Eycring (Proverbiorum copia 2, 227)t
auf einein bilderbogen ,Historia von den Bieben Schwaben mit dem ha-
sen , in gut schwäbischer baurensprach' (44 verse ; drei verschiedene
drucke des 17. jahrh. in München, Nürnberg und Donaueschingen; ab-
gedruckt Zs. d. v. f. Volkskunde 4, 435 und bei Radlkofer s. 20). auf
einem /.weiten ,Die sieben redlichen Schwaben' (16 verse. Zs. f. volksk.
4. 436 und Radlkofer s. 26) u. s. w. Vgl. die Zusammenstellungen von
Bolte, Zs. d. v. f. Volkskunde 4, 430—437 und Radlkofer, Die sieben
Schwaben und ihr hervorragendster historiograph L. Aurbacher , Ham-
burg 1895. — Ferner Birlinger, Germania 17, 94 (Jaboda, predigt); Mau-
rus Liudemayr, Komödieprobe 1776 (citiert Sailers kotnödie). Eine Ver-
teidigung der Schwaben findet sich auf einem um 1650 gedruckten bil-
derbogen des Nürnberger Verlegers Paul Fürst (auf der Erlanger Uni-
versitätsbibliothek): .Abbildung und entwurtl der sieben frommen und
Gartengesellschaft c. 16-20.
Ml 7
redlichen Schwaben'. Unter einem 19,5 cm. hohen und 35 cm. breiten
knpferstiche , auf dem wie auf der oben erwähnten .Historia' Mnrte,
Bartie, Jäckle, Lentzli, Heintzli, Galle, Fritza mit einem spiesse auf den
hasen losgehen, stehen die verse:
Obgleich sieben Schwaben hier hertzverzagt den haasen stechen,
So muß man den Schwaben doch treQ und redligkeit nachsprechen.
Denn viel besser ist« gethan haasen hetzen, alß wie dort
Jene Römer um die katze thun den grossen menschen mord.
Ward nicht einst die leichte schaar mit dem Ziegenbock gehetzet,
Wie sie ihren maister kreba in die see zum todt gesetzet ?
Drünib lacht nicht die Schwaben aus ! Schwaben schweben in den rühm,
Darnach mancher trachten soll : from sein ist ihr eigenthum.
Paulus FürBt Ezc.
Eine andre Verteidigungsschrift Hess 1763 ein Schwabe aus dem
Ries', der sich Riamgi s (? anagramm für Sig. Mair) nennt, erscheinen :
, Heidenmäßige und weit berühmte haasenjagd der sieben ehrlichen
Schwaben beschrieben von einem unwürdigen landsmann schwäbischer
nation, anno 1763. 4 bl. 4° (druckort wohl Nördlingen ; exemplar auf
der Münchner Universitätsbibliothek). In holprigen alezandrinern erzahlt
der Verfasser, wie der teufel in gestalt eines hasen in verschiedenen
ländern entsetzen verbreitet ; nur die Schwaben leisten ihm widerstand ;
sieben männer ,vom Rieß , Lechstrohm , Ellwang , von Würtenberger
landen, von Herzfeld, Bodensee, vom Algey' treten ihm auf dem haascn-
bühl im Ries entgegen und erstechen ihn, allen voran Hänßle von Ries.
— A. Schnezler, Badisches sagenbuch 1, 65 (1846): ,Das märchen von
den sieben Schwaben' (nach Bechstein) und 1, 71: .Schwäbische tafel-
runde' (nach der bearbeitnng des Sachsseben raeisterliedes in Des knaben
wunderborn). F. A. Mutb, Die sieben Schwaben (Gustav Haller, Biblio-
thek humoristischer dichtungen 9, 150. 1871). Wolfg. Muller von Kö-
nigswinter, Dichtungen 5, 259—278 (1875. Rheinisches märchenbuch).
Millöckers oper Die sieben Schwaben (1887).
19) Einer giebt dem s cb u 1 1 bei s s e n f Ün f schi Iii n g
und schlägt ihn in hals (nachdem er sich bei ihm nach der
auf einen schlag gesetzten busse erkundigt hatte). — Lateinisch von
Hulsbusch , Sylva 1568 p. 13: ,Quinque solides dat quidam villico et
percutit eum'. — Vgl. Pauli, Schimpf und ernst, anh. nr. 25. Hans
Sachs, Der pawer mit seim Schultheis, meisterlied von 1549 (MG 11,
132) und schwank von l563(Folio 5,3, 386b = 21, 211 ed. Keller-Goetzo
= Schwanke ed. Goetze nr. 349). Ein reicher vorrath artl. ergötzlich-
keiten 1702 nr. 71.
20) Einer verpflichtet sich mit einer guten dirne
und sagt ihr zu, es sollt sie n i ein and scheiden weder
598
Anmerkungen.
Rott. (Er verlässt sie bei einem kruzifix am Scheidewege). — Latei-
nisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 14 : .Promittit quidam puellae ne-
minem 40 ab invicem sepuraturum nisi deuiu'. — Ein gegenstück zu
nr. 13. Vgl. Ruckard, Die lachende schule 1725* s. 23 nr. 20 (.Der teufe!
hole mich, wenn ich dich — dabei schlagt er an seinen hut — nicht
behalte1). Talvj, Volkslieder der Serben 1. 165 (1853. Der gefangene
Marko schwört der mohrenprinzessin, indem er seine mutze abnimmt:
Ich will dich nicht verlassen); Vogl, Marko Kruljevits 1851 s. 90.
-1> Ein geBeil stund zuLauwingen auf dem markt
und sagt, er wäre wild, (wird aber zahm, als er ein blosses
schwert sieht). — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 15: ,Quidam
ilixit <e ferum'.
22 Zum wein führt einer Bein weib, data sie auch
gut leben habe, (weil sie ihm dies immer vorgeworfen hat).
23) Kissen und b e 1 1 wascht eine im Schwabenland.
— Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 15: .Lectum et pulvinaria
l.ivit quaedam*. — Bei Meinuder, Joci atque seria 2 (1604) nr. 27 — Me-
landei Kezelius, Jocoseria deutsch 1605 2, 13 nr. 11 = 1617 2, 12 kocht
eine junge frau ein huhn, ohne es auszunehmen.
24) Ein landsknecht vertauscht sein homd. — Ab-
pedra Rt bei Uoedeke, Schwanke s. 200 nr. 162. Lateinisch von Huls-
busch, Sylva 1658 p. 16 : ,Miles quidam commutat indusium suuni'.
'_'.") Ein junger 1 a ml s k n e c h t zeucht in k r i e r, i'ohwohl
der hauptmann den unbärtigen zurückweist). — Abgedruckt bei Goe-
deke, Schwänke s. 193 nr. 152. Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568
p. 17: .Iuvenis imberbis prodit in militiam*.
26) Ein landsknecht hofiert einem wirt in garten;
(der wirt zwingt ihn den kot wogzutragen, niuss dann aber dasselbe
thun). — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 17: ,Miles compel-
litur et compellit hospitem in agro*. — Vgl. Frey, Gartengesellschaft
nr. 73 mit anm.
•27 Der Lucifer schickt seiner diener einen nach
einem landsknecht, (aber der teufel kehrt nnverrichteter Bache
zurück . — Abgedruckt bei Goedeke, Schwänke s. 194 nr. 154. La-
ii von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 18: , Lucifer mittit unum ex
IBM pro milite'. — Nach Hans Sachs, der 1548 ein meiBterlied ,Per
teufel mit den lanezknechten' (Dichtungen ed. Goedeke 1, 265. Auch
im Erlanger mscr. 1G68, bl. 591b) und 1555 ein sprnchgedicht ,Der teu-
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GartengewlUchafl c. 20—83.
599
fei lest kain lanzknecht in die helle faren' (Folio 1, 5, 494b = 5, 121
ed. Keller = Schwanke ed. Goetxe nr. 160) verfasate. Vgl Ayrer 5,
2958. Bouchet, Serees nr. 15 (8, 1 18 ed. Roybet). H. Kurz, Gedichte
1874 b. 119 (nach Hans Sachs).
28) Zu Strasaburg auf des ammeistera stube an
einer für 14 p fennig brot.
29) Seine kinder macht ein armer mann ruaaig, die
brotbegehren." Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke a. 287 nr. 239.
80) Einer büratet seine kinder, die brot heiachen.
— Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke a. 288 nr. 240.
81) Ein tOchterlein beichtet einem pfaffen, (das«
es ins bett brunze). — Lateinisch von Hulabusch, Sylva 1568 p. 10:
.Puella mingebat in lecto*. — Vgl. Pauli, Schimpf und ernst nr. 296;
übersetzt bei Hulabusch 1568 p. 250 : «Puella confitens iubet fratrem
suuiu vorari'. Hans Sachs, Die drei beichtstück, meisterlied im roten
P. Zwinger von 1541 (MG 5, 156b. Erlanger ha. 1668, bl. 574a). Hans
Deisinger, Die drei beichten 1599 = oben 8. 510 nr. XXI. H. Weidner,
Eins tochterleina beicht = oben a. 511 nr. XXII. Kirchhof, Wendunmut
1, 234; auch 241. Harten , 50 newer hiBtorien 1603 a. 82 (8, 3) . ,Von
einem kind, so mit einer ungefahrnen red einen pfaffen beschämet'. J.
P. de Memel, Lustige geeellachaft 1660 nr. 360. — Anden Lindener,
Katzipori 1558 nr. 105 (a. 158 ed. Lichtenstein).
82) Drei gesellen wetten mit einander, welcher tum
besten xechen mOcht. (Der wirt erteilt dem den preis, der vor-
her zum abort geht). — Vgl. Macropediua, Aluta ed. Holte 1897 v. 267
und a. X1.
33) Drei bauern urteilen Uber einen (toten) wolf
{schulzen probe). — Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke s. 168 nr. 122.
Lateinisch von Hulabusch, Sylva 1568 p. 19 : ,Trea ruatici ferunt sen-
tentiam super lapo'. — Vgl. Frey , Gartengesellschaft c 59 mit anm.
Ferner Talitx, Kortzweyl. reyügespahn 1645 nr. 202. Grillenvertreiber
1, 117 (1670). — Anders die strafe des gefangenen wolf es,
zwei frauen, bei Bebel, Facetiae 3, 15. Oester! ey zu Kirchhof 1, 73.
Waldia 3, 16. Stiefel, Germania 36, 21. Die bauren mit dem wolf,
meisterlied im hofton Schillers (Dresdener hs. M 5, 402: , Bei Kosthinge
in einem wald'). Ruckard, Die lachende schule 1725 nr. 152. H. Maller,
Ans Davos s. 8t>. Inibert, Historiettes 1774 p. 83 (1, 7): ,Le jugement
du loup'. Beauquier, Blason populaire de Franche-Comte 1897 p. 98.
Domenichi, Facezie 1581 p. 265. Arcipreate de Hita, copla 179-186.
Chrzanowaki 1894 p. 348.
i
Ooti
A un i uik u ngen.
34) Eiudoktorsagt, es hätte sein kranker rois und
wagen im leib stecken (weil er das kuuitnet unter dem bette
liegen sieht). — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 20 : ,Medicus dicit
patientem hubere eqnum in ventre1. — Vgl. Poggius, Facetiae nr. 109,
,De medico in visitatione infirmorum versuto' (Opera 1538 p. 449 = Facetiae
1798 1, 118 .Clitelhv), Braut, Mythologi Esopi 1501 bl. B3a: ,De medico
indocto' =a deutsch von Adelphus, Esopus leben und fabeln 1535 bl. 118a:
,Yon einem ungelerten arzt : Mensa philosophica tracU 4, tit. de roe-
dicis (bl. 48a ed. Col. 1508 = p. 289 ed. 1603). Joa. Peregrinus (Gast),
Convivales Mimones 1541 bl. K8a ,De medico' (nach Poggius) = 1543
bl. M T.i. Pauli, Schimpf und ernst 1545 bl. 78b (dagegen gehört c. 357
ed. Oesterley nicht hierher) — Schertz mit der warheit 1550 bl. 73a.
II. Sachs, Der artzet mit des esels sattel, meisterlied in der hagelweiß
Hiiltzings 1546 (MO 8, 61. Dresdener hs. M 5. 221 und H 8, bl. 47b.
Nürnberger ms. Solger fol. 56, 2, 272b und 298a). Gerlach, Eutrapeliae
1, nr. 766 (1656). Morlini , Novellae nr. 32 ,Dc medico et mediculo*.
Straparola 8, 4. Bouchet , Serres nr. 10 (2, 212 ed. Koybet). Roger
Bon te tun en belle humeur p. 29. Nouveaux contes ä rire 1702 p. 126 :
Apprenti medecin'.
85 j Vor ein crueifix kam einer und sagt ta unserm
herrgott, ob er auch ein weil) habe (weil er so dürr und elend
aussehe). — Vgl. zu Frey, Gartengesellschaft c. 101.
36 1 Ein mann sagt, er hätte nochein kleins zipfelin
(nachdem er >*nnc prüde frau auf die probe gestellt hat!. — Vgl. im
allgemeinen Frey c. 84 und den schluss von c. 20. Mancherley histo-
rien 1676 bl. B6b (mann setzt sich angeblich das glied des fQllens an).
87) Für Draminner begehrt eine jungfrau Dra-
ll r a u l e r. — Eine ähnliche abänderung eines falsch gedeuteten wortes
unten s. 603 nr. 52.
88) Drei Schneider trinken ein mass wein und sind
guter ding. — Abgedruckt bei Goedeke , Schwänke s. 113 nr. 78.
- Handwerkerspott wie s. 596 nr. 16. Von den geringen leistungen der
schneide I im essen und trinken handeln mehrere lieder : Erk-Böbme,
Deutscher liederhort nr. 1634. 1635. Köhler-Meier, Volkslieder Ton der
Mosel nr. 331. Brentano, Märchen 1,292 (1879).
I
89 Kin gast sagt zum wirt, er soll ihm das fleisch
aufschneiden (weil soviel knochen darin sind) — Abgedruckt bei
Goedt . änke s. 131 nr. 92. Lateinisch von Uulsbusch , Sylva
1568 ]>. 21: ,Iubet quidam hospitem suum praescindere carnes'. — Vgl.
Fasciculus facetiarum 1670 p. 111 nr. 14. Lyrum larum 1701 nr. 36.
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Gartengeaellschaft o. 34—48.
C01
Fabulanua Kurzweil), Tischreden (am 1770. Wiener ha. 14914) s. 994.
Nyt vademecum, Kjöbenhavn 1783 nr. 503.
40) Sieben kräater i s s t ein gast zu Launingen (for-
dert kein fleisch). — Vgl. Jörg Hager , Die zwölff köl, meisterlied in
der feielblüweis Lor. Wessels, 1593 26. hornung (Dresdener hs. M 5,
656) : zum einweihangsinahle eines hauses bringen zwölf nachbarn auf
Veranlassung eines Schälks alle kohl mit.
41) Ein schiffmann fahrt eine jadin Ober Khein
(umarmt sie vor den äugen des am ufer stehenden marines). — Es spielt
der doppelsinn der redensort .Ober Rhein fahren' mit; vgl. Vul. Schu-
mann ed. Bolte s. 482.
42) Von einer Verheiratung zu Lauwingen gesche-
hen (Augsburger hochBtapler). — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568
p. 21: .Procatio iuvenis eniusdam in Suevia'.
43) Eine neue braut lässteinjungfrauen-fürzlin
in dem bett. — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 23: ,Nova
nupta emittit crepitulum ventris in lecto'.
44) Dosch fängt fische auf der brache (wahrend sein
gesell den zuschauenden hirten ihre rosse stiehlt). — Abgedruckt bei
Goedeke, Schwanke b. 142 nr. 101, 5. Lateinisch von Hulsbusch, Sylva
1568 p. 24: ,Dosch piscatur in novali'. — Eine ähnliche diebslist be-
gegnet unten in cap. 92. Fische auf dem lande fangen als beispiel
einer unmöglichen sache bei R. Köhler, Kl. schriften 1, 461. — Über
Dosch vgl. Wegkttrzer nr. 10—13.
45) Das haupt schlägt einer dem andern hinter dem
tisch ab (aus blossem Übermut).
4«) ZuLohr imKintziger tbal ersticht einer einen,
der ihm beim weib liegt (verfolgt den ehebrecher bis auf den
kirchhof, bleibt ungestraft).
47) Ein knecht sagt zu seinem meister. er sollte
eine Scheibe salz kaufen (Als er selber verheiratet ist, vermag
er es ebensowenig).
48) Eine gräfin sagt, die armen leutBolltenkäs
und brot essen, damit sie nicht hungers stürben.—
Vgl. Bütner, Epitome historiarum 1576 bl. 380b = Iiutner-Steinhart 159ö
bl. 301a: .Eine andere [edle frawj sprach und fraget: Warumb klagen
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.„.2
Anmerkungen.
und leiden die leute hunger? Hat man doch auff dem inarck semmel,
brod, hutter und keülein umbs geld feil; damit kondten aie ja den
bunger Betzen und stillen'.
40) Ein bau er 1 ä sst einen furz und spricht zum teu-
fe], er soll einen knöpf daran machen. — Abgedruckt bei
Qoedeke, Schwanke s. 182 nr. 143. Lateinisch von Hulsbusch p. 24 :
.Rusticus dccipit daemonem' = oben s. 512 nr. XXIII. — Vgl. die neue-
ren Volksmärchen, die ich in der Zeitschrift f. vgl. littgesch. 7, 458 nr. 7
und 11, 72 zusammengestellt habe; ferner Jahn, Volkssagen aus Pom-
mern 1389 nr. 402.
Andre unmögliche aufgaben, durch die man sich den teufel vom
halse schafft, sind das strecken eines krausen haaren: Lafon-
taine, Contes 4, 14 ,La cbose impossible' = Oeuvres ed. Regnier 5, 548
(1889). Sebillot, Contes pop. de la Ilaute-Bretagne 1, 282 (ring daraus
schmieden). Cerquand, Legendes du pnys basque 1, 89. 4 nr. 91. Pan-
zer, Bayr. sagen I, 96. Meier, Volksmärchen aus Schwaben nr. 33. Bauin-
garten. Aus der heimat 2, 56. Lütolf, Sagen aus den fünf orten 1862
s. 516 nr. 473 (666'5 klafter lang strecken). Pfister, Sagen aus Hessen
1885 s. 34. Voges, Sagen aus Brauuschweig 1895 nr. 56. Strackerjan,
Aberglauben aus Oldenburg 1, § 277 1. Kamp, Danske folkeminder
1877 nr. 313. Kristensen, Aevcntyr fra Jylland 2, nr. 43; Jyske folke-
minder 4, nr. 419. Bondeson, Svenska folksagor nr. 55. Waldau, Böh-
misches märchenbuch s. 553 (drei haare jedes um zwei eilen langer
machen). — Ferner das schon im griechischen altertume ttekannte drehen
eines Strickes aus sand: Zs. f. dtsch. mythol. 2, 147 (Rügen). 11. Ir-
land and Wilkinaon, Lancasbire folklore p. 88. Notes and Queries 4.
ser. 6, 211. Mickiewicz , Frau Twardowska. — In einem pommerschen
m&rchen (Blätter für pomraersche Volkskunde 4, 125. 1896) rauss sich
der beim bauern dienende teufel, als ein Wagenrad bricht, die achse
in den hintern stecken und krumm mitlaufen.
50) Einnarrwollteeinen sack mitmehlin der in ü Ii 1 e
holen (verkehrte begrüssungen der begegnenden). — Abgedruckt bei
Uoedeke, Schwanke s. 33, nr. 12. Lateinisch von Baisbusch, Sylva 1568
p. 26 : .Stultus mittitur in molendinum allatum saccum farinae* = oben
s. 513 nr. XXIV. — Vgl. Frey ed. Bolte s. 216 zu nr. 1 ; ferner Mont-
Cock. Vlaamsche vertelsels 1898 p. 264. Haltrich, Volksmärchen aus
Siebenbürgen 1885 nr. 68. Ludwig Salvator , Märchen aus Mallork a
lü9.r> s. 125 .Der Magenpeter'. Aleover, Rondayes mallorquines 1, 21
,Un festet jador' und 145 ,En Pere de sa hutza' (1896). Polivka, Archiv
f. slav. phOoL 19, 257 nr. 109. HO. Schiefner, Hürkanische Studien
1872 s. 96 (Memoire« de l'acad. de St. Petersbourg 7. serie 17, nr. 8).
51) Für fünf beller gewürz kauft ein bauer in einem
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Gartengeeellschuft c. 48—53.
CU3
laden (und bringt dazu einen m altera ack mit). — Lateinisch von
Hulsbusch, Sylva 1568 p. 27 : .Rusticus emit species pro quinque obolis'.
— Nach Hans Sachs, der 1548 ein meisterlied ,Der paur mit dem
saffran' im spiegelton frawen Ehrenpoten (MG 10, 190. Gedruckt au
Nürnberg bei F. Gutknecbt und Val. Neuber : Berlin Yd 8411 und 8414,
Weller, Annalen 2, 538), dann ein zweites .Der messner mit dem saffran'
im schwarzen ton Klingsor (MG 11,348. Dresdener bs. M 5, 209. Erlanger
hs. 1668, 575a; vgl. H. Sachs' gemerkbüchlein ed. Drescher 1898 s. 35
und 91) und 1555 ein drittes lied ,Der pawer mit dem saff saff' im roten
tone Peter Zwingers (MG 15, 186) dichtete und 1558 im 79. fastnacht-
spiele .Der bauer mit dem safiran4 (Fol. 5, 3, 346b = 21, 35 ed. Keller-
Goetze) denselben stoff dramatisierte. Das lied von 1548 ist in den
Grillenvertreiber 1603 c. 27 = 1605 c. 25 = 1670 1, 91 übergegangen
und daraus von v. d. Hagen, Narrenbuch 1811 s. 453 und von A. Hart-
mann, Meisterliederhandschriften in Ungarn 1894 s. 47 abgedruckt.
Eine anspielung bei Lindener, Rastbüchlein 1558 c. 28 p. 53 ed. Lieh-
tenstein: .wie Stolpprion der ein safferan kauffet'. Melander-Kezelius,
Jocoseria deutsch 1605 2, 295 nr. 280. J. P. de Memel, Lustige gesell -
schaft 1660 nr. 494. Schola curiositatis ed. III. 1, 236. Lyrum larum
1701 nr. 539. Doctae nugae Gaudentii Jocosi 1713 p. 65. Auch in der
Hamburger posse Teweschen hochtydt (1640. Jellinghaus, Nd. bauern-
komödien 1880 s. 225. 231) zieht der bauer mit einem grossen korbe
in die stadt, theriak zu kaufen.
52) Vieriockers kauft ein bauer in der apotheke
(statt driocker). — Vgl. oben s. 6Ö0 nr. 37.
63) Ein waldbruder sagt, wie er eine frau wollt neh-
men und kinder ziehen, (und zerschlagt den honigtopf, auf dem
seine hoffnungen beruhen). — Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke s 48
nr. 27. Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 28 : .Heremicola pro-
ponit mutare vitae condicionem'. — Nach Hans Sachs, Der einsiede!
mit dem honigkrug, meisterlied 1538 im spetten thone Frauenlobs
(MG 4, 271. Gedruckt zu Nürnberg, F. Gutknecht: Berlin Yd 8448) und
spruchgedicht von 1560 (Folio 4, 8, 54a = 17, 218. 583 ed. Keller -
Goetze = Schwanke ed. Goetze nr. 268) ; seine quelle waren die Bei-
spiele der weisen s. 130 ed. Holland. Vgl. Fischart, Gargantua 1575
c. 36, s. 356 ed. Aisleben. Eyering, Proverbiorum copia 1601 1, 70 und
2, 898 (ehepaar hat einen honigtopf überm bett). Manlius, Locorum
communium collectanea 1562 p. 370 = 1594 p. 375 = deutsch von Ka-
gor 1566 1, bl. Fp4b. Peregrination oder reyse-spiegel Auankylo-
mitens 1C32 s. 28 = 1655 s. 46. Chrys. Scbultze, Esther 1636 akt 5, 1
= Schwartz. Zs. f. vgl. littgesch. 9, 345. Schuppius, Schriften 1634
= Merkens, Deutscher humor alter zeit 1879 s. 422. Kurzweiliger zeit-
vertreiber 1668 s. 467 = Fasciculus facetiarum 1670 p. 298 nr. 8. Ca-
601
Anmerkungen.
primulgius Ridiculantiu«, Polischinello 1695 nr. 8 ,Der nicht gelungene
anschlag'. Grimm KHM nr. 164 ,Der faule Heinz' (nach Eyering). Die
älteste fassung liegt vor im Pantschatantra 5, c. 9 (2, 345 Benfey :•. wo
ein brahmane einen mit reis gefällten topf zerschlagt über die dar-
aus abgeleiteten orientalischen erzahlungen s. Benfey 1, 499. 2, 548;
Bickell, Kalilag und Damnag 1876 s. 53 ; Hartraann, Za. d. ▼. f. volksk.
5, 42. 66. Lidzbarski, Geschichten aus den neuaramäischen Iis. zu Berlin
1896 s. 140. Radioff, Volkslitterator der türkischen stamme von Süd-
sibirien 4, 260. Stokes, Indian fairy tele« 1890 p. 31. Swynnerton, In-
dian night«' entertainments 1892 p. 23 (buttertopf). North indian no-
te« and queriea 1, 46 nr. 348. Jacobs, Indian fairy tales 1892 p. 38
,The broken pot'. Baldo, Alter Aeaopus nr. 16 (E. du Meril, Po6-
sies inedites du moyen age 1854 p. 239) : ,De viro et vaae olei'. Cabinet
des fees 18, 36: ,Le santon qui a cassd sa cruche' (Belle-belle ou le
Chevalier fortune). Irabert, Historiettes et nouvelles en vers 1774 p. 43
(2, 1) .Alnascar' (nach 1001 nacht 3, 910 Weil). Addison, Spectator
nr. 535 : , AI nasebar'. Wlislocki, Volksdichtungen der Zigeuner 1890
s. 891: .Der bettler mit den drei töpfen'=Zs. d. dUch. morgenl. ges.
42, 136. Ebd. 42, 189: ,Der UJpfer und sein topf. Rabelais, Gargan tua
1, 33 (schuster und milchtopf). — Daneben erscheint in Europa seit dem
13. jahrhundert die fabel von der luftscblösser bauenden frau mit dem
m i 1 c h t o p f e: Delisle, Bibl. de l'ecole des chartes 29, 601 (1868 : bei-
spiolsammlung aus Tours); ebd. 38, 662. Jacques de Vitry, Exempla
nr. 51. Etienne de Bourbon, Anecdotes hist. 1877 p. 226 nr. 271. Ni-
colaus Pergamenus, Dialogus creaturarum nr. 100 p. 250 ed. Grösse
1880. Micbelant, Atbenaeum fran9aia 1853, 1187. De« Perier», Nou-
velles recreations 1558, nr. 12 = Thresor des recreations 1611 p. 280.
Jacques Regnier, Apologia Phaedri 1643 1 nr. 25.: ,Pagana et eius mer-
cis emptor1. Lafontaine, Fables 7, 10 ,La laitiere et le pot au lait' (Oeu-
vres ed. Regnier 2, 145. Robert, Fables inedites 2, 89). Kirchhof, Wend-
unmut 1,171. Ens, Epidorpidum 1. II 1612 p. 206 ( veree) = Lange, De-
moeritus ridens 1649 p. 150. Mala gallina malum Ovum, um 1710 p. 141
mit kupferstieb. Desbillons, Fabulae 6, 12 .Puella ruatica et lactia cym-
bium* (nach Lafontaine). Gleim, Die milchfrau (S&mtl. werke 3, 419.
1811). Michaelis, Werke 2, 60 (1791). Juan Manuel, Conde Lucanor
c. 29 (Eichendorff, Werke 6, 496; m&dchen mit honigtopf) Gil Vicento,
Auto de Mofina Mendez (Ersch-Gruber 1, 67, 330. F. Wolf, Studien
s. 93'. Rivista di lett. pop. 1, 125). Lope de Rueda bei Rapp, Spani-
nisches theater 1, 815 (1868) .Die oliven' (Puibusque, Histoire comparee
des litt espagnole et francaise 1, 220 -233). La Enciclopedta 5 de marzo
1879 p. 499. Coelho, Contos nacionaes 1882 nr. 8. Braga, Contos trad.
do povo portuguez nr. 150. Pitre, Novelline pop. tose. 1885 nr. 45.
Grönborg, OptegneUer pa" Vendelbomll 1884 p. 74. Djurklou, Sapor
och afventyr 188:J nr. 86. Poh'vka, Archiv f. slav. phil. 19, 259 nr. 148.
- Eierfrau: Luscinius, loci 1524 nr. 77. Gast, Convivalium aermonum
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Gartengesellschaft c. 53 - 55.
605
über 1543 bl. Xlb: ,De villica' = 1554 1, 307 (noch nicht 1541). Die
atoltze beuerin, meisterlied im spiegelton Frauenlobs , im Dresdener
mscr. M 5, 369. Hnlsbusoh, Sylva sermonum 1568 p. 293: .Rustica lie-
fert ova ad mercatum*. Sommer, Emplastrnm Cornelianum 1609 nr. 23.
Schildbürger c. 33 (v. d. Hagen, Narrenbuch 1811 s. 178 = Bobertag
Volksbücher 1888 s. 392) = Grillenvertreiber 1, 132 (1670). Eyering,
ProYerbiorum copia 2, 173. Vademecum fOr lustige leute 1, nr. 90 (1767).
Andersen, Samlede skrifter 12, 212(1876. Gedicht). Mont-Cock, Vlaamsche
vertelsels 1898p. 881 (ehepaar). — Eierbauer: Eyering 1,652. Rnckard,
Die lachende schule 1725 nr. 8. Volkskunde 9,7. Oestrup, Contes de
Damas 1897 s. 24. — Bettler will eine hindin fangen: Wahlis,
Esopus 4,80 , Des betlers kauffmanschafft*. — Baue r und nachtigall:
J. A. Schlegel, Das ausgerechnete glück (Fabeln und erzähl ungen 1769
s. 65 = Ramlers Fabellese 2, 341. 1783). J. C. Krüger, Herzog Michel
1750. C. F. Pockels, Martin Hans oder die luftschlösscr (Ol)a potrida
1785, 3, 109). - Diener und lotterieloos: Collin d'Harlevitle.
Les chäteaux en Espagne, acte 3, sc. 8 (1803). - Vgl. Max Müller,
E*«ays 3, 303 (1872): .Über die Wanderung der märchen". Joly, Hi-
Btoire de deuz fahles de La Fontaine p. 91 (Memoire* de l'acadäniie
de Caen 1877). Clouston, Populär tales and fictions 2, 432: .Don t
count your chickens until they are hatched' (1887). - Ein pläneschmie-
dendes ehepaar unten nr. 78.
54) Eine frau fragt ihren mann, wielieb er sie habe.
(Wie ein gut scheissen). — Vgl. Kirchhof, Wendunmut 4, 195. Eine
derbe Umgestaltung der verbreiteten fabel ,Lieb wie das salz'; vgl.
R. Köhler, Aufsätze über m&rchen 1894 s. V und 15; dazu Litbl. f.
germ. phil. 1882, 321. Teirlinck, Contes flamands 1896 p. 67, De Mont
en Cock, Vlaamsche wondersprookjes 1896 s. 155 nr. 19. Bondeson,
Svenska folksagor nr. 4. Prato, Tradition 1887, 114. Bibl. de las tra-
diciones pop. espauolas 8, 175 (1886). Olpp, Mitt. der geogr. gesellsch.
zu Jena 6, 25 (1888). Swynnerton, Indian nights' entertainments 1892
nr. 27. Stumme, Zs. der d. morgen l. ges. 48, 893 nr. 1.
56) Eine frau hatte ihron buhlen bei ihr, dazu der
mann kam, und sie verbarg den jungen ins dlfass,
darnach zum mann sagt, es wäre einer im Olfass, der
es kaufen wollt. — Nach Boccaccio, Decameronc 7, 4, der
aus Apuleius Metamorphoseon lib. 9, cap. 5—7 schöpfte; vgl. Manni.
Istoria del decamerone 1742 p. 466. Dunlop-Liebrecbt s. 239. Cappel-
letti, Studj sul decamerone 1880 p. 413 — 417. Landau, Quellen des de-
cauieron 1884 s. 311. — Morlini, Novellae nr. 35: ,De adultero, qui
uxorem in praeaentia viri in dolio permanentis retromarte delibabat'.
Luscinius, loci 1524 nr. 131 = oben s.514 nr. XXV = Joa. PeregrinuslGast),
Convivalium sermonum Uber 1541 bl. B 7a ,De adultera' = 1543 bl. B3a
(»00
Anmerkungen.
= 1549 1. 20. Sommer, Emplaatrutn Cornelianum 1609 nr. 40: ,Von
oiner ehebrecherin, die ihren bnlen in ein fass versteckte'. Hanenreyerey
1018 akt 3, 1 (Bolte-Seelmann. Niederdeutsche Schauspiele 1895 s. 119).
Cinthio dei Fabrizi, Origine dei volgari proverbi 1526 nr. 35 ,Guas-
tanda s'impara' (Lemcke, Jahrb. f. roman. litt. 1, 317). H. Estienne,
Apologie pour Herodote c. 15. Delices de Vcrboquet 1623 p. 83. La-
fontaine, Contes 4, 13 ,Le cuvier' (Oeuvres ed. Regnier 5, 589). Audinot,
Le tonnelier (oper) 1761. Fabliau du cuvier (Montaiglon-Raynaud, Re-
cueil des fabliaux 1, nr. 9. Bedier, Lea fabliaux 1893 p. 414). Hagen,
Gesamtabenteuor 2, XXXVI nr. 41 : Der ritter unterm zuber. Mesnewi
(Sitzgsber. d. Wiener akad. 7, 829. 1851).
56)Zu beicht hört eineraein weih in priesters form.
— Nach Boccaccio, Dccamerone 7, 5; vgl. Manni, Istoria p. 475.
Val. Schmidt , Beitrage z gesch. der romantischen poesie 1818 s. G8.
Dunlop-Liebrecht s. 240. Cappelletti, Studj 1880 p. 24—58. Landau,
Quellen 1884 s. 126. — Vgl. Jod. Gallus, Mensa philosophica 1508 bl. 35b
.de militibus* = oben s. 515 nr. XXVI, auch bei Manni p. 476 und La Fon-
taine ed. Regnier 4, 99. Hans Sachs, ,Der eyffrer hört peicht', meister-
licd im rosenlon 1543 (MG 6, 56. Dresdener hs. M 207, bl. 96b. Wei-
mnrer hs. Q.572, bl. 20a); Der groß eyffrer 1543 (Fabeln und schwanke
ed. Goctze nr. 74) und faßnachtspiel ,Der groß eyferer der sein weib
beicht höret' 1563 (Folio 4, 3. 7b = 17. 29 ed. Keller-Goetze = Faat-
nachtspiele ed. Goetre 4, 89 nr. 45). Pauli, Schimpf und ernst 1545
bl. 83b = Schertz mit der warheit 1550 bl. 75a. Mancherley hiatorien
1675 bl. C 6b. Der lustige heerpaucker 1672 s. 22S = um 1690 a. 229:
.Eine frau beichtet ihrem manne in meinung, dass ea ein pater sey'.
Rottmann, Lustiger historienschreiber 1717 s. 434 (3, 71). Hilarius Sem-
piternus, Der kurtzweilige polyhietor 1719 s. 211 (4, 17). Ramlers Fa-
bellese 3, 88 (1790): ,Der falsche heichtvatev'. Den melancolyen ver-
dryver (= Vermeerderde ncederlandschen wegkorter II) nr. 8, bl. H la
ed. 1734. Bormeester, Klucht van Doeden 1643 (Worp, Noord en zuid
20, heft 5). J. Soet, Leven van Clement Marot 1655 p. 85—95: .Den
jaloersen rijckaart'. Doni, Novelle ed. Gamba 1815 nr. 16. Bandello,
Novelle 1, nr. 9 (mit tragischem schluss). Papanti, Novelliert italiani
in prosa 1871 nr. 28. Fabliau du chevalier, qui fist sa femme confesse
(Montaiglon-Raynaud, Fabliaux 1,16. Bedier, Le« fabliaux 1895 p. 453).
Antoine de la Sale, Cent nouvellea nouv. 78. La Fontaine, Contes 1.4
,Le man confesseur* (Oeuvres ed. Regnier 4, 99). Margucritc de Na-
varre, Heptam^ron nr. 85. Malespini. Novelle nr. 92. D'Allainvil , Le
muri curieux 1731. E. d'Hervilly, Lafontaine des Beni-Mönad 1878 (co-
mddie). Tho. Twyne, Schoolemaster , or teacher of table phyloaophie
1576-83 (Collier, Account 2, 458). wohl nach Jod. Gallus.
67) Eine frau kauft dem rotgerbe r leder ab (zote). —
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GartengeaelUchaft c. 55—59.
<»07
Vgl. Le troisieame livre de 1» Muse folastre, Rouen, L. Loudet 1612
p. 83:
11 eatoit un hotnrae qui de« cuin vendoit;
11 vint une dame qui le« marchandoit:
,Dit*a xnoy, bon homme, que cea cuirs vendes?* —
,Par ma foy, madame, aept sola et demy.'
La dame fut fine, dedana son »ein le met.
Si toat qu'il y fut, ae print a plorer.
,De quoy plorez voua, petit mariolet?' —
,J'ay de quoy plorer, j'ay perdu mon bonnet.'
(Refrain :) Et zeat, len tan tirlicoton landon et pauf,
Je luy mia tout droit dedana aon guignolet.
68) Eine junge frau klaget ob ihrem manne, er
habe keinen. — Nach Poggius, Facetiae nr. 43 ,De adoleacen-
tula, quae virum de parvo priapo accuaavit' (Opera 1538 a. 433 = Fa-
cetiae 1798 1, 52 .Aaelli priapua') = Stainhöwel , Ksopus nr. 160 (col-
lectae nr. 19): ,Ain frow verklaget ieren man, er bette kainen'. Jo-
chem Olockenlhon, meiaterlied von 1588 = oben a. 515 nr. XXVII.
Lindener , RastbQchlein 1558 nr. 83, a. 133 ed. Lichtenatein. Kirch-
hof, Wendunmut 1, 339. Sommerklee und Wintergrün 1670 a. 187
nr. 339. Hermotimus, Additamenta nr. 7 ,Recen8 nupta conqueritur
apud parentea de parvitate instrumenti sui mariti' (Frischlini Facetiae
1660 p. 286). Priapua aaininna, gedieht in Poggii Facetiae 17982, 33;
ebd. 2, 30—33 : Gerardua Dicaeua, Puppia ; La juate plainte ; La femnie
diacrete ; La juate plainte. Recueil de nouvellea poeaiea galantea, Lon-
drea um 1750 2, 112: ,La femme diacrette*. La lägende joyeuae 1753
1, 40 nr. 73. Antoine de la Sale, Cent nouvellea nouv. 80 .La bonne
roeaure*. Joyeuaea adventurea et nouvellea recre*ationa 1582 nr. 43. Be-
roalde de Verville, Moyen de parvenir ed. P. Jacob 1889 p. 361. Con-
tes en vera imitla du Moyen de parvenir 1874 p. 201—205: La juste
plainte; Melin de Sainct-Gelaya, La m^lancolie de Catin (nach Martiat
7, 13); Piron, ComparaiBon. Maleapini, Novelle 2, 74. - BeiGiraldiCinthio
(Hecatommitbi 9, 4= verdeutachung 1614 e. 861 nr. 35) dagegen klagt
Julia mit recht Ober ihren gatten Titio , der aber liatig ihre klage
widerlegt.
50) Zween gesellen jeglicher de in andern sein weib
boachläft (Zeppa und Spinelloccio). — Nach Boccaccio, Dccume-
rone 8, 8 ; vgl. Val. 8chmidt, Beiträge 1818 s. 89. Dunlop-Liebrecut
e. 246; Du Meril, Histoire de la poesie scandinave 1839 p. 356. Lan-
dau, Quellen 1884 a. 151. — Vgl. Roaenplüt, Die wiederVergeltung
(Keller, Ersählungen aua altdeutschen hss. 1855 a. 387). Lindener,
Raatbüchlein 1558 nr. 25, a. 42 ed. Lichtenstein. Mahrold, Rold marsch
kaaten 1608 nr. 90 (Frey ed. Bolte «. 274). Barthol. Alectrochora, Hahn-
reyatuteer 1680, bl. Cijb. Der kurzweilige Arlequin 1691 a. 324: ,Uer
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008
Anmerkungen.
gestraffte buhler'. Langbein, Schwänke: .Stille räche« (Archiv f. litt.-
gesch. 11, 517). Tien goede boerden ed. Verwijs 1860 s. 1: ,Van enen
man, die lach gheborghen in ene scrine*. Jan van Breen, Bedrooge
jalouzy 1659 (Worp, Noord en zuid 1897, heft 14). Fabliau de Con-
atant Duhamel, 2. teil (Montaiglon- Raynaud , Ii ecueil des fabliaux 4,
106 . Bedier, Les fabliaux 1895 p. 454). Nicoiaa de Troyes, Parangon
des nouvellea nr. 120 (hsl. ; = Boccaccio). Bouchet. Serees nr. 32 (5,
6—8 ed. Roybet). Le Courier facätieux p. 326. Des divertisseraens cu-
rieux de ce teras p. 153. La Fontaine, Contea 2, 1 ,Le faiseur d'oreilles
et le raccommodeur de moules', 2. teil (Oeuvres ed. Regnier 4, 153)
J. F. Guichard, Contes et fable» 1808 2, 72, La revanche' = Anthologie
satyrique 1, 236 (1876). Kryptadia 2, 36 nr. 12 ,Jean Matelot* (bre-
tonisch); vgl. 1, 219 nr. 65 (russisch). Masuccio Salernitano , Novel-
lino nr. 36, p. 383 ed. Settembrini 1874. Parabosco, Diporti 1552 nr. 5.
Fortini, Novelle 1, 1, 228 (1894. Giornate nr. 8).
GO) Einer verspielt sein weib vor demchorgericht
(das ihn von ihr geschieden hat, weil sie ihm davongelaufen ist.). —
Vom verkaufe der franen in England berichtet Ashton, Mo-
dern street ballads 1888 p. 1: ,Sale of a wife*. Roxburghe ballads
ed. by Chappell 1, 451 (1871): ,Half a dozen of good wives, all for a
penny* (der erzähler hat sechs weiber probiert und bietet sie zu bil-
ligem preise am). Hans Sachs, Der alten weiber rossmarck 1583 (Fo-
lio 1, 3, 526 b = 5, 261 ed. Keller = Fabeln ed. Goetze nr. 35).
Merken8, Deutscher hnmor alter Zeit 8. 111. Ein holzschnitt des 16.
jahrh. (Berliner kupferstichkabinet) zeigt zwei bÖ8e flauen gezäumt
und auf allen vieren gehend, von den ehomännern vorgeführt; dazu
Las8berg, Liedersaal 1, 297 : ,Die zeltende fran'.
Gl) Ein guter gesell rauss eine dirne haben, die
der vatcr und söhn vorhin lange zeit zu ihrem willen
gehabt hatten. — Vgl. Grimmelshausen, Das wunderbarliche
vogelneat 2, cap. 9 (1672). Morlini, Novellae 1855 p. 248, appendix
nr. 7: ,De rectore qui amasiam eiua famulo sponsavit* (von E. T. Si-
mon, f 1818).
62) Ein wirt in einer stadt nimmt einejungfrau zu
der ehe, die er in sieben jähren nicht beschlaf t. (Als
er sie der untreue bezichtigt, wird er geschieden). — Anders die Ver-
teidigungsrede der chebrecherin bei Boccaccio, Decamerone 6, 7. Joa.
Pcregrinus (Gast), Convivaliuro aermonuro über 1541 bl. Qlb: ,De
senis iuvene uxoie' = 1543 bl. S2a. Sommer, Emplastrum Cornelia-
num 1609 nr. 4.
63) Einer schenkt dem richtereinen wagen, der
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Gartengesellschaft c. 59—65.
609
ander zwei pferde. — Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke 1879
s. 251 nr. 202. Lateinisch von Hulsbusch, Sylva sermonum 1568 p. 29:
,De indice, cui dono datus erat currus et duo equi'. — Nach Pauli»
Schimpf und ernst nr. 125 = Schertz mit der Wahrheit 1550 b). 71b
= Hulsbusch 1568 p. 258 Judex dat sententiam pro datore equorum*.
Vgl. Oesterley zu Pauli 125 und zu Kirchhof» Wendunmut 1, 126 ;
ferner Meffret, Hortus regine, pars hyemalia 1625 p. 168 a. Hans Sachs,
Die falschen juristen, meisterlied im hoffton Marners 1556 (Dresdener
hs. M 5, 895). Scheffer, Iudicis corrupti bella responsio (Deliciae poet.
Germ. 5, 1199). Gerlach, Eutrapeliae 1, nr. 905. J. P. de Memel,
Lustige gesellschaft 1660 nr. 381. Lyrum larum 1701 nr. 243. 300
schwanke (Augsburger hs. um 1770 in meinem besitze) nr. 142. Fabu-
lanus Kurzweill, Tischreden (Wiener hs. 14914) s. 1016 nr. 139. Cbrza-
nowski, Rej 1894 p. 364. — Andre fassungen nennen andre geschenke der
streitenden parteien: Ochse und kuh: Boner, Fabeln nr. 95; vgl.
Waas, Die quellen der beispiele Boners 1897 s. 65. Mensa philosophica
1603 p. 254 (4, 33 de advocatis; fehlt in der ausgäbe von 1508). —
Ochse und pelzschaube: Eyering, Copia proverbioruin 3, 187
1604). Ayrer, Singspiel von einem ungerechten juristen (5,3039 ed.
Keller). 300 schwanke nr. 180. — Stiefel und fuchspelz: Kauf*
ringer, Von den vorsprechen v. 56—140 (Germanic studies of the uni-
versity of Chicago 3, 15. 1897). — O e 1 und sch w ei n: Poggius, Face-
tiae nr. 256 (1538 p. 487 = 1798 1, 263 .Oleum effusum»; vgl. 2, 267).
Brant, Mythologi Esopi 1501 bl. A5b ,Quod corruptus iudex male pro-
nunciat' = Esopus leben und fabeln 1535 bl. 114 a (deutsch von Adelphus).
Hans Sachs, Der falsch richter mit dem öl und der saw, meisterlied in
der kleweis Balth. Wencken 1548 (Dresdener hs. M 5,798). Eyering,
Proverbiorum copia 2, 653. Talitz, Reyßgespahn 1645 nr. 23. Lustiger
Dcmocritus 1650 s. 4. Gerlach, Entrapeliao 2, nr. 8 (1656). J. P. de
Memel 1660 nr. 487. Doctae nugae Gaudeutii Jocoai 1713 p. 169:
,Iudices schmiralia amant*. C. L. Noack , Lektüre beim kaffee
1789 b. 34, ferner Oesterley zu Pauli nr. 128 (milch und
ferkel).
64) Ein wirt lobt seinen wein für und für, (wird des-
wegen verspottet).
65) Einefrau gehtzumarktund will fische kaufen
(wird wegen ihrer fingerringe verspottet). — Abgedruckt bei Goedeke,
Schwanke s. 295 nr. 249. Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 29:
,Mulier annulata emit pisces'. — Vgl. Murner , Narrenbeschwörung
1512 cap. 44, v. 38 .Katzenrein4, und Muhle von Schwindelsheim 1515
v. 668 (Strasaburger studien 2, 24. 1883). — It i n g 1 i n (s. 327, 6) muss
ein fisch name sein; in C. Gesners Fischbuch deutsch von Forer 1563
finde ich aber nur ryßling (bl. 162 a) und reeling (bl. 168 b).
Montanu* QQ
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610
Anmerkungen.
<>G) Ins grab legt ein mesner nnaern herrgott.
(Frivole Äusserung dabei.)
•
67) Gin reicher h e i s 8 1 einen armen stehlen; dem
stiehlt er korn ab dem kästen. — Abgedruckt bei Goedeko,
Schwanke s. 287 nr. 288. Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568 p. 30:
,Dives iubet pauperem furari*. — Vgl. Abele, Metamorphosis telae iu-
diciariae 1654 s. 651 (2, c. 65: Nimms wo du wilt!). Aleover, Rondayes
inallorquincs 1, 167: ,En Salom y es batle« (1896). — Eine ahnliche
pointe hat die verbreitete erzahlung von der Unterweisung des buhlers
durch den ehemann (Dunlop-Liebrecht s. 260 zu Ser Giovanni 1,2.
Hertzog, Schiltwacht nr. 64).
68) In einer zeche setzt eine fran eine laus auf
einen teile r. (Zu wem der floh spränge, der sollte für sie zahlen ;
die laus aber blieb sitzen). — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568
p. 81: ,Mnlier quaedam in symposio ponit pediculum super quadram*.
— In Des flobes zank und strauss (von W. Spangenberg ; hinter Fisch-
arts Flöhhaz 1610 = Fischarts dichtungen ed. Kurz 2, 157 v. 835 bis
914) entscheidet der wettlauf zweier lause, wer von den landsknechten
die zeche bezahlen soll. Ebenda v. 496 — 704 (2, 148 ed. Kurz) wird in
einem thüringischen Städtchen derjenige bürgermeister, in dessen bart
die mitten auf den tisch gesetzte laus kriecht. Ebenso im Grillenver-
treiber 1670 1, 245 (Witzenbürger 2, cap. 26) und bei P. D. Huetius,
Iter suecicum (Poemata latina et graeca 1694 p. 28):
Mox Hardenbergam sera sub nocte venimus,
Ridetur nobis veteri mos duetus ab aevo;
Quippe, ubi deligitur revoluto tempore consul,
Rarbati circa mensam Btatuuntur acernam
Hispidaque imponunt attenti menta Quirites,
Porrigitur series barbarum desuper ingens.
Bestia, pes mordax, sueta intercrescere sordes,
Ponitur in medio. Tum cuius numine divüm
Barbam adiit, festo huic gratantur murmure patres,
Atque celebratur subiecta per oppida consul.
69) Gen Wiesens t ei g kommt ein Bayer, (fürchtet im
thale zu ertrinken). — Abgedruckt bei Goedeke, Schwanke s. 251,
nr. 203.
70) Schellenhenker zu Hubihausen sucht ein ross
und reitet darauf. — Lateinisch von Hulsbusch, Sylva 1568
p. 31 : ,Quidam quaerit equum, cui insidet'. — Vgl. Bolto zu Schu-
manns Nachtbüchlein nr. 24 und zu Frey s. 282; ferner Erk-Böbme,
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Gartengesellschaft c. 66—74.
611
Liederhort nr. 148a (Löwen fei d , Leonhard Kleber« orgeltabulaturbuch,
Berliner dies. 1897 s. 12). J. Soet, Leven van Clem. Marot 1655 s. 59.
Groot klugtboeck 16S0 p. 131. Cervantes, Don Quixote 2, c. 57 (übers,
von Tieck 1860 2,426). Chrzanowski, Facecyo Mikolaja Reja 1894 p. 339.
Gregory John Bar-Hebraeus , Laughablc stories ed. Budge 1897 p. 145
nr. 569.
s. 329, 32 vgl. Wander, Sprichwörterlexikon 4, 955 nr. 53—56. 76: ,üu
sochst dat pert un sißst drup'.
71) Z u Di 1 1 i n gen werfendieedelleute eine ab erden
schütten ab. — Zu s. 380, 14 ,Loch weder gebrent noch gebort«
vgl. Der lustige heerpaucker 1672 a. 179.
72) Ein bau er b a g t zu seiner frau, feiste, schmalz
und brot wären sein tod. (Da sie ihn loszuwerden wünscht, füttert
sie ihn). — Ks fehlt der in den übrigen fassungen vorkommende schluss,
dass der angeblich erblindete mann den buhlen seiner frau erschiesst
oder diese ins wasser stürzen liisst. Vgl. Hana Vogels meisterlied ,Die
kesküchlein1 (1541) = oben s. 517 nr. XXVIII. In Hans Sachsens meister-
liede »Der bauer und messner mit dem pfaffen' in des Römers gesang-
weis 1551 (MG 12,143b = Nürnberger ms. Solger fol. 56, 1,280b: Ein
beuerin die het im dorff den pfaffen lieb') soll der pfatf sant Lienhart
um erblindung des roannes bitten; der bauer hörtö durch den kriecht,
stellt sich blind, giesst dem pfaffen eine pfanne heisses schmalz in den
hals und lehnt die leiche an die kirchthür. Hans Sachsens fastnacht-
spiel ,Der plint messner mit dem pfarer und seim weib' (1554. Folio
4, 345b = 17, 183 ed. Keller-Goetze = Fastnachtsspiele ed. Goetze nr. 69),
dem ein gleichbetiteltes meisterlied in der steigweis Hans Pogners (1549.
MG 11,84. Verloren) voraufging, enthält gleichfalls das gebet der mes-
nerin an den hei). 8tölprian, dass er ihren alten mann erblinden lasse.
Der lauschende mesner antwortet, sie solle ihm küchlein, braten und
wein reichen, stellt sich darauf blind und erschiesst den zur frau schlei-
chenden pfaffen. Weitere parallelen bei Bolte zu Frey s. 284 *; ferner
Dykstra, Uit Frieslands volksleven 2, 121 ,Door het rinkel* (1895). Mont-
Cock, Vlaamsche vertelsels 1898 p. 285. Stiefel, Zs. d. v. f. Volkskunde
8,73; Jaworskij und Knoop ebd. 8,217 und 225.
78) Ein rebknecbt beschläft seines meisters weib,
(da ihr mann ihre frage »Soll ich?' missversteht). — Vgl. R. Köhler,
Kleinere Schriften 1,291 (1898).
74) Wie und wodurch Virgilius so gelehrt worden.
(Er raubt das zauberbuch des riesen und bannt den teufel wieder ins
glas). — Von den zauberbüchern Savilons oder Zabulons auf dem mag-
39*
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612
Anmerkungen.
netberge, die Virgil gewann, wird erzählt ira Reinfrid von Brannschweig
ed. Bartsch 1871 v. 21023. 24252 und im Wartburgkriege ed. Simrock
h. 195. 303 ; dass Virgil durch einen teufel , den er aus einer flasche
befreite, in der magie unterwiesen wurde, berichtet Enikel in der Welt-
cbronik ed. Strauch s. 462 v. 23 711 (Hagen, Gesamtabenteuer 2,513.
Massman, Kaiserchronik 3, 438. Ein bisher unbekannter Druck ,Von vir-
gilio dem sauberer' 10 bl. 4° um 1520, 642 verse auf der Münchner Uni-
versitätsbibliothek). Beide motive sind vereint bei Heinrich von Müg-
lin (Germania 5,369), bei Felix Hemmerlin (De nobilitate c. 2, bl. 8),
im französischen romane ,Les faictz merveilleux de Virgile' (Dunlop-Lieb-
recht 1851 s. 186), im niederländischen volksbuche (v. d. Hagen, Erzäh-
lungen und märchen 1, 161. Simrock, Deutsche Volksbücher 6,329. 1847);
vgl. Comparctti, Virgilio nel medio evo 1896 2,99. 222. 237. 282 = Com-
paretti-Dütschke, Virgil im mittelalter 1875 s. 268. Tunison, Master Vir-
gil 1888 p. 10. 24. — Auf Theophrastus Paracelsus übertra-
gen ist die geschiente bei Grimm KHM 3, 179 zu nr. 99; Menzel, Gesch. der
d.dichtung 2, 190; Alemannia 24, 156; Peter, Volkstümliches aus Oester-
reich-Schlesien 2, 27 (1867); Wolf, Hessische sagen 1853 nr. 126. — Ohne
namen: Grimm, KHM nr. 99 ,Der geist im glas4. Reiser, Sagen des
Allgäus 1,80 nr. 71 (1897): .Der teufel und der doktor4. — Ueber die
orientalischen faasnngen vgl. Benfey , Pantschatantra 1,116 f.
Haxthausen, Transkaukasia 1,324 (1856).
75) Ein f uhrmann schwört für und für, wenn er
filhrt. (Als die edelfrau es ihm verbietet, wollen die pferde nicht
vom flecke). — Vgl. Der kurtzweilige Arleqnin 1691 p. 100: , Fluchen
der Fuhrleute bestes gebet1.
76) Von einem waldbruder und seinem söhn. (Der vater
nennt die frauen g tt n s e). — Nach Boccaccio, Decamerone 4, ein-
leitung; vgl. Schmidt, Beitrage 1818 s. 27. Dunlop-Liebrecht s. 230.
Landau, Quellen des decameron 1884 s. 171. 223. — Vgl. Barlaam und
Josaphat, c. £9 (weiber werden dem in der einsamkeit erzogenen prin-
zen als dämonen bezeichnet); dazu E. Kuhn, Barlaam und Joasaph
1893 s. 80 (Abb. d. Münch, akad. 1. abt. 20, 1). Cento novelle antiche
nr. 14 = Biagi nr. 17 (A. d'Ancona, Romania 3, 167). Fiore di virtü
im Libro di novelle antiche ed. Zambrini 1868 nr. 22. Vita di s. Josa-
fat (T. Bini, Rime e prose del buon Hecolo 1852 p. 142). Cornazano,
Proverbi 1523 nr. 9: Meglio 6 tardi che non mai (p. 60 ed. 1865). Vitac
patrum 4, 5,7 (Migne, Patrologia lat . . . .):dämonen. Odo de Ciring-
tonin, De heremita iuvene (Gänse. Oesterley, Jahrb. f. roman. litt. 12,
147 nr. 44. Hervieux, Les fabulistes latins 4,409 nr. 9; vgl. 2,706) und
De duobus heremitis et muliere ornata (mulier capra genannt. Aus
einer predigt In crastino Pasche, sec. Lncuin. Hervieux 4, 285 nr. 52)-
Caeaariua von Heisterbach, Dialogus mirac. 6,37 (nonne nennt eine
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Gartengesellschaft c. 74—77.
ziege weltliche frau). Lecoy, L'esprit de dos aieux nr. 33. Wright,
Latin stories nr. 3 und 78. Johannes Discipulus (Herolt), Promptuarium
exeniplorum 1482 L nr. 24. Amatus Fomacius amator ineptus 1633
(La Fontaine, Oeuvres ed. Regnier 5,601). — Das ganslein (Hagen, Ge-
samtabenteuer nr. 28; mit einer fortsetzung). Arigo, Blumen der til-
gend (Zs. f. dtsch. phil. 28,466). H. Sachs, Die schönen deuffel (MG
14, 70) und Des königs son mit den teufein 1562 (Folio 4, 2, 57 = 16,
217 ed. Keller-Goetze. Nach Herolt). A. Tabens, Mftynhincklers sack
1612 bl. J 4 b (Pfaffensack nr. 6; nach Herolt und Petrus de Arno). G er-
hielt, Eutrapeliae 1, nr. 631 (1656). Abraham a s. Clara, Weinkeller
1710 s. 321. Rottmann, Lustiger historienschreiber 1717 s. 362 (3,36).
Kiederer, Das poet. scher tz-cabinet 1713 nr. 86. Neue bey träge zum vergnü-
gen de« Verstandes 2,208 (Bremen 1745): ,Die gans des bruder Philipps*.
F. Kind, Gedichte 5,237 (1825): ,Das gartenteuflein«. Bauernfeld, Aus
der mappe des alten fabulisten 1870 8. 98: , Ersehnte klosterspeise'.
Baumbacb, Abenteuer und schwanke 1884 s. 165: ,Das gänslein'. Cats,
Sinnreiche werke (deutsch von B. Feind) 4, a 3 b. Svenska landsmälen
2, 7, 17 nr. 6 (1882). — Martin Franc, Champion des dames 1530 bl. 94
(Ideler, Altfranz. nat.litt. s. 852). R. D. M., Heures perdues 1615 nr. 9.
La Fontaine, Contes 3, 1 ,Les oies de frere Philippe* (Oeuvres ed. Reg-
nier 5, 3). Lafontaine et Champmes.e', La coupe enchantöe, comedie 16S8.
Dclisle de la Drevetiere, La faueon ou les oies de Boccace 1725 (deutsch
in den Schaupielen der Schönemannisehen Bchaubühne 2. 1748). Saint-
Foix, L'oracle 1740. Scribe, Delestre-Poirsou et Melesville, La volicre
de frere Philippe 1818 (als ballet 1838). - Amalfi, Un fönte dei Cento
raeconti di M. Soraina 1892 p. 24, nr. 12. La disperazione di un vecchio
eremitsi, Napoli 1841 (komödie). Libro de los enxemplos c. 231. Ro-
mero, Contos populäres do Brazil 1885 nr. 13, anfang. Polivka, Za. f.
österr. volksk. 2,189 nr. 17. — Eine scene in Calderons Schauspiel, En
esta vida todo es verdad y todo mentira* (um 1640; Martin, Calderons
Schauspiele übers. 1. 1844), die unter dem einflussc der alten erzählung
entstanden ist und von Dryden und Davenant ihrer bearbeitung von
Shakespeares Sturm eingefügt wurde, hat H. Grimm (15 essays n. f.
1875 s. 183: ,8hakespeares Sturm in der bearbeitung vou Dryden und
Davenant4) trefflich beleuchtet.
77) Ein koch stillt seines herren zorn mit einer
einfältigen rede (kranichbein verzehrt). — Nach Boccaccio,
Decaineroue 6,4; vgl. Val. Schmidt, Beitrüge 1818 s. 63. Dunlop-Lieb-
recht b. 237. Landau , Quellen des dekaraeron 1884 s. 334. — Vgl.
Pauli, Schimpf und ernst c 57. Hans Sachs, Von einem koch mit dem
krönich, raeisterlied im rosenton H. Sachsen 1540 (MG 5, 125 b. Ge-
druckt in Nürnberg bei Val. Neuber: Berlin Yd 8571); Der koch mit
dem krannich 1540 (Fabeln und schwänke od. Goetze nr. 64); Der koch mit
dem kranich 1559 (Folio 2,4, 112b = 9,474 ed. Keller = Schwänke ed.
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G14
Anmerkungen.
GoeUe nr. 247). Biderumnn, Utopia 1691 6, 18 p. 323 = Uörl. Ba
ebusia 1677 s. 345. Hermotimus nr. 72 ,Do gruis pedibus4 ( Frisch! ini
Facetiae 1660 p. 350). Lange, Deliciae acaderaicae 1, 57 (1666). Ger-
lach, Eutrapeliae 2, nr. 36 (1656). Vadcmecum für lustige leute 3
nr. 226 (1767). Zocher, Du schönes grünes Alpenland 1898 s. 304
,Üie pfiffige köchin4 (gedieht). — Enea Silvio Piccolomini, Chrisis (Crei-
zenach, Geschichte des neueren dramas 1, 567V Sansovino, Cento novelle
scelte 5, 9 (= Boccaccio). Sagredo, L'Arcadia in Brenta 1684 p. 97
(giornata 3). Amalfi, Un fönte di M. Somma 1892 p. 19. La fleur de
toutes nonvelles nr. 11. D'Ouville 1, 505. Timoneda, Sobremesa y alivio de
caminantes 1576 2, nr. 45 (Biblioteca de autores espaft. 3. 1S40. Stie-
fel, Archiv f. n. spr. 94, 148) = Loockmans, 71 lustige historien 1589
nr. 41: ,Van eenen quidam, die seyde, dat de reygers maer een becn
en hadden4. Coornhert, Lustige historien Joa. Bocacii 1564 nr. 28. Tarl-
ton, Newes out of purgatorie 1590 nr. 4 (p. 78 ed. Halliwell 1844).
Coelho, Contos populäres portuguezes 1879 nr. 54. - Auf Christus
und Petrus übertragen: A. Borgnet, Legendes namuroises 1837
p. 215. Wolf, Wodana 1843 s. 149 = Wolf, Deutsche inärchen und
sagen 1845 nr.32. Volkskunde 2,88 (Gent 1889) = Teirlinck, Le folk-
lore flamand p. 27. P. de Mont en Cock , Vlaamsche vertelseU 1898
p. 153. — Nasreddins schwanke übers, von Camerloher 1857 nr. 75;
dazu die nachweise bei R. Köhler, Kleinere Schriften 1,496.
78) Einweibund ein mann zanken und schlagen
einander. (Uneins, was sie mit den schweinen machen würden,
wenn sie ihnen gehörten). — Abgedruckt bei Goedecke, Schwänke s. 49.
nr. 29. — Verwandt mit Gartengesellschaft nr. 53. Eheleute, die beim
bauen von luftschlössern einander in die haare geraten, erscheinen auch
in einem meisterliede des Hans Sachs ,Der köhler mit der kuh* in der
zugweis Frauenlobs 1551 (Dresdener hs. M 5,885). Kirchhof, Wend-
unmut 1, 371: ,Ein weib wirt mutwillig geschlagen4; danach Ayrer,
Singet« spil von dreyen bösen weibern (5,3057-3061 ed. Keller) und
Grimm, KHM nr. 168 ,Die hagere Liese4. Kirchhof 2, 131 : .Wunderlich-
keit eines Schneiders4. Dykstra, Uit Frieslands volksleven 2,118 (1895):
,Om rijk te worden4. Schneller, Märchen aus Wälschtirol 1867 nr. 47
,Die bruthenne4. Neue acerra philologica 5,51 (1708).
70) Wie einer sein weib für die haustbür versperrt,
(Sie wirft einen stein in denbrunnen; er glaubt seine frau ertrunken).
— Nach Boccaccio, Decamerone 7,4; vgl. Val. Schmidt, Beitrage
1818 s. 66. Duolop-Liebrecht s. 239. Cappelletti, Studi sul decame-
rone 1880 p. 419. Landau, Quellen des dekameron 1884 p. 262. — Vgl.
H. v. Trimberg, Renner 1549 bl. 66 b = p. 136 ed. 1833. Altdeutsche
blatter 1,154. Pauli, Schimpf und ernst nr. 678. Hans Sachs, Das
weib im prunnen, meisterlied im grünen ton Müglings 1545 (Nürnberger
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Gartengesellschaft c. 77—80.
615
mscr. Solger fo). 56, 2, bl. 209 b und 263 b. Weimarer mscr. F 419,
299 a nr- 334 und Q 569, 62 a), Das falsch weib im brunnen, meister-
lied in der mayenweis Eyßlingers 1548 (B. Sachs ed. Göz 4, XI. 1880):
,In der Römer geschieht man 11681* und fastnachtspiel ,I)as weib im
brunnen' 1553 (Folio 2, 4, 23b = 9, 96 ed. Keller = Fastnachtspiele ed.
Uoetze nr. 46). Meisterlied ,Dns böse weib inn dem brunnen* im hoff-
thon Danhausera, Nürnberg Val. Newber (Berlin Yd 8551): ,Hort von
eim halsstarrigen weib*. Göttinger ms. philol. 194,44. Bütner, Claus
narr 1592 p. 98. Seb. Wild, Die siben weysen maister 1566. Zschokke,
Peter Rotbart 1805 (nach Möllere). Van den seven vroeden van Rorae
(Muller, Handelingen der maatsch. van letterkunde 1896, 189). Biest-
kens, Claes Kloet (1619), klucht. Gats, Trouringh 1637 : Hollants trou-
bedrogh (Tijdschr. voor nederl. taalkunde 16, 241 *). Kit, Westward
for smelts 1620 nr. 3: ,The fisbwife of Richmond' (Koeppel, Studien z.
geuch. der ital. novelle 1892 s. 74). — Sanaovino, Cento novelle scelte
3, 9 (Boccaccio). Sercam bi, Novelle ed. A. d'Ancona 1871 nr. 8: ,De
celoso et muliere malitiosa'. Sabadino degli Arienti, Le Porretane
1483 nr. 45. Bändel lo, Novelle 3,47. T. Tasso, Intrighi d'amore, atto
4, sc. 3 (Opere 30, 301 ed. 1831). Casalicchio, L'utile col dolce 1, nr. 89
(1687); deutsch Augsburg 1706. Passa-tempo de* curiosi p. 102. Mo-
liere, George Dandin 3,8 (1668,). Gaal-Stier, Ungarische Volksmärchen
1857 s. 117. Moulieras, Les fourberies de Si Djeh'a 1892 p. 21. 187.
— Qukasaptati, textus simplicior übers, von R. Schmidt 1894 nr. 1«. Pet-
rus Alfonsi , Disciplina clericalis c. 15. Joh. de Alta silva, Dolopathos
ed. Oesterley 1873 p. 80—82. Herbers, Dolopathos ed. Montaiglon 1856
p. 374—379. Romans des sept sages ed. Keller 1836 v. 2083, p. CLXXXIX.
Der Römer tat ed. Keller 1841 p. 112, nr. 73. Adolphus, Fabula 6
(Leyser, Historia poetarum medii aevi p. 2018). Vincentius Bellovac.,
Speculum morale 3, 9, 5 p. 1395 (1624). Libro de los enxemplos c. 235
(Bibl. de autores esp. 51). Vgl. die tabellen bei Goedeke, Orient und
occident 3,422 (puteus) und Landau, Quellen 1884 zu s. 340 nr. 42
(ausgesperrter ehemann).
80) Eine stadt wird gewonnen, daraus die wei-
he r ihre mann und kinder tragen. — Lateinisch von Hula-
busch, Sylva 1568 p. 32 : .Mulieribus obseasis conceditur vita inco-
lumis et quod secum anferre possunt'. — Es ist die bekannte er-
zählung von den treuen weibernzu Weinsberg, jedoch ohne
namen. Zuerst taucht diese um 1170 auf in der Chronica regia
Coloniensis (Monumenta Gerroaniae, scriptores 17, 759. Die geschichta-
schreiber der deutschen vorzeit, 2. aufl. 13. jahrh. 1,50. 1896), woraus
sie 1499 in die Koelhoffsche chronik bl. 199 (Chroniken der d.
städte 13, 508) und in Joh. Trithemius (f 1516) chronicon Hirsaugiense
(Opera historica 1601 2,129) und in seine Annales Hireaugienses (1,409
ed. 1690) uberging. Ihre unglaubwQrdigkeit ward schon von Leibniz
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616
Anmerkungen.
erkannt und neuerdings von Bernheim (Die sage von den treuen weibern
zu Weinsberg. Forschungen zur dtsch. gesch. 15,239. 1875 und Historisches
taschenbuch 6. folge S, 13. 1884) erwiesen. Bernheim vermutet, der Kölner
annalist habe die erzählung von der eroberung Cremas durch Friedrich Bar-
barossa (1160), bei der männer und trauen nur soviel mitnehmen durften,
als sie auf den schultern tragen konnten (Mon. Germ.scr. 18,618.23,351 ; vgl.
Lex salica 27), auf die einnähme von Weinsberg durch Konrad III.
(1140) übertragen. — Vgl. S. Franck , Germaniae chronicon 1538 bl.
177b. V. Winshemius, Declamatio de Guelfo duce Bavariae 1539 (Cor-
pus reformatorum ed. Bretschneider 11,466) = Castritius, De heroicis
virtntibus principum Germaniae 1565 p. 266. H. Mutius, De Germano-
rum prima origine 1539 p. 154. Munster, Cosmographia bl. 592.
Hedio, 'Chronicon Hb. 10, c. 13. Buch Weinsberg ed. Höhlbaum 1,45
(1886); vgl. Germania 19,80. Lauterbeck, Regentenbuch 1559 b. 3, c.
3, 96. Manlius, Locorum communium collectanea 1594 p. 275 = deutsch
von Ragor 1566 1, bl. Bbijb. Goltwurm, Wunderzeichen 1567 s. 106.
Ireneus-Hondorff, Lob und unschuldt der ehefrawen 1568 (zuerst 1543)
bl. M. 2 b. Hondorff, Promptuarium exemplorum 1598 2,212 b (luerst
1570) und Calendarium sanctorum et historiarum 1573 1,41 b. Bün-
ting, Braunschweigische chronica l, bl. 66 b (1584) = 1620 s. 137.
Crusius, Annales sueviei 2,382 (1595). Kirchhof, Wendunmut 6, 242.
Bodinus, Methodus ad historiae cognitionem 1593 p. 5. Thuanus, Hi-
storiarum libri 10, 293. Ph. Camerarius, Operae horarum subcisivarum
1,228 (1602). Melander - Kezelius , locoseria deutsch 1606 2,32 nr.
27 = 1617 2, 27 (nach Lossius). Gebhart, Fürstliche tischreden 1614 s. 193.
Sax, Kaiserchronik 3,264 und Christi, zeitvertreiber 4,657 (W, 29) 1628.
Alciatns , Emblemata ed. Thuilius 1621 p. 816 zu nr. 191 (Nau-
clerus). Zincgref, Apophthegmata 1628 1,29. Abele, Metamorphoäia
telae iudiciariae 1654 s. 87 (1, casus 19). Stengel, Opus de iudiciis
divinis 1651 2, 309 (c. 24, § 6) = deutsch Augsb. 1712 2,279. Ger-
Inch, Eutrapeliae 1, nr. 286 (1656). Memel, Lustige gesellschaft 1G60
nr. 1108. Histor. handbüchlein 1672 s. 289. 347. Historienbuch, um
1690 zu Nürnberg geschr. (ha. 2434 des German, museums) s. 232 a.
Histor. Schauplatz 1700 s. 150. Kurzweiliger tischrath s. 92. Lyrum
larum 1701 nr. 274. Grimm, Deutsche sagen 2 nr. 492. Hormayrs
taschenbuch f. vaterl. gesch. 1838, 169. Bechstein, Sagenbuch s. 723.
K. Meier, Sagen aus Schwaben 1852 nr. 374. Dillenius, Weinsberg
1860 s. 14. 262. Guicciardini, Höre di recreatione 1572 p. 276 = 1583
p. 202 = französisch von Belieferest 1605 p. 181 = deutsch von Feder-
mann 1574 s. 319 = Cluchtboeck 1576 p. 120 = 1680 p. 118 (Tijdschr.
voor nederl. taalkunde 10, 137). Garon, Le chasse ennuy 1641 p. 151
(2, nr. 44). Soave (f 1806), Novelle morali nr. 35 : ,Le donne di Winsberg'.
Poetische be handlangen: Joach. Loneman, Historia Guel-
phi de fide conugiali 1559. 4° (Breslau). Widebram, In historiam Guel-
phi Winsbergensis (Delitiae poet. Germanorum 6, 1112. 1612). L. Los-
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GartengesellBchaft c. 80.
(517
sius, Epigrammata 1571 p. 278 = Mel ander, Joci atque seria 2, 76
nr. 56 (1604). Bünting , Braunschweigische chronica 2, 13b (1584):
»Von hertzog Welffen zu Beyern*. Zwei meisterlieder, ein anonymes
in der tagweis B. Regenbogen und ein 1599 von H. Weidner in Augs-
burg gedichtetes, sind oben s. 519 nr. XXIX und XXX abgedruckt. H.
Meibom, Guelfus redivivus 1614 (in hexametern). S. v. Birken, Die
weibertreu der frauen zu Weinsberg, 12 str. nach der weise .Amarintha
die ich hasse'; anfang : .Lasset uns ein liedlein singen' (folioblatt bei
Weller, Annalen 2, 490 nr. 1079 = J. Höefel, Histor. gesang-buch 1681
s. 441 = Erlach, Volkslieder der Deutschen 3,391. 1835). Bürger,
Die weiber von Weinsberg (1774). N. G., Die ringe von der Weiber-
treue:! 1824 (Dillenius, Weinsberg 1860 s. 271). Elisabeth Kulmann
(f 1825), Dichtungen 1851 s. 500: «Weinsberg*. Chamisso, Die weiber
von Winsperg (1831. Werke 1, 176 ed. 1869). K. Geib, Gedichte (1830?).
F. Halm, Werke 7,177: Aus frau Marthens hauschronik (1864). E. v.
d. Planitz, Die weiber von Weinsberg 1898. — Dramen: P. Nich-
thonius, Weinspergische belagerung, Nürnberg 1614. Mison Erythreus,
Frauentren oder hertzog Welt! aus Beyern, Saltzburg 1682. J. A. Andre,
Die weiber von Weinsberg 1793 (singspiel) ; vgl. die Wiener hs. 13570.
Gleich, Albert der Bär, oder die weiber von Weinsberg, Wien 1806.
Unlands entwurf von 1816 (Keller, Unland als dramatiker 1877 s. 359).
Th. Appel und K. E. Conrad, Weibertreue 1854 (oper). K. Schnabel,
Die weiber von Weinsberg 1856 (oper). üust. Schmidt, Weibertreue
1858 (oper). C. Volkmer, Die weibertreue von Weinsberg 1887. Ad.
Tafel, Die schreckenstage von Weinsberg 1. 1893.
Dieselbe frauenlist wird auch von andern orten erzählt : A.
Krantz, Saxonia Hb. 6, c. 24 (Barbarossa 1162 vor Mailand) ; M. Sax, Christi,
zeitvertreiber 4,545 (1628); Krombach, Primitiae gentium s. historia
trium regum 1654 p. 686—705; Weyden, Cölns vorzeit 1826 s. 33.
— Kirchhof, Wendunmut 1,388 (Thalwig) ; Zeisseler, s. 153; Zincgref-
Weidner 4,205. — Zimmersche chronik 1,382 (Schwanau) ; Hertzog,
Elsasser chronik 1592 5,111; Stöber-Mündel, Sagen des Elsasses 2,284
nr. 22; Hertz, Deutsche sage iui Elsass 1872 s. 111. 261; Stöber, Ober-
rbein. Sagenbuch 1842 s. 142. — Stettier, Annales in Helvetia 1627 1.
344 (Blumeneck. Dohna. Kriebstein). Rochholz, Schweizersagen 2, 352
und Germania 13, 311. Flugi, Sagen aus Graubünden 1843 s. 24. J. C.
Schwarz, Wanderbilder, Schaffh. 1843 s. 91. 93 (Karpfenstein. St. Geor-
genberg). Steub, Drei sommer 1846 s. 288. Zingerle, Sagen aus Tirol 1853
nr. 702= 1891 nr. 978 (Hochgalsaun) ; Alpenburg, Alpensagen 1861 nr.
248. Scbnezler, Badisches Sagenbuch 1846 1,108 (Thengen); Scuünhutb,
Ritterburgen des Hegaus 2, 66. Schöppner, Sagenbuch der bair. lande
nr. 659 (Giebelstadt). Schönwerth, Aus der Oberpfalz 2, 439 (Habsberg).
Herrlein, Spessart 1851 s. 76 = 1885 s. 89 (Randenburg. Alzenau).
Kaufmann, Mainsagen 1853 nr. 85 (G. v. Vincke, Die Randenburg)
J. Schwarz, Buchenblätter 1849 1, 92 (Mechthild von Ebersberg trägt
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618
Anmerkungen.
einen von den ihren gefangenen jungling in einer bütte fort. Aebnlich
Ljncker nr. 221»). Lersner, Frankfurter chronica 1706 2, 1. 174 (Glau-
burg); Landau, Ritterburgen 2,316; Diefenbach, Archiv f. hess. gesch.
3, 1 nr. 5,0 und 4, 1,286 f. (Glauburg. Nidda). Wolf, He«, sagen
1853 nr. 236 f. (Glauburg. Weidelburg). Lyncker, Sagen in hess. gauen
1854 nr. 225. 230-236 (Chriftenburg. Hauneck. GeUterburg. Weidelburg.
Braiuburg). Grimm, DS nr. 92 (Christenberg) und 573 (Nidda). Hof-
meister, Hess. Volksdichtung 8. 10 und 64 (Geisterburg. Christenberg).
Printer, Sagen aus Hessen und Nassau s. 127 und 146. Grösse, Sagen-
buch des preu*. Staats 2, nr. 253. 913. 920 (1871). Curtze, Volksiiber-
lieferungen von Waldeck lfc60 s. 263 nr. 114 (Weidelburg). Hub, Bal-
laden 2. aufl. s. 62 (Altenburg). GotUchalk, Ritterburgen 2,118 (Kri-
ben*tein) ; G risse, Sagencchatz von Sachsen 1855 s. 257. Grave, Sehl es.
*>agen s. 316 (Neuhaus). Kern, Schles. sagen s. 227 (Gleiwitz). Prohle,
Unterharzische sagen 1856 s. 173 (Hohenstein). Schflcking-Freiligrath,
Das malerische Westfalen 1841 s. 2141 (Raffenberg). Steinau, Volks-
sagen 1838 s. 249 (Ahrens bei Minden) Bah 1 mann , Westfälischer
sagenkranz 1897 8. 175 (Hohen-Seelbach). Kuhn, Norddeutsche sagen
nr. 255 (Frauenruhe). Montanus, Vorzeit von Cleve 2, 253 (Ottenstein) ;
vgl. H. Heine, Dichtungen 2, 63. Schmitz, Sitten des Eifler volks 1856
1, 13. 2,80 (Entersburg); Hocker, Moselland 1852 s. 205. Schambach-
Muller, Niedersächs. sagen 1854 s. 12 f. 328 (Grubenhagen. Erichsburg),
Hormayrs taschenbuch f. vaterl. gesch. 1841, 194 (Fockenburg a. d.
Leer 1430). Bartsch, Sagen aus Mecklenburg 1, 297 nr. 396 (Kessin).
Terame, Volkssagen von Pommern s. 198 (Cantrek). Blätter f. pom-
merBche Volkskunde 1,52. 4,11. Wolf, Wodana s. 40 und Niederlan-
dische sagen 1843 nr. 38. 90. 116. 543 (Harlem. Brüssel).
Keinen inneren Zusammenhang mit unsrer sage hat die erzählung
von der klugen f r a u , die bei der Scheidung das beste im hause
mitnehmen soll und ihren schlafenden mann forttragen lässt, obwohl
sie Imbriaui (Due fiabe toscane 1876 p. 16 ; aus Gioruale napolet. 8),
Landau (Quellen des dekameron 1884 s. 157) und Gaster (Germania
25,285) damit vergleichen; s. R. Köhler, Kl. schriften 1,446.
-
81) Einvogtfäbrtauseinerstadt und mussin einer
kotlache absitzen. — Lateinisch von Hulsbusch , Sylva 1568
p. 32 : ,Praefectus qui fuerat, compellitur descendere currum in luto*.
— Vgl. Jodocus Gallus, Mensa philosophica 1508 bl. 36 = oben s. 522
nr. XXXI. Pauli, Schimpf und ernst nr. 582. Kirchhof, Wendunmut
1,64. Joh. P. de Memel, Lustige gesellschaft 1660 nr. 306. Peregri-
nation oder reysespiegel Anangkyloraitens 1631 s. 121 = 1655 s. 191.
Somuierklee und Wintergrün 1670 s. 112 nr. 180. Rottraann, Lust, hi-
storienschreiber 1717 s. 81 (1,57). Berliner mscr. germ. qn. 616, s. It5
nr. 140. Vademecum f. lust. lente 6, nr. 170 (1778). Langbein, Der
gerichtsverwalter (Gedichte 1,231. 1820). Der lustige deklamator s. 24.
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Gartengesellschaft c. 80 — 85.
619
Ein barfüsserniönch tragt den pfarrcr durch den
bach und lässt ihn fallen, weil er geltl bei sich habe: Hans Sachs,
Der pfaff im pacb, meisterlied im lieben ton Caspar Singers 1550
(MG 11,199. Dresdener hs. M 5,816. Nürnberger mscr. Solger fol.
50, 1,322 b) und Der pfarrherr mit dem stacionirer 1563 (Folio 4, 3,
83a = 17,355 ed. Keller-Goetze = Schwänke ed. Goetze nr. 313).
Fischart, üominici und Francisci leben 1571 v. 265—410 (Dichtungen
ed. Kurz 1, 140). Talitz, Kurtzweyliger reyßgeapahn 1045 nr. 56.
Memel 1660 nr. 305. Gerlach, Eutrapeliae 2, nr. 18 (1656). Exi-
limu melancholiae 1643 s. 328 nr. 6. s. 407 nr. 121. Sommerklce
und wiutergrfln 1670 s. 238, nr. 511. Lustiger heerpaucker 1672 e.
154 = um 1690 s. 166. Schuppius , Schriften 1701 1,165. Abr. a s.
Clara, Huy und pfny der weit 1707 bl. H 2. 60. Lyrum larum lyria-
simum 1701 nr. 188. Vorrath artl. ergötzlichkeiten 1702 nr. 53. Schreger,
Zeitvertreiber 1753 (17, 22) p. 529. Vademecura für lustige leute 1,
nr. 6 (1767). 300 schwänke (hsl. Augsburg um 1770) nr. 110. Const.
Huygens, Gedichten ed. Worp 1, 23 (1892) : ,De rustico et monacho'.
Geest van Jan Tamboer 1664 p. 27 ,Pots om pots' = Jan Tainbaur
(deutsch) um 1690 s. 27. Nieuwe snakeryen of vermakelyko historien,
um 1750 p. 365 (Berlin Zh 6144). Roger Bontems en belle humeur 1731
p. 66. Jaworskij, Urquell 1898, 195 nr. 2. Vgl. auch Fabnlae Aeso-
picae ed. Halm nr. 863: ,affe und delphin'.
82) Ein mann nennt die werke, die ermitderfrauen
braucht, bosselarbeit, (dingt auch einen knecht zu aller
bosselarbeit). — Bosselarbeit in gleichem sinne bei Luscinius,
Joci 1524 nr. 134 und Sommer, Emplastrum Cornelianum 1G09 nr. 30.
83) Ein knecht liegt im bett und klagt sich, wie
ihn so übel dürste. (Weil er zu faul ist sich wasser zu holen,
entlasst ihn der herr). — Aehnliches erzählt Mich. Saxo, Erklcrung
° des buches Tobiae, Jehna 1604 p. 557 = Melander-Kezelius, Jocoseria
(deutsch) 1605 2, 135 nr. 208 = 1617 2, 159 = Melandcr , Joci atquo
seria (lateinisch) 3, 53 nr. 38 (1607).
84) Zu Strassburg sieht einer eine frau, so mit
einem letzen pelz indiekirchegeht, für einen iir-
r i n an. — Abgedruckt bei Goedeke , Schwänke 1879 s. 295, nr. 248.
— Vgl. Fischart, Geschichtsklitterung 1575 cap. 56, s. 451 ed. Ableben.
s. 345, 19 vgl. Wander, Sprichwörterlexikon 2, 1768 nr. 129: .Jedes
land hat seinen tand'; 2, 1770 nr. 169—171: ,So manch land, so manch
»itten'.
s. 345, 21 vgl. Wander 2, 1511 nr. 319—331 : .Viel köpf, viel sinne*.
85) Der teufelnimmteinezu derehe, in acht tagen
tötet er sie. — Von einem teufelskinde , das 1565 eine frau zu
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020
Anmerkungen.
Schmirtz geboren, erzählen Hondorff, Calendarium sanctorum et hi-
storiarum 1573 1, 122a und Biitner-Steinhart, Epitome historiaruiu 1596
bl. 27 b. Vgl. Menzel, Deutsche dichtung 2, 154.
86) Zween jung gesellen beschlafen einem wirt
sein weib und tochter. — Nach Boccaccio, Decamerone 9,
6; vgl. Val. Schmidt, Beiträge 1818 s. 96. Dunlop-Liebrecht s. 248.
Landau, Quellen des dekameron 1884 s. 151. — Vgl. v. d. Hagen, Ge-
samtabenteuer 3, 787 : ,Von zwain Studenten' (auch in der Wiener hs. 2885).
Rüdiger von Munre, Irregang und Girregar (ebd. 3, 87 nr. 55). De ge-
neribus ebriosorum 1515 (Zarncke, Die d. Universitäten im mittelalter
1,137. 1857): ,De duobus studentibus, qui hospitem cum uxore et filia
inebriarunt'. Hans Sachs, Die zwei gesellen beim wirt, der nur ein kam-
mcr het, meisterlied im langen ton H. Mügling 1554 (Dresdener hs.
M 5, 662 und M 207 , bl. 103 b). Lindener, Rastbuchlein 1558 nr. 24
s. 37 ed. Lichtenstein. Mahrold, Koldmarsch kästen 1603 nr. 94
(Frey ed. Bolte s. 274) Langbein , Die wiege (Gedichte 1, 198. 1820).
— Fabliau de tiombert et de deux clercs (Montaiglon-Raynaud, He-
cneil des fabliaux 1, 38) und Le meunicr et les deux clercs (ebd. 5, 83.
Engl. Studien 9,241. B&lier, Les fabliaux 1895 p. 463). Parangon des
nouvelles p. 41 (V). Lafontaine, Contes 2,3 (Oeuvres 4,202 ed. Reg-
nier): ,Le berceau'. Le berceau, comödie (Choix des Mercures et autres
journaux 13. 1758). Colld, Le berceau, opera 1763. Luzel, Soniou Breiz
Jzel 2, 203 (1890) : ,Le clerc et son frere laboureur«. Cinthio dei Fa-
brizii, Origine dei volgari proverbii 1526 nr. 25 : ,Tu vai cercando
Maria per Ravenna*. Fortiguerra, Ricciardetto 18, 45 (deutsch von
Gries 1832 2,279). Chaucer, Canterbury tales v. 3919: The reeve's
tale (deutsch von Hertzberg 1866 s. 279 ; von Düring 1835 2, 134).
Historie of the mylner of Abyngton, with his wife and his fayre daugh-
ter and of two poore scholers of Cambridge (Hazlitt, Romains of early
euglish populär poetry 3, 98. Englische studicn 9,247). Verwijs, Tieu -5
gocde boerden 1860 p. 11 : ,Een bispel van twe clerken'. Der jongc
dochters tijtcortinghe 1591 nr. 11. — Vgl. Varnhagen, Die erzählung
von der wiege (Engl, studien 9,240-266. 1886).
87) Warum die wölfe den schufen so feind und die
pfaffen den weibern so aufsätzig wären (Testament des
schäfers). — Vgl. Strassburgcr ratselbuch 1505, hsg. von Butsch 1876
s. 28 nr. 313 : .Warumb die priester die frawen und die "wolff die
schaff und die dornhecken die kleyder an sich ziehen*. Folz, Dreier
bauren frag (Meusels bibliogr. magazin 4, 127. 1791 ; vgl. Keller, Fast-
nachtspiele 3, 1214. 1271). Seb. Brant, Mythologi Esopi 1501 2, bl.
E5a: ,Quare lupi sectantur oves et sacerdotes insidias faciant mulie-
ribus' ; deutsch von J. Adelphus, Esopus leben und fabeln, Freiburg
1535, bl. 136 a = oben s. 522 nr. XXXII. Hans Sache, Das bauren ge-
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Gartengeselfochaft c. 85-89.
<)21
schefft, meisterlied im vergessen ton Frauenlobs 1546 (MG 8, 57. Dres-
dener hs. M 5,567. Nürnberger rascr. Solger fol. 56, 1,360 a) und
spruchgedicht: Ursprung dreyerley feintschaft: pfaffen, wolff und dorn-
heck 1558 (Folio 2, 4, 91 a = 9, 388 ed. Keller = Schwänke ed. Goetze
nr. 201). Vgl. Stiefel in der Nürnberger Festschrift Hans Sachs- For-
schungen 1894 s. 149. — Anders Fabulanus Kurzweil 1 , Tischreden
(Wiener hs. 14914) s. 690: ,Es hatte ein schuester drey dungethaufen ;
von disen hat er vor seinem todt disponiert und hat ainen davon
vermachet denen Schreibern, das sie statt in die äpfel die feder darein
stecken sollen; den andern aber denen spilleuthen, das, wan sie mit
denen fließen beim aufmachen stampfen, linder auftretten. Und wem
hat er den dritten häufen vermacht? Dir, damit du deine vorwitzige
nasen darein stecken kanst».
88) Einpfaffgiebt einem in der beicht eine selt-
same buss. — Vgl. das gedieht ,Die pawrn peicht' (Zs. f. vergl.
littgesch. 7,468; zuni anfange Cnesarius von Heisterbach 3,29) und
Hans Sachs, Der beckenknecht, meisterlied von 1550 (Zs. f. vergl.
littgesch. 7, 467. 11,76). Hertzog, Schiltwacht 1570 nr. 30 = oben s. 523
nr. XXXIII. Montaiglon-Raynaud, Fabliaux 3, 178 nr. 77 : ,De l'eveqtie«.
ßonchet, Serees nr. 34 (5, 70 ed. Roybet. Gekochte erbsen in den schuhen).
Mont-Cock, Vlaamsche vertelsels 1898 p. 279 (gekochte erbsen). J. D.
Falk, Die erbsen (nach Peter Pindar , d. i. J. Wolcot) = Rob. Falck,
Schatzkästlein deutschen scherzes 1884 s. 120. Merkens, Was sich das
volk erzählt 1892 nr. 260. Kristcnsen, Aeventyr fra .Tylland 2, nr. 36
(1884). — Die geile alte, die den burschen zurückruft, um ihm noch einen
zahnstumpf zu weisen, begegnet schon bei Kundus Cordus, De Crocide
anu (Epigrammata lib. 2 = Melander, Joci atque seria 3, 73 nr. 51. 1607).
s. 352, 29 vgl. Wander, Sprichwörterlexikon 5,572 nr. 2: .Alte
siegen lecken auch gern salz'.
80) Von eines bauernweib, dieihm inallendingen
zuwider was. — Lateinisch von Hulabusch, Syl?a 1568 p. 33 ,Dc
muliere pertinaci' und 34 ,Alia eiusdem farinae*. — a) streit, ob die
wiese gemuht oder geschoren sei. J. de Vitry, Exempla ed.
Crane nr. 222. Wright, Latin stories nr. 9. Nicolaus Pergamenus,
Dialogus creaturarum ed. Oraesse nr. 30. Etienne de Bourbon, Anec-
dotes bist. 1877 p. 205 nr. 243. Magnum speculum exemploruin ed.
Maior 1611, Pertinacia nr. 1; nach Gotschalcus Hollen, Serraones, pars
aestiv. nr. 82, lit. E. Romulus, Fabulae app. nr. 57: ,Do uxore pro*
terva'. Hervieux, Lea fabuliates latins 2, 5 18 nr. 73 ,De homine et uxore
litigiosa*. Gerhard von Minden ed. Seelmann 1878 nr. 28. Gerhard von
Minden, Fabeln ed. Leitzmann 1898 nr. 64. Korrbl. f. nd. Sprachfor-
schung 9, 43 (1884). Marie de France, Fabeln ed Warnke 189S nr.
95. Le pre* tondn (Montaiglon-Raynaud, Fabliaux 4, 154. Didier, Les
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022
Anmerkungen
fabliaux 1895 p. 47. 467). Meon, Nouveau recueil 1, 289. Hist. litt,
de France 23,191. Baaile, Pentamerone übers, von Liebrecht 2,264
anm. 69. Dunlop-Liebrecht a. 516. Benfey, Pantsch atantra 1, 523.
Orient und occident 3, 376. Gradi, Saggio di letture varie p. 36. Pi-
tre, Fiabe siciliane 4, 131 nr. 257 ,Forfici föru* = Crane, ltalian popu-
lär talea 1889 p. 285 nr. 96: ,Sciasora they were*. Ralston, Rusaian
folk-talcs 1873 p. 36. Asbjörnsen, Norske folkeeventyr nr. 64. Pitre
a. a. o. 4,412 und 447 ; dazu Novelline pop. tose. nr. 67. Mont-Cock,
Vlaamscbe vertelsela 1898 p. 342.
Nahe verwandt ist die geschichte vom läuaknicker (pedicnlo-
rus) : Vitry nr. 221. Etienne de Bourbon nr. 242. Dialogus creat. nr.
30. Wright, Latin storiea nr. 8. Poggius, Facctiae nr. 59 (Opera 1538
p. 437: ,De mutiere obstinata, qnae virum pediculosnm voeavit' = Face-
tiae 1798 1,68; vgl. 2,51) = Brant, Mythologi Ksopi 1501 bl. C3a;
deutsch von Adelphus 1535 bl. 124 b; Bebel, Geschwenk 1558 bl. i8a.
Pauli, Schimpf und ernst nr. 595 mit Oesterleys anm. Schertz mit der
warheit 1550 bl. 25b. W. Spangenberg 1610 (Fischarts dichtungen
cd. Kurz 2, 154). Melander-Kezelitis, Jocoaeria deutsch 1605 2, nr. 212.
Doctae nugae Gaud. Jocosi 1713 p. 166 und 187 (Poggius). A. Metzger,
meisterlied von 1625 = oben a. 525 nr. XXXIV. Rottmann, Historien-
schreiber 1717 a. 202 (2,43). Hebel, Werke ed. Behaghel 2,185 nr.
110. Merkens, Was sich das volk erzählt 1892 nr. 212. Cluchtbocck,
Antw. 1576 p. 134 = 1680 p. 181. Garon, Le chasse ennuy 1641 p. 321
(4, 8 : .cornard*) Decourdemanche, Fables turquea 1882 nr. 6. Weitere
nachweise bei R. Köhler, Kl. achriften 1, 136 ,La femme mechante1.
b) die ertrunkene koiferin wird stromaufwärts ge-
sucht: Vitry nr. 227. Ktienne de Bourbon nr. 244 und 299. Wright
nr. 10. Holkot, In librum aap. Sal. 30,8. Scala celi bl. 87 b. Speculum
exempl. Pertinacia nr. 2. Romulu8 app. 58: ,Iterum de uxore pro-
terva*. Poggius, Facetiae nr. 60 (1538 p. 487 : ,De eo, qui uxorem in
flumine peremptam quaerebat' = 1798 1,69; vgl. 2, 53) = Brant
1501 bl. C3b = Adelphus 1535 bl. 124b; Bebel, Geschwenck 1558 bl.
k la. Stengel, Opus de iudieiis div. 1651 2,535 = deutach 1712 2,
473. Doctae nugae 1713 p. 172 und 240. Nicol. Bartholomaeua, Epi-
grammata 1532: ,In Lincum*. H. Arconatus, üxor minua bona (Deli-
tiae poet. Germ. 1, 887). S. Scheffer, Kpigrammata p. 96 = Melander,
Jocoseria 1603 nr. 277. Faernua, Fabulae 1564 nr. 27. Barth, Fabu-
lae Aeaopicae 5, 20 (1623) : ,Vir uxorem in flumine quaerena'. Royer
de Nomceio, Epigrammata 1690: ,In fem in am submersam'. — Germania
3, 420 nr. 10 ; 5, 48. Gerhard von Minden ed. Seelmann nr. 29. Ger-
hard von Minden ed. Leitzroann nr. 65. Keller, Erzählungen aus ad. hss.,
1855 a. 204 (danach Simrock, Deutsche märchen nr. 61). Pauli nr.
142 mit Oeaterleya anmerkung. Schertz mit der warheit 1550 bl. 29 b.
Kirchhof, Wendunmut 4, 186. Lundorf, Wißb. wisenbrünlein 1, nr. 87.
A. Metzger, meiaterlied von 1626 = oben a. 526 nr. XXXV. Gerlach, Eu-
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Gartengesellachaa c. 89—92.
62:^
trapeliae 1, nr. 734. Schola cnriositatis 2,279. (C. Lehmann), Exiliii m
melancholiae 1643 8. 522. Conrad von Salzburg, Fidus salutis moni-
tor 1683 s. 59 (Zingerle, Zs. f. d. phil. 24,833). Rottmann 1717 8. 208
(2, 48). Vademecum f. lustige leute 2 , nr. 16. Ebeling , Taubmann
1882 s. 322. Recueil von allerhand collectaneia 11, 59 (1719). Ramlcrs
Fabelleae 3, 226 (1790) : ,Das ertrunkene weih« = Pfeffel, Poet, ver-
fiuehe 1,21 (1802). Firmcnich, Germ. Völkerstimmen 2, 253 : ,Der liam-
merschmied«. — Marie de France, Fabeln nr. 96. La Fontaine, Fiibles
3, 16 (Oeuvres ed. Regnier 1, 247). Garon 1641 p. 318 (4, 6). Chasse-
chagrin 1679 p. 139. Schreck, Finn. märchen s. 173 nr. 21. R. Köhler,
Kl. schriften 1, 506 *. Nyare bidrag om de svenska landsmalen 2, CV
nr. 87-39.
90) Von einem falschen notar und zwei jungen ge-
sellen. — Nach Poggio, Facetiae nr. 169 (Opera 1538 p 465:
,De notario Florentino falso« = 1798 1, 178) = Brant, Mythologi Esopi
1501 bl. G lb= deutsch von Adelphus 1535 bl. 146a. Vgl. Sacln, Der
falsch notarius, meisterlied von 1557 (Dichtuugen ed. Goedeke 1, 199;
MG 8, 59; auch im Berliner ms. germ. fol. 23, nr. 235 = Dresdener hs.
M 5, 594 = M 8, 539b = M 188, 270 = Gött. cod. philol. 194, 26b =
Nürnberger ms. Solger fol. 56, 1, 325a). Gerlach, Eu trapeliae 1, nr.841
(1656).
91) Drei dorfbäurinnen bezahlen einen wirt zu
Hagenau mit drei ratsein. — Vgl. F. Beroalde de Verville,
Moyen de parvenir nr. 40, p. 180 ed. 1889(Lequel est le plus vieil de
votre chouse ou de votre bouche ?). B. de la Monnoye, Lea deux bouches
(Contes en vers imites du Moyen de parvenir 1874 p. 70). — Andre un-
saubre rätsei bei Hans Sachs, Schwanke ed. Goetze nr. 140, auch im
Strassburger r&tselbuch ron 1505 nr. 71 und 88 (ed. Butsch 1876). An-
standig ist dagegen die anseinandersetzung, dass der b a r t ä 1 1 e r sei
als der mann (ebenda nr. 289; Memel,Lust. gesellschaft 1660 nr. 1129;
Fabulanus Kurzweil in der Wiener hs. 14914, s. 230), und die begrfin-
dung dafür, dass das haupthaar früher ergraut als der hart
(Oesterley zu Kirchhof 2, 151; Hulsbusch 1568 p. 300; Talitz, Reyßge-
spahn 1645 nr. 18; Gerlach, Eutrapeliae 1656 1, nr. 676; Memel 1660
nr. 207 ; Lyrum 1701 nr. 46 ; Bouchet, Serees nr. 84 = 5, 55 ed. Roy-
bet; Rosen, Tutinameh 2,285; Ispirescu nach Mag. f. d. lit. des aus-
ländes 1879, 580).
92) Ein müller nimmt einem bauern sieben sester
korn von einem viertel. — Uebersetzt von Hulsbusch, Sylva
1568 p. 35: ,Molitor capit quinque sextaria ex quatuor sextariis
granorum* = oben s. 527 nr. XXXVI. — Vgl. Hans Sachs, Der
müller mit der katzen, meisterlied vom 25. juni 1545 (Dichtungen
ed. Goedeke 1, 183; MG 7, 189) und Von einem müller und paw-
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C24
Anmerkungen
ern mit einem sack, meisterlied vom gleichen tage in des Schillers
hofthon (Nürnberg, F. Gutknecht = Berlin Yd 8448; MG 7,188 =
Dresd. hs. M. 8a, IIb = M 12, 129 = M 191, 10; auch im Weimarer
mscr. Q573, bl. 566 a): beide schwanke vereint in dem spruchgedichte :
.Warum die pawern den mülnern so übel vertrawen« (Folio 2, 4, 106 b
= 9, 450 ed. Keller = Schwänke nr. 241). Stiefel, Hans Sachs-for-
schungen 1894 s. 157 vergleicht zum ersten Saccbetti, Novelle nr. 199,
zum zweiten das fablel »Gombert et lea deux clercs' (Montaiglon-Kay-
naud, Fabliaux 1,22 und 5, 119). Weidner, Poetisches lustgärtlein 3,
bl. C 6 b (1022) = oben s. 528 nr. XXXVII. Talitz, Kurtweiliger reyßge-
spahn 1645 nr. 180—181 s. 241. J. Pratorius, Katzenveit 1665 bl. K 5 b.
Der kurtz weilige Arlequin 1691 s. 330; ,Üer behende müller (fischende
katze) und 333 : «Der ungemeine diebstahl'. — ,Le chat qui pßche' ist
ein altes Pariser hauszeichen (Berty, Revue arcbeol. 1845, 9).
s. 359, 25 vgl. Wander, Sprichwörterlexikon 4, 1290 nr. 78 (auch
81. 91): ,Wer leicht trauet, wird leicht betrogen'.
98) Von einem jungen kaufmann, dem in einernacht
drei tötlicher fahrlichkeiten zustunden. — Eine neue
bearbeitung des Andreützo; vgl. oben s. 582.
94) Wie eine frau der andern für übel hielt, dass sie
buhlte, und sie an solcher th at auch begriffen ward.
(Ehemann päderast). — Nach Boccaccio, Decamerone 5, 10; vgl.
Manni, Moria del Decamerone 1742 p. 367. Val. Schmidt, Beitrage
1818 s. 61; Dunlop-Liebrecbt s. 237; Landau, Quellen des dckameron
1884 8. 313. — Boccaccio benutzte Apuleius, Metamorph. 9, c. 22—29,
indem er den schluss etwas abänderte. H. Sachs, Die müllerin und fer-
berin, meisterlied von 1546 (MG 8,33. Dresdener hs. M 5,495. Wei-
marer mscr. Q573, bl. 316 a) nach Apuleius. Wieland, Tentscber Mer-
kur 1785, 2, 174. Morlini, Novellae nr. 31. Branthöme, Oeuvres ed.
Mörimee et Lacour 11, 198 (Hecueil des dames 2, disc. 1).
95) Wie ein jüngling für tot in einen kästen ge-
legt und des nachts von zwei Wucherern gestohlen
ward. (Er hatte im hause der geliebten unversehens einen schlaf-
trunkgenossen). — Nach Boccaccio, Decamerone 4,10; vgl. Val.
Schmidt, Beiträge 1818 s. 46; Cappelleti, Studj sul Decamerone 1880
p. 387-393; Landau, Quellen 1884 s. 89. Vgl. Hans Sachs, Der jüng-
ling im schrein, meisterlied von 1546 (MG 8,31) und Der jüngling im
kästen, comediavon 1557 (Folio 3, 2, 211 =28, 244 ed. Keller-Goetzc). Para-
bosco, Diporti nr. 4. Giraldi Cinthio, Hecatommithi 3,10 und 3 (15Ö5).
96) Wie ein junger bauernknecht, Lawel genannt,
sich zu einem stummen macht und in einem kloster
ein gürtner ward etc. — Eine neue bearbeitung von Boccaccio,
Decam. 3, 1 ; vgl. oben s. 573 zu nr. 29.
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Gartengesellschaft c. 92—98.
625
97) Sein weib verkauft einer den juden, (die das kind
aus ihrem leibe schneiden wollen; ein hinzukommender edelroann rettet
die frau). — Eine ganz ähnliche begebenheit ist dargestellt in einem
Hede: Wie ein mann sein eigen eeweib, welche groß schwanger eines
kindts wäre, den lnörderen verkauft hat, sie inen in ein holtz gelifert,
daselbst an einen bäum gebunden sie alda zu morden, geschehen [1575
zu Voilland] im stifft Bremen (o. o. — Wien, Steffan Creutzer 1575 :
,Hort allsammt fraw und man*. — Königsberg, Job. Taubmann 1579:
,lhr lieben Christen gebt euch zurhu4. — o. o. 1580: ,Ach wer will
hören singen1, 20 achtzeilige str. Berlin Ye 4529; vgl. Weller, Anna-
len 1,243 f., 2, 436 f.) und in einem andern Von einem wirt im AUger-
gaw, Bastian Schönmundt genandt, in ein flecken Kirchenboland won-
hafftig gewesen; wie er sein ehelich weib, so schwanger leibs gewesen,
dreyen mördern verkaufft, geschehen im 6. januarii anno 1596, auch wie
er seinen lohn empfangen und mit dem rad gericht ist worden (o. o. 1596.
Berlin Ye 5141: , Ihr Christen, höret ein wenig zu', 29 str. in könig Laßla
thon); ebenso in dem zuerst im 18. jahrhundert aufgezeichneten liede von
der verkauften müllerin (Erk-Böhme, Liederhort nr. 58 a— e. Köhler-Meier,
Volkslieder von der Mosel 1896 nr. 19 mit anm.). Ferner vgl. Zanach, Hi-
stor. erquickstunden 4, 2, 613 (um 1620). Sebald, Breviarium historicum 1655
a. 436. 469 (1646 geschehen) = Zeiller, Collectanea 2, 107 (1658). Memel,
Lust, gesellschaft 1660 nr. 1119. Banmgarten, Linzer museumsberichte 24,
97. 25,137. Schulenburg, Wend. volksaagen 1880 8. 245. Bartsch, Sa-
gen aus Mecklenburg 2, 332. 335. Strackerjan, Aberglaube aus Olden-
burg 2, 127. Verh. der Berliner gea. f. anthropol. 1886, 252. Hars-
dörffer, Schauplatz jämmerlicher mordgeachichte 1652 nr. 182 (bei Up-
sala geschehen); dazu Arwidsson, Svenska forns&nger 2, 109 nr. 93 »Jo-
hannes* und Svenska landsmSlen 7, 6, 37. — Aus den händen oder dem
fette der ungeborenen kinder verfertigte man diebslichter, die
nach dem weitverbreiteten volk8glauben das erwachen der zu berau-
benden leute hinderten, oder man verzehrte das herz der leibesfrucht.
Vgl. dazu R. Köhler, Zs. f. dtsch. mythologie 4, 180; Erk-Böhme I,
198; Böckel, Volkslieder aus Oberhessen 1885 s. XXVI-XXXIU. Fer-
ner: S. Heinnitz, Historia laquei venatoris 1608 s. 15. G. Ludwig,
Chronik von Brünn 1859 s. 45 (1598). Happel, Relationes curiosae 5, 95.
Schade, Wissenschaftl. monatsbl. 1879, 141.207. Birlinger, Aua Schwa-
ben 2, 434 (1874). Haupt, Sagenbuch der Lausitz 1862 s. 199. Am
Urdsbrunnen 1, 16. 3, 16. Lammert, Volksmedizin 1869 s. 84. Zahler,
Die krankheit im Volksglauben des Simmenthals 1898 s. 24. Herrlein,
Sagen des Spessarts 1885 s. 300 (kindsfinger macht unsichtbar).
98) Einjungermönch beschläft einesbauern toch-
ter, und sein abt ward es innen. (Der tnönch aber belauscht
darauf den abt bei dem gleichen vergehen). — Nach Boccaccio,
Decatnerone 1,4; dazu Landau, Quellen 1884 s. 174; Cappelletti, Studi
MontuntiM 40
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G2G
Anmerkungen
1880 p. 297-801. — Vgl. Cento novelle antiche nr. 54 (d'Ancona, Ro-
mania 3, 175). Montaiglon-Raynaud, Fabliaux 3, 178 nr. 77 ,De l'eveque
quit be"nit le c. de sa maitrcsse' (Bödier 1895 p. 462. Kalenberger v. 861
in Bobertags Narrenbuch 1884 s. 40. Des Periers nr. 34). Bandello,
Novelle 2, nr. 45 (1554). Mahrold, Roldmarsch kästen 1608 nr. 3 (Frey
ed. Bolte 9. 267). Guichard, Contes et fables 2, 30 (1808) : ,Le moine ruse'.
90) Ein mönch verkuppelt zwei in der beichte zusam-
men ohne sein wissen. — Nach Boccaccio, Decamerone 3, 3 ;
dazu V. Schmidt, Beiträge 1818 s. 15-22; Du Meril, Hist. de la poesie
scandinave 1839 p. 347; Dunlop-Liebrecht s. 227; Landau, Quellen 1884
s. 101. 127. - Vgl. v. d. Hagen, Gcsamtabenteuer nr. 14 ,Der schülcr zu
Paria4. Keller, Erzählungen aus ad. hss. 1855 a. 232 ,üy falsch peicht4
und 242 ,Von ainem inünch4. Kaufringer, (iedichte ed. Ettling 1888
s. 87 nr. 7. Meisterlied im speten ton 1515 = oben s. 530 nr. XXXVIII.
Bebel, Facetiae 3, nr. 67: ,I)e astutia mulieruni4 = Geschwenck 1558
bl. Y4b. Rcrtzog, Schiltwacht nr. 1 = oben s. 534 nr. XXXIX. Vel-
ten führte 1690 in Torgau ein Schauspiel ,Der ehrliche kuppler* auf
(Fürstenau 1, 307). Vademecum für lustige leute 3, nr. 236 (1767).
Sercambi, Novelle ed. Renier 1889 nr. 75 ,De malitia mulieris adultera*.
Masuccio, Novellino nr. 30 p. 323 ed. Setteinbrini. Ginthio dei Fabrizi,
Origine dei proverbi volg. 1525 nr. 36 : ,Ogni cuffia scusa di notte4.
Fortini, Giornate de'novizi nr. 45 (Festschrift der univ. Zürich 1887
s. 83). Sagredo, L'Arcadia in Brenta 1684 p. 143—149. Etienne, Apo-
logie pour Herodote eh. 15, 30. Des Periers, Nonvelles recreations nr. 1 14.
La Fontaine, Contes 5,3: ,La confidente sans le savoir4 (Oeuvres ed.
Regnier 6, 24). Moliere, L'ecolo des maris (1661). Dorimond, La femme
industrieuse (1661). Lope de Vega, La discreta enamorada (vor 1603;
Comedias escogidas de los mejores ingeniös 3. 1653). Marston, Parasi-
taster (1606. Works ed. by Bullen 2, 105). Beauruont-Fletcher, The
widow (Koeppel, Quellenstudien zu den dramen Ben Jonsons 1895 s. 64).
Rhodes, Flora's vagaries 1663. Fane, Love in the dark, or the man of
business 1675. Otway, The soldier's fortune 1681. Susannah Centlivre,
Busy body 1709. Pieter van lersele, Wisen raet van vrouwen (Verwys,
Middelnederl. bloemlezing3). De jonghe dochters tijtcortinghe 1591 nr. 11.
Den narrade munken 1838 (Bäckström, Svenska folkböcker 1848 3,67).
100) Ein mönch beschlaft eines wirtes frau, aber
ohne ihr wissen. — Vgl. Euricius Cordus, De monacho quodam
ruri medicaute (Epigrammata üb. 4 p. 149 = Melander, Joci atque seria
1603 nr. 146 = deutsch 1605 2, 145 nr. 152). Bütuer, Epitonic histor.
s. 335 a = Zanach, Hiator. erquickstunden 4, 2,416. Sandrub, Deliciae
historicae et poet. 1618 nr. 48 (nach Cordus). A. Metzger, meisterlied
von 1625 = oben s. 537 nr. XL.
101) Von einem pfaffen, meier, seinem weib und
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027
fahrenden schuler. (Der schüler beschwört den versteckten buh-
len der bäurin in gegenwart des niannes, der jenen für einen teufe!
hält). — Vgl. Wuldis, Esopu8 4,66 (1548): ,Vom Studenten und
einem müller'. Ueber die zahlreichen bearbeitungen dieses schwankes
8. Bolte- See) mann, Niederdeutsche Schauspiele älterer Zeit 1895 s. *42
bis *48; ich fuge hinzu zu s. 431: Fortier, Louisiana folk tales 1895
p. 90. — Zu 8. 44*: Hans Sachsens meisterlied von 1549 auch in der
Dresdener hs. M 5, 186; ein andres meisterlied in der rebenweis Hans
Vogels vom 27. sept. 1548 = oben s. 538 nr. XLI. — Zu s. 45 2 : Linde-
ners erzählung ist wiederholt bei Bütner, Epitome hist. 1576 bl. 63 a
= 1596 bl. 45 a = Liechtenberg, Goetia vel theurgia 1681 s. 246 bis
249 (danach Pröhle, Feldgarben 1859 s. 866) = Zanach, Histor. er-
qnickstundcn 4, 2,490. — Zu s. 45 6 : Bidermann, Utopia 1691 (zuerst
1640) p. 182-149 = Huri, Bacchusia 1677 s. 125-148. - Zu s. 473: Lea
recreations francoises 1, 131 (1662). Chasse-chagrin 1679 p. 272. Nou-
veauxcontesä rire 1702 p. 217: ,Le diable traiteur*. Säbillot, Archivio
dellctradiz. pop. 13,281. Der lust. hcerpaucker 1672 s. 69—78. niederer,
Das poet. schertz-cabinet 1713 nr. 72. Vade mecum f. lust. leute 1, 112
nr. 133 (1767). Mont-Cock, Vlaamsche vertelsels 1893 p. 200.
102) Ein pfaffbeschläft eines bauern weib, giebt
ihr 8 e i n e n chorrock zum pfand, betrügt sie danach,
d a s 8 er ihm wieder wird. — Nach Boccaccio, Decamerone
8,2. — Vgl. Oesterley zu Kirchhof, Wendunmut 3, 176 und Bolte zu
Frey, Gartengcsellschaft nr. 76 ; ferner Nicolas de Troyes, Parangon des
nouvelles nr. 148. Firenznola, Ragionamenti nr. 4: ,Di prete Gio-
vanni e della Tonia4. Gir. Giraldi Novelle 1819 nr. 1. Sagredo, L'Arcadia
in Brenta 1684 p. 154. H. Vogel, Das schön goltschmits weib, meister-
lied von 1539 = oben s. 540 nr. XLII. H. Sachsens lied ,Der pfarrer
mit dem korrock (1545) steht auch im Dresdener mscr. M 195, bl. 275a;
H. Hoffotts lied ,Der student mit dem mörser* (1551) auch im Nürn-
berger ms. Solger fol. 56,1, bl. 355 b; Hans Sachs, ,Der hecker mit der
gans4 (1553. MG 13, 110. Dresd. mscr. M 5, 138); ein anonymes von
1557 ,Die beurin mit dem mörser4 in der abentheuerweis Foltzen von
1557 im Nürnberger ms. Solger fol. 56, 1, bl. 326 b: ,Ein pfarer in eim
dorffe Bas'; B. v. Watt, ,Der student mit dem mörser4 in der berenweis
B. v. Watt, 1592 = oben s. 541 nr. XLI1I: ,Nun hört, im Baierland
zu Tngolstatt'. Jan Tamboer 1664 s. 153 = um 1690 s. 137. 221.
Sommerklee und Wintergrün 1670 s. 183 nr. 333. Der kurtzweil.
Arlequin 1691 s. 476. Lyrura 1701 nr. 162. C. Friederici, Oel und
wein 1,54 (1719): ,Der undanckbare Franzoß4.
103) Von einem pfaffen, der den zehnten von den
eheweibern haben wollte. — Vgl. Poggius, Facetiae nr. 155
,De presbytero, qui adolescentulae decimas dare praecepit' (Opera 1538
40*
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628
Anmerkungen.
p. 462 = 1798 1, 168) = Brant , Mythologi Esopi 1501 bl. C5a .De
aaccrdote, qui decimam indebitam exegit' (deutsch von Adelphus: Eso-
pus leben und fabeln 1535 bl. 126b) = J. Percgrinus (Gast), Convi-
valium sermonum liber 1541 bl. P5a (=1543 bl. R6a: ,De sacerdote*
= 1554 1, 255). Frischlin, Facetiae 1600 p. 13 nr. 29 ,De puella con-
fitente*. Mclander , Jocoseria 1617 3,219. Kaufringer, Gedichte ed.
Euling 1888 s. 141 nr. 12. U. Sachs, Die schusterin beicht, meisterlied
in der steigweis Bogners (MG 16,72. Dresd mscr. M 5,302: ,Ein schu-
ater in einem dorf sasse'). Kirchhof, Wendunmut 2, 8G. Sommer, Em-
plastrum Cornelianum 1609 nr. BS: ,Von einer frawen, die dem pfaffen
den zehenden gab«. Lundorf, Wiabadisch wiaenbrünlein 2 (1611) nr. 14
(cit. Colloq. Asi. contra f. Anahelmum). Die im Ro3enthal bey Leipzig
mit einer galanten schätferey prangente Pleiase 1707 8. 160: ,Der un-
gemeine lauteniat* (gedieht). Den roomschen üylenspiegel 1671 a. 482.
— A. de la Sale, Cent nou volles nouv. nr. 32 »Lea dames dismees'. La
Fontaine, Contes 2, 2 (Oeuvres 4,174 ed. Regnier) : ,Les cordeliera de
Catalogne*. Pasae-partout de Peglise romaine 1777 1, 347. Malespini,
Ducento novello 1, nr. 23. Kryptadia 4, 9 (polnisch).
104) Ein stationierer zeigt dem volke kohlen für
h e i 1 1 u m , (die zwei bekannte ihm in die hände gespielt hatten). —
Nach Boccaccio, Decamerone 6,10; vgl. Val. Schmidt, Beiträge
1818 s. 65; Dunlop-Liebrecht a. 237 ; Landau, Quellen 1884 s. 92. Bebel,
Facetiae 1,63 und 65 ,De atationario' = Geschwenck 1558 bl. Ria und
Elb. Luther, Tischreden ed. Förstemann 3,256. Kirchhof, Wendun-
nmt 1, 2, 76—77 und 5, 47. Hulsbuach, Sylva aermonum 1568 p. 280:
.Hierophanta oatenilit foenum pro reliquiiV. Zimmerache chronik 2
2, 452, 1 (Martin Viacher, stationierer, zeigt in Mösskirch heu statt des
lieiltums von at. Bernhartaperg). M. Chemnitius, Examen concilii Tri-
dentini 1696 4, 12 a. Bötner-Steinhart , Epitome hiatoriarum 1596
a. 6 b. Melander, Joci atque seria 1603 nr. 223 = 1617 1, 73. Zanach,
Histor. erquickatunden 4, 2,647. Gerlacb, Eutrapeliae 1, nr. 635 (Tetzel).
Lange, Deliciae academicae 1665 3, 61. Löscher, Vollst, reformations-
acta 1, 410 (Iselin). iL Sachs, Der prueder Zwiffel 1540 (MG 5, 114 b)
und Spruch gedieht 1540 (Schwänke ed. Goetze nr. 61); Der münnich
Zwiftel mit seira heiltumb 1558 (Folio 2, 4,99 a = 9,420 ed. Keller =
Schwanke ed. Goetze nr. 217). ßaumbach, Abentevier und schwilnke
1884 s. 159: , Die gestohlene feder*. Nie. de Troyes, Parangon des nouv.
nr. 112. Etienne, Apologie pour Ht'rodote 1, 365 (1738). Parabosco,
Novelle nr. 3. Greene, Works 5, 266 (The spanish masquerado 1589).
Tarlton, News out of purgatory ed. Halliwell 1844 p. 82. Den roomschen
Üylenspiegel p. 455. Benfey, Pantschatantra 1, 410.
105) Von einer müllerin, wie sie einen doraherren
betrog. (Er findet ihre eselin im bett.) — Nach dem v o 1 k s 1 i e d e
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Gartcngesellschaft c. 103—108.
()20
,Ich weis mir ein stolze müllerin' (zwei Nürnberger, ein Augaburger
und ein Magdeburger einzcldruck in Berlin Yd 9766, 9769, 9773, 9776.
Ambraser liederbuch 1582 nr. 220. Hsl. in Pest, s. A. Harlniann, Mei-
sterliederhandschriften in Ungarn 1894 s. 68. Abschrift im Berliner
nie. gerni. qu. 709, 31. Melodie bei Böhme, Altdeutsches liederbuch
nr. 44 und Erk-Böhme, Liederhort nr. 155), nd. in den Niederdeutschen
Volksliedern, Hamburg 1883 nr. 154: ,Ick weth my ein stolt möllerin*
(20 str.). Eine hsl. fassung des 15. jahrh. in Karlsruhe (St. Georgen
71, bl. 182 b. Mones anzeigor 7,67. Keller- Sievers, Verzeichnis alt-
deutsch, hs. 1890 s. 42) beginnt: ,Nun merkent al geliche von ainer
müllerin', 22 str. In prosa auch bei Kirchhof, Wendunmut 4, 240.
Diese geschiente erscheint uns als eine Steigerung des fahl eis ,Le
pretre et Alison4 (Montaiglon-Raynaud, Fabliaux 2,8 nr. 31), wo dem
lüsternen priester eine garstige vettel untergeschoben wird; vgl. Boe-
euccio 8, 4. Bandello 3, nr. 47. Comptes du monde adventureux nr. 8
p. 50 ed. Frank. Bigarrures du seigneur des Accords 1, 16 p. 116 ed.
1C62. Nie. de Troyes, Parangon des nouvelles ed. Mabille 1869 nr. 8
(liolzfigur im bett). Sercambi, Novelle ed. Renier 1889 nr. 20 ,Ue pru-
dentia et castitate* (leiche im bett). Keller, Fastnachtspicle 1, 1 19 (geiss).
106) Ein pfaff verliert seinen buppenhahn (durch
den schlauen knecht, der die rolle der ehebrecherischen biiurin spielt
und ihn reizt, an dieser räche zu nehmen). — Abgedruckt in Val. Schu-
manns Nachtbiichlein 1893 s. 358. — Nach dem auch von Schumann
benutzten meisterlicde des Hans Sachs ,Üer schmidkneebt mits
platten gschleuder' (1551. MG 12,82a und Weimarer mscr. Q 571,
bl. 75 a. Gedruckt Zs. f. vgl. litgesch. 7, 461 nr. 14). Verwandt sind
H. Kaufringers 13. gedieht und RosenplUts Spruch vom hasengeier (Zs.
f. vgl. litgesch. 11,73), aus dem das oben s. 543 nr. XLIV mitgeteilte
meisterlied geflossen ist. Andere parallelen habe ich zu Schumann
s. 380 und zu Frey s. 277 aufgezählt; vgl. noch Uünker, Zs. d. v. f.
Volkskunde 7, 310.
107) Ein pf af f r u f t 8 ei n er hure w e i b. (Sie kommt erst,
als er Pfuffenhure ruft).
108) Ein pfaff predigt all wegen, man solle viel
um gottes willen geben, (und verlieisst hundertfältige vergel-
lung. Ein bauer schenkt seine kuh und erhält sie nebst der des
pfarrers zurück). — Uebersetzt von Hulsbiwch, Sylva 1568 p. 30: ,Paro-
chus quidaru hortatur dare propter deum4. — Vgl. Pauli, Schimpf
und ernst c. 324. Scbertz mit der warheit 1550 bl. 75 b. Hans Vogel,
Die hundertfeltig gab, oder Der ptiwr und khu, meisterlied im hofton
Danheusers 1541 (Dresdener hs. M 5, 155. Breslaucr Iis. R 446, bl. 20Gb.
Berliner ms. germ. qu. 583, bl. 274 a) = oben s. 544 nr. XLV.
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630
Anmerkungen.
Mel ander, Jocoseria deutsch 1605 1, 247 nr. 253. Vorrath artl. ergötz-
lichkeiten 1702 nr. 76. Vademecum f. lust. leute 3, nr. 197 (1707).
— Etienne de Bourbon, Anecdotes bist. ed. Lecoy 1877 p. 122 nr. 143.
Vincentiue Bellov., Speculura morale 3, 10, 21 p. 1474 (1024). Bromyard,
Summa praedicantium E, 3, 47. Wright, Latin stories 1812 nr. 114.
Jean de Boyes, Brunain la vache au pretre (Montaiglon-Raynaud, Fab-
liaux 1, nr. 10). Beaufort d'Auberval, Amphibologie 1832 p. 201. Ar-
lotto, Facdtieä ed. Riatelhuber nr. 75. Libro de los enxeniplos nr. 68
(Bibl. de aut. esp. 51). Jack of Dover p. 343. Kamp, Danske folk-
aeventyr 2 (1891), nr. 6: ,Den gavmilde praest*. Vermast, Vertelsels
uit West- Viaanderen p. 136: ,De pastoor en boer Klaas4. Mont-Cock,
Vlaamsche vertelsels 181)8 p. 277. Kryptadia 1, 158 nr. 49 (russisch);
2, 183 nr. 5 (schwedisch); dazu 4, 221. — Entfernter steht Hervieux,
Les fabulistes latins 4,817 nr. 136: ,De quodam epsicopo Sardiniae et
quodara Saraceno'; ebenso Jaba, Recueil de röcits kourdes 18G0 p. 16
nr. 3 (frau des moliah, der freigebigkeit predigt, verschenkt einen seiner
röcke).
109) Eine äbtissin sitzt in einem kapitelundhat
eine hose auf dem haupte, (während sie eine unkeusche nonne
ausschilt). — Nach Boccaccio, Decamerone 9,2; vgl. Dunlop-Lieb-
recht 8. 248; Landau, Quellen 1884 s. 247. Mensa philosophica 1508
bl. 47 a ,de beginis* = oben s. 546 nr. XL VI. Adelphus, Margarita face-
tiarum 1503 bl. 0 7a. Schräm, Monopol iuin der schweinezunft 1494
(Zarncke, Die dtsch. Universitäten im ma. 1, 107. 1857). Morlini , No-
vellae 1520 nr. 40. Agricola, 750 Sprichwörter nr. 743: ,Wir seind alle
gebrechlich' (C'entonovella). Michael Beham, meisterlied im Münchner
cod. germ. 291, bl. 173. Hans Sachs, Die epthesin mit der pruech, mei-
sterlied in der spruchweise H. S. 1540 (MG 8, 32. Dresdener hs. M ^,
bl. 71a) und spruchgedicht von 1546 (Schwänkeed. Goetzenr. 85). H.Vogel,
Die eptiß mit der pruech in der hagelweis des Hülzings (Dresdener hs. M 8,
bl. 535 b). Waldis, Esopus4, 33: ,Von einer armen nonnen' (154S). Sommer,
Emplastrum Cotnelianum 1009 nr. 97 : ,Von einer beginen*. Mahrold, Rold-
marsch kästen 1608 nr. 92 (Frey s. 274). Exilium melancholiae H 10.
Rottmann, Historienschreiber 1717 s. 314 (3,9). Jonas Dachtimandes,
Die hosen des doktors im nonnenkloster 1783 (Maitzahn, Bücherschatz
1875 8. 447 nr. 1078). Fablel de la nonnette (Montaiglon-Raynaud,
Fabliaux 6, nr. 156). Henard contrefait (Hist. litt, de la France 23, 83).
Farce de l'abesse et les soeurs (Leroux de Lincy et Michel, Recueil de
farces 1837 2, nr. 14). Jean de Cond£, Dictz et contes ed. Scheler
lf-Hiö p. 174. Nicolas de Troyes, Parangon des nouv. nr. 152. Contes
du monde adventureux nr. 27. Noel du Fail, Oeuvres 1, 244 (conte 18).
H. Etienne, Apologie pour Herodote 2,22 (137'j). La Fontaine, Contes
4, 7 : ,Le pBautier4 (Oeuvres ed. Regnier 5, 407). Pulci, Morgante mag-
giorc 16, 59. Cintio dei Fabrizii, Origine dei volgari proverbii 1525
ur. 36: ,Ogni cuffia Bcusa di notte'. Tho. Twyne, The schoolemaster
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Gartengescllscbaft c. 108—112.
031
1576 (wohl nach Mensa philos.). Warner, Albion's Kngland (Chalmers,
Englisb poets 2, 570. 1810). Hooft, Doortrapte Meli« de metselaer
(1623). Den roomseben Uylenspiegel 1671 p. 489. Vade inecura til
tidsfordriv 1781 nr. 267. Holte zu Frey s. 249*.
HO) Ein nonnenklostcr wird visitiert, darin wird
ein junger gesell gefunden. (Beim entkleiden der nonnen
verrät ihn eine eroktion). — Vgl. Ziraraersche chronik* 3, 858 (kloster
Schmerlebach im stift Mainz). Melander, Joci atque seria 3, 63 nr. 47
1607: ,De adoleacente quodam, qui puellara se mentitus monialibus
quibusdam vitium intulit' = Verdeutschung 2, nr. 149. A. Sylvain
(= A. van den Bussche), Kpitomes de cent histoires tragieques 1581 p.229
nr. 91 (jüngling im nonnenkloster). Caesarius Heisterb., Dialogus nii-
raculorum 4, 91 (Heinrich Fikere). — Umgekehrt erscheint auch ein ver-
kleidetes weib im mönchskloster: Rutebcuf, Fröre Denise (Mon-
tuiglon-Raynaud, Fabliaux 3, 263 nr. 87. Begier 1895 p. 462). Öster-
ley zu Kirchhof 1, 2, 53. — Verkleidete manner unter den zofen
der unkeuschen kaiserin: Sercambi, Novelle inedite ed. Renier
1889 nr. 4: ,De magna prudentia4 ; dazu Köhler, Giornale storico della
lett. ital. 14, 94 (1889). Nie. de Troyes, Parangon des nouvelles nr. 124.
Dulac, Contes arabes nr. 4 (Mdmoires de la mission archeologique
au Caire 1, 110. 1889).
111) Pfaff Zianus macht seinem gevatter Petrus das
weib zu einer stute. — Nach Boccaccio, Dccaroerone 9, 10;
dazu Dunlop-Liebrecht s. 250; Landau, Quellen 1884 s. 152. — Vgl. Mon-
taiglon Raynaud , Fablinux 4, 209 nr. 108 ,de la pucele qui vouloit
voler4 (B&iier 1895 p. 470). Nicolas de Troyes, Parangon nr. 166. La
Fontaine, Contes 4, 10 (Oeuvres ed. Regnier 5, 483): ,La jument du
compere Pierre4. Grecourt, Oeuvres badines 1881 p. 840: ,La charrue*.
Casti , L'incantesimo (Novelle galanti). Batacchi, Novelle nr. 4: ,La
scommessa'. Pitre, Fiabe popolari siciliani 1875 4, 219 nr. 284 : ,I,u
riraitu1.
112) Von könig Artus, wie er durch Virgilium die
ehebrecherbrfleke zurichten Hess, (weil er seine gattin
beargwöhnte). — Nach Hans Sachs, Historia könig Artus mit der
ebrecher brück (1530; Sonderdruck Nürnberg, H. W. Glaser = Folio 1,
2, 172 = 2, 262 ed. Keller; unvollständige abschrift im Berliner ms. germ.
oct. 46, bl. 136b. C. Becker, J. Amman 1854 s. 160. Dazu ein kleiner
kupferstich von Virgil Solis, Bartsch 300 ; ein grosser holzschnitt von
Jo»t Amman, reproduciert 1883 und bei Hirth, Kulturgeschichtl. bilder-
buch 2, nr. 1095 — 1098). Hans Sachs schrieb auch 1545 ein meisterlied
im langen ton Müglins (MG 7, 97. Dichtungen ed. Goedeke 1, 175
nach Dresdener hs. M 10, 243 ; Weimarer h8. F 419, 591 ; Nürnberger
ms. Solger fol. 56, 1, 8b). Ein anonymes meisterlied ,Die ehebrecher-
bruck4, im langen thon Hopflfengarts den 23. okt. 1593 gedichtet, steht
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632
Anmerkungen.
im Erlanger mscr. 1668, 473a: , Ein konig in Pritania'. Auf dem Spruch -
gedichte des H. Sachs beruht auch Kirchhof. Wendunmut 2, 22 (1602).
Paracelsua, Werke 2, 569 (Strasaburg 1603). G. Rosshirt um 1575 in
der Karlsruher ha. 437, bl. 400a (W. Meyer, Nürnberger Faustgeschichten
1895 8. 380). Geh. Unterredungen von magia naturalis s. 176 = Thar-
sander, Schauplatz vieler ungereimter meynungen 1, *509 (1736). —
Vgl. Albrecht v. Scharfenberg, Der jüngere Titurel ed. Hahn 1842 v.
2248—2378 (Klingsors brücke zu Florischanz). Meister Altswert, Spiegel
(ed. Holland und Keller 1850 s. 179, 19) citiert ,die brück zu Karidol'.
Warnatsch, H. v. d. Türlins Mantel 1883 s. 82 erinnert noch an die
,Brucke der prob der trew« im Amadie 4, 2, 125b (Augab. 1578).
118) Von könig Alkino, wie der erstochen worden.
(Alboin und Rosamunde). — Nach Hans Sachsens spruchgedicht von
153G (s. unten). Vgl. Paulus Diaconus, Historia Langobard. 1, 27. 2,
28. Agnellus (Monumenta Germ., scriptores rerum Langobardicarum
1878 p. 339). Ekkehardus Uraugiensis, Chronicon universale (Monum.
Germ., scriptores 6, 143 f.). Godefridus Viterbiensia, Pantheon 23, 6
(Monum. Genn., scriptores 22, 214=Migne, Patrologia lat. 198, 9341)).
Jacobus a Voragine, Legend a nureac. 181 ed. Graesse. Boccacius, Dccasibus
illustrium virorum üb. 8, schluss. Selentroist 1484 bl. 78— Frommanns
- d. mundarten I, 225 nr. 67. Sabellicus, Exempla lib. 10, c. 4 = Exem-
pelbuch, deutsch von L. Brunner 1535 bl. 93b. Fulgosus, De dictis fac-
tisque memorabilibu8 1509 bl. T 4b (5, 4). Pauli, Schimpf und ernst
nr. 231. Schertz mit der Wahrheit 1550 bl. 45a (Stiefel, Archiv f. n.
spr. 95, SS). Krantz, Dania 3, 8; deutsch von H. v. Eppendorf 1545.
Münster, Gosmographia bl. 194. Mutius, De Getmanornm prima ori-
gine lib. 5 (1539 p. 43). Hedion, Chronica 1539 bl. 248. Nauclerus,
Chronica 1544 p. 564. Messias, Beschreibung christl. keyseren 1564
h. 238 (3, 23). Ireneua-Hondorft', Lob der ehefrawen 1568 bl. G2a und
H 2a. Hondortf, Promptuarium exemplorum 1570 2, 46a = 1572 a. 406.
313. Funccius, Chronologia 1578 bl. 119e. Dinothus, De rebus et fac-
tis mcmorabilibu8 1580 p. 471 (7, 4). Ravisius Textor, Theatrnm poe-
ticum et historicura 1592 p. 319 (2,97), ßütncr-Steinhart, Epitome
histor. 1596 bl. 276b. Tragica 1593 p. 119. 310. Melander, Joti atque
scria deutsch 1605 2, 415 nr. 371 = 1617 2, 340. Kornmann, Möns
Veneria 1614 s. 257. M. Sax , Keyaerchronica 2, 47 und Christi, zeit-
vertreiber 4, 6 (1628). J. D. Ernst, Histor. lusthaus 1,464 (1675). Nürn-
berger historienbuch (hs. 2434 des German, museums) bl. 239a (nnch
Münster). Acerra philolo^'ica 5, 33 (1708). Grimm, D. sagen' nr. 400
— 401. Bandello, Novelle 3, nr. 18 (1554) = Bändel lo- Bei leforest, Hi-
stoires tragiques 4, 550 nr. 73 (1593, zuerst 1571) = Turbcrvile, Tragical
tales, um 1576 nr. 5 (Anglia 13, 50). Dupont, Controverses dos sexes
masculin et foemenin 1541 bl. 220b und 230b.
Poetische bearbeitungen: Godefridus Viterbicnsis (Mo-
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Gartengü8ellschaft c. 112 — 113.
633
Dum. Germ. Script. 22, 215). Hans Sachs , Ein erschröckliche histori
von einer königin aus Uraparten 1536 (Folio 1, 2, 174 = 2, 271 ed.
Keller; auch einzeldruck ; Weller, Ann. 1,220. Nach Pauli); Rosimunda
die mörderin 1545, meisterlied in der alment des alten Stollen (,Alboi-
nus war ein künig reich'; stand im verlorenen MG 7, 49); Die königin
Rosimunda, tragödie 1555 (Folio 3, 2, 107b = 12, 404 ed. Keller; auch
nach Krantz; Qolther in der Nürnberger festschrift Hans Snchs-for-
schungen 1894 s. 267) und Die zwölf! argen königin, tragödie 1562
(Folio 4, 2, la = 16, 3 ed. Keller-Goetze) ; dazu Drescher, Studien zu
il. Sachs 1, 55. 2, 90 (1890 f.). Von einer künigin aus Lamparden,
anonymes meisterlied in des Spetcn thon : .Warhafftig wil ich', 7 str.
(Nürnberg, Val. Newbcr und Augspurg, Val. Schönigk. — In Berlin
Yd 8081 und 8086). L. Stelzer , Kunimunds schädel (Romanzen u.
balladen 1800 = Dietrich, Braga 2, 70. 1827). Gruppe, Alboin (1839).
W. Hertz, Albwin der Longobarde (Gedichte 1859 s. 215-242).
Schauspiele: Clem. Stephani, Von einer königin aus Lamparden
1551 (Wolkan, Böhmens anteil an der dtsch. litt. 3, S89). H. Sachs
1555 und 1562 (s. oben). Eine lateinische tragödie de Rosimunda Ve-
ronensi 1602 zu Cassel vor landgraf Moritz gespielt (Zs. f. vgl. littgesch.
2, 360). Actio de Albico rege eiusque praefecto Longino 1607 in Straaa-
bürg aufgeführt (Euphorion 5, 53). Chunemundus und Rosimunda, seenar
der Innsbrucker jesuiten 1662 (Serapeum 1865, 176). Locbner, Rosi-
munda oder die gerochene rächerin 1676. Rettenpacher , Rosimunda
(Selecta dramata 1683). Der rechtmessig gestraffte Hunnerich oder die
unschuldige mörderin Rosemunda (Jahrb. der d. Shakespeare ges. 1«),
150 nr. 79. ,Hunnerich* am 20. okt. 1718 zu Riga von der prinzipalin
Victoria Clara Böuicke gespielt). Albonio oder die kindliche liebe in
der räche ihrer eitern, oder Die Verachtung einer verliebten dainen ist
gefährlich, mit Arlequins furchtsahnien fackelträger und soldatesque,
Weisscnfels 1728, 3 akte in prosa (Gothaer cod. chart. B 1627). Fou-
que, Alboin 1813. F. v. Uechtiitz, Rosamunde 1834. Pannasch, Alboin
1835. Miltitz, Alboin und Rosamunde (oper, um 1835). Grillparzer,
Rosamunde, entwurf (Werke 1887 10, 115; vgl. 11,84). J. Weilen,
Rosamunde 1869. F. Michaelis, Rosamunde 1871. Metzdorff, Rosamunde
oder der fall des Gepidenreiches 1875. Kruse, Rosamunde 1879. Con-
sentius , Alboin 1881. Schuster, Alboin und Roshuund, 2. aufl. 1884.
Eichrodt , Alboin , heldenoper (Gesammelte dichtungen 1890 1, 389).
Walloth, Alboin (Neue dramen 1891). A. Ott, Rosamunde 1892. — Ru-
cellai, La Rosmunda 1525 (Klein 5,281. Gaspary 2, 552). Cavallerino,
La Rosimunda regina 1582. Casali, Alboino 1620. Rovetta, Rosmond a
1659 (oper). Soderini, Rosimonda 1683. Tosi e Pollarolo, Alboino in
Italia 1691 (oper; text von Corradi). Pollarolo, Rosimonda 1696 (oper;
text von Frigimelica Roberti). Ziani, Alboino 1707 (Wiener oper). G.
Gorini Corio, La Rosimonda 1720 und La R. vendicata 1729. Traetta,
Rosmonda 1755 (oper). Alfieri, Rosmunda (Tragediel, 289.1803);
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634
Anmerkungen.
deutsch von W. v. Ludemann 1825 (Alfieris trauerspiele 5). Lillo, Ros-
monda di Ravenna 1837 (oper ; text von L. Anialia Palladina). San-
galli, Alboino ro de1 Longobardi 1845 (oper; text von Rotondi). — F.
Porcel, Rosamonda en Ravenna 1844 (oper). — N. Cbretieu des Croix,
Alboin ou la vengeance (nach 1608). Claude Billard, Alboin 1609. Du-
perchc (?), Rosinionde ou Ie parricide puni 1640. B. Baro , Rosemonde
1651. — Davenant, Albovine king of tbe Lombards 1629. Zevecotius, Rosi -
munda tragoedia 1621. Strtiys, Albonus en Rosimondal631 (Worp, Invlocd
van Seneca 1892p. 160 ; Noord enzuid 18,213.1895). VYijnbeek, Albonus en
Rosemond 1770. — Hiärne, Rosi munda 1665 (Hanselli, Samlade vitterhcts-
arbeten af svenaka ffirfattare 3, 83; vgl. Ljunggren, Svenska dramat
1864 p. 569. Wrangel , Sverigee litterära förbindelser med Holland
1897 p. 200).
114) Zu Rom wird ein consul erstochen. (Cäsar vor
der ermordung gewarnt). — Vgl. Hans Sachs, Leben und sterben Julii
1563 (Folio 5, 2, SOOa =20, 373 ed. Keller-Cioetze). Ocsterley zu Kirch-
hof, Wendunmut 2, 7.
115) Jäc k 1 i n J ud von Obernbergheim ward zu En-
sisheim gehangt (wegen fälschung eines Schuldscheins).
8. 427, 14 der zug vor Metz, das im april 1552 eine franzö-
sische besatzung erhalten hatte, fand im Spätherbst d. j. statt. Karl V.
vormochte aber seine truppen nicht zum stürme zu bewegen und hob
die belagern ng am 2. weihnachtstage auf.
In den Strassburger ratsprotokollen wird der von Mon-
tanus berichteten angelegenheit mehrfach gedacht. Am 16. Oktober
1553 erhält Jockel jud von Obernberckbeim geleit, um in einer nicht
näher bezeichneten sache zeugen vernehmen zu lassen. Am 24. juli
1551 heisst es: ,Kpiscopi weltliche rhat zu Zabern schreiben, dass sye
Jecklin judin umb seiner mishandlung halben , namblich von wegen
eins falsch, den er gegen einem armen man gebraucht, gefengklich ein-
gelegt; bitten die pershonen , so bey der handlung gewesen , zu ver-
hören und inen, was man inbericht befind t, zu schreiben. Erkant:
die ernanten pershonen beschicken , mit ernst hören und wider her-
bringen'. Am folgenden tage (25. juli) findet sich die notiz : ,Ist ver-
lesen, was uff meines gnedigen herrn von Strassburg weltlicher rheten
schreiben erkundigt worden. Erkant: episcopi rhethen, was man er-
faren, zuschreiben.'
VII. Von untreuen wirten (s. 435 — 455).
Andre dichtungen, die dies thema behandeln, sind: Priauiel
von einem gast (WolfenbQttler hs. FO 2. 4. Aug. fol. bl. 129d. Uhl,
Priamel 1897 s. 102) : , Wan der gast von dem tische gaf. Hans Sachs,
Der guet und pos wirt 1561 (Folio 4, 3, 56a = 17, 228 ed. Keller-Goetze
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Von untreuen wirten.
035
= Schwanke nr. 270). Ein newcs lied von der argen geltsüchtigen wirt
schinderey, im thon : In gottes namen farcn wir. Nürnberg, Val. Newber
(,Sich klagt der vollen bruder orden4, 15 str. Berlin Ye 216. — Ver-
ändert, 19 str., o. o. u. j. Ye 221. Weller. Annalcn 1, 261. — o. o. 1611.
Berlin Ye 227). Dialogus zweier jungen kauffherren, wie man sie an
den herbergen empfangen und gehalten habe, Basel 1574. Regel und
underweisung, wie ein wirth seinen gast traetieren und abfertigen soll,
Speir bey M. Buchweiler um 1620 (,Dein lieb beweiß dem freunde dein4.
Münchner kupferstichkabinet) = Hirth , Kulturgeschichtl. bilderbuch 3,
nr. 1562. "Willi. Weber, Der h. würth, gastgeben, weinschenkeu, kellern
und hußkn echten in Nürnberg lobspruch (,Einßmahl ich einen wirth
tuet fragen*. Hs. 7161a des German, museums bl. 16a — 17b). Drei
lieder, Augspurg M. Fraucken erben: ,Wer essen will, der gehe zum
tisch', 9 str. ,Seyt gott willkommen herr biderman4, 5 str. ,Herr wirt
kompt her, hie hab ich gellt4, 5 str. (Berlin Ye 511); das erste lied
auch Yd 7801, 68 und im Berliner mscr. germ. qu. 718, nr. 32.
Bekannt ist Erasmus' gespräch ,Diversoria4 (Colloquia familiaria,
1667 p. 227). Luther (Tischreden 4, 672 ed. Förstemann) rühmt die
wirto in Schwaben und Bayern, weniger die in Hessen und Meissen,
und am wenigsten die in Niedersachsen.
438,6—18 Dem rei ch e n sc hl e m mer s c h m e i c h e 1 t de r
wirt. Vgl. oben s. 142, 5. 164, 13. 180, 19.
449, 27 Schlechtes bier in Schwaben. Der benediktiner
Job. Werlin in Seon hat 1646 (Münchner cod. germ. 3636 s. 420 nr. 97)
folgendes lied aufgezeichnet:
Es ist ein schand,
Das in dem Schwabenland
Das bier so schlecht,
Das ichs nit drincken möcht.
Ist gemacht auß haberstro;
Dessen seind die Schwaben fro
In dulci iubilo.
447, 7 Weinfälschung. Vgl. A. Hertzog, Jahrb. f. gesch. El-
sass-Lotbringens 10, 88(1894). Volz, Württemberg, jahrbücher f. vaterl.
gesch. 1850, 2, 104. Mathesius, Ausgewählte predigten ed. Loesche 2.
321, 32 (1897). Liebenau, Das gasthof- und wirtshauswesen der Schweiz
1891.
453, 17 Pferdefutter vom hausknecht gestohlen. Vgl.
Des teufels netz ed. Barack 1863 v. 12837 und 8302. Jac. de Cessolis,
De ludo scachorum c. 27 (Heinr. v. Beringen, Schachgedicht ed. Zimmer-
mann 1883 v. 7873. Pfarrer vom hecht ed. Sievers, Zs. f. d. altert. 17,
325, 16. Kunrat von Ammenhausen, Schachzabelbuch ed. Vetter 1892
s. 647 v. 16037. Stephan, Schachbuch ed. Schlüter 1883 v. 4200).
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G36
Erste zugäbe.
Neues über Michael Lindener.
(Sein tod. Zwei bilderbogen.)
Camillus Wendeler, der in seinen inhaltreichen arbeiten
über Fischarts Verhältnis zur schwanklitteratur und über Fi-
scharts bildergedichte (Zs. f. d. altertuin 21, 435. Archiv f. litt-
gesch. 7, 305) zugleich Lindener« lebensschicksaien mit schönem
erfolge nachgespürt hat, machte mich kürzlich mit einer nach-
richt über sein völlig im dunklen liegendes leben sende be-
kannt1. Es ist das eine interessante randbemerkung, die der
conYertit Jakob Rabus in sein« 1568 erschienene Verdeutschung
von Wilh.Lindanus1 Dubitantius de vera certaque per Christi Jesu
evangelium salutis aeternae via libris III instructus2 eingeschal-
tet hat. Lindanus' text lautet in Rabus' Übersetzung (s. 389 f.):
1) Zu den in meiuer ausgäbe von Val. Schümanns Nachtbüchlein
1893 8. VII 1 citierten litteratur über Lindener kommt noch ein auf-
satz von K. Kr oker (Schriften des Vereins f. d. gesch. Leipzigs 5, 191.
1896) ; vgl. auch Ü i r 1 i n g e r s sprachliche bemerkungen in der Ale-
mannia 16, 280. Eine erwähnung des Katzipori aus dem jähre 1558
oben s. 467 f. über die benutzung durch Hertzog s. weiter unten.
2) Coloniae, Maternus Cholinus 1565 (Berlin) p. 305 f. — Die Über-
setzung ist betitelt: »Dubitantius Drey Schöner Catholischer Gesprech,
Zwischen einem zweiffelhafftigen , vnd standthafftigen Chmten, Dubi-
tantio vnnd Constantio, von dem rechten Weg zu der ewigen Selig-
keit. Erstmalen, durch Wilhelmum Lindanum . . . Jetzunder . . .
in die Teutsche Sprach trewlich verdolmetschet, Durch Jacobum Rabus
Ulmensein, Christi Exulem Spontaneum. Gedruckt zu Collen, durch
Maternum Cholinum. M. D. LXVI1I. 8° (Strassburger univ. bibl. —
Weller, Annalen 2, 240).
*
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Neues Ober Michael Lindener.
G37
0 lieber gott, die ist ein kindisch lap- | penwerck, das man aus
schlechten blossen buchstaben eines sententz bald ein gantze prophe-
cei oder Weissagung schepffen will. Dann was ist leichtere dann zu
einer jeglichen sach irgend einen tauglichen versickel zu finden, welcher
die jarzal in sich begreiffe ! Vor etlich wenig jaren wurden mancher-
lei psalmen versickel herumb getragen, darinn die jarzal der Löwischen
belegerung , under Martin Raüheim geschehen , begriffen war. Also
wurden auch andern lumpen dingen ire verß aufgesucht
Dazu steht auf 8. 390 am rande folgende glosse des ver-
deutsch ers :
Michael Lindnerus Poeta Laureatus, so hernacher zu Frid-
berg eines todschlags halben gericht worden, hat ein gantze 3 buchlin
von disem narren wer ck geschriben.
Da unter Friedberg offenbar die Östlich von Augsburg ge-
legene bayrische stadt zu verstehn ist, wandte ich mich an das
königliche reichsarchiv zu München mit der anfrage, ob dort
oder im kreisarchive von Oberbayern akten oder nachrichten
Ober diesen kriminalfall vorhanden seien. Leider war das er-
gebnis der darauf angestellten nach forsch ungen negativ ; dafür
aber empfing ich von dem Augsburger forscher herrn Max Radl-
kofer, bei dem ich gleichfalls angefragt hatte, die gewünschte
aufklärung. In Paul Hector Mairs (f 1579) hsl. vorarbeiten
zu einer Augsburger chronik1 steht auf bl. 547 folgende kurze,
für uns aber recht wichtige notiz:
Michael Lindner ersticht ain. Ann disem obgemeltenn tag
[20. august 1561] hat der magister N. , gewesener schuelmeyster zue
sannt Ulrich, einenn altenn mann zue Lechhausen erstochenn. Michael
Lindner ist ein poet gewesenn. [Spätere randbemerkung :] Diser Lind-
ner ist zue Friedberg umb diser sach willen gericht wordenn mit dem
schwerdt die 7. martii anno 1562; hat vor seim end auf der pfaflen
begern das sacrament in ainerley gestallt nit empfahen Wüllen.
Im Katzipori 1558 cap. 79 (s. 134 ed. Lichtenstein) er-
zahlt Lindener von sich selber, er habe bisweilen ,ein carme-
*
1) Memmorij zu ainer cronica, so ich Paulus Hector Mair aus alten
geschriebnen und warhafftigen bttechern zusamen hab getragen , bis
ichs erst in ain rechte ornung bring oder ein anderer mach es nach
mir aus nach seinem gefallen (Bibl. des histor. Vereins in Augsburg).
— Vgl. Radlkofer, Zs. des histor. Vereins f. Schwaben und Neuburg
19, 46 und 21, 89.
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G38
Erste zugäbe.
lein und tractetlein1 für buchhändler verfertigt, unter andern
ein kurzweiliges gedieht zu der abbildung eines fräuleins, ,der
ein bott ein brieff bracht, und darneben ein kachel in der an-
dern band het, darein sie (mit Urlaub) bruntzet*1. Dieser holz-
schnittbogen ist zwar gleich manchen bildergedichten von Hans
Sachs und Fischart verschollen; doch vermag ich dafür zwei
andere flugblätter Lindeners vorzulegen : a) Rechtshandel eines
fischers und eines bauern, b) Regel für fischesser.
Das erste blatt, das in einem 1578 angelegten sammel-
bande des Zürcher predigers Job. Jacob Wiek (* 1523, f 1588)
auf der Zürcher stadtbibliothek (msc. F. 27) erhalten ist, ward
schon von Weller (Serapeuni 1863, 91 nr. 57) erwähnt, aber
erst von Wendeler (Archiv für litteraturgeschichte 7, 340. 434)
in seiner bedeutung gewürdigt2. Da es das datum 1561 trägt,
haben wir darin vermutlich das letzte schriftstellerische erzeug-
nis des unruhigen facetisten vor uns. Zugleich hilft es eine
stelle in F i s c h ar t s Geschichtklitterung (1575 cap. 48, s. 410
ed. Alsleben) deuten: ,besser [sei es] im schiffpruch ihm mit
eim hacken den arm [nicht : auge] durchstechen und sich also
retten lassen als ersauffen , wiewol einmahl ein undanckbarer
gauch einen drumb verklagt1. Diese geschiente, die mir sonst
bisher nicht begegnet ist, entlehnte der verdeutscher des Gar-
gantua offenbar aus Lindeners flugblatt, das sich wiederum auf
einen unbekannten historiker Poliander beruft.
Ein vhralte vnd wunderbarliche Historia, welche sich
an dem Rheinstrom, zur zeyt Kaysers Conradi | des
Ersten, im Jar, 0. CCCC. Bey einer Reychstatt,
Daselbst eygentlich vcrlauffen vnd zugetragen hat.
(Darunter ein 34,3 cm. hoher und 56 cm. breiter holzschnitt mit der
Jahreszahl 1561 , der durch einen bäum in zwei hälften geteilt wird.
Rechts sieht man den Rhein und dreimal den bauern und den schiffen
im Hintergründe rudert dieser in einem nachen auf dem ertrinkenden zu, in
*
1) Wendeler, Zs. f. dtsch. altertum 21, 441.
2) Den von Weller verschwiegenen aufbewahrungsort teilte mir
herr professor dr. Wendeler mit, der ihn gelegentlich von B&chtold er-
fahren hatte.
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Neues über Michael Lindener.
639
der mitte reicht er ihm eine stange, im Vordergründe ist der baner
ans ufer gestiegen und halt eino hand vors auge, während der schiffcr
noch im kahne steht. Auf der linken seite zeigt die obere hälfte zwei
gerichtssitzungen, eine in einem stattlichen hause, die andre davor im
freien; beidemal erscheinen bauer und schiffer vor dem tische der
richter. In der unteren hälfte halten zwei reiter zwiesprach mit sechs
unter einem bäume in hügeliger landschaft sitzenden knaben, die durch
stäbe und dudelsack als hirten charakterisiert sind. Unter dem bilde
steht folgender text in zwei spalten:)
Eins mals, nach dem der Rhein gar groß angelauffen und
eine brugk sumpt einem bawren hingefürt, der sich so dapffer
wehret, das er sich das wasser nifc unterdrücken ließ und mit-
ten auß dem Rhein bey einem dörfflein hülff begeret, da lau-
ter vischer sassendt, da sich keiner in sein schiffelein wagen
wolt ; dann der Rhein überanß groß war. Und doch einer, ein
trewer warbafiftiger gesell, Michel genant, auß initleyden und
erbarmung sich bewegen ließ und disem halb todten menschen
von gantzer seiner macht nacheylet unnd zu hülffe kam. Wie
er in aber schier erholet unnd doch der Rhein stets stercker
ward, warff er dem bawren ein lange stangen zu, die er er-
greifft, und stieß ihme ein auge auß, errettet ihne doch bey
seinem leben, das er nit ertranck, ffiret in also dem ufer (oder
gestadt) zu. Wie er nun auß dem schifflein steyget, blüttet
er fast und zittert hart darzu, ist doch fro, das er mit dem
leben darvon gekommen, gott gebe das auge sey, wo es woll.
Nach etlicher zeit aber, wie der bawr die gefahr seines
lebens, darinn er gewesen, vergißt, kompt er zu dem schiff-
man und begert, seines Schadens des augs halben vergnügt zu
sein, und fordert den schiffman für ein oberkeit, zeyget an,
wie das er im mit der stangen sein auge verderbt. Der s[ch]iff-
man gesteht es, bekennet die warheit, erzehlet auch, wie sich
die sache verloffen; unnd kommen also beyde für recht Die
sach ligt jar unnd tag vor gericht, man schickt hin und her
unnd kundt nicht auß der Sachen kommen.
Etliche auß den rhäten sagen , die der bawr mit butter
hafen und rheinkäselein, auch mit guten alten batzen gestochen ,
seytemal der schiffman gestehe, das er im das auge in der noth
mit der stangen außgestossen hab, mocht er vielleicht solches
gerne gethan haben und ein Übermut gewesen sein ; wie man
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640
Erste zugäbe
dann bald einen bossen erdencken kan, so man ein sache übel
oder b6ß deuten will, das man offt ein gutt schläwnige sache
vor gericht und recht mnbschlept, die leicht on allen Wider-
willen und mfihe küud gutlich verriebt und hingelegt werden.
Es sey ihm nun, wie ihm wolle, es thft einer ein ding gern
oder nicht, deren handel sich vil zutragen, so sey es nicht
desto weniger geschehen und der schade vor äugen ; item es
habe einer so ein gAtte entschuldigung, als er ymmermehr
wolle, so geht doch keiner lähr aus und ungestrafft und mOssc
gezllchtigt werden. Das fassen andere inn die ohren und be-
wegen es wol und nemens zu hertzen, rathschlagen dem nach
wie andere klüge gänse unnd erkennen öffentlich, daß der
schiffmann dem bawren sein auge zalen soll und in von deß
wegen vergnügen. Der schiffmann entschuldiget sich und zey-
get an, wie daß ers mit willen nicht gethan, sonder in, den
bawren, bey seinem leben erhalten und vom todt errettet habe
und deßhalben auch von seinet wegen in grosser gefahr seines
eygnen lebens gestanden sey, und appelliert weytter.
Wie sie nun nit auß der Sachen kommen kundten, tregt
es sich zu, daß ir zwen rathsherren eins mals spatzieren fahren
unnd zA einem hauffen rosszbAben kommen, welche unter einem
bawm, wie die jugend pflegt, gericht hielten, die einen listi-
gen geschwinden höben zA einem richter gesetzt, der überauß
scharpffsinnige antwort gab auff alles fttrb ringen unnd ankla-
gen; dem sie ein lange weyl zuhöreten. Wie aber die rossz-
buben vil bossen getryben hetten, fahet der ein rathsherr an
unnd fragt: ,Lieber, was woltest du für ein urtheyl geben
oder sprechen, wann einer inn Rhein gefallen unnd ertrincken
het müssen, so ihm keine fiirche zuhilffe kommen, und doch
der färche im ein auge außstiesse?1 Der knab sprach behend:
,Was? Ich wolt sagen, weyl er ohne hilff nit het künden
herauß kommen und sonst het ertrincken müssen, ob im sein
auge oder leben lieber gewesen4. Saget der rathsherr : lie-
ber, wie müßt man im dann thAn?4 — ,Das will ich euch
sagen4, sprach der knabe. ,Füre man ihn mitten in den Rhein
und werffe in wider hinein. Kompt er herauß, so soll ime
der schiffmann das auge zalen ; wo er aber ersiinfft, so sey er
im nichts schuldig. Und so er inn seiner noth letztlich noch
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Neues über Michael Lindener.
641
hilif begeret, und stiesse ihm das andere auge auch auß, daß
er gar blind wurde, so soll er den schaden zft der gefahr und
dem spott haben*.
Das zeygen die zwen rathsherren einer oberkeit an, die
disen knaben in den rath berüfften, und ein rathsherr biß an
sein ende gewesen und bliben ist.
Haec ex P o 1 i a n d r o Historico. Michael L i n d n e r u s
Poeta L.
Das zweite flugblatt, das ich in den reichen Sammlungen
des Germanischen museums zu Nürnberg aufTand , trägt das
da tum 1587, ist also erst 25 jähre nach Lindeners tode her-
gestellt, vermutlich als neue aufläge eines vor 1562 erschiene-
nen druckes. Lindener hat darin eine ältere lateinisch-deutsche
regel für fischesser mit holperigen reimpaaren eigener
mache erweitert und den schwank von dem von den F ti n -
singern vergrabenen krebs angehängt, den er auch 1558
im Katzipori cap. 58 (s. 114 L.; vgl. Hans Sachs 1, 162 ed.
Goedeke. Zimmersche chronik2 2, 531, 1) behandelte. Von
jenen merkversen gab Schindler, Serapeum 1841, 283 eine um
1500 in Tegernsee aufgezeichnete Fassung, die Wacker-
nagel (Kleinere Schriften 2, 30) wiederholt :
Charpfen ia in kopfis, hecht in achwantzia, grundel gar fris;
Nim pärm in mulis, präxen in mediia, renkchen in univerais,
Ratten in lebria, 8alm in fedria, al in mittel drummi8 ;
Ia röttl in prattia, schleyn in sulciB, aach und vorchen in totia,
In acbäria et caudia mande gebarniacbt viach, i. e. krepaen.
Conrad G es n er citiert im Fischbuch (deutsch von Forer
1563 bl. 193 b), dessen Vorschriften über die Zubereitung der
fische und die beste jahreszeit zu ihrem genusse meist mit
Lindeners versen übereinstimmen, wenigstens den auf die krebse
bezüglichen vers: ,Hey uns wirt das fleisch der schüren und
schwentzen sonderlich gelobt, als das verüle oder ryinen inn-
helt: In scheris et caudis mande geharnescht fisch1. Das
Strassburger rätselbnch von 1505 nr. 110 (ed. Butsch
1876) antwortet auf die frage, was das beste an den fischen
zu essen sei :
Montauua 4 1
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612
Erste zugäbe.
Salmeus in federis, rtipia, hechtilisque in leberis,
Carpeus in zünglis iss, alius im mitel drommis,
Stockfisch in blasiis, krepsius in schwantzis, barba mefllein lecker bias.
Kurtzer griff vnd bericht, Visch zu essen, für grosse
Herrn, welche zu jeder zeit am besten , vnd wo sie
anzugreiffen seind, Die Armen habends nicht.
(Auf dem 16 cm. hoben, 24,s cm. breiten Holzschnitte steht ein fischer,
der ein netz und einen fisch hält, einem wohlgekleideten bärtigen
herren gegenüber; am boden liegen vielerlei fische.)
Karpffen iö in kopfis.
Der karpff ist auü frischem wasser gsund,
Sonderlich im mertzn zu aller stund.
Hechten aber in schwantzis.
5 Der hecht, rottinen gar vil sind,
Im weinmond man sie am bestn find.
Gründlein, senglein gar friß,
Dise vischelein seind gar klein,
Darumb ißt mans mit bisselein.
10 Nimb barben in miiulis.
Burben und egle, wers kan han,
Seind gesund und gut im augstmon.
Bräxen in mediis.
liruxen gesotten und gebraten,
lö Im hewmond seinds gar wol gerathen.
Rencken in universis.
Ein gar guter visch ist der ronck,
Im mayen biß sein ingedenck.
Klaub ruttn in leberis.
20 Ruttn und üblen im herbst gut Bein,
So sie keck gbratn und gsottn in wein.
Salmen in federis.
Diser im hornung ist feyßt und matt,
Darzu gesund, wer in nur hat.
£} Aehle in mittel drummis.
Ein visch, der da ist gantz geschwind,
Im mayen sie am besten sind.
Die rottel in pratis.
Disr visch gbraten, solt du verstahn,
yo Gut zu gniessn ist er im wintrinon.
Schleyen fein in sultzis.
Das ist fürwar ein geyler visch,
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Neues über Michael Lindener.
643
Im mertzen ziert er wol den tisch.
Aesch, fobren in totis.
35 Aesch, forhen seind im jenner gut,
Die werdn keim armen brudr in hut,
Groppen super ruckis.
Groppe ist ein schleymiger viscb,
Im jenner gebackn in erbis.
40 Lawgelein in bauchis.
Lauglein, so dus im Springwasser weist,
Seind sie im hornung gut und feist.
Blickelein in grettis.
Blick ist ein visch, der ist wol schlecht,
4ö Im aprill ist er zu essn recht.
Hasseln sub schüppis.
Wann sie frisch sein und bereytet wol,
Im brachmon sie man gniessen soll.
Nasen schlecht in suris.
50 Im wintermon so er gfangn wirt,
Ist er sehr gut mit essig gziert.
Alatten in dickig.
Gantz dawig, 60 er ist gesotten,
Zu der zeit wann die wol ff thun zotten.
55 In scheris et caudis
Das seind, behiit uns alle gott,
Krebs, damit man die Fintzger spott,
Mande geharnischt visch,
Den sie fürs dorff auff einem plan
CO Als ein vergifft thier begrabn han.
Den bericht hab von eira jedn visch,
Die da ziern wol gar manchen tisch
Aber das will ich dich berichtet han:
Die reußn und Imminn solt ungessn lan.
Autore Michaele Lindnero, P. L. & Chronico. 1587.
Zweite zugäbe.
Über Bernhard Hertzogs Schiltwacht (1560).
Das jugend werk des elsassischen Chronisten Bernhard Hert-
zog, dessen tochter Anna Elisabeth sich 1583 mit Fischart
verheiratete, kann sich zwar keineswegs an Originalität und
41 *
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(341
Zweite zugäbe.
frische mit den früheren schwanksamm hingen seiner landsleute
Wickram, Frey und Montanas messen, verdient aber immerhin
eine eingehendere betrachtung, als ihm Goedeke (Grundriss2
2, 472) widmen konnte.
Die erste ausgäbe der ,Schiltwacht', die nach Meusebach
(Fischartstudien hsg. von Wendeler 1879 s. 145) 1560 erschien,
ist leider verloren ; aber wir besitzen zwei nachdrucke des 17.
Jahrhunderts. Angeführt wird das werk schon 1563 im bücher-
verzeichnis des Leipziger buchhändlers Christoph Ziehenaus
(Kirchhoff, Archiv f. gesch. des d. buchhandels 17, 15: Bern-
hardt Uertzogs Schiitwachbuchlein1) ; 1568 übertrug Hulsbusch
24 stücke daraus ins lateinische (Sylva sermonum iucundissi-
morum p. 200—231), und 1571 und 1574 gab es in Frank-
furter buchläden auch einen zweiten teil davon zu kaufen, der
freilich heut verschollen ist, aber offenbar einer ähnlichen
Spekulation sein dasein verdankte, wie Montanus mit seinem
andern teil der Gartengesellschaft auf Freys erfolg hin unter-
nommen hatte (Pallmann, Archiv für Frankfurts geschichte
und kunst n. f. 7, 165 und 171. 1881: ,Schiltwach ander
theil, 157-2 bogen1). Die titel der erhaltenen drucke lauten :
B) Schiltwacht, [ Die Schiltwache bin ich genant | Das ist, i
Ein kurtz w eiliges Büchlein [mit vielen Historien
vnd Dichtungen, zu] nutz vnd frommen angehenden Wach vnd
Rot- | temeistern, sauipt andern deren schlefferige vnd Melan- | lancho-
lische '!] Gemüter damit zuerrauntern, mit vielen | Schwencken augiret
vnd gemehret durch | Bernhard Hertzog. | [Holzschnitt: ein fürst
und hauptleute, dahinter zwei scharen landsknechte und eine stadt]
Zu Magdeburg bey Johan:Francken. | Titel schwarz und
rot gedruckt 12 bogen 8° o. j. (Berlin Yt 7771. Wolfenbüttel). —
Nach Meusebach (Fischartstudien 1879 s. 145) ist diese ausgäbe 1612
erschienen.
C) Schildtwach , | Die Schildwacht bin ich genant. | Das ist. | Ein
kurtzweiliges Büchlein, | mit vielen Historien und Dichtungen, | zu nutz
und frommen angehenden Wach- und | Rottmeistern , sampt andere
deren schlufferige, | und Melancholische Gemühter damit zu ermun- i
tern, mit vielen Schwencken augirt | und gemehrt | Durch | Bernhard
Hertzog. | [Holzschnitt: eine frau, hinter der zwei wickelkinder liegen,
kniet vor einem kaiser (Octavianus?;; im Hintergründe ein brennender
Scheiterhaufen und krieger.] | Gedruckt im Jahr, 1657. | 10% bogen 8°.
(Dresden, Lit. germ. rec. C390). — C stimmt, abgesehen von der seiten-
Verteilung und der Schreibweise, mit B völlig überein.
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Über Bernhard Hertzogs Schiltwacht.
645
Von den 86 nicht numerierten erzahlungen Hertzogs sind
mehr als die hallte älteren schwankbüchern entlehnt: 30 stam-
men aus Lindeners Rastbüchlein und Katzipori1 her, 7 aus Wick-
rams Roll wagen büchlin2, 5 aus Freys Gartengesellschaft1, 3 aus
Stainhöwels Aesop4; 3 sind meisterliedern von Hans Sachs5 und
eine dem Luscinius6 nacherzählt. Eine andere gruppe von schwan-
ken kann man als bearbeitungen oder absichtliche abwand-
lungen älterer vorlagen bezeichnen ; so ist nr. 1 offenbar durch
Boccaccios Dekameron angeregt, nr. 4 durch Lindener, nr. 2,
8, 11, 13, 17, 22 durch Frey, nr. 16 und 58 gehn auf das
Volksbuch von Eulenspiegel zurück. Für 27 nummern 7 endlich
vermag ich augenblicklich keine bestimmte quelle nachzuweisen.
Inhaltsübersicht.
Zum gütigen leser. bl. Aija.
1) Von einer witfrawen, wie sie einem Studenten ihre liebe eröffnet,
bl. Aiija. — Eine bearbeitung von Boccaccios Decameron 3, 3;
abgedruckt oben s. 534 nr. XXXIX.
2) Ein junger unnd ungewanderter geselle bulet höfflich umb eine
jungfraw. bl. A v b. - übersetzt von Hulsbusch 1568 p. 200: Iuvenis in-
expertus procatur civiliter4. — Wohl eine nachahmung von Frey nr. 1.
3) Ein thuniherr bulet umb eines balbierers tochter. bl. A 7 b. —
Übersetzt von Hulsbusch p. 202: ,Canonicus procatur filiam burbiton-
soris'.
4) Wie ein pfaff eine gute dirnen in ein faß beschied und an stat
derselbigen ein schwein darinnen fand. bl. A 8b. — Übersetzt von Huls-
busch p. 203: .Constituit presbyter conventionem cum puella in dolio,
loco cuius reperit suem*. — Ähnlich Lindener, Rastbüchlein nr. 14
(a. 29 h\
6) Wie ein fuhrmann sich zu einer guten dirnen, so er auffgeladen,
in ein faß leget, und wie es ihnen ergienge. bl. Bija. — Nach Lin-
dener, Rastbüchlein no. 8 (a. 21 L.). — Übersetzt von Hulsbusch
*
1) nr. 5, 30-33, 41, 43-46, 49, 53, 59-62, 64-78.
2) nr. 50, 54, 79-82, 86.
3) nr. 89, 40, 42, 51, 52.
4) nr. 83-85.
5) nr. 30, 48(?), 56.
6) nr. 63.
7) nr. 3, 6, 7, 9, 10, 12, 14, 15, 18-21, 23-29, 31-35, 47, 55, 57.
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616
Zweite zugäbe,
p. 205: .Auriga locat se cum puella in* vase vacuo*. - Ähnlich Zim-
mersche cbronik2 2, 650, 37 (mönch und nonne).
6) Ein junger gesell gab einer jungfrawen einen thaler , daa sie
ihn ließ auff daa hembde knien, bl. Biija. — Übersetzt von Hulsbusch
p. 206: .Dalerum dat quidam puellae, ut possit in eius indusio inge-
niculari'. — Vgl. B. Krüger , Hans Clawerts werckliche historien 1587
nr. 16. Sebaldu8, Breviarium historicum 1655 8. 526.
7) Wie ein priester einen überredt, er were impotens, noch doch
demselben bey dem weibe lag. bl. Biiija. — Ist ausführlicher in einer
italienischen novelle behandelt. Vgl. auch Jodocus Gallus, Mensa phi-
losophica lib. 4 tit. ,de obsessis' = 1603 p. 241. Bouchet, Serees nr. 8
(2, 119 ed. Roybet).
8) Wie einer einen Studenten bey seinem weibe fandt und wie er
ihn straftet, bl. Bva. — Ähnlich i rey nr. G7.
9) Von einer jungen frawen , deren ein alter mann drey hatte,
bl. B 6a. — Übersetzt von Hulsbusch p. 208 : .Iuvenculac cuiusdam ma-
ritus habuit tria'.
10) Eine magd hatte in einem jähr den hindern nicht gewischt
bl. B7a. — Übersetzt von Hulsbusch p. 209 : Ancilla non tersit podicem
uno anno*.
11) Von einer höfflichen bewrin und ihrer tochter. bl. B 7b. —
Vgl. Frey nr. 40.
12) Der palmesel licff mit dem höltzern herrgott in das gerner-
bauB. bl. B8a. — Übersetzt von Hulsbusch p. 210: .Asinus aufugit
cum imagine Christi in fornicem'.
18) Ein altes weiblein meinet sich unwirdig, den höltzern herrgott
an zu ruffen , betet den palmesel an. bl. Cja. — Vgl. Frey nr. 54.
Anders Bebel, Facetiae 1, 83 ,De simplici puella*.
14) Ein doctor der artzney thet seinem roß eine schalckheit. bl. Cja.
(Als sein pferd im wasser stehn bleibt, steigt er ab und wirft gras
hinein.)
15) Von einem alten herrn, der seine tage nie geritten hatte, bl. Cija
(Wird abgeworfen und will nie wieder reiten).
10) Von einem doctor, der gern einen guten weg ritte, bl. Cijb.
(Der knecht lässt ihn auf einerwiese hin und her reiten). — Vgl. Ulen-
spiegel, bist. 64.
17) Ein köcbin ließ sich hinden und fornen sehen, bl. C iiija. —
Ähnlich Frey nr. 79. Dazu noch Jodocus Gallus, Mensa philosopbica
4, c. 42 (1603 p. 284). Meisterlied in der lügen weis H. Vogels (Dres-
dener hs. M 5, 802).
18) Wie eine einem pfaffen beichtet, bl. C iiijb. (Als sie nicht sei-
nen willen thun will, verwünscht er sie öffentlich).
19) Eine fraw, die nicht frölich war, sie were denn zuvor geschla-
gen, bl. Cva. — Vgl. Hermotimus nr. 28 (Frischlini Facetiae 1660
p. 302).
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Über Bernhard Hertzogs Schiltwacht
647
20) Wie der stadachreiber von Libuß dem crtzbischoff von Meintz
verehret, bl. Cvb. — übersetzt von Hulsbusch p. 211: .Archigramma-
teus oppidi Libus erat coram archiepiscopo Moguntinensi4.
21) Ein pfaff prediget, es verschiede keiner aus dieser weit, er
luüate den teuffei zuvorsehen, bl. C 7 a.— Übersetzt von Hulsbusch p. 212:
,Quidam praedicat neminem mori, nisi videat prius daemonem in agone'.
22) Von einem pfaffen, der ein gauckelspiel anfieng. bl. C 7 b. —
Übersetzt von Hulsbusch p. 213: ,De sacerdote exercente circulatoriam
artem.' — Vgl. Frey nr. 19.
28) Ein geschwinde antwort eines kramers, der docken kauften
wolte. bl. Dja. (Er fragt, ob die töchter des kaufmanns feil seien).
24) Einea einfeltigen mönchs antwort. hl. Dja. (Er soll im nonnen-
kl oster nicht sagen : ,mein', sondern ,unser garten').
25) Wie etliche nasse knaben einen kautfmann hotilich beraubten,
bl. Dija. (Der dieb hängt ihm eine narrenkappe über; die bauern
halten ihn deshalb von der Verfolgung zurück).
20) Wie zween diebe einea diebstala halben uneins worden, bl.
Dijb. (Der eine dieb stiehlt tuch; der andre erbietet sich den laden
zu hüten, während der kaufmann jenem nachläuft). — Übersetzt von
Hulsbusch p. 215: ,Non convenit duobus furibus super furto'.
27) Wie ein kriegßman einen jüden betrog, bl. Diij b. (Er vertauscht
den versiegelten Schuldschein mit einem andern papier). — Übersetzt von
Hulabuach p. 216: ,Miles gregarius callide imponit Judaeo.4
28) Von einem wirt, der die vom adel schwager hiess. bl. Diiijb.
(Ein gast bezahlt ihm als einem verwandten nichts). — Übersetzt von
Hulsbuach p. 217: .Hoapea vocat nobiles affines'.
29) Wie ein schalckhafftiger mönch eine junge nonnc beschließ",
bl. D 5a. — Vgl. Oesterley zu Kirchhof, Wendunmut 1, 2, 56; auch
oben 8. 574 zu Wegkürzer c. 30.
30) Wie der bapst einem landsknecht eine buase auflieget, und
wie er sich hielt, bl. D 7a. — Nach H. Sachsens meisterlied ,Dcr
beckenknecht' von 1550 (Zs. f. vgl. litg. 7,467. 11, 76); abgedruckt
oben s. 528, nr. XXXIII.
31) Wie eine junge witfraw mit einem jungen gesellen eine wettung
traff, und was für ein urtheil darinnen gefiel, bl. D 8 b. (Sie wettet,
ob er eine nacht neben ihr schlafen könne, ohne sie zu berühren).
82) Wie ein edelman ein urtheil wieder sich selbst stellet, bl. Eja.
— Vgl. Nicolas de Troyes, Parangon de nouvelles nouvelles 1869 p. 203
nr. 47. Riederer, Schertzcabinet 1713 nr. 10. Rottmann, Historien-
schreiber 1717 s. 322. Kryptadia 2, 157 nr. 22-23.
83) Wie ein bawer sein grösten feind und gröaten freund für die
oberkeit brachte, bl. Eija. — Übersetzt von Hulsbusch p. 218 : ,Rusticus
adducit coram magistratu maximos amicum et inimicum*. — Vgl. Gesta
Romanorum c. 24. Köhler, Kleinere Schriften 1, 415. 455.
34) Es macht einer einen blind und wieder sehend, bl. Eiijb. (Stu-
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648
Zweite zugäbe.
dent schläft ein; seine freunde löschen das licht und thun, als ob sie
schach spielten). — Vgl. Kirchhof 3, 156.
86) Wie ein junger student bej einer edlen jungfrawen unwissend
schlieff, und wie ers innen worden, bl. Evb. (Er kennzeichnet das haus,
in das er nachts geführt war. Sein gesell erschreckt ein liebespaar
i tu schweinstall, wie Hans Clauert bei B. Kruger nr. 5).
30) Ein edel geschieht, einem edel man wiederfahren von einer ober-
keit. bl. Fija. — Nach L indener, Katzipori nr. 17 (s. 80 L.).
37) Ein eifferiger zorn , den ein meüpfaff auf der cantzel hatte,
bl. Fiija. — Nach L indener, Katzipori nr. 19 (s. Öl L).
38) Von einem, dem man ein zan ausbricht wider seinen willen,
bl. Fiijb. — Nach Linden er, Katzipori nr. 35 (s. 94 L.). — Über-
setzt von Hulsbusch p. 220: .Cuidam exseritur dens invitc'.
39) Von dreyen Studenten , die einen dreck in der milch finden,
bl. Fiiijb. - Nach Frey nr. 91.
40) Wo der landsknechte wohnung sein werde, wenn sie sterben,
bl. Fvb. — Nach Frey nr. 44.
41) Eine lecherliche antwort eines nerrischen grossen herrn, zu ei-
nem wirth geschehen, bl. F7 a. — Nach Lindener, Katzipori nr.54
(«. 111 L.).
42) Wie eine einfeltige junge tochter einem weisen mann auff eine
scharffe frage subtiel antwortet, bl. F 8a. — Nach Frey nr. 127.
43) Von einem bawren, der friede nam und schlug seinen knecht
in gottes namen zu todt. bl. F8b. — Nach Lindener, Katzipori
nr. 41 (s. 99 L.).
44) Ein reeept auff einen apoteckers gesellen zu Lützen geschehen,
bl. Gja. — Nach Lindener, Katzipori nr. 43 (s. 101 L.l. Übersetzt
von Hulsbusch p. 222 : ,Noquitia facta servo pharm acopolae4.
45) Ein billicher handel eines wandermannes seinem wirt vergolten,
bl. Gija. — Nach Lindener, Katzipori nr. 43 (s. 105 L.). übersetzt
von Hulsbusch p. 223: .Quidam agit debito modo cum suo hospite4. —
Vgl. ein meisterlied ,Dcr schuster mit dem köcher' im Weimarer mscr.
qu. 572, 290a. J. J. Weidner, Teutschen poet. lustgärtleins ander theil
1621, bl. Tijb. nr. 94 .Bullenzech4. Aurbacher, Laienbürger 1898 s. 79.
4C) Ein wercklicher betrug einer wirtin, der einem vom adel be-
gegnet ist. bl. Giija. — Nach Lindener, Katzipori no. 53 (s. 110 L.).
— Übersetzt von Hulsbusch p. 224 : ,Hospita imponit laseivo nobili vo-
lenti videre etc.4 — Vgl. Domenichi, Facezie 1581 p. 109. Sebaldus,
Breviarium bist. 1655 s. 527.
47) Von eines keysers tochter, die einem secretario unversehens
vermalet ward. bl. Giiija. — Die geschiente von Eginhard und Emma.
Vgl. Varnhagen, Longfellows Tales 1884 s. 92.
48) Ein bawer wird für der apotecken schwach, bl. Gvb. — Vgl.
Jacques de Vitry, Excmpla ed. Crane 1896 nr. 191 mit anm. Bedier, lies
fabliaux 1893 p. 430 (Vilain asnier). Tünger nr. 14. Keller, Fastnacht-
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über Bernhard Hertzogs Schilt wacht. 649
spiele 2, 686,22. Raber, Sterzinger spiele 2, 103(1886). H. Sachs, Fast-
nachtspiele ed Cioetze 7 , 69. Bolte. Der bauer im d. liede 1890 s. 28.
Lyrum lamm 1701, s. 448 nr. 532. Meisterlied im kurtzen ton Hans Vo-
gels: ,Ein bawer kam eins abends spat' (13erliner ms. germ. qu. 583,
bl. 152b. Erlanger inscr. 1668, bl. 563b). Melander, Jocoseria 2, 70
nr. 58 (1605).
40) Von einem meßpfaffen, der sich mit wein Überladen und sei-
nen bawren predigen solt. bl. G6a. — Nach Lindener, Katzipori
nr. 68 (s. 123 L).
50) Von zweyen landsknechten , die mit einander in krieg zogen,
bl. G7a. — Nach Wickram nr. 14. Übersetzt von Hulsbusch p. 225.
51) Ein pfaffenmagd trat in einen dornen bl. G8b. — Nach Frey
nr. 60.
63) Ein pfarrherr zeiget seinen bnwren die kerbe für heiligthumb.
bl. Hja. — Nach Frey nr. 62.
58) Von einem edelman , wie er einem mönch ein bossen riß.
bl. Hija. — Nach Lindener, Katzipori nr. 71 (s. 125 L.).
54) Von einem schalckhaflftigen gesellen , welcher einem priester
seine schuld beichtet, bl. Hiija. — Nach Wickram nr. 68. Übersetzt
von Hulsbusch p. 227 : ,Nequam quidam confitetur debita coram sa-
cerdote* .
55) Ein bawer, der calender für coriander aß. bl. Hiijb —
Übersetzt von Hulsbusch p. 228: .Rusticus insumit kalendarium pro
coriandro'. Vgl. Kirchhof. Wendunmut 1, 120.
60) Ein bawer aß seine hftndschuch für kuttelfleck. bl. Hiiija. -
Vgl. H. Sachs, Schwanke ed. Goetze nr. 265 (1560); dort wird auch
ein meisterlied von 1550 nachgewiesen. Stiefel , Zs. d. v. f. Volkskunde
8, 162
57) Ein pfaff predigte vom einreiten unsere berrn am palmtage,
und wie er des herrn esel vergleichet bl. Hiiijb. — Allegorie wider
die Lutheraner.
58) Wie ein alt par ehevolk von newen hochzeit hielten, bl. Hva.
— Übersetzt von Hulsbusch p. 229 : .Nuptias celebrant denuo coniuges
provectae aetatis'. — Vgl. Ulenspiegel bist. 67.
59) Ein geschwinder bescheid eines haußknechts einem edelman
gegeben, bl. H6a. — Nach L i n dener, Katzipori nr. 76 (s. 130 L ).
GO) Wie eines bawren tochter einen grossen dreck geschissen hat.
bl. H7a. — Nach Lindener, Katzipori nr. 82 (s. 137 L ).
01) Von einem bawrenknecht und einer guten frommen dirnen.
bl. H8a. — Nach L i n d e n e r , Katzipori nr. 84 (s. 138 L.). Eine an-
spielung bei Fischart, Gargantua 1582 c. 11 (s. 175 ed. Alsleben).
02) Von einem, der ein maul hatte sieben eilen lang. bl. H8b. —
Nach Lindener, Katzipori nr. 87 (s. 141 L.). Übersetzt von Huls-
busch p. 231 : ,Os habuit quidam diduetum septem ulnis4.
03) Wie etliche leckermeuler sich vereinigten , wer die hechtleber
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Zweit« zugäbe.
essen solte. bl. Jjb. — Vgl. Luscinius, loci ac sales 1524 nr. 161.
Juan Aragones, Cuentos 1576 nr. 3. Loockmans. Historien 1589 nr. 66
= Tijdschr. voor nederl. taalk. 13, 15. Sommer, Emplastrum Corne-
lianum 1609 nr. 37. Bächtold, Glirapfreden 1890 s. 5. Politischer sack-
pfeiffer 1663 s. 9. Philander. Zeitverkürzer 1702 nr. 530. Rottmann, Hi-
stoiienschreiber 1717 s. 454 (3, 81). Der kurzweilige polyhistor 1719
s. 221. Nugae vcnales 1720 p. 52. Lyrum larum löffelstihl 1730 nr. 91
Treichel, Am urquell 3, 302. Merkens , Was sich das volk erzahlt 2
(1805), nr. 202.
64) Von einem goldschmid und armen Studenten, bl. Tija. — Nach
Li n dener, Rastbüchlein nr. 3 (s. 8 L.). — Vgl. Hans Sachs , Der
badknecht (1541. MG 5, 219 = Dresdener hs. M 5, 573).
65) Ein student bitt eine mflllerin umb die herberg, die sie ihm
versagt, dieweil ßie vormals den pfaffen bey ihr hatte, bl. J 7b. — Nach
L indener, Rastbuchlein nr. 5 (s. 16 L ). — Vgl. oben s. 626 zu G 101.
06) Ein geygier sab in einer todtengruben und geyget den todten
ein täntzlein. bl. Kjb. — Nach L i n d e n e r , Rastbüchlein nr. 7 (s. 19 L.)
67) Ein pörtner in einem closter, thut einer armen frawen , die
das allmosen begeret, in einem todtenbaum den knmmer an. bl. Kiijb.
— Nach Li n dener, Rastbüchlein nr. 9 (s. 22 L.). — Vgl. ein mei-
sterlied von B. v. Watt (Hampe, Euphorion 4, 28).
68) Wie etliche gesellen einem saursenffer in seinen senff schissen,
bl. Kiiijb. - Nach Linden er, Katzipori nr. 29 (s. 88 L).
69) Von einer dirn, welche bey einem bierbrewer dienet zu Augs-
purg. bl. Kvb. — Nach Lindener, Katzipori nr. 36 (s. 95 L ).
70) Ein wercklicher spuderling von einem doctcr, einem edelman
zur antwort geben, bl. K6a. — Nach Lindener, Katzipori nr. 49
(s. 98 L.).
71) Ein narr reiset mit seinem herrn über feld und hette sich na-
ckend ausgezogen, bl. K 7a. -- Nach Lindener, Katzipori nr. 46
(s. 102 L ).
72) Von einem zauberer, der einem bawren sew verkeufft. bl. K7b.
— Nach Lindener, Katzipori nr. 46 (s, 103 L.). — Vgl. oben s. 565
zu Wegkürzer c. 8.
78) Ein pfaff verklagt seine bawren für dem bischoff und liess
einen grossen furtz. bl. K8b. — Nach Lindener, Katzipori nr. 50
(s. 107 L ).
74) Von zweyen bösen weibern, die mit einander zanckten. bl.Lija
— Nach Lindener, Katzipori nr. 55 (s. 112 L.).
75) Ein billiche antwort einem apt gegeben, welches ein kunst-
reicher mann thet. bl. Lijb. — Nach Lindener, Katzipori nr. 56
(s 112 L.)
76) Ein erschrecklicher bos , der einer dirnen von einem bawren-
knecht wiederfahren ist bl. Liij b. — Nach Lindener, Katzipori
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Über Bernhard Hertzogs Schiltwacht.
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nr. 57 (s. 113 L.). - Vgl. Mclander, Jocoseria deutsch 1605 2, 169
nr. 192.
77) Eine krumme that von einem Phinsinger bawer im Beyerlaude
geschehen, bl. Liiija — Nach Lindcner, Katzipori nr. 58 (s. 114 L.).
78) Eine wundeibarliche geschieht einem juncker im Inthal ge-
schehen, bl. Lva. — Nach Linden er, Katzipori nr. 47 (s. 104 L.).
79) Woher es kömpt, das man spricht: ,Ey du armer teuffei4, und
herwiederumb: ,Das ist des teuflels danek*. bl. Lvb. - Nach Wickram
nr. 37. — Vgl. Bolte zu Frey nr. 77.
80) Einer vertreibt seinem alten weihe das hauptwehe. bl. L6b.
— Nach W i c k r a m nr. 44.
81) Von einem ungelerten pfaffen, der den calcnder nicht ver-
stund, bl. Mj a. — Nach Wickrain nr. 48.
82) Ein geitziger verzagter pfaff kleppert mit beiden henden auff
der cantzel zusammen und schreyet: ,Gelt her, die schuhe sein gepletzt!'
bl. Miij a. — Nach Wickram nr. 51.
83) Von einem alten weibe mit dem leinlachen, bl. Miiij a. —
Nach Stainhöwel, Esopus nr. 155 (coli. 14) s. 330 ed. Oesterley.
— Vgl. Gesta Rom. 123; dazu Kitter von Thum c. 42 (Buch der liebe
1587, bl. 297 b). Ayrer 4, 2263. Macropedius, Andrisca II, 4.
84) Von einem blinden mann und seinem weibe. bl. Mv a. —
Nach Stainhöwel, Esopus nr. 153 (coli. 12) s. 326 ed. Oesterley.
— Vgl. Varnbagen, Anglia 7, anz. s. 159. Jocliem Glockenthon, Der
blind mann mit dem schönen weib 1588 (Dresdener hs. M 5, s. 349).
Kryptadia 1, 65. 4, 198. Köhler, Gött gel. anz. 18C9, 774. Leite de
Vasconcellos, Giornale di filologia romanza 4, 192 nr. 4. J. C. Krü-
ger (f 1750), Der blinde ehemann; dazu Wittekindt, J. C. Kröger,
Berlin 1898.
85) Von einem kauffmann, seinem weibe, bulen und schwiger.
bl. M6b. - Nach Stainhöwel, Esopus nr. 151 (coli. 10) s. 321 cd.
Oesterley. — Vgl. Oesterley zu Kirchhof, Wendunmut 3, 246.
86) Wie zween diebe einem pfaffen das podagram vertrieben,
bl. M7b. - Nach Wickram nr. 56.
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Nachträge
zu den Anmerkungen.
Zu 8. 560 (Wegkürzer c. 5). Der jüngste auslaufet* der Mon-
tanusBchen erzählung ist das soeben (ende dezember 1898) im Berliner
theaier aufgeführte zaubermärchen von Aloys Prasch: ,Das tapfere
schneiderlein«. W. Osterwald, Gedichte 1848 s. 171—217: .Trips Trill,
der mann der that , ein fastnachtsmarchen' (satirische dichtung im
stile von Immermanns Tulifäntchen).
Zu s. 571 (Wegkürzer c. 23). Von Hans Sachsens meisterlied
,Der korbleinmacher4 (1550) existiert noch ein späterer ei nzel druck
»Hamburg, H. Binder* nach Weller, Annalen 1, 255 nr. 300. — Andersen,
Samlade skrifter 12, 36 (1879): ,Bt digt ora konernc.'
Zu 8. 573 (Wegkü rzer c 28). Das angeführte lied, das doch
wohl als quelle für Montanus anzusehen ist, lautet:
XLIX. (zu Wegkürzer cap. 28).
Die jungfrau beim bader.
(Kin schön newes lied, von einer schwangeren junckfrawen, wie es ihr
ergangen ist, als sie ihr wolt ein ader schlagen lassen. Im thon : Ich
weyß mir ein stoltze müllerin , die daucht sich hüpsch und klug etc.
4 bl. 8°. Wiener hofbibliothek SA. 7. D. 53. - Zur melodie vgl. oben
s. 629 zu G 105.)
I.
Im mayen, im mayen
Sucht man der kurtzweyl vil.
Da singt man an dem reyen
5 Und treyben freydenspil
Die zarten junckfräwelein ;
Mit tantzen und mit singen,
Mit lauffen und mit springen
Jede die best will sein.
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Nachträge zu den Anmerkungen.
2.
Die junckfrawen sich zieren,
Rüsten sich zu dein tantz ;
Jede den preyß will füren
5 Mit einem schönen krantz.
Nach junckfräwlichem sitt
Kommen sie her gegangen,
Gar höfflich sie da prangen,
Kein Unzucht spürt man nit.
10 3.
Ein abenthewr ist gsche[he]n
Von einer haußmagd gut,
Wie ich es hab gesehen;
Sie hetten grossen uniuftt
15 Von wegen ihrer ehr;
Hinder dem ring mit schmertzen
Sie offt seüft'tzet von hertzen,
Das sie die hett nit mehr.
4.
20 Heimlich thet sie betrachten
Ir grossen spott unnd schand,
Wie man sie wurd verachten,
Wo sie thet sein bekandt;
Gedach[t] in ihrem mftt:
25 ,Ich hab offt hören sagen,
Kin khii darff ein kränz tragen,
Die offtmals kälbern thut.
5.
.Was hüllt mich vil das schämen,
:K) Sicht man mirs doch nit an!
Die sach will ich verblemen,
So lang ich immer kan.
Kin krantz ich tragen will ;
Ist doch vor wenig wochen
35 Daa kindt erst inn mich krochen,
Das behalt ich in der still.'
6.
Dises thet sie verschweigen,
Aber nicht inn die leng.
40 Die zeyt thet sich heroeygen,
654
Nachtrüge zu den Anmerkungen.
ürab das hertz war ihr eng
Und schmeckt ir nicht die speyß;
Letztlich sie thet besinnen,
Dem schmertzen zu entrinnen,
5 Und sacht mittel mit fleyß
Zu dem bader sie gienge
Unnd sprach ihm freundlich zu,
Mit wainen sie anfienge:
10 ,Maister, ich bitten thft,
Braucht gutte mittel ir!
Ks truckt mich umb die brüste,
Zum flaisch hab ich kein luste,
Es widerwillet mir.
15 8.
,Wie mir halt ist geschehen,
Das kan ich wissen nicht
Und kan doch nichts nit sehen,
Das mir am leyb gebricht.
20 Jedoch glaub ich förwar,
Ich werd vor wenig tagen
Erkaltet hau mein magen;
Das red ich offenbar.
25 ,Dcrhalb schlagt mir ein ader!
Das böß blut muß herauß.«
Da fraget sie der bader:
.Habt ihr darab kein grauß,
So kan ich es wol thfin.' —
:w ,Ich laß nit underwegen
Meiner gsundheit zu pflegen',
Sprach sie mit worten schon.
,So wöllen wir es wagen',
35 Sprach der bader hin für,
.Jedoch muß ich euch fragen
Seyd noch ein junckfraw ihr,
So zaiget mir es an
Unnd saget mir zur stunde
40 Den rechten waren gründe:
Berührt euch nye kein mann?
10.
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Nachträge zu den Anmerkungen.
11.
,Dann ich frag nicht umbsunste,
Sag ich in warheit frey.
Ich brauch zu dieser kunste
5 Der eysen zweyerley ;
Den weybern taugt das ein,
Das ander den junckfrawen.
Derhalb sagt auff vertrawen :
Thut ihr ein junckfraw sein?'
1<> iL'.
Zornig thet sie auftspringen,
Sah streng den bader an:
.Schweyget still mit den dingen !
Was seyt ihr für ein mann !
15 Behüt mich, lieber gott,
Für wen thunt ihr mich halten?
Doch laß ich es auch walten,
Laßt ab von ewrem spott!
13.
20 ,Ich bin und will beleyben
Ein junckfraw rein in ehr.
Soll mich darvon nichts treyben,
Hiß das die zeyt kompt her,
Das mir gott schickt ein mann.
25 Darumb ich nit will sorgen
Unnd will der zeyt erborgen;
Dann ich wol warten kan.*
14.
Der bader sprach hin wider:
30 ,Mein schöne junckfraw zart,
Ihr wolt euch setzen nider,
Verargt mirs nicht so hart!
Ich main es mit euch gut,
Kan es auch nit verschweigen,
35 Muß euch die art anzeigen,
So des eysen sein thut.
15.
,Wann ich das junckfraweysen nimb
Und euch mit Miesem laß
40 (Vermerckt in gütte meine stimb)
C5G
Nachträge zu den Anmerkungen.
Und ihr nicht rechter maß
Seyd junckfraw rein unnd zart
So müßt ihr des todts sterben,
In 8chme[i]tzen groß verderben
5 Durch des laßeyssens art.*
Die junckfraw thet erschrecken
Unnd sprach mit Worten fein:
,Weyl ir mir thfit endecken,
10 Das diß ihr art th6t sein,
Bedenckt euch nicht hinfür,
Nembt ehe das frawen eysen,
Ewer kunst zu beweysen,
So wirdt es gut mit mir.
15 17.
,Dann also möcht das lassen
Abgehn mit gutter frucht,
Und möcht mich etwann massen
Vil manche böse sucht,
20 Die sunst st&ts aufF mir blyb,
Wann ich mich nicht wolt hutten
Und euch volgen in glitten
Unnd es alles verblyb.'
25 Also das frauen eysen
An ihr hett gewirckt wol.
Die junckfraw[n] dises preysen,
Es stecket tugendt vol.
Auch jetxt zu diser zeyt
:w Thfit manche es bewaren,
Wie man offt thrtt erfaren,
Das sie bleybt bey gsundheit.
Derhalben, ir junckfrawcn,
35 In trewen ich euch bitt,
Ihr wollend für euch schawen,
Halten junckfrawen sitt,
Damit die zucht unnd ehr
In ewrem thiin und handel
40 Nicht durch ein bösen wandel
Sieh inn schaden verkehr.
16.
18.
19.
Nachträge zu den Anmerkungen. (357
20.
Ein Sprichwort ist auffkommen,
Das thöt man treyben theür (I. heür):
Man find selten ein fromme,
5 Die junckfraw[n] seyen theür.
Ein jede das betracht,
Zu der zucht thöt ench bekeren!
Nicht mehr kan ich euch lehren ;
Allde zu gStter nacht!
D.A.8.
Oetruckt zu Augspurg, durch Valentin Schönigk, auff unser frawen thor.
Zu s. 580 (Wegkürzer c. 42). Ein ungarisches gedieht »Die
zwei treuen freunde* von Kaspar Veres (1578) wird erwähnt von Landau,
' Za f. vgl. littgesch. 7, 229.
Zu 8. 583 (Trunkenheit, ehebruch, mord). Dieselbe
legende erzahlt der Arciprcste de Hita copla 503-517 (Poetas eastel-
lanos anteriores al siglo XV. ed. Sanchez-Pidal-Janer 1864 p. 243).
Zu s. 586 (Guiscardus und Sigismund a). Auf Beroaldus'
lateinischer Übersetzung beruht Georg Enyedis ungarisches gedieht
Guiscardo und Ghismonda (1577); vgl. Zs. f. vgl. littgesch. 7, 229. —
Das s. 588, z. 31 angeführte englische drama ,Gismond of Salern4 von
1567 ist jetzt bei Brandl , Quellen des weltlichen dramas in England
vor Shakespeare (1898) aus den handschriften abgedruckt; vgl. die
einleitung s XCVII.
Zu s. 589 (Cymon und Iphigenia). Von S. v. Birkens
Schauspiel ,Die wunderthätige Schönheit' (1656) liegt die Originalhand-
schrift zu Nürnberg im besitze des Blumenordens; vgl. Aug Schmidt
in der Festschrift zur 250jahrigen jubelfeier des Pegnesischen blumen-
ordens 1894 s. 525 f.
Zu 8. 595 (Gartengesellschaft r. 11). Aurbacher, Historia
von den Laienbürgern 1898 s. 50.
Zu s. 598 (Garten gesell schaft c. 20). Vgl. noch Gröber,
Der königssobn Marko im serbiacheii volksgesang 1883 s 131.
Zu s. 602 (G a r t e n g e s e 1 1 s c h a f t c. 50). Vgl. das japanische
märchen ,Der dumme Tempo4, das Iguchi im Globus 69, 47 (1896) mit-
geteilt hat; abgedruckt bei A. Seidel, Anthologie aus der asiatischen
volkslitteratur 1898 s. 44.
42
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658
Nachtrüge zu den Anmerkungen.
Zu s. 604 (GartengesellBchaft c. 53). Die geschiente von
der planeschmiedenden eierfrau verwertete 1635 der Schweizer pfarrer
Melchior Kündig in seinem hsl. Schauspiele von st. Beatus (Bächtold,
Gesch. der dtsch. litt, in der Schweiz 1892, anmerkungen s. 114). —
Die aus Radioff und Swynnerton angeführten erzahlungen sind auch
abgedruckt bei Seidel, Anthologie aus der asiat. volkslitteratur 1898
s. 192 ,Der hase' und 325 »Wie Lull luftschlösser baute*. Kristensen,
Aeventyr fra Jylland 3, 368 nr. 68 (1895); »Luftslottene' (milchfrau).
Zu s. 605 (Gartengesellschaft c. 54). Vgl. das gedieht
von den sieben grOssten freuden der weit, wo der vierte gesell dasselbe
preist, was bei Montanus der zärtliche ebegatte für das wertvollste
erachtet (Liederbuch der Hatzlerin 1840 s. 272. Keller, Erzahlungen
aus altdeutschen hss. 1855 s. 669, jo).
Zu s. 607 (Gar ten gesell sc h af t c. 58). Lies in z. 19 Katzi-
pori statt Rastbüchlein.
Zu s. 624 (G a r t e n g e 8 e 1 1 s c h a f t c. 92). Lies in z. 14 Revue
archeol. 1855 statt 1845.
Zu s. 627 (Gartengesellschaft c. 101). Zu Rolte-Seelmann
1895 s. MS1 füge noch einen niederösterreichischen Eulenspiegelschwank
bei Bünker, Zs. für Österreich, volksknnde 4, 289.
Zu b. 628 (Gartengesellschaft c. 105). In Kellers Fastnacht-
spielen 1, 119, » findet ein buhler eine geiss statt des mädehens
im bett.
Zu s. 633 (Gartengesellschaft c. 113). Hin gedieht von
Alkuin und Rosimunda, vermutlich von Hans Sachs, steht hsl. in nr.
520 der Merkeischen bibliothek (Mitt. aus dem germanischen national-
museum 1898, 93). Ferner vgl. W. Osterwald, Gedichte 1848 8. 12:
Alboin* (fünf balladen). Gabriel Lobo Laso de la Vega, Rosimunda
y Alboyno (Romancero y tragedias 1587 ; abgedruckt bei Duran , Ro-
mancero general 1849—1851 1, 395 nr. 576). Eine anonyme romanze
,La hermo8a Rosimunda* bei Duran 2, 255 nr. 1266. Auch die italie-
nische ballade .Donna Lombarda* beruht wahrscheinlich auf unsrer
sage : Nigra, Canti popolari del Piemonte 1888 nr. 1 mit anm. ; ver-
deutscht von Dorer-Eglof, Volkslieder aus Italien 1860 s. 86 und Heyse,
Italienisches liederbuch 1860 s. 177; vgl. Gustav Meyer, Essays und
studien 2, 127 (1889). — H. Kruses tragödie Rosaraunde hat F. B.
Miller 1880 ins russische übersetzt.
Zu a. 638. Auch Christian Zyrl hat in seinem Schauspiele vom
urteil Salomons (Strassburg 1592) den von Lindener erzählten rechts-
handel verwertet; Monoculus und Hegius erscheinen vor dem throne
des königs, der sofort die bekannte entscheidung fällt; vgl. Odinga,
Vierteljahrsschr. für litteraturgesch. 2, 239.
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659
Wort- und Sachregister.
Die zahlen beziehen sich auf seite und zeile; den Inhaltsangaben der
schwanke sind ausserdem in klammern die nummern des Wegkörzers
(W 1 etc.) und der Gartengesellschaft (G 1 etc.) beigefügt.
ab c. dat. 21, ss. 57, h. 101, u.
111, .. 179, sr,
abentewrer: ein seltzamer a. 18, u.
31, i«. 32, i2. 126, 2.
abentheurerin 343, n.
abentheurlich 379, so. 422, i«. aben-
thürliche sachen 255, 7. 407, 13.
aberforschen 267, 8.
abfallen einem = aus dem gedächt-
nis entfallen 44, 0. 341, a.
abgefeumpt 291, u. 326, 10.
abgescheumpt 358, si.
abgewinnen : einem nichts a. mögen
15, SS.
abgraben : ein bitschier a. 427, u.
abhelffen einen eines 24, 3.
abkummen eines 260, 21. 262,«.
ablaü 23, 11.
abloß = wehr am muhlbach 359, i&.
ablausen 165, u.
abnemen = vermuten 23, .s.
Abraham 418, 10.
abschmieren = prßgeln 338, e.
abstelen, sich 240, 30.
abstoßen, das hertz 344, m».
Äbtissin mit der hose auf dem
köpfe (G 109) 630.
abtöffeln 301, m.
abtrag: ein a. thun 11, 1». erlegen
423, 33.
abweiß = thorheit, mutwille: ir
a. .treiben mit 58, 21. 383, t«.
abziehen, sich 241, &. sich a. und
enteussern 293, 29.
acc. c. inf. 39, 1. 148, 27.
achsel: ein frewd schoss ihm in ein
a. 52, so.
achtend = achte (octavus) 12, 24.
achtzen = ächzen 190, 1».
acker: mit stuten gen a. faren,
obsc. 68, 2.
Adam 269, 10.
Adrianus 348, 35.
affect = neigung 86, 23.
Agnes 73, u. 75, so. 102, so. 339, 8.
Alb 437, 4.
Alboin und Rosamunde (G 113)
632. 658.
Albrecht 63, 7-72, 30.
Aldobrandin 192, ss— 211, 30.
Alkinus = Alboin 423, -424, 7.
aller, ndv. 46, 32. 61, »2. 76, u.
als — alles 121, 1*.
all gemächlich 398, 37.
almiisen 121, 27.
Alter buhler impotent (WS) 560.
— mann zeigt der jungen frau
Iniisen und im hintern lecken
(W27) 572.
Ambrosius, sanet 77, 21. 78, 1«.
42*
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6G0
Wort- und Sachregister.
Ambustus: Publius A. 124, *.
ammeister = oberineister der zunft
285, 23.
ampell 425, ia.
ampt = messtext 28, is.
anblick = blick: mit aufiFgerich-
tem a. 230, 19.
ancken 356, ».
Ancona 190.se. 191, it. 192, n.
änderst 16, u. 17, i» u. o.
AndreQtzo (Andreitzo, Andreytzo)
von Perusio 139, 9 — 180, 15.
vgl. 463, 2«. 582. 624 (zu G 93).
angster S77, 27. 406, 1.
anlegen : es a. = verabreden 29, is.
30, p.
anliegen = verleumden 33, tj>.
Anna 322, 8.
Annelin 260, 19— 264, 97.
annemen: sich a. eines d. 172, e. is.
ansichtig werden 225, t,.
Anthonius, Banct 404, 34. 406, 9.
Anthonier orden 404, n.
Anthony (Cortboys?) formschneider
in Frankfurt 487, ib.
antworten = überantworten 276, ss.
apoteck 303, 8.
arch =■ arca, steinsarg 163, 1«.
366, s>.
argument 309, s.
argwenig = beargwöhnt 100, 29.
Arimel = Arimino 308, m.
Aristippus 107, e. 237, 7—238, t.
Arm : geschichten von armen leu-
ten, vgl. Gansedieb, Kinder und
Vaterunser. — Armer bestiehlt
einen reichen auf dessen geheiss
(G 67) 610.
armbrost: sein a. spannen, obsc.
10, 2e. 348, 2ß. 401, «.
armklich 228, 3*.
armütlin, obsc. 410, 22.
armutselig 84, 93.
artickel 198,7.
Artus und die ehebrecherbrücke
Virgils (G 112) 631.
Artus 420, ai— 423, 7.
Arzt sieht ein kummet unterm
bette und sagt, der kranke habe
ein pferd gegessen (G 34) 600.
Asinaio, berg bei Florenz 334, e.
Athen 107, ,-124, 11. 140, s-
143, 20 (dann Neapel).
Athenesier 116, n. Athen eser 118,«.
Athener 140, 5.
auflblasen , das feuer 221, so. uff-
blasen = ein signal geben 218, 3s.
Aufgaben: unmögliche aufgaben
dem teufel gestellt (G 49) 602.
uffgnappen 362, s.
auffheben einem = zum vorwürfe
machen 82, 21 ; auffgehebt 39, 27.
41, 13. 256, 10 auffgehaben 163, 10.
— uffheben 282, 2.
aufmachen: ein fewr a. 12, 2a.
auffmutzen = putzen 180, 22. =
vorwerfen 167, 33. 326, so.
auffnestlen 287, 19.
anflfschlagen = aufschieben 105, 0.
auflfschmeltzen 44, 4.
auffsein: auffgewest = sich auf-
gemacht 35, 2«.
uffsetzig = feindlich 350, 12.
auffwüschen = au ff springen 165, u.
aufziehen = hinhalten 202, 4.
Augspurg 51, s. 10. 293, 27. 322, 2.
Augsburger Schmähschrift wider
Montanus (1558) 457—475.
Augustinus, sanet 82, 90.
Augustus 106, 27-
Augustus und der arme dichter
5, 2. vgl. 558.
auß der massen 10, 2. 12, «. 36, 2».
190, 11. 220, 26. 309, 1.
aussbien 259, 20.
außmerglen 51, 2.
außreden: sich a = sich gut ver-
teidigen 15, 29.
außrichten: einen Obel a. =
schelten 72, 24. 189, 20. 451, 32.
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Wort- und Sachregister.
661
ausschleiflen: sich a. 293. u*
außtruckenlich 17, 4.
ausszug = aasflucht 318. u.
baccularius 150, ih. 363, h. i«.
bachen 370,
baderfart = baden fahrt 396. ii*
bäil'tse = wespe 353. a.
Baier, Bayer 278, *a. 279, 329, a,
wirte 449, u. 450. a.
Bayer fürchtet im thale zu ertrin-
ken, obwohl es nicht regnet (G 69]
610.
Neun Bayern fliehen vor einem
basen (G 18) 5M,
Bayerland 278. u,
Baldotzo, Philippus 334.
balg = leib 12, ». n.
balgen und hadern 1_L ia.-
balcken : liegen , das sich die b.
biegen 50, ai, 452, ul
baliren = polieren 146, u. 422. u,
banck: durch den b = alles ohne
unterschied 325. ao.
bapstum 286, so. 327, ü
bartet - bärtig 156, u.
basilicon salaritano 93, aa.
Batzendorff bei Hagenau 356, «.
bauch, die — wasche 397, aa*
bauchbQtte 397, x8.
Bauer bringt seinen söhn zur schule
(G 9) 524.
— nötigt den studierenden söhn
mist zu laden (G 10] 595.
— in der kanzlei; dreck aufs ur-
teil gethan (G 15]
— kauft gewürz, bringt sack mit
(G51) 6J12. — kauft vieriocker
statt driocker (G 52) 603.
— zahlt dem schützen fünf Schil-
linge und schlägt ihn ins gesicht
(G 19) 591
— äfft den teufel durch unmög-
liche aufgaben (G 49) 602.
— wirft den ehemaligen vogt vom
wagen (G 81] filß.
Bauer schenkt dem pfaffen eine
kuh und erhält dafür zwei
(G 108) .629.
Bauer: vgl. Jüngling. Landsknecht,
Mann.
Bauern lassen ihre söhne studieren
3, ifl.
Bauern urteilen über einen toten
wolf (G 33] 593.
Bäurinnen lösen die rätsei de»
wirtes (G 91) 623.
bäum sarg 27, u sarch 27+ a.
bau wen : das eilend b. 200. ia.
bedecken, obsc. 367. 375,
begreifen rz ergreifen 30, ia, 367. u.
behalter 37L Iii
beheb — fest sc h liessend 403. il
Hehemar --= Böhmer (Zigeuner?)
174. ii: vgl. 472, ».
behendigen 188, ia.
behertzend beherzt 226 , so.
242, &. 246, 4.
behertzigkeit 284. se.
Beichte, kindische (G 31] hML
baydenthalb 221^ 227, S4.
Bein des schlafendeu Schuldners
ausreisten: s. Gaukler,
beystendig 156^ ». lb^ r 245, ao.
beyten c dat. — warten auf 3L ao,
ii. 33, ü 162, ui,
beytpfenning (eig. an teil an det
beute) 187. aa..
beiwesen = anwesenheit 149, n.
bekommen = begegnen 158. m,
240, ^ 365, s.
bekrencken 1 69, 180, 4.
bekürtzen 185. uu
beleiten 12L 34. 24_L » .290, s».
bendel = band 14, a.
bengel = knittel 13, 14, a, 48, ia.
bengelkraut 267, u, 270, ia, 344*
benügen 120, 19. 316, a.
beren 365. a*.
berichten = unterweisen 378. s>.
<J<32
Wort- und Sachregister.
sich mit einander b. = sich ver-
abreden 94, 15.
beropffen 141, «.
beschehen 99, 27. 357, u. 400, v,.
bescheid 256, is.
bescheissen = betrügen 32, ao.
50, vo 127, 99. 177, 20. = be-
schmutzen 127, a.
beschicken 103, *e.
beschiss und betrug 361, ss.
beschrayen 199, io. 200, i6. 224, m.
427, 3».
besprachen 143, 2.
bestäten = bestellen, bestätigen
62, io. bestatten 203, 20. 387, 1.
bestia 64, 20
bestreichen = bestechen 426, 21.
betagt 224, 22.
betragen: sich b. mit = sich be-
gnügen 56, 0.
betrubung 201, ». 226, ai.
Bettler von landsknechten gefoppt
(W 25) 572.
— muss seinen mantel (samt dem
eingenähten gelde) umtauschen
(W 24) 572.
betlerdantz 318, 4.
bethzieche 394, u. 395, 31.
beweisen: part beweist 197, 4.
202, 1.
beweisung 355, 10.
bezwingen einen zu einer straff
33, u.
Bibel citiert 40, ao. 24. 42, 1«. 24.
20. 81, se. 82, v. 85, 8i. 86, 15.
165 , 25. 166 , 3. II. 14 SO- 26.
168, 1». 181, 12. 20. 418, ».
Bier in Schwaben schlecht 449, 27 ;
vgl. 635.
bilgram 192 , 13. 195 , 10. bilger
194 , 23.
billichheit 284, 2«.
bletzen = flickeu 24, 23.
blintzlingen 277, is
bloch 382, is.
blündeilin 290, 4.
Boccaccio, Dccamerone (Rinaldus)
178, 1 13. Centonovella 461,
2«. 466, s 470, 5
bomber = crepitus ventris 295, 17.
Borodelle Masa 63, 11.
bort 160, 12. 364, as 366, 27.
boss = keil 344, 1«.
bosschubeit 343, M. 381, 23. vgl
619.
boßlein = possc 32, 1«. 82, ...
boßlichen 115, 24.
botz Verden Schwaigs 277, 2. botz
feintlich 281, e.
Brant, Seb. : eine seiner von Joh
Adelphus verdeutschten fabeln
abgedruckt 522, 34.
branier wein 438, 42.
brass 489, 27.
Braut von einem unberufenen heim-
geführt (W 44) 581.
- lässt ein fürzlin (G 43) 601.
— zweite b. spottet Über die
schwatzhaftigkeit der ersten
(W 1) 558.
Breysach 16, -u. Preysach 16, ». 10.
bresten = gebrechen, mangeln 37, «.
Bretta = Bretten. Ihm geschähe
wie dem hündlein von B 128,
io. 582.
Brictius, sanet 396, 29. 398, 2«.
brigel = knittel 251, ?«.
brinnen : impf, brane 97, io.
Britania oder Engellandt 421, 7.
brot für kuchen nemen 11, 2«.
geben 321, u. 869, 27.
brodtscharre 308, 11.
br3ch 413, »*.
brüchbendel 415, 4.
Bruder Lustig (marchen) 564.
Bruneta 335, ts.
bruntzen 237, 4. brüntzlen 287, t>.
bubenleben 166, 17.
buberey 372, 37. 408, 34. 449, 3.
451, 34.
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Wort- und Sachregister.
668
bubin 145, i. 369, i«.
bubiin 361. 40.
Buchswiler 276, is.
büffel = dummer, ungehobelter
mensch 141, 27.
Buhler gemesst einen Schlaftrunk
und wird als tot in einen kästen
gelegt (G 95) 624.
— im öl fasse versteckt, dem manne
als käufer vorgestellt (G 55) 605.
— als enget (apostel) verkappt 574.
— als mädchen verkleidet (W 15)
569.
— als nonne verkleidet (G 110)
631.
— als stummer im nonnenkloster
(W 29) 573. (G 96) 624.
— nachts im Schlafzimmer der
familie; wiege (G 86) 620.
— vom manne erschlagen (G 46)
601.
— erhält vom pf äffen eine selt-
same busse (G 88) 621.
— vgl. Alter, Domherr, Jüngling,
Mönch, Pfaffe.
bulen mit dem acc. = liebkosen
94, >.
bullen, die = tasche 83, so. 84, 9.
85, 7.
bulschafft = geliebte 424, 27.
bundte = spund 12, 29.
bundtschfich, obsc. 102, 31.
bupenhan, pupenhan , obsc. 18, st.
289, S9. 317, 7. 408, «s. 410,8.
Burckhardt, münch 78, 30.
burst = schar, rotte 356, so.
bftrtzlen 357, 32.
Busse des buhlers (G 88) 621.
büssen = befriedigen 30, 12. =
bestrafen 206, 1. 4. 226, 13.
büssen und besaern 298, 10.
capel: die c. weihen, obsc. 389, u.
besingen 395, 21. 397, 3. vgl. Frey,
GartengeseUschaft s. 224 und 291.
Gapitolium 118, s«.
cappelin 23, 13 53, 7.
Capua 217, 1»— 219, au.
Cäsar vor seiner ermordung ver-
geblich gewarnt (U 114) 634.
Cassandra 248, » —252, is.
Catalena, Strasse in Neapel (la Ru*
ga Catalana) 158, 1.
Catalina 322, 10. Catarinen clo-
ster 322, 3.
Certal = Certaldo 404, 10.
characteres 398, st.
charfreitag 327, is.
chorgericht oder consistorium 325,
17. 321. 30.
Christus 165, *». 166, 2. 181, 12.
327, u. 418, 20. 440, u.
Cicilia = Sicilien 143, n. 147, 1.
Cicilianer 155, 0.
Ciphibio 335, 10 -337, 21.
clerick 311, ss.
cloack, das 361, 3«.
collation 78, 12. 150, «. 361, ie.
Comoedia de lepore quadam, ab-
gedruckt 507, 9.
componicren 180, 11.
concludieren 415, ss.
concubin 411, t&.
confect 67, 31. 78, 11. 150, 4.
conscientz 17, u.
consistorium 322, 32. 324, u.
325, 17.
Constantinopel 195, 12. 203, 11.
consul 426, 10.
content 14, e. 87, 9. 112, M. 114,
11 137, is. 241, ss. 402, 15.
Credo (fabelhafter heiliger) 405, 34.
Cremes 107, 2. ie.
Creta 235, o-252, 10.
crisam und tauft' 354, jo.
Cupido 102, 17.
Cymon und Iphigenia 235—252;
vgl. 589. 657.
Cypri 252, 10. Cipern 191, 13. 192,
s. 12. Ciprus 257, «—252, 13.
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064
Wort- und Sachregister.
ciprianisch 237, 4.
Danbeckh, Georg : meisterlied Von
dem kaiser Augustus und einem
poeten, abgedruckt 502, s.
dannocbt 41, j«.
dauchten 110, n. 112, i.
dawren 165, ». tawren 164, is.
dausscn 397, n-
decklach 239, ».
dcdicieren und züschreiben 4 , ™
135, ta.
Deisinger, Hans: meisterlied Die drei
beichten (1599), abgedruckt 510, 4.
demütigkeyt = betrübnis 101, 4.
depositari 64, j.
dest — desto 38, «».
detttung = handgeberde 57, ».
dickedack = brettapiel mit wür-
feln 85, ,4.
Diebe wollen eine schwangre frau
aufschneiden (G 97) 625.
Diebio schreyen 283, 6. 877, ie.
diech = schenket 336, 4.
Dietrich Bern = Verona 424, 7.
Dillingen 5, ie 31, m. 86, fl. 187, s7.
330, 1.
DinkelspQhel 258, s. 10.
diatilieren 230, 16.
Domherr mit der eselin im bette
(G 105) 628. 658.
domine 418, so.
Dominicus, sanct 82, J4.
Thonaw 54, »8.
Doppelsinniges eheversprechen (G
20) 597. 657. — vermögen sangabe
(G 13) 595. — frage an den ehe-
mann: Soll ich? (G 73) 011. —
Bosselarbeit (G 82) 619.
dorecht 299,
Doscb bezahlt die wirtin mit einem
liede (W 13) 567.
— entleiht schafe umsonst, muss
sein pferd för zerbrochene heller
verkaufen (W 11) 567.
Dosch treibt seine pferde auf der
bauern äcker (W 12) 567.
— will nicht warten (W 10) 567.
— fängt fische auf dem acker (G
44) 601.
Dosch 31 i6. 32, 4. 33, 4. 6. 1:. ?i :«
34, 6. 295, ji-296, 6.
dottc oder göttel 260, so.
dotzet = dutzend 417, «
Drabrauter 290, u. — statt Dra-
minner gefordert (G 37) 600.
drack = dreck 277, 4.
Draminner = Traminer wein 290, is.
dremel knittel71, so.
driockers theriak 308, 8
drucknen = trocknen 45, 10.
drflso, der = hefe 439, 10.
dttnken: dauchto 219, it. 240,4.
durchlernen 143, n.
durchwunden = verwunden 110, ».
ehcbrecherbruck 420, 3*.
Edelfrau verbietet dem fuhrmann
das fluchen (G 75) 612.
— vgl. Gräfin.
Edelmann tauscht des bettlers man-
tel ein (W 24) 572.
— verbietet arbeit an feiertagen
(G 8) 594.
— weckt die schläfrige magd (G
11) 595.
— s. Frau, Landsknecht.
Egnatius, J. B. : eine erzählung aus
De exemplis ill. virorura Venetae
civitatis (1554) abgedruckt 498, 1.
Ehe zu vieren (G 59) 607.
eelichen 11, 1.
ehestewr = aussteuer 20, si.
ehrlich = angesehen 45, 7.
ehrverletzlich 326, »6.
eicbhormlin 277, >o. »4.
Eier verteilen (G 14) 595.
ayer in schmaltz 331, ts.
eyferer 311, 4.
aigen = offenbaren 186, 11. 192,«».
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Woit- und Rachregister.
665
eygenschafft : ein e. haben eines
dinge« = genaue künde oder em-
pfindung haben 69, 19. 155, i«.
Einäuglein, Zweiauglein, Dreiäug-
lein 591.
ein blasen (vom teufel) 85, t«.
einem (eim) und dem andern 35,
34. 37, S3.
einest 9, *«.
eingiessung des teil fiel s 89,
einhorn 19, 3. 22, is. 19.
einicherley 91, e. 197, 3.
einig = einzig 36, «6.
einsegnen (die brautleute) 11,7.9.
einsidel 167, 1.
Einsiedler soll wählen zwischen
trunkenheit, ehebruch und mord
167, i. 583. 657.
— mit dem honigtopf baut luft-
schlösser (0 53) 608. 658.
— nennt die frauen gänse (G 76)
612.
eysen = ei8ern 52, 12.
Elisey 185, 7.
elmeÜ 23, 33 24, «.
Elsaß 12, 4. 14, 8. 89, ». 427, 4.
embieten = entbieten 190, >. 208, u
empfallen == entfallen 36, 1».
empfaren = entfahren 295, 11.
emplossen: sich des wassere e. 279,
it.
end = ort, gegend 92, 32. 93, 7.
122, 13.
endtlich = eifrig 58, «.
Engellandt 420, »4. 421, 7.
Ensissheim 427, 1.
entdecken = aufdecken 230, to.
entenBchnabel, obsc. 410, si. 416, 14.
enteussern , sich = ins ausländ
gehn 190, 11.
entgeltnuß 195, i6. 328, 13.
enthalten : sich e. = sich verhalten
39, ».
entwichten = vernichten, vereiteln
420, «.
entzünden , intr. 9, 10. 16, 5. 185,
is. 186, s. 221, 1». 1«. 305, n.
eralten 368, 19.
erbärmd 395, 9.
erbgründ 31, 1.
ErdkOhlein nimmt das von der Stief-
mutter veretossene miidchen auf
(G 5) 591.
erdkülin 263, »—265, ti.
e rentreich 423, 7.
erforschten 310, 37.
ertreuen einen eines d. 202,
erfüllen = sättigen 88, 33. 316, t.
erhaschen (?) : erhast 425, it.
erherten = verharten 229, «.
erlassen: sich e. eines d. 311, 13.
419, 2*.
Ermilina 185, 3— 211, 10.
erreiten 85, e.
erechellen; impf erschalle 19, i8.
erschiessen zu gutem = wohlge-
raten 349, st.
erschrocken = schrecklich 87, m.
erechrockenlich 100, ». 105, »9. 155,
33. 166, *t.
erspreissen = orspriessen, gedeihen
450, 33.
erspringen, sich 164, u-
erdöten 424, »».
eselstecher 408, St-
essen; partic geessen 15,4. 80, .1.
Esser, starker (G 28) 599. — vgl.
Kraut.
E.salerinne, fraw 407, «. so.
eteetera bundtschuh, ob.se. 410, 11.
ettwar = jemand 155, m. 158, s:
Eva 269, 1«.
experients 249, 13.
facetiae 4, »9.
Facibulo 212, 19 »*.
facklin oder sewlin 337, 30
fallen: impf, fnl 142, so. 171, n.
277, i».
fantasey 68, 8.
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666
Wort- und Sachregister.
fiiss : das underste harige f., obsc.
403, 3.
f atzen = necken 44, s. 45, *.
fatzworte 181, i.
faulkbait 157, io.
Faust-abenteucr, vgl. Gaukler,
fegot = kebricht 276, 20.
feilsen, faylsen 141 , 24. 315. io-
360, 4.
faisste = fett 330, 17.
felber = weidenbaum 239, 3.
feil: ein güts f. herab hacken, obsc.
331, 22.
ferr = fern 35, 20. 111, n. 196, so.
262, 29. 296,1. febr 56, 20.
fersengelt geben 271, so.
ferte = fahrt : etlich ferten = einige
male 328, 2.
fest: freud und fest einem machen
211, u.
filtz = geizhals 44, to.
finantz 401, 20.
fingerlin = ring 203, s.
finsterling 348, 17.
Fiordilis 154, 33. 180, ie.
firnissen 445, u
flammen, der 186, «
Flandern 64, ».
fleck = flicken 19, 7.
flecken = flicken 6, 29.
fledcrmeusslin, obsc. 416, *3.
flederwisch: ayehen f. = knittel
13, 16.
fleüge 19, » fliege 19, »
Florentz 55, 20. 95, 30. 97, 5 185,
» — 193, s 334, 1.335, 12. 404, u.
flüche 271, n. io. 277, 2. 281, «.
283, 284, 1«. 285, i3. 292, «.
322, 324, a. 401, M. 404, 2.
flux und bald 281, 7. 2S4, 20.
folandt 352, 4.
form: in schimpffs form 221, 2«.
formieren und zieren 374, so. wol
formiert 445, 15.
Franciscus , sanet 64 , 6. 368, 3j.
405, si.
Franckfurt 126, 2. 127, 3i.
frass = fresser 285, 26.
fratzig 142, 9.
Frau beichtet ihrem als priester
verkappten manne (G 56) 606.
— benutzt den beichtvater als lic-
besboten (G 99) 626.
— ehebrecherisch, vom manne aus-
gesperrt, wirft stein in den brun-
nen (G 79) 614.
überfahrt, während sie eine
andre ehebrecherin schmäht (G94)
624.
warnt den versteckten buh-
len durch gesang (W 32) 576.
vom pf äffen um den lohn
betrogen (G 102) 627.
— — will den mann zu tode füt-
tern (G 72) 611.
— eigensinnig, setzt sich auf den
bissigen hund, badet in der pfütze
(G 7) 593.
widerspricht dem korbraa-
eher (W 23) 572.
— — macht im brunnen schere
(G 89) 621.
ertrunken, vom manne strom-
aufwärts gesucht (G 89) 621.
— fragt den mann, wie lieb er sie
habe (G 54) 605.
— heuchlerisch, weist den vermeint-
lichen Tod zu ihrem manne
(W 41) 579.
will den impotenten mann
verlassen (G 36) 600.
— klagt über impotenz des mann es
(G 58) 607.
— kauft leder vom gerber (G 57)
606.
— läuft davon, wird verspielt (G 60)
608.
— naschhaft, erhält prügel (W 2)
559.
— putzsüchtig, beim fischhändler
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Wort- und sachregifttcr.
667
(G 65) 609.
Frau schwatzhaft, plaudert des
manne s angebliches geheimnis
(ci, rabe) aus (G 6) 592.
thöriebt, fragt den mann: Soll
ich ? (G 73; 611.
— — wascht betten samt den Über-
zügen (ü 23) 598.
— — wettet im wirtshaus; laus
statt Roh (G 68) 610.
— zänkisch, inuss mit ins wirts-
haus (G 22) 598.
— unwissend vom mönch beschla-
fen (G 100) 626.
— vom manne fälschlich verklagt,
wird als jungfrau befunden (G 62)
608.
— schwanger, den juden verkauft
(G 97) 625.
— , vgl. Alter, Buhler, Mann, Mül-
lerin.
Frauen ganse genannt (G 76) 612.
— in Strassburg mit umgekehrten
pelzen (G 84) 619.
— tragen jhre mann er aus der be-
lagerten stadt Weinsberg (G 80)
615.
[Frey,] Gartengesellschafft 4,
freydig 344, s.
freyung 202, u- 342, 4. f. und Si-
cherung 245, 17.
fressen: sich in den todt f. 96, t».
freün tschaft = Verwandtschaft 16,
sa.
Friderich = Friedrich 11. von Ara-
gon 147, 3S. 148, i ; vgl. 583.
Frieren: vgl. Landsknecht,
frieren 41, m. freuret 42, ?. frure
41, ST.
frischen und kulen 153, a.
Frischlin, Nie. : eine erz&hlung aus
seinen Facetiae (1600) abgedruckt
476, i.
fro : compar. fröer 30 , ie. 66, 27.
188, S9. 385, ss.
frombkeit53, *3. frumbkait 144, 32.
Fuchs und eichhorn (G 17) 596.
fuchßschwantz : den f. streichen
35, 3
fuchßschwentzler 142, 12.
fug: scins fugs = zu ihm passend
64, u. mit fugen 280, n.
füglich = passend 57, n. 91, 27.
93, 20. 149, 23. 249, 1. 382, *h.
Fuhrmann, dem die gräfin das flu-
chen verbietet (G 75) 612.
Fulcanisch = Vulcanisch 35 , b.
461, :o.
fullerey 165, 24. 167, 17.
Fulvia 124, vo. 125, *.
fürbanck 224, 3.
fürderlich: sich f. machen 367, &.
fürgehn = vorübergehen 48, 11.
122, 24.
fürher 95, 1«.
fürhin 54, in. 86, 3.
fürsatzung = vorsatz 230, u.
füreehung = Sorgfalt 227, 10.
fürsichtig 116, «s. 242, u.
fürsichtigkeyt 227, 32.
fürstendig =■ nützlich 182, ».
fürziehen = vorüberziehen 347, 6.
fuss für fiiss 423, «.
füßknecht= fussgänger 212, te.
Gabriel 63, «—72, 1«. 404, ai.
406, 2.
gähling 207, 10. gehling 65, u.
107, i«. 160, 1». 239, 28.
galee 243, 23. 244, t. 246, 13. gallee
64,
Galesus 237, 17. 242, 34.
Gallus: sanet Gallen tag 307, t.
Gallus, Jodocus: drei erzählungen
aus der Mensa philosophica ab-
gedruckt 515, 1. 522, 2s. 546, i&.
galten und zuberlin 43, 17.
gänglin 283, 22.
Gänsedieb belauscht, predigt ge-
nügsamkeit (G 1) 590.
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068
Wort- und Sachregister.
gurten: etwas von einem 41, «s.
Gartengesellschaft 253-434.
gast = fremdling 123, ?7.
Gast, vgl. Wirt
gauckelwerck 399, e.
gaugkler 29, i. u. gaogler 29, tö.
Gaukler verkauft ganse , die au
st roh werden; der käufer reisst
ihm ein bein aus (W 8) 565.
gebössel 348, u.
gebussen 356, u.
gedöss 388, i«.
gedulden = ertragen 33, io. 187, «.
gedönken : gedaucht 16, u. 19, u.
gedacht 224, is.
gefengklich sein 30, ts.
geferde : mit geferde = mit böser
absieht 65, 24. ohn geferd = ohne
gefahr 163, sa ; zufallig 212, 15
297, ».
geflissen 191, is.
geforchten : sie geforcht = sie er-
griff furcht 20, «.
gegenwärtig 101, 1». 123, 12.
gehaben = haben 47, 6. 59, n u. a.
sich Übel g. 30, ». 37, 4. gehftb
106, ». 186, «5.
geheyen 27, 24.
gehaim, die 220, 29.
gehelften 111, 6.
gehengk oder gereQsch 26, 6. 7.
gehertzt 54, 23 58, st. 383, 29.
gehören = hören 57, 30.
gehorsamkeit 271, s*.
gejagdt 71, 19.
geile = fruchtbarkeit 94, 7.
Geist von Jan Tambaur (um 1690) :
eine erzählung daraus abgedruckt
479, 1».
geytig 442, 42.
geitigkeit 402, tu.
geitsack, geytzsack 381, so. 391, 13.
geligen: kindts g. 274, 11.
geltlin = geld 89, 7.
gelübnuß 243, s.
Gerhart, sanet 406, 4.
gemecht= Vorrichtung, putz 429, so.
gemehlen = heiraten 120, ».
gemmelich 395, se.
gemot: übel g. 312, s&.
genötig 144, 12.
genßlein : mit einander das g.
ropffen, obsc. 80, 4.
gen ßm ist: unwerder weder g., des-
sen mau drei ffider umb ain
heller gibt 180, 2».
geringsumb 329, 2.
gesaltzen: übel gesaltzen 64, 23.
75, 1.
Gesang, der dem wirte gefallt (W13)
567.
gesatz 108, 34.
geschirr: gfit g. machen 394, so.
geschmack = geruch 364, 17.
geschweifft = niedergeschlagen,
traurig 316, 7.
geschweigen, transitiv 286, 26.
geschwollen 274, 19. 275, 4.
geschwisterigen 273, t«.
gesegnen (das essen) 13,, u.
gesehen 46, st.
gesein = sein (bes. nach negation)
70,i9 11), 1« 155,«. 200,30.221,
«. 247, ;e. 360, 30.
gesell in = geliebte 11, so.
gespilen = gespielin 38, 7.
gespor = spur 85, j> 261, 4.
gestehn=gerinnen : gestünde 43, »7.
gesterben 203, i«. 351, «
gestraffen 224, 17.
gethön 197, ».
gewarten 5, 9. 79, 10. 83, 1.
geweßt = gewesen 10, « 190, 10.
gewild 23, t«.
gewon = gewohnt 410, 1.
gezechen 356, »0.
giessbecken 445, 9.
gieBsfass 441, 40.
Giettel 66, 27 (Gretell bei Arigo).
ginen 156, «.
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Wort- und Sachregister.
G69
gippe = jacke 290, «. 845, so.
Gisippus 6, 2«. 106, ss — 124, 3s.
Gisippus und Titus (W 42) 580. 657.
gl aß : mit irem gl aß schönen 54, 19.
gleaslin 465, st.
glimpff und ehr 298, 9.
gloch = gelage 151, is.
glock : die g. ist schon gössen 393, so.
Glockendon, Albrecht : Nürnberger
Bugblatt Der krieg zwischen mau-
gen, katzen, ratzen und hunden,
abgedruckt 487, sa.
Glockenthon, Jochem: meisterlied
Eine junge frau klagt über ihres
mannes impotenz , abgedruckt
515, 19.
glorieren: sichg. eines dinges200,ss.
gnad jungkfraw 55, 10. gnadjunck-
herr 164, 17. 180, u. 452, 13.
gnad: kein g. eines haben 16, e.
179. 23. 197, ti. 367, 33.
goldtsandt oder strewbulfer276, 27.
goller 65, u.
gon=gehn 8, 9. angohn 8, 19.
part. gangen 24, 14, im per. gang
25, ,7.
gott geb = gleichviel ob 12, 8. 38,
1. 42, u. 142, 14. 271, u.
gotsdieb und boßwicht, obsc. 18,
». 103, 11.
göttel = patin 260, si. 261, se.
got willkummen 145, si.
Gräfin fragt, warum die armen
leute nicht brot und käse essen
(G 48) 601.
Granfigliari, Cfinrad 335, n.
grasen = gras schneiden 389, 4.
Gred 323, 31.
Gredtlin 261, s-265, 11. - lieb-
chen 155, se.
greusslich 333, ss.
grind = köpf 296, u. 388, >8.
Grindige wetten, wer sich zuerst
kratzt (W 9) 566.
grob scheren 181, 4.
groß gehn = schwanger sein 83, i«.
großlichen , adv. 99, is. grösslich
419, 17. 423, i5.
gach lacht 446, ss.
Gualfo = Guelfe 147, si.
gubernieren 116, s«.
Gugenheim 401, 6.
Guiscardus und Sigismunda 215 —
233 ; vgl. 586. 657.
gunst: mit g. zu melden 279, 24.
283. 27. 315, ss.
gürtel, die 239, 8.
haben: ich hon 6, so.
habermehl 442, 21.
habermnss 257, 82. das h. verschüt-
ten 408, 34.
haberstraw 306, is.
Hagenaw 856, 0. herberg zum
Schwert 356, 17.
Hager, Georg: meisterlied Diemetz«
gersmagd im unschlitt, abgedr.
495, 4.
hagjunckherr 165, 40.
halsen und küssen 77, 34. 211, n.
Halsen und im h. lecken zeigt der
mann seiner jungen frau (W 27)
572.
halU! 26,3s.
handtgeschrifft 428, n.
Handwerkerspott : s. Schneider,
Schuster,
handzwehel 80, st. 126, 5». 441, 43.
445, n. 449, so.
Hans: junckher H. 142, 19.
Hansel 301, 31.
harpffe 37, 20.
hartigklich 325, 25.
Hasenjagd der neun Bayern (G 18)
596.
hauen: conj. impf, hicwe 296, 1».
hauptk&nnin 297, it.
haußsteur = mitgift 219, 12. vgl.
heimsteur.
haut: die h. am galgen dörren =
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G70
Wort- und Sachregister.
gehängt werden 428, 20.
hautsch, interj. 41, 31.
hawe 441, 11.
heckenwürt 44G, 2«.
hayle (annif an pferde) 333, 27.
heiligenkü88erin 373, se.
heylthumb 405, 32.
heiraforung 219, 29.
heim8tewr 368, 7.
heinacht 312, so. heint nacht 323, 23.
Heintz, Haintz 268, ». 269, n. 323,
20. 344, so. 359, 0.
Haintzraan (eine katze) 359, s.
Heiratsschwindler in Lauingen (G
42) 601.
Helffenstain: graf von H. 329, 1.
hellenpart 283, 32.
helinlin : einem das h. durchs maul
ziehen 35, 2.
hemmat 282, 2«. 419, ss.
hencken: zwischen zwen hund an
den galgen h. 429, 27.
heraussen 22, 17. herausser 23, 1.
Herbrot, Jacob 3, 2. 457. 558.
Herculanus 370, sn - 373, s«.
herlicheyt 251, «.
hernahen, sich = nahen 366, a«
hernaher 269, u.
hertigkeit 40, 7 190, «.
hertz im latz, obsc. 103, 0. vgl.
416, 2«.
hertzbendel 417, 2«.
Hertzog, Bernhard: Schiltwacht
643 — 651. Zwei erzählungen dar-
aus abgedruckt 523, 19. 534, u.
hess: das h. oder kleider (mhd.
ha-ze) 315, 23.
heurhat, der 293, m.
Hieronimus 95, »7—102, <j.
Hieronymus und Silvestru (W 38)
578.
hilffloß vom vatter 40, 10.
Hilprant, Seb. : meisterlied von
Sanct Peter mit der hochzeit
0552) abgedruckt 483, «.
hindan 181, j. 295, »2.
hindersich gohn = übertreten 39, 7.
hienwegen = aufwiegen 258, si.
history 4, 1«. 6,1.2a. 133, 7. 137,4.
138, ... 183,3. 215,s. 235,2. 253,
«. 250, 37. 260, 7. 277, 23.
hobelwagen = wagen mit einer
decke 326, 3.
hochfart 64, 27.
hoch trabend = hochmütig 64, 12.
246, *.
hochtrabig 142, 8. 255,28. 293, 1.
hofieren 283, 27.
holtzlin: eingrobesh.=tölpel 18,«.
holtzschnh: auf holtzschnhen in
druckenem wetter gehn = thö-
richt handeln 330, 6. 368, 3.
Hormisdas 248, 7-251, si.
hörner auffsetzen 62, 2». 314, 3«.
hott (anruf an pferde) 333, 28.
hu hu, die; obsc. 315, 23.
huld tragen einem 275, 10. 293, 2.
347, ».
hulffter 293, so.
Hulsbusch.Joh. : Riebenerzahlungen
aus seiner Sylva sermonum iu-
cundissimorum abgedruckt 476,
i«. 486, 31. 505, 1. 506, 2*. 512,
«. 513, 1. 527, 21.
Hunde, warum den katzen feind
(W 14) 568.
Hündlcin von Bretta 582.
hundtshaut 353, n (anspielung auf
Hans Sachs, Schwänkenr. 54, Die
neunerlei heut eines pösen weibs'
1539, v. 48).
hüpscheit 119, 1».
hnrey 256, 2«
hflt: ein h. foll fleisch dahinden
lassen = geköpft werden 271, 23.
Jacklin jud von Obernberckheim
427, i-429, tu.
— fälscht einen Schuldschein, wird
gehängt (ü 115) 634.
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Wort- und Sachregister.
671
jar: hab im ein gut j. 54, is.
icht 99, «. 115, 26. 192, u. 201,
as. 232, 19. 348, S(. ichts 196,
is. 239, i4. 395, 91.
Jhesus Christus 269, 22.
Imola 63, io. u.
infel = infula, bischofsniütze 162, ».
365, »6.
Ingwyler 290, so.
innerthalb 207, n.
inngedenck 97, 27.
inschlit, y n8chlit=unschlitt 43, 10. 21.
instrument 37, i». 49, s. 354, n;.
Joanna 187, 9. 188, 4.
Jockel 301, u. 323, 33. 340, c.
Johannes 354, 21 s.mct Johans t;ig
428, it.
Iphigenia 240, m— 252, m.
irrung 252, 2.
Italia 185, &.
juchtzen 280, so. 322, a*.
Judentochter soll den Messias ge-
bären 574.
iudicium 137, 24.
Jüdin vor den äugen des mannes
umarmt (O 41) 601.
junger = jüngling 248, »$.
Jungfrau entblöBst sich, als sie ans
dem fenster steigt (W 26) 572.
— desgl. als sie vom schütten
fallt (G 71) 611.
— mit dein fraueneisen zur ader
gelassen (W 28) 573. vgl. 652.
— spiegelt ihrem freier reichtum
vor (G 13) 595.
— teilt drei eier, dass neun daraus
werden (G 14) 595.
— vgl. Braut und Magd.
Jüngling entmannt sich, als seine
Werbung abgewiesen wird (W 3)
560.
— als mädchen verkleidet bei der
Prinzessin (W 15) 569.
— verlasst seine geliebte, weil sie
das Verlöbnis ausplaudert, und
heiratet eine andere (W 1) 558.
Jüngling giebt ein doppelsinniges
eheversprechen (G 20) 597. 657.
— vgl. Buhler.
just 326, 1».
kallen 346, 4.
Kallhart 291, 28.
kandt, kante = kanne 12, s«. 13, 1.
46, is. 285, 0.
kandel 46, 33.
kappe = schlag 273, 32.
carnier 258, 5».
karnierlin = ledcrtasche 258, 2. 12.
Karoch, Samuel : Epistula de amoie
cuiusdam studentis erga mulie-
rera civaticam, abgedr. 546, 31.
Karolus, Carolus = Karl I. von An-
jou 147, ai. 148, 1; vgl. 583.
kat 284, 24. 362, ». kat oder fegot
276, 29.
katig 363, 3«.
Katzipori: s. Lindener.
kätzlin, obsc. 395, 32.
kanffen: etwas k., ehe es feyl ge-
worden = stehlen 257, 10.
kein trawriger mann er nye ward
20, 1«
keller = kellermeister 45, *». kai-
ner 46, 9.
källerin 46, i&.
kempffer: der gute alte k. 18, 20.
52, 29.
kerlin 233, 13. 280. 22. 352, .7.
ketterlin =: cunnus 357, 13
Kinder : hungrige k. gebürstet (G 30)
599. — russig gemacht (G 29) 599.
— bekommen ist glück (G 11) 595.
Kintziger thal 296, 22.
Kirie und Sanctus (in der messe)
400, ..
klaffer Verleumder 211, -n.
klätfig = schwatzhaft 264, a&.
klainot: plur. klainotter 218, (v.
knebel = tölpel 17, si.
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672
Wort- und Sachregister.
Knecht zu faul, sich selber wasser
zu holen (G 83) 619.
— tadelt den ineister, dass er nicht
salz ira ganzen kaufe (G 47) 601.
— niuss die magd, die dem herren
zu willen gewesen, heiraten (G 61)
608.
— redet der frau vor, ihr mann
befehle ihr ihn zu umarmen (G 73)
611.
— verstümmelt den buhlerischen
pf äffen, der dafür an der bäurin
räche nimmt (G 106) 629.
knellen = mit einem knall schlagen
48, t».
knewen = knien 64, it.
Knittlingen 177 , s. Knittlinger
steig 176, i».
Knoblouch, drucker in Strassburg
183, is. 215, io. 233, ss. 252, 17.
knoll = grober mensch 444, «.
knopff = knoten 223, «. 300, *.
Koch naschhaft, behauptet, die
kraniche hätten nur ein bein (G
77) 613.
Kochersberger 276, 19. s. Frey ed.
Bolte b. 300. — vgl. Bauer.
Köchin, s. Magd.
kommet = halsjoch 288, j«. vgl.
kummet.
kopff=becher 230, s.
Kopf abgeschlagen ans blossem
Übermut (G 45) 601.
korbelm acher 48, to. körblinmacher
48, 23.
Korbmacher schlägt seine eigen-
sinnige frau (W 23) 572. 652.
— Von einem k. und seiner frau
(gedieht. 1570) abgedr. 554, 7.
cÖrpel 289, 7. 297, s«. 366, is.
kost, der 294, 10.
kostfrey = freigebig, freigehalten
291, 7.
kotze = rock 203, «. 30. 210, *s.
Kraut: einer isst sieben portionen
ohne fleisch (G 40) 601.
kummet 441, 9.
kunckel 409, s».
kund 295, st. ein seltzamer foller
k. 280, »9. ein wunderbarlicher
k. 29, 4.
künden = können 3, w. 6,*$. 11,
tt. 164, is.
kundschafft = freundschaf t , Ver-
traulichkeit 75, »4. 360, 11. kund-
schafft haben eines 56, 90. 101,
11. 149, 6. mit einem 96, 4. zä
einem 391, 1».
kuppelig 323, 9.
kurtzweylen 804, 10.
küste oder sydel = kästen , truhe
146, »7.
kuttennieren (eig. tuch gekräuselt
machen) obsc. 352, s«. 401, it.
lache 343, e.
lächerig 83, 9.
ledlin 406, 9.
landtfarer 50, 1. 127, 10.
Landsknecht hofiert auf den acker
des bauern (G 26) 598.
— lehrt den edel mann ein mittel
widers frieren (W 17) 670.
— vertauscht sein hemd (G 24) 59S.
— unbärtig, aber mutig (G 25) 598.
Landsknechte werfen des bettlers
sack auf einen bäum ( W 25) 572.
— schrecken den teufel hinterm
ofen (G 27) 598.
landstreiffer 50, 2».
lane = geländer 422, 13.
lap = narr 59, is. 149, 10. 316, 17.
360, e. 384, ».
leppisch 271, 15.
lärman = lärm 51, 17.
lassen = zur ader lassen 53, s«
last: in tausent lasten 365, e
Lateinische Sentenzen und aus-
drücke 106, 2... 135,i«i. 137, 19 139,
26. 166,i4. 259,.6. 406,i7. 446,
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Wort- und Sachregister.
673
is. 447, ss* 452, ».
laugen = leugnen 226, ss. laugnen
227, ss.
Laugingen 3, 4. 86, 7.
Lauwingen 280,««. 29. 291, 20. 292,
29-294, M.
Lawel 381, t— 387, 9. — L. als stum-
mer in einem nonnenkloster (0
96) 624.
lawr 841, 4.
Laus auf den tisch gesetzt (G68) 610.
Läusknicker nennt eine frau ihren
mann 622 (zu G 39).
lautbrechtig = ruchbar, bekannt
403, t4.
Lauter = Luther 417, 1«
leben: güt 1. haben 10, 13. 281, is.
lecker 387, ts. 402, i0.
leckerey 284, u.
lader: vom 1. zucken 51, is.
ledigen 124, is.
lehrnung = gelehrigkeit 106, so.
leiden =r sehr 63, s. 164, 97. — mein
leiden gesell 25, 20; vgl. Lindener
8. 176 und 119: ,ein leiden com-
pan.4
leidig, laydig 189,24. 210, ie. 220,
e. 362, ia.
leymat = leumund 62, 0. leumat
386, 31.
leimethauß = pranger, narren haus-
lein (?) 128, is.
leinen = lehnen 278, n. lainen 239,
13. 320, «. 328, 1.
leynin 46, so.
leinwat 282, 9. 409, 31.
leist : Ober ein 1. gemacht 373, is.
leyster = der etwas leistet 400, s«.
lell lell sagen = lallen 411, 2.
lernen = lehren 27, t«.
letstlich 36, 10 u. 0. letzlich 37, 20.
letz = link, umgekehrt 345, 1.9. 444,s.
letzen , sich = abschied nehmen
104, 10.
leüten: impf, lyte 26, so.
Montaou»
lideren = ledern 222, so. 223, 1.
Lieb wie das salz; wie ein gut sch.
(G 54) 605. 657.
liebe = geliebte 348, 6.
lieben = lieb sein 6, 3. 66, 13. 107,
34. 205, 1. 388, s>. lieben und
gefallen 221, s.
Liebhaber, s. Buhler, Jüngling,
liebhabend = geliebt 118, si.
lieblichen = voll liebe 221, ,1. 230,
26. Sl.
Hecht: an Hechten galgen 30, i«.
lied von der stoltzen mülletin und
dem domherrn 408, ss.
Lienlin (Leonhard) 301, t». 302, so.
beiname der Bayern 278, ss. 279, 9.
Lindener, Michael 636—643. 658.
Eatzipori 467, so.
1 inlach 282, 9.
Lipseus 242, ss.
Lisabeta 90, so— 94, is. 413, 19 bis
415, is.
Lisabeta und Lorenzo (W 37) 577.
Liseta 64, «-70, 6.
list, der 172, in.
Lohr 296, 22.
loica = logik 75, 1.
Lombardia 413, 17. Lambardia 423,
so. Lambarder cronica 423 , so.
Lorentz 90, 26—92, 20. sanet L
406, 6. 13.
losament 20, 4. losement 126, «.
Lotharius 168, is-
Lucas 168, 20. 418, ».
lucerne 306, 33.
Lucifer 284, 29.
Lucretia 102, 11.
Luftschlösser des waldbruders, der
milchfrau etc. (G 53) 603. 658.
— des ehepaars, anlass zum zanke
(G 78) 614.
lügen 21, 6. 25,s«. 33, 17. 177, o.
lugenthafft 277, 23.
I.usciniua, O.: eine erzahlung aus
seinen loci ac sales (1524) abge-
43
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674
Wort- und Bachregister.
druckt 514, n.
lust, masc. 73, so. 222, io.
Lysimachus 248, io— 252, i».
raaclatur 256, 5.
madensack 42, u.
Magd schläfrig, stellt die füsse in
unschlitt (W 18) 570.
— schlaft 24 stunden im walde
(W 19) 570.
— im schlafe geschwängert (W 22)
571.
— vom edelnianne geweckt (Q 1 1)
595.
— versalzt die suppe (W 20) 570.
— fordert Drabrauter statt Trami-
ner (G 37) 600.
Magdalena 347, io.
magiolita = majolika 93, 2».
mayeron = majoran 93, so.
mal: plur. malin 395, »4.
malefitzgericht 328, * 429, 54.
malfasier 403, «. 447, ft.
Mann eifersüchtig, hört seiner frau
beichte (G56>606.
— erschlägt den buhler (G 46) 601.
— fragt das crucifix, ob es auch
ein böses weib habe (G 35) 600.
— mietet einen knecht zur bossel-
arbeit (G 82) 619.
— päderast, verzeiht der ehebreche-
rin und ihrem buhlen (G 94) ü24.
— rächt sich an des ehebrechers
frau (G 59) 607.
— redet der untreuen frau vor,
fette kost töte ihn (G 72) 611.
sperrt die ehebrecberin uub ;
diese wirft stein in den brunnen
(G 79) 614.
— stellt seine prüde frau auf die
probe (36) 600. — desgl. die
schwatzhafte (G 6) 592.
— Rtraft seine frau trotz des rich-
terlichen Verbotes (W 2) 560.
— sucht die ertrunkene keiferin
stromaufwärts (G 89) 622.
Mann verkauft die schwangere
frau den juden (G 97) 625.
— verklagt seine frau, die als jung-
frau befunden wird (G 62) 608.
— verspielt seine entlaufene frau
(G 60) 608.
— zankt mit der frau übergehweine,
die ihnen nicht gehören (G 78)
614.
— vgl. Alter, Frau,
menigklich 182, 1.
Märchen : s. Erdkühlein , Luft-
schlösser, Narrenstreiche, Schnei-
derlein, Schwabe mit dem leber-
lein.
Margretlin 260, is - 266, so.
Maria, jungfraw 67, 3. 1». 404, st.
marmelstain 161,«. 422, 11.
Martini tag 5, 1«. 137, «.
Maseto 55, 1« -62, »s.
Masetto als stummer im nonnen-
kloster (W 29) 573. vgl. Lawel
(G 96) 624.
maß: in maß als ob 121, ». in maß
das 124. «.
massigen : sich m. eines d. = sich
enthalten 14, s7. 186, t*.
inateri60, 13. 111, 1». U7, 7. 232,«.
385, j.
matrimoni 1 15, 3.
Matzenheim 428, is.
maus: der blinden meuss mit ein-
ander spielen, obsc. 375. u. 389,7.
402, 33
nieer = märe 148, 1*.
mchrtheyl 96, 30.
Meichßnen = Meissen 78, ss.
Meylandt 374, as.
mainen = lieben 245, si.
maisenschlag 153, 14.
meister = magister artium 39, u.
meisterlich 144, 0. u.
Meisterlieder abgedruckt: Ursach
der hund und katzen feindschaft
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Wort- und Sachregister.
675
402, i. Einer Jungfrauen liisst
man mit dem fraueneisen 496, ai.
Des edelmanns weib mit dem tod
500, 3«. Der ungeratene söhn
503, i5. Eine kühne that der
weiber 519, i. Wie ein möncb
zwei zusammen koppelt ohne
sein wissen 530, so. Der fahrende
schüler mit dem pfaft'en 538, «i.
Der hasengeier 543, u. Von dem
kaiser Augustus und einem poeten
(G. Daubeckh) 502, «. Die drei
beichten (H. Deisinger) 510, 4.
Eine junge frau klagt über ihres
mannes impotenz (J. Glocken-
thon) 51), tn. Die metzgersmagd
im unschlitt (G. Hager) 495, 4.
Sankt Peter mit der hochzeit
(S. Hilprant) 483, Einer singt
einem wirt ein lied für die zeche
(A. Metzger) 485, ao Das l&us-
knicken (Metzger) 525, u. Einer
sucht sein ertrunkenes weib wider
den ström (Metzger) 526, i«. Kin
mönch liegt bei einer bebamme
(Metzger) 537, n. Die käsküch-
lein (Vogel) 517, u. Das schöne
goldscilmiedsweib (Vogel) 540, is.
Die hundertfaltige gäbe (Vogel)
544,34. Derteufel holt einen gott-
losen bauern (B. v. Watt) 499, «.
Der student mit dein mörser
(Watt) 541, 54 Eines töchterleins
beicht (H. Weidner) 511, ... Von
der belagerung Weinsbergs
.Weidner) 520,™.
meit: nicht ein m. 283, 7.
Mensa philosophica : vgl. Gallus.
Mentzer weißpfenning 126, 20.
merentheil 291, 1«.
Mesner spottet über die grablegung
(G 66) 010.
Messerschmiilt: Paulus M., buch-
drucker in Strassburg 2r»3, iS.
435, 1». vgl. s. X.
Messina 91, sa. Missina 90, s».
mettenzeit 393, u,.
Metz 427, iB; vgl. 634.
Metze: fraw M. (bezeichnung einer
thörin) 65,
metze : der metzen sontag (= aus-
gehe tag) 144, ift
metzgen 265, 7.
Metzger, Ambr. : vier meisterlieder
abgedruckt: Einer singt einein
wirt ein lied für die zeche (1626)
485, so. Das läusknicken (1625)
525, it. Einer sucht sein ertrun-
kenes weib wider den ström
(1626) 526,26. Ein mönch liegt
bei einer hebarame(1625) 537, n.
metzig 258, 30.
inetzlin 18, 15.
Michael, sanet 405, 37.
miltigkeyt 112, ,. 123, s». 211, «0.
244, ai.
minniglich 193, 12.
minste, der = geringste 42, s».
missdritt 3")3, »i.
misshandlung = missethat, ver-
gehen 429, 14.
initnacht 193, 19. 206, 11. 339, «.
365, 14. 437, 34.
mitter tag 238, 21.
Mönch Albrecht besucht eine frau
als engel verkleidet (W 80) 574.
— Burkhard auf dem ofen, von der
wirtin gewarnt (W32) 576.
— Rinaldus vertreibt dem kinde
der gevatterin die wünner (W 31 )
575.
— Zweifel zeig| dem volke kohlen
statt der engelsfeder (G 104) 628.
— vom abt bei buhlerei ertappt,
überführt diesen des gleichen
Vergehens (G 98) 625.
— liegt bei der wirtin, die ihn für
ihren mann hält (G 100) 62'].
— von der beichtenden frau als
liebesbote benutzt (G 99) 626.
43*
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676
Wort- und Sachregister.
Montanus : Martinas M. von Straß-
burg 1,o. 5, is. 133, t. 137, t».
183, is. 215, io. 235, it. 253, i«.
435, l». in Dillingen 5, i«. 137, n.
in Ulm 135, o. 15. im walde bei
Knittlingen beraubt 176, 7 —
177, 15. kein poet 180, u. citiert
seinen Wegkürzer 295, t«. —
Augsburger Schmähschrift wider
ihn 457-475.
mordt, das 124, «.
morderey 272, t.
mores lehren 447, 41.
raorndrig = crastinus 209, »4.
Moyses 418, t4.
mnde = müdigkeit 10, 11.
Mulhausen (im Elsass) 329, 14 aa.
Müller bestiehlt einen mahlgast,
dem er seine fischende katze zeigt
(G 92) 624.
müller : den der m. auch mit dem
sack geschlagen hett = thörichter
mensch 259, 20. vgl. 301, «.
müllerflöh 282, j«
Müllerin äfft den domherrn mit
ihrer eselin (G 105) 628.
mQrselstein 401, 1« mürsel 401, st.
Musculus, A. Hosenteufel 473, i»
474, ,.
mfissig stehn eines halb = ilin
aufgeben 18, 4. eines d. 33, 13
mussig gon eines 269, «.
mustern — aufputzen, rüsten 141,4.
mut: wol zu m sein 15, 2». 16, 22.
baß zü m. werden 21, «4. übel
zutnüt sein 22, 4.
mutlein: ihr m. erkiilen 14, u.
nachgendts 191, &.
nachretig = verleumderisch 35, «.
nachrichter 3U, 11. hencker 39, 17.
23.
nagelin = nelke 93, so.
nah: den nechsten = sofoit 18, 7.
23, 17 u. ö.
nähenen, nehenen = nähern 193, u.
195, 4. ». nahen 365, 14. 390, 4.
nahend = nahe 146, n 149, it.
nahet = nahe 58, t«.
namhafftig 268, 7.
narr oder thor 259, 7.
narrecht 127, 10. 157, 2».
Narrenstreiche: eines hochzeits-
gastes; braut heimgeführt (W 44)
581.
— bei Sonnenschein weinen, bei
regen lachen (G 3) 590.
— nadeln in heuwagen gesteckt;
topf soll allein heimgehn (G 4)
591.
— verkehrte begrüssungen der be-
gegnenden (G 50) 603.
— ein pferd suchen und darauf
reiten (G 70) 610.
in\st = ast 21, 7.
Nazaret 404, ai.
Neapolis 94, ai. 144, u— 172, 6.
305, • 359, si — 361, t&.
Neapolitaner 146, ta.
neydig 200, ta. 438, 19.
nemen: sich besondern scbmertzen
eines dinges n. 15, 31. sich frembd
n. eines dinges 146, &
neren = retten 198, u.
Nese (wie Agnes bezeichnung einer
thörichten frau) 67, ta.
nestel 440, ifc
Neun Schneider essen ein ei, latei-
nisches gedieht, abgedruckt 505,
21.
nichten nit 138, 10.
nider = leise 98, 7. 1 14, at. 232, ai.
niderwath = beinkleid 414, n.
niemandts 250, m
niendert = nirgends 76, «3. 100, u.
113, S.
nigromanticus 421, 13.
nonzeyt = mittagszeitOO, t. 381,2«.
Nonne unkeusch, äbtiäsin desglei-
chen (G 109) 630.
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Wort- und Sachregister.
677
Nonnenkloster visitiert, verkleide-
ter jüngling gefunden (G 110)
G31. — vgl. Masetto.
Notar betrügt die söhne zweier
verstorbenen kaufleute (6 90) 623.
nöthen = nötigen 60, »». 197, Si.
385, 7.
nottürfftig eines d. 288, s.
notz wengen 424, a«.
nüchtern =. ernüchtern 454, 20.
nun dalest = nun endlich 319, 20.
372, 373, 23 374, e 387, „.
Nuta 56, 1. Nuto 56, 17.
oberkeit 85, 14.
Obernähen im Elsass 89, 3.
oberthür: sein sei auf die ö. setzen
und sich ergetzen 440, .•».
Octavianus 106, s«. 124, 19.
öde 69, a.
öffnen = entdecken 202, «. 224, u.
offtennals 10, ?».
ohrenbeicht 404, 11.
öllheffen 308, 4.
ongeferd 366, a«.
ordenlich 379, 35.
ordinieren 116, ?e 126, m.
Ordnung = Verabredung 114, 115,
u. 223, 10. 350, j„ befehl 224, 2».
othmen = atmen 429, 31.
Palerma 147, u. 361, 4
panckathieren 163, 11. 179, i>.
pantoflen 272, 1«.
Papirius soll der rautter den Senats-
beschluss verraten 592.
Pariß 95, n 96, s«. 97, «.
Pasimondas 243, 2.
pastoral = bischofsstab 162, 2. 365,
85.
[Pauli,] Schimpff und ernst 4, n.
Paulus 854, 22—355, 2».
pelz: wo der beltz verbrochen ist
54, 27.
penal = schüler 156, «.
penitentz 63, 19.
penitentzer = penis 383, 21. 410,2».
Perusio = Perugia 140, 2 -172, 4.
Perusa 359, 32—367, «.
pestilentzisch 245, 2».
Peter 147, e. 10. 361 , u. 367, i*.
Petrus 418, 33.
Petronella 307, 28. 308, 24.
Petrus mit der geige auf der hoch-
zeit 563.
— isst die leber und leugnet« 563.
Pfaff verheisst hundertfältige Ver-
geltung (G 108) 629.
— singt Requiem statt Resurrexit
(W 7) 565.
— hört die kindische beichte (G 31)
599.
— legt dem buhler eine seltsame
busse auf (G 88) 621.
— vom barfftsserinönch getragen
und abgeworfen 618 (zu G 81).
— ermordet eine arme frau (W 33)
576.
— zieht den ehezehnten ein (G 103)
627.
— erhält den der bäurin versetzten
chorrock wieder (G 102) 627.
— versteckt sich vor dem ehemanne,
vom schüler als teufel beschwo-
ren (G 101) G26.
— vom schlauen knecht verstüm-
melt (G 106) 629.
— ruft seine konkubine weib (G
102) 027.
— will seine gevatterin zur stute
raachen (G 111) 631.
Pfaffen, warum den weibern auf-
sätzig (G 87) 620.
pfaffenhur 41 1, 23.
pfeffer: der orth, da der p. wechßt
52, 1. 80, 0.
pfeiff : ihm fiel die p. in sack = er
verzagte 428, 24.
pfeyl = pfeiler 223, 4.
pfenningwert 298, 21. 299, ».
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678
Wort- und Rachregister.
pferch = ferge 30, s«. 3L ».
Pferdefutter gestohlen 453, li; vgl.
035.
pflegen seines willen 9,u ^ 11, l.
sein willen 18, i».
pflichtig 2iL ^ 243,
pflüg: den p. zu beth füren, obsc.
305, 9. 396, st. 399, ^
pfuch 403. sa.
Philip 190, m. 191* ii. in
Pisaner £LL i.
bitschier 427, u.
blerren 417. io.
pocal und drinckgeschirr 424, l*
pöfel 3, il 136, ii,
boldern und boclieu 326,
policey 119, i-
porte, die 222, u. n. 2hl , lc- —
hafen 246. 21 231, 10.
portner 295, ih.
prachtig = hoff iirtig 173, ^ 181 , s.
prelatur 199. ll
prerae = bremse 138. 1^
Priameln (im modernen sinne) 106.
LI» 22± MOB. 5«.
Privilegium 36, ^
privilegieren 36, a.
procedieren 20ü. 1,
procurator 249. 2^ 355. l.
profuntze = cunnus 357, *i.
pronuncieren 166,
protestieren, sich — sich verwahren
54, 6.
protocoll 354, a**
Provision 148. ll
Publius Quintus Fulvius lüfi , as.
Titus Publius 115, *
,Puer natus' singen 446. u,
quoll — qual 274. l,
quelung HO, a.
quintieren wie der esel — fakch
singen 400. vgl. Brant, Nar-
rensehift' 73, 21*
quittantz 428. 9«
redlin : ein r. machen = im kreise
fahren 330, *
ragenorlin 279. «.
Ramesis = Themse 422, ».
rammlen = tanzen 164, m.
rasslen = würfeln 256. ai*
rath : zu r. werden = sich entschlos-
sen 20, ü.
rhatersch = ratsei 356. 4, 357. u
rhatig werden 356. 2s» Sfiii a.«
Rätsel, schmutz igo (C, 91J 623..
ratzen auf der lauten = kratzen
409.
rebknecht 33L *■
rebmann 12 , «, 331 , 2, räbman
12. 4. weingarlncr 15. ?h.
rechnen = anrechnen? Hj ia*
reehtgesebaffen 163, w.
reformieren 445. u.
regent 220. 21.
regnieren 1 16. 2a.
Reichhart von Pcrusia (G 93] 359,
32 — 366, 30.
Reicher mann heisst einen armen
stehlen (G 67) 610.
reydig = räudig 3L l«
Rein 18, »• 30, s«. 292, i*. 412, u
sachen, die man jen«yt des Heins
zu treyben pflegt, obsc. 289, 16.
vgl. Val Schumann 1893 s. 432.
über Rhein füren, obsc. 352. ie.
402. 2*
Reinbrugk (bei Breisach) 18, u
reiten , obsc. 104, 1- 379, mit
einem gehn holtz r. =? einen
prügeln 371',
requiem 22» ll zs,
resurrexit 28, 21.
reuchlin 262. se.
reuspeien 357, sa.
reverentz = ehrfurcht 10^, lö.
rewen, der = reue ISO, ^ 2£3» ja»
rewlich 404. ul, 406, is.
rieht = speise, gericht 15_L ^
richten : sich r. an = sich an etwas
Wort- und Sachregister.
(379
wagen, es angreifen 13, • 24, so.
Richter erhält von zwei parteien
pferde und wagen (G 63) 608.
richterknecht 160, 3.
riffian (ital. rnffiano) 155, 31. 362,
sa riffianer 152, 3. js.
Rinaldus 178, 1. vgl. 536.
Rinaldus, münch 78, j— 78, So.
ringern 422, 34.
ringlin, eine fischart 327, «; vgl.
609. zeichen in der wirtsrechnung
439, ».
riterin = frau eines ritters 148, 4.
ritte, der 381, »«.
Rodi = Rhodas 235, 11 — 252, 10.
Rodianer 244, u-247, 7.
rogen : die besten r. ziehen = den
grössten gewinn einheimsen 141,7.
Rom 51, s». 106, }«. 115, .0 19),
11. 354, 17. 406, s. 426, 10.
Roman schreyncr 376, 10.
Römer 107, ss. 108, 3i.
Romandia, ein fabelhaftes stätlein
19, 4.
rose : die rosen seiner lieb empfahcn
114, ».
Koäimnnda 424,
roß: auff das r. sitzen, obsc. 81, 14.
rossmutter 418, 34.
ru benherbat = rQbenernte 402, n.
Ruedel (= Rinaldus) 77, 10.
ruffianer 63, n. a. riffian.
rumor 229, 31. r. und geschrey
189, 19.
rüssig 286, 7. is
rütteln, rittein 160, 1. s.
ruwig = ruhig 37, 12.
sack: in dem s. finden 6, 1. sack
= liederliche frau 54, ss. 401 , 35.
sacrastey 406, 9.
8aiger = matt, schal 437, 10.
salbeywein 447, ss.
Salerno 217, 3.
Salomo 406, s.
saltz : wenig s. in der zungen haben
= thöricht sein 69 , u. ehe vol
kleyen dann saltz 65, ss. vgl.
gesaltzen ; ungesaltzen.
samb = als ob 10, 10.
samen = saat 33, e 9.
Santutzo, Sandutzo 77, 1— 78, 19.
(ital. santoccio = duinmkopf).
Satan. 167, 3. 846, sa.
sauffen: impf. suff 46, 10.
schaden : conj. impf, schide 38, 39-
Schäfers testament: schafe den
wölfen, frau dem pfaffen, kleider
den hecken (ü 87) 620.
schaffen = befehlen , lassen 57, 13.
78, 11. 103, n. 123, 7. 191, 6.
225, ia.
schulck: den s. hinder den obren
haben 294, 4.
schalckheit 115, »«.
schälcklich 429, 33.
schäm = membrum virile 61 , s.
385, »4
schäm per 349, 15 883, 1»
schaplier = scapulier 80, ie schep-
per 80, *9. 81, 3. schöpper =
kapuzraantel 62, 33.
Scharagone Puttofogo (Scaral>one
liuttafuoco) 158, i»
scharpff rennen 218, 29
scharrer: den s. miteinander dant-
zen, obsc. 78, »7. vgl. Böhme,
Geschichte des tanzea 1, 49. 56.
2, 35.
scharwüchter 158, 4. 363, »7. —
obsc. 395, 20.
Schatzfinder morden einander mit
dolch und gift 564.
schäum von einem bösen stuck
fleisch 353, 1.
scheibe saltz 298, 19.
schein thun = offenbaren , zeigen
88, 1. 177, 4.
Schellenhencker 329, n. 32.
schelm in der haut 33, 21.
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080
Wort- und Bachregister.
schelmenbein : ein s. im rucken
haben 387, 17.
schelmig = stinkend, verwesend387,
21 438, «.
sohembart 72, u, u
schenck 429, 4.
schenken : impf, schanckt 25, so. »a.
Schenkung 219, 9
schepper s. schaplier.
scherer 53, « balbierer 54,
Scherer mit dem fraueneisen: s.
Jungfrau,
scherganten oder riffianer 152. ».
scherpffe 240, u.
scheutzlich 278. so.
scbiffdiener 245,
Hchiffmann 292, n
Schilling 88,
schimpf? = scherz 114, ju.
schimpften 224. n.
schirapffig 253, 0. 357, «.
schimpttlich = scherzliebend 34, «$.
schintfesscl = trossbube 374, u
schlaflen : »chluff 44, ji. entschlieff
iL m
8chla(fpfenning 448, « u
schlaffhaub 46, w*
Schläfrig: s. Magd,
schlechtlich 8Jj ib
schlecken 14, ja.
schlehe 447. schlehensafft 452, ^
achlieffen 75, 161, s. 365, ü
■chloff 297, 2. Bchlufl'e LL t
8chmachhändel 32(3, x.
schmale 423. s.
achinalvich 406. 34.
schmälte und brodt, ein gericht
330. ü
schmecken = riechen 35, 36, ia.
295. ia.
schmeltzen : geschmelUt 43, 1«.
schmieren = beschenken 429. «■..
schmucken = schmiegen 99_, j.
395. i»
schneblen 446, u.
schnallen = erschallen 437, ie.
schnarch len 21, x. 408. ia.
Schneider: drei s. trinken zusam-
men nur ein mass wein (G 38)
600.
Schneiderlein, das tapfere (W 5]
560.
schnöde = niedrig 226. 0.
schopper s. schaplier.
schoBS, die 275. ts.
schreien : partic. geschrauwen 337.
IZi
schlich : kaum in ein s. gilt 420,
Schüler: fahrender s. citiert den
versteckten buhler als teufet (G
101) 026.
schülerlin 156. ±
Schultheiss und bauer (G 19) 597.
8chumen = schäumen 23, 9.
Schuster ertrinkt beinahe in einem
ei (G 16} 52fL
Schwab 25. 1. & etc.
Schwabe, der das leberlein ass ( W 6)
5Ü2.
Schwaben : neun oder sieben S.
fliehen vor einem hasen 596
Schwabenland 282.$. 292, a». 449.87.
schwanen 428. 2&.
schwärt: das in die s. krachet 270.
21* 417. u.
Bchwartzbartecht 363. i».
Bchwartzman = teufel 300, ai vgl.
87, 6- Si 6, 2fii
schwebel 371, ia
schwerlichen klagen 115. »s-
schwerung =• beschwerung 153 , &
scripta und bücher 136. id.
sechlin = sache 46, zu 47,
Beckelein 77, ai>
scckeln 88, a.
8ecr: am seeraten 321.
segmel 261, l vl*
8eider = seither 382, 15.
seittemal , seyteuial 66, e. 113. r.
i9. U7, »«. 226i z>
Wort- und Sachregister.
081
Selbstmörder findet schätz : s. Ver-
schwender,
seltzen (im reim) = seltRum 270, a.
sententz 160, i»
Seraphin 405, s».
seater = scheffel (sextariuB) 301, i«.
358, i.
seufftz, der = seufzer 196, ia.
seöfftzen, der 146, i.
sydel oder kQate 146, it.
sie = eich 39, i. 67, ao. 101, it.
Sieben auf einen streich (W 5) 561.
Siena 73, ». Sena 317, ia
Sigismunda 223, 2a -233, it.
silberin 293, it.
Silvestra 95, jt— 102, io-
simoney 435, io. 455, as.
sinn: eins, erfinden 20, ai. andere
a. finden 61, :>o.
solicitieren 74, «.
sontag : der metzcn sontag = ge-
legen hei t zu buhlerei 103, 19.
Sophronia 107, 14— 125, 4.
sorgfeltig = sorgenvoll 87, aa.
spalten, impf, spielt 382, 12.
spectacel 198, tu
speyvogel 327, ia. s. spottvogel.
speit = spalte 193, ti.
speltlin 264, 1».
speloncke 417, at.
spicken, die stifel 444, 4a.
spilen: der liebe s. 79, 24.
spil platz 18, a.
Spinellutzo 317, 19 -321, ia.
spital 448, a». spittel 448, aj.
spottvogel 258, »4. 326, n.
sprachhauli = abort 152, as. 173, 1.
sprewer = spreu 261, 39 262, 6.
Sprichwörter 78, 24. 105, 14. 127,
aa- S4. 128, ia. 1«. 138, ia. 259,
1«. 329, aa. 345, 19. 352, 29.
359, ae.
staffieren 103, ao.
Stallknecht 453, ig.
stauchen, die = kopftuch 318, u.
Stecher: ritter und s. 67, 30.
Stegraan. Adam: erwürgt zwei sei-
ner kinder (W 36) 576.
Stegman, Adam 89, s-90, 10.
steyff 81, 19. 82, 24.
stern : an der heyligen drey konig
tag mit dem sternen singen 86, a.
sticken: mitseyden stücken 37, as.
stock: an ein stock faren = ins
ungluck geraten 11, aa.
stock, plöck = Instrumente zum
fesseln 35, e-
8ton = 8tehn 17, aa. stoht 8, so.
stunde 9, 19. — auffir selber stund
= stand schweigend und nach-
denklich da 74, 4. 113, 13.
stos8en: sich s. an = eine lehre
daraus entnehmen 169,6. 181,5.
straben 273, 2«
Straßburg 1, 10. 5, 19. 43, 10. u.
45,6. 133, 10 137,5o. 183, i*.
215. ,4 f. 233, si. 252, 1«. 253,
ia. 435, 1.. 285, aa 345, 1. 394,
ia. 399,24. 401, 4. 428, u 429,
10. 435, ia. predigerkloster 345,
9. Frauen tragen die pelze ver-
kehrt (G 84) 619.
atrebkatze: der s. mit einander
ziehen, obsc. 394, 11. — vgl.
Bolte-Seelmann, Niederdeutsche
Schauspiele 1895 s. * 31.
streissen, streussen (mhd. striuzen) :
sich s. gegen = sich sträuben 161,
ia. 365, 24.
strelen: mit sesslen s. 289, &. den
beltz 8., obsc. 379, 33.
stuben = stieben 267, ia.
Student wird henker (W 16) 570.
- vgl. Schüler.
stümpflin 352, 2t. stimplin 290, 9.
Stüter = rosshirt 329, ia
Stutgarter junckfrawen , die umb
ain klain gelt zu bekommen seind
164, ia. 323, 8. vgl. 466, 20
stützel, der 162, 12.
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(>82
Wort* und Sachregister.
styelin = stuhl 43, M.
subtil 106, 143, ,t. 239, t. 295,
M. 860, it.
sünden = sündigen 201, se.
superattendent 416, ». jo.
suppensauffer 201, t.
Tancredus 217, j-232, s>.
Danheuser 398, s.
dantz mit dreien dritten , obsc.
320, 87.
dantzhauß 51, o.
däntzlin 219, «.
tartsche 160, 31.
tauschen 283, ». daust 282, >i.
tenne, der 371, 4. 372, ss.
tertz zeit= 9 uhr morgens 313, 3.
319,
Teufel führt einen geldgierigen
hinweg (W 35) 576.
— reizt zum morde von weib und
kind (W 34) 576.
— durch unmögliche aufgabeti
(knoten in furz, strecken eines
haares , seil aus »and) geäfft
(G 49) 602.
— erschrickt vor den landsknech-
ten (G 27) 598.
— im glase und Virgiliua (G 74)
611.
— als freier, tötet die frau (G 85)
619.
teufel heisst: der schwartz mann
87, -,. 300, si. 346, so. in hunds-
gestalt 87, e-
teutsch 435, s. 442, st.
thading — Verhandlung, vertrag 69,
». 155, 4.
Thedaldus und Ermilina 183-213 ;
vgl. 586.
Teophilus 275, io-880, S7.
thon = thun 16, 4. thfin 19, 13.
impf, thete 16, 2. part. gethon
14, to. thon 15, 14. tban 26, »t.
einem zora thon 19, 7.
Tyber (fluss) 189, «1. 332, tu
Titus 6, x«. 106, tv-125, 4. voll-
ständig: Titus Quintus Fulvius
106, n. U5, ,s. 119, i«.
thöchterlin = cunnus 357, «.
tod kind (Arigo : tote)= putenkind
78, s.
todtlich = sterblich 116, i«. n.
sterbend 232, st.
tractieren 46, so.
träher = thräne 92, 17. 106, u.
treher 232, 3«.
tratz = trotz 410, a«-
tremmel = knittel 238, 1«. 239, n.
369, ss*
tributarie stadt 118, is.
Trinkerwette (G 32) 599.
Triomanta==Trognovant , haupt-
stadt des königs Artus 422, -s.
trog=truhe 876, M. 376, s..
trollen: sich t. 30, ib. 84, n. 396,
8. drollen 176, m 271, «1.
trücknen 232, -.. s.drückncn.
Tübingen (?) 175, 14.
thöcher = tuchbändler 391, 7.
Tulius (Cicero) 108, M.
tummel = getümmel 11, 17. tümmel
51, 16
türkisch, tyrannisch, unmenschlich
41,
turnieren 185, i» 219, 1«.
tyrannisch, stolz und übermütig 34,
so. 41, j. 48, *.
überab 277, 87.
überflüssig = übermässig 94, m.
102, ,6. 109, «. 245, S3.
überheben: sich ü. eines d. 35, 11.
überhebt 256,
überkommen = erwerben 12,7. 16,
10. 87, 10. 42, s. 54, 8». 87, t4.
140, «. 177, 7.
übememen: sich ü. eines d. 4, ».
überrechnen = überteuern 435, e.
übersehen = versehen, schlecht Dia-
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Wort- und Sachregister.
68:*
chen 36, i^. 44, 20 416, n.
überziehen, obsc. 25 1 , 2^ 397, n.
überzwerch 84, ?a.
uff - 8. auf -.
Ulm lSoj j. s 15. 469. 91.
umbhang (des bettos) 224. a.
umbscbantzcn 438, 31-
umbschweiff = um weg 347. j*.
umbstender = die umstehenden 5_L
Ii,
umbtreyben = verspotten 58, aa*
333, i8-
umbwenden : einem ein messer im
leib u. 54, 2^
umher keren (beim tan2) 15_, s.
umbher werffen 15, tu — vgl.
die frage: Was ist das beste am
tanz? Das umkehren (umschwen-
ken); Böhme, Gesch. des tanzes
L 102. Braut, NS c. fiL
unableschlich 273, u,
unabtreyblich 95, h.
unangesehen das = obgleich 150. aax
unbedachtlich IT, 19.
unbegeret 188, l
un belesen 136. 25.
understehn und hindern 248. ai.
understürtzen 103. u_«
unforchtsam 279. a.
unform 117, a
unförmlich 350,
unfrolich 3£2, 21,
ungebawen 89, 14.
ungebant: ein u. feyrtag 271. l.
ungefell 88,
ungefeziert 282, u
ungeferd 283, ungevorlich 24JL
24. 351 , »a. ohn gferden 439.
ungeholffen = nutzlos 94, ia.
ungehSrend 57, 2a» 382. n.
ungelt 444. u,
ungenottet 28, a, 122,
ungeredt 46^ ^ 1 10 , z~ 146. tu
321, in»
ungesaltzen = thöricht 68, at- 280,
11 416. u.
uugessen = nüchtern lä , ü.
286. 11L
ungrisch bier 447, «. ^
unleydenlich 91, 10
unlustig — unangenehm 127. t
unmenschliche liebe 217, 1^
unnot 8, 2jl 9,
unordenliche liebe 79, a,
unrechtfertig 450. 12..
unruwig 289, m.
unschützig 139. a.
untodtlich = unsterblich 116, ll
unverborgenlich öi, ll.
unverbrochenlich 15, 2«.
unverstanden = unverstandig 38, xi»
141. ig, 149, ul
unverwendt 22, aa.
unverwesen = unverwest 94,
unverzogen = ohne Verzug 107. 26.
unvonnoten 338, 10. 357. 35. 406, 93.
unwert 38, 2a
unwissent (passivisch) 225, ib. 231,
«8. u. und unerkent 222,
unzäm = mhd. ungezamie, unange-
messen, widrig 368, ta.
urdrQtzig = überdrüssig 255, ul-
Urlaub, das 108.
ürte = zeche 454. yrte 34, i,
105. ll,
Varro: Marcus V. 123. &.
Vaterunser in der tasche wiegen
schwerer als das fleisch (G 2j
590.
vätterlin 40, 2^
Venedig 63, 1^ ZQ, a. sanct
Marxenplatz 7L a, 72, 2. regen -
platz 72, 1 (Realto bei Arigo).
Venediger 336, 0.
Venus 102, fraw Venus berg
398, a. e.
verargwonen 309,
verbergens machen = versteck spie-
len 14, i.
(384
Wort- und Sachregister.
verbringen = vollenden 11, ts. 63,
39« 86, 2». 209.
verbrochen =. zerbrochen 32, *».
33, i. 54, s7.
verdenken = in verdacht haben 100,
32- 29-
verdingen 32, e.
verdrieß 14, u.
verdrüssig 4, ss.
verfahen 353, ».
verfurisch 40 , i«. 81 , »s. 82 , 90.
450, 1».
vergaugeln = verzaubern 29, 7.
vergebens = gratis 10, i8. 47, 10
127, 1«.
vergehung = verlauf 104, 32.
Vergeudung 273, t.
vergleichen : sich v. mit = über-
einstimmen 76, 1.
vergunnen 151, sj.
vergünstig = inissgftnstig 189, 2.
vergfit haben mit 347, Ss.
verhalten = gefangen halten 72, 29.
verheisser 400, »«.
verhengen = erlauben 371,
verholften sein einem umb IG, u.
verjehen 122, «7. 124, 7. 206, 19.
verlassen : einem v. = einen befehl
hinterlassen (?) 79, J8. 223, 7.
verlaufen: part. verloffen 207, ».
verlieren: ich verleür 113, &
vermähren — verraten 187, «7. ver-
meren 263, s
vermehelen 218, m.
vermolen und verstreichen = be-
schönigen, verbergen 454, «.
vernugen 172, s. 347, 1». 359, is.
verrauchen, part. verrochen 336, ts.
verreiten = ausreiten 79, u 375,
verren ken 292, j«.
vemucn 101, 17. 371, s».
verschaffen = befehlen 145, 1«.
verschcioen = vergehen 152, 17.
398, 1©.
verscheunicn 358, &.
verschlagen, sich = sich verstecken
12, »1.
versch machen einen = verächtlich
erscheinen, nicht gefallen 304, u.
Verschwender erhängt sich und
findet einen vom vater verbor-
genen schätz 169, »0. 584.
versehen = das sacrament des al-
tars reichen 83, 1«. = in Ord-
nung bringen 112,»». sich v. =
erwarten 41, 3.
versieden 437, 36. 443, 9.
versperren 75, h. verschliessen und
v. 225, ji.
vertagen = bestellen 379, «
vertragen = ertragen 92, u. 116, u.
verübel halten 367, 10.
verunreinen 414, 31.
verwachsen = zugewachsen 222, 13.
verwegen: sich v. eines d. 76, 1».
157, ». 1 86, io. 28 1 , 31 . 297, !8. 355,3«.
verwent = verkehrt 270,
verzagnüß 122, 5. 123, 39.
verzielen = bestellen 224 6.
verzucken 55, ».
vesper = gottesdienst (am morgen !)
44, 37.
Vieriocker statt driocker (theriak)
gefordert (6 52) 60 i.
vieriockers 303, ».
Virgiiius 331, 3o-333,2. 420, 3i—
423, 13.
Virgiiius findet einen teufel im
glase (G74) 611.
— baut die ehebrecherbrücke (G
112) 631.
visitieren 415, 33. 416, is.
Vogel, Hans : drei meisterlieder ab-
gedruckt: Die käsküchlein (1541)
517, n. Das schöne goldschmiedB
weib (1539) 540, 13. Die hundert-
fältige gäbe (1541) 544, 34.
Vogt muss in einer kotlache ab-
sitzen (G 81) 618.
volcklin 337, 33.
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Wort- und Sachregister.
685
vOUe 31, 10.
vollkommenlich 102, ig. 3r>2, se.
Torgang : einem den v. lassen 35,
2fr. 36, 4.
wechsin = wachsern 77, i».
wadel 419, so.
Waldbruder mit dem honigtopfe
(G 53) 603. - vgl. Einsiedler.
wanderboss = wandrer 449, so
wandergeselle 186, s*.
wart: sieb an die höt und w. stel-
len 70, is.
warten : einem nicht wol w. 80, 20.
wartzlin, wertzlin 37, 1. 38, s.
worzeichen 290, 1.
wessern: die zahn wurden im w.
56, is.
wathsack 347 , ss. wotsack 404,
9. l».
Watt, B. von : zwei meisterlieder
abgedruckt: Der teufel holt einen
gottlosen banern (1609) 499, o.
Der student m it dem mörser ( 1592)
541, M.
Weckerlin : Hans W. wirt in Wi-
senBtaig 329, 4.
weckolterwein 447, u.
weflftzen 138, 14 f. vgl. bttfftze.
weg : in keinen weg 229, 7. 2 37, 1«.
weger = vorteilhafter, besser 40, 3.
82, 10. 290, 11.
wegle — weg 312, 24.
weidlich 25, 10. 294, a&.
Weidner, Hans: zwei meisterlieder
abgedruckt : Eines töchterleins
beicht 511, 6. Von der belage-
rn ng Weinsbergs in Bayern (1599)
520, 95.
Weidner, Joh. Jacob: Ein gedieht
aus seinem Poetischen lustgärt-
lein (1622) abgedruckt 528,«
weyl, weybel=lat. velum, schleier
der nonnen 62, 32. 114, 11.
Wein falsch ung 447, 7; vgl. 635.
Weinsberga treue weiber 615 (zu
G 80).
Weisheiten: drei w. verkaufen
(W 43) 581.
Weissenburg 329, 17
weißlich 117, 1». so. 386, »«.
weißpfenning 126, 4. 20.
weißthumb = Weisheit 108, i».
weytte lassen einem = entlaufen
40, 8.
welsch 409, 13. 411, *. 423, »2.
435, a.
Welschland 444, SS.
Weltjahr (annus Piatonis) 579.
werden: er würdet 4, 23.
[Wickram,] Rollwagen 4, 10. 469,
4. Knabenspiegel (Willibaldus
und Lothar ius) 16^, 10
widerdrieß = verdruss: etwas w.
thon 37, 7. beweisen 197, 22.
205, 11.
widergelten 14, 10.
widergeltung 137, n.
widerkeren, widerkoren = gut ma-
chen, ersetzen 123, 23. 147, so.
148, 11.
widerkerung = Vergeltung 98, ?a.
122, 7. 323, 28.
Widerreden 114, 27.
widerBecher 281, 12.
widerspennig 354, 5.
Wiege fuhrt nachts die wirtin und
den liebhaber ihrer tochter irre
(G 86) 620.
Wildheit durch unerschrockenheit
gebändigt (G 21) 598.
— , s. Kopf abgeschlagen.
Willibaldus 168, 10.
Wintzenlawel 400, 2«.
Wirt giebt den bäurinnen rätsei
auf (G 91) 623.
— lässt sich nicht mit dem welt-
jahre foppen (W 40) 579.
— lobt seinen wein (G 64) 609.
— soll dem gaste das fleisch schnei-
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68G
Wort- und Sachregister.
den (W 39) 601.
Wirt vgl. Esser, Kraut, Trinker.
Wirtin von Dosch gefoppt : gesung
(W 13) 567. schafe (W 11) 567.
warten (W 10) 567.
Wirtshäuser beschrieben 487, «.
444, s*. 446, ti. 449, ,7. 634.
WisensUig 328, 32. 329, i.
wissen: er weißt 4, g. 55, 3.
119,». 268, si. wißte 47,i7. 360,
so. wußte 52, io. wüste 53, ?a.
part. gewüst 23, s«. gewisst 267,
19.
witwelich 361, 8.
witwin 147, i«.
wolbelesen 189, ?<.
Wolf : urteil über einen toten w.
(G 38) 599.
— warum den schafen feind (G 87)
620.
würme = wärme 43, sr,
würser = übler, weher 344, 2. würst
288, 10.
würstlin, obsc. 441, 446, ».
wurtzkremer 303, 2.
wurtzloden 302, s«.
yetweder 273, so.
Zabern 428, 13. 429, 21.
zahlen 423, so.
zäher, zeher = ziibre 63,2«. 93,;*.
91, 1. 6. 101, 7. 202, 1.1.
zapft", voller 349, 20.
zaora : den z. nachhongcn H55, 32
zeihen 27, 20. zige 32"», ».
zeitlich = zeitig 13, s.v
Zeppa 317, so— 321, s«.
zernicht 166, 2«. 265, is. 290, 1.
341, ..
zernichtig 261, 37.
Zianus 418, S3.
Ziegler: Michael Z. zu Ulm studie-
rend 135, »; vgl. 583.
ziehen: ich zeühe 25, 7.
zielen : einen söhn z. 304, «.
zimlich = geziemend 169, e. ».
zinnlin = zinnteller 410, it.
zinssleut 347, 7.
zipffelin, obsc. 289, 10.
zipperlin 401, se
zucht: mit züchten zu melden 43,
ib. mit züchten zu* reden 58, 3.
z8düttler= Schmeichler 142, 13.
zueignen und zuerkennen geben
38, 2ö.
zugehord 341, 12.
zfihand = sofort 59,«. 64, u. 113, 33.
zukommen eines d = zustande
kommen mit 61, 20. zftkummen
einem = entgegentreten 270, 37.
/finden — leuchten 81, n. 165, is.
ziinicht 151, 1» 309, „ 314, 19.
zuseher 63, 25.
zusprechen einem = anreden 121, s?.
zustehn = zusto8sen, zu teil wer-
den 37, 12. 53, 2». 61, 22. 79, s.
99, sc. 158, in.
zustricken 14, a.
zwagen : mit cnmillen z 289, ;..
zweyerlin 439, 1«.
zweyfleln: es zweyffelt mir nit23,
23.43, 4 78, 19. 147, 7. 182, 5.
Zwyfel, Zweyfel (mönchl 404, is.
4<J6, 3J.
I
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BIBLIOTHEK
DES
LITTERARISCHEN VEREINS
IN STUTTGART.
CCXVIII.
TÜBINGEN.
OKURUCKT Alir KOSTEN DES I.ITTER ARISCHEN VEREINS.
1899.
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PROTECTOR
DES LITTERARISCHEN VEREINS IN STUTTGART:
SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG.
•
VERWALTUNG :
Präsident:
Dr. H. Fischer, professor au <ler Universität Tübingen.
Kassier:
Kansleirath Roller, universitäts-actuar in Tübingen.
GESELLSCH AFTSAUSSCHUSS :
Geheimer regierungsrath Dr. Barack, oberbibliothekar in Straßburg.
Professor Dr. Böhmer in Lichtenthai bei Baden.
Dr. Bolte, gymnasialoberlehrer in Berlin.
Dr. Hertz, professor an der technischen hochschule in MOnchen.
Director Dr. W. Heyd in Stuttgart.
Dr. Martin, professor an der Universität Straßburg.
Dr. K. y. Maurer, professor an der Universität München.
Dr. G. Meyer voq Knonau, professor an der Universität Zürich.
Dr. Sievers, professor an der Universität Leipzig.
Dr. Steinmeyer, professor an der Universität Erlangen.
Dr. Strauch, professor an der Universität Halle.
Dr. Tobler, professor an der uuiversität Berlin.
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Ii R I E F W ECU SEL
Z\VI«CIIKN
GLEIM UND UZ
HERAUSGEGEBEN UND ERLÄUTERT
VON
CARL SCHÜDDEKOPF.
GEDRUCKT FÜR DEN LITERARISCHEN VEREIN IN STUTTGART
TÜBINGEN I8ft.
ALLE RKCMITK VORHK HALTEN.
DRUCK VON H. LAUPP JR IN TÜBINGEN.
V
Einleitung.
Nachdem innerhalb weniger jähre die sämtlichen poetischen
werke von Uz durch August Sauer in einer musterhaften aus-
gäbe (Deutsche litteraturdenkmale, heft 33—38) vorgelegt sind,
sein leben und dichten von Erich Schmidt in einem gedrängten
umriss (Allg. deutsche biographie 39, 443—449) und von
Erich Petzet in einer wohl abgerundeten centenarschrift (Ans-
bach 1896) dargestellt ist, könnte es scheinen, als sei zur be-
wertung dieses anakreontikers genug geschehen, und es be-
dürfe nicht der weiteren herausgäbe eines umfangreichen brief-
wechsels mit einem gleichfalls zur genüge bekannten genossen,
wie Gleim es ist. Aber diese Urkunden eines fast auschließ-
lich litterarischen Verkehrs zweier dichter in den jähren 1741
bis 1796, von Gottscheds Belustigungen bis zu Schillers Hören
reichend, bedeuten mehr als bloße beitrage zu ihrer persön-
lichen entwicklungsgeschichte. Sie bieten zumal in den beiden
ersten jahrzehnten eine förmliche chronik der deutschen littera-
turgeschichte , die fast jede neue erscheinung des geistigen
lebens aufmerksam mustert. Und wenn die thron besteigung
Friedrichs des großen als ungefährer beginn der neueren
geistigen cultur Deutschlands gelten darf, so ergiebt sich für
unsern briefwechsel, der 1741 in der aufstrebenden preußischen
konigsstadt einsetzt, eine erhöhte bedeutung. Vorwiegend sind
freilich die litterarischen interessen, wie es bei diesem nichts als
dichtenden geschlechte kein wunder ist; besonders für eine
geschichte der anakreontik, die Q. Witkowski längst versprochen
hat, bringen die briefe reiches, bisher größtenteils unbekanntes
material. Aber auch im allgemeinen ist der briefwechsel für
den rapiden wandel der geistigen interessen im achtzehnten
jahrhundert ungemein bezeichnend, obwol oder gerade weil
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VI
beide freunde auf einem früh gefassten Standpunkte verharrten.
Zeigt sich Gleim in dieser hinsiebt noch als der regsamere und
anempfindende, so gewinnt Uz durch seine briefe mensch-
lich mehr.
Eine ausgäbe dieser litterarhistorisch mehr als psycho-
logisch interessanten briefe plante denn auch schon zu anfaug
dieses jahrhunderts Wilhelm Körte, Gleims grofineffe und
litterarischer testamentsvollstrecker (vgl. unten s. 442). Er
Hess einen auszug anfertigen, den er, zugleich mit dem brief-
wechsel zwischen Gleim und K amier , keinem geringeren als
Goethe zuzueignen gedachte. Dieser hatte auf der rückreise
von Helmstedt mit Friedrich August Wolf, Körtes späterem
Schwiegervater, am 22. august 1805 Halberstadt besucht und
Gleims hinterlassenschaft gemustert; Körte Übersandte ihm
am 3. September eine reihe von Schriftstücken aus Gleims
nachlasse für seine autographensammlung und das vielleicht von
Georg Oswald May gemalte Lessingportrait den Weimarischen
Kunstfreunden für längeres Studium , und erreichte dadurch
eine mildere beurteilung seiner schriftstellerischen thätigkeit,
als er sie verdiente und von Seiten Jacobis und Vossens erfuhr.
Das ermutigte ihn, den letzten band seiner auswahl aus Gleims
litterarischem nachlasse Goethe zu widmen; die handschrift-
liche dedication möge als ein beitrag zu Goethes Verhältnis zur
deutschen dichtungdes 18. jahrhunderts, das er selbst später im
siebenten buche von Dichtung und Wahrheit präcisirte, hier folgen :
„Sr. des Herrn Geheimen Raths von Göthe Excellenz.
Die Briefe deutscher Dichter des vorigen Jahrhunderts,
die Geschichte ihrer Bestrebungen enthaltend, wie sie den
deutschen Musen Glanz und Lieblichkeit zu geben bemüht
waren, — wem unter den Deutschen möchten sie lieber zu
Schutz und vielvermögendem Wohlwollen übergeben werden,
als Ew. Excellenz ? — Wem verdankt deutsche Art und Kunst
ihren höchsten allgültigen Glanz, als Ew. Excellenz, welche
Sich ihrer mit aller erdenklichen Liebe und mit allem Reich-
thum des erhabensten Genie's angenommen?
Wenn gleich Sie sich nie zu dem „goldnen Jahrhundert"
hingezogen fühlen konnten , welches der Dichterkreis jenes
glücklichen Zeitraums, im ausübenden Genuß einer socialen
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VII
kritischen Autorität, zu stiften im Sinn hatte, so waren Sie
doch gegen der edlen Männer Bestrebungen nie feindseelig
gesinnt. Demohngeachtet ist es schon längst stillumschleichende
Gewohnheit, Ew. Excellenz als den vornehmsten Gegner jener
Bestrebungen anzusehn, wodurch das langwierige Uebel viel-
fältiger literarischer Spaltung und Mißgunst Oberaus befördert
worden ist. Die schlimmste Folge davon war, daß Ihre höhere
Ansichten und Bildungen selbst ganz verkannt wurden , und
ihren wohlthätigen Einfluß auf die gesammte teutsche Bildung
nur im Einzelnen erreichten. Es ist leicht, in der Literar-
Geschichte zu bemerken, wie fast zwischen allen Ihren einzeln
erschienenen Werken, eine fast bis zur Vergeßenheit reichende
Gleichgültigkeit gegen die darin aufgestellten Momente der
Kunst und Poesie liegt. Immer neue Meisterwerke rißen
aber die Gemüther immer von neuem zu Ihren höheren Offen-
barungen hin. — Die Schuld jener unglücklichen Spaltung
lag aber allein in dem mißgünstig-einseitigen und herrsch-
süchtigen Geschmack jener Zeit, welchem Ew. Excel lenz Werke
nothwendig fremd und unbehaglich erscheinen mußten. —
Diese Briefe wollen besonders hievon sühnend zeugen, und
möchten es befördern, daß der innige Zusammenhang des
frühern und des erneuerten Fortgangs deutscher Poesie klar
erkannt , und einem Jeden seine rechte Stelle darin friedlich
angewiesen werde, je nach seinem inneren Verdienst.
In der freudigsten Gewißheit, daß unter Ew. Excellenz
erlauchter und weiser Regierung jener wahre Frieden deutscher
Literatur noch zu Stande kommen werde, welcher keine Spal-
tung gestattet, aber jedes r e dl i che Bestreben fördernd
schützt, übergebe ich Denselben diese Sammlung und die
dieser vorangegangene: „Briefe der Schweizer: Bodmer,
Sulzer, und Geßner*, als eine herzinnigste Huldigung
der tiefsten Ehrfurcht, und der empfundensten Dankbarkeit.
Halberstadt am 22iLn August 1807. Wilhelm Körte.«
Diese geplante ausgäbe, welche als vierter band der „ Briefe
deutscher gelehrten aus Gleims literarischem nachlasse" in
Cotta's verlage erscheinen sollte, wird noch gelegentlich der
proben erwähnt, die Körte im „ Morgen blatt für gebildete
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VIII
stände" auf das jabr 1808, nr. 231, 232 und auf 1809, nr. 20
daraus veröffentlichte. Zur ausführung ist sie ebenso wenig
gelangt, wie Gleims beabsichtigte aus wähl unter andern freundes-
briefen (vgl. unten s. 442); nur den ersten brief von Uz hat
Gleim schon im jähre 1746 überarbeitet in die Sammlung der
„ Freundschaftlichen briefe" aufgenommen.
Wie Körte sich darauf beschränkte, geringe bruchstücke aus
dem briefwechsel in „Gleims leben* (Halberstadt 1811) mitzu-
teilen, so haben auch die späteren benutzer des Gleimarchivs nur
teile daraus veröffentlicht, die sich auf andere persönlichkeiten
beziehen. Zunächst Heinrich Proehle in seiner Schrift „ Fried-
rich der große und die deutsche litteratur", Berlin 1878,
und in der Zeitschrift für preußische geschiente XII, 641;
dann Henriette Feuerbach in ihrem schlechtgelungenen bio-
graphischen versuch „Uz und Cronegk*, Leipzig 1866; end-
lich August Sauer im Archiv für literatur geschiente XI, 481
und in seinen ausgaben der werke von Kleist und Uz. Die
auszüge und der brief nr. 12, die Erich Petzet in seiner bio-
graphie bringt, beruhen auf meiner abschrift.
Die originale des briefwechsels befinden sich zum weitaus
größten teile in der Gleimschen familienstiftung zu Halber-
stadt in zwei quartbänden (manuscr. 20 und 21), da Uz die
an ihn gerichteten briefe von Gleim , nebst denen von Götz,
der Karschin, Kleist und C. G. Krause im nmrz 1795 dem
ersteren zurückstellte, um misbrauch derselben nach seinem
tode zu verhüten. Ähnlich hatte er kurz vorher, am 10. februar
1795, an Christian Felix Weisse geschrieben (vgl. dessen vor-
rede zu Uzens Poetischen werken, Wien 1804, I, p. V):
„Sie werden sich wundern, mein inniggeliebtester Freund, von
mir ein so mächtig großes Packet zu erhalten, und darin Ihre
ganze Correspondenz anzutreffen. So weh es mir thut, mich
von Ihren Briefen, die eines der größten Vergnügen meines
Lebens ausmachten, getrennt zu haben, so wollte ich sie doch
nicht der Gefahr aussetzen, sie nach meinem Tode in fremde
Hände kommen zu lassen. So viel die Litteratur durch ihren
größtenteils sehr interessanten Inhalt gewinnen möchte, so
zweifle ich doch nicht, daß Sie bey der Freymüthigkeit und
Offenherzigkeit, womit wir einander seit vielen Jahren zu
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IX
schreiben gewohnt waren , ihre Bekanntwerdung mit Wider-
willen sehen würden. Ich stehe in dem 75. Jahre meines
Alters, und mein Tod kann wahrscheinlicher Weise nicht all-
zu weit entfernet seyn. Ich hinterlasse weder Frau nocli
Kinder, und habe nur noch eine ledige Schwester, ungewiß,
ob sie mich oder ich sie überleben werde. Meine kleine Ver-
lassenschaft kömmt in fremde Hände , meine Papiere werden
durchstöbert, und es wäre ein gar herrlicher Fund für den
Eigennutz, wenn eine so vortreffliche Briefsammlung auf Ein-
mal Jemanden in die Hände fiele. Sie hingegen , liebster
Freund, haben eine liebenswürdige und edeldenkende Familie,
vornehmlich einen gelehrten Sohn, der gewiß keinen Mißbrauch
von den zurückgelassenen Papieren gestatten wird."
Leider ist der ursprüngliche bestand des briefwechsels
nicht mehr vollständig; es fehlen nicht nur zwei briefe Gleims
vom 7. mai 1743 (vgl. unten s. 45 f.) , ein teil von nr. 28
und ein brief von Uz vor nr. 173 (vgl. s. 438, 23)» sondern
auch von den stücken, die Körte noch für seinen auszug vor-
lagen, sind die nummern 131. 165. 174. 176. 177 und 181
dem Gleimarchiv entwendet worden. Davon haben sich nr.
131 in Goethes autographensammlung, jetzt im Goethe- und
Schiller- archiv, und nr. 174 in Varnhagens nachlaß auf der
königlichen bibliothek zu Berlin wiedergefunden — beide als
geschenk Körtes , der die ihm anvertrauten schätze ungetreu
verwaltete. Die übrigen fehlenden nummern sind nach Körtes
auszuge wiedergegeben. Die erst kürzlich veröffentlichten briefe
von Kleist, Götz und Bodmer (über den letzteren vgl. A.
Dombart im 46. Jahresbericht des histor. Vereins für Mittel-
franken s. 14) nochmals zu wiederholen lag keine veran-
lassung vor. •
Was den brief Wechsel selbst betrifft, so war eine unver-
kürzte wiedergäbe der originale von vornherein ausgeschlossen;
dazu enthalten die späteren briefe, besonders die Gleimschen,
zu viele Wiederholungen und unbedeutenheiten. Es sind daher
nur die ersten zwölf nummern , um eine probe des ganzen
briefstils zu geben, wortgetreu abgedruckt, die späteren briefe
mit immer größeren auslassungen wiedergegeben. Litterarische
erwähnungen sind ausnahmslos aufgenommen.
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X
Die den b riefen beigebundenen handschriftlichen gedieh te
von Uz sind wie die ausführlicheren verbesserungs vorschlafe
Gleinas nicht mit abgedruckt, da sie in A. Sauers ausgäbe
sorgfältig verwertet sind; aus demselben gründe ist auch das
poetische Sendschreiben an Gleim vom 2. october 1753 (Sauer
nr. 100) ausgelassen. Auch die Gleims briefen beigelegten
gedieh te von J. G. Jacobi, Kleist, Lange und frau, Ramler
u. a. sind nur mit der anfangszeile bezeichnet. In die an-
merkungen verwiesen wurden ferner die brieffragmente und
coneepte Gleims, die nicht abgesandt wurden, also die nummern
71* (vom juli 1756) und 89* (vom jähre 1760). Dagegen
haben Gleims gediente, soweit sie ungedruckt sind, im text
aufnähme gefunden, da sie für seine dichterische entwicklung
sehr wichtig sind ; auf die erste deutsche romanze (s. 103)
sei ausdrücklich verwiesen.
Für gütige Überlassung der beiden versprengten nummern
des brief wechseis bin ich der direction der königlichen biblio-
thek zu Berlin und des Goethe- und Schiller-archivs zu Weimar
zu danke verpflichtet. Den hauptschatz hat die Verwaltung
der Gleimschen familienstiftung zu Halberstadt mit gewohnter
liberalität mir wiederholt zur benutzung überlassen.
Weimar, im m'arz 1899.
Dr. Carl Schttddokopf.
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XI
Inhalt.
Seite
Einleitung V
1. Gleim an Uz, Löhme, 7. September 1741 1
2. Uz an Gleim, Halle, 81. geptember 1741 3
3. Gleim an Uz, Löhme, 20. october 1741 5
4. Uz an Gleim, Halle, 13. deceraber 1741 9
5. Gleim an Uz, Berlin, 15. april 1742 12
6. Uz an Gleim, Halle, 19. mai 1742 17
7. Gleim an Uz, [Löhme und Berlin, juni 1742] 21
8. Uz an Gleim, Halle, 5. januar 1743 28
9. Gleim an Uz, Potsdam, 28. märz 1743 30
10. Uz an Gleim, Halle, 6. april 1743 36
11. Gleim an Uz. Potsdam, 11. april 1743 40
12. Uz an Gleim, Leipzig, 21. angust 1743 43
13. Uz an Gleim, Ansbach, 17. februar 1744 45
14. Gleim an Uz, [Potsdam, September 1743 bis märz 1744] . . 51
15. Gleim an Uz, Potsdam, 29. märz 1744 56
16. Us an Gleim, Ansbach, 1. juni 1741 63
17. Gleim an Uz, Berlin, 6. october 1744 71
18. Gleim an Uz, Berlin, 1. mai 1745 74
19. Uz an Gleim, Ansbach, 27. juni 1745 76
20. Gleim an Uz, Dessau, 12. august 1745 78
21. Uz an Gleim, Ansbach, 15. September 1745 87
22. Uz an Gleim, Ansbach, 1. m&rz 1746 89
23. Gleim an Uz, Berlin, 6. märz 1746 91
24. Gleim an Uz, Berlin, 12. märz 1746 98
25. Uz an Gleim, Ansbach, 25. märz 1746 106
26. Gleim an Uz, Berlin, 80. juni 1746 110
27. Gleim an Uz, Berlin, 2. august 1746 121
28. Uz an Gleim, Ansbach, 10. september 1746 123
29. Gleim an Uz, Berlin, 22. november 1746 127
30. Uz an Gleim, Ansbach, 5. december 1746 144
31. Gleim an Uz, Berlin, 22. december 1746 146
32. Uz an Gleim, Ansbach, 19. januar 1747 149
33. Gleim an Uz, Berlin, 21. februar 1747 156
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XII
Seite
34. Ur. an Gleim, Ansbach, 16. märz 1747 158
35. Gleim an Uz, Berlin, 25. april 1747 161
36. Uz an Gleim, Ansbach, 25. mai 1747 165
37. Gleim an Uz, Berlin, 4. juni 1747 167
38. Uz an Gleim, Ansbach, 3. juli 1747 172
39. Gleim an Uz, Berlin, 14. juli 1747 175
40. Uz an Gleim, Ansbach, 30. juli 1747 178
41. Gleim an Uz, Berlin, 6. august 1747 182
42. Gleim an Uz, Berlin, 15. September 1747 187
43. Uz an Gleim, Ansbach, 29. September 1747 188
44. Gleim an Uz, Berlin, 24. october 1747 191
45. Uz an Gleim, Ansbach, 20. november 1747 194
46. Gleim an Uz, Halberstadt, 31. januar 1748 197
47. Uz an Gleim, Ansbach, 29. februar 1748 202
48. Gleim an Uz, Halberstadt, 9. märz 1748 204
49. Uz an Gleim, Ansbach, 25. märz 1748 207
50. Uz an Gleim, Ansbach, 10. juni 1748 209
51. Gleim an Uz, Halberstadt, 26. november 1749 211
52. Uz an Gleim, Ansbach, 20. december 1749 212
53. Uz an Gleim, Ansbach, 19. februar 1750 215
54. Uz an Gleim, Braunschweig, 7. mai 1751 216
55. Gleim an Uz, Halberstadt, 8. mai 1751 217
56. Gleim an Uz, Halberstadt, [mitte] mai 1751 218
57. Gleim an Uz, [Halberstadt, anfang 1750 bis mitte mai 1751] 220
58. Uz an Gleim, Ansbach, 26. juni 1751 223
59. Gleim an Uz, Halberstadt, 27. juni 1751 227
60. Gleim an Uz, Halberstadt, 29. august 1751 229
01. Uz an Gleim, Ansbach, 29. october 1751 232
62. Gleim an Uz, Halberstadt, 5. april 1753 234
63. Uz an Gleim, Romhild, 22. april 1753 237
64. Gleim an Uz, Halberstadt, 8. juli 175S 238
65. Gleim an Uz, Halberstadt, 30. januar 1754 248
66. Uz an Gleim, Ansbach, 15. october 1754 249
67. Gleim an Uz, Halberstadt, 13. december 1754 2o2
68. Uz an Gleim, Ansbach, 17. november 1755 254
09. Gleim an Uz, Halberstadt, 12. februar 1756 256
70. Uz an Gleim, Ansbach, 12. märz 1756 203
71. Uz an Gleim, Ansbach, 12. juli 1756 268
72. Gleim an Uz, Halberstadt, 19. december 1756 271
73. Uz an Gleim. Ausbach, 28. februar 1757 274
74. Gleim an Uz, Halberstadt, 16. mai 1757 276
75. Uz an Gleim, Ansbach, 28. juli 1757 27b
76. Gleim an Uz, Halberstadt, 16. august 1757 281
77. Uz an Gleim, Ansbach, 16. november 1757 285
78. Uz an Gleim, Ansbach, 13. märz 1758 287
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XIII
Seite
19. Gleim an Uz, Halberstadt, 16. auguat 1758 289
80. Gleim an Uz, Halberstadt, 23. august 1758 295
81. Uz an Gleim, Ansbach, 28. augnst 1758 296
82. Gleim an Uz, Halberstadt, 8. September 1758 ...... 298
83. Uz an Gleim, Ansbach, 26. September 1758 300
84. Gleim an Uz, Halberatadt, 2. december 1758 302
85. Uz an Gleim, Ansbach, 25. januar 1759 304
86. Gleim an Uz, Halberstadt, 5. februar 1759 306
87. Uz an Gleim, Ansbach, 1. raärz 1759 307
88. Gleim an Uz, Halberstadt, 25. m&rz 1759 309
89. Uz an Gleim, Ansbach, 1. october 1759 313
90. Gleim an Uz, Halberstadt, 8. october 1761 315
91. Uz an Gleim, Ansbach, 12. december 1761 316
92. Gleim an Uz, Halberstadt, 16. jannar 1762 318
93. Gleim an Uz, Halberstadt, 26. februar 1762 322
94. Uz an Gleim, Ansbach, 18. märz 1762 322
95. Gleim an Uz, Halberstadt, 29. mai 1762 324
96. Uz an Gleim, Ansbach, 5. juni 1762 326
97. Gleim an Uz, Halberstadt, 6. juli 1762 326
98. Uz an Gleim, Ansbach, 28. juli 1762 327
99. Uz an Gleim, Ansbac h, 16. September 1762 328
100. Gleim an Uz, Halberstadt, 24. September 1762 330
101. Gleim an Uz, Halberstadt, 22. januar 1763 332
102. Uz an Gleim, Ansbach, 26. februar 1768 334
103. Uz an Gleim, Ansbach, 2. august 1763 335
104. Gleim an Uz, Halberstadt, 5. august 1763 336
105. Gleim an Uz, Halberstadt, 9. augnst 1763 337
106. Gleim an Uz, Halberstadt, 14. august 1768 340
107. Gleim an Uz, Halberstadt, 4. September 1763 341
108. Uz an Gleim, Ansbach, 7. September 1768 342
109. Gleim an Uz, Halberstadt, 8. September 1763 343
110. Uz an Gleim, Ansbach, 24. december 1768 344
111. Uz an Gleim, Ansbach, 16. januar 1764 346
112. Gleim an Uz, [Halberstadt, februar 1764] 346
113. Gleim an Uz, Leipzig, 22. mai 1764 348
114. Uz an Gleim, Ansbach, 16. juli 1764 350
115. Gleim an Uz, Halberstadt, 9. august 1764 351
116. Uz an Gleim, Ansbach, 31. august 1764 354
117. Uz an Gleim, Ansbach, 24. november 1764 ...... 355
118. Gleim an Uz, Halberstadt, 8. december 1754 356
119. Gleim an Uz, Halberstadt, 11. december 1764 358
120. Uz an Gleim, Ansbach, 30. januar 1765 360
121. Gleim an Uz, Halberstadt, 31. august 1765 362
122. Uz an Gleim, Ansbach, 3. december 1765 364
123. Gleim an Uz, [Halberstadt, 13. februar 1766] 365
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XIV
Seite
[24. Gleim an Uz, Halberstadt, 4. mai 17C6 36S
25. Uz an Gleim, Ansbach, 3. juli 1766 369
26. Gleim an Uz, Halberstadt, 27. juli 1767 371
27. Uz an Gleim, Ansbach, 19. September 1767 372
28. Gleim an Uz, Halberstadt, 29. September 1707 374
29. Uz an Gleim, Ansbach, 2. novcmber 1767 377
30. (ileim an Uz, Halberstadt, 19. december 17C7 379
31. Uz an Gleim, Ansbach, 4. januar 1768 379
32. Uz an Gleim, Ansbach, 17. mai 1768 380
33. Gleim an Uz, Halberstadt. 6. juni 1768 . . 381
34. Uz an Gleim, Ansbach, 28. juni 1768 382
35. Gleim an Uz, Lauchstedt, 20. august 1768 383
36. Uz an Gleim, Ansbach, 18. September 1768 385
137. Uz an Gleim, Ansbach, 11. September 1769 38f>
38. Gleim an Uz, Halberstadt, 19. September — 29. november 1769 388
39. Uz an Gleim, Ansbach, 4. januar 1770 . 390
40. Gleim an Uz, Halberstadt, 16. mai 1770 393
41. Uz an Gleim, Ansbach, 18. juni 1770 395
42. Gleim an Uz, Halberstadt, 25. april 1771 396
43. Uz an Gleim, Ansbach. 17. juni 1771 393
144. Gleim an Uz, Halberstadt, 25. april 1772 399
45. Uz an Gleim, Ansbach, 23. mai 1772 400
146. Uz an (ileim, Ansbach, 6. april 1773 401
147. Gleim an Uz, Halberstadt, 4. mai 1773 402
148. Gleim an Uz, Halberstadt, 4. juni 1775 403
149. Uz an Gleim, Ansbach, 24. juli 1775 406
50. Gleim an Uz, Halberstadt, 24. october 1775 407
51. Gleim an Uz, Halberstadt, 16. juli 1776 408
52. Uz an Gleim, Ansbach, 8. august 1776 408
53. Gleim an Uz, Halberstadt, 4. december 1779 409
54. Uz an Gleim, Ansbach, 10. januar 1780 412
55. Gleim an Uz, Halberstadt, 10. november 1780 414
56. Uz an Gleim, Ansbach, 26. december 1780 416
157. (ileim an Uz, Halberstadt, 27. januar 1782 417
58. Uz an Gleim, Ansbach, 27. februar 1782 418
159. Gleim an Uz, Halberstadt, 2. juni 1783 420
CO. Uz an Gleim, Ansbach, 18. juni 1783 422
161. Gleim an Uz, Halberstadt, 1. februar 1784 423
62. Uz an (ileim, Ansbach, 2. märz 1784 424
63. Gleim an Uz, Halberstadt, 12. januar 1785 425
104. Uz an (ileim, Ansbach, 23. m&rz 1785 427
65. Uz an (ileim, Ansbach, 3. october 1786 427
166. Gleim an Uz, Halberstadt, 23. december 1780 428
t67. Uz an Gleim, Ansbach, 15. januar 1737 430
168. Gleim an Uz, Halberstadt, 3. februar 1787 431
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XV
Seito
169. Uz an Gleim, Ansbach, 27. februar 1787 432
170. Gleim an Uz, Halberstadt, 24. mai 1787 433
171. Uz an Gleim, Ansbach, 4. jnli 1787 435
172. Gleim an Uz, Halberstadt, 28. december 1791 436
173. Gleim an Uz, Halberstadt, C. mai 1792 437
174. Uz an Gleim, Ansbach, 23. mai 1792 438
175. Gleim an Uz, Halberstadt, 26. juli 1794 439
176. Uz an Gleim, Ansbach, 21. September 1794 440
177. Uz an Gleim, Ansbach, märz 1795 440
178. Gleim an Uz, Halberstadt, 22. mai 1795 441
179. Uz an Gleim, Ansbach, 27. november 1795 443
180. Gleim an Uz, Halberstadt, 6. december 1795 443
181. Uz an Gleim, Ansbach, 17. märz 1790 445
Anmerkungen 447
Register 529
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1. Gleim an Uz.
Hoch- und Wertgeschäzter Herr und Freund pp.
Was werden Sie dencken, daß es mir möglich gewesen die
Erfüllung meines Versprechens so lange aufzuschieben? Ich
selbst bin nicht Schuld daran, sondern die Unstätigkeit, in
welcher ich mich, seit der Entfernung von meinem wehrtesten
Freunde befunden. Wie angenehm wird Ihnen unterdeßen der
Umgang mit den stillen Musen gewesen seyn! Aber dießmahl
beneide ich Sie nicht. Das prächtige Berlin hat die Aufmerck-
samkeit völlig verdienet, welche ich demselben gewidmet. Ich
bin nicht beständig in dieser Residentz gewesen. Wenn es mir
gefallet, reise ich hin und wieder zurück, so daß ich bishero
nichts als reisen gethan. Der Ort meines jetzigen Aufenthalts
ist eine halbe Stunde von Blumberg, wo unser Canitz oft
— — — — — aus dem Gedränge
Des Hofes müßig ging. — — —
Ich lerne bey meinem jetzigen Landleben, seine Gedichte welche
davon handeln, erst recht verstehen, aber, wenn ich die War-
heit sagen soll, so bin ich nicht recht mit ihm eins. Das Land-
leben hat viel annehmliches, aber es fehlt ihm das Lebhafte,
welches aus dem Unigange, und von den Sitten mehrerer Bürger
entstehet, die mit uns einerley Neigungen haben. Es ist nur
vor Verfertiger der Hirtengedichte. Die Tänzerin ist gewiß von
keinem Landjuncker gemacht. Melden Sie mir Ihre Meinung,
oder geben sie mir nur Recht, daß meine Unempfindlichkeit
in diesem Stücke, von dem Mangel Ihres Umganges herrühret.
Soll ich Ihnen viel merckwürdiges von Berlin schreiben ? Ich
werde es nicht thun, denn ich kan mich mit der Enge eines
Brieffes ungemein wohl entschuldigen. Ich sage Ihnen nur so
viel, daß ich zu Dännemnrck weniger als jemahls Lust habe.
»Ici in - V jl , itritfweehsol. 1
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2
Indeßen habe mich bis dato zu nichts fest entschloßen. Ich
würde es leichter thun können, wenn ich von dem Gewißheit
hätte, worüber wir uns schon manche agreable chimere gemacht.
Ich habe indeßen eben nicht lange Zeit übrig, da sich das Glück
entweder vor oder wieder mich erklären wird. Am Dienstage
habe ich eine Solennitast mit angesehen, welche denen Musen
ungemein angenehm muß gewesen seyn. Es wurde nemlich in
Berlin von Printz Heinrich der Grundstein zum Opernhause ge-
leget. Apollo stehe Ihnen kräftig bey wenn sie zum Voraus
vor daßelbe arbeiten werden. Wie stehet es mit Verewigung
des Rudnickischen Namens ? Werden wir im nächsten Stücke
sein Meisterstück zu sehen bekommen? Wenn die »Schuld an
Ihnen liegt, so verdienen Sie den Zorn der witzigen Köpfe.
Herr Götze wird denselben an den Tag legen, und er hat Recht
darzu. Von mir haben Sie nichts zu befürchten. Was hat
HE. Naumann, was haben andere von meiner schleunigen Ent-
fernung gesaget? Eine baldige Antwort wird mir so will-
kommen seyn, als aufrichtig ich bin
Hoch- und Werthgeschätzter Herr und Freund,
Dero
Lähme den 7'iIJ 7br gehorsahmst-ergebenster
1741. Joh. Wilh. Gleim.
P.S. Die Aufschrift ihrer angenehmen Brieffe bitte mit
folgendem zu begleiten : Abzugeben bey den Kaufmann HErrn
Richter auf den Mühlendaro a Berlin. Alsdenn werden Sie
allezeit zu rechte kommen, ich mag auch seyn, wo ich will.
Denn mein Bruder welcher bey demselben ist hat Verlaß mir
alles nachzuschicken, was an mich komt.
Bey meinen Zeilen belieben Sie nur allezeit an die Bitte zu
gedencken die ich kurz vor meiner Abreise ihrenthalben gethan.
P.S. Es gehet eben ein Bothe nach Berlin der diesen
Brief auf der Post bestellen soll. So gern ich nun auch noch
an HE. Götzen schreiben mögte so unmöglich ist es, indem er
nicht länger warten kan, will er anders diesen Abend wieder
zu Hause seyn. Ich bitte mich dahero bestens zu entschuldigen,
und demohngeachtet demselben zu versichern, daß ich mir auf
ein Schreiben von ihm Hofnungen mache.
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A Monsieur,
Monsieur Utz,
Candidat en Droits p
Francis.
a Hallo
Abzugeben in HE.
Nößelts Hause auf
der Galgitraße
2. Uz an Gleim.
Hoch- und werth geschätzter Herr und Freund,
Das Vergnügen, so Dero werthe Zeilen mir verursachet,
kau ich Ihnen nicht besser bestimmen, als durch die Unlust
so deren langes Ausbleiben mir nothwendig machen mußte.
Hey nahe wäre ich auf die Gedanken gerathen, als Dero Ver-
sprechen so langezeit unerfüllet blieb, daß Sie entweder mich
gänzlich vergessen, oder daß Ihnen bereits so wichtige Ehren-
stellen anvertrauet worden, welche Ihnen nicht erlaubten, für
das Vergnügen schlechter Leüte sich die geringste Mühe zu
machen. Beyde Muthmassungen befind ich, zu meinem großen
Glücke, irrig. Ich hätte leicht noch auf die dritte fallen kön-
nen, daß nämlich eine Liebesangelegenheit allen Ihren andern
Geschäften die Zeit wegnehme. Was kan man von einem Poe-
ten, der an dem verliebten Anacreon einen Geschmack findet,
der selbst die artigsten Liebeslieder macht, leichter vermuthen,
als daß er nicht sobald in eine, ihrer schönen Mädgen wegen
so berühmte Stadt nur riechen werde, da er nicht gleich eine
Gebietherin haben sollte? Vielleicht liegt hierinnen auch die
Ursache, warum Sie an dem unschuldigen Landleben nichts
reitzendes antreffen. Sie werden es nicht ausstehen können,
lange von dem Orte entfernt zu bleiben, wo Ihr Hertze ist;
es fehlt Ihnen die Gemüthsruhe und diejenige Verfassung der
Seele, da Ihnen alles gleichgültig ist; Sie finden in der Gesell-
schaft und in dem Umgange mit Menschen, insonderheit denen
aus dem schönen Geschlechte, noch allzuviel angenehmes und
allzuwenig unangenehmes, als daß es Ihnen erträglich seyn
kan, sich davon ausgeschlossen zu sehen. Wie ganz anders
sah es in der Seele des Herrn von Canitz aus? Da schliefen
1*
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so zu sagen die Begierden und Affeckten; die Philosophie und
Erfuhrung hatten ihm die Welt von innen und aussen kennen
lernen, und ihm einen Eckel dafür gemacht; er hatte von Natur
wenig Ehrgeitz, und noch weniger Geitz, welchen beyden Ge-
müthsleydenschaften das Geräusche der Gesellschaft nicht zu-
wider ist, weil sie ihren Vortheil daselbst finden; er liebte
eine gemächliche, stille und ungezwungene Lebensart, und
Vergnügungen welche sänfter sind und weniger Mühe kosten.
Bey dieser Gemüthsart mußt ihm freylich das Landleben weit
angenehmer seyn, als das Leben bey Hofe, wo eine Seele, wie
die seinige war, wie ausser ihrem Elemente ist. Belieben
Sie nur, mein Werthester, noch einige Jahre zu verziehen, biß
Sie Ihre Ehrbegierde werden gesättiget sehen, und die Hitze
der feurigen Jugend in etwas ver[r]auchet ; vielleicht werden
Ihnen alsdenn die ruhigen Annehmlichkeiten des Landlebens um
ein grosses reitzender dünken. Ich habe Ihnen deswegen meine
Meinung so ausführlich überschrieben, daß Sie sehen, daß ich
es für einen blosen Scherz halte, wenn Sie den Mangel meines
Umganges für die Ursache Ihrer Unempfindlichkeit ausgeben.
Sie gedenken einmal einer Tänzerin, welche wie Sie glauben,
von keinem Landjunker verfertiget worden : sollte das wohl
eine netie Schrift oder ein Gedichte seyn? Ich bitte sehr, wenn
in Berlin artige und sinnreiche piecen herauskommen, woran
es in diesem Sammelplätze aufgeweckter Köpfe gewiß kein
Mangel ist; übersenden Sie mirs doch, auf meine Unkosten,
oder, wo Sie besorgen ich möchte eine und die andere schon
besitzen, so geben Sie mir wenigstens eine etwas umständliche
Nachricht davon. Die Blätter der unsichtbaren Gesellschaft er-
halten sich noch immer bey der guten Art, wodurch sie sich
anfangs beliebt gemacht haben. Ich halte sie nunmehr ordent-
lich mit ; und weil ich zweifle, daß Sie dieses gleichfalls thun,
so hab ich Ihnen durch ein Blatt davon, welches Herrn Götzen
und mir sehr wohl gefallen, dazu Lust machen wollen.
Herrn von Hagedorn Gedichte sind, wie mir für gewiß
gesagt worden bereits aus der Presse, und sehr prächtig ge-
druckt. Die neüe Auflage der Hallerischen Gedichte soll diese
Messe gleichfalls herauskommen, obgleich andere das Gegen -
theil behaupten wollen. In unserm Lections-catalogo ist eine
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ctiriüse Veränderung vorgegangen. Es steht darinn der Pro-
rector zuerst, darauf der Canzler, der director und endlich der
Senior Fridricianae ; auf deren lectiones kömmt erst die theo-
logische Facultät; daß also der geheimde Rath Wolf, als Pro-
rector, unter den philosophis gar nicht, unter den Juristen aber
Herr Gasser zuerst, steht: und diß alles vermöge eines könig-
lichen rescripti.
Die Enge eines Briefes kan Sie nicht entschuldigen, wenn
Sie mir nichts merkwürdiges von Berlin schreiben. Wenn ein
Brief nicht hinreicht, so reichen mehrere zu ; aber es müssen
nicht solche Billetgens seyn, wie Sie mir dißmal geschrieben
haben, sondern hübsch lange Briefe, wie ich schreibe, und noch
ferner an Sie schreiben werde, wenn Ihnen mein Geschmiere
nicht mißfällt. Aber lassen Sie mich doch um des Himmels
willen nicht lang auf Ihre Antwort warteu, wo Sie mich nicht
in Verzweiflung bringen wollen. Ehe ich schließe, muß ich
Sie bitten, die Gtitigkeit zu haben, und mir zu meiner Baum-
gartischen Dissertation und den Rudnickischen Briefen, die ich
Ihnen ehemals geliehen, zu verhelfen. Wie ich sie bey Kleine-
wegen abholen lassen wollte, ließ er mir sagen, er hätte von
Herrn Gleim von solchen Sachen nichts bekommen. Ich ver-
harre mit aller Aufrichtigkeit,
Hoch- und werthgeschätzter Herr und Freund,
Dero
Halle, den 31. Sept. 1741. ergebenster Diener
Joh. Pet. Uz.
P.S. Herr Götze hat mir befohlen, Ihnen ein ergebenstes
Compliment von ihm zu schreiben. Er hat sich sehr betrübt,
daß er die Ehre nicht gehabt, ein Paar Zeilen von Ihren werthen
Händen zu bekommen.
3. Gleim an Uz.
Hoch- und Werthgeschäzter Herr und Freund,
Sie bekommen auf Dero angenehme Zuschrift, die ich mit
innigstem Verlangen erwartet, einige Tage später Antwort, als
geschehen seyn würde, wenn meine Abwesenheit nicht auf einige
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Tage den Empfang derselben verschoben hätte. Ich bin gestern
von einer kleinen Heise ins Mecklenburgische, nnd zwar ins be-
sondere nach Strelitz zurück gekommen, und da hatte ich erst
das Vergnügen Ihre werthe Zeilen vorzufinden, welche schon
8 Tage auf mich warten müßen. Sie sehen, wie bald ich ant-
worte, damit ich nur bald wieder eine Antwort sehen möge,
oder daß ich mich nach Ihrer Art ausdrücke, damit ich mir
die Schuld nicht beymeßen dürfe, wenn mich ein rächendes
Außenbleiben einmahl in Verzweifelung gerathen ließe. Denn
ohngeachtet Ihr Schreiben schon ein ziemliches Alter hat, so
werden Sie doch keine Ursach haben auf die irrig befundenen
Muthmaßungen zu gerathen, noch weniger meine Nachläßigkeit
zu schelten. Ich weiß nicht ob ich den Innhalt ihrer Zeilen
dismahl Stück vor Stück werde beantworten können. Es würde
Wiederlegung, Warnung, Bestraifung und überhaupt viel Welt-
weißheit dazu nöthig seyn, und wie nöthig ist es nicht mit der
nieinigen sparsam umzugehen. Sie wißen, wie wenig Tiefsinnig-
keit ich besitze, und halten mir daher zu gute, wenn ich keine
Probe von meiner Kenntniß des Menschen, die Sie mir, wie ich
errathe, ablocken wollen, geben werde. Ich bin zufrieden, wenn
Sie zufälliger weise Anlaß bekommen werden, durch angenehme
Untersuchungen, meine Erkenntniß erweitern zu helfen. Wie
vortheilhaft ist nicht die vor mich, da sie das verborgenste
meines Herzens aufgeschloßen, daßelbe mit meiner äuserlichen
Aufführung verglichen, und die Ursachen meiner Neigungen
entdecket. Fahren Sie fort, mein Wehrtester! Denn will ich
einst Ihnen die Kenntniß meiner selbst dancken. Sie sollen nur
alsdenn meinen Wiederspruch hören, wenn ich sehe, daß ueue
Entdeckungen die Würckung deßelben werden können. lu der
That, ich kenne den HE. von Canitz und mich schon noch ein-
mahl so gut. Ich habe vor Warheit genommen, was Sie von
uns beyden gesagt haben. Aber, indem ich Ihnen alles glaube,
so muß ich Ihnen auch sagen, was ich ihrer Seele zu meinem
besten wünsche. Ach! eine recht bidermännische Aufrichtig-
keit. Sie müßen wir weniger schmeicheln als tadeln, wenn
Sie meine Beßerung suchen. Machen Sie nur Satyren auf mich,
wenn es Ihnen gefällt. Ich will Ihnen davor alle Neuigkeiten
wißen laßen, nach welchen Sie verlangen tragen. Das Merck-
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würdige von Berlin, welches Sie vielleicht in diesen Zeilen
lesen wollen, wird Ihnen ein ftlat des Weltbürgers erzählen, so
anbey überkomt. Ich werde dadurch das Vergnügen so Sie
mir durch Mittheilung eines ganzen Heldengedichts gemacht,
bey Ihnen nicht ersetzen ; aber vielleicht wird es die Tänzerin
thun. Laßen Sie mir Ihr Urtheil von derselben wißen. Das
Traurspiel des Schackspears Julius Caesar ist übersetzt heraus-
gekommen, und wie mir der Buchführer versichert, von einem
Staats Ministre. Ich hätte es Ihnen gleichfalls Übersand, weil
ich aber weiß daß Sie nur das muntere lieben, und überdem
mir das ganze Stücke, welches Voltaire sonst hochschäzt, nicht
sonderlich gefallen hat, so habe ich lieber meine Empfindung
vor die Ihrige ansehen , oder vielmehr erst Befehl erwarten
wollen. Weil ich nun in 14 Tagen nicht in Berlin gewesen
so ist mir auch nicht bekant, was seit der Zeit vorgefallen.
Diese Woche sind 5 Regimenter hinein marschiret, worunter
sich das Hallische befindet. Nun werden sie in Halle wohl
keinen Mars vermuthen. Man erwartet zu Ausgang dieses Mo-
naths den König mit den Gens d'armes und der Guarde aus
Schlesien gewiß. Berlin wird aber dismahl den würdigsten
Monarchen nur 2 Tage sehen. Denn wie man glaubt, wird
Hannover deßen Gegenwart zu erwarten haben. Indeßen ist
zu vermuthen, daß nach der Wiederkunft, Berlin erst ein rechtes
•
Berlin werden wird, zumahl wenn ein baldiger Friedens Schluß
die Sorgen unsers Landes Vaters verringern solte. Ihro Majestät
haben die untersten Etagen von einer ganzen Straaße vor an-
kommende Fremde gemiethet. Das Theatrum zu den Opern
wird ad interim auf einem Saale des Scbloßes aufgeschlagen.
Das neue Opern Hauß sieht man sich recht erheben, unter den
Händen der Arbeiter. Sein Umfang ist sehr groß. Es wird
Schlößer und Palläste an Pracht tibertreffen. Sein Gewölbe
wird das Hände Klopfen, welches ein öfterer Bey fall anfangen
wird, wie ein Echo zurück schallen laßen. Mir deucht, ich höre
schon die Probe über Ihr erstes Meisterstücke machen. Wenn
Sie des HE. von Hagedorns Gedichte nicht selbst gesehen ha-
ben, so glaube ich auch nicht, daß sie heraus sind, so wenig
als die Hallerischen. In den Meß-Catalogo findet sich von
beyden nichts, und die Buchführer laßen ihre Waare gar zu
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gern durch diesen Epheu Crantz bekant werden. Aber um des
Himmels willen, warum handeln Sie denn so vorsetzt ich wieder
die genommene Abrede? Ich habe jedes Stück der Belustigungen
mir um des willen so schleunig verschrieben, weil ich ver-
meinet, dieRudnickscheEinbildungsKraft darin zu finden. Allein,
warum täuschen Sie mich ? Haben Sie Ihren Vorsatz schon
wieder geändert? oder soll ich glauben können, HE. Schwabe
habe so wenig Geschmack, dato er dies Stück nicht vor würdig
gnug gehalten. Setzen Sie mich doch durch ein baldige«
Schreiben aus der Ungewißheit, in der ich bin, oder laßen Sie
mich im künftigen Stücke gewiß finden, was ich in den vorigen
gesuchet. Von Bruckeri Historie philosophiae critica ist der
Iii Theil in 4. heraus. Andere Schriften die ich im Meß-Cata-
logo gefunden, habe ich noch nicht selbst gesehen, und ver-
muthlich werden Sie denselben selbst haben. Ich bin zwar
ganz ungeduldig Berlin bald wieder zu sehen. Aber die Jagd-
lust hält mich doch noch einige Tage ab. Ich wünsche, daü
Sie übermorgen dem Dachsgraben bey wohnen könten. Vor
einiger Zeit haben mir schon 2 dieser Thier mit ihrem Tode
eine Lust machen inüüen. Sehen Sie, wie grausam mich schon
ein hingen Jagd gemacht hat. Mir deucht nun schon, ein Jäger
sey beßer als ein Schäfer, ohngeachtet ich noch keine lustige
Beschreibungen davon gelesen wie vom Schäferleben unschul-
dige. Aus HE. Kleinewegens Aufführung kau ich nicht klug
werden. Er hat noch gar nicht an mich geschrieben. Ich
weiß nicht was ich sagen soll, daß er Ihnen die Briefe nicht
zugestellet hat. Ich habe Sie ihm ja selbst übergeben, und ge-
beten, daß er Sie Ihnen zuschicken möchte. Vergeben Sie es
mir nur, daß ich es aus Nachläßigkeit nicht selbst gethan. Sie
müßen sich noth wendig finden. In bey kommendem Brieffe
habe ich ihm schleunige Einhändigung eingeknüpfet. Aber
mein Wehrtester, habe ich die Baumg.[artensche] Diß.[ertation]
Ihnen nicht den Abend vor meiner Abreise zugestellet? Sehen
Sie doch zu. Wo nicht, so muß sie sich nothwendig bey den
Briefen finden. Halten Sie es mir zu gute, daß ich ein ganz
paquet Briefe an Sie adreßire. Von dem Wehrtesten Freunde
vernuithe ich die meiste Gefälligkeit. Da haben Sie nun ein
Schreiben, wie Sie es verlanget. Sehen Sie wie gehorsam ich
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bin. Folgen Sie mir nur hübsch nucb , und erfreuen mich
fein bald mit einem eben so angenehmen Schreiben. Ich habe
die Ehre zu seyn
Hoch und Webrtgeschäzter Herr und Freund
Lähme Dero
den 20*™ 8br ergebenster Diener
1741 Job. Wilh. Gleim.
4. Uz an Gleim.
Monsieur,
Pardonnes moi, je vous prie, d'avoir demeure aussi long-
tems sans vous repondre. Je vous jure, que ce n'est pas ma
paresse qui ni'eii a empecbe : il n'y a rien que je fasse avec
plus de plaisir et plus d'exactitude que d'ecrire ;i un ami si
agreable comme vous. Mais tenes vous a des affaires pres-
santes qui ont pense m'accabler et m'ont fuit manquer a un
devoir qui sera toujours le plus doux pour moi. Au nom de
Dieu, n'uses de repressailles , ne me faites pas attendre vos
lettres qui font mes delices. Me voilä en traiu de reparer ma
faute par une lettre des plus longues.
Je vous suis bien ob I ige, Monsieur, des louanges donnes
aux decouvertes que j'ai faites sur votre coeur et sur celui
de Caniz. II est vrai que je les trouve assaissonnes d'un petit
grain de satyre, vous vous moques spirituellement de quelques-
unes de mes expressions peu naturelles et de la peine que j'ai
prise a vous apprendre des choses que vous saves mieux que
moi-meme. Mais, Monsieur, vous n'y penses pas cest par votre
ordre que je me suis engage dans l'entreprise dont je viens
de dire. Vous voulies que je vous disse mes sentimens sur ce
que vous ne trouvies point de plaisir ä la campagne: j'ai crü
devoir en chercher la source dans vötre coeur : voila ce qui a
amene asses naturellement ma discussion philosophique, qui
etant d'un philosophe apprentif ne peut faire que tres mau-
vaise figure aux yeux d'un philosophe ucheve comme vous;
mais l'envie d'obeir a vos ordres qui Ta fait naitre, lui don-
nera, s'il vous plait, le prix qui lui manque en soi-meme.
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Treve de cela : passons aux pieces que vous aves eu la
bonte de m'envo'ier. Je vous en rens mille gracest Monsieur;
vous m'obligeres infiniment, si vous voules bien continuer k
nie conimuniquer de ces brochures, qui soit par leur beaute,
soit par leur nouveaute, sont toujours interessantes. Je tacherai
de vous rendre In pareille; mais vous connoisses la disette qui
se trouve a Halle de ces choses la. La description de la ville
de Berlin et des Berlinois m'a charmee, sur-tout par les en-
droits oü il s'agit des Personnes qui composent la cour, et du
beau Sexe. Ah le caractere plein de cbarnies et qui demande
le coeur meine aux absens ! Que d'agreables heures ne doit-on
pas passer avee ces Beiles Philosophes ! II est impossible que
vous aies garde votre coeur un seul moment, vous qui etes
naturellement sensible aux attraits des filles et, ce qui est en-
core pis, etes Poete. Assurenient le Weltbürger doit etre une
lecture fort agreable, a en juger par les morceaux que j'en ai
vus : Je lacheterai, aussitöt que la premiere annee s'en vendra
complette. Mais, Monsieur, est-ce Monsieur Lambrecht qui en
est l'auteur? Pourquoi ne degages-vous votre parole que vous
m aves donnee ? Bessouvenes vous, vous m'aves promis de me
donner des nouvelles de ce sage Ami des bommes et en meine
tems spirituel faiseur d'odes d'encouragement pour les maris
paresseux. Die Tänzerin est une piece excellente et qui fera
bonneur ä Tesprit des Allemands. Saves-vous ce qu'on y re-
prend dans les Beyträgen? On croit que la dispute des deux
Beiles et leur bataille sont trop basses, on n'approuve pas Pin-
action oü on voit etre presque tout le reste de ceux qui sont
de Tassemblee: on souhaite que le morceau en question ait
plus d'etendue qu'il n'en a. Je voudrois moi-meme qu'il au-
roit plü a l'Auteur de se mettre plus au large dans son des-
sein ; mais je le voudrois comme je souhaite qu'au lieu de cent
ecus j'enrecoive mille. Pour la tragedie de Jules Cesar, tra-
duite de TAnglois, eile fut fort maltraitee par le gazetier a
Hambourg, qui ne douta dire le diable de l'original et de la
traduetion. Mais il s'est dedit peu apres, et avoua que le
jugement qu'il avoit porte etoit preeipite et le plus injuste
du monde. Alles, fies vous desormais a cesgazetiers raisonneurs,
qui portent des jugemens avant que d'y avoir murement pense.
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Sans nientir je ine suis bien scandalise de cette conduite, qui
nie fait croire que c'est une personne de (Jualite qni a fait la
tradnction en question. J'ai lu le livre de Mr. Lindner, par
lequel cet honnete honiine pretend d'eterniser nötre Opiz de
Boberfeld. La pluspart des poesies que j'y ai trouvees, sont
fort pauvres; mais ce qui concerne la vie de cet illustre De-
funt, y est traite amplement. Je souhaite fort de voir bientöt
la nouvelle edition que Messieurs les Suisses nous ont fait
esperer; Mr. Gebauer, Professeur de Göttingue, a le meine des-
sein, si Mr. Lindner ne se trouipe pas, dont j'ai cette nouvelle
interessante. Les entretiens des esprits der unsichtbaren Ge-
sellschaft que publioit Fritsch a Halle, ont finisj et c'est grand
doinmage. J'ai appris que celui qui en est l Auteur, se nonime
Schmidt; je nie souviens d'un etudiant de ce nom, qui etoit
de vos aniis. Vous saves sans doute qu'un nouvel ecrit de
cette sorte se publie ä Hambourg, qui se distingue par le titre
des Bewunderers. Si vous en aves lü quelques feuilles; je vous
prie de m'en ecrire vötre sentiment. Voila les nouvelles litte«
raires que j'ai eu a vous mander.
Comment se porte vötre Muse? Pourquoi ne m'en parles-
vous pas? Continut?-t-elle a faire des odes anacreontiques? je
n'en doute pas. Car il y a appareuce, que l'Ainour löge dans
vötre tete; series-vous asses fort, pour resister aux charrnes
de vos aimables Berlinoises? jamais. Or ce petit fripon dont
je viens de dire, n'aime pas a loger sous le meine toit avec
une Muse oisive. Croies, Monsieur, que vous me feres un
sensible plaisir de m'envoier ce que TAmour vous aura fait chan-
ter dans vötre solitude a la campagne. Mais peut-etre que
vötre lire se voit occupee d'un sujet plus noble; peut-etre
qu'elle resonne deja des louanges de vötre roi incomparable.
Ah! qu'il merite bien l'encens que lui offre tout le monde;
et qu'il vous sieroit mal, voiant celui que vous adores, de ne
vous joindre au Choeur de cettes illustres Muses qui font re-
tentir les rivages de Spree de ses exploits! II est bien diffi-
cile de ne s'echaufter pas en parlant de lui ; autre jour, lisant
l'Antimachiavel, je fus pris d'un enthousiasme qui me fit dire
en vers Francois ainsi :
Voulant apprendre aux Rois la grande art de regner,
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Sire! et de Bor^ia faire abhorrer les traces,
La Verite n'eut rien de plus noble ä dicter
Que ces grands sentimens qu'on voit ici briller;
Qui sont des sentimens qu'elle dicta aux Graces
Pour les inettre en öcrit, et puis fit imprimer.
Vous m'obligeres fort, Monsieur, de nie faire savoir vos sen-
timens sur nion premier essai en vers Franeois ; et, si vous
aves des connoissances qui s'y entendent, je vous prie de le
leur montrer aussi et de m'informer de leur jugement Rien
ne rae pouroit arriver de plus agreable que si ces belles chi-
meres que vous saves devenoient actuelles. II n'y a rien au
monde (jue je souhaite du van tage que de pouvoir nie rendre
a Berlin ; niais nia Mere est inexorable, je n'en saurois tirer
les 8onimes, necessaires pour ce voTage. Cependant vous saves
les raisons qui ine font hair ma patrie. Le moien d'obtenir
le bonbeur de votre conipagnie agreable que je desire avec
taut d'ardeur? Si vous en connoisses, aies la bonte de niYn
faire part: je ine Hatte de nieriter cette grace que je vous de-
mande, par l'attacbeinent avec lequel je suis,
Monsieur,
Halle. Ce 13 Deceinbre Votre tres bumble serviteur
1741. Jean Pierre Uz.
5. Gleim an Uz.
Hocb- und Wertgescbützter Herr, und Freund p.
Eine Stelle in Herrn Götzens Schreiben hat mich zwar be-
hutsam aber nicht furchtsam gemacht. Ich will sie hersetzen:
„HR. Utz hat nicht dahin gebracht werden können an Ihnen
„zu schreiben. So viel ich an ihm mercke ist er es Sinnes
£ niemals wieder zu thun. Vielleicht weil er davor hält, als
„wolten Sie Ihn in Ansehen der verlohmen Briefe, die er vom
,Insp.[ector] nicht bekommen, herum führen." Diese Nachricht,
die ich nicht unentdecket laCen kan, könte einen andern leicht
bedencklicher als mir selbst vorkommen. Ich müste weniger
Vertrauen zu der Freundschaft und den Vorzügen eines so teuren
Freundes haben, wenn ich keine Bcdencken trüge, derselben
Glauben zuzustellen. Indeßen weiß ich nicht, was Herr Götzen
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muß bewogen haben, auf eine mir so nachteilige Mutmaßung
zu geraten.
Sie, mein Wertester, sind im Stande mich durch eine bal-
dige Erklärung aus einer so verdrießlichen Ungewißheit zu
setzen. Ich will viel lieber von Denenselben mit Gewißheit
vernehmen, in wie weit ich mich auf die Beständigkeit der zu
meinem größten Vergnügen unter uns aufgerichteten Freund-
schaft zu verlaßen habe, als mich noch länger mit einer halben
Ueberzeugung schmeicheln, die ihre Gründe aus einem persön-
lichen Caracter hernimt. Ich muß gestehen daß HE. Götze an
meinen bisherigen Stillschweigen Schuld ist. Weil ich ent-
schloßen war selbst nach Halle zu gehen, hofte ich durch
meine Gegenwart, alle Vorwürfe aus dem Wege zu räumen. Da
ich hieran durch eine andere Heise und einige Umstände ver-
hindert worden, bat ich HE. Klein wegen, meine Sachen durch-
zusehen und die Rudnickschen Brieffe aufzusuchen ; aber wie
unglücklich geht es mir nicht mit vielen meiner Freunde? Er
hat mir nicht einmal geantwortet, da Sie doch wißen, daß ich
ihm alle meine Sachen in Verwahrung gegeben. Nun bin ich
in völliger Ungewißheit, wie es mit denselben stehet. Möchte
ich nur erfahren können, ob HE. Kleinwege noch da sey ? Be-
finden sich meine Sachen in solcher Sicherheit, wie ich wünsche,
so zweifle ich nicht, die Briefe müßen sich auch finden. Denn
sind sie Ihnen nicht Uberliefert, und hat Sie HE. Kleinwege
nicht im Bücherbrette gefunden, so müßen sie unter die üb-
rigen Bücher gerathen seyn. Sie wißen, daß ich mit Dero Er-
laubniß einige Briefe, den Ihrigen und HE. Rudnicks Antwort,
worinnen einige Lehrsätze von der Liebe behauptet sind, nebst
der Reise nach Schlettau abgeschrieben habe. Diese Stücke,
welche vermutlich die besten sind, wären also hinlänglich ge-
rettet, wenn die übrigen, wie ich doch nimmermer hoffen
will solten verloren seyn. Ich habe bey dieser Gelegenheit
wieder an HE. Kleinwege geschrieben, und ihn gebeten, mir
meine Sachen zu übersenden, vielleicht bin ich glücklich sie
unter denselben zu finden. So sehr ich selbst den Verlust der-
selben bedauren würde, so groß würde mein Mißvergnügen
seyn, daß ich deswegen durch meine Schuld den Zorn meines
besten Freundes verdienet hätte. Ich bitte noch einmal, er-
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klären Sie sich nur, in. [ein] W.[ehrtester], meinen Sie es denn
so böse, als mich HE. Götze überreden will? Was ich mit
mehrerm Vergnügen schreibe, muß ich dismal auf etwas we-
niges einschrencken. Es ist Ihnen vielleicht schon aus den
gelehrten Zeitungen bekant, daß hier ein Wochenblat heraus
komt, nach Art der Leipz.[iger] Belustigungen. Der Unterschied
ist daß hier wöchentlich 2 halbe Bogen herauskommen, und
daß man sich weitere Grentzen gesetzt. Es ist noch nichts
sonderliches daß Dero Beyfall verdienen möchte darin vorge-
kommen. HE. Lamprecht ist geheimer Secretair beym Aparte-
ment auswärtiger Affairen geworden, und kriegt 000 R/ Sa-
lair. Man sagt jetzo, daß er sich nach seinen bisher geäuserten
Grundsätzen verheyrathen werde. Das Frauenzimmer, welches
ihn bezaubert, soll nicht reich, aber schön und klug seyn. Hal-
ten sie ihn ja nicht vor den Verfaßer der Schäfererzälungen,
so ich Ihnen hierbey übersende und hier heraus kommen sind.
Sie sollen mit der Tänzerin einen Vater haben. Mir deucht
sie werden Dero Beyfall erhalten. Die hiesigen Schönen sollen
sie sich nur gantz heimlich vom Verleger abholen laßen. In
welcher Geschichte unter den achten, werden Sie sich am
besten getroffen finden? Mir deucht die Schäferstunde wird
sich gut zur Wahl schicken. In Danzig komt ein Blat heraus,
der Freydencker genant. Die Schreibart ist ungemein rein. Sie
verriethe den Verfaßer des Freymäurers, wenn sie nicht etwas
laconischer wäre. Ich schließe mit dem Wunsche, so bald als
möglich, die angenehmste Antwort von Denenselben zu erhalten,
welche zu einem lebhaftem Briefwechsel die Losung seyn wird.
Laßen Sie mich nicht lange hoffen, und glauben daß ich nichts
mit mehrerem Vergnügen vernehmen werde, als wenn Sie mich
erlauben fernerhin zu seyn
Meines Hoch- und Wertgeschätzten HE. und Freundes
Berlin ergebenster und aufrichtigster
den 1511^ April. Freund und Diener
Diemuntre schöne Frülingazeit, Verbreitete Trieb, Lust und Freude,
1742
Joh. Wilh. Gleim.
Die krancke Laura.
Die Stifteriii der Fröligkeit
Und rief den Schäfer auf die
Weyde.
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r> Ein sanfter Thau ein schwängernd
Befeuchtete das junge Graß. [Naß
Die Schaafe scherzten um die
Wette,
Und buhlten auf den grünen
Bette.
Man sagt, daß sie dis schon gethan,
10 So lang man Schaafe dencken kan.
Das muß ein Philosoph verstehen,
Wir glauben was wir selber sehen.
Die Turteltaube lockte schon,
Den Gatten durch den sQßen Ton,
Ifi Und selbst der Hals der Nachti-
gallen,
Ließ jetzo nichts als Lieb' er-
schallen.
Nur Laura saß hier ganz betrübt
Und ungeküüt und ungeliebt.
Ks drang aus dem beklemmten
Herzen,
90 Ein flücht'ger Bote zarter
Schmerzen.
Die volle Brust die zitternd steigt,
Den Wunsch verrat den sie ver-
schweigt :
Ein Mund denAmor selbst bereitet
Mit Lächeln ziert und stets be-
gleitet ;
85 Ein mattes Auge voller Glut ;
Ein Blick der reitzend schüchtern
thut,
Der ohne falsche Kunst verführet,
Wen hätten diese nicht gerühret?
Verführerin laß mich in Ruh!
Der Leser dencket nicht wie du.
Du lächelst, winckst und rufst
zum Küßen.
Er aber will die Kranckheit wißen
Die dich so sehr bewegen kan.
Gut, höre mich nur weiter an.
Kaum drang aus dem bekl ernten
Herzen
Ein flüchtger Bote zarter Schmer-
zen
Der oft den Männern unbefragt
Der Schönen stillen Kummer sagt.
Ihr Mädchen forscht was Lauren
fehlet
-K » Hat niemals euch ein Trieb ge-
quälet
Der wünscht, verwirft und wieder
wehlet?
Es drenget sich das keusche Blut
Gebiert und nehrt die rege Glut
Erwecket Zittern und Verlangen
4>"> Und nimt das ganzeHerz gefangen.
Ein Zetir der von Chloris kam
Undihrden leichtenScbleyernahm
Als sie bey ihren sichern Schaafen
Nach Tirsis Abschied einge-
schlafen,
60 Blies durch den schnell und
sanften Lauf
Das Feuer immer stärcker auf.
Sie geht und wirft die matten
Glieder
An eine nahe Linde nieder
Sie fühlet in der krancken Brust
EG Zu einer unbekanten Lust
Die reitzenden doch bangenTrietie
Der Naso nennet dieses Liebe.
Doch Laura kennt den Naso nicht.
Sie hatte weiter nichts gelesen,
fio Als wer Adalie gewesen ;
Wie Herkules in einer Schlacht
Zwölftausend Menschen umge-
bracht,
Und wie sich auf den weitenReiaen
Valisca pflegte zu erweisen.
r>& Indem sie mit sich selber spricht,
Was Trieb und Kranckheit doch
bedeuten,
So zeigt sich Reinhold ihr von
weiten,
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Der aber als er sie gesehn. Man stört uns oft, ich muß allein
Gleich anfängt auf sie lofteugehn. Mit dir in einem Busche seyn.
70 Er komt und sitzt, sie klagt ihr
Fieber, Sie stehen mit geheimer Freude
Der schlaue Reinhold lacht dar- Recht flüchtig auf verschwinden
über. beyde.
Und spricht, mein Kind, ich weiß
die Kunst ho Allein so weit geht der Bericht
Durch eines fremden Artztes In meinem Buch und weiter nicht.
Gunst, Drum kan ich euch hier auch
Dergleichen Kranckheit zu ver- nicht sagen
treiben. Ob denn sein Mittel angeschlagen.
Allein wir können hier nicht Ich fand nur auf dem zwölftenBlat
bleiben sr> Daß sie da noch gelebet hat.
P.S. Die krancke Laura solt Ihnen schon comtnuniciret
werden, ehe sie in einem Blatte des Weltbürgers erschienen
war. Weil es einmal abgeschrieben ist, so habe es nicht zu-
rück halten wollen. Vielleicht haben Sie sich den Weltbürger
nicht angeschaft. Der Verfaßer ist mir unbekant Ich erhielt
es von einem guten Freunde ehe es im Druck erschien. Wie
lange werden Sie sich noch in Halle aufhalten? Wollen sie
sich nicht entschließen dem Königlichen Berlin einmal Ihre
Gegenwart zu gönnen? Erfreuen Sie mich doch mit einem
angenehmen Entschluüe. Möchte ich nur in der Welt so glück-
lich werden, mit einem so würdigen Freunde meine Tage in der
Nähe zubringen zu können! Ist Herr Naumann noch dort?
Verschaffen Sie mir doch von demselben meinen Anacreon.
Sie wißen, was ich an ihm entbehre. HE. Götze hat mich von
seiner deutschen Einkleidung benachrichtiget. Uebersenden Sie
mir doch was von ihm in dieser Tracht. Ich lerne den guten
Anakreon ganz verkennen, da ich ihn nicht besitze; Und die
anacreontischen Oden in den Belustigungen sind nicht im Stande
mich in dem Geschmacke Anacreons zu erhalten. Die Ueber-
schrift dieser Lieder ist nöthig Anacreons Andencken zu verschaf-
fen. Die Lieder selbst haben mich deßelben noch nicht erinnert.
Ich erwarte mit dem grösten Verlangen eine baldige Antwort.
HE. Götze wird sich vielleicht beschweren, daß ich mit meiner
Antwort so lange angestanden. Sie, mein HErr, wißen einiger
maaken die Ursache und werden mich entschuldigen. Ein Com-
pliment an HE. Naumann p. Leben Sie vergnügt.
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P.S. Sie werden vielleicht die angemeldeten Schäfererzä-
lungen suchen. Ich kan sie aber nicht beyfügen, weil ich ver-
geßen sie gestern abholen zu laßen und es heute Sontag ist,
Morgen aber die Reise meines Freundes der diese Zeilen Uber-
reichen wird vor sich gehen wird. Sölten sie dort nicht zu
haben seyn, so will sie auf ersten Befehl übersenden, adjeu.
adjeu.
Ich erinnere mich daß sie vielleicht nicht mehr in Halle
seyn kÖnten. Ich habe daher die Aufschrift a Anspach ge-
macht, daß der Brief allenfals gleich kan auf die Post gegeben
werden.
6. Uz an Gleim.
Hoch- und Werthgeschätzter Herr und Freund,
Dißmal mögen Sie mich verdammen : Sie werden keine
Ungerechtigkeit begehen. Vier Wochen sind verflossen, ohne
daß ich auf Dero höchstangenehmes Schreiben geantwortet.
Welch ein Verbrechen ! gesetzt, daß unvermeidliche Umstände
zu dessen Begehung mich gezwungen haben. Legen Sie mir
eine Strafe auf, was Sie für eine wollen ; ich werde mich deren
würdig achten. Verschonen Sie mich nur mit dieser Gattung
der Strafe, die mir zuerkennet, eben solange auf Dero Antwort
zu warten, als ich Sie habe warten lassen. Sie haben dieselbe
mir schon einmal zuempfinden gegeben, da Sie mich, diesen
Winter durch, umsonst nach einem Schreiben von Ihnen seüfzen
ließen: und ich habe gefunden, daß unter allen Martern,* mir
diese am unerträglichsten gefallen. Um aber mein Verbrechen zu
vermindern; nicht, gänzlich von mir abzulehnen, will ich Ihnen
doch die Umstände melden, welche mich dazu verursachet haben.
Etliche Tage nachdem ich Dero Schreiben bekommen hatte,
ließ ich zur Ader; Und da hatt ich das Unglück, daß durch
ein Versehen des Barbierers der Arm mir nicht nur aufschwoll,
sondern auch wie mit Blut unterloffen und grün und gelb aus-
sah. Urtheilen Sie selbst, Mein Werthester, ob ich bey so ge-
stalteten Sachen im Stande war, an Sie zu schreiben, welches
zu thun ich eben im Begriffe war: weil HE. Götze mir seinen
Brief bereits zu[ge (stellt hatte, ihn in den meinigen einzu-
G 1 e i in - L' z , Iii k'twechtsl. 2
18
schließen. Bey Erbliekung meines Unvermögens, nahm er seinen
Brief wieder zurücke, rückte eine Entschuldigung von wegen
meiner hinein, und trug ihn, nebst Ihrem ehrwürdigen Ana-
creon, zu der Frau D. Gützin; wo die Person, die mir Dero
Schreiben zu überbringen die Gütigkeit gehabt hat, sich auf-
hielt. Diü geschah am Sonnabend. Am Mondtage bekommt
HE. Götze seinen Brief wieder zurücke geschickt, mit dem Be-
richte, daß die Person bereits abgereiset wäre. Er gab ihn des-
wegen sogleich auf die Post, und ohne Zweittel haben Sie ihn
auch schon längstens erhalten. Der Anacreon aber hält sich
noch bey seinem Uebersetzer auf, und erwartet, mit was für
einer Gelegenheit Sie ihm befehlen nach Berlin abzureisen.
Nachdem die Geschwulst meines Armes vierzehn Tage lang
mich geplaget, und mir alles Ausgehn und Schreiben verwehret
hatte: legte sie sich auf einmal, ohne weitere schlimme Folgen,
welche der Barbirer zuletzt selbst besorgte, nach sich zu ziehen ;
und ich schickte mich an, meiner Schuldigkeit gegen meinen
werth geschätzten Freünd mich zu entladen. Allein mein widri-
ges Schicksal machte mir abermals durch meine Rechnung
einen unvermntheten Strich. Ich wurde von einem Landsmanne,
welcher noch niemals sollenniter tractiret hatte, zum Schmauüe
geladen ; und da ließ es der zornige Himmel (heu !) geschehen,
daß ich mich so stark betrunk, als ich noch niemals ge-
than. Aber ich wurde gewaltig gezüchtiget : Schnuppen,
Husten, Geschwellung des Halses, Kopfschmerzen, Mattigkeit p
waren die geringsten meiner Plagen : das Fieber meldete sich
bey mir durch einen gräuligen Frost, der manchmal, im Ge-
sichte sonderlich, von einer fliegenden Hitze abgelöset wurde.
Dennoch wurde ich dieses unangenehmen Gastes loß, weil meine
gute Natur durch dessen Aufnehmung sich nicht prostituiren
wollte. Biß diese Stunde bin ich noch so elend, daß ich mir
kaum selbst bewust bin. Urtheilen Sie nunmehro, mein Werthe-
ster, ob mein Verbrechen eben diejenige Strafe verdienet, welche
sie verdienen würde, wofern es aus Nuchläßigkeit herrührte.
Ich hoffe, daß sich Dero Freündschaft für mich nicht vermin-
dert haben werde, welches ein unschätzbarer Verlust für mich
seyn würde, der mir um desto empfindlicher seyn müßte, weil
ich durch mein spätes Antworten dazu Gelegenheit gegeben
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hätte. Allein ich habe zu Ihrem Charackter eben das Ver-
trauen, welches Sie zudem meinigen haben; und glaube nicht,
daß Sie um eine jede Kleinigkeit mit dem Verlust Ihrer Freund-
schaft strafen werden. In der That, wie haben Sie Sich ein-
bilden können , daß ich deswegen, weil einige Rudnickische
Stücke verloren gegangen, einigen Unwillen auf Sie geworfen?
Sie müssen von Ihrer guten Meinung von meinem Charakter,
womit Sie mir zu schmeicheln belieben, nicht allzugewiß seyn ;
weil Sie etwas, demselben so widersprechendes, von mir ver-
muthen dürfen. Es ist wahr, daß die französischen Briefe des
seeligen Rudnicks, nebst der dissertatiou, mir lieb geweßen,
und ich sie mit einiger Bedauerniß verliehren rwürde. Allein,
gesetzt daß sie auch durch Ihre Schuld würklich verlohren ge-
gangen wären: sollt ich deswegen Ihrer Freündschaft aufsagen?
Was ist wohl für eine Proportion zwischen diesen Briefen, und
dem Vergnügen und Vortheile, welches aus Dero Freündschaft
mir zufließt? Da ich nun aber vollends weiß, daß Sie, mein
Werthester, ganz unschuldig sind: so müßte ich gar unsinnig
seyn, wenn ich mich über Sie beklagen wollte. Ihr Freünd.
dem Sie Ihre Sachen anvertrauet, und der eher einen andern
Namen, als eines Freundes, verdienet, ist einzig und allein Ur-
sache, daß ich nicht zu meinen Papieren komme, und daß auch
Sie Ihre hinterlassenen Waaren nicht bekommen, weil sie auf
Befehl des Pro-Rectoris versiegelt sind, welches doch leichtlich
hätte verhütet werden können. Auf diesen nur ist mein Un-
wille gefallen ; und ist es bloß durch einen Mißverstand ge-
schehen, daß HE. Götze es anders verstanden. Sie können dieses
auch hieraus bemerken, weil ich noch im vergangenen Jahre,
einige Wochen vor Weyhnachten, einen langen französischen
Brief an Sie geschrieben, welchen HE. Götze wie er versichert,
selbst auf die Post getragen. Es scheint, daß Sie denselben
gar nicht bekommen haben, welches mir leid thun sollte. Denn
ausser den Entschuldigungen, warum ich etwas späther als
HE. Götze Ihnen geantwortet, welche Sie darinnen gefunden
hätten ; so hab ich auch von allerhand andern Dingen ge-
schrieben, die mir nicht mehr beyfallen, und sogar eine Kleinig-
keit meiner französischen Poesie beygefüget. Insonderheit be-
daure ich ein seltenes und unvergleichliches Schreiben des HE.
2*
20
Voltare, welches in einem Journale gefunden und Ihnen ab-
schreiben lassen, aber nunmehro selbst nicht mehr besitze.
Lassen Sie daher allen Verdacht fahren, und seyn versichert,
daß ich nicht ablassen werde, Sie mit aller ersinnlichen Hoch-
achtung zu lieben. Ich finde keine Ursache warum ich mir
dieses nicht auch von Ihnen versprechen dürfte. Wir wollen
einander nicht mehr zwingen , ganze Briefe mit Erklärungen
und Gegenerklärungen, Anklagen und Vertheydigungen, anzu-
füllen ; wir können sie zu nützlichem Dingen gebrauchen. Ha-
ben Sie nur die Gütigkeit, und fahren fort in Uebersendungen
artiger pieken, wodurch Sie mich ungemein verbinden. Ich
werde nicht unterlassen, wofern mir etwas zu Gesichte kom-
men sollte, das Ihres Anblickes würdig, es Ihnen zu übersen-
den. In Ermanglung von dergleichen Dingen, habe ich voritzo
einige Anacreontische Oden eingeschlossen: Sie werden rairein
groses Vergnügen machen, wenn Sie mir Ihre Verbesserungen
schicken wollen; es sind bey nahe die schwehrsten der Oden,
und ich habe in vielen Stellen nicht so wohl die Idee Ana-
creons, welche ich oft nicht herausbringen können, als nur
eine Idee, was es nun für eine war, ausgedrückt. Ich habe
die Ode auf den Bathyll auch übersetzt; allein in den Stellen,
welche die Krau Dacier mit Sternchen ausgeflicket , ist niirs
nicht gelungen. Wollen Sie Sich nicht daran wagen? Wie
geht es in Berlin? Werden Sie Bald Bedienung bekommen?
Ohnezweifel. Schämen Sie Sich , daß Sie nach Dännemark
reisen wollen. Die Musen werden doch bald alle, in Berlin
seyn? 0 möchte doch das Glücke es auch mit mir so fügen,
daß ich, an dem Ufer der Spree, meine Flöte nach den Tönen
dieser berühmten Musen stimmen könnte? Nunmehr ruhet
sie ungebrauchet an der Wand, und hat in einem Jahre kaum
einen Ton von sich hören lassen. Bleiben Sie mir gewogen,
und beehren mich bald mit einer Antwort. Ich verharre, mit
aller Aufrichtigkeit,
Meines Hoch- und Werthgesthätzten Herrn und Freündes,
Halle, d. 19. Mäy. ergebenster Diener
NB Indem ich eben schließen will, kömmt HE. Stadel-
1742.
Joh. Pet. Uz.
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mann, mein ehemaliger Stubenpursche, dazu. Er ersucht mich,
ein Compliment von ihm zu vermelden. HE. Götze hat mir
auch eins aufgetragen. Schreiben Sie mir doch bald, daÜ ich
die Worte auf der Aufschrift meines Briefes : Candidat en droit,
mit den Worten verwechseln soll: Secretaire aupres de Papar-
tement des affaires etrangeres.
[Die] l) Schäfererzählungen hab ich gelesen. Ich habe nie-
mals was angenehmers und sinnreichers unter die Hände [be-
kom]men. Meines Erachtens, thun sie es den contes des La
Fontaine vollkommen gleich. Was den Vorzug der [Schäjfer-
stunde anlaugt, so bin ich Ihrem Geschmacke sogleich beyge-
treten, als ich sie gelesen; und es däucht mich [daß] sie, wo
nicht das angenehmste, doch sinnreichste und künstlichste ist.
Wer mag der Verfasser dieser Er[zähl]ungen, welche mir mit
der Erzählung von der kranken Laura einerley Vater zu haben
scheinen, seyn? Der [Verf|asser der Tänzerin soll Lehmann
heissen : kennen sie ihn ? Was wird in Berlin davon geur-
theilet? Von der [Wochjenschrift, die in Berlin herauskömmt,
hab ich nichts habhaft werden können. Haben Sie von keinem
fran[zös]ischen Heldengedichte auf den König in PreÜssen ge-
hört? Es soll in Berlin herauskommen seyn. Haben Sie die
schwei[zeri]schen Handvesten Satyren wider die Leipziger, in
ihrer Sammlung geistvoller Schriften , gelesen ? Was dünkt
Ihnen von diesem Streite, wodurch beyde Partheyen sich lächer-
lich machen.
7. Gleim an Uz. [Juni 1742]
Hoch- und Werthgeschätzter Herr und Freund p.
Das schöne FrOlingsWetter und eine kleine Brünette haben
mich auf das Land gezogen, woselbst seit Pfingsten mein ver-
gnügter Auffenthalt ist. Dero angenehme Zuschrift hat mich
also nicht in Berlin, angetroffen, sondern in Lähme bin ich
durch deren Ankunft erfreuet worden. Ich muü Ihnen dieses
nicht verschweigen, wenn Sie etwa die Tagereisen Ihres Briefes
nachzählen, und darnach die Geschwindigkeit der erfolgten Ant-
1) Mit dem rande abgeschnitten.
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wort abmeßen wolten. Eine von denen artigen Geschöpfen,
welche Anacreon — doch ich habe mich schon verrathen,
meine kleine Brünette ist Zeuge, daß ich kaum Dero werthe
Zeilen durchgelesen, da ich schon die Feder zu deren Beant-
wortung ansetze. Ich darf hier nicht fortfahren zu schreiben,
was ich gern wolte. Mein kleiner Zuseher liebt Wort vor Wort
nach. Aber es ist mir erlaubet, Ihnen zu sagen, daß Sie von
einem Kinde, das Sie nur ihrem Geiste nach kennet, hochge-
schätzet werden. Welch ein netter Brief, sagte sie, als ich Ihr
die Lesung ihrer Zeilen an mich nicht abgeschlagen hatte. In
der That, ich beneide Sie ; ich wolte daß ich eine eben so ge-
schickte Freundin hätte. Ich mag gern Briefe wechseln. Aber
ich muß es mit einer solchen thun, von der ich noch was lernen
kan. Dieser lezte Punct hält mich ab, mir selbst die Ehre
eines so angenehmen Briefwechsels auszu bitten. Ich habe mir
indelien niercken lalien, daß Sie, wehrter Freund, mit gelehrten
FranenZimmer Bekan tschaft hätten , welches geschickt genug
dazu wäre, ja Sie wären es selbst. Das sehe ich schon aus dem
Briefe, den sie jetzo beantworten, sagte sie jetzo zu mir, da
Sie dieses ließt; aber geht es an, daß ein FrauenZimmer eine
unbekante Mannsperson um einen Briefwechsel ersucht. Ich
laße Sie diese Frage selbst beantworten. Vielleicht erhält
meine kleine Brünette, was sie sich wünschet, ohue vorhero
darum zu ersuchen. Sie, raein HErr, dienen gerne artigen Kin-
dern, wenn Sie gleich nicht gebeten werden und können Ihnen
nichts abschlagen, wenn Sie etwas von Sie verlangen. Die
historische Nachricht, von denen Hindernißen, welche Dero Ant-
wort verzögert haben, ist mir nicht angenehm gewesen, aber
meine kleine Brünette hat darüber gelacht. Eben jetzo lachet
sie noch einmal, und glaubt Sie habe Ursache dazu, weil Sie
die Schuld eines Rausches und der daher entstandenen Züchti-
gungen auf die Zulaßung des zornigen Himmels geschoben. Ich
habe Sie wollen rechtfertigen, aber wir sind in Weitläuftigkeit
gerathen. Meine artige Gegnerin befindet vor gut aufzuhören.
Sie sagt: schreiben Sie nur erst ihren Brief fertig, hernach
wollen wir wieder anfangen. Meine kleine Brünette ist listig.
Sie geht weg und läßt mich allein fortschreiben. Sie wird
unterdeßen auf Gründe und Gegengründe sinnen, und ich werde
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schlecht bestehen. Sie wißen nun schon, was mich verhindert
hat, die ersten Zeilen dieses Briefes einer Dancksagung zu wid-
men. Wenn Sie sich auf meine Kosten einen Abschreiber ge-
miethet hätten, so wäre vielleicht raein Vergnügen, ohne Dero
Mühe durch eine größere Anzahl übersezter Lieder vergrößert
worden. Ich beschwere Sie bey den grauen Haaren ihres Ur-
schreibers des Anacreons thun Sie es, so bald es sich will thun
laßen. Sie fodern von mir eine Beurteilung ihrer Arbeit. Sie
thun recht. Denn Sie können das größte Vertrauen auf meine
crit.[ische] Gerechtigkeit setzen. Sie wißen meine Aufrichtigkeit,
welche nichts Tadelhaftes verschweigen kan, wo sie etwas an-
trift. Aber in Ihrer Uebersetzung habe ich noch nichts ge-
funden. Das artige dieser Liederchen würde mir noch mehr
gelten, wenn ich nicht wüste, daß es Uebersetzungen wären.
Ich weiß, wozu man verbunden ist, wenn man dergleichen be-
urteilen soll. Man muß den Grundtext nachsehn. Ich habe
dieses nicht thun können, weil mein Anacreon sich noch bey
Ihnen aufhält. Sie sehen also, warum ich ihre Lieder, in so
weit sie Uebersetzungen sind, weder tadeln noch loben werde.
Aber sie sind bereits getadelt worden. Sie können sich dieses
wohl gefallen laßen. Es ist von einer Kunstrichterin geschehen
deren Tadel Ihnen angenehm seyn wird. Sie soll selbst reden.
„Warum sind diese Lieder nicht so abgefaßet, daß ich Sie
„ singen kan. Alle Arien, alle Melodien, die ich im Kopfe
„habe, schicken sich nicht darauf. Das 28i£ Lied möchte ich
„wohl nach der Menuet du Prince royale singen können. Die
„schönen Wörter würden sich unvergleichlich hören laßen. Sie
„können ja sonst wohl Liederchens machen14, sagt sie zu mich,
„bringen Sie doch dieses zu rechte, daß es dem menschlichen
„Geschlechte nützlicher wird. Was hat man vom Lesen? Lieder
„mtilien gesungen werden." — Wenn Sie nicht aufhöret mich
zu plagen, so werde ich müßen anfangen mich zu martern.
Was meinen Sie, ist es möglich, ein anacreon tisch es Lied nach
einer heutigen Sangweise zu versetzen? Kan man nicht er-
fahren, wie Anacreon seine Lieder gesungen? Ich glaube nicht,
daß es einerley sey, in was vor einer Versart man Sie abfaße.
Diejenige, welche Sie zu ihrer Uebersetzung erwählet, gefält
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mir am besten. Ich werde nun einige Puncte ihre«
Schreibens beantworten.
Die Krancke Laura hat meines Erachtens mit denen Schäfer-
erzälungen nicht einen Vater. Sie wurde mir von einem guten
Freunde mitgetheilet, den ich aber selbst nicht vor den Ver-
faßer halten kan. Nachhero, da ich Sie schon abschriftlich
besaß, ist sie im Weltbürger gedruckt erschienen. Man hat
ihn deshalb getadelt, wo wieder er sich in der Vorrede ver-
theidiget hat. Sie sind gleichfalls unrecht berichtet, daß der
Verfaßer der Tänzerin Lehmann heiße. Die Schäfererzälungeii
und die Tänzerin sind aus einer Feder gefloCen. Ich kan Ihnen
nunmehro mit Gewißheit melden, daß der Verf alier Rost heiße,
und eben derjenige sey, welcher die Oper Rodelinde, so vo-
rigen Winter in Berlin vorgestellet worden, ins deutsche über-
setzt hat. Ich habe seine Bekantschaft gesucht, aber mit Ge-
legenheit nicht dazu kommen können, und vor Kurtzem habe
ich mir versichern laßen daß er schleunig von Berlin weg
und nach Dresden gegangen. Er war nirgends als auf einem
gewißen Billard anzutreffen; weil aber eben daßelbe ein Officier
besuchte, mit dem ich mich erzürnet habe, so konte das Bil-
lard dieses mahl kein Mittel einer Bekandschaft seyn. Ich
wUnsche indeßen die Wiederkunft dieses aufgeräumten Kopfes.
Sie verlangen von mir zu wißen, was man in Berlin von sei-
nen aufgeweckten Schriften sa*gt. Ich habe zwar den Anfang
einer Samlung von Urtheilen gemacht, aber ich bin noch
nicht weit gekommen. Man weiß schon vorhero, daß sie vor-
teilhaft und nachteilig vor einen solchen Verfaßer ausfallen.
Berlin hat indeß noch einige Kenner die mir bekant sind.
Ilaben sie nicht gelesen, wie verschieden zwey Hamburger da-
von geurtheilet. Von einem Heldengedichte auf unserm hel-
denmäßigen König weiß ich nichts. In Berlin ist es gewiß
nicht heraus gekommen. Es wäre ein Wunder, wenn es meinen
Augen entwischet wäre. Vielleicht sucht derjenige welcher den
Lobgesang auf den Apollo übersetzt sich den Geist Homers
zu erwerben, einem solchen Unternehmen gewachsen zu seyn.
Das Bevwort, welches Sie denen schweizerschen Satvren
gegeben hat mir besonders gefallen. Ich habe Lust eine öffent-
liche Schrift damit auszuzieren. Ach wie würden sich die
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Leipziger freuen. Aber wir wollen Ihnen nichts schencken.
Sie, mein HErr, sind glücklich in Erfindungen. Was wollen
sie den Leipziger Repliquen vor ein Beywort geben. Es muü
nicht eine solche Stärcke anzeigen, als handvest, aber wohl
einen hinlänglichen Muth. Helfen Sie mich nur auf die Spur.
Wir wollen uns alsdenn noch mehr davon erzählen. Haben
sie Bodmers verbeßerte Uebersetzung von Miltons Paradiese
bereits gesellen. Wie gefällt sie Ihnen nun? Es ist eben die-
jenige wovon man in der Samlung geistreicher Schriften das
erste Buch zur Probe gegeben. Hier ist nun mein Schreiben
nach Dero Vorschrift lang und voller Scenen. Ich habe nicht
nöthig gehabt es mit GegenErklärungen zu erfüllen, weil mich
Ihre Erklärung völlig zufrieden gestellet. Sie sagen von einem
französischen BrietFe, von einer voltairischen Poesie, und von
ihrem eigenen Versuche; welchem Schicksaale habe ich denn
zu schelten, dali mir das alles nicht eingehändiget worden?
Geben Sie mir doch ein klein bisgen Nachricht hievon. Seyn
sie mir doch nur halb so gewogen als ich Ihnen bin, so bin
ich mit dem größten Vergnügen
Meines hoch- und werthgeschätzten HErrn und Freundes p
ergebenster Diener
Joh. Wilh. Gleim.
P.S.
Haid werde ich mich genöthigt sehen, von gegenwärtigem
Briefe eine Chronologie beizufügen. In Lähme habe ich ihn
angefangen und in Berlin beschlolien , hernach fortschicken
wollen, um! doch hier behalten. Ein Schwede, welcher sich
Ockermann nennet, ist fast an allem Schuld. Ich geriet nach
meiner Zurückkunft mit ihm in Bekantschaft , und weil er
hier durch nach Halle gehen wolte , so erbot er sich , Briefe
mitzunehmen, und daß es ihm angenehm seyn würde, wenn
er vielleicht dadurch in eine Bekantschaft gerathen könte.
Wenn Ihnen daran gelegen ist, mein Wertbester, so werden
Sie ihn schon am schwartzen Biet citiren. Er kau Ihnen viel
Artiges von den Berlinerinnen erzählen, den|nj er hat vielen
Umgang mit denselben gehabt, ohngeachtet er sich nicht lange
hier aufgehalten. Er kam des Morgends als er abreisen wolte,
zu mir ; und ich setzte mich sogleich zurechte, eine Emphelung
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hinzuzufügen, er wurde aber sogleich nach der Post gerufen,
und mir wurde nicht so viel Zeit gelaßen, meine Briefe zu
versiegeln. Vielleicht habe ich Ihnen berichten sollen, daß
nunmehr wo nicht ein gewißer Friede, doch ein gewißer Waffen-
stillfstjand zwischen uus und Oesterreich geschloßen sey. Ich
weiß nicht ob diese Nachricht bey ihnen schon was altes sey,
vielleicht aber wißen sie noch nicht daß der König den
folgenden Monatbs hier eintreffen wird. Die Regimenter welche
hier Quartire bekommen sind schon auf dem Marsche begriffen,
und man sorget bereits vor ihre Verpflegung. An dem Opern-
hause sind die Arbeiter verdoppelt, und es sieht sich mit Lust
zu. wie es täglich wüchset. Am Sonntage habe ich den innern
Bau deßelbeu besichtiget, deßen erste Anlage schon viel von
der fernem Schönheit und Wahl verspricht. Ich kan mich nicht
enthalten jetzo täglich auf diesem Platze spatzieren zu gehen.
Die Gedancken, welche mir bey Anschauung so vieler 100 Ar-
beiter einfallen, sind mir so angenehm daß ich es gern sehe
wenn sie mir öfters einfallen. Der Verfaber der Schäfererzäh-
lungen wird sie von neuem ein Vergnügen machen. Es ist in
Hamburg oder vielmehr in Altona ein Schäferspiel (die erler-
nete Liebe) von ihm heraus kommen, worüber in den Hamburg.
Zeitungen ein artiges Urtheil gefallet wird. Ich habe es noch
nicht gelesen , aber mir bereits Mühe gegeben, es zu bekom-
men. Es sollen bereits auf der Leipz. Schaubühne viele schöne
Stücke aufgeführt worden seyn , die einen gleichen Verfaßer
haben. Herr Straube den sie aus den Belustigungen kennen
werden, hat uns die Uebersetzung der Briefe geliefert, welche
Bodmer im poet.|isehen] Gem.[älde] p. 359 so sehr lobet. Sie
sind auf Schreibpapier hier heraus gekommen. In den götting.
Zeitungen werden sie Tändeleyen genent. aber mir haben diese
Täudeleyen recht wohl gefallen. Meine Muse ist von einem
guten Freunde in Versuchung geführt worden, auf den Hymen
eiu Lied anzustimmen. Sie entschuldigte sich zwar Anfangs
mit ihrem Unvermögen, aber endlich ließ sie sich bereden, als
ein Satyr dazu kam und gute Worte gab. Der Strephon ist
Prof. Strimesius aus Franckfurth der sich jetzo hier aufhält,
und welcher in dem Buchladen des Bräutigams einen Zettul
herumgeben lieu, worinn er die frequentes benachrichtigte,
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daß er auf HE. Göhls Hochzeit ein Carmen unter dem Titul:
Cupido der Buchführer wolte drucken laßen, wozu er sich Sub-
scribenten um 8 gr. ausbat. Er hat sich bereits durch viele
Dinge lächerlich gemacht, und wenn ich Liscov wäre solte er
gewiß mein Philippi, und ein gewißer HE. M. Michaelis mein
Sievers seyn. Es fehlt 1) nur an ihrer Gegenwart , vielleicht
könten uns einige muthige Scribenten ein Vergnügen machen.
Weil sie 7011 den hiesigen Wochenblättern noch nichts gesehen,
so soll ihnen gegenwärtiges Blat einen Begrif davon machen.
Wie gefält ihnen die Satyre? Mir deucht, ich habe schon
anderswo den Schönen Hanß abgeschildert gefunden.
Sie solten mir gewiß keinen Verweiß, wegen meiner Abreise
nach Dännemarck, mehr geben, so bald ich nur so glücklich wäre
zu vernehmen, daß sie sich entschloßen hätten Berlin zu be-
suchen. Vielleicht eröfnet die Wiederkunft des Königes mehrere
Wege sein Glück zu machen. Thun sie doch ihr Möglichstes,
ich will das Meinige auch thun. Wie viel vergnügter wird
nicht der Ort meines Auffenthalts seyn , wenn Sie nicht von
demselben entfernt sind. Bitten sie doch den Himmel , was
sie bitten können, daß er uns an einen Ort führet. Er wird
sie erhören, wenn es Ihnen so von Hertzen geht, wie mir.
Adjeu. Haben sie sich nun müde gelesen? so schlafen Sie
wohl ; ich wünsche Ihnen alsdenn von meiner Brünette zu
träumen, a propos Sehen sie die Geschichte ja vor keinen
Scherz an pp.
An Herrn Stadeiniann bitte wiederum meine verbindlichste
Empfehlung zu machen. Der erhaltene Gruß hat mich diesen
ihren werthen Freund mit Vergnügen erinnert. Grüßen sie
doch alle gute Freunde, die ich die Ehre habe zu kennen; Sind
die HE. Schnellen noch da? Wenn sie etwa HE. Ockermann
ausfragen solten, so belieben sie ihn doch gleichfalls von mir
zw grüßen pp. adjeu. Sein Frauenzimmer muß ihn ungern
gemißt haben. Es hatte sich ganz rothe Augen geweinet, als
ich zu ihm kam; (3 Tage darauf).
1) Darnach gestrichen: mir.
28
8. Uz an Gleim.
Monsieur,
Je vou8 ecris en francois, pour voir si ce ne sont que
mes lettres francoises qui se perdent. Je coniraence donc par
vous faire mes complimens sur le renouvellenient de Tan nee,
en vous souhaitant tout ce qirun coeur plein de zele et d'amour
vous peut souhaiter de bonheur et de benedictions. Agrees,
s'il vous plait, cette maniere de vous temoigner mes sentimens,
et nie continues dans le cours de cette nouvelle annee vötre
amitie,[qui m'est infiniment pretieuse. Pour moi, je nie croi-
rai asses heureux, si je verrai a l'avenir votre vertu heureuse
et recoiupensee. II est vrai, Monsieur, que j'arriverois au com-
ple de mes desirs , si la fortune nie vouloit, au uioins pour
un peu de tenis, placer dans la meine ville, oü vous etes; pour
pouvoir y jouir de votre agreable compagnie, dout la perte
m'est tres sensible. Vous me faites tort de croire, qu'il y a
de ma faute , que je n'aille vous voir a Berlin; parceque raa
mere , asse's inipatientee par les somnies considerables qu'elle
sera obligee de m'envoier pour le paTement de mes lettres, re-
fuse tout-a-fait de in'en remettre d'autres moins necessaires.
C'est pourquoi j'attens tous les jonrs, niais avec tristesse, le
dernier ordre, de quitter au plutot cette academie. Je me
verrai oblige, de renoncer aux douces esperances que j'ai eües de
vous pouvoir einbrasser tendrement. Je ne verrai peutetre ja-
inai8 ce Berlin , de qui vous et la renonnnee vantent tant
de cboses , dignes d'etre vftes et dVtre admirees. Vous juges
bien, Monsieur, que je crois tout ee que vous dites la-dessus ;
oui , je le crois et j'en suis touche vivement : vous lires nies
sentimens sur ce sujet dans les vers que j'ai l'honneur de vous
envoier. Honores de vos critiques ce|tte]') petite production
d'une Muse jeune et bardie a la verite d'av[oir] ose de
cbanter un sujet si eleve: niais le inoTen, de resister a [un]
enthousiasnie que Ton croit etre autorise par tout le beau et
tout le grand, qui en est la source? J'avoue que les vers,
dont je vous parle, sont bien inferieurs u cette galante iuvi-
I > Ausgerissen
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tation pour Berlin , que j'ai lue dans le recueil qui 8 'est fait
ä Berlin de verites utiles, et que fai achete il y a quelques
jours. Ma muse aimeroit fort de profiter des avis de cette
Muse Berlinoise, qui sait ecrire avec tant de politesse et d'a-
grement, et qui s'est fait reconnoltre par les lettres initiales
de son noni, G. W. L. Gl Voilä votre nom qui se pre-
sente je ne sai com inen t au bout de ma plume. An reste je
vous suis bien oblige de Tagreable conte de Mr. Dreyer, dont
vous m'ave's fait part; il est du dernier joli, et je m'estimerois
fort heureux de pouvoir imiter sa naYvete. J'ai bien de la
curiosite* de voir les filles Berlinoises: il faut qu'elles soient
tout-ä-fait charmantes, de ce qu'elles peuvent faire aussi char-
mans et en meme tems badins, ceux qui les frequentent, couie
Vous et Mr. Dreyer. Pour les stances: Das Unfehlbare que
vous aves pareillement faites, j'y reconnois les sentimens d'un
petit libertin, et le genie doux et agreable d'Anacreon. Faites
moi le plaisir de vouloir bien continuer ä iii'envoi'er vos poesies
et celles de vos amis; elles sont toutes ecrites dans un gout
digne de Berlin. II faut que vous passies le tems avec beau-
coup de satisfaction , a'iant des connoissances tres estimables
parmi les beaux esprits d'une ville, qui en a du premier rang.
Je vous prie de faire mes tres-humbles respects a Monsieur
Naumann. Mais, Monsieur, ne saves-vous rien de certain sur
un bruit qui court que Mr. de Hagedorn publiera des nouvelles
productions de sa facon, principalement le recueil de ses pre-
mieres poesies qu'il a promis il y a longtems. Vous saves que
je suis amoureux de sa Muse; je voudrois voir toüjours quel-
que ouvrage nouveau de sa plume. Je crois que vous aures
vü le Supplement des poesies du feu Gunther ; Timpression en
est belle, et entre les pieces qu'il contient. j'ai trouve des
plus beaux morceaux, selon mon ^oüt particulier, que je n'en
ai trouv^ dans le recueil ancien des poesies de Gunther , par
exemple le poeuie touchant qu'il a fait sur la mort de sa
Sylvia et quelques autres. N1 aves- vous pas vü les vers tres
piquans qu'on a fait a Leipsic sur Mr. le professeur Gottsched
et sa femme, oü ces deux personnes illustres sont traitees en
infames; et ä ce qu'on dit, cette comedie füt representee au
theatre de Neuber? Un de mes amis m'a promis de m'en pro-
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eurer une copie. Mr. Götze n'est plus ä Halle; il est alle, il
y a trois mois, eu Ost- Fries I and, en qualite de preeepteur des
enfans du gouverneur qui est ä Emden. Mais j'ai donne
d'abord la lettre que tous lui adresses, ä nn de ces compa-
triotes, qui alloit lui ecrire. II l'aura sans doute recüe, et je
crois que vous aves deja sa reponse. Vous saves, come nous
avons vecu ensemble , Mr. Götze et moi : juges donc , s'il a
agi en homrue poli, d'etre parti sans m'avoir dit adieu, seule-
ment pour pouvoir executer quelques desseins indignes et vi-
lains. Je nVn dis pas davantage. pour menager un honime
qui a ete de mes arais. Mais je vois que ma lettre devient
longue : pour ne tous pas incomtnoder , il faut que je finie.
Mais avant de le faire, je vous demande serieusement, si nötre
commerce de lettres ne sera dans cette annee plus regle et
plus exaet qu'il ne füt dans la passee? J'ai dessein de rae
convertir, et de vous ecrire, je crois, chaque mois deux fois;
vous en feres de meme? et me repondres toüjours aussitot que
vous aures re^ii mes lettres. et me manderes des nonvelles de
Berlin et d'antres choses remarqnables. Enfin , aimes-moi,
ecrives-moi et commaudes-moi. Je suis avec respect,
Monsieur
P. S. Monsieur Stadelmann m'a prie Vötre tres-humble et
de vous faire sea complimens: il est tres-obeissant serviteur
toüjours de vos tres humbles serviteurs. J. P. Uz.
ä Halle, ce 5. Janvier.
1743.
9. «leim an Uz.
Hoch- und Wertgeschätzter Herr und Freund p.
Es ist als wenn wir von beyden Seiten bestirnt wären,
allemahl unsere langsame Antworten zu entschuldigen. Sie
haben es in ihren Zeilen gethan , und ich thue es in diesen.
Wie gerecht aber, ist dismahl meine Entschuldigung! Sie
werden es selbst sagen, wenn ich ihnen sagen werde dali ich
sie in Halle unverhoft persönlich aufwarten und die Antwort
selbst überbringen wollen. Fragen sie mich nur nicht, warum
es nicht geschehen; Denn ich schäme mich zu sagen dab ich
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nur 4 Meilen von ihnen, neinlich in Leipzig gewesen sey und
doch nicht habe nach Halle reisen können. Ich sähe mich
nemlich genötigt in den Aftairen, deren thalben ich mit Extra-
Post nach Leipzig gehen mtißen, einen Tag auf jemand zu
warten, und den andern war die Extra Post schon wieder be-
stellt, daß es mir auch nicht möglich zu machen war, nur
einen Tag abzubrechen. Ich setze ein allzugroßes Vertrauen
in ihre Ueberzeuguug, als dato sie nicht glauben *) sollten, wie
herzlich schwer mir die Verabsäumung einer so guten Gelegen-
heit meinen allerwehrtesten Freund zu sehen angekommen sey.
Es fehlet nicht viel, daß ich nicht hier in poetische Zähren
darüber ausbreche. Doch verlangen sie es nicht Ich würde
nicht wieder aufhören können, wenn ich einmahl anfienge.
Mein Brief soll noch auf die Post; und darum muß ich nicht
säumen ; denn ich habe Ihnen noch so viel zu sagen, daß ich
kaum weiß, wo ich anfangen soll. Erst muß ihnen sagen,
daß ich bisher ein bisgen gereiset, aber nicht wie Pöllnitz,
und nachhero die eine Königl. Residenz verlaßen und die andere
nemlich Potsdam zu meinem Auffenthalte erwählt habe. Sie
solten bald einen ganzen Folianten von den paradisischen Schön-
heiten dieses Orts lesen, aber Sie lesen lieber parnaßische. Ich
bin Ihnen nun 4 Meilen näher. Um des Himmels Willen reisen
sie doch nicht von Halle bis wir uns noch einmahl gesehen
und gesprochen haben. Ich glaube nicht daß das Verlangen
der Doris, die ihren Tirsis in 8 Tagen nicht gesehen hat, so
groß seyn kan , als meines ist sie zu sehen. Es sind ja nur
16 Meilen. Wenn ich sie nicht herziehen kan , kan es denn
der Ruhm und der Werth des Orts nicht thun ? Die Entschul-
digung die von Vermeidung des mütterlichen Unwillens herge-
nommen ist kan ich nicht gelten laßen. Kommen sie doch
nur auf eine so kurtze Zeit, daß sie nichts davon erfahren
kan. Oder sagen sie mir sonst ein Mittel, wie es möglich
ist, sie vor ihrer Abreise noch einmahl zu sehen. Die Entfer-
nung ihres Geburths Orts, macht mich ganz bange, wenn ich
nur an ihre Abreise gedencke, welche ich mir bald als schon
geschehen bald aber noch als zukünftig vorstelle. Doch das
1) Zuerst : dencken.
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erster* will und darf ich nicht glauben, weil ich wenigstens
ein bisgen Nachricht erhalten hätte. Ich habe sie gefragt um
ein Mittel zu Erfüllung meines Wunsches. Soll ich noch einen
^ orsehlag thun? \N as meinen sie. wenn wir zukünftige Ostern,
da ich verniuthlich werde abkommen können, auf die Helfte
des Weges einander entgegen reiseten ? Ich erwarte mit dem
ersten Posttage ganz gewib Dero gutige Antwort, und solten
es auch nur zwey Zeilen sevn. Wären sie gleich nicht nach
meinem Sinne, so sind sie vielleicht fähig mich noch zu einem
andern Endschlube zu nöthigen. Ich bitte herzlich laben sie
mich nicht vergeblich hoffen pp. Ich will Ihnen alsdenn
mundlich erzählen, wie viele Kenner mich beneiden, daß Sie
mich gewürdiget haben meinen Nahmen einer so schönen Ode
vorzusetzen. Ich habe den ihrigen gleich fals einer vorgesetzt,
aber wie viel weniger Ehre weiden sie dadurch erlangen.
HE. Lamprecht der ihnen beygesellt ist . schätzt sie schon
hoch, ohne dab sie ihm sonst bekant sind, als durch die Vor-
stellung die ich ihm von den \ erdiensten meines Freundes
machen uiüben. und durch ihr pindarisches Lied. Ich schicke
Ihnen hiebey ein klein Lied von ihm auf seine Braut. Ich bitte
mir ihr Urtheil darüber aus. HErr Üreyer ist zwar bisher
mein guter Freund gewesen, ich weib aber nicht, ob er nicht
in Zukunft meine Freundschaft weniger verdienen wird. HE.
Straube ist ein Poet , der das Tractement gewohnt ist das
viele französische Poeten gewohnt sind, aber er verdient es viel-
leicht noch mehr. Herr Naumann und ich, wir haben schon
manchmahl Ober ihn gelacht. A pmpos hat Herr Naumann an
Sie geschrieben r Er wolte mir einen Brief zuschicken um
ihn mit einzulegen als ich noch in Berlin war, es ist aber
nicht geschehen. Er hat den Flateur aus dem Roubeau über-
setzt, den er der Schönemannisihen Schaubühne widmen wird.
Ich hätte ihnen bev dieser Gelegenheit gleichfals von einem thea-
tr. alischen' Stöcke was zu sagen, wenn ich es nicht lieber ganz
ihrem Unheil linterwerten wolte. Es ist von einem Ungenannten
verfertiget, der die Gewohnheit des HE. von Hagedoms an 9ich
hat dab er seine Arbeit ') durch die Censur der Kenner gehen
Ii Daraarn g..-. trieben: vorher.
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Hißt, um das Unvollkommene darnach auszubeßern. Aber er
liefert sie durch die dritte Hand, in keine andre als sichre
Hände. Ich habe sie erhalten , und würde sie abschriftlich
nebst der Bitte um ihre scharfe Beurtheilung, womit ihm in
der That gedient ist, übersenden, wenn ich nicht erst völlige
Gewißheit haben wolte, daß Sie, mein Wehrtester, noch in
Halle sind, und das es folglich richtig in ihre Hände kommen
werde. Denn wiedrigenfalls würde ich Verantwortung davon
haben. Es ist ein Schäferspiel unter dem Titul : der Blöde p.
und verdient nach meinem Urtheil durch mehrere Censuren, zu
einem vollkomnen Stücke gemacht zu werden. Ist ihnen nun
damit gedient, was dazu beyzutragen, so bitte ich mir je eher
je lieber Dero gütige Antwort aus. Ich werde ihnen alsdenn
zugleich ein Model überschicken, von der Art, wie der HE.
v. Hagedorn betet, wovon ich eine Abschrift kriegen werde,
und einige andere Stücke. Der HE. v. Hagedorn wird seine
Gedichte drucken laßen, aber wie bald ist nicht bekant. Geben
Sie mir doch, Wehrtester Freund, von der Aulführung des HE.
Götzens ein mehreres Licht. Sie haben mich durch ein paar
Worte ganz begierig gemacht, mehr zu wißen. Er hat mir auf
meinen Brief noch nicht geantwort, und ich habe seinethalbeu
in Berlin noch Verdruß gehabt, weil ich da wo die Condition
war immer Hofnung machte von seiner Ankunft. Ich bitte
laßen sie mir doch nicht in Unwißenheit und melden mir zu-
gleich wo er jetzo ist. Ich habe keine andere Satyre auf Gott-
sched gelesen als die unter dem Titul: das Vorspiel ein Helden-
gedicht. Wißen sie daß es den Verfaßer der Schäfererzäh-
lungen zum Urheber hat? Es ist nichts dem Pult des Boileau
so würdig beygeset/.t zu werden als dieses. Wißen sie noch
von was anderm ? Vermuthlich haben sie das Vorspiel wel-
ches die Keuberin auf Gottsched gemacht hat selbst oder auch
die Satyre welche Gottsched auf die Neuberin gemacht hat,
und wovon in dem Vorspiel Meldung geschieht? Machen sie
mirs doch bekant, wenn sie was davon haben. Vielleicht bin
ich im Stande durch ein Gedicht unter dem Titul: die Fechter,
worin beyde Parteyeu lächerlich gemacht werden, und davon
mir der Anfang gefallen hat, diese Gefälligkeit zu erwiedern.
Mein Brief wird lang, das macht er ist deutsch. Ich werde
G 1 cim-Uz, Briefwechsel. 3
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kürzer schreiben, wenn sie verlangen, daß ich französisch
schreiben sollte. Doch ich will ihnen die Ursache des Ge-
lübdes mündlich erzählen, warum auch dieses nicht geschehen
könte, wenn sie es nicht ausdrücklich beföhlen. Wenn sie
mir nicht den ersten Posttag antworten, so werde ich sie ein
Cartel auf den andern zuschicken. Ich habe die Ehre, mit aller
Hochachtung die ihre Verdienste würdig sind zu verharren p.
Hoch und Wehrtgeschätzter HErr und Freund
Potsdam Ihr
den 28 Martis gehorsahmst ergebenster
1743 Gleim
Meine Addreße ist: Bey dem HE. ObristLieutnant von
Schulze bey der Garde. Mit der alten addreße werden sie
auch allemahl richtig gehen, aber mit dieser krieg ich einen
Tag eher, die Briefe.
P.S. Sie haben sich an der Berl. Samlung p ein Buch ge-
kauft, daß ihrem BücherVorrath wenig Zierde geben wird. Das
benente Stück: Einladung p ist wieder meinen Willen hinein
gekommen. Ich könte ihnen von dieser Samlung was lustiges
erzählen, wenn es nicht zu weitläuftig wäre. Den HE. Bel-
lander der in der Vorrede sein Recht erhalten hat, werden sie
vermuthlich kennen. Er heißt mit dem rechten Nahmen Wille-
brand, aus Rostock gebürthig, er hat ohngefehr vor 8/4 Jahren
in Halle unter Böhmen] in Licentiat. Juris promovirt. Er ist
ein Mensch, qui non habet animam bellam in corpore hello.
Der Buchführer deßen Nähme unter der Vorrede stehet, war
sein bester Freund , bey dem er ehe er nach Potsdam gieng
logirte. Er ist jetzt wieder in patriam gereist. Er hat sich
hier dem Könige praesentirt, der ihm denn auch so gleich eine
Stelle im KammerGerichte in Berlin conferirte, die er aber
nicht angenommen hat. Vielleicht weil er sich vor dem Examen
fürchtete. Die Vorrede ist von einem Ungenanten deßen An-
fangsbuchstaben J. W. L. G. sind, der aber die Vorrede dem
Buche ähnlich gemacht.
Wie hat Ihnen die Erzählung von der Ursula gefallen?
Das Scharfsinnige haben die hiesigen Bei Esprits nicht finden
können. Es soll in der Stellung stecken, die Ursul macht,
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wenn sie mit einem Beine im Himmel und mit dem andern
auf der Erde steht.
An HE. Stadelmann und die übrigen HE. Landsleute die
ich die EJire habe zu kennen bitte meinen ergebensten Gruß
zu vermelden, adjeu.
An Herrn Laraprecht, und Herrn Uz.
Ich will, ich muß ein Schäfer wer- Denn Schaaf und Lämmer abzuzäh-
Der Schluß ist vestgestellt. [den, Ist keine Lust vor euch. [len
Man findet nur bey Feld und Heer- Wir wollen keine Schächte graben,
Das Glück der alten Welt [den Und dürfen folglich euch nicht haben.
Ich will den Stolz der Städte meiden
Und willig meine Lämmer weiden. Ihr, blaße Neider, bleibt zurücke
Und waget keinen Schritt.
Ich kan dich ohne Gram verlaßen Jedoch, ihr gönnt uns unser Glücke
Unruhiges Berlin, Und gehet so nicht mit.
Wer Lust hat, sich nicht selbst zu Seht ihr uns erst auf unsern Weiden
Wird willig mit mir ziehn. [haßen So sollt ihr uns wohl noch beneiden.
Komt, Freunde, laßt uns Wald und
Buche Ruf ich die Nymphen aus den Städ-
Und Ruh in freyen Feldern suchen. Auf unsre Schäferflur? [ten
0 Nein! sie kommen ungebeten
Ihr müßt, ihr könnt zurücke bleiben Auf Antrieb der Natur.
Die ihr die Ruhe haßt; Doch manche laße sich nicht blicken
Und, euer Glück recht hoch zu trei- Soll man sie nicht zurücke schicken.
Euch keine Ruhe laßt. [ben
Ich will euch gern vor euer Rennen Aus fester und erklärter Liebe
Das Glück des Staatsministers Folgt mir kein schönes Kind.
gönnen. Ich suche noch die rechten Triebe
Die kaum in Städten sind.
Nehmt, blinde Richter, Gold und Die Spröden machens mir zu lange,
Und bleibt nur in der Stadt [Gaben Und vor die andern ist mir bange.
Bleibt, weil wir euch nicht nöthig
Wo man euch nöthig hat. [haben Die Nymphen in den Schäferhütten
Da laßt euch vor den Diebstahl Sind meiner Liebo Ziel ;
dancken Ich liebe ihre stillen Sitten
Und lehrt den Bürgern beßer zan- Sie wißen nicht zu viel.
cken. Wenn Nymphen das, was ich weiß,
wißen
Ihr fast zu Gold gewordne Seelen, Pfleg ich von mir auf sie zu
Bleibt; seyd, und werdet reich. schließen. ')
1) Darnach ist in der handschrift folgende atrophe gestrichen :
Ich weiß noch viele Schäferinnen Ich will sie noch einmal gewinnen,
Die mich vordem gekaut. Ob ich sie gleich verbaut.
3*
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:*6
Ihr, fromme Dichter, komt ge-
Und eilet mit uns fort, [schwinde
Durchsucht, die undurchsuchten
Und zeichnet jeden Ort, [Gründe
Wo die berühmten Sch&ferstuuden
Schon tausenden zu schnell ver-
schwunden.
Da suchet, euch an reinen Bächen
Den rechten Musensitz.
Da lernet *), wie die Schäfer spre-
Da prüfet ihren Witz. [chen,
Erzählet, oder laßt es lesen,
So bald ein paar allein gewesen.
Du, Tirsis, der jezt nur von Liebe
Und seiner Doris Bingt.
Versuch einmahl, wie deinem Triebe
Alsdenn ein Lied gelingt,
Wenn du den West im Thale fühlest
Und da mit deiner Doris spielest.
Und du, o! Dämon, deßen Flöte
Wie Pindars Flöte spielt
Komm mit, und werd' auch ein
Der unsre Triebe fühlt. [Poßte
Wir wollen in den stillen Gründen
Das Band der Freundschaft fester
binden.
* Wird sie dieses Lied überzeugen, daß ich nunmehr den
Empfindungen des HE. von Canitz Hecht wiederfahren laße,
der die Ruhe des Landlebens dem Hof und Stadtleben weit
vorzog ?
10. Uz an Gleim.
Hoch- und Werthgeschätzter Herr und Freund,
Ich schreibe Ihnen mit der ordinairen Berliner- Post : weil
nach Potsdam von Halle keine weggeht, als künftige Mitt-
woche, mit welcher Sie meinen Brief schon einige Tage später
bekommen würden. Beynahe hätte mich der Satan verführet,
diesen Post- Tag vorbey streichen zu lassen , ohne an Sie zu
schreiben, weil ich das gedrohte Cartel nicht ohne Vergnügen
würde empfangen haben. Allein, aus gerechter Furcht, daß
Sie über meine oftmalige Nachlüßigkeit endlich gar böse wer-
den möchten, hab ich es ganz gescheid unterlassen. Aber ich
hoffe, sie werden ebenfalls billig mit mir umgehen, und gleich
nach Empfang dieses Briefes, (welches künftigen Diensttag seyn
wird,) mich mit einigen Zeilen von einer so werthen Hand be-
ehren ; so wird künftiger Donnerstag für mich ein Freüdenfest
seyn. Denn, mein Werthester Freünd, werden mir gleich Ihre
Briefe immer schätzbarer; so sind sie doch gar zu selten.
Damit ich dies der Jugend lerne 1) Uebor „sprechet" geschrieben.
So folge sie, doch nur von ferne.
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Warum soll ich iedwedes von Ihren, obgleich höchstangenehmen
Schreiben durch ein vierteljähriges Erwarten erkaufen, das mich
mit beständiger Furcht und Zweifel plaget? Schreiben wir uns
itzo schon so sparsam, da wir doch nahe sind: wie wird es
gehen, wenn wir über 60 Meilen von einander werden ent-
fernet seyn? Wahrhaftig, dieser Gedanke macht mir nicht
weniger bange, als er Ihnen gemacht hat. Inzwischen muß
ich bekennen, beydes diese Ihre Ungedult und Ihre Begierde,
mich noch einmal zu sprechen, überschütten mich mit einem
heimlichen Vergnügen. Ich schließe daraus, daß Sie nicht
gänzlich gleichgültig gegen mich gesinnet sind, sondern mich
ein wenig lieb haben : und Sie werden mir glauben, wenn ich
sage, daß ich dieses für einen Theil meiner Glückseligkeit halte.
Ich wünsche nichts in der Welt herzlicher, als daß wir ein-
ander in Potsdam, von dessen Schönheit mir so vieles gerüh-
met wird , umarmen könnten ; und ich bin Ihnen unendlich
verbunden für die Gütigkeit, die Sie gehabt haben, Vorschläge
hierzu zu thun. Allein, mein Allerwerthester Freünd ! für mich
sind alle vorgeschlagne Mittel unbrauchbar. Die Ursachen
sind höchstwichtig, aber ich kan sie hier nicht schreiben.
Ich bin schon diesen vergangenen Winter ohne meiner Mutter
Einwilligung hier geblieben ; und nun werd ich alle Tage gantz
gewiß, nebst HE. Luthern, HE. Schnellen und HE. Stadelmann,
welche insgesamrat Ihnen ein ergebenstes Compliment ver<
melden lassen, in Anspach erwartet, und es fehlet nichts mehr,
als die letzte Ankunft des Besten. Urtheilen Sie selbst, was
für unüberwindliche Schwührlichkeiten sich hervor thun wür-
den, wenn ich itzo eine Heise unternehmen wollte. Doch nun
muß ich Ihnen auch schreiben , was für Hofnung mir über-
bleibt. Herr Stadel mann wünschet sehr, in den benachbarten
Orten herum zu reisen; und hoffet auch, die Einwilligung darzu
zu erlangen. Wofern er sie erhält, so verzweifle ich gleichfalls
nicht, sie zu erhalten; und alsdann werden Sie, anstatt eines
Freündes und Dieners, deren zwey bey sich in Potsdam sehen.
Nur wünschte ich, daß ich nicht so vieles sähe, beydes auf HE.
Stadelmanns, als meiner Seite, welches dieses Vorhaben zu ver-
hindern drohet. Beten Sie nur fein fleißig; vielleicht erbitten
Sie mir diese Glückseligkeit. Dieses hab ich noch sagen
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wollen: wofern sich einige Möglichkeit zeigen sollte, daß wir
auf der Hälfte des Weges einander entgegenreisen können, wo-
bey es an meiner Bemühung nicht ermangeln soll; so werd
ich es Ihnen unverzüglich und mit der ersten Post berichten.
Thun Sie dergleichen, und lassen mich, um des Himmels-
willen, auf Ihre Antwort nicht lange warten. Wievieles werden
wir einander zu sagen haben ? Darunter wird auch seyn, was
ich an HE. Götzen auszusetzen habe, und Sie werden alsdenn
selbst sagen, daß er nicht gehandelt habe, als ein Mensch,
der Ehre im Leib hat. Im Briefe läßt sichs nicht wohl schrei-
ben. Er ist in Emden, in Ost-Frießland, Hofmeister oder viel-
mehr Informator bey dem daselbst in guarnison liegenden
Preußischen General, und vermeinte, wie mir einer seiner Lands-
leüte gesagt hat, daselbst besser zu stehen, als in der Con-
dition, die ihm Sie ausgemacht hatten. Itzo erfordert meine
Schuldigkeit, Ihnen den verbindlichsten Dauk abzustatten, für
den Beyfall, den Sie meiner Muse, die Sie nur aus Scherz Pin-
darisch nennen, zu geben beliebet haben ; und hauptsächlich,
daß Sie durch ein ungemein reitzend Lied mein rauhes belohnen
wollen. Aber, sagen Sie mir doch, was Sie gedacht haben,
dem berühmten Nahmen des Herrn Lamprecht den Namen
eines Menschen, wie ich bin, an die Seite zu setzen? Wofern
Sie Ihre Ode einmal dem Druck überlaßen wollen, so mäßen
Sie hierinn eine Aenderung machen; wenn Sie nicht die Em-
pfindlichkeit dieses Herrn verdienen wollen. Sie schmeichlen mir
mit einer Hochachtung dieses reitzendes Dichters : ich weiß
nicht, wie Ihre Freundschaft gegen mich, in Verfertigung mei-
nes Portraits den Pinsel mag geführet haben; allein ich weiß
doch dieses, daß dieser Beyfall eines der größten Kenner, wenn
ich ihn gleich nicht verdiene, mich doch ungemein ermuntern
wird, den Berlinischen Musen ferner nachzusingen. Fahren Sie
doch fort, mein Werthester, durch Uebersendung Ihrer und Ihrer
schätzbarn Freunde netten Poesien, ineinen Geschmack zu bes-
sern. Aber verlangen Sie keine Censuren von mir, da, wo
ich nichts als Lobsprüche austheilen kan. Und wie sollt ich
Stücke zu beurtheilen mich unterfangen, welche von einer der
anmuthigsten Leidenschaften handeln , mit der ich aber gar
keine ßekandtschaft habe ? Man sieht wohl, daß die Verfasser
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in dem glückseligen Berlin leben; ich aber halte mich in einer
Stadt auf, wo die Gratien fremd sind, und wo die überall
wüthenden Seuchen und der Tod selbst, der sogar in meinem
Hause einen meiner Freunde bedrohet, meine Gedanken mit
nicht so vergnügten Betrachtungen beschäftigen. Es ist wahr,
es würde die Uebersendung des blöden Schäfers mir zum ausser-
ordentlichen Vergnügen gereichen; ich wünsche ihn zu lesen,
mehr um mich daraus zu bessern, als ihn selbst vollkommner
zu machen. Allein die Ungewißheit meines Wegreisens, welche
dieses Stück in Gefahr setzen mochte, macht, daß ich mich
dieses Vergnügens solange berauben muß, biß ich nach Pots-
dam komme. Ich verharre mit aller Ergebenheit und Hoch-
achtung,
Hoch- und Werth geschätzter Herr und Freünd,1)
Halle, den 6. April.
1743.
P.S. Von der Satyre auf Gottsched , ausser dem Helden-
gedichte, wovon ich ebenso urtheile wie Sie, habe ich bißher
noch nichts gesehen. Es ist mir aber Hofnung zum Vorspiel
gemacht worden. Seyn Sie so gütig , und vermelden dem
Herrn Naumann mein ergebenstes Compliinent; ich bin nicht
so glücklich geweßen, einen Brief von ihm zu erhalten. Werden
denn die Berlinischen Sammlungen noch fortgesetzt? Können
Sie mir keine Nachricht geben, von denen ehemals in Ham-
burg herausgekommenen Meisterstücken pp Wann ich doch
so glücklich seyn könnte, dieselben zu bekommen.
A propos, was haben Sie denn für Frauenzimmer zu
amanuensibus, die Ihnen Ihre Sache abschreiben ? Das Stück
des Herrn Lanipreeht schien mir von einer Frauenzimmer Hand
abgeschrieben zu seyn !
Addressiren Sie ihren Brief an mich an HE. Stadelmann,
gleichfalls im Nösseltischen Hauße.
NB Sollte alle Hofnung verschwinden, Sie in Berlin zu
sehen; so werde ich Ihnen Ihren Anacreon, wie ihn mir Götze
hinterlassen hat, auf der Post überschicken.
1) Die Unterschrift ist weggeschnitten.
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11. Gleim an Uz.
Hoch- und Werthgeschätzter Herr und Freund p.
Sie haben ihren Brief Über Berlin geschickt, und folglich
hab ich ihn 2 Tage später erhalten, als sie ausgerechnet haben.
Ich hätte ihn nemlich nach ihrer Rechnung den Dienstag er-
halten sollen und ich erhalte ihn den Donnerstag. Hätte ich
ihr Schreiben zu der bestirnten Zeit erhalten so würde ich
gestern die Reise nach meinem werthesten Freunde angetreten
haben, an statt dali ich noch heute Abend nach Berlin gehen
werde. Ich versichere Ihnen dieses , und sie können glau-
ben , daß den Trieb den ich dazu hatte , wenn ich zur
rechten Zeit ihre Gegenwart in Halle durch Dero Zeilen er-
fahren hätte, nichts davon würde haben zurück halten können.
Dieser Brief wird geschrieben , da sie ihn schon werden
lesen wollen. Ich werde Ihnen nicht weitläuftig genug
schreiben können weil mir die Zeit dazu fehlt. Ich wolte
daß Sie von denen die die Durchlesung ihres Schreibens mit
angesehen haben, Zeugniße haben konten, so würde Sie jeg-
liches von der Freude überzeugen, welche ich in Minen und
Geberdeu mercken ließe, weil ich mir die sichere Hofnung
machte, entweder von ihrer baldigen Ankunft in Potsdam,
oder doch von der Einwilligung in meinen Vorschlag verge-
wißert zu werden. Aber o! Himmel, Sie laßen mich mitten
unter dieser freudigen Hofnung, ein Schreiben lesen, das sie
fast ganz und gar zu nicht gemacht hat. Ich wende indeßen
alle Mühe an, nicht einmahl alles zu mercken, was mir in
ihrem Schreiben Betrübniß veruhrsachet. Die Worte, in wel-
chen Sie mir versichern nach Potsdam zu kommen , sind so
sehr auf Schrauben gesetzt, als es möglich ist. Aber ich will es
nicht mercken. Glauben Sie nur, daß ich mir demohngeachtet
die stärckste Hofnung mache, sie bald zu umarmen; Denn ich
kan ihnen versichern, daß ich niemals so kräftig gebetet habe,
als vor einer Vierthel Stunde, und die künftige Gebete, durch
welche ich Dero Ankunft, und das Vergnügen, sie zu küßen,
zu erbitten gedencke sollen noch kräftiger seyn. Ich kan
mir nicht einbilden, daß sie unerhöret bleiben solten , denn
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mit welchem recht könte ich den Himmel nicht unerbittlich
nennen? Ich würde Ursach haben auf ihn zu schelten. Wenn
er weiß wie heftig ich hierin sey *), und wie grob, so wird er
gewiß meinen Zorn zu keinen Schimpfworten oder Satiren
reitzen. Bedencken Sie sich wohl, werthester Freund, was Sie
thun. Sie würden mich unendlich beleidigen, wenn sie 16
Meilen gegen 60 nicht in Betrachtung ziehen, und die Schwürig-
keit sich nicht vorstellen wolten, wenn wir bey einer solchen
Entfernung ein mahl gedoppelt und drey fache Lust und Ver-
langen bekämen uns zu sehen. Wenn ich mehr Zeit hätte,
ich wolte Ihnen BewegungsGründe 100 an der Zahl vorlegen,
doch es werden Ihnen viele beyfallen, wenn Sie sich die Liebe
die Freundschaft und die Treue, und was mit diesen verbunden
ist, lebhaft vorstellen wolten. Wüsten Sie Überdem, wie viel
schöne Sachen ich Ihnen zu erzählen hätte, sie ließen sich
weder durch mütterliche noch väterliche Vorstellungen zurücke
halten, zumahl wenn sie dieselben ungeschadet der kindlichen
Pflicht in den Wind schlagen können. Ich habe gestern ein
Stück von der Hagedornschen Muse erhalten, welches ich Ihnen
gern mittheilte, wenn ich Zeit zum Abschreiben hätte. Doch
wenn Sie Lust haben diesis und noch mehrere geschriebene
Stücke zu lesen, so müßen Sie nach Potsdam kommen, wo sie
Ihnen alle zu Dienste stehen sollen. Sie werden ein ganzes Vor-
spiel zu lesen bekommen von HE. Dreyer, und mehrere schöne
Paritäten schön Spielwerck von HE. Anacreons Erfindungen.
Apropos was macht der ihrige? Ich weiß gewiß, daß er nun
schon völlig deutsch gelernet hat ; ich beschwere sie nicht bey
der Mariane Hallers, sondern bey seiner jetzigen Teichmeierim
daß sie ihn mitbringen, daß er uns bey einem Glas Wein bis-
weilen was vorsingen kau. Die ehemals in Hamburg *) her-
ausgegebene Meisterstücke p welche sie gern haben wollen,
besize ich selbst, ich wollte sie ihnen mitschicken, wo ich sie
nicht verliehen hätte. Ich muthmaße aber daß sie sich eine
beßere Vorstellung davon machen als nöthig ist. Die ineisten
Stücke sind aus dem d'Argens. Ks ist nur ein poetisches
Stück darunter welches aber nachdem viel [vermehrter ge-
1) Zueist: Irin. 2) Zuerst: Berlin.
-42
druckt ist, und das Landleben beißt. Daß HE. Lamprecht
der Uebersetzer ist, werde ich ihnen wohl nicht saßen dürfen.
Eben derselbe hat jetzo eine Uebersetzung aus dem Englischen
vor (das Leben des Cicero) ich glaube aber nicht daß er da-
mit zu Stande kommen wird. In Berlin ist vorige Woche
eine Comedie aufgeführt worden welche den HE. von Bile-
feld der den Montesquiou übersetzt hat, zum Verfaßer hat,
und die Beschwerlichkeiten des Hoflebens betitult ist, welches
vielen Beyfall absonderlich bey llofleuten erhalten hat, denen
die geheimen Umstände bekanter sind als mir. Denn ich
habe sie im Mauuscript gelesen, aber ich habe ihr den Bey-
fall nicht gegeben, den ich ihr vielleicht gegeben hätte wenn
ich selbst mit in die Geschichte verwickelt wäre, oder wenn
ich Sie hätte aufführen sehen. Ich habe mich über die Kürtze
der Zeit beklaget , aber die Neigung zu meinem werthesten
Freunde hat dennoch meinen Brief lang gemacht. Laßen sie
keinen Posttag vorbeystreichen, wenn Sie mich nicht betrüben
wollen. Denn so lange sie noch in Halle sind, und ehe Sie
nach Potsdam abgehen , möchte ich nicht gern einen Posttag
ohne Hönning seyn , außer an dem da ich selbst einen Brief
abschicke. Wenn sie mir noch einen wehrten Freund mit-
bringen werden, so wird meine Freude gedoppelt werden, ab-
sonderlich da es HE. Stadelmann seyn soll, der ein so guter
Freund von Ihnen ist, und den ich unter Ihren Freunden am
besten zu kennen die Ehre gehabt habe. Es ergehet an den-
selben wie auch an HErm Luther und HErrn Schnellen
mein ergebenstes Compliment. Ich muß kürtzer schließen als
ich willens bin. Ich sage Ihnen nur noch, kommen Sie nicht,
so vermiße ich eines meiner schönsten Glücks, und einer
meiner besten Wünsche wird nicht erfüllet. Ueberlegen sie
doch dieses, und preßen mir keine Zähren aus, denn ich weine
gar nicht gerne. Kommen Sie und erfreuen
Hoch und Werthgeschätzter HErr und Freund p
Ihren
Potsdam ergebensten Freund und Diener
d* n 1 IUI* April der sie mit Schmertzen erwartet
1743 Gleim
Ich bin künftigen Dienstag schon wieder hier.
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13
12. Uz an Gleim.
Hoch- und Werth geschätzter Herr und Freund,
Ich ergreife dißinul die Feder in höchster Hetrübniß ; in-
dem ich von Ihnen Abschied nehmen, und die Hofnung ver-
hissen muß, Sie in Potsdam zu umarmen. Ich habe gemeßenen
Befehl erhalten, nicht länger in der Irre herumzuschwärmen ;
und ein strenger Abgesandter weichet mir nicht von der Seite,
biß ich mich morgen auf die Post setzen werde. Ich werde
Sie also itzo, wie ich so sehnlich gewüuschet, nicht sprechen.
Der Verdruß über dieses Fehlschlagen meiner Hofnung würde
noch weit größer bey mir seyn, wenn eine Folge von Un-
glücksfällen mich nicht in etwas gesetzt und halb unempfind-
lich gemacht hätte: Ich dürfte nur noch länger verschoben
haben, in meine Heimreise zu willigen ; wenn ich so elend
hätte seyn wollen, als Günther. Allein der Himmel hat mich
ZU gutem Glücke gelenket. Ich bin nun im Begriff, dahin ab-
zureisen, wo meine Mutter und meine guten Freünde mit
Schmerzen auf mich warten. Kann ich daselbst nicht mit so
vielem Vergnügen leben, als ich in Potsdam, in Gesellschaft
eines geistreichen und geliebten Freündes, hätte seyn können:
so muß ich die Verbesserung meiner äusserlichen Glücksum-
stände zu jenes Verlustes Ersetzung annehmen. Ich habe in-
zwischen starke Versprechungen, daß ich nicht lange in Ans-
pach bleiben, sondern nächstens nach Frankfurth am Mäyn
abgehen sollte. Vielleicht wird sich allda das Glück williger
bezeigen, mich noch dereinst mit Ihnen zu vereinigen; als
nach welchem Vergnügen ich nicht aufhören werde zu streben,
solang ich lebe. Sie sehen, Werthester Freünd, daß ich immer
mit Ihnen rede, als wenn ich von der Beständigkeit Ihrer
Freündschaft gantz gewiß versichert wäre; da doch mein
langes Stillschweigen dieselbe vielleicht geschwächet oder wohl
gar aufgehoben hat. Allein ich vertraue viel zu sehr auf ihr
Herz, als daß Sie mich haßen könnten: die verdrüßlichen Um-
stände, worinn ich in Leipzig war, hatten mich gantz wild
gemacht, ich war kein Mensch mehr. Was hätte Ihnen ein
Mensch, der für Verdruß und Ungedult nicht bey sich selbst
44
war, und keinen Menschen sah als aus dem Fenster, ange-
nehmes schreiben können ? Laßen Sie uns unsern Briefwechsel
nicht aufheben : es wird in Anspach mein angenehmster Zeit-
vertreib seyn, wenn ich eine Zeile von Ihnen werde zu lesen
bekommen. Sind wir ziemlich entfernt, und können einander
nicht so ofte schreiben: so wollen wir uns desto längere Briefe
zu lesen geben. Schreiben Sie doch ohne Ordnung und Kunst,
und nach Bequemlichkeit alle Tage etwas nieder, was im
Keiche der helles lettres, und was insonderheit im Sitz der
Musen, dem Prächtigeu Berlin, vorgeht: senden Sie mir manch-
mal neüe Pieren, oder Ihre Urtheile davon. Vielleicht bin ich
[im] Stande, sonderlich wenn ich nach Frankfurth kommen
werde, Ihre Gütigkeiten mit gleichem Maase zu vergelten. In-
sonderheit haben Sie die Liebe für mich, und senden mir fein
fleissig Ihre eigenen schönen Gedichte, und die Ausarbeitungen
Ihrer berühmten Freünde, und wann Sie was neties vom HE.
von Hagedorn bekommen. Sie wissen, daß ich im Reich wie in
einer Wildniß lebe, wo man von dergleichen wenig oder doch
sehr späthe was erhält. Wie wird mein Geschmack fein wer-
den können, wenn Sie meiner Bitte nicht Raum geben? Bitten
Sie doch ihre schöne amanuensem, manchmal etwas zärtliches
für mich abzuschreiben: ich erbiete mich, wenn es ihr gefällig
ist, sobald ich nach Potsdam kommen werde, ihr für jedwedes
abgeschriebenes Wort, ein vom Rheinwein angefeüertes Mäul-
chen zu bezahlen. A propos vom Rheinwein ! ich stelle mir
bereits im Geiste vor, wie munter mein Pegasus traben wird,
wenn er, anstatt des sächsischen, guten Reichswein zu trinken
bekommen wird; insonderheit da er an HE. Professor Christ
jemanden finden wird, der ihn anspornt und seine Kunst be-
urtheilen kann. Die beyden Oden, die ich Ihnen überschicke,
mußten nothwendig kalt gerathen, weil ich sie beym Breyhan
geschrieben habe. Ich habe noch verschiedene Stücke von
dieser Art gemacht: weil ich sie aber nicht werth achte, von
einem solchen feinen Kenner gelesen zu werden, so mag es
an den zweyen genug seyn. Machen Sie, wo es Ihnen beliebt,
eine Critique darüber. Vor allem aber bleiben Sie ja, auch
in der weiten Entfernung, mein Freünd : ich bitte etwas gros-
ses; aber auch etwas, ohne welchem mein Aufenthalt in Ans-
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pach sehr mißvergnügt seyn würde. Macben Sie Herrn Nau-
mann mein gehorsamstes compliment; und überhaupt grüssen
Sie meinentwegen alle Musen und Giatzien in Berlin und Pots-
dam, und versichern sie, daß ich ein beständiger Verehrer von
ihnen bleiben werde. Leben Sie wohl und vergnügt: machen
Sie doch, daß ich aus Ihrer addresse einmal das simple Can-
didat en Droit weglassen und seine Stelle mit einem grossen
Titel ausfüllen kau. Ich verharre mit alier Ergebenheit,
Hoch- und W orthgeschätzter Herr und Freund,
Leipzig, den 21. August. Dero gehorsamster Diener
1743. Johann Peter Utz.
P.S. Meine adresse ist: ä Anspac, bey HE. Goldarbeiter
Reisenleiter abzugeben. Ich habe von Ihnen zwey Briefe de
dato 7. Mäv erhalten: ich weiß nicht, ob sie mehrere an mich
geschrieben haben. Vom HB. Roes hab ich nichts erhalten.
Die Critik HE. Dreyers über die Belustigungen möcht ich
wohl lesen. HE. Naumanns Probe gefällt mir.
Halten Sie ihren Anacreon nicht für verlohren : er soll
ihnen nächstens durch HE. Zinn geschickt werden. Hat er
Sie nicht gesprochen?
13. Uz an Gleim.
Hoch- und Werthgeschätzter Herr und Freünd p
Wenn unser Briefwechsel mir nicht mehr Vergnügen
brächte, als er Ihnen bringt; so würde ich mir eben so wenige
Mühe, wie Sie, geben, denselben wieder in den Gang zu bringen,
nachdem er eine ziemlich lange Zeit unterbrochen worden. Ich
will aber alles mögliche thun, wieder Briefe von Ihnen zu be-
kommen, weil ich ohne dieselben nicht angenehm leben kann.
Ich habe daher meine Muse angesprochen, daß sie eine Für-
bitte bey Ihnen einlegen soll. Allein das leichtfertige Aaß
entschuldigt sich damit, daß sie eine Zeither so viele Verse
auf meine Mädgens zu machen hätte, daß sie unmöglich auch
noch der Mannspersonen wegen ihre Stimme heischer singen
könne: ich sollte nur die Liedergen beylegen, die Biegemacht
hätte, so würden Sie mich schon entschuldigen, wann ich gleich
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keine gereimte Abbitte thäte. Was soll ich machen? Ich
muß doch wohl thun, was sie mir anräth, weil sie nicht -thun
will, was ich von ihr verlange; und ich werde daher etwas
von meiner poetischen Arbeit mitsenden- zu einem obgleich ge-
ringen Geschenke, wie man sonst die Götter zu versöhnen pflegt,
wenn sie erzürnt sind, und uns ihre Wohlthaten vorenthalten !
Ich habe freylich durch mein halbjähriges Stillschweigen
verdienet, daß Sie nunmehr gleichfalls auf mein Schreiben aus
Leipzig die Antwort ein ganz halb Jahr verzögern sollten, wo
Sie anders nicht gar verschworen haben , mehr an mich zu
schreiben. Doch thun Sies immer nicht, mein werthester
Freünd: wenn Sie den verwirrten Zustand genau wüsten, wo-
rinn ich während meines Aufenthalts in Leipzig geweßen ; so
würden Sie es für nicht so strafenswürdig halten, daß ich auf
Ihre 2. Briefe vom Mäy nicht eher als erst im August, wo
ich mich nicht irre, geantwortet habe. —
Ich habe Ihnen die eingeschlossnen Oden auch in dieser
Absicht mit übersandt, daß Sie mir dieselben, nebst denen
zweyen, die ich in meinem letztem Schreiben beygefügt habe;
scharf, umständlich und aufrichtig beurtheilen sollen. Ich
mache mich anheischig, dieses, nach meinem Vermögen, auch
bey Ihrer Muse zu beobachten, wofern änderst daran ein Flecken
wird gefunden werden können. Wir haben das große Exempel
des Herrn von Hagedorn vor uns, und sollten billig alle Wege
nehmen, wodurch er zu der Vollkommenheit gelanget ist, die
wir an ihm bewundern. Ich weiß wohl, daß Sie, mein Werthe-
ster, eines solchen kleinen critici, als ich hin, nicht benöthigt
sind, da Sie weit größere und sinnreichere Leiite um sich ha-
ben, unter deren Feile Sie Ihre, an sich schönen Gedichte
geben können. Ich aber brauche Sie, dessen guter Geschmack
durch den Unigang mit den Berlinischen Beaux Esprits so
fein als möglich geworden ; insonderheit in der neuen Art der
Gedichte, wo rinn ich angefangen habe mich zu üben. Ich
singe von Liebe und Mädgen, da ich doch von dem einen so
wenig Wissenschaft habe, als von dem andern. Sie aber gehen
mit Mädgen und galanten Kunstrichtern um, und können daher
)) Corrigirt aus: anderthalbjähriges.
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von solchen Sachen besser urtheilen, als ich oder auch als die
sonst guten Kenner, die hier in Anspach seyn mögen, die aber
zu ernsthaft sind, als daß ich ihnen mit einem, manchmal freyen
Scherz aufgezogen kommen dürfte. Alle Verbesserungen
oder Critiquen nun, sie mögen nun von Ihnen oder von Ihren
schönen und galanten Freünden herrühren, schreiben Sie zu-
sammen auf ein Blat Papier, und übersenden rairs ; so will ich
meine Stücke darnach verbessern, und Ihnen eine verbesserte
edition derselben übersenden. Sie können mich von der Auf-
richtigkeit Ihrer schätzbarn Freundschaft nicht angenehmer
überführen, als wann Sie in diese meine ergebenste Bitte zu
willigen sich gefallen laßen möchten.
Sie werden in dem Junius der Leipziger Belustigungen
ein Stück wahrgenommen haben, das den Tittul des Lobge-
sangs des Frühlings führt. Es hat dasselbe, leider ! mich zum
Verfasser, welches ich schon 1742 nach Leipzig gesandt habe,
in der Absicht, einige Urtheile über das darinn gebrauchte
Sylbenmaaß zu vernehmen. Denn ich habe einen Versuch thun
wollen , wie eine Vermischung von Jamben und NB reinen
Dacktylen klingen möchte. Nehmlich ich halte davor, daß
die Dactyli, so eingerichtet als sie in unsern dactylischen Versen
ingemein sind, sich unmöglich genug unterscheiden können,
wann sie mit Jamben oder Spondäen vermischt werden; und
daß sie sich nothwendig nach den Hegeln der lateinischen Dac-
tylen richten mfißen, wofern sie in der Vermischung eben so
leichtfließend seyn sollen, als jene. Daher eine Sylbe, welche
nach der lateinischen Prosodie positione longa ist, wenn nehm-
lich zween Mitlauter auf einen Selbstlauter, in einer Sylbe,
folgen; nicht von mir, auch im Deutschen, kurz, sondern meistens
lang gebraucht worden ist. Und ich habe bemerkt, daß dieses zum
Wohlklang eines solchen vermischten Sylbenniaases ungemein
viel beyträgt. Die Vermischung, die ich gebraucht habe, ist
von mir selbst ausgedacht worden, weil von den lateinischen
metris im Deütschen mir keines recht klingen wollte. Es
besteht dieselbe aus 2 Jamben, einem Anapästen, (wenn man
genau reden will); abermals 2 Jamben und einer überbleiben-
den kurzen Sylbe: der zweyte Verß ist zusammengesetzt aus
2 Jamben und 2 Anapästen. Mau müßte freylich noch vieles
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vorher ausmachen, und, neben der lateinischen Prosodie, auch
vornehmlich dengenie der deutschen Sprache vor Augen ha-
ben; wofern man eine dem Gehör angenehme Vermischung
in ein deutsches Sy Ibenmaß bringen wollte. Vor allen Dingen
aber müßte ausgemacht werden , ob es sichs auch der Mühe
verlohnte, diese Vermischung gänge und gab zu machen. Ich
bitte Sie, mein Werthester, mir Ihr Urtheil hievon zu sagen.
Dieser obenbemeldte Lobgesang des Frühling nun ist schon
im September des 1742 sten Jahrs in Leipzig geweßen, dessen
Einrückung aber biß in den Juuius des folgenden Jahres ver-
schoben worden. Ich dachte demnach, daß die Herren Leip-
ziger, nach ihrem zärtlichen Geschmacke, ihrer Blätter dißes
schlechte Stück nicht würdig achteten : welches mir denn, die
Wahrheit zu sagen , einigermassen lieb war. Ich sähe gar
bald die große Schwäche beyder Gedichte ein. Ich fieng da-
her an, das erste wieder vorzunehmen; und daraus ist die
Ode erwachsen, die ich mir die Freyheit genommen, meinem
besten Freünde zu dediciren, und welche füglich für ein ganz
neties Stück passiren kann; aber auch in dieser Gestalt, Ihrer
und andrer Kenner Verbesserungen höchstbedürftig wäre, wenn
alles mein Bitten mir diese Gewogenheit noch hätte ') erhal-
ten können. Was das Lob des Frühlings selbst anbelangt, so
hab ich es, während meines Aufenthalts in Leipzig, wo ich
Muße hatte, gleichfalls von neüem vorgenommen, indem ich
die Belustigungen, als der ich nur pro hospite da war, nicht
mithielt, und daher nicht wüste, das es bereits das Glück
oder Unglück gehabt hätte , gedruckt zu werden. Ich trage
aber Bedenken , die verbesserte Edition dieses Stückes bey-
zufügen ; statt dessen aber bekommen sie ein ander Lied auf
den Frühling, worinn einige Gedanken des erstem von mir
gereimt worden sind2). — — —
Doch, ich komme wieder auf meine Verse, und bitte Sie,
nicht verdrüßlich zu werden, daß ich soviel von solchem Un-
rath mitschicke: es geschieht, um Sie aufzumuntern, von ihren
bessern Liedergen eine gleiche oder noch grössere Anzahl
mir gütigst zu übersenden.
1) Handschrift: hätten. 2) Handschrift: ist.
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Ich erinnere mich auch, daß Sie mir versprochen haben,
verschiedene Stücke des Herrn von Hagedorn, die Sie im ma-
nuscript besitzen, unter andern auch eine Satyre auf Gott-
• Scheden , wornach ich sehr begierig bin , zu schicken. Laßen
Sie sich doch, einem Freünde zu lieb, der wie in einer Wüste
lebt, die Mühe nicht dauern, Ihr Versprechen zu erfüllen, und
mir manchmal neue artige Piecen oder doch Nachrichten da-
von, wenn sie allzuweitläuftig sind, zu schicken.
Ich wollte wünschen, daß ich Ihnen mit einigen Nettig-
keiten dienen könnte: ich weiß aber nichts dergleichen. Ich
habe einige Galanterien des Herrn Voltäre gesehen, die ich
Ihnen auch hiemit übersende. Vermuthlich haben Sie dieselben
schon, vielleicht aber auch nicht, sonderheitlich die Antwort
der Käyserlichen Prinzessin, welche gewiß diese vornehme
Schöne zur Verfasserin hat. Des Herrn Voltäre Verse sind
überaus sinnreich und fein, meines wenigen Erachtens.
Wir haben hier in Anspach das Glück gehabt, lhro Maje-
stät hier zu sehen ; aber HE. Voltäre ist mit einem der Prinzen
in Bäyreüth zurückgeblieben. Wie gehts dann mit dem Opern-
wesen? Diese Opern werden doch hoffentlich besser seyn, als
sie insgemein zu seyn pflegen? Wie ist der Cato von Utica
beschaffen, der schon etlichemal mit so großem Beyfall auf-
geführt worden ist? 0 was wollt ich darum geben, wenn ich
einige der Graunischen Opern-arien habhaft werden könnte,
Wer macht den Italiänischen Text ? Noch immer der Sprach -
meister, von welchem Sie mir einmal geschrieben haben, daß
er Anmerkungen über Anacreons Ode vom Bathyll aufgesetzt?
Ich wünschte, sie zu lesen ; und wollte alsdann die angefan-
gene Uebersetzung dieses Liedgens, welches viele Schwtihrig-
keiten hat, vollenden : so bekämen Sie auch Anacreons Kna-
ben ') zu sehen, nachdem ich Ihnen schon seines Mädgens
Portrait überschickt habe.
Ich habe in den Zeitungen gelesen, daß die Academie der
Wissenschaften auf einen bessern Fuß von dem König gesetzt
worden : wann es Ihnen gefällt , so schreiben Sie mir doch,
worin n diese Verbesserung bestehe.
1) Ueber gestrichenem . Madgen.
G 1 e t m - U i, Briefwechsel 4
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Ich habe eine Piece gelesen, welche den Titul hat: Die
Geistlichen auf dein Lande, und einen, nabinens Crüger zum
Verfasser hat, der ehemals studirte und nun ein Comödiant
seyn soll. Es hat mir dieses Stfickgen wegen der lebhaften •
Caracktere und des feinen Scherzes überaus wohl gefallen, und
scheint mir in dem Geschmack der Pietistin im Fischbeinrock
geschrieben zu seyn. Ist die Schönemannische Bande noch
daselbst, und hat Beyfall? Ich hab in Leipzig die Netiberischen
vielmals spielen sehen, deren Bande in vielen Theilen dieser
Kunst vortreflich ist ; in einigen Stucken aber eine Verbesser-
ung bedürfte. Es wurde die Netiberin demnach in dem, ver-
gangene Ostennesse herausgekommenen Theile der Beyträg«»
getadelt, und insonderheit daß sie die Wahrscheinlichkeit in
der action, Kleidung p nebst den Ihrigen, vielmals beleidige,
nahmentlich durch ihre Pariser Kleidermoden, weisse Hand-
schuhe, grolie Staatsperücken und Federbüsche p Etwan vier-
zehn Tage drauf, nachdem das Hauptspiel aus war, kam ge-
wöhnlicher massen ein Comödiant auf die Bühne, um das
Stücke, welches den folgenden Tag sollte aufgeführt werden,
anzuktinden ; und dieser that es folgendermassen : Morgen sollte
ein Stück aufgeführt werden, das nach den schärfsten Regeln
der Wahrscheinlichkeit, so wie sie von den größten Kunstrichtern
unsrer Zeit etabliert worden, eingerichtet wäre, und das sollte
aus den Cato genommen werden. Ein erschröcklich Gelächter,
welches von allen Seiten entstund, hinderte ihn, weiter zu reden.
Den folgenden Tag war der Schauplatz gedrängt voll ; und da
wurd erstlich das Vorspiel aufgeführt, dessen in der Satyre die-
ses Namens gedacht wird, aber eben nichts enthält, was nicht
alle Tadler sowohl angienge als Gottscheden. Darauf wurde
der dritte actus des Cato vorgestellt: alle Personen hatten
ihres Landes Kleidungen ; die Römer und Römerinnen er-
schienen in bloßen Fülien : welches alles nicht lächerlich war
oder schien , als weil man dessen nicht gewohnt ist. Der
gröüte Kunstgriff aber, den sie gebrauchten, Gottschedens Tra-
gödie lächerlich zu machen, war diese: sie sagten alle Verse
mit einem falschen und burlesqueniäbigen Tone, als wann die
Helden lauter Harlekine wären: sie merkten aber nicht, daÜ
alles Lächerliche, welches hiedurch in das Stück kam, nicht
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Gottscheden, sondern ihnen zukam. Daher auch diese Satyre
bey wenigen Beyfall erhielt, und es wenig fehlte, daü an statt
Gottachedens, nicht sie selber ausgeklatscht worden wären.
Ich verharre mit aller Hochachtung,
Hoch-. und Werthgeschätzter Herr und Freund,
Anspach. Dero gehorsamster Diener
Den 17. Febr. 1744. J. P. Uz.
14. Gleim an Uz.1)
An Herrn Uz.
Hier bist du im Thale, hier singe, o Muse
Hier hör' ich die schüchternen Thöne allein.
Hier singe, und wenn dir die Thöne gerathen
So wage voll Kühnheit ein Lied, wie dein Freund!
o Er sang und die Thöne erschalten so helle!
Entschlafene Wälder erwachten davon
Den Lustwald in welchen ich traurig spatzierte
Ergötzte sein Loblied des Frühlings, wie mich.
Die Erde, die Mutter der Frucht und der Blumen
10 Erkennet den würdigsten Dichter in ihm.
Sie wird ihm die Schläfe mit Rosen umcräntzen
Wozu sie schon Floren die Hände gesalbt.
Ich seh ihn, die Göttin verfolgt ihn im Singen
Sie wincket der Nymphen ermuntertes Chor;
15 Sie reichen ihr Rosen und tanzen zurücke,
Und holen zum Cranze des Dichter« noch mehr.
Bald wird sie der muthige Jüngling erblicken
Ihr plötzliches Jauchzen bestätigt sein Lob.
0! Jüngling du hörst nicht das Jauchzen der Nymphen?
•ju Er hört es, und lächelt, und endigt sein Lied.
Die Nymfen entweichen in niedres Gesträuche
Und strecken begierig die Hälse hervor
Und hören die griechische Flöte des Dichters
Den Griechen gelehret, der Griechen beschämt.
2ö 0! Eönt ich ihn öfters am Ufer belauschen!
Wo er und die Liebe Dorinden besingt
1) Sept. 1743; erst mit nr. 15 abgeschickt V. 2 Zuerst: höre die.
4 „voll Kühnheit- über „hernachmahls" geschrieben. 21 Zuerst: finstres.
A *
v
V y Google
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Die lauschenden Nymphen beneiden die Schöne
Und wünschen sich selber Dorindens zu seyn.
Ks klang zwar die Flöte des Pindars recht prächtig
:X) So oft sie die Spiele der Helden besang.
Doch hätt er Dorinden im Früling besungen
So bracht ihn noch heute mein Freund um sein Lob.
0 Muse! welch Jauchzen! Dort lacht sie die Freude!
Im Thale lacht Echo sie tausendmahl nach
:15 Sie lachet noch einmahl vom Gipfel der Höhen,
Sie jauchzet es hüpfen die Thaler vor Lust
Hier komt sie, die Schöne, es führt sie der Frühling
Sie steigen vom Berge zum Hirten ins Thal
Es sieht sie der Hirte, es sieht sie die Heerde
40 Sie hüpfet vor Wollust zum Hirten im Klee.
O Freude, du würdige Tochter des Himmels
Wie billig gefallt dir der blühende Lenz
Er scherzet, umarmet und küßet die Schöne
Es aehns nur die Schäfer, die Wälder, und ich.
45 Es sehns auch die Nymfen im Kohre am Ufer,
Sie wünschen sich selber den feurigen Kuß.
Geht, furchtsame Mädgens, er wird sichs nicht weigern,
Und seine Vertraute vernietete ihm nicht.
Wie geitzen die Lippen, wie rauschen die Küße
50 Wie hurtig vertheilt sie der kräftige Mund.
0 dürft ich ihn helfen! Wie wolt ich — — o Muse
Es küßt nicht der Früling, es küßt nur mein Freund!
Mercken sie wohl daß ich aufgehöret habe zu singen, weil
ich nicht mehr fortgekont habe; denn sonst hätte ich ihnen
noch gern meine Begierde sie zu küßen vorsingen wollen ! Ich
schreibe alles, wie es mir in die Feder komt. Wollen sie es
doch so haben! Es ist eine Comedie gedruckt : Die Geistlichen
auf dem Lande. Den Augenblick erhalt ich Nafch]richt daß
sie von einem meiner Bekanten nahmens Krüger gemacht ist
Sie soll in Berlin aufsehen machen. Ich habe sie noch nicht
gesehen. Die Schönemannische Schaubühue hat überhaupt
bisher mehrentheils neue und gute Stücke aufgeführt. HE.
Bielefeld aus Hamburg der an Hofe eine Bedienung hat und
31 Zuerat: sie. 50 Zuerst: Zärtliche Lenz.
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geadelt worden, hat die Beschwerlichkeiten des Hofes gemacht
welche viel Beyfall erhalten. (Es ist eben der, welcher letz-
tens den Montesquiou de la grandeur des Romains übersetzt
hat.) HE. Dreyer hat ein Stück : Der Freyniäurer gemacht,
vor welches er zum Gratial selbst in die Zahl dieser Gesell-
schaft aufgenommen ist. HE. Naumann hat unterschiedene
Uebersetzungen gemacht, wovon letztens der Schmeichler auf-
geführt ist. Ich bin bisher wieder meinen Willen abgehalten
worden, herüber zu reisen, und weil mir Schönemann Hofnung
machte, daß er selbst nach Potsdam kommen würde, so habe
mein Verlangen neue Stücke zu sehen bis dahin aufgeschoben.
Der blöde Schäfer, welchen ich ihnen nach Halle überschicken
wolte, hat vorige Woche 3 mahl müßen wiederholet werden,
woraus ich urtheile, daß die Acteurs daß ihrige thun müßen.
HE. Dreyer ist auf der Meße in Leipzig gewesen. Ich habe
ihn bey seiner Durchreise hier nur Va Stuude gesprochen, in-
deßen hat er mir viel erzählet, noch mehr aber zu erzählen
aufschieben müßen. Er hat sich 3 mahl bey HE. Gottsched
melden laßen aber sowohl von ihm als von HE. Schwaben
abschlägige Antwort bekommen. Er hat daher sich nicht
entbrechen können einen Leberreim zurückzulaßen. Welcher
aber zu grob gerathen ist, als daß sie ihn bey einer Gelegen-
heit in Gesellschaft brauchen könten: Doch ich will ihn
hersetzen :
Die Leber ist vom Hecht, und nicht von einem Schimmel
Victoria ist dumm und Gottsched ist ein L —
Ich weiß schon daß ihre Meinung von dem Streite zwischen
Gottsched und den Schweitzern mit der meinigen übereinkomt.
Sie machen sich beyde bey den Vernünftigen lächerlich. Ich
bin es schon überdrüßig alle die Poßen zu lesen, zu welchen
dieser Federkrieg Anlaß gegeben. Die Partheylichkeiten sind
handgreiflich. Haben sie des HE. v. Liscovs Vorrede gelesen
zu Heineckens Longin? Er hat in derselben, da er aus den
Belustigungen schlechte Stücke anführen will, die Einbildungs-
kraft von HE Rudnick, oben angesetzt. Was würde geschehen
seyn, wenn er wüste daß dieses eine Satyre auf Gottsched
sey? HE. Naumann hat es an Liscov schreiben wollen, ich
weiß nicht, ob es geschehen ist. In Berlin ist gleichfalls eine
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Schrift wieder Gottsched herausgekommen. Ich vermuthe, der
Verfaßer davon werde Pyra seyn. Vielleicht betrüge ich mich.
Ich habe sie noch nicht gelesen. Wenn ihnen in Zukunft mit
dergleichen Nachrichten gedienet ist, werde ich mehrere zu er-
fahren suchen, damit ich mehr mittheilen kan. Die neue
Schrift der Schweitzer von der theatralischen Dichtkunst der
Neuberin zugeschrieben, soll hie und da sehr stachlicht seyn.
HE. v. Hagedorn hat ein Gedicht auf 2 Bogen drucken laßen
welches er mir zugeschickt. Es heißt die Glückseligkeit. Ich
wolte es mitschicken , wenn ich es mehr als einmahl hätte.
Wenn sie es dort nicht haben können so will ich es künftig
mittheilen, wenn sie befehlen. Der Gelehrte, welchen sie in
den Hamburg.fischen] Zeitungen werden gelesen haben ist
gleich fals von ihm. Sie werden leicht genierckt haben , daß
es ein Portrait von HE. Pr. Gottsched seyn soll. Dieser arme
Mann wird von Niemand mehr verschont. Sein Credit soll
auch in Leipzig sehr gefallen seyn. Haben sie keine Bekant-
schaft mit ihm gehabt, als sie in Leipzig gewesen sind ? Ver-
mutlich kennen1) sie die vornehmsten Verfaßer der Belusti-
gungen. Geben sie mir doch eine kurtze Nachricht davon,
Ich möchte ohnedem gern etwas mehr von ihrem Lebenslaufe
in Leipzig wißen. Es ist letztens in Berlin ein junger Poet
nahmens Stahl ein Vetter von mir gestorben, auf deßen Tod
HE. Straube ein langes Gedicht gemacht hat. Er hat darin
versprochen fromm zu werden. Er hat sich vielleicht dieser-
halb aus Berlin weggemacht und sich nach Breßlau in seine
Vaterstadt zurück begeben. Ich wolte ihnen gern den Ca-
racter dieses Poeten, bekant machen, aber ich fürchte, er werde
mir nicht gerathen. Die Caractere, welche so selten anzutreffen
sind, sind schwerer, als die gewöhnlichen. Und ich kan die
gewöhnlichen nicht gut treffen. Stellen sie sich einen magern
Körper vor mit einem noch magerern Gesichte, deßen Haare
so weit von den Angenehmen entfernt sind, welches die Locken
an sich haben, wie die wilden Haare der Husaren von dem
ordentlichen Putz der preußischen Grenadiere. 2. Schwarze
Augen, einen Schwartzen Bart, der täglich so stark wächst wie
1) Im original: können.
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- - - - ich habe nicht Farben genug mein Gemälilde zu
stände zu bringen, und ich bin auch zu ungeduldig dazu. Ein
Mensch, der nichts will, was sie wollen, würde ihnen der sehr
angenehm seyn? Es ist ja eine Sainlung vou Schriften
und Gedichten herausgekommen bey Gelegenheit eines Jubel-
festes des HE. Grafen von Mauteufel. Haben sie auch An-
theil daran ? Ihre Ode auf den Früling bringt mich auf diese
Muthmaßung. Haben sie mit den HE. Grafen von Manteufel
Connexion? Ich hatte vor einiger Zeit Gelegenheit ihm bekant
zu werden, aber meine Kranckheit verhinderte mich daran. In
Hamburg komt eine Wochenschrift heraus unter den Titul :
Der Herrenhuther. Der Verfaßer soll Naumann heißen. Ich
habe noch nichts davon gesehen. Ich könte ihnen ein Gedicht
mittheilen auf die Herrenhuther an den HE. Graf v. Ziuzen-
dorf : Hier haben sie 2 Zeilen daraus:
Und könt ein Schu, den lieben Engeln nutzen,
So solt er gar die Schu im Himmel putzen.
Wenn sie einen Freund haben , den sie von dieser Secte ab-
wendig machen wollen, so will ich ihnen das Gedicht über-
schicken.
Ich muß noch mehr schreiben. Letztens habe ich mitten
unter Prinzen an der Seite des Königs einen Poeten gesehen.
Wißen Sie wen? Es war kein Deutscher. Es war Voltaire.
Soll ich ihnen sagen, was er mit dem Hertzog von Holstein
sprach als er die Kirchenparade mit ansähe? Er frug ob bey
Molwitz die Hautboisten keine falsche Thöne angegeben hätten ?
Meinen sie daß dis auch ein geringerer Poet hätte fragen kön-
nen ? Indeßen wurde er bewundert und reich beschenckt reiste
er plötzlich von hier weg, da ich eben im Begrif war ihm
meine Aufwartung zu machen. Sie werden ihn vermuthlich
in Anspach gesehen haben. Er hat ja daselbst ein Gedicht
im Nahmen einer Prinzeßin gemacht. Ich habe es noch nicht
gesehen. Kan ich es von ihnen bekommen? Sie werden in
Anspach Gelegenheit haben, denen Schönen viel Artiges fran-
zösisch vorzusagen. Ich habe dis entweder niemahls gekont,
oder ich habe doch vieles verlernet seitdem ich mehr italiä-
nisch gesprochen habe. In Herlin sind bereits 2 neue Opern
fertig. Die Divertißemens werden aber doch nicht vor dem
56
December angehen. Es ist jetzo nur alle Mitwoche französische
Comedie. Die Acteurs sind nicht die besten. Vorige Woche
sind etliche neue Castraten angekommen, mit welchen aber der
König nicht sonderlich zufrieden ist. Hier ist jetzo alle Abend
Concert, wozu aber auch nicht einmahl ein Prinz ohne Er-
laubniß gelaßen wird. Noch eins: Die neue Academie von
welcher bisher so viel gesprochen ist, ist endlich etablirt, dochf
wie man sagt noch nicht im völligen stände. Francheville,
von dem nachfolgendes Epigramma handelt hat eine Ode drauf
gemacht. Er ist sonst ein starcker Financier und schrieb vor
2 Jahren den Espion turc, der in Franckfurth confiscirt wurde.
0 ciel! quelle foule d' An teure
Hier haben sie noch eine Ueberechrift: Sur TAntimachiavel
publik par Voltaire.
Des auteurs aßez meprisables — — —
NB.1) Das Gedicht an Sie hat kein Gleim gemacht. Er
wolte es thun aber er befand sich zu schwach, daher ward es
von ihm dem HE. v. Kl.[eist| aufgetragen. Ich bin mit ihru
zufrieden. Wenn er sie so gut gekant hätte, wie ich, so wäre
er noch begieriger nach ihren Küßen gewesen. Sehen sie dis
vor keinen Schertz an, oder befehlen Sie dem HE. v. Kl.[eist]
selbst, Ihnen das Ratzel aufzulösen. Wenn das Paquet nicht
zu groß wird , sollen sie ein philosophisches Gebet von ihm
lesen. Eine Bitte: Machen sie doch ein Dutzend philos. Ge-
beten. Herr von Kleist will gern ein philosoph. Gebetbuch
drucken laßen, und er betet selbst nicht fleißig. Sie mtißen
ihm helfen. Ich werde es auch thun. Es ist dieses der gröste
Ernst von der Welt, und ich werde böse werden, wenn sie
mir keinen Versuch schicken.
15. Gleim an Uz.
Unschätzbarer Freund,
Sie haben mich durch ihr nnvermuthetes Schreiben von
einem Flußfieber befreyet. — Ich bin ihrer Muse un-
endlichen Dauck schuldig, daß Sie ihnen angerathen hat mir
1) Der folgende absatz ist später zugeschrieben.
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einige ihrer Meisterstücke mitzutheilen. Aber, mein Wehrte-
ster, ich habe sie nur zwey mahl gelesen , und kan es jetzt
nicht mehr, da ich sie gern auswendig lernen wolte. Wie un-
glücklich bin ich nicht. Ich muß es nur sagen, sie sind eben
aufgeräumet. Ihre Gedichte sind mir weggekommen. Ich lag
eben im Bette, als ich sie bekam, und weil ich einigen Be-
such von Officiers hatte, so glaube ich, daß sie mir ein loser
Schelm, zu meinem grösten Verlust, wegpracticirt hat. Ich
habe mir alle Mühe gegeben, es auszuforschen, aber vergeb-
lich. Werden Sie diesen Verlust nicht ersetzen? Ich erwarte
eine neue Abschrift, mit 100 andern Meisterstücken begleitet,
so gewiß, als mich heute Doris an der Tafel an ihrer Seite
erwartet. — — — Sie empfangen einen Brief anbey der älter
ist, als ihre Bekantschaft mit der Margaris. Mir deucht, sie
.sind noch nicht in Anspach gewesen, als ich ihn angefangen
habe. Wenn ehe er geschloßen ist das weis ich selbst nicht.
Dieser alte Brief wird ihnen nicht entsetzlich gewesen seyn.
Aber haben sie sich nicht über die 6 Bogen entsetzet? Ohne
Zweifel werden sie Krebssteine nöthig gehabt haben?
In der That, mein Wehrtester, ich zittere, wenn ich an
meine Verwegenheit gedencke, und wie viel Ursache haben sie
auf dieselbe loßzuziehen ? Gehen Sie gnädig mit mir um. Ich
bin in eben den Umständen, in welchen sich ein Mädgen be-
findet, welches zu viel geküßet hat. Ich werde die nachthei-
ligsten, die schimpflichsten Urtheile geduldig anhören müßen.
Ich werde Ihnen nicht erzählen, was mich so verwegen ge-
macht hat, unreife Geburten in die Welt zu schicken. Ich
werde sie nur bitten, meine Verwegenheit bey Bich selbst zu
rechtfertigen, damit ich ihre unschätzbare Freundschaft nicht
verliere, und mich zu trösten. Oder wollen sie noch mehr
thun ? Thun Sie, alß wenn die elenden Proben noch lesens-
werth gewesen wären, welches geschehen wird, wenn sie die
elendesten Stellen anzeigen, die besten verbeßern, und abson-
derlich mit dem Liede Geduld haben, über welchen ihr Nähme
aus Verwegenheit als ein Zierrath gesetzt ist. Vergeben sie
mir meine Sünde, daß er über einen Stümperwerck stehet.
Sehen sie nur auf das hertzliche Verlangen sie zu küßeu, wel-
ches mich verwegen gemacht hatte. Wenn Sie mich durch
58
ihre Beurteilung vollkomner machen, so soll ihr Name nie-
mahls wieder beschimpfet werden. — — — Ich will ihnen
den Freund kennen lehren, welchem das dritte Lied gewidmet
ist. Er ist PremierLieutnant unter dem Prinz Heinrichschen
Regiment. Es fehlt ihm keine von den Eigenschaften, die
ein vollkomner Freund haben muß. Er ist Ihnen ähnlich.
Er hat eine gründliche Einsicht in die ftirnehmsten Wißen-
scbaften. Die Poesie ist seine Belustigung. Ich wolte eine
Probe mitschicken, wenn ich Erlaubniß erhalten könte. In-
dexen soll ich Ihnen versichern, daß der HE. v. Kleist ein
Verehrer ihrer Verdienste sey. Sie hätten mir es nicht sagen
dürfen, daß sie der Verfaßer vom Lobgesang des Frühlings
sind. Wer könte es wohl sonst seyn, als sie? Ist wohl ein
Stück in den Belustigungen, das den Vorzug vor dem ihrigen
verlangen kan? VVarhaftig keines. Dieses Urtheil fället der
UErr v. Kleist und ich. Wir haben es von seinen Nach-
baren getrennet, weil es eine beßere Gesellschaft verdiente.
Ich habe es bei den Haller binden laßen, und der HE. v. Kleist
zu Hosts Erzählungen. Ehe ich es vergeße, muß ich ein bis-
gen ausschweifen. Ich habe dem HK. v. Kleist die Verdienste
und den Caracter des HE. Rudnicks empfindlich gemacht. Er
hat mit ihm in Danzig studiret, und wundert sich, über seine
Geschicklichkeit, welche er damahls nicht in ihm gesucht
hätte. Ich habe ihm gesagt, daß ich und sie Freunde von
ihm gewesen, und daß noch einige Stücke von seiner Poesie
übrig wären. Ich habe ihm den Vorwurf der Einbildungs-
Kraft vorgelesen, in welchen er eine Aehnlichkeit mit S. Evre-
mont Art zu dencken entdeckte. Wißen Sie, was mein Freund
von uns verlanget? Er will wir sollen HE. Rudnick Ge-
dächtniß nicht unverantwortlich ungestiftet laßen. Er wün-
schet, daß wir die von ihm übrigen Stücke, so wenig deren
auch seyn möchten, möchten zusammen drucken laßen. Damit
es ein bequemes Bändgen würde, könte man ja einige andere
Stücke hinzuthun. Sie würden schon einen Vorrath haben.
Er hat mich gebeten, daß ich sie, zur Antwort auf diesen
Punct, nöthigen möchte. Ich bin bereit, alles einzugehen, was
Sie vor gut befinden werden. Wenn sie wollen, daß der Druck
hier geschehen soll, so körnt es drauf an, wie ihnen der Druck
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der schertzhaften Lieder gefallt? Es ist ein potstammischer.
Das bequemste ist, daß man nicht nöthig hat, einem Censor
gute Worte zu geben. Denn es wird hier alles ohne Censur
gedruckt. Ich würde alsdenn einige Stücke zu den Itudnick-
schen fügen , welche nicht leicht ein Censor würde paßiren
laßen. Ich werde Ihnen die Schäferwelt zur Probe überschicken,
welche so wohl am Hofe als in Berlin viel Vertheidiger und
Lästerer gefunden hat. Es weiß aber Niemand, als HE. v. Kleist
und Rittmeister Adler und Sie den Verftjßer. Ich habe seit-
dem auch die Bürgerwelt zustande gebracht, welcher HE.
v. Kleist den Vorzug giebt. Die elenden Abschriften welche
mit Anmerkungen herum gehen, nöthigen mich fast zum Druck.
Sie werden sich über die Menge Scartequen, welche ich Ihnen
ubersende beschweren. Sie bekommen auch den blöden Schäfer
KU lesen. Er ist gleichfals von mir, welches ich nicht ge-
stehen würde, wenn ich nicht überzeugt wäre, daß sie es dem-
ohngeachtet unparteyisch beurtheilen werden. Ich habe viele
Stellen verändert, welche ich aber dismahl nicht habe an-
mercken können, weil ich es hätte müßen ganz abschreiben
laßen. Der blöde Schäfer so wohl als sein Compagnon der
dreiste sind bereits sehr oft aufgeführt, ich habe aber nur
den blöden gesehn. Er nahm sich ziemlich aus, und konte
ich mit der Vorstellung zufrieden sejn. In Berlin hat ihn
Schönemann über 40 mahl aufgeführt, und wie er mir aus
Breslau geschrieben, findet die Vorstellung dort gleichfals Bei-
fall. Indeßeu ist die Schreibart doch gottschedisch. Wie viel
größer würde der Beifall seyn, wenn die Schreibart der ih-
rigen ähnlich wäre. Ich muß Ihnen doch einen Plan von den
Schäferspielen geben. Ich setzte mir vor, eine ganze neue Art
von Schauspielen zu versuchen. Nemlich es solten drey ein-
zelne Stücke nur ein ganzes Hauptstück aus machen. Der blöde
Schäfer, der dreiste Schäfer, und der kluge, waren die drey
Helden, des Schauspiels. Jedes Schäferspiel solte vor sich ge-
spielet werden können, und auch alle 3 zusammen ohnbeachtet
der Fabel, und der Erzählung. Welches ich auch mit den
zwey ersten ausgeführet habe. Den klugen habe ich ange-
fangen aber ich zweifele, daß er fertig werden wird, es müste
denn seyn, daß mich ein mahl ein kluger Schäfer wie sie,
60
durch Gewinnung der Sprödesten dazu aufmunterte, und meine
Erfind ungsKraft belebte. Aber dennoch würde ich mich noch
nicht völlig entschließen. Denn ich muß erst so schön schrei-
ben lernen wie Sie, in ihrem Lobgesange. Ich und der HE.
v. Kleist sind ihre Neider. Aber wir mißgönnen Ihnen des-
wegen ihre Vollkommenheiten nicht, nein, sondern wir bewun-
dern Sie, und ich schätze mich glücklich daß ich einen so
vollkomnen Freund habe. — — —
Das Sylbenmaaß zu ihrem Lobgesang ist unvergleichlich.
Sie müßen es aber zu keinen Heldengedichte auf Prinz Matthews
Carl gebrauchen, ohngeacht Virgils: Arma virumque cano p
eben so viel muntere Füße zum Tanze hat. Wenn ich wieder
die Ehre habe an Sie zu schreiben, will ich ein ander Genus
nach lateinscher Art mitschicken. Ich weiß nicht, ob ich Sie
in meiner Ode nachgeahmet habe oder nicht. Ich muß Ihnen
sagen, daß dies das einzige Stück ist welches ich dem Belustiger
geschickt habe. Ich lobe seine Einsicht, daß er es wegen seiner
Unvollkommenheiten nicht vor druckbar gehalten hat. Er bat
es nun schon V2 Jahr. Warum haben Sie mir die verbeßerte
Edition des Lobgesangs nicht mitschicken wollen. Ich hätte
so gern daraus gesehen, ob es noch möglich sey, denselben
zu verbeßern. Ich erwarte sie ohnfehlbar in dem ersten Cou-
vert von ihnen. Mir deucht ich habe ihnen schon geschrieben,
daß ich Voltairen gesehen habe. Weil ich sie gern viel über-
schicken will, damit sie es eben so machen sollen, so über-
sende auch einen französ[isjchen Brief so von ihm geschrieben
ist als er hier war. Fällen sie doch ihr Urtheil davon. Von
der Academie kan ich nicht viel melden. Es ist die bisherige
mit der neuen des itzigen Königs vereinigt worden, und man
hat ihr einige Apartemen ts auf den Schloße in Berlin einge-
räumet, woselbst auch letztens das erste öffentliche Experiment
de electricitate gemacht worden ist. Man sagt der König
werden einen Fond zu Salariis anweisen. Dis ist alles was
ich weis. HE. Lamprecht, HE. v. Bilefeld, Major v. Hum-
bert, Marquis d' Argens, Francheville, HE. Lieberkühn (ein
sehr großer Medicus et Mathematicus, mit deßen Bruder der
hier Prediger ist, ich Bekantschaft habe) etc. sind unter den
neuen Mitgliedern. Wißen sie wohl, daß Pöllnitz ein Mönch
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Ol
geworden, weil er ihrer Gegend näher ist, so werden sie es
vielleicht beßer wißen als ich. Es hat ein reiches Frauen-
Zimmer Nein zn ihm gesagt, das hat ihn so desperat ge-
macht.
Ich glaube nicht, daß ihnen die Comedie: Die Geistlichen
auf dem Lande des feinen Scherzes wegen gefallen hat. Der
grobe Scherz, welcher häufiger darin ist, kan ihnen unmög-
lich gefallen haben. Indeßen sind viel Warheiten deutsch ge-
sagt. Es soll dis Stück deßen Verfaßer Ihnen nicht unrecht
genent ist, bereits 3 mahl gedruckt seyn, ohngeachtet der
Verkauf verboten ist. Der Verfasser ist noch Commediant
unter Schönemauns Direction. Er ist jetzo in Breslau. Herr
Pyra, Conrector am Gymnasio in Berlin, der Verfaßer vom
Tempel der Dichtkunst in Versen ohne Reimen, und von der
unsichtbaren Gesellschaft hat gleichfals den Beweiß, daß die
gottschedische Secte den Geschmack verderbe an die Verfaßer
der Bemühungen in Halle gemacht. Sie haben ihm sehr grob
geantwortet. Er hat mir schriftlich davon Nachricht gegeben,
und gemeldet daß er sie kurz abfertigen werde. Die Ueber-
setzung von seinem Virgil geht noch gut von statten. Er
übersetzt ihn nun in Versen mit Keimen, da, wie sie wißen,
die Probe in den critischen Bey trägen und im Breitinger ohne
Heimen ist. Was er mir vorgelesen, beschimpfte Schwarzens
Uebersetzung. Er war willens das erste Buch diese Ostern,
mit Anmerkungen herauszugeben. Die Zeit fallt ihm aber
zu kurz. Er hat mich zum Druck der scherzhaften Lieder
aufgemuntert, und weil ich ihm versicherte, daß mein bester
geschicktester Freund an der Uebersetzung des Anacreon ar-
beitete, bezeugte er über die Probe, welche ich ihm wieß, ein
großes Vergnügen. Es ist Schade, daß er ein Schulmann ist.
Ich muß noch einen Bogen voll schreiben, wenn ich so fort-
fahre. Der ehemahlige Verfasser der Opern Bottarelli, welcher
den Anakreon vertheidigt haben wolte, ist zum Schelm worden.
Er hat in Charlotten bürg Treßen vom Königlichen Trohn ge-
schnitten, und davor ist er des Landes verwiesen. Es ist noch
kein neuer Poet da. Ich übersende hiebey 2 Stück von Grauns
compositum. Ich bin mit HE. Graun Speciel bekant.
Ich weiß nicht ob die Noten richtig geschrieben sind. Sie
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werden sie verbeßern. HE. Naumann hat Hofnung Regiments-
QuartierMeister in Schlesien zu werden. — — —
Sie sind verbunden mir ihre Poesien noch ein mahl zu
Überschicken, wenn Sie wollen, daß sie meine kleine Brünette
beurteilen soll. Herr Dreyer ist Commißarius vom Herzog
von Mecklenburg Streiitz geworden in Berlin , und ich bin
nichts geworden. Sind sie noch Willens nach Franckfurth zu
gehen ? Grüßen sie meinen Bruder daselbst. Er ist ein Apo-
thecker. Wird Sie etwa ihr König als Gesandther dahin
schicken? Nehmen Sie mich doch als Secretair mit. Wiegern
möchte ich von einem solchen Principal einen Staatsbrief
schreiben lernen ! Ich wünsche mir das Vergnügen, bald von
ihrem Glücke die Versicherung zu erhalten. Ich kan Ihnen
von dem meinigen keine geben, denn ich habe noch keines
gehabt. Es sind hier mehr Versprecher als Worthalter, und
mehr Bedienungen, die ich nicht haben will, als solche, die
ich verlange. — — — Warum liegt doch Anspach so weit
von Berlin? Es solte mir an der Erfindung eines Luftschiffes
nichts gelegen seyn, wenn ich nicht gedächte, durch Hülfe
deßelben, sie so oft zu besuchen, als ich wolte. Lesen
sie erst die Ursula, ehe sie einschlafen.
Ursula.
Frau Ursula lag auf dem Ster[be]bette
Und seufzt und sprach: Wer ist doch, der mich rette?
Der Priester kam, der fromme brave Mann
Der seelig preißt, und seelig machen kan.
ö Er sang zuerst erbaulich Sterbelieder
Und macht es drauf wie seine Ordensbrüder.
Was rednerisch und was pathetisch heist,
Das lehrt den Mund sein feuervoller Geist
Der im Beruf die Amtspflicht zu erfüllen,
10 Die Stimm' erhob im Tone der Postillen :
Ja, wandert nur aus diesem Jammerthal
Wo nichts als Noth und Trübsahl Überall.
Ach! liebe Seel entreiße dich der Erden
Du solt nun bald im Himmel Bürger werden,
lö Ja, Hebe Frau, entreißt, entreißt euch nun
Ihr habt ja nur noch einen Schritt zu thun.
Ich Beh euch schon mit einem Fuß im Himmel
Ach! Ziehet doch aus diesem Weltgetümmel
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Den andern nach. Frau Ursul sprach: Herr Dehn
Li) Herr Prediger, sie können mich so sehn,
Ich schäme mich vor Sie und diesen Leuten
Ich möchte so nicht gern zum Himmel schreiten.
Wem wollen sie folgende Grabschrift setzen?
In diesem Thal, in dieser Todtenschaar
Gesellet sich ein Weiser und ein Narr.
Im Leben hieß ein Dichter untertb&nig,
Hier wär er gern ein Sieger und ein König,
0 Wenn, unbewust des Stolzes und der Wuth
Sanft neben ihm ein armer Dichter ruht.
0! Wenn ich nur im Grabe wißen könte
Ob mir ein Fürst die sanfte Ruhe gönte.
Potsdam
den 29*111 Martis.
1744.
16. Uz an Gleim.
Insonders Hochgeehrtester Herr und Freünd,
Dero Antwort hat völlig mit meinen Wünschen übereiu-
getroifen ; sie hat mir das empfindlichste Vergnügen gemacht.
Sie ist lang, und lauter angenehme und nützliche Sachen sind
die Ursache dieser Länge. —
Ich sage verbindlichsten Dank vor die Sammlung der
artigsten Liederchen, die ich jemals gelesen, die Sie mir ver-
ehret haben. Niemand, als wer wie Sie, mein Werthester,
Anacreons schertzhaften Geist und aufgeweckten Witz hat,
darf sich erkühnen, ein ganzes Buch beynahe, in Anacreons
reimlosen Sylbenmase zu schreiben; und Ihre Doris muß weit
Über den gemeinen Geschmuck der andern Schönen hinaus
seyn, die es einem Liebhaber nicht verzeyhen würden, wenn
er bey ihrem Lobe nicht mit den Reimen klingeln wollte.
Meinen Beyfall, wenn er von einem Gewichte wäre, haben Sie
gantz: ich glaube gewiß, daß noch kein deütscher Dichter
der edlen Einfalt des Griechen in den Liedern so nahe ge-
7 Ueber , Grabe* geschrieben: Leben. 8 Ueber .mir- geschrie-
ben: ihm, dann wiederhergestellt.
64
kommen, als Sie, und daß durch das ungekünstelte Sylben-
maaß die naivete Ihrer Einfalle noch mehr erhoben wird. Ich
meines Theiis kann mich noch nicht unterstehen, Meine Mäd-
gens in Liedern ohne Keimen zu lieben. Das machts aber,
weil sie keine Berlinerinnen sind, und weil meine Gedanken der
Hülfe der Reime nicht entbehren können. Ich setze mich in
die Gefahr, daß Sie dieses abermals von mir urtheilen werden,
da ich abermals einige von meinen Liedern sende: —
Ich schätze mich für glücklich, durch Ihre Lieder meinen
Namen verewigen zu können, da Sie demselben eine unverdiente
Stelle daselbst gegeben haben. Was für eine Ehre für mich ?
Ich stehe unter lauter Mädgens und schätzbaren Freunden von
Ihnen. Sie haben mich einem von diesen bekandt gemacht,
dessen erhabner Geist und feüriger Witz mir aus dem über-
sandten Lobe der Gottheit sich genugsam zu erkennen gegeben
hat. Ich bitte demselben meinen gehorsamsten Respeckt zu
vermelden, und zu versichern, daß ich es als ein ungemeines
Lob für meine Poesie ansehe, von einem solchen Kenner, als
der Herr von Kleist sind, nicht gantz und gar verachtet zu
werden. Wie seelig sind Sie, einen Freünd gefunden zu haben,
der so seltne Eigenschaften besitzet, als dieser hochachtungs-
würdige Officier? Aber, sagen Sie mir doch, haben Sie seiner
Feder auch eine würdige Beschäftigung aufgetragen, wenn
Sie dieselbe mein Lied auf den Frühling loben lassen ? In
der That, sie beschämen mich beide aus der massen sehr: ich
kann mir nicht einbilden, daß, da Sie beiderseits so chatie'
und nette schreiben, sie ein Lied billigen können, in welchem
so oft ein unangenehmes Gewäsche herscht, welches^durch all-
zuwenig sinnreiches verzeyhungswerth gemacht wird. Ich habe
zwar diesem Fehler abzuhelfen gesucht, und daher in der so
genannten verbesserten Edition desselben vieles hinweggewor-
fen, welches vielleicht Materie genug zu ein Paar andern
Stücken geben kann ; und auch so manches geändert; doch
sieht es noch nicht so aus, daß es die Augen scharfer Kenner
ertragen könnte, weswegen ich dessen Uebersendung auf ein
andermal verschiebe. Der blöde Schäfer hat mich und noch
mehrere, denen ich ihn vorgelesen, ungemein ergötzet. Ich
weiß nicht, ob ich ihn vielleicht wieder zurück hätte senden
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sollen : wann dieses ist, so bitte ich um Vergebung, daß ich
es nicht schon gethan; so bald Sie mirs aber in Dero nächstem
Schreiben befehlen werden, soll es geschehen, doch mit der
Bedingung, daß Sie ihn drucken lassen, und zwar so, daß er kann
zu Rosts geraubten Hammel, welchen ich in Leipzig mit unbe-
schreiblichem Ergötzeu habe aufführen sehen, gebunden werden.
Die neüe Art der Schäferspiele, woran Sie sich gewaget;
haben, scheint mir angenehm und für die Schauspieler bequem
zu seyn. Was mey[n]en Sie aber, wenn von dreyen Stücken
ein iedes allein ein vollkommnes Stück ausmacht, und vor
sich bestehen kann; wird nicht etwan ein un vollkommnes
Stücke daraus, wenn sie alle drey ein einig Gantzes machen ?
Weil das Stück alsdann drey verschiedene Helden bekömmt;
so scheint die Einheit der Handlung noth zu leiden. Doch
ich irre mich vielleicht ; Welches um desto leichter geschehen
kann, da ich von der Theatralischen Dichtkunst wenig Kennt-
niß habe; und, um völlig von dieser neüen Art aus dem
Grunde unterrichtet zu seyn, auch die beyden andern Stücke
sehen müßte. Es liegt also nur an Ihnen, zu machen, daß
ich anders urtheilen muß: lassen Sie das gantze Werk drucken,
und verehren mirs ; alsdann werde ich bessre Einsicht in diese
neüe Art erlangen. Wenn ich einmal in jenem Leben (denn
in diesem wird es wohl kaum gescheheu) von meinen Schriften
etwas drucken lasse; so will ich Ihnen gleichfalls ein Ge-
schenke damit machen. Der Character des blöden Schäfers
ist sehr schön. Der Hirt Filamor scheint mir ein wahrer
Gleim zu seyn, so leich[t]fertig und in der Kunst die Mädgens
zu verführen, geübt ist er. Haben Sie ihn aber für einen
Schäfer nicht ein bißgen gar zu gelehrt hierin gemacht ? Geben
Sie der Filinde nicht manchmal Reden in den Mund, und
lassen sie solche Dinge vornehmen, welche zwar eine galante
Dame, aber keine Hirtin, welche nach der angenommenen
Meinung vom Schäferstande voller Einfalt und unfähig zur
Verstellung seyn soll, geziemen ? Sie wissen, wie Saint Mard
dem Herrn Fontenelle verdacht, daß er seinen Schäferinnen
Hofcharacteren beygeleget ; daß er sie sich verstellen läßt,
damit sie durch eine angenehme Sprödigkeit die Schäfer desto
begieriger machen; und dennoch hat auch Ihre I>mene diese
G 1 o i in - IT « | Itriefwechiel. • »
60
Maxime. Ueberhaupt von den heutigen Schäfergedichten ist
dieses mein Urtheil : ihre Sprache ist voller Einfalt, aber ihr
Hertz voller Schalkheit und ihr Geist so fein, als eines Städters.
Dieß alles macht sie zwar sehr reitzend und dem Frauenzim-
mer sehr angenehm ; aber auch denen Schäfern des Virgils so
unähnlich, daß ich gewiß glaube, wenn jene alten wieder auf-
stehen und die neüern sehen sollten, wenigstens die deütschen ;
sie dieselben nicht erkennen würden. Deswegen hab ich auch
noch nie ein Schäfergedicht, so großer Liebhaber ich auch
gleich davon bin, gemacht: ich bin wohl zu unschuldig und
nicht lose genug dazu. Sehen Sie, wie unverschämt ich bin,
da ich mich unterstehe, wider etwas, das aus Ihrer Feder ge-
flossen, Zweifel zu erregen, welches ich doch nur bewundern
sollte. Aber dieses geschieht Ihnen zum Exempel und zur
Nachfolge. Schonen Sie mein Geschmier gleichfalls nicht,
woran Sie ja genug zu tadeln finden müssen. Ihre Schäfer-
welt hat mir sehr gefallen. Aber ums Himmels willen, Ist
es Ihnen denn in Berlin nicht schädlich, wenn sie so frey und
beißend schreiben, als Sie es in diesem Gedichte und auch in
einigen Ihrer Lieder thun? Ein Rath, ein Schuft, ein Richter
und ein Schelm, p Es raubte noch kein Mogul und kein
Dieb p Ich preise Sie glücklich, wenn in Berlin eine so ver-
nünftige Freyheit herrscht, daß ein Dichter wahre und schöne
Gedanken ohne Gefahr niederschreiben kann, wann sie gleich
unangenehme Wahrheiten enthalten. Die Ursula, die Sie mir
tiberschickt haben, ist freylich um ein gut Theil besser, als
diejenige, die ich in der Sammlung nützlicher Wahrheiten laß.
A propos, hat denn diese Sammlung mit dem ersten Bande
völlig aufgehöret? Ist keine andre dergleichen Wochenschrift
an ihre Stelle getreten ? Die eigentliche Absicht der beyge-
ftigten Grabschrift ist mir verborgen : wollen Sie mir nicht
einiges Licht geben? Den Punkt wegen Edirung der Rud-
nickischen Schriften betreffend, so gebe ich nur dieses zu be-
denken : da das wichtigste Stück beynahe allgemeinen Wider-
spruch angetroffen und auch ein Mann, dessen satyrische Aus-
sprüche den größten Eindruck bey vielen machen, daßelbe
verachtet hat; so zweifle ich, ob, wenigstens für dieses Stück,
viel Glück in der gelehrten Welt zu hoffen ist, nachdem es
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die Vorurtheile bereits wider sich hat. Ks ist auch in der
That gar zu dunkel: ein Ratzel muß durch einige Ueber-
legung doch können aufgelöst werden. Ich bin aber versichert,
daß Sie so wenig, als ich, alle Stellen und Allegorien dieses
Stückes völlig verstehen werden; und dennoch würden wir
nicht so viel wissen , als wir wissen , wann uns der seelige
Rudnick nicht so manches geoffenbart hätte. Ob ausser die-
sem, und dem Briefe von der Liebe, nebst der Ode in Prosa,
noch viel druckenswürdiges vorhanden sey; weiß ich eben nicht,
es müßte denn Herr Götze noch mehr besitzen, von dessen
Aufenthalt ich aber nicht die geringste Nachricht habe. Dieses
alles zusammengenommen kann noch kein Buch ausmachen,
welches den Titul, Rudnickische Schriften, verdiente. Sollten
sie aber in eine Art von Sammlung gebracht werden * ; so
wäre alsdann meine unvorgreifliche Meinung, daß man den
Gegenstand der Einbildungskraft abdrucken ließe, wie er an
die Leipziger überschickt worden ist, ohne die Lücken auszu-
füllen, und ohne die Personen zu benennen, auf die sie zielt;
ob man gleich überhaupt melden könnte, daß es hier und da
satyrisch und das die eigentliche Absicht diese sey, einen An-
fänger in der Poesie vorzustellen, wie derselbe von einem
Fehler, den er zu vermeyden gedenkt, in einen andern ver-
fällt; allerhand Lehrer bekömmt, die ihm aber wenig nutzen,
biß endlich die Philosophie ihm die Augen öfnet, und ihn zu
einem guten Poeten macht. Sagen Sie, daß auf Leipzig ge-
stichelt werde, so wird Leipzig parthey wider Sie nehmen ;
und da die Ge[ge]nparthey der Leipziger von diesem Stücke
schon einmal nicht allzuvortheilhaft geurtheilt hat, so kann
sie, wenn sie gleich erfähret, daß es gewissermassen wider die
Leipziger selbst gerichtet ist, ohne ihre Partheylichkeit zu ver-
rathen, dieses Urtheil nicht wieder zurücknehmen: dadurch
wird also, bey beyden Factionen, nicht dieses Stück allein,
sondern auch das (ledächtniß des seeligen Rudnicks überhaupt,
ja auch die schönen Stücke selbst von Ihnen, mein Werthester,
welche Sie diesen Rudnickischen Schriften bey fügen wollen,
Gefahr laufen verhaßt zu werden. Ich billige aber sehr, daß
* Am rande: (Der Potadanjuier Druck gefallt mir sehr wohl)
5*
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Sie aus tiberschri ebenen Ursachen Ihre Schäferwelt wollen
drucken lassen. Thun Sie dieses nur auch noch mit mehrern
von Ihren Gedichten : an Beyfalle wird es Ihnen nicht fehlen.
Von raeinen Kleinigkeiten hat noch keine die benöthigte Reife
bekommen : Sie müssen sich noch so lange zu Hause aufhal-
ten, biß einmal ein so Critikverständiger, wie Sie, durch seine
Beurtheilungen und Verbesserungen denenselben die Schönheit
giebt, die sie brauchen. Haben Sie denn meinen Brief aus
Leipzig erhalten, dem ich die falsche addresse : beym Herrn
Gouverneur von Schultz, gab? Aus einigen Orten Ihres Schrei-
bens muß ich es schließen ; andere wollen mich fast das Gegen -
theil glauben machen. Ich hatte demselben ein Paar Lieder
beygefügt, wovon das eine wieder mitkömmt, falls Sie es etwa
nicht bekommen hätten. Mit den Verfassern der Belustigungen
hab ich in Leipzig keine Bekandtschaft gehabt; ich hielt
mich daselbst auf als ein hällischer Pursch, sie wissen, wie
die es machen. Mit Herrn M. Geliert speisete ich einige Zeit
in einem Gasthofe; Er schien mir ein gantz artiger Mensch
zu seyn, nur daß er zuweilen etwas affectirte*. Mit Herrn
Graf Manteüfel hab ich auch nicht die mindeste Connexion.
Ich sah ihn etlichemal dem collegio des HE. Geheimdenraths
Wolfs über den Grotium, welches ich mithielt, beywohnen;
welches mir Gelegenheit gab, weil ich eben an den Versen
vor dem Lobe des Frühlings arbeitete, desselben in diesem
Gedichte, wo der Wahrheits-Freünde erwähnt wird, rühmlichst
zu gedenken. Bey diesem Hern steht Prof. Gottsched noch
beständig in größter Gnade, welcher manche Stunde mit ihm
zubringt. Herr Voltaire ist nicht mit in Anspach geweßen,
sondern ist in Bayreuth mit einem Printzen zurückgeblieben.
Verse, die er hier im Namen einer Prinzessin gemacht hätte,
hab ich nicht gesehen : diejenigen aber, die ich itzo wieder mit-
schicke, hab ich schon meinem letztern Schreiben beygefügt
gehabt. Sie werden aber, nebst meinen Liedern, sie vielleicht
* Am rande: (Wer Bind die Verfaüer der Bemühungen in Halle,
an die HE. Pyra seinen Beweiß gemacht; Seine Uebersetzung vom
Virgil wünsch ich hald zu sehen)
(In der Sammlung wegen des Manteüfelischen Jubelfestes steht
nichts von mir)
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verloren haben, weswegen ich noch einmal sie mitschicke. Den
französischen Brief an ihn haben Sie vergessen mitzuschicken:
Ich bitte mir ihn auf ein andermal aus. Herr von Polnitz
soll kein Mönch geworden seyn; sondern sich noch auf den
Gütern der Dame, um die er anhielt, aufhalten, weil er noch
nicht alle Hofnung verloren haben mag, sie zu bekommen.
Er war unlängst in Anspach, und wollte dem Herrn Marc-
grafen, aus Noth, eine güldne Uhr ') verkaufen : der ihm aber
die Uhr, samt dem Preise, den er davor verlangte, wieder zu-
schickte. Die Neüberische Bande, wie Sie schon wissen wer-
den, ist Banqueroute geworden. Wie wird sich Herr Gott-
sched nicht gefreüt haben, der auf diese Art über die Neü-
berin triumphirt, indem er ohnezweifel zu ihrem Falle vieles
beygetragen hat ? Die Schönemannische Bande wird nunmehr
die vornehmste in Deütschland, sonderlich da so viel gelehrte
Leüte um ihre Aufnahm sich bemühen, und ihre Bühne mit
schönen Stücken versehen. Der Gelehrte des Herrn von Hage-
dorn ist sehr schön ; nur weiß ich nicht, ob die Abschrift, die
Sie mir davon überschickt haben, vollständig ist. Wann ich
dieses Stück, nebst dem von der Glückseligkeit, bekommen
könnte gedruckt; so würde mirs am liebsten seyn. Da Sies
aber selbst nur einmal besitzen; so können Sies nicht missen,
es müßte denn seyn, daß es im Buchladen zu bekommen wäre.
Warum schicken Sie mir nichts von seinen lustigen Stücken?
Sie haben mir ja versprochen, seine Art zu beten zu senden ?
Vergessen Sies ja nicht. Ich hab Ihnen auch einen Morgen-
segen gemacht, weil Sie Gebete von mir verlangen : philoso-
phisch will ichs nicht nennen, ob es gleich mehr als philo-
sophisch ist. Es ist nach den principiis der Schäfermoral in
den Belustigungen geschrieben; und glaub ich, recht aus dem
Hertzen der heütigen Schäfer gebetet zu haben. Wird HE.
von Hagedorn seine vermischten Gedichte oder sonst was an-
ders nicht bald in Druck geben? Mit Uebersendung der
Graunischen Stücken haben Sie mich unendlich verbunden:
Nur bedaure ich, daß sie etwas zu hoch für mich seyn, da
eigentlich von mehrern Instrumenten und der Singstimme ac-
compagnirt werden muß, wenn sie sich in ihrer Stärke zeigen
l) Im original : Ohr.
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sollen. Könnten Sie also etwas bekommen, daß allein aufs
Claveein gesetzt ist, wie HE. Graun dergleichen gemacht hat,
und wollten mirs überschicken; so würde ich für Freuden
außer mich kommen. Ich besitze nichts von ihm, als eine
Fantasie. Ich schließe, nachdem ich lange genug geschwatzt.
Fahren Sie doch fort, mir so lange und angenehme Briefe zu
überschicken, insonderheit aber mich zu lieben; und seyn ver-
sichert, daß ich mit der zärtlichsten Hochachtung iederzeit ver-
bleiben werde,
Insonders Hochgeehrtester Herr und Frefind,
NB. Da Sie mit dem Herrn von Hagedorn, wie es scheint,
Bekandtschaft haben, so sind Sie ja im Stande, mir manchmal
etwas von ihm zu schicken : Thun Sies doch. Dem Herrn
Naumann bitt ich mich gehorsamst zu empfehlen, und auch
dem Herrn Schnell, wann Sie ihn etwa sprechen sollten. Er
ist ein Bruder derer, die Sie in Halle gekannt haben.
Wer ist der Montgobert, dessen in dem epigranimate über
Francheville [gedacht wird] ? Was haben Sie für Nachrichten
von Prof. Baumgarten in Frankfurth? Wird er die Philo-
sophischen Briefe nicht fortsetzen, oder seine encyclopaedie
herausgeben ?
Hoch und Wehrtgeschätzter Herr und Freund,
Ich werde ihr letzteres Schreiben dismahl nicht beantwor-
ten, weil ich es in Potsdam zurück gelaßen, und folglich vieles
unbeantwortet bleiben würde. Ich werde es thun, so bald ich
nieine Sachen von Potsdam bekommen werde. Sie werden
sich wundern, mein Wehrtester, wenn Sie mein bisheriges
Schicksahl vernehmen. Ich ward vor einigen Monathen Se-
cretair bey einem unvergleichlichen Prinzen, ich begleitete ihn
nach Böhmen, wohnete mit ihm der Eroberung Prags bey,
1) Im original verschrieben: 1743.
Ihr
Anspach. Den 1. Juny.
1744 1).
ergebenster Diener
Uz.
17. Gleim an Uz.
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und habe ihn nunmehro als eine Leiche zurück gebracht. Sie
werden diese traurige Zeitung bereits aus öffentlichen Nach-
richten wißen , aber haben sie wohl dran gedacht, daß ihr
Freund zugleich so viel verlohren hat? Ich habe die Fürsten
hochgeschätzt, seitdem ich diesem Prinzen gedient habe.
Warum müßen doch die besten dem Kriege zum Opfer dienen?
Ich mag an keine Vorwürfe gedencken, sonst würden sie einen
Trauerbrief zu lesen bekommen. Sie hätten von Prag einen
Brief von mir erhalten, wenn ich nicht dis Unglück erlebt
hätte. Ich weiß nicht was ich zuerst schreiben soll. Wißen
sie schon daß Herr Pyra, der Verfaßer des Erweises daß die
gottschedische Secte den Geschmack verderbe, des Tempels
der Dichtkunst und der unsichtbaren Gesellschaft gestorben
ist? Ich hatte kurtz vor seinem Tode eine genaue Bekant-
schaft mit ihm aufgerichtet, und er ist der, welcher mich zum
Druck der scherzhaften Lieder am meisten angespornt. Es ist
mit ihm der beste Uebersetzer des Virgils und Homers ge-
storben. Er ist nur bis in das 4i£ Buch des Aeneas avancirt.
Sonst aber hat er critische Betrachtungen über den Virgil
hinterlaßen, welche Beyfall verdienen. Sie würden unver-
gleichlich seyn, wenn er sie selbst herausgegeben hätte. Ich
weiß noch nicht, ob ich es thun werde, ohngeachtet ich von
seinem Bruder sehr drum ersucht worden. Einige Tage vor
seinem Tode bat er mich um meinen Consens die scherzhaften
Lieder wieder ein nachtheiliges Lob der Bemüher in Halle zu
vertheidigen. Er wolte es im Nahmen des Mädgens thun,
welchem die Lieder zugeschrieben sind. Herrn Rost den Ver-
fasser der Schäfererzählungen p habe ich in Dresden besuchet,
als ich zu Pirna zerbrochene Häder muste flicken laßen. Ich
erhielt von ihm im Lager vor Prag ein Schreiben, welches
den Verlust sehr bedaurte, den er in der Person des HErrn
Pyra gelitten. Herr v. Liscov war eben verreist, sonst hätte
ich das Vergnügen gehabt, diesen bösen Mann gleichfals ken-
nen zu lernen. Er ist Maitre des Kequetes beym König von
Pohlen. HErr von Hagedorn hat mir den Schwätzer zuge-
schickt. Es ist eine Nachahmung einer Satyre des Horatz.
Sie ist unvergleichlich aber zu lang zum Abschreiben. Sie
werden sie bald in einer Samlung von ihm finden. Herr Bod-
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mer bat in einem Schreiben an HE Pyra die scherzhaften
Lieder beurtheilt. Ich wolte ihn nicht recht geben wenn sie
sie nicht gelobt hätten. Seitdem ich von Prag zarück bin
habe ich in etlichen Zeitungen Urtheile darüber gefunden,
welche ich vor parteyisch hielte, wenn die Verfaßer so gute
Freunde von mir wären, wie Sie. In Bremen kommen neue
Belustigungen heraus unter dem Titul: Neue Beytriige zum
Vergnügen des Verstandes und des Witzes. Herr Naumann
gibt ihnen den Vorzug vor den Leipzigern. Lesen sie doch
den Fehlschuß von ihm in den neusten Stück der Belusti-
gungen. Wie fehlerhaft ist das Gedicht, an Sie, abgedruckt !
Wie critisch hat es HErr Schwabe verbeßert. Geben sie mir
doch die Erlaubniß, ihren Lobgesang (die neue Edition die
sie mir zu schicken versprochen) apart mit einigen andern
kleinen Stücken drucken zu laßen. Ich werde nun eine Zeit-
lang wieder nichts zu thun haben. Die letzteren Meisterstücke
von ihrer Muse haben den HE. v. Kleist völlig in sie verliebt
gemacht. Er kan sie alle auswendig und wird sie jezt den
Mädgens in Prag vorsagen. Das Prinz Heinrichsche Regiment
liegt daselbst zur Besatzung. Ich empfehle ihnen die Böhmi-
schen Mädgens aufs beste. Sie beschämen Berlinerinnen. Mein
Madgen ist mit mir böse, seitdem ich dis behauptet habe.
Aus der Schweitz haben wir neue Fabeln erhalten. HE. Bod-
mer hat sie herausgegeben. Der Verfaßer nent sich v. K.
Sie haben mir gefallen. Haben sie Drollingers Gedichte schon
gesehen? Sie sind gedruckt, und kommen nicht in hiesige
Gegend. Mir verlangt sehr darnach. Herr Lamprecht ist nun
auch Secretair beym Prinz Heinrich (Königs Bruder) geworden
und hat 400 R/ Salair erhalten. Seine Bedienung als ge-
heimder Secretair vom König behält er gleichfals. Gestern
übersetzte er eine Schrift ans dem Englischen, zur Verteidi-
gung unsers Königs, verfertigt. Wie gefält ihnen die Neue
Unternehmung. Man soll im Reich sehr übel damit zufrieden
seyn? Ich habe bald aufgehört die Königin von Ungarn zu
bekriegen. Das Gedicht, welches ich auf den Tod meines
Prinzen habe drucken laßen, verdient nicht von ihnen gelesen
zu werden. Ich übersende an deßen statt einige andere kleine
Stücke. Geben sie mir ihr Urtheii insbesondere vom Traum,
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und sagen sie, ob sie ausgerufen haben : o ! iniitatorum — Ihr
Traum ist unvergleichlich. Die Schreibart und der Geschmack
ist neu. Es kan nichts komischer und loser seyn , als das :
Nun wird sie wohl im Waßer seyn. Ein Duzend solche Stücke
erwerben ihnen die Ewigkeit. Sie machen mich glücklich,
wenn Sie mir alle Monath 6 Stücke von ihrer Muse mitthei-
len. Ich vergeße alles, was mir verdrießlich ist, wenn sie
scherzen oder singen. Sie sind raein allerliebster, mein bester
Freund ! A propos. Sie haben ja eine Jungfer Schwester. Ich
erinnere es mich. Sie haben mahl ein Lied auf den Caffe an
Sie gemacht. Darf ich diesen Engel wohl grüßen laßen?
Thun sie es, wenn sie courage haben. Und wenn sie wollen,
daß ich Lieder auf sie machen soll so schicken sie mir ihr
portrait. Es muß ein allerliebster Engel seyn ! Ich empfehle
mich in ihre Gewogenheit, und habe die Ehre jeden Augen-
blick zu seyn
Mein Herr pp
Berlin Ihr j)
[den] *) 612? 8br
[1744] ')
Belieben sie nur die Briefe an mich ferner wie sonst au
den Kaufmann Richter auf den Mühlendam zu addreßiren, bis
ich von neuem eine bleibende Städte habe. Vermuthlich werde
ich wohl bey dem Bruder Meines Prinzen Marggraf Carl in
Dienste treten. Weil ich ihre addreße vergeßen, habe ich das
Couvert an HE. Prof. Christ gerichtet, weil ich weis daß sie
Bekantschaft mit ihm haben. Ich bitte um ein unbekantes
Compliraent. Herr D. Roßmann steht mit den HE. Schweizern
im Briefwechsel. Ich habe es aus HE. Bodmers Briefe er-
sehen. Wenn sie an Herr Bodmer was zu schreiben haben,
so addreßiren sie sich nur an diesen. Aber um des Himmels
willen haben sie mich lieber als Herr Bodmer *)
HE. Lamprecht hat angefangen seine kleine Schriften zu
sammeln, Es ist das erste Stück davon heraus. Es befindet
sich darin Der Stundenrufer zu Ternate. Caton d'Utique, worin
Cato zu einem Ton Quichot gemacht wird, und einige Ueber-
setzungen. Es ist nicht viel erhebliches. Wenn sie indeßen
1) Der schluß des briefes ist abgerissen.
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die Samlung haben wollen, will ich sie übersenden. Ich höre
jetzo daß HE. Schnelle noch hier ist. Ich werde mich noch
heute nach ihm erkundigen. Antworten sie mich ja mit der
ersten Post, wenn ich nicht so hurtig gewesen bin, als ich
hätte seyn sollen, so bin ich disraahl mehr, als sonst entschul-
diget. Denken sie nur daran. Muste ich nicht Prag erobern
helfen ? Die Mädgens in Böhmen sind in der That zwey Be-
lagerungen wehrt. Schreiben sie mir hübsch viel. Und schicken
sie mir 22 und einen halben Bogen voll geschrieben von ihren
Gedichten. Ich will sie drucken [laßen], Herr Naumann labt
viel mahl s grüßen.
Ich werde heute mit einem Araber speisen. Geseegnete
MahlZeit!
18. Gleim an Uz.
Mein allerliebster Freund,
Sind sie tod, oder hab ich mich ihrer unwürdig gemacht?
Ich habe mit der größten Sehnsucht ihren Briefen entgegen
gesehen, ich habe etliche mahl an Sie geschrieben, aber alles
vergeblich. Sie sind tod, oder es sind ihnen die größten Staats-
geschäfte aufgetragen worden. Mir ist dies nicht geschehen,
und dennoch würde ich die Pflichten der Freundschaft nicht
an die Seite gesetzt haben. Es ist gut, daß ich nicht viel Zeit
übrig habe, sonst würde ich ihnen eine bittere Strafpredigt
halten. Sie wißen meinen bisherigen Lebenslauf aus meinen
Briefen, jetzt muß ich ihnen melden, daß sich bald ein neuer
periodus anfangen wird. Ich soll abermahl Secretair werden,
und zwar bey dem alten Fürsten von Deßau. Ich soll morgen
bereits abgehen, mich ihm zu zeigen, und zu versuchen, ob
ich ihm gefallen werde. Wenn ich ihm vorkommen werde,
wie eine anakreontische Ode, so werde ich gewiß den Abschied
kriegen. Es wird mir hieran wenig gelegen seyu , denn es
gereuet mich fast, daß ich mich habe entschließen können
Berlin zu verlaßen, da es mir nicht an emplois fehlen kan,
weil sie der König den Bedienten des Prinzen versprochen hat.
Aber es war mir gar zu reizend, Secretair von einem Helden
zu seyn. Ich werde versuchen, wie es sich mit einem solchen
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umgeht, und wenn ich des Umgangs müde bin, adieu sagen.
Herr Schnelle reiste gar zu schleunig weg, als daß ich ihm
hätte Briefe mitgeben können. Ist er schon zum Doctor ge-
macht? Ich kan das Gedicht nicht abschreiben, welches ich
bey dieser Gelegenheit an sie gerichtet hatte. Es ist eine Er-
zählung im Geschmack des la Fontaine. Haben sie den 6!£?
Theil der Oeuvres de Voltaire gesehen ? Es stebn merckwür-
dige StUcke darin. Man ist hier nicht zufrieden, daß er die
Briefe des Königs publicirt hat. Er hat den Caracter seines
Indiscret verrathen. Der HE. v. Hagedorn hat mir vor et-
lichen Tagen eine geistliche Ode überschickt, welche er aus
Sprüchen der Bibel zusammengesetzt hat. Sie ist schön und
prächtig. Von der neuen Ausgabe seiner Gedichte hat er mir
nichts geschrieben, ohngeachtet ich ihn daran erinnert habe.
HE. Bodmer hat den lsten Theil von Opitzens Gedichten
fertig. Ich habe ihn gesehen aber noch nicht gelesen. Druck
und Papier scheint schön zu seyn, und die Anmerkungen sind
es gewiß, weil sie von einem solchen Kenner sind. Ich habe
einige Mahl Briefe von ihm. Mein liebster Kleist ist noch im
Kriege, aber mit Nutzen, denn er samlet sich große Begriffe,
und dichtet. Er hat mir einige Gedichte übersand, welche un-
vergleichlich sind. Es ist mir nur noch ein halber Tag übrig,
welchen ich zu der Correspondenz meiner Freunde gewidmet
habe. Ich werde also sehr kurz seyn. Haben Sie sich nicht
Über die Fruchtbarkeit meiner Muse erschrecket? Sie haben
vermuthlich die Einlagen schon gemustert. Sie sind an dem
Druck des blöden Schäfers Schuld, sie wolten, daß ich ihn
mit alle Fehlern nicht verwerfen solte. Ich habe mich nicht
unterstanden den dreisten beyzufögen. Er ist noch nicht recht
ausgeputzt. Was werden sie von der zweiten Sammlung der
scherzhaften Lieder sagen? Ist Doris nicht verwegen? Be-
strafen sie ihre Kühnheit in einem Schreiben, ich will es be-
stellen.
Berlin
den May
1745.
P.S. Ich habe unter den von Halle erhaltenen Sachen
die Baumgart.[ensche] Disp.futation] de nonnullis ad poema
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pertin.[entibus] mit s.[eligen?] Rudnicks Anmerckungen, wie
auch einige von den Briefen, so sie mit ihm gewechselt, wie-
dergefunden. Soll ich sie überschicken ? Ich erwarte nebst
Dero Antwort einen ganzen Haufen von Dero Poesien. Sie
wißen daß ich keine höher schätze, als die ihrigen. Absonder-
lich bitte ich mir den Lobgesang des Frülings aus, wie sie
ihn verbeßert haben. Je mehr, je lieber. Machen sie mir
einmahl eine rechte Herzensfreude, machen sie mich gedoppelt
gut, durch die Menge ihrer Arbeiten, und melden sie mir, wie
bald ich eine Samlnng von ihren Gedichten gedruckt sehen
soll. Herr Bodmer wünscht in hiesiger Gegend eine Monaths-
schrift etablirt zu sehen, und er hat mich dazu aufmuntern
laßen, dis ist zwar für mich nichts, aber, wenn sich HErr
Baumgarten in Franckfurth dazu entschließen solte, würden
sie alsdenn einen Beytrag thun ? Es sind bereits einige ge-
schickte Köpfe dazu, unter welchen sich HE. Rost, und Herr
Lange, welcher ihr Neben buler in der Schreibart des Horatz
ist, befinden. Ich darf nicht weitläufiger seyn. HE. Rudnicks
Kleine Schriften konten in diese Samlung kommen. Die neuen
Bey träge werden ihren vollkomnmen Beyfall haben. Der Ver-
faßer der Verwandlungen soll Zachariä heißen. Herr Nau-
mann läßt allemahl grüßen. Er wundert sich mit mir über
ihr bisheriges Stillschweigen. —
19. Uz an Gleim.
Hochzuehrender Herr und Freund,
Ich bin Ihnen auf zween Briefe Antwort schuldig. Ich
habe meine Schuldigkeit deswegen nnterlaßen, weil ich Ihnen
doch auch gerne was neües oder sonst was merkwürdiges hätte
schreiben mögen. Nunmehro seh ich aber wohl, daß bey mei-
nen itzigen Umständen, Sie noch lang auf einen Brief nach
meinem Geschmack warten müßten, und ich darüber wohl gar
um Dero mir so schätzbare FreÜndschaft't kommen dürfte. —
— — Welch eine Ehre, unter eines Anacreons unsrer Zeit
Fretinden zu stehen! Ich danke Ihnen für diese Gütigkeit
auf das verbindlichste, wie auch dafür, daß Sie mir Dero neüe
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Schrifften, die ich für eine wahre Zierde der deutschen Dicht-
kunst halte, so wie sie das Vergnügen der Ihrem Dichter an
Witz und Leichtfertigkeit ahnlich kommenden Schönen sind,
zu überschicken beliebet haben. Ich wollte wünschen, daß ich
dieße Ihre Gefälligkeit erwiedern könnte. Wie es aber durch
Ueberschickung andrer artigen Gedichte nicht geschehen kann,
weil dergleichen in hießigen Gegenden nur alle Jubeljahre er-
blickt werden : also kann ich Ihnen auch nicht versprechen,
durch eine Sammlung meiner eigenen Arbeiten Ihnen meine
Erkänntlichkeit zu bezeigen. Es wird dieses nicht geschehen,
biß meine Muse so artig wird, wie die Ihrige, und gleichfalls
so glücklich wird, des Umgangs einer geistreichen Doris zu
genießen. Doch a propos ! ich glaube, es ist Ihnen mit Ihrer
Doris wohl gar Ernst? Sie giebt Ihre Schrifften ja sogar
heraus. Ich habe bißhero immer geglaubt, daß dieße schöne
Doris nichts anders sey, als die vielen Mädgens in einem Ihrer
Lieder, welche Sie durch eine poetische Dichtung zu einer
einigen Person gemacht und Doris genennt haben. Ich habe
immer Ihrem Hertzen die Standhafftigkeit nicht zugetrauet,
eine ordentliche Liebste zu haben. Hab ich mich betrogen,
so bitte ich es Ihnen und Ihrer Doris ab; allenfalls bedanke
ich mich bey dieser Schönen, daß Sie meiner in Ihrer Vorrede
rühmlich hat erwähnen wollen. Damit aber doch mein Paquet
nicht so gar klein sey, so überschicke Ihnen einige meiner
poetischen Kleinigkeiten, ob ich gleich mich bescheide, daß
nicht viel daran ist.
Was ich vom Magister Duns schreibe, soll Ihnen zur Auf-
munterung seyn , gleichfalls wider dieße Herren zu eifern,
welche in den Leipziger Belustigungen und anderswo von der
Sprache der Musen abweichen, und die Sprache Wolfs in ihren
Versen einführen. Die Hofnung einer in Ihren Gegenden zu
entrichtenden Monatschrifft erweckt mir ungemeine Begierde,
sie bald im Stande zu sehen, und darinn sonderlich Ihre Verse,
nebst dem was aus HE. Rosts und andrer Freünde von Ihnen
Feder fließt, zu erblicken. Eine arme Fränkische Muse würde
unter dießen Meistern der Dichtkunst eine schöne Parade ma-
chen ! Gewiß, ich wollte den Leipzigern nicht gerne Ursache
geben, dieser neüen Monatschrifft was anzuhaben. Nicht
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wahr? Die Herren in Leipzig können ihre Widersacher zu
schänden machen ? Haben Sie des HE. Blauroekelii Ointenfäßl
geleßen? Der Verfasser wird manche acht Groschen bey einem
Tyrolermädgen vercourtesirt haben, biß er ihre Sprache so be-
griffen hat. HIO. von Hagedorn hat, wie ich aus dem Meß-
catalogo ersehen, einen zweyten Theil seiner Oden herausge-
geben. Ich habe ihn noch nicht gesehen , bin aber sehr un-
geduldig darnach. Ich gratulire zur neöen Ehrenstelle, wann
es zur Würklichkeit noch kommen sollte. Schreiben Sie mir
doch ja bald wieder. Ich bin mit der größten Passion
Dero
Onoitzbach. Den 27. Jun. gehorsamster Diener
1 745. Uz.
P.S. Wo ist HE. von Kleist? machen Sie Demselben
und Herrn Naumann meine gehorsamste Empfehlung. HE.
Schnell ist noch in Jena, und hab ich also Dero auf ihn ver-
fertigtes Gedicht, zu meinem Verdruß, noch nicht gesehn. Ihr
blöder Schäfer hat sehr wohl reden lernen, seitdem er zu mir
gekommen. In der That, seine Sprache ist nun sehr unge-
künstelt und rein. Wo find ich was von HE. Langens Muse?
20. Gleim an Uz.
Mein Wehrtester Freund,
Ich empfieng ihr sehr wehrtes Schreiben fast in dem
Augenblick, in welchem meine Unruhe über ihr langes Still-
schweigen am größten war. Sie können hieraus schließen, mit
welchem Vergnügen ich ihre Hand erkennete, als ich die Auf-
schrift ihres Briefes sah. Aber wie komt es, daß er so lange
unterwegens gewesen? Er ist den 27l£if Jun. datirt und ich
habe ihn erst vor 8 Tagen erhalten. — — —
Die leztbeygefügten Stücke hatte ich, ohne ihr Geständ-
niß, für ihre Arbeit gehalten. So viel und merckliche Schön-
heiten unterscheiden ihre Wercke von allen übrigen meiner
Freunde ! Sie sind so anständig gepuzt, daß man sie so gleich
unter den allzu gezwungenen, und allzu nachläßigen Kleidungen
erkennen kan. Sie sind ein Schmeichler, wenn sie gestehen
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daß ihre Muse noch nicht so artig sey, als die meinige. Sie
ist artiger, und wenn sie mir hierin wiedersprechen, so sage
ich, sie ist doch schöner. Meine Muse gleicht der Pamela,
wenn sie in ihrem Zimmer wenig besorgt ist, ihrem HE.
v. B.[iron] zu gefallen, die ihrige ist ihr ähnlich, wenn sie
mit vollem Reitz ihrem Liebhaber entgegen eilt. Der HE.
v. Kleist ist Urheber dieses Vergleichs, woraus sie sehen, daß
er mir weniger schmeichelt, als sie. Ich habe ihm heute ihre
Gedichte abgeschrieben. Er liegt in Brieg in Schlesien bis
dato in Guarnison , welches macht, daß ich seinetwegen we-
niger in Sorgen stehe als wenn er sich' mit den Panduren
herumschlagen mtiste, wie er auf dem Marsch aus Prag nach
Schlesien gethan hat. Er hat schon etliche Complimente an
Sie bestellt. Weil ich ihm so viel Wesen gemacht von ihrer
beständigen Freundschaft, so habe ich mich von ihrer Kalt-
sinnigkeit und unterbliebenem Schreiben gegen ihm nichts
dürfen mercken laßen, ich habe ihn dahero einige mahl von
Sie gegrüßt, ohne selbst gegrüßt zu seyn. Sie stehen bey
meinen Freunden in dem besten Andencken, sie kennen sie
und ihre Scharfsinnigkeit so gut als mich. Noch vor einigen
Tagen schreibt mir der HE. von Hagedorn, wegen ihres
Morgengebeths der Schäfer, welches ich ihm nebst einigen
andern Stücken von ihnen Uberschickt habe: „HE. Uz würde
^ einen losen Cubach abgeben, fals er ein Gebetbuch für die
„ Schäferwelt, verfertigen solte." Die letzte Arbeit des HE.
v. Hagedorn ist eine Ode: Der Wein, auf drey Bogen in 4.
prächtig gedruckt. Er hat meiner in einer Strophe gedacht,
da er von dem Unterschiede der Trincker redet. Das Gedicht
ist an sich nur eine Verbeßerung desjenigen, welches bereits
in seinen Kleinen Gedichten, zu deren Herausgabe, wie er mir
schreibt, ihn ein Zweydeutiger Freund genöthigt hat, sich be-
findet. Sonst ist mir, seitdem ich aus Berlin bin, nichts neues
zu gesicht gekommeu. Sie wißen doch bereits aus meinem
letzten Schreiben, daß ich seit dem 4ton May in Deßau bey
dem Fürsten mit dem Schnurbarte Sekretär bin. Ich arbeite
jetzt daran, wieder nach Berlin zurück zu kommen, weil ich
nicht von einem Orte entfernt seyn kan, wo mein Hertz ist.
Ich erwarte jetzt alle Augenblicke Ordre dem Fürsten nach
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Berlin zu folgen, von da ans werde ich von neuem, wie ich
verinuthe in den Krieg gehen müßen. Aber dis dispensirt
sie nicht vom Schreiben. Ihre Briefe finden mich allemahl,
wenn sie nur nach Deßau oder Berlin, unter der alten Addreße
kommen.
An ihren lezten Gedichten ist eben so wenig verbeßer-
lichs als an den übrigen so sie mir Obersandt haben. Die
Reimer werden nur den Schall in den Reimen tödtet und
redet tadeln. Die neue Monathschrift sollte zur Hauptab-
sicht haben , den metaphysischen Dunsen Einhalt zu thun.
Meine Umstände laßen nicht zu Theil daran zu nehmen. HE.
Meyer in Halle der vom Scherz geschrieben, wird systematische
Abhandlungen wieder die prosaisch-trockenen Belustiger lie-
fern, und HE. Baumgarten in Fninckfurt wird auch einen
Beytrag thun. Dieser letztere hat mir eine artige anakreon-
tische Ode geschickt. Vor einigen Wochen ist seine Doris ge-
storben, welche, als ich ihn im vorigen Winter besuchte, meine
scherzhaften Lieder so artig sang. Ihr Meisterstück, den Lob-
gesang des Frülings habe ich mit vergnügen zum andern
mahle gelesen. Ich hätte ihn gern mit der ersten Edition zu-
sammen gehalten, aber ich habe die Belustigungen nicht bey
der Hand. Ich muß ihnen bey dieser Gelegenheit sagen, daß
ich gescherzt habe, als ich den HE. v. Kleist vor den Ver-
faßer des Gedichts an den Verfaßer des Lobgesangs des Frü-
lings ausgegeben habe. Ich bin es selbst gewesen, der sie in
einer poetischen Begeisterung vor den Früling gehalten hat.
Sie haben in ihrem Gedichte fürtrefliche Stellen, und es ist
dlirchgehends ganz borazisch. Wir haben blutwenig in die-
sem Geschmack; ich weiß fast gar nichts, und es körnt nur
auf sie an, auch in diesem Stück den Geschmack der Deut-
schen zu verbeßern. HE. Lange hat einige schone Versuche
gemacht, vielleicht laße ich einige Stücke unter dem TituI:
Versuch in Horazischen Oden, drucken. Er hat im Silbenmaß,
im Abschnit der Strophen, im Schwung, in der Verschieden-
heit der Bilder den Horaz zu erreichen gesucht. Wenn ich
Zeit übrig behalte, will ich eine Probe abschreiben. Schreiben
sie mir ihr aufrichtiges Urtheil vom Recept und dem übrigen
was sie empfangen. Wie glücklich wäre ich, wenn sie in der
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Nähe wären, und wie leicht solten sie meinen Geschmack ver-
beßern, wenn ich mit ihnen beständig umgehen könte. HE.
Bodmer läßt einige Gedichte von HE. Pyra und HE. Langen
drucken , betitult : Freundschaftliche Gedichte. Wollen wir
unserm Rudnick nicht ein Denckmahl stiften? Ihre und HE
Rudnicks Reliquien würden ein Bändgen ausmachen. Doch
ich habe schon einmahl keine Antwort erhalten und jetzt möchte
ich wohl am wenigsten Zeit haben, die Besorgung des Drucks
zu übernehmen. An HE. Naumann habe das Compliment be-
stellt. Er ist jetzt bey mir, aber nur im Portrait. — — —
De Kau
den 12 August
1745.
Das Recept.
An Herrn Uz.
Als HE - - - Doctor wurde.
Freund, heute wird ein Doctor jung
Ich gebe dir Versicherung,
Du wirst ihn in dem Purpur kennen
Du wirst ihn gleich HE. Doctor nennen,
•i Wenn er zu Hauß im Doctorhut,
Verliebter und gelehrter thut.
Doch nein, die Thorheit zeigt ihn nicht
Sein Scherz, sein redliches Gesicht
Sein Sinn, sein Reden und sein Schweigen,
10 Sein wahrer Vorzug wird ihn zeigen.
Erkenn und prüfe seinen Werth
Und, wenn er deine Scherze hört
So laß ihn auch den meinen hören
Dann wird er dir nach seinen Lehren
15 Das Recipe darinn erklären.
* *
*
Ein Ritter von Alkalenthur
Wünscht sich ein einzig Söhnchen nur
Kr läßt, den Wunsch erfüllt zu sehn
Manch Stoßgehet gen Himmel gehn
20 Allein, ro oft er seufzt und fleht,
So hilft ihm doch kein Stoßgebet.
Daß keins sehr hoch gestiegen sey,
Mißt man der Schuld des Beters bey
Weil er, wie Sirach falsch befiehlt
U I e i in r / , ltriolwci li»el. ()
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Z> Sein Weib zu sehr im Zaume hielt.
AI» er von Gram ganz kranck und schwach
Des Mittags noch im Bette lag
Da brach er in den Seufzer aus,
Ach Gott — erhalt doch nur mein Hauß.
:hj Kr hätte krum und sehr gebückt
Noch manchtn Seufzer fortgeschickt
Allein es kam sein treues Weib
Und rieth, doch nur zum Zeitvertreib
Die blöden Seufzer zu bestärcken
:ii Den theuren Mann zu Liebeswercken.
Der als er willig Bich bewieß
Noch einen Seufzer von sich stieß
Madame — helft — mir doch - zum Erben
So könt ihr meine Huld erwerben.
10 So will ich bald vergnügter sterben.
Ach soll — mein Stamm - - - denn Untergehn!
Mein Schatz, erhaltet doch mein Lehn.
Stell, Ritter, Stell dein Seufzen ein
Madame soll behül flieh seyn
lö Wer nur sein liebes Weib laßt walten,
Der kan und soll sein Lehn erhalten
Dis wüste sie so gut als ich
Und doch beklagt und grämt sie sich
Und tröstet den betrübten Alten,
Und spricht: Wie soll ich es erhalten?
Ach Erben! ja — wie kriegt man sie
Vergebt den Wunsch und spart die Müh
Wie oft ist uns in muntrer[nj Tagen
Die beste Hofnung fehlgeschlagen?
.v. Wenn ich die Warheit sagen soll,
Ihr seyd ja kranck, und ich nicht wohl
Ich kan eucli keinen Erben geben
Schaft euch erst ein gesundrea Leben
Krfrischt einmahl das böse Blut
m Und murret nicht, und seyd mir gut
Vielleicht kan ein vergnügtres Leben
Gesundheit Kraft und Erben geben.
Und Erben? Ja, so sagt mein Mund
Macht mich nur wohl, und euch gesund
Ui Ich will den neuen Doctor fragen
Vielleicht kan der ein Mittel sagen.
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83
Der Doctor kam und ward gefragt
Und was Mc ihm schon oft geklagt
Klagt sie zur Lindrung ihrer Quaal
70 Den jungen Doctor noch einmahl.
Der Doctor frug den Heilung« Gott:
Wie hilft man doch aus solcher Noth?
Eg war nicht nüthig ihn zu fragen
Das Mittel pflegt nicht fehl zu schlagen
75 Das man, eh man die Götter fragt
Den Schönen zu verschreiben pflegt,
Wenn sie von keiner Kranckheit wiüen
Und nur den Mann verklagen müßen.
Sie hätte mir es klagen sollen
yo Ich hätt ihr dis verschreiben wollen.
Es hätte dieses Mittels Kraft
Den Erben für das Lehn geschaft,
Von meiner Kunst hätt ich vielleicht
Den jungen Doctor überzeugt
8.'» Jedoch es ist mir würcklich lieb
Es half auch das, was er verschrieb.
Mich deucht, er fragte seinen Gott
Nicht ernstlich, nein, er that's aus Spott,
Er sann, und schrieb darauf beym Thee
(J0 Ein Elenlanges Hecipe
Zu dem er, welches sie nur wüste
Die Species selbst geben muste.
Nun — sprach der fromme Mann herbey
Gott seegene die Arzeney.
96 Madamen soll geholfen seyn.
Sie nehmen nur die Tropfen ein.
Ihr Meister in Galenens Kunst,
Wie leicht ist euch der Schönen Gunst!
Gesunde Schönen werden kranck ,
1<ki Sie bitten euch um einen Gang.
Ihr komt und hört, was man euch fragt
Und schweigt, wenn mau euch gnug gesagt;
Verschreibt der Krancken was zum Schein
Und seid hernach mit ihr allein,
105 Und ändert, was ihr ihr verschrieben
Und labt den Mann am Arzte lieben.
Wie aber? wenn der treue Mann
Sein Weibgen nicht verlalien kan.
84
Sagt doch, ihr Herrn, wie fangt ihrs an,
110 Daß er, sein Weib und ihren Kuß
Auf vierzehn Tage mißen muß
Damit ihr, wenn mane euch vergönnt,
Das Recipe verändern könt
Nicht wahr? ihr thut, was jener that.
IIa Den Mann der euren guten Rath
Der euren Beystand nöthig hat
Curiret ihr nicht in der Stadt.
Den Vortheil tapfrer Manbarkeit
Gibt die gesunde FrülingsZeit
ISO Die man viel nützlicher genießt
Wenn man von Sorgen ledig ist
Dann nützt uns auch zum Zeitvertreib,
Kein Mädgen und kein junges Weib.
Kurz, ihr behauptet mit Bedacht
125 Der freyen Lüfte Heiluugamacht
Und sagt in gleichen Fällen nach
Was Doctor Faust zum Ritter sprach,
Als er, ob er es gleich nicht solte,
Gesund und mannbar werden wolte
190 Kr sann nun auf die Arzeney
Wodurch der Mann zu helfen sey
Und sprach zuletzt, Nun weiß ich, wie?
Ks fehlt nur frische Luft für sie
Sie müßen sich aufs Land begeben,
i:i:> Und da vergnügt doch mäßig leben
Doch laßen sie, dis ist mein Rath
Die Frau Gemahlin in der Stadt
Zur Förderung der Arzeney
Drey Tage und drey Nächte frey
140 Und bringen ihr nur starcke Glieder
Und sich nach dreyen Tagen wieder
So sollen sie bey Wohlergehn
Die Würckung meiner Tropfen selm
So werden sie, ich muß es wißen
140 Bald ihren Krben wiegen müßen.
Was meint ihr, das der Ritter that
Kr folgte seines Doctors Rath
Kr that getroßt, was man ihn rieth
Und sann dort auf ein Wiegenlied
120 Ich will es, sprach er, selber singen
Den Krben in den Schlaf zu bringen.
85
Kr reißt aufs Land und kehrt zurück
Und wagt so gleich sein Meisterstück
Das ihm so leicht so gut gerieth
1*> Als kurz zuvor das Wiegenlied.
Es waren nach der Arzeney
Zehn volle Monde kaum vorbey
Als, denckt doch an das Recipe
Ein Junckerchen sich meldete
100 Das er, so bald man ihm es wieß
Mein Ebenbild, mein Söhnchen hieß.
Und wenn, und wo zu jeder Zeit
Die Mutter rief; der Juncker schreyt
So sang sein Lied: Bin ick nich brav —
I6.1 Den Juncker wieder in den Schlaf.
Ich weiß nicht was der Doctor machte
Er hört es, winckte mir und lachte.
Schreiben sie mir doch, ob der Erzählung etwas entgeht,
wenn ich die Tropfen weglaüe. Mich deucht, man versteht
sie zu leicht.
Die neue Matrone von Ephesus.
Den heiligen verschonten Wald
Des Pans geheimen Aufenthalt
In dem Diana furchtsam jagt
In den sich keine Nimfe wagt
ö Der seit undenckbar langer Frist
Von alten Eichen finster ist
Den sieht in einer Abendstund
Ein wilder Jäger und sein Hund.
Komm Waldmann, spricht er, komm hinein
10 Und finde mir ein wildes Schwein.
Er scheut, von Mordsucht stolz erfüllt
Kein rothes und kein schwarzes Wild.
Er streicht im Walde hin und her
Und meint jezt schüttle sich ein Bär.
I i Er spant sein tödliches Geschoß
Und geht gerüstet auf ihn loß
Und schießt, ach Mörder ach Tiran
Kein wildes Thier, nein, einen Mann.
Er geht, die Beute zu besehn
20 Und sieht dabey ein Mädgen stehn
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Das, ach verruchter Mörder! spricht
Verschone nur mein Leben nicht
Verkürz es durch den schnellsten Schuß
Da der durch dich jetzt sterben inuß
2.» Der mich so treu so zärtlich liebt.
Der Mörder schwieg und stand betrübt
Und sah die Angst der Schönen an
Und augenblicklich starb der Mann.
Die treue Liebste voller Leid
;jo Fiel auf ihn, schrie, zerriß ihr Kleid
Nahm den Erblaßten in den Arm
Küßt ihn und sprach = Das Gott erbarm!
Der Mörder — Himmel — welche Noth
Bestraf ihn du gerechter Gott.
% Den Mörder rührt der Treue Gram
So sehr, daß er selbst Lust bekam
Ein so getreues Weib zu lieben
Und es einst sterbend zu betrüben.
Kr eilt der armen Witwe zu
4«) Und spricht, mein Schatz, was weinest du
Was hilft dein Jammer deine Noth?
Dein Liebster bleibt ja doch nun tod.
Mein Schatz, ich habe dich betrübt
Und itzt bin ich in dich verliebt.
15 Nimm mich zu deinem Liebsten an
So hast du wieder einen Mann.
Das Mannbedürftge Mädgen that,
Warum der neue Liebste bat.
Es bat nicht mehr um einen Schuß
:*) Es gab ihm selbst den ersten Kuß
Es nahm ihn freudig in den Arm
Und sprach nicht mehr: Das Gott erbarm!
Und eh der helle Tag begann,
Begrub es den Erschoßnen Mann.
Hier sind ein paar Strophen aus Hagedorns Ode: Der Wein.
0 warum sucht die fernste Banck - - -
Der Wein, der aller Herz erfreut - - -
Weit klüger war Anakreon - - -
Die Beschreibungen eines Bachusfestes des Silens, eines
truncketien Spavento haben besondere Schönheiten.
Wenn sie mehr Gedieh t[e] haben wolleu so inüßen sie
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öfterer schreiben, und mir von ihrer schönem Poesie nicht so
wenig schicken.
21. Uz an Gleim.
Hochgeehr[te]ster Herr und Freünd,
Ich schreibe an Sie, ohne zu wissen, ob oder wo sie mein
Schreiben bekommen werden. Sie sind ohne Zweittel mit
Ihrem Fürsten zu Felde gegangen, und gehen auf das liebe
Leipzig loli. Versündigen Sie Sich nicht, mein YVerthester!
Thun Sie Leipzig kein Leid, ich bitte Sie in Prosa und in
Versen darum. Bedenken Sie als ein Christ, was für artige
Mädgen und noch artigere YY'eibgens daselbst sind, und dali ich
eine Doris drinnen habe. — — — Zwey Hinge wünsche ich
mir noch und zwar täglich : in Leipzig mich noch einmal mit
einem Freünde, wie Sie sind, zu vergnügen; oder wann dieses
ja nicht seyn könnte, nur bey Ihnen allein etliche Tage zu
seyn. So wenig der Krieg mir gefällt, so wollte ich doch
denselben so wenig, als Sie, achten, wenn ich um Sie seyn
könnte. Ich gestehe Ihnen, es hat, vieler Ursachen wegen,
resolution dazu gehört, die Bedienung anzunehmen, worinn Sie
nunmehro stehen, und wozu ich Ihnen gratulire. Meine Ab-
sicht ist allezeit geweßen, einen Secretair abzugeben; aber ich
glaube kaum, daß ich mich entschließen könnte, bey einem
Soldaten und sollte es auch ein Held seyn, Secretar.[iusJ zu
werden. Sie werden es meinem wenigem Courage zuschreiben.
Die wahre Absicht darunter aber ist, daß ich lieber in Affairen
mich umsehen und die Welt sehen möchte; hiezu glaub ich,
daß bey Ministern, Gesandten pp bessere Gelegenheit ist. Wie
vielmal ist mir dergleichen Stelle schon versprochen worden,
wenn sich Gelegenheit dazu zeigen würde! Aber sehen Sie
hier das Elend der kleinen Städte, wo dergleichen Gelegenheit
sich nur alle secnla ereignet: in Berlin und dergleichen Orten
würde hiezu bald Rath werden. Doch dieses ist nicht das ver-
drüßlichste bey meinen Umständen. Es fehlt hier an Freünden,
welche Geschmack und eine Kenntnis des feinen Schertzes und
des angenehmen Umgangs haben ; welche meine Muse beur-
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theilen und vollkommner machen konnten. Hieraus, glaub
ich. hat sie die Unanständigkeit an sich genommen, welche ihr
der HE. von Kleist auf eine verdeckte Art vorwirft; daß sie
nehmlich sich schminke. Dieser schlaue und feine Kenner sagt
zwar nur. mein Werthester, Ihre Muse sey artiger und meine
schöner: aber ich merke wohl, wo er hinaus will, und bin auch
völlig damit einig. Ihre Muse ist ohnezweiffel so artig und so
ungekünstelt schön, als keine in Deutschland, und ich werde
niehmals etwas machen, das ihr gleicht. Bey Ihnen fliebt alles
aus der Quelle: Sie denken immer artig und dürfen hernach
nur simple ausdrücken, was Sie gedenken. Ihre muntern und
politen Gesellschafften gebeu Ihnen zu den artigsten Einfallen
Gelegenheit und gewöhnen Sie zu einer gewißen ungekünstelten
Art zu denken und sich auszudrucken, die eine Muse niehmals
erreichen wird, wenn Sie ihr selbst überladen ist und keine
Criticos zum Umgange hat. Wie weit artiger ist ihre Muse
zu Berlin worden, als sie zu Halle war! Ihre Gesellschafften
in Berlin aber sind auch artiger, als die Sie in Halle hatten.
Sehen Sie hieraus, mein Werthester, ob es meiner Muse so-
sehr zu verdenken sey, wenn es ihr an natürlicher Anmuth
fehlet, und sie, um nicht gar zu liederlich zu erscheinen, sich
ein wenig schminket. HE. von Kleist ist ohnstrittig einer
Ihrer geistreichsten Freiinde. Erhalten Sie mir doch die Ge-
wogenheit dieses unvergleich[lich]en Cavaliers und auch ihrer
übrigen Freünde. Es ist mir eine groüe Freüde, wenn solche
Geister meine Verse wenigstens des Lesens würdig schätzen;
und muß ich lachen, wenn ich bedenke, daß meine Muse in
Berlin besser bekandt ist, al sin Anspach, wo kaum zwey Per-
sonen von ihrer Existenz wißen. Ich fühle seit einiger Zeit
kein Feüer und keine Lust, zu poetisiren; und ich hätte Ihnen
auch sonst niehmals etwas poetisches überschicken können,
wenn ich nicht zum öfftern ihre Verse gelesen, und durch
dieses Lesen, als durch den Dreyfuß des Apollo, einen Funken
von des Apollo Feüer selbst in mir zu fühlen angefangen hätte.
Schicken Sie mir doch zum öfftern etwas von ihrer Arbeit:
Die letztem Stücke waren ziemlich leichtfertig. Sie sollten
Erzählungen schreiben. Die nai'fe Art zu schreiben haben Sie
vollkommen in ihrer Gewalt: und diese macht den vornehm-
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steii Keitz einer Erzählung aus. Wird HK. Rost nichts wieder
drucken laüen? Hat er sich denn sosehr mit HE. Liscov ver-
feindet, daß sie wider einander schreiben wollen ? Das wäre
ein Unglück für Deutschland. Was ist HE. Liscov, und was
ist HE. Rost? Schreiben Sie mir doch einige Umstände von
ihnen. Ich habe einen guten Freünd, der durch die Lesung
eines einigen Stückes von HE. Liscov, völlig in ihn verliebt
worden, und zu allem Unglück können wir seine gesamten
Schriflten nicht bekommen. Was führen sie für einen geueral-
Titel? Hat man keine neüe Auflage zu hoffen? Das Blat ist
abermal voll und ich bin noch nicht fertig. Doch Sie haben
mehr zu thun, als mein Geschmier zu lesen. Leben Sie wohl
und machen mich nicht elend durch langes Ausbleiben Ihrer
Antwort. Ich bin,
Dero
Anspach gehorsamster Diener
den 15. Sept. 1745. Uz.
P.S. Ich glaube, Ihnen schon geschrieben zu haben, dali
die Bremischen Belustigungen mir gefallen. Schreiben nicht
Leüte daran, die auch in den Leipziger Belustigungen sind?
mich dünkt. Die Verwandlungen sind nicht nach meinem
Gout. Die Fabel vom Möpsgen und Esel ist sehr artig: wer
mag Autor davon seyn ?
22. TJz an Gleim.
Hochgeehrtester Herr und Freünd,
Ja, ja, wenn ich Sie gehen lieüe, so schrieben Sie mir in
Ewigkeit nicht. Warum antworten Sie auf mein Schreiben
vom vorigen Jahre mit keiner Zeile ? Hätten Sie sich wenig-
stens nicht entschuldigen sollen, daß Sie, meiner Vorbitte un-
geachtet, Leipzig zu ängstigen und einzunehmen für gut be-
funden haben? Vielleicht haben Sie wichtige Ursachen dazu
gehabt; vielleicht haben Amor und die Leipzigerinnen dieser-
wegen sich an Ihnen gerochen. Alles das will ich wissen,
und erwarte davon, wie von Ihrem ganzen Feldzuge, umständ-
lichen Bericht. — — — Sie werden diesen Brief nicht sobald
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gelesen haben, da Sie sogleich die Feder ansetzen und zween
volle Bogen, nebst einem Bändgen Ihrer und Ihrer FreGnde
Gedichte, au mich schreiben werden ; sonderlich, wenn Sie das
Datum Ihres letztern Schreibens, vom August, a. p. wie ich
vermuthe, ansehen. — Wenn ich wüste, dafc Ihr braunes
Madgen Ursache wäre, dati ich keine Briefe von Ihnen be-
komme, indem sie Ihre niüL'ige Stunden vielleicht alle aHein
haben will: ich glaube, meine Muse vergriffe sieh an ihr. so
viel sie und ich sonst Hochachtung für diese würdige Freundin
des artigsten Dichters haben. (liebt sie nicht bald wieder ein
Bändgen vou Anacreons Liedern heraus? ich bin sehr begierig
darauf. Wissen Sie nicht, wer an den Bremischen ße? trägen
arbeitet? es stehen, wie mich deucht, auch anacreontische
Liedergen darinn. Sie, mein Werthester, sind meister: was
gäb ich drum, wenn ich Sie sprechen könnte! Sie sind ohne
Zweiffei so reizend und so schalkhaft als Ihre Muse und Ihre
Doris. Weil ich Ihres Umgaugs entbehren mul>, so seyn Sie
doch nicht so neidisch und mißgönnen mir auch Ihre Briefe,
uebst Ihren Gedichten. Ihr blöder Schäfer hat, unter andern,
hier in Anspach sehr viel Beyfall gefunden. Ich bin aber
wohl sehr einfältig, daL; ich unsern Beyfall Ihnen anführe, als
wenn Ihnen was daran gelegen seyn könnte. Ich bin unge-
mein ungeduldig, des HE. von Hagedorn gesammlete Gedichte
zu sehen: kommen sie noch nicht bald heraus? auch nichts
von HE. Kost und HE. von Liskov? Das sind drey Nahmen,
an die und den Ihrigen ich niehmals ohne Hochachtung ge-
denke. In Berlin soll ein französisches .Journal gedruckt wer-
den : Sie werden wissen, wer die Verfasser sind und ob es
seiner Absicht genug thue. Sie haben mir ehemals verspro-
chen, von HE. Langens Poesie was zu überschicken: wollen
Sie nicht Ihr Versprechen halten? ich gestehe, ich bin ganz
schüchtern, Sie mit abschreiheu sosehr immer zu plagen: wa-
rum lassen Sie da* IVoject, eine Monat hsschriftt von dortigen
aufgeweckten und sinnreichen Köpfen zu veranstalten, unaus-
geführt? So würden Sie des verdrtikliehen Abschreiben über-
hoben seyn . und ich öfter etwas vortreffliches zu lesen be-
kommen. Erhalten Sie mich hey Ihren F refinden in gutem
Angedenken, und machen denen, die mich ihrer Gewogenheit
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würdigen, mein ergebenstes Compliment. Schreiben Sie mir,
was HE. von Kleist und HE. Naumann machen, und ob Sie
keine Nachricht von HE. Götze haben. — — —
Onolzbach. Den 1. Martis.
1746.
P.S. Sollte etwan ihre Antwort auf mein letzteres Schrei-
ben auf dem Wege seyn : so lassen Sie sich ja den Satan nicht
verleiten, auf meine Antwort wieder zu warten, sondern schrei-
ben gleich wieder.
23. Gleim an Uz.
Mein theurester Freund,
Ich mag mich nicht entschuldigen, warum ich ihr letztes
Schreiben vom 15 Sept. vorigen Jahres erst jetzo beantworte.
— — — Ich liebe sie wie Kleisten, und K leisten , wie sie.
Ich bin gestern von diesem wehrten Freunde aus Potsdam
hieher zurückgekommen. Wir haben in unsern Unterredungen
tausendmahl an Sie gedacht, wir haben ihre und ihres Mäd-
chens Gesundheit getruncken, und wir wolteu gemeinschaftlich
an Sie schreiben, aber dencken sie einmahl was uns verhin-
derte! Der Herr von Seidlitz, Kleistens bester und auch mein
Freund, wurde plötzlich kranck, und hiedurch wurden unsere
Vergnügungen, unsere Unternehmungen und unsere Gemüther
in völlige Unordnung gesetzt, und ich wurde überdem wegen
meiner Angelegenheiten genöthigt, hieher zurückzukehren.
Der HE. v. K.fleist] hat mir indeü versprochen, ein Schreiben
zum Einschiuli mit erster Post zu senden ; wenn er vor Ab-
gang der Post Wort hält, so werden sie Versicherungen seiner
Freundschaft von ihm lesen. In der Holle der Dichter sezt
er sie gleich nach Hagedorn.
Sie sehn, daß ich willens bin viel zu schreiben, und in
der That, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Doch, sie
werden begierig seyn, meinen bisherigen Lebenslauf zu wilien;
hier ist er. Ich blieb bey dem Fürsten von D.[essau| als
StaabsSecretair von der Armee bis zu der Zeit, da die bey
Halle campirende Armee Ordre bekam in die Quartiere zu
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marchiren. Ich gieng von Deßau ab nach Magdeburg, theils
einiger Geschäfte willen, theils auf den Wege nach Berlin
einige Freunde zu besuchen. In Magdeburg wurde ich, ich
weiß nicht zum Glück, oder Unglück, kranck, denn ich muste
da liegen, da unterdeß die Armee von neuen aufbrach in
Sachsen zu gehen. Meine Stelle als StaabsSecretair muste also
von einem andern besetzt werden und ich muste zu Hause
bleiben. Ich will ihnen durch keinen weitern Bericht zu
mercken geben, ob mir dieser Umstand augenehm gewesen sey
oder nicht, ich will ihnen vielmehr sagen, daß ich nachhero
eine ziemliche Zeit unstet und flüchtig gewesen, bald in Laub-
imgen bey HE. Langen, bald in Magdeburg bald in Halber-
stadt, bald in Stollberg bey dem Grafen, und nachhero bald
in Lähme, bald iu Berlin bald an andern Orten. Nach der
Wiederkunft des Königs setzt ich mein Augenmerck auf eine
anderweitige Beförderung, ich hielt um des verstorbenen Krieges-
Kath Winckelmanns Bedienung in Oüstrin an, ich erhielt sie,
ich machte 1000 R; Caution. Das General Directorium, wel-
ches mich examinirte, hatte nichts wieder mich einzuwenden,
und ich wartete drey Wochen auf Abfertigung und Besitzneh-
mung dieses Emploi, aber — — (hier lesen sie die Geschichte
eines Menschen, der ein Ball des Glücks außer der Metapher
ist) ein Regiments Quartier Meister erschlich durch die Re-
commendation des Grafen von Rothenb.[urg] eine Cabinets-
Ordre, und ich erhielt Befehl abzustehen, und mich anderweit
zu melden. Dies ist mein Lebenslauf bis hieher. Nun warte
ich von neuem auf den Tod meines künftigen anteceßoris. Wie
bald er erfolgen wird, oder wie späte, das wird mir nun lieb
oder verdrießlich seyn. Es ist ein Unglück für mich, daß ich
in Absicht auf meine Beförderungen, meinen Neigungen nicht
ungezähmt folgen kan. Sonst würde ich nichts anders wäh-
len, als was sie wählen würden, ich meine, wie sie mir schrei-
ben, die Stelle eines Legations Secretairs, der noch Gelegenheit
hätte die Welt zu sehen. Wenn sie hier wären, so könten
sie dazu eher gelangen als ich, der ich mich nicht darum be-
werbe. Nun will ich andere Dinge mit ihnen plaudern, ohne
Ordnung, alles was mir einfällt will ich schwatzen. Sie kön-
nen mir eben so antworten.
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Ihre Muse ist ein allerliebstes Mädchen. Ich dancke ihr
für das artige Lied, daß sie ihnen an mich eingegeben hat.
Sagen sie i Ii r aber doch daß sie in Zukunft mehr aufrichtig,
als schmeichelhaft gegen mir seyn möchte. Wo hat ihr denn
der HE. v. Kleist vorgeworfen, daß sie sich schmincke? Er
hat ihre Gedichte nie satirisch gelobt. Er schätzt sie so hoch,
als sie es verdienen, und er kennt ihren unvergleichlichen Ge-
schmack eben so gut, als ich. Wollen sie einen Beireiß haben
daß ich ihn kenne? Haben sie nicht die Horazische Ode an
Bachus die so in den Bremischen Beitrügen steht, gemacht?
Sie kan von Niemand kommen als von ihnen, ich sage es,
Herr v. Kleist sagts, Herr Naumann und Herr Ramler. Sie
geben mir alle recht, daß ich den Verfaßer errathen habe.
Sie haben den Hora/ischen Ausdruck recht in ihrer Gewalt,
ich beschwöre sie, mir alles, was sie in dem Geschmack ge-
macht haben, in dem nächsten Briefe mitzutheilen. Die Stücke,
welche ich von eben der Art mitsenden werde, sollen sie
dazu verpflichten. Schreiben sie mir zugleich ihr Urtheil über
dieselben. Die Siege Friedrichs sind von Herrn Langen, der
in den freundschaftlichen Liedern die HE. Bodmer herausge-
geben hat, der Dämon ist. Ich will ihnen die freundschaft-
lichen Lieder mitschicken, vielleicht haben sie sie dort nicht.
Schreiben sie mir ihr Urtheil davon. Zwei Stück gefallen mir
besonders darin, das 2if vom Thyrsis (welches der seelige Fyra
ist) und das von Dämon so sich schließt: Oft Lieder höre.
HErr Lange hat viel Genie und kennt den lloraz, aber er ist
zu hitzig und schreibt zu flüchtig. Die Siege Friedrichs hat
er in einem Nachmittage gemacht. Ich habe ihm versprechen
müßen eine Samlung von seinen Oden heraus zu geben, und
ich wolte es thun, aher er hat sich seit kurzen gar zu sehr
verschlimmert, und er will sich rauthwillig in den Streit der
Schweitzer und Leipziger mischen, womit ich nichts zu thun
haben mag. Was hat man für Vergnügen von so groben
Zänckereyen, und welchen Nutzen ! Ein Gedicht von gutem
Geschmack, stiftet mehr gutes, als hundert bittere critische
Scheltschriften. Wozu soll man von neuem anfangen? Herr
Bodmer hat mir geschrieben, daß er von mir die Verteidigung
der W'arheit und des guten Geschmacks erwarte, aber ich
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werde sie nicht anders auf mich nehmen, als was durch meine
geringe Ausarbeitungen per indi rectum geschehen kan. So ist.
der HE. v. Hagedorn auch gesinnt, und so werden sie es auch
seyn, wehrtester Freund. „Pyra ist mitten in seinen Siegen
gestorben, Liscov ist ein schlafender Löwe, Rost kämpft in
der Kriegs Canzley, Hagedorn hält hinterm Berge. Die Zeit
wird uns daher lange bis Ew. Hochl. mit ihren Freunden den
Harnisch anlegen." So schreibt Herr Bodmer mich und Sie
und meine übrige Freunde aufzumuntern. Haben sie Lust?
Ich gestehe es, ich habe einen Abscheu vor den gelehrten
Kriegen, wie vor denen, in welchen statt der Dinte, Blut ver-
golten wird, und fiberdetn verbietet mir die Besorgung meines
künftigen Glücks, mich in Weitläufigkeiten einzulaßen. Ich
will mein Leben ruhig beschließen, darum muli ich vermeiden,
was meine Ruhe im geringsten stören kan. Ich schreibe nur
zu meinem Vergnügen und für meine Freunde; was kan ich
wichtiges schreiben? Die Begierde nach Ruhm ist bey mir
sehr geringe, sie verleitet mich nicht zu der geringsten Aus-
schweifung, noch zu der kleinsten Mühe. Die Kleinigkeiten,
welche ich ihnen abermahl von mir mit schicke, sind keine
Wiederlegung dieses Sentimens, sie beweisen vielmehr die War-
heit deßelben, denn sie sind alle zum Vergnügen, ohne Arbeit,
aus der Feder geflogen; Wenn ich indeßen noch einmahl Lust
kriegen solte, mit mehrerem Nachsinnen etwas auszuarbeiten,
so solten es horazische Oden seyn, doch sie und HE. K amier
haben mir schon die Hofnung benommen, etwas t fichtig es zu
leisten. Darf ich ihnen entdecken was ich mit dem lezteru
verabredet habe? Wir wollen eine kleine Satnlung von etwa
sechs Bogeu horazischer Oden unter dem Titul : Versuch in
lyrischen Gesängen, herausgeben. Wißen sie wie wir 30 Stück
dazu hernehmen wollen? Sie sollen zehne dazu liefern, ich
zehne, und HE. Knmler eben so viel. Sehn sie, wir machen
die Rechnung ohne dem Wirth. Werden sie wohl Lust haben
sich mit uns zu vergesellschaften? Wenn sie ja sagen, so
sollen sie auch wißen, daß wir den schönsten Druck und das
gröste Papier dazu nehmen und sie (doch nur vielleicht!) dem
Könige dediciren wollen. Nein das vielleicht fällt weg; es
soll nicht geschehen. Der König wird ihre Oden nicht &sti-
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iniren und wen» sie noch so unvergleichlich sind , weil sie
nicht französisch sind. Der Lohgesang des Krülings, so wie
sie ihn geändert haben, die Ode an Bachns, und die mit Rei-
men, so sie noch aus Halle an mich gemacht haben, wenn sie
etwas daran ändern z. E. die hier nicht gangbaren Reime
saßen lasen, dis sind schon dreve auf ihr Conto. Vielleicht
haben sie noch 7 fertig liegen. Die meisten müGen ohne Rei-
men seyn. Wollen sie, daß aus diesem Scherz, Ernst werde?
Wenigstens würden ein Duzend solche kleine Saralungen, jede
von besondern Geschmack, mehr nutzen, als dreimahl so viel
Streitschriften. Herr Sulzer, (sie kennen ihn doch schon?)
hat auf sich genommen, den Geschmack der Correspondenten
durch eine Samlung freundschaftlicher Briefe zu verbeßern.
Er wird aus einem großen Vorrath würcklich geschriebener
Briefe von den HE. Langen HE. Naumann, von mir von sich
selbst, so viele aus suchen, als zu einem kleinen Bändchen
nöthig seyn werden. Wollen sie einen Beitrag thun ? Es
werden alle Nahmen und Umstände, die besondere Dinge an-
gehn, herausgelaßen. Nun will ich ihren Brief aufsuchen
und einige l'uncte beantworten. Was für ein angenehmer
Brief! Ach wie ärgert es mich, daß ich Leipzig nicht mit
erobert habe. Sie haben ja eine Doris darinnen, wie hätte
ich sie beschützen wollen ! Aber sie haben sie mir nur mit
dem poetischen Nahmen genent, wie würde ich sie aufgefun-
den haben. Das Schicksahl hätte mich zu ihr führen müßen,
so wie es in den Memoires d'un homme de qualite den Mar-
quis auf dem portugisischen Schiffe zu seiner Niece führt,
ich wäre so lange mit ihrer Doris bekant gewesen, als der
junge Marquis mit der verkleideten Türckin, bis sich die
Doris selbst verrathen hätte, oder sie durch Eifersucht. Ha-
ben sie im Ernst ein Mädchen in Leipzig? Icl> will künf-
tige Meße hinreisen. Wie heißt es? Wo wohnt es? Darf ich
es in ihrem Nahmen küßen ? A propos was macht der Engel
in Anspach , an den sie einniahl an ihrem Nahmens Tage
eine Ode über den Kaifee machten? Ich meine ihre Madem.
Schwester? — — —
Haben sie des Herrn von Hagedorns Ode auf den Wein
gelesen? Heute habe ich ein Schreiben vom Herrn v. Was-
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berg (der die Wochenschriff, den Freydencker gesehrieben hat)
aus Danzig bekommen, woraus ich errathe, daß er willens ist
anakreontische Gedichte herauszugeben. Ich wundere mich
daß man [an] dieser Art so viel Geschmack gefunden hat.
Jedermann will jetzo anakreontisiren, dadurch wird der Vor-
zug der Neuheit bald wegfallen. Wer hat ihnen gesagt, daß
Host und Liscov wieder einander schreiben wollen ? Sie werden
es in den Hallischen Bemühungen gelesen haben. Diesen
Dingern müßen sie nichts glauben. Sie haben die Lüge ge-
schrieben HE. Liscov und HE. Rost aneinander zu hetzen, aber
wie werden sie bey so vernünftigen Leuten ihren Endzweck
erreichen ? Herr Liscov und HE. Rost sind beide in Dresden.
Der erste ist Maitre de requetes und der andre Secretair.
Herrn Rost kenne ich von Person und habe ihn in Dresden
besucht aber nicht HE. Liscov, der war eben verreist. Der
HE. v. Bilefeld (Gouverneur des Prinzen Ferdinand der den
Montesquiou de la grandeur des Romains p ins deutsche und
einige politische Schriften ins französische übersezt hat, ein
Schwager von HE. v. Stüven der jezt in Bareuth ist und eben
der ist, deßen Uebersetznng der Alzire die Neuberin der gott-
schedischen vorgezogen) hat mir ihn ehemals caracterisirt.
Seine Lebensart ist so frey und ungezwungen, als seine Sa-
tiren. Diese sind unter dem Titul : Samlung ernsthafter und
satirischer Schriften, herausgekommen. Ich weiß nichts von
einer neuen Auflage. Wenn ich wüste, daß sie sie noch nicht
besäßen so wolte ich sie ihnen itzo mitschicken, denn sie wer-
den doch ein ganz paquet Witz bekommen. Außer dieser Sam-
lung ist unter Liscovs Nahmen nichts bekant, als die Vorrede
von Heineckens Uebersetznng des Longin, die aber nicht so
fein ist, als seine übrigen Sticheleien. HE. Rost soll die Vor-
rede vor Königs Gedichten gemacht haben. Haben sie sie
gelesen? Ich habe seit 17a Jahren nichts von HE. Rost ge-
hört , und wo mir recht bin ich ihm noch eine Antwort
schuldig. Ich gestehe es, ich mache mir die Bekantschaft der
berühmtesten Männer allzuwenig zu Nutze, aber ich weiß selbst
nicht aus was für Ursache. Vielleicht darum, weil ich ihnen
weniger mißfallen will, wenn ich mich ihnen in einer gewißen
Entfernung zeige, so wie gewiße Schildereien in der Ferne
N
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beßer gefallen. Haben sie den ersten Tlieil des Opitz gesehen
so wie ihn Bodmer und Breitinger gesellschaftlich herausgeben.
Es wird ein unvergleichlich Werck werden. HE. Gottsched
bekomt sein Theil in den Anmerckungen. Von den Verfaßern
der Bremischen Belustigungen sind mir einige genent, z. E.
Zachariä ist der Verfaßer der Verwandlungen , Gärtner hat
das Schäferspiel gemacht, einige andere fallen mir nicht bey.
Die Belustigungen des Gemüths haben einen gewißen HE.
Naumann zum Verfaßer. Sie sind sehr mittelmäßig und hie
und da recht schlecht. Berlin ist jetzo kein Sammelplatz
witziger Köpfe mehr, wie sie es ehmals genent haben. Einige
sind tod, z. E. Lamprecht, Pyra, einige sind weggegangen
z. E. Dreier, Rost, Straube, an dem Hofe sind noch einige
Kenner, der HE. von Bilefeld, der HE. von Borck, die etwas
deutsches aestimiren. Die französischen Witzlinge, die ich kenne,
sind die elendesten Köpfe von der Welt. Z. E. Francheville,
der eine pension hat, ist nicht mehr wehrt als Stoppe, und
einige andere sind nicht halb so viel wehrt. Indeß über-
schwemmen sie die Stadt mit ihren Poßen. Un sot trouve
toiijours un plus sot qui Tadmire. Den Panegyrique du Roi
hat der Prof. Forniei gemacht der die Belle VVolfienne geschrie-
ben hat. Tout ce qu'on a publie ä la gloire du Roi ne sert
que pour estimer davantage ce qu'il a publie lui ineme. Ist
es nicht Schade, daß Deutschland unter ihm nicht das goldene
Alter der belles lettres erleben soll ? Meine Freunde allein
wären fähig das Seculum Angusti und Louis XIV. blühen zu
machen, wenn sie aufgemuntert würden. Aber es ist wenig
Hofnung übrig. In der Academie ist allem Deutschen der
Eingang verboten, es wird alles übersetzt. So sehr ich das
Französische «stimire, und so gut ich weiß, daß uns die Fran-
zosen weit voraus sind, so unbillig ist es doch die Sprache des
Vaterlandes und seinen Witz ganz nachzusetzen. — — —
Ich schicke ihnen hiebey ein Haufen Witz, den müßeu
sie erwiedern. Empfehleu sie mich dem HE. Prof. Christ,
der, wie ich weiß, von ihnen hochgeschätzt wird. — — —
Berlin
den 6525 Martis 1746.
Oleiui-Uz, Briefwechsel. 7
98
HE. Ramler lilGt sich bestens empfehlen, HE. Naumann
hat auch schon oft GrfiÜe bestelt. Er lebt noch immer von
seinem Reichthum und setzt fleißig in Lotterien aber er ge-
winnt nichts, a propos D'Argens schreibt jetzt wieder Gott-
sched. Er hat mit einigen andern ein Journal angefangen,
in deßen erstem Stück ein spitziger Brief wieder ihn und seine
Kulmus steht. —
24. Gleim an Uz.
Mein theurester Freund, (*** diß sind Zeichen daß ich sie kQOe)
Ich antworte ihnen hurtiger als sie es haben wollen.
Denn sie lesen doch lieber die flüchtigen Einfälle eines Ge-
sunden als die gründlichsten Betrachtungen die einen Krancken
verrathen. Aber ich will nicht warten bis ich wieder gesund
bin ; ich bin ja noch nicht recht kranck, ich könte gar ster-
ben, und dadurch verhindert werden, ihnen noch eiumahl zu
sagen, daß ich Sie, wie meine Seele liehe * ; ich will schreiben,
es mag verdrießliches oder lustiges Zeug seyn. Sie haben er-
rathen, daß sich unsere Briefe begegnen würden, es ist am
Mitwochen einer an Sie abgegangen, oder vielmehr ein ganzes
Paquet, haben sie es erhalten? Ich habe darin schon alles
beantwortet, was sie mir in ihrem Schreiben fragen. Ver-
langen sie noch mehr zu wißen? Bey Abgang des Briefes
hatte ich unterschiedenes, das ich schreiben wolte, vergeßen,
und nun kan ich es mir in der Eil nicht besinnen. Vielleicht
fält es mir noch ein. * Ich will fort schreiben.
Was für eine unvergleichliche Ode haben sie mir ge-
schickt! Aber mein Gott warum trauen sie mir so wenig
Einsicht zu, daß ich nicht sehen soll, wie viel Verdienste sie
haben. Laße ich mir zu wenig mercken daß ich es einsehe?
Seyn Sie zufrieden, ich will ihnen in Zukunft in allen Brie-
fen, die Lobeserhebungen womit meine Freunde und abson-
derlich der HE. v. Hagedorn ihre Muse überhäufen, über-
schreiben *. — Sie sind der redlichste Freund, und der
w i tzi gste Kopf. ******
Den Augenblick erhalte ich ein allerliebstes Schreiben
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99
von meinem lieben Kleist von meinem andern Uz. Er ent-
schuldigt sich, daß er keinen Brief an Sie eingelegt habe,
und bittet um einen Gruß an Sie. Hier haben sie ihn ganz
frisch. Schreiben sie doch einmahl an diesen liebenswürdigen
Freund. Ich bin nach Empfang seines Briefs halb wieder
beßer, und halb von den ihrigen, also werde ich wohl ganz
wieder munter seyn. Seidlitz ist außer Gefahr, welches mich
herzlich freuet, er ist Kleistens einziger vernünftiger Freund
beim Regiment. Kleist will die Schäferwelt, wieder den Ver-
faßer der Bürgerwelt oder wieder mich vcrtheidigen. Haben
sie die Bfirgerwelt schon gelesen? Der HE. v. Hagedorn hat
mich nachdrücklich ersucht sie nebst der Schäferwelt drucken
zu laßen, aber ich trage Bedencken, es ohne gewiße Umstände
zu thun. Vielleicht aber thue ich es doch. Der HE. v. Kleist
will sich mit mir vergesellschaften zu einem Versuch in ernst-
haften Gedichten , und ich soll sie dazu einladen. Vielleicht
wird man unter mehrern Stücken die Schäferwelt mit so vieler
Beobachtung nicht warnehmen, als geschehen würde, wenn
man sie allein in die Welt schickte, Sie hat ohnedem schon
mehr Lärm gemacht, als sie wehrt ist. Doch man hält mei-
stens den seel. Lamprecht für den Verfaßer, wobei ich jeden
gern laße, und sie müßen es auch thun, wenn jemand mich
davor hält. Weil ich von Sachen die gedruckt werden sollen,
rede, so will ich zugleich antworten, warum ich gern sehe,
daß der Vorschlag wegen einer Monathschrift ins Stecken ge-
rathen ist. Dis Mittel zur Aufnahme der schönen Wißen-
schaften ist nicht mehr neu genug. Deutschland ist mit Mo-
nathsschriften überschwemmt, alle Buchladen wimmeln davon.
Indeßen hätte ich doch Lust etwas zu unternehmen. Wißen
sie wie? Doch ich habe es ihnen schon im vorigen Schreiben
eröfnet. Wenn man in jedweden besonderm Geschmack ein
Bändgen lieferte, einen säubern Druck veranstaltete, und
Meisterstücke machte so könte man noch durch die Menge
der elenden Scribenten hindurch dringen. Sie, Herr Ramler
und Herr v. Kleist müsten das meiste dabey thun. Herr
Langen muß man gar zu sehr corrigiren, wenn seine Arbeit
gelten soll, Herr Naumann will nichts schreiben, oder er kan
nicht, er hat in ein paar Jahren nur zwei Hochzeitgedichte
7*
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100
und 2 anakreontische Oden gemacht Wenn sie doch an seiner
Statt hier wären. Gestern ist er bei mir gewesen, und da
haben wir ihre Gesundheit in einein Glaß schlechten Moseler
getruncken. Wie viel beßerer Wein kau ihre Muse anfeuren !
sie sind dem Bachus am Rhein so viel näher, als - - ich mag
dis als nicht voll machen. Sie würden es nur für Schmeichelei
halten. * * Ich kau ihre Ode nicht kritisiren, sie hat keine
Fehler, oder wenn sie welche hat, so werde ich sie heute nicht
entdecken. Das Ding von dem Dinge ist recht schalckhaft
schelmisch, ich werde es HE. v. Hagedorn mitschicken. Ich
erwiedre es durch eine Mordgeschichte. Beurtheilen sie sie
doch, ich habe mich beflißen jede Strophe mit einer burlesque
zu beschließen. Ich habe sechs Erzählungen fertig, wenn sie
eben so viel haben, so könten wir unsere Miscellanies zusam-
men drucken laßen wie Pope und Schwift. Sie sind dann Pope,
aber ich werde so wenig Schwift seyn, als wenig ich seinen
satirischen Kopf habe. Ob HE. v. Hagedorns Gedichte Ostern
herauskönnen werden weiß ich nicht. Von seinen Gedichten :
die Glückseeligkeit, die Wünsche und der Weise, ist eine neue
Edition erschienen. Schütze hat ohne mein Vorwißen die dritte
Edition von meinen Liedern angefangen (nemlich nur vom
lsten Theil). Es ist schon zu späte meinen Absichten nach
eine Aenderung zu machen, aber hie und da werde ich doch
etwas changiren. Ich werde z. E. einige Zweideutigkeiten weg-
nehmen, die keine seyn sollen. Haben sie die Zeile in der
Vorrede: sie weiß nicht daß du auch eine hast vor zwei-
deutig gehalten? item Da, hier hast du meinen Pinsel! Meine
intention ist es nicht, obgleich der HE. von Bilefeld meinte,
das ganze Gedicht sey um der letzten Zeile willen. Liskov
und Rost möchten wohl, so bald nicht wieder erscheinen. Sie
stehen in Bedienungen die sie allzugeschäftig machen, mir
wird es auch bald so gehen, und ich wünsche daß es geschehen
möge. Ich werde gleich kranck , wenn ich faul bin. Ich
wünsche mir nur eine Bedienung nach meinem Sinn.
HE. Lauge hat ein artig Mädgen, eine Blondine, die die
freundlichste unter allen ist, sie dichtet auch, lacht und küßt:
sie hat mich auch geküßt und mit mir Lieder gesungen, aber
letztens habe ich sie, nein nicht sie, sondern vielmehr ihren
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101
Geliebten böse gemacht. Sie bat eine Ode auf den König
drucken laßen und die habe ich schlecht genent, ich habe noch
mehr gethan, und habe kein Bedencken getragen, andere
Freunde, welche es gelobt haben z. E. HE. Meier in Halle,
HE. Sulzer, zu wiedersprechen; darüber ist HE. Lange em-
pfindlich worden, aber er ist schon wieder gut, und er hat es
mir abgebeten, daß er böse gewesen ist. Hiebey koint sein
Schreiben an mich wegen Verlust der cüstrinschen Bedienung,
ich habe es vor HE. v. Kleist abgeschrieben, nun sollen sie
es haben. Wie gefällt ihnen die Ode des HE. v. Kleist das
Landleben und die an Belinden von HE. Ramler? Beide
Verfaßer schätzen sie fast so hoch, wie ich. Herr Lange nent
sie den Dencker bey fleischigen Füßgen. Ich bin nicht mit ihm
zufrieden, daß er wegen des critischen Streits nicht enthalt-
sam genug ist. Zincke in Hamburg hat ihn getadelt, warum
kan er das nicht leiden? Ich laße alles Kunstrichtern, was
will, und kehre mich an nichts, und antworte Niemand, und
befinde mich wohl dabey. Von HE. Götzen weiß ich nichts.
Ich habe sie schon nach ihm fragen wollen. Wo mag er seyn?
Können sie mir nun entdecken, was sie einmahl wieder ihn
gehabt haben ? Sehen sie wie wenig ich aufhören kan, wenn
ich mit ihnen plaudre, aber ich mag kein neues Blat anfangen.
Empfehlen sie mich den dortigen Kennern qui putant meas
esse aliquid nugas. Machen sie daß ich dort lebe! Ich will
sorgen daß die hiesigen Fluren von ihrem Nahmen wieder
schallen. Antworten sie so bald wie ich, und schicken sie mir
eben so viel von ihrer Muse * *. Ich bin mit unveränder-
licher Zärtlichkeit,
Meines liebenswürdigsten Freundes
Berlin ergebenster
den 12111' Martis Gleim
1746 ')
Ihr Brief ist den liil' datirt. Muß er denn 12 Tage bis-
hieher reisen ?
Von dem französischen Journal ist nur ein Stück heraus.
Es bedeutet nicht viel. Der Brief, der Gottscheden angreift
1} Im original verschrieben: 1745
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102
ist der witzigste. Sonst kommen mir Urtheile und Nach-
richten von Büchern darin vor. Ihr Magister Duns hat allen
ungemein gefallen, die das Original kennen. Ich will ihn doch
mit au Bodmern schicken. Ich bin versichert daß er ihn nicht
mißbrauchen wird. Ich mag sie nicht loben, Bie schreiben un-
vergleichlich belier alls alle; zehnmal beßer als ich!
Die freundschaftlichen Briefe sollen mit HE. Sulzers (ohne
Nahmen) Vorrede hier noch vor der Meße gedruckt werden.
Ich habe einen ihrer Briefe dazu hergegeben. Wenn sie Lust
haben, noch mit einigen die Samlung zu schmücken, so wird
es noch Zeit seyn, mit künftigen Posttagen vor Ostern. Es soll
Niemand in den Briefen genent werden, auch nicht einmal) l
mit dem AnfangsBuchstaben, sie sollen kleine den Leser inter-
eßirende Umstände enthalten, artige Versicherungen der Freund-
schaft, kurz solche Briefe sollen es seyn, wie sie schreiben,
adieu, lltvouev aßpx yeaovts;. Xopsuato u,eia xoup7j; ßatk>-
xoXncu.
Haben sie Barnesii Edition vom Anacreon gesehen? Ich
will sie durch den HE. v. Hagedorn aus Engelland kommen
lauen. Was macht ihre Uebersetzung? Ich habe noch einige
Oden Übersetzt aber schlecht. Ihre sind alle beßer, schicken
sie mir doch einige Bogen voll davon. Ich will ihnen nichts
schuldig bleiben. Ich will alle hiesigen witzigen Köpfe auf-
bieten sie zufrieden zu stellen, und wenn sie sich nicht re-
vangiren so will ich ihnen lauter Gedichte von Capitain Rober
schicken. Solche Scartequen erfüllen täglich die [Bogen?]1)
An Daphnis dem seine Hofnung fehl schlug2)
Freund, wunderst du dich noch, daß dir es so ergeht, — [ von S. G. Lange J
Schreiben sie mir, was sie für Witz aus hiesiger Gegend
verlangen. Haben sie Hagedorns Gedichte von der Gltick-
seeligkeit. p. Bodmer und Breitinger schreiben Auszüge aus
den Gelehrten Zeitungen und darunter eigne Criticken haben
sie die schon gelesen ? In Zürch komt ein französisch Blat
unter dem Titul Misodeme heraus von HE — ich besinne
mich nicht: wieder Gottsched Stoppen pp. Eben der Ver-
1) Abgerissen. 2) Die folgenden beilagen auf sechs besonderen
octavblättern.
103
faßer arbeitet an einem Gedicht Le gont deprave en Alle-
magne. Herr Meier wird gleichfals künftige Ostern ein Werck
drucken laßen : Von den Ursachen des verderbten Geschmacks.
Verniuthlich wird HE. Gottsched herhalten müßen. In seinein
Werck vom Kunstrichter hat er ihn schon oft gehauet, doch
mit aller Hochachtung. Er ist Schuld daran, daß Lange so
wenig an sich hält; doch die Liebe vor seinen verstorbenen
Freund Pyra verleitet ihn wohl am meisten. Ich habe einige
von des seel. Pyra Mscpten von den Schönheiten in Virgils
Aeneas und die Uebersetzung des ersten Buchs und etwas von
dem folgenden. Wie gefält ihnen sein Erweiß daß die Gdtt-
schedische Secte den Geschmack verderbe. Die Schweizer ha-
ben einen tüchtigen Beistand verlohren.
Der neue Jonas.
An Herrn - -
Soldat und Schiffer lügen Mir ist nicht anzusehen,
Von Schifbruch und von Kriegen Was mir bisher geschehen.
Italien und Flandern Ich Pater, Schout by Nacht und
I*»t voll von Alexandern, Wirth
5 Und steigt ein Schiffer aus der Bin zwanzig Jahr herumgeirrt.
So iats ein neuer Crusoe. [See,
Z> Ich hab in manchem Stande
Jüngst dient, auf meiner Reise Zu Waßer und zu Lande
Ein Gastwirth zum Beweise. Viel Unglück leiden müßen.
Er dachte seine Lügen Ich weiß nicht, ob sie wißen,
10 Verschütten mir Vergnügen, Daß ich mit einer Perserin
Drum plaudert er, den halben Tag, ;iu Im Wallfischbauch gewesen bin?
Uz, sey gequält, ich plaudr' ihm
nach Nach sechszehn KriegesZügen,
* * Und nach nicht mindern Siegen,
Nun fluch ich auch dem Meere, Must ich, trotz meinen Thaten,
Wie einst dem Kriegesheere. In Sclaverey gerathen.
K» Der Waßer Ungeheuer x, Zum Glück - - denn es verliebte
Flieh ich wie Schwerd und Feuer, sich
Und bleib in Strasburg Bürgers- Die schönste Perserin in mich.
mann,
Wo mich kein Fisch verschlingen Sie liebte mich zwölf Tage,
kan Da wagt ich schon die Frage:
Du Stern der Perserinnen
Mein Herr, seit zwanzig Jahren 40 Wilst du mit mir entrinnen?
20 Hab ich sehr viel erfahren. So blöd ich ihr ins Auge sah,
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104
So hurtig war die Antwort: Ja 73
Und gleich nahm ßie die Ketten,
Und sprach: wenn uns zu retten,
4.) Nun auf dem wilden Meere
Nur eine Barcke wäre!
Und als sie nach dem Ufer sah, 80
War glücklich Mann und
Barcke da.
Sie bot ihm zwölf Zechinen,
;/) Er war bereit zu dienen,
Und bat uns einzusteigen,
Und sprach, den Weg zu zeigen :
Geh du Nordost, zum nächsten
Port!
Die Barcke ging, wir schwammen
fort.
v,
00
Wir sahn bei hellem Himmel
Das fröhliche Getümmel
Der scherzenden Delphinen
Und Meerpferd unter ihnen
Und kamen, eh wirs uns versahn,
00 Vergnügt im nächsten Hafen an. U5
Hier wolten wir der süßen
Versäumten Ruh genießen,
Und, alles zu vermeiden,
Rieth ich uns zu verkleiden.
(Vi Schnell ging mein Rock auf ihren
Leib 100
Sie ward ein Mann und ich ein
Weib.
Und nach dem Strande sähe
Uns seitwerts rudernd nahe
Und sprach mit freyer Redlichkeit
Wie einer, den ein Gast erfreut.
Sie werden sehr gebeten
Mit mir an Bord zu treten.
Wir wolln ein bisgen speisen
Und dann gleich weiter reisen
Denn ich bin an des Mannes statt
Der sie hieher geführet hat.
Schnell flohen unsre Blicke
Bald vorwerts, bald zurücke,
Es war, ach welcher Schrecken!
Der Mann nicht zu entdecken.
Mein Mädchen sprach kein eintzig
Wort,
Und zitternd traten wir an Bord.
Als wir beim Tische saßen
Und traurig wenig aßen
Sprach unser Wirth: sie eßen!
Der Führer sey vergeßen.
Versparen sie nur Furcht und
Gram
Ich bringe sie nach Amsterdam.
Vor Schrecken, Furcht und
Verstummeten wir beide, [Freude,
Und keiner konte wagen
Des Führers Stand zu fragen.
Und mir fiel oft die Meinung ein
Er müß ein Geist gewesen seyn.
In diesem Weiberstande
Sah ich nicht fern vom Strande
Viel Perser müßig stehen,
70 Und nach dem Hafen sehen
Schnell nahm mich Furcht und
Schrecken ein
Du wirst, dacht ich.vcrrathen seyn.
Ein Mann der freundlich lachte
Kam als ich dieses dachte
Nach eingenommner Speise
Beim Antritt unsrer Reise
10) Bat ich den Gott der Winde:
Ach sey mit un9 gelinde!
Sey mir und meinem Mädchen gut
Und mache daß der Sturmwind
ruht.
Drauf schwamm das Schiff vom
Lande
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105
lio Es wich gemach dem Strande
Der Tag war schön und helle
Es schwiegen Sturm und Welle
Doch eh sichs Mann und Schilt"
versah
War Sturm und Blitz und Welle da.
115 Pechschwarze Wolcken krachten
Beständge Blitze machten
Um Mann und Schiff und Welle
Das dicke finstre helle
Als solten wir bey Angst und
Flehn
120 Den nahen Tod noch beßer sehn.
Wir fuhren auf der Welle
Zum Himmel und zur Hölle.
Bald ward das Schiff vom Toben
Der Fluten aufgehoben;
125 Bald bläckete des Meeres Schlund,
Dann fiel es wieder in den Grund.
Ach! rief ich laut, voll Schrecken:
Nun wird uns Waßer decken.
Ach ! Schatz, daß ich im Grabe
130 Dich noch im Arme habe
Wünsch ich mir einen Wallfisch-
bauch
Mein Mädchen sprach: den wünsch
ich auch.
I4ö Mein Herz fing an zu pochen
Denn kaum war es gesprochen,
So schien bei Wellenschlägen
Der Wallfisch sich zu regen,
Und plötzlich stürzt er Schiff und
Last,
150 Und in dem Meere stach der Mast.
Ich und mein Mädchen schwam-
Nicht weitdavon beisammen ( raen
Da kam auf uns mit Flößen
Der Walfisch losgeschoßen
155 Ach, fing mein Mädchen an zu
schrein
Auf einmahl schlang er uns hinein.
Als wir nun in dem Magen
Nicht nah beisammen lagen
Da will ich mich bewegen
160 Und mich ihr näher legen,
Allein der Wallfisch hältnichtstill,
So oft ich auch ihr näher will.
Dis Wälzen und dis Lärmen
Mag Magen und Gedärmen
165 Worinn er uns begraben
Nicht angestanden haben
Drum drangen sie im Augenblick
Mich wieder durch den Schlund
zurück.
Schnell komt in Waßerwogen Ich hielt' di* war das beste'
Ein Wallfisch angeflogen 170 Das liebe Mädchen feste,
135 Und hält sich in der Tiefe
Recht unter unserm Schiffe
Das als ers dreimal umgewandt
Auf seinem Rücken stille stand.
Drum wards mit mir verschlungen
Und auch herausgedrungen,
Ich hielt es noch fest an der Hand,
Und lag schon an dem Meer im
Sand.
Ach! sprach ich ganz verstöret, 175 Ich bitt um mehr zu hören
HO Der Wall fisch hat gehöret,
Was wir gewünschet haben.
Nun wird er uns begraben.
Verschling uns, Walfisch, sprach
mein Schatz,
Im Wallfisch einzukehren
Der Wirth, Herr Michelmeyer
Weiß tausend Abendtheuer.
Schreib, schreib, du I)ö)i (Juixot
zur See!
Ist auch in dir für zweene Platz. 180 Schreib einen neuen Crusoe.
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106
An Belingen
Halinde, meide mich nicht im lustigen Mut, - - - [von K. W. Ramler]
Das Landleben an Herrn 'Jlcini
O Kreund! wr- *eelig ist der Mann zu preisen - - - [von K. C. v. Kleist]
25. Uz an Gleim.
Mein allerliebster Freund,
Ith beantworte auf eiumahl zwey Ibrer Schreiben, weil
Ihr zuletzt geschriebener Brief um acht Tage eher ankam, als
derjenige, den Sie ungemahnt au mich abgeben lieben. Was
für Vergnügen haben Sie durch heede mir gemacht!
Schreiben Sie mir immer, wenn ich Ihnen oder Ihren Freünden
manchmal nicht mißfalle; Sie muntern mich auf, es in[s]
kfinftige so gut zu inachen, als Sie mir schmeicheln, es schon
gemacht zu haben. Aber schreiben Sie mir auch, worinn ich
nicht gefalle. Das wird öfter seyn, als das erstere, und Sie
sind doch so sparsam damit. Doch genug hievon ; ich komme
auf Ihre Fatalitäten und betlauere Sie, daÜ es Ihnen nicht
nach Wunsch ergangen. Ich bin indeüeu versichert, dab es
Ihren Verdiensten nicht an Belohnung fehlen werde, an einem
Orte, wo es demselben nicht an Kennern mangelt. Ich ver-
wundere mich übrigens nicht mehr, warum die IVeüüen Leip-
zig geängstiget, da die arme Stadt des Vorspruchs Ihrer Muse
verfehlt hat. Hatte ich im Ernst ein Mädgen darinu, sie
sollten andre Elegien von mir zu lesen gehabt halten, iuson-
derheit weil icli in dem bedanken stund. dal» der leichtfertige
Anacreon als Secretar des Generals dahin kommen würde. Sie
haben so viel Gewalt über mich, dal» ich glaube, sie würden
mich bereden können, das erstemal verliebt zu seyn. ja gar
etwas von meinen Träumen drucken zu laüen. Wiiien Sie,
woraus ich es schlicke? weil Sie über mich vermocht haben,
dal» Sie ein Schreiben von mir an HE. von Kleist bekommen,
mit Bitte, demselben es zu übersenden. Es ist unversiegelt
und ohne Ueberschrift't. machen Sie damit, was Sie wollen.
Wenn Sie mir mit einiger Gewogenheit und Bevfall dieses
Herrn nur geschmeichelt haben, so ist es noch Zeit, dali Sie
* Digitized by Google
107
es zurück behalten , ehe ich mit meiner Verwegenheit ausge-
lachet werde. Deßen Ode über das Landleben scheint mir
vortreflich: er schildert so lebhafft als einer Ihrer Freünde,
und ist dabey in seinen Gedanken und Ausdrtickungen sehr
richtig. Die Horatzischen Oden, die Sie mir Übermacht haben,
zeigen mehr Feüer ; allein von Horatzens Liedern sind auch
die wenigsten pindarisch: von Lydien singt er, wie HE. Ramler
von Belinden. Diß kleine Stückgen ist sehr horatzisch, so-
wohl im SylbenmaaG als im Schwung, den er seinen Vorstel-
lungen giebt. Auch die Ode über Friedrichen ist voller Geist.
Herrn Langen anbetreffend, bin ich mit Ihnen einig, daß er
viel genie, erhabne und lebhaffte Vorstellungen und einen sehr
poetischen Ausdruck habe. Sein Feüer aber reißt ihn fort
und er nimmt sich, wie mich deücht, zuviel Freyheit in ueüen
Worten, als e. g. der verpestende Hauch p Sein Schreiben
hingegen an Sie, mein Werthester, hat mir ungemein gefallen
und beßer als die weitläufftige Ode. In den Freündscbaftt-
lichen Liedern herrscht ein wahrer horatzischer Ausdruck sehr
oft; ich bin Ihnen ungemein vor deren Uebersendung ver-
bunden. Wer hat die Erzählungen darinnen übersetzt? und
wer ist der Thomson? Die Erzählung von den drey badenden
Mädchens hat sehr viel Schönheiten. Herrn Langens Helden-
ode hat viel ähnlichs mit des scel. Pyra Ode auf das Langische
Bibel werk: dieselbe scheint mir aber nicht Horatzisch zu seyn,
soviel poesie sonst darinnen ist. Das Miltonische Wesen (halten
Sie mich für keinen Leipziger; ich verehre ihn, sie wissens)
Miltons besondere Art des Ausdrucks schickt sich vielleicht
nicht für die Ode, wenn es nicht sparsam und mit großer
Kunst, in gewißen Materien angewandt wird. Unter allen
neüern Dichtern und Nachfolgern des Horatz scheint mir kei-
ner deßen felicitatem curiosam besser erreicht zu haben , als
Prior, mein Favorit. Vielleicht gäbe mir HE. von Hagedorn,
der aus ihm verschiedne Erzählungen nachgeahmet hat, recht,
wenn Sie ihn hierüber befragten. Ich verlange, mit nächstem
über dieses Blatt meines Briefs Ihre umständige Erklärung:
vielleicht erwiedere ich diese Gefälligkeit mit einer Ode über
die Ode, wenn sie nicht avortirt, wie mit einer Ode über
den Bacchus ergieng, die ich projectirt hatte. Denn diejenige
108
in den Bremischen Belustigungen, die Sie mir zulegen , ist
nicht von mir. Ich laße nichts drucken, wenn Sie es nicht
vorher durchsehen. Ich bin übrigens gar nicht fähig, etwas
recht auszuarbeiten, daß es zum Druck tauglich wäre. Ob
Ihnen gleich alles was ich mache, zu Diensten steht, so bitte
ich Sie doch, damit Ihre Gedichte nicht zu verderben. Ihre
Schäfer weit ist vortief lieh, ich hab es Ihnen schon längst ein-
mal geschrieben; und ich bin äusserst begierig, die Bürger-
welt gedruckt zu sehen, weil Sie mir dieselbe nicht abge-
schrieben haben.
Wer hat die Oden über des Königs Zurückkunft gemacht?
mich dünkt Herr Kamler. Ist die andere davon nicht an HE.
von Bilefeld addressirt: der ersten Strophe letzte Zeile macht
mich begierig mehr Umstände von deßen Charackter zu wis-
sen, der mir reitzend scheint. Die Ode vom Graf Philibert
ist sehr schön, wie nicht weniger die andern geschriebenen.
Sie sind doch von Ihnen? Sie scherzen, wenn Sie mich loben,
dali ich den Horatzischen Ausdruck, vor andern, in meiner
Gewalt habe; da Sie selbst, nebst Ihren Freünden, darinnen
Meister sind. 0 machen Sie doch bald eine Sammlung von
lyrischen Gesängen fertig, und nehmen an meiner Statt HE.
von Kleist; ich habe, seit meines Lobgesangs auf den Früh-
ling, nichts reimloß abgefaßt. Die Oden, die Sie von mir diß-
mal bekommen, haben alle den Charackter nicht, welchen Sie
mit Recht in einer Ode suchen. Die lange Ode könnte vol-
lends Ihre ganze Sammlung in Berlin verhaßt machen; zeigen
Sie dieselbe einem andern. Ich mag so wenig Streitigkeiten
haben, als Sie, und bin völlig Ihrer und des HE. von Hage-
dorn Entschlußes. in den berufnen critischen Streit mich nicht
zu mischen, sondern an beyden Partheyen meine Lust zu haben.
HE. Bodmer, welcher Himmel und Hölle aufzuwiegeln scheint,
geht vielleicht zu weit. Mein Magister Duns könnte mich un-
vermerkt einflechten: drum will ich Sie bitten, denselben nicht
in die Schweitz zu schicken. Sie singen mit Priorn:
Let' ein censure, what caro J?
The Herd of Criticks J defie.
Let the wretches know, J write
Regardle88 of their grace or apight.
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100
No, no, the Fair, the Gay, the Young
(iovern the Numbers of my Song.
All that they approve i8 sweet,
And all is sense that they approve.
Laben Sie doch Ihre Erzählungen drucken : ihr alter Freyer
ist ungemein artig. Ich habe nie welche gemacht. Ich über-
schicke Ihnen Anakreons Ode vom Bathyll, damit Sie mir
dieselbe verbessern, sonderlich wenn Sie Harnesium bekommen
werden. Das netie Orakul wird Ihnen schlecht dünken, sonder-
lich wenn die Sache selbst auf so eine einfältige Art, wie hier
nicht bekandt ist. Fahren Sie doch fort, mein Werthester,
mich mit so artigen Nachrichten zu versehen: es ist mir alles
neü. Ich lebe ja wie in einer Wildniß. Herr Benfes ist, ausser
HE. .JustitzRath Christ, dein ich bev erster Gelegenheit Ihr
Compliment bestellen werde, der einzige Freünd, der Geschmack
und Lust hat, von den schönen Künsten zu reden; Ihr Cha-
rackter, wie ich ihn geschildert habe, und Ihre Verse haben
ihm sowohl gefallen, daß er von mir verlangt, Ihnen ein Com-
pliment von ihm zu machen. Ich bitte, dieses von meinet-
wegen bey HE. Kam lern, HE. Naumann zu thun. Lieben Sie
mich beständig, und schreiben mir bald. Ich bin mit der
gröbten Hochachtung
Dero
Anspach. Den 29. Mertz. ergebenster
1 746. Uz.
P.S. Sie wissen, was ich an HE. von Kleist wegen eines
gewiüen Stengels für eine Bitte gethan. Sie haben noch mehr
Freünde unter den Kriegsleüten : erkundigen Sie Sich auch ein
wenig, und schreiben mir es so bald als möglich, wenn Sie
was erfahren.
Ich habe in einem Catalogo die Ii Buch gefunden: Scherz-
hafte Lieder nach dem Muster des Anacreons, herausgegeben
von einem Bauzner. 8. Hainburg 1743. Was ist daran ? Laben
Sie doch die Pyraischen Msc. über den Virgil drucken: sein
BeweiÜ p ist sehr wohl geschrieben. Continuiren die Leipziger
Belustigungen? was ist an ihrem neiien Bmliersal. — — —
110
26. Gleim an Uz.
Mein liebenswürdigster Freund,
— Ich verbiete ihnen hiemit, mir jemahls vorzu-
werfen, daß ich Ihnen schmeichele, wenn ich sie lobe; wenn
sie es dennoch thun, so will ich sie nie wieder loben; aber
wie kan ich das unterlaßen ? Ich raüste ihre Verdienste we-
niger kennen, ich müste ihre Freundschaft nicht so hoch
schätzen, ich mtiste nicht wißen, daß sie kein Lob stolz ma-
chen kan, wie Herrn Langen. Denn der ist jetzo würcklich
zu sehr von seinem Wehrt eingenommen. Er giebt alles unter
die PreGe, was er denckt, alles mit einander, und Er ist übel
mit mir zufrieden , daß ich mit diesem Verfahren nicht zu-
frieden bin. Möchte «>r doch einen guten Theil von ihrer Ent-
haltsamkeit bekommen können, er solte ihnen davor seine
tiberflüßige Begierde seine Kinder des Witzes der Welt jung,
wie sie aus des Vaters Kopfe kommen, zu liefern, vertauschen.
Ich bin beständig von ihm angelegen, seine Horazischen Oden
herauszugeben , ich habe auch versprochen es zu thun, aber
mit dem Beding, daß er sie nach vorhergegangen! en] scharfen
Beurtheilungen ausbeßern möchte; er versprach dieses und et-
liche Wochen drauf, verlangte er von neuen, mein Versprechen
in die Erfüllung zu bringen, ich sagte ja, aber ich will vor-
hero das unrichtige welches sich in den meisten Stücken be-
findet mit einigen Freunden entdecken, und wo es angeht, ver-
ändern; auch dis währte zu lange; endlich schrieb er daß sie
HE. Bodmer herausgeben wolle; dis war mir angenehm, ich
übersandte sie, mit den Veränderungen, und bekam zur Ant-
wort, daß ich sie zurück erhalten würde, und daß sie HE.
Lange durch Niemanden als mir, der Welt übergeben laßen
wolte; vor acht Tagen, that er mir zu wißen, daß sie bereits
unter der Preße wären, und daß es wohl 10 Bogen werden
würden. Ich hätte kaum ein paar Bogen voll bekommen. Ich
weiß also nicht, ob ich mich in der guten Hofnung, die ich
von diesem guten Kopfe gehabt habe, nicht betriegen werde.
Seine Ruhmbegierde, wird seinen Ruh in vernichten. Ich habe
ihn aus Ueberzeuguug gelobt, und die Schweizer haben ihm
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aus Partheylichkeit geschmeichelt; es ist Schade, daß beydes
keine beßere Folgen hat. Ich habe mit ihnen, über HE.
Langens Schreibart in seiner großen Ode, völlig einerley Ge-
dancken. Was hat sie denn veranlaßt zu glauben, daß ich
andere Begriffe habe? Ich habe aus ihrem Briefe an HE.
v. Kleist ersehen, daß sie willens sind über die horazische
Schreibart mit mir zu zancken. Es ist mir lieb, daß ich nichts
zu wiedersprechen finde, ich würde sonst gewiß verlieren. Ob
Prior unter den neuern der beste Horatz sey, darin kan ich
ihnen nicht wiedersprechen, weil ich ihn noch nicht kenne.
Ich habe ihn letzthin in einer Auction kaufen laßen, als ich
aber das Buch haben wolte fand es sich nicht, ich muß also
von neuen sorgen, wie ich diesen ihren Favoriten bekommen
will. Denn er hält sich in den hiesigen Buchladen nicht auf.
Von dem HE. v. Hagedorn habe ich noch kein Urtheil einge-
holt, und ich habe daßelbe auch nicht nöthig, da ich das
ihrige habe.
Ich mag sie nicht loben, sonst wolte ich ihnen sagen, daß
ich in einigen ihrer Oden, absonderlich in dem Lobgesange
des Frülings mehr hora/.isches gefunden habe, als ich zer-
streuet in den Gedichten der Ausländer entdecken können. Ich
besinne mich nur auf eine französische Ode (mich deucht, sie
war vom Hacan) die sich mir von dieser Seite angepriesen hat.
Koußeau soll der französische Horaz seyn, der HE. v. Bile-
feld ist sein Vertheidiger, aber es ist mir nicht möglich ihm
beyzustimmen ; er hat vielleicht die Art des Horaz beßer ge-
kaut, als er sie erreicht hat. Die Engelländer haben den Ho-
razisehen Oden-Ausdruck , in verschiedenen Dichtarten, z. E.
dem D. Joung in den Neight-Thoughts, von denen die Fort-
setzung heraus seyn soll, fehlt bisweilen nichts, als ein beßer
Silbenmaaß, ein Plan, und ein anderer Schwung zur Ode. Mir
deucht ein gutes Silbenmaaß ist zur horazischen Ode noth-
wendig. Das, so sie erfunden haben, ist ganz unvergleichlich;
es ist so schön, daß ich wünschte, es mögte alles darin ge-
schrieben werden, was ich lesen sollte. In den neuen Bei-
trägen haben einige Stücke daßelbe. Ich kan mich noch nicht
zwingen, sie nicht für die ihrigen zu halten, aber wenn ich
mich zwingen will es zu thun, so fange ich auch gleich an
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zu zweifeln, ob sie würcklich so schon sind, und ob mich
nicht das schöne Silbentnaaß verblendet. Sie raüßen in dem-
selben noch mehr arbeiten, ich fodre dis von ihnen mit aller
Macht, die ich über sie habe.
HE. Pyra hat in einem fünfsilbigten freyem lateinischen
Silbenmaaße eine unvollkommene Tragedie hinterlaßen, aber
es würde keinen Beifall bekommen, weil er die Dactilen und
Jamben, mit gar keiner Sorgfalt, theils vermischt, theils auf
die rechten klangvollen Silben gelegt hat. HE. Kam ler sorgt
in diesem Stück, wie sie, und er hat einige Silbenmaaße aus-
gedacht, die mir ungemein gefallen. Wie gefallt ihnen dis?
Belinde, meide mich nicht, im lustigen Mai
Wenn dich mein glücklicher Fleiß beim Taxus ereilt
Und rufe nicht zwei stille Fräulein
Die meiner Liebe zum Aergerniß sind.
Wenn sie helfen, daß wir in dieser Art von Oden eine Sam-
lung zu Staude bringen, so helfen sie der deutschen Sprache
zu einem Vorzuge, den bisher nur die lateinische gehabt hat.
Aber es verpflichten sie wichtigere Gründe, Oden zu machen ').
Wollen sie ihren schönen Geist ungebraucht besitzen?
Wenn sie sich wundern, daß ich ihren Prior noch nicht
gelesen habe, so wundere ich mich, daß sie meinen Thomson
noch nicht kennen. Er hat verschiedenes geschrieben, insbe-
sondere Vier Gedichte über die Vier JahrsZeiten, welche
Brocks nicht hübsch übersetzt hat. Ich habe einmahl von
ihm gesagt: Thomson hat Popen übertreffen können, denn er
hat in Versen ohne Reimen gedacht. A propos, wird der HE.
v. Kleist mit ihnen wieder die Reimlosen Verse zu Felde ziehen?
Sie haben ihm ja deshalb geschrieben, und er hat ihnen be-
reits geantwortet. In der That, das wäre eben so viel, als
wenn sie die Brünetten herunter machen wolten , denen sie
doch mehr zu dancken haben, als den Blondinen. Ich will sehen,
wie weit es ihr Ernst ist, sich der Keime anzunehmen, wenn
sie mir die versprochene Ode über die Ode schicken. Sie sind
doch nicht damit verunglückt? Nein sie haben eine viel zu
gute Natur; schwache Weiber bekommen nur halbe Kinder.
Ich muß noch einmahl von ihrem Lobgesange des Frülings
1) Zuerst: ihren schönen Geist nicht zu sparen.
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sprechen. Sie haben mir denselben einmahl ganz verändert
geschickt, und zwar haben sie ganze Strophen verworfen. Vor
einigen Tagen bekam ich das so genante Buch ohne Titul,
welches von nicht gar zu guten Kennern dem HE. v. Hage-
dorn zugeschrieben wird, und insbesondere die Vorrede deßel-
ben zu lesen. In derselben fand ich eine lange Stelle aus
ihrem Lobgesange, die sie in der veränderten Ausgabe nicht
beybehalten haben. Ich wolte daß ich die Belustigungen in
welchen ihr erster Aufsatz steht, bey der Hand hätte, damit
ich sehen könte, was sie bewogen habe, so fürtrefliche Theile
aus dem Zusammenhange zu werfen. Die angeführte Stelle,
worin sie den Lenz abschildern, wird, mit einigen Verände-
rungen auf die Dichtkunst angewand. Sie fängt sich an:
Der Reiz den Hebe gebar p
und schließt sich
- - - - der Erde gesand.
Vielleicht haben sie das Buch ohne Titul noch nicht, deshalb
sehn sie in ihrem Gedicht zu, ob sie Kraft Hechtens diese
vortrefliche Stelle nicht wiederherstellen mülien. Ueberhaupt
bitte ich sie, etwas weniger behutsam mit ihren Arbeiten zu
seyn. Wie wenigen Verfaßern darf man dis Gesetz geben!
Ich darf es mir selbst nicht geben. Die Stücke, welche sie
mir mit ihrem letzten Schreiben übersand haben, unterhalten
noch das Verlangen nach mehrera von ihrer Feder. Wie viel
wolte ich mir einbilden, wenn ich Schuld wäre an dem End-
schluße, ihre Gedichte drucken zu laßen! Oder, wie viel Danck
wolte ich verdienen, wenn ich sie, auch wieder ihren Willen,
heraus geben könte. Als ich in dem Buch laden die witzige
Monathschrift, so in Baireuth herauskönnt, sähe, mit welchem
Eifer riß ich sie nicht zu mir, in der Hofnung unter diesen
Fränckschen Musen die ihrige zu finden, aber wie leicht merckte
ich, daß sie nicht darunter seyn könte! Ich laß nur wenige
Seiten, weil ich wegen des Schlechten nicht weiter lesen konte.
Ich würde von dem fränckschen Parnaß nicht viel halten,
wenn ich Sie nicht kennete. Ihre Ode auf Deutschlands Träg-
heit ist unvergleichlich aber sie haben recht, sie würde hier
keinen Beifall bekommen, denn die Preußen haben sie keiner
O 1 e i m - U a, Briefwechsel 8
114
Trägheit beschuldigt. Indeßen hat sie den Beifall der Kenner,
die keine Sclaven sind, von denen
die uns ins schwere Joch betrügen.
Der Schluß ist, nach dem Horatz, d. i. unverbeßerlich. Was
man an ihren Stücken tadeln kan, ist so wenig, daß es wie
nichts ist gegen das, was man erheben muß. Es sind insgemein
ihre fränckischen Keime die den hiesigen Ohren unerträglich
sind. Z. E. im Magister Duns redet und tödtet, im Dinge
Preiße und heiße, in dem Gedichte an mich Rose und
Schooße. So wenig einige der hiesigen Kenner des Hofes die
Reime vermißen, wenn sie gar nicht da sind, so sehr sehn sie
auf die Richtigkeit der Reime nach der Aussprache. Kaum
dulden sie Hahn und kan wie sie auch im Dinge gereimt
haben, und ich in einigen Stellen. Die ersten Zeilen in dem
Gedichte auf Deutschland habe ich so geschrieben :
Germanien lang genug
Und wühlt in seinem Eingeweide.
Die Zeile : das öde Feld steht jämmerlich, wolte ein Freund
verändert haben. Ein andrer setzte : dem allen sehn wir müßig *)
zu, Dem Adler, welchem Baude dräuen, und anstatt: in großen
Wäldern, setzte er in dunckeln oder in ihren; noch ein andrer
verwarf die Frage : Kan da ein Dichter schweigen , als zu
matt, und wolte lieber die ganze Strophe weglaßen, weil der
Inhalt in andern Strophen wäre. Aber die Zeile: Den freyen
Hals zum Joche beugen, ist sehr nachdrücklich. Sonst wünschte
ich, daß wir in unsern Oden mehr Ernst mit dem Schertz ver-
mischten, nach Horazens Exempel, und dieser ihrer Ode. Den
Anfang der kleinern Ode habe ich so verändert:
Mit finstrer Stirne stehn wir da
Und ordnen das Geschick der Staaten
Und wißen, was bey Sorr geschah
Und wißen Oesterreich zu rathen.
Und in der dritten Strophe an statt: Du sprichst,: Sieh her,
Würden sie billigen wenn man in der letzten Zeile der
2lJüi Strophe sezte , die Elision zu vermeideu: Ein brauner
Abend p. Die Zeile: Denn all ihr Wünschen ist, zu scherzen,
k öuten sie noch verstärcken. HErr Ramler scherzte über den
]) Zuerst: ruhig.
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trägen Gatten, er sagte, den muß die Nachtigall erst dabey
kriegen, aber dieser Scherz war kein Tadel. Diese kleine Ode
war vor einiger Zeit mein Leibstück. Da sang ich mit einer
finstern Stirne : Mit finstrer Stirne stehn wir da, welche heiter
ward, so bald ich Lesbien nante. Aber dis ist wohl izt nicht
ihr Mädchen. Wie viel Mädchen haben sie denn? — — —
Das neue Orackel dünckt mir nicht schlecht, wie sie meinen,
die Caffeschwestern haben die Prophezeyhungen aus dem Schäl-
chen hier so gut eingeführt, als bey ihnen. Ich habe es ein-
mahl zu einem scherzhaften Gedichte nehmen wollen. An
statt: trotz einem hab ich verändert: den Gästen. Die letzte
Zeile 2111 Strophe heiüt : bald helle Schätze siehet. Das Bei-
spiel von Bileams Esel ist ungemein artig angebracht. Ver-
mocht sein macht eine starke Elision. Sehn sie, was für
Kleinigkeiten man an ihrer Muse aussetzen kan! Wenn man an
der meinigen nichts mehr zu tadeln fände, so wolte ich sagen:
das sind Flecken zum Vortheil des Schönen. Wenn sie meinen
Tadel nicht erwiedern, so will ich ihnen künftig schmeicheln.
Die erste Ode auf die Zurückkunft des Königs ist von
mir, die andere von HE. Ramler, und zwar an HE. v. Bile-
feld, wie sie gemutlimaßet haben. Sie verlangen seinen Ca-
racter zu wißen, aber ich bin jetzt nicht aufgelegt ein Theo-
phrast zu seyn , ich will ihnen also nur seinen historischen
Caracter bekant machen. Er ist Legations Rath und itzo 2i£f
Gouverneur vom jüngsten Prinzen des hiesigen Hofes. Er ist
aus Hamburg gebürtig, und eines Kaufmanns Sohn, er hat
nicht ordentlich studirt, aber durch seinen Umgang und Reisen
hat er sich eine große Kenntniß der Welt erworben. Weil er
Geld hat, so ist ihm der Zutrit bey den Vornehmsten, und
beym Könige leicht gewesen. Der König hat ihn gleich bey
Antrit der Regierung baronisirt, und er ist dieses Vorzugs
würdig in der Bürgerwelt. Das Französische und Englische
spricht er wie Deutsch. Die natürlichen Betrach-
tungen über das Verhalten des Königs von Preußen,
so in Engelland bey Anfang des letzten Krieges herauskamen,
hat er ins Französische Ubersezt , und den Montesquiou
de la grandeur des Romains ins Deutsche. Vor
ein paar Jahren ließ er eine deuts< lie aulführen:
116
die Beschwerlichkeiten des Hoflehens, welche
viel Beifall fand. Er arbeitet jetzt an einer durchgängigen
Verbeßerung und wird sie nachhero drucken laßen. Aus bei-
kommender StrohKranzrede werden sie sehen, wie man hier
bisweilen scherzt. Der HE. v. Bilefeld hat sie in Gegenwart
des Königs bey Gelegenheit der Vermählung der Fräulein von
Kalckstein verfertiget, und ich habe die Fabul in einem Au-
genblick dazu gemacht. Das Fräulein ist eine lange Zeit, weil
sie eine Blondine ist, das weite Hühnchen genent worden,
und die Königin hat ein weites Hühnchen mit dem Kopfe des
Fräuleins mahlen laben. Sie muten auch einsehen, daß ein
Wortspiel vom ersten Range angebracht ist. Denn der Hahn
ist der Obrist Willig. Ich muß ihnen auch noch vom HE.
v. Bilefeld sagen, daü er alles lobt, was ich ihm vorlese, wenn
es von ihnen ist. Im vorigen Sommer hat er mit HE. Ramler
zur Uebung im Lateinschen alle Morgen ein scherzhafte« Lied
ins lateinsche Obersetzt. Wollen sie Proben davon sehen ?
Witen sie schon dat Herr Götze zum Vorschein gekom-
men ist? Haben sie sein Buch schon gesehen? Gewiß wenn
ich glauben könte, daß sie es nicht hätten, so wolte ich es
mitschicken. Er hat die Oden Anakreons herausgegeben, seine
und ihre Uebersetzungen, und zwar, wie ich glaube, gewiß
nicht mit ihrer Bewilligung. Sie sind abscheulich fehlerhaft
gedruckt, und dann sind ihnen ordentliche GelegenheitsGedichte
angehängt. Ich habe sie nicht bey der Hand sonst wolte ich
die anzeichnen die ich von ihnen zu seyn glaube. Sie unter-
scheiden sich von den übrigen sehr. Mein Mädchen ist mit
dem schlechten Druck und der Gesellschaft, in welcher die
Lieder ihres liebsten Dichters erschienen sind, gar nicht zu-
frieden. Es hat sich immer geschmeichelt, dat sie sie heraus-
geben würden, und es läßt sie durch mich auf das nachdrück-
lichste ersuchen, es noch zu thuu. Oder wenn sie es nicht
selbst thun wollen, so erbietet es sich, zur Herausgabe. Sölten
sie sie nicht selbst alle übersetzt haben, so will ich einige
von meinen so viel möglich verbeLern welches denn die seyn
werden, so sie zu den ihrigen noch fehlen laßen wollen. Mein
Mädchen sagt, man könte daraus den dritten Teil der scherz-
haften Lieder machen, aber ich müste die Erlaubniß bekommen,
117
den Freund meines Gleims zu loben. — — — »Sonst sind
unter HE. Götzens eigenen Gedichten einige, die mir ganz un-
gemein gefallen. Z. E. Der Burgundier. Die Allcimadura eine
Erzählung und eine Ode, in der er, zu einer Raupe, die sich
vom Baum herunterläßt, sagt: Dein Weibchen wird wohl
unten seyn. Nach einigen Verbeßerungen würden diese Stücke
von den besten seyn. Aber wer verdirbt nicht seinen Beifall,
wenn er ihn durch Vieles erhalten will?
Von den freundschaftlichen Briefen würde ich mehr mit
ihnen plaudern, als ich davon schreiben kan. Herr Sulzer ist
der Herausgeber. Ich bin nur wenig damit zufrieden. Herrn
Naumanns Briefe sind gar zu zärtlich, es solte sie ein Mädchen
geschrieben haben. An den meinigen ist gar nicht viel. Wie
kan man was rechtes dencken, wenn man in den Verrichtungen
der Fürsten dencken muß. Sie sind meistens geschrieben, als
ich beim Fürsten war, und so gedruckt, wie sie geschrieben
sind. Doch ich erwarte ihr Urtheil. Vielleicht gefallen sie
ihnen beßer als mir, und dis will ich wünschen. Denn so
werden sie zufrieden seyn, wenn sie eiuen Brief antreffen, der
von ihnen komt. Er gefiel HE. Sulzer gar zu wohl, und ich
dachte nur eine kleine Sünde zu begehen, wenn ich ihn ohne
ihr Vorwißen hergäbe. Die Briefe welche ich mit G. bezeich-
net, sind von mir. Die mit L. von HE. Langen, mit S. von
Sulzer, K. von Kleist, N. von Naumann, und die 4 lezten sind
von einem Zürchischen M Mädchen des HE. Wasers dem HE.
Sulzer seine moralischen Betrachtungen zugeschrieben hat.
Haben sie schon die neue Edition von den Mahlern gesehen?
Sie ist sehr reformirt, absonderlich ist HE. Gottsched nicht
darin vergeßen worden. Diese Meße ist wieder reich an Streit-
schriften gewesen. HE. Bodmer hat mir die Beurtheiluug der
Panthea geschickt, und die Satire wieder die Schäfergedichte,
worin meiner auch in Ehren und Unehren gedacht ist. Sie
wird ihnen wegen des muntern Witzes gefallen haben. HE.
Lange hat sich auch in den Streit gemischt, und zwar so, daß
ich übel damit zufrieden bin. Er hat auf seine Streitschrift
wieder HE. Zincken in Hamburg gesetzt, von Dämon und
1) üeber „schweizerischen" geschrieben.
118
8 einem Freunde. Es ist zu verrauthen, daß man mich für
den letztern halten wird, wenn man die freundschaftlichen Briefe
gelesen hat. Das Denckmahl der Verdienste von HE. Pro-
fessor Gottsched ist auch von HE. L.[ange] und S.[ulzerJ. Wer
mich so gut kennt wie sie, wird nimmermehr auf die Ge-
dancken kommen, daß ich mit solcher Art schreiben kan. Es
ist nicht die geringste politeße beobachtet. Die Grobheit stiftet
nie was gutes, und wird das Aufnehmen des Geschmacks nicht
befördern. Insbesondere billige ich nicht, daß man der Frau
Kulmus mit so wenig Achtsamkeit für ihr Geschlecht begegnet
Herr L.[ange] nent sie spöttisch die zehnte Muse, und wolte
doch gern daß seine Frau die eilfte wäre.
Herr Spalding, welcher den Sittenlehrer des Schaftsburi
und etwas vom Silhouette Obersetzt hat, und jetzo schwedischer
Legations Secretair hier ist, hat mir aufgetragen, sie ganz be-
sonders von seiner Hochachtung zu versichern. Er ist mir
jetzo hier, was mir HE. v. Kleist sonst in Potsdam war. Ich
bin fast täglich mit ihm beisammen, entweder zu philosophiren,
oder die hiesigen Mädchens witziger zu machen. Wir möchten
gern ein Arcadien stiften, aber es fehlt uns an einer Tonne
Goldes. Letztens habe ich mit ihm HE. v. Kleist besucht,
und ich bin Willens es bald wieder zu thun. Wie haben sie
den Früling zugebracht? Laßen sie mir doch bald lesen, was
für artige Lieder er ihnen eingegeben. Ich habe fast nichts
gemacht. Die Sorge für meine Glücksumstände nimt mir allen
Witz, aber vielleicht verstärckt sie den Verstand. Ich lerne
die Welt kennen und mich selbst. Könte ich doch mit ihnen
und einigen ihnen ähnlichen Freunden den Hof eines obersten
Schäfers, der seinen Rang von uns erhalten hätte, ausmachen !
J would not envy Queens their state,
Nor once desire a happier fate.
Wann werde ich denn einmahl von ihnen vernehmen, daß
ihre Verdienste belohnt sind? Laßen sie sich doch als Resi-
denten hieher schicken. Sonst ist ja jemand vom anspachischen
Hofe hier gewesen. Wer versiebet denn jetzo hier die Ver-
richtungen] des dortigen Hofes? Ich bin einmahl auf den
Einfall gekommen, um mehr mein eigner Herr zu seyn, Corre-
spondenzen auswärtiger Höfe zu tibernehmen, aber es hat mir
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zu langsam geschienen, damit recht in den Gang zu kommen.
Sonst ist es eine rechte gute Sache.
Den Augenblick komt HE. Rani ler zu mir. Welch ein
langer Brief! sagt er. Das ist ein Buch. Sie niüßen eine Vor-
rede dazu machen. Grüßen sie in derselben HE. Uz auf das
zärtlichste. Er komt von HE. Naumann, welcher ihm eine
Uebersetzung von der Erzählung Le Roßignol so dem Fon-
taine angehängt ist, vorgelesen hat; HE. Naumann hat schon
10 Grüße an sie bestellt. — — —
Berlin den 30^ Jun. 1746.
Wie gefällt ihnen der Vorschlag, wenn wir unsre lyri-
sche Gesänge so drucken ließen, daß die neuen Oden (die un-
gereimten) mit andern vermischt würden? Sie sollen recht
sauber gedruckt werden und der beste Kupferstecher der eine
Pension vom König hat, soll eine Vignette dazu stechen. Wann
ehe soll es zu stände kommen?
Eben fält mir ein, daß ich ihnen die scherzhaften Lieder
noch einniahl mitschicken kan. Ich habe nur kleine Verände-
rungen vornehmen können. Die, welche gemacht sind be-
treffen einige Zweideutigkeiten, die ich nicht mehr leiden konte.
Schicken sie mir doch einmahl die Lieder mit ihren Anmer-
ckungen zurück, damit ich sie nach ihrer Critick verbeßern
kan. Ich möchte sie gern bey einer künftigen Auflage von so
viel Fehlern befreien als möglich ist. Sie sind schuldig zu helfen.
Der HE. v. Kleist wird ihnen wohl wegen des Stengels
geschrieben haben. Ich habe nichts von ihm erfahren können.
Es wird schwer seyn aus 130 000 M.[ann| ihn aufzusuchen.
An den Liedern des Bauzners* ist nicht viel und noch
weniger an seinen Schäfergedichten. Er hat Rosten und Ana-
kreon mit seinen Nachahmungen, neue Hochachtung verschaft,
weil er allenthalben Pöbel ist. Hier ist eine Zeile aus den
Schäfergedichten : Es wackelt mir das Herz schon wie ein
Lämmerschwän/gen. Aus den Oden : Eugenens Faust und
Degen , Wusch die zwar sonst die Koller p. Ein paar Oden
könten artig seyn. HE. v. Hagedorn hat mir geschrieben,
* Am rande: Im Buch ohne Titul wird seine Schreibart die kür-
melnde genent.
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daß der Verfaßer Naumann beiße. Herr Naumann ist nicht
damit zufrieden, und ich auch nicht. Er hat auch die neuen
Belustigungen in Leipzig verfertigt, die auch nichts nutze sind.
Die neuen Beyträge erhalten sich bey ihrer Schönheit.
Sie werden sie doch dort haben können. Die vergnügten
Stunden sind auch ganz artig es sind meistens Uebersetzungen.
HE. Gottscheds Büchersaal continuirt auch noch. Im letzten
Stück stehn ein paar Gedichte von einem Poeten, der vor einen
Bauer ausgegeben wird, welche unvergleichlich sind, absonder-
lich die Ode ist fast so gut als eine der ihrigen.
Kenneu sie des HE. v. Baars Epitres diverses? Es sind
2 Theile heraus. Neulich hat er auch eine Epitre a part heraus
gegeben , unter dem Titul : Epitre ä Don Quichot, Chevalier
des Lions. Der Chevalier des Lions ist der vorige König von
Preußen welcher an den HE. v. Baar seinen Satiric.[us] hat.
Es wird hier unter der Hand verkauft. Vielleicht kan ich
ihnen ein Exemplar verschaffen, wenn sie es nicht dort leichter
haben können. Schreiben sie doch, was sie dort nicht kriegen
können, ich will ihnen alles schicken. Ich habe letzt jemand
aus Worms kennen gelernt, vielleicht erfahre ich von dem,
ob HE. Götze dort ist. Wollen sie mir noch nicht entdecken,
was er ehemals wieder sie begangen hat?
A propos habe ich ihuen Baumgart.fens] Disp.[utation] de
nounulli8 ad poema pertinentibus schon geschickt? Ich weili
wahrhaftig nicht, wie ich daran bin. Sie hat sich gefunden,
aber ich weiß nicht, ob sie sie schon wieder haben. Wenn
sie es mir nicht schreiben, so muß ich alle meine Papiere
durchsuchen. Es sind auch noch einige Briefe von dem seel.
Rudnick dabey. HE. Götze hat in seiner Samlung FJE. Rud-
iricks Stück, auf den Glauchischen Brand mit eindrucken laßen,
und den Nahmen darunter gesetzt. Wollen sie ihren Brief,
darin sie behaupten daß man alle Mädchen lieben müße nicht
einmahl wieder übersehen. Ich habe ihn nebst den» Ruduick-
schen dem HE. v. Kleist vorgelesen dem er ungemein ge-
fallen hat. Der HE. v. Kleist hat mir seit kurzem einige
scherzhafte Briefe geschrieben vielleicht könten wir eine kleine
Samlung zu Stande bringen. Einliegender Catal.[ogusJ
Flora) Berol.[inensis] ist von meinem Vetter bei welchem ich
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jetzo logire, er macht damit HE. D. Schnelle oder in deßen
Abwesenheit einem Liebhaber der Botanic ein Präsent.
Sie schmeicheln mir, daß ich gut erzählen könne, und sie
sagen daß sie noch nichts versucht hätten. Rechnen sie denn
ihren Traum, das Gedicht worin sie die Pfirsich mit dem
Frauenzimmer vergleichen (nein dis ist wohl horazisch) das
kleine Stück vom Vulkan, und das Dingerding nicht zu den
Erzählungen? Wenn ich Erzählungen drucken laße, so werde
ich mit diesen die meinigen in Beifall bringen. Machen sie,
daß ich es mit noch mehreren thun kan. Ich bilde mir ein,
daß wir was zur Verbeßerung des Geschmacks beitragen kön-
ten, wenn wir beisammen wären. Aber warum soll uns die
Entfernung hindern so viel zu thun, als wir können. Ihre,
HE. v. Kleist HE. Ramler und meine Sachen möchte ich
gern nicht in andern Samlungen zerstreuen laßen, und ver-
lobren gehen sollen sie auch nicht. — — — Heute habe ich
einen artigen Brief von Voltaire gelesen; künftig will ich ihn
ffir sie abschreiben.
27. Gleim an Uz.
Mein allerliebster Freund,
Ich fand gestern Abend bey meiner ZnrückKunft von einer
Lustreise nach Charlottenburg und in den neuangelegten Irr-
garten, einen Brief von den HE. v. Kleist, worin er mir zu
wißen that, daß sie sich bey ihm Ober meine Kaltsinnigkeit
beschwert hätten. Haben sie denn meinen unendlich langen
Brief nicht empfangen? In der That es solte mich ärgern,
wenn er verlob reu wäre. Ich habe nicht allemahl die Geduld
ein so langes Mischmasch zu schreiben, ohngeachtet ich weiß,
daß sie es nicht ungern lesen würden, wenn es nemlich an
dem ist, daß sie dort, wie in einer Wildniß, leben. Ihre ad-
dreße ist mir entfallen; aber ich dachte, daß sie berühmt ge-
nug wären, als daß man nöthig hätte, die Postmeister von
ihrem Zimmer zu unterrichten. Ich kan mir auch noch nicht
einbilden, daß mein Brief sie nicht solte gefunden haben, viel-
leicht ist ihr Brief an HE. v. Kleist schon sehr alt, vielleicht
haben sie ihn zu meiner Beschämung älter gemacht, als er
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ist, vielleicht stellen sie sich nur, als wenn sie raeinen noch
nicht hatten. Dem HE. v. Hagedorn bin ich 2 Ant-
worten schuldig. Da ich indeßen nun weiß, daß sie in diesem
Punct so delicat sind, so will ich in Zukunft jeden ihrer Briefe
mit 2en beantworten, und ich mache hiemit den Anfang.
Der HE. v. Kleist hat mir die Ode abgeschrieben, die sie
ihm geschickt haben. Es ist vermuthlich die Ode über die
Ode, die sie mir versprochen haben. Wenn sie sie mir zuge-
schickt hätten, so wolte ich etwas daran tadeln, aber nun will
ich ihnen sagen, daß sie durchgehends unvergleichlich ist.
Doch ich will mich nicht so sehr rächen. Die Zeilen in einer
ihrer kleinen Oden:
Wie Venus, wenn bb graut,
Vom frühen Himmel schaut,
Die erat von Küßen satt,
Den Schoß verlaßen hat
sind in den 2 letzten Strophen nur erweitert. Ich habe sie
schon damals fragen wollen, ob es richtig sey, die Venus und
ihren Stern unter gleichen Bildern anzuwenden? Die zweyte
Strophe würde ich lieber Ich flieh, ich flieh p anfangen, das
zweymalige seht welches schon in der 21^ Zeile steht zu ver-
meiden. Ich weiß nicht, warum HE. v. Kleist in seiner Ab-
schrift 2 Zeilen ausgeladen hat, die letzte in der 4ten und die
li£ in der 8ili' Strophe. Es ist vermuthlich eine Schalckheit
darunter verborgen. Ich erwarte in ihren nächsten Schreiben,
ein ganz Paquet, von ihrer Muse. Wie freudig werde ich es
dem Postboten aus den Händen reißen. Habe ich ihnen schon
verrathen, daß der HE. v. Kleist an einem Gedicht arbeitet
unter dem Titul das Landleben? Sein Entwurf ist nach
dem Thomson gemacht, der sein Vorgänger seyn soll. Ich
habe den Anfang gesehen ; er ist prächtig, und in einer la-
teinschen Versart ohne Reimen. Folgen sie doch seinem Ex-
empel ; wißen sie denn gar nicht, wie viel Beyfall ihr Lobge-
sang des Frülings hat? Wie viel unvergleichlicher würden sie
schreiben, absonderlich in Oden, wenn sie den alten Haß, wieder
die fteime erneurten. Doch ich bin kein so großer Feind von
ihnen, als ich ihr Schmid bin. Wenn ich jetzt noch was ma-
chen will, so muß es in Keimen seyn, sonst kan ich gar nicht.
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Die Reime helfen mir. Jüngst wolte ich jemand lehren, wie
er sein reiches Weih todt beten solte, aber ich konte es weder
in prosa noch in reimlosen Versen. Ich lehrte ihn in Reimen
also beten:
Ihr Götter gabt euch jüngst die Müh
Mir eine Frau zu geben,
Von eurer Hand bekam ich sie
Mit ihr vereint zu leben.
."> Ich danckt euch, als ihr mir sie gabt,
Doch, wenn ihr sie erwählet habt
Den Himmel zu ererben
So laßt sie laßt sie — — sterben.
Ich glaube sie lesen noch, an meinem letzten Briefe, so
lang ist er. Wie gefallen ihnen die Sachen, die ich beygelegt
habe. Was sind die freundschaftlichen Briefe nutze? Schrei-
ben sie mir ihr ausführliches Sentiment. Herr Gottsched hat
sie nebst dem ersten Theil meiner Lieder ganz Ubermäßig ge-
lobt. Er sagt: Nun dürfen wir die Franzosen wegen ihres
Le Pays und Voiture nicht mehr beneiden. Ein anderer hat
sie eben so sehr getadelt, aber aus Feindschaft gegen HE.
Langen, wie HE. Gottsched vermuthlich aus Politik gelobt
hat. Ein Verfaßer kan über das Lob, so ihm die Monath-
schriften und Zeitungsschreiber austheilen nicht stolz thun.
Sie sind keine gerechte Richter. Man muß den Beifall der
Kenner suchen. Wenn ich fähig wäre, witzige Briefe zu
schreiben, so möchte ich solche schreiben, wie Hamilton und
Voltaire. Nun will ich zu HE. Spalding gehen, und mich über
sie beschweren. — — —
Berlin den 2 Aug. 1746.
Hat ihnen der HE. v. Kleist schon Musicalia geschickt
Wollen sie von mir auch welche?
Ich habe zween Briefe hintereinander von Ihnen erhalten,
wovon der erste ein mäßiges Buch ausmachet. Wie kommen
Sie auf einmal zu so grossem Aufwand? Ich vermuthe, daß
Sie gesonnen sind, mich auf eine lange Zeit Ihnen vom Halse
28. Uz an Gleim.
Mein werthester Freünd,
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124
zu schaffen : drum haben Sie mir auf einmal so viel ange-
nehmes schreiben wollen. Lassen Sie Sich dieses ausfallen.
— — — Ich rechne d<»n Briefwechsel nach Berlin für mein
♦.rrr-ües Vergnügen in An-jiaeb. und Ihre Freündschafft ist mir
u? schätzbar. Halle ist mir Mol: deswegen lieb, weil es mir auf
mein ganzes Leben einen x» vollkommenen Freund verschaffet
hat. — — — Ihren ersten Briet" hatte ich in der That noch
nicht bekommen, als ich an HE- v. Kleist schrieb. Ich bekam
ihn aber zween T;ige darauf. Weil das Paquet etwas groß war,
sm wird es vermuthlich irgendwo liegen geblieben seyn: denn es
kam mit der Landkutsche. Eis ist indessen wahr, daü
ich HE. v. Kleist gebeten habe. Sie an ein Schreiben für mich
zu erinnern. Wie aber kon.inen Sie auf die irrigen Gedanken,
daL- ich Sie für kalt>inuig gehalten habe? - — — Sie wer-
den mich ungemein verbinden, wenn Sie. in Zukunft, ein or-
dentliches Journal von allem, was Sie mir schreiben wollen,
halten werden. Diese Sorgfalt gefallt mir. und enthebt mich
der Furcht, etwas angenehmes zu verliehren, das mir gewidmet
war. Schicken M
des Horatius Art, eingemischten Sittenlehren.
Was ist das für ein Buch, das Buch ohne Titul? ich
kaufe mir kein Buch, ehe ich Ihre Meinung davon weiti ! HE.
Götzens Uebersetzung Anakreons werd ich suchen, zu bekom-
men, und alsdann mein l'rtheil Ihnen darüber schreiben. Wann
sie nicht besser ist, als was ich davon gesehen, so zweifle ich,
daü sie dem Original an Artigkeit gleich kommt. Weuu sie
es verlangen, so will ich Ihnen alles überschicken, was ich
übersetzet habe; Sie werdens aber sehr ausbessern müssen. Ich
rathe Ihnen aber, dab Sie selbst den Anakreon übersetzen:
alsdann findet Ihre artige Doris etwas würdiges zu loben.
In der That, soll niemand einen Scribenten übersetzen, als der
ihm an der Art des Witzes, die ihn unterscheidet, gleichet.
Niemand sollte anakreontisiren, als Sie; und es griebgramt
mir, wann ich in den Br. emischeif Bevtr. fügen] und sonsten
soviel unerträglichs Zeüg mit dem Titel anakreontischer Lieder
1 ) Hier scheint ein blatt zu fehlen. Das folgende ist mit schwär-
zerer dinte geschrieben, an einen selbständigen brief ist aber nach dem
Zusammenhang»} nicht zu denken
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beehrt sehe. Beygehendes Lied ist eine Würkung des Ver-
drusses meiner Muse über diese Leute, die der teischeu Muse
gewiß keine Ehre machen.
Haben Sie die Satyre wider die Comödie, von den Geist-
lichen auf dem Lande, unter dem Titul : Zusätze p. gelesen ?
Es wird Ihrer scherzhaften Lieder also gedacht : es ist zu be-
dauren, daß Liebe und Wein der Anfang und Ende derselben
ist, ob sie gleich sonst artig genug sind. Einige Stücke be-
stärken ihn in der Meinung, daß dieser sonst starke Geist von
Gott und der Ewigkeit wenig glaube. In einer Note heißt es:
sie wären aus eben der Feder geflossen, so uns eine Samlung
gar zu verführerischer Hirtengedichte geliefert, und von glei-
chem Stoff und Feüer. Ist das nicht ein treflicher Kunst-
richter ? 0 wie beneide ich Sie, auf solche Art und von sol-
chen Leüten getadelt zu werden. Eine solche Beurtheilung
wäre mir angenehmer, als das Lob aller Zeitungsschreiber.
Ich bin Ihnen sehr verbunden für die neüe Auflage des ersten
Theiles Ihrer unnachahmbarer Lieder. Wenn Sie dieselben
wieder auflegen lassen wollen, so will ich sie mit dem Vor-
saze, etwas tad eis würdiges zu finden, durchlesen. Bishero, so
oft ich sie schon gelesen, hab ich nichts bemerken können.
Ich lobe indessen die Verbesserungen, die Sie gemacht haben :
ich gestehe Ihnen, daß die geänderten Stellen mir, gleich beym
ersten Anblick, anstößig gewesen. Wie hab ich mich an den
freündschafftlichen Briefen ergetzt? Wie bin ich Ihnen ver-
bunden, daß Sie mir diese witzige Sammlung verehrt und die
Namen der Verfasser beygeschrieben haben? Ich bin aller-
dings der Meinung, daß Deütschland Ehre davon hat. Die
Briefe gefallen mir alle, bis auf einen einzigen, welchem man
es wohl ansieht, da ßer von keinem Mitgliede der frohen
und geistreichen Gesellschaft herrühre, von welcher Sie das
Haupt sind. Ich werde sie durchlesen und noch einige An-
merkungen darüber machen; aber ein andermal. — — —
Ich bin Ihnen äusserst verbunden, daß Sie, vermuthlich
durch schmeichelhafte Abbildung, mir HE. Spaldings Freünd-
schaft verschafft haben. — — —
Sie fragen mich, wie es mit meinem Glücke stehe? Ich
kann Ihnen noch nichts erfreüliches melden: nur hat es seit
126
einiger Zeit das Ansehen gewinnen wollen, als sollte ich
noch etlich und dreissig Meilen weiter von Ihnen wegkommen.
Ist mir das Verhängnib n\* ht recht sehr gewogen? HE.
Borchward ist Anspachisrher Resident in Berlin. Ich habe
lachen müssen, wenn >i- mich für so berühmt halten. daG
Ihre Briefe mich auch ohne Adresse findm könnten. Trauen
Sie nicht: es dünkt mich, ich sey in Berlin mehrern bekandt,
als in Anspach. Es gehören atidre Dinge dazu, als ich besitze,
wenn man hier berühmt werden will. Sie haben mir H K.
Pr. Baumgartens Dissertation J noch nicht geschickt: behalten
Sie sie nur noch, bit- bessere Gelegenheit ist. sie mir zu schicken,
wann sie deren nicht benöthiget sind, oder biü ich sie selber
hole. Wenn Sie scherzhafte Briefe drucken lassen, so werden
Sie auch den Brief des Seel. Rudnicks über seine Schlettauer
Reise können eindrucken lassen. \\ enn Sie ihn nicht abschrift-
lich haben; so will ich ihn übersenden. Der über die Liethe
würde sich auch gut dazu schicken : Sie brauchen des ineinigeu
nicht, welcher dazu AnlaG gegeben, und. in allem Ernste, des
Druckes nicht würdig ist. Machen Sie mich zu keinem Scri-
beuten ; ich bin noch zu jung dazu. Sie sollen mir, wann Sie
mögen, meine Kleinigkeiten erst noch tüchtig st riechein ; her-
nach, wann Sie ertraglich sind, werd ich vielleicht auch das
Jucken Ihres Freundes kriegen, mich von Ihnen der Presse
übergeben zu sehen. Vielleicht aber werd ich mich die Eigen-
liebe doch niemals so verblenden lassen. Sie, mein allerliebster
Freünd, Sie müssen aber schreiben ; Sie können dem Geschmack
aufhelfen, ohne dab Sie nöthig haben, Sich in die pöbelhaften
critischen Streitigkeiten zu mengen. Ach ! wie schmachte ich
nach einem Liede von Ihrer Muse! — —
Anspach. Den 10. Sept. 1746.
— — — Wie befinden Sie die Cebersetzung der Oden
des Horatius, wovon ich den Titel im MeLcatalogo gesehen?
Wie die zärtlichen Gedichte?
Der Brief von Voltare ist sehr schön. Der Lobspruch,
den HE. Gottsched den freundschaftlichen Briefen giebt, scheint
mir nicht sehr ausgesucht, vielleicht gar boshaft. Sie haben
sich wohl niemals beinßht, Voiture und le Pays gleichzukom-
men, die in Frankreich selbst nicht mehr hochgeschätzt wer-
127
den. Ach! was für ein leichtfertiger Beter sind Sie? Sie
dürfen für meine künftige Frau kein Gebetbuch machen.
Erbieten Sie Sich im Ernst, mir Musikalien zu schicken?
Sie werden mich sehr verbinden; ich wage es aber nicht, Sie
und noch weniger HE. v. Kleist darum zu bitten. Sie haben
in Berlin schöne Redoutenstücke und Arien. Die Arien aus
Opern sind für mich nicht alle zum spielen : denn sie erfor-
dern der Beystimmung der Singstimmen und übrigen Instru-
mente. HE. Graun componirt treflich und oft leicht.
29. Gleim an üz.
Mein liebster Freund,
Sie sind noch ganz gewiß in Anspach. Mein Wunsch hat
die Entfernung von etlichen und dreißig Meilen hintertrieben;
ich bat den Himmel sie mir vielmehr so viel Meilen näher zu
bringen ; und weil er mir dergleichen Wünsche zu erhören
pflegt, so habe ich sie alle Tage hier erwartet.
Wenn sie es mir gleich nur im Scherz gesagt haben, daß sie
Baumgartens Diß.[ertation] selber abholen wollen , so hat
mich doch die bloße Vorstellung von ihrer Gegenwart in
die Empfindung der größten Zufriedenheit und Freude über
ihre Ankunft gesetzt. Machen sie doch Ernst daraus. Sie
würden in der That ihr Glück weit eher hier machen, als
ich. — — — Ich habe seit einiger Zeit nach einer Bedie-
nung gestrebt, die mit 1500 Rr jährlicher Einkünfte meine
zeitliche Wohlfahrt befördern solte, aber ich habe gestern er-
fahren, daß alle meine Bemühung, von deren guten Würckung
ich schon ganz gewiß war, vergeblich gewesen. Es kam ein
Legations Secretair zur Unzeit aus Flandern zurück, und "trug
diesen guten Bißen zur Belohnung seiner Dienste davon; ich
habe mich damit getröstet, daß er mein Freund ist, und eine
Frau nöthiger hat, als ich. Nun muß ich wieder Geduld haben,
bis es dem Tode gefällt, mir Platz zu machen. Ich habe ihn
gebeten es noch vor Ausgang des Herbstes zu thun.
Schicken sie sich wieder ein ganzes Buch zu lesen; mir
deucht ich werde mehr als einen Tag auf diesem Briefe zu
bringen, ich habe vorsetzlich biß itzo gewartet, damit ich ihnen
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Tc-r. dr~ r. > cri>r. t-'r/z* Xachrici t ertheilen köute.
ri:e:r.i: weri- :cn er. :1m h baü fertig werdets. denn es ist sehr
T^ij hera^z-k- -n. w-Icr.-* Mä :vi!" ds l~:tres gennaniques
*i-^>r^-ii wird Herr Lar.2e ist mit «eir.ec « *den zur rechten
Zr :: Lerr. rgetr-t-r:. .ier.r. c :.. sie girich sehr vielem Tadel
;.r.--rw. r:-c sind, uni kaum «irr dritte Th-i! des Drucks würdig
i.-t. haoen ?:e d.-<h -ren -rw:.^ Wehrt, der ihnen einen
Vvrz-.z v. r aiien Wercker. ier V-il«. 1-rttres so in dieser Mebe
erse i.i^r.en sir.d. gier»:, li^rr Meier hat sie n:it einer Vorrede
bec'eitrt. die nicht firmier s*-vc körte, wenn g;e;eh der größte
Heid a-is P <p^r> Dstciade. die Ar: Nicht darüber gehabt hätte.
Wie har.dwercksmä^ig kür.gt >i- r Anfu: Indem ich den Vor-
satz gefugt habe, eine Vonvde zu sc hreiben p und das übrige
ist nicht beier aU der Anfar.g. Herr Mever verwirft den
Keim, weil er der Freiheit des Abdrucks wiedersteht, und er
beweist, dal: man schlecht schrei? *n kau. wenn mau ohne
Keim, ohne Siibenmaai;. ohne Wohlklang schreibt, ganz deut-
lich dorcb seine Vorrede. Er hat mich fast zum Vertheidiger
des Reims gemacht. Herr Lan^re hat in seinen Oden den
Wohlklang fast durchgehends ans der Acht geladen. Wenn
man. ihrem zärtlicher. Geschmack g-maLr. reine Dactylen von
ihm loderte, s<» würde er damit eben so wenig zufrieden seyn.
als wenn man ihm sagte, daL- eir. Reimer eben so gut schrei-
ben konte. Was für ein tialimathias ist in der Ode: Das Lob
des Höchsten! Was für ein Gewäsch in der auf die Vergebung
der Sünden! Wie wenig Urtheil laichtet aus der langen Ode
an Doris! Die Anrede Gottes an die Liebe macht die Er-
schaffung *) zweyer Würmer zu einem recht wichtigen Werck.
Als der Heyland der Welt von Ewigkeit her gezeuget werden
solte. da wurden nicht so viel Anhalten gemacht; und als er
nach seiner Auferstehung, wieder im Himmel ankam, da war
nicht solche Freude in dem Himmel! WVmi diese Ungereimt-
heiten ausgeladen wären, so k«"nte diese Ode, wenn man sie
in Prosa setzte, als ein zärtlicher *) Brief, eines Mannes an
seine Doris noch gelten. Ich habe sie so. einem guten Kenner
vorgelesen, der nicht merckte, dab es Verse waren, und sie
1; Zuerst: «ia- Geschöpf. 2j Leber „Artiger- geschrieben.
129
als einen niedlichen Brief lobte. Was für gemeine Gedancken,
was für Sclavische Sentiinens, die sich für einen freyen Dichter
gar nicht schicken, finden sich in der Ode auf den HE.
v. Schulenburg. Lesen sie die 1311 Strophe. Die beygefligte
französische Uebersetzung wird einem Franzosen nimmermehr
einen guten Begrif von der deutschen Poesie beybringen. Was
für ein abscheuliches Bild für einen Franzosen ! Du sang vir-
ginal de manielles coupees, qui chauds encore palpitoient sur
les pointes des sabres, se cailla sur leurs mains barbares. Und
wie viel grammatische Schnitzer ')! Wie viel Fehler wieder
das Genie der Sprache!
Die Flüchtigkeit, mit welcher er jetzo alles zur Preße
schickt, hindert ihn, auf die nöthigsten Eigenschaften des ho-
razischen Ausdrucks aufmercksam zu seyn. Es ist schmeichel-
haft für mich, daß die Stücke an mich noch die besten sind.
Er hat sonst in den meisten gar zu viel lange und müßige
Bey Wörter, welche die Würckung, die ein schöner Gedancke
haben soll, verzögern und schwächen. Und wenn er Personen
macht8), so ist kein Auffhören, und es ist unmöglich, daß sich
jedwede der Einbildungskraft in ihrem rechten Licht, und in
einer guten Absicht, nebst der Uhrsach ihres Daseyns zeige. Doch
ich habe nicht nöthig, ihnen die Fehler zu zeigen, sie werden
sie selbst beßer sehen. Wenn HE. Lange den Tadel noch so
gut vertragen könte, als damahls, da ich bey ihm war, und
ihm nichts verschwieg, so wolte ich ihm alles dis selbst sagen.
Aber er hat sich seitdem sehr geändert; Bodmers partheyischer,
und Meyers blinder Beyfall hat ihn vermocht, sich für unver-
beßerlich zu halten. Da zu kommt nunmehro der Autorstand,
welcher macht, daß man auf seinen Meinungen hartnäckiger
besteht, und seinem Geschmack am meisten zutraut. Bodmer
hat diese Verschlimmerung selbst schon gemerckt. Er hat an-
fangs HE. Lange zur Uebersetzung des Horaz nachdrücklich
aufgemuntert, jetzt giebt er ihm zu verstehen, daß er wohl thun
würde, wenn er diese Arbeit einer geschicktem Feder über-
ließe, wie mir Herr Sulzer, der jetzo ganz anderer und meiner
Meinung ist, jüngst geschrieben hat. Ich bedaure, daß HE.
1) Zuerst: Fehler. 2) Lies: malt?
GliMra-lz, Briofwccluel. 9
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130
Lange in diesem Stück nicht anders beschaffen ist: er hat
sonst ein ftirtreflicbes Genie and er ist, ob n geachtet dieser
Fehler, ein redlicher Freund, der Priester Beschämung, da er
die schönen Wißenschaften, statt des Müßiggangs übt. und ein
munterer Kopf, der fähig ist. einer ganzen schläfrigen Gesell-
schaft Leben zu geben. In dem Anhang befindet sich auch
das Gedicht der Doris, auf die Wiederkunft des Königs, wel-
ches ich verwarf ehe es gedruckt war. und worüber HE. Lange
höchst empfindlich ward, und mir solches einige mahl hart zu
verstehen gab. Dt»ch sie wißen dis schon, wo ich nicht irre.
Der Frau Lange 2111 Gedicht an HE Heßen ist desto beLer,
als das erste. Es sind Bilder darin, die man von einem Frauen-
zimmer, das niemahls Berge gesehen hat, nicht erwartet hätte.
Der Mann wird freylich wohl das beste dabey gethan haben,
wie bey der Schöpfung des Hylas. Ich will ihnen aber doch
zur Probe, die sie verlangt haben ein paar anakreontische
Stücke abschreiben, die sie in der That selbst gemacht hat.
und recht naTf sind.
Ich muß aufhuren, von einem Buche so viel zu plaudern.
Die Schweitzer haben nichts herausgegeben, als einen Band
critischer Briefe, welche nebst dem Wesentlichen, auch das
Gute an sich haben, daß sie ganz dogmatisch sind, und gar
keine Streitigkeiten berühren. Sie werden sie selbst lesen, da-
her will ich nichts weiter davon sagen , als, daß mir HE.
B.fodnier] in denselben auf eine gute Art erinnert hat, daß
ich mir auf das Lob der Hallischen Bemüher nichts zu gute-
thun müße ; welches in der That eine niedrige Eigenliebe ver-
riethe, wenn es je geschehen wäre. Nun weiß ich schon nichts
mehr, das ihrer Aufmerksamkeit wehrt wäre. Denn von den
vielen Monathsschrifteu, die, wie Ungeziefer, aus allen Ver-
lagswinckeln, hervorbrechen, und das Land mit ungesalznem
Witz, wie mit einem Strohm überschwemmen, kan ich ihnen
nichts sagen. Ich habe nuiuen Augen verbothen, einen Blick
weiter hinein zu thun, nachdem ich so oft nichts gefunden
habe, das mein Verlangen befriediget hätte. Die neuen Bey-
träge lese ich nur noch allein, in derem letzten Stücke eine
schwiftische Satyre steht, die in der That dem Verfaßer Ehre
macht Die anakreuntischen Oden die darin vorkommen, sind
131
freylich nicht so viel wehrt. Ich habe schon einmahl vorge-
habt, mit Beybehaltung der Erfindungen einige von denselben
in die wahre natürliche Denckungsart, und den Ausdruck Ana-
kreons zu übersetzen, um ihnen durch den Augenschein ihre
Fehler zu zeigen. Allein ich bin entweder nicht aufgeräumt
dazu gewesen, oder es hat mir nicht der Mühe wehrt ge-
schienen. Sie sind mir mit der Critik, in der Ode auf die
anakreon tischen Lieder zu vor gekommen. Ich kan ihnen nicht
verschweigen, was ein Freund von uns, bey derselben vor eine
Anmerckung gemacht hat. Er sagte: Sie hätten sich darin
ausdrücklich, wieder den Verdacht bewahren müßen, daß sie
meine Lieder mit unter die verworfenen rechnen. Ich war
stolz genug, darauf zu antworten, daß es nicht nöthig sey,
aber er überwand mich durch Gründe, und ich versprach es
ihnen zu schreiben. Es wäre mir in der That ein schlimmer
Streich, wenn sie jemahls, auch nur einen falschen Anlaß
gäben zu glauben, daß raeine Lieder sich ihren Beyfall nicht
erworben hätten. Denn meine Freunde nennen sie schon den
deutschen Quintilian ; wie schätzbar ist nicht der Beyfall eines
solchen Kenners ? Wenn ich einen Kützel *) zum Tadel fühle 2),
so will ich ihre Ode auf einem besonderen Blatte auf die revue
stellen. Ich scheue mich ihnen etwas zu critisiren. —
Wie viel ist nicht ein gutes Herz beßer, als ein schöner Witz.
Ich bin nicht weit mehr von der Feindschaft des Witzes
entfernt, wenn ich erwege, daß so viel Eigenschaften, die dem
Menschen einen größern Wehrt geben, durch ihn verdrenget,
und verhindert werden, empor zu kommen. Der bon sens ver-
liehrt gar zu viel, wenn eine ganze Nation an den Kleinig-
keiten des Witzes Geschmack findet. Nach meiner Meinung
hat nie in Deutschland ein so schlimmer Geschmack geherr-
schet als jetzo. Der Lohensteinsche war nicht so schlecht. Man
macht Schäferspiele, die man mit Recht, Schweinhirten Spiele
nennen kan, man macht Comedien für die Senften träger, und
singt Lieder für die Huren auf den Brücken, und diese säu-
bern Witzlinge werden dennoch von der allgemeinen Menge
bewundert gehört und gelesen. Der saubere Bauzner ist noch
nicht erschöpft. Herr Dreyer hat in Leipzig erfahren, daß er
1) Zuerst: Trieb 2) Zuerst: empfinde,
9*
132
18 bis 20 Trauerspiele fertig liegen habe, und nur einen Ver-
leger suche.
. — - - Der bräche dem Vater den Nacken
Der würgte trunckene Freunde bey Nacht,
der sich von ihm bewegen läßt. Ich fürchte mich etwas deut-
sches zu lesen, und nehme daher, zu Stillung meines Appetits
meine Zuflucht zu den Ausländern. In Dresden ist eine kleine
Schrift heraus gekommen, unter dem Titul: 11 Congreßo di
Citera, welche von der Feder des Grafen Algarotti zu seyn
scheint; ich lese sie jetzo, und sie müßen sie auch lesen. Ich
bedaure sie, daß sie dort, so wenig haben können. Schreiben
sie mir doch einmahl, was ich ihnen schicken soll. Des HE.
v. Baar Epitres diverses müßen sie lesen. Man kan sie hier
für 1 fy' haben. Seine Epitre a D.[on] Quichot ist nur 2 Bogen
und kostet fast so viel, ich habe sie nicht bey der Hand, da-
her kan ich keine Stelle zur Probe abschreiben. Kenneu sie
des P.fater] Ceva Gedicht, Puer Jesus? Es ist ein Meister-
stück in seiner Art. Wenn sie einen fähigen Priester kennen,
so empfehlen sie es ihm zur Uebersetzung. Die niedrigen
Personen, die darin vorkommen, geben dem Gedicht, etwas
Aehnliches vom Lustspiel, und sie sind unserm Umgang näher,
als die vornehmen Helden in andern epischen Gedichten. Das
Wunderbahre darin ist auch von einer ganz eigenen Art. Sehen
sie ein Exempel. Joseph erzählt, was sich neulich in einem
Garten zu Memphis zugetragen. Maria geht in demselben mit
dem Kinde Jesu zu einer Zeit, da die Kälte die Blumen noch
verhindert hervorzubrechen. Lesen sie das folgende im Text.
Illa (Maria) tarnen puero optanti decerpserat unum
Sehen sie die Maria aus einem finstern Walde kommen :
— - - - - Jeßaa parens, complexa puellum
Intortum pannis, deserta per avia parvum
Ferre videbatur tenera inter brachia solem.
Das ganze Gedicht ist voll von dergleichen angenehmen kleinen
Gernählden; Ich werde einmahl einen Auszug der schönsten
Stellen daraus machen. Ich habe es HE. Ramler zur revange
versprochen, der mir jüngst, Ovids schönste Züge in einem
langen Briefe überschrieben hat. Ich habe vor acht Tagen
diesen witzigen Freund auf dem Lande bey meinem Schwager
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133
besucht, aber ich bin gar nicht mit ihm zufrieden. Er hat
in einem halben Jahre nur ein paar Oden aus dem Horatz
übersetzt, und im übrigen eine Menge Kunstrichter durchge-
lesen, die ihn in der That blöde gemacht haben. Er wird nie
einen falschen Gedancken dulden ') , er wird allemahl richtig
seyn, aber das Kühne, das Lebhafte, welches aus einem un-
bändigen Geiste hervorbricht, wird ihm öfterer fehlen. Sie,
mein Wehrtester, solten auch nicht ein so großer Criticus
durch die Kunst geworden seyn. Ein munterer erhabner Geist
trift, ohne Führer, die rechte Bahn, und irrt niemahls ohne
Vortheil. Ich wolte, daß sie noch so kühn dichteten, als
sonst. Ihren Lobgesang des Frülings wird ihr eigner Schimpf
den Kennern niemahls weniger wehrt machen. Schreiben sie
in dieser Art nur ein ganzes Buch, ich verspreche ihnen den
Beyfall aller Kenner des Schönen und Fürtreflichen. Ich kan,
wenn ich auch noch so aufrichtig seyn will, in dieser Ode
kein Wortgewäsch finden. Es ist nichts träges darin, die
Bilder haben alle ihren Grund in ihrer Absicht ; ich habe sie
noch niemand vorgelesen, dem sie nicht ausnehmend gefallen
hätte. Mein Mädchen hat sich ihrenthalben die Belustigungen
gekauft. Wenn ich so viel Gewalt über sie habe, so fodre
ich von ihnen, sie noch einmahl durchzusehen, und ihr das
wiederzugeben, was sie ihr aus Eigensinn genommen haben.
Ich empfehle ihnen dies Kind, das ihnen so viel Mühe ge-
kostet hat. Wenn sie es deshalb weniger lieben, so stoßen sie
es völlig aus. Ich will es adoptiren. Ich muß ihnen noth-
wendig recht geben, daß das Sylbenrnaaß für die rauhe deutsche
Sprache nicht das vortheilhafteste ist. Es verhindert allerdings
die Kürze und Einfalt der Gedancken, durch die Beywörter,
die man den Dactilen zu gefallen, gebrauchen muß. Allein
ich glaube doch nicht, daß es so viel Uebel anrichtet, als der
Heim ; es ersetzt den Schaden den es veruhrsacht, durch seine
Musik meistenteils. HErr Ramler sinnt jetzt auf ein Sylben-
maaß, welches dis noch an Schönheit übertreffen soll. Ich
zweifle, daß mir je ein andres so gut klingen wird. Sein Reitz
hat mich verführt, die Ode vom Bachus in den Br.femischen]
1) Ueber gestrichenem: haben.
134
Beyträgen für schöner zu halten, als sie ist, wenn man sie
mit dem Original vergleicht. Eben die Fehler hat die Ode
auf den blandusischen Quell. Horaz singt viel kUrtzer; und
sein Plan ist leichter einzusehen im Original, als in der Ueber-
setzung. Ob ich indeß gleich ihrer Meinung in dem Stuck
völlig bin, so kan ich doch deswegen nichts zum Vortheil des
Reims daraus folgern. Wir können ja das alte Silbenmaaß
behalten, und den Reim doch wegwerfen. Die Gedanckeri
müßen dann desto stärcker kürtzer und richtiger seyn. Warum
wollen wir unsrer Sprache nicht den Vorzug verschaffen, den
die englische hat, welche in der That so hart ist, als die uns-
rige? Milton8 Paradies, Glovers Leonidas (haben sie dis Meister-
stück eines jungen Kaufmanns gelesen? Man hat eine franzö-
sische Uebersetzung davon, wieder deren Vorrede HE. Pyra
sehr aufgebracht war) Dr. Joungs Nacht-Gedaucken, Thomsons
Jahrszeiten, sind in Versen ohne Reimen. Schaftesbury war
ein geschworner Feind des Reims, und sie wollen ihm getreu
bleiben? Nein, wehrtester Freund, es ist jetzt eben die Rechte
Zeit, da man diesen Gothen, wie ihn Schaftesbury nennt, seiner
sich bemächtigten Rechte berauben, und den künftigen Scri-
benten die Freyheit verschaffen muß, ob sie sich seiner be-
dienen wollen oder nicht? Dis kan nicht anders geschehen,
als wenn durch einige Meisterstücke in Versen ohne Reimen,
der Geschmack an denselben allgemein gemacht wird; Sie sind
unter den Wenigen, die dazu fähig sind; wollen sie sich die
Nachwelt nicht verbindlich machen ? Ich darf sie zu keinem
Scribenten machen, sie sind es schon; ich wolte nur, daß sie
sich an ihre Jugend nicht kehrten. Das ist eben das rechte
Alter, zu welchem die Poesie besondere Rechte hat. Die
männlichen Jahre, bringen Sorgen, und Amtspflichten, und
dem Alter fehlt es an Munterkeit und Feuer. Man muß in
der Jugend Lieder dichten , und sie im Alter singen. Laßen
sie sich durch diese Gründe bewegen, etwas mehr zu machen,
als sie bisher gethan haben. Ich will mit Freuden der Pflege-
vater ihrer Kinder seyn. Denn sie lieben sie nicht allzuzärt-
lich, wie Herr Lauge. Wie vergnügt wolt ich seyn, und
wie viel Ehre wolte ich mir daraus machen, wenn ich erst
eine gute Anzahl davon, der Welt vorlegen könte. Ich
135
biete mich biezu an, und ich wünsche es bald zu können.
Sie werden vermutblich nun schon HE. Götzens deutschen
Anakreon gesehen haben, wo nicht, so wird es mich verdrießen,
daß ich ihn ihnen nicht mitgeschickt habe. Ich kan die, so
von ihnen herrühren, von den seinigen leicht unterscheiden.
Seine Stücke sind zu kraus, er hat viel hinzugesetzt, sein Aus-
druck ist nicht leicht und natürlich und oft schwer und hart,
und ohne Wohlklang, welcher in dieser Art kleinzeiligter Ge-
dichte sehr notbwendig ist. Im Anhange stehen einige artige
Stücke von anderer Art z. E. der Burgundier Wein, an die
Laura, die Erzählung Alzemadura, welche nach einigen Ver-
änderungen viel Beyfall verdienten. Haben sie keine Nach-
richt von ihm? Und wollen sie seine ehemalige Unart noch
nicht entdecken?
Ich bin noch geneigt, den Anakreon, so wie ich ihnen
vorgeschlagen habe, zum Druck zu befördern; Ich erwarte zu
dem Ende ihre Uebersetzung so bald alß möglich ; ich habe
jetzt noch etwas Zeit, und der HE. v. Hagedorn verlangt nach
einem guten deutschen Anakreon. Sein Verleger, der wegen
seines säubern Drucks berühmt ist, wird an dieser neuen Aus-
gabe meiner und der griechischen Lieder nichts ermangeln
laßen. Helfen sie nur, daß die ersten der Gesellschaft der
letztern einiger maaßen würdig werden. Ich will so viel ich
kan, (dis wird aber wenig seyn) an der Uebersetzung beßern,
wenn sie nur damit zufrieden sind, und nicht vielmehr glauben,
daß ich etwas verderben werde, indem ichs zu beßern ver-
meine. Doch ich werde behutsam verfahren. Barnesii Edition
habe ich noch nicht bekommen, an deren statt aber Cornelii
de Pauw. seine, welche 1732 zu Utrecht in 4 erschienen ist.
Diese hat einen Ueberfluß an verschiedenen Lesearten, Frag-
menten, und Critiken, wovon aber die letzten meistenteils nicht
richtig sind, und vielmehr einen trockenen Kunstrichter, als
einen Mann von lebhaften Empfindungen verrathen. Nach
seiner Meinung sind sehr wenige Oden, oder vielleicht gar
keine, von dem wahren Anakreon. Sein HauptGrund ist das
Zeugniß des Suidas, daß Anakreon, alles was er geschrieben
habe, in der ionischen Mundart geschehen sey, wovon man
doch kaum die geringste Spur in den vorgeblichen Oden des
136
Anakreon antreffe. Wenn Suidas recht hat, so ist dis frey-
lich ein guter Grund. Aber das wäre noch zu untersuchen;
und was mich anbetrift, so ist der Verfaßer der Oden, die wir
haben oder die Verfaßer zusammengenommen, mein Anakreon;
und in denselben ist die Uebereinstimmung der Erfindungen,
des Ausdrucks, und der naivete so groß, daß es mir fast nicht
möglich scheint, daß sie verschiedene Verfaßer haben solten.
Warum treffen zu unsern Zeiten, so viel, die sich mit dem
Anakreontisiren abgeben, nicht den rechten Weg? Solte dis
ein Vorrecht der Alten gewesen seyn, daß sie einem gewißen
Geschmack gleich ohne Irrthum hätten folgen können? Sehn
• sie was er vom Barnes und Baxter sagt: Duo commentarii
duorum interpreturo, Barnesii et Baxteri, tot futilissimis nugis
sunt repleti, vt si eas singulatim refutare instituißem, plura
de illis solis conscribenda fuißent mihi, quam nunc de Grads
Omnibus conscripsi p. Und dann eine Probe seiner Critik:
Oden quartam in 2 odas separavi, et earum posteriorem cum
priruum ad Cupidinem Poeta3 servientem quasi conscriptam
fuiße dixeram, dein non male etiam ad Erotem Servum verum
et proprie dictum referri poße subjunxi: Id quod nunc unice
mihi placet. Er hält das Amt eines Bedienten für den Liebes-
gott für viel zu unanständig. Aber wie wenig kennt er den
Anakreon ! Er spielt mit seinen Göttern. Sonst sind alle Zeilen
voll Schimpf, wieder alle Ausleger. Was haben sie für eine
Edition? Ich muß noch einige Puncte ihres Briefes beantworten.
Mich verlangt nach der wahren sapphischen Ode, die sie haben
versuchen wollen. Sind sie nicht schon damit zu Stande? Sie
haben schon einmahl eine gemacht, die in diesem Geschmack war.
Entfleischte blaßgegrämte Wangen, Ein Aug',
dem seine Glut entgangen p Sie schien mir damahls
unverbeßerlich. Ich will ehestens alles, was ich von ihnen
habe, zusammenschreiben laßen. Machen sie doch daß bald
ein Buch voll wird. Wie viel würden nicht ihre richtigen
Stücke zur Verbeßerung des guten Geschmacks beytragen!
Ihre Oden haben etwas eigen thümliches, absonderlich, werden
die, worinn sie gewiße Arten caracterisiren, oder einen übeln
Geschmack z. E. den des Magister Duns, tadeln, sehr viel Bey-
fall erhalten. An statt Magister Duns, dürfen sie nur sagen
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der Vetter Duns, wenn sie den Zorn der Magisters und auch
den, so sie getroffen, entgehen wollen. Hiebey fällt mir ein,
daß man mir versichert hat, Schwabe sey mit Gottsched völlig
uneins geworden, weil ersterer die Panthea nicht wieder die
Schweitzer habe vertheidigen wollen. Die Neuberin hat letz-
tens Gottscheds parisische Bluthochzeit aufführen laßen, wobey
sie aus Bosheit, auf den Zettel, der sie angekündigt hat, aus
Gottscheds Vorrede die Stelle, woriu er sagt, daß der Graf
Manteufel das ganze Stücke durchgesehen habe, als eine Em-
pfehlung hat abdrucken laßen, welches den Grafen nicht wenig
beleidigt haben soll. Ein gottschedischer Schüler Krüger,
(nicht der, so für Schöneiiianns Schaubühne schreibt,) hat eine
schlechte Tragedie: Die allemann ischen Brüder, gemacht, welche
von HE. Dreyer in dem Hamb.[urgischen] Corresp.fondenten]
sehr scharf beurtheilt ward. Der Verfaßer meinte es sey von
Kästner und Milius geschehen, und schrieb deshalb beykom-
mende Raserey wieder sie. Doch ich mag sie mit solchen
Poßen nicht unterhalten, sonst wüste ich noch ein Haufen.
Welches ist denn der einzige Brief in den freundschaftlichen,
der ihnen allein mißfält? Ich kan nicht begreifen, daß ihnen
nicht mehrere tadelhaft seyn solten. Ihre versprochenen An-
merckungen darüber, werden schon mehrere auszeichnen. Ich
gestehe gern, daß ich mit der ganzen Samlung nicht sonder-
lich zufrieden bin. Was für eine wunderliche Vorrede ! Man
wird von einem Cato in ein Lusthaus geführt. Sie sind ver-
schiedentlich getadelt worden. Von Niemanden aber richtig
und unpartheyisch. Z. E. Einer sagte in Gelehrten Zeitungen,
der mit HE. Lange Streit hatte, sie wären ein bloßes nichts,
ein anderer erhob sie über alle Briefe, ein dritter sagte, fast
jeder Brief sey eine an akreon tische Ode, noch ein anderer ver-
rieth seinen Unverstand, daß er in seinem Urtheile, Fonte-
nellens Briefe zum Muster solcher Briefe anprieß. Ich sage,
daß sie mir jetzo noch etwas mehr wehrt sind, nachdem sie
ihnen gefallen haben. Doch erwarte ich noch ihren Tadel,
denn wird von der Estini wieder etwas abgehen. Ich hätte
wohl Lust eine kleine Samlung Briefe zu machen. Aber die
müsten auserlesen seyn, es müsten Sachen darin vorkommen,
und sie NB. müsten viele dazu hergeben. Herr Itudnicks Brief
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hat HE. Naumann, von dem ich ihn bekommen kan. Ich
habe ihn nicht in die Samlung gegeben, weil ich schon da-
mahls auf eine eigene dachte. Aber ich weiß nicht, wie man
eine rechte Samlung nach meinen Geschmack bekommen soll.
Wenn man expres welche macht, so gerathen sie zu künstlich,
und nimt man würcklich geschriebene, so werden sie meistens
zu leer, und nur denen intereßant seyn, denen alle kleine Um-
stände bekant sind. Ihr Brief von der Liebe darf nur ein
wenig verändert werden, so ist er des Druckes schon würdig.
HE. Rudnicks seiner würde ohne den ihrigen nicht deutlich
genug seyn. Herrn Rudnicks Verlangen nach der Unsterb-
lichkeit eines Schriftstellers liegt mir noch immer im Sinn.
Ich habe noch immer den Gedancken , daß wir ihm diesen
kleinen Dienst schuldig sind. HE. Götze hat seinen Nahmen
unter das Stück auf den Brand der glauchischen Kirche ge-
setzt, aber ich mögte ihm ein beßeres Denckmahl stiften. Das
Schicksahl das seine Einbildungskraft gehabt, ist nun schon
vergeßeu. Sagen sie, was wollen wir thun ? Wenn sie, HE.
von Kleist, Ramler, und ich beysammen seyn könten, so wolten
wir uns einander aufmuntern, etwas großes zu unternehmen.
Wie gern möchte ich zu Verfertigung eines Trauerspiels Na-
turell und Lust haben ! Sie würden eine artem poeticam
schreiben, der HE. v. Kleist würde die Wercke der Natur
malen; Ramler, würde nicht wißen, was er thun wolte, aber
wir wolten ihn nöthigen, bey der horazischen Ode zu bleiben.
Der HE. v. Kleist sagte letztens, daß sie, Ramler und ich,
einerley guten Geschmack hätten, und er ineinte, was wir
schrieben, gehörte zusammen. Ich fragte ihn, ob er uns nicht
die Ehre thun, und sich zu uns gesellen wolte? Er antwortete,
wenn es HE. Uz haben will. Künftigen Monath wird mich
dieser unvergleichliche Freund hier besuchen. Er hat jetzt in
Potsdam einen Schweitzer Nahmens D. Hinsel zur Gesellschaft.
Er ist ein Schüler von HE. Bodmer der viel Genie, aber nicht
genug UrtheilsKraft und Kenntniß der Alten hat. Er hat sich
in den pyraischen Ausdruck so sehr verliebt, daß er fast nichts
so hochschätzt, als die Lieder nach seiner Art. HE. v. Kleists
Landleben geht sehr langsam fort. Er hat gar zu viel mit
dem Mars zu thun ; mich wundert, wie alle, die die potsdam-
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sehe Lebensart kennen, daß er noch das geringste machen kan.
Die neuen Opern, welche künftigen Monath hier vorgestelt
werden sollen sind Cajus Fabricius und Semiramis. Von der
ersten habe ich schon eine Probe gesehen. Ich wolte ihnen
gern manchmahl meinen Platz in der Oper gönnen. Künftiges
Jahr wird die vornehmste Sängerin in Europa hier seyn. Sie
hat schon aecordirt und bekomt, wie man sagt, jährlich 10 000 R/\
Wäre das nicht für 10 Poeten genug? Und wie viel Uions
und Odyßeen, würden die davor gingen? Es sollen auch noch
einige beßere Comedianten angenommen seyn, damit künftig
mehr Tragedien auf dem französischen Theater aufgeführt
werden können. Am Mitwochen habe ich den Glorieux des
Destouches gehört. Wenn der König hier ist, werden allezeit
sehr gute Stücke aufgeführt. Sind sie noch ein so großer
Liebhaber vom Tanzen? Ach wie viel schöne Sprünge könte
Sie Barberina lehren ! Ihre Schwester wird auch erwartet.
Ich müste noch einen Bogen voll schreiben, wenn ich der Ge-
schichtschreiber der hiesigen Gespräche in großen Gesellschaften
seyn wolte. Barbarini, Lani, Cochois, Favier, Quans Das sind
die Helden, welche in den Gedancken und Unterredungen her-
schen, man vergißt dabey alles andere, Politik, und Poesie.
Vor 6 Jahren, waren 3 deutsche Comedianten hier, jetzo unter-
steht sich Keiner sich zu nehren. So allgemein ist der Ge-
schmack an Opern, Musik, und Tänzen. Wer nicht selbst ur-
theilen kan, merckt sich das Urtheii eines andern, und spricht
es nach. Letztens war die beste Tänzerin von Dresden hier,
und ließ sich mit Barbarini in einen Wetstreit ein. Die Par-
theyen sind noch nicht auseinandergesetzt. Man zanckt sich
noch in allen Gesellschaften, über den Schwung, die Leichtig-
keit, und Schwere der einen und der andern. Nach meinen
Urtheii ist Barbarini in comischen Tänzen nicht zu über-
treffen, und nicht in tragischen. — — —
Berlin den 22!^ November 1746.
— — — Ein guter Freund von hiesigen Virtuosen hat
einige von den scherzhaften Liedern componirt, wovon ich
künftig eine Probe übersenden will.
Voltaire wird in kurzer Zeit in der Suite des Herzogs
von Richelieu, der die sächsische Prinzeßin, abholen wird, hier
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durchgehen, und sich 8 Tage aufhalten. Da werde ich das
dürre poetische Gesichte, welches man der Gottheit des epi-
schen Gedichts geben könte, noch einmal recht betrachten.
Vielleicht habe ich auch Gelegenheit ihn zu fragen, wie weit
er mit seiner Historie von Louis XIV. gekommen ist.
Haben sie die Satyre von dem Natürlichen in Schäfer-
gedichten noch nicht gelesen ? Rost soll sie gemacht haben ;
aber ich zweifele daran. Sie verdient nebst der Kritick der
Panthea von ihnen gelesen zu werden. Ich sende ihnen hie-
bey 2 Blätter von Bodniers gelehrten Zeitungen, welche er
mir wegen der Verteidigung der freundschaftlichen Briefe
zugeschickt hat. Er sähe gern, wenn ich, wie Rost, Parthey
nähme, aber ich habe nicht die geringste Lust ein Ipponax zuseyn.
Des HE. v. Baar Epitres diverses sind unvergleichlich.
Seine Versification ist bey weiten nicht so schön und rein, und
wohlklingend, als die des Boileau, aber seine Gedancken sind
neuer, stärcker und größer. Wenn ich ein gewißes Epigramm
von ihm finden kan, so will ich es auf ein Zettulchen, das
nicht zu diesem Briefe gehört abschreiben. Wenn sie die
Epitrea dort nicht bekommen können, so befehlen sie nur, sie
ihnen zu schicken. Sie sind ihrer attention wehrt. Ist die
Bareyther Monathsschrift noch nicht tod ? Sind sie denn der
einzige im Reiche, der Geschmack und Kentniß hat. Wie
glücklich bin ich Sie einzigen zu kennen?
Es ärgert mich, daß ich in der neuen Edition der scherz-
haften Lieder nicht den Vornahmen Caracter und Ort unsers
Naumanns über die Ode gesetzt habe, die ihm zugeeignet ist.
Der Bauzner Socius soll sich unterstehen sich für meinen
Freund auszugeben, und durch die Ueberschrift warecheinlich
machen daß er in der Samlung seine Lieder habe. Wenn ich
eine neue Auflage mache so werde ich darüber setzen: An
Herrn Naumann in Berlin, nicht an den Bauzner.
HE. v. Bilefeld, ist Mayon, Herr Dreyer auch, HE. v. Hage-
dorn gleichfalls. Ich bin vom seel. Lamprecht oft eingeladen,
aber ich habe niemahls Lust gehabt. Noch vor einigen Tagen
hat man mich proponiren wollen. Daß ihr Geheimniß so lange
verschwiegen bleibt, wundert mich nicht. Man kan nichts
offenbahren, weun man nichts weiß. Sie können den Augen-
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blick der Främaurerschaft theilhaftig werden. Ist denn bey
Ihnen keine Loge? Haben sie nicht die Francma^ons trahes
et ecrases gelesen. Was würden sie für ein liebenswürdiger
und gefährlicher Arkadier seyn!
Die Oden des Horatius sind von einem Schulmann in
Lüneburg mir deucht Bröstedt, der auch ein Trauerspiel aus
dem Racine (Esther) tibersetzt hat. Die Uebersetzung ist so
gut als sie ein Schulmann machen kan, daß ist, Horazens Oden
sind in fließende Gottschedische Oden übersetzt. Sie sind nicht
beßer als Weidners, obgleich dann und wann richtiger. Aus den
Zärtlichen Gedichten konte ich im Buchladen nur 3 Zeileu lesen.
Ich kan ihnen von meiner Feder wenig schicken, Ich habe
nichts neues gemacht, und das alte ist noch unausgearbeitet.
Im neuesten Stücke der Bremischen Beyträge steht die kleine
Ode von ihnen an den Amor. Amor Vater süßer Lieder p
Ich habe sie nicht hingeschickt, sondern nur einige Abschriften
gegeben. Diesem vorzubeugen möchte ich ihre Sachen gern
beysammen gedruckt sehen. Geben sie mir Ordre, es zu thun ?
— Sie wißen, wie schlecht die anakreontischen Oden
in den Bremischen Beyträgen sind, demohngeachtet lese ich
jetzo in den göttingschen gelehrten Zeitungen da sie beur-
theilt werden, von ihnen : Man erkennt an ihnen den Geist
Anakreons und Gleims. Sind das nicht brave Kenner?1) Noch
mehr aber wundert mich, daß Herr Bodmer sie auf meine Rech-
nung geschrieben hat. Wie schwer klingt es an Pindar : Wie
klang deine Leyer prächtig ! auch blieb da p. Ich würde sa-
gen: Pindar! du hast Wein getruncken. Warum lobst du denn
das Waßer. Macht das Wasser dich zum Dichter.
Gedichte der F r. [a u] L. [a n g e] '•')
An HE. G -
Du Feind de8 Ehestandes, - - -
An HE. G.
Freund, kanst du noch so mahlen, - - -
[Ohne Überschrift]
Itzt kan ich nicht mehr scherzen, - - -
1) Am rande: Sehn sie welch ein Stolz!
2) Die folgende beilage I auf 4 oktavblättern.
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Einladung an G.
Mein Dämon spricht mir immer - - -
Die Sorgen.
0 Doris gestern wolten Ich rechne keine Zinsen
Die Sorgen meines Vetters 1 nd keine KriegesKosten
Mich listig überfallen, Und keine Königsgelder
AU sie bev mir kein Madchen l'> Ich reebne, wie viel KüGe
Und keinen Bachus sahen. Mir Doris geben mttste
Als Bogen voller Zahlen Wenn ich von diesen Bogen
Voll schon gezogner Summen Hier alle diese Summen
Vor mir gebreitet lagen. In eine Summe brächte.
Sie kamen rasch geschwärmet. 2» Da schwang der Schwärm, be-
Und riefen: Mache Falten! trogen*.
Ich aber lacht und sagte: Sich wieder zu dem Vetter.
* dis betrogen hält die schnelle Ruckkehr der Sorgen
zu sehr auf. ich bin schon verdrießlich es zu ändern. Viel-
leicht können sie es ohne Mühe.
In Halle ist bisher eine Wochenschrift unter den Titul
der Gefällige herausgekommen, welche nicht elender mög-
lich ist. Man hat verschiedene in Verdacht gehabt; ich habe
nur letzt erst erfahren daß der liederliche Verfaßer Straube
heißt, und ein Bruder von dem ist, der in den Belustigungen
vorkomt, und die Briefe des jOngern Crebillon Obersetzt hat.
Haben sie Crebillons Tragedies gelesen. Er ist mein Leib-
tragicus p.
Den Augenblick habe ich die Ode an Pindar in den Bre-
mischen Beyträgen corrigirt. Sie klingt so:
Pindar, du hast Wein getruncken Gibt es Lust und Scherz und
Warum lobst du denn das Water? Freude?
Kann auch WaOer dich begeistern Macht es. dat von deiner Leyer
Kan es deinen Sinn erheben? Die erhabnen Thöne schallen?
Daß die h Götter würdig achten, Macht es deinen Held zum Sieger
Wenn du trinckst, mit dir zu I"> Oder macht es dich zum Dichter?
sprechen.
Giebt es deinen Mädgen Liebe Pindar. du hast Wein getruncken
Macht es, dal: sie kii » n wollen? Und so bald du WaGer trinckest
(Übt es Blöden, Muth. und Stärekc? So wirst du das Lob der Helden
l" Gibr es Todten Geist und Leben? Matter oder gar nicht singen.
Ich kan in der Eil nichts beßers machen aber ich will
doch n«n;-h etliche so verwandeln. Ist es der Mühe wehrt, den
Unterschied zu zeigen?
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Ich lese jetzt mit Vergnügen Les Oeuvres de Hamilton.
Seine Briefe sind unvergleichlich.
Kennen Sie Voyage de Bachaumont et Chapelle? Es ist
letztens eine Nachahmung davon heraus Voyage de Languedoc
et Provence. Wie gern möchte ich eine machen unter dem
Titul, Reise von Berlin nach Anspach. Machen sie die Reise
von Anspach nach Berlin.
Folgendes ist von einem Unbekannten — Leipziger
Wo man verbuhlte Mädchen küßet - - - [Von Joh. Adolf Schlegel]
Die Freyer ')
NB. Wißen sie keinen beßern Nahmen für diese Leute?
Hört, was die Männer sagen, Schon hundert Siegesfahnen.
Wenn sie sich Mädchen wählen! Es sagen alle Männer
Es sagt der Pietiste: Mit Sternen und mit Bändern:
Ich bet euch in den Himmel! 16 Seht, wir sind Exellenzen!
ö Es sagt der arme Juncker : Und ich, ich Bage : Mädchen,
Ich zähle sechszehn Ahnen. Ich kan fürtreflich küßen.
Es sagt der schwache Witwer : Dadurch verdreng ich Ahnen
Ich zähle Tonnen Goldes. Gebete, Tonnen Goldes
Ks sagt der Ueberwinder: 20 Und Stern und Exellenzen
10 Ich schlage meine Feinde Und hundert Siegesfahnen.
Ich hab in meinen Tempeln
Ich weiß nicht ob sie das Gedicht an einen jungen Ge-
lehrten schon haben. Ich finde es eben. Es ist schlecht.
Folgende Ode könte heißen:
Inhalt der letzten Vormittagspredigt.
Ich krönte mich mit Rosen Ach seht sie und erzittert,
Und sang von Wein und Liebe 15 Und folget meiner Stimme
Und ward beymTrunck ein König, Und laßt euch noch erretten.
Da kam ein Sittenrichter Wo nicht, so sündigt ewig,
5 Und sprach mit Donnerworten: Und seyd Kraft meines Amtes
Laßt ab, laßt ab, Verfluchte, Dem Teufel übergeben.
Laßt ab von euren Sünden 20 Und du sey in der Hölle
Das Maaß ist voll geworden Ein König der Verdamten.
Der Zorn ruft schon der Hölle.
10 Sie hört, und spert den Rachen Ich, den er meinen Brüdern
Und droht euch zu verschlingen Mit steifem Arme '*) zeigte
Ach seht die Schwefelflammen Ich sah ihm ins Gesichte3),
Die ewig, ewig brennen SS I nd fragte: Willst dutrincken?
1) Ueber gestrichenem: Freywerber 2) Ueber: steifen Fingern
3) Ueber: „fiel ihm in die Rede", dazu am rande: „welches ist beßer?"
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Sie werden denken: hört er denn nicht einmahl auf zu
tändeln. Aber was kan ich davor, daß ich sonst nichts kan.
und dann habe ich in einem halben Jahre nichts machen kön-
nen, als jetzo da ich ihnen was schicken will. Ich schicke
ihnen so lange Verse ohne Reime, bis sie anfangen nicht zu
reimen. Wann sie aufhören, dann will ich wieder anfangen.
Denn alsdenn werde ich das Hülfsmittel meine Gedancken auf-
zustützen nöthig haben.
— — — Ist l) die Ode auf den Caffe in dem Götzischen
Anhange zum Anakreon, nicht ihre Ode, die sie einmahl an
ihre Madem. Schwester machten? Was macht denn dieser
Engel? Ist sie noch nicht verheyrathet ?
A propos haben sie den deutschen Beverland von der
Erbsünde gelesen, welchen die Theologi in Halle confiscirt
haben, und der König durch eine CabinetsOrdre wieder frey
gegeben hat? Vielleicht ist es dort, wie in Sachsen verbothen.
Es wurde anfangs der Confiscation mit 5 bezahlt, itzo ist
es Überall für 8 gr. zu haben. Ich übersende ihnen einen
Bogen Briefe von ihm, die hier gedruckt sind. Es sind ein
paar Merck Würdigkeiten darin. Sonst ist das deutsche eine
elende Uebersetzung des französischen.
Ich erwarte nun nicht ein oder 2 Gedichte von Ihnen
sondern eine ganze Menge. - - -
Nun will ich noch an Hagedorn schreiben, und mich für
beykommende Ode bedancken. Wie gefällt ihnen seine große
Ode auf den Wein. Mir deucht, sie ist oft langweilig und
matt. Ich will ihn um eine Ode in Versen ohne Keime bitten.
Aber er hat sich schon zu starck an den Reim gewöhnt.
Hochgeehrtester Herr und Freiind,
Ich habe Ihnen zwar versprochen, nicht gleich ungeduldig
1) Die folgende beilage II, auf zwei quartb lattern, enthält zunächst
Gleims verbessern ngsvorschlage zu Uzens gedicliten „An Venus* (Sauer
nr. 27), „Magister Duns* (nr. 12) und „Die Lyrische Muse* (nr. 17), die
in Sauers ausgäbe s. 07 — 70, 34 und 44—40 abgedruckt sind und hier
nicht wiederholt werden.
30. Uz au Gleim.
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zu werden, wenn Ihre Briefe manchmal zu lang ausbleiben :
aber ich habe Ihnen nicht erlaubet, gar nicht mehr zu schrei-
ben. Ihr allerletzter, ohnehin kurzer Brief ist vom 2. August:
ist es verantwortlich, einen Freünd solange ohne Ihre Briefe
zu lassen, die, wie Sie wissen, seine grösste Wollust sind?
Auch Herr von Kleist schreibt nicht mehr; und ich hätte
wohl Fug und Recht, auf den Argwohn zu kommen, daß er
meines Briefwechsels milde sey, weil er nichts reizendes daran
findet. —
Warum finde ich in den Meßverzeichnissen nichts, das ich
für ein Werk Ihrer Feder halten kann? oder wann Sie etwas
der Presse untergeben haben, warum geben Sie mir nicht
Nachricht davon, damit ich mirs eiligst bringen lasse? Alle
raeine Freünde sind Schriftsteller und zwar von Kennern hoch-
geschätzt; diese Vorstellung ergetzt mich. Denn ich habe nun-
mehr auch HE. Götzens Uebersetzungen und eigne Lieder ge-
lesen und auch des seel. Rudnicks Ode darunter gefunden. Ich
bin mit Ihnen einig, daß verschiedne dieser Lieder von feinem
Geschmack sind; wie denn durchaus eine poetische Schreibart,
die von grossem Genie zeügt, in seinen Aufsätzen herrscht. Die
Anakreon tischen Uebersetzungen sind ofte zu hart und nicht
fliessend genug, auch, indem sich der Uebersetzer zu sehr bindet,
mit Ausdrückungen angefüllet, die nach unsern heütigen Sitten
eckelhaft sind. z. e. seinen Bart mit Salben balsamiren. Der
Verstand ist auch nicht überall getroffen. Wie unanständig
aber ist es nicht, daß er in dem Liede vom Bathyll seiner
Scham gedenkt! Was hat Doris gesagt, wie sie diese Stelle
gelesen? Was den Druck anbelangt, so muß ich bekennen,
daß ich nie ein Buch fehlerhafter gedruckt gesehen. So ist
es mit dem Druckerwesen im Reiche. Man thut besser, man
läßt nichts drucken, als daß es so liederlich gedruckt werde.
Wenn Sie, mein Werthester, sich an diese Uebersetzung wa-
gen wollten ; so würde was ungleich bessers herauskommen.
Hat HE. von Kleist sein Gedicht vom Landleben noch nicht
fertig? Es verlangt mich ungemein, nach seinen Gemählden ;
er wird dem Thomson gleichkommen. Thomson ist in der
That ein vortrefflicher Mahler, auch in seinen Erzehlungen,
die Sie mir übersetzt (ich möchte wohl wissen, von wem ?)
Glcim-Uz, lirk'fw<*clmcl. 10
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überschickt haben. Hat HE. Lange nunmehro seine Gedichte
aus der Presse bekommen? Es wird viel schönes darinn seyn.
So oft ich die freündschaftlichen Briefe lese, welches ge-
wiß nicht selten geschiehet ; wünsche ich allezeit, daß des
seel. Adlers Nähme ausgedruckt wäre, weil der Charackter,
den Sie von ihm machen, so schön und besonder ist, daß er
zu des Verstorbenen grossem Ruhm gereicht. Es geschiebt
auch darinn Meldung einer Critik über die scherzhaften Lieder :
ist sie gedruckt ? Wer vermengt sich mit Kleinigkeiten ? Denn
wesentliche Fehler hat er doch nicht tadlen können. Ich bin
sehr ungeduldig, einmal wieder etwas von Liscov und Rost
und fürnehmlich von dem HE. von Hagedorn zu lesen : warum
schreiben diese sinnreichen Köpfe nichts mehr? Man sieht ja
in den Buchläden nichts als Uebersetzungen, Monathschriften
und Schauspiele, die vermuthlich ineisten theils von schlechtem
Werthe sind. Ich schicke Ihnen ein Lied von meiner Muse,
mit einem Compliment an die Ihrige und der Bitte, sie mit
einigen Ihrer reizenden Gesänge zu entzücken. — — —
Anspach den 5. Decembr. 1746.
31. Gleim an Uz.
Mein allerliebster Freund,
Ich habe ihnen schon vorgeworfen , daß Sie mit meiner
Langsamkeit zu viel gedult haben, und daß sie mir beweisen
könten, wie angenehm ihnen meine Briefe sind, wenn sie mir
öfterer schrieben, und meine Faulheit beschämten. Sie werden
es aus dem unendlichen Briefe ersehen , den ich schon vor
4 Wochen an sie geschrieben, und an den HE. v. Kleist über-
schickt habe, damit er ihn mit Musikalien begleiten solte. Da
ich am Dienstage das Vergnügen hatte, ihn unvermuthet bey
mir zu sehen, frug ich ihn so gleich, ob der Brief an Sie fort
sey. Er hatte kaum nein gesagt, als der Briefträger anklopfte,
und mir ihren Brief brachte. — — —
Der Herr v. Kleist ist gestern schon wieder abgereist,
und jetzo bin ich seinetwegen besorgt ; denn er ist nebst dem
Oapitän Donop , (dem satirisch lächelnden,) nur entwischt in
der Absicht, ehe wieder zu Hause zu seyn, als der Obriste sie
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vermißen kÖnte, aber sie konten nicht zeitig genug wieder
wegkommen , und ich bin jetzo übel mit mir zufrieden , daß
ich zu ihrer Säumniß etwas beygetragen habe, weil es ihnen
Ungelegeuheit machen kan. Wir sind recht vergnügt gewesen ;
ihre Gesundheit ist niemahls vergeßen ; als wir sie auf der
Redute trancken , muste ich auf den Champagner schimpfen,
in dem wir es thaten, weil er nicht« taugte. Die Oper
ist für mich ein größeres Vergnügen. Da überlaße ich mich
der sanften Gewalt der Musik und vergeße darüber ganz und
gar, die mechanischen Fehler wieder die Einheit des Orts, der
Zeit p zu beobachten. Ich zürne nur bisweilen, über den Coni-
ponisten, daß er einen andern Affect bey mir erregt, als der
Poet !). — — — Vorjetzo habe ich nur eine Aria bekommen
können , welche ich nebst ein paar scherzhaften Liedern dem
HE. v. Kleist gegeben habe, sie mit in das große Paquet zu
legen, so sie von ihm bekommen werden. Schreiben sie mir
ihr Urtheil von der deutschen Musik. Wenn sie ihnen ge-
fällt, so soll mir der Componist , welches der Secretair vom
Grafen von Kothenburg HE. Krause ist, noch einige in die
Musik setzen. Ich werde es auch mit einigen griechischen
Oden versuchen laßen. — — —
Meine Muse bedanckt sich für das Compliment der ihrigen,
und für ihr fürtrefliches Lied, auf das schönste, und bittet sie,
nicht so selten zu singen.
Der Herr von Kleist hat mir in der That vorgeworfen, daß
ich ein Mückensäuger gewesen wäre. Es kan seyn , ich war
geschwinde, und wüste, daß sie meine Schwäche ohne dem
kennen. In der letzten Ode finde ich trotz meinem bösen
Willen nicht das geringste auszusetzen. —
Liskov kan nicht mehr schreiben, denn er hat eine Frau,
und ein gar zu gemächliches Amt; und vielleicht fehlt ihm
ein würdiger Held. Gottsched ist ihm zu klein. Er hat letz-
tens zu Dreyern gesagt: Man muß selbst zum Hundsfott wer-
den, wenn man wieder ihn schreibt. Kost kämpft in der
KriegsCanzley , wie Bodmer spricht, und Hagedorn ist nicht
mehr jung, und arbeitet langsam. Herr Dreyer wird Lam-
1) Ueber gestrichenein: der italienische Text.
10*
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prechts Schriften in 2 Bänden herausgeben, worin viel schönes
vorkommen wird. Seine Schreibart hat ganz was eigentüm-
liches. Ich habe einmahl von ihm gesagt: Seine Prosa ist
zu poetisch, und seine Poesie zu prosaisch. Das Landleben
des HE. v. Kleist wachst noch immer fort; er ist noch im
Früling, und hat schon einige Bogen. Thomson hat ihm das
beste weggenommen , aber er hat dennoch so viel neue Ge-
mählde, daß man ihm eben des wegen den Vorzug geben wird.
Ich wolte ihnen gern eine Probe geben, aber ich mflste alles
abschreiben. Doch hier haben sie eine. Nachdem er eine
Heerde Ziegen beschrieben hat, beschließt er:
— — — Ihr bärtiger Ehmann
Besteigt, die über den Teich sich neigende Weide, beraubt sie
Der bläulichen Blätter, und schaut von oben ernsthaft herunter.
Sie sehn, daß dis die lateinsche Versart, ohne den latein-
schen Wohlklang ist. Rathen sie um des Himmels Willen
dem HE. v. Kleist nicht davon ab. Er läßt sonst das ganze
Gedicht liegen. Es muß sich durch die fürtreflichen Mahle-
reyen der Natur und die untermischten Betrachtungen am
meisten empfehlen. Ich bilde mir nicht wenig ein, daß ich
Deutschland einen solchen Poeten gebe. Denn ich habe ihn
ganz allein*" aufgemuntert, und das in ihm liegende Feuer
angezündet.
Es ist allerdings ein Jammer mit den Druckfehlern in
HE. Götzens Buch. Es muß es ein Blinder corrigirt haben.
Ich habe es meinem Mädchen noch nicht in die Hände ge-
geben, um des Bathyls willen. Schicken sie mir ihre Ueber-
setzung nur bald, und mercken sie an was an den Götzischen
am fehlerhaftesten ist, ich will aus meinen und allen übrigen
die besten aussuchen, und verbeßern, und so den dritten Theil
zu meinen Liedern davon machen. Denn den ganzen Anakreon
von neuem zu übersetzen , dass wäre mir unmöglich. Ich
müste noth wendig auf die Ausdrücke meiner Vorgänger ver-
fallen, und wer könte etwas beßers machen, als sie? Sie ha-
ben doch wenigstens schon die Helfte übersetzt. Ich sehe,
daß sie Langens Oden noch nicht haben. Soll ich sie ihnen
schicken ? — — —
Berlin den 22l™ Dec. 1746
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P. S. Ich bin letzthin mit dem Anspachschen Residenten
HE. Hofrath Borchwart bekant worden. Er ist ein ganz ar-
tiger Mann, absonderlich, weil er mir angeboten hat, so oft
es mir gefällt Briefe an sie in seinem Paquete zu befördern.
Er meint, sie könten ihre Briefe gleichfals dort nur beym
HE. Expeditions Rath Siefried abgeben, und so könten wir uns
wöchentlich zweymahl schreiben. —
Ich wünsche ihnen ein fröhliches neues Jahr. Das Fest
über werde ich in Lähme bey meinem Schwager und HE.
Ramler zu bringen. —
Es ist keine große Ehre mehr von HE. Gottsched in sei-
nem Büchersaale gelobt zu werden, denn er lobt die infamsten
Scartequen. Z. E. Frischens Fabeln; sonst wolte ich ihnen
sagen, daß er bey Recension der Götzischen Oden Anakreons,
die ihrige an den Mahler , als das gröste Meisterstück ange-
führt hat. Er lobt sonst auch überall, und tadelt nur, daß
Anakreons Silbenmaaß nicht durchgehends beybehalten ist. Von
der ersten Ode hat er 2 lateinische Uebersetzungen und seine
eigene neben der neuen abdrucken laßen, wobey er dem Leser
überläßt, zu urtheileu, ob der neue Uebersetzer Uhrsache ge-
habt habe von ihm abzuweichen.
32. Uz an Gleim.
Ihre beede Briefe habe[n] mich mit Freüden
überschüttet; denjenigen mit den Musikalien bekam ich erst den
11. Januar und ich beantworte nunmehro beede zugleich. Die
Musikalien sind von auserlesenem Geschmack und werden von
allen Kennern bewundert. Ich bin Ihnen und Herrn von Kleist
höchstens vor dieses kostbare Geschenk verbunden ; und be-
daure nur die Mühe und Unkosten, die Ihnen Ihre Gütigkeit
verursachet. So sehr ich Ihnen inzwischen für alles
dieses verbunden bin ; So haben Sie sich doch noch weit mehr
um mich verdient gemacht, da Sie mir an dem HE. von Kleist
einen so schätzbarn Freünd verschafft haben. Sagen Sie mir
doch, was muß ich thun, daß ich ihn beständig erhalte? Ich
fühle eine Hochachtung für ihn , die nicht grösser werden
kann, als wenn ich dessen Eigenschaften persönlich bewundern
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könnte. 0 wie wünsch ich dieses! Sie dürfen mich nicht
aufmuntern, Berlin zu besuchen : ich flöge hin, wann ich nicht
angefesselt wäre. — — — Ich finde Sie glücklich , daß Sie
auf eine Bedienung von 1500 Thl. Rechnung machen können.
Hier, bey uns, würde es Ihnen also schlecht gefallen, wo man
10. Jahr umsonst dient und alsdenn, mit aller Neid, 50 fl. er-
schnappt. Sie sind der grössten Vortheile würdig; und das
Glück wird sie Ihnen nicht vorenthalten.
Die Erzehlung von Ihren Ergetzlichkeiten bey den Opern
und Masqueraden ist mir sehr angenehm gewesen. Ich höre
gern von der Pracht Berlins reden; und niemand lieber reden,
als Sie. Dass Sie sich mit dem Anspachischeu Residenten be-
kannt gemacht haben , ist ganz gut , wenn Sie durch dessen
Vermittelung Ihre Briefe franco herausbringen können. Sie
werden desto öfter schreiben: was für ein Vortheil für mich?
— — — Es verdrüsst mich, daß die Messen so wenig witzi-
ges bringen. Warum schreiben Sie nichts, die Ehre der Deut-
schen zu retten? Auf HE. Langens Gedichte bin ich nicht halb
so neugierig mehr. Ich bedaure seine Eigenliebe, die ihn um
den Ruhm betrügen wird, dessen ihn sein genie fähig macht.
An Oden, die in Horazens Geschmack geschrieben seyn sollen,
muß mit äusserstem Fleiß polirt werden. Sie, mein Liebster,
reden als ein Meister von den nöthigen Eigenschaften , deren
Abwesenheit Herrn L.fange] ein unersetzlicher Schade für sei-
nen Ruhm ist. Ich verdenke es ihm sehr , daß er auf sein
Buch : Horazische Oden, gesetzt hat. Zu was für Vortrefüch-
keit hat er sich durch diesen Titel verbindlich gemacht ? und
wie muß es den Leser ärgern, wenn er nur Langische Oden,
statt Horazischer , findet. Wenn der Reim keine stärkere
Feinde hätte, als HE. M.[agister] Mayr, so würde er wenig zu
fürchten haben. Was aber der Frau L.[angeJ anakreontische
Lieder betrift , die Sie mir überschickt haben ; so gefallen
sie mir recht wohl. Sie sollte nichts anders schreiben. Das
Frauenzimmer ist doch allemal zu einer sanften Schreibart
besser aufgelegt, als zu der prächtigen.
lieber die Menge der Monathsschriften hab ich mich
schon, bey Lesung der Bücherverzeichnisse, verwundert. Ich
bildete mir gleich ein, daß sie nicht viel werth seyn würden;
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151
und Sie machen mir eine so niedrige Idee davon, daß ich ge-
wissermaasse froh bin, daß ich an einem Orte bin, wo ich nicht
alles Geschmier zu lesen bekommen kann. Ich lese nichts,
als was Sie mir empfehlen. Machen Sie mir doch einmal
einige gute Schauspiele der DeOtschen nahmhaft: ich möchte
mir gern eine kleine Sammlung machen.
Sie haben ohne Stolz sich einbilden können, daß ich Ihre
unve[rbe]s8erliche scherzhafte Lieder nicht mit unter die ver-
worfenen gerechnet habe. Ich müsste ohne allen Geschmack
seyn, wenn ich deren Reiz nicht empfände. Sollte mein Lied
mehrern Leöten in die Hände kommen, so würde ich dieses,
obgleich nur kurz, darinn bemerken. — — — Ich übersende
Ihnen, wie Sie begehrt haben, die verbesserte Ode an Sie:
nehmen Sie dieselbe unter Ihre Hechel ; sie verdient es um
des Inhalts willen. Durch Ihre Hülfe kann ich vielleicht zu
einem nicht allzu mittel massigen Dichter werden. Alles was
ich Ihnen schon von meiner Muse überschickt habe, muß stark
verbessert werden, wenn es die Probe halten und verdienen
soll, im Druck gelesen zu werden. Ihr Anerbieten, mir hierzu
zu verhelfen, daß ich ein Autor werde, zeügt von Ihrer Freünd-
schaft und von Ihrem Eifer, meinen Ruhm zu befördern.
Bessern Sie nur noch an mir : ich würde mir eine Ehre daraus
[machen], meine Kleinigkeiten von Ihnen gedruckt zu sehen.
Es fehlt aber noch viel, ehe sie dessen würdig werden. Auf
diese Art unter die Presse zu kommen , wie das kleine Lied
an Amor das Unglück gehabt hat, würde mich in der That
schlecht erfretien. Unzeitige Geburten bringen einem Ver-
fasser wenig Ehre.
Es ist gewiß, daß ich an Ihnen mehr liebe, als Ihren
Witz : Ihr edles Herz ist des höchsten Ruhmes werth, wie es
die Quelle Dero liebenswürdigsten Eigenschaften ist. Wenn ich
mich mit der Zeit an höhere Sachen wage , werde ich diese
Seite von Ihnen zu preisen mir angelegen seyn lassen, wie ich
in dem überschickten Liede Ihrer Muse gedenke. Sie ent-
zücken mich durch Ihre Raisonnemens: ich werde auch bald
anfangen, mich in die Moral zu vertiefen; und alsdann, adieu
Ode ! Ich will nur noch vollenden, was ich angefangen : einige
Grössere Stücke haben Sie noch von mir zu gewarten , wann
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152
mir die Musen günstig sind. Das schon gemachte will ich
mit Ihrer Hülfe verbessern. Machen Sie mich nur nicht gar
zu kühn. Ich fürchte schon, daß meine beygeschlossene Ode
ED bilderreich sey: denn allzuviel Imagination in einem Ge-
dichte macht, daß die Wahrheit verschwindet. Dem Lobge-
sauge des Frühlings hab ich einige weggeworfene Stellen, auf
Ihre Vorbitte, wieder gegeben: ich will Ihnen denselben ein
anderesmal schicken. Meiner Ode über die Unruhen in Deutsch-
land will ich auch einige ausgestrichene Bilder wieder zustellen :
Sie machen mich ganz kühn.
Was soll man an Ihren Liedern tadlen? Man muß sie,
mit einer Begierde, etwas tadelswürdiges zu finden, lesen, wenn
man sie critisiren will. Die Zeit ist mir zu kurz geworden
es zu thun. Ich will es aber thun, ehe Sie eine neüe Auf-
lage machen. Die beyden neüen Lieder, die Sie mir, als ein
karger Haushalter überschickt haben, sind schön: die Mit-
tagspredigt hat mich insonderheit ergetzt. Sie hört und
sperrt den Rachen, ist wohl nur übersehen: sollte es
nicht heissen: aufsperren, indem sperren soviel bedeütet, als
zusch Hessen. Ich sah ihm ins Gesicht gefallt mir des-
wegen besser, als das andre, weil des Pfarrers Rede völlig
aus ist und von Ihnen nicht unterbrochen worden. An statt :
da schwung der Schwärm betrogen, p sollten Sie
wohl billigen : da schwung der Schwärm sich wieder betrogen
zu dem Vetter. Des unbekannten Leipzigers Lied ist artig:
sollte es nicht von dem Verfasser seyn, der in den Bremischen
Belustigungen den Beruf, die schwere und leichte Kunst, die
Fabel vom Möpschen gemacht hat und die mir sehr artig
dünken: wie mag sein Name seyn? Die Zeit wird mir auch
zu kurz, aus Anakreon etwas zu Ubersetzen : denn allein, ohne
Götzen, hab ich nichts oder wenig übersetzt, als was ich Ihnen
geschickt habe und was Ihrer Ausbesserung nöthig hat. Wenn
Sie es verlangen, so will ich noch einige übersetzen , die Sie
noch nicht angefangen haben. Die Ode vom Bathyll, die Sie
nach meiner Uebersetzung haben , verdiente schon , daß Sie
dieselbe auf eine polite Art ausbesserten. Auch möchte ich
einige Erzehlungen des Anakreon hauptsächlich von Ihnen
übersetzt lesen', als die III Ode von Amor, von der Taube,
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153
vom wächsernen Amor. p. Wer kann die naive Art zu er-
zehlen dem Deutschen einverleiben, als Sie? An der Edition
des Paw haben Sie sich schlecht versehen. Ich habe eine kleine
Londner Auflage, die 1738. gedruckt ist, gelesen, die sehr cor-
rect ist und die Lieder in lateinische Elegien nach Ouidii Art
in libr. Amor, übersetzt, und zwar ungemein artig. Ich habe
daraus gelernet, daß ich in der Ode an den Mahler falsch
übersetzt habe, e£ öXij; 7iapetr){, da wo sich die Wangen
sc h Ii essen: indem es anzeigt, daß die eiue Wange ganz
soll gesehen werden.
Vor HE. von Hagedorn Harvstehude danke ich Ihnen
verbindlichst: dieses Stück ist schön, wie alles was von seiner
Feder kommt. Was ist dieses für ein Ort, über welchen er
scherzt ? Es hat eine artige Vignette und das Papier und der
Druck sind schön. Sie müssen Ihre Lieder noch so drucken
lassen.
Die sapphische Ode, die ich Ihnen versprochen, woriunen
ich das wahre sapphische Sylbenmaaß, mit einem Dactylo in
ieder Zeile, nachahmen wollte, fällt mir, wegen der Beschaffen-
heit der Sprache, unmöglich. Das Stück aber, das Ihnen, dem
Inhalte nach, sapphisch deücht, Entfleischte p. mißfällt
mir darinn, daß der Anfang so traurig klingt: ich will eine
zärtliche, aber keine schwermtithige Liebe.
Die Com position zweyer scherzhafter Lieder, ist recht ar-
tig: ich wünsche bald, eine griechische Ode in Noten zu sehen.
Da diese Art von Liedern sollen gesungen werden ; so kann
man vielleicht hieraus den Schluß machen, daß sie [nicht] allzu
lang seyn sollen. Haben Sie, mein liebster Anakreon, nicht
in einigen Ihrer Erzehlungen, e. g. der Vermittler, hierwider
gesündigt? Doch Sie verstehen Sich auf diese Lieder besser
als ich. Ich wage mich fast nicht, Sie in dieser Schreibart
zu tadeln.
Das Schreiben unter den freundschaftlichen Briefen, so
mir allein mißfallt, ist der 9te Brief. Ich gestehe, daß eine
Sammlung von Briefen, wie Sie im Sinne haben, von ungleich
grösserm Werthe seyn würde, als blosse Scherze. Ich will
gern dazu beytragen , wie zu allem , was Sie von mir ver-
langen, denn Sie können über mich gebiethen. Man wird mit
154
den Jahren immer ernsthafter, und Briefe sind sehr geschickt,
viele angenehme Sachen auf eine reizende Art abzuhandeln. Ich
weis nicht, wie man Rud nicken ein Ehrengedächtniß aufrichten
soll: ich trage soviel Hochachtung vor sein Andenken, daß
ich zu dessen Verewigung gern helfen wollte: allein wer bin
ich, daß ich mir so stolze Absichten vorsetzen sollte?
Muntern Sie doch HE. von Kleist auf, sein grosses Gedicht
bald zu vollenden : ich habe es auch gethan. Es muß vortrefflich
werden. Ich will auch einmal etwas unternehmen, aber keine
Poetik : hierzu hab ich nicht Critik genug. Machen Sie eine
Tragedie : warum sollten Sie nicht geschickt zu diesem Meister-
stück der Dichtkunst seyn? Werden Sie Ihre Tragedie nach
der Idee des Corneille oder des Racine verfertigen ? Bitten Sie
HE. Ramler, in meinem Namen, um eine seiner Horazischen
Uebersetzungen nnd machen Ihm mein ergebenstes Compli-
ment, wie auch HE. Spalding. Sie stehen bey meinen Freünden
allhier in dem besten Angedenken. Meiner Schwester darf
ich Ihre Douceurs nicht alle sagen : sie würde zu hochmüthig.
Die Ode auf den Caffee in Götzens Oden ist nicht von mir,
aber eine der artigsten. In der beygeschlossen[en] Ode, in
der 2 Strophe werden Sie eine Idee finden, die schon in den
Versen auf Ihren vermeinten Feldzug stehet. Es beruhet auf
Ihrer Entscheidung, an welchem Orte sie am besten stehen ;
wenigstens sind besagte Verse von geringem Werthe.
Onolzbach, den 19. Jan. 1747.
Wenn ich einen Mahler finde, der mich en miniature
mahlen will , so sollen Sie mein Portrait haben. Wir sind
hier mit Mab lern gar schlecht versehen. Was werd ich nicht
für eine Figur bey Ihren Freunden machen? Ich freue mich
schon darauf.
HE. Bodmer hat die freundschaftlichen Briefe wohl ver-
theidiget. Seine Zeitung gefällt mir : ich werde trachten, wie
ich sie ordentlich bekomme. Haben Sie auch die grosse Idee
von Gellerts Erzehlungen ? Ich habe über den Bauzner herz-
lich lachen müssen, der gern ihr Freund seyn möchte. Ich
erinnerte mich der Fabel beyni Hagedorn , wo der Esel sich
aus dem Luder schleppt und zum Löwen spricht : ich grüssc
dich mein lieber Bruder !
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155
Sind die Dresdner Nachrichten , die vor einigen Jahren
herausgekommen sind, von HE. Liscov «nd Rost? Es dünkt
mich in der That, dali Hagedorn in seinen Liedern manchmal
schläft. Insonderheit scheint mir der andre Theil dem erstem
nicht gleich zu kommen. Wird er nicht bald etwas zusammen
drucken lassen? Seine Ode über den Wein ist wohl nicht
horazisch, aber doch fürtrefflich, obgleich nicht überall.
Eines von Ihren artigsten Lieder ist dasjenige im 2ten
Theil, unter dem Titel: Bacchus und Cythere. Ich wollte es
lieber gemacht haben, als alle meine Lieder. Machen Sie sich
aber einmal auch an etwas wichtiges und grosses: Sie sind fähig,
die Deütschen zu bessern, wie Sie uns bishero ergetzet haben.
Ich zweifle, daß ich des Gr.fafen] Algarotti kleine Schrift
hier bekommen kann : ich habe sie in keinem Bücherverzeich-
nisse gefunden. Was ist ihr Innhalt ? Sie machen die Bremi-
schen anakreontischen Stücke zu guten Liedern : verbessern Sie
auch das mit dem Titel : Erfindung. Es braucht es, wie mich
dünkt, am meisten. Ich werde meine Ode an die lyrische
Muse auch nach ihrer Critik verbessern, sonderlich die letzten
Strophen. Ich werde den Morgenstern allein lassen. Darf
ich sagen, daß ich auf der Ode Flügeln entweiche?
Hätten Sie HE. Langen nicht bereden können, seine Samm-
lung abzukürzen. Die Vielschreiberey verderbt alles. Eine
kleine Sammlung guter Stücke ist, sonderlich neüen Seribenten
allzeit eher anzurathen. HE. Rost vor seinen SchäferErzäh-
lungen [ist] dieser Meinung auch. Von Crebillons Tragedien
urtheilt Gacon an einem Orte: sie wären abscheülich, obgleich
auch trefliche Stellen vorkämen. Ich besitze sie selbst und
will sie nächstens lesen.
Dr. Joung schreibt sehr sinnlich, aber nach meinem Ge-
schmack, nicht simpel genug. Ich glaube nicht, daü in zweyen
der prächtigsten Oden Horatii soviel kühne Bilder sind, als
in dem mir überschickten Anfange eines dogmatischen Ge-
dichtes. Die allzugroGe Menge gefällt mir nicht, wenn sie auch
alle richtig wären , welches doch noch erst zu untersuchen
stünde. Mein zerscheiternder verzweif lender Ge-
danke treibt auf dem Meer des Elendes: ist das
Lohensteinisch ?
ized
156
33. Gleim an Uz.
— — — Von unsern hiesigen Lustbarkeiten hätte ich
ihnen gern noch einen Brief geschrieben, aber ich zweifle daß
man lebhaft genug davon schreiben kan, wenn sie schon so
lange vorbey sind. An dem letzten Tage der Redoute waren
die Ausschweifungen der Lust so groß , daß es schien , als
wenn jedweder die letzten Stunden seines Lebens nach dem
übel verstandenen System des Epicur anwenden wolle. Es
waren ordentliche Saturnalien. Wenn die wildern Tänze an-
giengen auf dem bürgerlichen Platze, so machte ich mich alle-
mahl gefaßt am Ende derselben ordentliche Rasende zu sehen,
und dann schlich ich mich bey Zeiten aus der tollen Menge.
Ich hatte ein beßeres Vergnügen, mit einer artigen Nonne,
die am besten tanzte, die schönste Leibesstellung hatte, und
gar nichts von ihrem Busen sehen ließ. Diese machte mich
aufmercksain. Ich verfolgte sie einige Zeit vergebens, aber
endlich willigte sie darein, mit mir Chocolate zu trincken. Ich
dachte sie da ohne Maske zu sehen, aber Nein. Ich war eine
ganze Stunde mit ihr in einem Cabinette, wo man seyn kan,
ohne daß jemand die Erlaubniß hat, hinein zu dringen, wenn
man allein seyn will. Meine ganze Beredsamkeit war nicht
vermögend ihre Maske von dem Gesichte zu bringen; es gefiel
ihr indeßen bey mir, und ich mußte zufrieden seyn, daß sie
mich kennte, und mir ihre Hochachtung versicherte, welche,
sagte sie, vermehrt werden würde, wenn ich mich nicht be-
mühte, sie auszuforschen. Ich habe es nicht gethan, und ich
weiß bis diese Stunde noch nicht, mit was für einem hitu-
lischen Geschöpf ich zu thun gehabt habe. Denn ob mir
gleich ihr Gesicht verborgen blieb, so zeigte sie mir doch den
schönsten Verstand, und die liebenswürdigste Sittsamkeit. Ach
wie werde ich diese Nonne suchen, wenn wieder Redoute ist.
— — — Es ist ein .Schäferspiel ohne Liebe heraus
gekommen, und ein Vorspiel ohne Verstand. Mein alter Freyer
in uste auf der letzten Redoute einen Spaß machen, deshalb ließ
ihn ein guter Freund drucken. Er theilte ein paar Dutzend
Exemplare aus, und machte den Geist des Argwohns rege.
157
Jederman wollte das Original errathen - - Selm sie da hin
ich schon wieder in weitem Felde !
Ich bin ihnen für die beyden Oden, und insbesondere für
die erste auf das höchste verbunden. Wie viel Ehre thim sie
mir in einem solchen Meisterstücke ! Die kleine Ode
ist ungemein artig. Ich finde nichts daran zu verbeßern, aber
wohl etwas zu erinnern.
Dauerhaft sey die Brünette,
Wenn im Bette
Lieb und Jugend auf nie dringt,
ist das Bild nicht ein bisgen zu deutlich? Wie macht man
es, wenn [man] sich ihre Ode zu Nutze machen , und einem
Mädgen sagen will, was man für eine Liebste verlangt? Unter-
stehen sie sich einem Mädchen , daß schon etwas weiß , ein
solches Bild zu zeigen? Marot hat nicht so deutlich gemahlt,
Embonpoint, d'aßure maintien ist nicht so starck. Douceur
en coeur ist vollkommen gut gegeben.
Ihre Erinnerungen über die beyden Lieder habe ich mir
bereits zu Nutze gemacht, und bey dieser Gelegenheit machte
ich einige andere Veränderungen. Z. E. Die Mittagspredigt
schließt gleich nach der Rede des Sittenrichters: Gut, sagt
ich, willst du trincken? Wie gefällt ihnen folgende Verän-
derung? Da Schwärmeten die Sorgen Schnell wieder zu dem
Vetter. Das betrogen ist ganz unnöthig. Ich schicke
Ihnen hiebey noch ein paar zur Verbeßerung. Von HE.
Ramlers Oden sollen sie nächstens eine haben.
Glauben Sie wohl, daß ich noch begieriger bin, Ihre
Madem. Schwester zu kennen, als die Nonne? — — —
Wann werden sie doch eine Sammlung ihrer Oden zu
Stande bringen ? Ich habe heute eine Empfehlung von ihnen
an HE. v. Hagedorn gemacht. Dreyer hat mir ein Lied ge-
schickt de sa facon. Er ist jetzo auch in Hamburg. Viel-
leicht werde ich Bärmanns Timoleon für Sie bekommen.
Bodmer hat mir seine Gedichte geschickt unter dem Titul :
Critische Lobgedichte und Elegien. Nachdem er Rosten ca-
racterisirt hat fährt er fort:
Mit ihm dringt einer durch, der die bewohnte Welt
Für nichts, als einen Raum voll schöner Mädchen hält - - -
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158
Ist das nicht ein treflicher Caracter eines Anakreons. Kan
ein solcher Anakreon wohl einer getreuen Schäferin mißfallen?
Ich bin so falsch zärtlich nicht, ihnen diese Stelle ohne roth
zu werden hergesetzt zu haben, und ich habe Uberdem noch
eine geheime Absicht. Haben sie dort keinen Copi-
sten? LaGen sie mir doch alle ihre Oden zusammen schreiben.
Ich will sie denn nacheinander durchgehen, und mich recht
quälen, etwas tadelhaftes darin zu findeu. — — —
Berlin den 21i£IL Februar 1747.
HE. Spalding läßt sich Ihnen bestens empfehlen. Er wird
nun bald von hier gehen. Seine Stelle ist durch einen Grafen
von Düben schon besetzt. Vermuthlich wird er gleich eni-
ploirt werden. Ich verliere nebst ihm, noch einen braven
Freund, den HE. Maaß, der bisher Gouverneur von den Söhnen
des Staatsministers Grafen von Podewils gewesen und nun
Professor in Stettin wird. Wenn er die Gouverneur Stelle
bey einem Prinzen ledig machte, so wolte ich sie fragen, ob
sie Lust hätten, sie wieder einzunehmen?
34. Uz an Gleim.
Werthester Freünd,
Wie weit sind Sie mit ihrer artigen Nonne gekommen ?
Ich zweifle nicht, daß Sie dieselbe nunmehr ausgespüret und
in ihrem Herzen sich festgesetzet haben. Denn wie könnte
ein Mädchen , das Empfindung hat , dem Anakreon unsrer
Zeiten widerstehen? Dennoch wollte ich der Schönen rathen,
nicht allzusehr rebellisch zu thun. Denn ich habe, in der
That keine so gute Meinung von Ihnen, als Herr Bodmer,
der Sie fast als einen getreüen Schäfer vorstellt. Verzeihen
Sie mir, ich habe Sie allezeit gehalten für einen aimable fri-
pon, qui coquette par-tout et n aiine rien. Vielleicht habe ich
mich geirret: Denn ich bin der Herzenskündiger nicht, den
Sie mich nennen. — — — Doch wieder auf ihre Nonne zu
kommen, hat ihre Muse sie nicht besungen ? Vielleicht hat
sie Ihnen eines von den Liedern eingegeben, wovon Sie iu
ihrem letzten Schreiben sagen, daß ich Sie bekommen sollte:
Sie haben aber vermuthlich vergessen, sie beyzuschliessen ;
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159
denn ich habe nichts erhalten, als ihre Erzehlung vom alten
Freyer. Wie beneide ich Sie um ihre Gabe zu erzehlen! Ich
eifere Ihnen nach, aber umsonst. Ich schicke Ihnen inzwi-
schen meinen kleinen Versuch, von den Mitteln, ein Mädchen
zu versöhnen. Geben Sie ihm doch das freye und ungekün-
stelte Wesen, da Ii Sie, nach dem Zeügniß ihres alten Freyers
und ihrer scherzhaften Lieder, so vortrefflich in ihrer Gewalt
haben. Auf meiner Nase hängt ein Brill; dünkt mich etwas
hart zu seyn. Doch Sie schreiben sonst so rein und Hiessend,
daß ich glaube, Sie haben in gewisser Absicht, vielleicht
zum Scherz, also geschrieben. Man kann kaum Kleinigkeiten
an ihrer Muse zu tadlen finden: ich erfuhr es, als ich neu-
lich, nach ihrem Verlangen, die scherzhaften Lieder, in der
Absicht, was tadelnswürdiges zu finden, durchlas. Was glau-
ben Sie, daß ich fand? Etwas weniger, als Kleinigkeiten. Ich
fand ein Paar Orte, wo mich deücht, daß Sie der Märkischen
Mundart nachschreiben. Sie schreiben z. E. P. I. p. 2 und
P. II. p. 22. er fragt: da man doch in ganz Sachsen schreibt:
er fragt; wie es auch die Analogie der ähnlichen Worte
als sagen, klagen p. die in der dritten Person sagt, klagt p.
machen, zu erfordern scheint, p. 9. Und indem mich Amor
winkt: muß wohl mir heissen. Die Märkische Mundart pflegt
insgemein mir und m ich p. zu vermischen; wie ich mich denn
erinnere, auch in den freundschaftlichen Briefen dergleichen
Art zu Reden gefunden zu haben. Sie haben etlichemal: sich
erschrecken, anstatt erschrecken. Was soll das Wort
Zabel P. II. p. 5. bedeüten? Es ist mir ganz unbekannt.
Vielleicht ist es ein Mannsnarae. Sie sagen etlichemal, als
z. E. p. 9. P. II. vom Zefir, daß er lache. Von einem an-
muthigen Gefilde sagt man metaphorisch, daß es lache, weil
die Anmuth, die über dasselbe ausgebreitet ist, der Annehm-
lichkeit eines lächlenden Angesichts zu gleichen scheint: eine
Taube lacht, weil ihre Stimme einem hellen Lachen ähnlich
kommt. Zwischen dem Ton eines lachenden und des West-
winds kann ich keine Aehnlichkeit finden. — Wegen
ihrer Orthographie bin ich zwar auch nicht einig mit Ihnen;
doch ich bin ein zu schlechter Sprachkundiger, als daß ich
mir alle Gründe ihrer Art zu schreiben zu widerlegen getraue.
160
Wegen des Wortes: Schoos, welches Sie bald Schoß, bald
Schooß schreiben, gefallt mir die Meinung des HE. v. Hage-
dorns, der an verschiednen Orten es Schoos schreibt. Die
Aussprache, die beyden oo und die Notwendigkeit, es von
Schoß Stetier, zu unterscheiden, scheinen für mich zu seyn.
Werden Sie doch nicht böse, daß ich Sie mit solchen gram-
maticalischen Possen besch wehre: ich weiß nicht, wie ich
darauf verfalle.
Sie haben nicht nöthig, in meiner letztens übersandten
Ode die Fehler erst zu suchen : sie werden Ihnen selbst haufen-
weis in die Augen fallen. Ich erwarte indessen Ihre Critik
darüber. Die Erinnerung wegen des kleinem Liedes aus dem
Marot ist vollkommen gegründet: ich sehe nunmehro, daß
ich die Stelle gar nicht recht verstanden habe. Inzwischen
weiß ich noch nicht recht, wie ich sie verbessern soll: das
Embonpoint d'assure maintien scheint schwer auszudrücken
zu seyn.
Sie fragen mich, wann ich eine Sammlung meiner Lieder
zu Stande bringen werde? Ich antworte: wenn meine Verse,
durch Ihre Verbesserung, einmal so erträglich werden, daß ein
Buchhändler sie drucken lassen mag. Ich brauche keinen Co-
pisten, sie abschreiben zu lasseu: es sind ihrer nicht soviele:
denn ein kleines Bändchen könnte mir Ehre genug und Schande
genug machen, nachdem die wenigen gut oder schlecht sind.
Ich bin Ihnen sehr verbunden, daß Sie mich dem HE.
v. Hagedorn bekannt zu machen suchen. Sie wißen, daß ich
einer von den größten Verehrern der Hagedornischen Muse
bin. Es ist wohl noch keine Hoffnung, daß er einmal seine
vermischten Schriften zusammen drucken läßt. Das Verspre-
chen des Bärmannischen Timoleorts ist mir ungemein ange-
nehm gewesen: ich wünsche sehr, daß Sie denselben erhalten
mögen. Ich habe eine hohe Idee davon. Wann aber werden
Sie mit einem tragischen Meisterstücke hervortreten? Nehmen
Sie den Sophoklem zu ihrem Muster: jemehr Sie sich dem-
selben nähern, je weiter werden Sie alle innländische und aus-
ländische Tragicos zurücklassen.
Dem Herrn Hofrath Borchwart bitte ich, meinetwegen,
verbindlichst zu danken , daß er bey dem HE. Expeditions-
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101
Rath Seefried mir die Erlaubniß ausgebeten, nieine Briefe ins
hiesige Paquet einzuschliessen. — — —
Ich bedaure Sie, daß Sie ein Paar witzige Freünde ver-
lohren; Sie sind indessen glücklich, daß Ihnen noch andre
übrig bleiben. Wenn ich den einigen witzigen und zärtlichen
Freünd, den ich an Ihnen habe, verlöhre; so hätte ich gar
keinen. Alsdann würde ich meine Cyther wieder hinhängen,
und meine Muse würde mich verlassen: denn niemand würde
sie aufmuntern, noch hören wollen. Der Himmel verhüte
es!
Onolzbach. Den 16. März. 1747.
•
35. Gleim an Uz.
Liebster Freund,
Ich habe über den Abschied eines Freundes, ohne dem
ich fast ein Jahr lang nicht einen Tag zugebracht habe, ge-
traurt, ich habe verschiedene kleine Reisen gethan, ich habe
ein Haufen Reverenze machen müßen, ich bin, ohngeachtet
der schönen Frülings Tage, nicht recht munter gewesen, da-
her habe ich die Antwort auf ihr wehrtes Schreiben so lange
verschoben. —
Ich habe den Caracter, den Rudnick wieder sie verthey-
digt hat, in der That, und wenn ich scherze, so nehme ich
den ihrigen an. Ueberzeugen sie sich davon, so werden sie
einem Vejonto Catullo
Qui nunquam visae flagrabat amore puellie '),
wie ich jetzo bin, beßere Dienste thun. Wie können sie bey
Ihrer J.[ungfer] Schwester Hochachtung gegen mich erregen,
wenn sie ihr weiß machen, daß ich ein Schmetterling bin?
Machen Sie ihr lieber von meinem Witze eine minder vortheil-
hafte Idee, damit mein beständiges Herz äjabey gewinne. Mein
Vater bat sich diese Gefälligkeit von einem nicht so vollkom-
menen Freunde, als sie sind, bey gleichem Anlaß aus; und
dieser willfahrete ihm so wohl, daß er ihm ein Mädchen in
Amsterdam 80 Meilen weit von ihm gewogen machte, das
nachgehends meine Mutter ward.
1) Am runde: Juv.[enalie] Sat. 4.
G leim» U z, Briefwechsel. 11
162
Ihre beyden kleinen Gedichte haben mich einige Wochen
ergetzt. Die Liebesgötter ist das artigste kleine Geraählde,
das ich kenne. Wie artig schlafend liegt Hirnen? Ich habe
nichts getadelt als ich es gelesen, das das geringste werth
wäre. Izt komt mir vor, als wenn das erklinget in der
4 Zeile vom Reim herkomme. Desgleichen daß den hiesigen
zärtlichen Ohren die Elision : Aug verrieth zu hart seyn werde,
und daß ich den lezten Vers der 4 Strophe lieber läse: und
von Blonden zu Brünetten. Die versöhnte Daphne ist mir
ganz ohne Tadel. Wolten sie in der 4 Strophe 2« Zeile
wohl setzen : Obgleich ihr Arm ermattet kämpft. Es geschähe
nur wegen des beßern Klangs. HE. v. Kleist hat beyde.Stücke
gelesen, und er schreibt mir davon: »Herr Uz unterhält in
„allen seinen Stücken seinen poetischen Caracter. Sie werden
„wohl bald ein Bändchen von ihm zusammen haben, laßen
„sie sie doch drucken, wenn es gleich nur einige Bogen sind,
„sie werden einen allgemeinen Beyfall erhalten.* Ich bin da-
von überzeugt, und ich ersuche sie nunmehr in rechtem Ernst
daran zu gedencken. Ich habe schon angefangen, alles zu-
sammen zu suchen, was ich von Ihnen habe, und ich glaube,
daü es wohl 6 Bogen werden könten. Vielleicht ist ihr eige-
ner Vorrath noch größer. Ich will einen Verleger suchen,
der an dem äuserlichen nichts fehlen läßt; ich wolte gern,
daß sie so gedruckt würden, als Hagedorns neue Ausgabe von
seinen Oden und Liedern, mit einigen säubern Vignetten. Ich
nehme keine Verzögerung mehr an ; und wenn sie noch Ent-
schuldigungen machen, so sind sie von der Art der faußes
Prüdes. HE. v. Hagedorn hat mir seine Oden noch nicht
geschickt, aber sie brilliren in den hiesigen Buch laden schon,
ut Luna inter Stellas minores. Er hat sie in 5 Bücher ein-
geteilt, und jedem Buche einen alten lyrischen Poeten vor-
gesetzt. Ich weiß nicht wie er darauf gefallen ist, denn ich
habe meinen Kleinigkeiten längst einen so stolzen Zierrath
zugedacht. Am Ende eines jeglichen Buchs von 16 Oden be-
findet sich gleichfals eine artige Vignette aus den Antiqui-
täten. Ich werde zu den Ihrigen dergleichen im Montfaucon
aufsuchen , wenn ich unsern hiesigen geschickten Schmid
nicht vielleicht zu etwas Originellen überreden kan. Hagedorn
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163
bat auch drey anakreontische Oden ohne Reime versucht, wo-
von daß eine den Anakreons dieser Zeit verbietet der Priester
zu spotten. Er bat es gethan, den Priestern, die wider ihn,
aus eiuigen Uhrsachen aufgebracht sind, ein Conipliment zu
machen, und damit die Kenner dis mercken sollen, hat er gar
kein ihm zukommendes Meisterstück gemacht. Läßt sich wohl
sagen: Ihr Dichter, voller Jugend p und gleich wohl hat es
der richtige Hagedorn gesagt, seine Absicht mercklich zu ma-
chen. Wenn ich ihm schreibe, so will ich Anakreons llü Ode
nachahmen: Ich wolte jüngst das Lob der Priester singen,
Doch meine Leyer tlionte nur von ,Liebe. Schreiben sie mir
doch was sie an den andern beyden ungereimten Stücken aus
setzen. Seine vermischten Schriften mochten nun wohl so
bald nicht herauskommen. Doch will ich bey ihm anfragen.
Dreyer hat mir letzt aus Caßel geschrieben, daß er noch daran
polire. Er hat mir auch HE. Bärmanns Timoleon für Sie
geschickt, aber ich werde ihn ihnen jetzo noch nicht ttber-
schicken, vielleicht bekommen sie ihn mit mehr Gesellschaft
in ein paar Wochen. Sie werden den Cothurn in HE. Bär-
manns Tragedie vennißen, der den meisten Neuern fehlt.
Schlegel hat eine ueue Tragedie drucken laßen, die ich aber
noch nicht gesehen habe. Sie muntern mich zu Verfertigung
eines so langen und mühsamen Wercks auf, aber gewiß nur
im Scherz, und ich antworte ihnen, mit der Entschuldigung
eines alten Dichters (in Virg. Append. Scaligeri p. m. 206)
die sich endiget:
Vos mare tentetis. Vos detis lintea ventis
Me vehat in tutos parva carina locos.
Werden sie sich nicht schon wundern, wenn sie mich recht
kennen, daß ich geduld genug gehabt habe, ein anakreonti-
sches Heldengedicht zu Stande zu bringen. Mich ermüdet ein
jedes aneinander hangendes Werck. Ich bin wie ein Reisender,
der gern reist aber oft stille liegt. Schreiben sie mir doch
mit nächster Post ihre Meinung von diesem Monstro, dem ich
selbst keinen Nahmen zu geben weiß. Der Umstand ist ihnen
zu wißen nöthig, daß im vorigen Jahre der Labyrinth in der
That mit etwas Verwunderung gefunden wurde. Er war in
dem Innersten des Waldes in der Stille ausgehauen worden,
11 *
164
und als er fertig war, wurden erst die Zugänge in denselben
den Spazierenden eröfnet. Jezo wird er noch bestandig er-
weitert und verschönert, so daß er einmahl Berlins größte
Zierde absonderlich für Mädchen und Dichter werden wird.
Es ist ein starcker Beweiß von der Trägheit, und dem noch
umnebelten Hirn der Deutschen, daß sie hinein gehen, tausend
kleine Listen darin wahrnehmen, und doch davon schweigen
können. — — —
Ihr Tadel der scherzhaften Lieder ist wahrhaftig augen-
scheinlich boshaft. Wie? Sie hätten nichts mehr gefunden,
als solche Kleinigkeiten V Ich kann kaum ernstlich darauf ant-
worten. Das Lachen des Zephirs hat schon HE. v. Bilefeld
getadelt. Aber ich wüste mich damahls aus den Alten zu
rechtfertigen, und wieder sie führe ich Ruduicken an, der in
dem Gegenstande der EinbildungsKraft den Zephir lachen labt.
Zabel ist der Nähme meines ehemaligen Informators, eines
Predigers und guten Freundes meines seeligen Vaters. Die
orthographischen Fehler mäßen sie HE. Ramler zuschreiben,
der Corrector gewesen ist; in der Hamburgischen Edition wer-
den sie sie nicht so häufig finden; und bey einer neuen Auf-
lage will ich für alles beßer auf gut Hagedornisch sorgen,
wenn es mir möglich ist. Ich will an ihren Oden die Probe
machen. Schicken sie mir nur bald richtige Abschriften. Ich
will von nnserm Vorhaben selbst Kleisten nichts wißen laßen,
damit ich ihm eine unverhofte Freude mache. — — —
Berlin den 25. April 1747.
P.S. HE. Naumann läßt sich ihnen bestens empfehlen.
Sie hätten mit dieser Meße etwas von ihm gelesen, wenn ihm
nicht die Preßen zu wieder gewesen wären. Ich will es Ihnen
venathen. Er hat den Temple de Gnide des Montesquiou über-
setzt. A propos : Was macht ihre Uebersetzung des Musseus.
Bodmer hat davon den Anfang in seiuen Gedichten. Schreiben
sie mir doch, wie weit sie gekommen sind. — — —
Hier komt aujetzt ein Journal unter dem Titul Berli-
nische Bibliothec heraus, von der HE. Ramler sagt, die Ver-
faßer wollen den Auswärtigen die gute Idee die sie von Ber-
lin haben, völlig benehmen. HE. Ramler ist noch in Lähme
bey meinem Schwager gauz faul. Er hat mich im Osterfest
165
vergeblich bey sich erwartet, und Pfingsten wird eis gleich-
fals thuu. Denn ich werde vielleicht alsdenn in Stettin bey
einigen Freunden seyn, nur auf 8 Tage, damit sie nicht etwa
ihre Antwort verzögern.
36. Uz an Gleim.
Erblaßter Freünd,
So sind Sie dann würklich todt? Denn ich zweifle nicht,
Sie werden Ihr un bedachtsames Versprechen, bis den 20. May
todt zu seyn, gehalten haben ; obgleich den Versprechungen
der Dichter sonst nicht viel will getrauet werden. — — —
Da Sie nun also im Reiche der Todten sind, wo, meinem
Wissen nach, noch keine Buchdruckerpressen angelegt wor-
den: so kommt mir sehr widersprechend vor, daß Sie gleich-
wohl meine Lieder drucken zu lassen, Sich anheischig machen.
Wann Sie noch lebten, so würden mich würklich Ihre schmei-
chelhaften Anerbietungen und die fürchterliche Bedrohung, mich
widrigenfalls für eine fausse prüde zu halten, bewogen haben,
meinen Willen zu einer Sache zu geben , die mir vielleicht
Ehre machen könnte, wann Sie von Ihnen ausgeführet würde.
Die vielen Veränderungen , die ich an meinen Kleinigkeiten
gemacht hätte, würden mich gerechtfertigt haben, warum ich
dieselben nicht für druckenswürdig gehalten; und die vielen
schwachen Stellen, die dennoch übrig bleiben würden, sollten
mich rechtfertigen , wann ich auch noch itzo damit wegge-
blieben wäre. Doch nunmehr ist alles verlohren, und meine
Ehre liegt im Staube. Ich habe gleichwohlen, auf gut Glück,
eine Ode beygeschlossen, die Ihnen HE. Richter nachschicken
mag. Lassen Sie dieselbe aber dem Flaccus nicht sehen. Ich
habe sie nur mitgeschickt, zur Beschämung des HE. v. Kleists,
der sich so nachlässig bezeigt in Vollendung seines Gedichtes
vom Landleben. Ich habe beständig auf dasselbe gewar[tjet,
in der Hoffnung, mich mit schönen Bildern daraus zu berei-
chern. Itzo ist gar nicht daran zu gedenken, daß es sobalde
zu Stande komme; denn er wird über Ihren frühen Hintritt
nicht weniger bestürzt seyn, als ich.
Herr Götze hat an mich geschrieben und mir berichtet,
161)
daß er den Anakreon mit Anmerkungen herausgeben wolle.
Er hat mich um Beytrag ersucht. Ich werde ihm den Ilath
geben, seine Schrift noch einige Zeit zu unterdrücken und fleissig
daran zu poliren. Er meldet mir, daß er auch an Sie des-
halben geschrieben habe; und wird sich sehr betrüben, wann
er hören wird, daß derjenige, welcher seiner Uebersetzung zur
Vollkommenheit am meisten behülflich seyn könnte, nicht mehr
lebe. Er hat mir auch eine Ode auf seines Bruders Tod mit-
geschicket, welche schöne Bilder hat. Sie würde mir noch
besser gefallen, wenn er mehr den Alten, als der Pyraischen
Ode über Laugens Bibelwerk oder auch dem Milton nachge-
ahmet hätte. Ich kann unmöglich verdauen, daß ein Engel
vom Himmel herab kommen und mit einem Etherischen Speer
das Band zwischen Leib uud Seele auflösen muß; und der-
gleichen Bilder mehr. Wann Milton mit einem durch die
Alten befestigten Geschmack gelesen wird; so ist er vollkom-
men fähig, einen mit den erhabensten Bildern und mit einem
göttlichen Feüer zu erfüllen : widrigenfalls, glaube ich, kann
man zu dein unnatürlichsten Dichter durch ihn werden.
HE. von Hagedorn neue Ausgabe seiner Lieder bin ich sehr
begierig zu sehen : es werden vermuthlich auch seine langen
Oden über den Wein, den Weisen p. darinnen seyn. Der
Anfang seiner Ode an die Anakreontischen Dichter ist in der
That nicht Hagedornisch und das Thema überhaupt ihm unan-
ständig. Wenn ich diese Auflage bekomme, so will ich Ihnen
meine Meynung von seinen übrigen anakreontischen Liedern
auch überschreiben. Denn ich habe in der That immer einige
Hoffnung, Amor werde Sie wieder lebendig machen, wie er
Sie schon einmal, wie ich aus dem andern Theil ihrer Lieder
gesehen, vom Tode errettet hat. —
Onolzbach. Den 25. May. 1747.
Ich bin verdrüßlich darüber, daß Herrn Naumanns Ueber-
setzung des Temple de Gnide nicht gedruckt worden, da ich
längst gerne dieses Werkchen hätte lesen mögen und von
HE. Naumann mir etwas gutes verspreche. Sie sind übrigens
übel berichtet, daß ich den Musäus übersetzet habe: ich habe
niemals daran im Ernst gedacht. Werde ich, vor meinem
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Ende, nicht noch eine von HE. Rani ler übersetz[t]e Horazische
Ode zu lesen bekommen?
37. Gleim an Uz.
Mein liebster Freund,
Ich bin weder im Himmel noch in der Hole, sondern auf
der Erde unter denen, die sie bald verlaßen wollen. Ich be-
finde mich in der That seit einiger Zeit ganz kranck,
Was haben sie doch vor einen Begrif von den elysäischen
Feldern? Man sieht wohl, daß sie niemahls da gewesen sind,
wie ich, und daß sie weniger von der Warheit derselben über-
zeugt sind, als ein türckischer Freygeist von Mahomets Para-
dies. Wie berühmt will ich sie dennoch machen, wenn ich
ehe dahin komme, als sie. Catull und Horatz sollen sie bald
zu sich wünschen.
Lä 80U8 des berceaux toujours Et comme eile 8911t sagement
verds Par ta pareße autorisöe
Aßia ä cote de Leabie 10 Preferer avec agrement
Je leur parlerai de tea vers Au tour brillant de la pensee
Et de ton aimable Genie. La verite du sentiment;
ö Je leur raconterai comment Et l'exprimer ai tendrement
Tu recueillis si galamment, Que Tibulle encor maintenant
La Muse qu'ils avoient laiße*e Lo En est jaloux dans l'Elisee.
— — — Nun weiß ich, warum ich noch lebe, und warum
ich so bald noch nicht sterben werde. Ich soll erst ihre Lieder
zum Druck besorgen. Das ist in der That dem Amor ein so
großer Dienst, als wenn ich nie aufgehört hätte, von seinen
Thaten zu singen. Denn wenn er Ihnen gleich allen Danck
schuldig ist, so bin ich doch Schuld daran, daß ihre weise
Autor Sprödigkeit tiberwunden ist. Nun machen sie also, daß
Amor je eher je lieber das Vergnügen hat, die Lieder die sie
ihm und seinem Freunde dem Bachus gesungen, zusammen zu
sehen. Machen sie daß deshalb unser Briefwechsel etwas hur-
tiger geht, und bleiben sie mit ihrer Antwort nicht zu lange
zurück. — — — Ich habe festgesetzt, daß sie künftige Mi-
chaelis Autor seyn sollen ; ich mache es, wie eine Mutter,
die ihrer Tochter einen Mann bestimmt. — — — Schreiben
Sie mir etwas ausführlich ihre völlige Meinung wegen des
168
Drucks, ob sie etwa eine gute Vignette auf das Titulblat ha-
ben, oder noch wählen wollen, ob sie klein oder gr. 8 vor-
ziehen, und dgl. — — — Was die Stellen anbetrift, die etwa
noch zu verändern seyn möchten , so werde ich ihnen meine
ohnmaßgeblichen Erinnerungen darüber machen, so bald ich
alles beysainmen habe, was sie dismahl den Kennern zu lesen
geben wollen. Sie werden vermuthlich schon hie und da einige
Veränderungen gemacht haben in den Stücken, die ich bereits
habe, es wäre also gut, wenn sie sie mit den übrigen zusam-
men schreiben ließen mit einem breitem Rande, etwa in 4.
Hernach wolte ich noch einmahl meine Erinnerungen machen,
und sie ihnen zur Approbation oder Verwerfung wieder über-
senden; bey allem werde ich HE. Ramler zu Hülfe nehmen,
und wenn etwa noch etwas entwischt seyn solte, so hoffe ich,
dali die Veränderungen, die wir etwa gemeinschaftlich billigen
würden, auch ihre Approbation erhalten werden. Denn sie wer-
den ohnedem nur in Kleinigkeiten, etwa in einem beGerm
Reime in einem richtigem Beywort oder dgl. bestehen. Sie
sehen meine völlige Meinung ich darf nichts mehr sagen.
Habe ich ihnen nicht schon geschrieben, daß mir HE.
Götze geschrieben hat? Er hat mir sein Vorhaben mit dem
Anakreon gleichfuls entdeckt, und sich erbothen, mir sein
Manuscript zu übersenden. Ich habe ihm ein paar Ueber-
setzungen nach meiner Art abgeschrieben, ich will sie ihnen
doch auch abschreiben, denn es sind eben die so sie einmahl
von mir verlangt haben. Schreiben sie mir aufrichtig, ob sie
etwas beßer sind, als die Uebersetzungen so man davon hat,
z. E. in den Beyträgen, die ich erst heute gesehen habe, und
ob sie die Freyheiten, die ich mir nehme, billigen. Wenn ich
die vielen Uebersetzungen nachsehe, die ich jetzo bey der Hand
habe, so sind meine Abwege von dem Original noch die ge-
ringsten. Der Wohlklang erfodert so viel Nachsicht als der
Reim. Ich habe itzt des Barnesius, welches die schönste Edition
ist, des Baxters, des Paw, des Longepierre, des Stephan, der Dacier,
des (iac;on, des de la Toße, des Andrea? Ausgaben und Ueber-
setzungen. Von des Rolli ital. Uebersetzung habe ich nur ein
paar Stück gesehen, die mir aber sehr wohl gefallen haben,
des Regnier seine muli auch beßer seyn, als die französischen.
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109
Ich mochte auch des Addison englische Uebersetzung haben,
aber es kan sie mir kein hiesiger Buchführer schaffen, und
Rolli der doch nur 6 Bogen starck ist soll 6 fy. kosten. Ich
kam auf den Einfall, in kurzen Anmerckungen Uber die ver-
schiedenen Thorheiten der Kunstrichter des Anakreon zu scher-
zen, aber ich habe gemerckt, daß man dem Frauenzimmer da-
mit nicht sehr gefällt, und der HE. v. Bilefeld hat es mir
völlig aus dem Kopf gebracht. Erzählen sie mir doch die
Oden die von ihnen tibersetzt sind, denn an diese wage ich
mich nicht, sie sind unverbeßerlich. Herrn Götzens Ode auf
seinen Bruder gefällt mir freylich nicht durchgehends. Er
ist sich nicht überall gleich, und ist mit Bildern zu verschwen-
derisch am unrechten Orte, und wählt nicht die besten Um-
stände. Z. E. da er von seinem Bruder sagt, daß er gut ge-
sungen hätte, jedermann meint, er mache solchen Lärm um
einen Cantor. p. —
Berlin den 4^ Jun 1747.
Dieser Brief ist verschiedener Verhinderniße wegen einen
Posttag zurück geblieben. Ich befinde mich seit dem ziem-
lich beßer, und habe völlige Hoffnung, daß ich sie noch zum
Autor machen werde. — — —
HE. Krause, Secretair beim Graf von Rothenburg, läßt
sich ihnen empfehlen. Er wird sie ehestens zum Richter über
einige Gedancken von der musikalischen Poesie machen. Ich
habe sie dazu vorgeschlagen, weil sie die Music verstehen.
Ich habe ihm zu gefallen eine anakreontische Cantate gemacht,
die er in Noten gesetzt hat, daran er aber länger polirt und
arbeitet, als ich geduldig bin. — — —
Der HE. von Kleist arbeitet jetzt fleißig an seinem Land-
leben, nachdem die Revue vorbey ist, und weil er immer das
alte verbeßert, so will er noch nicht gern Abschriften davon
geben. Ich will Ihnen den Früling schicken so bald er ganz
fertig ist. HE. Naumanns Temple de Gnide ist wegen Mangel
an feinem Papier noch nicht unter der Preße. — — —
Ihre1) Ode: der Weise auf dem Lande, ist eine ihrer schön-
sten. Sie gefällt allen Kennern, denen ich sie communicirt
1) Die folgende beilage auf zwei oktavblättern.
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habe, und hat die Fragen vermehrt: haben sie nichts neues
von HE. Uz. Sie sind in der That gar zu sparsam. Allemahl
nur 1 oder höchstens 2 kleine Stücke. Nonum premis in an-
num. Ich will dennoch in der Eil einige Erinnerungen ma-
chen —
Sie sehen, was dis für Kleinigkeiten sind, ich darf mich
daher kaum entschuldigen.
Den Platz voll zu raachen.
Der Abt
Ich bin ein Abt, das müßt ihr wiGen,
Und zwar im Trincken und im KüGcn
Ein rechter Abt.
Stete durst ich, wenn ich Beichte sitze
ö Nach Andachts und nach Sommerhitze
Hat mich schon mancher Trunck gelabt.
Nicht sparhaft für den andern Morgen
Zwar alt, doch nicht zu alt von Sorgen
Reich ich mein Gl ab
10 Der Nonne, die mich liebt und ehret
Und wenn sie sonst noch was begehret
So geb ich ihr auch wohl dis was.
Der Nonne wolt ich noch entsagen
Und so ein Schloß, wie Weiber, tragen
l*> Um Papst zu seyn.
Doch ich vertauschte keine Kronen
Kein dreyfach b ersehen Ober Thronen
Für meinen lieben alten Wein.
Haben sie nun den neuen Hagedorn gesehen? Er hat
mir seit langem nicht geschrieben, und auf die Einladung in
den Labyrinth nicht geantwortet. Es ist indeG nicht möglich
daß er das, was ich ihm seiner Ode wegen geschrieben übel
genommen hat.
Woher, du liebe Taube, ■) DaL\ wo du schwebest, Balsam
Woher koinst du geflogen? ■> Von dir herunter tröpfelt?
Wer hat dich so durchsalbet, Wer ist dein Herr. Geliebte?')
1) Hier folgen Gleims bemerkungen, vgl. Sauers ausgäbe s. 47— 51.
2) Vers 1 übergeschrieben : „mein liebes Täubchen" und am rande
die benierkung: .(Aber mir gefallen die diminutiva niemahls.)'
Am rande: Ba) Der HE v. Paw möchte gern wißen wer derjenige
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Sag es, ich muß es wißen.
2."» Will ich ihm willig dienen.
Wog hätt ich von der Freyhcit?
In wilden Wüsteneyen
Auf Bergen, auf dem Felde
Wo ich dann fliegen müßte
Anakreon, der Dichter.
Er schickt mich zu Batbyllen
lo Zu seinem liebsten Freunde
Zum Herscher aller Hertzen
Zum Liebling aller Mädchen.
Ich diente sonst Cytheren ;
Allein es sang der Dichter
:») Da hört ich keine Lieder.
Ich saß auf dürren Bäumen
Und speißte, wie die Krähe
Und wie gemeine Tauben
Nur bäurische Gerichte.
1*. Auf sie ein kleines Liedchen,
Da gab mich ihm Cytherc. l) &> Itzt nehm ich meine Speise
Seit dem dien ich mit Freuden Aus meines Wirthes Händen
gewesen sey, der Anakreons Taube in ihrem Fluge aufgehalten und sie
so neugierig gefragt habe. Er meint, es sey ein Freund des Dichters
gewesen, aber da er es doch nicht gewiß sagen kan, so ist er so gütig,
und überläßt einem jeden die Freyheit zu glauben, daß es auch wohl
sonst nur ein sannscher oder atheniensischer Bürger gewesen sey, dem
sie über den Kopf hingeflogen. Wenn der HE. von Paw. nach den
Alterthümern ausgemacht hätte, welche Einwohner ob die zu Samos
oder zu Athen am neugierigsten gewesen, so wäre er der Warheit
näher gekommen.4
„b) Der zornige HE. v. Paw fragt bey dieser »Stelle: Kan wohl ein
nicht närrischer Mensch auf diese Art von sich selbst reden, und eine
solche Hochachtung für seine Wercke verrathen ? und er antwortet
darauf: der artige und bescheidene Anakreon kan so thöricht nicht ge-
wesen seyn, und folglich hat diese Ode gewiß einen andern gelehrten
und aufgeweckten Mann zum Verfaßer. Sehet da einen redlichen
Kunstrichter, welcher hiemit aufrichtig gesteht, daß ein gelehrter und
aufgeweckter Mann, nicht nöthig habe, so gesittet zu seyn, als ein
halbgelehrter artiger Dichter. Ich möchte indeß diese Ode dem Ana-
kreon aus einem anderm Grunde absprechen, wenn es HE. v. Paw mir
nicht Übel nehmen wolte. Ich will es doch wagen. Wenn Anakreon
diese Ode gemacht hat, was hatte er denn nöthig die Taube, die er
selbst auHgeschickt hatte dergestallt zu befragen? Aber es waren viel-
leicht besondere Umstände, die ihn veranlaßeten, die Schmeicheley die
seinen Freund den Bathyl angeht, vielmehr einem andern von der Taube
sagen zu laßen als sich selbst. *
Dem Dichter, statt der Göttin.
Ich höre seine Lieder,
Er trinckt mir zu, ich trincke
Mit ihm aus einem Becher
Und wenn ich gnug getruncken
2*j Und izo, wie du siehest
Bestell ich seine Briefe.
Er sagt er wolle nächstens
Mir meine Freyheit geben
Allein, so lang ich lebe,
10 Dann tanz ich, und bin frölich,
Und breite meine Flügel
Dicht über seine Scheitel
Und schlaf auf seiner Leier.
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Adieu, nun weist du alles. Denn, ich muß dir es sagen,
I i Ich habe gnug geplaudert. Ich bin kein Wachspuliirer
Du machst mich recht zur Allein ich will den Amor
Krähe. lü Den Gott, der alles liebet,-)
Nicht i&nger bey mir dulden.
Ein wächserner Cupido Da, hier ist Qeld, ich nehme
Ward mir einst feil gebothen. Den schönen Schlaf gesellen.
Da fragt ich den Verkäufer: Nun hurtig, lieber Amor
Wie viel soll ich dir geben? 15 Nun mache, daß ich brenne
.> Er sprach : gieb mir nur hurtig') Wo nicht, so sollst du schmelzen !
So viel als dir beliebet.
Haben sie die Gedichte der beyden Sukro gelesen, von
denen Bodraer collective sagt, daß sie kühn nach Hallers Laute
greifen. Der eine, welcher der beßere ist, hat Lehrgedichte
und Fabeln zusammen drucken laßen. Der andre hat ver-
schiedene Gedichte und letztens 2 poetische Sendschreiben an
HE. Bodmer und an einen hochbestalten Lieutenant heraus-
gegeben, auf die sich ihr Lied schickt : Magister Duns p. Was
für eine poetische Sprache. Wie schwer! wie holpericht! wie
abstract, wie hoch! wie niedrig! wie gemein!
Ich kenne nun auch den Gr. Algarotti von Person. Er
macht die schlechteste Figur von der Welt, Er ist klein,
mager, er hat gar keine Waden, seine Nase ist so groß, wie
sein ganzes Gesicht, äuserlich bewegt er sich so schnell wie
ein Franzose, und scheint eben so zu schmeicheln*. Der HE.
v. Bilefeld hat mir indeß versichert, daß er jetzo weit gründ-
licher gelehrt sey als seit 6 Jahren, da er hier war, er hat
seit dem in Dresden und Venedig fleißig studiert, und arbeitet
jetzt an einer französischen Uebersetzung seiner philosophie
pour les Dame8.
38. Uz an Gleim.
— — — Hiemit bekommen Sie die eine Hälfte meiner
1) Am rande zu vers 5 : «Das Verlangen des Verkaufers ihn loßzuwer-
den beßer auszudrücken, denn das gibt uns doch keine Idee."
2) Am raude zu vers 10: „Könte man dis nicht beßer auslaßen?
Man erkennt die Uhrsach des Verkaufs doch hinlänglich in der Rede
des Verkäufers."
* Am rande: „nein er schmeichelt, wie ein Italiäner.«
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Lieder, soviel ich deren in Eile noch einmal durchsehen können.
Sie wollen dieselben zum Druck besorgen; und diese Ihre An-
erbietung, die mit so vieler Mühe von Ihrer Seite verknüpfet
ist, bezeuget Ihre Freundschaft gegen mich auf eiue so aus-
nehmende Art, daß ich sie nicht ausschlagen kann, wann ich
gleich fürchte, daG ich zu einem Autor noch nicht reif sey.
Ich verlasse mich auf Ihren Beystand. Sie werden mich nicht
schonen, sondern erinnern und verbessern, was Ihnen dessen
bedürftig scheint; und wie viel dieser Art wird Ihnen vor-
kommen ! Ich habe zwar selbst hin und wieder einige Ver-
änderungen gemacht, aber es bleibt noch eben so viel übrig.
Ich sehe selbst noch manche matte Stelle, ohne im Stande zu
seyn, sie zu verbessern. Es ist in der That eine verdrüssliche
Arbeit um diese Verbesserung; und die Verfertigung neüer
Stücke ist weit angenehmer.
Ich habe die abgeschriebenen Lieder in die Ordnung ge-
stellt, wie ich sie ungefehr nach und nach gemacht habe.
Durch diese Rangordnung kommen ernsthafte und lustige unter-
einander und erhebt eines das andere. Ueber diese mitkom-
menden Stücke haben Sie mir noch gar keine Critiken ge-
schickt; dahero werden Sie desto mehr zu verbessern finden,
sonderlich in dem Gedicht an Sie und dem Lobgesange des
Frühlings. Die Durchsehung der andern Hälfte meiner Lieder,
die stärker seyn wird, als die dermalige, werde ich nunmehro
ungesäumt vor die Hand nehmen; und Sie sollen dieselbe er-
halten, sobald ich einen Brief von Ihnen bekommen werde.
Ich werde Dero Critiken wohl zu gebrauchen wissen; und
wann ich andrer Meinung bin, Ihnen meine Gründe vorstellen.
Die Verbesserungen und Critiken meiner Ode: Der Weise auf
dem Lande, billige ich und bin Ihnen dafür verbunden. Ein
Paar Stellen lassen mich noch zweifelhaft, wie ich Ihnen sagen
werde, wann ich diese Ode Ihnen, noch einmal übersehen, zu-
schicke. Sie werden ein Paar Stücke darunter finden, die Sie
noch nicht gelesen haben : ich hatte sie schon ehemals ange-
fangen, aber unvollendet liegen lassen, bey dieser Gelegenheit
aber gar vollendet. Ich würde auch die Pfirsig beygefüget
haben, wann Sie mir in ihrer itzigen Gestalt gefiele. Ich
wollte, daß sie herauskäme, wie Anakreons Lied an das thra-
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ciscbe Mutterpferd: es muß ein leichtes freyes Wesen hinein-
kommen, sonst bleibt sie besser weg: und es ist auch kein
Schade um sie.
Wegen des Druckes, verlasse ich mich auf Ihren vollkom-
men guten Geschmack, mein Wertbester. Sie werden schon
sorgen, daß ich sauber und reinlich der AVeit mich zeigen
kann : denn cum fastu in die gelehrte Welt zu treten, möchte
einem Neuling, der noch nicht weiß, ob er gelobt oder ge-
tadelt wird, für übel genommen werden. Etwas grosses Papier
ziehe ich dem kleinen deswegen für, weil, ausser dessen bes-
sern Ansehen, ziemlich lange Sylbenmaase bey einigen meiner
Lieder sind, und man, wenn die Zeilen unabgebrochen stehen
sollten, sehr kleine Buchstaben nehmen müsste, die mir nicht
gefallen. Eine gute Vignette auf dem Titulblatte ziert, und,
wann sie eine angenehme Erfindung hat, wie z. E. bey des
HE. v. Hagedorn lsten Theii der Lieder, so setzt sie den Leser
in eine fröhliche Verfassung des Gemüths. Allein dies kommt
auf Sie und vielleicht noch mehr den Verleger an , keine
Vignette ist allenfalls besser als eine schlechte.
Sie verpflichten mich übrigens zu der grossten Dankbar-
keit wie schon dadurch, daü Sie mich aus der Dunkelheit her-
vorziehen wollen, als noch mehr dadurch, wann Sie meine Ge-
dichte, nebst HE. Ramlern, genau prüfen und, wo möglich,
verbessern werden. Judicium supremum esto tuum.
Ich erfreue mich, daß Sie an den Liedern Anakreons wie-
der Ehre einlegen wollen. Niemand ist im Stande, sie mit
solcher Anmuth detitsch zu geben, als derjenige, der selbst
ein deütscher Anakreon ist. Ihre mir überschickten Proben
sind vollkommen schön und desto bewundernswürdiger, je
für schwerer ich sie allezeit gehalten habe. Ich bin völlig
Ihrer Meinung, daß der Wohlklang einige Freyheiten nöthig
mache ; und HE. Götze war in diesem Stücke zu gewissenhaft,
und verfiel dadurch ins Rauhe. Doch wird höchstnöthig seyn,
von der griechischen Einfalt im Erzehlen so wenig, als mög-
lich, abzuweichen. Der wächserne Cupido kann seine Frey-
heiten bey mir alle rechtfertigen, und würde ich nicht billigen,
wann sie die Zeile wegliessen, worinn der junge Mensch Ur-
sache giebt, warum er den Amor verkaufe; und ihn wie mich
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deücht, einer Habsucht beschuldiget. In der Taube haben Sie
sich mehrerer Freyheiteu bedienet. Es scheint mir einfältiger
erzehlt, wann die Taube anfangt, wie im Griechischen: Ana-
kreon schickt mich p. und auch dieses: Cythere gab mich
dem Dichter für eines seiner Liedgen. Und speiste, wie
die Krähe, ist ein Zusatz, der sich aufs nachfolgende be-
zieht und mir etwas zu gekünstelt für die Anakreon tische Ein-
falt zu seyn [scheint]. Ich gestehe Ihnen, dali ich Ihre ana-
kreontische Sachen recht mit Furcht tadle. Ich besorge immer,
meinen geringen Geschmack in dieser Schreibart zu verrathen :
denn wer will sich in diesem Stücke zu Ihnen vergleichen ?
Alles was Sie schreiben ist schön ; und ich bitte Sie, bey Ver-
| pjflegung fremder Musen Ihre eigene weit artigere Muse nicht
zu vergessen.
Anspach, den 3. Jul. 1747.
— — — Machen Sie Ihren und meinen Freünden mein
ergebenstes Compliment und auch dem HE. Secretair Krause. Es
wird mir besonders angenehm seyn, wann ich dessen Gedanken
von der musikalischen Poesie zu lesen bekomme, ob ich gleich
ein schlechter Kenner von der Musik bin. Eine Cantate will
ich machen, durch sie meine Lieder zu beschliessen. Ich muß
aber vorher die Ihrige sehen. In den Leipziger Belustigungen
steht eine artige.
39. Gleim an Uz.
Wehrtester Freund,
Ihr Schreiben und ihre Musen sind glücklich bey mir an-
gelanget, und ich sehe denen, welche ihnen folgen sollen, mit
Sehnsucht entgegen. Die Einladung zur Lust und der Morgen,
welches die beyden neuen Stücke sind, so ich noch nicht gesehen
habe, sind den übrigen an Artigkeit völlig gleich. — — —
Indeß habe ich ihnen gleich antworten wollen, damit sie nicht
säumen möchten, die übrigen Stücke nachzuschicken. So bald
sie dis gethan haben, sollen sie die Heurtheilung über die erste
Colon ne erhalten. Ich reise morgen auf einige Tage nach Wu-
sterhausen, dahin sollen mich ihre Musen begleiten, — — —
Da ich hier mit der Hölle und dem Himmel scherze,
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schreibt mir HE. Spalding, daß er seinem sterbenden Vater
zu sehen müße, und HE. Salzer, daß sein bester Freund in
Zürch HE. Waser gestorben sey. Er hat sich erst im vorigen
Jahre mit dem artigsten Mädchen verheyrathet , das alle
Schweitzer loben, die hieher kommen, und von dem einige
von den letzten freundschaftlichen Briefen herrühren. Ist das
nicht eine gute Erinnerung zu ernsthaftem Gedancken ! Allein
es ist gut, daß Ohaulieu eben bey mir ist. Er sagt mir:
Qu'iinporte que la Vieilleße
Vers moi s'avance ä grands paa
Qu and Epicure et Lucrece
M'apprennent que la Sageße
Veut, qu'au Sortir d'un repas
Ou du Lit de »a Maitresse
Content, on aille lä bas.
Ich freue mich, daß sie mit meiner Verdeutschung Ana-
Ii reo ns noch so ziemlich zufrieden sind. Ich habe mehrere
Strenge von ihnen vermnthet. Dem HE. v. Bilefeld hat der
Zusatz: Und speiste, wie die Krähe, besonders ge-
fallen, und zwar aus eben der Ursach, aus der sie ihn ver-
werfen, weil er sich aufs nachfolgende bezieht. Einiges Frauen-
Zimmer hat eben so geurtheilt. Ich sehe daraus, daß etwas
mehr Kunst nicht mißfällt, aber daß sie Kenner von der scho-
nen Einfalt unterscheiden. Es ist allerdings natürlicher ge-
sagt: Anakreon schickt mich p. Aber wie kan man es so in
Scansion bringen? Sie sind der vollkommenste Kenner der
Anakreontischen Vollkommenheit, und wo sie mich nicht eben
so dreist beurtheilen wollen, als ich sie, so werden sie mich
zu größerer Bescheidenheit nöthigen. Herr Götze hat mir
sein Manuscript vom Anakreon mit Anmerckungen geschickt,
und verlangt, daß ich seine Anmerckungen zu den meinigen
mischen möchte. Allein es würde 1) ein wunderlicher Misch-
masch von Ernst und Lust werden, und dann ist der hiesige
Geschmack den Anmerckungen unter Gedichten so feind, daß
ich keine Lust habe ihn zu beleidigen, da ich nicht Geschick-
lichkeit genug habe, ihn zu nöthigen daß er in absieht auf
mich eine Ausnahme machen müße. Es würde doch allemahl
heißen: Er kramt seine Gelehrsamkeit aus; wie ich oft bey
Gelegenheit der Ilagedornsehen Anmerckungen gehört habe.
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Ich möchte daher lieber die griechischen Sitten und Alter-
thflmer so viel möglich mit den unsrigen vertauschen. Kolli
soll dis im italiänischen gethan haben. Ich möchte deshalb
seine Uebersetzung auftreiben können, wie auch die englische
des Addison. HErr Götze schreibt mir, daß sie Ober die ersten
Oden gleichfalls Anmerckungen in Halle gemacht hätten, und
daß sie sie mir überlaßen würden, wenn ich sie darum er-
suchte. Vielleicht machen sie mir dadurch die Anmerckungen
wieder angenehm. Vor allem aber nennen sie mir doch näch-
stens alle die Oden, die von ihnen herkommen, und die sie
etwa schon übersetzt haben. Denn an diese wage ich mich
nicht. Was sie von dem Druck dem Papier und
den Vignetten geschrieben, das werde ich zu seiner Zeit be-
obachten. Laßen sie es nur an sich nicht fehlen, und ant-
worten sie mir etwas geschwinder, als das letzte mahl. Herr
Naumann, dem ich heute die Nachricht von unserm Vorhaben
überbracht, will mich in dem Amt eines Critici beystehen,
wenn sie es ihm erlauben wollen. Er läßt sich bestens em-
pfehlen. Schreibt ihnen der HE. v. Kleist nicht mehr? Oder
fehlt es an ihnen? — — —
Berlin den 14 Jul. 1747.
Gestern wurde der Grundstein zu der catholischen neuen
Kirche gelegt. Ich müste ihnen einen besondern Brief davon
schreiben ast haec nihil ad nos. Berlin bekomt ein prächtiges
Gebäude mehr. Der Dhom wird gleichfals neu, und ander-
wertshin gebauet, wodurch der Platz neben dem Schloße an-
sehnlicher werden wird. Haben sie schon das hiesige Oper-
hauß in Kupfer gesehen? Es ist in Augspurg gestochen.
Der HE. v. Hagedorn hat mir einen Brief geschrieben,
worin er mir sagt, daß seine Ode Anakreon nicht auf mich
ziele, sondern wieder einige Lieder deren Verfaßer sich unan-
ständige Freybeiten wieder die Rel.[igion] genommen, und er
ersucht mich mit ihm gemeinschaftlich diese Freygeister zu
erinnern, daß sie ihren Witz beßer anwenden möchten. Er
meint im ganzen Anakreon nichts zu finden, daß wieder die
griechischen Gottheiten gerichtet wäre. Sagen sie mir doch,
ob das Lied auf die Grille nicht ganz deutlich die Meinungen
von den Göttern ohne Fleisch und Blut verspottet u. d. g.
G 1 eira-Us, Briefwechsel. 12
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Aus beykommender Ode können sie ersehen, wie vergeb-
lich sich ihre Nachfolger bemühen die Schönheit ihres Silbeu-
maßes, wie sie, zu erreichen. Aber wie viel Mühe mQÜen
sie gehabt haben, ich dächte aber doch, daß sie endlich eine
Fertigkeit würden bekommen haben ; die Sprache hätte ihnen
gehorsamen und reine Dactilen in Menge liefern müßen, ohne
schwazhafter zu werden.
Der Timoleon liegt für sie parat. Wenn ich wüste, was
sie noch von dergleichen Sachen dort nicht haben können,
so wolte ich ihn einmahl nebst andern Sachen einpacken. HE.
Krause ist jetzt in Cüstrin. Herr Prof. Maaß, ein Freund ihrer
Muse, ist jetzt nieine meiste Gesellschaft. HE. von Bilefeld
ist in Ituppin. Er ist vor einigen Tagen, Curator otnnium
Academiaruin an des Geh. Rath Jordans Stelle geworden, und
das geistliche Departement ist von der Curatei gänzlich aus-
geschloßen.
40. Uz an Gleim.
Wehrtester Freünd,
Hier haben Sie nuu alle meine Kleinigkeiten. Ich wünsche,
daß Sie Ihnen gefallen : so würde mir um den Beyfall aller
Kenner nicht bange seyn. Ich habe mich Ihrer Critiken be-
dienet, meine Musen vollkommener zu machen. Vieles ist un-
verbessert geblieben, welches ich selbst bemerke, aber nicht
im Stande bin, zu ändern. Vielleicht glückt es Ihnen besser,
einige matte Stellen zu verändern. Wenigstens bitte ich Sie,
mir Ihre Gedanken bey allem, was Ihnen nicht gefällt, auf-
richtigst zu überschreiben. Vielleicht bringen Sie mich hier
und dar auf glücklichere Gedanken ; und setzen also meine
Lieder in einen Stand, in welchen ich sie allein nicht zu setzen
vermöchte. Sie sind verbunden , Ihren Fleiß darauf zu wen-
den: denn man würde sich an Sie halteu, wenn Sie etwas
allzuschlechtes zum Drucke beförderten. Nehmen Sie HE.
Ramlern und HE. Naumann zu Assistenten in Ausmistung
dieses Stalles. Bitten Sie diese critischen Kenner in meinem
Nahmen darum und vermelden Ihnen mein ergebenstes Com-
pliment. Ich hätte Ihnen gerne noch eine Ode beygefüget,
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die ich angefangen, aber nicht Feüer genug gehabt habe, sie zu
vollenden. Vielleicht kann ich Sie Ihnen doch noch schicken.
Doch es sind der Kleinigkeiten ohnehin schon genug; und ich
will erst sehen, ob meine Muse sich der Kenner Beyfall er-
wirbt. Vielleicht würde ich solchenfalls ermuntert, mich auch
in der höheren Ode zu versuchen, wozu ich noch nicht Stärke
genug besitze. Denn ich sehe wohl ein, wie viel dazu ge-
höret ; und lobe diejenigen heiitigen deütschen Odenschreiber
gar nicht, qui nouis verborum portentis et inauditis numero-
rum tonitribus, insanisque translationibus Pindaricum scilicet
et Uoratianum spiritum, simul cum sensi[bi]li eorum ac prope
animabili, spirantique dictione, putaruut in vernaculam linguam
allaturas: qui dum nouas locutiones moliuntur, nouum barbariie
gen us aduexerunt. Sie werden Sich dieser Worte aus des Vor-
trefflichen Gravinae Schreiben an den Marchese Maffei, das in dem
Büchersaal der schönen Wissenschaften stehet, erinnert haben.
Dieser Brief scheint, meinem Geschmacke nach, würdig zu seyn,
daß ihn alle diejenigen, welche Oden schreiben wollen, auswendig
lernten und sich genau darnach richteten. Aber unsre besten
Kunstrichter reden von nichts als Mahlereyen, Stärke im Aus-
druck; und vergessen des schönen Natürlichen, der edlen Ein-
falt der Alten, ihres ungekünstelten Ausdruckes. Dahero, wie
gleichfalls Gravina sagt, inueniendi subtilitas, verborumque ac
numerorum luxus adeo increbrescit, ut extinguat natura*
similitudinein; tum in eloquentiue locum succedit verborum et
argumentorum luxuries, ipsa barbarie absurdior. Furenti enim
est, quam loquenti similior, quisquis eloquentiie sua) landein
a loquentinm dissimilitudine petit. Ich weis nicht, ob nicht
auch HE. Lange vielmals auf solche Abwege gerathen: denn
seine letztern herausgegebenfenj Oden habe ich noch nicht ge-
lesen. Ich glaube aber, wann dieser feürige Geist das natür-
liche des Horaz sosehr bemüht wäre, nachzuahmen, als er die
Lebhaftigkeit seiner Bilder und Ausdrücke zu erreichen sucht;
seine Lieder würden weit reizender und nicht oftmals so rauh
und gekünstelt seyn. Auch der Verfasser des Liedes an den
Frühling, welches sehr viel schönes hat, affectirt eine Luxu-
riem im Ausdrucke und künstelt zu sehr. Wissen Sie nicht,
wer den Jüngling schreibt? Wie reizend singt Chaulieu! Wie
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sehr liebe ich ihn ! Er verknüpft eine feürige Einbildungs-
kraft mit einem so natürlichen Wesen, daß seine Lieder alle
den Weg zum Herzen finden, aus welchem sie geflossen. Es
ist mir lieb, daß Sie ihm auch gewogen sind, wie ich daraus
vermuthe, weil Sie ihn zum öftern anführen. Haben Sie
vielleicht die neüeste Edition? und ist sie vermehrt? Wie
könnten Sie aber dem Chaulieu nicht gewogen seyn, diesem
würdigen Schüler Anakreons ! Doch er hat die alte Einfalt
des Griechen nicht erreicht, oder nicht zu erreichen gesucht:
denn sein Ausdruck und seine Art zu denken ist vielleicht
mehr horazisch. Ich glaube in der That, da Ii ein heutiger
Witz nicht immer so reizendein faltig denken könne, als dieser
alte Grieche, nach der Beschaffenheit seiner noch nicht so
geübten Zeiten, natürlicherweise gedacht hat. Vielleicht ist
aber auch diese grosse Einfalt dem anakreontischen Liede nicht
eben wesentlich. Sie, mein Allerliebster, haben dieselbe so
oft in Ihren Liedern ausgedrückt, daß man wohl sieht, wie
sehr Ihr Witz dazu geschickt sey. Denn, Sie haben Recht;
ein wenig mehr Kunst gefallt nicht weniger, und kann in
eignen Ausarbeitungen nicht getadelt werden. Nur in Ueber-
setzungen des Anakreons muß man, meiner Meinung nach, so-
viel möglich, seinen Charackter, wovon diese reizende Einfalt
ein Hauptstück ist, beyzubehalten suchen. Ich erkenne die
Schwürigkeit dieser Unternehmung und niemand ist dersel-
ben gewachsen, als Sie. Ich habe noch in Halle dem genie
des Anakreontischen Liedes sehr nachgedacht und dahero, zu
meiner Uebnng, einige solche Lieder zu aualysiren und deren
Plan und Schönheiten zu entwicklen gesucht. Hieraus sind
die Anmerkungen entstanden, deren HE. Götze erwähnt. Es
sind also keine Anmerkungen für ein Buch: sonst stünden sie
zu Dero Diensten. Wenn möglich ist, daß Anmerkungen, des
eingewurzelten Vorurtheils gegen sie ohngeachtet , gefallen
können; so sind es gewiß die Ihrigen. Denn sie sind nichts
weniger, als pedantisch. Ich habe mich aber allezeit gewun-
dert, wie der galante Hagedorn seine Gedichte mit so un-
nöthiger Schulgelehrsamkeit beladen mag. Sie wissen übri-
gens, wie HE. Götze und ich die Lieder Anakreons übersetzt
haben, nehmlich meistens gemeinschaftlich, auf meiner Stube.
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Einige wenige habe ich allein übersetzet, als die 14. 28. 29.
30. 40. 43. 51ste p. Ich führe sie aber nicht an, daß Sie
deswegen davon Ihre Feile abhalten sollen : sie brauchen der
Verbesserungen so sehr, als die Götzischen. Sehen Sie doch
die Uebersetznng der Frau Gottschedin von der Ode an den
Mahler nach in dem Englischen Vormund. Ich habe keine
Edition des Anakreon als des Stephani seine ohne alle No-
ten : und kann Ihnen dahero keine Verbesserungen ttber-
schicken. — — —
Sie dürfen glauben, daß Sie von meinen Schwestern so
hochgeachtet werden, als Sie verdienen. Sie sind ihnen nach
Ihrem Witz und Ihrer Schalkheit gar wohl bekannt: denn sie
haben Ihre Lieder gelesen : und hören mich oft von Ihnen reden.
Ich erwarte nunmehro mit dem ehesten ein Schreiben von
Ihnen mit den Verbesserungen meiner Lieder; und wenn sie
alle bey mir eingelaufen sind, will ich Sie Ihnen verbessert
auf einmal wieder zuschicken. — — —
Anspach, den 30. Julii 1747 *).
HE. v. Kleist hat seit dem neuen Jahre nicht an mich
geschrieben: die Schuld ist nicht an mir. Ich bitte Sie, mich
demselben bestens zu empfehlen. Ich weis zuwohl, wie wenig
schätzbares ein Briefwechsel mit mir ist, als daß ich zusehr
bey jemand darauf dringen sollte, mir zu antworten: ausser
bey Ihnen. Denn von Ihnen fordere ich es, wegen unsrer alten
Freündschaft, als eine Art von Schuldigkeit.
Ich habe mir wohl eingebildet, daß HE. v. Hagedorn in
seinem Liede von Anakreon Sie, mein Werthester, nicht ge-
meinet habe, wenn er wider die Religionsspötter eifert. Denn
wie könnte man Ihnen dieses aufbürden: man müsste dann
Religion und Ceremonien der Kirche, ja misbräuche, für einer-
ley halten. Ich halte selbst nichts davon, wenn sich einige
als Freygeister in Schriften aufführen : sie sind insgemein
nicht weit her. Ich zweifle, ob man den Anakreon für einen
Spötter seiner Götter mit Grund halten könne.
Ich habe einige Schriften HE. Mayers wider Gottscbeden
gelesen. Was für ein muthiger Kunstrichter ist aus ihm ge-
1) Von Gleims hand: «empfangen den 9 Aug.-
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worden ! Sie werden sich noch wohl der Zeit erinnern, da wir
ihn, in Halle, nicht so niuthig, sondern auf dem Catheder zit-
ternd und bebend gekannt haben. Machen Sie mir einen Be-
griff von dem Buch ohne Titel ! Was für elendes ZeOg steht
in den Ermunterungen zum Vergnügen p. (abentheüerlicher
Titel!) und in den Sammlungen zu den Belustigungen] des
Geschmackes! Kommt denn gar nichts witziges aus den Pressen ?
41. Gleim an Uz.
Mein liebster Freund,
Ich muß ihnen hurtig noch einmahl schreiben, um sie zu
desto baldiger Antwort zu bringen, ob ich gleich ihre Oden
noch nicht mitschicken kau. Sie sind noch bey HE. Ramler
in Lähme, der sie zu lange bey sich behält, vermuthlich weil
ihm Ceres izt zu viel zu sehen giebt. Ich übersende ihnen
unterdeß ein Detachement anakreontischer Oden, mit Bitte
ihnen nicht das geringste durch die Finger zu sehen. Es ist
mir seit ein paar Tagen eine rechte Lust angekommen, eine
Arbeit zu thun, die ich sonst nicht gern mit dem Vergnügen
selbst etwas zu erfinden vertausche; aber wem geht nicht
die Schande zu Hertzen , die man seiuem Lehrer anthut ?
Aulier einigen wenigen, die ich vorbeygegangen bin, weil
ich ungewiß bin, ob sie sie nicht schon ausgebeßert und
die letzte Hand daran gelegt haben, habe ich sie nun alle
übersehen, und so viel möglich, meinem Entwurf gemäß ge-
beßert. Der närrische Paw hat mir doch noch manche gute
Dienste gethan, am meisten aber Barnesius, und auch Baxter.
Schreiben sie mir doch einmahl die Liste derer Oden die von
ihnen dem Original gleich gemacht sind. Die beyden grosten
Schönheiten der Alten, Bathyllen, und Anakreons Mädchen
so er in [der] 28 Ode gemahlt hat, müßen nur von ihnen co-
pirt werden. Ich möchte auch das Lob der Kose in der 53
Ode im schönsten Deutsch, d. i. in dem ihrigen lesen. Ich
habe meine Uebersetzung derselben schon 3 mahl umgeschmol-
zen und wieder verworfen. Die 65. im Barnes oder 16 in
der Dacier wird mir auch noch ein Haufen Schwürigkeit
machen, wenn sie mir nicht zu Hülfe kommen. Nicht wahr
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die 55 ist nicht viel wehrt, und was macht man mit einigen
artigen aber unvollständigen Fragmenten?
Ehegestern wünschte ich sie in Cbarlottenburg an meine
Seite, um eine kleine SchäferOperette mit anzuhören die da-
selbst aufgeführt wurde. Astrea, die neue und jetzt beste
Sängerin that Wunderwercke mit ihrer Kehle, wie Loni und
Barberini mit den schnellen Ftilien. — — — Gestern abend
war in Charlottenburg eine recht artige Illumination und ein
Bull, aber mich dünckt man konte dem König die Unzufrieden-
heit über den Tod des General Goltz, der gestern gestorben
ist, und ein überaus geschickter und gelehrter Officier war,
ganz wohl ansehen. Unser König wäre in der That wehrt,
von einem Auakreon besungen zu werden, wenu er nur ihnen
2000 R/. pension gäbe und mir halb so viel. Wie selten ist
ein König ein Mensch !
Neulich habe ich die Oeuvres de Grecourt in 4 kleinen
Octav Bänden auf ein paar Stunden gehabt. Sie sind sehr rar,
weil man sie wegen einiger allzu f'reyen Stücke wieder den
französischen Hof confiscirt hat. Er übertrift an naivete* oft
den La Fontaine. Der Vorredner nennt ihn den französischen
Anakreon, aber vermuthlich nur wegen1) seines natürlich schönen
Ausdrucks denn er hat wenig Lieder, und meist sehr freye
Erzählungen. L'origine des puces war ein Meisterstück. Es
waren ihm auch die Külie die Hagedorn dem Ferrari zuschreibt,
imgleichen die schöne Ekloge im St. Mard nebst vielen an-
dern Stücken, die mir sonst schon bekant gewesen sind, zuge-
schrieben. LaCen sie diesen Freygeist nicht aus den Händen,
wenn er ihnen vorkommen solte. Haben sie auch einige Bogen
lateinscher und französischer Gedichte gesehen unter dem Titul:
Le Voluptueux. In der Priapeia komt weuig tolleres vor. O
wie keusch ist mein heidnischer Anakreon gegen solche Christen!
Künftige Woche werde ich nach Potsdam reisen und da-
selbst vielleicht beym HE. Capitain Donop ein paar Wochen die
Stelle der Frau, aber nur am Tisch einnehmen. Ich bin heute
dazu mit Vorsprach des HE. v. Kleist eingeladen worden, und
ich werde es schwerlich ausschlagen können. —
Berlin den 6iln Aug. 1747.
1) Im original: wenig
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Die 45. Ode.
Es schmiedete zu Lemnos
Der Mann der schönen Venus
Einst Pfeile für den Amor,
Und wie sie fertig waren
5 So gab er sie Cytheren
Die tauchte dann die Spitzen
In ein Gefäß voll Honig
Und Amor mischte hurtig
Dazu ein wenig Galle.
10 Mars komt aus einem Treffen
Und schwendet die schwere Lanze
Und nimt die leichten Pfeile
Und wieget sie, und spottet.
Da spricht der Gott der Liebe:
15 Da dieser hier ist schwerer.
Da nimt der Gott der Treffen
Den Pfeil und Venus lächelt
Mars aber seufzt, und saget?
W a h r h a f t i g *), der ist schwerer
20 Und will ihn wieder geben
Allein es sprach Cupido:
Du kamst ihn nur behalten.
Die 24. Ode.
Ich sterbliches Geschöpfe
Lauf auf dem Lebenswege
Und weiß wie viele Meilen
Ich schon gewandert habe
5 Allein ich kan nicht wißen
Wie weit der Weg sich strecket.
Drum flieht, entflieht, ihr Sorgen,
Denn es ist festgesetzet
Ich scherz und tanz und lache
10 Mit dem bekränzten Bachus
Bis an des Weges Ende.
Die 1. Ode.
Ich wolte die Helden
Der Griechen besingen8);
Da schalte die Leyer
Nur einzig von Liebe.
5 Ich wechselte neulich
Die Sayten der Leyer
Da tönte sie wieder
Nur einzig von Liebe.
Da nahm ich mir hurtig
10 Ein' andere Leyer s),
Und wagte die Thaten
Des Hercul zu singen
Da schallten zum Liede
Nur zärtliche Thöne.
15 Nun werd ich, ihr Helden,
Euch nimmer besingen.
Mir schallet die Leyer
Nur einzig von Liebe.
Die 2. Ode.
Ks schenckte der Schöpfer
Dem Rinde die Hörner,
Dem Roße die Scbenckel «)
Dem Adler die Klauen
5 Dem Löwen den Rachen
Voll schrecklicher Zähne,
Er schenckte dem Manne
Das tapfere Herze6).
Was schenckt er dem Weibe?
10 Er schenckt ihm die Schönheit
Die dienet dem Weibe
1) Dem soldatischen Caracter gemäß.
2) Die Atriden und Cadmus sind den Mädchen allzu fremde Nahmen.
3) XupTjv azacav natürlich auszudrücken. 4) Am rande: (Hüffe)
5) HE. Götze übersetzt, wie viele, ^povtjua durch Verstand, und
meint es sey alsdenn zugleich eine Satyre auf dumme Schönen, allein
mich dünckt der ganze Plan vertrage sich mit keiner Satyre und der
schreckliche Rachen des Löwen pp verbunden mit dem Schluße recht-
fertige mich, daß ich Barnesii Erklärung den übrigen vorgezogen
habe.
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Statt schrecklicher Waffen
Denn, Freunde, die Schönheit
Bezwinget gewaltig
15 Stahl Eisen und Feuer.
Die 18. Ode.
Künstler, gieße mir von Silber
Einen neuen Frülingsbecher.
Aber bild auf ihm zur Zierde
Keine traurige Geschichte
5 Auch kein Bildniß eines Narren
Und auch keinen Opferpriester.
Bild auf ihm vergnügte Brüder
Und hernach die Blumengöttin
Wie sie mir die erste Rose
10 Lächelnd selbst entgegen bringet
Bilde ferner um die Rande
Erst den schönen Gott der Reben
Wie ihn Venus, die ihn liebet
Selbst als PrieBterin bedienet.
IS Dann vermische durcheinander
Liebesgötter ohne Watten
Gratien, die freundlich lachen.
Mädchen, und recht schöne Kna-
ben
Aber nicht den schönen Phöbus.
SO Dann beschatte die Gesellschaft
Hülle sie in kühles Laubwerck
Unter einem Wald von Reben.
Die 23. Ode.
Verlängerten Thaler
Das Leben der Menschen
So wolt ich sie suchen
So wolt ich sie sparen
5 Den Tod zu bestechen
Und weiter zu weisen.
Doch da er für Thaler
Kein Leben verkaufet;
So laß ich sie fliegen;
10 So laß . ich Betriegern
Die Kasten voll Schätze,
Und störe die Seufzer
Der geitzigen Narren,
Mit freyem Gelächter,
15 Und suche die Freude
Bey trinckenden Brüdern
Und hole mir Küße
Von meiner Geliebten.
Die 32. Ode.
Kanst du auf allen Bäumen
Izt alle Blätter zählen
Kanst du den Sand am Meere
Und allen Ufern zählen
6 So sey von allen Mädchen
Die mich geküßet haben
Mein treuer Rechnungshalter
Schreib hin! Vors erste zwanzig
Athenienserinnen.
10 Dazu noch fünfzehn andre.
Schreib ganze Reihen Zahlen
Von Mädchen aus Corinthus
Der Hauptstadt in Achaja
Denn da sind schöne Mädchen.
lö Nun setze nacheinander
Kin Haufen Küßerinnen
Darunter sind auch Damen
Aus Carien und Rhodus
Aus Lesbos und aus Teos
20 Aus Teos wohl die meisten *
Zusammen, nur zwei Tausend.
* Hier haben sie eine Probe der Freyheit die ich mir bey denen
Oden zugelaßen habe, welche theils einen gar zu unrichtigen Text ha-
ben, und im Verdacht sind daß sie nicht vom Anakreon herkommen
und theils mit Recht des Mangels einer feinern Erfindung und Aus-
führung beschuldigt werden. Paw schimpft nach seiner Gewohnheit
auf das Schlechte dieser Ode, die nur eine kahle Liste von Oertern,
wo Mädchens gelebt haben in sich enthalte. Werden sie meine Drei-
stigkeit gut heißen?
Google
186
Du siehst mich an, und lachest?
Ich will dir alle Mädchen
Bey ihrem Nahmen nennen
2-> Und die ich dir verschweige
Die köntest du nicht zählen.
Denn o wie viele Mädchen,
Die mich geküßet haben,
Darf ich dir nicht verrathen!
Die 30»f Ode.
Es fiengen die Musen
Den schlauen Cupido,
Und legten ihn hurtig
In Feßeln von Blumen.
.*. Und gaben ihm alle
Die Schönheit zur Wache.
Da eilte Cythere
Und brachte Geschencke
Und wolf ihn erlösen
lo Allein dem Cupido
ßehagte die Wache
Er wolte noch dienen.
Die 14. Ode.
Ich will, ich will nun lieben.
Jüngst bat der Gott der Liebe
Ich möchte doch nur lieben
Und wolte mich bereden.
.» Allein ich war zu trotzig
Und ließ mich nicht bereden.
Da griff er schnell zum Bogen
Und zu dem goldnen Köcher
Und sprach : heraus zum Streite!
10 Ich warf um meine Schultern
Den Panzer, wie Achilles
Und stand mit Schild und Lanze
Und stritt mich mit dem Gotte.
Er schoß ; ich wolt entfliehen
1"» Allein, er traf mich immer
Und als er in dem Köcher
Nun keinen Pfeil mehr hatte
Und doch noch rächen
wolte
Da ward er selbst zum Pfeile
lu Und schoß sich in mein Herze.
Was helfen nun die Waffen?
Was nuzt mir Schild und Lanze.
Der Streit ist in dem Herzen.
Die 5ȣ Ode.
Laßt uns die schöne Rose
Die Lust der Liebesgötter
Dem Bachus beygesellen!
Wie schön ist sie beblättert!
ö Laßt uns sie hurtig pflücken
Und unsre Schlaf umkränzen
Und dann mit sanftem Lachen
Den Becher weiter reichen.
Du, Kose, bist die Zierde
10 Der Garten und der Auen
Du bist des Lenzen Sorge,
Dich lieben alle Götter.
Wenn mit den Huldgöttinnen
Der Sohn der Venus tanzet
ib So krönest du, o Rose,
Die göttlich schöne Scheitel.
Wenn du auch mich bekrönest
So spiel ich meine Leyer
So soll ein artig Mädchen
20 Den hohen vollen Busen
In Rosen dicht verhüllen
Und dann will ich, o Bachus,
Geführet von dem Mädchen
Nach deinem Tempel tanzen.
Die 7. Ode
Mich zwang der Gott der Liebe
Mit ihm herum zu laufen
Ein Hyacinthenstengel
War seine schwere Ruthe
5 Womit er mich verfolgte.
Ich lief durch schnelle Bäche
Durch buschigte Gefilde
Durch heiße krumme Thäler
Da stach mich eine Schlange.
10 Gleich wallete die Seele
Nach den erblaßten Lippen.
Ich seufzt, und wolte sterben
Allein der Gott der Liebe
Schwung flatternd seine Flügel
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lö Und kühlte raeine Stirne
Und sprach: Nun lern auch lieben!
Die 6. Ode.
Auf, laKt uns die Schläfe
Mit Kosen umcränzen
Und trincken und lachen !
Da tanzet das Mädchen
:> Mit niedlichen Füßen.
Es springet und schwencket
Die Cränze von Myrthen
Es rauschen die Blätter.
Da stehet der Jüngling
10 Mit froher Geberde
Und spielet die Cyther
Und singet von Liebe
Mit zitternder Stimme
Der schöne Gupido
Ki Mit goldenen Locken
Die schöne Cythere
Der schöne Lyäus
Die alle zusammen
Beschmausen den Komus
'JO Den Liebling der Alten.
Die 8. Ode.
Vom Bachus eingeschläfert
Schlief ich des Nachts gestrecket
Auf purpurnen Tapeten.
Da träumte mir, ich rennte
:> Schnell auf der Füße Spitzen
Und tändelte mit Mädchen
Ich rennt, und sähe Knaben
Die noch viel schöner waren
Als selbst der schöne Bachus
10 Allein sie waren zornig
Sie spotteten und schimpften
Der schönen Mädchen wegen.
Ich eilte, sie zu küßen
Da flohn sie mit dem Traume
15 Und, ich verlaßner Armer!
Ich wolte wieder schlafen.
Die 1 bis 6 Ode hat HE. Gottsched übersetzt. Sehn sie einigen
Vorzug? Ich habe um größerer Verschiedenheit willen selbst das
Silbenmaaß verschieden genommen.
42. Gleim an Uz.
Mein liebster Freund,
Ich will ihnen nur schreiben, da(i ich noch lebe, denn
ich werde verhindert ihr letztes Schreiben, das ich in Pots-
dam erhielt, ausführlich zu beantworten. Tausend Kleinig-
keiten sind fähig den besten Pflichten verhinderlich zu seyn.
Ich bin einige Wochen in Potsdam gewesen, ich hin auf dem
Lande herumgesch wärmt: das ist Schuld, daß ich ihnen ihre
Lieder noch nicht zurück schicken können. Ich wolte ihnen
zugleich mit dem HE. v. Kleist schreiben, aber ich weis nicht,
welcher Teufel uns an einem so guten Werck verhindert hat,
bis ich plötzlich auf Befehl hieher reisen mußte. Der HE.
v. Kleist und 10 andere Kenner freuen sich auf die Uzischen
Oden. Herr Ramler ist jetzt hier und möchte vielleicht hier
bleiben. HE. Naumann hat Lust nach Dresden zu gehen;
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Herr Sulzer ist Profeßor der Mathematik hier geworden, und
ich habe das Vergnügen etwas dazu beygetragen zu haben.
Wie glücklich, wenn sie auch hier seyn könten! Ich sende
ihnen doch zum wenigsten eine ihrer Oden zurück, zum Be-
weise, daß ich den Anfang gemacht sie abzuschreiben, aber
abgehalten worden bin. Aber warum antworten sie mir nicht
auf meinen Brief? Haben sie nicht Lust mir die Warheit zu
sagen? Sie werden an meiner Uebersetzung zu viel zu tadeln
finden. Schreiben sie mir doch allen ihren Tadel. — — —
Berlin den 15 Sept. 1747.
43. Uz an Gleim.
Werthester Freünd,
Dero ersteres Schreiben vom 6. Aug. habe darum zu be-
antworten verzogen, weil es mich nur aufmuntern sollte, meine
Lieder Ihnen vollends zu überschicken; welches aber vorhero
bereits geschehen war. Ich wartete mit Ungeduld auf die
Zurückschickung derselben, bekam aber an deren statt ver-
wichenen Sonnabend einen neüen Brief von Ihnen, wenn änderst
eine halbe Seite ein Brief genennet werden kann. Ich ant-
worte nunmehro auf beyde und ermuntere nunmehro Sie, mein
Werthester, die Critik meiner Verse sich bestens empfohlen
seyn zu lassen, weil ich sie höchst begierig erwarte. Die
Probe an meiner ersten Ode, welche Sie mir übersendet haben,
vermehrt meine Ungeduld. Ich verspreche mir mehr Vortheil
davon, wenn ich von Ihnen beurtheilt werde, als wenn ich hätte
sollen gedruckt werden. Ueberschicken Sie mir sie nur, wie
ich sie Ihnen geschickt habe, ohne sie abzuschreiben, mit Ihren
und Ihrer Freunde Critiken am Rande, wann gleich alles
vollgeschrieben ist. — — —
Was soll ich Ihnen an Ihrer Uebersetzung Anakreons
aussetzen? Soll ich sagen, daß Sie dem Grundtexte nicht
überall folgen? Dieß wissen Sie selbst. Sie wollen aber lieber
Ihre Uebersetzung, wie des Ablancourt Uebersetzungen, ein
belle Infidelle heißen lassen, als den Ruhm zu haben, dem
Original von Fuß zu Fuß nachzufolgen, aber nicht gelesen zu
werden. Ich kann Ihre Art zu übersetzen auch gar nicht
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tadlen, ob sie gleich ziemlich frey ist. Doch sie ist zuweilen
mehr nur Periphrasis, und hat Zusätze, die sehr artig, aber
manchmal der alten Einfalt des Griechen, welcher sehr kurz
und ohne alle überflüssige Worte sich ausdrückt, nicht ge-
mäü scheinen, z. E. in der 23 Ode, lassen sie den Dichter die
Seüfzer der geizigen Narren mit freyem Gelächter stören: wann
der Griech nur sagt, er möge nicht umsonst sich grämen und kla-
gen. In der 18. Ode scheint mir das Bildniß eines Narren1)
überflüßig und der Absicht Anakreons, der nur ernsthafte und
schreckliche Dinge ausschließt, zuwieder zu seyn. Doch diese Ode
ist sehr corrumpirt im Original ; vielleicht haben Sie Ursache,
diese Worte einzuschieben. Das Bild der Blumengöttin, welche
Ihnen die erste Rose lächelnd entgegen bringt, ist ein sehr
reizendes Bild und drückt das Griechische auf eine zwar freye,
doch sehr schöne Art aus. Sie haben noch mehr Versetzungen
und Abweichungen in dieser Ode: doch, wie ich schon gesagt
habe, weil der Text sehr verderbt ist und ich nur Stephani
kleine Edition habe, so kann ich mich nicht mit ihr einlassen.
Gleich in der 1. Odo verdrängen Sie die Atriden und den
Cadmus, den Mädchen zu Gefallen : aber die Mädchen bringen
solchergestalt den Tejer um eine Schönheit. Denn Atriden
und Cadmus sind bestimmtere, und folglich sinnlichere und
poetischere Ideen, als die Helden der Griechen.
Ich will davon nichts sagen, daü Sie xat tt^v XupijV arcaaqv
auszudrücken etliche Zeilen anwenden und dieses Liedchen, des-
sen Artigkeit durch die Kürze vermehrt wird, indem man die
Verhältnisse desto leichter einsieht, allzusehr verlängern. Ich
hätte diese Idee lieber gar weggelassen, weil sie mir die Alle-
gorie mangelhaft zu machen scheint. Denn die Leyer bedeütet
verrauthlich sein blos zu Liebessachen aufgelegtes Naturell.
Wenn er also seine verliebte Leyer weglegt und eine andre
nimmt, d. i. andre Neigungen annimmt; wie ist es möglich,
daG auch seine neue Leyer verliebt spielt? Doch vielleicht irre
ich mich. In der 2ten Ode lassen Sie die Hasen, Fische
und Vögel, welche zu Anakreons Absicht eben so schicklich
sind, als die übrigen Thiere, weg. Wegen des Worts q>p6vTju.a
aber gefällt mir Ihre Meinung. In der 5ten Ode, in der
1) Am rande von Gleims hand: „nach dem Baxter*
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4. Zeile sagen Sie, wie schön ist die Rose beblättert! Man
glaubt also, Sie sehen dieselbe vor sich. Doch in der folgen-
den Zeile soll sie erst gepflückt werden. Im Anakreon scheint
mir der Eingang ungekünstelter zu seyn. Das Lob selbst ist
so eingerichtet, wie ein im Affeckt Begriffener zu loben pflegt,
voller Figuren. Er fangt mit der Anrede an und führt sie
bis in den zweyten Vers fort, im dritten springt er davon ab
und redet von ihr in der dritten Person. Sie haben dieses
verändert und schwächen, wie mich dünkt, den Affeckt, durch
das Wort: bist, cpeptaiov avftoc ist freylich viel simpler, aber
vielleicht nicht möglich, so kurz und schön auszudrücken. Das
Mädchen, welches den hohen vollen Busen in Rosen verhüllet,
ersetzet durch das angenehme Bild, was es an Länge sündiget.
Ich will nur noch von der 32 Ode etwas sagen; alsdann soll
meine verdrttßlicbe Critik zu Ende seyn, ehe sie Ihnen gar zu
eckelhaft wird. Sie haben sich darinn die meiste Freyheit ge-
nommen, und haben vielleicht Ursache dazu. Der Schiuli hat
nichts piequantes: er führt seine Idee bis ans Ende mit großer
Einfalt aus und hat viele Nahmen von Ländern und Städten,
die doch überall artige Bilder begleiten. Inzwischen gefällt
mir, mit Paws Erlaubniß, diese Ode sehr wohl und scheint
mir dem griechischen Geschmack vollkommen gemäß zu seyn.
Ich weiß auch nicht, ob Ihr Schluß sich zu dem Anfange voll-
kommen schickt. Denn der Griech verlangt nur von der
Menge seiner Mädchen mir einigen Begriff zu machen: hierzu
ist die Benennung derselben nicht nöthig. Das Stück bekommt
eine doppelte Absicht. Ueber dieß hab ich in der Poesie
lieber Mädchen, als Damen, wie Sie einmal setzen. Küsse-
rinnen will mir auch nicht gefallen.
Hab»; ich mich nun bald genug verrathen, was für ein
schlechter Kenner der anakreontischen Schönheiten ich sey?
Machen Sie sich nur nicht einen so gar schlechten Begriff von
meinem Geschmacke und glauben , daß ich den Reiz Ihr[er]
Uebersetzungen, die angenehmsten Bilder, die schönste Sprache,
die nur möglich ist, welche darinn anzutreffen, nicht fühlen
sollte. Ich fühle alles und auch den Unterschied zwischen
den Göt/.ischen und den Ihrigen. Die Ihrigen verrathen einen
Meister, der Anakreons Genie vollkommen besitzt; und sollte
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ja manchmal die griechische Einfalt und Kürze fehlen, so
haben Sie dieselbe zwar ohnezweifel nachahmen können, aber
wohl gesehen, daß unsern geübtem Zeiten dieselbe allzu un-
geschmackt vorkommen würde. Das dactylische SylbenmaaG,
dessen Sie sich manchmal bedienen, scheint sich zwar für das
sanfte Wesen, das in diesen Oden herrscht, nicht zum besten
zu schicken. Inzwischen fängt doch auch Anakreon sein Tro-
chaisches Metrum insgemein durch einen Anapaestum an. Haben
Sie die gräflichen Anakreontischen Lieder, deren Gottsched in
seinem Büchersaal gedenket, gelesen; und können Sie mir
sagen, was daran ist? — — —
Onolzbach. Den 29. Sept. 1747.
44. Gleim an Uz.
— Ich habe gethan, was sie verlangt haben. Sie
könten sich von meiner Critick Vortheil versprechen, wenn ich
mich nebst der Kreyheit und Redlichkeit des Quinctil (Hör. art.
poet v. 438) auch seines fähigen Geistes rühmen könte. Daß
es mir aber daran hauptsächlich mangle, sehe ich insbesondere
daraus, daß ich oft Fehler empfinden, aber die Gründe davon
nicht angeben, und noch weniger sie verbeiiern kan. Erinnern
sie sich dieses Bekäntnilses, wenn ihnen mein Tadel oft nicht
gründlich vorkomt, und halten sie mir es zu Gute, wenn ich
unrecht habe. Herr Naumann und HE. Ramler thun gleiche Bitte.
Ich dancke ihnen, raein Wehrtester, für die gütige Beur-
theilung meiner übersetzten anakreontischen Oden. Ich werde
mir dieselbe so viel möglich zu Nutz machen, Sie ver-
rathen den schönsten anakreontischen Geschmack, dali sie die
edle Einfalt des Griechen für den ambitiosis ornaraentis anderer
Oden Arten zu beschützen suchen; ich gestehe auch, daß ich nicht
gern die vorsetzliche Sünde, meiner Uebersetzung dergleichen
zu geben, begehen mögte; allein ich habe ihnen meine Mei-
nung schon darüber gesagt, daß es fast unmöglich sey, durch
eine ängstliche Beybehaltung aller Bilder und Wörter des
Originals in einer andern Sprache natürlich zu werden, und
Beyfall zu erhalten. Wir, die wir den Grundtext kennen,
müßen von deutschen Lesern ein ganz anderes Urtheil er-
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warten, als wir selbst fallen. Cns verdrießt die geringste Ab-
weichung; andere Leser sehen nur auf die Schönheit des
deutschen Ausdrucks, und auf die kluge Verfolgung eines
richtigen Plans. Ich habe gemerckt, daß mich bloß die Liebe
zum Wohlklang, der im Original so grob ist. zu einigen
Stellen verfuhrt hat, die sie tadeln. Er hat mich oft zu Zu-
sätzen und Weglaüungen veranlaßet, und ich habe gedacht,
daß ich zufrieden sein könte, wenn ich nur dadurch den
größeren Schönheiten nicht schadete. Doch ich will einige
besondere Anmerckungen bej den ihrigen machen. Zu dem
Bildniß eines Narren in der 18 Ode hat mir Baxter Ge-
legenheit gegeben, der Eevöv durch ineptum und nicht wie
Stephanus durch peregrinum giebt. — Wenn sie in der
1 Ode die Atriden und den Cadmus in mein erwehltes Silben-
maaC bringen können, ohne den Wohlklang zu beleidigen, so
sollen die Mädchen den Tejer nicht um diese Schönheit bringen.
Sie haben recht daß nahmentliche Helden bestirntere Ideen
machen; aber bringen ihnen nicht die Helden der Griechen
die ganze Ilias und Odyßea ins Gedächtnis? Sie raeinen, die
Lejer bedeute in dieser Ode Anakreons zu Liebessachen auf-
gelegtes Naturell. Allein mich dünckt die Allegorie gehe als-
dann ganz verlohren, denn das Wechseln der Sayten auf der
Leyer, muste alsdann so viel seyn, als, die Neigungen, die ein
verliebtes Naturell ausmachen , verändern und audere ihnen
entgegengesetzte annehmen, welches nicht in Anakreons Ge-
walt gestanden. Solte die Leyer wohl uicht vielmehr die
verschiedenen Odenarten bedeuten? Alsdann geht es an, daß
Anakreon 1) in seine sonst leicht klingende Leyer vergebens
ein Lied von Helden singe 2) daß er bald die schwachen Seiten
mit stärckern vertausche, daß ihm aber dennoch keine stärckere
Ode glücke, sondern, daß er wieder Willen vom Held auf die
Liebe verfalle. 3) daß er die ganze Leyer, d. i. die erwehlte
OdenArt wegwerfe, und nun im höchsten Thon das erhabenste
Heldenlied anfange, daß aber dennoch die zu zarten Thönen
gewohnten Finger nur zärtliche Thune heraus bringen. Wie
werden sie mich mit dieser Erklärung nach Hause weisen!
Ich bin im übrigen mit der deutschen Länge dieser Ode selbst
am wenigsten zufrieden. Allein das erwählte Sylbenmaaß und
193
der Vorsatz die wesentlichen Gedancken Anakreons , die sein
Plan erfodert nach dem Genie der deutschen Sprache zu
liefern, machte mir eine ebenmäßige Kürtze unmöglich '). In
der 5^ Ode hätte ich lieber gesagt: laßt uns unsre Schläfe
mit der schon beblätterten Rose bekränzen - - allein wie soll
man den Dactilus in schönbeblätterte in den Vers bringen.
Es dünckt mich auch nicht unrecht, daß man die Rose vor
sich zu sehen glaubt. Die Scene der Trincker kan in einer
Laube seyn, wo neben ein Rosenbusch steht. Ich zweifle hie-
nächst, daß es im Deutschen so gut angehe von der Anrede
so geschwind abzulaßen, und in der dritten Person zu reden.
Versuchen sie nur, wie es klingt: Du Rose p und dann: Sie
ist des Lenzen Sorge. In der 32 Ode will ich ihren Erinne-
rungen gemäß verschiedenes verändern. Aber warum können
sie die Damen hier nicht leiden? Ich nenne sie nur satirisch
so, denn sie sind sonst Mädchen gewesen, weil sie den Ana-
kreon geküßt haben. Wir müßen wohl das französische: Dame
einführen, denn Weib findet nur dann und wann statt, und
Frau nur in scherzhaftem Gebrauch. —
Was für erbärmlichs Zeug ist wieder aus der Preße ge-
kommen! Bäurische Schäferspiele, jämmerliche Comedien,
Oden und Schäferlieder von Dunsen (Allardus und Zemitz)
Philosophien für und Postillen*) wieder die Religion, Ueber-
setzungen von Tagelöhnern darunter auch II congreßo di Cithera
ist, und eine Ueberschwemmung von rasenden Romanen und
Mordgeschichten. Wann wird doch einmahl in Deutschland
der beßere Geschmack allgemeiner werden? - — —
Bodmer hat Popens Duncias übersetzt, und Breitinger hat
Trillers Ausgabe des Opitz weitläuftig beurtheilt. HE.
Bodmer schreibt mir sonst noch allerhand. Das angenehmste
wird ihnen seyn, daß er den Codex der Minnesinger aus der
Paris. Bibliotheck bekommen hat, und ihn zur Ausgabe fertig
macht, er hat mir einige schöne Stücke in Abschrift geschickt.
In Leipzig ist ein Milton , der das 2l£ Buch eines epischen
Gedichts vom Meßias an HE. Bodmer geschickt hat, welches
1) Davor gestrichen : fast
2) Zuerst: dumme Schlüße für und wieder
O I e im- U«, Briefwechsel. 13
194
HE. Bodmer mit vollem Beyfall lobt. Weiter schreibt HErr
Bodiner: „HE. Elias Schlegel hat mir das erste Buch von
„seinem Heinrich dem Löwen geschickt, welches ich nicht lesen
„kan. Sein Canut ist noch gut genug. Seine Schreibart
„hat viel wiedrigen Zwang. Bärmanns Timoleon ist sehr
„schwach, und unbestimt. Es ist Zeit, daß sich ein Uz an
„das Trauerspiel mache." Woher kennt denn Bodmer ihre
Geschicklichkeit zur tragischen Poesie? Haben sie ihm etwa
schon eine Probe geschickt? Das würde ich ihnen nicht ver-
geben. Indeß weiß ich doch gewiß nicht, woher er sie von
dieser Seite kennt, von mir kan er durch die dritte Hand
etwa nur ein paar uzische Lieder erhalten haben. — — —
Ich habe bereits einen Buchführer der an einem säubern
Druck nichts will ermangeln laßen, wolten sie wohl selbst
eine Vignette vorschlagen? —
Berlin d. 2412! Oct. 1747.
Ich habe den Bflchersaal nicht gelesen, worin gräfliche
anakreontische Lieder gelobt sind. Ich habe aber wohl einen
Band voll in 411 gelesen, die man einem jungen Grafen von
Putbus zuschrieb, wovon aber sein Hofmeister Nahmens Haße
Verfaßer seyn soll. Es ist hie und da ein ziemlich natürlicher
Ausdruck, aber die Sachen sind durchgehends pöbelhaft, und
die Erfindungen schlecht und gemein. Indeß will der Autor
doch eine Samlung davon machen, weil sie HE. Gottsched
gelobet hat.
45. üz an Gleim.
Werthester Freünd,
Ich bin Ihnen unendlich verbunden, daß Sie mir meine
Lieder auf eine so angenehme Art beurtheilt und verbessert
zurückschicken wollen. — Die Mühe, die Sie Sich ge-
geben haben, die Versuche meiner Muse auszubessern, ist für
mich ungemein nützlich, und Sie sollen aus einer zurückge-
geschickten Abschrift ersehen, wie ganz veräudert meine Lieder
erscheinen. Doch ich werde mich nicht weit von denen durch
Sie mit einem Tadel bemerkten Stellen entfernen, weil Sie
mich durch die Erfahrung lehren, daß indem ich manchmal
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verbessern will, ich verschlimmere. Errathen Sie, wie das zu-
gehet? Eine Stelle gefallt mir nicht: ich suche sie zu ver-
bessern, bin aber in meinem Versuche nicht glücklich, sondern
verschlimmere. Die erste Lesart ist indeü einmal verworfen,
und ich denke gar nicht mehr daran. Auf diese Art schleichen
sich Fehler in den Text, und ich brauche einen aufrichtigen
Fretind, der sie mir bemerket. Wie glücklich bin ich, in
Ihnen alles zu besitzen, was Horatius von seinem Quinctilius
rühmet! Sie sind selbst ein Meister der lyrischen Dichtkunst:
wie gegründet und witzig muß also Ihre Critik seyn! Von
Ihrer Redlichkeit bin ich überzeuget und Sie haben mir eine
angenehme Probe von derselben und von Ihrem auserlesenen
Geschmack gegeben, wann Sie alle Zweydeütigkeiten in meinen
Liedern anmerken. Ich habe diese Freyheit von Ihnen er-
wartet und würde Sie in dem Verdachte der allzugrossen Nach-
sicht gehalten haben, wenn ich in meiner Erwartung mich
betrogen hätte. Lieber zwanzig schlechte Gedanken und matte
Ausdrücke, als den geringsten Schein der Zweydeütigkeit oder
etwas, so wider die guten Sitten und den Wohlstand laüft!
Ich setzte in die angemerkten Stellen selbst ein Mißtrauen;
nunmehro sollen sie weggelassen werden. Ich will dahero den
Morgen und das Morgenlied nach Ihrer Vorschrift verändern,
und das Stück vom Ding gar verwerfen. Auch die Ode über
die deütschen Unruhen will ich lieber ganz weglassen, weil
sie in der That zum Drucke bey dermaligen Umständen sich
nicht schicken würde und auch ohnehin allzuernsthaft für
alle übrige Lieder ist. Ich will suchen, die Stelle der ver-
worfnen, sowohl derer, die ich schon angeführet, als die ich
noch verwerfen möchte, wann Sie es für gut befinden, z. E.
das kleine Stück vom Vulcanus ; die Stelle aller dieser mit an-
dern Stücken zu ersetzen. Ich schicke Ihnen in dieser Absicht
meinen Silenus, den ich nach dem Virgil entworfen habe. Sie
werden denselben nach Ihrer Art beurtheilen und verbessern;
ich bitte sehr darum. HE. Naumann und HE. Ramler, die
Ihnen in Beurtheilung meiner Lieder beygestanden haben, bitte
mein ergebenstes Compliment und meine Danksagung zu machen.
Ich bitte Sie nochmals um Vergebung für die schlechte
Beurtheilung Ihrer übersetzten anakreontischen Oden. Ich bin
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völlig mit Ihnen einig wegen dessen, was Sie in in Ihrem an-
genehmen Schreiben anführen. Ich gestehe, daß es unmöglich
ist, dem griechischen Texte Fuß vor Fuß zu folgen. Ihre Art
zu übersetzen ist zwar etwas frey, aber nöthig und angenehm.
Ich hatte bey meiner Critik nur die Absicht, Sie in Verlas-
sung der reizenden Einfalt des Griechen behutsam zu machen.
Vergeben Sie meiner Freyheit, mein liebster Freünd. Ich hätte
mich erinnern sollen , was für ein treflicher Kenner sowohl
der anakreontischen Einfalt, als des heutigen Wohlstandes (denn
beydes muß in einem heütigen anakreontischen Dichter ver-
einiget seyn) Sie sind, wie Ihre Lieder bezeugen. In dieser
Art der Gedichte werden Sie allezeit oben anstehen, soviele
sich auch bemühen, Ihnen nahe zu kommen. Sie haben dahero
mit einem edlen Stolze Ihren Nahmen in meinem Liede über
die anakreontischen Liederdichter wegstreichen können, indem
Sie versichert sind, daß niemand Sie unter die Gattung, die
ich tadle, zählen wird. Allein wenn dieses Einschiebsel zu
Ihrer Sicherheit unnöthig war; so hätte es vielleicht zu der
Sicherheit meines Geschmacks uothig seyn können.
Wie glücklich würde ich seyn, wann Ihre Wünsche er-
füllet würden und ich bey Ihnen seyn könnte! Wann sich
gewisse Umstände hier änderten, so könnte ich es leicht ein-
mal wagen und zu Ihnen kommen. Meine Absicht ist bisher
allezeit gewesen, Gelegenheit zu haben, die Welt zu sehen
oder mich in Geschäften zu üben. Meine Hartnäckigkeit, bey
dieser Absicht zu verharren, ist Ursache, daß ich noch gar
nichts bin. Ich beneide den hiesigen HE. Registrator
wegen seines Aufenthalts in Berlin. Was Henker ist das, daß
iederraann nach Berlin kommt, und ich, der die wichtigsten
Geschäfte daselbst habe, nicht hin kommen kann! Ich werde
mich melden, wann wieder jemand von hier soll hingeschickt
werden, und sollte ich auch in der Qualität eines Botens hin-
kommen. Ich freüe mich indessen auf besagten HE. Regi-
strators Ankunft alibier, weil er mir verschiedenes mitbringen
soll. Insonderheit bin ich auf Popens Duncias äusserst begierig:
auf Bärmanns Timoleon hat meine Begierde etwas nachge-
lassen, weil ich aus Ihrer Nachricht davon sehe, daß es ihm
an dem wichtigen Stücke des edlen Ausdruckes fehlt. Sie sind
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ein loser Herr ! Sie haben HE. Bodmers Worte aus seinem
Briefe verfälschet, wann Sie ihn sagen lassen, es sey Zeit, daß
sich ein Uz an das Trauerspiel mache. Hier steht im Ori-
ginal ohnezweifel: ein Gleim. Denn von Ihrer Geschick-
lichkeit zur Theatralischen Poesie zeügt bereits ihr blöder
Schäfer, der mit so großem Beyfall ist aufgenommen worden.
Izo scheint Ihre Muse gar zu schlafen. Doch indem sie schlaft,
schmieren die Allardi und Zernitze. Der Himmel gebe, daß
ich nicht auch zu dieser letzten Gattung einmal gerechnet
werde, wenn ich ja noch soll gedruckt werden! Es scheint
in der That, wenn man das elende Zeüg betrachtet, welches
alle Messen herauskommt, als ob Deutschlands Geschmack in
nichts sich verbessere, als zur Noth in der Rechtschreibung
und dem säubern Drucke. — — —
Anspach den 20. Nov. 1747.
Wegen der Vignette zu dem künftigen Drucke meiner
Lieder, wenn Sie einmal für gut befinden, denselben gütigst
zu besorgen, weiß ich keinen Vorschlag zu thun. Ich wünsche
allein, daß sie von einem guten Meister und von einem artigen
Dessein, welches zu solchen meist fröhligen Liedern sich schickt
und gleichsam vorbereitet, seyn möge. Die Vignette vor HE.
v. Hagedorns lstem Teile der Oden hat mir allezeit ungemein
gefallen. Ich zweifle nicht, daß, wenn Sie es besorgen, der
Druck sauber werden wird, weil man itzo sosehr darauf sieht.
Die deütsche Uebersetzung vom Congresso di Cithera habe
ich gelesen. Wie schön muß das italienische seyn, da das
deütsche mir so gefallen hat ! Ich habe freylich in der Ueber-
setzung viele Kleinigkeiten zu tadlen gefunden, als z. e. das
pöbelhafte Wort, Man nsen; sonst aber scheint sie mir noch
gut genug zu seyn. Vielleicht werde ich meine Meinung än-
dern, wenn ich das Original, wie ich hoffe, zu lesen bekomme.
Wie begierig bin ich, HE. Naumanns Uebersetzung des Temple
de Gnide zu lesen?
46. Gleim an Uz.
Liebster Freund,
Sie wißen es wohl schon, daß ich ihnen nicht mehr aus
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Berlin schreibe. Ich habe endlich doch den Schwur, den ich
einst an Herlin gethan, als ich in Deßau war:
Mich soll kein Fürst, aus deinen Mauren bringen
Wenn mich ein Gott in sie zurück gebracht
brechen mülien, und sie würden mir diese Sunde vergeben,
wenn ich ihnen alle Ursachen meines gefaßten Entschlußes
erzählen könte.
Ich hatte mich eben von neuem bey dem Königl. Prinz
Ferdinand als Secretair engagirt, als der HE. Geh. Rath von
Berg, der zugleich Dohmherr in Halberstadt ist, Gelegenheit
bekomt, mich, bey streit iger Wahl, dem hiesigen hoch würdigen
DohmCapitul zu seinem Secretair, und zwar nur vorerst als
Ädjunctus Secretarii vorzuschlagen ; ich komme auf die Wahl,
und ohngeachtet mich keiner der geistlichen Herrn von Per-
son, ein paar aber doch durch meinen Tand die p Lieder ken-
nen, habe ich das Glück, von allen, einmüthig, ohne daß mir
auch nur eine Stimme gefehlt hätte, zu hiesigem DohmSecre-
tair erwählt zu werden. Von diesem allen wüste ich nichts,
bis es mir der HE. von Berg nach geschehener Wahl anheim
stellte, ob ich diese Stelle annehmen wolle. Ich sagte nach
einiger BedenckZeit ja, reiste hieher ab, wurd so gleich in
Pflicht genommen: ich gab hierauf meinem HErrn Anteceßor
der melancholisch war, die Visite, und was meinen sie wohl,
liebster Freund, was er eine halbe Stunde darauf that? er
starb, und ich hätte mir zu Gemüthe ziehen können, ob ich
ihn nicht etwa durch meine Gegenwart getödtet habe, wenn ich
nur so närrisch gewesen wäre, als einige grundgelehrte Leute.
Sie sehen aus diesen Umständen, daß ich mich seit einiger Zeit,
in verschiedener Verwirrung befunden haben müße, und werden
mir um desto mehr mein bisheriges Stillschweigen vergeben,
wenn ich ihnen sage, daß mir meine itzige Bedienung Zeit
genug übrig laße, in Zukunft das Versäumte doppelt nachzu-
holen. Dis ist auch ein Hauptvortheil derselben, daß ich freye
Tage und Wochen, für mich behalte, und gleichsam von Nie-
mand dependire, indem ich mehr als ein Dutzend geistliche
Herren habe die alle gewohnt sind, ihrer Pfründe Zinß in
Rheinwein vor sich zu sehn, wie Hagedorn sagt, und worüber
ich mit meinen Herren schon oft gescherzt habe. — — —
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Was hätte ich ihnen nicht alle zu schreiben ! aber ich
muß vor disniahl nur kurz seyn; ich muß auch noch an den
General Stille schreiben, mit dem ich in einen poetischen Brief-
wechsel gerathen bin, und dem ich keine Antwort schuldig
bleiben darf, weil er mich mit einem Regiment Cüraßiers
zwingen möchte. Sie sind sehr gütig, liebster Freund, daß
sie mit meiner schlechten ßeurtheilung ihrer Lieder zufrieden
sind. Was für eine fürtrefliche Samlung wird die ihrige wer-
den, wenn sie alle nicht ganz vollkommene Stücke mit solchen
Meisterstücken ersetzen wollen , als ihr Silen ist. Und wie
viel Ehre werde ich zugleich daran haben! Ich will durch sie
berühmt werden, denn ob ich gleich ein Probst im Closter
bin, so will ich doch auch Herausgeber ihrer nicht geistlichen
Lieder seyn.
Heucheln sie wohl nicht ein bisgen liebster Freund, da
sie mir auf einmabl wegen meiner Art den Anakreon zu tiber-
setzen recht geben? — — — Meinen Nahmen iu dem Liede
über die anakreontischen Liederdichter habe ich mit keinem
edlen Stolze weggestrichen. Ich zitterte dabey, denn meine
Eitelkeit, und der Wehrt ihrer Poesie, sagten mir, daß ich
meine Ewigkeit wegstriche.
Machen sie nun, daß ich das Manuscript, mit allen Ver-
beßerungen, bald zurück erhalte. Vielleicht könte der baldige
Druck deßelben zur Erreichung einer oder der andern Absicht
etwas bey tragen ? Wolten sie wohl Regimentsquartiermeister
beym Stillischen Regiment werden? Wenn der jetzige, wie man
sagt, abgehen solte, so würde nieine Empfehlung schon etwas
gelten. Ich habe ihnen noch nicht gesagt, daß HE. Sulzer
eben seine Profeßor Stelle antrat, als ich abreisete. Mercken
sie wohl, daß es mir ohngeachtet der hiesigen guten Umstände,
Mühe gekostet hat Berlin zu verlaßen, Berlin und Ramlern,
diesen angenehmen Freund, der jetzt beym HE. von Rosee ist,
aber bisher nichts gemacht hat, als ein Neujahrsgedichte, das
letztens wegen seiner Schönheit in die Berlinschen Zeitungen
gesetzt war. HE. Götze hat mir auch wieder geschrieben.
Was haben sie denn mit ihm vor? Schreiben sie mir doch
einmahl etwas umständliches von ihrer Uneinigkeit! Er^bittet
mich sie mit ihm zu versöhnen ! Hat er sie denn würcklich
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so sehr beleidigt, daß sie ihm nicht vergeben können? Er
hat mir eine Ode mitgeschickt, woraus erhellt, daß er sich in
HErrn Langens Geschmack sterblich verliebt hat, denn er er-
wehnt seiner darin, wie Horatz des Pindars; ich bin aber ge-
wiß, daß Horatz folgende Strophe an seinen Held, in den bün-
digsten Ausschweifungen des Pindars nicht gebilligt hätte. Er
sagt von ihm, daß er auf harter Erde von Ruhe träume,
Biß um dich her, das Praßein freßender Flammen - - -
Sind das nicht ein Haufen ambitiosa ornamenta, würde nicht
Floratz sagen : Qua? mihi Ostend is Sic, incredulus odi !
HE. von Kleist will mich künftigen Sommer
hier besuchen; was für Freude, wenn sie sich auch dazu ent-
schließen. Ich bin Ihnen doch wenigstens 20 Meilen näher!
Hat ihnen HE. von Kleist den Timoleon und HE. Krause eine
Menge Musikalien geschickt? Sie haben mir beide diese Ge-
fälligkeit vor meiner Abreise versprochen. Ich bin damahls
noch einige Tage in Potsdam gewesen, um mich mit meinem
Kleist, noch einmahl recht satt zu lieben und zu scherzen.
Was werden sie zu seinem Landleben sagen, daß ich ihnen
mit allen Fehlern des Copisten übersende? Dencken sie doch,
welch ein Narr! Er beobachtet die Zeilen der neuen Versart
nicht, sondern schreibt alles wie Prose! — Schreiben
sie mir doch ihr ausführliches freyes Urtheil davon. Die
Freundschaft darf sie nicht hindern, denn ich habe selbst schon
genug daran getadelt, obgleich das meiste fürtreflich ist, und
es nur oft allzu erhaben ist. Doch wolte ich daß sie sich
gegen den Herrn von Kleist nicht zu dreist erklärten, denn
man kann ihn leicht furchtsam machen.
Dem Timoleon fehlt es mehr an der nachdrücklichen af-
fect vollen tragischen Schreibart, und an starcken Gedancken,
als an dem edlen Ausdruck, wie sie selbst finden werden.
Popens Duncias komt hiebey. HE. Bodmer hätte etwas
geschmeidiger übersetzen, und viel dunckle Stellen, aus den
Anmerckungen des Originals selbst, aus der französischen
Uebersetzung, und aus dem Zuschauer erläutern sollen. HE.
Bodmer hat mich ausdrücklich ersucht, meinen Freunden zu
sagen, daß er nicht Verfaßer von der Schrift wieder Trillern
sey. Ich kan ihnen allenfalls mit seinem OriginalBriefe be-
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weisen, daß er wünscht, es möge sich ein Utz an das Trauer-
spiel machen.
II Congreßo di Cithera ist schlecht übersetzt, welches sie
auch nach Lesung des Originals sagen werden; doch fehlt es
dem Original selbst an genugsam Einfalt, HE. Algarotti läuft
nach dem Witze, er macht von seiner Astronomie keinen so
angenehmen Gebrauch als Fontenelle, er schreibt mir zu kraus,
wie Marivaux, oder Crebillon.
Haben sie wohl die letzten Stücke der Bremischen Bey-
träge gelesen? Sie enthalten lauter Erzählungen, worunter
einige einen Verfaßer verrathen, der unsern Chaulieu nach-
ahmen will. Aber die Reime vereinigen sich mit seinem Witz
nicht so leicht, er läßt sich zu oft mercken, daß sie ihm Witz
geben, er hält sich bey einem Einfalle zu lange auf, und dehnt
ihn zu weit, und wenn er wie Chaulieu, will
so ist er an statt natürlich zu seyn, spitzfündig. Eine be-
scheidene Critick dieser Beytrüge, die durchgehends viel Bey-
fall haben, könte viel Nutzen schaffen, und es könte sie keiner
beßer machen als Uz. — — —
Halberstadt den 31 Jan. 1748.1)
Sie haben doch die neuen Erzählungen verschie-
dener Verfaßer schon?
Herr General von Stille hat ein schertzhaftes Heldenge-
dicht : der Lerchenkrieg, oder die Siege Victors, drucken laßen.
Ich habe kein Exemplar mehr davon, und habe nur eins ge-
habt, so ich weggeben müßen. Es hat viel Artiges und ist
eine Satyre auf einen Don Quixot unter seinen Officieren, der
die Lerchen als Korndiebe ausrotten wolte. Ich schrieb letz-
tens unter anderm von diesem Helden an den HE. von Stille :
Und will er Held und Sieger seyn
Das Land von Dieben zu befreyn
So führ er Kriege mit den Spatzen (Sperlingen)
Er werb ein Kriegesheer von Katzen
Und werd ein Mörder aller Ratzen! —
1) Hier folgen Gleims Bemerkungen zum „Silenus", vgl. Sauers
ausgäbe s. 77—79.
Preferer avec agrement
Au tour brillant de la pensöe
La verite* du sentiment
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47. Uz an Gleim.
Werthester Freünd,
Die Nachricht von Ihrem Glück hat mir soviel Vergnügen
gemacht, daß aller Unwille über Ihr so lange verschobenes
Schreiben an mich verschwunden, und ich Ihnen willigst ver-
zeihe. — — — Ich glaube, daß die erhaltene Stelle sich
recht gut für sie schickt: die Verrichtungen werden nicht so
häufig seyn, daß Sie nicht Zeit übrig behalten sollten, Ihrem
Vergnügen und Ihrer Muse abzuwarten. An aufgeweckter Ge-
sellschaft wird es Ihnen auch nicht fehlen; an hinlänglichem
Gehalt auch nicht: was kann ein Weiser mehr verlangen?
— — — Sie sind ungemein gütig, daß Sie für mein
Glück so sehr besorget sind und mich wünschen näher bey
sich zu haben. Es will zwar das Ansehen gewinneu,
als ob ich auf hiesiger Canzley befördert werden mochte :
Allein, ausser dem die Sache noch nicht richtig, und mein
Entschluß selbst noch nicht gefasset ist; so steht mir doch
allezeit frey, wann sich anderwärts etwas vortheilhafters äus-
sern würde, das weniger vorteilhafte zu verlassen. Schlüß-
lich setze nur noch hiezu, daß, wann nach des HE. v. Kleist
Wunsche in seinem letztern Schreiben an mich, wir lauter
Geist wären und nichts zti essen brauchten, daß, sage ich,
meine Reise schon längst zu Ihnen hinein vorgenommen wor-
den wäre. Allein da dieses nicht ist, so kann man aufs Un-
gewisse keine so weite Reise unternehmen. Besagten Wunsch
hat HE. v. Kl. [eist] bey Gelegenheit Ihrer weiten Entfernung
vorgebracht, und scheint gar nicht zufrieden zu seyn, daß Sie
Berlin verlassen müssen. Was mich anbetrift, so bin ich
noch nicht mit mir einig, ob ich mich [über] Ihre Entfernung
von Berlin erfreüen oder kränken soll. Mich dünkt indessen,
daß ich leichter Odem hohle, wann ich bedenke, daß Sie mir
20. Meilen näher sind.
Was wollen Sie mit dem Manuscript meiner Lieder machen?
Können Sie dieselben drucken lassen , wie Sie sich vorge-
nommen hatten; da Sie nicht mehr in Berlin sind? Wann
Sie können und wollen und glauben, daß es einigen Einfluß
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auf meine Umstände haben konnte; so will ich das Manu-
script schicken. Ich darf sie nur abschreiben. Sollte es aber
diese Ostern nicht geschehen oder überhaupt damit anstehen;
(welches auf Ihr Urtheil von dem Werth oder Unwerthe der
besagten Lieder ankommt) so wollte mir gerne die Mühe des
Abschreibens ersparen, und könnte zuweilen noch daran bessern.
Ich erwarte Ihre baldigste Antwort, sowohl dieses Druckes
wegen, als überhaupt, daß ich wissen möge, ob Sie mein
Schreiben richtig bekommen haben.
HE. Krause hat mir nebst einem Briefe von HE. v. Kleist
auch Musikalien geschickt. Ich bedanke mich dafür bey Ihnen,
denn Sie haben mir die FreündschafFt dieses geschickten Man-
nes verschafft. Er setzt sehr wohl, wie ich aus der compo-
sition der von Ihnen verfertigten Cantate ersehe. Der Text
ist so schön, daß er mir zum Muster dienen wird, wann ich,
nach HE. Krausens Ansuchen, auch eine Cantate verfertigen
werde. Die Erfindung ist artig. Es hat mich zwar gedeücht,
daß es etwas weit getrieben sey, wann Sie deu Amor in eine
Rose so verliebt werden lassen, daß er über die Biene eifer-
süchtig wird und affecktuöse Arien singt. Sie haben es ver-
mutlich dem Componenten zu Gefallen gethan, damit er Ge-
legenheit haben möge, Affeckt hinein zu bringen. Denn wer
denkt sonst natürlicher, als Sie?
Für die Mittheilung des Gedichtes vom Landleben danke
ich ergebenst. Ich behalte mir vor, nächstens mein Urtheil
davon weitläufiger zu schreiben, wenn ich es noch etliche-
mal durchgelesen. Ueberhaupt zu sagen, ist es schön, die
Mahlerey stark und der Ausdruck lebendig. Nur dünkt mich,
Gemähide und Ausdruck seyen zu oft übertrieben und nicht
natürlich. HE. Götzens Schreibart gefällt mir so wenig als
Ihnen. Die Strophen aus einer seiner Oden sind voll un-
natürlicher Bilder. Scaliger heißt den Fehler, der itzo, nach
der matten Schreibart, bey uns einreißen will, xaxoJrjXtav.
Man will stark schreiben und schreibt unnatürlich. — —
Onolzbach. Den 29. Febr. 1748.
Ich billige vollkommen, was Sie von den letzten Stücken
der Br.|emischen| Bey träge urtheilen. Einige der Erzählungen
sind ungemein artig: es schimmert von Witze darinnen. Aber
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es ist auch viel nffectirtes darinnen. Diese vervielfachten Reime
gefallen mir auch' nicht. Welch ein Unglück für Deutsch-
land , daß der Witz in unsern Schriften schon anfangt un-
ächt zu erscheinen, eh er noch acht erschienen! Stellen Sie
sich vor dem Riß: ich rathe es Ihnen. Sie machen mich
sonst böse.
Ich will nächstens an HE. Götzen schreiben. Bloß meine
Nachlässigkeit und seine weite Entfernung sind Ursache, daß
es nicht bereits geschehen. Haben Sie den Seel.[igen] Heyn
nicht gekannt? Einige seiner Schriften haben mir eine gute
Idee von ihm gegeben. Schreibt dann Rost gar nicht mehr?
Ich bin Ihnen für Popens Duncias und den geretteten
Opitz höchstens verbunden. HE. Bodmer hat in der That etwas
dunkel und rauh (ibersetzt; und warum hat er das vierte Buch
der Duncias ausgelassen ? Bärmanns Timoleon habe ich nicht
empfangen; obgleich HE. v. Kleist in seinem Briefe dessen er-
wähnt. Er muß bey HE. v. Kleist oder HE. Krause liegen
geblieben seyn. Meine Muse schläft den ganzen Winter durch.
Schläft Ihre auch, weil Sie mir nichts von Ihr zu lesen
geben ?
48. Gleim an Uz.
Wehrtester Freund,
Ich komme mit meinem geistlichen Mantel aus dem General
Capitul und finde Ihr wehrtes Schreiben, und laße Expedienda
warten, bis ich Ihnen geantwortet habe.
Ich habe seit einiger Zeit von dem Baron Bielefeld keine
Briefe gehabt. Die Ursach ist, weil er verliebt ist, und sich
mit einem Mädchen von 80000 R,f. der Madem. Reichen in
Halle versprochen hat, welche Angelegenheit ihm vermuthlich
keine Zeit übrig läßt an seine Freunde zu dencken. — — —
Aber vielleicht bat er auch etwas wieder mich. Er hat mir
nemlich schon vor Jahr und Tag seine Comedie (der Hof) ge-
geben, sie durchzusehn, und drucken zu laßen, allein ich habe
noch nicht dabey kommen können, ich habe auch annoch wenig
Lust dazu, weil ich lieber etwas neues mache, als etwas, wo-
ran so viel zu verbeßern ist; absonderlich an einem so weit-
v
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läuftigen Werck, als eine Coraedie ist. Ich habe mich zu Ver-
beßerung meines blöden Schäfers noch nicht einmahl ent-
schließen können, und wird ihn wohl der eigennützige Ver-
leger mit allen seinen Fehlern wieder drucken laßen. Diesen
Sommer aber dencke ich beydes, mehr Zeit, und mehr Lust
zu haben, und werde bis dahin den HE. v. Bielefeld um Ge-
dult ersuchen. In de Ii dächte ich doch, daß der baldige Druck
ihrer Lieder ein und andere Absicht wegen ihrer Beförderung
fördern wörde. In Quedlinburg, welches nur ein paar Stunden
von hier liegt, ist der Buchftihrer Schwan, welcher durch
einige Verlagsbücher gezeigt hat, daß er auf einen säubern
Druck etwas zu verwenden im Stande sey, diesen wolte ich
zu Uebernehmung des Drucks ihrer Lieder vermögen, und ihn
anhalten, so viel möglich, sie auf weiß Papier uud mit unab-
genutzten Lettern zu liefern. Nur würde zur Verfertigung
einiger Vignetten, nach Hagedorns Art, zu wenig Zeit übrig
seyn; ich bin aber auch, was diese Zierrathen betrift, anjetzt
der Meinung, daß es bescheidener gehandelt seyn würde, wenn
wir bey der ersten Ausgabe, mit etwa einem kleinen Kupfer-
stich auf dem Titul zufrieden wären, und einen prächtigeren
Druck für die 211 und 50i£ Ausgabe versparten. Was schlagen
sie allen fals für eine Erfindung dazu vor? Nach meinem Ge-
schmack müste sie so einfach seyn, als nur immer möglich.
Z. E. Ein fliegender Cupido, ohne Bogen und Köcher, mit
Pfeilen in der Hand, die er von sich wirft, oder dergleichen.
Ein Pan in einer vorteilhaften Stellung, wie er z. E. auf
einem Kupferstich in der Enquiry into the Life of Homer
p. 13 neben der Vesta vorkomt. Ich wolte noch einige
vorschlagen, wenn ich sogleich einen Mahler bey der Hand
hätte, der fähig wäre nach meiner Vorschrift den Pinsel zu
führen. Es ist zwar itzt eben ein sehr geschickter Mann hier
der aber nur in Portraits starck ist, und sich auf die mytho-
logische Malerey nicht gelegt hat. Indeß würde er, wie er
auch schon versprochen hat, nach einem guten Original, auch
mit einigen Veränderungen, schon eine gute Copie machen
können. Wenn sie mir also gleich antworteten, so könte ich
hier die erwählte Vignette ungesäumt malen laßeu, und sie
alsdann bey Zeiten nach Berlin schicken. Ich gestehe, daß
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ich sehr gerne sähe, wenn dieser längst gewünschte Druck
endlich einmahl auf Ostern zu Stande kommen könte.
Und müßten sich nicht Bilefeld und Stille schämen, wenn es
ihnen möglich wäre, mir das patrocinium, das ich für eine
solche Muse erbitten würde, zu versagen, nachdem sie mir
beyde auf gewiße Art verpflichtet sind? Was wollen sie sich
doch in dortiger Canzley engagiren, da sie so wenig Einkünfte
zu erwarten haben? — Ich habe gestern einen voll-
kommen artigen Brief und einige anakreon tische Lieder von
ihm [Bodmer] erhalten. HErr Sulzer hat ihm geschrieben,
daß an der Ausgabe ihrer Oden gearbeitet würde, weshalb er
große Begierde bezeigt, sie bald fertig zu sehen. Künftige
Ostern wird er den Anfang machen die Lieder der Minnesinger
in 30 Bogen herauszugeben. In seinen Zeitungen fährt er
fort den alten Groll wieder Gottsched , in den heftig-
sten Satiren an den Tag zu legen. Ich vergebe ihm viele
Ausschweifungen, weil er mit eben so viel Enthusiasterey für
seine Poesie streitet, als Edelmann für seine Religion. Er
lobt mir des Marchese de Leinene italiänische Poesien sehr,
wovon mir nur 3 kleine Stücke aus der Sammlung des Anto-
nini bekant sind. In seinen critischen Briefen will er Nach-
richt davon geben. Meine Cantate ist lediglich aus Gefällig-
keit gegen den Componisten so und nicht anders. Die Idee
hat mir de la G ränge gegeben. Ich freue mich auf künftigen
Früling und Sommer, den ich mit ein paar Freunden dem
HE. KriegesUath von Hagen, und HE. von Haren, Domherren,
vergnügt hinzubringen gedencke. Ich bin auch willens incognito
mit ihnen eine Reise nach Göttingen zu Hallern zu thun
Meine Freude würde unermeßlich seyn, wenn mein Kleist sein
Versprechen hielte, zu mir käme, und mit mir nach Göttingen
Gesellschaft machte. —
Halberstadt den 9 Martis 1748.
In Jena soll der Schriftsteller ä la m od e gedruckt
seyn, worin Bodmers Duncias aufs gröbste beurtheilt seyn soll.
Warum er das 411 Buch nicht übersetzt hat, weiß ich nicht.
Kennen sie Les Oeuvres de Lainez? deren auch Hagedorn er-
wehnt? Ich kann sie nirgends auftreiben. Den seel. Hein
habe zwar von Person aber nicht speciell gekaut, Es gereut
n
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mich , daß ich seine ßekantschaft nicht gesucht habe. Er
wohnte nicht weit von Potsdam, und hatte viel Geschick. Sind
Sie durch ihn ein Seelenschläfer geworden?
HE. Krause hat Bärinanns Timoleon vergeßen. Der Ver-
fasser des Tr.faite] L'homme Machine soll M. de la Metrie
seyn der auch die Histoire naturelle de Paine geschrieben hat,
und jezt in Potsdam seyn soll. Sind ihnen auch die pensees
philosophiques bekant? Das beste ist aus des Schaf tsbury
Lettre of Enthusiasmc genommen.
49. Uz an Gleim.
— — — Sie bekommen hiemit die vollständige und ver-
besserte Sammlung meiner Lieder. Ich habe sie aber nur so
verbessert, so gut ich dießrnal gekonnt. Was für eine ver-
drüßliche Arbeit ist dergleichen Ausbesserung! Sie haben,
meines Erachtens, vollkommen Recht, wann Sie lieber selbst
etwas neues erfinden wollen, als ausbessern. Man sieht tausend
Kleinigkeiten, die man gern verändert haben mochte, aber
man kann manchmal nicht zum Zwecke kommen. So geht es
mir. Sie werden noch vieles mit Grunde zu tadeln finden;
doch was wird gleich das erstemal vollkommen ? Ihre Critiken
habe ich mir so gut, als mir diesesmal möglich war, zu
Nutzen gemacht. Manchmal hätte ich wider einige etwas ein-
zuwenden; allein in Briefen wäre es zu weitläuftig. Ich will
die Feile auf eine Zeit ruhen lassen. Finden Sie noch etwas
noth wendig zu verbessern; so werden Sie es selbst thun, in-
sonderheit in den zwey neüen Liedern, die Sie noch nicht ge-
sehen haben. Nachdem diese mühselige Arbeit der Auspolie-
rung vorbey ; so wünsche ich nunmehro selbst, daß meine Kleinig-
keiten zum Drucke kämen: und wann Sie sie dazu befördern,
so werde ich Ihnen sehr verbunden seyn. Ich habe Ihnen,
wann mir recht ist, schon ehemals geschrieben, daß ich nicht
cum fastu meinen Eintrit in die gelehrte Welt halten wolle.
Es ist mir genug, wann der Druck nichts widerliches hat und
von Lesen nicht abschreckt. Ich wünsche vornehmlich, daß
die Lieder correct und genau nach meinem Manuscript, auf
weisses feines Papier, mit unabgenutzten Lettern, abgedruckt
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werden. Es ist auch höchst unangenehm, wann der Druck so
kärglich aussieht, die Zeilen in einander gepreßt sind und nicht
genügsamer Raum zwischen den Strophen und auf den Seiten
gelassen wird. Es sollte auch in der Einrichtung des Druckes
ein guter Geschmack herrschen, wie in Ihren zu Berlin ge-
druckten Gedichten. Was die Vignette anbetrift, so überlaß
ich es Ihnen , was Sie dazu wählen wollen. Eine Lyrische
Muse, nach alter Art, würde sich nicht übel schicken. Wann
sie säße und auf der Lyra spielte, so könnte man einen Amor
sich an ihr anlehnen lassen. Sollte keine Gelegenheit zu
einem guten Stiche seyn, so wäre meine Meinung, man ließe
die Vignette gar weg. Ist sie doch nicht nothwendig bey
einem guten Buche. Ich habe die Ode: die lyrische Muse,
gleich zu Anfange gestellt: Sie werden es vermuthlich billigen.
Die Ode an Sie steht etliche Seiten weiter hinter: ich mag
diese zwey Stücke nicht gerne bey einander sehen, weil ihr
hinhält sich gewissermassen widerspricht, Ich kann nicht
mehr über die Eine setzen: an Herrn Gleim in Berlin; und
doch ist sie ftir diesen Ort gemacht. Machen Sie selbst die
Aufschrift. Ich überlasse alles Ihrer gütigen Aufsicht. Sie
werden sich die Mühe geben , und ein Paar Zeilen Vorrede
davor setzen, so daß die Leser zweifelhaft bleiben, ob ich oder
jemand anders die Lieder herausgiebt. Ich bin in Vorreden
ganz ungeübt. Ich verspreche mir von diesem Drucke weiter
nichts, als ein günstiges Urtheil der Kenner. Wann ich dieses
erhalt«*, so habe ich meine Absicht erreicht. Sie haben Recht,
daß ein Dichter nicht mehr hoffen darf, durch die Poesie sein
Glück zu machen. Wann einer sich dadurch glücklich macht,
ho ist es hellte zu Tage ein blindes Glück. Wann ich mir
Kreünde mache durch meine Muse, welches noch eher mög-
lich ist, als Gönner zu machen — so kann ich nichts weiter
wünschen. Ich singe zu meinem Vergnügen, und singe nichts,
was ich nicht empfinde. Es ist nicht eben nöthig, vornehm
oder reich zu seyn, reizend zu singen. Niemand ist leicht in
so gar elenden Umständen, daß er nicht zuweilen ein Glas
Wein mit einem Freünde trinken könne. Was braucht man
weiter? Die Philosophie muß das übrige thun.
Aber wann werden dann Sie wieder Ihre Muse hören
le
209
lassen? Ich kann mich gar nicht erinnern, so lang ist es
schon , daß ich keine Zeile von Ihnen gelesen habe. Lassen
Sie doch Ihre freyen Stunden dem Vergnügen der Kenner ge-
weihet [seyn]. Sie können kühn hervortreten: Sie sind des Bey-
falls gewiß. Aber ich muß furchtsam seyn, der ich noch nicht
weiß, ob Unpartheyische auch so von mir urtheilen werden,
als Freunde. Sie schreiben mir von HE. Bodmern, daß er Ihnen
eine Anakreou tische Ode geschickt habe. Eine anakreon tische
Ode von Bodmern! die moöhte ich sehen: machen Sie mir
doch das Vergnügen und schreiben sie mir ab. Er hat viel-
leicht nicht mehr Geschicklichkeit dazu, als ich. Von dessen
Herausgabe der Minnesinger verspreche ich mir mehr: ich bin
recht begierig darauf. Aber daß er nicht aufhört, wider die
Gottschedianer loszuziehen, billige ich nicht: man wird es end-
lich überdrüssig und könnte wohl gar auf eine Passion arg-
wohnen. —
Anspach. Den 25. Mart. 1748.
Der Marchese de Lemene und Lainez sind mir nicht ein-
mal dem Nahmen nach bekannt. Ist des Antonini Sammlung
italienischer Gedichte schätzbar? Haben Sie von dem Italiener
gehört, der in Berlin sich durch Praestigia bekannt macht;
wie Circe, verwandelt und todte lebendig macht? D. Faust
ist ein Schüler gegen ihn, wann wahr ist, was man erzehlt.
Wie werden wir die ganze Sammlung heißen? Versuch
in Oden und Liedern? oder, Versuch in lyrischen Gedichten?
Dieser letzte Titel sagt nicht mehr, als der erste; aber er klingt
für mich vielleicht zu prahlerisch. Ich werde doch auch et-
liche gedruckte Exemplaria bekommen?
50. Uz aii Gleim.
Werthester Freund,
Es ist nunmehro über ein Vierthel Jahr, daß ich Ihr
letztes Schreiben erhalten, und beynahe eben so lange, daß
ich Ihnen das Manuscript meiner Lieder übersandt habe, ohne
daß ich bishero noch eine Antwort darauf erhalten habe. Wie
bin ich denn dran mit Ihnen? Haben Sie mich denn gar ver-
gessen ? Sollten Sie, als selbst ein Poet , nicht gedacht haben,
O I e i in - IT x , Bricfwcchnul. 14
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daß ich doch würde begierig seyn, zu wissen, wie es mit dem
Drucke meiner poetischen Kleinigkeiten stehe? Sie wissen,
daü Sie durch mein ungestümes Bitten nicht gezwungen wor-
den, dieses Druckes Besorgung zu übernehmen; sondern dab
Sie sich selbst gütigst erboten, dieser Mühe sich zu unter-
ziehen. Ich hatte mich, nach vielem Bedenken, endlich ent-
schlossen, diesen Druck geschehen zu lassen, um der Kenner
Urtheil über meine Muse zu hören , und mich darnach zu
bessern. Ich habe auch das Vertrauen zu Ihrer Freundschafft,
daß es nicht an Ihnen gelegen, wann ich mich in meiner
Hoffnung, besagte Lieder, Dero Versprechen nach, gedruckt zu
sehen, betrogen finde. Es wird vermuthlich an einem Ver-
leger gefehlet haben. Ich bin darüber auch gar nicht böse.
Nur wollte ich wünschen, daß Sie mir davon Nachricht ge-
geben hätten. Es ist mir vielmehr lieb, daß der Druck solcher
Lieder, so wie ich sie hnen überschickt Ihabe, nicht zu Stande
gekommen. Die Zeit ist mir damals zu kurz geworden, alles
gehörig zu verbessern. Ich finde es nunmehro erst. Ich bitte
mir dahero mein Manuscript wieder zurück aus, damit ich
diese geringen Früchte meines Geistes noch einige Zeit könne
abliegen lassen, bis sie vollends reif werden. Sie möchten
ohnehin bey den dasigen Verlegern nicht so glücklich seyn,
als Sie mir manchmal zu schmeicheln beliebt haben. Sie sind
vielleicht auf dem Boden, wo sie gewachsen, glücklicher, als
auf einem fremden.
Ich bin seit etlichen Monathen Justiz-Raths-Secretarius
allhier, und schicke mich allgemach an, alle Gedanken eines
anderweiten Etablissement fahren zu lassen; Habe ich nicht
bekommen können, was ich gewollt; so werd ich mich itzo
bemühen, zu wollen was ich habe. Ich habe allzeit geglaubt,
Ihre Freundschaft und der Briefwechsel mit Ihnen würde mir
meine Umstände um ein vieles angenehmer raachen, wann mein
Verhängnis mich hier anheften sollte. Auf was darf man in
der Welt noch Rechnung machen?
Onolzbach, den 10. Jun. 1748
1) »Den 26 Nov : oder den 1 Dec. 1741) habe die lyrischen Gedichte
übersand.* Von Gleims hand auf der letzten, leeren Seite.
x
211
51. Gleim an Uz.
Wehrtester Freund,
Wenu sie wollen, so will ich in Sack und Asche Buße
thun. Mich zu rechtfertigen weiß ich kein Mittel; hätte ich
gleich, durch die Schuld eines schurckischen Buchhändlers auf-
gehalten, ihre Lieder ihnen nicht gedruckt zurück schicken
können, so hätte ich ihnen doch schreiben sollen. — — —
Hier empfangen sie endlich ihre lyrischen Gedichte ge-
druckt zurück. Ich mag ihnen nicht erzählen, was den Druck
so lange verzögert hat. Sie niüßen mir als einem Freunde
glauben, daß es nicht an mir gelegen, und es komt izt nur
darauf an, daß ich erfahre, daß sie mit dem Druck, dem Pa-
pier, der Vignette, und der Vorrede zufrieden sind. Die ganze
Auflage ist so, wie sie hiebey 12 Exemplare empfangen. Die
24 Exemplare so ich ausbedungen, werde ich den mir be-
kanten Kennern und Freunden ihrer Muse zuschicken und
ihnen hienächst melden, wer sie bekommen hat. Wegen der
Vorrede werden sie sich erinnern, daß sie mir geschrieben,
„ich solte ein paar Zeilen Vorrede davor setzen, so daß die
„Leser zweifelhaft blieben, ob sie, oder jemand anders die
„Lieder herausgäbe w. Es gefiel mir damahls nicht, daß sie
meiner Freyheit diese Grenzen setzten, aber, daß ich die Vor-
rede ihrer Absicht nach getroffen habe, ersehe ich aus dem im
Hamburgischen Correspondenten, deshalb bereits gefalleten und
hier beygehendem Urtheil, nach welchem man den VerfaGer und
Herausgeber für ein und denselben hält. Sie können sich auf
das verdiente Lob und den frölichen Beyfall weit beßerer
Kenner Staat machen; ich werde ihnen einmahl einen Auszug
aus den Briefen meiner bekanten witzigen Freunde, von dem
General Stillen an, bis auf den jüngsten Verfaßer der Bremi-
schen Beyträge HE. Zachariä , den ich letzthin in Braun-
schweig kennen gelernt, übersenden. Die Urtheile unserer
gemeinschaftlichen Freunde, Ramlers, Kleists, Spaldings wißen
sie schon, sie laßen sich sämtlich Ihnen und ihrer Muse em-
pfehlen, und bitten nebst mir um Mittheilung der Lieder, so
sie bisher gesungen. Ich habe ihnen zu ihrer er-
14*
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haltenen f Bedienung wohl noch nicht Gluck gewünschet? Als
sie mir davon schrieben, einfand ich keine groGe Freude dar-,
über. Je mebr sie dort gefeßelt werden, je weniger Hofnung
bleibt mir, sie einmahl wieder zu sehen.
Eins mus ich ihnen doch sagen, mit einem anstandigen,
recht ernsthaften Amtsgesiebte : Ich bin Diener am Altare
Petri und Pauli geworden, und singe itzt im Chorhemde,
Psalme statt scherzhafter Lieder. Sie werden mich dieses Ab-
falls wegen wohl verspotten. Aber nieine Apostel geben mir
zum wenigsten 0 Ohm Wein jährlich und Venu« und Bachus
gaben mir nicht eine Kanne. — — —
Halberstadt den 26. Not: 1749
— HE. Ramler schreibt mir, daß von den Lyri-
schen Gedichten kein Exemplar mehr in Berlin zu haben wäre,
Ihre Muse hätte schon etliche Bären und Löwinnen zahm gemacht.
Kennen sie HE. Professor Christ in Leipzig? Er hat Weit-
brechten bey der Vignette mit seinem Rath bey gestanden. Ist
dieser HE. P. Christ ein Bruder des Anspachschen ? Wie ge-
fallen ihnen seine Kabeln? Von den Amsterdamschen Liedern
schreiben sie mir auch ein bisgen ihre Meinung.
52. Uz an Gleim.
Werthester Freund,
Haben sie ausgezürnt? Denn ohne einen Zorn auf mich
zu haben, hätten Sie unmöglich auf zwey Briefe mir nicht
antworten und zwey Jahre schweigen können. Inzwischen
weiG ich diese Stunde noch nicht, was mir Ihren Unwillen
zugezogen hat. — Sie geben mir eine der vornehmsten
Freüden meines Lebens wieder, da Sie mir Ihre so schätzbare
Freündschaft und Ihren angenehmen Briefwechsel von nefiem
wieder zuwenden. Ich wünsche, daG ich deGelben mich nie-
mals wieder verlustig inachen möge. — — — Ich rauG Ihnen
nunmehro verbindlichsten Dank für Herausgebung meiner
Lieder abstatten; und ich thue solches mit größtem Vergnügen.
Das äußerliche, Druck und Vignette sind schön; ich wollte
wünschen, daG mir das Innerliche eben so gefiele. Allein ich
getraue mir fast nicht, recht hineinzusehen ; wo ich hinblicke,
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sehe ich schwache und schlechte Stellen. Einige Stücke sind
mir ganz unerträglich. Diese ganze Zeit über, da Sie mir
nicht geschrieben, und ich gar nicht mehr daran gedachte,
meine Lieder von Ihnen zum versprochenen Druck befördert
zu sehen, habe ich daran gebessert, und verschiedene Stücke
gauz umgegossen, wie ich Ihnen einmal dergleichen senden
will. Und wissen Sie, was ich vor hatte? Als ich in den
Bremischen Belustigungen einige meiner Kleinigkeiten gedruckt
gesehen, so fürchte[tej ich, es möchten die an Sie übersandten
Poesien in allerhand Hände gekommen seyn, und nach und
nach mit allen ihren Fehlern gedruckt werden. Dieses zu ver-
hüten, hatte ich, nach einem langen Kampf mit meiner Furcht-
samkeit, den Entschiuli gefasset, an einen Leipziger Buch-
händler zu schreiben und ihm meine Lieder, so wie ich sie
verbessert und mit neüen vermehrt hatte, zum Druck anzu-
bieten. In eben der Woche, da ich sie von Ihnen bereits ge-
druckt erhalten, sollte der Brief abgehen, und die Lieder, die
ich als Proben meiner Muse beyschließen wollte, waren bereits
abgeschrieben. Sehen Sie, was für Unheil hätte erfolgen kön-
nen! Hätten nicht auf solche Art meine Gedichte leicht zwey-
mal gedruckt zum Vorschein kommen mögen, die des "Druckes
wohl gar nicht einmal würdig sind. Es erfreüet mich indeüen,
dali die Sache so gegangen. Meine poetische Arbeiten sind,
durch Ihre Vorsprach, in gute Hände gekommen. HE. Weit-
brecht hat einen schönen Druck geliefert, einige kleine Un-
richtigkeiten des Correctors ausgenommen. Wie ist er zu HE.
Prof. Christ in Leipzig gekommen, welcher die Vignette an-
gegeben? Sie ist gut gewählt und wohl gestochen: ich habe
sie schon sonst auf einer Schrift delielben gesehen. Ich werde
bey seinem Bruder, dem HE. HofRath Christ allhier mich
bedanken. Was die Critici urtheilen werden, weiß ich nicht;
ich verspreche mir aber nicht viel vortheil haftes. Sie werden
mich besonders verbinden, wenn Sie mir alle Urtheile, die da-
von gefällt werden, sie mögen gut oder böse seyn, eröffnen ;
ich werde es für ein Zeichen Ihrer aufrichtigen Freündschatlt
ansehen, wann Sie mir nicht schmeicheln, sondern um meine
Besserung besorgt sind *. Dali 11 E. v. Kleists Nähme in
* „NB Das in den Hamburger Zeitungen davon gefällte ürtheil
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meinen Liedern sich befindet, gereichet ihnen zu einer Empfeh-
lung. Aber mir deucht, daß er nicht am rechten Orte steht.
Ich rede in selbigem Orte nicht in meinem Nahmen; könnte
ich mich selbst einen Weisen nennen? Siesehen, daß ich also
HK. v. Kleist auch nicht anreden kann. Ich will einmal eine
besondere Ode an diesen Herrn adreßiren, wenn ich anders
Erlaubniß dazu habe. Die Vorrede ist wohlgefaßt; doch ha-
ben Sie nicht ganz unterlaßen können, mich wenigstens per
indi rectum zu loben. Ich wollte wünschen, daß ich in der
Bemühung, anderer Odendichter Abwege zu vermeiden, glück-
licher gewesen wäre.
Die, dem Titel nach zu Amsterdam, iu der That aber ohne
Zweifel zu Berlin gedruckte Lieder sind witzig, munter und
schalkhaft, und alles dieß in weit höherm Grade als die mei-
nigen. Sie sind Gewiß von Ihnen ; wer könnte sonst so artig
singen ? Einige in Form der Gespräche abgefaßte sind in-
sonderheit ungemein schön, weil sie sehr ungekünstelt sind.
Haben Sie die Uebersetzung Anacreons liegen laßen? Nie-
mand ist in Stande, dergleichen, wie sichs gehört, zu liefern ;
und ich rathe Ihuen, in der angefangenen Arbeit fortzufahren,
wenu Ihnen des Griechen Ehre lieb ist. In den neüen criti-
schen Briefen ist Ihrer kleinen Ode von den Liebesgöttern,
nach Verdienst, mit Ruhm gedacht worden. Was daselbst
über des Theocritus Lied auf den von einer Biene gestochenen
Amor geurtheilt wird, ist nicht völlig nach meinem Geschmack,
wie noch verschiedenes in ersagten Briefen. Klopstock ist der
Liebling der Schweitzer: wer hierinn anderer Meinung ist, wird
aus dem mir mitgeschickten Schreiben, das Sylbenmaaß im
Messias betreffend, seinen Sinn schwerlich ändern. Wer ist
dieser Verfasser? und wo hält er sich auf? An Genie und
sonderlich an einer lebhaften Einbildungskraft fehlt es ihm
nicht. Ich erwarte Ihr Urtheil vom Meßias. Von den übrigen
mir gütigst überschickten Piecen will ich, wann ich sie noch-
einnial gelesen habe, meine wenige Gedanken überschreiben,
ob Ihnen gleich wenig an deren Wissen gelegen seyu kann. In-
zwischen giebt es mir doch Gelegenheit, mit Ihnen zu schwatzen.
haben Sie vergeßen beizulegen, ungeacht in Ihrem Briefe deßen ge-
dacht wird/ Am rande.
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Ich übersende Ihnen hierbey meinen Morpheus zur Censur.
Sie sind selbst Ursache, daß ich Ihnen nicht viel nettes von
meiner Arbeit schicken kann : Sie haben sonst meine Muse auf-
gemuntert; und sobald dieser Sporn ihr gemangelt, ist sie träge
geworden. Sie sollen gleichwohl ein. andermal noch ein und
anders erhalten. Bestellen Sie ein ergebenstes Oompliment an
meine Freünde in Berlin, wann ich noch einige übrig behalten
habe: ich bin ganz schüchtern, ich gestehe es Ihnen. —
Onolzbach. Den 20. Dec. 1749.
Daß Ihnen der H. Petrus und Paulus mit Wein versehen,
ist mir angenehm zu hören. Daß es Ihnen an Wein nicht
fehlen müsse, sieht man aus Ihren Liedern. Sie sind also nun
ein halber Dommherr?
Den Pygmalion und Dämon hab ich mit Vergnügen ge-
lesen. Ich will sie nochmals lesen, und Ihnen wieder davon
schreiben. Kennen Sie deren Verfaßer nicht? wie auch den
Verfaßer choriambischer und dergleichen Oden in den netten
Brem.[i8chen] Belustigungen.
53. Uz an Gleim.
Werthester Freünd,
Was machen Sie, daß Sie mir auf meinen Brief vom vorigen
Jahre wieder nicht antworten? Sind Sie wieder gestorben? Das
wäre in der That seltsam. Man hat Exempel von Menschen, die
zweymal gestorben. Aber daß jemand dreymal sterben sollte, ist
nicht erhört worden. Oder habe ich vielleicht abermals gesün-
diget, und Sie entziehen mir zur Strafe das Vergnügen ihres
Briefwechsels? — Wie würde es mich betrüben, wenn
ich mit Ihnen den einigen Freünd, den ich in Ihren Gegenden
au noch habe, verlöhre! Denn die Gewogenheit des HE. von
Kleist habe ich ohnehin eingebüßet. Ich habe die vergangene]
Woche ein Paquet erhalten , deßen Ueberschrift mir dieses
Herrn Handschritit zu verrathen schieu. Aber bey der Er-
brechung fand ich bloß ein gedrucktes Exemplar von Seinem
Gedichte: der Frühling, ohne Brief. Ich weiß also nicht, wer
mir daßelbe eigentlich tibersendet hat. Es mag aber seyn,
wer es wolle, so hat er mich ungemein verbindlich gemacht;
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und es verdrüßt mich, daß mir das Vergnügen mißgönnet wor-
den, Ihnen oder dem HE. v. Kleist selbst vor deßen Ueber-
schickung Dank abstatten zu dürfen. Dahero enthalte ich mich
auch, das verdiente Lob dieses mahlerischen Gedichtes beizu-
fügen, weil ich aus allen Umständen wohl schließen kann,
daß dem vortrefflichen Dichter raein Beyfall gleichgültig sey.
In dem 5ten Bande der Bremischen Beyträge habe ich auch
einige kleine Oden deßelben gedruckt gefunden, die ich schon
ehemals gelesen. Ich zweifle nicht, daß auch Sie und andere
Ihrer Berlinischen Freünde in diesen Band verschiedenes ver-
fertiget haben : wollen Sie mir nicht anzeigen, was darinn von
Ihnen ist, und ob diese Sammlung, von welcher ich bißhero das
4te Stück des bten Bandes gelesen habe, noch ferner fortge-
setzet wird. In Oettingen ist eine Monathsschrifft unter dem
Titul: Versuche zur Beförderung des vernünftigen Vergnügens
in Schwaben, herausgekommen. Ich habe verschiedenes darinn
gelesen, das mit einem guten Geschmack geschrieben ist. Aber
die Reime verrathen den Schwaben nicht selten. Die Verfaßer
haben auch einen Anakreon unter sich, der aber ganz uner-
träglich ist. Er sagt z. E. in einer Ode, die Versuchung der
Liebe genannt;
Man bitt ihn zum Gevatter,
Gleich sucht er einen Vatter.
Da war ein netter Vatter,
Und bat ihn zum Gevatter, p. - - -
Verdienen solche Liederpossen eine Züchtigung? — — —
Onolzbach den 19. Febr. 1750.
54. Uz an Gleim.
Hochzuehrender Herr Secretarius,
Ich bin seit dreyen Tagen in Braunschweig, wohin ich
einen jungen Herrn auf das dasige Carolinum begleitet habe.
Sie halten sich etliche Stunden von hier in Halberstadt auf.
Hätten die Lorbeern, die Ihre Scheitel umkränzen, Sie nicht
so stolz gemacht, daß Sie Ihren alten Freünd mit so verächt-
licher Art aufgegeben, und auf zween Briefe in zweyen Jahren
mir nicht geantwortet haben ; so würde mir unmöglich ge-
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wesen seyn, nach Hause zu reisen, ohne Sie in Halberstadt zu
besuchen. HE. Gärtner, HE. Ebert, HE. Erich, denen Sie
seit Ihrem letztern Aufenthalt dahier annoch in gutem Ange-
denken sind, fragen mich immer: Werden Sie HE. Gleim nicht
besuchen? Welche Schande! Ich seüfze und antworte: HE.
Gleim ist gegen mich nicht mehr, wie Er ehmals gewesen;
er verachtet mich. Sollte ich nach Halberstadt wallen, um
vielleicht mit frostigem Gesichte von ihm empfangen zu wer-
den? Ich reise also morgen von hier ab, und nehme meinen
Weg über Frankfurth zurück, so wie ich Ober Frankfurth an-
hero gereiset bin. Ich empfehle mich Ihrem freündschafft-
lichen Herzen, das gegen andre so feürig ist, und allein gegen
mich kalt geworden. Ich verharre mit größter Hochachtung
Meines Hochzuehrenden Herrn Secretarii
Braunschweig gehorsamer Diener
den 7. May 1751. Uz.
55. Gleim an Uz.
Liebster, Theurester Freund
Fast erstarren mir für Freuden und Schrecken die Finger,
kaum kan ich ihnen noch sagen, daß ich sie mit dem auf-
richtigsten beständigsten Hertzen liebe. Denn ich bin für
Scham, und Schrecken sie nicht zu sehen, und ihnen so lange
nicht geschrieben zu haben, außer mich selbst. Aber könten sie
mir wohl so nahe seyn, und mich nicht besuchen? Nein mein
liebster Utz, ihr Mißtrauen in meine Freundschaft wäre tau-
seudmahl verwerflicher, als mein abscheuliches Stillschweigen.
Sie sehen ich rechtfertige mich nicht, aber kommen sie zu
mir, wenn der schrecklichste Argwohn sie nicht schon von
mir entfernt hat. Wie will ich sie umarmen ! — Ach
daß ich die halben Briefe, die ich oft an sie geschrieben, nicht
so gleich fortgeschickt habe! Wie müßen sie mich haßen,
wenn sie nicht zu mir kommen. Ich schicke den Augenblick,
noch die Nacht, da ich ihren Brief (den Anfang mit jauch-
zenden Freuden, das Ende zitternd und mit Schrecken) lese,
den Expreßen nach Braunschweig. Vieleicht, dencke ich, hat
Er sich von den dortigen Freunden noch einen Tag aufhalten
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laßen. Vielleicht könte ich ihn noch sehen. Kommen sie auf
meine Kosten, mit Extra Post zu mir, wenn sie eilen mußen.
Aber bleiben sie so lange als sie können bey mir. Doch muß
ich ihnen sagen, daß ich unwiederst reblich den Ulli bis 13i^
oder 1411? dieses in Abbenrode auf einer herzoglich braun-
schweigischen Commißion sejn muß. Sölten sie in den Tagen
kommen da ich nicht zu Hause bin, so steht ihnen mein ganz
Hauß offen, sie sollen aber einen Freund finden, mit dem sie,
alles was sie wieder mich haben, unterdeß sprechen sollen,
der aber mein bester Fürsprecher seyu kan, weil ich keiuen
Tag mit ihm zusammen bin, ohne mit ihm von meinem Utz zu
sprechen. Es ist HE. Dohmprediger Sucro, der Verfaßer des
Druiden. Wfirdeu sie den nicht auch gern kennen ') ? Kommen
sie nicht, und sind sie abgereist, ohne mich zu sehen, so bin
ich untröstbar und wäre es irgend möglich, daß ich durch sie
beleidigt werden könte, so wäre es, ein solches Verfahren, ein
solcher Argwohn gegen ihren wahrhaftig aufrichtigen Freund.
Einige Ausdrücke ihres Briefes gehen mir durchs Hertz! Ich
könte sie mit einem frostigen Gesicht empfangen, ich, mein
liebster Utz, der ich sie unendlich liebe, mehr als sie ein
Freund lieben kan? Sie sind mein erster liebster Freund, ich
könte sie vergeßen ? — — — Und wie schlecht kennen mich
Gärtner, Ebert und Erich, wenn sie mich gegen ihre Beschul-
digungen nicht aufs äuserste vert heidigt, ihnen ihren Argwohn
ausgeredt, und sie dahin gebracht haben mich zu besuchen.
0 wie sehr bestraften sie mich wenn sie mich nicht be-
suchten. Der Bothe soll fliegen, ich umarme sie tausendmahl,
und will sie tausendmahl umarmen, wenn er sie noch antrift,
und sie zu mir kommen. Ich bin Ihr ewig getreuster Freund
Halberstadt den 8llü May. 1751. Gleim.
Abends um 8 Uhr.
56. Gleim an Uz.
Halberstadt den May 1751.
Liebster Freund,
Es ist doch was ganz entsetzliches, daß sie mir haben so
1) Im original : können.
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nahe seyn, und wegreisen können ohne mich zu sehen. Nein
ich konnte mir, ohngeachtet der Spuren in ihrem Briefe nicht
einbilden, daß sie in Ernst mich für einen kaltsinnigen Freund
halten könten. ich hofte noch immer, sie würden sich nur
durch den ernstlichen Vorwurf im Briefe rächen, und noch
selbst nachkommen, und mir die gröste Freude meines Lebens
machen. Der verfluchte Bothe, daß Er nicht einige Stunden
eher in Braunschweig angekommen ist, wie ihm möglich ge-
wesen wäre, wenn er meiner Aufmunterung und meinem Ver-
sprechen gefolgt wäre. Er hätte sie noch angetroffen. Aber
Gärtner hat mir einen Umstand verrathen, woraus ich schließe,
daß sie vielleicht doch nicht gekommen wären — Vielleicht
auch mein liebster Freund wären sie überall nicht zu mir ge-
kommen, wenn sie sich auch nicht für beleidigt gehalten hät-
ten. Die Umstände wären zu starck dawieder gewesen. - -
Mit solchen Muthmaßungen tröste ich mich.
Hier schicke ich ihnen die Antworten auf ihre Briefe so
wie ich sie vor Jahr und Tag vielleicht angefangen habe. Sie
werden dadurch überzeugt werben daß ihr Argwohn höchst-
falsch, und nur viele Zerstreuungen an meinem langen Still-
schweigen Schuld gewesen. Ich hatte noch allerhand zusam-
men gelegt so ich ihnen schicken wollte aber in der Eil kan
ich nichts finden. Aus den Bevlagen ersehen sie, daß ich
ihrem Befehl zu folge angefangen habe, Urtheile über ihre
lyrischen Gedichte zu samlen. Aber ich habe seitdem keine
Zeitungen mehr gelesen. Das beste und richtigste finden sie
in den Berlinischen critischen Nachrichten vom vorigen Jahre.
Haben sie sie nicht, so will ich sie ihnen schicken. Das ver-
sprochene Blat des Hamburgischen Correspondenten überkomt
anbey; und ein Exemplar vom Frülinge, wie ihn einige Freunde
haben drucken laßen. Falls sie schon ein solches, wie ich
glaube von HE. Hofrath Bergius, erhalten haben, so bitte ich
mir dis wieder für eine Dame aus, die es sich ausgebeten hat,
vor welcher aber mein Utz den Vorzug haben soll. Wie leicht
sie zu versöhnen sind — Ich muß schließen mein liebster
mein allerliebster Freund. Sie werden mir auf den Brief den
HE. Gärtner ihnen wird geschickt haben und auf diesen so
gleich antworten. Das werden sie gewiß thun.
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57. tjleim an Uz.1;
Wehrtester Freund,
Wie ist es möglich, daß sie mich in so üblen Verdacht
haben nehmen können ? — — Ich kan mich doch noch
in etwa« entschuldigen ; Denn wenn man. Vermöge seines Amts,
-ich mit flegulirung eines fast tausendjährigen Archivs be-
schäftigen, und den Motten und Würmern, ihre halbverzehrte
Speiden, aus dem Monde rauben muß. so ist man für die Musen
und ihre Freunde gewiß, so gut als tod. Womit aber können
sie ihren Argwohn beschönigen? Hienechst bin ich so oft
abwesend, und auch einige Wochen in Berlin gewesen. Da
können Kleist, Ramler, Sulzer, und alle unsre Freunde be-
zeugen, daß ich mich oft für mich selbst geschämt habe, wenn
ich habe bekennen müßen, daß ich Ihnen und HE. Bodmern,
der mir wegen meiner Beförderung den verbindlichsten Brief
geschrieben hatte, die Antwort noch schuldig sey. Schwift
oder Pope sagt an einem Orte; es sey keine elendere Kranck-
heit, als die Unwilligkeit (unwilligneß) an unsre Freunde zu
schreiben, und er erfodert einen großen Philosophen ihm die
Ursachen davon ausftindig zu machen ! Ich habe diese Kranck-
heit zuweilen. — — Ohne die Briefe meiner Freunde wäre
ich längst ein Misantrop, so wenig ich sonst dazu geneigt bin.
Sie ersetzen den Mangel des Umgangs mit ihnen, und sie ma-
chen das Schicksahl, mit so viel Dummen, so viel Narren, und
so viel Boshaften, in der Welt zu thun zu haben, erträglich.
Da ich mir kein Glück weiter wünschen wolte, wenn ich einen
Uz, einen Kleist, oder Kaniler hier hätte, wie solte mich nicht
nach ihren Briefen verlangen? Und mttste ich nicht die Musen
haßen, wenn die Proben ihres schönen Witzes, die sie ihnen
zuweilen beyfügen , nicht meine Freude, und mein Wunsch
wären ? - — -
Wie angenehm ist mir, daß sie mit dem Druck ihrer
Lieder einiger niaaßen zufrieden sind; Wenn ihnen das Innere
nicht so wohl gefällt, so sind sie gewiß, gegen die Muse, so
1) Antwort auf nr. 52 und 53, anfang 1750 zu verschiedenen zeiten
geschrieben, aber erat mit nr. 50 abgesandt.
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ihnen so viel schönes eingegeben hat, sehr undanckbar. Ich
habe zum HE. v. Kleist gesagt, daß ich für die lyrischen Ge-
dichte alles was ich geschrieben hätte, mit Jauchzen geben
wolte, und sie halten die seichten Amsterdamschen Lieder für
witziger, munterer und schalckhafter ? Wie kan ich das gelten
laßen ? und weßen Urtheil ist hier wohl das richtige ? Zwar
dencke ich oft ganz kühn, daß es ihnen vielleicht geht, wie
mir, daß ich nemlich mit meinen Sachen immer unzufriedener
werde, dahingegen mir die VVercke meiner Freunde immer
beßer gefallen. Man plagt mich um eine neue Ausgabe der
scherzhaften Lieder, ich habe sie nachdem ich sie in 2 Jahren
nicht angesehen, hervorgesucht, um sie von neuem durchzu-
sehen; nun gefällt mir fast kein einziges Lied recht. Sie gölten
nur sehn, wie viel ich schon ganz weggestrichen, und wie viel
Stellen ich mit einem Strich gezeichnet habe. Auch stehn mir
meine Uebersetzungen Anacreons nicht mehr an. Ich laß neu-
lich ihre Critick einiger Oden, und gab ihnen Beyfall, wo ich
mich erinnerte, daß ich ihnen wiedersprochen hätte. Sie ha-
ben seit dem Stillstande unsere Briefwechsels an ihren ge-
druckten Liedern auch noch zu beßern gefunden, und einige
sind ihnen, wie sie sagen, ganz zuwieder. Welche möchten
das doch wohl seyn? Und woher komt wohl dieser veränderte
Geschmack ? Oder solte es auch wohl uns treffen, was Walsh,
an Popen schrieb, da er ihn von der weitem Correctur seiner
Hirtengedichte abhalten wolte : a man may correct his verses,
tili he takes away the true spirit of them.
Bis hieher, mein theurester Freund, kam ich mit Beant-
wortung ihres wehrten Schreibens vom 201!^ Dec: als sich
plözlich eine Revolution an unserm Stifte hervorthat, die bis-
hieher gedaurt und mich Tag und Nacht beschäftigt, und ge-
macht hat, daß ich an nichts anders habe dencken dürfen. —
— — Ihr zweites Schreiben vom 19 Febr. bestiirckt mich
noch mehr, daß es ihnen mit ihrem Verdacht ein rechter Ernst
ist , und sie laßen sich so gar mercken , als ob sie auch
in die Freundschaft unserer Berlinschen Freunde ein Miß-
trauen setzten. Ich gestehe, daß ich hierüber recht empfind-
lich bin, und nicht begreifen kan, wie sie darauf verfallen
können. Womit hätten sie doch wohl die Gewogenheit des
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HE. v. Kleists eingebüßt? Ich bin ihnen für seine Freund-
schaft so gut, als für meine selbst. Sie thun seinem Hertzen
zu wenig Ehre, wenn sie an der Beständigkeit seiner Freund-
schaft so leicht zweifeln. Ich könte sie vielmehr versichern,
daß er sie unter meinen Freunden am höchsten schäzt, und
daß ihm an ihrem Beyfall am meisten gelegen ist, weit ent-
fernt, daß er ihm gleichgültig seyn solte. Ich will ihnen ge-
rade heraus sagen, warum er vielleicht seinen Frühling nicht
mit einem Schreiben begleitet, und sie um ihre Beurtheilung
ersucht hat. Es solte nemlich bald eine andere Ausgabe im
Druck erscheinen, in welcher die Erste, von welcher nur wenig
Exemplare gedruckt worden, auf gewiße Weise für übereilt
ausgegeben werden soll. Ob und wie es noch geschehen wird,
darüber werden sich der HE. v. Kleist, und HE. Ramler sein
Aristarch, erst noch vereinigen. —
Ich1) habe vergeßen mich zu entschuldigen, daß ich ohne
ihre Genehmhaltung dem HE. v. Kleist die eine Ode zuge-
schrieben ; itzt, da ich gestehen muß, daß es ohne genügsame
Ueberlegung geschehen, bitte ich mehr um Vergebung als
Entschuldigung. Der Titul der Ode müste nur wegbleiben,
alsdann gienge es noch an, denn im Text, nennen sie sich
selbst keinen Weisen, sondern sie sind nur
- — auf beglückter Weisen Spur.
Indeß glaube ich nicht, daß dis Versehen irgend jemanden
sehr in die Augen fallen werde. Daß *) einige ihrer Oden in
den Bremischen Beiträgen stehen, davor kan ich so wenig,
als davor, daß von mir und von HE. v. Kleist einige Kleinig-
keiten aufgefischt worden. Dreyer, von dem ich ihnen schon
sonst geschrieben, ist Herausgeber, und macht sich alles zu
Nutze, was er bey seinem Auffenthalte in Berlin nur immer
hat abschreiben können. Er hat mich von Hamburg aus, er-
sucht, ihm etwas von mir und meinen Freunden einzuschicken;
Er hat aber von mir nicht eine Sylbe bekommen; ich ver-
meide wegen seines schlechten moralischen Caracters alle ge-
1 ) Das folgende auf einem besondern quartbogen ; am ran de später
zugeschrieben: „Auf den brief vom 20^ Dec: 1749."
2) Am rande später zugeschrieben : „Auf den Brief vom 19^" Febr.
1750."
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nauere Verbindungen mit ihm, und möchte auch meinen Freunden
den Verdacht von seiner Vertraulichkeit nicht gern zuziehen.
Ich bin sehr begierig einige Proben von den Verände-
rungen zu sehen, die sie in ihren Liedern vorgenommen ha-
ben, ich bitte dieserhalb ihr Versprechen nicht zu vergeßen.
Darf ich auch ihren Morpheus loben?
Bis1) hieher, mein liebster Freund, bin ich schon vor
Jahr und Tag gekommen. Ich will mich nicht mehr ent-
schuldigen. Aber einige Stellen ihres letzten Briefes verdienten
wohl einer Rüge.
58. Uz an Gleim.
Hochgeehrtester Herr und Freünd,
So haben Sie würklich einen Boten nach Braunschweig
abgeschickt, mich nach Halberstadt einzuladen? Gewiß, eine
starke Probe Ihrer feürigen Freündschaft, die ich auf die
Nachricht Ihres zuletzt datirten, aber zuerst eingelaufenen
Schreibens kaum würde geglaubet haben , wenn Dero nach
Braunschweig an mich gestellter Brief meinen Unglauben nicht
überwunden hätte! — — — Der Friede unter uns ist also
wieder hergestellt: nur muß ich annoch meine unterlassene
Reise nach Haiberstadt bey Ihnen rechtfertigen. Es wird bald
geschehen seyn. Ich war mit einer in Anspach gemietheten
Kutsche dahin gekommen, und hatte einen eigenen Fuhrmann
und Bedienten bey mir. Das Fuhrwerk wurde tagweise be-
zahlt: muste ich also nicht die Tage meiner ohnehin kostbarn
Reise abzukürzen suchen, da eine fremde Person die Kosten
zu tragen hatte? Ueber das war der Fuhrmann krank, und
sehnte sich nach Hause: er wollte auch durchaus auf dem
Wege wieder zurückkehren, auf welchem er hingereiset war,
und berief sich deshalb auf einen Grundsatz der Fuhrleüte,
vermöge dessen die Pferde solchergestalt besser und lieber
laufen. Sehen Sie die Umstände, welche mich würden ge-
hindert haben, zu Ihnen zu kommen, wann auch gleich Ihr
Abgesandter mich noch angetroffen hätte. Nichts würde mich
1) Das folgende ist später zugeschrieben.
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sonst abgebalten haben , einen so angenehmen und oftge-
wünschten Besuch abzulegen. Verwünschte Umstände !
Mein kurzer Aufenthalt in Braunschweig ist übrigens sehr
vergnügt gewesen. Ich wünsche mir selbsten Glück, daß ich
solche rechtschatfene und witzige Männer, als die Herren
Gärtner, Ebert und Erich sind, kennen zu lernen, Gelegenheit
gehabt habe. HE. Zachariä ist zu meinem großen Mißver-
gnügen abwesend gewesen. HE. Eberts Uebersetzung der
Nachtgedanken Jungs wird Ihnen gefallen haben, wie sie
mir gefallen. Doch wünschte ich , daß meine Zerstreüungen
mich nicht verhindert hätten, sie noch in Braunschweig zu
lesen: ich würde dem Uebersetzer einige Zweifel wegen der
in seinem Original sowohl, als in Thomson und andern neüem
Engländern herrschenden Schreibart gemacht haben ; er hätte
sie vielleicht heben können. Die Schreibart erstangeführter
treflich denkender Männer scheint mir allzuwenig Natur und
gar zu viel Kunst zu haben: die Kunst erscheinet überall mit
frecher Stirne; sie verbirgt sich gar nicht. Alles, auch die
gemeinsten Dinge, werden prächtig ausgebildet. Das Lehr-
gedicht raubt der Ode die ihr eigenthümlichen dithyrambi-
schen Figuren, und schmücket sich ohue Maaß damit: die Me-
tapher versteigt sich bis zur ungebundensten Frechheit. Es
zeiget sich nirgends eine Spur von der Alten edlen Einfalt,
mit welcher der gute Geschmack in Griechenland, Rom und
Frankreich stets vergesellschaftet gewesen. Engeland selbst
hat im verflossenen Jahrhundert änderst geschrieben. Ro-
chester, Dorset, Prior, Addison, Pope denken und schreiben
edel und kühn; aber zugleich natürlich. Dieses schöne Na-
türliche vermisse ich bey den heütigen brittischen Dichtern,
und leider ! auch bey vielen ihrer deutschen Nachahmer. Diese
Nachahmung wird unsere ganze Poesie wieder verderben : wir
sind von dem Lohenstein ischen Geschmack so weit nicht ent-
fernt, als viele denken. Was für Meteora erscheinen nicht in
den Büchern aller Messen! Haben Sie das neue Heldengedicht
von Jacob und Joseph gelesen ? Welche Schreibart ! Sie, mein
Wertheater, sollen Richter seyn, ob ich ohne Ursache klage:
Sie zeigen in Ihren Gedichten, da(i Sie die Natur kennen und
lieben.
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Ich ersehe mit Vergnügen aus Ihrem Briefe, daß Sie auf
eine verbesserte Auflage Ihrer reizenden Lieder bedacht sind.
Sie sehen dieselben von neuem durch; und ohnerachtet ihre
Schönheit mir nicht verborgen ist, so billige ich doch diese
Ihre Bemühung. Es scheint mir mit der Muse eines Dichters
eine gleiche Beschaffenheit zu haben, als mit unserm morali-
schen Charackter. Solange wir leben, finden wir an uns zu
bessern; und wir behalten dennoch Fehler genug. Die Nach-
welt wird an den schönsten Gedichten Flecken sehen, und ge-
nug zu verzeihen haben, wann gleich eine sorgfaltige Ver-
besserung nicht unterlassen worden. Wie die alten Griechen
und Römer Ihre Schriften bearbeitet, ist bekannt: aber sie
sind auch unsterblich geworden. Ich bin indessen , mein
Werthester, mit Ihnen einig, daß die Ausbesserung ihr Ziel
haben müsse. Critische Freünde können hierbey das beste
thun, und manchen guten Ausdruck oder Gedanken retten,
welchen eine übertriebene Strenge wegnehmen wollen. Sie
haben dergleichen bey und um sich: wie glücklich sind Sie!
Vollenden Sie doch auch Ihre angefangene Uebersetzung Ana-
creons, und lassen sie zugleich nebst Ihren eigenen Gedichten
drucken. Ich wiederhohle, was ich schon ehemals geschrieben
habe: niemand kann uns einen deütschen Anacreon liefern4
als Sie, und dahero haben Sie zu dieser Arbeit einen Beruf.
Kürze, ohne alle überflüssige Worte, und eine reizende Einfalt
sind, wie ich glaube, wesentliche Eigenschaften des Anacreon-
tischen Lieds, und Sie werden dieselben in Ihrer Uebersetzung
wohl bey zubeh alten wissen.
Sie schmeicheln mir, wann Sie bey meinen gedruckten
lyrischen Gedichten keine grosse Verbesserung nothig finden.
Ich bin des Gegentheils Überzeügt, und habe bereits etliche
Oden beynahe ganz umgearbeitet, an allen übrigen sehe ich
noch vieles zu ändern. Ich werde solches auch zu seiner Zeit
nicht unterlassen, und, HE. Eberts Aufmunterung gemäß, zu
den gedruckten und verbesserten Liedern die neüverfertigten
hinzufügen und drucken lassen. Sie, mein Werthester, sollen
die Veränderungen vorher beurtheilen, und ich weis, daß Sie
mirs nicht versagen. Aber dermalen beschäftiget mich eine
andere Arbeit: ich lege die letzte Hand an ein Gedicht nach
Gleim-Uz, Briefwechsel. 15
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Art des Popischen Locken raubes. Darf ich Ihnen ein Stfick
davon zur Beurtheilung überschicken? Mit diesem Briefe er-
halten Sie eine Ode, wovon ich Ihre Gedanken mir aus bitte.
Sie ist moralisch, wie meine meisten Lieder: Was kann ich
bessers singen? Ich habe keinen August und keine Helden
zu preisen ; und weis also nicht, wie Sie mit Ihrem Verspre-
chen, daß ich mich in der höhern Ode versuchen wolle, be-
stehen werden. Ich finde dieses sowohl aus der angezeigten
Ursache, als auch um deswillen schwer, weil die gemeinen Be-
griffe von der höhern Ode und die meinigen ziemlich unter-
schieden seyn möchten. Es scheint, dass man sich einbilde,
Pindar schwebe immer in den Wolken, sehe immer Gesichte
und habe lauter Entzückungen : alles sey prächtig, dithyram-
bisch, kühn. Ich aber finde in Pindars schönsten Oden diese
Dinge nur selten und mit Maaß angebracht: er schreibt all-
zeit edel, aber nicht allzeit tragisch, zuweilen auf ganzen Seiten
sehr simple ; allzeit feürig, aber nur zuweilen und bey großen
Gelegenheiten von starken A fleckten entzückt. Kann ich der
Erwartung vieler deutschen Liebhaber ein Genügen thun, wenn
ich nicht solche rasende und schwülstige Oden liefere, als zu-
weilen gedruckt werden? Ich kann und mag in diesem Ge-
schmacke nicht schreiben : ich gebe auch die beygeschlossene
Ode nicht für pindarisch, sondern nur für Uzisch aus.
Für die Mittheilung einiger von meiner Muse gefällten
Urtheile bin ich Ihnen höchstens verbuuden. Das Jenaische
war mir bekannt. Daß in den Berlinischen critischen Nach-
richten günstig geurtheilet worden, habe ich von HE. Hof Rath
Christ vernommen. Wer hat diese Zeitungen, welche aufge-
hört haben sollen, verfertiget? HE. Simonetti widriges Ur-
theil ist so verwirrt und seltsam, daß es ihm vielleicht eben
soviel Schande macht, als mir. Er scheint mir zur Last zu
legen, daß Berlin auf das Titelblatt gesetzt worden, da doch
keine Weitbrechtische Buchhandlung daselbst wäre. Welche
Kleinigkeit! Ich habe selbst erst jüngsthiu erfahren, daß
Weitbrecht in Stralsund sich aufhalte. Es wäre mir lieber,
wann er zu Berlin wäre: soll ich allzeit bis Stralsund schicken,
was ich etwa in Zukunft drucken lassen wollte? HE. Ebert
hat mir Leipzig vorgeschlagen?
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Für Herrn v. Kleist mitttberschickten Frühling danke
ich nicht minder ergebenst. Diese netie Auflage ist mir wegen
der beygefügten kleinen Gedichte, wovon ich schon einige ehe-
mals mit großem Vergnügen gelesen, besonders schätzbar.
Dieser Anhang und die Schönheit des Drucks sind auch Ur-
sache, daß ich das Geschenke nicht wieder zurückschicke,
da ich überhaupt vom Frühling keinen andern Abdruck, als
den ersten, welcher mir ohne beygefügten Brief zugesendet
worden, besitze. Ich billige sehr, daß an statt der lateinischen
Schrift die deütsche wieder gebraucht worden : die erstere hat
vielen widerlich geschienen; und sollte man nicht um der
vielen Schwachen, vornehmlich unter Standspersonen, willen,
die nicht fertig lateinisch lesen können, die eingeführte Schrift
bey behalten ? Uebrigens ist mir sehr angenehm, dass Sie mich
von der fortdauernden Gewogenheit dieses edlen Cavalliers ver-
sichern: suchen Sie mir dieselbe zu erhalten, und belieben
ihm meine unverrück[t]e Ergebenheit und Hochachtung zu
bezeügen. An HE. Ramlern werden Sie gleichfalls ein Com-
pliment von mir bestellen. Dichtet er gar nicht mehr, oder
bekomme ich nur nichts zu sehen ? — — —
Onolzbach den 26. Juny 1751. !).
Ist Ihnen nicht bekandt, wer Verfasser der Schrift: Von
der Bestimmung des Menschen, sey? Ich habe HE. Formey
französische Uebersetzung mit Vergnügen gelesen.
Wer ist der Prinz von Lobkowitz, der den Anacreon liest,
und an welchen Arnaud die hochmüthige Epitre geschrieben,
worinn er den Deutschen blos die Arbeitsamkeit und allein
seiner Nation den Geschmack zueignet? Scilicet: Kann Ar-
nauld wohl ein deütsches Buch lesen, und folglich von dem
deutschen Witz urtheilen?
59. Gleim an Uz.
Liebster Freund,
Womit werden sie doch ihr unbarmherziges Stillschweigen
entschuldigen? — Die braunschweigischen Briefe haben
mir halb und halb verrathen, daß ihre Anheroreise nicht uiög-
1) Von Gleims hand: „beantwortet den 29 Aug. 1751.*
15*
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lieh gewesen seyn wurde, wenn sie auch mich gern hätten be-
suchen, und den Argwohn, der meine Freundschaft so sehr
beleidigt hat, hätten überwinden wolleu ? Ich vergebe es ihnen
also desto ehe, daß sie mich nicht besucht haben, ob es gleich
ein würckliches wahres Hertzleid für mich ist, daß die Gelegen-
heit, einen so lieben alten Freund zu sehen, so umsonst ge-
wesen. Denn wann wird sie ein mahl wieder kommen? Zwar
ich habe sie so lieb, daß ich den weiten Weg für nichts acht*?,
und nur bequeme Zeit erwarte, sie einmahl zu besuchen
Und wohnten sie in Rußlands Wüsteneyen
Und wäre dort ihr Vaterland
Wo Euler keine Menschen fand
Wo Vieh in menschlicher Gestallt
Kraft rubischer despotischer Gewalt
Zum Kutschpferd ihm zu Dienste stand
Und hätten sie, daselbst allein Verstand
So wolt ich, sie zu sehn, doch nicht die Reise scheuen.
Ebert hat mir mercken laßen als wenn sie eben
nicht Ursach hätten mit ihrer Stelle zufrieden zu seyn. Schrei-
ben sie mir doch einmahl freundschaftlich davon, und welch
Glück sie durch avancement etwa zu hoffen haben? Wolte
Gott ich könte meinen liebsten Uz einmahl bey mir, oder in
der Nähe befördert sehen.
Sie haben Eberten eine fürtrefliche Ode geschickt. Er
hat mir die Abschrift versprochen, aber er hält seine Ver-
sprechen sehr langsam. Schicken sie mir alles, was sie ge-
macht haben. Sie können ihre Sünden nicht beßer tilgen.
Wie haben ihnen die Braunschweiger gefallen, wie Ebert?
Wie Gärtner wie Giesecke? Denn Zachariä ist wohl nicht
mehr zu Hause gewesen. Ebert ist oft ein allzu strenger
Criticus, oft nicht. Wenn er von ihren lyrischen Gedichten —
doch ich kan nichts mehr schreiben. Ich muß gleich nach
Magdeburg reisen, ein Mädchen daselbst zu sehen.
Mein Kleist wird ihnen schon geschrieben haben, daß er
endlich eine Compagnie bekommen hat. — — — •
Wann werden sie mir nun auf meine 3 Briefe antworten,
den einen aus Braunschweig an Gärtner adreßiert, mit einem
Courier ihnen nachgeschickt und den 2i^! mit einigen Bey-
lagen werden sie doch erhalten haben. Wo sie mir nicht
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antworten so bin ich nicht mehr — Nein ich bin dennoch ewig
Eiligst Ihr getreuster Freund
Halberstadt den 27*11: Juny 1751 Gleim.
60. Gleim an Uz.
Mein liebster Freund,
Ich habe ihr Schreiben vom 26*11' Juny sehr spät bekom-
men, und sie können gar wohl vier Wochen von der Zwischen-
zeit meiner Antwort abrechnen , die sie mir nicht zur Last
legen können. — Ich verreise auf acht Tage, und habe
noch einen ganzen Trup von Geschäften vor mir.
Youngs Nachtgedanken haben mir sonst beßer gefallen,
als jetzo. Ich entdecke, außer der allzugekünstelten Schreib-
art, die mir niemahls gefallen hat, allzuviel würcklich falsche
Gedancken, die gar keine Warheit zum Grunde haben. Ex-
empel kan ich nicht anführen, weil ich ihn nicht bey der
Hand habe. Sie werden sie auch selbst schon gefunden ha-
ben, denn, mich dünckt, sie sind nicht selten. Indeß zweifle
ich, daß Herr Ebert ihre Einwürfe, wieder seinen Young mit
Gelaßenheit werde gehört haben. Er läßt wieder das, was er
liebt, sich nicht gern was sagen. Denn er meint er liebt
Schriftsteller, Mädchen und Wein, alles aus Grund und Ur-
theil, und er hat nie ein Mädchen geliebt, daß nicht jeder-
mann für recht schön gehalten hat, und wer den Wein trinckt,
den er gekostet hat, trinckt allezeit den besten. Indeß habe
ich doch ein schlecht Glaß Wein bey ihm getruncken. Die
Uebersetzung dünckt mich unverbeßerlich, und Young ist fast
durch Ebert ein deutsch Original. Aber freylich sähe ich
lieber, wenn er Popen, Prior, und überhaupt die Dichter über-
setzte, die es für genug gehalten haben, nur so klug zu seyn,
als die alten Griechen und Römer. Ich bin in dem Urtheil
von der Modeschreibart völlig ihrer Meinung, und kan die
Ausschweifungen vieler jungen und alten Scribenten kaum er-
tragen. Indeß gestehe ich ihnen, daß ich den Verfaßer des
Meßias aus nehme. Deßen Schreibart kan ich nicht allein ver-
tragen, sondern ich finde sie meistentheils seinen Materien so
angemeßen, daß ich glaube, die Erhabenheit derselben recht-
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fertige ihn, nur ihn allein, wegen der Art, mit welcher er
etwa von der Simpeln Bahn der Alten abweicht. Ich habe sehr
viel darüber mit ihm gesprochen, aber wenn Er sein Gedicht
mir gelesen, und sich wieder mich vertbeidigt hat, so habe
ich allezeit unrecht gehabt. Vielleicht kan die personelle
Freundschaft für einen Verfaßer unserm Urtheil die Richtig-
keit nehmen; aber mich dünckt doch, daß ich den Freund
vom Scribenten zu unterscheiden weiß, und ich bin, meinem
eignen Geschmack nach, wohl am allerwenigsten, ein Freund
übertriebener Schönheiten. Ich habe allezeit die Mädchen in
anständigem Putz höher geschätzt, als die prächtigen Schönen,
nur der einzige Meßias, wenn sie ihn unter diese Gedichte
rechnen, gefällt mir mit aller seiner Pracht ; indeß mißbillige
ich, wie Herr Klopstock selbst, der der bescheidenste unter
den Menschen ist, die übertriebenen Lobeserhebungen, die ihn
in den Rang höherer Geister erheben, und ihm die Mensch-
heit rauben, die ihn doch so sehr ziert, und die er seinen
Panegiristen nicht gern Preiß geben würde. Wären sie zu
mir gekommen, so hätte ich gesucht sie, als einen guten Chri-
sten , zum Meßias zu bekehren ! Vielleicht aber hätten sie
mich zu einem Heiden gemacht, und mir die epischen Vor-
züge des Helden Aeneas so sichtbar gezeigt, daß ich hätte
nachgeben raüßen ! Wir wollen nun so lange Gedult haben,
bis der Meßias ganz fertig ist. HE. Klopstock ist jetzo
beym Könige von Dännemarck, und genießt des vertrauten
Umgangs einiger dänischen Minister absonderlich Bernsdorfs,
von dem er schreibt, daß selbst ein Lamoignon annoch die
Ausbildung der feinsten Franzosen nöthig habe, nur, um das
zu seheinen, was Bernsdorf würcklich sey. Er ist einige mahl
von dem Könige beschenckt, und außer dem, daß er am Hofe
in allem frey gehalten wird, bekomt er seine Pension allezeit
richtig, hoft auch, daß man sie vermehren werde. So sehr
mir auch Klopstocks Muse gefällt, so mißfallen doch alle
seine Nachahmer mir desto mehr, absonderlich sind in voriger
Meße ein paar bekant geworden, die, meistens in Oden, vor-
setzlich alle schöne Natur aus den Augen gesetzt zu haben
scheinen. Eiu Schwabe, der sich ihn zum Muster vorgesetzt
zu haben, (ihn, und Hagedorn), selbst gesteht, ist so schlecht,
daß nichts schlechter seyn kan.
231
Sie, mein liebster Freund, sind zugleich ein so guter
Dichter und Criticus, daß sie dem einreißenden Uebel am
besten wehren könten, wenn sie mehr Gedichte machten, und
in dogmatischen Schriften, etwa wie ein andrer St. Mard, den
Deutschen ihre Fehler sagten. Mit was für einer schönen
Ode haben sie mich wieder beschenckt! Ich erwarte
das Gedicht nach Art des Popischen Lockenraubs mit größter
Ungedult. — — — Ich sende ihnen hiebey einige Blätter
von den Critischen Nachrichten, weil ich gemercket, daß sie
sie noch nicht gelesen haben. — — —
HE. v. Kleist wird ihnen nun wohl geschrieben haben.
HE. Schmid, von dem ich das kleine Lied beylege ist seit
8 Tagen bey mir, und geht nach Berlin, sich da ein halb
Jahr aufzuhalten. Er läßt sich ihnen aufs beste empfehlen.
Es freut mich von Herzen, daß sie auf eine neue ver-
mehrte Auflage der lyrischen Gedichte dencken, nur solten sie
einen beßern (klügern) Aristarch wählen. Indeß soll es mein
größtes Vergnügen seyn, ihnen offenherzig zu sagen, was ich
einer Aenderung fähig halte. — — —
Der Prinz von Lobkowitz hält sich seit einiger Zeit in
Berlin auf, ist ein junger reicher Fürst, der an den schönen
Wißen8chaften Geschmack findet, die Poeten, in ihrer Grund-
sprache versteht, und den Mädchen alle Galanterien Anacreons,
und Catulls wiederholet. Herr Bach, ein Hofmusicus, der einer
seiner Vertrautesten ist, hat mir dis von ihm gesagt, da er
vor einigen Wochen bey mir sich aufhielt, und von hier zu
dem Grafen von - - (dem der König auf seiner Reise nach
Ostfrießland deu Orden gab) reiste, wohin der Prinz v. Lob-
kowitz auch kommen wollte. Nach den Zeitungen ist er jetzo
in Paris. HErr Bach ist über Braunschweig wieder nach
Berlin gegangen, ich weis also nichts weiter seitdem. Ich
gab ihre lyrische Gedichte für den Prinzen und Grafen ihm
mit; und ich erwarte, daß er mir melden wird, wie sehr sie
beyden gefallen haben. Von Arnauld könte ich ihnen man-
cherley sagen. Haben sie des de la \Iettr[i]e art de jouir ge-
lesen ? Es ist fast ganz aus Stücken der Poeten zusammen-
gesetzt. Unter andern steht Hallers Ode an Doris von Wort
zu Wort gleich im Anfange darin, ohne die geringste Anzeige,
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und man glaubt, er habe Hallers moralischem Caractere da-
durch etwas anhängen wollen. — — —
Halberstadt den 29 Aug. 1751.
Und sie wißen es noch nicht, daß mein lieber Spalding
Verfaßer von der Bestimmung des Menschen ist Solte ich
ihnen das noch nicht gesagt haben ? Die franzosische Ueber-
setzung gefält dem Verfaßer, und vielen Kennern nicht aller-
dings. HE. Spalding ist Bräutigam, und schreibt mir, seit-
dem er es ist, sehr verliebte Briefe. Diesen fürtreflichen Mann
mästen sie kennen ! Aber er lebt noch von mir an die 50 Meile.
Dennoch wollen wir übers Jahr uns sprechen.
61. Uz an Gleim.
Werth ester Freünd,
Ich sende Ihnen hiermit die zwey ersten Bücher meines
Sieges des Liebesgottes. Die noch übrigen zwey Bücher sollen
Sie erhalten, sobald Sie mir Nachricht werden gegeben haben,
wie Ihnen die hierbey gefügten gefallen. Es bewegen
mich verschiedene Ursachen, zu wünschen, daß mein Gedicht
bald gedruckt werden mochte. Es ist seit einiger Zeit fertig,
bis auf dasjenige, was Sie daran geändert werden wissen wol-
len, und einige Stellen in den zweyen letztern Büchern. Es
ist außer dem völlig auf unsere Zeiten eingerichtet: viele
kleine Umstände kommen darinn vor, welche sich geschwind
verändern : Meine Helden und Heldinnen könnten altfränkisch
scheinen, wenn sie nicht bey Zeiten ans Licht kommen. Es
kommt also nur darauf an, ob mein Gedicht überall des
Druckes werth ist: ich erwarte Ihren Ausspruch. Weil ich
es, wie schon aus den ersten Büchern erhellen wird, eine
meiner Hauptabsichten bey dieser Schrift seyn lassen, auch
dasjenige, was in den Werken des deütschen Witzes mir fehler-
haft deücht, zu bemerken : so kann ich voraussehen, daß sel-
bige, nach der dermaligen Art zu critisiren, nicht allemal gar
zu höfllich wird beurtheilet werden. Ich mag also Ihnen, mei-
nem liebsten Freünde, nicht anmuthen, Sich mit dem Druck
dieser Schrift zu bemengen : Sie sollen keinen Theil an der
critischen Lauge haben, womit ich allenfalls gewaschen werden
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233
möchte. Nur bitte ich Sie um Ihren Rath hierbey. Soll ich
sie an einen Leipziger Buchhändler schicken? und an welchen?
Oder wann Sie vermeynen, daß ich bey Weitbrecht bleiben
soll, welcher vielleicht, solche zu drucken, keinen Anstand neh-
men wird; wohin addressire ich meinen Brief?
Vermuthen Sie nicht, dass die mir überschickten criti-
schen Nachrichten ausbleiben werden. Ich will sie noch besser
nutzen, und Sie sollen dieselben ein andermal erhalten. Die
Beurtheilung meiner lyrischen Gedichte ist sehr günstig ab-
gefasset: auch ist die beygefügte Abhandlung vom Sylben-
maaße mit großer Einsicht geschrieben. Wann aber die Be-
obachtung der Quantität für unnöthig in deütschen Versen
geachtet wird ; so bin ich nicht völlig überzeüget worden. Es
ist wahr, die wenigsten Ohren empfinden die nach lateinischen
Regeln eingerichtete Sylbenlänge. Allein die Regeln gründen
sich auf die Natur des Wohlklanges, und sind gar nicht will-
kührlich. Es sind, würde vielleicht ein Römer sagen, die
deütschen Ohren in der Schuld, daß sie den Unterscheid der
lateinischen Sylbenlänge auch im Deütschen nicht bemerken.
Das Schreiben, worin n der Ausgang der Clarissa als gar zu
tragisch getadelt wird, hat meinen Bey fall. Ist nicht HE.
Ramler ein Mitarbeiter dieser critischen Nachrichten gewesen?
Oder vielleicht Sie selbst ? Daß der Verfasser der Schrift von
der Bestimmung des Menschen Ihr Freünd ist, erfreüet mich.
Sie bringt Ihnen Ehre. Nachdem ich das deütsche Original
zu Händen bekommen, so sehe ich dessen grosse Vorzüge vor
der französischen Uebersetzuug nur allzuwohl ein: die letztere
ist zu kurz und zu laug. Der Verfasser ist ein pommer.[scher]
Prediger, vermöge der crit. fischen] Nachrichten : Sie schrieben
mir ehemals, HE. Spalding sey Dänischer Legations-Secretär ;
ist er von dem Schriftsteller unterschieden ? Sie haben an
HE. Schmidt einen witzigen Freünd: ich beschwehre Sie mit
einem Compliment an denselben. — — —
Anspach den 29. Oct. 1751.
Was urtheilen Sie von den vielen Heldengedichten, die
wir diese Messe wieder bekommen haben ? Fürwahr die Deüt-
schen sind witzige Köpfe. Wir haben bereits mehr Helden-
gedichte, als alle benachbarte Völker: Gott gebe, daß sie
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gelesen werden! Ich lese keines, wann Sie mir nicht eines
an rühmen.
62. Gleim an Uz.
Was für Sünden, mein liebster, mein bester theurester
Freund, was för unvergebliche Sünden habe ich Ihnen nicht
abzubitten ? Aber unmöglich, ganz unmöglich kan ich es itzt,
itzt da ich Ihnen sagen will, daß ich liebe, dali ich das beste
Mädchen, das im Himmel und auf Erden ist, liebe, daß ich
geliebt werde, daß ich Bräutigam bin. 0 welch eine Glück-
seligkeit ist es, mein liebster Freund, lieben.
Freund, wilst du glücklich seyn, so liebe
Lieb ein solch Kind, wie ich
Das dich mit zartem gleichem Triebe
So liebt, wie Fanny mich.
Soll ich Ihnen diese Fanny nennen, mein liebster Freund?
Sie ist die jüngste Tochter des Herrn BergRath Mayers zu
Blankenburg, achtzehn Jahre alt, ein[e] Brünette, wie Sie,
nach Marot, sich eine gewünscht haben, beßer als die Doris,
die meine hundert Lieder besingen, ein fürtreflich Mädchen,
recht nach meinem Sinn, beßer, als das Mädchen, das meine
EinbildungsKraft mir erschaffen hat, wenn sie geschäftig war,
mir eines vorzustellen, das ich lieben könte. Könte ich doch
meinem Uz, meinem liebsten, meinem, ohngeachtet meines langen
unverantwortlichen Stillschweigens, so beständig von mir ge-
liebten und hochgeschätzten Freunde, könte ich doch dem alle
Freuden der Liebe beschreiben, könte ich Ihm doch, von der
ersten Stunde unserer Liebe an, bis itzo, alle die genoßenen
Freuden erzählen! Wie viel Antheil würde raein liebster, mein
ältester, theurester Freund an meinem Glück nehmen, das so
groß ist. Aber das Glück ist unaussprechlich, und die Freuden
sind unzählbar
Wo Lieb und Huld, aus jedem Tone spricht
Wo LiebesGötter in den Bücken
Uns entzücken,
Empfindet man, und zählet nicht.
Seit dein fünfzehnten Märtz, mein liebster Freund, bin ich
235
Bräutigam, und den ersten oder zwoten May, werde ich Mann
seyn. Was sagen Sie biezu, mein liebster Freund? Haben
Sie von Ihrem Gleim wohl geglaubt, daß er das einmahl
seyn würde ? Die meisten meiner Freunde haben es nicht ge-
glaubt, Kleist nicht, Ramler nicht, Spalding nicht. Aber Sie,
ja Sie, mein liebster Freund, haben es geglaubt, denn es ist
Ihnen nicht bekant, wie spröde ich bisher allen1) Mädchen
gewesen bin, und was für welche ich nicht gewolt habe. 0 wie
dancke ich dem Himmel, daß er diesem Kaltsinn einen beßern
Lohn aufgehoben hat, als der war, den meine Freunde, den
manche Mädchen mir prophezeyheteu — — Was für
Freuden, mein liebster Freund, würden es seyn, wenn Sie auf
meiner Hochzeit (o wie angenehm sind mir jetzt diese Wörter,
Hochzeit, EheMann) wenn Sie auf meinem Liebesfest (dencken
Sie dabey nur immer an Hagedorns Liebesfest) wenn Sie dabey
gegenwärtig waren.
O welcher Freuden Ueberfluß!
Der Freundschaft und der Liebe Freuden!
Des Mädchens und des Freundes Kuß!
Ihr Götter würdet mich beneiden.
— — — Vielleicht, und noch mehr als vielleicht, habe ich
das Vergnügen, das unaussprechliche Vergnügen auch meinen
lieben Kleist auf meiner Hochzeit zu sehen. Er hält sich aoitzt
in Schafhausen auf, Menschen zu werben, und ist schon vorhin
Willens gewesen gegen Anfangs des Maymonaths zurück zu
kommen. Und solte er wohl nicht alles anwenden, es möglich
zu machen, daß er den ersten May bey mir wäre, da ich ihm
gesagt habe, was ulsdenn aus seinem Gleim werden soll ? Ich
habe ihn auch erinnert, seinen Rückweg über Anspach zu
nehmen. Da wird er nun meinen liebsten Uz wohl nicht an-
treffen. Wäre es also nicht unvergleichlich, wenn er in Halber-
stadt oder Blanckenburg ihn anträfe? Das Vertrauen habe
ich zu ihrer Freundschaft, mein wehrtester Freund, daß, wenn
es nur irgend möglich ist, Sie mir, meinem Kleist und meinem
Mädchen, das Vergnügen machen werden, Sie bey uns zu sehn,
ein Vergnügen, das nebst dem höchsten Vergnügen der Liebe,
meinem ganzen Leben unvergeßlich seyn würde.
1) Aus: gegen alle.
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Kan ich nun wohl noch andere Sachen mit Ihnen sprechen,
mein liebster Freund ? Schwerlich werde ich es können. Als
Sie mir das erste Buch von dem Siege des LiebesGottes schick-
ten, da hatte mich sein Pfeil noch nicht besiegt,
da war ich noch den Musen treu, da gefielen mir
noch ihre Wercke, aber was kan mir wohl itzt auf die Weise
gefallen, als mein Mädchen? Das, ja das allein ist itzt mein
Anakreon, mein Uz, mein Kleist, und wenn es mir Uzens Lieder
singt, (und es singt sie alle, und hat sie gesungen, ehe es mein
Mädchen gewesen ist,) so dencke ich, sie gefallen nur, weil
mein Mädchen sie singt, und Sie wißen doch, wie die Lieder
ihrer Muse mir gefallen haben, als ich sie nur lesen konte.
Wie fürtreflich war die Ode, der Sie meinen Nahmen vorge-
setzt hatten, und wie danckte ich Ihnen dafür! Wie fürtreflich
war die, welche Herr Ebert mir lesen ließ! — — — Die
mehlige [Muse] hat nichts gesungen, als ein Lied auf den Tod
des General v. Stille. Gefallen kan es ihnen so wenig, als
Herrn Ramlern, der nur einen Vers über die Helfte mit seiner
Censur verschont, und wegen dieses einen Verses gesagt hat:
u bi plura nitent p. Wenn sie auch mir so viel Nachsicht
haben, so kan ich zufrieden seyn. Den Verfaßer des Schach-
spiels will ich ihnen nennen, wenn Sie nöthig haben, mich
darum zu befragen. Es ist nur der erste Gesang fertig, und
davon sind nur wenig Exemplare gedruckt, und weil es aus
gewißen Ursachen noch nicht bekant werden soll, so muß ich
Sie, und durch Sie, ihren Freund, Herrn Haußwald, dem ich
mich zugleich zu empfehlen bitte, ersuchen, es vorerst Nie-
manden zu conimuniciren. Zu meinem itzigen Vergnügen,
mein liebster Freund, gehört auch noch das, daß ich als Cu-
rator der Gräfin von Schlieben, vieles habe beytragen können,
daß mein bester Gönner und Freund, der Herr Geh. Rath v. Berg,
sie bald zur Gemahlin haben wird. Ich erwarte ihn morgen
von Berlin in meinem Hause, und in künftiger Woche wird
das Beylager seyn. Wie gefällt ihnen das, zwey Bräutigams
in einem Hause? —
Eiligst Halberstadt d. 5l« April 1753.
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63. Uz an Gleim.')
— Himmel! wie verliebt sind Sie! Sie schreiben
so enthusiastisch von Ihren Flammen, daß es mich recht er-
getzet. Ich weis nicht, welcher Stern regieret, durch deßen
Einfluß alle meine Freünde auf einmal so verliebt werden.
Herr Ebert, das ernsthafte und zugleich comische Gesicht ! hat
mir vor einem Jahre von seinem Mädgen Wunderdinge ge-
schrieben. Er hat entsetzlich auf mich geschimpfet, weil ich
in meiner an ihn geschickten Ode die Liebe nicht für den
höchsten Endzweck unsers Daseyns gehalten. Ich habe würk-
lich die anstössige Strophe abgeändert, um ihn und seine
Schöne zu begütigen, unter deren Küssen er vermuthlich seine
Critik abgefasset hat. Aber Herr Ebert ist noch gülden
gegen Sie. Sie, mein werthester, schreiben von Ihrem Mäd-
gen mit einer Entzückung, die mich selbst entzückt. Ich
möchte den Engel gleich sehen! Ich möchte ihn küssen!
Doch das letztere möchte Ihnen wohl ungelegen seyn. Lebeu
Sie glücklich mit ihrer Braut, die bey Ankunft meines Briefes
vielleicht schon Ihre Frau ist! Ich werde Ihren Hochzeittag
mit einem Freünde hier feyern , da meine hiesige Geschäfte
nicht zulaßen, selbigen an Ihrer Seite zu begehen. Vielleicht
besingt meine Muse diesen Tag, den glücklichsten Ihrer Tage,
wenn sie dazu aufgeräumt genug ist, woran ich fast zweifle.
Hierzu kommt ein kleiner Neid, welchen Ihr Zustand natür-
licher Weise bey mir erregen muß. Himmlische Cythere! mit
welchem Verschonen trägst du die Landstreicher in deinem
Reiche! Wie wenig verdient Gleim, dieser berühmte Libertiner,
daß er noch mit einem güldnen Pfeile von dir verwundet wird;
daß er Hebt und glücklich liebt! Wie wenig verdient er es,
gegen mich, der ich in der Unschuld dahin wandele, und mein
Herz nicht an den Mann briugen kanu, welches gewiß nicht
anakreontisch lieben würde! Doch Sie sind mein Freünd: Sie
verdienen Ihr Glück aus sovielen andern Absichten, daß ich
über die Göttinn der Liebe nicht im Ernste böse werden kann.
1) Von Gleima hand: „pr. d. 6 May 1753.*
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2S8
Da ich so in der Hitze hinschreibe, daß Sie mein Freünd
seyn ; so fallt mir ein, datf ich noch nicht mit Ihnen gezankt
habe wegen Ihres abermaligen zweijährigen Stillschweigens.
Es sollte mir sehr leid thun, wenn ich das Vergnügen,
den Herrn von Kleist in Anspach zu sprechen, durch meine
Abwesenheit entbehren müßte. Sollte er bey Ihrem Liebesfeste
zugegen seyn , so empfehlen Sie mich deßen mir unendlich
schätzbaren Gewogenheit. Ihr Lied auf den seligen Stille
scheint mir und allen denen, die es gelesen, vortrefflich. Es
erfreüet mich, wenn ich etwas von diesem Geschmacke, wo die
Schönheit der Natur mit dem Witze vereiniget ist, zu einer
Zeit gedruckt sehe da so viel unnatürliches Zeüg geschrieben
wird. Ihr Schachspiel ist ebenfalls voll Geist und Anmuth:
aber ich hätte ge wünschet, daß der gemächliche I1E. Verfasser
sich die wenige Mühe nicht hätte verdrießen laßen, es in einem
förmlichen Sylbenmaaß abzufaßen. Itzo ist es halb Prosa,
und halb Vers.
Römhild den 22. April 1753.
Meine Muse macht wenig neües: sie verbeßert nur ihre
alten Kleinigkeiten, zu einer dereinstigen neuen Auflage, die
Weitbrecht zu frühe versprochen hat. Beygehendes kleine Lied
wird Sie belehren, daß ich zugleich vom Hypochonder und
den Gespenstern angefochten gewesen. Ich habe mich ent-
schließen mülien, denen letztern eine förmliche Ehren[er]klä-
rung zu thun : daraus ist dieses Lied entstanden.
64. Gleim an Uz.
Mein wehrtester Freund,
Ich habe Ihnen so viel zu sagen, daß ich nicht weis wo
ich anfangen soll, und ich thäte fast beüer, wenn ich ihnen
gar nichts sagte. Aber damit würden Sie nicht zufrieden seyn;
Sie haben allzu viel Antheil an meiner Liebe genommen, als
daß ich Ihnen ganz und gar verschweigen könte, was für einen
Ausgang der Roman, der so schön anfieng, kurz darauf, als
ich Ihnen, wie sie sagen, so enthusiastisch geschrieben haben
soll, genommen hat. Die ganze Geschichte zu erzählen, das
würde mir sehr viel Mühe und Ueberwindung kosten. Denn
239
ob ich gleich an die tragischen Scenen, auf welchen ich die
Hauptperson gewesen, izt mit eißkaltem Blute zurück dencken
kan, so habe ich doch wenig Lust, mich so lange dabey auf-
zuhalten, als eine ausführliche Erzählung es erfodern würde.
Vielleicht bekomme ich diese Lust auf einandermahl — Vielleicht
lesen sie alsdenn einen Brief, an deßen Ende Sie sagen werden :
In der That das ist ein ganz guter Roman, aber der Poet hat
die Warscheinlichkeit übertrieben — Und dann werde ich ihnen
antworten : Wenn die Geschichte gleich nicht möglich ist, so
ist sie doch wahr.
Wundern Sie sich nur nicht, über den langen Eingang,
mein Freund: Dinge von solcher Art, laßen sich nicht so ge-
rade heraus sagen. Aber nun will ich auch keine Vorrede
mehr machen. Kurz, mein liebster Freund, ich bin kein Mann,
ich bin auch kein Bräutigam mehr, und ich habe alle Ursach
von der Welt, mich glücklich zu schätzen, daß ich es nicht
mehr bin. Hiezu nun gehört eine Geschichte, die den unwar-
scheinlichsten Roman abgeben könte. Den Anfang nimt sie
mit der zärtlichsten Liebe zweyer Personen, an welcher der
Vater der Schönen, das größte Wohlgefallen bezeigt, selbst die
Liebesbriefe trägt, die Verliebten öffentlich mit einander ver-
lobt, den Hochzeittermin bestirnt — plötzlich aber wird der
Vater auf die Liebe seiner Tochter eyfersüchtig, er wirft ihr
zum öftern vor, seitdem sie ihren Bräutigam liebte, liebe sie
ihn nicht mehr, sie habe ihr Herz ganz von ihm abgewand —
Gott werde sie dafür strafen — Diese Vorwürfe gehen so weit,
daß die Tochter in einer Art von Raserey sich erklärt, das
Gegentheil zu beweisen, wolle sie lieber dem größten Unglück
und der grösten Schande sich aussetzen, als ihren Bräutigam
heyrathen — Sie sagt dieses mit der grösten Heftigkeit, und
unter ganz besondern Umständen dem Bräutigam selbst. Dieser
aber weili von alle dem, so zwischen dem Vater und der Tochter
vorgegangen, nicht das geringste. Er fragt seine Braut voll
der grösten Bestürzung, nach der Ursach dieser plötzlichen
Veränderung ihres Herzens. Denn zween Tage zuvor hatte er
noch den zärtlichsten Brief von ihr empfangen. Aber er er-
fährt nichts. Die Braut sagt kurz: Es sey keine Ursach. Er
entdecket dem Vater, was zwischen ihm und seiner Braut vor-
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gefallen, und meint einen Mann es zu entdecken, der mit
gröster Behutsamkeit einen Bräutigam begegnen wird, der über
seine Braut dergleichen Beschwerden anbringen muste. Allein
er traf einen Mann, der in der grösten Hitze dem Bräutigam
den Vorwurf machte: Er hätte seine Tochter von der Liebe
zu ihm abwendig gemacht, und zu der seinigen sie verführet,
Gott habe ihr ihre Bünde zu erkennen gegeben, nun kehre sie
wieder zu ihm zurück — Alle Vorstellungen dagegen halfen
nichts — Bald danckte er Gott daß er das Herz seiner Tochter
wieder hatte, bald verfluchte er ihren Ungehorsam, wolte sie
mit Füßen treten, wolte sie enterben, nicht vor Augen mehr
sehn — Er schickt1) Sie, wieder die genommene Abrede, daß
eine ihrer Freundinnen mit ihr sprechen solte, nach Voigtsdale,
wo ihre älteste Schwester, die Frau eines Amtmanns ist —
Diese, Schwester und Schwager, sind schon vorher keine
Freunde von dem Bräutigam, und hätten gern gesehen, wenn
sie jemanden, der sie näher angieng, geheyrathet hätte. Sie
befand sich also in schlimmen Händen. Der Bräutigam wandte
alles an, sie auf andere Gedancken zu bringen. Er bat den
Vater sie zurück zu nehmen. Er schrieb ihr die zärtlichsten
Briefe — Zuletzt war er überzeugt, daß seine Sophia nicht
eben ein so göttliches Mädchen sey — Er fieng an zu wancken
— Er untersuchte alles aufs genaueste, und that keinen Schritt,
ohne den Kath der rechtschaffensten Leute, vornemlich des
Herrn Geh. Rath von Bergs und des Herrn Dohmprediger Sucro.
Beyde waren so freundschaftlich, und reisten zu dem Vater,
in der Absicht, etwas von der Ursach der Aufführung so wohl
der Tochter als des Vaters zu erfahren. Aber man erfuhr
nichts. Der Vater sagte, er wüste keine Ursach, als daß die
Tochter nicht wolte; der Bräutigam müste Gedult haben. Sie
werde schon anders Sinnes werden. Muste der Vater sich nicht
schämen, zu bekennen, daß er das Glück zwoer Personen selbst
ruinirt hätte? Es blieb also alles dunckel. Der Bräutigam
schrieb an die Braut nach Voigtsdale, und bekam keine Ant-
wort. Sie daselbst zu besuchen, war wieder alle Klugheit
Denn man erfuhr Dinge, die man nicht für wahr hielt, die es
1) Zuerst: .brachte", dann „bringt*
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aber seyn könten , und das war scbon hinlänglich , ihn auf
alle Anritte, die er that, aufraercksam zu machen. Er erfuhr,
seine Braut habe ihre ehemalige Pflegemutter die Frau Priorin
in einem Closter bey Helmstedt besucht, die des Bräutigams
Freundin war. Er legte bey derselben gleichfalls einen Besuch
ab, und war nunmehr völlig überzeugt, daß die göttliche Sophia
seiner Liebe ganz unwürdig sey. Er ließ dem Vater derselben
erofnen, daß er bereit sey, Seinerseits das VerlÖbniß, wieder
aufzuheben. Der Vater komt den Tag nach Pfingsten zu
dem Bräutigam nach Halberstadt. Dieser begegnete ihm aufs
höflichste, und er hätte ihm nicht anders begegnen können.
Denn an statt daß er vor einiger Zeit ein Mann war, der keine
raison annehmen wolte, sah man izt einen dhemütigen Sünder
vor sich, der über das Unrecht, das er ihm gethan, die bitter-
sten Thränen weinte, der gestand, daß er an tausend Verdruß,
der ihm gemacht worden, und, welches seiner Seele noch weher
thun müste, an dem Unglück seiner Tochter Schuld sey. Denn,
sagte er zum Bräutigam, er sähe wohl vorher, daß er von ihr
abstehen, daß Sie zurückkommen, daß andere Absichten, die
sonsten ihre Freunde möchten gehabt haben, mißlingen, und
daß sie folglich die unglücklichste Person von der Welt seyn
würde. Jener konte nicht anders antworten, alß, bey den Um-
ständen, die sich ereignet, und die keinen Zweifel an der Ge-
müthsart der Tochter übrig gelaßen, würden beyde, die Braut
so wohl, als der Bräutigam die unglücklichsten Personen seyn,
wenn sie sich heyratheten — Es wäre also am besten, daß sie
sich bey Zeiten trenneten pp Ich gab der göttlichen Sophia
ihre hundert zärtlichen Briefe, mit samt den darin übersandten
zehn tausend Millionen Küßen zurück, und danckte Gott, daß
ich von ihr erlöset wurde, ehe es zu spät gewesen wäre! Sie
können überzeugt seyn, mein liebster Freund, daß ich die wich-
tigsten Ursachen müße gehabt haben, eine Liebe, wie die mei-
nige war, auf diese Weise zu endigen - - Unvermerckt habe
ich ihnen so viel erzählt, daß fast nicht nÖthig ist, ihnen mehr
zu sagen. Denn ist es nicht wahr, Sie kennen mich alzu gut,
als daß Sie glauben könten, ich hätte bey dieser Sache, mir
doch vielleicht wohl etwas vorzuwerfen? Könten Sie das
glauben, so wollte ich ihnen alles umständlicher erzählen, und
O 1 e i m • Um, Brh'fwechiel. 16
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2A'2
dann müsten Sie sagen, daß man nicht rechtschaffener handeln
konte. als ich gehandelt habe. Die Neben umstände sind zum
Theü so besonders, daß es manchem Romanschreiber mag
schwer gefallen haben, dergleichen zu erdichten. Zu denselben
gehört auch, daß ich an eben dem Tage, an welchem die Hoch-
zeit seyn solte, den 26!^ Aprill, auf der Rückkehr von Blancken-
bürg, in Gesellschaft des HE. Geh.Rath von Bergs, und des
Herrn von Kleists, bey Umwerfung der Kutsche, den lincken
Ellbogen aus dem Gelenck fiel, an deben Cur ich sehr viel
ausgestanden habe, und noch nicht völlig curirt bin. Aber
du nckt Sie nicht das besonderste, daü ich von einem Mädchen
mich habe betriegen laben, ich, den sie für einen so groüen
Kenner der Mädchen halten ! Den HE. v. Kleist, der sie nicht
gesehn, sondern nur ihre Briefe gelesen, und der von denen,
die sie kennen, nur vieles von ihr gehört hat, dünckt es nichts
besonders; er meint, sie wurde ihn und HE. Ramlern, die
beyde an sie geschrieben haben, eben so wohl haben betriegen
können als mich. Die Damen mit denen ich umzugehen die
Ehre habe, als die Frau Geh. Räthin von Berg, die Frau Presi-
dentin von Lüderitz, die ersten und klügsten der Stadt, müben
gestehen, daß man mir nicht übel nehmen könnte, wenn ich
künftig in das ganze weibliche Geschlecht ein Mi L; trauen setzte,
da ein Madcheu, das den Bevfall aller Rechtschaffenen Leute
gehabt, nicht allein mich, sondern alle diese rechtschaffenen
Leute, und zugleich ihren Vater, und ihre nächste Freunde
habe betrieben können. Mich zu betrieben, das wäre eben
keine Kunst, für ein weniger witziges Mädchen gewesen! Denn
ich bin in der That kein so guter Mädchenkenner, als meine
Lieder mich dencken laßen. Aber in Zukunft will ich es
schon seyn.
Der ich der Schönen Lob in hundert Liedern sang
Und ihre Küb und ihre Tugend,
0 wie bereu ich izt die Sünden meiner Jugend!
O wie bereu ich gie mein Lebelang !
.. Denn welch eiu Thor Wiir ich! ich sang
Der Schönen Lob in unerfahmer Jugend
Prieß ihre Küß. und ihre Tugend,
Und kante Kuß und Tugend nicht
O wie bereu ich izt jedwedes Scherzgedicht
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10 Das mit so freundlichen harmonisch sanften Thönen
In manch unschuldig Herz, das Lob der Schönen,
Und ach zugleich das Gift der Liebe sang!
0 wie bereu ich es, mein Lebe lang!
Gieb, Jugend, gieb1) den Liedern, den Sirenen
15 Die ich dir sang, gieb ihnen kein Gehör
Sophia liebte mich, seitdem kenn ich die Schönen
Seitdem besing ich sie nicht mehr.
Nun wird er gewiß niemals heyrathen, werden Sie sagen.
Aber ich weiß nicht, ob ich mich demohngeachtet noch ein-
mahl dazu entschließe. Das ist indeß gewiß, daß ich, nach
dieser Erfahrung, weniger darauf bestehen werde, ein Mädchen
zu meiner Frau zu machen, das in allen Stücken nach meinem
Sinn ist. Ich werde, wie die übrige Welt, mit einem solchen
zufrieden seyn, das mich nur nicht unglücklicher macht, als
ich ohne Frau seyn kan.
Aber auch das ist schon viel.
Ich weiß selbst nicht was ich will.
Nun noch ein paar Worte Yon andern Materien! Und
zwar zuerst, mein liebster Freund, muß ich sie noch einmahl
fragen, ob es Ihnen denn ganz und gar nicht möglich ist, mich
dismahl zu besuchen? — — —
Der Herr von Kleist hat recht sehr beklagt, daß er die
Reise über Anspach vergeblich gethan hat. Ich schrieb ihm
nach Schaf hausen, daß Sie in Römhild wären, er hat aber
meinen Brief vor seiner Abreise nicht bekommen. Er hat sich
einige Zeit in Ztirch aufgehalten, und würde ihnen von den
dortigen Barden oder Musen, wie sie wollen, viel haben er-
zählen können. Ein junger Poet, Nahmens Gesner, hat ihm
unter einem ganzen Schwärm von Witzgebährenden Jüng-
lingen, aus Bodmerischen und üottschediscben Schulen, am
besten gefallen. Eine Probe von ihm, in poetischer Prose,
unter dem Titul: Die Nacht, zeigt von einem guten Genie. Er
hat mich vor einigen Jahren auf seinen Reisen besucht, und
war schon damahls ein Freund von der natürlichen Poesie.
Vom Schachspiel ist Herr Ramler Verfaßer. Er hat es in
Prose aufgesezt, und will es in einen wohlklingenden Hexameter
bringen, um zu zeigen das einer möglich ist, davon die Ohren
1) Zuerst: Gebt, Jünglinge,
16*
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weniger wehe thun, als von den gewöhnlichen. Aber alle
Regeln der römischen Prosodie, wie sie einmahl einen Versuch
gemacht haben, wird er nicht beobachten. Ich zweifle aber,
daß er in zehn Jahren, fertig werden wird. Denn das nonum
prematur in annum hat ihm Horaz nur allzu tief eingeprägt.
Izt beschäftigt er sich mit der Ausgabe einer Samlung von
Liedern, die die grösten Berlinischen Virtuosen componirt haben.
Sie werden auch einige von den ihrigen darin finden. Hempel,
unser Maler, erfindet zu jeder Ode eine Vignette, jedoch nur
zu einem guten Holzstich. Wie gefällt ihnen Herr Duschens
Toppe? Ich bin izt nicht aufgelegt ihnen mein Urtheil davon
zu sagen. Der Poet selbst, oder vielmehr seine Person hat
mir unter allen göttingischen Rednern und Poeten am
besten gefallen; Seine VersArt gefält mir zuweilen, zuweilen
nicht, ich glaube, nachdem ich Lust habe, mir etwas gefallen
zu laßen. Was soll ich ihnen für die Gespenster geben, womit
sie mich beschenckt haben? Weyrauch und Myrrhen ver-
langen sie nicht. Ich will sehen, was unter den Kleinigkeiten,
die ich seit dem 2^? Theil des erlebten Romans gemacht habe,
mir in die Hände fallen wird. Ein kleines Stück, das ich
neulich einem Franzosen nachgeahmt habe, schickt sich zu der
dritten Strophe ihrer Gespenster. — — —
Halberstadt den 8iLn Jul. 1753
Ja, Zopilus, es ist dein Weib
Erschaflen recht för deinen Leib!
Geschlanck, vernünftig, artig, nett,
Unschuldig, witzig, jung, beredt
.*> Und doch verschwiegen auch. Es ist
Ein rechter Engel, und du bist
Des Engels wehrt. Oft sagt sie Scherz
0 dann lacht einem recht das Herz
Denn ihre Stimm ist so harmonisch, und
10 So fein ihr Scherz^ so klein ihr Mund -
Kurz, Freund, es ist an Seel und Leib
Dein Weib ein ganz vollkomnes Weib.
Ach wenn doch ich dergleichen drey bekäme
O so gäb ich, bey meiner Treu, - -
15 Dem Teufel zwey
Damit er auch das dritte nähme.
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Nicht ich, sondern der Bösewicht Roußeau hat die Vier
letzten Zeilen gemacht, ob ich gleich jetzt wohl könte ent-
schuldigt werden. Poetiq. frane. p. 342.
Es ist letzthin eine Samlung von allen französischen Ueber-
setzungen des Horaz NB. in Versen in 5 Bänden herausgekommen,
die mir sehr gefallt. Die meisten Stücke, sind aus allen fran-
zösischen Journalen zusammengesucht, und aus allen Scribenten,
die einzelne Stücke Obersetzt haben. Sölten wir dergleichen
Samlung wohl aus unsern tausend deutschen Journalen zu-
sammen bringen können? Ich zweifle sehr. Durch diese Sam-
lung bin ich von neuem in meinem Geschmack, daü Poeten,
in Poesie übersetzt werden mülien, bestärckt worden. Herr
Ramler und Herr Ebert sind nicht von meiner Meinung. Wer
kau sich aber über eine Meinung zancken?
Apropos bey HF]. Ebert. Sie wiüen doch, dali er seine
Liebe vor der Mutter seines Mädchens hat verborgen halten
müßen? Als ich im vorigen Monath, wegen meiner Liebes-
Geschichte zu Braunschweig war, hatte die Mutter an den-
selben Tag, da ich sie besuchen solte, beym Caffe die Tochter
zu sehen, alles entdeckt, und das Mädchen eingesperrt. Ich
sah es also nicht, und Ebert war in gröster Verlegenheit. Ich
habe seine Liebe niemahls gebilligt, und ich würde kein ruhiges
Gewißen haben, wenn ich durch den Haß der Eltern, ein Mäd-
chen unglücklich gemacht hätte. Ich sähe sehr gern,
wenn sie von diesen Kleinigkeiten Niemandem etwas communi-
cirten. Ich finde oft meine Sachen unvermuthet, an Orten ge-
druckt, wo ich sie nicht finden möchte.
Ich träumte diese Nacht der stolze Herr von Morben
Sey kranck geworden und gestorben
Ich träumte, daß man ihn begraben habe
An einem Ort, wo nah an seinem Grabe
5 Ein armer Mann, in seinem Sarg, sanft schlief,
Den aber er, aus seiner Ruhe rief
Zu dem er sprach: Du Schurck, was machst du hier
Geh, und verfaule weit von mir.
Allein der arme Mann lag still, behielt sein Grab
10 Sah nach dem stolzen Herrn sich um, und gab
Zur Antwort: Sieh, will der mich hier noch quälen?
Schurck selbst, hast du was zu befehlen?
Hier ist kein Herr, kein Knecht, was ich bin, das bist du.
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Hier sind wir alle gleich, Fantast, laß mich in Kuh.
V. Nouveau recueil des Epigrammatistes francois T. 3. liv. 3. p. 163.
Ich will sprach Silvia, der Keuschheit Lob erwerben
Ich will als Jungfer sterben!
Wie wenig, o wie wenig Mädchen sind
Wie Silvia gesinnt? ')
.*> Ach aber sagt, warum will doch das schöne Kind,
Warum will es so bald doch sterben?
Nouv. Recueil des Epigr. francois T. 1. p. 170.
Ich bringe izt meine Bibliotheque de belles lettres in Ord-
nung. Wenn ich fertig bin, will ich ihnen eininahl den Cata-
logus schicken. Wäre es aber nicht beßer, wenn sie die Bücher
selbst sähen? Sie würden doch wohl einige finden, die sie
nicht suchten, z. £. den Horatz ganz in Kupfer gestochen vom
Pine, den ich letzthin in einer Berlinschen auction für 28 R/.
erstanden habe, den Sie deutscher Horatz billig ehe habeu
solten, als ich. Aber ich habe ihn gar zu lieb. Sie fänden
auch zehn Anakreons.
Ein BiBchoff glaubt* auf seinem Sterbebette,
Dali er von Gottes Hauch
Einst seine Seel empfangen hätte
Und sprach: Ich, Gott, Dein Diener, ich empfehle
."» Der Erde meinen Bauch
Und Dir empfehl ich meine Seele.
Nun hat die Erde seinen Bauch.
Ach wenn sie doch nun auch
Nur seine Seele hätte.
Ein fettgemästeter Prälat
Sprach : ich weiß nicht, wie man
Noch leben kan,
Wenn man so viel wie ich, nicht zu verzehren bat
:» Sein magrer Hoffpoet spricht : Herr, ich will es sagen :
Man denckt nicht immer an den Magen.
Den 19te» Jun. 1753.
Ich lag gefährlich kranck,
Gequält von Pillen und von Tranck
War ach mein Wunsch, mein Trost in dieser Noth
Herr Doctor Röper, und der Tod.
Die beyden zanckten sich
Wie unversönliche Geschworne Feind' um mich
1) Am rande: ,(rime riebe)*
-
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247
Ach, seufzt ich, eh ich lang auf diesem Lager liege
So gieb doch Gott, daß einer nur bald siege
Kaum war der Seufzer fort
lu So schallet* in mein Ohr das Wort:
Trinck! und es stand vor meinem Bett ein Freund
(Mehr Freund allzeit, als er es scheint)*
Der reichte mir ein Glaß Burgunder,
Und sprach: trinck das! ich tranck, und o welch Wunder
l.'i Der Magen, welcher Tranck und Pillen
Nicht annahm, nahm den Wein
Gehorsam ein,
Ich bat ein Glaß nur noch zu füllen.
Die LebensGeister kamen wieder
l*u In alle halb erstorbne Glieder
Frisch war das Herz, und roth der Mund
Kurz ich war völlig nun gesund.
Herr Röper und der Tod sahn sich einander an
Und sagten nichts — als: Du! wer ist der Mann?
Haben Sie denn keine dergleichen kleine Gedichte,
die zu keiner besondern Art gehören, keine Oden und Lieder sind,
gemacht? Konten wir, Sie, ich, Ramler, Kleist, (denn mich
dünckt, wir haben noch so den ähnlichsten Geschmack) nicht
eine kleine Samlung zusammenbringen? An meinem Contingent
soll es nicht fehlen. Ich lese jezt die Gedichte des Rochester,
Dorset, Roscommnn pp. Was für fürtrefliche Köpfe! Konten
doch Gleim Uz Ramler Kleist ihre Nahmen für solche Samm-
lungen setzen ! 0 wie weit sind wir noch hinter den Engel-
ländern! Die neueren meine ich eben nicht.
Habe ich Ihnen nicht schon einraahl gesagt, daß es mir geht,
wie den Vögeln, die nicht ehe singen, als biß sie hungert. Ich singe
nicht, als wenn ich kranck bin, oder anhaltende Verdrießlichkeiten
habe. Wenn ich gesund und aufgeräumt bin, alsdenn dünckt
mich die Zeit zu kostbar, als daß es mir leicht wäre, Sie mit
reimen zuzubringen. Daun dünckt mich, man könne sein
Leben wohl beßer anwenden. Dann reise ich, dann besuche
ich den Landmann, sehe die schönen Gegenden auf dem Harz,
stelle Spazierfahrten an, lade die nahe wohnenden Freunde auf
einen Congreß, wie wir im vorigen Jahre einen dergleichen zu
Dahle, am Waßerfall der Bude gehabt haben, wo sechs witzige
* Am rande: ,Der Herr Geheimde Rath v. Berg."
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Kopfe, das dulce est desipere in loco aus vollem Herzen billig-
ten, und zween darunter, HE. Gramer Consistorialrath zu Qued-
linburg, der die Bremischen Beyträge samlet, und HE. Sucro
Dohmprediger, der den Druiden geschrieben hat, nicht daran
dachten, daß sie etwas mehr wären, als witzige Köpfe.
65. Gleim an Uz.
Liebster Freund,
Wäre ihr angenehmes Schreiben vom [2i£i:J l) Oct. des
vorigen Jahres nicht so schon, nicht so voll Geist, so hätte
ich es gewiß ehe beantwortet. Denn ob es gleich von einer,
mir izt ganz geläufigen Materie handelt, so ist es doch nicht
leicht, mit ihnen, über einerley Sache zu scherzen, oder, welches
in diesem Fall, eigentlich wahr ist, davon ernsthaft zu sprechen,
womit Sie, nur ihren Spott treiben. Denu gewiß, mein lieb-
ster Freund, es ist mir fast nicht möglich über die Liebe zu
scherzen. Ich werde gleich ernsthaft. Oder der Scherz selbst
ist Emst. Sie sind nur wieder die Ehe, uud ich bin eben so
sehr, wieder die Liebe. Aber eben izt, da ich ganz in Acten
verbauet sitze, und auf Vierzehn Tage zum voraus, meine
Arbeiten gethan habe , weil ich so lange verreisen will , itzt
bin ich wohl am wenigsten aufgelegt, hievon mit ihnen zu
sprechen. — — — In Vierzehn Tagen bin ich wieder hier,
dann will ich in Vers und Prose, ihnen sagen, zu was für
einem Todfeinde Hymens, mich ihr Brief gemacht hat. Dem-
ohngeachtet finde ich noch Geschmack an Liedern von Liebe,
und singe sie. Hier haben sie die Samlung, aus welcher
ich izt die, so ihnen zugehören, singen lerne; Sie werden in
ihren Arbeiten einige Veränderungen warnehmen. Sie kom-
men von Herrn Ramler, welcher Sie den Componisten zu ge-
fallen, wie er sagt, gemacht hat. Diese sind Graun, Bach,
Benda, Krause, Berlins Virtuosen. Es sollen noch drey solche
Theile erscheinen. Aber HE. Ramler hat sich schon be-
schwert, daß er in allen Zehntausend deutschen Poeten, nicht
so viel Oden, auftreiben könte, als sich zur Musick und zu
1) Uzens poetische« Sendschreiben, vgl. Sauers ausgäbe b. 345—85(5.
249
seinem Endzwecke schickten ; und er bat mich gebeten , sie
um Bey trag zu ersuchen.
Haben Sie Leßings Schriften gelesen? Er wendet gar zu
wenig Fleiß auf die Ausarbeitung; drückt sich nicht kurz ge-
nug aust geht dem Witz nach, und fält oft ins Niedrige, oft
ins Pöbelhafte, wie z. E. das Epigramm worin der Hosenknopf
vorkorat. Dergleichen lernt man in verdächtigen Häusern,
und man verräth sich, daß man sie besucht hat.
Schreiben Sie doch nach Berlin an mich, mein liebster
Freuud. Ich logire bey Madam Diederich auf der Brüder-
straße, wenigstens bis zum 20l£ü Februar. Sie würden mein
Vergnügen, wenn die Geschäfte welche ich da habe, mir Zeit
dazu laßen , bey meiuen Freunden sehr dadurch vermehren,
absonderlich, wenn Sie von ihren bisherigen Arbeiten hübsch
viel beylegten. — Wie oft habe ich schon von ihrem Siege
des LiebesGottes, mit ihnen sprechen wollen! — — —
Eiligst. Halberstadt den 301^ Jan: 1754.
Herr Ebert hat mit seiner Töpferin auch einen wunder-
samen Roman gespielt, oder mich dünckt, sie hat es mit ihm
gethan, denn man sagt, daß sie, so bald die Mutter ihre Ein-
willigung gegeben, nicht mehr gewollt habe. Nitimur in
vetitum.
66. Uz an Gleim.
— — — Inzwischen hatte ich den Entschluß gefasset,
meine Gedichte neü auflegen zu lassen. Weil ich Ihnen ein
Exemplar desselben mitschicken wollte; so verschob ich aus
dieser Ursache, noch an Sie zu schreiben. Sie hätten schon
zur Ostermesse gedruckt seyn sollen ; aber durch des Verlegers
Schuld ist es unterbliebeb. Der auch nachmalen erfolgte un-
vermuthete Aufschub des leidigen Drucks hat auch die Unter-
blei bung meiner Antwort verursachet; und so ist nach und
nach unvermerkt ein halbes Jahr verflossen. Das ist die wahr-
hafte Geschichte meiner Nachlässigkeit, weshalben ich Sie um
Verzeihung bitte. Ich übersende Ihnen nun diese fatalen Ge-
dichte, die mich so strafbar gemacht haben. Sie köunen sich
an ihnen rächen. Aber strafen Sie mich nicht. Da ich äusserst
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begierig bin, Ihr Urtheil Ober diese Sammlung zu vernehmen ;
so lassen Sie mich nicht lange auf Ihre Antwort warten. Ich
bin sehr besorgt, daü meine Nugae nicht allzu günstig aufge-
nommen werden möchten. Da ich keiner derer Partheyen, die
zu uiwern Zeiten den Parnaß zerrütten, zugethan bin : so kann
ich mich auch des Beyfalls bey keiner davon versichern ;
Aber ich werde zufrieden seyn, wenn ich nur weniger Kenner,
wenn ich zuförderst Ihren Beyfall und zwar nur in etwas, er-
halte. Sie, mein liebster Freund hätten meine Kleinigkeiten
vollkommner machen können, wenn Sie mir nicht seit langer
Zeit den Bey stand Ihrer Critik versagt hätten. Welche glück-
lichen Zeiten, da Sie meine Muse bildeten, da Sie, nebst Ihren
Kreünden, raeine Lieder durchsahen und verbesserten, und durch
diese Verbesserungen ihnen einen unverhofften Beyfall ver-
schafften. Aber seit langer Zeit haben Sie meine Muse ihr
selbst überlassen ; und da sie gar keinen Aufseher mehr hat,
so ist kein Wunder, wenn sie sich verlieret. —
Vielleicht verwundern Sie sich, daß ich meine Gedichte
nicht wieder dem alten Verleger, der sie vielleicht schöner ge-
druckt hätte, Überlassen habe. Allein ausser dem, dal] es mir
bequemer geschienen, sie vor meinen Augen drucken zu lassen,
und die Correctur selbst zu übernehmen , so hat Weitbrecht
sich gar zu schlecht gegen mich aufgeführt. Er hat nicht nur,
da ich ihm den Sieg des Liebesgottes zum Druck Überschicket,
mich der geringsten Antwort und einiger gedruckten Exem-
plarien nicht gewürdiget; sondern auch auf meinen Antrag,
daß er eine nefie vermehrte Auflage der lyrischen Gedichte
veranstalten sollte, seit mehr als zweyen Jahren eben so wenig
geantwortet, und nur immer die alte Auflage wieder abge-
druckt, jedoch aus Eigennutz beständig das Jahr des ersten
Druckes beygesetzet. Ich habe ihm Tang nachgesehen, bis ich
endlich im Krnst verdrüßlich worden.
Durch das Geschenk der Oden mit Melodien haben Sie mich
ungemein verpflichtet. Ich danke Ihnen auf das verbindlichste.
Die Lieder sind vortrefflich gesetzt, und alle Kenner, die sie bey
mir gesehen, sind dieser Meinung. Es ist eine Ehre für mich, daß
eines meiner Lieder einer so schönen Coinposition gewürdiget wor-
den; und ich bedauere, daß nicht mehrere deßen werth sind. Ich
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maß allerdings eingestehen, daß meine Lieder sich schlecht
zur Musik schicken, und ich gebe hierinnen Ihnen den Preis
vor allen deutschen Liederdichtern. Vielleicht, ob ich gleich
der lyrischen Muse den Abschied gegeben, möchte ich mich
erkühnen, einige Stücke nach HE. Rammlers Regeln, die voll-
kommen richtig sind, auszuarbeiten, und Ihnen mit der Zeit
eine Probe zu schicken. Vor dießmal werden Sie aus dem
Anschluß zu ersehen belieben, wie ein Liedgen von Ihnen und
eines von mir in Anspach gesungen werde. Ich erwarte Ihr
Urtheil darüber.
Aber was macht denn Ihre Muse? Schläft sie? Wie viele
Jahre sind schon, daß sie sich der Welt nicht gezeiget, die
sie mit sovielem Vergnügen siebet, und daß sie nur mich und
Baven singen laßt, deren Gesang niemand begehrt? Ich bilde
mir ein, Sie haben etwas vortreffliches unter der Feder. Geben
Sie mir Nachricht davon, damit ich mich zum voraus drauf
erfreüen kann.
Alle Ihre Freünde sind so stille, wie Sie. Hat HE. von
Kleist nicht den Sommer zu seinem Frühling bald fertig?
Arbeitet Herr Rammler an seinem Schachspiel?
Ich bin begierig, zu sehen, ob HE. Leßing nicht diese
Messe wieder einen neüen Band seiner Schriften herausgeben,
und sich nicht endlich durch sein Vielschreiben um die Ehre,
die er sich durch seine Kleinigkeiten erworben, schreiben werde.
Was dünkt Ihnen? Der Taschen-Format, fürchte ich, wird
durch seine Nachahmer bald lächerlich werden. Wir haben
schon Lieder zum Vergnügen, oder vielmehr zum Gähnen. Wir
haben Possen, die diesen Nahmen mit Recht haben. Wissen
Sie die Verfasser dieser beyden Schriftgen ?
HE. Ebert hat mir geschrieben: einen kläglichen, einen
jämmerlichen Brief! Er will wegen seines Liebes-Abenthetiers
von mir getröstet seyn. Wie soll ich es anfangen? Ich darf
nicht, wie mit Ihnen , lachen. Er ist zu betrübt. Ich weis
nicht, was ich thun soll. —
Anspach den 15. Oct. 1754.
Wenn Sie noch einen mit lateinischen Buchstaben ge-
druckten Bogen, der Ihren zu Amsterdam angeblich gedruckten
Liedern beygelegt gewesen, übrig haben, so bitte ich mir den-
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selben aus, weil er nirgends zu haben, und die Lieder selbst
von Ihnen mir schon ehemals tiberschicket worden.
67. Gleim an Uz.
Mein wehrtester Freuud,
Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, so viel habe ich
ihnen zu sagen, und doch muß ich, wie im Frühjahr ihnen
eben so flüchtig schreiben, weil ich mich wieder zu einer Keise
nach Berlin anschicken muß — Aber warum bin ich ihnen
für das ftirtrefliche Geschenck der neuen Ausgabe ihrer lyrischen
Gedichte, den allerverbindlichsten Danck so lange schuldig ge-
blieben ? Ihr wehrtes Schreiben, mit welchem sie mir
solche übersendeten, hat sich unter die Ballen Papiere, die um
mich herum lagen, als ich es empfing, verlohren, und ich habe
es, alles Suchens ungeachtet, bis diese Stunde nicht wieder
finden können Mein bestes Goldstück würde ich leichter
vermißen, als den kleinsten Brief von meinem Uz, die ich auf-
hebe, wie ein Mädchen seine Liebesbriefe, und sie lese, wenn
ich, in meiner Einsamkeit mir einen recht vergnügten Abend
machen will.
Wie ist es doch möglich, daß ich den Ausdruck der Ent-
zückung, mit welcher ich ihre neuen Oden gelesen habe, so
lange zurück halte — Warhaftig, mein liebster Freund, sie
haben alle Deutsche, die jemahls wie Horatz haben singen
wollen, weit hinter sich zurück gelaßen. Was für Meister-
stücke sind insonderheit unter den neuern Oden — Ich kan
meinen Uz schon auswendig, so gut, wie meinen Horatz!
Ich habe von ihren ernsthaften Oden einige ausgezeichnet,
die so fürtreflich sind, daß ich sie gern besonders möchte
drucken laßen, um sie dem Könige, und der Prinzeßin Amalia
zu lesen zu geben. Diese letztere hat Herr Ramlern neulich
für eine Paßion s-Can täte, die er nach einem von ihr vorge-
schriebenen Plan gemacht hat, Hundert IXf. gegeben. Die
Audienz aber, und das Lob der Prinzeßin, ist einer größern
Summe weit vorzuziehen gewesen — Ich werde ihnen die Poesie
schicken, und vielleicht auch die Musick, die Graun dazu
machen wird. Aber, wenn sie weltliche Musick lieber haben,
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so will ich ihnen auch die schicken. Doch müßen sie diese
letztere verdienen. Und wie? Wenn Sie mir nach Berlin
schreihen. Ihr Brief findet mich bejm Hoff Fiscal Meyer. Ich
bleibe Vier Wochen da.
Hagedorn ist auch in den Elisäischen Feldern, ehe ich
ihn in dem irdischen Arkadien gesehen habe — Alle Jahre
meines Hierseyns habe ich ihn in Hamburg besuchen wollen —
Desto mehr, weil es unterblieben ist, bedaure ich seinen un-
vermutheten Tod. Herr Zachariä hat ihn besungen — Ich
kan das Gedicht nicht beylegen — Herr von Baar hat ein
Sinngedicht gemacht, das ich neulich im Staube von Acten,
deutsch gegeben, und darin geändert habe, daß mein Bachus
für Betrübniß keinen Wein trinckt, da der Bachus des Herrn
von Baars nur Waßer trincken kan.
Er ist nicht mehr, der liebenswürdge Dichter
Der Menschenfreund, der Sittenrichter
Die unerbittliche grausame Parce schnitt
Des schönsten Lebens Faden ab
."> Seht seine Muse sitzt und weint auf seinem Grab
Die HuIdCiöttinnen weinen mit.
Die Liebe seufzt und Bachus spricht :
Mein bester Wein schmeckt mir izt nicht.
Ich sende ihnen hiebey alle meine Lieder, durchschoßen
mit Papier, und bitte Sie, mein liebster Freund, mein Aristarch
zu seyn, und die Criticken, und Verbeßerungen so wie sie ihnen
einfallen, daneben zu schreiben. Ich muß mich doch endlich
einmahl die Mühe geben, die eine beßere Ausgabe erfodert:
Denn es ist ein rechter Jammer, das schlechte Zeug, so oft
aufgelegt zu sehen. Ich will es mit ihren Arbeiten, die keiner
sonderlichen Verbeßerung fähig sind, auch so machen.
Wollen Sie mir erlauben, daß ich Ihnen eine schöne Aus-
gabe vom Horaz übersende? Eine mit vielen Kupferstichen
aus dem Alterthum? Wenn Sie nicht die Englische Ausgabe
des Pine haben, so kan diese vielleicht Ihnen angenehm
seyn — —
Halberstadt den 1311" Dec: 1754.
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68. Uz an Gleim.1)
Liebster Freünd,
Ich darf mich wohl auf meinen Brief vom Anfang dieses
Jahres an Sie noch keiner Antwort versehen. — — — Herr
Hof Rath von Cronegk hat, außer vielen andern unendlichen
Lohsprüchen von dem schalkhaften Herrn Gleim, der mit ihm
bey den Mädchen herumgestrichen , und der ihm, wie er mir
das verbindliche Compliment gemacht hat, beßer, als ich, gefallt,
dieser hat mich versichert, dali Sie noch mein Freund wären.
Weitbrecht wird Ihnen vielleicht schon Nachricht
gegeben haben, daß er meine Gedichte nachdrucken will. Denn
ich kaun seine Auflage nicht anders, als einen Nachdruck
nennen. Er hat durch sein Stillschweigen auf meinen Antrag
verursacht, daß ich meine Gedichte einem andern Verleger ge-
geben. Man drang in mich, eine neüe Edition zu veranstalten,
und ich ward endlich zu meinem großen Misvergnügen Ober-
redet, dem hiesigen Buchhändler Poschen mich zu vertrauen.
Ich erhielt von ihm 50. fl. Rhein, und 0. Exemplaria, oder
sollte es vielmehr bekommen. Er hatte mir weiß gemacht,
dass er den Druck auf französischem Papier veranstalten wollte.
Wie der ganze Druck aber ausgefallen, liegt vor Augen. So
wenig ich nun mit ihm zufrieden zu seyn, Ursache habe, so
gewiß ich entschlossen bin, ihm niemals mehr ein Blatt von
meiner Arbeit drucken zu lassen: so wenig kaun ich doch auch
Weitbrechten in allem seinem Begehren willfahren. Herr Pastor
Spalding hat schon unterm vorigem Jahr einen Brief an mich
geschrieben, der mir aber erst in voriger Ostermeß tiberliefert
worden, und worinn er Weitbrechts Vorhaben, eine vermehrte
Auflage meiner Gedichte zu besorgen, mir auf das beste em-
pfohlen hat. Es war aber zu späte ; und ich schrieb ihm um-
ständlich und detitlich, daß ich mit dem netien Druck nichts
zu schaffen haben könnte. Dem ohnerachtet läßt Weitbrecht
1) Von Gleims hand : „Beantw. den 12'™ Febr. 1756 4 Briefbogen
starck und: Quinti Horath Flacci Opera. Londini apud Gul. Sandby
in vico dicto Fleetatreet. 1749. in gr. 8. durchgehend« mit Kupfern zum
Present überaand."
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2r,5
den Druck vor sich gehen, und hat mir Proben von Vignetten
geschickt, welche ungemein schön sind. Er verlangt zweyerley
von mir: Vermehrungen und Verbesserungen; und ich wollte
lieber, daß ich mit dem ganzen Werke gar nichts zu thun
haben dürfte. Ks ist immer eine verhaüte Sache, sich mit
zweyen Verlegern zugleich einzulaßen ; und nur ein Voltäre
kann es sich, ohne roth zu werden, Öffentlich vorwerfen laßen.
Hieraus folgt, daü ein Theil des Weitbrechtischen Verlangen,*
nehmlich die Vermehrungen, wegfallen. Es ist dem Pu-
blico sehr beschwerlich, wenn alle Jahre neöe Editiones, die
etwa eine kleine Vermehrung vorzüglich macht, erscheinen. In
dem andern Stucke glaube ich, meiner Ehre halben, verbunden
zu seyn, die nöthigen Verbesserungen der Druck- und anderer
Fehler dem Weitbrecht an Händen zu geben. Thue ich es
nicht, so muß ich mir gefallen laßen, daß entweder abermals
eine incorrecte Auflage zum Vorschein komme, oder daß die
Verbesserungen von andern Händen gemacht werden, und beydes
ist gleich unangenehm. So viel Einsicht und Geschmack an-
dere Personen haben, so muß doch der Verfasser seinen Plan
immer beßer, als jene, kennen, und daher der letzte Richter
aller vorgeschlagenen Verbesserungen bleiben. Ich habe dahero
Weitbrechten verbothen, eine Aenderung in dem Texte, ohne
meine Erlaubniß, zu machen. Und weil mir derselbe Nach-
richt gegeben, daß Sie, mein liebster Fretind, und Herr Rammler
verschiedenes Beträchtliches zur Verbeßerung angemerket: so
bitte, ja beschwöre ich Sie, mir solches ohne Verzug freund-
schaftlich mitzutheilen. Weitbrecht hat mich fast um Gottes
Willen gebethen, daß ich baldmöglichst antworten, und durch
verzögernde Einsendung der Correctionen den Druck nicht auf-
halten sollte, da solcher wegen der Vignetten ein Haufen Zeit
braucht. Wenn ich also von Ihren Verbesserungen und Herrn
Rammlers Erinnerungen Nutzen haben soll; so sehen Sie leicht,
daß Sie keinen Tag versäumen können. Haben Sie die Gütig-
keit und schreiben an den letztern : Sie können in kurzer Zeit
Antwort von ihm haben, und mir sodann alles zusammen gütigst
übermachen. In vier Wochen kann ich von Ihnen Ant-
wort bekommen, wenn Sie wollen, d. i. wenn Sie mich lieb haben,
Belehren Sie mich, ob die Ode auf die Prophezeihung aus
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dem Caffee-Schälchen beßer ist nach der alten oder nach der
neüen Edition. Das alte Sylbenmaaß gefällt einigen, und mir
gefällt der neüe Plan.
Herrn Rammlers Veränderungen in einigen Liedern , die
er aus meinen Gedichten in seine Sammlung eindrucken laßen,
sind allem Vermuthen nach der Musik wegen gemacht. Ich
würde mich nicht getrauen, sie zu adoptiren, wenigstens nicht
alle, die Ode auf den Magister Duns hat am meisten ge-
litten: was ist Ihre Meinung?
Anspach den 17. Nov. 1755.
HE. HofRath von Cronegk weiß nicht , daß ich an Sie
schreibe: er würde mir ohnfehlbar ein Compliment aufgeben. Ich
will esaber dennoch und zwar in seine Seele ablegen, wie er eines
von mir in Leipzig abgelegt hat. Schreiben Sie mir doch,
was Sie von dem angeblichen Juden wissen, der die philo-
sophischen Gespräche und die Schrift über die Empfindungen
gemacht haben soll.
G9. Gleim an Uz.
Liebster Freund,
Ich bitte Sie tausendmal um Vergebung, daß ich nicht
vor Ablauf der bestirnten vier wöchentlichen Frist, geantwortet
habe. — Vorerst also muß ich Ihnen sagen, daß ich
Ihren Brief vom Anfang vorigen Jahres, gewiß und wahrhaftig
beantwortet habe, zwar geschähe es nur ganz kurz, ehe ich
mich in den Wagen setzte, nach Berlin abzureisen, aber ich
hatte kaum daselbst die erste Oper gehöret, als ich den zwoten
Brief anfieng:
Freund, in der Oper waren heute
Drey sehr merckwürdge Leute
Der König, Grann, und ich.
Der König, weil Er gleichsam sich
5 InB Herze sagt' : Er sey
Wie Montezum ein Menschenfreund
Ein Vater seines Volcks, ein Feind
Der Grausamkeit und Tiranney.
Graun, weil durch seiner Töne Macht
10 Er so geschickt, uns ins Gehör gebracht
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Was Montezum, und Friederich gedacht!
Ich, weil ich nah am König stand
Und mit gefaltner Hand
Andächtiger, als Köpp' und Sack * wohl je gebetet hat,
15 So betete : o Gott, gieb meiner Bitte statt
Vor deinem Auge sey
Ich Feind der Heucheley
Nicht zu geringe, nicht zu weni^
Laß es barmherzig auf mich schaun,
20 Gib, bitt ich, stets, dem Lande solchen König
Der Oper solchen Graun !
Ich erzählte Ihnen hierauf, daß der König die Oper Montezuma
in franzosischer Prose selbst aufgesezt habe, daß ich würcklich
gleichsam zwischen dem König und Herrn Graun gestanden,
und dem einen den großen König, wie dem andern, den großen
M usikus, an den Augen angesehen hätte, daß ich Sie tausend-
mahl zu mir gewtinschet p ich sagte Ihnen mancherley, von
den fürtreflichen Qemählden zu Sans Souci, und von Adams
Meisterstücken, den Bildsäulen des Lucretius p Aber
dencken Sie nur, wie viel Zerstreuungen ich, nur allein durch
lleisen, im vorigen Jahre gehabt habe. Ich bin zwomahl zu
Berlin, einmahl zu Halle und Leipzig, zwomahl zu Eisleben,
und an andern Orten in Sachsen, zwomahl zu Magdeburg, und
wöchentlich einmahl an nähern Orten verreiset gewesen. Ein-
andermahl, als ich mir einfallen ließ, etwas, das als eine Ant-
wort auf ihr gedrucktes Schreiben an mich, angesehen werden
könte, aufzusetzen, solte folgendes ein Stück davon seyn:
An Herrn Uz. 10 Ihn, Abends spat, und Morgens
Als Adam in dem Paradieß früh,
Die junge Schönheit sah Liebkosete zur Dankbarkeit.
Die Gottes Hand ihm werden ließ, Ich glaube, Freund, zu dieser Zeit,
Ach Freund, ach da War noch ein treues Weib.
5 Ward er entzückt, und zärtlich Wie könte sie's denn nicht ge-
und verliebt wesen seyn
Und ein glaubhafter Rabbi giebt 15 Sie war ja noch mit Adam ganz
Das Zeugniß, daß auch sie allein ?
Nicht grausam sich erwieß, Ach aber, Freund, ist es nicht wahr
Daß sie, gemacht von Adams Ob Adam gleich in der Geschöpfe
Leib, Schaar
* Am rande: .Die zwo vornehmsten Geistlichen zu Berlin"
Ololm-Ui, Briefwechsel . 1 7
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Nach ihr das Schönste war
Mit blauen Augen, schwarzem
Haar,
20 Ansehnlich, feurig, jung
So ließ sie doch, vom Satan sich
bethören
Und wolte seine Schmeicheley
Viel lieber hören
Voll Geist , wie du , und starck 2r> Als eine Frau aeyn, und getreu.
genung
— Daß obige Stelle, aus dem Sarrasin genommen ist,
darf ich einem solchen Kenner, wie sie sind, nicht sagen - -
Aber ich halte mich zu lange auf, ehe ich zur Beantwor-
tung ihres wehrtesten Schreibens komme. So gleich nach deßen
Empfang, schrieb ich an Herrn Ramler und Herrn von Kleist,
und bat sie um ihre Criticken. Sehn sie hier, was mir Herr
Ramler geantwortet hat: Unsers Utzen Lieder liegen mir so
sehr am Herzen, daß ich ihnen gleich die paar Oden ab-
schreiben werde, die ich, nach meiner Art, zu verändern ge-
glaubt habe. Ich kan unmöglich überall Recht haben, tarnen
est laudanda voluntas. - - Begleiten sie diese Oden, mit ihrem
pour et contre an Herrn Uz, und machen sie, daß ich sie bald,
mit seiner lezten Entscheidung, in meinem Batteux, zurück
erhalte. Die Ursachen meiner Criticken habe ich nicht hin
zu geschrieben, es wäre zu weitläuftig, einige sind nur des
Hiatus wegen gemacht — Ueberhaupt bin ich zufrieden, wenn
HE. Uz nur daher Gelegenheit nimt, mir diese Oden so zu
schicken, wie er sie selbst liebt, und wie er sie, in seiner
nächsten Ausgabe will drucken laßen. Dis
laßen sie sich versprechen, damit ich mich bey meiner lyrischen
Abhandlung darauf verlaßen kan. Künftig werde ich ihn, zum
unumschränckten Richter meiner eigenen vielleicht reimfreyen
Oden erbitten, so bald ich ein Viertel Hundert zu Stande ge-
bracht habe. (Ein Viertheil Hundert ? So denckt er gewiß ein
paar hundert Jahr alt zu werden.)
In einem andern Schreiben sagt er zu mir : Sie haben
recht, der Autor muß das Endurtheil fällen, und ich gestehe,
ich möchte selbst nicht gern einen andern an mein Werck, die
letzte Hand legen laßen. Der Verfaßer hat bey der Welt, die
Verantwortung und das Lob allein, und muß beydes durch seine
letzte Erkennung verdienen. Also wird Herr Uz die drey Oden,
nach seinem Gutachten verkürzen, verlängern, umschmelzen ;
ich werde sie so gleich heilig und unberührt, in die Abhand-
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lung von lyrischen Gedichten einrücken, und nichts als Lob
darüber ausbreiten p.
Sie sehen ohngefehr aus der Antwort, mein liebster Freund,
was ich ihm geschrieben habe. Ich bin, wie sie, mit Herrn
Itamlers Verbeßerungen oft nicht ganz zufrieden, und würde
zwar allezeit gern sehen, wenn er Criticken machte, aber nicht,
wenn er fremde Arbeiten umschruelzte, nach Gutdüncken än-
derte, und ohne Anfrage bey dem VerfaGer, drucken ließe, wie
er einige mahle gethan. Der Autor muß nothwendig den Plan
seines Gedichtes am besten kennen, und kan folglich beßer,
als der beste Kunstrichter beurtheilen , was hineingehöret —
Ueberdem hat jeder Autor, seinen Personal-Caracter, der auch
in seine Schreib-Art einfließt, und den der Criticus mit gering
scheinenden Veränderungen, in seinen eignen verwandeln kan —
Ein guter Autor 5) ist auch ein guter Criticus ! Ich beurtheile
daher die Arbeiten eines Uz, nicht anders, als blöde, und furcht-
sam. Alles, was man schriftlich thun kan, ist dieses:
Man sagt kurz, was gefällt, was nicht gefällt, und überläßt
dem klügern Autor, recht zu geben oder nicht. Von Ver-
beßerungen also bin ich kein Freund, sondern überlaße solche
dem Autor, und wenn ich mir je einfallen ließe, welche zu
machen, so verdrießt es mich nicht im geringsten, wenn der
Autor sie nicht billigt. Kurz, liebster Freund, ich weiß nicht,
wer Weitbrechten weis gemacht hat, ich hätte verschiedenes
beträchtliches zur Verbeßerung bey ihren Oden angemercket! —
Vielleicht aber hat er mein Exemplar ihrer Gedichte zu Berlin
bey Ramlern gesehn. Denn bey meinem letztern Dortseyn,
trug ich es in der Tasche, und ließ es einmahl bey HE. Ram-
lern liegen — Aber was für Kleinigkeiten sind es, die ich in
demselben auf den Rand geschrieben habe! — Jedoch
damit Sie nicht mehr vermuthen, als da ist, so schicke ich
ihnen hiebey das ganze Exemplar, und setze mich der Gefahr
aus, daß sie über mich die Achseln zucken und sagen: Das
wüste ich selbst! Das auch ! Da hat er sehr unrecht!
Daß Sie eine neue Ausgabe machen, ist unvergleichlich,2)
1) Uebergeachrieben und wieder gestrichen : Poet.
2) Ära rande: .denn die Poschische ist gar zu schlecht, an Druck
und Papier."
17*
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aber wißen Sie, was mich dabey nicht gefalt? Daß Sie, dem
Buchführer zu Gefallen, schon Ostern damit erscheinen wollen.
Denn Sie miißen doch ein ganz correctes Mauuscript machen, und
wie viel Mühe, wird Ihnen das kosten! — — — Aber nein,
geben Sie sich lieber ein wenig mehr Mühe — mich verlangt
gleichfals bald eine beßere Ausgabe in Händen zu haben, und
ich glaube, Weitbrecht wird es an nichts fehlen laßen — Er
hat, nachdem ich Ihren Brief schon 14 Tage gehabt hatte,
gleichfals an mich geschrieben, und mir sein Vorhaben erüfnet,
auch mich gebeten, Ihnen, die so genanten Verbeßerungen zu
schicken ! Dafür, sagt er, wolle er mir einige Exemplar zum
Geschenck machen. Allein ich werde ihm schreiben, die wurde
ich mit Vergnügen kaufen, aber für den Vortheil, den er von
dieser Ausgabe ohnfehlbar haben würde, solle er schuldig seyn,
die Kosten zu einer Medaille auf den Verfaßer herzugeben.
Auf der einen Seite das Bildniß des Horatius, wie man es in
den Antiquariis findet, mit der Beyschrift A. A. IT. C. (und die
JahrZahl) Auf der andern das Bildniß des HE: Uz, mit der
Beyschrift A. A. EL S. 1756. — Wie gefalt ihnen diese Angabe.
Simple genug ist sie.
Aber ich komme wieder zu ihrem Schreiben. Der Herr
von Kleist hat mir folgendes geantwortet: Herr Uz ist und
bleibt unser bester Odendichter, ohne meine Critick. Sölten
sich noch Fehler finden, so wird er sie schon selbst sehen.
Wenn er an ein paar Stellen, wo Lorbeer stehet, Epheu pflanzen
wolte, würde er mir gefallen, weil der Lorbeer mir fast zu oft
vorkomt — Sonst ist alles unvergleichlich, und der Dichter
unsterblich, wie Horaz. Wenigstens bekommen wir in tausend
Jahren keinen so guten Odendichter. Sie sagen das gewiß auch !
Ja freilich sage ich das — Ich sage noch mehr, ich sage
es sey kein beßerer möglich. Weder die Franzosen noch
Kngelländer hätten einen Uz; und würden keinen bekommen.
Am liebsten aber möchte ich die ernsthaften Oden gemacht
haben (Sie finden sie in meinem Exemplar vorn in dem Ver-
zeichniß angestrichen und dis Anstreichen that ich, als ich ein-
mahl auf den Einfall kam, ich wolte sie besonders heraus
geben (um sie gewißen Damen in di»* Hände zu liefern, denen
ich, wegen einiger freyen Stellen, das ganze Buch in die Hände
261
zu geben, Bedencken trug.) Die ließe ich dann in ein klein
sauberes Bändchen zusammen drucken, und wäre gewiß, daß
es das Handbuch aller Damen, und aller Weisen werden
würde. — — —
Sie wollen wißen, ob mir die Prophezeyhung aus dem
Caffe- Schalen en beßer nach der alten, oder nach der neuen ge-
falle ? Nach der neuen, liebster Freund ! und zwar um ein gutes
Theil beßer, so wohl was den Plan, als das Sylbenmaaß betrift.
Endlich sagen Sie mir doch, was für Vignetten
Weitbrecht nehmen wird? Sind es, wie in Hagedorns Oden,
Erfindungen der Alten, oder ganz neue. In dem letzten Fall
vermuthe ich nichts sonderlichs. Wir haben gar zu schlechte
Künstler! Wo haben wir nur einen halben Cochin? Ich glaube
also wohl, daß er Gemmas copiren wird, und das ist auch das
beste. Sie haben vielleicht Lust, ihm einige auszusuchen. In
dieser Absicht sende ich Ihnen beykommenden Horaiz, in dem
sie viele schöne Kupferstiche fiuden werden, die selbst vielen
Vorzug vor denen haben, die in des Pine ganz in Kupfer ge-
stochenen kostbaren Ausgabe befindlich sind. Aber zugleich
bitte ich Sie, ihm, in ihrer Bibliotheck, neben ihren Lyrischen
Gedichten, einen Platz zu gönnen, und mir zu erlauben, daß
ich meinen Anacreon, so bald ich eine saubere Ausgabe an-
treffe, zur Gesellschaft nachsenden darf. Dem Herrn
von Croneck, und seinem Freunde, der das Trio vollmachte,
das in Leipzig nach den Mädchen herumstrich, bitte mich zu
empfehlen. Er hat wohl nicht wieder an sein Versprechen
gedacht, und sie wißen wohl nichts davon. Es war, daß er
mir meines Uzen Portrait verschaffen wolte! Ich habe Kleisten,
Kamlern, Gelierten, Bodmern , Zachariä, Klopstocken pp und
mein Uz fehlt mir! Sind sie von einem guten Mahler ge-
mahlet, so schicken sie mir nur auf 8 Tage das Original
Halberstadt den 12*1? Febr. 1756.
Wie gefult ihnen der Früling des Herrn von Kleist im
Italienischen ? In den Buchladen ist er nicht zu haben. Mich
dünckt er läßt sich sehr wohl lesen. Ueberhaupt sind wohl
die Italiäner die besten Uebersetzer. Wie fürtreflich ist der
Lucrezio des Marchetti, der Virgilio des Caro, der Euripide des
Carmelli, der Omero, und Anacreonte des Rolli p. Ich dächte,
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weon die italienische Sprache meine Muttersprache wäre, so
wolte ich noch wohl etwas schreiben, das der Mühe wehrt
wäre. — — —
Ilerr Secretarius Beyer, ein Anbeter und Nachahmer ihrer
lyrischen Gedichte, deßen Versuche sie bald gedruckt lesen
werden, läßt sich ihnen empfehlen. Er ist seit Jahr und Tag,
meine einzige Gesellschaft, mit dem ich mich von den Wercken
der Musen unterhalten kan, ein gutes Genie, dem es aber [an]
Kentniß der Alten fehlet, um die er jedoch sich Mühe giebt.
Der Verfaßer der philosophischen Gespräche und des Werck-
chens, über die Empfindungen, ist kein erdichteter, sondern ein
wurcklicher Jude, noch sehr jung, und von einem treflichen Genie,
der es, ohne Lehrer, in allen Wißenschaften sehr weit gebracht
hat, die Algebra zum Zeitvertreib gebraucht1), wie wir die
Poesie, und doch von Jugend auf, in einer jodischen Handlung
sein Brod verdienet hat. So viel hat mir Herr Leßing von ihm
gesagt. Sein Kahme ist Moses. Maupertuis hat von ihm ge-
scherzt, es fehle ihm, ein großer Maun zu seyn, nichts, als eiu
wenig Vorhaut.
Herr Ramler ist mit seiner Uebersetzung oder vielmehr
Umsetzung2) des Batteux, am dritten Theil. Schicken sie doch
die drey Oden, die er zu Mustern anführen will, bald zurück;
er würde gern sehn, wenn sie drey andre anzeigten, die er zu
gleichem Endzweck gebrauchen könte. Er hat von mir die
Wahl verlangt, ich habe ihn an den Verfaßer selbst verwiesen.
Wie gefallen Ihnen Zachariii TagesZeiten? Er ist einige3)
Wochen, mit zweenen Untergebenen hier bey dem HE. Dohm-
dechant v. Spiegel gewesen, aber wir sind nicht eben oft zu-
sammen gekommen, er bedauret sehr, daß er sie in Brauu-
schweig nicht gesehn hat.
Die verdamten Buchhändler ! Ich habe dem Verleger
meiner scherzhaften Lieder verbothen, keine neue Auflage zu
machen, bis ich selbst Hand anlegen könte! Aber er hat sich
nicht daran gekehret. Vor ein paar Tagen habe eine eben
so schlechte, wie die vorigen erhalten. 50 fl. für die lyrischen
1) Darnach gestrichen: eich vom andren Nachdencken zu erholen:
2) Ueber „Einkleidung* geschrieben. 3) Im original: eigene
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Gedichte! Sind dus nicht Schurcken, die Buchhändler. Nein,
ich habe verschworen; Almosen von den Schurcken zu nehmen p
Die Beaux esprits solten zusammentreten und auf ihre Kosten
einen Buchladen anlegen p.
Ich habe mancberley Kleinigkeiten bisher gemacht. Ich
will ihnen alles auf einmahl zuschicken. Die Uebersetzungen
der meisteu Oden Anacreons, wird schon über Jahr und
Tag für sie abgeschrieben! Ein guter Freund will
einen kleinen säubern Band Gedichte von verschiedenen Ver- •
faßern herausgeben — Es sollen lauter kleine Stücke von
feinem Geschmack seyn — Etwas von mir hat er dazu ire-
kapert, auf ihre Stücke, wird er auch ein Schiff creuzen laßen —
Die Gesellschaft wird ihnen nicht mißfallen; doch gebe ich
ihm ohne ihre Genehmhaltung nichts.
70. Uz an Gleim !).
— — Sie haben auch meine Bitte Statt finden laßen, und
an der Vollkommenheit meiner Gedichte gearbeitet. Sie sind immer
der Pflegvater meiner Muse und beynahe der einige gewesen,
der sich ihrer treulich angenommen hat. Sie haben sie von
ihren ersten Jahren an geleitet, manchen Uebelstand an ihr
verbessert, und sie endlich in die Welt eingeführet. Sie ver-
lassen sie noch nicht. Ihre bey dem mir zugeschickten Exem-
plare beygeschri ebene Anmerkungen werden mir sehr nützlich
seyn. Ich werde viele Veränderungen zu machen haben: aber
wie viel wird unverbessert stehen bleiben, das ich gerne ver-
bessern möchte, wann ich könnte ! Es geht vermuthlich allen
Scribenten so: sie würden niemals etwas zum Druck geben
können, wenn sie eine durfchjgängige Vollkommenheit ver-
langen wollten. Der Mensch bleibt allezeit Mensch, und seine
Werke sind nicht die Werke der Engel. Diejenige Critiken
haben insonderheit Eindruck bey mir gemacht, welche einige
Stellen als zu frey und ungesittet tadeln. Ich bin schon ent-
schlossen, die anstößige Zeile im Traum zu verändern und
vermuthlich zu verderben, die 4te Strophe aus dem Morgen
1) Von Gleims band: ,pr. den 20. Merz 1756"
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wegzustreichen, soviele Vorbitten für sie geschehen, und die
5te Strophe des Morgenlieds auszulaßen. Dieses scheinen mir
die Stellen zu seyn, die man mit einigem Schein als gar zu
schlGpferig verdammen kann. Ich schmeichle mir aber gar nicht,
durch diese Opfer allen Tadel abzuwenden. Es giebt Lettte
genug, die nicht leiden können, daß man von Müdgen, Busen
und Küssen singt. Diese mögen es mit der lyrischen Dicht-
kunst ausmachen. Sie legen dem Dichter zur Last, was eine
• Schuld der ganzen Dich[t]art und aller guten Dichter dieser
Art ist. Wieland hat schon, dem Vernehmen nach, in seinen
Sympathien mich von den frommen Dichtern ausgeschlossen.
Weil ich ihn, in meinem Brief, vom Tempel des guten Ge-
schmacks aus geschlossen, so will er mich aus Rache vom Himmel
ausschließen, aber vermuthlich nur vom Bod menschen Himmel.
Er wird aber künftig wenigstens sehen, daß ich mich bessern
kann ; da ihm hingegen schon so vielmals gesagt worden, dati
er, bey allem seinem vortrefflichen Genie, unsinnig Zeüg schreibe,
und er dennoch immer darauf losschreibt, ohne vernünftiger
zu werden. *
Wieder auf ihre Critik zu kommen, so fürchte ich nicht,
Sie böse zu machen, wenn ich nicht überall ihrer Meinung bin.
Sie haben sich desfalls so billig erkläret, daß ich außer Sorgen
seyn kann. Wenn ich mich mündlich vertheidigen könnte, so
würden Sie vielleicht meine Meinung billigen, oder mich zu
der Ihrigen überreden. Aber, wie Sie selbst erinnern, schrift-
lich laßen sich diese Sachen, welche meist auf Kleinigkeiten
ankommen, ohne die größte Weitläufigkeit nicht ausmachen.
Ich wollte wünschen, wenn ich auch Herrn Rammlers
Verbeßerungen in mehrern Stellen Bey fall geben könnte. Er
hat ohue Zweifel Gründe, die ich aber bey vielen Veränderungen
nicht einzusehen vermag. Er hat immer seinen Horaz vor den
* Am rande: «Schlagen Sie die Briefe der Verstorbenen an hinter-
laß ene Freunde auf. Am Knde der 21. S. und im Anfang der 22. S. ist
ein so schlüpferiges Bild , als das im 3ten Buch des Siegs des Liebes-
gottes von Lesbien und Selimorn, wodurch die Sitten der Zeit geschil-
dert werden. Jenes Wielandische Bild macht noch dazu eine Himm-
lische ! Warum haben Sie mir Ihre Anmerkungen über den Liebesgott
nicht mitgeschickt? Die französische Uebersetzung im Journal etranger
läßt sich wohl leBeu. Aber sie erweitert und lälit weg nach Gefallen.'
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Augen, und denkt, wie ich glaube, bey allen Stellen, ob wohl
jener also gedacht oder sich ausgedrückt haben würde. Da
kann es nun nicht fehlen, daß er bey meinen Gedichten oft
den Kopf schütteln, und an eine Veränderung denken muß.
Er schmelzt dahero um; aber, wie Sie vortrefflich anmerken,
er läßt den Personal- Carackter des Dichters, den er verbessert,
aus den Augen. Ich würde nicht Uz seyn, wenn ich so ge-
schrieben hätte, wie HE. Rnmmler zuweilen vermeint, daß
ich schreiben sollte. Er ist ohnfehlbar ein scharfsinniger Cri-
ticus, und kennt den lyrischen Carackter sehr gut. Ein per-
sönlicher Umgang mit ihm würde mich vielleicht zu einem
ganz andern Mann gemacht haben, als ich bin. Doch kann
ich ihm nicht überall beypflichten. Z. E- In der Ermunterung
zum Vergnügen hat er folgende Verbeßerungen : einen
P ä 1 1 ä 8 t , statt schimmernd Schloß, da doch der Accent nicht
ohne Härtigkeit auf die erste Sylbe gelegt werden kann ; Rosen,
die matter Purpur flecket, wo ich Seinen Gedanken
nicht einsehe; im Grase hingegossen, über welche Redens-
art ich doch selbst im Sieg des Liebesgottes gespottet, und die
auch in der Schweizerischen critischen Dichtkunst als fehler-
haft getadelt wird ; und dergleichen mehr. Im Silen wird bey
den 2, ersten Strophen der Abschuitt nicht beobachtet, welches
meines Erachtens doch in der Ode 'geschehen muß , und auch
Horaz thut. Herr Rammler hat ohne Zweifel die Dithyram-
bische Freyheit nachgeahmt, und seine Bilder sind prächtig
und feürig. Aber würde wohl die Zeile gefallen : 0 1 a ß
mich singen allen Jünglingen und allen Jung-
frauen dein geheimes Lied? Sie schreiben , daß
der Wohlklang Herrn Rammlers höchster Endzweck sey. Aus
verschiedenen Aenderungen vermuthe ich, daß er sonderlich
dem Hiatus abgeneigt seyn möge. So sehr der Hiatus zu ver-
meiden ist, wenn kurze Laut- Buchstaben zusammenstoßen; so
wenig ist derselbe bey langen oder Doppellauten verwerflich.
Unsere Sprache verträgt ihn, und gleicht hierinn der griechi-
schen, da hingegen die lateinische und französische alle Hiatus
vermeiden. Unsere Sprache hat weit mehr Ursache, das Zu-
sammenstoßen gleichlautender Consonanten, welches unsere
Gedichte oft so holpericht macht, zu fliehen, und ich habe
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darauf immer mein Augenmerk gerichtet. Doch genug hievon.
Ich bitte Sie, dem Herrn von Kleist sowohl, als Herrn
Rammlern für ihre gütige Meinung von meinen Gedichten und
ihre Critiken, in meinem Nahmen zu danken, und mich ihrer
Gewogenheit zu empfehlen. Ich habe die 3. Oden, welche der
letztere verbeßert hat, so umgeschrieben, wie ich sie in meiner
neüsten Ausgabe drucken zu laßen gesonnen bin. Ich schließe
sie hier bey. Herr Rammler behält jedoch die Freyheit, diese
oder jene seiner lyrischen Abhandlung beydrucken zu laßen,
wenn er änderst meinen Arbeiten die Ehre, sie anzuführen,
erweisen will. Es wäre jedoch ohne Zweifel viel beßer, wenn
er einige seiner eigenen Oden zu solchem Ende wählen wollte,
indem diese seinen Regeln weit gemäßer und überhaupt sehr
schön seyn werden. Wenigstens getraue ich mich nicht, noch
einige andere vorzuschlagen, welche aus meinen lyrischen Ge-
dichten angeführet zu werden verdienen möchten. Ich über-
laße diese Wahl billig ihm selbst und Ihnen.
Ihre Anmerkungen sind sicher bey mir. Es soll sie nie-
mand, auch Sie selbst nicht, mein liebster Freünd, zu Gesichte
bekommen. Sie wollten sie verbrennen ? Das wäre Schade !
Durch Weitbrechten wird Ihnen die neüe Auflage zugeschickt
werden. Ich werde es ihm befehlen, wenn anders der neüe
Druck noch zu Stande komTnt. Ich habe seit zweyen Monathen
nichts mehr davon gehöret. Weitbrecht hatte mit mir ver-
abredet, daß wenn der Drucker anfangen sollte, derselbe mir
es zu wißen thun würde. Dieses ist bisher noch nicht ge-
schehen, obgleich Ostern herannahet. Hat Weitbrecht seinen
Vorsatz geändert oder nur verschoben ? Beydes ist mir einer-
ley. Ich bessere indeßen an meineu Gedichten, welches ihnen
nichts schadet, wenn sie auch gleich nicht neü aufgeleget
werden. Die Vignetteu sind wohl nicht von Gemmis copirt,
sondern nette Erfindungen. Wenigstens sind die Proben, die
mir überschickt worden, und die zum Sieg des Liebesgottes
bestimmt sind, modern, und ungefähr im Geschmack der Kupfer
beym Popischen Lockenraube. Bey einem Gedichte, welches
die neuen und heütigen Sitten zum Gegenstande hat, schicken
sich wohl auch solche Kupfer am besten, die zugleich die heü-
tigen Moden abbilden. Aber bey den lyrischen Gedichten hätte
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ich lieber antique Vorstellungen gesehen. Der Verleger hat
mich nicht gefragt, sondern sie selber angedingt. Doch schreibt
er mir, daß HE. Professor Christ in Leipzig die Aufsicht Über
die Zeichnungen gehabt. So viel ist gewiß, daß die Stiche
ganz gut sind. Die neüe Auflage aller Hagedorn ischen Schriften
wird vermuthlich ein Muster eines Buches werden, das nach
dem besten Geschmacke gedruckt ist. Aber ist es nicht Schade
und Schande, daß Sie Ihre Lieder nicht durch einen äußer-
lichen Schmuck noch angenehmer zu machen bedacht sind- Sie
sind zwar reinlich und sauber, doch nicht nach Würden ge-
druckt. Ich muß mich schämen, wenn meine Muse besser
gekleidet einhertreten soll, als die Ihrige. Was für schöne
Erfindungen des Alterthums würden sich bey Ihren Liedern
und insonderheit Ihrem deutschen Anakreon anbringen laßen !
Ich verbiethe Ihnen, daran zu denken, mich mit einem grie-
chischen Anakreon, Ihrem Versprechen nach, zu beschenken,
bis Ihr deütscher dabey ist. Wie begierig bin ich, solchen
zu lesen! Herr von Cronegk erzehlt mir Wunderdinge davon.
Machen Sie einmal fort mit dieser Arbeit und eudigen Sie
alles was Sie angefangen. Entledigen Sie sich aller Verbin-
dungen, die nicht nothwendig sind, und bedenken Sie, daß Sie
den Musen vor die Gaben Rechenschaft geben müssen, die Sie
nicht gebrauchen. Der Tod, liebster Freünd, überraschet uns,
ehe wir venuuthen; und warum wollen wir dem Parnaß Säug-
linge und unmündige Kinder hinterlaßen? Ich selbst dichte
nicht viel. Meine lyrische Zeit wird meistens vergangen seyn :
die Canzley will sich auch damit nicht recht vertragen. Ich
arbeite an einem moralischen Gedichte, wovon Sie vielleicht
eine Probe bald zu sehen bekommen. Inzwischen sende ich
Ihnen die aus der englischen Clarißa tibersetzte Ode. Sie ist
auf die Melodie gerichtet, welche beym Grundtexte angedruckt
stehet, und meine Arbeit versüsset hat. Denn ich gestehe,
daß Sie mir sauer geworden, und doch bin ich dem ohnerachtet
weit unter dem Original geblieben.
Sie sehen daraus, daß ich kein Feind der Engeländer bin.
Ich hasse nur die ungeschickte Nachahmung und den Schwulst,
der unsre neuere Gedichte so oft verstellt. Ich sage auch
nichts in meinem angefochtenen critischen Briefe, als was
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Nicolai seit der Zeit noch weit starker in seinen Briefen, die
so sehr nach meinem Geschmacke sind und gewiß vielen
Nutzen schaffen werden, ebenfalls gesagt hat. Die Mizraimische
Finsterniß ist den Schweizerischen Dichtern eigen. Ihre Freünde
haben sich nicht deßen anzunehmen: denn weder Herr v. Kleist
noch Herr Rammler werfen immer mitMizraim, Olymp und ura-
nisch herum. Doch *) will ich die Zeilen vom Sylbenmaaße weg-
laßen, weil ich die Hexameter Oberhaupt nicht misbillige.
Anspach den 12. Mart. 1756.
Ich habe des HE. Zachariä Tagzeiten gelesen, und zwar
nicht ohne Vergnügen, ob ich gleich glaube, daß er zu der
darinn gebrauchten Schreibart nicht gebohren ist. Die Nach-
ahmung Thomsons und des Herrn v. Kleist zeigt sich gar zu
stark, und er bleibt in Ansehung der Starke der Mahlerey weit
hinter seinen Mustern. Die italienische Uebersetzung des Früh-
lings gefallt mir sehr wohl. Was in Original manchmal zu
stark und undeütsch ist, verschwindet in der Uebersetzung.
Ich danke Ihrem Freünde, der einige meiner Poesien in
seine Sammlung bringen will : ich habe nichts dagegen zu er-
innern. Auch dem HE. Secretair Beyer empfehlen Sie mich,
deßen Versuch ich fretidig erwarte , weil er einen Gleim zum
Freünd und Kunstrichter hat. Wie beneide ich ihn ! Wann
ich doch Flügel hätte! - - Doch ich habe keine!
Ich glaube, mit Ihnen, daß meine ernsthaften Oden meine
vorzüglichsten Arbeiten sind. Dem ohnerachtet wissen Sie,
daß nicht diese das bisgen Ruhm, das, solang Gott und die
Critici wollen , ich erhalten habe mir zuwegegebracht. Denn
wieviel ernsthafte Stücke waren in meiner ersten Samm-
lung?
71. Uz an Gleim.
Liebster Freünd,
Sie haben ein Recht, zu verlangen, daß ich Ihnen wegen
der neüen Ausgabe meiner Gedichte Rechenschaft thun soll.
Weitbrecht hat mir vor 14 Tagen geschrieben, daß der Druck
bis Michaelis vollendet, und Breitkopf solchen besorgen würde.
1) Im original wiederholt.
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Ich habe daher ein Exemplar auf[s] genaueste corrigirt, und
ttberscbicke es mit heütiger Post an Breitkopf. Bey der Ver-
besserung ist ein großer Theil meiner Arbeit gewesen, ver-
schiedene alte Lesarten wieder herzustellen. Vielleicht habe
ich zu viele angenommen, vielleicht zu wenig. Bey verschie-
denen Stellen waren ich und meine Freünde zweifelhaft. Ich
habe wenige neüe Verbesserungen : doch werden Sie manche
finden, die Sie mir angerathen haben. Es würden mehr Ver-
änderungen gemacht worden seyn, wenn ich alle schwache
Stellen hätte ausmerzen sollen. Aber ich habe mir ein Gesetz
gemacht, keine Veränderung anzunehmen, die nicht offenbar
nothwendig oder unzweifelhaft besser gewesen, wenigstens mir
also geschienen. Es kann seyn, daß man mit mir wiederum
nicht zufrieden ist. Der stärkste Zweifel hat sich wegen des
Gedichtes : der Morgen ereignet. Ich war gänzlich entschlossen,
solches wegzulaßen. Aber Herr v. Cronegk und alle meine
hiesige Freünde haben sich widersetzt Die Furcht, Anlaß
zu geben, daß Weitbrechts Auflage für unvollständig und dahero
für schlechter gehalten werden möchte, als die ältern, hat mich
endlich zum Nachgeben bewogen. Hierzu kam noch der Ge-
danke, daß dieses Lied eine rechtmäßige ehlige Liebe zum
Gegenstand hat und solche von einer reizenden Seite vorstellt,
welches den Sitten eher vorträglich, als schädlich ist.
Weil Weitbrecht sich mit meinem zweyten Verleger güth-
lich gesetzt, so hätte ich zwar ohnbedenklich diese Sammlung
vermehren können, wenn ich nicht die Besitzer der erstem
Auflagen schonen wollen. Doch habe ich, auf Weitbrechts
dringendes Anhalten, die Uebersetzung der Ode an die Weis-
heit aus der Clarißa. als einen Anhang beygefüget.
Keine neüe Vorrede habe ich nicht für nöthig erachtet, ohn-
erachtet ich anfänglich Willens gewesen , dem Verfaßer der
Sympathien zu antworten. Meine Freünde haben meine Ent-
schließung geändert , und meine zu diesem Ende aufgesetzte
Vorrede verworfen. Es ist also bloß eine Anmerkung zu der
letzten Ode des dritten Buches dazu angewendet worden, die
Feinde der fröhligen Dichtkunst überhaupt und ohne der Sym-
pathien zu gedenken kürzlich abzufertigen. Ich bin fast ge-
wiß, daß Sie diese Mäßigung billigen, Sie, der Sie niemanden
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270
antworten ; und meine Freunde haben sich auch auf Ihr Ur-
theil beruffen. Der Angriff geht in der That sowohl auf Sie
und Hagedorn, als auf mich, nur daß er sein paßionirtes
Gemüth gegen mich dadurch verräth, daß er mich vorzüglich
nennet. Wenn die Stelle von dem elenden anakreontischen
Sperling ebenfalls mich angeht, wie niemand zweiflen kann ; so
ist der Angriff sehr grob. Wieland kann gewiß glauben, daß
ers mir nicht umsonst gethan; und sein Nähme wird künftig-
hin oft in meinen Versen zukommen. Sollten die Zunöthi-
gungen von Seiten der Schweitzer fortfahren, so werde ich
mich vertheidigen, und vielleicht weiter gehen, als diese Secte
vermuthet. Wieland ist ein Schwärmer, und ich vermuthe ihn
noch unter den Quäckern zu sehen.
Wie die neüe Edition der Gedichte ausfallen werde, muß
ich erwarten. Ich habe Breitkopfen und Weitbrechten scharf
eingebunden, auch nicht die geringste Kleinigkeit eigenmächtig
zu ändern. Breitkopf, wie Sie wißen, hat schon einmal in
diesem Stücke gesündiget : aber eben das Aufsehen , welches
deßelben Vorgehen gemacht hat, wird ihn behutsamer machen.
Sie werden mir Ihre Gedanken von der ganzen Auflage schreiben,
sobald es möglich ist. Weitbrecht will für mich etliche Exem-
plarien auf schöneres Papier drucken laßen, und ich habe ihm
aufgegeben, Ihnen eines davon aufs schleünigste zuzuschicken.
Ich muß noch erinnern, daß ich in dem Gedichte: Ermunte-
rung zum Vergnügen, nach langem Rath schlagen mit meinen
Freünden, die alte Lesart bey beb alten habe, und es daher in
der neüen Auflage heißen wird:
Die Hofnung träumt, was nie vielleicht geschiehet,
So hitzig wir ihm nachgestrebt.
Indefien flieht und ungekannt entfliehet,
Die Fredde, die uns nahe schwebt
Geben Sie Herrn Rammlern, wenn sies für nöthig finden,
hiervon zeitlich Nachricht. Seine zwey ersten Theile des Batteux
haben meinen großen Bey fall. Die Bescheidenheit und Billig-
keit, die darinnen herrschet, ist sehr edel. Aber warum hat
er der deutschen Fabeldichter Carackter nicht bestimmt, wie
Batteux mit den übrigen gethan? HE. Rammler hätte sich
dieser schweren Sache unterziehen können. — — —
Anspach den 12. .luly 1750.
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Der liebe Herr Sucro ist gestorben in Coburg: ich be-
dauere ihn sehr. Wenn er doch nur seinen Druiden neü heraus-
gegeben hätte, den ich für die beste Wochenschrift im Deut-
schen halte. Er ist fast nicht zu haben, und noch dazu so
schlecht gedruckt.
Die Idyllen von dem Verfaßer des Daphnis sind sehr
niedlich gedruckt , und voll artiger Ideen und Bilder , ob er
gleich den Hirten auch zuweilen ablegt, und den Philosophen
anzieht. Aber was sind Idyllen in Prosa? Sollte ein so glück-
liches Naturell nicht einem Sylbenmaaße sich unterwerfen
können ?
Die Sammlung vermischter Gedichte ist vermuthlich von
ihrem Freunde, dem Herrn Beyer. Sie ist wenigstens zu Berlin
gedruckt, und ich habe ein schönes Genie in dem, was ich ge-
lesen, angetroffen. Was kann er noch werden, da er um Sie
ist ? Aber Sie haben ja Romanzen drucken laßen: ist es
wahr? Man sagt es wenigstens.
Man soll sich sobalden nicht zu einer netten Verbeßerung
bereden. Ich werde niemals mehr gedemüthiget, als über diese
Arbeit. Wie viel finde ich, das zu ändern wäre und wie viel
muß ich ohngeändert stehen laßen: Jeder Dichter hat seine
Schranke.
72. Gleim an Uz.
Liebster Freund,
Ich muß nur den langen Brief, den ich, schon vor langer
Zeit, an Sie angefangen, und biß auf drey Bogen gebracht
habe, liegen laßen, und ihnen sagen, daß Weitbrecht mir ein
Exemplar der neuen Ausgabe ihrer lyrischen Gedichte zum
Geschenck Ubersand hat; — — — Zu beurtheilen, ob sie
merckliche Verbeßerungen gemacht haben, dazu fehlt mir
mein ihnen übersandtes altes Exemplar, und ich bitte Sie,
liebster Freund, es mir nicht allein dieserhalb, sondern auch,
wegen der dabey geschriebenen flüchtigen An ine rc klingen, mit
erster Post zurück zu senden. Einige beraerckte Veränderungen
gefallen mir sehr wohl, und die Ode an die Weisheit ist ganz
fürtreflich, sie mag mit dem englischen übereinkommen oder
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nicht, welches ich nicht beurtheilen kan, weil ich das Original
nicht habe. Mit den Vignetten werden sie wohl nicht durch-
gängig zufrieden seyn. Ich weiß nicht, wer sie aussieben
hat, aber mich dünckt, man hätte sie aus den Gedichten selbst
nehmen müßen. Was für ein artig Kupferchen konten die
beyden Verse an die Hand gegeben haben:
*
Durch sie wird selbst Lyäus zahm pemacat
Der hinter ihr mit einer Mose lacht
Auch ist der Druck und das Papier nicht schon genug,
und Sallier, der berühmte Tadler der BuchdruckerKunst, würde
an der Arbeit des Drukkers manches auszusetzen finden. Aber
wir werden auf deutsche Meisterstucke dieser Kunst noch lange
warten müßen, da unsere Buchhändler und Buchdrucker, unter
allen Menschen die dümmsten sind, und nur auf Gewinn sehen,
nicht auf Ehre. Indeß mochte ich doch von allen unsern
Dichtern meinen Uz am liebsten in einem säubern Druck
sehen, weil Er der einzige Dichter ist, deu wir den Ausländern
entgegen setzen können, und den Alten an die Seite. In meiner
Hand sind keine Schriftsteller lieber beysammen, als Horatz
und Uz, auch stehen sie in meiner Bibliotheck beieinander, in
gleicher Kleidung, und haben zum Titul nur ihre Nahmen:
Horatius. Uz.
Wie gefällt Ihnen die neue Ausgabe von des HE. von
Kleists Gedichten, die sie ohne Zweifel schon haben? Der
entstandene Krieg ist Schuld, daß es nicht wahr ist, was in
der Vorrede steht, sie sey unter seinen Augen gemacht. Er
ist auch nicht durchgebnds damit zufrieden, wie er mir aus
Zittau, wo er sich mit den Pandnren herum schlagen muß,
erst neulich geschrieben hat.
Sie, mein liebster Uz, sie allein von allen unsern Poeten
solten den Held bev Lowositz besingen. Wenn sie uberzeugt
sind, daß unser Friederith den gerechtesten Krieg führt, der
jeniahls gefuhrt ist, und davon maßen sie überzeugt seyn, so
solten sie auf ihn die Ode singen, die Horaz auf den August
sang, als Er — Ich will gleich die Ode aufsuchen. Es ist
die 14i£ des 411" Buchs. Qu© cura patrum p Es ist keine
Zeile darin , die nicht auf unsern Held paßt. Sine clade
victor war er bey Einschließung der Sachsen. Ein Poet sollte
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sich mercken , daß Osterreichische Ueberläufer gesagt haben,
über dem Berge, worauf der König gehalten hätte, die Schlacht
zu übersehen, und Befehle zu ertheilen, hätte ein Engel ge-
schwebt; ingleichen daß würcklich während der Schlacht ein
Ungewitter entstanden, und gleichsam den weichenden Feinden
nachgezogen, und über denselben bis in die späte Nacht ge-
donnert hätte! Aber wird mein Uz auch noch Helden singen
nachdem Er so oft gesagt hat XaiQoue "H(ko€q ! und seitdem
mein Kleist von ihm singt : Er schaut, wenn Schaaren wilder
Krieger lärmen, Nur Wespen schwärmen. Was für schöne
Materien giebt ihnen unsre Zeit, zu Oden von solchem Inhalt,
wie die unter dem Titul: das bedrängte Deutschland. Im
Vorbeygehn muß ich Ihnen sagen, liebster Freund, daß ich
bey dieser Ode gewünscht habe, daß über einigen ihrer Oden
die Jahrzahl in die sie gehören, bemerckt seyn möchte, damit
nicht ein künftiger Sanadon sich darüber tod quälen, und zu-
letzt doch das unrechte Jahr bestimmen möge. — — —
Halberstadt den 1911" Dec: 1756
Wie befinden sich meine dortigen Freunde HE. Hoffrath
von Croneck, und HErr Schnelle? Soll ich nicht erfahren,
wer der Herr Hoffadvocat G - - ist ? den sie in dem Briefe an
ihn , so caracterisiren , daß man seine Bekantschaft, als wie
die, eines zweeten Uz wünschet? Auch zu den übrigen Punc-
tirten Nahmen möchte ich den Schlüßel haben, wenn nichts
bedenkliches dabey ist.
Wie ihnen die kürzlich heraus gekommenen Berlinischen
Fabeln gefallen ? darum habe ich sie in dem liegengebliebnen
langen Briefe gefraget? Ich soll ihnen den Verfaßer nicht
ehe verrathen, als bis ich weiß, daß sie einigermaßen damit
zufrieden sind. Er hat sich befließen Simpel zu seyn, und ist
es vielleicht allzusehr. Er wird nächstens noch einige Bogen
herausgeben. Haben sie diese Fabeln und die Romanzen
nicht, so auch erst herausgekommen sind, so kan ich ihnen ein
halb Dutzend Exemplare senden. Der Verfaßer hat mich mit
einem Dutzend beschenckt.
Die Anmerckung wieder die Encratiten p.1) ist so
1) Lücke.
G 1 eim-Uc , Briefwechsel. 18
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bescheiden , daß der Verfaßer der Sympathien, sich glücklich
schätzen kan, wenn sie es dabey laßen p.
73. Uz an Gleim. ')
Ich verwundere mich nicht, daß Sie, ein so feiner
Kenner alles deßen, was schön ist, die VVeitbrechtische Auflage
meiner Gedichte nicht sehr loben. Weder ich, noch meine hie-
sigen Freünde sind damit sonderlich zufrieden. Das Papier ist
schlecht. Die Vignetten im Sieg des Liebesgottes sind gut
genug: aber die bey den Liedern sind weder der Erfindung,
noch der Ausführung nach schön. Lauter Leyern ! Billig
hätten die Erfindungen, wie Sie schreiben, aus den Gedichten
selbst genommen werden sollen. Doch bey allem dem ist die
Auflage schön genug, da viele andere weit beßere Dichter noch
mittelmäßiger gedruckt sind. Bedienen Sie sich immittelst des
netten Exemplars, bis ich Ihnen das alte wieder zurück schicken
kann, welches Sie so eyfrig wieder zu haben wünschen. Es
ist billig, daß ich hierunten willfahre! Aber ich muß erst
einige Critiken und Verbeßerungen abschreiben, die mir vielleicht
noch ins künftige nutzen könnten. Zugleich will ich die Ur-
sachen beyschreiben, warum ich einige Veränderungen nicht
angenommen, auch was ich sonst noch zu erinnern habe, und
wer unter den punetirten Nahmen hier und dar verstanden wird.
Die Berlinischen Fabeln und Romanzen habe ich schon
vor 6. Monathen gelesen. Sie wollen umsonst unter der Decke
verborgen bleiben : Man hat den Apelles sogleich erkannt. Wer
sonst, als Gleim, sollte, unter allen heutigen deutschen Dich-
tern, die unnachahmliche Naivetat erreichen, die Phädrus und
die alten Romanzendichter besitzen? Ihre erste Romanze in-
sonderheit ist ein Meisterstück in dieser Art. Wann Sie ein
Exemplar von beyderley Gedichten übrig haben, so beschenken
Sie mich damit, und ich will dereinst mit mehrerm von diesem
Punct an Sie schreiben.
Ihr großer König verdient, von einem größern Dichter
besungen zu werden, als ich bin. Vielleicht hätte sich auch
1) Von Gleims band: „beantwortet ni fallor den 12112 May 1757*
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ein Horaz gefunden, wenn die deutschen Musen in mehrerer
Achtung stünden. Krieg und Helden sind kein Stoff für meine
Lieder. Ich habe dieses in der beiliegenden Ode weitläufiger
gesagt, die ich auf Ihre Ermunterung geschrieben. Die Leyer
hat übrigens gute Ruhe vor mir, indem die Canzley-Geschäfte
sich mit dem lyrischen Feüer nicht vertragen wollen. Aber
womit beschäftiget sich denn Ihre Muse? Wird Sie sich nicht
an die großen Thaten unsrer Zeit wagen? Sie müssen mit
Ihren Arbeiten nicht so heimlich gegen Ihren Freünd seyn,
der alles, was aus Ihrer Feder fließt, unendlich hochschätzt.
Ich bedaure den Herrn von Kleist, daß er so gefährliche
Winter-Quartiere hat. Die Musen werden für ihren Freund
wachen. Ich habe schon zweymal gezittert, da ich unter den
Erschlagenen einen Kleist gefunden. Damit ich inskünftige
mich nicht vergebens bekümmere, so Schreiben Sie mir näch-
stens, welchen Posten derselbe bekleidet, und in welchem Regi-
ment er dient.
Glauben Sie nicht, daß bey diesen unglücklichen Zeiten
der künftige Leipziger Meß-Catalogus eben so schwach aus-
fallen wird, als der letztere ? Es wird zwar an Schriftstellern
nicht fehlen, aber vielleicht an Verlegern. Wenn nur die
Hagedornischen Schriften herauskommen , welche vermuth-
lich in aller Schönheit des Drucks erscheinen werden! Ich
wünsche nicht weniger, daß die neüe critische Monathschrift,
die aus Berlin schon im vorigen Jahr angekündiget wor-
den, nicht zurückbleiben möge. Man verspricht sich viel
gutes von ihr: Sie auch? Wir haben wenige Kunstrichter,
die diesen Nahmen verdienen; und man sieht es wohl an den
Gedichten, die den Parnaß tiberschwemmen und dem wahren
alten Geschmack nicht gemäß sind. Die HE. Schweitzer haben
eine ihren Kräften würdige Arbeit angefangen, da sie die Ge-
dichte der Minnesinger, mit dem Glossario, herausgeben wollen.
Ich wollte wünschen, daß sie , an statt ihrer Heldengedichte,
sich auf solche Beschäftigungen einschränketen. — — —
Anspach den 28. Febr. 1757.
Ein hiesiger Buchhändler wird vielleicht die Ode an die
Weisheit, nebst dem englischen Text und der Melodie, drucken
laßen : Soll ich es Ihnen schicken, wenn es noch herauskommt?
18*
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Herr Hof Rath von Cronegk läßt sich Ihnen empfehlen: er
trinkt mir Ihre Gesundheit zu, so oft wir beysammen sind.
Wenn Ihnen meine flüchtige Ode der Verbesserung nicht
ganz unwürdig scheint, so helfen Sie mir mit Ihrer Critik.
74. Gleim an Uz.
Liebster Freund, Halberstadt den 16*£2 May 1757.
Ich bin ihnen, für die fürtrefliche Ode, die sie mir in
ihrem letzten Schreiben übersand haben, noch den größesten
Danck schuldig! Die Klagen ihrer frommen Muse sind nicht
erhört! Vermuthlich wißen sie so gut als wir, wie viel
Menschen sich am 6*2!? dieses bey Prag einander umgebracht,
Menschen, unter denen vielleicht manche gewesen, die sich
geliebt hätten, wie Uz und Gleim, wenn sie nicht, für ein ge-
ringes Taglohn, schuldig geworden wären, sich einander uni-
zubringen — Ob ich gleich alle Listen unserer Eroberungen
vor mir liegen habe, so will ich Ihnen doch kein Wort davon
sagen. Denn sind Sie nicht Oesterreichs BundesGenoße ? Und
würde ich sie nicht nur, damit ärgern?
Sie verlangen mein Urtheil über ihre Ode? Sie ist un-
verbeßerlich, und verdient mit größtem Recht, eine der ersten
Stellen unter ihren Meisterstücken. Indeß, dünckt mich, würde
die Zeile:
Und alle Nationen zagen !
wenn sie den Schluß machte, den Leser in einem großen Affect
der Erwartung von sich laßen. Einige meiner Freunde, denen
ich sie also gelesen, sind gleicher Meinung, vornehmlich auch
der Herr von Kleist. Die Wünsche, so ich für das Leben
dieses rechtschaffenen Freundes gethan habe, hat bisher der
Himmel erhört. Vier Majors des Regiments, wobey er ge-
standen, sind ein Opfer des Krieges geworden, und zwar hat
sie die Reihe des Commando allezeit nahe an meinem Kleist
betroffen. Gott Lob! er lebt! Er ist aus den gefährlichen
Posten, Hirschfeld, Ostritz, glücklich entkommen, und steht
jetzt als Major bey dem Regiment des General Hauß, in Leipzig.
Ich habe mir das Vergnügen gemacht, ihn daselbst zu besuchen,
und bin acht Tage bey ihm gewesen. Zwar entschloß ich
277
mich zu diesem Besuch, weil mir Herr Leßiug schrieb, er liege
am hitzigen Fieber kranck — in einem Tage flog ich hin —
aber ich war so glücklich ihn ziemlich beßer anzutreffen, und
ehe ich abreiste, hatte ich schon wieder eine Spatzierfahrt mit
ihm gethan. Alle Tage sähe der Held einen Schwärm von
Poeten vor seinem Bette, doch waren ihm nur Geliert und
Leßing angenehm. Einmahl sagte ich, wäre doch unser Uz
bey uns! Warhaftig sagte er, ich spränge für Freuden aus
dem Bette — Wenn sie ihm schreiben wollen, (und sie würden
ihm mit ihrer Correspondenz, ein groß Vergnügen machen) so
dürfen sie nur die Briefe an ihn als den Major des Regiments
du General Hauß au Service du Roy de Pruße a Leipzig
addreßiren. Er bleibt vor der Hand noch da, und wäre er
weg, so weiß das Postamt, wo das Regiment steht. Briefe,
ohne alle Coinplimente, sind ihm die liebsten. Das, Hoch-
wohlgeb ohrner Herr, kan er nicht vertragen, er würde
die vollkommenste Satyre auf den Adel machen, und sich stärcker
ausdrükken, als Boileau und Young, wenn er nicht ein Feind
der Satire wäre.
Sie fragen mich, liebster Freund, ob meine Muse sich nicht
an die großen Thaten unsrer Zeit wagen wolle? Nein liebster
Freund. Sie wird es nicht thun. Sie wird, wie Herr Leßing
sagt, mit aesopischer Schüchternheit, stillere Weisheit lehren,
wie sie bisher gethan hat. Sehn sie hier, den zwoten Versuch !
Was werden Sie zu meinem Fleiße, oder vielmehr zu meiner
Uebereilung sagen ? Denn in der That übereile ich mich mit
allen meinen poetischen Arbeiten. Sie haben mir vorlängst ge-
rathen, nicht so fruchtbar an neuern zu seyn, sondern vielmehr
die altern vollkommener zu machen. Aber sie glauben nicht,
wie mühsam das für mich ist. Meine Sachen gefallen mir nur
etwa so lange, als einem Ehemann seine Frau gefallen mag.
Acht Tage nach der Hochzeit findet er so viel daran auszu-
setzen, daß er sich scheiden laßen möchte, um eine andre zu
nehmen, und ich finde an den W e r k 1 e i n meiner Muse so
viel zu tadeln, daß ich sie alle ganz wieder ausstreichen möchte.
Weil mir indeß doch gute und ehrliche Freunde sagen , daß
sie so schlecht nicht sind, so eile ich damit zum Drukke, so
lange ich es ihnen noch glaube. — Sie, liebster Freund, haben
278
mir schon bey dem erstell Buch und den Romanzen versprochen,
mir ihr Urtheil davon ausführlich zu schreiben. Thun sie es
doch nun auf einmahl von beyden Buchern. Sie können mich
ihnen nicht mehr verbinden. Ich lege eiu Exemplar davon
bey. Das eine ist für den HE. Hoffrath v. Croneck,
nebst meiner ergebensten Empfehlung ! Ich wünschte, daß ich
ihn wieder zu Leipzig angetroffen hätte, und Sie mit ihm, mein
liebster Freund Ich bin Willens diesen Sommer, kurz
nach Johanni, nach Pyrmont zu gehen, den Brunnen zu trincken.
Kommen sie doch auch dahin, oder thun sie einen andern Vor-
schlag zu einem llendezVous. — — —
Herrn von Hagedorns VVercke sind neu heraus. Ich habe
sie noch nicht gesehn ; auch sonst nichts neues von der Meße.
Von Herrn Ramlers Uebersetzung des Batteux wird ver-
mutlich der 2I£ Theil heraus seyn. Was er von meinem Uz
sagt, ist viel zu wenig, als daß ich damit zufrieden seyn könte.
Er hat mir einige Bogen geschickt. Ueberhaupt scheint er zu
furchtsam zu seyn, seine Urtheile gerade heraus zu sagen.
Schicken sie mir doch ja die Ode an die Weisheit, nebst
dem englischen Text und der Melodie! Herr Fleischer zu
Braunschweig, ein Componist, den sie vielleicht bey ihrem
letzten Dortseyn, kennen gelernt, will alle ihre Oden in Musick
setzen. Zwey Theile von seiner Arbeit sind schon heraus. Im
2iU} sind viele aus meinen gereimten Liedern. Viele sind nicht
übel gerathen.
Herr Wieland hat in seinen Empfindungen eine neue
Raserey wieder sie und Herr Beyer, und auch mich. Herr
Beyer will absolut nicht nur Mitleiden mit ihm haben, sondern
seinen ganzen Zorn auf ihn ausschütten. Er ist ein würck-
licher Schwärmer in seinen letzten Schriften, und wird es immer
mehr seyn. Was für Schaden ist es um ein so fürtrefliches Genie!
75. Uz an Gleim.
Liebster Freünd,
Die unglücklichen Zeiten, in welchen wir leben, muntern
nicht sehr auf, Briefe zu schreiben oder zu lesen. Trauriger
Zeitpunct, wo man mehr seufzen, als reden kann! Muß ich
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dann itzo auch für meinen Freünd, für ineinen Gleim zittern !
Liebster Freünd ! laßen Sie mich nicht länger in der Ungewiß-
heit Ihres Zustandes, als Sie es selbst sind. Wie herzlich
wünsche ich, daß das Ungewitter, so sich über Ihnen zusammen-
zieht, ohne Ihnen zu schaden, vorüber gehen möge ! Ich be-
schwöre Sie, schreiben Sie mir sobald, als Sie können.
Sie werden sich über das beyliegende gedruckte Schreiben
gewiß verwundern. Ich biu eben so wenig, als HE. Bayer, geneigt,
bloß Mitleiden mit Wielanden zu haben. Dieses Schreiben ist
nicht zum Druck bestimmt gewesen: Sie sollten es nur ge-
schrieben lesen, nachdem ich es diesen vergangenen Frühling
in Nebenstunden aufgesetzt hatte. Der neüe plumpe Angriff"
hat meinen Entschluß geändert und mich bewogen, es allhier
drucken zu laßen , doch Ihres Nahmens, aus leicht zu erach-
tenden Ursachen, einiger Maßen zu schonen. Werden Sie
diese abgedrungene Gegenwehr tadeln? Ich sehe, daß ich mit
unversöhnlichen Feinden zu thun habe, die alle Gelegenheiten
mit den Haaren herbeyziehen, mich schwarz zu machen, und
auf diese niederträchtige Weise sich wegen einiger Wahrheiten,
die ich Ihnen gesagt habe, an mir zu rächen. Sie haben hierzu
nichts bequemer gefunden, als des übelberüchtigten Argumenti
ab invidia sich zu bedienen. Sie bringen die Religion mit in
das Spiel und hetzen die Theologen auf. Ich habe daher ein
gutes Werk zu thun geglaubt, wenn ich das Publicum in den
Stand setzete, über den Wielandischen Streit zu urtheilen.
Eines Theiis habe ich darzuthun gesucht, daß es erlaubt sey,
durch eine fröhlige Muse Wein uud Liebe besingen zu lassen.
Andern Theiis habe ich denen Herren, die sich so weit über uns
erhaben zu seyu dünken, weil sie erbaulich seyn wollen, zu
Gemüthe geführt, daß es nicht genug sey, zu lehren, sondern
daß der Dichter reizend lehren müsse. Ich habe am Ende
noch einige Betrachtungen über die Schreibart in geistlichen
Gedichten angehängt, weil ich voraussehe, daß wir im kurzen
mit eben so vielen schlechten Gedichten dieser Art tiberschwemmet
werden möchten, als es bey der Anakreontischen Art geschehen.
Ob ich diesen Absichten einiges Genüge geleistet, erwarte ich
Ihr Urtheil. Ich habe mich wenigstens beflissen, alle entbehr-
liche Härte zu vermeiden. Es wäre mir nichts leichters ge-
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wesen, als Wielandeu und seine Auflietzer lächerlich zu machen,
da diese Leüte auch einem Schönaich Bloße gegebeu. Aber
ich habe diesesmal noch ernsthaft mit ihnen geredet, will aber
nicht fürs künftige stehen. Es sollte mir leid seyn, wann ich
durch fernere Reitzungen weiter getrieben werden sollte als ich
dermalen noch selbst denke. Herrn Bodmern hätte ich gern
verschont, da ich in ihm den Kunstrichter eben so hoch schätze,
als ich den Poeten verachte. Aber dieser Mann ist die wahre
fax et tuba belli. Die Zürcher freyniüthigen Nachrichten sind
sein Tummelplatz, wo er seine Rache ausläßt, und sogar in
Privat- Schreiben, an seine Freünde in den hiesigen Gegenden,
nimmt er mich auf das ärgste herum. Soll ich immer schwei-
gen ? J) Dieser Streit, mein liebster Freund, geht Sie mehr
an , als mich. Ich werde unter den anakreontischen Dich-
tern mitgescholten , da ich doch keiner bin. Warum wird
Leßings nicht gedacht? Warum nicht der Bremischen Bey-
träge? Ist diese Partheylichkeit auszustehen, an Leuten, die
von nichts als Christenthum predigen, und die ehmals2), da ich
noch nicht die Ehre gehabt , ihnen zu misfallen , der feinen
und naiven Scherze eines Utz mit Ruhm gedacht haben ? Hab
ich niemals ernsthaft gedichtet?
Genug hievon ! Ich danke Ihnen für Ihre Romanzen und
Fabeln. Herr v. Cronegk ingleichen, der sich Ihnen empfehlen
läßt. Ich habe beyde mit neuem Vergnügen gelesen. Ihre
Fabeln haben das Kurze uud das Siccum des Phädrus, wodurch
sie den Fabeln der Minnesinger ähnlich werden. Es scheint
aber, daß , indem Sie diese Eigenschaften in Ihre Fabeln zu
bringen suchen, das Sylbenmaaß zuweilen vernachläßiget, und
der Verstand zusehr von einer Zeile in die andere gezogen
wird. Ich weis wohl, was sich wider meine Aumerkuug sagen
läßt; und obgleich das Ohr auf meiner Seite ist, so will ich
doch nicht darauf beharren, da Sie ohnfehlbar über die Schreib-
art in Fabeln mehr nachgedacht haben, als ich. Indem ich
die Romanzen nochmals durchgelesen , habe ich bedauert, daß
Sie die allzupoßierlichen Titel vorangesetzt. Sie haben da-
durch einigen Recensenten Anlaß gegeben, Ihre Romanzen für
1) Darnach gestrichen : „und niemals reden?"
2) Am runde: «Sehen Sie den Crito nach,*
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Satiren auf die Mordgeschichte anzusehen. Ein Gegenstand, der
zu weit unter Ihnen ist! Die Romanze ist keine Satire.
Anspach den 28. Jul. 1757.
An Herrn v. Kleist habe ich uicht geschrieben. Nach
den Zeitungen zu urtheilen, ist er nicht mehr in Leipzig. Ich
will meinen Briefwechsel mit ihm in glücklichern Zeiten an-
fangen: ach! wann kommen sie?
Sie finden hier die Ode an die Weisheit beygeschloßen.
Ich weis nicht, warum der närrsche Verleger Berlin auf den
Titel gesetzt. Ich glaube, daß er es Weitbrechts wegen gethan.
76. Gleim an Uz.
Liebster Freund,
Noch zur Zeit dürfen Sie für ihren Gleim nicht zittern.
Er befindet sich Gott lob noch ganz wohl, und fürchtet sich
vor dem Uugewitter, daß sich über ihm zusammen zieht nicht,
so lange Friedrich lebt. Seine einzige Furcht ist für seines
Helden Leben, denn iu was für Lebensüefahren befindet er sich
nicht. In der Schlacht bey Collin, oder vielmehr in dem Sturm
bey Chotemitz, durch den er bey Kriegs Verständigen mehr
Ehre erlangt hat, als durch acht oder Neun gewonnene Schlach-
ten, ist es nahe dabey hergegangen - Aber hievon darf ich
meinem Uz nichts schreiben — Er ist auch zufrieden, wenn
ich ihm sage, daß ich vergnügt bin. Vergnügt? In so böser
Zeit? Da der Feind so nahe ist? Nur sieben Meilen von
hier? und in zwey Tagen hier seyn kan, mit Schwerd und
Feuer in der Hand ! — Ja, liebster Freund, dennoch bin ich
vergnügt. Denn was würde es helfen, wenn ich es nicht wäre?
Zuweilen zwar seufze ich über die Helden, die sich einander
morden, und über das Unglück, das der Krieg in ganz Deutsch-
land verbreitet, aber ich erhole mich bald wieder, denn wenn
ich den Gedancken darüber lange nachhienge, so könte ich
ohnmöglich, die, bey allen Gefahren so nöthige, Aufgeräumt-
heit behalten. Bisher habe ich mich mit Anlegung eines Garten
beschäftiget, und in einer recht königlichen Laube sehr oft ge-
seßen, mit Horaz oder Uz in der Hand. — — —
Ich nehme Ihnen nicht übel, daß sie wieder Herrn Wie-
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land aufgebracht sind, sie sind es mit größtem recht, er bort
nicht auf, und verfahrt wieder sie, auf so parteyische Weise,
dal* man sich nicht genug darüber verwundern kan. Die
Zürcher freym.[üthigen] Nachrichten sind mir erst vor kurzem
in die Hände gefallen, und icb habe mich so sehr über die
gezwungene und grobe Art, mit welcher man meinen Uz an-
tastet, geärgert, daß ich gewiß nichts anders als ein Pasquil
gemacht hätte, wenn mein erster Eifer in so etwas ausge-
brochen wäre. Ihre Gelindigkeit hingegen kan ich nicht anders
als sehr billigen, wiewohl ich nicht glaube, daß ein gewißes
Publicum von der ganzen Streitigkeit einen richtigen histori-
schen Begriff aus Ihrem so schonen Schreiben bekommen werde.
Mich dünckt, eine trockene Erzählung, wie sie entstanden, mit
Aufuhruug aller Parthevlichkeiten, in einem prosaischen Schrei-
Ikmi würde die Absicht beßer erreicht haben ; Es ist par zu
lacherlich, daß ein Poet nicht von Liebe und Wein singen1)
soll. Opit* sagt :
Wer mit der Jugend zürnt daG sie liebt Lieb und Wein
lVr iuui< ;»u Kräften dürr, und crün an Sinnen «ejn.
Neid, brenne wie du wih
Hat nicht Wielaud selbst davon gesungen? Sehn sie seinen
Antun id, worin n Er ihrer und meiner mit Lobe erwähnt hat.
Man mi:-> wahrhatVg ein sehr ix-ses Herz haben, wenn man
no leicht a: dtrer Mei::u:^ werden kan. oder man beweißt»
d.u* man xor'-.er e::.e Mt :i :::::: c ohr.e Verstand aE^eiiommen hat
Uevr Itvhv.er Vs\ iv.ir fi:-er die ^herzhaften Lieder so viel
iV'.vpI-.t^'M;' gv.- ^h': , a.;^ ich bevnah eesrlav.b: baue. *ie
wäen a.is, wolv.r er si:» hit\;. v.l i nur. a::t ein mahl ist er so
M'i'f ahes ?v ;^r; h A::e. S - hi'cvn recht, da*: mich der
M e;t v. :: * ^. : % r.v..* uh :v.. > i:e re:—: zeksclien Hiebe gar
w.hh vr.e iv .v* r. r c- ; U * r :;h =:v.^ sresv : ~. da*- "sie mir
k.-i u::: e r* Aue; •. '. ...k weh? z':m~. Pf sc v^i mir einfallt,
« : : : . : : es ^, i. v*s ar-ikre;::»^".. aTxs«*«eben
« •: h i ..: i: l\cvhv. c z\i *rh:? z~i c tes uni scblecbtes
: - * -.ri<.-~ s»: : :r» * : iv^e :z sevz. -r i fansre an
Y ::ir- r: h-i-.T-. \ :': r*r M^se rz Ixt^ehesu ist
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283
in der That schändlich, und kan nicht anders als mit Bosheit
gescheht). Unmöglich kan Herr Wieland einen vernünftigen
Menschen auf seiner Seite haben, wenigstens keinen, der ihre
Lieder gelesen hat. Es fehlt mir an Zeit, ihnen etwas ordent-
licheres hierüber zu sagen; Herrn Wieland habe gebeten, Sie
zufrieden zu laGen, und ihm gesagt, daß ich jede Beleidigung
für meine eigne ansehn würde. Er hat sich nicht daran ge-
kehret; in dem ersten Schreiben nach Zttrch werde mich er-
kundigen, ob er bey gutem Verstände ist. Herr Gesner, der
mir bis dahin nur noch allein geschrieben hat, scheint sich
zurückzuhalten. Er arbeitet, wie mir Herr v. Kleist gemeldet,
ebenfalls an einem biblischen Gedicht, Abels Opferung;
nach den Theilen, so man davon gesehn hat, urtheilt man sehr
gut von dem Ganzen. Herr Sulzer ist nicht ganz unparteyisch,
es ist ein gar zu blinder Verehrer von allem was aus Zürch
komt. Sie fragen : Warum wird Leßings nicht gedacht ? Ich
glaube, weil man ihn fürchtet. Denn warum läßt man Käst-
nern zufrieden, der in den vermischten Schriften sich für einen
Anti-Christen, in Absicht auf die biblischen Gedichte öffent-
lich erklärt hat. Ebenfalß weil man die Satire scheut. Es
ist ein rechter Jammer, daß die besten Köpfe gemeiniglich
wieder einander sind. Es scheint Herr Bodmer sey eben nicht
friedfertig. Mit Herrn Klopstock, dem friedfertigsten besten
Menschen von der Welt, hat er sich nicht acht Tage vertiageu.
(Haben Sie Klopstocks Tod Adams gelesen ? Gestern lali
ich ihn einer Gesellschaft von 15 Personen in meiner Laube
vor, und kein Auge blieb trocken) — Herr von Kleist meint
auch, daß er mit ihm nicht lange zu recht kommen würde;
er hätte zu sehr den Geist der Rechthaberey. Aber er hat,
wie ich, einen Abscheu für allen Zänckereyen, wodurch man
einem Theil des Publici zum Gelächter wird; demohn[ge]achtet
würde ich für meinen Uz eine Lanze brechen, wenn es meine
itzigen Umstände verstatteten. Doch stehe ebenfalls für die
Zukunft nicht. Wenn ja Partheyen seyn sollen, warum solten
wir Bedencken haben, die vernünftigste auszumachen, da zwi-
schen Gottschedianer und Schweizer diese in der Mitte stehn kan.
Herr Beyer hat keine Zeit an einen Federkrieg zu
dencken, da ihm der andere leidige Krieg zu viel zu schaffen
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macht — Er hat neinlich die Expedition im Krieges -Departe-
ment — Und mir geht es eben so. Sölten wir die Franzosen
ins Land bekommen, so würde meiner Arbeit kein Ende sevn.
Auf allen Fall bin ich von den Landständen schon zum Depu-
taten an den Duc de Richelieu ernennt, der an des Marschall
von Etrees Stelle das Commando übernommen hat. Vielleicht
bekomme also die unangenehme Gelegenheit zu erfahren, ob
das Porträt, das Voltüre von ihm gemacht, dem Original gleicht.
Ihr Urtheil von meinen Fabeln ist vollkommen gegründet.
Bey einer neuen Ausgabe werde auf das Sylbenmaaß mehr
Fleiß wenden. Ich weiß in der That nicht, ob sie schon den
zwoten Theil erhalten haben, in ihren Briefen finde keine Spur
davon. Auf allen Fall lege ein Exemplar bey. Die Titul der
Romanzen sind freylich allzupoßirlich. Aus Nachsicht für den
Geschmack gewißer hiesiger Leser sind sie entstanden, sie
werden aber bey einem ernstlicheren Druck gewiß wegbleiben.
Nebst dem Siegeslied nach der1) Schlacht vor Prag sind
verschiedene von gleicher SchreibArt zum Vorschein gekommen,
als Marschlied der Preußen Siegeslied nach der
Schlacht bey Collin p aber ich habe kein Exemplar davon be-
kommen können. Hingegen könte ich von dem holländischen
Volontär mehr als eines beylegen, mehr aber werden sie nicht
nöthig haben, die Warheit, von den Lügen der Zeitungsschreiber
zu unterscheiden.
Dem Herrn von Cronegk empfehle mich aufs beste — Ist
es an dem, daß er der Verfaßer des Freundes ist, der zu
Anspach herausgekommen ? Ich habe ihn verschrieben, nach-
dem er mir als solcher genent worden,
Leben Sie vergnügt, liebster Freund,
Wir wolln die böae Zeit
Begraben in dem Wein, mit Muth und Frölichkeit,
wie Opitz sagt.
Halberstadt den 16'« Aug. 1757.
Es gefällt mir ungemein, daß Sie Herrn Wielanden, mit
den Zweyen Versen aus seinen moralischen Briefen, von sich
entlaßen haben. Sie drücken seinen in den Sympathien be-
wiesnen Caracter aus.
1) Zuerst: auf die
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Der junge Herr Nicolai (nicht der Profeßor zu Franck-
furth, der die trockene Vorrede gemacht hat) sondern sein
Bruder, ein Buchhändler, ist der vornehmste Verfaßer der
Briefe tiher den Zustand der schönen Wißenschaften in Deutsch-
land. Er arbeitet auch, nebst Herrn Leßing, und dem Juden
Moses an der Bibliotheck der schönen Wißenschaften wovon
der erste Theil heraus ist.
Der Herr von Kleist ist noch in Leipzig, als Major des
Hausenschen Regiments. Ich habe ihn Ostern besucht, und
bin acht Tage bey ihm gewesen. Aber er war kranck, und
wir konten daher uns die Zeit nicht recht nach Wunsch zu
Nutze machen. Er hat eine Ode an die Preußen gemacht, die
ich einandermahl beylegen werde.
77. Uz an Gleim.
Liebster Freünd,
Ich kann die Ungewißheit nicht länger ausstehen: ich
muß wißen, wie Sie leben. Und doch weis ich nicht , ob Sie
meinen Brief erhalten werden. Ist Halberstadt offen ? Sind
Sie daselbst ? oder sind Sie, wie man gesaget hat, als Geissei,
in dem französischen Lager? Ich ängste mich um Sie, bis
Sie mir meine Sorgen benehmen. Vielleicht haben Sie mehr
Vergnügen, als Unrauth gehabt, Franzosen sind keine Panduren.
Was für große Begebenheiten erleben wir nicht! Die Nach-
welt wird sie kaum glauben ; und so abgebraucht dieser Aus-
druck ist , so eigentlich ist er bey dieser Gelegenheit. Wenn
die Lande Friederichs keinen Virgil oder Horaz hervorbringen;
so ist es eine Schande für die Nation. Meine Leyer beschäf-
tiget sich noch immer mit alkäischen Klagen. Aber ich mag
Ihnen nichts dergleichen schicken. Weis ich doch nicht ein-
mal, in was für Hände dieser Brief kommen wird! Verhehlen
Sie mir nicht, wann Sie etwas neues, etwas großes wissen;
und glauben Sie, daß ich ein Deutscher bin.
Die Verfasser der neuen Bibliothek haben meine Ehre
sehr nachdrücklich wider Wielanden und seine Rotte gerettet.
Ich bin mit diesen Herrn sehr wohl zufrieden. Nur wollte
ich wünschen, daß sie Herrn Bayern mehr Gerechtigkeit er-
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286
wiesen hatten. Sie müssen seine Gedichte gar nicht kennen,
als nach dem Titel. Glauben Sie, daß ich künftighin mit
meinen Schweitzern mich weiters einzulaßen nötbig habe? Ich
will sie nach Herzenslust schimpfen laßen, denn das werden
sie in allen Schriften thun, die sie aushecken. Hat doch der
Vorredner von den Schweitzer- Fabeln mich und Schönaich zu-
sammen gebracht, ohne daß jemand errathen kann, wie wir
Beyde hier zusammen kommen.
Wenn diese Leute auch Gcsnern verderben , wie ich fast
fürchte, da er schon mit epischen Gedichten sich einläßet; so
kann ich es ihnen nicht verzeihen. Ein so schönes Genie kommt
in Deutschland nicht oft hervor. Aber hatte nicht Wieland
auch dergleichen? Von Herrn Sulzern und, unter uns gesagt,
auch von Herrn Hammlern verspreche ich mir keine genaue
Unpartheylichkeit. Doch bin ich begierig, des letztern über-
setzten Batteux vollends zu Gesichte zu bekommen. Er ist
ohnfehlbar ein vortrefflicher Kunstrichter.
Klopstocks Tragödie habe ich gelesen. Ich war zum
voraus dawider eingenommen; und habe mich doch der Thranen
bey einigen Stellen nicht enthalten können. In der Bibliothek
aber ist es stark getadelt worden. Ich bin begierig zu sehen,
was sie von Klopstocks Liedern sagen werden. Mir haben sie
sehr wenig gefallen, und er hat einige Lieder unsers Gesang-
Buchs verschlimmert, nicht -verbessert. Geliert gefallt mir
noch besser, ob er gleich weniger Poet ist. Soll ich Ihnen
einmal eine Probe schicken , wie meine geistliche Lieder aus-
sehen? Sie werden selbst vermuthen, dali ich nicht daran
denke, sie drucken zu laßen, zu einer Zeit, da wir mit
geistlichen Liedern so sehr, als ehemals mit anakreontischen
bedrohet werden. Auch Gottsched will dergleichen drucken
laßen, und Saul ist auch unter den Propheten.
Die zwey Theile Ihrer Fabeln laße ich nicht binden, bis
ich ein Bändgen machen kan. Ich bin noch immer der Mei-
nung, daß Ihre Art der Fabel, ob sie gleich nicht Gellertisch
ist, dennoch sehr gut und im Geschmack der Alten ist. Wenn
Sie sich die Mühe geben wollen, Ihre Verse nur ein klein
wenig mehr zu schleifen, so werden Sie der deutsche Phädrus
seyn.
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287
Herr von Cronegk läßt sich Ihnen durch mich empfehlen,
und bitten, daß Sie von ihm nicht nach den Versen, die im
Freund stehen, urtheilen sollen. Sie sind nicht behörig aus-
gearbeitet. Er ist übrigens der vornehmste Verfasser dieser
Wochenschrift, woran ich keinen Antheil habe. Vielleicht
werde ich manchmal ein Blatt zu einer neüen schreiben, die
künftiges Jahr herauskommen soll, und wovon ich Ihnen so-
dann einige Blätter zur Probe überschicken will. — — —
Anspach den 16. Nov. 1757.
Diese Meße ist fast kein gutes Buch herausgekommen.
Traurige Folge des Kriegs ! Schreiben Sie mir doch, ob Lieber-
kühn der Uebersetzer Theocrits ist. Ich traue es ihm kaum
zu. Des Herrn v. Kleist Ode an die preüßische Armee besitze
ich und sie ist schön. Der holländische Volontaire ist hier
ebenfalls bekannt und sehr beliebt, obgleich nur im Nachdruck.
Kommt nicht bald ein neües Stück?
Zachariä hat in der neuen Edition seiner Tagzeiten meinen
Nahmen aus dem Verzeichniß der deutschen Dichter weg-
gestrichen. Warum ? das weis ich nicht ; ich hin auch nicht
böse darüber. Aber wer ist der Schmid, den er an meiner
Statt verewiget hat ? Es ist doch nicht der Verfasser der ab-
scheulichen Tragödie Candaules?
Ich habe letzthin von Ihnen ein an Sie gestelltes Brief-
Couvert erhalten, worein Sie Ihre Fabeln gewickelt hatten. Sie
werden darinn als Canonicus, ich weis nicht, von welchem
Heiligen betitelt. Schreiben Sie mir doch, was für eine Ver-
änderung in Ihrer Titulatur vorgegangen.
78. Uz an Gleim.
Liebster Freünd,
Sie antworten mir gar nicht? Sie haben mich doch nicht
vergeßen ? Aber ich entschuldige Sie. Die Umstände des
leidigen Krieges sind wohl die Ursache Ihres langen Still-
schweigens. In welcher Angst war ich nicht um Sie, als ich
die traurige Geschichte von Halberstatts Unglück las ! Aber
ich hoffe, daß Sie nichts dabey gelitten haben werden. Die
Musen werden über ihren Freünd gewacht haben. Sie müssen
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288
noch mehr Siegeslieder auf Ihren großen Friederich schreiben.
Denn wer kann es, wie Sie? HE. Weise in Leipzig hat mir
Ihr Kriegslied auf die Schlacht hey Roßbach geschickt. Und
nun glaubeich, daGSie auch die zwey geraachthaben, die in der
Bibliothek für die Liebhaber der schönen Wißenschaften stehen.
Sie sind ein Meister in dieser Art, welche Deütschland noch
nicht gehabt hat. Wenn Sie in dem ersten Stücke die deüt-
schen Völker weggelaßen hätten , so glaube ich, daü Ihr Lied
am Plan viel gewonnen hätte. Das ganze Stück ist voll
Meister-Züge, sonderlich am Anfang und am Ende. Aber was ist
nicht schön, das aus Ihrer Feder kommt ! Warum hat der Hollän-
dische Volontair aufgehört? Denn die Fortsetzung ist nicht von
dem ersten Verfasser, deßen Nahmen ich wißen möchte. Diese
Schrift hat viel ßeyfall gefunden. Sie können mir itzt wieder
schreiben, da Sie in' Halberstadt nunmehr außer Gefahr sind.
Ich erwarte einen weitläufigen Brief von Ihnen, wie Sie leben,
wie es Ihnen bisher ergangen, und von tausenderley Dingen,
deren ich in meinem letzten Schreiben gedacht habe.
Ich habe einen großen Verlust erlitten. Der liebe Hof-
Rath von Cronegk ist am ersten Tage dieses Jahres zu Nürn-
berg an den Blattern gestorben. Wie viel Thränen hat mich
dieser Tod gekostet! Er hat gelebt, als ein Weiser, und ist
gestorben, als ein Weiser. Sein Verlust ist unersetzlich für
mich. Sie werden ihn gewiß bedauern: denn er schätzte Sie
hoch, und erinnerte sich oft mit Vergnügen der Tage, die er
in Leipzig mit Ihnen zugebracht. Das Gedicht auf seinen Tod,
das ich gemacht habe, ist noch nicht gedruckt, sonst würde
ich es Ihnen mitgeschickt haben. Sie sollen es aber bekommen.
Es erfreüet mich, da(i sein Trauerspiel : Codrus, den Preis er-
langet. Ich werde, nach seinem Verlangen, was er ausgearbeitet
hinterlaßen hat, zum Drucke befördern. Aber er hat vieles
nicht vollendet. Liebster FreÜnd! laßen Sie sich dieses zur
Warnung dienen ! Der Tod übereilt uns. Ich bin versichert,
daß Sie auch vieles angefangen haben. Fangen Sie nicht«
neties an, bis die alten Sachen weggearbeitet sind. Soll Ihr
Anakreon mit Ihnen, absterben? Glauben Sie, daß jemand,
außer Ihnen, eine Uebersetzung Ihres Lieblings liefern kann?
Ich werde nicht aufhören, diese Erinnerung bey Ihnen zu
289
wiederhohlen ; und ich weis, daß die Welt mir es danken würde,
wenn sie es wüßte.
Glauben Sie nicht, daß Wieland wieder etwas ausbrütet?
Er wird gewiß nicht schweigen. Sein Schelten wird doch nicht
Ursache seyn, daß Sie den Anakreon bey Seite gelegt haben?
Sie können nicht so verzagt seyn, da Sie ja ein Preuße sind.
Wieland mag Heldengedichte schmieren. Sein Hermann wird
in seiner Art so elend seyn, als Schönaichs Hermann in einer
andern Art ist. Ich will nur sehen, ob diese Wuth der Helden-
dichterey in Deütschland niemals aufhöret. — — —
Anspach den 13. Mart. 1758.
79. Gleim an Uz.
Liebster, Theurester Freund,
Tausendmahl habe ich mich der Schuldigkeit Ihnen zu
sagen, daß ich noch lebe, erinnert; zehn Briefe habe ich an-
gefangen, endlich entreiße ich mich den zehntausend Hinder-
nißen, Zerstreuungen, oder wie Sie das alles nennen wollen, —
Ein Theil jener Hinderniße, liebster Freund, ist Ihnen
aus den Zeitungen bekant, Was für eine lange Chro-
nick könte ich ihnen von dem vorigen Einen Jahre schreiben !
Aber ich werde die zehn BriefFragmente aufsuchen, und sie
bitten, mit dem, was ich Ihnen darinn von unserm bisherigen
Schicksahl, und dem meinigen besonders, gesagt habe, bis nach
dem Kriege vorlieb zu nehmen. Denn nach dem Kriege konten
sie vielleicht alles mit mehrerm in einer eigentlichen kleinen
Chronick zu lesen bekommen. Mit wenigem jedoch, muß ich
Ihnen sagen, daß ich in dem hiesigen Sturm fast am leid-
lichsten davon gekommen ; in der ganzen Stadt ist mein Hauß
das einzige gewesen, das keinen Feind beherberget hat ; (denn
diejenigen, welche mich besuchten, oder vielmehr meine kleine
Bibliotheck, waren wohl keine Feinde ?) das in den betrübten
Tagen vom 1112? bis 15*12 Jenner, von feindlichen Begegnungen
befreyet geblieben.
Um Ostern aus war der Herr Major von Kleist
auf Execution zu Bärenburg, sechs Meile von hier! Ich be-
suchte ihn also daselbst, und hatte acht sehr vergnügte Tage
Oleim-Ui, Briefwechsel. 19
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bey Ihm. Wollen wir nicht gemeinschaftlich an unsern lieben
lieben Uz schreiben? fragten wir uns einander zehnmal! Wir
setzten uns hin, wir bekamen Besuche, unter andern, kam
auch Herr Pastor Lange von Laublingen (eine Meile von Bären-
burg) des Tages zweymahl, wir schieden von einander, und
sagten beym Abschiede: An den lieben Uz haben wir nun
doch nicht geschrieben! — — — Als mein Kleist mit der
Armee des Prinzen Heinrich marschierete, wie freuete ich mich
da, daß Er nach Anspach kommen , und meinen Uz kennen
lernen würde! Weit von Ihnen ist er nicht gewesen. Ich
weis nicht wie der nächste Ort an Anspach heißt, wo Er ge-
standen hat! Er hat mir geschrieben, wie sehr ihn geärgert
habe, daß die Armee zurückgegangen, ehe er sie gesehen.
Izt steht er im Lager bey Dippoltswalde, ohnweit Dresden,
wenigstens hat er mir unterm 2« dieses daher geschrieben.
Was meinen sie ? Mitten im Getümmel des Mars sind die Musen
um ihn. Aber sie begeistern ihn auch nur zu Heldenliedern.
Er arbeitet an einer so genanten KriegesGeschichte. Sein Held
heißt Cißides. Sie scheint in ganz besonderm Geschmack zu
seyn, wenn ich nach dem Stück, das Er mir mitgetheilt hat,
urtheilen soll? Die neuen Gedichte von dem Ver-
faßer des Frülings, wovon Herr Leßing der Herausgeber
ist, haben sie ohne Zweifel schon; aber gewiß noch nicht die
Kriegeslieder im Taschenformat. Auf ausdrücklichen Be-
fehl des Grenadiers, der sie gesungen hat, soll ich Ihnen bey-
gehendes Exemplar übersenden, mit Bitte, daß sie belieben
möchten, mir ihre Kunstrichterlichen Gedancken , darüber zu
eröfnen, die ich ihm sodann bekant machen soll ; er verspricht,
seine künftigen Siegeslieder aus Danckbarkeit in beßerer Sprache
zu singen, wenn sie ihm sagen, daß die seinige Ihneu miß-
fällt; welches Er besorgt. In seinem lezten Schreiben, aus
dem Lager bey KonigsGräz, schrieb Er an mich:
Ihnen gefallen meine schlechten Lieder, weil sie wißen,
daß ich ein Grenadier bin, aber werden sie auch Herrn
Uzen gefallen, der es nicht weiß? der vielleicht glaubt,
daß nur Jemand den Caracter eines GrenadierPoeten ange-
nommen hat? Laßen Sie ihn aber noch in Ungewißheit,
und verschweigen ihm meinen Nahmen. Er könte einen
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Freund bey unserer Armee haben , dem er mich verriethe.
Aus dieser Stelle ersehn sie zugleich , daß ich Ihnen nicht
sagen darf, wer der alte Potsdammische Freund ist, der nach
Art der Barden, unsere Heldengeschichte gesungen hat; itzt,
muthmaße ich, wird Er auf dem Wege zur Dohnaischen Armee
seyn ; wenigstens ließ er in seinem letzten Schreiben mercken,
daß Er die Rußen noch gern schlagen möchte, mit dem Degen,
und der Leyer, wie er sagt. Es wäre doch artig, wenn Er
bey allen Schlachten wäre, und bey allen gesund davon käme.
Noch ist Er kein einzig mahl verwundet gewesen. Man könte
auf ihn parodiren, was Horaz sagt:
Me truncua illapsus cerebro
Suatulerat: nisi Faunus ictnm
Dextra levaßet, Mercurialium
Custos virorum.
Den Verfaßer des Vorberichts werden sie leicht errathen ,
ich würde kein Geheimniß draus machen, wenn ich wüste,
daß Sie mein Schreiben unerbrochen bekommen würden. Aber
auf welcher Straaße werden nicht jetzo die Briefe durchsuchet?
und es ist eben nicht nöthig, daß derjenige, der diesen etwa
aufmacht, denselben erfahre.
Sechs gantze Wochen , in der angenehmsten JahresZeit,
den May hindurch, habe ich auf einer Reise nach Berlin, und
bis Stettin zugebracht. Was für eine angenehme Reisebe-
schreibiing ließe sich machen ! Tausendmahl angenehmer, wenn
Uz und Gleim, wie ehemahls Bachaumont und Chapelle, in
Gesellschaft die Reise gethan hätten. Was für angenehme
Schwärmereyen könten wir in Verse bringen, wenn uns die Prose
zu trocken wäre ! Ramler, Leßing, Sulzer, Agricola,
Krause (der Musicus , nicht der dumme Zeitungsschreiber für
den behüte der Himmel !) Bach , Graun , Kurz alles, was zu
den Musen und freyen Künsten gehört gesellte sich täglich
zu einander, bald zu Lande, bald zu Waßer; was für Ver-
gnügen war es in solcher Gesellschaft auf der Spree mit den
Schwänen um die Wette zu schwimmen! Was für Lust, in
dem ThierGarten sich mit der gantzen Gesellschaft unter tau-
send Mädchen zu verirren ? Könten sie doch nur einmahl das
schöne Berlin sehn ! Ich traf viele französische Officiers alß
19*
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KriegsGefangne an, die vor ein Paar Monathen unter nnsern
Überwindern waren ; alle gestunden einmüthig, überhaupt ge-
nommen, sey Berlin weit schöner als Paris! Auch gefiel Ihnen
dieLebensArt beßer;- hingegen gefiel die LebensArt der Herren
Franzosen , den Berlinern nicht. Alle Tage hörte man von
lächerlichen Streichen. Wir haben alle geurtheilet, die fr.fan-
zösische] Kation sey durchaus verdorben ; mich wundert, daß
ihre moralischen Scribenten nicht mehr über den Verfall der
Sitten klagen; Ist er etwa nicht schädlicher als der Verfall
des Geschmacks? Waß für1) ein Jammer, solche Nation den
Meister spielen sehn !
Wie lang zerfleischt mit eigner Hand
Germanien sein Eingeweide ?
Von Berlin fuhr ich mit dem Herrn von Arnim , einem
Mecen der Gelehrten2), der alle Poeten auswendig kan, alle
Bücher gelesen hat, aus allen Auszüge macht, aber nicht
weiß, wie sehr unnütz ihm das alles ist, nach seinem Lust-
schloß Succow , zehn Meilen von Berlin , brachte bey diesem
reichen Musenfreunde, der jährlich fünfzehn tausend ein-
zunehmen hat, aber an die Aufnahme der schönen Wißen-
schaften, ein so großer Liebhaber davon er ist, nicht fünfzehn
Pfennig wendet, einen Tag in dem schönsten Garten, und in
der auserlesensten Bibliotheck, sehr übel zu, reiste zu dem
Herrn von Berg (nach Schönfeld, 4 Meile davon) meinem
beßern Gönner, mit ihm, blieb acht sehr vergnügte Tage da,
und wurde hierauf von ihm nach Stettin begleitet, wo ich
meinen Bruder, der dort verheyrathet ist, besuchte, dem Prinz
von Bevern aufwartete , dem Helden , der so viel Tausende
schlug, und sich von einem Panduren gefangen nehmen ließ,
die Kriegsgefangenen Schweden und Rußen sah , unter letz-
tern Gallmücken, die ich für Pavians hielt, und hierauf den
Rückweg Uber Schönfeld und Succow, nach meiner Schwe-
ster zu Lähme , 2 Meilen von Berlin , von da nach meiner
Schwestertochter zu Berlin, von da nach meinem Bruder zu
Königshorst, von da nach meinem Bruder zu Magdeburg, von
da nach Hause nahm; unvernierckt , liebster Freund, mache
1) Zuerst: Und ist es nicht
2) ,der Gelehrten* nachträglich gestrichen?
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ich die Landcharte meiner Reise ; wären sie mit mir das Land
durchzogen, in den schönsten Tagen, und angenehmsten Näch-
ten, denn ich hin fast immer Nachts gereiset, was würde Ihre
lyrische Muse nicht alle haben besingen wollen? bald eine
schöne Gegend, bald ein schön Gesicht. Und wenn sie in den
Lustschlößern des Königs, alle die fQrtreflichen Gemähide, die
Meisterstöcke der Poußins , der Watteaus , der Van Loo, der
Fesne, gesehen hätten, und in dem großen Saale zu Charlotten-
burg die große Menge der Antiquen, absonderlich den schönen
Kopf des Horatz, zu dem ich sagte, du bist izt Uz, wenn
sie zu SansSouci mit mir in der Bibliotheck des Königs ge-
wesen wären, und aus der Wahl der Bücher, den fürtreflichen
Geschmack des Monarchen geurtheilet hätten, in wie viel
Seufzer Über das , was wir erleben , würden sie mit mir aus-
gebrochen seyn! Der beste Fürst, der je gelebt hat, der
größte Geist , der rechtschaffenste Mann , und ganz Europa
wieder ihn!
Aber bey dieser Materie darf ich mich nicht aufhalten !
nur laßen sie mich noch hersetzen , was mir ein Berlinischer
Freund unterm 13i£2 dieses schreibt:
Je n'ai aucune nouvelle litteraire ä Vous marquer, et les
autres Vous affligeroient, Vous, qui aimez tant le genre hu-
main. 11 est de*plorable, que Nous soyons d est ine ä voir Ie
ineilleur des hommes, en devenir la terreur. Je suis encore
tout transporte du sublime et de cette urbanit^ Horatienne,
qui se trouve dans une epitre en vers, que Sa Majeste a ecrite
le 192! Juillet au Marquis d1 Argens! Queis sentimens! et quelle
nobleße d'expreßion ! Je ne desespere point de pouvoir Vous
donner la Copie de quelsques unes de ces dignes marques de
la belle ame de notre Cher Roy*. Ses ennemis Tadoreroi[en]t,
s'ils connoißoient l'homme dans le Monarque. L'on ne trouve •
aucun parallele dans Tantiquite pour ses actions, je n'en trouve
point pour son caractere, et tous ses courtisans doivent etre
* Am rande: ,So bald ich diese Briefe bekomme, werde ich sie
mittheilen. Einige habe ich zu Berlin gelesen, aber der HE. Marquis
giebt keine Abschriften. Sie verdienen die Bewunderung aller Völcker
und aller Zeiten zu seyn ! so wie sie die Schande unser Zeiten seyn
werden!-
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pour lui des Rabutins; Louis XIV en etoit ahne, com nie
une Maitreße.
Wie hat Ihnen Herrn Ramlers Batteux gefallen, nun, da
er ganz fertig ist? Er hat viel Mühe darauf gewand. Von
Ihnen, hat er mir viel zu wenig gesagt. Er hat es mit Nie-
manden verderben wollen, darum ist er so zurück haltend ge-
wesen. Aber er wird doch auch einmahl die Geduld ver-
liehren, und gerade heraus sagen, daG Gottsched ein Duns ist,
und Wieland ein Herrenhuther! Wer ist doch der neue Dnns,
der ihren Sieg des LiebesGottes, so tölpisch angegriffen, wie
mir Herr Lewing gesagt hat? Die Verfaßer der Bibliothek
der schönen Wißenschaften werden ohne Zweifel wieder ihn
zu Felde ziehn. Diese sind , wenn Bi'e es etwa noch nicht
wißen, der junge Herr Nicolai, der Verfaßer der Briefe über
den Zustand der schönen Wißenschaften in Deutschland, Herr
Moses, ein Jude, Verfaßer der philosophischen Briefe, und der
Abhandlung von den Empfindungen, und, aber sparsam, Herr
Leüing. Die Criticken über die Uebersetzungen Theocrits und
Virgils sind von ihm.
Herr Ramler hat die Ode aus dem Roußeau (ä une Veuve),
welche der König, Gottscheden aufgegeben, so schön übersetzt,
als Gottsched es schlecht gethan hat — Erfreuen sie mich
doch einmahl wieder mit einem Liedchen von Ihrer Muse!
Ohne Zweifel hat sie bisher in ernsthaftem Thon gesungen,
welches ich so gern von ihr hören mag. — — —
H.[alberstadt] den 161211 Aug. 1758.
Da die Lieder des Grenadiers alle besonders in größerm
Format gedruckt sind, so habe so viel Exemplare, als in hie-
sigen Buchladen zu bekommen gewesen, für Dero Freunde bey-
legen wollen.
Ich erinnere mich, daß sie mich in einem Ihrer Schreiben
befragt haben, wo ich Canonicus sey ? Zu Walbeck, 4 Meilen
von hier, einem Stift, das zu hiesigen Hochstift gehört, bin
ich es vor 2 Jaliren geworden, in der Absicht, in meinem Alter
daselbst die Faulheit zu meiner Göttin zu haben, und Psalme
zu singen. Es sind 6 Canonici an diesem Stift, wären es so
viel Menschen, so könte es mit jener Absicht ein Ernst seyn,
aber leider ist keiner ein Mensch! Und ich dürfte aufhören
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es zu Beyn, wenn ich da wäre. Ich kan aber zum Glück auch
hier wohnen.
Der arme Ramler! Er hat seine Naide verlohren, ein
Frauenzimmer mit dem Er das platonische Liebes-System einige
Jahre geübt hat. Sein Schreiben, worin er mir heute ihren
Tod meldet, ist eine wahre Brief Elegie. Er sagt mit Petrarch :
Madonna e morta, et ha seco il mio cuore.
Ogni dolcezza di mia vita e tolta.
Ich werde, ihn zu trösten, ihren standhaften Weisen, aus-
schreiben !
80. Gleim an Uz.
Wir haben indeß eine betrübte Nachricht von
der Barbarey der R [ussen] erhalten, die, wieder alle Krieges-
Manier, nicht die Veste Cüstrin angegriffen, sondern die arme
Stadt mit FeuerKugeln abgebrand haben, so daß kein Hauß
stehen geblieben , und die armen Einwohner nur das Leben
gerettet. Eine Dame die sich wegen des Kriegs von hier
wegbegab, hat barfuß aus der Stadt gehen müßen. Sie war
meine nächste Nachbarin ; ich bat sie bey uns zu bleiben, sie
meinte zu Cüstrin am sichersten zu seyn. Wohin kan man
jetzo dem Kriege entfliehen? Dem Feinde hat das Abscheu-
liche Verfahren nichts geholfen , denn die Vestung nicht, ja
nicht einen Stein der Wälle hat er dadurch erobert. Hingegen
dürfte, wenn es zur Schlacht kommt, es ihm zehntausend
Köpfe kosten. Unsere Armee hat nahe dabey dißeits der Oder
gestanden, und ist in die größte Wuth darüber gerathen, die
es in der Schlacht gewiß wird ausbrechen laßen.
Wann wird der Mörderische Krieg doch einmahl ein Ende
nehmen ! Ohne Schanden kan kein Menschenfreund daran ge-
dencken! Was für reichen Stoff für einen neuen Opitz, der
Trost- Gedichte schreiben wolte!
Das arme Teutschland muß der Tummelplatz aller
Mächte seyn, da es die ganze Welt tiberwinden könte. Ist
das nicht ein Jammer! Welcher Patriot kan sich der Thrä-
nen enthalten! Weinen sie doch die ihrigen in einer Ode an
die deutschen Fürsten, die nicht wißen , was für Heldenblut
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in ihren Adern wallet, die sich nicht schämen, Sclaven zu
seyu, und sich nicht furchten, es zu werden.
Leben Sie in dieser trübseeligen Zeit, vergnügt, so viel es
möglich ist, nnd mäßigen sie meinen Groll, denn in der That
es ist etwas mehr als patriotischer Eyfer , mäßigen sie ihn,
durch ein baldiges Schreiben: und eine alcaische Ode.
H.[alberstadt] den 2S^f Ang. 1758.
81. Uz an Gleim.
— — — Wie viel Antheil nehme ich an allem, was in
Ihren Gegenden vorgeht! Ich erwarte mit Ungeduld die ver-
sprochene Brief- Fragmente , wo Sie mir Ihr Schicksal er-
schien. —
Ich danke Ihnen wegen der überschickten Kriegs-Lieder:
ich habe sie schon mehrentheils gelesen. Die Sammlung der-
selben in Taschen-Format ist sehr niedlich; und ich würde
Ihnen doppelten Dank dafür abstatten , wenn das übersendete
Exemplar nicht defect wäre. — — — Ich habe Ihnen schon
in meinem vorigen Brief geschrieben, daß sie mir und allen,
die sie gelesen, ungemein Wohlgefallen. Ich halte keinen Gre-
nadier für den Verfasser : sondern jemand anders, der sie allein
gemacht haben kann. Ich habe ihn schon in meinem letzten
Schreiben genennt; künftig ein mehreres. Die Sprache, ob
sie gleich nicht rein, gefallt mir deswegen doch. Es ist wahr,
daß die ersten Siegslieder sich hierinnen wenigere Freyheiten
nehmen , als die letztem. L'Air d'Antiquite steht inzwischen
dieser kriegrischen Muse sehr wohl an. Je kürzer aber ihre
Lieder sind, je mehr gefallen sie mir. Die Kürze vermehrt,
meines Erachtens, ihre Stärke und ihr Feüer. Doch auch hie-
von künftig, in bessern Tagen, ein mehreres.
Sie schreiben mir nichts von meinem gedruckten Gedichte
auf den seeligen Cronegk, deßen Tod ich Ihnen berichtet habe ;
und hieraus schließe ich, daß sie solches noch nicht erhalten
haben. Ich habe HE. Weisen in Leipzig einige Exemplare
schon vor vielen Wochen zugeschickt, und ihn gebeten, daß
er eines derselben an Sie befördern möchte, weil ich auf zwey
Briefe keine Antwort von Ihnen erhalten, und daher zweifelte,
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ob Sie solche erhielten. Ich habe ihn heüt erinnert. Sie
werden mir Ihre Meinung von dem Gedichte schreiben, sich
aber dabey erinnern, daß es nicht in meinem Nahmen allein,
sondern nahmens aller Freunde gemacht worden. Dieß hat
einen großen Einfluß in die Poesie gehabt. Auf allen Fall
lege ich eines hier bey.
Ich bin Herrn Rammlern für die rühmliche Art, auf die
er meiner in seinem Batteux gedacht, sehr verbunden. Es
kann keinem Dichter gleichgültig seyn , von einem Rammler
gebilliget zu werden. Ich bitte, ihm bey Gelegenheit meine
Ergebenheit zu melden. Sein Buch ist sehr schön, und wenn
es nichts als die Horazianische Dichtkunst in der vortrefflichen
deütschen Uebersetzung enthielte, so würde es doch nicht mit
G[e]lde zu bezahlen seyn. Ich verdenke ihm nicht, daß er es
mit keiner Parthey verderben mag. Man sagt itzt seinem
Feinde nichts als Grobheiten. Dusch hat meinen Sieg des
Liebesgottes geschimpft, theils den Verfassern der Bibliothek
wehe zu thun, die es gelobt, theils sich bey den Schweitzern
einzuschmeichlen , die ihn doch für einen Duns halten. Er
darf nicht denken , daß es ihm von mir geschenkt werde, so
wenig, als Bodmer, der in etlichen Stücken der freymüthigen
Nachrichten dieses Jahres über mich, die Bibliothek und Ni-
colai recht schweitzerisch gescbimpft und mir solche zuge-
schickt hat. Merken Sie dieß : ich weis zuverläßig, daß sie
von ihm sind. Wie tief ist er von seiner Hohe herab ge-
fallen!
Anspach den 28. Aug. 1758.
Warum hat HE. Rammler unter den deutschen lyri-
schen Dichtern Hagedornen ausgelassen? Ich schäme mich, da zu
stehen, wo Hagedorn fehlt. Hat er ihn vergeßen ? oder glaubt
er, eine Ursache dazu zu haben ? Ich kann mir keine denken.
Herr Weise hat mir auch geschrieben, daß der Herr von Kleist
Hofnung gehabt hätte, mich in Anspach zu sprechen. So
hätte der Krieg mir doch noch ein Vergnügen gemacht ! Mit
welchem Entzücke[n] würde ich ihn von meinem Gleimen haben
reden hören! Aber, außer mir, würden wohl wenige sich
über diesen Besuch erfreuet haben.
Seine neüe Gedichte habe ich: sie sind schön.
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82. Gleim an Uz.
Wie sprang ich mit dem Briefe in der Hand
die Treppe hinauf; ein Brief von meinem Uz, rief ich Herrn
Beyern entgegen, der eben bey mir war. Sehn Sie, ein dicker
fetter Brief, ganz gewili sind es neue Oden ; die Deutschen
werden von dem Patrioten ihren Text gelesen kriegen. Ohne
• Zweifel hat er alkäische Oden gesungen ! Wir fanden uns be-
trogen, aber in welch einer fürtreflichen Ode ihren Freund
Cronegk verewigt ! Gern will ich sterben, sagte ich, wenn er
noch ein solch Meisterstück machen will. Drey mahl hinter
einander laß ich es vor ! Was für Poesie, welche schöne voll-
kommene Sprache, welcher Wohlklang in einzelnen Versen, und
gantzen Strophen. Es ist eines ihrer schönsten Gedichte, noch
ist keines so schön bey irgend einem Grabe erschollen ! Wel-
cher Affect! Wie weit laßen sie mein Gedicht auf Stillens Tod
hinter dem Ihrigen zurück! Kan man denn nicht mehr Exem-
plare davon bekommen, damit mehrere Kenner unser Vergnü-
gen haben können? Herr Weise hat mir einen Übeln Dienst
gethan, daß Er das mir zugedachte Exemplar zurück behalten
hat. Auch der Druck, und die Vignetten sind der Schönheit
des Gedichts gemäß.
0 käme Cronegck doch von seiner höhern Sphäre
Herab, und läse das Gedicht
Auf einen Augenblick mißt* Er der Engel Chöre,
Und seines Himmels Freuden nicht.
In meinem lezten Briefe, dünckt mich, erwähnte ich Cüstrins
Schicksahl. Wie bald hat unser großer Friederich sein leiden-
des Volck gerächet. Jede Thräne hat ein Barbar mit seinem
Blute bezahlt. In den Zeitungen ist der Sieg über sie bey
weiten nicht so groß gemacht als er würcklich ist. Wir wißen
zuverläßig, dati an dreyßig tausend Todte auf dem Platz ge-
blieben, weit mehr Canonen, Fahnen, erobert, weit mehr Ge-
fangene gemacht sind. Es ist an dem, daß der Held seine
Truppen mit der Fahne in der Hand an den Feind geführt hat.
Dieser flüchtet noch beständig durch Pohlen, und unsere Doh-
naische Armee verfolgt sie! Der König aber hat so gleich nach
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dem Siege, mit dem kleinen Corps, das er aus Schlesien nach
Zorndorf geführet, den Weg nach der Lausnitz genommen,
Zu schlagen einen andern Feind!
Die Nachwelt wird die Wunder, die wir erleben, nicht
glauben ! Möchten Sie doch aber einmahl sich in Wunder des
Friedens verwandeln ! Vom Herrn von Kleist habe einen Brief
vom 2i£5 worinn er vermeinte, es könne bald zu etwas ernst-
haften kommen. Minerva beschütze ihren Liebling mit ihrem
Schilde !
Warum Ramler in seinem Batteux Hagedornen ausgelaßen?
Weil Er nicht mit ihm zufrieden ist. Er ist ein Feind der
Lieder nach französischer Art, und läßt sie nicht für solche
gelten, auf welche die lyrische Muse Anspruch machen kan.
Er ist zuweilen allzustrenge. Indeß dürfen sie sich nicht
schämen, allein zu stehn. Ohne den geringsten Wiederspruch
sind sie unser bester wo nicht einziger lyrischer Dichter; die
andern alle stehn im Tempel der Musen weit unter Horatz und
Anacreon, sie allein stehn ihnen an der Seite. Herr Beyer em-
pfiehlt sich Ihnen aufs beste. Der Krieg macht ihm auch sehr
viel zu thun. Er muß itzt wieder MagazinLieferungen be-
sorgen. — — —
Halberstadt den 81^ Sept. 1758.
Herr Sulzer wolte bey meiner Anwesenheit zu Berlin auf
Herrn Bodmern nicht kommen laßen, daß er der Verfaßer der
kriegerischen Stücke in den freymüthigen Nachrichten wäre,
noch weniger daß er die Vorrede zu den neuen Fabeln des von
Knonau gemacht hätte. Aber ich halte ihn dennoch dafür.
Ich traue ihm alles zu, seitdem er Herrn Klopstock, den er bis
in den Himmel erhob, übel begegnet hat.
Herrn Dusch habe vor einigen Jahren bey meiner Durch-
reise durch Göttingen bey Hallern kennen gelernt. P^r schien
Erziehung zu haben, und gefiel mir sehr. Der Angriff ihres
Sieges des Liebesgottes hingegen ist so ungezogen, daß ich ihn
nicht daran erkenne; er verdient allerdings gezüchtiget zu wer-
den; ich selbst wünsche zu einer Vertheidigung meines Uz
nur einmahl Zeit zu haben.
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83. Uz an Gleim.
Liebster Freünd,
Da Herr Jungheim, der Bruder eines meiner hiesigen
besten Freünde, auf die Universität Helmstedt abreiset, so gebe
ich ihm dieses starke Faquet mit, daß er solches daselbst auf
die Fost nach Halberstadt abgeben solle. Beyde Orte liegen
sehr nahe an einander. Sie werden im Faquet finden: 1) die
mir vor vielen Jahren zugeschickte einzelne Stücke der criti-
schen Nachrichten. Sie haben mir geschrieben, daß sie einem
guten Freünde gehörten. Hier sind sie wieder ; und es ist kein
Blatt verlohren gegangen. Es ist schade, daß eine so schone
Zeitung sobald aufgehöret hat. 2) Ihr altes Exemplar meiner
Gedichte. Ich hätte es wegen der Anmerkungen gern behalten.
Aber Sie haben es so dringend gefordert, daß ich es Ihnen
nicht vorenthalten kann. Ich habe hier und dar etwas zur Er-
latiterung beygeschrieben, auch, in meinem Exemplare, einige
Ihrer Critiken zum künftigen Gebrauche angemerket. 3) Noch
etliche Exemplare meines Gedichtes auf Cronegk. Sie haben es
gar zu sehr gelobt : in der Bibliothek ist es auf eine ruhigere
Art gelobt worden , wie mir Weise schreibt. Endlich 4) be-
kommen Sie, nach Ihrem Verlangen, eine alkäische Ode, denn
so nennen Sie es. Ich hätte sie schon eher schicken können:
aber ich glaube, daß sie bey dieser Gelegenheit sichrer in Ihre
Hände kommt. Sie werden sie, wie ich nicht zweifle, vor sich
behalten, und sie critisiren. Das Lob Ihres großen Königs ver-
lange ich nicht zu singen. Der verzweifelte Grenadier wird
alle Dichter, die sich an dieses Lob wagen, weit hinter sich zu-
rück laßen. Er ist unnachahmlich ; und wird viele schlechteCopien
machen. Sie haben mir eine große Freüde gemacht, daß Sie
mir die fehlenden Bogen von Ihren (des Grenadiers, wollte
ich sagen, verzeihen Sie mir !) Siegsliedern so geschwinde nach-
geschickt haben. Ich danke Ihnen dafür aufs höchste. Die
neuen darinn befindliche Lieder sind alle schön, das auf Collin
ist desto meistermäßiger, je ktitzlicher die zu besingende Sache
war. Was für einen Lobgesang wird er auf die Niederlage der
Barbarn anstimmen ! Jedermann ist begierig darauf. Wenn er
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301
nicht mehr singt, d. i. wenn der Krieg ein Ende hat: so laße
ich das kleine Bändgen, das Sie mir geschickt haben, nebst
dem zweyten Theilgen, das Sie mir schicken werden, nicht
wahr ? in Corduan zusammen binden , dieß können Sie Ihrem
Grenadier zum voraus melden. —
Herr Grötzner, an den mein dritter Brief gerichtet ist, der
Sie unendlich hochschätzt, hat mich in seinem eben einlangen-
den Schreiben, ersuchet, ihn dem vortrefflichen Herrn Gleim,
meinem Freunde , (auf den ich stolz bin,) zu empfehlen. Ich
soll ihm ein Buch für die langen Winterabende anpreisen. Er
will wissen , ob Sie , ob Herr Leßing nichts neües unter der
Preße haben. Ich darf ihm doch schreiben, daß beede Herren
nicht sehr fleißig sind?
Herr Sulzer wird freylich nicht gern eingestehen, daß
Bodmer der Verfaßer einiger kriegrischer Blätter sey. Sie
machen diesem keine Ehre, und Sulzer ist ßodmers Freünd.
Ich würde Bodmern so sehr verehren, als seine ehemalige Ver-
dienste zu verlangen scheinen , wenn er bey der Critik ge-
blieben wäre. Wie muß die Natur gelacht haben , als sie
diesen Mann in seinem Alter etwas treiben gesehen, wozu sie
ihn nicht bestimmt hatte! Er hat absolut kein Genie zur
Poesie : alles ist Kunst, Zwang, Gelehrsamkeit ; und daher auch
steif, hart, unangenehm. Ich werde mich schon noch ein-
mal mit ihm und andern, die ihm schmeichlen, herumtummeln!
Nur Geduld !
A.fnspacb] den 26. Sept. 1758.
Ich bin für Herrn v. Kleist besorgt : er hat einen gefähr-
lichen Posten. 0 Friede! wenn wird dich Deutschland wieder
sehen , und neüe Symphonien von Graun bekommen !
Ihnen ist unfehlbar die Zürcher Edition der Werke Opitzens
bekannt. Ich besitze aber davon nur den ersten Theil in gr. 8.
und Stockhausen schreibt in seiner Bibliothek von einer Zür-
cher Auflage in zweyen Bänden. Sind würklich mehr Theile
herausgekommen, als der erste ? Mir ist nichts davon bekannt.
Ich wollte, daß die HHE. Schweitzer alle ihre Epopeen ins
Feuer würfen, und statt [deren] den Opitz auf die angefangene
[Weise fortsetzten.]
Empfehlen Sie mich dem Herrn Beyer, meinem Mit-
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bruder in Wielands Ungnade! Vielleicht bekommen wir
diese Meße wieder eine Strafpredigt von diesem Kirchenlehrer,
wenigstens in der versprochenen Sammlung aller seiner pro-
saischen Werke. Seine Johanna Gray ist eine seiner besten
Arbeiten.
84. Gleim an Uz.
Halberstadt den 2l™ Dec: 1758.
— In dem Paquet habe alles gefunden. Die Stucke
der critischen Nachrichten hätten sie gar wohl behalten können.
Der Freund , dem sie zugehören , hat sich seit dem ein voll-
ständig Exemplar angeschaft ; dagegen bin Ihnen für die Zu-
rücksendung ihrer Gedichte höchstens verbunden. Meine An-
merckungen sind alle zu seicht, als daß ich hätte wünschen
können, sie in andern, als in den Händen eines nachsehenden
Feindes zu sehn. Ueber einige Einwendungen wieder meinen
Beyfall will ich mich mit ihnen nicht zancken. Sie sind Quin-
tilian und Horaz, und wißen beßer als ich, was fürtreflich ist
Von den Exemplaren des Gedichts auf den Herrn von Cronegck
habe Herrn Giesecke (dem MitVerfaßer des Jünglings, und
itzigen Samler der vermischten Schriften Oberhof predigern zu
Quedlinburg, zwo Meilen von hier) den ich neulich besuchte,
eines geben müßen ; vermuthlich wird er seiner Samlung, der
man in den lezten Stücken die Schwindsucht ansieht, damit
aufhelfen. Die Ode an die Freyheit habe ihm vorgelesen, aber
nicht gegeben, um nicht ihr Verboth zu übertreten. Sie wollen,
ich soll sie critisiren. Es geschehe dann so kurz als mög-
lich — — — Versuchen sie doch eine Ode, worüber die
antipatriotischen Fürsten sich zu Tode ärgern müßen, weshalb
der Pabst sie in den Bann, der Kayser in die Acht thun muß.
Dem Grenadier werde ich alles ihr übertriebenes Lob wie-
dersagen. Ist er bescheiden, so wird er sie dafür strafen. Wie?
Er könte einen Uz abhalten Friedrichs Lob zu singen? Auf
die Niederlage der Rußischen Barbaren hat er meines Wißens
1) Hier folgen Gleims bemerkungen zur ode ,An die Freyheit*
vgl. Sauere ausgäbe s. 154.
Digitiza<- ■■ t* Wg\c
303
noch kein Siegeslied gemacht. Eigentlich schickt sich auch
keines darauf. Friederich hat keine Krieger überwunden, son-
dern Mörder ausgerottet. Von einem Liede vor der Niederlage,
denn eine Schlacht kan man sie auch nicht nennen, habe ich
zwo Strophen. Hier sind sie:
Weil von den Kriegern aller Welt
Du nicht bezwungen bist
Nicht fällst, nicht weichen willst, o Held!
Der Macht nicht, nicht der List.
So senden sie, o Friederich,
Mordbrenner in dein Reich
Und Hencker. Vater, wieder dich
Ist Ihnen alles gleich!
Beym Uebergang über die Oder soll er sie gemacht haben.
Auch habe ich eine Fabel auf den Stoß bey Bautzen, die ihn
zum Verfaßer haben soll, und die ich beylegen will. Herr
Leßing schreibt mir, er hätte ein Gedicht an seine Muse ge-
macht, woraus man sehe, daß er bey Zorndorf verwundet sey.
Sie sollen es haben, so bald ich es bekomme. Was hat er noch
zu singen , wenn er alles besingen will ? Was hat die halbe
Welt in diesem Jahre wieder seinen Held ausgerichtet? Nichts.
Niemahls hat wohl die Fabel von dem Berge und der Mauß
so gut gepaßt, als auf die erschrecklichen Zurüstungen der
wieder ihn verbundenen Mächte. Was haben sie gethan ? Den
Sonnenstein erobert, und wieder verlaßen. Wir haben keinen
Feind gesehn.
Herrn Gröznern empfehlen sie mich doch aufs beste.
Da er ihr Freund ist, so muß er ein braver Mann seyn. Zu
Verkürzung der langen Winter Abende empfehle ich ihnen
unsem Opitz; ich wenigstens gehe seit einige[r] Zeit mit ihm
zu Bette, und stehe mit ihm auf. Haben wir einen größern
Dichter? In Oden Uzen, aber in andern Gedichten keinen —
Wie sehr gleichen doch seine Zeiten den unsrigen ! Das arme
Deutschland ! Wie lange soll es noch der Tummelplatz der
Herschsucht seyn ! Lesen sie doch seine Vier Bücher der Trost-
Gedichte und das Lob des KriegesGottes. Ich hätte große Lust
diese beyden Gedichte besonders drucken zu laßen, und unsem
Helden ein Geschenck damit zu machen, auch in der Vorrede
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von dem patriotischen Opitz zu handeln, aber Zeit Zeit! Nun
habe ich Herrn Leßingen den Vorschlag gethan, der aber an
einer Ausgabe des Logau oder Golau arbeitet. —
Von dem Zürchiscben Opitz ist nur der IIS. Theil heraus.
Herr Stockhausen ist sehr unrichtig. Eine gute Ausgabe von
diesem unsern Vater wünschte ich recht sehr, ja ich gäbe was
darum. Ich habe die Breslauer und Anisterdammer. —
Ist der Herr von Gemmingen, der zu Regensburg als Han-
noverscher Gesandter steht der Poet Gemmingen, und der Ver-
faßer der schönen Staatsschriften die er dem ReichsTage tiber-
geben hat?
Ein andermahl will ich ihnen erzählen, was mir neulich
auf der Jagd beym Grafen von Stolberg begegnet. Ich saß
beym Grafen von Dohna und erklärte demselben die Stelle im
Horatz : Aut trudit hinc et hinc multa cane | Apros in obstantes
piagas. Plötzlich kam ein abscheulicher wilder Keiler gerade
auf mich loß, und es hätte mir beynahe das Leben gekostet.
Mehrere ganz besondere Umstände würden die wahre Geschichte
einer Fabel ähnlich machen.
Der Herr v. Kleist befindet sich wohl. Als Daun mit 80/m
Mann gegen 12/m Mann angezogen gekommen, und Dresden
in die Klemme gerathen, hat man ihm das Willische Thor zur
Beschützung anvertraut. Er ist oft zum Angrif des Feindes
abgeschickt worden, niemahls hat er ihm gestanden, so wie
vorm Achill alles floh! Komt er nach Leipzig, so besuche ihn
gewiß.
Herr Beyer empfiehlt sich ihnen. Wir sehen uns gar selten ;
aber ich bin Schuld daran ; ich kan mich von den täglicbeu
Gesellschaften mit unserm fürtreflichen Oberhaupt, einem Frey-
herrn Spiegel zum Dieseuberg nicht loßraachen.
85. Uz an Gleim.1)
— — — Weil ich von HE. Jungheim zu Helmstädt ge-
redet habe, so muß ich Ihnen sagen, daß ich an diesem Orte
einen Freünd habe, den ich sehr hochschätze. Er ist HE. Kip-
ping, ein Doctor der Medicin, der sich eine Zeitlang in Ans-
1) Von Gleims hand: »beantwortet den 5^ Febr. 1759*
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305
pach aufgehalten. So wenig seine Gesichtsbildung zu seinem
Vortheil einnimmt, so gut ist doch sein Herz. Er hat viele
Kenntniß in den schönen und andern Wißenschaften , einen
richtigen Geschmak, und viele Lebhaftigkeit Sie sind nicht
weit von dem Orte seines Aufenthalts. Wenn Sie einmal nach
Helmstedt kommen , so besuchen Sie ihn. Er wird entzückt
seyn, Sie zu sehen, und Sie werden in seiner Gesellschaft ver-
gnügt seyn.
Warum schweigt der Grenadier ganz? Soll man keine
Lieder mehr von ihm bekommen? Jedermann fragt, warum
bey so großen Dingen seine Muse schlafe. Ich meines Orts
würde mich sehr ärgern, wenn uicht der zweyte Theil seiner
Sammlung herauskommen sollte. Möchte er sie doch bald
mit einem Friedensliede beschließen können ! Leider ! hat es
hierzu noch keinen Anschein. Die Kriegesrüstungen von allen
Seiten sind erschrecklich. Was wird das arme Deutschland
in diesem blutigen Jahr auszustehen haben !
Ich hatte eine böse Zeitung gehört, daß die Bibliothek
der schönen Wißenschaften sich ihrem Ende nahe. Aber nun
erfahre ich mit Vergnügen, daß Hofnung zu ihrer Fortsetzung
vorhanden sey. Es wäre für Deutschland ein unersetzlicher
Verlust, wenn ein Journal, das Beines Gleichen nicht hat, so-
bald aufhören sollte. Sie sollten wohl auch Hand anlegen.
Schreiben Sie nicht an der Magdeburgischen Zeitung? Es
sollen vortreffliche Kecensionen darinn seyn , und ich bin ge-
neigt Ihnen alles vortreffliche zuzuschreiben.
Ich bin völlig einig mit Ihrem Urtheil von unserm Opitz-
Ich glaube, daß der poetische Grenadier es auch ist. Das
Männliche, das Nachdrückliche in seiner Schreibart hat er wohl
einer fleißigen Lesung dieses großen Mannes zu danken. Ist
es nicht eine Schande, daß Deutschland keine Ausgabe seiner
Gedichte hat, die schön genug wäre. Wenn doch HE. Leßing,
statt eines Logau , eineu Opitz herausgäbe ! Wenn Sie doch
jemanden dazu aufmuntern könnten ! Bey dem gütigen Aner-
biethen, mir eine von Ihren Opitzischen Auflagen zu schicken,
erkenne ich meinen Gleim, der allezeit bereit ist, mich zu ver-
binden. Aber ich besitze selbst die Amsterdamer Edition, und
habe sie noch in Halle, ich weis nicht von Rudnick oder
G 1 c i m • U x, briofwcchBol 20
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Götzen eingehandelt, deswegen ist sie mir lieb. Hören Sie
von dem letztern gar nichts mehr? Es ist Schade, daß sein
poetisches Genie unterdruckt worden.
Ich habe herzlich gelacht über Ihr AbentheÜer mit dem
wilden Schwein. Was muß das für ein Herr seyn, dem Sie
eine Stelle aus dem Horaz erklären dürfen ! Aber in den Preußi-
schen Landen sind dergleichen Herren nicht so selten, als an-
derwärts. — — —
Anspach den 25. Jan. 1759.
Derr Herr von Gemmingen in Regenspurg und der Poet
Gemmingen sind nicht eine Person, aber Vettern. Der letztere
ist RegierungsRath in Stuttgardt und ein sehr angenehmer
Herr, aber mehr den Gelehrten als dem Hof. Kein Wunder!
— — — Den ersten May gehe ich alle Jahr nach Wal-
beck, und kan den Weg über Helmstädt nehmen, werde also
ihren Freund HE. Kipping gewiß nicht vorbey gehen. Schrei-
ben sie ihm vorher, so bitten sie ihn, daß er mich mit Herrn
Jungheim besuche. Es würde mir sehr angenehm seyn. Herrn
Kipping wolte ich, an statt meines Uz, umarmen!
Der Grenadier schweigt nicht. Sehn sie hier sein Ge-
dicht auf die Schlacht bey Zorndorf. Es ist, wegen gewißer
ganz besondern Umstände noch ungedruckt; und sie em-
pfangen es, unter der Bedingung, Niemanden, wer es auch sey,
eine Abschrift zu geben, auch, es nur ihren besten Freunden
zu zeigen. Wie aber werden sie mit den zehn sylbigten Jamben,
ohne Reim und Abschnitt zufrieden seyn? Er hat sich we-
nigstens alle Mühe gegeben sie wohlklingend zu machen. Sagen
sie mir doch je ehe, je lieher, alles, was sie daran auszusetzen
finden: violleicht kau es der Grenadier, der noch kranck ist,
sich zu Nutze machen !
Die Bibliothek] der sch.|önen] Wissenschaften wird gewiß
nicht aufhören. An der Magdeb.furgischen] Zeitung habe ich
keinen Antlieil, ich kenne nicht einmahl den Verfaßer; doch
ist mir i^esa^t, es sey der ehedem zu Braunschweig gestandene,
und durch schlechte Gefliehte hekante Profeßor (und izt Rector
86. Gleim an Uz.
307
zu Magdeburg) Herr Reichard , dem ich jedoch es fast nicht
zutraue, daß er so schreiben und urtheilen kan, wiewohl
einige Stellen ihn auch ganz wohl verratheu.
Um eine Ausgabe unsers Opitz habe HE. Leßing und
HE. Ramler schon oft angelegen, aber sie haben mir nie etwas
gewißes versprochen; daher ich fast geglaubt habe, als wenn
sie würcklich dabey wären. Ich will sie desfalls noch genug
anliegen. Von HE. Qötze habe ich seit einigen Jahren keine
Nachricht.
Halberstadt den 5i2? Febr. 1759
Herr von Kleist liegt noch zu Zwickau. Hat er ihnen
seinen Cißides und Paches geschickt? Vermuthlich. Er ist
sehr sauber gedruckt und durch HE. Leßing besorgt.
87. Uz an Gleim.1)
Liebster Frettnd,
Sie haben mir ein vortreffliches Gedicht geschickt: ich
danke Ihnen für dieß Geschenke. Was für Bilder ! Welche
Erhabenheit! Welche Stärke des Ausdrucks! Das Jambische
Sylbenmaaß ist regelmäßig und wohlklingend. Aber man muß
doch das Gedicht etlichemahl lesen, bis man es recht liest. Ich
glaube, daß dieses von den häufigen Enjambemens herkommt.
Die Zeilen sind stark in einander geflochten. Wenn man sie
nach dem Verstände, den sie enthalten, mit einander verbindet,
so verliert sich ein großer Theil des Sylbenmaaßes. Es bleibt
fast nichts, als eine wohlklingende und erhabene Prose. Wollen
Sie mir noch eine Anmerkung erlauben? Es gefällt mir nicht,
daß ich so viele alte und unrichtige Wortfügungen antreffe.
In den Kriegsliedern sind sie mir nicht anstößig. Wer wird
einen Grenadier um eine Wortfügung chicaniren ? Aber das
neüe Gedicht ist zu erhaben, als daß ich ihm soviele Ar-
chaismos erlauben könnte. Ich fürchte mich über dieses vor
den üblen Folgen. Die Deutschen ahmen alles nach und über-
treiben alles. Ist nicht zu besorgen, daß ein solches Meister-
stück uns wieder auf die Construction, welche in Luthers Biebel-
1) Von Gleima band: „Beantw. den 25»« Merz I7ö9»
20 *
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HOB
Uebersetznng herrschet, zurückführen möchte? Ich bin einmal
im Tadeln und will darinn fortfahren. Sie haben es verlangt.
Dünkt Ihnen nicht, daß gleich im Anfange Daun etwas mis-
handelt wird? Ich merke dieses an, weil die Beschreibung des
alten Marschalls ganz unvergleichlich und eine der schönsten
Stellen des Gedichtes ist. Sollte jenem nicht mit gleicher
Mäßigkeit begegnet worden seyn? Alle Tausende, die
du beliebetest durch einen Strich p Geschieht ihm
hier nicht Unrecht? Ist es historisch wahr ? Die Stelle von
seinem Vettern verstehe ich gar nicht. Das Wort: rip-
peltest du dich ist ein Provinzial- Wort, und viel zu niedrig.
Man kann den Schnecken- Gang wohl trag, aber vielleicht
nicht giftig nennen. Das Gleichniß von dem Zug der
Schlangen und die ganze Beschreibung, wozu es gehört, ist
erhaben. Das Haus von Leinwand, ein mehr scherzhafter,
als edler Ausdruck, macht keinen angenehmen Contrast mit
dem vorhergehenden Erhabenen. Betete für ihn, ist eine
unrichtige Wortfügung und bringt eine Dunkelheit über den
ganzen, ohnehin etwas langen, Satz. Ist der Umstand, ein
Fernglas in der Hand, nicht auch ein wenig zu klein,
zu unwichtig? Und kamen wohlbehalten über dich.
Das Wort thut keine gute Wirkung. Es erweckt ein Lachen:
ich habe es bemerkt. Es ist nicht edel genug. Ist der Um-
stand mit der Blutfahn historisch richtig? Die C e n t u e r-
Last gefallt mir nicht sehr. Dein ganzes Leben sey
ein solcher Traum! Eine Zeile, die Shakespeare würdig.
Was vor und nach steht, ist alles vortrefflich. Furcht vor-
aus zu schaden über Stadt und Land. Es muß vermut-
lich heißen : voraus zu schicken. Der Schluß ist des vor-
trefflichen Ganzen würdig. Sehen Sie eine lange Critik ! Ich
weis nicht, warum ein solches Meisterstück nicht gedruckt
werde. Die eingemischten historischen Umstände sind hier
und anderer Orten schon bekannt. Das zweymalige Weinen
zu Ctistrin wird doch keine Hinderung machen? Aber laßen
Sie den Grenadier seine Leyer nicht weglegen. Er muß den
zweyten Theil zu seinen Liedern liefern. Die Welt wartet
darauf, und niemand mehr, als ich.
Ich habe Ihrem Verlangen Folge geleistet, und nur zween
Diaitizfidbv Google
30<>
vertraute FreÜnde, HE. ConRector Jungheim und HE. Cammer-
Rath Hirsch, der Bruder deßen, den Sie vielleicht in Leipzig
gesehen haben, haben es gelesen. Sie haben es mit Bewun-
derung und Entzücken gelesen. Der letztere insonderheit ist
ein besonders vertrauter FreOnd von mir. Bey ihm kommen
ich und noch einige andere Personen Samstags nachmittags
zu einer Pfeife Toback und Bouteille Weins zusammen. Mitt-
wochs abends eßen ich und Junkheim bey ihm des abends.
Er hat eine schöne Bibliothek, ist in Italien und Frankreich
gereiset. Er trinkt mir allemahl die Gesundheit meines Gleims
zu. —
Anspach den 1. März 1759.
Ich danke Ihnen, nahmens HE. Kippings, für Ihre gütige
Einladung nach Halberstadt. Ich werde es ihm schreiben, Und
er wird mir Dank wissen, daß ich ihm Ihre Bekanntschaft
verschaft habe.
Ich habe die ersten Stücke der Briefe über die neüste
Litteratur gelesen. Sie sind ungemein schön, und ich fürchte,
diese Wochenschrift werde der Quatember- Schrift Abbruch
thun ? Ich vermuthe, daß HE. Leßings Feder mit im Spiele ist.
Herr v. Kleist hat mir durch Herrn Weise sein neties
Gedicht geschickt. Es ist voll edler Empfindungen und starker
Bilder. Aber sein Jambus nimmt sich mehr Freyheiten, als
der Jambus des Grenadiers und selbst der Engländer. Billigen
Sie, daß eine Zeile mit und, des, wie, p sich endiget?
Kann die Harmonie damit bestehen?
Eben bekomme ich die zu Berlin gedruckte Lobrede auf
den König. Sie scheint mir schön und von gutem Geschmacke
zu seyn. Wer ist der Verfaßer ? und wer hat die schönen
Melodien zu den Kriegsliedern componirt?
- 88, Gleim an Uz.
Liebster Freund,
Hätten Sie ihre Critick des Grenadiergedichts mir ehe ins
Ohr gesagt, so wäre gewiß Gebrauch davon gemacht. Aber
aus beygehenden gedrucktem Exemplar ersehen sie, daß es zu
spät gewesen ist. Indeß kan es bey einer neuen Ausgabe ge-
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schehen. Das Silbenmaß könte freylich vollkommener seyn,
und dann würde es sich beym Lesen nicht leicht verliehren,
wiewohl auf einen guten Leser viel ankörnt. In Glovers Leo-
nidas sind die Enjambemens auch sehr häufig. Der größeste
Vorzug dieses Verses , vor dem gereimten , dunckt mich , be-
steht in der Freyheit, die Zeilen in einander zu flechten.
Das Mißfallen an den alten Wortfügungen könte sich
vielleicht mindern, wenn man bedächte, daß der Grenadier
Grenadier bleibt, er singe ein Kriegeslied, oder mache ein Ge-
dicht. Nicht Sie allein, liebster Freund, sondern schon andere
Kenner haben ihm deshalb Vorwürfe gemacht, und ich habe
ihn mit dieser Einwendung vertheidigt. Aber sie werfen ihm
auch unrichtige Wortfügungen vor. Wolten Sie sich mit
einer Auszeichnung derselben bemühen, so würden Sie sehen,
wie geneigt der Grenadier ist, sich zurecht weisen zu laßen.
Man sieht seine eigene Fehler am wenigsten.
Was hingegen die Mißhandlung Dauns betrift, wie sie die
Art nennen, mit welcher von ihm geredet ist, so ist wohl mit
großem Bedacht dieser östreichische Feldherr so caracterisirt,
wie der Grenadier, aus den allgemeinen Urtheilen über ihn in
der Preußischen Armee, ihn gekant hat. Die Stelle:
Und alle Tausende
Die du beliebetest durch einen Strich
Im Buche deiner Thaten, in das Reich
Der Schatten zu versetzen, lebten hoch p
werden die Oestreicher selbst nicht mißbilligen. Ich habe
viele Ihrer Officiers gesprochen, die an den Lügen in den Be-
richten aus dem Oestreichischen Hauptquartier, groß Miß-
fallen bezeigten. Und sollte aus dem HauptQuartier wohl
etwas dürfen geschrieben werden , wovon der Feldherr nicht
wüste? Ich weiß aus der Erfahrung im Dienst des Fürsten
von Deßau, wie es damit gehalten wird. Sfe fragen, ob es
historisch wahr ist, was der Grenadier sagt? Ich weiß vou
ihm selbst, daß er weder in den Kriegesliedern, noch in dem
Gedicht, wovon die Rede ist, keinen einzigen unwahren histo-
rischen Umstand hat wollen einfließen laßen; die Stelle von
Dauns Vetter habe ich mir damit erklärt, daß ich gehört,
Daun habe einen Adjutanten seines Nahmens, der ein sehr ge-
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schickter Officier seyn soll. Statt : rippeltestt ist rüh-
ret est gesetzt, und doch, ich gestehe es, gefallt mir rip-
p e 1 1 e s t beßer im Munde des aufgebrachten Soldaten , und
dünckt mich nichts weniger als niedrig. Man darf es nur laut
lesen, und das soldatische Gesicht dazu machen, das dazu ge-
hört, so wird es der Thon selbst aus dem Staube des Niedrigen
erheben. Der träge SchneckeuGang der Schlangen ist giftig ;
will der Grenadier sagen. Das Hauß von Leinwand, soll einen
König vor Augen stellen, der, aus Liebe zum Vaterlande, als
Beschützer seines Volcks , sich alles seines Pomps begiebt,
gleich seinem Grenadier, ein dünnes Hauß, ein Zelt, ein Hauß
von Leinwand bewohnt, darinn er für dem Ungestüm des Wet-
ters nicht sicher ist — Wenn es ein scherzhaftes Bild ist, so
hat der Grenadier seine Absicht sehr verfehlt, und er thut
wohl , wenn er das Hauß von Leinwaud den Augen eutzieht,
die es dafür an sehn. Betete für ihn solte allerdings
heißen: für ihn betete; EinFernglaß in der Hand
hat der König gehabt, als er die Rußen auf dem Cüstrinschen
Wall stehend, recognoscirt hat. Der Umstand ist also wahr.
Es fragt sich aber, ob er dadurch aufhört klein zu seyn ? Und
ob nicht kleine Umstände oft eine große Würckung thun?
Ich habe gemerckt, daß er den Soldaten gefallen hat, die den
König im Felde, oft mit dem Fernglaß in der Hand gesehn
haben. Wohlbehalten, muß in dortiger Gegend einen
Nebenbegrif oder einen Nebenklang machen , weil es dort
Lachen erweckt, und hier Ernst. Die Blutfahne ist historisch
wahr. Als einige Preußische Regimenter (Regimenter die in
Preußen in Besatzung liegen) aus der vielleicht boshaft bey-
«^ebrachten Furcht, die Rußen würden ihre in Preußen zu-
rückgelaßenen Weiber umbringen, wenn sie die Schlacht ver-
löhren, nicht an den Feind wolten, und sie so gestellt standen,
daß auf Ihnen der Sieg beruhete, da nimt der König die erste
die beste Fahne, sagt: Komt Kinder, sterbt für das Vaterland!
und alle folgen ihm, und wollen nun keinen Rußen zum Mör-
der ihrer Weiber übrig laßen. Die Centnerschwere Last miß-
fallt mir ebenfalls sehr; in einer neuen Ausgabe wird sie ge-
wiß wegfallen. Furcht voraus zu schaden, soll heißen:
senden.
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Sehn Sie, liebster Freund, das sind in der Eil einige Zeilen
zur Entschuldigung meines Freundes des Grenadiers. Ohne
Zweifel werden sie daraus sehen , daß mich die Freundschaft
verblendet hat. Aber wißen sie, wie ich es machen will ? Da
wir dem Grenadier, wie man es sonst, bey* gelehrtern Autoren
gewohnt ist, das letzte Wort nicht laßen dürfen, so will ich
ihre, meine, und anderer Criticken zusammen schreiben, sie an
HE. Ramler und HE. Leßing, der die Ausgabe des Gedichts
besorgt hat, übersenden, und sie bitten, ein critisches Urthel
zu fällen. Wir, Uz und ich, wollen dann hinwiederum, über
Leßings und Ramlers Criticken Richter seyn ; Denn beyde haben
welche gemacht, und eines Theils ist der Aufschub des Drucks
daher entstanden. Z. E. Wie gefällt ihnen, angezwackt,
statt angepackt. Angezwackt habe ich gesagt , sind die
Preußen vorOllmütz, aber, ob es gleich der Konig gewollt, so
hat er doch mit aller List und Kunst, seinen Feind zum schlagen
nicht bringen können ; Daun ließ ihn un angepackt. Anzwacken
ließ er ihn an allen Orten und Enden durch leichte Truppen,
aber anpacken, mit dem ganzen Kriegesheer, wollt er ihn nicht,
er wäre zu kurtz gekommen. — —
Könte ich doch nur einmahl meinen Uz bey seinen Freun-
den überfallen ! Ich stelle mir oft vor, wie vergnügt wir, bey
Pontack mit Zucker, in Halle saßen! Erst neulich erzahlte ich
es, meinem unvergleichlichen Dohindechant, bey einer Schaale
voll B i s c h o f f. Gleich stieß er an, und sagte : Herr von Kleist,
und Herr Uz! — Ihres Gedichts auf den Herrn von Croneck
erwähnt er oft mit großem Lobe, und der Aschenkrug ihres
Freundes, mit der dabey angebrachten Erfindung, hat ihm so
Wohlgefallen, daß er Lust hat, sein hiesiges Erbbegräbniß dar-
nach machen zu laßen. Aber er soll erst nach hundert Jahren
sterben. — — —
Wie gefällt ihnen das Trauerspiel Philotas? Ich vermuthe,
es sey von Herrn Leßing, ob er es gleich nicht Wort haben
will. Ich bin sehr für das Trauerspiel in Versen. Es ist schwer,
in der Prosa den tragischen Cothurn anzulegen, und eben so
schwer, sich für Weitläufigkeit in der Schreibart zu hüten.
Man läßt sich mehr Freyheit alles zu sagen. — — —
Halberstadt d. 25l™ März. 1759
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Herr Leßing will nichts davon wißen , daß er an den
Briefen über die neueste Litteratur Theil hat; aber einigen hat
er gewiß — Herrn von Kleists Jambus ist allerdings allzu
kühn; die Harmonie kan mit den und, des, wie am Ende
nicht wohl bestehen. Doch muß man einem Kleist etwas zu gut
halten. Schlechtere Scri beuten, wie z. E. der Grenadier dürfen
solche Fehler nicht machen. r
Den Verfaßer der neuen Lobrede kenne ich nicht. Sie
hat mir nicht so gefallen, wie Herrn Sulzers seine, die sie ver-
mutlich werden gelesen haben. Der Plinius unsere Trajans
ist jedoch noch Keiner von alleö. Die Melodien zu den Krie-
gesliedern haben Krause, Graun , Quanz gemacht. Eines von
HE. Bach couiponirt, ist zu spät gekommen. Ich kan aber
damit aufwarten.
89. Uz an Gleim.
Liebster Freünd,
Ich würde mich Über Ihr langes Stillschweigen beklagen,
wenn ich nicht die unglücklichen Umstände und Zeiten bedächte,
die Ihnen wohl wenig Lust machen , zu sehreiben. Gott hat
Ihnen noch etwas härteres aufbewahret, als alles bisherige ge-
wesen. Sie haben Ihren vortrefflichen Freünd verlohren. Multis
ille bonis flebilis occidit, nulli flebilior quam tibi. Kleist wird
wohl von ganz Deutschland betrauert. Die erste Nachricht, die
ich aus den öffentlichen Zeitungen bekommen, hat mich em-
pfindlich gertihret. Er war auch mein Freünd! Aber ich
glaubte dieser Nachricht nicht. Ich dachte: es giebt mehr
K leiste; vielleicht ist eine Verwechselung der Nahmen. Aber
ich erhielt bald gewißere Nachrichten, selbst aus Frankfurth.
Ich kann Ihnen meine Betrübniß nicht ausdrücken. Aber es
ist gewiß, daß ich seit Kronegks Tod nicht empfindlicher ge-
röhrt worden. Bey aller meiner Betrübniß dachte ich doch
immer an meinen Gleim. Ich stellte mir Ihren Schmerz vor
und bedauerte Sie. Ich weis, wie schmerzlich der Verlust eines
vertrauten Freündes einein zärtlichen Herzen ist. Sie werden
sich trösten, wie ich mich getröstet habe : Gott hat es gethan,
und was er thut, ist recht. Besingen Sie das Lob Ihres Kleists,
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wie ich gethan habe. Sie werden meinen Versuch in der An-
lage finden und ihn verbeßern. Ich bin versichert, daß Sie
ihn schöner besingen werden. Ich zweifle nicht, daß mehrere
seiner Freünde ihm ein würdigeres Denkmaal stiften werden.
Aber es soll doch auch meine Stimme bey dem allgemeinen
Lobe nicht fehlen. Die Nachwelt soll sehen, wie hoch ich ihn
geschätzt habe. Non ego te meis chartis inornatum silebo.
Der neüe Tbeil der Bibliothek hat mich herzlich erfreüet,
da er mit dem Bildniß meines Gleims pranget. Ich habe es
geküßt, als ich die Gesichts-Züge erkannte, die mir so lieb
sind. Sie sehen sich gewiß viel gleich, wenn ich mich änderst
recht erinnere. Aber schreiben Sie mir, ob der Kupferstich
Ihnen ganz ahnlich sieht. Denn die Zeit verändert vieles. Es
ist mir angenehm, daß die Bibliothek noch dauert. Der neüe
Theil macht den vorigen keine Schande. Es ist wahr, daß
Herr Winkelmann vielen Antheil an der Schätzbarkeit dieses
Theils hat. Es ist zu beklagen, daß HE. Nicolai und HE.
Moses die Hand abgezogen haben. Man vermißt ihre Aufsätze.
Die Briefe über die neüeste Litteratur ersetzen diesen Verlust
nicht, ob sie gleich sehr schätzbar sind. Die weitläufigen Ab-
handlungen aus der höhern Philosophie werden nur wenigen
angenehm seyn , ohnerachtet die Verfaßer auch darinnen sich
schön ausdrücken und einen leichten Vortrag behalten. Ich
wünschte, meines Orts, daß sie öfter so kleine und angenehm«»
Recen8ionen einruckten, als in dem ersten Theile stehen. Für
kleine wöchentliche Briefe scheint mir diese Art die schick-
lichste zu seyn. Doch dieii unter uns!
Ich möchte wohl einmal wieder ein Lied von dem Grena-
dier sehen. Muntern Sie seine Muse auf. Vielleicht besingt er
auch den unsterblichen Kleist. Möchte er doch bald einen glück-
lichen Frieden besingen können! Ich selbst wollte iu seine
Leyer einstimmen. Ich erwarte mit Begierde einen Brief von
Ihnen. Laßen Sie mich wenigstens wißen , daß Sie gesund
sind. Sie wißen, wie sehr Sie liebet
Ihr
A.fnspach] <len 1 Oct. 1759. getreüer Freünd
UM
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90. Gleim an Uz.
Seit dem Tode meines Kleists, mein liebster bester Freund,
bin ich mehr todt, als lebendig gewesen ; tansendmahl dachte
ich ihnen zu schreiben , und tausendmahl fiel mir die Feder
aus der Hand; zehn halbe Briefe an meinen besten Freund auf
der Welt, an Sie, mein Uz, liegen in meinem Schreibtische,
mit keinem einzigen konte ich fertig werden; ihr Gleim, der
noch immer
Stumm über seiner Urne weint,
wäre vielleicht noch lange auch für seinen besten Freund todt
geblieben, wenn ihn nicht eine fürtrefliche Muse in leibhafter
Gestalt ins Leben zurück gerufen hatte; ihren irdischen Nah-
men mein Liebster, werden sie schon gehöret haben, aber alle
Wunder dieser außerordentlichen Frau wißen sie gewiß noch
nicht; denn die im Druck erschienenen Gedichte sind nur von
der Frau Karschin ; die sie als Sapho, Horaz, Anacreon, und Uz
gesungen hat, liegen noch bey mir in Verwahrung, und nur
wenige Abschriften sind in den Händen ihrer nächsten Musen-
freunde. Sie, mein liebster, sollen sie zuerst sehen, so bald
ich nur Zeit habe, Abschriften davon nehmen zu laßen ; mit
unglaublicher Leichtigkeit singt sie alles, was sie singen will ;
die Vorbitte an Sie, den ganzen Bogen meine ich, den sie hie-
bey empfangen, hat sie geschwinder geschrieben, als ich ihnen
dis Blätchen schreibe, und sie können sie als eine kleine Probe
ihres Genies ansehen. Arbeiten kan sie nicht; und so lieb ihr
Horatz ist , so ist ihr doch nicht möglich die Feile zuge-
brauchen, die er seinen Schülern in die Hand zu nehmen, be-
fiehlt ; einraahl umschreiben, oder wieder abschreiben, kan sie,
was sie gesungen hat; gemeiniglich aber hört man alsdenn
einen ganz andern Gesang; in Gesellschaft, die ihr angenehm
ist, läßt sie Kleinigkeiten ihrer Muse hören ; Epigrammen,
dergleichen keine Anthologie schöner hat; an einem Abend,
den wir bey Herrn Beyer, dem Verfaßer der Kleinen Lieder,
neulich zubrachten, beschenckte sie die Gesellschaft mit einem
halben hundert; wir konten nicht so geschwind schreiben, als
1) Geschrieben: Pfeile.
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sie, bey dem geringsten Anlali sie sagte; ein deutscher Martini,
der sie mit Mühe erfunden hätte, dürfte nicht besorgen, dal,
wegen des falschen Witzes, ein Naugerus dem Catullus jähr-
lich ein Exemplar opferte ; sehen sie hier eines, oder ein Paar.
Als ein Schweinskopf auf der Tafel stand.
Des Waldes Thiere sind dem Löwen unterthan,
Der Eber schäumt und droht mit starckgewachsnen Zahn
Des Jägers starck gewordnen Gliedern; ,
Ich bin ein schwaches Wrib, und wehre mich mit Liedern.
Als sie gefragt wurde: ob sie sich
vor dem Blitz fürchtete?
Zevs schillt im Wolckenhimmel,
Sein lauter Donner sprichts,
Er schilt dem KriegsGetümmel
Den Dichtern thut er nichts.
Als Herr Ramler kalt genennet
* wurde, an mich;
Dein Ramler ward am kalten Belte1)
Gebohren auf begrünter Flur,
Trau aber nicht auf seine Kälte
Im Herzen ist er Epicur.
Die saphischen Gesänge die sie im Caracter der Griechin
gesungen hat, würde ein Wolf für aufgefunden halten, wenn
sie sie griechisch gesungen hätte; von diesen, mein liebster
Freund, sollen sie sich, mit der Vergebung meines Stillschwei-
gens und einem Briefchen die Abschriften erwerben.
Halberstadt den 81» Oct: 1761.
91. Uz an Gleim.2)
Liebster Freüud,
Sie sind ein schlauer Mann ! Nachdem Sie mich etliche
Jahre sitzen laßen, ohne Sich meiner zu erinnern, nehmen Sie
eine Muse zu Ihrer Fürsprecherin. Sie konnten wohl vermuthen,
daß dieses Mittel Ihnen gelingen würde. Aber Sie können auch
wissen, daß ohne Muse und Sappho ich allen Unmuth vergeßen
1) Am rande: „Kr ist aus Colherg gebürtig."
2) Von Gleims hand: .Empfangen erst den 2<^J Jan. 1762*.
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hätte, wenn ich anch nur von Ihrer Hand zwey Zeilen gesehen
hätte , die mich versicherten , daß Sie noch mein Freünd
wären. — — —
Ihrer Sappho antworte ich in beyliegendem Schreiben. Sie
ist in allen Absichten ein bewundernswürdiges Frauenzimmer.
Ihre Poesie ist so feurig, so mahlen sch und geistreich, daü sie
hinreißt Was würde Sie seyn, wenn sie ihr unvergleichliches
Genie mit mehrerer Geduld bearbeitete! Ich weis nicht, wie
ihre Erziehung gewesen. Wenn sie aber in jüngern Jahren
keine Anweisung gehabt, so ist sie noch mehr ein Wunder.
Ich erwarte ihre Geschichte und Ihren Roman. Theilen Sie sich
darein.
Am begierigsten bin ich nach ihren sapphischen Lie-
dern. Ich habe ihr selbst geschrieben, daß ich hierinnen Liebe
und zwar feurige Liebe suchte. Es ist eine schwere Gattung
der Dichtkunst, und von den Deutschen noch nicht bearbeitet
worden. Unter ihren Sinngedichten gefällt mir das auf HE.
Kammler vorzüglich. Wenn wird dieser Ihr Freünd seine Oden
herausgeben ? Und warum schweigt die kriegerische Muse des
Grenadiers? Wenn alle, die gut schreiben, ihre Feder hinlegen,
was werden die Buchläden noch zuletzt für elendes Zeug lie-
fern ? Es hat sich ein gewisser Eil, ein versprengter Preußi-
scher Korporal, hier aufgehalten, der sich für den Verfasser
der Kriegslieder ausgegeben. Er machte mit großer Fertig-
keit Verse, und schrieb einen großen Bogen voll über die
Liegnitzer Affaire. Es kamen schöne Sachen darinn vor, von
der Babilonischen Hure und dergleichen Biblische Allusionen.
Es sollte unter dem Nahmen des Verfassers der Kriegslieder ge-
druckt werden. Aus Bache hätte ich es beynahe geschehen
laßen. Er hat nachgehends hieher gemeldet, daß er Oberst-
Lieutenant geworden; und nun wird nach ihm gestrebt, weil er
in hiesigen Landen einige tolle Streiche begangen. Er hat mich,
bey seinem zweymaligen Hierseyn, nicht besucht, welches mich
Wunder genommen hat. Glauben Sie, daß Ihr Grenadier nach
Anspach kommen würde , ohne mich zu besuchen ? — — —
Anspach den 12. December 1761.
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92. Gleim an Uz.
Halberstadt den I6'üü Jenner 1762
— — — Gestern empfing ich die Antwort unserer Sapho
von Magdeburg auf den Brief, den sie ihr geschrieben hatten,
denn zu Magdeburg ist sie nach ihrer Abreise von hier, und
daselbst an allen Höfen wie zu Hause. Izt lege ich alle meine
Arbeiten auf die Seite, um Ihnen mein liebster, sobald als
möglich das Vergnügen zu machen , das Ihre aaphischen Ge-
sänge mir machten, als ich sie zuerst hörete. Sie fürchteten
keine Liebe darinn zu finden ; der erste Gesang, der ihnen in
die Hand fält, wird sie belehren, daß diese Furcht vergebens
war, und könten sie alles lesen, was die saphische Muse in
Versen und Prosa gesungen und geschrieben hat, sie würden,
ja sie würden über die Frau erstaunen, die mit solcher Leich-
tigkeit alle mögliche Affecten annimt, und mit so viel Ge-
schmack alles schreibt, was man nur Genien, die die große
Welt kanten, zutrauen dürfte. Sie wollen ihre Geschichte und
unsern Roman wißen; die erste werden sie vor der Samlung
ihrer Gedichte lesen; und daraus erfahren, daß sie in dem
niedrigsten Stande gebohreu, nicht die mindeste Erziehung ge-
habt hat, daß sie zwey mahl sehr unglücklich verheyrathet
gewesen, Mutter von einigen Kindern, und schon in den Jahren
ist, in welchen wir anderen Dichter aufhören Musen und
Mädchen zu haben ; den Roman kan ich ihnen in zweyen
Zeilen erzählen. Ich sagte, als ich zu Berlin im letzten May-
inonath sie zum ersten mahl sähe, sie könte eine deutsche
Sapho seyn; ich hatte eine Ode von ihr gelesen, die sich an-
fängt : Sohn Gytherens, kleiner Weltbezwinger,
welche hinlänglich war, von ihrem Geist mir einen völligen
Begriff zu geben; Auf meinen Vorschlag machte sie einen Ver-
such und übersezte die beyden Oden der Griechin aus Herrn
Götzen; sie kam dadurch so sehr in den sapbischen Schwung '),
daß sie hernach bey dem mindesten Anlaß dazu, ein saphisches
Lied sang; ohne einen Phaon zu haben, wäre es nicht ange-
gangen, sie that mir die Ehre und erwählte mich dazu; lächelte
1) Zuerst: in ihren Geschmack,
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Phaon so sang sie das süßeste Lied, hatte er eine kaum merck-
liche Wolcke auf der Stirn, so hörte man den traurigsten Ge-
sang; wir machten in uusern Gesellschaften uns alle kleine
Umstände zu Nutze; alle Arten von Affecten der Liebe be-
kamen ihren Gesang ; sie dürfen aber nicht glauben , daß
Thyrsis der einzige Liebhaber dieser außerordentlichen Frau
sey. Nein, au einem fände ihr Herz, das ganz Zärtlichkeit,
ganz Freundschaft ist, nicht genug zu Lieben, Sulzimen (HE.
Sulzer) , Palemon (HE. Bachmann zu Magdeburg) , Daphnis
(HE. Ramler), Bylen (Herr Beyer), Spirus (HE. von Spiegel),
Wernigus (HE. Graf von Wernigerode), alle Männer ihrer Be-
kan tschaft, an denen sie mehr oder weniger Vollkommenheit
nach ihrer Idee, wahrnimt, sind ihre Liebhaber, und jedem
singt sie in dem Caracter, der ihm nach ihrer Meinung zu-
komt, Thyrsis hört zärtliche, Sulzimen moralische , Wernigus
andächtige Lieder; mein Utz würde philosophische hören; denn
mau sagt seine alte Liebe zur Philosophie sey aufgewacht, so
bald er unsern Moses gelesen hätte, und sie kan nur gar zu
leicht mercken, wofür unser Herz eingenommen ist. 0 mir
entwischt nichts, was die Menschen fühlen, sagt sie in einem
Gedicht an Sulzer, und schon mehr als einmahl habe ich
wahrgenommen, daß sie verrätherische Blicke in die Herzen
der Menschen gethan und sich nicht geirret hat. Wäre meine
Zeit nicht so kurz, so wolte ich Herrn Sulzern vorgreifen, der
uns versprochen hat, in das Genie dieser Wunderfrau, wie man
sie hier nennet, solche tiefgehende Blicke zu thun , und uns
Anmerckungen darüber zu geben ; denn ich habe mit ihr
gleichsam manche Versuche angestellet, ich habe auf ihre
Reden von dem Künstlichen Achtung gegeben p Ich will
doch flüchtig einige Beobachtungen hin schreiben. Wenn man
sie fragt, wie machen sie es, daß sie so geschwind so fürtref-
liche Sachen schreiben können? So antwortet sie, wenn ich
nur einen Vorsatz habe, etwas gutes zu machen, so geht es
sehr leicht, und Vorsatz habe ich allezeit, wenn ich einen
Kenner und Freund der Musen vor mir habe. Gelingt ihr eine
Ode, oder ein Lied, so sagt sie: ich bin in den rechten Thon
gekommen. Sie sagt nicht, ein Lied im horazischen Geschmack,
sondern im horazischen Thon, im saphischen Thon. So flüchtig
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sie auch in dem schwersten Sy Ibenmaß zum ersten mahl
schreibt, so irret sie doch Niemahlen, nur schreibt sie ein
klein wenig langsamer, als in den bekantern Sylbenraaaßen,
und schlägt gleichsam den Tact dazu. Von unsern Deutschen
Dichtern kan sie den einzigen Opitz sich nicht müde lesen ;
lieber als alle neuern Dichter liest sie die alten in Ueber-
setzungen; sie abstrahiret sich eine allgemeinere Vollkommen-
heit, wenn sie findet, daß die Sprache des Uebersetzers nicht
die vollkommenste ist, so setzt sie sich in den Affect des Au-
tors, und macht eine Uebersetzung nach ihrem Sinn; 80 hat
sie aus dem Griechischen, lateinischen, und französischen
tibersetzt ; eine Probe sehen sie an den beyden Oden der Sapho.
Lesen thut sie wenig, aber was sie liest, wird augenblicklich
von ihr genuzt; Herr Sulzer gab ihr den Plutarch zu lesen,
sogleich waren in allen ihren Gedichten Spuren davon, ich er-
zählte ihr vieles von der griechischen Sapho und Wolfs ge-
samieten Nachrichten, alles wurde angebracht; sie wolte was
zu lesen haben, zehn Bücher gab sie mir zurück, ich gab ihr
Xenophons Cyropedie und sie horte nicht auf zu lesen ; die
zwey Bücher der Ilias, die zu Zürch in Hexametern heraus-
gekommen sind, verschlang sie, kurz die Alten waren ihr alles
in allem. Die Uhrsach ist leicht einzusehen ; die alten waren,
wie sie, Mehr von der Natur gebildet, als von der Kunst.
Sie samleten ihre Bilder aus Betrachtung der Welt, wir samlen
sie aus Büchern ; ein Mahler , der immer copirt, wird nie ein
Raphael werden, und ein Dichter, der Hirten und Helden nur
im Virgil gesehen hat, nie ein Homer. Wer glaubt , daß es
einen blinden Dichter geben kan, der kan auch glauben, daß
es blinde Mahler geben kan. Milton hatte seine Augen als
Poet so viel gebraucht, daß er blind ward, er hatte die Ding<»,
die er mahlen wolte alzu scharf betrachtet; und Homer war
wohl nie blind. Man wird von Dingen , die man sieht ganz
anders eingenommen, als von denen, die man erzählen hört:
Man gebe mir zehn Poeten, die alle die aufgehende Sonne be-
schrieben haben, ich will die herausfinden, die nie aufgestanden
waren, sie zu sehen 1). Noch eine Anmerckung fällt
mir ein, daß sie in allen ihren Gedichten einen Plan hat, an
1) Zuerst, die ihre Beschreibung aus dem Milton nahmen.
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den sie, als sie anfieng zu schreiben, nicht dachte, und daß es
ihr sehr schwer wird, nach einem vorgeschriebenen Plan zu
arbeiten. Ich sagte ihr einen Plan zu einer gewißen Ode, sie
saß einen halben Tag dabey und brachte nichts zu Stande.
Für die Prinzeßin Amalia des Königs Schwester, hat sie nach
einem prosaischen Entwurf eine PaßionsCantate mit vieler
Mühe zu Stande gebracht ; hätte man ihr freye Hand gelaßen,
so würde es ganz was anders geworden seyn, so gut sonst alles
ist ; mit weniger Arbeit hätte sie die 100 R;. die die Prinzeßin
ihr geschenckt hat weit ehe verdient — Nächstens werde ich
ihnen den Plan zu dem Druck ihrer Gedichte übersenden. Mich
dtinckt ich habe ihnen schon gesagt, daß wir zu ihrem Besten
eine Subscription machen wollen. Sie werden es hoffentlich
nicht übelnehmen, wenn sie ihren Nahmen unter den Samlern
finden. Den Plan hat Herr Bachmaun aufgesetzt, ich bin in
allen Stücken nicht damit zufrieden; man hätte keine zwey
Claßen machen sollen. Wer wird zum Besten eines solchen
Genie nicht gern einen Fr.[iedrich]d'or geben? Auch muste
man mehr Samler benennen p. Herr Ramler ist sehr kränck-
lich; mehr als einmahl ist er in vorigem Jahre dem Tode nahe
gewesen. Sein Freund Langemack, mit dem er viele Jahre in
einem Hause gewohnt hat, ist ihm vorangegangen; zu der
HerausGabe seiner Oden ist bey seinem Leben keine Hoffnung,
er hört nicht auf an seinen Arbeiten zu künsteln. Auch wird
die Uebersetzung des Horatz nie fertig. Siebzehn Oden, jede
in ihrem eignen römischen SilbenMaaße übersetzt, hat er [mir]
anvertrauet; hätte er sie behalten, so wären sie schon einige
mahl wieder umgearbeitet; er beweiset, daß man das Nonum
prematur in annum übertreiben kan. Izt giebt er seinen
Batteux von neuem heraus.
Der Grenadier ist völlig todt. Er starb frey willig, er
wolte seinen Major nicht überleben. Schon mehr Corporals
haben sich für den Grenadier ausgegeben, man hat ihren Be-
trug entdeckt, und zur Strafe sie zu Trommelschlägern herunter-
gesetzt. Wenn mein Grenadier von den Todten auferstehen
und nach Anspach kommen solte, so würde Er keinen Men-
schen sonst sehen wollen, als meinen Uz. — — —
Gleim- Uz , Briefwechsel. 2 1
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93. Gleim an Uz.
Liebster Freund,
Halberstadt den 26*1? Febr. 1762
Ich wolte Ihnen gern die Nachricht von der HerausGabe
der Karschischen Gedichte mitsenden; aus dieser Ursach ließ
ich den Brief an Sie bis itzo liegen. Sie empfangen also einige
dieser gedruckten Nachrichten; und weil ich nicht weiß, ob
Herr Bachmann, der den SamlungsPlan aufgesetzt und die Be-
sorgung der Austheilung und der Einnahme übernommen,
Ihnen, mein liebster Freund, auch schon gedruckte Praenume-
rations Scheine übersand hat, so sende hiebey vorerst zwanzig
Stück ä Einen Fried. [rich]d'or. und eben so viel ä 2 R,r. Uebri-
gens bin ich mit diesem SamlungsPlan gar nicht zufrieden.
Meine Vorschläge sind dabey gar nicht beobachtet, und ich
besorge nun, daß für die gute Dichterin nicht viel heraus
kommen wird. Thun sie an ihrem Orte ihr Möglichstes. Man
sollte an mehrern und den größern Orten Deutschlandes Sa.m-
ler benennen, war meine Meinung. Ehe mancher einen Brief
deshalb schreibt, unterläßt er das gute Werck lieber ganz.
Ich lege die Ode: Cytherens Sohn p
von der Dichterin eigenen Hand bey. So wie diese geschrieben
ist, ohne Unterscheidungszeichen, so geschwind als möglich,
so sind sie alle geschrieben, und so geschwind singt sie die
erhabenste Ode und das leichteste Lied.
Lange vorher, ehe ich Ihren Brief erhalten, wurde von
Frankfurth an mich geschrieben, und der Sammlungs-Plan ver-
langt. Ich erstaunte, da Sie mir von der Ausgabe der Kar-
schischen Gedichte nichts geschrieben hatten. Sobald ich aber
diesen Plan erhalten, schickte ich davon ein Paar Exemplarien
nach Frankfurth, wo etliche Personen pränumeriren, aber das
Geld nach dem ihnen bequemer liegenden Braunschweig schicken
!)4. Uz au Gleim.
Liebster Fretind,
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wollen. Ich werde meines Orts keine Sorgfalt spahren, Con-
tribuenten zu bekommen. Auf viele Friedrichsd'or kann ich
nicht Hofnung machen. Ein Louisd'or ist in unsern Gegenden
schon viel Geld. Die Frau Erbprinzeßin von Coburg hat in
Gold pränumerirt, und den Friedrichsd'or an mich geschickt.
Ich weis nicht, warum n e ü e sächsische Drittelstücke verlangt
werden. Diese geringhaltige Münze, wovon mir von Erlang
2. Thl. eingeschickt worden, ist bey uns völlig verruffen und
wird um die Hälfte weggegeben. Sie müssen mir überhaupt
genauer schreiben, wie die eingehenden Gelder und wohin sie
tibermacht werden sollen, baar oder durch Wechsel. Soviel
baares Geld auf die Post, bey diesen Zeiten, zu geben, ist Ha-
zard: ich weis aber auch nicht, wer so schlechtes Geld von
mir annehmen und durch Wechsel übermachen wird. Ich muß
auch wissen, wie lang die Pränumeration währen, und wenn
die Gedichte gewiß herauskommen sollen, damit ich desto besser
treiben kann. Ich wünsche von Herzen, daß eine ansehnliche
Summe, zum Nutzen der Frau Karschin, herauskomme. Diese
Frau verdient es, daß Deutschland sie aufmuntere. Alles, was
Sie mir von ihr schreiben, und wofür ich Ihnen unendlich
verbunden bin, vermehrt meine Bewunderung. Ihre sapphischen
Oden gefallen mir ungemein. Ich wünschte, daß einige davon
dem Sammel-Plan beygefügt wären. Die daselbst eingedruckt
worden, sind ihre besten Gedichte nicht, obgleich sehr gut.
Sie, mein Liebster, sollten billig die ganze Direction dieser
Ausgabe haben. Sie haben diese Frau studiert, und kennen
ihr Genie: Sie sollten auch der Welt davon Nachricht geben.
Doch werden Sie vermuthlich die Stücke in Ordnung bringen,
und darüber wird viel Zeit vergehen. Wenigstens bin ich ver-
sichert, daß Sie bis Ostern nicht fertig werden.
Ich bedaure den HE. Rammler, wegen seiner kränklichen
Umstände. Warum haben Sie mir nicht eine seiner horazi-
schen Uebersetzungen beygelegt? Ich wäre begierig, zu sehen,
wie er tibersetzt. Es ist gewiß, daß er den Horaz sehr studiert
hat. In allen seinen Oden zeigen sich davon die Spuren. Die
Ode an die Feinde des Königs ist sehr schön. Aber bey der
Medaille (: sieht Friederichs Porträt im Kupferstiche dem
König gleich?:) habe ich Zweifel. Ich weis nicht anders,
21*
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als daß die Römer, auf den Münzen, nicht eher ihre Kayser Divos
genennet haben, als wenn sie consecrirt worden, und folglich
gestorben. Herkules ist auch eher nicht unter die Götter auf-
genommen worden, und als Gott führt er auf den Münzen zu-
weilen den Donnerkeil. Doch HE. Rammler wird Ursachen
wissen, die ich nicht weis.
Ich hoffe, der Grenadier soll wieder aufleben, wenn Friede
wird. Von ihm muß der Friede besungen werden. Niemand
hat den König besser besungen. Alle Nachrichten melden den
Frieden mit Rußland. 0 wenn doch Friede würde, und dieser
barbarische Krieg einmal aufhörte! Vielleicht machten Sie
alsdenn Ihr Versprechen, hieher zu reisen, wahr. Was für
Vergnügen ! 0 ich mag mir damit gar nicht schmeichlen.
Von meiner Muse kann ich Ihnen nicht viel erfreüliches mel-
den. Sie wird alt und mag nicht mehr singen. Ich mache
allgemach Anstalt, den alten Gaul auszuspannen, ehe er mir
noch mehr Schande zuzieht. Ich habe alles ausgestanden, was
ein Autor ausstehen kann. Meine Feinde schlummern nur:
ich muß sie nicht aufwecken. Bodmer lebt noch. Wieland
übersetzt den Shakespear; und das ist ein gutes Geschäft.
Deutschland wird ihm vielen Dank schuldig seyn, wenn er den
Engländer nur nicht verschweitzert. Er hat viel Geschick zu
dieser Uebeisetzung, wie ich glaube.
Anspach den 13. März *) 1762.
Hören Sie gar nichts mehr von HE. Leßing? Es ist doch
Schade, daß ein solcher Manu für die Musen verlohren seyn soll.
95. Gleim an Uz.
Endlich, mein liebster Freund, empfange ich die nähere
Nachricht auf die ich gewartet habe, um sie Ihnen zu über-
senden. Ich war vor Vierzehn Tagen zu Magdeburg beym
Profeßor Sulzer, der sich diesen Sommer hindurch daselbst
aufhalten, und an seinem Wörterbuch der schönen
Künste arbeiten wird ; Wir vereinigten uns über einen Theil
der Karschischen Gedichte, die in unsere Samlung sollen, über
1) Die baifte des datuins ist abgeschnitten.
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alle konten wir uns nicht vereinigen, denn es gab doch man-
ches darüber zu streiten; und ich konte nur drey Tage dort
seyn , bey dieser Gelegenheit wurde diese nähere Nachricht
nöthig gefunden. Herr Sulzer Ubernahm es, sie aufzusetzen;
ich bin nicht überall damit zufrieden ; Sie haben recht, mein
liebster Freund, nur einer solte die ganze Direction so wohl
der Pränumeration als der Ausgabe haben; Über der Vereini-
gung verschiedener Meinungen, und über dem Hin- und her
Schreiben geht viel Zeit hin, die man nützlicher anwenden
könte. —
Morgen wird das Friedensfest mit Rußland zu Magde-
burg gefeyret; die Dichterin hat mich in einem Liede dazu
eingeladen, ich darf ihnen nicht sagen, mein liebster Freund,
warum ich hier geblieben bin, sie möchten es einem Patrioten
nicht gutheißen. Der Grenadier würde durch des Volckes
Freuden Geschrey so gar, nicht wieder aufleben; er liegt in
zu tiefem Todesschlaf. Von der Freundschaft zwischen Friede-
rich und Peter werden einmahl alle Musen singen. Ich könte
ihnen Wunder davon erzählen, aber man erbricht izt die Briefe,
und wer weiß ob man diese Wunder gern läse.
Eine Probe von Ramlers Uebersetzungen aus dem Horaz
finden sie hiebey gelegt, unter der Bedingung, daß sie in ihren
Händen bleibe, denn er will nicht, daß sie bekant werden
sollen , ehe sie gedruckt werden ; und unter der zwoten Be-
dingung, daß Sie mir sagen, wie sie ihnen gefällt. Bey dem
Aufsuchen fielen mir die beyden Gedichtchen in die Hände,
von welchen ich nicht weiß, ob sie sie schon gesehen haben.
Sie sind von ihrem Freunde.
Was sagen Sie zu den Amazonen Liedern ? Herr Weiß
zu Leipzig soll der Verfaßer seyn; Sulzer schrieb sie dem Gre-
nadier zu ; das that Uz nicht ; meinen Beyfall haben sie über-
haupt so sehr, als die Vorrede sie nicht hat; doch halte ich
die Stelle, in welcher die Amazone ihren Held, den Kopf zer-
spalten, die Brust zerschießen, den Arm abhauen sieht, und
nicht in Ohnmacht fällt, für sehr übertrieben; so wie noch
einige Stellen, bloß für witzig; überdem vermißt man der
Amazonin und ihrer Helden Vaterland, und die historische
Warheit, die diesen bardischen Liedern eigen seyn soll, zu
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sehn. Herr Leßing ist GouvernementsSecretär zu Breßlau,
und schreibt nichts mehr.
Halberstadt den 29^ May 1762
Im Julius will der Herr Graf von Wernigerode unsere
Dichterin auf den Blocksberg oder Brocken führen; er ist
durch HexenZusarumenkunft berühmt, und wird so dann durch
Gesänge der Dichterin berühmt werden. — — —
96. Uz an Gleim.1)
Wie nun? Warum antworten Sie mir nicht auf meine
Anfragen wegen der Karschischen Gedichte? Warum schreiben
Sie mir nicht, wie und wohin ich die PränumerationsGelder
übermachen soll? Was ich mit den Sächsischen Dritteln an-
fangen soll, jleren schon einige bey mir eingelaufen sind?
Kein Banquier nimmt sie, ohne schrecklichen Verlust, wenn
ich sie durch Wechsel übermache. Sie auf der Post zu über-
schicken, ist ein gewaltiger Hazard, da Ihnen nicht unbekannt
ist, daß, vermüg Kayserlichen Befehls, dergleichen Geld-Sorten
auf den Posten weggenommen werden. Kurz, liebster Fretind,
Sie müssen mir antworten. Weil ich nicht weis, ob die Briefe
von hier aus nach Halberstadt sicher genug laufen, so habe
ich dieses Billet an einen Freünd in Leipzig [geschickt, der es]
auf die Post geben soll. Die Frau Erb-Prinzeßin von Coburg
und der HE. Geheime Rath von Gemmingen in Studtgardt,
deßen Gedichte Ihnen bekannt sind, haben mit Friedrichsd'or
pränumerirt, und das Geld an mich geschickt. Ich habe noch
mehr zu hoffen, wenn ich nur wegen des Drucks zuverläßige
Nachricht geben kann. —
Anspach den 5. Jim. 1762.
97. Gleim an Uz.
Diesen Augenblick erst, mein liebster Freund, erhalt ich
Ihr Schreiben vom Juny; Schon lange ist es, als ich alle
ihre Fragen wegen der Karschischen Gedichte, wegen Einsen-
dung der Gelder, und Annahme der Münzsorten beantwortete;
1) Von Gleims band: „ Empfangen und beantw. d. 61™ Jul. 1762*
■
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An der Ausgabe wird mit allem Ernst gearbeitet; vor
Michaelis aber wird sie schwerlich können abgeliefert werden ;
wegen iziger Zeiten geschiehet mancher nicht vorhergesehene
Auffenthalt. — Sorgen sie nur, daß fein viel einkomt,
damit unsere Pupille zu leben bekomt. Sie ist noch in Magde-
burg, der Herr Graf von Wernigerode wird in diesem Monath
sie auf unsern durch die Hexenfahrt so berühmten Blocksberg
führen; Mit ihrem Gesänge soll sie Hexen und Eulen ver-
jagen, und ihn zum Parnaß einsingen. Ich zweifle sehr, daß
der Herr Graf seine Absicht erreichen wird. Es ist kein Frü-
ling auf diesem unserm Atlas, noch itzt seh ich aus meinem
Gartenhause seine Stirn mit viel Schnee bedekt. — — —
Halberstadt den 6IL' July 1762
Die nähere Nachricht ist von Herrn Prof. Sulzer aufge-
setzt. Stoßen sie sich nicht an den vielen Drukfehlern. Die
Samlung selbst, wird in gute Hände gerathen. '
Unser Berlinischer Horatz HE. Ramler wird immer
schwächlicher. Ein guter Freund hat mich für sein Lebeu
bange gemacht. — — — HE. Sulzer war auch gefährlich
krank, ist aber wieder beßer. Zwey gelehrte Frauen, die Frau
Gottsched zu Leipzig, und die Frau D. Leporin in unserer
Nachbarschaft zu Quedlinburg, sind in die andre Welt ge-
gangen.
98. Uz an Gleim.
Liebster Freünd,
Ich habe die mir überschickten neüen Avertissemens so-
wohl, als Ihr letztes Briefgen wohl erhalten. Hierbey folget
die kleine, kleine Consignation der Praenumeranten , die sich
bey mir gemeldet haben. Mir ist leid, daß ich der Frau Kar-
schin nicht nützlicher seyn können. In den hiesigen Gegenden
sind wenige Kenner, und noch wenigere, die zugleich etwas
aufwenden wollen oder können. Mir wird Sappho nicht ver-
denken, daß ich mit dem geringem Vorschuß von zwey Tha-
lern mich begnüge. Ich bin selbst ein Poet, und dieser Nahrae
zeigt schon daß die Friedrichsd'or bey mir nicht gesucht wer-
den können. Ich bin nur Secretär, und nicht Domherr.
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328
Ich hoffe, Sie werden mehr Abdrücke machen, als der-
malen bestellt sind. Ich vermuthe, daß noch einige Pränume-
rationen bey mir eingehen werden, wovon ich Ihnen die Con-
signation sogleich überschicken werde. Herr v. Thümmel, der
mir die Pränumeration der Frau Erb-Prinzeßin von Coburg
tibermacht, hat mir ohnlängst zu noch einigen andern Hoff-
nung gemacht. Er soll ein würdiger Cavalier seyn, wenig-
stens ist er ein großer Bewunderer der Frau Karschin, davon
zeügt sein Sinngedicht, das er mir tiberschickte, und ich Ihnen,
ohne Erlaubniß darzu zu haben , hiehersetze. Es dtinkt mich,
der Gedanke sey ganz artig, und die Ausführung ist auch
nicht übel. Doch hier ist es:
Auf die Frau Karschin.
Ein gilldnes Sattenspiel entfiel Apollens Hand :
Ks tönte in der Luft noch einmal — und verschwand.
Beklagt von dem Olymp, sieht Amor es verschwinden,
Fliegt nach — durchsucht die Welt — und weint und kanns nicht
Der himmlische Verlust lag in bemoosten Gründen, [finden :
Wo Philiis weidete, die ungesucht es fand.
Wegen der Gelder erwarte ich Ordre. Sie liegen bereit.
Vielleicht, da einig gutes Geld darunter ist, findet sich Mittel,
durch Lifferanten sie zu überniachen. Doch HE. Bachmann
wird hiefür sorgen, und ich erwarte seine Verfügungen. Wol-
ten Sie mich [mit] zwey Zeilen wegen Erhaltung dieses Briefs
außer Sorgen setzen, so würden Sie mich sehr verbinden. Es
würde ein gewaltiger Streich für mich seyn, wenn meine Con-
signation nicht zu Ihren Händen käme, da so große Nahmen
drinnen stehen. Mit der größten Ungeduld erwarte ich nun
die Gedichte selbst. Betreiben Sie ja den Druck eifrig.
Der Himmel gebe dem HE. Rammler seine Gesundheit
wieder. Sein Tod wäre für Deutschland ein großerVerlust.
Anspach den 28. Jul. 1762.
99. Uz an Gleim.1)
Liebster Freünd,
Diesen Augenblick erhalte ich, von dem Herrn von Thümmel
in Coburg, wieder 3. Friedricbsd'or auf der Frau Karschin Ge-
1) Von Gleims hand: „Beantw. den 24*12 Sept. 1702«
329
dichte. Der jüngere Prinz von Coburg Franz pränumerirt auf
1. und die Hofdame von Thümmel auf 2. Exemplare. Ich
wünsche, daß es nicht zu späte seyn möge. Aber es darf durch-
aus nicht zu späte seyn. Sie werden es schon einzurichten
wissen, daß diese Personen noch in das Verzeichniß kommen.
Sie haben doch meine erste Consignation erhalten ? Wie wenn
Sie solche nicht erhalten hätten? Nichts unangenehmeres
könnte mir begegnen. Ich will, aus Fürsorge, die Consignation
lieber noch einmal beyschließen. So werden Sie solche doch
gewiß erhalten. Aber nur um zwey Zeilen bitte ich Sie! Ma-
chen Sie meiner Sorge ein Ende.
Sie irren nicht, wenn Sie glauben, daß ich die Amazonen-
Lieder niemals dem Grenadier zugetrauet habe. Der Unter-
schied ist sehr sichtbar. Ich glaube nicht, daß die Kriegs-
lieder jemals von einem Dichter erreichet werden, soviel Witz
er hat. Herrn Weisen fehlt es daran gewiß nicht. Aber es
gehört noch etwas mehr dazu. Sie haben sehr richtig und
billig von den Amazonen-Liedern geurtheilet, und es frettet
mich, daß Ihr Urtheil mit dem Meinigen übereinstimmt, das
ich auch Herrn Weisen ohne Rückhalt geschrieben habe.
Die Zeitungen haben mir angekündigt, daß zu Magdeburg
ein Schäferspiel von meinem Gleim aufgeführt worden. Es ist
gewiß vortrefflich ! Ist es nicht gedruckt, damit auch die Welt
und nicht bloß Ein Hof dadurch entzückt werde?
Sind Sie in Helmstedt gewesen ? Man hat Sie erwartet,
und auch HE. Kloppstok. Die Bürgerschaft wird ins Gewehr
getreten seyn, und alle junge Mädchen, wenigstens die artigen,
werden entgegen gegangen seyn. Der Einzug solcher Leüte
muß solenn seyn.
Wenn Sie mir doch sagen könnten, was ich aus den
KreützzUgen des Philologen, aus den Essais a la Mosaique
machen soll! Soll ich den Verfaßer für ganz klug halten?
Wenigstens hält er seine Leser nicht für klug und hat sie zu
Narren. Ich möchte den Mann kennen.
1) Am scbluß des briefea von Gleima hand: „Aus allen Gegenden
her wird der Friede angekündiget ! Läßt aber Engelland Preußen im
Stich, so soll es in den Waßern die es umgeben, versincken. Ein poe-
A.[nspach] den 16. Sept. 1762. l)
330
100. Gleim an Uz.
Halberstadt den 24*2 Sept. 1762
Diesen Augenblick, bester Freund, empfang ich Ihr Brief-
chen vom 16«, und eile mit erster Post ihnen zu sagen, daß
ich auch das neuliche nebst dem Verzeichniß der Pra?nume-
ranten empfangen habe, und daß noch nichts versäumet ist.
Vielmehr ist zur Annehmung noch mehrerer, Zeit geuug übrig.
Denn wir haben schlechterdings noch anstehen müßeu, mit
dem Drukk den Anfang zu machen. Das Papier ist in unsern
Gegenden so theuer, und alle übrige Kosten belaufen sich so
hoch, daß für die arme Frau Karschin nicht ein Pfennig übrig
bleiben würde, wenn wir uns übereileten. Es ist recht fatal,
daß diese Theurung just zu dieser Zeit einfallen muß, und wir
dadurch gehindert werden, dem Publico unser Wort zu halten;
nber ich sagte es gleich, daß man die Pränumeration in beßerm
(ielde annehmen müßte, Sulzer und Bachmann waren dagegen.
Das Publicum zwar verliehrt nichts. Es bekomt beßere Stücke.
Denn die allzu fruchtbare Muse singt unter der unzähligen
Menge manches, das einen Vorzug vor denen verdienet, die
schon in die Samlung gewählet waren !
Vielleicht giebt der Himmel uns den Frieden. Aus allen
Gegenden her wird er augekündiget. Läßt aber Engelland uns
im Stich, so soll es in den Waßern, die es umgeben, ver-
sincken. Ein poetischer Fluch, mein liebster Freund, den die
Frau Karschin, wenn sie ihn hörte, so gleich in eine Ode ver-
wandelte. Sie lebt noch zu Magdeburg im Hause des Herrn
Commendanten von Reichmann. Ich wünschte, daß ich die
guten Stücke die sie bisher gemacht hat, für meinen Uz ab-
schreiben kÖnte. Noch angenehmer wäre mir, Ihm alles zu
lesen zu geben ; denn in den flüchtigsten Stücken sind Züge
ihres Genies, die ein Kenner mit Vergnügen wahrnimt, und
sie den Zü^en der Kunst weit nachsetzt. Sehr oft fragt sie
in ihren täglichen Briefen, denn sie schreibt mir alle Tage,
nach meinem Uz ! Und ich sage ihr die Antwort sehr selten,
tiscuer Fluch, mein liebster Freund den die Fr. Karschin wenn sie ihn
hörte, so gleich in einen Gesang verwandelte.*' Vgl. den folgenden brief.
333
habe noch keine Zeile von meinem besten Freunde!
Herr Klopstock kam im vorigen Sommer aus Coppenhagen
nach Quedlinburg zu seiner Frau Mutter, im Vorsatz den Winter
bey uns zu bleiben. Ich freuete mich, wie eine Braut sich
auf ihren Bräutigam freuet, denn er versprach mir, den halben
Winter bey mir zuzubringen — Aber die Feindin der Freund-
schaft, die Liebe hat meine Freude zu Nicht geraachet. Klop-
stock sah an dem Orte, an dem ich einmahl liebte, das hüb-
scheste und reicheste Mädchen hiesiger Gegend, liebte, wurde
geliebt, (aber der Vater will schlechterdings seine Einwilligung
nicht geben,) und nun ist er nur einmahl ein Paar Tage bey
dem Freunde, und die übrige Zeit bey dem Mädchen gewesen.
Die Meßiade ruhet nun wohl. Ich fieng neulich ein Sinnge-
dicht an:
Was Böses ist geschehn, das nicht die Liebe that?
und wolte in zweyen Versen sagen, daß sie uns auch um die
Meßiade brächte, aber nicht zwey Verse kont ich zu Stande
bringen. 0 wie betrübt ist es, so ganz allen Geist zu ver-
liehren, und es ist doch nichts als der Mangel an Musenfreun-
den, und die tägliche allzu beschwerliche Beschäftigung mit
Welthändeln Schuld daran : Mich dünckt, ich würde der glück-
lichste Mensch seyn, wenn ich bey Salz und Brod in der Ge-
Seilschaft eines Uz am Fuß des Parnaß wohnen könte. Wie
leicht könte man sich diese Glückseeligkeit schaffen, wenn man
Muth genug hätte, sich von seinen Verbindungen loß zu reißen,
und sein eigen zu werden. Man sagt, der König habe dem
Sonderling Roußeau antragen laßen, mit 800U R/. Gehalt Pre-
sident der Academie zu werden; Nicht 8/m. hat er geant-
wortet ; sondern Speise, Tranck, Kleidung, und die Freyheit
nicht mehr President zu seyn, wenn ich es nicht mehr seyn
will. — Könten wir uns nicht auch mit so wenigem begnügen ?
Die Frau Karschin ist seit Vier bis Fünf Monathen zu
Berlin ; ihre vielen neuen Freunde laßen ihr wenig Zeit an
ihre alten Freunde zu schreiben, ich weiß also nicht viel von
ihrem itzigen Lebenslaufe. An der Ausgabe der Samlung wird
mit Eifer gearbeitet ; es könte aber doch leicht kommen, daß
man vor Ostern nicht fertig würde. Wenn mit einer Sache
sich so viele beschäftigen, so geht es insgemein langsam.
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334
Sulzers Reise in die Sehweite und der Briefwechsel mit ihm
dahin, denn er ist noch zu Winterthur, macht nebst dem Pa-
piermangel, allen Aufschub. —
Herr Beyer ist Bräutigam, er heyrathet die älteste Tochter
des Cammerdirector Diederich der als Geißel so lange zu Nürn-
berg geseßen hat. — — — Letzthin bekam ich meines alten
Freundes Spaldings Porträt von Rode gemahlt; wenn werd
ich meinen Uz einmahl bekommen ? — — — Ich studire itzt
in Hagedorns Betrachtungen über die Mahlerey. Welch ein
fürtreflicher Kenner !
102. Uz an Gleim.
— — — Ihr letztes Schreiben hat mich nicht so sehr
vergnüget, als Ihre vorigen. Außer daß Sie mir Ihren nicht
ganz guten Gesundbeits-Zustand melden, welches mich schon
genug bekümmert; finde ich so was schwermüthiges in Ihrem
Briefe, das ich an dem deutschen Anakreon nicht gewohnt
bin, und nicht wünsche. Kommt es vom Körper her, so mag
der Frühling Sie curiren. Vielleicht aber ist Ihr Herz Iär,
und macht Ihnen Langeweile, weil Sie nicht wissen, was Sie
damit anfangen sollen? Ich bin böse auf die Mädchen Ihrer
Gegend, daß sie nicht artig genug sind, ein so zärtliches Herz
der Liebe zuzuführen. Wie? Sie schimpfen so gar auf die
Liebe? Und sind böse auf Klopstock, daß er lieber ein reiches
und schönes Mädchen liebt , als Verse macht? Ich verdenke
es ihm wahrhaftig nicht. Ich wünsche ihm Glück zu seiner
Unternehmung. Er wird sie wohl hinausführen, insonderheit
da er, wie die Zeitungen, nach einer großen Liste von Gene-
ralen, ankündigen, Legations- Rath ist. Vielleicht hat dieser
Titel bey dem Vater mehr Einfluß, als zehn Meßiaden. Aber
Sie müssen itzt gar nicht melancholisch seyn. Ist es nicht
Friede ? Und müssen Sie ihn nicht besingen ? Wenn der
Grenadier diesmal seine Leyer nicht wieder nimmt, so werde
ich böse auf ihn, und wenn er noch zehnmal mehr todt wäre,
als er seyn soll. Mit was für Jubel wird Friederich em-
pfangen werden , wenn er sein Berlin zum erstenmal wieder
sieht! Ich traue Ihnen wohl zu, daß Sie da seyn, und Ihre
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Stimme zum Frohlocken des Volkes mischen werden. Rammler
wird gewiß auch nicht schweigen; und welcher Dichter, der
nur noch Eine Saite auf seiner Leyer hat, wird hier schweigen?
Der Friede, der so sehnlich gewünschte Friede hat doch,
fürchte ich, eine fatale Wirkung für die Frau Karschin. Wenn
das sächsische Geld so weit herunter gesetzt wird, als man
sagt : wie wenig wird sie bekommen ? Ich bedauere, daß mit
dem Drucke nicht mehr geeilet worden. Ich habe oft im
Herzen gefürchtet, was itzt geschieht. Doch ist es mir lieb,
wenn nur einmal endlich zum Druck geschritten wird, ehe
denn der Schade größer , und vielleicht auch das Preüßische
Geld, selbst in den Pretißischen Landen, herunter gesetzt wird.
HE. Zachariä will seine Gedichte auch auf Pränumeration
drucken laßen. Ich habe ihm keinen Pränumeranten schaffen
können. Vermuthlich ist er in Ihren Gegenden glücklicher.
Was ist die Petriade für ein Ding, die in Coppenhagen
confiscirt worden? Ist sie eben die Schrift, die in Berlin weg-
genommen worden? —
A.[nspach] den 26. Febr. 1763
Melden Sie mir doch , ob Roußeau Präsident der Aka-
demie geworden, und ob Sie bald wieder in Berlin eine Oper
haben werden?
103. Uz an Gleim.1)
Ich schreibe Ihnen nur zwey Zeilen, um zu
wissen, wie Sie sich befinden, und wie es mit den Karschi-
schen Gedichten geht. Es währt sehr sehr lange. Sie wissen, daß
mir die Pränumerations-Gelder noch nicht abgefordert worden,
und aus was für Geld-Sorten diese bestehen. Was wird man
nun mit dem sächsischen Geld anfangen ? Wenn man doch
den Frieden nicht abgewartet hätte! Die gute Frau kömmt
auf solche Art in großen Schaden. Machen Sie aber doch
nur endlich fort, ehe der Verlust immer grösser wird. Itzt
ist der rechte Zeitpunkt. Der deutsche Parnaß ist mit einer
Todten-Stille bedeckt: nur unten am Fuße hört man zuweilen
1) Von Gleims hand: .Empfangen den 9'^ August und eodem beant-
wortet, weitläuftig, einige Lieder mit Übersand pp*
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336
einen rauhen Waldgesang erschallen ! Wie wird sich der Kar-
schische Gesang ausnehmen ! Ganz Deutschland horcht schon
lange, und wird ungeduldig, daß es vergebens horcht. Ich
habe Lieder, die sie beym Frieden gesungen, in den Buch-
läden gefunden : sie sind ihrer würdig. Herr Rammler hat
sich auch auf eine vortreffliche Art hören lassen. Nun wird
er doch endlich ein Bändchen Oden zusammen bringen können?
Ich wünsche es. Muntern Sie ihn dazu auf, und empfehlen
mich ihm. Aber haben denn Sie und der Grenadier geschwie-
gen? Das könnten Sie nicht verantworten. Wenn Sie etwas
in Händen haben, so vorenthalten Sie mir es nicht. Schreiben
Sie mir auch, wie Herrn Klopstocks Liebes- Abentheuer abgelau-
fen, und ob er noch nicht wieder an seinem Meßias arbeitet.
Er muß ihn ausmachen, oder der König von Dänemark soll
ihm seine Pension wieder nehmen.
Anspach den 2. August 1763.
104. Gleim an Uz.
Halbers,tadt den 5l££ Aug. 1763.
— Zu Berlin bin ich wieder gewesen, aber nur
acht Tage, in der Gegend von Berlin, absonderlich zu Nauen
bey meinem Bruder, der daselbst OberAmtmann ist, desto
länger, zu Potsdam nur einen Tag. Aber an diesem einen
Tage sah ich fürtrefliche Dinge, den König sah ich nicht, ich
gieng dicht vor ihm vorbey, als er aus dem Thore ritt, und
sah ihn nicht. Der Prinz von Preußen redte mich an, und
du merckt ich erst, daß ich das Gefolge des Königs vor mir
hatte. Aber ich sah die neue Gallerie des Königs, ein für-
treflich Gebäude, und die Gemähide Raphaels, Rubens, Rem-
brands und anderer großen Meister in großer Menge erst vor
drey Tagen aufgestellt. Es ist zu verwundern, woher der
König eine solche Menge herbekommen hat. Was ich mehr
sah, darf ich nicht sagen, ich raOste mehr Zeit haben. Ein
neues großes Schloß neben Sans Souci wird gebauet, acht hun-
dert Bildsäulen von weißem Marmor sollen künftig darauf zu
sehen seyn. Was bekümmern wir uns um die Pracht der
Könige? sagen Sie! Aber ist Friedrich nicht mehr, ein WTeiser,
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337
als ein König? Um ihn wollen wir uns doch noch bekümmern,
wär er nur König, so könt er sicher vor uns seyn.
Die Sanilung von der Frau Karschin Gedichten wird endlich
gedruckt, ich habe einige Bogen fertig gesehen. Ihr Porträt
macht der berühmte Kupferstecher Schmid , die Vignetten
Meil. Es dürften doch noch ein 6 Wochen daraufgehen, ehe
alles fertig wird. Die großen Künstler sind langsam.
105. Gleim an Uz.
Halberstadt den 9iLn Aug. 1763.
— Wegen der Karschischen Samlung sagt1 ich
Ihnen, was sie wißen wollen, schon in meinem vorigen Schrei-
ben. Ich bin an der Verzögerung nicht im mindesten Schuld,
der Philosoph Sulzer, und der Kaufmann Bachmann sind es
allein. Der erste hat mit Drucker und Kupferstecher keine
schriftliche Contracte errichtet, daher sind wegen nachheriger
Theurung des Papiers, allerley Schwürigkeiten entstanden ; die
arme Frau Karschin leidet allerdings sehr darunter, nach ohn-
gefehrem Ueberschlag behält sie doch noch mehr, als wohl
jemahlen eine deutsche Muse für ihre Gesänge bekommen hat;
denn das Capital soll doch, wie Herr Bachmann den Ueberschlag
gemacht hat , monathlich zehn fy. für sie abwerfen. Herr
Bachmann ist, wie sie wißen, General Rendant. Ich habe
ihm ihre Pränumerations-Liste übersand , und die Einziehung
des Geldbetrags ihm Uberlaßen. Seyn sie nur so gütig, und
senden ihm denselben gerade nach Magdeburg, in was für Münze '
es seyn mag.
Die Friedenslieder der Frau Karschin können wohl un-
möglich ihren Beyfall ganz haben, mein liebster Freund, we-
nigstens können die Thaten des Königs verwandelt in Pla-
neten , und alle die Erdichtungen , die sie immer Frageweise
anbringet, und bey denen man immer nein sagen muß , weil
man von allen den schönen Sachen, die sie für so ausgemacht
annimt, nichts gehöret hat, meinem Uz unmöglich gefallen
haben. Die gute Frau macht von ihrer Fähigkeit einen allzu-
großen Mißbrauch, und nach gerade glaubt sie nicht mehr,
daß sie was mittelmäßiges schreiben kan. Ich habe ein paar
Gleim -Uz, Hricfwech8el 22
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Stellen ihrer so eilfertig gesungenen und gedruckten Stücke
getadelt, bin aber übel angekommen. Und sonst koute sie
den Tadel so gut vertragen. Aber wen verdirbt nicht allzu-
vieler Weyrauch? Man hat sie zu viel gelobet, und bewun-
dert, ich habe mir keine Vorwürfe deswegen zu machen, denn
ich habe allezeit die MittelstraaGe gehalten. In ihrem letzten
Schreiben giebt sie mir doch recht, daß sie meinen freund-
schaftlichen Erinnerungen mehr hätte zutrauen sollen , und
sieht nun selbst die angezeigten Fehler. Am dieses schrieb
sie aus Potsdam, und war bey dem General v. Seydlitz, einem
Lieblinge des Königs, der ihrentwegen den König sprechen
wolte.
Ich und der Grenadier, wir beyde, mein liebster Freund,
haben den Frieden nicht öffentlich gesungen, wir haben unsere
Andacht in der Stille gehabt. Ich zwar ließ sie in manches
Lied ausbrechen, aber der Grenadier fieng nur eines an , und
hat seit dem den rechten Thon nicht wieder finden können.
Sehen sie hier alles, was er gesungen hat:
Krieg war mein Lied, o Vaterland, Und Gott um Hülfe fleht.
Und, Friede sey es nun Und endHch ^ dürcü8eufzter
Schlag, Ungar, ein in meine Hand Nacht
ünd laß die Waffen ruhn. Der gtörrae Wuth ^ ^
5 Und höre, wie voll Harmonie Die Sonne scheint , der Himmel
Ein Friedenslied erthönt lacht
Gott hat, mit einem Blick auf sie 20 Das Meer sich nicht bewegt
Die Völcker ausgesöhnt. So ^ wftrd ^ nftch Qottea ßlick
Wie wenn auf offenbahrer See Die Erde jauchzte Sieg
10 Der Herr der Winde stürmt Indeß in Höllenschlund zurück
Und biß zu Donnerwolcken Höh Die Zwietracht brüllend stieg.
Sich Wog auf Woge thürmt fi Wie langß ^ ^ Q Qott|
In der empörten Waßerwelt Es war als wärst du nicht
Kein Tropfen stille steht Als wären wir der Hölle Spott
15 Der Schiffer auf die Knie fällt. In deinem Zorngericht !
So weit kam er, er wurde gestöret, und nun ist ihm unmög-
lich, in diesem Thon das Lied zu vollenden. Meine eigene
Lieder sang ich zu Magdeburg; ein junger Advocat Köpke,
und der Prediger Patzke , der den G r e i ß daselbst schreibt,
hatten mich behorchet; sie mein Liebster solten mit diesen
Liedern hintergangen werden. Ich wolte sehen, ob sie sie für
3:^9
ihres Gleims Arbeit halten würden. Aber kan man seinem
besten Freunde wohl etwas verschweigen? Der Druck wurde
aufgehalten, und nun muß ich ihr Urtheii noch einholen. Sie
wißen, daß ich viele Versuche gemacht habe, den Anacreon
zu übersetzen. Niemahls war ich damit zufrieden, ich sähe
immer, wie weit mich mein Uz hinter sich zurück ließ. Nach
Magdeburg reiste ich das Friedensfest daselbst zu feyren, ich
hatte einen kleinen Glasgowschen Anacreon in die Tasche ge-
steckt. Auf einmahl bekam ich den Einfall, seine Lieder nicht
zu übersetzen, sondern nachzuahmen. Viele kont ich auf un-
sere Zeiten einrichten. Sehn sie hier ein Paar solche Versuche.
In 14 Tagen sang ich bey nahe den ganzen Anacreon in sol-
chen Liedern nach. Viel geschwäziger ist der Nachsinger,
werden sie sagen .
— — — Klopstocks LiebesGeschichte hat ein tragisches
Ende genommen. Sein Mädchen das in ihn so verliebt war,
wie Cidli in Lazarus, und das mit hundert Schwüren versichert
hatte, getreu zu bleiben, der Vater möchte machen, was er
wolle, ist ungetreu geworden, und hat sich mit einem gewißen
Herrn von König versprochen. 0 die abscheulichen Mädchen !
Difficile est satyram non scribere! Wo ist noch ein Mädchen
dali der Liebe eines Dichters würdig ist? Ich habe seit dem
Ende der Geschichte HE. Klopstock noch nicht gesprochen.
Den 16l£!i Juny nahm ich ihn mit nach Magdeburg auf meiner
Berlinischen Reise. Er blieb acht Tage bey Bachmann. Ich
blieb nur einen Abend. Diesen aber brachten wir sehr ver-
gnügt auf der so genanten Insul zu. Klopstock lab uns sein
Trauerspiel : Salomon. Es war noch nicht ganz fertig; aber
nach meinem Geschmack, ein Meisterstück, in eilfsylbigten nicht
gereimten Versen.
An Herrn Meil den Zeichner.
Einen Amor zeichne mir...
Dieser Amor soll auf meine Brust schon noch mehr Pfeile
stumpf schießen. Wer wird nach solchen Erfahrungen noch so
thörigt seyn, und eine Frau nehmen. Bachmann, der sehr gute
Bach mann , den sie kennen solten , hat auch eine Frau ge-
nommen, eine Frau die sich sehr glüklich schätzen müste,
aber alle seine Hoffnung ist fehl geschlagen, alle seine Wün-
22*
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340
sehe, denn er wünschte sich immer nur das Glück der Liebe
in der Ehe, sind unerfüllet geblieben. Sie ist eine Tochter
des Geh. Rath Buchholz der itzt in Bayreuth ist. Vielleicht
dem armen Mann nun seine hundert und fünfzig tausend Rthlr.?
Er konte sich kein Herz damit erkaufen . Was hilft ihm seine
schöne Bildsäule? —
Haben sie denn gar keine Lust, Berlin einmahl zu
sehen? Mir hat es das letzte mahl wieder so wohl da ge-
fallen, daß ich damit umgehe, mich über kurz oder lang ganz
wieder daselbst niederzulaßen. Die fürtrefliche Gallerie
des Königs würd ich oft besuchen. Des Actendreschens bin
ich herzlich müde, und möchte wenigstens die letzten Jahre
mir selbst leben.
Der König will eine neue RitterAcademie stiften. Zwölf
Lehrer sollen aufgesucht werden. Man wird wohl wieder
Schweizer und Franzosen suchen. An Ramlern nicht einmahl
wird man dencken , der doch vor aller Augen herumgehet.
Sulzer könte mehr gutes stiften, aber er ist für seine Schwei-
zer zu sehr eingenommen. Herr von Beausobre, der Heraus-
geber der poesies diverses ist der einzige der die Deutschen
liebt. HE. le Cat der Vorleser des Königs , ist ein ehrlicher
Mann , aber er spricht kein Wort Deutsch. Quintus Izilius
oder der Obrist Guichard ist wieder viel bey dem Könige. Er
wäre leicht auf unsre Seite zu bringen. Sie sind alle meine
gute Freunde aber ich müste beständig dort seyn, um was
gutes zu stiften. Die erste Pension müste mein Uz haben,
die zwote, Ramler die dritte Klopstock, die vierte — ich kan
mich nicht so gleich besinnen. In zehn Jahren solte Friedrichs
Jahrhundert fertig seyn. — — —
Sind sie mit ihrer Samlung auf HE. Zacharias Gedichte
glücklich gewesen? Ich bin durch alzu viel Geschäfte abge-
halten, und werde wenig zusammen bringen.
selien sie ihn. Laben sie sich nichts mercken. Was helfen
10«. Gleim an Uz.
Halberstadt den 14*£? Aug. 1763
Unterm 10*111 Nov. 1757 sagen sie mir, ihre Leyer
341
beschäftigte sich noch immer mit alkäischen Klagen. Aber sie
wolten mir damahls nichts dergleichen schicken, weil sie nicht
wüsten, ob es zu recht kommen würde.
Ferner fragen sie mich in diesem Briefe bey Gelegenheit,
da von Klopstocks geistlichen Liedern geredet wurde: Soll ich
ihnen einmahl eine Probe schicken, wie meine geistliche Lieder
aussehen? 0 ja doch, bester Freund, schicken sie mir doch
alle ihre geistlichen Lieder, es werden ihrer so viele nicht
seyn, denn sie haben noch nicht das Alter, in welchem David
seine Psalmen, und Jeremias seine Klagelieder sang, ich hin-
gegen reiche nahe an diese Jahre, und mich verlanget alles
zu sehen, was sie in dieser Art gemacht haben. Sie werden
ohne Zweifel fürtreflich seyn :
Sie werden wahr, und, wie der Christen Glaube
Hoch ohne Schwulst, in edler Einfalt schön
Und rührend seyn, und jedes Herz erhöhn.
Schicken sie mir aber auch alle ihre alkäischen Klagen. Sie
werden nicht weniger fürtreflich seyn , als die Ode , die sich
anfängt :
Die Kriege Friederichs, und wie mit güldnen Schwingen pp
Wenn sie, mein bester Freund, zu einem neuen Bändchen von
Liedern ihrer Muse keinen Vorrath hätten, wolten wir nicht
einmahl unsere einzelnen Stücke zusammen suchen , und ein
gemeinschaftlich Bändchen machen. Ich fände auch noch
wohl einige Stücke von andern Freunden, die sich dazu schick-
ten. — — —
Herr Klopstock ist ausgeblieben, aber diese Woche will
er kommen , acht Tage bey mir bleiben , und seinen Salomo,
eine Tragedie, fertig machen. Dieser Salomo wird Ihnen ge-
wili gefallen.
107. Gleim an Uz.
Halberstadt den V™ Sept. 1763
Hat sie mein Briefbuch abgeschrecket mein liebster
Freund ? Klopstock ist zehn Tage bey mir gewesen.
Wir haben tausend Schritt von der Stadt in einem sehr ange-
nehmen Garten gewohnet, und viel Vergnügen gehabt; ein
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342
jüngerer Bruder von ihm, zwey Schwestern von ihm, und eine
Nichte von mir waren unsere ganze Gesellschaft; es fehlte
nur der dritte Mann, so wäre sie vollkommen gewesen.
Die Frau Karschin bat mir von ihrem Glück Nachricht ge-
geben. Der König hat sie sich vorstellen laßen, und eine lange
Unterredung mit ihr gehabt, die sie mir ganz erzählt; sie hat
sich ein kleines Hauß in Charlottenburg gewünschet, der König
hat erforschet, welches es sey , und es ihr gekaufet und ge-
schencket, 200 ty. pension und freyes Holz soll sie dazu haben,
sie hat die Ausfertigung dieser Gnadenbezeigungen an dem
Tage erwartet, an dem sie mir schreibt. Mußen wir uns nicht
schämen , wir männlichen Dichter , daß wir nichts gemacht
haben, daß einer solchen Königlichen Aufmercksamkeit würdig
gewesen ist? Ein paar Epigramme nur hat der General Quin-
tus ins französische übersetzt und diese haben dem König so
sehr gefallen. —
108. Uz an Gleim.
Es ist ganz gewiß, daß wir keinen Mahler haben,
von dem ich gemahlt seyn möchte. Der einzige, den wir hatten,
sitzt itzt Schuldpn halber im Zuchthause. Kommt er wieder
los, so entschließe ich mich doch vielleicht, mich von ihm,
so mittelmäßig er ist, mahlen zu laßen ; und alsdann soll mein
Gleim der erste seyn , der ein Porträt von mir erhält. Ich
danke Ihnen für Ihre Anakreontische Nachahmungen. Sie
könnten eigene Erfindungen heißen , da Sie mehren theils nur
wenig von dem Griechen borgen. Aber der Geist Anakreous
lebt darinn. Sie sind alle sehr schön, nur gefällt es mir nicht,
daß die Taube auf den Schuhen und dem Iluth Anakreons,
eines Griechen, sitzen soll. Auch scheint es mir, daß
durch diese neüen Stücke Ihre angefangene Uebersetzung nicht
überflußig gemacht wird. Sie sollten diese wirklich nicht
liegen laßen. Wie glücklich sind Sie, daß Sie noch so rei-
tzend, so fröhlich singen können! Von mir ist die fröhliche
Muse gewichen. Meine Muse ist entweder ernsthaft, oder,
welches öfter geschieht, singt gar nicht. Ich schicke Ihnen
eine Probe geistlicher Gedichte. Schreiben Sie mir Ihre Mei-
nung davon. Ich weis nicht, was ich mit meinen wenigen
Digitized by Godgle
343
Gedichten noch machen werde. Ich sehe, daß ich wenig mehr
schreiben werde. Ich möchte alle meine Sachen in einer voll-
ständigen Sammlung bey einander sehen. Kurz, ich habe
Lust, mich einzuspinnen, und dann zu sterben. Vielleicht
laße ich einstweilen meine Kunst, stets fröhlig zu seyn, wieder
drucken , wovon eine neüe Auflage verlangt wird. Ich habe
sie, soviel ich gekonnt, verbeßert. Die Berlinische Critik hat
mich nicht abgeschreckt, noch einmal Hand daran zu legen.
Es ist eine seltsame Critik. einen Lehrdichter nach dem ly-
rischen Dichter zu beurtheilen. Schreibt denn Horaz nicht
weit anders in seinen Oden, als in seinen Briefen ? Doch man
pflegt, in unsern Tagen, alles nach Engländern zu beurtheilen ;
und Joung schreibt freylich ganz anders, als Horaz. Aber
auch Pope schreibt nicht, wie Joung, und ist doch vortrefflich.
Doch da ich Ihnen von einer Sammlung schreibe, so muß ich
Ihnen sagen, daß Sie wohl auch einmal darauf denken könn-
ten , die Welt mit einer vollständigen Sammlung Ihrer Ge-
dichte zu beschenken. Ich habe mehr, als einmal, die Klage
gehört, daß man Ihre Schriften nicht zusammen bekommen
kann. Sorgen Sie aber dafür, daß diese Sammlung in einem
Schmucke erscheine, welcher ihrer Muse würdig ist.
Ich habe, vor zweyen Tagen, die Karschischen Pränume-
rations-Gelder an HE. Bachmann fortgeschickt. Ich wünsche,
daß sie glücklich ankommen mögen. Thun Sie mir doch die
Liebe, und erkundigen sich bey ihm darnach. Ich kann nicht
ruhen, bis ich erfahre, daß die Gelder an Ort und Stelle sind.
Es sind 45. Thaler. Vor HE. Zachariä habe ich nicht ein
einziges Exemplar verstellen können ; und wie ich höre, ist es
mehrern so ergangen. Seine Schriften sind schon in gar zu
vielen Händen, und die Ursache, warum die Frau Karschi n so-
viel Pränuraeranten bekommen, fallt bey ihm weg. — — —
Anspach den 7. Sept. 1763.
109. Gleim an Uz.
Ich besinne mich, mein liebster Freund , warum sie mir
nicht antworten, meine Lieder haben ihnen nicht gefallen, und
sie wollen es mir nicht gern sagen. 0 sagen sie mir es immer !
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Wie aber mein liebster Freund, wenn sie ganz ver-
geßen könten, daß es des leichten, ganz ungessch muckten Ana-
creons Lieder sind. In ganz Deutschland ist kein Kenner
Anacreons, wie sie, ich sehe also wohl, daß sie einsehen, wie
oft ich seiner fürtreflichen Einfalt zu nahe getreten bin. Ich
sprach schon einmahl darüber mit Ihnen. Sie gaben mir recht,
daß sie schwer zu erreichen sey, und daß für unsere witzigere
Zeiten nicht einmahl Beyfall damit zu gewinnen wäre. Sie
sehen, bester Freund, daß ich mich vor ihrem Urtheile fürchte,
und doch soll mir das wiedrigste, das ich vermuthen kan, an-
genehm 8eyn, denn ich fürchte mich zugleich vor der Nach-
richt daß sie sich nicht Wohlbefinden. — — — Herr Ramler
ist aus seinem Vaterlande Pommern frisch und gesund zurück
gekommeu, er, der so sehr kräncklich wegreiste, daß ich für
ihn in Sorgen war. Er hat mich von neuen zu einer Ausgabe
meiner Sächelcben heraus gefodert, er will nun recht fleißig
daran seyn. Ich wolte auch g«'rn, ehe ich zu meinem Kleist
versamlet wäre, daß sie in etwas beßerer Gestalt erscheinen
könten. Aber Zeit fehlt mir. —
Halberstadt den 8'™ Sept. 17Ö3
Wie gefallen ihnen die Versuche über italienische
Dichter? Sie sind von Herrn Meinhard, einem sehr artigen
und geschickten Mann, der mich besucht hat, und sich izt zu
Leipzig oder Kiga aufhält , denn an letzten Ort hat er vor
Kurzem als Hoffmeister sich hinbegeben wollen. — — —
110. Uz an (ileim.
Man hat mich , wider alles mein Denken und
Hoffen mit der Stelle eines Aßeßors beym Kayserlichen Land-
gericht Burggrafthums Nürnberg begnadiget. Diese Stelle ist
sehr ansehnlich, und verändert meine Umstände auf eine vor-
theilhafte Art; aber entfernt mich immer mehr von den Musen.
Ohne die Rechtssachen, die beym Landgericht anhängig ge-
macht werden, müßen die Aßeßores noch überdieß die Rechte
beyder hochf.[ürstlichen] Häuser, Onolzbach und Bayreuth,
gegen Nürnberg besorgen , und die Proceße , die alltäglich
hierüber entstehen, bey den Reichsgerichten führen. Ich muß
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also ganz Jurist seyn: was bleibt mir für Zeit übrig, Poet zu
seyn ? Sie sind weit beßer daran , und mäßen also auch für
mich dichten. Ich habe Ihnen schon geschrieben, daß Ihre
nefien anakreontischen Gedichte mir ungemein gefallen, und
ich bin ungeduldig zu hören, wie weit Sie damit gekommen.
Thun Sie mir die Liebe, und erkundigen sich bey HE. Bach-
mann, ob er die PränumerationsGelder auf der Frau Karschin
Gedichte erhalten. Ich habe sie schon vor etlichen Wochen
an ihn abgeschickt, und bin wegen des Empfangs in Sorgen.
Werden denn diese erwarteten Gedichte nicht bald erscheinen?
Folianten hätten diese Zeit gedruckt werden können. Ueber
das verdiente Glück, das diese poetische Hexe, wie sie Herr
Ebert in einem Briefe an mich nennt, gefunden, erfreue ich
mich aufrichtig. Da die Männer nicht mehr schreiben, so muß
sie dermalen, fast allein, die Ehre Deütschlands retten. Nur
beklage ich, daß sie kein Ohr für die Critiken ihrer Freunde,
und keine Geduld zur Verbeßerung hat. Doch nun wird bald
HE. Klopstock mit einem neüen Gesänge der Meßiade zum
Vorschein kommen ; und dann wird es auf dem deütschen Par-
naß wieder lebendig werden. Auf seinen Salomon , den Sie
mir so hoch anpreisen , bin ich deswegen sehr begierig. Er
schreibt nichts mittelmäßiges.
Es ist mir das NettjahrsGeschenk fUr die Schönen zu Ge-
sichte gekommen. Ich habe darinnen auch Ihr Porträt ange-
troffen, aber ganz verschieden von dem in der Bibliothek, wel-
ches Ihnen, meines Bedünkens, mehr gleicht. Auch Hagedorn
erscheint ganz anders, als ich ihn je abgebildet gesehen. Von
meinem Bildniß will ich nichts sagen, welches mir unmöglich
gleich , da es nach keinem Porträt gemacht werden können.
Ich werde in Ernst darauf dencken , mich mahlen zu laßen,
und das erste, das gemahlt wird, sollen Sie haben. Ich werde
daher die mir überschickten Maaße sorgfältig aufheben.
Anspach den 24. Dec. 1763.
Damit Sie meine Addresse wissen will ich sie hersetzen:
Asseßeur au Siege Imperial du Burggraffiat de Nuremberg
a Anspac.
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111. Uz an Gleim.
Aber ums Himmels willen, liebster Freund, warum höre
ich denn gar nichts von den Karschischen Gedichten ? Ich be-
komme weder die Gedichte selbst, die schon so lange heraus
sind, noch eine Nachricht von den eingeschickten Geldern.
Was müssen die mehrentheils vornehmen Personen von mir
denken, deren Geld ich eingeschickt habe, wenn sie sehen,
daß diese Gedichte in allen Zeitungen , sogar in der Nürn-
bergischen zum Verkauf feilgebothen werden , und jedermann
solche hat, nur sie nicht, die durch ihren Beytrag das ganze
Unternehmen unterstützt haben? Natürlicher Weise müssen
sie glauben, daß die Schuld an mir hafte. Es wird eine große
Warnung für mich seyn, mich niemals wieder zu einer Sache
gebrauchen zu laßen, wovon man am Ende nichts als Verdruß
und von allen Seiten keinen Dank hat.
Ich bin weit entfernt, Ihnen hierunter das geringste zur Last
zu legen. Ich bin gewiß versichert, daß diese Nachläßigkeit
auf deren Rechnung zu schreiben sey, die bisher die Sache
solange aufgehalten haben. Aber aus Liebe zu mir, erinnern
Sie doch, ich bitte Sie, an behörigen Orten, daß ich die Ge-
dichte baldmöglichst bekomme. — — —
A.fnspach] den 16. Jan. 1764.
112. Gleim an Uz.
[Februar 1764]
Endlich, mein bester Freund, ist die Samlung der Kar-
schischen Gedichte fertig geworden, oder vielmehr, der gott-
lose Buchdrucker Winter zu Berlin hat für gut befunden sie
nun fertig seyn zu laßen. Denn dieser allein ist an aller Ver-
zögerung Schuld , wie es sich nun zu Tage leget. Weil die
Kosten des Drucks für die Dichterin nicht viel übrig gelaßen
hätten , so erlaubte Sulzer ihm eine gewiße Anzahl für sich
an statt der Druckerkosten nachzuschießen. Diese wolt er erst
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verkaufen, darum hielt er die Austheilung der pramumerations
Exemplare so lang auf. Er verdiente dafür gestrafet zu
werden. Aber wer wird ihn verklagen ? Herr Bachmann wird
ihnen mit der ersten Post ihre Exemplare senden.
Das Bild der Dichterin ist ihr sehr ähnlich. Sie hat die Ehre
von einem großen Schmid in Kupfer geätzet zu seyn vor allen
unsers Geschlechts! Ich weiß nicht, ob ich ihnen schon mei-
nen Arger über das NeujahrsGcschenck für die Schönen ge-
sagt habe. Es ist als wenn Herr Nicolai uns allen Mädchen
habe zum Abscheu machen wollen. So häßlich, ja so abscheu-
lich hat er uns machen laßen. Schmid ist mein sehr
guter Freund, er soll an ihrem Bildniß sein Meisterstück ma-
chen. An der Frau Karschin hat er sich als einen großmü-
thigen Künstler bewiesen, es waren ihm 100 sp.[ecies] Duc.faten]
für ihr Bild versprochen, er hat aber nichts genommen.
Ich bin etliche Tage bey Herrn Klopstock zu Quedlinburg
gewesen, er arbeitet sehr fleißig an Tragedien. Seinen Salomo
werd ich ihnen nächstens schicken. Wie gefallen ihnen bey-
gehende kleine Gedichte ? Und wen halten sie für den Ver-
faßer? Ich habe auf den unrechten gerathen. Herr Götz hat
mir nach sieben Jahren wieder geschrieben , und mir anver-
trauet, daß Er seine kleinen Gedichte an Herrn Ramler zur
Herausgabe geschickt hätte. Dieser hat mir noch nichts da-
von gesagt, Herrn Götz ist wegen des Inhalts sehr daran ge-
legen, daß er nur seinen Freunden als der Verfaßer bekant ist.
In der gestrigen Leipziger Zeitung war angekündiget :
Utzens Lyrische Gedichte 1763. Ist dis eine neue Ausgabe von
ihnen veranstaltet, oder ein bloßer Nachdruck von ßreitkopf,
bey dem sie zu finden ist? Ich habe sie mir heute verschrie-
ben, und bin sehr ungeduldig sie zu sehen. Auf eine saubere
Ausgabe unsers Horaz, mein bester Freund, laßen sie uns doch
einmahl mit Ernst dencken. Einen Theil der Kosten zu den
Zierrathen will ich mit Vergnügen übernehmen. Meil wird
bey Uz mehr für die Ehre arbeiten, als er bey der Karschin
gethan hat.
Ramler hat am 18l£ü Jenner eine sehr schöne Ode an
seine Muse zum Lobe des Prinzen Heinrichs gesungen.
Beym Apoll beschwer ich sie, bester Freund, ihre Leyer nicht
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aus der Hand zu legen ! Welch ein Verlust für die Musen !),
wenn Uz ganz Jurist seyn muß !
113. Gleim an Uz.
Leipzig den 22fI£ May 1764
Ich bin liier, mein liebster und bester Freund, mit Herrn
Bachmann bin ich hier; wir wolten nach Dresden reisen, uud
den fürtreflichen Hagedorn besuchen, aber unserm Vorsatz
sind Hinderniße zuwieder gewesen, wir reisen nun nicht,
morgen reis ich über Halle nach meinem Halberstadt zurück ;
aber ich kan Leipzig nicht verlaßen, ehe ich Ihnen gesagt
habe, daß ich hier gewesen bin. Gestern Abend war ich mit
Herrn Habener, Herrn Nicolai, dem Mitverfaßer der Briefe
von der neuesten Litteratur und Herrn Bachmann bey Herrn
Weiß! Wir waren sehr vergnügt, zehnmal wrünscht ich mei-
nen Uz in die Gesellschaft, und zehnmal sagte man mir ich
wäre nicht aufgeräumt. — — —
Mit ihrem letzten Briefe gaben sie mir zweene Gesänge
ihrer fromm gewordenen Muse zu lesen. Sie waren sehr schon.
Herr Frediger Küster zu Magdeburg, und Herr Prediger Solli-
kofer hier , diese beyde Herren wollen eine Samlung guter
geistlicher Lieder für ihre reformirte Kirche machen , und
haben mich gebeten, ihnen Beyträge zu verschaffen. Wollen
sie, mein liebster Freund, einige ihrer Stücke dazu hergeben?
Sie erwarten ohne Zweifel viel Nachrichten vom hiesigen
Parnaß ! Bey dreyhundert Leuten, die von dem Witz der Scri-
benten leben, habe ich noch nichts gefunden, das für uns zu
seyn schien, als: Fingal, ein Heldengedicht in 6 Büchern von
Oßian, einem alten schottischen Barden. Dieses laß ich diesen
Morgen mit Bachmann, und wir wurden von den Schönheiten
dieses Barden so dahin gerißen, daß wir alle Welt darüber ver-
gaßen, Herr Weiß kam zu uns, und fand uns noch ohne Hosen
um eilf Uhr. Kan ich in der Eil noch ein Exemplar bekommen,
so leg ich es bey. Klopstocks Salomo ist wohl die Erscheinung
auf dem Parnaß, die am meisten Aufsehen macht. Hier haben
Sie ein Exemplar.
1) Ueber „Deutschland- geschrieben
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Was soll ich es leugnen ? Meine Muse hat die übrigen
kleinen Dingerchen gesungen, die sie hier finden. Einige Stücke
sind ihnen schon sonst bekant, hier sind sie nur etwas ver-
beßert, ich habe nur eine kleine Anzahl für meine Freunde
drucken laßen.
Man sagt mir, wir hätten gute Hofnung unser großer
König werde endlich auch für die Deutschen Mußen groß
seyn, ich glaube nichts davon. Denn ob wohl der Konig bis-
her vielen Gelehrten ansehnliche Gehalte gegeben, so ist doch
keiner darunter deßen Verdienst um die deutsche Litteratur
dazu Anlaß gegeben hätte. Es sind Lehrer der Philosophie,
der Rechtsgelehrtheit, und Arzeney Kunst die man berufen und
gut besoldet hat. Zwar hat der König auch Sulzern mit einem
Gehalt von 1500 fy. begnadigt; aber er soll dafür das Haupt
einer neuen KriegesSchule seyn, die der König stiften will, und
in dieser Schule wird man wohl wenig deutsch zu lernen haben.
Zu Paris soll ein gewißer Juncker eine Grammaire alle-
mande geschrieben haben. In der Vorrede, sagt man, hab er
der Deutschen Lob geredet, darum, daß sie ohne Hülfe der
Großen auf dem Gipfel des Parnaß gestiegen wären. Und wel-
chen unserer guten Köpfe setzt er oben drauf? Wen anders,
als meinen Uz? —
Herr Weiß giebt uns den 3l™ Theil seiner Beyträge zu
dem deutschen Theater zu lesen. Noch hab es nicht gesehen.
Noch eins. Der Buchhändler Mylius zu Berlin hat die
Weitbrechtschen Verlagsbücher an sich gekauft. Darunter
sind auch ihre Gedichte. Er bat mich für ihm ein gut Wort
einzulegen daß sie eine neue Ausgabe für ihn machen möchten.
Herr Weiß meinte, sie hätten schon mit der Witwe Dieck sich
eingelaßen. Mylius scheint ein guter Mann zu seyn. Hechtel
zu Magdeburg hat HE. Klopstock für den Bogen seines Salomo
20 R/. in Louisd'or ä 5 R/. gegeben. Wenn sie mit der Witwe
Dieck noch nicht geschloßen haben , so soll Mylius oder ein
anderer sich schon bequemen , mehr zu geben, als die Witz-
freßer sonsten gewohnt sind. Sagen Sie mir, mit nächster
Post ihre Meinung. —
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114 Uz an Gleim. «)
Liebster Freünd,
Sie können unmöglich so beschäftigt seyn, als Sie mir
schreiben, da Sie Zeit haben , so schöne Sachen zu schreiben,
als Sie mir geschickt haben. Sie sind allerliebst, und Anakreon
guckt überall hervor, Sie mögen eine Gestalt annehmen, wie
Sie wollen. Fast möchte ich wünschen, daß Sie sich dem lie-
benswürdigen Geiste des Tejers mehr überlaßen , und nicht
einige allzuernsthafte Betrachtungen hier und dar angehängt
hätten. Z. E. Ich wollte wünschen, daß Sie das vortreffliche
Lied : Doris im Garten , da geendiget hätten , wo Doris bey
allen Blumen vorbey geht, und der Rose den Vorzug giebt.
Anakreon selbst hat die Rose nicht prächtiger gelobt. Was
angehängt ist von dem Schöpfer, scheint mir die Einfalt des
Plans zu verderben. Doch Sie wißen belier, als ich, was zu
einem reitz enden Liede gehört, da Sie so reitzende Lieder sin-
gen können.
Ihre Wette wegen des Salomo werde ich Ihnen weder ge-
winnen, noch verlieren helfen. Ich bin nicht tüchtig, Schau-
spiele zu beurtheilen. HE. Klopstock kann nichts schreiben,
woran nicht viel zu bewundern seyn sollte. Ich will nicht
sagen, daß Salomo zu wenig Handlung und Charackter habe,
da dieses Stück vermuthlich nicht für die Bühne gemacht
worden. Aber ich muß Ihnen doch melden, wie es mir damit
gegangen. Ein Freünd lobte es mir sehr, und konnte nicht
müde werden, die Reden des Salomo zu erheben. Auf meine
Frage, wie er mit dem Denouement zufrieden sey, zuckte er
die Achseln, und getraute sich nicht, solches zu loben. Nach
einigen weitern Fragen , merkte ich , daß die scharfsinnigen
Betrachtungen des sceptischen Salomo dasjenige gewesen, was
ihn für das ganze Stück eingenommen. Ich überlaße Ihrer
Ueberlegung, ob dieses nicht bey mehrern Leüten geschehen
könne, und ob der Eindruck, den die Zweifel des Salomo
machen, durch die Widerlegungen seiner Freünde und durch
1) Von Gleims hand : „Beantwortet d.9i£L Aug. 1764 und 5 Exem-
plare der 2'I2 Claße der Karachischen Samlung überschickt. ■
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die Entwickelung genugsam vermindert worden, da man am
Ende fast nicht weis, warum Salomo selbst seine Meinung so
plötzlich geändert habe. Genug hie von ! Warum ist HE. KIop-
stock immer in Deütschland ? Er hat doch seine dänische
Pension noch? Wie ist sein Liebeshandel abgelaufen?
Sagen Sie mir, ums Himmels willen, ob ich denn niemals
die Exeruplarien der Karschischen Gedichte bekommen soll,
worauf ich pränumeriert habe? Ich habe endlich diejenigen,
gegen ein Postgeld von 2. fl. erhalten, wofür ein Louisd'or be-
zahlt worden. Aber die von der 2ten Claße fehlen mir noch
immer, ohnerachtet ich selbst deswegen an Wintern ge-
schrieben habe. Was soll ich zu diesem Verfahren sagen?
Sie sind nicht Schuld daran. Aber HE. Bachmann, als ein
Kaufmann , sollte mehr Accuratesse beweisen. Ich habe ihm
das Geld geschickt, und von ihm weder Bescheinigung , noch
Exemplarien erhalten. Ich bin müde, mich zu beklagen, und
werde endlich, zu Rettung meiner Ehre, mich genöthiget sehen,
den Pränumeranten ihr Geld aus meinem Beütel zurückzu-
zahlen, wenn Sie mir nicht aus diesem Handel helfen.
Anspach den 16. Jul. 1764.
— • Dem HE. Mylius kann ich zum Verlag meiner
Gedichte keine Hofnung machen , da ich mit der Frau Dycke
mich desfalls eingelaßen, aber auch ihr dermalen nicht will-
fahren kann, da sie noch mit Breitkopf zu streiten hat, der
auf den Weitbrechtschen Verlag Praetension macht. Ich bin
entschloßen, mich in diese BuchhändlerStreitigkeiten nicht zu
mischen.
Ihr Gespräche mit der deütschen Muse ist vorzüglich schön.
Aber ich wundere mich über Ihre Dreistigkeit. Ich hotfe,
so wenig, als Sie, desfalls eine Aenderung.
115. Gleim an Uz.
Halberstadt den 9lLn Aug. 1764
Liebster Freund,
Von Pyrmont bin ich gesund und glücklich zurückge-
kommen , aber kaum war ich ein paar Tage zu Hause , als
ich mit einem sehr heftigen Wechselfieber befallen wurde. In
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die dritte Woche muß ich nun schon das Bette hüten , das
Fieber hat mich seit fünf Tagen verlaßen , aber ich bin so
matt, und so ausgemergelt, von den allerheftigsten Paroxismis
von welcher einige zehn, zwölf, bis vierzehn Stunden daurten,
daß ich mich so bald nicht wieder erholen werde.
Sie sind bey nahe der einzige critische Freund, mein Lieb-
ster, auf deßen ßeyfall ich mich was rechtes zu gute thue.
Wenn sie loben, so sieht man, daß das Herz dabey ist, und
tadeln sie, so erkennt man den Freund , dem die Ehre seines
Freundes am Herzen liegt. Sie haben vollkommen recht, das
Lied : Doris im Garten, solte sich da endigen , wo Doris
der Rose den Vorzug vor allen Blumen giebt. In der Sam-
lung meiner Gedichte sollen sie es nach ihrer Critick geändert
finden. Ich wünschte nur, sie machten mir mehr so gründ-
liche Erinnerungen.
Den Salomo hab ich noch nicht mit kaltem Blute gelesen.
Beyde mahl laß ich ihn in einer Gesellschaft vor, und war
mehr Acteur1) als Leser. Nun werd ich ihn noch ein-
mahl lesen , und ich glaube wohl , daß ich alsdenn ihr Ur-
theil unterschreiben werde.
Aber wie haben ihnen Herrn Weiß neue Trauerspiele ge-
fallen? Zehnmal schon hab ich sie zu lesen angefangen, aber
es ist mir ohnmöglich zu Ende zu kommen, so oft muß ich sie
aus der Hand legen, so wenig intereßiren sie mich. Sagen sie mir
im Vertrauen, ob mein eigensinniger Geschmack, oder was sonst
daran Schuld ist. Allenthalben vermiß ich die Sprache der
Natur, und wenn das Herz sprechen soll, spricht der Witz.
Herr Ramler rühmt mir ein prosaisches Gedicht: Wil-
li elmine. Ich laß es zu Leipzig Herrn Bachraann vor. All-
zu viele platte Stellen und gemeine Redensarten machten , daß
ichs ohnmöglich für die Arbeit eines Uz, Weiß, Gersten bergs,
halten konte, wie Herr Ramler; und ich hörte auch, daß der
Verfaßer ein Cammerjuncker in Gotha sey.
Meine liebste Lecture ist bisher gewesen : Les Oeuvres de
Möns. Thomas und Oeuvres diverses de Möns. Desmahis. Von
dem ersten haben mir ein paar Oden im hohen Styl ausneh-
mend gefallen, auch seine Lobreden sind die einzigen, die mir
1) Über ungestrichnem , Spieler"
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je gefallen haben; der andere gehört in die Claße der Cha-
pelle, Chaulieu und Greßets. Eine Nachahmung der Reise des
Bacha[u]mont und Chapelle ist ein Meisterstück; ich habe nie
was niedlichers gelesen , als das Gemähide einer LandHoch-
zeit p. 126.
Herr Klopstock hat sich bey seiner Frau Mutter vor-
nehmlich wegen seiner LiebesGeschichte mit Genehmhaltung
seines Königs, so lange aufgehalten. Das Mädchen das ganz
göttliche Mädchen wurde ihm plötzlich ungetreu, als ein sehr
dummer von Adel sich meldete, und sich erboth, sie zu einer
gnädigen Frau zu machen.
Nun ist HE. Klopstock wieder in Coppenhagen und ar-
beitet an der Ausgabe fünf neuer Gesänge seines Meßias. Die
Briefe über die neuste Litteratur haben aufgehört. Wie ge-
fallen ihnen die Briefe zur Bildung des Geschmacks? Sie
sollen von Dusch seyn.
Wir haben den Chapellen , den Desmahis, den Chaulieu
der Franzosen nichts entgegen zu setzen, als ihre den Oden
angehängte Briefe und Gerstenbergs Tändeleyen. Schreiben
sie uns doch mehr solche artige Kleinigkeiten. Sie müßen
ihnen sehr leicht seyn.
Les Contes de Guillaume Vade sind von Voltaire. Sie wer-
den ihnen sehr viel Vergnügen macheu, wenn sie sie noch nicht
gelesen haben. Ich hab auch Le Tresor du Parnaße ou le plus
joli des Recueils in 4 Bändchen bekommen. Es besteht aus
lauter kleineu Stücken, worunter viel artige von Voltaire, Des-
mahis und andern sich befinden.
Herr Ramler arbeitet an der Ausgabe von Herrn Götzens
kleinen Gedichten, die unter fremdem Nahmen herauskommen
sollen. Er hat inständig gebeten, seiner zu schonen, sonst er in
Gefahr stünde sein Amt zu verliehren. Welche Barbarey! Wir
wollen schon schweigen. Wenn sie eine neue Außgabe ihrer
Gedichte machen, liebster Freund, so laßen sie sie doch ja recht
sauber machen, in 12 und in dünnen Bändchen, daß man sie, wie
unsern deutschen Horatz in der Tasche tragen kan. Wenn der
Berliner Meil die Kupferstiche nicht machen kan, so rath ich zu
einer ganz simpeln aber säubern Ausgabe auf das feinste Papier,
und wo möglich eine mit lateinschen Lettern, wie Kleist.
Oloim-r», Rriefwerhfl«!. 23
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116. Uz an Gleim.
Liebster Freünd,
Ich danke Ihnen, daß Sie mich wegen der Karschischen
Gedichte auf eine so freundschaftliche Art aus Verlegenheit
setzen wollen. Ich lege eine Art von Bescheinigung bey, da-
mit Sie sich bey HE. Bachmann legitimiren können. Nur hätte
ich wünschen mögen, daß auch dieser Sammlung das Portrait
der Dichterinn beygelegt worden wäre, da es doch in dem
Sammel-Plan versprochen worden. Wenn Sie mir mit der
Zeit eines verschaffen können, so werden Sie mich sehr ver-
bindlich machen.
Eine neue Auflage meiner Gedichte ist so nahe noch nicht,
als Sie vielleicht denken. Vors erste habe ich nicht Zeit ge-
nug. Hernach zanken sich Breitkopf und die Dyckin noch
darum, und ich will sie diesen Streit erst ausmachen laßen,
ohne mich darein zu mischen. Ich will einmal eine vollstän-
dige Sammlung meiner Verse machen, und ich wünsche, daß
Sie auch einmal daran denken.
Die Contes de Vade habe ich gelesen. Man erkennt die
Hand des Voltaire überall, wenn es auch nur an den Spotte-
reyen wider die Religion wäre, die seine letztern Schriften alle
brandmarken. Es eckelt einem, wenn man hundertmal gesagte
und eben so oft widerlegte Dinge immer wieder aufgewärmt
sehen muß. Doch diese Leichtsinnigkeit bezeichnet die meh-
resten französischen Schriften unserer Zeit. Ein anderes der-
gleichen Buch unter dem seltsamen Titel: Aretin, welches ich
auch dem Voltaire zugetrauet hätte, wenn er nicht so sehr
darinn gelobt würde , ist auch ein solcher Mischmasch von
Witz und Religions-Spötterey, der sich wohl lesen läßt.
Vom Desmahis habe ich noch nichts gelesen. Ihr Erbie-
then, mir ihn zu schicken, ist zu freundschaftlich und gütig,
als daß ich es annehmen könnte. Wenn er so schreibt, wie
Sie mir schreiben, so sind Sie ihm mehr ähnlich, als ich.
Sagen Sie mir doch , ob Gersten berg gar nichts mehr
schreibt? Es wäre doch Schade, wenn eine so artige Muse
sobald verstummen wollte.
Auf die Götzischen Gedichte hin ich begierig. Aber ich
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muß lachen, daß HE. Rammler sich so eifrig fremder Kinder
annimmt, und seine eigenen verwahrloset. Ich dächte, nun
könnte er doch einmal ein Händchen zusammen bringen. Seine
Ode an die Muse habe ich mit Vergnügen gelesen. Aber ich
bin doch nicht gewiß, ob er nicht manchmal mehr natürlich
und klar schreiben sollte.
HE. Weise scheint mir viel Genie zur dramatischen Dicht-
kunst zu haben, aber zu flüchtig zu schreiben, und sich allzu-
wenig Zeit zu nehmen.
Anspach den 31. Aug. 1764.
Wie schickt sich denn die Frau Karschin in ihr Glück?
Schreibt sie noch fleißig? Es wäre zu wünschen, daß sie die
Erinnerungen, die ihr in den Briefen über die Neueste Litte-
ratur gegeben worden, sich zu Nutz machte.
117. Uz an Gleim.1)
Liebster Fretind,
Verzeihen Sie mir, wenn ich Sie mit der Bitte eines meiner
Freunde beschwehre. Der hiesige Geheimde Secretarius Lösch
sammlet mit vielem Fleiße die Brandenburgischen Denkmäler.
Da er Ihre Freündschaft gegen mich weis , so hat er mich
ersucht, ihm durch Sie eine richtige Abzeichnung von dem in
der Halberstättischen Dom-Kirche befindlichen Grabmal oder
Grabstein des Herrn Marggraf Friedrich Erzbischoffens zu Mag-
deburg und Halberstatt, welcher A. 1552. gestorben, nicht min-
der von denen in ermeldter Domkirche irgend noch mehr
vorhandenen Brandenburgischen Monumenten, in seine Sammlung
zu verschaffen. Wenn es irgend ohne Ihre gar große Beschwerde
geschehen könnte, so wünschte ich, daß dem Ansuchen dieses
Freundes willfahret würde.
Diese Meße ist an witzigen Schriften so arm gewesen,
daß ich wenig neues gelesen habe, außer dem Fingal und die-
sen mit großem Vergnügen. Ohnerachtet eine gewiße Wild-
heit darinnen anzutreffen ist, so gestehe ich doch, daß ich noch
1) Von Gleima hand : „ Ist beantwortet den 81™ Dcc. 1764 zugleich
auch der Iiiief vom 31ün Aug. 1704. Die Oeuvres de Desmahis habe mit-
geschickt und das Iii Buch meiner Fabeln."
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immer einen Betrug oder wenigstens eine große Interpolation
argwohne. Ich finde mehr Schmuck und Poesie darinn, als ich
den alten Zeiten des Dichters und dem Volke, zu dem er gehört,
zutraue. Ist es denn so ganz außer Zweifel, daß alte Stucke
nicht etwa modernisiret worden? Zweifelt in England nie-
mand daran ?
Anspach den 24. Nov. 1764.
118. Gleim an Uz.
Liebster Freund, Halberstadt den 8*12 Dec. 1764
Mit gröstem Vergnügen werd ich dem Verlangen des
Herrn Geh. Secret. Lösch ein Gentige thun, und ihm eine rich-
tige Zeichnung des im hiesigen Dohm befindlichen Grabinahls
verschaffen. Eine, wiewohl unvollständige Beschreibung
deßelben findet Herr Lösch in der Nachricht von unserm Dohm,
die ich für ihn beylege. Mehrere Brandenburgische Monumente
sind mir nicht bekant, es möchten auch hiesigen Orts sich kaum
mehrere finden. Der hier wohnende Nerr Hoffrath Lncanus
hat von solchen Sachen mehr Kenntniß als ich ; er und seine
beyden Brüder haben alles gesamlet, was dahin einschlägt;
wenn Herr Lösch selbst an ihn schriebe, und ihm näher bekant
machte, womit ihm zu seiner Absicht gedienet sey, so würde
dieser dienstfertige Mann ihm ohne Zweifel gern mit allem
das er hat, an Hand gehen.
Der Bayreuthische Cammerherr von Spiegel, der vor kurzen
aus Engelland zurückgekommen ist, und sich ziemlich lange
zu London aufgehalten hat, versicherte mich, P'ingal werde für
das gehalten, wofür er ausgegeben ist. Ich glaube bey dem
allen wohl , daß der Ubersetzer nicht zu getreu gewesen ist.
Mit aller mir gegebenen Mühe hab ich das englische Original
noch nicht bekommen können. Was meinen Sie, könten wir
aus unsern Minnesingern und andern alten Liedern, nicht eine
Samlnng zu Stande bringen, die von der Beschaffenheit wäre,
daß man ebenfalls einen Betrug vermuthen würde? Neulich
fand ich in einer alten Anweisung zur Dichtkunst ein Lied, aus
der ältesten Zeit, das verdiente von einem guten Kopfe, von
einem Uz, in unserer Sprache gesungen zu werden. Ich habe
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das Buch nicht bey der Hand, sonst wolt ich ein Paar Stro-
phen abschreiben. Es ist ein Kriegeslied ; weder Morhof, noch
Klotz in seiner Ausgabe des Tyrtäus haben Erwähnung da-
von gethan.
Auch in unsern Gegenden ist völliger Mißwachs an witzi-
gen Schriften in diesem Jahre gewesen. Herr Ramler rühmte
mir eine Wilhelmine so sehr, daß ich sie mit der reiten-
den Post von Leipzig kommen ließ; er sagte zum fünften mahl
hält er sie gelesen, und nennte sie ein Meisterstück, ich
könte mich nicht tiberwinden sie zum zweyten mahl zu lesen !
Eine altügliche Geschichte in gemeiner poetischen Prose! oft
die Sprache und der Spott der Ungezogenheit und des Leicht-
sinns ! Wie konte von einem Hamler diese Wilhelmine so
schön gefunden werden ? Herr Zachariä ist an drey Wochen
bey uns gewesen, er gab ihr eben so wenig Beyfall, ich möchte
nun auch noch von meinem Uz hören, wer recht hat.
Herr Zachariä hat mir ein Paar Bücher von seinem Cor-
tes vorgelesen. Ich kan noch nichts davon sagen. Der Plan
scheint vortreflich, die Geschichte giebt ihm Stoff genug, er
darf bey nahe nicht dichten. Er hat den zehnsylbigten jam-
bischen reimlosen Vers mit männlicher Endigung erwählt, hat
ihn aber, wie mich dünckt, noch nicht in seiner Gewalt!
Ich versprach ihnen den Desmahis zu schicken, mein lieb-
ster Freund. Er komt hiebey. Was gab ich darum wenn
ich die Reise p. 114 im deutschen von einem Uz lesen
könte ! —
Seit ihrem vorigen Schreiben hab ich auch das Buch das
sie mir bekant machten, unter dem Titul Ar et in gelesen.
Er hat nicht Voltären, sondern einen elenden Berlinischen
Comedianten zum Verfaßer, es ist nicht ohne Witz, aber auch
voller Dummheit und Unsinn.
Es ist vortreflich, daß sie eine vollständige Sammlung ihrer
Wercke machen wollen ! — — — Daß es mir ebenfalls mit
einer vollständigen Ausgabe ein Ernst sey, sehen sie aus bey-
gehendem ersten Buch meiner Fabeln ! Es stellt sich, mit den
gemachten Verbeßerungen bey ihnen als meinem Aristarch ein,
und ich bitte ihre Aninerckungen und Criticken so kurz und
mit so weniger Mühe, als es seyn kan beyzufügen , und dann
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das Manuscript so bald als möglich zurück zu senden.
Haben sie nicht auch wieder geistliche Lieder gesungen?
Die beyden so sie mir vor einiger Zeit schickten, waren für-
treflich ! Ich reise vielleicht bald nach Magdeburg da soll sie
mir Herr Rolle, ein sehr geschickter Componist, in Musick setzen.
119. Gleim au Uz.
Halberstadt den 11*22 Dec. 1704
Als ich ihnen das lezte mahl schrieb, mein bester Freund,
da war icli sehr eilfertig! Insonderheit vergaß ich, bey dem
ersten Buch meiner Fabeln, ihnen zu sagen, daß. ich mir alle
Mühe gegeben bätte, nach ihrer Vorschrift, und Erinnerung
mehr Wohlklang in die Verse zu bringen. Sie sagten mir
mehr als einmahl, daß ich das Sylbenmaaß sehr vernachläbigt
hätte ; sie hatten recht, ob es mir geglückt ist, diesen Fehler,
ohnbeschadet der Einfalt und Kürze, die ich mir zum vornehm-
sten Zweck gesezt hatte , zu verbeliern, das mögen sie , mein
liebster Aristarch, sehen, und es mir sagen. — — — Unbe-
greiflich ist mir, wie man sich aus solcber Arbeit ein Ver-
gnügen und noch dazu sein ganzes Leben hindurch sein einziges
Vergnügen machen kan , wie Herr Kamler! Er feilt noch
beständig an Herrn Götzens Gedichten ! Und ob er mir wohl heilig
versprochen hat, endlich eiue Samlung seiner Oden her-
auszugeben , so wird doch gewiß nichts daraus ! An einer
Ode an mich feilt er schon mehr als zehn Jahre. Ich gehrieb
des falls au ihn :
Ich weiß es lange schon, wie sich mein Kamler quälet
Wie er die Worte horcht, wie er die Sylben zählet,
Ich weiß es lange schon, wie vielen Öhl und Schweiß
Auf einen Odenvers er zu verwenden weiß,
Biß er zufrieden ist und solche Füße schallen
Die seinem Geiste so, wie seinem Ohr gefallen
Ich weiß es lange schon, zu Tode quält er sich
Zehn Jahre feilt er schon an einer Od* au mich
0 Ramler liebster Freund ! Hinweg mit deiner Ode
Und der Unsterblichkeit erkauft mit deinem Tode!
Sie, mein liebster Freund, halten das rechte Maali, Rani ler
feilt zu viel, ich feile zu wenig. In einem ihrer Briefe vou
L7u3 les ich, daß sie in ihrer Kunst stets frölich zu seyn viel
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359
verbeßert haben. Schon damahls waren sie willens uns eine
neue Ausgabe davon zu geben. Warum haben sie es nicht
gethan ? Es ist ein fürtreflich Gedicht ihrer philosophischen
Muse — Sie solten, wenn sie mit der ganzen Ausgabe ihrer
Gedichte nicht so bald könten fertig werden , es nebst dem
Schreiben an einen Freund, besonders drucken laßen. Es wird
indeß noch zehnmal verkauft — nur wünscht ich daß ein klei-
nes Format und sauberer Druck genommen würde. Das Schrei-
ben p ist bisher vielfaltig gesucht, in Pyrmont hätt ich die-
sen Sommer fünfzig Exemplare anbringen können, so wurd
ich darnach gefragt.
Mit einem Arger, der nicht größer seyn kan , les ich in
ihren mir unschäzbaren Briefen, daß Posch ihnen nur 50 fl.
für ihre Gedichte gegeben hat, nur kaum die Schreibgebühren !
Wir wollen mit unsern Musen keinen Wucher treiben, aber so
eine Kleinigkeit soll mein Uz dem Buchhändler , der sie ihm
noch einmahl anbietet, vor die Füße werfen! Klopstock hat
für den Bogen seines Salomo zwey Louisd'or von Hechtel in
Magdeburg bekommen. Das geht doch einiger maaßen an.
Für jede Ode muß mein Uz von einem Buchhändler 50 fl. und
von einem Mecänas 5000 haben. Wir haben nichts, das un-
serm Uz gleichkomt, das sag ich allen, die mich nach unsern
bestem Dichter befragen. So viel als die Frau Karschin für
ihre Samlung bekommen hat, kan sich noch kein deutscher
Dichter rühmen, und sie hätte dreymahl so viel, wenn das
schlechte Geld nicht so viel weggenommen hätte. Zwey tau-
sind R/. in Louisd'or und efwas darüber sind nach Abzug der
Kosten übrig geblieben. Ich habe eine ausnehmende Freude
darüber, daß es mir nur so weit mit Versorgung der armen
Karschin gelungen ist. Alle meine Berlinischen Freunde waren
dawieder, und glaubten, es würde nichts heraus kommen. Nun
sehen sie das Gegentheil und glauben mir, daß der Deutsche,
so gut wie der Engländer einzunehmen ist. Herr Zachariä ist
mit seiner Subscription auch ganz wohl zufrieden!
Einmahl fragten sie mich nach dem Ausgang der Liebes-
Geschichte Herrn Klopstocks, mich dtinckt ich sagt ihnen da-
mahls alles, und muß also noch dieses hinzusetzen, daß das
ungetreue Mädchen, das einem armen und dummen Edelmann
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360
deu großen Dichter nachsetzte, vor Kurzen gestorben ist Die
Vorsehung hat ulso für Herr Klopstock sehr gut gesorget, daß
sie seinen Wunsch nicht erfOilete. Er hat ein zärtliches Herz
und würde sich zu Tode grämen, wenn er seine zweyte Frau
verlohren hätte. Auf Ostern sollen fünf neue Gesänge seines
Meßias zum Vorschein kommen, und an einer Abhandlung über
das deutsche Sylbenmaaß wird schon gedruckt Von dieser ver-
sprech ich mir sehr viel gutes; das Stück, so ich schon da-
von gelesen enthielt viele gründliche Anmerckungen. Er hat
die Griechen sehr studirt, und weil diese in Sachen des Wohl-
klangs die Meister auf dem Parnaß sind, so wird er vieles zu
sagen haben, das er ihnen abgelernet hat.
Wie steht es um die Alkäischen Klagen, die sie in dem
letzten Kriege sangen? Soll ich sie nicht lesen.
Von Herrn Gerstenberg hör und sehe ich nichts. Er soll
in Dänischen Diensten Officier seyn, und im Hollsteinischen im
Quartier stehen. Er könte unser Chaulieu seyn , wenn er iu
einer gesellschaftlichen Welt lebte.
Die Frau Karschin schreibt mir noch sehr oft. Aber alle
ihre Briefe sind voller Klagen über die Untreue ihrer Freunde !
Man hält ihr in der That zu wenig zu gute. Der Prinz Frie-
derich von Braunschweig, der itzt beständig um dem König ist,
und sehr geliebt wird , macht sehr viel von ihr , und hat sie
oft bey sich. —
120. Uz an .Gleim.
Sie haben mir mit der feinern Edition der Kar-
schischen Gedichten ein angenehmes Geschenk gemacht, aber
noch ein angenehmeres mit des Desmahis reitzenden Versen.
Sie sind voll Schönheit, und nur der deütsche Anakreon kann
mit gleicher ungezwungenen Leichtigkeit dichten. Sie machen
mich immer mehr zu Ihrem Schuldner. Ich schicke Ihnen das
erste Buch Ihrer Fabeln zurück und Sie werden sehen , daß
ich es mit Aufmerksamkeit gelesen habe. Ich bin strenge ge-
wesen, weil ich weis, daß Sie es von mir fordern. Sie werden
finden , daß meine meisten Critiken auf die neüen Verbeße-
rungen gehen. Es dünkt mich, daß sie oft von dem Cha-
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301
rakter Ihrer Fabeln abgehen. Diese sind simpel und na'if, und
haben mehr von der Siccitate eleganti des Phaedrus , als dem
lustigen des Fontaine. Pracht und Wortgepränge schicken
sich nicht für sie. Sie gefallen ohne fremde Zierrathen. Wenn
ich also dergleichen zu bemerken geglaubt, habe ich die Stellen
angestrichen. Ich verwerfe sie deswegen nicht Ich will Sie
nur darauf aufmerksam machen, und überlaße Ihnen, als
einem feinen Kenner, das entscheidende Urtheil. Inzwischen
erfreüe ich mich , daß Sie mit Ernst an eine vollständige
Sammlung Ihrer Gedichte denken, die so sehr vermißet wird.
Wenn ich eine Sammlung meiner Kleinigkeiten zu Stande brin-
gen werde , kanu ich nicht sagen. Bey noch fürdauernden
Zwistigkeiten der Buchhändler sind mir die Hände gebunden.
HE. Nicolai wünscht ebenfalls, daß ich sie in 12. drucken
laßen möchte, und zwar mit Meilischen Vignetten. Allein an
das letztere ist, bey der bekannten Sparsamkeit unserer Buch-
händler, wohl nicht zu denken. Sollte es einmal wirklich
dazu kommen, daß die Sammlung zu Stande käme, so werde
ich Sie über die geschickte Einrichtung weiters um Rath fra-
gen. Übrigens wundert mich, daß nach meiner Kunst, stets
fröhlich zu seyn, Nachfrage geschieht. Es ist mir um so an-
genehmer, da ich geglaubt, daß die ungünstige Berlinische
Recension diese Arbeit von mir ganz in Vergeßenheit ge-
bracht habe.
Das kleine Gedicht Ihres HE. Neveu ist ungemein artig.
Es ist das schönste Hochzeit- G edich t , das ich gelesen. Fast
halte ich den HE. Oncle in Verdacht, daß p.
Ich gestehe, daß ich die Wilhelraine ebenfalls mit großem
Vergnügen gelesen, und viel Witz und Erfindung darinn an-
zutreffen vermeine. Aber für ein Meisterstück kann ich es,
mit HE. Rammlern nicht halten.
Ich dancke Ihnen für das freundschaftliche Nachfragen
nach meinen Schwestern. Wir machen zusammen noch eine
unverheyrathete Familie aus. Wie lange ich noch so seyn
werde, steht bey den Göttern, und insonderheit Ihrer guten
Freündin, der Göttin von Amathunt.
Ich will einmal meine Papiere durchsuchen, und sehen,
ob sich noch etwas darunter findet , das verdient , von Ihnen
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362
gelesen zu werden. Ich weis nicht anders, als daß ich Ihnen
alles geschickt habe, was ich aus Veranlaßung des letztern
Krieges gedichtet. Jetzt hängt meine Leyer an der Wand. In
Jahr und Tag habe ich sie nicht in die Hand genommen.
Anspach den 30. Jan. 1765.
121. Gleim an Uz.
Halberstadt den 'SV™ Aug. 1765
Wann und was schrieb ich doch das letzte mahl meinem
Ufas? Lange her ist es schon, denn seit ich kranck bin schrieb
ich ihm nicht. Sein lezter Brief war der, mit welchem
er mir meine Fabeln mit seiner sanftmüthigen Critick zu-
rück sendete! Für diese seine mir so willkommene Bemü-
hung hab ich ihm wohl noch nicht ein mahl gedancket? Er
mag dencken , als wenn ich dadurch beleidiget sey, weil er
mich getadelt hat! 0 er kennt mich beßer!
Seit dem 161™ Jeuner mein liebster Freund bin ich fast
beständig kranck gewesen, An diesem Tage bekam ich zu Berlin
das Fieber, und muste an drey Monath dort bleiben und aus-
halten. Das Fieber hinterließ eine völlige Erschlaffung der
vesten Theile, ich befand mich lange Zeit sehr übel und konte
das Anwehen des gelindesten Zephirs nicht ertragen. Seit kur-
zem gebrauch ich die Arzeney des berühmten Werlhofs zu
Hannover und nun geht es beßer. — — — Gestern war der
Graf von Wehrter ein sächsischer Cammerherr bey mir, der
hatte sie auf seinen Reisen gesehen. Alle ihre Gliedmaaßen,
ihre Minen, ihr ganzes Wesen must er mir beschreiben!
Ihre Criticken, mein bester Freund, werd ich mir bestens
zu Nutze machen. Ramler hat mir die seinigen auch geschickt,
aber welch ein Unterschied zwischen ihm und Uz, in Absicht
auf die Art mit welcher er seinen Tadel sagt! Unbändig grob
und für einen Freund so beleidigend, daß es scheint, als wenn
er zu der Zeit, da er sie hin geschrieben hat, seinen Verstand
verlohren gehabt hätte! Es ist von einem so alten Freunde,
der auf gewiße Weise mein Schüler ist , unglaublich aber es
ist doch wahr, und ich kan wenn sie es nicht glauben ihnen
seine eigene Hand schicken. Nur meinem Utz klag ich
363
es, daß er so wohl durch diese ungezogene Grobheit, als durch
ii nverzeyh liehe Kehler seines Herzens, sich meiner fernem
Freundschaft völlig unwürdig gemacht hat. Seine l'arthie
werden sie nie nehmen , so bald ich ihnen den Briefwechsel
zu lesen gebe , der un ter uns vorgefallen ist, sie können mir
auf mein Wort glauben, daß man es nicht weiter treiben kan,
als es Ramler getrieben hat. Meine Geduld hat ein Ende
nehmen müßen, alle meine Freundschaft für ihn, die so groß
und so zärtlich war, wurde von seinem Verhalten gegen mich
daniedergeworfen. Was ist aller Geist und aller Verstand,
ohne Sitten und Herz? Laßen Sie uns gut seyn, bester Freund,
das ist die Hauptsache! Meinem Uz zwar darf ich das nicht
sagen. Sein Herz ist eben so edel , als sein Geist schön ist.
Was für Menschen giebt es auf der Welt! Ist es möglich?
Kan der Geist und das Herz in so großem Wiederspruch stehen,
wie Wielands Sympathien und Wielands comische Erzählungen?
Sehen sie meine Briefe nach , vor etlichen .Jahren schon sagt
ich vorher, daß Wieland ein Freygeist werden würde, nun ist
er etwas weit ärgeres! Und ihr Sieg Uber ihn, wird ihnen
von ihm selbst in die Hände gegeben.
In der letzten Meße kam doch auch nicht das mindeste
zum Vorscheiu, das unser Auge verdiente, als nur allein Abt
vom Verdienst. Diese gründliche und zugleich schöne
Arbeit werden sie ohne Zweifel gelesen haben.
Vor ein Paar Tagen besuchte mich auch Herr Meinhart,
der Verfaßer von den Versuchen über die italiänischen Dichter.
Er kam aus Rom, Paris, London und dem Haag. Ich verwieß
ihm seine weite Reisen, weil er meinen Utz nicht gesehen hatte.
Herr Huber, sagte er mir, arbeitet an einer Samlung der aus-
erlesensten deutschen ins französische übersetzten Gedichte.
Ich komme noch einmahl auf meine Fabeln. Es ist doch
keine verdrießlichere Arbeit, als die Ausbeßerung! Meist um
des Wohlklangs Willen ändert ich die Stellen, die ihnen in
der Veränderung mißfielen. Nun bin ich wieder ganz ihrer
Meinung, und werde die meisten alten Lesarten beybehalten.
Oft sind indeß meine lieben Aristarchen so wenig einig, daß
Bamler für die schlechteste Fabel hält , die Moses mit am
meisten lobet. Z. E. die 23i£: der Esel, die Nachtigall, und
364
der Staar. Ich habe ihren Tadel so wohl als Raoilers Tadel
mir zu Nutze gemacht
122. Uz an Gleim.')
Liebster Freünd,
Cur me querelis examinas tuis? Unserm Horaz können
die Klagen des Mäcenas über seine Unpäßlichkeit unmöglich
mehr zu Herzen gegangen seyn als mir die Ihrigen. Ihre
häufigen Fieber gefallen mir durchaus nicht. Vielleicht warten
Sie denselben nicht genugsam ab. Schonen Sie Sich, liebster
Freünd! Was hilft aller Witz, wenn man nicht lebt? Ich
hoffe, mein Brief soll Sie völlig gesund antreffen. Schreiben
Sie mir es bald, und beruhigen Sie Ihren Freünd.
Sie würden mir gewiß Unrecht gethan haben , wenn Sie
von mir vermuthet hätten, daß ich die Ursache Ihres langen
Stillschweigens meiner Kritik beymeßen würde. Ich weiß, daß
Sie mich beßer kennen, und ich kenne Sie auch zu gut, als
daß ich von Ihnen vermuthen könnte, Sie würden über die
Kritik eines Freündes böse werden können, dem Ihre Ehre so
lieb ist, als seine eigene. Ich verlange gar nicht, daß Sie
Ihre Fabeln nach meinen Anmerkungen allein ausbessern sollen.
Ich weiß wohl , daß Sie mehrere Freunde und Freünde von
größerer kritischer Einsicht haben. Durch Vergleichung der
verschiedenen Beurtheilungen, die vielleicht alle nicht richtig
sind, und auf einer oder der andern Seite zu weit geben, wer-
den sie auf den rechten Weg geleitet. Der Autor muß alle-
zeit der letzte Richter seiner Arbeiten seyn, und nur das Publi-
cum ist über ihm , und doch kann auch das ihn nicht zwin-
gen, eine Zeile zu ändern, wenn er nicht will. Aber daß HE.
Rammler über dem kritisiren Ihre Freündschaft verlohren, geht
mir nahe. So wie ich Sie kenne, muß er es sehr arg ge-
macht haben, daß eine so alte Freündschaft darüber zu Grunde
gegangen. Ein Freünd muß anders kritisiren, als ein Fremder,
von dem man Härte noch eher verträgt, weil man sie ver-
1) Von Gleims hand: „empfangen den 13Hn Dec 1765. beantwortet
den 13l« Febr. 1766«
365
tragen muß. Aber von meinem Freünde erwarte ich, daß er
sich für meine Ehre intereßire. Ich muß es ihm , wenn er
mich tadelt, anmerken, daß er es ungern thut, und mit bei-
ßenden Spöttereyen kann eine solche Gesinnung nicht bestehen.
I1E. Rammler muß durch den Weihrauch, der ihm so haüfig
gestreüt wird, und den er so wohl verdient, betaübet worden
seyn, daß er seinen Gleim verkannt hat. Ich bedaure seinen
Verlust: er wird ihn noch bald genug fühlen.
Mit großem Vergnügen habe ich eine neüe Auflage Ihrer
Gedichte angekündiget gefunden. Wenn Sie nur einen wahren
Ernst bezeugen ! Mit der neüen Auflage meiner Gedicht geht
es mehr hinter als vor sich. Breitkopf hat die schon gedruck-
ten Gedichte wieder auflegen laßen, und die Dyckin will die
ungedruckten herausgeben. Aber auf diese Art bekäme ich
keine vollständige Auflage und zween Verleger, welches ich nicht
will. Drum bleibt die ganze Sache liegen.
Was müßen die Schweitzer zu ihrem Wieland sagen, ihrem
auserwählten Schooßjünger? Was für eine [lache könnten wir
an ihm und seinen Panegyristen nehmen ! Aber wir sind keine
Devots, noch Schweitzer.
Anspach den 3. Dec. 1765.
123. Gleim an Uz.
Bester liebster Freund, [13. Februar 1766.]
Sie haben recht, aller Witz ist ohne die Gesundheit nichts !
aber der Witz macht mich gewiß nicht kranck , ich studire
so wenig, als es immer möglich ist, gar nicht zu studiren
wäre ärger als die schlimste Kranckheit! Die Fieber Anfalle
haben mich völlig verlaßen , an ihre Stelle ist ein von den
Ärzten also genanter Rheumatismuß getreten, der mich vollends
ausmergelt. — — — Das schlimste ist, daß man bey nun
schon Jahr und Tag ausgestandenen Kränklichkeiten den guten
Humor, verliehret, und grämlich gemachet wird, so daß die
kleinste Kleinigkeit das Gemüth beunruhiget und zu Altera-
tionen Anlaß giebt.
Sie, mein bester Freund, sind der einzige, gegen den ich,
wegen der Streitigkeit mit R.| amier] mein Herz ausgeschüttet
366
habe ; ich muß mir noch die völlig«» Beruhigung desfalls da-
durch verschaffen, daß ich sie völlig überzeuge, von meiner
Seite, sey nicht die mindeste Schuld der aufgehobenen Freund-
schaft. Er hat es so sehr arg gemacht, daß das kälteste Ge-
müth es nicht hätte ausstehen können, von einem bis zur En-
thusiasterey geliebten Freunde so behandelt zu werden. Ich
werde den Briefwechsel der die traurige Geschichte unsere
Gezänckes ganz enthält, für sie abschreiben laßen, damit nach
meinem Tode, wenigstens ein rechtschaffener Mann sich meiner
annehmen könne, denn leider höre ich, daß Herr R.Jamler^
seinen boßhaften Caracter bis zur Lästerung treibt, und mich
für einen Menschen ausschreyet, der in seine Sächelchen so
verliebt wäre, daß er die gegründetste und billigste Critic nicht
ausstehen könne.
Bey meiner vier und zwanzigsten Fabel sagt mein Uz :
„Dis ist wieder keine Fabel. Es fehlt die poetische Wahr-
scheinlichkeit, es fehlt eine Handlung, das ganze Stück enthalt
„eine dichterische aber edele Empfindung meines Gleims.*
Hingegen sagt K. [amier]
„ Lieber Dichter ! suchen sie eine andere Gelegenheit sich
„die Mine der Frömmigkeit zu geben, und laßen sie diese
„fromme Fabel mit samt dem: Wach auf mein Herz und sin^e,
„in Gottes Nahmen weg!"
Welche, von beyden Criticken ist die billigste? Spricht
nicht mein Uz, die Sprache der Freundschaft, und R.[amler]
die Sprache des hämischen Menschen ? Welche Beschuldigung,
Gleim habe mit dieser Fabel keine andere Absicht gehabt, als
sich die Mine der Frömmigkeit zu geben! Ein Heuchler ist
in meinen Augen von allen Sundern der abscheulichste. Und
doch ist diese Critick noch die gelindeste von allen ! Sie wer-
den <»s selbst sagen, wenn sie erst die Briefe sehen.
Ist es nicht ein Jammer, daß man so vielen fürtreHichen
Köpfen, den Vorwurf inachen muß, daß ihr Her/, ein verwerf-
liches Ding ist? Wieland scheint es recht darauf anzufangen, daß
wir ihm diesen Vorwurf machen sollen, er wird es nicht erleben.
Ich bin bey Anfertigung des Manuscripts zur vollstän-
digen Ausgabe meiner Gedichte ziemlich fleißig gewesen. Die
Kranckheit hat mir Zeit und Muße gegeben. Sehen sie hier
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einen Beweiß, daß ich ihre Critic genutzet habe! In dem Ge-
spräch mit der Taube werden sie die getadelten Steilen nicht
wieder finden. Ich habe nun diese Lieder nach dem Anakreon
an einen geschickten Mann geschickt, der sie in Musick setzen
soll, er kan aber vor Ostern nicht damit fertig werden. Wie
gern gäb ich ihnen sie alle noch einmahl zur Beurtheilung,
es macht nur ihnen und mir zu viel Arbeit ! Sie haben voll-
kommen recht, eine wörtliche Übersetzung Anakreons wäre
nicht unnütze, den Kennern würde sie angenehmer seyn , als
diese Nachahmung! Vielleicht begeistert ihre critische Mei-
nung, mich noch einmahl! Einmahl ist es geschehen, gleich
nahm ich meine Versuche zur Hand , und kam mit der Aus-
beßerung bis über die Helfte der Oden. Herr Leßing will den
Anakreon griechisch herausgeben , werd ich mit dieser von
Ihnen mir eingegebenen Arbeit fertig, so wird er sie beydrucken
laßen. Kläglich ist, daß ich hier keinen kritischen Freund
mehr habe; Herr KriegsRath Beyer (der Verfaßer der ver-
mischten Poesien und der kleinen Lieder) geht als Geh. Fi-
nanzRath nach Berlin, ein seltener Vorfall , daß ein witziger
Kopf, ein junger Mann, der vor ein Paar Jahren , noch ganz
Anacreon war, und alles so genante Glück verachtete, es in
so kurzer Zeit bis zu der höchsten Stufe bringet, auf welche
das Glück bey uns einen Bürger steigen läßet — wiewohl noch
die Frage ist, ob er zugleich mit der höhern Stufe seine äu-
serlichen Umstände verbeßert. Er bekomt 1200 R*. Gehalt
und hat hier eben so viel und wohl mehr gehabt, zu Berlin
ist izt alles um die Helfte theurer als hier. Ich würde durch
seine Versetzung sehr viel verliehren, wenn ich nicht schon,
durch seine hiesige Beförderung zum KriegesRath, welche Be-
dienung ihm allzu viel Arbeit gab , und bald darauf durch
seine Verheyrathung seinen Umgang fast ganz verlob ren hätte.
Mit Verlust des Vergnügens, das mir der Umgang mit
den Musen verschaffet, mag ich kein größeres Glück erkaufen,
sonst hätt ich vor einiger Zeit Gelegenheit gehabt! Man bot
mir bey einer HandlungsGesellschaft die Director-Stelle mit
2000 R/. Gehalt an ! Ich hatte einen Aufsatz zu Einrichtung
dieser Gesellschaft gemacht, und dieser hatte den vornehmsten
Mitgliedern der Gesellschaft, die aus dem Churmärkischen Adel
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bestand, so wohl gefallen , daß man bey der Wahl auf mich
verfiel. Es ist mir lieb, daß ich sie verbat, denn nun hat sich
die ganze Gesellschaft verschlagen. Es bleibt unter uns! wie
auch dieses, daß man noch einen Vorschlag hat, mich nach
Berlin zu ziehen ! Kleist ist tod, Ramler ist nicht mehr mein
Freund, oder vielmehr ich bin sein Freund nicht mehr, Spal-
ding ist, seit dem er Probst ist, ganz umgekehrt, wiederge-
bohren wie sie wollen, Sulzer ist ein Misantrop, nun ist das
prachtige Berlin mir nicht mehr wehrt als mein altes Halber-
stadt. Wäre ein Uz da, wie würd ich alles so geschwind an-
nehmen, was mir angebothen würde.
Nun noch ein ernsthaftes Wort wegen der neuen Ausgabe
ihrer Gedichte ! Sagen sie mir in Vertrauen was die Dyckin
ihnen für die ungedruckten geben will? Und warum sie Breit-
kopfen auf die gedruckten ein Recht zugestehen? Zween Ver-
leger sind freylich nichts nutze, es ist uns an einer vollstän-
digen Ausgabe unsers deutschen Horatz gelegen! Diese Aus-
gabe müßten sie einen ihrer Freunde besorgen laßen! War
ich zu Berlin, tausend Louisd'or wenigstens müst ich meinem
Uz zum Honorario verschaffen! Laßen sie sich nur mit der
Dyckin nicht ein, bis sie mir die obigen Fragen beantwortet
haben. Vielleicht thu ich ihnen viel beßere Vorschlage!
Beßere so wohl in Absicht auf ihren Vortheil, als auf die
Schönheit der Ausgabe !
Sie correspondiren mit Herr Nikolai! Sagen sie ihm
nichts davon, daß ich ihnen Vorschläge thun will. Er ist
ein Buchhändler, und in dieser Eigenschaft mag ich mit ihm
nichts zu thun haben.
Aber ihre ungedruckte Gedichte, bester Freund! soll ich
so lange warten, bis sie gedruckt sind ? soll ich darüber hin-
sterben ? — — —
124. Gleim an Uz.
Halberstadt den 4!ü' May 1760
Theurester liebster bester Freund,
Ich wolte ihnen diese Lieder in einem schönen Bande zu-
senden ; die Exemplare sind mir aber zu spät von Leipzig ge-
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schickt, nun wolt ich nicht gern daß sie sie von einem Buch-
händler ehe als von mir erhielten, darum eile ich damit und
sende sie ihnen ohnbekleidet ! Sagen sie mir ihr Urtheil dar-
über so ausführlich, daß ich bey der Ausgabe meiner Werck-
chen Vortheil davon haben kan. Denn in dieser Absicht hab
ich sie vorher noch drucken laßen.
Was sagen sie zu den Liedern der Deutschen? Warum
nicht lauter Originale, wenn sie diesen Titul führen solten?
Sind sie mit Ramlers Correctur zufrieden? Er ist doch wahr-
haftig nichts anders, als unser Rector, der uns die Exercitia
corrigiret , oder er dünckt sich es zu seyn. Wie ? wenn ein
Ruinier zu Rom mit Catull und Horaz so umgegangen wäre?
Man muß die Wahrheit sagen, einige Lieder insonderheit von
Herr Weiß sind so sehr verschönert, daß man es ihm Danck
wißen muß; wenn gleich der Autor nicht um Rath gefraget
ist. Leßings Laokoon wird ihnen viel literarisches Vergnügen
machen. — — —
125. Uz an Gleim.
Liebster Fretind,
Ich umarme Sie wegen Ihrer neüen Lieder ! Sie sind aller-
liebst. Ich schmeichle Ihnen nicht, wenn ich sage, daß ich
sie für eine Ihrer besten Producte halte. Man erkennt überall
den Anakreon und meinen Gleim. Sie sind voll Geist und
Leben. Ihre Taube ist ein so artiges Thiergen, daß man sieht,
daß sie der Venus gehört habe. Sie schmeichelt mir ein
bisgen zu viel : aber ich bin ihr doch herzlich gut. Erwarten
Sie keine Kritik. Ich habe im mehrmaligen Lesen noch nichts
anstößiges gefunden. Wenn ich sie jemals mit kaltem Blute
lesen kann, so wird sich zeigen, ob mir etwas aufstößt, das
Tadel verdient. Bringen Sie nur die vollständige Ausgabe
Ihrer Gedichte zu Stande, und bekümmern sich nichts um die
grämlichen Kunstrichter, die so lange feilen, bis sie alle Schön-
heiten wegfeilen. Ausbesserung ist nöthig, und Sie wissen,
daß ich selbst bessere, und Sie auch dazu ermuntert habe, son-
derlich wegen der scherzhaften Lieder, die manchmal zu ge-
dehnt und zu schwatzhaft sind. Manchmal werden ganze
ü leim - Ux, Hriefwechacl 24
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Lieder wegbleiben können, die zu den Zeiten, da diese Dicht-
art neü war , gefielen , aber itzt , da man bis zum Eckel von
Wein und Liebe singen hört, unschmackhaft sind. Aber, bey
allem dein, ist Ihr Ruhm so festgegründet, daß er wohl dauern
wird. Erhalten Sie nur die Heiterkeit Ihres Gemütbs, und
laßen Sie sich durch das üble Verfahren anderer Letite nicht
niederschlagen. Es thut freylich wehe, sich von einem Freünde
mißhandeln zu sehen. Ein Fretind ist berechtigt und schuldig,
seinem Freünde die Wahrheit nicht zu verhehlen, aber er muß
sie nicht auf eine beleidigende Art sagen. Bitterer Scherz ver-
wundet bis in die Seele, wenn er von einem Freünde kommt.
Ich arbeite jetzt an der neüen Ausgabe meiner Gedichte.
Sie wißen, daß Weitbrecht zuerst die lyrischen Gedichte ge-
druckt hat. Er hat mir niemals einen Heller dafür bezahlt.
Nach seinem Tode hat Breitkopf sich der noch vorhandenen
Exemplare und des Privilegii angemaßt, weil ihm Weitbrecht
schuldig gewesen. Das ist alles Recht, welches er hat. Dycke
hat meine Kunst gedruckt. Als nach seinem Tode seine
Wittwe eine neüe Auflage machen wollte , so wünschte ich,
daß lieber eine vollständige Ausgabe meiner Gedichte ge-
macht würde. Sie hat aber Breitkopfen nicht dazu bewegen
können, daß er sein Privilegium abgetreten hätte. Hingegen
hat sie ein Privilegium über meine sämtliche Schriften er-
halten. Sie sehen, daß ich nicht wohl von ihr kommen kann,
ohnerachtet sie mir nicht einen Heller dafür angebotten, und
vielleicht auch nicht geben wird. Auch vom Druck verspreche
ich mir weder Richtigkeit (die ich über alles schätze) noch
Schönheit.
Die Lieder für die Deütschen sind noch nicht zu uns ge-
kommen. Aber ich bilde mir schon ein, was für gewaltsame
Veränderungen vorgegangen seyn mögen , die den Verfaßem
selten angenehm seyn werden. Ein seltsamer Charackter, immer
anderer Leüte Arbeiten corrigiren zu wollen ! — — —
A.fnspach] den 3. Jul. 1766.
HE. Leßings Laokoon ist ein vortreffliches Werk. Der Him-
mel gebe, daß er ihn nicht, wie andere Sachen, unvollendet laße !
Nicolai hat mir schon in 2. Jahren nicht geschrieben.1)
1) „Den 2fc Jul. 1767 habe an HE. Uz geschrieben, flberaand
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126. Gleim an Uz.
Halberstadt den 27^ Jul. 1767
— — — Meine gesunden Freunde starben dahin, und
ich , der ich nun schon im dritten Jahre mich noch immer
mit Kranckheit schleppe, ich muß leben. Abt und Meinhart
welch ein Verlust für die deutschen Musen ! Manche vergnügte
Stunden erschuf ich mir in meinem Garten in der stillsten
Einsamkeit, und dann, mein liebster Uz, dann beßerte ich an
meinen jugendlichen Gedichten , oder sang neue jugendliche
Lieder. Ivan man im Alter was beßers thun, als in seine Ju-
gend sich zurück setzen ? Sehen Sie hier Proben davon ! Viel-
leicht sind sie mit den Verbeßerungen des blöden Schäfers
nicht ganz unzufrieden. Ich hätte nie wieder an ihn gedacht;
aber die Fürstin von Bärenburg findet an deutschen Schau-
spielen Geschmack, und führet sie selbst mit auf, Sie ist sonst
eine liebenswürdige Fürstin , und sie hat eine Hoffdame , die
es verdient, daß man ihr was deutsches zu lesen giebt, dieses
alles verführte mich, ihn noch einmahl hervorzusuchen. In
voriger Woche ist er zu Ballenstedt, 3 Meilen von hier, der
itzigen Residentz des Fürsten, bey dem ich mich zum öftern
bisher einige Tage aufgehalten habe , von den Herren und
Damen des Hofes aufgeführt; man sagt mit großem Beyfall.
Gegenwärtig gewesen bin ich nicht, ich wurde dazu eingeladen,
weil aber der Printz Heinrich, Bruder des Königs in unserer
Nachbarschaft, zu Langenstein, eine Meile von hier, sich auf-
hielt und ich demselben aufwarten muste, so war es nicht
möglich, mir dis Vergnügen zu machen — Wie aber gefallen
meinem Uz die Liederchen? in vorigem Jahr wagte
ich es, und that eine Reise nach Dresden, zu dem Herrn von
Hagedorn, dem Verfaßer der Betrachtungen über die Mahle-
rey, ein gantz fürtreflicher Mann, der an Geist, Kenntniß aller
schönen Künste, und an Güte des Herzens seines gleichen nicht
hat, es müste denn mein Uz seyn. —
Die neue Ausgabe ihrer Gedichte ist noch nicht er-
die Gesnerache Auagabe vom blöden Schäfer und die neuen Lieder.«
Von Gleima band nuf der letzten aeite.
24*
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schienen. Woran liegt es? Konten sie sich nicht von heyden
Buchhändlern, die sich deshalb zancken, loß machen? Sie sind
meines Erachtens keinem verpflichtet. Itzt wäre die fürtref-
lichste Gelegenheit, so wohl für die Schönheit des Drucks, als
fUr ihr Intereße zu sorgen. Herr Bachmann zu Magdeburg,
ein Freuud von mir, hat, nebst einigen andern Intereßenten,
angefangen , einen Plan auszuführen , den ich schon längst
machte, die schönen Wißenschaften in Aufnahme zu bringen,
und berühmte Verdienstvolle Verfaßers von dem Buchhändler-
Joche zu befreyen ; da hätte ich Gelegenheit (es bleibt aber
unter uns) ihnen zu verschaffen 2 Louisd'or für den Bogen ;
oder wenn sie das lieber wolten, den halben Vortheil der gan-
zen Ausgabe, ehrlich und redlich berechnet. Ist es noch res
integra, so sagen Sie mir bald ihre Meinung.
Unter dem Nahmen einer Typographischen Gesellschaft
wird dieser Plan ausgeführet. Vor etlichen Jahren, wäre die
Ausführung viel leichter gewesen. Viele, die Antheil daran
nehmen sollten, fehlen izt, entweder weil sie todt sind, oder
die Umstände sich geändert haben. HE. Meil ist der Kupfer-
stecher der Typographischen Gesellschaft. Die ersten von ihr
verlegten Wercke, wurden übereilet.
Wie gefallen Ihnen die Fragmente zu den Li tteratur Briefen ?
sind sie nicht fürtreflich, das allzu große Lob ihres Gleims
ausgenommen! Und dann haben sie nun die Lieder der Deut-
schen gewiß gesehen. Wie sind sie mit den eigenmächtigen
Änderungen zufrieden?
127. Uz an Gleim.')
Allerliebster Freünd,
Ihr Brief vom 27*111 Jul. ist [mirj ein unvermuthetes Vergnügen
gewesen. In so langer Zeit habe ich nichts von meinem Gleim
gesehen ! nichts von seinen reitzenden Liedern ! Freylich habe
ich sie in dem Meßverzeichniße gefunden. Aber die Buch-
händler, wenigstens in unsern Gegenden, laßen es wohl bleiben,
die von der typographischen Gesellschaft verlegten Schriften
1) Von Gleims hand: .empfangen und beantwortet den 29«^ Sept.
1767-
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zu verkaufen. Hätten Sie mir dieselben nicht selbst geschickt,
so hätte ich sie noch nicht. Sie sind, wie alle Ihre Lieder,
Werke der Grazien. Der Fragmentenschreiber hat nicht ein
Wort zuviel zu Ihrem Ruhm gesagt. Wie freüe ich mich auf
die neüe vollständige Ausgabe Ihrer Werke ! Schicken Sie sie
mir ja gleich! Denn die Buchhändler möchten mir wieder einen
Streich spielen. Vielleicht erscheinen zu gleicher Zeit auch
meine Gedichte. Zweifeln Sie nicht, daß es mir Oberaus an-
genehm seyn würde , wenn ich einerley Verleger mit Ihnen
haben könnte. Die Dyckin hat mir nicht einen Kretitzer ver-
sprochen, und ich bin so sehr gewohnt, mit meinen Kleinig-
keiten nichts zu gewinnen, daß es mir gar nicht eingefallen
ist, Bedingungen vorzuschreiben. Ich fürchte überdieß, der
Druck werde weder zierlich, noch correckt ausfallen. Aber
ich bin schon einmal gebunden, und kann mit Ehren nicht
zurück gehen.
Der Plan der typographischen Gesellschaft ist sehr schön,
und die Autoren sollten mit gesamter Macht an deßen Aus-
führung arbeiten, damit sie endlich einmal das Joch ihrer ty-
rannischen Herren abschütteln könnten. Aber ich besorge, wie
Sie, daß zu lange damit gewartet worden. Die meisten Schrift-
steller in Deütschland haben schon ihre Verleger, von denen
sie nicht allemal loskommen können. Die Buchhändler wer-
den der Gesellschaft so viele Steine in den Weg werfen, daß
es ihr schwer seyn wird, sich zu erhalten. Wenigstens wer-
den sie den Verkauf auf alle Weise erschweren , wie es sich
schon in dieser Meße gezeigt hat. Doch vielleicht linden die In-
tereßenten Mittel, alle diese Schwürigkeiten zu überwinden, die
sie voraus sehen müßen.
Ihr blöder Schäfer ist durch Ihre Verbeßerungen ein ganz
ander Ding geworden! Er verdient den größten Beyfall, und
ich freüe mich, daß er ihn an einem erleüchteten Hofe ge-
funden, der auch an deütschen Sachen Geschmack findet. Es
ist noch keine Hofnung, daß er viele Höfe zu Nachfolgern
haben werde.
0 wie erschreckten Sie mich durch den kleinen Wink von
Meinhards Tode ! Ich traute meinen Augen nicht. Ich glaubte,
Sie irrten sich, bis die Bibliothek die schreckliche Nachricht
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bekräftigte. Ein wahrer, ein großer Verlust für Deutschland !
Also sollen wir nie einen deutschen Homer bekommen! Die
reitzenden Versuohe über die Italienische Dichtkunst sind auch
unvollendet ! Sollte nicht HE. Jacobi in Halle der Mann seyn,
der diese Schrift fortsetzen könnte ? Seine Übersetzung der spa-
nischen Romanzen macht mir eine gute Idee von ihm, und
mich dünkt, gehört zu haben, daß er auch im Italienischen
stark seyn soll, wie im Spanischen. Sie sind ein Freünd des
HE. Klotz , und können leicht erfahren , ob ich mich be-
trüge.
Anspach den 19. Sept. 1767.
Was macht Ihre FreÜndin, die Frau Karschin ? Hat sie
sich durch die unerbittliche Kritik abschrecken laßen, daß sie
nicht mehr singt? Oder gehört sie unter die Nachtigallen,
die nicht singen, wenu sie zu gut gefüttert werden? Warum
haben Sie mir Ihre in Musik gesetzten Sachen nicht mitge-
schickt? Sie sind weder hier, noch in Nürnberg zu haben!
Noch einmal leben Sie wohl.
128. Gleim an Uz,
Halberstadt den 291^ Sept. 1767.
Sie sind mein erster Freund, mein treuester
und beständigster! Das sagt ich meinem jüngern Freunde
Jacobi! Von diesem mit Ihnen zu sprechen, erlauben Sie mir
gern, denn, ich sehe t sie wißen es noch nicht , daß er mein
Freund ist, und noch mehr, daß er es verdient auch der Ihrige
zu seyn. Wie könt ich ihn meinen andern Uz nennen, wenn
er nicht große Verdienste hätte ? und so nennt ich ihn in den
acht glücklichen Tagen die er hier in Halberstadt in diesem
Monath bey mir zubrachte! Schon vorm Jahre lernt ich in
Lauchstedt ihn kennen. Dieses Jahr wieder war ich inLauch-
stedt drey Wochen , mich des Bades zu bedienen. Mehr die
Freundschaft als das Waßer machte mich gesund. Meyer,
Klotz, Clodius1), Jacobi, besuchten mich daselbst einer nach
1) Am rande: „ Diesen kennen sie doch ohne Zweifel aus seinen
Versuchen, er schrieb sie, ehe ich ihn kante, ein 9ehr munterer und
guter Mann, ein beOerer Kunstrichter, als Dichter!"
>s
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den andern, Klotz und Jacobi sah ein jeder viermahl mich in
dem Bade, und sie versicherten mich, sie hätten die Venus
nicht lieber darinnen gesehen. Wie glücklich macht mich die
Freundschaft! Sie nahm mir drey Freunde, viere nahm sie
mir, Abten, Meinhardten, Giesecken, und den ich noch immer
mit blutendem Herzen nenne, meinen Kleist. Einen Jacobi gab
sie mir für diesen Verlust! Einen zärtlicheren kernte sie nicht
geben! Sie solten ihn kennen, liebster Uz, sie gäben mir recht.
Sie gab mir noch einen, er ist ganz Empfindung, und ganz
Freund der Musen. Schulze heißt er, und ist, solten sie es
wohl glauben? und ist erster Burgemeister in einer Magde-
burgischen Land-Stadt — Aber er hat eine liebe Frau, und, ich
habe es aus der Erfahrung , Hymen verträgt sich mit der
Freundschaft nicht. Zwar will er mit seinem Exempel diese
Erfahrung wiederlegen! Wir wollen sehen! Jacobi hingegen
giebt sein Herz der Freundschaft und den Musen ganz — Die
Musen gaben ihm noch keinen Freund nach seinen Wünschen
— Izt, sagt1 er, hätt er ihn empfangen völlig nach seinen
Wünschen — Sein Herz ist ein liebenswürdiges kleines Ding !
Seine Talente des Geistes sind fürtreflich ; franzosisch, spanisch,
italiänisch versteht er vollkommen ! er könte uns unsern Mein-
hart, den Versucher, ersetzen — erst aber soll er unser Cha-
pelle, unser Greßet seyn! oder welches gleich viel ist, unser
zweyter Utz, in seinen Gedichten und Briefen. Das zu werden,
dazu hab ich ihn ermuntert, sein Genie schien mir dahin zu
neigen. Sehen sie hier ein Pröbchen, seiner Art zu dichten.
Einander mahl geb ich ihnen mehr von ihm zu lesen !
Er und Klotz sind Verehrer der utzischen Muse. Näch-
stens werden sie Beweise davon lesen. Klotz arbeitet an einer
Schrift über die Kunstwercke der Griechen und Römer. Darin
werden sie sie lesen. Auch Riedeln den Verfaß er der Theorie p
hab ich kennen gelernt. Er scheint auch zu uns zu gehören,
doch kenn ich ihn noch nicht genug; ich hab ihn ermuntert,
Meinhards Leben zu schreiben. —
Sie haben recht , mein lieber Freund ! Die gnädigen
Herren Buchhändler sind wieder die Typographische Gesellschaft
in Harnisch gebracht; sie werden aber den Bloßen schlagen,
wenn nur die eine SchwÜrigkeit gehoben wird, einen tüchtigen
Factor zu finden ; deun , unter uns gesagt , der , von Herrn
Bachmann erwählete, ist ein — und nun hat es Mühe, sich
von ihm loßzu machen. Auf künftiger Meße, erscheinet sie mit
keinen neuen Sachen, mit desto mehren auf den nächstktinf-
tigen !
Vielleicht ist Ihnen eiu ganz neu heraus gekommenes Re- .
cueil de Romances p bekant. Nach diesem Muster will die
Gesellschaft : Romanzen der Deutschen heraus geben. Es bleibt
unter ihren Freunden ; ich bin um Beyträge gebeten , zwölf
Stück ohngefehr werd ich selbst dazu liefern. Hatten Sie,
mein lieber Freund, vielleicht etwas vorräthig von dieser Dicht-
art, so seyn sie doch so gütig, und theilen mir es mit. Oder
wollten Sie die Mühe der Erfindung sich ersparen, und be-
kämen sie Lust, ein paar Stücke des Recueils nachzuahmen,
oder auf ihre Weise einzukleiden, auf diesen, und auf den Fall,
daß sie das Recueil nicht hätten, finden sie hier ein paar der
besten Stücken abgeschrieben beygelegt.
Die Frau Karschin befindet sich zu Berlin noch immer
recht wohl ; singt aber seltener gute Sachen, wie sonst. Denn
von den Berlinischen Kennern wird sie nicht sonderlich er-
muntert, und singt sie keinem Kenner, so singt sie schlecht,
und wär es den Prinzen und Prinzeßinnen. Diesen nur allein
sang sie bey Gelegenheit des Absterbens unsers nie genug bedau-
reten Prinzen Heinrichs, der in Wahrheit ein fürtreflicher Herr
war, und der einzige, auf welchen die deutschen Musen einige
Hoffnung setzen konten ! Einen langen Brief, angefüllet mit
dahin gehörigen Nachrichten schrieb sie mir jüngst. Die junge
Fürstin von Deßau , eine Grazie, neben welcher zu sitzen, au
der Tafel Ihres Herrn Vaters ich oft die Gnade hatte, gab
ihr für ein Liedchen zwanzig Pistoletten ; die schone Prinzeßin
Wilhelmine die uns der Holländische Statthalter bald ent-
führen wird , gab ihr für einige Zeilen , die sie ihr in einen
Brief dictirete, zwölf Dukaten ; von solchen Allmosen lebt die
arme Muse. Doch hat sie von der Ausgabe ihrer Gedichte
auch jährlich hundert IV. und noch einige kleine jährliche Bey-
träge von ihren Musenfreunden. Von ihren Liedern sind , so
viel ich weiß , keine mit Musick versehen, als das, so in den
Liedern der Deutschen sich befindet. Meinen Sie aber meine
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Lieder nach dem Anakreon, welche sämtlich in Music gesetzt
erschienen sind, gut, so will ich gleich damit bey Ihnen er-
scheinen; ich dachte, sie wären meiner letzten Remise bey geleget.
Eine Samlung von den besten Briefen der Frau Karscbin
möchte bald zum Vorschein kommen. Alles bleibt bey uns!
HE. Klotz ist mit den Ramlerischen Verbeßerungen in
den Liedern der Deutschen so sehr unzufrieden, daß er nicht
abzuhalten ist, recht nachdrücklich, wie er sagt, dawieder sich
aufzulehnen. Wie sind sie mit dem zufrieden , was sie be-
troffen hat. —
Von Lauchstedt reist ich auf einen Tag nach Leipzig, und
sähe unsres Weißen Romeo ! und Julie, keine Thränen, sondern
Erschütterungen des Schreckens erregte Julie, welche die für-
trefliche Schauspielerin Schulzin vorstellte.
Lesen sie doch ja Leßings Dramaturgie! Sie macht dem
Verfaßer sehr viel Ehre; über die Urtheile über unsre deut-
schen Originale sind dreist, mich dünckt nicht ungegründet;
unser Cronegck wird nicht geschont.
Die Vestalin. [Von J. G. Jacobi.J
Da, wo bey stiller Mitternacht, - - -
Das Gewitter. (Von J. G. Jacobi.]
Chloe und Dämon.
Chloe. SiehBt du die schnellen Wolcken aiehn? • - -
129. Uz au Gleim.
— — — Aber wo haben Sie hin gedacht, Romanzen von
mir zu fordern ? Wenn ich auch der Poesie nicht entsagt
hätte, wie doch geschehen, so ist dieses doch keine Dichtungs-
art, die sich für mich schickt. Der scherzhafte naife Ton, den
die Romanze verlangt , ist meine Sache nicht. Sie, und Sie
allein , sind hierinn ein Meister. Aber ein ganzes Buch von
Romanzen ! Es ist fast nicht zu hoffen, daß sie alle gut seyn
sollten. Wenigstens scheinen mir die französischen Dingergem
die Sie mir geschickt haben, nicht sehr beträchtlich zu seyn.
Herr Jacobi scheint eine gute Anlage zu dieser Schreibart zu
haben. Überhaupt wünsche ich Ihnen Glück zu der Freünd-
schaft eines so würdigen Mannes. Da er Ihre Aufmunterungen
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hat, verspreche ich mir ungemein viel Gutes von seinen Ta-
lenten.
Sobald meine Gedichte gedruckt sind, sollen Sie sie haben.
Die Dykin soll sie Ihnen gleich schicken. Von HE. Rammlers
Verbesserungen kann ich nichts brauchen, Sie wissen es schon
von alten Zeiten her. Seine Lieder der DeOtschen sind in den
Briefen über Merkwürdigkeiten der Litteratur auf eine drolligte
Art beurtheilet; und das Urtheil hat meinen Beyfall. Er hat
einiges verbessert, aber gewiß mehr verschlimmert.
Ich habe die Dramaturgie gelesen, aber mit Verdruß. Ich
verehre Herrn Leßing so sehr, als jemand. Aber die Art, wie
er unsern Cronegk mishandelt, ist unausstehlich, und es er-
freut mich, daß man auch in Hamburg darüber unwillig ge-
worden. Er legt ihm offenbare Kleinigkeiten zur Last, und
bedenkt nicht, daß der Dichter nicht die letzte Hand an sein
Werk gelegt. Hingegen, was daran gefallen, wird den Schau-
spielern als ein Verdienst angerechnet. Man wird noch un-
williger, wenn man sieht, wie saüberlich er mit andern Leü-
ten, mit einem Hippel z. E. umgeht. Aber die Eröfnung eines
neüen Theaters hat vermuthlich ein Opfer haben müßen, und
der Gott, der es gefordert, mag ein Gott seyn, der keine an-
dern Götter neben sich leiden kann. Bey der heütigen Art
zu kritisiren, ist es eine schlechte Fretide, etwas drucken zu
laßen. Man darf sich nur die Rechnung machen, einem großen
Mann in die Hände zu fallen, der sich und seine Leser auf
Kosten des Autors lustig machen wird. Ich glaube nicht,
daß wir schon so viele gute Schriftsteller haben, daß wir junge
Genies mehr abschrecken, als ermuntern.
Wenn sie ein übriges Exemplar von Ihren in Musik ge-
setzten Liedern haben, so erfreüen Sie mich damit. Sie sind
in hiesigen Gegenden nicht zu haben, wie alles, was die typo-
graphische Gesellschaft drucken laßen. HE. Weiße schreibt
mir, daß er Ihre neüen Lieder dato noch nicht zu Gesichte
bekommen können. Das sind Griffe der Buchhändler! Ich
wünsche, daß, dieser Hindernisse ohnerachtet, die Gesellschaft
ihren Fortgang haben möge, damit die vollständige Aus-
gabe Ihrer Gedichte nicht gehindert werde.
Anspach den 2. Nov. 1767.
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130. Gleim an Uz.
Halberstadt den 19l™ Dec. 1767
Sehen Sie hier, mein liebster bester Freund, ein Briefchen
von unserm jungen deutschen Greßet, an Unsern Horaz Uz;
ich hab ihn dazu ermuntert, und ich hoffe, sie werden seine
ersten Versuche, mit ihrem Beyfalle beehren ; stolz darauf wird
er dann immer höher zu seinem Lehrer hinansteigen, und sie
werden mit Schuld daran seyn, oder vielmehr sie werden das
Verdienst uns einen Qreßet gegeben zu haben, sich damit er-
werben. Es fehlt mir heute an Zeit, sonst gäb ich ihnen noch
ein paar seiner Versuche zu lesen; und warten möcht ich
nicht länger. Denn ich hoffe diese Weynachten den kleinen
lieben Greßet bey mir zu sehen, und da möcht ich ihm gern
zu lesen geben, mit welchem Beyfall mein Uz sein Briefchen
aufgenommen hat. Er bleibt bis 3 Wochen bey mir, also hat
mein Uz Zeit, seinem Gleim so zu antworten, daß die Ant-
wort noch bey seinem Hierseyn ankommen möge!
131. Uz an Gleim.
Liebster Freund,
Ich danke Ihnen vom ganzen Herzen für den reitzenden
Brief des Herrn Jacobi. Er ist ganz schön, und Greßets wür-
dig. Mit unendlichem Vergnügen habe ich ihn mehr, als
einmal gelesen, und die Lobsprtiche ausgenommen, die er an
mir verschwendet, weis ich nichts auszusetzen. Es ist eine
wahre Freude für mich , solche aufblühende Genies zu ent-
decken, die Deutschland Ehre machen werden. Herr Jacobi
kann unser Greßet und, welches bey mir noch mehr ist, unser
Chaulieu werden. Er zeigt die lebhafte Imagination des letz-
tern , und wenn er noch , wie dieser , seine Briefe mit der
sanften und liebenswürdigen Moral würzet, die der Franzos
in seinen ausgearbeiteten Epitres ausstreuet, so wird er, nebst
der Einbildungskraft, auch das Herz rühren und einen dauer-
haftem Eindruck machen. Ich sollte ihm selbst meinen Dank
überschreiben. Aber Verse mache ich nicht mehr, und meine
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Prose würde ein schlechtes Gegengeschenk für seine reitzende
Poesie seyn. Danken Sie ihm also in meinem Nahmen, wenn
er itzo das beneidenswürdige Vergnügen Ihrer Gesellschaft
genießt. Aber sagen Sie ihm zugleich, daß ich ihn, seiner
schönen Verse wegen, der Pflicht, unser Meinhard zu werden,
nicht entlaße.
Das Leben Meinhards hat mich ergetzt und betrübt. Der
vortreffliche Mann! Herr Riedel hat es mir selbst geschickt.
Auch er ist ein würdiger Mann, von dem sich Deutschland
noch viel versprechen kann. HE. Geh. Rath Klotz macht
sich ein wahres Verdienst um unser Vaterland durch seiue
Schüler. Seine Bibliothek ist ein vortreffliches Buch : aber
ihre Freyniüthigkeit wird ihr viele Feinde machen. Ich schreibe
dießmal weiter nichts , damit mein Brief Herrn Jacobi noch
bey Ihnen antreffe.
Anspach den 4. Jan. 1768.
132. Uz an Gleim.
Liebster Fretind,
Endlich , mit dem seeligen Gottsched zu reden , endlich
ist mein Porträt fertig. Tantae niolis erat p. Eis ist freylich
uur Anspacher Manufactur, und nicht von Öesern. Doch soll
es Aehnlichkeit haben , obgleich manches auszusetzen seyn
mochte. Sie werden mich vermuthlich nicht erkennen. Sie
müssen aber nur denken, daß natürlicher Weise zwischen dem
zwanzigjährigen Jüngling und dem mehr als vierzigjährigen
Manne, in ansehung des Gesichts, eben der Unterschied ist,
als zwischen den Gedichten des Jünglings und des Mannes, in
ansehung der Lebhaftigkeit und des Feüers.
Aber wo ist denn dieses längst versprochene Porträt? —
In Leipzig. Herr Weise liegt mir schon lange um mein Por-
trät an, das er vor die Bibliothek setzen will. Er hat mich
gebeten, daß ich dasjenige, welches ich an Sie schicken würde,
nach Leipzig an ihn addressiren möchte, damit er eine Zeich-
nung davon nehmen laßen könne. — — —
Vielleicht erhalten Sie , nebst meinem Porträt , auch die
netie Auflage meiner Gedichte. Ich habe der Frau Dyckin
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aufgegeben, Ihnen förderlichst ein Exemplar zuzuschicken. Ich
wünsche, daß Sie mit den Gedichten so wohl zufrieden seyn
mögen, als ich mit den Vignetten. Herr Oeser hat in der
That viel Geschmack dabey gezeiget, und Geyßers Grabstichel
ist fein und lieblich.
Ich hatte gehofft, daß auch Ihre Gedichte diese Meße,
mit allen typographischen Schönheiten geziert, herauskommen
würden : warum ist es nicht geschehen ? Haben sich vielleicht
solche Umstände in ansehung der typographischen Gesellschaft
geäußert, als ich gleich anfänglich befürchtet habe? Es sollte
mir leid seyn , wenn die reizende Muse meines Gleims hier-
unter leiden sollte, wie ich doch nicht hoffen will.
Mit großem Vergnügen habe ich hingegen Briefe von
Ihnen und Unserm Jacobi angekündiget gefunden. Ich ver-
spreche mir, nach dem, was ich von ihm gesehen, zu nrtheilen,
etwas ausnehmendes, und freüe mich darauf. Wenn nur nicht
ein solcher Vertag gewählet worden, mit welchem die andern
Buchhändler nicht correspondiren, und die Gedichte selbst aus
dieser Ursache in wenige Buchläden kommen, wie es mit Ihren
neuesten Sachen gegangen !
Ich habe noch keine neüe Bücher gesehen. Der Meß-
Catalogus verspricht mir wenig tröstliches, keine neüen Ge-
sänge vom Meßias , vom Cortes , keine Meisterstücke unserer
alten Genies, aber Kritik -genug, und leider! nur zu viel. Alles
kritisirt , und fast alles ist partheyisch. Jedes Journal , jede
Zeitung hat ihre Parthey. Sogar die Schweitzer treten mit
einem Archiv ihrer Kritik hervor. Vermuthlich enthält es
alles Gift, daß sie in ihren freymüthigen Nachrichten ausge-
spien haben. Bodmer kann noch in seinem Alter nicht ruhen, ein
alter Mann, der seine Jugendstreiche mit triumphirender Mine er-
zehlt. Er wird uns doch nicht zwingen, daß wir seine Schau-
spiele lesen, wenn er sie auch in Kupfer stechen läßt.
A.fnspach] den 17. May 1768.
133. Gleim an Uz.
Halberstadt den C1™ Juny. 1708
Mit großem Verlangen, mein theurester Freund, seh ich
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der neuen Ausgabe ihrer Gedichte und ihrem Bildniß entgegen,
beydes habe noch nicht erhalten ; ich schreibe aber mit näch-
ster Post an HE. Weiß, und bitt ihn, mich nicht lange warten
zu laßen. Ein Exemplar von den gestohlenen Briefen em-
pfangen sie hiebey; in größester Eil, weil die Post augen-
blicklich abgehen will, und ich dem Buchhändler, der es ihnen
zum Verkauf anbieten wird, gerne zuvorkommen möchte !
Welche Freude ! mein Theurester. Unser Jacobi wird
bey ihrem Gleim künftig wohnen. Der König hat mir er-
laubt, für ihn ein Canonicat zu kaufen, und sein Herr Vater
hat sich bewegen laßen darin zu willigen.
Ihr Urtheil über die Briefe, bester Freund ! Alle geschrie-
ben , ohne einen Gedancken an die AutorEwigkeit , sind sie
nicht gelehrt genug! aber ganz mißfallen werden die Briefe
von Gleim meinem Uz nicht, die von Jacobi werden dadurch
erhoben, wie ein schönes Madchen, neben einem das nicht
schön ist.
134. üz an Gleim.
Allerliebster Freünd,
Tausend Dank für das reitzende Buch, das Sie mir über-
schickt haben! In langen Zeiten habe ich kein solches Ver-
gnügen gehabt. Ich habe es mehr verschlungen, als gelesen.
Ich habe geglaubt, in Anakreons und der Musen und der Gra-
zien Gesellschaft zu seyn. Ich lese es immer wieder und werde
es immer wieder lesen. Alles ist fein, Empfindungen, und
Bilder, und sogar die eingestreüte Kritik. Sie sind sich auch
in dieser Schrift gleich, und über mein Lob erhaben. Da ich
meinen Nahmen manchmal antraf, so glaubte ich in Ihrer Ge-
sellschaft zu seyn, und meinen lieben Gleim zu umarmen. Ich
wollte sogar mitsingen: aber ich hatte keine Stimme, und
meine Leyer konnte ich gar nicht mehr finden. Ihr Jacobi
ist ein vortreffliches Genie. Die lebhafte Einbildungskraft, die
reitzenden Bilder und die glückliche' Leichtigkeit berechtigen
ihn zu dem Nahmen eines deütschen Greßets, den Sie ihm mit
ttecht und nicht bloß aus Freündschaft geben. Gewiß, Sie
sind glücklich, einen solchen Freünd zu haben, und ihn nun-
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mehr gar zum bestandigen Gesellschafter zu bekommen. Kein
Wunder, wenn Sie Ihre andern Freünde manchmal vergeßen,
wie Ihnen die Frau Karschin vorwirft!
Noch einmal ! Die Briefe Gleims und Jacobi verdienen in
allen Händen zu seyn. Es verdrießt mich , daß die Buch-
händler-Cabalen hinderlich sind , daß dieß Buch wiederum in
wenig Buch laden kommt. Ohne Ihre Gütigkeit würde ich es
in langer Zeit nicht und vielleicht niemals zu Gesichte be-
kommen haben 1). Aber was werden die Schweitzer dazu
sagen? Wiederum ein Sardanapalisches Buch, wo von Mäd-
chen und Küssen und Wein und Liebe geredet und gesungen
wird, wo man auf allen Blättern die heidnischen Götzen, aber
nichts von heiligen Patriarchen antriftl Fürchten Sie nicht,
daß Sie, mit Ihrem Jacobi, eine Stelle in dem Archiv der
Schweitzerischen Kritik , oder doch in einer Schweitzerischen
Vorrede , bekommen werden ? Vermuthlich achten Sie aber
dieses kritische Schimpfen so wenig , als ich , den sie wieder
nach Gewohnheit mishandeln. Man sollte denken, wenn man
ihre Invectiven liest, daß ich der einzige oder doch der erste
Deutsche gewesen, der von Wein und Liebe gesungen. Aber
ich lache über ihren lächerlichen Grimm , der mir nicht ver-
zeihen kann, daß ich sie nicht bewundere. Hiernach st tröstet
es mich, daß es den besten Köpfen, die nicht Schweitzer oder
Schweitzer-Genoßen sind, nicht beßer ergehen wird, und zum
Theil schon ergangen ist.
Ob Sie meine Gedichte bekommen haben, weis ich nicht.
Der Text ist ganz abgedruckt: es fehlt nur an den Vig-
netten. — — —
Anspach den 28. Jim. 1768.
135. Gleim an Uz.
Eiligst Lauchstedt den 20*12 Aug. 1 708
So zerstreuet, mein allerliebster Freund, bin ich hier im
Bade, daß ich nicht weiß, mich nicht mehr erinnere, ob ich
1) Am rande von Gleims hand : »Herr Bachmann schreibt mir. diese
Cabalen würden nun gänzlich aufhören; die typographische Gesellschaft
würde ihren Verlag künftig debitiren, wie andre Buchhändler.«
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meine Dancksagung für ihr Porträt, und für die neue Aus-
gabe ihrer Gedichte schon abgestattet habe. Ohn-
möglich, meinTheurer, kan es Ihnen gleichen. Die Züge ihres
Gesichts sind viel zu tief in meine Seele gegraben. Und wenn
auch einige Züge dem Originale abgenommen wären, so ist
doch das ganze Gemählde von der Hand eines Stümpers, die
unwürdig war , unsern deutschen Horaz zu mahlen ! Einen
Graf solten alle deutsche Genies zu ihrem Mahler in Sold
nehmen; bey unserm Weiße sah ich ein fürtrefliches Stück
von ihm ; nächstens werden sie Rabenern von ihm gemahlet
in Kupfer gestochen sehen von Bausen, der izt ein sehr guter
Künstler geworden ist. — — —
Wie aber, mein Theurester, soll ich für die neue Aus-
gabe ihrer Gedichte ihnen dancken? Allzuviel Ehre erwiesen
sie mir, daß sie meinen Nahmen neben Findar und Horaz lesen
ließen. — Die Vignetten sind fürtreflich; Oesers Mei-
sterhand Venrath sich überall, unser Meil ist weit übertroffen,
aber das Format hätt ich gern noch kleiner, die Bande dünner,
das Papier feiner, so, wie der bey gehende Brief den HE. Ja-
cobi bey meinem Hierseyn an mich hat drucken laßen.
Künftige Michaelis wird er bey mir zu Halberstadt wohnen,
wo sein Herr Vater ihm ein Canonicat gekaufet hat! Süße
Hoffnung mit einem Freunde der Musen in gleicher Stadt zn
wohnen. Wer sich nur zwanzig Jahre verjüngen kirnte; denn,
warlich, mein Liebster, ihr Gleim ist schon ein alter Mann,
und wird dem jungen Dichter, der noch immer Liebesgötter
zum Gefolge hat, oft zu ernsthaft seyn.
Morgen reise ich nach Halberstadt zurück. Das Bad ist
mir ziemlich wohl bekommen. Zwey Tage war ich zu Leip-
zig, und sähe unsern Weiße, Oeser, Clodius, und Huber, vier
ganz fürtrefliche Männer !
Wieland, sagte man, hätte an meinen Uz geschrieben,
und ihm seine Jugendsünden abgebeten. Ist es an dein ?
Da haben sie sein neuestes Gedicht, das seinen veränderten
Sinn genug beweist. — — —
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136. Uz an Gleim.
— — — Schicken Sie mir das Porträt wieder zurück,
und ich verspreche Ihnen, nicht ehe zu ruhen, bis es in einen
beßern Stand gesetzt, oder ein beßeres neües gemacht werde.
Ich bitte Sie ernstlich darum: denn ich kann es nicht in Ihren
Händen laßen. Aber Sie müssen sich nicht einbilden , daß
wenn ich noch tausend raachen laße , Sie doch das Gesicht»
das Sie in Halle gekannt, bekommen werden. Von der Kunst
gar nichts zu gedenken: denn die Oeser und Grafen möchten
wohl nicht bloß in unsern Gegenden seltene Vögel seyn.
Ich erfreüe mich, daß Sie den Herrn Jacobi nun bald bey
sich haben werden. Sein Brief an Sie ist, wie alle seine Sa-
chen, geistreich und schön. Ich hoffe, daß er Sie aufmuntern
soll. Ich höre Sie gar nicht gerne klagen, und begreife eben
so wenig, warum HE. Jacobi Sie zu trösten Ursache habe. Wer
wird sich über alle Narren ärgern! Pfuy, schämen Sie sich,
daß Sie sich einen alten Mann nennen ! Anakreon war alt, und
doch trank und sang er, immer fröhlich: soll der deütsche
Anakreon, in seinen besten Jahren, schon alt und sorgenvoll
seyn? Ich fürchte, ich fürchte, daß etwas hypochondrisches
dahinter steckt. Und doch besuchen Sie die Bäder, und Ihre
auswärtigen Freünde, wodurch wenigstens der Körper gesund
erhalten werden sollte. Denn die Gesundheit der Seele, d. i.
die Heiterkeit des Geistes müssen wir uns selbsten geben. Das
sind Ihre eigene Lehren. Nicht wahr? — — —
HE. Riedel, und nicht HE. Wieland, hat an mich geschrieben,
daß diesem, was er gegen mich gethan, leid wäre, und er
mich um meine Freündschaft bäte. Ich habe ihn allezeit, als
eines unserer besten Genien, hochgehalten, und seine Schwär-
mereyen der Schweitzerischen Luft zugeschrieben. Seine Musarion
ist ein Gedicht voll Geist und Laune: ich danke Ihnen von
ganzem Herzen dafür. — — —
Anspach den 13. Sept. 17C>8.
(Hei in - U / , firiefwt'ch»el. 25
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137. Uz an Gleim.
Liebster Freünd,
Was zu arg ist, ist zu arg. Sie laßen mich gar zu lange
auf Ihre Briefe warten. Seit Jahr und Tagen habe ich nichts
von Ihnen gehört. Ich würde geglaubt haben, daß Sie mich
ganz vergeßen hätten, wenn nicht Herr v. Knebel, den Sie ich
weis nicht wo ? kennen lernen, (ein würdiger junger Herr, der
Ihrer Freundschaft würdig ist) durch seinen hiesigen Bruder ein
compliment an mich bestellt hätte, das Sie ihm aufgegeben. Das
hat mich wieder aufgelebt. Um nicht ganz außer Connexiou mit
Ihnen zu kommen, habe ich mir nicht änderst zu helfen gewust,
als daß ich Ihre und Ihres Jacobi Briefe gelesen und wieder
gelesen, so daß ich sie itzo fast außwendig kann, die allerliebsten
Briefe! So lang ich sie gelesen, glaubte ich in Ihrer Gesell-
schaft zu 8eyn. Ich sah den zärtlichen Gleim , ich hörte ihn
tändeln, scherzen , so wie er allein tändelt und scherzt, und
außer ihm niemand, außer Jacobi, sein Schüler und FreOnd.
Er darf sich nicht wundern, wenn er von den Kunstrichtern,
soi-disans, noch zuweilen angeschnarcht wird. Es ist seinem
Meister, Gleim, und seines Meisters Freunden auch nicht beßer
ergangen. Noch neulich las ich ein grimmiges Schreiben
eines gewißen Daneil an Herrn Jacobi, in den kritischen
Nachrichten, die zu Lindau am Bodensee herauskommen, und
worinnen jüngsthin durch viele Stücke die unvergleichlichen
Schönheiten der Bodmerischen Calliope »ngepriesen worden.
Die Spöttereyen über die Nachtsänger, in den Nachtgedanken
und sonst, haben vermuthlich diesen Mann in den Harnisch
gebracht. HE. Jacobi ist noch lange nicht so arg geschimpft
worden, als ich, und ich lebe doch noch. Aber, bey diesen
elenden Zeiten, wo alles kritisirt und schimpft, möchte ich doch
nicht schreiben, wenn ich auch noch schreiben könnte. Em-
pfehlen Sie mich ihm aufs beste, und schreiben Sie mir, wo-
mit er itzo beschäftiget ist. Denn bey seiner itzigen Muße
wird er nicht feyren. Ein so vortreffliches Genie würde es
auch zu verantworten haben, wenn es den Frühling der Jahre
ungenützt verstreichen ließe. Ich wollte, er dächte nun all-
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gemach daran, daß er zum Nachfolger Meinhards, in ansehung
der Versuche Ober die Italienische Dichtkunst , bestimmt ist.
Er braucht deswegen, seine Muse nicht zu verabschieden. Be-
hüte der Himmel! Vielmehr, indem er uns die Schönheiten
der italienischen Dichter aufsucht, würde seine Muse sich selbst
bereichern und verschönern, und in einem neüen Glanz her-
vortreten.
Warum haben Sie mir nicht geschrieben, daß Sie Oden
nach dem Horaz drucken laßen ? Aber sobald sie mir der Buch-
händler zugeschickt, und ich sie gelesen, habe ich Ihre Hand
erkannt. Entweder, dachte ich, hat sie Gleim gemacht, oder
jemand, der seine Manier vortrefflich nachmachen kann. Allein
wer wird sie nachmachen können ? Sie ist originell, und auch
in diesen Oden originell , und würde es auch seyn , wenn er
den Kirchengesang: o Lux, Creator Spiritus p übersetzete.
Herr Wieland soll empfindlich darüber seyn, daß ich meine
Vertheidigung wider ihn, in der neüen Auflage meiner Ge-
dichte, wieder drucken laßen. Wahrhaftig, unbillig ! Sind denn
die Schriften, worinnen er mich gewiß sehr unglimpflich an-
geschwärzt hat, nicht auch noch in der Welt? Und haben
diese übertriebenen Invectiven seiner jungen Muse nicht we-
nigstens soviel gewürkt, daß noch manche die fröhliche Dicht-
kunst verabschefien ? Warum sollte denn eine Vertheidigung
dermalen unterdrückt werden, die es gar nicht mit der Person
oder den Talenten HE. Wielands, sondern bloß mit einigen
Meinungen deßelben, die er nun selbst verwirft, zu thun hat?
Ich verlange keinen Krieg, und werde mich nicht einmal in
einen Vertheidigungs-Krieg verflechten laßen. Vielmehr rathe
ich allen meinen Freünden zum Frieden, und wünsche, daß
dem ärgerlichen Gezanke endlich einmal ein Ende gemacht
werde, nachdem Deütschland deßelben müde zu werden an-
fangt. Thun Sie dergleichen bei Ihren Freunden. Kein Genie
kan aufblühen , solang diese Händel dauern ; und der Parnaß
wird ganz öde werden. —
Anspach den 11. Sept. 1769.
25*
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138. Gleim an Uz.
Halberstadt den 19!^ Sept. 1769
— Ich muß es gestehen, verschiedene ganz neue
Freunde, van Goens, in Utrecht, der vortrefliche junge Gelehrte,
der in der deutschen Litteratur bis hinter die Zeiten der Minne-
singer, wie in der griechischen, bis in die Zeiten der Orpheus,
Thaies und Pythagoras, und in aller übrigen Volcker Littera-
tur bis in die Zeiten der Kindheit, so bewandert ist, alG wie
die Damms, die Fabers, die Frischen es sind, die nicht Ge-
dancken, sondern Wörter suchen, und doch so viel Geschmack
behalten hat, daß er die Utzen, die Bernis, die Dorats lieset,
und empfindet, wie wir sie lesen und empfinden, Herder , der
weit etwas beßeres thäte, wenn er alle Griechen uns zu lesen
gäbe, die er alle, wie Winckelmann, versteht, als daß er gegen
Klotz zu Felde liegt, Schulze, der ohne das Glück, das Hymen
ihm gegeben hat, unser Dennis wäre, VVillamov, Benzler, und
selbst der jüngste meiner Freunde, der, wie Uz, vor dreyßig
Jahren, mich in einem Augenblick, mit seiner Ehrlichkeit und
seinem Geist im Auge, gleichsam wie bezaubert hat, die alle,
und noch mehr, womit ein guter Gott den verlohrenen Ramler
mir ersezt, haben einen großen Theil meiner mir so sparsam
für die Freundschaft und die Musen zugetheilten Zeit, unver-
merckt hin weggenommen. Rechnen sie dazu, was für Schrei-
berey die Schöpfung unsers Jacobi zum Geistlichen gekostet
hat, und daß ich etliche Wochen zu Berlin gewesen bin , so
werden Sie, glaub* ich, mir den BußGesang Selbsten gütig er-
laßen !
Wo ich ihn kennen lernte, den jüngsten meiner Freuude,
den Herrn von Knebel? Bey meinem Bruder dem Ober Amt-
mann zu Berge, auf dem RtickWege von Berlin nach Halber-
stadt. Mit einem Herrn von Itzen plitz , einem Herrn von
Aschersleben, und einem Herrn von Byren kam er dahin, alle
Freunde der Musen! — — - — Mit der liebenswürdigsten Be-
scheidenheit empfal sich Knebel mir, das aber wust ich noch
nicht, daß er den Musen schon geopfert hatte. Den zwoten
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Tag beehrt' er mich mit einem kleinen Liede, so niedlich, daß
Anakreon es ihm beneidet hätte, so sanft, wie die Quelle des
Tejers floß es dahin! Drey niedliche Gedichtchen
hab' ich schon, zwischen Uz und Kleist, recht in der Mitte
stehen sie ! Sie sollen aber dem Sohn des Kriegesgottes nichts
davon verrathen, daß ich es so ernstlich meine, seine Liebe zu
den Musen anzufeuren! Seinem Bruder noch weniger!
Die Oden nach dem Horatz solten meinem Uz, und einigen
von meinen Freunden, hingestellet werden, wie Apelles (lalien
Sie mir die That, und vergeßen sie den großen Nahmen) seine
Gemähide seinen Freunden hinstellete; — — — Die Vergeß-
lichkeit hat mich verrathen. Ein kleines Stück stand schon
in den Briefen von Gleim und Jacobi ! Das war der Verräther,
sonst, glaub' ich doch, hätte weder mein Utz, noch raein Ja-
cobi, die Ödeu für gleimisch gehalten ! Etwas beßeres, glaub'
ich, hätten sie mir zugetrauet. Denn, ohne Heucheley, für
Oden sind sie doch warlich allzuweit unter Uz, Klopstock und
Ramler! Klopstocks Oden erscheinen nun bald, und werden
ohne Zweifel meine Dingerchen, vergeßen machen.
Halberstadt den 29!^ Nov. 1769
Hier, mein liebster Freund, hört ich, vor bey nahe zweyen
Monathen, auf! und in dieser Zeit war ich wechselsweise kranck,
und hatte zu viele Geschäfte; Sie hingegen hatten indeß das
Vergnügen, den Herrn von Knebel oft bey sich zu sehen, und
noch ist er bey Ihnen ! — — —
Die Sinngedichte, (hätten sie schon ein Exemplar davon
empfangen, so vergeben sie meiner Vergeßlichkeit, daß ich
solche Kleinigkeiten zum zwoten mahle sende) ließ ich für
einige Freunde drucken ; aus gewißen nur mich angehenden
Uh rsacben, sollen sie noch nicht in die corsarischen Hände der
Buchhändler gerathen ; hätten sie Freunde, und wie kan es
einem Uz daran fehlen ? von denen sie versichert sind, daß sie
die Kleinigkeiten nicht in solche Corsarische Hände weggeben,
so stehet ihnen frey, nicht allein sie ihnen zu lesen, sondern
auch ihnen Exemplare zu geben , zu dem Ende leg' ich
einige bey !
Was sagen Sie zu den critischen Kriegen? Sie gleichen
den Kriegen der Türcken und Tartarn! Wir wollen uns
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hüten, mit darin verflochten zu werden! Es ist eine Schande,
wie sehr die Ehre der Musen erniedriget wird! Ein Glück ist
es, daß die große Welt, das wenigste davon zu lesen bekomt.
Auf den Bösewicht, der meine Kriegeslieder parodiret hat,
war ich einmahl so böse, daß ich ihn mit einem Liede nieder-
singen wollte, ich nicht, der Grenadier solt es, ich besann mich
bald, man hat von einem solchen Siege zu wenig Ehre!
Herr Wieland hat mir neulich sehr freundschaftlich ge-
schrieben! Nächstens bekommen wir von ihm wieder ganz
neue vortreffliche Sachen; seine Musarion ist ins Französische
übersetzt, ich vermuthe, nicht so gut, wie von Dorat sein
Selim und Selima!
Herr Leßing komt in unsre Nachbarschaft. Er wird Biblio-
thecarius zu Wolfen büttel , eine Stelle die für ihn sich ganz
vortreflich schickt, denn er ist ein großer BücherKenner ! —
Beym lesen der Schutzschrift für Amor müßen sie ja sich
erinnern, daß daraahlen die Pabstwahl war, und daß Caunitz
und Bernis Gesandte dabey waren! —
139. Uz an Gleim.
— — — Ich glaube gern, daß Ihre Zerstreuungen und
Ihre übrigen Freünde Ihnen viele Zeit wegnehmen , so wenig
ich mich wundere, daß Sie immer neüe Freünde bekommen.
Wer sollte sich nicht nach der Fretindschaft eines so liebens-
würdigen Mannes drängen, der das Gute, wo er es nur findet
und oft nur vermuthet, mit Hitze aufmuntert und unterstützet!
Das ist Eine von den tausend schönen Eigenschaften, die
Ihren Carackter auszeichnen. Ich begreife daher leicht, wie
Sie des Herrn v. Knebel Freünd so geschwinde werden können.
Er verdient es. Er hat mit einem wahren Enthusiasmus von
meinem Gleim mit mir gesprochen. Denn Sie glauben wohl,
daß wir niemals beysammen gewesen , ohne von Ihnen zu
sprechen und auf Ihre mir so theüre Gesundheit zu trinken.
Er wird es Ihnen selbst sagen. Denn er will Sie besuchen,
und nächstens abreisen, trotz dem abscheülichen Wetter und
den im Grund verdorbenen Strassen. Ich verliere ihn ungern,
weil er ein angenehmer Gesellschafter ist, und viel Kenntniß,
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Geschmack und Empfindung des Schönen hat, welches alles
in Anspach selten ist. Aber darüber muß ich mich über ihn
beschwehren, daß er mir die drey niedlichen Liedgen nicht
gezeiget hat, die Sie mir anpreisen. Vermuthlich hält er
mich für keinen so guten Kenner der Grazien, als Sie, und dar-
inn hat er nicht unrecht.
Für die neüen artigen Gedichtgen, die Sie mir mitge-
schickt haben, danke ich von ganzem Herzen. Ich mag Sie
gar nicht mehr loben : denn ich müßte nur widerholen, was ich
schon tausendmal geschrieben habe. Erwarten Sie von mir keine
Kritik, am wenigsten über die Oden nach dem Horaz. Man
würde offenbar thöricht handeln, wenn man sie als genaue
Nachbilder der römischen Oden beurtheilen wollte. Sie haben
mehrentheils nur die Ideen des Römers genommen, und sie nach
Ihrer eigenthümlichen naiven Art ausgebildet. Fast wollte ich
sie daher lieber Lieder, als Oden, nach dem Horaz nennen.
Kleine Nachläßigkeiten tadelt man an den Grazien nicht. Die
Exemplarien der Sinngedichte werde ich, nach Ihrem Ver-
langen, mit Vorsicht austheilen. Eines davon habe ich bereits
dem Bruder des Herrn v. Knebel, einem Ihrer Verehrer, ge-
geben. Es sind ungemein reizende Stückgen darinn.
Ich wünsche Ihnen zu Ihrem neüen Freünde, dem Herrn
van Goens, Glück. Sie machen mir eine hohe Idee von ihm.
Aus Amsterdam wird mir von einem andern solchen Freünde
der deutschen Litteratur geschrieben. Er ist Directeur einer
Banque, und meine Kunst stets fröhlich zu seyn, dieses arme
von Kunstrichtern verachtete Gedicht, ist eines seiner Lieb-
Ii ngsGedichte. Verzeihen Sie meiner Eitelkeit, wenn mich
diese Nachricht erfreüet hat.
Bitten Sie alle Ihre Freünde, dem ärgerlichen Gezänke
einmal Einhalt zu thun. Ich thue es meines Orts auch. Das
Publikum ist es satt. Von Herrn Herder wünschte ich wohl noch
Ein Wäldgen, aber nicht eben wider Klotzen, zu sehen. Denn
er mag protestiren so lang er will: man hält ihn doch für
den Verfaßer.
Nachdem ich dieses schon vor mehr, als 8. Tagen , ge-
schrieben, und von Tag zu [Tag] vermuthet, daß er (Herr v.
Knebel) abgehen und meinen Brief mitnehmen würde, ist er
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wieder krank worden. Er hat in Bayreütb schon etliche Wochen
wegen Krankheit, auf seiner tierreise, liegen bleiben müssen, und
ist niemals völlig gesund geworden. Diesen Augenblick ist
er bey mir gewesen, und hat in Ernst Abschied genommen.
Morgen geht er ab. Aber da der Urlaub bis auf 2. Tage ver-
flossen, so muß er den kürzesten Weg nehmen, und darf sich
keinen Umweg erlauben. Er kann also nicht nach Halber-
stadt kommen, welches er mehr, als den Mangel der Gesund-
heit bedauert. Er hat freylich Recht. Nächstens wird er Ihnen
schreiben. Weil also Herr v. Knebel nicht zu Ihnen kommt, so
muß ich Ihnen selbst sagen, was für ein Porträt ich meine. Es
ist Petrarchs Laura. Der jüngere HE. HofCammerRath Hirsch
hatte gelesen, daß in Avignon Abbildungen von ihr vorhau -
den wären, und ruhte nicht, bis er, durch HE. HofRath Schlä-
ger in Gotha, eine Copie eines solchen Familien-Gemähldes er-
hielt. Sie wurde in Anspach zweymal ganz ähnlich copirt
Das eine bekam ich , und mit dem andern überließ er mir
einen meiner Fretinde zu erfreüen. Wir gedachten es HE.
Weißen zu schicken, um es für die Bibliothek stechen zu
laßen. Wir zweifelten aber am Ende doch, daß es schicklich
seyn würde. Ich kam auf den Einfall, daß vielleicht das
artige Gesichtgen ein Stück in Ihre Galerie seyn möchte. Daß
ich es nicht schon überschickt, ist die Ursache einestheils, weil
ich seit Jahr und Tagen nicht gewust, ob Sie lebten, andern -
theils weil ich gewust, daß Sie elegans Spectator sind, und das
Bild, nach alter Manier, ziemlich steif und simpel gemahlt ist.
Ich wollte es daher auf des H. v. Knebel Relation ankommen
laßen, der immer mit einer Art von Anbetung davor stehen
geblieben, und geglaubt hat, dass es Ihnen auch angenehm seyn
würde. Er wird Ihnen vermuthlich davon schreiben. Der-
malen ist HE. Hirsch in Amsterdam, und sobald er zurück kommt,
will ich mit ihm sprechen. Ich hoffe, er wird, während seiner
Abwesenheit, nicht auf andere Art darüber disponirt ha-
ben. —
Anspach den 4. Jan. 1770.
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140. Gleim an Uz.
Halberstadt den 16115 May 1770
— Neulich, als ich des Morgens um Vier Uhr, in
welcher Stunde ineine schüchterne Muse mich zu besuchen
pflegt, an ihr gütiges Versprechen, mich mit dem Bildniße
der Laura zu beschencken, gedachte, da, mein liebster Freund,
wurde das kleine Gedicht, das ich beilegen werde, durch die-
sen Gedancken veranlaßet. —
Der Herr von Knebel hat mich leider nicht besuchet!
aber mit einem Briefchen hat er aus Potsdam mich beehret,
und in demselben von meinem Uz mit mir gesprochen, die
Laura hat er darüber ganz vergeßen! so voll war er von
meinem Uz! — — —
Sollte Herr Cammerrath Hirsch, dein ich mich zu em-
pfehlen bitte, von dem zwoten Exemplare der Laura schon dis-
poniret haben, so wünscht1 ich, er wolte so gütig seyn, und
das Original mir anvertrauen ; unbeschädigt wollt1 ichs ihm
zurücke senden, und hier von Herr Kahlau, (so heißt unser
geschickter Mahler, es ist der, welcher die Wachsmahlerey er-
funden hat) eine Copie machen laßen ! — — —
Herr Jacobi verließ mich schon am 3l£T April, und ver-
reiste, zu meinem großen Mißvergnügen, abermahl auf ein
halbes Jahr über Zelle, und Hannover, nach Düßeidorf!
Tages vorher wurde mein Geburthstag von ihm und meiner
Nichte, welche von der Frau Karschin, Gleminde getauft ist,
ohne daß ich das mindeste von den Anstalten erfahren hatte,
feyerlich begangen; der allzugütige Freund beehrte mich an
diesem Tage mit dem Liede der Grazien! Meine Nichte hatte
den Tempel der Freundschaft vorgestellet , an welchem die
Bildniße meiner Freunde zu sehen waren. —
Herr Jacobi's Wercke kommen diese Meße heraus, in den-
selben werden sie eine Operette: Elisiuni, finden, die ohne
Zweifel meines Uz Beyfall sich erwerben wird. Vermutlich
ist izt, eine zwote Operette schon fertig; aus Düßeidorf schrieb
er mir, daß er daran arbeite, damit sie den 4l£T Juny zu Han-
nover aufgeführet werden könne. Die Music, zu Elysium, soll
vortreflich seyn. Neulich ist sie zu Zelle vorgestellet. Herzog
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Ferdinand von Braunschweig ist ihrentwegen dahin gereiset.
In ihrem vorletzten Schreiben sagen sie: Bey diesen
elenden Zeiten, wo alles kritisirt und schimpft,
möcht1 ich nicht schreiben! Und ich, mein Theu-
rester, ich schreibe desto mehr, jemehr man schimpft und
critisirt ; denn ich lese die Scartequen der Scriblers nicht , die
sichs unterstehen, über die besten Köpfe Gericht zu halten,
diese besten Köpfe sollten gegen die unberufeneu Kunstrichter
sich vereinigen, und sie zu Schanden raachen, zum Gelächter
mein' ich, damit es, auch bey denen, die nur mit sprechen,
Ehre würde, von ihnen getadelt zu werden.
Neulich wurde Herr Jacobi von den Verfaßern der Hambur-
gischen Neuen Zeitung grimmig und boshaft angefallen, man
gab Herrn von Gerstenberg für den Verfaßer aus. Ich schrieb
darüber an HE. Jacobi:
Kunstrichter werfen dich mit Koth,
Entfliehe, Freund, du wirst getroffen,
Entfliehe dem Werfer, der grimmig dir droht,
Der Tempel der Grazien stehet dir offen !
Und an den Herrn von Gerstenberg
Die Musen lehrten dich, in ihrem Tempel scherzen,
Du glaubst den Donner, der die Bösen trift!
Nein, Gerstenberg, in deinem Herzen,
Ist Galle nicht, nicht Gift!
Noch kan ichs nicht glauben, daß Gerstenberg, der Dich-
ter der Tändeleyen, solch' einer Bosheit fähig sey. Rechtfertigt
er sich nicht, so hab' ich leider einen Freund weniger!
Wieland ist gegen die Kritikasters unsrer Zeit im höch-
sten Grade aufgebracht! Die allgemeine Berl. Bibliotheck soll
in ihren letzten Stücken auch mich heftig angegriffen haben,
weil die Verfaßer glauben, ich stehe mit Klotz in critischer
Verbindung, worin sie sich erschrecklich irren; denn ich bin
so wenig mit der deutschen Bibliotheck als mit der allgemeinen
zufrieden p.
Man laße sie schmieren, die Schmierer ; sie leben davon!
und ihre Wercke findet man, mit unserm alten Opitz zu reden:
Da, wo man an die Wand den bloßen Rücken kehrt!
Wie gefielen meinem Uz unsers Wielands Dialogen?
Unser können wir ihn nennen, die Sünden gegen meinen
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Uz hat er dem Apoll und den Musen tausendmahl abgebeten ;
Er mag nicht davon hören, Ragte mir neulich ein Freund, der
ihn persönlich kenut. Beiträge zur geheimen Geschichte des
menschlichen Verstandes und Herzens hab' ich heute von ihm
zum Gesehen ck bekommen, mit einem Blick hinein fand ich
den launischen Wieland, so viel ich mit diesem einen Blick
sehen konte, sind sie hauptsächlich gegen des ehrlichen und
guten Hans Jacobs System gerichtet, und bloß deswegen sehr
nach meinem Geschmack! Der gute Mann könte mit seiner
Ehrlickeit es dahin bringen, daß die Menschen, die es bequemer
finden dumm, als klug zu seyn, anfiengen, wieder auf Vieren
zu gehen, wenn nicht seiner Ehrlichkeit eine andre wieder-
spräche, und dazu dünkt Wieland mich der rechte Mann.
141. Uz an Gleim.
Liebster Fretind,
Hierdurch erhalten Sie die versprochene Laura, von HE.
Hirsch, der sich Ihnen Bestens empfiehlt. Ich wünsche, daß
sie Ihnen so gut gefallen möge, als mir. Aber ich zweifle
daran, wenn Sie die Geliebte des Petrarcha nicht mit einem
Petrarcha in der Hand besehen. Die Einfalt der alten Mah-
le rey läßt keine große Kunst erwarten. Wenigstens kann
ich mit Wahrheit versichern, daß die Copie, welche Sie er-
halten, der aus Avignon gekommenen völlig ähnlich ist. Die
Geschichte finden Sie im Briefe, den ich hier beyschließe.
Aber Sie vergeßen, wenn Sie mir schreiben, nicht wieder das
Liedgen auf Lauren, deßen Sie im vorigen Briefe Meldung
thun. Ich weis zum voraus , daß es das meinige weit über-
treffen wird.
Ich muß lachen, daß Sie mein Portrait aus dem Kopf und
nach einer Erinnerung von 30. Jahren her mahlen laßen wollen.
Es wird freylich schon und kunstreich, aber gewiß nicht ähn-
licher werden, als das in den Nicolaischen Berloquen.
Es ist mir recht sehr unangenehm, daß unsere Kunst-
richter auf Ihren lieben Jacobi so harte Ausfälle thun, und bey
dieser Gelegenheit Sie zuweilen selbst nicht verschonen. Ihrem
brennenden Eifer, junge Genies aufzumuntern, sollte man mehr
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Gerechtigkeit widerfahren laßen. Wie HE Jacobi in diesen
Krieg verwickelt worden, und ob er selbst, wenigstens durch
einige Verbindungen, Anlaß gegeben, ist mir unbekannt. Ich
zweifle aber nicht, daß es in seiner Macht steht, alle Kritiken
zum Stillschweigen zu bringen. Seine Talente zur scherzenden
Dichtkunst werden selbst von denen, die ihn tadeln, nicht ver-
kannt. Er darf nur seine scherzende Leyer einige Zeit ruhen
laßen, und seine Genie auch in andern Dingeu zeigen, wie er kann,
so wird ihn die Nation selbst in Schutz nehmen. Aber ich
wundere mich, daß er itzo schon seine Gedichte sammelt. Mich
dünkt, es ist zu frühzeitig. Nach etlichen Jahren möchte er
vielleicht manches geäudert wünschen : Sie wißen es aus eige-
ner Erfahrung.
Das neüe Werk des HE. Wielands ist noch nicht in meinen
Händen : ich erwarte es aber stündlich, und freüe mich darauf.
Nach dein, was dieses bewundernswürdige Genie seit einigen
Jahren geschrieben, läßt sich was vortreffliches erwarten. Er
thäte nicht wohl, wenn er sich mit den Kunstrichtern ein-
ließe. Sie laßen ihm itzt Gerechtigkeit widerfahren. Von HE.
Herdern wünschte ich wohl einmal wieder etwas zu lesen. Die
kritischen Wälder werden vermuthlich nicht fortgesetzt.
Anspach den 18. Jun. 1770.
142 Gleim an Uz.
Halberstadt den 2511» April 1771
_ Mit Herrn Jacobi that ich eine Reise nach
Berlin, wir brachten zu Potsdam bey dem HE. von Knebel
einen Abend zu, mein Uz war das Gespräch. 0 wie
seufz' ich mit unsers Horaz Seefahrer oft nach Ruhe! Solch
ein mühevolles Leben hatten wenige Menschen; nachgerade
werd' ichs so müde, daß ich augenblicklich mein Amt nieder-
legte, und mit Salz und Brod zufrieden wäre, wenn ich nur
aus dem Labyrinth in welches die Geschäfte mich verwickel-
ten, mich so gleich heraus fiuden, und davon, ohne noch
größere Mühe, mich loß machen könte! Wiewohl auch als-
denn noch, die Betrachtung, daß ich in itziger Lage, manchem
nützlich sey, vielleicht mich wieder in das Joch spannete!
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Die meiste Zeit bin ich, den Göttern sey Danck, bey allem dem,
heitern Gemüths — Und meine Erholung sind immer noch
die Musen. Sehen Sie hier, mein theurester Freund, einen
Alexis und eine Elise, zum Beweise davon! Petrarch und
Laura hätten in den elysäischen Feldern eyferstichtig auf Ale-
xis und Elise werden sollen, wenn ich mehr Zeit auf die Er-
zählung ihrer Geschichte hätten verwenden können!
Der Gebrauch der Feile ist mir keine Erholung, und vielleicht
behaupt' ich aus diesem Grunde, daß eine gewiße Nachläßig-
keit den Kindern der Musen nicht übel steht! — — —
0 wie vieles, mein bester Freund, hab' ich in dem Jahre
meines Schweigens verlohren. Ihr Urtheil über so manche neue
Schriften z. E. über Wielands Grazien — Was dachten sie,
als sie darinn mich und meinen Jacobi, seine Freunde, fan-
den? Wenn sie nicht überzeugt sind, mein liebster Freund,
daß jener Wieland, der meinen Uz mit Koth bewarf, ein ganz
anderer war, als der die Grazien singt, so must1 es Ihnen an-
stößig vorkommen — Zeigte sich hingegen Wieland Ihnen,
wie er, ohne seines Streits mit Ihnen nur mit einer Sylbe zu
gedencken, sich mir und Herrn Jacobi gezeigt hat, warlich sie
wären sein Freund, wie sie mein Freund sind. Oft bin ich
selbst mit mir unzufrieden, daß ich, mit einem Manne, den ich
persönlich nicht kenne, solch ein Band der Freundschaft knü-
pfen konte, jeder Brief aber von ihm, wiederlegt mir alle
Zweifel, und nimt mir alle Bedencklichkeit. Oft dacht' ich
meinen Uz mit ihm zu versöhnen ! Ich hatte schon ein kleines
Gedicht dieserhalb an Wieland gemacht, aber Herr Jacobi
wiederrieth, es fort zu schicken ; Wieland der Sänger Abra-
hams war nur der Feind von ihrem Uz, nicht der Sänget* der
Grazien, sagte Jacobi.
Diesen Sommer will er mich besuchen, und dann wird es
mir doch schwer fallen, nichts von dem berühmten Streit zu
erwähnen !
Welch ein vortrefliches Genie, mein bester Freund, hat
dieser zwote Wieland! Sein neuer Amadis, mit allen seinen
muthwilligen Stellen, hat mich entzückt. Sie haben ihn ver-
mutlich noch nicht gesehen, denn er ist erst aus der Preße
gekommen — — —
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Fehlte mir es nicht an einem guten Verseschreiber, so gab'
ich Ihnen auch noch, sehr gern die Versuche zweyer jüngern
Künstler zu lesen, von welchen der eine Hoffnung macht,
unser Petrarch zu seyn, der andre was vortrefliches in verschie-
denen Arten, denn sein Caracter hat sich noch nicht genüg
auf was Eigentümliches bestirnt. Er schwebt noch zwischen
Original und Nachahmung. Ist es nicht viel, für unser Hal-
berstadt, daß wir solche gute Köpfe bey uns haben, wie sie
manches Königs Residenz nicht aufweisen kan, den Frager
dieses keinesweges mit darunter gerechnet? In einigen Jahren
hoff' ich, sollen Sie Wunder sehn, solch* ein Wett-Eifer ist
unter meinen jungen Freunden. —
Herr JacobiV. An das Publicum ist eigentlich gegen die
Göttingischen Zeitungen gerichtet, in welchen Wielands Gra-
zien lästerlich beurtheilet wurden.
143. Uz an Gleim.
Freylich, liebster Freund, haben Sie mich lange auf Ant-
wort warten laßen. Ein volles Jahr! Das ist zu arg. Wenn
Sie mir wenigstens, wegen des übermachten Bildnißes der
Laura, ein Recepisse geschickt hätten. Aber bey Ihrem Still-
schweigen mußte ich befürchten, daß Sie entweder es nicht er-
halten , oder daß es Ihnen völlig gleichgültig sey. Herr
Hirsch bezeügte mir mehrmalen seine üuruhe. Nunmehr er-
freüt er sich, daß Ihnen seine Laura angenehm ist, und
dankt Ihnen für die reizende Elise, dieß thue ich auch. Herrn
v. Spiegel habe ich sein Exemplar zugeschickt. Er ist aber
nicht mehr hier, und wird Ihnen wohl selbst seinen Dank zu-
sehreiben. — —
Es ist für mich eine große Frettde, daß wir endlich eine
vollständige Sammlung Ihrer Gedichte hoffen dürfen. Mir
sind ebenfalls Avertissemens zugeschickt worden. Aber mit
Ihrer Erlaubniß werde ich die bey mir eingehenden Gelder
unserm Buchhändler Poschen zustellen, damit er solche an
seinen Ort schicke und die Exemplarien künftig auch besorge.
Ich tauge zu solchen Sachen nicht. Ueberhaupt hoffe ich von
den hiesigen Gegenden nicht viel. Auf Herrn Zachariä
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habe ich nicht Eine Pränumeration erhalten, ohnerachtet her-
nach, als die Gedichte selbst erschienen, solche verschiedent-
lich gekauft worden.
Es ist kein Wunder, daß junge Genies erweckt werden,
wenn ein Mann, wie Gleim, mit seiner gefälligen liebreichen Art
sie ermuntert. Von HE. Sangerhausen, deßen Briefe Sie mir
geschickt haben, laßt sich viel versprechen.
Endlich habe ich den neuen Amadis gelesen mit dem Ver-
gnügen, mit welchem ich alle Sachen von Wieland verschlinge.
Er ist voll Geist und launigter Satire. Die wollüstigen Bil-
der sind freylich auch nicht gespaart, und diese werden ihm
allerdings Vorwürfe zuziehen. Seine Streifereyen wider die
Kunstrichter hätte er, meines Erachtens, beßer unterlaßen. Es
zieht Replicken nach sich, die nicht allemal angenehm sind.
Ich gehöre unter seine Verehrer und gar nicht unter seine Feinde.
Der alte Zwist ist längst vergeßen, wie ich schon einmal an
HE. Riedel geschrieben.
Anspach den 17. Jun. 1771.
144. Gleim an Uz.
Halberstadt den 25*™ Apr. 1772
— — — Und nun lesen sie die L i e d e r c h e n ihres
Gleims der, so alt und grau er ist, noch immer Liederchen
singt — Und dann, mein Bester, lesen sie, so bald sie können,
meines Wielands, goldenen Spiegel, von welchem die zween
ersten Theile schon zu lesen sind. Meinen Wieland , darf
ich ihn nennen, denn er liebt meinen Uz, und wenn er von
unsern Dichtern diejenigen großen Männer nennen will, die
der simplen schönen Natur getreu geblieben sind, dann, mein
bester Freund, nennt er Hagedorn und Uz. Erst in seinem
letzten Briefe, rief er ; im Zorn über einige neuere Dichter, die
von jener simpeln Natur sich entfernen, rief er aus:
0 Hagedorn! o Uz! Wo seyd ihr? Was würdet ihr
sagen, was sagt ihr zu den Zeiten, in die Gleims Abend und
Wielands Nachmittag gefallen ist!
Sie kennen, mein lieber Freund, unsern Dohmherrn, den
dortigen Cammerherrn von Spiegel, er hat sie einmahl be-
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sucht, und nachher mit großer Hochachtung mir von Ihnen
gesprochen! Geben, oder wenn er nicht dort ist, senden sie
ihm, nur vermittelst eines Umschlags, dieses Exemplar von
den Liedern für das Volck — und auch Ihrem Freunde, dem
ich meine Laura zu dancken habe, geben Sie das zwote
Exemplar.
Diese Meße wird ihnen petrarchische Gedichte, unter dem
Titnl: Phantasien, nach Petrarka's Manier, zu lesen geben, zu
deren Existenz jene Laura nicht wenig beyget ragen hat.
145. Uz an Gleim.
Mein liebster FreÜnd,
Die wenigen Zeilen, die Sie mir geschrieben haben, sind
mir theürer, als von vielen andern ganze Bogen. Ich sehe
mit Vergnügen, daß mein alter Fretind mich noch liebt, und
daß er, nach Herrn Michaelis Schilderung, wirklich glücklich
ist. Ein so wohlthätiger Menschenfreund verdient es und muß
lange leben, um noch viele glücklich und vergnügt zu machen.
Ihre Lieder für das Volk, wofür Herr Hirsch mit mir höch-
lich danket, sind Ihres edlen Herzens würdig und werden nicht
ohne Segen seyn.
Da ich Herrn Wieland unendlich hochschätze, so muß es
für mich sehr wichtig seyn, daß er eine so gute Meinung von
mir hat, als Sie mir schmeichlen. Seinen goldenen Spiegel
erwarten wir in Anspach mit Ungeduld von der Meße, nach-
dem wir uns bisher immer in unserer Hofnung betrogen ge-
sehen haben, ohnerachtet wir in Leipzig veranstaltet hat[!J, daß
er sogleich auf der Post geschickt werden sollte. Er bleibt
in seiner Schreibart der schönen Natur getreti, und kann frey-
lich das bey unsern Dichtern einreißende unnatürliche Wesen
nicht auderst, als mit Unwillen, bemerken. Ich kann, nicht
glauben, daß er den Misbrauch des Harden-Geschmacks , der
unserer Poesie drohet, billige. Herrn Schmidts petrarchische
Fantasien erwarte ich von der Messe. Das Petrarchische Ge-
dicht ist eine schwere Gattung, und gelingt selten in der Aus-
bildung, wenn nicht eine Petrarchische Seele auch wirklich
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mit einer so schwärmenden Liebe entflammt ist, als der Ita-
liener. —
Anspach den 23. May 1772.
Weil HE. Cammer-Herr v. Spiegel nicht hier ist, so habe
ich die ihm bestimmten Lieder fürs Volk seiner Frau Schwe-
ster, der Frau Obrist-Lieutenantin v. Metsch gegeben, die sie
ihm schicken wird.
146. Uz an Gleim.
Anspach den 6. Apr. 1773.
Sie haben mir schon sehr lange nicht geschrieben, mein
alter liebster Freund: denn Ihren Trauer-Brief vom vorigen
Jahr wünschte ich lieber nicht empfangen zu haben. Der
arme Michaelis! Es ist ewig Schade um ihn. Er war einer
von den wenigen jungen Dichtern, von denen ich glaubte, daß
sie der Nation Ehre machen würden. Zwar ist er in seiner
Schreibart etwas gewagt, dunkel und entortille* geworden: aber
ich glaube, er hätte sich geändert, wenn er älter geworden
wäre. Seine sehr lebhafte Einbildungskraft stellte ihm, an
seinem Gegenstande, eine Menge Seiten vor, die er alle und
alle stark ausdrücken wollte: darüber verlohr sein Bild die
Klarheit und wurde manchmal verworren. Er war gewiß ein
guter Kopf. Sie bekommen hier einen Theil der prosaischen
Uebersetzung unsers Horazens. Schon vor mehr als 10. Jah-
ren haben ich und ein Paar meiner hiesigen Freünde ange-
fangen, zu unserm Vergnügen, manchmal eine Ode unsers
Lieblings-Dichters zu übersetzen. Jeder von uns übersetzte
für sich, und aus den dreyen Uebersetzungen machten wir, bey
einer besondern Zusammenkunft, eine gemeinsame; und so wurde
eine Ode nach der andern, endlich auch eine Satyre und Epistel
nach der andern übersetzt, bis endlich der ganze Horaz zu
Stande gekommen. Wir hatten niemals die Absicht, etwas
drucken zu lassen: doch haben wir uns endlich dazu bereden
lassen, obgleich die jetzige Art zu kritisiren billig einen jeden
abschrecken sollte, etwas drucken zu lassen. Es gehe damit
wie es wolle! Wird dieser Theil nicht ganz übel aufge-
nommen, so kann der zweyte folgen, auüerdem aber auch
G 1 e i m - U z , Briefwechsel. 26
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wegbleiben. Ich verlange über keinen Tadel zu streiten,
und Sie müssen meinen Nahmen nicht bekannt machen : ich
will nicht genennt seyn. Ich fürchte, daß wir zu deütsch, in-
sonderheit zu verständlich übersetzt haben, sermonenique nos
non publici saporis habere. Schreiben Sie mir Ihr Urtheil,
und vornehmlich, wie Sie leben.
Von Herrn Wielands deütschem Merkur habe ich noch
nichts gesehen, ohnerachtet ich mich abbonniret habe. Ich ver-
spreche mir viel Gutes, und hoffe, daß keine Zänkereyen die
Blätter füllen werden.
Aber denken Sie denn nicht einmal im Ernste daran,
Ihre reitzenden Schriften zusammen drucken zu lassen? Lassen
Sie doch die Pränumerations-Projeckte fahren, die nun einmal
in Deutschland nicht durchzusetzen sind. Die Werke eines
Gleims brauchen solche Anstalten nicht. — — —
Herr HofCammerRath Hirsch, den Sie von der Laura her
kennen, ist ein Mitarbeiter bey der Uebersetzung , und em-
pfiehlt sich Ihnen aufs beste.
147. Gleim an Uz.
Halberstadt den 4l™ May 1773
Sie haben, mein theurester Freund, mit ihrem Schreiben,
und ihrer Uebersetzung unsers Horatz, mir eine große Freude
gemacht ; ich wolte dann erst Ihnen es sagen, wenn ich eini-
ges Neues meiner Muse beylegen könte. Dieses neue hatte
ich nach Leipzig zum Druck abgesendet, keine menschliche
Seele solte davon wißen, ich wolte meine Freunde, die sich
gegeneinander herausgelaßen hatten, mich in allen Gestalten
meiner Schreibart kennen zu wollen, mit einer Kleinigkeit in
Versuchung führen, aller genomnen Maaßregeln ungeachtet,
wurde das Geheimniß verrathen, und der Druck selbst ge-
rieth, durch die Bosheit des Buchdruckers in Stillstand, kurz,
mein theurester Freund, es möchte zu lange dauren, eh' ich
jene Spiele meiner Muse, meinem Uz übersenden könte.
An der Uebersetzung selbst wüst' ich nicht das mindeste
zu tadeln; über all habe ich Richtigkeit und Sprach-Natur
bemerckt, nur in Absicht auf den Wohlklang, den unsre nie-
dersächsischen Ohren verlangen, wünschte ich, sie hätten sich
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denselben bequemt. Dieser Wohlklang, der beym Vorlesen
hauptsächlich zu Hülfe komt, besteht in den mehresten Stellen
nur in Beybehaltung oder Weglaßung des E. Zum Exempel
8. 214 in der Ode, Lob des Drusus die Zeile:
Tapfere werden von Tapfern gezeuget,
würden wir lieber lesen:
Tapfre werden von Tapfern gezeugt.
Sehr oft ist dieser Wohlklang des Sylbenmaaßes auch für
unsre niedersächsischen Ohren sehr genau beobachtet, so daß
wir nicht anders urtheilen können, als daß es nur eines Wincks
bedurft hätte, zur Sorge für unsern Eigensinn in diesem ein-
zigen Stück, Sie, und ihre Gehülfen zu vermögen, llienächst
aber wünscht ich, daß ihr Herr Verleger seinen Vortheil
beßer verstanden haben möchte. So eine feine Ausgabe mit
Beydruckung des Textes, wie die kleine des Batteux, wäre
von allen unsern Liebhabern der schönen Wißenschaften , die
den Horaz nur halb verstehn, gekauft, und so genutzt worden,
daß aus manchem Liebhaber ein Kenner geworden wäre, der
mit unserm Hagedorn hätte sagen können :
Horatz, mein Freund, mein Lehrer, mein Begleiter,
Wir gehn aufs Land p.
Wären indeß die ganz abscheulichen Buchdruckerstöcke
nur weggeblieben, die den Augen unsrer mehresten Großen,
die an den feinen französischen Druck sich gewöhnet haben,
unausstehlich sind, so gieng es noch an, und ich, zum Exem-
pel, brächt' es dahin, den Horatz meines Uz, zum Taschenbuch
meines vortreflichen Erbprinzen von Braunschweig gemacht
zu sehn. Ich nenn ihn mein, weil ich so glücklich bin, in
seiner Gnade zu stehn, und einen warmen Freund und Schutz-
gott unsrer vaterländischen Musen in ihm zu verehren. Er
that mir neulich die Gnade mich in meinem kleinen Musen-
tempel zu besuchen, er kante die Bildniße Klopstocks, Men-
delsohns, Leßings, Gärtners, Eberts pp
148. Gleim an Uz.
Halberstadt den 4l£ü Juny 1775
Wir haben uns so lange nicht einander geschrieben, mein
Bester Uz — Wir wollen unsre Sünden gegeneinander ant-
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heben — und hier, sehen Sie, mein Theurester, ein so ge-
nantes rothes Buch, und nehmen Sie's zum Beweise, daß ich
nie an meinem Uz, mich versündigte — Denn indem ichs
schrieb, dacht ich an meinen Utz, bej allen diesen Stellen, in
welchen das Herz am lautesten spricht —
Wenn unter deinen Brüdern einer ist,
Der, mit der Güte seines Herzens dir.
Ins Auge leuchtet, und mit seinem Geist
Den deinigen befriedigt und erquickt,
Wohl dir, o Mensch, dann hast du einen Mann
Dem du dein Leben anvertrauen kanst.
Bey diesen allen dacht' ich tief an meinen lieben Uz, und
seufzte, daß ich nicht in meines Gottes Welt in einer kleinen Hütte,
Gott, und Welt, und ihn, um mich herum, mein Leben lebte
— Zwanzig Exemplare send' ich ihnen — Ich habe dieses
rothe Buch auf meine Kosten zum Druck befördert — KIop-
stock wollt' es durch seine Samler verkaufen laßen , mir die
Mühe dabey selbst abnehmen — Er muste nach Carlsruh ver-
reisen — Und da blieb's alles mir zur Last — Das Exemplar
wird verkauft für 8 Ggr. den Louisd or zu 5 R.. Die Ver-
käufer profitiren von zwanzigen fünfe — bezahlen für 15
Exemplare mir Einen Louisd'or, das PostGeld trag' ich, so
weit die Preußischen Posten gehn ; Ich weiß es, bester Freund,
daß ich meinen lieben Uz mit keinem solchen Geschäft be-
schwerlich fallen darf; In Klopstocks Gelehrten Republic findet
sich aber kein Samler augezeigt — Und also, mein bester,
ich send1 ihnen die zwanzig Exemplare — Kennen Sie einen
Mann in ihrer Stadt, der der Verkäufer seyn will, danu gut,
so geben Sie dem die Exemplare, wo nicht , so verschencken
sie dieselben an die dortigen besten Bücherleser — und das
Erste Geschenck geben sie der Dame, von welcher Sie ein-
mahl mir meldeten , daß Sie die einzige Freundin der Musen
in ihrem Anspach wäre — Das andere Sr. Exellenz von Gem-
mingen, wenn er der Dichter Gemmingen, oder dem Dichter
an Verdiensten gleich ist —
Gestern fand ich im Buchladen den Zwevten Theil der
Werke des Horatz, und lief, und saß in meiner Rebenlaube,
laß, und ärgerte mich über die elenden Krittmänner, die meinen
Uz so jämmerlich getadelt haben — Kehren sie doch, mein
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Freund, sich nicht au alles dieses Geschmeißes Geschwätz —
Es hat mich her/lieh gefreut, daß sie nicht abgehalten sind,
den zweyten Theil zu liefern, an dem ich, heute noch, in
meiner Laube mich letzen will — Denn man liest doch gar
zu gern deji großen Römer auch in unsrer Vatersprache.
Wie meinem Uz das rothe Buch gefallen hat? ob er's
für ein kleines Verdienst dem Verfaßer anrechnet, daß Er, zu
einer Zeit, in welcher alles niederreißet, gern aufbauen will,
das, mein bester, von Ihnen selbst zu hören , ist mein itziges
großes Verlangen ! Die ganze Kunstrichterey — mit ihren
Ver8chwornen — wiegt ein kleines Urtheil meines Uz nicht
auf —
Im vorigen Sommer war ich zu Leipzig und fand Kam-
lern bey Weißen. Gott im Himmel welche Menschen — Ich
hörte, Ramler hätte seinen Freunden gesagt, er wäre mit mir
verfallen, weil ich seine Verbeßerungen meiner Lieder in den
Liedern der Deutschen, ihm übel genommen, und wie rasend
darüber geworden wäre — Keine Sylbe von Wahrheit! — Und
doch — er hat .in seine Lyrische Blnmenlese nur eines meiner
Lieder aufgenommen, von zweyhunderten, die er hätte auf-
nehmen können, das schlechteste, und dieses nicht verbeßert —
Welche Bosheit! Denn anders kan's nicht seyn, er will seine
Insinuationen geltend machen. Ich seufze. Soll ich aber
immer nur seufzen! oder ists Pflicht, die Wahrheit zu sagen?
Mein Uz soll Richter seyn.
Wieland, begleitet von Bertuch, einem sehr liebens-
würdigen jungen Mann und seiner Frau, und seiner ältesten
Tochter, einem lieblichen Mädchen von sieben Jahren, ist an
14 Tage bey mir gewesen — Wieland und Uz, mein Bester,
wären Herzensfreunde, so bald sie sich kennten — Von jener
Versündigung an meinem Uz, kan er nicht sprechen hören,
so sehr gereuts den guten Mann, einen Uz beleidigt zu haben :
er würde fußfällig ihnen abbitten, wenn er jemahlen sie sähe,
warlich ia p — -In der nächsten neuen Ausgabe ihrer un-
sterblichen Gedichte, müßen Sie, mein theurer Freund, die
kleinste Spur von Andencken, an diese Versündigung, die
solche Reue nach sich gezogen hat, auslöschen, wegnehmen.
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149. Uz an Gleim.
Anspach den 24. Jul. 1775.
Ich bin zu allen Zeiten Ihr Verehrer gewesen, und
bin es noch. Ihr rothes Buch hat diese eingewurzelte Hoch-
achtung Ihres Geistes und Ihres edlen Herzens verstärkt. Ich
habe es schon mehrmalen , mit immer gleichem Vergnügen,
gelesen, und bin mit Herrn Wielands Urtheii im Merkur völlig
einstimmig. Die Schrift macht Ihnen gewiß Ehre, so ver-
schieden auch die Urtheile ausfallen möchten. Es ist ein
großes Verdienst, den Menschen beßer zu machen, und dieses
thut ein Dichter, der edle Empfindungen in ihnen erweckt.
HE. Hof-Cammer-Rath Hirsch dankt Ihnen aufs verbind-
lichste für Ihr gütiges Andenken und für das überschickte
Exemplar, iugleichen die Frau Ober-Marschallin v. Altenstein,
die Dame, von der Sie in Ihrem Brief Meldung thun. Noch
etlichen andern Damen habe ich damit ein willkommenes Ge-
schenk gemacht. Ich habe Ihre Intention, die mir übermach-
ten 20. Exemplarien durch den Verkauf in die Hände des
Publikums zu bringen , nicht außer Acht gelaßen. Aber der
hiesige Buchhändler, Commercien-Comuiißarius Haueisen, hat
nur 15. übernommen, die er zu verkaufen suchen und Ihnen
das Geld künftige Michaelis-Meße, durch den Halberstädtischen
Buchhändler Grose, Ubermachen wird. Zugleich sollen Sie den
21^ und Theilder hiesigen Uebersetzung des Horaz erhalten.
Das Schimpfen der seichten und partheyischen Zeitungsschrei-
ber über diese Arbeit hatte vielleicht meinen Gleim schüchtern
gemacht, mir deswegen zu schreiben. Aber ich denke immer,
die Uebersetzung sey nicht so schlecht, als man sie ausge-
geben , obgleich nicht so vollkommen als die Uebersetzer
wünschten. Ich hoffe, man wird ihr künftig mehr Gerechtig-
keit erweisen.
Herrn Wieland versichern Sie meiner wahren Hochach-
tung, die kein Compliment ist. Ich halte ihn, bey dem ein-
reibenden schlechten Geschmack, für die vornehmste Stütze
des guten, des Geschmacks der Natur und des Alterthums. Meine
ehemalige Streitigkeit mit ihm hat sich von selbst gehoben
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und ist längst vergeßen, so wie ich selbst und was ich ge-
schrieben, nach und nach vergeßen wird. —
Ihre Zwistigkeit mit Herrn Raniniler ist mir um desto
unangenehmer, da sie von verdrüßlichen Folgen für Sie ge-
wesen ist. Denken Sie ja nicht daran, diesen Streitt in Schrif-
ten zu erneüern. Sie würden nur [das] Uebel ärger machen.
150. Gleim an Uz.
Halberstadt den Ocfc. 1775
Eiligst, tausendfachen Danck, mein bester Uz, für
Ihren vortreflichen Horatz!
Nicht ohne den empfindlichsten Aerger über unsre toll-
kühneu Kritmänner (Knaben nicht Männer) laß ich in der
Vorrede zum zweyten Theil , wie so schändlich die Buben
meinem Uz begegnet sind. Denn ich lese keine gelehrte Zei-
tungen und Tagebücher mehr, sie werden ja samt und sonders,
die gothaische ausgenommen (die Leipziger Bibliotheck der
schönen Wißensch aften nicht) von elenden Partheygängern
geschrieben !
Hätt ich die Zeit, mein bester Uz, so bewies' ichs, daß
sie beßer, als alle ihre Vorgänger, uns den Horatz gegeben
hätten !
JammerSchade nur, mein bester Freund , daß ihr Ver-
leger seinen Vortheil , und der geschickten Uebersetzer wohl-
verdienten Ruhm, nicht beßer verstanden hat — Beßrer Druck,
und das Lateinsche dabey, so wäre der deutsche Horatz das
Handbuch unsrer Hoffleute geworden und unsers Landadels,
wie Batteux Horatz in sauberm Kleide das Handbuch der
französischen geworden ist.
Und dann nur kleine Fehler nicht der Uebersetzung, son-
dern der Sprache, kleine Fehler gegen den Wohlklang oder
gegen das behülfliche Lesen — Kleinigkeiten, die, wenn sich
nicht so viele Bemercker derselben überall befänden, nicht der
Erwähnung wehrt wären, und, bey einer neuen Ausgabe sehr
leicht sich wegschaffen laßen, im Fall mein theurer Uz, und
sein Freund damit zufrieden sind, daß ich ein Exemplar mit
meinen kleinfügigen Randgloßen versehe, wozu der liebe Gott
ein Stündchen Muße verleyhen wird! —
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151. Gleim an Uz.
Halberstadt den Jul. 1776
Hoffrath Borchward, Anspachseber Resident oder Agent
zu Berlin ist gestorben — Schon, seit einigen Jahren, in wel-
chen ich hier manchen Verdruß hatte, war's meiu Plan, mich
hier loß zu machen, und nach Berlin zu gehn ! Verschiedne
kleine Agentschaften, dacht' ich, werden dir so viel
Einkünfte geben, als du nöthig hast, und zu den kleinen
Agentschaften schickt sich keiner beßer , als du , denn
du kennst ja ganz Berlin , vom Konig bis zum Canzlisten !
Ihnen, mein Theurer, sag' ichs in Yertraun, und bitte Sie,
mir Nachricht zu geben, so bald es immer seyn kan, ob Sie,
bey ihrem dortigen Geheimden Raths Collegio , in aller
Vorsicht, unter der Hand zu Stande bringen können,
daß ich, wie aus eigner Bewegung, sondiret würde? War's
aber ihre eigne Sache, mein Theurer, dann, so wünsch
ich von Grunde des Herzens, daß Sie der Unsrige würden;
und ich würde dann schon einen andern Weg einschlagen,
und einen wichtigen Grund mehr haben, meinen Wohnungs-
ort zu verändern —
Ists alles Beydes nichts, dann sehn sie's an, wie eineu
flüchtigen Gedanken, und sagen keinem Menschen etwas davon.
Ich bin vor dreyen Wochen zu Berlin gewesen — p p
Wir haben in unsrer Gegend alle die französischen Auf-
schriften und gothischen Titulaturen abgeschaft; geben Sie
doch auch in der ihrigen ein gutes Exempel —
Und steuren und wehren Sie doch auch , dem Greuel der
Verwüstung, welche das stultum pecus, das unsern Gö-
then nachläuft, überall anrichtet.
Die Iris unsers Jacobi lesen sie doch ?
152. Uz an Gleim.
Anspach den 8. August 1776.
Ich habe mit Verwunderung und ich laügne es nicht,
theüerster Fretind, mit einiger Betrübniü vernommen, daß Sie
Ihren Aufenthalt verändern und nach Berlin gehen wollten. Das
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liebe Halberstadt! wo Sie schon in die 30. Jahre iu Ansehen
und Würde gelebt haben, sollten Sie das verlaßen können?
Thun Sie es nicht, mein Liebster ! Oiunis Mutatio periculosa,
vornehmlich in den J ah reu, worinnen wir beyde sind. Ich er-
innere mich zwar noch wohl , daß Sie von der Agentschaft
allezeit sich viel Vortheii und Vergnügen versprochen haben.
Ks mag seyn! Mancher saurer Tritt wird auch dabey seyu.
Wegen der hiesigen Agentie habe ich mich erkundiget, und er-
fahren, daß Serenissimus noster solche Stelle, noch bey Borch-
warts Lebenzeiten, einem, ich weis nicht wem, der einen italie-
nischen Nahmen führt, versprochen habe. Ich würde mich
niemals darum gemeldet haben. Ich bin zu alt und zu steif,
mich zu einer neüen Lebensart zu gewöhnen. Lieber behelfe
ich mich mit dem Wenigen, was ich habe, so lang es mir
Gott läßt, und suche mich als ein Weiser zu beruhigen , wenn
mir manches nicht gefallt. Thun Sie es auch! Wie ich aus
der neüen schönen Romanze, die Sie mir überschickt haben,
sehe, besitzen Sie noch alle Munterkeit des Geistes. Was
brauchen Sie mehr zu einem glücklichen Leben? Sie haben
das Nothdürftige. Setzen Sie sich lieber den Verderbern des
Geschmacks entgegen, die unser Deutschland entehreu. Müssen
wir denn immer mit den Affen großer Männer heimgesuchet
werden? — — —
153. Gleim an Uz.
Haiberstadt den 4^ December 1779
— — — Nur noch einmahl in meinem Lebeu sie zu
sehen, war raein heißer Wunsch, und, wäre Herr Bertuch zu
Weimar, den ich zur Gesellschaft mitnehmen wollte, zu Ende
des Julii dieses Jahrs, nach Lauchstedt, wo ich war, gekommen,
so wäre, dieser heiße Wunsch, nun schon erfüllt. —
Auch auf das künftige Jahr ist schon der Plan gemacht,
über Anspach nach Zürch zu reisen ; Uz und Bodmer, sag'
ich zu allen meinen Freunden , und Anverwandten, muß ich
noch sehn, oder ich sterbe nicht ruhig! Herr Graf von Platen.
welcher meinem Uz dieses selbst einzuhändigen, versprochen
hat, sollte nicht allein nach Anspach reisen, wenn ich ihn
begleiten könnte! Gelingt es mir, was ich vorhabe,
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so bin ich bald ein freyer Mann, und dann leb' ich für
meine Freunde ! reise von einem zu dem andern, von Wei-
mar, nach Anspach, von Anspach nach Zürch. An Vater
Bodmer hab' ich mich gröblich versündigt. Er zerfiel mit
Klopstock, ich entschied für diesen — Damalen, mein Theu-
rer , hatt ich mit der Schwachheit der Menschen noch
nicht so viel Geduld als izt — Vater Bodmer blieb mein
Freund; er schrieb an mich von Zeit zu Zeit, ich konte
mich nicht überwinden, oder, beßer, das große Recht auf
Klopstocks Seite machte gegen Vater Bodmer mich kalt;
Hochachtung hatt ich für ihn, aber ich liebte den Manu nicht
mehr, der, in meinen Augen, an Klopstock gröblich sich ver-
sündigt hatte; Dieses ihnen deutlicher zu raachen, müst ich
einen ganzen Bogen voll schreiben — Auf alle die treuherzi-
gen Briefe des guten Vater Bodmers blieb ich die Antwort
schuldig — Endlich ists mir Last geworden auf dem Herzen,
ich mache mir Vorwürfe, halte für Unrecht, daß ich nicht
gleich dem Beklagten offenherzig meine Gedanken bekant machte,
Verteidigung von ihm verlangte p — Nun kan ichs Alles
nicht anders wieder gut machen, als damit, daß ich zu ihm
reise, pp
Von Ihnen hört ich die Frau von Metsch und den Herrn
Grafen v. Platen viel zu wenig sprechen ! Die Propheten sagt
ich zu Ihnen, gelten gemeiniglich nicht viel in ihrem Vater-
lande — Der Uebersetzer des Cervantes ist er ein braver Mann
und meines Freundes Freund?
Ich habe, mein Theurer, Allerley gedruktes,
für Sie zusammen gesucht —
K r iegeslied er im Jahr 1778 und 1779 — Mit wenigen
dieser Lieder ist der alte Kriegessänger i z t zufrieden — Er ist
des Dienstes entlaßen, hat nun Zeit zu feilen, will eine neue Aus-
gabe seiner alten und neuen Kriegeslieder nächstens herausgeben.
Lieder der Liebe. Sind Lieder, nach dem Salomo ;
veranlaßt durch Herders Lieder der Liebe; der sechzigjährige
Sänger derselben machte sich einen Spaß damit, sang Sie zum
Beweise, daß man Lieder der Liebe singen könnte, wenn mau
nicht mehr liebte — In dreyen Tagen waren die dreyßig Lie-
der gesungen, gedrukt, und auf die Post gegeben, um den
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vortreflichen Herder — der freylich meinem Utz überall nicht
eben gefallen wird, damit zu überraschen —
Lieder nach Walter von der Vogelweide — nicht eben
sehr getreu — Hätt ich die Zeit, wie ich die Lust habe, so
sang ich eine Menge solcher Lieder nach unsern herrlichen
Minnesingern, die von unsern Deutschen so schändlich schon
vergeßen werden —
H a 1 1 a d a t neue Auflage vermehrt mit dem dritten Buche —
Dis dritte Buch ist noch im Buchladen nicht zu haben; ich
bitte deswegen es nicht aus den Händen zu geben, damit es
nicht den schändlichen Nachdrukkern in die Klauen geräth.
Zu Leipzig hat in diesem Jahr ein solcher Schurke herausge-
geben: Friedrich Wilhelm Gleims sämtliche Wercke — neue
verbeßerte Ausgabe — Das Bild davor ist aus dem Soldaten-
Galgen gestohlen — Der Schurke soll arm seyn, und mit die-
ser Ausgabe sich geholfen haben, deswegen ärgerts mich nicht
— Hätt er nur nicht so gar elende Gedichte mit aufgenommen,
und für Gleims Gedichte gegeben.
Kriegeslieder in den Jahren 1756—57. ist eine Aus-
gabe für die gemeinen Soldaten — ich habe die Menge von
Exemplaren zur Vertheilung an Feldprediger übersendet in
unsre Feldlager, und die Soldaten haben sie fleißig gesungen,
auf den Feld-Wachen und Märschen — Die neue Composi-
tion ist von Rolle zu Magdeburg —
Andre Kleinigkeiten mögen sich selbst erklären —
unsre hiesigen Musen haben viel bisher gesungen; ich habe
keinen Abschreiber itzt, sonst gab ich meinem lieben theuren
Uz, von dem ich weiß, daß er den Musen, so sehr ers äusert,
noch nicht ungetreu geworden ist, es alles zu lesen. Ich habe
dem guten Clamer Schmid, (sie solten ihn kennen, er ist von
unsern Dichtern warlich einer der besten, unschuldig, wie ein
Kind, macht izt Erzählungen im Geschmack der Contes de
la Fontaine — viele, ganz vortreflich — ) ich hab' ihm ge-
rathen — Einen A 1 1 m a n a c h oder so Etwas herauszugeben
— nicht für das elende deutsche Publicum — sondern für
unsre besten Kenner und Liebhaber — Hundert
sollen sich verbindlich machen zehn K/. jeder zu geben —
macht 1000 Rf. Davon soll 1) Schmid einen Theil haben
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2) sollen die Unkosten bestritten werden 3) sollen einige Preise
ausgebothen werden. Die geheimsten, freyesten Stükke
sollen hinein — Jeder der hundert soll sich verbindlich machen
sein Exemplar nicht aus den Händen zu geben — Wers thut
ist augenblicklich verrathen, denn es werden nur hundert Exem-
plare gedruckt und jedes hat ein geheimes Kennzeichen, das
den Nachdrukker bekant macht pp — — —
Ich bitte, mein Theurer, die Beylage an den Herrn Pro-
feßor Bodmer dort auf die Post zu geben, und so weit, als
nöthig, das Porto zu bezahlen, ich bleibe dafür ein Schuldner.
154. Uz an Gleim.
Anspach den 1012? Jan. 1780.
Allerliebster Freünd
Ich habe niemals an Ihrer Freundschaft gezweifelt, auch
bey Ihrem langen Stillschweigen nicht. Es ist aber besonder,
daß Sie es zu einer Zeit unterbrechen, da ich eben damit um-
gieng, an Sie zu schreiben. Die Sache verhält sich also. Ich
bin gegen das Ende des abgewichenen Jahres in das Sechzigste
Jahr meines Alters getreten. Es war ganz natürlich, da ich
schon so weit in den Jahren bin, daß ich daran gedachte,
meine Sachen auch in Ordnung zu bringen. Es fiel mir meine
Brief-Sammlung ein. Um sie nicht in fremde ungewaschene
Hände kommen zu laßen, wollte ich es so einrichten, daß, bey
einem unvermutheten Falle, meine vornehmsten Freünde ihre
Briefe wieder zurück erhalten sollten. Ich suchte sie also aus-
einander, und hatte keine geringe Freüde, daß die Sammlung
mit meinem lieben Gleim anfieng, und auch lange Zeit die mei-
sten von ihm waren. Ich fieng an zu lesen, und konnte nicht
davon kommen, soviel schöne, gründliche, witzige Sachen fand
ich. Sie sind ein wahrer Schatz. Aber ich betrübte mich,
daß ihrer in den neüern Zeiten immer weniger wurden, und
sie mit dem Jahr 1776. endlich gar aufhörten. Ich nahm mir
auf der Stelle vor, an Sie zu schreiben. Ich sagte es meinem
Hirsch, daß ich nicht aus der Welt gehen könnte, ohne noch
einen Brief von Ihnen zu sehen. Nun sind Sie mir, auf eine
so freundschaftliche Art, mit Ihrem liebevollen Briefe, der mich
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wieder ganz jung gemacht hat, zuvorgekommen. Dank, inni-
ger Dank, sey Ihnen dafür, und für Ihre lieben Geschenke!
Ihre schöne Taße steht in meinem Gläser-Schranke vor aller
Augen, als ein Geschenk meines Gleims. Ich lief sogleich zu
HE. Grafen vonPlaten, mich zu bedanken, daß er mir sie so
unverletzt überbracht hatte. Ich sprach auch im Concert
mit der Frau v. Reitzenstein, die mir HE. Schmidts Gedicht
auf die Frau v. Spiegel überschickt hatte. Ich erkundigte
mich bey beyden nur nach Ihnen, und erfuhr mit größtem
Vergnügen, daß Sie gesund, munter und allgemein geliebt sind.
Beyde machten mir Hofnung, daß wir Sie in Anspach sehen
würden. Gott gebe, daß endlich erfüllet werde, was Sie seit
20. Jahren versprechen ! Geschäftig und thätig sind Sie genug,
das seh ich aus Ihren neüesten Gedichten. Die Muse hat sie
noch nicht verlassen, wie mich. Sie dichten noch immer mit
eben so großer Leichtigkeit und natürlichen Anmuth, als je-
mals. Der vermehrte Halladat ist mir ein angenehmes Ge-
schenk. Ich habe diese Schrift allzeit für eines Ihrer besten
Producten gehalten. Die neüern Kriegslieder sind des unsterb-
lichen Grenadiers nicht unwürdig. Wenn sie nicht die Er-
habenheit und den Enthusiasmus der alten haben, so ist zu
bedenken, daß der letzte Krieg auch weniger Veranlaßung da-
zu gegeben, Gott sey Dank dafür ! Daß Sie die alten Kriegs-
lieder, mit den angemeßenen Melodien des braven Rolle, unter
die Soldaten austheilen laßen, ist des patriotischen Gleims
würdig.
Nun noch ein Paar Worte von mir! Ich bin, seit einer
vor etlichen Jahren ausgestandenen harten Krankheit, Gott
Lob! gesund, und lebe zufrieden. Ich habe keinen Überfluß,
doch auch keinen Mangel. Ich lebe nicht als ein Domherr,
doch auch nicht völlig als ein Einsiedler. Ich mache mir keine
neüen Freünde, sondern vergnüge mich meist mit den alten,
worunter HE. Hirsch für Ihr gütiges Angedenken verbindlich-
sten Dank erstattet. Den Ubersetzer des Cervantes kenne ich
als einen braven Mann. Gott hat mir nur noch Eine Schwe-
ster, die sich Ihnen bestens empfiehlt, gelaßen. Vor etlichen
Jahren hat er mir die ältere genommen, und im vorigen Jahre
meine acht und achtzigjährige gute Mutter. Nun lebe ich in
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einem kleinen HaUschen, das eben für mich und meine Schwe-
ster zulangt, solange der allgemeine Vater will. — — —
Der Plan zum Halberstädtischen AI man ach ist gut, und
deßen Ausführung wünschenswerth. Aber werden Sie 100.
Personen finden, die jeder 10. Tbl. hierzu hergeben wollen
oder können! Unter den Gelehrten wohl schwerlich, die
insgemein das Geld nicht überflüßig haben.
Sie besch wehren sich, daß der Hällische Nachdrucker eine
häßliche Abbildung von Ihnen geliefert habe? Aber warum
sorgen Sie nicht für eine beßere ? Ist es nicht eine Schande,
daß wir von einem Gleim kein gutes Porträt habeu ? ob ich
gleich mit meinem eigenen nicht ganz zufrieden bin.
HB. Clamer Schmidt kenne ich als einen unserer vorzüg-
lichen Dichter. Aber warum schreiben Sie mir nichts von
dem liebenswürdigen Jacobi? Ist er nicht mehr bey Ihnen?
und dichtet er nicht mehr?
Ihr Paquet an Bodmern habe ich bestellt, und sollten Sie
es wohl glauben? mit einem Schreiben begleitet. Es ver-
drießt mich, daß der verdienstvolle Mann noch immer böse auf
mich ist. Sie wissen, daß ich ihn verehre. Wielands und Duschens
Angriffe auf mich haben die Sache aigrirt.
155, Gleim an Uz.
Halberstadt den IG1™ Nov. 1780
Endlich, mein theurer Utz, hab' ich in meinen Musen-
tempel ein erträglich Bild von Ihnen erhalten, durch die Güte
des Herrn Grafen von Platen, ein nur erträgliches! Schande,
daß uusre großen Maler lieber reiche Dummköpfe malen, als
arme Dichter und arme Philosophen — und Schande, daß
unsre Fürsten nicht die großen Maler in alle Welt umher sen-
den, die weisesten und besten der Menschen für sie [zu] ma-
len — Dieses zu thun, mögt ich ein Fürst seyn ! Olm aber es
zu seyn, hab ich die Hoffnung von meinem Uz noch einmal
ein gutes Bild zu bekommen. Eich ein vortreflicher Maler
komt vielleicht in ihre Gegend, er ist itzt zu Mannheim, ich
werde dahin ihm schreiben, und ihn bitten, nach Anspach zu
gehn, und meinen Uz für die Nachwelt zu malen. In meinem
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kleinen Musenteinpel befinden sich schon vier» sehr schöne Bil-
der von Ihm — Jacobi , der Verfaßer Woldemars, Er selbst,
und zweymal Heinse, der Verfaßer von den Briefen über
die Düßeldorfische Gallerie im deutschen Mercur, ein treflicher
Kopf, der, wenn Er auf seiner Reise nach Rom, meinen Uz
vorbeygereiset ist, sich versündigt hat, an mir, denn ich habe
so viel von meinem Uz mit ihm geschwatzt, daß er nicht vor-
bey gereiset wäre, wenn ers geglaubt hätte.
Von un8ern Musen haben Sie manches vermuthlich zu lesen
bekommen. Unserm Dohmdechant, dem sehr braven Mann zu
gefallen haben sie geschertzt — Ich send Ihnen den Liebes-
götterkrieg — den sie vielleicht noch nicht gesehen haben,
ob wohl der Herr Dohmdechant einige Exemplare nach Ans-
pach an die Frau von Reitzenstein abgesendet hat — Bekant
soll er nicht werden, deswegen sind nur etwa zwanzig Exemplare
gedruckt — Freund Fischer (hier Rector) ist der Verfaßer —
Vor kurzem hatt' ich das Vergnügen Herrn Prof. Müller,
der die Geschichte der Schweitzer ganz im Geist des Tacitus
geschrieben hat, bey mir zu sehen — Haben Sie diese Ge-
schichte noch nicht gelesen, so rath ich alles andre bey seit
zu legeu. Wir haben keinen solchen Geschichtschreiber —
Alle die andern mögen sehr vortrefliche Geschichterforscher
seyn, dieser ist mein Mann! Sein Buch soll in der Schweitz,
und zu Wien, sehr großes Aufsehen machen — Das Neuste
das ich Ihnen melden kan, ist, daß unser Clamer Schmid eine
Laura gefunden hat, für mich nichts angenehmes, denn er sitzt
bey seiner Laura, singt, und liebt seine Freunde nicht mehr
— Der arme Mann!
Diesen Sommer war ich in der Nähe Berlins, und kam
nicht hin — Ich habe keinen Kleist zu Potsdam mehr, und
keinen Sulzer zu Berlin, denn dieser war der eine treu ge-
bliebne
Der Kayaer sagt man, wäre Kayser
Dis ist mein letztes Lied, gesungen den 3*111 Nov. 1780
ich möchte für meinen theuren Uz alle Kleinigkeiten meiner
Musen abschreiben um ihn zu ermuntern, daß er dafür von
seinen Meisterstükken , mir etwas dagegen gäbe, denn gewiß
ist seine Muse nicht müßig gewesen.
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Meine Wercklein sind endlich in einer säubern Hand-
schrift zusammen geschrieben, und ich gehe sehr ernsthaft da-
mit um, sie drukken zu laßen, vermuthlich auf Subscription,
weil ich mit keinem Buchhändler zu thun haben mag — Zu
Leipzig ist 1779 eine der eleudesten Ausgaben erschienen, mit
einer Menge von Stükken, die der elende Samler für die mei-
uigen gehalten hat, es ist ein Elend, wer aber kans hindern ?
156. Uz an Gleim.
Anspach den 26. Dec. 1780.
Herr Graf von Platen hat Ihren Brief mir rich-
tig überschickt. Durch ihn haben Sie auch mein Bildniß er-
halten, das eine Copie von einem guten Pastell-Geinählde ist.
Sie ist ziemlich treü, aber gleicht freylich in ansehung der
Kunst dem Original nicht, nach welchem Bause seinen großen
Kupferstich gemacht hat, aber nicht mit aller Treüe. Ueber-
haupt gleicht mir von den vielen Bildnissen, die nach mir ge-
macht worden, nicht Eines recht, nicht einmal die Silhouetten.
Nunmehr sitze ich keinem Mahler mehr, ich bin zu alt, und
es verlohnt sich der Mühe nicht. Aber sehen will ich, ob
denn Sie nicht einmal für Ihr eigenes Bildniß sorgen werden,
an welchem der Welt mehr gelegen seyn muß, als an meinem.
Sie haben gewiß beßere Gelegenheit, ein gutes Gemähide zu
bekommen, als ich. Vielleicht erhalten wirs vor der neüen
Auflage Ihrer Gedichte, wozu Sie Hoffnung machen. Daß Sie
noch immer Gleim sind, hat mir Ihr neüestes kleines Gedicht-
gen, das Sie Ihrem Briefe beygelegt haben, gezeigt. Aber ich
fürchte, Sie fahren nicht wohl, wenn Sie mit eigenem Verlag
sich beladen. Außer dem vielen Verdruß, der gewiß nicht feh-
let, können Sie auf den geschwindesten Nachdruck rechnen.
Eben deswegen ist der Weg der Subscription nicht mehr so
vortheilhaft, als ehemals.
Für den Liebesgötterkrieg danke ich unendlich. Es ist
sehr angenehm, voll Erfindung und Witz. Den Verfaßer,
Herrn Fischer, kenne ich, als einen geschickten und denken-
den Dichter, aus denen gesammelten Gedichten bey dem Tode
der Frau von Spiegel, welche Sammlung Herr v. Spiegel mir
überschickt hat. Es ist mir ein großes Vergnügen gewesen,
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von einem so ausgesuchten Chor vortrefflicher Männer, bey
Einer Gelegenheit, unterhalten zu werden.
Herr Heinse ist letzthin nicht bey mir gewesen, aber wohl
vor etlichen Jahren, als er in hiesigeu Gegenden sich aufhielt,
und den Petron übersetzte. Ich widerrieth ihm dieses Unter-
nehmen sehr ernstlich, ob ich gleich die Proben seiner Ar-
beit, von Seiten des Geistes, seiner würdig fand. Ich wollte,
er hätte mir gefolgt, und wenigstens die häßlichen Noten
weggelaßeu.
Ich habe Ihnen, soviel ich weis, geschrieben, daß ich dem
Paquet, das Sie mir, vor Einem Jahre, an Bodmern beyge-
geschlossen, auch ein Paar Zeilen von mir beygefügt habe.
Der ehrwürdigste Greis hat mir sogleich geantwortet, und zwar,
soviel ich enträtseln können, auf das freundschaftlichste und
liebreichste.
Herr Hirtzel hat mir durch seine, an Sie gerichtete Bio-
graphie des unsterblichen Sulzers ein wahres Vergnügen ge-
macht, und HE. Müller durch seine Geschichte der Schweitzer
nicht weniger. —
157. Gleim an Uz.
Halberstadt den 27lLn Jan. 1782
— — — Etwas vortreflichs haben sie gemacht, ein neues
Gesangbuch, und ein dortiger Geistlicher, der ein braver Mann
seyn muß, weil Er ihr Freund ist, hat ihnen geholfen — Ich
habe so gleich in den Buchladen geschickt, das neue Gesang-
buch ist aber nicht zu haben — Also, mein Theurer, bitt' ich,
es mir zu senden, ich werd es einführen in meiner Hauß-
Kirche —
Sie haben ohne Zweifel schon unser preußisches allge-
meines Gesangbuch, mit dem ich nicht Uberall zufrieden bin —
Man hat die besten neuen Lieder nicht gewählet, und die
guten alten schlecht verbeßert — Hätten sies nicht, so könnt
ichs Ihnen senden gegen ihr Anspachisches.
In ihrem Alter, mein Bester, scheinen sie Freunde dort
zu haben, wie sie ihnen fehlten in der Jugend ; sie haben auch
noch den Herausgeber und Ubersetzer unsers Anakreons. Die
Übersetzung hab ich noch nicht gesehen, wollten sie sie dem
0 1 e im - U z, «riefwecliscl 27
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Gesangbuch beylegen, und Alles was sonst in ihrer Gegend
für uns heraus gekommen ist, so würd' es mir angenehm seyn
— Ich bringe meine Bücher in Ordnung, die nach meinem
Tode beysammen bleiben sollen, und da fehlt mir manches
Neue —
Daß wir unsern Götz verlohren haben — daran, mein
lieber, mag ich nicht denken, ich weine noch um meinen
Leßing! Die alten Freunde verlaßen mich, sterben, oder wer-
den ungetreu; Sie mein Theurer, sind noch übrig sie sind
immer mir getreu geblieben, möcht ich noch einmahl in meinem
Leben die Freude haben, meinen Uz zu sehn — Noch immer
war's mein vester Vorsatz über Anspach eine Reise vorzuneh-
men in die Schweitz — Die Ermordung Wasers durch Ein
und Zwanzig Zürcher hat endlich diesen Vorsatz wankend ge-
macht, und nun reis ich nicht weiter als nach Anspach zu
meinem lieben Uz, wenn er mich haben will, auf Ein paar
Tage -
Von meinem itzigen Leben kan ich nicht viel Rühmens
machen — ich bereite mich zum Abschied aus der Welt, krame
viel in meinen Papieren und Büchern, um alles in Ordnung
zu bringen, was bisher in Unordnung gelaßen wurde —
Meinem Leßing werd ich ein kleines Denkmahl setzen,
in meinem Garten, eine Urne, mit dem Nahmen Leßing, auf
die andre Seite:
Götz war sein Feind,
Mendelsohn sein Freund!
158. Uz an Gleim.1)
Anspach den 27. Febr. 1782.
Freylich, mein liebster Gleim, habe ich lange gewünscht,
daß ich Sie vor meinem Tode wohl noch sehen möchte. Seit
zwanzig und mehr Jahren haben Sie auch Hoffnung dazu ge-
macht. Ich habe diese Hoffnung längst aufgegeben. leb
glaube, wir beyden haben unsere Reisen auf diesem Erdklum-
pen gethan. Als ich letzthin, in der Gothaischen Zeitung, die
unvermuthete Nachricht von unsers Götze Tode las, sagte ich
zu einem Frettnde, dem HE. HofCammer-Rath Hirsch, der
1) Von Gleims hand: „Empfangen den 23^ Marz. 1782*.
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Sie verehrt und sich empfiehlt: so ist denn auch dieser Todt,
und nun lebt keiner meiner ältesten Freünde mehr, als der
älteste, mein Gleim! Gott weis, welcher von uns beyden des
andern Tod beweinen muß! Ich, mein liebster Gleim, habe
lang genug gelebt, und als Schriftsteller mich überlebt, wie
der Verfaßer des Almanachs für Belletristen, historisch wahr,
bemerkt. Ich tröste mich mit Vater Hagedorn, dem es auch
nicht beßer geht, und fttrchte, die Ewigkeit vieler itzt so hoch
erhobenen Dichter möchte auch nicht länger dauern, als die
meinige. Aber ist es nicht schändlich, daß der arme Götze
so mishandelt wird, als wäre er mit dem Hamburger Götze
gleichen Kalibers? Der Bube muß von diesem feinen und
empfindungsvollen Dichter gar nichts gelesen haben. Ich freüe
mich, daß sein ältester Sohn in Mannheim eine Sammlung der
Gedichte seines Vaters herausgeben wird, und zwar unverän-
dert, wie sie aus deßen Feder gekommen. Es wird, bey dem
elenden Zustand unserer Litteratur, ein großes Geschenk für das
deutsche Publikum seyn, wenn daßelbe anders noch Geschmack
an der ächten Natur und wahrem Witz finden kann, woran
ich ziemlich zweifle.
Hiebey überschicke ich das neüe Anspachische Gesangbuch
das Sie verlangt haben. Da die Erste Auflage mit gröberem
Drucke schon vergriffen ist, so habe ich die zweyte, mit klarem
Druck, abwarten müssen, wobey aber das kleine Gebetbuch
noch nicht abgedruckt ist. Desto beßer ist es zum über-
schicken, auf einem weiten und kostbaren Wege. Ich wünsche,
daß Sie damit zufrieden seyn mögen. Mein Freünd, D. Junk-
heim und ich haben etliche .fahre mit dieser Arbeit uns be-
schäftiget, und es ist eine saure Arbeit gewesen. Zwar ist
schon viel vorgearbeitet: wir haben auch die neüesten Ge-
sangbücher, unter andern das Berliner und Kieler, die wir je-
doch etwas späte erhalten haben, genutzt. Aber oft hielten
wir doch eine neüe Verbeßerung nöthig. Sodann durften wir
das Locale nicht außer Augen setzen, und mußten vornehm-
lich die schon im ältern Gesangbuch gewesenen guten Lieder
zu verbessern suchen. Die alten Lieder haben einen ehrlichen
herzlichen und wirklich populären Ton, den wir durch über-
triebenen Purismum nicht verlieren wollten. Sehen Sie z. E.
27*
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wie kr. 'i:- GerLiri:~rL?n Linier: Ich «in je «lir mit Herz und
M i.':l i». i;r:-i Di h':< ein Mensch p. verbessert habe. Die
r> r:i Li-i-r siv.d vielmals >: rohere u:.d tr.xken. Von meinen
L:^i-rn i. 4be ich nur 2 wer. und diese unfern, einschalten
la~r.. w^it sie sebon in den mei-ten Gesansbüchern stehen:
do»-h Labe ich das bekannte Morgenlied: o gros^r Schöpfer
d. r Xat^r p. populärer und sangbarer zo machen gesucht.
Aus Mangel hinlänglicher Exemplarien hat das Gesangbuch
n«-ch nicht allgemein eingeführt werden können, obgleich die
Au.x ..dignrg schon längst und ohne Sehwfirigkeit geschehen.
Ich horte. da-> bis Pfingsten die gänzliche Einführung ge-
s<-Lehen kann. Inzwischen wird in der Hofkirche sch^n lange
darans gesungen. Es fehlt freylich nicht an trüben Gesich-
tern, wie bey ali^n neuen Dingen. Aber der Marggraf hat.
7 im Zeichen seiner Zufriedenheit, mir und meinem Mitarbei-
ter, einem jeden eine goldene Medaille 24. Dnkaten an Werth,
zustellen laßen.
Der neüe Übersetzer Anakreons. M. Degen, ein junger
rfi-tiger Mann. von dem sich noch viel hoffen läßt, ist Lehrer
am hiesigen Gyninasio illustri. wohey ich Scholaren mit bin.
und ihn daher zum Oftern spreche. Es hat ihm sehr ge-
schmeichelt, daß der deütscbe Anakreon seine Übersetzung zu
sehen verlangt, und er empfiehlt sich gehorsamst. Ich schicke
Ihnen nebst seinem Anakreon. auch seinen Tibull. und eine
hier gedruckte Übersetzung der Lieder Saloiuons. Freylich
i>t es eine Verwegenheit, nach einein Herder und Gleim diese
Lieder nochmals zu übersetzen. Ihre Arbeit scheint er nicht
zu kennen. — — —
159. Gleim an Uz.
Halberstadt den 2'- Juny 1783.
Da les' ich diesen Augenblick, mein ewig Theurer! in
dem, was Meister über Bodmer, mich dünkt zum Anfang nur,
vortreflich geschrieben, daß man aus des großen Mannes lez-
ten Zuschriften an Uz ersehen konnte, wie viel toleranter
der achtzigjährige Bodmer gewesen gegen die Dichter des
Weins und der Liebe, als der jüngere Bodmer — Zuschrif-
ten ist zwevdeutig — sinds Zuschriften von Büchern? oder
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sinds Briefe? Briefe vermutlich! — Diese Briefe dann, mein
Theurester, möcht' ich lesen, niöcht' ich in Abschrift haben;
und, wenn sies erlaubten, mocht' ich sie drukken laßen. Briefe
sind Spiegel der Seelen. Man sieht darinn die Abdrükke des
Geistes und des Herzens so völlig wie das leibliche Gesicht eines
Menschen im Spiegel von Glaß; in Briefen aber nur die nicht
zum Druk, und nicht einmahl mit dem Gedanken, daß sie
einmahl gedrukt werden könnten, geschrieben sind! Briefe
sind die besten Dokumente zu Biographien — und Bodmers
Leben verdient beschrieben zu werden, bis auf die kleinsten
Umstände mit Belegen der uuwiederleglichen Wahrheit — er
war ein allzu großer Mann, ein Held in meinen Augen! —
Sie glauben nicht, mein Thenrer, wie so sehr noch immer ich
bereue, daß ich den Briefwechsel, mit dem großen Mann, nach
seinem Streit mit Klopstok abgebrochen, und ohngeachtet, der
Überzeugung, daß Bodmer entschuldigt werden könnte, seine
lezten Briefe nicht beantwortet habe — Diese Sünde, bester
Uz, gedenk' ich gut zu machen, durch Beförderung alles deßen
was in meinen Kräften steht zur Ehre meines Bodmers. Also
z. E. will ich seine Briefe drukken laßen, aufs sauberste, (wie
Pope's Versuch vom Menschen Hamburg 1783) bey Hoffmann,
alle seine Briefe, wenns möglich wäre sie alle zu bekommen!
weils aber nicht möglich ist, nur diean Uz und Gleim -
Und so, mein Theurer, kommt auf einem Titulblat mein
Nähme, bey zweyen Nahmen meiner Heiligen zu stehn, und
wer die Briefe liest, erfährt, daß beyde meine Freunde waren
— Ist das Stolz? Stolz nicht, du Frager! Ehrbegierde mag
es seyn! Principibus placuiße viris non ultima laus est. Die
Menschen mögen reden was sie wollen, was beküramerts mich ?
Wir gehen unsern Gang. Ich laße die Briefe drukken ohne
Sternchen bey den Nahmen, versteht sich, was nur Meinung
ist, und nichts geschehenes das schlimme Folgen haben kan —
und Sie, mein Theurer, haben nichts dawieder, und geben mir
Abschriften von einer guten leserlichen Hand der Briefe die
sie haben von dem großen Bodmer so bald als möglich,
weil ich wollte, daß die Briefe Bodmers an Uz und
Gleim die künftige Michaelis Meße herauskommen könn-
ten. —
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Herder ist bey mir gewesen Vierzehn Tage — Lesen sie
doch des großen Mannes Geist der ebräischen Poesie! —
160. Uz an Gleim.
Anspach den 18. Jim. 1783.
Ich habe es also HE. Meistern, deßen Schritt über Bod-
iuern ich noch nicht gelesen, zu danken, daß ich endlicli wie-
der einmal eine Zeile von meinem theüersten Gleim zu Gesicht
bekomme! Ich bedauere nur, daß er Ihnen eine vergebliche
Freude gemacht. Er spricht von Zuschriften, und ich habe
nicht mehr, als Einen Brief von Hodmern erhalten, und auch
meiner Seits niemals mehr, als Einen an ihn geschrieben. Es
ist, wie Sie leicht glauben werden, niemals eine ordentliche
Correspondenz unter uns gewesen. Er hat mich für seinen
Feind gehalten, und als einen solchen behandelt. Aber das
war ich niemals. Sie müssen sich von unsern ersten Zeiten
her erinnern, daß ich ihn als meinen Lehrer in der Dicht-
kunst verehrt habe. Aber seine Dichtart wollte mir nicht
behagen. Daß ich es sagte, zog mir den Haß der Schweitz
zu. Der junge VVieland wurde aufgefordert, mich zu lästern,
und er thats. Auch Dusch vereinigte sich mit ihnen. Ich
schwieg denn auch nicht. Es that mir aber im Herzen
wehe, von einem so verdienten und rechtschaffenen Manne,
wie Bodmer gewiß gewesen, mich angefeindet zu sehen. Als
ich demnach vor ein Paar Jahren von Ihnen, mein Theüer-
ster, einen Brief erhielt, um solchen Bodmcrn zu schicken,
so schrieb ich zugleich an ihn, versicherte ihn mit aufrichti-
gem Herzen meine wahre Hochachtung, und wünschte hö-
rnernem zunehmenden Alter nicht seinen Unwillen mit ins Grab
nehmen zu dürfen. Er antwortete mir sogleich mit dem edlen
altherzlichen Wesen, das ihm eigen war. Seinen Brief zu ent-
ziffern, mußte ich alle Schreib verständigen um Rath fragen.
Ich lege das Original hier bey, disponiren Sie damit nach
Ihrem Gefallen. Aber Sie werden bald sehen, daß daraus
nicht das folge, was HE. Meister daraus folgerte: es ist eines
ehrlichen Mannes Gegen-Oompliment auf ein erhaltenes Coui-
plimeut. Ich schrieb Ihnen zu seiner Zeit den ganzen Vor-
gang. Wullen Sie seine Briefe drucken laßen, so bitte ich
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Sie, zu bedenken, daß Sie mit dergleichen Dingen sich schon
ehemals vielen Verdruß zugezogen. Bodmern, der todt ist,
können Sie nicht mehr beleidigen, aber die noch lebenden,
die er vielfältig nicht geschont haben wird. Er war von
seiner Meinung so tiberzeügt, daß er keinen Widerspruch dul-
dete; und er hatte gewiß nicht immer Recht. Also einige
Auswahl möchte doch anzurathen seyn. Ich wenigstens mag
in meinen alten Tagen keinen Streit haben. Es ist auch, bey
der jetzigen anarchischen Periode, wenig Ehre, sich unter das
junge rohe Volk zu mischen. Ich weis, der vortreffliche Her-
der wird meiner Meinung seyn. Sein Buch über die Ebräische
Dichtkunst habe ich vorlängst mit Vergnügen gelesen, und
mich gefreüet, daß ein zweyter Theil herauskommt. —
161. Gleim an Uz.
Halberstadt den lt£2 Febr. 1784
Länger, mein theurester Uz, darf ich nicht warten ! Wer
weiß, haben Sie nicht schon die Episteln gekauft, von wel-
chen ich das erste Exemplar, meinem, Gottlob ! noch lebendem
ältesten, und treusten Freunde so gleich mit der ersten Post
übersenden wollte. Tausend, und aber Tausend Abhaltungen
sind dazwischen gekommen, zuletzt, der Tod des Bruders, den
ich liebte, wie den besten meiner Freunde. So ein vortref-
licher Mann war er!
Sie sehn, mein Theurer! daß es, mit einer guten Aus-
gabe meiner Werke, mir ein Ernst ist. Mit diesen Episteln
wollt ich den Anfang machen, die Fabeln und die Romanzen,
sollten nachfolgen in zweyen Bänden — dann die Lieder in
vieren, dann die — die — die — Die Handschriften sind fer-
tig, und doch wer weiß, ob ich dennoch nicht darüber hin-
sterbe. — — --
Das Reisegespräch des Königs ist von Wort zu Wort so
vorgefallen Haben wir von Titus, oder von Heinrich dem
Vierten, ein Dokument das diesem gleich ist? Hätten wir
doch alle die Gespräche des Königs, aufgeschrieben, nur wie
dieses, so hätten wir die herrlichsten Materialien zu einem
preußischen Plutarch ! Wir werden, glaub* ich, nimmer einen
guten Geschichtschreiber bekommen, nachdem wir kalt genug
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gewesen sind, den deutschen Tacitus, ich meine den Johannes
Müller, der, so vortreflich, im Geist des Römers, die Geschichte
der Schweitzer geschrieben hat, wegzulaßen aus Berlin, wo-
hin er mit dem vesten Vorsatz, ein Preuße, zu leben, und zu
sterben, vorher aber die Geschichte der Preußen zu schreiben
gekommen war ! Solch einen Enthusiasmus für Preußen, und
den König der Preußen, fand ich nicht in irgend einem Preu-
ßen! Er hat sich bey mir aufgehalteu etliche Wochen! lebt
jetzt zu Genf, und wird nicht wieder zu uns kommen.
Traurig ists, mein bester! daß die besten Köpfe nicht in ihre
rechte Lage kommen, in ihren rechten positum corporis, mit
unserm Wolf zu reden, welcher leider schon vergeßen wird!
Mein Uz wird [nicht] vergeßen! Ich höre, mit großem
Vergnügen, seine Lieder singen, und vorlesen in allen unsern
Gesellschaften —
Unser Fischer, Rector der Dohmschule, die aus etlichen,
und sechzig Primanern besteht, erklärt sie seinen Schülern,
neben Horaz und Anacreon, Sie kennen ihn vermutlich aus
seinen fliegenden Blättern, die zu Deßau herauskamen —
Erfreuen sie den alten Gleim doch bald, mein Theurer,
mit einem Schreiben ; und sagen sie nur Etwas ihm zum Trost,
über die Episteln, mit welchen Er nicht mehr zufrieden ist,
seitdem sie können gelesen und bekrittelt werden von alle
dem Geschmeiß, das um dem Bloksberg schwermt, und um den
deutschen Helikon! —
162. Uz au Gleim.
Anspach den 2Ü? März 1784.
Tausend Dank für Ihre herrlichen Episteln, liebster Gleim.
Sie tragen das ächte Gepräge der Gleimischen Muse. Die
kräftigen Gedanken werden durch den starken und doch Sim-
peln, Ihnen eigenen, Ausdruck noch mehr erhoben. Seit dem
vortrefflichen Halladat, ist nichts von gleicher Stärke aus Ihrer
Feder gekommen. Das Reisegespräche des großen Königs ist
ein sehr intereßantes Stück, und wird gewiß den größten Bey-
fall erhalten, wenn es bekannt wird. Denn bis jetzt weis nie-
mand etwas davon, so wenig als von Ihren Episteln. Das ist
die schlimme Seite des eigenen Verlags.
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Meine Freünde, die Sie mit Iiiren Episteln beschenkt haben,
danken anfs verbindlichste für dieses Geschenk. HE. IlofCam-
inerRath Hirsch erfreüt sich insonderheit Ihres fortdauernden
Andenkens. HE. General-Superintendent Junkheim sublim i feriit
sidera vertice, als er Ihr Geschenk erhielt, und hieß mich Ihnen
schreiben, daß er Ihnen für den herrlichen Brief an Herder,
er wolle nicht sagen, seinen Segen ertheile, sondern den Segen
des Höchsten anwünsche. HE. M. Degen wird mit künftiger
Ostermeße sich selbst bedanken, und vermuthlich ein neües
Product von ihm bey legen. Nun erhalte Sie Apollo bey dem
guten Vorsatz, auf diese Art alle Ihre Gedichte, die Sic zu er-
halten wünschen , herauszugeben ! Gott gebe Ihnen Gesund-
heit und Ruhe des Gemüths, welche durch den Tod Ihres Bru-
ders ziemlich gestört worden ist. Ich entsinne mich aus Ihren
ältern Briefen, daß er nicht nur Ihr Bruder, sondern auch Ihr
Freünd gewesen. Ich weis, wie tief man in unserm Alter den
Verlust solcher Personen fühlt, von denen man liebreiche Sorg-
falt braucht und erwartet. Gott hat mir nur noch Eine Schwe-
ster zu meinem Tröste erhalten. Sie ist durch Ihr gütiges An-
denken sehr gerührt worden, und dankt Ihnen dafür höch-
stens. Bleiben Sie, wie Sie sind, alter Freünd! In unserm
Alter muß man nicht ändern. — — —
Ich kenne HE. Rektor Fischer von einer sehr vortheil-
haften Seite, und bin daher stolz darauf, daß er meine Ge-
dichte etwas achtet, er, der selbst ein guter Dichter ist, wenn
er anders Verfaßer vom Liebesgötterkrieg ist.
Sie haben ja auch HE. Schmidt bey sich, deßeu poetische
Briefe ich unlängst erhalten und mit Vergnügen lese.
163. Gleim au Uz.
Halberstadt den 1211? Jan. 1785.
Ohnmöglich, mein theurer Uz, kan ich den Herrn Geh. Rath
von Metseh, der einige Tage bey uns gewesen ist, nun aber
plötzlich abreisen will, abreisen laßen, ohn' Ihm ein Paar Zei-
len mitzugeben , an meinjen] geliebtesten ältesten Freund, von
dem ich in so langer Zeit nun schon nichts vernommen habe —
Daß Sie arbeiten an einer besten Kirchen Agenda, zugleich
mit dem vortreflichen Jungkheim, das zwar, raein bester, hab'
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ich erfahren, und oft mich hingedacht zu Ihnen, an Ihren Ar-
beitstisch — Gebe der liebe Gott, daß diese wichtige Arbeit,
wichtiger bey nah, als die Arbeit bey dem herrlichen Gesang-
buch, den beyden Meistern gerathe, so wohl, daß sie Muster
werde, den andern Kirchenvätern die auch beschäftigt sind,
mit solcher Arbeit —
Mein Befinden ist bisher so wohl gewesen, daß ich sehr
fleißig an der Ausgabe meiner Gedichte habe arbeiten können.
Auch hab* ich eine Menge neuer Lieder und andrer Kleinig-
keiten den alten noch beyfügen können — Könnt ich meinen
ewig geliebten Uz zum Vertrauten meiner Musen machen, dann
so solten ihre Spielwerke wohl um vieles vollkomner seyn —
Wir wollen hier den Geburthstag unsers Nestor Friedrichs
feyreu; der Adel, und die Bürgerschaft, jede Claße besonders —
Was es werden wird, weiß ich nicht, man hälts von beyden
Seiten geheim —
Der preußische Grenadier ist darüber in Eifersucht ge-
rathen, und hat, das E t w a s heute gesungen, das er für seinen
Uz abschreiben läßt — Wird's noch fertig, so leg' ichs bey!
Ihre Muse, mein Theurer! hat bisher geschwiegen; laßen
sie doch von ihren geheimsten Liedern mir einmahl wieder et-
was lesen!
Meine hiesigen Musenfreunde sind Fischer, und Schmidt.
Daß Freund Jacobi zum Kayser übergegangen, das wißen
Sie!
Stamfort ist diese Tage bey mir gewesen ! Er singt noch
immer Fabeln, und Romanzen — und wühlt zugleich in Zah-
len; er ist ein großer Allgebraist — Wir haben viel mit ein-
ander gesprochen von Uz — und Götz —
Was halten Sie von Ramlers lyrischen Blumenlese? Nicht
viel, vermuthlich! Er hat eine Menge von unsern schlechte-
sten Liedern aus Freundschaft aufgenommen - Die Fabellese
dünkt mich noch schlechter — Und unsre Trompeter trom-
peten sie aus, als eine Lese, die kein andres Volk so aufwei-
sen könnte —
Ramler ist der Herausgeber der Gedichte die unser Gütz
vor vielen Jahren mir zur Herausgabe zustellte — Wir werden
also den wahren Götz wohl nicht bekommen.
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164. Uz an Gleim.
Anspach den 23. März 1785.
Ihr freundschaftliches Briefchen vom 12!£? Jan. liebster
Gleim, ist freylich etwas spät an mich gelanget, weil 1IE. Geh.
Rath y. Metsch nicht gerade von Halberstadt nach seinem
Bayreuth ischcn Oberamt gegangen, von wannen mir Ihr Schrei-
ben zugeschickt worden. So viel ich weis, ist er noch nicht
hier. Inzwischen Ihr Schreiben war mir herzlich angenehm,
vornehmlich daß ich daraus sehe, daß Sie gesund und heitern
Geistes sind, und an der neüen Ausgabe Ihrer Gedichte arbei-
ten. Das ist eine herrliche Sache! Ich bewundere und be-
neide Sie, daß Sie, auch alt, noch so leicht gute Verse machen.
Das zeigt das Gedichtchen auf Ihren großen Friederich, das
Sie mir geschickt haben. Sie sind hierinn vnicus. Ich schreibe
keine Verse mehr, das glauben Sie meinen Worten; und wenn
nach meinem Tode Verse von mir erscheinen, die nicht gedruckt
sind, so halten Sie solche nur für unächt
Es ist eine ganz falsche Sage, daß ich au einer Ans-
pachischen Kirchen-Agenda arbeite. Jungheim hat hiezu den
Auftrag, und wird sich schon Zeit dazu nehmen: denn es ist
eine kützliche Sache. Wie sollte aber ich, Laye, zu diesem
Geschäfte kommen V Kirchenlieder zu verbeßem, ist noch et-
was für jeden Dichter, wenn er gleich nicht Theolog ist. Aber
Kirchen-Ordnung? Doch ich darf mich darüber nicht wun-
dern, da mich Meüsel noch immer, ganz wider alle Wahrheit,
für den Verfaßer der hiesigen Feüerordnung ausgiebt.
Meiu Freünd Jungheim hat sich sehr über Ihr gütiges
Andenken gefreüet, und bittet mich, ihn meinem vortreff-
lichen Freunde zu empfehlen. Auf Götzens Gedichte freüe
und fürchte ich mich : wenn seine angenehme Nachläßig[keitj *)
im Ausdrucke weggeschliffen wird, o wehe!
165. Uz an Gleim.
Anspach den 3l™ October 1786.
Seit geraumer Zeit lese ich in den Zeitungen immer von
dem berühmten Herrn Gleim: Bald ist er zu dem großen König
1) Mit dem Hiegel ausgerissen.
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großen König gerufen worden, und hat mit ihm über den Zu-
stand der deutschen Litteratur conferirt: Bald hat er seinen
Hut geerbet: Bald hat er an den neüen König geschrieben,
und ihm die deutschen Musen, nicht ohne Würkung, empfoh-
len. Ich hätte wohl erwarten können, daß Sie, mein Liebster,
selbst von allen Ihren glücklichen Abentheuern an Ihren alten
unbertthmten Freünd einige Nachricht ertheilen würden. Wenig-
stens hoffe ich von der Conferenz wieder eine so meistermäßige
detaillirte Nachricht, wie von der ehemaligen kleinen Reise
des großen Mannes. Etwas auf seineu Tod erwarte ich zu-
verläßig von dem Preußischen Grenadier. Vergeblich muntert
er andere zum Singen auf: er selbst muß singen, und nie-
mand kann es beßer, als er. Und wer soll denn sonst singen ?
Rammler wird zwar, da er zudem eine längst verdiente Pen-
sion erhalten, gewiß nicht schweigen, und von ihm läßt sich
etwas Schönes erwarten. Aber, wer sind sie sonst, die Sänger,
die einen Friederich würdig besingen können? Gewiß mein
theüerster Freünd, wenn Sie etwas zum Vortheil der deut-
schen Musen unternehmen wollen — und ohnfehlbar geht Ihr
patriotischer Kopf mit Projekten schwanger — so thun Sie
bald dazu, ehe auch der Saame von Dichtem in Deütschlaud
vollends ausgeht. Denn ich sehe fast keinen Nachwuchs, der
mir große Hoffnung macht. Hat man doch, um die Prämie
auf den Herzog Leopold austhcilen zu können, ein Paar Schwa-
ben krönen müßen, deren pomphafter brausender Ton freylich
den Ohren unsere Zeitalters am lieblichsten klingt. Doch da-
für mögeu die Musen sorgen ! Ich kann die gehotften schönen
Tage der deutschen Litteratur nicht erleben. —
166. Gleim an Uz.
Halberstadt den 23i£? Dec. 1786
— — — Von gestern ein Jahr, das ist, von dem Tag
an, an welchen ich den Einzigen zu sprechen endlich am Ende
seines und meines Lebens das Glük noch hatte, bis zu seinem
Aufflug zu den höhern Wesen, nicht Tode, wollt ich alle Tage
Ihnen schreiben, und konnte nicht, immer bliebs bey den Ge-
danken an meinen Geliebtestcn ! Endlich, mein Theurer, reiß
ich micli loß, von den Banden, den Ketten, die mich feßeln
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an tausend nur irrdische Dinge, reiße mit Gewalt mich loß,
ehe das Jahr zu Ende läuft, und sag' Ihnen, mein Theurer,
vom Gespräch mit dem Einzigen, den ich den Göttlichen künf-
tig nenne, weil Einziger mir nicht genug thut, nichts, weil
sie das Gespräch von Wort zu Wort einst lesen sollen, einst,
das ist, nicht lange hin, spätestens im May, Nichts von seinem
Aufflug zu den Unsterblichen, davon geh ich Ihnen Etwas zu
lesen, nichts von Allem dem Übrigen, sag' Ihnen nur,
daß ich, so schweigend auch ich Ihnen vorkommen muß, nicht
schweige, daü ich täglich, bey allen Gelegenheiten spreche von
Ihnen, daß ich mit dem Göttlichen gesprochen habe von Ihnen,
daß ich dein Nachfolger des Göttlichen, der öffentlich zum
Beschützer unsrer Musen sich erklärt hat, durch die Antwort
an mich die, ohne mein Zuthun in der Berlinischen Hoff-
Zeitung erschienen ist, daß ich dem das Wahreste, noch in
diesem Leben sagen möchte von Ihnen, dieses, daß Sie unser
Horatz sind, mehr als Rainler, und irgend Einer unsrer Dich-
ter, und also, daß Sie verdienten der Liebling eines Augustus,
oder Titus zu seyn. Titus will der liebe König seyn, unsre
Dichter nennen schon ihn unsern Titus, er ists auch, ich aber,
Theurer, unter uns, ich fürchte, daß er den Bey nahmen
des Allzugütigen einmahl erhalten wird — Sie haben recht
es braust in meinem Geist, so alt er ist, von Entwürfen zum
Besten unsrer Musen. War ich zu Berlin, so hätt ich Hoff-
nung Sie ausbrausen zu laßen — Hinzukommen aber, auf hin-
längliche Zeit, ist schwer, meine hiesigen Geschäfte binden
mich, wär ich frey, so sollte mein lieber Uz selbst der doch
kein Geisterseher ist, und nicht so leicht, wie Lavater
Wunder sieht, noch Wunder sehn!
Geduld, mein Theurer ! Die Götter werden's fügen, wie's
seyn soll, werden auch, wenn's seyn soll, die Faunen, die unsern
Parnaß umschwärmen, in ihre Wildniße zurück verweisen —
Wir, mein Theurer, wollen dem schönen Natürlichen bis ans
Ende treu verbleiben; die Brauser werden ausbrausen und ster-
ben ; Sie, raein Theurer Un berühmter! werden ewig leben ! —
Die goldenen Sprüche bitte nicht aus den Händen zu ge-
ben, (sie sind nur für Freunde gedrukt) damit sie nicht in
Nachdrukker Hände gerathen, weil nächstens eine vermehrte
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Ausgabe erscheinen wird. Die Fabeln sind fertig; nächstens
send ich Ihnen ein Exemplar!
Von den goldnen Sprüchen des Pythagoras haben Sie,
mein bester die erste Ausgabe von 1775 ohne Zweifel, diese
zweyte, hoff ich, wird etwas mehr Ihren Beyfall haben ; der
Anhang besteht aus nicht goldenen Sprüchen, gefallen sie
meinem Uz etwa durch die reine Wahrheit und Sittenlehre,
so sieht der Spruchmacher sich mehr belohnt für seine
Nachtwachen (denn sie wurden alle gemacht in diesem Jahr
in schlaflosen Nächten, und die Anläße dazu bey Tage, waren
die Eingebornen, oder die Musen) als Ramler für die seini-
gen. —
Herders zerstreute Blätter haben ohne Zweifel auch meinem
Uz sehr vieles Vergnügen gemacht ; daü er nach Berlin kommen
werde, mag wohl bloßes Gerücht seyn, zu Berlin weiß man
nichts davon. Izt arbeitet der vortrefliche Mann am 3— Theile
seiner Ideen. Wieland übersetzt den Lucian, Er, der selbst
Lucian seyn könnte sollte nicht Übersetzer seyn.
1«7. Uz au Gleim.
Anspach den 15. Jänner 1787.
Mein theüerster Freünd ! Ihr lieber Brief vom 23. Dec.
des abgewichenen Jahres, den ich aber freylich erst in diesem
Jahr erhalten, hat mich sehr erquickt. Es ist ein großer
Trost für mich, in meinem Alter, doch noch Einen und so
vortrefflichen Freünd, Übrig behalten zu haben, der mit mir
sympathisirt. Ich würde sonst wie isolirt in der Welt leben.
Alle Freünde meiner Jugend sind dahin. In spätem Jahren
macht man sich nicht leicht neüe Freünde, wenn man auch
Bekannte hat, mit denen man sich ein Paar Stunden amüsirt.
Nur Jungheim, der freylich um vieles jünger ist, lebt noch,
und hält viel von meinem Gleim. Da ich nicht mit Ihnen
leben kann, so müßen Ihre Briefe Ihre Stelle bey mir vertreten,
die mir jetzt nöthiger sind, als sonst. Aber Ihre Geschäfte
und Zerstreuungen leiden es nicht, daß ich so oft Briefe von
Ihnen haben kann, als ich wünsche, und ich bin nicht unbe-
scheiden. Ich begnüge mich, wenn ich nur von Zeit zu Zeit
ein Paar Zeilen von Ihnen sehe, und die Producta Ihrer Muse
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erhalte. Ich danke für alles, was Sie mir geschickt haben.
Sie werden Ihrem großen Könige gewiß ein würdiges Denk-
mahl errichten. Auf das Gespräch mit demselben bin ich or-
dentlich ungeduldig. Die Pythagoräischen Sprüche habe ich
mit Vergnügen gelesen. Ich habe sie zum Theil mit der ersten
Auflage verglichen, und ansehnliche Verbeßerungen gefunden.
Es freüt mich, daß Sie auch an der Versification gefeilt haben.
Diese wird gar zu sehr vernachläßiget, und Herder, den ich
ungemein verehre, hat wegen seiner Übersetzung der Antho-
logie in der Bibliothek der schönen Wissenschaften eine harte
Censur deswegen erfahren. Ich lese selbst seine Prose lieber,
als seine Verse. Junge Letite steifen sich inzwischen auf den Vor-
gang so großer Männer, und schreiben ganz regellos. Herder
bleibt immer einer unserer vortrefflichsten Scribenten: aber es
sollte mir wehe thun, wenn er den nicht minder vortrefflicheu
Spalding verdrängte. Doch das sieht ihm nicht gleich.
Wieland ist dermalen die stärkste Vormauer wider den
eindringenden schlechten Geschmack. Er mag in Prose oder
in Versen schreiben, so bleibt er der Natur getreü und immer
meistermäßig. Die Uebersetzung Lucians ist seinem Geiste ganz
angemeßen, und ich wünsche, so lange zu leben, daß ich sie
lesen kann. Die Musen mögen Ihnen, bey Ihren Entwürfen
zum Nutzen der deütschen Dichtkunst kräftigst beystehen !
An Ihrem Eifer zweifle ich nicht, aber an einem glücklichen
Erfolg. —
1(58. Gleim an Uz.
Halberstadt den 3!LU Febr. 1787
Hier, mein bester, theurester! send' ich Ihnen meine Fabeln;
Herders Kinder bekamen die ersten; weil der Vater mich mahnte;
sonst hätt' ich meinem Utz das Erste Exemplar schon längst
gesendet — Vor dem Tode des Einzigen waren Sie schon
fertig, ich wollte die Zuschrift an den nunmehrigen Cronprinzen
umdrukken laßen ; wegen vieler Amtsarbeiten könnt' ich nicht
dazu kommen, und noch izt bin ich nicht aufgelegt, zu diesem
kleinen Autorgeschäfte! Dieser wegen kann ich das Büch-
lein in den Buchladen noch nicht abgeben, und bitte daher
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meinen lieben Freund, es nicht aus den Händen zu geben, so
lange bis er hört, daß es in den Buchladen zu haben ist.
Sie haben sehr recht, mein lieber Freund! Mit unserm
Geschmak siehts jämmerlich aus, in unserm heil. Romischen
Reith — Ich habe deswegen so wenig Lust zur Herausgabe
meiner sämtlichen Werke. Man kann sie zahlen, die wenigen,
dies wehrt wären, daß man so unendlich Tiel Muhe sich ge-
geben hat ! Meinem Uz und etwa noch dreyen meiner Freunde
möeht' ich alles zu lesen geben , was in meinem Schreibepult
noch liegt — und sagten Sie, daß es Ihren ßeyfall hätte, so
wär' ich zufrieden. Der Beyfall der ganzen übrigen gelehrten
Welt bekümmerte mich nicht — Also, mein Theurer, sagen
Sie mir ehrlich und redlich, ob einige meiner Fabeln Ihren
Beyfall haben ? oder ob nur die Eine : Die Biene und d i e
Gärtner eine Stelle verdient in einer Blumenlese? — Sie
wißen vermutlich, daß Raniler in die seinige nur diese Eine
aufgenommen hat; in der Absicht ohne Zweifel, dadurch zu
verstehn zu geben, daß die andern alle, keinen solchen Ehren-
posten verdienen. — — —
Iß». Uz an Gleim.1)
Anspach den 27. Febr. 1787.
Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, liebster Freünd, für
Ihr Fabel-Büchelchen. Es ist voll Bonsens und verdient, bey
Erziehung der Jugend fleißig gebraucht zu werden. Ich selbst
werde fleißig darin lesen. Zwar will ich nicht behaupten, daß
alle nach dem schulgerechten Leisten der Fabel Probe halten
würden: es sind manche darunter nur kleine versificirte Er-
zählungen, die aber immer einen nützlichen heilsamen Gedan-
ken enthalten. Daß HE. Rammler nicht mehr, als eine da-
von, unter seine auserlesene Fabeln aufgenommen habe, nimmt
mich nicht Wunder, da ich die Verhältnisse wie sie gegen
einander stehen, kenne. Überdem hat der Mann seinen eige-
nen Geschmack, wie aus allen seinen Blumenlesen zu sehen.
Man weis oft nicht, warum er Stücke wählt, oder verwirft,
ob ich gleich glaube, daß er immer Ursachen seiner Wahl an-
zugeben wißen wird, die für ihn gültig seyn mögen. Er be-
1) Von (Jleiins hand: Jjcantw. den 24i^ May 1787-.
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wundert nur das Korreckte, und korrigirt deswegen fremde
Stücke so lange, bis er sie, wenigstens, nicht beßer macht.
Daß Sie schon sobald an eine neüe Ausgabe von den
goldnen Sprüchen des Pythagoras denken, gefallt mir nicht.
Ich will glauben, daß die in Ihrem Pulte liegenden Sitten-
sprüche von gleicher Güte mit den schon gedruckten sind :
aber wenn sie keine große Vorzüge von diesen haben, so machen
sie wenig Sensation. Geliert hat bloß deswegen mehrere von
seinen spätem Fabeln nicht drucken laßen , weil sie nicht
besser gewesen, als die bereits gedruckton. Sodann wird den
Freünden Ihrer Muse der Ankauf Ihrer Gedichte noch mehr
erschwehrt. Sie kommen ohnehin selten in den Buchhandel,
und sind deswegen Ihre neüeste Produckte aüßerst selten. Ich
schmeichle mir, eine vollständige Sammlung zu haben, und
werde daher, da ich sie für eine Seltenheit halte, die es in
künftigen Zeiten noch mehr seyn wird, (denn Gleims Gedichte
dauern gewiß) Sorge tragen, daß sie nach meinem Tode einer
öffentlichen Bibliothek zu Theil werde. Die Nachwelt urtheilt
billig.
Ich danke Ihnen für die freundschaftliche Einladung nach
Halberstadt. Ich bin gewiß, daß ich die beste Aufnahme von
Ihnen und Ihren lieben Angehörigen finden würde, daß ich in
Ihrem Umgange die größte Freüde meines hinwelkenden Lebens
finden würde, daß wir uns tausend Dinge sagen würden, die
sich nicht schreiben laßen. Aber ich bin zu alt zum Reisen :
da ich in jüngern Jahren wenig gereiset bin, so habe ich
keine Erfahrung, und würde leicht Schaden nehmen, wenig-
stens immer fürchten, Schaden zu nehmen. Sie sind im Alter,
wie Ihr großer König, immer thätig, und haben immer viel ge-
reiset. Mich feßelt eine gewiße Vis Inertiae an mein Schnecken-
haus, und ich werde es wohl so leicht nicht verlaßen, bis ich in
die höhern Wohnungen abgerufen werde, wo ich meinen alten
liebsten Freünd mit mehrerer Sicherheit umarmen werde.
170. (ileini an Uz.
Halberstadt den 24'™ May 1787
Meinem Uz gefällt nicht, daß ich so bald schon, an eine
neue Ausgabe von den goldiHMi Sprüchen des Pythagoras denke —
Q 1 e i oi - U x , Briefwechsel. 28
431
Meinem Uz aber will ich gern überall gefallen , also m u G
ich Ihm nur sagen, daß die so genente neue Ausgabe keine
neue Ausgabe ist ; sondern eigentlich die erste. Die, nur sehr
wenigen Exemplare der Ausgabe, von welcher ich Ihnen, mein
Theurer, eines schickte, können wohl eine Ausgabe nicht ge-
nennet werden — Sie setzen hinzu: So dann wird auch den
Freunden ihrer Muse der Ankauf ihrer Gedichte noch mehr
erschwert ! Sorgen Sie nicht, mein Lieber ! Meinen Freun-
den bin ich nie beschwerlich gefallen — Ich habe die Kosten
getragen, und die Auflagen verschenkt, an alle die sie haben
wolten; von den Kriegesliedern bey zweytausend Exemplare,
von andern meinen Gedichten, als z. E. dem rothen Buche hab*
ich, bey hunderten, die Exemplare weggegeben !
Eine vollständige Samlung von allem meinem Gedichteten
hab' ich selbst nicht — Manches ließ ich drukken, und be-
hielt nicht ein Exemplar für mich. So z. E. kann ich von
der Schäfer und Bürgerwelt keine Handschrift mehr finden*
und ein gedruktes Exemplar nicht auftreiben. So gleichgültig
gegen seine Geisteskinder wie ich, war nie ein andrer Vater
— Auch bin ich äuserst gleichgültig gegen den Beyfall der
Menge — der, eines Kleist, eines Uz, ist mir statt deßen, den
die meisten Gelehrten sich zu erwerben unendliche Mühe geben !
Beweisen kann ich diesen Kaltsinn damit, daß in meinen
Bücherschränken manche gedrukte Sachen noch liegen , die
liegen blieben, so bald sie gedrukt waren.
Hier, mein bester! empfangen Sie wieder einen Hinwurf
ihres Freundes; in recht eigentlichem Verstände nur ein Hin-
wurf aus Geist und Herz aufs weiße Papier — Zeit zum Blü-
ten laßen, wie Pope1), hab' ich nicht; wärs nicht gleich, so
bald gedrukt, als hingeschrieben, so würd* ich manches nun
beßern ; daß ich nicht aufhöre zu beßern, sehn sie aus dem
beygehenden Exemplar des Freudenliedes. An den Oden ist
auch schon gebeßert.
Sie reden von hinwelkendem Leben — weil sie nicht rei-
sen, mein bester, so welkt ihr Leben noch eher als das meinige.
Zwar sitz ich auch sehr viel, aber ich mache doch zuweilen
Reisen von etlichen Meilen, und alle Jahr, wenns möglich ist.
1) Ueber f?e*trii'heneni „Kamler*.
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eine große Reise; dieses Frühjahr wärs losgegangen zu meinem
lieben Uz, wenns nur nicht gar zu weit gewesen wäre. Bis
zu Ihm giengs noch, aber auf halbem Wege zu meinem Hir-
zel, und Gesner, und Lavater, dem Weisen nicht dem Schwär-
mer, wie könnt1 ich umkehren ?
Vor kurzem hatt1 ich das Vergnügen aus ihrer Gegend
brave Männer hier zu sehn, sie begleiteten den jungen Herrn
Grafen von Castel, welcher sich rühmte meinen Uz persönlich
zu kennen. Geh. Rath Zwanziger aus Nürnberg intereßirte mich
sehr, ich hätt' ihn gern bis Nürnberg begleitet! Vermuth-
1 i c h kommt er bald einmahl wieder nach Halberstadt, da
sollten Sie Gesellschaft machen, sie blühten wieder auf, leb-
ten länger! — — —
Ich habe schon wieder einen Bruder verlohren, den Hofl-
apotheker zu Marburg, einen braven Mann, nun bin ich der
älteste noch übrig von fünfen, und der jüngste, Kautl'mann zu
Stettin.
171. Uz an Gleim.
Anspach den 4. Julij 1787.
Ich bewundere Sie , liebster Freünd ! Ihre Thätigkeit
dauert in Ihren spätem Jahren fort wie in den frühern. Noch
itzt treten Sie zur Akademie der Künste, und feyern Ihren
Eintritt mit einer Ode voll Jugendfeüers. Mit Vergnügen habe
ich sie und die andern beygelegenen Verse gelesen, mit Vergnü-
gen, aber auch nicht ganz ohne Neid. Mir gehen die Verse so
hart ab, wenn ich manchmal mich nicht entbrechen kann, nur
ein Paar Zeilen zu machen, daß ich immer uugern an diese Ar-
beit gehe. Freylich bin ich, unter den Rechtlichen Arbeiten,
. harum Deliciaruni mehr entwohnt. Die Sammlung Ihrer Ge-
dichte wird immer größer, und desto seltener zusammen zu
bringen, weil Sie alles verschenken. Das war immer Ihre edle
Sitte. Das große Publikum bekommt aber wenig davon zu
sehen, da selten etwas davon in den Buchhandel kommt. Doch
habe ich letztens, mit Vergnügen, Ihre Fabeln im hiesigen Buch-
laden gefunden. Uberhaupt werden Gedichte zu jetziger Zeit
nicht sehr gesucht, da man nichts, als Romane und Komödien
_ 28*
43G
liest. Ich selbst lese selten neüe Verse, weil sie so selten gut
oder nur erträglich sind. Alxinger hat, mit einem freund-
schaftlichen Schreiben, mir seinen Doolin von Mainz geschickt,
wofür ich ihm sehr verbunden bin. Dieß Gedicht zeichnet
sich unter den Wienerischen Producten sehr vortheilhaft aus,
und erregt große Hoffnung von dem Verfaßer.
Der gute Lavater kommt sehr ins Gedränge. Ich wünsche
ihm und seinen Freünden mehr Kaltblütigkeit in diesem Kampf.
In der Philosophie gehen auch große Veränderungen vor, die
mir nicht zum Besten gefallen. Die Kantische Philosophie hat
wichtige Vertheidiger , aber auch ansehnliche Bestreiten Sie
hat das Verdienst, daß sie den stolzen Dogmatismus demüthigt,
aber sie befördert auch den Skepticismus, und selbst der Spino-
cismus, welcher ziemlich Mode wird, macht sich die Kanti-
schen Lehrsätze zu Nutz. Wie sehr sie gemißbraucht werden,
zeigt mit seinem Beyspiel Weckherlin, der sein graues Unge-
heuer noch immer fortsetzt, ohnerachtet er wegen eines zum
Druck beförderten Pa[squills] *) in Verhaft ist. So ist überall
Streit. Selbst der rechtschaffene Mendelssohn wird nach seinem
Tode mishandelt.
Eben geht HE. Capellmeister Naumann von mir weg,
der mit Enthusiasm von dem fetiervollen Gleim sprach. Er
geht noch in diesem Jahr nach Berlin, eine Oper zu com-
poniren.
172. Gleim an Uz.
Halberstadt den 28^ Dec. 91
Meinem Uz bin ich eine Antwort schuldig geblieben ! Ach !
das liegt mir schwer auf dem Herzen ! Aber ich wollt ihm
ein Brief buch , einen langen Brief wollt' ich ihm schreiben ;
darüber giengen Tage, giengen Monathe hin! Damit nicht
Jahre darüber hingehn, so eil ich, mein Theurer, das bey-
gehende Versbrieflein mit diesen zwey Zeilen zu begleiten, und
Ihnen die Nachricht unsers Tiedgen wegen Vorschuß auf seine
vortreflichen Episteln , zu übersenden. Sie kennen *) diesen
Tiedge schon. Er wohnt in einem meiner Häuser, zehn Schritte
1) Mit dem siegel ausgorisscMi. 2) Im original „können".
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von meinem Wohnhause; wir sehn und aber doch nur selten,
weil wir beyde viele Geschäfte haben, er mit seiner Autor-
schaft, ich mit meinem Amt ! Ach ! mein Theurer, wohnten
wir alte Freunde doch einander so nah ! Fragen Sie nur nicht,
was meine Muse macht ? Ich kau die Frage nicht beantwor-
ten. Die Zeit ist zu kurz. Lesen aber sollen sie nächstens
den zehnten Theil ohngefehr deßen das sie gemacht hat!
173. Gleim an Uz.
Halberstadt den 6l™ May 1792
Hier, mein Theurester, ewig Theurester! send ich Ihnen,
zum Beweise, daß jene gute Muse, die, wie sie wißen , vor
mehr als einem halben Jahrhunderte schon, mein liebes Mäd-
chen war, von jener Zeit an, in welcher wir uns im Regner-
schen Buchladen kennen lernten, damahls, als sie nach des
alten Bodmers Werkchen von der Beredsamkeit bey mir sich
erkundigten, und ich solches ihnen geben konnte, bis auf die
jetzige trübselige Zeit mir altem Graukopf getreu geblieben
ist, sende sie dem ältesten , und getreuesten meiner Freunde,
dem, der unter den Wenigen Lesern, mit welchen ich
wie mein Horatz, zufrieden bin, der Erste seyn und bleiben
wird, Gott dankend, daß mein Utz noch lebt, und daß ich also
für ihn gedichtet habe!
Könnten wir, mein Theurer! uns einmahl wiedersehn in
diesem Leben, o wie glilkklich wären wir! Seit dem Sie ganz
nun ein Preuße sind, seit diesem schmeichele ich mich mit
süßer Hoffnung! Er läßt sich, sagt ich neulich zu meinen
Freunden, von seinem Minister von Hardenberg, den ich einen
Musenliebenden Mann mehrmalen nennen hörte, nach Berlin
versenden, und nimt dann über Halberstadt seinen Weg da-
hin ! Alle Tage, mein Theurer, sprach ich mit Fischer, Schmidt
und Tiedge, meinen nächsten Nachbaren, von meinem Utz;
Ein großes Glück in meinem redseeligen Alter, daß ich Freunde
habe, mit welchen ich von meinem liebsten unvergleichlichsten
Freunde sprechen kann! Daß von Horm Tiedgens Episteln,
die sie aus den Allmauachen vermuthlich schon kennen , zum
kleinsten Theile doch nur, eine Samlnng von zweyen Bünden auf
188
Vorschuß zu 2 U/\ angekündigt sey, das werden Sie schon
wißen ; Sie werden hoff ich, mit diesem jüngsten Epistelmann
in hohem Grade zufrieden seyn, ich wünsche nur, daß die An-
zahl der Liebhaber sicli vermehren möge; jetzt ist sie noch
viel zu klein ! Der Liebhaber der Dingerlehre sind desto mehr,
in unserm lieben deutschem Lande; Bald wirds nöthig seyn,
daß man einen Creuzzug gegen sie unternehme pp —
Von Herrn Tiedgens Avertißement legte gern ein Exem-
plar bey, es ist aber keines bey der Hand.
174. Uz an Gleim.
Anspach den 23. May 1792.
Was für ein Mann sind Sie! Da bekomme ich, nebst
einem Brieflein meines allerliebsten Gleims vom 6. May einen
starken Band von Gedichten, die fast alle seit wenigen Jahren
gemacht, alle von Ihnen, dem 70£Lr, mit der eigentümlichen
Dickterkraft und Naivetät gesungen worden ! Sie sind einzig
in Ihrer Art, wie Ihr Friedrich in der seinigen. Ich danke
tausendmal für dieses Geschenk und noch mehr für die unver-
ändert seit einem halben Jahrhundert dauernde Freundschaft:
wirklich ein seltenes Phänomen , unter Poeten sonderlich !
Meine Muse liegt nicht im tiefen Schlaf, wie Sie in einem
Ihrer Gedichtgen sagen, sondern ist ganz entwichen. Ich ruflTe
sie auch nicht zurück, weil es doch vergeblich wäre, so nöthig
ich sie bey der im Anspacher Lande vorgegangenen großcu Ver-
änderung hätte. Doch ich habe Ihnen hierüber schon ein Paar
Zeilen geschrieben, die Haueisen auf die Leipziger Meße mit-
genommen, und sie einem Halberstädter Buchhändler aufge-
geben haben wird. Nun haben sie das Brieflein ohnfehlbar
schon lang erhalten. Gott gebe, daß es meinen lieben ältesten
Freünd gesund und vergnügt gefunden, den Wassertrinker!
Hac in Re scilicet vna
Multum dUsimiles, ad caetera paene genielli.
Herr Tietgen hat einen ungünstigen Zeitpunct gewählt,
um mit 2. Bänden von Gedichten hiernächstens zu erscheinen.
Er darf sich nicht wundern, wenn der Zulauf nicht allzustark
ist. Verse liebt unser feines Publikum nicht mehr, es will
nur Komödien und Romane, die mag ihm denn machen, wer
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da will und kann, gut ists, daß ich sie und so viel anders nicht
lesen muß.
Genug hievou ! Wir haben in Anspach andere Sachen zu
schreiben. Gott erhalte Ihnen Ihre Gesundheit und Munter-
keit, mir aber Ihre unschätzbare Liebe, die ich in mein Grab
mitzunehmen hoffe. — — —
■
175. Gleim an Uz.
Halberstadt den 26^ Jul. 1794.
Ich kann ihn, kann ihn nicht schreiben, den langen Brief,
den ich, Theurer, Ihnen schreiben wollte!
Mathison, der Elegier, der den Tigern zu Lion entkommen,
Köpke, der im Tempel der Themis den Musen nicht ungetreu
geworden, Voß, der Homer des Pfarrers von Grünau, Herder,
der Pabst im Tempel der Menschheit, die Herderin seine Muse,
sind bey mir gewesen ! Wir haben im Tempel der Freund-
schaft hohe Feste den Musen gefeyert! Ach! wann seh ich
meinen Uz in diesem Tempel, wann in diesem Hüttchen, Theu-
rer, in dem ich an Sie denke ! Wir haben viel, sehr viel von
Ihnen gesprochen, Herder ist bey Ihnen gewesen und auch
Mathison, der über Anspach in die Sehweite zurückgegangen
ist! und dem ich tausend Umarmungen an meinen lieben Uz
auf die Reise mitgab, vermuthlich auch Baggesen der Däne,
der alle gute Menschen aufsucht und alle sie findet! Auf der
Thurmspitze des Münsters zu Strasburg hätte der Verwegene
sie nur nicht suchen müßen! Mathison sagt man, käme zurück
nach Magdeburg in sein Vaterland ! Was er suchte, die Frei-
heit, fand er in Frankreich und in der Schweitz wohl nicht,
in seinem Vaterlande hoff' ich, wird er, wenn er die rechte
nur sucht, sie finden !
Ach ! wie taumeln die Menschenkinder ! Im Hüttchen,
Lieber, ist uns wohl, im Hüttchen sind wir frey! Laßen Sie
uns im Hüttchen unser Erdenleben beschließen, wir habens gut
genug bisher genoßen, weit von einander, aber in Gedanken
oft und oft beysammen !
Nehmen Sie, lieber Theurer! »das Hüttchen" für den
langen Brief, der Hüttenlieder sind mehr, als sie zu lesen be-
■UO
koniinen, bekomm ich Hülfe, so lesen Sie bald auch, die noch
übrigen! — — —
-
176. Uz au Gleim.
Anspach den 21l£i» September 1791.
Ich danke Ihnen, liebster alter Freünd, für Ihr Hüttchen ;
Es Unit einem wohl, bey so abscheulichen Zeiten so herzliche
natürliche Empfindungen mit so reitzender Einfalt ausgedrückt,
zu lesen ! Noch angenehmer muß es seyn, sie selbst in seiner
Brust zu empfinden. Sie haben ein glückliches Alter, da die
Musen Ihnen noch immer hold sind, und Sie so herrliche
Freunde haben, die Sie von Zeit zu Zeit besuchen. Der vor-
treffliche Herder ist auf seiner Reise nach Italien vor etlichen
Jahren, hier gewesen. Er hat mich mit seinem Besuch erquikt.
Baggesen, der Thurmsteiger, ist nicht bey mir gewesen,
so wenig, als der geistreiche Matthison.
Gott erhalte Sie, liebster Freünd, noch viele Jahre bev guter
Gesundheit und Ihrer jovialischen Laune, damit Sie noch viele
vergnügte Tage in Ihrem Hüttchen zubringen mögen. —
177. Uz an Gleim.
Liebster Freünd! Anspach im Maerz 1795.
Sie erhalten hierbei alle Briefe, die Sie seit einem halben
Jahrhundert an mich geschrieben haben. Eine lange Zeit !
Und diese Briefe machten einen beträchtlichen Thcil meines
irdischen Vergnügens ! Ich habe mit Wehrauth mich von ihnen
getrennt. Aber da jetzt alles gedrnkt wird, was man unter
den Papieren eines verstorbenen Gelehrten findet, so habe ich
bei Zeiten diesem Unfug vorbeugen wollen. Ich stehe in dem
75sten Jahre meines Lebens. Ob ich gleich, Gott Lob! ge-
sund bin, und Gesicht und Gehör für dieses Alter gut genug
sind, so daß ich meinen Geschäften ungehindert vorstehe, so
kann es doch, der Natur nach, nicht immer so bleiben, das
Grab erwartet mich. Nun habe ich weder Frau noch Kinder,
zwar eine ledige Schwester, die aber fast so alt ist, als ich.
Meinen Anverwandten, die meine geringe Verlaßenschaft erben.
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44 1
darf ich nicht trauen. Es würde ein herrlicher Fund für einen
gierigen Buchhändler seyn, wenn er diesen Pack Gleimischer
Briefe in die Hände bekäme. Ich könnte mir ein schönes
Stück Geld verdienen, wenn ich diese and anderer Freünde
Briefe zum Druck hergäbe. Aber so schlecht kann Ihr Uz
nicht denken. Die gelehrte Welt, würde sie freylich, wegen
der Menge intereßanter Nachrichten und sinnreicher Gedanken
mit Nutzen und Vergnügen lesen. Aber Sie haben, sonder-
lich in altern Zeiten, sehr frey und offenherzig an Ihren Freünd
geschrieben. Viele Ihrer damaligen Aeußerungen möchten Sic
vermuthlich jetzt nicht gern gedrukt sehen. Sie haben Brü-
der und Schwestern, die Ihren litterarischen Nachlaß, und auch
meine an sich nicht so erhebliche Briefe, nicht in ungewaschene
[laude werden kommen laßen, daher habe ich fürs Beste ge-
halten, sie an ihren Verfaßer zurückzuschicken, da es noch
Zeit ist.
Ich bitte doch, mit ein Paar Zeilen mich zu benachrich-
tigen, daß dieser Schatz glücklich angekommen. Ueberhaupt
bitte ich Sie, noch ferner so kleine Briefgen, wie bisher, mir
nach Ihrer Bequemlichkeit nicht vorzuenthalten! Ich habe
diese Briefe nochmals alle mit Vergnügen und Dankbarkeit
durchlesen, da sie zeigen, wie freundschaftlich Sie immer gegen
mich gesinnt gewesen, wie sorgfältig Sie an der Bildung meiner
jungen Muse gearbeitet, und wie viel Sie zu Ihrer Vervoll-
kommnung beygetragen haben. Gott erhalte Sic ferner in
Ihrem gesunden und fröhlichen Alter.
178. Gleim an Uz.
Halberstadt den 22i!l' May 1795
Ihr Schreiben, liebster Freund, vom März erhalt' ich
nebst dem Denckmal unsrer Freundschaft erst diesen Augen-
blick, und eile von der geschehenen Einhändigung Nachricht
Ihnen zu geben! Sie sind der Mann, der Freund für den ich
immer Sie hielt! Von allem was ich in den fünfzig Jahren
Ihnen schrieb möge die ganze Welt alles zu lesen bekommen,
es wäre mir gleichgültig, denn alles ist wahr, ist aus dein
Herzen ihres Freundes gefloßen, beßer aber ist, daß Sies nicht
alles zu lesen bekommt. Als ein Heiligthsm wird^im Tem-
442
pel der Freundschaft niedergelegt! in ungeweihte Priesterhände
kommt nichts, dafür wird bestens gesorgt ! Ein naher Anver-
wandter wird Verwahrer, und so gehts auf die Nachwelt fort.
Archiv der Freundschaft ist der Bücherschrauk, der den Brief-
wechsel mit meinen Freunden enthält, überschrieben, und zu
diesem Archiv hat nur der beeydigte Bücherverwahrer den
Schlüüel. Also seyn Sie, wegen ihrer Briefe, nur immer un-
besorgt ; diese send' ich Ihnen nicht zurück, sie sind, und blei-
ben ein Denkmal unsrer Freundschaft.
Daß von meinen Briefen an Leßing die mehresten ge-
druckt sind, daran ist Eschenburg schuld, der zum beßern Ver-
ständnis der Briefe Leßings an mich, sie haben wollte ; Wie
könnt ichs ihm abschlagen? ich, der ich mehrmalen wünschte,
daß würklich geschriebene Briefe, statt der erdichteten unsem
lieben Deutschen, zu Mustern gegeben werden möchten ? Ver-
steht sich, mit Auslaßung aller Unheil anrichtenden, unbe-
trächtlichen, und Geschäfte betreffenden Stellen!
Von den Leßingischen Briefen, sagt man, daß viele viel
Unheil angerichtet hätten, die besonders, die ein ewiges Gehcim-
ni(i wegen häußlicher Angelegenheiten hätten bleiben sollen !
Mehrmalen dacht ich an ein Denkmal der Freundschaft;
von jedem meiner Freunde zwey oder dreye der interessante-
sten Briefe, wollt' ich abschreiben laßen, und zum Druck be-
fördern! Geschiehts noch, so soll mein Uz mit meiner Wahl
der seinigen gewiß zufrieden seyn !
Fabeln fürs Jahr 1795 und NeGeln auf Gräber kom-
men hieboy ! Ihren VerfaGer mögen sie verrathen ! Blumen
auf Gräber und Zeitgedichte fürs Jahr 1794 sind
nicht fertig geworden !
Gesund bin ich, gottlob! und erquicke, labe mich an
Herders Terpsichore jetzt, die seit ein Paar Tagen in meinen
Händen beständig ist! Ein göttliches Buch! Haben Sie's noch
nicht, so suchen sie's zu bekommen; sie legen's nicht aus der
Hand ! Solche Werke geben Hoffnung, daß die Verbündeten,
die die Menschheit zur Viehheit herabwürdigen wollen, ihren
Zweck nicht erreichen werden ! — — —
Tiedgens Episteln werden bey Diederich zu Göttingen, ge-
drukt, und nächstens zu haben seyn ! Er wohnt zwey Meilen
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443
itzt von hier, und arbeitet um zweiten Theile.
Wir feyerteu den 22t22 May die zehnte Spiegelfeyer ! Die
ubgesungne Lieder leg' ich bey — Sie sind von Fischer, Schmid,
Stubenrauch — mein Nachbar, und sehr guter Kopf und Ge-
schäftsmann, und mir! Es war ein großes volkreiches Fest.
Aus allen umliegenden Gegenden waren Haufen auf den Spie-
gelbergen.
179. Uz an Gleim1).
Liebster Gleim Ansbach den 27. Nov. 1795.
Warum antworten Sie mir nicht? Ich habe in der Oster-
meße, durch den hiesigen Buchhändler Haueisen, einen großen
Pack Ihrer Briefe von einem halben Jahrhundert her, nach
Leipzig geschickt, und dieser hat das Paquet dem Halber-
städtischen Buchhändler zugestellt. Es muß Ihnen wohl zu
Händen gekommen seyn. Ich wollte diese kostbare Sammlung
bey Zeiten retten, damit sie nicht, bey meinem unvermutheten
Tod, in die Hände gieriger Buchhändler komme. Es ist also
Ihnen und mir nicht gleichgültig, ob diese Briefe sicher in
Ihre Hände gekommen sind. Schreiben Sie mir also, ich be-
schwöre Sie, nur mit wenigen Worten: ich habe die Briefe
erhalten — damit ich meiner Sorgen los werde. Ich habe
einen schweren Fall gethan , und bin noch nicht ganz ge-
sund. —
180. Gleim an Uz.
An Uz. Halberstadt den 6!LU Decbr 1795
Die Briefe sind sicher in meine Hände gekommen, theurer
Utz ! auch hab' ich's augenblicklich Ihnen gemeldet ; nachzu-
sehn unter welchem Dato hab* ich izt eben die Zeit nicht !
Ich will die Post nicht versäumen !
Gottlob ! Sie leben, Einziger ! 0 daß ich von ihrem Leben
mehr nur erfahren möchte ! Sie haben S c h 1 o ß e r n jezt bey
sich! Gestern laß ich seine Briefe Pia tos, ich bin nicht
seiner Meinung , diese Briefe kann Plato nicht geschrieben
1) Von Gleims hand: „ Empfangen den CiL" Dec. I7i)5 Beantwor-
tet eod."
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Imbun ; ein Stümper bat sie gedichtet. Das scheint mir jede
Zeile zu beweisen! „GroGe Gewalt und große Weißheit siud ge-
schaffen beysammen zu wohnen."
So schrieb Voltaire nicht! nicht an den Ersten, nicht an
die zweyten!
Um des lieben Friedens willen aber, bitt' ich, Niemanden
von dieser meiner Meynung etwas zu sagen ! Ich liebe Feder-
kriege ; jezt aber werden sie wie die Jakobiner-Kriege geführt,
man vergießt Tinte wie Blut!
Zwischen Herder und Wolf zu Halle scheint solch ein
Krieg entstehn zu wollen! Die Kriegserklärung war so bitter!
Ists möglich so such* ich das Feuer in der Asche zu dampfen.
Hier ein Etwas meiner greisen Muse ! —
Hat Ihnen Terpsichore nicht auch viel Freude gemacht *i
Sollten wohl nicht in Ihrer Gegend Jacobi Balde Coloniae
Ubiorum 16C0 gedruckte Werke 4Tomi in 12 zu haben seyn?
Mein Nachbar Clamer Schmidt übersezte bisher aus
diesem mehr als Horaz vortrefliche Stücke!
Eiligst will ich doch das lezte kleine Gedicht ihres alten
Freundes abschreiben, das lezte, diesen Morgen um 4 Uhr ward
es in sein 48*1! kleines Buch geschrieben!
Die schöne Nacht!
Ei welch ein schöner Traum! Ich war im Pantheon
Ich irrte zwischen den Altären
.Sah Götter sah den Xenophon
Den Tlato den Anakreon
Sah Dodmern, sah Voltairen
Und meinen Einzigen, und meinen lieben Kleist
Sucht' ich, und fand sie nicht, und gieng heraus und klagte !
Heym Ausgang aber stand ein schöner guter Geist
Der sah mich freundlich an und sagte :
«Die du gesucht hast, die
Sind dort im Paintheon! Dort oben suche sie."
Das will ich thun, sagt1 ich, und gieng und wollte gehn,
Allein es war zu viel zu hören und zu sehn.
Ich gieng, stand still, und gieng! Darüber aufgewacht
Bin ich, welch eine schöne Nacht !
Und auf die schöne Nacht folgte dieser schöne Tag, an dem
ich ein Schreiben von meinem Uz empfieng.
445
Schreiben Sie mir doch etwas von ihrem Hardenberg, dem
Friedensgesandteu ! Ist er ein so braver Mann, wie man's von
ihm rühmt?
Sie haben einen schweren Fall gethan, und sind noch
nicht ganz gesund, das thut mir sehr leid, sorgen Sie doch
ja für Ihre Gesundheit, wir mUßen den Ausgang der großen
Welttragödie noch erleben, das ist noch lange hin, sie hat
7 Acte.
181. Uz an Gleim.
Anspach den 17ÜÜJ Maerz 1796.
Ich bin sehr erfreut, liebster Gleim, daß Ihre Briefe wohl-
behalten bey Union angekommen, da ich sie blos deswegen
zurückschickte, damit sie nicht nach meinem Tode in die Hände
der räuberischen Sosier gerathen möchten, denn ich habe mich
ungern von ihnen getrennt , so würde es mich äußerst ge-
kränkt haben, wenn sie in unrechte Hände gekommen wären.
Daß Ihre Muse noch lebendig und thätig ist, sehe ich
nicht nur aus den Versen in Ihrem Schreiben, sondern auch
aus dem Hamburgischen neuesten Musen- Almanach. Man
hat mit vollem Recht daselbst von Ihnen gesagt: was Iloraz
nur gewünscht, sey Ihnen reichlich zu Theil geworden.
Frui parotis et valido mihi,
Latoe, dones, et precor i n t e g r a
Cum mente, nec turpem senectum
Degere nec cithara carentem.
Von der Cithara weiß ich nichts mehr; aber übrigens bin ich
gesund, und von meinem Fall ziemlich wieder hergestellt, außer
daß der Fuß noch etwas schwach ist.
Der vortreffliche Herder hat mir seine Terpsichore selbst
geschickt. So viel Vergnügen sie mir gemacht, so hat sie
mich doch in einige Verlegenheit gesezt. Ich kenne die
neuern lateinischen Dichter wenig. Außer Buchanan, Sarbiev,
Sannazar, Lotichius habe ich keinen gelesen. Balde war mir
bloß als ein schlechter deutscher Dichter bekannt und Masenius,
deßen Palaestrum ich in meiner Jugend gelesen, war mir we-
gen seiner argutiae nicht genießbar. Ich glaubte , Herder
spiele eine piam fraudem, und noch vermuthe ich, daß seine
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verbeßernde und ausschmQkende Hand vieles zu der Vollkom-
menheit dieser Oden beigetragen. Es sey, wie ihm wolle, es
ist ein merkwürdiges Phänomen, und ich bin auf den letzten
Theil, wo ich mehreren Aufschlug erwarte, begierig.
Leben Sie ferner gesund und bey guter Laune, in Consortio
Musarum et Gratiarum. Ich liebe Sie von ganzem Herzen.
Ihr treuer Uz.
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Anmerkungen.
1. Gleim hatte Halle im august 1741 verlassen. Er spricht selbst
am 7. September (2, t«) von seiner schleunigen entfernung und Götz,
der ihm am I. august zum abschied eine Haller'sche sentenz ins Stamm-
buch schrieb, beklagt (Briefe von und an .J. N. Götz, Wolfenbüttel
18l)3, s. 1), daß er ihn vergebens am abend vor seiner abreise aufge-
sucht habe. Gleim ging zunächst über Berlin nach Löhme, einem dorf
mit königlicher domaine im kreise Niederbarnim, 3 meilen nordöstlich
von Berlin, wo seine älteste Schwester Anna Catharina Magdalena Ger-
trud (geb. 1710, gest. 27. juni 1760) an den kgl. amtsverwalter Joh.
Friedrich Fromme verheiratet war. Erstere zeichnete sich am 12. Sep-
tember, letzterer am 5. november 1741 mit folgender priamel in Gleims
Stammbuch ein, in welchem Uz nicht vertreten ist:
Ein Standt der ohn Gefahr ist,
ein guter Ruhm der wahr ist
ein Capital das haar ist
ein Eßen das fein gahr ist
ein Trunck der hübsch und klar ist
ein Weib das guter Haar ist
und unter 20. Jahr ist
wenn das zusammen dar ist
das ist ein Glück das rahr ist.
Dieses wünschet dem hochgeehrten Herren
Amt Löhme Besitzer, wohlmeinend ein naher Freund und
d. 5*2 Novembr: Diener der sich nennet
1741. Joh: Fried: Fromme
Blumberg war eine besitzung des freiherrn Friedrich Rudolf Lud-
wig von Canitz, über den Goedekes grundriß* III, 345 und die Heidel-
berger dissertation von Valentin Lutz (Neustadt a/H. 1887) zu verglei-
chen ist ; das citat über ihn ist eine freie wiedergäbe aus Bodmers
„Character der Teutschen Gedichte*, vers 485 f. (Deutsche litteratur-
denkmale XII, 10), welche lauten :
Zum ersten nennet sie, o freyer Caniz dich,
Der von des Hofs Gedriing in sich hinein entwich.
Die Tanzerinn. In Berlin 1741. [86 s.] 8° ist von Johann Christoph Rost,
nicht von Jacob Friedrich Lamprecht, oder Lehmann, wie Uz 21, i«
448
schreibt, vgl. meine Götzbriefe 8. 4. — Ueber seinen plan, nach Däne-
mark zu gehen, vgl. Gleims autobiographische aufzeichnungen (Körte.
Gleims leben s. 21). — Der grundstein zum neuen opernhause in Berlin
wurde am 5. September 1741 gelegt, vgl. Brachvogel, Geschichte des
königlichen theaters zu Berlin I, 94. — Ueber Paul .lacob Rudnick
vgl. Allgemeine deutsche biographie XXIX, 478; sein „meisterstück*
ist die prosasatire „Der heutige gegenständ meiner einbildungskraft*,
die von Uz an Schwabe gesandt und in dessen Belustigungen des Ver-
standes und des witzes 1741, winteruionat , s 441 — 450 abgedruckt
wurde. — Ueber den Hallenser genossen Naumann , der 1743 wieder
in Berlin auftaucht, ist wenig bekannt; vgl. meine dissertation Ober
Ramler (Wolfenb (Ittel 1886) s. 12. Sauer, Kleist III, SGI, verwechselt
ihn mit dem sogenannten .Bauzner« Christian Nicolaus Naumann, Ober
den Muncker in der Allg. deutschen biographie 23, 302 gehandelt hat
2. Diesen brief hat Gleim 17-16 überarbeitet in die Freundschaft-
lichen briefeals nr. 9 aufgenommen, über die s. 1 17 und anmerkung zu ver-
gleichen ist. Um ein beispiel von der redaction dieser briefsamiulung.
die G. Steinhausen in seiner Geschichte des deutschen briefes (Berlin
1889—91) nicht berücksichtigt hat, zu geben, setze ich zum vergleich
diese fassung hierher:
Mein Herr,
Ich kann das Vergnügen, so mir ihr werthes »Schreiben verursacht,
nicht besser bestimmen, als durch das Verlangen, so ich nach dem-
selben gehabt habe. Beinahe wäre ich auf die Gedanken gerathen,
daß sie entweder mich gänzlich vergessen , oder daß sie ein wichtiges
Amt nicht erlaube, für das Vergnügen ihrer freunde, sich die geringste
Mühe zu geben. Beide Muthmassungen befinde ich, zu meinem Glücke,
irrig. Ich hiitte leicht noch auf die dritte fallen können, daß nemlich
eine Liebesangelegenheit allen ihren andern Geschäften die Zeit weg-
nähme. Was kann man von einem Poeten, der nn dem verliebten Ana-
kreon einen Geschmack findet, und der selbst die artigsten Liebeslieder
macht, leichter vennuthen, als daß er nicht so bald in eine, ihren
schönen Mägden wegen so berühmte Stadt kommen werde, da er nicht
gleich eine Gebietherin haben sollte? Vielleicht liegt hierin auch die
Ursache, warum das unschuldige Landleben in der Gegend von Blum-
berg, wo der Herr von Canitz oft
• - - frey vom Gedränge
Des Hofes müßig ging,
für sie nichts reitzendes hat. Sie werden es nicht ausstehen können,
lange von dem Orte entfernt zu bleiben , wo ihr Herz ist. Es fehlt
ihnen die Gemüthsruhe, und diejenige Verfassung der Seele, da ihnen
alles gleichgültig ist. Sie finden in der Gesellschaft und in dem Um-
gänge mit Menschen, insonderheit denen, aus dem schönen Geschlecht»
noch allzuviel angenehmes, und allzuwenig unangenehmes, als daß es
ihnen erträglich Heyn kann, sich davon ausgeschlossen zu sehen. Wi<»
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ganz anders sab es in der Seele des Herrn von Canitz aus? Da schlie-
fen, so zu sagen, die Begierden und Affecten; die Philosophie und Er-
fahrung hatten ihm die Welt von innen und aussen bekannt gemacht ;
er hatte von Natur wenig Ehrgeitz, und noch weniger Geitz, welchen
beiden Gemütsleidenschaften das Geräusche der Gesellschaft nicht zu-
wider ist, weil sie ihren Vorteil daselbst finden ; er liebte eine gemach-
liche Stille, eine ungezwungene Lebensart, und Vergnügungen, welche
sanfter sind und weniger Mühe kosten. Bei dieser Gemütsart mußte
ihm freilich das Landleben weit angenehmer seyn, als das Leben bey
Hofe, wo eine Seele, wie die seinige war, wie ausser ihrem Elemente
ist. Belieben sie nur, mein werthester, noch einige Jahre zu verziehen,
bis die Hitze der feurigen Jugend in etwas verrauchet, und bis sie
ihre Ehrbegierde werden gesatigt sehen; alsdann werden ihnen die
ruhigen Annehmlichkeiten des Landlebens um ein grosses reizender
dünken. Ich habe ihnen meine Meinung so ausführlich Überschrieben,
damit sie sehen, daß ich es für Scherz halte, wenn sie den Mangel
meines Umgangs für die Ursache ihrer Dnempfindlichkeit ausgeben.
Sie gedenken einer Tänzerin, welche, wie sie glauben, kein Landjunker
verfertigt hat: Solte das wohl eine neue Schrift oder ein Gedicht seyn?
Lassen sie sich doch zum Vergnügen eines Freundes, der wie in einer
Wüste lebt, die Mühe nicht dauern, mir manchmal artige und sinn-
reiche Stücke , woran in Berlin, in diesem Sammelplatze aufgeweckter
Köpfe, kein Mangel seyn kann, entweder nur bekannt zu machen, oder
zu Übersenden. Ich will keine Gelegenheit vorbey lassen , ihre Gütig-
keit zu erwiedern. jc.
4,ss: Die , Blätter der unsichtbaren gesellschaft" sindPyra*s Wochen-
schrift Gedancken der unsichtbaren gesellschaft, Halle in der Fritzschi-
sehen buchhandlung 1741, vgl. Waniek, Pyra (Leipzig 1882) b. CG ff.
Das stück mit dem »heldengedicht", das Uz an Gleim übersendet (vgl.
7, 4) ist das siebente, welches den ersten gesang von Pyra's komischer
epopöe „Bibliotartarus" enthält. — Hagedorns Sammlung neuer oden
und lieder, mit musik von Görner, erschien in Hamburg 1742, Hallers
Versuch schweizerischer gediente in dritter aufläge in Bern 1743. —
Unter Baumgartens dfcsertation ist Alexander Gottlieb Baumgartens ha-
bilitationsschrift „Meditationes philosophicae de nonnullis ad poenia
pertinentibus", Halle 1735, zu verstehen, welche „die schlafenden geister
erweckte", wie Gleim selbst (Körte, Gleims leben s. 21) sagt. Ueber
die Rudnickschen briefe vgl. die anmerkung zum 5. briefe.
8. »Der Weltbürger" (7, 2) ist eine der ersten Berliner Wochen-
schriften, die vom 2. februar 1741 bis 25. januar 1742 in 52 nummern
erschien. L. Geiger hat darüber in seinen Vortragen und versuchen,
Dresden 1890, s. 88-94 gehandelt, ohne zu bemerken, daß Jacob Frie-
drich Lamprecht der herauageber (Goedeke MV, 12) und Gleim sein
mitarbeiter ist. — Der „Versuch einer gebundenen Übersetzung des
trauerspiels von dem tode des Julius Casar. Aus dem englischen
Gleim-Uü, Briefwechsel. 29
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werke des Shakespear' , Berlin 1741 , ist von Caspar Wilhelm von
Borcke, mit einer vorrede von Lamprecht, vgl. Goedeke " III, 368. —
Die friedenspräliminarien des ersten Bchlesischen krieges wurden am
13. joni, der definitivfrieden am 28. juli 1742 unterzeichnet, vgl. Koser,
Friedrich der große I, 171. 175.
4* Die beiden französischen briefe von Uz (nr. 4 und 8) sind mit
allen eigenheiten der grammatik und Orthographie abgedruckt ; auch
Kleists erster brief an Gleim (Sauer II, 3) ist französisch geschrieben.
— 10, 36 : Die recension von Rost's Tänzerin steht in Gottscheds Bey-
trägen zur critischen historie der deutschen spräche 1741 , VII, 18,
die von Borckes Shakespeare- Übersetzung im Hamburgischen correspon-
denten von 1741 nr. 172. Es beißt darin zum Schluß (nach gütiger
Mitteilung dr. F. Gerhards) : .Wir haben unsern Lesern keine Stellen
aus diesem Übersetzten Trauerspiele mitgeteilet. Die Hochachtung, die
wir einem solchen Englander, als der Shackespear ist, schuldig sind,
wiewohl er die Gesetze der Schaubühne auch nicht allemal beobachtet,
hat uns daran verhindert. Wie leicht könnte man viele Fehler dem
Verfasser der Urschrift zuschreiben, für welche doch der Deutsche allein
mit Recht büssen muß*. — 11, s: Umständliche nachricht von des . . .
Martin Opitz von Boberfeld , leben, tode und Schriften, nebst einigen
lobgedichten auf ihn. Hsg. von Kaspar Gottlieb Lindnern. Hirschberg,
1740—41. — Martin Opitzens Von Boberfeld gediente. Von J. J. B.[odmer]
und J. J. B.[reitinger] besorget. Erster teil erschien erst 1745 in Zürich,
vgl. 75,i». — 11, n : Der Bewunderer, Hamburg 1742, 4°, herausge-
geben von Zink, enthält beitrage von Hagedorn und Joh. Arnold Ebert,
vgl. Karl Jakoby, Die ersten moralischen Wochenschriften Hamburgs,
Hamburg 1888, s 46. — Die französischen verse von Uz auf Friedrich II,
bei Sauer nr. 107.
5. Der brief von J. N. Götz, den Gleim citirt, ist verloren, vgl.
meine Götzbriefe p. IX. — .Unter den von Gleim abgeschriebenen papieren
Rudnicks, die im Gleimarchiv zu Halberstadt und (als gesebenk Körtes
an Varnhagen) in der kgl. bibliothek zu Berlin liegen , befindet sich
unter andern ein brief von Uz über die liebe vom juli 1740 — also
sein ältestes, bisher ungedrucktes litterarisches produet — , Rudnicks
antwort darauf vom 5. october 1740 und ein brief von ihm an Uz vom
5. februar 1710, der in komischer form eine reise nach Schlettau bei
Halle schildert. Ich werde die reliquien Rudnicks in auswahl an einer
andern stelle abdrucken. - 14,5: Das Berliner Wochenblatt nach art
der Leipziger belustigungcn ist die »Berlinische | Sammlung | Nütz-
licher Wahrheiten. | Wöchentlich [!] herausgegeben. I Bey Daniel August
Göhl, 1742.« [2 bl.. 400 s., 2 bl ] b\ die sich in der königlichen biblio-
thek zu Berlin befindet und bisher — auch von L. Geiger in seinem
oben erwähnten aufsatze — unbeachtet geblieben ist. Sie erschien vom
27. märz bis 21. september 1742 in 5u stücken zu 8 seiten , dienstags
und freitags, und steht ganz auf dem niedrigen Standpunkt der übrigen
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moralischen Wochenschriften jener zeit (vgl. E. Milberg, Die moralischen
Wochenschriften des 18. jahrhunderts, Meissen o. J.). Gleim hat dazu
folgende beitrage geliefert :
1) »Vorbericht", unterzeichnet: »Der Verleger, Daniel August Göhl",
vgl. 34, a v. u.
2) Stuck 89, seite 311 f.: »Piece echape>. Die sterbende Ursul"
ygl. 62, tz und 66, u.
3) Stück 42, seite 329 f.: »Eine Fabel" (Hin Ziegenbock, ein junger
stier) handschriftlich in den Halberstlidter papieren Rudnicks von
Gleims hand.
4) Stück 49, seite 387-390: »Einladung nach Berlin an Herrn A. J,
F. F.fromme]", unterzeichnet J. W. L. G.[leim], aufgenommen
in den »Versuch in scherzhaften Hedem", zweiter teil (Berlin
1745) s. 17-20. Vgl. oben 34, i*.
Die »Schäfererzahlungen, o. 0. [Berlin, Haude] 1742" [70 ■.] 8° sind
von Johann Christoph Rost, vgl. Goedekc* IV, 13. — »Der Freydenker
zwey jähre lang herausgegeben in Danzig. In der Waasbergschen
buchhandlung." o. J. [1741-43] 4° (vgl. Milberg s. 9) beßndet sich in
Gleims bibliothek als nr. 335; »Der Freimaurer", Leipzig 1738, gr. 8°
Milberg s. 8. — Die kranke Laura ist abgedruckt im Weltbürger,
blatt 50, vom 11. januar 1742; Gleims angäbe (IG,»), der Verfasser
sei ihm unbekannt, ist eine mystification. Gottscheds »Bey trüge zur
c ritischen historie" 1742, VIU, 31 — 45 enthalten ein polemisches
.Schreiben" gegen Gleims beitrüge zum Weltbürger von J. F. Z.[ernitz?]
vgl. Waniek, Gottsched s. 447.
6. In der fünften zeile des briefes steckt ein Schreibfehler; vielleicht
fehlt ein »nicht" nach »daß*. — Der brief von Götz an Gleim, datirt
Halle, 20. April 1742, ist gedruckt in meinen Götzbriefen s. 5—9; eine
entachuldigung Uzens enthalt er nicht. — Der lange französische brief
(19, »«) ist nr. 4, der nach s. 25 nicht in Gleims hände gelangte; die
abschrift von Voltaire's schreiben ist verloren. — »Die schweizerischen
handvesten satyren wider die Leipziger" sind bei Goedeke* IV, 7 f.
und genauer bei Bächtold, Geschichte der deutschen literatur in der
Schweiz s. 560 ff. verzeichnet.
7. Der brief ist zu verschiedenen zeiten in Löhrae und Berlin nach
pfingsten 1742, im juni, geschrieben, vgl. s. 25. — Die 28. ode Anacreons
ist: "Aya ^wy^wv dtptats (Bergk, Anthologia lyrica3 419); von Uzens
Anacreonübersetzungen aus dieser Zeit hat sich handschriftlich nichts
erhalten. — Was Gleim s. 24 über »die kranke Laura" sagt, ist natür-
lich gleichfalls versteckspiel. — Die oper »Rodelinda, regina dei Longo-
bardi, drama per musica di Bottarelli* wurde zuerst am 13. december
1741 in Berlin gegeben, vgl. Brachvogel 1,97. Rost's Übersetzung ist mir
unbekannt. — Bodmers »Sammlung cri tischer, poetischer und anderer
geistvoller Schriften" erschien in 12 stücken, Zürich 1741 — 44; die zweite
aufläge (schcinaa.sgabe), Zürich 1753, ist nicht von Wieland. vgl. Waniek,
29*
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Gottsched s. 433. - Itost's schäferspiel ist .Die gelernte liebe«, o. 0.
1742, wiederholt als »Der versteckte hammel oder die gelernten diebe"
o. O. 1743. - üeber Gottlob Benjamin Straube vgl. Waniek. Gott-
sched s. 382 f. und oben s. 54; seine Übersetzung der von Bodiner
gelobten briefe kenne ich nicht. — Gleims gedieht auf Göhls hoch zeit
ist unbekannt. — Henrich Jakob Sivers und Johann Ernst Philippi
(vgl. Goedeke 2 IV. 23) sind durch Liscow's satiren verewigt geworden. —
.Der schöne Hans*, eine satirische erz&hlung, steht im 16. stück der
Berliner Sammlung nützlicher Wahrheiten, vgl. den folgenden brief.
8. ,Les vers", die L'z an Gleim übersendet, und denen des letzteren
name vorgesetzt ist (32, ts) , wird die ode ,An Hrn. Gleim in Berlin
1741' sein, die Uz später mit dem , Lobgesang des frühlings" vereinigte
(Sauer nr. 1). — Die „invitation pour Berlin* ist die in der Berliner
Sammlung nützlicher Wahrheiten stück 49 abgedruckte Einladung naeh
Berlin, an Gleims schwager Fromme gerichtet. Ist mit der .agreable
conte" von Dreyer die oben erwähnte erz&hlung «Der schöne Hans"
gemeint? Die stanzen ,Das unfehlbare«, die Uz Gleim zuschreibt,
kenne ich nicht. — Die .Nachlese" zu Joh. Christian Günthers gedienten
erschien 1742 in Breslau, vgl. Goedeke5 III, 851. — „Les vers tres
piquans" auf Gottsched ist das zuerst am 18. September 1741 in Leip-
zig aufgeführte Vorspiel der Neuberin „Der all erkostbarste Schatz" vgl.
Waniek , Gottsched s. 442 und „Das Vorspiel. Ein satirisch-episches
gedieht, in fünf büchern", o. O. 1742, von Joh. Christoph Rost,
Goedeke " IV, 13. — Ueber Uzens zerfall mit J. N. Götz vgl. meine
Götzbriefe s. XI.
9. Gleim ging zu anfang des jahres 1743 nach Potsdam als haus-
lehrer bei dem Oberstleutnant von Schulze, vgl Körte a. 21 ff., oben
s. 34. — Das beigelegte lied von Jacob Friedrich Lamprecht auf seine
braut ist nicht erhalten. — Ueber Gottlob Benjamin Straube vgl. zum
7. briefe. — Naumanns Übersetzung von Rousseau's Flateur ist nicht
bekannt — Das schäferspiel Der blöde schäfer ist von Gleim selbst,
vgl. zum 15. briefe. — Gleims gedieht Die fechter ist nicht erschienen ;
Uber seine beitrage zur Berliner Sammlung nützlicher Wahrheiten vgl.
den f». brief nebst anmerkuug. Das gedieht „An herrn Lamprecht und
herrn Uz' ist meines Wissens bisher ungedruckt.
10. Ueber die „ehemals in Hamburg herausgekommenen meister-
stücke" vgl. 8. 41 f. und meine Götzbriefe s. 11.
11. Das „stück von der Hagedornschen muse' ist „Die glück Selig-
keit" , Hamburg 1743, 8 °. — Dreyers Vorspiel ist „Das glück der
Völker**, das zum geburtstage Friedrichs II. am 24. januar 1743 von
Sehönemann aufgeführt wurde, vgl. Devrient s. 75. — Ueber „Schöne
raritftten , schön spielwerk" vgl. die Zusammenstellung bei Minor und
Suuer, Studien zur Goethe-philologie, Wien 1880, s. 10. — Haller hatte
sich 1741 zum drittenmal mit Sophia Amalia Christina Teichmeyer
verheirathet, vgl. Hirzel p. CLXXXVI. - Lamprechts Übersetzung vom
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453
Leben Cicero's ist nicht erschienen. — Ueber Bielfelds auch im druck
erschienenes lustspiel „Die beschwerlichkeiten des hofes" vgl. Deviient,
Schönemann, s. 75 und unten zu nr. 26.
12. Dieser brief ist von Erich Petzet, Uz, s. 6—8 abgedruckt ; daselbst
ist s. 7 z. 9 v. u. statt des ergänzten „Wasser" zu lesen „Breyhan", ein
bier, über das Grimm , Deutsches Wörterbuch II, 379 s. v. .Breuhahn"
zu vergleichen ist. — Die beiden oden, die Uz überschickt, sind nicht
erhalten, Sauer (p. V) vermutet unter der einen den „Traum" (nr. 7)
den Uz am 1. juni 1744 nochmals übersendet. Doch sind vielleicht zwei
der oden „an Chloe" (Sauer nr. 3 — C) gemeint, da Uz schreibt, er habe
noch verschiedene stücke von dieser art gemacht. — Die beiden briefo
Gleims de dato 7. mai 1743 sind verloren.
13. Die beigelegten oden von Uz sind gleichfalls nicht erhalten,
Der „Lobgesang des frühlings" (Sauer nr. 1. 2) steht in Schwabes Be-
lustigungen des Verstandes und des witzes auf das jähr 1743, brach-
monat, s. 485—489. Ueber das metrum vgl. Petzet, Uz s. 29, Waniek.
Gottsched s. 431. Das erste daraus entstandene lied hatte Uz bereits
am 5. 1. 1743 übersandt (oben s. 28); das jetzt beigelegte „andere lied
auf den frühling4' ist Sauers nr. 10 „Frühlingslust". — Die Voltaire'schen
verse sind nicht erhalten. — Die oper „Cato in Utica", text von Meta.
stasio, musik von Graun, wurde am 6. januar 1744 zum erstenmal in
Berlin gegeben, vgl. Brachvogel I, 119. — Ueber die academie der
Wissenschaften vgl. oben s. 60. — Ueber „Die geistlichen auf dem lande"
vgl. zum folgenden briefe. — „Die pietisterey im fischbein-rocke", Rostock
1736, ist ein lustspiel der frau Gottsched. — Schönemann ging zu ostern
1744 von Berlin nach Breslau. — Die Verhöhnung Gottscheds durch
die Neuberin gelegentlich des Cato fällt also in das frühjahr 1743,
nicht ins jähr 1741, wie Waniek, Gottsched s. 442 u. a. annehmen.
14. Dieser Brief ist bis auf den letzten absatz bereits im September
1743 geschrieben, aber erst mit nr. 15 am 29. märz 1744 übersandt (vgl.
8. 57 zeile is — i«); das beweisen besonders die worte s. 55/56 über die
Berliner oper. — Gleims gedieht ist in Schwabes Belustigungen des
Verstandes und des witzes auf das jähr 1744, augustmonat, s. 190 — 192
gedruckt unter dem titel : „An den Verfasser des lobgesangs auf den
frühling. Im brachmonate des vorigen jahres" mit correcturen Schwabes
und mit fehlem (z. b. vers 24 „beschönt1 statt „beschämt"), die Gleim
72tn verurteilt. — s. 52: Die geistlichen auf dem lande. Ein lustspiel
in drey handlungen. Zu finden in der Franckfurter und Leipziger Mi-
chaelis-messe. 1743. [135 s.'J 8°, von Johann Christian Krueger, über
den Goedekes Grundriß- IV, 72, E. Schmidt in der Allg. deutschen
biographie XVI l , 230 und H. Devrient , J. F. Schönemann s. 67 zu
vergleichen ist. In Gleims Stammbuch findet sich folgender eintrag
von ihm :
Nein, Hoffnung macht des Lebens müde;
Wenn mir mein Glück nicht viel verspricht,
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So hab ich gnug, uml hoffe nicht,
Und habe von den Sorgen Friede.
So tausch ich nicht mit ienen Thoren,
Die Glück vergnügt und edel macht,
Mir hat die Tugend zugedacht,
Was mir noch nicht mitangebohren.
Des HErrn Besitzers HochEdl :
Berl: d. 13t = 8br: empfiehlt sich
1742. J. C Krüger.
aus Berlin.
s. 53: Naumann schreibt an Gleim aus Berlin, 2. juli 1743 (ungedruckt,
im Gleimarchiv): „Eben heute habe die Liscovische Vorrede vor dem Lon-
gin gelesen. Er greift darin dio Belustigungen und unter andern den
Gegenstand meiner heutigen Einbildungskraft vom seel. Hn. Rudnick an.
Ich verdenke ihm dieses nicht. Denn er weiß nicht, daß es eine Satire
auf Gottsched ist. Es wäre nöthig ihn durch Briefe davon zu unter-
richten. Vielleicht entschließe ich mich dazu." Gleim antwortet aus
Potsdam, 20. juli 1743 (ganz verändert als nr. 29 der „Freundschaft-
lichen briefe"): ,.Ich kan Ihnen nichts überschicken, das sie mit so
viel Vergnügen lesen würden, als ich die Liscov. Vorrede. Sie konit
daher mit nichts, als mit Dank begleitet, wieder zurück. Ich habe
nicht so viel satyrisches darin gefunden als ich verinuthet habe ; viel-
leicht werden die Belustiger mehr finden. Schreiben Sie mir doch, ob
Sie das rudnickigehe Stück schon von dem Verdacht, daß es zu ihnen
gehöre, befreyet haben ? Ist denn der Schneider aus Leipzig , und der,
welcher mit dem Kothkehlchen verglichen ist, eine Person ? oder ist der
letztere P. Beyer. Geben Sie mir doch hievon einiges Licht *' — s. 54:
Die in Berlin herausgekommene schrift wider Gottsched ist der ,, Erweis,
daß die G*ttsch* dianische Secte den Geschmack verderbe", Hamburg
und Leipzig, 1748, von Immanuel Jacob Pyra. — Critischc betrachtungen
und freye Untersuchungen zum aufnehmen und zur Verbesserung der
deutschen schau- bühne. Mit einer zuschritt an die frau Neuberin,
Bern 1743. — „Der gelehrte", von Hagedorn, zuerst o. O. 1740, dann
im Hamburgischen correspondenten 1748, stück 116. — Ueber Straube
vgl. zum 7. briefe. — 55, 7 : In der frühesten gestalt des „Lobgesang
des frühlings" (Sauer nr. 1) wird der graf Manteuffel in der neunten
strophe erwähnt:
Wolf reicht es nun dem Grafen dar,
Der Philurenens Fluren schmücket.
Ueber den grafen Ernst Christoph von Manteuffel vgl. E. Wolff,
Gottsched I, 207 ff, über die von ihm gestiftete „Gesellschaft der ale-
thophilen" ebda. I, 215-230. — Der Herrenhuther, Humburg 1743,
8°, vgl. Milberg s. 10 , .lacoby s. 46. Ueber den „Bauzner" Christian
Nicolaus Naumann vgl. zum 1. briefe. — Das „Gedicht auf die Herren-
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455
Luther, an den grafcn von Zinzendorf", Btatnnit von Gleim selbst und
steht unter dein titel „Schreiben an das pflanzstädtlein zu Herrnhuth, bey
Übersendung eines mohren" in der Wochenschrift ,,Freye urthoile und
nachrichten zum aufnehmen der Wissenschaften und historie überhaupt",
Hamburg 1744, s. 774-776, vgl. Goedeke 1 IV, 758 und S. G. Lange»
Sammlung gelehrter und freundschaftlicher briefe I, 105. Die von
Gleim citirten verse sind die beiden letzten des gedichts. — lieber
Voltaires besuch in Berlin 1743 vgl. Koser. Friedrich der große I, 218. — •
s. 55/56 : Nach Brachvogel , Geschichte des königlichen theaters zu
Berlin I, 118 schloß sich am IX). october 1743 an die oper Clemenza di
Tito von Graun die erste redouto an; das j ihr schloß am 1. december
mit einem hofconcert, dem am andern Tage zur eröft'nung des carne-
vals die aufführung der oper Artaxcrxes von Graun folgte, in welcher
der altist und castrat Pasqualino Bruscolini auftrat, der bereits im
september nebst dem sopranisten Feiice Salimbeni in Berlin eingetroffen
war. — Daß das gedieht „An Herrn UzM (s. 51) von Kleist sei, ist
wiederum ein versteckspiel Gleims. — Das philosophische gebet von Kleist
ist soin „Lob der gottheit" (Sauer, Kleist I, 22). - Der letzte absatz des
briefes ist erst bei der absendung im marz 1744 zugeschrieben.
15. Ueber die verlornen gedichte von Uz vgl. zu nr. 13. — Der
beigelegte brief, der angefangen wurde, als Uz noch nicht in Ansbach
war, ist nr. 14. — ,,Die 6 bogen" sind Gleims „Versuch | in | Scherz-
haften | Liedern. | Nos haec nouimus esse nihil. | Martialis. | BERLIN."
o. J. [1744], 4 bl. 88 s. 8°, nach 59, i in Potsdam gedruckt und nach s. 119.
125 in neuer aufläge mit Veränderungen erschienen; die kgl. biblio-
thek zu Berlin besitzt beide auflagen, die sich besonders, auf s. 72 und
80 unterscheiden, als Yk. 7521 (1) und Yk. 7532, letztere enthält als
handschriftliche dedication an Spalding ein in den „Sieben kleinen Ge-
dichten, nach Anacreons Manier," Berlin 1764, s. 6 — 10 gedrucktes lied.
Vgl. auch zu nr. 24. — Uzens name steht über dem liede auf s. 33 „Wünsche
an Herrn Uz in Anspach", das dritte lied ist „An Herrnfv^n Kleist"
betitelt. — In der matrikel des gymnasiums zu Danzig erscheint „Paul
Jacob Rudnick Bütoa Pomeranus" am 19. october 1730, Ewald von
Kleist am 15. september 1729 als in die zweite klasse aufgenommen,
vgl. Seufferts vierteljahrschrift III, 289. — Gleims „Schäferwelt" (Sämmt-
liche werke III, 5-10) steht zuerst in \V. A. Paulli's Poetischen ge-
danken 1750, II, 86—88, vgl Goedeke "IV, 759, ferner in C. F. Lent-
ner's Schlesischer anthologie II, 161-164 als ein Straubesches gedieht;
auch Consbruchs Westpbälische beyträge sollen es enthalten vgl. [Borch-
mann] Briefe zur erinnerung an merkwürdige zeiten von 1740—1778,
Berlin 1778, s. 129. Das Gleimarchiv enthält auf einem losen, nach-
träglich gefundenen quartblatt, das zu diesem briefe zu gehören scheint,
das gedieht in folgender ursprünglicher gestalt:
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•156
»Die Schäferwelt.
An - - - -
Ja, - - - - die Welt ist zu beklagen
Ihr Glück entwich mit ihren ersten Tagen.
AU noch das Land voll Schäferhütten war
War GlQck and Gold noch nicht so wandelbar.
Man aß, man tranck, man schlief auf seiner Weide
Man fühlte noch den rechten Trieb zur Freude.
Man war ein Mensch, man blieb ein Mensch mit Lust
Man raubte sie sich selbst nicht aus der Brust
Man ließ sie sich von keinen Feinden rauben
Von Fürsten nicht, auch nicht vom Aberglauben.
Ein Rath, ein Schuft, ein Richter und ein Schelm
Ein Kriegesmann, Schild, Panzer, Schwerd und Belm,
Ein Königsfreund, ein Sieger und ein Henker
Ein Ordensband, ein statsgelehrter Zänker
Ein Ritterpferd, ein Stutzer, ein Prälat
Ein Rabenstein, ein Galgen, ein Castrat
Ein Cämmerer, ein Pabst, ein Burgemeister
Ein Atheist, und Klein und große Geister
Ein Hasenfuß, ein Hofmann, ein Pedel
Ein Sclav, ein Herr, ein Meister, ein Gesell
Ein Höllenbrand, ein Narr, ein Schriftgelehrter
Sind nach und nach entstandne neue Wörter.
Die Schäferwelt, war nicht der unsern gleich
Sie war nicht stolz, nicht närrisch, und nicht reich.
Ihr Reichtum war, ein Bach, ein Feld und Schafe
Ein Lindenbaum zur Kühlung und zum Schlafe
Man ehrte noch die gütige Natur
Was sie ihr gab das wünschte sie sich nur.
Kein Wunsch, kein Flohn entehrte das Geschicke
Ein Priester that noch keine Bubenstücke.
Furcht, Höll, und Wort, war noch von keiner Kraft
Es machte noch kein Teufel tugendhaft
Kein Kettenzwang in tiefen Finsternißen
Kein Schwefelpfuhl erschreckte die Gewißen
Des Menschen Sohn hieß noch kein Teufels Kind
Und Satan fuhr durch keinen Wirbelwind
Das Crocodill, die Katzen und die Affen,
Ernehreten noch keine faule Pfaffen.
Es herrschte noch kein Peter und kein Paul
Aus frommer Furcht1) war noch kein Closter faul.
1) Ueber gestrichenem „Pflicht"
457
Kein Pietist schalt auf das Weltgetüniniel
Kein Quäcker fuhr lebendig in den Himmel.
Es zanckte noch kein Martin kein Johann
Es schimpfte noch kein Christ den Muselmann
Man küßte noch kein seeliges Gerippe
Und kein Komet wieß Weise zu der Krippe.
Den Heiligen wuchß noch kein Haupt voll Glanz
Der Teufel hielt noch keinen Hexentanz
Man sah noch nicht den Prinz der schwarzen Schaaren
Den Blocksberg zu auf Ofengabeln fahren.
Kein falscher Schwur betrog des Bruders Mund
Betrug und List erschlich noch keinen Bund
Die Bürgerpflicht macht unsre Häuser sicher.
Dort, ohne sie, war alles bürgerlicher.
Es raubte noch kein Mogul und kein Dieb
Und jeder Mensch war jedem Menschen lieb,
Kein reicher Narr stolzierte in Caroßen,
Kein kluger Narr erwarb sein Brod mit Poßen.
Neid, Stolz und Geitz erzog noch keinen Held,
Und damahls war die rechte beste Welt,
Der beste Theil erlebenswerther Zeiten,
Verschwand zu früh ins Meer der Ewigkeiten.
Bewegt ein Wunsch das künftige Geschick
So holt ich ihn durch meinen Wunsch zurück!
Die Critic über den blöden Schäfer bitte vollständig genung zu
machen*
Gleims „Bürgerwelt" ist bruchstückweise gedruckt in den Sämt-
lichen werken III, 11 — 13; nach s. 484 konnte Gleim keine hand-
schrift mehr davon rinden (ebenso Kürte , Gleims leben s. 482),
doch vgl. unten zum 26. briefe. — Der | Blöde Schäfer, | Ein | Lust-
spiel. | Dich macht die Liebe nicht zu kühn. | Hagedorn. | Berlin,
bey J. J. Schützen. | 1745. [40 s.] 4°. — s. 60: Wer ist „Prinz Matthews
Carl"? — Ueber Gleims gedieht an Uz vgl. zu nr. 14. — Ueber Carl Ludwig
freiherrn von Poellnitz vgl. Allg. deutsche biographie 26,397. — Die von
Gleim erwähnten Schriften von Immanuel Jacob Pyrahat Waniek in seiner
vortrefflichen biographie (Leipzig 1882) behandelt; vgl. auch A. Sauersein-
leitung zu den Deutschen litteraturdenkraalen, heft 22. — Ueber die Vergil-
übersetzung von Johann Christoph Schwarz (Regensburg 1742 — 44) vgl.
Goedeke * III, 363 ; über die fehde Pyra's mit Schwarz vgl. Waniek, Pyra
und Gottsched. — Über Bottarelli vgl. zu nr. 7 und 13. — Gleims bruder
Friedrich Ludwig Lorenz starb als hofapotheker zu Marburg 1787. —
Gleims gedieht „Ursula" ist in der Berlinischen „Sammlung nützlicher
Wahrheiten" 1742 , stück 39 , mit abweichungen gedruckt , vgl. zum
5. briefe. Die unverständliche „Grabschrift'* ist bisher ungedruckt.
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458
IG. Der erste teil von Gleims scherzhaften licdern ist seiner .Doris«
gewidmet. — Unter den liedern, die Uz mit diesem briefe übersendet,
int „Ein träum« (Sauer nr. 7) und .Morgenlied der scb&fer« (Sauer
nr. 9), vgl. s. 68 f. — üeber Rost« scbäferspiel „Der geraubte ham-
mel«, das Uz in Leipzig „ mit unbeschreiblichem ergötzen« auffuhren sah,
vgl. oben zu nr. 7. — 8. 67 : Die ode in prosa von Rudnick ist »Ode
über die abgebrannte Kirche zu Glaucha bey Halle. 1740 den 6. Jenner",
die Götz in seinem Anacreon von 1746 s. 84 abgedruckt und R. Köhler
im Weim arischen jahrbuch III, 476 wiederholt hat. — Das bereits mit
nr. 12 übersand to lied, das Uz wieder beilegt, ist nach Sauers Vermutung
„Ein träum*. — Ueber den Grafen Manteuffel und die „Gesellschaft
der aletophilcn* vgl. zum 14. briefe. — Der morgensegen, den Uz beilegt,
ist das „Morgenlied der schäfer" (Sauer nr. 9), — Ueber Alexander
Gottlieb Baumgarten vgl. Goedeke* IV, 4 und Allg. deutsche bio-
grapliie 2, 153.
17« Gleim wurde 1744 secretfir beim prinzen Friedrich Wilhelm, söhn
des markgrafen von Brandenburg-Schwedt; am 30. juli 1744 schreibt
er an Naumann (ganz verändert als nr. 34 der .Freundschaftlichen
briefe'): „Machen Sie sich fertig, wenn Sie marschiren wollen. Ich
will es nicht, und muß doch". Am 2. September waren die preußischen
heeresabteilungen um Prag vereinigt und am 12. September wurde dem
prinzen Wilhelm an Friedrichs II. seitc durch eine österreichische stück-
kugel der köpf zerschmettert, vgl. Koser, Friedrich der große I, 230.
— Pyra starb am 14. juli 1744 nach dreitägiger krankheit; Kleist
und Gleim waren zum besuche ihres kranken freundes von Potsdam
nach Herlin gereist: „Auf dem Wege zu ihm ward der vortreffliche
junge Mann ihnen entgegen zu Grabe getragen* (Körte, Gleims leben,
s. 24); vgl. feiner L. Geiger in Seufferts viertel,) ahrschrift II, 471.
Ueber seine nachgelassenen Yergilstudien vgl. Waniek, Pyra, s. 67. 128.
— Kost's brief an Gleim lautet nach dem original im Gleimarchiv (ma-
nuscript 93):
Hochedler
Hochzuehrender Herr p.
Eine unvermeidliche Reise ist die einzige Ursache daß ich Ew.
Hochedlen nicht eher auf Ihren Brief geantwortet. Ob ich gleich bisher
die Ehre nicht gehabt Ew. Hochedeln zu kennen , so ist mir diese
unvermuthete Bekanntschaft gegenwärtig um desto angenehmer. Der
Verlust des HE. P£ra rührt mich gedoppelt. Er that mir die Ehre
mich unter seine Freunde zu zählen , und wußte sehr wohl daß die
Gottsched ische Art zu dichten, nehmlich deutsche Phrases ohne
Gedanken in Heime zu bringen von schlechter Erheblichkeit wäre.
Ich nehme mir die Freyhcit Ew. Hochedlen meine Empfehlung an dem
HE. Bruder des sei. HE. Pyra ergebenst aufzutragen. Ihnen selbst
aber danke ich auf das verbindlichste für die mir gegebene Nachricht,
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•159
der ich nebst schuldigem Complimcnte des HE. Liskov mich Ihrer Freund-
schaft bestens empfehle und verharre
Ew. Hochedlen
Dresden am 27. August. ergebenster Diener
1744. Rost.
s. 71 : Der schwatzer. Aus dem Horaz. Hamburg 1744, 4°, von Hagedorn.
— Bodnier sehreibt an Pyra (undatirt, Briefe der Schweizer s. 3): „In
den Liedern des Herrn Gleims redet der griechische Anakreon, denkt
und empfindet Anakreon. Man hat sonst auf einen gewissen Herrn
Dreyer, einen Niedersachsen, gerathen , daß dieser Verfasser jener
naturreichen Liederchen wäre". — „Der fehlschuß", ein anakreontisches
lied von Naumann, anonym in Schwab es Belustigungen 1744, weinmonat,
s. 459—463; Gleims Gedicht .An den Verfasser des lobgesangs des
frühling" (oben s. 51) ebda., augustinonat, s. 190—192. — Ein halbes
hundert neuer fabeln. Durch L M. v. K. [Johann Ludwig Meyer von
Knonau]. Mit einer critischen vorrede von Bodmer. Zürich 1744, vgl.
Bächtold s. 578. — Karl Friedrich Drollingers gedichte erschienen
1743 in Basel, 1745 in Frankfurt. — Gedicht | über | den Tod | des [
Helden tnüthigen Fürsten, | Herrn | Friderich Wilhelm, | Prinzen in
PreuÜen und Marggrafen | von Brandenburg | :c. 2C. 2C | von | Gleim,]
Seiner Königlichen Hoheit | bißherigem Secretair. | Berlin , den 2ten
des Weinmonaths 1744. [2 bl.] 4°, exemplar in Göttingen. — Gleims
gedieht ,.Ein träum" in den Scherzhaften liedern II, 29. Uz „Der
träum" bei Sauer nr. 7; das „Lied auf den caffe" an seine Schwester
ist nicht erhalten, vgl. s. 95. 144. 154. — Lamprechts „Kleine Schriften'*
finde ich nirgends verzeichnet.
18. Ueber Gleims secretariat beim „alten Dessauer" vgl. Körte,
Gleims leben s. 30—32. — Gleims gedieht an Uz über Schnelles pro-
motion folgt s. 81 — 85. — Schriftmässige betrachtungen über einige eigen-
sebaften gottes in einer ode von F. v. II. Hamburg 1744, 4°. — Ueber Bod-
mers Opitzausgabe vgl. zu nr. 4. — Der blöde schafer, von Gleim, vgl. zu
nr. 15; Versuch in scherzhaften liedern. [motto] Zweeter theil. Berlin,
1745. [ XXIV, 80 8.] 8°, mit einer vorrede von „Doris". — Ueber die geplante
monatschrift schreibt Gleim an Bodmer nm 4. mai 1745, Briefe der
Schweizer 8 13. — „Die Verwandlungen" in den Bremer beitrügen 1745
I, 203 ff. sind von Zachariä, vgl. Allg. deutsche biographie 44, 635.
19. Uz wird im zweiten teil der „Scherzhaften lieder" auf seite
4 und 56 genannt. — „Magister Duns" bei Sauer nr. 12. — Ueber
Melchior Griram's „Volleingeschancktes tintenfaßl . . . von R. D. Vito
Blanroeckelio", Kufstein 1745, vgl. Waniek, Gottsched s. 478 tf. - Hage-
dorns „Sammlung neuer oden und lieder", mit compositionen, zweiter
teil, Hamburg 1744.
20. Pamela, roman von Samuel Richardson. — Hagedorns brief an
Gleim in seinen Poetischen werken, ed. Eschenburg V, 148 ; Michael Cubach,
buchhändler des 17. jahrhunderts, war Verfasser eines weit verbreiteten
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•100
gebetbucbcs. — Der Wein. Hamburg 1745, 4° ist Umarbeitung des im „Ver-
such einiger gedichte", Hamburg 1729, s. 13 — 29 gedruckten gleichnamigen
gedichts, vgl. Deutsche Htteraturdenkmale 10, VIII. — Ueber die von Bodmer
angeregte monatsschrift vgl. zum 18. briefe. — Gedanken von schertzen,
von Georg Friedrich Meier, Halle 1744, vgl. Sauer, Kleist, III, 11. — Sa-
muel Gotthold Langes „Horatzische oden" erschienen erst 1747 in Halle
vgl. zu nr. 29. — Tbirsis und Dämons freundschaftliche lieder, Zürich
1745, von Bodmer herausgegeben, sind neugedruckt von A. Sauer in
den Deutschen litteraturdenkmalen heft 22. — Gleims gedichte „Das
Recept" und „Die neue Matrone von Ephesus" sind bisher angedruckt;
zum letzteren vgl. £. Grisebach, Die Treulose Witwe, Leipzig 1883. —
Die strophen aus Hagedorns ode „Der Wein" sind nur mit den anfangs-
zeilen bezeichnet.
21. Mit diesem briefe übersendet Uz seine gedichte „An den Ver-
fasser der schertzhaften lieder", zuerst gedruckt von Sauer als nr. 108,
und „An Amor" (Sauer nr. 14). — Liscows Schriften erschienen unter
dem titel „Sammlung satyrischer und ernsthafter Schriften'1 in Franck-
fnrt und Leipzig 1739, vgl. Goedeke' IV, 22. - Ueber „Die Verwand-
lungen" in den Bremer beitragen von Zachoriä vgl. zu nr. 18; die fa-
bel „Der esel und das hündchen44 (band I stück 6 s. 620-623) ist von
Johann Adolf Schlegel, vgl. seine Fabeln und erzählungen 1769 s. 21.
22, Ueber das französische journal in Berlin vgl. s. 98 und 101 f.
28. Kleist schreibt am 25. märz 1746 an Gleim (Sauer II, 30):
„An Herrn Uzen werde ich ehestens schreiben und. Ihnen den Brief
zuschicken". Ueber seinen freund von Seidlitz, leutnant im regiraent
Prinz Heinrich, vgl. Sauer I, XIX. XXVIII. - üzens lied an Gleim ist
die zum 21. briefe erwähnte nr. 108 bei Sauer. — „Bacchus. Die
19. ode des II. buches aus dem Horaze", in den Bremer beitragen II,
4, 333 ist von Johann Adolph Schlegel, vgl. seine Vermischten gedichte
1787, 1, 319. — „Die siege Friedrich's, besungen im September 1745",
in Langes Horatzischen oden 1747, s. 4—21 ; Ober die „Freundschaft-
lichen lieder'4 von Pyra und Lange vgl. zum 20. briefe. — ßodmers
brief an Gleim vom 11. juli 1745 steht in den Briefen der Schweizer
s. 15—17. — s. 95: Uzens „Ode an Bachus" ist vermutlich „Die Wein-
lese44 (Sauer nr. 20), die mit reimen , welche Uz noch aus Halle an
Gleim gesandt, „An hm. Gleim in Berlin 1741** (Sauer nr. 1); der
reim „saßen: lasen'4 kommt nicht darin vor, dagegen „Götterspeise:
Fleiße4', vers 30. 32. — Ueber die „Freundschaftlichen briefe", die im
vorigen schon öfters citiert wurden, vgl. zu nr. 26, s. 117; der herausgeber,
Sulzer, wird hier von Gleim zuerst erwilhnt. — Die „Memoircs et avan*
tures d'un horame de qualitd, qui «'est retiro du monde44, Amsterdam
1730 — 31, sind von Antoine Francois Prdvost d'Kxiles. — Uzens „Ode
über den kaffee4' an seine Schwester ist nicht erhalten, vgl. zu nr. 17.—
Ueber die Danziger Wochenschrift „Der freydenker'4 und ihren heraus-
geber Waasberg vgl. zum 5. briefe. — Ueber Bielfelds Übersetzung
Digitized ffCofegle
461
des Montesquieu vgl. zu nr. 26; über Peter v. StQven und seine Über-
setzung von Voltaires „Alzire", Hamburg 1739, vgl. Heitmüller, IJam-
burgische dramatiker zur zeit Gottscheds, Wandsbeck 1890, s. 35—59.
— üeber Liscov's vorrede zu Heineckes Longin vgl. zu nr. 14. — Des
herrn von Königs gedichte, Dresden 1745, sind von Rost herausgegeben,
vgl. Goedeke* III, 347. — üeber Bodmer-Bieitingers Opitzausgabe
vgl. zu nr. 4. — Gärtners schäferspiel in den Bremer beitragen I,
9—38 ist „Die geprüfte treue". — „Neue belustigungen des gemüths",
Hamburg und Leipzig 1745, von Christian Nicolaus Naumann, vgl.
Minor, C. F. Weisse, 8. 10. — Lamprecht starb am 8. decembor, Pyra
am 14. Juli 1744; über Caspar Wilhelm v. Borcke vgl. zum 3. briefe.
— Ueber den hofrat Francheville vgl. Sauer, Kleist II, 286; über Daniel
Stoppe: Goedeke* III, 352. — Ueber dos französische journal von
d' Argens und seine polemik gegen Gottsched ist mir nichts bekannt.
24« Die „unvergleichliche ode" ist die mit nr. 21 übersandte „An
Amor" (Sauer nr. 14). — Kleists brief an Gleim vom 9. märz 1746 ist
abgedruckt bei Sauer II, 26 — 29; von entschuldigungen und grüßen
steht nichts darin. — Ueber Gleims schäferweit und bürgerweit vgl.
zum 15. briefe; der versuch in ernsthaften gedichten, gemeinsam mit
Kleist, Ramler und Uz, ist ebenso wenig zur ausfuhrung gekommen,
wie die übrigen' hier entwickelten pläne. — „Das Ding von dem Dinge"
ist ein verlornes Uzisches gedieht, vgl. zu nr. 26. — „Die Mordgeschichte",
welche Gleim mitschickt, ist „Der neue Jonas", abgedruckt auf s. 103—105,
zugleich die erste deutsche romanze, denn Gleim nahm sie 1756 in seine
Romanzen, Berlin und Leipzig, 1756, s. 31 als dritte unter dem titel
„Wundervolle doch Wahrhafte Abentheuer Herrn Schout by Nacht?,
Cornelius van der Tyt, vornehmen Bürgers und Gastwirtin im Wallfiscli
zu Hamburg, wie er solche seinen Gästen selbst erzählet. Aus seiner
holländischen Mundart, in hochdeutsche Keime getreulich übersetzt'*
wenig verändert auf; vgl. C. v. Klenze, Die komischen romanzen der
Deutschen im 18. jahrhundert, Marburg 1891, s. 6. — Die glfickseligkeit,
die wünsche und der weise. Dritte und verbesserte nuflage. Hamburg
1745. 4°, vgl. Goedeke" IV, 17. — Die dritte aufläge von Gleims Ver-
such | in | Scherzhaften | Liedern. | Nos haec nouimus eße nihil. | Mar-
tialis. | Erster Tbeil. | BKRLIN. o. J. [1746J hat wie die erste 4 blätter
und 88 Seiten inhalt, ist aber daran kenntlich , daß sie auf s. 72 und
78 — 82 lieder umsetzt und einschiebt, in der vorrede bl. 4" einige zwei-
deutige Zeilen ausläßt; vgl. zu nr. 15. — Langes frau, Anna Dorothea geb.
Gnügin, war unter dem arcadischen namen Doris vielfach dichterisch thfitig,
vgl. Waniek, Pyra s. 53 und unten s. 141. Ihre ode auf den könig
muß in einem einzeldruck existiren, den ich nicht kenne; Lange schreibt
an Gleim 19. I. 1746 (ungedruckt): „Sie haben recht gut gethan . daß
Sie der Doris ode auf die Wiederkunft Friedrichs nicht haben drucken
lassen, eine gewisse Betrachtung hatte mir und Doris den Druck in
Berlin verleidet , da zumal Doris den Druck gar nicht hat zulassen
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wollen. Sic ist a.:-hr confus gemacht durch die Grade gegen einander
laufenden Urtbeile der Kenner. HR. Kammler lobet, HB. Sultzer ad*
miriret dieses Stück. HK. M.[agister] Meyer ist ganz entzückt davon,
und just über die lezte Strophe am meisten. Ich sage sie soll ihren
Kmpfindungen traoen, und sich an Lob nnd Tadel nicht kehren. Wie
aber können Sie mit gutem Gewissen sagen: Alle Dorisse and Knllmnsse
schreiben eben so?" — Ceber den Hallenser aesthetiker Georg Friedrich
Meier vgl. Allg. deutsche biograpbie 21, 193. — Langes gedieht „An
Duphnis dem seine Hofnung fehl schlug4* (vgl. s. 102) ist unge-
druckt, Kleists ode „Das Landleben*' bei Sauer I, 59, Ramlers ode „An
Belinden" (vgl. b. 106) ganz umgearbeitet als „An Lalagen" in seinen
Lyrischen gedienten, Berlin 1772, s. 7. — Lange an Gleim 20. VIII.
1745 (ungedruckt): „Den Herrn Utz, den Denker, der so viel zärtlichs
bey dem fleischigen Fußgen gedenkt, grüssen Sie vielmals von mir*'. —
l eber Langes streit mit dem Hamburgischen correspondenten wegen
Kästners beurteilung der Freundschaftlichen lieder und «eine gegenschrift
vgl. Deutsche litteraturdenkmale 22 p. VII— XVIII. — Ueber das fran-
zösische journal von d'Argens vgl. zu nr. 23. — Uzens „Magister Düna4«
(bei Sauer nr. 12) wurde allgemein auf Gottsched gedeutet. — Uzens
brief vom 31. IX. 1741, oben nr. 2, wurde von Gleims als neunter in
die Freundschaftlichen briefe aufgenommen. — Die citate aus Anacreons
5. ode bei ßergk, Anthologia lyrica* p. 429. — Ueber den Anacreon
von Barnes vgl. zu nr. 37. — „Gedichte von capitain Röber", wie „Der
neue Jonas" s. 103 ff. — Bodmer-Breitingers auszöge aus gelehrten
zeituugen in den Züricher Freymüthigen nachrichten, über deren redaction
die Briefe der Schweizer s. 69 zu vergleichen sind. — Ueber Samuel
Henzi's „Amusemens de Misodeme" 1745 vgl. Baebler, S. Henzi's leben
und Schriften, Aarau 1880, s. 23 ff. ; über das epos „Sur la depravation
du gout en Allemagne", das nicht vollendet wurde , ebda. s. 43 f. —
Ueber G. F. Meiers „Untersuchung einiger Ursachen des verdorbenen
geschmacks der Deutschen", Halle 1746, vgl. Waniek, Gottsched s. 518.
— Ueber Pyras hinterlassene manuscripte vgl. zu nr. 17.
25, Uz legte diesem briefe ein schreiben an Kleist bei, das verloren
ist; Kleista antwort bei Sauer I, 41. — Die drei „Erzehlungen uus
Thomsons englischem" am schluss der „Freundschaftlichen lieder" vou
Pyra und Lange sind von Bodmer übersetzt, vgl. Deutsche litteratur-
denkmale 22 p. VI. — Pyras ode auf das Langische bibelwerk, eine
Verherrlichung des streitbaren Hallenser theologeu Joachim Lange, ist
„Das Wort des Höchsten", vgl. Waniek, Pyra s. 49. — Die ode über
die ode ist „Die Lyrische Muse", Sauer nr. 17 ; die ode über den Bacchus
ist nicht vollendet. Die in den Brenior beitragen ist von J. A. Schlegel,
vgl. oben zu nr. 23. — s. 108: Die beiden oden über des kOnigs zurück -
kunft von Gleim und Kamler (vgl. auch s. 115) sind bisher nicht auf-
gefunden ; vgl. Lange an Gleim 26. I. 1746 (ungedruckt): „Warum
haben Sie mir denn verschwiegen, dass Sic das Gedicht auf die Wieder-
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kunft des Königes gemacht lieben, und HE. Rammler da« andere?"
und am 19. I. 46: „So viel Schönheiten da« Gedicht auch hat, 60 Sie
mir übersendet haben, unter dem Titel der Wiederkunft des Könige«,
so halte ich der Doris [frau Lange] Arbeit doch viel stärker, neuer
und zärtlicher. Ich wünschte daß die 2te ode weggeblieben wäre.
Weil sie sich nicht auf die Wiederkunft des Königes beziehet. Diese
lezte aber ist vollkommen Horatzisch, nnd gehet der ersten weit vor.
Wer hat diese beyden Stücke gemacht?" Die zweite ode von Ramler
an Bielfeld erscheint später umgearbeitet als ode „An Herrn Christian
Gottfried Krause", Oden 1767 s. 47. — Die von Uz mit diesem briefe
übersandte „lange Ode" ist „Das bedrängte Deutschland" Sauer nr. 16,
ferner folgten „An ***•« Sauer nr. 22 und „Das neue Orakel" Sauer
nr. 23. — lieber das citat aus Prior, Poems on several occasions,
London 1751 , s. 40 , vgl. E. Schmidt , H. L. Wagner * s. 126. —
Ueber Gleims „alten Freyer" vgl. zum 33. briefe. — Anacrcons ode
vom Bathyll , die Uz übersendet , ist die 29te. — Kleist schreibt an
Uz 15. V. 1746 (Sauer II, 43): „Nach dem Stengel, welcher in un-
sern Diensten seyn soll, habe ich mich bei unserm, auch verschiedenen
andern Regimentern erkundiget; ich kann ihn aber nicht erfragen." —
Scherzhafte Lieder, | nach dem Muster dre Anakreon, | herausgegeben
von | einem Bauzner. | 1743. | Hamburg, in Coramißion bey Herold | im
Dohm. (43 s.) S° [Berlin, kgl. bibl. Yk. 7321] von Christian Nicolaus
Naumann, die erste bisher ganz unbeachtete, freilich auch recht minder-
wertige Sammlung anacreontischer lieder. — Neuer büchersaal der
schönen Wissenschaften und freien künste , Leipzig 1745—54, in zehn
bänden, herausgegeben von Gottsched.
26« Ueber Gleims verändertes urteil von Samuel Gotthold Lauge
vgl. meine dissertation über Ramler s. 21 f. — Uzena brief an Kleist,
auf den dieser am 15. mai 1746 antwortet (Sauer II, 41), ist verloren. —
Ueber Young vgl. Barnstorff, Youngs nachtgedanken und ihr einthiss
auf die deutsche litteratur, Bamberg 1895. — Ueber Pyras nachgelassene
tragödio Saul , die in fünffüßigen daktylisch-trochäischen versen ge-
schrieben Ist, vgl. Waniek s. 100 ff. — Ramlers ode „An Belinden"
oben s. 106. — Ueber Thomsons Jahreszeiten und die deutschen Über-
setzungen des gedichts vgl. Sauer, Kleist I, 151 ff. — Das sogenannte
„Buch ohne titel" von Johann Adolph nnd Johann Elias Schlegel hat
E. Wolff in Seufferts vierteljahrschrift IV, 384—406 behandelt. — Die
witzige monatschrift, die in Bayreuth herauskam , kenne ich nicht. —
Uzens ode auf Deutschlands trägheit bei Sauer nr. 16, wo auch Gleims
Verbesserungsvorschläge abgedruckt sind. Ueber den später weggeschafften
reim im „Magister Düna" (Sauer nr. 12) „redet : todlet" vgl. oben s. 80.
144. „Das Ding" ist das s. 100 erwähnte gedieht. Das gedieht an Gleim
ist Sauer nr. 1; über den reim „rose: schooße" vgl. zu nr. 23. — Die
kleinere ode ist „An * * •" Sauer nr. 22; „Das neue Orakel" Sauer
nr. 2:J. — Ueber die oden auf die zurückkunft des königs vgl. zu nr. 25.
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- üeber Jacob Friedrich v. Bielfeld vgL Allg. deutsche biographie 2, 624;
seine „Lettres familieres*' characterisiert Koser, Friedrich der große als
kronprinz, s. 253; seine übrigen hier citirten werke sind oben (vgl. zn nr. 11)
schon öfters genannt; die anecdote über die strohkranzrede bei Proehle,
Friedrich der grolie und die deutsche litteratur* s. 22. — Ramlers Über-
setzung der Scherzhaften lieder ins lateinische : meine dissertation
s. 10. — Die Oden Anakreons in reimlosen Versen. Nebst einigen andern
Gedichten, [motto] Franckfnrt und Leipzig. 1746. [4 bl., 128 s.] 8°, vgl.
Sauers Uz p. II., meine ausgäbe der gedichte von Götz, Deutsche littera-
turdenkmale 42, p. XVI. Darin s. 72 „Auf den Burgunder- Wein*4, s. 114
,,Alciuiadure. Eine Erzählung der Doris zugeeignet, den 5. Octobr. 1745."
und s. 121 in dem Hede „An die Laura" die atrophe :
Was fahrst du, Schönste aller Maden,
0 Raupe, krum vor Liebes- Pein
Vom Apfelbaum an einem Faden ?
Dein Weibgen wird wohl unten seyn.
s. 117: Freundschaftliche | Briefe. | Berlin, bei J. J. Schützen. | 1746.
(4 bl., 151 s.] &°, wiederholt als: Sechzig freundschaftliche briefe. von
dem verfaßer des Versuchs in scherzhaften Uedem Berlin 1760 bey
Gottlieb August Lange. [4 bl. , 152 s.] 8°. A. Sauer hat in seiner
Kleistausgabe II, 33 versucht die einzelnen briefe ihren Verfassern zuzu-
weisen ; ich trage folgende nachweise aus den Halberstadter papieren
nach: nr. 2 Gleim an Lange (original vom 14. VI. 45), nr. 4 Lange
an Gleim (original vom 30. V1IL 45), nr. 5 frau Lange an Gleim (original
undatirt), nr. 7 Gleim an Lange (original vom 1. X. 45), nr. 8 Lange
und frau an Gleim (original vom 11. X. 45), nr. 9 Uz an Gleim (original
vom 31. IX. 41), nr. 11 Lange und frau an Gleim (original vom 13. XII.
45), nr. 15 Gleim an Lange (original vom 3. X. 45), nr. 26 Naumann
an Gleim (original vom 9. IV. 43), nr. 27 Naumann an Gleim (original
vom 2. VII. 43), nr. 28 Naumann an Gleim (original vom 16. VIL 43),
nr. 29 Gleim an Naumann (original vom 26. VIL 43), nr. 31 Naumann
an Gleim (original vom 17. IX. und 28. IX. 43), nr. 32 Naumann an
(ileim (original vom 12. V. 44), nr. 34 Gleim an Naumann (original
vom 30. VII. 44), nr. 35 Naumann an Gleim (antwort auf nr. 34), nr. 30
Naumann an Gleim (original vom 27. VI. 44), nr. 87 Naumann an
Gleim (original vom 24. VII. 45), nr. 38 Naumann an Gleim (original
vom 3. XII 43), nr. 39 Naumann an Gleim (original vom 14. XII. 43),
nr. 40 Naumann an Gleim (original vom 13. VII. 45), nr. 41 Naumann
an Gleim (original vom 13. VII. 45), nr. 46 Naumann an Gleim (original
vom 28. IX. 45), nr. 50 Sulzer an Gleim (vgl. Briefe der Schweizer s. 115,
mit falschem datum), nr. 57— G0 Wasers braut an Waaer und Sulzer
(laut unserm briefe). Von Lange scheint ferner nr. 2 (an Gleim), nr. 3
(an Gleim, dessen antwort im original vom 1. VII. 45), nr. 6 (an Gleim?),
nr. 20 (an Gleim), nr. 23 (an Gleim?); von Gleim an Lange nr. 12
(antwort auf nr. 11), nr. 14, 16, 18 (vgl. Sauer II, 17. 34. 36 und Uz
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an Gleim 5. XII. 46), ferner von Gleim nr. 25 (an Sulzer?), nr. 80 (an
Uz?), nr. 33 (an Naumann?), nr. 42 (an Naumann?), nr. 43—45 (an
Naumann ?), nr. 48 (an Lange? zusammen mit nr. 49, Ramler an Lange?),
nr. 56 (an Sulzer?); endlich von Ramler an Lange nr. 22, 49, von
Sulzer an Lange nr. 10. 17, 51, 52, an frau Lange nr. 53. — Die mahler
der Ritten. Von neuem übersehen und stark vermehret, Zürich 1746;
ßeurtheilung der Panthea, eines sogenannten trauerspiel*, Zürich 1746;
Vom natürlichen in schäfergeriichten, wider die Verfasser der Bremischen
neuen beyträge. Zweyte aufläge, Zürich 1746 (von Job. Adolph Schlegel,
vgl. Netoliczka in Seuflerts vierteljahrschria II, 31) siehe Goedeke2 IV,
8 und Bächtold, anmerkungen s. 180 ff. — üeber Langes Beantwor-
tung der critik, über Thyrsis und Dämons freundschaftliche lieder, . . .
verfasset von Dämon und seinem freunde, Franckfurt und Leipzig,
1746, vgl. Deutsche litteraturdenkmale 22, X. Verfasser der kritik
im Hamburgischen correspondenten war nicht dessen redacteur Zink,
sondern Kästner. — Ueber das Denckmal der seltenen Verdienste um
gantz Deutschland, o. 0. 1746, von Lange und Sulzer, habe ich in
Koch-Geigers Zeitschrift für vergl. litteraturgeschichte , neue folge, V,
96 gehandelt, vgl. Waniek, Gottsched s. 521. — s. 119: Ueber die neue
ausgäbe der Scherzhaften lieder vgl. oben zu nr. 15 und 24 ; über Stengel
zu nr. 25 ; über die Scherzhaften lieder des Bauzners Christian Ni-
colaus Naumann ebda. Es heißt in den letzteren s. 20, zeile 1 in
dem Hede „Ueber die Franzosen": „Eugenens Faust und Degen | Wusch
dir zwar sonst die Kolbe", wonach s. 119, z. 4 v. u. zu ändern ist.
Die von Gleim citirten schäfergedichte des Bauzners Bind „Sieben Hirten-
Gedichte von Schoch dem jungem aus Sachsen." 1743. o. 0. [36 s.] 8°
[Berlin, kgl. bibliothek YK. 7321 (4)] , wo auf s. 25 Menalk spricht :
„Das Herze wackelt mir schon wie [ein] Lämmerschwänzgen". — Ueber
das Buch ohne titel vgl. oben zu nr. 26; „kürmeln" = lallen, vgl.
Grimm , Deutsches Wörterbuch V , 2813. — Ueber Naumanns „Neue
belustigungen des gemüths" vgl. zu s. 97. — Die vergnügten stunden,
Leipzig 1745, 8°, vgl. Milberg s. 10. — In Gottscheds Neuem bü-
chersaal der schönen Wissenschaften und freyen künste II, ö (1746)
s. 450 steht von Gottlieb Fuchs „Der Dichter auf seiner Reise nach
Leipzig", vgl. Goedeke* IV, 124. — Georg Ludwig v. Bar „Epitres
diverses sur des Sujets ditferens" , Londres 1740. — Ueber Rudnicks
Ode auf den brand der kirche in Glaucha und seinen brief an Uz über
die liebe vgl. zu nr. 5 und 16. — Uzcns träum bei Sauer nr. 7, „Die Pfir-
sich", dos stück „Vom Vulkan" und „Das Dingerding" sind verloren.
Zu diesem briefe scheinen zwei lose octavblätter des Gleimarchivs
zn gehören, die Körte in seinem auszuge fälschlich dem 14. briefe an-
geschlossen hat; wenigstens beweist die stelle über Ramler, daß sie in
den sommer 1746 fallen (vgl. meine dissertation über Ramler s. 12).
Ich füge sie hier ein, da sie die einzigen erhaltenen reste von Gleims
„BQrgerwelt" enthalten (vgl. oben zum 15. briefe):
Ü 1 e i ui - U «, Briefwechsel. 30
r
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»Ich wolte ihnen gern die Burgerwelt abschreiben aber sie ist zu
lang, und noch nicht gnug verbeßert. Hier haben sie einige Stellen:
Ks Lancken sich die Weiber und die Pfaffen
Was hätte sonst das faule Volck zu schaffen ?
Es raufe sich der Küster, der Prälat
Bis Creutz und Pult das Chor verlaßen hat.
Kin Weiser sieht die kleinen Streitigkeiten
Und lacht dazu, und läßt die Narren streiten,
Weil allem ah 1 bey heiigem Zorn und Zwist
Kein Machtigrer, als Satau Rächer ist.
Du sprichst den Schäfer holt kein Teufel
Er glaubt ihn nicht. — Beglückt ihn dieser Zweifel ?
Nein, Schäfer, nein, wer keinen Teufel glaubt
Ist Milton gram, ist mancher Lust beraubt.
Was für ein Held ist Satan in Gedichten
In Dantens Höll'1), in unsern Mordgeschichten
Wer kan so viel, so mancherley, wie er.
Er singt, wie du, er brummet, wie ein Bär
In welchen Balg kan sich sein Geist nicht hüllen
Kr zischt, er pfeift, er kann im Löwen brüllen
Er wird ein Wolf, wenn du es
Ja, Satan, sey, die Furcht für seiner Kraft
Macht bürgerlich, uud fromm und tugendhaft
Doch kan sie dir die Seelenruhe rauben
So sey er nicht! wer zwingt dich ihn zu glauben?
Wenn aber er, der Laster Menschen stört,
Ist denn die Welt nicht eines Teufels wehrt?
Die Tugend quillt aus unterschiednem Triebe
Ich bin gerecht aus reiner Tugendliebe
Und laß aus Furcht für Satans Höllenpein
Den Priester fromm, den Staatsmann ehrlich Reyn.
Du ärgerst dich, wenn Menschenmörder rasen.
Verschonst du denn den Widder und den Hasen ?
Du mordest selbst, gesteh es nur mit mir,
Ist denn der Mensch was anders, als ein Thier?
Der Wettgesang verliebter Nachtigallen
Zwingt dich zur Lust, wenn Berg und Thal erschallen.
O komm und sieh, was mich zur Freude zwingt
Wenn Lani tanzt, und Salimbeni singt.
Mein Grottenwerck durchwandeln tausend Quellen
Vergleichstu es mit deinen Waßerlallen?
1) Zuerst: ,Iin Paradies*
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Für deinen Durst1) sind Bäche hell und rein,
Gut, trincke nur, sieh her! ich trincke Wein.
Die Schäferwelt ist seitdem auch starck verändert worden. Hier
sind einige Zeilen vom Zusatz.
Gott war kein Feind vom menschlichen Geschlecht
Und Satan war noch nicht sein Buttel knecht.
Er duldete, was seine Hand erschaffen
Und straft* es nicht, mit ewig zorngen Waffen.
Zu seinem Dienst bekehrte keine Wuth
Zu seiner Lust geronn kein Menschenbluth
Zu Peitsch und Strang, zu Rost und Scheiterhaufen
Lief noch kein Volck, den Himmel zu erkaufen
Kein Pfaffe herrscht' in Stambol und in Rom
Und Dhomherrn tränckt' und mästete kein Dhom.
Ich kan mich nicht entschließen, diese beyde Gedichte dem HE.
v. Hagedorn, der sie zum Druck verlanget hat, zu schicken. Er hat
mir geschrieben , daß die Stellen in den schertzhaften Liedern , die
einiges Absehen auf den herrschenden Glauben zu haben schienen, am
meisten Wiodersacher gefunden hätten, was könte man von der Schäfer
und Burgerwelt erwarten. Sie mäßen ihren geheimsten Freunden den
Verfaßer nicht nennen.
A propos. Herr Ramler wird in einigen Tagen Berlin verlaßen.
Er wird ein paar Jahr bey meinem Schwager die Oeconomie lernen
und alsdenn in einem CammerCollegio eine Stelle erhalten. Ich freue
mich auf den Einfluß, den das Landleben auf seine Poesie haben wird."
27. Kleist schreibt am 31. juli 1746 an Gleim (Sauer 11, 48): „Herr
Uz hat mir geschrieben und über meineB geliebten Freundes Kaltsinnig-
keit sich beschwert. Er hat Ihre Antwort auf das vorige Schreiben
vermuthlich noch nicht erhalten gehabt. Er hat mir beikommendes
Meisterstuck von einer Horazischen Ode überschicket." Diese an Kleist
übersandte und von ihm abgeschriebene ode ist „Die Lyrische Muse"
(Sauer nr. 17), als „Ode über die Ode" oben s. 107 angekündigt; die
kleine ode, worin die verse „Wie Venus, wenn es graut" vorkommen,
ist verloren. — Kleists „Landleben", später „Der Frühling" genannt,
taucht zuerst in dem obigen briefe an Gleim vom 31. juli 1746 auf. —
Gleims gebet (s. 123) steht wenig verändert als „Seufzer eines Ehe-
mannes" in Beinen Liedern, Amsterdam 1749, s. 29. — Gottscheds an-
zeige der Freundschaftlichen briefe im Neuen büchersaal der schönen
Wissenschaften 1746, juni, s. 571.
28. Der brief ist unvollständig, vgl. a. 124 anmerkung. — Ueber
das „Buch ohne titel" vgl. zu nr. 26; über Götzens Anacreon Übersetzung
von 1746 ebda. — I)a9 , »beigehende lied" Uzens int „An Venus"
(Sauer nr. 27). zuerst mit der Überschrift ,, Die Anakreontischen Lieder \
1) Zuerst: „Mund*
30*
f
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4 GS
— „Verbesserungen und Zusätze des Lustpiels : die Geistlichen auf dem
Lande, in zweien Handlungen sanimt dessen Nachspiele", 1744 ; vgl.
darüber Gleim an Kleist 10. November 1744, Sauer 1, 4. — Der einzige
brief, der Uz in den Freundschaftlichen briefen nicht gefiel, ist nach
s. 153 sein eigener, der neunte. — Zu Rudnicks brief über die reise
nach Schlettau und über die liebe vgl. zu nr. 5. — Die Übersetzung
von Horazcns oden ist nach 8. 141 von Johann Christian Broested, con-
rector in Lüneburg (f 1747) ; der „Versuch in Zärtlichen Gedichten von
F***', Rostock 1746, von Friedrich Klein aus Danzig; der Verfasser fehlt
bei Goedeke * IV, 52. 60.
29. Eleazar Mauvillon (1712 — 1779) hatte im eilften seiner Lettre«
francais et germaniques (Amsterdam 1740) den deutschen dichtem zu-
gerufen : „Nommez moi un Esprit createur sur votre Parnasse ; c'est
a dire, nommez moi un poete Allemand qui ait tire* de son propre fond
un ouvrage de quelque reputation! Je vous en defie!"; vgl. Waniek,
Gottsched s. 396. — Samuel Gotthold Langen'« Horatzische oden nebst
Georg Friedrich Meier'« vorrede vom werth der reime. Halle 1747;
darin s. 64 „Lob de« Höchsten", 8. 74 „Empfindung der Vergebung der
Sünde44, «.89 „An Doris'4, «. 101 „An den Herrn von Schulenbnrg44. Vgl.
Kleist'« urteil bei Sauer II, 73. Sulzer an Gleim 20. X. 1746 (Briefe der
Schweizer «. 41 ) : „Herr Bodmer hat mir geschrieben : er fürchte, Herr Lange
wende nicht genug Fleiß an den Horaz." Im anhang zu Lange« oden
stehen unter der Überschrift „Anhang Horatzischer Gedichte'4 drei oden
von Langes frau, s. 161 „Friedrichs Zurückkauft in sein Land'4 (vgl. oben
s. 101), «. 167 „An Hr. J. C. Hessen44 und s. 172 „An Dämon". Die ana-
kreontischen stücke von ihr, die Gleim für Uz abschrieb, unten «. 141 f.
— Critische briefe. Zürich , bey Heidegger und Comp. 1746, von Rod-
iner und Breitinger; es heißt dort 8. 181 im 10. briefe von Hermann
Axels fabeln : „AI so müßte man vor seine Fabeln die Aufschriften
setzen: - • - als Hr. G.[leim] «ich «cbämete, daß seine Schriften in den
Hiil Hachen Bemühungen gelobet worden44. Vgl. Bemühungen zur be-
fürderung der critik und des guten geschmacks, Halle 1744, stück 6
s. 575, 1745, stück 10 8. 188. — Breiner beiträge III, 4, 255—292 „Ge-
heime Nachricht von D. Jonathan Swifts letztem Willen", von Rabener,
vgl. seine Satiren, Leipzig 1763, II, 379. — Uzens ode auf die ana-
kreontwcben lieder = An Venus, Sauer nr. 27, vgl. unten zu s. 196.
— Heber den Bnuzner Naumann schreibt Giseke, Leipzig, 2. XII. 1747,
an J. A. Schlegel (Archiv für litteratnrgeschichte V.585):
Wie etwan in zwölf Stunden
Der reiche Bauzner, kühn, vom Zwang der Kunst entbunden,
Kin Trauerspiel erschafft, in Scheltwort überfließt,
Und in fünf Acten sich ergießt,
Wovon ein ieder sich mit einer Todsart schließt,
Die sein fruchtbares Hirn auf Griechschen Fuß erfunden:
So haben wir itzt Themata erfunden.
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Ueber des graten Algarotti (vgl. s. 172) „11 congresso di Cithera" eiche
unten 8. 197. 201 ; über Bar's „Kpitres diverses" zu nr. 26. — Auf den pater
Ceva hatte Bodmer aufmerksam gemacht; vgl. die ausgäbe von Müchler
1797. — Ramlers briefe an Gleim über Ovids metamorphoeen vom august
und 10. September 1746 liegen im Gleimarchiv. — üeber die ode an Bacchus
in den Bremer beitragen II, 333, von J. A. Schlegel, vgl. zu nr. 23; „Der
blandusische Qvell. Die 13. Ode des dritten Buchs aus dem Horaz", Bremer
beitrage II, 226, ist von liamler, vgl. meine dissertation s. 18. — Glovers
Leonidas wurde 1748 in der Sammlung vermischter schritten der Bre-
mer bei träger von J. A. Ebert übersetzt. — Ueber Götzens Anacreon
von 1746 und die lieder des anhangs vgl. oben znnr. 26. — Hagedorns
brief an Gleim ist ungedruckt; sein Verleger ist Bohn in Hamburg. —
Ueber die Anacreonausgaben vgl. oben s. 102. — Uzens ode, die beginnt
„Entfleischte blasagegrämte Wangen", ist verloren. — Ueber die „Be-
urtheilung der Panthea" vgl. Waniek, Gottsched s. 535 ; die aufführung
von Grimms „Banise" durch die Neuberin wird sonst nicht erwähnt. —
Ueber Benjamin Ephraim Krügers trauerspiel „Vitichab und Dankwart
die A11emanni8cben Brüder" Leipzig 1746, die recension desselben im Ham-
burgischen correspondenten (die nach unserm briefe nicht von Gärtner und
J. A. Schlegel ist, wie Waniek annimmt) und Krügers „Nöthige ableh-
nung des scberzes über die altemannischen brüder welchen ein paar lose
freunde aus Leipzig in den Haniburgischen correspondenten einrücken
lassen," Wittenberg 1746, vgl. Goedeke s III, 371, Waniek, Gottsched
s. 526. — Ueber Johann Caspar Hirzel vgl. Bächtold s. 590, Allg. deut-
sche biographie 12, 485. — Grauns neue oper „Cajo Fabricio" wurde
am 2. deceinber 1746 zuerst gegeben, vgl. Brachvogel I, 128 , die oper
„Semiramis" (text nach Voltaire von Tngliazucchi , musik von Graun)
dagegen nach Brachvogel I, 149 erst am 27. märz 1754. Ueber „die
vornehmste Sängerin in Europa", Signora Giovanna Astrua, vgl. Brach-
vogel I, 129, über die tänzerinnen Barbarina , mademoiselle Lany und
Cochois ebda. I, 126. Die Dresdener Sängerin war wohl Maria Hasi,
genannt la Marearola, Brachvogel I, 128. Ueber Uzens tanzlust vgl.
meine Götzbriefe s. 4 f. — Im jnhr 1742 waren die deutschen Wander-
truppen von Eckenberg, Hilverding und Schönemann in Berlin, vgl.
Brachvogel I, 99. — s. 140 : Ueber J. A. Schlegels satire „Vom natür-
lichen in Schäfergedichten14 vgl. zu nr. 26. — Scherzhafte lieder I, 65:
„An den tod einer nachtigall. An herrn Naumann", vorher einzeln
gedruckt, vgl. Naumann an Gleim 21. XII. 1743 (ungedruckt): „Ich
müste mich so schön ausdrücken können, wie Sie, wenn ich Ihnen den
Dank gebührend abstatten wolte, den ich Ihnen für die überschickte
Ode auf meine Nachtigall schuldig bin. - - - Warum haben Sie mir doch
nur fünf Exemplare von Ihrer Ode geschickt?" — Ueber Broestedts Horaz-
überaetzung und Kleine Zärtliche gedichte vgl. zu nr. 28. — „An Amor"
(Sauer nr. 14) gedruckt in den Bremer beitragen 111,234. — „An Pin-
darn", Bremer beiträge I, 402 , von Johann Adolph Schlegel, vgl. seine
470
Vermischten gedicbte I, 324. — Von den anncreon tischen gedienten
der frau Lange ist das erste „An Herrn •* [Gleim]" gedruckt in den Bre-
mer beitragen V, 92 und falschlich in J. M. Dreyers Gedichten (1771)
s. 263. — lieber die Hallenser Wochenschrift „Der Gefällige" schreibt
Gleim an Lange (29. X. 1746, Langes briefe I, 91): „Wer schreibt den
Gefälligen in Halle ? Die Scarteque ! Es kann der nicht seyn, den man
dafür hält". Ueber Straube vgl. zu nr. 7. — Ueber die „Voyage au
Provence et Languedoc" von Bachaumont und Chapelle (1663) vgl. Wit-
kowski , Die Vorläufer der anakreontischen richtung in Deutschland,
Leipzig 1889, a. 20. — „Wo man verbuhlte Mädchen küsset" = Die Wahl,
Bremer beiträge III, 479, vermutlich von Job. Adolph Schlegel, vgl.
meine dissertation über Ramler s. 70. — Gleims gedieht „Die Freyer4
unter dem titel „Die Wahl" in den Bremer beitragen V, 98, der „Inhalt
der letzten Vormittagspredigt" als „Der Sittenrichter" ebda. V, 94, von
Dreyer unrechtmäßig eingerückt. — Das lied „Bey Überreichung einer
schale caffee" in Götzens Anacreon von 1746 s. 56 ist nicht von Uz,
sondern von Götz, vgl. s. 154. — Hagedorns ode Der wein. Hamburg
1745, 4°, vgl. zu nr. 20.
80. Dieser brief kreuzte sich mit dem vorigen von Gleim. — Ueber
J. N. Götzens Anacreonübersetznng von 1746 vgl. oben zu s. 116, über
die Rudnicksche ode zu s. 120. Das ,,Lied vom Bathyll" ist die 29. odc.
Die klagen über den fehlerhaften druck sind vollauf gerechtfertigt —
Ueber die ,,Erzehlnngen aus Thomsons englischem" von Bodtncr vgl.
oben zu nr. 25. — Kleists freund, der rittmeister Adler, wird im 18ten
der „Freundschaftlichen Briefe" von Gleim geschildert. Eine critik von
Gleims „Scherzhaften liedern" wird im 40ten briefe von Naumann an
Gleim (original vom 13. juli 1745 in Halberstadt) erwähnt. — Das von
Uz übersandte lied ist nicht nachzuweisen.
81. Der „unendliche" brief Gleims, der bei Kleist liegen blieb, ist
nr. 29. — Christian Gottfried Krause (1729 —1770), Verfasser des buchs „Von
der musikalischen poesie" später advocat in Berlin vgl. Sauer, Kleist II, 50
und unten zu nr. 47. - Ueber „Mückensäuger = Mückenseiger" vgl. Grimm,
Deutsches Wörterbuch VI, 2613. — Bodmer schreibt an Gleim am 11.
juli 1745 (Briefe der Schweizer s. 16) vgl. S. 94: „Pyra ist mitten in
seinen Siegen gestorben, Liscow ist ein schlafender Löwe, Rost kämpft
in der Kriegskanzlei, Hagedorn hält hinter1 in Berge; die Zeit wird uns,
darum lange, bis daü Ew. mit Ihren Freunden den Harnisch anlegen."
— Dreyers ausgäbe von Lamprechts Schriften ist nicht erschienen, nur
seinen „Menschenfreund" hat er 1749 neu herausgegeben, vgl. Goedeke -
IV, 12. — Die stelle aus Kleists „Frühling" bei Sauer I, 191. — Ueber
Ernst Samuel Jacob Borchward (1717 — 1776), der sich auch als geist-
licher liederdichter bekannt gemacht hat , vgl. Allg. deutsche biogra-
phie III, 156. — Gottscheds anzeige von Gützens Anacreon Übersetzung
steht im Neuen biiehersaal der schönen Wissenschaften und freyen künste
1746, november, s. 417-428.
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471
32. Kleist hatte Gleims bricf nr. 31 mit einem schreiben an Uz be-
gleitet, das bei Sauer II, 62 abgedruckt ist. — Die verbesserte ode an
Gleim bei Sauer nr. 1 ; die ode über die unrulien in Deutschland bei Sauer
nr. 16. — Des unbekannten Leipzigers (Johann Adolf Schlegels) liep
oben s. 143. „Der Beruf" , Bremer beitrage I, 625 , „Die schwere und
leichte kunstu I, 401, beide vermuthlich von J. A. Schlegel (vgl. meinen
Ramlers. 73), „Der Esel und das Hündchen" I, 620, von demselben, vgl.
seine Fabeln und erzählungen s. 21. Uz hat also richtig geraten. —
Hagedorns „Harvstehude", Hamburg 1746, 4°, beschreibung eines lustorts
bei Hamburg. — Uzens verse auf Gleims vermeinten feldzug bei Sauer
nr. 108 „An den Verfasser der scherzhaften lieder'4. — Gel ler ts Fabeln und
erzählungen, Leipzig 1746. — Ueber Rost und Liscow's mitarbeit an den
„Dresdnischen nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen'4 vgl. Wa-
niek, Gottsched s. 460. — Gleims „Bacchus und Cytbere" in den Scherz-
haften liedern II, 45. — „Die Erfindung'1 in den Bremer beiträgen 11
174, von Gärtner oder J. A. Schlegel?
88« Ein Schäferspiel | Ohne Liebe, | von | J. W. Jelpken. [vign.] Braun-
schweig 1747. [24 s.] 4°, vgl. Goedecke * IV, 80. — Der | Alte Freyer, | Eine
Erzehlung. | Cölln, 1747. [8 s.] 4°, von Gleim, fehlt bei Körte und Goedeke.
— Die beiden oden von Uz sind der „Lobgesang des Frühlings" (bezw.
,, An Hrn. Gleim in Berlin 1741'* = Sauer nr. l)und „Die Eigenschaften einer
Geliebten", nach Clement Marot (Sauer nr. 24). — Timoleon der bör-
gerfreund. Ein trauerspiel des herrn Georg Behrmanns. Hamburg 1741,
vgl. Heitmüller, Hamburgische dramatiker zur zeit Gottscheds, 1890,
s. 20. — Critische lobgedichte und elegien. Von J. G. S. [Johann Ge-
org Schultheß] besorgt. Zürich 1747. Die verse über Gleim in „Die
Drollingerische muse" v. 243 ff., neugedruckt in den Deutschen litte-
raturdenkmalen 12, 70. — Spalding ging am 1. april 1747 als pastor
nach Tribsees in Pommern, vgl. Briefo von herrn Spalding an herrn
Gleim. Frankfnrth und Leipzig. 1747, s. 2 ff.
84. Uzens „Versuch von den Mitteln ein Mädchen zu versöhnen" ist
„Die versöhnte Daphne", Sauer nr. 23. — Ueber den prediger Zabel (Gleims
Scherzhafte lieder II, 5) vgl. Körte, Gleims leben s. 5 f. und oben s. 164
85. Der frennd, den Gleim vermisst, ist Spalding, vgl. oben s. 158. —
Rudnicksbrief über die liebe an Uz, vgl. oben zu nr. 5 —Gleims mutter Anna
Gertrud geb. Peil, vermählte sich am 25. mai 1706 in Brühne bei Wesel
mit Gleims vater; ihre Schwester Johanna Marlene war die frau von
Gleims onkel David Balthasar, apotheker in Wesel, vgl. Körte, Gleims
leben s. 414 f. — „Die Liebesgötter" bei Sauer nr. 25. — Die stelle auf
Kleists brief an Gleim vom 12. april 1747 abweichend bei Sauer II, 75.
— Hagedorns Oden und lieder in fünf büchern. Hamburg 1747. —
Dreyers briet aus Cassel vom 28. märz 1747 liegt im Gleimarchiv (raa-
nuscr. 87). — Johann Elias Schlegels trauerspiel Canut, Copenhagen 1747.
— Der Ursprung | Des Berlinischen Labyrinths. | Credite Posteri. | Hör.
Lib. II. Od. 19. | Berlin, 1747. [4. bl.] 4° [Berlin, Kgl. bibliothek, Yk.
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754 1J. — Naumanns Übersetzung von Montesquieu, Temple de Gnide,
ist nicht erschienen. — Die „Berlinische bibliothec** gab 0*1 rieb s heraus.
30. Gleim hatte am 25. april 1747 (in einer ausgelassenen stelle)
geschrieben : „Was für ein Vergnügen wolte ich haben, wenn ich die-
sen Sommer einen Freund hier hatte, wie sie ! Aber ich dencke nicht
daran, daß ich nur bis den 20^*° May lebe." — 165,27: Die beigeschlos-
sene ode ist „Der Weise auf dem Lande. An Herrn r. Kleist44, Sauer
nr. 18 (wo auf s. 47 beide mal „wahrscheinlich4* zu streichen ist). —
Der brief von Götz an Uz, Forbach 13. mai 1747, ist abgedruckt in
meinen Götzbriefen i. 11 — 15: Czens antwort ist nicht bekannt; Götz
an Gleim, 14. mai 1747, ebda. s. 15 — 20. — Götzens ode „Ueber | den
Tod seines Bruders | Cornelius Georg Götzens. | Dämon. | Kein Reim ent-
weih dies dir geweihte Lied. | 1747." O. J. (6 Bl.] 4* in meiner ausgäbe
nr. 8. Die zweite strophe beginnt:
Hilf GOtt! es öfnet sich des Himmels Pforte,
Ein heiiger Wächter fahrt im Glantz herab,
Und löset aanft, mit dem etberseben Speere,
Das künstliche Gewirr des Knotens auf,
Der die geweihte Seele meines Bruders,
An dies zerbrechliche GefiUe band.
Ueber Pyra's ode auf das Langische bibelwerk vgl. oben zu nr. 25.
87. Das citat aus Chaulieu kehrt in Gleims briefe vom 31. januar
1748 (oben s. 201) wieder. — Götzens brief an Gleim vom 14. mai 1747
ist abgedruckt in meinen Götzbriefen s. 15—20. — Gleims Anacreon-
ubersetzungen folgen unten s. 170—172. — Anacreon Tetus, Poeta Ly-
rieuß, emend. op. et stud. Josuae Barnes. Cambridge 1705; Editio
altera, auet. et emend. 1721. Die übrigen von Gleim citirten Anacreon-
ausgaben hier anzuführen, würde zu weit führen. — Ueber Götzens ode
auf den tod seines bruders vgl. zu nr. 36. — Ueber Krause vgl. zu
nr. 47 ; die von ihm componirte anacreontische cantate Gleims ist
nicht bekannt. — Uzens ode „Der weise auf dem lande44 Sauer nr. 18.
— Gleims gedieht „Der abt" ungedruckt? — Der neue Hagedorn ist die
Sammlung Oden und lieder in fünf büchern. Hamburg 1747. — Bod-
mers verse auf Sucro beginnend
Nebst Jenem, der so kühn nach Hallers Laute greifl't
(Die Drollingerische muse rers 209—214), standen in den Cri tischen lob-
gedichten und elegien 1747 und sind neugedruckt in den Deutschen
litteraturdenkmalen 12 s. 69. — Ueber Christoph Joseph Succo , Ver-
fasser der Versuche in lehrgedichten und fabeln, Halle 1747, und Jo-
hann Joaias Sucro, Verfasser von Zwey poetische sendschreiben von S**
Hülle 1747 (an Bodmer und H. W. ?on Reisswitz gerichtet) vgl. meine
diasertation über Ramler s. 24, Allg. deutsche biographie 37, 113 und
Seufterts vierteljahrschrift 4, 75. — Ueber die französischen litteraten
an Friedrichs des großen hofe berichtet wenig später Krause an Gleim
in einem interessanten undatirten briefe (von Gleim beantwortet am
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28. november 1750) folgendes : „Mit den so genandten Philosophen am
Hofe gehet es sehr wunderlich her. Der Marquis d' Argens war 2 Jahr
ganz in der äussersten grace, dann konnte eres nicht mehr aushalten,
bat den König ihm nor seine Pension als Chambellan von 600 9*. (denn
ausser dem hat er an die 2000) su lassen, er wolle in Ruhe mit seiner
neuen Frau, der stumpf niisigen schminkerfahrnen Cochois leben. Der
König ließ ihm zur Antwort sagen , er möchte nur in 8 Tagen wieder
anfragen, und sich besinnen. Daruber aber ist er seit Jahr und Tag
dem König nicht mehr unter Augen gekommen. D' Arget ist ein kleiner
Kopf, nahm eine Frau, steckte sie mit dem Franzosen an, gab darüber
viel von sich zu reden und zu lachen, bleibt aber weil er klein, doch
noch da. La Mettrie hat im Anfange den König ein paar mal ge-
sprochen, darnach 2 Jahr nicht mehr. Nun ist er seit 6 Monaten nebst
D' Arget, und 8. Arnaud, Mitlector, fährt aber immer fort, tolle Streiche
zu machen. Vor einiger Zeit hat er ein Ding drucken lassen. Da lobt
er unsern König auf Unkosten des Königes von Frankreich. Daniber
wird der König sehr unwillig, heist ihn faquin, und ich weis nicht was
mehr, und er antwortet : he bien , Sire , il faut me raettre a Spamlo.
Arnaud ist nun gar ein närrischer Schüler, hat auch jetzo seinen Ab-
schied. Vor einiger Zeit sagt er : Die Garde in Potsdam wären zwar
schöne Leute, aber die Garde des Königes in Frankreich wären doch
noch schöner, ce sont, dit-il, des hommes bien fait comme moi. Mau«
pertuis, der den jungen Grischo bald in das gröste Unglück gebracht,
indem er beym König angegeben , er habe Plane vom Lande aufge-
nommen, und wolle damit in Russische Dienste gehen, der arme Mensch
hat daröber Wache und alles ins Haus gekriegt, Maupertuis soll celi-
schiret |?] seyn. Man erzählet 2 Historien davon, die eine, dati heraus-
gekommen , er habe in Frankreich noch eine Frau. Algarotti siehet
der König auch schon seit Jahr und Tag nicht mehr. Nun fehlt nichts
als nur daß noch Voltaire einmal vons Königs Thron in Potsdam Tres-
sen stehle, wie Bottarelli Franchen aus der Capelle in Charlotten-
burg stahl."
88. Das gedieht an Gleim und der lobgesang des fruhlings bei
Sauer nr. 1. 2, der weise auf dem lande Sauer nr. 18. Die stucke, die
Gleim noch nicht kannte, sind nach s. 175 „Einladung zum Vergnügen"
(Sauer nr. 26) und „Der Morgen" (Sauer nr. 8) ; die „Pfirsig" ist ver-
loren. — Anacreons lied an das thracische mutterpferd ist die 54. od<\
— In den Bremer beiträgen I, 2, 202 steht „Amymone. Cantate aus
dem französischen des herrn Rousseau" von Joh. Elias Schlegel, vgl.
dessen werke 1766, 4, 214.
39. Vgl. Briefe von herrn Spalding an herrn Gleim. Frankfurth
und Leipzig. 1771, s. 12 f. — Über den diaconus von Winterthur Jo-
hann Heinrich Waser (1713 -1777) vgl. Bächtold s. 682 ; Ober die beitrage
seiner braut zu den „Freundschaftlichen briefen" oben zu nr. 26. — Götz
über«andte sein manuscript vom Anacreon mit anmerkungen am 12. jnni
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1747, vgl. meino Gützbriefe s. 29; Sauer, Kleist 3, 47: e6 heißt in dem
briefe : „Ich habe den Herrn Uz ersuchet, mir einige Reflexionen, die er
über die ersten Oden Anakreons zu Halle aufgesetzt hatte miUutbeilen",
vgl. auch Götz an Uz, 13. mai 1747, ebda. s. 13. — Hagedorns brief
an Gleim vom 12. mai 1747 bei Eschenburg, Hagedorns werke V, 150.
— Die beikommende ode ist nach s. 179 ein anonymes „Lied an den
frnhling". — üeber Jordan vgl. Koser , Friedrich der große als kron-
prinz s. 128.
40. Mit diesem briefe übersendet Uz cum erstenmal das manuscript
seiuer gedichte an Gleim, vgl. den 49. brief. — Des Oravina schreiben
an Maffei steht in Gottscheds Neuem büchersaal der schönen Wissenschaften,
band II, stuck 4 s. 310. — Ueber die vonCramer, Ebert und Giseke heraus-
gegebene Wochenschrift „Der jüngling", Leipzig 1747 — 48, in zwei
bänden , vgl. E. Schmidt, Beiträge zur kenntniss der Klopstockschen
jugendlyrik. Straßburg 1880, s. 50-73. — Ueber Uzens an teil an der
Anacreonübersetzung von Götz vgl. Sauer p. II f.; seine anmerkungen
über Anacreon sind verloren. — Der Zuschauer aus dem englischen des
R. Steele und J. Addison übersetzt (von frau Gottsched), Leipzig 1739
— 43, in 9 bänden. — Ueber Georg Friedrich Meiers Streitschriften gegen
Gottsched vgl. Waniek, Gottsched s. 516—519; wichtig ist Uzens urteil
über Meiers erste lebrthätigkeit. — Ueber das sogenannte buch ohne
titel vgl. oben zu nr. 26. — Ueber die „Ermunterungen zum vergnügen
des gemüths4' , Hamburg 1747—48, in 9 stücken, worin Lessings erste
verbuche gedruckt sind, vgl. Minor, Weisse s. 10. Sie fehlen, wie die
„Sammlungen zu den belustigungen des geschraackes" bei Milberg.
41* Das detachement anacreontischer oden , von Gleim übersetzt,
folgt auf 8. 184—187. — Ueber die Sängerin Giovanna Astrua vgl. oben
zu nr. 29. — Ueber Gleims besuch in Potsdam vgl. Sauer, Kleist, 3,
53. — Gottscheds A nacreon Übersetzung : Waniek s. 291 und Koch in
Seufferts vierteljahrschrift 6, 496 ff.
42. Ramler kehrte im september 1747 aus Löhme nach Berlin zu-
rück und wurde erzieher bei einem herrn v. Rosee, vgl. meine disscr-
tation s. 13. — UVber Sulzers anstellung als professor der mathematik
am Joachimsthalschen gymnasiura vgl. Sauer, Kleist 3, 49.
48. Ueber die gräflichen anacreon tischen lieder vgl. s. 194 und Goe-
deke' IV, 52 nr. 5.
44. Matthias Andreas Alardus, Gedichte, reden und Übersetzungen.
Hamburg 1747; Christian Friedrich Zemitz, Versuch in moralischen und
schiifer-gedichten , Hamburg und Leipzig 1748, vgl. Goedeke 2 IV, 58.
35. - Ueber Algarotti'a „11 congresso di Cithera" oben zu nr. 29. —
Alexander Popens Duncias , ein heldengedicht , mit histor. noten und
einem tchreiben des überaezers an die übotriten, Zürich 1747; Der ge-
mißhandelte Opitz in der Trillerischen ausfertigung seiner gedichte,
Zürich 1747, vgl. Goedeke 2 IV, 8. Bodmer an Gleim, 12. september
1747 (Briefe der Schweizer s. 66) über Klopstock : „Von einem jungen
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Menschen in Leipzig hat man mir etwas Ungemeines gezeigt; es ist das
zweite Buch eines epischen Gedichts vom Messias. Aus dieseui Stücke
zu urteilen, ruhet Miltons Geist auf dem Dichter.4* Die stelle über Behr-
mann und Uz fehlt in den Briefen der Schweizer , wie auch sonst der
abdruck lückenhaft und fehlervoll ist
45. „Der Morgen" Sauer nr. 8, „Morgenlied der Schäfer" Sauer
nr. 9, „Das Stück vom Ding44 verloren, die „Ode über die deutschen Un-
ruhen'4 Sauer nr. 16, das „Kleine Stück vom Vulcanus44 verloren, „Si-
lenus4* Sauer nr. 32. — Ueber Gleims namen in Uzens ode „An Venus'4
vgl. Sauer s. 70.
46. Gleim ging ende october 1747 als domsecretär nach Halber-
stadt, vgl. Sauer, Kleist III, 59. Die verse
Eh soll ein West den starken Nordwind zwingen.
Als mich ein Zwang aus deinen Mauren bringen,
Wenn mich ein Gott in sie zurück gebracht
stehen im 45. der freundschaftlichen briefe (von Gleim an Naumann V vgl.
oben zu s. 117). — Ueber Christoph Ludwig vou Stille vgl. R. Fisch, general-
major v. Stille und Friedrich der große contra Lessing, Berlin 1885; das
Gleimarchiv bewahrt drei briefe von ihm (5 1, 30. III ,21. X. 1748) und das
handschriftliche „Journal du voyage et de la Campagne du roi depuis le
18janvier 1742, juwju'au 12 juillet'4; über welches Körte, Briefe zwischen
Gleim, Heinse und J. v. Müller, 2, 339 zu vergleichen ist. — Ramlers
neujahrsgedicht („Da sehn wir ja der vorsieht macht4') in den Berli-
nischen nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 1748 nr. 1, vgl.
meine dissertation s. 56. — Götz an Gleim, 28. december 1747: Götz-
briefe 8. 29; die übersandte ode ist „An den grafen von Stralenheim44,
Deutsche littcraturdenkmale 42, s. 41. — Bodmer an Gleim, 12. IX. 1747
(Briefe der Schweizer s. 66) : „An dem geraißhandelten Opitz durch Tril-
ler44 hab' ich keinen Antheil. Dieses bitte ich, Ihren Freunden zu sa-
gen ; ich wollte nicht gerne den Namen haben, daß ich mich mit dem
ehrlichen Stümper so sorgfaltig abgegeben hfttte/4 — Die Bremer bei-
trage band IV, stück 1—3, enthalten fabeln und erzahlungen von Ebert,
Giseke, .1. A. und J. E. Schlegel und Cramer, vgl. Muncker in Kürsch-
ners Deutscher national- litteratur 43, p. XXVII ff. — Neue crzählungen
verschiedener Verfasser. Frankfurt und Leipzig. 1747, von Bodmer und
Blaarer von Wartende, vgl. Seufferts vierteljuhrschrift IV, 187. —
Ueber Stilles verschollenes komisches heldengedicht ,,Der lerchenkrieg44
vgl. auch Sauer, Kleist, 3, 67.
47« Ueber Uzens beförderung zum secretär beim justizcollegium vgl.
den 50. brief. — Kleist schreibt an Uz am 24. december 1747 (Sauer
II, 98): „Warumsind wir doch nicht lauter Geist, daß wir nicht essen
dürften ? denn könnten wir immer beisammen sein !" — Kleists brief
an Uz vom 24. december 1747 ist abgedruckt bei Sauer II, 97; der von
Krause an Uz ist Gleims briefen beigebunden und lautet folgender-
maßen:
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Hoch Udler Herr,
Insonders hochzuehrender Herr,
Schon seit bey nahe zwey Jahren hat mir Herr Gleim von Ihnen
so viel Gutes und Schönes gesagt, daß es mir nicht anders als höchst
angenehm seyn kann, da ich jetzo Gelegenheit finde, Ihnen meine vor
Sie habende besondere Hochachtung su bezeugen. Ich kann Sie, mein
Herr, wohl ohne Erröthen versichern, daß es bey mir nicht mehr , als
einen redlichen Caracter braucht , wenn ich jemanden lieben soll. Da
mich nun Herr Gleim davon so wohl als auch von Ihrem Geiste fiber-
zeuget, so hoffe ich um eben dieser Ihrer Eigenschaften willen die Er-
laubniO zu haben mir Ihre Freundschaft aus zu bitten. Ich getraue
mir damit zu schmeicheln , weil ich Sie wahrhaftig hochschätze und
weil ich von Herr Gleimen ein Freund bin.
Dieser werthe Mann hat dem Herrn von Kleist und mir in Pots-
dam bey seiner Durch Heise nach seiner Probstey aufgetragen , Ihnen,
mein Herr, Musikalien zu schicken. Es hat sich damit etwas lange ver-
zogen. Ich bitte deswegen um Vergebung. Hier kommen sie aber end-
lich. Herr Gleim bat mir befohlen, eine Cantate beyzulegen, die ich
über seine Worte gemachet habe. Ich unterwerfe sie Ihrem Urtbeile.
Sie wird nichts gutes an sich haben, als daß Herr Gleim sie Ihnen zu
schicken verlanget hat. Es ist darinn ausser dem Baß gar keine an-
dere Harmonie. Ich habe versuchen wollen, was man mit der blossen
Melodie ausrichten könne. Doch wird die Singestirome mehr erhoben
werden, wenn, indem sie gebet, allemal der GeneralBaß dazu gespielet
wird, und die Ritornelle von einer Violin oder Flöte bewerkstelliget
werden. Sonst aber ist eine Person, welche singt und das Ciavier spielt
zu allem hinlänglich.
Herr Gleim will mehr solche Cantaten machen. Herr Rammler hat es
auch versprochen. Wenn ich so dreiste seyn darf, so nehme ich mir die
Freyheit, Sie gleichfalls um einige oder wenigstens eine zu bitten. Nach
dem Begriffe den ich mir von Ihrem Geiste gemachet, und den mir
Herr Gleim auch bestätiget, schicken Sie sich ungemein wohl zu dem
affectuösen, welches in musikalischen Versen seyn muß.
Ich habe jetzo eine Abhandlung von der musikalischen Poesie unter
den Händen, die vielleicht dürfte gedrucket werden. Es kommt dabej
alles darauf an, daß beständig rührend und nicht eigentlich witzig ge-
schrieben werde. Was die Form der Singgedichte betrift, so habe ich
von dem, was sie besonders haben , mehr allemal einen Grund anzu-
führen gesucht, als daß ich davon was neues gesagt hätte.
Ich wiederhohle meine Ansuchung um Ihre Freundschaft, und werde
mich bemühen, sie durch die ganz besondere Hochschätzung zu ver-
dienen, mit der ich die Ehre habe zu seyn
Euer HochEdlen
Berlin den 17 Januar ganz gehorsamster
1748. Diener
Krause.
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48. Die nacliricht.cn Ober den baron Bielfeld hatte Gleim von
Ramler erhalten, der am 26. II.— 2. III. 1748 aus Berlin schrieb: „Der
H. v. B. soll in Halle nicht so wol die Universität besuchen , als viel-
mehr seine Privat- Angelegenheiten befördern, indem er ein Mädchen
die ein leb - - [haftes?] Anges - - [icht?] und eine Tonne Goldes hat,
heyrathen will. Ich weiß eine lustige Begebenheit von ihm. In Pots-
dam will er sich vom Könige Erlaubniß bitten nach Berlin zu gehen,
um sich bey dem Feldscherer N. einen schmertzbaften Zahn auaziehen
zu laßen. Der König merkt eine List, und erlaubt es ihm auf sein
Vorgeben, schickt aber noch denselbigen Abend einen Jäger nach Berlin,
und läßt den Feldscherer N. herauskommen. Dieser praesentirt sich
den andern Morgen früh, als der H. v. B. abreisen will, und dieser ist
ein viel zu guter Hoffman, als daß er lange anstehen solte, sich einen
gantz gesunden Zahn ausreißen zu lassen." Gleim antwortet am 16. III
1748 : „HErr v. B. Liebe ist mir aus Halle bekant gemacht. Ich werde
ihm nächstens schreiben. Besuchen sie ihn doch nun nachgerade wieder.
Sein leb. Anges. ist eine Muhme von dem DohmCapitul. Amtmann
Reich in Zilly , mit dem ich sehr viel zu thun habe , und der auch
reich ist, und einige 7 und 8jährige Mädchen hat. Ihr Vater hat auch
seinen Reichthum der Oeconomie des DohniCapituls zu danken , denn
er hat ihn auf dem Amt Zilly erworben. Habe ich ihnen die Historie
vom Zahn nicht schon selbst erzählt?" — Bielfeld comödie „Der hol*1
ist wohl identisch mit dem früher (vgl. zu nr. 11) erwähnten lustspiel „Die
beschwerlichkeiten des hoflebens." — Uzens Lyrische gedichte wurden
nicht in Quedlinburg sondern in Greifswald bei Weitbrecht verlegt. —
Boduier schreibt an Gleim im december 1747 (Briefe der Schweizer
s. 75): „Auf Ostern sollen Sie eine Probe aus den Minnesingern sehen.
. . Ihre angenehmen anakreontischen Stücke haben mich verführt, daß
ich etwas Gleichmässiges versuchen dürfen; aber es sind leider nur
Uebersetzungen von Originalen des Marchese de Lemene." — Ueber Jo-
hann Christian Edelmnnn vgl. Allg. deutsche biographie 5 , 639. —
Gleim hatte seinen „Versuch in scherzhaften Liedern" 1744 Haller zu-
gesendet, dessen antwort bei Körte, Gleims leben s. 38. Ein brief Gleims
an Haller vom 22. II. 1749 in Schuorrs archiv V, 374. — Ramler schreibt
an Gleim, 14. September 1748 (ungedruckt): „Es ist auch in Jena eine Wo-
chenschrifft herausgekommen: die Wochenschrifft nach der Mode ge-
nannt. Vermutlich ist der Bautzner Verfaßer davon. Er hat sich über
den Lobspruch Bodmers: Unsinn, Bautzner und Gewäsche in der Vor-
rede geärgert Und in der Schrifft selber hat er eine Anakreontische
Ode darüber gemacht. Der Narr! Die Uebersetzungen sind das eintzige
Gute an dieser Charteque. Plutarch von der Neugierigkeit; Popens
Brief der Eloise an den Abelard und ein Traum von dem Nachruhm
aus dem englischen Schwätzer sind von diesem deutschen Schwätzer
übersetzt. Es scheint der Mensch irrt in der Welt herum und läßt an
iedem Ort eine Monathssch rillt hinter sich, wie der Teufel einen Ge-
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stank." Derselbe am G. april 1748 (ungedruckt) : „Ich habe heut eine
wunderliche Materie snr Untersuchung bekommen. Der luitige und
seelige Hayn bat vom Seelenschlaf geschrieben, wie ihnen bekannt i*t,
und D. Bauragarten bat ein theologisch Bedenken darwieder ausgehen
laßen. Hier soll ich mein Urtheil von mir geben ob Baumgarten ihm in
der That einen seiner Gründe unkräftig gemacht hat!" — I/homme
machine, Leyden 1748, von Julian Offray de La Mettrie, Vorleser des
König« Friedrich II. und mitglied der Berliner academie; vgl. Hirtel,
Haller p. CCLIV ff.
49. Gleim an Ramler, 11. april 1748 (ungedruckt): „Herr Uz hat
mir endlich seine Gedichte geschickt sie drucken zu laßen. Ich bin
willens sie Weitbrechten in Greifswalde zu geben. Ks ist schade, daß
es zur Meße schon zu spät ist, ingleicben daß er verlangt, ich soll
den Leser in Ungewißheit laßen , ob er selbst , oder ein anderer die
Vorrede gemacht hat. Wie soll man das ohne Zwang thun ?* — Die
zwei neuen lieder, die Gleim noch nicht gesehen hatte, sind nicht nach-
zuweisen. „Die lyrische muse44 Sauer nr. 17, die ode an Gleim Sauer
nr. 1. — Leber die anspielung auf die Faustsage vgl. Seu Berti viertel-
jahrschrift III, 200.
50. Die secretarstelle beim justizcollegium versah Uz nach Goedeke 5
IV, 42 zwölf, nach Petzet, Uz s. 8 fünfzehn jähre long ohne irgend-
welchen gebalt.
51. Mit diesem briefe übersendet Gleim die seit 1746 (vgl. oben
8. 113) geplante erste ausgäbe von Uzen* gedichten unter dem titel :
Lyrische Gedichte [vignJ Berlin, bey Johanu Jacob Weitbrecht, 174ü>.
[56 s.] 8°, über die Sauer p. IX ff. zu vergleichen ist. — Gleim an Itain-
ler, 4. IX. 1749 (ungedruckt): „Sie wißen doch schon von H. Sulzer daß
ich in Braunschweig gewesen, und Ebert, und Zachariä kennen gelernt.
Beyde sind in ihre Muse verliebt, die sie nur aus dem kleinen Stück
in Bodmers Briefen kennen. - - - Zacbariae hat ein neues Heldengedicht
angefangen: Der Scbnuptuch, betitelt, und hat schon einige Bücher fer-
tig. Es ist in dem ihm gewöhnlichen Geschmack voll unendlich kleiner
Gottheiten. Er selbst ist nicht so klein als seine Götter, sondern ein
rechter Saul an Länge aber schlank, und angenehm. Ebert scheint ein
sehr empfindliches und zur Freundschaft gemachtes Herz zu haben. Das
Englische versteht er so gut, daß er ein öffentlicher Lehrer deßelben seyn
kan." Raraler8chreibtüberdie,.Lyri8chenGeclichte44an Gleim, 12.XL 1749
(ungedruckt): „Was für Vergnügen haben mir Uzens Lieder gemacht ! Ich
singe bisweilen einen Mund voll davon außer der Ordnung, bald sage ich:
„Denn wer ist der wißen mag, ob für ihn ein FrülingsTag, Aus Aurorens
Arraen fliehet?" und gleich nachher: „Und Cythere sehr ergrimmt, Hieß
ihn auch zum Bacchus gehen." Wie unvergleichlich schließt er sein
letztes Stück mit der Syrinx ! Er ist so sehr Horatz und Anacreon mit
drunter, daß ich mich betrübt habe, daß er, der Kenner des Wohlklangs,
den Reim gelitten hat. Ich weiß wohl daß er sagt, ohne ihn würde
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der Vers ihm noch schwerer, aber ich weiß auch, daß er eine schwere
Arbeit aushalten kan. Er darf sich nicht abschrecken laßen, daß wir
nicht genug reine Dactylen in der Sprache finden , unser Jambischer
Vers ist auch nicht Römisch richtig, und wir werden es mit unsrer har-
ten Sprache nimmermehr bis dahin bringen. Sein Früling, deßen Vers-
art so oft nachgeahmt ist, besteht, wie ich erst kürtzlich geBehn habe,
aus einem Hexameter und einem lyrischen Verse. Der Hexameter aber
ist der aller wohlklingendste, und hat die Cäsur da, wo ich sie in Kleists
Frühling so gern setzen mag. Doch weil es eine große Vollkommen-
heit vom Hexameter ist daß er sich abändern läßt, so wolte ich ihm
nicht gern, auch nicht in Lyrischen Gedichten , eine Feßel anlegen.
Horatt thut es auch nicht. Der Abschnitt aber mQste wohl bleiben,
weil er zur Harmonie oder vielmehr zur Respiration unentbehrlich ist.
Kleist hat etliche Uzische Verse. Z. E.
Ich will die Wollust in mich mit eurem Balsamhauch einziehn p.
Scheint dort aus Mitternacht nicht, vom Sonnenstrale getroffen, p.
Die Lieder gehn hier so stark ab, daß man kein Exemplar mehr auftreiben
kan, (Ich warte selber auf frische Recruten) denn sie gefallen auch et-
lichen Feinden der Dichtkunst: Tantum potuit suadere loquela!
Etliche Tiger und Bären sind hier schon damit gezähmt worden,
und ich will gleichfals ein Paar Bärinnen und Tigerinnen dadurch um
ihre Wildheit bringen. Sie werden doch nunmehr an H. Uz geschrieben
haben, ist es noch nicht geschehen, oder wird es wieder geschehen , so
grüßen sie ihn von mir, und melden ihm, daß ich in die Hände klat-
sche, und daß es mir mit seinen Oden geht, wie dem Themistocles mit
des Miltiades Ehrensäulen : sie laßen mich nicht schlafen. Wenn es
doch möglich wäre ihn näher zu uns zu bringen! Wo hält er sich ietzt
anf? Welche Bedienung hat er und was taugt sie? Schreiben sie mir
dieses, wenn sie es wißen, vielleicht regiert einmahl ein guter Stern,
der einem witzigen Kopfe ein Glück bringt. Was werden sich die Aus-
wärtigen für gute Gedanken von Berlin machen. Sie werden glauben
die schönen Philosophen und die weisen Poeten gehörten hier zu Hause/'
— Ueber Johann Friedrich Christ vgl. Allg. deutsche biographie 4, 140;
sein bruder war justizrat in Ansbach. — »Lieder. Frui paratis, & va-
lido mihi, Horatius. Amsterdam 1749.* [64 s.], mit deutschen lettern,
von Gleim; über die „Lieder. Cantamus vacui. Horatius. Zürich. 1749.*
[16 b.], mit lateinischen lettern, vgl. oben s. 251.
52. In den Bremer beiträgen III, 234 steht „An Amor4* (Sauer nr. 14).
ebda. V, 91 f. „Ein Traum" (Sauer nr. 7) und „Das neue Orakel" (Sauer
nr. 23) ; Gleims entschuldigung vgl. auf s. 222. — Kleists name steht
über der ode „Der Weise auf dem Lande" (Sauer nr. 18). — Neue cri-
tische briefe über gantz verschiedene Sachen , von verschiedenen Ver-
fassern [Bodiner und Breitinger], Zürich 1749. — Critik über den Wohl-
klang des sylbenmaases in dem heldengedichte der Messias , Chemnitz
1749, von Job. Nathanaet Reichel, vgl. Goedeke* IV, 88. - Uzens „Mor-
480
pneus" Sauer nr. 35. — Pygmalion und Elise, Berlin 1749, von Böh-
mer, mit ausätzen Sulzers, vgl. Seufferts vierteljahrschrift IV, 187. —
Die „choriambische Ode" in der Sammlung vermischter schrilten von
den Bremer beitragern I, 312 ist von Giseke, vgl. seine Poetischen werke
8. 142; aber die anderen oden vgl. Muncker in Kürschners DNL. 43,
XXXII f.
6$. Der Fruehling. Ein Gedicht. Berlin, 1749. [40 s.] kl. 4°. - In
den Bremer beitragen stehen von Kleist folgende gediente: V, 1, 75 „Das
landleben«, V, 2, 112 „Der Vorsatz", 143 „Menalk", V.4,287 „An Herrn
von . . . [Adler]'1, 848 „Die heilung." Auch von Gleim sind gediente im
5. und 6. bände, die Dreyer herausgab, vgl. zu nr. 29.
54. Vgl. E. Schmidt in der Allg. deutschen biographie 39, 444:
„Was ihn 1751, in der zeit einer Spannung mit Gleim, nach Braunachweig
u. 8. w. führte, ist unbekannt." — üeber den Braunschweiger Erich ist
mir nicht« bekannt.
55. Die halben briefe, die Gleim angefangen aber nicht fortgeschickt
hatte, siehe unten als nr. 57. — Abbenrode ist ein braunschweigisebes
dorf mit domaine, 2 meilen Östlich von Brannschweig. — Ueber Johann
George Sucro, den Verfasser des Druiden, seit dem sommer 1750 dorn-
prediger in Halberstadt, vgl. meine dissertation über Ramler s. 24. —
Karl Christian Gärtners antwort auf Gleims brief nach Braunschweig ist
im Gleimarchiv erhalten; sie ist auf einem quartbogen sehr eilig ge-
schrieben und lautet:
Mein lieber Gleim,
Gleich um 4. Uhr köint Ihr Bote an. Uz ist um 11. Uhr abgereiset,
nachdem wir alle unsre Beredsamkeit vergebens angewendet hatten,
ihn nur noch einen Tag hier zu behalten. So gar ein Fieber, welches
seinen Fuhrmann heute überfiel, hat ihn nicht können zurück halten.
Ich musH aber auch das zu Beiner Entschuldigung sagen, daß er mit
des HEn. Prof. Oeders Bruder in Gesellschaft reisete, welchem er ver-
sprochen hatte, um diese Zeit aufzubrechen. Er hat so wohl mir, als
Eberten Ihr langes Stillschweigen geklagt. Wer Heuker kann Sie recht-
fertigen, oder auch nur entschuldigen? Dennoch habe ich, so wie auch
Ebert, etwas zu Ihrem Vortheile hergeschwatzt — Z. E. Daß Sie seine
Briefe wohl nicht erhalten hätten - - Daß Sie sehr beschäftiget wären - -
Daß Sie itzo viel Briefe mit Frauenzimmer wechselten - - Daß unter der
llaiul die Rede gienge, als ob Sie mit der Meierin ein Bräutigam
waren — Daß Sie gewisse Werke unter der Feder hätten- - O, Mein
lieber Gleim, Sie wissen nicht, was wir alles zu Ihrem Besten gesagt
haben.
Doch ich will ernstlich reden. Es ist unverantwortlich, daß Sie
Uzen so lange nicht geschrieben haben. Aber sein eignes Herz ?er-
theidiget Sie noch mehr, als Sie in dem Briefe an mich zu denken
scheinen.
Ihr Brief soll Ihm mit erster Post nachgeschickt werden. Meine
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beiden Luisen, die beide gesund und munter sind, empfehlen sich Ihnen
und ich bin
Brau nach weig d. 9^ May 1751 *) Ihr
Sontags halb 5. Uhr getreuer Fr.[eundJ Gärtner
Nachmittags.
50. Die antworten auf Uzens briefe folgen als nr. 57. — Ramler
hatte in nr. 1 und 2 der Berliner Cri tischen nachrichten aus dem reiche der
gelehrsainkeit auf das jähr 1750, die er mit Sulzer gemeinsam herausgab,
Uzens lyrische gedichte angezeigt. — Ueber die von Kl eist's freunden
veranstaltete zweite ausgäbe „Der frühling. Ein gedieht. Nebst einem
anhang. Berlin, 1750.' [44 s.J 8° vgl. Sauer I, LXXXII.
57. Gleim war im december 1748 vier wochen in Berlin, vgl. meinen
Ramler s. 14. — Bodmer an Gleim „im December 1747" und 11. sept.
1748: Briefe der Schweizer s. 71.94. — Eine neue ausgäbe der Scherz-
haften lieder erschien erst 1753 in Berlin. — Uzens brief vom 20. de-
cember [1749] ist nr. 52, der vom 19. februar [1750] nr. 53. — Die Kleist
zugeschriebene ode ist „Der weise auf dem lande" Sauer nr. 18. Ueber
die in den Bremer beitragen gedruckten gedichte von Uz siehe oben zu
nr. 52.
58» Eberts Übersetzung von Young's .Nachtgedanken* erschien zuerst in
Braunschweig und Hildesheim 1751, vgl. Barnstorff, Youngs nachtgedanken
und ihr ein Auas auf die deutsche litteratur, Bamberg 1895, s. 1 f. — Jacob
und Joseph, Zürich 1751, von Bodmer. — Eberts briefe an Uz sind nicht er-
halten, drei antworten von Uz fehlerhaft gedruckt iu Westeruianns monats-
heften II, 100 — 103. — Das gedieht nach art des popischen „lockenraubs"
ist der „Sieg des liebesgottes. Eine nachahmung des popischen locken-
raubes. [vign.] Stralsund , Greifswald und Leipzig , bey Johann Jacob
Weitbrecht 1753.*' — Die übersandte ode ist „Die wahre grösse" Sauer
nr. 45. — Ueber Simonettis gelehrte zeitung vgl. Briefe der Schweizer
s. 107. — Ueber den antiquadruck vgl. Johann Kelle in der Deutschen
rundschau 30, 436 und meine dissertation Uber Ramler s. 33 f. — Be-
trachtung über die bestimmung des menschen , Greifswalde und Stral-
sund 1748, von Johann Joachim Spalding, vgl. s. 232. — Ueber den
prinzen von Lobkowitz vgl. s. 231, meinen Ramler s.35, Sauer, Kleist 2, 344 ;
ist ea der in der Allg. deutschen biographie 19, 50 aufgeführte Joseph
Maria Carl fürst von Lobkowitz (1725-1802)?
60. Ueber Leonhard Euler vgl. Allg. deutsche biographie 6, 422. —
Die an Ebert geschickte ode ist „Der standhafte weise" , Sauer nr. 40.
60. Gleims erste bekanntschaft mit Klopstock fallt in den juni 1750,
vgl. Muncker, KlopBtock s. 229; nach Dänemark ging Klopstock ende
marz 1751. — Johann Christoph Schmidt aus Langensalza, Klopstocks
vetter und bruder seiner „Fanny", war 1750 und 1751 in Halberstadt.
— Ueber den hofmusicus Bach vgl. Bitter, Carl Philipp Emanuel und
1) Von Gleims hand geschrie l»en
(1 lcim-Uz, Briefwechsel.
31
482
Wilhelm Friedemann Bach und deren brüder. Berlin 1868. — Ueber
la Mettrie's „L'art de jouir'1 und seinen streit mit Haller vgl. Hireel,
Haller p. CCLVII ff. — Briefe von herrn Spalding an herrn Gleim.
Frankfurth und Leipzig. 1771, vgl. dazu Gleim — Heinse I, 221, Lappen-
berg, Klopstockbriefe 8. 234.
Gl. Die anzeige von Uzens lyrischen gedienten in den Berliner Cri-
tischen nachrichten von 1750, nr. 1 und 2, ist von Ramler; ebenso die „Ab-
handlung vom Sylbenmaaß" in nr.4und5. Der „Briefwechsel über die
Clarissa", einen roman Richardson's in nr. 44—46 ist wörtlich aus den
Züricher freimüthigen nachrichten von 1750, stück 28 -31, entlehnt, vjjl.
meinen Ramler s. 31.
62. Dieser und der folgende brief ist von Körte im Morgenblatt
für gebildete stände auf das jähr 1808 nr. 231 unvollständig abgedruckt.
— Ueber Gleims Verlobung mit Sophie Mayer vgl. Körte, Gleims leben
s. C8 ff., Proehle, Friedrich der große und die deutsche literatur*
s. 109 ff. — Uzens lied „Die eigenschaften einer geliebten nach Marots
Vorschrift" Sauer nr. 24. — Ueber Kleists Werbung in der Schweiz, juni
1752 bis mai 1753, vgl. Sauer I, XXXII ff. — Die ode, der Gleims name
vorgesetzt war , ist ,,Die wahre grösse", Sauer nr. 40. — Ode Als der
Hochwohlgebohme Herr, Herr Christoph Ludwig von Stille, ... Den
18ten October 1752. in die Ewigkeit gegangen war. von Johann Wilhelm
Gleim. Halberstadt, Gedruckt in Friderichs Buchdruckerey. [4 bl.] 4°. —
Das Schachspiel Hin Heldengedicht. Arma virumque cano. 1753. o. O.
[24 s.] 4°, von Ramler.
G3. Uz war inzwischen am 14. mai 1752 nach Römhild gegangen,
vgl. Petzet s. 9. — Das beigehende kleine lied ist die „Palinodie", Sauer
nr. 60.
04. Auch dieser brief ist von Körte im inorgenblatt 1808 nr. 232
teilweise abgedruckt. — Voigtsdahlum ist ein braunschweigisches dorf in
der nähe von Schöppenstedt. — Ramler hatte auf die vermeintliche hoch-
zeit Gleims schon ein carinen drucken lassen „Ode an herrn Gleim und ma-
demoiselle Mayerin am tage ihrer Vermählung", o. O. u. J. [2 bl.] 4°, vgl.
Proehle s. 1 12 f. — Gleims lied „Der ich der schönen lob in hundert Hedem
sang" ist wohl ungedruckt. — Die Nacht. Zürich 1758, vonSaloraon Gessner ;
über seinen aufenthalt in Berlin und Halberstadt im jähre 1749-50 vgl.
meinen Ramler 8. 24 f. — Die bearbeitung des „Schachspiels" in hexametorn
hat Ramler nicht vollendet; über seine Oden mit melodien, 2 teile, Berlin
1753—55, vgl. raeine dissertation s. 34 ff. — Das Toppe. Ein helden-
gedicht. Göttingen und Leipzig, 1751, von Johann Jacob Dusch. —
— Ueber Eberts unglückliche liebe zu Henriette von Töpfer vgl. Glaser,
Aus dem achtzehnten jahrhundert, Leipzig 1880, 8. 1—67. — Gleims
gedieht „Ein fettgemästeter prälat" ist verändert gedruckt in seinen
Sinngedichten, Berlin 176f>, 8. 50; „Ich lag gefährlich kranck" im Al-
manach der deutschen musen 1773 s. 14 und in Heinses Erzählungen
für junge damen und dichter, Lemgo 1775, II, 177; über den arzt
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Roeper in Halberstadt vgl. Sauer, Kleist B, 93. 101. — Dahle am Wasser-
fall der Hude ist Thale an der Bode; über den „congreü" daselbst am
18. augnst 1752, an dem Klop stock und seine schwester, Johann An-
dreas Cramer und seine frau, Sucro, Ramler und Gleim teilnahmen, vgl.
ineinen Ramler s. 27, Proehle s. 146.
65« Vor diesen brief fällt Uzens poetisches Sendschreiben vom 2. oc-
tober 1753, gedruckt bei Sauer nr. 100: „An herrn secretär G*." —
Gleim war in der ersten hälfte des februars 1754 in Berlin, vgl. Sauer
Kleist 2, 258. — Gleim überschickt den ersten teil von Ramlers „Oden
mit Melodien", Berlin 1753. — Die erste erwähnung Lessings, dem Gleim
erst während seines Berliner besuche9 im deceraber 1754 näher trat,
vgl. meinen Ramler s. 48. Das epigram tu, worin der hosenknopf vor-
kommt, ist „Auf die Thestylis", Lachmann-Muncker I, 37, in den Ver-
mischten Schriften von 1771 nicht wieder abgedruckt.
C6. üeber die ausgäbe „Lyrische und andere gedieh te. Neue und
um die hälfte vermehrte aufläge", Anspach 1755, die am 9. october 1754
fertig wurde, vgl. Sauer p. XIV* ff. — In Ramlers Oden mit melodien
teil I befinden sich von Uz zwei von Quantz componirte lieder, Sauer
nr. 24 und 13, in teil II drei nuinmern , Sauer nr. 9, 12 und 26. —
Zum vergnügen. O. O. 1754, von Christian Gottlieb Lieberkühn, vgl.
Cioedeke" IV, 53. — üeber Gleims Lieder, Amsterdam 1749, vgl. zum
51. briefe.
67. Gleim war im december 1754 und januar 1755 vier wochen in
Berlin, vgl. Sauer, Kleist II, 278. — Ueber Ramlers berühmte passions-
cantate „Der tod Jesu", die Graun componirte, vgl. meine dissertation
8. 40 f. — Hagedorn starb am 28. october 1754. Zacharias „Gedicht
dem Gedächtnisse des herrn von Hagedorn gewidmet", erschien anonym
1754 in Braunschweig und verwickelte ihn in einen streit mit Gottsched,
vgl. Zimmermann, Zachariä in Braunschweig s. 57 ff.
68. Uzens brief vom anfang des j ah res 1755 ist verloren, wenn
nicht eine Verwechslung mit nr. 66 vorliegt, vgl. s. 256. — Gleim
schreibt an Ramler, 9. V. 1755 (ungedruckt): „Ich bin am Dienstage
von Leipzig zurück gekommen. - - - Von Leipzig hätte ich sehr viel
mit ihnen zu plaudern. Hätte ich keine Geschäfte gehabt, so würde
es mir angenehm gewesen seyn, mich beständig von witzigen Köpfen
umringet zu sehen. Geliert und Rabner befinden sich wohl, der erste
weil er sehr oft bei der Gräfin Benting schläft, der andere, weil er es
nicht thut. Unter denen, die ich noch nicht gekaut habe, ist Herr
Kästner, der Sntirikus, der am liebsten über seine Freunde spottet, Herr
Baron von Croneck , ein junger Hoil'nith aus Anspach, unter dem Uz
als Secretär steht, und der an den vermischten Schriften Antheil hat,
ein junger Graf v. Brühl, der sehr viel verspricht, und den Geliert für
einen andern Grandison halt, einen gewissen Herrn von Böhme der einen
Thcil des Grandison übersetzt hat, einen Herrn Weise, Hofmeister des
Grafen von Auersberg p." — Ueber die dritte aufläge von Uzens ge-
31*
484
dichten bei Weitbrecht, Leipzig 1756, vgl. Sauerp. XVI ff. — Spaldings
brief an Uz ist nicht erhalten. — Die ode auf die prophezeihung aus
dem caffee-schälchen ist „Das neue orakel", Sauer nr. 28, Tgl. Gleims
entscheidung auf s. 2G1. — Ramlers samlung sind die Oden mit me-
lodien, teil II. — Der angebliche jude ist Moses Mendelssohn, vgl. s. 262.
69. Montezuma, oper von Graun, zu der Friedrich der große das
libretto entworfen hatte, ging zuerst im januar 1755 in scene, vgl. Brach-
vogel 1, 154. — lieber August Heinrich Wilhelm Sack vgl. Allg. deutsche
biographie 30, 154. — Uzens gedrucktes schreiben an Gleim : Sauer nr. 100.
— Ramlers briefe an Gleim über die critik von Uzens liedern sind im
original datirt vom 2. und 5. december 1755 und zeigen einige ab-
weichungen. — Kleists urteile über Uz bei Sauer II, 285. 307 sind von
Gleim gemildert. — Cronegks freund, der mit Gleim das trio in Leipzig
voll machte, ist nach s. 309 der bruder des hofcammerrats Hirsch in
Ansbach. — Ueber die bilder in Gleims freund schaftstempel vgl. Körte,
Gleims leben s. 437 ff. — La primavera, in versi sciolti, übersetzt von
Tagliazucchi, in den „Gedichten von dem Verfasser des frühlings", Ber-
lin 1756, 8. 43—86. — Johann August (von) Beyer: Kleine liedcr, Berlin
und Magdeburg 175G; Vermischte poesien, Frankfurt und Leipzig 1756.
— Moses Mendelssohn: Philosophische gespräche, Berlin 1755; Ueber
die empfindungen, Berlin 1755. — Ramler: Einleitung in die schönen
Wissenschaften. Nach dem französischen des herrn Batteux, Leipzig
1756 — 58, in vier bänden. — Zachariä: Die tageszeiten. Ein gedieht
In vier Büchern, Rostock und Leipzig 1756.
70. „Ein träum" Sauer nr. 7, „Der morgen" Sauer nr. 8, „Morgcn-
lied der schafer" Sauer nr. 9. — Ueber Uzens streit mit Wieland und
den Schweizern vgl. Sauer p. XX — LX1I; der brief, in dem er Wieland
vom tempel des guten gesebmacks ausschliesst, bei Sauer nr. 102. —
Die verse aus Wielands Briefen von verstorbenen an Unterlassene
freunde, Zyrich 1753, s. 21 f. citirt Uz auch in seinem „Schreiben des
Verfassers der lyrischen gediente an einen freund 1757" Sauer s. 380.
— „Ermunterung zum vergnügen" Sauer nr. 26, „Silenus" Sauer nr. 32.
— Die aus der englischen Clarissa übersetzte „Ode an die Weisheit"
bei Sauer nr. 64. — Christoph Friedrich Nicolai : Briefe über den itzigen
zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland, Berlin 1755, vgl.
Kllingers ausgäbe in den Berliner neudrucken, serie 3, band 2.
71. Ueber die im herbat 1756 erschienene ausgäbe „Lyrische und
andere gedichte von J. P. Uz. Dritte verbesserte aufläge." Leipzig,
1756, bei Weitbrecht, vgl. Sauers einleitung p. XVII ff; Ueber die an-
fangs beabsichtigte, dann verworfene vorrede gegen Wieland vgl. Sauer
p. XXXVI f.; die anmerkung zur „Fröhlichen dichtkunst" (Sauer nr. 33»
ebda. s. 81. — 270, n: Breitkopf als drucker bezw. Gottsched als censor
hatten im jähre 1753 die „Briefe, nebst andern poetischen und prosai-
schen stücken" des freiherrn Eberhard Friedrich v. Gemmingen eigen-
mächtig corrigirt und verändert, wogegen der autor eine geharnischte
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„Nothwendige nachricht" (o. Ü. u. J., 2 bl. 8°) erließ; vgl. auch Waniek,
Gottsched 8. 668 und Hirzcl, Haller 8. 4G8. — „Ermunterung zum ver-
gnügen" bei Sauer or. 26. — Christoph Joseph Sucro, geb. 14. deceniber
1718, gest. 1756 als professor der griechischen spräche und philosophie
in Coburg, ist nicht Verfasser der Berliner Wochenschrift „Der Druide", vgl.
meine dissertation Qber Ramler s. 24 und oben zu nr. 37 und 55. — Die
„Idyllen von dem Verfasser des Daphnis", Zürich 1756, sind von Saloraon
Gessner; „Vermischte poesien", Frankfurt und Leipzig 1756, von Johann
August Beyer. — Die „Romanzen" , Berlin und Leipzig , 1756, haben
allerdings Gleim zum Verfasser, vgl. den folgenden brief.
Unmittelbar nach empfang von nr. 70 nämlich, noch im juli 1756,
entwarf Gleim ein „drei bogen" langes antwortschreiben an Uz, das
er nachher „aus furcht, den alten freund zu verletzen" (Sauer p. XXXVII)
zurück behielt. Pröhle hat dasselbe (in Wielands werken bei Kürschner,
DNL. I, 362) an falscher Stelle und mit vielen ungenauigkeiten abge-
druckt; ich reihe es hier nach der handschrift des Gleimarchivs ein:
„Liebster Freund, [Juli 1756]
Wenn ich Ihr wehrtes Schreiben beyseite legte, so würde es
mir gehen, wie allezeit ; meine Geschäfte würden mich nöthigen, die
Antwort von einem Tage zum andern zu verschieben, ich will daher
lieber die zwo Minuten, die mir jetzo übrig sind , anwenden , und auf
eine ganze Stunde nicht warten.
Es ist fürtreflich , daß die neue Ausgabe ihrer Gedichte noch zu
Stande komt ! Ich habe oft daran gedacht, und weil ich glaubte, Weit-
brecht würde, aus mancherley Ursachen, sein Vorhaben ins Werck zu
setzen , müde geworden seyn , so wolte ich bey Ihnen anfragen : Wie
Ihnen Gesners Idyllen gefielen ? und ob es nicht möglich zu machen,
Jhre Gedichte eben so drucken zu laßen? Ich habe neulich Pope 's
Wercke in 12 bekommen, nach Warburtons Ausgabe, und bin seit dem,
mehr als jemahls dafür, daß wir lateinische Lettern gebrauchen, we-
nigstens, daß wir die Wercke unserer Dichter mit solchen drucken
solten. Aber zu diesem Druck mit lateinischen Lettern, geben die Wercke
die bisher in 4. erschienen, keine Muster, das beste sind Gesners Idyllen,
und warum sollten wir es nicht noch beßer machen können ? Unsere
Künstler sollten nur die Probe machen , ihre Mühe würde ihnen auch
schon belohnt werden. Denn welcher Liebhaber und Kenner bezahlt
nicht gern ein Buch etwas theurer , wenn es sauber gedruckt , und
beydes für den Geschmack der Seele und der Augen gesorgt ist ! Lebte
ich in einer Stadt, wo es nicht an Künstlern fehlte, so würde ich mich
äußerst bemühen, die guten Genies aufzumuntern Scheffers zu werden.
Wir haben von diesem ersten und größten Meister in der Buchdrucker-
Kunst, einige Wercke in unserer Dohmbibliothek ! Ohne Ärgerniß über
seine Nachfolger, die so weit hinter ihn zurück geblieben, kan man sie
nicht sehen! Ich laße mich zu dieser Auaschweifung durch den Wunsch
verführen, daß die Wercke unsors besten lyrischen Dichters (denn das
486
sind sie unstreitig, mein liebster Freund) daß ihre schönen Gedickte so
schon sie es wehrt sind, gedruckt werden möchten. Al>er ich bin des-
halb nicht außer Sorgen. Denn, (aber dis sage ich ihnen ins Ohr)
Weitbrecht soll nicht bey so guten Mitteln seyn, daß er den nöthigen
Aufwand solte machen können, und Ober dem hat Breitkopfs Drukk
nicht eben den Beyfall aller Kenuer ! Wiewohl liebster Freund , man
muß zufrieden seyn, und so lange die Künstler den Unterricht der Schrift-
steller nöthig haben, und nicht selbst den Wercken , die sie drucken,
die äuserliche Schönheit zu geben, sich eine Ehre seyn laßen, so lange
werden wir die schönsten Wercke, im schlechtesten Druck sehen ! Es
kostet gar zu viel Mühe, wenn man nur einen ganz mittelmäßigen Druck
verlanget. Ich weiß davon zu sagen. Erlauben Sie mir, oder vielmehr,
nehmen Sie es nicht übel , mein liebster, daß ich ihnen diese meine
neue Autorschaft nur gelegentlich bekant mache (denn ich bin nicht
so sehr damit zufrieden , daß ich damit hätte eilen können, sondern
ich wäre gern ganz unbekant geblieben). Ich ließ mich nemlich zu
dem Druck einiger neuen Fabeln und Romanzen verführen, und zwar
in einer hiesigen Buchdrukkerey. Erst zwar ließ ich die Probe mit la-
teinischen Lettern machen ! Aber sehn Sie sie in bey gehenden Bogen,
wie schlecht nimt sich alles aus. Ich habe, gerade Zeilen zu bekommen,
mehr Trinckgeld gegeben, als sonst der Druck kostet, aber nicht-» aus-
gerichtet. Ich machte also einen Versuch mit deutschen Lettern. Er
ist ein wenig beßer ausgefallen , aber wie viel Druckfehler ! Wie viel
krumme Zeilen! Wie viel unrichtige Absätze! und wie viel Arger und
Verdruß über die stupiden Köpfe, mit denen ich zu thun hatte!
Laßen Sie mich auf ihre neue Ausgabe zurückkommen, ehe ich von
den Fabeln und Romanzen selbst, eben so wenig gutes sage, alß von
derselben Druck! Ohne Zweifel werden Sie und Ihre Freunde keine
bloße Veränderungen, sondern, in den wenigen Stellen, wo es möglich
war, wesentliche Verbeßerungen gemacht haben. Wegen des Gedichts:
Der Morgen, würde ich, nebst vielen Damen vom ersten Range, ganz
gewiß, auf ihre Seite getreten seyn, und der HE. von Cronegk würde
diese letzteren , mit allen möglichen Scbmeicheleyen und Ausflüchten
nicht gewonnen haben. Mich dünckt ich habe mich schon erklärt, daß
ich die freyeste Poesie wenn sie in einem Bande wäre, vertragen könte !
Ich würde sehr gern für keine Sünde halten, dieContes de la Fontaine
gemacht zu haben, ob ich gleich weiß, daß er es auf dem Sterbebette
bereuet hat, aber wenn ich zugleich die fürtreflichen Oden: Die Theo-
dicce, die Glückseeligkeit, die Dichtkunst, der Weise p gemacht hätte,
80 würde ich die große Verschiedenheit des Inhalts, gewiß zum Grunde
nehmen, sie niemahls mit jenen zu nahe zusammenzubringen! über-
dem wolte ich wohl dafür stehen, daß die Auslaßung dieses sonst schö-
nen Stücks, der neuen Ausgabe kein Nachtheil sondern vielmehr einen
Vorzug verschaffen würde! Und wenn Sie den Abgang deßelben, mit
einem neuen ersetzten, so würde ja der Vorwurf der Unvollständigkeit
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keine Statt finden! Den Vers : Wo sich die Wollust greifen
ließ bat vielleicht der Herr von Cronegk auch in Schutz genommen?
Was wurde sein lieber Geliert sagen, wenn er es wüste ! Wenn er dio
freye Poesie so sehr liebt, so laßen sie ihn doch unser Ferrand werden,
der eine Samlung freyer französischer Stücke herausgegeben hat Dreyer
hat welche gemacht, die, in ihrer Art, rechte Meisterstücke sind. Auch
ich bin Autor von einigen, die noch in Handschriften herum gehen,
und die ich gern würde angeworben Beben. Die ernsthaftesten Autors
haben in aufgeräumten Stunden der scherzhaften Muse , die gern aus-
schweift, Gehör gegeben, darum geben sie so gern dem Catull recht,
der sagt:
Castum esse decet pium poetam
Ipsum, veraiculos nihil necesse est.
Die Entschuldigung, daß das Lied: Der Morgen, eine ehelich©..
Liebe zum Gegenstände habe, und solche von einer reizenden Seite
vorstelle, nehme ich als einen Scherz auf. Denn diese reizende Seite
ist keine andere, als die, welche Amor viel reizender hat, wie durch
den Vers angedeutet wird :
Daß Hymen auch entzücke.
Sie haben , wo ich nicht irre , eine noch unverheyrathete jüngere
Schwester. Getrauen sie sich, ihr die Verse vorzulesen:
Wie sucht ihr Blick, der kriegrisch glüht
Wie sucht er, wenn der Streit verzieht
Streit, Gegner und Vergnügen !
Und wolten sie wohl, daß sie das ganze Bild dieser starcken Verse,
sich vorstellen möchte? Halten sie mich ja nicht für strenge, ich bin
nichts weniger, aber ihre Gedichte sind so fürtreflich, daß mir es nahe
geht, wenn sie Leuten von ernsthafter Denckungsart , bloß um solcher
Kleinigkeiten willen zu mißfallen, in Gefahr stehen. Am Hofe selbst,
wo freyere Sitten herschen, als in der Provinz , habe ich einige Unzu-
friedenheit über dergleichen Wiedersprüche des moralischen Systems
bemerckt. Doch, nachdem ich für den Ruhm meines Uz besorgt, dis
alles gesagt habe, behalten Sie dennoch, wie unter uns festgesetzt ist,
völlige Freyheit, und ich werde, für mein Theil, die neue Ausgabe nichts
schlechter finden, wenn mir gleich dieser streitige Morgen zuerst dar-
aus entgegen lacht.
Mit Herrn Wielandt habe ich , wegen seinen Sympathien so viel
Mitleiden, daß ich mich nicht enthalten kan, für ihn zu bitten! Die
Vermuthung ihn einst unter den Quäckern zu sehen, ist allgemein, und
die Nachricht, die mir der Herr Graf von Wernigerode neulich gab, der
vielleicht mich damit zu bekehren dachte, diese Nachricht sage ich,
daß er vor kurzer Zeit an den Abt Steinmetz gemeldet hätte, was für
eine große Sinnes Änderung mit ihm vorgegangen seye , zusammenge-
halten, mit dem Caracter, den einer seiner ehemaligen Lehrer der Con-
rector Struensee zu Closter Berge , mir von ihm gemacht hat , daß er
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4«8
neinlich schon in »einen Schüler Jahren, bald Atheist, bald Enthusiast
gewesen sey, laßen keinen Zweifel übrig , daß er ein anderer Wieland sey.
als der war, der den AntiOvid achrieb, und Dichter erhob, die er itzt sehr
erniedrigt Ohne Zweifel zählt er auch mich unter die Sardinapalischen
Dichter, ob er mich gleich nicht nennt Indeß bin ich nicht im ge-
ringsten darüber entrüstet, ja, ich wüste nicht, was ich Ton allem, so
man wieder mich geschrieben hat . mit mehr Kaltsinn gelesen hatte.
Ich dachte, übers Jahr wiedenruft er vielleicht alles, oder schreibt noch
wieder sich selbst. Ich bin auch noch so friedfertig gesinnt, als ich
allezeit gewesen bin. Man hat mich zu einem Atheisten, zu einem lieder-
lichen Menschen, zu einem Narren im Neol.[ogischen] Wörterbuche, zu
einem armen Teufel gemacht, der in seinem Leben kein Glaß Wein ge-
truncken, und doch Lieder vom Wein gesungen hätte, ein gewißer Prediger
hat eine ganze schöne Rede wieder mich drucken laßen, aber ich glaube
nicht, daß zehn Menschen sind, die davon das geringste wißen. Habe
ich nicht wohl gethan , daß ich diese Leute , die gern einen Nahmen
haben wollten, verachtet habe ? Und wie kan es einem vernünftigen
Menschen gefallen, daß er aus den anacreontischen Dichtern Sperlinge
macht, daß er einen Uz, der Tugend und Weisheit in sanften Liedern
lehrt, zu den Sardanapalischen Dichtern zählt? Kurz, liebster Freund,
ich billige Ihre Mäßigung, um so mehr, je weniger sie. durch der-
gleichen Gegner, an ihrem Ruhme verliehren. Wieder Herr Ramlern hat
HE. Wieland auch schon einmahl zu Felde ziehen wollen, aber ich habe
Frieden gestiftet. Herr Gesner, der Verfaßer der Idyllen, mit dem ich
Briefe wechsle, mag es nicht gern mit Herrn Bodmern und Wielandten
verderben wollen , sonst würde er dergleichen Thorheiten zu hinter-
treiben sich bemühen. Ich schrieb ihm und selbst Herrn Wielandten
vor ohngefehr einem Jahre, und dachte die Hitze, welche einige Stellen
Ihrer Gedicht« bey dieser Part hey zu erregen fähig waren, zu dämpfen,
allein ehe hält man ein wildes Pferd auf der Flucht, als einen Dichter,
der mit der Feder in der Hand, auf seinen Feind loß geht: denn welch
Guth ist wichtiger, als eines Autors eingebildete Ewigkeit?
Als Herr KriegesSecretär Beyer die Sympathien zum ersten mahl
laß, brach er in ordentliche Convulsionen aus: Was? der fürtrefliche
Uz, so mißhandelt, unter die Sardanapalischen Dichter versetzt, ge-
schimpft, und wir alle, die wir Schertz und Liebe singen ? Er sterbe,
ja er sterbe der Bube, der die lachende Weisheit verfolgt, er werde
geschunden wie Marsyas! In diesem Thon wolte er sich gleich um-
setzen, und Antipathien schreiben, aber ich besänftigte ihn auch mit
der Nachricht, die ich oben angeführet habe.8
72. Ueber Claude Sallieri 1685— 1761) vgl. Nouvelle biographie gene-
rale 43, 188. — Gedichte von dem Verfasser des frühlings. Berlin, bey Chri-
stian Friedrich Voß 1756; die ausgäbe ist von Ewald und Lieberkuhn be-
sorgt, vgl. Sauer I, LXXXVI f. Kleists Unzufriedenheit darüber in einem
brief an Gleim vom 9. XI. 1756, Sauer II, 348. — Die schlacht bei Lobositz
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am 1. october 1756 ließ zuerst den gedanken in Gleim auftauchen, lie-
der auf Friedrich dun groben zu dichten , vgl. A. Sauer im neudruck
der preußischen kriegslieder von einem grenadier (Deutsche littcratur-
denkmale 4, X f.). An Ramler schreibt G leim am 7. I. 1757, indem er
ihn auffordert, den könig zu besingen (ungedruckt): „Die Uebergabe der
Sachsen — die Schlacht bey Lowositz. — Ich soll ihnen Gedanken ge-
ben? Ihnen soll ich das thun! Das wäre Waßer ins Meer getragen.
Aber vielleicht wißen sie einige Umstände, oder Vorfalle nicht, die ich
weiß , und die ein Poet sich sehr zu Nutze machen könte, nls z. K.
1) daß während des Treffens bey Lowositz sich Uber dem Schlachtfclde
(welch erschreckliches Wort!) ein Gewitter zusammengezogen, welches
den weichenden Feinden nachgezogen, und bestandig bis in die Mitter-
nacht über ihnen gedonnert 2) daß sehr viel Österreichische Gefangene
ausgesagt, es wäre ein Schrecken unter ihr Kriegsheer gekommen, weil
man über einem Berge (worauf der König gehalten) einen Engel schwe-
ben gesehn. Addison hat , wo ich nicht irre, in dem Gedicht auf die
Schlacht bey Hochstedt ein Gewitter erdichtet." — „Das bedrängt«;
Deutschland'4 Sauer nr. 16. - Der brief „An herrn hof-advocat G ***",
Sauer nr. 101, ist an Grötzner gerichtet. — Die „Fabeln [ Berlin, 1756"
und „Romanzen. | Berlin und Leipzig, | 1756" sind von Gleim. — Ueber
die anmerkung wider die Fncratiten zu dem gedichte „Die fröhliche
dichtkunst" (Sauer nr. 33) vgl. Sauer p. XXXV II.
73. Gleims erste romanze, die Uz ein meisterstück nennt, ist „Trau-
rige und betrübte folgen der schändlichen eifersucht , . . . in der ge-
schichtc herrn Isaac Veltens" (Romanzen 1756, s. 3—22). — Uzens beilie-
gende ode ist „An herrn canonicus Gleim" (Die kriege Friederichs und
wie mit güldnen schwingen) , Sauer nr. 68. — Hagedorns Poetische
werke, Hamburg 1757, in 3 bänden. — Die neue critische monatsschrift
aus Berlin ist Nicolai's „Bibliothek der schönen Wissenschaften und der
freyen künste" Leipzig 1757 ff. — Bodmcr-Breitingers Sammlung von
minnesingern aus dem schwäbischen zeitpunete, Zürich 1758 — 59, in 2
bänden. — Die „Ode an die Weisheit" (Sauer nr. 64) nebst dem eng-
lischen grundtext und der musik, erschien 1757 in Berlin resp. Ansbach.
74. Die Schlacht bei Prag am 6. mai 1757. Ueber Kleists aufent-
halt in Leipzig 1757 — 58 vgl. Sauer I, XLIV ff. Leasings brief an
Gleim vom 2. npril 1757 bei Hempel XX, 1, 107; seine prosaische „Ode
an den könig" ebda XX, 1, 109. — Gleims „Fabeln. Zweytes Buch.
Berlin 1757." — Ueber Ramlers Batteux vgl. zu nr. 69. — Ueber Wie-
lands neuen angriff in den „Empfindungen eines Christen", Zürich 1757,
vgl. Sauer p. XXXIX ff.
75. Das beiliegende gedruckte schreiben von Uz gegen Wieland ist
das „Schreiben des Verfassers der lyrischen gedichte an einen freund",
0.0.1757, vgl. Sauer p. XLIV ff. — Kinen beweis, wie Bodmer noch im
jähre 1776 über Uz „in privatschreiben, an seine freunde in den hiesigen
gegenden" urteilte, bietet ein brief an Johann Friedrich Lösch in Ans-
490
buch, dun Dombart im 46. Jahresbericht des histor. vereint» für Mittel-
frnnken s. 12 veröffentlicht hat. — Crito. Eine Monatsschrift. Zürich
1751. 4°, vgl. Bächtold, anmerkungen 8. 186.
7C. Die schlacht bei Collin am 18. juni 1757. — Wielands „Anti-
Ovid, oder die kunst zu lieben.*1 Amsterdam [Heilbronn] 1752. — Bod-
n>er8 complimente über Gleims Scherzhafte lieder vgl. oben zu nr. 17.
— Gessner an Gleim 2. X. 1755 (Briefe der Schweizer 8.248): „Ich habe
Herrn Utzens neue Ausgabe seiner Lyrischen Gedichte gesehen. Sie
wollen, daß man ihn verschone ; für mich sag* ich's Ihnen zu, denn ich
bin kein streitbarer Held .... ßodmer und Wieland sind beleidigt; ich
zweifle aber, daß sie ausziehen werden." — Gessner: „Der tod Abels"
Zürich 1758. — „Gedanken über den streit zwischen Vernunft und glau-
ben" in Kästners Vermischten Schriften, Altenburg 1755, s. 102 ff. —
Klopstoek: „Der tod Adams, ein trauerspiel. Koppenhagen und Leipzig
1757. — üeber Gleims erste grenadierlieder, „Siegeslied nach der schlacht
bey Prag", „Schlachtgesang bey eröfnung des feldzuges 1757" und „Sieges-
lied nach der schlacht bey Collin" vgl.Sauers neudruck in den Deutschen
litteraturdenkmalen 4, XII. — Der Freund. Wochenschrift. Ansbach 1754 —
56, vgl. H. Feuerbach, Uz und Cronegk s. 117. — Ueber Friedrich Nicolab
„ Briefe über den itzigen zustand der schönen Wissenschaften" vgl. zu nr.70.
über die „Bibliothtk der schöneu Wissenschaften" zu nr. 73. — Gleims
besuch bei Kleist in Leipzig zu ostern 1757: oben s. 277. — Ode an
die preußische armee. Verfertiget von dem herrn v. K., dem Verfasser
des frühlings, im böhmischen lager. April 1757. o. 0. u. J. [2 bl.J 4*.
vgl. Sauer I, 365.
77. In der „Bibliothek der schönen Wissenschaften" 1,2, 415 ff. wurden
Wielands „Empfindungen" von Nicolai angezeigt und Uz verteidigt, am
schlussderreceneion Uzens „Schreiben des Verfassers der lyrischen gedichte"
von Lessing wohlwollend besprochen, vgl. Sauer p. XLV ff. — Ludwig Meyer
von Knonau's fabeln wurden 1757 von Bodmer neu herausgegeben, vgl.
Goedeke2 IV, 44, Bächtold, anmerkungen s. 178. — Klopstocks trauerspiel
„ Der tod Adams" wurde von Mendelssohn in der Bibliothek der schönen Wis-
senschaften II, 212—225 angezeigt. Seine „Geistliche lieder. Erster theil."
Kopenhagen und Leipzig 1758. — Ueber Uzens geistliche lieder vgl. Petzet
s. 77 ff. — Christian Gottlieb Lieberkühn, Die idyllen Theokrit's, Mo-
schus' und Bion's, aus dem griechischen übersetzt, Berlin 1757, von
Lessing in der Bibliothek der schönen Wissenschaften II, 1, 866 angezeigt.
— Zacbariä führt in seinen „tageszeiten", Rostock und Leipzig 1756,
s. 63 unter den deutschen dichtem auf:
Du, mein Gärtner, Giseke, Gleim, und Geliert, und Schlegel,
Hamtnler, Leüing, und Utz; und du freyraüthiger Huber.
In der „zweyten verbesserten aufläge", Rostock 1757, wird dafür Za-
charias späterer College am Carolinum in Braunschweig, Conrad Arnold
Schmid, genannt, nicht, wie Uz vermutet, Georg Wilhelm Schmid, pfarrer
V
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491
zu Vorhätten, dessen trauerspiel Candaulcs 1758 in Karlsruhe erschien,
vgl. Goedeke3 IV, 78.
78, Nachdem Halberstadt schon im September 1757 von den Fran-
zosen unter dem herzog von Richelieu geplündert und Gleims garten
verwüstet war , erlitt die stadt im januar 1758 neue gröbere gräuel,
vgl. Körte, Gleims leben s. 105 ff. — Ueber Gleims „Siegeslied der
Preußen nach der schlucht bey Roßbach" vgl. Sauers neudruck p. XIV ff.
In der Bibliothek der schönen Wissenschaften I, 2, 426* hatte Lessing
den „Schlachtgesang bey eröfnung des feldzuges 1757" und das Sieges-
lied nach der schlacht bey Prag" abgedruckt. — Cronegk starb in der
neujabrsnacht 1758 auf einer reise in Nürnberg, ehe er erfahren, daß
sein Codrus den von der Bibliothek der schönen Wissenschaften ausge-
setzten preis von 50 thalern erhalten. Uze IIS gedieht auf seinen tod
bei Sauer nr. 70; seine schritten gab Uz bei Posch in Ansbach 1760 in
2 bänden heraus. — Wielinda „Hermann" i»t vollständig nach der hämi-
sch rift erst von Muricker in den l>entschen litter aturdenl-:malen lieft G
(Heilbronn 1882) herausgegeben.
79. Ueber Gleims zusammentreffen mit Kleist in Bernburg im man
1758 vgl. Sauerl. L. Kleists regiment zog am 11. mai von Leipzig aus,
um zum corps des prinzen Heinrich zu stoßen. An Gleim schreibt er
aus Hof, 29. V. 1758 (Sauer II, 494) : „Wenn ich doch so glücklich wäre,
zu Herrn Uzen zu kommen." Ein zweiter brief aus dem lager bei Bay-
reuth ist verloren. Sein „Cissides und Paclies" erschien 1759, die „Neuen
gedichte vom Verfasser des frühlings" 1758 bei Voss in Berlin. — Ueber
die „Preussischen kriegslieder in den feldzügen 1756 und 1757 von
einem grenadier", Berlin o. J., die Lessing mit einem vorbericht her-
ausgab, vgl. Sauers neudruck. — Gleims reise nach Berlin und Stettin fällt
in den mai und juni 1758. — Der,, dumme Zeitungsschreiber" Job. Victor
Krause war redacteur der Haude und Spenerschen Reitling in Berlin. —
„Wie lang zerfleischt mit eigner Hand" : Uz, Das bedrängte Deutschland,
Sauer nr. 16. — In Stettin war Gleims bruder Franz Carl Eberhard
(1728-1789; Kaufmann, vgl. Körte s. 420; über Gleims schwester in
Lülune vgl. den 1. brief ; seine schwestertoehter in Berlin war eine kriegs-
rätin Borchmann, sein bruder Matthias Lebreclit Caspar (1725 — 1783)
oberamtmann in Königshorst, später in Berge bei Nauen , sein bruder
Daniel Conrad Vollrath (1723—1785) kaufmann in Magdeburg. — Deber
die briefe Friedrichs II. an d' Argens vgl. Sauer, Kleist I p. LXVII. —
Johann Jacob Dusch griff in seinen „Vermischten kritischen und sati-
rischen schriften", Altona 1758, Uzens sieg des liubesgottes und Mendels-
sohns critik in der bibliothek der schönen Wissenschaften an; die bib-
liothek erwiderte im III. band s. 532 f., schärfer Lessing in den lite-
raturbriefen , Uz selbst 1760 im „Schreiben über die Duschische beur-
teilung des siegs des liebesgottes", Sauer nr. 98». — Le.-.sings beitrüge
zur bibliothek bei Lachmann-Muncker VII, 7ti ff. — Ueber Gottseheds
Übersetzung einer atrophe aus J. B. Rousseau'* ode „ä une veuve" vgl.
192
Waniek, Gottsched s. 658 ; Ratnlers „Ode an eine wittwc" zuerst in der
Hamburgischen Neuen zeitung 1767, stück 126, dann im Göttinger mu-
senalmanach 1770 s. 37. — Ueber Ramlers „Naide", seine langjährige
hauswirtin frau Fanny Denstädt, vgl. meine dissertation s. 16 und
Morgenblatt für gebildete stände 1807 nr. 162; Ramlers brief über ihren
tod lautet nach dem original im Gleimarchiv folgendermaßen :
Berlin d. 5*^ Aug. 1758.
Theurester, liebster Freund,
Naide, von der so viele meiner Briefe an Sie voll waren, Naide,
d io Freundin meiner besten Freunde, ist nicht mehr. Gestern habe ich
lüde uuf ihr Haupt werfen sehen, auf das edelste Haupt, was ein weib-
liches Geschöpf vielleicht je getragen hat. Wir begleiteten sie mit
acht Wagen. Dies war die letzte, die traurigste Spazierfahrt, die ich
in Gesellschaft meiner eintzigen Freundin hielt, mit der ich so oft die
Felder und die Gärten besucht und die Natur angebetet habe. Als wir
um ihr Grab herumstanden, schwollen ihren drey besten Freunden die
Augen von Thränen, welche wir vor der Menge des Volks verbergen
musten. Ihr Grab ist vou fünf hohen Bäumen umgeben, eine Stelle
die sie sich in ihrem Leben oft gewünscht hat und wohin mich mein
melancholischer Spaziergang oft tragen soll. Sie wißen ich bin ein we-
nig romantisch gesinnt gewesen. Künftig werde ich wol keinen so tu-
gendhaften Roman mit irgend einem Frauenzimmer zu spielen in Ver-
suchung gerathen. Ich halte die übrigen für das was sie sind, und
wofür sie andre brave Leute allezeit halten. Und nun lebe ich allein
für meinen Gleim, und Kleist und Krause und Leßing. Ich umarme
Sie mit größester Zärtlichkeit und bin ewig
Ihr
getreuester Alexis.
80« Gleims entrüstung über das bombardement Küstrins durch
die Russen spricht sich auch in seinem briefe an Kleist vom 26. VIII.
1758 (Sauer III, 298) aus und fand in dem gedieht „Der grenadier an
die kriegesmuse nach dem siege bey Zorndorf den 25. auguet 1758"
poetischen ausdruck.
81. Ueber Uzens gedieht auf Cronegks tod (Sauer nr. 70) vgl. den
78. brief. — Ramler hatte in seinen Zusätzen zu Batteux unter den
deutschen lyrikern nur Uz, Lange und Gleim genannt, vgl. meine
dissertation s. 43. — Ueber Uzens streit mit Dusch vgl. den 79. brief,
über die letzten angriffe Bodmers in den Züricher Freiin üthigen nach-
riehten (so 1758 stück 45 in der recension von Cronegks einsamkeiten)
Sauer p. LVII.
82. Zu Gleims gedieht auf Stillens tod vgl. den 62. brief. — Kleists
brief an Gleim vom 2. IX. 1758 über die schlacht bei Zorndorf : Sauer
II, 512. — Ueber Gleims letzten aufenthalt in Berlin, raai und juni
1758, vgl. den 79., über Bodmers vorrede zu Meyer von Knonaus fabeln
(1757) den 77. brief. — Göttingen besuchte Gleim im mai 1752.
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83. Johann Carl Junckheim, Onoldinus wurde (nach freundlicher
mitteilnng P. Zimmermanns) in Helmstedt am 13. october 1758 im-
matriculirt. — Die von Uz übersandte „alkäische ode" ist „An die
freyheit", Sauer nr. 69. — Gleima „Lied nach der schlacht bey Collin
den 18ten junitis 1757" in Sauers neudruck nr. 7. — Uz schreibt an
Grötzner, 4. XII. 1758 (Henneberger s. 87): „Die Meße hat fast gar
keine gute Bücher mitgebracht Drum kann ich keine empfehlen, wo-
mit Sie sich die verdrußlichen Winter-Abende auf eine angenehme
Weise verkürzen könnten. - - - Leßing hat wieder nichts geschrieben,
und wird es auch so lange nicht thun, als ihm seine Schulden Ruhe
laßen41. — Die Züricher ausgäbe von Opitzens gedichten, erster theil,
1745, wurde 1755 in einer tite) aufläge neu herausgegeben, vgl. Goedeke2
III, 50. — Sammlung einiger prosaischen Schriften von C. M. Wielanil.
Zürich 1758, in drei bänden; über die veränderte Stellung Wielands
zu Uz darin vgl. Sauer p. LH ff. — Lady Johann Gray. Ein trauer-
spiel von C. M. Wieland. Zürich 1758.
84. Uzens gedieht auf Cronegks tod wurde in der Sammlung ver-
mischter Schriften von den Bremer beitrftgern, die 1757 mit dem dritten
bände schloß, nicht wiederholt. — Die beiden atrophen aus einem
nicht vollendeten liede vor der schlacht bei Zorndorf sendet Gleim am
22. XI. 1758 auch an Lessing; am 2. XII. 1758 schreibt er an Ramler*
(ungedruckt): „Den Vorwurf als ob ich Ihnen mein Lied auf die Schlacht
bei Zorndorf nicht mitgetheilt, habe ich nicht verdient. Denn damahls
so wenig als itzo, hatte ich eines gemacht. Was ich Herrn Leßingen
sende , das bekommen sie ja ohnedem zu lesen". — Seine „Fabel auf
den Überfall bei Weißenburg" sendet Gleim am 30. XI. 1758 auch an
Kleist (Sauer II, 540.111,305); zu dem „Gedicht des grenadiers an seine
mii8e" vgl. den 86. brief. — Gleim an Ramler, 2 XII. 1758 (angedruckt):
„Mich verlangt sehr nach Ihrem Loganl Ich habe zweyerley Ausgaben
von diesem Deutschen Martial, den sie aber wohl sehr ins Kleine
ziebn werden. Wenn sie damit fertig sind, so machen sie sich doch
an unsern fürtreflichen Opitz, aber, wenn ich rathen darf, so ändern
sie nichts. Gar zu gern hätte ich selbst seine Vier Bücher Trostge-
dichte und Lob des KriegesGottes, absonderlich jene die so schön auf
unsere Zeit paßen, besonders herausgegeben. Mir lagen schon allerley gute
Sachen zu einer nützlichen Vorrede im Kopfe". — Ueber Eberhard Friedrich
freiherrn von Gemmingen vgl. Goedeke * IV, 59 und unten zu nr. 96; über
Reinen vetter unten s. 306. — Ueber Gleimsjagdabenteuer vgl. seinen brief
an Kleist vom 30. XI. 1758, Sauer III, 303, vorher in Gosches archiv I, 491.
85. „An herrn professor Kipping in Helrastädt" richtete Uz im
april 1762 einen brief in versen, bei Sauer nr. 105. — Die „Bibliothek
der schönen Wissenschaften" ging mit dem fünften bände an Christian
Felix Weisse über , vgl. Minor, Weisse s. 25 ff. — Ueber die Magde-
burgische zeitung vgl. s. 306 f. — Ueber die Amsterdamer ausgäbe von
Opitz 1645 vgl. Goedeke * III, 49.
404
86. Ucbcr Gleims licd „Der grcnadier an die kriegesmuse nach dem
siege bey Zorndorf den 25. augu9t 1758" ?gl. Sauers neudruck p. XXV ff.
und die beiden folgenden briefe. — Ueber Elia« Caspar Reichard vgl.
Goedeke* IV, 20.
87. Uzens kritik über Gleims letztes kriegslied, auf die letzterer
großen wert legte und sie Leasing am 23. III. 1759 abzuschreiben ver-
sprach, hat Sauers neudruck auf p. XXVIII ff. abgedruckt. — Ueber
den bruder des hofcammerrats Hirsch vgl. oben zu s. 261. — Das erste
stück der litteraturbriefe , an denen Lessing so hervorragenden an-
teil hatte, wurde am 4. jauuar 1759 in Berlin ausgegeben; mit der
„Quateniber-Schrift" ist Weisses „Bibliothek der aebönen Wissenschaften"
gemeint. — Kleists neues gedieht ist „Cißides und Pacbes, in drey
gesängen von dem Verfasser des frühlings4', Berlin 1759. — Ueber die
neue lobrede auf Friedrich II. und die compositiooen zu den kriegs-
liedern vgl. s. 313.
88. Gleims entgegnnng auf Uzens kritik ist ebenfalls abgedruckt
in Sauers neudruck p. XXX ff. Ramler schreibt an Gleim, 9. XII. 1758
(hier nach dem original im Gleimarchiv): „Der Abschied den ihr guter
Freund, der brave Grenadier, von seiner Muse nimmt, hat mir Patrioten
nothwendig außerordentlich gefallen, und ich muß unserm sächsischen
Freunde [Lessing] die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daß er die
vielen großen und pathetischen Züge ebenfalls bewandert, es aber doch
lieber sehen würde, wenn die Flüche auf den Türken und Persianer
giengen, als auf seinen Prinzen und seines Prinzen nliirte Kaiserinn.
Ich weiß nicht ob er Ihnen schon hierauf geantwortet hat: sie müssen
dergleichen antisachsisebe Stücke künftig lieber an mich adressiren,
ich werde gewiß geneigter seyn sie publici juris zu machen, als er nach
der Natur der Sachen vielleicht seyn kann. Der Zug, daß der König
die zweyte Thrüne in Cüstrin geweint habe, ist für mich ein sehr merk-
würdiger Umstand, unser Freund meynt aber, er würde bey Hofe nicht
wohl aufgenommen werden. Ich bitte Sio indessen auf seine eigene
Krklührung hierüber zu warten, und es ihm nicht zu verrathen , daß
ich schon etwas ausgeplaudert habe".
Gleim antwortet am 11. XII. 1758 (ungedruckt): ,,Herr Leßing hat mir
wegen meines Gedichts an die Muse noch kein Wort geschrieben; Nimmer-
mehr wiire ich darauf vorfallen, daß ihm etwas darinn anstoßig gewesen
wiire; ich schwere Ihnen, daß ich ganz vergeßen habe daß Er ein Saclne
ist,. Aber er scy es, so Rehr er will, so ist er doch jetzo ein Preuße, und
soll es auch wolil bleiben, er ist ein Philosoph , und wird also unpartheyUch
seyn. Derjenige, der die Zündeflammen weggeworfen hat, ist ja nicht
mit Nahmen genennet; auch ist der Fluch auf die Selbsthalter in so
behutsam als möglich, indem Rr sie nur trift, wenn sie Befehle zu Un-
menschlichkeiten gegeben hat, welches Sie nicht wird wollen gethan
haben. Aber wir dürfen nicht sorgen, daß das Gedicht in die Hände
der Großen geiathen wird, die sich getroffen finden könten. Den Vor-
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theil haben wir von der Verachtung unserer Muttersprache, daß wir
den Großen die Warheit ungestraft darum sagen dürfen. Eben des-
wegen aber müßen wir sie desto dreister sagen ; vielleicht werden Leser
von geringerem Stande dadurch mehr gebeßert, vielleicht konit eine
Zeit, in welcher wir diesen Vortheil der Verachtung nicht haben werden ;
Wer frey darf denken, denket wohl!
Hey dem allen solte mir leyd thnn, wenn Herr Leßing in Krnst unzu-
frieden wäre, in welchen Fall ich gewiß weiß, daß der Grenadier das
ganze Gedicht zurücknehmen würde; denn ohne die anstößigen Stellen,
wird es nicht wohl bestehen können ; wiewohl es dennoch schwer fallen
wurde es gänzlich zu unterdrücken, da es schon in mehreren Händen
ist. Wo ich nicht irre , habe ich ihm, und Ihnen in Vollmacht des
Grenadiers erlaubet, nach Gefallen darinn zu ändern — Ob Herr
Leßing die Nachricht von der Stadt Zittau nicht mag gelesen haben.
In derselben wird gerade heraus gesagt, wem die gute Stadt ihren
Untergang zu danken hat. Warum soll der patriotische Grenadier
an sich halten ? Die zwote Thräne ist historisch wahr. Die Trage :
Kin König weint? thut ein Hofmann, und der Grenadier hat sie beant-
wortet. Mich dünkt, er ist sehr gleichgültig, ob er dem Hofe gefalle
oder nicht. In den Kriegesliedern sind, dünkt mich, viel freyere Stellen;
Herr Leßing hat dem Grenadier darüber kein Wort gesagt; ein Grenadier
sagt freylich die Wahrheit anders, als ein Hofmann, und noch dazu
ist es hier, ein aufgebrachter verwundeter Grenadier. Warum aber
auch Herr Leßing ansteht, mir zu sagen, was er meint, das weiß ich
nicht. Wenn sie es für gut finden, so sagen sie ihm, daß ich nicht
die geringste Schwürigkeit machen würde , alles auszustreichen, was
ihm mißfiele. Wer wolte einem Freunde zu gefallen, nicht einige
Verse aufopfern ? Und wenn er Bedenken hat, den Druck zu besorgen,
so kan er es ja ihnen überlaßen , wenn sie so gütig seyn, und sich
damit beschäftigen wollen ; der Nähme des Grenadiers muß , so viel
möglich, verschwiegen werden. Es wäre ihm allerdings sehr ungelegen,
wenn er sich einige Verantwortung zuzöge. Die Stelle: Cüstrin und
Zittau muß man lieber mit nichts bedeutenden Sternchen besäen."
Lessing antwortete erst am 16. XII. 1758 (Hempel XX, 1, 170) ziem-
lich ablehnend, vgl. Sauers neudruck der kriegslieder p. XXV. Durch
seine einwürfe gegen die russenfeindliche, überpatriotUche tendenz des
gedientes rief er eine erregte corrtspondenz zwischen den freunden her-
vor, aus der ich hier noch einige unbekannte stücke mitteile. Zunächst
schreibt Ramler an Gleim, 31. XII. 1758: „Nunmehr habe ich auch
den Abschied des Grenadiers von seiner Muse in meiner Gewalt. Die
Stelle von Katt überschicken Sie mir doch ein wenig verändert : es
lehnen sich zu viele dawider auf. Das ganze Sackische Haus ist im
übrigen entzückt über dieses Gedicht, nur bey dieser Stelle stoßen sie
an. Herr Lessing sagt, er habe Ihnen seine Meynung über dieses Ge-
dicht als ein geborener Sachse geschrieben, und er wüßte nicht ob es
einem jeden andern an seiner Stelle möglich wäre, anders tu denken.
Ich will ihn zu bereden suchen, es einer neuen Auflage der Lieder de«
Grenadiers einzuverleiben, aber ein klein wenig gemildert» anders wird
er es nicht über sich nehmen. Richten Sie hier über, ob man ihm,
oder dem entbrannten preußischen Publice nachgeben und zu Willen
seyn soll? Aber schreiben Sie ihm doch, damit er nicht denkt, daß Sie
ungehalten auf seinen Patriotismus sind".
Gleim verteidigt sich am 6. 1. 1759 in einem ausführlichen schreiben an
Ramler, das erst nachträglich am 24. 1. abgesandt wurde ; es heisst darin :
„Unsers lieben Lesaings Schreiben über das Gedicht des Grenadiers war so
ernsthaft, daß ich mich nicht getrauete, es so flüchtig, wie ich sonst gewohnt
bin, zu beantworten. Auch heute, da ich ein wenig Zeit habe, fehlt es mir
an Disposition dazu. Unter uns, mein lieber Ramler, ich fürchte mich
für dergleichen schriftlichen Streitigkeiten; mündlich würden wir bald
eins seyn, aber ein nicht genug bestirntes Wort kan zu zehn Briefen
Gelegenheit geben. Zu Ihnen hat Herr Leßing gesagt: „Er hätte mir
seine Meinung über des Grenadiers Gedicht, als ein gebobrner Sachse
geschrieben, und, er wüste nicht, ob es einem Jeden andern, an seiner
Stelle möglich wäre, anders zu denken". Herr Gärtner ist ebenfalls
ein gebobrner, und so patriotischer Sachse, als es irgend jemand seyn
mag; diesem laß ich das Gedicht vor, und fragte ihn. was er daran
auszusetzen hätte V Zwey Worte sagte er. Und welche? Gleich zu
Anfang: u n angepackt, und etwas weiter: rippel test; jenes, sagte
Er, sey zu niedrig, dieses sey ein Provinzial Wort. Haben sie sonst
nichts auszusetzen? Nein. Meinen sie, daß der Grenadier es kan drucken
laßen? Warum nicht? Mich dünkt einige Stellen sind zu stark, tu
frappant; Meinetwegen möchte er noch stärker, noch frappanter,
oder, welches gleich viel ist, noch rührender, noch poetischer seyn —
Aber sind nicht vielleicht gewiße« historische Umstände falsch? eine
und die andere Beschuldigung nicht genug erwiesen? ist nicht manches
übertrieben? — Dafür laße ich den Grenadier stehn. Aber er muß
doch wohl überzeugt gewesen seyn , sonst hätte er den Affect kaum
so hoch treiben können. Findet sich jemand beleidiget, so mag er sich
verantworten; so komt die Warheit an den Tag. Dieses war die
Meinung eines gebohrnen Sachsen, dem es also möglich ist, anders zu
denken, als unser Leßing. Meine Fragen hatten ihn neugierig gemacht.
Ich vertraute ihm das Geheimniß; er blieb dabey , und gab Herrn
Leßing in allem Betracht Unrecht. Was soll ich nun machen? Soll
ich mich des Grenadiers annehmen? oder nicht? Sie wißen , liebster
Freund, wie feind ich den critischen Kriegen bin, oder vielmehr, wie
wenig ich mich dazu schicke; indeß geht es mir doch etwas nahe, ihn
ho ganz Preiß zu geben. Laßen Sie uns doch geschwind durchlaufen,
waB Herr Leßing wieder ihn hat. Ich will die eigentlichen Worte seines
Schreibens beybeh alten.
„Soll ich es für nichts, als für eine Würkung seiner frappanten Art
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„zu mahlen halten, wenn mir bey verschiedenen Stellen, vor Ent-
setzen die Haare zu Berge gestanden haben V"
Mich dünkt, man kan nicht anders antworten, als: für nichts anders.
Warum hat aber diese Art zu mahlen , mehr Würkung auf Herrn
Leßing, als auf Herrn Gärtner gehabt V Beyde sind Sachsen. Ich kan
mich hier nicht wohl zu recht finden. Ich habe das Gedicht zehnmal
gelesen, aber immer noch, dünkt mich der Grenadier nicht stark genug,
Die Stellen, bey welchen unserm Leßing die Haare zu Berge gestanden
haben, laßen mich bey ganz kalten Blut; überdenke ich die Materie
und wie ein größerer Poet sie hätte nutzen können, so erscheint mir
der Grenadier weit unter dem Lobe , das ihm Herr Leßing dadurch
giebt, daß er sagt, die Haare hätten ihm bey einigen Stellen zu Berge
gestanden.
„Ich wolte diese Stellen, sagt Herr Leißng weiter, nicht zum zweyten
„mahle lesen, und wenn ich noch so vieles damit gewinnen könte.-
Welche sind denn diese schrecklichen Stellen? Der Grenadier kan
sich etwas darauf einbilden. Aber wie? Wenn Herr Leßing sich Ge-
walt anthäte, und sie noch ein mahl läse? Ich wolte wohl darauf wetten,
daß ihm die Haare nicht wieder zu Berge stehen würden. Wer weiß,
wie er damahls diaponirt gewesen ist, als er sie das erste mahl ge-
lesen hat?
„Gesetzt, es wird über kurz oder lang Friede; gesetzt, die itzt so feind-
selig gegeneinander gesinnten Mächte söhnen sich aus — Was
„meinen sie, daß alsdenn die k<ern Leser und vielleicht der Grenadier
„selbst zu so mancher Uebertreibung sagen werden, die sie itzt, in
„der Hitze des Affects, für ungezweifelte Warheiten halten?"
Nach geschlossenen Frieden werden so wohl die itzigen Staatschriften,
als die itzigen Gedichte, freylich mit etwas kälterm Blut gelesen werden,
in beyden aber wird man die Vorstellung der Sachen gern noch lesen
wie sie vormahls gewesen sind. Soll der Dichter nicht seine Zeiten
mahlen?
„Der Patriot überschreyet den Dichter zu sehr, und noch dazu, so ein
„soldatischer Patriot, der sich auf Beschuldigungen stützet, die nichts
„weniger, als erwiesen sind!"
Nicht erwiesen? Bey dem Verse:
könte man die gedruckte Nachricht von der Stadt Zittau , die nicht
wiederlegte hieher gehörige Berliner Zeitung, die den Urheber von
Cüstrins Einäscherung genent hat, und ihres Herrn Bruders Schreiben
von der colbergischen Belagerung anführen ; das 17*J Stück des Schrei-
bens eines Freundes aus Sachsen , verschiedene Schreiben des Herrn
von Kleists an mich , das Schreiben eines Predigers in der Neumark
an seinen Bruder bey Halle, hundert andere ganz unverdächtige öffent-
liche und private Nachrichten, können allen Zweifel an der Warheit
Glcim-Üx, Briefwechsel. 32
Warf seine Zündeflammen aus der Hand
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der rußischen Grausamkeiten benehmen, und den Dichter rechtfertigen,
daß er den König genent hat:
Den Züchtiger der Bosheit eines Volks,
Das noch zu Menschen nicht geworden ist.
Ich habe ein Original -Schreiben von einem angesehenen so genanten
Erz Priester aus Preußen gelesen, worin er sagte : Kr hätte mit seinen
Augen auf dem Schlachtfelde bey Großj&gersdorf die Callmucken rohe«
Menschenfleisch eßen gesehn; in einem Schreiben aus der Neumark,
werden ein Haufen Mord geschieh te davon erzählt, dennoch weis ich,
daß der Grenadier dergleichen Nachrichten für keine Beweise halt:
die welche er dafür annimt, sind von ganz andrer Beschaffenheit.
Hat er einen historischen Umstand einfließen laßen, wovon Er kein
Augenzenge gewesen ist, so hat er doch sonst von deßen Warheit die
vollkommenste Ueberzeugung gehabt, so, wie man sie von einem Barden
nur immer verlangen kan.
„Vielleicht zwar ist auch der Patriot bey mir nicht ganz erstickt,
„obgleich das Lob eines eifrigen Patrioten, nach meiner Denkungaart,
„das allerleztc ist, wonach ich geitzen würde; de9 Patrioten nemlich.
„der mich vergeßen lehrt, daß ich ein Weltbürger seyn solte."
Wenn Herr Leßing hiemit so viel sagen will, wie es denn in der
That so scheint, daß der Grenadier vergeßen hat, daß er ein Welt-
bürger seyn solte, so thut er ihm gewiß zu viel. Der Weltburger
wünscht, daß es der ganzen Welt wohlgehe. Aber , wenn die ganze
Welt will, daß es seinem Vaterlande nbelgehen soll, so ist er so lange
wieder diese ganze Welt, bis sie auf beßere Gedanken gebracht ist.
Ueberzeugt, daß, nicht so wohl der König, als vielmehr die preußische
Nation, den all ergerechtesten VertheidigungsKrieg führet, kan, nach
meiner DenknngsArt, kein Preuße, ein allzu eifriger Patriot seyn ; ein
König ist das einem Volke , was ein Vater seinen Kindern ist. Je
reicher, je mächtiger ein Vater ist, desto glückseeliger können seine
Kinder seyn, können sie also gleichgültig ansehn, wenn man ihm das
Seinige nehmen will? Und, wenn sie es thäten, würden sie recht thun i
Zumahl, wenn sie nicht allein den reichsten, sondern auch den besten
Vater hätten? Gehört es wohl nicht hieher. wenn mir hiebey einfallt,
daß der König, zu allen Kriegen, die er geführt, noch keinen Pfennig
außerordentlich, oder, damit dis Wort keiner falschen Erklärung aus-
gesetzt sey, keinen Pfenning außer den, im Frieden gewöhnlichen, Ab-
gaben, von seinem Volk weder empfangen noch verlanget sondern viel-
mehr große Summen, und zwar vor ganz kurzer Zeit, hiesigem Fürsten-
thum, Tonnen Goldes geschenket hat?
„In diesem Falle also, wenn es nemlich eine bloße Collision de*
„Patriotismus ist, die mich dismahl mit unserm Grenadier weniger
„zufrieden macht, alß ich sonst zu seyn, so viel Ursach habe —
„veniam petimus, dabimnsque vicissim. "
Warum aber ist dieser sächsische Patriotismus erst itzo mit deui
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Preußischen in Collision gekommen? Meines Erachiens sind in den
Kriegesliedern weit freyere, und stärkere Warheiten. Ohne uns in die
Streitigkeiten der Großen zu mischen, können wir sagen, was wir für
wahr halten, warum soll es der Grenadier nicht sagen? der noch dazu
verwundet, und folglich aufgebrachter ist, als wir.
„Zeigende diesen Brief dem Grenadier nicht; denn ich fange würk-
„lich an mich vor ihm zu furchten. Es acheint, er laßt sich zu leicht
„in den Harnisch jagen."
Wie so, mein liebster Lessing? Was für eine Probe haben sie davon?
Er hat ja 'meines Wißens Ihnen noch nie die geringste Gelegenheit
gegeben so von ihm zu denken. Ich kenne ihn gar zu gut. Er ist
nichts weniger als hitzig, und worüber solte er sich wieder Herrn
Leßing in Harnisch jagen laßen ? Er hat ja, als Herr Leßing dis von
ihm gesagt hat, kein Wort davon gewußt, daß er mit seinem Gedicht
nicht zufrieden sey.
Ich schreibe dis alles in größter Geschwindigkeit, und nun gereut
mich bey nahe, daß ich so viel geschrieben habe, ich hätte unterdeß
meinem lieben Leßing selbst schreiben können. Aber nun ist es zu
spät. Antworten Sie mir nur bald, liebster Hamler, und grüßen sie
meinen lieben Leßing Tausendmahl".
Am nächsten tage sendet Gleim das veränderte gedieht mit folgen-
dem briefe an Ramler:
Gestern schrieb ich bis in die Mitternacht einen drey Bogen langen
Brief zur Vertheidigung des Grenadiers wieder unsern lieben Leßing.
Diesen Morgen fiel mir ein, in Veränderungen der anstößigen Stellen
einen Versuch zu machen; sehen sie in beygehender Abschrift doch
geschwind nach, ob es mir gelungen ist; und, wenn sie meinen, daß
B. Leßing damit zufrieden seyn kan, so geben sie sie ihm, nebst tausend
Empfehlungen. Er ist immer mein lieber Leßing, er sey mit dem
Grenadier zufrieden oder nicht, wiewohl sich von selbst versteht, daß
mir, aus Freundschaft für denselben das erste lieber wäre. Der Grenadier,
glaube ich, hätte doch gern gesehn , wenn der Druck des Gedichtes
nicht so lange aufgehalten wäre, da es von der Art Gedichte ist, die
durch die Zeit von ihrer Stärke viel verliehren ; Herr von Kleist hält
seinen Cißdes für eben dergleichen GelegenheitsGedicht , und ließ sich
in seinem letzten merken, daß ihm lieb wäre, wenn es bald gedruckt
würde. In den Winterlagern haben unsre Helden Zeit, so etwas zu
lesen! Mich dünkt, ich habe Herrn Leßing schon gesagt, daß man des
Major* und Grenadiers Gedicht, jedes besonders, in gleichem Format
vorerst drucken laßen könte, etwa wie die erste Ausgabe des Roß-
bachischen Liedes. Wer aber mag der schwürige Censor seyn, der,
wie mir H. Leßing sagt, es nicht hat wollen paßiren laßen? Ohne
Zweifel ist er ein Antipreuße, woran zu Berlin kein Mangel ist , wenn
Halberstadt d. 7'*« Jan. 1759
Liebster Freund,
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ich jemand glauben soll, der selbst ein solcher ist. Herr Sack , wird
ihn auf ihre Bitte, wohl zu recht weisen. Finden Sie aber die geringste
Schwürigkeit so laßen sie es ja gut seyn. Wer wird sich um eine
Sache nicht geben, die man nicht nöthig hat. Nichts angenehmen
aber wäre mir, als wenn kein Mensch den Nahmen des Grenadiers
wüste, und wenn die, so ihn wißen können, ihn nicht weiter aua-
brächten."
Ramler antwortet am 24. januar 1759:
„Liebster Freund,
Was Bind die großen Politici für Menschen? Sehen Sie hier eine
Probe davon. Man will des Grenadiers Lied nicht zu drucken erlauben,
und doch verkauftet man die Bauergespräche, die den König von Pohlen
und die Czaarin von Rußland dem gemeinen Manne zum Gespotte ma-
chen. Mein Rath ist, daß Sie dieses Stück, welches kein Preuße gern
mißen will , in einer andern Stadt drucken laßen , wo die Censoren
weniger politisch und mehr patriotisch sind. Die Berlinischen Buch-
händler scheuen sich, weil einige von ihnen bereits brav auf die Finger
geklopft sind. — Ich habe noch eine Abschrifft davon behalten , weil
mir bange war, wir würden es aus der Censur gar nicht wieder zurück
bekommen. Gedruckt aber muß es werden, das wünschen alle die auf
fünf Feinde über Einen fluchen. Zwar hätte es B. Voß wagen
können, weil der Herr v. Herzberg, als die erste Instanz, es auf Herrn
Voßens eigene Gefahr ihm zu drucken frey stellete; (er hätte allenfalls
einen andern Ort, Dresden oder Frankfurt, darunter setzen können;)
weil sich der Bachhändler aber in keine critischen Umstände einlaßen
wollte: so gab er es Herrn Leßing wieder zurück, der es mir zugestellt
hat, es Ihrer eigenen Disposition zu überlaßen. Ich weiß gar nicht
was diese Winkelzüge bedeuten sollen? Unser König ist in ihren Schrif -
ten ja gewaltsam und antimajestätisch herumgenommen worden : warum
kan man dem erhitzten Dichter und, was noch mehr, dem mit fech-
tenden Dichter, keinen kühnen Ausbruch, keinen Enthusiasmus wider
seinen Feind erlauben? und wider einen Feind, der er so sehr ver.
dient hat?"
Gleims unvergleichlicher domdechant ist Ernst Ludwig freiherr von
Spiegel zum Desenberge, vgl. Pröhle in der Allg. deutschen biographie
35, 146. Er war der schöpfer der Spiegelsberge bei Halberstadt. —
Leasings „Philotas. Ein trauerspiel. Berlin 1759" wurde von Gleim
in fünffüßige jamben umgearbeitet als „Philotas. Ein trauerspiel.
Von dem Verfasser der preußischen kriegslieder versificirt. Berlin 1760."
80. Kleist starb am 24. august 1759 zu Frankfurt a. d. Oder an
den in der schlacht bei Kunersdorf etnpfangnen wunden, vgl. A. Sauer,
Briefe über den tod E. v. Kleists in Schnorrs archiv XI, 457. Uz be-
sang seinen heldentod in der ode „Auf den tod des major« von Kleist1'
(Sauer nr. 71), deren einzeldruck bisher nicht aufgefunden ist. — Gleims
Portrait steht von dem 5. bände der „Bibliothek der schönen wissen-
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schaften", der von C. F. Weisse herausgegeben wurde, vgl. Minor, Weisse
s. 26 S. ; über Winckehnanns beitrüge ebda. s. 306 f.
Auf diesen brief folgt ein nicht abgesandtes schreiben von Glehn
an Uz, das wie nr. 89 von Sauer in Schnorrs archiv XI, 482 abgedruckt
ist. Ks lautet:
[Anfang 1760]
„ Liebster, bester Freund,
Seit dem Tode meines Kleists leb' ich nur halb, aber dieses, daß
ich noch halb lebe, muß ich doch endlich meinem Uz sagen ; ich schwöre
Ihnen, mein Theurester, daß es mir bisher unmöglich gewesen ist, die
Feder anzusetzen; denn ich mußte doch Ihnen, meinem liebsten Freunde,
meinen ganzen Schmerz sagen; und, wenn ich das wolte, fiel sie mir
aus der Hand. Itzt, da die Wercke unsers unsterblichen Freundes er-
schienen Bind, könte ich es nicht verantworten, wenn ich sie nicht so
gleich an meinen Uz, den mein Kleist so hochgeschatzet, übersendete;
zwar sind sie schon einige Wochen in den Buchladen, aber, durch ver-
schiedene Reisen, in landschaftlichen Geschäften, von welchen die letzte
vom 27. December bis 12. Jenner nach Leipzig gewesen ist, bin ich
von einem zum andern Tage daran gehindert worden. An der Ausgabe
selbst, habe ich nicht den mindesten Autheil. Herr Ramler und Herr
Leßing haben sie, ohne mein Zuthun, besorgt; vermuthlich, weil ich
der Meinung war , daß keine eigenmächtige Veränderungen in man-
chen Stellen vorgenommen werden müßten, wie der seel. Freund selbst
sich desfalls gegen mich erkläret hatte. Ob nicht demohngeachtet eine
oder die andere eingefloßen, kan ich nicht sagen; Herr Ramler hat sich
darüber nicht deutlich erklären wollen, übrigens bin mit derselben sehr
wohl zufrieden, wenn ich die Jahrzahl 1739 über dem Gedicht an den
Herrn Rittmeister Adler ausnehme, denn diese ist grundfalsch, und wie-
derspricht dem, deßen ich gegen meine Freunde mich so oft gerühmet,
und, welches mein seel. Freund mir so gern sagte, daß ich Ihn zur Poe-
sie verführet habe, weil wir erst im Jahre 1743 einander kennen
lernten, und das Gedicht selbst lange nach dem Tode des seel. Adlers
gemacht wurde, und die Überschrift nachher erhielt, sein Andenken zu
stiften. Ihnen, mein liebster Freund, muß ich dieses sagen, denn ohne
Zweifel habe ich auch gegen Sie, stolz darauf gethan. daß ich unserm
Vaterlande einen solchen Dichter gegeben habe. Sein Leben zu schrei-
ben, verlangten die beyden Herren von mir, aber zu spät; und überdem
konte ich mich nicht überwinden ; es würde eine Elegie geworden seyn.
Zu dem Ehrengedächtniß des Herrn Nicolai habe ich die Materialien
aus den ßriefen des Seeligen gegeben. Noch itzt, so oft ich, in Prosa
oder Poesie meine Pflicht erfüllen will , geräth mein Herz in Aufruhr,
noch itzt bin ich die Freundschaft, die
Stumm über seiner Urne weint.
Und der Grenadier, mein liebster Freund, der Grenadier konte selbst
durch einen Utz nicht ermuntert werden, den unsterblichen Kleist zu
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besingen ; ich gab ihm ihren freundschaftlichen Brief zu lesen, aber er
blieb stumm und starb beym Grabe seines Majors. Aber, laßen Sie
mich nichts mehr davon sagen, es kostet meinem Herzen zu viel; sie
haben recht, Gott hat es gethan, und was Gott thut ist recht; auch
hätte ich noch andere Gründe mich zu trösten : wohl nie starb ein
Mensch so gern, als unser Freund.*
00. Mit diesem briefe übersendet Gleim eine „vorbitte" der Kar-
schin für ihn, nämlich ihr unten folgendes schreiben nebst gedichten
an Uz. Ueber die beziehungen der Karschin zu Gleim vgl. die freilich
sehr ungeschickten auszöge Proehles „Aus dem bandschriftlichen brief-
wechsel zwischen der Karschin, Gleim und Uz" in der Zeitschrift für
preußische geschieh te und landeskunde XII (1875) s. 641 — 723. Frühere
gedruckte gedichte der Karschin sind unvollständig bei Goedeke 2 IV,
125 verzeichnet. — Von ihren hier abgedruckten „einfallen" stehen
die ersten beiden verändert auch in ihren „Auserlesenen gedichten",
Berlin 1764, s. 352 und 357. — Ueber den philologen Johann Christian
Wolf vgl. Allg. deutsche biographie 43, 761.
Der brief der Karschin an Uz ist im originale den briefen Gleim»
beigebunden und wird hier mit allen cigenbeiten ihrer krausen Ortho-
graphie wiedergegeben ; die beiden lieder an Uz sind mit ünderungen
wiederholt in den Auserlesenen gedichten s. 186 — 189.
.Halberstadt den 8 oct: 1761
Ode an den lyrischen Dichter
Da der vom Weine berauscht die Lust der Krde besungen
Apollo gab mir kein lyrisches Spiel
Bespannt mit Sayten von Gold doch sind mir Lieder gelungen
•Süß Klingend Sang ich der Seele Gefühl
5 mich hört der Eiserne Held, mir horcht der Krnnste Gesandte
lieruntter körnend vom Stuhle des Herrn
auch höret meinen Gesang wer sonst die Musen verkante
Des Geizes Priester vernehmen Ihn gern
mir gab Dein liebender Freund, der Felsenspringerin Laute
10 und Ihn nur denken wird süßer Gesang
In der ganz Saphischen Brust, der LiebesGötter Vertraute
Ward ich und habe die Herzen im Zwang
mich fühlt der Wankende Greiß und die Verlebte Matrone
mich höret der Jünglinge Klopfendes Herz
15 Daß Mädchen fürchtet den Pfeil Er rauscht im Saphischen Tuhne
laut wie im Uzischen Liede voll scherz
Hören Sic gütiger Uz Eine rauh klingende nachahmung Ihrer Früh-
lings Ode, mein Gedanke ist zu flamicht als daß ich Källte gnug hätte
mit Genauigkeit Sylben zu zählen , haben Sie nachsieht gegen diese
Strophen und horchen
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Gin Lied
noch ist dein Gleim dem LiebesGott zu Truz
der Musen Freund, und Feind der Schönen
Du beßerst Ihn nicht, liederreicher Uz
Ich rühr Ihn nicht, Er Sizt uns alle höhnen.
5 aus Seiner acten schanze Ticff hervor
lobt Er Dich laut lobt meine Lieder,
nur Sein Verstand ist für uns lauter Ohr
an Seinem Herzen fallen Pfeille nieder
dir amor dir o Dichter zugestellt
10 in den Gesang Sie zu verstecken
Sie Treffen offt daß Herz der Jungen Wellt
nur nicht Sein Herz Er weiß es zuzudecken
Sein schuzgeist mit den diamantnen schild
ist Ihm getreuer als Seiinden
15 Der würde nicht Ein menschlich Venus Bild
im goldnen Wagen an den Fenster finden
nur bey der Freundschafft hinkunfft nimt der Geist
Den breiten schuz vom offnen Herzen
Gloim ward ganz Seele bey den Nahmen Kleist
20 und wird ganz Herz bey Einer Sapho scherzen
Wir wünschen Dich Dir sollt Ein Sonenpferd
Vom großen Phöbus Sein Geliehen
Dann würdest Du wie unßer Herz begehrt
mit Grazien und Musen zu uns fliehen
05 noch riß der Herbst nicht allen schmuck dahin
0 kom nur dir will ich [die] Blumen pflücken
So reißt daß Glück nach langen Eigensinn
noch Lorbeern ab mein Saytenspiel zu schmücken
In meines Herbstes Tagen lächelt mir
30 Zurück gebliebne Jugend Freude
Frag Deinen Freund Er weiß und saget Dir
Daß ich Vergnügt nicht Fürstinen beneide
Vergleichen Sie diese Geßänge nicht mit den Ihrigen lyrischer Dich-
ter, Sie haben für die Wellt gesungen Ich Singe für Gleim, dieser Ein-
zige Theil der Großen Menschlichen Gesellschafft macht meinen Apoll,
meinen Stollz rühm , uud wenn Sie so wollen meine beste Wellt auß,
Ihn verdank ich was ich bin und was ich noch werde, Er kam diesen
Frühling nach dem Ewigen Berlin, nach diesem Siz der musen die alle
mit gesunknen Haubt die rükkunfft Ihres schuzes und Ihrer begeistrung
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erwarten seit drey Mohnaten befand icb mich uuter den Einsamen Pal-
lästen der Königsstadt, Sullzer war der Einzige der mich autfinunterte,
alß Ihr Gleim, mein ruhmwürdiggter Uz kam und mir mit Einer hun-
dert öhrigen auffmerksamkeit zuhörte, Er nannte mich Sapho und ich
bin mit Ihm Einig geworden den Caracter dieser Grichin bis an den
Fels zu behaubten, laßen Sie sich unßere Geschichte weitläufiger von
Ihm erzählen, Sie ist der neueste roman den Sie Jemahls erfinden
kontten, Sie ist scherz der in Einer Ernsthafften Saphischen miene
desto mehr gefällt Je weniger Er dem Wiz Sein Daseyn zu danken hat
Kunst finden Sie niemahls in den Gesängen Eines Frauenzimers die
Ihre Kleinen Tändelnden Idylen auß Einem so ganz ungekünstelten
Herzen hervor singt Dieses Viel sprechende Herz bittet vor Ihren Gleim
daß Sie Ihm Seinen zaudernden BriefTWechßel Vergeben mögten Seine
unveränderligkeit in der freundschafft muß Ihnen noch mehr bekant
sein alß Ihrer
Ergebnen Dienerin
Sapho«
91. Die märchen, daß der dichter der kriegalieder wirklich ein ge-
meiner soldat gewesen sei, spukten bis in unser jahrhundert fort, vgl.
Troehle, Friedrich der große3 s. 59, Suuers neudruck p. VI. Die ant-
wort von Uz an die Karschin lautet nach einer abschrift Gleims fol-
gendermaßen :
„Vortrefliche Sapho,
Nach Herrn Moses sind Sie in meinen Augen die wunderbarste Er-
scheinung auf dem Horizont der deutschen Litteratur. Sie erscheinen
als eine feurige Dichterin zu einer Zeit, da das deutsche Genie sinckt.
da die großen Männer, die auf der Nachwelt Lob Anspruch machen
können sich a,llgemach verliohren , und unsinnigen Schwätzern, oder
frostigen seichten Köpfen Platz machen. Erwarten Sie nicht, daß ich
Ihre feuerreichen Verse mit Versen beantworte. Ehmals würde ich es
gewiß gethan haben. Ich würde versucht haben, ob ich Ihr schmeichel-
haftes Lob mit wahrem Lobe zu erwiedern vermöchte. Aber meine
Zeit ist vorbey. Der Uott, der mit allen seinen Musen Sie begleitet, dieser
Gott hat mich verlaßen. Herr Gleim hätte keine beßere Fürsprecherin
wählen können, als eine Sapho. Aber diese muß mir doch meinen
alten Freund nicht ganz rauben, und wie kan ich mit Überzeugung
wißen, daß er mich noch liebt, wenn er es in vielen Jahren mir nicht
einmahl sagt? Erinnern Sie ihn zuweilen an mich, wenn Sie mit ihm
unter den Lorbeern des Helicons an der hellen Hyppocrene wandeln!
Weisen Sie mich nicht an ihn, mir Ihren Roman zu erzählen! Warum
wollen Sie es nicht selber thun? Er erzählt mir seine Romane nur,
wenn sie einen unglücklichen Ausgang haben. Ich erwarte , wie £ie
den Caracter der griechischen Sapho spielen werden. Aber das ver-
kündige ich Ihnen, ich kenne keine Sapho ohne Liebe, und nicht eine
bloß anakreontische scherzende Liebe, sondern Liebe voll Feuers. Diesen
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Caracter haben der Griechin Lieder, und diesen suche ich in Ihren sa-
phischen Gesängen. Erlauben Sie meinem Gleim, sein Versprechen zu
erfüllen, und mir einige von ihren Liedern dieser Art mitzutheilen.
Aber aus denen, die den gesuchten Caracter am lebhaftesten ausdrücken,
muß er mir kein Geheimniß machen , sie werden die gerechte Hoch-
achtung noch größer machen, mit welcher ich schon bin,
Ihr Bewunderer
Anspach Uz."
den 12»2? Dec: 1761.
02. Die antwort der Karschin auf Uzens brief folgt unten. Ihre ode
,,Sohn Cytherens, kleiner weltbezwinjjer" (Sapho an Amor) steht in den
Auserlesenen gedienten, Berlin 1764, s. 252. Ueber andere arkadische
decknamen aus ihrem freu ndesk reise vgl. Pröhle a. a. o. s. 643. — Von
Bodmers Iliasübersetzung erschien der 4. und 6. gesang einzeln 1760
vgl. Bächtold, Geschichte der deutschen literatur in der Schweiz s. 679.
— Den text zu einer zweiten pnssionscantate hatte die prinzessin Amalia
zuerst Ramler übertragen, vgl. meine dissertation s. 41. Ueber Lucas
Friedrich Langcmack vgl. ebda. s. 11 und die Sonntagsbeilage nr. 15
zur Vossischen zeitung von 1895. Ramlers ßatteux erschien in zweiter
verbesserter aufläge bei Reich in Leipzig 1762 — 63 in 4 bänden.
Der zweite brief der Karschin an Uz lautet nach dem original im
Gleimarchiv folgendermaßen:
.Sie Fürtrefflicher Freund meines schäzbahrsten , Sie müßen mich
nicht beschuldigen daß ich Ihnen Ein Herz rauben wolltte, worauff Sie
die altisten ansprüche haben, danken sollen Sie mir wegen der auffmun-
terung, zu lange geschwiegen scheute sich Ihr Gleim mit Seinem U/. zu
reden, fragen Sie Ihn selbst ob ich auffgehört habe Ihm zu sagen daß
Kr dieses Verdrüßlicho Stillesein brechen solltte, wär ich eher die Glück-
liehst« im reiche der Freundschafft geworden, so würden Sie auch eher
Gehört haben daß sein Gedanke Tausendmahl Seinen Uz rieff, 0 Er
kan diese fürchterliche Leere in der Geschichte Eurer Freundschafft
nicht ansehen ohne sich selbst Eignen Verweiß zuzumurmeln, aber Sie
Vcrzeyen Ihm, und Seine Sapho dankt Ihrer Bereitwilligkeit zum Ver-
zeyen, ich bekenne daß Ihm mein herz schwerer Verzeyen würde wenn
Er acht ganze Jahrszeiten vorüber gehen ließe ohne mir Einmahl von
seiner Unveränderlichkeit zu sagen , Konntten Sie Seine harrtnäkige
Stille so lange ertragen ; ich würde Troz derselben Ihn auffgefordert
haben; Glauben Sie mir mein Herz ist Eins Von den Wunderlichsten
Geschöpfen, und liebt auff Eine unüberwindliche weise Ein so Guttes
Wesen alB daß Gleimische Herz ist, und dennoch ist diese Liebe keine
der Griechin meiner Vorgängerin, Ich habe meinen liebsten Freund ge-
behten Ihnen die Gluthvollesten untter meinen Gesängen außzusuchen,
fürchten Sie keine abänderung, Was die Wellt lesen soll daß Wird den
äugen Eines Freundes unverstekt bleiben , Sie Werden sich diese Zärt-
liche ganz für daß feine der Emptinduug Gemachte Seele denken, aber
506
ich bitte, keine andre als die Vollkonienste Platonische Liebe denken
Sie sich, diese bekenn ich, diese wird Ihnen mein Tyrsis bekennen, und
so ist es, Kh kan Ihnen keinen Roman erzählen, die Menge der Sapbi-
schen und seh äffer Lieder werden mein Geschichtschreiber sein , Sie
blieben alle unbeantwortet, und Ich werde Ihre ganze Bewundrung ver-
dienen, nimmer liebte die Mytilenische Sängerin den Phaon mit sol-
cher Geduld, und bo rein, und so Ober alles in der Wellt alfS Gleim
geliebt wird von
Ihrer
Magdeburg den 14 Jenner ganz Ergebnen
1762 Freundin
Sapho*
93. Der gedruckte subscriptionsplan für die gediente der Karschi u
befindet sich nicht bei Gleims briefen an Uz.
94. Ramlers „Ode an die feinde des königes. Den 24 jenner 1760."
[4 bl.] 4°, mit einer medaille auf Friedrich den großen. — Der friede
mit Rußland wurde am 5. mai 1762 geschlossen. — Shakespear Theatra-
lische werke. Aus dem englischen übersezt von herrn Wieland. Zürich
1762—66, in acht bänden.
95. Johann Georg Sulzers Allgemeine theorie der schönen künste.
nach alphabetischer Ordnung, Leipzig 1771 — 74, in zwei bänden. —
Die probe von Ramlers Horazübersetzung und „die beyden gedichtgen"
von Gleim liegen nicht bei den briefen; Ramlers Oden aus dem Horaz
erschienen erst 1769 in Berlin. — Amazonen Iieder. Leipzig 1760, von
Christian Felix Weisse, vgl. Minor, Weisse s. 61 ff. Vgl. ferner Sulzer an
Gleim, 20. III. 762 (Briefe der Schweizer s. 353) : „Wenn Sie der Verfasser
der Amazonenlieder sind , so mache ich Ihrem Genie die allertiefste
Verbeugung. Ich sehe sie für das non plus ultra in dieser Art an.'
Ramler an Gleim, 21. III. 1762 (ungedruckt): »Herr Bachmann ist hier,
ein Verlobter mit der Tochter des geh. Raths Buchholz. Er hat Ama
zonenlieder für mich mitgebracht , die ich aber noch nicht erhalten
habe. Der junge Herr Sack ist itzt auch hier. Dieser hat mir die
Amazonenlieder zuerst angepriesen. Sehen Sie, liebster Freund, wie
schnell Sie Proselyten machen! Nun wird ganz Deutschland Ihnen
nachsingen wollen , recht so wie ehemals." Gleim an Ramler, 30. V.
1762 (ungedruckt): „Die AmazonenLieder haben sie nun ohne Zweifel
gelesen. Ganz Magdeburg erschallete davon! Herr Weiß soll der Ver-
faßer seyn ; sie haben sehr viel schönes, mein Ramler aber wird schon
zu tadeln finden, und ich wollte wohl, daß er mir den Tadel sagte;
ich würde dann sehen, ob ich gegen die, die nichts auszusetzen fanden,
recht gehabt hätte.*
96. Ueber den dichter Eberhard Friedrich freiherrn von Geramingec
vgl. Goedeke J IV, 59, Allg. deutsche biographie8, 557, und oben zu nr.84
97. Luise Adelgunde Victorie Gottsched, geb. Kulmus, starb am
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26. juni 1762, „lange vor tler Zeit und doch von der Zeit längst über-
holt", vgl. Schienther, Frau Gottsched, Berlin 1886, s. 76.
98. Ueber Moritz August von Thümmel vgl. Goedeke SIV, 211 und
Allg. deutsche biographie 38,171. Sein Sinngedicht „Auf die frau Kar-
achin" ist im Göttinger musenalmanach für 1770 s. 184 und in C. II.
Schmids Anthologie der Deutschen I, 235 abgedruckt.
99. Unter den aubscribenten uuf die Auserlesenen gedichte von A.
L. Karschin, Berlin 1764, befindet sich die erbprinzessin und der prinz
Franz Friedrich Anton von Sachsen- Coburg mit je einem exemplar. —
Kreuzzüge des philologen. II AN. o. O. 1762 und Essais a la mosaique.
o. 0. 1762 von Johann Georg Hamann, „dem Magna im norden", vgl.
Goedeke MV, 267 f.
100. Ueber die patronin der Karschin, frau Oberstleutnant von
Reichmann in Magdeburg, vgl. W. Kawerau, Aus Magdeburgs Vergangen-
heit (Halle 1886) s. 8. — Zu Klops tocks besuch in Quedlinburg von
1762 — 64 vgl. Muncker, Klopstock s. 343. — Ueber den hüttenraann
Johann Andreas Gramer in Blankenburg (1710 — 77) vgl. Allg. deutsche
biographie 4, 549. — Der „Stubenberg1* liegt bei Gernrode am Harz. —
Johann Nicolaus Meinharde Versuche über den charakter und die werke
der besten italienischen dichter, Braunschweig 1763—64, in zwei bän-
den, denen 1774 ein dritter von Jagemann bearbeitet folgte, vgl. Goe-
deke * IV, 158.
101. Ueber Klopstocks liebesverhältniß zu „Done", Luise Sidonic
Wilhelmine Elisabeth Diedricb, vgl. Muncker, Klopstock s. 344. — Ueber
Sulzers schweizerreise vgl. sein „Tagebuch einer in den jähren 1775 und
1776 gethanen reise" , Leipzig 1780. — Ueber Spalrlings portrait von
Rode vgl. Körte, Gleims leben s. 440. — Christian Ludwig von Hage-
dorn, Betrachtungen über die mahlerey, Leipzig 1762.
102. Der friede von Hubertusburg wurde am 15. februar 1763 ge-
schlossen. Friedrich der große enttäuschte die Hoffnungen Berlins auf
einen feierlichen einzug, indem er am 30. märz abends durch ein an-
deres thor einfuhr, vgl. Kamlers ode „Der triumph" (Oden, Berliu 1767,
s. 80) und den brief der Karschin an Gleims nichte, Berlin 30.— 31. III. 1763
(Pröble s. 696). Ueber Ramlers ode vgl. den folgenden brief. — Ueber
Zachariä's neue pränumerationsausgabe seiner gedichte vgl. Zimmer-
mann, Zachariä in Braunschweig (Wolfenbüttel 1896) s. 166. — Die Pe-
triade kenne ich nicht. — Ueber die oper in Berlin 1768 vgl. Brach-
vogel I, 178.
108. Ueber die Gesänge bey gelegenheit der feyerlichkeiten Berlins
von der Karschin vgl. den 105. brief. — Ode auf die Wiederkunft des
küniges Berlin, den 30 inarz 1763 von Karl Wilhelm Ramler [4 bl.] 4°;
seine gesammelten oden erschienen erst 1767 in Berlin.
104- Gleim war im juli 1763 acht tage in Berlin. — Ueber seinen bru-
der Matthias Lebrecht Caspar, oberamtmann zu Berge bei Nauen, vgl.
oben zu nr. 79.
508
105. Gesänge j bey Gelegenheit | der Feierlichkeiten Berlins ( von
Anna Louisa Karschin. [vignette.] Berlin, 1763. | Bey George Ludewig
Winter. [19 bl.J 4°, neun auch einzeln ausgegebene, aber beiGoedeke1
IV, 125 nebst vielen anderen nicht verzeichnete gedrehte enthaltend.
Gleim tadelte ihren „Bittgesang an Apollo" am 19. november 1762 in
einem briefe , den Proehle in der Zeitschrift für preußische geschiebte
12, 689 abgedruckt hat. Ueber ihren aufenthalt in Potsdam bei Seyd-
litz schreibt sie am 30. juli 1763 , ebda. s. 698. — Den anfang des
freilich recht schwachen friedensliedes des grenadiers hat Sauer in
den Deutschen litteraturdenkmalen 4 p. XXXIV übersehen. — Gleims
„eigene lieder'* über dio er Uzens urteil einholt , sind nachdichtungen
des Anacreon, die svls „Sieben kleine gedichte, nach Anacreons manier,
Berlin 1764", [23 s.] 8° und als „Lieder nach dem Anakreon von dem
Verfasser des Versuchs in scherzhaften Hedem. Berlin und Braun-
schweig, 1766" [96 s.J8° erschienen ; mit diesem briefe übersendet Gleim
außer dem auf s. 339 citirten „An herrn Meil den Zeichner4' noch fol-
gende fünf lieder auf einer beilage von 4 octavblättern :
An die musen. Nach der 48^ ode. (Was hängt die leyer des Homer)
Amor. Nach der 61^ ode. (Amor ist sein lied)
Die taube. Nach der 9ten ode, (Der dichter. | Was hast du für
geschafte)
An die schönen. Nach der 67. ode. (Welch ein anger, o ihr
schönen)
Nach der 22^" ode. (Komm, o mein Uz, und setze)
Ueber Friedrich von Küpken vgl. Goedeke a IV, 378 , über Johann
Samuel Patzke ebda. s. 53 und W. Kawerau, Aus Magdeburgs Vergangen-
heit, Halle 1886. — Ueber den auagang von Klopstocks liebesgeschichte.
Doncs Verlobung mit dem braunsebweigischen hauptmann GTeorg Phi-
lipp Christian von König, vgl. Muncker, Klopstock s. 346. Gleim schreibt
am 9. VIH. 1763 an Kamler (ungedruckt): „Ich erwarte meinen liehen
KlopBtock heute bey mir. Kr hat mich im Junius nach Magdeburg be-
gleitet, acht Tage ist er bey Bachmann gewesen, ich hofle er soll nun
auch acht Tage bey mir seyn. Wer kan ihn beßer trösten als ich V
Denn es hat
Erfahrung peinlich ihn verbrant
Sein Mädchen ist ihm ungetreu geworden — 0 die abscheulichen Mäd-
chen!" — Ueber Heinrich Wilhelm Bachmann vgl. H. Holstein in der
Zeitschrift für preußische geschiente 19, 433—457. — Von seiner Berliner
reise im juli 1763 berichtet Gleim am 22. juli an Ramler, der damals in
Pommern bei seinem bruder weilte, in einem ungedruckten ausführlichen
briefe, der voll von klagen über Sulzer ist. Es heißt darin : „Ganz un-
philosophisch, stolz, ja bey nahe närrisch kam er mir vor, und von
vielen hörte ich Klagen über ihn führen, die mich überzeugten, daß er
mir nicht allein so vorkam. Unser Meil verklagte ihn sehr bey mir.
[Folgen dctails über die Karschinausgabe.] Vorher erzählte er, daß der
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König eine Ritteracademie stiften wolte , daß er zwölf Hoffmeister
suchte, oder Aufseher und Lehrer zugleich, von welchen jeder 400 fyr.
haben sollte — Wir sprachen viel davon , aber er Heß sich keinen
Ramler, keinen einzigen von unsern Freunden, die etwa in Betrachtung
kommen könten , dabey einfallen; ich fragte: sollen sie alle zwölfe
Schweizer seyn? und schlug seinen Landsmann [Lavater] vor, der ein-
mahl zu mir sagte : Wenn ich noch länger die Ehre begehrte, bey ihnen
zu seyn, so wäre ich ein Narr. Die Unzufriedenheit über seine hiebey
an den Tag gelegte unrichtige Oesinnung war Schuld , daß ich die
Wahrheit vielleicht etwas zu gerade heraus sagte. Ich reiste über
Potsdam zurück, in der Absicht, Beguelin, Quintus, Alembert p zu spre-
chen ; im Thor begegnete ich dem König der nach Charlottenburg
gieng und in seinem Gefolge waren alle die ich sprechen wolte. Zu
Berlin sprach ich von meinem Ramler sehr viel mit dem jungen H. von
Beauaobre; es ist eine Schande sagt ich, daß so ein Mann fast ver-
hungern muß pp ich sagte dem Franzosen die deutscheste Warheit;
aber dieser Franzose ist der einzige von allen die ich kenne, der den
Deutschen Gerechtigkeit wiederfahren läßt.'4
106. Ueber Uzens alkäische klagen und geistliche lieder vgl. oben
s. 285 f. — Die ode, welche anfangt „Die kriege Friederichs" ist „An
herrn canonicus Gleim" gerichtet, Sauer nr. 68, vgl. oben s. 275. —
Ueber Klopstocks lünfactiges trauerspiel Salomo vgl. Muncker, Klop-
stock s. 347 ff.
107. Ueber Klopstocks zehntägigen besuch in Halberstadt ende au-
gust 1763 vgl. meine Götzbriefe s. 52. Seine jüngste Schwester Char-
lotte Victoria nahm Klopstock 1764 mit nach Dänemark (Muncker s. 361).
Ueber Gleims nichte Sophie Dorothea Gleim, die „Gleminde44 de« Hui -
berstädtischen dichterkreises, vgl. Gleira-Heinse I, 236. — Gleims nach-
richt über das glück der Karschin war unbegründet (vgl. Pröhle in der
Zeitschrift für preußische geschichte 12, 701). Auch Ramler schreibt
an Gleim 31. VIII. 1763 (ungedruckt) : „Von der Mad. K. habe ich sa-
gen hören, daß sie den König gesprochen und von ihm die Versiche-
rung erhalten habe , daß er für sie sorgen wolle. Einige sagen von
einer Pension die sie bereits erhalten hätte, 200 fy- jährlich , und von
einem Hause und Garten in Charlottenburg, welches sie sich abzu-
bitten die Dreistigkeit gehabt. Ich werde mich freuen , wenn sie so
versorgt ist, daß sie nicht mehr nötliig hat, Leberreime zu machen, und
aus den Tassen zu poetisiren, sondern gut zu wirtschaften anfängt und
keinem mehr mit allzuvielem Ueberlaufen beschwerlich fallt. Ich
fürchte mich ein wenig für ihren ersten Besuch [nach seiner rückkehr
aus Pommernj. Ich bin ihr nicht allein auf ein Paket Poesieen Ant-
wort schuldig geblieben , sondern ich fürchte mich auch für die große
Ruhmredigkeit etc.'4
108. UeberGleims anacreontische nachahmungen vgl. zum 105. briefe.
— Zu Uzens geistlichen Hedem (wahrscheinlich „An die sonne44, Sauer
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iir. 81 und „Gott im frübling", nr. 92) vgl. Sauers einleitung p. LXY.
— Den Versuch über die kunst stets fröhlich zu seyn, Leipzig 1760,
hatte Mendelssohn in den Litteraturbriefen VIII, 211—281 scharf beur-
theilt ,vgl. Sauer p. LXVII.
109. Dieser brief kreuzte sich mit dem vorigen. — Ramler meldet
an Gleim 31. VIII. 1763 (ungedruckt) : „Endlich schreibe ich Ihnen wieder
einmal aus Berlin, mein allerliebster Freund. Meine Freyheit von Amts
geschafften, die Veränderung der Luft und des Umgangs haben mich
endlich so gut wieder hergestellt, als ich vielleicht jemals gewesen
bin. Nun lebe ich wieder wie ein Eingeborener des Pomerlandes ohne
ängstliche Wahl in Speise und Trank, zufrieden mit der Burgerwelt,
obgleich so fern von ihr, als ich immer seyn kann.-- - Nun liebster
Gleim, laßen Sie uns einmal wieder von Ihren eigenen Arbeiten ernst-
lich reden. Ich werde morgen, vielleicht noch heute, den HErrn Meil
besuchen. Vermnthlich werden Sie mit diesem äußerlichen Mitarbeiter
der neuen Ausgabe etwas gesprochen haben. Wenn Zachariä mit sei-
nem Werke diese Michaelis Meße herausrucken wird, dann laßen Sie
uns ui)6er neues ankündigen. Todt arbeiten sollen Sie sich aber nicht!
Ich liebe die Faulheit jetzt über alle maßen, sie macht vortrefflich ge-
sund. - - - Dem wahren schönen Geist, unserm Uz, der, wie wir, auch
andre neben sich bewundert sehen kann, meine Empfehlung!'4 — Ueber
Meinhards versuche vgl. zu nr. 100
110. Ueber Uzens beförderung zum assessor des kaiserlichen land-
gerichts, auf Verwendung des regierungspräsidenten freiherrn von Wech-
mar, vgl. Petzet s. 19. — Ueber Eberts briefweclisel mit Uz vgl. zu nr. 58.
— Ueber das „Neujaorsgeschenk für die schönen" sagt Körte in einer
handschriftlichen anmerkung zu seinem auszuge: „Eine Borlocke, von
einem Zoll Höhe und 7» Zoll Breite, von Herrn Nicolai. Ausführliches
davon sehe man in : Ramlers Leben, in der Prachtausgabe vou dessen
Werken, Berlin 1801, in 4^, im zweyten Theile pag. 320."
112. Die „beygehenden kleinen gedichte* sind „Sieben kleine gedieht«
nach Anacreons manier, Berlin 1764." [23 s.] 8°., vgl. zu nr. 105. — Der
brief von Götz an Gleim ist undatirt, ende januar 1764 geschrieben und
in meinen Götzbriefen s. 55 — 61 gedruckt. — Ueber den Breitkopf 'sehen
nachdruck von 1763 vgl. Sauers einleitung p. XX. — Ramlers „Ode an
die Muse. Berlin, den 18. Jenner, 1764.« [4 bl.] 4".
113. Gleim schreibt an Ramler, 30. V. 1764, aus Halberstadt (unge
druckt) : „Zu Leipzig hab ich Herrn Weiß, Herrn Rabener, und Herrn Ni-
colai gesprochen. Geliert war verreiset. Die Absicht meiner Reise war.
den Herrn von Hagedorn zu Leipzig anzutreffen und wenn ich ihn nicht
fände , nach Dresden zu gehen. Aber anfangs machte man Hofnung
er würde noch kommen, und seine Freunde Herr Oeser und Rabener
meinten, zu Dresden würden wir, ich und ßachmann , ihm nicht will-
kommen seyn weil er izt mit Einrichtung der neuen Mahleracadeuiie
allzu beschäftigt wäre. Unsere Zeit ging darüber hin, und ich reiste.
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verdrießlich daß ich mich hatte abhalten laßen , meine Reise nach
Dresden fortzusetzen, hieher zurück. Zwölftausend jährliche Renten
sind dem Herrn von Hagedorn angewiesen, von welchen er zum besten
der Mahleracademie disponieren kan. Ist das nicht fürtreflich?" —
Uz schickte eine probe seiner geistlichen gedichte schon mit nr. 108. —
Georg Joachim Zollikofer (1730 — 88) gab heraus: „Neues gesangbuch
oder sammlung der besten geistlichen lieder und gesange zum ge-
brauche bei dem öffentlichen gottesdienste* , Leipzig 1766, mit Unter-
stützung Weisses, vgl. Minor s. 51. — Fingal, Ein heldengedicht in
sechs büchern, von Ossian. Von Albrecht Wittenberg. Hamburg und
Leipzig, 1764 ; vgl. Goedeke ' IV, 106 und Ehrmann, Die bardische )y-
rik im 18. jahrhundert, Halle 1892. — Die übrigen kleinen dingerchen,
die Gleim übersendet, sind : Petrarchische gedichte, Berlin 1764. [32 s ] 8°
Gespräche mit der deutschen muse, Berlin 1764. [11 s ] 4° und Lob
des landlebens, Berlin 1764. [13 s.] 8°. — Ueber die neue „ Kriegs-
schule* vgl. zum 105. briefe. — Ueber G. A. Junckers „Nouveaux
principes de la langue allcraande«, Paris 1762, vgl. Süpfle, Geschichte
des deutschen kultureinflusses auf Frankreich l, 116. — C. F. Weis
se's Beytrag zum deutschen theater, tbeil III, Leipzig 1764, enthält
Krispus, Die befreiung von Theben und Der misstrauische gegen sich
selbst.
114. „Doris im garten" in Gleims Petrarchischen gedichten, Berlin
1764, s. 20—23, vorher in den Fabeln, Berlin 1756, s. 45. — lieber
Klopstocks aufenthalt in Deutschland vgl. den folgenden brief.
115- Gleim an Ramler, 5. VIII. 1764 (ungedruckt): „Wie plötzlich
liebster Freund, bin ich vom höchsten Grade der Gesundheit herab in
die tödtlichste Krankheit verfallen ! Gestern vor 14 Tagen bekatu ich ein
heftiges Tertianfieber, P*iroxisiuus von 10. 12. 14 Stunden hab ich aus-
gestanden, in welchem ich bestandig mit Tod und Leben gerungen, un-
beschreibliche Kopf und Glieder Schmerzen ! Der Pulsschlag in einer
Minute 196 mahl, stellen sie sich die Hitze vor!* — Ueber Weisses
neue trauerspiele vgl. zum 113 briefe; über Moritz August von Thfim-
mels „Willhelinine, oder der vermählte pedant Ein prosaisches comi-
sches gedieht*, o. O., 1761, vgl. Herrigs archiv 77, 10 und Rosenbaums
neudruck in den Deutschen litteraturdenkmalen heft 48. — Ueber
Klopstocks liebesgeschichte vgl. den 105. brief. — Johann Jacob Dusch.
Briefe zur bildung des geschmacks an einen jungen herrn vom stände.
Leipzig und Breslau 1764—73, in 6 teilen. — Gerstenbergs „Tändeleyen*
zuerst Leipzig 1759. — Ueber Ramlers ausgäbe von Götzens gedichten
vgl. Deutsche litteraturdenkmale 42, IV ff. und meine GöUbriefe s 57 tf.
116. An Grötzner schreibt Uz am 30. august 1764 (Henneberger
s. 109): „Voltaire hat Contes de Guillaume Vade* herausgegeben. Man
erkennt ihn, wenngleich der Nähme nicht auf dem Titel steht, an dem
lebhaften Witz und an dem herrschenden Ksprit d'irreligion , der alle
seine letztern Schriften zu seiner Schande bezeichnet * — Ueber den
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Verfasser des „Aretin" vgl. s. 357. — üeber Ramlers Ode an die muse
vgl. s. 347.
117. Der geheimsecretär Lösch gehörte zu Uzens freundeskreise in
Ansbach, vgl. Petzet s. 22.
118. Ueber Dietrich Ernst freiherr Spiegel von Pickelsheim vgl.
Allg. deutsche biographie 35, 159. — Das kriegslied aus einer alten
anweisung zur dichtkunst kann ich nicht nachweisen; Daniel Georg
Morhof, Unterricht von der deutschen spräche und poesie, zuerst Kiel
1682; Klotzens Tyrtausausgabe erschien 1764 in Bremen, 1767 in Alten-
burg — Ueber Thümmels .Wilhelmine* vgl. den 115 brief. — Corte« von
F. W. Zachariä, erster band, Braunschweig 1766 , blieb unvollendet —
Das erste buch seiner fabeln sandte Gleim an fang September 1764 auch
an Kam ler, vgl. den 121. brief. — Ueber Johann Heinrich Rolle vgl. Ka-
werau , Aus Magdeburgs Vergangenheit, Halle 1886, s. 177—274.
119. Uz über die neue ausgäbe der „Kunst stets fröhlich zu sein*
oben s. 343. — Der 11. bis 15. gesang des Messias erschien mit der
abhandlung Vom deutschen hexameter erst 1768 in Kopenhagen. — Ge-
dichte der Karschin an den herzog Friedrich August von Braunschweig-
Oels hat Burkhardt in Schnorre archiv II, 501 veröffentlicht.
120. Ueber Gleims neffen, den lehnssecretar W. Gleim, vgl. Gleim-
Heinse 1, 246.
121. Gleim war von mitte januar bis anfangapril 1765 in Berlin ; die
acten über seine entzweiung mit Ramler denke ich demnächst an an-
derer stelle zu veröffentlichen. — Wielands Sympathien erschienen 1756,
seine Comischen erzählungen 1765 o. O. — Thomas Abbt: Vom Ver-
dienste, Berlin 1765. — Ueber Meinhard vgl. den 100. brief; Michael
Huber: Choix de poesies allemandes, Paris 1766 in 4 bänden, vgl.
Süptle, Geschichte des deutschen cultureinflusses auf Frankreich I, 18t.
122. Lyrische und andere gedichte von J. P. Uz. Vierte aufläge.
Leipzig bei Breitkopf, 1765. Ueber den streit von Uzens Verlegern vgl.
Sauer p. LXVII.
123. In seinen streit mit Ramler hat Gleim erst später mehrere
seiner freunde , so den Leipziger professor poeseos Johann Georg Eck,
eingeweiht; dennoch drang die künde davon bald in das gelehrte pu-
blicum, vgl. Herrigs archiv 77, 15 f., Koch Geiger's Zeitschrift für vergl.
litterat Urgeschichte, neue folge, 4, 105. — Ramler übersandte seine
critik der Gleimschen fabeln, die leider nicht erhalten ist, in den
ersten tagen des october 1764. — Das .Gespräch mit der taube4 steht
in Gleims »Liedern nach dem Anacreon", die 1767 von Telemann und
1775 von Rolle componirt wurden, vgl. Körte, Gleims leben s. 501. —
Ueber Lessinga geplante ausgäbe des Anacreon ist sonst nichts über-
liefert. — Auch mit Spalding zerfiel Gleim im jähre 1771, vgl. Gleim-
Heinse I, 221 und unten zu nr. 160. — Die besseren vorschlage, die Gleim
für den verlag der Uzischen gedichte machen wollte, bezogen sich wohl
auf die geplante «typographische gesellschaft", vgl. zu nr. 126.
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124. Mit diesem briefe Obersendet Gleim seine „Lieder nach dem
Anakreon von dem Verfasser des versuch» in scherzhaften liedern", Berlin
und Braunschweig, 1766; vgl. zum 105. briefe. — Ramlers Lieder der Deut-
schen, Berlin bey 6. L. Winter 1766. Ueber die Verfasser vgl. meine dis-
sertation s. 72 ff. — Lessinga Laokoon erschien 1766 bei Voß in Berlin.
125. Ueber die neue ausgäbe der Poetischen werke von J. P. Uz.
Leipzig 1768, vgl. den 132. brief.
126. Abbt starb am 3. november 1766, Meinhard am 15. juni 1767.
— Der blöde schäfer. Ein dramatisches gedieht. Zyrich 1767, heraus-
gegeben von Salomon Gessner. — Ueber die hofdame der fürstin von
Anhalt-Bernburg merkt Körte in seinem auszuge an: „Da9 Fräulein
von Davier, erzogen von der Fürstin Elisabeth zu Zerbst, der Mutter
der großen Kaiserin Catbarina.* — Das gut Langenstein zwischen Hal-
berstadt und Blankenburg ging aus dem besitz des prinzen Heinrich
von Preußen in den der marquise Branconi Aber. — Gleims „Lieder-
chen* sind «Neue lieder. Von dem Verfasser der lieder nach dem
Anakreon. Berlin, 1767. In verlag der typographischen gesellschaft."
[64 s.] 8°. — Ueber „die typographische geaellschaft* vgl. Holstein,
H. W. Bachmann und die typographische geaellschaft in Berlin , Zeit-
schrift für preußische geschieht« 19, 423—457 und Danzel-Guhrauer,
Lessing * II, 655. — Herder: „Ueber die neuere deutsche litteratur.
Erste und zwote Sammlung von fragmenten", o. 0. 1767.
127. Herders lob in den Fragmenten II, 338, Suphan I, 330. — Jo-
hann Georg Jacobi wurde auch von Zachariä aufgefordert, Meinhards
versuche fortzusetzen, vgl. den von mir im Braunschweigischen ma-
gazin 1898 nr. 20 mitgeteilten brief Zacharias vom 4. V. 1768. — Ja-
cobis «Romanzen aus dem spanischen des Gongora übersetzt*, Halle 1767.
128. Ueber Gleims beziehungen zu J. G. Jacobi vgl. Martin, Un-
gedruckte briefe von und an J. G. Jacobi, Strassburg 1874, 8. 5 flf. —
Der in den briefen aus den vierziger jähren oft genannte Georg Frie-
drich Meier starb als professor der philosophie in Halle am 21. juni
1777. Ueber Christian August Clodius vgl. Goedeke* III, 375 ; seine
Versuche aus der literatur und moral erschienen in 4 stücken zu Leip-
zig 1767. — Der Bremer beitrager Nicolaus Dietrich Giseke starb am
23. februar 1765 als Superintendent in Sondershausen. — Schulze, Ober-
bürgermeister von Neuhaidensieben, vgl. das bei Goedeke fehlende ge-
dieht Gleims „Dem Oberbürgermeister Schulze zu Neu-Hallensleben.
Den 21ten septemb. 1769." o. 0. [2 bl.] 8°. — Das pröbehen von Ja-
cobis art zu dichten vgl. auf s. 377. — Klotzens schrift „Ueber den
nutzen und gebrauch der alten geschnittenen steine und ihrer ab-
drücke*, Altenburg 1768, wurde bekanntlich die veranlassung zu seinem
streit mit Lessing. — Friedrich Just Riedel : Theorie der schönen kQnste
und Wissenschaften. Erster theil , Jena 1767 ; Denkmahl des herrn J.
N.Meinhard, Jena 1767. — Recueil de romances historiques, tendres et
burlesque8, tant anciennes que modernes , avec les airs notes. Par M.
0 1 ei n-Ut, Briefwechsel.
5U
D. L ** [de Lusse] o. 0. 1767. 8*. Eine samlung Romanzen der Dent-
schen gab erst Hirscbfeld in 2 banden, Leipzig 1774-78, heraas. —
Leber prinz Heinrich and die deutsche litteratar vgl. Sonntagsbeilage
zur Vossischen zeitung 1896 nr. 4—6. - üeber die compositionen zu
Gleims Hedem nach dem Anakreon Tgl. zum 123. briefe. — Eine sam-
lung von briefen der Karschin ist nicht erschienen. — Ramlers Lieder
der Deutschen worden in Klotzens Deutscher bibliothek der schönen
Wissenschaften I, 1, 27—50 von Dtsch. (Riedel?, vgl Seufferts viertel-
jahrsschrift IV, 191) and in den Neuen hällischen gelehrten zeitnngen
I, 538 von Jacobi (vgl. Proehle, Zeitschrift für preußische geschiente
18, 499) scharf angegriffen. — Ueber Caroline Schulze als Julia in
Weisses' .Romeo und Julia" vgl. Herrigs archiv 77, 31. 38 und Bieder-
mann, Goethe forschungen, neue folge (Leipzig 1886), s. 193. — J. G.
Jacobis gedichte ,Die Vestale" und »Das gewitter* sind zuerst gedruckt
in den briefen von herrn Johann Georg Jacobi. Berlin 1768, s. 74. 94.
129. Gersten bergs urteil über Ramlers Lieder der Deutschen im 20*
der Briefe über merk Würdigkeiten der litteratur, vgl. Deutsche littera-
turdenkmale 30, p LXI. — Lessing's Hamburgische dramaturgie be-
handelt gleich im ersten stück Cronegk's trauerspiel .Olinth und So-
phronia«, vgl. Lacbmann-Muncker IX, 185, im 22. stücke Hippels lost-
spiel «Der mann nach der uhr.'
130. Jacobis verabrief an üz, im original nicht erhalten, ist abge-
druckt in den Briefen von herrn Johann Georg Jacobi. Berlin 1768,
s. 61-70.
181. Denkmahl des heim Jobann Nicolaus Meinhard an den herrn
Geheimrath Klotz von Friedrich Just Riedel. Jena, bey Christian Hen-
rich Cuno 1768. [72 s.J 8°. — Zwei briefe von Uz in den Briefen deut-
scher gelehrten an - - ♦ Klotz , hsg. von J. J. A. v. Hagen , Halle 1773,
II, 186-189.
132. Ueber l'zens portrait vgl. ferner den 135. 136. und 155. brief
und Petzet s. 25. — Briefe von den Herren Gleim und Jacobi. Berlin
1768. [VIII, 366 s., 1 bl] 8°; vgl. Weinhold, Boie s. 18. — Bodmers
Archiv der schweizerischen kritick von der mitte des jahrhunderts bis
auf gegenwartige zeiten. Erstes bändchen. Zürich 1768 , vgl. Bach-
told, anmerkungen s. 193.
133- Ueber Jacobis canonicat in Halberstadt, vgl. Martin, Unge-
druckte briefe von und an J. G. Jacobi, s. 7.
134. Bodiner verspottete die briefe Gleims und Jacobis in dem sa-
tirischen schriftchen «Von den grazien des kleinen. In der Schweiz.
1769. * [22 s.]t vgl. Bächtold s. 661.
135. Gleim besuchte Lauchstädt, das modebad des jahrhunderts,
alljährlich seit 1766, vgl. oben s. 374. — Ueber Anton Graff vgl. Allg.
deutsche biographie 9, 565. — Jacobis gedieht ,An den herrn canonicus
Gleim von .Jacobi. Halle, den Oten August 1768/ [14 s.] 8°., fehlt bei
Uoedeke5 IV, 257. - Ueber Wielands angeblichen brief an Uz vgl.
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8. 385. 399; sein neuestes gedieht ist Musarion, oder die philosophio
der grazien. Ein gedieht, in drey büchern. Leipzig 1768.
136. Ueber Wielands spätere bezieh ungen zu Uz vgl. Sauers ein-
leitung. p. LX.
137. Seine bekanntschaft mit Knebel schildert Gleim selbst im fol-
genden briefe, vgl. ferner Jaro Pawel, Gleim der freund und der dich-
ter der Jugend, Wien 1894, s. 33-40. — Ueber die beaprechung von Bod-
raers Calliope (Zürich 1767) im 15. bis 20. stück der Lindauer ausführ-
lichen und kritischen nachrichten 1767 —69 vgl. Bächtold, anmerkungen
s. 192. — Ueber Jacobis bekämpfung von Youngs „ Nachtgedanken * vgl.
Barnstorff, Youngs nachtgedanken und ihr einfluü auf die deutsche litte-
ratur, Bamberg 1895, s. 81. - Gleima Oden nach dem Horatz, Berlin 1769.
138. Ueber R. M. van Goens, professor in Utrecht, vgl. Gleim-Heinse
I, 196, Goethes briefe (Weimarische ausgäbe) 10, 406. — Christian To-
bias Damm, rector am kölnischen gymnasium in Berlin, Basilius Faber,
rector in Erfurt, und Johann Leonhard Frisch, rector am grauen kloster
in Berlin, drei berühmte philologen, vgl. Allg. deutsche biographie 4,
718-6, 488. 8, 43. - Ueber Herders streit mit Klotz vgl. den folgen-
den brief. — Ueber den Neuhaldenslebener bürgermeister Schulze vgl.
zu nr. 128, über Michael Denis und Johann Gottlieb Willamov: GoedekelV,
109. 103, über Johann Lorenz Benzler: Jacobs in der Zeitschrift des
Harz Vereins 27, 1—90. — Gleim war in Berlin im Juni 1769; er schreibt
von dort am 10. VI. an Jacobi (Martin s. 51), am 12. VI. an Scheffner
(ungedruckt). — Ueber Knebels Potsdamer freund, den lieutenant v.
Byern, vgl. Düntzer, Zur deutschen litcratur und geschiente (Nürnberg
1858), I, 52. 63; über den gunzen Potsdamer dichterkreis das Morgen-
blatt 1830 s. 289, Knebels literar. nachlaß I p. XV. Preuß, Friedrich
der große III, 151.326. — Die 23. der „Oden nach dem Horatz* (s. 69)
»An die göttin der liebe" stand schon in den „Briefen von den herren
Gleim und Jacobi« s. 305. — Gleims „Sinngedichte, als manuscript für
freunde. Zu Berlin 1769." [64 s.] 8°. — Wielands brief an Gleim, Er-
furt, den 2. october 1769 , ist gedruckt in den Ausgewählten briefen
von C. M. Wieland, Zürich 1815, II, 327. - Musarion ou la Philoso-
phie des graces. Poeme en trois chant« trad. de l'alleinand par Mr.
Jean-Juste R* [Röthe, Roehde?]. o. O. [Lausanne] 1769. — Wielands
„Selim und Selima" (in seinen Erzählungen, Tübingen 1752, s. 100)
übersetzt von Cl. Jos. Dorat, Leipzig et Paris 1768, vgl. Goedeke J IV,
197. — Daß Lessing im october 1769 in Braunschweig war, um über
das Wolfenbüttler bibliothecariat zu verhandeln , wußte Gleim durch
Ebert, vgl. Braunsen weigiset es magazin 1895 s. 27. — In Gleims ge-
diente „An den herrn canonicus Jacobi, als ein criticus wünschte, daß
er aus seinen Gedichten den Amor herauslassen möchte. Zu Berlin im
may 1769« heißt es s. 12 vom Amor:
Vor welchen sich kein Jesuit, - - -
Kein Kaunitz und kein Bernis hütet!
33*
516
139. Ueber Herders «Kritische wälder. Oder betrachtungen , die
Wissenschaft und kunst des schönen betreffend." Erstes bis drittes
Wäldchen, 1769 und seinen streit mit Klotz vgl. Hayna, Herder 1, 230 ff.
— Petrarcas Laura hat Uz besungen in seinem liede „Laura", Sauer
nr. 77. — Ueber Julius Carl Schlaeger in Gotha, numismatiker und
bibliothekar (1706- 1786) Tgl. AUg. deutsche biographie 31,327.
140. Gleims gedieht auf Petrarca's Laura fehlt bei den briefen. —
Von Calau sind mehrere portraits „gemalt mit oel und wachs" in
Gleims freundschaftstempel, vgl. Körte s. 442 ff. — Jacobis gedieht
„Das lied der grazien, dem geburtstage des herrn canonicus Gleim
gewidmet. Halberstadt, den 2ten Aprill 1770". [8 s] 8° fehlt bei
Goedeke* IV, 258; über sein Vorspiel „Elysium", das am 18. 1. 1770
in Hannover aufgeführt wurde, vgl. Martin s. 9. — Ueber Jacobis streit
mit Gerstenberg vgl. Proehle in der Zeitschrift für preußische geschiente
18,538 und meine nachtrage in Seufferts viertel jahrschrift 4, 188. —
Wielands IcoxpaTKjc uatvojisvoc, oder die dialogen des Diogenes von
Sinope, Leipzig 1770; seine Beyträge zur geheimen geschieht« des
menschlichen Verstandes und herzens, Leipzig 1770, sind gegen „Hans
Jacob", d. h. gegen Jean Jacques Rousseau gerichtet
141. Ueber Nicolai's Berlocken vgl. zum 110. briefe. — Johann
Georg Jacobis sämmtliche werke erschienen in drei teilen Halberstadt
1770—74. — Ueber Herders Kritische wälder vgl. zum 139. briefe.
142. Gleim war mit Johann Georg Jacobi im november und de-
cember 1770 in Berlin, vgl. Gleim-Heinse I, 10. 221. — Horazens See-
fahrer: oden I, 14. — Gleims „Alexis nnd Elise. Drey gesänge", Berlin
1771. — Die grazien, Leipzig 1770, preisen Gleim und Jacobi als
„Dichter der grazien" vgl. Gruber, Wielands leben (1837), 2, 620.
Seinen besuch in Halberstadt führte Wieland erst im mai 1775 aus,
vgl. Gleim-Heinse I, 258. Der neue Amadis. Ein comisches gedieht
in achtzehn gesängen, Leipzig 1771. — Der erste der beiden jüngeren
künstler in Halberstadt ist Klamer Eberhard Karl Schmidt, der 1769
Fröhliche gedichte , 1772 Vermischte gedichte und phantasien nach
Petrarka's manier herausgab, vgl. den 144. brjef; der zweite ist nach
s. 399 C. F. Sangerhausen. — An das publikum von Johann Georg
Jacobi, Halberstadt 1771.
148. Ueber das bildniß der Laura vgl. brief 139—141. — Ueber
die nachricht von einer ausgäbe der sämmtlicben werke Gleims , die
auf Pränumeration gedruckt werden sollten, aber nicht erschienen
sind, vgl Gleim-Heinse I, 225. Ueber Zachariä's Pränumeration oben
zu nr. 102 und 109. — Briefe in versen von Christoph Friederich Sanger-
hausen. Halberstadt, 1771. — Uzens brief an Riedel ist nicht bekannt,
vgl. oben s. 385.
144. Gl eim übersendet seine Lieder für das Volk, Halberstadt 1772.
Der goldne Spiegel , oder die könige von Scheschian , eine wahre ge-
schiente. Leipzig 1772. — Wieland an Gleim, 18. april 1772 (Ausge-
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wählte briefe III, 117): „0 Hagedorn! oUiz! wo seyd ihr? Was würdet
ihr sagen, was sagt ihr diesen Augenblik zu den Zeiten, in die Gleims
Abend und Wielands Nachmittag gefallen ist!" (nach dem original im
Gleimarcbiv). — Uzens freund, dem Gleim die Laura zu danken hatte,
ist der hofkammerrat Hirsch. — Ueber Klamer Schmidts Phantasien
vgl. den 142. brief. —
145« Gleims scbiitzling, Johann Benjamin Michaelis, seit 1771 in
Halberstadt, wo er bereits am 30. September 1772 starb, übersandte
an Uz seine auf Pränumeration herausgegebnen , .Poetischen briefe",
von denen der erste (Die gräber der dichter) an Gleim, der vierte
(Unsre bestimmung) an dz gerichtet ist. Uz antwortete in folgenden
ungedruckten briefen, die sich im Gleimarchiv (manuscript 13) befinden:
Mein tbeuerster Herr,
Ihr gedruckter Brief, die Ausgabe einiger neüer Gedichte betr.
ist mit den 3^p dieses erst zugekommen. So sehr ich wünsche, auch
meines Orts diese Ausgabe zu befördern, da ich Sie schon längst hoch-
schätze, so fest ist gleichwohl bey mir beschloßen, mich mit den Prä-
numerations-Sachen nicht mehr abzugeben. Inzwischen hat HE. Hof-
Cammer- Rath Hirsch, mein Frefind und auch Ihrer Muse besonderer
Freünd, der jungen aufblühenden Genies gerne forthilft, sich erbotten,
dieses Geschäft zu übernehmen. Er überschickt hiebey Einen Louisd'or,
und Sie werden die allenfallsige Quittung, wie auch künftig von Zeit
zu Zeit die Exemplarien bloß an Ihn zu übermachen belieben. Von
Ihm erhalte ich auch mein Exemplar. Empfehlen Sie mich unserm
liebenswürdigen Gleim, und bleiben auch Sie mein Freünd. Ich bin mit
wahrer Hochachtung
Ihr
gehorsamster
Uz.
Mein theuerster Herr.
Ich danke Ihnen mit aufrichtiger Hochachtung, daß Sie Ihrer schö-
nen Epistel von unserer Bestimmung meinen Nahmen vorsetzen wollen.
Es ist mir wahre Ehre, von einem Michaelis geachtet zu werden,
auf den Deutschland , als auf einen seiner besten und noch viel ver-
sprechenden Dichter, sieht. Die Ausführung Ihres schweren Thema
ist wohl gerathen und genugthuend; die Schilderung unser« Freündes
entzückend und diesem vortrefflichen Manne rühmlich. Die Schreibart,
den Anfang ausgenommen, hat mehr Leichtigkeit, als einige der vorigen
Episteln. Ein Freünd von Gleim und Wieland darf in seiner Schreibart
nicht gekünstelt und dunkel seyn. Verzeihen Sie meine Bemerkung,
die bloß ein Wunsch, Ihnen die härtern Erinnerungen der Öffentlichen
Kritik zu ersparen, mir abgezwungen hat.
Ich sehe Ihrer neüen Epistel mit Verlangen entgegen. Herr Hof«
CammerRath Hirsch empfiehlt sich Ihnen aufs beste, und schreibt bloß
M8
aus der Ursache nicht, weil er Sie mit einem leeren Briefe nicht be-
senwehren mag.
Ich bin mit wahrer Hochachtung
146. Gleima „Trauerbrief4' über den tod von Michaelis ist nicht
erhalten; vgl. Keine gedichte darüber in den von C. II. Schmid herausgege-
benen Poetischen werken von Michaeli*, Giesen 1780, p. LIII f. — Uetar
Uzens Horazübersetzung (Die werke des Horaz, nus dem lateinischen
übersetzt. Drei theile. Anspach, Posch, 1773 — 75) mit Junckheim und
Hirsch vgl. Sauers einlcitung p. LXXI tf. Das Goethe- und Schill* r-
archiv besitzt eine unvollständige Übersetzung Uzens von oden III, 29
(,,Uer du von Tyrrheniens Königin abstammest, Macen") aus älterer
zeit. — Das erste quartalsheft den Teut sehen merkur erschien ostern 1773
147. Das neue von Gleims muse, womit er seine freunde überraschen
wollte, Rind die Gedichte nach den Minnesingern, Herlin 1773, zum
besten der beiden Schwestern von J. B. Michaelis gedruckt. — Der
erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand von Braunscnweig war chef des in
Halberstadt garnisonirenden infanterie-regiments.
148. Halladat oder das rothe buch. 1774. Hamburg, gedruckt
bey Bode. Die von Gleims citirten verse „Wenn unter deinen Hrüdern
einer ist" stehen auf e. 75 in der neunten iure des zweiten buche. —
Uebcr Klopstocks reise nach Karlsruhe zum markgrafen Karl Friedrich
von Baden im September 1774 vgl. Muncker, Klopstock s. 467; über
die subscription auf seine „deutsche Gelehrtenrcpublik" (Hamburg 1774;
ebda. s. 443. — Die einzige freundin der musen in Ansbach war nach
s. 406 die Irau obermarschallin v. Altenslein — Ueber den dichter
Eberhard Friedrich und den gesandten, freiherrn v. Gemmingen vgl.
zum 84. briefe. — Ueber Gleims zusammentreffen mit Iiamler bei
C. F. Weisse im juli 1774 vgl. Minor, Weisse s. 324. Ueber Ramlera
Lyrische bluhmenlesc (Leipzig 1774) und das einzige darin aufge-
nommene Gleimsche gedieht „Der Greis" (buch V nr. 61) spricht sich
Gleim auch Heinse gegenüber entrüstet aus, vgl. Gleim-Heinse I, 205.
258. — Ueber Wielands besuch in Halberstadt vom 11. bis 23. mai
1775 vgl. Gleim-Heinse I, 253, Böttiger, Literarische zustände und Zeit-
genossen I, 242, Herrigs archiv 69, 20.
149. Wielands anzeige von Gleims Halladat im Teutschen merkur
1775, jnni, b. 281—285, vgl. Körte, Gleims leben s. 521.
150. Ueber die Leipziger Bibliothek der schönen Wissenschaften,
vgl. Minor, Weisse s. 298 ff.
151. Ueber Ernst Samuel Jacob Borchward, der am 10. juli 1776
in Berlin starb, vgl. Allg. deutsche biograpliie III, 156 und oben s. 126.
— Ueber Gleims reise nach Magdeburg und Berlin im juui 1776 vgl.
Ihr
Anspach
den 23. May 1772.
aufrichtiger Freund
und Diener
Uz
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Gloim-Heinse II, 39. — Hier die einzige er wäbnung Goethes in unserni
briefwecbsel ! — Ueber Johann Georg Jacobi's Iris , die seit october
1774 erschien, vgl. Gocdeke* IV, 258.
152. Die neue romanze, die Gleim mit nr. 151 uberschickt hatte,
ist : Das schöne weibchen. Kleine romanze. Zwanzig exemplare für
freunde. 1776.
158. Der von Gleim erwähnte graf von Platen ist der vater des
dichters, der markgräflieb Ansbacbiscbe oberforstmeister August Philipp
graf von Platen-Hallermünde, der von Hannover aus, wo er in mili-
tärischer Stellung war, nach Ansbach übersiedelte; vgl. den 46 .Jahres-
bericht des historischen Vereins für Mittelfranken s. 2. — Der Übersetzer
von Cervantes, Die drangsale des Persiles und der 8igismunda, 1782,
ist Friedrich Julius Heinrich reichsgraf von Soden, vgl. Goedeke2 V,
260. — Ueber Gleims kriegeslieder von 1778/7J vgl. Goedeke* IV, 41 ;
es fehlen dort folgende drucke: Kriegs-Gesetz der Preussen und der
Sachsen. Berlin und Dresden 1778. [16 s ] 8° und Das Preußische Krieges-
fest. Von einem Grenadier. Berlin, 1778. Gedruckt bey G. Z. Winters
Wittwe. [8 s. und 7 s. melodien] 8°. — Ueber Gleims Lieder der liebe.
177a o. 0. [24 s.] 8° vgl. Goedeke2 IV, 759. — Gedichte nach Walter
von der Vogelweide. 1779. o- 0. [56 s.] 8°, „dem vater Bodmer ge-
widmet". — Das rothe buch. Dritter theil. o. 0. u. J. [40 s.] 8°. —
Unter den zahlreichen nachdrucken von Gleims werken ist auch folgender :
„Sämmtliche Schriften des herrn F. W. Gleims. Theil I— IX. Neue und
verbesserte aufläge. 1779." o. 0. — Preußische kriegslieder in den feld-
zügen 1756. und 1757. von einem grenadier. Mit neuen melodien. Berlin,
1778. Ueber den componisten Johann Heinrich Rolle vgl. W. Kawerau,
Aus Magdeburgs Vergangenheit, Halle 1886, s. 177 (F. — Klamer Schmidts
Komische und humoristische dichtungen erschienen erst 1802 in Berlin;
der Halberstädtische almanach ist nicht zu stände gekommen. — Die
beilage an Bodmer, die Uz mit einem briefe weiterbeförderte (vgl. s. 414),
war ein ezemplar der ihm gewidmeten „Gedichte nach Walter von der
Vogel weide", vgl. Briefe der Schweizer s. 451.
154. Ueber Uzens sorge für die briefe seiner freunde vgl. den 177.
brief. — Uzens mutter Elisabeth, geb. Reisenleiter, war demnach im
jähre 1691 geboren; über seine ihn überlebende Schwester vgl. den an-
hang. — Ueber J. G. Jacobi's weiteres Schicksal vgl. zum 163. briefe.
— Uzens brief an Bodmer vom 7. januar 1780 vgl. Sauer p. LXI und
Dombart , 46. jahresbericht des historischen Vereins für Mittelfranken
s. 13.
155. Ueber Uzens portrait vgl. den folgenden brief. — Ueber den
inaler Eich (1716—78) vgl. Gleitn-Heinse II, 106 und Körte, Gleims
leben s. 451; über Heinse den folgenden brief. — Ueber Gottlob Na-
thanael Fischer, rector des Martinenms zu Halberstadt, vgl. Allg.
deutsche biographie 7, 68. — Johannes von Müller, der große geschichts-
schreiber , besuchte Gleim im September 1780 auf seiner reise nach
520
Berlin, vgl. Briefe zwischen Gleim, Heinse und J. v. Muller, Zürich
1806, II, 8.
156. Uzens portrait, „gemalt 1780, von J. M. Schwabede" befindet
sich noch jetzt im Gleimhause zu Halberstadt, vgl. Körte, Gleims leben
8. 439. BauBes stich ist wiederholt vor C. F. Weisses Prachtausgabe
der sftmrutlichen werke von Uz (Wien 1804) und vor Petzet's biographie. —
Ueber Beinsea besuch bei Uz im juli 1772 vgl. Gleim-Heinse I, 85. — Bod-
mers antwort an Uz von ende januar 1780 bat Dombartim 46. Jahresbericht
des historischen Vereins für Mittel franken 8. 14 f. nach dem Halberstädter
original veröffentlicht. — „Hirzel an Gleim Ober Sulzer, den Welt-
weisen" erschien 1779 in Zürich.
157. Ueber die bearbeitung des Ansbachischen gesangbuchs durch
Junckheim und Uz vgl. Petzet s. 80 ff., Sauer s. LXXIII. — Anakreons
lieder. Aus dem griechischen, von Johann Friederich Degen. Ansbach,
1782. — Götz starb am 4. november 1781, Lessing am 15. februar 1781.
— Ueber Johann Heinrich Wasers hinrichtung am 27. mai 1780 (vgl.
Allg. deutsche biographie 41,222) hat Gleim wichtige nach richten ge-
sammelt und an Scblözer gesandt, der sie in seinem Briefwechsel ab-
druckte. — Leasings feind „Götz" ist natürlich der Hamburger baupt-
pastor Johann Melchior Goeze.
158. Der Almanach der Bellettristen und Bellettriatinnen für«
Jahr 1782. Ulietea [Berlin] ist von Joachim Christoph Friedrich Schulz,
vgl. Goedeke2 IV, 354. — Ueber die herausgäbe von J. N. Götzens ge-
dienten durch seinen söhn Gottlieb Christian und Ramler vgl. Deutsche
litteraturdenkmale 42, XI.
159. Leonhard Meister: Ueber Bodmern, nebst Fragmenten aus seinen
Briefen. Zürich, 1783. — Ueber Herders besuch bei Gleim im mai 1788
vgl. Haym II, 188.
160. Das original des zu nr. 156 erwähnten b rief es von Bodiner
an üz ist im Gleimarchive verblieben. — Gleim zog sich durch die her-
ausgäbe der Briefe von herrn Spalding an herrn Gleim, Frankfurt und
Leipzig 1771, vielen verdruß zu, vgl. Gleim-Heinse I, 221. — Herder:
„Vom Geist der ebrai sehen Poesie" Dessau 1782—83.
161. Episteln, von J. W. L. Gleim. Originalausgabe. Leipzig 1785.
— Gleims lieblingsbruder Mathias Leberecht Caspar, preußischer oberamt-
mann zu Berge bei Nauen, starb am 21. december 1783, vgl. Gleim-
Heinse II, 232. — Heisegespräch des königs im Jahre 1779 . . . vom
Verfasser der preußischen kriegeslieder am geburUtage des landesvaters
im jabr 1784. Halberstadt.
162. Poetische briefe [von Klamer Eberhard Karl Schmidt], Dessau
1782.
163. Daß Uz mit Junckheim an einer kirchenagenda arbeite ver-
neint er selbst im folgenden briefe. — Johann Georg Jacobi ward 1784
als der erste protestant an die Universität Freiburg berufen, vgl. Gleim-
Heinse II, 234. — Ueber Heinrich Wilhelm von Stamford vgl. Proehle,
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521
Allg. deutsche biograpbie 35,424. — Ramlers „Lyrische Bluhmenlese"
buch VI— IX erschien 1778, seine «Fabellese* 1783 in Leipzig bei Reich ;
über die herausgäbe der Götzischen gediente (Mannheim 1785) vgl.
Deutsche litteraturdenkmale 42, XI f.
164. Joh. Georg Meusel, Das gelehrte Teutschland oder lexikon
der jetzt lebenden deutschen Schriftsteller, 5. aufläge, Lemgo 1796 ff.
165. Ueber Gleims audienz bei Friedrich dem großen am 22. de-
cember 1785 vgl. Körte s. 220; über den hut des königs, den ihm der
herzog Friedrich August von Braunschweig-Oels schenkte , ebda. 222,
233 ; Gleims brief an Friedrich Wilhelm II. und dessen antwort ebda.
228 f. — Der tod des herzogs Leopold von Braunschweig am 27. april
1785 rief eine unzahl von gedichten hervor, vgl. M. Bernays , Zur er-
innerung an herzog Leopold von Braunschweig (Schriften zur kritik
und litteraturgeschichte II, 137).
1C6* Ueber sein Gesprach mit Friedrich dem großen hat Gleim
erst 1795 und nur in einer kurzen versificirten erzäblung berichtet,
vgl. Körte 6. 221. — Friedrich Wilhelm II. verlieh alsbald nach seinem
regierungsan tritt Hamler eine pension von 800 thalern. — Die goldnen
sprüche des Pythagoras. Aus dem griechischen. Nebst einem anbang
von Gleim. Halberstadt 1786. - Herders Zerstreute blätter, I.— VI.
Sammlung, Gotha 1785—97. — Wielands Lucianübersetzung erschien
in 6 bänden 1788-89 in Leipzig.
167« Eine Zusammenstellung von Herders Übersetzungen aus der
griechischen anthologie mit den originalen in der Neuen allg. deutschen
bibliothek 75, 2, 382.
168. Die „Fabeln von Gleim. Original- Ausgabe. Berlin, 1786",
von Benzler herausgegeben (vgl. Gleim-Heinse 2, 181), beginnen mit
einer dedication an den prinzen Friedrich Wilhelm, ältesten söhn des
prinzen von Preußen. — Ueber Ramlers Fabellese vgl. den 163. brief.
170. Ueber Gleims Selbstverlag vgl. Körte, Gleims leben s. 327—332.
— Freudenlied, gesungen im lande der Preussen 1786; Oden von J.
W. L. Gleim 1787. — Ueber den grafen von Castell und seinen hof-
meister Heinrich Stephani vgl. Goethe- Jahrbuch 19, 26. — Gleims
bruder Friedrich Ludwig Lorenz, hofapotheker zu Marburg, starb 1787.
171. Oden von Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Seit dem 4ten
august 1786 ehrenmitglied der königlich preußischen academic der
künste und mechanischen Wissenschaften. Berlin, 1787. Bei Friedrich
Maurer. [8 bl ] 8°. — Uzens antwort an Alxinger vom 12. juni 1787
ist abgedruckt in Hoffmann« v. Fallersleben Findlingen, Leipzig 1860,
heft 3, s. 304. - Ueber Wilhelm Ludwig Wekhrlin's Zeitschrift „Das
graue Ungeheuer", o. O. [Nürnberg] 1784-87, vgl. Goedeke* IV, 332.
— Ueber den capellmeister Johann Gottlieb Naumann vgl. Allg. deut-
sche biographie 23, 306.
172. Vor diesen brief fällt ein schreiben von Uz an C. F. Weigse
vom 7. april 1790, vgl. die ausgäbe seiner Poetischen werke Wien 1804,
522
I, p. VIII. — Ueber Christoph August Tiedge's beziehungen zu Gleim
Tel. Kern, Beiträge xu einer Charakteristik des dichter« Tiedge, Berlin
H>5; Reine Episteln, erster tbeil, erschienen 1796 in Göttingen.
173. Gleim übersendet mit diesem briefe, wie an demselben tage
an Herder (Von nnd an Herder I, 149). die „Zeitgedichte vom alten
Gleim. Als handschrift für freunde. 17V2." o. 0. [64 s.] S*. — Ueber
«eine erste bekanntschaft mit Ui im Rengerschen buchladen zu Halle
vltI. Körte, Gleims leben s. 19. — Der niark^raf Alexander Ton An*-
b ich- Bai reu tu trat 1792 sein land an Preußen ab; über den minister K.
A. von Hardenberg Tgl. xum 180. briefe. — „Dingerlenre" == Philosophie.
174. Benedict Friedrich Haueisen, commerzien-commissarius und
hotbuchbändler in Ansbach, war Verleger Ton Uzens Horazfibersetzung.
175. Ueber MatthLssons heeach in Halberstadt Tgl. seine Schriften,
Zürich 1825, III, 292 ff — Ueber Vossens zehntägigen besuch im mai
1794 vgl. Herbst, J.H. Voss, II. 1, 161. — Ueber Herders achttägigen besuch
im juni 1794 Tgl. H»ym, Herder, II, 589. — Jens Baggesen: Goedeke' VI.
161.— Gleim übersendet seine letzte größere gedichUammlung „Das Hütt-
chen. Halberstadt gedruckt bey Johann Christoph Dölle 1794". [128s.] &•
176. Ueber Herders besuch bei Uz im august 1788 vgl. Hayra II,
399, ferner seine briefe an Knebel vom 21. august 1788 (Knebels Litter.
nacblaG II, 243) und an Gleim vom 4. october 1794 (Von und an
Herder I, 183).
177. In ähnlicher weise lieferte Uz die briefe von Christian Felix
Weisse am 10 februar 1795 an den alten freund zurück, Tgl. die Wiener
anhabe seiner Poetischen werke von 1804, I, p. V und unsere einlei-
tung p. VIII.
178. Der nahe an verwandte Gleims, der Verwahrer seines nachlasse*
werden sollte, ist sein groGneffe Wilhelm Körte, dem Klamer Schmidt
als litterarischer bei rat zur seite gestellt war, vgl. Martin, Quellen
und forschungen II, 89. — Gleims briefwechsel mit Lessing wurde
von Kschrnburg 1794 in Berlin, zugleich als 29. teil von Leasings Sämmt-
lichen schritten, herausgegeben. — Fabeln für das Jahr 1795. Gedruckt
im Februar. 1795 o. 0.; Nesseln auf Gräber. 1795. o. 0. — Das andenken
an den domdeebanten freiherrn Spiegel zum Desenberge (vgl. zu nr. 88)
wurde alljährlich durch eine „Spiegel feier" am 22. mai erneuert, zu
dem zahlreiche gedichte in eiuzeldrucken erschienen.
179. Nach diesem briefe wäre nr. 177 gar nicht oder erst sehr
verspätet in Gleims bände gelangt.
180. Vgl. nr. 178. — Johann Georg Schlosser schied 1794 aus dem
dienste des markgrafen Karl Friedrich von Baden aus und lebte von
august 1794 bis mai 1796 in Ansbach, vgl. Gothein , J. G. Schlosser
als badi>cher beamter, Heidelberg 1899. Ueber seine Übersetzung „Plato's
briefe, nebst einer historischen einleitung und anmerkungen. Königs-
berg, 1795" vgl. Nicolovius, J. G. Schlossers leben und literarisches
wirken, Bonn 1841, s. 248. — Ueber Herders streit mit Friedrich August
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523
Wolf wegen der „Prologomena ad Homerum" des letztern und Herders
aufsatz „Homer ein günstling der zeit" in Sch iiiers Hören vgl. Haym,
Herder II, 596 ff", und Bernays einleitung zu Goethes briefen an F. A. Wolf,
Berlin 1868. — Das Etwas seiner greisen muse ist wohl Gleims „Gesang
am geburtstage des königs - - - Den 25. Sept. 1795". — Terpsichore. Erster
bis dritter thei! , Lübeck 1795—96, die Übersetzung Jacob Baldes ent-
haltend, vgl. Haym , Herder II, 516 ff. — Ueber Karl August fürst
von Hardenberg und seine Stellung in Ansbach vgl. Allg. deutsche
biographie 10, 573.
181. Im „Musen- Almanach fürs Jahr 1796. Herausgegeben von
Johann Heinrich Voß. Haniburg bei Carl Ernst Bobn" steht s. 16 — 18
„Das lied der neun inusen. An Gleim, (den 2. Aprill 1795.)" von
Klamer Schmidt ; gedichte von Gleim selbst enthält der almannch
zwölf. — Das citat aus Hornz oden, üb. I. 31, 17—20. — Uz dankt
für Herders Zusendung der ersten zwei bände der Terpsichore am 2. juni
1795, vgl. Haym II, 400.
Acht wochen nach diesem letzten briefc , am 12. mai 1796, starb
Uz im 76. lebensjahre. Gleim erhielt die erste künde davon durch
Goethes schwager Johann Georg Schlosser, mit dem er seit 1771 in
corresjiondenz stand; dieser war 1794 von Karlsruhe nach Ansbach
übergesiedelt (vgl. oben zu nr. 180) und schrieb von dort folgendes
an Gleim :
«Ansbach den 13 May 96
«Es schmerzt mich sehr, Verehrtester Gleim, daß ich, in dem ersten
Brief den ich Ihnen nach wohl Dreysig Jahren schreibe, Ihnen eine
traurige Nachricht schreiben muß. Utz ist todt. Vorgestern hörte ich
daß er am Dienstag mit einem Schleimfieber befallen worden wäre.
Ich gieng gleich zu ihm und fand ihn schon beynahe todt, wenigstens
ohne Bewustseyn, und Abends um 7. Uhr ist er gestorben. Sein Nähme
als Dichter ist weiter, aber nicht schöner bekant als sein Menschen-
wert. Hier steht er in sehr schönem Huf. Jeder man lobt ihn als einen
gerechten und gelehrten Richter , und als einen sehr guten Menschen.
Es thut mir wehe daß ich seinen Todt hier noch erlebt habe, denn ich
freute mich seiner Bekantschaft und seiner Liebe gegen mich, obgleich
sein Genie und sein Geist schon sehr gedrukt war. — In 4 Tagen reise
ich ab von hier. Warum ist Ihr Halberstadt nicht mehr an meinem
Weg? Oder warum ruft Sie um diese Zeit nichts nach Braunscliweig
oder Hamburg? Ich hoffe den 7. Junius in Braunschw: zu seyn, den
9tcn — 12. in Hamburg. Da wird auch Friz Jakobi seyn! Leben Sic
wohl! Ich weis daß Sie um Utz trauern: Er blühte so lieblich in sei-
nem Frühling, und trug so reichlich Früchte biß in seinen spatesten
Winter. Wohl uns, Liebster Gleim, wenn unsre Freunde auch das an
unserm engen Haus sagen können und fühlen. Immer
Ihr
Schlosser"
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524
Gleim knüpfte alsbald mit Uzens hinterlassener Schwester, von der
in ihren briefon so oft die rede gewesen war, einen brief Wechsel an,
der sein warmes freundschaftliches herz im schönsten lichte erscheinen
läßt. Wir lassen ihn hier als nachklang zu der correspondeni der
beiden freunde folgen.
Gleim an Esther Sophia Uz.
Halberstadt den Slj^ Jul. 1796.
Haben Sie, Schwester meines seeligen Freundes, doch die Güte, von
den Buchern, die mein seeliger Freund am meisten geliebt, gelesen
und in seinen heiligen Händen gehabt hat, seinen Horatz zum Exempel,
einige zum Andenken in meine FamilienBibliothek zu überlaßen!
Setzen Sie die Preise selbst! —
Und wenn etwa diese Bücher verkauft werden , und Verzeichniße
zum Vorschein kommen sollten, so bitt' ich solche mir zu übersenden!
Hier sagt man, das dortige lesende Publicum wolle dem seeligen großen
Mann ein ihm würdiges Monument errichten laßen! Ists wahr?
Ich bin mit großer Hochachtung von der Schwester meines see-
ligen Freundes
der ganz ergebenste
Freund und Diener
der Canonicus Gleim.
Esther Sophia Uz an Gleim.
Eüer Wolgebohrn
Verzeihen gütigst daß Dero geehrtes Schreiben vom 31^ July so
lange unbeantwortet geblieben ist.
Schmerz und Schrecken Über den so schnell — so wider alle Er-
wartung leider plözlich! durch einen Schlag, sehr sanfft erfolgten
Tod meines Beel. Bruders haben mir eine Zeit lang fast alle Faßung
benommen, und die darauf erfolgte Unruhe, Vielerlei Geschaffte und
Zerstreuungen mich kaum zu mir selbst kommen laßen.
Mein unvergeßlicher Bruder hat von seinen ältesten Verehrtesten
Freund zu Halberstadt, von seinen liebsten berühmten Gleim so offt
gesprochen, und so viel Rühmliches gesagt, daß es mir die angenehmste
Pflicht seyn wird, Euer Wolgebohrn Verlangen zu entsprechen und
Ihnen einige Bücher zum Andenken in Dero Familien Bibliothec zu über-
senden . wann ich nur wüste welche davon Sie am liebsten haben
mögten : — indeme mir von denenjenigen sonderheitlich welche mein
seel. Bruder am meisten geliebt und geleßen so vorzüglich eben nicht
bekannt sind, als weniger bekannt ich mit einer Lieblings-Außgabe
des Horaz von selbigen bin.
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525
Er war stets gewohnt, Bich die besten neuen Bücher welche die
Deutsche Litteratur und die wichtigste Ereigniße des Zeitalters betrafleu,
gleich bei ihrer Erscheinung anzuschaffen , und das Leßen Derselben
machte eine seiner liebsten und angenehmsten Erholungen bei seinen
ohnehin Vielen AmtsGeschäfften aus.
Ich habe biß anhero immer gehofft meinem Schreiben sogleich das
Bücher Verzeichniß beilegen zu können (Welche Bücher ich im ganzen
so fort überhaubts zu verkauften gedenke, wann sich ein annehmlicher
Liebhaber woran ich Jedoch bei gegenwärtiger Epoche sehr zweifle,
vorfände) Dieß Verzeichniß ist zwar geferttiget aber noch nicht ins
Reine geschrieben : So bald dieß geschehen werde ich solches ungesäumt
übersenden, und Dero eigenen Auswal überlaßen, was davon anständig
seyn wird.
Was Euer Wolgebohrn in Ansehung des sich Verbreiteten Ge-
rüchts eines meines seel. Bruders zu errichtenden Monumments zu er-
wehnen beliebten , muß ich zur Zeit ganz unberichtiget laßen — be-
kanntlich ist Jener in seinen Leben vorhin schon weit entfernt von allen
Prunck geweßen.
Möchten doch Jene freundschaftlichen Gefühle welche Euer Wol-
gebohrn sich als bleibende Denkmale um meines seel. Bruders erwar-
ben, auch Fortdauer ihres schäzbaren Wolwollens und Gewogenheit
für mich werden.
Ansbach den 17. Nov. 1796. Esther Sophia Uz.
Gleim an Esther Sophia Uz.
Halberstadt den Nov. 1796.
Sie, Schwester meines seeligen Freundes, sind meine Freundin!
Also darf ich die Sprache der Freundschaft mit Ihnen reden!
Also bitt* ich, Freundin! mir zu sagen, ob mein seeliger Freund
so viel als zu Ihrem Wohlseyn nöthig ist, Ihnen hinterlaßen habe?
Hienächst bitt* ich um Nachricht:
Wie viel Sie für den Büchernachlaß meines seeligen Freundes ver-
langen ?
Vielleicht daß in unsrer Gegend ein Liebhaber sich findet; ich
wäre dieser Liebhaber, glaubt ich nicht, daß, weil wir gleiche Lieb-
haberey hatten, ich alle die Bücher, die mein seel. Freund nachgelaßen
hat, schon haben werde.
Senden Sie nur das Verzeichniß , dann werden wir sehn : Senden
Sies bald, ich bin auch alt, was wir thun wollen, müßen wir bald thun.
Ihr
ergebenster Freund und
Diener
Gleim.
526
Esther Sophie üz an Gleim
Euer Hochwohl ffeLohrn
werden, wie ich hoffe, mein gehorsamstes Antwortschreiben vom Monat
Novembr. v. J. erhalten haben. Nach deOen Abgang kam mir aber
ein anderweit geehrtes: er Erlaß von Denenselben zu.
Dieser gab mir d.i* e-b-l-te Gefühl der Freundschaft für meinen
seel. Bruder und för mich, als deßen nachgebliebene einzige Schwester,
in Toller Maße zu entnehmen. Ich erstatte dagegen meinen verbind-
lichsten Dank; zu deßen frühem Darlegung mich aber kränkliche Zu-
fälle, welche das Alter zu begleiten pflegen, und insonderheit im Win-
ter mit der ganzen Schwere aufliegen, gänzlich auOer Stand setzten.
Dein Ewigen aev Preiß gesagt, durch deüen Schickung ich mich
gegenwärtig in solchen Umständen gesetzt befinde, die in meinen alten
Tagen mir Ruhe und Bequemlichkeit gewähren und das tägliche Aus-
kommen mir zu keinem Anliegen machen.
Ich bewohne noch ein — von meinen Aeltern und Großältern er-
erbtes Hauß, das meiner seel. Mutter, Bruder und Schwester, nebst mir,
schon seit 30. Jahren zum Aufenthalt diente. Und das übrige älter-
liche Vermögen wurde bei häußlicher Wirthschaft und der von allein
unnützen Aufwand entferneten Lebensart meines mir unvergeßlichen
Bruders recht gute erhalten.
Was mein seel. Bruder auf Bücher und neue Schafften verwendete,
war eine von ihm hiezu auggesetzte — seinen Einkünften angenießene
Summe, die zu seinem stillen Vergnügen in Erholungsstunden nicht zu
kostbar war, und Andern zum Genuß rauschender Ergözlichkeiten, die
er nie liebte, weit nicht zureichend gewesen wäre.
Über die Büchersammlung meines verewigten Bruders habe, da ich
solche in ganzem verkaufen zu können wünsche, auch dieserwegen be-
reits mit einem Buchhändler zu Erlang in Unterhandlung stehe, zu Er-
sparung des in solchem Fall vergeblichen Aufwandes, keinen Katalog
abdrucken laßen. Über die Anzahl der Bücher in verschiedenen Wißen-
sc haften habe die Ehre einen summarischen Zusammentrag beyzu-
schließen. Ich bescheide mich zwar den Werth dieser Bücher zu er-
mäßigen; jedoch glaube ich, daß eine Sammlung, die auf 5000. fl. zu
stehen kam, von jedem Kauflustigen wenigstens um 1000. Thlr. wohl
anzunehmen seyn dürfte.
Ansbach den 15. April, 1797. Esther Sophia Uz.
Die Büchereammlung bestehet aus
4906. Stücken; nämlich
221. Folianten;
503. Quartanten;
3871. Octav- und
308. Duodez-Bänden.
1) Von Gleims band: .empfangen den 22^ Apr. 1797*
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527
Hierunter sind
566. St. in die Literär- Historie und Bücherkunde.
272. , . , GelehrtenGeschichte und Biographie,
179. B „ , Philologie, Kritik, Alterthümer und neuere Sprachen,
210. » . „ Theorie und Geschichte der schönen Witten schatten,
68. , „ „ Redner und Epistolographen,
88. „ „ „ Griechische und Lateinische Dichter,
259. • • , Italiänische Spanische Französische und Englische
Dichter,
291. , Deutsche Dichter,
239. , Romanen und Satyren,
114. „ in die Schönen Künste,
1052. , , „ Geschichte, nebst den Hülfswißenschaften,
-162. » , „ Philosophie mit Arznei wißenschaft,
197. „ „ , Religion und Theologische Kenntniß,
909. , „ 9 Rechtsgelehrsamkeit nach allen ihren Theilen,
einschlagend
An Di Oertat ionen :
72. Bande.
Gleim an Esther Sophia Uz.
Halberatadt den 23^ Apr. 1797.
Sie haben, würdige Schwester, meines seeligen Freundes, mit ange-
nehmen Nachrichten von Ihnen selbst, und ihren Umständen, mir Freude
gemacht, diesen Morgen empfieng ich Ihr Schreiben vom 15*j^ dieses!
Sie fodern für die nachgelaßenen Bücher des unendlich von mir
hochgeschätzten seel. Herrn Bruders tausend rthlr. ; wäre der Transport
nicht so kostbar, und hätt' ich, wahrscheinlich in meiner eignen Bücher-
aammlung, nicht schon die mehresten dieses Nachlaßes, nicht einen
Augenblick würd' ich, die tausend rthl. zu zahlen mich bedenken — Aus
angeführten beyden Ursachen muß ich nun schon, des mir großen Ver-
gnügens, alle die Bücher, die mein seel. Freund, in der Hand gehabt
hat, als mein Eigenthum zu besitzen, mich begeben; wünsch aber doch
herzlich, einen Theil derselben, nur allenfalls den zehnten, käuflich an
mich bringen zu können. Ohne Zweifel , hoch und wehrtgcachätzte,
haben Sie ein geschriebenes Verzeichniß. Wie? wenn Sie daßelbe für
mich, versteht sich, auf meine Kosten, abschreiben ließen, und etwa
nur die
68 Redner und Epistolographen
88 Griechische und lateinische Dichter
259 Italiänische, spanische, französische und englische Dichter.
Sie würden mich Ihnen unendlich verpflichten.
Aus diesem Verzeichniß könnt1 ich diejenigen Bücher, die ich noch
528
nicht habe, wählen, und wir würden wegen des Preises augenblicklich
einig werden. Sollten Sie aber mit dem Buchhändler zu Erlangen,
schon zu weit sich eingeladen haben, auf diesen Fall bitt ich für bey-
gehende zwey Pistoletten mir einige der Bücher, von welchen Sie wißen.
daß der seel. Herr Bruder vorzüglich sie schätzte, gütigst mit zu über-
laßen; an ihnen hab ich dann doch in meiner Bibliothek, die nach
meinem Tode nicht verkauft wird, Bücher die unser* deutschen Horatx
Eigenthum einst gewesen sind!
Wohnten wir nicht so weit von einander, ich müßte meines seel.
Freundes , ihm bo treu gewesene würdige Dem. Schwester persönlich
noch kennen lernen; weils nicht möglich ist, so sey mir erlaubt ohne
die persönliche Bekanntschaft, Sie, und in Ihr, Ihren seel. Herrn Bruder,
Lebenslang zu verehren, und mit großer Hochachtung zu seyn,
Ihr
ganz ergebenster
Freund und Diener
Gleim.
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529
Register*.
Abbenrode 218.
Abbt, Thomas 363. 371. 375.
Abel 283.
Ablancourt 188.
Abraham 397.
Academie der künste, Berliner, 435.
Academie der Wissenschaften, Ber-
liner, 49. 56. 60. 97. 333. 335.
Achaja 185.
Achilles 186. 304.
Adalie 15.
Adam 257. 283.
Adam, bildhauer, 257.
Addison, Joseph 169. 177. 200. 224.
Adler, rittmeister v. 59. 146.
Aeneaa 71. 103. 230.
Aesop 277.
Agricola 291.
Alardus, Matthias Andreas 193. 197.
Alcaeus 285. 296. 298. 300. 341. 3G0.
Alexander der groGe 103.
Algarotti 132. 155. 172. 193. 197. 201.
Alkalenthur 81.
Almanach der bellettristen (von
J. C. F. Schulz) 419.
Almanach, Halberstädtischer (von
Klamer Schmidt) 411 f. 414.
Almanach, Hamburger Musen-, 445.
Alten9tein, frau obermarschall v.
404. 406.
Altona 26.
Alxinger, Johann Baptist von 436.
Amalia, prinzessin, siehe Preussen.
Amathunt 361.
Amsterdam 104. 161. 212. 214. 251.
304 f. 391 f.
Anacreon 3. 11. 16. 18. 20. 22 f.
39. 41.45.49. 61.63. 74. 76. 86.
90. 100. 102. 106. 109. 116. 119.
124 f. 130 f. 135-137. 141. 144 f.
148 f. 152 f. 158. 163. 166. 168-
177.180-194. 196.214.216. 221.
225. 227. 231. 236. 246. 261. 263.
267. 270. 279 f. 282. 266. 288 f.
299. 315. 334. 337-339. 342-345.
350. 360. 367. 369. 382. 385. 389.
417 f. 420. 424. 444.
Andreae 168.
Ansbach, Alexander markgraf von
69. 409. 420.
Ansbach (Onolzbach) 17. 37. 44 f.
49. 51. 55. 57. 62. 68-70. 78.
88-91.95.109.118. 124. 126 f. 143.
146. 149. 154. 161. 166. 181. 191.
196 f. 203. 209 f. 215 f. 223.
227. 233. 235. 238. 243. 251. 256.
268. 270.275.281.287. 290. 297.
301. 3U4-306. 309. 314. 317. 321.
324. 326. 328 f. 332. 335 f. 343.
-340. 351. 355 f. 362. 365. 370.
374. 378. 380 f. 383. 385. 387.
391 f. 396. 399-401. 406. 408-
* Das register bezieht sich nur auf den text der l.riefe.
ü 1 e i in • U x , Hriefwechsel. 34
530
410. 412—420. 422. 424. 426 f.
430. 432. 435. 438-440. 443. 445.
Antonini 206. 209.
Apelles 274. 3e9.
Apollo 2. 21. 83. 328. 347. 395. 425.
Arcadien 118. 141. 253.
Archiv der schweizerischen kritik
381. 383.
Aretin 354. 357.
Argen«, Jean Baptiste de Boy er,
marquis d' 41. 60. 9$. 293.
Ariitarch 222. 231. 357 f. 363.
Arnaud, Bacalard d' 227. 231.
Arnim, von 292.
Aschersleben, von 388.
Astrua, Giovanna 183.
Athen 171. 185.
Atlas 327.
Augsburg 177.
Augnstus 97. 226. 272. 429.
Avignon 392. 395.
Babylon 317.
Bach, Carl Philipp Emanuel 231.
243. 291. 313.
Bachauniont 143. 291. 353.
Bochmann, Heinrich Wilhelm 319.
321 f. 328. 330. 337. 339 f. 343.
345. 347 f. 351 f. 354. 372. 376.
383.
Baerenburg siehe Bernburg.
Baermann siehe Behrmann.
Baggesen, Jens 439 f.
Baireuth siehe Bayreuth.
Balde, Jacob 444 f.
Ballenntedt 371.
Bar, Georg Ludwig v. 120. 132.
140. 253.
Barbarina 139. 183.
Barden 291. 325. 34 8 400.
Barnes, Josua 102. 109. 135 f. IG*.
182. 1S4.
Bathyll 20. 49. 145. 148. 171. 182.
Batteux, Charles 262. 278. 286. 294.
297. 299. 321. 403. 407.
Baumgarten . Alexander Gottlieb
5. 8. 19. 70. 75 f. 80. 120. 126 f.
Bause 384. 416.
Bautzen 303.
Bauzner , Der , siehe Naumann.
Christian Nicolaus.
Bav 251.
Baxter 136. 16S. 182. 189. 192.
Bayer siehe Beyer.
Bayreuth 49. 68. 96. 113. 140.340
344. 356. 392. 427.
Beausobre, von 340.
Behrmann, Georg 157. 160. 163. 178.
194. 196. 200. 204. 207.
Beitrage zum vergnügen des Ver-
standes und witz.es, Neue (Bre-
mer) 72. 76. 89 f. 93. 97. 108.
111. 120. 125. 130 f. 133 f. 141 f.
152. 155. 168. 201. 203 f. 211.
213. 215 f. 222 f. 248. 280. 302.
Beiträge zur critischen historie der
deutschen spräche (von Gott-
sched) 10. 50. 61.
Bellander siehe Willebrand.
Belustigungen des gemfiths (von
Naumann) 97. 120.
Belustigungen des Verstandes und
witzes (von Schwabe) 8, 14. 16.
26. 45. 47 f. 53 f. 58. 60. 68 f.
72. 77. 80. 89. 109. 113. 133.
142. 175.
Belt 316.
Bemühungen zur befßrderung der
critikund des guten geschmackes
(von Myliua und Cramer) Gl. t\$.
71. 96. 130.
Benda, Georg 248.
Bentz 109.
Benzler, Johann Lorenz 388.
Berg, geh. tribanalsrath von, \9i.
236. 240. 242. 247. 292.
Berg, frau von, geb. gräfin v.
Schlieben, 236. 242.
Bcrgius, hofrath 219.
Berge siehe Klosterberge.
531
Berlin 1 f . 4 f. 7 f. 10. 12. 14. 16.
20. 24 f. 27-30. 32. 34—36.
38—41. 44 _46. 52-55. 59—62.
66. 73-75. 79. 87 f. 90. 92. 97 f.
101 f. 124. 126 f. 139 f. 143.
147 f. 150. 156. 158. 168 f. 169.
177. 183. 188. 196. 198 f. 202.
205. 203 f. 212. 214-216. 219.
-222. 226. 231. 233. 236. 244.
246. 248 f. 252 f. 256 f. 259. 271.
273—275. 281. 291—293. 299. 309.
318. 327. 333-336. 339 f. 343.
346. 349. 357. 361 f. 367 f. 376.
388. 394. 396. 408. 415. 419. 424.
429 f. 436 f.
Berliner Wochenblatt siebe Samm-
lung nützlicher Wahrheiten.
Berloquen siehe Nicolai, Friedrich.
Bernburg 289 f.
Bernburg, fürst und fürstin von,
371.
Bernis, abbe de 388. 390.
Bernstorf, graf 230.
Bertuch, Friedrich Justin 405. 409.
Beverland 144.
Bevern siehe Braunschweig.
Bewunderer, Der (Hamburg) 11.
Beyer, Johann August von 262.
268. 271. 278 f. 283-286. 298 f.
301 f. 804. 315. 319. 331. 367.
Bey trüge siehe Beitraege.
Bibel 307. 317.
Bibliothek, Allgemeine deutsche
(von Nicolai) 394.
Bibliothek, Berlinische (von Oel-
richs) 164.
Bibliothek der schönen Wissen-
schaften (von Nicolai und Weisse)
275. 285 f. 288. 294. 297. 300.
305 f. 309. 314. 343. 373. 380.
392. 407. 431.
Bibliothek, Deutsche (von Klotz)
380. 394.
Bileam 115.
Bielfeld, Jacob Friedrich von 42. 52.
60. 96 f. 100. 108. 111. 115 f. 140.
164.109. 172. 176.178.204—206.
Biroa, von 79.
Blaetter der unsichtbaren gesell-
schaft siehe Gedancken.
Blankenburg 234 f. 242.
Blauroekelius siehe Grimm, Mel-
chior.
Blocksberg siehe Brocken.
Blumberg 1.
Bode, Die 247.
Bodensee 386.
Bodraer, Johann Jacob 25 f. 71—73.
75 f. 81. 93 f. 97. 102. 108. 110.
117. 129 f. 138. 140 f 147. 154.
157 f. 161. 172. 193 f. 197. 200.
204. 206. 209. 214. 220. 224. 243.
261. 264 f. 280. 282 f. 297. 299.
301. 320. 324. 381. 386. 409 f.
412. 414. 417. 420 f. 422 f. 437. 444.
Boehmen 70. 74.
Boehmer, Just Henning 34.
Boileau , Nicolas Despreaux 33.
140. 277.
Borchward , Ernst Samuel Jacob
126. 149 f. 160. 408 f.
Borcke, Caspar Wilhelm von, 7.
11. 97.
Borgia 12.
Bottarelli 49. 61.
Brandenburg 355 f.
Braunschweig 211. 216 f. 219. 223 f.
227 f. 231. 245. 262. 278. 306.
322. 332.
Braunschweig-Bevern , Prinz von
292.
Braunschweig- Wolfenbüttel, Ferdi-
nand von 393 f.
— Friedrich August von 360.
— Karl Wilhelm Ferdinand von
403.
— Leopold von 423.
Breitinger, Johann Jacob 61. 97.
102. 117. 193. 200. 204.
Breitkopf, buchhiindler in Leipzig,
34*
532
268-270. 347. 351. 354. 365. 368.
370.
Bremen 72.
Breslau 54. 59. 61. 304. 326.
Briefe, Freundschaftliche (von Sul-
zer, Gleim u. a.) 95. 102. 117 f.
123. 125. 137. 140. 146. 153 f.
159. 176.
Briefe die neueste literatur betref-
fend 309. 313 f. 348. 353. 355. 372.
Briefe über den zustand der schönen
Wissenschaften (von Nicolai) 285.
294.
Briefe, Schleswigsche, über Merk-
würdigkeiten der literatur 378.
Briefe zur bildung des geschmacks
(von Dusch) 353.
Brieg 79.
Brocken 326 f. 424.
Brockes, Barthold Heinrich 112.
Broestedt, Joh. Christ. 126. 141.
Brucker, Johann Jacob 8.
Buch ohne titel, Das (von J. E.
und J. A. Schlegel) 113. 119.
124. 182.
Buchanan, Georg 445.
Buchholz, geheimrat 840.
Bucholtz, Andreas Heinrich 15.
Bude, Die siehe Bode.
Buechersaal der schönen Wissen-
schaften (von Gottsched) 109.
120. 149. 179. 191. 191.
Byern, lieutenant von 388.
Bylen siehe Beyer, Joh. Aug. von
Cadmus 184. 189. 192.
Caesar , Julius (von Shakespeare)
7. 10.
Callmücken 292.
Calliope (von Bodmer) 3*6.
Candaules (von G. W. Schmid) 287.
Canitz, Friedrich Rudolf freiherr
von 1. 3 f. 6. 9. 36.
Canut 194.
Carien 185.
Carlsruhe 404.
Carznelli 261.
Caro 261.
Carolinum, Co) legi um (in Braun-
schweig) 216.
Cassel 163.
Castell, graf von 435.
Cat, Le 340.
Cato 137.
Cato von ütica (oper von Lam-
precht) 49. 73.
Cato (von Gottsched) 50.
Catull 167. 231. 316. 3o9.
Catullus, Vejontus 161.
Caunitz siehe Kaunitz.
Cervantes 201. 410. 413.
Ceva, Pater 132.
Chapelle, Claude Emmanuel Chuil-
lier-, 143. 291. 353. 375.
Charlottenburg 61. 121. 183. 293. 342.
Chauiieu, Guillaume Amfrye de,
167. 176. 179 f. 201. 353. 360. 379.
Chotemitz 281.
Christ. Johann Friedrich, professor
in Leipzig, 212 f. 267.
— justizrat in Ansbach, 44. 73. 97.
109. 212 f. 226.
Cnurmark 367 f.
Cidli 339.
Circe 209.
Cithera, II congresso di, siehe Alga-
rotti.
Clarissa (von Richardson) 233. 2b7.
269. 271 f. 275. 278. 2bl.
Clodius, Christian August 374. 384.
Coburg 271. 329.
Coburg, Erbprinzessin von 323.
326. 328.
— Franz Friedrich Anton prinz
von 329.
Cochin 261.
Cochois 139.
Codrus siehe Cronegk.
Colberg 316.
Colonia Ubiorum 444.
538
Coli in 281. 284. 300.
Congresso di Cithera, siehe Alga-
rotti.
Contes de Quillaume Vade siehe
Voltaire.
Copenhagen 333. 335. 353.
Corinth 185.
Corneille 154.
Cortes (von Zachariä) 357. 381.
Gramer, Johann Andreas 248.
Cramer, Johann Andreas, bergrath
in Blankenburg 331.
Cröbillon, Prosper Jolyot de 142. 155.
Cr^billon, Claude Prosper Jolyot
de, le Fils 142. 201.
Crito (von Bodraer) 280.
Cronegk, Johann Friedrich von 254.
256. 261. 267. 269. 273. 276. 278.
280. 284. 287 f. 296—298. 300.
302. 312 f. 377 f.
Cruegcr siehe Krueger.
Crusoe, Robinson 103. 105.
Cubach, Michael 79.
Cuestrin 92. 178. 295. 308. 311.
Cythere 171. 175. 184. 186 f. 193.
237. 318. 322.
Dacier, Madame Andre*20. 168. 182.
Daenemark 1. 20. 27. 351. 360. 439.
Daenemark, König Friedrich von
230. 336. 353.
Dahle siehe Thale.
Damm, Christian Tobias 388.
Dämon 36. 93. 117. 142. 215. 377.
Daneil 386.
Dante 332.
Danzig 14. 58. 96.
Daphne 162.
Daphnis 102. 319.
Daun, Leopold Joseph, Graf von
304. 308. 310-312.
David 341.
Degen, Johann Friedrich 417 f.
420. 425.
Dehn, prediger 63.
Denis, Michael 388.
Denstädt, Fanny 295.
Desmahis, Joseph Frederic Edouard
de Corsembleau, 352—355. 357.
360.
Dessau 79-81. 92. 198. 424.
Dessau, fürst von 74. 79. 87. 91.
310. 376.
— fürstin von 376.
Destouches , Philippe Äericault
139.
Deutschland 113. 131. 164. 224. 227.
233. 281. 285 f. 288 f. 294 f. 301.
303. 305. 307. 313. 317. 323 f.
328. 331. 336. 344 f. 318. 351.
373 f. 379 f. 387 f. 391. 402. 409.
411. 419. 428 f.
Diana 85.
Dieck siehe Dyck.
Diederich, kammerdirector 334.
Diederich, madame 249.
Diedrich, Sidonie 333 f. 336. 339.
351. 353. 359 f.
Dieterich, Johann Christian 442.
Dippoldswalde 290.
Dohna, Christoph graf von 291.
298. 304.
Donop, Levin Friedrich von 146. 183.
Don Quixote (siehe Cervantes) 201.
Doolin von Mainz (siehe Alxinger)
436.
Dorat, Claude Joseph 388. 390.
Dorinde 51 f.
Doris 31.36. 57.63. 75. 77. 80. 90.95.
124. 128. 130. 142. 145.231. 234.
350. 352.
Dorset 224. 247.
Dreier siehe Dreyer.
Dresden 24. 71. 96. 132. 155. 172.
187. 290. 348. 371.
Dresdener nachrichten 155.
Dreyer, Johann Matthias 29. 32. 41.
45. 53. 62. 97. 131. 137. 140. 147 f.
157. 163. 222 f.
Drollinger, Carl Friedrich 72.
Druide, Der (von Sacro) 218. 248.
271.
Drusus 403.
DueVieo, graf Ton 153.
Duetseldorf 3*3. 415.
Duncias -'von Pope) 103. IM/. 2<n».
204. 206.
Dan. 77. 80. 102 108. 128. 172.
193. 204. 207.
Dusch, Johann Jacob 244. 294. 297.
290. 353. 422.
Dyck, buchhändler in Leipzig, 349.
351. 354. 365. 3G8. 370. 373. 378.
380 f. 414.
hbert, Johann Arnold 217 f. 224—
226. 228 f. 2?6 f. 245. 249. 251.
332. 315. 403.
Kdelmann, Johann Christian 206.
Eich, maier 414 f.
Eil, preußischer corporal 317.
Eisleben 257.
Elise (siehe Gleim) 397 f.
Elysium 393. 397.
Emden 30. 3*.
Encratiten 273.
England 102. 111. 115. 224. 247.
260. 267 f 309. 324. 329 f. 331 f.
343. 350.
Ephesus 85.
Kpicur 156. 176. 316.
Erich (in Braunschweig) 217 f. 224.
Erlangen 323.
Ermunterungen zum vergnügen
182.
Erzählungen, Neue, verschiedener
Verfasser (von Bodmer u. a.) 201.
215.
Eschenburg, Johann Joachim 442.
Espion, L\ turc (von Franche-
ville) 56.
Esther (von Racine) 141.
Etrees, Marechal d' 284.
Euler, Leonhard 228.
Euripides 261.
Faber, Basilius
Fabriciu*, Caios ^oper. 139.
Faust, Do clor S4. i00.
Favrier 139.
Fechter. Die (von Gleim) 33.
Ferrari ls3.
Filamon 65.
Filinde 65.
Fingal (siehe Ossian; 348. 355 f
Fischer, Gottlob Nuthanael 415 f
424-126. 437. 442.
FI accus siehe Horaz
Flandern 103. 127.
Flateur, Le, siehe Rousseau.
Fleischer, Friedrich Gottlob 278.
Fontenelle, Bernard Le Bouvier de
65. 137. 201.
Formey, Johann Heinrich Samuel
97. 227.
Fragmente siehe Herder.
Francheville 56. 60. 70. 97.
Francmacons trahes et ecrases 141.
Franken 113 f.
Frankfurt a/d. Oder 285. 313.
Frankfurt a. Main 43 f. 56. 62.
217. 322.
Frankreich 127. 172. 224. 230. 260
265. 284 f. 291 f. 299. 309. 320.
340. 354. 375. 377.379. 403.4 59.
Frankreich, Heinrich IV., könig
von, 423.
— Ludwig XIV., könig von 97.
140. 294.
Freund, Der (Wochenschrift v. Cro-
negk) 284. 287.
Freydenker, Der (Wochenschrift v.
Wamberg) 14. 96.
Freymaurer, Der (Wochenschrift) 14.
Frisch, buchhändler 149.
Frisch, Johann Leonhard 388.
Fritsch 11.
Fromme, Johann Friedrich 132.
149. 164.
Fromme, Anna Catharina Magda-
lena Gertrud 292.
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535
Fuchs, Gottlieb 120.
Gaeon, Francois 155. 168.
Gaertner, Carl Christian 97. 217 —
219. 224. 228. 403.
Galenus 83.
Gasser, professor in Hallo, 5.
G ebauer, profesaor in G öttingen, 1 1 .
Gedancken der unsichtbaren gc-
sellschaft( Wochenschrift in Halle)
4. 7. 11. 61. 71.
Gedichte, Zärtliche siehe Klein,
Friedrich.
Gefällige, Der (Wochenschrift in
Halle) 142.
Geistlichen auf dem lande, Die,
siehe Crueger, Johann Christian.
Geliert, Christian Fürchtegott 68.
154. 261. 277. 28C. 433.
Geinmingen , Eberhard Friedrich
freiherr von 304. 306. 326. 404.
Geramingen , freiherr von (ge-
sandter) 304. 306. 404. 406.
Genf 424.
Gerhard, Paul 420.
Germanien 114. 292.
Gerstenberg, Heinrich Wilhelm v.
352—354. 360. 378. 391.
Gesangbuch, Ansbacher 286. 417.
419 f. 426.
- Berliner 417. 419.
- Kieler 419.
-- Preußisches 417.
- Reformirtes (vonZollikofer)348.
Gesellschaft, Typographische 372 f.
375 f. 378. 381. 383.
Gesellschaft, Unsichtbare siehe Ge-
dancken.
Gessner, Salomon 243. 271. 283.
286. 371. 435.
Geyser 381.
Giseke, Nicolaus Dietrich 228. 302.
375.
Glasgow 339.
Glaucha 120. 138.
Gleim , Johann Wilhelm Ludwig
Amt in Halberstadt : 220. 367 f.
306. 408-410. Bibliothek: 246.
289. 418. Briefe: 412. 440 f. Ca-
nonicat : 287. 294 f. Drucke : 433 -
435. Freundschaftstempel : 392 f.
403. 414 f. 439.441. Garten: 371.
Geburtstag: 393. Hüttchen: 439.
Kriegsrathstello in Küstrin: 92.
101 f. Litterarischer nachlaß :
441 f. Portrait: 314. 345.347. 411.
414. 416. Verlobung: 234-243.
245. 248.
— Alexis und Elise 397 f.
— Anacreon-übersetzung 102. 116.
135. 145. 148. 152 f. 163. 168-
172. 174-177. 182. 184-193.
195 f. 199. 214. 221. 225. 263.
267. 288 f. 342. 367.
— Auf Kleists tod 313 f.
— Auf Friedrichs II. tod 428 f.
431.
— Bacchus und Cythere 155.
— Bar, G. L. von, gedieht auf Ha-
gedorn, deutsch 253.
— Berliner critische nachrichten
233.
— Blumen auf gräber 442.
— Briefe, freundschaftliche 95. 102.
117 f. 123. 125. 137. 140. 146.
153 f. 159. 176.
— Briefe, Scherzhafte 126. 137 f.
153 f.
— Briefe von Gleim und Jacobi
381-383. 386. 389.
— Cantate, Anacreontische 169. 175.
203. 206. 329. 331.
— Chronik des siebenjährigen Krie-
ges 239.
— Das hüttchen 439 f.
— Das reeept 75. 78. 80-85. 88.
— Das schöne weibchen 409.
— Das unfehlbare 29.
— Der abt 170.
— Der alte freyer 109. 156 f. 159.
üieim. Johann Wi heim Ludwig:
Der blöde schafer 32 f. 39. 53. 59.
6t f. 75. 75.901^7. 2vö.:J71. 373.
— Der dreiste sebafer 59. 65. 75.
— Der kloge »chäfer 59. 65.
— .Der kayser sagt man* 415 f
— Der neue Jona« 100. 1Ö3-1C5.
— Der ur^ rung des Berlinischen
labyrinths 163. 17-j.
— Der Vermittler 153.
— Die biene und der gärtner 432.
— Die börgerweit 59. 99. 108- 434.
— Die feebter 33.
— Die freyer 143. 152. 157.
— Die goldnen sprüche de« Py-
thagoras 429—431. 433 f.
— Die kranke Laura 14-16. 21.
24.
— Die neue matrone von Ej-hesus
So f. 38.
— l/ie sc bäferwelt 59. 66. 68. 09.
US. 434.
— Die seböne nacht 444 f.
— Die sorgen 142.
Doris im garten 350. 352.
— ,Ein bischof glaubt'- 246.
— , Ein fettgemästeter prälaf 246.
— Einladung mich Herlin 21*. 34.
— Episteln 423-425.
— Erzählungen,Sechgl00.109.121.
— Etwas von der erleuchtung zu
Halberstadt 426 f.
— Fabeln 273 f. 277 f. 280. 284.
256 f. 303. 355. 357 f. 360 f.
362-366. 423. 430-432. 435.
— Fabeln fQr's jähr 1795: 442.
— Freudenlied gesungen im lande
der Preussen 434 f.
— Gebet 123. 127.
— Gedicht an einen jungen ge-
lehrten 143.
— Gedicht Ober den tod des for-
sten FriederichWilhelra 1744 : 72.
— Gedicht über Petrarca'« Laura
393. 395.
Gleim, Jobann Wilhelm Ludwig:
411
— Gespräch mit Friedrich IL 428 f.
431.
— Gespräche mit der deutschen
muse 351.
— Grabschrift 63. 66.
— Grenadierlieder 290 f. 294. 296.
300 - 303. 3<j>5— 314. 317. 321.
324 f. 329. 334. 336. 338. 390.
426. 423.
— Halladat 404-406. 411. 413.
424. 434.
— Horazische oden 94.
— ,Icb lag gefahrlich krank" 246
— ,Ich träumte diese nacht* 24 5 f.
— .Ich will, sprach Silvia* 246.
— «Ihr götter gabt euch jüngst'
\Oi 197
4 W« Atel
— Inhalt der letrten vormittags-
predigt 143. 152. 157.
— ,Ja, Zopilus, es ist dein weib*
244 f.
— Kleinigseiten 94. 244. 263. 426.
— Kriegslieder 284. 288. 290. 294.
296. 300 302 f. 305-311. 314.
317. 324. 329 334. 338. 390. 410 f.
413. 434.
— Lied auf Hymen bei Göhls hoch-
zeit 26 f.
— Lieder, Amsterdam 1749: 212.
214. 221. 251 f. 278.
— Lieder, Zürich 1749: 251 f.
— Lieder der liebe 410 f. 420.
— Lieder für das volk 399 f.
— Lieder nach dem Anacreon 368.
374. 377 f.
— Lyrische gesänge (mit Kleist
und Uz) 108. 119.
— Melodien zu den kriegsliedern
309. 313.
— Melodien zu den Hedem nach
dem Anacreon 367. 374. 377 f.
— Miscellanies (mit Uz) 100.
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537
Gleim, Johann Wilhelm Ludwig:
Monatsschrift 7ü f. 80. 90. 99.
— Nesseln auf gräber 442.
— Neue lieder von dem Verfasser
der lieder nach dem Anacreon
368 f. 371-373. 378.
— Ode als C. L. von Stille in die
ewigkeit gegangen war 236. 238.
298.
— Ode an Pindar, verbessert 142.
— Ode an Uz und Lamprecht 32.
35 f. 38.
— Ode auf die zurückkunft des
königs 115.
— Ode vom graf Philibert 108.
— Ode von den Hebesgöttern 214.
— Ode zum eintritt in die aca-
demie 434 f.
— Oden 119. 434 f.
— Oden nach dem Iloraz 387. 389.
391.
— Opitz, Neudruck von 303 f.
— Reisegespräch des königs Frie-
drich II. 423 f. 428.
— Romanzen 271. 273 f. 278. 280 f.
284. 376 f. 409. 423.
— Sammlung seiner gedichte 343 f.
352. 357. 361. 365—367. 369. 373.
381. 398. 402. 416. 423. 425—427.
432—434.
— Sammlung von briefenl37f.l53f.
— Sammlung von kleinen gedien-
ten (mit Kleist, Ramler und Uz)
247. 341.
— Sammlung von lyrischen ge-
sängen(mitKleistundUz) 108.119.
— Scherzhafte briefe 126. 153 f.
— Scherzhafte lieder 57—59. 61.
63 f. 67. 71 f. 75. 80. 100. 116.
119. 123. 125. 131. 139 f. 146 —
148. 151. 153.159. 164. 198.221.
225. 262 f. 267. 282. 369-371.
— Schutzschrift für Amor 390.
— Sendschreiben an das pflanz-
städtlein zu Herrnhuth 55.
Gleim, Johann Wilhelm Ludwig:
Sieben kleine lieder nach Ana-
creons manier 335.
— Sinngedichte 389. 391. 437 f.
— Trauerspiel 138. 154. 163. 197.
— Trilogie (Der blöde, dreiste und
kluge schäfer) 59. 65.
— Ursula 34 f. 62 f. 66.
— Versuch in ernsthaften gedich-
ten (mit Kleist und Uz) 9'J.
— Vorrede zu Uzens Lyrischen ge-
dienten 208. 211. 214.
— Vorrede zur Berliner Sammlung
nützlicher Wahrheiten 34.
— Werke (Leipziger nachdruck)
411. 416.
— Zeitgedichte fürs jähr 1792:
437 f.
— Zeitgedichte fürs jähr 1794: 442.
Gleims VaterJohann LorenzlGl. 164.
— Mutter Anna Gertrud 161.
— Brüder und Schwestern 441.
— Bruder Daniel Conrad Vollratli
292.
— Bruder Franz Carl Eberhard
292. 435.
— Bruder Friedrich Ludwig Lo-
renz 62. 435.
— Bruder Matthias Leberecht Cas-
par 336. 388. 423. 425.
— Bruder in Berlin 2.
— Bruder in Königshorst 292.
— Schwester Anna Catharina Mag-
dalena Gertrud Fromme 292.
— Schwager JohannFriedrichFrora-
me 132. 149. 164.
— Nichte Sophia Dorothea (Gle-
minde) 342. 393.
— Neffe Wilhelm 361.
— Nichte in Berlin 292.
Glover: Leonidas 134. 310.
Goens, R. M. van 388. 391.
Goethe 408.
Goettingen 26. 141. 206. 244. 299.
398. 442.
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538
Goetz, Johann Nicolaus 2. 4 f. 12
— 14. 16—19. 21. 30. 33. 38 f.
67. 91. 101. 116 f. 124. 135. 138.
144 f. 148 f. 152 154. 16a f. 168 f.
174. 176 f. 180 f. 184. 190. 199 f.
203 f. 306 f. 318. 347. 353—355.
35S. 418 f. 426 f.
— Bruder Cornelius Georg 166. 169.
— Sohn Gottlieb Christian 419.
Goetzin. Frau dr. 18.
Goeze, Johann Melchior 418 f.
Golau siehe Loguu.
Goltz, von der, general 183.
Göhl, buchhändler 27.
Gotha 352. 392. 407. 418.
Gottsched, Johann Christoph 21.
25. 29. 33. 39. 49-51. 53 f. 59.
61. 68 f. 71. 96-98. 102 f. 117 f.
120. 123. 126. 137. 141. 147. 149.
181. 187. 19t. 194. 206.209.243.
283. 286. 294. 380.
Gottsched, Luise Adelgunde Vic-
toria, geb. Kulmus 50, 53. 98.
118. 181. 327.
Graff. Anton 884 f.
Graun, Carl Heinrich 49.61.69.127.
248. 252 f. 256 f. 291. 301. 313.
Gravina 179.
Gray, Johanna (von Wieland) 302.
Grecourt, Jean Baptiste Joseph
Villart de 183.
Greis, Der (Wochenschrift von Patz-
ke) 338.
Gresset, Jean Baptiste Louis de
353. 375. 379. 382.
Griechenland 184. 224 f. 229. 265.
316. 320. 342. 360. 375. 388.
Grimm, Melchior 78.
Groetzner, Johann Peter 273. 301.
303.
Grosse, buchhändler in Halberstadt
406.
Grotius, Hugo 68.
Gruenau 439.
Guenlher 29. 43.
Guichard 340.
Haag 363.
Hagedorn, Friedrich von 4. 7. *29.
32 f. 41. 44. 46. 49. 54. 69-71.
75. 78 f. 86. 90 f. 94 f. 98-100.
102. 107 f. III. 113.119. 122. 135.
140. 144. 146 f. 153—155. 157.
160. 162-164. 166. 170. 174. 176 f.
180 f. 183. 197 f. 205 f. 230. 235.
253. 261. 267. 269. 275. 278. 297.
299. 345. 399. 403. 419.
Hagedorn, Christian Ludwig von
334. 348. 371.
Hagen, kriegsrath von 206.
Halberstadt 92. 198.201. 206.212.
216-218. 223. 229. 232. 235 f.
241. 249. 253. 261. 273. 276. 284 f.
287 f. 289. 294. 296. 299 f. 302.
307. 312 316. 318. 322. 326 f.
330. 336 f. 340 f. 344. 348. 351.
355 f. 358. 362. 368. 371. 374.
379. 381. 384. 388 f. 392 f 396.
398. 402 f. 407—409. 414. 417.
420. 423 f. 425. 427 f. 431. 433.
435-439. 441. 443.
Halle 4 f. 7. 10. 12 f. 16 f. 19. 30 f.
34. 36. 39 f. 42. 70. 75. 88. 91.
124. 130. 142. 144. 177. 180. 182.
20L 257. 305. 312. 348. 374. 385.
395. 414. 437. 444.
Haller, Albrecht von 4. 7. 41. 58.
172. 206. 231 f. 299.
Hamann, Johann Georg 329. 332.
Hamburg 10. 24. 26.39.41.52. 54 f.
115. 117. 137. 157.211. 213 f. 219.
222. 253. 378. 394. 419. 421. 445.
Hamilton 123. 143.
Hannover 7. 362. 393.
Hardenberg, Carl August von 437.
444.
Haren, domherr von 206.
Harlekin 50.
Harvstehude 153.
Harz 247. 331.
A
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539
Hasse, hofineister 194.
Haueisen, buchhändler 406. 4 38. 443.
Hauss, Friedrich von, general, 276 f.
285.
Hausswald 236.
Hechtel, buchhändler 349. 359.
Hein siehe Heyn.
Heinecke, Carl Heinrich 53. 96.
Heinrich der Löwe (von J. K. Schle-
gel) 194.
Heinse, Johann Jacob Wilhelm 415.
417.
Heldengedichte 233. 275. 289.
Helikon 424.
Helmstedt 241. 300. 304-306. 309.
329. 331.
Hempel, maier 244.
Henzi, Samuel 102 f.
Herder, Johann Gottfried 372 f.
388. 391. 396. 410 f. 420. 422 f.
425. 430 f. 439 f. 442. 444 f.
Herder, Caroline 439.
Herkules 184. 824.
Herkules und Valisca siehe Buch-
oltz, A. H.
Hermann siehe Schoenaich und
Wieland.
Herrenhuther, Der (Wochenschrift
von Naumann) 55.
Hess, J. G., pfarrer in Altstatten,
130.
Heyn 204. 206.
Hippel, Theodor G ottlieb von 378.
Hirsch, hof kammerrat h ins Ans-
bach 309. 392 f. 395. 39S. 400.
402. 406. 412 f. 418 f. 425.
— dessen bruder 261. 309.
Hirschfeld 276.
Hirzel, Johann Caspar 138.417. 435.
Hoffmann, buchhändler in Ham-
burg 421.
Holland 376.
Holstein 55. 360.
Homer 24. 71. 139. 192. 205. 261.
320. 374. 439.
Horaz 71. 76. 80 93. 107 f. 110 f.
114. 124. 126. 129. 133 f. 133.
141. 150. 155. 105. 167. 179 f.
191. 195. 200. 243. 215 f. 252 -
254. 260 f. 264 f. 272. 275. 281.
285. 291. 293. 297. 299. 302. 30 1.
306. 315. 319. 321. 323. 325. 327.
313. 347. 353. 364. 368 f. 379.
384. 3S7. 384. 387. 389. 391. 390.
401-407. 424 429. 437. 441 f.
Huber, Michael 363. 384.
Humbert, major von 60.
Hylas 130.
Hymen 162. 218. 375. 388.
llias siehe Homer.
Ipponax 140.
Iris (von J. G. Jacobi) 408.
Ismene 65.
Italien 103. 172. 177. 209. 261 f.
309. 332. 344. 363. 374 f. 387.
401. 440.
ltzenplitz, von 388.
Jacob und Joseph (von Hodmer)224.
Jacobi, Friedrich Heinrich 415.
Jacobi, Johann Georg 374 f. 377
—386. 388 f. 393-398. 408. 414.
426.
Jacobi, Johann Konrad 382. 384.
Jacobiner 441.
Jelpke, J. W. 156.
Jena 78. 206. 226.
Jeremias 341.
Jessaa 132.
Jesus, Puer (von Ceva) 132
Jonas 103-105.
Jordan, geheimrat 178.
Joseph 132. 224.
Joung siehe Young.
Journal Oranger 264.
Journale 245.
Juengling, Der (Wochenschrift) 179.
302.
Julie, Romeo und 377.
538
Goetz, Johann Nicolaus 2. 4 f. 12
— 14. 16—19. 21. 30. 33. 38 f.
07. 91. 101. 116 f. 124. 135. 138.
144 f. 148 f. 152 154. 105 f. 108 f.
174. 170 f. 180 f. 184. 190. 199 f.
203 f. 306 f. 318. 347. 353—355.
35*. 418 f. 426 f.
— Bruder Cornelius Georg 166. 169.
- Sohn Gottlieb Christian 419.
Goetzin. Frau dr. 18.
Goeze, Johann Melchior 418 f.
Golau siehe Logau.
Goltz, von der, general 183.
Göhl, buchhändler 27.
Gotha 352. 392. 407. 418.
Gottsched, Johann Christoph 21.
25. 29. 33. 39. 49-51. 53 f. 59.
61. 68 f. 71. 96-98. 102 f. 117 f.
120. 123. 126. 137. 141. 147. 149.
181. 187. 191. 194. 206. 209. 243.
283. 286. 294. 380.
Gottsched, Luise Adelgunde Vic-
toria, geb. Kulmus 50, 53. 98.
118. 181. 327.
Graff, Anton 384 f.
Graun, Carl Heinrich 49.61. 69. 127.
248. 252 f. 256 f. 291. 301. 313.
Gravina 179.
Gray, Johanna (von Wieland) 302.
Grecourt, Jean Baptiste Joseph
Villart de 183.
Greis, Der (Wochenschrift von Fatz-
ke) 338.
Gresset , Jean Baptiste Louis de
353. 375. 379. 382.
Griechenland 184. 224 f. 229. 265,
316. 320. 342. 360. 37.> BSC
Grimm, Melchior 78.
Groetzner, Johann Petev 273. 301.
303.
Grosse, buchhändler fcHalbersUdt
406.
Grotius, Hugo G8.
Gruenau 439
Guenther 29. 43
Guichard 340.
297.
von
Haag 36:5.
Hagedorn, Friedrich von 4. <• 2VJ.
32 f. 41. 44. 46. 49. 54. 69-71.
75. 78 f. 86. 90 f. 94 f. 98-100.
102. 107 f. 111. 113.119. 122. 135.
140. 144. 146 f. 153-155. 157.
100. 102 -164. 166. 170. 174. 176 f.
180 f. 183. 197 f. 205 f. 230. 235.
253. 261. 267. 269. 275. 278.
209. 345. 399. 403. 419.
Hagedorn, Christian Ludwig
334. 348. 371.
Hagen, kriegsrath von 206.
Halberstadt 92. 198.201. 206.212.
'210-218. 223. 229. 232. 235 f.
241. 249. 253. 261. 273. 276. 284 f.
287 f. 289. 294. 296. 299 f. 302.
307. 312 316. 318. 322. 326 f.
330. 336 f. 340 f. 344. 348. 351.
355 f. 358. 362. 368. 371.
379. 381. 384. 388 f. 392 f
398. 402 f. 407-409. 414.
420. 423 f. 425. 427 f. 431.
435-439. 441. 443.
Halle 4 f. 7. 10. 12 f. 10 f. 19. 30 f.
34. 36. 39 f. 42. 70. 75. 88. 91.
124. 130. 142. 144. 177. 180. 182.
204. 257. 305. 312. 348. 374. 385.
395. 414. 437. 444.
Haller, Albrecht von 4. 7. 41. 58.
172. 206. 231 f. 299.
Hamann, Johann Georg 329. 332.
Hamburg 10. 24. 26.39.41.52. 54 f.
115. 117. 137. 157.211. 213 f. 219.
222. 253. 378. 394. 41i>. 421. 445.
Hamilton 123. 143.
Hannover 7. 302. 393.
Hardenberg, Carl August von 437.
444.
Haren, domherr von J
Harlekin 50.
U lu vst fluide 153.
Ho'
374.
396.
417.
433.
Haan, Fi
285.
Huumld 236.
Hechtel, bachbandler 319. 359.
Hein siehe Herrn.
Heinecke, Carl Heinrich 53. 96.
Heinrich der Löwe (von J. iv Schle-
gel) 194.
Heinse, Johann Jacob Wilhelm 415.
417.
Heldengedichte 233. 275. 289.
Helikon 424.
Helmstedt 241. 300. 304-30(5. 309.
329. 331.
Hempel, maier 244.
Henzi, Samuel 102 f.
Herder, Johann Gottfried 372 f
388. 391. 396 410 f. 420. 422 f.
425. 430 f. 439 f. 442. 144 f.
Herder, Caroline 439.
Herkules 184. 321.
Herkules und Valisca siehe Much-
oltz, A. II.
Hermann siehe Schocnaich und
Wieland.
Herrenhuther, Der (wochensi'hrift
von Naumann) 65.
Hess, J. <;.. pfarrer in AltstllMrn,
130.
Heyn 204. 206.
Hippel, Theodor (Jottliob von 87H,
Hirsch, hof kammerrat Ii ins A Im-
bach 309. 392 f. 395. 39S. 400
402. 406. 412 f. 418 f. 425.
— dessen bruder 201. 809.
■eld 276.
fobaun Caipar 13^.417. 4U,
Jb. buchhuii.lk,
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Huber. Michael >.
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Hylas 130,
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Diu» siehe Homoi
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540
Juncker, (t. A. 340.
Junckheim, Johann Zacharias Leon-
hard 300. 304. 306. 309. 417.
419 f. 425-427. 430.
Juvenal 161.
Kaestner, Abraham Gotthelf 137.
283.
Kalau, maier 393.
Kalckstein, fraulein von 116.
Kant, Immanuel 436.
Karschin, Anna Luise 815—333.
335-338. 342 f. 345-347. 350 f.
354 f. 359 f. 374. 376 f. 388. 393.
Kmnitz, Wenzel fürst von 390.
Kiel 419
Kipping 304-306. 309.
Klein, Friedrich 126. 141.
Kleinwege, inspector 5. 8. 12 f. 19.
Kleist, Ewald Christian von 56.
58—60. 64. 72. 75. 78-80. 88.
91. 93. 99. 101. 106-109. 111 f.
117-124. 127. 138. 145—149. 154.
162. 164 f. 169. 177. 181. 183.
187. 200. 202-204. 206. 211. 218
—216 219— 222. 227 f. 23 1.235 f.
238. 242 f. 247. 251. 258. 260 f.
266. 268. 272 f. 275—277. 281.
283. 285. 287. 289 f. 297. 299.
301. 304. 307. 309. 312—315. 321.
344. 353. 36S. 375. 389.415.434.
444.
Klopstock, Friedrich Gottlieb 193 f.
214. 229 f. 261. 283. 286. 299.
329. 331-334 336. 389-342. 345.
347-353. 359 f. 381. 889. 403 f.
410. 421.
Klopstock, Anna Maria 333. 353.
Klopstock, Meta 360.
Klopstocks bruder und Schwestern
342.
Klotz, Christian Adolf 357. 374 f.
377. 380. 388. 391. 394.
Knebel, Karl Ludwig von 386. 388
-393. 396.
Knebel, Leberecht von 386. 389.391.
Knonau , Ludwig Meyer von 72.
286. 299.
Koenig, Johann Ulrich von 96.
Koenig , Georg Philipp Christian
von 339.
Koeniggraetz 290.
Eoenigshorst 292.
Koeppe, prediger in Berlin 257.
Koepken, Friedrich von 338. 439.
Krause, Christian Gottfried 147.
169. 175. 178. 200. 203 f. 207.
248. 291. 313.
Krause, Johann Victor 291.
Kronegk siehe Cronegk.
Krueger, Benjamin Ephraim 137.
Krueger, Johann Christian 50. 52.
61. 125. 137.
Kuester, prediger in Magdeburg
348.
Kulmus siehe Gottsched, Frau.
Lach ine siehe Loehme.
La Fontaine, Jean de 21. 75. 119.
183. 361. 411.
La G ränge, Joseph de Chancel de
206.
Lainez, Alexandre 206. 209.
La Mettrie, Julien Offray de 207.
231.
Lamoignon 230.
Lamprecht, Jacob Friedrich 7. 10.
14. 16. 24. 32. 35 f. 38 f. 42. 60.
72 f. 97. 99. 140. 147 f.
Lange, Joachim 107. 166.
Lange, Samuel Gottbold 76. 78.
80 f. 90. 92 f. 95. 99-103. 107.
110 f. 117 f. 123. 128-130. 134.
137. 146. 148. 150. 155. 179. 200.
290.
Lange, Frau 100 f. 118. 130. 141 f.
150.
Langemack, Lucas Friedrich 321.
Langenstein 371.
Languedoc 143.
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541
Lani, tänzer, 139.
Laocoon 869.
Laablingen 92. 290.
Lauchstedt 374. 377. 383 f. 400.
Laura 14—16. 21. 24. 135. 392 f.
395. 397 f. 400. 402. 415.
Lausitz 299.
Lavater, Johann Caspar 429. 435 f.
Lazarus 339.
Lehmann siehe Rost, Johann Chri-
stoph.
Leipzig 21. 25 f. 29. 31. 43-48. 50.
53 f. 65. 67 f. 77. 87. 89. 93. 95.
106. 131. 143. 175. 193. 212 f.
226 . 233. 256 f. 261. 267. 275-
278. 281. 285. 288. 296. 304. 309.
325-327. 332. 344. 347 f. S52.
357. 368. 377. 380. 384. 400. 402.
405. 407. 411. 416. 438. 443.
Lemene, Marchese de 206. 209.
Lemno8 184.
Leonidas (von Glover) 134. 310.
Le Pays, Rene 123. 127.
Leporin, Frau dr. 327.
Le Rossignol 119.
Lesbia 115. 167. 264.
Lesbos 185.
Lessing, Gotthold Ephraim 249. 251.
262. 277. 280. 283. 285. 290 f.
294. 301. 303-305. 307. 312 f.
824. 326. 367. 0G9 f. 377 f. 390.
403. 418. 442.
Le Voluptueux 183.
LieberkQhn, Christian Gottlieb 287.
294.
— Dessen vater, prediger 60.
- Arzt 60.
Lieder der Deutschen siebe Ramler.
Lieder, Freundschaftliche (von Pyra
und Lange) 107.
Lieder, Geistliche 286.
Lieder zum vergnügen 251.
Liennitz 817.
Lindau 386.
Lindner, Caspar Gottlieb 11.
Liscow, Christian Ludwig 27. 53.
66. 71. 89 f. 94. 96. 100. 146 f. 155.
Lobkowitz, prinz von 227. 231.
Lobrede auf Friedrich II. 309. 313.
Loehme 1 f. 8 f. 21. 25. 92. 132.
149. 164. 182. 292.
Loosen 355 f.
Logau, Friedrich von 304 f.
Lohenstein, Daniel Caspar von 131.
155. 224.
London 153. 254. 363.
Longepierre, Hilaire Bernard de Re-
queleyne, baron de 168.
Longinus 53. 96.
Loni 183.
Loo, van 293.
Lotichius, Petrus 445.
Lowositz 272.
Lucanus 356.
Lucian 430 f.
Lucretius 176. 257. 261.
Luederitz, Frau präsidentin von 242.
Lueneburg 141.
Luther, Martin 307.
Luther (aus Ansbach) 37. 42.
Lyaeus 187. 272.
Lydie 107.
Lyon 439.
Maass 158. 178.
Maecenas 359. 364.
Maftei, Marchese 179.
Magdeburg 92. 228. 257. 2^2. 305
—307. 318 f. 324 f. 327 . 329 f.
332. 837-339. 348 f. 355. 358 f.
372. 411. 439.
Magdeburger zeitung 305-307.
Mahler der Bitten, Die { Wochen-
schrift von Bodmer u. n.) 117-
Mahomet 1(J7.
Mainz 436.
Mannheim 414. 419.
Manteufel, grof von 55. 68. 137.
Marburg 435.
Marchetti 261.
542
Margaris 57.
Maria, Mutter 132.
Marianne (Maliers frau) 41.
Marivaux, Pierre Carlet de Cham-
blain de 201.
Marot, Clement 157. 234.
Mars 7. 138. 184. 290.
Martialis 316.
Masenius 445.
Matthews Carl, prinz 60.
Matthisson, Friedrich von 439 f.
Maupertuis, Pierre Louis Moreau
de 262.
Mauvillon, Eleazar de 262.
Mayer, Sophia 234. 239-242.
— bergratb in Blankenburg 234.
239-242.
— siehe Meier, Georg Friedrich.
Mayr siehe Meier, Georg Friedrich.
Mecklenburg 6.
Mecklenburg-Strelitz, herzog von
62.
Meier, Georg Friedrich 80. 101. 103.
12S f. 150. 181 f. 374.
Meil , Johann Wilhelm 337. 339.
347. 353. 361. 372 384.
Meinhard , Johann Nicolaus 332.
314. 363. 371. 373. 375. 380. 387.
Meister, Leonhard 420. 422.
Meisterstücke der alten (Ham-
burg) 39.
Memoires d'un homtne de qtialite"
siehe Prevost.
Memphis 132.
Mendelssohn, Moses 256. 262. 285.
294. 314. 319. 363. 403. 418. 436.
Merkur, Teutscher (von Wieland)
402. 406. 115.
Messias 193. 214. 229 f.
Metsch, geheimrat von 425. 427.
— Frau Oberstleutnant von 401.
410.
Mcuscl, Johann Georg 427.
Meyer siehe Meier, Georg Friedrich.
Meyer, hoffixral in Berlin "53.
Michaelis, Johann Benjamin 400 f.
Michaelis, magister 27.
Michelmeyer 105.
Milius siehe Mylius.
Müton 25. 107. 134. 166. 193. 320.
Minnesinger 193. 275. 280. 356.
388. 411.
Misodeme (von Samuel Henzi) 102 f.
Mizraim 268.
Molwitz 55.
Monatsschriften 130. 150 f.
Montesquieu, Charles de Secondat
de La Brede et de 42. 53. 96.
115. 164. 166. 169. 197.
Montgobert 70.
Montezuma (oper von Friedrich II.)
256 f.
Montfaucon 162.
Morben, von 245.
Morhof, Daniel Georg 357.
Moses siehe Mendelssohn.
Mueller, Johannes von 415. 417. 424.
Musaeus: Hero und Leander 164
166.
Musenalmanach, Hamburger 445.
Mylius. Christlob 137.
Mylius, buchhandler in Berlin. 349.
351.
Nachdrucker 411 f. 414. 416.
Nachrichten, Berliner critische 219.
226. 231. 233. 300. 302.
— Lindauer critische 386.
— Züricher fieimütbige 154. 280.
282. 297. 299. 301. 881.
Naide siehe Denstadt, Fanny.
Nauen 336.
Naugerus 316.
Naumann 2. 16. 29. 32. 39. 45. 53.
62 70. 72. 74. 76. 78. 81. 91. 93.
95. 98 f. 109. 117. 119 f. 138.
140. 161. 166. 169. 177 f. 187.
191. 195. 197.
— Christian Nicolaus 55. 97. 109.
119 f. 131. 140. 154.
■
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543
Naumann, Johann Göttlich, com-
ponist 436.
Neuber, Jobann 29. 50. 69.
Neuberin, Caroline 83. 50. 54. 69.
96. 137.
Neuhaidensleben 375.
Neujahrsgeschenk für die schönen
(von Nicolai) 345. 347.
Nicolai , Friedrich 263 285. 294.
297. 314. 345. 347 f. 361. 368.
370. 895.
— Gottlob Samuel 285.
Niedersachsen 402 f.
Noesselt 3. 39.
Nuernberg 288. 334. 344-346. 374.
435.
Ockermann 25. 27.
Oden mit melodien (von Ramler)
244. 248—251.
Oder 295. 303.
Odyssee siehe Homer.
Oeser, Adam Friedrich 381. 384 f.
Oesterreich 26. 114. 273. 276.
310.
Oettingen, Monatsschrift in, 216.
OlmQtz 312.
Olymp 268. 328.
Oiuero siehe Homer.
Onolzbach siehe Ansbach.
Opitz, Martin 11. 75. 97. 103. 200.
204. 282. 2*4. 295. 301. 303-305.
307. 320. 394.
Orpheus 388.
Ossian 348. 355 f.
Ostfriesland 30. 38. 231.
Ostrit/. 276.
Ovid 15. 153.
Palemon (= Bachmann) 319 $
Pamela (von Richardson) 79.
Pan 85. 205.
Panduren 70. 272. 285. 202.
Panthea 117. 137. 140.
Pantheon 444.
Paris 50. 193. 231. 292. 349. 363.
Parnass 267. 275. 333. 335. 345.
348 f. 360. 387. 429.
Patriarchen 383.
Patzke, Johann Samuel 338.
Paulus 212. 215.
Pauw, Cornelius de 135. 153. 168.
170 f. 182. 185. 190.
Pensees philosophiques 207.
Persien 103 f.
Pesne. Antoine 293.
Petrarca 295. 332. 392. 395. 397f.400f.
Petriade, Die 335.
Petronius 417.
Petrus 212. 215.
Phaedrus 274. 280. 286. 361.
Phaon 318 f.
Philibert, graf 108. ■
Philippi. Johann Ernst 27.
Phillis 328.
Phitotas S12.
Phoebus 185.
Pindar 36. 38. 52. 141 f. 179. 200.
226. 384.
Pine 246. 253.
Pirna 71.
Platen , August Philipp, graf von
409 f. 413 f. 416.
Plato 443 f.
Plinius 313.
Plutarch 320. 423.
Podewils, graf von 15K.
Poellnitz, Carl Ludwig freilierr von
31. 60 f. 69.
Poetique francaise 245.
Polen 298.
Pommern 344
Pope, Alexander 100. 1 12. 128. 19t.
196. 200. 20». 206. 220 f. 224.
226. 229. 231. 266. 343. 421. 434.
Possen 251.
Posch, buchhäudler 254. 259. 262 f.
269. 359. 398.
Potsdam 31. 34. 36 f. 30 -45. US.
59. 63. 67. 70 91. 118. 138. 183.
544
187. 200. 207. 291. 386. 838. 393.
396. 415.
Poussin, Nicolas 293.
Prag 70—72. 74. 79. 276. 284.
Preussen 106. 113. 289. 310-312.
317. 329. 335. 417. 424. 437.
Preussen , Carl markgraf von
73.
— Ferdinand prinz von 96. 198.
— Friedrich II. könig von 7. 11.
21. 24. 26 f. 34. 49. 55 f. 60.72.
74 f. 92. 94 f. 97. 107 f. 115 f.
119. 130. 139. 144. 183. 231.252.
25G f. 272-275. 277. 281. 285.
288. 293 f. 29£. 300. 302 f. 309.
311—313. 321. 323-325. 333 f.
336-338. 340- 342. 349. 360. 371 .
382. 408. 423 f. 426-429. 431.
433. 438. 444.
— Friedrich markgraf von, erz-
bischof zu Magdeburg 355.
— Friedrich Wilhelm I., könig von
120.
— Friedrich Wilhelm II., könig
von 336. 423 f.
— Friedrich Wilhelm III., könig
von 431.
— Friedrich Wilhelm prinz von
70-74.
— Heinrich prinz von 2. 58. 72.
290. 347. 371. 376.
— Heinrich markgraf von 331.
— Heinrich prinzesBin 331.
Priapeia 183.
Prior 107 f. 111 f. 224. 229.
Propheten 286.
Provence 143.
Putbus, graf von 194.
Pygmalion 215.
Pyra, Jacob Immanuel 54. 61. 68.
71. 81. 93 f. 97. 103 107. 109.
112. 134. 138. 160.
— sein bruder 71.
Pyrmont 278. 351. 359.
Pythagoras 388. 429 431. 433 f.
Quantz, Johann Joachim 139. 313.
Quedlinburg 205. 248. 802. 327. 331.
333. 347.
Quinctilius 195.
Quintilian 131. 191. 302.
Quintus Izilius 340. 342.
Quixote, Don 73. 105. 120. 132.
Rabbi 257.
Rabener, Gottlieb Wilhelm 130.
348. 384.
Rabutin 294.
Racan 111.
Racine 141. 154.
Ramler, Carl Wilhelm 93 f. 98 f.
101. 106— 109. 112. 114— 116. 119.
121. 132-134. 138. 149. 154. 157.
164 f. 167 f. 174. 178. 182. 187.
191. 195. 199. 211 f. 219 f. 222.
227. 233. 235 f. 238. 242—245.
247—252. 255 f. 258 f. 261 f. 264
—266. 268. 270. 278. 286. 291.
294 f. 297. 299. 807. 312. 316 f.
319. 321. 323—325. 327 f. 335 f.
340. 344. 347. 352—855. 357 f.
361—366. 368-370. 372. 376—
378. 888 f. 405. 407. 426-430.
432 - 434.
Raphael 320. 336.
Recueil des romances 376 f.
Recueil de veritös utiles siehe Samm-
lung nützlicher nachrichten.
Recueil des epigrammatistes fran-
cais, Nouveau 246.
Regensburg 304. 306.
Regner, buchhändler 437.
Regnier 168.
Reich, mademoiselle (in Halle) 204.
Reich ard, Elias Caspar 307.
Reichel. Johann Nathanael 214.
Reichmann, von 330.
Reinhold 15 f.
Reisenleiter 45.
Reisswitz, H. W. von, lieutenant
172.
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545
Reitzenstein, Frau von 413. 415.
Rembrandt 336.
Rhodus 185.
Richardson, Samuel 79. 233.
Richelieu, duc de 139. 284.
Richter, kaufmann in Berlin, 2.
73. 165.
Riedel, Friedrich Just 375. 380. 385-
399.
Riga 344.
Ritteracademie 340.
Rochester 224. 247.
Rode, Christian Bernhard 334.
Roeber, capitain 102.
Roemhild 238. 243.
Roeper, Dr., arzt 246 f.
Roes 45.
Rolle, Johann Heinrich 358. 411.
413.
Rolli 168 f. 177. 261.
Rom 224 f. 229. 233. 324. 363. 369.
375. 391. 415. 424.
Romane 435. 438.
Romanzen 274. 374. 376 f. 409.
Romeo 377.
Roscommon 247.
Rosee, von 199.
Rossbach 288.
Rossmann, Dr. 73.
Rost, Johann Christoph 1. 4. 7. 10.
14. 17. 21. 24. 26. 33. 39. 50. 58.
65. 71. 76 f. 89 f. 94. 96 f. 100.
119. 140. 146 f. 155. 157. 204.
Rostock 34.
Rothenburg, graf von 92. 147. 169.
Rousseau . Jean Baptiste 32. 111.
245. 294.
— Jean Jacques 333. 335. 395.
Rubens 336.
Rudnick, Paul Jacob 2. 5. 8. 12 f.
19. 58. 58 f. 66 f. 75 f. 81. 120.
126. 137 f. 145.154. 161. 164.305.
Rnppin 178.
Russlaud 228. 291 f. 295. 300. 302 f.
311. 324 f.
Oleim-Ui, Briefwocluel
Russland , Peter II. , czar von
325.
Sachsen 92. 144. 257. 272. 362.
Sack. August Heinrich Wilhelm
257.
Saint-Evremont, Charles de 58.
Saint-Mard 65. 183. 231.
Sallier, Claude 272.
Salomon 339. 341. 345. 347-351.
410. 420.
Sammlung nützlicher Wahrheiten
(Wochenschrift in Berlin) 14.21.
27. 29. 34 f. 39. 66.
Sammlung vermischter Schriften
von den Bremer bei trägem 248.
280. 802.
Sammlungen zu den belustigungen
des geachmacks 182.
Samos 171.
Sanadon 273.
Sandby, William 254.
Sangerhausen, Christoph Friedrich
398 f.
Sannazar 445.
Sanssouci 257. 293. 336.
Sappho 315-320. 327. 332.
Sarbiev 445.
Sardanapal 383.
Sarrasin 258.
Satan 258.
Sauer, August 144. 170. 201. 248.
302.
Saul 286.
Scaliger 168. 203.
Schachspiel siehe Ramler.
Schaefererzählungen siehe Rost.
Schaeferspiel ohne liebe siehe
Jelpke.
Schaeferspiele 131.
Schaffhausen 235. 243.
Schauspiele der Deutschen 151.
Schlaeger, Julius Carl 392.
Schlegel, Johann Adolph 76. 89.
97. 113. 117. 140. 143. 152.
35
516
Schierel, Johann Elias 113. 152.
16S. 194.
Schlesien 7. 79. 299.
Schlettau 13. 126.
Schlieben, gräfin von 236.
Schlosser, Johann Georg 443.
Schmid, Conrad Arnold 287.
Schmid, Georg Wilhelm 287.
Schmid, kopferstecher in Berlin,
162. 337. 347.
Schmidt, Johann Christoph 231.
m
Schmidt, Klamer 398-401. 411-
415. 425 f. 437. 442. 444.
Schmidt, in Halle 11.
Schnell 27. 37. 42. 70. 74 f. 78. 81.
121. 273.
Schoenaich, Christoph Otto frei*
herr von 280. 286. 289.
Schoenemann, Johann Friedrich 32.
50. 52 f. 59. 61. 69. 137.
Schoenfeld 292.
Schottischer Barde (= Ossian) 348.
Schreiben das sylbenraaaß im Mes-
sias betreffend siehe J. N. Rei-
chel.
Schriftsteller ä la mode, Der 206.
Schuetze, bochh&ndler 100.
Schulenburg, von 129.
Schultz, gouverneur von 68.
Schulz, Joachim Christoph Frie-
drich 419.
Schulze, Oberstleutnant von 34. 68.
Schulze, bürgermeister von Neu-
haldensleben 375. 388.
Schulze, Caroline 377.
Schwabe, Johann Joachim 8. 53.
72. 137.
Schwaben 216. 230. 428.
Schwan, buchfübrer 205.
Schwarz, Johann Christoph 61.
Schweden 292.
Schweiz, Schweizer 11. 21. 24 f.
53 f. 73. 93. 103. 108. HO f. 130.
137. 176. 214. 2C5. 268. 270. 275.
283. 286. 297. 301. 324. 334. 340.
365. 381. 383. 385. 415. 417 f.
422. 424. 439.
Seefried, expeditionsrath in Ans-
bach, 149. 161.
Seidlitz siehe Seydlitz.
Selim und Selima (von Wieland)
398.
Selimor 264.
Semiramis, oper 139.
Seydlitz, von 91. 99.
— general von 338.
Shaftesbury 118. 134. 207.
Shakespeare 7. 10 f. 308. 324.
377.
Siefried siehe Seefried.
Sievers Biehe Sivera.
Silen 86.
Silhouette 118.
Silvia 246.
Simouetti 226.
Sirach 81.
Sivers, Henrich Jacob 27.
Soden, graf von 410. 413.
Sollikofer siebe Zollikofer.
Sonnenstein 303.
Sophocles 160.
Sorr 114.
Sosier 445.
Spalding, Johann Joachim 118. 123.
125. 154. 158. 161. 176. 211. 227.
232 f. 235. 254. 334. 368. 431.
— sein vater 176.
Spanien 374 f.
Spavento 86.
Spiegel zum Diesenberg, Ernst Lud-
wig, Freiherr von , domdechant
262. 304. 312. 319. 415 f. 442 f.
— seine gern ahlin 413. 416.
— v. Pickelsheim, Dietrich, Ernst,
freiherr von, 356,398—401. 416.
Spiegelsberge 443.
Spinoza 436.
Spirus (= Spiegel) 319.
Spree 20. 291.
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547
Stadelmann 20 f. 27. 30. 35. 37.
39. 42.
Stahl 54.
Stainford, Henrich Wilhelm von
426.
Stengel 109. 119.
Stephanus (=Etienne) 168. 181.
189. 192.
Stettin 158. 165. 291 f. 435.
Stille, Christoph Ludwig von 199.
201. 206. 211. 236. 288. 298.
Stockhausen 301. 304.
Stolberg-Stolberg, graf von 92.
Stolberg - Wernigerode , Christian
Ernst, graf von 304. 306. 319.
326 f.
Stolberg 92.
Stoppe, Daniel 97. 103.
Stralsund 226.
Strasburg 103. 439.
Straube, Gottlob Benjamin 26. 32.
54 f. 97. 142.
— sein bruder 142.
Strelitz 6.
Strephon 26.
Strimesius, professor in Frankfurt,
26.
Stubenrauch 443.
Stueven, Peter von 96.
Stufenberg 332.
Stunden, Die vergnügten 120.
Stuttgart 806. 826.
Succow 292.
Sucro , Christoph Joseph (in Co-
burg) 271.
— Johann George (in Halberstadt)
172. 218. 240. 248. 271.
— Johann Josias 172.
Suidas 135 f.
Sulzer , Johann Georg 95. 101 f.
117 f. 129. 176. 188. 199. 206.
219 f. 283. 286. 291. 299. 301.
313. 319 f. 824 f. 327. 330. 334.
337. 340. 346. 349.368.415. 417.
Sulzimen (= Sulzer) 319.
Swift, Jonathan 100, 130. 220.
Sylvia 29.
Tacitus 415. 424.
Tänzerin, Die (von Rost) 1. 4. 7.
10. 24.
Tartaren 389.
Teichmeyer, Sophie Amalia Chri-
stina 41.
Tempel der dichtkunst siehe Pyra.
Teos 125. 185. 189. 192. 350. 3S9.
Ternate 73.
Terpsichore (von Herder) 442. 444 f.
Teutschland siehe Deutschland.
Thale am Harz 247.
Thaies 388.
Theater, Französisches, in Berlin
189.
Themis 439.
Theocrit 214. 287. 294.
Theophrast 115.
Thomas 352.
Thomson 107. 112. 122. 134. 145 f.
148. 224. 268.
Thuemmel, Moritz August von 328f.
352. 857. 361.
— Fraulein von, hofdame, 329.
Thyrsis 15. 31. 36. 93. 319.
Tibull 167. 420.
Tiedge, Christoph August 436 -438.
4 42.
Timoleon siehe Behrmann.
Tirsis siehe Thyrsis.
Titus 423. 429.
Toepfer, Henriette von (EberU
braut) 245. 249.
— Frau von 245. 249.
Tosse, de la 168.
Trajan 313.
Tresor du Parnasse, Lc 353.
Triller, Daniel Wilhelm 193.200.204.
Tuerken 389.
Tyrtaeus 857.
Ungarn 72. 338.
548
Utrecht 388.
Uz, Johann Peter
Amt in Ansbach: 150. 196. 202.
206. 210-212. 228. 267. 275. 344 f.
347 f. Dichten : 267. 275. 324. 342 f.
347 f. 362. 379. 413. 419. 427.
435. 438. Krankheit: 413. 443.
445. Medaille: 260. Portrait:
154. 261. 384. 342. 345.347. 380.
382. 384 f. 414—416. Regiments-
quartiermeisterstelle : 199. Reise
nach Braunschweig: 216 f. 262.
— Alkäische oden 285. 296. 298.
300. 340 f. 860.
— An*** [Sauer nr. 22] 114 f.
— Anacreon-übersetzung [mit J.
N. Götz] 16. 20. 23. 41. 61. 102.
109. 116. 135. 145. 143 f. 152 f.
166. 169. 174. 177. 180 f. 184. 190.
— An Amor [Sauer nr. 14] 87. 141.
151. 213. 222.
— An Chloen [Sauer nr. 8— ß)
44-46. 57. 62. 68.
— An den Verfasser der schertz-
haften lieder [Sauer nr. 108] 87.
93. 154.
— An die freyheit [Sauer nr. 69]
300. 802.
— An Friedrich den großen [Sauer
nr. 107] 11 f. 19. 25.
— An herrn canonicus Gleim [Sauer
nr. 68] 275 f. 285. 341.
— An herrn Gleim in Berlin 1741
[Sauer nr. 1] 28. 82. 88. 48. 55.
58. 60. 64. 68. 72. 95. 114. 151.
173. 208.
— An herrn hofrath C* [Christ:
Sauer nr. 102] 264. 267 f.
— An herrn secretär G* [Gleim:
Sauer nr. 100] 248. 257.
— Anm erkungenz. An acreon 1 7 7. 1 80.
— Ansbacher Wochenschrift, Bei-
träge zur, 287.
— An Venus [Sauer nr. 27] 125.
127. 131. 144. 151. 196. 199.
Uz, Johann Peter
— Auf den tod des frey herrn von
Cronegk [Sauer nr. 70] 288.
296-298. 800. 302. 312.
— Auf den tod des majori von
Kleist [Sauer nr. 71] 314.
— Bey Überreichung einer schale
caffee [Anacreon 1746 s. 56; von
J. N. Goetz] 73. 95. 144. 154.
— Brief von der liebe [an Rudnick]
13. 76. 120. 126. 138.
— Briefe, Poetische 353.
— Cantate 175. 203.
— Compositionen seiner lieder
251.
— CritikderGleiraschen Anacreon-
Übersetzung 188—193. 195 f.
199.
— Das bedriingteDeutschland [Sau-
er nr. 16] 108. 113 f. 152. 195.
273. 292.
— Das ding von dem dinge 100.
114. 121. 195.
— Das neue orakel [Sauer nr. 23]
109.113.115. 213. 222. 255 f. 261.
— Der frühling siehe Lobgesang
des frühlings.
— Der morgen [Sauer nr. 8] 173.
175. 195. 263 f. 269.
— Der standhafte weise [Sauer
nr. 40] 228. 236 f. 295.
— Der weise auf dem lande [Sauer
nr. 18] 165. 169 f. 173. 213 f.
222.
— DieAnakreontischen lieder [Sau-
er nr. 27] 125. 127. 131. 144. 151.
196. 199.
— Die eigenschaften einer gelieb-
ten [Sauer nr. 24] 154. 157. 160.
234.
— Die liebesgötter [Sauer nr. 25]
159. 162.
— Die lyrische muse [Sauer nr. 17]
107. 112. 122. 144. 155. 208.
— Die pfirsig 121. 173 f.
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549
Uz, Johann Peter
Die träume siehe Morpheus.
— Die versöhnte Daphne [Sauer
nr. 28] 159. 162.
— Die wahre gröüe [Sauer nr. 45]
226. 231. 236.
— Die weinlese [ode an Bacchus?
Sauer nr. 20] 95.
— Druck der gedichte siehe Ly-
rische gedichte.
— Einladung zum vergnügen [Sau-
er nr. 26] 173. 175. 265 270.
— Ein träum [Sauer nr. 7] 68. 72 f.
121. 213. 222. 263.
— »Entfleischte, blaßgegr&mte
wangen ■ [Sapphische ode] 1 36. 1 53.
— Ermunterung zum vergnügen
[Sauer nr. 26] 173. 175. 265. 270.
— Ernsthafte oden 252. 260 f. 268.
— Erzählungen 121.
— Französische verse an Fried-
rich II. [Sauer nr. 107] 11 f. 19.25.
— Freundschaftliche briefe 102.
117. 125. 137.
— Frühlingslust [Sauer nr. 10] 48.
57. 62.
— Geistliche lieder 286.341 f. 348.
358. 420.
— Gesangbuch, Neues Anspachi-
sches 417—420. 426.
— Horaz-übersetzung 401 — 407.
— Kirchen-agenda 425 — 427.
— Lieder in Ramlers Oden mit me-
lodien 244. 248—251. 256.
— Lobgesang des frühlings [Sauer
nr. 2] 47 f. 68. 72. 76. 80. 95.
108. 111-113. 122. 133. 152. 173.
— Lyrische gedichte, Berlin, Weit-
brecht, 1749: 65. 76 f. 113. 119.
126. 134—136. 141. 151. 157. 160.
162. 164 f. 167 f. 172 f. 175. 178.
181 f. 187 f. 191. 194 f. 197. 199.
202 f. 205-214. 219—221. 223.
225 f. 228. 233. 250. 255. 261—
263. 370.
Uz, Johann Peter
Lyrische gesänge (mit Gleim und
Kleist) 108. 119.
— Lyrische und andere gedichte,
Anspach, Posch, 1755: 231. 238.
249 f. 252. 254. 359.
— Lyrische und andere gedichte,
Leipzig, Weitbrecht, 1756: 254.
258—261. 263 f. 266—272. 274.
300. 302. 349. 354.
— Lyrische und andere gedichte,
Leipzig, Breitkopf, 1763: 347.
365. 368.
— Magister Duns [Sauer nr. 12]
77. 102. 108. 114. 136 f. 144.
172. 256.
— Morgenlied der schäfer [Sauer
nr. 9] 69. 79. 195. 264.
— Morpheus [Sauer nr. 35] 215. 223.
— Mu8aeus, Uebersetzung des 164.
166.
— Oden, Ernsthafte 252. 260 f. 268.
— Ode an Bacchus siehe Die wein-
lese.
— Ode an die deutschen fürsten
295 f.
— Ode an die Weisheit [Sauer nr.
64] 267. 269. 271. 275. 278. 281.
— Oden in den Bremer beitragen
[Sauer nr. 7. 14. 23. 70] 213. 222 f.
302.
— Ode über Bacchus 107.
— Ode über die ode siehe Die ly-
rische muse.
— Palinodie [Sauer nr. 60] 238.
244.
— Poetik 154.
— Poetische werke, Leipzig, Dyck,
1768: 313. 347. 349. 353 f. 357.
359. 361. 365. 3G8. 370-373. 378.
380-384. 387.
— Romanzen 376 f.
— Sümmtliche poetische werke,
Leipzig, Dyck, 1772: 405.
— Sammlung von kleinen gedieh-
550
Uz, Johann Peter
ien (mit Gleim, Kleist und Ram-
ler) 247. 341.
— Sammlung von lyrischen ge-
sängen (mit Gleim und Kleist)
108. 119.
— Sapphische ode (.Entfleischte,
blaßgegrämte wangen*)136. 153.
— Schreiben des Verfassers der ly-
rischen gediente an einen freund
[Sauer nr. 104] 279—283. 359.
— Sieg des liebesgottes [Sauer nr.
98] 225 f. 231-233. 236. 249 f.
264-266. 274. 294. 297. 299.
— Ungedruckte gediente 368.
— ,Wie Venus wenn es graut" 122.
Uzens mutter Elisabeth, geb. Rei-
senleiter 28. 81. 37. 48. 413.
— Schwestern 181. 861.
— schwester Esther Sophia 73. 95.
144. 154. 157. 161. 413 f. 425. 440.
— anverwandte 440.
Vade, Guillaume siehe Voltaire.
Vejontus Catullus 161.
Venedig 172.
Vergil 60 f. 66. 68. 71. 103. 109.
163. 195. 261. 285. 294. 320.
Versuche zur befördern ng des ver-
nünftigen Vergnügens in Sehwa-
ben (monatsschrift in Oettingen)
216.
Verwandlungen siehe J. A. Schle-
gel.
Vesta 205.
Victor 201.
Voigtsdahlum 240.
Voiture, Vincent de 123. 127.
Volontair, Der holländische 284.
287 f.
Voltaire, Francois Marie Arouet de
7. 19 f. 25. 49. 55 f. 60. 68. 75.
96. 121. 123. 126. 139. 255. 284.
353 f. 357. 444.
Vormund, Der englische 181.
Vorspiel, Das siehe Rost.
Voss, Johann Heinrich 439.
Voyage de Bachaua) ont et Cha-
pelle 143.
Voyage deLanguedoc et Provence
143.
Walbeck 294. 306. 331.
Walch 221.
Walther von der Vogelweide 411.
Wasberg, von 95 f.
Waser, Johann Heinrich (1713— 77)
102 f. 176.
— seine braut und frau 117. 176.
— Johann Heinrich (1742-80) 418.
Watteau, Antoine 293.
Wekhrlin, Wilhelm Ludwig 436.
Weidner 141.
Weimar 409 f.
Weisse, Christian Felix 288. 296-
298. 300. 309. 825. 329.832. 348 f.
352. 355. 369. 377 f. 380. 382.
384. 392. 405.
Weitbrecht, buchhandler212 f. 226.
233. 288. 250. 254 f. 259—261.
266—271. 274. 281. 349. 351. 370.
Weltbürger, Der siehe Lamprecht.
Werlhof, Paul Gottlieb 362.
Wernigerode siehe Stolberg.
Wernigus (= Stolberg- Wernigero-
de) 319.
Werther, graf von 362.
Wieland, Christoph Martin 264.
269 f. 273 f. 278-286. 289. 294.
301 f. 324. 363. 365 f. »84 f. 387.
300. 394-400. 402. 405- 407.
414. 422. 430 f.
Wien 415. 436.
Wilhelm ine siehe Thuemmel.
Willamov, Johann Gottlieb 388.
Willebrand 84.
Willig, oberst 116.
Willisches thor in Dresden 304.
Winckelmann , Johann Joachim
314. 388.
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551
Winckelmann, kriegsrath 92.
Winter, buchdrucker in Berlin,
346 f. 351.
Winterthur 834.
Wochenschrift, Berliner siehe
Sammlung nützlicher Wahrheiten.
Woldemar siehe Jacobi, Friedrich
Heinrich.
Wolf, Friedrich August 444.
— Johann Christian 316. 320.
Wolfenbüttel 390.
Wolff, Christian freiberr von 5. 68.
77. 97. 424.
Worms 120.
Wusterhausen 175.
Xenophon 320. 444.
Young, Edward 111. 134. 155.224.
229. 277. 343. 386.
Zabel 159. 164.
Zacbariae, Just Friedrich Wilhelm
76. 97. 211. 224. 228. 253.261 f.
268.287. 335. 340. 343. 357.359.
381. 398 f.
Zemitz, Christian Friedrich 193.
197.
Zelle 393.
Zeus 316.
Zink, Barthol. Joachim 101. 117.
Zinn 45.
Zinzendorf, graf von 55.
Zittau 272.
Zollikofer, Georg Joachim 348.
Zorndorf 299. 303. 306.
Zuerich 102. 1 17. 176. 243. 280. 282 f.
301. 304. 320. 409 f. 418.
Zusätze zu den geistlichen auf dein
lande 125.
Zusehauer, Der (von Addison) 200.
Zwanziger, geheimrat 435.
Zwickau 307.
sr>2
ÜBERSICHT
(Iber die
einnahmen und ausgaben des litterarischen Vereins
im 48sten vcrwaltiingsjahrc vom I. Januar 1807 Iiis 31. Dewmbcr 1807.
Einnahmen.
A. Reste.
I. Kassenbestand am Schlüsse des 46sten Verwal-
tung^ jahres
II. Ersatzposten
III. Aktivansstilnde
B. Laufendes.
I. Für verwerthete ältere pnblicationen ....
II. Aktienbeitrüge
III. Zinse aus zeitlichen anlehen
IV. Ersatzposten
V. Außerordentliches
C. Vorempfänge von aktienbeitriigen für die folgenden
Verwaltungsjahre
Ausgaben.
A. Reste.
I. Abgang und nachlaß
B. Laufendes.
I. Allgemeine Verwaltungskosten, einschliesslich
der belohnung des kassiere und des dienere .
II. Besondere kosten der herausgäbe und der Ver-
sendung der vereinsschriften.
1. Honorare
2. Druckkosten einschliesslich druckpapier . .
3. Buchbinderkosten
4. Versendung
5. Provision der buchhandler
6. Außerordentliches
III. Abgang und nachlaß
C. Vorauszahlungen
Somit kassenbestand am 31. December 1897
Anzahl der aktien im 48. verwaltungsjahre 335.
18224
97
36G —
6320
G17
31
180
25740
47
80
818
1274
4941
115
189
62
100
80
24
91
7580
18159
60
11
28
03
93
31
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Neu eingetretene Mitglieder sind :
Herr dr. Conrad Miller, professor in Stuttgart.
New- York : Columbia University.
Herr dr. Max Spirgatis, buchhändler in Leipzig.
Herr Heinrich Stümcke, privatgelebrter in Berlin.
Herren B. Westermann u. Co. (Lemcke u. Büchner) in New- York.
Tübingen, den 26. März 1898.
Der kassier des litterarischen Vereins
kauzleirath Roller.
Die richtigkeit der rechnung bezeugt
der rechnungsrevident
Woerner.
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